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Full text of "Österreichischer Erbfolge-Krieg, 1740-1748. Nach den Feld-Acten und anderen authentischen Quellen bearb. in der Kriegsgeschichtlichen Abtheilung des K. und K. Kriegs-Archivs"

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OESTERREICHISCHER 


ERBFOLGE-KRIEG 


1740-1748. 


Nach  den  Feld -Acten  und  anderen   authentischen  Quellen 

bearbeitet  in  der 

kriegsgeschichtlichen  Abtheilung 
des 

K.   und  k.   Kriegs-Archivs. 


II.   BAND 

(Mit   sieben  Beilagen). 


Wien  1896. 

Verlag  von  L.  W.  Seidel  &  Sohn 

K.  und  k.  Hofbuchhändler. 


&urBespreei 


(Geschichte  der  Kämpfe  Oesterreichs.) 


KRIEGE 


unter    der    Regierung    der    KLaiserin -Königin 


Maria  Theresia. 


Im  Auftrage  des 


K.  und  k.  Chefs  des  Generalstabes 


herausgegeben  von  der 


Direetion  des  k.  und  k.  Kriegs-Arehivs. 


Wien   1S96. 

Verlag  von  L.  W.  Seidel  &  Sohn 


K.  und  k.  Hofbuckhiindler. 


OESTERREICHISCHER 


ERBFOLGE-KRIEG 


1740  4748. 


ii.  B.A.:vr> 

(MIT   SIEBEN  BEILAGEN). 


Nach   den   Feld -Acten  und   anderen   authentischen  Quellen 

bearbeitet  in  der 
kriegsgeschichtlichen  Abtheilung 

des 

k.    und    k,    Kri  eg  s-  Are  hi  vs 

von 

Carl  von  Duncker 

k.  und  k.  Oberst. 


Wien    1896. 

Verlag  von  L.  W.  Seidel  &  Sohn 

K.   und  k.  Hofliuchhiindler. 


I\ 


BJt-2. 


Druck  von  Josef  üoller  &  Comp.   Wien, 


Der  erste  schlesische  Krieg. 


Inhalt. 


IL  Band. 

Seite 

Der  erste  schlesische  Krieg.  Feldzug  1740—1741 1 

Vorbereitungen  König  Friedrich  IL  von  Preussen  zum  Ein- 
märsche  in   Schlesien    

Die     militärischen    Verhältnisse     in     Schlesien     von     Mitte 

October    bis  Mitte    December    1740 

Der  Einmarsch   der  preussischen  Truppen    in   Schlesien.    .      26 

Die  Capitulation  von  Breslau ^ 

Bildung  einer   Operations-Armee  in   Oesterreich o4 

Die    Ereignisse    in    Schlesien    im    Monate    Januar    1741    ...      67  t 

Die  Unternehmung  auf  Ohlau 

Die  Kämpfe  um  Ottmachau 

Angriff  auf  die  Festung  Neisse •    •      88 

Rückmarsch  des  FML.  Grafen  Browne  und  die  Vertheidigungs-Mass- 

nahmen  in  Mähren 

Die    preussischen  Winter-Quartiere 106 

Vorgänge  am  rechten  Oder-Ufer.    Einnahme  von  Namslau    .... 

Einnahme  von  Jablunkau 

FML.   Graf   Browne    in    Mähren 119 

Der  kleine  Krieg  an  den  mährisch-schlesischen  Grenzen  im  Monate 

Februar 

Ereignisse    im  Monate    Februar 13 

In  der  Grafschaft  Glatz 131 

Der  Ueberfall  bei  Baumgarten "    '    '        , 

Die  Ereignisse   bis  zum  Beginn   der  grösseren  Operationen    152 

Die  Einnahme  von  Glogau lbb 

Ereignisse  vom  9.  bis  18.  März  1741 178 

Aufmarsch    der    österreichischen  Armee 

Eintreffen  des  FZM.  Grafen  Neipperg.  Beginn  der  Operationen  .    .    185 
Operationen  der  beiderseitigen  Armeen   zu  Anfang  April.    201 

Die  Schlacht  bei  Mollwitz 22° 

Rückzug    der    österreichischen    Armee    an    die    Neisse    .    .    .  251 

Die  Gruppierung  der  Mächte ätW 

Die  österreichische  Armee  im  Lager  bei  Neisse 29! 


Die    Belagerung    und    Einnahme    von    Brieg 


sus 


XII 


Seite 

Der   kleine    Krieg   in    Schlesien 325 

Der    Mediations-Versuch    Englands      337 

Die    Allianzen    der    Gegner    Maria    Theresia's 3-1(5 

Veränderungen    des    preussischen  Lagers 364 

Thätigkeit  der  Streif-Corps  der  österreichischen  Armee 3G4 

Vereinbarungen    zwischen    den    pragmatischen    Mächten  .    .  377 

Die    Sendung    des    FML.  Grafen    Browne    nach    Dresden    .    .  390 

Ereignisse    im    Monat  Juli 394 

Die    Wiederaufnahme     der    Operationen     durch    die    öster- 
reichische Armee 401 

Die    Besetzung    von   Breslau      420 

Die    Lagerstellungen    bei   Frankenstein    .    .    .    .    : 431 

Rückmarsch  an  die  Neisse 443 

Diplomatische  Verhandlungen   im    Lager 447 

Die    Convention    von    Klei  n-Schnellendorf 508 

Der    Abmarsch    der    österreichischen   Armee    aus    Schlesien    519 

Die    Belagerung    und    Einnahme    von    Neisse 528 


Anhang. 

I/i.      Preussische  Declaration,  die  Einrückung  in  die  schlesischen 

Lande  betreffend  (13.  December  1740) 541 

I/2.      Patent  wegen  des  Einmarsches  Seiner    königl.  Majestät  in 
Preussen  Truppen  in  das  Herzogthum  Schlesien.  Berlin,  den 

1.  December  1740 541 

IL         General-Tabelle  über  den  dermaligen  Stand  der  Infanterie- 

und  Cavallerie-Regimenter  (Wien,  5.  November  1740)  .    .    .    544 
III.         Verzeichniss  der  in  Ungarn  und  in  den  deutschen  Ländern 
liegenden  Regimenter,  welchen  der  Befehl  ertheilt  worden, 
nämlich  die  Infanterie, dass  sie  auf  2000  Mann  und  die  Cavallerie, 
dass  sie  auf  S00  Mann  und  Pferd  sich  ergänzen  sollten  .    .    549 

IVA.      Offene  Ordre  für  den  FML.  Graf  Browne      .    .     • 551 

IV/2.      Gehorsams-Patent  für  FML.  Graf  Browne 551 

V/1.2.  Eincpiartierungsfreiheit  der  Stadt  Breslau 553 

VI.         Patent  betreffend  die  Einrückung    preussischer  königlicher 

Truppen  in  Schlesien.  Breslau,  den  18.  December  1740     .    .    554 
VII.         Ordre    de    bataille    der    im  December    1740    nach  Schlesien 

rückenden  preussischen  Armee 557 

VIII/i.  Pro  Memoria  was  die  beyden  Abgeordneten  von  Ihro  königl. 
Majestät  in  Preussen  der  k.HerrObrister  vonPosadowsky  und 
der  Herr  Obrister  von  Borcke  dem  Herrn  Raths  Praesidi  und 
einigen  dazu  ex  gremio  Magistratus  gezogenen  vorgetragen    5(50 


XIII 


VIII/2.3, 

\ 

IX. 

X. 

XI. 
XII. 

XIII/i. 

XIII/2. 

XIV/i. 

XIV/2. 

XV/i. 
XV/i. 

XV/3. 


XVI/l.2.3 

XVII. 

XVIII/i. 

XVIII/2. 
xvin/s. 


XIX. 
XX. 


Seite 
Vollmacht    für    die    beiden  Oberste    den    von    Posadowsky 
und  den  von  Borcke  im  Namen  und  von  wegen  Ihro  königl. 
Majestät  in  Preussen  der  Stadt  Breslau  einige  Propositiones  zu 
thun,  darüber  zu  tractieren  und  zu  handeln,  auch  zu  schliessen    561 
Weisung  König  Friedrich  IL  an  Graf  Schafigotsch,  Schlesien 

zu  verlassen.  Schweidnitz,  den  23.  Februar  1711 563 

Ernennung  des  FZM.  Reinhard  Grafen  Neipperg  zum  Ober- 

Commandanten  der  Armee -,(>^ 

Capitulation    der  Besatzung    von  Ohlau    9.  Januar  1711  .    .    5G5 
Capitulacion    der  Besatzung    des  Schlosses    zu    Ottmachau, 

12.  Januar  1711 567 

Offene  Ordre  für  GPWM.  Baron Lentulus.Wien,  den  4.  Jan.  1711    569 
Schreiben    des    (böhm.)  Oberst-Hofkanzlers    Grafen  Ivinsky 
an  den  Kreishauptmann  von  Mähren  Baron  Schubirz.  Wien, 

den  4.  Januar  174L 57<l 

Consignation  der  in    den  Kreisen  Mährens    zur  Errichtung 

kommenden  Haupt-  und  Filial-Magazine 571 

Getreide-Preise  auf  dem  Markte  zu  Olmütz  vom  31.  Januar 

1741.  Preise  zu  Prossnitz  am  16.  März  1741 572 

Copia  einer  Ordre  des  preussischen  FM.  Grafen  Schwerin  an 
den  Herrn  Kreishauptmann  in  Mähren,  Grafen  von  Salm  in 
simili  den  Herrn  Baron  Schubirz .  Troppau,  den  29.  Januar  1771    573 
Copia    der    Ausschreibungen    des    preussischen  GL.  Grafen 
von    Schullenberg    an    ein    und    andere    Fürstenthümer    in 

Schlesien.  Troppau,  den  29.  Januar  1741 573 

Placat,  dass  ein  jeder  der  schlesischen  Einwohner  unge- 
hindert von  einem  Ort  zum  andern  im  Lande  reisen  und 
Waaren  auch  Vivres  zu  den  Städten  bringen  könne,  wie 
auch  dass  alles  vorräthige  Getreide  zu  den  königlichen 
Magazinen    gegen    bare   Bezahlung    geliefert  werden  solle. 

m    I—     I 

Troppau,  den  4.  Februar  1741 °'± 

4.  (Jebergabe    der    Schanze  Jablunka    an  die  Preussen  durch 

den  Commandanten  Oberst-Lieutenant  O'Reilly 576 

Effektiver   Stand    der  nach  Böhmen,  Mähren  und  Schlesien 
beorderten  königlichen  Infanterie-  und  Cavallerie-Eegimenter    582 
Offene  Ordre   an   die  Commandanten  der  aus  Ungarn  nach 
Skalitz  im  Marsche  begriffenen  königl.  Regimenter.  Wien, 

den  14.  Januar  1741 533 

Offene  Ordre   an   die  Commandanten   der  aus  Ungarn  über 
Welka    in    Mähren   einzutreffen    habenden  Regimenter  und 
respectiven  Colonnen.  Wien,  den  21.  Februar  1741    ....    583 
Offene  Ordre  an    die  Commandierenden  Officiere    der  über 
Skalitz  in  Mähren  zu  passieren  habenden  königlichen  Truppen. 

Wien,  den  28.  Januar  1741 584 

Werb-Patents-Formular.  Wien,  den  18.  Januar  1741  .    .    .    .    585 
Offene  Ordre  an  die  zur  Uebernehmung  der  landständischeii 
Recruten    im    Markgrafthum    Mähren    beorderten   Ofliciere. 
Wien,  den  11.  Februar  1741 586 


XIV 


Seite 
XXI/i.     Designation,  was  zur  bevorstehenden  Ausrüstung  der  16  Feld- 
Stücke  bei  dem  Feld- Artillerie-Haupt-Corpo  an  verschiedenen 
Eequisiten  aus  dem  Haupt-Zeughaus  Wien  abzugeben  kommt    587 
XXI/2.     Specification,  was  von  dem  königlichen  Feld-Artillerie-Corpo 

sich  im  marschfertigem  Stand  haltet.  Prag,  den  2 1 .  Januar  1741    5S8 
XXII.        Aufruf  des  FM.  und  Judex  Curiae  Graf  Johann  Palffy  zur 

Truppenstellung.  Pressburg,  den  26.  Januar  1741 590 

XXIII.  Befehl  des  Hof-Kriegsrathes  an  Oberstlieutenant  von 
Fontaneila  zur  Uebernahme  des  Commandos  von  Glatz. 
Wien,  den  11.  December  1740 591 

XXIV.  Der  Prälat  von  Grüsau  an  den  Landeshauptmann  Grafen 
von  Waldstein  am  26.  Februar  1741 -.-...    593 

XXV.  Schreiben  des  Königs  von  Preussen  an  den  Churfürsten 
Philipp  Carl  und  die  dortselbst  accreditierten  fremden 
Ministers    über    ein    von    österreichischer  Seite    gegen  ihn 

geplantes  Attentat.  Berlin,  den  11.  März  1741 595 

XXVI.        Der  König  von  Preussen  an  seinen  bevollmächtigten  Minister 

von  Pollmann  zu  Regensburg.  11.  März  1741 597 

XXVII.        Entdeckung  eines  von  österreichischer  Seite  gegen  den  König 

von  Preussen  geplanten  Attentates £98 

XXVIII/i.  2.  Gegenerklärung  Maria  Theresias  an  die  Höfe,  enthaltend  die 
Entrüstung  über  die  Verdächtigung  eines  von  österreichischer 
Seite  gegen  den  König  von  Preussen  geplanten  Attentates  .  539 
XXIX/i.  Königlich -Preussisches  Placat,  dass  alle  und  jede  Ein- 
gesessene und  Untherthanen  in  Schlesien,  sie  seien  geist- 
oder  weltlichen  Standes,  die  Steuern,  Accisen  und  andere 
Landes- Abgaben  bis  auf  nähere  Verordnung  etc.  zu  den 
Landes-Cassen    liefern    sollen.     Hauptquartier    Ottmachau, 

den  18.  Januar  1741 602 

XXIX/2.  Königlich-Preussisches  an  Fürsten  und  Stände  auch  sämmt- 
liche  Landes-Inwohner  im  Herzogthum  Ober-  und  Xieder- 
Schlesien  erlassenes  Patent  die  Eintreibung  einespostulierten 
Steuer-Geldes  und  Herstellung  der  bisherigen  Accise-Collecteii 
zu  Abtragung  eines  monatlichen  Geld-Quanti  zur  Feld- 
Kriegs-Cassa  betreffend.  Berlin,  den  12.  Februar  1741  .  .  .  603 
XXIX/3.  Pro  Memoria  des  königlich  preussischen  Feld-Kriegs-Com- 
missariats  über  Steuer  und  Lieferungsverhältnisse  in  Breslau 
nach     der     preussischen     Besitzergreifung.      Breslau,     den 

25.  Februar  1741 606 

XXX.        Stand-  und  Dienst-Tabelle  der  in  der  Festung  Glatz  garni- 
sonierenden  löbl.  Regimenter    wie    sich    selbe  zu  Diensten 

befinien.  2.  März  1741 608 

XXXI.  Befehl  des  königl.  preussischen  commandierendenGFM. Grafen 
von  Schwerin  an  einige  Stände  und  Dorfschaften  in  Schlesien 
bezüglich   Natural-Lieferungen    an    die  preussische  Armee. 

Jägerndorf,  den  4.  März  1741 610 

XXXII.        Wach-undPosten-Zettel,  wie  solchem  währender  Blockade  in 

demPosto  Gross-Glogau  täglich  aufgestellt  u.  gehalten  worden    61 1 


XV 


XXXIII/i.2 

xxxiv. 

XXXV. 

XXXVI/1.2. 
XXXVII. 

XXXVIII. 

XXXIX. 

XL. 

XLI/i. 

XLI/2. 
XLII/1.2. 

XLIII. 

XLIV. 

XLV. 


XLVI. 

XLVII/i. 

XLVII/2. 
XLVIII. 

XLIX. 

L. 

LI. 


Seite 
Beantwortung    der    auf  die  Capitulation  von  Gross-Glogau 
bezüglich  vom  Hof-Kriegsrath  gestellten  Fragepuncte  durch 
FML.  Grafen  von  Wallis.  Wien,  den  28.  August  1711   .  G13,  618 
Marsch-Route,  wonach  das  von  Prag  über  Landskron  in  das 
Markgrafthum  Mähren  beorderte  Feld-Artillerie-Commando 

abzugehen  hat.  Prag,  den  2.  März  1741      62  L 

Liste  des  in  das  Feld  beorderten  grossen  und  kleinen  General- 

622 
Stabes     .    .     •   

Bagage-Ordnung.  Wien,  den  24.  Februar  1741 624 

Schreiben  an  die  Herrn  General-Landes-Kriegs-Cominissäre 

in  Mähren.  Wien,  am  22.  Februar  1741 63° 

Schreiben    des    Grafen  Kaunitz    an    FZM.    Graf   Neipperg. 

Brunn,  den  9.  März  1741 ■    637 

Der    böhmische    Hofkanzler    Graf  Kinsky    an   FZM.    Graf 

Neipperg.  Wien,  11.  März  1741 6i4 

FZM.  Graf  Neipperg  an  die  Administratoren,  Kanzler 
und    Regierungsräthe    des    Bisthums     Breslau    zu    Neisse. 

Olinütz,  den  13.  März  1741      646 

Schreiben    des    Hof-Kriegsrathes     an    den    FML.     Ascanio 

Marchese  Guadagni.  Wien,  den  27.  Februar  1741 647 

Werbpatent  für  den  russischen  Herrn  OWM.  von  der  Trenkh 
zu  Aufbringung    1000  Mann  Raizischer  Miliz    in  Slavonien. 

Wien,  am  27.  Februar  1741 6oü 

Schreiben  des  FM.  Graf  Neipperg  an  die  Regierung  zu  Neisse. 
Olmütz,  den  21.  März  1741  und  vom  23.  März  1741   .    .    652,  653 
Marschbefehl    für    das  Dessewffy'sche     Husaren-Regiment. 

Olmütz,  den  25.  März  1741 •    656 

Schreiben     des     FM.     Graf    Khevenhüller    an     FM.      Graf 

Neipperg.  Wien,  am  19.  April  1741      _  •    •    •     6o' 

Puncta,  welche  praeliminariter  unter  Russlands  Vermittlung 
zum  Grunde  einer  vollständigen  Einverständniss  und 
Zusammensetzung  zwischen  Ihro  Königl.  Majestät  von 
Polen,  als  Churfürsten  zu  Sachsen  und  Ihro  Majestät  der 
Königin  von  Ungarn  und  Böhmen  gelegt  werden.  21.  Januar 

1741 •    659 

Punctationen  Ihro    königlichen  Majestät    zu    Ungarn    und 

Böhmen  an  den  König  von  Grossbritannien 661 

Offenes  Patent  für  Wilhelm  Reinhard.  Neisse,  den  21.  April 

1711 lQl 

Patent  für  Wilhelm  Reinhard.  Neisse,  den  26.  April  1741    .    663 
Patent  für  den  Grafen  Ludwig    Lambert    Celari    zur    Er- 
richtung einer  Frei-Compagnie.    Neisse,  den  20.  April  1741    665 
Bericht  über  die  Massnahmen  zur  Instandsetzung  der  vom 

Feinde  beschädigten  Festung  Brieg 6l>b 

Capitulation  der  Besatzung  der  Festung  Brieg.    Brieg,  den 

4.  Mai  1741 ,i,,S 

Loco-Stand-Tabelle  der  in  Brieg    in  Garnison  gestandenen 

Regimenter.  9.  Mai  1741 l"° 


XVI 


Seito 
LH.        Ordre  de  bataille  der  königl.-ung.  böhm.  Armee  in  Schlesien 

den  25.  Mai  1741 672 

LIII.        Observatioris-Puncfce  bei    der    Infanterie.    Neisse.    den    10. 

Juli  1711 073 

LIV.        Dienstbarer    Stand    des    Neipperg'schen    Corps  mit    Ende 

Juli  1711 679 

LV.        Marschordnung.  Neisse,  den  31.  Juli  1711 680 

LVI.        Ordre  de  bataille  der  königl.  ung.-böhin.  Armee  bei  Tarnau, 

den  28.  August  1741      686 

LVII.        Patent  über    die  Einlieferung    von  Deserteuren    und    aus- 
geworfene Belohnung  hiefür.  Neisse,  den  5.  Juli  1711     .    .    687 
LVIII.        Erinnerungen    des   FM.    Grafen  Neipperg    an    den    GEW. 
Baron     Lentulus     über     die     in     Klein-Schnellendorf    am 
9.  October  1711  mit  dem  König  von  Preussen  stattgehabte 
Unterredung.   Greisau  unweit  Neisse,  den  13.  October  1711    088 
L1X.        Vertrags-Project,  entworfen  von  FM.  Grafen  Neipperg    .    .    691 
LX.        Memoire  vom    21.  October  1741    für    den    englischen  Ge- 
sandten Eobinson 696 

LXI.        Capitulation  von  Neisse,  31.  October  1741 699 

EXIL  Bewegs-Ursachen  wegen  Uebergebung  der  Stadt  und 
Festung  Neisse  an  die  königlich-preussischen  Truppen. 
Neisse.  den  31.  October  1711 703 


f  *  rapliisclie  Beilagen. 


Tafel  I.  Allgemeine  Situation  in  der  zweiten  Hälfte  December  1740.  Plan 
der  Festung  Glogau.  Umgebungskarte  von  Glogau. 

Tafel  IL  Plan  von  Breslau.  Dislocation,  wie  die  Truppen  zwischen  der 
Oblau.  Neisse  und  Oder  verlegt  worden.  Dislocation  der  öster- 
reichischen Truppen  am  6.  und  7.  Januar  1711. 

Tafel  III.  Plan  von  Oblau.  Umgebungskarte  von  Ottmachau.  Plan  der  Stadt 
und  Festung  Neisse.  Situation    am  24.  Januar  1741. 

Tafel  IV.  Umgebungskarte  von  Grätz.  Situation  am  7.  Februar  1741.  Winter- 
Quartiere  der  Preussen  und  Stellung  der  Truppen  am  20.  Februar 
1741.  Umgebungskarte  von  Namslau. 

Tafel  V.  Situation  der  Festung  Jablunka.  Plan  der  Stadt  und  Festung  Glatz. 
Karte  zum  Ueberfall  von  Baumgarten  1711.  Dislocation  März  1711. 

Tafel  VI.  Stellung  der  Oesterreicher  und  Preussen  am  2.  April  1741.  Marsch 
der  österreichischen  Armee  und  der  Preussen  vor  der  Schlacht 
Lei  Mollwitz.  Truppenstellung  am  3.  April  1741.  Truppenstellung 
am  4.  April  1711.  Truppenstellung  am  7.  April  1741.  Plan  der 
Schlacht  bei  Mollwitz  am  10.  April  1748.  Angriff  auf  die  Festung 
Brieg,  am  23.  April  1741. 

Tafel  VII.  Uebersichtskarte   zu    den  Operationen    im    1.   schlesischen    Krieg. 


Der  erste  sclüesisclie  Krieg. 

Feldzug  1740-1741. 


Oesterreichischer  Erbfolgekrieg.  II.  Bd. 


Vorbereitungen    König*  Friedrich   IL  von   Preussen    zum 

Einmärsche  in  Schlesien. 


Für  den  Einmarsch  nach  Schlesien  bestimmte  König 
Friedrich  IL  ein  Corps  von  20  Bataillonen,  32  Escadronen  und 
31  Geschützen,  zusammen  20.414  Mann  Infanterie,  6619  Mann  Caval- 
lerie  und  126  Mann  Artillerie,  mithin  27.159  Mann  mit  etwa 
12.900  Pferden  und  34  Geschützen.  Hiezu  kamen  noch  2396  Nicht- 
streitbare  und   etwa    1000  Fuhrwerke1). 

Das  später  als  I.  bezeichnete  C  o  r  p  s  wurde  zusammen- 
gesetzt aus: 

Infanterie  -  Regimenter:  Schwerin  aus  Frankfurt , 
Fürstenwalde,  Züllichau,  Crossen,  Müncheberg,  Bredow  aus 
Stettin,  Alt-Borcke  aus  Stargard,  Pyritz,  Kleist  aus  Berlin, 
Sydow  und  Derschau  aus  Berlin,  Spandau,  Markgraf  Heinrich 
aus  Prenzlau,  Graevenitz  aus  Magdeburg,  La  Motte  aus  Cöln, 
Rügenwalde,  Jeetze  aus  Anclam,  Demnrin;  zu  je  zwei  Batail- 
lonen. 

Cayallerie-Regimenter:  Prinz  Friedrich  (5  Escadronen) 
aus  Schwedt,  "Wrietzen,  Angermünde  und  Bahn,  Grenadier-Regiment 
Schulenburg  (10  Escadronen)  aus  Landsberg  a.  W.  etc.,  Dragoner- 
Regiment  Bayreuth  (10  Escadronen  aus  Pasewalk,  Garz  etc.,  Gens- 
clarmen  (1  Escadron)  aus  Berlin,  Preussische  Husaren  (3  Esca- 
dronen) aus  Goldap,  Ragnit,  Stallupöhnen  etc.,  Berliner  (Leibcorps-) 
Husaren  (3  Escadronen)  aus  Berlin. 


J)  Die  Kriege  Friedrich  d.  Gr.  I.  219. 

1* 


4 

An  Artillerie  waren  bestimmt  aus  Berlin: 

20     3-Pfünder  mit 2050  Schuss, x) 

6  50-pfündige  Mörser  mit 418         ,, 

4  12-       ,,  Kanonen  mit 396  ,,     und 

4  18-       ,,  Haubitzen  mit 251  ,, 

Den  Befehl  über  diese  Truppen,  welche  in  den  letzten  Tagen 
des  Monats  November  zum  Abmarsch  aus  ihren  Standorten  bereit 
sein  sollten,  ward  von  König  Friedrich  IL,  der  sich  die  oberste 
Leitung  der  Unternehmung  vorbehalten,  dem  Feldmarschall  Grafen 
Scliweri  n  übertragen.  -) 

Mit  Rücksicht  auf  die  Cernierung  und  Belagerung  der  Festung 
Glogau,  welche  unvermeidlich  schien  und  längere  Zeit  in  Anspruch 
nehmen  konnte,  erhielten  am  25.  November,  um  nicht  das  operierende 
Corps  vorzeitig  zu  schwächen ,  noch  die  Infanterie-Regimenter 
Anhalt  (Halle),  Anhalt-Zerbst  (Stettin),  Prinz  Leopold  (Stendal), 
Marwitz  (Halberstadt,  Quedlinburg)  und  Wedell  (Magdeburg)  Befehl, 
ihre  Grenadier-Compagnien  in  marschfertigen  Stand  zu  setzen  und 
Anfang  December  nach  Berlin  rücken  zu  lassen.  Hiezu  sollten 
dann  noch  die  Grenadiere  der  in  Berlin  und  Potsdam  befindlichen 
Regimenter  Glasenapp,  Kalckstein,  Münchow,  Truchsess,  sowie  das 
ganze  Regiment  Markgraf  Carl  (Berlin)  treten.  3) 

Für  dieses,  später  als  H.  bezeichnete  Corps  wurde  noch  das 
Leib-Carabinier-Regiment  mit  fünf  Escadronen  (Rathenow)  und  fünf 
Escadronen  des  Dragoner-Regiments  Platen  (Beigard),  an  Artillerie 
vier  12-Pfünder  mit  1236  Schuss  und  vier  50-pfündige  Mörser  mit 
457  Schuss  bestimmt.  Der  Aufbruch  von  Berlin  sollte  Mitte  De- 
cember erfolgen.  Zu  Commandanten  wurden  der  General  der  In- 
fanterie Herzog  von  Holstein  und  General-Lieutenant  Erbprinz 
Leopold  von  Anhalt-Dessau  bestimmt  und  ihnen  bereits 
am  8.  December  eine  »Instruction  wegen  Maskierung  der  Festung 
Glogau«  übermittelt.  4) 


J)  Als  Reghnents-Geschütze  für  die  Infanterie. 

2)  Kriege  Friedrich  d.  Gr.  I.  217  u.  ff. 

8)  Je  vier  Grenadier-Compagnien  hatten  ein  Bataillon  zu  bilden  und 
zwar  die  Compagnien  Anhalt  und  Prinz  Leopold  das  Bataillon  Bolstern; 
Glasenapp  und  Kalckstein  das  Bataillon  Kleist  ;  Anhalt-Zerbst  und  Münchow 
das  Bataillon  Saldern ;  "Wedell  und  Marwitz  das  Bataillon  Götze  und  die 
Compagnien  Markgraf  Carl  und  Truchsess   das  Bataillon  Beibnitz. 

4)  Kriege  Friedrich  d.  Gr.  I.  219.     ■ 


Officiere  wurden  .schon  Anfang  November  nach  Schlesien 
gesendet,  um  sich  über  die  Verhältnisse  im  Lande  zu  unterrichten, 
hauptsächlich  aber  um  Stimmung  für  das  Unternehmen  bei  der 
Bevölkerung,  besonders  bei  jener  lutherischen  Bekenntnisses  zu 
machen.  So  gieng  Oberst  Lestwitz  vom  Infanterie-Regimente 
Jeetze,  ein  Schlesier  von  Geburt,  unter  dein  Vorwande,  Getreide- 
käufe zumachen,  dahinab.  Subalternofficiere,  deren  Regimenter  an 
den  Grenzen  lagen,  wurden  abgesendet,  um  Kundschaften  einzuholen 
und  die  Bevölkerung  zur  Parteiergreifung  für  Preussen  anzueifern.  r) 
Auch  schlesische  Edelleute  wurden  an  den  Berliner  Hof  und  in  den 
preussischen  Dienst  gezogen,  so  die  Grafen  Henckel,  Ho  chberg, 
Baron  Reisewitz2)  u.  A.  Das  beim  Einmärsche  in  Schlesien  zu 
vertheilende  Manifest  wurde  vorbereitet. 3) 

Die  an  der  Hauptverbindungslinie  nach  Schlesien,  an  der 
Oder  gelegenen  Städte  Frankfurt  und  Crossen  wurden  zur  An- 
legung grosser  Yerpflegs-Magazine  bestimmt.  InZehdenick,  das  durch 
die  Spree  und  den  Friedrich  Wilhelms-Canal  AVasserverbindung  mit 
der  Oder  hatte,  wurde  ebenfalls  ein  Magazin  etabliert,  hauptsächlich 
um  das    im  Mecklenburg'schen   aufgekaufte  Getreide   aufzunehmen. 

Ende  November  und  in  den  ersten  Decembertagen  verliessen 
die  Truppen  die  Garnisonen.  Jene  des  I.  Corps  traten  sofort  den 
Marsch  gegen  die  schlesische  Grenze  an,  während  das  IL  Corps 
vorerst  in  Berlin  gesammelt  wurde.  Am  Nachmittage  des  2.  De- 
cember  traf  König  Friedrich  n.  in  seiner  Hauptstadt  ein  und 
besichtigte   einige   der  zum  Abmarsch    bestimmten  Truppenkörper. 


J)  K.  und  k.  Haus-Hof-  und  Staats-Archiv.  Berichte  des  Residenten  von 
Demeradt  aus  Berlin. 

2)  Ebendort.  Bericht  des  Marchese  Botta  vorn  6.  December  1740. 
Denieradt's  Bericht  vom  10. December  (abgedruckt  in ,.  Hie  Invasion  Schlesiens" 
Mittheilungen  des  K.A.  1885,3(3).  Die,, Schlesische  Kriegs-Fama"  bemerkt  darüber: 
„Eines  von  den  ersten  Merkmalen"  (des  vorhabenden  Einmarsches)  war,  dass 
Se.  königliche  Majestät  in  Preussen  zu  Berlin  verschiedenen  Schlesiern  Dienste 
anbieten  Hess,  oder  ihnen  expresse  Aemter,  wozu  sie  sich  am  geschicktesten 
erachteten,  zu  begehren  erlaubte.  Worauf  auch  einige  unterschiedene  Chargen 
bekommen  haben  ;  weil  aber  solches  nachher  vom  "Wienerischen  Hofe  übel 
aufgenommen  wurde,  so  ist  ein  Vertheidigungs-Schreiben  für  dieselben  publique 
gemacht  worden".  (V.  10.)  Dies  letztere,  ohne  Unterschrift  und  ebenso  leer, 
als  haltlos,  ist  ebenfalls  in  der  „Schles.  Kriegs-Fama"  V,  Beilage  C  5  und  (i  in 
französischer  und  deutscher  Sprache  abgedruckt;  es  trägt  die  Ueberschrift:  ..Ver- 
theidigungs-Schreiben vor  einige  Schlesier,  welche  königl.  preuss.  Dienste  ange- 
nommen haben",  ist  mit  K  gezeichnet  und  aus  Berlin  vom  29.  Dec.  1740  datiert. 

3)  Demeradt's  Bericht  vom  2G.  November  1740.  —  Preussische  Staats- 
Schriften,  I,  67. 


Am  5.  Decernber  begab  sicli  Feldmarschall  Schwerin  zur  Armee  ; 
arn  folgenden  Tage  rückte  die  Feld-Equipage  des  Königs  ab.  Am 
13.  Decernber  verliess  Friedrich  II.  selbst  Berlin,  traf  am  selben 
Abend  in  Frankfurt  a.  0.  und  am  folgenden  Tage  in  Crossen  ein. 
Sofort  nach  der  Abreise  des  Königs  aus  der  Hauptstadt  wurde 
eine  die  Motivierung  des  Einmarsches  in  Schlesien  enthaltende 
,,Declaration"  allen  anwesenden  fremden  Gesandten,  den  öster- 
reichischen ausgenommen,  in  das  Haus  geschickt.  ]) 


l)  Anhang  I.,  die  Declaration  vom  13.  Decernber,  dann  die  an  die 
deutschen  Mitstände  gerichtete  Erklärung  :  ,, Rundschreiben  an  die  deutschen 
Reichs-Stände  und  die  General-Staaten  der  Niederlande"  findet  sich  abgedruckt 
in  „Preussische  Staats-Schriften",  62  und  65.  Copien  davon  erliegen  Kriegs- 
Archiv,  Oesterreichischer  Erbfolgekrieg  1740,  XII  ad  6  a  und  b;  auch  im 
Archive  des  k.  k.  Ministeriums  des  Innern,  II.  B  6  vom  Jahre  1741,  Schlesien 
und  im  k.  undk.  Haus-Hof-  und  Staats-Archive  angeschlossen  demBerichte  vom 
'24.  Decernber  1740. 


Die    militärischen    Verhältnisse    in    Schlesien    von    Mitte 
October  bis  Mitte  December  1740. 


Schlesien,  dessen  Landesregierung,  das  Oberamt  in  Breslau, 
der  böhmischen  Hofkanzlei  unterstand,  war  beim  Tode  Kaiser 
Carl  VI.  das  militärisch  wohl  am  wenigsten  gesicherte  Land  de  s 
habsburgischen  Besitzes. 

Breslau,  Glogau,  Neisse,  Glatz  und  Brieg,  die  festen  Plätze 
des  Landes,  befanden  sich  in  arg  vernachlässigtem  Zustande.  Die 
zur  Disposition  stehenden  Ingenieure  waren  in  Folge  Geb  rechlichkeit 
und  hohen  Alters  zum  Dienste  untauglich,  die  Zeughäuser  enthielten 
keine  genügende  Ausrüstung,  das  vorhandene  Material  war  unzureichend 
oder  in  einem  der  Reparatur  dringend  bedürftigen  Zustande. 

Vor  Allem  fehlten  aber  zur  besseren  Instandsetzung  der  festen 
Plätze  die  nöthigen  Geldmittel,  welche  von  den  Ständen  stets  nur 
widerwillig  oder  gar  nicht  bewilligt  wurden. 

Im  Monate  October  1740  befand  sich  ein  einziges  Regiment 
in  Schlesien  in  Garnison,  Wenzel  Wallis-Infanterie  x),  das  einen 
completen  Stand  von  2300  Mann  haben  sollte,  nach  den  Standes- 
listen pro  December  jedoch  nur  1719  Mann  zählte. 

Dieses  Regiment,  drei  Bataillone  und  zweiGrenadier-Compagnien 
formierend,  stand  unter  dem  Befehl  des  Obersten  Don  Jose 
Marques  Copons  y  Boxadores  und  garnisonierte  mit  vier 
Compagnien  zu  Gross-Glogau,  einer  zu  Namslau,  einer  zu  Jablunka 
und  den  übrigen  eilf  sehr  schwachen  Compagnien  in  Neisse. 


')  Am  10.  October  1739  hatte  Feldmarschall-Lieutenant  Graf  Wenzel 
Wallis  das  Infanterie-Regiment,  vormals  Hasslingen  (Nr.  11),  verliehen  er- 
halten.    Das  Regiment  stand  seit  Anfang  des  Jahres  in  Schlesien. 


8 

In  Brieg  stand   ausserdem   eine  Frei-Compagnie  unter  Obersl 
de    Fin. 

Zeugämter  befanden  sich  zu  Gross-Glogau,  Brieg,  Namslau, 
Neisse,  Liegnitz,  Jablunka  und  Glatz. 

Das  General-Militär- Commando  in  Schlesien  führte  seit  Ende 
Mai  dieses  Jahres  Feldmarschall-Lieutenant  Graf  Franz  Wenzel 
Wallis1)  in  Gross-Glogau.  Das  Glatzer  Gebiet  und  die  Festung 
gleichen  Namens  unterstand  jedoch  dem  böhmischen  General- 
Commando,  mit  welchem  zu  jener  Zeit  Feldzeugmeister  Carl 
Hermann  Graf  O'Gilvy2)  betraut  war. 

FML.  Graf  Wallis  hatte  bereits,  bald  nach  Uebernahme 
des  General  -  Commando s,  über  den  schlechten  Zustand  der 
schlesischen  Festungen  berichtet  und  war  vom  Hof-Kriegsrathe 
am  28.  September  dahin  beschieden  worden,  dass  im  Sommer 
des  Jahres  1741  mit  den  notwendigsten  B,eparaturen  in  Gross- 
Glogau  und  Jablunka  begonnen  und  dieselben  nach  und  nach  in 
den  übrigen  festen  Plätzen  ausgeführt  werden  sollten. 

Auf  die  Nachricht  vom  Tode  des  Kaisers  begab  sich  Wallis 
sogleich  nach  Breslau,  um  mit  dem  Oberamt  zu  verabreden,  dass 
an  den  Landeshauptmann  in  Teschen  der  Befehl  erlassen  werde, 
die  auf  dem  Marsche  aus  Ungarn  nach  Schlesien  bestimmten  und 
an  dessen  Grenze  anlangenden  Regimenter  Harrach  (Nr.  47),  Botta 
(Nr.  12)  und  Browne  (Nr.  36)  ohne  den  mindesten  Aufenthalt  ihren 
Marsch  fortsetzen  zu  lassen. 3) 

Auf  Wallis'  Betreiben  fand  nun  auch  zu  Breslau  eine  Con- 
ferenz  von  Delegierten  des  Oberamts  und  landständischen  Deputierten 


!)  Oberst  15.  Januar  1731,  General-Feldwachtnieister  3.  Januar  1731,  Feld- 
marschall-Lieutenant 31.  März  1735,  Feldzeugmeister  27.  Juni  1715,  Feld- 
marschall  30.  Juni  1754;  gestorben  1771. 

2j  Oberst  23.  Mai  1714,  General-Feldwachtmeister  31.  October  1723,  Feld- 
marschall-Lieutenant 16.  November  1733,  Feldzeugmeister  1.  Mai  1735,  Feld- 
marschall 7.  October  1745;  gestorben  1751. 

3)  Die  Eegimenter  marschierten  echelonweise,  die  Colonnen  ein  bis  zwei 
Bataillone  stark;  die  Instradierung  gierig  über  Sillein  auf  Jablunka.  Uebrigens 
ergaben  sich  trotz  aller  Vorsicht.smassregem,welcbebeidenTruppen  ausBesorgi:i-- 
vor  Einschleppung  der  Pest  bereits  auf  dem  Marsche  selbst  getroffen  worden 
waren,  beim  Ue bertritte  auf  schlesisches  Gebiet  noch  genug  Schwierigkeiten. 
Diesen  machte  die  böbmische  Hofkanzlei  ein  Ende,  indem  der  Landesregierung 
bedeutet  wurde,  dass  die  einmarschierenden  Eegimenter  an  der  Grenze 
keiner  Contumaz  mehr  zu  unterziehen  und  obne  langen  Aufenthalt,  „jedoch 
nach  genügsamer  Visitier-  und  Reinigung  unter  Obsicht  derer  dazu  eigens  an- 
gestellten Generaler'  einzulassen  seien. 


statt,  bei  welcher  der  commandierende  General  beantragte,  dass 
an  die  Herbeischaffung  von  Vorräthen  in  den  befestigten  Orten 
und  Errichtung  von  Magazinen  Hand  gelegt  werde,  damit  bei 
etwa  ausbrechendem  Krieg  oder  Unruhen  im  Lande  selbst,  der 
Unterhalt  der  bereits  nach  Schlesien  bestimmten  oder  noch  weiter 
einrückenden  Truppen  sichergestellt  sei.  Auf  diese  Anträge  des 
Generals  wurde  jedoch  von  den  Beisitzern  der  Conferenz  keine 
andere  Resolution  gefasst  als,  „man  würde  von  Seiten  der  Land- 
stände ferner  darüber  deliberieren". 

Und  der  Oberamts-Director,  der  alte  Graf  Schaff  gots  ch, 
o-ab  sich  damit  zufrieden ! 

FML.  Graf  Wallis  begab  sich  nach  diesen  Misserfolgen  seiner 
Breslauer  Reise  wieder  in  seinen  Amtssitz  Gross-Glogau  zurück. 

Gegen  Mitte  November,  als  die  preussischen  Rüstungen  nicht 
mehr  verborgen  bleiben  konnten  und  manche  Anzeichen  schon  die  be- 
vorstehende Invasion  Schlesiens  befürchten  Hessen1),  ersuchte  Wallis 
den  Landeshauptmann  von  Glogau,  Grafen  K  o  1 1  ulin  s  ky,  den  Landes- 
ältesten und  Beamten,  die  an  den  brandenburgischen  Grenzen  be- 
gütert oder  angestellt  waren,  Befehl  zu  ertheilen,  sich  nach  den 
dortigen  Truppenbewegungen  zu  erkundigen  und  darüber  zu  be- 
richten; er  wendete  sich  auch  an  den  Oberamts-Director  und  erbat 
Mittheilung  jener  Nachrichten,  welche  bei  demselben  vom  Residenten 
von  D einer a dt  aus  Berlin  einliefen. 

Graf  Schaff  gots  ch  antwortete,  „dass  freilich  oberwähnter 
Resident  ihm  geschrieben  habe  wegen  Zusammenziehung  eines 
starken  preussischen  Corps  und  dass  es  schiene,  ob  solches  gegen 
Schlesien  zu  marschieren  clestiniert  wäre,  jedoch  muthmasse  er 
(S  c  h  a  f  f  g  o  t  s  c  h),  dass  solches  aus  keiner  anderen  Intention  etwa 
geschehen  dürfte,  als  dieweil  dieses  Jahr  das  Getreide  in  dem 
Brandenburgischen  gar  nicht  gerathen,  durch  Verlegung  sothaner 
Truppen  gegen  unsere  schlesischen  Grenzen  desto  leichter  die  Sub- 
sistenz  herausziehen  und  finden  zu  können". 2) 

Doch  hatte  das  Andrängen  des  commandierenden  Generals  in 
Schlesien  bei  den  politischen  Behörden  wenigstens  soviel  bewirkt, 
dass    von    der    böhmischen    Hofkanzlei,    nach    einem    Berichte    des 


l)  „Im  November  sprach  man  schon  in  Schlesien  unter  der  Hand,  dass 
der  König  von  Preussen  mit  einer  grossen  Anzahl  Truppen  in  das  Land  ein- 
rücken wolle."  (Schles.  Kriegs-Fama  1741,  V,  9.) 

-)  W  a  1 1  i  s'  Kesumierender  Bericht  an  den  Hof-Kriegsrath  aus  dem 
Jahre  1711.  Gräflich  Wallis'sches  Archiv  zu   Koleschowitz. 


10 

Oberamts  vom    12.   November,    der  von  Seite  Preussens    verlangte 
Getreide-Einkauf  in  Schlesien  nicht  gestattet  wurde.1) 

Wallis  sendete  ausserdem  einen  seiner  Officiere,  dessen  Frau 
ihren  Wohnort  in  Züllichau  hatte,  dorthin,  um  Nachrichten  über 
die  preussischen  Truppenbewegungen  zu  erhalten. 

Er  selbst  begab  sich  zu  wiederholten  Malen  nach  Breslau  und 
betrieb  beim  Oberamt  unausgesetzt  die  so  oft  schon  angeregte  Ein- 
richtung von  Magazinen. 

Am  20.  November  trafennuii  die  drei  ersten  Infanterie-Regimenter, 
welche  im  October  schon  ihren  Marsch  angetreten  hatten,  wirklich 
in  Schlesien  ein  und  zwar  Botta  (Commandant  Oberst  Pöttinge  r) 
zuerst,  dann  folgte  Browne  (Commandant  Oberst  Baron  R  o  th),  zuletzt 
Harrach  (Commandant  Oberst  Baron  F  ormen'ti.ni) ;  sie  hatten 
einen  ziemlich  schwachen  Stand. 

Nach  der  Tabelle  des  Kriegs-Commissariats-Amts  zählten  die 
Regimenter  nach  den  Monats- Ausweisen  vom  August: 

Effectiv  Abgang 

Botta  . 1160  Mann,  1110  Mann, 

Browne 1535       ,,  765       ,, 

Harrach    .      .     .     ....     2075         225 

In  Summa     .     .     4770  Mann,  2130  Mann, 

dürften  seit  jener  Zeit  aber  noch  einen  weiteren  Abgang  erlitten 
haben,  in  der  angeführten  Stärke  daher  kaum  nach  Schlesien  ein- 
gerückt «ein.  Unter  der  Mannschaft  befanden  sich  sehr  viele 
Recruten 2),  da  die  Regimenter  den  Befehl  hatten,  sich  durch 
Werbung  während  des  Marsches  möglichst  zu  completieren. 

Die  schlesische  Landesregierung  verordnete,  dass  die  im  Laude 
befindlichen  invaliden  Soldaten  zusammengezogen  und  nach  Gross- 
G-logau,  Namslau,  Brieg  und  Neisse  unter  Aufsicht  des  regulären 
Militärs  verlegt  würden. 3) 

Anfangs  December  befand  sich  FML.  Graf  Wallis  eben  wieder 
inBreslau,  als  der  Oberstlieutenant  vomlnfauterie-RegimenteAValdeck, 
von  Schmertzing,  welcher  in  Familien- Angelegenheiten  in  Berlin 


l)  Archiv  des  k.  k.  Ministeriums  des  Innern.  Protocolle  der  böhmischen 
Hofkanzlei  1710.  Fol.  333. 

s)  K.  A.  Meldung  des  FML.  Grafen  Wallis.  Hof-Kriegsraths-Protoco!l. 

Fol.  3115. 

3)  2000  invalide  Soldaten,  die  jedoch  noch  zu  Kriegsdiensten  tauglich 
waren,  befanden  sich  zu  jener  Zeit  in  Schlesien.  In  Folge  der  preussischen. 
einige  Wochen  später  erfolgten  Invasion  scheint  übrigens  die  Verfügung  der 
Landesregierung  ohne  besondere  Wirkung  geblieben  zu  sein. 


1 1 

gewesen  war,  auf  der  Durchreise  nach  "Wien  in  der  schlesischen 
Landes-Haupt  stadt  eintraf  und  dem  Commandier enden  ein  Schreiben 
des  ausserordentlichen  Gesandten  der  Königin,  FML.  Marchese 
B  o  1 1  a  vom  2.  December  überbrachte,  worin  der  Gesandte  mittheilte, 
dass  der  Einmarsch  der  preussischen  Truppen  in  Schlesien  gewiss  sei. 

Wallis,  welcher  eben  zu  einer  Conferenz  beim  Oberamts- 
Directorium  sich  begeben  wollte,  nahm  den  Stabsofhcier,  der,  ausser 
einen  Bericht  Botta's  vom  1.  December  nach  Wien  zu  über- 
bringen, dort  noch  mündlichen  Bericht  erstatten  sollte,  mit  in  die 
Conferenz,  um  auch  über  das  dort  Verhandelte  hohen  Orts  referieren 
zu  können. 

Als  das  Einrücken  preussischer  Truppen  zweifellos  erschien, 
erliess  Wallis  unverzüglich  den  Befehl  und  sendete  denselben 
mittelst  Estaffe tten  an  die  Commandanten  der  drei  in  Schlesien 
eingerückten  Regimenter,  welche  sich  in  Ober-Schlesien  vorläufig 
noch  zerstreut  dislociert  befanden,  sofort  nach  Brieg  zu  mar- 
schieren, wo  er  dieselben  zu  concentrieren  beabsichtigte.  Denselben 
Befehl  erhielten  die  in  Schlesien  einrückenden  acht  Liechtenstein'- 
schen  Dragoner-Compagnien.  Der  die  eilf  Compagnien  des  Regi- 
ments Wallis  in  Neisse  commandier  ende  Oberstlieutenant  von 
Bouchard  dagegen  sollte,  sobald  die  dorthin  bestimmten  sechs 
Compagnien  des  Regiments  Botta  eingerückt  seien,  sofort  aul- 
brechen und  nach  Glogau  marschieren. 

Das  Oberamt  raffte  sich  nun,  Angesichts  der  nicht  mehr  an- 
zuzweifelnden Thatsache  eines  drohenden  Einfalls  preussischerseits. 
wenigstens  zu  der  Verfügung  auf,  den  schlesischen  Fürstentümern 
aufzutragen,  allen  Proviant  und  sonstige  Bedürfnisse  nach  Brieg 
zu  schaffen. 

Wallis  verlegte,  da  sich  nur  vier  Compagnien  seines  Regi- 
ments in  Glogau  befanden,  mit  Rücksicht  auf  eine  Avohl  bald  be- 
vorstehende Berennung,  die  nicht  weit  von  der  Festung  unlängsl 
in  Quartier  -  Stationen  eingerückten  sechs  Harrach'schen  Com- 
pagnien x)  in  dieselbe. 

Die  beiden  Bataillone  Wallis  in  Neisse  hatten  Befehl,  nach 
Glogau  zu  rücken,  nach  deren  Eintreffen  dann  die  Compagnien 
von  Harrach  wieder  nach  Brieg  abmarschiert  wären,  erhielten 
aber  in  Folge  eingetroffener  Nachrichten  des  Marchese  B  o  1 1  a, 
mit  welchen  der  Anmarsch  preussischer  Truppen  schon  für  den 
9.    December    avisiert    wurde,    durch    einen    eigens    gegen    Neisse 


l)  Fünf  Füsilier-  und  eine  Grenadier- Compagnie. 


12 

abgesendeten  Officier  Contre  -  Ordre  und  wurden  nach  Brieg 
dirigiert. 

Wallis  selbst  erhielt  aus  Wien  den  Befehl,  das  Commando 
in  Gross-Glogau  zu  übernehmen  und  begab  sich  am  7.  December 
von  Breslau  aus  dorthin. 

Am  15.  December  ward  ihm  dann  vom  Hof-Kriegsrathe  noch 
mitgetheilt,  ..was,  falls  die  preussischen  Truppen  mit  allerhand 
Freunds chaftsversicherungen  in  Schlesien  einzurücken  unternähmen, 
diesfalls  an  den  König  oder  an  den  commandierenden  preussischen 
General  schriftlich  zu  erlassen,  dann  durch  öffentlichen  Druck 
publiciert  werden  solle".  J) 

Die  numerische  Veitheilung  der  österreichischen  Streitkräfte  auf 
den  weiten  Gebieten,  welche  die  Königin  beherrschte,  war  der  durch 
die  eingetretene  politische  Situation  bedingten  Kräftegruppierung 
gegen  die  westlichen  und  nordwestlichen  Grenzen  der  Monarchie 
durchaus  nicht  günstig.  Es  mussten  Massenverschiebungen  noth- 
wendig  werden,  welche  nur  aus  Ungarn,  Siebenbürgen  und  Sla- 
vonien  bewirkt  werden  konnten,  da  man  den  italienischen  Besitz 
nicht  von  Truppen  entblössen  durfte.  2) 

Eine  militärische  Organisation,  die  ein  Ineinandergreifen  der 
verschiedenen  Glieder  des  Heereskörpers  gewährleistet,  lag  nicht 
im  Geiste  der  damaligen  Zeit.  Der  Hof-Kriegsrath  dependierte  in 
Geldangelegenheiten  ganz  von  der  Hofkammer.  Die  Truppen- 
bewegung und  Unterbringung  hieng  von  den  Landesregierungen  ab, 
die  darüber  endlose  Correspondenzen  mit  den  in  Wien  befindlichen 
Hofkanzleien  führten. 

Eine  Ordre  de  bataille  im  heutigen  Sinne  gab  es  nicht,  die 
commandierenden  Generale  wurden  zwar  von  Truppenbewegungen, 
welche  der  Hof-Kriegsrath  anordnete,  verständigt,  letzterer  verkehrte 
aber  direct  mit  jedem  Regimente.  Hatte  nun  ein  solches  Marsch- 
befehl, so  war  damit  noch  nicht  gesagt,  dass  es  sich  wirklich  in 
Marsch  setzte;  denn  erstens  war  die  bedeutendste  Frage,  ob  es 
Geld  hatte,  um  überhaupt  marschieren  zu  können,  dann  ob  der 
Militär-Stations-Commandant  in  der  Lage  war,  das  Regiment  auch 
abmarschieren  zu  lassen,  bevor  er  Ersatz  dafür  bekommen.  Li 
manchen  Fällen  ward  der  Abmarsch  von  dem  Local-Commando 
verzögert. 


*)  K.  A.,  H.  K.  E.,  Registr.-Prot.  15.  December   Fol.  3602. 
-)  Anhang-  II. 


13 

Ein  weiteres  Hinderniss  bildeten  die  sanitären  Verhältnisse. 
Man  schützte  sich  nach  den  Türkenkriegen  mit  allen  Mitteln  gegen 
die  fürchtbare  Pestseuche  und  sehr  oft  übertrieb  man  im  ego- 
istischen Interesse  die  Vorsicht  hierin  zum  Schaden  des  Ganzen. 
Von  der  Drau  bis  an  die  Donau  hatte  ein  Pestcordon  existiert, 
Inner-Oesterreich,  Meder-0 esterreich,  Mähren  schlössen  sich  gegen 
Ungarn  durch  Grenzbesetzung  ab.  Die  Truppen  mussten  bei  Dislo- 
cationen  von  einem  Orte  zum  andern  wochenlange  Contumaz  halten 
und  kam  vor  dem  Ausmarsche  eines  Regiments  irgend  eine  bedenk- 
liche Erkrankung  vor,  so  wurde  die  ganze  Abtheilung  in  eine 
„gesunde  Gegend"  verlegt  und  dort  streng  abgeschlossen  in  Con- 
tumaz gehalten. 

Ueber  all'  dies  wurde  sonst  viel  und  oft  correspondiert,  angefragt 
—  und  so  verstrich  die  kostbarste  Zeit  zum  Handeln. 

Trotz  der  Bestürzung,  welche  die  Nachrichten  über  den  beab- 
sichtigten Einfall  des  Königs  vonPreussen  am  Hofe  zu  Wien  hervorrufen 
mussten,  verlor  man  jetzt  indessen  doch  keine  Zeit  mehr,  um  soviel 
als  möglich  der  bedrohten  und    fast  schutzlosen  Provinz  Hilfe    zu 

bringen. 

Die  beinahe  täglich  unter  dem  Vorsitze  der  Königin  oder 
ihres  zum  Mitregenten  ernannten  Gemahles  r)  stattfindenden  Con- 
ferenzen  beschäftigten  sich  eingehend  mit  der  Lage  in  Schlesien 
und  den  zu  treffenden  Vertheidigungs-Massregeln.  Vornehmlich 
wurde  Werth  darauf  gelegt,  dass  die  festen  Plätze  des  Landes 
geschützt  und  erhalten  würden  und  Breslau  sich  zur  Aufnahme 
königlicher  Truppen  als  Besatzung  bereit  erkläre.2) 

Während  FML.  Graf  Wallis  die  Bestimmung  nach  Gross- 
Glogau  erhielt,  wurde  FML.  Max  Ulysses  Graf  Browne  de  Camus 
angewiesen,  das  Interims-Commando  über  alle  ausserhalb  dieser 
Festung  in  Schlesien  befindlichen  oder  dort  noch  anlangenden 
Truppen  zu  übernehmen. 

Zur  Verstärkung  des  schlesischen  Corps  wurden  zunächst  zwei 
vorläufig  nach  Mähren  disponierte  Infanterie-Regimenter  und  die 
noch  in  dieser  Provinz  befindlichen  fünf  Compagnien  Liechtenstein- 
Dragoner  bestimmt.     Weiter   erhielten  die  Regimenter  Lanthieri3), 

!)  Franz  Stephan,  Herzog  von  Lothringen,  Grossherzog  von  Toscana, 
war  am  21  November  1740  von  der  Königin  zum  Mitregenten  ernannt  worden. 

2)  H.  H.  u.  St.  A.  Conferenz-Noten.  Eeferate  de  anno  1740. 

3)  1775  aufgelöst  (reduciert). 


14 

Hohenembs-  (heute  Dragoner-Regiment  Nr.  8),  Hohenzollern- 1 ) 
Cürassiere  und  das  Dragoner-Regiment  Batthyäni  (Nr.  10),  särnmtlieh 
aus  dem  ungarischen  Generalate,  Marschbereitschaftsordre.  Das 
Husaren  -  Regiment  Dessewffy  (Nr.  3j  im  Zempliner  Comitate, 
das  schon  am  28.  November  Befehl  erhalten,  unverzüglich  100 
Pferde  nach  Schlesien  abzusenden,  hatte  diesem  Detachement  bald 
zu  folgen  und  sich  unterwegs  zu  completieren.  Gleichzeitig  bekam 
das  ebenfalls  in  Ungarn  liegende  Husaren-Regiment  Splenyi  2)  Auf- 
bruchsordre.  Das  Infanterie-Regiment  Baden-Baden  3j  sollte  eben- 
falls nach  Schlesien  instradiert  werden.  Thüngen  (Nr.  57)  und 
Schmettau4)  erhielten  Marschbereitschaft.  Alt-Daun  (Nr.  56),  nebst 
zwei  Bataillonen  von  Max  Starhemberg  (Nr.  24)  wurden  ebenfalls 
für  Schlesien,  das  Husaren-Regiment  Csäky  (Nr.  9)  dagegen  vor- 
läufig in  den  Königgrätzer  Kreis  bestimmt.  Die  Nachrückung  für 
die  aus  Ungarn  abmarschierenden  Regimenter  durch  andere  aus 
entfernten  Garnisonen  wurde  angeordnet. 

Im  Allgemeinen  hielt  man  jedoch  in  der  ersten  Hälfte  des 
December  noch  an  der  Meinung  fest,  allerdings  ein  operationsfähiges 
Corps  in  Schlesien  aufzustellen,  die  zu  demselben  bestimmten 
Truppen  aber  bis  zum  Frühjahr  in  ihren  dermaligen  Stationen  zu 
belassen.  Die  Regimenter  erhielten  auf  dem  Marsche  die  etapen- 
mässige  Verpflegung.  Von  den  aus  Ungarn  in  das  Feld  rückenden  Ca- 
vallerie-Regimentern  mussten  die  überflüssigen  Monturen,  die  Kranken 
oder  Maroden,  nebst  den  Invaliden  und  unberittenen  Leuten,  dann 
die  schwere  Bagage  in  den  Quartier-Stationen  zurückgelassen 
werden.  Die  aus  Ungarn  nach  Schlesien  bestimmten  Regimenter 
sollten  insgesammt  über  Skalitz  nach  Mähren  und  zwar  vorläufig 
gegen  Olmtitz  sich  in  Marsch  setzen. 

Allmählich  jedoch  brachen  sich  andere  Anschauungen  Bahn  und 
die  bedrohte  Lage,    in  welcher  die  Erblande  sich  befanden,  wurde 
in  ihrem  ganzen  Umfange  den  Rathgebern  der  Monarchin  klar. 

In  der  unter  Vorsitz  des  Grossherzogs,  an  demselben  Tage 
noch,  an  welchem  der  preussische  Gesandte  Borcke  ihm  die 
ersten  bedrohlichen  Erklärungen  gemacht  hatte,  am  13.  December  ab- 
gehaltenen Conferenz-Sitzung,  kamen  die  mittels  Courier  eingesen- 
i  leten  Berichte  der  Generale  W  a  1 1  i  s  und  Brow  n  e  zur  Verlesung, 


J)  1801  aufgelöst. 

2)  1768  aufgelöst. 

3)  1809  als  Nr.  23  aufgelöst. 

4)  1741  aufgelöst, 


15 

die-- keinen  Zweifel  mehr  über  die  eminente  Gefahr  Hessen,  in  der 
G-logau  und  ganz  Schlesien  schwebe.  Von  Seiten  der  Conferenz- 
Minister  ward  dabei  die  Meinung  abgegeben,  dass  es  unnöthig  sei, 
„von  der  Entkräftung  des  Aerarii  und  deren  Länder  vieles  zu  er- 
wähnen, als  welches  nicht  minder  als  der  zerfallende  Zustand  der 
Armee  bekannt  sei,  leicht  sei  zu  ermessen,  wie  beschwerlich  den 
Truppen  und  Ländern  so  viele  Märsche  bei  dermaliger  Jahreszeit 
fallen  müssen,  wenn  es  aber  um  das  Universum  gleich  anjetzo  zu 
thun  sei,  so  müssen  alle  anderen  Betrachtungen,  wie  selbe  auch 
wären,  weichen.  Seit  dem  30jährigen  Kriege  sei  etwa  das  Durch- 
lauchtigste Erzhaus  in  einem  so  gefährlichen  Casu,  wie  anjetzo, 
nicht  gewesen  und  selber  so  beschaffen,  dass  wenn  nicht  auf  das 
Schleunigste  und  mit  allem  Nachdrucke  dazugethan  würde,  disso- 
lutio  totius  zu  befürchten  wäre.  Ohnedem  wäre  schon  bei  mehr 
als  einem  Hof  der  Argwohn,  dass  der  Preussen  Einrückung  eine 
zwischen  beiden  Höfen  verabredete  Sache  sei a),  der  König  selbst 
sage,  er  komme  als  Freund  und  würde  daher  der  Argwohn  eines 
heimlichen  Verständnisses  zwischen  hier  und  dem  König  unterdessen 
umso  mehr  derorten  um  sich  greifen,  woferne  man  sehete,  dass 
man  den  König,  ohne  sich  diesseits  zu  rühren,  ganz  Schlesien 
wegnehmen  lasse;  andurch  würde  auch  den  Alliierten,  die  man  um 
Hilfe  angesprochen,  sonderlich  dem  König  von  Polen,  den  man 
tanquam  vicarmm  Imperii  und  tanquam  confoederatum  darum  an- 
gegangen, der  Muth  benommen  und  bei  diesseits  nicht  versprechender 
ernsthafter  Veranstaltung  ein  und  anders  etwa  die  Lust  an- 
kommen, die  betrübte  Situation,  worin  Ihre  Majestät  die  Königin 
durch  den  unvermutheten  preussischen  Einfall  verfallen,  sich  zu 
Nutzen  zu  machen,  anstatt  dass,  wo  man  diesseits  ohne  Verzug 
und  mit  Ernst  zur  Sache  schreite,  aller  Muthmassung  nach  die 
chursächsische  und  churbraunschweigische  Hilfe  nicht  fehlen,  nicht 
minder  auch  die  associierten  Kreise  zur  Sache  mit  beitragen  und 
endlich  auch  Polen  wegen  der  gegen  Preussen  obseienden  Ver- 
bitterung dieses  unherhörte  Verfahren  mit  gleichgültigen  Augen 
nicht  ansehen  würde.  Die  sächsische  Hilfe  sei  die  nächste,  selbe 
bestünde  vermöge  der  Allianz  sowohl,  als  des  Lausitzer  Tractats 
anfangs  in  6000  Mann  und  durch'  erstere  sei  der  König  schuldig, 
Seiner    Majestät    mit    allen    Kräften    allenfalls    beizustehen2),    die 


J)  Vergleiche:  Broglie,  Frederic  II.  et  Marie  Therese.  Paris  1883.  I.  113. 

2)  Leider  sollten  sich  diese  Hoffmingen  nicht  erfüllen.  Nach  dem 
Scheitern  der  von  König  Georg  von  England  in  das  Leben  gerufenen  und 
durch  dessen  Bücktritt  wieder  zu  Grabe  getragenen,  gegen  Preussen  geplanten 


16 

Conjunction  der  dasigen  Truppen  sei  als  ein  Hauptobject,  diese  aber 
weit  schwerer  zu  erreichen,  woferne  Preussen  Meister  von  ganz 
Schlesien  einmal  wäre,  nachdem  nicht  nur  auf  das  nunmehr  ein- 
rückende Corps  gesehen,  sondern  auch  die  im  Hinterhalt  stehenden 
preussischen  Truppen  in  Betracht  zu  ziehen  seien,  die  der  König 
nachrücken  zu  lassen  alle  Facilität  hätte."  ]). 

In  Folge  dieser  Anschauungen  wurden  die  Verfügungen 
und  Vorkehrungen  beschleunigt.  GFWM.  Graf  P  i  c  c  o  1  o  m  i  n  i 
erhielt  am  Tage  nach  der  Conferenz  Befehl,  mit  den  ge- 
sammten  in  Mähren  bereits  eingerückten  Truppen,  nämlich  dem 
Franz  Lothringen' sehen  Regiment  (Nr.  1),  dann  den  15  Grünne'schen 
(Nr.  20)  und  fünf  Liechtenstein'schen  Compagnien  nach  Schlesien 
zu  den  Browne'schen  Compagnien  unverweilt  abzumarschieren.  Es 
muss  bei  den  Verfügungen,  die  getroffen  wurden,  der  Zustand  in 
Berücksichtigung  gezogen  werden,  in  welchem  sich  die  Truppen 
im  Winter  1740  durchgehends  befanden  und  der  den  obersten 
Behörden  nur  zu  gut  bekannt  war.  Ohne  Casse,  ohne  Feldrequisiten, 
ohne  Credit  zur  Beschaffung  der  unentbehrlichsten  kleinen  Montur, 
standen  die  Regimenter  nichts  weniger  als  schlagfertig  da.  Die 
durch  die  Türkenfeldzüge  verarmten  Oinciere  hatten  den  ganzen 
Sommer  hindurch  fast  gar  keine  Besoldung  erhalten,  konnten  sich 
ohne  Geld  also  nicht  feldmässig  equipieren  und  ohne  Equipierung 
kaum  im  Felde  dienen.  In  Ungarn  lagen  die  Verhältnisse  etwas 
besser,  die  dort  garnisonierenden  Truppen  bezogen  wenigstens  die 
Natural-Verpflegung,  die  aber  mit  dem  Austritt  aus  dem  König- 
reich Ungarn  aufhörte.  In  der  böhmischen  Ländergruppe  wurde 
jedoch  ausser  Brod  und  Fourage  nichts  verabreicht,  mithin  mussten 
von  dem  Tage  der  Einrückung  die  Bedürfnisse  dort  baar  bezahlt 
werden.  Falls  nun  die  Löhnungen  nicht  nüssig  gemacht  werden 
konnten,  lag  die  Gefahr  von  Excessen  und  die  Bedrückung  der 
Landbevölkerung  nahe.  Die  Hauptsache  war  und  blieb  die  Be- 
schaffung der  nothwendigen  Mittel.  Man  befürchtete  sogar,  dass 
von  manchen  Regimentern  bei  Erhalt  der  Auf  bruchsordre  die  Antwort 
einlaufen  werde,  ,,sie  könnten  sich  nicht  movieren,  bevor  sie  eine 
ergiebige  Abschlagszahlung  empfangen"  2). 


grossen  Coalition  Oesterreichs,  Eusslands  und  Sachsens,  über  welche  in  den 
ersten  Monaten  des  Jahres  1711  in  Dresden  verhandelt  wurde,  wendete  sich 
später  Churfurst  A  u  g  u  s  t    von  Sachsen,  König  von  Polen,  Frankreich  zu. 

1)  K.  A.,  Oesterreichischer  Erbfolgekrieg,  1710 ;  Fase.  XII,  IVa. 

s)  Conf.-Prot.  v.  13.  Dec.  1710.  K.  A.  Oest.  Erbfolgekrieg,  1710.  XII,  4V2. 


17 

Die  in  Ungarn  und  den  deutschen  Erblanden  gamisonierenden 
Infanterie-Regimenter  hatten  Befehl  erhalten,  durch  öffentliche 
Werbung  auf  2000  Mann,  die  Oavallerie  auf  800  Mann  sieh  zu  er- 
gänzen l)  und  ein  Handgeld  von  25  Gulden  zu  zahlen,  das  später 
auf  27  Gulden  erhöht  wurde.  Trotzdem  nahmen  die  "Werbungen 
einen  sehr  ungünstigen  Fortgang. 

Am  10.  December  war  ausserdem  ein  ,, General-Pardon"  für 
rückkehrende  Deserteure  publiciert  worden. 


FML.  Maximilian  Ulysses  Graf  Browne,  welcher  in  Italien 
in  Dienstesverwendung  stand  und  im  Spätherbste  des  Jahres    1740 
ursprünglich    für    ein   Commando    in   Böhmen    ausersehen   gewes 
war,    traf  nun,   zur  Führung   des  Literims-General-Commandos    be- 
stimmt, in  Schlesien  am  7.  December  ein.2) 

Browne  galt  als  energischer,  thatkräftiger  General,  er  stand 
in  noch  jungen  Jahren,  hatte  aber  bereits  Gelegenheit  gefunden, 
auf  den  Schlachtfeldern  Italiens  und  in  den  Türkenkriegen  seine 
Fähigkeiten  zu  erproben. 3) 

Dem  neuen  Befehlshaber  in  Schlesien  waren  ziemlich  weit- 
gehende Vollmachten  ertheilt  worden.  Während  FML.  Graf  W  alli  s 
sich  speciell  auf  die  Instandsetzung  und  Verteidigung  Gross- 
Glogau's  zu  beschränken  hatte,  ward  dem  Grafen  Browne 
Oberaufsicht  über  die  sämmtlichen  „haltbaren"  Plätze  Übertrag.]], 
Ebenso    war    es    ihm     überlassen,     die     im     Lande     eintreffenden 


')  Anhang  III. 

-)  Anhang  IV,  die  „Offene  Ordre"  und  das  „Gehorsams-Patent". 

3)  Maximilian  Ulysses  Graf  von  Browne,  Baron  de  Camus  und  Moun- 
tany,  ein  Sohn  des  kaiserlichen  Eeiter-  Ob  ersten  Ulysses  Grafen  Browne,  war 
am  23.  October  1705  zu  Basel  geboren.  In  jungen  Jahren  in  die  Armee  ge- 
treten und  durch  Familienverbindungen  mächtig  gefördert,  hatte  derselbe 
bereits  am  2.  April  1729  die  Oberstencharge  erreicht.  Im  Feldzuge  in  Italien 
1784  kämpfte  B  r  o  w  n  e  mit  Auszeichnung  bei  Parma  (29.  Juni)  und  Quistello 
(15.  September)  und  ward  am  18.  März  1735  zum  General-Feldwachtmeister 
ernannt.  In  den  Feldzügen  gegen  die  Türken  1737—1739  war  Browne  und 
zwar  in  jenem  von  1737  beim  Corps  des  FZM.  Prinzen  zu  Sachse  n- 
H  ild  bürg  haus  en.  1738  bei  der  Haupt-Armee,  1739  bei  dem  Corps  des 
Generals  der  Cavallerie  Fürsten  Lobkowitz  in  Siebenbürgen  in  Verwendung. 
Am  26.  März  1739  zum  Feldmarschall-Lieutenant  befördert,  erhielt  derselbe 
nach  dem  Belgrader  Frieden  ein  Commando  in  Como  in  Italien.  Den  weiteren 
Lebenslauf  des  Feldmarschalls  siehe  in  dessen  von  Arneth  verfasster  Bio- 
graphie in  „Allgemeine  Deutsche  Biographic",  III.,  Leipzig  1876  und  „Bio- 
graphien der  Heerführer  und  Generale",  Wien  1888. 

Oesterreichischer  Erbfolgekrieg.  II.  Bd.  '-' 


18 


Regimenter  „nach  Gutbefinden"    zu  verlegen,    sowie    die  zu    deren 
Erhaltung  notwendigen  Magazine  einzurichten.  r) 

Der  erste  Bericht,  welchen  der  in  der  Hauptstadt  des  Landes 
eingetroffene  General  am  8.  December  dem  Hof-Kriegsrathe  ein- 
sendete, ist  leider  nicht  mehr  vorhanden. 

Jedoch  scheinen  die  Eindrücke,  welche  Browne  nach  seiner 
Ankunft  in  der  Provinz  empfangen,  nicht  gerade  ungünstig  ge- 
wesen zu  sein.  Denn  am  11.  desselben  Monats  meldet  er  dem 
Grossherzog,  dass  er  hoffe,  „es  werde  noch  Alles  besser,  als  man 
sich's  zu  Lande  einbildet",  wenn  er  nur  in  kurzer  Zeit  mehr 
Truppen  und  besonders  Cavallerie  bekäme:  „von  dem  Landmann 
könne  man  allem  äusserlichen  Ansehen  nach  sich  alles  Gute  ver- 
sprechen, ich  wünschte,  dass  ein  dessgleichen  bei  der  sämmtlichen 
Noblesse  in  dem  Land  also  sich  zu  versichern  wäre,  allein  bei 
diesem  hat  es  einen  Anstand,  inmassen  sich  schon  eine  ziemliche 
Anzahl  bei  den  Preussen  befindet,  so  zwar  lauter  Akatholici  sind". 

In  den  Instructionen  des  Grafen  Browne  spielte  die  Er- 
haltung der  festen  Plätze,  vor  Allem  aber  der  Landeshauptstadt, 
eine  hervorragende  Rolle. 

Die  Aufgabe,  hierüber  die  Verhandlungen  zu  führen,  eine 
Aufgabe  wesentlich  politischer  Natur,  fiel  ihm  daher  im  Vereine 
mit  dem  königlichen  Oberamt  in  Breslau  zu. 

Dem  natürlichsten  Vertheidigungsplane  für  Schlesien,  die 
befestigte  Hauptstadt  zum  Mittelpuncte  der  Verteidigung  zu 
machen,  stand  das  von  den  Einwohnern  Breslau's  eifersüchtig  ge- 
hütete, allerdings  nicht  verbriefte,  sondern  nur  auf  Usus  und 
Connivenz  beruhende  Recht  der  Selbstverteidigung  entgegen, 
welches  den  Truppen  desFML.  Browne  die  Thore  der  Stadt  verschl«  iss. 

Dieses  Gewohnheitsrecht  fusste  eigentlich  nur  auf  der  im 
KYJI.  Jahrhundert  zu  öfteren  Malen  der  Stadt  zugesicherten  Be- 
freiung von  Einquartierungen. 2) 

Die  Verhandlungen,  welche  nun,  als  die  Gefahr  eines 
preussischen  Einbruches  immer  drohender  wurde,  mit  dem  Magistrate 
eingeleitet  wurden,  waren  äusserst  schleppend  und  wurden  von 
Seite  der  Stadt  durchaus  nicht  im  patriotischen  Sinne  geführt. 

Am  10.  December  wurde  dem  auf  das  königliche  Oberamt 
beschiedenen  ersten  Syndicus  der  Stadt,  von  Gut z mar,  bedeutet, 


!)  K.  A.,  H.  K.  R.,  Eeg.  Prot.  11.  December.  Fol.  357<i. 

2)  Ueber  die  Einquartierungsfreibeit  der  Stadt  Breslau  siebe  Anbang  V. 


19 

dass  die  Königin  die  Einnahme  einer  Besatzung  begehre,  schon 
damit  nach  Breslau,  als  dem  haltbarsten  Ort,  das  Hauptmagazin  für 
die  operierenden  Truppen  verlegt  werden  könne.  Im  Weigerungs- 
fälle drohe  der  Stadt  die  Verlegung  der  Landes-Regierung  sammt 
allen  Dikasterien.  Das  Oberamt  erklärte  dabei,  dass  die  Garnison 
„sogleich  nach  gestillten  Troublen  wieder  herausgezogen  werden 
solle";  dagegen  müsse  für  den  altersschwachen  Stadt-Commandanteii 
Oberst  von  ßampusc h,  ein  jüngerer  Officier  das  Commando 
übernehmen,  wozu  der  Oberst  Baron  Roth  des  Infanterie-Regi- 
ments Browne,  ein  gebürtiger  Schlesier  und  Lutheraner,  aus- 
ersehen sei.1) 

Man  war  am  13.  December  endlich  nach  peinlichen  Verhand- 
lungen so  weit,  dass  die  Bürgerschaft  zur  Aufnahme  königlich 
ungarisch-böhmischer  Truppen  die  Einwilligung  gab. 

FML.  Graf  Browne  hatte  in  seinem  Berichte  vom  11.  De- 
cember, als  die  Verhandlungen  noch  nicht  beendet  waren,  bemerkt, 
dass  die  Breslauer,  selbst  wenn  es  Ernst  würde,  sich  noch  bedenken 
würden,  einige  Bataillone  in  die  Stadt  zunehmen  und  hinzugefügt: 
., Behaupten  wir  Breslau,  so  ist  ohnehin  nichts  zu  befürchten  und 
haben  wir  noch  die  Oberhand  im  Land."  2) 

Am  Morgen  des  14.  December  konnte  er  in  Folge  der  Ab- 
machungen vom  13.  melden,  dass  der  Magistrat  sich  entschlossen 
habe,  „die  königliche  Besatzung  herein  zu  lassen,  also  ich  drei 
Bataillons  und  ebensoviel  Grenadiers-Compagnien  hereinbeordere, 
dermalen  noch,  bis  mehrere  Truppen  anlangen,  kann  nicht  mehr 
entbehren,  um  nicht  Brieg  bloss  zu  lassen,  allwo  der  Ruf  geht,  sie 
gerade  ihren  Marsch  zu  nehmen  wollen."  a) 

Er  fügte  noch  die  in  Breslau  verbreitete  Nachricht  bei,  dass 
schon  am  12.  einige  preussische  Compagnien  die  schlesische  Grenze 
überschritten  hätten.  4) 


>)  Grünhage  n,  Schlesien  unter  Friedrich  d.  Gr.  I,  15  u.  ff.  —  K.  A.. 
Berichte   Browne's. 

'-)  K.  A.,  Oesterr.  Erbfolgekrieg  17-10,  XII,  4. 

3)  Bericht  Browne's  an  den  Grossherzog.  K.  A.,  Oesterr.  Erbfolgekrieg 
1740,  XII,  5. 

4)  In  Beantwortung  dieser  Meldung  billigte  die  Königin  m  einem  an 
das  Oberamt  am  17.  December  gerichteten  Erlasse  die  im  Einvernehmen 
mit  FML.  Grafen  Browne  gegen  den  preussischcn  Einfall  gemachten  Ver- 
anstaltungen, ertheilte  Weisung  bezüglich  der  Anlage  der  Magazine  in  Brieg, 
Glogau,  Breslau,  Neisse.  ferner  wegen  der  Zufuhr  von  Getreide  aus  Mähren 
für  das  Magazin  in  Troppau. 

2* 


•20 

Für  den  nächsten  Tag  waren  die  Vertreter  der  Bürgerschaft 
noch  einmal  auf  das  Rathhaus  beschieden,  um  die  vom  könig- 
lichen Oberamte  auszustellenden  Reverse  entgegenzunehmen,  dass 
die  bewilligte  Garnison  sofort  nach  ,, gestillten  Troublen"  die  Stadt 
wieder  räume.  Nachdem  schon  am  13.  December  die  Angelegenheit 
nicht  die  Billigung  der  Zünfte  insgesammt  gefunden  hatte,  erhob 
sich  am  14.  ein  gewaltiger  Tumult.  Die  Jüngsten  von  allen 
Zünften  erschienen  in  der  Eathsstube  „und  protestierten  auf  das 
Schärfste  wider  die  Bewilligung  ihrer  Aeltesten,  wegen  Einnehmung 
kaiserlicher  Soldaten  in  die  Stadt,  Hessen  gar  harte  Reden  fliegen 
wider  die  Herren  Bürger-Capitains,  Kaufmanns-  und  Zunft-Aeltesten 
und  Ober-Syndicum  Gutzmar,  dass  sie  Alles  so  leichtsinnig  be- 
willigten und  der  Stadt  Freiheit  und  Bestes  nicht  ernstlicher  be- 
herzigten, da  denn  Letzterer  hoch  betheuerte,  dass  er's  mit  der 
Stadt  von  Herzen  treu  meine."  J) 

Der  Anführer  und  Sprecher  der  in  das  Rathhaus  gedrungenen 
aufgeregten  und  protestierenden  Menge  war  ein  Schuster  Namens 
Johann  Christian  D  ö  b  1  i  n.  Dieser,  kein  Schlesier,  sondern  ein 
gebürtiger  Brandenburger,  stammte  aus  Crossen. 2)  Etwa  vierzig- 
jährig, damals  mittellos,  übte  er  das  Handwerk  eines  kleinen 
Schusters  aus.  Er  stand  daher  inmitten  der  meist  besitzlosen  Be- 
völkernngsschichten  Breslau's. 

In  diesenKreisen  fand  Dublin  Gelegenheit  genug,  sich  durch  s  ''ine 
wühlerische  Thätigkeit  gekannt  und  wohl  auch  populär  zu  machen.3) 

Demagog  im  wahren  Sinne  des  Wortes,  scheint  er  die  Gäbe 
der  Rede  besessen  und  es  verstanden  zu  haben,    den  Pöbel  gegen 


r)  Kahle  r  t,  Breslau  vor  hundert  Jahren,  15. 

-)  Grün  ha  gen.  Zwei  Demagogen  im  Dienste  Friedrich  d.  Gr. 
Das  preussische  Generalstahswerk  bezeichnet  denselben  als  .. katholischer*' 
Confession ;  es  ist  nicht  ersichtlich,  auf  welche  Nachricht  hin.  Jedenfalls  war 
er  im  Dienste  Friedrich  IL  thätig.  Dass  Stenzel,  V,  17,  erzählt,  der  Syndicus 
Gut  z  mar  nenne  Döblin  den  „katholischen"  Schuster,  beweist  wenig,  es 
kann  ebensowohl  eine  in  der  Stadt  geläufig  gewordene  ironische  Bezeichnung  sein. 

3)  „Man  sollte  nun  zwar  auch  eine  genaue  Beschreibung  und  Historie 
eines  Mannes  in  Breslau  machen,  welcher  vieles  Aufsehen  und  Geschrei  von 
sich  verursacht  hat  und  Döblin  heisst,  so  das  Schuster-Handwerk  bisher 
getrieben,  man  steht  aber  billig  an,  sich  in  dieses  Werk  einzumischen  ;  und 
weilen  anjetz  wieder  Alles  stille  von  ihm  geworden,  so  will  man  erwarten, 
bis  sich  ein  Gönner,  der  etwas  mehrere  Kenntniss  von  ihm  und  seinen  Thaten 
als  wir,  hat,  finden  und  uns  ein  Werk  von  seinen  Begebenheiten  zuschicken 
wird,  das  wir  als  eine  Beilage  einzurücken  nicht  ermangeln  wollen."  (Schles. 
Kriegs-Fama,  VIT,  55.) 


21 

die  Regierung  und  die  österreichische  Partei  aufzuhetzen.  Dies 
geschah  unter  dem  Schlagworte,  dass  der  Eath  durch  seine  Nach- 
giebigkeit der  Landes-Eegierung  gegenüber  die  Freiheiten  und 
Privilegien  der  Stadt  preisgebe. 

Döblin  ist  ohne  Zweifel  preussischer  Agent  gewesen.1; 
Thatsache  jedoch  ist,  dass  er  in  diesem  kritischen  Momente  der 
Breslauer  Geschichte  eine  bedeutende  Eolle  gespielt  und  viel  zur 
Entscheidung  beigetragen  hat. 

Der  turbulente  und  von  Döblin  bearbeitete  Haufe  junger 
Zunftgenossen  protestierte  also  an  jenem  Vormittage  des  14.  De- 
cember  gegen  die  Einnahme  der  Truppen  auf  das  Heftigste,  während 
eine  dichte  Volksmenge  das  Eathhaus  umlagerte. 

Mit  Mühe  gelang  es  dem  Stadtsyndicus  Gutzmar,  die  Ein- 
gedrungenen zu  bewegen,  durch  einige  Deputierte  ihre  Wünsche 
vortragen  zu  lassen,  worauf  D  ö  b  1  i  n,  nebst  einigen  anderen  Hand- 
werkern vortraten  und  Namens  der  Bürgerschaft  die  Ausschliessung- 
fremder  Besatzung  und  die  Selbstverteidigung  der  Stadt  ver- 
langten. 

Vergeblich  stellte  man  seitens  des  Eathes  vor,  welche  Be- 
schwerden, Geldopfer  und  welche  Verantwortlichkeit  eine  Selbst- 
verteidigung notwendigerweise  im  Gefolge  haben  würde ;  die 
Menge  verlangte  dieselbe  in  der  ungestümsten  Weise. 2) 

Endlich  bat  Gutzmar  um  Räumung  des  Saales,  damit  das 
Eaths-Coilegium  zu  einer  Berathung  zusammentreten  könne.  Die- 
selbe gelang  jedoch  nur  unvollkommen,  da  eine  Anzahl  der  Eindring- 
linge in  der  ausgesprochenen  Absicht  zurückblieb,  die  Entfernung 
der  Eathsbeisitzer  zu  verhindern,  bevor  die  Angelegenheit  er- 
ledigt sei. 

Die  Eathsherren  führten  in  Folge  dieses  Zwanges  ihre  Be- 
rathung weiter,  wo  denn,  wie  es  scheint,  Gutzmar's  Vorschlag 
durchgegangen  ist,  die  Frage  nur  vom  Standpuncte  der  militärischen 
Ausführbarkeit  in  Betracht  zu  ziehen.  Man  wolle,  eröffnete  man 
der  Versammlung,  die  Ofnciere  der  Stadtmiliz,  den  Commandanten 
und  den  Stadtmajor  über  die  Möglichkeit  einer  selbstständigen 
Verteidigung  befragen. 


1)  Darauf  deutet  auch  eine  spätere  Aeusserung  König  Frie  d  r  i  c  h  II. 
an  Schwerin  (Ende  Juli  1741) :  „Ihr  wisset  von  Selbsten,  was  es  vor  Mühe 
gekostet,  um  zu  verhindern,  dass  anfänglich  diese  Stadt  (Breslau)  keine  öster- 
reichische Garnison  eingenommen."  (Polit.  Correspondenz,  I.  444.) 

2)  Grünhagen,     Schlesien  unter  Friedrich  d.  Gr.,  I,  ,">()  u.  ff. 


■2-2 

In  Folge  dieser  Entscheidung  verlangten  die  Tumultuanten 
die  sofortige  Vernehmung  des  Commandanten  und  dessen  Stell- 
vertreters, was  durch  deren  Anwesenheit  auf  dem  Rathhause  er- 
möglicht wurde. 

Anden  Commandanten,  dengreisen  Obersten  v.  Kamp  lisch, '  i 
richtete  nun  der  Syndicus  vor  der  Versammlung  die  Frage,  „ob  er 
glaube,  dass  die  Stadtgarnison  mit  der  Bürgerschaft  sich  defendieren 
könne  und  mit  dem  nöthigen  Material  ausgerüstet  sei.  Welche 
Antwort  auf  diese  Frage  gewünscht  wurde,  konnte  kaum  zweifelhaft 
sein,  doch  der  alte  Herr,  der  gleich  bei  seinem  Erscheinen  von 
der  Menge  mit  lebhaftem  Zuruf  begrüsst  worden  war,  verspürte 
wenig  Neigung,  unter  Preisgebung  seiner  ganzen  Popularität  in 
die  Bresche  zu  treten ;  er  erwiderte  höchst  diplomatisch,  die  Be- 
schaffenheit der  Stadt  werde  einem  hohen  Rathe  selbst  am  besten 
bekannt  sein,  er  sei  bereit,  Blut  und  Leben  für  die  Stadt  daran 
zu  setzen."  2) 

Die  Versammlung  legte  sich  diese  Antwort  in  ihrem  Sinne 
zurecht  und  Dublin  rief  mit  Begeisterung :  „Das  ist  unser  Vater, 
dem  wollen  wir  folgen."  Vor  dem  Jubel,  den  diese  Worte  hervor- 
riefen, sank  die  letzte  Spur  von  AViderstandskraft  bei  den  Herren 
vom  Ratke  ;  auch  sie  bekannten  sich  jetzt  zu  dem  von  der  Bürger- 
schaft geforderten  Gedanken  der  Selbstvertheidignng  und  durften 
endlich  nach  Hause  gehen  „mit  der  gemischten  Empfindung,  eine 
unliebsame  Sache  losgeworden  zu  sein  und  doch  der  Regierung 
gegenüber  betheuern  zu  können,  dass  ihr  eigener  guter  Wille  nur 
einer  drohenden  revolutionären  Bewegung  gewichen  sei."  3) 

Die  Autorität  der  Behörden  war  durch  diese  Vorfälle  lahm- 
gelegt und  die  Wortführer  der  erregten  Menge  wurden  zu  leitenden 
Persönlichkeiten;  der  „Schuster"  Döblin  war,  wie  ein  zeit- 
genössisches Spottgedicht  sagt,  „der  Held,  der  diese  Stadt  regiert". 
Man  sah  ihn  viel  in  den  Strassen,  Haufen  von  Menschen  mit 
weithin  tönender,  durch  lebhafte  Gesten  unterstützter  Beredsamkeit 
haranguierend. 


r)  Maxiinüian  v.  E  a  m  pusc  h  war  in  Folge  der  in  der  Schlacht  bei 
Peterwardein  (5  August  1716)  erhaltenen  schweren  Verwundung  genöthigt 
gewesen,  den  kaiserlichen  Dienst  als  Hauptmann  bei  Alt-Daun-Infanterie 
(Nr.  56)  zu  quittieren.  Er  erhielt  am  IG.  August  1719  den  Oberstlieutenants- 
Charakter,  jedoch  mit  dem  Bemerken,  sich  dessen  in  der  kaiserlichen  Armee 
nicht  zu  ..praevalieren". 

2)  Grünhagen,  Schlesien  unter  Friedrich  d.  Gr. 

3)  Ebenda. 


23 

Die  bewaffneten  Bürger  Hessen  es  übrigens  an  Versicherungen 
ihrer  Loyalität  der  Königin   gegenüber  und  ihres  Eifers  für  die 
Vertheidigung    nicht    fehlen.     Die  Stadt  füllte  sich  mit  lärmendem 
militärischem  Treiben;    die   jungen  Burschen    wurden   täglich    ein- 
exercierb,  die  Befestigungen  mit  Pallisaden  versehen  und  aus  dem 
I  tischen  Zeughause  die  Wälle  mit  zahlreichen  Geschützen  bew<  1 1  rt . ' 
Indem    die    königlichen  Behörden    sich    diese  Farce    der  Ver- 
theidiguugs-Instandsetzung    eines    strategisch  so  wichtigen  Pun< 
wie  Breslau  gegen  ein  schlagfertiges  und  gut  ausgerüstetes  Kriegs - 
beer    bieten    Hessen,    begaben    sie    sich   jeden    Einflusses    auf    die 
ferneren  Geschicke  dieser  Stadt.  Man  wird  kaum  in  Abrede  stellen 
können,  dass,  wenn  die  Landes-Regierung  in  Erwägung  dessen,  was 
mit  der  Hauptstadt  auf  dem  Spiele  stand.  Alles  hätte  daran  setzen 
wollen,    Truppen  in  dieselbe  hineinzubringen,    dies    hätte    gelingen 
müssen.  Dann  hätte  die  schleunige  Besetzung  der  Dom-  und  Sand- 
Insel,  zu  der  man  ja  vollkommen  befugt  war,  da  sich  diese  Stadt- 
gebiete   nicht    auf   die    früher    geübte  Observanz   berufen  konnten, 
das    erste    sein    müssen    und    wenn    nun    der    bereits    in    Breslau 
weilende  Oberst  Baron  Roth  sich  hätte  geneigt  finden  lassen,  die 
zweite  Stelle  im  Commando  der  Stadt,  welche  ihm  die  Bürgerschaft 
thatsächlich  antrug,  anzunehmen,  dann  hätte  es  ihm  auch  nicht  allzu 
schwer  werden  können,    ein    paar  Compagnien  Soldaten  durch  das 
Sand-Thor  oder  über  die  Oder  zubringen.  Zu  einem  Strassenkampfe 
und  dem  Bau  von  Barrikaden  wäre  es  schwerlich  gekommen,  um- 
so weniger,  als  doch  erst  später  nach  und  nach  die  tumultuierende 
Bürgerschaft  in  den  Besitz  von  Waffen  gekommen  ist.  -) 

Bei  den  Beherrschten  zeigte  sich  keine  Regung  von  Patriotismus, 
weder  beim  Rathe,  noch  bei  der  Bürgerschaft,  ebensowenig  bei  den 
Staatsbeamten.3)  Anstatt  hingebenden  Pflichteifers  nur  jene  schlaffe 
Passivität,  welche  bei  der  Ausführung  der  erhaltenen  Befehle  vor 
allem  darauf  denkt,  den  eigenen  Rücken  zu  decken.  So  hatte  der 
Oberamts-Präsident  Graf  S  c  h  a  f  f  g  o  t  s  c  h,  als  ihm  G  u  t  z  m  a  r  die 


y)  Grünhag  en,  Schlesien  unter  Friedrich  d.  Gr.,  I,  53. 

2)  Ebenda. 

3)  „Zwei  einander  scheinbar  widersprechende  Gebrechen  stellten  sich  in 
der  Geschäftsthätigkeit  der  königlichen,  wie  der  städtischen  Beamten  bis  zum 
Jahre  17-40  in  aller  Stärke  heraus  :  V  i  elr  e  g i  er  e  r  e i  und  Saumseligkeit. 
Mit  letzterer  trat  denn  das  rasche,  durchgreifende  Regiment  Friedrich  II.  in 
den  schroffsten  Gegensatz."  (W  u  1 1  k  e,  König  Friedrich  d.  Gr.  Besitzergreifung 
von  Schlesien  und  die  Entwicklung  der  öffentl.  Verhältnisse  in  diesem  Lande 
bis  zum  Jahre  1740,  II.  149.) 


24 

Nachricht  brachte,  dass  der  Rath  an  seiner  früheren  Zusage  wegen 
der  Einnahme  königlicher  Truppen  nicht  festhalten  könne,  zwar 
einigen  Unwillen  gezeigt,  aber  doch  ohne  weiteren  Widerstand  die 
Sache  hingenommen  und  sich  begnügt,  eine  schriftliche  Darlegung 
des  Vorgegangenen  von  dem  Rathe  zu  begehren,  da  er  eine  solche, 
wie  er  sagte,  zur  eigenen  Legitimation  brauche. 

„Dem  Grafen  bangte  fort  und  fort  um  die  eigene  Sicherheit ; x) 
das  kriegerische  Treiben  der  bewaffneten  Bürgerschaft  auf  den 
Strassen  erschien  ihm  äusserst  unheimlich  und  als  nun  gar  General 
B  r  o  w  n  e  seinem  Unwillen  über  das  ganze  Treiben  unumwunden 
Worte  gab,  man  solle  einige  der  Hauptschreier,  vor  allem  Döblin, 
beim  Kopfe  nehmen  und  an  ihnen  ein  Exempel  statuieren,  dann 
würde  alle  Unruhe  aufhören  und  diese  Aeusserungen  schnell  weiter 
verbreitet  und  natürlich  übel  aufgenommen  wurden,  da  fuhr  der 
Oberamts-Präsident  selbst  bei  dem  General  vor,  der  auf  dem  Ringe 
im  „Goldenen  Baum"  logierte  und  beschwer  ihn,  vorsichtiger  zu 
sein,  es  könne  sonst  leicht  dazu  kommen,  dass  der  Pöbel  in  seiner 
Wuth  den  General,  das  Oberamt  und  den  ganzen  Eath  umbringe ; 
das  Beste  wäre  vielleicht,  wenn  er  die  Stadt  verliesse."  Ji 

FML.  Graf  B  r  o  w  n  e,  als  energischer  Soldat  gewohnt,  stets 
direct  auf  das  Ziel  loszugehen,  hatte  während  der  letzten  Tage 
seines  Breslauer  Aufenthaltes  wohl  wahrnehmen  können,  welche 
Elemente  bei  der  vollkommenen  Energielosigkeit  und  Schwäche  der 
königlichen  Behörden  bereits  tonangebend  in  der  Landeshauptstadt 
geworden  waren.  Es  konnte  dem  erfahrenen  Militär  auch  nicht  entgehen, 
dass  die  sogenannte  Selbstverteidigung  dieses  Platzes  der  Anfang 
vom  Ende  sei;  aber,  er  besass  zu  einer  Forcierung  der  Stadt 
durch  königliche  Truppen  keine  Instruction  und  durfte  dieselbe, 
nachdem  ihm  die  Anschauungen  der  Wiener  Regierung  darüber 
bekannt  sein  mussten,  auch  nicht  auf  eigene  Hand  wagen.  Um 
weitere  kostbare  Zeit  nicht  zu  verlieren,  verliess  er  am  18.  December 
die  von  subversiven  Agitationen  durchwühlte  Stadt. 

Vor  seiner  Abreise    von  Breslau    hatte   FML.  Browne  dem 
Hofe  mitgetheilt,  was  der  preussische  FM.  Graf  Schwerin  wegen 


r)  Ein  zeitgenössisches  Urtheil  spricht  sich  über  den  Grafen  folgendermassen 
aus:  „Der  geweste  capo  Graf  Schaffgotsch  ist  ein  guter,  frommer  und  ehrlicher 
Herr,  fürchtet  sich  aber  vor  einem  jeden  böhmischen  Etats-Eath,  wer  soll  also  für 
das  arme  Land  reden  und  sprechen.?"  (Wohlmeinende  Reflexion  eines  auswärtigen 
Ministri.     H.  H.  u.  St.  A.  Miscellanea  politica  et  publica.  Handschriften  1091.) 

2)  G  r  ü  n  luge  n  :  „Schlesien  unter  Friedrich  d.  Gr."  I.  55. 


25 

Beistellung  des  Un.terlialt.es  für  die  in  Schlesien  vorrückend» ra 
königlich  preussischen Truppen  an  den  Landesältesten  des  Sagan'schen 
Fürstentimms  erlassen  habe.  Ebensolche  Aufforderungen  waren  an 
den  Freistädter  und  Grünberger  Kreis  ergangen  und  die  Landes- 
ältesten' überhaupt  wegen  Verabredung  über  die  Marscherfordernisse 
nach  Crossen  citiert  worden.  Browne  sandte  auch,  gleichzeitig  mit 
der  Meldung,  dass  die  Bürgerschaft  zu  Breslau  keine  Garnison  ein- 
nehmen, sondern  selbst  diese  Festung  „defendieren"  wolle,  die  von 
der  Breslauer  Bürgerschaft  an  den  Magistrat  „in  Defensions-Weseu 
überreichte  Deklaration"  ein  und  begab  sich  nach  Brieg,  um  von 
dort  aus  die  Operationen  seines  kleinen  Truppen-Corps  einzuleiten 
und  von  Schlesien  zu  erhalten,  was  eben  zu  erhalten  noch 
möglich  war. 

FML.  Browne's  Plan  gieng  dahin,  vorläufig  Ober-Schlesien 
wenigstens,  das  ein  wohlhabendes  Land  war  und  für  den  Unterhalt 
der  Truppen  hinreichende  Vorräthe  besass,  nicht  zu  evacuieren,  da 
ein  Aufgeben  des  Landes  und  ein  Zurückweichen  bis  an  die  Grenze 
von  Mähren  und  Böhmen,  auch  geeignet  gewesen  wäre,  die  gut 
österreichisch  gesinnte  Landbevölkerung  zu  entmuthigen.  Er 
beabsichtigte  desshalb  in  Anhoffimng  baldig  eintreffender  Ver- 
stärkungen Brieg  zum  Stütz-  und  Magazinspuncte  seiner  Operationen, 
die  ja  nur  auf  Gewinnung  der  Zeit  berechnet  sein  konnten,  zu 
machen  und  verlegte,  um  den  wichtigen  Uebergangspunct,  Ohlau 
an  der  Oder,  zu  erhalten,  einige  Compagnien  dorthin. 


Der  Einmarsch  der  preussisclien  Truppen  in  Schlesien. 

Ochon  bevor  FML.  Graf  Browne,  der  aussichtslosen  Ver- 
handlungen mit  den  Breslauer  Behörden  müde,  sich  nach  Brieg 
begab,  hatten  sich  an  der  Grenze  Schlesiens  für  die  Geschicke  des 
Landes  bedeutsame  Ereignisse  abgespielt. 

König  F  r  i  e  d  r  i  c  h  II.  war  am  Nachmittage  des  14.  December 
in  Crossen  eingetroffen  und  hatte  am  15.  die  höhern  Officiere  dort 
zu  einem  Kriegsrathe  versammelt.  Zur  Tafel  zog  der  König  an  diesem 
Tage  auch  die  von  FM.  Schwerin  in  das  preussische  Hauptquartier 
citierten  Landes-Deputierten  des  Grünberg'schen  Kreises.  Während 
der  Tafel  „haben  Seine  Majestät  unterschiedene  Discurse  von  den  Um- 
ständen Schlesiens  geführt,  auch  mit  dem  gnädigsten  Bezeugen  und 
huldreichsten  Worten  versichert,  dass  die  Zusammenziehung  und  Ein- 
führung Dero  Armee  in  Schlesien  nichts  Anders  zum  Absehen  habe,  als 
des  Landes  Bestes".  Der  König,  der  anfänglich  etwas  ungnädig  ge- 
wesen., „dass  man  schlesischer  Seiten  nicht  eher  gekommen",  nahm  dann 
mit  Befriedigung  die  Versicherung  der  zwei  schlesischen  Edelleute  ent- 
gegen, dass  sie  die  von  FM.  Schwerin  „geschehene  Anmeldung" 
sogleich  mittelst  Courier  an  ihre  vorgesetzte  Behörde  gesendet  hätten, 
aber  bis  jetzt  vergebens  auf  Antwort  und  Vollmacht  gewartet  hätten.1) 

Das  schon  seit  längerer  Zeit  für  den  Einmarsch  in  Schlesien 
vorbereitete  Patent, 2)  war  am  15.  December  Abends  in  ver- 
schiedenen Orten  Schlesiens  angeschlagen  worden  und  ward  dann 
im  Vormarsch  vorbereitet. 3) 


1)  K.  A,  Oesterr.  Erbfolgekrieg  1740;  XII,  6  f. 

2)  Siehe  Anhang  1/2. 

zj  Preussische  Staats-Schriften  I.  67.  Minister  Podewils  hatte  bereits 
am  10.  November  an  seinen  Souverain  berichtet,    dass  es,    um    die  Bewohner 


27 

Am  10.  December  überschritt  das  Gros  des  preussischen  ersten 
Corps  die  Grenze  Schlesiens.  ])  Die  Truppen  betraten  zuerst  bei 
dem  Dorfe  Läsgen  in  der  Kordwestecke  des  Grünberger  Kreises 
schlesischen  Boden  und  rückten  in  dem  Dreieck  zwischen  dem 
unteren  Bober  und  der  Oder  vor,  das  bis  zur  Linie  Glogau-Sprottau 
reicht  und  über  28  Kilometer  breit  ist,  Erst  jenseits  der  erwähnten 
Linie  erweitert  sich  das  von  den  genannten  Flüssen  eingeschloss» 

Gebiet, 

König  Friedrich  II.  nahm  sein  Quartier  in  Schweinitz, 
zehn  Kilometer  südwestlich  Grünberg,  im  Hause  der  verwittweten 
Frau  v.  Schien  seh.  Die  Truppen  zahlten  vorläufig  alle  ihnen 
gelieferten  Lebensmittel  und  Fourage  baar.  Die  Vorhuten  gelangten 
am  17.  December  in  die  Linie  Sagan-Neusalz.  Die  Tiefe  des  Corps 
betrug  beiläufig  sechs  Meilen.  Friedrich  II.  stieg  im  Schlosse 
des  Grafen  Köder  zu  Weichäu  ab,  wo  er  auch  am  18.  blieb,,  an 
welchem  der  grösste  Theil  des  Corps  Rasttag  hielt.  Am  19.  standen 
die  Vortruppen  in  der  Linie  Bockwitz-Milkau,  die  Tiefe  des  Corps 
betrug  nur  noch  vier  Meilen.  König  Friedrich  begab  sich  nach 
Milkau,  wo  er  bis  21.  blieb.  An  diesem  Tage  wurde  dem  Könige 
durch  zwei  Deputierte  das  folgende  Schreiben  des  Oberamtes  in 
Breslau  vom  18.  December  übergeben: 

„Durchlauchtigster  Grossmächtigster  König ! 

Gnädigster  König  und  Herr ! 
„Die  Nachricht    von    erfolgter  Einrückung    Euer    Königlichen 
Majestät  Kriegs-Macht  in  dieses  Erb-Herzogthum  Schlesien  ist  um- 
so unvermutheter    eingelaufen,    als  dazu    weder    von    Ihro    König- 
lichen   Majestät    unserer    Allerhöchsten    Frau    und    Allerhöchsten 


Schlesiens  zu  beruhigen,  nothwendig  wäre,  ein  gedrucktes  Patent  zu  verbreiten, 
worin  gesagt  würde,  der  König  rücke  nicht  als  Feind,  sondern  vielmehr  als 
Freund,  guter  Nachbar  und  Beschützer  in  ihr  Land.  Das  Patent,  dessen 
Entwurf  von  P  o  d  e  w  i  1  s  herrührte,  wurde  schon  am  18.  November  zum 
Druck  nach  Frankfurt  a.  O.  gesendet,  da  man  in  Berlin  das  Geheimniss  darüber 
weniger  wahren  zu  können  glaubte  und  auf  Weisung  König  Friedrich's 
auf  den  1.  December  datiert. 

J)  FML.  B  o  1 1  a  hatte  bereits  bei  seiner  Hinreise  nach  Berlin  sich  von 
der  Intensität  der  preussischen  Kriegsvorbereitungen  überzeugen  können, 
gleichzeitig  aber  auch  die  Ansicht  geäussert,  dass  ein  concentriertes  preussische 
Corps  an  den  Grenzen  Schlesiens  nicht  existieren  könne,  da  die  dort  etablierten 
Magazine  höchstens  für  die  Marsch-Erfordernisse  genügten,  aber  keinesfalls  für 
längeren  Aufenthalt.  (Botta  an  Fürst  Liechtenstein  in  Paris.  Berlin.  3.  De- 
cember 17-10,  H.  H.  u.  St,  A.,  Franz.  Correspondenz,  Fase.  88.) 


28 

Landesfürstin,  weder  von  Seiten  des  Landes,  der  allermindeste  auch 
nur  scheinbare  Anlass  gegeben  worden.  Es  ist  zwar  seit  einiger 
Zeit  Vieles  von  starken  Kriegsrüstungen  zu  hören  gewesen,  worüber 
auch  von  uns,  der  tragenden  Obliegenheit  gemäss,  bei  der  Behörde 
angefragt  worden ;  allein  wir  haben  zur  Antwort  erhalten,  dass 
Euer  Königliche  Majestät  solche  Freundschafts -Versicherungen  er- 
theilen  lassen,  dass  man  unmöglich  die  Betretung  diesseitigen 
Territorii  sich  beigehen  lassen  könnte,  besonders,  da  bekannt  wäre  : 
was  das  natürliche  und  Völker-Recht,  die  so  hoch  verpönten  Reiehs- 
Sa  tzungen  und  zumalen  in  derlei  Umständen,  als  nunmehr  für- 
walten, die  goldene  Bulle  Kaiser  Carl  IV.  mit  sich  brächten.  Man 
hätte  über  das,  durch  alle  billige  und  thunliche  Mittel  Euer  König- 
lichen Majestät  Freundschaft  zu  bewerben,  sich  beflissen.  Freund- 
schaft gegen  Freundschaft  und  in  Allem,  was  die  gute  Nachbarschaft 
erheischte,  zum  Uebermass  des  reciproci  sich  erboten;  auch  mit 
einem  AVort,  den  Marchese  Botta  als  schon  bei  dessen  Absendung 
mit  solchen  Befehlen  versehen,  dass  er  Gewalt  und  Vollmacht  hätte, 
zu  Befestigung  des  beiderseitigen  besten  Vernehmens,  alle  Beding- 
nisse einzugehen,  welche  ohne  Schmälerung  Ihrer  Königlichen 
Majestät,  unserer  Allergnädigsten  Frauen  Erbländer  und  ohne 
Verletzung  der  Gerechtsame  eines  Dritten  eingegangen  werden 
könnten". 

..Einigen  Anspruch  könnte  von  Euer  Königlichen  Majestät 
möglicher  Dingen  nicht  angezogen  werden,  so  durch  die  feier- 
lichsten Tractate  nicht  vorlängst  abgethan  und  aus  dem  Grund 
gehoben  wäre.  Und  Endlichen  wäre  sich  an  Seiten  Ihro  König- 
lichen Majestät  unserer  Allergnädigsten  Frau  so  gar  entfernt 
nicht  gezeigt  worden,  auf  den  Fall,  da  man  Euer  Königlichen 
Majestät  Hilfe  vonnöthen  haben  sollte,  der  Billigkeit  nach,  darüber 
sich  einzuverstehen.  Und  sei  dem  Marchese  Botta  aufgetragen 
worden,  zu  Berlin  erkennen  zu  geben,  dass  nicht  zu  begreifen 
stünde,  wie  eine  nicht  benöthigte  Hilfe  mit  gewaftneter  Betretung 
eines  fremden  Territorii  könnte  aufgedrungen  werden  wollen.  Bei 
solchen  Umständen  nun  hatte  Ihrer  Königlichen  Majestät  unserer 
Allergnädigsten  Frau  nicht  wohl  möglich  geschienen,  dass,  zuwider 
der,  auch  mitten  unter  den  Kriegs-Anstalten  öfters  wiederholten 
Freundschaftsversicherungen  und  patriotischen  Bezeigungen,  zu- 
wider des  geheiligten  Bandes  der  menschlichen  Gemeinschaft,  zu- 
wider des  hochverpönten  Landfriedens  und  absonderlich  zuwider 
dessen,  was  in  gegenwärtigen  Umständen  die  goldene  Bulle  Kaiser 
Carl  IV.  klar  vermeint,    ein    benachbartes  Land,    ohne  Begrüssen 


29 

der  Landesfürstin  und  ohne  sieh  einmal  vorläufig'  gegen  Allerhöchst- 
dieselbe und  die  Ihrigen  im  Mindesten  zu  äussern,  mit  Kriegsmacht 
sollte  überzogen,  andurch  aber  die  allgemeine  Ruhe,  eines  Jeden 
Sicherheit  und  die  ganze  Reichsverfassung  auf  einmal  unterbrochen 
oder  vielmehr  vernichtet  werden.  Gleichwie  man  sich  nun  eine 
solche  Begebenheit  nicht  beigehen  lassen  könne,  also  wäre  m 
durch  alle  diese  Betrachtungen  in  dem  Anfangs  geschöpften  Ver- 
trauen umso  mehr  bestärket  worden.  Nachdem  aber  das  Gerücht 
von  einer  baldigen  Einrückung  in  Schlesien  sich  am  meisten  zu 
Berlin  ausgebreitet  hat,  so  hatten  Ihre-  Königlichen  Majestäl 
hängenden  Hochachtung,  forthin  demselben  keinen  Glauben  bei- 
messen wollen,  bald  darauf  aber  vernehmen  müssen,  dass  diese 
Dero  Zuversicht  sogar  dahin  ausgelegt  werden  wollen,  als  ob 
Allerhöchstdieselbe  mit  Euer  Königlichen  Majestät  Vorhaben  ein- 
verstanden wäre.  Da  nun  aber  ein  solcher  Wahn  Ihrer  Königlichen 
Majestät,  unserer  Allergnädigsten  Frau,  Ehre  und  Glorie,  auch 
der  Wohlfahrt  Dero  getreuesten  Erb -Königreiche  und  Länder 
allzunahe  gehe  und  dadurch  sowohl  Einheimische,  als  Auswärtige 
leicht  irre  gemacht  werden  könnten  r)   — 

So  haben  Allerhöchstdieselbe  auf  allen,  obschon  ganz  un- 
vermutheten  und  unglaublich  geschienenen  Fall  Allergnädigst  an- 
befohlen, dass  nach  wirklich  erfolgter  Einrückung  Euer  Königlichen 
Majestät  Kriegsvölker  in  das  Erb-Herzogthum  Schlesien  (dieselbe 
möge  nun  gleich,  wodurch  sie  immer  wolle,  beschönigt  werden) 
alles  Obige  mittelst  einer  schriftlichen  Verwahrung  zu  erkennen 
gegeben  und  dann,  dass  Euer  Königliche  Majestät  durch  ungleiche 
Vorstellungen  hintergangen  worden  sein  müssen  mit  dem  Ersuchen, 
wegen  ungesäumter  Zurückziehung  der  Kriegsvölker  von  fremdem 
Grund  und  Boden,  beigefüget  werden  solle,  mit  dem  ferneren 
Anhang:  dass  man  sich  ein  solches  von  Euer  Königlichen  Maj estät 
Gerecht-  und  Billigkeits-Liebe  ganz  zuversichtlich  verspreche;  all 
unverhofften  widrigen  Falls  aber  wegen  Iliro  Königlichen  Majestät 
unserer  Allergnädigsten  Frau,  als  rechtmässigen  Königin,  Dero 
getreueste  Unterthanen,  dann  fremden  Mächten  (deren  Unterthanen 


')  „Die  gute  Königin  von  Ungarn  und  Böhmen  beginnt  ihre  Regierung  in 
einem  sehr  schwerwiegenden  Augenblicke.  Die  Freunde,  zum  mindesten  Jene, 
welche  als  solche  zu  gelten  sich  bemühen,  sind  die  ersten,  welche  ihr  i 
Provinz  wegnehmen  oder  zum  mindesten  sich  dortselbst  mit  bewaffneter  Ha n<l 
festsetzen  und  als  Herren  auftreten."  Braunschweig,  19.  Januar  1741.  Herzogin 
Christine  an  FM.  Grafen  Seckendorff.  H.  H.  u  St.  A.  Gr.  Correspondenz' 
Fase.  183  F. 


30 

auf  das  Erb-Herzogthum  Schlesien  gesicherte  Hypotheken  haben) 
zuwachsenden  Schäden,  wie  nicht  minder  der  daher  entspringen 
müssenden  unzähligen  üblen  Folgen  halber  vor  Gott,  dem  ge- 
sammten  Reich  und  der  ganzen  Christenheit  verwahrt  haben  wollte. 
Wie  nun  sothaner  Königlichen  Allerhöchsten  Anordnung  aller- 
unterthänigst  nachzukommen,  unsere  getreueste  Pflichten  erfordern, 
also  sollen  auch  dieses  alles  an  Euer  Königlichen  Majestät  (nach- 
dem dem  ganz  sicheren  Vernehmen  nach,  Dero  Königliche  Truppen 
in  dieses  Erb-Herzogthum  Schlesien  schon  wirklich  eingetreten)  wir 
hierdurch  gelangen  lassen."  *) 

Die  Abgeordneten  erhielten  über  die  vorgelegte  Verwahrung 
nur  eine  Empfangsbestätigung  und  wurden  der  königlichen  Tafel 
zup-ezoo-eu. 2)  Ferner  wurde  seitens  des  Oberamts  in  Breslau  ein 
mit  dieser  vom  18.  December  datierten  Verwahrung  nahezu  gleich- 
lautendes- Patent  im  Lande  verbreitet. 3) 

Der  Text  dieser  Schriftstücke  war  nach  dem  Beschlüsse  der 
Conferenz  in  Wien  am  13.  December  um  1  Uhr  Nachmittag  aus- 
gefertigt und  dem  böhmischen  Hofkanzler  zur  Expedition  an  die 
schlesische  Landesregierung  übergeben  worden. 

Nachdem  die  Spitzen  des  preussischen  Corps  am  20.  December 
die  Linie  Meschkau-Tsckirnau  erreicht  hatten  und  nur  noch  zwei 
Meilen  von  Glogau  entfernt  waren,  rasteten  sämmtliche  Truppen 
am  21.  December. 

In  der  von  der  Invasion  unmittelbar  und  zuerst  bedrohten 
Festung  Glogau  hatte  FML.  Graf  Wallis  unausgesetzt  die  Ver- 
stärkungsarbeiten fortsetzen  lassen. 

Die  Ingenieure  Rauschen  d  o  r  f  und  S  u  1 1  y  hatten  die  Be- 
stimmung zur  Dienstleistung  in  dein  Platze ;  der  Erstere  war 
75  Jahre  alt  und  bereits  von  FML.  Graf  Wallis  im  September 
dem  Hof-Kriegsrathe  als  nicht  mehr  zum  Dienste  geeignet,  geschildert 
worden.  Der  Festungs-Commandant  liess  die  Palissaclen  ausbessern, 
den  verfallenen  Hauptwall  so  viel  als  möglich  reparieren  und  die 
Plattformen  der  Batterien,  von  welchen  keine  einzige  vorhanden 
war,    herstellen.     Zu    diesem  Zwecke    wurden    die  Einwohner   der 


■■> 


:)  Copie    im  Archiv    des  k.  k.  Ministeriums  des  Innern.  Ad  VII,  1  vom 
Jahre  1711,  Schlesien. 

2j  Kriege  Friedrich  d.  Gr.  I,  233.  Preuss.  Staats-Schriften  I,  (58. 
3)  Anhang  VI. 


31 

Stadt  und  aufgebotene  Bauern  Tag  und  Nacht  zur  Arbeit  heran- 
gezogen. Der  Erdwall  konnte  jedoch  nicht  revetiert  werden,  da 
weder  Kalk,  noch  Steine  vorhanden  waren,  die  Jahreszeit  derartige 
Herstellungen  auch  nicht  gestattete. 

Als  Besatzung  standen  in  der  Festung  ein  Bataillon  Wallis 
(vier  Füsilier-Compagnien  stark)  und  ein  Bataillon  Harrach  (fünf 
Füsilier-Cornpagnien),  nebst  einer  Grenadier-Compagnie. 

Die  Gesammtstärke  der  Garnison  betrug  effectiv,  einschliesslich 
der  Ober-  und  Unteroffiziere,  1178  Mann  und  90  Invaliden.  Die 
Compagnien  von  AVallis-Infanterie  bestanden  theils  aus  alter,  aber 
für  Fatiguen  nicht  mehr  geeigneter  Mannschaft,  theils  aus  sehr 
jungen  Leuten.  Von  den  17  in  der  Festung  vorhandenen  Artilleristen 
hatte  nicht  einer  im  Felde  gedient.  *) 

An  Geschützen  befanden  sich  in  der  Festung  58  Bronce- 
Kanonen,  3  Bronce-Mörser,  11  eiserne  Kanonen,  2  eiserne  Mörser. 
Diese  Geschütze,  grösstenteils  aus  dem  XVI.  und  XVH.  Jahr- 
hunderte, waren  zum  scharfen  Gebrauche  untüchtig  und  sämmtlich 
repar aturbe dürftig. 2)  An  Pulver  fanden  sich  in  den  Depots  1200 
Centner  vor. 

Der  städtischen  Behörde  wurde  der  strengste  Befehl  ertheih. 
ohne  Ausnahme  diejenigen  Bürger,  welche  nicht  wenigstens  auf 
einige  Monate  mit  Lebensmitteln  sich  versorgten,  aus  der  Stadt  zu 
entfernen. 

Aus  den  in  der  Stadt  gebliebenen  Mitgliedern  der  Bürger- 
schaft Hess  der  Festungs-Commandant  vier  Compagnien  bilden, 
die  sich,  viele  schon  bejahrte  Personen  inbegriffen,  auf  300  Mann 
bezifferten,    von    denen    übrigens    wenig  Nutzen  zu  erwarten  war. 

Der  Landeshauptmann  Graf  K  o  1 1  u  1  i  n  s  k  y  hatte  vor  der 
Annäherung  der  preussischen  Truppen  den  Befehl  gegeben  und 
FML.  Wallis  ihn  durch  militärische  Assistenz  unterstützt,  soviel e 
Lebensmittel  als  irgend  möglich,  in  die  Festung  zu  bringen,  doch 
versagten  viele  lutherische  Orte  bereits  den  Gehorsam,  so  dass 
nur  einige  hundert  Scheffel  Getreide  eingeliefert  wurden.  Dagegen 
erhielt  der  Magistrat  von  Glogau  Auftrag,  aus  den  der  Stadt 
gehörenden  Meierhöfen  das  gesammte  Hornvieh,  ebenso  wie  Eeu 
und  Stroh  in  die  Festung  schaffen  zu  lassen. 


J)  Nach  dem  Berichte  des  GFWM.  Barön  Reisky.  K.  A.  Mähren  und 
Schlesien  1741 ;  III,  25. 

2)  Archiv  für  die  Officiere  des  königl.  preussischen  Artillerie-  und  In- 
genieur-Corps. III.  Jahrg.  5.  Band  1837,  187  u.  ff. 


32 

Im  Cameral-Magazin  fanden  sich  Vorräthe  an  Mehl ;  auch  von 
Salz,  Branntwein  und  Tabak  war  etwas  vorhanden.  Der  Pulver- 
vorrath  befand  sich  in  vier  an  die  Stadtmauer  angebauten  Thürmen, 
da  aber  die  erstere  dünn  und  diese  nicht  bombenfrei  waren,  wurde 
derselbe  zum  Theil  in  das  Schloss,  zum  Theil  in  ein  Gewölbe  unter 
der  Pfarrkirche  gebracht,  welche  Aufbewahrungsorte  zu  besserer  Ver- 
sicherung noch  mit  Erde  eingedeckt  wurden. 

Am  13.  December  versammelte  der  Festungs-Commandant  die 
hervorragendsten  Officiere  des  Platzes  zu  einer  Berathung,  um  über 
die    empfehlenswertheste  Verteidigung    desselben    die  Meinungen 
abzugeben.     Man  einigte    sich  dahin,    dass    der  bedeckte  Weg  als 
,, beste  und  einzige  Defension   des  Orts"   mit   3 — 400  Mann  besetzt 
werden  solle,    wTas  auch  bei  Annäherung  der  preussischen  Truppen 
geschah.  Zwei  Tage  später  erhielt  ein  Detachernent  von  100  Mann 
unter  einem  Hauptmann  Befehl,  die  Gartenhäuser,  sowie  eine  Mühle 
und  die  bürgerliche  Schiess statte,  die  unter  dem  Feuer  der  Festung 
lagen,    dann    auch    die    auf    dem    Glacis,     200    Schritte    von    dem 
Brostauer-Thore  gelegene  und  aus  Holz  erbaute  lutherische  Kirche 
abzubrennen.     Doch    schon    sehr    früh  kamen    an  gedachtem  Tage 
etwa  vierzig  lutherische  Bürger  zum  Commandierenden  und  baten 
flehentlich,    ihre  Kirche,    welche    durch    den  Altranstädter  Frieden 
erlaubt    sei    und    bereits    über    70  Jahre  stehe,    zu  schonen.     Graf 
Wallis  gab  ihnen  den  Bescheid,   dass  diese  Massregel  nur  durch 
unumgängliche  Nothwendigkeit  und  im  Interesse  des  Allerhöchsten 
Dienstes    erfolgen    müsse.     Der  Festungs-Commandant   begab    sich 
mit  GFWM.  Baron    P^eisky   auf  den  Wall,  um  die  Fertigstellung 
der  Geschütz-Bettungen    und    deren  Aufstellung    zu  betreiben,    als 
mehrere  Edelleute,  begleitet  von  einigen  Bürgern  auf  ihn  zukamen, 
um  ihm  als  Deputierte  des  lutherischen  Adels  aus  dem  Fürstenhum 
erneuert  vorzustellen,  die  Kirche  nicht  abbrennen  zu  lassen.  Gleich- 
zeitig kam  die  Meldung,    dass    in    der    erwähnten  Kirche  und  auf 
deren    Friedhof    über    8000    bewaffnete    lutherische    Bauern    sich 
befänden.     Die  Bebellion    gegen    die  Anordnungen    des  Festungs- 
Commandanten    war    zum  Ausbruche  reif.     Klugheit  und  Vorsicht 
waren    erforderlich,    um    nicht    zu    dem    anrückenden  Feinde    von 
Aussen,  im  Innern  die  aufständische,  meist  lutherische  Bevölkerung 
zu  gesellen. 

FML.  Graf  Wallis  ersuchte  in  Folge  dessen  die  Vertreter 
des  lutherischen  Adels,  sich  zum  Landeshauptmann  Grafen  Kottu- 
linsky  zubegeben,  wo  sich  auch  GFWM.  Eeisky,  nebst  einigen 
Officieren    einfand.     Der    katholische  Dompropst    Baron   Langen, 


33 

dem  die  Lutheraner  angedroht  hatten,  dass,  wenn  man  ihre  Kirche 
auf  dem  Grlacis  verbrenne,  sie  ein  Gleiches  mit  dem  Dom  thuii 
würden,  erschien  gleichfalls  bei  dieser  Besprechung.  Hier  einigte 
man  sich  dahin,  dass,  falls  die  Deputierten  innerhalb  30  Stunden 
einen  Revers  vom  König  von  Preussen  vorlegten,  dass  er  beim 
Angriffe  auf  die  Festung  die  Lage  der  Kirche  nicht  für  seinen 
Zweck  benützen  würde,  man  dieselbe  intact  lassen  wolle.  Diese 
Bestätigung  langte  von  König  Friedrich  IL  ein  und  die  Kirche 
blieb  stehen.  *) 

Am  Iß.  December  begab  sich  der  Landeshauptmann  mit  den 
Regierungsbeamten  nach  Breslau.  Die  Festungsarbeiten  wurden 
mit  350  Bauern  fortgesetzt,  der  bedeckte  Weg  unter  Commando 
zweier  Hauptleute  mit  vier  Officieren  und  300  Mann  und  das  vor 
dem  Brostauer  Thore  Hegende  Ravelin  mit  einem  Lieutenant  und 
30  Grenadieren  besetzt,  die  AVachen  auf  den  Bastionen  und  Cour- 
tinen bestimmt,  in  der  Stadt  aber  nur  die  Hauptwache  und  jene 
beim  Provianthause  bezogen.  Auf  dem  bedeckten  "Wege  wurden 
für  die  AVachen  Hütten  gebaut,  um  Feuer  machen  zu  können  und 
gegen  die  Kälte  einigermassen  geschützt  zu  sein. 2) 

Die  Brücke  über  die  grosse  Oder  und  jene  zwischen  der  Stadt 
und  dem  Dom  wurden  am  17.  December  abgebrochen.  Am  fol- 
genden Tage  erschienen  bereits  in  dem  drei  Kilometer  von  der 
Festung  entfernten  Dorfe  Brostau,  Avie  auch  in  anderen  Ortschaft 
der  Umgebung,  preussische  Husaren  und  man  begann  preussischer- 
seits  bereits  Niemand  mehr  gegen  Glogau  passieren  zu  lassen. 

Am  21.  December  gelangte  unter  vielen  Fährlichkeiten  ein 
nur  durch  die  Findigkeit  des  von  den  j)reussischen  Husaren  nach 
Herrendorf  eingebrachten  Boten  gerettetes  königliches  Schreiben 
vom  15.  December  an  FML.  Grafen  AVallis,  worin  ihm  anbe- 
fohlen wurde,  bei  erfolgter  Einrückung  der  preussischen  Truppen 
an  den  König  oder  den  commandierenden  General  ein  Protest- 
schreiben  gegen  diese  Einrückung  zu  senden  und  gleichzeitig  um 
die  Zurückziehung  der  Truppen  zu  ersuchen.  3) 


v)  FML.  Graf  Wallis'  Bericht,  Gräfl.  Archiv  in  Koleschowitz. 

2)  Plan  von  Glogau,  siehe  Tafel  I. 

s)  Bericht  des  Grafen  Wallis  an  den  Hof-Kriegsrath.  Der  Wortlau! 
des  Erlasses  der  Königin  ist  nicht  mehr  vorhanden,  ein  Protocolls-Extract 
desselben  lautet:  „An  Wenzel  AVallis  communicatuv,  was  falls  die  preussischen 
Truppen  mit  allerhand  Freundschafts-A7'ersicherungen  in  Schlesien  einzurücken 
unternehmeten,  diesfalls  an  den  König  oder  an  (hm  commandierenden  preussi- 

Oesterreichischer  Erbfolgekrieg.  II.  Bd. 


34 

Für  die  Einschliessung  von  Glogau  bestimmte  König 
Friedrich  II.  zunächst  die  Regimenter  des  linken  Flügels,  die 
sich  mit  ihren  Spitzen,  wie  erwähnt,  am  20.  schon  der  Festung 
genähert  hatten,  während  der  rechte  Flügel  des  Corps  noch  zurück- 
geblieben war. J) 

Der  König  wollte  diese  Truppen  selbst  vor  die  Festung 
führen,  während  Schwerin  den  Befehl  über  jene  des  zurück- 
gebliebenen rechten  Flügels  erhielt,  der  in  der  Linie  Bunzlau- 
Polkwitz  Halt  zu  machen  hatte,  da  Friedrich  IL  beabsichtigte } 
in  der  Gegend  von  Schönau-Langenau  sich  mit  dem  Feldmarschall 
wieder  zu  vereinigen. 

Die  Truppen  des  linken  Flügels  unter  dem  königlichen  Befehle 
kamen  am  22.  December  vor  Glogau  an  und  die  Cernierung  der 
Festungbegann  auf  dem  linken  Oder-Ufer  sofort.  KönigFriedrichll. 
nahm  sein  Hauptquartier  in  Herrendorf,  sieben  Kilometer  westlich 
von  Grlogau. 

FML.  Graf  AVallis  hatte  schon  am  21.  December,  da  er  erfahren, 
dass  das  königliche  Hauptquartier  nach  Herrendorf  verlegt  werden 
solle,  den  Oberstwachtmeister  des  Harrach'schen  Regiments,  Baron 
Reichlin  mit  dem  anbefohlenen  Protestschreiben  dorthin  ab- 
g< -sendet,  welches  der  genannte  Stabsofficier  am  nächstfolgenden 
Tage  dem  Könige  von  Preussen  übergab. 

Als  am  Vormittage  des  23.  December  GFWM.  Baron  Reisky  die 
Posten  auf  dem  Wall  und  dem  bedeckten  Weg  inspicierte,  prellte 
eine  preussische  Husaren-Abtheilung  auf  das  Glacis  gegen  die 
Palissaden  vor;  etliche  Mann,  welche  ohne  Bewilligung  aus  dem 
bedeckten  Woge  hinausgetreten  waren,  um  Holz,  das  draussen  lag, 
hereinzubringen,  liefen  schnell  zurück,  ein  Mann  von  Wallis-In- 
fanterie jedoch  wurde  von  den  Husaren  gefangen  und  mitgeführt. 
Die  Wachen  im  bedeckten  Wege  wollten  daraufhin  Feuer  geben, 
General  Reiskj^  verbot  dies  aber  auf  das  Strengste,  „um  hiedurch 
dem  König  in  Preussen  keinen  Praetext  an  die  Hand  zu  geben, 
dass  unsererseits  die  thätlichen  Hostilitäten  wären  angefangen 
worden."  2) 


sehen  General  schriftlich  überlassen,  dann  durch  öffentlichen  Druck  publiciert 
werden  solle."  K.  A.,  H.  K.  E.  Prot.  Eeg.  1740;  Fol.  3602,  15.  December. 

*)  Siehe  die  preussische  Ordre  de  bataille.  Anhang  VII. 

2)  „Wenzel  Wallis,  qui  en  etait  gouverneur,  avait  des  ordres  precis  de 
ne  point  cormnettre  les  prernieres  hostilites,  il  ne  erüt  pas  qu'un  blocus  en  tut 
une,  et  ü  se  laissa  paisiblement  enfermer  dans  ses  remparts."  Frederic  IL, 
Histoire  de  mon  temps,  ed.  Posner,  218. 


35 


FML.  Wallis,  dem  eine  Kriegserklärung  oder  Notification 
der  Feindseligkeiten  preussischerseits  nicht  bekannt  gemacht 
worden  war,  beklagte  sich  über  diesen  Vorfall  brieflich  bei 
König  Friedrich  II.  und  sendete  sogar  einen  Hauptmann  mit 
diesem  Schreiben  nach  Herrendorf  in  dessen  Hauptquartier.  Dieser 
kehrte  Abends  mit  dem  Bescheide  zurück,  dass  der  König  von 
Preussen  die  Angelegenheit  untersuchen  werde.  Am  Morgen  des 
folgenden  Tages  erschien  der  preussische  Flügel- Adjutant  Major 
v.  Buddenbrook,  nebst  dem  am  Vortage  gefangenen  In- 
fanteristen auf  dem  Glacis  und  überbrachte  ein  Schreiben  König 
F  r  i  e  d  r  i  c  h's  an  den  Festungs-Commandanten,  in  dem  versichert 
wurde,  class  er  den  Befehl  „zur  Verübung  dieser  Feindseligkeit" 
nicht  gegeben  habe. 

Dieser  an  sich  so  geringfügige  Vorfall  wurde  erwähnt,  weil 
er  eben  ein  Streiflicht  auf  die  Lage  zu  werfen  geeignet  ist.  Die 
österreichischen  Truppen-Commanclanten  hatten  Befehl,  die  Feind- 
seligkeiten nicht  zu  beginnen  und  Friedrich  IL,  der  den  Krieg 
nicht  erklärt  und  eine  Art  Freundschafts -Manifest  bei  Ueber- 
schreitung  der  Landesgrenze  hatte  vorbereiten  lassen,  wollte  vor- 
zeitig die  Maske  nicht  abwerfen,  umso  weniger,  als  die  diplomatischen 
Verhandlungen  in  Wien  noch  neben  der  Vorrückung  in  Schlesien 
einherliefen. 

Am  folgenden  Tage  bemerkte  man  aus  der  Festung  die  Vor- 
bereitungen zu  der  von  den  Preussen  in  das  Werk  gesetzten 
Blokade,  indem  Cavallerie-Posten  ausser  Geschützertrag,  auf  etwa 
'200  Schritte  von  einander  entfernt,  aufgestellt  wurden,  während 
die  Infanterie-Pikets  Hütten  und  Baracken  aus  Holz  erbauten. 

König  Friedrich  H.  hatte  am  24.  December  mit  einem  In- 
fanterie-Regiment (Alt-Borcke)  in  der  Nähe  von  Glogau  bei  Beichau 
die  Oder  auf  Kähnen  übersetzen  und  die  Dörfer  Gräditz  und 
Zerbau  besetzen  lassen.  Um  den  Verkehr  der  Stadt  durch  den 
nördlichen  Flussarm  oderaufwärts  zu  unterbrechen,  wurde  dort  eine 
Brustwehr  errichtet  und  mit  zwei  Geschützen  versehen. 

Die  Ufer  des  Oder-Stromes  aufwärts  wurden  übrigens  durch 
AVachschiffe  beobachtet  und  die  Passage  gesperrt ;  auch  die  zwischen 
der  grossen  und  alten  Oder  hinter  dem  Dom  liegende  Ziegelscheune 
ward  mit  einem  Commando  Grenadiere  besetzt. 

In  der  Festung  selbst  benützte  man  die  Zeit,  dasjenige,  was 
in  aller  Eile  an  der  „verfallenen  Fortification"  gearbeitet  worden. 
solider  ausbessern  zu  lassen;  Faschinen  und  Schau/körbe,  sowie  die 


36 

Bettungen  zu  den  Geschützen  wurden  hergestellt,  der  Weg  inner- 
halb des  Walles  zur  Communication  brauchbar  gemacht  und  das 
Pulver  aus  den  schlecht  verwahrten  Thürnien  in  die  bombensicher 
hergestellten  Gewölbe  gebracht,  im  Hauptgraben  zwei  Abschnitte 
angelegt,  auch  sonst  alles  Erdenkliche  vorgekehrt,  um  den  hart- 
näckigsten Widerstand  leisten  zu  können. 

Nachdem  der  Festungs-Commandant  aus  den  Vorbereitungen 
der  preussischen  Truppen  gesehen,  dass  es  sich  vorläufig  nur  um 
eine  Blokade  des  Platzes  handle,  liess  er  die  Besatzung  des  be- 
deckten Weges,  besonders  aus  Ursache  der  bereits  stark  ein- 
gerissenen Desertion  und  zur  Schonung  der  Garnison  auf  175  Mann 
vermindern,  bestimmte  aber  eine  Reserve  von  200  Mann,  die  unter 
Dach  gelegt  wurde.  Das  Ravelin  am  Brostauer  Thor  blieb  mit 
einem  Lieutenant  und  BO  Grenadieren  besetzt;  das  Alarmzeichen 
sollte  von  der  Hauptwache  aus  gegeben  werden. 

Die  preussische  Heeresleitung  hatte  sich  beeilt,  die  Hilfsquellen 
des  occupierten  Landes  in  Beschlag  zu  nehmen  und  in  den  Dienst 
des    preussischen  General-Feld-Kriegs-Commissariates    zu  stellen.1) 

xAm  23.  December  schon  wurde  an  die  Steuerämter,  welche  in 
der  bisher  durch  den  Einmarsch  erreichten  Machtsphäre  lagen, 
von  diesem  Commissariate  aus  Herrendorf  der  folgende  Erlass 
gerichtet : 

,, Demnach  S.  kgl.  Maj.  in  Preussen  nöthig  gefunden,  einige 
Dero  Truppen  in  Schlesien  marschieren  zu  lassen,  auch  damit  ziem- 
lich avancieret,  zu  Dero  Unterhalt  aber  und  den  sonst  vorfallen- 
den Ausgaben  erfordert  werden,  also  wird  Namens  Ihro  Maj.  dem 
Ober-Steuer-Einnehmer  Schweinit.z-  und  Jauerischen  Fürstentums 
aufgegeben  und  befohlen,  von  allen  denjenigen  publiquen  Geldern, 
welche  zu  dieses  Kreises  Einnahmen  gehören  oder  sonst  berechnet 
werden  sollen,  sie  mögen  Namen  haben,  wie  sie  wollen,  vom 
1.  Jan.  1741  an  Niemanden  ohne  alle  Ausnahme,  es  sei  unter  was 
Vorwand  es  wolle,  das  Allergeringste  auszuzahlen,  sondern  bis  auf 
Sr.kgl.Maj.oderDeroFeld-CommissariatweitereDisjtosition  und  ihnen 
zukommende  fernere  Ordre  Alles  gehörig  in  Einnahme  zu  ver- 
schreiben, getreulich  zu  verwahren  und  an  sich  zu  behalten,    über 


r)  „Alle  Widersetz ung  (gegen  die  preussischen  Anforderungen)  hall 
dagegen  nichts,  denn  da  Niemand  einen  Hinterhalt  und  Succurs  sah,  so  war 
nun  alle  Devotion  vor  die  Königin  von  Hungarn  und  Böheimb  vergebens." 
(Schles.  Kriegs-Fama,  V,  24.) 


37 

dieses  Alles  aber  den  27.  d.  Mts.  um  9  Uhr  sich  allhier  bei  Sr. 
kgl.  Maj.  Feld-Commissariat  zu  stellen  und  eine  exacte  Designation 
aller  im  Sehweinitz'schen  und  Jauerischen  Kreise  belegenen  Städte, 
Dörfer  und  Flecken  mitzubringen."  Im  Weigerungsfalle  wären  die 
Steuerg-elder  doppelt  zu  ersetzen,  hiezu  würde  der  Einnehmer  nicht 
nur  mit  Militär-Execution  angehalten,  „sondern  auch  überdem  noch 
an  seiner  Person,  allen  den  Seinigen  und  deren  Hab  und  Gut  auf  das 
Aeusserste  geahndet  werden  solle,  dahingegen  wenn  erwähnter  Ob(jr- 
Steuer-Einnehmer  Sr.  kgl.  Maj.  Willen  und  Befehl  überall  nachleben 
wird,  derselbe  für  sich,  die  Seinigen  und  sein  Vermögen  Sr.  kgl. 
Maj.  Hulden  und  Protection  sich  zu  vergewissern  hat." 

Die  Verpflegung  der  Armee  wurde  insofern  geregelt,  dass  am 
27.  December  im  Hauptquartier  zu  Herrendorf,  in  Gegenwart  des 
preussischen  General-Feld-Kriegs-Commissariats  und  zwar  der  ge- 
heimen Räthe  Münchow  und  Reinhardt  und  eines  grossen 
Theiles  der  Stände  aus  den  Fürstentümern  Glogau,  Jauer, 
Liegnitz,  Wohlan,  Sagan  ein  Protocoll  aufgenommen  wurde  über 
die  Art  der  Verpflegung  der  bei  Grlogau  bleibenden  Truppen,  dann 
über  die  Regelung  der  gesammten  Verpflegung  der  Armee,  des 
Hauptquartiers  und  des  Generalstabs,  der  Bequartierung  und  Ver- 
pflegung während  des  Marsches,  welche  durch  begleitende  Marsch- 
Oommissäre  geordnet  werden  sollte. 

Ebenso  hatte  der  das  II.  Corps  commandierende  G.  d.  J.  Her- 
zog von  Holstein,  von  Crossen  aus  angeordnet,  dass  zur  Ver- 
pflegung der  nachrückenden  Truppen  von  den  vier  Kreisen  Sclrwiebus, 
Grünberg,  Freistadt  und  Sprottau  und  dem  Fürstenthum  Sagan 
,,an  harter  und  rauher  Fourage  93  Malter  Korn,  389  Malter  Hafer, 
779  Malter  Häcksel  und  2716  Centner  Heu  in  drei  Terminen,  nämlich 
den  1.,  4.  und  7.  Januarii  1741  in  das  Hauptquartier  Herrendorf  vor 
Glogau  bei  schwerer  Verantwortung  geliefert  werden  sollten."  *) 

Inzwischen  hatte  der  rechte  Flügel  des  I.  Corps  unter  FM. 
Grafen  Schwerin  mit  seinen  Spitzen  am  27.  December  die  Linie 


J)  K.  A.,  Oesterreichisclier  Erbfolgekrieg  17-40,  XII,  6  g.  Der  mit  diesen 
Nachrichten  im  österreichischen  Hauptquartier  eingegangene  Brief  fügt  hinzu: 
,,Ob  es  nun  gleich  an  unserer  Grenze,  wo  die  preussische  Miliz  durchpassiert, 
recht  erbärmlich  aussieht  und  der  Landmann  mit  einmal  ruiniert  worden,  mit- 
hin diese  anverlangte  Fourage  unmöglich  aufbringen  kann;  so  werden  >li.' 
Landesältesten,  wenn  sie  sich  nicht  in  das  grösste  Unglück  stürzen  wollen, 
dennoch  einer  dem  anderen  secimdieren  und  hiezu  Eath  schatten  müssen." 


68 

Luben  -  Hainau— Bunzlau  erreicht  und  ein  Husaren-D etaclieinent 
unter  Oberst  v.  Wurmb,  nebst  vier  Grenadier-Compagnien  nach 
Liegnitz  vorgeschoben. 

König  Friedrich  II.,  in  der  Besorgniss,  das  ihm  vor  Allem 
wichtige  Breslau  werde  den  Truppen  der  Königin  Maria  Theresia 
doch  endlich  die  Thore  öffnen,  da  sich  eine  mächtige,  dynastisch 
gesinnte  Partei  in  der  Stadt  befand,  —  brach  nur  von  wenigen 
Truppen  begleitet,  am  28.  December  nach  Breslau  auf.  rj  Die  vor- 
läufig vor  Glogau  bleibenden  Truppen  sollten  durch  das  im  An- 
märsche befindliche  II.  Corps  abgelöst  werden  und  dann  ebenso 
wie  die  unter  Schwerin's  Befehlen  stehenden  Abtheilungen  des 
I.  Corps  dem  Könige  nach  Breslau  folgen. 

DieColonne  des  Königs  bestand  aus  zehn  Grenadier-Compagnien, 
fünf'Escadronen  des  Dragoner-Regiments  Bayreuth,  je  einer  Escadron 
Gensdarmes  und  Husaren;  von  Schwerin's  Truppen  hatten  unter 
GM.  v.  Kleist's  Befehlen  die  Grenadier-Compagnien  der  Infanterie- 
Regimenter,  sowie  das  Regiment  Schulenburg-Grenadiere  zu  Pferd  in 
Neumarkt  zur  Colonne  des  Königs  zu  stossen.  Der  Feldmarschall 
selbst  sollte  in  schwachen  Märschen  folgen  und  jeden  dritten  Tag 
Rasttag  halten. 

Am  Tage  vor  König  Friedrich 's  Abmarsch  waren  G.  d.  J. 
Herzog  von  Holstein  und  GL.  Erbprinz  Leopold  von  Anhalt- 
Dessau  im  Hauptquartier  zu  Herrendorf  eingetroffen,  während 
GM.  Markgraf  Carl  von  B  r  a  n  d  e  nburg-Sc  h  w  e  d  t  sich  mit 
dem  IL  Corps  im  Anmärsche  auf  Glogau  befand.2)  König  Fried- 
rich IL  übertrug  dem  Erbprinzen  die  Einschliessung  Glogaus. 

Am  29.  December  trafen  die  Truppen  des  H.  Corps  vor  Glogau 
ein 3)  und  lösten  die  dort  zurückgebliebenen  Abtheilungen  des 
I.  Corps  ab,  mit  welch'  letzteren  der  Herzog  von  Holstein  nach 
Breslau  dem  Könige  folgen  sollte. 

Die  Route  König  Friedrich'«  gieng  am  28.  bis  Gläsers- 
dorf,  am  29.  bis  Parchwitz,  wo  sich  FM.  Seh  w  er  in  im  königlichen 

])  ..Si  votis  etes  curieux  de  savoir  la  raison  de  cette  marche  forcee,  iL 
laut  vous  dire  que  les  generalis  de  la  Beine  de  Boheme  avaient  fortement 
sollicite  la  ville  de  Breslau  de  recevoir  garnison,  ce  qui  est  contre  ses  Privi- 
leges. Quelques  magistrats  etaient  sur  le  point  d'y  donner  les  mains.  mais  la 
Bourgeoisie  s'y  opposa.  II  fallait  donc  se  presser  d'y  arriver  avant  que  le  parti 
de  la  cour  püt  prendre  le  dessus."  „Lettres  d'un  officier  prussien".  S.  310.  Bei- 
heft zum  „Militär-Wochenblatt  1876". 

-)  Die  Infanterie  und  Artillerie  dieses  Corps  hatte  am  11.  December  den 
Marsch  von  Berlin  angetreten. 

3)  Siehe  die  Ordre  de  bataille.  Anhang  VII. 


Hauptquartier  einfand  und  die  Disposition  für  denselben,  in  schwachen 
Märschen  dem  Könige  zu  folgen,  dahin  geändert  wurde,  so  schnell 
als  möglich  nach  Neisse  zu  rücken. 

Am  30.  traf  König  Friedric  h  in  Neumarkt  ein  (30  Kilometer 
von  Breslau),  wo  die  zehn  Grenadier-Compagnien  des  Schwerin 'sehen 
Flügels  sich  mit  ihm  vereinigten.  Aus  den  gesammten  20  Com- 
pagnien  wurden  nun  fünf  Bataillone  formiert.  v) 

Das  scheidende  Jahr  fand  den  König  schon  Angesichts  der 
Thürme  der  schlesischen  Hauptstadt, 2)  in  Pilsnitz,  wo  er  bei  dem 
Breslauer  Patricier  v.  Riemberg  das  Quartier  genommen  hatte. 3) 

Seiner  Verbindungen  in  Breslau  sicher,  hatte  er  unmittelbar 
vor  dem  Abmärsche  von  Neumarkt  an  den  Minister  P  o  d  e  w  i  1  s 
nach  Berlin  geschrieben:  „Ich  rücke  hier  vor  und  rechne  darauf, 
morgen,  am  1.  Januar,  in  Breslau  einzurücken."4) 

Die  Capitulatiou  von  Breslau. 

Am  Nachmittage  des  31.  December  war  der  Ober-Syndicus 
v.  Gut z mar  beim  Oberamts  -  Director  und  dann  auch  beim 
Kanzler  des  Oberamtes,  Freiherrn  v.  Schwanenber g,  erschienen 
und  hatte  diesen  Functionären  mitgetheilt,  dass  der  königlich 
preussische  Oberst  v.  Posadowsky  mit  einer  Abtheilung  Husaren 
bei  dem  Nicolai-Thore 5)  vorbeigeritten  sei  und  den  Wachtposten 
zugerufen  habe,  sie  mögen  dem  Magistrate  melden  und  in  der 
Stadt  ansagen,  dass  König  Friedrich  IL  am  folgenden  Tage  mit 
geringer  Begleitung  in  die  Stadt  kommen  wolle  und,  da  er  als 
Freund  erscheine,  auch  eingelassen  zu  werden  hoffe. 

Für  die  so  standhaft  in  die  AVeit  gerufene  Selbstverteidigung 
der  tapferen  Bürgerschaft  von  Breslau  und  ihrer  Stadtsoldaten  liess 
sich  nun  schon  nach  diesem  ersten,  höchst  sonderbaren  Vorgang, 
der  sich  zwischen  dem  preussischen  Stabsofficier  und  den  Posten 
auf  den  Wällen  abgespielt  hatte,  nichts  Sonderliches  erwarten. 


1)  Buddenbrook,  Düring,  Wedeil,  Puttkammer,  Wylich. 

2)  Siehe  die  Truppenstellungen  in  der  zweiten  Hälfte  December  1740. 
Tafel  I. 

3)  Das  Landes-Collegium  des  Fürstenthums  Breslau  hatte  schon  am 
28.  December  zwei  Deputierte  in  das  preussische  Hauptquartier  gesendet,  um 
sich  mit  dem  Feld-Kriegs-Comntissariat  bezüglich  der  Marsch- Unterkunft  und 
Verpflegung  der  Suite  und  der  im  Fürstenthum  einquartierten  Regimenter 
in  das  Einvernehmen  zu  setzen.  (Schles.  Kriegs-Fama  V.  39,  Big.  Nr.  L2.) 

4)  Polit.  Corresp.  I,  236. 

5)  Plan  von  Breslau,  Tafel  IL 


40 

Am  1.  Januar  1741  rückte  König  -Friedric li  II.  von  Pilsnitz 
mit  seinen  Truppen,  zu  welchen  noch  das  Eegiment  Schulenburg- 
G-renacliere  zu  Pferd  gestossen  war,  thatsächlich  vor  die  Stadt, 
schloss  dieselbe  auf  dem  linken  Oder-Ufer  vollständig  ein  und 
schob  die  Aussenposten  bis  an  die  Wälle  vor.  Sein  Quartier  nahm 
er  vor  dem  Schweidnitzer  Thore  im  Sculteti'schen  Garten.  *) 

Trotzdem  in  der  Stadt  Breslau  einige  Zurüstungen  für  eine 
Vertheidigung  gemacht  worden  waren,  so  wäre,  abgesehen  von 
allen  anderen  Einflüssen,  die  dagegen  wirkten,  an  eine  solche  doch 
nur  zu  denken  gewesen,  wenn  die  vorn  Oberamt  beantragte 
Massregel:  das  Abbrennen  der  Vorstädte,  ausgeführt  worden  wäre. 
Ohne  diese  konnten  die  Zurüstungen  höchstens  gegen  einen  Coup 
de  main  Sicherheit  gewähren  und  dass  dieser  nicht  abgewendet 
wurde,  dafür  sorgte  schon  die  schmachvolle  Haltung  der  städtischen 
Behörden.  In  letzter  Stunde,  am  30.  December,  mussten  die 
städtischen  Officiere,  auf  Befehl  des  Rathes,  die  den  Wachen  er- 
theilten  Feldvorschriften  widerrufen,2;  wodurch  eben  Vorfälle,  wie 
der  oben  geschilderte,  erklärlich  werden. 

Der  Handelsverkehr  aus  Breslau  mit  der  preussischen  Armee 
hatte  übrigens  unerhörter  Weise  schon  am  31.  December  begonnen 
und  sobald  man  den  Interessen  der  Geschäftswelt  nachgab,  war 
überhaupt  an  eine  Vertheidigung  nicht  mehr  zu  denken. 

Ein  Zeitgenosse3)  erzählt  in  seinem  Tagebuche  darüber:  „Am 
31.  December,  Sonnabends  Früh,  blieben  alle  Thore  geschlossen, 
nur  die  Pforten  daran  waren  offen,  dass  man  aus-  und  eingehen, 
auch  mit  Radbahren  fahren  konnte,  da  war  besonders  beim  Nicolai- 
Thore  ein  schreckliches  Gedränge,  weil  die  Kretschmerknechte4) 
entsetzlich  viel  Bier  auf  kleinen  Schlitten  hinaus  führten  und  auf 
den  Achseln  trugen,  class  einer  den  anderen  jagte,  dessgleichen 
wurde  AVein,  Brod,  Wildpret,  Fische,  Fleisch  und  allerlei  Victualien 
hinausgeschafft  auf  die  Dörfer  für  die  brandenburgischen  Völker. 
Seine  Majestät  der  König  speiste  diesen  Mittag  zu  Pilsnitz,  dem 
Herrn    v.  Riemberg  gehörig   und   ward  bestmöglichst    bewirthet. 


J)  Dein  gewöhnlichen  Absteigequartier  des  Königs  von  Polen,  jetzt 
Gartenstrasse  Nr.  21.  (Kriege  Friedrich  d.  Gr.  I,  242.) 

2)  „Den  30.  December  Nachmittags  erhielt  die  Bürgerschaft  auf  den 
Wachtposten  Contra-Ordre,  nicht  zu  schiessen,  noch  Lärm  zu  schlagen,  wenn 
sie  gleich  brandenburgische  Truppen  observierten."  (Steinberger's  Tagebuch 
in  „Breslau  vor  100  Jahren"  ed.  Kahlert,  41.) 

3)  Steinberger  a.  a.  O. 

4)  Kretschma,  Wirthshaus. 


41 

indessen  sind  heute  Früh  doch  noch  drei  Hürdelwagen  voll  Pulver 
in  Fässern,  nebst  vielen  Stück-Kugeln  auf  die  Wälle  geführt  worden, 
so  dass  sich  Niemand  in  diesen  wunderlichen  Krieg  finden  konnte, 
denn  hier  schien  es,  als  wollte  man  die  Brandenburger  todtschiessen 
und  dort  that  man  ihnen  alles  Gutes,  ja  hätte  sie  schier  zu  Tode  ge- 
soffen. Doch  wurden  hernach  die  Breslauer  von  Jedermann  gelobt, 
dass  sie  sich  scnriftmässig  aufgeführt:  "Wenn  deinen  Feind  hungert, 
so  speise  ihn,  dürstet  ihn,  so  tränke  ihn.  Dies  wurde  redlich  erfüllt." 
In  der  Geschichte  der  Kriege  ist  aber  wohl  kein  Fall  zu  ver- 
zeichnen, dass  eine  Stadt,  die  sich  vertheidigen  will,  für  die  Ver- 
proviantierung des  Feindes  so  auskömmlich  sorgt! 

Die  königliche  Behörde  in  Breslau  beschränkte  sich  nun  darauf, 
am  Abende  des  Tages,  an  welchem  Gutzmar  ihr  die  befremd- 
liche Kunde  über  die  Botschaft  des  preussischen  Stabsofnciers,  wie 
überhaupt  die  Art  seiner  Annäherung  an  die  Festung  gebracht, 
das  Collegium  zusammenzurufen,  den  Syndicus  vorzufordern  und  — 
dessen  Anzeige  zu  Protocoll  zu  geben. 

Am  folgenden  Tage,  dem  1.  Januar,  erschien  Gutzmar 
schon  in  der  Früh  wieder  bei  dem  Oberamts-Director  und  theilte 
demselben  mit,  dass  zwei  preussische  höhere  Officiere,  die  Obersten 
v.  Posadowsk y  und  v.  Borcke,  sich  schriftlich  an  den 
Stadt-Präsidenten  v.  Eot h  gewendet  und  verlangt  hätten,  mit 
einer  Botschaft  des  Königs  von  Preussen  an  den  Magistrat  ein- 
gelassen zu  werden.  Es  folgte  nun  eine  Berathung  beim  Oberamt,  der 
Gutzmar  und  zwei  Raths-Deputierte  anwohnten  und  als  deren  Resultat 
den  Deputierten  des  Magistrats  bedeutet  wurde,  dass  die  Pflichten 
des  Magistrates  und  der  Bürgerschaft  erforderten,  sich  in  nichts 
Verfängliches  einzulassen ,  ohne  zuvor  dem  königlichen 
Oberamt  die  Anzeige  gemacht  zu  haben  u  n  d  d  a  s  W  e  i- 
t  e  r  e  d  aranf  abzuwarte  n. 

Die  preussischen  Truppen,  die  sich  ja  ungefährdet  der  Festung 
Breslau  nähern  konnten,  hatten  sich  an  diesem  Tage  in  die  Vor- 
städte und  nächstgelegenen  Dörfer  einquartiert,  stellten  sehr  nahe 
den  Stadtthoren  ihre  Aussenposten  auf  und  benützten  die  Zollhäuser 
zu  Wachstuben.  „Sie  wussten  sich  so  schön  und  hurtig  in  Alles  zu 
schicken,  als  wenn  sie  hier  zu  Hause  wären."  Vor  dem  Ohlau'sehen, 
Schweidnitz'schen  und  Nicolai-Thor  lag  nun  Alles  voll  preussischer 
Soldaten.  \)     Inzwischen    hatten    die    beiden    preussischen  Officiere 


')  Steinberger's  Tagebuch,  45. 


42 

Einlass  in  die  Stadt  erhalten  und  mit  dem  Magistrate  conferiert ; 
sie  waren  darauf  auch  beim  Grafen  S  chaf  fg  o  ts  ch  erschienen, 
Tim  diesem  Letzteren  im  Namen  ihres  Königs  mitzutheilen,  dass 
derselbe  weder  einen  Director,  noch  ein  Landes-Gubernium  an- 
erkenne, jedoch  ihn  als  Graf  Selia f  f  g  o  t  s  c h  erinnern  lasse,  ,,sich 
den  zwischen  dem  Könige  und  dem  Magistrat,  nebst  gemeiner 
Stadt  abzuhandelnden  Tractaten  umso  weniger  entgegenzustellen, 
als  im  Widrigen  dessen  Güter  auf  das  Aeusserste  ruiniert,  auch  die 
Sache  an  seiner  eigenen  Person  und  Familie  auf  das  Aller  schärfste 
geahndet  werden  würde ;  worauf  der  Oberamts-Director  erwidert, 
er  müsse  leider  Alles  über  sich  ergehen  lassen,  jedoch  würde  dieses 
von  dem  König  nie  zu  vermuthende  Unternehmen  seiner  obhabenden 
Treue  und  Pflicht  nicht  den  mindesten  Abbruch  thun,  auch  das  ihm 
an  die  Seite  gesetzte  Collegium  anbei  provocierend,  davon  aber 
die  zwei  Obersten  nichts  hören  wollen,  sondern  im  Hinweggehen 
in  grossem  Ungestüm  dahin  ausgebrochen:  „Ew.  Excellenz  sub- 
mittieren  sich,  das  Uebrige  dependieret  von  uns." v) 

Gegen  Mittag  desselben  Tages  erschien  Gut z  mar  wieder 
beim  Oberamt  und  theilte  dem  Director  und  dem  Kanzler  die 
auf  Grund  eines  mitgebrachten  Promemoria  von  den  preussischen 
Ofneieren  mündlich  gestellten  Anträge  mit.  Diese  Anträge  bestanden 
darin,  dass  die  Abgeordneten  bevollmächtigt  seien,  „das  köiiig- 
liche  Wort  dem  Magistrat  und  der  Stadt  Breslau  abzugeben",  es 
komme  der  König  als  Freund  und  werde  die  Stadt  bei  allen 
ihren  Privilegien  und  Rechten  lassen  und  schützen,  daher  niemals 
Garnison  oder  Truppen  hinein  verlegen.  Gleichzeitig  verlangte  der 
König  für  seine  Person  mit  30  bis  40  seiner  Gensdarmen  Einlass 
in  die  Hauptstadt,  dann  die  Zusicherung  des  Lebensmittel-Einkaufs 
für  seine  Truppen  und  die  Anlegung  eines  Magazins  in  der  Vorstadt.'2) 

Am  2.  Januar  versammelte  sich  das  Oberamts-Collegium  schon 
zeitig  am  Morgen,  um  die  Beschlüsse  des  Magistrats  in  Betreff  der 
Verhandlungen  mit  den  preussischen  Abgesandten  zu  vernehmen. 
Gegen  Mittag  erschienen  dann  auch  die  Magistrats-Deputierten  und 
zahlreiche  Ausschuss-Mitglieder  der  städtischen  Gemeinden  im  Raths- 
saale.  Ober-Syndicus  Gutzmar  producierte  die  Vollmacht  der 
preussischen  Unterhändler,    las  den  Entwurf  eines  mit  dem  König 


*)  Berichtetes  Oberamtsraths  Friedrich  Wühelm  Grafen  Haugwitz  chlto 
Klitschdorf.  8.  Januar  1741  an  den  böhmischen  Obrist-Kanzler  Grafen  Kinsky. 
(Mitthlg.  d.  K.  A.  1885,  179  u.  ff.) 

2)  DenWortlaut  des  Promemoria,  sowie  die  Vollmacht  enthält  Anhang  VIII. 


43 

von  Preussen  abzuschliessenden  Neutralitäts- Vertrages  vor1-  und 
fügte  hinzu,  dass  der  Magistrat  mit  der  Bürgerschaft,  den  Zünften 
und  Zechen  über  diese  Angelegenheit  reiflich  berathschlagt  habe 
und  dafürhalte,  dass  die  Interessen  der  Königin  und  die  Wohl- 
fahrt dieser  ,, treudevotesten"  Stadt  noch  am  besten  gewahrt  und 
befördert  würden,  wenn  mau  von  Seiten  des  Königs  von  Preussen 
eine  stricte  Neutralität  erhalten  könne.  Das  Oberamts-Collegiurn 
bemerkte  nach  reiflicher  Ueberlegung  zu  diesem  Vorschlage: 

,,1.  dass  gleich  bei  dem  Anfang  dieser  betrübten  Conjuncturen 
sich  schon  sattsam  geäussert  habe,  dass  weder  der  Magistrat,  noch 
die  Bürgerschaft  es  auf  eine  werkthätige  Defension  der  Stadt  an- 
kommen lassen,  sondern  vielmehr  nach  allen  Kräften  dahin  bemüht 
sein  werde,  gleichwie  in  vorigen  Zeiten  ebenfalls  geschehen,  vorer- 
sagte  Neutralität  zu  bewirken," 

„2.  sich  solches  auch  leider!  alsobald  ab  effectu  veroffenbart 
hat,  da  sie  nicht  nur  allein  die  nächst  angelegenen  Vorstädte  dem 
Feind  zum  Vortheil  in  statu  quo  erhalten,  sondern  auch  die  Königl. 
preussische  Miliz  ohne  die  mindeste  Gegenbewegung  bis  unter  die 
Stücke  anrücken,  ja  sogar  von  selbiger  die  Vorposten  bei  den 
Stadtthoren  wirklich  wegnehmen  und   besetzen  lassen,    über    dieses 

,,3.  von  obgedachtem  bürgerlichem  Ausschusse  selbst  deutlich 
zu  erkennen  gegeben  worden  ist,  dass  sich  die  Bürgerschaft  bei 
gegenwärtigen  Umständen  noch  am  glücklichsten  schätze,  vorer- 
wähnte Neutralität  erhalten  zu  können,  folglieh  von  diesem  ihrem 
gefassten  und  mit  dem  Magistrat  vereinigten  Schluss  auf  keine 
Weise  mehr  abzubringen  sei ;  so  ist  dem  königl.  Oberamt  ein  anderes 
nicht  übrig  geblieben,  als  dem  auf  solche  Weise  mit  einigem 
Effect  nicht  entgegenstehen  könnenden  schweren  Verhängniss 
nachzusehen  und  die  Sache  auf  des  Magistrats  und  der  Communi- 
tät  Treu  und  Pflicht  (deren  sie  so  oft  und  nachdrucksamst  von 
dem  königl.  Oberamt  erinnert  worden)  ankommen  zu  lassen." 

Zu  dem  Neutralitäts-Tractat  selbst  wurde  seitens  des  Ober- 
amts bemerkt,  dass  darin  nur  von  der  Stadt  Breslau,  deren  Bürgern 
und  Einwohnern,  mit  keinem  Worte  aber  der  königlichen  Landes- 
regierung, noch  der  übrigen  königlichen  Aemter  Erwähnung 
geschehe,  worauf  Gut  z  m  ar  entgegnete,  dass  man  mit  Vorbedacht 
bezüglich  der  Bewohner  der  Stadt  nur  die  allgemeine  Bezeichnung 
„wes  Standes  und  Würden  und  welcher  Religion"  vereinbart  habe. 
damit  nicht    neue  Schwierigkeiten    entstünden  und    die  Neutralität 


»)  Siehe  Anhang  VIII/2,  3. 


44 

zu  erlangen,  dadurch  erschwert  werde,  ..indem  bei  gegenwärtiger 
Situation  es  sich  nicht  thun  Hesse,  noch  etwas  bei  dem  Aufsatz 
zu  erinnern,  indessen  seien  sie  bereit,  das  königliche  Oberamt  und 
die  übrigen  königlichen  Instanzen  ihren  Pflichten  gemäss  in  alle 
Wege  zu  schützen".  !) 

Hieraus  gieng  klar  hervor,  dass  der  sogenannte  Entwurf  zum 
Neutralitäts-Tractat  bereits  abgemacht  und  weiter  nicht  mehr  discu- 
tierbar  war  —  worauf  das  ganze  bisherige  Vorgehen  des  Magistrats 
und  der  Bürgerschaft  deutlich  wies  und  dem  Oberamt  blieb  daher 
nichts  übrig,  als  den  Verhandlungen  des  Magistrats  mit  den  preus- 
sischen  Abgesandten  ihren  Lauf  zu  lassen.  Nach  kaum  einer  Stunde 
erschien  übrigens  Gutzma r  wieder  und  meldete,  die  preussischen 
Unterhändler  verlangten  durchaus,  dass  dem  Tractate  noch  bei- 
gefügt werde,  dass  keine  Truppen  der  Königin,  noch  ein  General 
derselben  in  die  Stadt  aufgenommen  werden  dürfen,  indem  er 
vorschlug,  dass  man  die  Clause!  am  Schlüsse  des  ersten  Punctes 
dem  Tractate  noch  einfügen  könne.  Seitens  des  Oberamtes  wurde 
dem  Syndicus  hierauf  nachdrücklichst  bedeutet:  ,,dass  die  Stadt 
hierbei  ihrer  Pflicht  nach  allen  Kräften  nachzuleben  wissen  und  einer 
fremden  Potenz  sogar  contra  naturamNeutralitatis  ja  ein  Mehrers  nicht, 
als  Dero  eigener  Königin  und  Landesfürstin  einräumen  werde". 

Am  3.  Januar  trat  das  Oberamts-Collegium  erneuert  zusammen. 
Es  lief  vom  Magistrat  keine  weitere  Anzeige  ein,  jedoch  wurde 
eine  ungewöhnliche  Aufregung  in  der  Stadt  bemerkt  und  in 
Erfahrung  gebracht,  dass  preussische  Bagagewagen  bereits  die 
Thore  passiert  hätten,  während  man  aus  dem  Berathungszimmer 
schon  Trupps  preussischer  Grenadiere,  einige  darunter  mit  Ober- 
Gewehr  wahrnehmen  konnte. 

Ober-Syndicus  Gutzmar,  vor  das  Collegium  berufen  und 
über  die  ungewöhnlichen  Vorgänge  in  der.  Stadt  befragt,  erklärte. 
es  würden  niemals  mehr  als  neun  Mann  unter  einem  Unteröfficier 
auf  einmal  in  die  Stadt  gelassen,  welch'  Letzterer  die  Mannschaft 
nach  Besorgung  ihrer  Einkäufe  wieder  hinauszuführen  hätte. 

Die  beobachteten  Gewehre  bestünden  übrigens  nur  in  neun 
Stücken  und  wären  nur  zur  Eeparatur  mit  hereingebracht  worden.2; 


*)  Haugwitz,  Bericht  a.  a.  0. 

2)  „Ansonsten  kamen  zwar  auch  freilich  einzelne  viele  Grenadiers  und  Mus- 
ketiers herein,  alle  ohne  Ober-Gewehr,  es  wäre  denn,  dass  einige  solches,  um  in 
der  Stadt  reparieren  zu  lassen,  bei  sich  gehabt  hätten."  (Kriegs-Fama,  VII,  11.) 


45 

Bei- dieser  Gelegenheit  zeigte  Gutzmar  den  von  den  preussisohen 
Delegierten  unterzeichneten  Neutralitäts-Tractat  vor  und  betoni*-. 
welche  Mühe  die  Vereinbarung  gekostet  habe. 

Als  er  noch  hinzufügte,  dass  nach  dem  Eintritte  des  Königs 
von  Preussen  in  die  Stadt  sogleich  alle  preussisohen  Vorposten 
eingezogen  und  die  Truppen  abmarschieren  würden,  ward  die  Voraus- 
setzung ausgesprochen,  dass  ein  Gleiches  dann  jedenfalls  auch  mit  den 
auf  der  Dom-Insel  v)  einquartierten  preussisohen  Truppen  geschehen 
werde,  indem  in  Punct  1  des  Vertrages  bemerkt  wäre,  dass  die 
Neutralität  „nicht  minder  den  Klöstern  und  geistlichen  Stiftungen 
in  und  vor  der  Stadt"  zu  Gute  kommen  solle.  Gutzmar  bemerkte 
indessen,  „dies  stünde  dahin,  denn  der  Dom  gehöre  nicht  zu  den 
Vorstädten  und  wäre  auch  zu  Schwedens  Zeiten  nicht  mit  ein- 
geschlossen worden."  2) 

Am  3.  Januar  Früh  fuhr  eine  Deputation  des  Raths  vor  das 
Schweidnitz'sche  Thor  zum  König  von  Preussen.  Nachdem  die 
Deputierten  sich  mit  den  beiden  preussisohen  Obersten  nochmals 
unterredet  hatten,  wurden  die  Neutralitäts-Tractate  unters  einleben 
und  gesiegelt."3) 

Darnach  hatte  die  Baths-Deputation  bei  Friedrich  IL  „eine 
ganz  kurze,  doch  sehr  gnädige  Audienz".  Die  preussisohen  "Wacht- 
posten vor  den  Thoren  wurden  sofort  eingezogen  und  gegen  11  Uhr 
hatten    sich  die  Thore  Breslau's  den  Preussen  geöffnet. 

Nach  11  Uhr  ritten  auch  schon  30  Gensdarm  en  zum 
Schweidnitzer  Thore  ein  und  marschierten  vor  dem  gräflich 
S  c  h  1  e  g  e  n  b  e  r  g'schen  Haus  in  der  Albrechtsgasse  auf,  wo  die 
preussisohen  Officiere,  trotzdem  der  erste  Stock  dieses  Hauses  von 
dem  Fürstbischof  von  Breslau,  dem  Cardinal  Sinz  encl  orf  f, 
gemiethet  war,  für  den  König  Friedrich  IL  Quartier  gemacht 
hatten.  Letzterer  ritt,  ehe  er  in  die  Stadt  kam,  noch  zum  Ohlauer- 
und  Ziegel-Thor,  um  seine  Posten  zu  besichtigen.  Um  12  Uhr  kam 
er  dann  in   die  Stadt;  Stadtmajor   Oberst  v.  Wutgin  au  ritt  mit 


*)  Siehe  den  Plan  von  Breslau,  Tafel  II. 

-)  Während  der  Unterhandlungen  hatte  König  Friedrich  II.  in  aller 
Stille  dicht  unterhalb  der  Stadt  400  Mann  auf  einer  Schiff-Brücke  über  die 
Oder  gehen  lassen,  welche  sich  des  nur  von  wenigen  bischöflichen  Soldaten 
besetzten,  in  den  Neutralitäts -Vertrag  nicht  eingeschlossenen  Doms  ohne  Blut- 
vergiessen    bemächtigten.     (Stenzel,    Geschichte    des    preussisohen    Staates, 

IV,  91.) 

J)  Diese  Angaben  nach  Steinberger's  Tagebuch. 


40 

gezogenem  Degen  voraus  ;  *)  dann  folgten  die  Läufer,  den  König 
begleiteten  die  beiden  Unterhändler  und  eine  Anzahl  anderer 
Generale  und  Officiere.  Am  Schweidnitzer  Thore  war  eine  Bürger- 
Compagnie  aufgestellt  gewesen  und  innerhalb  der  Stadt  para- 
dierten die  Stadt-Soldaten.  Die  Menge  grüsste  demüthig  und  als 
er  kaum  in  das  Haus  getreten,  erschien  er  auch  wieder  auf  dem 
Balcon  und  zeigte  sich  dem  dicht  gedrängten  Volke. 

Auch  eines  wesentlichen  Acteurs  der  letzten  Wochen  wurde 
nicht  vergessen.  König  Friedrich  liess  Doblin  vor  sich 
kommen,  unterhielt  sich  eine  Zeit  lang  mit  ihm  und  belohnte  ihn 
für  die  am  14.  December  ,, bewiesene  Courage"  durch  ein  Geld- 
geschenk von  2000  Thalern  in  Gold.2) 


*)  Die  Gnade  Kaiser  Carl  VI.  hatte  diesem  Officier,  der  schon  durch 
eine  lange  Reihe  von  Jahren  den  Posten  eines  Platzmajors  in  Breslau  versah, 
im  Jahre  1729  axü'  seine  Bitte  den  Oberstlieutenants-Titel  und  im  Jahre  1734 
in  Ansehung  seiner  in  früherer  Zeit  im  Felde  bei  den  hessischen  Auxiliar- 
Truppen  geleisteten  guten  Dienste,  hauptsächlich  aber  in  Anbetracht  der  Ver- 
dienste seines  Vetters,  des  FZM.  Wutginau,  den  Oberst-Titel  verliehen. 
(K.  A.,  Bestallungen,  1729,  5618  und  1734,  G286.) 

2)  Was  Döblin's  fernere  politische  Wirksamkeit  anlangt,  so  unterliegt 
es  wohl  keinem  Zweifel,  dass  der  König  denselben  bei  seiner  Anwesenheit  in 
Breslau  bestimmt  hat  oder  hat  bestimmen  lassen,  ihm  ferner  Nachricht  über 
die  Stimmung  in  der  Hauptstadt  zu  geben  und  ihn  wohl  auch  beauftragt  hat, 
in  seinen  Kreisen  im  preussischen  Sinne  weiter  zu  wirken.  Döblin  ist  jenen 
Weisungen  auf  das  Eifrigste  nachgekommen  und  als  sich  im  Februar  1741 
Symptome  einer  preussenfeindlichen  Stimmung  in  Breslau  zeigten,  reiste  er 
in  Begleitung  eines  gleichgesinnten  Genossen,  des  Perückenmachers  Nehr- 
korn,  am  9.  Februar  mit  Extrapost  nach  Berlin  zu  König  Friedrich  IL, 
offenbar,  um  hier  Bericht  abzustatten.  Am  4.  März  kehrte  er  von  dort  wieder 
zurück  und  Friedrich  IL  sandte  durch  ihn  sein  und  seiner  Gemahlin  Portrait 
an  den  Breslauer  Commandanten  v.  Rampusch,  der  schon  einige  Tage  vorher 
mit  dem  Orden  pour  le  merite  decoriert  worden  war.  Des  Königs  von  Preussen 
Gnade  blieb  ihm  und  oft  hat  Döblin  an  dieselbe  sich  gewendet.  So  bat  er 
Friedrich  zum  Pathen  für  einen  ihm  am  1.  Januar  1742  geborenen  Sohn  und 
reiste  dazu  eigens  nach  Berlin;  im  März  desselben  Jahres  erhielt  er  die  Be- 
rechtigung, den  Titel  „Königlich  preussischer  privilegierter  Hof-Schuster"  zu 
führen.  Im  Jahre  1743  bat  er  um  die  Bewilligung,  in  Breslau  eine  Leder- 
Niederlage  und  Fabrik  zu  errichten  und  gleichzeitig  um  einen  Vorschuss. 
Dieses  Gesuch  wurde  aber  wegen  des  ..Vorschusses"  abweislich  beschieden. 
Der  Volkstribun  und  Agitator  starb  übrigens,  trotz  der  mannigfachen  Zu- 
wendungen, die  er  erhalten  hatte,  im  Jahre  1752  ganz  verarmt  in  Breslau. 
(Grünhagen,  Zwei  Demagogen  im  Dienste  Friedrich  des  Grossen  und  Zeit- 
schrift des  Vereines  für  Geschichte  und  Alterthum  Schlesiens,  XXII.  Bd. :  Aus 
dem  Jahrbuche  der  Breslauer  Schuster.) 


47 

Hinter  Döblin  soll  übrigens  in  den  Decembertagen,  einer 
allerdings  unverbürgten  Quelle  zufolge,  ein  geschickterer  Emissär 
gestanden  sein,  dessen  später  noch  öfter  Erwähnung  geschehen 
wird,  Salomon  Jacob  Morgenst  e  r n. 

Noch  befand  sich  König  Friedrich  II.  kaum  eine  Stund»-  in 
der  Hauptstadt  Schlesiens,  als  die  beiden  ofterwähnten  preussischen 
Oberste  beim  Grafen  Schaffgotsch  abermals  erschienen  und  er- 
suchten, da  sie  einen  Auftrag  ihres  Königs  auszuführen  hätten,  er  möge 
noch  einige  Räthe  des  Oberamts  berufen  lassen.  Es  wurden  in 
Folge  dessen  der  Oberamts-Kanzler  Freiherr  v.  Schwanenberg 
und  die  Räthe  Graf  Hangwitz  und  v.  Dorsch  berufen  und 
in  Gegenwart  derselben  erklärten  die  preussischen  Abgeordneten 
nun:  „Seine  Majestät  der  König  in  Preussen  erkenne  kein  Ober- 
amt mehr,  befehle  daher,  dass  von  nun  an  keine  Session  oder 
andere  Zusammenkunft  mehr  gehalten  werden  solle,  es  würde  wohl 
geschehen,  dass  sich  ein  Jeder  auf  seine  Güter  retiriere  und  sich 
allda  ruhig  halte,  die  Renitenz  würde  der  König  an  ihren  Personen, 
Familie,  Hab  und  Gütern  scharf  zu  ahnden  wissen."  *) 

Nachdem  der  Oberamts-Director  entgegnete,  dass  dies  eine 
Sache  wäre,  welche  dem  gesammten  Oberamts-Collegio  von  ihm 
vorgetragen  werden  müsse,  so  gestanden  nach  verschiedenen  Hin- 
und  Herreden  die  preussischen  Abgeordneten  dies  zu  und  erklärten, 
am  Abend  die  Entscheidung  selbst  abholen  zu  wollen. 

Das  Oberamts-Collegium  trat  unmittelbar  hierauf  zusammen, 
um  über  diesen  „so  unvermutheten,  als  höchst  präjudicierlichen 
Vortrag"  zu  berathen.     Dabei  wurde  erwogen:  „Dieweil: 

1.  der  Magistrat  und  die  Bürgerschaft  mit  dem  König  bereits 
einverstanden  sei  und  der  Erstere  die  Sache  so  weit  habe  kommen 
lassen,  dass 

2.  nicht  nur  allein  der  König  mit  seinen  Gensdarmen,  dann 
eine  Menge  seiner  Ofnciere  sich  in  der  Stadt  wirklich  befinde, 
sondern  auch  die  Stadt  voll  Grenadiere,  wiewohl  dermal  ohne 
Obergewehr  gesehen  werde,  folglich 

3.  das  königliche  Oberamt  von  Seiten  des  Magistrats  und  drv 
etwa  noch  gut  gesinnten  Bürgerschaft  sich  nicht  des  mindesten 
Schutzes,  ohne  das  Uebel  noch  ärger  zu  machen,  zu  versieh« tu 
habe,  kein  anderes  Mittel  mehr  übrig  sei,  als  der  Gewalt  zu 
weichen  und  am  Ende  nur  wenigstens  noch  vorzustellen,    dass,  ob 

')  Haugwitz,  Bericht  a.  a.  O 


48 

man  zwar  bei  so  bewandten  Umständen  dem  Willen  des  Königs 
nicht  widerstreben  könne,  dennoch  aber  auch  Seine  Majestät  dem 
königlichen  Oberamt  nicht  verargen  würde,  dass  dieses  gegen  seine 
Allergnädigste  Königin  und  Frau  die  obhabende  schwere  Pflicht 
und  Treue,  soviel  an  demselben  sei,  beständig  vor  Augen  habe 
und  beobachte ;  man  hoffe  daher,  mit  dem  angesonnenen  Abzug 
von  Breslau  nicht  so  sehr  beschränkt  zu  werden,  dass  man  nicht 
zuvor  seines  Allerhöchsten  Ortes  Alles  anzeigen,  von  da  die  Alier- 
gnädigste  Resolution  erwarten  und  nach  Beschaffenheit  jener  so- 
dann über  das  Seinige  werde  frei  und  sicher  disponieren  können." 

Diese  Entscheidung  wurde  den  Abends  gegen  7  Uhr  wieder 
erschienenen  preussischen  Abgeordneten  von  dem  Oberamts-Direetor 
mitgetheilt.  Es  erfolgte  von  diesen  jedoch  die  Antwort,  „es  sei 
des  Königs  unabänderlicher  Wille,  dass  das  königliche  Ober- 
amt innerhalb  24  Stunden  sich  von  Breslau  hinwegbegebe  und  ein 
Jeder  desselben  sich  auf  seine  Güter  retirieren  oder  an  seiner 
Person,  Hab  und  Gut  des  Königs  Ungnade  und  schärfste  Ahndung- 
unfehlbar  empfinden  solle." 

Darnach  sah  man  ein,  „dass  dies  der  letzte  Schritt  gewesen, 
den  das  königliche  Oberamt  ohne  offenbare  Besorgniss  einer  noch 
grösseren  Prostitution  und  Affront  sich  zu  exponieren,  zu  machen 
vermögend  wäre,  also  hat  dasselbe  sich  endlich  auch  in  dieses 
Verhängniss  finden  und  nachdem  sowohl  die  Registratur  und 
Kanzlei,  als  das  oberamtliche  Sessionszimmer  mit  dem  diesseitigen 
königlichen  Signet  annoch  versiegelt  worden,  Mittwoch  den  4.  Januar 
zerstreuter  den  Locum  officii  quittieren  müssen".  l) 

Als  nun  Graf  Schaffgotsch  am  Abend  dieses  Tages  im 
Begriff  war,  in  den  Wagen  zu  steigen,  liess  König  Fried- 
rich IL  ihm  durch  Oberst  v.  Posadowsky  sagen,  dass  er 
auf  „inständiges  Ansuchen"  der  Bürgerschaft  die  Bewilligung  er- 
hielte, noch  24  Stunden  in  Breslau  bleiben  zu  dürfen,  worauf  der 
Oberamts-Direetor  bemerkte,  er  habe  zu  seiner  Abreise  schon  Alles 
vorgekehrt,  auch  der  Bürgerschaft,  für  ihn  zu  intervenieren,  keinen 
Auftrag  ertheilt  und  die  Reise  nach  AVarmbrunn  antrat.2) 

Da  das  Oberamts-Collegium  vor  seinem  Auseinandergehen 
keine  Sitzung  mehr    abhalten    durfte,    so    hatte    dasselbe    nur    die 


1)  Haugwitz,  Bericht  a.  a.  0. 

2)  Später  zwang  ihn  eine  Weisung  König  Friedrich  II.  vom 
23.  Februar  1741  (siehe  Anhang  IX),  Schlesien  zu  verlassen,  in  Folge  clereu 
er  sich  zuerst  auf  die  Güter  eines  Verwandten  nach  Böhmen  und  dann  nach 
Prag  begab.  (Kriegs-Fama,  VII,  IG.) 


49 

Möglichkeit,  einige  Zeilen  an  die  Königin  Maria  Theresia  auf- 
zusetzen, um  der  Monarchin  die  schuldige  Meldung  zu  erstatten ; 
,, allein  obschon  nichts  Umständliches,  noch  Verfängliches  darin 
enthalten,  so  ist  sothaner  Bericht  dennoch  dem  Herrn  Director  er- 
öffnet zurückgestellt,  von  diesem  aber  offen  auf  die  Post  abermals 
gegeben  worden."  l) 

„Breslau  gehört  mir,"  schrieb  König  Friedric h  am  4.  Januar 
1741,  voll  Freude  über  den  leicht  errungenen  Erfolg,  an  den  Minister 
P  o  d  e  wils.  2) 

Seine  Zuversicht,  dass  ihm  Breslau  die  Thore  öffnen  werde, 
musste  übrigens  auf  ganz  positiver  Kenntniss  der  dortigen  Ver- 
hältnisse beruhen;  denn  einen  Zweifel,  dass  die  Unternehmung 
scheitern  könnte,  zieht  er  gar  nicht  in  sein  Calcul. 

Am  23.  December  schreibt  er  schon  von  Herrndorf  aus  an 
die  Bayreuther  Lieblingsschwester:  ,,Nous  avancerons  bientöt  vers 
Breslau.  Je  compte  d'y  etre  vers  le  10  de  janvier.  Les  portes  m'y 
seront  ouvertes"  ;  3)  am  29.  December  aus  Parchwitz  an  den  Fürsten 
Leopold  von  Anhalt-D  essau:    „übermorgen    rücke    in  Breslau 


ein".4) 


Die  Rücksicht,  welche  man  in  Wien  den  sogenannten  Privi- 
legien Breslaus  gewährte,  hatte  zweifelsohne  den  Verlust  der 
Landeshauptstadt  zur  Folge  und  beeinflusste  dadurch  den  Verlauf 
der  weiteren  Ereignisse  in  Schlesien  entscheidend.  Die  Stadt  hätte 
mit  Erfolg  vertheidigt  und  der  Königin  erhalten  werden  können. 
Dieses    Empfinden    äussert    sich    auch    in    den    uns    aufbehaltenen 

')  Haugwitz,  Bericht  a.  a.  0. 

2)  Polit.  Corresp.,  I,  242. 

s)  „Oeuvres  de  Frederic  le  Grand."  XXVII.  Corresp.,  XII,  97.  Das 
Motiv,  wesshalb  der  König  schon  früher,  als  er  nach  obigem  Briefe  be- 
absichtigt, gegen  Breslau  aufbrach,  lag  in  den  Nachrichten,  die  er  aus 
dieser  Stadt  erhalten  hatte.  Die  Verbindungen  mit  Breslau  scheinen  nach  einer 
Angabe  in  Graf  Haugwitz'  Bericht  auch  durch  einen  Beisitzer  des  Eathes 
vermittelt  worden  zu  sein.  Haugwitz  erwähnt  nämlich,  dass  der  JEtathmann 
Hub  rieh  einen  Tag  vor  König  Friedrich's  Ankunft  in  Breslau  von  Berlin 
eingetroffen  sei  und  vorgegeben  habe,  dass  er  seine  Bückreise  von  dort  über 
Dresden  genommen  habe,  doch  habe  der  Neumarkter  Postmeister  ihm  (Haugwitz) 
mitgetheilt,  dass  er  einen  falschen  Curszettel  genommen  und  zweifelsohne 
unterwegs  bei  dem  König  gewesen  wäre".  Ein  Brief  an  die  Königin  Elisabeth, 
seine  Gemahlin,  aus  dem  Marschquartier  Gläsersdorf  vom  28.  December  setzt 
schon  den  Einmarsch  auf  den  I.Januar  an.  Oeuvres  XXVI.  „Correspondance", 

XI.  18. 

4)  Bei  Orlich:  „Geschichte  der  schlesischen  Kriege",  Urkunden,    1.  299. 

Oesterreichischer  Erbfolgekrieg.  II.  Bd.  * 


50 

Berichten  zuverlässiger,  gut  unterrichteter  und  scharf  beobachtender 


-j  & 


Zeitgenossen. 

So  sagt  der  österreichische  Resident  in  Berlin,  v.  Demeradt, 
in  seinem  Berichte  an  die  Königin  vom  3.  Januar  1741  darüber: 
„wann  aber  diese  Stadt  nur  von  selbst,  wie  allhier  durchgehends 
ausgestreut  und  gehofft  wird,  sich  nicht  ergeben  will,  so  möchte 
selbe  keine  so  grosse  Gefahr  auszustehen  haben  und  die  Inesige 
dawidergehende  Unternehmung  eben  nicht  so  leicht,  wie  man  sich 
allhier  vorstellig  macht  und  schmeichelt,  gelingen  können;  massen 
die  dermalen  bei  sich  habende  Artillerie  zu  derselben  Uebergewal- 
tigung  und  Ergebungszwang  beiweitem  nicht  hinlänglich  sein 
kann  und  das  jüngsthin  gemeldete,  in  24  Stück  Halb-Carthaunen 
bestehende  Geschütz  dermalen  noch  allhier  eingeschifft  liegt,  ohne 
dass  selbes  wegen  des  Frosts  und  nach  und  nach  mit  Eis  sich  zu- 
legenden Stroms,  sonderheitlich  des  zu  passieren  habenden  neuen 
Grabens  fortgebracht  werden  kann".  l) 

In.  seinem  Berichte  vom  21.  Januar  an  den  Obrist-Hofkanzler 
Grafen  Sinzendorff  spricht  sich  Demeradt  folgendermassen 
aus :  „Das  Uebelste  bei  der  ganzen  hiesigen  Unternehmung  ist 
unter  anderem  auch  jenes,  dass  der  Magistrat  und  die  Bürgerschaft 
der  Stadt  Breslau  sich  so  leichter  Dingen  zu  der  errichteten  Neu- 
tralitäts-Capitulation,  welche  sie  mit  der  Zeit  ganz  anders  und  bei- 
weitem nicht  vermöge  ihrer  von  Allerhöchsten  Orten  so  heilig  ge- 
haltenen Privilegien  erfahren  werden,  haben  binden  lassen ;  massen 
nunmehr  die  hiesige  Armee  ihre  vollkommene  Subsistenz  aus  dem 
alldorten  versammelten  Vorrath  zieht  und  ohne  denselben  zugrund 
gegangen,  mithin  die  hiesige  Unternehmung  meistentheils  von  sich 
selbst  zerfallen  sein  würde''.  - 

Nach  Wien  gelangte  die  Nachricht  am  6.  Januar  und  erregte 
begreiflicherweise  Bestürzung. 

Man  hatte  dort,  in  später  Stunde,  wie  es  scheint,  sich  endlich 
zu  Massregeln  bezüglich  der  Erhaltung  der  Hauptstadt  Schlesiens 
entschlossen  und  dem  arbiträren  Ermessen  des  commandierenden 
Generals  die  Angelegenheit  theilweise  anheimgestellt. 


J)  Es  trat  zwei  Tage  darauf  Thauwetter  ein  und  die  schwere  Artillerie 
mit  einem  ungemein  grossen  Munitions-Vorrathe,  darunter  7000  Bomben,  konnte 
von  Berlin  abgehen,  fror  aber  sechs  Meilen  von  dort  wieder  ein.  (Berichte  aus 
Berlin  vom  3.,  7.  und  24.  Januar  1741.  Staatskanzlei  14  b .). 

2)  Ebenda. 


Unter  dem  Datum  des  5.  Januar  ergieng  ein  Erlass  an 
FML.  Grafen  Browne,  worin  demselben  mitgetheilt  wurde,  „was 
dem  Breslauer  Magistrat  auf  die  gemachte  Anfrage,  wie  sich,  falls 
die  preussischen  Truppen  dasige  Stadt  berennen  sollten,  zu  verhalten 
sei,  geantwortet  worden.  Oberst  Baron  Roth  sei  sogleich  dahin  ab- 
zusenden und  selbem  ermeldetem  Magistrat  zur  Hineinnehmung  könig- 
licher Truppen  zu  disponieren,  aufzutragen" ;  —  beigefügt  war, 
dass  von  Wien  „nicht  determiniert  werden  könne,  wie  die  Hinein- 
sendung einiger  Mannschaft  allenfalls  vorzunehmen".  r) 

Diese  Verfügungen  kamen,  wenn  sie  überhaupt  je  an  ihre 
Adresse  gelangt  sind,  viel  zu  spät ! 2) 

König  Friedrich  II.  aber  war  durch  die  Capitulation 
Breslau's  eine  bedeutende  Etape  dem  Ziele  seiner  Unternehmung 
nähergerückt. 

Ohne  Kampf  hatte  sich  die  Landes-Hauptstadt  ihm  über- 
antwortet und  dadurch  war  der  wesentlichste  Programmpunct  seines 
Almen,  des  Churfürsten  Friedrich  Wilhelm:  bei  einer  Unter- 
nehmung gegen  Schlesien  vor  Allem  den  Besitz  Breslau's  in  das  Auge 
zu  fassen,  schon  erfüllt. 

Günstige  Umstände  waren  dabei  zustatten  gekommen:  die 
Schwäche  der  politischen  Local-Behörden,  die  religiösen  Verhält- 
nisse der  Bevölkerung ,  die  subversiven  Machenschaften  eines 
D  ö  b  1  i  n  und  seines  Anhanges,  vor  Allem  aber  die  Energielosigkeit 
der  Räthe  der  Krone. 

Die  junge  Königin  hatte  im  Drange  der  furchtbaren  Ereig- 
nisse, welche  zu  Beginn  ihrer  Regierung  auf  sie    einstürmten,    den 


i)  K.  A.,  H.  K.  E.  1741  Prot.  Reg.  fol.  22. 

2)  Nicht  uninteressant  ist  ein  Urtlieil  der  schlesischen  historischen  Publi- 
cationen  neuerer  Zeit  über  diese,  in  der  Geschichte  fast  beispiellose  Capitulation. 
Dr.  Eduard  Cauer  sagt  am  Schlüsse  seines  Aufsatzes:  „Zur  Geschichte  von 
Breslau  im  Jahre  1741"  :  „Von  der  Umsicht  und  Festigkeit,  mit  der  wir  den 
Breslauer  Eath  im  XV.  und  XVI.  Jahrhunderte  die  Geschäfte  führen  und 
seine  Autorität  fürstlichen  Zumuthungen,  wie  dem  Ungestüm  des  Volkes 
gegenüber  wahren  sehen,  ist  in  diesen  Zeiten  wenig  mehr  zu  spüren.-  Schwäche 
und  Nachgiebigkeit  bezeichnen  sem  Verhalten  ebenso  in  den  tumultuarisc 
Scenen,  die  dem  Abschlüsse  der  Neutralitäts-Convention  vorhergiengen,  wie 
nachher  in  den  Conflicten  mit  der  preussischen  Macht.  Selbsl  was  im  II 
burgischen  Interesse  versucht  wird,  ist  nicht  von  treuer  Anhänglichkeit  an 
das  Kaiserhaus,  sondern  von  Furcht  vor  späterer  Verantwortlichkeit  eingegeben." 
Zeitschrift  des  Vereins  für  Geschichte  und  Altertlrum  Schlesiens.  III.  1. 
Breslau  1860. 

4* 


52 

Blick  auf  das  Staatsganze  gerichtet,  jenes  Verständniss  für  mili- 
tärische und  politische  Notwendigkeiten  noch  nicht,  das  ihr  später 
in  so  hohem  Masse  eigen  ward,  um  in  einer  solchen  Frage 
selbstständig  entscheiden  zu  können. 

Ihre  Berather  mussten  aber  wissen,  dass  die  Hauptstadt  mit 
ihren  reichen  Hilfsquellen  aufgeben,  beinahe  einem  Verzicht  auf 
Schlesien  gleichkomme  und  eine  moralische  Niederlage  sonder- 
gleichen bedeute. 

Auf  Browne'«  Berichte,  dass  die  Stadt  keine  Besatzung  auf- 
nehmen wolle,  hätte  ihm  der  stricte  Befehl  gegeben  werden  müssen, 
mit  allen  disponiblen  Truppen  sich  nach  Breslau  zu  werfen  und 
eher  unter  dessen  Trümmern  sich  zu  begraben,  als  zu  capitulieren. 
König  Friedrich  hatte  einen  solchen  Befehl  vennuthet,  wesshalb 
er  seinen  Marsch  dorthin  auf  das  Aeusserste  beschleunigte.  Aber  eine 
derartige  Energie  lag  nicht  im  Charkter  Sinz  en  d  orff's,  noch 
der  übrigen  Räthe  der  jungen  Monarchin  und  General  Browne, 
der  diese  Energie  gehabt  hätte,  bekam  stets  nur  die  Instruction, 
mit  dem  Rathe  über  die  Aufnahme  von  Truppen  zu  unterhandeln, 
durfte  also  gar  nicht  selbstständig  vorgehen. 

Mit  Breslau' s  Fall  mit  den  reichen  Hilfsmitteln,  die  es  bot, 
mit  dem  moralischen  Eindrucke,  den  dessen  Besitznahme  im  In- 
und  Auslande  hervorrief,  war  die  Partie  zwischen  Maria  T  h  e- 
r  e  s  i  a  und  König  F  r  i  e  d  r  i  c  h  eigentlich  schon  verloren,  noch 
ehe  sie  begonnen. 

Sofort  nach  Auflösung  des  Oberamtes  trat  in  Breslau  an 
dessen  Stelle  das  königlich  preussische  Feld-Kriegs-Commissariat, 
dem  die  Geheimräthe  v.  Münchow  und  v.  Reinhardt  vorstanden. 
Es  bildete  die  Landesregierung  und  concentrierte  in  sich  die  Verwaltung 
der  von  preussischen  Truppen  occupierten  schlesischen  Gebietsteile. 

Es  begannen  nun  auch  heimliche  Werbungen  zu  Breslau  und 
in  dessen  Vorstädten;  bald  jedoch  ward  vor  dem  Oder-Thore  ein 
öffentlicher  AV erbeplatz  errichtet,  wo  in  dem  Zeiträume  von  zwei 
Wochen  GOO  Leute  angeworben  wurden,  die  nach  dem  Branden- 
burgischen abgiengen,  um  in  den  Festungen  einexerciert  zu  werden.  l) 

Ebenso  wurden  in  jenen  Städten,  in  welche  preussische 
Truppen  einrückten,  die  früheren  Verwaltungen  aufgehoben  und 
grösstenteils  andere  Beamte  an  deren  Stelle  gesetzt. 2)     Von  dem 


')  Seines.  Kriegs-Fama,  VII,  45. 

'2)  Kraffert,  Chronik  von  Liegnitz,  III,  184. 


53 

Lager  des  Prinzen  Leopold  von  Anhalt  vor  Glogau  wurden  die 
ans  Berlin  mitgebrachten  zwölf  evangelischen  Prediger  in  ver- 
schiedene Orte  entsendet,     denen    im  Februar    noch    weitere   nenn 

folgten, 

Sie  sollten  auf  dem  Lande  in  grossen  Sälen  oder  Gemächern 
den  Gottesdienst  halten,  auch  alle  actus  ministeriales  verrichten, 
übrigens  aber  den  Katholiken  keinen  Eingriff  thun.  a) 

Charakteristisch  ist  der  Text,  welchen  sämmtliche  Prediger  für 
den  ersten  Gottesdienst  zu  benützen  hatten.  Er  war  vom  Könige 
selbst  bestimmt  und  dem  fünfzehnten  Capitel  des  ersten  Makkabäer- 
briefes  entnommen,  wo  es  heisst :  „Das  Land,  das  wir  erobert  haben, 
ist  unser  väterliches  Erbe  und  gehört  sonst  Niemand  ;  unsere  Feinde 
aber  haben  es  eine  Zeit  lang  mit  Gewalt  und  Unrecht  inne  gehabt : 
darum  haben  wir  jetzt  das  Unsere  wieder  zu  uns  gebracht  und 
Niemandem  das  Seine  genommen".2) 


J)  Nach  einer  aus  Rauschwitz  vom  22.  Januar  1741  datierten  Verordnung 
bei  Weigelt.  Die  evangelische  Kirche  in  Schlesien  zur  Zeit  der  preussischen 
Besitzergreifung,  77  (Zeitschr.  d.  V.  f.  Gesch.  u.  Altertimm  Sclüesiens.  XXIII.) 

2)  W  e  i  g  e  1 1    a.  a    O.    Die  schlesische  Kriegs-Fama    (VII,    18,  Big.  12) 
führt  das  Formular  der  Fürbitte,    welche  die    neuen  preussischen  Prediger  in 
das    allgemeine    Kirchengebet    für    den    König    von    Preussen    eingeschaltet, 
folgendermassen  auf:     „Und    da    unser    Allergnädigster  König   und  Herr    bei 
deren  jetzigen  weitaussehenden  Zeit-Läuften,  aus  gerechten  Ursachen  bewogen 
und  genöthiget    worden,    mit    einem  Theil    der  Truppen    einen  Marsch    nach 
Schlesien  anzutreten,    also    rufen    wir    den  Allmächtigen  Gott    und  Vater    im 
Himmel  inbrünstig  und  demüthig  an,  er  wolle  unseres  allertheuersten  Monarchen 
und  Landesherrn    geheiligten  Person    und  Armee  beständig    zur  Seite  stehen, 
dieselben  insgesammt    bei  dem    unternommenen  Feldzuge,    welcher    lediglich 
auf  die   Erhaltung  der  Wohlfahrt    des  deutschen  Reiches    und    auf  das  Beste 
der  bedrängten  evangelischen  Kirche  abzielet,    mit    unerschrockenem  Helden- 
muthe  und  Tapferkeit  unablässig  unterstützen,    Ihro  Königl.  Majestät    hierbei 
so    weislich,    als    heilsamhch    hegende  Absichten  und  Anschläge    überall  vom 
Himmel  herab  benedeien  und  segnen,  Dero  gerechten  Waffen  den  erwünschten 
Sieg    verleihen  und  endlich  dadurch  einen  zur  allgemeinen  Freude  und  Glück- 
seligkeit,   sowohl  des   deutschen  Ruhms,    als    vornehmlich    der    evangelischen 
Kirche  festen  Frieden  und  sichere  Gewissens-Ruhe  verschaffen!" 


Bildung  einer  Operations-Armee   in  Oesterreich. 

Am  15.  und  19.  October  1740  ergiengen  vom  Hof-Kriegsrathe 
die  Befehle,  welche  die  Friedens-Garnisonen  der  unmittelbar  kaiser- 
lichen Regimenter  endgiltig  in  einer  der  thunlichst  gleiehmässigen 
Belastung  der  einzelnen  Länder  und  ebenso  der  Sicherheit  des 
habsburgischen  Besitzes  entsprechenden  AVeise  regeln  sollten.  Es 
ist  bekannt,  dass  man  in  "Wien  zur  Zeit  des  Todes  Carl  VI. 
viel  mehr  von  bayerischer,  als  von  preussischer  Seite  Gefahren 
für  das  Erbe  des  Kaisers  befürchtete ;  daraus  erklärt  es  sich  auch, 
dass,  obwohl  die  Wiener  Kreise  eingehend  genug  von  den 
preussischen  Kriegsvorbereitungen  unterrichtet  wurden,  dennoch 
nicht  so  viele  Truppen  nach  dem  ausser  Gefahr  geglaubten  Schlesien 
verlegt  wurden,  als  dies  der  gänzlich  unvermuthet  erfolgte 
preussische  Angriff  allerdings  erfordert  hätte. 

Gegenüber  der  bisherigen  Dislocation  der  Regimenter l)  er- 
gaben die  Befehle  vom  15.  und  li>.  October  folgende  Veränderungen: 
nach  Böhmen  wurden  bestimmt  die  Infanterie-Regimenter  Carl 
Lothringen,  Hessen-Cassel,  Kolowrat  und  Grünne,  dort  befanden 
sich  schon  das  Regiment  O'Gilvy  und  das  Feld-Artillerie-Haupt- 
Corpo  ;  nach  Mähren  wurden  bestimmt  Franz  Lothringen-Infanterie 
und  Liechtenstein-Dragoner,  nach  Schlesien,  wo  sich  schon  Wallis- 
Infanterie  befand,  waren  die  Regimenter  Harrach-,  Botta-  und 
Browne-Infanterie  schon  auf  dem  Wege.  Ebenso  marschierte  bereits 
Alt-Königsegg-Infanterie  nach  Tyrol  und  wurde  in  Steyermark 
durch  das  Regiment  Alt-Daun  ersetzt.  Diese  Bewegungen  waren 
erst  Ende  December  gänzlich  durchgeführt". 

l)  Siehe  I,  365  ff.  und  Anhang  X  des  I.  Bandes:  Dislocation  der  kaiserlichen 
Armee  beim  Tode  Carl  VI.,  sowie  Tafel  III  (Dislocationskarte)  sammt  Legende. 


.).) 


Nieder-Oesterreich,  Vorder-Oesterreich,  Italien  und  die  Nieder- 
lande sollten  ihre  bisherigen  Truppen  behalten  (zusammen  24  In- 
fanterie-, 4  Dragoner-  und  2  Husaren-Regimenter),  Siebenbürgen  sollte 
für  das,  dahin  beorderte  Dragoner-Regiment  Philippi  das  Regiment 
Römer-Dragoner  nach  Ungarn  (in  die  Comitate  Grömör,  Torna,  Borsod  | 
abgeben,  dessen  Besatzungtruppen  mit  Ende  des  Jahres  demnach 

5  Infanterie-Regimenter  und  5  Infanterie-Bataillone,  dann  1 1  Cürassier- , 

6  Dragoner-  und  2  Husaren-Regimenter,  den  geänderten  Verhält- 
nissen entsprechend  neu  dislociert,  zu  bilden  hatten, x)  während  der 
Rest  der  österreichischen  Hausmacht  (4  Infanterie-Regimenter  und 
4  Infanterie-Bataillone,  2  Cürassier-,  2  Dragoner-  und  3  Husaren- 
Regimenter)  an  die  türkische  Grenze  in  Croatien,  Slavonien  und 
im  Banate  zu  stehen  kam. 2) 

Mittlerweile  hatte  sich  aber  die  Regierung  Maria  T  h  e  r  e  s  i  a's 
der  lange  abgewiesenen  Erkenntniss  nicht  weiter  verschliessen 
können,  dass  die  Rüstungen  Preussens  wirklich  gegen  Oesterreich 
gerichtet  seien. 

Desshalb  ergiengen  vom  7.  December  an  Befehle  zum 
Marsche  nach  Schlesien  und  zwar  bis  zum  15.  December  für  die 
Infanterie-Regimenter  Baden-Baden  (im  Pester  Comitat),  Schmettau 
(im  Banat),  Thüngen  (auf  dem  Marsche  nach  Slavonien  in  Süd- 
Ungarn),  Starhemberg  (die  zwei  in  den  Comitaten  Gran  und 
Komorn  liegenden  Bataillone),  Alt-Daun  (in  Steyermark  und  Carl- 
stadt), Franz  Lothringen  und  Grünne  (beide  grösstenteils  in  Mähren 
eingetroffen),  ferner  an  die  Cürassier-Regimenter  Hohenems  (im 
Zempliner  Comitat),  Hohenzoilern  (imTrentschiner  Comitat), Lanthieri 
iim  Comitate  Pressburg),  das  Dragoner-Regiment  Liechtenstein 
(bereits  in  Mähren  eingetroffen),  endlich  die  Husaren-Regimenter 
Splenyi  (an  der  unteren  Theiss  und  Maros)  und  Dessewffy  (im 
Comitat  Zemplin).  Csäky-Husaren  wurden  zugleich  aus  der  Umgebung 
von  "Warasdin  in  den  Königgrätzer  Kreis  beordert,  Batthyäny- 
Dragoner  (im  Pressburger  Comitat)  aber  zuerst  in  die  Gegend  vor 
Budweis,  später,  gleichwie  das  Regiment  Csaky,  zu  dem  aus 
Schlesien  zurückweichenden  FML.  Graf  B  r  o  w  n  e  nach  Olmütz  be- 
stimmt.3)   Starhemberg-Infanterie  erhielt  aber  einschliesslich  seines 

*)  K.  A.,  H.  K.  R.  1740,  October,  611  Reg.  (Beüagen.) 

2)  Ausserdem  befanden  sich  in  den  deutsch-ungarischen  Erblanden  noch 

das  „Land-Batailloir',    die  verschiedenen  Garnisons-  und  Besatzungs-Truppen , 

dann  die  National-Mihzen  zu  Fuss  und  zu  Pferde.  (Vergl.  L.  379,  393  und  410. 

s)  K.  A.,  H.  K.  R.  1710,    Prot.  Reg.    Fol.    3550,    355 L,  3505,  3507,    3568, 

3575,  3570,  3587,  3588.  3592,  3593,  3595—3598,  3002,  3636,  3641,  3703. 


56 

in  Simand  bei  Arad  stehenden  3.  Bataillons  am  17.  December  die 
Widmung  nach  Oesterreich  ob  der  Enns,  doch  wurde  schon  am 
13.  Januar  das  von  Simand  kommende  Bataillon  zum  Jablunka- 
Passe  dirigiert. ]) 

Browne  wurde  indessen  durch  einen  königlichen  Erlass  vom 
15.  December,  der  ihm  einige  besondere  Verhaltungsmassregeln 
brachte,  auch  in  Kenntniss  gesetzt,  dass  er,  besonders  bei  der  In- 
fanterie, auf  den  completen  Stand  der  nach  Schlesien  bestimmten  Regi- 
menter nicht  rechnen  dürfe  und  dass  er  wegen  der  Entfernung  der  Regi- 
menter ausser  den  schon  im  Lande  stehenden  zunächst  nur  Franz 
Lothringen-  und  Grünne-Infanterie,  dann  fünf  Compagnien  Liechten- 
stein-Dragoner zur  Verfügung  haben  werde,  dass  aber  die  drei 
Cürassier-Regimenter  nicht  vor  drei  bis  vier  Wochen,  Baden- 
Infanterie,  zurückgebliebene  Theile  von  Franz  Lothringen  und 
Grünne,  sowie  die  zwei  Husaren-Regimenter  nicht  vor  fünf  bis 
sechs  Wochen,  Schmettau-  und  Thüngen-Infanterie  nicht  vor  drei 
Monaten  und  Alt  Daun-Infanterie  sogar  nicht  viel  vor  sechs  Monaten 
in  Schlesien  würden  eintreffen  können.2) 

Ausserdem  waren  die  zum  Ausmarsch  bestimmten  Regimenter 
sämmtlich  bedeutend  unter  dem  Stand;  sie  hatten  ferner  keine 
Proviantwagen,  noch  Bespannungen,  überhaupt  keine  Feldausrüstung, 
was  Alles  vor  dem  Abmarsch  erst  zu  beschaffen  war. 

Es  konnte  also  von  Operationen  im  offenen  Felde  vorläufig 
keine  Rede  sein  und  die  ganze  Thätigkeit  Browne's  sich 
nur  darauf  beschränken,  die  Festungen  des  Landes  zu  halten  und 
die  kleineren  befestigten  Orte  möglichst  lange  zu  vertheidigen,  das 
Vordringen  der  Preussen  dadurch  zu  verzögern  und  die  Verbindung 
mit  Mähren  und  Böhmen  offen  zu  halten. 


»)  K.  A.,  H.  K.  E.  1740,  Prot -Reg,  Fol.  3616,  3623,  3631  und  Prot.  Reg. 
1741,  Fol.  67 

2)  Duncker,  a.  a.  O.,  S.  39.  Die  nach  Schlesien  bestimmten  Regimenter 
erhielten  erst  Mitte  Januar  Befehl  zur  Anschaffung  der  Proviantwagen,  Mitte 
Februar  zur  Anschauung  der  Zeltwagen.  Wie  wenig  die  um  diese  Zeit  bei 
Browne  stehenden  Regimenter  auch  sonst  kriegsmässig  ausgestattet  waren, 
erhellt  daraus,  dass  der  General  sich  von  Brunn  6000  scharfe  Flinten-Patronen 
verschreiben  musste,  welche  aber  dort  erst  fertig  zu  machen  waren.  (K.  A.,  H.  K., 
R.  1741,  Prot.  Reg.  Fol.  70,  14.  Januar,  Fol.  168,  27.  Januar,  Fol.  311,  316. 
15.  Februar;  Prot.-Exp.  Fol.  173.)  Am  21.  Februar  wurde  dem  Kriegs-Com- 
missariat  ausdrücklich  aufgetragen,  aus  dem  Erforderniss-Aufsatz  für  die 
Infanterie-Regimenter  die  bei  allen  angesetzten  Balken-Karren  zu  streiche  n 
(Ebenda,  Prot.-Reg.  Fol.  340,  21.  Februar.)  Damit  verschwanden  die  ,.Schweins- 
dern"  aus  der  österreichischen  Armee.  (Vergl.  Band  I,  383.) 


.)  I 


In  Glogau  commandierte,  wie  erwähnt,  FML.  Graf  Wallis, 
dem  der  am  9.  December  dort  eingetroffene  GFWM.  Baron  Reisky 
zugetheilt  wurde;  für  Glatz  war  am  4.  December,  da  dessen  eigent- 
licher Commandant  Oberst  v.  Linkh  sich  krank  in  Wien  befand. 
Oberstlieutenant  v.  Fontanella  zumCommandantenbestimmtund der 
Ingenieur-Oberstwachtweister  Tello  ebenfalls  dahin  beordert  worden, 
der  den  Auftrag  hatte,  zur  Versicherung  des  Platzes,  wenn  die 
Winterzeit  Mauerherstellung  nicht  zuliesse,  das  Nöthige  mit  Erd- 
werken, Faschinen  und  Verpalli.sadierungen  zu  veranstalten,  den 
Platz  vor  Allem  aber  so  herzustellen,  dass  er  bei  einem  unver- 
mutheten  Angriff  genügsame  Gegenwehr  zu  leisten  vermöge.  Tello 
sollte  auch  die  Fortificationen  von  Neisse.  untersuchen,  um  das  Noth- 
wendige  dort  anzuordnen.  Zum  Commandanten  der  letzteren  Festung- 
bestimmte  Browne  den  Obersten  seines  Regiments,  Baron  Roth. 

Es  wurden  alle  Anstrengungen  gemacht,  das  bisher  bezüglich 
der  Kriegsvorbereitungen  Versäumte  nachzuholen.  Ein  Haupt- 
Magazin  ward  in  Neisse  angelegt;  ebenso  mussten  die  Glatz'- 
schen  Cameral-Magazine  genügenden  Proviant  für  die  Festungen 
liefern.  Für  Olmütz  ordnete  die  böhmische  Hofkanzlei  die  Errichtung 
eines  grossen  Magazins  an  und  gestattete  die  Ausfuhr  von  Getreide 
aus  Mähren  nur  noch  nach  Schlesien.  l)  Auch  ergieng  an  das  Ober- 
amt in  Breslau  am  20.  December  die  Weisung,  diejenigen  gebärtigen 
Schlesier,  welche  bereits  in  brandenburgischen  Diensten  stünden 
oder  „in  den  dortigen  Landen  sich  ohne  Dienst"  aufhielten,  zu 
verzeichnen  und  nach  Wien  namhaft  zu  machen.2) 

Der  General-Feld-Artillerie-Director  Fischer  in  Prae;  erhielt 
den  Befehl,  für  das  „königliche  Felcl-Artillerie-Haupt-Corpo  eine  An- 
zahl Büchsenmeister,  Zeugs-Bediente  und  Stück-Knechte  in  Böhmen, 
sobald  als  möglich,  anzuwerben,  wozu  ihm  ein  eigenes  Patent  aus- 
gestellt wurde.  3) 

Von  Namslau,  als  einem  nicht  haltbaren  Platz,  Hess  FML. 
Graf  Browne  die  dort  vorhandenen  Geschütze  nach  Brieg  trans- 
portieren. Vor  Allem  Hess  aber  der  commandierende  General  die 
Fortificierung  von  Brieg  verstärken,  wozu  von  den  Ständen  6000  Bauern 
aufgeboten  werden  mussten,  auch  freiwillig  zur  Schanzarbeit  sich 
meldende  Soldaten  gegen  Bezahlung  verwendet  wurden. 


*)  Protocoll  der  böhmischen  Hofkanzlei   1740.    Erlass  an   das  königliche 
Tribunal  in  Brunn  vom  17.  December. 
2)  Ebenda. 
8)  K.  A.,  Bestallungen  1740;  7150. 


58 

Auf  Befehl  der  böhmischen  Hofkanzlei  sollten  dem  FML.  Grafen 
Browne  zwei  Deputierte  und  zwar  einer  aus  dem  Oberamts- 
Collegium  und  einer  aus  dem  Convento  publico  behufs  leichteren 
Verkehrs  mit  den  Civil-Behörden  beigegeben  werden ;  ein  Beschluss, 
der  am  31.  December  erflossen,  wohl  kaum  noch  zur  Durchführung 
gelangt  sein  dürfte. 

Die  Gesammtstärke  der  königlich  ungarisch-böhmischen  Truppen 
in  Schlesien  bestand  zur  Zeit  des  Einmarsches  der  preussischen 
Truppen  in  : 

dem  Infanterie-Regiment  Wallis 1719  Mann,  —  Pferde 

den  »  Regm.  Botta,  Browne,  Harrach  4770     »  » 

dem    Dragoner-Regiment    Liechtenstein    (acht 

Compagnien)  circa 570     »ca.  560      » 

der  Frei-Compagnie  in  Brieg  circa    ....     300     »  » 

7359Mann,560Pferde 
Hievon  die  Garnisonen  von  Glogau  1178  und 

Jablunkau   120  Mann 1298      »        — 

606  lMann,560Pf erde 
welche  Truppenstärke,  eingerechnet  die  Garnisonen  Neisse  und  Brieg, 
den  Befehlen  des  FML.  Grafen  Browne  untergeordnet  war. 

In  Glatz  bestand  zu  dieser  Zeit  die  Besatzung  aus  150  Mann 
des  Infanterie-Regiments  O'Gilvy,  250  von  Prag  dahin  gesendeten 
Invaliden  und  90  Glatzer  Invaliden. 

In  Neisse  war  am  24.  December  Oberstlieutenant  St.  Andre 
mit  sechs  Compagnien  des  Regiments  Botta  eingerückt 1). 

In  Brieg,  wo  Oberst  de  F i n  das  Commando  führte,  standen 
eilf  Compagnien  von  Wallis-Infanterie  unter  einem  Oberstlieutenant 
und  ein  Bataillon  (fünf  Füsilier-Compagnien)  von  Browne-Infanterie, 
ausserdem  die  Frei-Compagnie   in  der  Stärke  von  circa  400  Marn. 

Für  die  letztgenannten  beiden  Plätze  sollte  GFAVM.  Fische  r 
24  Büchsenmeister,  nebst  den  nothwendigen  Feuerwerkern  absenden. 
Brieg  hatte  von  dem  Haupt-Zeugamte  zu  Gross-Glogau  Anfang 
December  200  Centner  Pulver  erhalten. 

Ein  Proviant- Amt,  bestehend  aus  einem  Verwalter  und  einem 
Adjuncten,  wurde  dort  aufgestellt,  eine  Feldbäckerei  mit  einem  Ober- 
bäckermeister und   20  Bäckerknechten  errichtet. 


*)  Hof-Kriegsraths-Expedits-Protocoll,    Fol.    3552.    Anfang    Januar  1741 
wurdedie  Besatzung  dieser  Festung  verstärkt. 


59 

In  Jablunkau  befand  sich  eine  Oompagnie  von  AVallis-In- 
fanterie  (120  Mann  stark)  miter  Comrnando  des  Oberstlh-utenants 
O'Reilly. 

Inr  Anmärsche  aus  Mähren  befand  sich  GFAYM.  ( Jraf  P  i  c  c  o  1  o- 
in  i  n  i    mit    drei  Bataillonen  Franz  Lothringen,    sechs  Compagnien 
Grünne-Infanterie  und  fünf  Compagnien  vom  Dragoner-Regimen  i 
Liechtenstein.  l)  Die  noch  auf  dem  Marsche  aus  Ungarn  befindlichen 
zwei  Bataillone  von  Grünne  wurden  direct  nach  Schlesien  dirigiert. 

FML.  Graf  Browne  ertheilte  den  aus  Mähren  vorrückenden 
Verstärkungen  Befehl,  in  dem  Münsterberg'schen  und  Franken- 
stein'schen  Kreise  Quartier  zu  beziehen,  um  die  Verbindung  mit 
Glatz  offen  zu  halten.  Die  Futtervorräthe  vom  Lande  wurden  nach 
Brieg  und  Neisse  und  weiter  zurück  nach  Troppau  und  Jägern- 
dorf geschafft. 

Das  aus  Ungarn  über  Skalitz  Anfang  November  nach  Böhmen 
instradierte  und  in  zwei  Echelons  marschierende  Infanterie-Begirnent 
Carl  Lothringen  traf  Ende  December  dort  ein. 2) 

Hundert  Pferde,  welche  dem  Husaren  -  Regimente  Dessewffv 
vorausgehen  sollten,  damit  der  Commandierende  in  Schlesien  sobald 
als  möglich  über  einige  leichte  Cavallerie  verfügen  könne,  trafen 
trotz  der  vom  Hof-Kriegsrathe  angeordneten  Beschleunigung,  erst 
am  21.  Januar  1741  in  Jablunkau  ein. 

Mit  der  Operations-Casse  des  commandierenden  Generals 
scheint  es  schlecht  bestellt  gewesen  zu  sein.  Von  AVien  aus  konnte 
derselben  vorläufig  gar  nicht  beigesprungen  werden,  sie  musste  von 
der  Landes-Regierung  Zuflüsse  erhalten,  die  aber  auch  spärlich  genug 
flössen,  nachdem  die  Landes-Regierung  selbst  um  Aushilfe  von  Wien 
bitten  musste,  wo  man  in  der  ungemeinen  Geldbedrängniss,  in 
welcher  sich  der  Staat  befand,  zu  dem  verzweifelten  Auskunftsmitte! 
griff',  das  Oberamt  zu  ermächtigen,  aus  Mangel  anderer  Geldmittel 
die  Depositen-Gelder  „gegen  Einlage  bündiger  Versicherungen' 
anzugreifen.  An  Feld-Artillerie  war  vorläufig  nicht  ein  Stück  vor- 
handen. 

In  der  am  28.  December  zu  AVien  abgehaltenen  Conferenx 
ward  erst  der  Beschluss  gefasst,  die  schlesische  Landes-Regierung  an 
den  commandierenden  General  anzuweisen;   die  Erhaltung  Breslau's 


')  AVaren  am  21.  December  aus  Brunn  abmarschiert. 
2)  Dasselbe  hatte  eine    vierwöchentliche  Contumaz    zu  Dorosma   zu  be 
stehen  gehallt. 


60 

wurde  auch  in  dieser  Coirferenz  wieder  als  die  wichtigste  Angelegen- 
heit erklärt. ])  Leider  kamen  diese  beiden  Entschliessungen  in  Folge 
der  sich  nun  überstürzenden  Ereignisse  viel  zu  spät. 

Die  böhmische  Hofkanzlei  trug  der  mährischeiiLandes-Regierung 
auf,  die  aus  der  Provinz  nach  Schlesien  fahrenden  Strassen  sofort 
ausbessern  zu  lassen.2; 

Nach  der  Coirferenz  vom  13.  December,  der  am  selben  Tage 
schon  eine  Audienz  des  preussischen  bevollmächtigten  Ministers  in 
Wien,  v.  Borck e,  vorausgegangen  war,  zeigt  sich  ohne  Zweifel  an 
entscheidender    Stelle    eine    energischere  Auffassung    der    Sachlage. 

Das  Oberamt  in  Breslau  erhielt  am  14.  December  von  der 
K  ö  n  ig  in  "Weisung,  „was  für  eine  Verwahrung  selbes  bei  wirklicher 
Einrückung  preussischer  Truppen  sowohl  bei  dem  Könige  oder  dem 
die  Truppen  commandierenden  General  thun  und  was  diesfalls 
durch  öffentlichen  Druck  publiciert  werden  solle."  3) 

Die  Rüstungen  begannen  in  etwas  grösserem  Massstabe.  Es 
ist  aber  bereits  Mitte  des  December,  die  preussischen  Colonnen 
stehen  schlagfertig  jenseits  der  Grenze,  stündlich  den  Befehl  zum 
Einrücken  in  Schlesien  erwartend,  das  von  4000  kaiserlichen  Sol- 
daten vertheidigt  und  geschützt  werden  soll. 4) 

Der  Wiener  Hof,  in  der  von  allen  Seiten  sich  aufthürmendeii 
Bedrängniss,  entschloss  sich  nun  in  der  dritten  Dekade  des  December 
zur  Bildung  und  Aufstellung  einer  Feld-Armee.  Die  Wahl  zum  Ober- 
Commandanten  derselben  schwankte  zwischen  dem  FM.  Ludwig- 
Andreas  Grafen  K  h  e  v  enhüll  e  r,  welcher  viele  Truppen  und 
deren  gesicherte  Bezahlung  verlangte  und  dem  FZM.  AVilhelm 
Reinhard  Grafen  TsTeipperg,  dessen  Candidatur  vom  böhmischen 
Obristen  Kanzler,  dem  Grafen  K in s  k  y,  unterstützt  wurde.  Da  sich, 
Neipperg    mit     wenigen  und  schwachen   Regimentern  begnügte 


')  H.  H.  u.  St.  A.  Conferenz-Notaten  v.  28.  December  1710. 

2)  15.  December,  Protocoll  der  böbm.  Hofkanzlei. 

3)  Protocoll  der  böbm.  Hofkanzlei. 

4)  Mit  Ausschluss  der  Besatzung  von  Glogau  (6  Compagnien  Harrach. 
4  Compagnien  Wallis)  nach  dem  Conferenz-Protocoll :  „Graf  Browne  mit 
denselben  beiden  übrigen  Harrach'schen  Bataillons,  dem  Botta-  und  seinem 
eigenen  Eegimente  mit  Beirechnung  der  8  Liechtenstein'schen  Compagnien 
nicht  viel  über  4000  Mann  und  nicht  einmal  diese  wegen  deren  hin  und  wieder 
auszustellenden  Posten,  in  dem  Stand,  wie  die  Regimenter  dermalen  wären, 
zusammen  zu  bringen,  vermögend  sein  würde."  (K.  A.  Oesterreichischer  Erbfolge- 
krieg, 1740  ;  XII.  4Vs.) 


Ol 

ausserdem  K  i  n  s  k  y  die  Armee  versorgen  musste  und  mit  Kheven- 
hüller  nichts  zu  thun  haben  wollte,  so  wurde  schliesslich  Neipperg 
für  das  Commando  der  Armee  bestimmt.  v)  Der  Erlass,  mit  dem  die 
Königin  die  Ernennung  demselben  kundgibt,  ist  vom  23.  De- 
cember  datiert.  2j 

Zugleich  mit  der  Ernennung  des  Ober-Commandanten    wurde 
auch  der  ihm  beizugebende  ,, grosse  Generalstab"  nominiert. 3)  Der 
23.  und  24.  December,    an  welchen  Tagen    die  in  den  böhmischen 
Ländern  bereits  befindlichen  und  bisher  dahin  beorderten  Regimenter 
zur  möglichst  raschen  Annahme  des  Sollstandes  und  zur  Anschaffung 
der  Feld-Requisiten    befehligt    wurden1;    und    der    Hof-Kriegsrath 
auch  die  Anzahl  der  von  der  Feld- Artillerie  zu  Neipperg' s  Armee 
abzugebenden  Geschütze  (16)  fixierte, 5)  müssen  daher  als  die  eigent- 
lichen Mobilisierungstage  gegen  Preussen    bezeichnet  werden.     Da 
nun  die  zur  schlesischen  Armee    gewidmeten  Regimenter  selbst  in 
dem    Falle,    als    sie    complet    gewesen  wären  und  auch  rascher  in 
Schlesien  hätten  eintreffen  können,   kaum  der  sich  fortgesetzt  ver- 
stärkenden Invasions-Armee    gewachsen  waren,    so    wurden    schon 
am  31.  December  1740,    sich    sofort    nach    Schlesien  in  Marsch  zu 
setzen  wieder    angewiesen:    die    Cürassier-Regimenter   Seherr    (aus 
dem  Eisenburger  Comitat),  Birkenfeld  und  Cordova  (beide  aus  dem 
Banat),  die  Dragoner-Regimenter  Württemberg  (aus  den  Comitaten 
Somogy  und  Zala),  Römer  (aus  den  Comitaten  Gömör,  Torna  und 


x)  Als  Sohn  Eberhard  Friedrichs  Freiherrn  von  Neipp  erg  am  27.  Mai  1684 
geboren,  trat  Wilhelm  Reinhard  1702  in  das  kaiserliche  Herr.  Am  24.  Februar  1717 
bereits  zum  Obersten  eines  Infanterie- Regiments  ernannt,  zeichnete  er  sich  im 
Türkenkriege  vor  Belgrad  aus.  Zum  General-Feld -Wachtmeister  am  4.  No- 
vember 1723  befördert,  ward  Neipperg  Erzieher  des  Herzogs  Franz  Stephan 
von  Lothringen,  welchem  er  auch  in  späteren  Jahren  noch  persönlich  sehr 
nahe  stand.  Im  Jahre  1730  kam  er  als  Commandant  nach  Luxemburg,  wurde 
am  20.  November  1733  Feldmarschall-Lieutenant  und  machte  als  solcher  den 
Krieg  in  Italien  mit.  Am  2.  Mai  1735  zum  Feldzeugmeister  ernannt,  ward 
Neipperg  Commandierender  in  Temesvar.  In  Folge  des,  entgegen  den  er- 
haltenen Instructionen,  mit  dem  Grossvezier  abgeschlossenen  Belgrader  Präli- 
minar-Friedens  wurde  Neipperg  in  Untersuchung  gezogen  und  in  Glatz 
interniert,  von  wo  er  am  10.  Nov.  1740  auf  Befehl  der  Königin  Maria 
Theresia    entlassen  wurde. 

(Vergleiche  über  den  Friedensschluss  von  Belgrad  etc.  ,.Der  Feldzug 
173(.>  und  der  Friede  von  Belgrad",  Mittheilungen  des  k.  k.  K.  A.  1881.) 

2)  Der  Wortlaut  desselben  Anhang  X. 

3)  Duncker,  a.  a.  O.  58  f. 

4)  K.  A.,  H.  K.  R.  1710,  Prot.  Reg.  Fol.  3647,  3649,  3654,  3661,  3666  etc. 

5)  Ebenda,  Fol.  3657. 


62 


Borsod)  und  das  Husaren-Regiment  Grhilänyi  (aus  Syrmien).1)  Auch 
an  Pestvärmegyey-Husaren  (in  Siebenbürgen)  ergieng  an  diesem 
Tage  die  Marschbereitschafts-Ordre. 2) 

Von  Generalen  waren  die  folgenden  zu  dieser  Armee  bestimmt 
und  demgemäss  ebenfalls  am  23.  December  verständigt  worden: 
die  Feldmarschall-Lieutenante  Göldy,  Browne,  Römer,  Ber- 
lichingen,  die  General-Feld- Wachtmeister  Philibert,  Lentulus, 
Holly,  Reisky,  Kheul,  Piccolomini,  Grünne,  Baranyay, 
Birkenfeld,  Kolowrat.  Preising,  Franz  St.  Ignon,  Königs- 
egg.  Pallant  und  Festetics. 

Vorläufig  wurden  14  Infanterie-,  3  Cürassier-,  2  Dragoner-  und 
3  Husaren-Regimenter  und  eine  Gesainmtstärke  von  25.000  Mann 
für  diese  Armee  in  Aussicht  genommen. 

Für  die  Feld-Artillerie  wurden  16  Geschütze  und  zwar 
10  Regimentsstücke,   4  Falkaunen  und  2  Haubitzen  zu  100  Schuss 


1)  Ebenda,  fol.  3694,  3699,  3704.  Von  der  am  13.  December  beschlossenen 
Reduction  des  letztgenannten  Regiments,  mit  dessen  Mannschaft  und  Pferden 
man  zuerst  die  anderen  Husaren-Regimenter  ergänzen  wollte,  wurde  am 
4.  Januar  definitiv  Abstand  genommen.  (Ebenda,  fol.  3583  imd  Jahr  1741,  Fol.  9.) 

2)  Ebenda,  1740,  Fol.  3693.  Statt  Cordova-Cürassieren  kamen  Kohäry- 
:  »ragoner  in  das  Banat,  gleichfalls  aus  Siebenbürgen  Wahleck-Infanterie  (statt 
Thüngen)  nach  Slavonien,  von  wo  mit  Ende  des  Jahres  die  Infanterie-Regi- 
menter Bayreuth  (statt  Baden-Baden)  nach  Ofen  und  Grosswardein,  Wurm- 
brand (an  die  Stelle  von  Alt-Daun)  nach  Steyerinark  abgiengen. 

In  Folge  des  Abmarsches  mehrerer  Cavallerie-Regimenter    aus    Ungarn 
wurden  am  21.  Januar  1741     (Ebenda.  Prot,  Reg.  Fol.  130)    näher    gegen    die 
Westgrenze    dieses  Landes  verlegt:  die  Cürassier-Regimenter  Bernes    (in  das 
Comitat    Pressburg),    Podstatzky    (Trentschin.    Thuröez.    Arva),     Carl    Palffy 
iLiptau,  Zips,  (lömör.  Saros),    Lubomirski  (Zemplin,  Aba-Ujvär,  Borsod),  Carl 
St.  Ignon  aus  Syrmien  (Somogy,  Zala),  Caraffa  (Oedenburg),  dann  Khevenhüller- 
üragoner  (Eisenburg)  und  aus  Siebenbürgen  Pestvarmegyey-Husaren  (Neutra  . 
In  jedem  einzelnen  Falle  zu  untersuchen,    wie    lange   die  angeordneten 
Marschbewegungen  zu  ihrer  Durchführuni;'  wirklich  brauchten,  würde  zu  weit 
führen.    Ausser  dem  Hinweis  auf  die  oben  citierten  Angaben  des  königlichen 
IN  Scripts  vom  15.  December  1740  an  Browne   mag  daher  hier  nur  beispiels- 
weise erwähnt  sein,  dass  das  Regiment  AYaldeck  den  Marschbefehl  am  18.  De- 
cember erhielt  und  erst  gegen  Ende  März  bei  Esseg  eintraf,    dass    Bayreuth- 
Infanterie    von    der    oberen    Save  nach  Ofen  fast  zwei  Monate  brauchte  und 
dass    die    Regimenter    Csaky-Husaren.     dann    Lanthieri-    und    Hohenzollern- 
Cürassiere  erst  um  den  1.  Februar  unweit  Fulnek    zu  Browne  stiessen,  welcher 
diesen  Tagen    auch  Hohenems-    und  Seherr-Cürassiere    erwartete    und  der 
ügen  Ankunft  der  vordersten    Bataillone  von  Baden-Baden  und  Alt-Daun- 
Infanterie  entgegensah.  (Ebenda,  Fol.  241.) 

Im  Allgemeinen  wird  man  sich  bei  Beantwortung    dieser  Frage    gegen- 
wärtig halten  müssen,  dass  der  Winter  den  an  und  für  sich  trostlosen  Zustand 


63 

per  Stück,  rar  die  Haubitzen  40  Haubitzgranaten  und  10  Schrot- 
büchsen angetragen,  für  20  Bataillone  zu  je  700  Mann,  nebst 
10  Grenadier-Compagnien  zu  je  100  Mann,  pro  Mann  wurden 
40  Schuss  berechnet.  rj 

Die  Hofkammer  erhielt  Auftrag,  wegen  Beistellung  von 
400  Pferden  zur  Bespannung  der,  für  das  schlesische  Corps  be- 
stimmten Artillerie  Veranstaltung  zu  treffen. 2) 

Das  Schiff- Amt  hatte  am  21.  December  Auftrag  erhalten,  für 
eine  im  kommenden  Frühjahre  in  Schlesien  erforderliche  Laufbrücke 
von  30  bis  36  Pontons  das  Erforderliche  einzuleiten  oder  in  deren 
Ermangelung  so  viele  hölzerne  Schiffe  und  das  unter  dem  Bruck- 
Hauptmanne  Fromb  stehende  Personal  sammt  Bespannung  von 
dem  ohnedies  zur  Reduction  bestimmten  ungarischen  Brückenstand 
in  Rechnung  zu  ziehen. 3) 


der  Wege  noch  verschlimmerte,  dass  die  Seltenheit  der  Brücken  üher  die 
zahlreichen  grösseren  Flüsse  die  Marschrouten  sehr  beschränkte  und  über- 
dies die  Existenz  der  meisten  Brücken  sehr  von  den  Wasser-  und  Eis- 
verhältnissen abhieng,  dass  ferner  die  Passierung  der  mehrfachen  Pestcordons- 
linien,  deren  normale  Contumaz  je  sechs  Wochen  dauerte,  vielfache  Schwierig- 
keiten im  Gefolge  hatte  und  dass  endlich  der  Abmarsch  einer  Truppe  aus 
festen  Plätzen  oder  Grenzgegenden  ohne  specielle  gegentheilige  Weisung  von 
oben,  durch  die  betreffenden  Commandanten  erst  dann  gestattet  wurde,  wenn 
der  Ersatz  eingetroffen  war.  Es  kamen  aber  "auch  Fälle  vor,  dass  Regimenter 
aus  Mangel  an  Geld  und  Credit  nicht  abmarschieren  konnten  oder  durch  die 
zurückbleibenden  Gläubiger  am  Abmärsche  gehindert  wurden.  Auch  der  Fall, 
dass  das  Cürassier-Regiment  Hohenems  am  31.  December  17-10  wegen  Mangel 
an  Stiefeln  noch  nicht  ausmarschiert  war,  steht  nicht  ganz  vereinzelt. 

Die  gewöhnlichste  Massregel,  um  den  Marsch  einer  Truppe  zu  be- 
schleunigen, war  die  Anordnung  einer  grösseren  Anzahl  von  Marschtagen 
zwischen  den  Rasttagen.  (Vergl.  I,  4S5  ff.)  In  besonders  dringenden  Fällen 
wurde  die  Infanterie    mittelst  Vorspannwagen  ohne  Rasttage  weiterbeförderr. 

M  K.  A.,  Sect.  II,  H.  K.  R.  Reg.  Prot.,  Fol.  3579  und  Reg.  Prot.  30.  De- 
cember, Fol.  3689.  Die  Hälfte  der  für  die  Infanterie  bestimmten  Munition 
sollte  zu  scharfen  Patronen  verfertigt  und  in  Verschlage  eingetheilt.  das 
übrige  Piüver  und  Blei  aber  zur  Austheilung  mitgeführt  werden. 

2)  Die  Pferde  sollten  Ende  Januar  1711  zu  Brandeis  bei  Prag  an  das 
Feld-Artillerie-Haupt-Corpo  abgeliefert  werden.  Der  mit  dem  Lieferantin 
accordierte  Preis  betrug  70  fl.  (K.  und  k.  H.  K.  A.  Gruppe  Böhmen  171". 
23.  December  1710.). 

3)  Im  Februar  1711  wurde  die  in  Esseg  depositierte  blecherne  Lauf  brücke 
von  32  Pontons  über  Skalitz  nach  Schlesien  instradiert.  Dieselbe  stand  unter 
Commando  des  Feldschiffbruck-Hauptmannes  Fromb.  Das  Personal  hatte  bis 
letzten  October  1710  an  Verpflegs-Gebühren  9188  fl.  rückständig  und  die  Leute 
konnten  der  „vielen  Schulden  wegen"  nicht  ausmarschieren.  (K.  und  k.  H.  K.  A. 
Gruppe  Böhmen  1711.  XVIIf,  Februar  1711,). 


64 

Die  für  die  Operations-Armee  bestimmten  Infanterie-Regi- 
menter erhielten  Befehl,  auf  2000  Mann  sich  zu  ergänzen,  mit 
Ausnahme  des  Infanterie-Regiments  AVenzel  Wallis,  dem  ein  Stand 
von  2420  Mann  vorgeschrieben  wurde.  Es  wurde  ihnen  hiebei 
gestattet,  auch  Leute  auf  Capitulation  anzunehmen.  Die  Cavallerie- 
Regimenter  sollten  einen  Stand  von  800  Mann  zu  erreichen  trachten 
und  die  abgängigen  Pferde  einkaufen. 

Gleichzeitig  wurde  ein  Pferdeausfuhrverbot  aus  Böhmen  und 
Mähren  erlassen. 

Die  nach  Schlesien  beorderten  Regimenter  erhielten  vor  dem 
Aufbruche  eine  dreimonatliche  Wintergebühr  auf  den  dermaligen 
Stand,  weitere  drei  Monate  sollten  ihnen  an  der  schlesischen  Grenze 
aus  einer  besonderen  Casse  gezahlt  werden. 

Zu  den  in  den  Königgrätzer  Kreis  verlegten  zwei  Bataillonen 
von  Kolowrat-Infanterie  sollte  auch  das  dritte,  in  Mähren  einge- 
rückte Bataillon  dieses  Regiments  gezogen  werden.  GFWM.  Graf 
Kolowrat  selbst  erhielt  Befehl,  sich  zu  seinem  Regiment  zu 
verfügen,  auf  die  preussischen  Bewegungen  genauestens  Acht  zu 
haben  und  erforderlichen  Falls  in  die  Festung  Glatz  sich  zurück- 
zuziehen. 

Die  Märsche  giengen  jedoch  sehr  langsam  von  Statten;  die 
Truppen  waren  in  keiner  Hinsicht  schlagfertig,  als  sie  der  Befehl 
in  das  Feld  rief  oder  ihnen  Bereitschaft  anbefahl  und  konnten 
die  Schlagfertigkeit  auch  in  kurzer  Zeit  nicht  erlangen.  Vor  Allem 
fehlte  es  an  Geld ;  die  Cassen  in  Wien  waren  leer,  so  mussten  denn 
gewöhnlich  die  Stände  des  Landes,  in  welchem  das  Regiment  be- 
quartiert war,  die  Gebühren  zahlen  und  diese  zahlten,  wenn  sie 
überhaupt  zahlten,  langsam.  Sodann  fehlte  es  an  Ausrüstungs- 
gegenständen,  häufig  sogar  an  den  unentbehrlichsten.  Feldrequi- 
siten waren  gar  nicht  vorhanden  und  nicht  am  letzten  mag  einer 
apathischen  Stimmung  im  Officiers-Corps  Erwähnung  geschehen, 
die  wohl  eine  Folge  der  ausserordentlich  unregelmässigeii  Be- 
zahlung derselben  war.  Freudige  Hingebung  für  die  Monarchin 
und  den  Dienst  mussten  im  Felde  erst  wieder  gedeihen,  vorläufig 
fehlten  sie. 

Unter  derartigen  Uebelständen  litten  fast  alle  Truppenkörper 
und  hiedurch  wird  auch  die  enorme  Langsamkeit  erklärlich,  mit 
der,  wenige  Ausnahmen  abgerechnet,  dieselben  die  ihnen  ange- 
wiesenen Marschziele  erreichten. 

Am  31.  December  hob  die  Königin  bei  den  zum  xlus- 
marsche    bestimmten    Regimentern    das    bestehende  Verbot  wegen 


65 

Ersetzung  der  Regiments-Chargen  auf,  wodurch  den  Inhabern 
wieder  erlaubt  wurde,  die  vacanten  Stabs-,  Ober-  und  Unter- 
officiers-Chargen  zu  ersetzen,  bemerkte  aber  in  dem  diesfaüigen 
Erlasse  >„in  der  gnädigsten  Zuversicht,  dass  sie,  Regiments-Inhaber, 
die  Billigkeit,  Ordnung  und  Verdienste  jedesmalen  gegenwärtig 
halten  und  keine  andere  als  genugsam  tüchtig  und  erfahrene  Subjecta 
befördern  werden",  *) 

Die  alle  energischen  Massregeln  beeinflussende  Geld-  und 
Creditnoth  hatte  die  Königin  bewogen,  schon  bei  Eröffnung  des 
Landtages  des  Erzherzogthums  Oesterreich  am  1.  December  sich 
an  die  Opferwilligkeit  der  Stände  zu  wenden,  2)  auch  an  den 
Patriotismus  der  reichen  Grundbesitzer  und  geistlichen  Stifte  zu 
appellieren. 3) 

Die  königliche  Familie  selbst  aber  säumte  ebenfalls  nicht, 
Opfer  für  das  allgemeine  Wohl  zu  bringen.  Nach  Florenz  ergieng 
die  Ordre,  von  dem  dortigen  Schatz  dasjenige  zu  veräussern,  was 
verkauft  werden  könne,  den  Rest  aber  zu  verpfänden  und  baares 
Geld  darauf  zu  erheben. 

Kleinere  Darlehen  von  Privaten  wurden  in  den  Bancal-Cassen 
angenommen  und  mit  sechs  Procent  verzinst.  Das  fürstlich  Li  echt  en- 
stein'sche  Haus  hatte  dem  Aerar  500.000  Gulden  vorgestreckt.  Aus 
dieser  Anticipation  sollte  die  Hofkammer  die  zur  Recrutierung. 
Remontierung  und  Beschaffung  der  Feldausrüstung    für    die    theils 


')  K.  A.  S.  II,  H.  K.  E.  Reg.  1710,  December,  821. 

2)  Die  Eröffnung  des  Landtages  fand  in  der  Ritterstube  in  der  Hofburg, 
in  Gegenwart  der  Königin,  durch  den  Obersten  Hof kanzler  Grafen  Sinz en- 
do rff  statt.  Die  Königin  fügte  selbst  der  von  Sinzendorff  verlesenen  An- 
rede einige  Worte  hinzu.  Der  die  Bewilligung  von  Geldmitteln  betreffende 
Passus  lautet: 

„Da  Sie  aber  von  Selbsten  ermessen  werden,  wie  nöthig  es  sei,  das 
Kriegs-Heer  zu  erhalten;  die  entblössten  Grenzen  zu  besorgen;  dem  durch  die 
langwierigen  kostbaren  Kriege  geschwächten  Aerario  beizuspringen,  so  werden 
Sie  nach  der  angestammten  und  in  allen  Gelegenheiten  so  ruhmwürdig  er- 
wiesenen Treue  und  Eifer  von  Selbsten  eirkennen,  dass  Ihre  königliche  Majestät 
bemüssiget  sind,  die  treugehorsamsten  Stände  dermalen  anzugehen." 

„Zu  welchem  Ende  dann  Allerhöchstdieselbe  beikommende  postulata 
verfassen  und  solche  den  treugehorsamsten  Ständen  hiemit  haben  beibringen 
wollen."  Wienerisches  Diarium,  3.  December,  Nr.  97. 

3)  So  hatte  das  Domcapitel  zu  Breslau  50.000  fl.  angeboten  (Protocoll 
der  böhmischen  Hofkanzlei  1710.)  Das  Stift  Braunau  gab  zuerst  6000  ti.  und 
400  Scheffel  Mehl,  später  noch  21.000  fl.  (Mittheilungen  des  Benedictin  er-  um! 
-Cistercienser-Ordens,  X.  Jahrg.,  X,  22.) 

Oesterreichischer  Erbfolge krieg.  II.  Bd.  O 


66 

bereits  in  Böhmen  und  Schlesien  befindlichen,  theils  dahin  im  An- 
märsche befindlichen  Eegimenter  nöthigen  Beträge,  wenn  nicht 
sogleich,  wenigstens  bis  Mitte  Januar  1741  auszahlen;  dann  die 
für  die  Generalstab s-Parteien  und  die  zu  den  unentbehrlichen  Aus- 
lagen erforderlichen  Summen  längstens  bis  Ende  Januar  sicher- 
stellen. 

Die  G-esammtkosten  der  Winter-  und  Sommer -Verpflegung 
und  Mobilmachung  der  zur  schlesischen  Armee  beorderten  Truppen 
bezifferten  sich  ohne  Proviantwesen  auf  3,685.924  fl.  10  kr. x) 

Dem  Oberamts-Directorium  in  Breslau  wurde  am  29.  December 
aufgetragen,  dass  die  Hälfte  des  Collegiums  in  Breslau  bleiben,  die 
andere  Hälfte  sich  jedoch  nach  Neisse  verfügen  solle. 2) 

1)  H.  K.  A.  C4ruppe  Böhmen  1741. 

2)  Protocoll    der    böhmischen    Hofkanzlei    1740.     Diese  Verfügung  kam 
nicht  mehr  zur  A\isführung. 


Die  Ereignisse  in  Schlesien  im  Monate  Januar  1741. 


Jb  ML.  Graf  Browne  verfügte,  nachdem  er  die  Stadt  Breslau, 
trotz  ihrer  angeblichen  Selbstvertheidigung,  nach  den  Eindrücken, 
die  er  dort  empfangen  hatte,  so  gut  wie  verloren  halten  musste, 
die  Concentriermig  der  disponiblen  Streitkräfte  zwischen  der  Ohlau. 
der  Neisse  und  der  Oder. 

Thatsächlich  befanden  sich  Ende  December  in  ganz  Schlesien 
einschliesslich  der  Besatzungen  in  den  festen  Plätzen,  mit  Ausnahme 
von  Glatz,  nicht  mehr  als  7359  Mann  disponibler  Truppen  einem 
Invasionsheere  gegenüber,  das  in  den  letzten  Tagen  des  December 
mindestens  schon  26.000  bis  27.000  Mann  auf  schlesischem  Boden 
zählte. 

Von  Feld-Artillerie  war  nicht  ein  Stück  vorhanden.  Die 
Operations-Cassa  des  commandierenden  Generals  soll  in  10.000 
Gulden  bestanden  haben,  wovon  auch  noch  die  Reparaturen  an 
d(  n  "Werken  von  Brieg  bestritten  werden  mussten. 

Es  standen  von  dem  Brown e'schen  Corps :  Jenseits  der  Oder 
am  weitesten  vorgeschoben  in  Laskowitz  1  Ofhcier  mit  20  Pferden, 
am  linken  Oder-Ufer  in  Kattern  79  Pferde.  Namslau  war  mit 
1  Compagnie  von  Wallis  besetzt.  In  Zedlitz  am  linken  Oder-Ufer 
stand  eine  halbe  Compagnie  von  Liechtenstein-Dragonern,  in  März  - 
dorf  an  der  Strasse  von  Breslau  ebenfalls  eine  halbe  Compagnie. 
der  Best  der  8  Compagnien  des  Dragoner-Regiments  am  linken 
Ufer  des  Ohlau-Musses,  halbcompagnieweise  in  den  Ortschaften 
vertheilt,  bis  "Weigwitz  hinauf,  der  Stab  in  AVürben.  Baumgarten, 
an  der  Strasse  nach  Breslau,  war  von  2  Compagnien  Harrach, 
Ohlau  von  2  Füsilier-  und  1  Grenaclier-Compagnie  desselben  Regi- 
ments   besetzt,    in  Linden,    Rosenhain ,     Hennersdorf,     Grüningen. 


68 

Hünem,  Frauenhain,  stand  je  1  Compagnie  des  nämlichen  Regiments. 
In  Brieg,  wie  bereits  erwähnt,  11  Compagnien  Wallis,  5  Compag- 
nien  Browne,  je  1  Compagnie  dieses  Regiments  in  Briesen,  Rathau, 
Briegschdorf,  Hermsdorf,  Molwitz,  Schüsseldorf,  Laugwitz,  Günters- 
dorf, Bärzdorf,  Kreisewitz,  2  Compagnien  in  Tempelfeld.  Von  Botta- 
Infanterie  standen  6  Compagnien  in  Neisse,  je  1  Compagnie  in 
Wansen,  Pambitz,  Paulau,  Giersdorf,  Conradswaldau,  Schönfeld, 
Alzenau,  Bömischdorf,  Michelau,  2  Compagnien  in  Löwen  an  der 
Oder.  v)  Die  Dislocatiön  war  eine  dichte,  die  Truppen  konnten 
binnen  wenigen  Stunden  vereinigt  sein. 

Die  Futtervorräthe  vom  Lande  wurden  nach  Brieg  und  Neisse 
und  weiter  zurück  nach  Troppau  und  Jägerndorf  geschafft. 

FML.  Graf  Browne  selbst  hatte  am  18.  December  Breslau 
verlassen,  war  am  19.  und  20.  in  der  Festung  Brieg  gewesen  und 
dann  nach  Ohlau  abgegangen,  wo  er  vorläufig  sein  Hauptquartier 
etablierte.  Am  30.  December  kehrte  er  mit  dem  inzwischen  aus 
Mähren  eingetroffenen  GF WM.  Grafen  Piccolomini,  dem  die 
Königin  das  Commando  in  Brieg  übertragen  hatte,  nochmals 
dorthin  zurück  und  begab  sich  dann  wieder  nach  Ohlau. 

Das  rasche  Vorrücken  der  preussischen  Armee  gegen  Breslau 
einer-,  gegen  Schweidnitz  anderseits,  nöthigte  jedoch  den  öster- 
reichischen Truppen-Commandanten,  die  Stellung  zwischen  der  Ohlau, 
Neisse  und  Oder  zu  verlassen,  Nieder-Schlesien,  mit  Ausnahme  von 
Brieg  und  Ohlau,  aufzugeben  und  sich  mit  seinem  kleinen  Corps 
vorläufig  hinter  die  Neisse  zurückzuziehen. 2) 


x)  Dislocations-Uebersicht,  Tafel  IL 

2)  Der  die  Instruction  für  FML.  Grafen  Browne  enthaltende  Erlass 
der  Königin  vom  15.  December  1710  Hess  dem  Commandierenden  voll- 
kommen freie  Hand  über  die  "Wahl  seiner  Stellungen :  „wiederholen  Dir  hier- 
nächst  nochmals,  Unsere  Meinung  nicht  zu  sein,  wegen  des  Ortes,  wo  Du  Dich 
zu  setzen  habest,  was  Verlässliches  Dir  vorzuschreiben,  als  welches  Wir  auch  von 
hier  aus  in  der  Unwissenheit,  wohin  die  Preussen  bei  allenfalls  geschehender 
Einrückung  sich  wenden,  auch  wie  weit  sie  in  dem  Land  vorrücken  werden, 
nicht  thun  könnten,  sondern  dass  Du  nach  Deiner  bekannten  Einsicht  und 
Geschicklichkeit  deren  Preussen  Stärke  und  die  Deinige.  nebst  der  Zeit,  wie 
Unsere  dahin  gewidmeten  Truppen  successive  zu  Dir  stossen  können,  von  der 
einen  Seiten  gegenwärtig  habest,  von  der  anderen  aber  den  District  Landes, 
den  Du  bedecken  zu  können  ermessest,  in  Erwägung  ziehest  und  hiernach 
Deine  Kesolution  fassest,  ob  Du  das  Land  bis  Brieg  und  Ohlau  gegen  den 
wider  Dich  allenfalls  anrückenden  Feind  zu  versichern,  ohne  allzu  grosser 
Gefahr  im  Stand  seiest ;  dann  wärest  Du  stark  genug  dazu  und  es  fehlete  den 
Truppen  an  Fourage  und  an  Brod  nicht,  so  ist  ausser  Anstand  besser,  dass  Du 
allda  oder  wo  Du  es  sonsten  ermessest,  verbleibest,  die  Preussen  einigermassen 


69 

In  dem  Platze  Ohlau  Hess  der  commandierende  General  den 
Obersten  vom  Infanterie-Regimente  Harrach  (Nr.  47j,  Baron  F  o  r- 
mentini,  mit  3  Compagnien  zurück.1)  Nach  Namslau  war  zu  der 
dort  befindlichen  Compagnie  vom  Infanterie-Regimente  Wenzel 
Wallis  (Nr.  11),  die  einen  Stand  von  130  Mann  hatte,  noch  ein 
Harrach'sches  Detachement  von  60  Mann  gestossen  und  diese  Gar- 
nison von  den  in  Brieg  stehenden  Truppen,  durch  ein  von  Mann- 
schaften verschiedener  Regimenter  zusammengesetztes  Cömmando, 
auf  ungefähr  300  Mann,  nebst  15  Dragonern  vom  Regimente  Liechten- 
stein (unter  einem  Wachtmeister)  2)  gebracht  worden.  Major  Kr  am  er, 
vom  Infanterie-Regimente  Botta,  befehligte  in  diesem  Platze. 

Die  Besatzung  von  Brieg  wurde,  ausser  der  Frei-Compagnie 
(300  Mann),  auf  4  Bataillone,  4  Grenadier- Compagnien  gebracht 
und  bestand  aus  11  Compagnien  Wenzel  Wallis,  7  von  Botta 
(Nr.  12),  6  von  Browne  (Nr.  36),  dann  17  Dragonern  vom  Regimente 
Liechtenstein.  Der  Gesammtstand  bezifferte  sich  auf  1900  bis  2000 
Mann. 3) 

Das  in  Namslau  befindliche  Geschütz  (4  Falkaunen,  8  Feld- 
schlangen, 4  Regimentsstücke)    war    am   31.  December  nach  Brieg 


in  Zaum  haltest  und  von  den  Unsrigen  die  Fourage,  die  sonst  die  Anderen 
sich  zu  Nutzen  machen  würden,  consumieret,  das  Land  annebst  in  Unserer 
Devotion  und  der  Inwohner  bei  dem  Seinigen  bewahret  werde.  Dagegen 
wo  Du  Dich  ä  proportion  des  anrückenden  Feindes  nicht  stark  genug 
findest,  oder  von  Mähren  und  Böhmen  abgeschnitten  zu  werden  aus  dessen 
Mouvement  zu  besorgen  hättest,  so  hast  Du  solchenfalls  nicht  weiter,  als  wozu 
Deine  Kräfte  und  der  aus  der  Landes- Situation  sich  allenfalls  zu  Nutzen  zu 
machen  seiende  Vortheil  Dir  zulasset,  Dich  auszubreiten,  sondern  bevor  ein 
Unglück  geschiehet  oder  Du  die  Leut'  einzelweise  zu  verlieren  in  Gefahr  Dich 
setzest,  nach  Neisse  oder  Glatz,  oder  in  einem  vortheilhaften  Posto  zwischen 
beiden  Orten,  wie  und  wo  Du  es  am  rathsamsten  glaubest,  zu  setzen,  nachdem 
die  Versicherung  dieser  Communication  das  Hauptobjectum  und  hierauf  vor 
allem  andern  zu  sorgen  nöthig  ist ;  kann  aber  dieses  Hauptobjectum  mit  der 
von  Dir  vorhabenden  Soutenierung  von  Ohlau  und  Brieg  combiniert  werden 
so  ist  es  Unserm  Dienst  so  verträglicher  und  wird  Uns  umso  angenehmer 
und  lieber  zu  vernehmen  sein."  Den  vollständigen  Wortlaut  des  Erlasses 
siehe  Duncker,  „Die  Invasion  Schlesiens"  in  Mittheilungen  d.  K.  A.  1885,  37. 

*)  Je  1  Compagnie  Harrach  (Nr.  47),  Botta  (Nr.  12),  Browne  (Nr.  36). 

*)  Ein  Wachtmeister  und  acht  Mann  dieses  Detachements,  am  31.  December 
1740  auf  Becognoscierung  nach  Oels  entsendet,  wurden  dort  in  den  ersten 
Tagen  des  Januar  von  preussischen  Husaren  aufgehoben. 

3)  Ein  Standes-Ausweis  über  die  unter  FML.  Graf  B  r  o  w  n  e's  Cöm- 
mando stehenden  Truppen  (undatiert,  vermuthlich  von  Mitte  Februar)  beziffert 
die  Garnison  Briegs  auf  1926  Mann.  K.  und  k.  Haus-,  Hof-  und  Staats-Archiv. 
Manuscripte,  1091. 


70 


abgeliefert ;     die    General-Steueramtscasse    von    Breslau     in 
Festung  geborgen  worden.  !) 


diese 


Die    Vertheilung    der,    mit   Ausnahme    von    Glatz,    überhaupt 
in  Schlesien    vorhandenen    österreichischen  Truppen    war    die   fol- 


gende : 


3 

tu 

0 

3 

•  -* 

n 

Ohlau 

Namslau 

'3 

Jablunkan 

Beim  Cps. 
des   FML. 
Browne 

Cornpagnien 

"Wenzel  Wallis-Inf.-Reg.    . 

Harrach-Inf.-Reg.     .    .    .     > 

Botta-Inf.-Re°- 

Browne-Inf.-Reg 

Liechtenstein-Drag. -Reg.   . 

4Füs. 
5Füs. 
IGren. 

ii 

7           1 
6           1 

1 

7 

1 

10 

2 

10 

Infanterie-Compagnien 
Dragoner-           ,, 

10 

2-1 

3 

1 

7 

1 

22 

8 

Die  erste  Biickzugsbewegung,  welche  FML.  Graf  Browne 
ausführte,  brachte  die  ihm  noch  gebliebenen  Truppen  (4  Bataillone, 
2  Grenadier-  und  8  Dragoner-Compagnien )  in  die  Linie  Wansen- 
Löwen    zwischen  Ohlau    und  Neisse.     In  Michelau    erhielt    er    am 

4.  Januar  die  definitive  Nachricht  von  der  Capitulation  Breslau' s 
und  expedierte  noch  am  selben  Abend  den  Grafen  Hof  mann 
nach  Wien  ,,mit  der  schönen  Zeitung  von  Breslau,  so  ein  grosses 
Contratempo  von  uns."  2) 

Die  Brücke  in  Michelau  liess  der  Truppen -Commandant  ab- 
werfen, die  Brücke  zu  Löwen  aber  durch  einen  Lieutenant  mit 
24  Pferden  besetzen,  der  an  GFWM.  Piccolomini  gewiesen  ward. 

FML.  Graf  B  r  o  w  n  e  selbst    traf  mit  dem  Hauptquartier  am 

5.  Januar  Morgens  in  Neisse  ein,  seine  Arrieregarde  stand  a  cheval 


xj  Meldung  des  Obersten  de  Fin.  H.  K.  R.  Exped.  Prot,,  Fol.  194  und 
195.  Die  Archive  der  schlesischen  Landes-Regierung  waren  ebenfalls  in  Sicher- 
heit gebracht  worden.  Ain  21.  December  174Ü  wux-de  das  Breslauer  Oberamts- 
Archiv,  nebst  den  zu  den  Fürstenthümern  Glogau,  Wohlau  und  Liegnitz  ge- 
hörenden Registraturen,  in  37  Kisten  verpackt,  in  Begleitung  zweier  Officianten 
nach  Mähren  abgesendet.  Von  Brieg  ward  das  Archiv  der  Regierung,  17  Kisten 
gegen  Ende  des  Jahres  1740  ebendabin  expediert. 

2)  FML.  Graf  Browne  an  GFWM.  Piccolomini.  Michelau,  4.  Jan. 
1741,  8  Uhr  Abends.  Fürst!.  Schaumburg-Lippe'sches  Archiv  in  Xachod. 


71 

des  Neisse-Flusses  in  der  Linie  Grottkau-Merzdorff-Graase.  Das 
Gros  war  in  Bewegung  auf  Neisse.  Alle  Fourage  und  sonstigen 
Vorrätlie  wurden  auf  Vorspannswagen  mitgeführt,  die  Neisse-Brücke 
bei  Koppitz  abgetragen. 

GFWM.  Piocolomini  erhielt  Befehl,  auf  jede  "Weise  zu 
trachten,  die  Communication  mit  der  Festung  Neisse  offen  zu 
erhalten  und  den  Neisse-Uebergang  bei  Löwen  so  lange  als  möglich 
zu  behaupten,  wozu  noch  ein  Officier  mit  einein  genügend  starken 
Commando  dorthin  zu  senden  sei,  welches  nur  im  Falle  Anrückens 
stärkerer  preussischer  Kräfte  sich  nach  Brieg  zurückziehen,  zuvor 
aber  die  Brücke  zerstören  sollte. 

Ferner  theilte  Graf  Browne  dem  Festungs-Commandanten 
mit,  ,,dass  er  endlich  eine  Resolution  habe,  wie  sich  der  Hostili- 
täten  halber  zu  verhalten,  welches  also  deroselben  sowohl  zur  Nachricht 
dient,  als  dero  unterstehenden  Posto  das  Essentiale  communi- 
cieren  zu  können  und  sofern  die  Preussen  unter  die  Stücke  oder 
das  Feuergewehr  kommeten  ,,in  Gottes  Namen  brav  darauf  clempfen 
zu  lassen".  2) 

Die  Resolution  der  Königin  behufs  der  Abwehr  des  preussi- 
schen  Angriffes  lautete: 

,,Der  General  Browne  hat  vor  Allem  möglichste  Vor- 
sichtigkeit nach  der  ihm  ohnedies  beiwohnenden  Erfahrung  zu 
tragen,  damit  die  von  ihm  ausschickenden  Partheien  nicht  über- 
mannt werden  mögen.  Sonsten  aber  hat  man  keinen  Anstand, 
dass,  wann  hiesige  Partheien  einige  preussische  Mannschaft  antreffen 
sollten,  diese,  wann  sie  nicht  von  Selbsten  weichen,  chargieren 
könnten,  auch  ein-  und  andere  preussische  Mannschaft  aufheben, 
wofern  die  Gelegenheit  dazu  sich  fügete." 

Am  6.  Januar  stand  das  Browne'sche  Corps  bereits  an  der 
Neisse  in  folgenden  Stellungen :  6  Compagnien  Harrach  am  rechten 
Flügel  in  Gross-Neunclorf  und  Weitzenberg  an  der  Strasse  nach 
Hennersdorf,  das  Gros  in  und  um  Neisse  am  rechten  Ufer  des 
Neisse-Flusses,  3  Compagnien  Browne  in  Heidersdorf  an  der  Strasse 
nach  Strehlen,  2  Escadronen  Liechtenstein-Dragoner  in  Sengwitz, 
4-  in  Stephansdorf,  2  in  Perschkenstein ;  am  linken  Neisse-Ufer  in 
Glumpingiau  4  Compagnien  Browne,  in  Woitz  3  Escadronen,  in 
Ottmachau  2  Escadronen  Dragoner;  endlich  an  der  Strasse  Ottmachau- 


l)  FML.  Graf  Browne    an  GFWM.  Graten    Piocolomini.    Neisse, 
.").  Januar  1741,  Abends  8Va  Uhr.  Fürstl.  Lippe'sches  Archiv. 


72 

Weidenau  in  Mösen,  Brünschwitz,  Würben  die  eingerückten  Ab- 
theilungen von  Grimne-Infanterie  (Nr.  26). 

Vorgefunden  hatte  der  Truppen-Commandant  bei  seiner  An- 
kunft   in    Neisse     die    3    Bataillone     Franz     Lothringen     (Nr.    1), 

1  Bataillon  Grünne  und  5  Compagnien  Liechtenstein-Dragoner, 
welche  unter  GFWM.  Piccolomini's  Commando  aus  Mähren  an- 
gerückt waren  und  welchen  dieser  General  zur  Uebernahme  des 
Festungs-Commandos  in  Brieg  bereits  vorausgeeilt  war. 

Die  Truppen  des  Corps  hielten  am  7.  Januar  die  Neisse-Linie 
und  zwar  in  den  folgenden  Stellungen  besetzt : 

2  Bataillone  Botta,  1  Bataillon  Franz  Lotbringen  in  der 
Festung  Neisse. 

Am  linken  Neisse-Ufer:  3  Escadronen  Dragoner  in  Gross- 
Neundorf,  2  Escadronen  in  Heidersdorf,  3  Escadronen  in  Glump- 
inglau,  in  Ottmachau  2  Grenadier-Compagnien  von  Franz  Lothringen 
und  je  1   Grenadier-Compagnie  von  Harrach,  Browne  und  Grünne, 

2  Escadronen  Dragoner  in  Sarlowitz,  3  in  Ellguth. 

Am  rechten  Neisse-Ufer :  Je  1  Bataillon  Lothringen  in  Neunz 
^an  der  Strasse  nach  Neustadt)  und  in  Deutsch-Kamitz,  je  1  Bataillon 
Browne  in  Preyland  (an  der  Strasse  nach  Ziegenhals)  und  in  Morau, 

3  Compagnien  Grünne  in  Bauke,  je  1  Compagnie  von  Harrach  in 
Würben  und  Brünschwitz,  4  Compagnien  Harrach  in  Mösen,  je 
2  Compagnien  dieses  Regiments  in  Stübendorf  und  Schwamelwitz. 
Hauptquartier  oder  nach  dem  damaligen  Ausdrucke  „Generalstabs- 
Quartier"  in  Bielau.  v) 

Die  Garnison  von  Neisse  wurde  in  den  folgenden  Tagen  noch 
durch  1  Bataillon  Browne,  3  Compagnien  von  Grünne  und  16  Dra- 
goner verstärkt,  wodurch  dieselbe  einen  Stand  von  1600  Dienstbaren 
erreichte. 

Zum  Festungs-Commandanten  war  in  der  Person  des  Obersten 
Freiherrn  v.  Roth,  bisherigen  Commanclanten  des  Infanterie- 
Regiments  Browne,  eine  glückliche  Wahl  getroffen  worden. 
Oberst  Freiherr  v.  Roth  war  ein  erfahrener,  energischer  Of- 
ficier  und  seinerzeit  für  das  Commando  in  Breslau  ausersehen 
gewesen. 

Die  Neisse-Brücken  zu  Wartha  und  Patschkau  hatte  Browne 
abtragen  lassen.    Für  Operationen  blieben  nach  der  Besetzung  der 


l)  Tafel  IL 


7  3 

festen  Plätze  dem  Truppen-Commandanten  kaum  3000  Mann  und 
er  verständigte  desshalb  schon  am  7.  Januar  den  General 
P  i  c  c  o  1  o  m  i  n  i,  dass,  falls  er  an  der  Neisse  forciert  würde,  er 
den  Rückzug  antreten  müsse,  da  von  einer  wirksamen  Verteidigung 
unter  solchen  Verhältnissen  keine  Rede  sein  könne. 

Am  8.  Januar  dürften  die  Stellungen  des  Corps  im  grossen 
Ganzen  die  gleichen  geblieben  sein.  Die  Hauptmacht  der  Browne'- 
schen  Truppen  steht  am  rechten  Ufer  der  Neisse,  während  am 
linken  nur  kleine  Abtheilungen  zur  Beobachtung  vorgeschoben  sind 
und  Ottmachau  von  den  bereits  erwähnten  fünf  Grenadier-Com- 
pagnien  besetzt  bleibt. 

Am  3.  Januar  war  G.  d.  J.  Herzog  von  Holstein  mit  den 
vor  Glogau  zurückgelassenen  Musketier-Bataillonen  des  ersten 
preussischen  Corps  auf  dem  linken  Oder-Ufer  vor  Breslau  einge- 
troffen. Von  der  schweren  Artillerie  waren  zwei  zwölfpfiinclige 
Kanonen  und  zwei  fünfzigpfündige  Mörser  mitgeführt  worden. 
Diese  Truppen  erhielten  auf  dem  linken  Oder-Ufer  bei  Breslau 
Quartiere. 

König  Friedrich  II.  hatte  am  4.  Januar  bereits  von  Breslau 
aus  den  GM.  v.  J  e  e  t  z  e  mit  den  Infanterie-Regimentern  Bredow 
und  La  Motte,  nebst  3  Escadronen  Bayreuth-Dragonern  auf  das 
rechte  Oder-Ufer  setzen  lassen.  Bei  dem  Durchmarsch  dieser 
Truppen  durch  die  Stadt  kam  es  zu  Auseinandersetzungen  mit 
den  Behörden,  weil  der  Durchmarsch  nur  compagnieweise  statt- 
finden sollte.  Auf  Befehl  des  Königs  wurden  daher  zwischen  der 
Nicolai-  und  Oder- Vorstadt  zwei  Schiff-Brücken  geschlagen,  um 
weitere  Störungen  zu  vermeiden. 

Der  König  selbst  verliess  am  6.  Januar  mit  den  Infanterie- 
Regimentern  Graevenitz  und  Jeetze,  fünf  Grenadier-Bataillonen. 
dem  Schulenburg'schen  Grenadier-Regiment  zu  Pferde,  zwei  Esca- 
dronen Bayreuth-Dragonern  und  der  Escaclron  Gensdarmes,  zwei 
zwölfpfündigen  Geschützen  und  zwei  fünfzigpfündigen  Mörsern 
die  schlesische  Hauptstadt  und  nahm  die  Marschrichtung  südöstlich. 

In  Breslau  blieb  das  Infanterie-Regiment  Alt-Borcke  zum 
Schutze  der  dort  zu  errichtenden  Magazine  und  des  Spitals  in  der 
Schweidnitzer  Vorstadt  zurück. 

Während  König  Friedrich  II.  in  den  letzten  December- 
tagen  nach  Breslau  geeilt  war,  hatte  FM.  Graf  Schwerin,  mit 
dem  rechten  Flügel  des  ersten  Corps  gegen  Neisse  vorrückend,  am 


74 

3.  Januar  die  Linie  Schweidnitz-Zobten  erreicht.  Ein  Bataillon  und 
eine  Escadron  waren  bereits  bis  Beichenbach  vorgeschoben  worden, 
um  einen  Handstreich  auf  die  Festung  Glatz  zu  versuchen,  womit 
der  König  am  30.  December  schon  den  in  seinem  Gefolge  befind- 
lichen Obersten  v.    Camas    beauftragt  hatte.  Letzterer  rückte  am 

4,  Januar  mit  diesem  kleinen  Detachement  nach  Frankenstein  und 
Hess  von  dort  Recognosciermigs-Abtheilmigen  gegen  die  Festung 
vorrücken.  Der  am  G.  Januar  zu  diesem  Behufe  vorgehende 
Capitain  v.  L  e  p  e  1  gelangte,  nachdem  die  abgebrochene  Brücke 
bei  "Wartha  wieder  hergestellt  war,  auf  der  am  rechten  Neisse-Ufer 
nach  Glatz  führenden  Strasse  bis  zu  einein  starken  Verhau,  welcher 
eine  halbe  Meile  von  der  Stadt  angelegt  war  und  vertheidigt  wurde. 
Oberst  v.  C  a  m  a  s  führte  keine  Artillerie  mit,  er  sah  die  Un- 
möglichkeit ein,  mit  seinen  schwachen  Kräften  gegen  die  Stadt. 
geschweige  gegen  die  Festung  auf  dem  Schlossberge  irgend  etwas 
auszulichten  und  berichtete  in  diesem  Sinne  an  den  Feldmarschall. 
Am  folgenden  Tage  (T.Januar)  unternahm  Camas,  nachdem  noch 
ein  Bataillon  des  Infanterie-Regiments  Syclow  zu  ihm  gestossen 
war,  eine  ßecognoscierung,  die  auch  keine  günstigere  Anschauung 
über  die  Sachlage  bei  ihm  hervorgerufen  zu  haben  scheint.  *) 

Hiemit  hören  die  preussischen  Berichte  auf,  die  österreichischen 
erwähnen  dieser  Glatzer  Unternehmung  kaum.  Sie  scheint  aber 
doch  noch  ein  Nachspiel  gehabt  zu  haben.  Locale  Quellen  geben 
an,2)  Camas  habe  am  8.  Januar  noch  einen  weiteren  Versuch 
gegen  die  Festung  gemacht. 

Nach  am  Nachmittage  des  genannten  Tages  von  Hassitz  aus 
vorgenommener  ßecognoscierung  sei  er  in  der  darauffolgenden 
Nacht,  mit  aus  der  Gegend  zusammengebrachten  Leitern  versehen, 
gegen  Glatz  vorgerückt :  doch  seien  die  Truppen  in  der  Dunkelheit 
im  Wartlia-Passe  in  Verwirrung  geratheil,  hätten  sich  gegenseitig 
beschossen,  wodurch  die  Festungs-Besatzung  alarmiert  und  Oberst 
Camas  genöthigt  worden,  da  die  Ueberraschung  nicht  gelungen, 
von  einem  weiteren  Vorgehen  abzustehen  und  nach  Wartha  zurück- 
zumarschieren . 

Einige  Verwundete  hätten  die  Preussen  bei  diesem  Rückzuge 
mitgeführt. 


J)  Kriege  Friedrich  d.  Gr.,  I,  263. 

2)  Kögler,  Chronik  der  Grafschaft  Glatz,  angeführt  bei  "Wiese.  Die 
militärischen  Ereignisse  in  der  Grafschaft  Glatz  während  des  ersten  schlesischen 
Krieges.  (Zeitschrift  des  Vereines  für  Geschichte  und  Alterthum  Schlesiens, 
XIX.  Bd.) 


7". 

Thatsächlicli  schrieb  übrigens  Friedrich  II.  die  Schuld  des 
Misslingens  der  Unternehmung  dem  Obersten  v.  Camas  zu.  Er 
äusserte  darüber :  ,,Eben  kommt  Oberst  Camas  von  Glatz  zurück, 
wo  er  sein  Unternehmen  verfehlte,  weil  er  keine  guten  Massregeln 
getroffen  hatte."  l) 

C  am  a  s  rückte  mit  seinen  Truppen  am  13.  Januar  in  Ottmachau 
wieder  zum  Schwerin 'sehen  Corps  ein. 

FM.  Graf  S  ch  wer  in,  selbst  seit,  dem  2.  Januar  in  Schweidnitz, 
gewährte  am  4.  seinen  Truppen  Rast. 

Schon  am  1.  Januar  hatte  er  mit  Rücksicht  auf  die  Nähe  des 
Gegners  besondere  Vorsichtsmassregeln  angeordnet  und  diese  in 
den  folgenden  Tagen  wiederholt  den  Truppen  zur  Pflicht  gemacht.'2) 
Am  5.  rückte  er  in  die  Liirie  Reich enbach-Nimptsch  und  am  6.  bis 
nach  Frankenstein,  wo  sein  Corps  enge  Cantonnierungen  bezog. 
Gegen  Münsterberg  und  Ottmachau  giengen  Husaren-D etachements 
zur  Recognoscierung,  auch  um  den  Verkehr  mit  Glatz  zu  unter- 
binden, vor. 

Nachdem  Schwerin  in  Erfahrung  gebracht  hatte,  dass  die 
österreichischen  Truppen  bereits  an  und  hinter  der  Neisse  stünden, 
beschloss  er,  gegen  Ottmachau  vorzugehen,  hier  den  Fluss  zu  über- 
schreiten, die  Truppen  der  Königin  anzugreifen  und  so  die  Unter- 
nehmungen des  Königs  gegen  die  Plätze  an  der  Oder  zu  unter- 
stützen. 

Die  Unternehmung-  auf  Ohlau. 

König  Friedrich  IL  war  am  6.  Januar  von  Breslau  über 
Kattern  nach  Rothsyrben  gerückt,  hatte  die  Nacht  zum  7.  im 
dortigen  Schlosse  zugebracht,  sich  an  diesem  Tage  nach  Marschwitz 


J)  Histoire  de  mon  temps,  ed.  Posner,  220. 

2)  Der  Befehl  vom  1.  Januar  lautete  :  „Die  Regimenter  werden  hiermit 
avertiert,  dass  wir  uns  dem  Feinde  immer  mehr  nähern  und  ihre  Truppen 
nicht  über  vier  Lis  fünf  Meilen  vor  uns  stehen.  Sie  haben  also  wohl  auf  ihrer 
Hut  zu  sein,  die  Barsche  müssen  sich  nicht  mehr  alle  ausziehen,  wohl  in- 
formiert werden,  wo  und  wie  sie  auf  den  geringsten  Alarm  sich  zu  versammeln 
haben.  Ein  Stabsofficier  muss  des  Nachts  die  Wachen  und  Pikets  visitieren^ 
die  Infanterie  kann  auch  zu  unserer  precaution  einige  Ober-  und  Unterofficiere 
auf  Bauernpferden  voraus  patrouillieren  lassen.  Auf  den  geringsten  Alarm 
müssen  die  Wachen  sofort  im  Gewehr  sein  und  ihren  Posten  bis  auf  den 
letzten  Mann  defendieren  :  das  Piket  eilet  der  Wache  gleich  zu  Hilfe  und 
muss  sich  staudhaft  maintenieien,  bis  die  Bataillons  ihnen  zu  Hilfe  kommen." 
Kriege  Friedrich  d.  Gr.,  I,  131,  Anhang  Nr.  20. 


76 

begeben  und  hier  die  Meldung  des  am  6.  Januar  gegen  Ohlau 
in  Begleitung  einer  Escadron  entsendeten  Obersten  Dumoulin 
erhalten.  Auf  diese  hin  wurde  eine  Unternehmung  gegen  Ohlau 
beschlossen.  x) 

Die  Bewegungen  des  Königs  in  diesen  Tagen  erscheinen  als 
ein  langsames  Vorwärtstasten  gegen  Osten  und  Süden,  da  man 
über  die  Stärke  und  die  Stellungen  der  österreichischen  Truppen 
zu  jener  Zeit  im  preussischen  Hauptquartier  nicht  genau  unter- 
richtet gewesen  sein  mag,  es  auch  immerhin  möglich  schien, 
dass  die  ersten  anrückenden  Verstärkungen  das  Corps  des  FML. 
Grafen  Browne  schon  erreicht  hatten  und  dieser  selbst  gegen  die 
nicht  allzu  starke  Heeres-Abtheilung  des  Königs  einen  Offensiv- 
Stoss  versuchen  konnte.  In  dieser  Absicht  dürfte  die  Vorrückung 
ä  cheval  der  Strasse  Breslau-Strehlen  ausgeführt  worden  sein  und 
es  deutet  Manches  darauf  hin,  dass  die  Hauptmacht  dieses  kleinen 
preussischen  Corps  an  der  Hauptstrasse  nach  Strehlen  Stellung 
nahm, 2)  dort  weiter  gegen  Süden  und  Osten  aufklärte  und,  als 
durch  die  Recognoscierung  am  G.  Januar  die  Gegend  bis  Ohlau 
schon  von  den  0 esterreichern  verlassen  gefunden  ward,  erst  dann 
die  Expedition  gegen  diesen  Platz  unternommen  wurde. 

Du m o u  1  i n's  Recognoscierungs  -  Bericht  veranlasste  Fried- 
rich H.  noch  zu  anderen  Verfügungen.  Nachdem  Browne's  Rückzug 
an  die  Neisse  dadurch  constatiert  worden,  war  es  wichtig,  Schwerin, 
welcher  mit  den  Truppen  Browne's  zuerst  in  Contact  treten  konnte, 
zu  verstärken.  Es  gierigen  desshalb  6  Escadronen  der  Schulenburg- 
Grenadiere  zu  Pferde  zu  ihm  ab,  wobei  er  gleichzeitig  in  Kenntniss 
gesetzt  wurde,  dass  nach  der  Einnahme  von  Ohlau  noch  einige 
Infanterie-Bataillone  ihm  zugesendet  werden  würden.  Der  König- 
betonte  in  dem  Schreiben  vom  7.  Januar  an  den  Feldmarschall, 
dass  es  wichtig  sei,  sich  der  Festung  Neisse  schnell  zu  bemächtigen. 
da  man  Neipperg  zuvorkommen  müsse,  der  nach  aus  Wien  ein- 
getroffenen Nachrichten  seine  Truppen  hinter  der  Neisse  aufmar- 
schieren lassen  wolle. 3) 

Sodann  erhielt  Erbprinz  Leopold  von  A  n  h  a  1 1  vor  Glogau 
den  Befehl,  die  gesanimte  Artillerie,  die  sich  dort  befinde,  nach 
Neisse   zu  senden  und  Bavreuth-Dragoner  folgen  zu  lassen,   sobald 


:)  „Lettres  d'un  officier  prussien." 

2)  Eine  Skizze  der  Bewegungen,    in  diese  Zeit    fallend,    verzeichnet  die 
Yorrückung  auf  der  directen  Strasse  Breslau-Strehlen.  Krieg  gegen  Preussen. 

Xr.  2.  Kart.-Abth.  des  K.  A.) 

3)  Kriege  Friedrich  d.  Gr.  I,  25^. 


77 

Platen-Dragoner  eingetroffen  seien.  Drei  Escaclronen  rjreussischer 
Husaren  und  eine  Escadron  Leib-Husaren  sollten  von  dort  zum 
Corps  des  Königs  stossen.  *) 

Die  Befestigung  der  an  dem  gleichnamigen  Flüssehen  gelegenen 
Stadt  Ohlau,  deren  Vorstädte  sich  bis  an  die  Oder  ausdehnten, 
bestanden  in  einem  trockenen  Graben  und  einem  an  mehreren 
Stellen  zerstörten  Wall.  Das  Schloss  scheint  ziemlich  fest  gewesen 
zu  sein.2)  Die  Zahl  der  Einwohner  dürfte  in  jener  Zeit  17 — 1800 
erreicht  haben.3)  Oberst  Baron  Formentini  mit  drei  Com- 
pagnien,  wovon  eine  Compagnie  seines  Regiments  und  je  eine 
Compagnie  von  Botta  und  Browne,  zusammen  350  Mann  stark, 
bildeten  die  Besatzung. 

An  den  Fortincationen  waren  wohl  durch  den  Ingenieur- 
Lieutenant  Schubart  einige  Reparaturen  vorgenommen  worden; 
aber  zu  spät  begonnen,  konnten  dieselben  keinen  wesentlichen 
Einfluss  auf  die  Widerstandsfähigkeit  des  Platzes  mehr  üben. 

Seit  Anfang  des  Jahres  wurden  die  Bürger  und  Bauern  der 
Umgegend  zur  Schanzarbeit  herangezogen ;  am  6.  Januar  hatte  der 
Festungs-Commandant  die  bewaffnete  Bürgerschaft  gemustert  und 
am  7.  Januar  dieselbe  zur  Besetzung  des  Walles  verwendet.  4) 

Am  ebengenannten  Tage  nahmen  8  preussische  Grenadier  - 
Compagnien  in  dem  jenseits  der  Ohlau  liegenden  Dorfe  Baumgarten 
Stellung ;  am  8.  Januar  kam  der  König  selbst  von  Marschwitz  in 
die  Vorstädte  von  Ohlau  und  Hess  unter  Cornmando  des  General- 
Majors  v.  Kleist  weitere  12  Compagnien  dort  postieren. 


J)  Ebendort. 

2)  ,,Son  cbäteau  est  passable  et  ne  peut  se  prendre  qu'avec  du  canon." 
Histoire  de  mon  temps  (Redaction  von  1746)  ed.  Posner,  219. 

Oblau  wurde  im  Jabre  1638  befestigt  und  rnuss  nach  einem  vom  Jahre 
1675  vorliegenden  Plane  (Tafel  III)  um  die  Mitte  des  XVII.  Jahrhunderts 
ein  ziemlich  fester  Ort  gewesen  sein.  Es  besass  nach  diesem  Plane  sogar  am 
rechten  Oder-Ufer  eine  kleine  Sternschanze  als  Brückensperre.  Von  der  Ohlau, 
beziehungsweise  von  der  Kehle  der  Stadt,  liefen  zur  Sicherung  der  Vorstädte 
Circumvallations-Linien  bis  an  die  Oder.  Die  massiven  Baulichkeiten  des 
Schlosses  waren  von  einem  in  Erde  ausgeführten  Hornwerke  umgeben.  Im 
Jahre  17-11,  aus  welcher  Zeit  kein  Plan  von  Ohlau  auffindbar  war,  dürfte  die 
Verteidigungsfähigkeit  des  Platzes  nach  Analogie  der  anderen  schlesischen 
Festungen  eine  sehr  verminderte  gewesen  sein. 

3)  Zimmermann,  Beiträge  zur  Beschreibung  von  Schlesien,  I.  31. 
Brieg  1783. 

4)  Schlesische  Kriegs-Fama,  VII,  27. 


78 

Gleichzeitig  wurde  der  Commandant  aufgefordert,  den  Platz 
zu  räumen. 

Oberst  Baron  F  o  r  m  e  n  t  i  n  i  schickte  die  Ant  wort  zurück, 
<lass  er  den  Posten  zu  behaupten  Willens  sei. 

Der  König  liess  in  Folge  dessen  zwei  12-Pftmder  und  zwei 
50-pfündige  Mörser  in  Stellung  bringen  und  traf  die  Dispositionen 
für  den  am  folgenden  Tage  zu  unternehmenden  Angriff. 

Um  4  Uhr  Nachmittags  sandte  jedoch  der  Festungs-Comman- 
dant,  ganz  im  Widerspruche  mit  seiner  ersten  Erklärung  und  von 
Beweggründen  geleitet,  über  welche  die  vorhandenen  Acten  keinen 
Aufschluss  geben,  zwei  Ofnciere  zu  den  preussischen  Vorposten, 
um  Uebergabs-Verhandlungen  anzuknüpfen.  König  Friedrich  EL. 
schickte  diese  Ofnciere  mit  seinem  General-Adjutanten  Oberst 
Borcke  nach  Ohlau  zurück.  Im  Laufe  der  Nacht  wurde  sodann 
zwischen  Oberst  Baron  Formentini  und  Oberst  v.  Bor c k e  die 
Capitulations-Uebereinkunft  geregelt.  *) 

Welche  Befehle  FML.  Graf  Browne  bezüglich  der  Ver- 
theicligung  Ohlau's  gegeben,  ist  heute  ebenfalls  nicht  mehr  auf- 
zuhellen. Unter  allen  Umständen  hatte  aber  Oberst  Baron  F  o  r- 
mentini  sicher  nicht  die  Weisung,  den  Platz  zu  übergeben,  ohne 
dass  ein  Schuss  von  dessen  Umfassung  gefallen. 

Es  ist  vielmehr  mit  ziemlicher  Sicherheit,  anzunehmen,  dass 
Browne  diese  Stadt  gehalten  wissen  wollte.  Denn  er  hätte  sie 
sonst  wahrlich  nicht  mit  Garnison  versehen  und  in  Vertheidigungs- 
zustand  setzen  lassen.  Uebrigens  äusserte  FML.  Browne  dem 
General  Picc  olomini  gegenüber  am  7.  Januar  den  Wunsch, 
wenn  es  noch  Zeit  sei,  was  er  kaum  glaube,  den  Obersten  Baron 
Formen  tini  aus  der  Festung  zu  ziehen  und  deren  Commando 
dem  Hauptmann  Lagelberg  zu  übergeben.  Eine  Verfügung,  die 
eben  nicht  mehr  durchführbar  war. 

Politische,  wie  militärische  Gründe  sprachen  ausserdem  für 
lue  Erhaltung  Ohlau" s. 

So  lange  die  befestigten  Orte  in  österreichischer  Gewalt 
blieben,  konnte  von  einer  vollkommenen  Besitzergreifung  Nieder- 
Schlesiens  durch  preussische  Truppen  nicht  die  Eede  sein. 

Militärisch  war  Ohlau  wichtig  in  Rücksicht  auf  seine  nahe 
Lage  zur  Oder.  Die  Brücke,  welche  es  mit  dem  rechten  Fluss-Ufer 


!)  Anhang  XI  deren  Wortlaut.  Die  Urkunde  ist   ausser  den  Leiden  Con- 
trahierenden  noch  von  je  vier  Officieren  der  beiderseitigen  Armeen  gezeichnet. 


7!» 

verband,  machte  es  zur  Anlegung  von  Magazinen  und  Aut- 
stapelung von  Vorräthen  besonders  geeignet.  Es  ermöglichte  den 
Uferwechsel  und  konnte  als  Debouche-Punct  eines  aus  Ungarn  am 
rechten  Oder-Ufer  vorrückenden  Corps  nützlich  werden,  niusste 
ausserdem  aber  auch  in  Rücksicht  gezogen  werden  für  den  even- 
tuellen Anmarsch  polnischer  Hilfsvölker,  wenn,  wie  man  damals 
hoffte,  der  Churfurst  von  Sachsen,  König  von  Polen,  sich  zu  Gunsten 
Oesterreichs  erklären  und  activ  am  Kriege  sich  betheiligen  würde. 

Unter  allen  Umständen  war  der  Verlust  Ohlau's  schwerwiegend 
und  die  Wichtigkeit  des  Platzes  wurde  von  den  Preussen  sofort 
durch  Anlage  bedeutender  Magazine  und  Depots  ausgenützt. 

Oberst  Baron  Formentini  muss  aber  selbst  gefühlt  haben, 
dass  diese  Uebergabe,  bei  welcher  zwar  die  Truppe,  nicht  aber  das 
Object  gerettet  worden,  doch  wohl  nicht  zu  rechtfertigen  sei,  denn 
er  suchte  um  Urlaub  nach,  den  ihm  FML.  Browne  auch  ertheilte 
und  resignierte  im  Monate  Februar  ,,gebrechlichkeitshalber';  auf 
seine  Charge.  Oberst  Baron  Hagenbach  vom  Regimente  Wurm- 
brand, luterims-Commandant  in  Kufstein,  erhielt  in  Folge  dessen 
das  Commando  des  Harrach'schen  Infanterie-Regiments.  1 ) 

Am  Vormittage  des  9.  Januar  kam  der  König  in  die  Vorstadt, 
wo  ihn  ein  von  Wien  kommender  Courier  traf2)  und  nahm  gegen 


*)  Die  Sache  wird  erklärlicher,  wenn  man  annimmt,  dass  FML.  B  r  o  w  n  e 
diesen  Stabsofficier,  den  er  ursprünglich  zum  Commandanten  von  Ohlau  be- 
stimmte, nicht  genügend  gekannt  habe.  Darauf  deutet  auch  ein  Erlass  des 
Hof-Kriegsrathes  vom  4.  Januar  an  Brown  e,  worin  demselben  aufgetragen 
wird :  „In  Ohlau  nicht  mehr  Besatzung  als  unumgänglich  nothwendig  zu  be- 
lassen, dann  statt  des  allda  befindlichen  Obersten,  einem  Oberstwachtmeister 
oder  tüchtigem  Subalternen  das  Commando  aufzutragen."  (H.  K.  B.  Begist.- 
Prot.  1741,  Folio  20.)  In  Folge  dieses  Erlasses  erfolgte  dann  der  Auftrag  an 
Piccolomini,  die  Commandanten  zu  wechseln,  was  aber  nicht  mehr 
gelang. 

2)  Wie  verworren  zu  dieser  Zeit  die  Verhältnisse  noch  lagen,  bewe 
unter  anderem  auch  die  fortdauernde  Berichterstattung  an  den  König  von 
Preussen  seitens  seiner  Gesandten  in  Wien,  während  in  Schlesien  schon  der 
Kriegszustand  herrschte.  Der  oben  erwähnte  Courier,  vermuthlich  der 
preussische  Kriegsrath  Kirch  eisen,  für  dessen  Absendung  am  6.  Januar 
der  preussische  Gesandte  Graf  Gotter  einen  Pass  angesucht  hatte,  kam  von 
Wien  und  zwar  musste  er,  um  zum  Könige  zu  gelangen,  die  österreichischen 
Linien  passieren.  Zu  dieser  Zeit  weilten  in  Wien  noch  die  beiden  Gesandten 
des  Königs,  Gotter  und  Borcke.  Als  sie  nun  Mitte  Januar  diese  Haupt- 
stadt verlassen  mussten,  schlugen  sie  nicht  die  Boute  über  Dresden  iiu. 
sondern  reisten  direct  [zum  Könige  nach  Schlesien  über  Olmütz,  wobei 
die  österreichischen  Stellungen  und  Trupp eir-Versammlungsorte  berührten, 


80 

11  Uhr    mit    etwa    2000  Grenadieren    bei    dem  Brieg'schen  Thore 
Aufstellung. 

Der  Commandant  des  Platzes,  Oberst  Baron  Formentini, 
marschierte  mit  seiner  Garnison  von  350  Mann  ans  diesem  Thore 
ab,  der  Truppen-Colonne  folgten  die  Bagagen.  Von  den  Abziehenden 
desertierten  80  bis  100  Mann  theils  sogleich,  theils  während  des 
Marsches  und  traten  in  preussische  Dienste.1) 

König  Friedrich  IL  führte  sodann  die  Truppen  in  die 
Stadt,  ritt  auf  das  Schloss  und  rückte  mit  dem  Infanterie-Kegi- 
ment  Jeetze,  drei  Grenadier-Bataillonen,  zwei  Escadronen  Schulen- 
burg-Grenadieren, 1  Escadron  Gensdarmen  und  vier  schweren  Ge- 
schützen nach  dem  14  Kilometer  entfernten  Klein-Oels,  wo  das 
königliche  Hauptquartier  vom  9.  bis  zum  10.  Januar  blieb. 

Den  GM.  v.  Kleist  detachierte  er  mit  dem  Infanterie- 
Eegimente  Graevenitz,  zwei  Grenadier-Bataillonen  Wylich 2)  und 
Düring,  zwei  Escadronen  Schulenburg-Grenadieren  und  2  Esca- 
dronen Bayreuth-Dragonern  zur  Einschliessung  von  Brieg.  König 
Friedrich  selbst  traf  am  10.  Januar  in  Grottkau  ein. 

Ein  Hauptmann  mit  einer  Grenadier-Compagnie  wurde  als  Be- 
satzungstruppe für  Ohlau  bestimmt. 

Die  Kämpfe  um  Ottmachan.  3) 

FM.  Graf  Schwerin  hatte  am  6.  Januar  die  Gegend  von 
Frankenstein  erreicht,  E-ecognoscierungen  über  die  Stellung  des 
B  r  o  w  n  e'schen  Corps  vornehmen  und  am  7.  die  Truppen  rasten 
lassen.  Am  8.  gelangte  er  bis  in  die  Linie  Liebenau-Lindenau- 
Münsterberg.  Beim  weiteren  Vorrücken  an  die  Neisse,  das  am  9. 
von  Lobedau,  Lindenau  und  Kamnig  in  der  Eichtung  auf  Ottmachau 
erfolgen  sollte,  musste  es  nun  zum  Zusammenstosse  mit  den  öster- 
reichischen Truppen  kommen. 

Die  Positionen,  welche  die  Brown  e'schen  Truppen  am  9.  Januar 
einnahmen,  hatten  sich  seit  7.  nicht  wesentlich  geändert.1) 

Nach  Abgabe  von  1  Bataillon  Browne  und  3  Compagnien 
Grünne  zur  Verstärkung  der  Besatzung  der  Festung  Neisse,  ver- 
fügte   der    commandierende  General    noch  über    die    5  Grenadier- 


')  König  Friedrich  IL  soll  den  abziehenden  Mannschaften  Geld  geboten 
haben  für  den  Uebertritt.  Beweise  für  diese  Erzählung  finden  sich  nicht  vor. 

2)  Eine  Compagnie  des  Bataillons    war,    wie  erwähnt,  in  Ohlau  zurück- 
geblieben. 

3)  Siehe  Tafel  III. 

4)  Siehe  S.  72  und  Tafel  II. 


81 

Compagnien  der  Regimenter  Franz  Lothringen,  Harrach,  Browne 
und  Grünne,  welche  zu  Ottmachau  standen,  dann  über  2  Bataillone 
Franz  Lothringen,  2  von  Harrach,  1  von  Browne  und  das  Liechten- 
steinische Dragoner-Regiment ;  ausser  den  Grenadier-Compagnien 
zusammen  etwa  2500  Mann  zählend.  x) 

Fünf  Escadronen  Liechtenstein-Dragoner  standen  auf  der 
Strasse  von  Ottmachau  nach  Frankenstein  in  Ellguth  und  Sarlowitz, 
die  erwähnten  fünf  Grenadier-Compagnien  in  oder  bei  Ottmachau. 
Mit  der  Position  von  Ottmachau  wurde  der  Zweck  verfolgt,  die 
Neisse-Brücke  zu  vertheidigen ;  zur  Hand  standen  am  rechten  Ufer 
dieses  Flusses  in  Stübendorf,  Mösen,  Brünschwitz  und  Würben 
2  Bataillone  von  Harrach;  ob  die  übrigen  Truppen,  über  die  Brown  e 
noch  verfügte,  am  9.  Januar  aus  ihren  Stellungen  vom  7.  Januar 
näher  an  die  Strasse  Ottmachau-Weidenau,  um  ä  portee  zu  sein, 
gezogen  worden  waren,  ist  nicht  vollständig  constatiert,  aus  einer 
Aufzeichnung  lässt  es  sich  jedoch  annehmen. 2) 

Am  9.  Januar  gegen  acht  Uhr  Morgens  setzten  sich  die  Truppen 
des  FM.  Grafen  Schwerin  in  Marsch.  Sie  bestanden  unter  den 
Generalen  Bredow  und  La  Motte  aus  den  Infanterie-Regi- 
mentern Kleist,    zwei    Bataillonen  Markgraf  Heinrich,    den    ersten 


>)  Vom  1.  November  1740  (zu  welchem  Termin  das  „Militärjahr"  begann), 
war  der  Stand  der  Infanterie-Eegimenter  von  2300  Mann  auf  2000  Mann 
herabgesetzt  worden  und  zwar  durch  Verminderug  des  Standes  der  Füsilier- 
Compagnien  von  140  auf  120  Mann.  Die  Grenadier-Compagnien  hatten  den 
Stand  von  100  Mann  beibehalten  (K.  A.;  Hofkriegsräthliche  Acten,  1711;  II,  3.) 
Aber  auch  diesen  Stand  erreichten  die  Eegimenter  im  Laufe  des  Winters  und 
auch  im  Frühjahre  trotz  der  fortgesetzten  Werbungen  nicht.  Die  Standesziffern, 
welche  die  im  Felde  stehenden  Infanterie-Regimenter  später  aufwiesen,  variierten 
zwischen  1300  bis  1900  Mann.  Die  Bataillone  des  schlesischen  Corps,  die 
damals  an  der  Neisse  standen,  müssen  aber  bedeutend  unter  dem  SoUstande 
gewesen  sein  und  können  mit  dem  Dragoner-Regimente,  von  dem  ja  auch 
schon  detachiert  war,  nicht  mehr  als  höchstens  2500  Mann  betragen  haben.  - 
Am  20.  Januarhabe  Browne,  nach  einem  Briefe  Lentulus'  an  Secken- 
dorff,  in  Jägerndorf  2000  Mann  Infanterie  und  das  Liechtenstein'sche  Dragoner- 
Regiment  gehabt,  damals  waren  aber  schon  weitere  Abtheüungen  von  Grünne 
beim  Corps  eingetroffen.  Ein  anderer  zeitgenössischer  Bericht  vom  25.  Januar 
sagt  ebenfaUs:  „Browne  sei  höchstens  2000  Mann  stark."  (H.  H.  u.  St.  A. . 
Geschriebene  Zeitungen,  Fase.  17.) 

2)  Fähnrich  Lutsch  vernimmt  im  Bro\vne:schen  Hauptquartier  in 
Neustadt,  dass  die  Bataillone  und  das  Cavallerie-Regiment  zwischen  der 
Festung  Neisse  und  dem  Schlosse  von  Ottmachau  vertheilt  gelegen  und  hat 
dies  in  seinem  Tagebuche  aufgezeichnet.  (Entfernung  beider  Orte  11  Kilo- 
meter; K  A.,  Böhmen  1711;  XIII,  2.) 

Oesterreichischer  Erbfolgekrieg.  II.  Bd.  6 


82 

Bataillonen  der  Regimenter  Sydow  und  Schwerin  und  dem  Regiment 
zu  Pferde  Prinz  Friedrich. 

Die  Avantgarde  war  gebildet  aus  einer  Abtheilung  Husaren, 
50  Pferden  vom  Reginiente  Prinz  Friedrich  und  einem  aus  Mann- 
schaften sämmtlicher  Bataillone  zusammengesetzten  Detachement 
von  200  Mann. 

Die  Husaren  giengen  gegen  Ellguth  vor ;  mit  den  übrigen 
Truppen  der  Avantgarde  trat  Schwerin  den  Marsch  in  gleicher 
Direction  über  Matzwitz  an,  während  die  Infanterie  des  Gros  von 
ihren  Rendezvous-Plätzen  aus  folgte. 

Die  in  Ellguth  und  Sarlowitz  gestandenen  fünf  Escadronen 
Liechtenstein-Dragoner  hatten  sich  bei  Annäherung  der  preussischen 
Avantgarde  zurückgezogen.  Hinter  letzterem  Orte  wurden  sie  von 
dem  Husaren-D etachement  angegriffen,  in  der  Absicht,  sie  bis  zum 
Herankommen  des  Gros  der  preussischen  Cavallerie  festzuhalten. 
Bei  dieser  Melee  blieben  der  preussische  Husaren-Lieutenant 
Milowitz  und  ein  Husar,  ein  Unterofncier  wurde  verwundet. 
Die  Dragoner  verloren  in  diesem  Rencontre  zwei  Mann  und  zogen 
sich  langsam  und  in  steter  Gefechtsbereitschaft  auf  das  rechte  Ufer 
des  Neisse-Flusses  zurück,  wo  sie  von  Abtheilungen  des  Regiments 
aufgenommen  wurden,  welch'  letztere  sodann  auch  durch  preussische 
Infanterie  Feuer  erhielten. 

Zur  Deckung  dieses  Rückzuges  griffen  nun,  da  inzwischen  die 
preussische  Infanterie  auf  dem  Gefechtsfelde  angelangt  war,  die  in 
Ottmachau  stehenden  fünf  Grenaclier-Compagnien  in  das  Gefecht 
ein.  Hauptmann  Friedrich  Carl  Baron  Müffling  von  Grünne 
commandierte  dieselben. 

Welche  Instruction  derselbe  bezüglich  dsr  Stellung  bei  Ott- 
machau von  FML.  Grafen  Brö  w  n  e  erhalten  hatte,  ist  nicht  bekannt; 
zu  vermuthen  steht,  dass  er  den  Neisse-Ueb  ergang  vertheidigen, 
die  Cavallerie  aufnehmen  und  sich  dann  selbst  zurückziehen  sollte. 
Das  Gefecht  dürfte  von  Sarlowitz  aus  sich  rechts  von  der  Strasse 
nach  Ottmachau  über  die  Wiesen  direet  gegen  die  Neisse-Brücke 
gezogen  haben.  Dadurch  scheint  die  österreichische  Infanterie 
tourniert,  in  der  Stadt  festgehalten  und  von  der  Neisse-Brücke 
abgedrängt  worden  zu  sein.  *■) 


*)  ,,Le  regirnent  de  Kleist  füt  commande  pour  faire  Je  tour  de  la  ville 
et  se  saisir  an  plus  vite  du  grand  pont."    Lettre*  d'un  officier  prussien. 

„Hierauf  wurden  fünf  Grenadier-Compagnien  in  das  Schloss  geworfen  und 
der  Rest  der  Cavallerie  und  Infanterie  zurück  gegen  die  Festung  Neisse  ge- 
zogen." Lutsch'  Tagebuch.  K.  A.  Böhmen  1741,  XIII.  2. 


83 

Auch  die  an  der  Brücke  jenseits  der  Neisse  stehende  öster- 
reichische Infanterie  betheiligte  sich  am  Feuergefechte,  wobei  drei 
Mann  blessiert  wurden.  l) 

Das  Regiment  Kleist,  das  bei  seinem  Vorrücken  gegen  die 
Neisse-Brücke  Gewehrfeuer  aus  dem  Schloss  erhalten,  hatte  bereits 
einige  Verluste  erlitten.  Es  wendete  sich  nun  gegen  die  Stadt, 
gegen  die  von  Norden  her  auch  das  Regiment  Markgraf  Heinrich 
rückte.  Nach  einigen  Kanonenschüssen  gelang  es,  die  Thore  zu 
sprengen  und  Abtheilungen  des  Regiments  Kleist  drangen  zuerst, 
nach  heftiger  Gegenwehr  seitens  der  Oesterreicher  in  das  Städtchen 
Ottmachau,  während  sich  die  Vertheidiger  in  das  Schloss  zurück- 
zogen. 2) 

Die  nun  nach  und  nach  anlangenden  drei  preussischen 
Bataillone  (Regiment  Kleist  und  zwei  Bataillone  Markgraf  Heinrich) 
nisteten  sich  in  jene  Häuser  und  Strassen  ein,  welche  am  wenigsten 
dem  Feuer  seitens  der  Vertheidiger  des  Schlosses  ausgesetzt  waren. 

FM.  Graf  Schwerin  liess  acht  Feldgeschütze  gegen  das 
Thor  des  Schlosses  richten,  um  dasselbe  einzuschiessen,  was  mit 
den  dreipfündigen  Geschützen  jedoch  nicht  gelang. 

Mehrere  Verwundungen  kamen  preussischerseits  hiebet  vor. 
Ingenieur-Major  de  Rege  ward  tödtlich  getroffen.3) 

FM.  Schwerin  befahl  nun  einem  Lieutenant  des  zweiten 
Bataillons  Markgraf  Heinrich,  mit  den  Zimmerleuten  gegen  das 
Schlossthor  vorzugehen  und  dasselbe  zu  sprengen.  Auch  dieser 
Versuch,  bei  welchem  fast  alle  Zimmerleute  verwundet  wurden,  miss- 
lang und  der  Officier  musste  auf  S  c  h  w  e  r  i  n's  Befehl  zurückgehen. 

Auf  beiden  Seiten  wurde  das  Feuer  nun  eingestellt  und  am 
Nachmittage      sendete     Schwerin      seinen     Adjutanten,      Major 


:)  Nacli  Lutsch'  Tagebuch. 

-)  Dieses  Schloss  war  übrigens  nur  ein  mit  Graben  umgebenes  Gebäude 
festerer  Bauart.  Zeitgenössische  Berichte  schildern  es  wie  folgt:  „Qual  pero 
non  e  che  ima  semplice  casa  die  campagna  circondata  di  fosso  de  cardinale 
Zinz  endorff."  Nach  Capello's  Bericht  vom  21.  Januar  1741.  —  „Die 
Garnison  von  diesem  Ort,  so  eigentlich  nur  ein  Lustschloss  des  Bischofs  von 
Breslau  sein  soll,  ist  zu  Kriegsgefangenen  gemacht  worden."  Geuder, 
Berichte  an  den  Prinzen  von  Oranien,  herausgegeben  von  Christian  Heye  r,  27. 
—  Die  Sclüesische  Kriegs-Fama,  Beilage  Nr.  4,  21  und  22,  sagt,  dass  das 
Schloss    „mit    einer    dicken    Mauer  und  sogenanntem  Zwinger    umgeben  ist", 

3)  Lettres.  —  Zehn  Mann,  nach  dem  „Tagebuche  eines  Officiers  der 
Armee  Friedrich  d.  Gr."  in  „Materialien  zur  Geschichte  des  ersten  sclilesisclu'n 
Krieges".  Zeitschrift  für  Kunst,  Wissenschaft  und  Geschichte  des  Krieges. 
XIX.     Major  de  Rege  erlag  am  10.  Januar  seinen  Wunden. 

6* 


84 


v.  B  u  g  g  e  n  li  a  g  e  n,  mit  seinem  Tambour  an  das  Schlossthor,  um 
die  Garnison  zur  Uebergabe  aufzufordern. 

Dieser  Stabsofficier  wartete  dort  lange  vergeblich  auf  Antwort 
und  kehrte  endlich  unverrichteter  Dinge  zurück,  worauf  der  Feld- 
marschall denselben  noch  ein  zweites  Mal  zum  Schlosse  schickte. 
Bei  dieser  Gelegenheit  soll  auf  Major  v.  Buggenhagen  Feuer 
gegeben,  dessen  Pferd  verwundet  und  dem  Tambour  die  Trommel 
durchgeschossen  worden  sein.  r) 

Diese  allerdings  dem  Kriegsgebrauche  nicht  entsprechende 
Handlungsweise  wurde  von  den  Officieren  der  Garnison  bedauert 
und  als  der  Fehler  eines  neuen  und  unwissenden  Unterofnciers 
entschuldigt. 2) 

Während  der  Nacht  liess  FM.  Schwerin  den  grössten  Theil 
der  Truppen  in  der  Stadt  in  Gefechtsbereitschaft,  während  die 
übrigen  in  den  nächsten  Dörfern  cantonnierten. 

Am  10.  Januar  wurde  die  Beschiessung  des  Schlosses  aus 
Feldgeschützen  fortgesetzt.  Die  Besatzung  ohne  Artillerie  unter- 
hielt lebhaftes  Gewehrfeuer  auf  die  Angreifer. 

Da  indessen  das  Artilleriefeuer  doch  bereits  zahlreiche  Be- 
schädigungen an  den  Mauern  des  Schlosses  verursacht  hatte,  sendete 
Hauptmann  Baron  Müffling  zwei  Offi eiere  mit  Capitulations- 
Anträgen  zum  Feldmarschall.  Der  Commandant  gedachte  gegen 
Uebergabe  des  Schlosses  für  die  Garnison  den  freien  Abzug  zu 
erwirken  und  sie  so  der  Armee  der  Königin  zu  erhalten. 

FM.  Graf  Schwerin  behielt  diese  Officiere  zurück  und  sandte 
dagegen  bis  zur  Erledigung  der  Verhandlungen  seinerseits  einen 
Hauptmann  in  das  Schloss,  da  er  in  der  Angelegenheit  keine  selbst- 
ständige Entscheidung  treffen,  sondern  diese  dem  Könige,  dessen 
Hauptquartier  sich  an  jenem  Tage  in  Grottkau  befand,  überlassen 
wollte. 

Auch  der  11.  Januar  vergieng,  ohne  dass  die  Unterhandlungen 
weitere    Fortschritte    gemacht    hätten.     Friedrich    II.    kam    an 


2)  Die  Erzählung  in  der  „Schlesischen  Kriegs-Fama",  VII,  39  (ein  ab- 
gedruckter Brief  vom  10.  Januar  1711  eines  Herrn  v.  Sebottendorf,  welcher 
wahrscheinlich  als  Marsch-Commissär  im  preussischen  Hauptquartier  anwesend 
war),  weicht  von  jener  in  „Kriege  Friedrich  d.  Gr."  und  in  den  „Lettres"  in- 
sofern ab,  als  nach  letzteren  Major  v.  Buggenhagen  nur  einmal  beim 
Schlossthor  gewesen  wäre.  Die  „Schlesische  Kriegs-Fama"  sagt,  dass  beim 
zweiten  Male,  als  der  preussische  Stabsofficier  erschien,  „auf  ihn  zu  drei- 
malen Feuer  gegeben  worden". 

2)  Lettres. 


85 

diesem  Tage  mit  seinen  Truppen  in  die  G-egend  von  Neisse  und 
nahm  Quartier  in  Nowag,  acht  Kilometer  von  Ottmachau.  Er 
schrieb  am  Nachmittage  dieses  Tages  an  S  c  h  w  e  r  i  n,  dass  er  ihm 
die  Kanonen  und  Mörser  sende,  über  deren  Gebrauch  gegen  das 
Schloss  er  genaue  Weisungen  erth eilte  ;  eine  Uebergabe  solle  Hin- 
auf Gnade  und  Ungnade  stattfinden.  Auch  werde  er  Jäger  schicken, 
welche  mit  ihren  gezogenen  Carabinem  die  Fenster  des  Schlosses 
unter  Feuer  nehmen  könnten.  An  die  Soldaten  solle  Fleisch, 
Wein  und  Branntwein  vertheilt  werden,  um  sie  bei  guter  Laune 
zu  erhalten.1) 

In  der  Nacht  langten  die  in  Aussicht  gestellten  Geschütze: 
zwei  Zwölfpfünder  und  zwei  fünfzigp fündige  Mörser  an  und 
Schwerin  traf  noch  in  der  Nacht  alle  Anordnungen,  um  bei 
Tagesanbruch  die  Beschiessung  zu  beginnen. 

Am  frühen  Morgen  des  12.  Januar  kam  jedoch  König 
Friedrich  II.  selbst  nach  Ottmachau  und  liess  dem  Comman- 
danten  des  Schlosses  eröffnen,  class  er  nur  auf  Basis  der  Uebergabe 
als  Kriegsgefangene  verhandeln  werde. 

Nachdem  dies  in  Anbetracht  der  Aussichtslosigkeit  fernerei 
Vertheidigung  in  Folge  des  Mangels  an  Lebensmitteln  und  Munition 
und  da  auch  das  nach  dem  Schlosse  führende  Böhrennetz  der 
Wasserleitung  durch  die  Preussen  abgeschnitten  war,  von  Seite 
der  Garnison  zugestanden  worden,  kam  die  Capitulation  in  der 
AVeise  zu  Stande,  dass  der  Besatzung  der  Ausmarsch  aus  dem 
Schlosse  unter  klingendem  Spiel  und  mit  geschultertem  Gewehr 
bis  zu  dem  Platze,  wo  sie  die  Waffen  abzulegen  hatte,  zugestanden 
wurde.     Die  Oberofficiere  sollten  ihre  Waffen  behalten.  2) 

Die  fünf  Grenadier- Compagnien  zogen  in  Folge  dessen  am 
Nachmittage  des  12.  Januar  mit  klingendem  Spiele  aus  dem  Schlosse 
auf  den  Marktplatz,  wo  drei  preussische  Bataillone  standen,  welche 
bei  ihrer  Ankunft  präsentierten.  Sodann  legte  die  Mannschaft  die 
Waffen  nieder. 

Die  capitulierenden  Compagnien  hatten  den  folgenden  Stand : 
2   Comp,  von  Franz  Lothringen    .      1  Capitain,  3  Lieut.,   100  Mann 

1        „       Harrach 1  „         2     „  92       .. 

1        „       Browne 1  „         2     ..  62       „ 

1         „       Grünne 1  2     „  IG 


Summe     .     .     4  Capitains,  0  Lieut..  330  Mann. 


J)  Kriege  Friedrich  d.  Gr.,  I,  261. 

2)  Wortlaut  der  Capitulation,  Anhang  XII. 


86 

Blessiert  waren  von  Lothringen  ein  Mann,  von  Harrach  ein 
Mann,  von  Grünne  ein  Mann  todt,  einer  blessiert.  Der  preussische 
Verlust  betrug  einen  Ofncier  und  acht  Mann  todt  und  mehrere 
verwundet. 

Die  Gefangenen  wurden  über  Striegau,  Jauer,  Liegnitz  auf 
Berlin  dirigiert.  x) 

Der  preussische  Hauptmann  v.  Grumbkow  reiste  ohne  Es- 
corte  mit  den  kriegsgefangenen  Ofncieren  nach  Cüstrin  ab. 2) 

Dass  die  Königin  Maria  Theresia  mit  der  Haltung  des 
Commandanten  dieser  Compagnien,  dem  Hauptmann  Baron 
Müffling,  zufrieden  war,  geht  aus  dem  noch  im  nämlichen 
Jahre  demselben  ,,in  Anbetracht  früherer  und  auch  laut  der  hierüber 
in  dem  Herzogthume  Schlesien  eingelangten  Zeugnisse  zur  voll- 
ständigen Zufriedenheit  geleisteten  Dienste"  bei  seinem  Regimente 
verliehenen  Oberstwachtmeister-Charakter  hervor,  dem  im  Jahre 
1746  die  Ernennung  zum  wirklichen  Major  folgte.3) 

Bei  dem  gänzlichen  Mangel  an  Berichten  der  bei  der  Affaire 
von  Ottmachau  direct  Betheiligten  ist  es  sehr  schwer,  sich  ein 
richtiges  Bild  über  die  Beweggründe  zu  machen,  welche  die  Be- 
setzung dieses  Punctes  veranlassten. 

Wohl  mit  Grund  ist  anzunehmen,  dass  FML.  Graf  Browne, 
welcher  nach  einer  Nachricht  bis  zur  Annäherung  des  preussischen 
Corps  selbst  in  Ottmachau  sich  aufgehalten  haben  soll, 4)  die 
Grenadier-Compagnien  im  Vereine  mit  den  Dragonern  beauftragt 
habe,  die  hinter  der  Stadt  Ottmachau  liegende  Brücke  über  die 
Neisse  zu  behaupten  und  ein  Vordringen  der  Preussen  über  den 
Fluss  so  lange  als  möglich  zu  verhindern,  umso  mehr,  da  er,  ohne 
Artillerie  und  kaum  2500  Mann  stark,  mit  einem  bedeutenden  zu 
bergenden  Train  belastet  gewesen  sein  dürfte.  Er  hoffte  dabei  wohl. 


J)  K.  A.,  Schlesien  und  Mähren  1741,  I,  ad  -4,  und  H.  H.  u.  St,  A..  Staats- 
kanzlei 14-b.  Bericht  Denieradt's  vom  21.  Januar  1741. 

2)  „Lettres." 

s)  K.  A.,  Schlesien  1741,  X,  47.  —  Das  Ernennungs-Decret  vom  13.  Mai 
1746  enthält  den  Passus:  „bei  allen  Vorfallenheiten  erwiesenen  Vernunft, 
Tapfer-  und  Geschicklichkeit".  Ebendaselbst,  Bestallungen  1746.  Der  Hof- 
Kriegsrath  hatte  mit  Erlass  vom  25.  Januar  zur  Kenntniss  genommen,  dass 
die  Grenadier-Compagnien  sich  „der  einberichteten  Umstände 
halber"  zu  Kriegsgefangenen  ergeben.  K.  A.,  H.  K.  R.  1741.  Prot,  Reg. 
Fol.  164.     Der  Bericht  selbst  fehlt. 

4)  „Sohlesische  Kriegs-Fama",  VII,  37  u,  38. 


87 

dass  nur  die  preussischen  Spitzen  an  jenem  Tage  in  das  Gefecht 
eingreifen  und  er  sich  nicht  so  bedeutenden  Kräften  gegenüber- 
gestellt sehen  würde. 

Immerhin  war  die  Verteidigung  des  Schlosses  von  Ottmachau, 
wenn  die  beiderseitigen  Stärkeverhältnisse  in  Betracht  gezogen 
werden,  für  die  österreichischen  Truppen  und  ihren  Commandanten 
nicht  ohne  Ruhm,  was  der  Gegner  durch  die  Bemerkung  in  der 
Capitulation  selbst  mit  den  Worten  anerkannte : 

„Ihro  Königliche  Maj  estät  wüssten  gar  wohl,  auf  was  Art  man 
ehrliche  brave  Leute  tractieren  müsse."  J) 

Auch  die  politische  Situation  war  noch  zu  wenig  geklärt  und 
in  gewisser  Beziehung  nicht  ohne  Einnuss  auf  die  militärischen 
Massregeln. 

Auf  das  bei  der  Einrückung  in  Schlesien  verbreitete  preussische 
Patent, 2)  von  welchem  der  österreichische  Hof  erst  am  20.  December 
1740  ein  einziges  Exemplar  durch  den  in  Glogau  commanclierenden 
FML.  Grafen  "Wallis  erhalten  hatte,  war  am  30.  December  ein 
Circular  an  die  auswärtigen  Missionen  ergangen,  worin  das  Wiener 
Cabinet  die  entschiedene  Erklärung  gab,  dass  der  preussische  Ein- 
marsch nicht  mit  seinem  Einverständnisse  geschehe,  wie  es  von 
preussischer  Seite  ausgesprengt  und  hie  und  da  geglaubt  werde.  3j 

Unter  dem  Drucke  der  Verhandlungen,  die  aber  trotzdem  in 
Wien  bis  zum  5.  Januar  1741  fortgeführt  wurden,  litten  jedenfalls 
auch  die  Weisungen  an  die  Generale. 

Die  schwierige  Lage,  in  welcher  sich  das  österreichische  ,,In- 
terims-General-Militär-Commando"  in  Schlesien  zu  jener  Zeit  befand, 


J)  Der  Commandant  Hauptmann  Baron  Müffling  scheint  übrigens 
vorn  FML.  Browne  Auftrag  erhalten  zu  haben  (vermuthlich  durch  einen 
arn  11.  Januar  mit  Befehlen  an  ihn  abgesendeten  Postillon),  auf  eine  Capi- 
tulation (wahrscheinlich  gegen  freien  Abzug)  einzugehen.  (K.  A.,  H.  K.  R. 
Prot.  Reg.  15.  Januar  1741.  Fol.  93  und  Lutsch'  Tagebuch.  K.  A.,  Böhmen 
1741 ;  Fase.  XIII,  2.) 

'-')  Siehe  Anhang  1/2. 

*)  „Just  von  darum  also  ist  in  der  doppelten  Absicht,  wie  obvermeldet. 
und  um  zugleich  die  schlesischen  Inwohner  ganz  irr  zu  machen,  nebst  obigen 
Freundschafts-Versicherungen  der  bekannte  G  o  1 1  e  r  anher  gesendet  worden 
und  zugleich  ein  in  höchster  Geheim  zu  Berlin  gedrucktes,  allschon  den  ersten 
hujus  datiertes  Patent  zum  Vorschein  gekommen :  worin  unter  anderem  ver- 
sichert wird,  dass  der  Einmarsch  mit  Unserer  Einwilligung  und  Einverständnis s 
geschehe  und  mit  Uns  in  wirklicher  Handlung  und  Correspondenz  man  ab 
Seiten  Preussen  darüber  begriffen  sei."  (H.  H.  u.  St.  A.,  Circulare  an  die  Gesandten 
ddto.Wien  30.  December  1740.  Fase.  36.  Circularien  an  die  Missionen.) 


88 

darf  bei  Beurtheilung  der  Verhältnisse  nicht  ausser  Acht  gelassen 
werden,  denn  FML.  Graf  Browne  war  der  lebhaften  Offensive 
des  preussischen  Heeres  gegenüber,  in  Anbetracht  seiner  kärglichen 
Mittel,  wahrlich  nicht  auf  Rosen  gebettet. 

Die  Kämpfe  um  Ottmachau  bieten  in  tactischer  Hinsicht 
wenig  Interesse;  einen  geschichtlichen  Merkstein  bilden  sie  jedoch, 
da  hier  zum  ersten  Male  im  Beginne  einer  langen  Reihe  von  Kriegs- 
jahren die  Gegner  die  Klinge  kreuzten  und  politisch,  wie  militärisch 
sind  sie  wichtig,  weil,  nach  dem  Verluste  von  Ottmachau,  durch 
die  mit  Glück  ausgeführten  combinierten  Bewegungen,  Nieder- 
Schlesien  bis  an  den  Neisse-Fluss,  mit  Ausnahme  von  Glogau  und 
Brieg,  sowie  jenseits  der  Oder  Namslau,  nunmehr  von  dem  preussischen 
Heere  oceupiert  war  und  vorläufig  diesseits  der  Neisse  im  freien 
Felde  kein  eigentlicher  Widerstand  mehr  der  Invasions-Armee  ent- 
gegengestellt werden  konnte. 

König  Friedrich  H.  vermochte  daher  zu  der  Blokierung 
und  Belagerung  der  festen,  noch  im  österreichischen  Besitze  befind- 
lichen Plätze  zu  schreiten  und  den  Versuch  zu  machen,  dieselben 
vor  dem  Abmärsche  einer  Entsatz-Armee  in  seine  Gewalt  zu  bringen. 

FML.  Graf  Browne  hingegen  hatte  nach  dem  Gefechte  bei 
Ottmachau  sein  kleines  Corps  bei  der  Festung  Neisse  versammelt 
und  trat  den  Rückzug  nach  Jägerndorf  an.  Am  11.  Januar  befand 
sich  das  österreichische  Hauptquartier  bereits  in  Neustadt. 

Die  Truppen  des  FM.  Schwerin  blieben  in  und  bei  Ott- 
machau, ausser  den  Regimentern  Kleist  und  Markgraf  Heinrich. 
welche  am  13.  Januar  auf  das  rechte  Neisse-Ufer  giengen,  wohin 
auch  das  Regiment  zu  Pferde  Prinz  Friedrich  marschiert  und  nach 
Brünschwitz  vorgeschoben  worden  war.  Die  Truppen,  welche  unter 
König  Friedrich  selbst  herangerückt  waren,  nahmen  auf  dem 
linken  Neisse-Ufer  gegenüber  der  Festung  Stellung,  nachdem  schon 
am  Tage  vorher  einzelne  Abtheilungen  derselben  den  Kaninchen- 
berg, eine  nordwestlich  der  Festung  gelegene  Höhe  besetzt  hatten. 

Angriff  auf  die  Festung  Neisse. 

Der  Commandant  von  Neisse,  Oberst  Baron  Roth,  hatte, 
nachdem  sich  am  «».Januar  preussische  Cavallerie  am  linken  Neisse- 
Ufer  zeigte,  die  Bürgerschaft  auf's  Neue  den  Eid  der  Treue  für  die 
Königin  Maria  Theresia  ablegen  lassen,  am  11.  die  Festung- 
gesperrt  und  am  1-2.  Januar,  als  preussische  Truppen,  wie  erwähnt, 
den    Kaninchenberg    besetzt    hatten,    auch    die     auf    dem    rechten 


89 

Fluss-Ufer  befindlichen  Vorstädte  abbrennen  lassen,  während  die  am 
linken  Ufer  befindliche  Vorstadt  „die  Mührengasse"  noch  erhalten 
blieb.1)  Die  Festungs-Wälle  liess  Roth  mit  "Wasser  übergiessen. 
das  siclr  bei  dem  starken  Froste  alsbald  in  eine  Eisdecke  ver- 
wandelte, die  Gräben  wurden  durch  Aufeisen  offen  gehalten. 

Nachdem  am  13.  Januar  einzelne  preussische  Abtheilungen 
bei  Ottmachau  die  Neisse  überschritten  und  am  rechten  Ufer  gegen 
die  Festung  vorgegangen  waren,  wurde  die  Recognoscierung  am 
14.  fortgesetzt. 

Am  andern  Ufer  von  der  Stellung  des  Kaninchenberges  zur 
Jerusalemer-Kirche  vorgeschobene  preussische  Abtheilungen  mussten 
diese  Position  in  Folge  des  Feuers  aus  der  Festung  aufgeben. 

König  F  r  ie  d  r  i  c  h,  der  sein  Hauptquartier  in  Ottmachau  ge- 
nommen hatte,  liess  am  15.  Januar  noch  das  Infanterie-Regiment 
Schwerin  auf  das  rechte  Neisse-Ufer  übergehen,  um  den  Platz  zu 
cernieren.  Ein  Bataillon  des  Regiments  kam  nach  Bielau,  das 
andere  nach  Wischke.  Am  linken  Ufer  standen  vier  Bataillone  und 
drei  Escadronen. 

Die  Recognoscierungen  hatten  die  Unmöglichkeit  einer  Er- 
stürmung der  Festung  klargelegt.  Nachdem  aber  eine  Belagerung 
in  Folge  des  strengen  Winters  unthunlich  war  und  man  eine  lang- 
Avierige  Cernierung  vermeiden  wollte,  so  blieb  nur  der  Versuch, 
die  Festung  durch  Beschiessung  zur  Uebergabe  zu  bewegen. 2) 

Dem  König  von  Preussen  lag  ja  in  jener  Zeit  vor  Allem 
daran,  Nieder-Schlesien  mit  allen  seinen  festen  Plätzen  in  Besitz  zu 
nehmen,  um  dann  auf  Grund  des  uti  possidetis  verhandeln  zu 
können.  Dieser  Grund  und  die  bisherigen  raschen  und  glücklichen 
Erfolge  erklären  auch  die  etwas  übereilte  und  nicht  genügend  vor- 
bereitete Unternehmung  gegen  die  Festung. 

Ein  Artillerie-Commando  von  3  Officieren,  518  Mann  und  844 
Pferden,  dann  18  schweren  Geschützen  mit  154  Fuhrwerken  unter 
Führung  des  Majors  von  Merkatz  war  am  S.Januar  von  Glogau 
aufgebrochen  und  am  15.  oder  16.  Januar  vor  Neisse  eingetroffen. 
Sieben  dieser  Geschütze  wurden  an  FM.  S  c  h  w  e  r  i  n  und  4  an 
GM.  v.  Jeetze  nach  Namslau  abgegeben. 

Die  Batteriebauten  auf  den  Anhöhen  am  linken  Neisse-Ufer 
konnten  in  dem  hart  gefrorenen  Boden  erst  am  19.  Januar  voll- 
endet   werden.     Die    Beschiessung    begann    in    Folge    dessen    am 

')  Siehe  den  Plan  von  Neisse,  Tafel  III. 
2)  Kriege  Friedrich  d.  Gr.  I,  268. 


90 

Vormittage  dieses  Tages  und  dauerte  bis  zum  Morgen  des  20.  Die 
Festung  antwortete  mit  kräftigem  Feuer.  In  der  Stadt  durch  die 
Bescliiessung  entstandene  Brände  wurden  bald  wieder  gelöscht. 

Nach  einer  vergeblichen  Aufforderung  zur  Uebergabe  setzten 
die  Preussen  am  Nachmittage  des  20.  die  Beschiessung  wieder  fort. 

Während  der  Nacht  und  im  Laufe  des  folgenden  Tages  liess 
König  Friedrich  IL  vier  18pfünclige  Haubitzen  und  vier 
50-pfündige  Mörser  näher  an  die  Festung  placieren,  um  Brandkugeln 
in  die  Stadt  zu  werfen,  wozu  um  Mitternacht  das  Feuer  wieder 
eröffnet  und  durch  neun  Stunden  fortgesetzt  wurde.  Allein  auch 
diese  Beschiessung  führte  zu  keinem  Ziele,  da  der  im  nördlichen 
und  nordwestlichen  Theile  der  Stadt  verursachte  Schaden  nicht  gar 
bedeutend  war.  Der  Verlust  der  Besatzung  betrug  einige  Mann, 
jener  der  Preussen  1  Unterofncier  und  4  Mann  vom  Eegimente 
Derschau  und  1  Husar.  Aus  Neisse  waren  etwa  800  Kanonenschüsse 
gefallen,  die  Preussen  hatten  1772  Geschosse  in  die  Stadt  geworfen.  l) 

Die  Beschiessung  wurde  am  21.  Januar  ganz  aufgehoben  und 
König  Friedric h  beschloss,  die  um  Neisse  versammelten  Truppen 
grösstentheils  in  Winter-Quartiere  zu  verlegen,  die  Festung  aber 
eingeschlossen  zu  halten.  Am  Nachmittage  des  22.  wurden  die 
Geschütze  aus  den  Batterien  entfernt  und  die  Batterie-Bauten 
zerstört ;  am  23.  begann  der  Abmarsch  der  Truppen.  2) 

Rückmarsch  des  FML.  Grafen  Browne  und  die  Yertheidigungs- 

Massnahmen  in  Mähren. 

Während  die  preussischen  Truppen  Nieder-Schlesien  bis  an 
die  Neisse  invadiert  hatten,  wurden  in  Mähren  die  Vertheidigungs- 
Anstalten  mit  Eifer  in  das  Werk  gesetzt,  um  dem  Gegner  den  Eintritt 
in  diese  Provinz  zu  wehren  und  den  Aufmarsch  der  in  der  Formierung 
begriffenen  Operations-xArmee,  sowie  die  Anlage  der  nothwendigen 
Magazine  zu  sichern. 

Für  die  mährische  Grenze  war  ein  ausgedehntes  Cordon-System 
geplant.  Erlässe  der  Königin  ergiengen  am  14.  und  15.  Januar 
an  die  Landes-ßegierung  in  Brunn,  welche  den  Befehl  enthielten, 
die  Grenze  gegen  Friedek  bis  Goldenstein  (15  Meilen  Luftlinie) 
mit  Landbevölkerung   in   der  Stärke    von  2000  Mann    zu  besetzen, 


*)  „Neisse  hat  viel  gelitten,  seine  Haltung  war  über  alles  Lob  eivhaben," 
sehrieb    FML.  Graf    Browne    am  29.  Januar    aus  Weisskirchen    an  .GrFWM 
Grafen  Piccolomini.  (JFürstl.  Schaumburg-Lippe'sches  Archiv). 

2)  Kriege  Friedrich  d.  Gr.  I.  368  u.  ff. 


91 

um  Mähren  gegen  die  feindlichen  Streifungen  zu  schützen 
und  die  im  Lande  in  der  Errichtung  begriffenen  Magazine  zu 
sichern.  Zu  diesem  Zwecke  sollte  in  der  genannten  Strecke 
ein  Cordon  gezogen  und  beherztes  Landvolk  zu  dessen  Be- 
setzung unverzüglich  aufgeboten  werden.  Mit  Waffen  und  Muni- 
tion würde  dasselbe  betheilt  werden.  Sobald  einige  hundert 
Mann  beisammen,  sollten  diese  sofort  abgesendet  und  das  regste 
Einvernehmen  mit  FML.  Graf  Browne  gepflogen  werden.  Die 
Hauptgruppen  seien  in  vier  Orten  aufzustellen,  jedoch  Alles  in 
fortlaufender  Linie  so  zu  besetzen,  dass  ein  Theil  den  andern  bald 
unterstützen  könne.  Gleichzeitig  hatten  Oberstwachtmeister  Schmidt 
und  Hauptmann  Laugen  vom  Ingenieur-Corps  Befehl  erhalten, 
sich  nach  Mähren  zu  begeben  und  die  Einrichtung  dieses  Cordons 
zu  besorgen.  Zu  Commandanten  sollten  womöglich  gediente  Offi- 
ciere,  die  im  Lande  ansässig,  bestimmt  werden. 

Der  Landeshauptmann  GrafKaunitz  conferierte  in  Folge 
dieser  Befehle  am  16.  Januar  mit  den  Mitgliedern  der  Landesregie- 
rung, sowie  dem  Landes-Ausschusse  und  lud  zu  dieser  Conferenz  von 
Militärs  auch  den  commandierenden  General  in  Mähren,  FML.  Grafen 
Zinzendorf,  den  sich  zur  Zeit  in  Brunn  befindlichen  GFWM. 
Johann  Franz  St.  Ignon  und  den  Ober-Landes-Ingenieur  Oberst 
de  Peroni  ein.  Die  Olmützer  und  Prerauer  Kreishauptleute  er- 
hielten am  17.  Januar  bereits  die  erforderlichen  Weisungen  und 
die  Befehle,  in  den  Waldungen  Verhaue  sogleich  anlegen  zu  lassen  ; 
und  wo  dieselben  anzulegen  unthunlich,  Posten  von  Landvolk  auf- 
zustellen. 

Zu  commandierenden  Officieren  wurden  zwei  Edelleute  aus 
dem  Prerauer  Kreise,  der  Freiherr  Christoph  v.  Minkwitzburg 
und  Johann  v.  B  arth  o  dey  sky,  bestimmt  und  nach  Brunn 
berufen. 

Die  obrigkeitlichen  Jäger  und  Heger  sollten  aufgeboten  und 
um  Weisskirchen  und  Leipnik  postiert  werden. x) 

Der  Commandant  der  in  der  Versammlung  begriffenen 
Operations-Armee,  FZM.  Graf  Neipperg,  weilte  in  Wien,  um 
hier  an  Ort  und  Stelle  das  Anrücken  der  Regimenter,  sowie  die 
Bereitstellung  der  mannigfachen  Bedürfnisse  persönlich  zu  betreiben. 
Ueber  die  aus  Schlesien  im  Rückmarsche  befindlichen  Truppen, 
sowie    über    jene,    welche  in  Mähren    successive  einrücken  sollten. 


')  Acten  der  k.  k.  Stattlialterei  in  Brunn. 


92 

behielt  FML.  Graf  Bro  w  n  e    die  Befehlsführung    unter    der    offi- 
ciellen  Bezeichnung  „Interims-General-Militär-Commando''. 

Als  Mittelsperson  zwischen  sich  und  der  letztgenannten  Armee- 
behörde verwendete  der  Ober-Commandant  den  GFAVM.  Baron 
Lentulus,  *)  welcher  seines  besonderen  Vertrauens  sich  erfreute 
und  am  7.  Januar  1741,  nachdem  er  in  Wien  den  fast  täglich  statt- 
findenden Conferenzen  beigewohnt  hatte,  mit  Vollmachten  und  In- 
structionen ausgerüstet,  zum  Corps  des  FML.  GrafenBrowne  abreiste.'- 1 

Am  8.  in  Olmütz  angekommen,  besprach  er  dort  am  fol- 
genden Tage  mit  dem  Kreishauptmann  Baron  S  c  h  u  b  i  r  z  die 
Errichtung  des  Haupt  -  Magazins,  Ankauf  von  Getreide,  Bei- 
stellung des  Brodes,  hauptsächlich  aber  die  Besetzung  der  Haupt- 
Grenzpässe  mit  der  Landbevölkerung  und  die  Bildung  des  Cordons. 
Zu  dieser  Verhandlung  wurden  auch  der  Prerauer  Kreishauptmann 
und  die  Deputierten  des  Olmützer  Magistrats  berufen. 

Mit  königlichem  Rescript  vom  17.  December  1740  war  die 
Errichtung  von  Magazinen  in  Mähren  bereits  anbefohlen  und  den 
Ständen  die  Bewilligung  ertheilt  worden,  zur  Beschaffung  des  Ge- 
treides und  der  Fourage  ein  Darlehen  von  100.000  Gulden  auf- 
zunehmen und  dieses  Capital  dem  Aerar  gegenüber  im  Contributions- 
fond  aufzurechnen;  auch  gestattete  die  Königin,  dass  die  Landes- 
einwohner das  Getreide  und  die  Fourage  um  den  marktgängigen 
Preis  anstatt  ihrer  Abgaben  gegen  Bestätigung  durch  die  Kreis- 
Cassen  abliefern  könnten  und  die  Kreis-Einnehmer  wurden  beauftragt, 
die  eingelieferten  Producte  statt  baaren  Geldes  anzunehmen. 

Diese  Cassen  mussten  auch  das  Geld  zum  Einkauf  für  die 
Bedürfnisse  der  Magazine  liefern. 3) 


1)  Cäsar  Joseph  Baron  Lentulus  war  General-Feldwachtmeister  seit 
dem  28.  April  1738  und  stand  im  December  des  Jahres  1710  in  Oedenburg  in 
Garnison.  Dort  erhielt  er  den  Befehl  des  Hof-Kriegsrathes,  seine  Equipage 
zur  Armee  nach  Schlesien  abzusenden,  selbst  aber  obne  Verzug  nach  Wien 
sich  zu  verfügen,  wo  er  auch  am  21.  December  Abends  bereits  eintraf.  Dass 
Lentulus,  abgesehen  von  der  ihm  anhaftenden  Methodik,  ein  fähiger 
General  war,  darauf  deutet  unter  Anderem  auch  König  F  r  i  e  d  r  i  c  h's 
Bestreben,  ihn  in  seinen  Dienst  zu  ziehen.  Neipperg  schrieb  darüber 
an  den  Grossherzog  am  8.  August  1741 :  „Le  roi  de  Prusse  cherche  ä 
attirer  le  general  Lentulus  dans  son  Service,  je  le  sais  de  lui-meme  et  par 
d'autres  voies."  (K.  A.,  Mähren  und  Schlesien  1741,  VIII,  36.) 

2)  Ausser  einer  offenen  Ordre  mit  der  Königin  eigenhändiger  Unter- 
schrift überbrachte  der  General  noch  einen  Brief  des  böhmischen  Obrist-Hof- 
kanzlers  an  den  Kreishauptmann.     Siehe  Anhang  XIII. 

3)  Acten  der  k.  k.  Statthalterei  in  Brunn. 


93 

Der  Landes-Ausschuss  verbot  bei  Verlust  des  Gekauften,  den 
Getreide-Ankauf  und  -Verkauf  durcli  Händler  und  verständigte  die 
Städte,  dass  sie  sich  auf  ein  Jahr  mit  sämmtlichen  Lebenserforder- 
nissen vzu  versehen  hätten. 

General  Lentulus  hatte  dem  Olmützer  Kreishauptmann 
weiter  mitgetheilt,  dass,  nachdem  der  in  Schlesien  commandierende 
General  beschlossen,  die  successive  ankommende  Cavallerie  in 
Mähren  gegen  die  schlesische  Grenze  zu  verlegen,  in  der  Gegend 
von  "Weisskirchen  ein  Magazin  von  rauher  Fourage,  mit  wenigstens 
40.000  Centnern  Heu,  in  Mährisch-Neustadt  30.000  Centner  Heu,  in 
Olmütz  mit  100.000  Centnern  Heu  und  dem  nothwendigen  Stroh  zu 
etablieren  nothwendig  sei,  da  sonst  die  Cavallerie  auf  dem  Lande 
fouragieren  müsse.  Heu  und  Stroh  sollten  an  den  gewählten  Orten 
in  Schober  gestellt  werden.  ') 

Aus  dem  Magazin  in  Olmütz  sollten  täglich  36.000  Mund-  und 
wenigstens  8000  Pferde-Portionen  beigestellt  werden,  da  in  sechs, 
längstens  acht  "Wochen  die  Operations-Armee  in  der  Olmützer 
Gegend  versammelt  sein  werde. 

Eine  Getreidetaxe  zur  Einlieferung  des  Getreides  wurde  mit 
1  fl.  30  ki\  auf  den  Metzen  Korn  und  45  kr.  auf  den  Metzen  Hafer 
festgesetzt. 

Die  Civil-Bäcker  erklärten  dann  nach  einer  Probebackung, 
täglich  25.000  Portionen  gewöhnliches  Commissbrod  und  halb  so  viel 
Zwieback  backen  zu  können.  Zum  Zwiebackbacken  sollten  indessen 
auch  eine  Anzahl  königlicher  Proviant-Bäcker  verwendet  werden.2) 

Der  mährische  Landesausschuss  bestimmte  zur  Leitung  der  Be- 
schaffung der  Vorräthe  für  das  zu  Olmütz  zu  errichtende  Haupt-Maga- 
zin, dann  für  die  Filial-Magazine  drei  Ober-Proviant-Land-Commissäre 
und  zwar  für  den  Brünner  und  Hradischer  Kreis  Carl  Augustus 
v.  G  r  i  e  n  t  h  a  1,  für  den  Znaymer  und  Iglauer  Kreis  Johann 
Rzikowsky  v.  Dobrzitz  und  für  beide  Olmützer  Kreise  Max 
Lockner    v.    Locken  au. 

Von  Seite  der  Hofkammer  wurden  für  das  Haupt-Magazin  und 
dessen  Filialen,  bis  der  vollständige  Proviant-Stab  von  Seite  der 
Königin  ernannt  werden  würde,  der  Proviant  -  Commissär 
Haberle,  der  Proviant-Verwalter  M  e  i  n  d  1  und  die  vier  Ofticiere 


x)  Die  Orte  Mährens,  in  denen  endgütig  Magazine  aufgestellt  wurden, 
sowie  die  Getreidepreise  zu  jener  Zeit  gibt  Anhang  XIV  an. 

2)  Olmützer  Kreishauptmann  ddo.  Olmütz  11.  Januar  1741  an  den  Landes- 
hauptmann. Acten  der  k.  k.  Statthalterei  in  Brunn. 


94 

W  i  1 1  e  z,  H  ü  1  b  e  r  t.  Fürst  und  L  e  p  p  delegiert ;  zur  Anwerbung 
der  Bäcker  aber  der  Proviant- Amts-Ofneier  Berg  und  bei  dem  Fuhr- 
wesen der  Fuhrwesens-Ofncier  Rudi  Assistenz  zu  leisten  bestimmt.1» 

Durch  eigens  bestellte  Deputierte  (meistens  frühere  Ofnciere) 
wurde  für  die  Magazine  auch  der  Getreide-Ankauf  in  den  Mähren 
zunächst  gelegenen  ungarischen  Comitaten  Neutra,  Pressburg  und 
Trencsin  in  das  Werk  gesetzt.2) 

Die  Ablieferungs-Termine  für  die  vom  Lande  beizustellenden 
Fourage-Lieferungen  wurden  auf  den  15.  und  letzten  Februar,  Ende 
März  und  Ende  April  festgesetzt. 3) 

Am  10.  Januar  reiste  General  Lentulus  über  Sternberg 
wieder  ab  und  langte  Abends  in  Braunseifen  an,  gieng  am  11.  nach 
Engelsberg,  wo  er  durch  seinen  vorausgesandten  Adjutanten, 
Fähnrich.  Stephan  Lutsc h,  die  Meldung  erhielt,  dass  FML.  Graf 
Browne,  den  derselbe  auf  seinem  Rückmärsche  von  Neisse  in 
Neustadt  angetroffen,  mit  dem  Corps  am  13.  in  Jägerndorf  ein- 
rücken werde. 

GFWM.  Baron  Lentul u s  begab  sich  daher  über  Freudenthal 
dorthin,  wo  am  13.  Vormittags  FML.  Graf  Browne  und  der 
inzwischen  zur  Dienstleistung  eingerückte  GFAVM.  H  o  1 1  y  mit  den 
Truppen  ankamen.  Das  Gros  derselben  blieb  concentriert  in  Jägern- 
dorf, die  Escadronen  von  Liechtenstein-Dragonern  standen  je  1  in 
Peterwitz,  Löwitz,  Weisskirch,  Grottendorf,  Bransdorf,  Taubnitz,  je 
•2  in  Lobenstein,  Branitz  und  Bleischwitz.  Eine  Escadron  wird  als 
Train-Escorte  vermuthlich  schon  nach  Mähren  vorausgesendet 
worden  sein.  4) 

Am  14.  Januar  conferierten  die  Generale  mit  den  politischen 
Beamten  über  die  Bergung  der  Magazine  von  Troppau,  Jägerndorf 
und  Ratibor5),  sowie  wegen  der  Anlage  von  Verhauen. 


1)  Erlass  der  Königin  an  den  Landeshauptmann  vom  10.  Januar. 
Acten  der  k.  k.  Statthalterei  in  Brunn. 

2)  Die  Verfrachtung  des  Getreides  für  das  Olmützer  Magazin  wurde  den 
Brünner  Lohnkutschern  übertragen,  hiefür  sollten  sie  10  fl.  30  kr.  per  Fuhre 
zu  vier  Pferden  mit  30  Centner  Ladung  erhalten  und  sechs  Tage  zur  Hin-  und 
Rückfahrt  verwenden.  Dieselben  weigerten  sich  jedoch,  um  diesen  Preis  zu 
fahren  und  erhielten  in  Folge  ihrer  Vorstellungen  die  Bewilligung  nur  bis 
Wisch.au  das  Getreide  zu  führen. 

3)  Acten  der  k.  k.  Statthalterei  in  Brunn. 

4j  Siehe  Tafel  II  (Dislocation  am  13.  Januar  17-41). 

fj  Königin  Maria  Theresia  hatte  dem  Amte  der  Fürstenthümer 
'  Ippeln  und  Ratibor,  dann  den  fürstlichen  Regierungen  und  Aemtern  zu  Neisse, 


95 

Da  zuverlässige  Nachrichten  einliefen,  class  die  Vorhut  des 
S  ch  we  rin'schen  Corps  bereits  in  Ziegenhals  eingetroffen  sei,  begab 
sich  FML.  Graf  Browne  in  Begleitung  des  GFWM.  Baron  Len- 
tulus,  'des  Landeshauptmannes  Baron  Trach  und  des  Ingenieur- 
Lieutenants  Schub  art  am  16.  Januar  nach  Freudenthal ,  um  die  in 
der  dortigen  Gegend  in  Angriff  genommenen  Schanzarbeiten  in  Augen- 
schein zu  nehmen  und  persönlich  Anordnungen  für  die  Verteidigung 
zu  treffen.  Ein  Detachement  vom  Regimente  Franz  Lothringen 
unter  Hauptmann  v.  M  eh  ring  hielt  vorläufig  Freudenthal  besetzt.1) 

Der  Vorrath  in  Jägerndorf  und  was  dahin  bestimmt  war,  bis 
auf  eine  14tägige  Verpflegung  für  die  Truppen,  kam  nach  den 
oben  erwähnten  Besprechungen  der  Generale  nach  Freudenthal ; 
jener  von  E-atibor  und  Troppau  nach  Grätz,  "Wagstadt  und  Bautsch. 

GFWM.  Baron  Lentulus  hatte  sich  bei  dem  Interims- 
Commandierenden  seiner  in  "Wien  erhaltenen  Aufträge  entledigt 
und  ihm  die  Gesichtspuncte  entwickelt,  welche  in  den  Conferenzen 
zu  Wien  festgestellt  worden  waren  und  welche  FZM.  Graf  Neipperg 
bezüglich  der  Fortführung  der  Operationen  bis  zu  seiner  Ankunft 
bei  der  Armee  eingehalten  wissen  wollte.  Leider  sind  diese  Fest- 
setzungen nicht  in  ihrem  ganzen  Umfange  erhalten  geblieben. 


Troppau  und  Jägerndorf  anbefohlen,  ,,den  über  die  unumgängliche  Nothdurtf 
des  Landwirthes  vorhandenen  Vorrath  an  Getreide,  Heu  und  Stroh  durch 
eigene  Commissäre  zusammenbringen  und  in  das  Neisse'sche  Gebirge,  nach 
Zuckmantel  und  Freudenthal  oder  wohin  der  Commandant  Graf  Browne  es 
für  nöthig  erachte,  überführen  zu  lassen".  Auch  von  den  „untermischten" 
mährischen  Dominus  hatte  dies  zu  geschehen.  Die  Landeseinwohner  sollten  für 
das  abgeführte  Getreide  Quittungen  erhalten.  (Erlass  vom  10.  Januar  1741. 
Acten  der  k.  k.  Statthalterei  in  Brunn). 

Am  12.  Januar  folgte  ein  erneuerter  Befehl,  diese  Bergung  rasch  in  das 
Werk  zu  setzen  ;  die  Orte  wohin?  könne  man  in  AVien  nicht  angeben,  sie  seien 
wohl  zu  überlegen  und,  falls  in  Schlesien  keine  genügende  Sicherheit  mehr: 
Alles  in  das  mährische  Gebirge  zu  salvieren  und  sich  mit  der  mährischen 
Landes-Regierung  und  dem  commandierenden  General  einzuvernehmen.  (Erlass 
vom  12.  Januar.  Ebenda.) 

J)  „Freudenthal  ist  gegen  Zuckmantel  mit  starken  Verhauen,  von  Seiten 
Jägerndorfs  aber  bei  Spillendorf  mit  einer  Schanzlinie  und  ebenmässigen  Ver- 
hauungen  verwahrt  und  gesperrt;  die  Verhaue  werden  von  dort  bis  an  die 
ungarische  Grenze  continuiert.  in  Ermanglung  der  Wälder  aber  die  Zugänge 
durch  Schanzlinien  und  Tschardaken  gesichert,  diese  auch  bis  zur  Anrückung 
unserer  Regimenter  mit  Schützen,  Hannaken  und  Walachen  besetzt."  (Len- 
tulus an  Feldmarschall  Grafen  Seckendorff  ddto.  Olmütz,  20.  Januar  1741  • 
K.  A.,  Mähren  und  Schlesien  1741  ;  XIII,  12  a.) 


96 

Die  Femhaltung  der  preussischen  Armee  von  den  mährischen 
Grenzen  und  die  möglichst  intacte  Zurückführung  der  vor  dem 
Feinde  befindlichen  österreichischen  Truppen  in  diese  Provinz. 
dabei  die  äusserste  Conservierung,  waren  jedoch  Puncte  dieses  Pro- 
grammes,  welche  der  FZM.  Graf  Neipperg  vorläufig  vor  Allem 
durchgeführt  wissen  wollte.  Die  Sorge  um  dieselben  zieht  sich 
durch  dessen  umfangreiche  dienstliche  Corresponclenz  mit  GF"WM. 
B aron  Lentulus. 

Am  1 7.  Januar  reiste  Lentulus  von  Jägerndorf  wieder  nach 
Olmütz  zurück,  weil  er  des  vielen  im  Gebirge  gefallenen  Schnees 
wegen  von  dort  nicht  direct  nach  Glatz,  dem  weiteren  Ziele  seiner 
Inspections-  und  Informations-Tour,  reisen  konnte,  auch  die  Anlage 
von  Filial-Magazinen  in  Mährisch-Neustadt  und  im  Prerauer  Kreise 
veranstalten  wollte.  Auf  dieser  Rückreise  begegnete  er  ausserhalb 
Sternberg  dem  von  "Wien  kommenden,  zum  König  Friedrich 
nach  Schlesien  reisenden,  ausserordentlichen  preussischen  Gesandten 
Grafen  Gott  er,    welcher    sich  auch  mit  Lentulus  unterhielt.  *) 

Nach  Olmütz  zurückgekehrt,  verabredete  der  General  mit  dem 
Kreishauptmanne  die  Anlegung  von  Verhauen  in  dem  Olmützer 
Territorio  bis  an  den  Mora-Fluss ;  diese  sollten  dann  vom  Prerauer 
Kreishauptmanne  Mora-abwärts  bis  Grätz  und  von  dort  bis  Mistek 
weitergeführt  werden.  Zu  diesem  Zwecke  wurde  auch  ein  Landes- 
ingenieur abgeordnet. 

Nach  General  Lentulus'  etwas  umständlichem  Plan  sollten 
die  Verhaue  unterhalb  Zuckmantel  anfangen,  von  Pentsch  (Bennisch) 
über  Heidenpiltsch,  Maywald  und  Herzogswald  auf  Bautsch,  Grätz, 
Wagstadt  und  Paschkau  führen. 

Wo  die  "Waldungen  unterbrochen  und  die  Verhaue  nicht 
weitergeführt  werden  könnten,  sollten  Gräben  mit  Brustwehren 
aufgeworfen  und  hin  und  wieder,  wo  nöthig,  einige  „Tschardaken" 
(Wach-  und  Blockhäuser)  erbaut  werden. 

Um  die  Vertheidigungs- Anstalten  einheitlicher  und  energischer 
in  die  Hand  zu  nehmen,  ordnete  Maria  Theresia  die  Aufstellung 
einer  besonderen  Militär-Commission  an  und  nominierte  hiezu  ausser 
dem  Landeshauptmann  auch  Heinrich  Freiherrn  v.  B  1  u  m  g  e  n  und 
Georg  Friedrich  Zialkowsky  v.  Zi  alk  o  witz,  an  welche  nun 
die  Kreishauptleute  in  Landes-Defensions-Sachen  sich  ausschliesslich 

J)  Derselbe  übernachtete  vom  18.  zum  19.  Januar  in  Jägerndorf,  das 
noch  von  den  Oesterrt  ichern  occupiert  war,  reiste  dann  über  Neustadt,  wo 
damals  FM.  Schwerin  sein  Hauptquartier  hatte  und  traf  am  21.  bei  König 
Priedric  h  vor  Xeisse  ein. 


97 

wenden  sollten. 1)  Diesen  Delegierten  wurden  sogar  während  ihrer 
Amtswirksamkeit  die  einem  Feldmarschall-Lieutenant  gebührenden 
Ehrenbezeigungen  zuerkannt.  2) 

Der  Kreishauptmann  von  Olmütz,  Baron  S  c  h  u  b  i  r  z,  hatte  in 
Folge  der  erhaltenen  königlichen  Befehle  und  der  Besprechungen 
mit  General  Lentulus  die  Landbevölkerung  von  den  Eulenberger, 
Carlsberger  und  Kloster-Herrschaften  mit  Hacken  und  Schanzzeug, 
wie  auch  die  herrschaftlichen  Jäger  und  Heger  aufgeboten  und 
war  selbst  am  21.  Januar  nach  Hof  abgegangen,  um  den  Fortgang 
der  Arbeiten  und  die  Organisierung  der  Landesvertheidigung  an 
Ort  und  Stelle  zu  betreiben.  Nach  Lentulus'  Plan  waren  zur 
Formierung  des  Cordons  in  dem  jedenfalls  am  meisten  durch  die 
preussische  Unternehmung  bedrohten  Olmützer  Kreise  800  Mann 
zu  Fuss  und  drei  Compagnien  Cavallerie  (222  Reiter)  nothwendig. 
Die  Fussgänger  waren  nicht  so  schwer  aufzubringen,  dagegen 
war  die  Idee,  aus  den  Städten  und  grösseren  Märkten  durch  Stellung 
von  2.  4,  6,  10  und  20  Mann  die  berittene  Mannschaft  zusammen  zu 
bringen,  eine  von  Hause  aus  verfehlte. 

Mit  der  Bewaffnung  für  die  aufgebotene  Landbevölkerung 
stand  es  auch  nicht  besonders.  Der  mährische  Lande s-Ausschuss 
gab  zwar  aus  seinen  Beständen  eine  Anzahl  Flinten,  Pulver,  Blei 
und  Flintensteine  her;  ebenso  lieferte  der  Brünner  Magistrat  aus  dem 
städtischen  Zeughause  230  Flinten,  doch  konnte  der  Commandant 
des  Spielbergs  für  die  Landes-Defension  nur  300  Gewehre  und  ein 
Quantum  Cameral-Pulver  geben,  jedoch  kein  Blei,  da  FML.  Browne 
dorthin  bereits  angezeigt  hatte,  dass  seine  Truppen  nur  mit  wenig 
Munition  versehen  seien.  FML.  Zinzendorff  musste  ihm  daher 
aus  dem  Zeughause  auf  dem  Spielberge  bei  Brunn  6000  scharfe 
Patronen  und  einige  Fässer  Pulver  senden. 

Zur  Ueberwachung  der  Schanzarbeiten  delegierte  der  Kreis- 
hauptmann, da  der  in  Olmütz  befindliche  Ingenieur-Hauptmann 
v.  Z  i  n  c  k  e  n  d  o  r  f  wegen  der  in  Olmütz  an  den  Festungswerken 
vorzunehmenden  Reparaturen  nicht  abkommen  konnte,  einen  Lancl- 
Geometer  nach  Bennisch. 

Um  mit  dem  auf  dem  Rückzuge  aus  Schlesien  begriffenen 
Truppen-Commandanten  in  Verbindung  zu  treten,  hatte  die  mährische 
Landes-Regierung    den    königlichen  Rath  und  Amts-Assessor    Carl 


*)  Landeshauptmann  an  den  Olmützer  Kreisliauptmann  v.  27.  Januar  1741 . 
Acten  der  k.  k.  Statthalterei  in  Brunn. 

2)  K.  A.,  H.  K.  R.  1741,  Prot,  Eeg.  fol.  274. 

Oesterreickischer  Erbfolgekrieg.  II.  Bd.  ' 


98 

Adolph  Hertodt  v.  Todtenfeld,  der  sich  dazu  angeboten,  nur 
mit  mündlichen  Instructionen  versehen,    an    den  commandierenden 
General    abgesandt.     Er    hatte    den    FML.    Grafen    Browne    in 
Jägemdorf  angetroffen,  welcher  ihm  mittheilte,  dass,    nachdem  die 
preussischen  Trappen  noch  bei  Zuckmantel  und  in  der  Gegend  um 
Neisse    stünden,    er    noch    in  Jägerndorf    bleiben  werde,    um    die 
weiteren  Bewegungen  des  Feindes  abzuwarten.  Wegen  der  Bergung 
der  Vorräthe    aus    den  Magazinen   in  Neisse,    den  Fürstentümern 
Oppeln  und  Eatibor,    Troppau    und  Jägerndorf   wurde    vereinbart, 
dass,  nachdem  jenes  von  Neisse    —    ausser  einem    in   der  Festung 
zurückgebliebenen  Vorrath  auf  vier  Monate  —  nach  Jägerndorf  und 
Freudenthal    bereits    weggeführt,    mit    der   Abtransportierung    der 
Magazine  aus  dem  Oppeln'schen  und  Troppau'schen  nach  "Wagstadt, 
Bautsch  und  Grätz  bereits  begonnen  worden   sei  und  damit  eifrig 
fortgefahren  werden  solle.  Der  commandierende  General  äusserte  bei 
dieser  Gelegenheit,  wie  ausserordentlich  wünschenswerth  es  scheine, 
dass  das  Olmützer  Magazin,  sobald  nur  möglich,  mit  Proviant  und 
Fourage,    besonders    mit  Rauhfutter  dotiert   werden  möge,    da  bei 
seinen  Trappen  demnächst  Mangel  an  Fourage  und  Mehl  eintreten 
werde. 

Hertodt  kehrte  am  19.  Januar  bereits  wieder  nach  Olmütz 
zurück  und  die  mährische  Landes-Regierung  fragte  am  21.  in 
Wien  an,  ob  die  Archive  im  Falle  der  feindlichen  Einrückung  in 
Mähren  zu  salvieren  und  ob  die  Behörden  auch  bei  drohender 
Blokierung  in  Brunn  verbleiben  oder  nach  Nikolsburg  übersiedeln 
sollten. 

Diese  Sorge  war  verfrüht,  MariaTlieresia  erliess  im  Gegen- 
theil  am  27.  Januar  ein  sehr  scharfes  Schreiben  wegen  der  Grenz- 
besetzung an  den  Landeshauptmann,  worin  die  Erwartung  aus- 
gesprochen wurde,  ,,dass  die  Obrigkeiten  und  ihre  Beamten  in 
wahrer  patriotischer  Betrachtung  der  diesfälligen  unumgänglichen 
Notwendigkeit  die  Abschickung  der  zur  Besetzung  der  Grenze 
tauglichen  Leute  zu  beschleunigen  beflissen  sein  würden  1)." 

Die  Annäherung  des  FM.  Seh  w  e  r  i  n,  welcher  mit  den  Li- 
fanterie-Regimentern  Sydow,  Kleist  und  Markgraf  Heinrich,  dem 
Grenadier-Bataillon  Puttkamer,  sechs  Escadronen  Schulenburg-Gre- 
nadieren und  zwei  Escadronen  Leib-Husaren  unter  Oberst  v.  Wurmb 
und  Major  v.  Zieten  anrückte    und    am    17.  Januar    die  Gegend 


1)  Erlass  der  Königin  vom  27.  Januar  1741  an  den  Landeshauptmann. 
Acten  der  k.  k.  Stattkaiterei  in  Brunn. 


99 


zwischen  Polnisch-Wette  und  Ziegenhals,  am  18.  die  Linie  Langen- 
brück-Neristadt-Leuber  erreicht  hatte,  bestimmte  den  FML.  Browne, 
am    19.   die   Einleitung  zum   Verlassen  von  Jägerndorf  zu  treffen 

Vorher  hatte  er  den  beim  Corps  angelangten  Ingenieur- 
Oberstwaohtmeister  Schmidt,  welcher  die  Arbeiten  der  Grenz- 
verschanzung  leiten  sollte,  in  der  Deutsch-Ordens-Herrschaft  Freuden- 
thal exponiert  und  ihm  die  nothige  Mannschaft  überwiesen,  um 
jene  Passagen  und  den  als  Strassen-Knotenpunct  immerhin  wich- 
tigen Ort  Freudenthal  zu  sichern.1)  Der  dortige  Dominial- Verwalter 
,, Statthalter 'r  Graf  Sazenhofen  unterstützte  mit  umsichtiger 
Thätigkeit  die  Vertheidigungs-Veranstaltungen. 

In  Jägerndorf  hatte  der  österreichische  General  durch  einen 
vom  Cürassier-Eegimente  Lanthieri  abgesendeten  Reiter  die  Nachricht 
erhalten,  dass  die  aus  Ungarn  (Pressburg)  im  Anmarsch  befind- 
liche Regiment  bereits  gegen  Troppau  rücke  und  bald  andere, 
besonders  ein  mit  Ungeduld  erwartetes  Husaren -Regiment  nach- 
kommen würden. 

Vor  dem  Abmärsche  aus  Jägerndorf  verständigte  General 
Browne  noch  dem  Prerauer  Kreishauptmann  Carl  Otto  Grafen 
zu  S  a  Im,  dass  er  sich  in  Folge  Anrückens  eines  preussischen  Corps 
von  ungefähr  8000  bis  10.000  Mann  gezwungen  sehe,  mit  seinen 
wenigen  Truppen  noch  weiter  sich  zurückzuziehen,  um  die 
preussischen  Bewegungen  sowohl  besser  beobachten  zu  können, 
als  auch  den  ankommenden  Truppen  entgegen  zu  marschieren,  um 
solche  an  sich  zu  ziehen.  Der  Kreishauptmann  möge  daher  den 
Marsch  derselben,  sobald  sie  in  seinen  Bezirk  einrückten,  soviel  als 
irgend  thunlich,  beschleunigen.  Browne  erachtete  es  weiter  für 
sehr  erspriesslich  und  nothwendig,  dass  schleunigst  Vorkehrungen 
getroffen  würden,  durch  gute  Verhaue  und  Aufbietung  von  Jägern 
und  Land-Miliz  dem  Feinde  die  Möglichkeit,  gegen  die  mährischen 
Grenzen  einzubrechen,  thunlichst  zu  benehmen;  die  Passagen  von 
Bennisch  und  Hof  werde  er  selbst  bedecken,  wozu  bereits  alle  noth- 
wendigen  Vorkehrungen  getroffen  worden  seien. 2) 


!)  Oberstwachtmeister  S  c  h  m  i  d  t  meinte  sehr  richtig,  dass  fast  alle 
Posten  des  Cordons  ohne  Mühe  umgangen  werden  könnten.  FML.  Graf 
Browne  stimmte  theilweise  bei,  erklärte  aber,  dass  dieses  Hilfsmittel,  so 
lange  keine  Verstärkung  des  Corps  da  sei,  nicht  entbehrt  werden  könnte; 
„haben  wir  einmal  Succurs,  so  brauche  man  dies  Alles  nicht".  (K.  A.,  Mähren 
und  Schlesien  1741 ;  I,  ad  11  b.) 

2)  Der  Prerauer  Kreishauptmann  hatte  ausserdem  mit  GFWM.  Lentulus 
am  19.  Januar  eine  Grenzbesetzung  vereinbart,  welche  Ersterer  in  Ausführung 


7* 


100 

Am  20.  Januar  besetzte  das  Gros  des  B  r  o  w  n  e'schen  Corps 
Troppau,  neun  Compagnien  Liechtenstein-Dragoner  standen  in 
Jaktar. 

FM.  Schwerin  hatte  mit  den  Vortruppen  seines  Corps  an 
diesem  Tage  die  Linie  Pilgersdorf-Dobersdorf  erreicht  und  sich 
selbst  nach  Eosswald  begeben,  wo  er  in  der  Nacht  von  seinen 
Vortruppen  die  Nachricht  erhielt,  class  Jägerndorf  von  den  königlich 
ungarisch-böhmischen  Truppen  geräumt  worden  sei.  In  Folge 
dessen  Hess  er  am  21.  Januar  diese  Stadt  besetzen;  drei  Escadronen 
Husaren,  welche  bei  seinem  Corps  am  nämlichen  Tage  eintrafen, 
wurden  zur  Sicherung  der  linken  Flanke  verwendet  und  als  Ver- 
bindungsposten auf  der  Strasse  nach  Schlesien  ward  eine  Abtheilung 
von  etwa  200  Mann  nach  Neustadt  detachiert. 

FML.  Graf  Browne,  der  die  Magazine  in  Sicherheit  wusste, 
verliess,  unter  Mitnahme  der  der  Stadt  Troppau  gehörigen  Geschütze 
(14  Kanonen  und  2  Mörser)  diese  Stadt  am  22.  Januar  und  rückte 
auf  Grätz.  Hier  wurde  die  verfügbare  Vorspann  zusammengebracht, 
um  die  noch  vorhandenen  Vorräthe  nach  Wagstadt  und  Wigstadtl 
zurückzuschaffen,  zu  deren  Bedeckung  am  23.  Januar  Abtheilungen 
vom  Regimente  Browne  nach  Wagstadt  und  am  24.  solche  von 
Franz  Lothringen  nach  Wigstadtl  und  Bautsch  detachiert  wurden. 
Das  Gros  des  Liechtenstein'schen  Dragoner-Regiments  musste  aus 
Mangel  an  Unterkunft  und  Fourage  in  die  rückwärtigen  Dörfer 
verlegt  werden.  FML.  Graf  Browne  blieb  mit  dem  Reste  seiner 
Infanterie  (3  Bataillone)  und  einem  Detachement  des  Dragoner- 
Regiments  in  Grätz. 

An  diesem  Tage  waren  die  ersten  Abtheilungen  des  Cürassier- 
Regiments  Lanthieri  in  Wagstadt,  jene  vonHohenzollern-Cürassieren 
in  Mistek  eingetroffen.  1) 

Auf  die  Meldung,  dass  auch  Troppau  von  den  Truppen  der 
Königin  Maria  Theresia  verlassen  sei,  liess  Schwerin  noch 
am  22.  Januar  das  Grenadier-Bataillon  Puttkamer  und  das  Infanterie- 
Regiment  Sydow  dorthin  abrücken,  welche  diese  Stadt  am  23.  Januar 
besetzten.     Am    24.  Früh    erhielt  er  durch  einen  Deserteur  die,    in 


zu  bringen  hatte:  zu  Bautsch  gegen  die  Anhöhe  Meltsch  200,  Alt-Zechsdorf  25, 
Neu-Zechsdorf  25,  Olbersdorf  25,  Grätz  200,  Kailowitz  20,  Jakubschowitz  20, 
Skripp  20,  Schlatten  100,  "Wagstadt  150,  Studinka  (Stauding)  50,  Altendorf  50, 
Paskau  50  und  Mistek  100  Mann,  zusammen  1035  Mann.  (Bericht  des  Prerauer 
Kreishauptmanns  vom  22.  Januar  1741  an  die  Landeshauptmannschaft  in  Brunn. 
Acten  der  k.  k.  Statthalterei.) 

l)  Siehe  die  Truppenvertheilung  am  24.  Januar,  Tafel  III. 


101 

dieser  Form  unrichtige  Nachricht,  dass  Truppenverstärkungen  beim 
B  r  o  w  n  e'schen  Corps  eingetroffen  seien  und  Grätz  zu  behaupten 
beabsichtigt  werde.  Sofort  wurde  ein  Husaren-D etachement  zur 
Recognoscierung  gegen  Grätz  gesendet,  das  einige  Kilometer  von 
Troppau  auf  eine  Abtheilung  des  Liechtenstein'schen  Dragoner- 
Regiments  stiess,  welche  sich  über  die  Mohra-B rücke  bei  Podoly 
unter  Verlust  von  zwei  Mann  zurückzog.  Seh  w  e  r  i  n  Hess  nun 
das  drei  Kilometer  südlich  von  Troppau  gelegene  Dorf  Gilschwitz 
durch  das  Bataillon  Puttkamer  und  eine  Abtheilung  Leib-Husaren 
besetzen.  Den  bei  Jägerndorf  stehenden  Truppen  wurde  der  Befehl 
zugeschickt,  das  Regiment  Heinrich,  ein  Bataillon  Kleist,  Schulen- 
burg-Grenadiere zu  Pferde,  die  Leib  ►Husaren  und  das  schwere 
Geschütz  sofort  auf  Troppau  vorgehen  zu  lassen.  In  Jägerndorf 
blieb  in  Folge  dessen  nur  ein  Bataillon  Kleist  und  die  preussischen 
Husaren.  1) 

Nachdem  in  der  Nacht  vom  24.  zum  25.  Januar  das  Regiment 
Heinrich  und  der  Rest  der  Leib-Husaren  in  Troppau  eingetroffen, 
giengen  die  Husaren  mit  dem  Regimente  Sydow  in  der  Früh  des 
25.  zur  Verstärkung  der  Grenadiere  nach  Gilschwitz  vor.  Das 
Regiment  dort  belassend,  rückte  FM.  S  c  h  w  e  r  i  n  mit  den  Husaren, 
dem  Grenadier-Bataillon  Puttkamer  und  zwei  Regiments-Geschützen  -< 
auf  der  Strasse  gegen  Grätz  vor. 

Im  Schlosse  zu  Grätz  standen  zu  dieser  Zeit  viele  mit  Vor- 
räthen  beladene  Wagen  zur  Abfahrt  bereit.  FML.  Graf  Browne 
Hess  sie  sogleich  abrücken  und  gedachte  den  Ort  nur  so  lange  zu 
halten,  bis  der  Train  einen  hinreichenden  Vorsprung  gewonnen 
haben  würde.  In  diesem  Sinne  waren  auch  die  Dispositionen  zur 
Vertheidigung  getroffen.  Von  Liechtenstein-Dragonern  waren  Abthei- 
lungen auf  der  Troppauer  Strasse  bis  in  die  Höhe  von  Branka 
vorgeschoben,  die  Brücke  über  die  Mohra  bei  Podoly  durch  eine 
Compagnie  besetzt,  während  eine  Reserve  in  Podoly  selbst  und  das 
Gros  des  kleinen  Corps  im  Schlosse  zu  Grätz  stand.  Die  Spitze 
der  preussischen  Colonne,  30  Husaren,  griff  die  Liechtenstein'schen 
Dragoner  beim    Niederhof  erfolglos  an  s)    und  musste  zurückgehen. 


*)  Kriege  Friedlich  d.  Gr.  I,  275. 

-)  Die  österreichischen,  allerdings  in  Bezug  auf  dieses  Gefecht  sehr 
spärlichen  Quellen  verzeichnen  auf  einer  graphischen  Darstellung  desselben 
eine  ,. Artillerie  von  8  Kanonen,  woraus  aber  meistens  mit  Kartätschen  gefeuert 
worden".  (K.  A.,  Karten-Abtheilung  LXI,  1741b.  5.) 

3)  Tafel  1Y. 


102 

Schwerin  liess  jedoch  seine  Avantgarde  neuerdings  vorrücken, 
worauf  die  Lieehtenstein'schen  Dragoner  über  die  Mohra-Brücke  bei 
Podoly,  von  der  dort  stehenden  Grenadier-Compagnie  aufgenommen, 
in  den  Ort  Podoly  zurückgiengen. 

FM.  Schwerin  Hess  seine  Husaren  sammeln,  dann  in  auf- 
gelöster Ordnung  vorgehen  und  das  Grenadier-Bataillon  mit  den 
Geschützen  denselben  folgen.  Diese  nahmen  auf  Gewehrschuss- 
weite von  der  Brücke  Stellung.  Nach  einigen  Kanonenschüssen  *) 
zog  sieh  die  bei  derselben  postierte  Compagnie  in  die  nächsten 
Häuser  und  Gärten  des  Ortes.  Im  selben  Augenblicke  traf  das 
Infanterie -Regiment  Sydow  ein.  Puttkamer-Grenadiere  drangen 
gegen  die  Brücke  vor  und  die  Browne'sche  Abtheilung  zog  sich 
zurück,  nachdem  sie  die  Brücke  in  Brand  gesteckt  hatte.  Doch 
gelang  es  den  preussischen  Grenadieren,  den  Brand  zu  löschen  und 
das  jenseitige  Mohra-Ufer  zu  erreichen,  wo  sie  den  sich  zurück- 
ziehenden 0 esterreichern  durch  Grätz  eine  Strecke  weit  folgten. 
FML.  Graf  B  r  o  w  n  e  zog  sich  gegen  Fulnek  zurück,  nachdem 
dasjenige,  was  durch  die  Stellung  bei  Grätz  hatte  ereicht  werden 
sollen  :  die  Bergung  der  mitgeführten  Vorräthe  und  des  nach  Grätz 
transportierten  Magazins,  auch  thatsächlich    erreicht    worden    war. 

Der  Verlust  betrug  bei  Grätz  beim  Browne'schen  Corps : 
8  Todte,  1  Ofncier  und  22  Soldaten  verwundet;  2)  preussischerseits 
gieng  ein  Husarenpferd  verloren. 3)  Das  Grenadier-Bataillon  Putt- 
kamer  besetzte  das  Schloss  in  Grätz,  das  Regiment  Sydow  gieng 
nach  Troppau  zurück,  wo  auch  FM.  Schwerin  im  Laufe  des 
Nachmittags  wieder  eintraf.4) 

Eine  Folge  dieses  Gefechtes  war  auch,  dass  der  Kreishaupt- 
mann von  Prerau,  Graf  Salm,  welcher  seit  22.  Januar  persönlich 
die  Vertheidigungs-  und  Besetzungs-Arbeiten  bei  der  Postierungs- 
Station  zu  Bautsch  leitete,  seine  Mannschaft  und  Arbeiter  nach 
Sponau  zurückgehen  liess. 

Aach  der  Statthalter  von  Freudenthal,  Graf  Sazenhofen, 
begab  sich  nach  Eulenberg  und  Oberstwachtmeister  Schmidt  zog 


1)  Ein  österreichischer  Bericht  spricht  von  einer  drei  Stuuden  währenden 
Beschiessung,  wonach  erst  die  Browne'sche  Arrieregarde  Podoly  verlassen; 
nämlich  der  Bericht  des  Prerauer  Kreishauptmanns  an  die  Landeshaupt- 
mannschaft, ddto.  General-Stabsquartier  Fulnek,  26.  Januar  1741.  (Acten  der 
k.  k.  Statthalterei  in  Brunn.) 

2)  FML.  Graf  Browne,  GFWM.  Graf  Piccolomini,  Weisskirchen, 
29.  Januar  1751.  (Fürstl.  Schaumburg-Lippe'sches  Archiv.) 

8)  u.  4)  Kriege  Friedrich  d.  Gr.  I,  276. 


103 

die  vorgeschobenen  Abtheilungen  ein  und  bereitete  sich  vor,  im  Falle 
des  Anrückens  stärkererer  preusischer  Abtheilungen  ebenfalls  den 
Rückzug  anzutreten.  Die  Getreide-Vorräthe  waren  glücklich  nach 
Sternberg  transportiert  worden. 

Die  Lage  war  in  diesen  Tagen  nicht  ohne  Gefahr ;  die 
Preussen  recognoscierten  einerseits  gegen  Freudenthal  und  hatten 
die  Verhaue  zwischen  Milkendorf,  Beimisch  und  Easse  und 
dadurch  die  Strasse  auf  Hof  geöffnet.  In  Folge  dessen  zog  sich 
der  in  Hof  die  Vertheidigungs- An  stalten  leitende  Kreishauptmann 
von  Olmütz,  Franz  Anton  Schurbirz  Freiherr  von  Chobinie, 
mit  seinen  Leuten  (er  hatte  nicht  mehr  als  226  Mann  beisammen), 
zuerst  nach  Bäm  und  in  weiterer  Folge  bis  Sternberg  zurück,  liess 
die  Verhackung  der  Hauptstrassen  bei  Zechan,  Deutsch-Hause  und 
Lippein,  wo  früher  schon  einige  Schanzen  gewesen,  ausführen  und 
nahm  deren  Besetzung  ausschliesslich  mit  Jägern  selbst  vor ;  da 
übrige  Landvolk  sollte  durch  einige  von  den  commandierenden 
General  zu  erhaltende  Regulierte  in  Corporalschaften  abgetheilt 
und  so  viel  als  möglich  einexerciert  werden,  um  es  sodann  nach 
Bedarf  verwenden  zu  können.  Damit  Olmütz  in  Vertheidigungsstand 
gesetzt  werde,  wurden  alle  auf  zwei  Meilen  im  Umkreise  liegenden 
Herrschaften    zur   Beistellung    von    Schanzarbeitern    aufgeboten.  1) 

FML.  Graf  Browne 's  erste  Sorge  war  nun,  die  von  Troppau 
unter  Bedeckung  nach  Wigstadtl  gesendete  Train-Colonne  mit 
den  aus  Schlesien  salvierten  Vorräthen  in  Sicherheit  zu  bringen  ; 
er  liess  daher  nach  jener  Seite  recognoscieren.  Die  Situation 
wurde  kritisch,  da  der  Gegner  bereits  mit  kleineren  Abtheilungen 
auf  der  inneren  Linie  stand.  Artillerie,  Kranke,  Bagage  wurden  nach 
Olmütz  dirigiert. 

In  und  um  Fulnek  campierte  nun  die  kleine  österreichische 
Truppenmacht,  bei  welcher  ausser  dem  Commandierenden  noch 
GFWM.  Holly  und  der  neuerdings  eingetroffene  GFWM.  Kheul 
sich  befanden,  gefechtsbereit;  die  Vorpannswagen  mussten  an- 
gespannt bleiben. 

Es  waren  hier  versammelt:  Theile  von  vier  schwachen  In- 
fanterie-Regimentern,    ein     Cürassier-Regiment    (Lanthieri)     unter 

J)  Bericht  des  Kreishauptmanns  Freiher  v.  Schurbirz  an  die  Landes- 
hauptmannschaft ddto.  Sternberg,  26.  Januar  1741.  (Acten  der  k.  k.  Statthaftere 
in  Brunn.) 


104 

GFWM.  Baron  Philibert1)  aus  Pressburg  dort  eingerückt;  das 
Liecliteiistein'sclie  Dragoner-Regiment,  100  Husaren  vom  Regi- 
mente  Dessewffy  (ans  dem  Zempliner  Comitat)  über  Jablnnkan  ein- 
getroffen. 

Die  ausgesendeten  Recognoscierungs-Abtheilnngen  stiessen 
nirgends  auf  feindliche  Kräfte,  doch  lief  am  frühen  Morgen  des 
•27.  Januar  die  Nachricht  ein,  dass  die  Preussen,  von  welchen 
zwischen  Wigstadtl  und  Wagstadt  Abtheilungen  standen,  einen 
Ueberfall  beabsichtigten. 

Diese  Nachricht  war  insofern  richtig,  als  in  der  Nacht  vorher 
zwei  Compagnien  des  Grenadier-Bataillons  Puttkamer  und  eine 
Escadron  Husaren  aus  Grätz  nach  Wigstadtl  gerückt  waren,  wohin 
im  Laufe  des  Tages  selbst  noch  das  Regiment  Sydow  und  eine 
Escadron  Husaren  folgten,  während  ein  Bataillon  Kleist  nach 
Niklowitz  marschierte. 

FML.  Graf  Browne  Hess  das  Corps  daher  am  27.  Januar 
aufbrechen  und  zog  mit  den  Truppen  und  dem  Train  von  Fulnek, 
das  in  einem  Kessel  gelegen  ist  und  der  Cavallerie  keine  Actions- 
freiheit  bietet,  auf  die  Höhen,  marschierte  nach  Odrau,  wo  er  an 
diesem  Tage  blieb,  am  28.  Januar  über  AVeisskircheii  —  woselbst 
das  Hohenzollern'sche  Cürassier-Regirnent  (aus  Trencsin)  eintraf  — 
Drahotusch  nach  Leipnik.  2) 

Am  30.  Januar  traf  auch  das  dritte  Bataillon  des  Infanterie- 
Regiments  Grünne  (aus  Erlau)  in  Stemberg  ein. 

Bezüglich  der  Dislocation  der  nun  nach  und  nach  anrückenden 
Verstärkungs-Truppen,  besonders  der  Cavallerie,  hatte  GFWM.  Baron 
Lentulus  dem  FML.  Grafen  Browne  seine  Gesichtsp miete  in 
einem  Schreiben  vom  21.  Januar  dargelegt,  welches  die  Ingerenz 
erkennen  lässt,  welche  der  Armee-Commandant  von  Wien  aus  durch 
seinen  Vertrauensmann  auf  den  vor  dem  Feinde  stehenden  Befehls- 
haber zu  nehmen  bemüht  war.    Darnach  sollte  ursprünglich  ausser 


v)  GFWM.  Baron  Philibert  hatte  berichtet,  „dass,  weil  die  Regi- 
menter  alle  über  Skalitz  instradiert  werden,  nicht  nur  die  erforderliche  Sub- 
sistenz  nicht  aufzubringen,  sondern  es  auch  in  Ansehung  des  Marsche*  ohne 
Confusion  nicht  abgehen  werde,  gleichwie  schon  das  Hohenzollerische 
Regiment  neun  Tage  lang  stehen  zu  bleiben  gezwungen  worden;  daher  uu- 
uiassgebhch  drei  Strassen  über  die  March  eingerichtet  werden  könnten." 
Lentulus  an  Neipperg,  ddo.  Ohnütz,  18.  Januar  1741.  (K.  A..  Mähren 
und  Schlesien  1741,  I,  8.) 

2)  Bericht  des  Prerauer  Kreishauptmanns  an  den  Landeshauptmann, 
ddo.  Odrau  vom  27.  Januar  1741.  (Acten  der  k.  k.   Statthalterei  in  Brunn. 


105 

dem  Liechtemstein'schen  Dragoner-Regiment  nur  noch  das  Lanthieri'- 
sche  Regiment  nach  Schlesien  gezogen  werden.  Die  successive  an- 
kommenden Regimenter  sollten  von  Mistek  an  und  zwar  das 
Hohenzpllern'sche  am  rechten  Flügel  und  die  übrigen  anschliessend 
„ hinter  dem  durch  das  Landvolk  formierten  Cordon  bis  nach  Stern- 
berg unter  dem  Gebirg  an  der  Plaine  postiert  werden".  Da  aber 
FML.  Graf  Browne  mit  der  wenigen  Mannschaft  nicht  lange  in 
Troppau  stehen  bleiben,  „viel  weniger  mit  dem  Feind  sich  einzu- 
lassen vermögend  sein  werde,  so  bitte  aufs  inständigste,  Sie  be- 
lieben meinen  wenigen  Rath  hierinfalls  unschwer  sich  beigehen  und 
dahin  disponieren  zu  lassen,  damit  nach  der  Intention  unseres  Hofes 
und  des  Herrn  Grafen  v.  Neipperg  unsere  Mannschaft  nicht 
hazardiert,  sondern  zurück  in  die  Pässe  und  vornehmlich  die  In- 
fanterie bei  Hampelkratschen,  Grätz  und  dortige  gebirgige  Ort- 
schaften oder  wo  dieselbe  für  nöthig  erachtet  werde,  die  Cavallerie 
aber  in  die  Plaine  bis  gegen  Mistek  verlegt  und  hauptsächlich 
darauf  gesehen  werde,  dass  die  Zugänge  nach  Mähren  verwahrt  und 
dieses  Land  möglichst  bedeckt  werde ;  zu  welchem  Ende  nicht  nur 
alle  Schützen,  Jäger  und  Heger  an  diesen  Cordon  zu  rücken  be- 
fehligt, sondern  auch  ein  Generalaufbot  im  ganzen  Lande  aus- 
geschrieben worden,  um  die  schon  wirklich  angestellte  Mannschaft 
soutenieren  und  auf  alle  Art  und  "Weise  den  feindlichen  Einfall  in 
dieses  Land  verhindern  zu  helfen."  r) 


')  K.  A.,  Mähren  und  Schlesien  1741,  I  ad  IIa. 


Die  preussischen  Winter-Quartiere. 

.König  Friedrich  II.  hatte  am  25.  Januar  von  Ottinachan 
die  Rückreise  über  Schweidnitz  und  Liegnitz  nach  Berlin  an- 
getreten, wo  er  arn  29.  eintraf. 

Der  Oberbefehl  über  die  Truppen  wurde  dem  FM.  Grafen 
Schwerin  in  einer  vom  24.  datierten  Ordre  übertragen  und 
darin  dessen  Aufmerksamkeit  speeiell  noch  auf  Jablunkau  gelenkt, 
welcher  Posten  zu  besetzen  sei,  „um  dem  Feinde  alle  Löcher, 
durch  welche  er  zu  uns  kommen  kann,  zu  verstopfen".  x)  Eine 
Verfügung  über  die  Anlage  der  Winter-Quartiere  war  diesem  Be- 
fehle beigefügt. 

Die  Verlegung  der  preussischen  Truppen  in  Quartiere  war  wohl 
eine  kaum  mehr  zu  umgehende  Massregel. 

Seit  14.  Januar  war  es  ausserordentlich  kalt  geworden  und 
viel  Schnee  gefallen.  Die  Wege  in  den  schlesisch-mährischen 
Grenz-Distrieten  wurden  fast  unpassierbar. 2) 

Die  preussischen  Truppen  hatten  noch  kein  eingerichtetes 
Proviantwesen  und  mussten  sich  auf  Requisitionen  beschränken 
Was  an  Vorräthen  zu  bergen  möglich  war,  hatten  die  Oester- 
reicher  aber  aus  Nieder-  nach  Ober-Schlesien  und  von  dort  nach 
Mähren  mitgenommen.  Die  Mannschaft  erhielt  an  täglicher  Ver- 
pflegung sechs  Kreuzer,  nur  die  Husaren  bekamen  neun  Kreuzer. 
Fleisch    und    Brod    musste  von  der  Landbevölkerung    beige  schärft 


»)  Kriege  Friedrich  d.  Gr.,  I,  283. 

2)  Einen  drastischen  Beweis  für  die  schlechte  Beschaffenheit  der  Wege 
liefert  General  Lentulus'  Fahrt  von  Sternberg  nach  Engelsberg,  der  mit 
sechs  Postpferden  14  Stunden  znr  Zurücklegung  einer  etwa  10  Kilometer  be- 
tragenden Strecke  gebraucht  hatte. 


107 

werden.  Die  Bekleidung  war  nicht  für  die  Unbill  des  Winters 
berechnet,  die  Camisole  waren  ohne  Rücken  und  Aermel,  so  dass 
sich  die  Leute  häufig  die  Brustflecke  selbst  kauften; ')'  die  Folgen 
dieser  zu  leichten  Bekleidung  äusserten  sich  bald  in  dem  Gesundheits- 
zustand der  Truppen.2)  Dazu  kamen  die  vielen  Desertionen,  das 
Erbübel  der  damaligen  Armeen.3)  Auch  war  in  dem  überwiegen. I 
katholischen  Ober-Schlesien  die  Stimmung  gegen  Preussen  be- 
deutend ungünstiger,  als  in  dem  vorherrschend  protestantischen 
Nieder-Schlesien. 

Es    wurden    daher  preussischerseits  die  Einleitungen    für  das 
Beziehen  der  Winter-Quartiere  getroffen.     Die  Armee  stand  ausser 


r)  K.  A.,  Mähren  und  Schlesien  1741,  I,  8.  Die  Bekleidung  war  jedenfalls 
bei  den  Regimentern  verschieden.  Für  den  Marsch  der  für  das  II.  Corps 
bestimmten  Grenadier-Compagnien  ordnete  König  Friedrich  II.  selbst  an 
„Wofern  die  Grenadiers  nicht  jeder  mit  guten  tuchenen  Brusttüchern  ver- 
sehen sein,  müssen  ihnen  solche  gegeben  werden,  dessgleichen  die  Aermel  von 
den  Camisölern,  nebst  wollenen  Strümpfen,  auch  die  Röcke  so  gemacht  werden, 
dass  solche  wohl  und  leicht  zugemacht  werden  können."  Kriege  Friedrich 
d.  Gr.,  I,  81*. 

2)  „Le  marchie,  le  tanto  fatiche  nell'invadere  e  devastare  la  Silesia  hanno 
talmente  indebolito  la  salute  delle  truppe  che  non  potevano  piü  resistere  al 
vigore  della  stagione."  (H  H.  u.  St.  A.  Dispacci  di  Germania,  211.  C  app  eil  o's 
Bericht  vom  1.  Februar  1711.) 

3)  „Allhier  kommen  viele  preussische  Deserteurs  an,  welche  einhellig 
melden,  dass,  wenn  nur  eine  hiesige  Armee  würde  in  die  Nähe  kommen,  die 
Leute  zu  Hunderten  desertieren  würden,  der  Dienst  wäre  so  rüde  und  hart, 
dass  man  ihn  nicht  ausstehen  könnte;  in  der  grössten  Kälte  und  tiefem  Schnee 
müssen  sie  zwei  Stunden  Schildwach  stehen,  wodurch  dann  viele  Hände  und 
Füsse  erfrörten.  Der  König  Hesse  sich  von  keinem  seiner  Generale  etwas 
einwenden,  wenn  es  ihm  einfiele  zu  marschieren,  so  müsse  es  gehen,  wenn 
auch  der  ganzen  Armee  Ruin  daraufstünde.  Man  hätte  ihnen,  als  sie  in 
Schlesien  eingerückt  wären,  weisgemacht,  dass  sie  als  Freunde  der  Königin 
ihr  zu  Hilfe  kämen,  jetzt,  da  man  das  Gegen theil  verspüre,  sei  ein  gut  Theil 
des  gemeinen  Mannes  darüber  schwierig  und  überlaufe  zu  [den]  Feinden." 
(Berichte  des  Freiherrn  v.  Seckendorff  an  den  Herzog  von  Sachsen-Gotha- 
Bericht  vom  1.  Februar  1741.  H.  u.  H.  St.  A.,  Geschriebene  Zeitungen.) 

„Moltiplici  e  continue  intanto  sono  le  disertioni  del  loro  esercito,  mal 
pagate  le  truppe,  e  condotte  a  forza  alla  guerra,  composti  molti  reggimenti  di 
miscuglio  de  forastieri  di  nazione  e  religione  ditferente,  fuggono  dal  cimento, 
e  cercano  miglior  destino."  (Capello's  Bericht  vom  28.  Januar  1711.) 

Am  1.  December  1710  hatte  übrigens  König    Friedrich  IL    schon  ein 

eigenes,  von  Berlin  datiertes  Patent  wegen  Verhütung  der  Desertionen  publi- 

cieren  lassen,    welches  von  den  Kanzeln    zu  verlesen   und  zu  affichieren  war. 

Originaldruck.  Archiv  des  k.  k. Ministeriums  des  Innern.  Fremde  Gegenstände.  1. 

vom  Jahre  1710.) 


108 

den  am  rechten  Oder-Ufer  befindlichen  Truppen  in  vier  Gruppen 
vertheilt  und  zwar  vor  Glogau  *),  Brieg,  Neisse  und  in  der  Gegend 
von  Troppau  und  Jägerndorf. 

Das  Blokade-Corps  vor  Glogau  unter  dem  GL.  Erbprinzen 
Leopoldvon  Anhalt-Dessau  bestand  aus  sieben  Bataillonen ; 
Brieo-  wurde  von  GM.  v.  Kleist  mit  vier  Bataillonen  und  sechs 
Escadronen  eingeschlossen;  Neisse,  dessen  Beschiessung  am 
22.  Januar  nur  noch  in  eine  weite  Blokade  umgewandelt  worden, 
wurde  vom  G.  d.  J.  Herzog  von  Holstein  mit  acht  Bataillonen 
und  vier  Escadronen  beobachtet.  2) 

Bei  Troppau  und  Jägerndorf  stand  FM.  Graf  Schwerin  mit 
sieben  Bataillonen  und  eilf  Escadronen. 

Der  preussische  Befehlshaber  verlangte  von  beiden  Fürsten- 
thümern  gewissenhafte  Angabe  aller  Vorräthe  an  Getreide,  Heu 
und  Hafer  und  schleunige  Ablieferung  derselben  an  das  anzulegende 
Haupt-Magazin  in  Troppau  gegen  Geldvergütung.3)  Ausserdem 
mussten  unentgeltlich  4000  Mund-Portionen  und  1000  Pferde-Bationen 
für  jeden  Tag  abgegeben  werden.4) 

Ferner  erliess  FM.  Graf  Schwerin  am  30.  Januar  1741  aus 
Troppau  ein  Patent,  worin  er  die  freie  Salz-Einfuhr  gestattete. 

Dagegen  hatte  er  auf  Befehl  des  Königs  sämmtlichen  Unter- 
thanen    kundzuthun,    dass    wenn    Einer    sich    gelüsten    lasse,    die 

J)  Dort  waren  Anfang  Januar  noch  fünf  Escadronen  Platen-Dragoner 
eingetroffen,  hatten  am  9.  die  Oder  überschritten  und  fünf  Escadronen  Bayreuth- 
Dragoner  abgelöst,  welche  am  10.  Januar  nach  Neisse  marschierten,  wo  sie 
am  21.  eintrafen.  Auch  eine  Escadron  Leib-Husaren  war  von  Glogau  auf 
Neisse  nachgerückt,  wo  sie  in  der  dritten  Dekade  des  Januar  ankam. 

2)  „Pendant  trois  jours  consecutifs  on  y  jeta  douze  cent  bombes  et  trois 
mille  bötüets  rouges;  mais  la  fermete  de  Roth  m'obligea  ä  mettre  mes 
troupes  en  quartiere  d'hiver."  (Histoire  de  mon  temps.  ed.  P  o  s  n  e  r.  Chap.  II.) 
—  „Die  Bürgerschaft  ist  noch  resolvieret,  sich  bis  auf  den  letzten  Blutstropfen 
zu  wehren;  dieser  kleine  Ort  hat  angezeigt,  welches  von  denen,  die  die 
Kriegsbaukunst  verstehen,  kaum  vor  eine  gute  Schanz  passieren  kann,  was 
die  Zuversicht  zu  Gott,  die  Treue  zu  dem  rechtmässigen  Oberhaupt  und  die 
Conduite  eines  verständigen  Commandanten  in  das  Werk  zu  richten  fähig  ist." 
(Scblesische  Kriegs-Fama,  VII,  23,  Beilage  4.)  —  „II  n'y  a  que  la  levee  du 
siege  de  Neisse,  quiles  embarasse  un  peu,  et  qu'ils  ne  savent  de  quel  manteau 
couvrir.  En  effet  Neisse  se  defend  bien."  (Graf  M  anteu  f  f  e  1,  24.  Januar  1711 
an  FM.  Graf  Seckendorff,  H.  H.  u.  St,  A.,  Gr.  Corresponzenz,  Fase.  192,  A.) 

3)  Siehe  auch  die  Ordres  Seh  w  e  r  i  n's  und  Schulenb  u  r  g's  aus 
Troppau,  29.  Januar  1741,  Anhang  XV. 

4)  Die  Mund-Portion  zu  2  Pfund  Fleisch  und  ebensoviel  Brod.  Die  Pferde- 
Ration  zu  3  Metzen  Hafer.  16  Metzen  Häckerling,  8  Pfund  Heu  und  2  Bund 
Stroh  auf  je  drei  Pferde. 


109 

Waffen  gegen  die  preussischen  Truppen  zu  ergreifen,  solcher 
nach  Kriegsgebrauch  mit  Feuer  und  Schwert  verfolgt,  „die 
Schuldigen  sowohl,  als  die  Unschuldigen  verheert  und  Diejenigen, 
so  man  mit.  Gewehr  findet,  ohne  Ansehen  der  Person  aufgehenkt 
werden"  sollten.     Das  Patent  wurde  überall  angeschlagen.  r) 

Urn  Troppau  und  Jägerndorf  wurden  Schanzen  angelegt,  wozu 
die  ohnehin  gedrückten  Dörfer  Arbeiter  mit  Schanzwerkzeugen 
stellen  mussten.  Nicht  überall  zeigte  sich  die  Bevölkerung  zu 
allen  Leistungen  bereit,  wesshalb  nicht  selten  Zwangsmittel  ge- 
braucht wurden.  Selbst  die  Aussaat  der  Felder,  welche  die  Be- 
wohner für  den  Feind  zu  bestellen  sich  nicht  geneigt  fanden, 
musste  an  mehreren  Orten  erzwungen  werden. 2) 

Auch  die  Landesbeamten  kamen  in  Conflict  mit  ihrer  Pflicht, 
da  ihnen,  wie  z.  B.  dem  Jägerndorfer  Landeshauptmann  aufgetragen 
wurde,  bei  erfolgter  Einrückung  der  preussischen  Truppen  den  Amtsort 
zu  verlassen,  jedoch  in  der  Nähe  zu  bleiben,  um,  sobald  es  die  Um- 
stände gestatteten,  wieder  in  denselben  zurückkehren  zu  können. 3) 

König  Friedrich  II.  hatte  dem  FM.  Schwerin  vor  seiner 
Abreise  nach  Berlin  genaue  Instruction  bezüglich  der  Winter-Quar- 
tiere ertheilt.  Diese  Instruction  enthält  erschöpfende  Weisungen  und 
wirft  manches  interessante  Schlaglicht  auf  die  im  Felde  stehende 
preussische  Armee.  4) 


J)  Schlesische  Kriegs-Fama,  VIII,  Beüagen,  83. 

2)  Ens,  Das  Oppaland,  I,  150. 

s)  Protocoll  der  böhmischen  Hofkanzlei,  28.  Januar,  108. 

4)  Die  Instruction  ist  abgedruckt  in  „Kriege  Friedrich  d.  Gr.  I",  Anlage 
Nr.  14,  S.  93.  Punct  8  enthält  z.  B.  folgende  Weisung:  „Wofern  auch  öster- 
reichische Husaren  sollten  gefangen  werden,  so  muss  man  solche  unseren  Leuten 
weisen,  auf  dass  diese  sich  keine  grössere  Idee  von  ihnen  machen,  als  wie  sie 
es  in  der  That  verdienen  und  unsere  Leute  sehen,  dass  es  schlecht  Zeug 
sei."  —  Punct  9 :  „Bei  allen  Gelegenheiten  muss  den  Burschen  von  den 
Officieren  wohl  imprimiert  werden,  dass  sie  einen  gewissen  Hass  wider  die 
österreichischen  Truppen  bekommen,  auf  dass  jene  mit  mehrerer  Erbitterung 
und  weniger  Kaltsinnigkeit  auf  diese  losgehen."  —  Punct  20:  „Weil  auch  die 
Infanterie  in  ihren  Winter-Quartieren  nicht  viel  zu  thun  hat,  so  soll  selbige 
sich  befleissigen,  so  viel  Leute  vom  Lande  in  Güte  zur  Augmentation  zu  werben, 
als  es  nöthig  ist.  Ich  werde  einem  jeden  Regiment  eintausend  Reichsthaler 
zur  AVerbung  zahlen  lassen.  Sobald  nun  die  Regimenter  4  ä  500  Mann  zusammen- 
haben, so  sollt  Ihr  (Schwerin)  solche  escortieren  und  nach  Potsdam  trans- 
portieren lassen."  —  Punct  21:  „Ihr  sollet  Euch  auch  Mühe  geben,  ob  Ihr  nicht 
imTeschen'schen  eine  Frei-Compagnie  von  den  sogenannten  Teschinen  errichten 
könnet,  dessgleichen,  ob  Ihr  nicht  durch  die  Jablunka,  wofern  sonsten  dieser 
Pass  offen  ist,  eine  Anzahl  Leute  aus  Ungarn  zu  Husaren  engagieren  könnet." 


1  10 


Die    locale  Verfcheilung  der  Truppen  in    die  Winter-Quartiere 

entsprach  im  Allgemeinen  den  oben  bereits  angeführten  Gruppen. 
Es  wurden  jedoch  nur  den  in  der  Gegend  von  Neisse,  sowie  den 
im  Troppau-  und  Jägerndorf  sehen  stehenden,  ausgedehntere  Quar- 
tiere längs  der  mährischen  und  böhmischen  Grenze  angewiesen, 
die  sich  in  nordwestlicher  Richtung  bis  Liegnitz,  in  südöstlicher 
bis  zum  Jablunka-Pass  erstreckten.  Die  übrigen  Truppen  von  Glogau 
und  Brieg  konnten  der  Blokade  der  Festung  wegen  nicht  in  einen 
ausgedehnten  Rayon  verlegt  werden. 

Zwei  Tage  nach  Erhalt  der  Instructionen  König  F  r  i  e  d  r  i  c  h  *  s 
erliess  der  preusische  Interims-Armee-Commandant  die  Anordnungen 
zum  Beziehen  der  Wint er- Quartiere.  Das  Commando  über  die  in  der 
Gegend  Jägernclorf-Troppau  stehenden  Truppen  übernahm  an  Stelle 
Schwerin' s,  welcher  eine  Inspicierung  der  AVinter-Quartiere  be- 
absichtigte, GL.  Graf  S  c  h  u  1  e  n  b  u  r  g,  dem  GM.  v.Bredo  w  unter- 
geordnet war.  Drei  Esc adronen  preussischer  Husaren,  zwei  Escadronen 
Schulenburg  und  das  Infanterie-Regiment  Markgraf  Heinrich  erhielten 
Befehl,  in  die   Gegend  von    Teschen  abzurücken,  wo  sie  nebst  dem 
bereits    im  Ratiborschen   befindlichen  Regimente   La    Motte   unter 
den  Befehl   des  General-Majors    gleichen  Kamens    traten,    welcher 
Olier-Schlesien  gegen  Unternehmungen  vom  Jablunka-Passe  aus  zu 
l'edecken    hatte.    Für    die  abmarschierten     Truppen     erhielt     GM. 
Schulenburg      das      Infanterie-Regiment      Schwerin      und     das 
Cavallerie -Regiment  Prinz  Friedrich,  die  bisher  bei  den  Cernierungs- 
Truppen  vor  Neisse  gestanden  hatten  und  nun  in  den  Rayon  Neustadt- 
Ziegenhals  kamen.  Die  Quartiere  der  Schule  n  b  u  r  g'schen  Gruppe 
erstreckten  sich  daher  über  den  Raum  zwischen  Troppau  und  Ziegen- 
hals.   Mit    den    übrigen    vor    der    genannten  Festung  gestandenen 
Trappen  Derschau-Lifanterie,  zwei  Grenadier-Bataillonen,  1  Escadron 
Berliner  Husaren,  2  Ecadronen  Schulenburg-Grenadieren    blieb   GM. 
v.  D  erschau  am  linken    Neisse-Ufer  und  dehnte  seine  Quartiere 
bis  zur  Linie  Grottkau-Frankenstein  aus. 

Die  schwere  Artillerie  wurde  nach  Ohlau  transportiert. 
Das  Iirfanterie-Regiment  Jeetze,  5  von  Glogau  eingetroffene 
Escadronen  Bayreuth-Dragoner  und  1  Escadron  Gendarmen  unter 
dem  Befehle  des  G.  d.  J.  Herzog  von  Holstein  bezog  Quartiere 
in  der  Linie  Liegnitz-Jauer-Schweidnitz.  Das  in  Breslau  befindliche 
Regiment  Alt-Borcke  gehörte  ebenfalls  zu  dieser  Gruppe  des  preussi- 
schen  Heeres.  Tor  Glogau  und  Brieg  änderte  sich  vorläufig  nichts. 
Auch  Friedek  und  Oderberg  wurde  in  den  ersten  Februartagen 
mit  je  2  Compagnien.  ersterer  Ort  ausserdem  mit  30  Husaren,  Mährisch- 


1 11 


Ostrau  mit  1  Compagnie  besetzt.  Die  Linie  der  preussischen  Quartiere 
erstreckte  sich  somit  vom  Jablmika-Pass  bis  Liegnitz  in  einer  Länge 
von  38  und  einer  Tiefe  von  5  bis  8  Meilen.1) 

Vorgänge  am  rechten  Oder-Ufer.  Einnahme  von  Namslau. 

Die  am  4.  Januar  bei  Breslau  auf  das  rechte  Oder-Ufer 
übergegangene  Armee-Abtheilung  unter  GM.  v.  Jeetze:  die  Regi- 
menter  Bredow,  La  Motte,  und  3  Escadronen  Bayreuth-Dragoner  war 
zuerst  gegen  Namslau  gerückt,  das  eine  aus  Mannschaften  verschiedener 
Regimenter  bestehende  Besatzung  von  etwa  300  Mann  und  50  In- 
validen unter  Major  Kram  er  des  Infanterie-Eegimentes  Botta  hatte. 

Der  Ort  war  mit  Mauer,  Wall  und  Graben  umgeben.  Am 
Westende  der  Stadt  lag  das  dem  Deutschen  Ritter-Orden  gehörende 
Schloss.  Die  vorhandenen  Geschütze  waren  am  31.  December  nach 
Brieg  transportiert  und  nur  zwei  ^pfundige  und  zwei  ölöthige 
Falkonets,  nebst  20  Doppelhaken  zurückgelassen  worden. 

Der  Commandant  hatte  alle  nur  möglichen  Vorkehrungen  zur 
Verteidigung  getroffen  und  auch  die  Einwohnerschaft  bewaffnet, 
sprach  aber  schon  am  4.  Januar  die  Besorgniss  aus,  dass  der 
Bürgerschaft  nicht  recht  zu  trauen  sei.2) 

Am  9.  Januar  Vormittags  zeigten  sich  die  ersten  preussischen 
Reiter  vor  Namslau.  Der  Commandant  des  Platzes  hatte,  als  er 
Nachricht  vom  Anrücken  der  preussischen  Heeres -Abtheilungen 
erhielt,  dem  im  Schlosse  befindlichen  Wirthschafts -Hauptmann 
anbefohlen,  dasselbe  zu  räumen,  damit  er  nach  Einnahme  der  kaum 
haltbaren  Stadt,  mit  seinen  314  Infanteristen  und  den  Invaliden 
sich  zur  Verteidigung  dahin  zurückziehen  könne. 

Desselben  Tages  Nachmittags  langte  GM.  v.  J  e  e  tz  e  mit  dem 
Gros  (etwa  3000  Mann)  vor  Namslau  an  und  Hess  den  Platz  ein- 
schlössen. Das  Hauptquartier  des  preussischen  Generals  wurde  nach 
Altstadt,  die  Truppen  nach  Giesdorf,  Deuts ch-Marchwitz,  Wilkau, 
Reichen,  Buchelsdorf,  Poln.-Marchwitz,  Simmelwitz,  Obischau  und 
Michelsdorf  verlegt. 

Am  Morgen  des  10.  Januar  erschien  ein  Officier  mit  16  Dra- 
gonern vor  dem  Krakau'schen  (Polnischen)  Thore.  Der  verlangte 
Emlass  in  die  Stadt  wurde  von  dem  Posten  beim  Thore  abgewiesen, 
worauf  die  Patrouille  nach  Giersdorf  zurückritt. 

')  Uebersicht  Tafel  VII. 

2)  Bericht  an  GFWM.  Grafen  Piccolomini.  (Fürstl.  Schaumburg-Lippe'- 
sches  Archiv.) 


112 

Im  Laufe  des  Tages  stellte  der  preussische  General  die  An- 
forderung, die  Stadt  zu  übergeben.  Major  Krämer  solle  sieb  in 
das  Schloss  zurückziehen,  beide  Parteien  würden  ,, friedlich  neben- 
einander leben".  Der  österreichische  Commandant  erwiderte,  dass 
er  Befehl  habe,  Stadt  und  Schloss  auf  das  Aeusserste  zu  ver- 
theidigen. 

Am  11.  Januar  rückte  ein  Trupp  preussischer  Dragoner  von 
Deuts ch-Marchwitz  gegen  das  Breslauer  Thor,  sass  bei  dem  „Galgen- 
busch" ab  und  begann  sich  daselbst  einzugraben.  Vom  Schlosse 
aus  wurde  mit  Doppelhaken  auf  diese  Abtheilung  Feuer  ge- 
geben, worauf  sich  dieselbe  nach  Deutsch  -  Marchwitz  wieder 
zurückzog. 

Der  Hauptangriff  sollte  jedoch  von  der  Ostseite  aus 
stattfinden,  GM.  v.  Jeetze  hatte  in  der  Nacht  Infanterie 
gegen  das  Polnische  Thor  rücken  lassen,  welche  sich  dort, 
100  Schritte  von  der  Contreescarpe,  verschanzt  und  vier  Regi- 
ments-Geschütze in  Batterie  gebracht  hatte  und  liess  am  Morgen 
des  12.  Januar  den  Commandanten  nochmals  zur  Uebergabe  auf- 
fordern. 

Major  Kr  am  er  hatte  mit  der  Hälfte  seiner  Truppe  die  durch 
den  preussischen  Angriff  bedrohte  Bastion  bei  dem  Polnischen 
Thore  besetzt,  die  Munition  und  sämmtliche  Vorräthe  auf  das 
Schloss  schaffen  lassen,  vereinbarte  aber  bei  der  vollkommenen 
Aussichtslosigkeit  einer  Vertheidigung  der  Stadt  und  der  Schwierig- 
keit der  Einwohner,  die  schon  zu  revoltieren  begannen,  ver- 
rätherischerweise  die  angewiesenen  Posten  verliessen  und  die  Thore 
den  Preussen  öffnen  wollten,  „dass  er  die  Stadt  räumen,  jedoch 
sich  bis  auf  weiter  einlangende  Befehle  mit  seiner  Truppe  auf  die 
Festung  und  Commando-Schloss,  welches  bevor  ringsherum  verpalli- 
sadiert  worden,  retirieren  werde".  Nachdem  dies  zugestanden,  rückten 
die  Preussen  mit  Infanterie,  vier  Regiments-Stücken  und  einer 
Cavallerie-Abtheilung  gegen  10  Uhr  Vormittags  in  die  Stadt  und 
besetzten  sogleich  die  Hauptwache  und  beide  Thore.  „Nun  soll 
zwar  bei  der  Capitulation  auch  aecordiert  worden  sein,  class  den 
österreichischen  Officieren  und  Mann  aus  dem  Schloss  in  die  Stadt 
frei  und  ungehindert  zu  gehen,  etliche  Tage  erlaubt  sein  sollte. 
Es  hat  sich  aber  gleich  Nachmittags  geändert,  indem  der  von  dem 
Harrach'schen  Commando  herunter  in  die  Stadt  zur  Unterschreibung 
der  Capitulation  gekommene  Hauptmann  Hufnagel,  Lieutenant 
Ponsa  und  ein  Wachtmeister-Lieutenant,  ein  Constabler  und  von 
der    Wenzel  Wallis- Compagnie    ein  Feldscher    von    den  Preussen 


IIb 

gefangen  und  in  Arrest  gebracht,  daher  sodann  die  Schlossbrücke 
aufgezogen  und  geschlossen  worden". J) 

Am  andern  Tage  wurde  Kramer  von  General  J  e  e  t  z  e 
ersucht,  zu  ihm  in  die  Stadt  zu  kommen.  Der  österreichische 
Commandant  entschuldigte  sich,  schickte  aber,  da  zwei  preussische 
Ofriciere,  welche  nicht  in  das  Schloss  eingelassen  worden,  diese  Auf- 
forderung überbracht  hatten  und  mit  ihm  zu  sprechen  wünschten, 
ebenfalls  zwei  Ofriciere  hinaus,  um  zu  erfahren,  um  was  es  sich 
handle.  Hierauf  wurden  noch  zwei  Ofriciere  verlangt,  doch  Hess 
Kr  am  er  sagen:  ,,es  seien  schon  zwei  draussen  und  es  würden 
List  und  Betrug  nicht  reüssieren."  Darauf  erfolgte  die  Aufforderung, 
sich  kriegsgefangen  zu  ergeben,  „oder  es  würde  nicht  einmal  das 
Kind  im  Mutterleibe  beim  Sturm  geschont  werden".  Der  Comman- 
dant antwortete,  sie  möchten  thun,  wie  sie  wollten,  zog  die  äussersten 
Posten  ein  und  Hess  auf  die  eine  Batterie  aufwerfenden  Arbeiter 
Feuer  geben.  „Inzwischen  wurden  die  hinausgesandten  Ofriciere 
und  Mannschaft  wider  alles  Völkerrecht  als  Kriegsgefangene  zurück- 
behalten." 2) 

Nachdem  der  Wortlaut  der  abgeschlossenen  Vereinbarung 
nicht  vorliegt,  kann  auch  nicht  beurtheilt  werden,  welche  der 
beiden  Parteien  einen  Bruch  verschuldet  hat. 3) 


'i  Deutsch-Ordens-Central- Archiv.  Bericht  v.  22.  März  1741  über  die 
Ereignisse  in  Namslau  von  dem  Wirthschafts-Hauptmanne  zu  Namslau  an  Grafen 
Sazenhofen  und  Bericht  des  Oberstwachtmeisters  Kramer  an  GFWM. 
Piccolomini  vom  29.  Januar  1741.  (Fürstl.  Schaumburg-Lippe'sches  Archiv.) 

2)  Oberstwachtmeister  Krame  r's  Bericht  an  GFWM.  Piccolomini. 
Schloss  Namslau,  29.  Januar  1741.  Fürstl.  Schaumburg-Lippe'sches  Archiv. 
Ob  dies  eine  andere  Darstellung  des  Vorfalls  vom  12.  Januar  ist  oder  sich  auf 
neuerliche  Vorgänge  am  13.  Januar  bezieht,  ist  nicht  mit  Sicherheit  zu  erkennen. 

3)  Die  Zeitschrift  des  Vereines  für  Geschichte  und  Alterthum  Schlesien.- 
enthält  im  XVIII.  Bande  von  Dr.  Franz  Wachler  mitgetheilte  Aufzeich- 
nungen eines  Zeitgenossen  aus  den  Jahren  1740  bis  1741,  der  über  den 
kritischen  11.  Januar  Folgendes  berichtet :  „Um  eilf  Uhr  hielten  die  Preussen 
ihren  Einzug  in  die  Stadt  mit  400  Mann  und  nachdem  sie  auf  dem  Ringe 
paradiert,  besetzten  sie  die  Hauptwache  und  beide  Thore,  jedes  mit  30  Mann, 
vor  das  Schloss  zwei  Mann,  wobei  zwei  Kaiserliche  zugleich  stunden.  Die 
preussischen  Officiers  giengen  auf  das  Schloss  zu  jenen  und  jene  kamen  selbigen 
Tag  auch  wieder  zu  diesen  in  die  Stadt.  Den  12.  Januar  wollte  der  preussische 
General  auf  dem  Schlosse  Platz  machen  lassen  und  eines  und  das  andere  an- 
ordnen, weil  er  nunmehr  mochte  erfahren  haben,  wie  der  Commandant  das 
Schloss  mit  Allem  wohl  versehen  und  sich  ohnfehlbar  in  der  Güte  nicht 
wieder  würde  herunterweisen  lassen  (man  sagte,  es  hätten  es  die  Herren  Preussrn 
versehen,  dass  sie  nicht  zuvor  das  Schloss  visitieret,  die  Kaiserlichen  mit  völligem 
Gewehr  hinauf  marschieren  lassen  oder  doch  nicht  einige  Mannschaft  mit  hinauf 

Oesterreichischer  Erbl'olgekrieg.  IT.  Bd.  8 


114 

Am  13.  Januar  Hess  Oberstwachtmeister  Kr  am  er  dasWachthaus 
unter  dem  Deutschen  Thore,  nebst  den  darin  befindlichen  Vorräthen  an 
rauliem  Futter  durch  einen  Musketier  von  Harrach  in  Brand  stecken.1) 

Um  den  Angriff  auf  das  Schloss  wirksam  unternehmen  zu 
können,  setzten  die  Preussen  in  den  nächsten  Tagen  sich  hinter 
den  Mauern  einer  verfallenen  Kirche  fest,  legten  dort  Bretter- 
bettungen zur  Aufstellung  einer  Batterie  und  benutzten  ausserdem 
das  daneben  liegende  Kloster  zur  Aufstellung  von  Geschützen.  Da 
die  leichten  Regiments-Geschütze  gegen  das  Schloss  ohne  "Wirkung 
waren,  so  erhielt  der  preussische  Befehlshaber  auf  seinen  Antrag 
von  jenen  Geschützen,  die  Major  v.  Merk  atz  von  Glogau  nach 
Neisse  gebracht  hatte,  zwei  12-Pfünder  und  zwei  50pfündige  Mörser 
zugewiesen,    die    über  Ohlau  am  24.  Januar  in  Namslau  eintrafen. 

Vom  Schloss  wurde  inzwischen  das  Feuer  auf  die  preussischen 
Angriffs  arbeiten  fortgesetzt,  nicht  ohne  den  dabei  beschäftigten 
Mannschaften  Verluste  zuzufügen. 2) 

Am  25.  wurden  die  beiden  12-Pfünder,  nebst  vier  Regiments- 
Geschützen  in  der  , .wüsten"  Kirche,  die  Mörser  im  Klosterhof  placiert. 

Am  27.  begann  um  5V2  Uhr  Früh  die  Besehiessung  des 
Schlosses,  welche  bis  80.  Januar  fortgesetzt  wurde. 3) 

Das  Feuer  wurde  von  den  Belagerten  im  Schloss  in  den 
ersten  Tagen  der  Besehiessung,  soweit  es  die  geringen  Ver- 
theidigungsmittel  erlaubten,  kräftig  erwidert. 


geschickt  hatten).  Der  Commandant  auf  dem  Schlosse  aber  wollte  nichts  ge- 
statten, sagte,  es  sei  wider  den  Accord  und  nachdem  die  Preussen  dadurch 
was  anders  im  Sinne  haben  möchten,  wäre  es  besser,  ihre  Freundschaft  nehme 
ein  Ende,  sie  hätten  die  Stadt,  er  wolle  das  Schloss  behaupten,  zog  auch 
gleich  seine  Schildwache  hinein,  zog  die  Brücke  auf  imd  liess  Alles  auf  das  Beste 
verwahren." 

1)  Schlesische  Kriegs-Fama  und  Wachler.  Namslau  im  ersten  schlesischen 
Kriege. 

2)  Am  1-1.  Januar  disponierte  der  Commandant  einen  Ausfall,  um  sechs 
Ochsen,  die  noch  in  nicht  allzu  entfernten  Ställen  ausserhalb  des  Schlosses 
standen,  in  dasselbe  zu  bringen,  was  auch  gelang.  Trotz  der  Energie  des 
Commandanten  Hessen  sich  einige  Desertionsfälle  der  Besatzung  nicht  hindern. 
Ein  Deserteur,  der  sich  aus  dem  Schlosse  herabliess,  wurde  von  Major  Kram  er 
sogar  selbst  erschossen  und  blieb  einige  Tage  im  Schlossgraben  unbeeidigt 
Hegen  .  (Scldesische  Kriegs-Farna.) 

3)  Es  erfolgten  an  diesem  Tage  Vormittag  95,  Nachmittag  6,  am  28.  93, 
am  29.  3-1.  am  30.  Vormittag  63,  Nachmittag  30,  zusammen  321  Kanonen- 
schüsse. Bomben  wurden  nach  dem  Schloss  geworfen  am  27.  Januar  5. 
am  28.  20,  am  29.  10,  am  30.  Vormittag  4.8,  Nachmittag  17,  zusammen  Kid. 
sammt  Feuerkugeln. 


115 

Am  27.  Januar  hatte  Oberstwachtmeister  Kr  am  er,  nachdem 
die  Beschiessung  die  Bedachung  des  Schlosses  arg  geschädigt  hatte, 
einen  Tambour  in  die  Stadt  mit  dem  Anerbieten  einer  Capitulation 
gesendet,  falls  ihm  mit  seiner  unterstehenden  Trappe  freier  Abzug 
mit  Wehr  und  Waffen,  klingendem  Spiel  und  zwei  geschlossenen 
Rüst  wagen  bewilligt  werde.  Die  Preussen  verlangten  jedoch  Er- 
gebung auf  Discretion,  worauf  das  Bombardement  wieder  begann.  1> 

Die  Preussen  warfen  auf  die  Nachricht  eines  Ueberläufers, 
dass  es  im  Schlosse  nicht  am  besten  stehe  und  die  Soldaten 
Neigung  zur  Ergebung  zeigten,  zahlreiche  glühende  Kugeln  und 
Pechkränze  in  den  Hof  des  Schlosses  und  setzten  das  Bombardement 
ausserordentlich  heftig  fort,  so  dass  die  Garnison,  da  die  Bedachung 
durchgeschlagen,  in  die  Keller  retirieren  musste,  es  aber  dort  des 
eingedrungenen  Rauches  halber  nicht  lange  aushalten  konnte. 

So  dauerte  der  preussische  Angriff  am  29.  und  30.  Januar 
mit  Heftigkeit  an. 

Auf  den  zusammengeschossenen  Gängen  und  Böden  konnte 
sich  die  Garnison  des  Schlosses  nicht  mehr  halten,  um  die  Ver- 
theidigung  fortzusetzen.  Oberstwachtmeister  Kram  er  liess  daher 
am  31.  Januar  um  8  Uhr  Morgens  auf  dringendes  Bitten  seiner 
Untergebenen  Chamade  schlagen  und  es  wurde  am  Nachmittage  ein 
Accord  dahin  geschlossen,  ,,dass  sich  die  ganze  Garnison,  so  nach 
Abzug  der  Deserteurs  von  314  Mann  aufgezogen,  nur  in  275  Mann 
bestand,  mit  Ablegung  des  Ober-  und  Untergewehres  und  Bei- 
behaltung der  Ranzen,  sammt  allen  Oberofncieren,  welchen  Degen 
und  Stock  belassen  wurden,  zu  Kriegsgefangenen  ergebe".  2) 

Am  Nachmittage  des  31.  Januar,  nach  unterschriebener  Capi- 
tulation, wurden  die  kriegsgefangenen  Soldaten  von  einem  preussi- 
schen  Commando  in  die  Stadt  geholt  und  bis  zur  Abführung  in 
vier  Häusern  bequartiert,  den  Ofncieren  aber  auf  dem  Schloss 
zu  bleiben  erlaubt,  Fähnrich  Schlich ting  jedoch  als  früherer 
preussischer  Deserteur  gefangen  genommen.  Das  Schloss  wurde 
sofort  von  den  Preussen  besetzt. 

Die  Verluste  waren  auf  beiden  Seiten  unbedeutend  gewesen. 

Am  3.  Februar  wurde  die  kriegsgefangene  Mannschaft  nach 
Breslau  unter  einer  Escorte  von  90  Mann  abgeschickt  und  am  7. 
folgten  die  zurückgebliebenen  Officiere. 


J)  Sclilesische  Kriegs-Fama. 

2)  Sclilesische  Kriegs-Fama,    Bericht  des  Wirthschafts-Hauptmanns    von 
Namslaa. 


116 

Von  der  Armee-Abtheilung  des  GM.  v.  Jeetze  waren  in 
der  dritten  Dekade  des  Januar  zwei  Escadronen  Bayreuth-Dragoner 
mit  100  Mann  Infanterie  entsendet  worden,  um  Brieg,  welches 
GM.  v.  Kleist  am  linken  Oder-Ufer  cernierte,  auch  auf  dem  rechten 
einzuschliessen.     Sie  trafen  am  25.  Januar  dort  ein. 

Ferner  wurden  von  Namslau  zwei  Bataillone  und  eine  Escadron 
als  Besatzung  nach  Oppeln,  das  GM.  v.  Kleist  am  15.  Januar 
schon  durch  ein  Detachement  seiner  Truppen  von  Brieg  aus  hatte 
besetzen  lassen,  gesendet,  wo  sie  Ende  Januar  eintrafen. 

GM.  v.  Jeetze  blieb  vorläufig  mit  dem  Regiment  Bredow 
und  drei  Escadronen  Bayreuth-Dragonern  in  Namslau  und  Umgegend. 
wo  Ende  Januar  noch  fünf  Escadronen  Leib-Carabiniers,  die  ur- 
sprünglich zum  IL  Corps  für  die  Cernierung  von  Glogau  be- 
stimmt waren,  bei  ihm  einrückten. 

Einnahme  von  Jablunkan. 

Der  Posten  Jablunkan  war  mit  einer  Compagnie  des  Infanterie- 
Regiments  Wallis,  104  Mann  stark  (darunter  90  unausgebildete 
Re ernten),  8  Artilleristen  und  120  Landleuten  (Land-Vybranzen), 
besetzt.  Die  Armierung  der  in  mangelhaftestem  Stand  befindlichen 
Befestigung,  einer  geschlossenen,  damals  total  verfallenen  Schanze, 
bestand  in  acht  schlechten  Geschützen,  die  man  jedoch,  da  die 
Batterien  nicht  hergerichtet  waren,  gar  nicht  aufführen  konnte. 

Kein  Thor  war  zu  sperren,  keine  Aufzug-Brücke  vorhanden. 
Die  zu  jener  Zeit  aus  dem  Teschen'schen  gesendeten  wenigen 
Arbeiter  konnten  wegen  der  Ungunst  der  "Witterung  bei  der  Aus- 
besserung des  Objectes  nur  Geringes  bewirken. 

Das  Commando  führte  Oberstlieutenant  Baron  O'Reilly, 
welcher  über  den  Nothstand  des  von  ihm  befehligten  Postens  an 
den  Commandierenden  in  Ungarn  berichtet,  auch  bemerkt  hatte, 
dass  der  Teschen'sche  Landeshauptmann  Baron  Skrbensky  die 
beigestellten  Schanzarbeiter,  weil  die  Preussen  im  Anmärsche  seien, 
zurückgerufen  habe  und  er  daher  die  Pallisaden  um  die  Schanze 
nicht  durchgehends  habe  setzen  können,  auch  nicht  mit  genügenden 
Vorräthen  für  die  Garnison  versehen  sei.  Er  verstärke  den  Posten 
indessen  weiter  und  erwarte  das  zu  dessen  Besatzung  bestimmte 
Max  Starhemberg'sche  Bataillon  (heute  Nr.  24). J) 

Das  aus  Leopoldstadt  vom  commandierenden  General  über- 
sendete Mehl  konnte  nicht  verwendet  werden,    da    keine  Backöfen 


!)  K.  A.,  H.  K.  E.  1741,  Prot.  Exp.  Fol.  390. 


117 

vorhancl  en  waren,  die  Löhnung  für  die  Mannschaft  war  bis  Ende 
Februar  vorhanden,  doch  hatten  die  Officiere  etwa  zehn  Monate 
keine  Gage  erhalten,  ebenso  war  auch  kein  Geld  da,  um  die  be- 
waffneten Landbewohner  auszuzahlen.  l) 

Der  comniandierende  General  in  Ungarn,  FM.  Graf  Johann 
Palffy  erkannte  ganz  richtig  und  noch  zeitgerecht  die  missliche 
Lage  dieses  wegen  der  Strasse  über  das  Gebirge  in  das  Waag-Thal 
wichtigen  Punctes,  ohne  jedoch  recht  in  der  Lage  zu  sein,  den- 
selben unterstützen  zu  können,  da  die  Mähren  und  Schlesien  zu- 
nächst liegenden  Comitate  durch  den  Abmarsch  der  Cavallerie- 
Regimenter  Hohenzollerii,  Lanthieri,  Hohenems  und  Batthyanyi 
von  Truppen  vollkommen  entblösst  waren  und  die  Nachrückung 
ihres  Ersatzes  noch  eine  ziemliche  Zeit  in  Anspruch  nehmen  musste. 
Das  Eintreffen  des  nach  Jablunkau  bestimmten  Max  Starhemberg'- 
schen  Bataillons,  das  aus  Szegedin  im  Marsche  war,  konnte  noch 
geraume  Zeit  nicht  zu  gewärtigen  sein.  Palffy,  der  selbst  nichts  thun 
konnte,  rieth  jedoch  in  AVien  an,  von  den  nach  Schlesien  beorderten 
Regimentern,  deren  Colonnen  ohnehin  beiSkalitz  sich  stauten,  sofort 
eines  oder  zwei  dorthin  zu  entsenden,  da  keine  Stunde  zu  ver- 
säumen sei. 

Er  drang  darauf,  wenigstens  Proviant  nach  Jablunkau  zu 
schaffen,  stellte  auch  anheim,  von  den  bestehenden  ungarischen 
National-Truppen  zu  Pferd,  sei  es  aus  Raab,  Gran,  Komorn  oder 
Szolnok  dorthin  zu  entsenden,  die  aber,  sobald  dies  geschähe,  aller- 
dings sofort  die  Bezahlung  ihrer  Soldrückstände  verlangen  würden.2) 

Leider  wurden  P  al  ff  y's  Vorschläge  nicht  berücksichtigt  und 
der  Platz  blieb  nach  wie  vor  vernachlässigt. 3) 

Schon  in  den  letzten  Januartagen  streiften  preussisehe  Husaren 
bis  in  die  Nähe  des  Passes  und  am  8.  Februar  erschien  GM.  L  a 
Motte,  welcher  in  den  ersten  Februartagen  das  Herzogtimm 
Teschen  besetzt  hatte,  mit  seinem  Regiment  vor  der  Schanze.     Er 


1)  Ebenda,  Fol.  400. 

2)  FM.  Palffy  an  den  Grossherzog.  Pressburg,  '27.  Januar  174-1. 
K,  A.,  Mähren  und  Schlesien  1711,  I,  14. 

3)  ,, Vous  savez  apparement,  que  les  conquerants  se  sont  empares  par  sur- 
prise  du  passage  de  Jablunkau,  qui  n'etait  garde,  gräce  ä  la  negligence  ordi- 
naire  de  la  Cour  de  Vienne,  que  d'une  centaine  d'Autricbiens  mal-armes  et 
depourvus  de  tout  ce  qu'il  faut  pour  se  defendre."  Graf  M  a  n  1  eu  t't'el  an 
FM.  Seckendorff.  (H.  H.  u.  St.  A.,  Gr.  Correspondenz.  Fase.  192.  Con- 
volut  A.) 


118 

hatte  kaum  seine  Regiments-Geschütze  aufführen  lassen,  als  viele 
Landleute  davonliefen,  ihre  Gewehre  den  Preussen  übergaben  und 
ihren  Heimathsorten  zueilten. 

Von  dem  kläglichen  Zustande  des  Objeets  unterrichtet,  forderte 
der  preussische  General  die  Besatzung  zur  Uebergabe  auf.  Noch 
am  selben  Tage  kam  eine  Vereinbarung  zum  Abschluss.  wonach 
O'Reilly  das  Werk  übergab  und  mit  seinen  Truppen  die  Be- 
willigung zum  freien  Abzug  mit  allen  Kriegsehren  nach  Ungarn 
erhielt.  r)  Die  in  Jablunkau  befindlichen  bedeutenden  Salzvorräthe 
fielen  dem  Feinde  in  die  Hände. 

Die  Preussen  verlegten  als  Besatzung  nach  Jablunkau  300  Mann 
Infanterie,  15  Husaren  und  zwei  Regiments-Geschütze,  die  übrigen 
Truppen  kehrten  nach  Teschen  zurück. 

Im  Laufe  des  Februar  traten  dann  noch  einige  Veränderungen 
in  der  Vertheilung  der  Truppen  ein.  2)  Die  Armee-Abtheilung  des 
GM.  v.  Jeetze  als  seibstständiges  Commando  wurde  aufgelöst 
und  der  General  mit  dem  Infanterie-ßegirnente  Bredow  dem  GL. 
Grafen  Schulenburg  unterstellt.  Die  am  rechten  Oder-Ufer 
stehenden  zwei  Escadronen  Bayreuth  -  Dragoner  wurden  dem 
GM.  v.  Kleist,  die  dritte  Escadron  dem  <^M.  v.  D  erschau 
zugewiesen.  Das  Leib  -  Carabinier  -  Regiment  verblieb  auf  dem 
rechten  Oder-Ufer  zwischen  Oppeln  und  Ratibor,  ferner  kamen  zum 
Schulenbur g'schen  Commando  noch  2  unter  GM.  La  Motte 
gestandene  Escadronen  Schulenburg  und  vom  Commando  des  GM. 
v.  D  erschau  die  Grenadier-Bataillone  "Wedeil  und  Buddenbrook, 
sowie  die  Escadron  Leib-Husaren.  Das  Infanterie-Regiment  Alt- 
Borcke.  in  Breslau  wurde  selbstständig  gemacht. 

Die  schwere  Artillerie,  welche  nach  Auf  hebung  der  Beschiessung 
von  Neisse  nach  Ohlau  gebracht  worden  war,  blieb  am  letzt- 
genännten  Platze. 

In  dem  von  GM.  v.  D  e  r  s  c  h  a  u  befehligten  Rayon  wurde 
Anfangs  Februar  ausser  den  Pässen  von  AVeidenau,  Patschkau  und 
Wartha  auch  jener  von  Silberberg  mit  2  Compagnien  besetzt, 
deren  Unterstützung  2  weitere  Compagnien  und  2  Escadronen  in 
Frankenstein  bildeten. 3) 


*)  Den  Wortlaut  der  Capitulation.  sowie  die  vollständige  Kehabilitierung 
O'Eeilly's  durch  den  Hof-Kriegsrath  enthält  Anhang  XVI. 

2)  Uebersicht,  Tafel  VII. 

3)  Kriege  Friedrich  d.  Gr.,  I,  2S9  u.  ff. 


FML.  Graf  Browne  in  Mähren. 

Der  kleine  Krieg  an  den  mährisch-schlesischen  Grenzen  im  Monate 

Februar. 

in  den  Verhältnissen  der  königlich  ungarisch -böhmischen 
Truppen  trat  schon  mit  Anfang  Februar  ein  günstiger  Umschwung 
ein.  Das  Eintreffen  der  Regimenter  und  deren  Aufmarsch  in  der 
Linie  Mistek-Sternberg  vollzog  sich  successive. 

Der  Hof  -  Kriegsrath  mässigte  aber  den  zu  jedem  Wagniss 
bereiten  Offensivsinn  des  FML.  Grafen  Browne  nachdrücklich 
durch  die  ihm  ertheilten  Instructionen,  welche  ihm,  vermuthlich 
auf  Betreiben  des  bedächtigeren  Neipperg  die  Hände  völlig 
banden.1)  ,,Die  Truppen  sollten  keineswegs  ohne  Noth  abgemattet 
und  selbe,  soviel  als  nur  thunlich,  auch  sonst  menagiert  werden. 
Man  hielte  auch  einen  Entsatz  von  N  e  i  s  s  e  dermalen  nicht 
rathsam",  woraus  hervorgeht,  dass  Browne  einen  solchen  geplant 
hatte.  Auf  die  in  der  Armee  bestehenden  Unregelmässigkeiten  be- 
züglich zu  vieler  Pferde  und  Bagageu  wurde  insoferne  Einfluss 
genommen,  dass  ein  Equipage-Reglement  in  Aussicht  gestellt  ward, 
inzwischen  aber  den  Regiments-Commanclanten  bedeutet  wurde, 
dass  den  Ofhcieren  nur  für  die,  die  Vorschrift  nicht  übersteigende 
Pferdezahl  die  Fourage  werde  verabreicht  werden. 2) 


')  „Browne  habe  gebeten,  mau  solle  ihm  freie  Hand  lassen,  er  habe 
schon  günstige  Gelegenheiten ,  weil  er  gebunden  gewesen  sei ,  vorüber- 
gehen lassen  müssen.  Neipperg  sei  dem  entgegen,  daher  es  ihm  abgeschlagen 
worden,  worüber  Browne  und  seine  hiesigen  Freunde  sehr  missvergnügt 
sind."  Bericht  aus  Wien  v.  25.  Februar  1741  des  Freiherrn  v.  Seckendorft 
an  den  Herzog  von  S  a  c  h  s  e  n  -  G  o  t  h  a.  (H.  H.  u.  St.  A.,  Geschriebene  Zeitungen 
Fase.  17.) 

2)  K.  A.,  H.  K.  R.  1741.  Prot.  Reg.  Fol.  164.  25.  Januar. 


120 

Die  Stellung  Brow  n  e!s  war  überhaupt  keine  glückliche.  *) 
Er  sollte  sich  nicht  nur  von  Wien  aus,  sondern  von  jüngeren 
Generalen  über  die  Art  und  Weise  der  Operationen  belehren  lassen. 
In  dieser  Richtung  leistete  Lentulus  ganz  Ausserordentliches.  Die 
Projecte  desselben  zur  Landesvertheidigung  sollte  Browne,  nach- 
dem Ersterer  inzwischen  in  das  Glatz'sche  abgereist  war,  ausführen 
lassen,  trotzdem  er  mit  dem  grössten  Theile  derselben  nicht  ein- 
verstanden war.  Das  mährische  Gebirge,  berichtete  Browne  dem 
Hof-Kriegsrath,  sei  lange  nicht  so  ungangbar,  als  man  es  schildere. 
Die  bereits  fertigen  und  in  Aussicht  genommenen  Verhaue  könnten 
insgesammt  ohne  besondere  Schwierigkeiten  umgangen  und  geöffnet 
werden.  Die  mährischen  Landesvertheidiger  seien  so  unbändig,  dass 
er  bereits  die  meisten  derselben  entlassen  habe  und  den  Rest  bald 
zu  entlassen  gedenke.  Wer  Projecte  mache,  möge  sie  auch  aus- 
führen. 2) 

Hier  zeigte  sich  schon  der  Widerstreit  der  Meinungen  zwischen 
B  r  o  w  n  e  und  Lentul  u  s,  respective  N  e  i  p  p  e  r  g.  Dazu  kam  en 
noch  Ungeschicklichkeiten,  die  den  wahrlich  nicht  auf  Rosen  ge- 
betteten Interims-Commandanten  zu  verstimmen  geeignet  waren. 
So  wurde  GF WM.  Baron  Philibert,  der  mit  dem  Hohenzollern'- 
schen  Cürassier-Regiment  beim  Br  o  wn  e'schen  Corps  angekommen 
war,  mit  der  Verlegung  der  ankommenden  Regimenter  von  L  e  n- 
t  u  1  u  s  beauftragt.3)  Auch  beklagt  sich  B  r  o  w  n  e  über  N  e  i  p  p  e  r  g's 
Correspondenz  und  dessen  ,, nicht  ganz  besonders  höfliche  Ausdrücke". 

Trotz  aller  dieser  Hemmnisse  und  Unannehmlichkeiten  und 
trotz  des  Befehles,  ,, nichts  zu  riskieren,  ohne  Aussicht  auf  Erfolg", 
gedachte  der  unermüdlich  thätige  FML.  Graf  Browne,  nunmehr 
genügend  basiert  und  verstärkt,  wenigstens  den  kleinen  Krieg  gegen 
die  in  den  Winter-Quartieren  befindlichen,  der  Ruhe  bedürftigen 
preussischen  Truppen  zu  beginnen.  Er  hatte  sich  schon  am  3.  Februar 
mit  dem  Olmützer  Kreishauptmann  Baron   Sehn  b  i  r  z   und  einem 


J)  ,,Und  zwar  kommt  mir  sonderheitlich  vor,  dass  der  Herr  GFWM. 
Graf  v.  B  r  o  w  n  e  numnehro  Dieselben  und  mich  etwas  besser  zu  begreifen 
anfange,  indem,  wie  er  die  Truppen  dermalen  verlegt,  postiert  und  setzet, 
aueb  wie  er  seine  übrige  Veranstaltung  in  ein  so  anderem  jetzo  machet 
und  einleitet,  mit  unsern  beiderseitigen  Sentiments  ungefähr  und  so  viel  es 
seine  letzte  Retraite  zidasset,  übereinstimmt  und  ja  hoffen,  dass  er  auch 
selbigen  in  all'  übrigen  nach  Thun-  und  Möglichkeit  sich  fügen  werde." 
Neipperg  an  Lentulus,   7.  Febr.    1741.   (K.  A..  F.  A.  Schlesien  1741.  II.  8. 

2j  Oesterr.  Milit.-Zeitschrift  1827,  I. 

s)   EL  A..  Mähren  und  Schlesien  1741,  I.  9, 


121 

Ingenieur-Lieutenant  nach  Carlsberg  begeben  und  auch  den  Oberst- 
wachtmeister Schmidt  von  Freudenthal  zu  einer  Conferenz  dahin 
berufen,  J)  worin  beschlossen  wurde,  die  Communicatioh  des  Corps 
mit  dem  Posten  Freudenthal  unter  allen  Umständen  offen  zu 
erhalten  und  ihn  eventuell  als  Ausgangspunct  für  weitere  Unter- 
nehmungen zu  benützen.  Da  inzwischen  auch  das  Husaren-Regiment 
Csaky2)  beim  Corps  des  FML.  Grafen  Browne  eingerückt  war, 
wurde  der  Posten  mit  einem  Husaren-Detachement  verstärkt.  Von 
Olmütz  wurden   10  Centner  Pulver  und  Blei  dorthin  gesendet. 

Am  4.  Februar  fiel  bereits  unweit  Freudenthal  bei  Ebersdorf 
zwischen  österreichischen  und  prenssischen  Husaren  ein  für  die 
ersteren  glückliches  Rencontre  vor. 3) 

FML.  Graf  Browne  entsendete  auch  ein  Commando  von 
40  Freiwilligen  des  Husaren-Regiments  Csaky  unter  einem  Lieu- 
tenant nach  Neisse.  Dieses  Detachement  gelangte  nicht  nur  am 
<;.  Februar  glücklich  in  die  Festung,  sondern  nahm  unterwegs  drei 
preussische  Proviantwagen  und  eine  Gasse  mit  Regimentsgeldern, 
machte  26  Husaren  sammt  ihren  Pferden  und  30  österreichische 
Deserteurs,  die  von  Ohlau  durchgegangen  waren,  zu  Gefangenen.  4) 
Gegen  Jägerndorf  wurde  sogar  ein  Versuch  gemacht,  den 
preussischen  Ober-Commandanten  FM.  Schwerin  aufzuheben. 
Als  dieser  am  18.  Februar  dort  ankam,  sprengten  40  österreichische 
Husaren  bis  in  die  Vorstadt,  wurden  aber  durch  eine  preussische 
Husaren-Escadron  mit  einem  Verluste  von  zwei  Unterofficieren  und 
5  Mann  zum  Rückzug  genöthigt. 

Am  23.  Februar  stiess  ein  mit  1  Unterofficier  und  7  Husaren 
von  Grätz  aus  die  österreichischen  Quartiere  und  Aufstellungen 
recognoscierender  preussischer  Lieutenant  auf  50  Husaren.  Schwer 
verwundet  fiel  der  Führer  der  Patrouille  mit  dreien  seiner  Leute  in 
die  Hand  der  österreichischen  Abtheilung,  während  der  Rest  der 
Patrouille  mit  einem  erbeuteten  Pferde   davonjagte. 


v)  Deutsch-Ordens-Central- Archiv;  Fase.  724/727. 

2)  Die  eine  Coloime  des  Kegiments  hatte,  von  Ungarn  kommend,  Wien 
am  20.  Januar  passiert  und  war  beim  Durchmarsche  vom  Grossherzoge  und 
Prinzen  Carl  v.  Lothringen  inspiciert  worden.  Die  zweite  Colonne  rückte 
am  23.  Januar  durch  Wien.  („Wienerisches  Diarium"  Nr.  6  und  7  vom  21.  und 
25.  Januar  1741.) 

3)  „Wienerisches  Diarium"  Nr.  12  vom  11.  Februar  1711. 

4)  Bericht  des  Grafen  Sazenhofen  vom  11.  Februar  1711  an  die 
Ordens-Eegierung.  (Deutsch-Ordens-Central-Archiv,  Fase.  721  727  und  Schle- 
sische  Kriegs-Fama,  VIII,  Beilage  38.) 


J  -2 -2 

Auch  im  Teschen'scheii  wurde  es  um  die  preussischen  Quartiere 
lebendig.  Ein  preussischer  Cornet,  der  Anfangs  Februar  mit  1  Unter - 
officier  und  10  Husaren  von  Friedek  über  die  Ostrawicza  gegen 
Mistek  vorgieng,  das  mit  Husaren  und  Landesaufgebot  besetzt  war, 
wurde  gefangen  genommen. *) 

Um  die  Mitte  des  Monats  (15.  Februar)  fand  bei  Friedek 
ein  ernsterer  Zusammenstoss  statt.  Im  genannten  Orte  standen 
2  Compagnien  i\t:^  preussischen  Regiments  Markgraf  Heinrich  in 
der  Stärke  von  -200  Mann,  nebst  30  Husaren  unter  Major  von 
Münchow.  Mistek  war,  wie  erwähnt,  von  ungarischen  Husaren 
und  mährischem  Landvolk  besetzt,  15  Kilometer  westlieh  vom 
genannten  Orte,  in  Freiberg,  stand  ein  aus  Abtheilungen  ver- 
schiedener Regimenter  zusammengesetztes  Detachement.  Die  Be- 
satzung des  Postens  von  Mistek,  vermuthlich  verstärkt  durch  jene 
von  Freiberg,  erschienen  nun  vor  Friedek  und  schlössen  den 
Ort  ein.  Die  Versuche,  denselben  einzunehmen,  scheiterten  jedoch 
an  der  tapfern  Gegenwehr  der  Vertheidiger.  Sobald  GM.  L  a 
31  o  1 1  e  hievon  in  Teschen  Meldung  erhielt,  rückte  er  mit  einer 
stärkeren  Abtheilung  gegen  Friedek  vor,  wo  er  am  16.  Februar 
eintraf  und  die  Oesterreicher  mit  einem  Verluste  von  zwanzig 
Todten  und  zahlreichen  Verwundeten  zurückdrängte,  während  die 
Preussen  nur  4  Mann  verloren.  La  Motte  folgte  den  ab- 
ziehenden Oesterreichern  bis  Mistek,  das,  angeblich  wegen  an 
preussischen  Soldaten  dort  verübten  Grausamkeiten,  in  Brand 
gesteckt  wurde. 2) 

Die  aus  Ungarn  nach  Mähren,  beziehungsweise  Schlesien 
marschierenden  Regimenter  hatten  jeden  dritten  Tag  Rasttag  zu 
halten  und  nachdem  die  eine  Route  über  Skalitz  in  Folge  der  An- 
häufung der  auf  derselben  marschierenden  Truppenkörper  sich  als 
unzureichend    erwies,    wurden    am    24.    Januar    noch    weitere    drei 


J)  Kriege  Friedrich  d.  Gr.  I,  293. 

2)  Kriege  Friedrich  d.   Gr.  I,  2(.)4 

Die  Königin  Maria  Theresia  belobte  am  7.  März  in  einem,  an  den 
Olmützer  Kreishauptmann  gerichteten  Erlasse  die  Haltimg  der  aufgebotenen 
Landbevölkerung  bei  dieser  Gelegenheit:  ,,aus  Deiner  unterm  21.  v.  M.  an 
Unser  kgl.  Tribunal  erstatteten  Relation  zu  vernehmen  vergnüglich  gewesen, 
dass  sich  Unsere  getreuen  "Wallachen  bei  Attaquier-  und  Uebersteigung  der  von 
dem  Feinde  besetzt  gewesten  Stadt  Friedek  mit  einer  besonders  rühmlichen 
Tapferkeit  und  Herzhaftigkeit  hervorgethan".  (Acten  der  k.  k.  Statthaltern 
in  Brunn). 


1  23 

Einbruchsrouten  nach  Mähren  geöffnet  und  zwar  über  den  Welka-, 
Hrozinkauer  und  Ularzer  Pass.  l) 

Die  Löhnungen  für  die  Mannschaft  musste  das  Land  Mähren, 
so  lange  die  Trappen  in  demselben  bequartiert  waren,  beistellen.  2) 
Die  in  das  Feld  befehligten  Cavallerie-Regimenter  hatten  in  je 
zwei   Gruppen  getheilt  zu  marschieren. 

Allen  Regimentern  überhaupt,  auch  jenen,  welche  aus  Ungarn 
durch  Meder-Oesterreich  marschierten,  wurde  als  Marschziel  Olmütz 
angegeben.  3) 

Die  Königin  Maria  Theresia  sah,  in  Anbetracht  der 
bedeutenden  Lasten,  welche  die  Unterthanen  der  Markgrafschaft 
Mähren  auf  sich  zu  nehmen  hatten,  ihnen  die  zu  den  Weg-Repa- 
rierungen rückständigen  Hand-  und  Zug-Robote  nach.  Das  Land 
beeilte  sich  auch,  freiwillig  Recruten  zu  den  einrückenden  Regi- 
mentern zu  liefern  und  das  königliche  Tribunal  erhielt  in  Folge 
dessen  Auftrag,  der  Königin  Wohlgefallen  den  dortigen  Ständen 
und  einigen  Zünften  ..wegen  gestellter  Recruten  zu  erkennen  zu 
geben".  4) 

Die  zunächst  zu  erwartende  Verstärkung  bestand  in  den  Caval- 
lerie-Regimentern  Hohenems  (aus  Kaschau)  und  Seherr  (aus  dem 
Eisenburger  Oomitat),  den  Infanterie-Regimentern  Baden  aus  Szigeth, 
Thüngen  (aus  Ungarn)  und  Alt-Daun  (aus  Inner-Oesterreich). 

Am  7.  Februar  standen  die  königlich  ungarisch -böhmischen 
Truppen  mit  den  inzwischen  eingerückten  Verstärkungen,  den  Regi- 
mentern Hohenems-  Cürassiere,  Baden-  und  Thüngen -Infanterie, 
folgendermassen : 

Am  rechten  Flügel  in  Mistek  Landbevölkerung  und  1  Husaren- 
Detachement,  in  Freiberg  ein  gemischtes  Commando  verschiedener 
Regimenter,    in    Neutitschein    5    Escadronen     Csaky-Husaren.     Im 

1)  Prot.  d.  böhm.  Hofkanzlei. 

2)  Ebenda. 

3)  K.  A.,  H.  K.  R.  1741.  Prot.  Reg.  Fol.  71.  Die  Spionage  scheint  üppig 
in  Blüthe  gestanden  zu  sein,  denn  Bro  w  n  e  erhielt  vom  Hof-Kriegsrathe  die 
Weisung,  auf  Reisende  aus  Schlesien,  sowie  auf  Postillone  und  den  Grenz- 
verkehr ein  sehr  wachsames  Auge  zu  haben.  Der  Commandant  von  Olmütz, 
Oberst  F  a  1  a  i  z  e  hatte  zu  dieser  Zeit  an  den  Hof-Kriegsrath  berichtet,  „dass 
ein  für  einen  Apotheker-Gesellen  sich  gebender  allhier  in  der  goldenen  Hirsch- 
Apotheke  in  Diensten  gestanden  sein  sollender  Püchler  von  der  preussischon 
Armee  mit  Pass  von  Graf  Gott  er  angelangt  sei".  (K.  A.,  H  K.  R.  Prot. 
Exped.  1741.  Fol.  320). 

4)  Prot,  d.  böhm.  Hofkanzlei.  27.  Jan.  1741. 


J24 

Centrum  der  Best  des  Regiments  in  Pohl,  Bölten  und  "Weiss- 
kirchen ;  in  Leipnik  Harrach  und  1  Bataillon  Baden-Infanterie,  in 
Osseg  Thüngen;  in  Prerau  2  Bataillone  Baden,  in  Bohorz  und 
Ober-Moschtienitz  Hohenems-Cürassiere.  Am  linken  Flügel :  Lan- 
thieri-Cürassiere  in  Trschitz  und  Wolzanowitz,  Liechtenstein-Dragoner 
in  Gross-Teinitz,  Hohenzollern-Cürassiere  in  Gross- Wisternitz,  Przas- 
lawitz,  Bystrowan,  Loschau  und  Bukowan ;  in  Olmütz  selbst  zwei 
Bataillone  Franz  Lothringen ;  in  Sternberg  einige  Compagnien  von 
Grünne,  in  Babitz  und  Luschitz  solche  von  Browne.  Vorgeschoben 
war  in  Hof  ein  Detachement  verschiedener  Abtheilungen  und  in 
Freudenthal  Abtheilungen  von  Harrach-,  Franz  Lothringen-,  Grünne-, 
Botta-,  Browne-Infanterie  und  von  Csäky-  und  Dessewffy -Husaren.  r) 

Inzwischen  nahmen  auch  die  Rüstungen  grössere  Verhält- 
nisse an. 

Die  böhmischen  und  niederösterreichischen  Stände  thaten,  was 
in  ihren  Kräften  stand,  um  der  Königin  Mannschaften  und  Geld 
zur  Verfügung  zu  stellen. 

Die  militärischen  Angelegenheiten  leitete  nach  dem  Gross- 
herzoge in  erster  Linie  der  Vice-Präsident  des  Hof-Kriegsraths 
FM.  Ludwig  Andreas  Graf  Khe  venh  üll  e  r.  Auch  der  böhmische 
Hofkanzler  Graf  Kinsky  gewann  bedeutend  an  Einfiuss.  Eine  Zeit 
lang  soll  schon  jetzt  die  Absicht  bestanden  haben,  dem  Prinzen  Carl 
von  Lothringen,  dem  Bruder  des  Grossherzogs,  den  Oberbefehl 
gegen  Preussen  zu  geben  und  ihm  FZM.  Grafen  Neipperg  als 
Adlatus  zuzuweisen.  2) 

Im  Ganzen  waren  zu  dieser  Zeit  für  das  Corps  nach  Schlesien 
und  für-  die  Besetzung  der  böhmischen  Grenze  gegen  das  Glatz'- 
sche  und  dieses  selbst  15  Infanterie-  und  18  Cavallerie-Regimenter 
bestimmt,  theils  schon  an  ihren  Bestimmungsorten  eingetroffen, 
theils  noch  im  Marsche  befindlich. 3) 

Im  Allgemeinen  waren  die  Marschbewegungen  nicht  allzu- 
fiüssig.  Wenn  auch  der  Fehler  der  ersten  Instradierung,  die  An- 
häufung zu  vieler  Regimenter  auf  der  einzigen  Strasse  über  Skalitz 
nach  Mähren,  durch  die  Vereinbarung  des  FM.  Grafen  Pälffy  mir 


J)  Tafel  IV. 

2)  Bericht  d.  Freih.  v.  Secke  n  d  o  r  ff  an  den  Herzog  von  Sachse  n- 
G  otha  v.  8.  Febr.  1741. 

s)  Uebersicht  der  Kegimenter  und  deren  Stand  Anhang  XVII. 


L25 

dem  Pressburger  Comitat  über  die  drei  Nebenrouten  einigermassen 
behoben  wurde,  so  hinderten  doch  auch  häufig  Hochwässer  den 
Marsch  der  Colonnen  ;  die  Cürassier-Regimenter  Cordua  und  Birken- 
feld  konnten  aus  dem  Temeser  -  Banat  wegen  grossen  Ueber- 
schwemmmigen  ihren  Marsch  nicht  über  die  Theiss  nehmen.1) 

Die  Visitierung  des  Gesundheitszustandes  nahm  an  den 
mährischen  Grenzen  auch  noch  Zeit  in  Anspruch,  denn  gänzlich 
schien  man  ihrer  doch  nicht  entrathen  zu  können. 2) 

Der  Hof-Kriegsrath  erliess  AVerb-Patente  zur  Aufbringung  von 
Artilleristen  in  Böhmen,  3)  dann  von  Verpflegs-Personal  und  Fuhr- 
wesensknechten. Für  die  Ergänzung  der  Infanterie-Regimenter 
erhielt  der  im  Römischen  Reich  das  "Werbgeschäft  leitende  Comman- 
dant  zu  Rheinfelden,  GFWM.  Freiherr  v.  Tornaco,  den  Auftrag, 
soviel  Recruten  als  nur  möglich  anzuwerben.  4j 

Ausserdem  warben  alle  Regimenter,  wie  erwähnt,  in  den 
Ländern,  wo  sie  sich  befanden, 5)  so  wie  auch  die  Stände  Mann- 
schaften beistellten.  6) 

Das  Oberst-SchifFamt  erhielt  im  Januar  Auftrag,  42  der  taug- 
lichsten, von  den  im  Türkenkrieg  in- Verwendung  gestandenen  und 
in  Esseg  deponierten  Pontons,  sammt  den  dazu  gehörenden  "Wagen 
und  den  übrigen  Requisiten  unter  Aufsicht  des  Hauptmanns 
Klaninger  und  des  Personals,  7)  dann  auch  unter  Mitnahme  der 
ebenfalls  in  Esseg  befindlichen  „Feldspitals-Nothdurften",  an  die 
mährische  Grenze  nach  Skalitz  zu  disponieren. 

Aus  dem  "Wiener  Zeughause  wurden  4000  Musketen  nach  Brunn 
abgesendet,  von  welchen  die  Regimenter  den  Abgang  an  Feuer- 
gewehren ersetzen  sollten ;  2000  uncalibermässige  Musketen  wurden 
nach  Olmütz,  hauptsächlich  zur  Bewaffnung  der  Landesvertheidiger 
geschickt.     Ausserdem    waren    noch    8000  Gewehre    in  Bestellung 


r)  K.  A.,  H.  K.  R.  1711,  Prot.  Exp.,  Fol.  363. 

2J  Befehle  vom  21.  u.  28.  Januar  1741,  Anhang  XVIII. 

s)  10  Zeugs-Bediente,  50  Büchsennieister,  215  Stückknechte. 

4)  Anhang  XIX. 

s)  Die  Werbung  geschah  auf  Capitulation,  doch  nicht  unter  drei  Jahren 
Das  Werbgeld  wurde  von  27  auf  30  fl.  erhöht. 

6)  Anhang  XX. 

')  Dasselbe  bestand  aus  dem  Fuhrwesens-  und  dem  Pontons-Stand- 
Ersterer  zählte  1  Hauptmann,  1  Ober-Wagenmeister,  1  Fouriex-,  1  Geschirr- 
schreiber, 2  Schmied-,  2  Wagner-Gesellen ;  letzterer :  1  Bruckschreiber,  1  Feld- 
webel, 2  Oorporale,  2  Klempner,  25  gemeine  Pontonniere.  (K.  und  k.  H.  K.  A. 
Acten  der  Hoffinanz.) 


126 

gegeben  und  täglich  gieng  auch  [Munition  von  Wien  nach  Mähren 
und  Böhmen  ab. 

Zur  Besorgung  des  Proviantwesens  für  die  Armee  in  Schlesien 
wurde  der  Ober  -  Proviant  -  Commissär  Fritz  bestimmt,  dessen 
Personal  aus  1  Proviant- Verwalter  und  21  Proviant-Ofncieren  bestand. 
Für  die  zur  sehlesischen  Armee,  sowie  für  die  nach  Böhmen 
bestimmten  Infanterie-Regimenter  ergieng  der  Befehl,  zu  den  Pro- 
viantwagen auch  die  Proviantmeister  und  zu  jeder  Oompagnie  einen 
erfahrenen  Feldscher  anzunehmen. 1) 

Das  Proviant-Fuhrwesen  wurde  mit  250  Wagen  und  1000  Pferden 
festgesetzt.  Bezüglich  der  Fourage  und  Proviant-Beisehaffung  für  die 
Armee  winde  von  der  Hofkammer  mit  den  böhmischen  und  mähri- 
schen Ständen  eine  Vereinbarung  getroffen.  2) 

Mit  dem  Pferdehändler  Schindlberger  wurden  Contracte 
auf  Lieferung  von  1000  Zug-  und  202  Cürassier-Pferden  abge- 
schlossen. 3) 

GFWM.  Fischer  in  Brandeis  erhielt  Befehl,  die  für  die 
Operations- Armee  in  Ausrüstung  begriffenen  IG  Geschütze  mit 
Vorspann  vom  Lande  nach  Prag  abzuschicken.  4 1 

Nach  Olmütz  und  Brunn  ergieng  Auftrag,  in  ersterem  Orte 
die  Festungswerke  und  in  dem  andern  jene  der  Stadt  und  auf  dem 
Spielberge  auszubessern. 

FML.  Graf  Zinzendor ff,  commandierender  General  in 
Mähren,  wurde  angewiesen,  an  den  FML.  B  r  o  w  n  e  Arbeiter  für  die 
Verhaue,  dann  Jäger  und  Heger,  soviel  er  zu  deren  Besetzung 
aufbringen  könne,  zu  senden,  auch  sich  mit  demselben  wegen  der 
Delogierung  der  successive  hi  Mähren  einrückenden  Regimenter 
in  das  Einvernehmen  zu  setzen. 

Die  Regimenter,  welche  sich  auf  dem  Marsche  befanden  und 
in  Folge  schlechter  Witterung  und  grundloser  Wege  häufig  nur 
kurze  Distanzen  zurücklegen  konnten,  mussten  über  den  Fortgang 
desselben  jeden  Posttag  oder  wenigstens  wöchentlich  dem  Hof- 
Kriegsrathe  Bericht   einsenden.    Ausserdem    wurde  bestimmt,    dass 


h  K.  A.,  H.  K.  E.  1731,  Prot,  Reg.  Fol.  Tu. 

2)  K.  A.,  H.  K.  R.  1741,  Prot,  Reg.  Fol.  235. 

3)  Acten  der  Hoffinauz. 

-■  Dieselbe  bestand  aus:  6  3pfündigen  Regiments-Stücken.  1  opfündigen 
Feldschlangen,  4  ßpfündigen  Falkaunen,  2  12p fündigen  Haubitzen.  (K.  A.,  Schlesien 
1741;  II,  VI.).  Der  Anbang  XXI  enthält  Details  über  die  Ausrüstung  der 
Artillerie. 


clie  deutschen  Cavallerie-Regimenter  die  auf  den  nunmehr  fest- 
gesetzten Stand  von  800  Mann  erübrigten  Leute  und  Pferde  bei- 
behalten und  nach  und  nach  einbringen  sollten.  r) 

Die  nach  Erhalt  des  Marschbefehls  zu  spät  abmarschierten 
Truppenkörper  erhielten  scharfe  Verweise  wegen  der  bezeigten 
Saumseligkeit,  so  der  Commandant  des  Dessewffy'schen  Husaren- 
Regiments,  welcher  aufgefordert  wurde,  sich  wegen  der  Verzögerung 
beim  Abmärsche  zu  verantworten.  2J 

Am  '2G.  Januar  1741  erliess  der  commandierende  General  in 
Ungarn,  der  siebenundsiebzigj ährige  Feldmarschall  und  Judex 
curiae  Johann  Graf  Pälffy,  einen  Aufruf  an  15  Comitate,  dann 
an  die  Jaz3rgier  und  Cumanier,  ihre  Aufgebote  gegen  einen  etwaigen 
Einfall  der  Preussen  auszurüsten,  wobei  Pälffy  erklärte,  sich  selbst 
an  deren  Spitze  stellen  zu  wollen.3) 

Nachdem  aber  Jablunkau  von  den  Preussen  besetzt  worden,  eilte 
Pälffy  nach  Wien,  sich  mit  der  Regierung  über  die  Massregeln 
zur  Verteidigung  des  Landes  zu  einigen,  im  Fall  die  Preussen 
weiter  vorzudringen  versuchen  wollten. 4) 


J)  Ebenda,  Fol    49. 

s)  Ebenda,  Fol.  52  u.  113. 

3)  Siebe  den  Wortlaut  des  Aufrufes  in  Anhang  XXII 

4)  „Man  hat  in  Ungarn  an  viele  Comitate  den  Befehl  ergeben  lassen, 
eine  Notam  Derjenigen  einzuschicken,  die  aufsitzen  können  und  ist  der  FM. 
Pälffy  vor  wenig  Tagen  in  Person  allhier  zugegen  gewesen,  um  das  Noth- 
wendige  zu  verabreden  und  behauptet  dieser  Feldmarschall,  nicht  ohne  Grund, 
dass,  solange  man  nicht  den  König  von  Preussen  von  den  ungarischen 
Grenzen  delogiert  hätte,  es  schwer  und  gefährlich  sein  würde,  die  Diaetam 
und  Krönung  vorzunehmen,  weil  die  akatholischen  Ungarn  sich  leichterdings 
die  Nachbarschaft  und  Annäherung  des  auch  akatholischen  Königs  von  Preussen 
zu  Nutzen  machen  könnten.  Es  hat  erstbesagter  Feld-Marschall  dem  Vernehmen 
nach  sich  selber  anerboten,  mit  diesen  zum  Aufsitzen  parat  seienden  Ungarn 
und  einigen  wenigen  Regimentern  zu  Pferd  die  Preussen  von  der  Jablunka 
delogieren  zu  wollen  ;  allein  es  ist  derselbe  vollkommen  disgustiert  von  hier 
auf  Pressburg  zurückgekehrt  und  hat  in  meinem  Beisein  öffentlich  declariert : 
man  hätte  die  Ungarn  verlangt,  nunmehr  da  sie  bereit  und  willig  wären,  wäre 
kein  Geld,  kein  Brod  und  keine  Fourage  da.  In  Summa  Johann  Pälffy  ist 
disgustiert.  Ich  meinesorts  glaube,  dass  man  dem  P  älffy  die  entreprise  auf  die 
Jablunka  aus  der  Ursache  nicht  zugestanden  hat,  weil  man  vermuthet,  wann  er 
glücklich  wäre  und  weiter  in  Schlesien  gegen  die  Preussen  avancierte,  möchte  er 
per  indirectem  das  Commando  der  Neipperg- Armee  an  sich  ziehen,  folglich 
Neipperg  solches  verlieren,  mithin  setzt  man  lieber  Alles  in  Gefahr,  als  dies 
Favorit  zu  schaden."  (Aus  einem  Briefe  des  FM.  Prinzen  Hildburghausen  an 
FM.  Grafen  S  eckendorff,  Anfang  1741.  H.  H.  u.  St.  A.,  Gr.  Corresp.  Fase.  217.  B. 


128 

P  alffy  erbot  sich,  eine  ausreichende  Anzahl  von  Bewaffneten 
aufzubringen,  betonte  jedoch  die  Forderung  der  Ungarn,  nur  von 
ihren  Landsleuten  befehligt  zu  werden.  Dies  gestand  man  in 
Wien  zu  und  Pälffy  kehrte  nach  Pressburg  zurück,  um  die  Aus- 
hebung der  Husaren  zu  bewirken.  Dorthin  folgte  ihm  unter  dem 
Vorwande  der  Jagd  Grossherzog  Franz,  um  die  von  Ungarn  aus 
gegen  Schlesien  vorzunehmenden  Operationen  einzuleiten  und  wohl 
auch,  um  zu  dem  Landtage  Vorbereitungen  zu  treffen,  welchen  man 
sobald  als  möglich  nach  Pressburg  zu  berufen,  sich  entschlossen  hatte.1) 

Während  seit  dem  Januar  1741  der  Hof  -  Kriegsrath  sich 
mit  Bereitstellung  der  Kriegsbedürfnisse  der  Armee  in  Schlesien, 
dann  mit  endgiltiger  Zusammenstellung  des  grossen  und  ldeinen 
Generalstabes  für  Neipperg,  im  Einvernehmen  mit  diesem, 
befasste,  2)  fand  er  die  Commandierung  neuer  Regimenter  nach 
Schlesien  erst  Anfangs  Februar  für  erforderlich;  jetzt  erhielten 
Diemar  -  Cürassiere  (aus  den  Comitaten  Biliar,  Bekes,  Arad) 
und  Althann-Dragoner  (aus  Wien,  Stockerau,  Krems)  Marschordre 
zur  Feld-Armee.3)  Man  darf  aber  doch  nicht  annehmen,  dass  diese 
auffallende  Zögerung  in  den  MobiHsierungs-Massnahmen  etwa  in 
Lässigkeit  oder  Unverstand  der  massgebenden  Factoren  ihren  Grund 
gehabt  habe,  denn  abgesehen  davon,  dass  in  der  Kegel  der  Krieg 
damals  im  Winter  nicht  eben  intensiv  geführt  zu  werden  pflegte, 
hielt  auch  die  Heeresleitung  im  Februar  die  auf  den  Kriegs-Schau- 
platz befehligten  Cavallerie-Regimenter  Birkenfeld,  Cordua,  Diemar, 
Württemberg,  Kömer  und  Althann  geflissentlich  zurück,  damit  im 
Bereiche  der  Armee  nicht  Futtermangel  eintrete. 4)  Dass  FML. 
B  r  o  w.n  e  den  Muth  der  Husaren  und  ihre  glücklichen  Unter- 
nehmungen, besonders  im  kleinen  Krieg  besonders  hervorgehoben, 
mag  Anlass  gewesen  sein,  dass  bald  auch  die  Husaren-Kegimenter 
Karolyi  (aus  dem  Nordosten  Ungarns)  und  Pestvärrnegyejr  (ver- 
muthlich  noch  auf  dem  Marsche  aus  Siebenbürgen  in  das  Neutraer 


*)  Arnet  h,  Maria  Theresia  I,  262. 

2)  K.  A.,  H.  K.  E.  1711,  Prot.  Eeg.  Fol.  92  (Feld-Kriegs-Kanzlei),  100 
(Generalstab),    352  (Feld-Post).    371    (Pater  superior  castrensis  cum  socioj  etc. 

3)  Ebenda,  Fol.  211,  221,  236  (1.  bis  4.  Februar).  An  die  Stelle  der 
Diemar-Cürassiere  wurden  im  Mai  Portugal- Cürassiere  aus  Siebenbürgen  nach 
Ungarn  gezogen,  an  Stelle  der  Althann-Dragoner  in  Nieder- 0 esterreich  traten 
Caraffa-Oürassiere  aus  dem  Oedenburger  Comitat. 

4j  Ebenda,  Fol.  317  (15.  Februar).  Vergl.  unten  die  Aufstellung  des 
Feld-Proviant-Fuhrwesens  und  des  Proviant-Stabes. 


129 

Comitat)  nach  Schlesien  Marschbefehl  erhielten. ])  Gleichzeitig 
wurden  alle  dahin  bestimmten  Regimenter  zu  Pferd  beauftragt,  ihre 
etwa  in  Ungarn  zurückgelassene  unberittene  Mannschaft  sogleich 
an  sicli  zu  ziehen.2)  Die  zu  Neipperg's  Corps  befehligten  Regi- 
menter waren  alle  schwach  im  Stande  und  der  selbst  noch  in  Wien 
befindliche  Feldherr  constatierte  am  2.  März  1741, 3)  dass  sieben 
der  in  Mähren  stehenden  Infanterie-Regimenter  nach  Abschlag  der 
Posten  nur  34(33  Dienstbare  zählten.  Im  Ganzen  standen  damals 
längs  der  schlesischen  Grenze  in  Mähren  und  Böhmen  10  Infanterie- 
und  7  Reiter-Regimenter  im  Felde,  was  bei  completem  Stande,  ein- 
schliesslich derNichtcombattanten  und  ohne  alle  Abcommandierungen, 
eine  Armee  von  25.600  Mann  ergäbe.  Der  am  20.  März  zum  Feld- 
marschall 4)  ernannte  Graf  N  e  i  p  p  e  r  g  hatte  keine  Aussicht,  vor 
Ende  des  Monats  seine  noch  im  Anmärsche  befindlichen  Regimenter 
soweit  beisammen  zu  haben,  dass  er  gegen  Schlesien  vorrücken 
konnte ;  die  Hauptschuld  an  diesem  Zeitverluste  mass  er  dem 
Mangel  an  zureichenden  Verpflegsvorsorgen  zu ;  überdies  fehlte 
ihm  jetzt  noch  die  Artillerie  und  die  Pontons,  weder  der  Regiments- 
noch  der  Proviant-Fuhrwesens-Train  waren  fertig  aufgestellt  und 
die  Regimenter  waren  mit  der  Feldausrüstung  wegen  Geldmangel 
noch  nicht  zu  Ende. 

Der  Ueberfall  auf  Schlesien  hatte  durch  längere  Zeit  die  von 
allem  Anfange  an  vorhandene  Sorge  wegen  eines  Angriffs  von  Seite 
Bayerns  in  den  Hintergrund  gedrängt ;  mit  Eintritt  des  März  aber 
rleng  man  an,  sich  auch  in  Ober-Oesterreich  und  bald  darauf  in 
Böhmen  durch  Vereinigung  von  Truppen  gegen  Ueberraschungen 
sicherzustellen,  Hess  aber  auch  die  Verstärkung  der  Armee 
Neipperg's,  welche  nun  naturgemäss  schwieriger  wurde  und 
langsamer  vor  sich  gieng,  nicht  aus  dem  Auge ;  um  dieselbe  Zeit 
erhielten  daher  die  schon  in  Steyermark  befindlichen  zwei  Bataillone 
sammt  den  beiden  Grenadier-Compagnien  von  Wurmbrand-Infanterie 
die  Bereitschafts-Ordre,  5)  während  das  Infanterie-Regiment  Leopold 
Dann  aus  Slavonien  in  das  Pressburger  Comitat  herangezogen  wurde.6) 


J)  Ebenda,  Fol.  327  (18.  Februar). 

2)  Ebenda,  Fol.  329. 

s)  K.  A.,  F.  A.  Schlesien  1741,  III,  9  (Neipperg  an  den  Grossherzog). 

4)  K.  A.,  H.  K.  E.  1741,  Prot.  Reg.  Fol.  198.     Die  Bestaüungs-Urkunde 
tragt  jedoch  das  Datum  12.  April. 

5)  K.  A.,  H.  K.  E.  1711,  Prot.  Eeg.  Fol.  3S1   (26.  Februar). 

6)  Ebenda,  Fol.  111  (8.  März). 

Oesterreichischer  Erbfolgekrieg.  II.  Bd. 


130 

Die  Lücken,  welche  der  unglückliche  Tag  von  Mollwitz 
(10.  April  1741)  riss,  mussten  rasch  ausgefüllt  werden  und  schon 
am  16.  April,  nur  wenige  Stunden  nach  dem  Einlangen  der 
Botschaft  von  der  verlorenen  Schlacht,  wurde  das  letztgenannte 
Regiment  zum  sofortigen  "Weitermarsch  nach  Schlesien  angewiesen,  x) 
wohin  nachzufolgen  mit  Ende  des  Monats  nun  auch  die  zwei 
Bataillone  und  zwei  Grenadier-Compagnien  "Wurmbrand-Inlanterie 
(aus  Steyerrnark)  und  ebensoviel  vom  Lifanterie-Regimente  Starhem- 
berg  (aus  Oesterreich  ob  der  Enns)  Befehl  erhielten, 2)  während  das 
beim  Jablunka-Passe  stehende  dritte  Bataillon  Starhemberg  schon 
einige  Tage  vorher  definitiv  zur  Armee  N  e  i  p  p  e  r  g's  eingetheilt 
worden  war.  3) 

Zu  gleicher  Zeit  wurden  auch  Pocistatzky-Cürassiere  (aus 
Trencsin,  Thuröcz  und  Arva)  und  d'Ollone-Dragoner  (aus  den 
Comitaten  Bacs-Bodrog  und  Baranyay)  ebendahin  instradiert. 4) 

Mit  der  Durchführung  dieser  Anordnungen  waren,  abgesehen 
von  den  Verlusten  im  Felde  und  in  den  Festungen,  die  regulären 
Regimenter,  welche  der  schlesischen  Armee  zugewiesen  werden 
konnten,  versammelt.  Die  Zahl  derselben  änderte  sich  nur  durch 
die  am  21.  Juli  angeordnete  Auflösung  des  Infanterie-Regiments 
Schmettau,  dessen  Ofnciere  und  Mannschaft  bei  anderen  Regimentern 
eingetheilt  wurden.5) 


i)  Ebenda,  Fol.  669. 

2)  Ebenda,  Fol.  739,  711,  745  (29.  und  30.  April). 

8)  Ebenda,  Fol.  722  (26.  April). 

4)  Ebenda,  Fol.  717  (25.  April)  und  745  (30.  April). 

s)  Ebenda,  Fol.  2013  und  Prot.  Exp.  2039  (August).  FZM.  Samuel 
Schmettau  entzog  sich  der  ihm  drohenden  Untersuchung  wegen  seiner 
bedenklichen  Geldgebahrung,  bei  dem  seinen  Namen  führenden  Regimente, 
im  Frühjahre  1741  durch  den  Uebertritt  in  preussische  Dienste.  Die  breitgetretene 
Erklärung,  er  sei  als  geborener  Schlesier  dem  Rufe  seines  neuen  Herrn  gefolgt, 
sollte  doch  in  Zukunft  nicht  mehr  wiederholt  werden,  da  über  die  Landes- 
herrlichkeit in  Schlesien  erst  im  Breslauer  Frieden  entschieden  wurde  und  die 
m  i  1  i  t  ä  rische  Beherrschung  des  Landes  allein  keineswegs  das  Unter- 
thanenverhältniss  abzuändern  im  Stande  sein  kann. 


Ereignisse  im  Monat  Februar. 

In  der  (Trafschaft  Olatz. 

VJFWM.  Baron  Lentulus,  der  Vertrauensmann  des  FZM. 
Grafen  N  e  i  p  p  e  r  g,  war  am  Nachmittage  des  22.  Januar  mit  seinem 
Adjutanten,  Fähnrich  Lutsch,  von  Olmütz  nach  Glatz  abgereist 
und  zu  Mittag  des  25.  dort  eingetroffen.  Der  General  hatte  sich 
gleich  nach  seiner  Ankunft  zu  dem  Landeshauptmann  Grafen 
"Waldstein  begeben,  bei  dem  er  erfuhr,  dass  wegen  Sicherung 
der  Uebergänge  nach  Schlesien  noch  gar  nichts  vorgekehrt  worden. 
Da  G-FWM.  Graf  Kolowrat,  der  eigentliche  Truppen-Commandant 
im  Königgrätzer  Kreise  und  in  der  Grafschaft  Glatz,  abwesend 
war,  traf  Lentulus  sofort  selbst  die  erforderlichen  Massregeln, 
um  dieses  Versäumniss  gutzumachen  und  die  Arbeiten  sogleich 
zu  beginnen. 

Am  folgenden  Tage  schon  wurden  einige  hundert  Bauern  bei 
Landeck  versammelt  und  am  27.  Januar,  unter  Bedeckung  von 
hundert  Jägern  und  Schützen,  dann  einem  Lieutenant  und  zwanzig 
Mann  Kolowrat-Infanterie  (Nr.  17),  Verhaue  bei  den  Pässen  Königs- 
wald, Hausdorf,  "Wolpersdorf,  Silberberg,  "Wartha,  Eeichenstein  und 
Johannsberg  begonnen,  wozu  die  abgeordneten  Land-Commissarien 
die  erforderlichen  Informationen  und  Pläne  mit  Profil  zur  Errichtung- 
einiger  Blockhäuser  auf  je  25  Mann,  zur  Vertheicligung  und  Ver- 
stärkung der  Verhaue  bestimmt,  erhielten. l) 

Der  Commandant  der  Festung,  Oberstlieutenant  v.  Fontaneila, 
hatte  mit  seinem  Chef-Ingenieur,  dem  Oberstwachtmeister  Teil  o,  trotz- 
dem beide  erst  im  December  1740  in  diese  Festung  gesendet  worden 


*)  K.  A.,  Schlesien  1741,  I,  13. 

9* 


132 

waren,  !)    das    Möglichste    vorgekehrt,    um  den  in  sehr  schlechtem 
Zustand  vorgefundenen  Platz  nothdürftig  zu  verstärken. 2) 

Die  Besatzungsverhältnisse  waren,  wie  in  allen  schlesischen 
Festungen,  ausserordentlich  mangelhaft.  Der  Commandant  verlangte 
wiederholt  1200  Mann,  hatte  aber  im  Anfange  des  Jahres,  wie 
bereits  erwähnt,  erst  einige  hundert  Mann  beisammen.  3)  Die 
Bürgerschaft  von  Glatz  erklärte  sich  übrigens  zur  Verteidigung 
des  Platzes  bis  zur  Ankunft  der  preussischen  Belagerungs-Artillerie 
bereit. 4)  Doch  fehlte  es  vorläufig  auch  der  Besatzung  noch  an 
genügender  Munition,  da  zudem  Fontane  IIa  im  Januar  noch 
400  Handgranaten  nach  Neisse  abgegeben  hatte.  Das  Landes- 
Archiv  und  die  Casse  wurden  aus  der  Stadt  in  die  Bergfestung 
übertragen. 

Fontaneila,  welcher  bis  zu  des  FZM.  Grafen  N  e  i  p  p  e  r  g 
Ankunft  in  operativer  Hinsicht  an  den  Interims-Commandierenden 
der  Truppen  in  Schlesien,  FML.  Grafen  Browne,  angewiesen  war, 
hatte  von  Letzterem  schon  zu  Ende  des  Jahres  1740  den  Befehl 
erhalten,  die  Brücke  von  Wartha  abzuwerfen  und  auf  der  AVartha- 
Glatzer  Strasse  einen  Verhau  anzulegen,  eine  Massregel,  welche 
sich  bei  der  bereits  geschilderten  Unternehmung  des  preussischen 
Obersten  Camas  gegen  Glatz  ausserordentlich  bewährt  hatte. 

GFAVM.  Lentulus  empfahl  der  Landesbehörde,  ein  Magazin 
mit  Vorräthen  an  rauher  Fourage  für  2400  Portionen  täglich  auf 
den  Bedarf  von  sechs  Wochen  anzulegen  und  noch  weitere  Vor- 
räthe  an  Mehl  herbeizuschaffen,  obschon  sich  in  der  Festung  bereits 
ein  fünfmonatlicher  Vorrath  für  eine  Garnison  in  der  Stärke  von 
1500  Mann  befand.  In  den  preussischen  Postierungen  hatte  in 
der  dritten  Dekade  des  Januar,  wie  schon  geschildert,  das  Beziehen 
der  Winter- Quartiere  stattgefunden,  wodurch  preussische  Truppen 
ausser     nach     Ottmachau     in     Patschkau,     AVeidenau,     Silberberg, 


l)  Anhang  XXIII. 

2j  Plan  von  Glatz,  Tafel  V. 

'■■j  Am  31.  Deceniber  1740  bestand  die  Garnison  von  Glatz  in  -100  Mann 
und  zwar  150  Mann  vom  Eegimente  O'Gilvy  und  250  Invaliden.  Hiezu  kamen 
noch  1  Alt-Feuerwerker,  10  Büchsenmeister,  12  Mineurs,  welche  der  Artillerie- 
Chef  GFWM.  Fischer  sendete. 

4)  „Der  Commandant  zu  Glatz  hat  Befehl,  sich  auf  das  Aeusserste  zu 
wehren ;  ich  will  hoffen,  dass  gleichwie  zu  Neisse  und  Brieg  ehrliche  und  brave 
Leute  sind,  also  auch  zu  besagtem  Glatz  Ehre,  Nutz  und  Zugewährung  der 
Zeit  willen  nach  aller  Möglichkeit  und  nach  Proportion  des  Orts,  falls  er 
attaquiert,  ein  Gleiches  geschehen  werde."  Neipperg  an  Lentulus 
ddo.  Wien.  21.  Januar  1741.  (K.  A.,  Mähren  und  Schlesien  1741,  I,  10.) 


133 

Fraiikenstein,  endlich,  am  weitesten  gegen  Glatz  vorgeschoben,  nach 
Wärtha  zu  stehen  kamen. 

Trotz  einer  gewissen  Besorgniss,  welche  diese  Verschiebungen 
in  Glatz,  wo  man  mit  den  Vorbereitungen  für  eine  ernsthafte  Ver- 
teidigung noch  nicht  fertig  war,  erregten,  sprach  General  Lentulus 
doch  seine  Meinung  dahin  aus,  die  Preussen  würden  weder  gegen- 
wärtig, noch  überhaupt  im  Laufe  des  Winters  irgend  etwas  gegen 
die  Festung  unternehmen. x) 

Fleissig-  liess  Lentulus  nun  an  dem  Verschliessen  der  Pässe 
von  Landeck  und  Reichenstein  arbeiten.  Bei  Gersdorf  wurden  zur 
Sicherung  des  Passes  Schanzen  aufgeworfen.  Am  3 1 .  Januar  rückten 
drei  Compagnien  von  Max  Hessen-  (Hessen-Cassel-)  Infanterie  (Nr.  27) 
in  Glatz  ein,  welche  aber  zusammen  nur  einen  Stand  von  85  Mann 
hatten,  -)  am  2.  Februar  ein  Bataillon  Kolowrat  aus  dem  Banat, 
das  eigentlich  nach  Böhmen  bestimmt  war  und  an  den  folgenden 
Tagen  die  drei  Colonnen  vom  Batthyänyi' sehen  Dragoner-Regiment 
(Nr.  10),  dem  bald  Splenyi-Husaren  folgten. 3) 

Man  verlegte  in  den  Königgrätzer  Kreis  nur  wenig  Truppen, 
um  die  Besatzung  in  der  Grafschaft  kräftiger  gestalten  zu  können. 
In  Königgrätz  selbst  stand  der  Oberst  Welz  des  Regiments 
Kolowrat  mit  dem  Regimentsstab  und  einigen  Compagnien.  Zwei 
Bataillone  und  einige  Compagnien  von  Carl  Lothringen  wurden  in 
Cantonnierungs- Quartiere  in  den  Königgrätzer  Kreis,  drei  Com- 
pagnien nach  Glatz  verlegt. 

GFWM.  Graf  Kolowrat  selbst  traf  am  16.  Februar  in  der 
Festung  Glatz  ein. 

Bezüglich  der  Verpflegung  wurde  zuAVien  wegen  der  Lieferung 
des  für  die  Truppen  notwendigen  Unterhalts  mit  den  mährischen 
und  böhmischen  Ständen  am  27.  Januar  ein  Contract  abgeschlossen.4) 

Welchen  Schwierigkeiten  die  Sicherstellung  der  Verpflegung 
übrigens  bei  dem  Particularismus  der  Länder  begegnete,  illustriert 
unter  Anderem  ein  Schreiben  des  Glatzer  Landeshauptmanns  an 
den  böhmischen  Obristkanzler,  worin  Ersterer  bemerkt,  „class  die 
Herren  Böhmen  gern  das  dahier  befindliche  Dragoner-Regiment  und 
einen  Theil  der  Husaren  in  das  Königreich  hätten  und  wie  sie  gar 

J)  Lentulus  an  Neipperg.  Glatz,  26.  Januar  1711.  (K.  A.,  Mähren 
und  Schlesien  1741,  I,  13), 

2)  K.  A.,  Lutsc h'  Tagebuch. 

3)  17G8  aufgelöst. 

4)  K.  A.,  Schlesien  1711,  II,  7. 


134 

wohl  wissen,  dass  die  Grafschaft  nicht  im  Stande,  ein  Regiment 
Cavallerie  mit  der  erforderlichen  Fourage  auf  lang  zu  versehen,  so 
gedenken  sie  uns  so  weit  zu  treiben,  damit  die  Cavallerie  ihnen 
überlassen  werden  müsste  ;  wie  aber  bei  diesem  Erfolg  nicht  nur 
die  Grafschaft  dem  Feinde  offen  stünde,  sondern  .auch  des  Hofs 
Intention  nicht  erreicht,  viel  weniger  nach  meinem  geringen  Er- 
messen dadurch  das  Allerhöchste  Interesse  schuldigst  besorgt  würde, 
also  bitte  Euer  Excellenz  gehorsamst,  sich  dermalen  für  die  hiesge 
Grafschaft  in  Gnaden  zu  interponieren,  damit  diese  Absichten 
welche  mit  dem  Nutzen  des  Publici  gar  nicht  übereinstimmen, 
nicht  nur  gänzlich  hintertrieben,  sondern  auch  dieses  AVerk  in 
solche  AVege  eingeleitet  werden  möge,  dass  das  benachbarte  Böhmen 
nicht  allein  das  abgängige  und  für  Geld  nicht  zu  habende  Proviant 
auf  die  Festung,  sondern  auch  die  Fourage  für  die  Cavallerie,  in- 
soweit die  hiesigen  Kräfte  nicht  zulangen,  liefern  müsste.  Ich 
weiss  in  Wahrheit  nicht,  was  Böhmen  sich  gedenkt,  die  hiesige 
Grafschaft  ist  als  dessen  Vormauer  zu  betrachten,  ist  solche  ohne 
Bedeckung,  so  kostet  es  dem  Feinde  wenig  Mühe,  solches  auf 
seinen  weitläufigen  Grenzen  zu  beunruhigen,  ja  wohl  gar  Alles 
nach  AVohlgeiällen  zu  tentieren."  *) 

Am  3.  Februar  begab  sich  GFWM.  Lentulus  zu  einer 
Recognoscierung  der  böhmischen  Grenze  nach  Braunau,  traf  am 
8.  Februar  in  Trautenau  ein,  wo  zu  dieser  Zeit  der  Oberstlieutenanr 
von  Stein  des  Max  Hessen'schen  Regiments  mit  einer  Compagnie 
stand,  zu  denen  am  "2-1.  Februar  zwei  Compagnien  Bätthyanyi- 
Dragoner  unter  dem  Oberstlieutenaut  Baron  Besänge  stiessen. 
Zwei  Compagnien  desselben  Regiments  wurden  nach  Braunau 
verlegt,  Lentulus  traf  am  13.  in  Adersbach  ein,  von  wo  er 
die  dort  stehende  Compagnie  des  Regiments  Kolowrat  nach  Skalitz 
verlegte  und  gelangte  am  Abend  desselben  Tages  auf  der  Rückrei-*' 
nach  Glatz  wieder  nach  Braunau. 2) 

Der  Ueberfall  bei  Baumgarten.3) 

Am  14.  Februar  kam  GFAVM.  Baron  Lentulus  wieder  in  Glatz 
an  und  traf  nun  sofort  Einleitungen  zu  einem  Versuche  gegen  die 


x)  Graf  Waldstein    an    Graf  Neipperg.    Glatz,  16.  Februar  1711 
(K.  A.,  N  e  i  p  p  e  r  g,  1741,  19  -  5). 

2)  Lutsch'  Tagebuch. 

3)  Nach  desselben  Verfassers  (von  Duncker)  „Der  Ueberfall  bei  Baum- 
garten"  in  ..Mittheüungen  des  k.  und  k.  Kriegs- Archivs".  Neue  Folge  IV.  1889. 


135 

preussischen  Postierungen,  den  FZM.  Graf  N  e  i  p  p  e  r  g  ihm  dringend 
angerathen  hatte.  Der  Armee-Commandant  stellte  dem  General 
anheim,  so  viel  von  den  in  der  Grafschaft  befindlichen.  Truppen  zu 
dem  Unternehmen  zu  verwenden,  als  er  für  nothwendig  erachte. 
Glücke  dasselbe,  so  könne  Lentulus,  den  Umständen  nach,  seine 
Unternehmungen  auch  weiter  ausdehnen;  doch  empfahl  der  Feldzeug- 
meister Vorsicht  und  Schonung  der  Bevölkerung.  *) 

Die  Situation  an  den  Grenzen  der  Grafschaft  fand  Lentulus 
allerdings  bei  seiner  Rückkunft  wesentlich  verändert. 

Die  Preussen  hatten  alle  Defileen  in  der  Gegend  um  Wartha 
und  Frankenstein  bereits  ihrerseits  durch  starke  Verhaue  gesichert 
und  auch  sonst  für  die  Verstärkung  ihrer  Postierungen  Vieles  gethan. 
GFWM.  Lentulus  meldete  hierüber  dem  Armee-Commandanten 
und  fügte  hinzu,  dass  nach  den  eingelaufenen  Kundschaften  und 
Berichten  sich  in  der  Postierung  von  Wartha  200  Mann,  in  Silber- 
berg 150,  in  Frankenstein  300  Mann  Infanterie,  im  Dorfe  Stoltz 
(Stolz)  150  Mann  Cavallerie,  in  Patschkau  300,  in  Ottmachau  1000 
Mann  Infanterie  und  200  Mann  Cavallerie  befänden.  GM.  von 
Derscliau,  mit  dem  Hauptquartiere  zu  Münsterberg,  commandiere 
diese  Postierung  und  inspiciere  fast  täglich  den  Posten  von  "Wartha. 2) 

Das  in  diesem  Orte  stehende  Detachement  hatte  sich  stark 
verschanzt  und  Verhaue  bei  Giersdorf  angelegt.  Die  Eingänge  von 
Wartha  selbst  waren  mit  Fuhrwerken  und  spanischen  Reitern 
verwahrt.  Ausserhalb  des  Ortes  stand  ein  Piket  mit  zwei  3-Pfündern. 
Lentulus  hielt  den  AngrhT  auf  diesen  künstlich  verstärkten  Platz 
nicht  für  leicht  thunlich  und  erwog  noch  zögernd  den  Gedanken 
zu  einem  derartigen  Unternehmen.  3) 


')  „Da  Wartha  nur  eineinhalb  bis  zwei  kleine  Stunden  von  Glatz,  auch, 
soviel  mir  bekannt,  gleich  eine  halbe  Stunde  ausser  Glatz  gegen  Wartha  das 
Gebirge,  welches  jedoch  von  dem  höchst-  und  unzugänglichsten  nicht  ist 
seinen  Anfang  nimmt,  so  hielte  dafür,  dass  daselbst,  dafern  man  die  Sache 
behutsam  einleitete,  dem  Feinde  unvermutheter  Dinge  ein  Streich  beigebracht 
werden  könnte."  Lentulus  solle  sich  an  Ort  und  Steile  von  der  Möglich- 
keit eines  solchen  überzeugen  und,  wenn  er  glaube,  dass  ein  Vortheil  zu 
hoffen,  denselben  nicht  aus  der  Hand  lassen.  Graf  Neipperg  betonte  aus- 
drücklich in  seinem  Schreiben,  dass  General  Lentulus  durch  einen  derlei 
glücklichen  „Streich"  Euhm,  Ehre  „und  gewisse  Belohnung  sich  zu  Weg 
bringen",  auch  der  Sache  der  Königin  bedeutenden  Vorschub  leisten  werde. 
(NeipperganLentulus,  Wien,  7.  Februar  1741.  K.  A.,  Schlesien  1711 ;  II.  8. 1 

2)  K.  A.,  Schlesien  1811 ;  II,  20  u.  25. 

8)  Lentulus  anNeipper  g,  Glatz,  20.  Februar  1711.  K.  A.,  Schlesien 
1711 ;  II,  25. 


136 

Inzwischen  war  jedoch  bereits  eine  Unternehmung  auf  die 
preussischen  Quartiere  geglückt.  Der  in  Gabersdorf  stationierte  Oberst- 
lieutenant des  Splenischen  Husaren-Regiments,  Baron  Barkocz  y. 
meldete  dem  GF"\VM.  Baron  Lentulus  am  16.  Februar,  dass 
fast  täglich  kleinere  Abtheilungen  des  Schulenburg'scheii  Begiments 
Grenadiers  ä  cheval  von  Silberberg  her  gegen  Mklasdorf  patrouil- 
lierten. Er  wollte  versuchen,  deren  Quartiere  zu  beunruhigen  und 
sandte  desshalb  in  der  Nacht  zum  18.  Februar  von  Gabersdorf  aus 
eine  Streif patrouille  von  30  Husaren  unter  Führung  eines  Lieutenants 
gegen  Silberberg.  Der  Officier  brachte  unterwegs  in  Erfahrung, 
s  im  Dorfe  Schönwalde,  nahe  Silberberg,  50  Mann  von  den 
Grenadiers  ä  cheval  be quartiert  seien  und  wandte  sich  sofort  gegen 
dieses  Dorf.  Es  gelang  ihm,  auszukundschaften,  dass  die  preussischen 
Beiter  in  zwei  Häusern  vertheilt  lägen  und  nun  Hess  er  20  Husaren 
absitzen,  überfiel  mit  zehn  Husaren  das  eine  Haus,  während  die 
anderen  zehn  unter  Führung  eines  Corporals  in  das  zweite  Haus 
eindrangen.  Die  Grenadiere  griffen  allerdings  noch  zu  den  AV äffen, 
wurden  aber  bald  überwältigt  und  ein  grosser  Theil  niedergehauen. 
Der  entstandene  Alarm  rief  jedoch  Unterstützungen  von  Silber- 
berg heran :  die  Husaren  vermochten  nicht  mehr,  die  Pferde  der 
Ueberfallenen  aus  den  Ställen  zu  ziehen,  sie  mussten,  rasch  im 
Sattel,  nun  ein  Feuergefecht  aufnehmen,  das  ihnen  gestattete,  sich 
mit  Verlust  eines  Mannes  zurückzuziehen.  Der  Verlust  der  preussi- 
schen Grenadiere  soll  21  Todte  und  13  Verwundete  betragen 
haben. 2) 

Am  21.  Februar  ritt  GFYvM.  Baron  Lentulus,  begleitet 
von  dem  Obersten  des  Splenyi'schen  Husaren-Begiments,  Baron 
Trips  und  dem  Oberstlieutenant  desselben  Begiments,  Baron 
Barkoczy,  von  Gabersdorf  aus  zur  Becognoscierung  der  Grenze 
gegen  Silberberg.  Die  Officiere  kehrten  über  Wiltsch  zurück, 
durchritten  die  Neisse  bei  Miihldorf  und  trafen  über  Labitschau 
(Labitsch)  und  Hassitz  Abends  wieder  in  Glatz  ein. 2) 

Eine  zweite  Becognoscierung  wurde  am  23.  Februar  gegen 
Wartha  unternommen.  Diesmal  begleiteten  den  General  der  Oberst 
Baron  B  e  c  h  i  n  i  e  des  Batthyänyi'schen  Dragoner-Begiments  und 
der  Oberstwachtmeister  Szombo  von  Splenyi- Husaren. 


\)  K.  A..  Schlesien  1741 ;  II,  25  u.  33.  Das  Werk  „Kriege  Friedrich  d.  Gr. 
gibt  I,  295  nur  einen  Verlust  von  13  Mann  an. 
2)  Lutsc  h'  Tagebuch. 


137 

Diese  Recognoscierangen  Hessen  lmnmehr  doch,  in  General 
Leu  tu  Ins  den  Entschluss  zu  einer  Unternehmung  gegen  Wartha 
oder  Silberberg  reifen.  Zur  Ausführung  einer  solchen  waren  ihm 
vom  FZM.  Grafen  Neipperg  das  Dragoner-Regiment  Batthyänyi 

und  das'  Husaren-Regiment  Splenyi  zugewiesen,  wie  er  auch,  er- 
mächtigt war,  eventuell  Infanterie  zu  verwenden.  GFWM.  Graf 
Kolowrat  und  der  Commandant  von  Glatz  waren  ebenfalls  an 
seine  Befehle  gewiesen  und  der  Landeshauptmann  Graf  Waldstein 
zur  eifrigen  Unterstützung  aufgefordert  worden.  Am  22.  Februar 
hatte  Graf  Neipperg  Lentulus  noch  aufmerksam  gemacht, 
dass  es  nützlich  sein  dürfte,  mit  dem  Commandanten  von  Neisse, 
Oberst  Baron  Roth  sich  in  das  Einverständniss  zu  setzen,  um  wo- 
möglich gleichzeitig  von  beiden  festen  Plätzen  aus  gegen  die 
preussischen  Quartiere  vorzugehen.  l) 

Das  plötzliche  Drängen  des  Armee-Commandanten  zu  Unter- 
nehmungen ist  wohl  zum  grössten  Theile  auf  die  Wünsche  der 
Königin  und  des  Grossherzogs  und  auf  die  Initiative  einiger 
hervorragender  Generale,  deren  Hauptvertreter  der  interimistische 
Armee-Commandant  FML.  Graf  Browne  war,  zurückzuführen. 
Diese  wollten  den  kleinen  Krieg  bei  der  weiten  Ausdehnung  der 
preussischen  Winter- Quartiere  und  Postierungen,  bei  der,  trotz  des 
Besitzes  von  Breslau  noch  so  wenig  gesicherten  militärischen  Po- 
sition der  Preussen  in  Schlesien,  endlich  bei  der  dem  angestammten 
Herrscherhause  entschieden  treuen  Stimmung  der  Bevölkerung  in 
den  katholischen  Districten,  während  der  Wintermonate  energisch 
betrieben  wissen. 2) 

Von  wesentlichem  Belange  aber  für  General  Lentulus" 
Entschliessungen  wurde  auch  ein  in  diesen  Tagen  von  dem  FM. 
Grafen  Seckendorff,  dem  früheren  langjährigen  Gesandten  am 
Berliner  Hofe  und  späteren  bayerischen  Armee-Commandanten,  aus 
Berneck  in  Bayern  eingetroffenes  Schreiben,  worin  der  genau  ver- 
sierte Diplomat  und  iahige  Soldat  von  der  bevorstehenden  Abreise 
des  Königs  von  Preussen  aus  Berlin  nach  Schlesien  Mittheilmig 
machte  und  zu  einer  Aufhebung  desselben  durch  ein  ausgesuchtes 
Husaren-Commando  den  Rath  ertheilte. 3) 


>)  K.  A.,  Schlesien  1741,  II,  28. 

2)  H.  H.  und  St.  A.  Dispacci  di  Germania  211.  Berichte  des  venetia- 
nischen  Botschafters  Pietro  Andrea  Capello,  Fehruar  und  März. 

3)  „Ich  wiederhole  nochmals,  dass  wenn  man  1000  wohlberittene  Husaren 
längs  den  Grenzen  von  der  Lausitz  in  das  Brandenburgische  ravagieren  Hesse, 
es  sollte  einen  grossen  Alarm  im  Lande  machen    und  da  den  12.   dieses  noch 


138 

Zu  gleicher  Zeit,  als  dies  Schreiben  anlangte,  erhielt  GFWM. 
Baron  Lentuhis  von  anderer  Seite  Nachricht ,  dass  König 
Friedrich  II.,  welcher  am  19.  Februar  thatsächlich  von  Berlin 
abgereist  war,  nach  Schweidnitz  kommen  und  dort  sein  Haupt- 
quartier nehmen  werde.  Der  General  schrieb  desshalb  an  den  Prä- 
laten des  an  der  Strasse  Schönberg-Landshut  gelegenen  Klosters 
Grüsau.  welcher  ihm  als  getreuer  Patriot  gerühmt  ward  und  ersuchte 
denselben,  ihm  von  des  Königs  Ankunft  Nachricht  zu  geben,  da 
er  beabsichtige,  ein  Detachement  von  100  Husaren  in  der  Stille 
nach  Trautenau  abzuschicken.  Falls  der  König  weiter  herunter  in 
die  Geo-end  von  Ottmachau  komme,  so  habe  er  seinen  Entschluss 
gefasst,  ,, weichergestalten  dahin  von  hieraus  beizukommen,  auch 
ein  und  anderer  Streich  auszuführen  sein  werde". 2) 

Der  Prälat  beantwortete  diese  Frage  in  einem  Schreiben  an 
den  Landeshauptmann  Grafen  Waldsteinam  26.  Februar,  welches 
dieser  auch  dem  GFWM.  Baron  Lentuhis  zur  Kenntniss  brachte. 
Als  getreuer  Unterthan  der  Königin  berichtete  der  Prälat,  was 
er  vom  Feinde  wusste,  aber  er  lehnte  es  ab,  eine  directe  Mit- 
theilung zu  machen. :i)  Uebrigens  blieb  sein  Schreiben  auch  ohne 
weiteren  Einfluss  auf  die  Anordnungen,  welche  Lentuhis  für 
den  27.  Februar  traf,  denn  andere  Nachrichten  hatten  die  Mit- 
theilungen des  Prälaten  bereits  überholt. 

Diese  Nachrichten  lauteten  jedoch  verschieden,  theils  hiess 
es,  dass  FM.  Graf  Schwerin,  theils  dass  König  Friedrich  H. 
selbst  in  Frankenstein  erwartet  werde. 


vier  Regimenter  zu  Pferd  und  zu  Fuss  aus  Berlin  marschieren  und  die  Armee 
in  Schlesien  verstärken  sollen,  der  König  für  seine  Person  auch  selbst  und  zwar 
ohneEscorte  bis  Crossen  gehen  wird,  so  wäre  ein  Hauptstreich  zu  machen,  wenn 
man  ihn  auflieben  könnte,  welches  aber  ein  Detachemeut  von  60  determinierten 
Husaren,  dabei  20 verwegene Officiere, sein  muss."(K.A., Schlesien  1741; II, ad  33c.) 

-    K.  A.,  Schlesien  1741,    II,  33. 

l)  Anhang  XXIV.  Die  patriotische  Haltung  des  Prälaten  scheint  Ursache 
zu  den  harten  Massregeln  gewesen  zu  sein,  welche  das  Kloster  imHerbst  desselben 
Jahres  betrafen.  Nach  einer  Mittheilung  des  Prager  Sollicitators  S  tohl  an  den 
Wirthschafts-Hauptmann  Hohenstöger  vom  5.  September  1741  wurde  von 
den  Preussen  „das  Kloster  Grüsau  in  Schlesien  (Cistercienser)  in  Grund  ruiniert 
und  2  Geistliche  mitweggeführt,  12  haben  sich  nach  Braunau  retiriert,  die 
übrigen  sich  hin  und  wieder  geflüchtet".  (Fürstl.  Schwarzenberg'sches 
Central- Archiv  in  Wien,  derzeit  in  Krumau.)  Auch  erhielt  Oberst  Baron  L  a 
Motte-Fouque  am  12.  September  1741  ein  dem  Stifte  Grüsau  gehöriges 
Haus  in  Schweidnitz  von  König  Friedrich  IL  als  Geschenk.  (Schweidnitz er 
Aufzeichnungen  des  Justitiars  Klose  a.  d.  J.  1711  ed.  Pflug,  pag.  122  in 
Zeitschr.  d.  Ver.  f.  Gesch.  u.  Alterthum  Schlesiens.  XIV.  Bd.) 


139 

Für  alle  Fälle  erhielt  der  Commandant  des  Splenischen 
Husaren-Regiments,  Oberst  Baron  Trips,  der  zu  Ober-Hans  dort' 
und  Königshain  mit  einem  Tlieile  des  Regiments  stand,  so  wil- 
der in  Gabersdorf  postierte  Oberstlieutenant  Baron  Barkoczy  am 
25.  Februar  Befehl,  „damit  jeder  seine  beihabende  Mannschaft 
zusammenziehe  und  auf  beiden  Seiten  jenseits  unter  dem  Gebirge 
mit  gehöriger  Praecaution  in  Wäldern  versteckt,  den  ankommenden 
König  oder  FM.  Seh  w  e  r  i  n  abwarten,  mithin  auf  alle  mögliche 
Weise  einen  Streich  beizubringen  trachten  mögen". 

Beide  Commandanten  rückten  in  der  Nacht  vom  25.  zum  26. 
Februar  aus,  kehrten  jedoch  am  26.,  da  sich  nichts  vom  Feinde 
sehen  Hess  und  sie  in  ihren  Schlupfwinkeln  verrathen  zu  werden 
fürchteten,  auch  nicht  genügend  mit  Proviant  und  Fourage  ver- 
sehen waren,  wieder  in  ihre  Postierungen  zurück. 

Am  27.  Februar  Morgens  erhielt  GFAVM.  L  e  n  t  u  1  u  s  bestimmte 
Nachricht,  ,,dass  der  König  an  diesem  Tage  unfehlbar  auf  Wartha 
kommen  und  diesen  Ort  recognoscieren  werde". *)  L  e  n  t  u  1  u  s  sandte 
unverzüglich  Befehl  an  Oberst  Trips,  ,,alsobald  seine  Mannschaft 
zusammenzuziehen  und  sich  vortheilhaftig  zu  postieren,  um  dem 
König  oder  seiner  Escorte  eines  anhängen  zu  können".  1) 

Dem  König  Friedrich  H.,  welcher  in  der  That  am  23. 
Februar  in  Schweidnitz  angekommen  und  dort  auch  am  folgenden 
Tage  geblieben  war,  hatte  GM.  von  Derscliau  den  in  der  Nacht 
zum  19.  Februar  in  Schönwalde  stattgefundenen  Ueberfall  der 
Schulenburg'schen  Grenadiere  gemeldet.  Auch  Schweri  n's  Meldung 
vom  20.  Februar  hatte  er  am  22.  in  Liegnitz  erhalten,  wonach 
FZM.  Graf  N  e  i  p  p  e  r  g  zu  Olmütz  erwartet  werde  und  die  Absicht 
hegen  solle,  einen  Handstreich  auf  die  preussischen  Quartiere  aus- 
zuführen. Gleichzeitig  hatte  Schwerin  dem  Könige  noch  mit- 
getheilt,  das  er  dem  G.  d.  J.  Herzog  von  Holstein  befohlen 
habe ,  mit  den  fünf  in  der  Gegend  von  Liegnitz  stehenden 
Escadronen  Bayreuth-Dragoner  nach  Münsterberg  zu  gehen  und 
dass  er   das  Leib-Carabinier-Regiment    näher  an  die  Grenze   ziehe. 

An  die  ihm  untergebenen  Generale  hatte  er  eine  längere 
Weisung  erlassen,  worin  er  neissige  Beobachtungen  und  gute 
Sicherungsmassregeln  anempfahl,  sowie  im  Falle  eines  Angriffes 
rasche  Versammlung  und  sofortige  Benachrichtigung  der  Nachbar- 
truppe, gegenseitige  Unterstützung    und  Ergreifung    der  Offensive. 


lj  und  2)  Lutsc  h'  Tagebuch. 


140 

sobald  genügende  Kräfte  zur  Stelle,  als  Richtschnur  des  Verhaltens 
aufstellte. :) 

Aus  Lieo-nitz  noch  beantwortete  König  Friedrich  II.  die 
Meldungen  S  c  h  w  e  r  i  n's  und  bemerkte,  dass  ihn  dessen  Massregel, 
in  die  Nähe  von  Jägerndorf  Verstärkungen  zu  verlegen,  überrascht 
habe,  da  derselbe  bisher  dagegen  gewesen  sei.  Er  werde  selbst 
mit  5  Escadronen  und  was  er  sonst  mitbringen  könne,  nach 
Jägerndorf  kommen,  wolle  aber  vorher  noch  die  Besetzung  des 
ses  Silberberg  regeln. 

Von  Schweidnitz  aus  Hess  König  Friedrich  II.  einen  Haupt- 
mann mit  80  Mann  zur  Verstärkung  der  Garnison  von  Silberberg 
abrücken  und  brach  dann  am  25.  nach  Reichenbach  auf,  wohin  ihn 
die  Escadrön  Gensdarmen  begleitete,  während  sechs  eben  dorthin 
bestimmte  Compagnien  des  Infanterie-Regiments  Jeetze  folgten. 
In  Reichenbach  empfieng  er  wieder  einen  Bericht  Schwerins. 
worin  dieser,  wohl  durch  die  Anwesenheit  der  Infanterie-Regimenter 
Carl  Lothringen,  Kolowrat  und  Max  Hessen  im  Königgrätzer 
Kreise  und  in  der  Grafschaft  Glatz  beunruhigt,  meldete,  dass  die 
Oesterreicher  sich  auch  in  Böhmen  verstärkten  und  es  nicht  un- 
möglich sei,  dass  von  dort  eine  Unternehmung  gegen  Nieder- 
Schlesien  vorbereitet  werde.  Es  empfehle  sich  daher,  die  nach- 
rückenden Verstärkungen  nicht  auf  dem  rechten,  sondern  auf  dem 
linken  Oder-Ufer  heranzuziehen.  König  Friedrich  H.  erwiderte, 
dass  er  über  Frankenstein  und  Ottmachau  seine  Reise  fortsetzen 
und  mündlich  mit  Schwerin  über  dessen  Bericht  sprechen  werde. 
Nichtsdestoweniger  verfügte  er  noch  am  26.  Februar  von  Franken- 
stein aus,  dass  GM.  v.  Kalkstein  mit  drei  der  nachrückenden 
Infanterie-Regimenter  (Kalkstein,  Prinz  Dietrich,  Truchsess)  den 
Schutz  von  Nieder-Schlesien  gegen  einen  Einfall  von  Böhmen  über- 
nehmen solle.  Das  erste  Bataillon  Garde  wurde  nach  Schweidnitz 
bestimmt. 2) 

Am  26.  Februar  traf  König  Friedrich  über  Reichenbach 
in  Frankenstein  ein.  Hier  scheint  er  bereits  von  den  am  26.  Februar 
ausgesendeten  österreichischen  Streif-Commanden  Kunde  erhalten 
zu  haben ;  er  Hess  in  Folge  dessen  durch  seine  Husaren  die  Strasse 
gegen  AVartha  und  das  umliegende  Terrain  durchsuchen  und  recog- 
noscieren  und  ritt  erst,  als  die  Meldung  einlangte,  dass  nirgends 
etwas  vom  Feinde  zu  entdecken  sei,  von  Frankenstein  ab,  um  die 


*)  Kriege  Friedrich  d.  Gr.,  I,  295. 
-)  Kriege  Friedrich  d.  Gr.,  I,  315. 


141 


Gfenzpostierungen  und  den  Pass  von  Wartha,  welcher  nach  Gl  sitz 
führt,  zu  besichtigen. 

Als  Escorte  von  Frankenstein  bis  Silberberg  diente  eine  Es- 
cadron >des  Grenadier-Regiments  zu  Pferd  GL.  Graf  von  der  Schulen- 
burg, unter  Commando  des  Oberstwachtmeisters  von  Normann, 
welche  in  Silberberg  von  der  Escadron  des  Oberstlieutenants  von 
Diersfordt  abgelöst  wurde.  *) 

Die  Diersfordt'sche  Escadron  geleitete  König  Friedrich  II. 
bis  zu  dem  etwa  zwei  Kilometer  vom  Orte  Wartha  gelegenen 
Dorfe  Frankenberg.  2)  Dort  stand  eine  Escadron  Gensdarmen  unter 
Oberstlieutenant  von  der  Asseburg,  von  welcher  der  König 
50  Pferde  mitnahm,  die  anderen  50  Pferde  aber  in  Frankenberg 
stehen  liess.3)  Oberstlieutenant  von  Diersfordt  erhielt  den  Befehl, 
von  Frankenberg  bis  zum  Dorfe  Baumgarten  zurückzumarschieren 
und  dort  die  Rückkunft  des  Königs  zu  erwarten. 4; 

Die  von  Friedrich  II.  eingeschlagene  Route  ist  in  den 
vorhandenen  Acten  nicht  ausdrücklich  bezeichnet,  nachdem  aber 
das  Dorf  Frankenberg  in  denselben  erwähnt  ist,  so  kann  nur  die 
Strasse  von  Silberberg  über  Briesnitz,  Riegersdorf  und  Franken- 
berg gewählt  worden  sein ;  der  kürzere  und  directe  Weg  von 
Briesnitz  auf  Wartha  wurde  wohl  mit  gutem  Grunde  vermieden. 5) 
Dieser  Weg  zog  sich  längs  den  und  zum  Theil  durch  die  Wal- 
dungen des  Eulen-Gebirges  hin,  kaum  einige  Kilometer  von  den 
österreichischen  Husarenposten  vorüber,  deren  einen  man  in  Gabers- 
dorf  wusste.  Den  Rückzug  wollte  der  König  von  Wartha,  dann 
über  Frankenberg  und  Baumgarten  auf  Frankenstein  nehmen. 

Ungefähr  11  Uhr  Vormittags  war  er  in  Wartha  eingetroffen, 
hatte  selbst  von  den  Gensdarmen  Sicherheitsposten  aufstellen  lassen, 
die  Postierungen  bei  Wartha  besichtigt  und  befand  sich  eben  beim 
Mittagmahl  im  Orte,  als  ihm  Oberstlieutenant  von  der  As  s  eb  ur  g 
melden  liess,  dass  ein  grosser  Schwärm  österreichischer  Husaren 
über  die  Neisse  gekommen  sei  und  gegen  die  Dörfer  Baumgarten 
und  Frankenberg  rücke. 


x)  Oberstwachtmeister  von  Normann  an  GL.  Grafen  von  der  Schulen- 
burg, Vorstadt  Frankenstein,  28.  Februar  1741.  (K.  A.,  Schlesien  1741,  XII,  ad  27.) 

2)  Oberstlieutenant  von  Diersfordt  an  GL.  Grafen  von  der  Schulen- 
burg, Frankenstein,  2.  März  1741.  (K.  Ä.,  Schlesien  1741,  XII,  27.) 

a)  Orlich,  Geschichte  der  schlesischen  Kriege  nach  Original- Quellen. 
Berlin  1841,  I,  62. 

4J  Diersfordt's  Bericht, 

s)  Tafel  V. 


142 

Als  Oberst  Baron  Trips  von  Splenyi-Husaren  den  Befehl  des 
GrFWM.  Lentulus  zur  Ausführung  eines  „Streiches"  gegen  den 
König  oder  den  FM.  Schwerin  erhalten,  hatte  er  sofort  zwei 
Commanden  seiner  Husaren,  jedes  60  Reiter  stark,  aufsitzen  und 
„voraus  an  verschiedene  Gegenden  zwischen  Frankenstein  und 
AVartha"  aufbrechen  lassen,  denen  er  selbst  mit  30  Husaren 
folgte.  Von  Gabersdorf  fand  keine  Entsendung  statt,  es  scheint, 
dass  die  Zeit  nicht  mehr  hinreichte,  um  noch  Befehle  dorthin  zu 
schicken. 

Von  den  beiden  Streif-Commanden,  welche  Oberst  Trips 
voraneilten,  näherte  sich  das  eine  unter  Oberstwachtmeister 
Szombo  der  Strasse  Frankenberg  -  Briesnitz,  welche  König- 
Friedrich  H.  kaum  eine  Stunde  vorher,  von  Silberberg 
kommend,  passiert  hatte;  das  zweite  unter  Rittmeister  Komäromy. 
bestellend  aus  zwei  Lieutenants,  drei  Cornets,  dem  Regiments- 
Adjutanten  und  60  Husaren,  gieng  gegen  das  Dorf  Baumgarten  vor. 

Rittmeister  Komäromy  1)  dürfte  kaum  in  der  Umgebung  des 
Dorfes  Baumgarten  angekommen  sein,  als  die  von  Oberstlieutenant 
von  Diersfordt  geführte.  95  Mann  starke  Escadron  des  Schulen- 
burg'schen  Regiments  erschien, 2)  welche,  dem  erwähnten  Befehl 
des  Königs  entsprechend,  von  Frankenberg  nach  Baumgarten 
zurückritt.  Komäromy  liess  Feuer  geben  und  attaquierte  dann 
die  Preussen  kräftig:  die  Grenadiere  kamen  ausser  Fassung  und 
gaben  vorzeitig  und  unordentlich,  ohne  ein  Commando  abzuwarten, 
ihre  Schüsse  ab.  Bevor  der  Commandant  es  hindern  konnte, 
drängten  sich  die  Grenadiere  in  einen  Haufen  zusammen  und  waren 
weder  durch  Zuruf,  noch  Zusprechen  in  Ordnung  zu  bringen,  die 
österreichischen  Husaren  hieben  von  allen  Seiten  auf  die  preussischen 
Reiter  ein,  „worauf  es  nicht  lange  dauerte,  dass  die  Escadron  die 
Fuite  nahm  auf  Frankenstein", 3)  Verfolgt  auf  ihrer  Flucht  von 
den  Husaren,  wurden  noch  viele  niedergehauen,  gefangen  und 
versprengt. 


*)  Nach  dem  Tagebuche  des  Fähnrichs  Lutsch  war  Komäromy 
.. voraus  detachiert,  welcher  sich  zwischen  Frankenherg  und  Frankenstein 
postiert,  der  Oberstwachtmeister  aber  mit  60  Husaren  etwas  weiter  zurück, 
der  Oberst  mit  30  Mann  bei  Johnsbach  stehen  gebheben". 

2)  Nach  „Kriege  Friedrich  d.  Gr.,  I,  318",  nur  6  Officiere  und  73  Mann. 

3)  Diersfordt's  Bericht.  —  König  Friedrich  II.  sagt  in  einem 
Schreiben  aus  Frankenstein,  28.  Februar  1741,  an  den  Eegiments-Inhaber  GL. 
Grafen  von  der  Schulenburg:  „Diese  (die  Escadron)  hat  im  Anfange  gute 
Contenance    gehalten,    als    aber    zwei  Mann    davon    gefallen,    geräth  Alles  in 


143 

Das  zweite  österreichische  Husaren-Commando  soll  nach  dem 
Berichte  des  Oberstlieutenants  von  Diersfordt  ,, abwärts  gehalten 
haben,  um  den  König  zugleich  zu  attaquieren",  nach  dem  Berichte 
des  GFAv'M.  Lentulus  hätte  Oberstwachtmeister  Szombo,  „weil 
das  Land  dort  durch  Gräben,  Berge,  Thäler  und  "Wälder  sehr 
coupiert,  von  obiger  Action  nichts  wissen,  noch  sich  conjungieren 
können  und  Oberst  Baron  Trips  ist  nur  mit  seinen  30  Husaren 
bei  Johnsbach  gestanden". 1) 

Als  König  Friedrich  II.  die  Meldung  von  der  Anwesenheit 
feindlicher  Husaren  im  Bereiche  seiner  Postiermigen,  ja  in  seiner 
unmittelbaren  Nähe  erhalten  hatte,  war  er  zu  Pferd  gestiegen  und 
mit  der  halben  Escadron  Gensdarmen  seiner  Escorte,  40  Husaren 
und  einem  Detachement  von  50  Infanteristen  gegen  Frankenberg 
aufgebrochen.  Der  König  sagt  nun  selbst  in  seinem  schon  er- 
wähnten Schreiben  an  den  Fürsten  Leopold  von  Anhalt: 
,, Sobald  ich  aus  Wartha  kam,  wurde  die  feindlichen  Husaren  so- 
gleich ansichtig,  welche  sich  über  die  Neisse  gesetzt  und  zu  uns 
gekommen  waren,  worauf  der  Lieutenant  Ritter  mit  40  Husaren 
die  feindlichen  sofort  attaquieren  musste ;  es  wurden  diese  letz- 
teren auch  repoussiert  und  mit  Verlust  von  zwei  Pferden  über  die 
Neisse  zurückgejagt."  2) 

Die  Abtheilung  österreichischer  Husaren,  von  welcher  hier  die 
Rede  ist,  kann  nur  das  Detachement  des  Oberstwachtmeisters 
Szombo  gewesen  sein,  welcher,  später  als  Komarom  y,  über  die 
Neisse  gegangen,  sich  gegen  die  Strasse  Frankenberg-Briesnitz 
gewendet  hatte  und  hier  gerade  auf  die  vom  König  herangeführte 
kleine  Colonne  stossen  musste. 

Um  den  Rückzug  dieser  Abtheilung  zu  erleichtern,  wurde 
vom  rechten  Neisse-Ufer  ein  lebhaftes  Feuer  unterhalten.  Der 
König  schreibt  dies  einer  österreichischen  Infanterie-Abtheilung  zu 


Terreur  und  Desordre,  die  Dragoner  machen  unter  sich  ein  Gemurmel,  dis- 
persieren  sich  darauf  und  reissen  in  grösster  Confusion  aus  nach  dem  Dori'e 
Baumgarten.  Wie  aher  vor  diesem  Dorf  ein  morastiger  Graben  liegt,  worüber 
sie  mit  den  Pferden  sprengen  wollen,  so  stürzen  die  Vordersten  hinein  und 
die  Hinterherkommenden  fallen  nach,  so  dass  Alles  in  dem  grössten  Effroi 
und  Desordre  gewesen."  Beiheft  zum  Militär-Wochenblatt  187G :  Droysen. 
Die  preussischen  Kriegsberichte  der  beiden  schlesischen  Kriege,  320,  Anmerk. 
Siehe  auch  Orlich,  I,  Urkunden,  305  ff.  Brief  König  Friedrich  IL  an 
Fürsten  Leopold  von  Anhalt  aus  Frankenstein  vom  27.  Februar  1711. 

J)  Len  t  u  1  u  s  an  Neipperg.  (ilatz.  28.  Februar  1711.  (K.  A.,  Schlesien, 
1741,  II,  44). 

2J  Orlich,  I,  Urkunden,  307. 


144 

und  spricht  von  „gezogenen  Gewehren".  Es  ist  nicht  abzusehen, 
woher  hier  ein  österreichisches  Infanterie-D etachenient  hätte  kommen 
sollen ;  vermuthlich  dürfte  das  Feuer  von  abgesessenen  Husaren  des 
Obersten  Trips  abgegeben  worden  sein. 

In  Frankenberg  vereinigte  sich  der  König  mit  der  dort  auf- 
gestellten zweiten  halben  Escadron  Gensclarmen  und  schickte  den 
General -Adjutanten  Grafen  Wartensleben  nach  dem  Dorfe 
Baumgarten,  um  die  Diersfordt'sche  Escadron  zu  holen,  von  deren 
Schicksal  ihm  noch  nichts  bekannt  war,  „um,  wenn  allenfalls  die 
feindlichen  Husaren  uns  den  Bückweg  coupieren  wollen,  uns  die 
Passage  zu  machen".  *) 

Der  General-Adjutant  kam  jedoch  bald  zurück  und  brachte 
dem  König  die  Meldung  von  dem  Rencontre  und  der  völligen 
Auflösung  dieser  Escadron.  Auf  Friedrich  IL  scheint  dieser 
Vorfall,  der  sich  in  seiner  unmittelbaren  Nähe  abgespielt,  von 
tiefem  Eindrucke  gewesen  zu  sein,  er  schrieb  darüber  an  den 
Regiments-Inhaber :  ,,"Wie  nahe  mir  diese  Desordre  der  Escadron 
gegangen,  welcher  ich  mich  eine  halbe  Stunde  vorher  zur  Es- 
corte  anvertraut,  werdet  Ihr  selbst  ermessen."  2) 

Die  österreichischen  Husaren  Komäromy's  gaben  die  Ver- 
folgung der  Versprengten  der  Diersfordt'schen  Escadron  indessen 
bald  auf  ihre  Pferde  waren  stark  fatiguiert  und  der  Rittmeister 
trat  daher  mit  den  gemachten  Gefangenen  den  Rückweg  an3),  den 
er  über  Paulwitz  und  Grünau  über  die  Xeisse  genommen  haben 
dürfte. 

Bei  diesem  Gefechte  waren  preussischerseits  ein  Corporal  und 
zehn  Grenadiere  toclt  gebheben,  ein  Officier  und  sieben  Mann  ver- 
wundet worden,  ein  Corporal,  ein  Tambour,  ein  Fahnenschmied 
und  dreizehn  Gemeine  wurden  von  den  österreichischen  Husar;  n 
^efanffen  fortgeführt.  Die  Standarte  der  Escadron,  zwei  Trommeln, 
Grenadiermützen  und  35  Pferde  waren  die  Siegesbeute  der 
Husaren,  während  deren  eigener  Verlust  drei  Todte,  sechs  Ver- 
wundete, von  denen  einer  nachträglich  starb  und  drei  Pferde 
betrug.4) 


*)  Ebenda. 

2)  Friedrich    II.    an    GL.    Grafen    Schulenburg,    Frankenstem, 
28.  Februar  1741.     Lettres,  320. 

3)  Lentulus'  Bericht  vom  28.  Februar  1741. 

4)  Ebenda    und    Liste    von    des     Oberstlieutenants    von    Diersfordt 
Escadron.  27.  Februar  1741.     (K.  A.,  Schlesien  1741,  XII,  25.) 


145 


Mit  den  wenigen  Leuten,  welche  der  preussische  Escadrons- 
Commandant  noch  um  sich  zu  sammeln  vermochte,  ])  ritt  er,  selbst 
an  beiden  Händen  verwundet,  König  Friedrich  II.  entgegen, 
„welcher  um  fünf  Uhr  Abends  unter  starker  Bedeckung  der  Gens- 
darmen  und  Husaren  und  einiger  hundert  Mann  Infanterie,  welche 
alarmiert,  aus  den  Postierungsorten  ausgerückt  Avaren,  den  Bückweg 
über  Baumgarten  nach  Frankenstein  antrat,  wo  er  die  Nacht  zu- 
brachte und  auch  am  nächsten  Tage  blieb." 

Am  Nachmittage  des  28.  Februar  wurden  die  Gefangenen  nebst 
den  erbeuteten  Siegeszeichen  durch  die  Husaren  in  die  Festung 
Glatz  eingebracht.  Mit  den  im  Gefechte  bei  Baumgarten  eroberten 
Trophäen  sandte  GFWM.  Baron  Lentulus  am  1.  März  den  Lieutenant 
Zaun  er  nach  Olmütz,  um  dieselben  dem  dort  erwarteten  Armee- 
Commandanten  FZM.  Grafen  Neipperg  zu  überreichen,  welcher 
dieselben  durch  den  genannten  Officier  nach  Wien  überbringen  liess.2) 

Am  Tage  des  Ueberfalles  von  Baumgarten  berichtete  auch 
FM.  Graf  Schwerin  aus  Jägemdorf,  dass  die  Gegend  bei 
Ottmachau  und  Neustadt  stets  unsicherer  würde  und  dass  er  den 
Obersten  v.  Wurmb  dahin  gesendet  habe,  um  die  dort  .auf- 
tauchenden österreichischen  Husaren  zu  vertreiben. 3) 

Die  Gefahr,  in  welcher  König  Friedrich  H.  geschwebt 
hatte,  war  sehr  ernst  gewesen  und  nur  dem  Zufalle,  dass  die  öster- 
reichischen Husaren  erst  erschienen,  nachdem  der  König  an  Briesnitz 
vorüber  nach  AVartha  gelangt  war,  hatte  er  es  zu  danken,  dass  sie 
ihn  verfehlt  hatten. 

Die  Unsicherheit,  die  sich  durch  die  Thätigkeit  der  öster- 
reichischen Eeiter  in  der  preussischen  Aufstellung  fühlbar  zu  machen 
begann  und  die  jetzt  bei  Baumgarten  so  lebhaft  zum  Ausdruck  ge- 
kommen war,  verursachte   eine   gewisse  Aufregung   und  vielfaches 

»)  Ausser  den  oben  angegebenen  Verlusten  fehlten  am  folgenden  Tage 
der  Escadron  noch  30  Mann,  vermuthlich  Versprengte,  die  später  weder  ein- 
rückten. Major  v.  Norm  an  n  an  GL.  Grafen  Schulenburg,  Frankenstein, 
28.  Februar  1741.     K.  A.,  Schlesien  1741,  XII,  ad  27. 

J)  K.  A.,  Schlesien  1741,  III,  33. 

3)  »Möge  E.  M.  im  Namen  Gottes  Acht  haben  auf  sich  und  sich  gut 
escortieren  lassen;  es  braucht  nur  einen  Augenblick,  um  sich  verloren  zu 
sehen  in  Ländern,  wie  dieses,  in  denen  wir  angesehen  werden  wie  Ex- 
communicierte  und  wo  man  ein  frommes  "Werk  zu  thun  glaubt,  indem  man 
uns  meuchelt.  Die  Berge  sind  voll  Jäger  und  Schnapphähnen,  es  wäre  wenig 
Ruhm  dabei,  durch  eine  so  feige  Hand  unterzugehen".  (Preussische  Stai 
Schriften,  I,  292). 

Oesterreichischer  Erbfolgekrieg.  II.  Bd.  10 


146 

Unbehagen  im  Heere  und  nicht  am  wenigsten  beim  König  selbst. 
Er  entschloss  sich  zu  Schritten,  die  zwar  seine  gereizte  Stimmung 
bekundeten,  aber  nicht  vorwurfsfreier  Art  gewesen  sind. 

Der  Umstand,  dass  gerade  in  diesen  Tagen  Spione  gefangen 
wurden,  welche  angeblich  ausgesagt  haben  sollen,  dass  sie  gedungen 
seien,  den  österreichischen  Truppen  den  Aufenthaltsort  König- 
Friedrich  IL  anzuzeigen,  erhöhte  die  Verstimmung  Friedrich  LT. 
noch  mehr.1) 

Die  ganze  Lage  Hess  es  ihm  als  nothwendig  erscheinen,  den 
Minister  von  P  o  d  e  w  i  1  s  mit  Instructionen  zu  versehen,  falls  er 
gefangen  oder  getöcltet  werden  sollte.  -) 

Es  war  dies  ein  Act  der  Vorsicht  und  weisen  Fürsorge.  Aber 
über  diese  hinaus  Hess  sich  der  König  zu  Verdächtigungen  so 
unglaublicher  Art  hinreissen,  dass  sie  gewiss  besser  unterblieben 
wären. 

Etwas  später  als  jener  Erlass,  ergieng  nämlich  am  5.  März 
ein  zweiter  an  Podewils  aus  Mollwitz,  worin  behauptet  wird, 
dass  einer  von  den  bereits  erwähnten  attrapierten  Spionen  freiwillig 
ausgesagt  habe,  „wie  sie  in  Commission  gehabt  hätten,  sich  an  den 
Orten,  wo  ich  mich  befände,  aufzuhalten,  alle  meine  Wege  und 
Stege  zu  epiiren  und  mich  sodann,  wo  es  immer  möglich,  den 
österreichischen  Truppen  zu  verrathen,  ja,  selbst  einer  von  diesen 
Banditen  hat  freiwillig  bekannt,  dass  er  desshalb  einen  besonderen 
Eid  bei  dem  Hof-Kriegsrathe  und,  welches  jedoch  kaum  zu  glauben 
stehet,  in  Gegenwart  des  Grossherzogs  von  Toscana  habe 
ablegen  müssen".3) 


!)  Kriege  Friedrich  d.  Gr.,  I,  319  ff.  Siehe  über  den  scheinbaren  Anla^ : 
JViittheüungen  des  k.  und  k.  Kriegs-Archivs,  IV,  223  u.  ff. 

2)  „Nebenbei  gesagt,  ich  bin  zweimal  den  österreichischen  Husaren 
entwischt.  Wenn  mir  das  Unglück  zustossen  sollte,  lebend  gefangen  zu 
werden,  so  befehle  ich  Ihnen  strengstens  und  Sie  haften  mir  mit  Ihrem 
Kopfe  dafür,  dass  Sie  während  meiner  Abwesenheit  meine  Befehle  nicht  be- 
folgen, dass  Sie  meinem  Bruder  mit  Ihrein  Rathe  dienen  und  dass  der  Staat 
keine  unwürdige  Handlung  zur  Erlangimg  meiner  Freiheit  begehe.  Im  Gegen- 
theil,  ich  will  und  befehle  es,  dass  man  den  Krieg  lebhafter  als  je  führe.  Ich 
bin  nur  König,  so  lange  ich  frei  bin.  Wenn  man  mich  tödtet,  so  will  ich, 
dass  mein  Körper  auf  römische  Art  verbrannt  werde  und  dass  man  mich  in 
einer  Urne  zu  Rheinsberg  beisetze.  Knobelsdorff  soll  mir  in  diesem 
Falle  ein  Denkmal,  wie  das  des  Horaz  zu  Tusculum,  errichten."  (Kriege 
Friedrich  d.  Gr.,  I,  320  und  Politische  Correspondenz,  I.  299). 

3)  Polit.  Corresp.  I,  Nr.  300. 


147 

König  Friedrich  IL  beauftragte  den  Minister,  derartige 
„indigne  Proceduren  des  Wienerischen  Hofes",  ungeachtet  er 
sich  gegen  selben  „so  modere  bezeigt",  gelegentlich  bekannt 
zu  machen,  wesshalb  nicht  nur  den  G-esandten  an  den  grossen 
Höfen  davon  Kenntniss  gegeben  werden,  sondern  der  Minister  auch 
in  „den  publiquen  Zeitungen  das  Nöthige  davon  mit  behörigen 
Couleurs  inserieren  lassen"  solle.1) 

In  der  Berlin'schen  Zeitung  vom  11.  März  1741  erschien 
denn  auch  sofort  ein  diesbezüglicher  Artikel  in  den  „behörigen 
Couleurs",  m  welchem  zwar  der  Grossherzog  von  Toscana  noch 
nicht  genannt,  aber  gesagt  ist,  „in  hoher  Gegenwart  eines  grossen 
Prinzen,  von  dem  es  nicht  wohl  zu  glauben  steht". 2) 

In  dem  Circular-Erlass  vom  selben  Tage  an  die  preussischen 
Gesandtschaften  wurde  jedoch  der  Grossherzog  von  Toscana 
ausdrücklich  benannt. 

Nun  stellen  zwar  die  „Preussischen  Staats-Schriften"  3)  die  Be- 
hauptung auf,  der  Circular-Erlass  habe  nicht  die  Bestimmung  gehabt, 
„in  die  Oeffentliclikeit  zu  gelangen  oder  an  den  fremden  Höfen 
übergeben  zu  werden"  und  er  sei  nur  durch  die  Pflichtverletzung  eines 
subalternen  Beamten  (Liscow)  bekannt  geworden.  Das  ist  keines- 
wegs zutreffend,  da  dem  Wiener  Cabinete,  schon  bevor  derselbe 
durch  die  Zeitungen  verbreitet  wurde,  Abschriften  durch  die  Ver- 
treter an  den  deutschen  Höfen  zugegangen  sind. 

Der  gewaltige  Eindruck,  den  eine  derartige  furchtbare  An- 
klage hervorrufen  musste,    trotzdem  man    versuchte,    sie  durch  ein 


1)  Preuss.  Staats- Schriften,  L,  293. 

2)  Abgedruckt  in  „Preuss.  Staats-Schriften",  L,  295.  Der  betreffende,  auch 
in  der  in  Berlin  erscheinenden  französischen  Zeitung,  dem  „Journal  de  Berlin" 
(welches  als  Motto  die  Devise:  „Verite  et  liberte"  trägt),  enthaltene  Artikel 
lautet :  „Die  letzten  Briefe  aus  Schlesien  berichten,  dass  man  in  unserer  Armee 
viele  Spione  und  Banditen  gefangen  habe,  welche  ausgesagt  und  gestanden 
hätten,  beauftragt  zu  sein,  Sr.  Majestät  überallhin,  wo  sich  derselbe  befinde, 
zu  folgen,  auf  jeden  seiner  Schritte  aufmerksam  zu  sein  und  ihn  den  Feinden 
auszuliefern  oder  sogar  die  verruchtesten  Absichten  gegen  seine  geheiligte 
Person  auszuführen.  Was  aber  das  Schrecklichste  ist  und  alle  Vorstellungen 
übersteigt,  ist,  dass  einer  dieser  Unglücklichen  bekannt  hat,  dass  der  Hof- 
Kriegsrath  in  Wien,  abgehalten  in  Gegenwart  eines  gewissen  hohen  Prinzen, 
den  man  einer  solchen  That  unbedingt  unfähig  gehalten  hätte,  ihn  unter  Eid 
zur  Ausführung  jener  schwarzen  Pläne  gedungen  habe."  (Im  Original  ein- 
gesendet von  Graf  Ost  ein  in  London,  mit  Bericht  vom  28.  März  an  die 
Königin.    H.  H.  u.  St.  A.) 


3)  I ,  294. 


10 


* 


148 

neuerliches  Circular  vom  27.  März  abzuschwächen  r),  ist  wohl  leicht 
zu  ermessen. 

Am  18.  März  war  der  an  die  geistlichen  Höfe  von  Maynz, 
Cöln  und  Trier  gesandte  Graf  Rudolph  Colloredo  schon  in  der 
Lage,  der  Königin  Maria  Theresia  in  seinem  aus  Maynz 
datierten,  in  Wien  mittelst  Courier  am  23.  März  eingelangten 
Berichte  zu  melden : 

„So  ist  mir  ingleichen  im  Vertrauen  mitgetheilt  worden,  wie 
sich  vorgestern  in  einer  gehabten  Audienz  bei  hiesigem  Churfürsten 
Philipp  Carl  Graf  Eltz)  der  königlich  preussische  Gesandte  (Freiherr 
Johann  Christoph  Daniel  v.  D  an  ck  elm  ann)  geäussert2);  gestern 
alter  hat  derselbe  gar  das  beiliegende  und  unerhörte  pro  nota  nicht 
allein  dem  Churfürsten  und  dessen  Ministerio  übergeben,  sondern  auch 
allen  hiesigen  fremden  Ministris  auf  seines  Königs  specialen 
Befehl  mitgetheilet.  Ich  kann  aber  Eure  Königliche  Majestät  aller- 
unterthänigst  versichern,  dass  solches  jedermännighch  vor  ein  ganz 
seltsames  und  ungewöhnliches  Verfahren  ansiehet  und  werde  ich  auch 
dasselbe   bei   aller  Gelegenheit   zu   widersprechen   ohnermangehr'.3) 

Am  21.  März  meldete  auch  die  österreichische  Reichstagsgesandt- 
schaft  in  Regensburg  nach  Wien,  dass  vor  drei  Tagen  der  dortige 
ehurbrandenburgische  Gesandte,  Justizrath  von  P  o  1 1  m  a  n  n,  zwei 
Schreiben    seines  Königs    den  übrigen  anwesenden  Gesandten,    mit 


J)  „Preuss.  Staats-Schriften",  I..  295 :  „dass  ich  trotz  dieser  Aussage 
jenen  hohen  Prinzen  (den  Grossherzog  von  Toscana)  niemals  für  fähig 
gehalten  hätte,  auch  nur  zu  dulden,  dass  man  ein  derartiges  Project  fasse 
oder  dass  man  seine  Gegenwart  missbrauche,  um  einen  solchen  Plan  im  vollen 
ßathe  vorzuschlagen." 

2)  „Wir  (Preussen)  wären  nach  wie  vor  von  einem  equitablen  Accomode- 
ment  mit  dem  Wienerischen  Hof  gar  nicht  eloignieret  und  würden  zu  allen 
gütlichen  Expedientien,  welche  mit  unserer  Gloire  compatible  wären  und  die 
Gerechtsame  unseres  königlichen  Chui'hauses  nicht  gar  zu  stark  lädierten,  gerne 
die  Hände  bieten.  Eine  gerichtliche  Erkenntniss  aber  über  unsere  mit  dem 
Wienerischen  Hof  habenden  Differentien  könnten  und  würden  wir  w  eder 
dem  chur  f  ür  s  tli  ch  e  n  C  o  11  e  gi  o,  noch  auch  dem  E,  e  i  c  h  zu- 
gestehen, sondern  beharreten  ein  vor  allemal  bei  der  festen  EntSchliessung, 
darüber  nicht  anders  als  de  Prince  ä  Prince  zu  tractieren,  würden  uns  auch 
davon,  es  entstehe  daraus,  was  da  wolle,  durch  nichts  in  der  Welt  abwendig 
machen  lassen.  Baron  v.  Danckelma  n  n."  (H.  H.  u.  St.  A.  Beilage  12  zum 
Berichte  des  Grafen  Colloredo,  18.  März  1741.  Staatskanzlei,  Pasc.  18. 
Berichte  aus  dem  Beich  174-1.) 

3)  Das  von  Grafen  Colloredo  eingeschickte ,  vom  preussischen 
Gesandten  Baron  Danckelman n  in  Maynz  dem  Churfürsten-Erzkanzler 
übergebene  Schriftstück  enthält  Anhang  XXV. 


149 

Ausnahme  der  österreichischen,  communiciert  und  dieselben  dringend 
angegangen  habe,  ,, selbe  an  ihre  Höfe  und  hohe  Principalen  ein- 
zuschicken". 

Von  diesen  vom  11.  März  datierten  Schreiben,  deren  Wortlaut 
die  österreichische  Reichstagsgesandtschaft  gleichzeitig  in  Abschrift 
einsandte,  wendet  sich  das  eine  gegen  angeblich  vom  Wiener 
Hofe  ausgegangene  unwahre  Beschuldigungen,  während  das  andere 
der  bereits  erwähnte  Circular-Erlass  über  die  persönliche  Gefährdung 
des  Königs  ist. x) 

Es  muss  nun  jedenfalls  festgehalten  werden,  class  die  preussi- 
schen  Vertreter  an  den  beiden  wichtigsten  politischen  Centren  des 
Reiches,  in  Maynz  und  in  Regensburg  übereinstimmend  mit  der 
Ueberreichung  jenes  Circular-Erlasses  vorgi  engen.  Wenn  sie  den 
,, Staats-Schriften"  zu  Folge  hiezu  nicht  autorisiert  gewesen  wären, 
so  müssten  diese  beiden  Diplomaten  mindestens  geglaubt  haben, 
im  Sinne  ihrer  Regierung  den  Auftrag  ,,pour  que  vous  en  fassiez 
part  la  oü  vous  etes"  so  lesen  zu  müssen,  wie  er  geschrieben  war 
und  damit  ganz  correct  zu  handeln.  Sie  müssen  der  Meinung  ge- 
wesen sein,  class  der  Erlass  etwa  den  Zweck  verfolge,  durch  die 
Discreditierung  des  Gemahls  der  Königin  Maria  Theresia  bei 
den  deutschen  Churfürsten  seine  Wahl  zum  Oberhaupt  des  Reiches 
zu  erschweren  oder  zu  vereiteln.  Es  ist  nicht  zu  übersehen,  dass 
gerade  der  Churfürst  von  Majmz,  Philipp  Carl,  für  die  bevor- 
stehende Wahl  als  besonders  einflussreiche  Persönlichkeit  zu  be- 
trachten war,  da  ihm  als  Erzkanzler  des  Römischen  Reiches  das 
Direktorium  der  Wahlversammlung  zustand  und  dass  er  sich  der 
Wahl  des  Grossherzogs  sehr  geneigt  zeigte.2) 

Das  Erzkanzler- Amt  hatte  auch  bereits  am  1.  März  die  Eröffnung 
des  Wahltages  zu  Frankfurt  verkündigen  lassen  und  die  Besprechungen 
der  Gesandten  in  dem  alten  Wahlorte  hatten  begonnen. 

An  den  Höfen  von  London  und  Paris  gaben  die  preussischen 
Gesandten  mündliche  Erklärungen  ab.3)  Graf  Ostein,  der  öster- 
reichische Gesandte  am  Hofe  zu  St.  James,  berichtete  am  28.  März 


x)  Das  erstere  Schreiben  Anhang  XXVI 

2)  Polit.  Corresp.,  [.,  288.  §  5  der  geheimen  Instruction  für  die  zur 
Kaiserwahl  abgeordneten  Gesandten.  Heigel  ;,Der  österr.  Erbfolgestreit  und 
die  Kaiserwahl  Carl  VII.",  pag.  62  u.  11'. 

3)  Der  österreichische  Gesandte  in  Paris,  Ignaz  v.  Wasner,  berichtete 
am  30.  März  1741  an  die  Königin,  dass  der  preussisebe  Gesandte  am 
28.  März  in  Versailles  den  Ministern  gegenüber  die  Erklärung  abgegeben  habe: 
..Que  parmi  une    bände  d'espions  et    de    bandits  qui    avaient    ete    pvis    dans 


150 

hierüber  an  die  Königin  Maria  T  h  e  r  e  s  i  a,    indem    er  die  schon 
erwähnte  Nummer  des  „Journal  de  Berlin"  einschickte.  ]) 

Nach  dem  Gefechte  bei  Baumgarten  und  nach  den  Enunciationen 
der  Berliner  Zeitungen  tauchten  nun  wirklich  die  abenteuerlichsten 
Gerüchte  und  Mittheilungen  auf  und  die  Nachrichten  über  Attentats- 
pläne  gegen  den  König  verbreiteten  sich  in  allen  erdenklichenFormen.2) 


l'armee  prussienne  en  Silesie,  le  clief  de  cette  bände  avait  confesse,  qu'il 
avait  ete  pris  ä  serment  dans  le  conseil  de  guerre  ä  Vienne  en  presence  d'un 
grand  prince,  d'enlever  le  roi  de  Prusse  mort  ou  vif."  (H.  H.  u.  St.  A., 
Frankreich,  Correspondenz  93.  Angeführt  in  „Mittheilgn.  des  k.  und  k.  K.  A.. 
N.  F.  II,  202,  Anmerkung.) 

J)  „Als  nun  der  Lord  Ministre  (Harringto  n)  mir  dasselbe  gelegentlich 
meiner  Anwesenheit  bei  ilrni,  aus  seinen  angelangten  Postbriefen  vorgelesen, 
so  habe  solches  für  ridicüle  tractiert,  mit  dem  Zusatz,  wie  ich  nicht  verhoffte, 
dass  solches  auf  die  Kühnheit  der  Husaren  gelegt  werden  würde,  dass  sie  den 
König  bald  gefangen  hätten,  denn  in  diesem  Fall  dergleichen  Attentate  mehr 
von  ihnen  wohl  dürften  vorgenommen  werden.  Der  Graf  v.  Truchsess 
(preussischer  Gesandter)  hat  vermöge  eigenem  Befehle  davon  in  einer  Audienz 
dem  Könige  die  Mittheilung  thun  müssen,  allein  der  König  hat  ihm  solche 
den  ersten  Tag  nicht  ertheüt  und  demnach  sein  Anbringen  lachend  von  ihm 
entgegengenommen,  auch  mit  dieser  Ausdrückung  beantwortet :  „Sein  König 
und  der  Grossherzog  sind  beide  und  er  Graf  selbst  ein  free  Mason,  ein- 
folglich  laufete  gegen  die  principia  dieses  hohen  Ordens,  einen  solchen  Wahn 
von  seinen  Mitbrüdern  fassen  zu  wollen."  (H.  H.  u.  St.  A.,  Graf  Ostein 
an  die    Königin,    London  28.  März  1741.) 

Die  „Staats-Schriften"  stellen  diese  Aeusserung  König  Georg  II.  nach 
dem  Berichte  Truchsess'  vom  24.  März  1741  in  Abrede.  Hiernach  soll  der 
König  nur  gesagt  haben:  „Qu'il  connaissait  trop  le  duc  de  Lorraine  pour  le 
croire  capable  de  donner  les  mains  ä  de  telles  indignites."  (I.,  295,  Anmerkung.) 

Uebrigens  wurde  Mitte  April  in  London  vom  preussischen  Gesandten 
bereits  begonnen,  in  dieser  Angelegenheit  stark  abzuwiegeln,  wie  aus  einem 
ferneren  Berichte  O  s t  e  i  n's  vom  14.  April  hervorgeht :  „Der  Graf  v.  Truc  h- 
sess  gibt  sich  allhier  alle  Mühe,  um  aller  Orten  jenes,  so  von  wegen  der 
unerlaubten  Vorgebung  eines  Attentats  gegen  die  Person  und  das  Leben  des 
Königs  von  Preussen  bekanntermassen  in  die  Welt  getreten,  zu  detruieren 
und  gleichsam  zurückzunehmen.  Wie  er  dann  zu  diesem  Ende  eigens  sich  zu 
den  fremden  Ministris  begiebt  und  mir  vor  zwei  Tagen  auch  bei  Hof  mich 
selbst  anredend  gesagt,  es  nehme  der  König  das  also  ausgebreitete  Gerücht 
sehr  übel  auf  und  sehe  es  auf  eine  solche  Art  an,  dass  in  sich  allenthalben 
unerlaubt  wäre,  dergleichen  nur  sich  zu  Sinnen  kommen  zu  lassen.  Er  traget  für 
die  Person  S.  K.  H.  als  einem  Fürsten  von  so  hoher  Geburt  und  ganz  beson- 
deren Eigenschaften  eine  wahre  Freundschaft  und  Hochachtung  und  schiene 
das  Ganze  auf  eine  Ueb ereilung  von  ein  oder  dem  anderen  ihrer  Ministrorum 
werfen  zu  wollen."  (H.  H.  u.  St.  A.,  Graf  Ostein  an  die  Königin,  London, 
14.  April).  In  ähnlichem  Sinne  äussert  sich  auch  der  Bericht  vom  18.  April. 

-')  Eine  in  dem  Märzheft  des  damals  noch  dem  preussischen  Cabinete 
nicht  abgeneigten,    von  Jean  Rousset,    der  zu  jener  Zeit  noch  Mitglied  der 


151 

Es  wird  wohl  darauf  hingewiesen  werden  können,  dass. 
militärisch  betrachtet,  ein  organisiertes  Banditenwesen,  wie  jenes, 
von  dem  die  amtlichen  preussischen  Schriftstücke  wissen  wollen, 
ein  Unding  und  die  Mittheilung  daher  wohl  nur  geeignet  war, 
momentan  eine  gewisse  aufregende  Wirkung  in  Kreisen  zu  üben, 
denen  hiefür  jeder  Massstab  abgieng.  So  viel  Ordnung  und 
Ueberwachung  muss  denn  doch  auch  das  abfälligste  Urtheil  im 
Hauptquartiere  eines  Friedrich  II.  voraussetzen,  dass  ein  ver- 
dächtiges Subject  keinen  Tag  lang  innerhalb  desselben  möglich  ge- 
wesen wäre,  geschweige  mehrere  solcher. 

Es  deutet  auch  in  den  Acten  nichts  auf  einen  solchen  Kund- 
schaftsdienst nahe  oder  gar  in  dem  preussischen  Hauptquartier  Irin, 
im  Gegentheil  wird  der  Mangel  an  verlässlicher  Kund- 
schaft häufig  genug  beklagt. 

Maria  Theresia  war  über  die  in  die  AVeit  geschleuderte 
Verdächtigung,  es  fänden  sich  im  preussischen  Lager  Meuchel- 
mörder, die  der  Grossherzog  gegen  des  Königs  Leben  gedungen, 
auf  das  Tiefste  verletzt  und  empfand  die  ihr  und  ihrem  Gemahl 
zugefügte  Beleidigung  in  vollem  Masse.  Den  österreichischen 
Gesandten  wurde  als  Gegenerklärung  eine  Note  an  die  Höfe 
übersendet,  in  der  die  Königin  ohne  Bückhalt  ihrer  Entrüstung 
Ausdruck  gab. 1) 

königlichen  Gesellschaft  der  Wissenschaften  zu  Berlin  war,  redigierten  „Mercure 
historique  et  politique"  erschienene  Correspondenz  enthält  Anhang  XXVII. 

*)  Anhang  XXVIII.  Siehe  auch  über  die  angebliche  Ermordung  eines 
Münsterbergischen  Gesandten,  in  welchem  man  den  König  vermuthet  habe, 
sowie  über  die  ganze  journalistische  und  politische  Action  des  Königs  in 
dieser  Sache  den  Artikel  „Der  Ueberfall  von  Baumgarten  am  27.  Februar  1741" 
in  „Mittheilungen  des  k.  und  k.  Kriegs-Archivs,  IV,  228—237. 


Die  Ereignisse  bis  zum  Beginn  der  grösseren 

Operationen. 

Die  Zustände  in  der  schlesischen  Landeshauptstadt  spitzten 
sieh  immer  mehr  zu  und  die  Unzufriedenheit  mit  den  neuen  Ver- 
hältnissen trat  gerade  in  dieser  alten  Handelsstadt  bald  offen  hervor. 
Es  drang  dort  doch  sehr  bald  die  Meinung  durch,  dass  die  Ueber- 
antwortung  der  Stadt  an  den  König  von  Preussen  eine  durchaus 
übereilte  gewesen  sei  und  gerade  Das,  was  man  hatte  vermeiden 
wollen,  der  harte  Druck  des  Krieges,  sich  nun  in  überreichem 
Masse  eingestellt  hatte.  In  jener  Zeit  schrieb  ein  Breslauer  Kauf- 
mann an  den  Obrist-Kanzler  des  Königreichs  Böhmen,  er  möge 
nicht  glauben,  dass  es  unter  der  vernünftigen  Bevölkerung  Breslau's 
Jemanden  gebe,  „der  nicht  den  himmelweiten  Unterschied  zwischen 
einem  bisher  empfundenen  glimpflichen  Eegimine  clementissimae 
Domus  Austriacae  togato  und  einem  zu  besorgenden  Eegimine 
sagato  handgreiflich  einsehe."  *) 

Am  25.  Februar  war  in  Folge  des  Unbehagens,  das  in  Breslau 
herrschte,  ein  Abgeordneter  des  „Conventus  publicus"  von  dort  in 
G-latz  angekommen,  um  sich  bei  der  Generalität  zu  erkundigen,  „ob 
das  Land  Schlesien  nicht  bald  einer  Hilfe  von  unserer  All  ergnädigsten 
Königin  sich  zu  getrösten  haben  würde,  indem  der  Conventus 
publicus  durch  eine  unterm  11.  Februar  ergangene  königlich 
preussische  Verordnung  befehligt  worden,  die  Stände  zu  berufen 
und  das  Contributions-Quantum  zu  repartieren,  im  Widrigen  man 
an  des  Conventus  publici  Gütern  mit  Execution  den  Anfang 
machen  werde." 


*)  Zeitschrift  d.  V.  f.  Gesell,  u.  Alterth.  Schlesiens.  23.  Bd.  G  r  ü  nh  a  g  e  n. 
Die  Einrichtuno;  cl.  Militärwesens  in  Schlesien;  2. 


153 

„Als  nun  der  Conventus  publicus  dieses  depreciert  und  möglichst 
abzulehnen  gesucht,  so  sei  von  dem  königlichen  Commissariat  im 
Namen  des  Königs  dem  Lande  286.498  Gulden  monatlich  abzu- 
führen *auf erlegt  worden,  auch  bezüglich  der  Früchte  der  Befehl 
ergangen,  unter  Strafe  der  Confiscation  ausser  der  höchsten  Noth- 
durft  zum  Futter  und  Aussaat  alles  in  die  königlichen  Magazine 
zu  liefern".  1) 

!)  Lentulus  anNeipperg,Glatz27.Febr.  1741.  K.A.,  Schlesien  1741;  IL  4a 

„Steuern  aufzulegen  und  zu  erheben,  hatte  der  König  von  Böhmen  als 
oberster  Herzog  von  Schlesien  nie  das  Recht  gehabt.  Sie  wurden  auf  seinen 
Antrag  von  den  versammelten  Ständen  auf  den  Fürstentagen  jährlich,  der 
Form  nach  ohne  alle  Verpflichtung,  so  weit  es  angemessen  schien,  bewilligt 
u.  zw.  nach  einem  alten  Anschlag  für  jeden  Landestheil  von  den  Ständen  aus- 
geschrieben, von  den  Steuerämtern  der  einzelnen  Fürstenthümer  erhoben  und 
der  gesammte  Ertrag  an  das  General- Steueramt  in  Breslau  abgeliefert.  Dieses 
stand  unter  einem  Ausschusse  der  Stände,  der  General- Steuercassen-Deputation 
und  in  einigen  Beziehungen  unter  dem  Oberamte.  Aus  der  General-Steuercasse 
erbielt  der  König  von  Böhmen  die  ihm  von  den  Ständen  bewilligten  Summen, 
wesentlich  ohne  an  der  Art  und  Weise  der  Erhebung  und  dem  Betrage  der 
gesammten  Einnahme  Antheil  zu  haben,  worüber  die  Steuercassen-Deputation 
oder  der  ständische  Ausschuss,  auch  Conventus  publicus  genannt,  nur  den 
Ständen  selbst  Rechnung  abzulegen  schuldig  war". 

,,Die  Absicht  Friedrich  IL  war  nun,  es  solle  im  Wesentlichen  so 
bleiben,  allein  die  Einnahme  nicht  mehr  an  die  Königin,  sondern  an  ihn 
entrichtet  werden.  Das  Kiiegs-Commissariat  verlangte  daher  gleich  nach  der 
ersten  Ankunft  des  Königs  in  Breslau  von  dem  Steueramte  dieses  Fürsten- 
thums  und  bald  darauf  vom  General-Steueramte,  es  solle  ohne  Genehmigung 
des  Königs  ferner  kein  Geld  ausgeben,  der  Bestand  der  Gasse  aber  und  der  Betrag 
dessen,  was  im  Durchschnitte  jährlich  der  Kaiser  vom  Lande  erhalte,  angezeigt 
werden.  Das  erregte  grosse  Besorgniss  vor  etwaiger  Beschlagnahme  der  in  der 
Casse  vorhandenen  Gelder,  wesshalb  die  Aceise-Commission  die  Amtsstube 
schloss.  Ohnehin  hatten  gleich  bei  der  Ankunft  des  Königs  in  Breslau  sich  schon 
viele  Bürger  geweigert,  die  verhasste  Accise  ferner  zu  entrichten ;  sie  hörte 
in  Breslau  und  bald  in  allen  Städten  des  Landes  völlig  auf.  Als  bald  darauf 
der  Versuch  gemacht  wurde,  sie  wieder  zu  erheben,  wurden  die  Accisehäuser 
bei  Breslau  und  Liegnitz  von  Landleuten  und  Bürgern  zerstört.  Friedrich 
befahl  daher  durch  ein  Patent,  alle  Steuern,  Accise  und  andere  Landesabgaben 
sollten  bis  auf  weitere  Verordnung,  wie  im  Jahre  1740,  an  die  Landescassen 
entrichtet  und  aus  diesen,  wie  das  Kriegs-Commissariat  dem  Ausschusse  der 
Stände  anzeigte,  doch  ohne  Präjudiz  für  die  Stände,  die  Marschkosten  und 
Landesinteressen  bezahlt  werden ;  desshalb  sei  eine  Eidesleistung  an  den  König 
liöthig,  der  Niemand  überbürden  und  das  Abgabenwesen  in  der  alten  Ver- 
fassung mit  den  bisherigen  Beamten  lassen  wolle,  daher  nichts  nach  Kriegs- 
gebrauch vom  Lande,  ja  nicht  einmal  die  Huldigung  verlangt  habe". 

„Die  Steuercassen-Deputation  erwiderte  auf  dies  Verlangen,  das  General- 
Steueramt  sei  nicht  königlich  böhmisch,    sondern    ständisch    und  könne  ohne 


154 


General    Lentulus    informierte    den    Breslauer  Delegierten 
über  den  dermaligen  Stand  der  sich  sammelnden  Operations-Armee 


Vollmacht  des  Fürstentags    nichts    thun.     Die  Casse  enthalte  nur  dem  Lande 
gehörige  Gelder  und  eine  geringe  haare  Summe  zur  Bezahlung  der  den  Landes- 
gläubigern   schuldigen  Capitalien    und  Interessen,    sowie    zur  Besoldung    der 
Beamten.  Die  Deputation  hoffe  Erhaltung  ihrer  Verfassung,  wie  sie  der  König 
in  seinem  Patente  für  eines  Jeden  Eechte  versprochen.    Den  Eid  verweigerte 
der  Ausschuss,  als  der  alten  Landesverfassung  geradezu  entgegen  und  stattete 
zugleich  der  Königin  M  a  r  i  a  T  heresi  a  Bericht  davon  ah,    mit  den  lebhaf- 
testen Betheuerungen  des  Gehorsams  und  der  Treue.  Der  Syndicus  der  Stadt 
Breslau,  von  G  u  t  z  m  a  r,  meinte  auch,  das  Haus  des  General- Steueramts  stehe 
unter    dem  Schutze    des  Magistrats    und    ein  Verfahren    gegen  die  Casse  sei 
gegen  den  mit  dem  Könige  abgeschlossenen  Neutralitäts-Vertrag.  Das  Commis- 
sariat  verlangte  nun,    der  Ausschuss  solle    entweder  die  Casse  aufgeben  oder 
monatlich  191.000  Thaler,    als  soviel  auch  der  Kaiser  ehemals  bekommen,     zur 
Erhaltung  des  Heeres  zahlen.  Der  Ausschuss  verweigerte  das,  liess  die  Casse 
versiegeln  und  beharrte  dabei,  dass  er  nur  die  von  den  Ständen  auf  einem  Eürsten- 
tage  ertheilten  Vorschriften  zu  befolgen,  aus  sich  aber  keine  Macht,  endlich  nicht 
das  Becht  habe,  die  Stände   zu  berufen,  was   nur  der  König  von  Böhmen  als 
oberster  Herzog  von  Schlesien  könne,  viel  weniger  aber  Steuern  zu  bewilligen. 
Das  Kriegs-Commissariat  wendete  anfänglich  alle  Mittel  an,  um  den  Ausschuss 
zu  einem    ausserordentlichen,    allerdings  verfassungswidrigen  Schritte    zu  be- 
wegen,  nämlich  auf  Anweisung  des  Kriegs-Commissariates  Zahlungen  zu  leisten 
und    die    dazu  nöthigen  Summen  [auf   das  Land    zu  vertheilen.     Als    das  ver- 
geblich war,  griff  es  zu  Drohungen  und  endlich,  weil  man  des  Geldes  durchaus 
bedurfte,  zur  Gewalt". 

„Auf  Befehl  des  EM.  Schwerin  wurde  der  Deputierte  Sala  von  Grossa, 
das  Haupt  des  Widerstandes,  festgenommen  und  unter  Bedeckung  nach  Oels  ge- 
bracht. Das  schreckte  dessen  Collegen  etwas.  Der  König  erklärte,  er  wolle  die 
Stände  bei  ihren  Kechten  und  ihnen  auch  die  Cassen  lassen,  wenn  sie  ihm,  wie  zu- 
letzt dem  Kaiser,  monatlich  die  verlangten  191.000  Thaler  an  die  Feldkriegs-Casse 
entrichten  würden,  um  die  Natural-Verpfiegung  der  Truppen  zu  bezahlen.  Die 
Deputierten  sollten  sich  binnen  24  Stunden  erklären  und.  wenn  sie  sich  wei- 
gerten, mit  Execution  belegt  werden,  indem  sie,  es  falle,  wie  es  wolle,  ihm 
oder  der  Königin  Maria  Theresia  verantwortlich  blieben.  Unter  wieder- 
holten Erklärungen,  dass  Schlesien  gar  nicht  verpflichtet  sei,  dem  Könige  von 
Böhmen  Steuern  zu  entrichten,  was  nur  freiwillig  geschehe,  unter  vielen 
Klagen,  dass  der  Kaiser  nur  ein  Drittheil  dessen  erhalten,  was  der  König 
fordere,  dass  Landesarmuth,  Wassernoth  und  dergleichen  mehr  das  Aufbringen 
einer  so  unerschwinglichen  Summe  unmöglich  machten,  willigte  der  Ausschuss 
endlich  in  die  Entsiegelung  der  Casse.  Er  suchte  jedoch  unter  allen  möglichen 
Vorwänden  eine  Herabsetzung  der  verlangten  Summe  nach,  indem  er  bewies, 
dass  der  Kaiser  nicht  wirklich  insgesammt  2,538.786  Thaler,  wie  in  der  Ein- 
nahme stehe,  sondern  noch  nicht  1,118.660  Thaler  jährlich  erhalten  habe,  indem 
über  2  Millionen  Gulden  theils  gar  nicht  wirklich  einkommen,  theils  ander- 
weitig angewiesen  worden  wären.  Das  Kriegs-Commissariat  weigerte  sich, 
'bin  Könige    das    auch  nur    vorzutragen.     Es  drohte,    die  von  ihm  verlangte 


155 


nnd    versicherte    ihn,    dass    die  Vorrückung    derselben  nicht  mehr 
lange     anstehen    werde.      „Freilich    würde    von     dem     auferlegten 


Summe  von  191.000  Thaler  monatlich  auf  die  Provinz  zu  vertheilen  und  mit 
Execution  beizutreiben.  Auf  Befehl  des  Königs  musste  der  Graf  Pros  kau, 
Präsident  der  kaiserlichen  Kammer,  Breslau  verlassen''. 

„Die  Deputierten  wendeten  sich  nun  an  den  unterdessen  nach  Schlesien 
zurückgekehrten  König  selbst.  Dieser  begegnete  ihnen  höchst  artig,  machte 
sie  jedoch  persönlich  dafür  verantwortlich,  dass  binnen  acht  Tagen  der  gefor- 
derte Betrag  für  die  beiden  ersten  Monate  des  laufenden  Jahres  abgeführt 
werde.  Nun  stellten  die  Deputierten  dem  Kriegs-Commissariate  anheim,  die  ver- 
langte Summe,  wie  es  früher  gedroht  hatte,  selbst  auszuschreiben  und  bei- 
zutreiben.  Das  antwortete  unwillig,  der  König  werde  nicht  jede  Woche  ein 
paar  Mal  100.000  Thaler  aus  Berlin  kommen  und  in  Schlesien  austb eilen  lassen  ; 
das  Geld  müsse,  wenn  es  das  Land  nicht  aufbringen  könne,  durch  Banquiers  auf- 
gebracht werden.  Wenn  die  Deputierten  noch  weiter  zögerten,  werde  man  die 
Güter  der  Widerspenstigen  nach  Kriegsmanier  behandeln.  Die  Deputierten  er- 
widerten, sie  könnten,  auch  wenn  es  Schlesiens  Rettung  gälte,  nicht  einmal 
die  früher  von  ihnen  angetragenen  66.668  Thaler  monatlich  aufbringen  und 
müssten  Alles  über  sich  ergehen  lassen.  Das  Kriegs-Commissariat  drohte 
Cassierung  der  Stände  und  Wegnahme  der  Steuercasse.  Das  verlangte  Geld 
müsse  geschafft  werden". 

„Nun  erst  giengen  die  Deputierten  ernstlich  auf  Unterhandlungen  ein,  wie 
die  vom  Könige  verlangte  Summe  für  die  beiden  ersten  Monate  aufzubringen, 
wozwiscben  immer  noch  Drohungen  eintraten,  die  Deputierten,  welche  aus 
Mangel  an  ständischer  Vollmacht  den  Beitritt  weigerten,  sofort  zu  entlassen. 
Der  König  bedrohte  die  Cassen-Deputation  mit  Execution,  wenn  die  von  ihm 
verlangte  Summe  nicht  und  zwar  öffentlich,  als  von  Fürsten  und  Ständen  be- 
willigt, ausgeschrieben  würde.  Alle  Vorstellungen  und  Protestationen  dagegen 
waren  vergeblich.  Die  Execution  sollte  vollstreckt  werden,  wenn  nicht  binnen 
21  Stunden  das  Geld  für  die  beiden  ersten  Jahresmonate  bereit  wäre.  Endlich 
erklärte  die  Deputation,  was  von  einzelnen  Ständen  eingegangen  sei,  unter  der 
Bedingung  zahlen  zu  wollen,  dass  in  den  Quittungen  durchaus  keiner  Ein- 
oder  Bewilligung  gedacht  werde.  Nun  wurden  aber  nur  30.000  Thaler  dann, 
weil  nicht  mehr  eingegangen,  insgesammt  12.000  Thaler  wirklich  baar  gezahlt, 
indem  die  Deputierten  sich  damit  entschuldigten,  dass  die  preussischen  Regi- 
menter ausser  den  Natural-Lieferungen  von  den  meisten  Ständen  schon  mehr 
als  den  Betrag  der  ersten  zwei  Monate  baar  erhoben,  sie  auch  keine  Execution 
gegen  die  Säumigen  verhängen  könnten,  was  Sache  des  (vom  König  aufge- 
lösten) Oberamtes  sei.  Dazu  wäre  Ober-Schlesien  ganz  und  auch  ein  Theil 
Nieder-Schlesiens  durch  den  Krieg  ruiniert.  Der  König  bestand  auf  völliger 
Entrichtung  der  von  ihm  verlangten  Summe  für  die  ersten  Monate,  bis  die 
Deputation  ihm  berechnete,  dass  Schlesien  an  Natural-Lieferungen  und  baarem 
Gelde  und  Lasten  bereits  890.000  Thaler  mehr  gegeben  und  getragen,  als  er 
für  das  ganze  Jahr  gefordert.  Der  König  sah  das  Billige  dieser  Vorstellung- 
ein und  erklärte,  nicht  mehr  von  ihnen  zu  wollen,  als  sie  dem  Kaiser  gegeben. 
Es  wurde  nun,  was  Ober  -  Schlesien  zu  zahlen  gehabt  hätte,  abgezoijvn 
und   von    Nieder-Schlesien    monatlich    121.000    Thaler   verlangt,    davon    waren 


156 

itrihutions-Quanto  etwas  abgeführt  werden  müssen,  jedoch  aber 
sollen  sie  damit  so  viel  als  möglieb  trainieren,  bis  unsere  Armee 
anrücken  würde."  J) 

Mit  der  Massregelung  der  Landesbeamten  wurde  preussischer- 
seits  jetzt  auch  energischer  vorgegangen  und  die  höheren  ge- 
zwungen, das  Land  ganz  zu  verlassen.  Der  Liegnitz'sche  Landes- 
hauptmann Graf  Neidhard  und  dessen  Räthe  hatten  Liegnitz 
binnen  24  Stunden  verlassen  müssen.  -) 

Ebenso  musste  der  Landeshauptmann  von  Wohlau,  Graf 
Berg,  seinen  Posten  verlassen.  Am  4.  März  wurde  sodann  in 
Breslau  auf  Befehl  des  preussischen  Feld-Kriegs-Commissariats  der 
kaiserliche  Adler  vom  Oberamtshause  entfernt  und  an  dessen  Stelle 
der  preussische  angebracht,  am  G.  geschah  bei  dem  Amtsgebäude 
der  Kammer  und  den  übrigen  Dicasterialgebäuden  das  Xämlich  . 
Dagegen  ward  der  Stadt-Commandant  von  Breslau,  von  Rampusch, 
zum  preussischen  Generalmajor  ernannt  und  ihm  der  Orden  pour 
le  merite  verliehen. 

Der  Affaire  von  Baumgarten  folgten  eine  Reihe  verschiedener 
ähnlicher  Unternehmungen,  welche  das  Selbstvertrauen  und  die  Kühn- 
heit der  österreichischen  Streifpartheien  mächtig  hoben,  während  sie 
grosse  Unsicherheit  auf  Seite  der  Preussen  hervorgerufen  zu  haben 
scheinen.  Eine  der  bedeutenderen  Expeditionen  dieser  Art  war  der  vom 
FML.  Grafen  Browne  zur  Abholung  von  Kriegsgefangenen  und  Ver- 
stärkung der  Besatzung  nach  der  Festung  Keisse  unternommene  Zug. 
B  r  o  w  n  e  hatte  nämlich  an  General  L  e  n  t  u  1  u  s  eine  Estaffette 
esendet,  welche  in  der  Nacht  zum  2.  März  in  Glatz  eintraf  und 
ein  Schreiben  überbrachte ,  in  welchem  der  Literims  -  Militär- 
Commandant  mittheilte,  dass  er  in  den  Tagen  des  3.,  4.  und  5.  März 
ein  starkes  Cornmando  von  Infanterie,  Cavallerie  und  Husaren  über 
Ziegenhals  gegen  Neisse  rücken  und  die  dortigen  Kriegsgefangenen 
abholen  lassen  wolle,    mithin  möge    Lentulus    in  dieser  Gegend 


edoch  in  den  ersten  6  Monaten  nur  103.000  Gulden  bezahlt  und  über  eine 
Million  im  Reste." 

(Nach  S  t  e  n  z  e  1,  Geschichte  des  preuss.  Staates,  IV.  Bd.  Heeren  und 
U  k  e  r  t,  Geschichte  der  europäischen  Staaten.  XIV.) 

')  Ueber  die  Steuer-  und  Lieferungsverhältnisse  in  Breslau  nach  der 
preussischen  Besitzergreifung  enthält  Anhang  XXIX  einige  preussische  Patente. 

2)  Lentulus  an  X  e  i  p  p  e  r  g,  Glatz.  2.  März  17-11.  K.  A..  Schlesien 
17-11;  III.  7.  und  Kraffert,  Chronik  von  Liegnitz.  III,  184. 

8)  K.  A,  F.  A.  Schlesien  1711.  III.  ad  22a. 


15  7 

auch,  falls  es  möglich,  etwas  unternehmen  und  den  Feind  alarmier«  n 
oder  irre  machen. 

Hiezu  hatte  Oberst  Baron  Roth  in  Neisse  den  General 
L  e  n  t  u  1  u  s  ■  schon  am  22.  Februar  aufgefordert.  x) 

Lentulns  commandierte  zu  dieser  Unternehmung  einen 
Stabsofficier  mit  sechs  Otn eieren  und  210  Mann  vorn  Batthyänyi'schen 
Dragoiier-Regimente,  welche  mit  300  Husaren  (von  Splenyi)  unter 
des  Obersten  Baron  Trips  Befehl  am  4.  März  gegen  Patschkau 
rächen  und  die  preussischen  Postierungen  während  der  Unter- 
nehmung des  FML.  Grafen  Browne  beschäftigen  sollten. 

Lidessen  führte  Browne  200  deutsche  Pferde,  4  Grenadier- 
Compagnien  und  150  Husaren  am  3.  März  aus  seinen  Cantonnierungs- 
Quartieren  in  Mähren  nach  Zuckmantel.  Am  5.  März  alarmierte  er 
die  preussischen  Postierungen  bei  Weidenau,  Ziegenhals  und  Neu- 
stadt.  Während  die  Preussen  zur  Abwehr  dieser  Angriffe  sich  an- 
schickten, rückte  Oberstwachtmeister  H  a  d  i  k  mit  Dessewffy-Husaren 
und  zwei  Grenadier-Compagnien  gegen  Neisse.  Oberst  Baron  Eo  th 
sendete  ihm  die  Gefangenen,  darunter  ein  Oberstwachtmeister,  einige 
Officiere  ,,und  die  zu  Neisse  inhaftierten  zwei  schlesischenLandsassen 
Graf  A  r  c  o  und  Baron  R  e  i  s  e  w  i  t  z",  entgegen,  welche  glücklich 
nach  Zuckmantel  und  von  da  nebst  dem  zu  Endersdorf  aufgehobenen 
Arrendator  v.  Götz  weiter  nach  Sternberg  gebracht  wurden.2) 

A^on  Sternberg  gieng  der  Gefangenen-Transport  über  Olniütz 
und  von  dort  am  10.  März  nach  der  Festung  Spielberg  ab.  Graf 
A  i'  c  o  und  Baron  Reisewitz  wurden  als  Staatsgefangene  be- 
handelt.    Jedenfalls  waren  die  beiden    Inhaftierten    bezüglich    des 


J)  „Euer  Hochwohlgeboren  habe  schon  seit  verschiedenen  Tagen  mit 
grössten  Schmerzen  erwartet,  ausser,  dass  hier  verschiedene  Coups  zu  machen, 
habe  auch  etliche  Staatsgefangene  (woran  Ihro  Majestät  der  Königin  Alles 
gelegen,  dass  selbe  von  hier  in  sichere  Verwahrung  kommen,  nebst  etlichen 
30  Kriegsgefangenen,  worunter  1  Ingenieur-Major,  1  Fähnrich,  2  Sergeanten, 
Wagenmeister  von  der  Artillerie),  welche  hier  nicht  sicher  genug  sind,  jedoch 
muss  ein  starkes  Detachement  dazu  von  Nöthen  sein.  Euer  Hochwohlgeboren 
können  ganz  wohl  und  ungehindert  anhero  kommen  oder  ein  starkes  Detache- 
ment von  300  Pferden  hiezu  abschicken,  bei  welcher  Gelegenheit  Herr  Oberst- 
wachtmeister T  e  1 1  o,  welchen  höchst  nöthig  allhier  brauche,  sicher  mit  anhero 
kommen  könnte."     K.  A.,  F.  A.  Schlesien  1711,  II,  40  a. 

2)  Es  kann  der  Abzug  der  Gefangenen  aus  Neisse  erst  am  Abend  oder 
in  der  Nacht  vom  4.  zum  5.  März  stattgefunden  haben,  da  Lentulus  am 
6.  März  an  Neipperg  berichtet,  Oberst  Roth  habe  in  einem  Bidet  vom 
1.  März  „die  Abführung  seiner  Kriegsgefangenen  nochmals  inständigst 
sofficitiert".    K.  A.,  F.  A.  Schlesien  1711,  III,  13. 


158 


Landesverrates  sehr  suspect,  FML.  (Traf  B  r  o  w  n  e  nennt  sie  dem 
Hof-Kriegsrath  nach  Briefen  des  Obersten  Baron  Roth,  die  er 
ebenfalls  mit  einsendet,  als  „zwei  Hauptpersonen".  v) 


*)  Der  Comrnandant  von  Neisse,  Oberst  Baron  ßotli.  hatte  Reise- 
witz „mit  verschiedenen  merkwürdigen  Schriften"  und  den  Grafen  A  r  c  o 
als  des  Einverständnisses  mit  dem  Feinde  dringend  verdächtig  am  21.  oder 
22.  Februar  aufheben  und  nach  Neisse  bringen  lassen.  Graf  Manteuffel  schrieb 
hierüber  an  Graf  Seckendorff:  „En  effet  le  Colonel  E  o  t  h  pousse  sa 
temerite  jusqu'ä  insulter  ceux,  qui  le  tiennent  bloque  de  loin.  11  ne  daigne  pas, 
dit-on,  tenir  les  portes  de  sa  bicoque  fermees.  II  fait  ä  tous  les  moments  des 
sorties  si  audacieuses,  que  les  bloquants  sont  obliges  de  rester  presque  toujours 
sous  les  armes.  II  a  nieme  eu  l'insolence  de  faire  enlever  le  Baron  de  Reise- 
witz, que  Vous  connaissez  (C'est  celui  que  nous  avons  vu  ä  Berlin  avant 
l'invasion  eu  Silesie  et  S.  M.  Pr.  avait  fait  Lieutenant-Colonel)  et  de  le  faire 
mener  lui  et  toute  sa  famille  prisonnier  ä  Neisse,  oü  on  lui  ferra  apparement 
mal  passer  son  temps,  en  le  recompensant  de"  (fehlt).  (H.  H.  u.  St.  A.,  Gr. 
Correspondenz,  Fase.  192,  Convolut  A.). 

Der  Hof-Kriegsrath  verlangte  von  FML.  Grafen  B  r  o  w  n  e  Bericht  über 
die  Correspondenz  der  genannten  Edelleute.  FM.  Graf  N  e  i  p  p  e  r  g  sandte 
dann  im  Mai  1711  die  vom  Obersten  Baron  Roth  „wider  den  in  inquisitione 
sich  befindenden  Baron  Eeisewitz  einbekommenen  Briefschaften  zur  Er- 
sehung" an  diese  Behörde  ein.  Dass  eine  Untersuchung  stattgefunden,  ist 
schon  desshalb  wahrscheinlich,  weil  die  böhmische  Hofkanzlei  beim  Hof- 
Kriegsrathe  „requiriert,  des  "Weiteren  zu  verfügen,  womit  alle  in  Neisse  bei 
dem  Militari  etwa  noch  vorhandenen  und  in  die  Inquisition  der  beiden 
Arrestanten  auf  dem  Spielberg  ob  Brunn  Baron  Reise  witz  und  Graf 
Arco  einschlagende  Briefschaften,  judicia  und  examina  abgefordert  und  ihr, 
böhmischen  Hofkanzlei,  communiciert  werden  möchten".  (H.  K.  R.  E.  P.  1741, 

Fol.  2114). 

Als  Repressalie  (Schwerin  an  Neipperg,  K.  A.  1741,  NIII  ad."):), 
66)  Hess  der  Erbprinz  Leopold  von  Anhalt  den  österreichischen  Oberst- 
wachtmeister Grafen  D'H  au  s  s  o  n  vil  1  e,  der  auf  seinem  Gute  in  Schlesien 
lebte,  daselbst  auf  heben  und  nach  Breslau  bringen. 

K  u  n  d  m  a  n  n  in  den  „Heimsuchungen  Gottes  über  Schlesien"  erzählt 
pag.  4SI  auch,  dass  ebenso  die  Gemahlin  des  Commandanten  in  Neisse,  Obersten 
Baron  Roth,  nebst  ihren  beiden  Kindern  als  Repressalie  für  eine  von  öster- 
reichischer Seite  wegen  Landesverrat!!  arretierte  Gräfin  Calenberg,  auf 
ihren  Gütern  verhaftet  und  nach  Gross-Glogau  gebracht  worden,  wo  sie  in- 
dessen standesgemäss  gehalten  wurde. 

( i  r  ü  n  h  a  g  e  n  führt  in  „Erster  schlesischer  Krieg",  I,  164,  noch  einige 
katholische  Edelleute  an,  die  ihrer  Anhänglichkeit  an  die  habsburgische 
Dynastie  wegen  auf  Befehl  König  Friedrich  IL  verhaftet  wurden. 

Die  Freilassung  der  Baronin  Roth  erfolgte  indessen-,  nach  einer  Corre- 
spondenz aus  Neisse  am  MO.  Mai  1741  (Wienerisches  Diarium  Nr.  44),  schon 
in  der  zweiten  Hälfte  Mai. 

„Tags  darauf  (28.  Mai)  wurde  ein  von  dem  Feind  anher  geschickter 
Trompeter  mit  verbundenen  Augen  in  hiesige  Stadt  zu  dem  commandierenden 


159 

Bei  dieser  Unternehmung  wurde  auch  der  Ingenieur-Oberst- 
lieutenant Meligny,  nebst  einem  Lieutenant  des  Corps  und  zwei 
Grenadier-Compagnien  in  die  Festung  Neisse  gebracht.  Den  in 
Weidenau,  Ziegenhals  und  Neustadt  liegenden  preussischen  Ab- 
theilungen war  es  nicht  gelungen,  diese  Unternehmung  B  ro  wn  e's 
zu  verhindern.  Nur  die  in  Weidenau  liegende  Escadron  der  Ber- 
liner Husaren  hatte  zwischen  Ziegenhals  und  Zuckmantel  einen 
Zusammenstoss  mit  den  Husaren  Browne's,  wobei  die  Preussen 
sieben  Mann  verloren,  während  der  österreichische  Verlust  sieben 
Todte  und  drei  Gefangene  betrug.  J) 

Den  Oberstwachtmeister  H  a  d  i  k  Hess  B  r  o  w  n  e  mit  300 
Husaren  in  Zuckmantel. 

Am  1.  März  hatte  Lentulus  auch  Nachricht  erhalten,  dass 
die  in  Wartha  liegenden  Preussen  den  Haag  (ein  Dorf  am  rechten 
Neisse-Ufer  gegenüber  Wartha)  abzubrennen  beabsichtigten,  die 
Einwohner  übrigens  davon  benachrichtigt  hätten,  um  ihre  Habselig- 
keiten in  Sicherheit  bringen  zu  können. 

Lentulus  sendete  noch  am  Abend  des  nämlichen  Tages 
einen  Corporal  mit  12  Infanteristen  und  40  Jägern  dahin    ab,    um 

Herrn  General  gebracht;  derselbe  berichtete,  dass  man  von  preussis  eher 
Seiten  des  allhiesigen  Herrn  Commandanten  Baron  von  Eoth  bis- 
hero  in  Arrest  gehaltene  Frau  Gemahlin  und  Kinder  wieder  auf 
freien  Fuss  gestellt  und  auf  ihre  Güter  zurückkehren  lassen  und  übrigens 
verlangte  man  die  Auswechslung  der  feindlichen  Kriegsgefangenen  mit  den 
unsrigen," 

König  F  r  i  e  d  r  i  c  h  interessierte  sich  besonders  für  die  Freilassung  des 
Baron  Beisewitz  und  dieser  wurde  endlich  auf  Befehl  der  Königin  seiner  Haft 
auf  dem  Spielberg  entlassen  und  in  das  Österreichische  Hauptquartier  gebracht, 
um  von  hier  bei  der  nächsten  Auswechslung  zur  preussischen  Armee  abgehen 
zu  können.  Später  (12.  November)  verwendete  sich  Graf  Schwerin  auch 
für  den  noch  in  Haft  befindlichen  Grafen  A  r  c  o,  welcher  auf  Befehl  des 
Grossherzogs  ebenfalls  (am  20.  November)  auf  freien  Fuss  gestellt  winde. 
(Actenstücke  zur  Geschichte  des  ersten  schlesischen  Krieges  in  „Mittheilungen 
des  k.  und  k.  K.  A.,  N.  F.  II,  229,  V,  232,  272  und  VI,  284.) 

*)  Letztere  Angabe  nach  „Kriege  Friedrich  d.  Gr.,  I,  324."  —  Nach  einem 
aus  dem  März  herrührenden  Protocolls-Extract  zeigt  B  r  o  w  n  e  an,  „wieviel 
preussische  Mannschaft  und  Bäckenknechte  zwischen  Weidenau  und  Ziegen  ha  ls 
von  dem  Oberstwachtmeister  Hadik  zu  Kriegsgefangenen  gemacht  und  dass 
sie  nebst  anderen  von  Neisse  und  Troppau  abgeschickten  Prisonniers  nach  dem 
Spielberg  abgeführt  worden.  Die  von  den  Preussen  überkommenen  Post- 
packete  und  Briefschaften  werde  er  durchsehen  und  sodann  anher  einsenden 
Neisse  und  Zuckmantel  habe  er  mit  Husaren  verstärkt  und  dadurch  die 
Communication  sichergestellt.     (K.  A.,  H.  K.  R.  1741.     Prot.  Exp.  März.  M 


160 

den  Preussen  das  Uebersetzen  der  Xeisse  zu  wehren.  Doch  konnte 
dieses  Detachenient  nichts  ausrichten,  es  erhielt  von  AVartha 
Geschützfeuer,  nmsste  am  3.  März  zurückgehen  und  das  Dorf  Haag 
gieng  in  Flammen  auf.1) 

Anfangs  März  war  übrigens  die  Garnison  von  Glatz  durch  das 
süccessive  Einrücken  der  einzelnen  Compagnien  der  Regimenter 
Carl  Lothringen;  Max  Hessen  und  Kolowrat  auf  die  ganz  ansehn- 
liche Ziffer  von   1385  Mann  gestiegen.2) 

Das  von  Lentulus  ausgesendete  Commando  von  Bätthyanyi- 
Dragonern  rückte  am  G.  März  wieder  in  Glatz  ein.  Es  hatte  weder 
von  dem  Browne'schen  Commando,  noch  von  den  Preussen,  die 
„sich  still  und  eingesperrt  in  den  occupierten  Ortschaften"  hielten  und 
wachsam  waren,  etwas  zu  Gesicht  bekommen,  konnte  auch  des  starken 
Schnees  und  der  eingetretenen  Kälte  wegen  nicht  länger  im  Gebirge 
verweilen. 

Noch  am  Nachmittage  des  27.  Februar  nach  jenem  ver- 
hängnissvollen Ueberfall  bei  Baumgarten,  mit  welchem  sogar  die 
legendäre  Erzählung  vom  Aufenthalte  des  Königs  im  Camenzer Kloster 
und  seine  Rettung  durch  dessen  Abt  Tobias  S  tu  sehe  in  Ver- 
bindung gebracht  wird,  hatte  sich  König  Friedrich  wieder  nach 
Frankenstein  begeben  und  war  dort  auch  am  nächsten  Tage  gebheben. 

In  Folge  der  Unsicherheit  der  Routen  entschloss  er  sich, 
seinen  Weg  nicht,  wie  er  beabsichtigt  hatte,  über  Ottmachau  und 
Neustadt  fortzusetzen,  sondern  sich  über  Brieg  und  Krappitz  nach 
Jägerndorf  zu  begeben  und  theilte  diese  Absicht  noch  am  selben 
Tage  dem  FM.  Schwerin  mit.  Auch  in  dieser  Gegend  fand  am 
28.  ein  Ueberfall  eines  preussischen  Munitions-Transportes  statt,  der 
von  Jägerndorf  nach  Troppau  gieng.  Oberstlieutenant  Dessewffy 
überfiel  denselben  mit  80  Husaren  in  der  Nähe  des  Dorfes  Kreuzen- 
dorf. Die  aus  einem  Officier,  3  Unterofficieren  und  30  Mann  be- 
stehende Bedeckung  vom  Infanterie-Regimente  Kleist  wurde  völlig 
überrascht,  umzingelt  und  gefangengenommen.  Die  Wagen  wurden 
mitgeführt,  die  Munition  in  die  Oppa  geworfen. 3) 

Als  eine  weitere  Folge  des  Ueberfalles  von  Baumgarten  kann 
auch  die  am  1.  März  von  König  Fri  e  drich  IL  der  Cavallerie  über 


1)  K.  A.,  Schlesien  1711,  III.  7  und  Lutsch'  Tagebuch. 

2)  Anhang  XXX:  Die  Stand-  und  Dienst-Tabelle  vom  2.  März  1711. 

3)  Nach  Oberstlieutenant  Dessewffy's  Bericht  wurde  ein  Lieutenant 
und  50  Mann  gefangen,  vier  feindliche  beladene  Munitionswagen  in  die  Oppa 
versenkt.     (K.  A..  H.  K.  ß.  1741.  Prot.  Eeg.  Fol.  453,  11.  März). 


161 

ihr' Verhalten  beim  Angriff    durch    Husaren    gegebene    Instruction 
angesehen  werden.  !) 

Bevor  König  Friedrich  II.  am  1 .  März  Frankenstein  verliess, 
ordnete  er  noch  die  Besetzung  des  Dorfes  Langenbielau  durch  100 
Mann  der  Besatzung  von  Eeichenbach  an  und  begab  sich  dann  nach 
Strehlen.  Von  hier  ausrichtete  er  an  den  Erbprinzen  von  Anhalt 
die  Weisung,  den  Marsch  der  nachrückenden  Eegimenter,  die  in  diesen 
Tagen  in  der  Höhe  von  Glogau  eintrafen,  zu  beschleunigen. 

Am  2.  März  blieb  Friedrich  in  Strehlen.  Die  immer  be- 
stimmter auftretenden,  wohl  absichtlich  ausgesprengten  Nachrichten 
über  Verstärkungen  der  Oesterreicher  in  Böhmen  und  über  deren 
Absichten,  in  das  Schweidnitz'sche  und  Jauer'sche  einzubrechen, 
veranlassten  ausser  den  bereits  im  Marsch  dorthin  befindlichen 
Regimentern  Kalckstein,  Prinz  Dietrich  und  Truchsess  auch  die 
auf  dem  rechten  Oder-Ufer  nachrückenden  Eegimenter  Glasenapp 
und  Prinz  Leopold  dorthin  zu  ziehen.  GL.  von  der  Marwitz 
sollte  bis  zur  Ankunft  des  Königs  das  Commando  über  diese  Kräfte 
übernehmen  und  sich  nach  Schweidnitz  begeben.  Die  Aufstellung 
der  Postierung  an  der  dortigen  Grenze  hatte  der  Oberst  von  P  o  s  a- 
dowsky  zu  leiten.  General  von  D  erschau  wurde  beauftragt, 
falls  die  Oesterreicher  Anstalt  träfen,  in  der  Gegend  von  Schweidnitz 
einzubrechen,  seine  Truppen  bei  Peterswaldau  in  der  Nähe  von 
Eeichenbach  zu  versammeln  und  in  diesem  Falle  nur  die  Posten 
bei  Wartha  und  Silberberg  zu  belassen. 

In  der  Nähe  von  Ottmachau  fand  am  2.  März  ein  Scharmützel 
statt.  Lieutenant  von  S  tu  1 1  e  r  h  e  i  m  mit  30  Mann  vom  Infanterie- 
Eegiment  Derschau  hatte  etwa  25  Wagen  mit  Getreide  nach  Ott- 
machau zu  begleiten  und  wurde  zwischen  Nossen  und  Lindenau  von 
einigen  hundert  Mann,  bestehend  aus  österreichischen  Husaren-  und  be- 
waffneten Bauern  überfallen,  wies  dieselben  aber  mit  Entschlossenheit 
ab  und  brachte  seine  Wagen,  mit  Ausnahme  von  dreien,  glücklich  an 
das  Ziel.  Der  preussische  Verlust  betrug  1  Mann  todt  und  9  verwundet.2) 

Am  3.  März  begab  sich  der  König  zum  Blokade-Corps  vor 
Brieg  und  blieb  im  Dorfe  Mollwitz  auch  noch  am  folgenden  Tage.  3) 

*)  Veröffentlicht  in  „Kriege  Friedrich  d.  Gr.",  I,  Anlagen  17  und  20. 

-)  Kriege  Friedrich  d.  Gr.,  I,  322.  Die  österreichischen  Acten  enthalten 
über  dieses  Scharmützel  keine  Aufzeichnung. 

3)  Er  schrieb  von  hier  aus  an  J  o  r  d  a  n,  nachdem  er  ihm  den  Ueberfall 
von  Baumgarten  mitgetheilt :   „Mein  Alter,  das  Feuer  der  Leidenschaften,  das 

Oesterreichischer  Erbfolgekrieg.  II.  Bd.  11 


162 

Zum  FM.  Grafen  Schwerin  nacli  Jägerndorf  zu  gehen,  gab 
Könio-  F  r  i  e  d  r  i  c  h  II.  auf  und  beschloss,  nach  Schweidnitz  zurück- 
zukehren,  um  die  Versammlung  der  dorthin  bestimmten  Truppen  zu 
überwachen.  Er  theilte  diese  Absicht  noch  am  4.  März  Schwerin 
mit  und  setzte  hinzu,  dass,  wenn  Lentulus  ihm  nur  fünf  Tage  Zeit 
lasse,  er  dort  Alles  in  gehörigen  Stand  zu  setzen  hoffe. x)  Das 
zweite  Bataillon  des  Infanterie-ßegiments  Alt-Borcke  und  das  Leib- 
Carabinier-ßegiment  sollten  ebenfalls  dorthin  rücken.2)  An  Stelle 
des  Königs  würde  sich  der  General- Adjutant  Oberst  Graf  von 
Hacke  nach  Jägerndorf  begeben.  Schliesslich  sprach  Friedrich  II. 
dem  FM.  Schwerin  sein  besonderes  Missfallen  darüber  aus,  dass 
derselbe  so  wenig  für  die  Sicherung  der  Grenzen  gesorgt  habe 
und  sich  nicht  genug  der  Spione  bediene.  3; 

Der  ungemein  thätige  Commandant  von  Neisse,  Oberst 
Baron  Roth  sah  nur  in  einer  energisch  geführten  Offensive  und 
insolange  die  Operations-Armee  nicht  aufmarschiert  sei,  wenigstens 
in  unausgesetzten  Ueberf allen  und  Postengefechten  die  Chancen 
des  Erfolgs.  Er  wurde  nicht  müde,  GFWM.  Lentulus  in  diesem 
Sinne  zu  schreiben.4) 


Verlangen  nach  Ruhm,  selbst  die  Neugier,  um  Dir  nichts  zu  verheimlichen, 
endlich  ein  geheimer  Instinct  haben  mich  der  süssen  Ruhe,  welche  ich  genoss, 
entrissen  und  die  Genugthuung,  meinen  Namen  in  den  Zeitungen  und  dann 
auch  in  der  Geschichte  zu  sehen,  mich  verführt.  Ich  Hebe  den  Krieg  um  des 
Ruhmes  willen,  aber  wenn  ich  nicht  Fürst  wäre,  so  würde  ich  nur  Phüosoph 
sein.  Schliesslich  muss  Jeder  in  dieser  Welt  sein  Handwerk  ausführen  und 
ich  bilde  mir  ein,  nichts  halb  thun  zu  wollen."  Kriege  Friedrich  d.  Gr.  I,  323. 
(Oeuvres.) 

x)  Für  Lentulus  konnte  es  sich  bei  der  notorischen  Schwäche  seiner 
Truppen  nur  um  kleinere  Unternehmungen  handeln  und  die  Hauptursache, 
welche  ihn  sogar  von  diesen  abhielt,  war,  „dass  der  mehrste  Theü  der  hiesigen 
Infanterie  aus  Recruten  besteht,  worauf  folglich  nicht  viel  sichere  Rechnung 
zu  machen  ist."  (K.  A.,  F.  A.  Schlesien  1741,  III,  7.)  Er  hatte  bereits  am 
7.  Februar  über  die  Qualität  der  Infanterie  an  N  e  i  p  p  e  r  g  folgendermassen 
berichtet :  „Den  Feind  aus  Wartha  und  Silberberg  zu  delogieren,  wäre  so  schwer 
nicht,  wann  nur  nicht  ein  so  betrübter  Zustand  um  unsere  Infanterie  wäre  ; 
so  aber  ist  solche  dergestalten  delabriert,  dass  unter  den  allhiesigen  900 
Mann  kaum  1h  alte  Mannschaft  sich  befindet  und  sind  die  Uebrigen  ausser 
den  Invaliden  lauter  Recruten."  (K.  A..  F.  A.  Schlesien  1741,  II,  40.) 

2)  Ersteres  von  Oppeln,  letzteres  von  dem  rechten  Oder-Ufer,  avo  es 
zwischen  Oppeln  und  Ratibor  in  Winter-Quartieren  stand. 

3)  Kriege  Friedrich  d.  Gr.  I,  324. 

4)  „Monsieur,  mon  tres-cher  general,  je  vois  bien  que  toute  chose  va 
avec    trop   de  lenteur  chez  nous,    la    trop    grande    nonchalance  fera  toujours 


L63 

Am  10.  März  um  (i  Uhr  Abends  erhielt  L  e  ntulus  abermals 
ein  Schreiben  Roth's,  vom  Abend  zuvor,  worin  dieser  mittheilte, 
dass  am  11.,  jedenfalls  unter  starker  Bedeckung,  ein  preussischer 
Artillerie-Transport  von  Münsterberg-  nach  Ottmachau  gehen  solle, 
der  Angriff  müsse  aber  mit  einem  ziemlichen  Corps  geschehen, 
Roth  selbst  werde  zu  gleicher  Zeit  die  in  Neisse  befindlichen 
Husaren  zu  der  Unternehmung  verwenden.  x) 

Lentulus  ertheilte  dem  Obersten  Baron  Trips  sogleich 
Befehl,  in  der  nämlichen  Nacht,  sobald  der  Mond  aufgienge,  300 
Husaren  abzuschicken,  die  sich  auf  der  Strecke  Ottmachau-Münster- 
berg  postieren  sollten,  um  den  avisierten  Artillerie-Transport  auf- 
zuheben. Falls  derselbe  nicht  fortgebracht  werden  könne,  wären 
die  Geschütze  zu  vernageln.  Falls  auch  die  Bedeckung  stark,  würde 
selbe  doch  wegen  ihrer  schweren  Pferde  den  Husaren  nichts  zu- 
fügen können.2) 

Dieser  Ueberfall  glückte  nun  allerdings  nicht,  da  der  G-eschütz- 
Transport,  wie  Roth  darüberschreibt,  „den  Braten  gemerkt"  hatte 
und  schon  am  10.  Nachts  nach  Ottmachau  gelangt  war. 

Ueberaus  thätig  und  eifrig,  beunruhigte  der  Commandant  von 
Neisse  von  der  Festung  aus  die  preussischen  Postierungen  auf  das 
Lebhafteste. 

Der  preussische  Commandant  in  Ottmachau,  Major  v.  Wedell, 
meldet    dem  FM.  Schwerin  am  6.  März:   ,,Die  Husaren   werden 


notre  perte,  et  l'on  ne  court  pas  ä  ce  qui  est  le  plus  necessaire.  Les  diver- 
sions  ä  mon  sentinient  doivent  avancer  le  veritable  dessein,  afin  que  l'ou  y 
peut  reussir.  Je  suis  las,  de  proposer  de  bonnes  choses,  voyant,  qu'on  n'y 
fait  point  de  clifficulte.  Pour  le  dernier  point  je  ne  me  peux  pas  expliquer, 
qu'est  ce  que  l'on  veut  pretendre  d'un  endroit,  ä  qui  l'on  n'a.  pas  pense  il  v 
a  100  ans,  oü  tout  etait  neglige,  et  tout  ouvert,  cela  ne  fait  rien,  qu'un 
honnete  honmie  täche  de  se  defendre  dans  un  cimetiere,  principalenient  quand 
on  ne  veut  pas  etre  oisif  jamais."  Neisse,  le  4  de  Mars  1741.  (K.  A.,  F.  A. 
Schlesien  1741,  III,  ad  26  b.) 

*)  Der  Eingang  des  Schreibens  lautet,  wahrscheinlich  in  Beantwortung 
und  in  Bezug  auf  einen  von  GF  WM.  Lentulus  geschriebenen  Brief:  „Hoch- 
und  Wohlgeborener  Freiherr,  Hochgebietender  General,  mir  ist  niemals  in  Sinn 
gekommen,  Deroselben  einiger  Nachsicht  zu  beschuldigen,  zu  wohl  kennend 
Deroselben  Bravour  und  unermüdeten  Eifer  im  Herrn-Dienste.  Meine  Klage 
ist  nur,  dass  man  von  hohem  Ort  nicht  eher  zum  Hauptwerk  schreitet,  unter- 
dessen mein  Vaterland  von  Früchten,  Geld  und  Leuten  ganz  tranquille  ent- 
blössen  lässt,  auch  Leute  von  meiner  Eeligion  (welche  sonst  treu  gewesen)  in 
Versuchung  führen  lässt.  (K.  A.,  F.  A.  Schlesien  1741,  III,  ad  26  a.) 

2)  L  e  n  t  u  1  u  s  an  N  e  i  p  p  e  r  g.  Glatz,  10.  März  1741,  (K.  A.,  F.  A. 
Schlesien  1741,  III,  26). 

11* 


164 

dreist  und  kommen  Partheien  davon  mir  ganz  nahe."  In  Folge 
dessen  giengen  auch  die  Arbeiten  an  dem  Brückenkopf  zu  Ott- 
machau  nur  sehr  langsam  von  Statten,  indem  wenig  Leute  zur 
Arbeit  zu  bekommen  waren  und  die  Bauern  nicht  mehr  den 
preussischen  Anforderungen  Folge  leisten  wollten.  1j 

Anfangs  März  wurde  dann  auch  vom  FM.  Seh  w  e  r  i  n  ein 
Patent  publiciert,  um  die  Landbevölkerung,  welche  mehr  und  mehr 
eine  drohende  Haltung  anzunehmen  schien,  zur  Leistung  der  auf- 
erlegten Natiu^al-Lieferungen  zu  veranlassen. 2) 

Die  Anstrengungen,  unter  welchen  die  preussischen  Truppen 
in  Folge  der  häufigen  Alarmierungen  durch  die  österreichischen 
Husaren  litten,  waren  ganz  ausserordentliche.  3j 


*)  K.  A.,  Schlesien  1741,  XII  31.  —  So  schrieb  ein  gewisser  von  Stutter- 
h  e  i  m  (vermuthlich  ein  Ingenieur-Ofücier)  an  den  FM.  Grafen  Schwerin  am 
6.  März  aus  Ottrnachau : 

„Ew.  Excellenz  habe  meiner  unterthänigen  Schuldigkeit  zufolge  ge- 
horsamst melden  sollen,  dass  anjetzo  so  viel  als  möglich  an  den  Gabions 
und  anderen  zur  Belagerung  erfordernden  Stück  arbeiten  lasse,  es  will  aber 
diese  Arbeit  nunmehr  täglich  schwerer  werden,  indem  bereits  13  Dorfschaften, 
auch  sogar  die  nur  vier  halbe  Stunden  von  hier  hegen,  nicht  mehr  wegen 
der  scharfen  Ordre  des  Neussischen  Commandanten  so  wenig  mit  dem  Vor- 
gespann als  Handarbeiter  anhero  kommen  dürfen,  noch  wollen;  es  hat  zwar 
der  Major  von  Wedeil  aus  einem  Dorf  die  Gerichte  arretieren  und  anhero 
holen  lassen,  nunmehro  aber  traget  derselbe  wegen  der  österreichischen 
hierumstreifenden  Husaren  Bedenken,  viele  Commandos  nach  den  Dörfern 
zu  schicken,  mithin  thun  die  Bauern,  was  sie  wollen  und  wann  deren  100  Mann 
ausgeschrieben  werden,  kommen  selbige  kaum  20.  Wegen  der  Leinwand  zu 
den  Woll-  und  Sand-Säcken,  da  in  Ottrnachau  und  hierum  liegenden  Städten 
keine  Elle  zu  bekommen,  habe  vorlängst  nach  Breslau  an  das  Feld-Kriegs- 
Commissariat  geschrieben,  von  dannen  sowohl,  als  von  Major  von  Merk  atz, 
bei  welchen  mich  dazumal  gemeldet,  annoch  die  Antwort  erwarte,  der  ich  mit 
tiefstem  Bespect  verharre"  etc.  (K.  A.,  F.  A.  Schlesien  1711,    XII,  32.) 

-)  Dessen  Wortlaut  siehe  Anhang  XXXI. 

3)  So  meldet  Major  Normann  am  28.  Februar  an  den  GL.  Grafen 
Schulenburg  aus  Frankenstein:  ,,Die  Leute  und  Pferde  sind  wie  die 
Häringe  eingepackt  und  kommen  wegen  der  kaiserlichen  Husaren  weder  Tag, 
noch  Nacht  aus  der  Montur  und  Gewehr,  bin  also  nicht  im  Stande,  das  Aller- 
geringste reparieren  zu  lassen.  76  Pferde  sind  von  der  Escadron  auf  Postierung 
commandiert  und  mit  dem  Eest  niuss  fast  alle  Tage  escortieren.  Weil  ich  von 
Neisse  weg  bin,  in  der  Meinung,  die  Winter-Quartiere  zu  beziehen,  so  versichere 
Ihro  Excellenz,  dass  ich  bis  dato  noch  nicht  besser  als  da  gestanden,  beständig 
in  der  Montur  und  Gewehr."  Und  weiter :  „Die  Husaren  stehen  nur  eine  Meile 
von  uns  und  wegen  der  zusammenrottierten  Spitzbuben  sind  die  Strassen  sehr 
unsicher,  dass  fast  kein  kleines  Commando  mehr  ausgeschickt  werden  darf." 
(K.  A.,  Schlesien  1741,  XII.  ad  27.) 


165 

Inzwischen  war  Jabiunkau  von  den  prenssisclien  Truppen 
wieder  geräumt  worden.  Schwerin  hatte  auf  einen  Befehl  König 
Friedrich's  die  diesbezüglichen  Weisungen  erlassen,  wonach 
am  9.  'März  die  Schanze  von  der  preussischen  Besatzung  ver- 
lassen wurde.  Oberstlieutenant  Aniswald  mit  1  Bataillon  Max 
Starhemberg  besetzte  gleich  nach  dem  Abzüge  der  Preussen  den 
Posten.1) 

Beim  Abmärsche  entspann  sich  ein  Arrieregarde-Gefecht  mit 
der  Infanterie  Ärnswal  d's  und  den  Komorner  National-Husaren, 
von  denen  übrigens  nur  1  Lieutenant  und  37  Mann  sich  bei  ihm 
befanden. 2)  Preussischerseits  soll  hiebei  1  Cornet  und  2  Mann  ge- 
getödtet  und  mehrere  verwundet  worden  sein.  Der  Verlust  der  Arns- 
wald'schen  Colonne  soll  6  Todte  und  2  Pferde  betragen  haben.  3) 
Die  preussische  Abtheilung  gieng  auf  Teschen  und  am  13.  nach 
Batibor  zurück.  Oderberg  blieb  vorläufig  noch  von  den  Preussen 
besetzt. 

Inzwischen  gab  ein  für  die  preussischen  "Waffen  glückliches 
Ereigniss  der  an  den  Grenzen  Nieder-,  sowie  Ober-Schlesiens  augen- 
blicklich nicht  allzu  günstigen  Kriegslage  sofort  eine  andere 
Wendung. 


x)  Dieses  Bataillon,  zuerst  nach  Ober-Oesterreich  bestimmt,  hatte  schon 
im  Januar  den  Befehl  erhalten,  nach  Jabiunkau  zu  marschieren,  den  Ort  jedoch 
vor  den  Preussen  nicht  mehr  erreicht  und  war,  als  es  in  Sülem  die  Nachricht 
von  dem  Verluste  der  Schanze  bekam,  zuerst  dort  geblieben  und  später  nach 
Csacza  gerückt.  Die  aus  Jabiunkau  abgezogene  Compagnie  Wallis  war  in  das 
Schlösschen  Budatin,  gegenüber  von  Sillein  verlegt  und  dem  Oberstlieutenant 
Arnswald  unterstellt  worden.  Orelly  selbst  war  behufs  Verantwortung 
wegen  Ueb ergäbe  des  Passes  Jablunka  nach  Wien  berufen  worden.  (Anhang 
XVI.)  Uebrigens  hatte  FM.  Pälffy  durch  GFWM.  Ghilanyi  und 
Oberstlieutenant  Arnswald  die  Concentrierung  der  im  Trencsiner  Comitat 
auf  Execution  gelegenen  National-Husaren  und  zurückgebliebenen  Mannschaft 
vom  Eegimente  Hohenzollern  zur  Abhaltung  der  etwa  weiter  in  Ungarn  ein- 
dringenden Preussen  durchgeführt.  Als  Commandant  der  in  der  Gegend  von 
Trencsin  zusammenzuziehenden  National-Miliz  war  GFWM.  d'O  Hone  be- 
stimmt und  auch  das  Podstatzky'sche  Cürassier-Eegirnent  dorthin  zu  rücken 
beordert  worden.  (K.  A.,  H.  K.  E.  Prot,  Exped.  Febr.  Fol.  410  und  Reg.  Febr. 
Fol.  327  und  343.) 

2)  K.  A.,  H.  K.  E.  Prot,  Exp.  März  676. 

s)  Kriege  Friedrich  d.  Gr.  I,  343.  In  den  Acten  ist  nur  ein  Protocolls- 
Extract  verzeichnet,  worin  bemerkt  ist,  dass  Palffy  die  Eelation  des  Oberst- 
lieutenants Arnswald  bezüglich  „der  von  den  Unsrigen  wider  die  preussi- 
schen Husaren  gemachten  glücklichen  Parthie"  einsendet.  (K.  A.,  H.  K.  E. 
Prot.  Exp.  März,  Fol.  743.)  " 


166 

Die  Einnahme  von  Glogäu. 

König  Friedrich  II.  hatte  dem  die  Einschliessung  von 
Glogau  befehligenden  GL.  Erbprinzen  Leopold  von  Anhalt  am 
23.  Februar  dringend  nahegelegt,  die  Festung  bald  in  seine  Gewalt 
zu  bringen  und  diese  Weisung  am  2.  März  aus  Strehlen  wieder- 
holt, da  die  militärische  Situation,  welche  durch  die  im  Auf- 
marsche begriffene  österreichische  Operations  -  Armee  geschaffen 
wurde,  die  anderweitige  Verwendung  der  vor  Glogau  gebundenen 
preussischen  Streitkräfte  erheische. 

Die  Festung  konnte  in  Folge  der  eifrigen  Thätigkeit  des 
Commandanten  FML.  Grafen  Wallis  und  des  zugetheilten  GFWM. 
Reisky  als  gegen  einen  Handstreich  gesichert  betrachtet  werden, 
einer  regelrechten  Belagerung  vermochte  sie  jedoch  keinen  längeren 
Widerstand  entgegenzusetzen. 

Die  Einschliessung  war  durch  Truppen  des  LT.  Corps  Ende  Decem- 
ber  derart  bewirkt  worden,  dass  6  Bataillone,  die  Bayreuth-Dragoner, 
der  grössere  Theil  der  Husaren-Escadron  und  die  schwere  Artillerie  auf 
dem  linken  Oder-Ufer  Stellung  nahmen,  während  1  Grenadier-Bataillon 
und  24  Husaren  das  bisher  auf  dem  rechten  Ufer  stehende  Regiment 
Alt-Borcke  ablösten.  Die  Feldwachen  wurden  bis  auf  200  Schritte 
an  das  Glacis  vorgeschoben.  Zur  Verbindung  beider  Ufer  wurde  der 
Bau  einer  Schiff-Brücke  bei  Beichau  am  13.  Januar  begonnen,  des 
starken  Eisganges  wegen  jedoch  bald  wieder  eingestellt  und  erst  bei 
günstigeren  Witterungsverhältnissen  Ende  Februar  vollendet. 

In  der  Festung  war  man  inzwischen  ebenfalls  nicht  müssig. 
Die  Schmiede  und  Wagner  in  der  Stadt  mussten  an  der  Aus- 
besserung der  Lafetten  und  Anfertigung  neuer  Geschützräder 
unausgesetzt  arbeiten.  Da  die  Festung  nur  über  17  Büchsenmeister 
verfügte,  unter  denen  sich  nicht  ein  einziger  befand,  der  vor  dem 
Feinde  gedient  hatte,  so  theilte  Wallis  noch  15  von  den  bürger- 
lichen Scheiben-Schützen  auf  die  Bastionen  ein. 

Für  die.  brauchbaren  Geschütze  fänden  sich  im  Zeughause  sehr 
wenige  calibermässige  Kugeln  vor,  wodurch  auch  die  Unthätigkeit 
der  Festungs-Artillerie,  den  Aussenposten  des  Cernierungs-Corps 
gegenüber,  ihre  Erklärung  findet.  Drei  Mörser  wurden  in  Stellung 
gebracht  und  für  die  im  gedeckten  AVege  Commandierten  ausser 
ihren  Gewehren,  aus  dem  Zeughause  Musketen  verabfolgt,  da  sich 
bei  feuchtem  Wetter    diese    verlässlicher  als  jene  erwiesen.  ])     Die 


])  Die  Vertheilung    der  Wachen    und  Posten    und    deren  Anzahl  ist  in 
Anhang  XXXII  enthalten. 


167 

Schwäche  der  Garnison  Hess  den  Commandanten  auf  Ausfälle 
verzichten,  da  er  dieselben  mit  Cavallerie  nicht  unterstützen 
konnte.1)  Ob  er  hierin  recht  handelte,  mag  billig  bezweifelt 
werdend  Unwillkürlich  drängt  sich  der  Vergleich  mit  der  ausser- 
ordentlich activen  Verteidigung  der  Festung  Neisse  durch  Oberst 
Freiherrn  von  Roth  auf,  wohingegen  in  Glogau  vollständige 
Passivität  herrschte. 

Vom  1.  bis  15.  Februar  hatte  FML.  Wallis  eine  An- 
zahl starker  spanischer  Reiter  machen  lassen,  welche  sowohl 
bei  der  ungemauerten  Kreuz-Bastion,  wo  ausserdem  eine  drei- 
fache Reihe  von  Pallisaden  gesetzt  wurde,  wie  auch  unter  der 
Dominicaner-  und  Schloss -Bastion,  bei  der  Ferdinands -Bastion 
und  der  Wolfsgruben  -  Schanze  neben  dem  Flusslauf  postiert 
wurden.  2) 

Der  Festungs-Commandant  bemühte  sich  vergeblich,  über  die 
Lage  in  der  Festung  Nachrichten  an  den  Hof-Kriegsrath  gelangen 
zu  lassen,  die  enge  Blokade  des  Platzes  verwehrte  jeden  Verkehr 
nach  Aussen.  Endlich  Hess  er  einen  Soldaten  seines  Regiments,  der 
ein  Fischer  und  tüchtiger  Schiffmann  war,  als  Fischer  gekleidet,  die 
Oder  aufwärts  in  einem  kleinen  Fahrzeuge  während  der  Nacht  mit 
Depeschen  abgehen,  um  ausserhalb  des  Blokade-Rayons  an  das  Land 
zu  steigen  und  mit  den  mitgegebenen  Briefen  dann  weiter  zu  gehen. 
Zwei  Stunden  nach  seiner  Abfahrt  kehrte  derselbe  jedoch  wieder 
zurück  und  meldete,  dass  er  von  den  Wachtschiffen  der  Preussen 
auf  der  Oder,  so  wie  auch  von  den  am  Ufer  aufgestellten  Posten 
angerufen  worden  und,  um  nicht  in  deren  Hände  zu  fallen,  genöthigt 
gewesen  sei,  umzukehren. 

Die  Festung  war  mit  eingesalzenem  Fleisch  und  anderen  Lebens- 
mitteln noch  auf  vier,  mit  Brocl  aber  noch  auf  sechs  Wochen  versehen 
und  der  Commandant  versammelte  am  27.  Februar  die  höheren 
Officiere  des  Platzes :  den  GFWM.  R  e  i  s  k  y,  den  Ligenieur-Obersten 
von  R  a  u  s  c  h  e  n  d  o  r  f,  die  Oberstwachtmeister  Baron  R  e  i  c  h  1  i  n 
(von  Harrach)  und  von  Planting  (von  Wallis)  zu  einer  Be- 
rathung,  in  welcher  die  Frage  aufgeworfen  wurde,  ob  es  für  rathsam 
erachtet  werde,  einen  Officier  nach  Wien  zu  senden,  bevor  aber  diese 
Absendung  geschehe,  einen  Officier  an  den  König  Friedrich  H. 
oder  an  den  vor  Glogau  commandierenden  Erbprinzen  Leopold 
von  Anhalt  mit  dem  Ersuchen  zu  schicken,  zur  Absendung  eines 


')  FML.  Wallis'  Bericht.  (Archiv  zu  Koleschowitx.) 
2)  Plan  von  Glogau,  Tafel  I. 


168 

Officiers  aus  Glogau  die  Erlaubniss    zu  ertheilen  und   die  nöthigen 
Passierscheine  auszufertigen. 

Die  Theilnehmer  dieser  Berathung  sprachen  sich  in  bejahendem 
Sinne  aus  und  in  Folge  dessen  sendete  FML.  Wallis  am  Morgen 
des  28.  Februar  den  Oberstwachtmeister  Baron  Reichlin  mit 
zwei  Briefen  und  zwar  einem  an  den  König  von  Preussen  und  einem 
zweiten,  falls  der  König  nicht  anwesend  sein  sollte,  an  den  Erbprinzen 
von  Anhalt  in  das  preussische  Lager  ab.  Reichlin  wurde  in 
das  preussische  Hauptquartier  nach  Rauschwitz  geleitet  und  gegen 
Mittag  desselben  Tages  langte  ein  preussischer  Tambour  vor  der 
Esplanade  an,  der  einem  ihm  entgegengeschickten  Unterofficier  einen 
Brief  Anhal  t's  an  "W  a  1 1  i  s  übergab,  worin  Ersterer  mittheilte,  dass 
er  den  Oberstwachtmeister  ßeichlin  im  Hauptquartier  behalte, 
bis  Antwort  vom  Könige,  dem  er  des  Grafen  Wallis  Brief  über- 
schickt habe,  einlangen  werde.  Reichlin  wurde  aber  überhaupt  nicht 
mehr  in  die  Festung  zurückgelassen  und  traf  erst,  nachdem  dieselbe 
gefallen,  am  10.  März  wieder  dort  ein.  l) 

Die  Verhältnisse  drängten  übrigens  jetzt  einer  Entscheidung  zu. 
Auf  die  erwähnte  Weisung  König  Friedrich  LT.  vom  23.  Februar, 
mit  Glogau  ,, sobald  als  möglich  ein  Ende  zu  machen",  fragte  Prinz 
Leopold  am  25.  an,  ob  er  die  Festung  erstürmen  solle,  doch 
müsse  er  zu  einem  solchen  Unternehmen  noch  das  Anlangen  einer 
Anzahl  Petarden,  die  er  bereits  erbeten  habe,  abwarten;  eine  Be- 
lagerung könne  er  erst  nach  dem  Eintreffen  des  schweren  Geschützes, 
dessen  erster  Staffel  am  5.  oder  6.  März  erwartet  werde,  beginnen. 
Diese  Anfrage  beantwortete  König  Friedrich  am  26.  aus  Fran- 
kenstein dahin,  class  die  Belagerung  sofort  nach  dem  Eintreffen  der 
schweren  Artillerie  zu  beginnen  habe,  gleichzeitig  seien  aber  die 
Vorbereitungen  zu  treffen,  „um  in  die  Stadt  auf  der  anderen  Seite 
par  surprise  hinein  zu  kommen".  Da  die  Trappen  des  H.  Corps 
für  eine  Belagerung  sehr  schwach  waren,  bat  der  Prinz  am  2.  März 
um  Verstärkung  und  König  Friedrich  erlaubte,  class  das  am 
4.  März  von  den  nachrückenden  Truppen  vor  Glogau  eintreffende 
Infanterie-Regiment  Erbprinz  Leopold  dort  bleiben  könne. 


x)  Wallis'  Bericht  im  gräfl.  Archive  zu  Koleschowitz. 

FM.  Seckendorff  schreibt  an  GFWM.  Lentulus  aus  Obernzemi. 
26.  März  17-11  :  „Nach  meinen  mir  zugekommenen  Nachrichten  hat  man  Glogau 
zu  der  Zeit  bestürmt  und  eingenommen,  da  man  in  wirklicher  Capi- 
tulation  gestanden;  wäre  dieses,  so  streitet  es  wider  allen  Kriegsgebrauch 
und  meritiert  zu  seiner  Zeit  Eevanche."  (K.  A..  F.  A.  Schlesien  1741,  IV.  ad    13.) 


169 

Als  nun  in  den  ersten  Märztagen  König  Friedrich  II. 
die  Gefahr  eines  Entsatzes  nähergerückt  erschien,  obwohl  eine 
solche  Absicht  in  den  leitenden  Kreisen  der  österreichischen 
Armee'  leider  noch  gar  nicht  ernstlich  ventiliert  worden,  sandte 
er  am  6.  März  den  Befehl,  zum  Sturme  Glogau's  zu  schreiten, 
durch  den  Oberstlieutenant  von  der  Goltz,  welcher  am  7. 
Abends  im  Hauptquartier  des  Prinzen  Leopold  zu  Rauschwitz 
eintraf. 

Am  Morgen  des  8.  März  versammelte  Prinz  Leopold  die 
Stabsofficiere  und  gab  ihnen  bekannt,  dass  die  Festung  am  Abend 
mit  Sturm  genommen  werden  solle.  Zugleich  wurde  die  Disposition 
für  den  Sturm  erörtert,  von  welcher  die  Bataillons-Commandanten 
und  die  ältesten  Hauptleute  Abschrift  erhielten  und  die  sämmt- 
lichen  Ofncieren  vorzulesen  war. J) 

„Der  Sturm  sollte,  sobald  die  erste  Glocke  in  der  Stadt  die 
Mitternachtsstunde  verkündete,  an  drei  verschiedenen  Puncten  zu 
gleicher  Zeit  stattfinden  und  zwar  an  denjenigen  Stellen,  die  nach 
den  früher  angestellten  Erkundungen  als  die  schwächsten  galten. 
Es  waren  dies  die  Wolfsgrubenschanze,  die  Schloss-Bastion  und 
die  zwischen  Spittel-  und  Leopold-Bastion  befindliche  Poterne.  Um 
10  Uhr  Abends  sollten  die  Truppen  auf  den  hiefür  angewiesenen 
Plätzen  bereit  stehen.  Alles  Gepäck  war  in  den  Quartieren  zurück- 
zulassen, jeder  Mann  hatte  30  Patronen,  davon  eine  im  Lauf,  mit- 
zufuhren." 

„Die  erste  Colonne,  aus  dem  ersten  Bataillon  des  Regiments 
Markgraf  Carl  und  den  Grenadier-Bataillonen  Bolstern  und  Saldern 
bestehend,  hatte  sich  an  der  abgebrochenen  Brücke  zu  sammeln, 
auf  welcher  der  Breslauer  Weg  über  den  Rauschwitzer-Bach  führte 
und  von  dort  längs  der  Oder,  die  Michael-Bastion  links  lassend, 
auf  die  Wolfsgrubenschanze  vorzugehen,  hier  den  AVall  zu  ersteigen 
und  zwischen  Wall  und  Mauer  hinter  der  Michael-Bastion  hinweg 
gegen  das  Alte  Thor  vorzudringen.  Capitain  von  Beer  hatte  mit 
3  Officieren,  8  Unterofficieren,  12  Zimmerleuten  und  83  Grenadieren 
dieser  Colonne  durch  die  Pallisaden  und  spanischen  Reiter  den  Weg 
zu  bahnen  und  das  Alte  Thor  zu  sprengen,  wozu  ihm  ein  Artillerie- 
officier  mit  Petarden  beigegeben  war.     Zur    Deckung    der    rechten 


J)  „Disposition,    wie  es    den    8.  u.  9.  Martii    gehalten    werden   soll,  um 
Glogau  zu  surprenieren."  Anlage  Nr.  18  in    ,, Kriege  Friedrich    d.    Gr."    I,    III. 


170 

Flanke  sollte  Capitain  von  Bardeleb  e  n  mit  2  Officieren  und 
86  Mann  von  der  "Wolfsgrubenschanze  längs  der  am  Wasser  be- 
findlichen Befestigung  bis  zur  Carl-Bastion  vordringen,  ebenso 
Capitain  von  Itzen plitz  zur  Sicherung  der  linken  Flanke  mit 
3  Officieren,  6  Zimmerleuten  und  81  Mann  durch  den  Garten  des 
Commandanten  gegen  die  Ferdinands-Bastion  und  von  hier  längs 
des  gedeckten  Weges  bis  zur  Spitze  der  Kreuz-Bastion.  Die  am 
Alten  Thor  eingedrungenen  Truppen  hatten  sich  nach  dem  Markt- 
platz zu  wenden." 

„Die  zweite  Colonne,  bestehend  aus  dem  Regiment  Prinz 
Leopold,  den  Grenadier-Bataillonen  Kleist  und  Winterfeldt,  sowie 
zwei  Compagnien  des  Grenadier-Bataillons  Reibnitz *),  hatte  sich 
hinter  dem  Galgenberg  und  zwar  das  erste  Bataillon  des  Regiments 
Prinz  Leopold  hinter  dem  abgebrannten  Wirthshause  an  der  Strasse 
nach  Schloin,  alles  Uebrige  nördlich  davon  an  der  Strasse  nach 
Beichau  zu  versammeln." 

„Die  drei  ältesten  Capitains  der  bei  dieser  Colonne  befindlichen 
Grenadier-Bataillone  hatten  mit  je  3  Officieren,  12  Zimmerleuten. 
91  Mann  voraufzugehen  und  zwar  Capitain  von  D  amnitz  am  nörd- 
lichsten, Capitain  von  Taubenheim  in  der  Mitte,  Capitain 
von  Münchow  am  südlichsten.  Alle  drei  sollten  gegen  die  linke 
Ecke  des  zwischen  Schloss-  und  Dominicaner-Bastion  liegenden 
Verbindungswalles  vorrücken.  Capitain  von  Münchow  hatte  als- 
dann nach  Beseitigung  der  Pallisaden  des  gedeckten  Weges  zwischen 
diesem  und  dem  Wall  bis  an  die  Spitze  der  Dominicaner-Bastion 
vorzudringen,  liier  bis  auf  Weiteres  Halt  zu  machen  und  so  die 
rechte  Flanke  der  Colonne  zu  sichern.  Capitain  von  Tau  b  e  n  h  e  i  m 
sollte  den  Wall  ersteigen,  zwischen  Wall  und  Mauer  das  Brostauer 
Thor  erreichen  und  dieses  sprengen,  wozu  ihm  ein  Artillerie-Officier 
mit  Petarden  beigegeben  war.  Dann  war  das  Thor  durch  Capitain 
von  Taubenheim  und  die  drei  anderen  Compagnien  des  Grenadier- 
Bataillons  Winterfeldt,  die  ihm  zu  folgen  hatten,  vorläufig  besetzt  zu 
halten.  Eine  dem  genannten  Bataillon  ebenfalls  folgende  Compagnie 
des  Grenadier-Bataillons  Reibnitz  unter  Capitain  von  C  o  1 1  r  e  p  p 
hatte  mit  einem  Officier  und  20  Mann  die  Dominicaner-Bastion  zu 
besetzen,    mit    dem    Rest  den  im  Ravelin  zwischen  dem  Brostauer 


J)  Es  waren  dies  die  beiden  Grenadier-Coinpagnien  des  Eegiments 
Truchsess.  Die  beiden  anderen  zum  Grenadier-Bataillon  Reibnitz  gehörenden 
Compagnien  des  Eegiments  Markgraf  Carl  waren  auf  dem  rechten  Oder-Ufer 
liei  Zerbau  verblieben. 


171 

Thor  stehenden  feindlichen  Posten  unschädlich  zu  machen  und  so 
den  Weg  nach  Aussen  zu  öffnen.  Wenn  dies  geschehen,  sollte  das 
erste  Bataillon  des  Regiments  Prinz  Leopold,  welches  vom  ab- 
gebrannten Wirthshause  anrückte,  benachrichtigt  werden  und  seiner- 
seits das  Brostauer  Thor  besetzen,  während  das  Grenadier-Bataillon 
AVinterfeldt  alsdann  nach  dem  Markte  vorrückte." 

„Dem  am  weitesten  nördlich  vorgehenden  Capitain  von  Dam- 
n  i  t  z  sollten  die  drei  übrigen  Compagnien  des  Grenadier-Bataillons 
Kleist,  sowie  das  zweite  Bataillon  des  Regiments  Prinz  Leopold 
folgen.  Mit  dieser  Abtheilung  der  zweiten  Colonne  beabsichtigte 
der  Erbprinz  selbst  vorzugehen.  Sie  sollte  längs  des  zur  Schloss- 
Bastion  führenden  Verbindungswalles,  den  davor  liegenden  Teich 
links  lassend,  gegen  die  linke  Flanke  der  Schloss-Bastion  vordringen 
und  sie  ersteigen.  Dann  hatte  sich  die  vorderste  Compagnie  zu  theilen 
und  mit  der  einen  Hälfte  das  Schloss-Thor  zu  zerstören,  während  die 
andere  sich  nördlich  um  das  Schloss  herum  gegen  die  Oder-Brücke 
wendete,  um  auf  diese  Weise  die  linke  Flanke  zu  sichern.  Vom 
Schloss  aus  sollten  die  Truppen  dann  weiter  in  die  Stadt  vor- 
dringen." 

,,Der  Angriff  der  dritten  Colonne  sollte  von  Süden  her  er- 
folgen. Es  waren  hierzu  das  zweite  Bataillon  des  Regiments 
Markgraf  Carl  und  eine  aus  den  Uebercompleten  des  IL  Corps 
gebildete  Abtheilung  unter  Major  von  Bunt  seh  bestimmt  worden. 
Die  Abtheilung  war  etwa  300  Mann  stark  und  in  zwei  Compagnien 
zusammengestellt.  Als  Sammelpunct  sollte  die  Klostermühle  im 
Rauschwitzer  Grunde  dienen.  Diese  Colonne  hatte  gegen  den 
ausspringenden  AVaffenplatz  des  gedeckten  Weges  vor  der  Leopold- 
Bastion  und  von  hier  zwischen  dem  gedeckten  Wege  und  dem  Walle 
bis  an  die  Poterne  zwischen  Leopold-  und  Spittel-Bastion  vorzu- 
gehen. Nach  Zerstörung  der  Gitter  hatte  sich  eine  Hälfte  der  Ab- 
theilung des  Majors  von  Bunt  seh  nach  der  Kreuz-,  die  andere 
nach  der  Löwen-Bastion  zu  begeben.  Das  der  Abtheilung  folgende 
Bataillon  des  Regiments  Markgraf  Carl  hatte  mit  je  einer  Com- 
pagnie die  Spittel-,  Leopold-  und  Sebastian-Bastion  zu  besetzen, 
während  die  vierte  an  der  Poterne  verbheb." 

„Auch  die  Cavallerie  des  Einschliessungs-Corps  sollte  während 
des  Sturmes  Verwendung  finden.  Beim  Eintritte  der  Dunkelheit 
hatte  sie  ihre  Posten  zu  verdoppeln,  so  dass  keine  Nachricht  des 
beabsichtigten  Ueberfalles  in  die  Stadt  gelangen  könnte.  Alsdann 
sollten  sich  zwei  Escadronen  im  Rauschwitzer  Grunde,  in  der  Gegend 
der  Petzel-Mühle  sammeln,  sobald  die  erste  Colonne  bei  der  Wolfs- 


172 

grubensclianze  eingedrungen  war,  dieser  folgen  und  die  nach  der 
Oder  führenden  Strassen  absuchen,  um  etwa  flüchtende  Feinde  ge- 
fangen zu  nehmen.  Die  übrigen  drei  Schwadronen  hatten  sich 
hinter  der  evangelischen  Kirche  zu  sammeln,  sodann  durch  das 
Brostauer  Thor  in  die  Stadt  zu  folgen  und  diese  zu  durch- 
streifen." 

„Diejenige  Colonne,  welche  zuerst  in  die  Stadt  eindrang,  sollte 
sofort  durch  berittene  Adjutanten  die  übrigen  benachrichtigen 
lassen,  damit  diese,  falls  ihnen  der  Sturin  an  dem  angewiesenen 
Puncte  nicht  geglückt  war,  dahin  rücken  konnten,  wo  schon  der 
Eingang  frei  war." 

„Die  Compagnie,  welche  zuerst  die  Stadt  betrat,  sollte  sogleich 
den  Grenadiermarsch  schlagen  lassen,  ebenso  jede  folgende,  damit 
sich  die  preussischen  Truppen  auf  diese  Weise  erkennen  könnten. 
Die  feindlichen  Posten  waren  überall  zu  entwaffnen  und  im  Falle 
des  Widerstandes  niederzumachen.  Allen  feindlichen  Soldaten  und 
Bürgern  sollte  zugerufen  werden,  das  Gewehr  wegzuwerfen,  widrigen- 
falls Alles  „massacriert"  und  die  Stadt  geplündert  werden  würde. 
Letzteres  sollte  jedoch  nur  auf  ausdrücklichen  Befehl  des  Prinzen 
stattfinden.  Ein  Haus  zu  betreten,  wurde  bei  Todesstrafe  ver- 
boten." 

..Die  Gesammtstärke  der  zur  Unternehmung  bestimmten  Truppen 
betrug  4300  Mann  Infanterie  und  G00  Reiter."  x) 

In  der  Festung  ahnte  man  nichts  von  der  drohenden  Gefahr, 
die  unmittelbar  bevorstand. 

Am  5.  März  beobachtete  der  Festungs-Commandant  mit  dem 
General  E  e  i  s  k  y  vom  Stadtthurme  aus,  class  Cavallerie  über  die 
SchifT-Brücke  bei  Beichau  auf  das  rechte  Oder-Ufer  marschiere  und 
Infanterie  in  die  umliegenden  Dörfer  eingerückt  sei,  am  8.  sah  man 
Faschinen  in  die  Dörfer  führen  und  muthmasste,  class  die  Preussen 
in  einer  der  folgenden  Nächte  die  Trancheen  eröffnen  wollten.  Die 
Visitierung  der  Posten  im  gedeckten  AVege  und  auf  den  Bastionen 
wurde  in  Folge  dessen  bei  Tag  und  Nacht  sowohl  durch  den 
Festungs-Commandanten  selbst,  wie  durch  den  General  Reisky 
vorgenommen  und  die  Artilleristen  beordert,  ihre  Geschütze  schuss- 
fertig zu  halten.  Ein  Fourier  von  Wallis-Infanterie,  der  auf  dem 
Stadtthurm  als  Beobachtungsposten  aufgestellt  war.  meldete  am 
s.  März  Abends,  class  aus  einigen  Dörfern  Grenadiere  marschiert  und 


J)  Kriege  Friedrich  d.  Gr.,  I,  335  u.  ff. 


173 

andere  dafür  eingerückt  seien,  die,  wie  es  schien,  Schaufeln  getragen 
hätten.  Wallis  sendete  nach  dieser  Meldung  noch  am  Abende  seinen 
Adjutanten  zu  dem  im  gedeckten  Wege  commandierenden  Haupt- 
mann von  Harrach,  Baron  von  R  i  p  p  e  r  d  a,  um  ilim  aufzutragen, 
seinen  Posten  anzubefehlen,  besonders  in  der  kommenden  Nacht 
sehr  wachsam  und  ,, alert  zu  sein"  und  verabredete  mit  General 
Reisky,  dass  um  Mitternacht  er  und  bei  seiner  Rückkunft  Wallis 
selbst  die  Posten  mehrmals  visitieren  würden.  Ausserdem  berief 
der  Festungs-Commandant  den  Oberstwachtmeister  von  PI  anfing 
zu  sich  und  befahl  ihm,  mit  der  Reserve  achtsam  zu  sein,  um  beim 
geringsten  Alarm  auf  den  Wall  rücken  zu  können. 

Die  Nacht  vom  8.  zum  9.  März  war  sehr  finster.  Als  die 
Glocke  der  Domkirche  die  Mitternachtstuncle  schlug,  hörte  man  in 
der  Festung  mehrere  Salven  von  der  oberen  Seite  bei  der  Ferdinands- 
Bastion.  FML.  Wallis  sandte  sofort  den  Oberstwachtmeister  von 
Planting  mit  der  Reserve  und  auch  einen  Theil  der  Bürgerschaft 
dorthin  ab.  Gleichzeitig  ertönte  das  Alarmsignal  von  der  Haupt- 
wache her.  Der  Festungs-Commandant  mit  General  Reisky 
eilte  an  der  Spitze  von  30  Grenadieren  und  der  100  Mann 
starken  bürgerlichen  Reserve,  welche  sich  bei  dem  Jesuiten-Colleg 
angeschlossen  hatte  (aber,  aus  dem  Schloss-Thor  kaum  hinausgelangt, 
davonlief  oder  das  Gewehr  wegwarf),  gegen  die  untere  Wasserseite 
der  Schloss-Bastion,  als  einem  der  schwächsten  Puncte  der  Festung. 
Reisky  hatte  auf  dem  Alarmplatz  seinen  Adjutanten  mit  dem 
Befehl  zurückgelassen,  dass  die  sich  noch  sammelnde  Mannschaft 
theils  nachrücken,  theils  an  den  von  dem  General  bezeichneten  Ort 
nachgeführt  werden  sollte.  Als  die  Generale,  Reisky  voran,  dort 
anlangten,  trafen  sie  bereits  preussische  Abtheilungen,  die  den 
Wall  zu  erklimmen  suchten  und  mit  denen  sich  ein  Feuergefecht 
entspann.  Es  waren  die  Compagnien  des  Capitains  von  D  a  m  n  i  t  z, 
drei  Compagnien  des  Grenadier-Bataillons  Kleist  und  das  zweite 
Bataillon  Prinz  Leopold,  an  der  Spitze  der  Colonne  der  Erbprinz 
in  Begleitung  des  Markgrafen  Carl  und  des  Oberstlieutenants 
von  der  Goltz. x) 

Reisky  gieng  mit  seinen  wenigen  Leuten  zum  Angriff  vor, 
erhielt  aber  zwei  Schüsse  und  sank  im  Handgemenge,   von   einem 


*)  Das  Tagebuch  des  Feldpredigers  J.  F.  Seegebart  erzählt  pag.  17  : 
„Prinz  Leopold  erstieg  den  Wall  diesseits,  nebst  den  Markgrafen  Carl  und 
Friedrich  (?)  mit  10  Grenadiers,  die  auf  die  sich  entgegenstellenden  Mann- 
schaften einmal  Feuer  gaben,  wodurch  Eeisky  schwer  blessiert  wurde." 


174 

Bajonnetstich  schwer  verwundet,  zusammen.  Die  Preussen  stürmten 
über  den  am  Boden  Liegenden  fort  gegen  das  Thor  des  Gebäudes  der 
Landeshauptmannschaft,  dem  sogenannten  „Schloss",  wohin  Wallis 
sich  mit  Hauptmann  Grafen  Engelshausen  geworfen  und  das 
Thor  hatte  schliessen  lassen.  Er  versuchte  hier  die  Vertheidigung 
aufzunehmen.  Prinz  Leopold  Hess  indessen  durch  seine  Zimmer- 
leute das  Thor  einschlagen  und  mit  Petarden  sprengen.  AV"  a  1 1  i  s  zog 
sich  nun  gegen  die  Hauptwache,  um  dort  die  Vertheidigung  fort- 
zusetzen. Als  er  aber  auf  dem  Platz  anlangte,  fand  er  denselben 
bereits  gefüllt  mit  den  auf  verschiedenen  Seiten  eingedrungenen 
preussischen  Truppen,  warf  sich  mit  einigen  Leuten  noch  in  das 
offen  stehende  Proviant-Magazin  und  wurde  hier  gefangen. ') 

Der  verwundete  General  R  e  i  s  k  y  war  inzwischen  erkannt  und 
in  das  nächste  Wachthaus  am  "Wall,  nach  einer  halben  Stunde  aber 
in  das  Schloss  getragen  worden. 2) 

Wallis  selbst  sagt  in  seinem  Berichte  über  die  Erstürmung 
der  Festung : 

Der  Sturm  wurde  an  drei  Orten  unternommen  „und  zwar  an 
beiden  Wasserseiten  und  zwischen  der  Sebastian-  und  Löwen- 
Bastion.  Die  unserigen  Posten  in  dem  bedeckten  Weg  an  der 
oberen  Wasserseite  sowohl,  als  die  auf  dem  Wall  haben  mit  Stücken, 
Kartätschen  und  kleinem  Gewehr  einen  tapferen  Widerstand  gethan, 
ja  einige  sich  gar  nicht  ergeben  wollen;  der  Feind  hatte  sofort  die 
ungemauerte,  unweit  der  Ferdinands-Bastion  gelegene  sogenannte 
Wolfsgrube  erstiegen  und  unter  beständiger  Chargierung  mit  der 
Garnison  sich  solcher,  nebst  der  Courtine,  welche  bis  zu  dem  Pol- 
nischen Thor  geht,  mit  solcher  Gewalt  bemeistert,  dass  die  Unserigen 
nicht  zu  resistieren  vermögend  gewesen.  Auf  der  unteren  Wasser- 
seite aber,  bei  der  Schloss-Bastion,  als  der  zweiten  Attaque,  ist  der 
Feind  nicht  nur  bis  an  die  Pallisaclen,  sondern  bis  in  den  bedeckten 
Weg  gekommen,  ohne  dass  ein  Schuss  auf  ihn  geschehen  wäre, 
.sondern  es  haben  sich  die  Posten  lächement  in  Graben  retiriert, 
welche  auch  durch  ein  feindlich  Detachement  aufgehoben  und 
gefangen    worden,    wo    sodann    der    Feind    nach    Umhauung    der 


*)  Wallis'  Bericht.  (Archiv  zu  Koleschowitz.) 

2)  Eeisky's  Bericht  vom  12.  Juli  1741  an  den  Hof-Kriegsrath  aus 
Glogau.  (K.  A.,  F.  A.  Schlesien  1741,  III,  25).  Der  General  starb  im  Sommer 
1741  (3.  August)  in  Folge  der  bei  der  Einnahme  der  Festung  erhaltenen  Ver- 
wundungen in  Glogau,  wenn  es  ihm  auch  „durch  den  angewendeten  Fleiss 
eines  aus  Dresden  expresse  berufenen  königlich  polnischen  Chyrurgi"  eine 
Zeitlang  anscheinend  etwas  besser  gegangen  war. 


175 

Pallisadeii  und  spanischen  Reiter  in  der  Stille  die  ungemauerte 
Schloss-Bastion  und  Courtine  erstiegen.  Bei  der  dritten  Attaque 
unweit  der  ungemauerten  Kreuz-Bastion  hat  sich  der  Feind  nach 
einiger  Resistenz  des  bedeckten  Weges  bemächtigt  und  nachdem 
solcher  zu  zweimalen  von  dem  Wall  repoussiert  worden,  endlich 
der  grossen  übermannten  Force  halber  vermittelst  der  Sturmleitern 
penetriert,  das  Brostauer  Thor  aufgehauen  und  in  die  Stadt  ge- 
drungen ist."  x) 

Dreiviertel  Stunden  nach  Mitternacht  war  der  Kampf  an  allen 
Puncten  beendet  und  die  Festung  im  Besitz  der  Preussen. 

Nach  Verlauf  einer  weiteren  Stunde  ritt  die  preussische 
Cavallerie  über  eine  durch  100  Schanz-Bauern  gemachte  Wall- 
öffnung  in  die  Stadt. 

Der  gefangene  Commanclant  wurde  zu  dem  vor  der  Front 
seiner  Truppen  auf  dem  Marktplatze  stehenden  Prinzen  Leopold 
geführt,  den  er  ersuchte,  die  Stadt  mit  der  Plünderung  zu  ver- 
schonen, allein  ,, durch  Insolenz  des  gemeinen  Mannes  wurden 
viele,  besonders  katholische  Häuser  ausgeplündert".  2) 


J)   Wallis'  Bericht.  (Archiv  zu  Koleschowitz). 

2)  Bericht  Wallis'  an  den  Grossherzog  von  T  o  s  c  a  n  a,  Berlin 
27.  März  1711,  in  „Oesterr.  Militär-Zeitschr."  1811,  1812,  1813  und  dessen 
Bericht  im  Archive  zu  Koleschowitz.  In  der  „Silesia,  Museum  für  schlesische 
Vaterlandskunde",  I,  wird  über  die  Plünderung  nach  einem  alten,  vermuthlich 
von  einem  Geistlichen  herrührenden  Tagebuch  erzählt :  „Obschon  nun  diese 
Einnahme  dem  Feinde  nicht  gar  zu  viel  Mühe  gekostet,  indem  die  Gegen- 
wehr gar  nicht  viel  zu  bedeuten  hatte,  so  haben  doch  gleich  einige 
Soldaten  schon  nach  1  Uhr  zu  plündern  angefangen  und  sind  vor  Allem  wie 
die  wüthenden  Hunde  das  Collegium  der  P.  P.  Jesuiten  angefallen,  allwo 
(obschon  ihnen  eine  ziemliche  Summe  Geldes  gereicht  wurde),  sie  die  ganze 
schöne,  Avohleingerichtete  Apotheke  in  den  Grund  ruiniert."  In  dem  Collegio 
sei  auch,  was  nicht  niet-  und  nagelfest,  mitgenommen,  in  der  Sacristei  fünf 
Kelche  und  einige  schöne  Paramente  und  andere  Sachen  fortgetragen  „und 
die  Geistlichen  überdies  noch  mit  Schlägen  tractiert"  worden.  Am  frühen 
Morgen  schlössen  sich  auch  lutherische  Bauern  diesen  Plünderern  im  Jesuiten- 
Colleg  an  und  führten  von  den  Effecten  einen  Wragen  nach  dem  andern  fort. 
,.Folgsam  ist  es  über  die  ganze  Stadt  hergegangen,  dass  wenige  Häuser  von 
der  allgemeinen  Plünderung  sind  befreit  geblieben,  unter  welchen  viele  einen 
ungemein  grossen  Schaden  erlitten  haben."  „Diesen  Tag  sah  man  auf  allen 
Gassen  nichts  als  lauter  Soldaten,  welche  die  Häuser  ausräumten."  „Die 
goldenen  Ringe  mussten  von  den  Fingern  und  die  Ohrgehänge  von  den 
Ohren  herabgerissen  werden,  wer  ihnen  nicht  bald  so  viel  Geld,  als  sie  ver- 
langten, darreichte,  dem  setzten  sie  das  aufgepflanzte  Bajonnet  an  die  Brusl 
und  den  blossen  Säbel  an  den  Hals,  wir  waren  dazumal  lauter  Hunde  und 
Canaillen,    man  hörte  nichts  anderes    als :    „Hund,    gib  Geld    her    oder  Dich 


176 

"Wallis  wurde  in  das  Conimandantenhaus  geführt,  Ingenieur- 
Oberst  von  AValrave  ihm  beigegeben  und  ihm  sogleich  jede 
briefliche  Mittheilung  und  jeder  Verkehr  verboten. 

Der  Verlust  der  Festungsbesatzung  betrug  60  Todte  und  Ver- 
wundete und  865  Mann,  *)  von  denen  ein  kleiner  Theil  ausgewechselt 
werden  sollte,  dagegen  Diejenigen,  welche  nicht  zum  Eintritt  in 
preussischen  Kriegsdienst  sich  bewegen  Hessen,  in  die  Kriegs- 
gefangenschaft nach  Stettin  abgesandt  wurden. 

Der  preussische  Verlust  soll  9  Mann  todt,  2  Ofticiere,  3  Unter- 
ofnciere  und  37  Mann  verwundet,  betragen  haben. 2) 

Der  Plan  zur  Emportierung  der  Festung  war  ohne  Zweifel 
geschickt  entworfen  und  die  Ausführung  gereicht  den  preussischen 
Ofncieren  zu  hoher  Ehre,  wie  gegentheilig  die  mangelhafte  Ver- 
teidigung des  Platzes  wenig  entsprechend  ist  und  ihre  Schwäche 
zum  grössten  Theile  auch  auf  den  schlechten  Geist  der  Truppe 
zurückgeführt  werden  muss. 3) 

„Gewiss  aber  ist  es,"  sagt  General  Reisky  in  seinem  Berichte, 
,.dass  sowohl  durch  die  aus  der  Stadt  desertierten,  auf  Arbeit  ge- 
standenen Bauern  und  durch  die  Deserteure  von  der  Garnison 
unsere  sämmtlichen  Veranstaltungen  und  die  irreparable  Schwäche 
der  Oertlichkeit  meineidigerweise  dem  Feinde  verrathen  worden,  wie 
dann  zwei  von  unseren  Deserteuren  und  ein  allhier  verheiratheter 
wohnhafter  Mann,  welcher  acht  Tage  vor  der  Attaque  zum  Feind 
übergelaufen,  ihr  Anführer  gewesen."4) 


Canaille,  soll  die  schwere  Notli  regieren."  „Demnach  nun  die  Plünderung 
in  die  sechs  Stunden  gedauert,  nmssten  die  meisten  ausmarschieren." 
See  gebart,  der  ja  Prediger  bei  des  Erbprinzen  Leopold  Regimente  war. 
erzählt  in  seinem  schon  erwähnten  Tagebuche  :  „Weil  die  Festung  mit  Sturm 
übergegangen,  so  ward  den  Grenadiers  gestattet,  zu  plündern,  welches  in- 
sonderheit das  Jesuiten-Collegium  und  einen  (vermuthlich  katholischen)  Apo- 
theker betroffen."  (S.  18.) 

*)  154  Mann  waren  während  der  Blokade  desertiert. 

2)  Kriege  Friedrich  d.  Gr..  I,  310.  Oesterreichische  Berichte  geben  den- 
selben höher  an. 

3)  „Gegen  Ende  der  Blokade  war  die  Garnison  auf  925  dienstbare  Mann 
heruntergekommen,  worunter  sehr  viele  von  solchem  Widerwillen,  Mtu'ren  und 
Unzufriedenheit,  dergleichen  ich  unter  unseren  Truppen  nicht  gesehen,  noch 
gehört,  —  die  Oesterreicher  hielten  sich  blutschlecht."  Die  Posten  hatten  die 
Preussen  nicht  wahrgenommen,  bis  sie  im  Graben  die  Pallisaden  umhieben. 
Die  Kanonen  thaten  keine  Wirkung,  sie  überschössen.  (Seegebart,  17.) 

*)  A.  a.  O.  Eeisk y's  Bericht. 


4^ 


177 


Am  13.  März  wurde  Wallis   mitgeteilt,  dass  es  ihm  gegen 

Ausstellung  eines  Reverses  gestattet  sein  solle,  nach  Wien  zu  gehen 
wohn*  er  auch  am  14.  bereits  unter  Escortierung  eines  preussischen 
Gapitams  aufbrach,  i)  Als  er  indessen  in  Jauer  anlangte,  kam  ein 
Adjutant  aus  Schweidnitz  vom  König  von  Preussen  mit  dem  Befehl 
an  den  begleitenden  Capitain,  dass  Wallis  „wichtiger  Ursachen 
halber  dermalen  nicht  nach  Wien  gelassen  werden  könnte",  sondern 
sich  nach  Berlin  zu  begeben  habe,  wo  er  denn  auch  am  26.  März 
eintraf.  2) 

Als  Wallis  im  Sommer  des  Jahres,  allerdings  noch  kriegs- 
gefangen und  nur  gegen  Revers  entlassen,  sich  in  Wien  befand 
hatte  er  vor  einer  unter  dem  Vorsitze  des  FM.  Grafen  Kheven- 
huiler  zusammengetretenen  Commission  von  Generalen  sich  zu  ver- 
antworten, welche  ihn  von  einem  Verschulden  an  der  Uebergabe 
der  Festung  lossprach.3) 

-  .r  Al1  BeL!te  fiden  d6n  Pre^n  8  Fahnen,  69  Geschütze, 
o  Mörser,  über  4000  Gewehre  und  bedeutende  Mengen  von 
Munition  und  Kriegsgeräth  in  die  Hände.  *) 

Hocherfreut    über    den   Erfolg   zeichnete  König  F  r  i  e  d  r  i  c  h 

den  Erbprinzen  durch  ein  schmeichelhaftes  Handschreiben  aus  und 

xess    ihm    20.000  Gulden    aus    der   in  der  Festung  vorgefundenen 

Knegs-Casse  jedem  zu  der  Unternehmung  ausgerückten  Mann  einen, 

den  Unterofficiercn  zwei  Gulden  auszahlen.  5) 

2  ^ieT?eiseroute  ™  &™  über  Gl  atz  vorgeschrieben. 

war  nach  K  p"'  T^fn  ^?g  Friedrich  IL  ^  Erlaubniss  zurücknahm. 

waa  nach  „Kriege  Fnedrich  d.  Gr.",  1,342,  die  inzwischen  erfolgte  Gefangennahme 

)  Die  darauf  bezüglichen  Actenstücke  siehe  in  Anhang  XXX1I1    Aller 
dmgs  war  die  öffentliche  Meinung  über  den  Fall  von  Glogau   nicht    so    leicht 

2  ÄT;^  Ti^  gU^e  d'6Xemple  qU'Une  Place  m™üe  com*-  «eUe-lä, 
at  ete  empor  ee  d'emblee  en  moins  d'une  heure  de  temps  .  .  .  .  la  conduite  de 

^ach  .Venet^alliS    S6rait    aUJ°Urd'hüi    ^0S-    ä    »iendes    bWs  » 
(Nachricht  aus  Breslau   vom  15.  März.    K.  A.,  F.  A.  Schlesien  1741.  XIII,  10) 

57  met  1!  gl,  dl'iCh     *    ^     *'    ^     ^     GeScMtze     ^znäen     in 

57  metallenen    11  eisernen,  1  Haubitzen,  3  metallenen  und  2  eisernen  Pöllern 
(Nach  einem  Inventar  im  k.  und  k.  Hofk.-Arch.) 

;)  Kriege  Friedrich  d.  Gr.,  I,  312.  Mit  der  „Kriegs -Casse"  war  es  nun 
aUerdings  eine  eigene  Sache;  eigentlich  war  es  die  Casse  des  Inhabers  des 
Wallis  sehen  Infanterieregiments.  Dieser  berichtet  selbst  darüber:  „Man  hat 
gleich  den  andern  Tag  darauf,  ungeachtet  meines  nachdrücklichsten  Repräsen- 
tieren, alle  Oberofficiere,  ohne  dass  solche  bevor  siel!  bei  mir  haben  anmelden 
dürfen  nach  Stettin,  die  Unterofflciere  und  Gemeinen  theüs  auch  dahin 
viele  aber  (wie  ich  höre)  wiederum  anderwärts    hin,    um    solche    ,,i,    <;,.... 

Oesterreichischer  Erbfolgekrieg.  II.  Bd.  IQ 


178 

Magistrat  und  Bürgerschaft  der  Stadt  Glogau  mussten  dem 
Könige  am  11.  März  den  Huldigungseid  leisten.  x)  Die  Festung 
wurde  durch,  den  Obersten  von  Walrave  sogleich  wieder  in  Ver- 
teidigungszustand gesetzt. 

Ereignisse  vom  9.  bis  18.  März  1741. 

Die  Einnahme  Glogau's  hatte  die  bisher  vor  dieser  Festung 
gebundenen  preussischen  Kräfte  zur  Verwendung  im  Felde  ver- 
fügbar gemacht.  König  Friedrich,  der  noch  immer  stärkere 
österreichische  Kräfte  im  Glatz'schen  vermuthete,  neigte  jedoch 
der  Ansicht  zu,  dass  ein  näheres  Heranziehen  der  Truppen  Schwerin's 
an  die  nördlich  der  Neisse  stehenden  Abtheilungen  nothwendig  sei. 
Erst  S  c  h  w  e  r  i  n's  Bedenken  und  die  von  ihm  mitgetheilten  Nach- 
richten, dass  die  österreichische  Haupt-Armee  sich  bei  Olmütz 
concentriere,  bewogen  den  König,  den  vollkommenen  correcten 
Plan  einer  Vereinigung  der  Kräfte  vorläufig  fallen  zu  lassen  und 
nur  die  Abtheilung  La  M  o  1 1  e's  zurückzuziehen,  die  schon  am 
9.  März  Jablunka  geräumt  hatte,  von  dort  nach  Teschen  und  am 
13.  aufR-atibor  zurückgegangen  war.  In  Betreff  dieser  Bewegungen 
schrieb  König  Friedrich   an  P  o  d  e  w  i  1  s,   dass  er,  um  etwaigen 


desto  ehender  überreden  und  bezwingen  zu  können,  dass  sie  bei  ihnen  Dienste 
nehmen  möchten,  abgeschicket ;  in  dasjenige  Haus,  wo  meines  unterhabenden 
Regiments  Rechnungsführer  gelegen  und  aUwo  das  Gewölb,  worinnen  die 
Regiments-Cassa  und  sämmtliche  Regiments-Schriften  sich  befunden,  ist  gleich 
eine  starke  Wache  von  dem  Feind  hineingelegt  worden  und  als  ich  dem 
Prinzen  von  Anhalt-Dessau  vorgestellt,  dass  er  ja  die  Stadt  von  der 
Plünderung  zu  verschonen  versprochen,  auch  den  Offi eieren  das  Ihrige  ge- 
lassen habe,  also  ja  meine  und  meines  Regiments  Gelder  auch  nicht  als  bonne 
prise  angesehen  und  genommen  werden  könnten,  erwiderte  er  mir  in  Antwort, 
diese  Gelder  waren  als  Ihro  Majestät  der  Königin  zugehörige  Gelder  zu 
considerieren,  jedoch  wollte  er  (sobald  er  zu  seinem  König  kommen  würde) 
sich  diesfalls  befragen,  nun  aber  ungeachtet  folgsam  von  Berlin  aus  zu  zwei 
unterschiedenen  Malen  erwähnten  Prinzen  von  Anhalt  hierum  geschrieben, 
niemalen  darauf  eine  Antwort  habe  erhalten  können."  Bericht  an  den  Hof- 
Kriegsrath.  (Archiv  zu  Koleschowitz.) 

*)  Seegebart  erzählt :  „Es  ist  unglaublich,  wie  sehr  die  Leute  hier 
für  den  König  portiert  sind,  soviel  evangelisch  sind,  weiches  die  meisten  sind. 
Sie  nennen  auch  den  Namen  „König"  allezeit  mit  einem  besonders  respectueusen 
Accent.  Heute  wurde  zum  ersten  Mal  das  in  den  preussischen  Landen  ge- 
wöhnliche Kirchengebet  auf  Ordre  von  beiderlei  Religions-Verwandten  nach 
der  Predigt  gesprochen  und  der  ambrosianische  Lobgesang  wegen  der  glück- 
lichen Eroberung  Glogau's  mit  Pauken  und  Trompeten  auch  sogar  auf  vielen 
Dörfern  abgesungen."  (S.  24.) 


179 

Missdeutungen  vorzubeugen,  darüber  eine  entsprechende  Mittheilung 
in  die  Zeitungen  geben  solle.  J) 

Der,  wie  bereits  erwähnt,  im  ungarischen  Grenz-Districte 
commandierende  General  d'O  Hone  begab  sich  nach  der  Wieder- 
besetzung der  Jablunkaer  Befestigungen  persönlich  dorthin  und 
ordnete  bezüglich  der  Arbeiten  und  der  Besatzung  das  Er- 
forderliche an.  Die  Preussen  hatten  bei  ihrem  Abzüge  die  von 
ihnen  hergestellten  Arbeiten  vollständig  vernichtet,  die  Gebäude 
angezündet  und  die  besten  Stücke  mitgenommen. 2)  Es  waren  zur 
Verteidigung  nur  2  Geschütze  disponibel,  die  der  Commandant 
O'Reilly  seinerzeit  mitgenommen  hatte  und  welche  nun  wieder 
zurückgebracht  wurden.  Die  von  den  Preussen  bei  ihrem  Abzug- 
vernagelten  7  Geschütze  wurden  dagegen  nach  Trencsin  gebracht. 
FM.  Pälffy  liess  übrigens  drei  von  den  in  Jablunka  zum  Feind 
übergetretenen  Vybranzen  in  Trencsin  festsetzen  und  verfügte,  dass 
auch  gegen  die  übrigen  mit  aller  Strenge  verfahren  werde.  3j 

GFWM.  d'O  1 1  o  n  e  verlegte  die  früher  dort  gestandene  Wallis' 
sehe  Compagnie  wieder  in  die  Schanze,  ausserdem  1  Compagnie 
von  Max  Starhemberg,  deren  Commandanten  er  mit  einer  schrift- 
liehen Instruction  versah.  Ende  März  wurde  der  Ingenieur-Lieutenant 
D  a  1 1 1  nach  Jablunka  gesendet,  um  nach  d'O  1 1  o  n  e's  Anleitung  die 
Wiederherstellung  der  zerstörten  Schanze  in  Angriff  zu  nehmen.  Auf 
die  Nachricht,  dass  General  La  Motte  seinen  Marsch  von  Teschen 
nach  Katibor  fortsetze,  liess  d'O  Hone  zur  Einziehung  von  Nach- 
richten 1  Wachtmeister  mit  12  Husaren  der  preussischen  Colonne 


*)  „Da  ich  zu  meinen  Kriegsoperationen  nöthig  gefunden,  das  unter  Com- 
mando  des  FM.  Schwerin  jenseits  der  Neisse  (stehende  Corps)  näher  zu- 
sammen und  daher  die  in  Teschen  gestandenen  Truppen  etwas  zurückzuziehen, 
so  habe  ich  solches  melden  wollen  und  sollt  Ihr  in  den  dortigen  und  übrigen 
Zeituno-en  setzen  lassen,  damit  die  Feinde  dieser  Sache  keinen  falschen  An- 
strich,  ihrer  Gewohnheit  nach,  geben  mögen,  als  wenn  es  eine  retraite  wäre." 
Cabinetsch reiben  an  P  o  d  e  w  i  1  s,  Schweidnitz,  10.  Martii  1741.  (Beiheft  z.  Mil. 
Wochenblatt,  1876,  322.) 

2)  FM.  P  ä  1  f  f  y  theilte  sogar  dem  Grafen  Neipperg  am  20.  März  mit, 
dass  er  über  den  von  den  preussischen  Truppen  aus  der  Schanze  Jablunka 
und  dem  Fürstentimm  Teschen  genommenen  Abzug  und  nur  noch  dieses  an- 
zumerken habe,  „was  massen  sie  in  gedachter  Schanz"  Jablunka  gegen  all' 
aufrichtig  und  menschliches  Betragen  angefüllte  Bomben  zurückgelassen  und 
solche  mit  Feuer  unter  den  Mist  verborgen,  welche  auch  gesprungen  und 
nicht  geringen  Schaden  unsern  dahin  gekommenen  Leuten  zufügen  können. 
wann  sie  nicht  zum  Gdück  sich  noch  zeitlich  in  die  Keller  und  Hütten  retiriert 
hätten".  (K.  A.,  F.  A.  Schlesien  1741,  III,  65  . 

3)  K.  A.,  H.  K.  R.,  Prot.  Exped.  März,  Fol.  7(J7.  F.  A.  Schlesien  1741,  III,  :V.K 

12* 


180 

folgen.  La  Motte  hatte  übrigens  bei  seinem  Abmarsch  aus  Teschen 
,, einige  angesehene  Männer  als  Geiseln  für  noch  ausstehende  Contri- 
butionen  mit  sich  geführt".  J) 

Auch  berichtete  d'Ollone  an  Pälffy,  dass  sich  der 
Teschener  Landeshauptmann  Baron  Skrbensky  bezüglich  der 
von  der  Grenz  -  Miliz  in  Neustädtl  an  der  Kiszycza  in  zwei 
Dörfern  verübten  Excesse  beschwert  habe,  er  daher  den  diese  Miliz 
commandierenclen  Marschofsky  bis  auf  weiteren  Befehl  arre- 
tieren lasse.2) 

Ausser  der  Heranziehung  von  General  La  Motte's  Truppen 
war  es  die  Sicherung  des  Passes  von  Zuckmantel,  auf  welche 
König  Friedrich  II.  unausgesetzt  hinwies.  Schwerin  hatte  in 
Folge  dessen  am  10.  März  eine  Unternehmung  gegen  diesen  von 
300  Husaren  besetzten  Punct  angeordnet. 

GM.  von  Jeetze,  dem  diese  Aufgabe  übertragen  worden,  brach 
am  11.  März  mit  dem  Infanterie-Regimente  Kleist  von  Jägerndorf  auf, 
stiess  aber  auf  zahlreiche  Verhaue,  die  von  der  Landbevölkerung  und 
Husaren  vertheidigt  wurden,  so  dass  er,  um  nicht  abgeschnitten  zu 
werden,  sich  nicht  nach  Zuckmantel,  sondern  nach  Ziegenhals 
wandte.  Er  bat  von  hier  aus  um  Verstärkung  an  Cavallerie  und 
erhielt  hierauf  noch  250  Pferde  vom  Regimente  Prinz  Friedrich 
zugeschickt,  die  bisher  in  der  Gegend  von  Neustadt  postiert  ge- 
wesen waren. 

Jeetze  brach  am  15.  März  von  Ziegenhals  auf.  Seine  Colonne 
bestand  aus  den  Husaren  der  Avantgarde  unter  Oberst  von  "Wurnib, 
dem  Regimente  Kleist,  dem  in  Ziegenhals  stehenden  2.  Bataillon 
des  Regiments  Schwerin,  der  Cavallerie  vom  Regimente  Prinz 
Friedrich  und  2  Regiments-Geschützen.  Er  stiess  schon  nahe  vor 
Zuckmantel  auf  österreichische  Posten,  deren  Gros  aus  dem  Orte 
abgezogen  und  ein  zwischen  diesem  und  Endersdorf  liegendes  Gehölz 
besetzt  hatte. 

Diese  Vortruppen  wurden  durch  den  Ort  Zuckmantel,  dessen 
Thore  offen  waren,  verfolgt ;  in  den  Gassen  wurde  auf  die  einrückende 
preussische  Avantgarde  geschossen,    wodurch  ein  Unterofncier  und 


J)  Grünhagen,  Erster  schles.  Krieg  I,  173.  Diese  Geiseln  waren: 
Der  Landeshauptmann  Baron  Skrbensk y,  der  Ober-Eegent  Freiherr  von 
Pfütschner,  Baron  Gotschalkowsky  von  Zengilovv,  Bürger- 
meister E  u  d  o  1  p  h,  die  Bürger  J  a  g  o  s  c  h  und  Muntschk  a.  (K.  A.,  F.  A. 
Schlesien  1741,  ad  42  a  2.) 

2)  K.  A..  H.  K.  E.  1741.  Prot,  Exped.  März,  Fol.  7S4. 


181 
1  Husar   getöcltefc  und    3  verwundet    wurden.     GM.    Jeetze    Hess 
nun  seine  Geschütze    auffahren  und  einige  Schüsse   abgeben,  dann 
gab  der  General  Befehl,  den  Ort  anzuzünden.  Nur  die  Kirche  und 
einige  Häuser  blieben  von  den  Flammen  verschont.     Am  nächsten 
Tage  hatte  Johannesthal    das  gleiche  Schicksal.    Beiden   Orten  fiel 
nur  desshalb  ein  so  trauriges  Los  zu,  weil  von  ihnen  die  Streifzüge 
der  Husaren    gegen    die  preussischen  Postierungen    den  Ausgangs- 
punct  genommen  hatten.     GFWM.  Graf  Grünne,  der  in  Würben- 
thal  commandierte,    liess  auf  die  Meldungen    vom  Anmärsche    der 
Jeetze  sehen  Colonne  100  Husaren  von  Ghilanyi  in  scharfer  Gangar  t 
zur    Unterstützung    vorgehen,     die    aber    schon    zu    spät    kamen 
Sie    folgten    den    wieder    abziehenden   Preussen    eine    Meile    weit 
konnten    aber    der    starken    preussischen  Colonne    nichts  anhaben' 
Grunne  selbst  war  bis  Grund  vorgegangen,    wohin   sich  die  Be- 
satzung von  Zuckmantel    zurückgezogen    hatte    und    dann    bis    zu 
letzterem  Ort  wieder    vorgerückt,    ohne    noch    etwas    vom  Feinde 
wahrzunehmen,    der    bereits    nach  Neustadt   und  Ziegenhals  abge- 
zogen war.  ö 

Das    Schicksal    der    Einwohner    von    Zuckmantel,    die    Alles 
gethan  hätten,  um  sich  zu  vertheidigen  und  der  Gnade  der  Königin 
würdig    seien,    bezeichnet  Grünne    in    seinem  Berichte    an  FML 
(xraten  Browne  als  ein  tief  beklagenswertes. 

G  r  ü  n  n  e  bestimmte  dann  Hermannstadt  als  Aufnahmsposten, 
den  der  Oberstwachtmeister  von  Dessewfly-Husaren,  welcher  40  bis  50 
Mann  m  Grund  commandieren  sollte,  postiert  hatte  und  gab 
Befehl,  die  140  Husaren,  welche  aus  Neisse  zur  Unterstützung  des 
Postens  von  Zuckmantel  gekommen  waren,  in  der  Nacht  in  die 
±  estung  zurückzusenden. 

^■iWeitrTe  P°Sten  Standen  zuEillsiedel  und  Würbenthai,  von 
Ghilanyi-Husaren  in  Engelsberg,  Carlsthal,  Dittersdorf  und  Markers- 
dorf,  welche  Patrouillen  bis  Olbersdorf  aussenden  konnten. 

Grünne    selbst    gieng    am  17.  März    nach  Freudenthal  und 
am  18.  März  nach  Hof.  J) 

GM.  von  J  e  e  t  z  e  erhielt  nun  abermals  den  Befehl,  für  die  Siche- 
rung der  Passagen  über  Zuckmantel  zu  sorgen  und  es  wurden  ihm  hiezu 
die  Infanterie-Regimenter  Kleist,  Schwerin,  das  Cavallerie-Eegiment 
™1Z  Fnedrich  und  die  Husaren-Escadron  des  Obersten  von  W  u  r  m  b 
überwiesen.   Gleichzeitig  hatte  sich  Jeetze    mit  den  nördlich  der 

1711    in  ttTT:  G7fGrünueailFML-^afen  Browne,  Würbenthai,  16.  März 
1741,  10  Uhr  Abends.  (K.  A.,  F.  A.  Schlesien  1711,  III  ad  59.) 


182 

Neisse  cornmandierenden  Generalen,  dem  G.  d.  J.  Herzog  von 
Holstein  und  GM.  von  Derschau,  dem  in  Ottmachau  stehenden 
Grenadier-Bataillon  Wedeil  und  den  beiden  Grenadier-Cornpagnien 
Buddenbrook  in  Patschkau  in  Verbindung  zu  setzen.  Den  grössten 
Theil  der  Truppen  verlegte  General  von  Jeetze  nach  Neustadt 
und  Ziegenhals. 

Die  Meldungen  des  FM.  S  c  h  w  e  r  i  n  bestimmten  König 
Friedrich  H.,  diesen  in  der  Gegend  von  Troppau  und  Jägern- 
dorf zu  belassen,  da  nach  denselben  augenblicklich  kein  Einbruch 
der  österreichischen  Truppen  in  Nieder-Schlesien  zu  erwarten  sei. 
In  dieser  Zeit  langten  auch  die  Infanterie-Regimenter  Glasenapp, 
Kalckstein,  Truchsess,  Prinz  Dietrich  und  das  erste  Bataillon 
Leibgarde  bei  Schweidnitz  an  und  blieben  zum  grössten  Theil 
dort.  Auch  Erbprinz  Leopold  marschierte  am  12.  März  mit  den 
Truppen,  die  vor  Glogau  gestanden  waren,  dorthin  ab,  nur  das 
Grenadier-Bataillon  Saldern  blieb  vorläufig  als  Besatzung  in  der 
Festung  zurück. 

Diese  Truppen  rückten  in  den  Raum  Zobten-Ohlau-Grottkau  : 
nur  5  Escadronen  Platen-Dragoner  marschierten  auf  dem  rechten 
Oder-Ufer  nach  der  Gegend  von  Oppein,  wo  sie  den  Schutz  des 
dort  anzulegenden  Magazins  übernehmen  sollten ;  übrigens  wurde 
es  Schwerin  freigestellt,  dieses  Regiment  im  Bedarfsfalle  näher 
an  Neisse  zu  legen,  wohin  das  zuerst  nach  Oppein  bestimmte 
Regiment  Prinz  Leopold  ebenfalls  über  Haina  und  Liegnitz  ge- 
zogen wurde. 

Am  20.  März  standen  daher  die  preussischen  Streitkräfte  in 
zwei  grossen  Gruppen :  die  eine,  unter  den  Befehlen  König 
Friedrich  IL  in  dem  Räume,  dessen  vordere  Linie  sich  von 
Schweidnitz  längs  des  Gebirges  bis  Neustadt  hinzieht  und  der 
nach  rückwärts  durch  die  Oder  von  Krappitz  bis  Ohlau  begrenzt 
ist ;  die  andere  unter  FM.  Schwerin  in  dem  Räume  Jägerndorf  - 
Tropp  au-Ratib  or-L  e  ob  s  chütz .  *) 

Bei  der  von  S  c  h  w  e  r  i  n  befehligten  Armee-Abtheilung  musste 
nun  auch  der  letzte  im  Fürstenthum  Teschen  von  den  Preussen 
noch  besetzte  Ort  aufgegeben  werden,  da  am  18.  März  die  in 
Oderberg  stehende  Abtheilung  des  Infanterie-Regiments  La  Motte 
von  österreichischen  Husaren  und  mährischer  Land-Miliz  angegriffen 
worden  und  obwohl  diese  und  die  am  folgenden  Tage  wieder- 
holte   Attaque    durch    aus    Ratibor    und    Troppau    herangezogene 


')  Kriege  Friedrich  d.  Gr.  I,  316. 


183 

Verstärkungen  abgewiesen  worden,  so  entschloss  sich  GM.  L  a 
Motte  doch,  den  nicht  vertheidigungsfähigen  Ort  aufzugeben  und 
dessen  Besatzung  nach  Ratibor  zu  verlegen.  Der  österreichische 
Verlust  soll  bei  diesen  Gefechten  12,  jener  der  Preussen  3  Mann 
betragen  haben. 

Kleinere  Zusammenstösse  hatten  in  diesen  Tagen  noch  mehrere 
stattgefunden.  So  war  Oberstwachtmeister  Hadik,  der  mit  80 
Pferden  eine  Streifparthei  führte,  am  9.  März  zwischen  "Weiclenau  und 
Ziegenhals    auf   eine  preussische  Abtheilung   von  33    Husaren   und 

1  Cornet  unter  Rittmeister  von  Bronikowski  gestossen, welche  die 
Bagage  und  die  Handpferde  des  königlichen  General- Adjutanten 
Grafen  Hacke  geleitete  und  welcher  sich  40  Bäckerknechte  an- 
geschlossen hatten.  In  der  Nähe  von  Gross-Kunzendorf  griff  Hadik 
den  Transport  an  und  nahm  den  Rittmeister,  den  Cornet  und  36 
Bäckerknechte    gefangen.     Bei    dem    preussischen    Convoi    wurden 

2  Unter officiere,  1  Trompeter  und  6  Husaren  vermisst. l) 

Am  18.  März  brach  der  General- Adjutant  Graf  Hacke,  von 
einer  Sendung  nach  Jägerndorf  zum  FM.  Schwerin  nach 
Schweidnitz  zu  König  Friedrich  H.  zurückkehrend,  vonOttmachau 
auf,  um  die  Route  über  Patsclikau  nach  Schweidnitz  zu  nehmen.  2) 
Als  Escorte  geleitete  denselben  1  Major  mit  100  preussischen 
Husaren  und  1  Rittmeister  mit  40  Leib-Husaren,  welche  ebenfalls 
Schweidnitz  als  Marschziel  hatten.  3) 

"Wohl  auf  des  Obersten  Baron  Roth  Veranlassung  und  Be- 
treiben4) war  am  17.  März  Nachts  vom  GFWM.  Lentulus  ein  Com- 
mando  von  Splenyi-Husaren,  100  Pferde  stark  unter  einem  Capitain- 
Lieutenant,  gegen  Reichenstein  behufs  Beobachtung  und  eventueller 


x)  Kriege  Friedrich  d.  Gr.  I,  347.  —  Am  17.  März  wurden  auf  dem  Spielberg 
bei  Brunn  durch  ein  Commando  des  Liechtensteinischen  Dragoner -Regiments 
abgeliefert:  Husaren  -  Eittmeister  von  Bronikowski,  1  Wachtmeister, 
1  Trompeter,  1  Corporal  2  Gemeine,  2  Knechte,  1  Postillon,  35  Proviant-Bäcker, 
1  Schneiderbursch,  im  Ganzen  45.  (Nota  des  Spielberger  Commandanten  a.  d. 
Landeshauptmannschaft  v.  17.  März  1741.  Acten  d.  k.  k.  Statthalterei,   Brunn.) 

2)  Kriege  Friedrich  d.  Gr.  I,  347  geben  den  15.  März  an,  die  österreichi- 
schen Quellen  dagegen  den  18. 

s)  Die  preuss.  Husaren  hatten  im  Teschen'schen,  die  Leib-Husaren  in 
Weidenau  gestanden. 

4)  Roth  schreibt  an  Lentulus  ddto.  10.  März,  5  Uhr  Abends  :  „Von 
Zuckmantel  und  hier  aus  zugleich  haben  die  Herren  Husaren  auf  meine 
Veranstaltung  sehr  viel  Beute,  worunter  ein  Coffre  mit  Geld,  40  Husaren 
waren,    1  Rittmeister    und    von    der  Cavallerie    ein  Lieutenant    gefangen,    10 


184 

Beunruhigung  der  Preussen,  welche  in  Reichenstein  erschienen,  bald 
aber  wieder  abgezogen  waren,  ausgesendet  worden.  -Bei  Pomsdorf 
stiess  am  18.  März  diese  Husaren- Abtheilung  auf  den  Grafen 
Hacke  und  dessen  Escorte  und  in  einem  scharfen  Eencontre,  bei 
welchem  nach  den  österreichischen  Quellen x)  der  Hack  e'schen 
Escorte  Verstärkungen  zugekommen  wären,  gelang  es  den  öster- 
reichischen Husaren,  sich  durchzuschlagen,  nachdem  4  Mann  geblieben 
und  1  Lieutenant,  1  "Wachtmeister,  1  Corporal  und  21  Gemeine  ge- 
fangen worden. 2)  Der  preussische  Verlust  belief  sich  auf  einige 
Verwundete. 


sollen  todt  blieben  sein.  Mit  Weidenau  wäre  auch  ein  gutes  Spiel  zu  machen, 
ich  wollte  von  meiner  Seite,  wie  auch  von  Zuckmantel  solches  mögliebst 
unterstützen,  dass  wir  sie  einmal  aus  diesem  Loche  abschnitten,  so  wäre 
Ziegenhals  abgeschnitten,  allwo  sie  in  Ermangelung  Communication  mit 
Ottmachau  nicht  mehr  subsistieren  könnten".  (K.  A.,  F.  A.  Schlesien  1741,  III. 
ad  39  a.) 

*)  K.  A.,  F.  A.  Schlesien  1741,  III,  6  und  XIII,  12  e. 

2)  Kriege  Friedrich  d.  Gr.  I,  347  und  348  geben  27  Husaren  als  gefangen 
und  etwa  20  als  sonstigen  Verlust  an. 


Aufmarsch  der  österreichischen  Armee. 
Eintreffen  des  FZM.  (Trafen  Neipperg.     Beginn  der  Operationen. 

JJie  österreichische  Armee  befand  sich  in  der  dritten  Dekade 
des  März  in  dem  Räume  Olmütz-Freudenthal-Troppau-Neutitschein 
versammelt. 

Sie  bestand  zu  dieser  Zeit  aus  den  8  Infanterie-Regimentern 
Franz  Lotliringen,  Harrach,  Alt-Daun,  Browne,  Thüngen,  Baden, 
Schmettau  und  Grümie  ;  den  8  Cavallerie  -  Regimentern  Lanthieri-, 
Hohenzollern-,  Hohenems-,  Birkenfeld-,  Seherr-Cürassiere,  Liechten- 
stein-, Württemberg-,  Römer-Dragoner  und  den  3  Husaren-Regi- 
mentern Czäky,  Dessewffy  und  Gkilanyi.  *) 

Auf  dem  Marsche  zur  Armee  befanden  sich  noch  die  Regi- 
menter Cordova-  2)  und  Diemar-  3)  Cürassiere,  Althaiin-Dragoner, 4) 
während  die  Husaren-Regimenter  Pestvärmegyei 5)  und  Kärolyi ,;; 
Marschordre  erhalten  hatten. 

Zum  Artillerie-Chef  bei  der  Armee  wurde  Oberst  von  Feuer- 
stein bestimmt,  welcher  am  8.  März  die  commandierte  Mannschaft 
und  Pferde  in  Prag  versammelte,  sie  dort  der  Musterung  unterzog 
und  mit  dem  gesammten  Commando,  nebst  einem  Bataillon  und 
4  Grenadier-Compagnien  des  Infanterie  -  Regiments  O'Gilvy  am 
12.  März  über  Landskron  nach  Mähren  aufbrach.  7) 


J)  Dislocation  Tafel  V. 

2)  Aus  Lugos. 

3)  Aus  Biliar. 

4)  Aus  dem  Eisenburger  Comitat. 

5)  Traf  aoi  5.  März  in  Debreczin  ein. 

6)  Erhielt  dieselbe  in  Szt.  Mihäl. 

7)  Marschroute  Anhang  XXXIV. 


is.; 

Der  über  den  Hrozinkauer  Pass  instraclierte  Brückentram 
war  noch  nicht  eingetroffen,  obwohl  die  ungarische  Hofkanzlei 
vom  Hof-Kriegsrathe  ersucht  worden  war,  denselben  Tag  und 
Nacht  durch  Vorspann  befördern  zu  lassen.  In  Littau  wurde 
ein  Haupt-Feld-Spital  errichtet,  die  Pflege  der  erkrankten  oder 
verwundeten  Soldaten  übrigens  den  Regimentern  selbst  gegen 
den  früher  in  Ungarn  darauf  täglich  bezahlten  „Krankengroschen" 
überlassen.  Von  der  Hofkammer  sollten  1000  einfache  und  500 
doppelte  Krankenbetten  nach  Olmütz  geliefert  und  an  die  Regi- 
menter gegen  Quittung  ausgefolgt  werden.  Von  Apotheker  Eul  en- 
s  c  h  e  n  c  k  wurde  eine  halbe  Apotheke  durch  eigene  Bespannung 
dem  Corps  nachgeführt,  aus  der  den  Regimentern  die  Medicamente 
verabfolgt  werden  sollten.  Bei  den  Regimentern  befanden  sich 
eigene  Feld-Medicamenten-Kasten.  r) 

Die  Zusammensetzung  des  Neipperg'schen  Hauptquartiers  war 
ebenfalls  perfect  und  dessen  Mitglieder  nach  Olmütz  abzugehen 
beordert  worden. 2)  Für  die  Ordnung  des  Trains  blieb  die  im  letzten 
Türkenkrieg    in  Uebung   gewesene  Bagage-Ordnung    in  Geltung. 3) 

FZM.  Graf  N  e  i  p  p  e  r  g,  welcher  die  bei  Olmütz  versammelten, 
zur  Einrückung  in  Schlesien  bestimmten  Truppen  selbst  nur  als 
,,eine  kleine  Macht"  bezeichnete,  4)  hatte  seinen  ganzen  Einfhiss  in 
Wien  aufgeboten,  um  die  sämmtlichen  Bedürfnisse  für  das  seinen 
Befehlen  untergebene  Truppen-Corps,  soviel  dies  bei  den  bestehenden 
Verhältnissen  möglich  war,  sicherzustellen.  Dadurch  verzögerte  sich 
dessen  Abreise  von  der  Residenz  ausserordentlich.  Kurz  vor  der- 
selben schilderte  er  seinem  hohen  Gönner,  dem  Grossherzoge  Franz 
Stephan,  welcher  wie  die  Königin  Maria  Theresia  energische 
Massregeln  gegen  die  preussische  Invasion  verlangte,  jene  Ursachen, 
welche  bisher  die  Vorrückung  der  Truppen  verhindert  hätten  und 
dieselbe  wohl  auf  einige  Zeit  noch  verhindern  würden. 

Es  bestanden  nach  des  Armee-Commandanten  Angaben  diese 
Ursachen  darin,  dass  die  Magazine  zur  Verpflegung  der  Truppen 
noch  nicht  im  Stande, 5)  von  der  für  die  Kriegs-Casse    bestimmten 


*)  K,  A.,  H.  K.  E.  1741,  Prot.  Keg.  27.  Februar,  Fol.  383. 

2)  Anhang  XXXV. 

3)  Anhang  XXXVI. 

4)  K.  A.,  F.  A.  Schlesien  1711,  II,  28. 

5)  Laut  Ausweisen  vom  21.  Februar  bestand  der  Vorrath  des  Haupt- 
Magazins  zu  Olmütz  erst  in  2760  Centnern  Mehl,  616  Metzen  Weizen,  3090  Va 
Metzen  Korn,  6189  Metzen  Gerste,  13.711  Metzen  Hafer,  5113  Centnern  37  Pfund 
Heu,  5150  Centnern  30  Pfund  Stroh. 


L87 

Million  vorläufig  nur  500.000  Gulden  aufgebracht,  die  nothwendigen 
250  Proviant-Fuhrwerke  noch  nicht  beschafft  waren.  Die  Anwerbung 
der  Bäcker-  und  Fuhrknechte  sei  noch  im  Rückstände,  ebenso  wie 
die  Lieferung  der  Artillerie-  und  Trainpferde ;  die  von  Wien  nach 
Prag  zur  Ausrüstung  der  Feld-Artillerie  abgesendeten  Erfordernisse 
würden  erst  Anfangs  März  in  Prag  einlangen,  das  Yorpannsweseii 
sei  erst  zu  regeln,  ausserdem  hätten  die  in  Mähren  eingerückten 
Cur  assier-Regimenter  ihre  Remonten  noch  nicht.  Die  Infanterie, 
die  in  Mähren  versammelt  sei,  beliefe  sich,  ausser  den  auf  Postierungen 
und  in  geschlossenen  Orten  befindlichen,  nur  auf  3463  Dienstbare. 

Die  Infanterie  im  Glatz'schen  (Lothringen ,  Max  Hessen. 
Kolowrat)  sei  nur  1824  Mann  stark.  Die  späte  Einrückung  der 
Cavallerie  -  Regimenter  am  Versammlungsorte  in  Mähren  habe 
ausser  andern  Ursachen,  auch  den  Grund,  das  die  nöthige  Fourage 
für  dieselben  nicht  vorhanden  war  und  die  Länder  selbst  verlangt 
hätten,  den  Marsch  der  Regimenter  zurückzuhalten,  da  sie  sich  nicht 
im  Stande  sahen,  dieselben  zu  verpflegen  und  Zeit  zu  gewinnen 
suchten,  die  Magazine  in  die  Höhe  zu  bringen.  Die  Infanterie 
könne  auch  vor  halbem  Mai  nicht  vollzählig  an  Ort  und  Stelle  sein. 

Endlich  seien  ausser  den  250  Proviant-Fuhrwesens  wagen  an 
1000  und  mehr  Vorspannswagen  nothwendig,  die  augenblicklich, 
da  die  Zufuhr  für  die  Haupt-Magazine  in  Olmütz  und  Königgrätz 
im  Zuge  sei,  schwer  zu  beschaffen  sein  dürften.  Den  Regimentern 
sei  zur  Anschaffung  der  Proviantwagen  und  sonstigen  Requisiten 
das  Geld  übrigens  sehr  spät  erfolgt  worden,  so  dass  diese  Erfor- 
dernisse für  die  Truppen  auch  noch  nicht  fertig  sein  dürften.  Was 
übrigens  die  Stärke  des  Operations-Corps  anbelange,  so  würden, 
wenn  er  '  alle  zu  demselben  einrückenden  Regimenter  erwarten 
wollte,  nach  Abzug  der  zu  Postierungen  und  in  den  Festungen 
bleibenden  Truppen,  die  Infanterie  und  deutsche  Cavallerie  im 
Felde  nicht  stärker  als  mit  etwa  10.000  bis  12.000  Mann  erscheinen 
können,  wozu  noch  das  Wenige,  was  man  aus  dem  Glatz'schen 
ziehen  könnte,  in  Berücksichtigung,  dass  ein  Cavallerie-Regiment 
und  einige  Infanterie  ausser  der  Garnison  in  der  Festung  dort 
zurückbleiben  müsse,  zu  rechnen  sei. 

Schliesslich  bemerkte  Graf  Neipp  erg,  dass  der  späte  Beginn 
der  Operationen  daher  rühre,  ,,dass  man  dieses  Corps  in  das  Feld 
zu  stellen  so  spät  resolviert,  die  hiezu  gewidmeten  Regimenter 
an  Cavallerie,  von  welchen  die  weiter  entlegensten,  weil  sie, 
exclusive  Khevenhüller  und  Althann,  in  besserem  Stande  und 
die  stärksten  waren,    genominen  worden,  nur  successive    und  zwar 


188 

zu  dreimalen,  mithin  zu  spät  beordert ;  zu  den  Magazinen  so 
langsam  geschritten,  die  Gelder  so  spät  ausfindig  gemacht  und 
folgsam  auch  spät  eingegangen,  solchem  nach  auch  eben  zu  spät 
ausbezahlt  und  ihrer  Behörde  zu  Beischaffung  ein  so  anderer  Er- 
fordernisse angewendet  werden  können." 

Der  Feldzeugmeister  resümierte,  gleichwie  er  es  bereits  der 
Königin  und  dem  Grossherzoge  erklärt,  ,,dass  er  die  Vor- 
rückung, ohne  vorher  sämmtliche  Erfordernisse  beisammen  zu 
haben,  nicht  für  rathsam  halte  und  auf  sich  nicht  nehmen  könnte, 
wann  nicht  gesammte  oder  die  mehrsten  deutschen  Regimenter  an 
Ort  und  Stelle  eingelangt,  die  Pontons,  die  er  zwar,  so  es  nur  um 
die  diesseitige  Defiberierung  Neisse's  zu  thun  wäre  oder  um  dasigen 
Ort,  wann  (er)  dastünde,  desto  mehr  versichern  zu  können,  leichtlich 
entbehren  könnte,  nebst  der  Feld-Artillerie  und  zwar  letztere  ent- 
weder ganz  oder  zum  Theil  vorhanden,  auch  der  Magazinsvorrath 
für  Mann  und  Pferde  in  solcher  Quantität,  um  von  daher  eine 
wenigst  acht-  bis  zehntägige  Aushilfe  durch.  Nachführung  mittels 
der  herzustellenden  250  Proviant-Fuhrwesenswagen  und  durch  die 
beizuschaffende  Landesvorspann  gewärtigen  zu  können".  *) 

Diese  Motive  hatten  den  FZM.  Neipperg  bewogen,  bisher 
mit  der  Armee  inactiv  zu  bleiben  und  die  Vorrückung  erst  für 
Ende  März  in  Aussicht  zu  nehmen,  dann  aber  mit  der  gesammten 
ihm  zur  Verfügung  stehenden  Kraft. 

Vor  seiner  Abreise  aus  Wien  wendete  sich  Neipperg  auch 
noch  an  den  Hof-Kriegsrath  um  Ankauf  von  300  Husaren-Pferden 
in  Ungarn  zur  Nachsendung  an  die  bei  der  Armee  befindlichen 
Husaren-Regimenter,  bat  um  die  Inventare  der  Zeughäuser  zu  Prag, 
Brunn  und  Olmütz  bezüglich  12-  und  24pfündigen  Geschützen  und 
16-,  20-,  30-  bis  60pfüncligen  Mörsern,  nebst  Ausrüstung  und  um  die 
Vollmacht,  davon  im  Bedarfsfalle  an  sich  ziehen  zu  können,  urgierte 
die  Absendung  der  Artillerie  von  Prag,  die  Beschleunigung  des 
Marsches  der  Brücken-Fuhrwerke  und  ersuchte  um  die  Mittheilung 
der  täglich  erreichten  Marsch-Stationen  der  noch  im  Anzüge  be- 
griffenen Regimenter.  2) 


')  N eipp er g  a.  d.  Grossherzog,  2. März  1741.  (K.  A.,F.  A.  Schles.  1741,  III,  9.) 
2)  K.  A.,  F.  A.  Schlesien  1741,  III,  10.  Die  Artillerie  marschierte  in  zwei 
Staffeln  am  8.  und  9.  März  von  Prag  ab  und  sollte  am  20.  und  21.  März  in 
Landskron  eintreffen,  von  wo  sie  noch  vier  bis  fünf  Märsche  nach  Olmütz 
zurückzulegen  hatte.  Der  Munitions-  und  Eequisiten-Transport  aus  Wien  für 
die  Artillerie  war  vor  deren  Abmarsch  aus  Prag  dort  eingetroffen. 


189 

Hinsichtlich  der  Magazine  hatte  sich  der  Feldzeugmeister 
übrigens  am  22.  Februar  von  Wien  aus  auch  an  die  General- 
Landes-Kriegs-Commissäre  in  Mähren  gewendet  und  ihnen  die 
Notwendigkeit  nahegelegt,  in  Folge  des  Ende  Januar  zu  Wien 
mit  der  Hofkammer  abgeschlossenen  Contractes  Alles  aufzubieten, 
damit  das  Land  für  die  Subsistenz  der  Armee  aufkomme.  *) 

FZM.  Graf  Neipperg  war  am  5.  März  in  Brunn  angekommen 
und,  obwohl  er  vorhatte,  gleich  nach  Olmütz  weiterzureisen,  doch 
durch  Besprechungen  mit  dem  Landeshauptmann  Grafen  K  a  u  n  i  t  z 
wegen  Sicherstellung  der  Erfordernisse  für  die  Armee  zurück- 
gehalten worden.  Gleichzeitig  übersandte  N  e  i  p  p  e  r  g  dem  Landes- 
hauptmann seine  Begehren  in  zwölf  Puncten  formuliert,  die  sich 
auf  die  Instradierung  der  noch  vorrückenden  Regimenter,  auf 
die  Stellung  freiwilliger  Recruten,  Beförderung  der  ankommenden 
Pontons  2)  und  schwerer  Artillerie  vom  Spielberg,  sowie  der  Munition 
von  Wien,  die  Reparatur  der  Strassen  von  Olmütz  nach  Glatz,  die 
Instradierung  der  von  Landskron  kommenden  Feld-Artillerie  und 
eines  Bataillons  O'Gilvy,  endlich  die  grössere  Beschleunigung  der 
Errichtung  des  Haupt-Magazins  zu  Olmütz  bezogen.3) 

Am  Abend  des  10.  März  traf  der  Armee-Conimandant  in 
Olmütz  ein,  fand  aber  die  Beschaffenheit  des  dort  etablierten 
Haupt-Magazins  „bei  weitem  in  keinem  solchen  Stande,  als  zu 
Brunn  versichert  worden".  4) 

Die  Beschaffung  der  von  Neipperg  verlangten  2500  Vor- 
spannswagen stiess  auf  enorme  Schwierigkeiten,  die  auch  der 
böhmische  Obrist-Hofkanzler  dem  Armee-Commandanten  gegen- 
über betonte.  5)  Graf  K  i  n  s  k  y,  als  er  die  Unmöglichkeit  einsah, 
den  erforderlichen  Bedarf  dieser  Wagen  in  Mähren  selbst  aufzu- 
treiben, schloss  mit  Wiener  Fuhrleuten  Contracte,  um  die 
Artilleriebedürfnisse,  die  vom  Wiener  Zeughause  aus  nach  Olmütz 
expediert  wurden,    von    diesen    bis    dorthin  schaffen  zu  lassen,    es 


x)  Der  Wortlaut  des  Schreibens  in  Anhang  XXXVII. 

'-)  Diese  waren  erst  am  18.  Februar  von  Peterwardein  aufgebrochen. 

3)  Die  Begehrpuncte  und  deren  Beantwortung  in  Anhang  XXXVIII. 

4)  Neipperg  an  den  böhmischen  Hof  kanzler,  Olmütz  11.  März.  (K.  A., 
F.  A.  Schlesien  1741,  III,  31). 

f')  Das  Schreiben  desselben  ist  äusserst  charakteristisch  und  beleuchtet 
die  ausserordentlichen  Schwierigkeiten,  mit  welchen  selbst  die  oberste  Behörde 
zu  kämpfen  hatte  und  wie  wenig  auch  sie  in  der  Lage  war,  in  die  Vor- 
kehrungen für  die  Kriegsnothwendigkeiten  ein  rascheres  Tempo  zu  bringen. 
Anhang  XXXIX. 


100 

dem  Armee-Commandanten  überlassend,  wegen  der  Beibehaltung 
dieser  Fuhrleute  bei  der  Armee  an  Ort  und  Stelle  weiter  ver- 
handeln zu  lassen. 

Die  Hauptsorge  für  den  Armee-Commandanten  bildete  der 
Unterhalt  der  Armee  und  in  sehr  energischer  und  eindringlicher 
Weise  wendete  sich  Neipperg  am  12.  März  noch  einmal  an  den 
Landeshauptmann  von  Mähren,  den  Grafen  Kannitz:  er  finde 
die  Sachen  an  Ort  und  Stelle  durchaus  nicht  so  weit  vorgeschritten, 
als  der  Landeshauptmann  ihm  persönlich  dies  mitgetheilt  habe  und 
er  bitte,  ,,doch  die  Bewandtniss  clermaliger  Umstände  etwas  genauer 
zu  Herzen  zu  nehmen  und  durch  Deroselben  Autorität  zu  veran- 
lassen, dass  man  mit  grösserem  Ernst  und  Eifer  zu  Beförderung 
hiesiger  Magazins  schritte,  hierzu  auch  die  erforderlichen  Fuhren 
aufbringe  und  beischaffe,  wie  es  der  vorgedachte,  von  hier  an 
Euer  Excellenz  abgehende  Herr  Baron  von  B 1  ü  m  g  e  n  mit 
Mehrerem  mündlich  vorstellen  wird,  da  ich  widrigenfalls  mich  ge- 
nöthigt  finden  würde,  entweder  ganz  und  gar  in  Mähren  stehen  zu 
bleiben  und  an  keine  Vorrückung  zu  denken  oder  aber  mit  den 
Truppen  vollkommen  aus  diesem  Lande  mich  hinweg  und  in  das 
Böhmische,  wo  der  Subsistenz  viel  mehrere  und  gewissere  Ver- 
tröstung habe,  zu  ziehen  und  meine  Operation  von  dort  aus  anzu- 
fangen, mithin  Mähren  Mähren  sein  zu  lassen". *) 

Der  einzige  Lichtblick  in  den  nicht  sehr  glänzenden  Zuständen, 
die  Neipperg  bei  seiner  Ankunft  in  Olmütz  allerorts  angetroffen, 
war  die  Nachricht  von  der  Niederkunft  der  Königin  mit  einem 
Erzherzog,  die  Graf  Kinsky  am  13.  März  mittheilte.2)  Die 
Nachricht  vom  Verluste  Glogau's  verstimmte  dagegen  sehr,  weil 
dadurch  eine  bedeutende  Verstärkung  der  preussischen  Kräfte  zu 
operativen  Zwecken  verfügbar  ward  und  die  Stärke  Verhältnisse  seines 
Corps  dem  FZM.  Neipperg  nunmehr  kaum  zu  genügen  schienen. 

Keinesfalls  hatte  man  den  Fall  von  Glogau  im  österreichischen 
Hauptquartier  erwartet.  Umso  wichtiger  wurde  es  nun,  an  den 
Entsatz    der    beiden  anderen    noch  blokierten  Festungen   Neisse  3j 


')  Neipperg  an  K  a  u  n  i  t  z,  Olmütz,  12.  März  17-11.  (K.  A.,  Schlesien 
1741,  III,  35.) 

~)  Dem  Tage  der  Geburt  des  Erzherzogs  J  o  s  e  p  h.  „Archiduceni 
habemus.  Vivat !"  schrieb  Kinsky  an  Neipperg.  (K.  A.,  F.  A.  Schlesien 
1741,  III,  40). 

3)  Brief  N  e  i  p  p  e  r  g's  vom  13.  März  1741  an  die  Regierung  zu  Neisse. 
Anhang  XL. 


191 

und  Brieg  zu  denken.  Ein  Operationsplan  stand  in  diesen  Tagen 
noch  nicht  fest  und  auch  die  Nachrichten,  die  über  die  Stellung 
der  preussischen  Streitkräfte  im  Hauptquartier  zu  Olmütz  einliefen, 
waren  ausserordentlich  dürftig.  Für  alle  Fälle  wendete  sich 
Neipperg  an  die  mährischen  und  Glatzer  Behörden,  um  die 
Reparaturen  der  Strassen  von  Olmütz  nach  Glatz  durchzuführen. 
L  e  n  t  u  1  u  s  erhielt  Auftrag,  im  Glatz'schen  das  Gerücht  aussprengen 
zu  lassen,  dass  der  grösste  Theil  der  österreichischen  Trappen  dort 
werde  versammelt  werden.  r)  Inzwischen  solle  aber  GFWM.  Graf 
Kolowrat  zwei  Bataillone  des  Carl  Lothringen'schen  und  Kolowrat' 
sehen  Regiments,  nebst  den  Grenadier-Compagnien  (je  800  Mann  von 
jedem  Regimente)  zusammenziehen  und  sogleich  damit  nach  Littau  ab- 
rücken, wo  er  am  26.  März  eintreffen  sollte.  Von  der  zurückgebliebenen 
Infanterie  Max  Hessen  und  dem  Reste  der  beiden  Regimenter  Carl 
Lothringen  und  Kolowrat  sollte  Glatz  besetzt  und  das  Haupt-Magazin 
zu  Königgrätz  bedeckt  werden,  ebenso  wie  die  Deboucheen  von 
Trautenau  und  Braunau.  Vorläufig  konnten  auch  Batthyänyi-Dra- 
goner  und  Splenyi-Husaren  hiezu  verwendet  werden,  doch  sollten 
diese  Regimenter  sich  anderer  Bestimmung  gewärtig  halten.2) 

Den  Grossherzog  bat  Neipperg,  er  möge  die  Königin 
noch  zu  einiger  Geduld  veranlassen,  da  ihm  Vieles  abgehe  und  er 
,,allerst  seine  Stück  zusammensuchen  muss"  und  da  er  entschieden 
darauf  gerechnet,  dass  Glogau  sich  halten  würde. 3) 

Lentulus  in  Glatz  wurde  beauftragt,  die  Preussen  durch 
auszusendende  Partheien,  besonders  aber  ihre  Artillerie-,  Munitions- 


*)  Lentulus  sollte  aussprengen  lassen,  dass  nächstens  fünf  Regi- 
menter Cavallerie  und  zwar  Birkenfeld-,  Cordova-  und  Diemar-Cürassiere,  dann 
Karolyi  und  Pestvärmegyei  zu  den  daselbst  befindlichen  zwei  Regimentern 
Batthyänyi  und  Splenyi  stossen  würden.  Um  dies  wahrscheinlicher  zu  machen, 
möge  er  vom  Landeshauptmann  und  der  Regierung  sogleich  einen  Dislocations- 
plan  verlangen,  wie  die  Regimenter  sowohl  im  Glatz'schen,  als  im  Böhmischen 
gegen  die  schlesische  Grenze  bis  Braunau  hinaus  am  füglichsten  verlegt 
werden  könnten.  Dem  Glatzer  Landeshauptmann  Grafen  Wald  stein  hatte 
Neipperg  am  12.  März  die  Möglichkeit  dargestellt,  dass  er  selbst  nach 
Glatz  kommen  werde.  Di»se  Mittheilung  war  einerseits  auf  die  Verbreitung 
der  Nachricht  von  der  Ansammlung  starker  österreichischer  Streitkräfte  im 
Glatz'schen  berechnet,  hatte  aber  auch  anderseits  den  Zweck,  zu  bewirken. 
dass  die  grundlosen  Wege  in  der  Grafschaft  energischer  ausgebessert  würden, 
was  auch  einigen  Erfolg  hatte.     (K.  A.,  F.  A.  Schlesien  1741,  III,  52  und  53). 

2)  Neipperg  an  Lentulus,  Olmütz,  12.  März  1741.  (K.  A.,  F.  A. 
Schlesien  1741,  III,  33). 

3)  N  e  i  p  p  e  r  g  an  den  Grossherzog,  Olmütz,  15.  März  1741.  (K.  A.,  F.  A. 
Schlesien  1741,  III,  42  und  43). 


192 

und  Proviant-Transporte,  welche  von  Schweidnitz  über  Münsterberg 
nach  Ottmachau  giengen,  auf  alle  Weise  zu  beunruhigen. 

Der  Hof-Kriegsrath  verständigte  Neipperg  am  18.  März, 
dass  den  Regimentern  Cordova,  Diemar,  Kärolyi  und  Pestvarmegyei 
anbefohlen  worden,  über  Trencsin  zu  marschieren,  den  Marsch 
soviel  als  möglich  zu  beschleunigen  und  nur  jeden  vierten  Tag- 
Rasttag  zu  halten,  ein  Gleiches  sei  auch  dem  Ponton  -  Transport 
vorgeschrieben. 

Die  Recruten  für  die  Husaren-Regimenter  würden  beritten  in 
Transporten  zu  40  bis  50  abgeschickt  werden.  Die  Hof-Kammer 
habe  für  den  eventuellen  Abgang  bei  den  Husaren-Regimentern 
300  Pferde  sicherzustellen,    wovon  100    monatlich  zu  liefern  seien. 

Die  den  Regimentern  Diemar  und  Hohenems  fehlenden  Pferde 
sollten  aus  den  von  den  Husaren  gemachten  Beutepferden  an- 
gekauft werden.  Bei  Gefangenenauswechslung  seien  die  zu  Ott- 
machau und  Namslau  in  Gefangenschaft  gerathenen  Mannschaften 
zuerst  auszulösen. x) 

Der  Ingenieur-Hauptmann  Hemeling  wurde  dem  Armee- 
Hauptquartier  zugewiesen  und  die  Generale  Preysing  und 
Berlichingen    wurden  ebenfalls  nach  Schlesien  bestimmt.2) 

Feuergewehr-Munition  wurde  mit  je  40  Schuss  pro  Mann  auf 
15.000  Mann  sichergestellt. 

Bei  dem  wenig  genügenden  Zustand  der  Magazine  und  dem 
Drängen  zur  Offensive  von  Wien  aus,  beschloss  Neipperg  beim 
Beginne  der  Operationen,  mit  einem  14tägigen  Vorrath  über  die 
bisherige  tägliche  Consumtion  sich  zu  begnügen. 

In  Landskron  wurde  noch  ein  Vorrath  von  20.000  Centnern 
Heu  und  Stroh  zusammengebracht,  welcher  der  Armee  nach- 
geführt werden  sollte. 

Alle  Regimenter  mussten  sich  Marketender  und  Fleischhauer 
beschaffen,  die  jedoch  schwer  zu  erlangen  waren. 

Li  Ungarn  begannen  nun  ebenfalls  die  Wirkungen  des  vom 
Palatin  Grafen  Johann  Pälffy  an  die  Comitate  erlassenen  Aufrufs  zur 
Truppen -Aufstellung  bemerkbar  zu  werden.  Primas  Emerich  Graf 
Esterhäzy  und  der  Bischof  zu  Neutra  stellten  für  die  Verstärkung  der 
bereits  bestehenden  Husaren-Regimenter  150  vollständig  ausgerüstete 


»)  K.  A..  H.  K.  E.  1741,  Prot.  Eeg.  18.  März,  Fol.  483. 
2)  Ebenda,  25.  März,  Fol.  529. 


193 

und  berittene  Leute,  welche  für  das  Dessewffy-  und  Ghilänyi'sche 
Regiment  bestimmt  wurden.  Man  beabsichtigte  mit  den  von 
ungarischen  Magnaten  gestellten  Leuten  die  Husaren-Regimenter 
nach  und  nach  auf  einen  Stand  von  1000  Mann  zu  bringen,  was 
allerdings  nicht  erreicht  wurde.  l) 

Durch  die  ungarische  Hofkanzlei  ergieng  ein  königliches 
Rescript  an  das  Trencsiner  Comitat  wegen  Zusammenziehung  des 
armierten  Landvolkes  an  die  von  Jablunkau  nach  Schlesien  führenden 
Pässe.  Die  Verpflegung  sollte  aus  der  Comitats-Casse  gegen  Bonifi- 
cationen  erfolgen.-)  Diese  Volksbewaffnung,  die  aber  wenig  Form 
annahm,  wurde  dem  an  Stelle  des  GFWM.  G  h  i  1  ä  n  y  i  nunmehr 
in  Trencsin  commandierenden  General  d'O  Hone  unterstellt. 

Dazu  kamen  im  Anfange  noch  zwei  schwache  Abtheilungen 
Raaber  und  Komorner  National-Husaren  3),  dann  100  Insurgenten 
zu  Pferd,  welche  in  der  dritten  Dekade  des  Februar  auf  Wunsch 
des  Grossherzogs  vom  FM.  Pälffy  nach  Holics  gesendet  wurden, 
um  diese  Herrschaft  gegen  feindliche  Streifungen  zu   sichern. 

Der  Oberst  des  Pälffy'schen  Cürassier- Regiments,  Johann 
Graf  P  r  a  1 1  a,  war  vom  Palatin  nach  Pesth  gesendet  worden,  um 
mit  dem  königlichen  Personal  Baron  Grassalkovics  sich  zu  be- 
sprechen und  die  Angelegenheit  des  allgemeinen  Aufgebots  auf  das 
Eitrigste  zu  fördern.  Oberst  Graf  Pratta  hatte  die  Vorerhebungen 
mit  den  Vertretern  der  Gespanschaften  so  weit  gefördert,  dass  er 
auf  Grund  seiner  Vollmacht  zur  Festsetzung  der  schriftlichen  Ver- 
einbarungen schreiten  konnte. 

Die  erste  Convention  über  die  Aufstellung,  Bewaffnung,  Aus- 
rüstung und  Verpflegung  für  die  aufgebotenen  Husaren  wurde  mit 
den  vereinigten  Comitaten  Pesth-Pilis-Solt  abgeschlossen,  an  die  sich 
jene  mit  den  Vertretern  der  Districte  Gross-  und  Klein- Jazygien 
und  Kumanien  anschluss. 4)  Dem  Uebereinkommen  mit  Pratta 
wegen  der  vorläufig  aufzustellenden  zwei  ungarischen  freiwilligen 
Regimenter    und    den    zwei    Compagnien  Jaz^^gier    und  Kumanier 


')  Graf  Esterhazy  stellte  100,  der  Bischof  von  Neutra  50  Mann. 
Genauere  Detaüs  über  die  Aufstellungen  in  Ungarn  sind  in  den  „Mitthlg.  des 
k.  und  k.  Kriegs-Arckivs",  N.  F..  IV.  Bd.  enthalten.  ( A  1  e  x  i  c  h,  „Die  freiwilligen 
Aufgebote  aus  den  Ländern  der  ungarischen  Krone  im  1.  schles.  Krieg". 

2,  K.  A.,  H   K.  B,.  1711,  Brot.  Beg.  Febr.  Fol.  508. 

3)  90  Mann  stark. 

*)  Es  war  ursprünglich  beabsichtigt,    dass  die  Miliz    der  genannten  drei 
Districte    mit  jener  des  Festher  Comitats    vereinigt  werden  sollte,    aber    die 
Deputierten  der  Districte  giengen  darauf  unter  keiner  Bedingung  ein.    (K.  A. 
Invalidenamt  1711,  90.) 

Oesterreichischer  Erbfolgekrieg.  II.  Bd.  1" 


194 

ertheilte  die  Königin  die  Genehmigung.  Diese  Regimenter  sollten 
wie  die  regulären  Husaren-Regimenter  ausgerüstet  und  „montiert" 
sein.1)  Sie  sollten  schwören,  der  Königin  gegen  jeden  Feind  zu 
dienen  und  gehalten  sein,  bis  Ende  October  des  laufenden  Jahres 
im  Felde  zu  stehen.  Die  Ernennung  der  Stabs-  und  Ober-Officiere 
überliess  die  Königin  den  Comitaten  respective  Districten.  Die 
von  diesen  vorgeschlagenen  Commandanten  erhielten  die  königliche 
Bestätigung. 

Den  Vereinbarungen  mit  dem  Pesther  folgte  jene  mit  dem 
Komorner  und  Raaber  Comitate,  um  aus  diesen  einschliesslich  des 
Pressburger  Aufgebotes  ein  drittes  Regiment  aufzustellen. 

Ende  April  waren  jedoch  erst  zwei  Compagnien  Jazygier 
und  Kumanier  zum  Ausmarsch  in  das  Feld  bereit. 

Mit  dem  Abschlüsse  der  Convention  mit  dem  Pressburger 
Comitate  war  der  Thätigkeit  des  Obersten  Grafen  Pratta  insofern 
ein  Ziel  gesetzt,  als  sich  keine  Aussicht  ergab,  von  den  übrigen,  in 
dem  Aufrufe  des  FM.  Pälffy  benannten  Comitaten  die  Aufstellung 
bewaffneter  Aufgebote  zu  erlangen.  Das  gesammte  ungarische 
Insurrections- Aufgebot,  das  im  Laufe  des  Mai  und  Juni  erst  bei  der 
Neipp  erg'schen  Armee  eintraf,  betrug  nur  2100  Reiter. 

Während  in  den  Comitaten  Ungarns  diese  Organisation 
freiwilliger  Aufgebote  in  der  Durchführung  begriffen  war,  erwuchs 
der  österreichischen  Armee  in  unerwarteter  Weise  aus  den  im 
Süden  Ungarns  gelegenen,  von  Raizen  und  Serben  bewohnten 
Grenzgebieten  eine  nicht  unerhebliche  Verstärkung.  Der  Mitte 
Februar  1741  in  persönlichen  Angelegenheiten  zu  Wien  weilende 
Herrschaftsbesitzer  aus  Slavonien,  Freiherr  Franz  von  der  Trenck, 
hatte  mit  Hilfe  einer  Empfehlung  des  Prinzen  Carl  von  Lot  h- 
ringen,  seine  Dienste  der  Königin  Maria  Theresia  an- 
geboten und  sich  anheischig  gemacht,  auf  eigene  Kosten  aus 
den  Districten  und  Herrschaften  Slavoniens  und  den  anstossenden 
Grenzgebieten  ein  vollkommen  kriegsmässig  ausgerüstetes  Frei-Corps 
von  1000  Mann  zu  Fuss  zu  errichten,  sowie  dasselbe  unter  seiner 
Anführung  binnen  drei  Wochen  der  Königin  zur  Verwendung 
in  Schlesien  marschbereit  zu  stellen. 

Dieses,  von  dem  Grossherzoge  befürwortete  Anerbieten  wurde 
von  der  Königin  Maria  Theresia,  die  wohl  keine  der  vielen 
Schwierigkeiten    voraussehen  konnte,    welche    ihr  aus    dem  wilden 


»)  K.  A.,  H.  K.  E.  1741,  Prot,  Exped.  März,  Fol.  815. 


195 

und  unbotmässigen  G-ebahren  Trenck's  noch  erwachsen  sollten, 
genehmigt.  Trenck  erhielt  das  Patent  als  Oberstwachtmeister *) 
und  Oommandant  eines  Frei-Corps  von  1000  Mann,  wozu  ihm  das 
Werbe JPat ent  am  27.  Februar  ausgefertigt  wurde. 2)  Gleichzeitig 
erliess  der  Hof-Kriegsrath  an  den  commandierenden  General  in 
Slavonien,  FML.  Ascanio  Marchese  Guaclagni  ein  Rescript, 
welches  die  Motive,  den  Zweck  der  Aufstellung,  die  Art  der  An- 
werbung, die  Grundzüge  der  Capitulations-Bedingungen,  den  Ver- 
sammlungsort, die  innere  Gliederung,  die  Gebühren,  Ausrüstung 
und  Bewaffnung,  die  Dienstleistung,  endlich  den  eventuellen  Beute- 
antheil  festsetzte.  3)  Die  Hof-Kammer  wurde  davon  mit  dem  Bei- 
fügen verständigt,  dass  die  Verpflegung  für  das  Frei-Corps  wenigstens 
auf  zwei  Monate  im  Vorhinein  verabfolgt  und  die  nothwendigen 
200  Zelte  schleunig  angeschafft  werden  sollten. 

Anfang  März  wurden  übrigens  auch  3000  Warasdiner  für 
Dienste  im  Felde  einberufen,  deren  Ausmarsch  so  bald  als  möglich 
in  das  Werk  gesetzt  werden  sollte.4) 

Der  noch  bestehende  Pest-Cordon  an  der  ungarischen  Grenze 
wurde  des  ungehinderteren  Marsches  der  nachrückenden  Truppen 
wegen  aufgehoben. 5) 

Am  24.  März  1741  erliess  Maria  Theresia  ein  Patent, 
worin  sie  ihre  in  preussischem  Kriegs-  oder  Staatsdienst  stehenden 
Vasallen,  Bürger  und  Unterthanen  unter  Androhung  des  Verlustes 
ihrer  Ehren  und  Würden,  Confiscation  ihrer  Güter,  auch  bei  Leibes- 
und  Lebensstrafe  zurückrief  und  sie  aufforderte,  sich  bei  gegen  ihre 
Staaten  gerichteten  feindlichen  Handlungen  nicht  zu  betheiligen, 
sondern  sich  denselben  entgegenzusetzen. 

Dagegenhandelnde  wurden  für  meineidig,  ehr-  und  pfliclitlos 
und  als  Verräther  des  Vaterlandes  erklärt.  G) 

Am  25.  März  fand  im  Neipp  erg'schen  Hauptquartiere  zu 
Olmütz  eine  Conferenz  statt,  zu  welcher  auch  GFWM.  Lentulus 


>)  K.  A.,  H.  K.  E.  1741,  Prot.  Reg.  Fol.  384.  Sohn  eines  kaiserlischen 
Officiers  ans  preussischer  Familie,  in  Italien  geboren,  war  er  als  Major  au^ 
russischen  Kriegsdiensten  verabschiedet  worden. 

2)  Anhang  XL/2. 

3)  Anhang  XL/1. 

4)  K.  A.,  H.  K.  R.  1741,  Prot.  Reg.  Fol.  445,  9.  März,  Fol.  485,  IS.  März. 

5)  Ebenda,  Fol.  489,  18.  März. 

6)  Helden-  und  Kriegsgeschichte  etc.  Erfurt  1743,  109  u.  h'.  auch  im 
Auszuge  bei  K  u  n  d  m  a  n  n.  567. 

13* 


196 

aus  Glatz  gekommen  war.  Es  nahmen  daran  unter  Vorsitz  des 
PM.  Grafen  Neipperg1)  Tlieil  der  G.  d.  C.  Römer,2)  die 
FIEL.  Browne,3)  Göldy  und  Grünne1)  und  die  GFWM. 
Lentulus  und  P  li  i  1  i  b  e  r  t. 

Aufzeichnungen  sind  über  diese  Conferenz  nicht  vorhanden, 
doch  ist  aus  den  Massregeln,  die  kurz  darauf  in  das  Werk  gesetzt 
wurden,  zu  schliessen,  dass  die  endgiltige  Vorrückung  beschlossen 
und  hauptsächlich  der  Entsatz  von  Neisse,  sowie  die  Operations- 
Richtung  an  die  Oder  in  die  Linie  Ohlau-Brieg  in  das  Auge  gefasst 
wurde.  Nach  den  Nachrichten,  die  man  im  österreichischen  Haupt- 
quartiere besass,  schien  hiedurch  eine  Trennung  der  beiden  preussi- 
schen  Armee-Gruppen,  die  noch  nicht  concentriert  waren  und  deren 
eine  in  Ratibor  und  Troppau  unter  Schwerin,  die  andere  unter 
König  Friedrich H.  sich  nördlich  der  Neisse  befand,  durchführbar. 

Uebrigens  scheint  diese  Operations-Richtung  schon  in  Wien 
feststehend  gewesen,  das  Geheimniss  derselben  aber  so  schlecht 
gewahrt  worden  zu  sein,  dass  König  Friedrich  II.  durch  seinen 
Agenten  beim  Reichs-Hofrath,  von  Graeve,  schon  am  21.  März 
die  Nachricht  erhalten  hatte,  Neipperg  habe  die  Absicht,  mit 
den  Hauptkräften  über  Jägerndorf  nach  Schlesien  vorzudringen, 
während  Leiitul u s  von  Glatz  aus  eine  Diversion  nach  Breslau 
machen  würde.  Der  Verräther  dieses  Planes  an  Graeve  war  wohl 
Niemand  anderer  als  der  in  österreichischen  Diensten,  trotz  hoher 
Gunst  des  Grossherzogs,  unmöglich  gewordene  FZM.  Samuel 
Seh  mettau. 5) 

Lentulus  hatte  den  Auftrag,  aus  dem  G 1  a  t  z'schen  von  Zeit 
zu  Zeit  Husaren  -  Commanden  auszusenden,  den  Preussen  allen 
erdenklichen  Abbruch  zu  thun  und,  um  die  Einwohner  von  Neisse 
,,einigermasseii  zu  encouragieren",  sowohl  diesseits,  als  jenseits  der 
Neisse  derartige  Commanden  abgehen  zu  lassen.  Nachrichten,  welche 
beim  Armee-Commando    einliefen,    bestätigten    die  Concentrierung 


J)  Zuni  Feidinarschall  befördert  in  der  Promotion  v.  19.  März  1741. 

2)  Zum  General  der  Cavallerie  befördert. 

3)  „Die  Neipper  g'sche  und  Bro  w  n  e'sche  in  Puncto  Subalternation 
durch  eine  Zeit  gedauerten  Zwistigkeiten  haben,  nachdem  der  Herr  FM. 
Neipperg  genaue  Freundschaft  dem  Herrn  General  Bro  w  n  e  zugesagt, 
wahrscheinlich  sich  gebessert."  (Aus  einem  Briefe  von  Prag  29.  März  1741  an 
FM.  Sechen  clor  ff.  H.  H.  u.  St.  A.  Gr.  Correspondenz.  Fase.  199  c.) 

4)  Zum  Feldmarschall-Lieutenant  befördert. 

5)  Vergl.  „Kriege  Friedrich  d.  Gr."  I,  353  u.  Anmerkung  ebenda. 


197 

feindlicher  Kräfte  um  Neisse  und  liesseil  eine  Wiederaufnahme  der 
Belagerung  dieser  Festung  wahrscheinlich  erscheinen.  Wenn  nun 
auch  deren  Commaiidant,  Oberst  Baron  Roth,  alles  Mögliche 
angewendet,  um  den  Platz  widerstandsfähiger  zu  machen  und 
durch  tnmidationeii  die  Annäherung  wesentlich  erschwert  hatte. 
so  begannen  doch  die  sonst  sehr  patriotisch  gesinnten  Ein- 
wohner bereits  einigermassen  kleinmüthig  zu  werden,  so  dass 
Neipperg,  um  sie  zum  Ausharren  aufzumuntern,  verschiedene 
Schreiben  an  sie  richtete,  um  sie  des  baldigen  Entsatzes  zu  ver- 
sichern. a) 

GFWM.  Lentulus  reiste  am  26.  März  von  Olmütz  wieder 
nach  Glatz  zurück,  wo  er  am  27.  eintraf  und  am  28.  den  zwei 
Regimentern  Batthyanyi  und  Splenyi  Befehl  ertheilte,  auf  zwei 
Tage  Fourage  in  Habelschwerdt  zu  fassen  und  nach  Landeck  führen 
zu  lassen,  sowie  dort  für  ihr  am  30.  bestimmtes  Eintreffen  Quartier 
zu  machen. 

Die  Bewaffnung  des  mährischen  Landvolkes  und  dessen  Heran- 
ziehung zur  Grenzbesetzung  und  Landesverteidigung  hatte  kein 
günstiges  Resultat  ergeben.  Es  war  dem  Gutbefinden  des  Interims- 
Armee-Commandanten  FML.  Grafen  Browne  bereits  am  25.  Februar 
die  Beibehaltung  oder  Entlassung  desselben  anheimgestellt  worden, 
allerdings  mit  dem  Bemerken,  dass  FM.  Neipperg  gerne  zu 
sehen  scheine,  wenn  er  etwas  davon  beibehalte. 2)  In  Folge  dessen 
hatte  auch  Browne  das  Landvolk  entlassen  und  nur  50  gut 
bewaffnete,  freiwillige  Jäger  unter  1  Officier  zu  Hof  gelassen  und 
dem  dort  cominandierenden  Oberstlieutenant  des  Dessewffy'schen 
Regiments  zugewiesen,  ausserdem  4  Jäger  nebst  1  Officier  zu 
seiner  unmittelbaren  Begleitung  bei  sich  behalten.  Im  oberen  Theile 
des  Olmützer  Kreises,  in  der  Gegend  von  Rabenstein,  Ullersdorf 
und  Goldenstein,  wo  keine  regulären  Truppen  dislociert  waren, 
blieben  noch  275  Mann  Landvolk  stehen;  nach  Freudenthal 
wurden  dem  dort  commandierenden  Oberstwachtmeister  .S  chmidt 
200  Walachen  zugeschickt,  von  denen  die  meisten  aber  nach  Hause 
entliefen.  Die  in  Hof  stehenden  50  Jäger  giengen  am  15.  März  bis 
auf  fünf  durch,  welch'  letztere  nebst  den  vier  im  Hauptquartier  befind- 
lichen entlassen  winden,  so  dass  an  der  Grenze  oberhalb  Karlsberg 
und  Hof  kein  Mann  von  dem  vorher  aufgebotenen  Landvolk  mehr 


1)  Anhang  XLII/1.  2. 

2)  K.  A.,  H.  K.  E.  1741,  Prot.  Reg.  Fol.  379. 


198 

vorhanden  war.  Dagegen  befand  sicli  die  auf  der  Goldensteiner-, 
Ullersdorfer-  und  Ilabenstein  er-  Grenze  aufgestellte  Landbevölkerung 
noch  dort,  hatte  aber  keine  Ofnciere  und  das  Gesuch  des  01- 
mützer  Kreishauptmanns  um  Zuweisung  einiger  Ofnciere  von  der 
regulären  Armee  war  vom  Grafen  N  e  i  p  p  e  r  g  abgewiesen  worden. ]  > 
An  der  nordöstlichen  Grenze  Mährens  befanden  sich  am  26.  März 
nach  einer  von  Christoph  Freiherrn  zu  M  i  n  q  u  i  t  z  b  u  r  g  vor- 
gelegten Specification  unter  dessen  Commando  (Patschkau)  an  Land- 
Miliz  effectiv : 

zu  Patschkau 10   Corporale  336  Gemeine 

,,    Hochwald 1  ,,  31  ,, 

,,    Fulnek 2  ,,  80         ,, 

„    Odrau .2  ..  80 

Summa      .     .     15   Corporale  527  Gemeine 
dann  zu  Hochwald  an  Invaliden  33  Mann. 2) 

"Wie  schwer  übrigens  dem  Armee-Commandanten  der  Beginn 
der  Offensive  gemacht  wurde  und  welche  Frictionen  zu  überwinden 
waren,  zeigt  unter  Anderem  auch  die  angedrohte  Massregel,  mit 
Militär-Execution  die  Rückstände  an  Fourage  für  die  Magazine 
eintreiben  zu  wollen.  Und  am  22.  März,  also  kurz  vor  Beginn  der 
Operationen,  musste  der  Feldmarschall  noch  den  Hof-Kriegsrath 
ersuchen,  ,, allen  denjenigen,  so  zu  diesem  Corps  gehören  und  noch 
zu  AVien  sich  befinden,  sie  bestehen  in  Generalen,  Officieren,  Stabs- 
parteien oder  anderen,  gemessen  anbefehlen  zu  wollen,  class  sie 
sich  ungesäumt  von  dannen  per  posta  hieher  verfügen  und  je  eher, 
je  besser  allhier  einzutreffen  trachten  sollen."3) 

Am  28.  März  endlich  konnte  FM.  Graf  N  e  i  p  p  e  r  g  sein 
Hauptquartier  nach  Sternberg  verlegen. 

In  Olmütz,  wo  GFAVM.  Nicola  Franz  Baron  F  a  1  a  i  z  e  com- 
mandierte,  blieb  ein  Bataillon  des  Infanterie-Regiments  Franz  Loth- 
ringen als  Besatzung  zurück.  Die  Bataillone  von  Carl  Lothringen 
und  Kolowrat  aus  dem  Glatz'schen  trafen  erst  nach  dem  Abmarsch 
der  Armee  in  der  Gegend  von  Olmütz  ein  und  folgten  derselben 
unmittelbar  nach. 


*)  Berichte  des  Olmützer  Kreishauptnianns  au  den  Landeshauptmann  vom 
22.  Februar  und  15.  März  1711.  (Acten  der  k.  k.  Statthalterei  Brunn.) 

2)  Beilage  zum  Berichte  des  Prerauer  Kreishauptmanns  an  den  Landes- 
hauptmann ddto.  Olmütz  5.  April.  (Acten  der  k.  k.  Statthalterei.) 

3)  K.  A.,  F.  A.  Schlesien  1741,  III,  70. 


199 

Nach  der  am  25.  März  zu  Olmütz  erfolgten  Besprechung  der 
Generale  und  nachdem  die  Feld-Artillerie  und  die  Pontons  ein- 
getroffen, waren  auch  die  Befehle  zur  Concentrierung  der  Regi- 
menter' und  zum  Abmarsch  theils  mündlich,  theils  schriftlich 
erlassen  worden.  Die  Avantgarde  commandierte  FML.  Graf  Grünne, 
die  gesammte  Cavallerie  der  G.  d.  C.  Ernestus  Freiherr  von  Römer. 

Am  27.  März  begann  die  Vorrückung.  Das  Husaren-Regiment 
Dessewffy  hatte  an  diesem  Tage  von  Hof  aufzubrechen  und  nach 
Eichhorn  südwestlich  von  Braunseifen  zu  marschieren.  *) 

Der  Feldmarschall  warnte  vor  allen  Unordnungen  und 
Ausschreitungen.  Was  von  Troppau,  Jägerndorf  und  Zuckmantel 
die  Vorpostenlinie  herein  passieren  wolle,  könne  durchgelassen 
werden,  über  die  Vorposten  hinaus  dürfe  Niemand,  der  nicht 
einen  vom  Armee  -  Commandanten  selbst  unterschriebenen  Pass 
vorweise. 

Bei  seiner  Ankunft  in  Sternberg  fand  der  Feldmarschall,  dass 
sich  die  Bagagen  der  Cavallerie-Regimenter  dergestalt  gestaut 
hatten,  dass  sie  fast  nicht  fortzukommen  vermochten.  Neipperg 
sandte  einen  Ofncier  ab,  um  Ordnung  beim  Train  zu  machen  und 
empfahl  dem  General  R  ö  m  e  r,  die  Vorsorgen  dahin  zu  treffen,  dass 
die  Strassen  für  die  Truppenmärsche  frei  und  benutzbar  blieben.  2j 

Aus  diesem  Grunde  musste  auch,  nachdem  die  Cavallerie  und 
einige  Infanterie  schon  voraus  war,  der  für  den  29.  März  bestimmte 
Abmarsch  des  Gros  der  Infanterie,  der  Feld- Artillerie  und  Pontons 
um  einen  Tag  verschoben  werden. 

Der  Aufbruch  von  Sternberg  geschah  mit  neun  deutschen 
Cavallerie-,  zwei  Husaren-Regimentern, 3)  zwölf  Infanterie-Bataillonen, 
16  Feld-Geschützen  und  der  Ponton-Colonne. 

Eine  viertägige  Verpflegung  für  Mann  und  Pferd  nahmen  die 
Truppen  mit,  für  sechs  weitere  Tage,  ausschliesslich  des  Heus,  das 
nur  auf  fünf  Tage  mitgenommen  werden  konnte,  wurde  die  Ver- 
pflegung durch  die  Proviantwagen  der  Regimenter  und  100  Fuhr- 
wesenswagen, wie  durch  Vorspann  nachgelülirt. 


1)  Marschbefehl  Anhang  XL1II. 

2)  K.  A.,  F.  A.  Schlesien  1741,  in,  78. 

3)  Das  ganze  Regiment  Corclova-Cürassiere,  dessen  dritte  Marschcolonne 
erst  am  31.  März  zu  Sternberg  einrückte,  brach  von  dort  am  1.  April  auf  und 
hatte  Befehl,  an  diesem  Tage  Braunseifen,  am  2.  Lichtewerden  oder  Engels- 
berg und  am  3.  Zuckmantel  zum  Anschluss  an  die  Armee  zu  erreichen. 
Diemar-Cürassiere,  Kärolyi-  und  Pestvärmegyei-Husaren  waren  noch  nicht  bei 
der  Armee  eingetroffen. 


200 

Zur  Deckung  seiner  rechten  Flanke  und  zum  Schutze  Mährens 
gegen  feindliche  Streifungen  von  Troppau  und  Jägerndorf  aus  liess 
FM.  Graf  Neipperg  den  GFWM.  Baron  Baränyay  mit  500  Pferden 
des  eingerückten  Dragoner-Regiments  Althann,  1000  Commandierten 1) 
von  der  Infanterie  und  dem  Csäky'schen  Husaren-Regimente  zurück. 

An  Stab  sofft  eieren  befanden  sich  bei  diesem  Commando  der 
bisherige  Oberst  von  Althann,  nun  zum  GFWM.  beförderte  Baron 
Dickweiler,  Baron  Terzy  von  Thüngen-Infanterie  und  zwei 
Oberstwachtmeister. 

Im  Glatz'schen  blieben  nach  Leu  tu  Ins'  Abmarsch  mit  den 
beiden  Cavallerie-Regimentern  das  ganze  Infanterie-Regiment  Max 
Hessen  und  je  sieben  Compagnien  von  Carl  Lothringen  und  Kolo- 
wrat  zurück. 2) 

Zum  Schutze  des  Fürstenthums  Teschen  hatte  FM.  Pälffy 
den  GFWM.  Conte  d'O  Hone  beauftragt,  von  dem  Podstatzky'schen 
Cürassier-Regiment  und  dem  Max  Starhemberg' sehen  Bataillon  ein 
500  Mann  starkes  Detachement  zusammenzustellen,  diesem  die  etwa 
130  Mann  zählenden  National-Husaren  und  Hayducken  von  Raab 
und  Komom  beizuordnen  und  dieses  Commando  unter  einem  ge- 
schickten Stabsofficier  nach  Teschen  rücken  zu  lassen,  wo  der  Com- 
mandant  mit  dem  dortigen  Landeshauptmann  Baron  Skrbensky 
wegen  des  Unterhalts  der  Truppen  sich  in  das  Einvernehmen  setzen 
sollte.  3) 

Am  29.  März  traf  auch  im  Hauptquartier  der  Armee  die  be- 
fremdende Nachricht  ein,  dass  der  Cardinal  -  Fürstbischof  von 
Breslau,  Graf  Sinzendorff,  auf  seinem  Schlosse  zu  Freiwaldau 
am  27.  März  um  vier  Uhr  Nachmittags  durch  ein  preussisches 
Detachement  von  900  Mann,  das  einige  Geschütze  mitgeführt,  auf- 
gehoben und  nach  Ottmach.au  abgeführt  worden  sei. 4)  Die  Ver- 
haftung geschah  angeblich  wegen  seines  Briefwechsels  mit  dein 
Festungs-Commandanten  von  Neisse  oder  als  Repressalie  wegen 
Gefangennahme  preussisch  gesinnter  Schlesier.  5) 


J)  Einschliesslich  der  Garnison  von  Olmütz. 
2j  K.  A.,  F.  A.  Schlesien  1741,  in,  79. 
s)  Ebenda,  III,  82. 

4)  Auch  dem  Prälaten  von  Grüssau  soll  ein  gleiches  Los  zugedacht 
gewesen  sein.  Derselbe,  davon  benachrichtigt,  habe  sich  durch  Entfernung 
der  Gefangennahme  entziehen  können. 

5)  S  t  e  n  z  e  1,  Geschichte  des  preussischen  Staates,  IV,  119.  Später, 
am  9.  April,    wurde  der  Cardinal    von    Ottmachau    von  den  abmarschierenden 


•201 

Zu  dieser  Zeit  erschienen  am  Hofe  zu  Wien  zwei  Deputierte 
aus  Breslau  und  versicherten  die  Königin  der  Treue  und  Stand- 
haftigkeit  der  Bewohner  der  Stadt.  Sie  versprachen,  dem  preussischen 
Andringen  der  Verlegung  einer  Garnison  in  die  Hauptstadt  Wider- 
stand zu  leisten,  nachdem  sie  schon  einige  Emissäre  und  preussische 
Anhänger  aus  der  Stadt  gejagt  hätten.  x)  Aber  sie  suchten  tum 
Unterstützung  nach  und  stellten  die  Bitte,  die  Armee  der 
Königin  möge  sie  schützen,  sprachen  sich  jedoch  nicht  darüber 
aus,  ob  sie  deren  Truppen  in  die  Stadt  als  Besatzung  einnehmen 
wollten,  obwohl  sie,  allerdings  bei  Vorwand  ihrer  Privilegien,  be- 
reuten, diese,  als  die  Preussen  in  Schlesien  einmarschierten,  ver- 
weigert zu  haben. 

Zwei  ebenfalls  in  Wien  Hilfe  heischende  Deputierte  aus 
Neisse  wurden  in  das  N  e  i  p  p  e  r  g'sche  Hauptquartier  gesandt, 
um  den  Armee  -  Commanclanten  zu  veranlassen,  den  Platz  zu 
entsetzen. l) 

Es  war  also  aus  verschiedenen  Umständen  Eile  bei  der  Vor- 
rückung geboten,  allein  Frictionen  traten  schon  in  den  ersten  Marsch- 
tagen ein  und  hemmten  die  rasche  Vorwärtsbewegung  der  Armee. 
Am  29.  März  schon  konnte  die  aus  der  Infanterie  und  Artillerie 
bestehende  Oolonne  nicht  von  Sternberg  aufbrechen,  da  die  Strasse 
nicht  frei  war,  auf  welcher  die  Bagage  der  Cavallerie  und  die  Proviant- 
Colonne  nicht  weiter  kamen.  Es  musste  in  Folge  dessen  das  Gros  der 
Cavallerie    unter  Gr.  d.  C.  Baron    Römer,  das  ohnehin    am  29.  zu 


Preussen  mitgeführt.  Der  Magistrat  von  Ottmachau,  indem  er  diesen 
Abmarsch  dem  FM.  Grafen  Neipperg  am  9.  April  meldet,  bemerkt 
darüber:  „Anbei  berichten  wir  unterthänigst,  dass  ersagte  preussische  Be- 
satzung Seine  Eminenz  den  Herrn  Cardinal,  unsern  gnädigsten  Fürsten  und 
Bischof,  so  vor  zwölf  Tagen  von  Freiwaldau  anhero  gebracht  worden,  unter 
starker  Escortierung,  welche  des  Herrn  Herzogs  von  Holstein  Durchlaucht 
commandiert,  mit  sich  hinweggenommen  habe;  und  da  nun  höchstgedachte 
Ihro  Eminenz  zu  Dero  Hochwohlgeboren  das  gnädigste  Vertrauen  und  An- 
h offnung  getragen,  dass  Selbige  Allmögliches,  was  zu  Dero  Befreiung  gereichen 
kann,  beitragen  würden  und  anwenden  würden,  also  auch  ausdrücklich  an- 
befohlen hat,  diese  ihre  gewaltsame  Hinwegführung  ungesäumt  einzuberichten." 
(K.  A,  F.  A.  Schlesien  1741,  IV,  28.) 

x)  Im  März  war  die  preussische,  in  den  Vorstädten  Breslau's  befindliche 
Besatzung  ziemlich  schwach,  da  dieselbe  grösstentheils  zu  den  im  Felde 
stehenden  Truppen  abrückte  und  nur  auf  dem  Dom  noch  gegen  300  bis  450 
Mann  zurückgeblieben  waren.     (K.  A.,  F.  A.  Schlesien  1741,  III,  22  b.) 

2)  H.  H.  u.  St.  A.  Dispacci  di  Germania,  Vienna,  1.  April  174-1. 


202 

Freudenthal  Rasttag  halten  sollte,  noch  einen  zweiten  Tag,  am  30., 
dort  still  liegen,  um  die  Intervalle  der  Armeegruppen  nicht  zu 
sehr  zu  vergrössern.  Römer  brach  desshalb  erst  am  1.  April 
von  Freudenthal  wieder  auf  und  entnahm  dem  dortigen  Magazin 
für  einen  Tag  Brod  und  Hartfutter,  so  dass  er  beim  Abmarsch 
über  drei  Portionen  Hartfutter  und  ebensoviel  Portionen  Brod, 
die  auf  den  Dienstpferden  und  Proviantwagen  mitgeführt  werden 
mussten,  verfügte.  Von  Freudenthal  aus  blieben  die  Vorspanns- 
wagen zur  Nachführung  des  späteren  Unterhalts  reserviert.  x) 

Die  Artillerie,  die  am  30.  März  bis  Eichhorn  gelangt  und 
dort  um  1  Uhr  Mittags  aufgebrochen  war,  konnte  am  31.  die 
nur  etwa  vier  Kilometer  betragende  Strecke  bis  Braunseifen  wegen 
eingetretenen  Thauwetters,  sumpfigen  Terrains  und  einer  Menge 
umgeworfener  "Wagen  erst  um  7  Uhr  Abends  erreichen  und 
musste  noch  sechs  Requisitenwagen  vor  Braunseifen  stecken 
lassen.  Die  Pontons  und  die  Bagage  des  Hauptquartiers,  die 
erst  um  9  Uhr  Abends  einrückten,  mussten  in  Braunseifen 
zurückbleiben,  Oberst  von  Feuerstein  gieng  jedoch,  nachdem 
er  Heu  und  Hafer  gefasst,  mit  der  Artillerie  noch  über  Braun- 
seifen hinaus. 

Am  1.  April  war  das  Armee-Hauptquartier  in  Lichtewerden 
auf  der  Strasse  von  Freudenthal  nach  Engelsberg,  auf  welcher  auch 
das  Gros  der  Infanterie  und  Cavallerie  echelonniert  stand.  Doch  kam 
die  Feld-Artillerie  nicht  fort,  da  die  Strassen  bei  der  frühen  Jahres- 
zeit so  verdorben  und  die  Beschwerlichkeit  derselben  im  Gebirge 
derartig  war,  dass  die  grösste  Mühe  aufgewendet  werden  musste, 
um  die  Geschütze  und  Fuhrwerke  mit  vorgelegtem  Vorspann  fortzu- 
bringen und  sie  trotzdem  unterwegs  stecken  blieben.2)  Neipperg 
ward    dadurch    in    seiner     ursprünglichen    Berechnung     über     die 


*)  Neipperg  an  Römer,  Sternberg,  29.  März  1741.  (K.  A..  F.  A. 
Schlesien  1741,  III,  85.) 

2)  Die  Qualität  der  Artilleriebespannungen  rauss  ebenfalls  eine  ausser- 
ordentlich schlechte  gewesen  sein,  da  Neipperg  darüber  dem  Hof-Kriegs- 
rath  meldet:  „Ich  weiss  mich  nicht  zu  erinnern,  dass  die  Feld- Artillerie  jemals 
mit  so  schlechten  Pferden,  als  wie  bei  dieser  Lieferung,  wo  man  selbige  aus 
der  schlechten  Bauernfütterung  ohne  Ansehung  der  Qualität  hergenommen, 
\  ersehen  worden  wäre  und  daher,  gleichwie  auch,  dass  selbe  so  spät  angeschafft 
worden  und  gleich  darauf  die  harten  Märsche  antreten  müssen  und  nunmehr 
in  die  Strapazen  kommen,  rührt  es  auch,  dass  selbige  überall  stecken  bleiben 
und  gar  nicht  fortkommen  könnten,  wann  selbige  nicht  mit  doppelten  Vor- 
spannen versehen  liesse."     (K.  A..  F.  A.  Schlesien  1741,  IV,  1.) 


203 

Vorrückung  schon  um  zwei  Tage  zurückgebracht  und  nicht  sicher, 
ob  er  nicht  noch  weiterhin  aufgehalten  werden  würde. 

Diese  verlorenen  Tage  kamen,  wie  sich  zeigen  wird,  später 
sehr  zu  Ungunsten  der  österreichischen  Armee  in  Rechnung.  Zu 
dieser  Zeit  war  der  Feldmarschall  noch  nicht  ganz  entschieden, 
welche  Richtung  er  weiter  einschlagen  wolle.  Er  meldete  darüber 
an  den  Hof-Kriegsrath  :  v) 

,,Da  ich  unterdessen  das  Object  wegen  Neisse  nicht  aus  den 
Augen  lasse  und  erst  sehen  muss,  ob  ich  nach  Bewandtniss  der 
feindlichen  Mouvements  bei  Zuckmantel  oder  aber  gegen  Jägern- 
dorf, welches  um  etwas  weiter  wäre,  aus  dem  Gebirg  werde  ge- 
langen und  durch  die  nachzufolgen  angetragenen  Landwagen  mit 
der  weiteren  Subsistenz  für  Mann  und  Pferde  secundiert  werden 
könne." 2) 

Die  Nachrichten,  welche  im  Hauptquartier  einliefen,  meldeten, 
dass  die  Preussen  sich  gegen  Neustadt  stark  zusammenzögen,  so  dass 
N  e  i  p  p  e  r  g  muthmasste,  sie  hätten  dermalen  die  Unternehmung 
auf  Neisse  aufgegeben  und  dass,  da  sie  von  seiner  Vorrückung 
Nachricht  haben  müssten,  sie  ihm  das  Debouchieren  aus  dem  Ge- 
birge erschweren  wollten. 

Die  Artillerie-Colonne  traf  erst  während  der  Nacht  successive 
in  Gross-Stohl  ein  und  marschierte,  trotz  der  überaus  ermüdeten 
Pferde,  um  6  Uhr  Früh  von  dort  wieder  nach  Lichtewerden 
weiter. 

Am  2.  April  blieb  das  Hauptquartier  in  Lichtewerden  und 
scheint  für  alle  Truppen  Rasttag  gewesen  zu  sein,  am  3.  wurde 
der  Vormarsch  fortgesetzt  und  am  4.  befand  sich  das  Armee- 
Hauptquartier  schon  in  Dürr-Kunzendorf  an  der  Gabelung  der 
Strasse  nach  Neustadt.  In  dem  Räume  zwischen  Zuckmantel  und 
Ziegenhals  stand  am  4.  April  auch  die  Armee  bis  auf  die  zu 
den  Brigaden   nicht    eingetheilte  Feld-Artillerie    und    einige    noch 


*)  Bericht  vom  1.  April.  (K.  A.,  F.  A.  Schlesien  1741,  IV,  1.) 
2J  „Nachdem  das  System  von  dein  connnandierenden  General  gefasst 
worden,  mit  Landwagen  das  Hartfutter  der  Armee  nachzuführen,  so  werden 
zur  ersten  Provision  per  zehn  Tage  zur  Nachführung  1926  Wagen  nöthig." 
Der  Prerauer  Kreishauptmann  an  den  Landeshauptmann,  ddo.  Hauptquartier 
Sternberg,  29.  März  1711.  (Acten  der  k.  k.  Statthalterei  Brunn.)  Die  Landes- 
Militär-Cornmission  in  Olmütz  stellte  zum  Nachschub  des  Proviants  überhaupt 
93  schwere,  theils  Wiener,  theils  Olmützer  Landkutscherwagen  bei,  welche 
mit  72.000  Brod-Portionen  und  1000  Centnern  Mehl  beladen  am  2.  April  zur 
Armee  abgiengen.    (K.  A.,  A.  A.  Neipperg,  1741,  18—38.) 


204 

in  der  Nachrückung  begriffene  Munitions-  und  Requisiten-Wagen, 
versammelt.  Der  grosse  Train  befand  sich  noch  im  Anrücken.  Vi 
FM.  Graf  Neipp  erg  beabsichtigte  nun,  sobald  die  zuletzt  ange- 
langten Truppen  sich  einigermassen  erholt  haben  würden,  gegen 
Neisse  vorzurücken  und  am  5.  die  Festung  zu  erreichen.  Die  preussi- 
sche  Garnison  von  Ziegenhals  hatte  durch  österreichische  Deserteure 
am  3.  April  schon  Nachricht  von  dem  Anrücken  der  österreichi- 
schen Armee  erhalten  und  in  Folge  dessen  den  Ort  geräumt. 2) 
Das  Ober-Kriegs-Commissariats-Amt  befand  sich  am  5.  April  noch 
in  Hermannstadt,  während  das  Hauptquartier  der  Armee  am 
Nachmittag  dieses  Tages  in  Neisse  eintraf.  Dasselbe  führte  noch 
einen  eintägigen  Bedarf  an  Hartfutter  für  die  bei  der  Cavallerie 
auf  6,  bei  der  Infanterie  auf  7  Tage  richtiggestellte,  theils  durch 
die  Mannschaft  getragene,  theils  auf  den  Regiments-Proviantwagen 
befindliche  Verpflegung  an  Brod  und  Hartfutter  auf  Landwagen 
mit.  Ein  weiterer  Nachschub  auf  vier  Tage  war  von  Olmütz  im 
Anrücken,  der  dann  auch  noch  1000  Centner  Mehl  mitbrachte. 

In  Neisse  angelangt,  wo  starke  Vorräthe  aufgehäuft  waren, 
konnte  Neipperg  die  Armee  aus  diesen  versorgen,  was  umso 
wichtiger  war,  als  die  Nachschübe  aus  den  mährischen  Magazinen 
in's  Stocken  geriethen,  da  auf  der  Strasse  von  Wildgrub  an  über 
Lichtewerden,  Engelsberg,  Würbenthai  und  Einsiedel  etwa  800  mit 
Hartfutter  beladene  Wagen  in  Folge  des  Entweichens  der  Vor- 
spannsbauern ohne  Bespannung  standen.  Diese  Wagen  wurden  dann 
durch,  von  den  Herrschaften  des  deutschen  Ritterordens  beigestellten 
Vorspann  wieder  in  Bewegung  und  nach  Würbenthai,  \~on  dort 
durch  andern  Vorspann  nach  Hermannstadt  gebracht;  allerdings 
mit  namhaftem  Verlust. 3) 

GrFWM.  Baron    Lentulus    war,    wie    bereits   erwähnt,    mit 
Batthyäiryi-Dragonern  und  Splenyi-Husaren  am  30.  März  in  Landeck 


J)  Die  Wege  waren  nach  Mittheiluug  des  Olmützer  Kreishauptmanns 
Baron  Schubirz  derart  schlecht,  dass  die  Pferde  der  gemietheten  „Fliegen- 
schützen"-'Wagen  und  die  Pferde  des  Proviant-Fuhrwerks,  die  doch  bedeutend 
stärker  als  die  Vorspannspferde  waren,  kaum  fortkamen. 

-')  K.  A.,  F.  A.  Schlesien  1741,  IV,  12. 

3)  Das  von  Sternberg  abgegangene  Hartfutter-Quantum  betrug  235.64») 
Portionen.  In  Hermannstadt  waren  davon  nur  126.345  eingetroffen ;  es  fehlten 
also  auf  das  abgesendete  Quantum  noch  109.301  Portionen,  „welche  wegen 
Entfliehung  der  Bauern  fast  zur  Hälfte  gestohlen  worden  sind".  (K.  A.,  F.  A. 
Scldesien  1741,  IV,  ad  21  b.) 


205 

eingetroffen,  hatte  von  dort  am  folgenden  Tage  als  Avantgarde 
1  Rittmeister  mit  100  Husaren  nach  Johannesberg  (Jauernig)  ge- 
sandt, r)  dem  er  mit  dem  Gros  seiner  Cavallerie  um  8  Uhr  nach- 
gefolgt war.  Sofort  nach  dem  Eintreffen  und  dem  Ausstellen  der 
Sicherungsposten ,  ritten  kleine ,  von  Unterofficieren  geführte 
Patrouillen  zu  6  Mann  auf  der  Strasse  gegen  Patschkau  bis  Weis- 
bach,  auf  jener  von  Ottmachau  bis  Schwammelwitz  und  gegen 
Weidenau  bis  Barzdorf  vor.  Am  1.  April  behielt  Lentulus  seine 
Stellung  bei  Jauernig  und  Hess  wie  am  Vortage  patrouillieren.  Als 
am  folgenden  Morgen  dann  die  Nachricht  einlief,  class  die  in 
Patschkau  liegende  preussische  Besatzung  abmarschieren  werde, 
rückte  der  Oberstlieutenant  des  Splenyi'schen  Husaren-Regiments 
mit  150  Mann  gegen  Fuchswinkel  ab,  um  den  Marsch  der  Preussen 
zu  beobachten.  Lentulus  sandte  noch  100  Pferde  nach.  Die 
Besatzung  von  Patschkau,  2  Compagnien  des  Alt-Borcke'schen 
Regiments  marschierte  um  12  Uhr  Mittags  von  dort  und  zwar 
auf  der  Strasse  am  rechten  Neisse-Ufer  nach  Ottmachau  ab,  die 
Splenyi'schen  Husaren  fielen  in  deren  Arrieregarde,  verwundeten 
1  Ofncier  und  einige  Soldaten,  nahmen  1  Sergeanten,  2  Gefreite, 
1  Tambour  und  1  Soldaten,  nebst  1  Ofhciersdiener  gefangen  und 
erbeuteten  einen  Wagen  und  eine  Trommel.  Auf  die  Meldung  von 
diesem  Rencontre  rückte  GFWM.  Lentulus  selbst  mit  dem  Rest 
des  Husaren-Regiments  und  200  Dragonern  vor,  fand  aber  das 
Halb-Bataillon,  das  der  Oberstlieutenant  von  Massow  comman- 
dierte,  beim  Dorfe  Stübendorf  sehr  günstig  postiert,  wo  es,  von 
sumpfigen  Niederungen  gedeckt,  mit  Cavallerie  kaum  angreifbar  war. 
Trotzdem  giengen  die  Husaren  an  und  das  Halb-Bataillon  gab 
Gliederfeuer  ab,  wobei  jedoch  nur  1  Pferd  verwundet  wurde.  Die 
preussische  Infanterie  nahm  darauf  ihre  Fuhrwerke  in  die  Mitte 
der  Colonne  und  setzte  den  Marsch  auf  einem  Damme  zwischen 
dem  Sumpfterrain  ungehindert  fort.2)  Lentulus  gieng  mit  seinen 
Truppen  nach  Johannesberg  zurück.  Am  3.  April  rückten  sämmtlicbe 
Escadronen,  ausser  einem  Beobachtungsposten,  der  auf  dem  eine 
weite  Umsicht  gewährenden  Schloss  zu  Johannesberg  zurückblieb, 
aus  und  nahmen  Stellung  bei  Heinersdorf,  wo  bis  Abend  ge- 
blieben, dann  aber  in  Hermsdorf  eingerückt  wurde.  In  Hermsdorf 
blieb    Lentulus    am    4.    und    sandte    nur    ein    Commando    von 


')  Das  Schloss.    dem  Bischof  von  Neisse  gehörig,    licisst  Johannesberg, 
der  Markt  Jauerniü,-. 

2J   K.  A.,  Tagebuch  Lutsch  und  F.  A.  Schlesien  1741,  IV.  6. 


•206 

100  Husaren  aus,  um  die  Verbindung  mit  der  Armee  Neipperg's 
herzustellen,  besetzte  auch  den  zwischen  Krackwitz  und  Brünschwitz 
gelegenen,  einen  weiten  Ausblick  gewährenden  Hasen-Berg  mit 
einem  Beobachtungsposten.  In  der  Nacht  kam  aus  dem  Haupt- 
quartier der  Armee  der  Befehl,  dass  Lentulus  ungesäumt  nach 
Neisse  abmarschieren  solle. 

In  Folge  dessen  rückten  die  beiden  Cavallerie-Eegimenter  um 
5  Uhr  Morgens  ab  und  gelangten  über  Peterwitz,  Würben,  Klein- 
Briesen  nach  Passierung  des  Biele-Armes  um  10  Uhr  nach  Neisse, 
wo  sie  in  der  am  linken  Neisse-Ufer  liegenden  Vorstadt  „Mähren- 
gasse" einquartiert  wurden. 


Operationen  der  beiderseitigen  Armeen  zu  Anfang  April. 

Die  österreichische  Armee  war,  wie  gesagt,  am  5.  April  in 
Neisse  und  Umgebung  eingetroffen,  allerdings  um  drei  Tage  später, 
als  in  den  am  25.  März  zu  Olmütz  stattgefundenen  Besprechungen 
festgesetzt  worden  war.  J) 

FM.  Graf  Palffy  hatte  inzwischen  den  GFWM.  Conte 
d'O  Hone  mit  dem  grössten  Theil  des  Podstatzky'schen  Cürassier- 
ßegiments,  dem  Max  Starhemberg'schen  Bataillon,  das  von  Jablunkau 
wieder  nach  Sillein  zurückgekehrt  war,  während  die  frühere  Be- 
satzungs-Compagnie  von  Wallis  theils  in  Jablunkau,  theils  in  Csäcza 
stand,  ausserdem  Raaber  Husaren  und  etlichen  Leuten  von  der 
Komorner  National  -  Miliz,  nebst  Hayducken  in  das  Herzogthum 
Teschen  vorzurücken  bestimmt,  um  den  preussischen  General  La 
Motte,  der  ausßatibor  bedeutende  Mengen  Getreide  wegführen  Hess, 
an  diesen  Transporten  nach  Möglichkeit  zu  hindern.  P  alf fy  erklärte 
übrigens  in  einer  Mittheilung  vom  3.  April  aus  Pressburg,  dass  er 
mit  N  e  i  p  p  e  r  g  vollständig  einverstanden  sei,  dass  durch  eine 
Diversion  aus  dem  Jablunka- Gebirge  die  Kriegslage  bedeutend  zu 
Ungunsten  der  Preussen  verschoben  werden  könne.  „Mein  gegen 
Ihro  Majestät,  unsere  Allergnädigste  Königin  tragender  Dienst- 
eifer und  Devotion  ist  auch  so  gross,  dass  ich  gar  kein  Bedenken 
würde  genommen  haben,  mit  einigen  wenigen  .Regimentern  hiezu 
selbst  das  Unternehmen  auszuführen,  wie  ich  denn  auch  dess wegen 
den  Vortrag  während  meiner  Anwesenheit  in  Wien  selbst  gemachl 
habe.  Nachdem  man  aber  meinen  Vorschlag  nicht  für  gut  befunden. 


l)  L  e  n  t  u  1  u  s  an  S  e  c  k  e  n  d  o  r  ff,  29.  März  1741.  (K.  A.,  F.  A.  Schlesien 
1711,  XIII.  12  f.) 


208 

so  war  mir  auch  nicht  möglich,  dermalen  zu  Behuf  des  Allerhöchsten 
Dienstes  ein  Mehreres  zu  thun",  als  eben  die  Entsendung  des  er- 
wähnten Detachements. 2) 

König  Friedrich  IL  hatte  sich  am  12.  März  von  Schweid- 
nitz  nach  dem  eine  halbe  Meile  nordöstlich  Reichenbach  gelegenen 
Bertholsdorf,  von  dort  nach  Nimptsch  begeben  und  war  am  25. 
in  Strehlen  angekommen.  Hier  erhielt  er  Meldungen  Schwerin's, 
worin  dieser  seine  Stellung  als  gefährdet  schilderte.  Daraufhin 
ertheilte  ihm  Friedrich  LI.  Befehl,  was  noch  an  Vorräthen  aus 
Ratibor  und  Troppau  herausgebracht  werden  könne,  nach  Oppeln 
zu  schicken,  alles  Andere  aber  aufzuzehren  oder  zu  verbrennen, 
dann  beide  Orte  zu  räumen  und  sich  in  und  bei  Jägerndorf  zu  con- 
centrieren.  „Ich  gehe  über  die  Neisse  und  werde  Euch  dann  weiter 
Ordre  schicken,  wie  Ihr  weiter  nach  Neustadt  marschieren  sollt, 
auf  dass  wir  mit  der  Armee  zusammenkommen,  denn  es  nicht  mehr 
Zeit  ist,  von  einander  zu  bleiben."2)  König  Friedrich  erkannte 
vollkommen  die  Gefahren,  die  mit  einer  längeren  Trennung  der  Armee 
verbunden  waren  und  hatte  in  Folge  dessen  auch  den  grössten 
Theil  der  nördlich  der  Neisse  stehenden  Truppen  zur  Concentrierung 
in  die  Gegend    der  Festung    gleichen  Namens    in  Marsch   gesetzt. 

In  den  Anschauungen  Schwerin's  hatte  sich  inzwischen  eine 
"Wandlung  vollzogen.  Als  er  Nachricht  erhalten,  dass  Friedrich  IL 
entschlossen  war,  alle  Kräfte  an  der  Neisse  zu  vereinigen,  bat  er 
am  24.  März  nur  um  einige  Bataillone  und  Escadronen  als  Ver- 
stärkung, womit  er  den  Oesterreichern,  die  nur  bei  Jägerndorf 
debouchieren  könnten,  das  Eindringen  in  Schlesien  verwehren 
werde..  König  Friedrich  LI.,  der  am  28.  März  in  Ottmachau  ange- 
kommen war,  begab  sich  nun  selbst  mit  5  Infanterie- und  4  Grenadier- 
Bataillonen  zu  Schwerin,  um  diesen  an  sich  zu  ziehen  und 
rückte  in  Folge  dessen  am  29.  über  Polnisch- Wette  nach  Neu- 
stadt. Die  Truppen,  welche  ihn  begleiteten,  das  Regiment  Prinz 
Leopold,  das  2.  Bataillon  Glasenapp  und  die  4  Grenadier-Bataillone 
waren  bis  in  diese  Gegend  gefolgt ;  das  Regiment  Truchsess  gieng 
geradenwegs  nach  Steinau.  Während  König  Friedrich  IL  Ab- 
wesenheit sollte  GM.  von  Kalckstein  mit  7  Bataillonen  und 
5  Escadronen  Neisse  auf  dem  nördlichen  Ufer  einschliessen. 3) 


>)  K.  A.,  F.  A.  Schlesien  1741.  IV,  11. 

'J     Kriege  Friedrich  d.  Gr.  I,  356. 

3)   Es    wurden    ihm    hald    darauf   noch    3  Bataillone  und  5  Escadronen 


zugewiesen. 


20  <J 

In  Neustadt  traf  Friedrich  II.  mit  FM.  Schwerin  zu- 
sammen und  erkundigte  sich,  welche  Nachrichten  Letzterer  über  die 
Bewegungen  der  Oesterreicher  habe,  worauf  Schwerin  antwortete, 
,,dass  die  österreichischen  Truppen  an  den  Grenzen  Schlesiens  von 
Ungarn  bis  zur  Stadt Braunau  in  Böhmen  vertheilt  stünden  und  dass  er 
jeden  Augenblick  Nachrichten  über  dieselben  aus  Sternberg  erwarte".1) 

Am  30.  März  rückten  die  Truppen,  welche  den  König  be- 
gleitet hatten,  bis  in  die  Höhe  von  Neustadt  und  rasteten  am 
folgenden  Tage.  Am  1.  April  brach  Friedrich  IT.  in  Begleitung- 
Schwer  i  n's  nach  Jägerndorf  auf,  wohin  auch  das  Infanterie- 
Regiment  Schwerin,  das  2.  Bataillon  Glasenapp  und  die  Grenadier- 
Bataillone  AVinterfeldt  und  Reibnitz  marschierten.  In  Neustadt  blieb 
nur  das  Regiment  Prinz  Leopold  und  2  Grenadier-Bataillone. 

Auch  in  Jägerndorf  erhielt  man  keine  Nachrichten  von  der 
österreichischen  Armee  und  schon  beabsichtigte  König  Friedrich, 
am  2.  April  die  Stadt  zu  verlassen,  als  plötzlich  drei  Deserteure 
des  Liechtenstein'schen  Dragoner  -  Regiments  eintrafen,2)  welche 
aus  den  Cantonnierungen  von  Freudenthal  entwichen  waren  und 
die  höchlich  überraschende  Mittheilung  machten,  dass  die  gesammte 
österreichische  Cavallerie  dort  versammelt  gewesen  sei  und  nur  die 
Ankunft  der  Infanterie  und  der  Geschütze  abgewartet  habe,  um  auf 
Jägerndorf  zu  marschieren  oder  Neisse  zu  entsetzen. 3) 

Im  selben  x\ugenblicke  fallen  Schüsse  und  man  glaubt  die 
Avantgarde  der  österreichischen  Armee  schon  vor  Jägerndorf.  Die 
Situation  klärte  sich  indessen  bald  insofern  auf,  als  nur  kleinere 
Abtheilungen  des  Generals  Baränyai,  welche  die  preussische 
Aufstellung  recognoscierten  und  mit  den  preussischen  Vedetten 
Schüsse  wechselten,  vor  der  Stadt  erschienen  waren. 

Zur  Vertheidigung  standen  hier  nur  8  Bataillone,  1  Escadron 
Husaren  und  5  Regiments-Geschütze. 

Immerhin  war  die  Lage  kritisch,  die  österreichische  Armee,  an 
den  preussischen  Aufstellungen  schon  vorübergegangen,  befand 
sich  in  vollem  Marsche  gegen  Neisse.  4) 


x)  Histoire  de  mon  temps  (Red.  v.  1746),  224. 

2)  Nach  der  Meldung  des  Regiments  -  Commandanten  Oberst  Baron 
Locatelli  (K.  A.,  H.  K.  R.  1741.  Prot.  Exp.  Fei.  1143)  und  dem  Bericht 
des  Prinzen  Leopold  von  Anhalt-D  essau  an  seinen  Vater,  drei,  während 
„Histoire  de  mon  temps"  deren  Zahl  mit  7  angiebt. 

3)  Histoire  de  mon  temps  (Red.  v.  1746. );  224. 
*)  Tafel  VI. 

Oesterreichischer  Erbfolgekrieg.  II.  Bd. 


210 

Als  Friedrich  II.  die  überraschende  Nachricht  von  dem 
Anrücken  Neipperg's  empfieng,  waren  seine  Truppen  auf  einem 
Räume  vertheilt,  der  durch  die  20  Meilen  lange  Linie  Troppau- 
Schweidnitz  in  der  Front,  rückwärts  durch  die  Oder  von  Ratibor 
bis  Ohlau  begrenzt  war. 

Die  einzelnen  Armee-Gruppen  waren  folgendermassen  vertheilt : 
Bei  Jägerndorf  8  Bataillone  und  1  Escadron ;  bei  Troppau  und 
Putsch  4  Bataillone,  3  Escadronen ;  bei  Ratibor,  Leobschütz,  Kra- 
witz  und  Katscher  2  Bataillone,  5  Escadronen;  bei  Neustadt 
4  Bataillone  ;  bei  Steinau  das  Regiment  Truchsess ;  bei  Ziegenhals, 
Weidenau  und  Patschkau  3  Bataillone  und  1  Escadron;  5  Esca- 
dronen des  Regiments  Prinz  Friedrich  in  dem  Räume  Krappitz- 
Ober-Glogau-Steinau-Falkenberg.  GM.  von  Kalckstein  hatte  sich 
der  Festung  Neisse  auf  dem  linken  Fluss-Ufer  mit  8  Bataillonen 
und  10  Escadronen  bis  in  die  Gegend  von  Grottkau  genähert, 
während  der  G.  d.  J.  von  Holstein  mit  7  Bataillonen  und 
6  Escadronen  die  Einschliessung  der  Festung  in  der  Gegend 
von  Frankenstein  decken  sollte.  Brieg  hielt  GM.  von  Kleist  mit 
4  Bataillonen  und  G  Escadronen  eingeschlossen ;  in  Breslau  und 
Glogau  stand  je  1  Bataillon,  5  Escadronen  befanden  sich  noch 
auf  dem  Marsche  von  Schweidnitz  zur  mittleren  Neisse. 

Die  Situation  dieser  Tage  konnte  für  König  Friedrich 
leicht  verhängnissvoll  werden,  da  die  politischen  Verhältnisse  für 
Preussen  durchaus  noch  nicht  günstig  standen. 

Die  Verhandlungen  mit  Frankreich  hatten  damals  noch  zu 
keinem  Bündnisse  geführt  und  am  Petersburger  Hofe  hatte  in  der 
letzten  Zeit  eine  für  Oesterreich  günstige  Strömung  die  Oberhand 
gewonnen.  Der  einzige  Bundesgenosse,  auf  welchen  jetzt  schon 
König  Friedrich  H.  rechnen  durfte,  war  Churfürst  Carl  Albert 
von  Bayern,  der  aber  nur  über  beschränkte  Machtmittel  verfügte 
und  also  kein  grosses  Gewicht  in  die  AVagschale  werfen  konnte. 
Drei  feste  Plätze  befanden  sich  ausserdem  noch  im  österreichischen 
Besitze  und  nur  durch  die  ausserordentlich  glückliche  Emportierung 
Glogau's,  dieser  im  Rücken  gelassenen  Festung,  war  die  Vorrückung 
in  Schlesien  erst  einigermassen  gesichert  worden. 

König  Friedrich  H.  erkannte  sofort  die  ihm  drohende 
Gefahr  und  säumte  nicht,  seine  Truppen  in  der  Gegend  der  mittleren 
Neisse,  unterhalb  der  Festung,  zu  versammeln. 

An  die  Truppen  unter  Holstein  und  Kalckstein  auf  dem 
linken  Ufer  ergieng  Befehl,    den  Fluss  bei  Sorge  zu  überschreiten. 


211 

GM.  La  Motte  hatte  mit  seinem  Regimente  und  einer  Escadron 
preussischer  Husaren  längs  der  Oder  gegen  Oppeln  zu  rücken, 
um  dadurch  das  Zurückbringen  der  noch  in  Ober-Schlesien  liegen- 
den Vorräthe  zu  decken,  während  die  übrigen  in  Ober-Schlesien 
befindlichen  Truppen  eilends  nach  Jägerndorf  marschieren  sollten. 
Das  in  AVeidenau  und  Ziegenhals  befindliche  Regiment  Kleist,  nebsl 
einer  Escadron  der  Berliner  Husaren,  sowie  das  in  der  Gegend 
zwischen  Oppeln  und  Löwen  stehende  Regiment  Prinz  Friedrich 
giengen  unmittelbar  nach  Neustadt.  Die  Truppen  aus  Ober-Schlesien 
trafen  am  3.  April  bei  Jägerndorf  ein,  wo  an  diesem  Tage  12 
Bataillone  und  8  Escadronen  vereinigt  waren.  Von  GM.  K  a  1  c  k- 
s  t  e  i  n's  Truppen  überschritt  ein  Theil  die  Neisse  auf  einer  bereits 
am  29.  März  eine  halbe  Meile  östlich  der  Festung  geschlagenen 
Brücke  und  rückte  in  die  Orte  südöstlich  von  Neisse.  *) 

An  den  Herzog  von  Holstein  (in  der  Stellung  von  Franken- 
stein) ergieng  Befehl,  beim  Könige  einzurücken ;  er  erhielt  aber 
diesen  Befehl  nicht  zur  rechten  Zeit,  cla  die  österreichischen  Husaren 
die  Verbindung  unterbrochen  hatten  und  blieb  abgeschnitten  vom 
Heere  des  Königs  durch  die  dazwischen  stehende  österreichische 
Armee. 2) 

Am  4.  April  marschierte  Friedrich  von  Jägerndorf  nach 
Neustadt  ab. 

Am  nämlichen  Tage  trafen  auch  die  Regimenter  Kleist  und 
Prinz  Friedrich,  sowie  eine  Escadron  der  Berliner  Husaren  dort 
ein,  so  dass  hier  18  Bataillone  und  14  Escadronen  vereinigt  waren. 3) 

Kalckstein's  Truppen  erreichten  mit  einem  Bataillon  Greisau. 
dreiBataillone  überschritten  die  Neisse  beiNeu-Sorge  und  marschierten 
nach  Steinau,  wo  bereits  zwei  Bataillone  des  Regiments  Truchsess 
sich  befanden.  Am  5.  April  begab  sich  König  Friedrich  IL  von 
Neustadt  nach  Steinau,  wo  er  wieder  durch  Deserteure  die  Nachricht 
erhielt,  dass  L  e  n  t  u  1  u  s  und  N  e  i  p  p  e  r  g  am  nämlichen  Tage  sich  in 
Neisse  voraussichtlich  vereinigen  würden.  Diese  Kunde  bewog  zur 
Vereinigung  aller  in  der  Nähe  befindlichen  Truppen  bei  Steinau, 
wo    eine  Verteidigungsstellung    bezogen    wurde.     Im    Laufe    des 


x)  Tafel  VI. 

2)  „Da  man  wegen  der  umherstreifenden  feindlichen  Husaren  keine 
.schriftlichen  Befehle  zu  schicken  wagte,  so  war  General-Adjutant  Oberst  von 
B  o  r  c  k  e  mit  ihrer  mündlichen  Ueberbringung  beauftragt  worden,  doch  ver- 
mochte dieser,  auf  einem  Umwege  von  30  Meilen  zum  Herzoge  reitend,  nicht 
mehr  rechtzeitig  bei  demselben  einzutreffen."  (Kriege  Friedrich  d.  Gr.  I,  371. 

3)  Tafel  VI. 

14* 


212 

Tages  und  zum  Tlieil  erst  in  der  Nacht  trafen  sämmtliche  Truppen 
aus  Neustadt  und  Umgegend  ein,  so  dass  hier  am  6.  April  Morgens 
29  Bataillone  und  36  Escadronen  versammelt  waren. 

Auch  GM.  von  Kleist  vor  Brieg  ward  beordert,  die  Blokade 
aufzuheben  und  zum  Heere  des  Königs  einzurücken. 

Eine  60  Mann  starke,  von  einem  Rittmeister  befehligte  Ab- 
theilung  des  Husaren-Regiments  Dessewffy,  das  zur  Aufklärung 
an  das  rechte  Neisse-Ufer  entsendet  war,  traf  am  Abend  des 
5.  April  in  Oppersdorf  ein,  gieng  von  dort  nach  Ritterswalde  und 
überraschte  hier  preussische  Truppen  bei  den  Bivouacfeuern.  r) 

Die  preussischen  Truppen  in  Steinau,  die  wegen  eines  dort 
ausgebrochenen  Brandes  aus  dem  Orte  gezogen  werden  mussten. 
bivouakierten  und  litten  bei  dem  eingetretenen  Schneefall  und 
starker  Kälte  ganz  ausserordentlich. 

Am  Morgen  des  6.  April  standen  beide  Heere,  das  öster- 
reichische bei  Neisse,  König  Friedrich  H.  mit  seinen  Truppen 
bei  Steinau,  auf  eine  Entfernung  von  zwei  Meilen  von  einander. 
Das  österreichische  Heer  war  vollständig  versammelt,  von  des 
Königs  Heer  stand  der  Herzog  von  Holstein,  wie  erwähnt, 
noch  in  der  Gegend  zwischen  Frankenstein  und  Ottmachau. 
Friedrich  n.,  in  dem  bestimmten  Glauben,  dass  Letzterer 
den  ihm  gesandten  Befehl,  an  die  mittlere  Neisse  zu  rücken, 
erhalten  habe,  beabsichtigte,  eben  an  diesem  Tage  die  Neisse  zu 
überschreiten,  um  sich  mit  Holstein's  Truppen  zu  vereinigen. 
Um  die  bei  Neu-Sorge-Lassoth  am  4.  abgebrochene  Ponton-Brücke 
wiederherzustellen,  wurde  Oberst  von  Fink  mit  einem  Detachement 
dahin  gesandt.  Die  bei  Steinau  versammelten  Truppen  unter  König 
Friedric  h  II.  Befehl  traten  sodann  den  Marsch  gegen  die  Neisse  an. 
Tiefer  Schnee  machte  das  Fortkommen  beschwerlich.  Das  Gros  der 
Truppen  gelangte  bis  Friedland,  wo  auch  das  Hauptquartier  blieb. 

Hier  trafen  im  Laufe  des  Tages  noch  eine  Escadron  Gensdarmen, 
zwei  Escadronen  Bayreuth-Dragoner  und  zwei  Escadronen  Husaren 
ein.  Die  Avantgarde  der  preussischen  Armee,  die  Regimenter  Prinz 
Leopold,  Truchsess,  ein  Bataillon  von  Borcke  und  zwei  Escadronen 
Husaren,  überschritt  noch  am  6.  April  bei  Neu-Sorge  die  Neisse 
und  besetzte  das  am  linken  Ufer  derselben  liegende  Dorf  Lassoth. 


1    Meldung  des  Oberstlieutenants  Dessewffy,  ddto.  Neunz,   6.  April 
17-11.  K.  A.,  F.  A.  Schlesien  1741,  IV,  20. 


213 

Im  österreichischen  Hauptquartier  war  am  Nachmittage  dieses 
Tages  die  Nachricht  eingelaufen,  dass  die  preussische  Armee  an  der 
Neisse  abwärts  marschiere  und  bei  Neu-Sorge-Lassoth  den  Fluss  zu 
passieren  Willens  sei.  Die  Cavallerie  des  rechten  Flügels  unter 
G.  d.  C.  Freiherrn  von  Börne  r,  x)  die  Cürassier-Eegimenter  Birken- 
feld,  Hohenems,  Lanthieri,  Seherr,  die  Dragoner-Kegimenter  Althanii, 
Römer  und  die  Husaren-Regimenter2)  erhielten  in  Folge  dessen 
Befehl,  gegen  den  am  linken  Neisse-Ufer  liegenden  Ort  Lassoth 
abzurücken. 3) 

Oberstlieutenant  von  St.  Andre  des  Infanterie-Regiments 
Botta,  welcher  mit  20  Husaren  zur  Recognoscierung  vorausgesandt 
war,  traf  bereits  preussische  Abtheilungen  der  Avantgarde  im  Dorfe 
Lassoth  an,  den  Rest  derselben  bemerkte  man  im  Uebergange 
begriffen  und  am  jenseitigen  Ufer.  Um  einen  Stützpunct  zu  haben, 
suchte  St.  A  n  d  r  e  sich  eines  Meierhofes,  eines  massiven  Gebäudes, 
des  sogenannten  Oberhofes,  das  oberhalb  des  Dorfes,  nahe  zur 
Uebergangsstelle  lag,  zu  bemächtigen,  um  sich  dort  bis  zur  Ankunft 
des  Gros  der  Truppen  zu  halten.  Von  hier  aus  hätte  man  leicht 
die  preussische  Infanterie,  welche  bereits  das  ganze  Dorf  zu  be- 
setzen anfieng,  delogieren  und  die  Brücke  unter  Feuer  halten 
können;  nachdem  St.  Andre  aber  nur  Husaren  bei  sich  hatte, 
war  es  ihm  unmöglich,  anders  als  durch  Ueberraschung  zu  wirken 
und  gerade  als  seine  Husaren  in  den  Hof  der  erwähnten  Meierei 
sprengten,  wurden  sie  von  dem  Feuer  einiger  hundert  Infanteristen, 


x)  Freiherr  Ernestus  von  Eöme  r  war,  wie  schon  erwähnt,  in  der  Pro- 
motion vom  19.  März  1741,  in  welcher  FZM.  Graf  Neipperg  zum  Feld- 
marschall vorrückte,  zum  General  der  Cavallerie  befördert  worden.  Da  die  betref- 
fenden Bestallungen  erst  einige  Wochen  später  ausgestellt  wurden  (Neipperg's 
Bestallung  datiert  vom  12.  April),  Römer  aber  inzwischen  bei  Mollwitz  gefallen 
war,  findet  sich  für  ihn  keine  Bestallung  vor.  Er  wird  desshalb  auch  in  den 
amtlichen  Schriftstücken,  da  die  Promotion  wohl  bekannt,  aber  eine  amtliche 
Verständigung  nicht  herabgelangt  war,  stets  als  Feldmarschall-Lieutenant  noch 
bezeichnet. 

2)  Splenyi  und  Ghilänyi,  da  Dessewffy  sich  am  rechten  Ufer  der  Neisse 
und  Csäky    beim  Detachement    des  GFWM.  Baron  Baränyai  befand. 

3)  Der  Flügel  des  G.  d.  C.  Freiherrn  von  Eömer  bestand  allerdings  aus 
den  6  obangeführten  Regimentern  ;  doch  gibt  der  später  (in  den  Achtziger 
Jahren  auf  Befehl  des  Hof-Kriegsrathes)  eingesendete  Bericht  des  Oberst  - 
lieutenants  von  Lincken,  der  den  Feldzug  in  Schlesien  als  Hauptmann  im 
Römer'schen  Dragorier-Regimente  mitgemacht  hatte,  an,  dass  bei  dieser  Ge- 
legenheit nur  5  Regimenter  unter  G.  d.  C.  Röme  r's  Commando  gestanden 
seien.  (K.  A.,  F.  A.  Schlesien  1741,  XIII,  1.) 


214 

welche  sich  dort  eingenistet  hatten,  derart  empfangen,  dass  sie  mit 
Verlust  einiger  Leute  sich  zurückziehen  mussten.  ') 

Es  hatten  bereits  zwei  Bataillone  der  preussischen  Avantgarde 
den  Fluss  passiert,  als  General  Eöme r  Nachmittags  eintraf.  Der 
coinmandierende  G-eneral  begab  sich  mit  GFWM.  Lentulus  selbst 
nach  Lassoth.  Die  Preussen  gaben  einige  Kanonenschüsse  auf  die 
im  Vortrabe  befindlichen  Husaren-Abtheilungen  ab,  wobei  ein  Husar 
an  der  Seite  Eöme r's  erschossen  wurde.  Nichts  wäre  leichter 
gewesen,  als  dies  Detachement  wieder  zu  delogieren  ;  da  man  jedoch 
glaubte,  dass  der  König  von  Preussen  beabsichtige,  die  Neisse  in 
der  Gegend  zu  passieren  und  der  österreichische  Feldherr  durchaus 
Gelegenheit  suchte,  ihn  in  eine  Schlacht  zu  verwickeln,  so  begnügte 
man  sich,  die  Cavallerie  des  Generals  Römer  dort  aufzustellen 
und  am  anderen  Tage  den  Rest  der  Armee  dahin  folgen  zu  lassen.-! 

FM.  Graf  Neipperg  sandte  nämlich  am  7.  April  die  In- 
fanterie und  Artillerie,  den  FML.  Baron  B  er  Hellingen  mit  dem 
linken  Flügel  der  Cavallerie,  den  Cürassier-Regimentern  Cordova. 
Hohenzollern  und  den  Dragoner-Regimentern  Liechtenstein,  AVürttem- 
berg,  Batthyanyi  nach  und  Hess  dieser  Cavallerie  die  Pontons 
folgen. :i) 

Es  befand  sich  also  die  gesammte  österreichische  Armee  am 
linken  Neisse-Ufer  bei  Lassoth  versammelt. 

Der  die  preussische  Avantgarde  befehligende  Oberst  von 
Stech  ow  hatte  Lassoth  bis  zum  Einbruch  der  Nacht  des  G.April 
besetzt  gehalten,  erachtete  es  jedoch  bei  der  starken  Ueberlegenheit 
der  herangezogenen  österreichischen  Kräfte  für  gerathen,  während 
der  Nacht  wieder  auf  das  rechte  Neisse-Ufer  zurückzugehen.  Die 
Brücke  blieb  vorläufig  noch  erhalten. 

König  Friedrich  IL  erfuhr  dies  erst  am  Morgen  des 
7.  April,  worauf  er  den  Markgrafen  Carl  mit  vier  Bataillonen  an  den 
Uebergaugspunct  entsandte  und  später    auf  die  Meldung,    dass  die 


:)  K.  A.,  F.  A.  Schlesien  1741,  IV,  ad  32  e.  Relation  der  Schlacht  bei 
Mollwitz  von  einem  kaiserl.  Officier.  Abgedr.  in  Mitthlgn.  des  k.  und  k.  K.  A., 
N.  F.  I. 

2;  Nach  einem  nicht  mehr  vorhandenen  Bericht  N  e  i  p  p  e  r  g's  aus  Neisse 
vom  6.  April  hatte  dieser  die  Absicht  gehabt,  noch  am  nämlichen  Tage  mit  der 
gesammten  Cavallerie  von  dort  auszurücken  und  zu  trachten,  „von  feindlichen 
Truppen,  die  dazumal  dies- und  jenseits  der  Neisse  ziemlich  zerstreut  gelegen 
und  im  Marsche  begriffen  waren,  einige  entweder  corps-  oder  theilweise  anzu- 
treffen   und  ihnen  Abbruch  zu  thun". 

3)  K.  A.,  Lutsch'  Tagebuch. 


215 

Bretter  von  der  Brücke  aufgenommen  seien,  den  Erbprinzen  Leopold 
von  Anhalt-Dessau  beauftragte,  das  Commando  dort  zu  über- 
nehmen und  die  Brücke  wieder  gangbar  zu  machen. 

Noch  immer  hielt  Friedrich  daher  an  der  Absicht  fest, 
hier  den  Ueb  ergang  zu  bewirken. 

Als  der  Erbprinz  bei  der  Brücke  ankam,  fand  er,  dass  Markgraf 
Carl  den  bereits  erwähnten,  am  linken  Ufer  liegenden  Meierhof 
hatte  anzünden  lassen,  weil  die  0 esterreicher,  welche  denselben 
nach  dem  Rückzuge  des  Obersten  von  Stechow  besetzt  hatten, 
von  hier  aus  die  am  rechten  Neisse-Ufer  aufgestellten  preussischen 
Bataillone  heftig  beschossen.  Nachdem  die  Brückendecke  wieder 
aufgelegt  worden,  ritt  Leopold  von  Dessau  mit  den  Husaren 
über  die  Brücke,  liess  einige  Infanterie-Bataillone  dieselbe  ebenfalls 
überschreiten  und  das  Dorf  Lassoth  besetzen,  aus  welchem  die  dort 
befindlichen  schwachen  österreichischen  Abtheilungen  vertrieben 
wurden.  Jenseits  des  Dorfes  sah  er  sich  aber  starken  österreichischen 
Kräften  gegenüber. 

Da  er  es  nicht  rathsam  fand,  Angesichts  dieser  mit  der  ganzen 
Armee  über  die  Neisse  zu  defilieren,  traf  er  Anstalt,  sich  wieder 
über  die  Brücke  zurückzuziehen.  Das  Gros  seiner  Truppen  und  das 
Geschütz  wurde  am  rechten  Ufer  zur  Aufnahme  der  am  linken 
befindlichen  Truppen  aufgestellt  und  dem  Könige  Meldung  erstattet. 
Der  Erbprinz  erhielt  in  Folge  dessen  Befehl,  den  Uebergang  auf- 
zugeben, die  Brücke  abzubrechen,  da  die  gesammte  Armee  in  Folge 
der  geänderten  Umstände  die  Neisse  nun  bei  Michelau  überschreiten 
sollte.  Unter  lebhaftem  Geplänkel  am  linken  Fluss-Ufer  gelang  dem 
Erbprinzen  der  Rückzug,  das  Abbrechen,  sowie  die  Bergung  der 
Brücke.  Das  Dorf  Lassoth  gieng  in  Flammen  auf.  J) 

Erbprinz  Leopold,  zu  dessen  Colonne  noch  von  den  am 
rechten  Neisse-Ufer  gestandenen  Truppen  10  Bataillone  und  6  Esca- 
dronen  gestossen  waren,  marschierte  um  4  Uhr  Nachmittags  an  der 
Neisse  abwärts  über  Bielitz,  Gross-Mahlendorf,  Grüben  und  langte 
spät  Abends  im  Dorfe  Kirchberg  an. 

Die  Cavallerie  hatte  mit  vier  Grenadier-Bataillonen  die  Arriere- 
garde. 

Dieser  Marsch  wurde  von  österreichischen  Husaren  beunruhigt. 
Der  mit  seinem  Reginiente  am  rechten  Neisse-Ufer  befindliche  und 
dem  Commandanten  von  Neisse,  Oberst  Baron  Roth,  zu  Streifungen 


*)  König  Friedrich    ernannte    den  Erbprinzen    für    die  im  Gefechte 
bei  Lassoth  bewiesene  Umsicht  zum  General  der  Infanterie. 


216 

zugewiesene  Oberstlieutenant  Graf  D  esse  wffy  war  der  preussischen 
Colonne  gefolgt  und  hatte  den  Oberstwachtnieister  von  Hadik1) 
mit  130  Pferden  vorausgesandt.  Dieser  stiess  zwischen  Mahlendorf 
und  Grüben  auf  eine  preussische  Abtheilung  von  80  Mann,  welche 
Fuhrwerke  escortierte  und  „nach  ziemlich  tapferer  Gegenwehr" 
niedergemacht  wurde,  bis  auf  2  Lieutenants,  1  Fähnrich,  2  Corporale, 
2  Tambours  und  17  Verwundete,  die  in  Gefangenschaft  fielen. 
Oesterreichischerseits  fiel  bei  dieser  Gelegenheit  1  Lieutenant  und 
1  Cornet,  2  Husaren  wurden  verwundet  und  6  Pferde  erschossen. 2) 


Für  die  österreichische  Armee  wurde,  nachdem  der  Uebergang 
über  die  Neisse  bei  Lassoth  preussischerseits  aufgegeben  worden, 
die  Disposition  getroifen,  am  linken  Fluss-Ufer  abwärts  zu  mar- 
schieren, um  den  Feind  zu  beobachten.  Die  Cavallerie  des  rechten 
Flügels  wurde  nach  Walddorf,  Bösdorf  und  Struwitz,  die  Infanterie 
nach  Kuschdorf,  Eeinschdorf  und  Mogwitz,  der  linke  Flügel  der 
Cavallerie  nach  Friedewalde  verlegt.  Als  Marschziel  für  den  8.  April 
wurde  Grottkau  bestimmt. 3) 

Die  übrigen  preussischen  Truppen,  10  Bataillone,  20  Esca- 
dronen  waren  während  des  Gefechtes  bei  Lassoth  aus  der  Gegend 
von  Friedland  abgerückt.  Die  Infanterie  marschierte  über  Falken- 
berg auf  Michelau ;  einzelne  Abtheilungen  erreichten  auch  diesen 
Ort.  Die  Cavallerie  nahm  die  Route  auf  Löwen,  ein  Theil  derselben 
überschritt  dort  noch  die  Neisse  und  cantonnierte  bei  genanntem 
Orte  und  Pogarell. 

Am  selben  Tage  fand  auch  bei  Michelau  die  Vereinigung  mit 
dem  Blokade-Corps  von  Brieg  statt,  das  GM.  von  Kleist  zuführte. 


x)  Andreas  von  Hadik,  der  spätereFeldmarschall,  Reichsgraf,  geheime 
Rath  und  Hof-Kriegsraths-Präsident  (1774 — 1790)  entstammte  einem  alten 
ungarischen  Adelsgeschlechte  und  war  am  6.  Octoher  1710  auf  der  Insel 
Schutt  als  Sohn  des  kaiserlichen  Husaren-Rittmeisters  Michael  Hadik  gehören. 
In  jungen  Jahren  mit  seltenem  Eifer  den  Wissenschaften  ergeben,  wollte  er 
durchaus  sich  dem  geistlichen  Stande  widmen  und  nur  der  Einwirkung  des 
Vaters  gelang  es,  ihn  zum  Eintritt  in  die  Armee  zu  bestimmen.  Hadik  trat 
1732  als  Cornet  in  das  Dessewify'sche  Husaren-Regiment  und  fand  1735  bei 
der  Armee  des  Prinzen  E  vi  g  e  n  am  Rhein  Gelegenheit,  viel  Geschicklichkeit 
in  der  Führung  von  Streifpartheien  zu  zeigen.  Im  Feldzuge  gegen  die  Türken 
zeichnete  er  sich  in  der  Schlacht  bei  Grocka  (22.  Juli  1739)  durch  Tapferkeit 
und  Umsicht  aus.  Im  Feldzuge  1741  stand  er  als  Oberstwachtmeister  bei  dem 
Dessewffy'schen  Husaren-Regimente. 

2)  Meldung  des  Oberstlieutenants  von  D  esse  wffy  aus  Hermesdorf 
(Hermsdorf)  v.  8.  April  1741.  (K.  A.,  F.  A.  Schlesien   1741,  IV,  24  und  ad  24.) 

3)  K.  A.,  Lutsch'  Tagebuch. 


217 

nämlich  dem  Infanterie-Regimente  Graevenitz,  4  Escaclroiien  Bay- 
reuth, 2  Escadronen  Schulenburg,  während  die  beiden  Grenadier- 
Bataillone,  welche  ebenfalls  vor  der  Festung  gestanden  waren,  nach 
Ohlau  zum  Schutz  des  dort  befindlichen  Artillerie-Materials  abgesandt 
wurden.1) 

FML.  Baron  Berlichingen  befand  sich  am  8.  April  mit 
den  Fourieren  der  Regimenter  bei  der  Avantgarde,  welche  der 
linke  Flügel  der  Armee  beigestellt  hatte. 

Als  der  General  vor  der  mit  einer  einfachen  Mauer  umgebenen 
Stadt  Grottkau  erschien,  worin  sich  ein  preussisches  Commando 
von  60  Mann  unter  einem  Lieutenant  und  900  Recruten  befand  2), 
forderte  er  die  Besatzung  zur  Uebergabe  auf  und  als  keine  Antwort 
erfolgte,  wollte  er  das  Thor  einschiessen  lassen.  Von  der  Umfassungs- 
mauer wurde  gefeuert,  wodurch  einige  Fouriere  verwundet  wurden, 
worauf  je  ein  Lieutenant  der  Regimenter  Hohenzollern,  Römer  und 
Liechtenstein  im  Trabe  mit  ihren  Abtheilungen  vorgiengen.  In 
Halbenclorf  (ein  Kilometer  südwestlich  von  Grottkau),  wo  inzwischen 
das  Gros  der  Avantgarde  Stellung  genommen  hatte,  prellte  noch 
ein  preussisches  Husaren-Commando  an,  ,,so  aber  durch  unsere 
Husaren  in  ihrer  Retraite  ziemlich  mitgenommen  wurde." 3)  Die 
Garnison  von  Grottkau  in  der  bereits  geschilderten  Stärke,  ergab 
sich,  nachdem  sie  die  Vorbereitungen  zur  Beschiessung  gesehen, 
eine  Stunde  später  und  man  fand  an  Geld  etwa  1000  Gulden,  dann 
20  Scheffel  Korn,  16.39G  Portionen  Hafer  und  Gerste,  1200  Portionen 
Brod,  600  Rationen  Heu,  300  Schock  Stroh  vor. 

Die  österreichischen  Husaren  brachten  ausserdem  bei  40  preussi- 
sche  Gefangene  ein,  worunter  2  Husaren-Offi eiere,  1  Lieutenant 
der  Cavallerie  und  1  Ingenieur-Lieutenant. 

Diese  Gefangenen  rührten  von  einem  Zusammenstoss  bei 
Leippe  her,  den  die  österreichischen  hier  mit  aufklärenden  preussischen 
Husaren- Abtheilungen  hatten  und  das  an  und  für  sich  unbedeutende 
Rencontre  ist  clesshalb  erwähnenswerth,  weil  es  in  die  Hände  beider 
Gegner  eine  Anzahl  Gefangene  brachte,  deren  Aussagen  wichtig, 
ja  für  die  Entschlüsse  der  preussischen  Heerführung  entscheidend 
wurden. 


l)  Tafel  VI. 

-)  Vermuthlich  neu  Angeworbene,  da  sich  nach  dem  Tagebuche  des 
Fähnrichs  Lutsch  19  Officiere  dabei  befanden. 

3)  Relation  des  Oberstlieutenants  von  Lincken.  (Iv.  A.,  F.  A.  Schlesien 
1741,  XIII,  1.) 


-218 

König  Friedrich  II.  hatte  nämlich  am  Morgen  des  8.  April 
die  Infanterie  bei  Michelau,  die  Cavallerie  bei  Löwen  die  Neisse 
überschreiten  lassen,  in  der  Absicht  an  diesem  Tage  Grottkan,  wo 
sich  ein  Recruten-Depöt  und  ein  Magazin  befanden,  zu  erreichen 
und  sich  so  auf  Ohlau  zu  basieren.  J) 

Des  Erbprinzen  von  Dessau  Truppen  vereinigten  sich  bei 
Michelau  mit  dem  Haupt-Corps  und  überschritten  hier  die  Neisse. 
Von  einigen  in  dem  ßencontre  bei  Leippe  Gefangenen  hatte  König- 
Fr  iedr  ich  IL  erfahren,  dass  die  österreichische  Armee  auf  Ohlau 
marschieren  wolle,  um  sich  des  dort  befindlichen  Artillerie-Materials 
zu  bemächtigen. 2)  Bei  dem  erwähnten  Rencontre  in  Leippe  waren 
auch,  Avie  erzählt,  von  den  österreichischen  Husaren  Gefangene 
eingebracht  worden.  Es  war  also  mit  der  preussischen  Armee  die 
Fühlung  gewonnen,  die  merkwürdigerweise  am  folgenden  Tage 
ganz  verloren  gegangen  zu  sein  scheint. 

König  F  r  i  e  d  r  i  c  h  IL  gab  auf  die  erhaltene  Nachricht  Irin 
Befehl  zur  Concentrierung  der  Armee  und  rückte  in  vier  Colonnen 
in  die  Gegend  von  Pogarell,  wohin  er  sein  Hauptquartier  verlegte. 
Ofnciere  wurden  nach  Ohlau  entsendet,  um  die  nachgerückten  und  dort 
eingetroffenen  zwei  Cürassier-ßegirnenter  (Gessler  und  Buddenbrook) 
zur  Armee  einrücken  zu  lassen.  Diese  Befehle  kamen  jedoch  wegen 
der  in  der  Gegend  schwärmenden  Husaren  nicht  mehr  an  ihre 
Bestimmung. 

Bei  der  österreichischen  Armee  liefen  Meldungen  ein,  dass  die 
Preussen  in  und  bei  Michelau  und  Löwen  stünden. 

FM.  N  e  i  p  p  e  r  g  berichtete  an  diesem  Tage  von  Grottkan 
aus  an  den  Grossherzog  von  Toseana: 

„Ich.  hätte  zwar  noch  heute  mit  dem  Corpo  von  hier  weiter 
rücken  und  dem  Feind,  welcher  allerorten  in  der  grössten  Con- 
fusion  ist,  Abbruch  thun  können,  wann  nicht  in  Erwägung  gezogen, 
dass  sowohl  Cavallerie,  als  Infanterie  in  Betracht  der  einige  Zeit 
her  ausgestandenen  Fatiguen,  hauptsächlich  aber  des  üblen  Wetters 
willen,  welches  dem  mitten  im  Winter  an  Frost,  Schnee  und  sonsten 
nicht  viel  ungleich,  zu  fernerer  deren  Conservation  einer  etwelchen 
Ruhe  nöthig  hätte ;  habe  es  dahero  dahin  eingeleitet,  dass  die  In- 
fanterie in  der  Stadt  einquartiert,  der  Cavallerie  hingegen  zur 
Unterkunft    die    erforderlichen  Häuser    vor    der    Stadt    angewiesen 


*)  Kriege  Friedrich  d.  Gr.  I.  379. 
2j  Histoire  de  mon  temps.  225. 


219 

worden  und  morgen  gedenke  in  aller  Frühe  von  liier  wieder  auf- 
zubrechen, wiewohlen  noch  zur  Zeit,  die  Wahrheit  zu  bekennen, 
keine  Partie  genommen,  wohin  mich  mit  dem  Corpo  eigentlich 
wenden,  werde,  es  mag  aber  rechts  oder  links  gehen,  so  köm 
E.  k.  H.  Gnädigst  sich  persuadieren,  class  darunter  nichts  Anderes 
suchen  werde,  als  was  J.  k.  M.  meiner  Allergnädigsten  Frau  und 
E.  k.  H.  Dienst  und  Interesse  befördern  kann  und  wovon  Höchst- 
denselben  binnen  zwei  oder  drei  Tagen  das  Weitere  unter thän igst 
zu  hinterbringen  die  höchste  Gnade  haben  werde;  nur  kann  unter- 
dessen bei  dieser  Gelegenheit  zu  berühren  nicht  umgehen,  weicher- 
gestalten der  FML.  Baron  von  B  e  r  1  i  c  h  i  n  g  e  n,  der  anheut  mit 
dem  linken  Flügel  der  Cavallerie  die  Avantgarde  gehabt,  seine 
Sache,  mit  Umzingiung  und  Einschluss  des  Orts  dermassen  wohl 
angeschickt,  dass,  wo  er  es  nicht  so  gut  und  behutsam,  auch  mit 
solcher  Behendigkeit,  als  geschehen,  ausgeführt  hätte,  die  Garnison, 
wie  sie  bei  seiner  Ankunft  schon  wirklich  in  Begriff  gestanden, 
mittelst  der  Moräste,  so  auf  einer  Seite  herum  sind  und  durch 
Aushilf  eines  nahe  angelegenen  Waldes  uns  unfehlbar  entgangen 
sein  würde.  Und  zumal  es  nun  hauptsächlich  zu  Beförderung 
J.  k.  M.  und  E.  k.  H.  Allerhöchst-  und  höchsten  Dienstes  darauf 
ankommt,  dass  der  Feind  in  seiner  gegenwärtigen  Beschaffenheit 
noch  weiter,  so  es  noch  an  der  Zeit,  gebracht,  einfolglich  dem- 
selben von  allen  Seiten,  wo  es  möglich,  auf  den  Leib  gegangen 
und  zugesetzt  werde,  also  wäre,  ohne  unterthänigster  Massgabe 
jedoch,  wohl  gut  und  fürträglich,  wenn  die  Ungarn,  anstatt  dass 
sie  das  Ziel  ihres  Aufbruchs  auf  Anfang  und  Hälfte  künftigen 
Monats  Mai  gestellt,  nunmehr  ohne  geringsten  Zeitverlust  sich 
aufmachten  und  bei  der  Jablunka  in  Schlesien  einrückten,  von 
dorten  aber  so  weit  möglich  abwärts  in  Schlesien  zwischen  der 
Oder  und  der  polnischen  Grenze  penetrierten ;  ja  wenn  auch 
andere  in  der  Nähe  von  der  Jablunka  gelegene  deutsche  Regimenter 
hiezu  employiert  würden,  dürfte  es  nicht  undienlich  sein,  sondern 
einen  unfehlbaren  grossen  Nutzen  und  Beförderung  der  gerechten 
Sache  nach  sich  ziehen."  ]) 

In  ähnlicher,  ja  noch  bestimmterer  Weise  spricht  sich 
Neipperg  in  einem  am  selben  Tage  an  den  FM.  Grafen 
Johann  Pälffy  gerichteten  Schreiben  aus,  worin  er  noch  be- 
sonders betont,  dass  das  herrschende  Wetter  „zu  einer  Operation" 
allerdings    sehr  unbequem   sei  und  hinzufügt,    ,,bei  der  dermaligen 


J)  K.  A.,  F.  A.  Schlesien  1741,  IV,  23. 


220 

Notwendigkeit    unserer  Vorrückung    aber  ist  nichts  anderes 
zu  thun,  als  Geduld  zu  tragen."1) 

Am  9.  April  wurde  der  Marsch  auf  der  Strasse  nach  Ohlau  fort- 
gesetzt. Der  Felclmarschall  blieb  mit  den  sechs  Regimentern  des 
Gr.  d.  C.  Römer  in  Mollwitz.  Die  Infanterie,  Artillerie  und  die 
Pontons  nahmen  die  Quartiere  in  Laugwitz  (zweieinhalb  Kilometer 
von  Mollwitz)  und  FML.  Berlichingen  blieb  mit  fünf  Cavallerie- 
Regimentern  in  Bärzdorf  (vier  Kilometer  von  Mollwitz).  Die  Husaren- 
Regimenter  kamen  nach  Grüningen  (drei  Kilometer  von  Mollwitz). 

Das  Hauptquartier  verlegte  der  Feldmarschall  nach  Mollwitz 
und  meldete  von  hier  aus  dem  Gemahl  der  Königin,  dass  er  in 
der  Mitte  der  feindlichen  Truppen  stehe,  deren  grösster  Theil 
zwischen  Löwen  und  Michelau  an  der  Neisse,  ein  kleinerer  zu 
Ohlau  sich  befinde. 

Dieser  Irrthum  N  e  i  p  p  e  r  g's,  der  theilweise  auch  verhängniss- 
voll für  ihn  wurde,  ist  unbegreiflich  bei  dem  sonstigen  guten 
Sicherheitsdienst,  den  die  Husaren  verrichteten. 

Die  preussische  Armee  stand  bereits  seit  dem  8.  April  eng 
concentriert  um  Pogarell-Alzenau  auf  der  Strasse  Löwen-Ohlau, 
neun  Kilometer  von  den  Quartieren  der  0 esterreicher,  sieben  Kilo- 
meter von  Brieg  entfernt.  Auch  waren  am  8.  April  bereits,  als 
König  Friedrich  IL,  nachdem  er  über  die  Neisse  gegangen  und 
von  Michelau  nach  Grottkau  sich  hatte  wenden  wollen,  wie  erwähnt, 
österreichische  Husaren  mit  preussischen  bei  Leippe  zusammen- 
gestossen  und  beiderseits  Gefangene  gemacht  worden. 

Auch  auf  dem  Vormarsche  am  9.  April  gegen  Ohlau  war  die 
österreichische  Vorhut  auf  Abtheilungen  preussischer  Reiter  ge- 
stossen,  die  sich  bei  Annäherung  der  Armee  zurückzogen. 2)  Hinter 
diesen  Recognoscierungs-Patrouillen  vermuthete  FM.  Graf  Neipperg 
wohl  eine  grössere  Macht,  als  wirklich  sich  in  Ohlau  befand  und 
Jiielt  die  preussische  Armee  noch  nicht  in  der  Weise  versammelt, 
wie  sie  dies  in  der  That  war.  Auf  den  Mangel  an  richtigen  Nach- 
richten deutet  auch  ein  von  Ranke  ohne  weitere  Quellenangabe 
mitgetheilter  Auszug  aus  einem  Schreiben  Neipperg's  aus 
Grottkau,    8.  April,    das    sich  jedoch  in  den  Acten  nicht  vorfindet. 


!)  K.  A.,  F.  A.  Schlesien  1741 .  IV,  22. 

2)  Es  waren  Cürassiere  der  in  Ohlau  eben  einrückenden  Kegimenter 
Gessler  und  Buddenbrock.  (G  r  ü  n  h  a  g  e  n.  Erster  schlesischer  Krieg,  I,  77 
und  „Kriege  Friedrich  d.  Gr.",  I. 


22 1 

Derselbe  lautet :  „Der  Feldmarschall  fügt  hinzu,  dass  er  bis  zum 
Augenblick  seiner  Depesche  keinerlei  Nachricht  habe,  wohin  der 
König  gegangen,  noch  wo  sich  sein  FM.  Schwerin  befinde, 
noch  was  aus  dem  General  Schulenburg  mit  den  Regimentern, 
welche  sich  aus  Troppau,  Ratibor  etc.  zurückgezogen  hatten,  ge- 
worden sei."1) 

Es  wurde  verhängnissvoll,  dass  gerade  an  dem  kritischen 
9.  April  die  Nachrichten  über  die  feindliche  Armee  im  öster- 
reichischen Hauptquartier  spärlich  oder  unrichtig  einliefen,  jeden- 
falls trug  das  sehr  starke  Schneetreiben  und  die  dadurch  erschwerte 
Umsicht  wohl  mit  dazu  bei,  dass  das  österreichische  Hauptquartier 
schlecht  mit  Nachrichten  versehen  ward,  was  umso  unerklärlicher 
erscheint,  als  in  dem  Berichte  des  Prinzen  Leopold  von 
Dessau  über  die  Schlacht  bei  Mollwitz2)  an  seinen  Vater  aus- 
drücklich hervorgehoben  wird,  dass  der  auch  im.  preussischen 
Hauptquartier  empfundene  Mangel  an  Nachrichten  über  die  öster- 
reichische Armee  durch  die  grosse  Menge  der  feindlichen  Husaren, 
die  immer  um  die  Preussen  herumschwärmten,  veranlasst  wurde. 
Fast  unbegreiflich  aber  ist  eine  in  den  Acten  erliegende  Meldung 
des  am  9.  April  in  Schaderwitz  am  rechten  Neisse-Ufer  befindlichen 
Oberstlieutenants  Grafen  Dessewffy,  dessen  Avantgarde  ja  doch 
der  preussischen  Armee  bei  ihrem  Marsch  Neisse-abwärts  gefolgt 
war  und  welcher  dem  Feldmarschall  berichtet :  „Er  werde  fleissig 
den  Feind  observieren,  falls  derselbe  bei  Levin  (Löwen)  die  Neisse 
nicht  passieren  könnte  und  diesfalls  sich  etwa  retirieren  wollte,  um 
hievon  baldige  Nachricht  abzustatten.  3) 

Ausserdem  wurden  am  9.  selbst  durch  Husaren  noch  Gefangene 
eingebracht.  4) 

Neipperg  selbst  sagt  in  der  vorerwähnten  Meldung,  dass 
er  in  der  Ueberlegung  begriffen  sei,  „wie  meine  weitere  Vorrückung 
nach  dem  feindlichen  Mouvement  und  nach  Bewandtniss  des  Terrains 
bewerkstelligen  könne  oder  was  der  Feind  nach  seiner  jetzmaligen 
Situation  für  eine  Partie  nehmen  werde". 5) 


J)  Ranke,  Zwölf  Bücher  preussischer  Geschichte,  VIII,  402. 

2)  Annalen  des  Krieges,  III.,  73. 

3)  K.  A.,  F.  A.  Schlesien  1741,  17.,  27. 

*)  1  Feldwebel    von    dem    Regiinente  Sydow,    5  Musketiere,    3  Husaren 
und    1    Officiersbedienter ;    ausserdem    wurde    ein  Feldprediger    (!?)    in    d 
Dorie     Mollwitz    gefunden     und     gefangen     genommen.     (K.     A.,     Lutsch' 
Tagebuch.) 

5)  K.  A.,  F.  A.  Schlesien  1741,  IV,  25. 


222 

Da  die  Verbindung  mit  Brieg  frei  war,  so  wurden  dessen 
Commandant  GFAVM.  Graf  Pi  c  c  ol  oniini,  Oberst  Baron  de  Ein 
und  Kriegs-Zahfmeister  Graf  Pü  ekler  am  O.April  in  das  Haupt- 
quartier des  Feldmarschalls  nach  Mollwitz  berufen  ;  nach  gepflogenen 
Verabredungen  kehrten  dieselben  unter  Bedeckung  von  GO  Husaren 
wieder  nach  Brieg  zurück. 

Hiebei  war  bestimmt  worden,  dass  die  Festung  für  einige 
Tage  die  Armee  versorgen  solle,  .  da  die  Nachschübe  bei  den  fast 
unpassierbaren  Strassen  im  Gebirge  und  der  rauhen  Jahreszeit 
nicht  zeitgerecht  hatten  nachfolgen  können. 

Vor  dem  Abmarsch  aus  Grottkau  hatte  N  e  i  p  p  e  r  g  dem 
Ober-Kriegs-Commissär  von  Bosch,  der  am  selben  Tage  (9.)  in 
Neisse  mit  den  Kanzleien,  dem  Proviantamt,  den  sämmtlichen 
Bagagen,  Brod,  Hartfütter  und  Mehl  eintreffen  sollte,  dringend 
anbefohlen,  dass  er  sich  für  seine  Person  wenigstens  sofort  in 
das  Hauptquartier  begebe,  nachdem  er  wegen  der  Instradierung 
der  Nachschübe  aus  Mähren  und  Böhmen  alles  Erforderliche  ein- 
geleitet haben  Averde,  da  die  mitgenommenen  Vorräthe  vollständig 
consumiert  worden  und  Neipperg  nicht  mehr  im  Stande  sei,  „zu 
fernerer  Betreibung  der  Mund-  und  Pferdprovisionen,  wie  auch  mit 
der  benöthigten  Verbackung  allein  auszukommen".  r) 

Nach  den  am  9.  April  im  N  eipp  er  g' sehen  Hauptquartier 
ausgegebenen  Befehlen  sollte  die  Aufbruchsstun.de  noch  angeordnet 
werden;  die  Truppen  sollten  jedoch  bereit  sein,  bei  Alarm  oder 
gegebenem  Marschbefehl  sogleich  ausrücken  zu  können.  Derjenige 
Flügel  der  Armee,  welcher  alarmiert  werde,  solle  sogleich  den 
andern  avisieren.  Die  Husaren-Regimenter  hatten  eine  Patrouille 
gegen  Michelau,  eine  gegen  Ohlau  auszusenden. 2 1 

FM.  N  e  i  p  p  e  r  g  hatte  die  Gegend  von  Mollwitz  ausersehen, 
als  besonders  geeignet,  die  Preussen  an  der  Vereinigung  und 
an  der  Erreichung  des  Depotplatzes  Ohlau  oder  der  Passierung 
des  Ohlau-Flusses,  um  sich  gegen  Schweiclnitz  oder  Breslau  zu 
wenden,  zu  verhindern.  Er  fasste  daher  den  Entschluss,  hier  eine 
Beobachtungsstellung  einzunehmen  und  diese  Zeit  zur  Erholung 
der  Truppen,  welche  durch  die  starken  Märsche  und  „häufige,  bei 
dieser,  fast  dem  härtesten  Winter  zu  vergleichenden  Jahreszeit 
ausgestandene  Fatiguen  nicht  wenig  erlitten  und  einer  Erholung 
unumgänglich  von  Nöthen  hatten,    ausrasten   zu   lassen,    ingleichen 


»)  K.  A.,  F.  A.  Schlesien  1741,  IV,  2(5. 
2)  K.  A.,  Lutsch'  Tagebuch. 


223 

auch  die  Subsistenz  für  Mann  und  Pferde,  die  auf  ein  oder  zwei 
Tage  von  liier  durch  Landwagen  nachgebracht,  worden,  an  sich 
zu  ziehen  und  unterdessen  zu  weiterer  Vornehmung  sich  zu 
präparieren".  l) 

Die  Oesterreicher  hatten  durch  ihre  sehr  geschickten  und 
verhältnissmässig  nicht  langsamen  Märsche  und  ihre  Stellung  bei 
Mollwitz  dem  Könige  Friedrich  LT.  den  Rückzug  und  also 
auch  die  Verbindung  mit  Ohlau  abgeschnitten.  Selbst  wenn 
er  weiter  oberhalb  die  Oder  überschritten  hätte,  um  auf  deren 
rechtem  Ufer  den  Rückzug  auf  Breslau  zu  nehmen,  würde 
doch  die  österreichische  Armee  viel  rascher  vor  der  Hauptstadt  er- 
schienen sein,  um  die  Preussen  am  Uebergange  auf  das  linke  Oder- 
Ufer  zu  hindern. 

Am  9.  April  jedoch  hatte  sich  der  Feldmarschall,  indem  er 
den  Entschluss  des  Abwartens  fasste,  der  Initiative,  welche  er  bis 
dahin  gehabt,  begeben.  Seine  Beweggründe  mögen  in  den  unvoll- 
kommenen und  mangelhaften  Nachrichten  bestanden  haben,  die 
er  über  die  Stärke  und  Stellung  der  Preussen  hatte.  In  Ohlau  ver- 
muthete  er  beträchtliche  preussische  Kräfte  und  hielt  in  Folge 
dessen  die  Armee  des  Königs  nicht  für  vereinigt. 

Unbegreiflich  bleibt  immerhin,  denn  Neipperg  und  seine 
Generale  hatten  doch  den  grossen  Krieg  gesehen,  die  Unterlassung 
jedweder  grösseren  Recognoscierung  der  preussischen  Aufstellungen. 
Eine  solche,  unter  dem  Commando  eines  erfahrenen  Generals  durch- 
geführt, wäre  wohl  geeignet  gewesen,  der  Unsicherheit  im  öster- 
reichischen Hauptquartier  ein  Ende  zu  machen. 

König  Friedrich  IL  hatte  beabsichtigt,  am  9.  April  den 
Marsch  in  der  Richtung  auf  Ohlau  fortzusetzen,  er  hegte  die  feste 
Ueberzeugung,  dass  es  hiebei  zum  Zusammenstoss  kommen  werde - 
und  sah  sich  auch  zur  Schlacht  genöthigt,  nicht  weil  er  wollte, 
sondern  weil  seine  Lage  ihn  dazu  drängte.  Viel  stand  dabei  auf  dem 
Spiel;  im  Falle  einer  Niederlage  konnte  sein  Heer,  gegen  die  Oder 
oder  untere  Neisse  geworfen,  leicht  einer  Katastrophe  entgegen- 
gehen. 


')  Neipperg's  Relation  über  die  Schlacht  bei  Mollwitz  im  gräflich 
N  e  ip  p  e  r  g'schen  Arclüve  zu  Schwaigern.  Abgedruckt  in  „Mittheilungen  dc- 
Kriegs-Archivs",  N.  F.,  II,  1888,  182. 

2)  Brief  an  Jordan  vom  8.  April:  „Wir  werden  uns  morgen  schlagen'* 
etc.  (Oeuvres,  T.  17,  98)  und  Brief  an  den  Prinzen  von  Preussen  (T.  26,  85  - 
angeführt  in  „Kriege  Friedrich  d.  Gr.",  I,  380. 


224 


Jedoch  brachte  der  9.  April  noch  nicht  die  Entscheidung. 
Der  schon  einige  Tage  andauernde  Schneefall  hielt  auch  an  diesem 
Tage  noch  an  und  König  Friedrich  IL  entschloss  sich,  den 
Truppen  an  diesem  Tage  Ruhe  zu  gewähren,  obwohl  die  Befehle  für 
den  Vormarsch  schon  gegeben  waren. 

Der  mit  acht  Bataillonen  und  sechs  Escadronen  am  linken 
Neisse-Ufer  stehende  G.  d.  X  Herzog  von  Holstein  hatte  am 
9.  April  Morgens  Ottmachau  verlassen  und  war  gegen  Strehlen  ab- 
marschiert. v) 


»)  K.  A.,  Schlesien  1741,  IV,  28. 


Die  Schlacht  bei  Molhvitz.1) 

IN  ach  den  für  den  Vormarsch  gegebenen  Befehlen  sollte  sich 
die  prenssische  Armee  (31  Bataillone,  30  Escadronen  Cavallerie, 
3  Escadronen  Husaren,  37  Regiments-  und  16  schwere  Geschütze  2) 
am  10.  April,  Früh  7  Uhr  bei  Pogarell-Alzenau  versammeln  und, 
nachdem  hier  die  Schlachtordnung  hergestellt  war3),  aus  dieser  flügel- 
weise in  5  Colonnen  rechts  abmarschieren,  um  an  Kreisewitz 
vorüber  in  der  Richtung  gegen  Ohlau  vorzurücken. 


J)  Für  die  Darstellung  dieser  Schlacht  stand  neben  den  österreichischen 
Relationen  als  beste  Quelle  nur  die  treffliche  Schilderung  in  ,, Kriege  Friedrich 
d.  Gr."  I.  zur  Verfügimg,  der  daher  die  auf  die  preussische  Armee  bezug- 
nehmenden Daten  in  möglichster  Anlehnung  entnommen  wurden. 

2)  16.800  Mann  Infanterie,  4000  Mann  Cavallerie,  500  Husaren,  300  Ar- 
tilleristen, zusammen  21.600  Mann.  (Kriege  Friedrich  d.  Gr.  I,  391.)  Die  Be- 
stimmungen über  die  Eintheilung  der  Colonnen  in  „Kriege  Friedrich  d.  Gr." 
I..  388  und  ebenda  die  Disposition  vom  9.  April,  Anlage  Nr.  21. 

3)  Ordre  de  Bataille  der  preussischen  Armee : 

Erstes   Treffen. 
FM.  von  Schwerin  Der  König 

Oberst  GL.  von  Kalckstein  GL.  v.   d.  Marwitz    GL.  v.  d.  Schulenbuiv 

von  Posadowsky  GM.v.  Jeetze  GM.  Mai kgr.  Carl  GM.  Prinz  Dietrich  GM.  von  Kleist 


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•226 

Das  Gelände,  auf  dem  sich  der  denkwürdige  erste  Waffengang 
zwischen  der  Armee  der  Königin  Maria  Theresia  und  der 
ihres  jugendlichen  Gegners  abspielen  sollte,  durch  die  Ortschaften 
Mollwitz,  Grüningen,  Hermsdorf  und  Pampitz  begrenzt,  liegt  westlich 
von  Brieg,  in  der  Nähe  des  Kreuzungspunctes  der  nordsüdlichen 
Strasse  Ohlau-Grottkau  mit  der  ostwestlichen  Briee'-Strehlen  und 
zeigt  den  Typus  der  mittelschlesischen  Ebene,  welche  sich  zu 
beiden  Seiten  der  Oder  von  Kosel  bis  zum  Einflüsse  der  Katzbach 
erstreckt.  Junge  horizontal  gelagerte  Schichten  setzen  den  Boden 
des  Schlachtfeldes  zusammen,  dessen  schwach  undulierte  Oberfläche 
beinahe  völlig  eben  erscheint.  Breite  flache  Rücken  mit  aufgesetzten 
kleinen  Kuppen,  niedrige  Hügel  und  Hügelgruppen  und  sanfte 
Mulden  weisen  nur  geringe  Höhenunterschiede,  auf ;  die  mittlere 
Höhe  des  Ganzen  kann  mit  155  Metern  angenommen  werden.  Der 
von  Süden  nach  Norden  fliessende  Conradswaldauer  Bach  und  der 
in  denselben  von  rechts  einmündende  Kleine  Bach,  welche  den 
hier  in  Betracht  kommenden  Baum  im  Westen,  beziehungsweise  im 
Südwesten  begrenzen,  sind  die  einzigen  Bewässerungsadern  von 
einiger  Bedeutung.  Beide  sind  grösstenteils  versumpft. 

Das  offene  und  beinahe  ebene  Terrain  bot  beiden  Gegnern 
günstige  Bedingungen  für  die  Entwickelung  und  Verwendung  aller 
Waffengattungen. 

Die  an  beiden  Ufern  des  Kleinen  Baches  liegenden  Dörfer 
Pampitz  und  Neudorf  erscheinen  wie  ein  zusammenhängender  Ort, 
sind  aber  durch  Wieseiigründe  getrennt,  über  die  ein  dammartig 
erhöhter  Weg  die  Verbindung  herstellt. 

Die  preussische  Armee  sammelte  sich  aber  erst  um  9  Uhr  bei 
Alzenau  und  brach  um   10  Uhr  Vormittags  von  ihrem  Sammelplatz 


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(Berliner)  Leibcorps-Husaren  (3  Escadronen). 
16  schwere  Geschütze. 
Nach  „Kriege  Friedrich  d.  Gr."  I.  zu  Anlage  21. 


227 

gegen  Olilau  auf.  Von  Mollwitzer  Bauern  und  einigen  gefangen»'!, 
Husaren  erfuhr  der  König  bald  nach.  Beginn  des  Marsches  von  der 
Anwesenheit  der  Oesterreicher  in  den  Dörfern  Mollwitz,  Grüningen 
und  Hünern. 

Es  kam  dem  König  sehr  zu  statten,  dass  die  österreichische 
Armee,  seit  sie  in  vorwiegend  lutherische  Gegend,  gelangt  war, 
durch  die  Landbevölkerung  über  die  Bewegungen  und  Stellungen 
der  Preussen  keine  Nachricht  mehr  erhielt.  J) 

Die  an  jenem  Tage  von  der  österreichischen  Armeeleitung 
gegen  Michelau  ausgeschickte  Husaren- Abtheilung  stiess  bei  Neudorf 
auf  die  Vortruppen  der  preussischen  Armee  und  verlor  dabei  einige 
Gefangene,  deren  Aussagen  dem  König,  wie  erwähnt,  über  die 
Stellungen  der  österreichischen  Armee  weiteren  Aufschluss  gaben. - 

AVesshalb  nun  von  hier  keine  Meldung  zurückkam,  ist  voll- 
ständig unbegreiflich.  Die  übrigen  gegen  Ohlau,  Michelau  und  Löwen 
ausgesandten  Patrouillen  meldeten  von  feindlichen  Bewegungen 
gar  nichts.  3)  AVenn  auch,  wie  ein  zeitgenössischer  Bericht  erwähnt, 
die  preussische  Sammel-Stellung  bei  Pampitz  durch  ein  Gehölz 
gedeckt  wurde  4),  so  entlastet  diese  Thatsache  die  Führer  der  Pa- 
trouillen nicht  im  Geringsten. 

In  letzter  Stunde  endlich,  um  10  Uhr  Vormittags  etwa,  sandte 
GFAVM.  Graf  P  i  c  c  o  1  o  m  i  n  i,  dem  der  Beginn  des  preussischen 
Vormarsches  vorn  Kirchthurm  der  Festung  Brieg  signalisiert  worden, 
einen  Officier  mit  dieser  Meldung  an  den  commandierenden  General  ab. 

Der  Feldmarschall  Hess  zum  Aufsitzen  blasen  mid  gab  sofort 
Befehl  an  die  Infanterie  und  an  den  FML.  Baron  Berlichingen 
sich  mit  ihm  zu  vereinigen. 

Die  österreichischen  Truppen,  welche  bei  Mollwitz  verfügbar 
waren,   bestanden  aus  den  folgenden  Regimentern  : 


v)  „Das  gute  Verständniss  und  die  Gewogenheit  der  lutherischen  schle- 
sischen  Landesinwohner  mit  der  feindlichen  Armee  hat  unsererseits  leicht 
abgenommen  werden  können,  da  wir  seit  der  Einrückung  in  die  lutherischen 
Oerter  mit  der  Armee  von  den  Bauern  von  des  Feindes  Bewegungen  keine 
einzige  Nachricht  haben  können,  da  doch  in  den  katholischen  Oertern  die  Bauern 
täglich  und  stündlich  dem  Commandierenden  zugelaufen  sind."  (Coutinuatio 
diarii  aus  dem  Hauptquartier  Neisse,  13.  April  1741.  H.H.'u.  St.A.,  Manuscr.  1091.) 

2)  Vergl.  Hoye  r,  „Neues  milit.  Magazin",  III,  6.  Stck.,  27  und  „Histoire 
de  mon  temps"  (Red.  v.  1746),  226. 

3)  Neipper  g's  Relation. 

4)  Relation  eines  kaiserlichen  Officiers  a.  a.  0. 


228 


11),  Althann 
Römer    (mit 


Cürassiere:  Die  Regimenter  Seherr  (heute  Dragoner  Nr.  4), 
Hohenzollern,  Lantliieri,  Cordova  (Dragoner  Nr.  9),  Hohenems 
(Dragoner   Nr.   8),    Birkenfeld    (mit    den    Carabiniers-Compagnien) ; 

Dragoner:  "Württemberg  (heute  Dragoner  Nr, 
(Uhlanen  Nr.  6),  Batthyänyi  (Nr.  10),  Liechtenstein, 
den  Grenadier- Compagnien) ; 

Husaren:  Splenyi  und  Ghilänyi. 

Infanterie:  Franz  Lothringen  (heute  Nr.  1)  2  Bataillone, 
Alt-Daun  (Nr.  56)  1  Bataillon,  O'Gilvy  1  Bataillon,  Carl  Lothringen 
(Nr.  3)  1  Bataillon,    Kolowrat  (Nr.  17)  1  Bataillon,  Grünne  (Nr.  26) 

1  Bataillon,  Harrach  (Nr.  47)  2  Bataillone,  Botta  (Nr.  12)  1  Bataillon, 
Browne  (Nr.  36)  1  Bataillon,  Schmettau  1  Bataillon,  Thüngen  (Nr.  57) 

2  Bataillone,  Baden  2  Bataillone.  Zusammen  16  Bataillone  und  14 
Grenadier-Compagnien. 

Die  Feld -Artillerie  bestand  in  19  Geschützen :  acht  3pfün- 
digen  Regiments-Stücken,  vier  3pfündigen  Feld-Schlangen,  vier  6pfün- 
digen  Falkaunen,  zwei  12pfündigen  Haubitzen,  einer  kleinen  Petarde. 

Die  tactische  Eintheilung  dieser  16  Bataillone,  11  Cavallerie-, 
2  Husaren-Regimenter  und  19  Geschütze  war  in  zwei  Treffen,  die 
deutsche  Cavallerie  auf  beiden  Flügeln,  die  Infanterie  im  Centrum.1) 


x)  Ordre  deBataille  der  österreichischen  Armee  in  der  Schlacht  beiMollwitz: 

FM.  Graf  Neipperg  FML.  Freiherr 


G.d.C.Freih.v.Römer    FML. 

Baron 

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von  Berlichingen 

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Graf  Grünne 

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Graf  Browne 

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Artillerie:  Oberst  von  Feuerstein,  19  Geschütze. 


229 

Der  Gesauirnt-Staiid  ist  nur  annähernd  festzustellen  und  zwar  : 
nach  Standes- Ausweisen  des  Feldmarschalls  vom  16.  und  23.  April 
und  den  hierin  von  ihm  selbst  angegebenen  Ziffern  der  Dienstbaren. 
Würden  v  hiezu  die  ebenfalls  von  ihm  angegebenen  Verlustziffern 
gerechnet,  so  ergiebt  dies  : 
Infanterie      .......     8.603  Mann  (inclusive  der  Officiere) 

( '.ivallerie 6.354       ,,  ,,  ,,  „ 

Husaren  (die  Regimenter  Splenyi 

und  Grhiläiryi) 436       ,,  .,  ,,  ,, 

Artillerie    (Officiere,    Zeug-Amt, 

Minier-Oompagnie,B.oss-Partei)  395       ,,  ,,  ,,  ,, 

In  Summa  .   .  .   15.788 

G.  d.  C.  Freiherr  von  R  ö  m  e  r,  welcher  mit  dem  rechten 
Armee-Flügel  in  Mollwitz  selbst  lag,  war  selbstverständlich  zuerst 
bei  der  Hand  und  Neipperg  liess  dessen  Regimenter  aus  dem 
Dorfe  Mollwitz  debouchieren  und  vor  demselben  Stellung  nehmen, 
um  den  Aufmarsch  der  Armee  zu  decken.  Geschütze  hatte  Römer 
nicht,  da  die  Artillerie,  wie  erwähnt,  mit  der  Infanterie  in  Laugwitz. 
2  ' ■  '.>  Kilometer  von  Mollwitz,  cantonnierte.  Neipperg  ritt  selbst 
nach  erstgenanntem  Dorfe,  um  die  Infanterie  heranzuführen.  Die 
Yerhaltungsmassregeln  bei  einem  Zusammenstoss  mit  dem  Feinde 
waren  seit  längerer  Zeit  an  die  Truppen  ausgegeben. l) 

Das  Gros  der  preussischen  Armee  näherte  sich  gegen  12  Uhr 
der    von  Neudorf   nach  Brieg  führenden  Strasse,    der  Marsch  von 


l)  Sie  sind  nicht  erhalten.  Neipperg  gedenkt  der  Thatsache  aber 
in  seiner  Relation.  Die  „Relation  eines  kaiserlichen  Officiers"  erwähnt  folgende 
Anordnungen  :  „Die  Armee  hatte  den  Befehl,  wenn  Alles  formiert  sein  würde, 
gradaus  und  mit  der  ganzen  Front  gegen  den  Feind  zu  marschieren,  die  In- 
fanterie mit  geschultertem  Gewehr,  die  Cavallerie  mit  gezogenem  Säbel,  letz- 
tere sollte  nicht  früher  vorbrechen,  bis  die  Infanterie  ebenfalls  zur  Stelle  wäre, 
um  anzugreifen  (ä  portee  d'attaquer).  Die  Infanterie  sollte  erst  auf  80  Schritte 
vom  Feinde  feuern,  dann  aber  das  3.  und  4.  Glied  des  gesammteu  ersten 
Treffens  eine  allgemeine  Decharge  geben  und  sofort  mit  dem  gepflanzten 
Bajonnet  in  den  Feind  einbrechen.  Die  vorgeschobenen  Pelotons  dagegen, 
welche  sich  vor  jedem  Bataillon  befanden,  hatten  Erlaubniss,  zu  thun,  was  sie 
wollten  und  nach  Massgabe  der  Vorrückung  zu  tiraillieren.  Da  jeder  Escadron 
gleichfalls  eine  Abtheilung  von  24,  von  einem  Ofticier  commandierter  Frei- 
willigen vorausgieng,  hatten  diese  die  gleiche  Selbstständigkeit  zu  handeln,  um 
den  Escadronen,  welche  zu  üirer  Unterstützung  folgten,  den  Weg  frei  zu 
machen." 


230 

Alzenau  bis  daliin  hatte  des  hohen  Schnees  wegen  längere  Zeit  in 
Anspruch  genommen. 

Die  von  dem  Znsammenstosse  bei  Neudorf  zurückgehenden 
österreichischen  Cavallerie-Patrouillen  und  neuerdings  vor  die  Front 
gesendete  Husaren-Abtheilungen  hinderten  den  Ueberblick  und 
Hessen  nicht  erkennen,  ob  die  Oesterreicher  schon  aus  Mollwitz 
debouchiert  seien  und  den  Aufmarsch  begonnen  hätten. 

Beide  Armeen  befanden  sich  jetzt  auf  eine  Entfernung  von 
4  bis  5  Kilometern  von  einander.  König  Friedrich  II.,  dessen  Avant- 
garde vor  Neudorf  Stellung  genommen  hatte,  befahl  nun  den  Auf- 
marsch mit  dem  linken  Flügel  bis  Neudorf,  dem  rechten  bis  an 
ein  Gehölz,  etwa  500  Schritte  von  dem  von  Hermsdorf  nach  Moll- 
witz führenden  Weg  ausgedehnt.  Diese  Frontlinie  erwies  sich  als  zu 
kurz  für  den  Aufmarsch,  so  dass  7  Bataillone  und  die  Cavallerie  aus 
dem  ersten  Treffen  des  linken  Flügels  keinen  Raum  mehr  zur  Ent- 
wicklung fanden.  Nur  die  erste  Colonne  konnte  vollständig  auf- 
marschieren ;  von  der  zweiten  blieben  das  Grenadier  -  Bataillon 
Kleist,  von  der  vierten  die  Regimenter  Prinz  Dietrich  und  Leopold, 
sowie  ein  Bataillon  Schwerin  zurück,  von  der  fünften  Colonne  konnte 
kein  einziger  Truppenkörper  in  seine  Eintheilung  gelangen.  König 
Friedrich  theilte  in  Folge  dessen  das  Bataillon  Kleist  und  das 
Regiment  Prinz  Dietrich  dem  G.  d.  J.  Erbprinzen  L  e  o  p  o  1  cl, 
Commandanten  des  zweiten  Treffens,  behufs  Deckung  der  rechten, 
Flanke  zu. 

Prinz  Leopold  Hess  das  Bataillon  Kleist  und  das  erste 
Bataillon  Prinz  Dietrich  nach  der  Flanke  aufmarschieren  und  stellte 
is  zweite  Bataillon  auf  den  rechten  Flügel  des  zweiten  Treffens; 
Regiment  Leopold  und  ein  Bataillon  Schwerin  blieben  hinter 
do  zweiten  Treffen.  Das  Grenadier-Bataillon  Puttkammer  stand 
in  Colonne  hinter  dem  linken  Flügel  des  ersten  Treffens,  die 
Cavallerie  des  linken  Flügels  in  Zügen  hinter  dem  zweiten  Treffen. 
Die  in  der  Avantgarde  gestandenen  Escadronen  von  Schulenburg- 
Grenadieren  zu  Pferd  marschierten  am  rechten  Flügel  des  ersten 
Treffens  auf,  die  Husaren  waren  vor  der  Front. 

Das  zweite  Treffen  marschierte  300  Schritte  hinter  dem  ersten 
auf,  die  Bagage  1000  Schritte  hinter  demselben,  in  der  Nähe  des 
von  Neudorf  nach  Kreisewitz  führenden  Weges. 

Das  während  des  Aufmarsches  aus  Oppeln  zur  Armee  ein- 
rückende Infanterie-Regiment  La  Motte  und  eine  Escadron  Leib- 
husaren  blieben  mit  einem  combinierten  Bataillon,  das  unter  Oberst- 
lieutenantvon  Görne's  Befehl  stand,  zur  Bedeckung  der  Bagage  zurück. 


231 

Die  Regiments  -  Geschütze  wurden  vor  den  Flügeln  ihrer 
Bataillone  postiert,  die  schwere  Artillerie  fuhr  vor  dem  ersten 
Treffen  auf. 

Nach  beendetem  Aufmarsch  ertheilte  König  Friedrich  II. 
Befehl  zur  Vorrückung.  Die  schwere  Artillerie  sollte  einige  hundert 
Schritte  vor  dem  ersten  Treffen  vorgehen  und  sobald  sie  Zielobjecte 
fände,  das  Feuer  eröffnen.  Es  mochte  1  Uhr  vorüber  sein,  als  die 
Armee  F  r  i  e  d  r  i  c  h's  mit  klingendem  Spiel  gegen  Mollwitz  vor  - 
gieng. 

Etwa  1000  Schritte    vorwärts    protzten  die  Geschütze  ab  und 
gaben  einige  Lagen    auf    die  vor    der  Front    der    österreichischen 
Armee   befindlichen  Husaren1),    die  sich  zurückzogen,    nachdem  sie 
einige  Leute  und  45  Pferde  verloren  hatten.    Während  dieser  Zeit 
breiteten    sich  die  Preussen    auch  nach  rechts  aus,  um    den   linken 
Flügel  der  Oesterreicher  zu  debordieren,  die  sich  damit  begnügten 
eine  Flankendeckung,  aus  einigen  Escadronen  bestehend,  bereit  zu 
halten. 

FM.  Graf  N ei p p  e r g  hatte,  als  das  preussische  Geschützfeuer 
begann,  dem  G.  d.  C.  Baron  Römer  selbst  die  Ordre  mündlich 
ertheilt,  dass  er  an  die  Infanterie  sich  anschliessen  und  auch  in 
dieser  Eintheilung  bleiben  solle. 

Beim  Herannahen  des  ersten  preussischen  Infanterie-Treffens 
protzte  die  schwere  Artillerie  auf  und  gieng  mit  den  Regiments- 
Geschützen  des  rechten  Flügels  weiter  vor,  um  nun  auf  die  durch 
das  Verschwinden  der  Husaren  sichtbar  gewordene  Cavallerie-Masse 
des  G.  d.  C.  Baron  Römer  ihr  Feuer  zu  richten.  Dasselbe  hatte 
zunächst  wenig  Wirkung.  Wieder  vorfahrend,  als  die  Infanterie  sich 
näherte,  gieng  die  Artillerie  nun  bis  auf  1600  Schritte  an  die 
Römer'schen  Cavallerie-Regimenter  heran. 2) 

An  diesen  linken  Flügel  der  österreichischen  Armee  schloss 
sich  eben  der  linke  Flügel  des  Centrums  unter  FML.  Baron 
Göldy;  auch  der  rechte  Flügel  des  Centrums  unter  FML.  Grafen 
Browne  war  im  Begriffe,  in  die  Aufmarschlinie  zu  rücken;  der 
rechte  Armee-Flügel  unter  FML.  Baron  Berlic hingen  war  im 
Aufmarsche  und  brauchte  zur  vollständigen  Formierung  etwa  noch 
eine  kleine  halbe  Stunde. 

Das  neuerliche  Geschütz-Feuer  der  Preussen  begann,  als  der 
Feldmarschall  sich  vom  linken  zum  rechten  Flügel  begab,  um  dem 


:)  Nach  „Kriege  Friedrich  d.  Gr.",  I.  396. 
2)  Nach  „Kriege  Friedrich  d.  Gr.",  I.  398. 


232 

FML.  Baron  Berlichingeii  Befelile  zu  geben.  Er  ritt  zur 
Recognosciermig  des  Sumpf-Terrains,  welches  rechter  Hand  lag 
und  gab  dem  genannten  General  Auftrag,  vorzurücken,  sobald 
Alles  formiert  sein  werde. 

Die  Truppen  waren  guter  Stimmung.  Die  Preussen  schienen 
mit  dem  Angriffe  nicht  mehr  zuvorkommen  zu  können,  denn  im 
Verhältniss,  als  der  rechte  österreichische  Flügel  und  das  zweite 
Treffen  in  Linie  rückten,  marschierte  auch  der  preussische  linke 
Flügel  erst  auf  und  beide  Armeen  wären  gleichzeitig  fertig  gewesen. 

Der  preussische  linke  Flügel  hatte  sich  nämlich,  sobald  er 
über  Neudorf  hinausgekommen  war,  um  Kaum  zu  gewinnen,  links 
bis  an  den  Kleinen  Bach  gezogen.  In  den  dadurch  gewonnenen  Raum 
rückten  von  den  zurückgebliebenen  Truppenkörpern  das  Bataillon 
Schwerin,  sowie  das  zweite  Bataillon  Prinz  Leopold.  FM.  Graf 
Schwerin,  der  zu  dieser  Zeit  auf  dem  linken  Flügel  eintraf,  liess  hier 
noch  das  Grenadier-Bataillon  Puttkammer,  das  sich  hinter  dem  Ba- 
taillon Buddenbrook  befand,  in  der  linken  Flanke  aufmarschieren.  Die 
liinter  dem  linken  Flügel  des  zweiten  Treffens  befindliche  Cavallerie 
sandte  er  zurück,  um  den  Kleinen  Bach  bei  Neudorf-Pampitz  zu 
überschreiten  und  ä  cheval  des  Weges  Pampitz-Laugwitz  in  gleiche 
Höhe  mit  dem  zweiten  Treffen  zu  rücken. 

Hiedurch  ward  das  Vorrücken  des  linken  Flügels  verzögert, 
so  dass  der  rechte  preussische  Flügel  Vorsprung  gewann  und  die 
Front  der  Armee  unbeabsichtigt  schräg  wurde. x) 

Aus  diesem  Grunde  schon  und  um  dem  linken  Flügel  Zeit  zu 
gewähren,  in  gleiche  Höhe  zu  gelangen,  winde  das  Artilleriefeuer 
verstärkt.  Der  linke  österreichische  Flügel  der  Cavallerie  (Römer), 
ward  davon  sehr  beunruhigt,  „die  Reiter  fingen  an  zu  murren  und 
zu  fluchen,  dass  man  sie  so  lange  Zeit  dem  Geschützfeuer  aussetze."  2) 

Da  geschah  etwas  Unerwartetes.  G.  d.  C.  Baron  R  ö  m  e  r,  in  Folge 
der  durch  das  preussische  Artillerie-Feuer  in  den  dichten  Cavallerie- 
massen  hervorgebrachten  Verluste,  von  seinen  Leuten  bestürmt,  vor- 
wärts zu  gehen,  verlor  die  Geduld  und  sah  sich,  nach  dem  Berichte 
eines  Theilnehmers  an  der  Schlacht,  zur  Attaque  fast  gezwungen. 3) 

Ob  dies  die  Ursache  des  vorzeitigen  Losbrechens,  ob  eigene 
Ungeduld  und  heisser  Kampfeseifer,  ob  das  Drängen  seiner  Um- 
gebung,   ob    der  Gedanke,    einen  besonders    günstigen  Augenblick 


!)  Kriege  Friedrich  d.  Gr.  I,  399. 

-)  Kelation  eines  kaiserlichen  Officiers  a.  a.  0. 

3)  Ebenda. 


233 

zu  erfassen,  ob  die  Sorge,  dass  die  Infanterie  nicht  mehr  aufzu- 
marschieren vermöge,  den  hochbegabten  und  tapferen  Reiter- 
führer in  dies  unheilvolle  Wagniss  gerissen,  das  ist  ungelöst  geblieben 
und  mit;  dem  bald  darauf  zum  Tode  getroffenen  Generale  begraben. 

„Es  war  halb  2  Uhr,  als  unser  linker  Flügel  losbrach;  Alles 
gieng  im  vollen  Galopp  an,  oder  besser  gesagt,  mit  verhängtem 
Zügel  vor  und  anstatt,  dass  das  zweite  Treffen  bei  der  Infanterie 
geblieben  wäre,  oder  das  erste  unterstützt  hätte,  indem  es  nach 
und  nach  in  guter  Ordnung  vorgerückt  wäre,  flog  dasselbe  mit 
derselben  Schnelligkeit  dahin."  ]) 

Mit  dem  Säbel  in  der  Faust,  im  Halbbogen  links,  vorerst 
Direction  auf  Grüningen,  wurde  die  Attaque  auf  die  Flanke  des 
preussischen  rechten  Flügels  gemacht.2)  GL.  Graf  von  der  Schule  n- 
burg,  der  die  Vorwärtsbewegung  dieser  mehr  als  4000  Eeiter 
betragenden  Masse  gegen  seinen  Flügel  bemerkt  hatte,  gab  den 
am  rechten  Flügel  befindlichen  4  Escadronen  seines  Regiments 
Befehl,  eine  Schwenkung  nach  rechts  zu  machen,  um  der  Flanke 
des  rechten  Flügels  Schutz  gegen  die  attaquierende  Cavallerie  zu 
bieten.  Die  vor  der  Front  befindlichen  Regiments-Geschütze  winden 
in  die  Intervalle  der  Bataillone  gezogen.  Der  Commandant  des 
linken  neben  dem  Schulenbürg' sehen  Regimente  im  ersten  Treffen 
stehenden  Grenadier-Bataillons  Major  von  Bolstern  Hess  den 
ersten  Zug  (Peloton)  und  die  beiden  Bataillons-Geschütze  am  rechten 
Flügel  des  Bataillons  nach  der  Flanke  wenden. 

FM.  Neipperg  kehrte  eben 'vom  rechten  Flügel  zurück 
mit  der  Absicht,  dem  General  B  er  li  c  hinge  n  einige  Grenadier- 
Compagnien  zu  schicken,  die  in  dem  Gesträuch,  welches  das  Sumpf- 
Terrain  längs  des  Kleinen  Baches  umsäumte,  Stellung  nehmen 
sollten,  als  er  die  R  ö  m  e  r'sche  Cavallerie  in  voller  Attaque  erblickte. 
Er  glaubte  seinen  Augen  nicht,  als  er  diese  Cavallerie  losreiten 
und  in  den  preussischen  rechten  Flügel  einbrechen  sah. 

Schulenburg's  Anordnungen  zur  Sicherung  seines  Flügels 
waren  noch  nicht  durchgeführt,  als  der  dröhnende  Anprall  der 
36  Escadronen  auf  Schulenburg's  Cavallerie  traf,  die  sofort  um- 
geritten und  über  den  Haufen  geworfen  ward. 

Fest  stand  diesem  Ansturm  gegenüber  das  Bataillon  Bolstern. 
Der    eingeschwenkte  Flügel-Zug    gab    ruhig  und  gleichmässig  sein 


J)  Relation  eines  kaiserlichen  Officiers  a.  a.  O. 
2)  Schlachtplan  Tafel  VI. 


•234 

Salventeuer  und  die  Bataillons-Geschütze  sandten  in  die  heran- 
stürmende  Reiterei  Kartätschenlagen,  welche  weite  Oeffnmigen  in 
die  Linien  rissen  und  schon  im  tactischen  Verbände  gelockert,  jagten 
die  Reiter  weiter  an  der  Front  und  im  Rücken  dieses  Bataillons 
vorbei.  König  Friedrich  IL  hielt  beim  Bataillon  Winterfeldt. 
Um  die  in  der  Flucht  befindlichen  Reiter  des  Schulenburg'schen 
Regiments  aufzuhalten,  brach  er  an  der  Spitze  der  zunächst  haltenden 
Escadron  Carabiniers  vor,  die  übrigen  Escadronen  folgten,  jedoch 
zerplitterten  auch  sie  an  dem  gewaltigen  Anprall  der  Reitermasse. 
In  wirrem  Durcheinander  wälzte  sich  das  Getümmel,  König 
Friedrich  IL  mit  fortreissend ,  an  der  preussischen  Front 
entlang,  bis  der  Kleine  Bach  Stillstand  gebot.  Dem  König  war 
es  gelungen,  beim  Grenadier-Bataillon  Buddenbrook  durch  die 
vordere  Linie  zu  kommen.  Ein  Theil  der  preussischen  Reiterei,  von 
der  österreichischen  verfolgt,  kam  in  das  sumpfige  Terrain,  das 
den  Bach  begleitet  und  schloss  sich  der  auf  der  anderen  Seite 
haltenden  Cavallerie  an,  ein  anderer  Theil  zog  sich  am  Kleinen 
Bach  hinunter  hinter  das  zweite  Treffen  und  sammelte  sich  dort.  l) 
Ein  Theil  der  attaquierenden  Regimenter  hatte  sich  auf  die  vor 
der  Front  der  preussischen  Infanterie  stehenden  schweren  Geschütze 
und  auf  die  stehen  gebliebenen  Regiments-Geschütze  geworfen. 

Die  Regimenter  Althann,  Römer  und  Seherr  verrichteten 
nach  Angabe  eines  Augenzeugen  Wunder  der  Tapferkeit. 2)  Althann 
und  Römer  drangen  in  die  preussische  Geschützlinie  ein,  die 
Artilleristen  flüchteten  und  Messen  die  Geschütze,  in  denen  die 
Patronen  halb  in  der  Mündung  steckten,  im  Stich.  Die  zum  Theil 
mit  Kartätschen  geladenen  Kanonen  wurden  umgedreht,  auf  das 
preussische  Fussvolk  abgefeuert  und  dann  vernagelt.  Dragoner  von 
Althann  brachten  von  den  eroberten  Geschützen,  deren  Bespannungen 
zum  grössten  Theil  davon  gejagt  waren,  vier  in  das  Dorf  Mollwitz 
zurück. 

,,Der  rechte  (preussische)  Flügel  war  vollständig  en  deroute. 
die  Lifanterie  feuerte  auf  die  eigene  Cavallerie  und  einige  Bataillone 
wurden,  wie  man  versichert  hat,  von  den  Hufen  der  Pferde  nieder- 
getreten, mit  einem  Worte,  der  Sieg  würde  vollständig  gewesen  sein. 
wenn  der  General  G  ö  1  d  y  mit  dem  linken  Flügel  der  Infanterie 
ganz  gerade  vorgerückt  wäre,  aber  da  er  zuvor  den  Befehl  erhalten 
hatte,  sich  stets  vereinigt    mit  der  Cavallerie  R  ö  m  e  r's  zu   halten, 


')  Kriege  Friedrich  d.  Gr.  I,  401. 

-)  u.  3)  Relation  eines  kaiserlichen  Oi'iiciers. 


235 

befolgte  er  diesen  Befehl  in  verkehrter  Weise,  denn,  anstatt  vor- 
zurücken, machte  er  eine  Viertelschwenkung  links  und  Liess  seinen 
Flügel  mit  solcher  Eile  marschieren,  dass  die  Soldaten  fast  den 
Athem  verloren.  Dadurch  entstand  die  erste  Unordnung  bei  den 
Bataillonen  und  General  Browne,  welcher  am  rechten  Flügel 
stand,  fand  sich  in  der  Luft.  Die  preussische  Infanterie  gewann 
hiedurch  Zeit,  sich  wieder  zu  ordnen."  3) 

In  dieser  grenzenlosen  Verwirrung  zeigte  sich  die  hervorragende 
tactische  Schulung  und  Gefechtsdisciplin  einiger  preussischer 
Infanterie-Truppenkörper.  Die  beiden  Grenadier-Bataillone  Bolstern 
und  Winterfeldt  hatten  dem  Anfall  der  Cavallerie  unerschütter- 
lich Stand  gehalten.  Das  Feuer  des  ersten  Zuges  und  beider 
Geschütze  vom  Bataillon  Bolstern  hatten  die  heranstürmenden 
Cavallerie-Massen  gespalten.  Major  von  Bolstern  liess  die  dritten 
Glieder  der  übrigen  Züge,  Winterfeldt  den  zweiten  und  vierten 
Zug  seines  Bataillons  Kehrt  machen  und  beide  Bataillone  feuerten 
nun  nach  vorwärts  und  rückwärts  rücksichtslos  auf  Feind  und 
Freund.  Die  Infanterie  des  ersten  Treffens  begann  vom  rechten 
Flügel  das  Feuer,  als  die  Cavallerie  an  dessen  Front  entlang  ritt 
und  verhinderte    dadurch    das  Eindringen  derselben  in  ihre  Linie. 

Die  im  Rücken  der  beiden  Grenadier  -  Bataillone  vorbei- 
sprengenden österreichischen  Abtheilungen  stiessen  auf  die  am 
rechten  Flügel  des  zweiten  Treffens  stehenden  vier  Escadronen 
von  Schulenburg,  die  sofort  umgeritten  wurden;  jedoch  ver- 
hinderten die  in  der  Flanke  stehenden  Bataillone  Kleist  und  das 
erste  Bataillon  Prinz  Dietrich  ein  Einbrechen  der  Cavallerie. 
Erbprinz  Leopold,  welcher  das  zweite  Treffen  commandierte, 
liess  auch  den  ersten  Zug  des  auf  dem  rechten  Flügel  stehenden 
zweiten  Bataillons  Prinz  Dietrich  rechts  schwenken  und  sich  an 
dem  Feuer  der  in  der  Flanke  stehenden  Bataillone  betheiligen. 
Theile  der  österreichischen  Cavallerie,  die  nun  nirgends  mehr 
durchkamen,  sahen  sich  durch  dieses  Feuer  genöthigt ,  gegen 
Hermsdorf  auszuweichen,  wo  sie  sich  nordwestlich  des  Ortes  wieder 
sammelten. 

Die  vom  rechten  Flügel  des  zweiten  Treffens  geworfenen  vier 
Escadronen  (Schulenburg)  sammelten  sich  hinter  ihrem  Flügel. 
Dem  wuchtigen  Stosse  der  österreichischen  Cavallerie  war  eine  Pause 
der  Erschöpfung  gefolgt,  welche  der  preussischen  Infanterie  er- 
möglichte, ihre  Ordnung  wieder  herzustellen.  Sobald  aber  die 
preussischen  Escadronen  wieder  geordnet  waren,  führte  sie  der 
bereits    verwundete  GL.  Graf  Schul  en  b  urg    gegen  die  aus  der 


236 

Richtung  von  Hermsdorf  aufs  neue  attaquierende  österreichische 
Cavallerie.  Aber  nur  eine  Escadron  brachte  S  c  h  u  1  e  n  b  u  r  g  in  das 
Gefecht,  die  übrigen  wendeten.  Schulenburg  fiel  bei  dieser 
Gelegenheit.  Aber  auch  Römer  fand,  als  seine  Reiter  zum  zweiten- 
mal gegen  die  preussische  Flanke  anritten,  den  Heldentod. *)  Ein 
verhängnissvoller  Umstand  für  die  nun  führerlose  und  vielfach  zer- 
theilte  und  getrennte  Cavallerie. 

Das  sich  an  der  und  innerhalb  der  preussischen  Front  hin- 
ziehende Getümmel,  wobei  auch  der  Commandant  des  ersten  öster- 
reichischen Treffens  des  R  ö  m  e  r'schen  Flügels,  GFWM.  Baron 
L  e  n  t  u  1  u  s,  verwundet  wurde,  nahm  auf  dem  linken  Flügel  endlich 
in  dem  Sumpfterrain  am  Kleinen  Bach  sein  Ende. 

Die  aufgelösten  österreichischen  Regimenter  waren  hier  zum 
Theil  über  die  Wiesen  und  den  Kleinen  Bach  an  dessen  anderes 
Ufer  gelangt.  Von  hier  musste  der  am  rechten  Flügel  comman- 
dierende  FML.  Baron  Berlichingen  sie  über  den  Bach  zurück- 
beordern. Alle  Regimenter  waren  vermischt,  so  dass  die  Cavallerie 
des  Röme  r'schen  Flügels  geraume  Zeit  nicht  wieder  rangiert  und 
gefechtsfähig  gemacht  werden  konnte.  Einige  hundert  Pferde  ver- 
schiedener Regimenter  hatten  sich  wieder  gegen  den  linken  Flügel 
zurückgezogen. 

Die  gesammte  unter  General  Röme  r's  Commando  gestandene 
Cavallerie  war  nun,  trotz  der  von  ihr  errungenen  Erfolge,  voll- 
kommen auseinandergekommen  und  kein  geschlossener  Körper  mehr 
davon  vorhanden,  den  der  Feldherr  mit  Sicherheit  in  seinen  Calcul 
setzen  konnte. 

Bei  dem  letztgeschilderten  CavallerieangrifTe  war  mit  den 
Sclmlenburg'schen  Reitern  österreichische  Cavallerie  durch  die  Inter- 
valle der  Bataillone  zwischen  die  zwei  preussischen  Treffen  gelangt. 
Sobald  nun  die  Infanterie  des  zweiten  Treffens  hier  österreichische 
Reiter  erblickte,  begann  sie,  ohne  ein  Commando  abzuwarten,  zu 
feuern,  wodurch  die  zur  nämlichen  Zeit  im  ersten  Treffen  ein- 
gerissene Unordnung  noch  vergrössert  wurde. 

Auf  FM.  Graf  Neipperg's  Befehl  hatte  FML.  Baron  Ber- 
lichingen vom  rechten  Flügel  ihm  diejenigen  „dekorierten*' 
Cavallerie-Regimenter,    die  er  in   der  Eile    hatte  zusammenbringen 


!)  „Histoire  de  nion  temps"  (Redaction  von  1775).  —  „Römer  wurde 
von  einem  flüchtenden  preussischen  Dragoner,  welcher  nach  hinterwärts  seine 
Pistole  gelöst,  todt  geschossen."  (H.  H.  u.  St.  A. ;  geschriebene  Zeitungen, 
Fase.  17.) 


237 

können,  gesendet  und  dem  Obersten  des  Cürassier  -  Regiments 
Hohenems,  Grafen  Bentheim  Befehl  gegeben,  die  preussische 
Cavallerie,  welche  mit  einem  Infanterie-Bataillon  gegen  die  Flanke 
des  österreichischen  linken  Flügels,  wo  das  Infanterie-Regiment 
Franz  Lothringen,  zwei  Feld-Geschütze  und  zwei  Haubitzen  standen, 
in  Bewegung  war,  anzugreifen. 

Oberst  Graf  Bentheim  „vollführte  den  Befehl  mit  der 
äussersten  Tapferkeit  und  obwohl  die  Preussen  mindestens  600  Pferde 
stark  waren  und  in  so  schöner  Ordnung  anrückten,  class  man  hätte 
glauben  können,  dass  sie  an  einer  Schnur  aufgezogen  wären,  warf 
er  sie  doch  in  einem  Augenblick  zurück,  trotzdem  sie  sich  so  lange 
gut  hielten,  bis  die  Pferde  von  der  einen  und  andern  Seite  mit  den 
Köpfen  aufeinander  stiessen".  x) 

Einzelne  Escadronen  scheinen  auch  nach  dieser  Attaque  durch 
die  entstandenen  Lücken  in  das  erste  preussische  Treffen  gedrungen 
zu  sein,  von  dem  hinter  dem  ersten  Treffen  befindlichen  ersten  Bataillon 
Prinz  Leopold  wurden  sie  jedoch  mit  vehementem  Feuer  empfangen 
und  abgewiesen.  -) 

Es  mochte  3V2  Uhr  sein,  der  Kampf  der  österreichischen 
Cavallerie  hatte  daher  beinahe  zwei  Stunden  gedauert. 

Die  Cavallerie  des  rechten  preussischen  Flügels  war  nicht 
weiter  gefechtsfähig,  ebenso  die  schwere  Artillerie,  von  der  leichten 
war  nur  jene  des  linken  Flügels  noch  im  Stande,  das  Feuer  fort- 
zusetzen. 3) 

Zu  dieser  Zeit  stand  das  preussische  Heer  nicht  mehr  unter 
dem  Commando  seines  jungen  Königs.  Der  Feldmarschall  Graf 
Schwerin,  welcher  sofort  nach  dem  Beginn  des  grossen  Reiter- 
Angriffs  nach  dem  rechten  Flügel  geeilt  war,  hatte  den  dort  sich 
abspielenden  Vorgängen  beigewohnt  und  in  dem  ohne  Commando 
begonnenen  Feuer  beider  preussischer  Treffen,  welches  sich  auf  das 
vorüberbrausende  Getümmel  verfolgter  und  verfolgender  Cavallerie 
richtete,  ein  Zeichen  völliger  Auflösung,  den  König  im  Gedränge 
österreichischer  Reiter  und  grösster  Gefahr  gesehen.  Als  König 
Friedrich  H.  sich  zwischen  das  Lifanterietreffen  zu  retten 
vermocht  hatte,  mag  der  Augenblick  gewesen  sein,  in  welchem 
Schwerin  dem  königlichen  Feldherrn  den  Rath  gab,  das  Schlacht- 
feld   zu    verlassen,    weil    er    den  Ausgang  der    Schlacht    für    sehr 


*)  Relation  eines  kaiserlichen  Officiers. 
2)  Kriege  Friedrich  d.  Gr.,  I,  404, 
Kriege  Friedrich  d.  Gr.,  I,  40-i. 


238 

gefährdet  hielt.  Er  hat  sich  hiermit  wohl  die  spätere  langdauernde 
Ungnade  seines  Monarchen  zugezogen.1)  Auch  König  Friedrich  II. 
selbst  scheint  indessen  in  jenem  Moment  die  Schlacht  für  ver- 
loren angesehen  zu  haben,  da  er  vom  Schlachtfelde  aus  einen 
Officier  mit  mündlichen  Mittheilungen  an  den  Fürsten  Leopold 
von  A 11  h  alt  in  das  Lager  von  Göttin  bei  Brandenburg  abschickte, 
um  dem  Fürsten  zu  sagen,  dass  Alles  verloren  sei  und  er  seine 
Massregeln,  so  gut  er  könne,  treffen  möge.2)  Schwerin  dürfte 
bei  dieser  Gelegenheit  gerathen  haben,  der  König  möge  ihm 
das  Commando  überlassen,  sich  vom  Schlachtfelde  entfernen  und 
nach    OpjDeln     begeben,    wohin    der    Rückzug     der    Armee     hätte 


*)  Der  Feldmarschall  Graf  Schwerin  hat  sich  später  gegen  seine  Freunde 
über  diese  Angelegenheit  u.  A.  "wie  folgt  geäussert :  „Als  ich  die  preussische 
Cavallerie  von  dem  Feinde  verfolgt  sah,  welches  in  dem  Augenblick  geschah, 
wo  ich  die  Anordnung  am  linken  Flügel  gemacht  hatte  und  im  Galopp  nach 
dem  rechten  ritt;  so  hatte  ich  noch  nichts  von  meiner  kaltblütigen  Hoffnung 
verloren,  dass  die  Infanterie  Alles  redressieren  könnte.  Als  ich  aber  den 
König  mit  in  dem  Gedränge  der  flüchtigen  Cavallerie  sah,  so  war  es  natürlich, 
dass  mich  dieser  Anblick  in  eine  Art  von  Bestürzung  setzte  und  dieses  vor- 
züglich, weil  ich  mir  keine  andere  Vorstellung  von  dieser  Erscheinung  in  dem 
Augenblick  machen  konnte,  als  dass  der  König  durch  übereilten  Muth  sich 
diese  Gefahr  selbst  zugezogen.  Dies  gab  Gelegenheit  zu  dem  ersten  Gedanken 
des  Wunsches,  dass  er  sich  nicht  gegenwärtig  befinden  möchte,  denn  ich  hatte 
dazumal  schon  den  Entschluss  gefasst,  die  Bataille  zu  gewinnen  oder  den 
Verlust  nicht  zu  überleben.  Meine  Bestürzung  wurde  aber  durch  die  Salve 
des  zweiten  Treffens  um  ein  Grosses  vermehrt,  theils  weil  es  mich  von  einer 
Armee,  die  so  wie  die  preussische  in  Ordnung  war,  wo  kein  Schuss  ohne 
Commando  vom  Officier  des  Pelotons  geschehen  musste,  sehr  befremdete  und 
dann,  weil  auch  durch  dieses  Feuer  das  erste  Treffen  sehr  muthlos  gemacht 
werden  musste  und  von  diesem  Augenblick  an  überzeugte  mich  mein  Verstand 
und  mein  Herz  von  der  Nothwendigkeit,  meinen  jungen  König  voller  Muth 
und  Ambition,  der  die  Gefahr  nicht  kannte  und  nun  desto  weniger  scheuen 
würde,  von  meiner  Seite  zu  entfernen.  Das  war  der  Grund  meines  Vorschlags : 
das  Schlachtfeld  zu  verlassen.  Wäre  dieser  BewesrungssTiind  nicht 
blos  und  allein  die  persönliche  Erhaltung  des  Königs  gewesen,  so  war  es 
sehr  natürlich,  dass  der  König  keine  grössere  Sicherheit,  als  bei  der  Armee 
finden  konnte,  denn  wenn  auch  die  Scblacht  verloren  gegangen,  so  konnte 
keine  andere  Ketirade,  als  über  Oppeln  genommen  werden,  wo  dann  eine  ob- 
gleich geschlagene  Armee  noch  immer  Ressourcen  gefunden  haben  würde." 
(Aeusserung  des  FM.  Grafen  Seh  w  erin  an  seine  Freunde  „über  den  Groll 
des  Königs  Friedrich  IL,  so  er  auf  ihn  hatte",  in  Hove r,  Neues  mili- 
tärisches Magazin,  III,  Leipzig  1804.) 

-)  Orlich.  I,  103  und  Urkunden,  329.  Am  16.  April  erst  schrieb  Frie- 
drich IL  an  Voltaire  aus  Ohlau:  „Man  sagt  die  OesteiTeicher  geschlagen, 
ich  glaube,  es  ist  wahr".  Oeuvres  XXII,  66. 


239 

gerichtet  werden  müssen.  König  Friedrich  IL  gab  erst  nach 
wiederholten  Vorstellungen  Schweri  n's,  dem  sich  auch  die  General- 
adjutanten Hacke,  Borcke  und  ~VV  a  r  t  e  n  s  1  e  b  e  n  anschlössen, 
diesem  Andrängen  Folge,  ritt  zur  Bagage,  wo  er  einige  wichtige 
Papiere  an  sich  nahm,  dann  verliess  er  mit  wenigen  Begleitern  das 
Kampffeld  und  nahm  die  Richtung  auf  Löwen.  *) 

Sicher  war  die  Route  nicht ,  welche  König  Friedric h 
einschlug,  denn  im  Rücken  des  preussischen  Heeres  wimmelte  es 
von  österreichischen  Reitern.  Versprengte  Abtheilungen  der 
Römer'schen  Cavallerie,  vor  Allem  aber  Husaren,  welche  sich  bei 
der  Bagage  zu  schaffen  machten,  bewirkten  wohl,  dass  das  Anfangs 
grössere  Gefolge,  das  den  König  begleitete,  bis  auf  wenige  Begleiter 
zusammenschmolz. 

Bei  der  österreichischen  Armee  war  inzwischen  der  Aufmarsch 
beendet  worden.  Die  Artillerie  war  jetzt  zur  Stelle  und  eröffnete 
ihr  Feuer.  Eine  der  ersten  Kugeln  zerschmetterte  dem  Comman- 
danten  des  Regiments  Markgraf  Carl,  dem  Obersten  Prinzen 
Friedrich  von  Brandenburg-Schwedt,  den  Kopf. 

Die  Situation  war  nach  4  Uhr  Nachmittags  entschieden  für 
die  österreichische  Armee  nicht  ungünstig. 

Es  handelte  sich  jetzt  hauptsächlich  darum,  dass  der  linke  Flügel 
der  Infanterie,  obgleich  von  Cavallerie  entblösst,  die  Offensive 
ergriff.  Hier  hatte  aber  General  Göldy,  wie  bereits  erwähnt,  durch 
eine  zu  starke  Linksziehung  bereits  den  Zusammenhang  mit  dem 
Browne'schen  Flügel  verloren  und  die  Regimenter  unter  Gold  v*s 
Commando  waren,  wie  es  scheint,  von  besonderem  Kampfeseifer 
nicht  beseelt. 

Die  Regimenter  Franz  Lothringen,  Schmettau  und  Browne 
verloren  ganz  die  Fassung  |und  vom  gesammten  linken  Flüge] 
hielt  nur  Botta  fest.  Man  Hess  die  Bataillone  des  zweiten  Treffens : 
Alt-Daun,  Thüngen  und  Harrach,  vorrücken,  denn  Grünne  begann 
bereits  zu  weichen. 2) 

In  der  preussischen  Schlachtlinie  bereitete  sich  jedoch  jetzt 
eine  bedeutsame  Wandlung  vor.  Schwerin  hatte  den  Oberbefehl 
ergriffen  und  erklärte  den  Generalen  auf  die  besorgte  Anfrage,  wohin 
der  Rückzug  zu  richten  sei,  schlankwog:  „Auf  den  Leib  des  Feindes". 


!)  Kriege  Friedrich  d.  Gr.,  I,  406. 

2)  Relation  eines  kaiserlichen  Officiers. 


240 

Erbprinz  Leopold,  als  Coinmandant  des  zweiten  Treffens,  erlrielt 
Befehl,  das  Feuer  dieses  Treffens  einzustellen.  Die  abgetrennt 
stehenden  Grenadier-Bataillone  Bolstern  und  Winterfeldt  liess  er 
hinter  den  rechten  Flügel  des  ersten  Treffens  rücken.  Darauf  begab 
er  sich  vor  das  erste  Bataillon  Garde  und  richtete  an  dasselbe 
einige  zündende  Worte.  Hierauf  erfolgte  der  Befehl  zum  Vorrücken.1) 
Der  rechte  preussische  Flügel  trat  an  und  begann,  den  Oester- 
reichern  näher  kommend,  pelotonweise  Salvenfeuer.  2j 

Auf  dem  rechten  österreichischen  Flügel  war  während  dieser 
Zeit  nun  auch  FML.  Baron  Berlic hingen  gegen  die  preussische 
Cavallerie  vorgegangen,  welch'  letztere  sich  den  Hölter-Dämmen 
genähert  hatte.  Berlic  hin  gen  führte  die  Cürassier-Reginienter 
Cordova  und  Hohenzollern,  die  Dragoner-Regimenter  Liechtenstein 
und  Württemberg  vor,  während  das  Batthyani'sche  Dragoner- 
Regiment  vom  FM.  Grafen  Neipperg  auf  den  linken  Flügel 
gesandt  wurde.  Bei  dieser  Vorrückung  wurde  die  österreichische 
Cavallerie  von  den  Bataillons-Geschützen  und  in  der  Vorwärts- 
bewegung auch  von  den  Grenadier-Bataillonen  des  linken  preussi- 
schen  Flügels  wirksam  beschossen.  Da  das  versumpfte  Wiesenterrain 
am  Kleinen  Bach  eine  Bewegung  in  die  Flanke  der  preussischen 
Reiterei  nicht  gestattete,  ordnete  FML.  Berlichingen  jedoch 
den  Rückmarsch  seiner  Regimenter  an. 

Oberst  von  P  o  s  a  d  o  w  s  k  y,  welcher  die  preussische  Reiterei 
dieses  Flügels  befehligte,    liess  nun  seine  Escadronen    den  Kleinen 


»)  Kriege  Friedrich  cl.  Gr.  I.  406. 

2)  Die  am  9.  April  1741  zu  Pogarell  für  die  preussische  Armee  ausgegebene 
Disposition  regelte  das  Verhalten  während  des  Gefechtes  und  setzte  u.  A.  fest : 

„Es  wird  bei  Todesstrafe  verboten,  weder  zu  schiessen,  bis  es  befohlen 
wird,  noch  unter  dem  Gewehr    zu  plaudern  oder  das  Geringste    zu  sprechen." 

„In  währendem  Avancieren  soll  die  Cavallerie  nicht  stärker  marschieren, 
als  die  Grenadier-Bataillone,  um  mit  solchen  Linie  zu  halten." 

„Es  wird  nicht  anders,  als  pelotonweise  chargiert  und  die  Officiere 
müssen  ihre  Leute  so  cornmandieren,  wie  auf  dem  Exercierplatze,  der  sämmt- 
lichen  Infanterie  soll  wohl  anbefohlen  werden,  die  Pelotons  im  Anschlage  liegen 
zu  lassen,  die  Mündung,  wie  gewöhnlich,  gesenkt  und  solche  wohl  auf  den 
Feind  zu  halten,  die  Commandeure  der  Bataillons  seien  zu  Fusse  vor  die 
Bataillons,  die  Majors  und  Adjutanten  sind  hinter  die  Bataillons  zu  Pferde, 
auch  sind  die  Officiers,  so  die  Züge  schliessen,  hinter  dem  Bataillon,  um  alle 
Desordres  zu  verhüten.  Die  Feldwebel  bleiben  bei  den  Fahnen  und  im  Falle 
ein  Gefreiter-Corporal  todtgeschossen  würde,  so  muss  dessen  Fahne  ein  Feld- 
webel nehmen ;  bei  den  Fahnen  sollen  auf  jeder  Seite  drei  Rotten  nicht 
schiessen."  (Kriege  Friedrich  d.  Gr.  I,  Anlage  21.) 


241 

Bach  auf  der  westlich  der  Dämme  gelegenen  Fürth  überschreiten, 
um  in  den  Rücken  der  abmarschierenden  österreichischen  Cavallerie 
einzufallen.  Die  Preussen  waren  jedoch  jenseits  des  Kleinen  Baches 
noch  nicht  aufmarschiert,  als  Berlichingen  die  Front  wieder 
herstellte,  zur  Attaque  blasen  Hess  und  die  preussischen  Reiter 
wieder  über  den  Bach  trieb.  Eine  weitere  Verfolgung  wurde  durch 
das  intensive  Feuer  der  preussischen  Infanterie  und  Artillerie  ge- 
hindert. Die  Regimenter  Berlichinge n's  giengen  nach  diesem 
Vorstoss  wieder  auf  ihren  Flügel  zurück. 

Von  dort  erneuert  vorzurücken,  scheiterte  an  der  Haltung  der 
Infanterie,  da  diese  nicht  zum  Vorwärtsbringen  war. x) 

Als  FM.  Graf  Neipperg  die  Vorrückungsbewegung  des 
rechten  preussischen  Flügels  bemerkte,  Hess  er  die  Infanterie  nach 
dem  linken  Flügel  anschliessen  und  Bataillone  des  zweiten  Treffens 
zur  Ausfüllung  der  Lücken  in  das  erste  einrücken.  Die  Lage  ge- 
staltete sich  jedoch  ungünstig  für  die  österreichische  Armee ;  deren 
Infanterie  rückte,  obschon  sie  ein  fortgesetztes  Feuer  unterhielt, 
nicht  einen  Schritt  vor,  die  Bataillone  kamen  in  Unordnung,  „und 
es  war  ein  Jammer,  diese  armen  Recruten  zu  sehen,  wie  sich  der 
Eine  lunter  dem  Anderen  versteckte,  so  zwar,  dass  die  Bataillone 
zu  30  bis  40  Mann  tief  standen  und  die  Intervallen  so  gross  wurden, 
dass  man  mit  ganzen  Cavallerie-Regimentern  hätte  eindringen 
können,  obwohl  das  gesammte  zweite  Treffen  in  das  erste  eingefügt 
war.  Es  ist  gewiss,  dass  unsere  Infanterie  vernichtet  worden  wäre, 
wenn  wir  mit  einem  lebhafteren  und  entschlosseneren  Feinde  zu 
thun  gehabt  hätten.  Aber  die  Preussen  haben  es  nicht  für  noth- 
wendig  gehalten,  rascher  vorzurücken,  als  sie  es  stets  gewolmt  sind, 
noch  uns  Mann  gegen  Mann  anzugreifen,  wie  sie  es  hätten  thun 
können,  als  sie  gewahr  wurden,  dass  unsere  Cavallerie  nicht  mehr 
angehen  wollte  und  sie  von  dieser  Seite  nichts  mehr  zu  fürchten 
hatten." 

„Man  muss  der  preussischen  Infanterie  die  Gerechtigkeit 
widerfahren  lassen,  ihre  Haltung  war  bewunderungswerth  trotz  dem 


3)  „Aber  da  unsere  Infanterie  nicht  vorrücken  wollte,  ward  unsere 
Cavallerie  so  entmuthigt,  dass  sie  nicht  mehr  zum  Angriff  vorgehen  mochte, 
obwohl  General  Berlichingen  sie  durch  sein  eigenes  Beispiel  aufmunterte : 
sein  Pferd  bis  auf  20  Schritt  vom  Feinde  spornend,  redete  er  zu,  drohte,  aber 
ohne  irgend  welchen  Erfolg,  was  ihn  dergestalten  erzürnte,  dass  er  zwei 
Reitern,  die  davon  ritten,  den  Kopf  spaltete  und  mehrere  ändere  mit  dem 
Degen  vom  Pferde  hieb."  (Relation  eines  kaiserlichen  Offieiers.) 

Oesterreichischer  Erbfolgekrieg.  II.  Bd.  1<> 


•242 

unausgesetzten  Feuer,  das  sie  unsererseits  auszuhaken  Latte ;  sie 
formierte  sich  trotzdem  mit  der  schönsten  Ordnung  und  obschon 
sie  Mann  an  Mann  gedrängt  standen  und  Bataillon  an  Bataillon,  so 
überragten  sie  uns  doch  auf  jedem  Flügel  mit  3  oder  4  Bataillonen, 
uns,  die  wir  gegen  Ende  der  Schlacht  entsetzliche  Intervalle  und 
sämmtliche  Begimenter  in  einer  Linie  hatten.'" 

„Diese  ganze  grosse  Front  schien  wie  von  einer  einzigen  Trieb- 
kraft bewegt;  sie  rückte  Schritt  für  Schritt  mit  überraschender 
Gleichförmigkeit  vor.  Ihre  Artillerie  arbeitete  gleichzeitig  und 
ohne  Unterbrechung  mit  Vollkugeln  und  Kartätschen  und  sobald 
sie  in  richtiger  Schussweite  waren,  verstummte  ihr  Gewehrfeuer 
keinen  Augenblick  und  glich  dem  unaufhörlichen  Rollen  des 
Donners.  Sobald  sie  in  unserem  Gesichtskreise  Bewegungen  machten, 
führten  sie  diese  mit  solcher  Schnelligkeit  und  Genauigkeit  aus. 
dass  es  eine  Freude  zu  sehen  war ;  sobald  ein  Mann  fiel,  trat  ein 
anderer  an  dessen  Stelle,  kurz,  sie  haben  ihre  Sache  gut  gemacht, 
aber  sie  haben  nicht  Alles  gethan,  was  sie  hätten  thun  sollen  und 
man  kann  wohl  sagen,  dass  unser  Feind  nicht  zuviel  Tapferkeit, 
aber  viel  Schulung    und    die  beste  Haltung    von  der  Welt  hat."  *)' 

Dem  FM.  Schwerin,  der  obschon  verwundet,  die  AVahlstatt 
nicht  verliess.  war  es  nicht  entgangen,  dass  es  wohl  nur  noch  eines 
umfassenden  Vorgehens  des  preussischen  linken  Flügels  gegen  den 
österreichischen  rechten  bedürfe,  um  den  Bückzug  der  österreichi- 
schen Armee  zu  erzwingen.2)  Er  sandte  daher  an  den  am  linken 
Flügel  befehligenden  GL.  von  Kalckstein  Ordre,  das  Vorrücken 
der  Infanterie  dieses  Flügels,  Direction  auf  Mollwitz,  zu  be- 
schleunigen. 

.  Diese  Bewegung  wirkte  entscheidend  auf  den  Ausgang  der 
Schlacht.  Die  österreichische  Infanterie  drängte  sich  zu  Knäueln 
um  ihre  Bataillonsfahnen  und  die  Lücken  der  Fronten  Hessen  sieh 
nicht  mehr  ausfüllen. 


1)  Relation  eines  kaiserlichen  Ofriciers.  (Mittheilungen  des  k.  und  k. 
Kriegs- Archivs,  I.  205.)  Der  König  selbst  war  voll  stolzer  Freude  über  seine 
brave  Infanterie:  „Mein  Glück,  die  Conservation  meiner  ungemein  braven 
Armee  und  die  Wohlfahrt  des  Landes  habe  allein  unserer  unschätzbaren  In- 
fanterie zu  danken  .  .  .  unsere  Infanterie  sind  lauter  Caesar's  und  die  Officiere 
davon  lauter  Helden,  aber  die  Cavallerie  ist  nicht  werth,  dass  sie  der  Teufel 
holt."  König  Friedrich  II.  an  Fürsten  Leopold  von  Anhalt-Dessau  (Kriege 
Friedrich  d.  Gr.  I.  -119). 

2)  Kriege  Friedrich  d.  Gr.  I.  410. 


2  !:•> 

FM.  Neipperg  beschloss,  als  er  sah,  dass  es  kein  Mittel 
mehr  gebe  und  die  Truppen  durchaus  nicht  mehr  Stand  halten 
wollten,  auch  die  Mehrzahl  der  Regimenter  ihre  tapfersten  Offi- 
ciere  verloren  und  die  gesammte  Infanterie  ihre  Munition  ver- 
schossen hatte,  das  Schlachtfeld  zu  verlassen.  Es  war  7  Vi  Uhr. 
als  der  Rückzug  angetreten  wurde.  Des  Felclmarschalls  Absicht 
war,  sich  hinter  dem  Dorfe  Mollwitz  aufzustellen,  wo  er  coupiertes 
und  vorteilhaftes  Terrain  zu  finden  glaubte.  Es  ist  wahrscheinlich, 
dass,  wenn  er  dort  die  Nacht  auszuhalten  vermocht  hätte,  die 
Preussen  eine  Verfolgung  nicht  unternommen  hätten,  denn  sie 
hatten  ebenfalls    bedeutende  Verluste  erlitten. 

Als  Neipperg  aber  die  Auflösung  der  tactischen  Ordnung, 
besonders  bei  der  Infanterie  gewahrte,  fasste  er  den  Entschluss,  in 
der  Nacht  noch  bis  Grottkau  zurückzugehen. 

Die  Grenadier-Compagnien  und  die  noch  verfügbare  Reiterei 
deckten  den  Rückzug  der  Infanterie.  Vor  dem  gegen  Mollwitz 
vorrückenden  linken  Flügel  der  preussischen  Front  gieng  auch  die 
österreichische  Cavallerie  bald  zurück  und  die  unter  Major  von 
Z  i  e  t  e  n  das  Dorf  Mollwitz  westlich  umgehenden  Berliner  Husaren 
trugen  mit  dazu  bei,  dass  beim  Rückzuge  noch  viele  Munitions 
Wagen  verloren  giengen,  die  in  dem  tiefen  Schlamme  der  Strasse 
stecken  geblieben  waren.  Neipperg,  der  selbst  hier  zugegen  war, 
musste  ebenfalls  eilen,  aus  dem  Bereiche  der  preussischen  Reiter  zu 
kommen.  6  Feld-Geschütze  und  1  Haubitze,  deren  Pferde  entweder 
erschossen  oder  entlaufen  waren,  blieben  stehen. 

Der  Mangel  an  Bespannungen  zwang  dazu,  auch  die  eroberten 
preussischen  Geschütze  in  Mollwitz  zurückzulassen. 

Ein  dreipfündiges  Geschütz  wurde  bis  "Wansen  mitgeführt 
musste  aber  dort  zurückbleiben,  weil  der  Büchsenmeister  keinen 
Vorspann  mehr  erhielt,  so  dass  von  den  durch  die  Cavallerie  eroberten 
preussischen  Geschützen  nur  ein  Sechspfünder  in  österreichischen 
Händen  blieb.  Nachdem  der  Conradswaldauer  Bach  auf  den  bei 
Hünern  und  südlich  davon  gelegenen  Brücken  überschritten  worden, 
erreichte  die  österreichische  Armee  noch  in  der  Nacht  das  16  Kilo- 
meter vom  Schlachtfelde  entfernte  Grottkau. 

FM.  Graf  Schwerin  entsandte  den  Adjutanten  des  Erb- 
prinzen L  e  o  p  o  1  d,  Major  von  B  ü  1  o  w,  um  König  Friedrich  H. 
aufzusuchen  und  demselben  den  Erfolg  des  Tages  zu  melden.  GL.  von 
G  essler  traf  zu  Ende  der  Action  mit  10  Escadronen  von  (Milan 
ein,  nachdem  er  von  österreichischen  Husaren  Längere  Zeit  an  dem 
Vormarsche  gehindert  worden  war.   Diese  Cavallerie  wurde  ebenfalls 

L6* 


244 

zur  Verfolgung  der  abziehenden  Oesterreicher  verwendet,  blieb  aber 
schon  am  Conrads waldauer  Bache  stehen. 

Schwerin,  zweimal  im  Laufe  der  Schlacht  verwundet, 
übergab  den  Befehl  an  den  Erbprinzen  von  Anhal t-D  essaa. 
der  die  preussischen  Truppen  auf  der  "Wahlstatt  lagern  Hess. 

"Wahrend  dieser  Vorgänge  war  König  Friedrich  LT.  vom 
Schlachtfelde,  Anfangs  mit  grösserem  Gefolge,  nach  Löwen  geritten, 
hatte  hier  die  Neisse  passiert  und  wandte  sich  nun,  wie  es  scheint, 
mit  nur  wenigen  Begleitern  nach  Oppeln  (23  Kilometer  von  Löwen), 
das  er  in  Sicherheit  glaubte.  Die  Stadt  Oppeln  war  jedoch  an  eben 
diesem  Tage  von  Csäky'schen  Husaren,  den  Vortruppen  des  aus 
Mähren  in  Ober  -  Schlesien  eingedrungenen  kleinen  Corps  des 
Baron  GFWM.  Baränyay  besetzt  worden. 

Als  er  nun  in  der  Nacht  dort  bei  dem  geschlossenen  Thore 
mit  seinen  Begleitern  anlangte  und  sie  sich  als  „Preussen"  meldeten, 
wurde  mit  Schüssen  geantwortet. 

Der  König  wandte  um  und  schlug  den  Weg  nach  Löwen 
wieder  ein,  wurde  aber  von  einer  Abtheilung  Csäky-Husaren  unter 
Lieutenant  "Werner  verfolgt,  jedoch  nicht  eingeholt  und  gelangte 
glücklich  nach  Löwen,  wo  er  bei  Tagesanbruch  des  11.  April  ankam 
und  den  Major  von  Bülow  mit  der  Kunde  von  dem  Rückzuge 
der  österreichischen  Armee  antraf. 

König  Friedrich  II.  hatte  an  diesem  Tage  vom  Schlachtfelde 
nach  Oppeln  und  zurück  nach  Löwen,  eine  Wegstrecke  von  10  Meilen 
zurückgelegt.  Er  selbst  soll  über  diese  Episode  niemals  gesprochen 
haben,  welcher  Umstand  selbstverständlich  die  historische  Richtig- 
stellung des  Ereignisses  nicht  gefördert  hat.  *) 

Thatsächlich  hatte  er  sich  in  imminenter  Gefahr  befunden, 
wie  die  Gefangennahme  eines  Theils  seines  Gefolges,  darunter 
Oberstlieutenant  von  Buggenliagen,  Kriegs  -  Commissär  von 
Reinhardt  und  der  gelehrte  Mathematiker  de  Maupertuis. 
durch   die  Husaren  beweist. 2) 


*)  Eine  Schilderung  dieser  Episode  mit  Benützung  aller  zugänglich. 
gewesenen  Quellen  findet  sich  in  „Mittheilungen  des  k.  und  k.  Kriegs-Archivs." 
N.  F.  1887,  Bd.  I,  209  und  ff,  Anmerkung  1. 

2)  Lieutenant  Paul  Werner,  welcher  König  Friedrich  in  jener 
Nacht  verfolgte,  trat  später  (1750)  in  preussische  Kriegsdienste  und  brachte 
es  dort  zu  hohen  Stellungen.  Er  starb  1785  als  General-Lieutenant  auf  seinem 
Gute  Pitschin  in  Ober-Schlesien. 


2  1 5 

Nach  kurzem  Aufenthalte  brach  König  Friedrich  II.  aus 
Löwen  wieder  auf  und  traf  am  Vormittage  des  11.  April  bei  seiner 
Armee  in  Mollwitz  ein. 

Die  Verluste,  wie  sie  FM.  Graf  Neipperg  in  einer  Eingabe 
aus  Neisse  vom  23.  April  selbst  beziffert,  bestanden  in : 

Inf  ant  er  i  e. 

Todt:  Officiere  und  Gemeine 351  Mann 

Während  der  Action  verloren,  also  Vermisste,  Blessierte 

und  in  Gefangenschaft  Gerathene  (incl.  Officiere)  .  1427       ,, 
Blessierte,    nach  Mährisch-Neustadt    transportiert   (incl. 

Officiere) 1393       „ 

Un transportable  Verwundete  in  Neisse 138 


j; 


3309  Mann 
Cavallerie    (Cürassiere  und  Dragoner). 

Todte :  (worunter  auch  Gefangene  sein  können) 

Officiere  und  Gemeine 468  M.     913  Pfde. 

Während  der  Action  verloren  (wie  oben)     .     .  70    ,,         85 

In  feindliche  Gefangenschaft  gerathen     ...  14    ,, 
Blessierte  in  Mährisch-Neustadt  u.  in  loco  (incl. 

Officiere) 625    „       610 

1177  M.  1608  Pfde. 

Husaren    (Officiere  und  Gemeine). 

Todt    geblieben,  vermisst  und  gefangen    .       38  M.       53  Pfde. 

Artillerie.  Todt 13    „         58      „ 

Blessiert  (incl.  Officiere) 14    ,,  ,, 

27  M.       58  Pfde. 
Zusammen  4551  Mann  (incl.  Officiere)  und  1719  Pferde. 

Von  der  Generalität  waren  todt  geblieben :  General  der 
Cavallerie  Baron  Römer  und  FML.  Baron  Gold  y.  Verwundet 
waren:  FML.  Graf  Browne  und  Graf  Grünne,  GFWM.  Baron 
K  h  e  u  1,  Graf  Kolowra  t,  Prinz  B  i  r  k  e  n  f  e  1  d,  Graf  Franke  n- 
berg,  Baron  Lentul us.  Graf  Lannoy,  Oberst  von  Hohen- 
zollern  blieb  todt,  Oberst  Derenthal  von  Franz  Lothringen 
starb  in  Folge  seiner  Wunde  ;  die  Oberste  B  e  c  h  i  n  i  e  von 
Batthyänyi,  Hagenbach  von  Harrach  und  Bretlach  von 
Württemberg  wurden  verwundet.  Der  Oberst  von  Kolowrat. 
Graf  Wels,  erhielt  eine  Contusion  am  Munde.  Baron  Krassow. 


246 

Oberstlieutenant  vom  Regimente  Grünne,  wurde  gefährlich  ver- 
wundet, gefangen  und  erlag  sehr  bald  seinen  Wunden.  An 
Officieren  vom  Oberst  abwärts  waren  geblieben :  bei  der  In- 
fanterie:  todt  21.  verwundet  99,  vermisst  14;  bei  der  Cavallerie  : 
todt  25,  verwundet  45,  vermisst  2  ;  bei  der  Artillerie:  verwundet  2. 
Der  Verlust    an  Officieren  vom  Oberst  abwärts    betrug   daher  214. 

Die  transportablen  Verwundeten  der  österreichischen  Armee 
wurden  meistentheils  nach  Mährisch-Neustadt  gesandt. 

An  Geschützen  giengen  verloren :  3  dreipfündige  Regiments- 
Stücke,  3  dreipfündige  Feldschlangen,  1  zwölfpfündige  Haubitze. 
1  kleine  Petarde  ;  dann  zwei  Protzen,  1  Munitions-Karren,  22  Muni- 
tions-,  Schanzzeug-  und  Requisiten- Wagen,  1  Feuerwerkskasten. 
Ausserdem  sollen  drei  Estandarten  der  Regimenter  Hohenzollern, 
Lanthieri  und  Hohenems  verloren  gegangen  sein. 

Sämmtlichen  Generalen  waren  die  Pferde  unter  dem  Leibe 
getödtet  oder  verwundet  worden.  FM.  Graf  Neipperg  selbst  hat  fci 
zwei  Schüsse  durch  den  Hut,  fünf  bis  sechs  durch  die  Uniform, 
ein  Pferd  durch  eine  Kanonenkugel  zerrissen  und  zwei  Pferde  ver- 
wundet. Die  Armee  war  schon  vollständig  zurück,  als  er  bei  den 
Munitions-Karren,  die  stecken  geblieben  waren,  anhielt,  so  dass  er 
beinahe  in  die  Hände  des  Feindes  gefallen  wäre,  dessen  Husaren 
schon  auf  ihn  Feuer  gaben,  so  dass  sein  erster  Adjutant,  Baron 
von  L  e  w  e  n,  ihn  aufmerksam  machen  musste,  sich  zurück  zu 
begeben. 

Von  der  ganzen  Suite  war  kaum  Jemand  ohne  Wunde  oder 
ohne  verwundetes  Pferd  davongekommen.  Dem  ersten  Adjutanten 
zertrümmerte  eine  Kugel  die  Pistole  in  der  Holfter,  er  selbst  erhielt 
eine  Contusion  am  rechten  Fuss,  das  Pferd  des  zweiten  ward  ver- 
wundet, der  dritte  erhielt  einen  Schuss  in  den  Schenkel.  Dem  Volontair 
Grafen  Vasquez  wurde  ein  Pferd  verwundet  und  ein  anderes  durch 
eine  Kanonenkugel  getödtet,  der  Ingenieur-Lieutenant  Ignaz  von 
S  c  h  u  b  a  r  t   aus  dem  Stabe  N  e  i  p  p  e  r  g's  wurde  schwer  verwundet. 

Aber  auch  die  Preussen  hatten  enorme  Verluste  erlitten,  190 
Ofnciere,  4659  Mann,  523  Pferde  bedeckten  todt  oder  verwundet 
die  Wahlstatt.  Die  grössten  Verluste  hatte  die  Infanterie ;  GL.  Graf 
Schulen  bürg,  die  Oberste  Prinz  Friedrich  von  Branden- 
b  u  r  g-S  ohwedt  und  von  Borcke  waren  gefallen,  verwundet  waren 
FM.  Graf  S  c  h  w  e  r  i  n,  GM.  von  Kleist  und  von  der  M  a  r  w  i  t  z, 
die  Oberste  Prinz  Wilhelm  von  B  r  a  n  d  e  n  b  u  r  g  -  S  c  h  w  e  d  t. 
von  M  o  s  e  1 1,  Graf  Wartensiebe  n,  von  ßocho  w. 


247 


Die  Zahlen    der    Verluste    auf   beiden    Seiten     sind    bei    der 
geringen  numerischen  Stärke  beider  Heere  ganz  unverhältnissmässig 


grosse. 


Bej  der  preussischen  Armee  beschäftigte  man  sich  vom  12. 
bis  16.  April  mit  Vertheilung  und  Fortschaffung  der  Verwundeten, 
welche  zumeist  nach  Ohlau  gebracht  wurden.  Es  fand  eine  Son- 
derling der  Schwer-  und  Leichtblessierten  statt  und  eine  Art  von 
Krankenzerstreuungs-Sy stem  kam  in  Anwendung,  wobei  der  Wasser- 
transport auf  der  Oder  abwärts  sehr  zu  Statten  kam. 

Die  österreichischen  Gefangenen  wurden  sämmtlich  nach 
Breslau  dirigiert,  zu  weiterem  Transporte  von  dort  aus.  Eine  Anzahl 
von  556  österreichischen  Verwundeten  wurde  von  den  Preussen 
nach  der  Schiacht  ohne  alle  ärztliche  Vorsorge  in  die  Dörfer  um 
Brieg  gelegt  und  der  Commandant  von  Brieg  aufgefordert,  sie  zu 
übernehmen.  So  schwer  diese  Belastung  für  den  kleinen  Platz  auch 
war,  so  fügte  sich  der  wackere  Commandant  doch  aus  Menschlich- 
keit dieser  Forderung. 2) 

Die  Mehrzahl  aller  bei  Mollwitz  Verwundeten  und  eine  Menge 
von  Kranken  kamen  nach  Breslau  in  die  Klöster,  die  evangelische 
Schule  und  das  Maria  Magdalena-Gymnasium. 

FM.  Graf  Neip per g  sagt  in  seinem  Schlachtberichte:  „die 
Cavallerie  sei  recht  a  la  hussarde  und  in  voller  Furie  auf  den  Feind 
losgegangen,  habe  zwar  anfänglich  das  Ilirige  wohl  gethan,  das  Ende 
aber  habe,  um  dieser  Unordnung  willen,  mit  dem  Anfang  nicht  über- 
eingestimmt. Die  Infanterie  habe  schon  auf  1000  Schritt,  —  wovon  sie 
über  alles  Zureden  nicht  abgehalten  werden  können,  in  Sonderheit  als 
selbige  stundenweis  auf  dem  einen  Flügel  von  der  Cavallerie  sich  ent- 
blösst  gesehen,  welches  einen  grossen  Anlass  zu  dem  Plänkeln  und  dass 
man  sie  aus  Consternation  nicht  fortbringen  können,  mag  gegeben 
haben  —  auf  den  Feind  zu  feuern  angefangen  und  sich  vor  der  Zeit 
ohne  Noth  verschossen,  dergestalt,  dass  sie  auf  die  Letzt'  keine 
Munition  mehr  gehabt  habe."  2) 

Er  fügte  in  seinem  Berichte  an  den  Grossherzog  hinzu:  „Aus 
diesem  Allen  können  und  wollen  Euer  Königliche  Hoheit  von  selbst 
Gnädigst  urtheilen,  was  Ihre  Majestät  die  Königin  für  Armeen 
haben    und  wie  wenig    auf  selbige  zu  rechnen,    einem  Feind,   der, 

')  FM.  Graf  Neipperg  nennt  in  einem  Berichte  an  den  Hof-Kriegsrath 
vom  28.  Aprü  die  angegebene  Zahl  und  bezeichnet  sie  als  von  dem  Feinde 
ausgelieferte  „blessierte  Gefangene".    (K.  A.,  F.  A.  Schlesien  1741;  XIII.  11 

2)  Neipper  g's  Bericht. 


248 

wie  die  preussische  Infanterie,  eine  so  gute  Contenance  haltet,  sich 
zu  präsentieren,  insonderheit,  da  fast  die  ganze  Infanterie  in  Recruten 
und  schlechter  Mannschaft  von  Bauern  und  sonst  dergleichen 
besteht,  die  noch  zu  allem  Uebernuss  meistentheils  einige  Tage, 
bevor  die  Regimenter  in's  Feld  gerückt,  dazu  gestossen  worden, 
deren  Ungeschicklichkeit  auch  verursacht,  dass  öfters  die  Generale 
sowohl,  als  Stabs-,  Ober-  und  Unterofficiere,  auch  alte  Gemeine 
selbst  in  Gefahr  stehen,  verloren  zu  werden  und  daher  anstatt 
dass  dergleichen  Leute  zum  Nutzen  gereichen  sollten,  solche,  um 
der  verursachenden  Unordnung  willen,  zum  Nachtheil  und  Schaden 
sind.  Meinen  Worten  aber  dürfen  Höchstdieselben  hierinfalls  kein 
Gehör  geben,  oder  an  mein  Sentiment  sich  binden,  sondern  geruhen 
von  den  hier  in  loco  befindlichen  Generalen,  auch  Stabs-Ofncieren 
und  anderen  unter  der  Hand  zu  vernehmen,  ob  es  getroffen  oder 
nicht.  In  diesem  muss  unterdessen  bekennen,  dass  ich  mich  sehr 
geirrt,  indem  unsere  Leute  von  Infanterie  sowohl,  als  Cavallerie 
niemals  Anfangs  von  einem  so  grossen  Muth  und  Freude  gesehen, 
als  diesmal  und  bis  zur  Stund  des  unvermutheten  und  übereilten 
unglücklichen  Angriffs  des  Generals  Römer."1) 

Römer  hatte  von  Neipperg  unzweifelhaft  den  Befehl, 
denn  das  geht  aus  der  letzteren  Relation  hervor,  mit  seinen  sechs 
Cavallerie-Regimentern  vor  Mollwitz  so  lange  stehen  zu  bleiben, 
bis  das  Centrum  und  der  rechte  Flügel  in  die  Schlachtlinie  ein- 
gerückt seien.  Er  wurde  durch  diesen  Befehl  an  den  Ort  seiner 
Aufstellung  gebannt  und  seine  Cavallerie-Masse  diente  den  preussi- 
schen  Artilleristen  als  leichtes  und  willkommenes  Zielobject. 

Wie  lange  R  ö  m  e  r's  Regimenter  beschossen  wurden,  ist  nicht 
festzustellen,  immerhin  dürfte  der  General  geglaubt  haben,  der 
Armee  zum  Aufmarsch  Zeit  genug  gelassen  zu  haben,  als  er  zur 
Attaque,  zu  der  die  Umstände  ihn  drängten,  vorgieng.  Den  Verlust 
der  Schlacht  hat  der  tapfere  General  gewiss  nicht  verschuldet. 
Wenn  ihn  ein  Tadel  treffen  kann,  so  ist  es  der.  mit  sechs  Regi- 
mentern attaquiert,  sich  ganz  ausgegeben  und  keine  Reserve  aus- 
geschieden zu  haben.  Vier  Cavallerie-Regimenter  hätten  auf  den 
preussischen  Flügel  wohl  die  nämliche  Wirkung  ausgeübt,  als  die 
ganze  Cavallerie-Masse. 

Es  darf  dabei  freilich  nicht  vergessen  werden,  dass  ein  be- 
sonderer   Grad    von    Manövrierfähigkeit     der    Armee     zu    Anfang 


*)  K  e  i  p  p  e  r  g's  Relation. 


249 

dieses  Kriegs  nicht  innewohnte,  dass  die  höheren  tactischen  Ver- 
bände eben  erst  gewissermassen  improvisiert  worden  waren,  dass 
die  Generale  ihre  Truppen  und  diese  ihre  Generale  noch  viel  zu 
wenig  kannten. 

Aehnlich  spricht  sich  der  bewährte  Kriegspraktiker  und  Militär- 
Schriftsteller  FM.  Ludwig  Andreas  Graf  K  h  e  v  e  n  h  ü  1 1  e  r  in  einem 
Briefe  an  den  Armee-Commandanten  aus:  „die  Cavallerie,  die  ihre 
volle  Schuldigkeit  gethan  hat,  musste  von  der  Infanterie  unterstützt 
und  aufgemuntert  werden." 

,,Ich  hätte  gewünscht,  dass  unsere  Infanterie  wie  dereinst  ge- 
wesen wäre,  diese  Eöme r'sche  Cavallerie  hätte  Gelegenheit  ge- 
geben zur  gänzlichen  Vernichtung  der  preussischen  Armee."  x) 

In  den  höheren  Wiener  Kreisen  war  man  der  Ansicht  und 
machte  auch  dem  Armee-Commandanten  daraus  einen  Vorwurf, 
dass  Neipperg  zu  viel  Vertrauen  in  die  erhaltenen  Nach- 
richten gesetzt  und  ,, nicht  ausgesendet  habe,  um  den  Feind  zu 
recognoscieren".  Alles  Andere  hätte  man  früher  von  diesem 
General  erwartet,  als  sich  überraschen  zu  lassen,  so  gross  war 
die  Meinung  von  seinen  Vorsichtsmassregeln  und  seiner  Umsicht. 
Er  hatte  die  umfassendsten  Dispositionen  getroffen,  um  die  Preussen 
am  folgenden  Tage  anzugreifen,  aber  unterlassen,  für  die  Ver- 
teidigung der  eigenen  Truppen  vorzudenken  oder  sie  wenigstens 
so  zu  vertheilen,  dass,  wenn  er  angegriffen  wurde,  er  sie  vereinigen 
konnte.  2)  Darin  lag  der  Kernpunct  des  Verlustes  der  Schlacht 
nicht.  Die  Massnahmen  des  Feldmarschalls  waren  den  Verhält- 
nissen nach  richtig  und  entsprechend,  er  hatte  seine  Lage  so 
günstig  gestaltet,  als  er  sie  nach  seinen  Nachrichten  vom  Feinde 
zu  gestalten  vermochte  und  er  erntet  auch  vom  Gegner  alles  Lob : 
,,Le  plan  de  l'expedition  de  N  e ip  p  e  r  g  etait  judicieux  et  profond." 3) 
Aber  die  Vereinigung  der  über  ganz  Schlesien  zerstreuten  preussischen 
Corps  musste  er  zu  verhindern  und  schneller  Ohlau,  den  grossen 
Depötplatz  des  preussischen  Heeres,  zu  erreichen  trachten. 
Sicherlich  hielt  der  Marschall  die  preussische  Armee  am  9.  April 
noch  nicht  für  ganz  vereinigt;  er  vermuthete  bei  Michelau  und 
Löwen  allerdings  den  stärkeren,  bei  Ohlau  nur  den  kleineren  Theil 


*)  Der  Wortlaut  des  Briefes  in  Anhang  XLIY. 

2)  Capello's   Bericht  vom  19.  April.    (H.  H.  u.  St.  A.,  Dispacci  di  Ger- 
mania, 241.) 

3)  Histoire  de  mon  temps  (Keil.  v.  1746),  228. 


•250 

derselben.  Die  tactische  Ueberlegenlieit  war  jedoch  auf  Seiten  der 
preussischen  Infanterie  und  diese  allein  hat  die  Schlacht  zu  ihren 
Gunsten  entschieden. 

Es  machten  sich  auch  Stimmen  geltend,  welche  den  be- 
schleunigten Beginn  der  Operationen  tadelten  und  meinten,  dass 
es  besser  gewesen  wäre,  zu  warten,  bis  man  kräftiger  gerüstet 
gewesen  und  möglicherweise  von  einer  anderen  Macht  secundiert 
worden  wäre.  Jedoch  liegen  die  politischen  Motive  ja  deutlich  zu 
Tage,  welche  den  Hof  bestimmt  hatten,  den  Feldherrn  zur  Acüon 
in  Schlesien  zu  drängen.  Gelang  es,  die  Kriegslage  dort  günstig 
zu  gestalten,  so  war  die  Stellung  der  Königin  augenblicklich 
verändert,  es  waren  Alliierte  zu  haben  und  die  offenen  und  ver- 
steckten Feinde  wurden  von  einer  Coalition  gegen  Oesterreich  ab- 
gehalten. Vom  politischen  Standpuncte  wäre  auch  das  Preisgeben 
einer  ererbten  Provinz  und  mit  ihr  so  vieler  treu  ergebener  Unter  - 
thanen,  endlich  zweier  wichtiger  Festungen,  ein  Eingeständniss 
von  Schwäche  gewesen,  das  dem  hohen  und  starken  Geiste  der 
Königin  nicht  entsprach.  Da  vorläufig  nur  Preussen  in  Waffen 
stand,  galt  es  wohl,  den  Versuch  zu  wagen,  sich  mit  gesammter 
Kraft  auf  diesen  ersten  Angreifer  zu  werfen. 

Wie  dem  auch  sein  mag,  FM.  Graf  N  e  i  p  p  e  r  g  blieb  auch 
nach  dem  Ausgange  der  Mollwitzer  Action  im  Besitze  des  un- 
geschmälerten Vertrauens  der  Königin  und  ihres  erlauchten 
Gemahls.  *) 


l)  Vergl.  die  Briete  des  Herrscherpaares  an  FM.  Grafen    Neipperg    in 
„Mittheilungen  des  k.  und  k.  Kriegs-Archivs".  N.  F.  1888,  II,  194  ff. 


Rückzug  der  österreichischen  Armee  an  die  Neisse. 


Der  Rückzug  der  Armee  in  der  Nacht  nach  Grottkau  war 
Schritt  für  Schritt  geschehen  und  hätte  der  Feldmarschall,  „nach 
dem  er  eine  halbe  Stunde  ungefähr  von  Mollwitz  entfernt  war 
und  einen  morastigen  Graben  passiert  hatte x),  des  Feindes 
willen,  der  nicht,  wie  er  wohl  thun  konnte,  verfolgt,  sondern 
nur  etliche  wenige  seiner  Husaren  nachprellen  lassen,  ganz  und 
gar  keine  Ursache  gehabt,  noch  selbige  Nacht  bis  nach  Grottkau 
zurückzugehen,  wann  er  nicht  bei  den  Truppen  überhaupt,  an  In- 
fanterie und  Cavallerie,  eine  gewisse  Furcht  und  Gonsternation 
verspürt  und  daher  sothane  Retraite  bis  nach  Grottkau  für  gut- 
angesehen  worden.  Daselbst  nun,  ohne  von  der  feindlichen 
Verfolgung  etwas  gewahr  zuwerde  n,  ist  man  nicht  allem 
den  Ueberrest  der  Nacht,  sondern  auch  folgenden  Tag  (11.  April) 
bis  gegen  Mittag  stehen  verblieben  und  den  Truppen  sowohl  Brod, 
als  Hafer  ausgetheilt  worden,  unter  welcher  Zeit  auch  noch  eine 
Menge  von  Blessierten  und  denjenigen,  so  sich  tagszuvor  verlaufen 
gehabt,  nachgekommen". 2) 

FM.  Graf  N  e  i  p  p  e  r  g  hatte  zuerst  die  Absicht,  in  Grottkau 
zu  bleiben,  doch  scheinen  Rücksichten  auf  die  Verpflegung  ihn  zu 
dem  Marsch  an  die  Neisse  bewogen  zu  haben.  Ein  Theil  der  In- 
fanterie cantonnierte  dann  anfänglich  in  den  Ortschaften  um  Gross- 
Neunclorf  am  linken  Neisse-Ufer,  der  andere  Theil  in  Neunz  und 
Umgebung.  Doch  wurde  einige  Tage  später  die  gesammte  In- 
fanterie auf  das  rechte  Neisse-Ufer  verlegt    und    cantonnierte    nun 


J)  Den  Conradswaldauer  Bach.     („Kriege  Friedrich  d.  Gr.",  1/2,  1). 
2)  K.  A.,  Neipperg  an  die  Königin,  Neisse,  23.  April  17-41.  Abgedruckt 
m  „Mittheilungen  des  k.  und  k.  Kriegs-Archivs",  N.  F.,  II,  204. 


252 

hinter  diesem  Flusse  von  Ottmachaii  bis  Mannsdorf.  Sodann  rückte 
die  Cavallerie  nach  Haunsdorf,  am  12.  nach  "Weitzendorf  und  Um- 
gebung, am  14.  nach  Steinsdorf  bei  Steinau,  wo  sie  bis  1.  Mai  in 
Cantonnierung  blieb,  die  Infanterie  marschierte  gegen  die  Festung 
Neisse  zurück,  wo  sich  auch  das  Hauptquartier  befand. 

In  "Wien  war  die  Nachricht  von  der  am  Montag,  den  10.  April, 
vorgefallenen  Schlacht  am  15.,  in  Berlin  und  in  Dresden  am  13.  April 
eingetroffen. 

Der  venetianische  Botschafter  Pietro  Andrea  Capello  be- 
richtet am  19.  April  an  die  Signoria,  dass  Prinz  Carl  von 
Lothringen  den  Verlust  der  Schlacht  auf  Ueberraschmig, 
Mattigkeit  und  Ermüdung  der  Infanterie,  sowie  auf  den  vorzeitigen 
Cavallerie-Angriff  des  linken  Flügels  zurückführe.  Er  fügte  noch 
hinzu,  die  Husaren  seien  nicht  zur  Hand  gewesen  und  hätten 
während  der  Zeit  die  feindliche  Bagage  geplündert ;  durch  den 
Tod  des  Generals  Eöme r  habe  die  Cavallerie  keinen  Comman- 
danten  gehabt,  endlich  seien  die  Unthätigkeit  und  die  unnützen  Be- 
wegungen der  Infanterie,  die  erst  aus  den  Dörfern  zusammengebracht 
werden  konnte,  nachdem  der  Kampf  schon  seit  lVa  Stunden  begonnen 
hatte,  verderblich  gewesen.  Die  Infanterie  habe  übrigens  mehr  die 
eigene  Cavallerie,  die  zurückgieng,  als  die  feindliche  beschossen, 
wesshalb  die  Salven  aufgegeben  und  die  Bajonnete  gepflanzt  werden 
mussten. 3) 

Die  Königin  theilte  dem  commandierenden  General,  der  in 
seiner  Relation  den  Mangel  an  Generalen  betont  hatte,  in  ihrem 
Erlasse  vom  16.  April  mit2),  dass  sie  die  Feldmarschall-Lieutenants 
Franz  Graf  St.  Ignon,  Königsegg  und  den  GFWM.  von  P  a  1 1  a  n  t 
in  das  Feldlager  absenden  lasse,  dass  das  Leopold  Daun'sche  Infanterie- 
Regiment  (Nr.  59)  aus  Siebenbürgen  zur  Armee  bestimmt  worden 
und  completiert  werden  würde,  endlich,  dass  die  über  den  Jablunka- 
Pass  rückenden  ungarischen  Freiwilligen-Regimenter  nicht  früher, 
als  den  1.,  beziehungsweise  den  15.  Mai  aufbrechen  könnten. 

Am  Schlüsse  fügte  die  gütige  Monarchin  noch  bei : 

„Schliesslich  hast  Du  denjenigen  Generalen  und  Officieren, 
die  bei  dem  vorgefallenen  Treffen  ihr  Devoir  besonders  gethan, 
Unsere  Gnädigste  Danknehmigkeit,  dessgleichen  auch  dem  Obersten 


*)  H.  H.  u.  St.  A.,  Dispacci  di  Germania,  241. 

2)  Siehe  die  Schreiben   der   Königin    und  des  Grossherzogs  an  Grafen 
Neipperg  in  „Mittheilungen  des  k.  und  k.  Kriegs-Archivs",  N.  F.,  II,  194  ff. 


253 

Freiherrn  von  Roth  Unser  "Wohlgefallen  über  die  während  der 
Zeit,  als  er  zn  Neisse  das  Interims-Commando  geführt,  bezeigte 
rühmliche  Stanclhaftigkeit  zn  erkennen  zn  geben,  demselben  auch 
zu  versichern,  class  Wir  auf  seine  Consolation  gelegentlich  zu 
reflectieren  nicht  vergessen  werden,  gleichwie  "Wir  auch  des  Leopold 
Eisenkolb1)  in  Gnaden  eingedenk  sein  werden." 

Das  preussische  Heer  ruhte  die  Nacht  über  bei  den  Lager- 
feuern auf  dem  Schlachtfelde.  Am  11.  April  legte  König- 
Fr  i  e  d  r  i  c  h  II.  seine  Truppen  in  Cantonnierungen  in  dem 
Räume  Jankau-Stannowitz-Löwen-Michelau.  Die  unter  des  Herzogs 
von  Holstein  Befehlen  stehenden  sieben  Bataillone2)  und  sechs 
Escadronen,  die  am  10.  April  bei  Strehlen  gewesen,  waren  am  11.  April 
beim  Heere  des  Königs  eingetroffen.  Am  nämlichen  Tage  kamen  noch 
nachgerückte  Verstärkungen  an  und  zwar  ehie  Escadron  Grardes  du 
Corps  und  vier  Escadronen  Gensdarmen,  so  dass  die  preussische 
Armee  nun  mit  den  zwei  in  Ohl au  als  Garnison  befindlichen 
Bataillonen  42  Bataillone  und  56  Escadronen  stark  war. 

Die  unterbrochen  gewesene  Verbindung  mit  Ohlau  und  Breslau 
war  durch  die  Schlacht  und  N  e  i  p  p  e  r  g's  Rückzug  an  die  Neisse 
wieder  offen,  Ober-Schlesien  aber  durch  die  Stellung  der  öster- 
reichischen Armee  ausreichend  gesichert.  Die  preussische  Armee 
bedurfte  selbst  dringend  der  Erholung  und  König  Friedrich  H. 
sah  vorläufig  von  weiteren  Operationen  ab,  richtete  dagegen  sein 
Hauptaugenmerk  auf  die  Eroberung  Briegs,  das  er  schon  am 
11.  April  auf  beiden  Seiten  der  Oder  enge  einschliessen  Hess. 
Das    königliche  Hauptquartier    blieb    bis    zum    20.  April   in  Ohlau. 

Im  Allgemeinen  erscheint  der  Erfolg  der  am  10.  April  1741 
ausgekämpften  Schlacht  für  König  Friedrich  H.  von  Preussen 
militärisch    wenig  belangreich. 

Den  durch  den  Einmarsch  des  FM.  Grafen  Neipperg  der 
preussischen  Armee  wieder  entrissenen  grossen  Theil  von  Schlesien 
brachte  der  Tag  von  Mollwitz  nicht  zurück  und  erst  nach  Monaten 
konnte  es  diplomatischer  Thätigkeit  gelingen,  jene  Landgebiete, 
welche  Anfangs  April  der  glücklich  combinierte  Marsch  N  e  i  p  p  e  r  g  s 
der  Königin  Maria  Theresia  wiedergewonnen  hatte,  aberma ! 3 
in  die  Hände  König  Friedrich  H.  zu  bringen. 


')  Bürgermeister  von  Neisse. 

")  Das  zweite  Bataillon  Alt-Borcke  war  zu  diesem  Commando  gestossenr 
dagegen  aber  das  zweite  Bataillon  Kalckstein  in  Schweidnitz  geblieben. 


-254 

Dagegen  waren  die  politischen  Consequenzeii  der  Schlacht 
von  eminenter  Bedeutung,  die  Stellungnahme  der  einzelnen  Cabinete 
wurde  durch  sie  wesentlich  beeinflusst. 

Die  Gegner  Maria  Tlieresia's  erhoben  zuversichtlicher  das 
Haupt,  während  die  Alliierten,  aufweiche  sie  gerechnet,  kleinmüthig 
wurden. 

Breslau  und  das  Lager  König  Friedrich  IL  gestaltete  sich 
zu  einem  förmlichen  Congress,  auf  welchem  fortan  die  Diplomaten 
und  Gesandten  sämmtlicher  europäischen  Mächte,  dem  Erfolge  zu 
huldigen,  nicht  säumten. 


Die  Gruppierung  der  Mächte. 

Als  zu  Beginn  des  Jahres  1741  die  Unterhandlungen  zwischen 
Oesterreich  und  Preussen  abgebrochen  wurden,  lag  der  Schlüssel 
zu  dem  Verhalten  und  der  Gruppierung  der  übrigen  Mächte  in  den 
Verhältnissen  der  allgemeinen  "Weltlage,  in  der  Stellung  Frankreichs 
zu  England. x) 

Im  Jahre  1739  war  zwischen  England  und  Spanien  ein  Krieg 
ausgebrochen,    dessen  Motiv  von    weltumfassender  Bedeutung  war. 

Es  handelte  sich  für  England  darum,  das  Uebergewicht  im 
Welthandel  und  im  Colonialbesitz  an  sich  zu  reissen.  Die  umfang- 
reichen maritimen  Rüstungen  Englands,  welche  auf  Unternehmungen 
gegen  das  Festland  von  Süd-Amerika  abzielten,  riefen  Frankreichs 
Eifersucht  wach.  Im  September  1740  waren  zwei  französische 
Geschwader  nach  den  westindischen  Gewässern  gesegelt.  Für  den 
Fall  des  Ausbruchs  eines  englisch-französischen  Krieges  suchte 
England  Verbündete  auf  dem  Continente  und  hätte  am  liebsten 
die  „grosse  Allianz"  wieder  aufleben  lassen.  Durch  die  vitalsten 
eigenen  Interessen  wurde  daher  das  Inselreich  auf  die  Seite 
Oesterreichs  gedrängt.  Angesichts  eines  bevorstehenden  Krieges 
mit  Frankreich  erhob  man  sich  in  London  sofort  zur  Ueberzeugune;. 
dass  man  eines  verbündeten  Oesterreich  nicht  entrathen  könne. 

König  Georg  LT.  von  England,  Churfürst  von  Hannover 
hatte    sich    beeilt,    Maria    Theresia    als    die   einzig    berechtigte 


1)  ,, England  und  Frankreich  sind  entzweit;  wenn  sich  Frankreich  in  die 
Angelegenheiten  des  Reiches  mischt,  kann  England  dies  nicht  dulden  und  auf 
diese  Art  hieten  mir  die  beiden  gegnerischen  Parteien  immerhin  eine  gute 
Allianz."  (Polit.  Corresp."  I,  Nr.  140.  Idees  sur  les  projets  politiques  ;'i  former 
au  sujet  de  la  mort  de  l'Empereur.  6.  November  1740. 


256 

Nachfolgerin  Kaiser  Carl  VI.  anzuerkennen.  In  der  Rede,  mit  welcher 
der  König  am  29.  November  des  abgelaufenen  Jahres  das  Parla- 
ment eröffnet  hatte,  war  der  feste  Vorsatz  ausgesprochen,  die  Ver- 
pflichtungen gewissenhaft  zu  erfüllen,  welche  er  auf  sich  genommen 
habe.  Die  Antworten  der  beiden  Häuser  gestatteten  keinen  Zweifel 
über  die  Stimmung  des  englischen  Volkes.  Klar  erkannte  es,  dass 
«las  eigenste  Interesse  es  erheische,  jeder  Schmälerung  der  Macht 
Oesterreichs  entgegenzutreten.  Diese  Kundgebungen  des  Parlaments 
Hessen  König  Georg  den  Wiener  Hof  zur  Standhaftigkeit  Preussen 
gegenüber  mahnen  und  jede  Nachgiebigkeit  widerrathen. x) 

Wiederholt  erklärte  König  Georg  dem  Gesandten  Mari  a 
T  h  e  r  e  s  i  a's,  dass  er  mit  seiner  eigenen  Macht,  sowie  mit  den  in 
Englands  Solde  befindlichen  hessischen  und  dänischen  Hilfs-Truppen 
gegen  Preussen  in  das  Feld  rücken  werde. 2) 

Im  Gegensatze  zu  den  Aeusserimgen  des  Souverains  erschien 
das  Benehmen  seines  Gesandten  am  Wiener  Hofe,  Lord  Robin- 
son, um  so  befremdender.  Dieser  Diplomat  war  nicht  ohne 
Verschulden,  dass  gegen  den  preussischen  Einbruch  in  Schlesien 
keine  Kriegsmittel  verfügbar  waren,  da  er  bis  zur  vollendeten  That- 
sache  jener  Invasion  stets  behauptet  hatte,  König  Friedrich  H. 
sei  von  einem  Einfalle  auf  österreichisches  Gebiet  weit  entfernt 
und  jede  Vorkehrung  dagegen  werde  nur  überflüssige  Kosten  ver- 
ursachen und  dazu  dienen,  sich  den  König  von  Preussen,  dessen 
Beistandes  man  dringend  bedürfe,  zum  Feinde  zu  machen. 

Dass  dieser  Diplomat  zur  Nachgiebigkeit  gegen,  zur  Ver- 
einbarung mit  Preussen  rieth,  wirkte  umso  überraschender,  als 
dessen  Vorgehen  den  Anschauungen  seines  Königs  gerade  ent- 
gegengesetzt war.3) 


')  „E.  k.  M.  sollen  nur  sich  nicht  mit  Preussen  vergleichen;  man  werde 
schon  Mittel  finden,  den  König  in  solche  Enge  zu  treiben,  dass  Allerhöchst- 
derselben  der  Schaden  werde  ersetzt  werden,  auch  Andere  dabei  des  Ihrigen 
sich  erholen  können ;  ihm,  König  von  Preussen,  müsste  der  Muth  zu  weiterem 
dergleichen  Muthwillen  benommen  werden.  Er,  König  von  England,  mache 
liiezu  seinerseits  alle  möglichsten  Veranstaltungen".  Graf  O  s  t  e  i  n  an  Maria 
Theresia,  London  13.  Februar  1741.  (H.  H.  u.  St.  A.  Arneth,  Maria 
Theresia  I,  391). 

2)  Arneth  a.  a.  0.  199.  „Wir  haben  von  England  nichts  zu  hoffen 
und  ich  bin  im  Begriff,  mit  dem  Cardinal  (Pleury)  abzuschliessen."  (Polit. 
Corresp.  I,  Nr,  244.  Friedrich  IL  an  Podewils,  Breslau,  5.  Januar  17+1.) 

3)  „Robinson  hat  gleich  allen  Anfangs  den  eifrigsten  Vorsprecher  des 
Königs  von  Preussen  abgegeben.  Er  hat  Alles  angewendet,  um  was  sowohl 
von  innen,  als  von  aussen  zum  hiesigen  Behuf  geschehen  konnte  und  geschehen 


257 


Bald  jedoch  wurde  man  in  Wien  darüber  klar,  dass  Robinson, 
wenn  auch  nicht  im  Auftrage  des  Königs,  doch  in  jenem  des 
englischen  Ministeriums  handelte.  "Wahrend  König  Georg  sich 
vorwieo-end  durch  die  Sympathien  für  sein  Stammland  Hannover 
leiten  Hess,  stellte  das  englische  Ministerium  die  Interessen  des 
Inselreichs  in  erste  Linie. 

Um,  wie  Anfangs  bereits  erwähnt,  Oesterreich  in  einem  Kriege 
gegen  Frankreich  als  Bundesgenossen  zu  haben,  lag  den  britischen 
Staatsmännern  sehr  viel  daran,  jede  sonstige  Verwicklung,  durch 
welche  Oesterreich  verhindert  werden  konnte,  seine  Kraft  wider 
Frankreich  zu  entfalten,  im  Keime  zu  ersticken. 

Als  Leitmotiv  zieht  sich  durch  die  gegenwärtigen  und  die 
folgenden  Verhandlungen  des  Jahres  1741  mit  England  das  Be- 
streben, den  schlesi sehen  Zwischenfall  aus  der  Welt 
zu  schaffen;  wenn  dies  durch  eine  Pression  auf  Oesterreich 
nicht  gelang,  mochte  man  wohl  daran  denken,  eine  solche  auf 
Preussen  zu  üben.  Durch  Aufopferung  einiger  schlesischer  Gebiets- 
theile  glaubte  man  das  Einvernehmen  mit  Preussen  ermöglichen 
zu  können,  die  Streitkräfte  der  Königin  blieben  zur  Verwendung 
gegen  Frankreich  intact  und  Preussens  Beitritt  zum  Bündnisse 
gegen  Frankreich  wäre  durch  zu  seinen  Gunsten  gemachte  Cessionen 
zu  erwirken  gewesen. 

So  die  Rathgeber  der  englischen  Krone.  Anders  fasste  jedoch, 
wenigstens  noch  zu  Anfang  des  Jahres  17-41,  König  Georg  die 
politische  Situation  auf.  Er  sah  vollkommen  ein,  class  es  im  Inter- 
esse der  Unabhängigkeit  seiner  hannoverschen  Lande  lag,  Preussen 
nicht  noch  mächtiger  werden  zu  lassen. 

Persönliche  Eifersucht  gegen  Friedrich  II.  mag  auch  dazu 
beigetragen  haben,  den  König  in  dieser  Anschauungsweise  zu 
bestärken  und  durch  sie  erklärt  sich  am  leichtesten  der  Eifer,  mit 
welchem  er  bestrebt  war,  zunächst  eine  Aussöhnung  zwischen  den 
Höfen    von  Wien    und  Berlin    zu    hintertreiben    und    sodann  eine 


wollen,  zu  hintertreiben  ;  sogar  dass  auch  nach  wirklich  erfolgtem  Einfall  in 
Schlesien,  er  diese  seine  Bemühung  auf  eine  Art  an  Tag  gelegt,  worüber  sich 
alle  anderen  fremden  Minis  tri  . . .  geärgert  haben.  Des  Gotter's  und  Borcke's 
längeren  Aufenthalt  hat  er  zu  erzwingen  vermeint,  die  preussische  Anforderung 
auf  Jägerndorf  vertheidigt  und  auch  zur  Zeit,  da  Uns  der  König,  sein  Prin- 
cipal, einen  schädlichen  Vergleich  mit  Preussen  missrathen  und  die  Noth- 
wendigkeit,  den  preussischen  Uebermuth  und  Macht  zu  mindern,  erkannt  hat. 
ganz  anders  gesprochen."  Maria  Theresia  an  den  Grafen  Ost  ein. 
2.  April  1741.  (H.  H.  u.  St.  A.  Bei  Arneth  a.  a.  0.  391.) 

Oesterreichischer   Erbfolsrekrieg.  II.  Bd.  1< 


258 

möglichst  ansehnliche  Trnppenmaclit  wider  Preussen  zusammen- 
zubringen. Durch  Preussens  Demüthigung  sollte  jede  zukünftige 
Gefahr  von  Hannover  abgewendet  und  diesem  Lande  durch,  auf 
Kosten  Preussens  zu  machende  Eroberungen  noch  eine  höchst 
willkommene  Vergrösserung  zu  Theil  werden.  ]) 

Indem  die  Minister  dann  ihr  ursprüngliches  Programm,  das 
der  in  der  Nation  herrschenden  Stimmung  nicht  zu  entsprechen 
schien  und  auch  der  Ansicht  ihres  Souverains  diametral  entgegen- 
stand, aufgaben,  Hessen  sie  sich  gleichzeitig  zu  einer  politischen 
Action  verleiten,  welche  die  Interessen  Englands  zu  Gunsten 
Hannovers  preisgab.  Vermochte  man  den  Kriegsfall  in  Schlesien 
nicht  im  Beginne  aus  der  Welt  zu  scharfen,  so  mussten  die 
Schwierigkeiten  wachsen  und  das  englische  'Ministerium  konnte 
sicher  voraussehen,  dass,  sobald  Frankreich  aus  seiner  passiven 
Rolle  heraustrat  und  sich  auf  die  Seite  der  Gegner  der  prag- 
matischen Sanction  stellte,  die  englische  Nation  energisch  Ver- 
wendung aller  Kräfte  gegen  diesen  Feind  verlangen  würde. 

Die  englischen  Staatsmänner  fanden  jedoch  die  übrigen  Mächte, 
welche  die  pragmatische  Sanction  garantiert  hatten,  nicht  nur  voll- 
kommen unvorbereitet  zu  einer  sofortigen  militärischen  Action 
gegen  Preussen,  sondern  auch  einer  solchen  im  Allgemeinen  wenig- 
geneigt  und  es  lässt  sich  wohl  behaupten,  dass  ohne  die  grossen 
diplomatischen  Anstrengungen,  welche  von  England  ausgiengen,  nicht 
einmal  jener  schwächliche  Anlauf  zur  Bildung  einer  Vereinigung 
der  für  die  pragmatische  Sanction  eintretenden  Mächte  zu  Stande  ge- 
kommen wäre.  Die  Verantwortung  für  die  durch  diese  diplomatische 
Action  bei  Oesterreich  erweckte  Hoffnung  und  das  später  für  das- 
selbe in  Folge  seines  festen  Vertrauens  auf  ein  actives  Eingreifen 
der  Garantie-Mächte  entstandene  Unheil  fallen  unzweifelhaft  dem 
Vorgehen  der  englischen  Politik  zur  Last. 

Der  ganz  enorme  Vortheil,  der  König  Friedrich  H.  in 
allen  diplomatischen  Schachzügen  so  sehr  zu  Statten  kam  und  den 
kleinen  Staat  Preussen  eine  führende  und  dominierende  Stellung 
den  Grossmächten  Europas  gegenüber  einnehmen  liess,  liegt  in 
seiner  Schlagfertigkeit   und  seinen    gefüllten  Gassen. 

Die  englische  Politik  versuchte  nun  zuerst  Holland  und 
Bussland    zu   einem  gemeinschaftlichen  Vorgehen    zu    veranlassen. 


J)  A  ruet  h  a.  a.  0.  ,,Die  Absicht,  so  Er,  König,  für  sich  darunter  führet, 
geht  auf  die  Behaltung  der  Conqueten,  welche  er  mittels  Seiner  Operationen 
über  Preussen  zu  machen  gedenkt."  Graf  Ostein  an  die  K  ö  n  i  g  i  n,  London, 
13.  Februar  1741.  (K.  und  k.  H.  H.  u.  St.  A.) 


259 

Bei  den  General-Staaten  wurde  es  nicht  leicht,  den  Ansichten 
Englands  Eingang  zu  verschaffen,  die  Stimmung  in  den  Pro- 
vinzen war  getheilt  und  eher  eine  furchtsame,  als   thatkräftige. 

Die  einilussreichsten  unter  den  Regenten  waren  der  Meinung, 
so  lange  die  Dinge  in  Amerika  nicht  entschieden  seien,  dürfe  man 
sich  in  nichts  einlassen ;  das  englische  Ministerium,  das  übrigens 
auf  schwachen  Füssen  stehe,  könne  den  Krieg  gegen  Frankreich 
nicht  vermeiden  und  müsse  darum  Preussen  schonen.  Der  britische 
Premierminister  Robert  Walpole  wage  nicht,  den  Krieg  an 
Frankreich  zu  erklären,  wie  die  Nation  wünsche,  weil  Holland  zur 
Hilfe  nicht  verpflichtet  sei,  wenn  von  England  der  Angriff  aus- 
gehe ;  aus  demselben  Grunde  werde  sich  Frankreich  hüten,  mit 
der  Kriegserklärung  voranzugehen  und  so  könne  die  Republik 
vorläufig  Zuschauer  bleiben. 

Günstiger  wurde  erst  die  Stimmung  der  Hochmögenden  im 
April,  als  die  am  1.  jenes  Monats  fälligen  Zinsen  der  schlesischen 
Anleihe  nicht  eingelöst  werden  konnten  und  in  Folge  davon  die 
Actien  um  15  Percent  fielen.  1) 

Als  der  stärkste  Hort  der  sich  zum  Schutze  der  Interessen 
Maria  Tlieresia's  bildenden  Staaten- Gruppierung  wurde  Russ- 
land betrachtet. 

Aber  auch  hier  fanden  sich  starke  Gegenströmungen.  Nach 
dem  Tode  der  Kaiserin  Anna  hatte  der  Herzog  Biron  von 
Kurland  die  russische  Politik  geleitet,  unter  dem  FM.  M ünnich 
und  General  Osterman n  schon  von  grossem  Einfluss  waren. 

Doch  war  B  i  r  o  n's  Herrschaft  nur  von  kurzer  Dauer  gewesen. 
Nach  seinem  Sturze  (20.  November  1740)  trat  FM.  Münnich  an 
die  Spitze  des  Ministeriums,  während  General  Oster  mann  vor- 
nehmlich das  auswärtige  Amt  leitete.  Die  Hinneigung  zu  Preussen, 
wie  sie  noch  nach  dem  Tode  Kaiser  C  arl's  VI.  bestanden  hatte  und 
welche  Ausdruck  in  einer  engiisch-russisch-preussischen  Allianz 
finden  sollte,  war  durch  Preussens  Absichten  auf  Schlesien  wesentlich 
abgeschwächt  worden.  Ein  Schreiben  der  Regentin  vom  16.Decembcv 
trat  lebhaft  für  die  Aufrechthaltung  der  pragmatischen  Sanction  ein 
und  sprach  den  dringenden  Wunsch  aus,  der  König  möge  nichts 
unternehmen,  ,, wodurch  in  dem  grössten  Theile  Europas  ein  nicht 
wieder  zu  dämpfendes  Kriegsfeuer  entstehen  werde."  2) 


J)  Grünhagen,  „Geschichte  des  ersten  schlesischen  Krieges".  I,  282 
nach   Ranke,   „Zwölf  Bücher  preuss.  Geschichte",  III  und   IV,  413. 
2)  Dro  y  s  e  n,  „Geschichte  der  preuss.  Politik".  V/1,  202. 

17* 


260 

Diese  ungünstigen  Strömungen  hatten  die  Relationen  des 
preussischen  Geheimen  Etatsrathes  und  ausserordentlichen  Gesandten 
in  Petersburg,  Freiherrn  von  Mardefeld  an  König  Friedrich  II. 
vollauf  bestätigt. x)  Die  Weisungen,  welche  derselbe  am  6.  Januar 
in  Folge  dessen  erhielt,  ermächtigten  ihn,  Alles  daran  zu  setzen, 
dem  Könige  „die  Gunst  des  Hofes  in  der  gegenwärtigen  Krise  zu 
verschaffen". 2) 

Das  erwähnte  Abmahnimgsschreiben  der  Regentin  an  König 
Friedrich  erweckte  bei  den  Gegnern  Preussens  erneuertes  Ver- 
trauen auf  die  Gewinnung  der  nordischen  Macht. 

Sehr  vorsichtig  waren  die  Instructionen  gehalten,  welche  der 
englische  Gesandte  in  St.  Petersburg,  Mr.  F  i  n  c  h,  erhielt.  Ende 
des  Jahres  1740  empfieng  er  die  Weisung,  zu  berichten,  wie  Russ- 
land über  die  pragmatische  Sanction  und  Preussens  Absichten  auf 
Schlesien  denke,  dann  am  9.  Januar  die  Frage,  ob  Russland  geneigt 
sei,  der  Verschwägerung  König  F  r  i  e  d  r  i  c  h's  mit  dem  Gemahle 
der  Regentin  wegen 3)  Preussen  freies  Spiel  zu  lassen  oder  sich 
dagegen  stellen  wolle.  Gleichzeitig  erhielt  er  die  Mittheilung  von 
bevorstehenden  gemeinsamen  Schritten  Englands  und  Hollands, 
jedoch  mit  dem  Vorbehalt,  nur  wenn  man  Russlands  ganz  sicher 
sei,  um  die  deutschen  Erblande  König  Georg's  gegen  einen 
plötzlichen  Angriff  zu  sichern.4) 

Zu  Anfang  des  Jahres  1741  kam  als  ausserordentlicher  Ge- 
sandter der  Königin  Maria  Theresia  FML.  Marchese  Botta 
d'A  domo  nach  Petersburg.  Er  hatte  sich  von  Berlin,  wo  er  am 
29.  November  1740  eingetroffen  war  und  vergebliche  Verhandlungen 
geführt  hatte,  auf  den  Befehl  seiner  Monarchin  nach  Petersburg 
begeben5),  wo  er  am  17.  Januar  1741  anlangte. 


J)  Politische  Correspoudenz,  I,  Nr.  242. 

2)  „Ich  hoffe,  Sie  werden  nicht  vergeblich  arbeiten,  vorausgesetzt,  dass 
Sie  es  richtig  anfassen,  indem  Sie  immer  mehr  anbieten,  als  der  Marchese 
Botta  zu  versprechen  vermag."  An  Mardefeld,  6.  Januar  1711.  Politische 
Correspoudenz,  I,  Nr.  24ß, 

3)  Herzog  Anton  Ulrich  von  Braunschweig-Wolfenbüttel  war  der 
Bruder  der  Gemahlin  König  Friedrich  II. 

4)  Londoner  Eecord-office.  Bei  Grünhagen,  Erster  schlesischer  Krieg, 
I,    286. 

5j  H.  H.  u.  St.  A.  Rescript  vom  9.  December  1710.  „Sollte  Preussen 
vom  Einfall  in  Schlesien  nicht  abwendig  zu  machen  sein,  so  hättest  Du  Dich 
unter  dem  Vorwand  eines  bei  dem  neuen  Czaren  und  dortiger  Regentin  ab- 
zulegenden Compliments  ungesäumt  nach  Petersburg  zu  begeben." 


261 

Die  Sendung  dieses  Generals  hatte  bei  der  Grossfürstin  einen 
sehr  guten  Eindruck  gemacht  und  in  Folge  dessen  war  B  o  1 1  a's 
Aufnahme  sowohl  bei  Hofe,  als  bei  den  höchsten  Würdenträgern 
eine  ungemein  auszeichnende. x) 

Dennoch  hatte  der  Sendbote  MariaTlieresia's  gewiss  keinen 
leichten  Stand.  Den  Premierminister  Grafen  Münnich  leiteten 
schon  verwandtschaftliche  Bande  König  Friedrich  zu,  da  sein 
Schwiegersohn  Major  von  Winterfei  clt  in  der  preussischen  Armee 
diente,  mehr  vielleicht  noch  die  Geschenke  und  Versprechungen; 
er  suchte  hinzuhalten,  um  Friedrich  H.  Zeit  gewinnen  zu 
lassen.  Graf  Ost  ermann,  der  jedoch  bei  Weitem  nicht  den 
ausschlaggebenden  Einfluss  hatte,  neigte  seinerseits  zu  einer  Politik 
der  That  und  sprach  sich  für  die  Untrennbarkeit  der  österreichischen 
Erblande  aus.  Allerdings  war  Eifersucht  gegen  den  Premierminister 
die  Haupttriebfeder  seiner  Handlungen. 2) 

Jedenfalls  wollte  man  in  St.  Petersburg  erst  genau  wissen, 
was  die  andern  Geranten  der  pragmatischen  Sanction  zu  thun 
willens  seien  und  da  die  Couriere  nach  Dresden  und  Wien  wochen- 
lang brauchten,  so  dehnten  sich  die  Verhandlungen  naturgemäss 
unabsehbar  in  die  Länge. 3) 

Sachsen  hatte  bereits  seine  Geneigtheit  ausgesprochen,  mit 
dem  Hofe  von  St.  Petersburg  gleichförmig  vorzugehen  und  in 
diesem  Sinne  seinen  Gesandten,  den  am  Hofe  sehr  einilussreichen 
Grafen  L  y  n  a  r,  angewiesen. 

Schon  am  9.  December  des  Vorjahres  hatte  Maria  Theresia 
ihren  Residenten  beauftragt,  die  „allianzmässige  Hilfe  ungesäumt 
zu  reclamieren"  und  am  30.  December  demselben  befohlen,  dass 
er  bei  Uebergabe  der  ihm  übersandten  Schreiben  an  die  Gross- 
fürstin-Regentin auf  die  russische  Hilfeleistung  dringen  solle,  „es 
sei  gleich,  dass  man  sich  zu  einer  Diversion  einverstehen  oder  Uns 


*)  Bei  der  ersten  Audienz  B  o  1 1  a's  sagte  ihm  die  Grossfürstin  nach  den 
üblichen  Begrüssungsworten :  ,,Der  König  von  Preussen  fangt  schöne  Sachen 
an  !"  B  o  1 1  a  erwiderte,  dass  die  Grossfürstin  leicht  werde  entscheiden  können, 
„auf  welcher  Seite  die  Gerechtigkeit  sei".  Sie  replicierte,  „man  wolle  sehen, 
wie  man  Friede  machen  könne  und  in  Entstehung  dessen  Euer  königlichen 
Majestät  mit  der  Hilfe  dennoch  nicht  ermangeln".  Bericht  B  o  1 1  a's  vom 
21.  Januar  1741.  (H.  H.  u.  St.  A.) 

2)  Bericht  des  österreichischen  Residenten  Nicolaus  Sebastian  Edlen  von 
Hohenholtz,  ddo.  St.  Petersburg,  10.  Januar  17-11.  (H.  H.  u.  St.  A.) 

3)  Von  Wien  nach  Petersburg  brauchten  die  Cabinets-Couriere  ge- 
wöhnlich 26  bis  27  Tage  ;  in  sehr  seltenen  günstigen  Fällen  mindestens  drei 
Wochen. 


262 

das  ausbedungene  Hilfs-Corpo,  zum  Fall  es  gleich  in  blosser  Infanterie 
bestände,  zusenden  wollte.  Wir  lassen  diesfalls  nach  Massgabe  des 
Allianz-Traetats  *)  dortigem  Hof  die  Wahl,  wiewohl  die  vorhin 
schon  in  Vorschlag  gebrachte  Diversion  das  leichteste  und  zugleich 
ausgiebigste  Hilfsmittel  wäre.  Am  Ende  aber  kommt  Alles  darauf 
an,  dass  Uns  wenigstens  auf  die  eine  oder  andere  Weise  die  reale 
Hilfe  ehebalcligst  zu  Statten  komme". 

Ausser  dem  casus  foederis  begehrte  man  von  Russland  dessen 
Vorschub  bei  anderen  Höfen,  vornehmlich  bei  dem  königlich  pol- 
nischen und  chursächsischen,  bei  England,  Holland  und  Dänemark. 
„Du  sollst  ansuchen,  dass  die  russischen  dortigen  Ministri  mit  den 
unserigen  de  concert  vorgehen.  Zu  Dresden  ist  das  hauptsächlich 
nötliig."  2) 

Dorthin  war  zur  Unterstützung  des  durch  Alter  und  körper- 
liche Gebrechlichkeit  für  die  Verhandlungen  wenig  mein  geeigneten 
Grafen  Wratislaw  der  Graf  Joseph  Kheven hüller  entsendet 
worden.  Auf  Grund  des  Vertrages  von  1733 3)  hatte  man  hier 
seitens  der  Königin  Maria  Theresia  schon  am  10.  December 
1740  Waffenhilfe  zur  Erhaltung  der  pragmatischen  Sanction  begehrt. 
Den  Casus  foederis  betrachtete  man  als  gegeben,  sobald  Preussen 
in  Schlesien  einrücke.  Die  dagegen  erforderlichen  Vorkehrungen 
wären  durch  gemeinsames  Einverständniss  ohne  Zeitverlust  fort- 
zusetzen. Auf  drei  Sachen  komme  es  dabei  an:  was  von  Wien  aus. 
was  vom  König  von  Polen,  sowohl  als  König,  wie  als  Churfürst  zu 
geschehen  hätte,  endlich  was  bei  anderen  Mächten,  um  sie  in  das 
Einverständniss  zu  ziehen,  zu  betreiben  wäre.  Dass  man  eine  Ent- 
scheidung in  Dresden  rasch  erwartet  hatte,  darauf  deutet  der  Wort- 
laut des  Erlasses  an  Grafen  W  r  a  t  i  s  1  a  w.  4) 


J)  Vom  Jahre  1732. 

2j  Weisungen  an  H  o  h  e  n  h  o  1 1  z  vom  30.  December  1740.  (H.  H.  u.  St.  A  . 

3)  Autriche-Saxe,  Alliance.  Yienne,  16.  Juillet.  T  e  t  o  t.  Repertoire  des 
traites  de  paix  etc. 

4)  ,,Quoad  Secundum  gibt  der  Tractat  vom  Jahre  1733  klar  Ziel  und 
Mass,  was  auch  independenter  von  obhabender  Yicariats-Obliegenheit  des 
Königs  Liebden  zu  thun  verbunden.  Das  Wenigste  also,  was  Wir  von  Dero- 
selben  erwarten,  ist,  dass  bei  selbsterkanntermassen  so  nahe  anscheinender 
Gefahr  das  in  sothanem  Tractat  ausbedungene  Hilfs-Corpo  von  nun  an  zu  dem 
Ende  in  Bereitschaft  gesetzet  werde,  um  eveniente  casu  sogleich  mit  Unserem 
allda  zusammenziehenden  Corpo  sich  vereinbaren  zu  können.  Und  dieses 
zwar  umso  mehr,  weil  hiervon  auch  diesseitige  Dispositionen  abhangen,  mit- 
hin man  die  chursächsische  Erklärung  ehemöglichst  zu  wissen  nöthig  hat. 
Worüber    Du    mit    dortigem  Landesguberno    und    dem  dahin    (nach  Schlesien) 


268 

Die  schwankende  Haltung  des  verwandten  Dresdener  Hofes 
gegen  die  Tochter  und  Erbin  Kaiser  Carl  VI.  konnte  in  Wien 
jedoch  nicht  lange  unbemerkt  bleiben. 

August  HL,  Churfürst  von  Sachsen  und  König  in  Polen, 
hatte  wenig  politische  Entschiedenheit. 

Die  Eegierung  ruhte  seit  1738  in  den  Händen  des  Grafen 
Brühl,  der  allen  Einflüssen  zugänglich  war,  die  seinen  Reichthurn 
vergTÖssern  oder  seine  Eitelkeit  befriedigen  konnten. 

Er  schwankte  in  politischen  Plänen  hin  und  her.  Im  November 
1740  noch  hatte  Sachsen  erklärt,  es  wolle  seine  Verpflichtungen 
gegen  die  Königin  von  Ungarn  erfüllen.  Auch  König  August, 
Anfangs  überströmend  von  Versicherungen  unverbrüchlicher  Freund- 
schaft und  Bundestreue,  wurde  doch  bald  darauf  den  Versuchungen 
persönlichen  Ehrgeizes  nicht  mein-  unzugänglich  und  hatte  sich 
entschlossen,  dort,  wo  es  am  wenigsten  hätte  der  Fall  sein  sollen, 
in  Pari s,  sich  um  die  deutsche  Kaiserkrone  zu  bewerben.  Eine  ge- 
wisse Gereiztheit  gegen  die  Königin  von  Ungarn  gab  sich  auch 
in  der  Heftigkeit  des  Widerspruches  kund,  welchen  er  gegen  die 
Erhebung  des  Grossherzogs  von  Toscana  zum  Mitregenten  und 
gegen  che  Uebertragung  der  böhmischen  Churstinrme  an  denselben 
laut  werden  Hess.  In  persönlicher  Unterredung  suchte  der  König, 
einen  Abdruck  der  goldenen  Bulle  in  der  Hand,  dem  österreichischen 
Botschafter  Grafen  Wratislaw  die  Ungesetzmässigkeit  jenes 
Schrittes  und  die  Unbill  darzuthun,  welche  hiedurch  dem  chur- 
fürstlich  sächsischen  Hause  widerfahre.  J) 

Graf  Heinrich  Brühl  antwortete  am  14.  December  1741 
auf  das  vom  Grafen  Wratislaw  gestellte  Begehren  der  vertrags- 
mässig  zugesicherten  Hilfeleistung:  „Was  gegenwärtigen  Casum  be- 
treffe, könne  dem  Grafen  selbst  nicht  unbekannt  sein,  welchergestalt 


abgeschickten  General  Browne  durch  sichere  Wege  zu  correspondieren  und 
von  dem  Letzteren  zu  vernehmen  hast,  wo  nach  den  seinerseits  gemachten 
Dispositionen  das  chursächsische  Hilfs-Corpo  sich  zu  versammeln  und  wohin 
es  sich  allenfalls  zu  wenden  hätte.  Ueber  das  glauben  Wir  Ursach  zu  haben, 
Uns  zu  verstehen,  dass,  da  Seine  Liebden  erkennen,  sowohl  quo  Keichs- 
Vicarius  zur  Handhabung  der  allgemeinen  Kühe  noch  insbesondere  verbunden, 
als  auch  um  der  eigenen  Anständigkeit  willen  interessiert  zu  sein,  dem  be- 
sagten Unwesen  zu  steuern,  Seine  Liebden  es  bei  der  Absendung  oberwähnten 
Hilfs-Corpo  nicht  werden  bewenden,  sondern  mit  aller  Macht  und  nach 
äussersten  Kräften  den  allenfalls  von  Preussen  ausgeübt  werden  dürfenden 
feindlichen  Unternehmungen  sich  widersetzen  wollen."  Erlass  an  Wratislaw. 
(H.  H.  u.  St,  A.,  Staatskanzlei,  Sachsen,  Fase.  III.) 
l)  A  rnet  h,  Maria  Theresia,  I,  196. 


264 

in  dem  ob  allegierten  Tractat  de  anno  1733,  Artikel  4°  vorbehalten 
worden  sei,  dass,  wenn  derjenige  Tlieil,  welcher  die  Hilfsvölker  zu 
stellen  hätte,  zu  seiner  eigenen  Beschirmung  seiner  Kriegsmacht 
benöthiget  wäre,  selbiger  solchenfalls  von  Gestellung  des  stipulierten 
Contingents  dispensiert  sein  solle,  mithin  Seine  Königliche  Majestät 
in  Polen  wohl  Ursach  haben,  bei  jetzigen  Conjuncturen  auf  die 
Sicherheit  Dero  eigener  Lande  zuvörderst  bedacht  zu  sein.  Man 
wünsche  noch  nähere  Details,  was  in  Bezug  auf  Preussen  geschehen 
sei,  um  sich  mit  diesem  Staate  auseinanderzusetzen,  respective  um 
des  Königs  Freundschaft  sich  zu  bewerben,  so  viel  ohne  Schmälerung 
der  Erblande  und  ohne  Kränkung  der  Gerechtsame  eines  Dritten 
sein  kann."  *) 

Das  österreichische  Cabinet  konnte  derartigen  Anschauungen 
nur  entgegenstellen,  ,,dass  die  vereinigte  Macht  derjenigen,  welchen 
an  Aufrechterhaltung  der  pragmatischen  Sanetion  gelegen  ist  und 
welche  dazu  verbunden  sind,  das  sicherste,  ausgiebigste,  eigentlich 
das  einzige  Mittel  sei",  „um  der  zu  deren  Unterbruch  andringenden 
gewaltthätigen  Obermacht  den  gehörigen  "Widerstand  zu  tlmn,  anstatt 
dass,  wo  sich  durch  unbegründete  arglistige  preussische  Vorgeben 
sollte  irre  gemacht  oder  lediglich  jedenorts  auf  die  eigene  Sicher- 
heit, ohne  Rücksicht  auf  die  gemeinsame,  gedacht  werden,  am 
Ende  unumgänglich  auf  die  bedauerlichsten  Folgen  jeden  dabei 
interessierten  Theil,  die  Reichs  Wohlfahrt,  das  Gleichgewicht  und 
die  Freiheit  von  Europa  betreffen  müssen". 2) 

Nach  dem  Eintreffen  K  h  e  v  e  n  li  ü  1 1  e  r's  in  Dresden  war  in 
die  Unterhandlungen  ein  etwas  beschleunigteres  Tempo  gekommen. 
Neben  den  Bevollmächtigten  Maria  Theresia's,  Kheven- 
h  ü  1 1  e  r  und  W  r  a  t  i  s  1  a  w,  wohnten  denselben  von  Seiten  Sachsens 
der  Günstling  König  August  HL  von  Polen,  Graf  Brühl  und 
P.  Guarini  S.  J.,  der  Beichtvater  und  Vertraute  des  Königs- 
Churfürsten,  bei.  Diese  Berathungen  fanden  im  Hause  des  russischen 
Gesandten  Freiherrn  von  Keyserlingk  statt.  In  einer  Be- 
sprechung am  21.  Januar  winde  für  Sachsen  als  Erwerbung  ge- 
fordert: Magdeburg,  Halle,  das  Fürstentimm  Crossen  und  Alles, 
was  Preussen  in  der  Nieder  -  Lausitz  besitze,  ausserdem  der 
dritte  Theil  aller  sonstigen,  Preussen  abzuringenden  Conqueten ; 
daneben    figurieren    noch     als    Ersatz    für     die    Kriegskosten     der 


1)  H.  H.  u.  St.  A. 

2)  Erlass  an  Wratislaw,  29.  December  1740.  (H.  H.  u.  St.  A.) 


265 

Leitmeritzer,  Schlaner  und  Saazer  Kreis,  eine  Forderung,  welche  die 
österreichischen  Diplomaten  indessen  ganz  entschieden  verweigerten. 

Diese  Aussicht  auf  Landerwerb  schien  in  Dresden  so  ver- 
lockend, dass  das  Geheininiss  darüber  nicht  bewahrt  wurde ;  einige 
Tage  nach  jener  Conferenz  schon  klagt  der  englische  Legations- 
Secretär  du  Vigneau,  class  ihm.  der  preussische  bevollmächtigte 
Minister  Oberst  Graf  Finckenstein  und  der  preussische  Resident 
von  A  m  m  o  n  mit  Fragen  wegen  eines  angeblichen  Offensiv- 
bündnisses  gegen  Preussen  arg  zugesetzt  hätten.  *) 

Die  Punctationen  fanden  jedoch  nicht  die  Genehmigung  des 
Wiener  Hofes. 2)  Unmittelbar  nachdem  sie  zu  dessen  Kenntnis s 
gelangt  waren,  gieng  die  Weisung  an  Hohenholtz  nach  Peters- 
burg ab,  wie  man  sehr  erstaune,  dass  der  russische  Vertreter  in 
Dresden  die  masslosen  Forderungen  Sachsens  unterstütze  und  man 
verlange,  dahin  zu  wirken,  dass  der  sächsische  Hof  durch  den 
russischen  „rectificiert  und  das  ganze  Werk  so  gefasst  werde,  dass 
man  durch  Russlands  Verwendung  sich  Chur-Sachsens  versichere", 
nicht  aber  umgekehrt. 

Zu  Dresden  könnten  die  Verhandlungen  nicht  einseitig  geführt 
werden  und  müsse  nach  Marchese  B  o  1 1  a's  Ankunft,  der  militär- 
und  landeskundig  sei,  zu  Petersburg  gleichzeitig  unterhandelt 
werden.  Auch  möge  B  o  1 1  a  seine  Gedanken  über  einen  Operations- 
plan  ehemöglichst  einsenden. 3) 

König  Georg  von  England  hatte  dem  österreichischen  Ge- 
sandten in  London,  dem  Grafen  0  stein,  in  mündlicher  Beant- 
wortung der  von  demselben  überreichten  Note 4)  in  wiederholten 
Audienzen  am  24.  und  25.  Januar  eröffnet : 

„Ich  erkläre  hiemit,  dass  Ich  mit  aller  meiner  eigenen  Macht 
und  mit  den  anverlangenden  dänisch-  und  hessischen  Truppen 
auxiliar  gegen  Preussen  agieren  werde.  Der  Ts  eher b  at  o  w  5)  hat 
mir  auch  angezeigt,  dass  Russland  solches  in  dem  polnischen  Preussen 
zu  thun  entschlossen.  Allein,  wird  man  demnach  keinen  Frieden 
ohne  mich  machen,  auch  mich  schadlos  zu  halten  bedacht  sein".  6) 


*)  Bei    Grün  ha  gen,    Erster    schlesischer    Krieg,    I,    306,    nach    dem 
Record-office. 

a)  Der  Wortlaut  der  Punctationen  in  Anhang  XLV. 

3J  Erlass  an  Hohenholtz  vom  27.  Januar  1741.  (H.  H.  u.  St.  A). 

4)  Anhang  XLVI. 

5)  Russischer  Gesandter  in  London. 

6)  0  s  t  e  i  n's  Bericht  v.  27.  Januar  1741.  (H.  H.  u.  St.  A.) 


266 

Am  25.  Januar  in  einer  weiteren  Unterredung  mit  dem  König, 
versprach  derselbe,  an  den  englischen  Vertreter  in  Petersburg  den 
Befehl  zu  erlassen,  zur  schleunigen  Action  der  russischen  Armee 
dort  „das  nur  Mögliche  anzuwenden". 

Er  habe  bereits  befohlen,  die  Dänen  und  Hessen  in  den  Sold 
Englands  zu  übernehmen  und  auch  sobald  als  möglich  in  Marsch 
zusetzen,  Lord  Harrington  habe  schon  das  förmliche  Ansuchen 
um  diese  Truppen  an  die  zu  London  residierenden  Vertreter  beider 
Höfe  gerichtet.  Bei  Sachsen  sei  bisher  in  gleicher  Weise  unter- 
handelt worden  und  würden  diese  Unterhandlungen  eifrig  fort- 
gesetzt. Mit  äusserster  Mühe  habe  er  bei  den  General-Staaten  das 
Erreichbare  erlangt. 

Seinerseits  geschehe,  was  nur  irgend  möglich  sei,  allein  es 
sei  undenkbar,  class  die  Auxiliar-Truppen  so  rasch  versammelt 
und  zur  Action  bereit  gestellt  werden  könnten.  Uebrigens  werde 
er  zur  Betreibung  der  Angelegenheiten,  welche  das  Römische  Reich 
beträfen,  einen  Bevollmächtigten  von  Hannover  nach  Dresden 
absenden  lassen,  dem  er  den  Befehl  eigens  ertheileii  werde,  besonders 
mit  dem  Grafen  K  h  e  v  e  n  h  ü  1 1  e  r  einverständlich  zu  Werke  zu 
gehen,  hauptsächlich  um  das  so  sehr  nützliche  gute  Vernehmen 
zwischen  der  Königin  Maria  Theresia  und  dein  dortigen  König- 
Churfürsten  herzustellen.  *) 

Li  Folge  dessen  hatte  nun  auch  Lord  Harrington  am 
3.  Februar  den  Gesandten  in  Petersburg  angewiesen,  den  russischen 
Hof  dahin  zu  bewegen,  ohne  Zeitverlust  ein  ansehnliches  Corps 
nach  Preussen  zu  senden. 2) 

Jedoch  ebenso  wie  England  die  Initiative  von  Russland  er- 
wartete, verlangte  dieses,  bevor  es  die  Action  beginne,  class  die 
Seemächte  in  das  gemeinsame  Concert  einträten.  Vorläufig  begnügte 
man  sich  in  St.  Petersburg  damit,  Befehl  zur  Aufstellung  von 
40.000  Mann  zu  geben  und  versprach  die  See-  und  Landmacht  bis 
zum  Monat  April  in  completen  Stand  zu  setzen.  3) 

Auf  Wunsch  des  Cabinets  von  St.  James  wurde  dem  Grafen 
Ostein  am  5.  Februar  der  gemeinsame  Plan,  wie  er  in  Wien  in 
grossen  Zügen  entworfen  worden  war,  zur  Mittheilung  an  den 
befreundeten  Hof  übersendet.  4) 


')  O  s  t  e  i  n's  Bericht  v.  27,  Januar  1741.  (H.  H.  u.  St.  A.) 
2)  Bei  G-rünhagen  I,  291,  nach  Acten  des  Record-office. 
s)  Botta's  u.  Hohenholtz'  Bericht  v.  4.  Februar  1741.  (H.  H.  u.  St.  A.) 
4)  „Ganz    natürlich    ist  in  Ansehung  der   zu   wissen  verlangten  eigenen 
hiesigen  Vorkehrungen,  dass  da  eine  solche  Begebenheit,  wie  die  preussische. 


267 

Danach  sollten  Seitens  Maria  Theresia's  wenigstens 
14  Cavallerie-  und  15  Infanterie-Regimenter  gegen  Preussen  in 
das  Feld  gestellt,  dann  bei  Würzburg  und  Sachsen-Gotha  um 
weitere1  Infanterie  und  bei  Hessen-Cassel  um  die  im  Unions-Tractat 
vom  Jahre  1732  ausbedungenen  3200  Mann  sollicitiert,  endlich 
vom  König  von  England  als  solchem  die  zu  Englands  Diensten  von 
Dänemark  und  Hessen-Cassel  bereit  stehenden  Truppen  an  die 
Königin  Maria  Theresia  überlassen  werden ;  auch  vom  König 
als  Churfürst  wenigstens  6000  hannoverische  Truppen  zu  Hilfe 
gesendet,  oder  mit  diesen  gesammten  Truppen  eine  Diversion 
unternommen  und  letztlich  von  der  Republik  Holland  an  Chur- 
Sachsen  die  Vergütung  der  über  das  ausbedungene  Quantum  ge- 
leisteten Hilfe  zugesagt  werden.  Gleichwie  man  nun  Busslands 
sicher  sei,  so  hoffe  man  auch  Chur-Sachsen  mit  seiner  ganzen 
Macht  gegen  Preussen  zu  gewinnen.  Dadurch  sei  die  Hoffnung  nicht 
ungegründet,  class  auch  die  Polen  nicht  lang  ruhig  bleiben  würden. *■) 

Trotz  aller  Bemühungen  der  österreichischen  Diplomaten,  trotz 
ihrer  wiederholten  Erklärung,  class  der  Tractat  zwischen  Oesterreich 
und  Russland  durchaus  nichts  davon  enthalte,  dass  der  zur  Hilfe- 
leistung angerufene  Theil  erst  andere  Höfe  zu  fragen  habe,  ob  sie  in 
das  Concert  eintreten  wollten,  nahmen  die  Verhandlungen  am  Peters- 
burger  Hofe  noch  immer  einen  schleppenden  Verlauf.  Doch  traten 
Symptome  zu  Tage,  wonach  Münnich's  Einfluss  und  seine  sich 
zugeeignete  fast  despotische  Gewalt  sowohl  in  Staatsgeschäften,  als 
in  Militär-Sachen  ziemlich  beschnitten  und  ihr  Schranken  gesetzt 
werden  dürften. 2) 

Auf  das  vom  FML.  Marchese  Botta,  bald  nach  seiner 
Ankunft  übergebene  Promemoria,  welches  che  Begehren  Maria 
Theresia's  enthielt,  wurden  am  17.  Februar  endlich  beide 
Gesandte  zu  einer  Besprechung  mit  M ü nnic h  und  Ostermann 
eingeladen.  Der  Letztere  wollte  mündliche  Auskünfte  ertheilen,  Botta 


ganz  unglaublich  geschienen  und  da  insonderheit  von  dem  .Robinson  sie 
mit,  der  beigefügten  ausdrücklichen  "Warnung  dafür  ausgegeben  worden,  dass 
man  ja  durch  keinen  voreiligen  Passuni  dem  König  von  Preussen  ein  Miss- 
trauen bezeigen  und  besorglich  ihn  andurch  zu  etwas,  woran  er  nicht 
gedächte,  reizen  möchte ;  ihm,  König  von  Preussen,  Anfangs  alles  nach 
Wunsch  und  über  die  Erwartung  glücken  musste".  Rescript  an  Ost  ein  vom 
5.  Februar  1741.  (H.  H.  u.  St.  A.) 

J)  Rescript  an  O  s  t  e  i  n,  5.  Februar  1741. 

~)  Bericht  der  Gesandten  in  St.  Petersburg  v.  7.  und  14.  Februar.  (H.  H. 
und  St,  A.) 


268 

und  Hohenholtz  wiesen  jedoch  darauf  hin,  dass  die  Grossfürstin- 
Regentin  auch  schriftliche  Antwort  versprochen  habe.  Aus  dieser 
gieng  dann  hervor,  dass  das  russische  Cabinet  die  unmittelbare 
Beistellung  und  Hilfeleistung  von  Truppen  für  nicht  opportun  erachte, 
da  der  König  von  Preussen  andere  Allianzen  eingehen  werde. 
Ausserdem  habe  Russland  Rücksichten  zu  nehmen  auf  Schweden, 
die  Türken  und  auf  den  Schah  von  Persien.  Man  recrutiere  inzwischen 
die  gesammte  Armee  und  werde  schon  demnächst  einige  Regi- 
menter westwärts  verlegen. 

„Man  habe  hiesiger  (russischer)  Seite  die  schlechte  Verfassung 
in  Schlesien  mit  vieler  Betrübniss  angesehen,  daher  würden  Eure 
königliche  Majestät  durch  unverzügliche  gute  Veranstaltungen 
sowohl  den  hiesigen,  als  andere  Höfe  zur  Hilfeleistung  bestermassen 
encouragieren". 

Münnich  erklärte  endlich  decidiert  und  offen,  „dass,  wenn  die 
Seemächte  gegen  Preussen  nicht  Theil  nehmen  und  in  das  Concert 
mit  hiesigem  Hofe  nicht  treten  sollten,  Eure  königliche  Majestät 
sich  keine  Rechnung  auf  die  hiesige  russische  Hilfeleistung  alsdann 
zu  machen  hätten."  J) 

Die  Grossfürstin-Regentin  wünschte  jedoch,  dass  etwas  für 
die  Königin  Maria  Theresia  geschehe,  welche  durch  den 
Kämmerer  Grafen  "W"  i  1  c  z  e  k  ihre  am  13.  März  erfolgte  Entbindung 
hatte  notificieren  lassen 2)  und  Graf  Ostermann  erkannte  hier 
den  Punct,  wo  es  möglich  war,  den  Einnuss  des  Grafen  Münnich 
auf  die  Staatsgeschäfte  zu  vermindern.  Letzterer  hielt  an  seiner 
Gesinnung  zu  Gunsten  Preussens  unentwegt  fest,  suchte  aber  bei 
der  Stimmung  des  Hofes,  welche  sich  nach  und  nach  sehr  zu  Gunsten 
der  Königin  von  Ungarn  und  Böhmen  zu  äussern  begann, 
Aufschub  in  einer  zuwartenden  Politik,  stets  daran  festhaltend, 
dass,  bevor  Russland  sich  endgiltig  entscheide,  die  Seemächte  sich 
erklärt  und  Oesterreich  und  Sachsen  sich  geeint  haben  müssten. 


')  Bericht  der  Gesandten  in  St.  Petersburg  v.  20.  Februar  1711  n.  S. 
iH.  H.  u.  St.  A.) 

2)  „Unsere  den  13.  d.  in  der  Früh  zwischen  2  und  3  Uhr  erfolgte  glück- 
liche Entbindung  mit  einem.  Erzherzogen  (Joseph)  wird  auch  überall  im 
Reich  den  Sachen  eine  weit  günstigere  Gestalt  geben  und  um  selbe  zu 
notificieren,  Unseren  Kämmerer  Grafen  von  Wilczek  eigens  nach  Petersburg 
abgeschickt.  Wir  sind  also  der  russischen  Armee- Vorrückimg  in  das  Preussische 
ehestens  zu  vernehmen  gewärtig.  Und  verbleiben  Euch  mit  königl.  und 
landesfürstl.  Gnaden  wohlgewogen."  Rescript  vom  16.  März  1741  an  die 
Gesandten  in  St.  Petersburg.  (H.  H.  u.  St.  A.) 


26b 

Das  einzige,  allerdings  wichtige  Resultat,  was  Münnich 
mit  Aufbietung  aller  Mittel  durchsetzte,  war  die  schon  längere 
Zeit  von  ihm  geplante  Abberufung  des  russischen  Gesandten  in 
Dresden,  des  Freiherrn  von  Keyserlingk,  welcher  dort  für  eine 
prononcierte  Actions-Politik,  wie  bereits  geschildert,  wirkte.  An 
dessen  Stelle  wurde  der  russische  Oberst  Friedrich  Ludwig  Graf 
S  o  1  m  s  -W  ildenfels,  ein  naher  Verwandter  M  ü  nnic  h's,  Anfangs 
Mai  nach  Dresden  gesandt.  r) 

Heftige  Schwankungen  folgten  nun  am  Hofe  zu  Petersburg, 
das  Ringen  zwischen  Ostermann  und  M ü nnic h,  dessen  Stern 
zu  sinken  begann,  wurde  heftiger,  der  österreichische  Einfluss  war  im 
Wachsen.  Nicht  ohne  Besorgniss  theilte  jedoch  noch  Anfangs  März 
Herzog  Anton  Ulrich  dem  englischen  Gesandten  Finch  mit. 
dass  der  König  von  Preussen  Alles  in  Bewegung  setze,  der  Regentin, 
welche  eine  Tochter  des  Herzogs  Carl  Leopold  von  Mecklen- 
burg-Schwerin war,  die  Succession  in  Mecklenburg  nach  Vater  und 
Oheim  angeboten  habe  2),  sowie  ihm  selbst  das  Herzogthum  Kurland, 
dem  Grafen  Ostermann  100.000  Kronen.  Der  Premierminister 
(Münnic h)  sei  dagegen  vollständig  gewonnen  und  auch  bezüglich 
der  Favoritin  der  Regentin,  dem  Fräulein  von  Mengden,  sei  zu 
befürchten,  dass  das  ihr  übersendete,  in  Brillanten  gefasste  Portrait 
der  Königin  von  Preussen  Eindruck  machen  werde. 3)  Trotzdem 
scheiterte  die  Auswechslung  der  Ratificationen  des  im  December 
1740  mit  Preussen  abgeschlossenen  Vertrages4),  da  der  preussische 
ausserordentliche  Gesandte  in  Petersburg,  Freiherr  von  Mard e- 
feld,    sich,    weil    angeblich     die    russische    Ratification     mehrere 


')  Grünhagen,  I.  Schlesischer  Krieg  I,  293  u.  ff. 

2)  „Der  russische  Hof  gestattet,  dass  jener  von  Berlin  Schlesien  nimmt 
und  wird  der  Königin  von  Ungarn  keine  Hilfe  senden,  wenn  Preussen  nicht 
w  eitergreift ;  zum  Tausch  dafür  wird  jenes  den  Herzog  Carl  Leopold 
wieder  in  die  Kegentschaft  einsetzen,  welcher  zur  Belohnung  durch  die  Vasallen 
und  Unterthanen  die  eventuelle  Huldigung  darbringen  lassen  wird.  Und  man 
wird  es  auf  andere  Weise  anstellen,  dieselbe  vom  Gebiete  von  Strelitz  zu  er- 
langen." Beilage  zu  einem  Rescript,  Nomine  Eeginae  unterzeichnet  vom 
Grossherzog  vom  16.  März  1741  an  den  Gesandten  in  St.  Petersburg.  (H.  H. 
u.  St,  A.)  Vergl.  auch  „Politische  Correspondenz",  I,  Nr.  257  und  260 
Kurland  wird  in  ersterem  dem  Prinzen  Ludwig  von  Braunschweig  zu- 
gedacht. 

3)  Grünhagen,  Erster  schlesischer  Krieg.  I,  292.  Nach  einem  Be- 
richte   des    englischen  Gesandten    vom    21.  Februar    a.  St.  von  Record-office. 

4)  Siehe  I.  Bd.,  2.  Theil,  des  vorliegenden  Werkes  ,.Die  praktische  Vor- 
bereitung zum  Kriege",  1015,  1080  u.  a.  O. 


270 

zweideutige  Wendungen  enthalte,  weigerte,  dieselbe  anzunehmen.  1) 
Endlich  Mitte  März  ward  M ü nnic h  in  seinem  Einflüsse  wesentlich 
beschränkt,  der  Herzog  von  Braun  schweig  übernahm  als 
Generalissimus  die  Leitung  der  Militär-,  0  s  t  erm  ann  jene  der 
Staatsgeschäfte.  M ünnich  blieb  allerdings  dem  Titel  nach  noch 
Premierminister,  doch  hatte  er  keinen  Einfluss  mehr.  'J) 

Die  Regentin,  ihr  Gemahl  und  Graf  Osterman n  waren  nun 
die  massgebenden  und  den  Gang  der  russischen  Politik  bestimmenden 
Personen.  Triumphierend  äusserte  Herzog  Anton  Ulrich  beim 
Sturze  Münnich's  gegen  den  englischen  Gesandten,  „der  grösste 
Stein  des  Anstosses  sei  nun  aus  dem  Wege  geräumt."  3) 

M ünnich,  der  doch  noch  die  Hoffnung  liegen  mochte,  eine 
günstigere  Wendung  der  Dinge  für  Preussen  herbeizuführen  und 
dieses  Beginnen  scheitern  sehen  musste,  fasste  nun  im  Einverständniss 
mit  der  Grossfürstin  Elisabeth  den  Plan,  durch  eine  Palastrevolution 
die  Regentin  zu  stürzen,  wurde  jedoch,  da  diese  Absicht  nicht 
geheim  blieb,  interniert  und  ofnciell  ,,ä  cause  de  son  äge  et  de  ses 
infirmites"  aller  seiner  Aemter  enthoben.  4) 

In  Dresden  war  inzwischen  der  hannoversche  Geheimrath  von 
dem  Busche  angekommen  und  hatte,  sowie  der  dort  angelangte 
englische  Gesandte  Villiers  mit  den  sächsischen  Ministern  im 
Auftrage  König  Georg  H.  von  England,  Churfürsten  von  Braun- 
schweig-Hannover,  über  Aufstellung  zweier  Observations-Armeen 
verhandelt,  was  umso  dringender  schien,  als  König  Friedrich  H., 
um  Sachsen  vorläufig  wenigstens  im  Schach  zu  halten,  ein  preussisch.es, 
auf  etwa  26.000  Mann  berechnetes  Observations-Corps  unter  dem 
Fürsten  Leopold  von  A nh  a  1  t-D  e  s  s  au  in  das  Lager  von  Göttin, 
südlich  von  Brandenburg  bestimmt  hatte. 5) 


*)  D  r  o  y  s  e  n,  Geschichte  der  preussischen  Politik,  V,  224. 

2)  Die  Gesandten  in  Petersburg  erwähnen  in  dem  Berichte,  in  welchem 
sie  die  vollzogene  Thatsache  melden,  es  sei  ein  Glück,  „dass  der  der  Königin 
so  übelgesinnte  und  feindselige  Mann  seiner  Würden  enthoben  ist".  Bericht 
vom  14.  März.     (H.  H.  u.  St.  A.) 

3)  Grünhagen,  Erster  schlesischer  Krieg,  I,  295. 

4)  Bericht  der  Gesandten  vom  21.  März  1741.  (H.  H.  u.  St.  A.) 

5)  Am  28.  Februar  hatte  Fürst  Leopold  von  An h  a  1 1  berichtet, 
dass  er  drei  Viertelstunden  von  Brandenburg  einen  zur  Aufstellung  des  Be- 
obachtungs-Corps geeigneten  Lagerplatz  gefunden  habe;  auf  den  Flügeln  be- 
fanden sich  die  Dörfer  Göttin  und  Krabne,  vor  der  Mitte  die  Ortschaft 
Beckahn.  Die  Cavallerie  könnte  aus  dem  vor  der  Front  befindlichen  Bache, 
der  Plane,  tränken;  die  Felder  lägen  brach.  In  drei  kleinen  oder  zwei  grossen 
Märschen    könnte    man    von    dort    nach    Berlin:    in    dreien    nach    Magdeburg 


271 

Der  bevollmächtigte  englische  Minister  Sir  Thomas  Villiers 
hatte  in  Dresden  die  der  Königin  Maria  Theresia  günstige  Ge- 
sinnung seines  Hofes  mitgetheilt  und  war  von  den  Gesandten  der 
Monarchin  angegangen  worden,  das  sächsische  Ministerium  endlich 
zu  einem  definitiven  Entschlüsse  zu  bestimmen.  Es  geschah  dies 
zur  gleichen  Zeit,  in  der  auch  König  Friedrich  II.  mit  starken 
Mitteln  in  Dresden  arbeitete.  Der  preussische  Gesandte  Graf 
Finkenstein  sollte  als  Preis  für  eine  Allianz  mit  Preussen  den 
sächsischen  Churfürsten  „mit  den  stärksten  Versicherungen  meiner 
Freundschaft  und  der  unerschütterlichen  Anhänglichkeit,  welche 
ich  für  ihn  und  seine  Interessen  hege,  überhäufen,  indem  er  ilim 
anbietet,  dass  ich  ihn  nicht  nur  das  Königreich  Böhmen  gewinnen 
lassen,  sondern  ihm  auch  den  Besitz  von  Sagan,  ja  selbst 
dessen,  was  ihm  von  Ober-Schlesien  als  zusagend  dünkt, 
verschaffen  werde.  Sollte  aber  dieser  Fürst  Miene  machen,  die 
Allianz  mit  Oesterreich  und  dessen  Interessen  jener  mit  mir  vor- 
ziehen zu  wollen  oder  sich  einfallen  lassen,  mit  Complimenten  und 
Doppelsinnigkeiten  zu  antworten,  soll  besagter  Minister  am  Tage 
nach  seinen  Vorschlägen  eine  Abschieds-Audienz  verlangen."  !) 

Die  Schwierigkeiten  für  die  österreichischen  Diplomaten,  bei 
dem  Dresdner  Cabinet  durchzudringen,  häuften  sich  aber  gerade  zu 
jener  Zeit,  da  Sachsen  die  dem  Grossherzog  übertragene  Vertretung 
der  böhmischen  Churstimme  durchaus  nicht  anerkennen  wollte,  ja 
so  weit  gieng,  dem  Reichs- Quartiermeister  anzubefehlen,  dass  für 
die  Wahlgesandten  der  Krone  Böhmen  in  Frankfurt  kein  Quartier 
angewiesen  werde.  2)     Jedoch  ward  diese  Schwierigkeit  behoben. 3) 

In  Dresden  wurden  nun  aber  neben  den  Verhandlungen 
auch  die  Rüstungen  eifrig  gefördert. 

Der  sächsische  Hofkriegs-Vicepräsident  von  Unruh  konnte 
dem  Grafen  Wratislaw  Anfangs    März    versichern,    dass    „man 


gelangen.  Die  sächsische  Grenze  sei  nur  eine  starke  Meile  entfernt.  (Kriege 
Friedrich  d.  Gr.,  I,  307.) 

:)  Der  König  an  Podewils.  Rauschwitz,  23.  Februar  1741.  Polit. 
Corresp.  I.  287. 

2)  „Unmöglich  könnte  unfreundlicher  und  reichssatzungswidriger,  als  von 
Chur-Sachsen  geschieht,  gegen  Uns  zu  Werk  gegangen  werden.  Ihr  habt  Euch 
also  darüber  mit  allem  anständigen  Nachdruck  zu  beklagen  und  von  Unsert- 
wegen auf  jenem  zu  bestehen,  wohin  mittelst  obangezogener  hiesiger  Antwort 
vom  20.  d.  angetragen  worden;  massen  man,  ohne  seine  Gerechtsame  zu  prä- 
judicieren,  davon  nicht  abstehen  kann."  MariaTheresia  an  den  Gesandten 
in  Dresden,  26.  Februar  1741.     (H.  H.  u.  St.  A.) 

*)  Sinzendorff  an  Botta,  11.  März  1711.     (11.  H.  u.  St.  A.) 


272 

hierorts  unter  der  Hand  die  Truppen  immer  mehr  und  mehr  und 
zwar  auf  solche  Art  verstärke,  dass  dieselben  mit  dem  ersten  Wink 
zu  marschieren  und  dem  Feind  zu  Leib  zu  gehen  im  Stand  wären". 
Mitte  März  werde  sogar  die  Artillerie  sammt  ihren  Bespannungen 
zum  Ausmarsch  bereit  sein. 

Sachsen,  das  jetzt  viel  umworbene,  hätte  durch  eine  ent- 
scheidende Erklärung  in  diesem  Augenblicke  der  Sache  Maria 
Tlieresia's  bedeutende  Vortheile  zuwenden  können. 

Selbstverständlich  arbeiteten  die  französischen  und  bayerischen 
Diplomaten  am  Hofe  König  A  u  g  u  s  t's  im  entgegengesetzten  Sinne. 
In  Wien  klagte  man,  dass  das  vor  dem  Einfall  in  Schlesien 
zwischen  Russland  und  Preussen  geschlossene  Defensivbündniss  von 
Bayern  gebraucht  werde,  um  das  gute  Verhältniss  Preussens  zu  Russ- 
land zu  beweisen.  Russland  erwarte  die  definitive  Entschliessung  zum 
Handeln  noch  immer  von  den  Seemächten,  die  dänischen  und  hessen- 
cassel'schen  Auxiliar-Truppen  seien  zur  Hand,  wenn  man  sie  nur  mar- 
schieren lassen  wolle  ,, und  wenn  nur  Jemand  auf  Preussen  zufallen 
anfängt,  so  werden  mehrere  dem  Vorgang  auch  unersucht  zu  folgen 
nicht  säumen".  Nothwendig  sei  vor  Allem  eine  öffentliche  solidarische 
Erklärung,  um  Chur-Bayern  am  Losschlagen  zu  verhindern. x) 

Am  13.  März  erhielt  der  Gesandte  in  London,  Graf  0  stein, 
die  Vollmacht  zum  Abschluss  einer  Convention,  gleichzeitig  mit  dem 
Entwurf  derselben.  2) 

Doch  machte  die  Entente  noch  immer  keine  greifbaren  Fort- 
schritte. Die  Seemächte  erklärten  endlich  schwerfällig  „die  gute 
Disposition  und  Bereitwilligkeit,  mit  Russland  in  ein  concerto  ein- 
zutreten" und  Graf  Ostermann  theilte  am  25.  März  den  Ge- 
sandten Maria  Tlieresia's  mit,  Russland  habe  sich  entweder  zu 
einer  Diversion  erboten,  zu  welcher  es  30.000  Mann  nothwendig 
habe,  oder  zu  einer  gemeinsamen  Action  mit  den  Seemächten. 
Diese  letzteren  sollten  daher  gedrängt  werden,  an  ihnen  liege  das 
Versäumniss. 3)  Rechnet  man  zu  den  Schwerfälligkeiten  des  da- 
maligen diplomatischen  Verkehrs  nun  noch  die  enorme  Zeit,  welche 
die  über  Grodno  und  Warschau  nach  Wien  gehenden  Couriere  be- 
nöthigten,  eine  Route,  die  unter  20  Tagen  im  günstigsten  Falle  gar  nicht 
zu  bewältigen  war,  so  wird  die  ausserordentliche  Langsamkeit  der  Ver- 
handlungen, zu  denen  meistens  auch  der  gute  Wille  fehlte,  erklärlich. 


)  Erlass  an  Grafen  Ostein,  14.  März  1741.  (H.  H.  u.  St.  A.) 
:)  Erlass  an  Grafen  Ostein,  13.  März  1741.  (H.  H.  u.  St.  A.) 
')  Bericht  desGesandten  iu  St.  Petersburg  vom  28.  März  1741.  ( H.  H.  u.  St.  A.) 


273 

Endlich  schien  jedoch  Klarheit  in  die  hin-  und  herschwankenden 
Verhandlungen  zu  kommen. 

Der  sächsische  Gesandte  Graf  Lyn  ar  erhielt  nämlich  am 
22.  März  durch  einen  Courier  Nachricht  und  theilte  dieselbe  den 
österreichischen  Diplomaten  mit,  ,,dass  Chur-Sachsen  mit  dem 
König  von  England,  qua  Churfürsten  von  Hannover,  in  puncto  der 
Zusammensetzung  gegen  Preussen  richtig  sei  und  man  dabei  nur 
zu  wissen  verlange,  wann,  wo  und  mit  welcher  Anzahl  Truppen 
Russland  gegen  Preussen  agieren  wolle  und  werde". 

Graf  Ost  ermann  rieth  dem  sächsischen  Gesandten,  als  letz- 
terer ihm  diese  Mittheilung  machte,  ,,über  diese  drei  Puncte  ein  Pro- 
memoria  einzureichen",  was  dieser  befolgte,  worauf  der  Act  der 
Grossfürstin-Regentin  vorgelegt  wurde. 

Die  österreichischen  Diplomaten  waren  über  diese  Wendung 
der  Dinge  erfreut,  da  der  russische  Hof,  „nachdem  er  nunmehr 
weiss,  was  er  zur  Nehmung  einer  Entschliessung  immer  hat  wissen 
wollen,  endlich  auf  dieses  so  deutliche  Promemoria  kathegorice  zu 
antworten  sich  nicht  leicht  und  umso  weniger  wird  entschütten 
können,  als  Graf  L  y  n  a  r  in  die  Sache  seines  Hofes  mit  der 
grössten  Specialität  und  Präcision  eingegangen,  nämlich,  dass 
Chur-Sachsen  17.000  Mann  zur  österreichischen  Armee  stossen, 
8000  Mann  auf  den  am  meisten  exponierten  Grenzen  halten 
und  den  Rest  indessen  nach  Erheischung  der  Umstände  ver- 
theilen  werde,  beinebst  man  auch  nur  die  Antwort  des  russischen 
Hofes  in  Dresden  zurückerwarte,  um  mit  der  Königin  Maria 
Theresia  das  entamierte  Werk  vollkommen  auszumachen  und  zu 
schliessen".  v) 

Botta  und  Höh  enh  oltz  bemerkten  übrigens  schliesslich 
noch,  „dass  der  preussische  ausserordentliche  Gesandte  Freiherr 
von  Mardefeld  bei  dem  Prinzen  von  Braunscliweig  gewesen 
sei  und  angefragt  habe,  ,,ob  das  wahr  sei,  was  man  ihm  von 
sicheren  Orten  in  seinem  Haus  zur  Nachricht  habe  wissen  lassen, 
wie  nämlich  er  sich  in  24  Stunden  würde  von  hier  Irinweg  begeben 
müssen". 

Der  Prinz  habe  hierauf  geantwortet,  „dass  ihm  von  allem 
diesem  nicht  das  Geringste  bekannt  sei".  Mardefeld  habe  ganz 
entschieden  von  dem  Prinzen  durch  diese  Frage  andere  Sachen  zu 
erfahren  die  Absicht  gehabt.  Prinz  Anton  Ulrich  fahre  übrigens 


J)  Bericht  des  Gesandten  in  St.  Petersburg  vom  25.  März  1741.    (H.  H. 
u.  St.  A.) 

Oesterreichischer  Erbfolgekrieg.  II.  Bd.  18 


274 

„mit  den  vergnüglichsten  Versicherungen  in  puncto  der  realen 
Hilfeleistung  fort".1) 

Der  englische  Gesandte  in  Petersburg  klagt  jedoch,  dass 
Osterrnann  keinen  besonderen  Eifer  zur  Förderinig  der  Ver- 
handlungen zeige  und  dass  sich  ,, immer  mehr  und  mehr  heraus- 
stelle, wie  er  nur,  um  Münnich  zu  stürzen,  die  Entente  vor- 
geschlagen habe  und,  nun  jenes  Ziel  erreicht,  Schwierigkeiten  zu 
machen  verstehe,  ganz  wie  Münnich.  Finch  musste  die 
Klagen  des  sächsischen  Gesandten  anhören,  dass,  wenn  er  auf 
ernstliche  Garantien  wegen  der  von  Sachsen  zu  erwartenden  Land- 
entschädigung dränge,  der  russische  Minister  nur  Ausflüchte  suche 
und  fand  doch  selbst,  dass  es  Osterma n n  nicht  Ernst,  von 
Kriegsrüstungen  nicht  viel  zu  bemerken  und  allerlei  Gründe,  an- 
gegriffene Gesundheit,  Besorgniss  vor  Schweden  und  dergleichen 
zu  Vorwänden  fernerer  Unthätigkeit  herhalten  müssten."  2) 

„Die  beste  Brücke  zum  Rückzüge  baute  übrigens  England 
selbst  dem  russischen  Minister,  indem  es  jetzt,  gegen  Ende  März, 
nachdem  über  ein  Eintreten  Frankreichs  zu  Gunsten  Bayerns  kein 
Zweifel  mehr  obwalten  konnte,  zu  der  Erkenntniss  kam,  das  Beste 
sei  doch,  wenn  Maria  Theresia  durch  eine  Abtretung  in 
Schlesien  den  Beistand  Preussens  erkaufe,  worauf  man  nun  von 
London  aus  hinarbeiten  wolle  und  davon  in  St.  Petersburg  Mit- 
theilung mache.  Lord  Har rington  fügte  hinzu,  König  Georg 
meine  damit  seinen  früher  geäusserten  Principien  nicht  untreu 
geworden  zu  sein  und  gedenke,  falls  die  Vermittlung  misslinge, 
seine  Coalitionspläne  wieder  aufzunehmen,  Russland  möge  nur 
inzwischen  auf  alle  Fälle  seine  Truppen  an  der  preussischen  Grenze 
zusammenziehen  und  Osterrnann  den  Operationsplan  entwerfen."3) 

„Dieser  Auftrag  musste  dem  englischen  Gesandten  in  hohem 
Masse  unerwünscht  sein.  Die  Nachricht,  dass  Preussen  bereits  die 
Vermittlung  Englands  angenommen  habe,  unterdrückte  er  geradezu 
als  zu  bedenklich ;  aber  auch  sonst  sah  er  voraus,  dass  diese  Er- 
öffnung nicht  nur  Russland  den  letzten  Rest  von  Geneigtheit,  bei 
dem  Concerte  mitzuwirken,  benehmen,  sondern  auch  ausserdem 
dem  Grafen  Ostermann  willkommene  Gelegenheit  geben  werde, 


J)  Ebenda. 

2)  Bei  Grünhagen,  I.    Schlesischer Krieg  I.  295  nach  Relationen  des 
engl.  Gesandten  im  Record-office. 

3)  Bei    Grünhagen,    Har  rington     an    Finch,    17.    März    1741. 
Record-office. 


27.-) 

die  Schuld    der  Vereitelung    auf  England    zu    wälzen,    welche  Er- 
wartungen dann  auch  in  vollstem  Masse  eintrafen."  x) 

So  nur  konnte  der  merkwürdige  Widersprach  entstehen,  dass 
gleichzeitig,  während  in  Dresden  die  Verhandlungen  über  ein  all- 
gemeines und  gleichzeitiges  Vorgehen  energischer  als  bisher  geführt 
wurden,  die  Hauptbetheiligten  im  Grunde  schon  einig  waren, 
überhaupt  nicht  mitzuwirken. 

Bei  der  beispiellos  zerfahrenen  politischen  Situation  ist  es 
nothwendig,  den  Blick  wieder  nach  Dresden  zu  lenken,  wo 
nach  langwierigen  Verhandlungen  ein  wenigstens  im  Princip  be- 
stehendes Einverständniss  zu  Stande  kam.  Die  politische  Lage  war 
eine  so  überaus  eigenthümliche,  dass,  während  der  englische  bevoll- 
mächtigte Minister  in  Dresden,  Sir  Thomas  Villiers,  sich  anfänglich 
abmühte,  eine  Entente  zwischen  den  Seemächten,  Russland  und  Sachsen 
behufs  Unterstützung  Maria  There  sia's  zu  Stande  zu  bringen, 
der  englische  Gesandte  in  Wien,  Sir  Thomas  Robinson,  äusserte, 
dass  von  seinem  Hofe  die  russische  Gesinnung  noch  für  zweifelhaft 
angesehen  werde.  2) 

Das  Wiener  Cabinet  verlangte  in  Folge  dieser  Eröffnungen, 
dass  sämmtliche  „rassische  Minister  an  den  auswärtigen  Höfen  mit  ge- 
messenen Befehlen  versehen  würden,  damit  nirgends  der  geringste 
Zweifel  bleiben,  zumal en  an  preussischen  Dichtungen,  um  jeden 
Hof  an  seiner  Gedenkensart  zu  bethören,  es  gewiss  nicht  ermangeln 
wird."  3) 

Villiers  erklärte  den  Gesandten  der  Königin  Mitte  März, 
dass  die  Einnahme  Glogau's  den  Preussen  neue  Zuversicht  gegeben, 
Sachsen  aber  bereits  einer  grösseren  Gefahr  ausgesetzt  habe;  je 
länger  man  also  zögere  und  Preussen  weiter  um  sich  greifen  lasse, 
auf  je  härteren  Bedingungen  werde  Sachsen  bestehen. 

Am  20.  März  Abends  langte  auch  der  frühere  bayerische  Gesandte 
in  Wien,  Graf  Perusa,  in  Dresden  an.  Vor  dessen  Ankunft  war  schon 
ausgesprengt  worden,  dass  Bayern  in  Böhmen  oder  Ober-Oesterreich 
einfallen  wolle,  man  verbreitete,  die  Türken  würden  in  Action 
treten  und  der  türkische  Botschafter  in  Wien  „habe  wirklich  Befehl 
bekommen,  die  Ueberlassung  des  Temesvärer  Banats  zu  ver- 
langen". 


x)  Ebenda. 

2)  Maria  Theresia  au  Botta.  29.  März  1711.  (H.  H.  u.  St.  A.) 


3)  Ebenda. 


IS* 


276 

Wenn  nun  auch  das  Königspaar  und  der  leitende  Minister 
den  bayerischen  Vorschlägen  nicht  so  leicht  offenes  Ohr  leihen 
würden,  so  glaubte  der  vielumworbene  sächsische  Hof  mit  Rücksicht 
auf  die  Kaiserwahl  seinen  Beistand  jedenfalls  so  hoch  als  möglich 
veranschlagen  zu  müssen.  Das  Ueberwiegen  des  österreichischen 
Einflusses  hinderte  vor  Allem  das  Fehlen  eines  gewiegten  russischen 
Vertreters,  der  sich  ganz  auf  Seite  Maria  T  h  e  r  e  s  i  a's  gestellt 
hätte,  denn  Keyserlingk  vertrat  besonders  seit  seinem  Ab- 
berufungsbefehle  vor  Allem  das  Interesse  Sachsens.  *) 

Die  Generalität  sowohl,  als  auch  Baron  Keyserlingk  äusserten 
gesprächsweise  den  Gesandten  Maria  Theresia's  gegenüber, 
,,es  sei  höchst  anzurathen,  dass  man  noch  zur  Zeit,  so  viel  als 
möglich,  evitiere,  dem  Feinde  eine  Schlacht  zu  liefern,  bis  nicht 
die  Truppen  völlig  beisammen  und  sich  mit  den  Hilfsvölkern  ver- 
einbart hätten ;  inzwischen  aber  könnte  man  des  Feindes  bereits 
schon  abgemattete  Cavallerie  durch  beständige  Beunruhigung  so 
zu  Schanden  richten,  dass  selbige  sodann  auf  erheischenden  Noth- 
fall,  den  erforderlichen  Gebrauch  davon  zu  machen,  nicht  im  Stande 
sein  würde."  2) 

Am  25.  März  fand  endlich,  nachdem  schon  in  den  vorher- 
gehenden Tagen  die  österreichischen  Diplomaten  mit  den  beiden 
russischen  und  mit  Villiers  conferiert  hatten,  bei  P.  G  u  a  r  i  n  i 
eine  Zusammentretung  statt,  der  auch  der  erste  Cabinetsminister 
Graf  Brühl  beiwohnte. 

Die  Gesandten  berichteten  über  den  Verlauf  dieser  Conferenz 
an  Maria  Theresia  folgendermassen  : 

..Mithin  nahm  die  Unterredung,  nachdem  wir  uns  nach 
Ordnung  der    gezogenen  Zettel  gesetzt  hatten,    den  Anfang.  3)     Es 


x)  ..Uui  sich  allenfalls  en  cas  de  disgräce  einen  Schutz  und  Retraite 
dahier  zu  nienagieren",  meinte  Graf  Khevenhüller.  Khevenhüller 
an  Sinzendorff,  Dresden  21.  März  1741.  (H.  H.  u.  St.  A.). 

2)  Graf  Wratislaw  an  den  Grafen  Sinzendorff,  Dresden  22.  März 
1741.  (H.  H.  u.  St.  A.) 

3)  Welche  Kleinlichkeiten  den  Gang  der  Verhandlungen  verzögerten, 
beweist  folgende  Stelle  des  Berichtes  :  „Bei  unserer  Ankunft  wurde  auf 
Veranlassung  des  von  Villiers,  wegen  der  russischen  Minister,  zumal 
das  bisher  so  geschehen,  er  Villiers  aus  Politesse,  nicht  aber  aus  Schuldig- 
keit der  Sache  Bewendtniss  gethau  hätte,  wie  man  sitzen  solle,  sogleich 
die  Zettel  gezogen,  wogegen  jedoch  ich,  Graf  von  Wratislaw,  mich  unge- 
säumt ausdrücklich  damit  verwahrte,  wie  ich  nicht  hoffen  wolle,  dass  Jemand 
allhier  mir  meinen  Rang  strittig  zu  machen  gedenken  würde  ;  worauf  der  von 


277 

wurde  aber  dieselbe  zwischen  dem  Grafen  von  Brühl,  P.  G  u  a  r  i  n  i 
und  uns  nach  und  nach  ziemlich  heftig,  massen  jene  ihre  bisherigen 
Grundsätze  nicht  nur  aufs  Neue  aufzuwärmen,  sondern  auch  mit 
dem  weitern  Zusatz,  wie  man  hiesigen  Hof  immer  so  geringschätzig 
achte,  dadurch  ihren  nach  der  einmal  so  festgewurzelten  Idee  fast 
unentbehrlich  gewordenen  Beitritt  auf  das  stärkste  geltend  zu 
machen,  wir  unsererseits  aber,  solches  theils  rechtsbeständig  zu 
widerlegen,  theils  die  anderweitigen  Zudringungen  mit  aller  Behut- 
samkeit und  nöthig  erachtetem  Glimpf  abzulenken,  uns  pflicht- 
schuldigst beeiferten ;  welches  allhier  zu  wiederholen  umso  weit- 
läufiger fallen  würde,  als  wir  uns  nur  bei  dem  Hauptanstoss  des 
ganzen  Werks,  nämlich  der  Determinierung  des  Quanti  hauptsächlich 
aufzuhalten  haben ,  dieses  wurde  endlich  nach  langem  Hin-  und 
Herdisputieren,  durch  Vermittlung  des  von  V  i  1 1  i  e  r  s  von  40  Millio- 
nen Thalern,  als  worauf  sie  unabänderlich  beharren  wollten,  auf 
12  Millionen  heruntergesetzt,  welche  jedoch  Euer  Majestät  in 
pessimum  dabilem  casum,  nicht  eilender,  als  bei  einem  wider  alles 
menschenmögliche  Vermuthen  übel  ablaufenden  Ende  des  Kriegs 
und  zwar  so,  dass  dem  hiesigen  Hof  nicht  ehender,  als  in  30  Jahren, 
namentlich  pro  indemni  satione  seiner  aufgewandten  Unkosten, 
erlitten  haben  mögenden  Schadens  der  selbsteigenen  Länder,  völlige 
Austilgung  alter  hervorgesuchter  Schuldforderungen  und  damit 
aller  Anlass  zur  ferneren  Uneinigkeit  und  Missverständniss  zwischen 
beiden  Höfen  auf  einmal  abgethan  sein  möge,  jährlich  zu  400.000 
Thaler  davon  bezahlend,  zur  Last  gelegt  werden  sollte ;  wir  repli- 
cierten  dagegen,  dass  wir  auch  dieses  nicht  änderst,  als  ad  referendum 
und  sub  spe  rati  annehmen  könnten,  ja  wir  wollten  ihnen  zur 
kräftigeren  Ueberweisung  unseres  ungefärbten  Betragens  und  auf- 
richtig hierunter  zu  AVerk  gehenden  Umgangs  das  von  Euer 
Majestät  uns  erst  vor  wenig  Stunden  eingelaufene  und  in  einem 
lateinischen  Projectsaufsatz  abgefasste  Ultimatum  vorzeigen;  bei 
Erseh-  und  Ueberlassung  dieses  uns  Graf  von  Brühl  befragte, 
ob  wir  ihnen  solches  nicht  communicieren  könnten?  welches  zu 
thun  wir  auch  kein  Bedenken  trugen ;  worauf  er  sich  in  soweit 
endlich  herausliess:  Er  wolle  zur  Beschleunigung  des  Werks  und 
klaren  Antagelegung  des  Königs  seines  Herrn  für  das  gemeine  Beste 
hegender  Gesinnung  bei  den  von  dem  von  Villiers  ausgesprochenen 


V  i  1 1  i  e  r  s  replicierte,  wie  dieses  keineswegs  dahin  zu  deuten,  sondern  lediglich 
nur  wegen  seiner  zu  considerieren  wäre".  K  h  e  v  enhüll  e  r's  Bericht  an  die 
Königi  n.  27.  März  1711. 


278 

12  Millionen  Thaler  unter  Garantie  derer  mit  in  das  gemein- 
same Concert  eintretenden  Mächte  von  England  und  Russland 
endlich  acquiescieren,  jedoch  aber  auch  gegen  das  vorgezeigte 
Project,  in  welchem  ihnen  einige  Stellen  etwas  dunkel  vorkamen, 
ein  anderes  Gegenproject  eiligst  verfertigen  uud  solches  sofort  uns 
und  den  übrigen  respectiven  Ministris  zustellen  lassen.  "Womit  sich 
also  diese  Conferenz,  ohne  noch  zum  rechten  Schluss  zu 
gelangen,  für  dieses  Mal  "wiederum  endigte."1) 

Der  Eintritt  der  Charwoche  und  der  Ostertage  verzögerte 
weitere  Unterhandlungen,  so  dass  man  erst  am  4.  April  bei 
P.  Guarini  zu  weiterer  Berathung  zusammenkam  und  hier  trat 
nun  Brühl  seinerseits  wieder  den  österreichischen  Diplomaten 
mit  anderen  Vorschlägen  gegenüber,  die  durchaus  mit  den  in  der 
letzten  Conferenz  vereinbarten  nicht  in  Einklang  zu  bringen 
waren. 2)  Die  österreichischen  Diplomaten  traten  in  Folge  dessen 
am  nächsten  Tage  bei  dem  Grafen  AVratislaw  mit  den  eng- 
lischen und  russischen  zusammen,  um  die  beiderseitigen  Vor- 
schläge in  Uebereinstimmung  zu  bringen.  Trotz  einer  sieben- 
stündigen  Conferenz  wollte  dies  nicht  gelingen  und  der  russische 
Vertreter  Keyserlingk  nahm  schliesslich  beide  Projecte  mit, 
um  eines  daraus  zu  machen  und  endlich  zu  einem  Abschluss  zu 
gelangen. 3) 

Am  10.  April  endlich,  an  dem  Tage,  an  welchem  hi  den  Ge- 
filden Schlesiens  bei  Mollwitz  gekämpft  winde,  konnte  Graf 
Wratislaw    dem  Obersten  Hofkanzler    melden,    das   Hauptwerk 


J)    Khevenliüller    an    die    K  ö  n  i  g  i  n.     Dresden,    27.    März   1741. 
(H.  H.  u.  St.  A.) 

2)  „Nachdem  aber  dasselbe  (das  Gegenproject)  mit  dem  unsrigen  nichts 
weniger,  als  in  substantialibus  gleichstimmend,  folglich  von  demselben  noch 
allzu  sehr  entfernt,  ja  in  Vielem  abgeändert,  für  uns  restringiert,  für  sie  aber 
erweitert  und  allerhand  neue  Vortheile,  wovon  wir  bisher  nie  nichts  gehört, 
dergestalten  zugesetzet  waren,  dass  wir  uns  unmöglich  nach  dessen  Inhalt  bei 
dieser  Conferenz  miteinander  vereinigen,  sondern  vielmehr,  wann  solches  auf 
diese  Art  von  uns  wäre  eingeschickt  und  dabei  unserseits  nicht  in  Allem  die 
bisherige  Aufmerksamkeit  und  sorgfältige  Behutsamkeit  wäre  beobachtet 
worden,  sich  gar  leicht  alle  weitere  Handlung  hätte  zerschlagen  können." 
Graf  Wratislaw  an  Sinzendor  ff,  Dresden.  6.  April  1741.    iH.  H.  u.  St.  A.) 

3)  „Wie  schwer  mir  aber  dieses  recht  kaufmännische  Negocieren  oder 
vielmehr  Marchandieren  falle,  werden  Euer  Excellenz  von  selbst  nach  Dero 
erleuchteter  Einsicht  umso  eher,  als  mir  schon  zu  zweien  Malen  vorgeworfen 
worden,  dass  nur  ich  gegen  den  Vortheil  des  hiesigen  Hofs  mich  am  meisten 
hart  finden  lasse,  ermessen  können."     Ebenda. 


•279 

sei  unter  Vermittlung  und  beständigem  Einrathen  der  englischen 
und  russischen  Minister  .mach  vielem  recht  bitter  und  sauer  ge- 
wordenem Hin-  und  Hertreiben  endlich  dahin  gediehen,  dass  wir 
vermuthlich  noch  heute  oder  morgen,  in  Ansehung  ein  Mehreres 
doch  nicht  zu  erstreiten  möglich  ist,  vorbehaltlich  Allerhöchster 
Genehmigung  zu  signieren  vermeinen". 

Gegen  Schluss  dieser  Conferenz  hatte  sich  nun  allerdings  das 
Unerwartetste  ereignet.  Der  englische  Gesandte  Villiers  erklärte 
nämlich,  gewichtige  Gründe  hätten  den  König,  seinen  Herrn,  be- 
wogen, den  dringenden  Bitten  des  Königs  von  Preussen  um  Ver- 
mittlung in  Wien  stattzugeben1),  um  die  Königin  von  Ungarn 
und  Böhmen  zu  einem  entsprechenden  Vergleich  mit  Preussen  zu 
bewegen. 

Nachdem  Frankreich  durch  Unterstützung  Bayerns  und  indem 
es  den  König  von  Preussen  an  sich  ziehe,  einen  Krieg  im  Reiche 
entzünden  wolle,  erscheine  es  doch  wichtig,  den  König  von  Preussen 
nicht  mit  Gewalt  in  dessen  Arme  zu  treiben,  sondern  lieber  diesen 
Fürsten  dem  allgemeinen  Bunde  beizuziehen.  Bereits  habe  Robinson 
zu  vermitteln  gesucht,  allerdings  mit  wenig  Erfolg.  Man  werde 
im  Geheimen  einen  doppelten  Operationsplan  machen  müssen,  einen 
für  den  Fall,  dass  Preussen  mit  in  das  Concert  einträte  und  einen, 
wenn  dies  nicht  geschehe  und  man  durchaus  mit  verbündeten  Waffen 
gegen  den  König  von  Preussen  handeln  müsse.  Für  den  letzteren 
Fall  stellte  König  Georg  die  im  britischen  Solde  befindlichen 
6000  Dänen  und  ebensoviele  Hessen  zur  Verfügung,  wegen  der 
hannoverischen  Truppen  werde  mit  dem  Herrn  von  dem  Busche2) 
zu  verhandeln  sein. 3) 


')  Gleichzeitig  waren  Anerbietuugeu  bezüglich  der  Pfandärnter  iu  Mecklen- 
burg, Osnabrück  und  Ost-Friesland  abgegangen.  Vergl.  „Polit.  Corresp.",  I, 
Nr.  236,  330. 

2)  Hannoverischer  Gesandter. 

3)  Das  Protocoll  dieser  Conferenz  lautet:  „Ä  Dresde,  ce  10.  d'avril 
1741.  Hör.  pomerid.  chez  le  Rev.  Pere  Guarini.  1.  Das  neue  Project 
eines  Tractates,  nebst  fünf  Separat-Artikeln  zwischen  dem  König  von  Polen 
auf  einer  und  der  Königin  von  Ungarn  gemeinschaftlich  mit  dem  Herzog 
von  Lothringen,  ihrem  Gemahl,  auf  der  andern  Seite,  vereinbart  zwischen 
den  Ministern  der  beiden  contrahierenden  Höfe  und  jenen  der  beiden  ver- 
mittelnden Höfe,  wurde  gelesen  und  glücklicherweise  von  Allen  zurecht 
gemacht  und  paraphiert.  2.  Nachdem  man  sich  von  der  einen  und  der 
anderen  Seite  Beglückwünschungs  -  Comphmente  wegen  der  Beendigung 
dieser  wichtigen  Arbeit  gemacht  und  den  unterhandelnden  Ministem 
die  gebührenden  Danksagungen    für    ihre  Mühen    und  guten  Dienste,    welche 


280 

Am  11.  April  Nachmittags  wurde  der  Vertrag  vorbehaltlich 
der  Allerhöchsten  Ratification  unterschrieben  und  Graf  "Wratislaw 
reiste  mit  demselben  am  12.  nach  Wien  ab. 


sie  diesen  Unterhandlungen  gewidmet  hatten,  abgestattet  hatte,  kam  man 
überein,  unverzüglich  zwei  Exemplare  des  Tractats  und  der  Separat-Artikel 
in  das  Reine  schreiben  zu  lassen,  damit  dieselben  am  folgenden  Tage 
von  den  Ministern  der  beiden  contrahierenden  Höfe  nach  Vorzeigung  ihrer 
Vollmachten  unterschrieben  werden  könnten.  Was  die  Wiener  anbelangt,  so 
haben  diese  hinzugefügt  und  ad  protocollum  erklärt,  dass  der  zweite,  vierte 
und  fünfte  der  Separat-Artikel  über  ihre  Instructionen  hinausgehe,  sie  würden 
dieselben  erst  nach  der  Ueberzeugun°;  der  vermittelnden  Minister  unterzeichnen. 
3.  Dieses  festgestellt,  ergriff  der  Herr  Abgesandte  von  England  (Villiers) 
das  Wort,  um  der  Versammlung  vertraulich  die  starken  Gründe  mitzutheilen, 
welche  vor  Kurzem  den  König,  seinen  Gebieter,  veranlasst  hatten,  sich  den 
dringenden  Bitten  des  Königs  von  Preussen  zuzuneigen,  sich  mit  seinen  guten 
Diensten  in  Form  der  Intercession  in  Wien  in  das  Mittel  zu  legen,  um  die 
Königin  von  Ungarn  und  Böhmen  zu  einem  zusagenden  Vergleich  mit  dem 
König  von  Preussen  zu  bringen  zu  trachten,  in  der  Absicht,  diesen  Fürsten 
in  das  grosse  Concert  zu  Gunsten  des  allgemeinen  Wohles  zu  ziehen  und 
dadurch  den  verderblichen  Absichten  Frankreichs  zuvorzukommen,  mivermerkt 
einen  innern  Krieg  im  Reiche  zu  entzünden,  indem  es  den  Churfürsten  von 
Bayern  unterstützt  und  sich  mit  dem  König  von  Preussen  verbündet,  welcher 
sich,  keinen  andern  Ausweg  sehend,  zu  ihrer  Partei  schlagen  würde:  dass  der 
an  Herrn  von  Robinson  gesandte  Courier  gegenwärtig  wieder  hier  durchreise, 
dass  er  noch  nicht  Zeit  gehabt  habe,  alle  Depeschen  zu  lesen,  aber  dass  er 
schon  gesehen  habe,  der  Wiener  Hof  sei  nicht  sehr  geneigt  zu  einem  Vergleich 
mit  dem  König  von  Preussen  und  dass  die  Absicht  Sr.  britischen  Majestät  sei, 
dass  man  in  Ermangelung  dessen  unausgesetzt  die  kräftigsten  Massregeln 
fortsetzen,  zu  Gunsten  der  Königin  von  Ungarn  und  Böhmen  verabreden  und 
ausführen  müsse,  sein  Rath  sei,  hier  ohne  Verzug  aber  im  Geheimen, 
den  Entwurf  eines  doppelten  Operationsplanes  zu  berathen,  den  einen,  wenn 
der  Vergleich  mit  dem  König  von  Preixssen  und  dessen  Beitritt  zum  grossen 
Concert  doch  noch  zu  Stande  kommen  könnte  und  den  andern,  wenn  man 
unbedingt  dahin  kommen  niüsste,  übereinstimmend  durch  die  vereinigten 
Armeen  gegen  diesen  Fürsten  zu  operieren,  dass  er,  Abgesandter,  für  diesen 
Fall  in  der  Lage  sei,  den  Operationsplan  und  die  im  britischen  Solde  stehenden 
6000  Dänen  und  ebensovielen  hessischen  Truppen  anzubieten,  während 
Herr  von  Busch  (von  dem  Busche,  hannoverscher  Gesandter)  Auftrag 
habe,  sich  über  die  hannöver'schen  Truppen  zu  erklären.  4.  Nachdem  die 
übrigen  anwesenden  Minister  sich  empfänglich  für  diese  vertraulichen  Mit- 
theilungen gezeigt  haben,  hat  Se.  Excellenz  der  Graf  Brühl  (nachdem  er  dar  - 
gethan,  dass  es  im  Falle  des  Vergleiches  und  des  Beitrittes  des  Königs  von 
Preussen  zum  grossen  Concert  nöthig  wäre,  sich  aus  Vorsicht  untereinander, 
ohne  irgendeine  Macht  zu  nennen,  zu  versprechen,  dass  wenn  Einer  von  der 
Allianz  jemals  den  Andern  angriffe,  alle  andern  von  der  Liga  unitis  viribus 
gegen  den  Angreifer  Partei  nehmen  würden)  vorgeschlagen  und  man  ist  über- 
eingekommen,   dass    man   am    andern  Tage    nach    der  Tafel    die  Berathungen 


281 

In  dem  Vertrage  machte  König  August  von  Polen  als  Chur- 
fürst  von  Sachsen  sich  anheischig,  gegen  die  Mitregentschaft  des 
Grossherzogs  von  T  o  s  c  a  n  a  keinen  weiteren  Einwand  zu  erheben. 
Er  erklärte,  sich  nach  den  Bestimmungen  eines  mit  den  übrigen 
Verbündeten  zu  Stande  zu  bringenden  Uebereinkommens  an  dem 
Kriege  gegen  Preussen  betheiligen  und  sich  der  Führung  der  böh- 
mischen Churstimme  durch  die  Königin  Maria  Theresia,  als  der 
rechtmässigen  Beherrscherin  Böhmens,  nicht  länger  widersetzen  zu 
wollen,  auch  dem  Grossherzog  seine  Stimme  bei  der  künftigen  Kaiser- 
wahl  zu  geben.  Ausserdem  verbürgte  er  sich  im  Namen  seiner  Ge- 
mahlin, der  Erzherzogin  Maria  J  o  s  e  p  h  a,  dass,  wenn  im  Falle  des 
Todes  der  Königin  Maria  Theresia  und  ihrer  Schwester,  der  Erz- 
herzogin Maria  Anna,  sowie  des  Aussterbens  des  Stammes  Kaiser 
Carl  VI.,  die  Königin  von  Polen  als  älteste  Tochter  Kaiser 
Joseph  I.  oder  deren  Kinder  rechtmässig  zur  Nachfolge  in 
Oesterreich  gelangen  würden,  ihnen  nur  die  Länder  der  böhmischen 
Krone  sogleich  zufallen  sollten,  in  den  übrigen  Erblanden  aber 
der  Grossherzog  von  T  o  s  c  a  n  a  als  deutscher  Kaiser  bis  zu  seinem 
Tode  die  Regentschaft  zu  führen  und  die  Staatseinkünfte  zu  be- 
ziehen habe. 

Die  Königin  Maria  Theresia  verpflichtete  sich  da- 
gegen, dem  Könige  von  Polen  die  Summe  von  zwölf  Millionen 
Pueichsthalern  in  Raten  zu  bezahlen.  Ausserdem  wurden  dem- 
selben ein  äquiparierender  i^ntheil  an  den  zu  machenden  Er- 
oberungen und  einige  bisher  von  Preussen  in  der  Nieder-Lausitz 
und  im  Fürstenthum  Crossen  innegehabte  böhmische  Lehen  über- 
lassen, jedoch  unter  Aufrechthaltung  der  böhmischen  Landes- 
herrliclikeit  und  mit  der  Bedingung,  dass  der  Werth  dieses  Besitzes 
von  den  zu  zahlenden  zwölf  Millionen  in  Abschlag  gebracht  werde. 

Die  Abtretung  eines  Landstriches  in  der  Breite  einer  halben 
Meile  von  der  Lausitz  nach  Polen,  um  die  ununterbrochene  Ver- 
bindung dieses  Königreiches  mit  Sachsen  herzustellen,  die  Garantie 
des  Besitzes  der  dem  Churhause  gehörenden  Länder,  verschiedene 
Vortheile  im  Handels-  und  Grenzverkehre  vervollständigten  die 
Zugeständnisse  Maria  Theresi a's. 

In  den  Separat-Artikeln  versprach  der  Grossherzog,  im  Falle 
des  Aussterbens  des  carolinischen  Stammes  der  Habsburger  die  im 


über  einen  doppelten  Operationsplan  beginnen  und  für  das  Militärische  den 
General-Lieutenant  Baron  Renard  zulassen  wolle."  (H.  H.  u.  St.  A..  Sachsen. 
Z.  II,  6.) 


282 

Haupttractat  stipulierten  Bedingungen  einzuhalten  und  ausserdem 
einem  chursächsischen  Prinzen  zur  Würde  eines  Römischen  Königs 
zu  verhelfen. 

Die  Verproviantierung  der  die  sächsische  Grenze  über- 
schreitenden chursächsischen  Armee  sollte  in  einem  von  den  con- 
fÖderierten  Staaten  abzuschliessenden  allgemeinen  Vertrage  mittelst 
einer  Convention  geregelt  worden. 

Ausserdem  versprach  Maria  Theresia,  für  die  Zukunft 
nie  zu  verlangen,  dass  um  die  Investitur  gewisser,  an  Chur- 
Sachsen  verliehener  Lehensgüter  (in  der  Lausitz,  Meissen)  von 
Seite  Chur-Sachsens  durch  eine  fürstliche  Person  ersucht  werde ; 
sie  versprach  ferner,  die  diesbezüglichen  strengen  Ceremonien 
in  einer  mit  der  Würde  Chur-Sachsens  vereinbarlichen  Weise  zn 
mildern. 

Auch  für  den  Fall,  dass  es  zu  keinem  Kriege  komme,  sollte 
der  Vertrag  in  allen  Puncten  aufrecht  bleiben  und  nur  eine  Herab- 
setzung des  von  der  Königin  Maria  Theresia  an  Sachsen  zu 
zahlenden  Entschädigungsbetrages  von  zwölf  auf  acht  Millionen 
Thaler  stattfinden.  2) 

Dieser  Vertrag,  obwohl  er  der  Königin  von  Ungarn  schwere 
Opfer  auferlegte,  wurde  von  derselben  am  24.  April  in  einem 
Exemplare,  in  einem  zweiten  von  dem  Grossherzoge,  von  dem 
sächsischen  Hof  jedoch  niemals  ratifiziert.2) 

Die  Gründe  des  späteren  Zurücktretens  Sachsens  sind  in  der 
geänderten  militärischen  Lage,  in  den  Ueberredungskünsten  der 
französischen  Diplomaten  und  wohl  vor  Allem  in  der  merkwürdigen 
und  doppelzüngigen  Haltung  Englands  zu  suchen. 

Graf  Kheven hüller  glaubte  zwar,  dass  durch  die  Verein- 
barung, wenn  sie  auch  erst  nach  der  Ratification  der  Königin  in 
Kraft  trete,  so  viel  erreicht  werde,  „dass  man  den  Betreibungen 
des  in  wenigen  Tagen  in  Dresden  eintreffenden  Marschalls 
Belleisle  hier  weniger  Gehör  geben  werde". 

Auch  seien  die  Kriegsrüstungen  in  vollem  Gange  und  würden 
dergestalt  fortgesetzt,  dass  am  16.  April  sämmtliche  sächsischen 
Truppen,  etwa  24.000  Mann,    mobil    seien    und  bis  zum   1.  Mai  in 


J)  H.  H.  u.  St.  A.  und  Arneth,  Maria  Theresia.  I.  20(3  ff. 
2)  Auf  dem  im  k.  und  k.  Haus-.    Hof-    und  Staats-Archive    befindlichen 
Exemplare    ist    bemerkt:    „Elle    n'a    pas  ete  acceptee   et  la  Cour  de  Saxe  l'a 


renvovee." 


283 

die  beiden  Observationslager  bei  Eilenburg  und  an  der  Elbe  bei 
Torgau  würden  einrücken  können.  ') 

Allerdings  musste  der  Gesandte  gleichzeitig  an  den  Obersten 
Hofkanzler  melden  :  „Es  ist  gestern  Früh  eine  Staffette  von  Breslau 
an  hiesiges  Ministerium  gekommen,  mit  der  Nachricht,  dass  zwischen 
Brieg  und  Ohlau  eine  sein-  scharfe  und  zwar  für  uns  gar  übel  aus- 
gefallene Action  vorgegangen  sei."  2) 

Nach  der  Schlacht  von  Mollwitz  traten  die  schlesischen  An- 
gelegenheiten aus  dem  begrenzten  Rahmen,  in  dem  sie  sich  bisher 
bewegt  hatten  und  erlangten  durch  die  Gruppierung  der  Mächte 
einen  allgemeinen  Charakter. 

Die  Gegner  Maria  Theresia's  erhoben  zuversichtlicher 
das  Haupt,  während  die  Alliierten,  auf  welche  sie  gerechnet,  zag- 
haft wurden. 

Nicht  leicht  hat  der  Ausgang  einer,  mit  so  schwachen  Kräften 
geschlagenen    Schlacht    so    grosse,    einschneidende  Folgen    gehabt. 

In  Frankreich  war  es  inzwischen  dem  gewandten  und  ver- 
schlagenen Grafen  B  e  1 1  e  i  s  1  e  gelungen,  der  alten,  auf  den  Sturz 
des  Hauses  Habsburg  gerichteten  Politik  am  Hofe  wieder  das  Ueber- 
gewicht  zu  verschaffen  und  den  Cardinal  F 1  e  u  r  y,  obwohl  derselbe 
lieber  den  Frieden  erhalten  hätte,  zum  Eingehen  auf  einen  Plan  zu 
nöthigen,  nach  welchem  die  pragmatische  Sanction  ihre  Giltigkeit 
verlieren  und  die  durch  das  Erlöschen  der  männlichen  Linie  des 
Hauses  Habsburg  entstandenen  Erbansprüche  anderer  Mächte 
auf  die  Hinterlassenschaft  Carl  VI.  zur  Zerstückelung  der 
letzteren  benützt  werden  sollten.  B  e  1 1  e  i  s  1  e  selbst,  zum  Marschall 
von  Frankreich  und  zum  Botschafter  dieser  Krone  am  bevor- 
stehenden Wahlconvent  ernannt,  besuchte  zuerst  die  Höfe  der 
geistlichen  Churfürsten  und  gieng  dann  nach  Dresden,  wo  er 
am  15.  April  anlangte. 

Am  folgenden  Tage  fand  sogleich  eine  zwei  Stunden  dauernde 
Conferenz  mit  dem  Grafen  Brühl  statt,  wobei  im  Allgemeinen 
die  politische  Lage  erörtert  winde. 

In  der  Audienz  beim  Könige  benützte  Belleisle  die  Zeit 
des  Alleinseins,  um  einen  Brief  Ludwig  XV.  zu  übergeben.     Er 


x)  Khevenhüller  an  die  Königin.  Dresden,  14.  April  1711.  (H.  H 
u.  St.  A.) 

2)  Derselbe  an  Grafen  Sin  z  e  n darf  f.  Dresden,  11.  April  1711.  (H.  H. 

u.  St.  A.) 


284 

erklärte,  class  seine  Sendung  einzig  und  allein  darin  bestehe,  den 
König  der  Freundschaft  seines  erhabenen  Herrn  zu  versichern  und 
der  zu  Versailles  befindliche  Graf  Poniatowski1)  werde 
Ludwig  XV.  sehr  geneigt  finden,  mit  allen  Kräften  zu  einer 
ernsten  und  soliden  Vereinigung  der  Höfe  von  Sachsen  und  Bayern 
beizutragen. 2) 

König  August    antwortete    dem    französischen  Botschafter: 

„Ich  kann  keinen  Entschluss  fassen,  bevor  ich  nicht  Antwort 
vom  russischen  Hofe  habe,  mit  welchem  ich  in  Engagements  bin. 
Was  den  Wiener  Hof  betrifft,  so  habe  ich  mich  über  denselben  sehr 
zu  beklagen,  ich  werde  stets  und  so  lange  gegen  die  Mitregent- 
schaft und  gegen  die  Ausübung  der  böhmischen  Stimme  durch  den 
Grossherzog  sein,  so  lange  man  mir  dafür  keine  besseren  Gründe 
für  die  Behauptung  aiiführt,  dass  die  Königin  von  Böhmen 
die  böhmische  Stimme  ausüben  könne.  .  .  .  Mit  Bayern  bin  ich 
bereit,  ein  Bündniss  einzugehen,  allein  Bayern  muss  sich  zuerst 
erklären." 

Die  Bedenken  des  Königs  vonPolen  bezogen  sich  auf  die  Haltung 
des  Königs  von  Preussen,  der  zwei  Meilen  von  der  sächsischen 
Grenze  eine  starke  Armee  aufgestellt  habe.  Er  finde  es  daher  nicht 
klug,  ein  Vertragsverhältniss  mit  dem  Churfürsten  von  Bayern 
einzugehen,  weil  der  König  von  Preussen  immer  noch  eine  Ver- 
ständigung mit  der  Königin  von  Ungarn  treffen,  sich  mit  ihr 
vereinigen  und  ihn,  sowie  Bayern  niederwerfen  könne. 3) 

König  August  war  überhaupt  mit  der  Haltung  König 
Friedrich's  von  Preussen  durchaus  unzufrieden.  Er  sprach  über 
sein  wenig  verlässliches  Vorgehen,  wie  dieser  Fürst  auf  das  Leb- 
hafteste zu  einer  Verbindung  gedrängt  habe,  um  gemeinsam  ge- 
rechte Ansprüche  zu  vertreten 4),  wie  er  ihm  habe  sagen  lassen, 
dass  im  Falle  des  Bedarfs  seine  Streitkräfte  und  seine  Geldmittel 
zu  seiner  Verfügung  ständen,  dass  während  er  in  Schlesien  ein- 
brechen winde,  dasselbe  in  Böhmen  geschehen  solle. 


*)  Von  König  August  an  den  französischen  Hof  gesandt. 


2)  Töpfer'sche  Materialien-Sammlung. 


s)  Beilei  sie  an  Amelot,  Dresden.  20.  April  1741.  (Pariser  Archiv.) 
4)  Vergl.  Polit.  Correspondenz,  Nr.  I,  202.  Instruction  für  Oberst  Grafen 
Finkenstein,  welcher  als  bevollmächtigter  Minister  nach  Dresden  geht, 
v.  13.  December  1740.  —  Ebenda  207.  „Man  muss  Bülow  (sächsischer  be- 
vollmächtigter Minister)  drängen,  mit  uns  abzuschliessen,  haben  sie  Lust,  sich 
zu  schlagen  und  Böhmen  zu  gewinnen:  desto  besser".  (Friedrich  II.  an 
Podewils,    Crossen,  16.  December  1740.)  Ebenda  Nr.  118. 


285 

Er  sei  überzeugt,  dass  Bayern  in  Tyrol  und  Ober-Oesterreich 
einmarschieren  werde.  Frankreich  werde  Alles  unterstützen.  König 
August  verlangte  acht  Tage  Frist,  um  sich  zu  entscheiden,  erfuhr 
aber  in  'dieser  Zeit,  dass  G  o  1 1  e  r  in  diesen  Tagen  der  Königin 
von  Ungarn  dringende  Anträge  gemacht  habe,  denen  der  König 
von  Preussen  beifügte,  „dass  diese  Fürstin  umso  leichter  bei- 
stimmen und  sich  beeilen  sollte,  mit  ihm  sich  zu  verbinden,  da  er 
sie  benachrichtigen  könne,  dass  Bayern  und  ich  (König  August), 
im  Einvernehmen  mit  Frankreich,  in  Böhmen  und  Oesterreich  ein- 
marschieren würden."  x) 

Zum  Schlüsse  sagte  König  August:  „Wie  kann  man  nach 
diesen  Vorgängen  noch  Vertrauen  zum  König  von  Preussen  haben? 
Inzwischen  habe  ich  meine  Oavallerie  remontiert  und  errichte  zwei 
Lager  von  18.000  bis  20.000  Mann."  2)  Er  werde  dem  Grafen  Brühl 
Befehle  geben,  mit  Beilei  sie  weiter  zu  verhandeln. 3) 

In  einer  Conferenz  Belleisle's  mit  P.  G u a r i n i  erklärte  der 
letztere,  dass  trotz  der  geleisteten  Garantie  der  König  von  Polen 
sich  kein  Gewissen  zu  machen  brauche,  gegen  die  pragmatische 
Sanction  zu  handeln,  denn  der  Wiener  Hof  habe  die  Dispositionen 
der  Kaiser  Leopold  und  Joseph  unterschlagen  und  Sinzen- 
d  o  r  f  f  habe  der  Gemahlin  des  Königs  vor  ihrer  Heirath  geradezu  er- 
klärt, sie  werde  nicht  verheirathet  werden,  wenn  sie  nicht  vorher  ihren 
Verzicht  unterzeichne.  Der  Cardinal  A 1  b  a  n  i,  welchem  P.  G  u  a  r  i  n  i 
den  Fall  vorgelegt,  habe  dem  König  erklärt,  er  könne  ohne  Ge- 
wissensbisse gegen  die  pragmatische  Sanction  handeln. 

Belleisle  hatte  mehrere  Conferenzen  mit  Brühl  und 
P.  Gruari n i,  welche  aber  zu  viel  Unterthänigkeit  und  Furcht  vor 
Russland  und  viel  zu  viel  Misstrauen  gegen  Preussen  hatten,  als  dass 
sie  zu  einem  Entschluss  kommen  konnten.  Das  Resultat  ihrer  Er- 
klärungen war:  1.  Sachsen  hat  keinen  Vertrag  oder  Engagement 
mit  dem  Wiener  Hofe.  Obgleich  Oesterreich  stets  an  das  Bündniss 
mahnt,  so  wird  Sachsen  ihm  doch  mit  keinem  einzigen  Mann  zu 
Hilfe  kommen,  weil  es  sonst  von  Preussen  erdrückt  würde.  2.  Sachsen 
beharrt  darauf,  die  Mitregentschaft  und  die  böhmische  Stimme  nicht 
zuzulassen.  3.  Es  kann  sich  gegenwärtig  in  kein  formelles  Bündniss 
mit  Bayern  einlassen,  weil  sonst  a)  Preussen  mit  Oesterreich  Frieden 


J)  Memoiren  des  Marschalls  Belleisle.  Töpfe  r'sche  Materialien- 
Sammlung. 

2)  „Sachsen  hatte  damals  34  Bataillone  und  54  Escadronen  auf  den  Beinen, 
lauter    schöne    und    gut    exercierte    Truppen."     (Bemerkung    Belleisle's.) 

s)  Memoiren  Belleisl  e's. 


286 

schliesst,  b)  für  Polen  zu  besorgen  ist,  da  dann  sicher  die  Russen 
Truppen  marschieren  lassen,  um  die  pragmatische  Sanction  aufrecht 
zu  erhalten,  c)  weil  Bayern  auf  die  ganze  österreichische  Erbschaft 
Ansprüche  macht,  wesshalb  Bayern  sich  auch  zuerst  erklären  muss, 
was  es  haben  will.  4.  Da  Belleisle  auf  ein  Bündniss  mit  Bayern 
dringt  und  verlangt,  man  solle  dem  Poniatowski  bestimmte 
Instructionen  schicken,  damit  er  mit  dem .  Cardinal  im  Geheimen 
verhandeln  könne  und  Belleisle  bei  seiner  Ankunft  in  München 
über  das  Resultat  dieser  Verhandlung  die  Befehle  seines  Königs 
vorfinden  könne,  so  versprach  man,  diese  Befehle  zu  ertheilen. 
5.  Der  Churfürst  von  Sachsen  sucht  die  Kaiserkrone  nicht,  weil  er 
zu  wenig  mächtig  ist,  nimmt  sie  aber  an,  wenn  er  von  den  Chur- 
fürsten  gewählt  wird.  Da  auch  Bayern  für  die  Kaiserkrone  zu 
wenig  stark  ist,  ist  ein  Uebereinkommen  wegen  der  Theilung  der 
österreichischen  Erbschaft  nothwendig.  6.  Auf  die  Frage,  ob  Sachsen 
in  erster  Linie  für  Bayern  stimmen  werde,  wenn  es  selbst  keine 
Aussicht  auf  die  Kaiserkrone  habe,  habe  Brühl  geantwortet,  dass 
er  darüber  jetzt  noch  nichts  sagen  könne;  P.  Guarini  dagegen 
ein  bestimmtes  „Ja"  ausgesprochen. 

Belleisle's  Schlusseindruck  von  den  Verhandlungen  in 
Dresden  war,  dass,  wenn  Preussen  mit  Frankreich  abgeschlossen  und 
Sachsen  mit  Sicherheit  auf  die  Beständigkeit  König  Friedrich  IL 
rechnen  könne,  es  in  die  Allianz  eintreten  werde,  wie  schwierig  es 
auch  dann  sei,  die  Interessen  Bayerns  und  Sachsens  in  Form  eines 
Theilungs-Vertrages  in  Einklang  zu  bringen.  Auf  alle  Fälle  wäre 
Sachsens  Neutralität  zu  erreichen.  x) 

Während  seines  Aufenthaltes  in  Dresden  erhielt  Belleisle 
die  Besuche  der  dortigen  preussischen  und  bayerischen  Gesandten, 
dessgleichen  des  österreichischen  Gesandten,  Grafen  K  h  e  v  e  n- 
hüller,  welcher  ihn  bat,  doch  auch  nach  Wien  zu  gehen. 
Belleisle    vermied  es,  mit  Letzterem  näher  zu  verhandeln.2) 


x)  Memoiren  Belleisle's  und  Bericht  desselben  auAmelot,  Dresden 
20.  April  1741.  (Pariser  Archiv.) 

2)  Gründlich  getäuscht  wurde  Khevenhüller  durch  den  schlauen 
Franzosen,  wie  der  Bericht  an  die  Königin  Maria  Theresia  über  diese 
Unterredung  zeigt.  Nach  Ansicht  des  Gesandten  wären  die  Verhandlungen  in 
Dresden  und  die  Besprechungen  mit  den  Ministern  nur  als  wenig  bedeutendere 
Pourparlers  aufzufassen  geAvesen,  während  gerade  Belleisle's  Anwesenheit  in 
Dresden  die  Abschwenkung  Sachsens  von  Maria  Theresia's  Sache  bestimmt. 
Nach  Unterhaltungen  über  die  Kaiserwahl  kam  man  auf  die  schlesischen  An- 
gelegenheiten zu  sprechen,  worüber  Be  lleisle    dem  österreichischen  Gesandten 


287 

Im  Augenblick,  da  Belleisle  am  20.  April  von  Dresden 
abreisen  wollte,  traf  ein  Courier  vom  französischen  Gesandten  am 
preussischen  Hofe,  Marquis  de  Valory,  mit  Depeschen  ein,  worin 
dieser  mittheilte,  dass  der  preussische  Minister  P  o  d  e  w  i  1  s  ihm 
mitgetheilt  habe,  sein  Herr  wünsche  zwar,  sich  mit  Frankreich  zu 
verbinden,  allein  nur  unter  folgenden  drei  neuen  Bedingungen : 
1.  dass  Frankreich  Schweden  und  Dänemark  vermöge,  gegen 
Russland  aufzutreten.  2.  Dass,  im  Falle  der  Churfürst  von 
der  Pfalz  vor  Ende  des  Krieges  sterbe  und  der  König  von 
Preussen  noch  nicht  im  ruhigen  Besitz  von  Meder-Schlesien  sei, 
Letzterer  das  Recht  haben  solle,  sich  in  den  Besitz  desjenigen 
Theils  des  Herzogthums  Berg  zu  setzen,  der  ihm  durch  den  Haager 
Vertrag  abgetreten  war,  jedoch  nur  so  lange,  bis  er  in  den  ruhigen 
Besitz  von  Nieder-Schlesien  gelange.  3.  Dass  im  Allianzvertrag 
die  reelle  Unterstützung  so  stipuliert  werde,  wie  sie  mit  dem  ver- 
storbenen König,  seinem  Vater,  geplant  war. *) 

Podewils  und  Valory  hatten  am  11.  und  12.  April  Berlin 
verlassen  und  sich  nach  Breslau  begeben,  von  wo  Podewils  sogleich 
in  das  Lager  zum  König  gieng.  Am  18.  kam  Podewils  von 
dort  zurück  und  überbrachte  an  Valory  die  ebenerwähnten  drei 
neuen  Propositionen. 2) 


auf  die  dem  Gesandten  in  Paris  von  Wasner  ertheilte  Antwort  hinwies,  „mit 
weiterem  Vermelden,  dass  gleichwie  man  an  seinem  Hof  das  Wahlgeschäft  von 
jenem,  was  die  pragmatische  Sanction  betreffe,  separiert  halte  und  als  zwei 
ganz  besondere  Objecte  betrachte,  seine  obhabenden  Commissionen  auch 
lediglich  das  erstere  beträfen,  also  könne  er  mir  hierüber  keine  nähere  Auskunft 
geben,  als  dass  er  wirklich  im  Begriffe  stehe,  sich  von  hier  zu  dem  König 
von  Preussen  zu  verfügen,  bei  welcher  Gelegenheit  er  von  den  Ansprüchen 
desselben,  als  wovon  sein  Hof  noch  keine  vollständige  Information  habe  (! 
sich  genauer  erkundigen  würde,  welches  Alles  er  immer  mit  vielen,  jedoch  gar 
nichts  Positives  sagen  wollenden  Contestationen  begleitet,  auch  der  letztliin 
vorgefallenen  Action  halber  sehr  gelassen  und  ohne  einige  vorgängliche  Neigung 
zu  bezeugen  sich  geäussert  hat".  Khevenhüller  an  die  Königin.  Dresden. 
18.  Aprü  1741.  (H.  H.  u.  St.  A.) 

')  Vergl.  Droysen,  Geschichte  der  preuss.  Politik  V/i,  255.  „Des  König.- 
Weisungen  lauteten  auf  weiteres  Zögern:  Sachsen  muss  uns  bestimmen: 
wenn  es  mit  uns  bricht,  so  ist  klar,  dass  es  nicht  allein  steht;  wenn  es  sich 
ruhig  hält,  so  haben  wir  mit  Frankreich  nicht  zu  eilen." 

-)  Vergl.  Pol.  Corr.  I,  Nr.  354,  Der  König  an  Podewils,  Ohlau,  19.  April: 
„Ich  habe  Ihr  Schreiben  v.  18.  d.M.,  sowie  den  Bericht  vom  nämlichen  Datum 
erhalten,  das  Drängen  des  Marquis  Valory  betreffend  und  das.  was  Sie  ihm. 
um  seine  Ungeduld  zu  beruhigen,  darauf  gesagt  haben.  Ich  bin  damit  sehr 
einverstanden  und  wir  werden  in  der  nämlichen  Weise  fortfahren,  bis  man 
die  letzte  Entscheidung  wird  treffen  müssen". 


288 

Valory  war  über  diese  neuen  Forderungen  umso  mehr 
erstaunt,  da  der  König  von  Preussen  ihm  am  15.  März  zu  Schweidnitz 
gesagt  hatte,  er  solle  nach  Berlin  zurückgehen,  um  die  letzte  Hand 
an  den  Vertrags-Entwurf  zu  legen,  der  König  habe  ihm  am 
5.  April  sein  Wort  gegeben,  die  Sache  sei  abgemacht.  Der  Entwurf 
sei  an  Podewils  geschickt  worden,  der  die  Sache  mit  Valory 
abschliessen  werde. x) 

Beilei  sie  verliess  am  20.  April  Dresden  und  kam  am 
22.  Nachmittags  nach  Breslau,  wo  er  Valory  sehr  niedergeschlagen 
traf,  da  er  sehe,  dass  seine  Verhandlung  plötzlich  nicht  weiter 
komme  und  selbst  befürchtete,  dass  sie  scheitern  könnte. 

Belleisle  bat  den  Minister  Podewils,  König  Fri  e  dr  ich  DT. 
seine  Ankunft  zu  melden.  Am  24.  theilte  der  Minister  dem  fran- 
zösischen Marschall  mit,  der  König  werde  sich  freuen,  Belleisle 
zu  sehen,  habe  aber  vorher  noch  einige  Anordnungen  zu  treffen 
und  einige  Befehle  wegen  der  Sicherheit  seiner  Reise  zu  geben, 
er  werde  ihm  am  25.  oder  26.  weitere  Nachricht  zukommen  lassen. 2) 

Erst  am  26.  April  Hess  der  König  den  Marschall  Belleisle 
in  das  Lager  kommen  ; 3)  auf  dem  ganzen  "Wege  standen  Sicherheits- 
wachen und  eine  Escorte  begleitete  den  Marschall.  Im  Dorfe 
Hünern  zwischen  Ohlau  und  dem  Lager  waren  für  Belleisle 
und  dessen  Gefolge,  sowie  für  Valory  Quartiere  hergerichtet. 
GM.  Graf  Rothenburg  wurde  dem  französischen  Marschall  als 
Ehrencavalier  zugetheilt.  Der  Empfang  war  glänzend,  die  ganze 
Armee  war  aufgestellt  „und  man  erwiess  mir  alle  militärischen  Ehren, 
wie  einem  Armee-Commandanten."  4) 

*)  Am  6.  April  giengen  an  Grafen  Truchsess  Weisungen  behnfs 
seiner  Haltung  gegenüber  den  Mediations-Anerbietungen  König  Georg's  von 
England  ab.  (Polit.  Corresp.  I,  Nr.  330.)  An  Podewils  schrieb  König  Friedrich 
ebenfalls  am  6.  April:  „Es  wird  nothwendig,  diese  Verhandlung  (mit  England) 
mit  undurchdringlichen!.  Geheiinniss  zu  umgeben  und  es  ist  erforderlich,  jene 
mit  Frankreich  und  Bayern  in  die  Länge  zu  ziehen,  ohne  dass  Valory  Verdacht 
schöpft."  (Ebenda  Nr.  331). 

J)  Vergl.  Polit.  Corresp.  Nr.  1,  Nr.  356. 

3)  „Er  (Belleisle)  wird  mit  aller  Gewalt  abschliessen  wollen  und  ich,  ich 
möchte  die  Ankunft  des  englischen  Charlatans  (Hyndford)  abwarten,  um  mich 
zu  entscheiden;  aber  auf  jeden  Fall  muss  man  sehen,  ob  man,  indem  man 
Herrn  von  Belleisle  im  höchsten  Maass  schmeichelt  und  die  grösste  Neigung, 
abzuschliessen,  durchblicken  lässt,  diesen  Schritt  noch  bis  zu  dem  Augen- 
blick hinausziehen  kann  „qu'on  ait  arrange  ses  flütes  avec  les  Anglais".  (Polit. 
Corresp.  I.,  Nr.  358,  Mollwitz,  21.  April  1711  an  Podewils.) 

4)  Belleisle's  Memoiren.  Töpfer'sche  Materialien- Sammlung. 


289 

Nach  dem  Diner  erhielt  Belleisle  die  erste  Audienz  in 
einem  Zelte,  das  sich  im  Centrum  des  Lagers  befand.  Dort  waren 
alle  Prinzen  versammelt ;  der  Gesprächsstoff  handelte  von  den 
Operationen,  von  der  stattgefundenen  Schlacht,  von  der  Bela- 
gerung Briegs.  Am  folgenden  Tage  (27.  April)  fand  um  11  Uhr 
Vormittags  Diner  beim  Könige  in  dessen  Zelte  statt.  An  diesem 
Tage  war  Belleisle  zwei  Stunden  lang  allein  mit  König 
Friedrich.  Derselbe  besprach  zunächst  seine  militärische  Situation 
seit  dem  Einmärsche  in  Schlesien  bis  zum  Tage  der  Schlacht, 
daran  knüpfte  er  Erwägungen  über  die  Lage  der  N  e  i  p  p  e  r  g'schen 
Armee  und  sprach  über  seine  weiteren  Pläne,  sowie  über  die 
begonnene  Belagerung  von  Brieg.  Darauf  übergab  Belleisle 
einen  Brief  des  Königs  von  Frankreich  und  sprach  sein  Erstaunen 
darüber  aus,  dass  er  statt  des  unterzeichneten  Vertrags  in  Dresden 
die  Postsendung  mit  den  neuen  Bedingungen  erhalten  habe.  Dieses 
Schreiben  habe  er  nicht  nach  Paris  geschickt,  weil  es  einen  schlechten 
Eindruck  gemacht  haben  würde.  Er  komme,  um  dem  König  die 
letzten  Instructionen  seines  Hofes  mitzutheilen  ;  man  habe  geglaubt, 
der  Vertrag  sei  geschlossen  und  er  habe  daher  den  Auftrag  erhalten, 
hauptsächlich  jene  Kriegsoperationen  mit  dem  König  zu  berathen, 
welche  ihm  den  Besitz  von  Schlesien  sichern  sollten.  Von  hier 
habe  er  Auftrag,  nach  München  zu  gehen,  um  darüber  dem  Chur- 
fürsten  von  Bayern  Mittheilung  zu  machen,  welcher  ausser  seiner 
Armee  von  20.000  Mann  noch  eine  französische  Hilfs  -Armee 
erhalte,  die  so  gross  sein  werde,  als  der  König  selbst  bestimmen 
wolle.  Auch  mit  Schweden  seien  die  Unterhandlungen  schon  an- 
geknüpft. 

König  Friedrich  LT.  gab  Belleisle  zu  „dass  ich  zu 
Schweidnitz  dem  V  a  1  o  r  y  gesägt  habe,  ich  sei  gesonnen,  mit 
Frankreich  einen  Vertrag  abzuschliessen.  Damals  war  noch  Herr 
von  Mün n ich  Minister  in  Russland,  von  dem  ich  versichert  war. 
dass  er  das  Haus  Oesterreich  nicht  unterstützen  werde.  Die  Ungnade 
M  ü  n  n  i  c  h's  hat  die  Lage  geändert,  denn  der  Marquis  de  B  o  1 1  a 
drängt  die  Kaiserin  von  Russland  zur  Hilfeleistung  für  Oester- 
reich. 24  Regimenter  sind  im  vollen  Marsch  nach  Livland  und 
Kurland  und  binnen  einem  Monat  sind  30.000  Russen  bereit,  in 
Preussen  einzudringen,  wo  ich  fast  gar  keine  Truppen  habe. 
Andererseits  wiegelt  der  König  von  England  ganz  Deutschland 
gegen  mich  auf,  Dänemark  hat  6000  Mann  in  englischen  Sold 
gegeben  und  will  noch  6000  Mann  für  die  Garantie  der  prag- 
matischen Sanction  stellen,  Sachsen  versammelt  seine  Truppen,  um 

Oesterreichischer  Erbfolgekrieg.  II.  Bd.  !•' 


290 

sich  mit  meinen  Feinden  zu  verbinden.  Es  ist  mir  unmöglich, 
nach  allen  Seiten  zugleich  Front  zu  machen,  wenn  ich  nicht  eine 
rasche  und  in  nächster  Zukunft  erfolgende  Unterstützung  bekomme. 
Der  Churfürst  von  Bayern  hat  nur  wenige  Truppen  und  es  ist 
schade,  dass  man  ihn  nicht  in  den  Stand  gesetzt  hat,  zu  gleicher 
Zeit  mit  mir  Oesterreich  anzugreifen  und  in  Böhmen  oder  Oesterreich 
einzufallen.  Ich  wundere  mich,  dass  Frankreich  das  unterlassen 
hat,  denn  wäre  Bayern  zugleich  eingefallen,  so  hätte  Frankreich 
nichts  weiter  gebraucht,  als  die  Rolle  eines  Vermittlers  zu  über- 
nehmen;  jetzt  dagegen  bleibt  ihm  nichts  übrig,  als  der  Krieg, 
wenn  es  verhindern  will,  dass  der  Grossherzog  Kaiser  wird.  Ich 
hatte  immer  darauf  gerechnet,  als  ich  im  Januar  eine  Defensiv- 
Allianz  vorschlug,  dass  der  König,  Ihr  Herr,  sich  in  die  Lage  setzen 
werde,  im  Frühling  eine  Diversion  machen  zu  können.  Der  Monat 
Mai  ist  da  und  Sie  haben  keinerlei  Vorbereitungen  getroffen,  während 
alle  Fürsten  Europas  gerüstet  sind.  Sie  sind  thatsächlich  ausser 
Stande,  dem  mich  betreffenden  Defensiv-Tractat  nachzukommen, 
denn  ich  würde  in  einem  Monat  oder  in  sechs  "Wochen  ein- 
geklemmt sein,  wenn  man  davon  Kenntniss  hätte,  dass  ich  einen 
Vertrag  mit  ümen  geschlossen  habe.  Es  ist  unmöglich,  dass  sie  in 
drei  Monaten  eine  Armee  beisammen  haben,  nachdem  Ihre  Standes- 
ergänzung noch  nicht  einmal  angeordnet  ist." 

Belleisle  versicherte,  dass  Schweden  durch  die  Voraussicht 
Frankreichs  fast  vollständig  gerüstet  sei,  dass  es  mit  15.000  Mann  in 
Finnland  sich  defensiv  halten,  mit  30.000  Mann  nach  Livland  gehen 
und  so  eine  undurchdringliche  Barriere  für  Preussen  bilden  könne. 
„Es  wird  handeln,  sobald  es  erfährt,  dass  Preussen  mit  Frankreich 
eine  Allianz  geschlossen  hat."1) 

Am  28.  April  fand  ein  einstündiger  Besuch  Belleisle's  bei 
P  o  d  e  w  i  1  s  statt.  Später  liess  König  Friedrich  II.  auch  dem 
französischen  Marschall  Truppen  -  Abtheilungen  vorführen  und 
beauftragte  seine  Generale,  demselben  das  Schlachtfeld  zu  zeigen. 
Im  Laufe  des  Tages  hatte  Belleisle  abermals  eine  längere  Zu- 
sammenkunft mit  dem  König.2) 


1)  „Die  Conversation  wurde  hier  unterbrochen,  indem  der  König  persönlich 
alle  Detailverfügungen  an  seine  Untergebenen  trifft.  Selbst  Spione  und  Deser- 
teure vernimmt  er  persönlich."  Belleisle  an  Amelot  v.  27.  April.  (Pariser 
Archiv.    L'Allemagne  3741.  398.) 

2)  Ebenda. 


291 

Auch  am  folgenden  Tage  war  B  e  1 1  e  i  s  1  e  Abends  von  6  bis 
9  Uhr  beim  König. 

Der     Marschall     berichtet     nach     Paris,      dass     der     König 
ihm    offen    gesagt    habe:1)     „Als     ich    den    Entschluss    fasste,    in 
Schlesien     einzufallen,     war    ich    fest     überzeugt,     dass     dies     das 
einzige    Mittel    sei,     meine    Eechte     auf    die    vier    Herzogtümer 
geltend    zu    machen.    Ich    rechnete    dabei    auf    die    Unterstützung 
Frankreichs,    welches    ein    wesentliches    Literesse    hat,    das    Haus 
Oesterreich    zu    schwächen   und    den  Herzog    von    Lothringen 
von    der  Kaiserwahl    auszuschliessen,    um    zugleich    dankbar  gegen 
Bayern    zu    sein.    Ich    glaube,    Frankreich    könne    nichts    so    sehr 
wünschen,  als  einen  Fürsten  in  Deutschland  zu  finden,  kühn  genug, 
um  der  Erste  der  Katze  die  Schelle  anzuhängen.  Ich  habe  wohl  cre- 
wusst,  dass  der  Cardinal,  den  ich  durch  Camas  sondieren  Hess,  zu 
friedfertig  war,  um  in  ein  solches  Project  einzugehen,  wenn  ich  es  ihm 
vor  der  Unternehmung  vorgeschlagen  hätte;  aber  ich  habe  auch  nie 
gezweifelt,  dass  er  es  unterstützen  werde,    apres  coup,    da   ich  ihn 
doch  dadurch    in    den  Stand    gesetzt    habe,    alle    seine    Absichten 
durchzuführen.  In  diesem  Vertrauen  habe  ich  die  ersten  Vorschläge 
zur  Defensiv-Alliauz    im    Januar    gemacht,    welche    notwendiger- 
weise die  G-arantie  Meder-Schlesiens  mit  Breslau    in    sich  schliesst 
und    um    dem  Cardinal    alle  Scrupel    zu  nehmen,    habe   ich  selbst 
demselben  die  Abtretung  meiner  Ansprüche  auf  die  beiden  Herzog- 
thümer  Berg  und  Jülich  angeboten." 

„In  Kenntniss  der  Schwäche  des  Churfürsten  von  Bayern 
und  seiner  wenigen  financiellen  Hilfsquellen,  habe  ich  nicht 
gezweifelt,  dass  Frankreich  für  alle  notwendige  Unterstützung 
sorgen  werde,  damit  Bayern  im  Frühjahre  die  Offensive  ergreifen 
könne.  "Weiters  dachte  ich,  dass  die  spanischen  und  sardinischen 
Truppen  zur  selben  Zeit  in  Italien  würden  thätig  werden  und  class 
Schweden  sich  rühren  werde.  Dadurch  liesse  Frankreich  den  Krieg 
durch  seine  Freunde  und  Alliierten  führen  und  der  Cardinal  sähe 
scheinbar  mit  verschränkten  Armen  zu,  um  schliesslich  der  Ver- 
mittler zu  sein.  Ich  dachte  ferner,  dass,  um  dies  mit  Erfolg  thun 
zu  können,  die  Vermehrung  der  Truppen  und  die  andern  Vor- 
bereitungen in  die  Hand  genommen  worden  seien." 

„Die  Seemächte    und    die    anderen  europäischen  Staaten  sind 
bereits  gerüstet." 

*)  Memoiren  Belleisle's    in  der  Topf  ersehen  Sammlung    und  Bericht 
an  Amelot.  (Pariser  Archiv.) 

19* 


292 

„Dagegen  habt  Ihr  stets  meinen  Forderungen  widersprochen  und 
zuletzt  sogar  mich  aufgefordert,  die  Feindseligkeiten  einzustellen ; 
Ihr  habt  Bayern  nicht  bewaffnet ,  Spanien  beklagt  sich  über 
Euch,  Ihr  habt  die  Grenzstreitigkeiten  zwischen  Oesterreich  und  der 
Türkei  ausgeglichen  und  namentlich  habt  Ihr  keine  Vermehrung 
Eurer  Truppen  vorgenommen,  obgleich  dieselbe  nach  dem  Tode 
des  Kaisers  angeordnet  und  verlangt  war.  Der  Cardinal  hat  sogar 
gesagt,  das  Elend  sei  dieses  Jahr  in  Frankreich  zu  gross,  als  dass 
man  an  einen  Krieg  denken  könne.  Dennoch  war  ich  noch  immer 
gut  gesinnt  für  Frankreich,  ich  glaubte  mich  halten  zu  können 
durch  den  Freundschaftsvertrag  mit  Russland  und  gab  daher  zu 
Schweidnitz  dem  V  a  1  o  r  y  mein  Wort,  den  Allianzvertrag  ab- 
zuschliessen,  unter  dem  Versprechen,  denselben  geheim  zu  halten ; 
denn  England  und  Russland  haben  mir  öfter  erklären  lassen,  dass, 
so  lange  ich  nicht  in  Allianz  mit  Frankreich  sei,  sie  mich  schonen 
und  nur  den  AVeg  der  Vermittlung  und  der  guten  Dienste  ein- 
schlagen würden.  Aber  ich  fürchtete  sie  nicht,  so  lange  der  Graf 
Münnich  im  höchsten  Ansehen  und  Einnuss  zu  Petersburg  stand, 
ich  konnte  mich  halten  und  Euch  Zeit  lassen,  mir  zu  Hilfe  zu 
kommen.  Seit  der  Abreise  V  a  1  o  r  y's  von  Schweidnitz  ist  gegen 
alles  Erwarten  Münnich  in  Ungnade  gefallen.  Hier,  lesen  Sie 
einen  Brief  meines  Gesandten  zu  Petersburg  vom  10.  April,  aus 
welchem  Sie  sehen,  dass  man  den  Entschluss  gefasst  hatte,  gegen 
mich  zu  handeln.  Aus  aufgefangenen  Briefen  Osterman  n's  erfuhr 
ich  sogar  das  ganze  Project1),  welches  darin  bestand:  zu  warten, 
bis  das  Gras  hervorspriesst,  um  ihre  Armee,  30.000  Russen, 
12.000  Hannoveraner,  6000  Dänen  und  6000  Hessen  bei  Eichsfeld, 
20.000  Sachsen  bei  Torgau  und  Königsstein  lagern  zu  lassen. 
Sobald  diese  Truppen  beisammen  sind,  will  man  mich  auffordern, 
Schlesien  zu  räumen  und  mich  mit  den  beiden  Herzogthümern 
Glogau  und  Liegnitz  zu  begnügen." 

Am  Schlüsse  der  Audienz  erbat  sich  Belleisle  die  Erlaub- 
niss,  das  Gehörte  zu  Papier  bringen  und  dem  König  vorlesen  zu 
dürfen,  damit  er  selbst  sicher  sei,  dass  er  sich  nicht  täusche.  Der 
König  gestattete  es  und  Belleisle  legte  am  anderen  Tag  dem 
König  seinen  Aufsatz  vor,  der  ihn  guthiess  und  ihn  an  den  Cardinal 
zu  schicken  erlaubte.  Noch  wurde  vereinbart,  dass  Valory  die 
Negociation    weiterführen    solle,    wesshalb    derselbe    hereingerufen 


*)  Münnich    selbst    hatte    dem  König    den  Plan  mitgetheilt,    welchen 
England,  Oesterreich  und  Sachsen  den  Russen  vorgeschlagen  hatten. 


293 

wurde  und  eine  Copie  von  Belleisle's  Aufsatz  erhielt.1)  Dieser 
Aufsatz  enthielt  als  Ergebniss  der  bisherigen  Verhandlung :  1.  Der 
König  von  Preussen  kann  sich  für  den  Augenblick  zu  einem 
Allianz  vertrag  mit  Frankreich  nicht  verpflichten,  weil  die  Küssen, 
Sachsen,  Hannoveraner  und  Dänen  bereit  sind,  wenn  das  Gras 
da  ist,  Lager  zu  errichten  und  alsdann  ihn  aufzufordern,  Schlesien 
zu  räumen.  Gegen  alle  diese  Feinde  hat  er  nur  15.000  Mann 
unter  dem  Fürsten  von  Anhalt.  2.  Als  er  Valory  sein  Wort 
gegeben,  war  Münnich  noch  an  der  Spitze  des  russischen 
Gouvernements.  3.  Trotz  dieser  „Situation  violente"  will  er  alle 
Mittel  versuchen,  ,,pour  y  remedier".  Er  will  Unterhandlungen 
anwenden,  um  seine  Feinde  hinzuhalten  und  zu  täuschen ;  dann 
hofft  er  nach  der  Eroberung  von  Brieg  N  e  i  p  p  e  r  g  zu  schlagen 
und  zu  vernichten.  Gelingt  das,  so  will  er  Garnisonen  in  Schlesien 
lassen  und  sich  in  das  Centrum  seiner  Staaten  zurückziehen,  wo 
er  im  Stande  sein  wird,  seinen  Feinden  die  Spitze  zu  bieten.  Die 
Armee  des  Fürsten  von  Anhalt  soll  dann  nach  Preussen  gehen 
und  dann  will  er  sogar  zuerst  den  König  von  Frankreich  um 
Unterzeichnung  des  Allianzvertrages  bitten.  4.  Kann  er  N  e  i  p  p  e  r  g 
nicht  vernichten,  so  will  er  unter  allen  möglichen  Vorwänden  die 
Unterhandlungen  mit  0 esterreich  und  England  in  die  Länge  ziehen, 
um  Frankreich  Zeit  zu  verschaffen,  dass  es  Schweden  zur  Thätigkeit 
bringt,  Bayern  so  verstärkt,  dass  es  auch  seinerseits  handeln  kann 
und  seine  eigene  (Frankreichs)  Armee  in  den  Stand  setzt,  dass  sie  in 
Deutschland  einzudringen  vermag.  Ist  das  alles  geschehen,  dann  will 
der  König  von  Preussen  sich  offen  erklären  und  den  Allianzvertrag 
unterzeichnen,  weil  er  es  dann  mit  Sicherheit  thun  kann.  Hätten 
die  Alliierten  davon  Kenntniss,  dass  er  in  der  That  mit  Frankreich 
verbündet  sei,  so  würden  sie  ihn  in  keiner  Weise  schonen  und 
sich  seiner  Staaten  bemächtigen.  Wäre  Frankreich  thatsächlich 
im  Stande,  zu  operieren,  um  im  Monate  Mai  wirkliche  Diver- 
sionen zu  machen,  so  würde  er  mit  dem  grössten  Vergnügen 
den  Vertrag  unterzeichnen.  5.  Würde  er  jedoch  gezwungen,  einen 
Vergleich  einzugehen,  so  werde  er  dennoch  nie  sich  gegen  Frank- 
reich wenden,  sich  nie  seinen  Absichten  widersetzen  und  in  keinem 
Falle  und  zu  keiner  Zeit  Truppen  gegen  Frankreich  liefern.  Dasselbe 
werde  er  bezüglich  des  Churf  ürsten  von  Baj^ern  beobachten,  dem  er, 
soviel  an  ihm  liege,    zur  Kaiserkrone  verhelfen    will,    weil    er  ihn 


J)  Memoiren   Belleisle's    und    Bericht    an    Arnelot.     (Pariser    Archiv. 
L'Allemagne.) 


294 

persönlich  liebe  und  schätze.  6.  Wenn  man  Sachsen  von  den 
anderen  Verbündeten  trennen  und  bewegen  kann,  einen  Allianzs- 
vertrag mit  Bayern  unter  der  Garantie  Frankreichs  zu  schliessen, 
so  darf  Belleisle  den  Churf ürsten  von  Sachsen  der  Freund- 
schaft und  Allianz  des  Königs  von  Preussen  versichern  und  ihm 
erklären,  dass  der  König  von  Preussen  in  diesem  Falle  beitragen 
wolle,  ihm  jenen  Theil  von  Böhmen  bis  an  die  Elbe  und  den  Theil 
von  Ober-Schlesien,  der  ihm  zur  Communication  mit  Polen  nöthig 
ist,  zu  verschaffen ;  ja,  der  König  von  Preussen  offeriert  ihm  sogar, 
das  Fürstenthum  Sagan  zu  cedieren,  welches  an  die  Lausitz  stösst 
und  dem  Churfürsten  sehr  conveniert.  7.  Der  König  muss  sich  die  Frei- 
heit, ein  Accomodement  abzuschliessen,  umso  mehr  bewahren,  da  einer- 
seits die  französische  Armee  nicht  im  Stande  ist,  jetzt  zu  handeln, 
andererseits,  weil  der  Cardinal  niemals  die  Absicht  gehabt  hat,  dieses 
Jahr  Krieg  zu  führen.  "Wozu  nützt  also  dem  Könige  von  Frankreich 
die  Allianz  mit  Preussen?  Der  Cardinal  ist  zu  vernünftig,  um  zu 
wollen,  dass  der  König  von  Preussen  sich  und  sein  Land  ohne 
Vortheil  opfere,  dass  es  viel  besser  sei,  einen  Freund,  wie  ihn,  zu 
erhalten,  um  im  Bedarfsfall  wieder  zu  ihm  zurückzukehren,  er  sei 
jedoch  überzeugt,  dass  es  dem  König  niemals  gelingen  werde,  das 
Haus  Oesterreich  zu  erniedrigen,  den  Grossherzog  vom  Kaiserthrone 
auszuschliessen  und  dem  Churfürsten  von  Bayern  zu  nützen,  wenn 
er  nicht  eine  mächtige  Armee  in  das  Reich  einrücken  lasse;  alle 
übrigen  Fürsten  seien  gerüstet  und  wenn  Frankreich  als  bewaffneter 
Vermittler  auftrete,  werde  es  nach  seinen  Absichten  entscheiden. 
8.  Der  König  von  Preussen  wird  nie  dem  Grossherzog  seine 
Stimme  geben,  er  steht  mit  Niemandem  in  Unterhandlungen ;  die 
Propositionen,  die  ihm  gemacht  sind,  kennt  er  nur  auf  geheimen 
Wegen  und  aus  aufgefangenen  Briefen.  Am  Schlüsse  erklärte  der 
König  noch :  Ich  fürchte  nichts  so  sehr,  als  zu  einem  ebenso 
traurigen,  wie  demüthigenden,  wenig  vortheilliafteii  und  wenig 
sichern  Vergleich  gezwungen  zu  sein  und  wünsche  im  Gegentheil, 
nichts  so  lebhaft  als  die  Allianz  mit  Frankreich.  Ich  bin  bereit,  ab- 
zuschliessen, sobald  Frankreich  seine  Armee  operationsbereit  hat, 
ebenso  wie  seine  Alliierten.  Mylord  Hyndford  wird  eintreffen, 
um  die  Unterhandlungen  zu  beginnen;  ich  werde  dieselben  in  die 
Länge  ziehen."1) 

Hierauf  wurde  auch  das  Thema  betreffs  der  Bemühungen  des 
AViener  Hofes  besprochen.  Belleisle  bemerkte,  dass  die  Königin 


1)  Memoiren  Beileisle's  und  Berichte  an  Amelot.  Paris. 


295 

von  Ungarn  auch,  beim  König  von  Frankreich  um  Schutz  gegen 
die  Unternehmungen  Preussens  in  Nieder-Schlesien  angesucht  habe, 
wobei  er  seinen  Zweifel  einfliessen  Hess,  ob  die  Königin  auch 
nur  ein  Dorf  abtreten  wolle,  eher  sei  sie  zur  Abtretung  einer 
Provinz  an  den  Churfürsten  von  Bayern  bereit.  B  e  1 1  e  i  s  1  e  gab 
übrigens  der  Ansicht  Ausdruck,  dass  Sachsen  sofort  sich  mit 
Frankreich  alliieren  werde.  ]) 

B  e  1 1  e  i  s  1  e  berichtet  über  die  eigenthümlichen  Eindrücke,  die 
er  in  diesen  Unterredungen  mit  König  Friedrich  II.  gewonnen, 
an  A  m  e  1  o  t : 

„Nach  der  Art  und  Weise,  wie  König  Friedrich  gesprochen, 
nach  seinem  offenen  Gesichtsausdruck,  allen  seinen  Bewegungen, 
dem  Tonfall  seiner  Stimme,  sollte  man  fast  nicht  daran  zweifeln, 
dass  er  das,  was  er  gesagt,  nicht  ebenso  gedacht  habe ;  doch  macht 
das  zweideutige  Benehmen,  (la  conduite  equivoque),  welches  dieser 
Fürst  seit  dem  Beginne  der  Unterhandlungen  eingehalten  hat  und 
das  Uebrige,  was  wir  wissen,  gerade  in  seiner  Person  verdächtig,  was 
es  bei  jedem  Andern  nicht  wäre.  Er  ist  so  überzeugt,  dass  er 
niemals  Sicherheit  in  einem  Ausgleich  mit  dem  Wiener  Cabinet 
finde,  dass  er  nur  „la  tete  tournee  de  peur"  zu  einem  solchen 
die  Hände  bieten  könne  und  desshalb  drängt  er  so,  dass  Bayern 
vorwärtsgehe,  dass  man  Schweden  sich  zu  erklären  zwinge,  dass  man 
versuche,  Sachsen  zu  gewinnen  und  vor  Allem,  dass  Frankreich 
sich  in  den  Stand  setze,  die  nöthigen  Diversionen  zu  unternehmen." 

Bell  eis  le  hatte  von  seinem  Hofe  Befehl,  durchaus  zu  ver- 
meiden, bei  einer  kriegerischen  Action  an  der  Seite  des  Königs 
von  Preussen  zu  sein,  um  nicht  in  die  Lage  gesetzt  zu  werden, 
militärische  Rathschläge  zu  ertheilen. 

Der  König  von  Preussen  billigte  dies  und  desshalb  begleitete 
ihn  Bell  eis  le  auch  nicht  in  die  Trancheen  vor  Brieg.  Da  es 
regnete  und  schneite,  konnte  Bell  ei  sie  nicht  die  ganze  Armee 
besichtigen.  König  Friedrich  H.  Hess  aber  ein  Bataillon  vor 
ihm  exercieren.  Der  französische  Marschall  fand  die  Truppen  aus- 
gezeichnet und  lobte  besonders  das  Schnellfeuer  der  Infanterie. 

Als  Belleisle  am  1.  Mai  Abschied  nehmen  wollte,  äusserte 
Friedrich  H.  den  Wunsch,  um  Abends  G  Uhr  nochmals  zu 
sehen,     bei    welcher    Gelegenheit    eine     einstündige    Conversation 

*)  Belleisle's  Memoiren  und  sein  Bericht  an  Amelot.  Paris. 


296 

stattfand  und  Friedrich  den  französischen  Marschall  zum  Abschied 
umarmte.  Dem  König  Ludwig  möge  Belleisle  mittheilen, 
dass  er  dessen  Brief  ,, heute"  nicht  beantworten  könne,  da  ihni 
seine  Kanzlei  noch  nicht  zur  Verfügung  stehe. *) 

Am  2.  Mai  verliess  Belleisle  das  Lager,  nachdem  er  dem 
Marquis  de  Valory  noch  Instructionen  hinterlassen  hatte,  besuchte 
am  6.  Mai  die  Porzellanfabrik  in  Meissen  und  kam  am  7.  Mai  auf 
dem  Jagdschlosse  Hubertsburg  an,  wo  der  König  von  Polen  sich 
damals  aufhielt.  König  August  erkundigte  sich  sogleich  nach 
dem  Könige  von  Preussen.  Belleisle  theilte  mit,  dass  König 
Friedrich  Sachsens  Freundschaft  wünsche  und  nur  Nieder- 
Schlesien  behalten  wolle ;  wenn  Sachsen  sich  mit  Bayern  einige, 
um  jedes  auch  seinen  Vortheil  zu  suchen,  so  stehe  er  stets  zu 
Beider  Diensten,  zumal  wenn  er  fest  auf  sie  zählen  könne.  König 
August  meinte  freilich:  „Man  kann  sich  auf  Preussen  nicht  ver- 
lassen", aber  Belleisle  beruhigte  ihn  mit  der  Versicherung,  dass 
er  ja  das  Resultat  seiner  letzten  Conferenz  in  Dresden  an  den 
Versailler  Hof  geschickt  habe,  man  sei  damit  sehr  zufrieden  und 
werde  Herrn  Desalle urs  als  Gesandten  an  den  sächsischen  Hof 
schicken. 

In  der  Conferenz  mit  Brühl  drückte  Belleisle  seine  Ver- 
wunderung aus,  dass  Poniatowski  noch  nicht  gesprochen  habe, 
auch  der  Cardinal  wundere  sich  darüber;  Belleisle  habe  ihm  doch 
geschrieben,  dass  Poniatowski  Befehl  erhalten  habe,  die  Unter- 
handlungen anzuknüpfen.  Brühl  versicherte  eifrig:  ,,Ich  habe  noch  an 
demselben  Tage,  wo  ich  Ihnen  in  Dresden  mein  Versprechen  gab, 
meine  Briefsendung  an  Poniatowski  nach Strassburg  abgeschickt; 
wahrscheinlich  hat  P  o  n  i  a  t  o  w  s  k  i  sie  erst  später  erhalten.  Uebrigens 
versichere  ich  Sie,  dass  Sachsen  mit  dem  "Wiener  Hof  in  keiner 
Unterhandlung  steht,  Alles  was  man  in  dieser  Beziehung  und 
bezüglich  eines  Vergleichs  mit  dem  Wiener  Hof  aussprengt,  sind 
blos  Lügen  und  Kunstgriffe  der  "Wiener  Minister". 

„Wir  wollen  uns  nur  sicherstellen  gegen  Preussen,  von  dem 
ich  fürchte  und  glaube,  dass  es  heute  oder  morgen  sich  mit 
Oesterreich  vergleicht  und  da  Sachsen  der  Einzige  war,  welcher 
sich  offen  der  Mitregentschaft  und  der  böhmischen  Stimme 
widersetzt  hat,  so  darf  man  nicht  zweifeln,  dass  der  Wiener 
Hof  gegen  uns  aufgebracht  ist.  Vor  allen  Dingen  ist  es  nötliig, 
dass  der  Churfürst  von  Bayern  sich    deutlicher  erklärt,  als  bisher ; 


J)  Belleisle  an  A  m  e  1  o  t.    Breslau.  23.  April  1741.  (Pariser  Archiv.) 


297 

sein  Gesandter  liier  sagt  uns  nichts  und  der  Churfürst  sagt  ebenso- 
wenig dem  Herrn  von  Loos,  der  ein  Mann  von  Verdienst  ist, 
welchen  der  König  für  diesen  Hof  gewählt  hat  und  wenn  Sie  den 
Churfürsten  zu  einem  Vorschlag  vermögen,  braucht  er  ihm  dies 
nur  zu  erklären  Wenn  Loos  darüber  berichtet,  so  werden  wir  ihm 
darüber  Vollmachten  schicken.  Wenn  der  König  von  Preussen 
sich  mit  dem  Wiener  Hof  nicht  vergleicht  und  sich  mit  uns  ver- 
bündet, so  soll  er  Nieder-Sohlesien  erhalten ;  Sachsen  dagegen  Ober- 
Schlesien  und  Böhmen  bis  an  die  Elbe  und  Moldau  mit  Prag; 
Bayern  endlich  den  anderen  Theil  von  Böhmen,  Ober-Oesterreich, 
Tyrol  und  Vorcler-0 esterreich.  Der  Rest  bleibt  Maria  T  h  e  r  e  s  i  a." 
Dem  Einwurf  Bell  eis  le's,  dass  Bayern  schwerlich  Theile  von 
Böhmen  cedieren  werde,  auf  welche  es  Rechte  zu  haben  behaupte, 
begegnete  Brühl  mit  der  Erklärung:  „Wenn  Bayern  immer  von 
seinen  Rechten  spricht  und  dieselben  geltend  machen  will,  so  kann 
Sachsen  nicht  mit  ihm  einig  werden." 

Am  Schlüsse  der  Conferenz  wurde  ausgemacht,  dass  vor  allen 
Dmgen  nothwendig  sei,  die  Frage  wegen  der  böhmischen  Stimme 
zu  entscheiden  und  dass  Brühl  daher  sogleich  Instructionen  an 
den  sächsischen  G-esandten  zu  Frankfurt  schicken  solle.  An  dem- 
selben Tage,  9.  Mai,  hatte  Belleisle  seine  Abschiedsaudienz 
beim  Könige. 

Am  10.  Mai  reiste  Belleisle  von  Hubertsburg  ab  und 
nahm  seinen  Weg  durch  Franken.  Am  15.  Mai  passierte  er  Er- 
langen, wo  der  Markgraf  von  Bayreuth  residierte.  Belleisle 
schlug  eine  Einladung  zur  Mittagstafel  aus,  reiste  weiter  und  kam 
am  18.  Mai  in  Nymphenburg  an. 

B  e  1 1  e  i  s  1  e's  Rundreise  hatte  ihre  Früchte  getragen.  Der  Tag 
von  Mollwitz  und  des  französischen  Unterhändlers  Geschick  hatte 
Sachsen  von  dem  zu  Gunsten  der  Erbtochter  Carl  VI.  in  Dresden 
geschlossenen  Concert  getrennt  und  nun  in  das  Lager  ihrer  Gegner 
geführt. 


Die  österreichische  Armee  im  Lager  bei  Neisse. 


,,\\  ir  wollen  denken,  dass  wir  anfangen  und  dass  noch  nichts 
vorgefallen  sei.  Setzen  sie  nur  wieder  den  Regimentern  Herz  in 
den  Leib,  um  sie  aufzumuntern,  ihre  Wiedervergeltung  zu  nehmen 
und  ich  rechne  auf  Ihre  Kenntnisse  und  auf  den  guten  Willen 
derselben,"  schrieb  Grossherzog  Franz  Stephan  dem  ausser- 
ordentlich   niedergedrückten  Armee-Commandanten    am    15.  April. 

In  diesem  Sinne  wurde  nun  im  Lager  des  österreichi- 
schen Heeres  vorgegangen.  An  Eifer  fehlte  es  nicht  und  man 
gab  sich  Mühe,  durch  bessere  Ausbildung  die  numerische  Schwäche 
des  Heeres  auszugleichen.  Der  Feldmarschall  konnte  in  seinen 
Berichten  aber  nicht  verhehlen,  dass  nur  durch  Diversionen  der 
befreundeten  Höfe  oder  durch  Beistellung  eines  Hilfs-Corps  von 
10.000  bis  12.000  Mann  es  ihm  möglich  werde,  der  Kriegführung 
in  Schlesien  eine  andere  Wendung  zu  geben. 

Das  Infanterie-Regiment  Leopold  Daun,  ursprünglich  zur 
Krönung  der  Königin  nach  Pressburg  bestimmt,  hatte  allerdings 
Befehl  erhalten,  in  beschleunigten  Märschen  nach  Schlesien  ab- 
zurücken. Dasselbe  sollte,  nachdem  es  bei  Pressburg  die  Donau 
passiert,  durch  Mähren  in  drei  Colonnen  und  zwar  durch  den 
Brünner,  Hradischer,  Olmützer  und  Prerauer  Kreis  marschieren, 
konnte  jedoch  vor  Mitte  Mai  kaum  in  Neisse  eintreffen.  Die  zwei 
ungarischen  Freiwilligen-Regimenter  befanden  sich  allerdings  im 
Anmärsche,  doch  mache  dies,  wie  Graf  N  eipp  e  r  g  meint,  „die 
Sache  nicht  aus  und  werde  er  sich  dadurch  niemals  in  Stand 
gesetzt  sehen,  dem  Feind,  stark  wie  er  sei,  sich  wieder  präsentieren 
und  offensive  gegen  ihn  agieren  zu  können.  Sobald  aber  ein 
Succurs  von  10.000  bis  12.000  Mann  guter  und  fremder  Infanterie 


299 

vorhanden,  da  er  nicht  bergen  könne,  dass  auch  auf  die  gesammte 
in  Ungarn  befindliche  Infanterie,  welche  meistens  in  Recruten  und 
in  vielen  unerfahrenen  Officieren  bestehe,  nicht  viel  zu  rechnen, 
so  hebev  sich  dieser  Anstand  von  selbst  und  würde  alsdann  mit  der 
Hilfe  Gottes  ein  guter  Succes  unfehlbar  zu  hoffen  sein."  1) 

Der  Armee-Commandant  erörterte  in  dem  nämlichen  Berichte 
auch  die  Verhältnisse  bei  der  Generalität  und  bemerkt: 

„Von  Generalen  habe  dermalen  nicht  mehrere  allhier,  als 
von  der  Cavallerie  beide  FML.  Berlichingen  und  Preysing, 
GF"VVM.  Philibert,  H  o  1 1  y  und  Dick  w  eiler;  von  der  In- 
fanterie hingegen  den  einzigen  FML.  Browne,  welcher  immerdar 
kränklich  und  von  keiner  dauerhaften  Gesundheit  ist,  solchemnach 
denselben  dermalen,  um  in  einer  vorfallenden  Occasion  auf  ihn 
rechnen  zu  können,  menagieren  muss  und  nebst  seiner  den  einzigen 
CIFWM.  Kolowrat,  woran,  zumal  auf  die  übrigen,  die  blessiert 
und  bis  auf  den  General  Lentulus,  den  allhier  behalten,  um 
ihn  in  das  Glatzische  wieder  absenden  zu  können,  bereits  hinweg 
sind,  auch  können  möglich  zu  den  Blessuren  andere  Krankheiten 
sich  schlagen,  nicht  zu  rechnen  ist,  bei  weitem  nicht  genug  habe. 
Da  aber  auch,  obschon  den  beihabenden  und  noch  kommenden 
General-Feldmarschall-Lieutenants  nicht  das  Mindeste  auszusetzen 
weiss,  eine  bekannte  Sache,  dass,  wo  Kameraden  miteinander 
concurrieren,  die  vorfallenden  Dienste  und  übrigen  Ergebenheiten 
nicht  mit  solcher  Exactitude  und  Punctualität  respiciert  zu  werden 
pflegen,  als  wenn  ein  Capo  vorhanden,  so  wäre  auch  mein  aller- 
unterthänigstes,  doch  unniassvorschreibliches  Erachten,  wann  Eure 
Kaiserliche  Majestät  von  der  Allerhöchsten  Gnade  wären,  einen 
guten  und  ausgesuchten  General-Feldzeugmeister  sowohl,  als  einen 
derlei  Generalen  der  Cavallerie  zu  diesem  Corpo  beordern  zu 
lassen,  womit  alsdann  Infanterie  und  Cavallerie  jedwedes  ihr 
absonderliches  Capo  hätten  und  sofort  der  Allerhöchste  Dienst 
auch  zu  Supplierung  meiner  eigenen  Unerfahrenheit  und  da  ein 
Mensch  nicht  Alles  allein  zu  zwingen  vermag,  desto  besser  befördert 
werden  könnte." 

Der  Feldmarschall  fügte  hinzu,  er  habe  allen  Generalen  und 
Officieren,  ,,so  bei  dem  vorgefallenen  Treffen  vor  anderen  sich 
distinguiert  und  liier  sich  befinden,  Eine  kaiserliche  Majestät  ihrent- 
halben    tragendes    allermildestes  Sentiment    zu    erkennen  gegeben, 


v)  FM.  Graf   Neipperg    an   die    Königin.     Neisse,    23.  April  1741. 
(Aus  dem  gräfl.  N  e  i  p  p  e  r  g'schen  Archive  in  „Mitthlg.  d.  K.  A.",  N.  F.  II,  209.) 


300 

die  es  mit  allerunterthänigstem  Dank  erwiedern  und  Allerhöchst- 
dieselbe ihrer  ferneren  unverbrüchlichen  Treue  und  Eifers  durch 
mich  versichern  lassen ;  unter  Anderen  aber  remittiert  sich  der  bis- 
herige hiesige  Commandant,  Oberst  Roth,  der  gewiss  ein  recht- 
schaffener Soldat  und  reflexionswürdig  zu  Allerhöchstderselben 
Gnad,  wie  ingleichen  auch  der  liier  angestellte  Bürgermeister 
Leopold  Eisenkol  b."  x) 

Dass  die  preussischen  Absichten  auf  Brieg  abzielten,  gieng 
aus  allen  Meldungen  und  Nachrichten  hervor,  die  bei  dem  Armee- 
Commando  einliefen.  Graf  Neipperg  bemerkte  übrigens  in  dem 
erwähnten  Berichte  an  die  Monarchin,  class  er,  falls  die  Belagerung 
mit  vereinigter  feindlicher  Macht  vor  sich  gehen  sollte,  ,,obschon 
der  Commandant  Graf  Piccolomini  ein  experimentierter  und 
guter  Soldat,  den  Ort  für  verloren  schätze,  denn  in  dem  Stand, 
wie  er  dermalen  sich  befinde  und  wenn  auch  das  Leopold  Damr- 
sche  Regiment  und  Uebriges  noch  unterdessen  zu  ihm  stossen 
sollte,  getraue  er  sich,  den  Ort,  in  Ansehung  des  grossen  Hazarcls 
und  üblen  Folgerungen,  nicht  zu  deliberieren,  ausser  die  Königin 
befehle  es  absolut,  in  welchem  Falle  er  sich  ganz  und  gar  nicht 
mehr  weigern  werde". 2) 

Neipperg  fügte  aber  bei,  dass,  wenn  auch  inzwischen  Brieg 
verloren  gehen  sollte,  er,  wenn  er  die  Verstärkung  durch  Infanterie 
der  alliierten  Mächte  erhalte,  Mittel  und  Wege  ausfindig  machen 
werde,  ,, wieder  an  den  Feind  zu  kommen,  wozu  sich  ungeachtet 
dieses  Verlustes  noch  Mittel  finden  lassen  würden".  Er  werde 
unterdessen  suchen,  dem  Feind  durch  ausgesendete  Partheien  von 
Husaren  oder  auf  andere  Weise  allen  möglichsten  Abbruch  zu  thun, 
auch  denselben  in  seinem  Unternehmen  auf  Brieg  beständig  beun- 
ruhigen lassen.  Der  Armee-Commanclant  Hess  das  Bataillon  Max 
Starhemberg  (Nr.  24),  das  sich  im  Fürstenthum  Teschen  befand, 
nach  Troppau  und  Jägerndorf  rücken  und  trug  darauf  an,  dass  das 
Podstatzky'sche  Cürassier-Regiment,  das  im  Waag  -  Thale  stand, 
gegen  Ratibor  und  Oppeln  disponiert  werde,  um  die  Bewohner 
dies-  und  jenseits  der  Oder  gegen  die  feindlichen  Drangsale  und 
Belästigungen  zu  schützen,  auch  dem  Feinde  selbst  Abbruch 
zu  thun. 


*)  Ebenda. 
2)  Ebenda. 


301 

Die  bei  Aufgeboten  bewaffneter  Bauern  fast  unvermeidlichen 
Ausschreitungen  gegen  die  eigene  Bevölkerung  veranlassten  den 
FM.  Grafen  Neipperg,  am  21.  April  ein  scharfes  Patent  zum 
Schutze  'der  treugebliebenen  Ortschaften  und  Unterthanen  zu  er- 
lassen. l)  Da  Klagen  und  Beschwerden  über  Freibeuter-Banden 
einliefen,  die  in  den  Fürstenthümern  Oppeln  und  Eatibor  gegen  die 
Einwohner  evangelischen  Glaubens,  unter  dem  Vorwande,  als  seien 
sie  beauftragt,  dieselben  auszurotten,  Excesse  und  Gewaltthaten 
gegen  Bekenner  beider  Religionen  ausübten,  verordnete  ein  zweites 
Patent  vom  26.  April  dieselben  zu  verfolgen  und  einzuliefern, 
„um  an  ihnen  ein  gemessenes  Exempel  statuieren  lassen  zu  können 
und  dadurch  der  ganzen  Welt  zu  zeigen,  wie  weit  die  Königin 
entfernt,  jemand  von  ihren  treuen  Unterthanen,  möge  er  der  katho- 
lischen oder  evangelischen  Religion  angehören,  ,,das  geringste 
Leid  oder  Unbill  zufügen  zu  lassen."  2) 

Neipperg  muss  übrigens  sehr  gute  Disciplin  bei  der  Armee 
gehalten  haben,  da  der  böhmische  Obristkanzl er  GrafKinsky 
am  26.  April  sich  veranlasst  fand,  in  dieser  Richtung  dem  Armee- 
Commanclanten  seinen  Dank  auszusprechen.  3) 

Von  Wien  aus  empfahl  der  Grossherzog,  Brieg  nicht  ganz 
ausser    Acht     zu    lassen    und    durch     ausgesendete    Streifpartheien 

*)  Der  Wortlaut  des  Patentes  Anhang  XLVI1/1,  Beüage  17/1. 

„Den  sogenannten  Wallachen  oder  Goralen  kann  übrigens  nicht  ver- 
wehren, dem  Feind  und  andern,  die  es  mit  ihm  halten,  Schaden  und  Abbruch 
zu  thun,  inmassen  es  zum  Dienst  und  Vortheil  Ihrer  königl.  Majestät  unserer 
Allergnädigsten  Frau  gereicht;  damit  aber  hierunter  nicht  auch  die  getreuen 
Unterthanen  mitgenommen  und  durch  obgedachte  Wallachen  oder  Goralen 
ihnen  Schaden  und  Leids  zugefügt  werde,  so  schliesse  Meinem  hochverehr- 
testen Herrn  ein  offenes  Patent  hiebei,  wodurch  dieselbe  irztwiederholte 
Wallachen  oder  Goralen  in  den  Schranken  der  Geziementheit  verbleiben 
machen  können.  Bei  welcher  Gelegenheit  auch  denselben  von  den,  durch 
unsere  Allergnädigste  K  ö  n  i  g  i  n  erlassenen  Advocatoris  ein  Original  und 
sechs  Copien  anlege,  um  selbige  sowohl  zu  Oppeln,  als  sonstigen  Orten 
dasigen  Fürstenthums  gehörig  püblicieren  und  an  den  gewöhnlichen  Orten 
affichieren  lassen  zu  wollen".  Neipperg  a.  d.  Eegierung  zu  Oppeln,  Neisse, 
21.  April  1711.  (K.  A.,  Schlesien  1741  ;  IV,  47). 

2)  Der  Wortlaut  des  Patentes,  Beilage  47/2. 

3)  „Uebrigens  aber  müssen  wir  E.  E.  sämmtlich  für  die  gute  Mannszucht 
allen  Dank  erstatten  und  den  armen  ohnedem  bedrängten  Bauern  durch 
Gewalt  nicht  drücken  zu  lassen,  ist  bei  Gott  ein  grosses  gutes  Werk  und 
angenehmer  als  alles  Beten  und  Almosen."  K  i  n  s  k  y  an  Neipperg.  Wien. 
26.  April  1741.  (K.  A.,  Schlesien  1741  ;  IV,  57.) 


302 

die  Nachschübe  an  Verpflegung  für  das  preussische  Heer  zu  ver- 
hindern. Da  den  Cavallerie-Regim  entern  Pferde  fehlten,  liess  der 
Grossherzog  2000  Stück  aufkaufen  und  zur  Armee  senden.  r) 
Neipperg  sollte  trachten,  durch  kleinere  Unternehmungen  der 
Infanterie  wieder  Muth  und  Selbstvertrauen  einzuflössen. 2) 

Der  Grossherzog  theilte  dem  Armee  -  Commandanten  weiter 
mit,  dass  aus  Ober-Oesterreich,  „da  es  dort  noch  ruhig  zu  bleiben 
scheint",  zwei  Bataillone  und  zwei  Grenadier-Compagnien  von 
Max  Starhemberg  aus  Linz,  ebensoviel  von  AVurmbrand-Infanterie  3) 
aus  Inner-Oesterreich,  weiter  3000  Warasdiner  Grenzer,  welche 
am  28.  April  in  Eisenstadt  in  Ungarn  eingetroffen  waren,  zur 
Armee  stossen  würden. 4)  Allerdings  trafen  bei  den  im  Felde 
stehenden  Regimentern  die  Ergänzungs-Mannschaften,  meistens  un- 
ausgebildete  Recruten,  häufig  ohne  Feuergewehr  ein,  was  den 
Feldmarschall  zur  Bitte  veranlasste,  der  Hof-  Kriegsrath  möge 
wenigstens  die  Recruten  fortan  ausgerüstet  zur  Armee  senden : 
für  alle  Fälle  aber  in  Brunn  einen  Yorrath  von  calibermässigen 
Gewehren  anlegen.  Auch  wurden  die  Schlesien  am  nächsten  be- 
findlichen und  annähernd  completen  zwei  Cavallerie-Regimenter 
in  das  Feld  beordert.  '5)  Der  Grossherzog  hoffte,  dadurch  die 
Armee  bald  in  Stand  gesetzt  zu  sehen,  eine  kräftige  Revanche 
zu  nehmen. 

Patriotische  Männer  im  vom  Feinde  invadierten  Lande  beeilten 
sich,  ihre  Kräfte  der  Sache  der  Königin  zur  Verfügung  zu  stellen, 
so  erbot  sich  Graf  Ludwig  Lambert  Celari.  eine  Frei-Compagnie 


J)  Aus  Kärnthen  giengen  Anfangs  Mai  300  Dragoner  -  Pferde  nach 
Schlesien    ab. 

2)  Der  Grossherzog  an  Neipperg,  25.  April  1742.  Gräfl.  Neipperg'- 
sches  Archiv. 

3)  Im  Jahre  1809  als  Nr.  50  reduciert. 

4)  Der  Beschluss  wegen  der  Bestimmung  dieser  Grenz-Truppen  nach 
Schlesien  wurde  erst  in  der  Staats-Conferenz  am  28.  April  gefasst.  Die  3000 
Mann  Warasdiner  Grenzer  waren  ursprünglich  für  Ober-Oesterreich  bestimmt. 
wurden  aber  nach  einem  am  2.  Mai  1741  an  die  Landschaft  des  Erzherzogthums 
Oesterreich  ob  der  Enns  erlassenen  Befelde  der  Königin  zum  schlesischen 
Corps  bestimmt.  Starhemberg  marschierte  von  Linz  nach  Budweis  ;  Wurm- 
brand über  Eisenerz-Linz  auf  Budweis,  von  dort  durch  Mähren  nach  Schlesien. 
Die  Truppen  zahlten  die  Etapen.  Das  Eegiment  Wurmbrand  wurde,  um  complet 
nach  Schlesien  abzurücken,  durch  Mannschaft  des  in  Warasdin  verbleibenden 
3.  Bataillons  verstärkt.  Diese  Mannschaft  rückte  in  einer  eigenen  Colonne 
nach.  (H.  H.  u.  St.  A.,  Kriegs-Acten,  Successions-Krieg.  Fase.   137.) 

5)  Podstatzky-Cürassiere  und  Kärolyi-Husaren  (Nr.  6). 


303 

von  1000  bis  1200  Mann  für  die  Dauer  des  Krieges  zu  errichten 
und  damit  am  rechten  Oder-Ufer  dem  Feinde  Abbruch  zu  thun. 
Er  erhielt  auch  die  Bewilligung  hiezu.  ') 

Graf  Franz  Albrecht  Tentzi  n  theilte  dem  FM.  N  e  i  p  p  e  r  g 
mit,  class  er  und  einige  Stände  der  Fürstenthümer  Oppeln  und 
Ratibor  ,,als  unterthänig  treugehorsamste  Vasallen  Ihro  Majestät 
der  Königin  von  Ungarn  und  Böhmen,  unserer  Allergn ädigsten 
Frau,  etliche  und  vierzig  Mann  Eecruten  zu  Allerhöchsten  Diensten 
zu  stellen  entschlossen  seien."  Für  diese  Mannschaft  wurde  auch 
das  Geld  für  die  Montur  von  den  Spendern  beigestellt.  Graf 
Tentzin  gieng  sogar  noch  weiter,  er  theilte  dem  Feldmarschall 
mit,  class  er  ungeachtet  der  vielen  preussischen  Bedrohungen  den 
wenigen  Vorrath  an  Getreide  conserviert  habe  und  jetzt  mit  vielen 
Freuden,  was  in  seinen  Kräften  stehe,  zu  Allerhöchsten  Diensten 
anwende  und  könnten  sechshundert  Scheffel  Hafer,  ein  Gleiches 
auch  von  Herrn  Grafen  S  o  b  e  k  von  Eatibor  überlassen  werden." 
FM.  Graf  Neip per g  bewunderte  und  belobte  bei  Annahme  des 
Anerbietens,  die  patriotische  EntSchliessung  Tentzi  n's  und  seiner 
Mitstände.  2) 

Bezüglich  der  Magazins-Vorräthe  wurde  angeordnet,  dass 
jener  zu  Oppeln  und  Krappitz  nach  Neisse,  der  in  Ratibor  be- 
findliche nach  Troppau  und  Jägerndorf  überführt  werde. 3) 

Von  Generalen  war  Freiherr  von  T  h  ü  n  g  e  n  4)  zum  Feldzeug- 
meister ernannt  und  für  die  Armee  bestimmt  worden,  ebenso 
G.  d.  C.  Graf  Franz  Bndolph  von  Hohen  e  m  s,  dann  FML. 
Leopold  Graf  Dann 5),  welcher  ursprünglich  in  Ober-Oesterreich 
commandieren  sollte  und  GFWM.  Johann  "Wenzel  Freiherr  von 
Przichowsky.  Für  den  Ersatz  des  in  der  Schlacht  von  Moll  witz 
verlorenen  Artillerie-Materials  und  für  die  Verstärkung  der  Armee 
überhaupt  wurden  die  entsprechenden  Befehle  gegeben.  Der  Gross- 
herzog konnte  übrigens  nicht  unterlassen,  da  es  nach  N  e  i  p  p  e  r  g's 
Bericht  vom  23.  April  den  Anschein  hatte,  als  functioniere 
der  Dienstbetrieb  in  der  Armee  nicht  so  glatt,  wie  er  es 
wünsche,  denselben  aufzufordern,  bei  Officieren    und  Soldaten    die 


:)  Das  Patent  Anhang  XLVIII.  Es  scheint  jedoch  zur  Aufstellung 
der  Conipagnie  nicht  gekommen  zu  sein,  wenigstens  wird  dieselbe  nirgends 
erwähnt. 

2)  K.  A.,  Schlesien  1741 ;  IV,  48Vs. 

3)  Ebenda  IV,  47. 

4)  Adam  Sigmund  Freiherr  von  Thüngen. 

5)  Leopold  Joseph  Maria  Graf  Dan  n,  Fürst  von  Thiano. 


304 

Dienstfreudigkeit  zu  erhalten  und  Alles  anzuwenden,  um  sich  die 
Zuneigung  des  Ofiiciers-Corps  zu  erwerben,  indem  er  ihnen  Zutrauen 
zeige  und  ohne  Aergerniss  sie  belehre  1). 

N  e  i  p  p  e rg  wandte  sich  auch  an  den  commandierenden 
General  in  Ungarn  FM.  Grafen  Pälffy  und  theilte  ihm  mit,  dass 
es  wünschenswerth,  die  freiwilligen  ungarischen  Regimenter  sobald 
als  möglich  zur  Verfügung  zu  haben,  um  sie  am  rechten  Oder- 
Ufer  besonders  bis  gegen  Brieg  verwenden  zu  können. 2) 

Um  die  Verbindungen  der  preussischen  Armee  zu  beunruhigen, 
entsendete  FM.  Graf  Neipperg  am  20.  April  den  GFAVM.  Baron 
Baranyay  mit  750  deutschen  Pferden  und  500  Husaren  gegen 
Strehlen.  Baranyay  hatte,  wie  erzählt  worden,  ein  detachiertes 
Corps  geführt,  welches  die  rechte  Flanke  der  Armee  beim  Vor- 
marsche gegen  Schlesien  zu  decken  bestimmt  war.  Dessen  Vorhut 
war  am  3.  April  in  Troppau  eingerückt,  das  die  preussischen 
Truppen  am  Abend  des  2.  April  schon  verlassen  hatten. 3)  Bara- 
nyay gieng  nun  über  Ratibor  auf  Oppeln  vor,  das  seine  Vorhut 
am  Schlachttage  von  Mollwitz  besetzte.  Bei  seinem  Abzüge  aus 
Ober-Schlesien  nach  dieser  Schlacht  blieben  am  rechten  Ufer  des 
unteren  Laufes  der  Neisse,  bis  zu  deren  Einmündung  in  die  Oder 
kleine  Beobachtungsposten,  so  der  Rittmeister  Graf  St.  Germain4) 


1)  „Verzeihen  Sie  mir  dieses  Memento,  welches  mir  Ihre  häufigen  Ver- 
anlassungen zum  Aerger  nöthig  erscheinen  lassen  und  ich  bitte  Sie,  hätscheln 
Sie  die  Officiere,  soviel  Sie  können."  Der  Grossherzog  an  FM.  Neipperg. 
Wien,  29.  April  1741.   (Gräfl.  N  e  i  p  p  e  r  g'sches  Archiv.) 

a)  „Weil  der  Feind  nach  den  bereits  vielfältig  von  den  Husaren  er- 
fahrenen Probstücken  eine  grosse  Apprehension  vor  den  Herren  Hungarn  zu 
haben  scheint  und  in  der  Supposition  ist,  dass  eine  viel  grössere  Anzahl, 
als  wirklich  geschieht,  in  der  Ausrückung  begriffen  sein  werde."  Neipperg 
an  Pälffy,  Neisse  23.  April  1741.  (K.  A.,  Schlesien  1741;  IV,  49.)  Die  zwei 
Jazygier-Compagnien  waren  am  25.  April  in  Jaszbereny  gemustert  worden 
und  am  27.  April  von  dort  aufgebrochen. 

3)  K.  A.,  F.  A.  Schlesien  1741;  IV.  7. 

4)  Vom  Hohenems'schen  Cürassier  -  Eegimente.  Claudius  Ludwig  Grat 
S  ain  t-G  er  m  ain,  geb.  im  Schlosse  Vertamboz  bei  Lons-le-Saulnier  (Jura) 
am  15.  April  1707,  quittierte  den  österreichischen  Kriegsdienst  als  Eittmeister 
mit  Ende  Mai  1712,  trat  dann  in  bayrische,  später  in  französische  Kriegs- 
dienste ;  1762  gieng  er  nach  Dänemark,  wo  er  Kriegsminister,  Feldmarschall 
und  Eitter  des  Elephanten-Ordens  wurde.  1773  kam  er  nach  Frankreich  zurück 
und  ward  nach  der  Thronbesteigung  L  udwi  g  XVI.  an  die  Spitze  des 
Militär-Departements  gestellt  (1775).  Im  September  1777  resignierte  er  und 
starb  zu  Paris  am  15.  Januar  1778. 


30£ 

in  Kirchberg.  Ausserdem  standen  Husaren-D efcachements  in  Falken- 
berg und  in  Graue.  Die  Preussen  hielten  mit  kleinen  Abtheilungen 
das  linke  Fluss-Ufer  in  Löwen  und  Michelau  besetzt. 

St.  Germain  liess  am  28.  April  alle  Fahrzeuge,  welche  von 
der  Brücke  von  Michelau  bis  Sonnenberg  auf  beiden  Ufern  der  Neisse 
waren,  nach  Kirchberg  bringen.  In  Löwen  war  die  Brücke  am 
linken  Ufer  abgebrochen. 

Die  Thätigkeit  der  B  a  r  any  ay'schen  leichten  Truppen  er- 
streckte sich  nun  bis  vor  die  Thore  Breslau'«,  das  er  nach  der 
Mollwitzer  Schlacht  von  Oppeln  aus  vorgehend,  bereits  lebhaft 
beunruhigte. *) 

_  »)  Ein  auf  handschriftliche  Quellen  gestützter  Aufsatz  in  der  „Zeitschrift 
des  Vereines  für  Geschichte  und  Alterthum  Schlesiens",  III.  Bd.,  schildert  in 
anschaulichster  Weise  die  kritische  Lage  in  der  Landeshauptstadt  selbst 
wie  folgt : 

»Die  Verlegenheiten  des  Kriegs-Commissariates  erreichten  den  höchsten 
Grad    als  sich  in  der  zweiten  Hälfte  des  April  der  Kriegs-Schauplatz  bis  in  die 
unmittelbare  Nähe  von  Breslau  ausdehnte.     Trotz    der  Schlacht  von  Mollwitz 
war  ein  Commando  österreichischer  Husaren  unter  dem  General  Baränyay 
auf  einem  Streifzuge  zwischen  dem  15.  und  17.  April  bis  in  die  Vorstädte  von 
Breslau  gedrungen  und  hatte  die  dortigen  Magazine  der  grössten  Gefahr  aus- 
gesetzt   Der  Ivönig  sandte  daher  den  Obersten  von  Münchow  dorthin,  um 
ihre  Sicherheit  zu  prüfen,    während    er    selbst    mit    dem  Heere    noch    in  der 
Gegend  von  Mollwitz  stand.  Der  Oberst  erstattete  am  20.  April  einen  Bericht 
dessen  Concept  bei  den  Acten  (im  Breslauer  Staats-Archive)  ist.    Er  fand  die 
Magazine    -    das  Getreide-Magazin    befand    sich    auf    dem    Dome    und    da« 
Fourage-Magazin  vor  dem  Ohlauer  Thore   _  in  der  That    sehr  exponiert    und 
machte  Vorschläge  zu  ihrer  Sicherstellung.     Aber    ehe  diese    auch  nur  in  Er- 
wägung gezogen  werden  konnten,    wurde  die  Stadt  am  22.  April  von  Neuem 
durch    feindliche    Husaren    alarmiert,    welche    das    Fourage-Magazin    in    der 
Ohlauer  Vorstadt  angriffen  ;  ein  umso  bedrohlicheres  Ereigniss,  als  der  KöniÄ 
der  sich  zur  Belagerung  von  Brieg  anschickte,    gerade    in    diesen  Tagen  von 
Breslau  her  Zufuhr  an  Brod,  Ochsen  und  Fourage  erwartete.  In  einem  Bericht, 
welcher    die  Unmöglichkeit  auseinandersetzt,    ohne    eine  von  der  Armee  ent- 
sendete Escorte  dieser  Erwartung  zu  genügen  und  der  wohl  von  dem  Geheim- 
rath  M  u  n  c  h  o  w  (Geheimer  Finanzrath,  stand  mit  dem  Geheimrath  von  E  e  i  n- 

*  '  :  r  dT  &P,ltZe  deS  kÖDi-1  Preuss-  Feld-Kriegs-Commissariates  in  Breslau) 
selbst  herrührt  heisst  es  :  „Die  Schiffer  sind  von  den  Schiffen  gelaufen  und 
die  Bauern  haben  die  Wagen  mit  den  Pferden  stehen  gelassen.  .  .  Der  Alarm 
und  die  Consternation  in  der  Stadt  ist  unaussprechlich.  Mein  Flehen,  Bitten 
und  Versprechen  kann  keinen  einzigen  Vivandier  bewegen,  sich  aus  der  Stadt 
zur  Armee  zu  machen.»  Und  noch  an  demselben  22.  April  folgt  von  derselben 
Hand  em  zweiter,  noch  bedenklicher  lautender  Bericht :  „Alleweile  schieket 
der  Magistrat  zu  mir  und  lässt  mir  in  Gegenwart  der  beiden  Obersten 
D  u  m  o  ulm  und  von  M  ü  n  c  h  o  w  sagen,  wie  er  bei  der  täglich  zunehmenden 
Unsicherheit,  fernerhin  des  Abends  die  Thore  aufmachen  zu  lassen,  sich  nicht 
©österreichischer  Erbfolgekrieg.  II.  Bd.  <>, ) 


306 

Bei  einem  Zusammenstosse,  vermuthlich  vor  Breslau,  nahmen 
Baränyay'sche  Reiter  112  Pferde  und  andere  Equipage  den 
Preussen  ab.  x) 

Am  25.  wurden  von  denselben  1  Capitain,  welcher  sich  für 
einen  schwedischen  Volontair  ausgab,  nebst  20  preussischen  Ge- 
fangenen und  zwei  Wagen  mit  Bagagen  eingebracht. 2) 

Das  Cürassier-Regiment  Diemar  war  am  21.  April  im  Lager 
bei  Neisse  angekommen. 

Der  Feldmarschall  zog  Ende  April  die  Truppen  aus  den 
Cantonnements  und  liess  die  Armee  ein  Lager  beziehen.  Der  linke 
Flügel  lehnte  an  die  in  Ruinen  gelegten  Vorstädte  von  Neisse,  der 
rechte  reichte  bis  gegen  Bielau,  mit  dem  Bielau-Flusse  im  Rücken. 
Ein  sächsischer,, Volontair",  eigentlich  wohl  Militär-Bevollmächtigter, 
Oberstlieutenant  Mazani  von  Slavodin  langte  im  Lager  bei 
Neisse  am  28.  April  an,  am  folgenden  Tage  kamen  auch  die  GFWM. 
Pallant  und  Festetics  dort  an. 

Mittlerweile  war  auch  GFWM.  Graf  d'  0  1 1  o  n  e  aus  Ungarn 
über  Sillein  und  Jablunkau  in  das  Fürstenthum  Teschen  gerückt. 
Er  traf  am  17.  April  ein  und  blieb  dort  bis  gegen  Ende  des  Monats. 
Das  ihm  unterstellte  Detachement  bestand  nur  in  1  Bataillon 
von  Max  Starhemberg,  7  Podstatzky'schen  Cürassier-Compagnien 
und  90  Raaber  und  Komorner  Husaren,  da  der  commandierende 
General  in  Ungarn,  FM.  Graf  Pal  ff  y,  erklärt  hatte,  dass  „die 
seit  einer  Zeit  her  in  Ober-Ungarn  und  dem  Bergstädtischen  District 
glimmende  Machinieruug  der  Akatholicorum  auch  immer  sorg- 
samere Gedanken  verursachen,  dass  es  für  eine  pure  Unthunlichkeit, 
ja  eine  allzu  gefährliche  Sache  angesehen,  die  daselbstigen  Regi- 
menter aus  ihren  Ubicationen  herauszuziehen."  Das  Infanterie- 
Bataillon  (424  Mann)  wurde  als  Besatzungs-Truppe  für  Troppau 
bestimmt. 


entschliessen  könne  und  dass  er  hoffe,  dass  ihm  solches  bei  diesen  Umständen 
nicht  würde  zugemuthet  werden.  Es  ist  unmöglich,  sich  die  Bestürzung  und 
den  Zusammenlauf  der  Leute  vorzustellen.  Der  Magistrat  hat  mir  ferner 
insinuiert,  wie  er  sich  der  ihm  zugestandenen  Neutralität  mehr  als  bishero 
geschehen,  würde  conformieren  müssen  und  nicht  wohl  verstatten  könne, 
dass  zur  Versorgung  E.  M.  Armee  allhier  so  grosse  Anstalten  gemacht  würden, 
sonderlich,  dass  man  so  vieles,  Brod  backen  lasse,  dass  die  hiesige  Stadt  selbst 
seit  zwei  Tagen  Noth  gelitten."  (C  a  u  e  r,  Zur  Geschichte  von  Breslau  im 
Jahre  1741.) 

*)  K.  A.,  Lutsch'  Tagebuch. 

2J  Ebenda. 


307 

Ende  April,  beziehungsweise  Anfangs  Mai  standen  diese 
Truppen:  In  Eatibor:  241  Cürassiere  und  12  Komorner  Husaren- 
m  Krappitz  zur  Bedeckung  der  Brücke :  30  Cürassiere;  zu  (Win  ■ 
Oberstheutenant  von  Lichnowsky  mit  150  Cürassieren,  50  Baaber" 
28  Komorner  und  50  Csäky'schen  Husaren,  die  von  früher  her  in 
der  Gegend  standen.  Von  Oppeln  aus  sollten  die  preußischen 
lruppen  beunruhigt  und  mit  Brieg,  besonders  am  rechten  Oder-Ufer 
Verbindung  gehalten  werden.  Gleichzeitig  Hess  der  Feldmarschall  am 
linken  Oder-Ufer  gegen  Ohlau  und  Breslau  streifen.  Das  KArolyi'- 
sche  Husaren-Begiment  (Nr.  6)  war  inzwischen  Anfangs  Mai  zu 
Troppau  angelangt  und  hatte  den  Befehl,  ungesäumt  den  Marsch 
nach  Oppeln  fortzusetzen. 

WÄhrend  König  Friedrich  II.  zur  Belagerung  der  Festung 
Brieg  schritt,  geschah  von  Seiten  der  österreichischen  Heeresleitung 
das  Möglichste,  um  dieses  Unternehmen  zu  erschweren 


21  >* 


Die  Belagerung-  und  Einnahme  von  Brieg. 


*  V  ie  bereits  erwähnt,  bestimmte  König  F  r  i  e  d  r  i  c  h  II.  schon 
am  Abende  des  11.  April  jene  Truppen,  welche  die  Einschliessnng 
und  Belagerung  der  Festung  Brieg  übernehmen  sollten.  Dieser 
Platz  hatte  sich  zur  Zeit  des  preussischen  Einmarsches  in  Schlesien, 
wie  alle  übrigen  in  arg  vernachlässigtem  Zustande  befunden.  Doch 
hatte  der  Commandant  der  dortigen  Frei-Compagnie,  Oberst 
Baron  de  F  i  n  durch  den  Ingenieur-Hauptmann  S  u  1 1  y  schon  im 
December  des  Vorjahres  die  Verstärkung  der  Werke  beginnen 
lassen  und  Vorsorge  für  die  Verproviantierung  des  Platzes  getroffen. x) 

Die  fortificatorischen  Arbeiten  würden  auch  bereits  bis  zu  Ende 
des  Jahres  bedeutend  gefördert  gewesen  sein,  wenn  sich  die  von 
der  politischen  Behörde  dazu  bestimmten  6000  Bauern  eingefunden 
hätten,  von  denen  aber  nur  1300  zur  Arbeit  erschienen  und  nach 
und  nach  bis  auf  700  wieder  entliefen. 

Die  Frei-Compagnie  hatte  einen  Stand  von  300  Mann ;  am 
14.  December  rückten  dann  11  Compagnien  von  Wallis-Infanterie 
in  die  Festung,  nämlich  10  Füsilier-  und  1  Grenadier-Compagnie  2), 


J)  Auf  des  am  25.  December  eingetroffenen  Hauptmanns  S  u  1 1  y  Ver- 
anlassung wurden  drei  neue  Ravelins  und  zwar  eines  zwischen  dem  Bres- 
lauer und  Mollwitzer  Thor,  eines  zwischen  letzterem  und  dem  Briegischdorfer 
Thor  und  eines  an  der  Oder  angelegt,  die  nächst  dem  Glacis  stehenden 
Häuser  demoliert  und  die  Bäume  in  den  Gärten  gefällt. 

2)  Der  Stand  der  2  Bataillone  Wallis  betrug  mit  31.  December  1740  : 
10  Füsilier- Compagnien  827  Mann,  hievon  dienstbar  599,  undienstbar  109, 
commandiert  und  krank  119.  Die  Grenadier  -  Compagnie  zählte  91  Mann, 
hievon  81  Mann  dienstbar,  7  undienstbar  und  commandiert.  Der  Abgang 
vom  completen  Stande  betrug  bei  den  Füsilier- Compagnien  573,  bei  der 
Grenadier-Compagnie  9  Mann. 


309 

successive  kamen  2  Grenadier-Compagnien  von  Botta,  denen  noch 
5  Füsilier-Compagnien  r)  folgten,  endlich  von  Browne  1  Grenadier- 
und  5  Füsilier-Compagnien  (23.  December).  Anfang  Januar  1741 
bestand  die  Besatzimg  aus  2113  Mann. 2) 

Nachdem  Oberst  Baron  Roth  von  Neisse  aus  die  Festung 
schon  am  11.  und  16.  December  inspiciert  hatte,  kam  am  19.  der' 
Interims-Commandierende  in  Schlesien,  FML.  Graf  Browne,  der 
Breslau  nach  den  vergeblichen  Verhandlungen  wegen  Aufnahme 
einer  Besatzung  am  18.  December  verlassen  hatte,  begleitet  von  Oberst 
Baron  Roth,  Oberst  Baron  Locatelli  von  Liechtenstein-Dragonern 
und  dem  Grafen  Pü  ekler  dort  an,  besichtigte  am  20.  die  Forti- 
ncationen  und  gieng  am  21.  nach  Ohlau  ab. 

Am  "Weihnachtstage  wurde  der  Garnison  das  Seitens  der 
Landesregierung  publicierte  Manifest  verlautbart. 

Das  Zeughaus  der  Festung  enthielt  25  broncene  Geschütze, 
dann  41  eiserne  ,, Stück",  7  metallene  und  3  eiserne  ,, Polier". 
Munition  war  genügend  vorhanden. 3)  Dazu  trafen  von  Namslau 
16,  meistens  kleine  Geschütze  und  gleichzeitig  72  Wagen  mit 
Munition  und  Requisiten  ein. 

Die  Thore  der  Festung  passierten  fast  täglich  bei  300  mit 
Proviant  beladene  AVagen.4) 

Das  Commando  in  Brieg  übergab  FML.  Graf  Browne,  der  am 
30.  December  1740  mit  GFWM.  Grafen  Octavian  Piccolomini 
und  Oberst  Freiherrn  von  Roth  neuerdings  in  der  Festung  eintraf, 
dem  genannten  General. 5) 


r)  Zusammen  mit  einem  Stande  von  182  Dienstbaren.  Oberst  de  Fi  n's 
Bericht.  H.  K.  R  1711.  Prot.  Exped.  Jan.  Fol.  191  u.  195. 

2)  Darunter  412  Kranke  und  Undienstbare  ;  dazu  kamen  noch  2  Cor- 
porale  und  15  Dragoner  vorn  Eegimente  Liechtenstein  und  10  Artilleristen. 

3)  Status  des  in  den,  dem  königl.  Obristen  Land-  und  Haus-Zeug-Amt 
unterstehenden  königl.  Zeughäusern  befindlichen  Artillerie- Vorrathes.  (K.  und  k. 
Reichs-Finanz-fHofkammer-]  Archiv.) 

4)  Mülle  r,  Die  Belagerung  Briegs  1741.  Aus  dem  Tagebuche  eines 
Augenzeugen. 

6)  Octavian  Aeneas  Joseph  Graf  (später  Fürst)  Piccolomini  war 
1693  geboren.  Er  erscheint  1737  als  aggregierter  Oberstlieutenant  beim  In- 
fanterie-Regimente  Deutschmeister  und  wird  daselbst  am  28.  Mai  d.  J.  zum 
Obersten  ernannt.  Im  Türkenkriege  1738  zeichnete  er  sich  als  Oberst  im  Eegi- 
mente  Grünne  bei  der  Vertheidigung  von  Mehadia  aus.  Als  Commandant  des 
Platzes  führte  er  den  Widerstand  so  energisch,  dass  die  Türken  nach  schweren 
Verlusten  am  27.  Mai  1738  der  Besatzung  eine  ehrenvolle  Capitulation  ge- 
währten. Piccolomini  erhielt  vom  türkischen  Commandanten  als  Ausdruck 
der  Bewunderung    seiner   Standhaftigkeit    ein    prächtig    geschmücktes    Pferd. 


310 

Gleichzeitig  erfolgte  auch  die  Besichtigung  der  wehrhaften 
Bürgerschaft,  die,  in  4  Compagnien  eingetheilt,  430  Mann  stark  war. 

Der  commandierende  General  verliess  arn  folgenden  Tage  mit 
Piccolomini  die  Festung,  welch'  Letzterer  am  2.  Januar  1741 
zurückkehrte  und  nun  das  Festungs-Commando  wirklich  übernahm. 

In  dem  Befehle,  welcher  Piccolomini  die  Ernennung  zum 
Festungs-Commandanten  notificierte ,  war  von  einer  besonderen 
Instruction  abgesehen  und  sich  nur  auf  die  ihm  im  Jahre  1738 
anlässlich  der  Vertheidigung  von  Mehadia  gegebenen  Verhaltungs- 
massregeln  bezogen.  l) 

FML.  Graf  Browne  dürfte  mündlich  dem  neuen  Festungs- 
Commandanten  wohl  seine  Ansichten  über  die  Vertheidigung  des 
Platzes  entwickelt  haben.  Er  unterstellte  ihm  in  gewisser  Beziehung 
auch  die  Puncte  Ohlau  und  Namslau ;  ebenso  das  an  dem  Neisse- 
Uebergange  bei  Löwen  aufgestellte  Commando. 

Am  2.  Januar  1741  wurde  auf  dem  Bingplatze  der  Stadt  vor 
dem  neuen  Festungs-Commandanten  von  den  Bürgern  der  Eid  der 
Treue  und  Devotion  für  die  Königin  Maria  Theresia  ab- 
gelegt. Gleich  nach  der  Eidesleistung  mussten  die  jüngeren  Bürger 
mit  Hacken  und  Schaufeln  zum  Rathnause  kommen  und  wurden 
dort  durch  einen  Rath  zur  Schanzarbeit  geführt.  Die  Ablösung 
derselben  erfolgte  dann  am  3.,  am  4.  wurde  aber  die  ganze  Bürger- 


Die  trotzdem,  eingeleitete  kriegsgerichtliche  Untersuchung  ergab,  das  Piccolo- 
mini mit  der  Capitiüation  nur  dem  Befehle  des  FZM.  Graf  Neipperg 
gehorcht  hatte,  „im  Nothfalle  zu  capitulieren,  um  die  Besatzung  zu  retten". 
Der  Hof-Kriegsrath  schlug  ihn  noch  im  selben  Jahre,  in  Würdigung  seiner 
Thätigkeit,  „obwohl  er  noch  ein  junger  Oberst",  zum  General-Feldwackt- 
meister  vor,  in  welche  Charge  er  auch  am  16.  December  vorrückte. 

1711  erhielt  Piccolomini  das  vacant  gewordene  Infanterie-ßegiment 
Wachtendonk,  1711  mit  11.  Januar  erfolgte  seine  Ernennung  zum  Feldmarschall- 
Lieutenant  und  am  2B.  November  1718  zum  Feldzeugmeister.  Er  starb  am 
1.  Januar  1757  als  commandierender  General  in  Mähren. 

1)  Die  zu  jener  Zeit  von  GFWM.  Freiherrn  von  Engelshofe  n  an  den 
Obersten  Grafen  Piccolomini,  ddto.  Orsova,  21.  Januar  1738  ertheilte  In- 
struction lautet  auszugsweise  :  „Damit  derselbe  pro  primo  diesen  Platz  auf 
das  Aeusserste  gegen  einen  feindlichen  Anfall  beschütze  und  selben  dem  Feind 
nicht  anders  als  durch  überlegen  anwendende  Gewalt  oder  durch  Capi- 
tiüation, jedoch  nach  vorhero,  nach  Anleitung  deren  Kriegs-Artikel  bewiesenen 
Schuldigkeit  dem  Feind  überlasse  und  diese  habende  Ordre  zu  seiner  Zeit 
den  unterhabenden  Truppen,  Ober-,  Unterofficieren  und  Gemeinen  kund  mache 
und  zu  dessen  VoUziehung  anhalte." 

Die  Schanze  solle  in  einen  vertheidigungsfähigen  Zustand  gesetzt,  gute 
Kriegsdisciplin  und  Mannszucht  gehalten  werden.  (K.  A.,  F.  A.  1738 ;  XIII,  12  c.) 


311 

schaft  aufgeboten.    In  den  folgenden  Tagen  mussten  die  Vorstädte 
in  Brand  gesteckt  werden.  J) 

Aus  der  Ende  Decernber  von  Breslau  in  Brieg  angelangten 
Steuerämts-Casse  wurden  dem  Festungs-Commanclanten  15.676  fl. 
29  kr.  von  FML.  Graf  Browne  zur  Disposition  gestellt,  um  die 
Auslagen  für  die  fortificatorischen  Arbeiten  zu  bestreiten.  -) 

GFWM.  Piccolomini  gab  sofort  am  2.  Januar  1741  eine 
Instruction,  wonach  zur  Besetzung  der  "Werke  im  Falle  der  Be- 
lagerung angeordnet  wurde :  ,, Wenzel  Wallis-Infanterie  die  Mühl- 
pforte und  die  Oder-Bastion,  ferner  die  Schloss-Bastion  nebst  der 
Breslauer  Pforte;  Browne-Infanterie  die  Mollwitzer  und  Briegisch- 
dorfer  Bastion;  Botta-Infanterie  die  Bastion  bei  der  Oppeln'schen 
Pforte  und  das  Briegischdorfer  Thor;  die  Frei-Compagnie  in  der 
Stadt  als  Reserve  hat  den  Alarmplatz  bei  der  Hauptwache,  wo 
3  Grenadier-Compagnien  ebenfalls  Aufstellung  nehmen." 

„Die  Bürgerschaft  rückt  ebendorthin ;  die  Hälfte  derselben 
besetzt  den  Zwinger  und  die  zwischen  der  Stadtmauer  befindlichen 
Thürme,  die  andere  bleibt  in  Eeserve  auf  dem  Platze  bei  der  Haupt- 
wache. 3)  40  Mann  der  Bürger-Compagnien  ziehen  täglich  auf  Wache. 
49  Geschütze  wurden  auf  den  Bastionen  aufgeführt. 

Die  Regimenter  mussten  die  ihnen  zur  Besatzung  angewiesenen 
Ra3^ons  selbst  reparieren.  Die  Unterofficiere  und  Tambours  wurden 
mit  Feuergewehren  bewaffnet. 

Der  sehr  thätige  Commandant  hatte  eine  Art  Vertheidigungs- 
Comite  gebildet,  welches  allabendlich  in  seiner  Wohnung  zu  einer 
Sitzung  zusammentrat.  Demselben  gehörten  an :  Oberst  Baron  de 
Fin,  Ingenieur-Hauptmann  Sully,  dann  die  Landesbeamten  Graf 
P  ü  c  k  1  e  r  und  Baron  F  r  a  n  k  e  n  b  u  r  g,  seitens  der  königlichen 
Kammer  Administrator  von  Spindler  und  seitens  der  Stadt 
Rathmann  W  e  i  r  a  u  c  h. 

Am  8.  Januar  zeigten  sich  die  ersten  preussischen  Reiter  vor 
der  Festung  und  zwar  Husaren  an  der  Ohlauer  Strasse  vor  dem 
Breslauer  Thor.  Zwei  Tage  später  trieben  preussische  Reiter  (wohl 


x)  Die  Belagerung  von  Brieg  i.  J.  1741,  Tagebuch  eines  Zeitgenossen. 
Grünhagen  in  ,,Ztschft.  d.  V.  für  Gesch.  u.  Alterth.  Schlesiens''.  1.  Bd. 

2)  Bis  Anfang  Mai  waren  überhaupt  46.312  fl.  34  kr.  verwendet  worden. 
(Fürstl.  Schaumburg-Lippe'sches  Archiv  zu  Nachod.) 

s)  Siehe  Tafel  VI. 


312 

vom.  Schulenburg'schen  Grenadier-Regiment)  die  Feldwachen  bis 
an  die  Werke  zurück,  worauf  Rittmeister  Baron  d  e  F  i  n,  ein 
Sohn  des  Obersten  gleichen  Namens  mit  12  Dragonern  und  4  Jägern 
hinausritt  und  sich  in  einen  Hinterhalt  legte. 

Als  die  preussischen  Grenadiere  die  wieder  auf  ihren  früheren 
Posten  vorgegangene  Feldwache  zurückjagen  wollten,  brach  de  F  i  n 
vor  und  trieb  dieselben  bis  gegen  Paulau,  wobei  einige  derselben 
blessiert  wurden.  Die  österreichischen  Dragoner  brachten  einige 
Grenadiermützen  zurück,  welche  die  preussischen  Reiter  auf  der 
Flucht  verloren  hatten. 

Am  10.  Januar,  als  die  Nachricht  von  der  Capitulation  Ohlau's 
eintraf,  Hess  der  Festiuigs-Commandant  die  Thore  sperren. 

"Wie  bereits  erwähnt,  waren  nach  der  Capitulation  von  Ohlau 
4  preussische  Bataillone  und  ebensoviel  Escadronen  vor  der  Festung 
eingetroffen  und  hatten  diese  vorerst  auf  dem  linken  Oder-Ufer 
blokiert.  Auf  dem  rechten  Fluss-Ufer  wurde  die  Einschliessung  erst 
am  25.  Januar  durch  aus  Namslau  angekommene  2  Escadronen 
Bayreuth -Dragoner  und  100  Mann  Infanterie  vollzogen,  welche  die 
jenseits  der  Oder  liegenden  Dörfer  Neudorf,  Schreibendorf,  Neu- 
hollowitz,  Garbendorf  besetzten,  wesshalb  der  Brückenkopf  an  der 
Oder  mit  15  Mann  verstärkt  wurde. 

Kleinere  Scharmützel  und  Rencontres  der  beiderseitigen  Aussen- 
posten  waren  nunmehr  an  der  Tagesordnung. 

Inzwischen  begannen  aber  Krankheiten  in  der  Festung  sowohl 
bei  der  Garnison x),  als  der  Bürgerschaft  besorgnisserregend  auf- 
zutreten, auch  kamen  Desertionen  vor. 

Am  2.  März  fiengen  die  Preussen  an,  von  der  Oder  gegen 
Paulau  auf  etwa  1400  Schritte  Distanz  von  der  Festung,  einen 
Laufgraben  von  800  Metern  Länge  in  Angriff  zu  nehmen,  an 
welchem  bei  600  Landleute  arbeiten  mussten. 

Um  3  Uhr  Früh  des  10.  März  machte  der  Festungs-Comman- 
dant  mit  100  Mann  Infanterie  und  34  Reitern  einen  Ausfall  gegen 
die  preussischen  Cernierungs-Truppen,  welcher  ziemlich  resultatlos 
verlief,  da  die  Preussen  sich  mit  etwa  G00  Mann  in  Vertheidigungs- 
stand  setzten ;    ein  preussischer  Dragoner    wurde  dabei  erschossen. 


:J  Der  Abgang  war  bedeutend :  Im  Januar  starben  von  der  Garnison 
19,  es  desertierten  19,  justificiert  wurden  2  und  1  wurde  als  infam  vom  Regi- 
mente  weggejagt.  Im  Monat  März  starben  von  der  Garnison  52  Manu  ;  es 
desertierten  7  Mann. 


313 

GFWM.  Graf  Piccolomini  Hess  am  14.  März  auf  der 
Mülilen-Insel  ein  3-pfündiges  Geschütz  placieren,  es  mussten  von 
nun  an  auch  3  Mann  der  bürgerlichen  Schützen  mit  gezogenen 
„Röhren"  auf  der  Insel  bleiben,  wo  1  Officiersposten  mit  30  Mann 
stand.  Eine  Kette,  die  am  28.  März  eingehängt  wurde,  sperrte 
von  der  Spitze  der  Mühlen-Insel  aus  die  Oder  gegen  Bastion  1  zu. 
Am  1.  April  war  die  Verpfählung  an  den  Aussenwerken  voll- 
endet. 

Die  Annäherung  der  österreichischen  Haupt -Armee  machte 
sich  am  7.  April  im  Umkreise  der  Festung  bereits  bemerkbar,  da 
die  preussischen  Feldwachen  zurückgezogen  und  die  nächst  der 
Festung  liegenden  Dörfer  geräumt  wurden,  worauf  das  Be- 
obachtungs-Corps  unter  General  von  Kleist  nach  Michelau  ab- 
marschierte. Der  Festungs-Commandant  sendete  nun  ein  berittenes 
Commando  aus,  um  aus  den  Dörfern  Schlachtvieh  für  die  Festung 
zu  requirieren  und  die  von  den  Preussen  zurückgelassenen  Magazins- 
vorräthe  an  Getreide,  Heu,  Stroh  und  Victualien  auf  "Wagen  in 
die  Festung  zu  bringen.  Die  in  den  preussischen  Linien  vor- 
gefundenen Faschinen  und  Schanzkörbe  wurden  verbrannt. 

Die  bei  Briesen,  zum  Schutze  der  dort  bestandenen  Schiffbrücke, 
erbaute  Bedoute  wurde  so  viel  als  möglich  zerstört,  die  Lager- 
hütten verbrannt. 

Eine  Patrouille  von  30  Mann,  unter  Commando  eines  Officiers, 
welche  Oder-aufwärts  gegangen  war,  traf  dort  am  8.  April  eilf  von  den 
Preussen  zurückgelassene,  mit  Mehl  beladene  Schiffe  an  und  liess 
dieselben  durch  die  mitgenommenen  Schiffsleute  besetzen.  Als  dies 
Commando  am  rechten  Oder-Ufer  an's  Land  gestiegen  war,  um  eine 
dort  aufgeworfene  Beioute  einzuwerfen,  wurde  dasselbe  von  etwa 
100  preussischen  Husaren  angegriffen;  der  Officier  konnte  sich  in- 
dessen, nachdem  er  7  Mann  eingebüsst,  in  die  Schiffe  zurückziehen 
und  Ocler-abwärts  fahren.  Die  preussischen  Husaren  sollen  2  Mann 
auf  dem  Platz  gelassen  haben.  l) 

An  diesem  Tage  traf  ein  Schreiben  des  commandierenden 
Generals  FM.  Grafen  Neipperg  an  den  Festungs-Commandant en 
ein,  worin  Ersterer  mittheilt,  class  er  am  9.  April  in  der  Nahe 
Briegs  eintreffen  werde,  Piccolomini  solle  30.000  Portionen 
Brocl  in  der  Nacht  backen  lassen  und  18.000  Portionen  Hafer  und 
Heu  bereit  stellen.  Die  Anstalten  hiezu  wurden  sogleich  getroffen. 


*)  Journal  der  Festung  Brieg.     (Fürstl.  Schaumburg-Lippe'sches  Archiv 
zu  Nachod.) 


314 

GFWM.  Graf  Piccolomini  meldete  um  8  Uhr  Abends  dem 
Armee-Commandanten,  dass  die  Preussen  am  vorhergehenden  Tage 
von  Brieg  abgezogen  und  grösstenteils  gegen  Löwen  marschiert 
seien,  ein  Theil  dagegen  habe  den  Marsch,  nach  Abbrechung  der 
Scliiff-Brücke  gegen  Ohlau  genommen.  Piccolomini  fügte  hinzu, 
dass  sämmtliche  eingelaufenen  Nachrichten  besagten,  die  preussi- 
sche  Armee  sei  am  7.  bei  Löwen,  Michelau  und  Lossen  gestanden, 
er  habe  noch  keine  Kenntniss,  ob  sie  von  dort  aufgebrochen  sei. 
Auch  bei  Ohlau  stünden  einige  feindliche  Posten 1)  und  befinde 
sich  dort  ein  grosses  Magazin  und  alle  Artillerie. 

Am  9.  April  um  9  Uhr  Vormittag  erblickte  man  von  der 
Festung  aus  wieder  Uniformen  der  eigenen  Armee,  österreichische 
Husaren,  die  über  Hermsdorf  kamen  und  der  dieselben  comman- 
dierende  Rittmeister  meldete  dem  Festungs-Commandanten,  dass 
die  österreichische  Armee  in  Grüningen,  Mollwitz,  Laugwitz  und 
Bärzdorf  cantonniere  und  das  Hauptquartier  sich  in  Mollwitz  befinde. 

Piccolomini  sandte  sogleich  den  Rittmeister  Baron  d  e 
Fin  zu  Neipperg  behufs  Einholung  seiner  Befehle,  dieser 
schickte  ihn  mit  GO  Husaren  zurück  und  Hess  durch  diesen 
Convoi  den  Festungs-Commandanten,  Oberst  de  Fin  und  Graf 
Püekler  zu  sich  nach  Moilwitz  holen, 2)  von  wo  sie  um  1 0  Uhr 
Abends  zurückkehrten. 

Bei  der  Unterredung  mit  dem  Feldmarschall  hatte  P  i  c  c  o  1  o- 
m  i  n  i  demselben  die  Versicherung  gegeben,  die  Festung  sei  auf 
drei  bis  vier  Monate  mit  Lebensmitteln  versehen. 

Gegen  10  Uhr  Morgens  des  10.  April  bemerkte  man  vom 
Stadtthurm,  dass  starke  Truppen- Abtheilungen  über  Kreisewitz  gegen 
Pampitz  marschierten  und  ,, nachdem  man  ersehen,  dass  diese  die 
feindliche  Armee  und  selbe  in  Ordre  de  bataille  und  zwar  in  drei 
Colonnen  gegen  Pampitz  anmarschieren",  sandte  Piccolomini 
den  Fähnrich  von  der  Frei-Compagnie  zu  N  e  i  p  p  e  r  g  nach  Moll- 
witz,   um  ihm  den  Anmarsch     der  preussischen  Armee    zu  melden. 


J)  Piccolomini  an  Neipperg,  Brieg,  8.  April  1711.  (Fürstl.  Schaumburg- 
Lippe'sches  Archiv  in  Nachod.) 

2)  „Durch  Gegenwärtiges  habe  meinem  hochgeehrtesten  Herrn  General- 
Feldwachtmeister  zu  wissen  machen  wollen,  dass  ich  allhier  heute  Nacht  mein 
Quartier  haben  werde,  mithin  wär's  mir  lieb,  mit  Denselben,  mit  dem  Herrn 
Obersten  Baron  de  Fin  und  mit  dem  Herrn  Grafen  von  Püekler  sprechen 
zu  können."  Sign.  Mollwitz,  den  9.  April  1711.  Neipperg.  (Fürstl.  Schaum- 
burg-Lippe'sches  Archiv.) 


315 

Während  der  Schlacht  kamen  viele  verwundete  Officiere  im  1 
Soldaten  an  die  Aussenwerke  und  wurden  selbstverständlich  in  die 
Festung  eingelassen,  wo  man  über  den  Ausgang  des  Kampfes  in 
vollständiger  Unkenntniss  war.  Feindliche  Deserteure,  die  tagsüber 
ankamen,  berichteten,  „dass  unsere  Armee  victorisiert  und  den  Feind 
geschlagen  habe". 

Der  Festungs-Commandant  Hess  aber  die  Piquets  verstärken 
und  die  Garnison  auf  ihre  Alarmplätze  rücken,  wo  sie  während  der 
Nacht  blieb. 

Andern  Tags  erblickte  man  von  den  Festungswällen  die 
preussische  Armee  zwischen  Grüningen  und  Mollwitz  gelagert ; 
gegen  Mittag  bezogen  preussische  Truppen  die  um  Brieg  liegenden 
Dorfschaften,  sowohl  dies-,  als  jenseits  der  Oder  und  schlössen  die 
Festung  durch  aufgestellte  Feldwachen  neuerlich  ganz  ein. 

Die  Truppen,  welche  nach  der  Mollwitzer  Schlacht  zur 
Unternehmung  auf  Brieg  von  der  preussischen  Heeresleitung  be- 
stimmt waren,  bestanden  aus  den  zwei  Infanterie-Regimentern  Jeetze 
und  Graevenitz,  dem  2.  Bataillon  Alt-Borcke,  dem  1.  Bataillon 
Kalckstein,  den  drei  Grenadier-Bataillonen  Buddenbrook,  Eeibnitz 
und  Saldern  und  6  Escadronen.  J) 

Der  grösste  Theil  dieser,  das  Belagerungs-Corps  bildenden 
Truppen  erschien  noch  am  11.  April  vor  der  Festung. 

Nach  der  an  ihn  ergangenen  Aufforderung  zur  Uebergabe 
des  Platzes  erklärte  GFWM.  Graf  Piccolomini,  er  habe  alle 
nur  mögliche  Hochachtung  für  einen  so  grossen  König  und  ein 
so  sieghaftes  Kriegsheer  und  „weil  aber  Hiro  Majestät  nur  die- 
jenigen liebten,  welche  ihre  Schuldigkeit  beobachteten,  daher  bäte 
er  um  Verzeihung,  dass  er  die  Festung  nicht  übergeben  könne, 
da  man  noch  keinen  Kanonenschuss  auf  sie  gethan  habe.  Er 
versichere  Ihro  Majestät,  dass  er  sich  wider  alle  Unternehmungen 
so  verhalten  würde,  dass  Dieselben  vergnügt  und  zufrieden  sein 
würden."  2) 

Am  13.  April  erschien  ein  preussischer  Major,  von  FM. 
Schwerin  gesendet,  vor  der  Festung.  Er  hatte  den  Auftrag,  den 
Festungs-Commandanten  zu  ersuchen,  die  in  der  Schlacht  ver- 
wundeten Oesterreicher,  die  sich  in  preussischen  Händen  befänden, 
in    die    Festung    einzunehmen,   ,,massen    sie  mit   ihren  Blessierten 

*)  Von  denen  später  zwei  in  das  Lager  bei  Mollwitz  abrückten. 
2)  Schmidt,  Briegische  Chronik,  169. 


316 

genugsam  zu  thun  hätten";  Piccolomini  bewilligte  dieses  An- 
suchen unter  der  Bedingung  eines  gegenseitigen  Austausches  von 
Gefangenen. 

Der  Festnngs-Comniandant  begann  in  Folge  dessen  am  fol- 
genden Tage  mit  der  Uebernahme  der  österreichischen  Verwundeten 
im  Dorfe  Grüningen.  x) 

König  Friedrich  IL  erliess  nun  die  Anordnungen  für  die 
Belagerung.  Auf  dem  linken  Oder-Ufer  nahmen  7  Bataillone  und 
4  Escadronen  Stellung,  2  Bataillone  und  2  Escaclronen  wurden 
auf  dem  rechten  Oder-Ufer  postiert.  Zur  Verbindung  der  Be- 
lagerungs-Abtheilungen  auf  beiden  Ufern  wurden  oberhalb  der 
Festung  bei  Paulau  und  unterhalb  Brieg  bei  Briesen  Schiff-Brücken 
geschlagen.     Beide  Objecte  wurden  durch  Detachements  gesichert. 

Mit  der  Leitung  der  Belagerungs-Arbeiten  winde  Oberst 
"VValrave  beauftragt. 

Die  Recognoscierungen,  welche  König  Friedrich  vor- 
genommen hatte,  bestimmten  ihn,  den  Angriff  von  der  Nordwest- 
seite in  das  Auge  zu  fassen.  In  Folge  dessen  wurde  der  auf  der 
Oder  von  Ohlau  herangebrachte  Artillerie-Park  bei  Briesen,  der 
Genie-Park  bei  Grüningen  eingerichtet  und  am  17.  April  mit  der 
Anfertigung  von  Schanzkörben  und  Faschinen  begonnen. 2) 

Am  20.  April  wurden  die  zur  Belagerung  bestimmten  Ab- 
theilungen bei  Grüningen  am  linken  Flügel  des  am  gleichen  Tage 
bei  Mollwitz  errichteten  Hauptlagers,  in  welchem  34  Bataillone, 
57  Escadronen  und  die  Artillerie  lagerten,  vereinigt.  Da  die 
Festung  durch  diese  Stellung  der  preussischen  Armee  und  durch 
die  Besetzung  der  Neisse-Uebergänge  bei  Michelau,  Löwen  und 
Schurgast  von  jeder  Verbindung  abgeschnitten  war,  Ausfälle  aber 
wohl  in  Anbetracht  der  numerischen  Schwäche  der  Besatzung  kaum 
zu  erwarten  waren,  fand  eine  eigentliche  Einschliessung  des  Platzes 
nicht  statt. 

Am  25.  April  waren  alle  Vorbereitungen  beendet,  aber  der 
Eintritt  sehr  schlechter  Witterung  verzögerte  den  Beginn  der 
eigentlichen  Arbeiten  bis  zum  27.  Abends.  Zwei  Musketier-Batail- 
lone und  drei  Grenadier- Compagnien  unter  GM.  von  Jeetze 
deckten  den  Bau  der  ersten  Parallele  und  der  Verbindungsgräben, 


l)  Die  Uebernahme  besorgte  ein  Hauptmann  von  Wallis-Infanterie.  Es 
langten  dann  succesive  556  Verwundete  an.  Sie  wurden  theils  auf  dem  Schloss. 
im  Rathhaus  und  in  den  Schulen  untergebracht. 

2j  Kriege  Friedrich  d.  Gr.  1/2.  26. 


317 

der  von  2000  Infanteristen,  sowie  jenen  der  Batterien,  der  von 
1200  Mann  ausgeführt  werden  sollte.  Auf  dem  rechten  Oder-Ufer 
wurden  200  Mann  zu  den  Arbeiten  bestimmt. 

Bei  Eintritt  der  Dunkelheit  rückten  die  Deckungs-Truppen  vor. 
Sobald  dieselben  Aufstellung  genommen  hatten,  wurde  mit  dem 
Eingraben  begonnen. 

Die  Arbeit  wurde  von  der  Festung  aus  erst  um  12Va  Uhr 
bemerkt  und  die  Meldung  erstattet,  dass  man  Nachts  vor  dem  Bres- 
lauer Thore  arbeiten  höre,  worauf  die  Besatzung  alarmiert  und 
einige  Schüsse  abgegeben  wurden.  ')  Einige  verlässliche  Unter  officiere 
wurden  zum  ßecognoscieren  ausgesendet,  welche  die  Meldung 
erstatteten,  dass  sie  gegen  Ravelin  8  und  9  stark  arbeiten  und 
sprechen  gehört  hätten,  sonst  aber  wegen  der  finsteren  Nacht  nichts 
weiter  wahrnehmen  konnten.  2) 

Die  ausgehobenen  Linien  lehnten  sich  links  an  die  Oder,  rechts 
an  eine  flache  verschanzte  Kuppe  in  einer  Ausdehnung  von  un- 
gefähr 800  Metern. 

Da  die  Approchen  bereits  so  nahe  an  der  Festung  waren, 
dass  mit  Geschützfeuer  nicht  mehr  viel  ausgerichtet  werden  konnte, 
wurden  die  bürgerlichen  Scharfschützen  im  Verein  mit  den  Besatzungs- 
Truppen  zur  Beschiessung  der  Arbeits-Truppen  verwendet.  Das 
Gewehrfeuer  währte  den  ganzen  Tag  über.  Gleichzeitig  wurden 
auch  von  der  Festung  aus  Bomben  geworfen. 

Der  Batteriebau  auf  Seiten  der  Preussen  gieng  dagegen 
langsam  von  Statten;  am  28.  April  Mittag  erst  gelang  es,  die 
Batterie  Nr.  5  auf  dem  rechten  Oder-Ufer  mit  sechs  Mörsern 
zu  armieren,  worauf  das  Feuer  begann.  Die  Beschiessung  währte 
bis  8  Uhr  Abends,  von  der  Festung  erwidert.  Die  feindlichen 
Bomben,  deren  143  geworfen  wurden,  fielen  meistens  zu  kurz  in 
den  Graben.  Ein  Gefreiter  von  "Wallis  wurde  an  diesem  Tage 
durch  das  feindliche  Feuer  getödtet  und  6  Mann  verwundet.  Auf 
Bastion  Nr.  2  sprang  bei  dem  ersten  Schuss  ein  vierpfündiges 
Stück  und  verwundete  den  Stuck-Hauptmann  Schulz  und  9  Mann. 


x)  Dass  die  Belagerten  die  Eröffirung  der  Laufgräben  so  ruhig  geschehen 
Hessen,  erschien  den  Preussen  höchst  wunderbar  ;  man  suchte  es  sich 
dahin  zu  erklären,  ein  evangelischer  Soldat  sei  gerade  damals  auf  dem 
Walle  Posten  gestanden  und  obwohl  er  das  Arbeiten  der  Preussen  gehört, 
habe  er  doch  ex  amore  religionis  keine  Anzeige  gemacht.  Tagebuch  des  Feld- 
predigers Seegebart,  angeführt  in  Grünhagen,  ,,Die  Belagerung  von 
Brieg".     (Ztschft.  f.  Gesch.  u.  Alterth.  Schles.  IV,  35.) 

2)  Journal  der  Festung.    (Fürstl.  Schaumburg-Lippe'sches  Archiv.) 


318 

Das  Feuer  der  Festung  verursachte  auf  Seite  der  preussischen 
Truppen  keine  Verluste. 1) 

Das  in  der  Nacht  zum  29.  April  herrschende  schlechte  Wetter 
hinderte  den  Ausbau  der  Parallele  erheblich.  Auf  dem  rechten 
Oder-Ufer  waren  bis  zum  Anbruch  des  Tages  zwei  weitere  Batterien 
I 1  i  und  7)  schussbereit.  Die  hier  in  Stellung  gebrachten  zwölf 
12-Pfünder  unterhielten  während  des  Tages,  ebenso  wie  die  Mörser- 
Batterie  Nr.  5  ein  langsames  Feuer,  das  von  der  Festung  leb- 
hafter als  am  vorigen  Tage  erwidert  wurde. 

Die  Oesterreicher  begannen  nun  auch  die  Oder-Brücke  ab- 
zutragen und  die  Ablösung  in  den  Brückenkopf  auf  Schiffen  über- 
zusetzen, das  Oder-  und  Breslauer  Thor  ward  mit  den  bereits  fertig 
gehaltenen  Steinkasten  versetzt  und  nur  die  kleine  Pforte  zur 
Communication  offen  gelassen.  Oberstwachtmeister  Graf  Grorani 
besetzte  den  Posten  beim  Oder-Thor.  In  der  Nacht  wurden  die 
durch  die  Beschiessung  an  den  Batterien  verursachten  Schäden 
wieder  ausgebessert,  die  zertrümmerten  Pallisaden  und  Sturm- 
pfahle  ersetzt,  auch  6000  Fuss-Angeln  in  dem  bedeckten  Weg  und 
Graben  ausgestreut. 

Am  29.  April  fielen  210  Bomben  in  die  Stadt;  eine  in  den 
Thurm  der  Jesuiten-Kirche  fallende  Bombe  warf  deren  Glocke 
herab,  eine  andere  fiel  in  das  Commandantenhaus  bis  in  des  GFWM. 
Piccolomini  Zimmer,  welcher  in  die  ßathskanzlei  übersiedelte. 
Oberst  Baron  de  F i n  wurde  auf  dem  Wall  durch  den  Luftdruck 
einer  Kugel  zu  Boden  geschleudert.  2j  Ausserdem  wurden  zwei 
Mann  der  Besatzung  getödtet  und  drei  verwundet.  Die  im  Schlosse 
und  in  den  Schulen  untergebrachten  Verwundeten  mussten  in  das 
Eathhäus  und  dem  Bombardement  weniger  ausgesetzte  Häuser 
gebracht  werden. 


1)  In  welchem  Zustande  sich  die  Aitillerie-Ausrüstung  der  Festung  be- 
funden haben  muss,  kann  nach  der  folgenden  Mittbeilung  aus  dem  Tagebuche 
eines  Zeitgenossen  gemuthmasst  werden : 

„Es  währte  aber  nicht  lange,  denn  als  sie  angefangen  hatten,  auch  zu 
bombardieren,  fiel  eine  auf  unsern  Kessel  und  machte  ihn  untüchtig,  ferner 
die  Bombe  hinauszuspielen,  denn  es  waren  nur  2  Bomben-Kessel  da  und  die 
übrigen  Bomben  waren  in  den  andern  Kessel  alle  zu  gross.  Es  zersprang  das 
lederne  Stück  bald  zu  Anfang,  indem  selbiges  vor  99  Jahren  der  Schwede 
allhier  stehen  lassen,  soll  es  so  lange  geladen  sein  gewest.  Der  Stück-Haupt- 
mann wollte  solches  nicht  loszüuden,  allein  ein  kaiserl.  Constabler  zündete 
ps  ohne  sein  Wissen  an  und  beschädigte  durch  die  zersprungenen  Stücke  bis 
12  Personen."  (Die  Belagerung  von  Brieg,  ed.  G-rünhagen,  36.) 

2)  G  r  ünliage  n  „Die  Belagerung  von  Brieg". 


319 

In  der  Nacht  vom  20.  zum  30.  April  wurde  die  Mörser- 
Batterie  Nr.  3  auf  dem  linken  Oder-Ufer  zum  Theil  vollendet  und 
die  Anzahl  der  Geschütze  in  den  vorhandenen  Batterien  vermehrt, 
so  dass  am  Morgen  des  30.  das  Bombardement  sehr  heftig 
auf  die  Aussen  werke  zwischen  dem  Breslauer  und  Mollwitzer 
Thor  beginnen  konnte,  das  von  der  Festung  kräftig  erwidert 
wurde. 

An  diesem  Sonntage  fand  des  heftigen  Geschützkampfes 
wegen  kein  Gottesdienst  statt ;  sechs  Häuser  wurden  um  die 
Mittagszeit  beschädigt,  am  Abend  fiel  eine  Bombe  in  die  Schloss- 
kirche.  Der  dadurch  entstandene  Brand  konnte  jedoch  bald  gelöscht 
werden.  Nach  Eintritt  der  Dämmerung  stellte  der  Festungs-Com- 
mandant,  ebenso  wie  der  Belagerer  das  Feuer  ein.  Auf  Bastion  2 
waren  an  diesem  Tage  zwei  der  schwersten  Geschütze  demontiert 
worden;  im  Schloss  entstand  Feuer,  das  erst  um  9  Uhr  Nachts 
durch  die  Anstrengungen  des  Feuer-Piquets  gelöscht  werden  konnte. 
Während  der  letzten  24  Stunden  waren  435  Bomben  in  die  Festung 
geworfen  worden ;  der  Verlust  der  Besatzung  betrug  1  Todten  und 
2  Verwundete.  Während  der  letzten  Nacht  wurde  von  den  Preussen 
die  Mörser-Batterie  Nr.  3  fertiggestellt,  auch  die  Batterie  Nr.  2 
beendet  und  mit  sechzehn  24-Pfündern  besetzt,  in  der  Frühe  des 
1.  Mai  aber  der  Geschützkampf  mit  52  Geschützen  begonnen, 
welcher  den  Tag  über  andauerte. 

Eine  Bombe,  die  während  dieses  heissen  Kampftages  um 
9  Uhr  Vormittags  in  die  an  das  Schlossgebäude  stossende,  mit 
Stroh  gefüllte  Reitbahn  fiel,  steckte  diese  letztere  in  Brand  und 
das  Feuer  theilte  sich  dem  herrlichen,  im  Renaissance-Style  ge- 
bauten Schlosse  mit,    das  in  24  Stunden  vollständig  in  Asche  lag. 

Am  2.  Mai  geriethen  die  Gebäude  der  Schulherren,  nebst  den 
Stallungen  in  Brand  und  das  Geschützfeuer  schwieg  auch  in  der 
Nacht  nicht.  In  Batterie  2  führte  der  Belagerer  weitere  acht 
24-Pfünder  ein. 

Gegen  Mittag  konnte  von  den  Bastionen  Nr.  2  und  3,  dann 
dem  Ravelin  Nr.  8  kein  Schuss  mehr  fallen,  da  durch  das  preussische 
schwere  Geschütz  die  Kanonen  grösstentheils  demontiert  und  die 
Parapets  derart  niedergelegt  waren,  dass  die  Besatzung  dieser  Werl-.' 
auf  das  Aeusserste  gefährdet  war.  Der  im  Couvreface  Nr.  L6 
commandierende  Hauptmann  des  Botta'schen  Regiments  lie^s  in 
Folge  dessen  dem  General  melden,  dass  er  sich  auf  seinem  Posten 
nicht  länger  halten  könne,  trotzdem  wurde  ihm  bedeutet,  auf  dem 
innehabenden  Posten  auszuharren. 


320 

Der  Festimgs-Commandant  Hess  den  Bürgermeister  und  einen 
Rathsherrn  zu  sich  rufen  und  verpflichtete  sie,  die  Bürgerschaft 
zu  besonderer  Obedienz  und  Treue  zu  ermahnen.  Dies  geschah 
auch;  anstatt  sich  jedoch  zu  vertheidigen,  erklärten  die  Bürger, 
„sie  wollten  die  Stadt  und  ihre  Häuser  nicht  ruiniert  wissen,  bitten 
daher,  man  wolle  accordieren  und  die  Stadt  übergeben",  welche 
Antwort  durch  einen  Rathmann  dem  Festungs-Commandanten  mit- 
getheilt  wurde.  r)  Das  Feuer  wüthete  im  Schloss  trotz  aller  An- 
strengungen fort  und  zerstörte  den  herrlichen  Bau,  ebenso  wie  die 
anstossende  Schlosskirche.  473  Bomben  fielen  an  diesem  Tage  in 
die  Festung,  deren  Besatzung  5  Todte  und  3  Verwundete  hatte.  2) 
Die  beschädigten  "Werke  wurden  auch  jetzt  wieder  während  der 
Nacht  so  viel  als  möglich  in  Stand  gesetzt,  obwohl  die  Preussen 
10G  Bomben,  meistentheils  auf  die  "Werke,  in  dieser  Nacht  warfen. 

Sämmtliche  Geschütze  des  Belagerers  setzten  dann  am  3.  Mai 
den  Kampf  mit  Heftigkeit  fort,  während  das  Feuer  der  Festung 
erlahmte. 

Auf  Bastion  3  waren  schon  um  8  Uhr  Früh  die  Parapets  und 
Schiessscharten  völlig  ruiniert,  auch  die  Geschütze  demontiert  und 
musste  die  Mannschaft  zurückgezogen  werden.  Der  Verlust  betrug 
6  Todte  und  6  Verwundete.  503  Bomben  wurden  am  Tage  ge- 
worfen, in  der  Nacht  noch  50,  dessenungeachtet  wurden  die  Werke 
so  viel  als  möglich  repariert,  mit  Ausnahme  der  Bastion  3,  an 
welcher  die  Bresche  schon  fast  gelegt  und  die  zu  sinken  begann, 
ebenso  die  Couvreface  und  Ravelin  Nr.  8. 

Am  Abend  des  3.  Mai  begann  man  preussischerseits  mit  dem 
Ausheben  der  zweiten  Parallele.  GM.  von  J  e  e  t  z  e  deckte  mit  der 


*)  Festungs-Journal.  (Archiv. zu  Nachod.) 

2)  Der  dienstbare    Stand    der  Besatzung    in   der  Zeit  vorn  28.  April  bis 
2.  Mai  1741  betrug: 

Wallis  10  Compagnien 607  Mann 

Botta  5  Compagnien 220      „ 

Zugetheüte 21      „ 

Browne  5  Compagnien 217      „ 

Zugetheüte 64      ,, 

Frei-Compagnie ■   .    .    .    .  268      ,, 

Wallis-      . 


Botta-  . 
Browne- 


Grenadiere   247 


Summa  .    .    .    1644  Mann 
Der  Verpflegsstand  dagegen  betrug  in  dieser  Zeit  1863  Mann.  Rapports- 
Tabelle.  (Archiv  zu  Nachod.) 


321 

Laufgrabenbesatzung  die  Arbeit,  welche  um  9  Uhr  begonnen  und 
von    zwei    Arbeitergrappen    in    der   Stärke    von    je    7    Officieren, 

2  1  Unterofncieren  und  300  Mann  ausgeführt  wurde.  Vom  rechten 
und  linken  Flügel  der  ersten  Parallele  aus  vorgeschoben  und  durch 
Laufgräben  mit  ihr  verbunden,  bestand  die  zweite  Parallele  aus 
zwei  getrennten  Theilen,  die  sich  den  weitest  herausliegend  ei. 
Stellen  der  Contreescarpe  bis  auf  GO  Meter  näherten.  Auch  an 
Batterie  Nr.  4  wurde  weitergearbeitet,  doch  deren  Bau  nicht 
beendet. l) 

Am  4.  Mai,  5  Uhr  Morgens  begann  das  Feuer  aus  den  preus- 
sischen  Batterien  von  Neuem.  Die  Geschütze  des  Verteidigers 
wurden  demontiert,  so  dass  von  den  Wällen  das  starke  Feuer  des 
Belagerers  nur  noch  sehr  schwach  erwidert  werden  konnte. 

Die  Geschützbedienung  erklärte,  auf  den  Werken  nicht  mehr 
aushalten  zu  können,  da  die  Geschütze  unbrauchbar  geworden,  die 
Werke  beschädigt,  deren  Flanken  in  Trümmer,  die  Escarpen  ge- 
sunken, die  Bresche  an  Bastion  3,  ebenso  in  der  Flanke  von  4 
bereits  gelegt  sei. 

Nachdem  es  also  mit  der  Belagerung  der  Festung  so  weit 
gekommen  und  der  Feind  einen  Sturm  zu  beabsichtigen  schien, 
liessGFWM.  Graf  Pic  c  olomini  die  Stabsofficiere  :  die  Obersten 
Baron  de  Fin,  Pettinger,  Oberstlieutenants  Baron  Oosa, 
B  o  o  c  h  ar  d,  Oberstwachtmeister  Grafen  G  o  r  a  n  i,2)  den  Ingenieur- 
Hauptmann  von  Sully  und  die  Artilleristen  zu  sich  berufen,  um 
denselben  den  Stand  der  Festung  vorzutragen  und  „der  versam- 
melten Herren  Meinung"  darüber  zu  vernehmen.3) 

Das  Resultat  der  Verhandlung  war  der  Beschluss,  den  Grafen 
Gorani  mit  einem  Tambour  zum  König  von  Preussen  zu  schicken 
und  einen  Waffenstillstand  auf  einige  Tage  zu  begehren,  um  dem 
FM.  Grafen  Neipperg  über  die  Lage  der  Festung  berichten  zu 
können.  Oberstwachtmeister  Gorani  traf  den  König  von  Preussen 
in  Hermsdorf,  trug  seinen  Auftrag  vor,  wurde  aber  von  König 
F  r  i  e  d  r  i  c  h  IL  bezüglich  des  Begehrens  um  Einstellung  der  Feind- 
seligkeiten abgewiesen.     Der  König    wollte    nur  vier  Stunden  Zeit 

1)  Kriege  Friedrich  cl.  Gr.  I,  31. 

2)  Die  Verhandlung  dieses  Festungsrathes  gibt  Anhang  XLIX. 

3)  Oberstwachtmeister  Graf  Gorani  des  Regiments  Marulli,  welcher  vom 
Hof-Kviegsrathe  die  Erlaubniss  erhalten  hatte,  der  Campagne  in  Schlesien  als 
Volontair  beizuwohnen,  war  in  der  Schlacbt  bei  Mollwitz  von  den  Preussen 
gefangen  genommen  worden,  denselben  aber  in  .Im,,  Getümmel  von  dem 
Schlachtfelde  entkommen  und  in  diu  Festung  Brie«;  gelang. 

Oesterreiohischer  Erbfolgekrieg.  II.  Bd.  _'l 


322 


gewähren,    innerhalb  welcher  die  Festung  zu  übergeben  sei,  deren 
Garnison  werde  als  Kriegsgefangene  behandelt  werden. 

Als    Oberstwachtmeister    Graf    Gorani    mit    dieser    Antwort 
zurückkam,    wurde  in  einer  über  die  Proposition    des  Königs    von 
Preussen  gehaltenen  Conferenz  beschlossen,  Gorani  nochmals  an 
den  König    mit    dem    bestimmten  Antrage    zu    senden,     dass  Graf 
Pico olo mini  nicht  anders  die  Festung  übergeben  werde,  als  gegen 
freien  Abzug  der  sämmtlichen  Garnison  mit  klingendem  Spiel  und 
fliegenden  Fahnen   —    oder  den  weiteren  Angriff  gewärtigen  wolle. 
Trotzdem   bei  der  zweimaligen  Absendung   des  Parlamentairs 
durch  den  Tambour  „Ruf  geschlagen"  und  durch  solchen  ein  Still- 
stand   wegen    zu    verhandelnder  Capitulation  verlangt  wurde,   fuhr 
der  Belagerer  dennoch  fort,  aus  allem  Geschütz  zu  feuern  und  warf 
von  Früh  bis  gegen  Mittag  484  Bomben  in  die  Festung,  wodurch 
3  Mann  der  Besatzung  getödtet  und  vier  verwundet  wurden.  König 
Friedrich  IL,  dem  daran  lag,  die  Belagerungs-Truppen  wieder  für 
die  Operation  verfügbar  zu  haben  und  in  der  Besorgniss,  die  öster- 
reichische   Armee    könne   Entsatzversuche  unternehmen,  gieng  auf 
die   Bedingungen    des  Festungs-Commandanten   ein   und   liess   um 
1  Uhr  Mittags    die    Feindseligkeiten  einstellen.  Graf  Gorani  kam 
mit  dempreussischen  Obersten  und  General- Adjutanten  von  Borcke 
in  der  Festung  an,  wo  die  einzelnen  Puncte   der  Capitulation  for- 
muliert wurden. 

Dieselbe  setzte  freien  Abzug  der  Garnison  mit  militärischen 
Ehren  fest,  dagegen  übernahmen  Officiere  und  Soldaten  die  Ver- 
pflichtung, vom  Tage  der  abgeschlossenen  Capitulation  im  Laufe 
zweier  Jahre  gegen  den  König  von  Preussen  nicht  im  Felde  zu 
dienen  und  die  diese  Verpflichtung  verschärfende  Clausel :  ,, niemals 
wider  den  König  von  Preussen  in  Schlesien  zu  agieren."  r) 

Vermöge  der  geschlossenen  Capitulation  besetzte  eine  preussi- 
sche  Grenadier-Compagnie  noch  um  8  Uhr  Abends  das  Breslauer 
Ravelin,  wogegen  die  daselbst  gestandene  Grenadier-Compagnie 
des  Wenzel  Wallis'schen  Regiments  sich  bis  in  das  innere  Thor 
zurückzog,  worauf  am  5.  Mai  in  der  Frühe  das  Zeughaus,  Munition 
und  der  noch  vorräthige  Proviant  übergeben  wurde. 

Um  8  Uhr  Morgens  des  5.  Mai  rückten  zwei  preussische 
Bataillone  in  die  Festung,  die  bisherige  Garnison  sammelte  sich 
auf  dem  Platze  zum  Abmarsch.  Inzwischen  brachte  die  Bürger- 
schaft an  einem  Eckhaus  das  preussische  AVappen  au. 


])  Der  Wortlaut   der  Capitulation  Anhang  I-. 


323 


Gegen  Mittag  erfolgte  dann  der  Abzug  der  Garnison. 
welche  noch  aus  1610  Gesunden,  dann  242  Kranken  and 
Blessierten,  im  Ganzen  aus  1852  Mann  bestand.  Die  Kranken 
und,  Verwundeten  wurden  auf  Schiffen  bis  Oppeln,  sodann  aber 
weiter  zu  Land  mit  Vorspann  bis  Neisse  gebracht,  wobei  ein 
Lieutenant  von  Wenzel  Wallis  mit  30  Commandierten  als  Es- 
corte  diente.  }) 

Die  Truppen  selbst  rückten  gegen  1 1  Uhr  aus  der  Festung 
Der  König  von  Preussen  hielt  zu  Pferd  vor  dem  Breslauer  Thor 
und  hess  sie  vorüberziehen,  „gleich  wie  aber  die  von  dem  Feind 
gemachte  Spalier  dergestalten  enge  geschlossen  gewesen,  dass 
durch  dieselbe  nur  ein  Wagen,  die  Mannschaft  aber  drei  Mann 
hoch  hat  durchmarschieren  können,  als  sind  vor  den  feindlichen 
Truppen  unter  währendem  Durchmarsch  uns  viele  und  zwar  die 
schönsten  Leute  abgenommen  worden  und  hat  sich  nach  Einrückung 
m  die  erste  Nachtstation  nach  eingegebenem  Rapport  gezeigt 
dass  unter  währendem  Ausmarsch  414  Köpfe  von  der  Garnison  bei 
dem  Feind  theils  freiwillig,  theils  mit  Gewalt  zurück  ver- 
blieben sind."  2) 

_  GFWM.  Graf  Picolomini  zeigte  am  folgenden  Tage  die 
Kapitulation  der  Festung  dem  Armee  -  Commandanten  an.  Die 
Truppen  marschierten  am  6.  Mai  bis  Grottkau, 3)  von  dort  auf 
Neipperg's   Befehl  weiter  nach  Neisse.4) 

Das  Bataillon    und    beide  Grenadier-Compagnien    von    Botta 
wurden  dann  nach  Eger,  die  beiden  Bataillone  von  Wenzel  Wallis 
nebst  dem  Bataillon  Browne,  sowie  die  Grenadier-Compagnie  nach 
Prag  verlegt. 

Dem  GFWM.  Grafen  P  i  c  c  o  1  o  m  i  n  i  selbst  wurde  im  Laufe 
des  Jahres  das  Werbewesen  im  Reich  zugewiesen ;  Oberst  Baron  de 
F  i  n  gieng  vorläufig  nach  Wien,  um  über  die  Blokierung  und  Be- 
lagerung Briegs  mündlich  Bericht  zu  erstatten. 

p  Lieutenant  Richter  von  Wallis,  welcher  diesen  Convoi  commandierte 
meldete  am  8.  Mai  aus  Oppeln,  er  sei  mit  der  Bagage  und  den  Krankon  von 
Brieg  dort  angelangt,  doch  seien  „bei  dieser  Occasion  oder  mehr  Confusion 
viele  Leute  „och  unter  die  Preussen  gelaufen,  auch  sechs  Schiffe  von  hier 
nach  ßatibor  echappiert."  (Fürst!    Schaumburg-Lippe'sches  Archiv  ) 

2)  Festungs-Journal. 

?i  Militärische  und  politische  Actenstücke.  Nr.  18. 

«)  Die  Standes-Tabelle  der  in  Brieg  gestandenen  Garnison  vom  9.  Mai 
1/41,  Anhang  LI. 

21* 


324 

Am  7.  Mai  wurde  in  den  katholischen  und  protestantischen 
Kirchen  der  eroberten  Festung  das  Te  Deuni  laudamus  ge- 
sungen ;  auch  das  erstemal  der  König  von  Preussen  in  das 
Kirchengebet  eingeschlossen,  vor  dem  Herzog  von  Holstein 
aber  der  Eid  der  Treue  abgelegt. J)  Trotzdem  wurden  am  10.  der 
Stadt  wegen  der  Glocken 2)  6000  Gulden  abverlangt,  die  auch 
gezahlt  wurden.  8) 


1)  Dies  geschah  nach    S  e  e  g  e  b  a  r  t's    Tagebuch,  42  schon  den  6.  Mai. 

2)  Dafür,  dass  die  Glocken  nicht  weggenommen  wurden,    eine  seit  dem 
30jährigen  Kriege  üblich  gewordene  Motivierung  der  Contributionen. 

3)  Die  Belagerung    von  Brieg.     Ztschffc,  f.  Gesch.  u.   Alterth.  Schlesiens 
1862,  IV,  38. 


Der  kleine  Krieg  in  Schlesien. 


Die  Unternehmungen,  welche  FM.  Graf  Neip  p  erg  zur  Be- 
unruhigung der  Cernierungs-Truppen  von  Brieg  auf  dem  rechten 
Oder-Ufer  beabsichtigt  und  mit  deren  Ausführung  er,  bis  zur 
Ankunft  des  GFWM.  Conte  d'0 1 1  c  n  e  in  Oppeln,  den  Oberst 
Baron  Trips  von  Splenyi-Husaren  beauftragt  hatte,  wurden  durch 
die  Uebergabe  der  Festung  gegenstandslos. 

Oberst  Baron  Trips  war  mit  einem  Husaren-Commando 
von  Neisse  nach  Oppeln  aufgebrochen ;  er  sollte  die  dort  befind- 
lichen Commandierten  von  Csaky-Husaren,  den  Raaber  Husaren  und 
von  dem  über  Troppau  inzwischen  wenigstens  theilweise  dort  ein- 
getroffenen Kärolyi'schen  Husaren-Regimente  ein  Commando  von 
000  bis  800  Mann  zusammensetzen,  die  preussischen  Cernierungs- 
Truppen  am  rechten  Oder-Ufer  beunruhigen  und  die  Brücken  bei 
Paulau  und  Bliesen  verbrennen.  D'0  Hone  selbst  hatte  den  Rest 
des  Podstatzky'schen  Cürassier-Regiments  heranzuführen  und  mit 
den  vom  gedachten  Regimente  schon  zu  Oppeln  befindlichen  150 
Pferden  das  Unternehmen  des  Husaren-Detachements  zu  unter- 
stützen. Im  Falle  übrigens  d'0  Hone  bei  des  Obersten  Trips  An- 
langen in  Oppeln  dort  noch  nicht  eingetroffen,  hatte  der  Letztere 
den  Befehl,  allein  vorzugehen.  v) 

Leider  gieng  Brieg  inzwischen  verloren  und  die  geplante  Di- 
version wurde  nur  insoweit  ausgeführt,  dass  der  am  5.  Mai  zu 
<  >ppeln  eingetroffene  GrFWM.  Graf  d'Ollone  am  <;.  Mai  vor 
Tagesanbruch  den  ebenfalls  am  Vortage  dort  angekommenen  Oberst 
Baron  Trips  mit  340  Husaren   nach  Poppelau  entsendete  und  mit 


')   FM.  N  e  i  p  p  e  r  g  an  GFWM.  d'0  Hone.  (K.  A..  Schlesien  1741  :  V.  4.) 


32  G 

den  Oürassieren  nachzurücken  im  Begriff  war,  als  eine  Patrouille 
die  Meldung  brachte,  dass  Brieg  bereits  capituliert  habe.  Oberst 
Baron  Trips  zog  sich  auf  diese  Nachricht  hin  zurück  und  Hess 
nur  als  Beobachtungsposten  vorläufig  einen  Rittmeister  mit  100 
Pferden  in  Poppelau  zurück. 

Aus  dem  Lager  von  Neisse  war  am  20.  April  GFAVM.  Baron 
Baränyai  mit  700  deutschen  Pferden  und  500  Husaren  gegen 
Strehlen  entsendet  worden,  um  die  Verbindungen  und  Etapenlinien 
des  preussischen  Heeres  zu  beunruhigen.  r) 

Am  22.  April  waren  Husaren-Abtheilungen  dieses  Commandos 
vor  Mollwitz  erschienen,  jedoch  mit  geringem  Verluste  abgewiesen 
worden.  Nichtsdestoweniger  dehnten  sie  die  Streifungen  bis  vor 
die  Thore  von  Breslau  aus,  hoben  auf  der  Strasse  Ohlau — Breslau 
eine  kleine  preussische  Abtheilung  auf  und  nahmen  einen  AVagen 
und  acht  Geschütze.  König  Friedrich  liess  in  Folge  dessen  die 
aus  2  Bataillonen  bestehende  Besatzung  von  Breslau  mit  600  Mann 
verstärken  und  detachierte  den  Oberst  von  Selchow  mit  1000 
Mann  Infanterie  und  400  Reitern,  um  die  Strasse  Ohlau — Breslau 
durch  Posten  zu  sichern.  Am  30.  April  wurde  der  gegen  Baränyai's 
Streifung  mit  1500  Pferden  entsendete  General  von  Bredow 
unweit  AVansen  von  einem  400  Mann  starken  Commando  des  un- 
garischen Generals  angegriffen  und  mit  Verlust  von  etwa  GO  Mann 
und  einigen  Gefangenen  zum  Rückzuge  genöthigt. 2) 

Baränyai  hatte  am  15.  Mai  in  Erfahrung  gebracht,  dass 
ein  preussischer,  aus  etwa  600  AVagen  bestehender  Transport  bei 
Schweidnitz  zusammengebracht  worden,  um  unter  Bedeckung  von 
400  Mann  nach  dem  Mollwitzer  Lager  abzugehen.  Er  brach  desshalb 
am  IG.  nach  Rothschloss,  etwa  5  Kilometer  von  Heidersdorf,  dem 
Kreuzungspuncte  der  Strasse  Reichenbach — Strehlen  und  Breslau — 
Frankenstein  auf,  in  der  Absicht,  den  Convoi  aufzuheben.  Preussischer- 
seits  hatte  man.  um  die  Strassen  in  der  Gegend  von  Strehlen  zu 
sichern,  am  IG.  ein  Detachement  von  G00  Husaren  und  300  Dra- 
gonern unter  Commando  des  Obersten  von  AVurmb  der  Berliner 
Leibcorps-Husaren  aus  dem  Lager  von  Mollwitz  abgesendet.  Dieses 
Commando    erhielt    bei    seinem  Anmärsche    noch   am  selben  Tage 


J)  Die  Zusammensetzung  dieses  Streif-Corps  war  eine  ganz  eigenartige. 
Es  bestand  aus  Mannschaften  von  7  Cürassier-,  5  Dragoner-  und  5  Husaren- 
Regimentern. 

-)  Kriege  Friedrich  d.  Gr.  Tl.  52  u.  Lutsch'  Tagebuch. 


327 

Nachricht  von  der  Anwesenheit  einer  stärkeren  österreichischen 
Streifpartei  bei  Rothschloss.  Der  preussische  Öbersl  ordnete  in 
Folge  dessen  für  die  frühesten  Morgenstunden  des  17.  Mai  den 
Vormarsch  von  Streuen  gegen  Rothschloss  an.  Die  Dragoner 
wurden  nördlich  um  den  Ort  gegen  den  Uebergang  der  Strasse 
Rothschloss  —  Heidersdorf  über  die  Grosse  Lohe  vorgesendei  : 
die  Husaren  unter  Oberstlieutenant  von  Zieten  wandten  sich 
gegen  das  Dorf  Rothschloss.  Um  4  Uhr  Früh  griff  Zieten 
das  wohl  nicht  genügend  gesicherte  österreichische  Husaren- 
Commando  an  und  sprengte  dasselbe  nach  dreimaliger  Abwehr 
auseinander.  Die  Strasse  nach  Heidersdorf  war  durch  die  preussi- 
schen  Dragoner  gesperrt,  es  blieb  also  in  dem  Sumpf-Terrain  nur 
der  etwa  1000  Meter  lange  Damm  zum  Rückzug  übrig,  der  nach 
Senitz  führt,  wobei  durch  das  Feuer  der  preussischen  Dragoner  und 
vermuthlich  einiger  mitgeführter  Geschütze  starke  Verluste  ver- 
ursacht wurden.  Baranyai  gieng  nach  Frankenstein  zurück ;  er 
hatte  2  Stabsofficiere,  1  Rittmeister  und  etwa  80  Mann  an  Todten, 
Verwundeten  und  Gefangenen  verloren.  Der  preussische  Verlust 
soll  nur  1  Unterofficier,    (3  Mann  und    8  Pferde  betragen  haben. J) 

Mit    den  über  Jablunkau   herangerückten  Verstärkungen   liess 


&" 


FM.  Graf  N  e  i  p  p  e  r  g  die  Posten  auf  dem  rechten  Neisse-Ufer 
von  Bielitz  bis  Schurgast  abwärts  verstärken.  Der  zu  Kirchberg 
an  der  Neisse  mit  100  Pferden  stehende  Rittmeister  Graf  St. 
Germain  von  Hohenems-Cürassieren  erhielt  nach  der  Uebergabe 
der  Festung  Brieg  den  Befehl,  die  drei  Neisse-Brücken  zu  Mickelau. 
Löwen  und  Schurgast  zu  zerstören  und  nach  Neisse  zur  Armee 
einzurücken.  Der  Husaren-Posten  sollte  in  Kirchberg  bleiben. 

GFWM.  Conte  d'O  Hone  wurde  beauftragt,  mit  den  vorläufig 
eingetroffenen    7  Podstatzky'schen  Cürassier-Compagnien    und  den 


a)  Kriege  Friedrich  d.  Gr.  II,  53.  In  den  Acten  findet  sich  keine  Rela- 
tion über  dies  Scharmützel  vor.  L  utsch'  Tagebuch  verzeichnet  am  17.:  „man 
vernahm,  dass  heute  Früh  um  4  Uhr  General  Baräny  ay,  nachdem  er  nach 
Rothschloss  sich  gezogen  und  von  dem  dortigen  feindlichen  Magazin  etliche 
90  Wagen  voll  anhergeschickt  hatte,  von  dem  Feind  überfallen  worden  und 
seien  unsererseits  etliche  60  Mann  theils  getödtet,  blessiert  und  gefangen  worden 
unter  letzterem  befinden  sich  der  Dessewffy'sche  Oberstlieutenant  D  e  ss  e  w  H'v 
der  Pestvärmegyei'sche  Oberstwachtmeister  Kälnoky  und  Rittmeister  Ganser 
von  Seherr.  Von  den  feindlichen  Gefangenen  wurden  10  Husaren  hier  ein- 
gebracht." Neipperg  beziffert  in  einer  Relation  an  den  Grossherzog  den 
Verlust,  ausser  den  angegebenen  Offieieren,  auf  etliche  30  Mann  und  Pferde 
von     der  Cavallerie    und  40  bis    50  Husaren.    (K.   A..     Schlesien   1741:    V.  67) 


£28 

Komorner  und  Raaber  Husaren-Frei-Compagnien  (4000  bis  5000 
Mann  stark)  in  Falkenberg  Stellung  zu  nehmen.  Das  Karolyi'sche 
Husaren-Regiment,  dessen  eine  Colonne  am  7.,  der  Rest  am  9.  Mai 
in  Oppeln  eintraf,  sollte  unter  d'O  Hon  e's  Commando  treten. 

In  einem  Rencontre  mit  einer  stärkeren  preussisclien  Abtheilung 
bei  Kehlen  (Alt-Köln),  11.  Mai,  wurde  der  auf  Streifung  mit  60 
Pferden  ausgesendete  Rittmeister  von  Kärolyi,  Rebitzky  ge- 
fangen und   14  Husaren  verloren. 

Oppeln  blieb  mit  60  .Cürassieren  und  Husaren  besetzt,  die 
Neisse-Linie  wurde  durch  Husaren-Detachements  gesichert  und 
sämmtliche  Schiffe  auf  das  rechte  Ufer  des  Flusses  gebracht.  Oberst 
Baron  Trip  s  rückte  mit  den  Splenyi'schen  Husaren,  die  er  zur 
geplanten  Unternehmung  vor  Brieg  aus  Neisse  mitgenommen  hatte, 
von  Oppeln  wieder  im  Hauptlager  der  Armee  ein.  Am  19.  Mai 
traf  dann  der  letzte  Staffel  des  Podstatzky'schen  Cürassier-Regi- 
ments,  in  6  Compagnien  bestehend,  in  Falkenberg  ein.  D'O  Hone 
Hess  jenseits  der  Neisse  nur  kleine  Beobachtungs  -  Patrouillen, 
höchstens  5  Mann  stark,  ausgehen,  da  starke  preussische  Cavallerie- 
Abtheilungen  in  Pogarell  und  überhaupt  in  den  Ortschaften  an  der 
Löwen — -Ohlauer  Strasse  cantonnierten. 

Die  Zuvorkommenheit  des  Commandanten  der  österreichi- 
schen Armee  gieng  so  weit,  dass  er  auf  Ansuchen  des  FM. 
Grafen  Schwerin  *)  nach  eingeholter  Bewilligung  der  Königin, 
eine  nicht  unwichtige  Persönlichkeit,  den  königlich  preussischen 
Geheimen  Rath  von  Reinhard,  welcher  im  Vereine  mit 
dem  Geheimen  Rath  von  Münchow  an  der  Spitze  des  preussi- 
schen Kriegs  -  Commissariats  in  Breslau  stand  und  sich  unter 
den  Personen  befunden  hatte,  welche  am  10.  April  unter  König 
Friedrich's  Suite  gefangen  wurden2),  durch  eine  vom  GF WM. 
d'O  Hone  beigestellte  Escorte  des  Kärolyi'schen  Husaren-Regi- 
ments in  das  preussische  Lager  zurücksendete. 3)   Der  ebenfalls  bei 


J)  Mitthlgn.  des  k.  und  k.  K.  A.,  N.  F.  1888,  II,  227,  228. 

2)  Ebenda,  N.  F.  1887,  I,  210. 

3)  Mit  Schreiben  vom  24.  Mai  zeigte  FM.  Seh  w  e  r  i  n  an,  dass  der  Geh. 
Rath  von  Reinhar  d,  Oberstlieutenant  von  Buggenhagen  und  der  Feld- 
prediger des  Schwerin'schen  Regiments,  nebst  einem  königl.  Reitknecht  im 
preussischen  Lager  angekommen  seien  und  bedankte  sich  im  Namen  des 
Königs,  sowie  im  eigenen  für  diese  Zurücksendung.  (K.  A  ,  Schlesien  XIII, 
6./16.)  Ein  Breslauer  Brief  vom  12.  Juni  bemerkt :  „Dem  Land  ist  ein  grosser 
Schaden  zugewachsen  durch  die  Freilassung  des  Reinhard,  welcher  an- 
jetzo    seine    kriegscommissariatischen    Operationen    weit    härter    als    vormals 

fortstellt."    VI.  ad  2(5  b.) 


329 

Molhvitz  gefangene  französische  Gelehrte  Mr.  de  Maupertuis 
war,  anf  Befehl  des  Hofes,  von  Neipperg  nach  Wien  gesandt, 
dort  mit  Auszeichnung  behandelt  und  über  Prag  nach  Berlin 
zurückgeschickt  worden. 

Ausser  dem  Leopold  Daun'schen  Regiment,  dessen  beide  erste 
Marsch-Colonnen  Göding  schon  am  1.  Mai  passiert  hatten,  während 
die  dritte  unmittelbar  folgte,  wurden,  wie  bereits  erzählt,  zur  Ver- 
stärkung für  die  schlesische  Armee  noch  zwei  in  Ober-Oesterreich 
stehende  Max  Starhemberg'sche  Bataillone  und  aus  Steyermark  zwei 
AVurmbrand'sche  Bataillone,  nebst  ihren  Grenadier-Compagnien  be- 
ordert, ebenso  3009  Warasdiner,  unter  Commando  des  Obersten 
Grafen  Strassoldo,  die  ursprünglich  für  Ober-Oesterreich  bestimmt 
waren.  Letztere  trafen  am  2.  Mai  mit  ihrer  ersten  Colonne  bereits 
in  Wien  ein  und  nahmen  ihren  Marsch  durch  Mähren,  dann  über 
Jägerndorf  nach  Neisse.  Die  beiden  ungarischen  Freiwilligen-Caval- 
lerie-Regim enter,  jedes  800  Mann  stark,  wurden  über  Jablunkau 
instradiert,  v)  deren  erstes  am  4.  Mai  von  Waitzen,  das  zweite  am 
15.  Mai  aufbrach.  Die  Jazygier  und  Kumanier,  zwei  Compagnien, 
(Oberstlieutenant  Podratzkjr)  waren  im  Anmarsch  und  trafen  am 
19.  Mai  in  Jablunkau,  am  20.  in  Teschen  ein. 

Ein  drittes  ungarisches  Freiwilligen-Regiment,  das  die  Comitate 
Pressburg,  Komorn  und  Raab  stellten,  war  in  der  Formierung  be- 
griffen, sollte  mit  Ende  Mai  zum  Ausmarsch  bereit  sein  und  vom 
Grafen  Stephan  Esterhazy  als  Oberst  befehligt  werden.  Diese 
freiwilligen  ungarischen  Truppen  sollte  GFWM.  Graf  Kärolyi 
commandieren. 2)  Das  in  der  Oedenburger  und  Eisenburger  Ge- 
spanschaft eingerückte  d'Olloue'sche  Dragoner  -  Regiment  erhielt 
Marschbefehl,  brach  am  14.  Mai  auf  und  rückte  über  Skalitz  durch 
Mähren  nach  Schlesien. 

Dieses  Regiment  brachte  auch  50  Pferde  mit,  welche  der  Erz- 
bischof von  Kalocsa  für  die  regulären  Cavallerie-Regimenter  ge- 
widmet hatte.  Das  Fürstenthum  Troppau  stellte  freiwillig  50  mon- 
tierte Recruten. 

Es  bezifferten  sich  die  Verstärkungen  für  die  schlesische 
Armee  auf  zwei  Cürassier-,    zwei  ungarische  Reiter-Regimenter,  an 


')  Das  eine  Regiment  commandierte  Oberst  Belesznay,  das  andere 
Oberst  Peter  H  a  1  ä  z. 

-j  FM.  Pälffy  an  GFWM.  Karolyi,  Pressburg,  2.  Mai  1741.  (Gräfl. 
Kärolyi'sches  Archiv,  Budapest.) 


330 

Infanterie,  mit  Inbegriff  des  nach  Troppau  kommenden  Starhem- 
berg'schen  Bataillons,  auf  8  Bataillone  und  3000  Warasdiner.  r) 

Diese  Verstärkungen  ergaben  eine  Summe  von  etwa  9000  bis 
10.000  Mann. 

Durch  Einrücken  von  Reconvalescierten,  sowie  durch  Aus- 
wechslung und  neue  Werbung  hoffte  man  auch  den  Stand  der 
Oombattanten  bei  den  schon  im  Felde  stehenden  Regimentern  wieder 
zu  erhöhen. 

Die  Ergänzung  an  Geschütz,  Munition,  Munitionskarren, 
Protzen,  Schanzzeug  und  Requisiten  erfolgte  theils  aus  dem  Zeug- 
hause zu  Wien,  theils  wurde  sie  dem  GFWM.  Fischer  in  Prag, 
aus  den  Vorrätheil  des  Feld-Artillerie-Hauptcorps  zu  bewirken,  auf- 
getragen. 

Von  Wien  aus  giengen  ferner  zum  Ersatz  für  die  Armee 
2000  Gewehre  nach  dem  Spielberg,  400  Centner  Musketenpulver. 
50  Centner  gegossenes  Kugelblei  und  3000  Flintensteine  ebendahin 
und  nach  Olmütz  ab. 

Von  Generalen  wurden  für  die  Armee  weiter  bestimmt : 
G.  d.  C.  Hohenems,  FZM.  Thüngen,  die  FML.  St.  Ignon 
und  Königsegg,  Leopold  Dan n,  GFWM.  P  a  1 1  a n t,  Marschall 
und  P  r  z  i  c  h  o  w  s  k  y .  2) 

Oberstwachtmeister  Baron  von  der  Trenck  hatte  das  in 
Slavonien  und  Syrinien  zusammengebrachte,  ebenfalls  für  die 
schlesische  Armee  bestimmte  Frei-Corps,  in  945  Mann  bestehend, 
bereits  von  Esseg  in  den  ersten  Tagen  des  Mai  gegen  Wien  in 
Marsch  gesetzt. 

FM.  Graf  N  e  i  p  p  e  r  g  erwähnte  in  seinen  Berichten  vom 
5.  und  6.  Mai  an  die  Königin,  dass  seine  ganze  dermalige  Stärke 
in  ungefähr  10  bis  1 1.000  dienstbaren  Mann  an  Infanterie  und  deutscher 
Cavallerie  bestehe,  mit  welchen  er  sich  der  feindlichen  vereinigten 
Macht,  ohne  einen  ausdrücklichen  Befehl  von  der  Königin  zu 
haben,  nicht  präsentieren  könne.  Zeige  sich  aber  eine  anständige 
Gelegenheit,  über  selbige  einigen  Vortheil  zu  erhalten,  so  werde 
er  solche  gewiss  nicht  aus  der  Hand  lassen.  AVoile  hingegen  die 
Königin  expresse  haben,  dass  er  sich  ohne  den  in  Aussicht 
gestellten  Succurs,    welcher    ohnehin  vor  3    oder  4  Wochen    nicht 


1)  3  Bataillone  Leopold  Daun,    je  2    von  Max  Starhemberg  und  "Wurm- 
brand und  das  bereits  in  Troppau  befindliche  Max  Starhemberg'sche  Bataillon. 

2)  Erlass  des  Grossherzogs  Franz  an  den  Grafen  Neipperg,  Wien, 
1.  Mai   1711.  (Gräfl.  Neipperg'sches  Archiv.) 


331 

einlangen  könne,  abzuwarten  und  ohne  sich  an  die  feindliche  Ueber- 
macht  zu  binden,  in  etwas  einlassen  soll,  ,,so  würde  er  es  gewiss 
auch,  ohne  eines  unglücklichen  Ausschlags  willen  viele  Reflexionen 
zu  mächen,  vor  die  Hand  nehmen,"  inzwischen  werde  er  noch  bei 
Ncisse  stehen  bleiben  und  solange  und  so  viel  als  möglich  diesen 
Ort  und  die  ganze  Gegend  zu  bedecken  und  zu  versichern  suchen.  '  | 

Hierauf  antwortete  der  Grossherzog  am  10.  Mai:  „Von  hier 
ist  es  nicht  möglich,  Ihnen,  wie  Sie  es  wünschen,  zu  sagen,  was 
Sie  thun  sollen,  Sie  sind  dort  viel  mehr  im  Stande,  nach  den  Con- 
juneturen  sich  zu  richten,  indem  ich  mich  ganz  auf  Sie  verlasse, 
was  Sie  als  das  Beste  für  den  Dienst  der  Königin  erachten, 
verabsäumen  Sie  keine  Gelegenheit,  seien  Sie  denn  ruhig  und 
operieren  Sie,  wie  Sie  es  für  zweckmässig  halten"  und  am  16.  des- 
selben Monats  :  „Seien  Sie  beruhigt  über  Ihr  Thun  und  glauben  Sic 
dass,  wenn  ich  Vertrauen  in  Jemand,  wie  Sie  setze,  ich  mich  auf 
den  verlasse  und  sicher  bin,  dass  er  keine  Thorheiten  begehen  wird, 
machen  Sie  also,  was  Sie  den  Interessen  der  Königin  für 
dienlich  halten."2) 

Am  19.  Mai  langte  FML.  Graf  Leopold  Dann  im  Haupt- 
quartier der  Armee  an;  am  22.  rückten  zwei  Bataillone  seines 
Regiments  ein,  denen  zwei  Tage  darauf  das  3.  Bataillon  folgte, 
während  am  23.  die  erste  Colonne  der  Warasdiner,  1000  Mann 
stark,  eintraf.  Kundschafts-Nachrichten  stellten  das  Vorrücken  der 
preussischen  Armee  über  die  Neisse  in  den  Bereich  der  Möglichkeit. 

In  Folge  dessen  wurde  GFWM.  F  e  s  t  e  t  i  c  s,  der  seit  29.  April 
zur  Dienstleistung  eingerückt  war,  am  23.  Mai  mit  (300  Husaren 
und  einiger  deutscher  Cavallerie,  zu  welchem  Detachement  noch 
200  Pferde  von  dem  zu  Bielitz  stehenden  Dessewffy'schen  Husaren- 
Regiment  stossen  sollten,  auf  Recognoscierung  in  die  Gegend  von 
Wamsen  gesendet. 

Im  Hauptquartier  fanden  Berathungen  über  die  vor- 
zunehmenden Operationen  statt,  von  denen  nur  ein  Operations- 
Entwurf  des  FML.  Dann  erhalten  ist,  welcher  folgendermassen 
lautet : 

„Meine  Meinung  geht  dahin,  dass  wir  ohne  weiteren  Zeil- 
verlust uns  in  eine  solche  Verfassung  setzen,  dass  wir  bei  erstem 
Vernehmen,  dass  der  Feind  die  Neisse  passiert,  solchem  in  guter  Ordre 


M  Mittheilungen  des  k.  und  k.  K.  A.,  N.  F.  1888,  II,  232  und  >2:>,\. 
2)  Gräfl.  Neippnrg'sches  Archiv. 


;;h2 

entgegen  vorrücken  und  das  Tempo  nehmen,  da  er  mit  der  Hälfte 
seiner  Armee  die  Neisse  passiert,  selben  wacker  anzugreifen,  wo 
mit  Gottes  Hilfe  an  der  guten  Reussierung  umso  mehr  zu  hoffen, 
da  nicht  das  erstemal,  dass  unter  guter  Anführung  eine  viel 
kleinere  die  grössere  Macht  geschlagen.  Hiezu  ist  auch  uöthig  zur 
Verhütung  aller  Confusion,  dass  man  die  Bagage  wohin  ziehe, 
damit  selbe  bei,  wider  Verhoffen,  erfolgendem  Unglücksstreich,  die 
Retirade  nicht  hindere  und  gar  verloren  gehe.  Bei  diesem  Fall 
sind  auch,  dass  wir  doch  allezeit  noch  im  Stand  sein  können,  die 
böhmischen  Gebirge  zu  erreichen,  mithin  Böhmen  zu  bedecken. 
Sollten  wir  uns  aber  jetzt  retirieren,  so  ist  nicht  allein  Neisse 
mit  ganz  Schlesien  verloren,  sondern  auch  der  Feind  ebenfalls 
Mähren  ravagieren  und  in  Contribution  setzen  kann,  oder  wir 
müssten  uns  theilen  gegen  Böhmen  und  Mähren,  wo  dem  Feind 
umso  leichter  sein  würde,  uns  dergestalten  über  den  Haufen  zu 
werfen,  dann  gleichfalls  in  diese  zwei  Länder  eindringen,  sollten 
wir  auch  den  Feind  die  Belagerung  von  Neisse  vornehmen  lassen 
in  der  Hoffnung,  dass  sich's  so  lang  halten  könnte,  bis  der  noch 
erwartende  Renfort  anlangt,  um  alsdann  es  wieder  zu  entsetzen, 
halte  dafür,  dass  der  Feind  sich  dergestalten  verarbeiten  würde, 
dass  mit  seiner  starken  Artillerie  noch  weniger  als  dermalen  der 
erwünschte  Erfolg  anzuhoffen  wäre,  wohingegen,  da  wir  das  Glück 
haben,  dem  Feind  jetzt  eines  zu  versetzen,  nicht  allein  die  Reoccupe- 
rierung  ganz  Schlesiens  anhoffen  können,  sondern  auch  anclurch 
unsere  Alliierten  mehr  auffrischen,  mit  selben  dann  uns  umso 
leichter  an  dem  Feind  zu  regressieren.  Sollte  der  Feind  aber  über 
der  Neisse  stehen  bleiben,  so  wäre  sich  in  ein  gutes  Lager  zu  setzen 
und  wohl  auf  der  Hut  zu  bleiben,  dass  wir  nicht  überfallen  werden 
können,  wo  inzwischen  der  noch  anzukommende  Succurs  eintreffen 
kann,  wo  alsdann  nach  den  bis  dahin  entstehenden  Umständen  wir 
vielleicht  im  Stand  sein  werden,  den  Feind  selbst  aufzusuchen, 
hingegen  selber  durch  Desertion  und  Krankheiten  sich  mehr 
schwächen  würde ;  wir  aber  ein  solches  zu  besorgen  hätten,  mit 
noch  mehreren  Benehmung  des  Muths  unserer  Leute,  da  wir  uns 
jetzt  retirierten,  auch  vielleicht  andurch  mehr  Leute  verlören  als 
durch  eine  Action,  nicht  minder  der  noch  bleibende  gute  Willen 
der  Leute  uns  gänzlich  fehlen  würde,  ebenfalls  den  Alliierten  die 
Lust  benehmen,  uns  beizustehen,  wo  wir  uns  selbst  zu  erkennen 
geben,  dass  wir  gar  nicht  im  Stand,  uns  selbst  zu  helfen.  Schliess- 
lich, was  helfen  Ihro  Majestät  der  Königin,  unserer  Alier- 
gnädigsten  Frau,  diese  Truppen,  wann  sie  selbe  zu  ihren  Diensten 


333 

nicht  brauchen  kann  und  sollten  sie  sogar  zu  ihrer  Schuldigkeit 
nicht  zu  bringen  sein,  ist  auch  kein  Verlust  an  selben ;  anbei  ist 
aber  die  gute  Kundschaft,  Verfassungen  und  Dispositionen  das  Aller- 
vornehmste  und  ohne  Zeitverlust  ein  solches  in's  "Werk  zusetzen."1) 

Als  am  4.  Mai  die  Festung  Brieg  capituliert  hatte,  wurde  das 
preussische  Belagerungs-Corps  wieder  in  die  Armee  eingereiht. 
Nur  drei  Bataillone  kamen  als  Besatzung  in  die  Festung.  Am  5.  Mai 
waren  im  Lager  von  Mollwitz  40  Bataillone,  61  Escadronen  Caval- 
lerie  und  ü  Husaren-Escadronen  vereinigt.  -) 

König  Friedrich  II.  beschäftigte  sich  nun  mit  dem  Gedanken 
eines  Vorgehens  gegen  Neisse  und  correspondierte  hierüber  auch 
mit  dem  Fürsten  Leopold  von  Anhalt-Dessau,  dem  Com- 
mandanten  der  im  Lager  von  Göttin  zusammengezogenen  Armee. 
Der  Plan,  bei  "Neisse  „unter  der  Faveur  der  Höhe,  so  auf  dieser 
Seite  der  Neisse  ist,  fünf  Brücken  zu  schlagen  und  den  Feind 
unter  den  Canons  von  Neisse  zu  attaquieren  und  wegzujagen,"' 
bestand,  wurde  aber  zunächst  nicht  zur  Ausführung  gebracht, 
sondern  der  Entschluss  gefasst,  vorläufig  nur  bis  Grottkau  zu 
rücken.  Zu  diesem  Zwecke  gieng  Oberst  Dumoulin  am  23.  Mai 
mit  200  Husaren  und  den  Quartiermachern  sämmtlicher  Regimenter 
voraus,  um  den  Lagerplatz  auszuwählen.  Am  26.  Mai  folgte  die 
Armee,  22.000  Mann  Infanterie,  8000  Mann  Cavallerie  und  900 
Husaren. 3) 

Die  Armee  rückte  in  sieben  Colonnen  vor,  deren  mittelste 
von.  der  Artillerie  gebildet  wurde,  während  die  Cavallerie  die 
Flügel-Colonnen  formierte;  die  Infanterie  marschierte  in  Divisionen, 
die  Cavallerie  in  halben  Escadronen.  Zwei  Avantgarden  giengen 
auf  je  500  Schritte  den  Flügel-Colonnen  voraus.  Cavallerie-Patrouilleii 
suchten  das  Gelände  ab.  Die  Bagagen  folgten  den  einzelnen  Co- 
lonnen und  kleinere  Arrieregarden  schlössen  hinter  denselben.4) 

Der  rechte  Flügel  stand  auf  den  Höhen  nördlich  von  Grott- 
kau,    der    linke    erstreckte    sich    bis    an    die    Neisse.     Infanterie- 


1)  „Meinung,  wie  sich  zu  verhalten,  wenn  der  Feind  die  Neisse  passieren 
und  Sonstiges  die  schlesische  Campagne  betreffend"  von  FML.  Graf  D  a  u  n. 
Neisse,  Mai  1741.  (K.  A.,  Memoiren,  XIII,  2.) 

2)  Kriege  Friedrich  d.  Gr.  II,  38. 

3)  Zu  den  im  Lager  von  Mollwitz  versammelt  gewesenen  10  Bataillonen 
war  aus  Schweidnitz  noch  das  2.  Bataillon  Kalckstein  eingerückt,  so  dass  die 
Infanterie  11  Bataillone  stark  war. 

4)  Kriege  Friedrich  d.  Gr.  II,  ö7. 


334 

Feldwachen  waren  bis  an  den  Grottkau-Baeh  vorgeschoben,  der 
die  Front  sicherte  und  über  den  einige  Brücken  hergestellt  wurden. 
Die  Stadt  Grottkau  wurde  mit  50  Mann  Infanterie  besetzt  und  eine 
Husaren- Abtheilung  nach  Alt-Grottkau  vorgeschoben.  Am  27.  Mai 
rückte  ein  preussisch.es  Commando  von  etwa  15  — 1(300  Mann,  aus 
Dragonern  und  Husaren  bestehend,  gegen  die  in  und  um  Mogwitz , 
südlich  von  Friedewalde  stehenden  Sicherungsposten  der  öster- 
reichischen Armee  vor,  das  auch  einen  Rittmeister  mit  acht  Mann 
gefangen  nahm,  von  denen  vier  sich  aber  wieder  sal vieren 
konnten.  Nachdem  die  Unterstützungstrupps  der  Husaren  vor- 
brachen, wurde  jedoch  ein  Lieutenant  und  16  Mann  von  dem 
preussischen  Detachement  gefangen  und  nach  Neisse  eingebracht. 
Ein  Lieutenant  und  15  preussische  Reiter  blieben  auf  dem 
Platze.  l) 

Zwei  Tage  später  rückte  GM.  von  B  r  e  d  o  w  mit  einer  Reiter- 
abtheilung von  3000  Mann  in  südlicher  Richtung  vor, 2)  wurde  aber 
von  den  österreichischen  Husaren,  welche  1200  Mann  stark  waren, 
z  urückgetrieb  en . 

Ein  für  den  30.  Mai  mit  0000  Reitern  bestimmter  grösserer 
Streifzug  unterblieb  und  das  eintretende  Regenwetter  bewog  König 
Friedrich  H.,  seine  Reiterei,  die  am  T.Juni  durch  3  Escadronen 
des  neu  errichteten  Uhlanen-Regiments  Natzmer  verstärkt  wurde, 
in  ausgedehnte  Cantonnierungen  zu  verlegen.  3) 

Am  24.  Mai  Nachmittags  waren  preussische  Infanterie -Ab- 
theilungen in  Löwen  eingerückt  und  wurde  von  ihnen  auf  die  Po- 
stierungen am  rechten  Neisse-Ufer  Feuer  gegeben,  wodurch  jedoch 
nur  ein  Pferd  verwundet  wurde.  3  Husaren,  die  am  jenseitigen 
Ufer  auf  einem  Thurm  als  Beobachtungsposten  standen,  konnten 
nicht  mehr  zu  ihren  Pferden  gelangen  und  wurden  gefangen. 

GFWM.  Conte  d'O  Hone  zog  sich  auf  die  Meldung  dieser 
Vorgänge,  dem  Befehle  des  Feldmarschalls  entsprechend,  mit  dem 
Podstazky'schen  Cürassier-Regimente  von  Falkenberg  in  der  Nacht 
zum  25.  nach  Bielitz,  von  wo  er  folgenden  Tages  in  das  Haupt- 
lager   bei    Neisse    abrückte.     Die    Husaren-Posten    an    der   Neisse 


')  Diese  Verlustangaben  nach  Lutsch'  Tagebuch,  der  das  ßencontre 
unter  dem  26.  Mai  verzeichnet.  „Kriege  Friedrich  d.  Gr.  I,  10"  geben  den  27., 
welche  Datierung  sich  auch  mit  einem  Berichte  vom  30.  Mai  des  österreichi- 
schen Armee-Commandanten  an  die  Königin  deckt,  der  dasselbe  als  „vor 
drei  Tagen"  stattgefunden  meldet 

2)  Lutsch'  Tagebuch  verzeichnet  15  Escadronen. 

3)  Kriege  Friedrich  d.  Gr.  II,  60. 


335 

wurden    beordert,    dass,    im    Falle    ein    feindlicher    Brückenschlag 

zwischen  Löwen  und  Bielitz  unternommen  werden  sollte,  sie  ihre 
Aufstellungen  verlassen  und  zum  Gros  nach  Bielitz  einrücken 
sollten.  Der  Armee-Commandant  beauftragte  am  27.  Mai  noch 
speciell  den  in  Bielitz  am  rechten  Neisse-Ufer  stehenden  Ritt- 
meister Grafen  St.  Germain,  dass  er  auf  die  Bewegungen 
der  preussischen  Armee  wohl  achten  und  im  Vereine  mit  dem 
mit  150  Pferden  abgehenden  und  in  dem  Gelände  am  rechten 
Neisse-Ufer  gut  orientierten  Oberstwachtmeister  des  Kärolyi'schen 
Husaren-Regiments  von  Györi,  „den  Neisse-Strom  diesseits  bis 
zu  dessen  Einfluss  in  die  Oder  wohl  beobachten"  und  verlässliche 
Meldungen    über    die    preussisehen  Bewegungen    einsenden  solle.  1) 

St.  Germain  berichtete  in  Folge  dieses  Befehls  am  29.  Mai 
um  IOV2  Uhr  Nachts  aus  Bielitz  dem  FM.  Grafen  Neipperg, 
„dass  er  seine  Posten,  welche  zu  Rothhaus,  Lassoth,  Bielitz, 
Mahlendorf,  Ellguth  und  Sonnenberg  längs  derNeisse  stehen,  visitiert 
und  dem  Husaren-Rittmeister  in  Kirchberg  den  Posten  an  der 
Brücke  von  Koppitz  zugewiesen  habe.  Alles  sei  gut  bewacht  und 
ohne  ein  aussergewöhnliches  Unglück  würde  ihn  kein  widriger 
Zufall  treffen  und  der  Feind  werde  keinen  Uebergangsversuch 
machen,  von  dem  er  nicht  zeitgerecht  unterrichtet  sei.  Die  Brücke 
bei  Mahlendorf,  von  der  nur  ein  Drittel  unbrauchbar  gemacht 
worden  war,  habe  er  vollständig  verbrennen  lassen.  Da  Sonnen- 
berg  nur  eine  halbe  Meile  von  Kirchberg  entfernt  ist,  habe  er  sich 
auf  die,  jenen  Ort  umgebenden  Höhen  begeben,  von  wo  man  das 
preussische  Lager  vollständig  überblicke. 2) 

Oberstwachtmeister  von  Györi  meldete  ebenfalls  am  selben 
Tage  aus  Gross-Mangersdorf,  dass  er  am  Vortage  dort  ange- 
kommen und  sämmtliche  Posten  verstärkt,  auch,  wo  er  es  noth- 
wendig  erachtete,  neue  aufgestellt  habe.  In  Löwen  ständen  nur 
mehr  150  Mann  Preussen,  etwa  200  Mann  Cavallerie  seien  dort 
gesehen  worden,  welche  aber  am  selben  Nachmittage  wieder 
abmarschiert  seien;  zu  Michelau  stehe  ein  stärkeres  Detachement, 
bei  der  Osseger  Mühle,  oberhalb  Michelau,  befinde  sich  ein  preus- 
sischer  Posten.3) 

Das  Commando  des  Oberstwachtmeisters  von  Györi  wurde 
übrigens    am  30.  Mai    aus    dem  Hauptlager    der  Armee    noch  mit 


l)  K.  A.,  Schlesien  1741;  V,  94. 
'-)  K.  A.,  Schlesien  1741  ;  V,  99. 
s)  K.  A..  Schlesien  1711;  V,  1m> 


...... 

1   Lieutenant  und  40  Husaren  verstärkt.  Rittmeister  St.   derma  in 
blieb  in  Bielitz  stehen. 

Am  30.  Mai  konnte  FM.  Graf  Neipperg  nach  Wien 
melden,  dass  das  ihm  anvertraute  Corps  an  dienstbarer  Infanterie 
8627  Mann,  die  deutsche  Cavallerie  7072  Pferde,  die  Husaren  2825 
Pferde  betragen  habe1);  dass  inzwischen  auch  die  beiden  ersten 
Colonnen  der  Warasdiner  Grenzer  und  die  beiden  Compagnien  der 
Jazygier  und  Kumanier  eingerückt  seien ;  ebenso  der  G.  d.  C. 
Graf  Holienems  und  FML.  Graf  Königs  egg. 

Ebenso  traf  am  nämlichen  Tage  die  erste  Colonne  des  frei- 
willigen ungarischen  Husaren-Regiments  unter  Oberst  Belesznay 
ein,  dem  die  zweite  Colonne  am  2.  Juni  folgte. 

Ausser  der  im  Lager  bei  Neisse  versammelten  Armee  stand  ein 
Bataillon  Max  Starhemberg  in  Troppau  und  Jägerndorf,  500  Com- 
mandierte  vertheilt  von  Olmütz  bis  Ottmachau,  wo  Oberstwacht- 
meister Schmidt  befehligte.  In  Glatz  stand  das  Regiment  Max 
Hessen,  10  Compagnien  von  Carl  Lothringen  und  Kolowrat, 
endlich  4  Compagnien  des  Dragoner-Regiments  Batthyänyi. 2 1 

Die  grosse  Bagage  der  Armee  wurde  gegen  Ende  Mai  nach 
Jägerndorf  abgesendet. 3) 


J)  Infanterie:  Franz  Lothringen,  Carl  Lothringen,  Alt-D  aun,  Harrach. 
Schrnettan,  O'Gilvy,  Thüngen,  Botta,  Baden-Baden,  Leopold  Dann,  Browne 
Granne,  Kolowrat. 

An  Dienstbaren 8627  Mann 

..    Undienstbaren 781       ,, 

..     Commandierten ,  Absenten,   Kriegsgefangenen. 

Kranken    und  Blessierten 6408       „ 

Cavallerie:  Dragoner :  Althann,  Liechtenstein,  Batthyänyi,  Körner, 
Württemberg;  Cürassiere:  Seherr,  Cordova,  Lanthieri,  Hohenzollern,  Podstatzkv. 
Hohenoms,  Diemar,  Birkenfeld. 

An  Dienstbaren  7072  Mann  und  7082  Pferde. 

.,    Undienstbaren  660       „         ,,        655         „ 

,,    Commandierten  etc.  2346       ,,         ,,     134<S         ,, 
(K.  A.,  Schlesien  1741 ;  V,  ad  101  a  und  ad  101  b.) 

Der  dienstbare  Stand  der  Husaren-Regimenter  betrug  am  25.  Mai: 
Csäky  557,  Dessewfiy  401,  Ghylänyi  442,  Pestvarmegyei  493,  Splenyi  387,  Kärolyi 
545,  zusammen  2825  Mann.  (Gräfi.  Neipperg'sches  Archiv.)  Siehe  die  Ordre  de 
bataille,  Beilage  52.  Anhang  LH. 

2)  K.  A.,  Schlesien  1741;  VI,  10. 
s)  Wiener  Diarium  1741,  Kr.  44. 


", 


Der  Mediati  uns- Versuch   Englands. 


Auf  keines  der  europäischen  Cabinete  hatte  der  Tag  von 
Mollwitz  eine  solche  Wirkung  geübt,  wie  auf  das  englische  und 
dessen  Haltung  war  es,  welche  der  Sache  Maria  Theresia's 
den  empfindlichsten  Nachtheil  brachte. 

Durch  die  in  der  englischen  Nation  tief  eingewurzelte 
Ueberzeugung,  dass  in  dem  Kampfe  Maria  Theresia's  gegen 
Friedrich  II.  das  Recht  einzig  und  allein  auf  Seite  der 
Königin  sich  befinde  und  durch  das  immer  lauter  werdende 
Begehren,  die  Sache  des  Hauses  Oesterreich,  wie  es  die  vertrags- 
mässige  Pflicht  und  das  Interesse  Englands  erforderte,  mit  be- 
waffneter Hand  zu  unterstützen,  war  endlich  doch  die  englische 
Regierung,  trotz  der  bisher  durch  Villi  er  s  in  Dresden  einge- 
haltenen doppelzüngigen  Politik,  genöthigt  worden,  durch  eine 
unzweideutige  Kundgebung  für  M  a  r  i  a  T  h  e  r  s  i  a  offen  Partei  zu 
nehmen. 

Am  19.  April  1741  fcheilte  König  Georg  IL  dem  versammelten 
Parlamente  in  feierlicher  Thronrede  die  von  verschiedenen  Seiten 
auf  das  Erbe  des  Hauses  Oesterreich  erhobenen  Ansprüche  und 
das  an  England  gerichtete  Begehren  Maria  Theresia's  um 
Si  eilung  der  vertragsmässig  festgesetzten  12.000  Mann  Hilfs- 
Truppen mit.  Er  habe,  fügte  Georg  II.  hinzu,  die  Könige  von 
Dänemark  und  von  Schweden,  letzteren  als  Landgrafen  von  Hessen- 
<  'a^sel  angegangen,  ihre  in  englischem  Solde  stehenden  Streitkräfte 
und  zwar  Jeder  6000  Mann,  bereit  zuhalten,  um  sie  der  Königin 
von  Ungarn  zu  Hilfe  zu  senden.  Er  sei  damit  beschäftigt,  noch 
andere  Massregeln  vorzubereiten,  um  die  gefährlichen  Anschläge 
scheitern  zu  machen,  welche    auf  Grund   irgend  eines  ungerechtem 

Oesterreichisclicr  Erbfolgekrieg.  II.  IM.  22 


338 

Vorgehens  zum  Nachtheile  des  Hauses  Oesterreich  in  das  Werk 
gesetzt  werden  könnten. 

Er  nehme  daher,  da  die  bisherigen  Geldbewilligungen  un- 
zulänglich befunden  werden  dürften,  neuerdings  die  Hilfe  des 
Parlaments  in  Anspruch,  um  in  den  Stand  gesetzt  zu  werden,  die 
Königin  von  Ungarn  in  ausgiebigster  Weise  zu  unterstützen 
und  durch  alle  möglichen  Mittel  die  Aufrechthaltung  des  Hauses 
Oesterreich,  der  Freiheit  und  des  Gleichgewichtes  Europa's  zu 
bewirken. 

Beide  Häuser  des  Parlaments  billigten  diese  Entschlüsse  des 
Königs  zu  Gunsten  des  Hauses  Oesterreich,  des  alten  und  viel  aus- 
genützten Verbündeten  der  britischen  Krone.  Sie  versicherten  in  ihrer 
Bereitwilligkeit,  auch  die  beträchtlichsten  Opfer  bringen  zu  wollen, 
um  Maria  Theresia  in  dem  Besitze  ihrer  Länder  zu  schützen. 
Das  Haus  der  Gemeinen  votierte  ausser  den  zum  Unterhalte  der 
hessischen  und  dänischen  Hilfs-Truppen  nöthigen  Summen  noch 
oOO.OOO  Pfund  Sterling  zur  Unterstützung  der  Königin  in  dem 
Kampfe  gegen  ihre  Feinde.  König  Georg  selbst  schickte  sich  au. 
sich  in  seine  hannoverschen  Erblande  zu  begeben,  um  dem 
Kriegs- Schauplatze  näher  zu  sein  und  seinen  persönlichen  Einfluss 
zur  Förderung  der  militärischen  Massregeln  geltend  machen  zu 
können.  r) 

Indessen  hatte  das  englische  Ministerium  unmittelbar  nach 
jenem  Parlamentsbeschlusse,  als  Gegenzug,  um  die  etwa  in  Wien  er- 
regten Hoffnungen  wieder  herabzustimmen,  durch  eine  vom  28.  April 
an  Robinson  gesandte  Denkschrift  die  Notwendigkeit  einer 
Verständigung  mit  Preussen  noch  stärker  betont,  als  in  jener  vom 
1(5.  März. 

In  derselben  wurde  ausgeführt,  dass  sich  die  politische  Con- 
stellation  verschärft  habe  und  dass  nur  die  Rücksicht  auf  die  eng- 
lische Vermittlung  den  König  von  Preussen  bisher  abgehalten  habe, 
auf  die  vortheilhaften  Anerbietungen,  die  ihm  auf  Kosten  Oester- 
reichs  von  Seiten   Frankreichs  gemacht  worden  seien,  einzugehen. 

Die  Furcht  vor  einer  Allianz  Frankreichs  und  Preussens 
überwog  alle  Rücksichten,  Belleisle's  Reise  in  das  preussische 
Lager  Hess  dem  Ministerium  Walpole  jede  Zögerung  als  ver- 
derblich erscheinen.  Um  der  Sendung  des  französichen  Unterhändlers 
entgegenzuwirken,  König  Friedrich  H.  von  dem  Abschlüsse 
einer  Allianz  mit    Frankreich    abzuhalten  und    ein  Abkommen  mit 


J)  Arneth,  Maria  Theresia.  1.  211  u.  ff. 


339 

der  Königin  von  Ungarn  und  Böhmen  zu  Stande  zu  bringen, 
Hess  König  Georg  einen  Bevollmächtigten  nach  dem  preussischen 
Feldlager  abgehen,  der  als  lebhafter  Gegner  Frankreichs  und  als 
eitriger  Anhänger  der  grossen  Allianz  galt. 

Es  war  dies  John  Carmichel  Earl  of  Hyndford,  welcher 
am  2.  Mai  in  Breslau  eintraf.1)  Minister  Podewils  beeilte  sich, 
dem  Verlangen  des  englischen  Abgesandten  um  eine  Audienz  bei 
König  Friedrich  zu  entsprechen  und  die  eingeholte  Zustimmung 
dieses  Monarchen  beschied  den  Lord  in  Gemeinschaft  mit  dem 
hannoverschen  Bevollmächtigten  am  preussischen  Hof,  dem  Ge- 
heimen Kriegsrath  August  Wilhelm  von  Schwicheldt,  in  das 
Lager  von  .Mollwitz,  wo  am  7.  Mai  in  des  Königs  Zelt  beide,  der 
englische  Gesandte  zuerst,  empfangen  wurden. 

Der  König  war  sehr  lebhaft  und  erregt  über  Englands  Be- 
nehmen und  die  Erklärungen  König  Georg's  im  Parlamente.  Auf 
Hyndford's  Frage:  was  er  fordere?  antwortete  der  anwesende 
Minister  von  Podewils:  Nieder-Schlesien  und  Breslau ;  und  der 
König  fugte  hinzu:  „die  Königin  von  Ungarn  kann  sich 
glücklich  schätzen,  so  gut  davonzukommen".  „Sie 
sehen,  es  steht  in  meiner  Macht,  mich  zum  Meister  von  ganz 
Schlesien  und  nächstdem  von  Mähren  zu  machen.  Denn  die  kleine 
unbedeutende  Stadt  Olmütz  kann  mich  nicht  aufhalten  und  dann 
sind  alle  Verbindungen  mit  Böhmen  abgeschnitten.  Ungeachtet 
meiner  Siege,  will  ich  indessen  noch  immer  gemässigt  (reasonable) 
sein."  Auf  die  Frage :  ob  er  dann  den  übrigen  Theil  der  prag- 
matischen Sanction  aufrecht  erhalten  und  seine  Stimme  zur  Kaiser- 
wahl geben  wolle?  antwortete  er  mit:  ,,Ja!"2) 


')  Ueber  die  Persönlichkeit  Lord  Hyndford's  spricht  sich  eine  Relation 
des  Gesandten  der  Königin,  des  Freiherrn  von  Jaxheirn,  der  Hyndford  in 
Hannover,  wo  er  am  21.  April  angekommen  war,  kennen  gelernt  hatte,  fol- 
gendermassen  aus:  „Es  ist  dieser  Mylord  im  Uebrigen  ein  sehr  feiner  und  be- 
scheidener Mann,  an  welchem  man  auch  hiesigen  Orts  diejenigen  Eigenschaften 
erkennt,  welche  zu  der  Art  des  gegenwärtigen  Geschäftes  und  in  Ansehung 
der  persönlichen  Beschaffenheit  des  Königs  in  Preussen  erfordert  werden,  so 
dass  man  sich  von  seiner  Negociation  und  Aufführung  in  ein  und  anderem 
Fall  viel  Gutes  verspricht."  (H.  H.  u.  St.  A.,  Expeditionen  nach  Polen  1711. 
Copia  relationis  d.  Ereih.  v.  Jaxheirn.) 

2)  Räumer,  Beiträge  zur  neueren  Geschichte  II,  131.  Carlyle,  „Ge- 
schichte  Friedrich  IL",  III,  351.  Am  ausführlichsten  bei  Grünhagen,  Schles. 
Krieg  I,  382  nach  „Hyndford's  papers"  im  British  Museum.  „Politische  Corre- 
spondenz",  I,  Nr.  367.  „Precis  de  l'audience  que  Mylord  Hyndford  a  eu  du  roi.  ei 
de  son  entretien  avec  SaMajeste"  berichtet:  .,Lager  bei  Mollwitz,  7.  Mai  1741." 

22* 


341 » 


Der     englische     Abgesandte     sondierte     auch     König    Frie- 
drich   II.    bezüglich    eines    Waffenstillstandes,    auf    welchen    der 


'.-,■ 


„Mylord     Hyndford     meldete    dem    Koni-    bei    der    Ueberreiehung 

seines  Beglaubigungs-Schreibens  die  üblicben   Complimente  und  die  stärksten 
Freundschafts-Betheuerungen    seitens  des  Königs    von  England.'' 

„Der  König  erwiederte  ihm,  er  sei  sebr  empfänglich  für  die  Beweise  von 
Freundschaft  und  für  die    Versicherungen,    welche    ihm  Se.  britische  Majestät 
hinsichtlicli  seiner  ehrlichen  Absichten,    einen  dem  König  vortheilhaften  Ver- 
gleich in  der  schlesischen    Angelegenheit    zu  verschaffen,  gegeben  habe,  aber 
er  könne  diese  schönen  Versprechungen  und  Betheuerungen  nicht  in  Einklang 
bringen    mit    der    aneifernden    Rede,    welche    der  König  von  England  seinem 
Parlamente  gehalten  habe,    mit    dem    abmahnenden    Brief,  welchen  er  an  Se. 
Majestät  schreiben  wolle  und  mit  dem  Verhalten,  welches  die  englischen  Mi- 
nister   im    Haag,     in     Dresden     und     Petersburg     beobachtet    haben,     wo    sie 
nicht  aufhörten,  jene  Mächte  zum  Eintritt  in  das  Concert  gegen  Se.  Majestät 
und  zur  offenen   Erklärung    für  die    Königin    von  Ungarn    aufzumuntern." 
..Se.  Majestät  fügte  hinzu,  er  wolle  in  den  wahren  Absichten  des  Königs 
von   England    klar    sehen  ;    man    befinde   sich  in  einer  Krisis,    in  welcher  man 
seine  Partei  nehmen  müsse  :  der  König  lasse  sich  durch  Keinen,  wer  es  auch 
sei,  einschüchtern,  noch  sich  von    der    berechtigten  Verfolgung  seiner  Rechte 
abwendig    machen,    er  würde    anderwärts  Freunde    und  Beistand    finden;    er 
seinerseits    werde    vernünftig    sein,    wenn    man    es    in    Wien    sein  wolle,   der 
Herzog  von    Lothringen    und    das  Haus  Oesterreich  könnten  sich  glücklich 
schätzen,  in   dem   Geiste    des   Königs    soviel  Mässigung  zu  finden  und  dass  er 
die  Vortheile,  welche  er  in  Händen  habe,  nicht  ausnütze,  um  seine  Eroberungen 
weiterzutreiben.    Wolle  man    etwas    für    einen    guten    Vergleich    und    für  die 
Erhaltung   des    europäischen    Gleichgewichtes    thun,    so    sei    es    an    der   Zeit  ; 
sonst  dürfe  man  dem  König  keinen  Vorwurf  wegen  des  Umsturzes  machen.'' 
„Mylord    Hyndford    antwortete  auf  alles  dieses,  der  König  sein  Ge- 
bieter,  sei  aufrichtig  gewillt  und  geneigt,  ernstlich  an  einem  Vergleich  in  der 
schlesischen  Angelegenheit    zu    arbeiten ;    er    wisse    durchaus    nicht,    dass  der 
König,  sein  Herr,  einen  abmahnenden  Brief  an  den  König,  oder  an  die  anderen 
Höfe  schreiben  wolle,  noch  dass  die  Herren  Trevor  im  Haag,  Vi  1  Hers  in 
Dresden    und    F  i  n  c  li  in  Petersburg    eine  andere  Sprache    führten  oder  dass 
sie  di,-   besagten    Höfe    gegen    den  König    in  der    schlesischen  Angelegenheit 
aufmunterten,    sei  es.   in    das  Concert    gegen  den  König    einzutreten,    sei  es. 
anderweitig  zu    handeln  ;    die  aneifernde  Rede    des  Königs,    seines  Gebieters, 
sei  seit    seiner  Abreise  gehalten  worden,    aber    er  werde  über  alles  dieses  an 
uen  Hof  schreiben  und  er  sei  von  der  Ehrlichkeit  überzeugt,    mit  welcher 
der  König,  sein    Herr,    an    einem  Vergleich    arbeiten  würde;    er  werde  sogar 
einen  Courier  an  Herrn    Robinson  in  Wien  senden,  damit  derselbe  diesen 
Hof   dränge,    sich    zu    erklären    und    so  schnell    als  möglich  melde,    wie   weit 
man  damit  sei  ;    aber  er  hoffe,    Se.  Majestät   werde  sich  über  sein  Ultimatum 
aiissprechen.  Her  König  erwiederte,  er  habe  sich  schon  so  viele  Male  hierüber 
erklärt  und  bleibe  darin  fest,  erbrauche  Xieder-Sehlesien  mit  der  Stadt  Breslau." 
„Worauf  Mylord  entgegnete,  er  hoffe,  Graf  Gott  er   werde  zu  Beginn 
der  schlesisch«  p  Angelegenheit   1  >ea i i I't ra tri  gewesen  sein,  die  Bedingungen  dem 


3  t  i 

letztere  jedoch  nur  in  der  Dauer   von  sechs  Monaten    eingehen    zu 
können  erklärte. 

Dem  Empfange  des  englischen  Gesandten  folgte  jener  des 
hannoverschen.  König  F  r  i  e  d  r  i  c  h  II.  sagte  S  c  h  w  i  c  heidi 
gegenüber  zu,  dass,  wenn  „der  König  von  England  ihm  Nieder- 
Schlesien,  nebst  der  Stadt  Breslau  durch  seine  guten  Officia  ver- 
schaffen würde,  Se.  Königl.  Majestät  in  alle  die  von  dem  hannover- 
schen Gesandten  verlangten  Desideria  entrieren  wolle"".  : 


Wiener  Hofe  anzubieten,  indem  er  fragte,  welche  Summe  Geldes  der  König 
daran  wenden  wolle.  Se.  Majestät  antwortete,  er  habe  bis  zu  drei  Millionen 
Gulden  bieten  lassen,  etwas  mehr  oder  weniger  würde  auf  keine  Schwierig- 
keiten stossen,  man  werde  sich  darüber  leicht  verständigen  und  er  schliesse 
sich  den  in  seinem  Auftrag  ehemals  vom  Grafen  Gott  er  dem  Wiener  Hofe  ge- 
botenen Bedingungen  an." 

„Mylord  Hyndford  forschte  den  König  über  einen  Waffenstillstand 
aus  und  Se.  Majestät  antwortete,  er  könne  keinen  andern  bewilligen  als  einen 
sechsmonatlichen." 

„Hierauf  versprach  Mylord  Hyndford.  ebne  Zeitverlust  einen  bei 
sich  habenden  Boten  an  Herrn  Robinson  nach  Wien  zu  senden,  um 
diesen  Hof  zu  veranlassen,  sich  über  das  Ultimatum  des  KöniffS  klar  aus- 
zusprechen  und  ob  er  Nieder  -  Schlesien  zu  den  Bedingungen  abzutreten 
gesonnen  sei,  welche  Se.  Majestät  ehemals  durch  den  Grafen  Gotter 
habe  stellen  lassen.  Er  versprach  auch,  wie  von  ihm  ausgehend,  ohne  den 
König  blosszustellen,  den  Wiener  Hof  hinsichtlich  eines  "Waffenstillstandes  zu 
-  radieren  und  zu  verstehen  zu  geben,  erhoffe,  den  König  dazu  zu  vermögen." 

„Der  König  erwähnte  auch  auf  Schlesien  hypothekisierter  Summen  und 
Se.  Majestät  sagte,  er  erinnere  sich,  dass  er  versprochen  habe,  für  Capital  und 
Interessen  zu  sorgen,  aber  es  sei  billig,  wenn  man  einen  Vergleich  treffe,  den 
Theü,  welcher  nach  gerechter  Vertheüung  auf  das  Haus  Oesterreich  falle,  abzu- 
handeln, was  Mylord  Hyndford  gerechtfertigt  fand."'  (Polit.  Corresp. 
I.  Nr.  367.) 

1)  Am  3.  Mai  hatte  Minister  von  Podewils  aus  Breslau  au  König 
Friedrich  JI.  berichtet,  dass  der  hannoversche  Gesandte  Schwicheldt  den 
Entwurf  zu  einem  geheimen  Vertrage  zwischen  Preussen  und  Hannover  vor- 
gelegt habe.  Man  verspreche  in  demselben  Nieder-Schlesien  mit  Breslau  für 
Preussen  durch  englische  Vermittlung,  fordere  dagegen  Hildesheim,  die  ver- 
pfändeten Aemter  in  Mecklenburg  und  zwei  Aemter  in  der  Grafschaft  Höllen- 
stein für  Hannover.  Podewils  bemerkt  in  seinem  Berichte  noch,  wie 
Schwicheldt  wiederholt  verlangt  habe,  dass  dem  enQ-li.sehen  Gesandten  Mylord 
Hyndford  von  den  Forderungen  und  Uebereinkommen  des  Königs  von 
England  als  Churfürst  von  Hannover  kein  Wort  gesagt  werde,  da  man  sieb 
ausserordentlich  fürchte,  dass  die  Nation  dem  Fürsien  vorwerfe,  seine  Privat- 
interessen mehr  am  Herzen  zu  haben,  als  die  öffentlichen.  Selbst  König 
Friedrich  IE.  fiel  dieses  Doppelspiel  auf,  wie  die  Marginalbemerkungen  auf 
dem  erwähnten  Berichte  beweisen.  Er  findet  die  Angelegenheit  delical  und 
.  srlangt,   vor  der  Audienz    dei    beiden   Gesandten     mit    Podewils    darüber  zu 


342 

Nach  Breslau  zurückgekehrt,  fand  H  y  n  d  f  o  r  d  eine  Weisung 
Harri  ngto  n's,  den  König  von  Preussen  zu  einer  Herabminderung 
seiner  Forderungen  zu  bewegen,  da  man  in  Wien  auf  die  Ab- 
tretung Nieder-Schlesiens  mit  Breslau  nicht  eingehen  wolle.  Es  sei 
von  Werth,  den  Wiener  Hof  überhaupt  zu  Verhandlungen  zu  be- 
wegen. Podewils  widerrieth,  dies  in  einer  Audienz  persönlich 
vorzubringen  und  rieth  dem  Gesandten,  dies  schriftlich  zu  thun. 
Der  König  antwortete  auf  das  Ansuchen  Hyndford's  vom 
9.  Mai  schon  am  folgenden  Tage,  dass  es  nicht  seine  Sache  sei, 
weiteres  Entgegenkommen  zu  zeigen,  er  gedenke  jetzt  ruhig  abzu- 
warten, was  der  Wiener  Hof  antworten  werde.  l)  Aber  bevor  noch 
der  Courier  nach  Wien  expediert  war,  wurde  Hyndford  durch 
die  Nachricht  überrascht,  dass  die  General-Staaten  eine  im  Februar 
beantragte  gemeinsame  Aufforderung  an  den  König  von  Preussen, 
Schlesien  zu  räumen  und  die  Befriedigung  seiner  Ansprüche  den 
Seemächten  zu  überlassen,  am  24.  April  angenommen  hätten  und 
er  jetzt  mit  dem  holländischen  Gesandten  die  Erklärung  dem 
Könige  mitzutheilen  und  denselben  zu  ersuchen  habe,  durch  Zurück- 
ziehung seiner  Truppen  den  Weg  durch  ein  gütUches  Uebereinkommen 
zu  ebnen. 2)  Wenn  nun  auch  die  officielle  Mittheilung  von  jenem 
Beschlüsse  bis  zur  Rückkehr  des  englischen  Couriers,  welcher  die 
am  7.  Mai  vereinbarten  Puncte  nach  Wien  brachte,  verschoben 
wurde,  so  musste  diese  verspätete  Simultanerklärung  nach  dem 
Tage  von  Mollwitz  in  der  That  auf  König  Friedrich  II.  einen  be- 
denklichen Eindruck  machen  und  in  ihm  die  Ueberzeugung  wecken, 
dass  das  englische  Cabinet  in  seiner  widerspruchsvollen  Art  ihn 
zu  täuschen  beabsichtige.  Selbst  Lord  Hyndford  musste  zu- 
gestehen, dass  das  Verfahren  Englands  voller  Widersprüche  sei 
und  nicht  angethan,    des  Königs  Vertrauen  zu    erhöhen  si  und  nur 


sprechen,    „weil  Mich    diese    doppelte  Negociation,    da    der  Hyndford  nicht 
vom  Secret    sein  soll,    etwas    befremden  muss".     (Polit.  Corresp.,   I,   Nr.  363.) 

1)  Polit.  Corresp.  I,  Nr.  369. 

2)  Lord  Trevor,  der  englische  Gesandte  im  Haag,  hatte  Mitte  Februar 
den  General-Staaten  den  Entwurf  zu  einem  Dehortationsschreiben  an  den  König 
von  Preussen  vorgelegt,  durch  das  ihn  beide  Seemächte  gemeinsam  zur 
Räumung  von  Schlesien  auffordern  sollten.  Nach  längeren  Verhandlungen 
kamen  die  General-Staaten  endlich  am  24.  April  zu  dem  Beschluss,  dass  ihr 
Gesandter  mit  dem  englischen  Bevollmächtigten  bei  dem  König  von  Preussen 
eine  mündliche  Vorstellung  machen  solle.  Vergl.  auch  Grünhagen,  Schles. 
Krieg  I,  384. 

3)  „Mr.  Hyndford  ist  genöthigt,  die  in  diesem  ganzen  Benehmen 
liegenden   Widersprüche  zuzugeben  .   .  .  und  er  war  sein'  vorlegen,  als  er  mir 


343 

Podewils'  Bemühungen  gelang  es,  den  König  von  Preussen  bis 
zur  Rückkehr  jenes  Couriers  noch  von  dem  definitiven  Abschlüsse 
eines  Vertrages  mit  Frankreich  abzuhalten. l) 

Ifyndford's  Courier  war  erst  am  13.  Mai  von  Breslau  ab- 
gegangen.2) Am  17.  Mai  brachte  Sir  Thomas  Robinson  das 
Resultat  der  von  Hyndford  im  Mollwitzer  Lager  geführten 
Unterhandlung   dem  Obersten  Hofkanzler  in  Wien    zur  Kenntniss. 

Die  in  einer  an  Robinson  gerichteten  Note  vom  24.  Mai 
niedergelegte  Antwort  des  Wiener  Gabinets  stellt  die  correcte, 
vollkommen  auf  dem  Boden  der  Verträge  fassende  Anschauung 
der  Königin  M  ar  i  a  Theresia  und  ihrer  Regierung  in  das 
hellste  Licht. 

Die  einleitenden  Zeilen  der  Staats -Schrift  beziehen  sich  auf  die 
von  Robinson  am  17.  Mai  überreichte  Note,  auf  den  schon  in 
früheren  Schriftstücken  dem  Gesandten  präcisierten  Standpunct 
des  Wiener  Cabinets ;  sie  setzte  dann  sogleich  mit  der  Klarlegung 
der  Anschauungen  über  einen  Vergleich  überhaupt  und  die  Art 
desselben  ein  und  lautet : 

,,Die  durch  die  Verträge  festgesetzte  Zeit  zur  Anwendung  der 
guten  Dienste  (pour  enrployer  les  bons  offices)  ist  öfter  als  einmal 
verstrichen." 

,,Bei  der  gegenwärtigen  Lage  der  Angelegenheiten  verschlim- 
mert sich  das  Uebel  nur  durch  die  Verzögerung.  Man  kann  sich 
auch  kaum  schmeicheln,  einen  gerechten  und  vernünftigen 
Vergleich  zu  Stande  zu  bringen,  insolange  man  der  Königin 
nicht  in  Entsprechung  der  in  den  Jahren  1731  und  1732  über- 
nommenen Verpflichtungen  beistehen  wird.'"  :1i 

„Der  Weg,  den  man  heute  vorschlägt,  ist  weder  v  e r  ei n- 
bar  mit  der  Aufrechthaltung  der  pragmatischen 
Sanction,  noch  conform  der  Entschliessung,  welche  die  General  - 
Staaten  in  Uebereinstimmung  mit  Grossbritannien  gefasst  haben 
(ont  prises  de  concert),  da  nach  dieser  Entschliessung,  die  weit 
entfernt,  dem  König  von  Preussen  mit  der  Hoffnung  auf  die  Er- 
werbung   eines    Theiles    von    Schlesien    zu    schmeicheln,    sie    den 

zu  verstehen  gab,    dass  er  selbst  diese  Art    vorzugehen  nicht  billigen  könne.'" 

(Podewils     an     den    König,     Breslau   12.    Mai;     bei     Droysen,     Vi.     263, 

Anmerk.  2.) 

')  Polit,  Corresp.  1,  Nr.  376,  377,  380. 

8)  Am  14.  Mai  passierte  er  Neisse.  (Lutsch'  Tagebuch.) 

3)  16/19  Mars  1731.     Autriche,    Grande-Bretagne,  Hollande.  Paix  et  :.lli- 

ance.  Vienne.  (Tetot,  pag.  43.) 


344 

betreffenden  Gesandten  befiehlt,  ihm  gewichtige  Vorstellungen  zu 
machen,  damit  er  unverzüglich  seine  Truppen  (aus  Schlesien)  zurück- 
ziehe und  sie  sagt  ferner  der  Königin  die  Erfüllung  der 
Verpflichtungen  zu,  im  Falle  die  erwähnten  Vorstellungen  ihre 
Wirkung  nicht  äussern.  Da  man  durch  die  an  Mylord  Hyndford 
gegebene  Antwort  bereits  in  Kenntniss  ist,  dass  die  Vorstellungen 
keinen  Erfolg  haben  werden,  so  kann  nach  einer  so  reiflichen 
und  langen  Verhandlung  nur  noch  davon  die  Rede  sein,  dem,  für 
diesen  Fall  der  K  ö  n  i  g  i  n  gegebenen  Versprechen  Genüge  zu 
leisten". 

, .Alles,  was  soeben  hier  erwähnt,  ist  unwiderleglich  und 
die  Königin  kann  weder,  noch  will  sie  jemals  ihr  unbestrittenes 
Recht  aufgeben :  den  Beistand  ihrer  Verbündeten  kraft  der  Ver- 
träge anzurufen,  die  nicht  erst  abzuschliessen  sind,  sondern  die 
schon  bestehen." 

„Sie  ist  nichtsdestoweniger  einem  Vergleich  mit  dem  König 
von  Preussen  nicht  abgeneigt,  welcher  jedoch,  angesichts  der 
Nichtigkeit  seiner  Ansprüche,  als  wirklich  gerecht  und 
vernünftig  bezeichnet  werden  könnte.  Sie  weiss,  dass  man 
früher  oder  später  zu  einem  solchen  wird  gelangen  müssen.  Sie 
hat  dazu  stets  den  sehr  ernsten  Wunsch  gehegt  und  wird  denselben 
auch  immer  bewahren  ;  der  kürzeste  AVeg,  dahin  zu  gelangen,  wird 
ihr  der  angenehmste  sein.  Aber  sie  glaubt  gleichzeitig,  dass,  damit 
ein  Vergleich  als  gerecht  und  vem  ü  n  f  t  i  g  bezeichnet  werden 
könne,  er  der  Gerechtigkeit  der  Sache  entsprechen  müsse,  sowie 
dem  Geiste  der  Verträge  und  den  Vereinbarungen  mit  dem  Hofe 
von  Sachsen,  zu  welchen  die  Königin  durch  die  lebhaften  Auf- 
forderungen und  die  in  gleicher  Weise  dringenden  und  freund- 
schaftlichen Mahnungen  Seiner  grossbritannischen  Majestät  engagiert 
worden  ist.  Jeder  andere  Vergleich  würde  durch  seine  Folgen  und 
traurigen  Consequenzen  den  Ruin  des  Hauses  Oesterreich,  jenen 
des  Reiches  und  die  vollständige  Zertrümmerung  des  Gleichge- 
wichtes und  der  Freiheiten  Europä's  nach  sich  ziehen." 

„Es  wird  der  Königin  Vergnügen  bereiten,  wenn  Seine 
grossbritannische  Majestät  Ihr  einen  AVeg  zeigen  wollte,  auf 
welchem  man  zu  dem  Ziele  gelangen  könne,  das  man  sich  vor- 
gesetzt, ohne  die  pragmatische  Sanction  zu  verletzen  und  ohne 
sich  alle  die  üblen  Folgen  zuzuziehen,  welche  man  soeben  erwähnt 
hat.  Die  Königin  kennt  keinen,  ausser  der  schnellen  und  wirk- 
samen Hilfeleistung,  welche  sie  nicht  aufhört  und  niemals  auf- 
hören  wird,     anzurufen   und  welche  sie  für  unfehlbar    hält,    voraus- 


345 

gesetzt,  dass  man  nicht  mehr  zögern  will,  sie  zu  leisten.  Ihrer 
Ansicht  nach  ist  dies  nicht  allein  der  sicherste,  sondern  der  einzige 
Weg,  um  am  schnellsten  die  Ruhe  im  Reiche  herzustellen  und 
bevorstehenden,  wie  entfernten  Gefahren  zuvorzukommen  oder  sich 
dagegen  zu  schützen.  Je  mehr  man  sich  beeilen  wird,  der  König]  n 
zu  helfen,  um  desto  mehr  wird  man  den  Vergleich  mit  dem  König 
von  Preussen  befördern,  dem  gegenüber  man  die  friedfertigen 
Dispositionen  der  Königin  geltend  machen  kann  und  deren  auf- 
richtigen Wunsch,  in  Uebereinstimmung  mit  den  oben  angeführten 
Grundsätzen  sich  auszusöhnen  und  mit  ihm  zu  verbinden.  Mylord 
Hyndford  kann  dreist  eine  solche  Sprache  führen,  vorausgesetzt, 
dass  diese  Dispositionen  und  der  AVunsch  der  Königin  nicht 
einen  Augenblick  die  Hilfeleistung  verzögern,  welche  sie  seit  so 
langer  Zeit  anruft,  denn  sie  ist  vollständig  überzeugt,  dass  ohne  dies 
Mittel  man  weder  ihr  Haus,  noch  das  Reich,  noch  Europa  vor  den 
Uebeln  bewahren  wird,  die  man  von  ihnen  abwenden  will."  r) 

Diese  Ablehnung  der  Hy  n  df  or  d'schen  Vorschläge  brachte 
der  Courier  aus  Wien  am  28.  Mai  nach  Breslau.  König  F  r  i  e  d  r  i  c  h  H. 
aber  schloss  nun  mit  Frankreich  definitiv  ab  und  die  seinerseits 
fortgeführten  Verhandlungen  mit  dem  englischen  Abgesandten 
dienten  nur  noch  zur  Verleugnung  und  Verheimlichung  des  Ein- 
verständnisses mit  dieser  Macht,  also  nur  ,.pour  amuser",  wie  der 
beliebte  Ausdruck  lautete. 


')  H.  H.  u.  St..  A.,  England  1741,  Z.  83.  Noten  an  Robinson,  (französisch). 
Concept  von  Bartenstein.  Vergl.  auch  :  Arn  etil,  „Maria  Theresia'',  I,  '225  ; 
„Polit    Corresp.",  I,  Nr.  381. 


Die  Allianzen  der  Gegner  Maria  Theresia's. 


Im  Monate  Juni  treten  die  militärischen  Ereignisse  immer 
mehr  zurück    vor    der  lebhafter  werdenden   diplomatischen  Action. 

In  beiden  Feldlagern  beginnt  man  zu  temporisieren,  auf  der 
einen  Seite,  um  die  Alliierten  zur  Theilnahme  am  Kampfe  zu  be- 
wegen, auf  der  anderen,  um  den  verbündeten  Staaten  Zeit  zu 
geben,  die  Rüstungen  zu  beenden. 

In  Frankreich  begegneten  Regierung  und  Volk  sich  ohnehin 
in  der  Ueberzeugung,  dass  die  so  überaus  günstige  Lage,  wie  sie 
durch  den  Tod  Kaiser  Carl  VI.  und  durch  den  Einbruch  König 
Friedric h  II.  in  Schlesien  geschaffen  worden,  im  vollen  Masse 
ausgebeutet  werden  müsse  und  dass  der  Augenblick  zu  neuer 
Vergrösserung  auf  Kosten  des  Römischen  Reiches  gekommen  sei.  J) 

Am  13.  April  meldete  der  österreichische  Gesandte  in  Paris, 
Ignaz  von  Was  n  er,  der  Königin:  ,,Da  man  den  König 
(von  Preussen)  zur  Ausführung  der  hiesigen  Absichten  in  dem 
Reich  und  zumal  bei  der  Kaiser-Wahl  nöthig  zu  haben  glauben 
dürfte,  so  könnte  gar  wohl  sein,  dass  zwischen  dem  hiesigen  und 
dem  preussischen  Hofe  etwas  in  Geheim  verabredet  und  gehandelt 
werde,  wovon  aber  noch  zur  Zeit  etwas  Verlässliches  oder  Eigent- 
liches nicht  zu  entdecken  gewesen." 

Der  hochbetagte  Cardinal  F 1  e  u  r  y  hatte  zwar  nach  Kaiser 
Carl  VI.  Tode  nicht  allein  gegen  Wasner,  sondern  auch  gegen 
andere  Gesandte  geäussert:  „dass,  obschon  der  Tractat  (mit  Kaiser 
Carl    VI.)    von  dem  Reich    noch    nicht   ratinciert  worden,  solches 


')  Bericht    des  Gesandten    in  Paris    an  die  Königin    Maria  Theresia 
vom  6.  Februar  1741.  '  H.  H.  u.  Str.  A..  Frankreich.  Corresp.  93.) 


347 

nichts    an    der   Sache    ändere    und    Frankreich    seine   Verbindlich- 
keiten dessenungeachtet  erfüllen  werde."  *) 

Thatsächlich  jedoch  stand  Frankreich,  wie  bekannt,  längst  an 
der  Seite  Preussens.     Die  vorbereitende  diplomatische  Action  und 
die  Vermittlung  der  Annäherung  zwischen  Frankreich  und  Preussen 
durch   Camas,  Valory,  Chambrier,  Beauvau,   Belleisle, 
in  seiner  Weise  auch  Voltaire,    sind  bereits  geschildert  worden. 
Die  Minister  und  Hofleute   äusserten  unverhohlen  ihre  Freude  über 
den  preussischen  Erfolg    bei  Mollwitz:     „Als  worüber  verwichen en 
Dinstag   zu  Versailles    in    dem  Vorzimmer  des  Cardinais    Fleury 
dem  preussischen  Ministro  Chambrier  (ungeachtet  er  von  diesem 
vorgegebenen  Sieg  mit  ziemlicher  Massigkeit  gesprochen)  fast  von 
allen  allda  Anwesenden  die  Glückwünschung  abgestattet  worden.''2) 
Die     in     officieller    AVeise     geschehene     erfolgreiche    Mission 
B  e  1 1  e  i  s  1  e's    hinderte    nicht,    dass  Cardinal   Fleury    dem   öster- 
reichischen   Gesandten    gegenüber    diesen    ganzen    diplomatischen 
Feldzug  einfach  ableugnete.  AVasner  meldet  darüber  am  31.  Mai 
1741  an  die  Königin,  dass  er  aus   russischer  Quelle  erfahren,  es 
habe  „Mr.  Belleisle    die  Unternehmung    des  Königs    ganz    be- 
sonders gutgeheissen,  indem  er  durchblicken  Hess,    dass  der  wahre 
Heroismus    darin    bestehe,    den    Namen    eines    Eroberers    zu    ver- 
dienen,   indem  er    ihn  anfeuerte,    dein    schönen  Anfang    zu  folgen 
und  dadurch    seinen  Ruf   und    seinen  Ruhm    zu  verewigen.     Man 
sagt  selbst,    dass  er  Seitens  seines  Hofes    die  Garantie  aller  seiner 
Eroberungen  angeboten  habe,   sowie  eine  enge  Allianz  mit  Frank- 
reich und  dessen  Alliierten ;  als  Gegenleistung  habe  er  die  Stimme 
des  Königs  zu  Gunsten  des  bayerischen  Churfürsten   verlangt   und 
eine  gegenseitige  Garantie  dessen,  was  Frankreich  in  Flandern  und 
den  österreichischen  Niederlanden  werde  gewinnen  können." 

Auf'Wasner's  Vorstellungen  hierüber  habe  der  Cardinal 
betheuert:  „dass  der  Inhalt  dieser  Nachrichten  gänzlich  unbegründet, 
Belleisle  mit  keinen  solchen  Befehlen  versehen  und  zudem 
sehr  unvernünftig  wäre,  auch  im  Fall  einiger  hiesiger  ungleichen 
Gesinnung    sich    solchergestalteil    gegen    einen    Fürsten,    wie    der 

*)  Nach  dem  Separat- Artikel  der  Präliminarien  zwischen  Oesterreich  und 
Frankreich  vom  3.  October  1735  hatte  der  Kaiser  die  Zustimmung  des  Reiches 
über  all'  das,  wobei  es  interessiert  war,  einzuholen.  Das  Reich  hatte  nicht  nur 
diese  Präliminarien  längst  ratificiert,  sondern  dem  Kaiser  die  vollständige 
Freiheit  eingeräumt,  den  Vertrag  selbst  im  Namen  des  Reiches  abzuschliessen. 
H.  H.  u.  St.  A.,  Bavarica,  Fase.  7  d.) 

'•')  M.   IL  u.  St.  A..  Wasner's  Berichl   vom   I.  Mai  .1741. 


348 

König  von  Preussen  sei,  blosszulegen.  Mithin  er  etwas  dergleichen 
von  ihm,  Bell  ei  sie,  niemals  glauben  könne,  umso  mehr,  als  man 
denselben  auch  anderer  in  dem  Reich  gehalten  haben  sollender  un- 
gemessener Gespräche  in  einer  Zeit  beschuldige,  wo  doch  nament- 
lich die  zwei  E.  k.  M.  ergebenen  Churfürsten  von  Maynz  und  Trier 
ihm  ein  ganz  anderes  Zeugniss  gegeben  und  dessen  Bescheidenheit 
belobt  hätten."  M 

Nicht  minder  hatte  man  seit  Anfang  März  1741  die  militäri- 
schen Vorbereitungen  weitergeführt.  Im  Mai  wurde  dann  die  Ver- 
mehrung der  Infanterie,  um  30.000  bis  35.000  Mann,  angeordnet, 
eine  Massregel,  welche  übrigens  erst  bis  Ende  August  durchgeführt 
sein  konnte.  -) 

Die  Königin  sollte  durch  die  Rüstungen  Frankreichs  ,,en  ech.ec", 
Spanien,  Neapel,  Schweden,  Chur-Bayern  und  Preussen  „en  haieine" 
erhalten  werden,  bis  Frankreich  zum  Eintritt  in  die  Action  bereit  sei.3) 

Noch  war  indessen  Friedrich  II.  trotz  des  freundlichen 
Verhältnisses,   das  er  mit  dem  Cabinete  von  Versailles  unterhielt  4j 


5j  H.  H.  u.  St.  A.,  AVasner's  Bericht  vorn  31.  Mai  1741. 

2)  H.  H.  u.  St.  A  .  Wasner  an  Grafen  Sinzendorff,  22.  Mai  1711. 

s)  H.  H.  u.  St.  A.,  Wasner's  Bericht  vom  31.  Mai  1741. 

4)  Er  äussert  sich  in  seiner  „Histoire  de  mon  temps"  über  den  Eindruck 
des  Einmarsches  in  Schlesien  und  über  das  Verhältniss  zu  Frankreich  im  Beginn 
des  Jahres  1741,  wie  folgt:  „Europa,  war  noch  in  der  Erstarrung  (dans  l'engourdis- 
sement),  welche  die  Ueberraschung  verursacht,  Das  Manifest,  welches  wirpubli- 
ciert  hatten,  war  lakonisch,  die  Mission  Gotter's  und  die  Baschheit  unserer 
Operationen  vermehrte  die  Ungewissheit  und  hemmte  dieBeurtheilung  der  Mächte, 

welche  noch  nicht  entwirren  konnten,  oh  Preussen  der  Alliierte  oder  der  Feind 
der  Königin  von  Ungarn  war.  Von  allen  diesen  Mächten  schien  Frankreich  am 
meisten  geneigt,  unsere  Interessen  zu  begünstigen.  Der  Cardinal  Fleury 
sprach  sich  offen  genug  mir  gegenüber  in  einem  aus  Issy  vom  25.  Januar 
datierten  Briefe  aus,  indem  er  mir  insinuierte,  dass  die  Garantie,  welche 
Ludwig  XV.  der  pragmatischen  Sanction  gegeben,  durchaus  nicht  rechts  - 
giltig  sei,  weil  man  ihr  das  Correctiv  beigefügt  habe,  mit  „Vorbehalt  der  Rechte 
eines  Dritten"  und  weil  der  Kaiser  den  Hauptartikel  des  Wiener  Vertrages 
nicht  erfüllt  habe,  welcher  in  der  Garantie  des  Reiches  bestanden.  Der 
Rest  seines  Schreibens  bezog  sich  auf  zwei  Hauptpuncte,  von  denen  einer 
eine  Ausführung  über  den  übermässigen  Ehrgeiz  Englands  war  und  der  andere 
nur  die  Vortheile  darstellte,  welche  ich  im  Bündniss  mit  Frankreich  und  in 
der  Erhebung  des  Churfürsten  von  Bayer.,  zur  kaiserlichen  Würde  find«  n 
werde.  Ich  beantwortete  dies  Schreiben  in  den  höflichsten  Ausdrücken,  dem 
Cardinal  den  Wunsch  aussprechend,  mich  mit  Ludwig  XV.  zu  vereinen, 
indem  ich  ihn  versicherte,  dass  ich  meinerseits  dieser  Negociation  jede  Er- 
leichterung gewähren  würde.'"  (Histoire  de  mon  temps  [Red.  1746]  221).  vergl. 
auch   Polit.  Corresp.,  1.  Nr.  280.) 


.ii'.l 

und  trotz  der  Anerbietungen,  die  ihm  von  dieser  Seite  theils  durch 
den  Gesandten  Marquis  de  Valory,  theils  durch  den  Marschall 
B  e  1 1  e  i  s  1  e  bei  dessen  Anwesenheit  im  Mollwitzer  Lager1)  gemacht 
worden  waren,  mit  Frankreich  in  kein  eigentliches  Bündniss  ge- 
treten. Er  rechnete  damals  noch  damit,  durch  die  englische  Me- 
diation, ohne  Frankreich,  die  Abtretung  Nieder-Sohlesiens  erlangen 
zu  können. 

Die  "Weigerung  der  Königin  Maria  Theresia,  das  Erbtheil 
ihrer  Väter  preiszugeben  und  ihr  energisch  bethätigter  AVille,  dabei 
den  Boden  des  Rechts  nicht  zu  verlassen,  dasselbe  aber  auch  trotz 
Allem  und  wenn  es  sein  müsste,  gegen  Alle  zu  vertheidigen,  gab 
nun  Friedrich  II.  auch  den  äussern  Anlass  zum  engen  Bund'' 
mit  Frankreich. 

Das  Frankreich  L u d  w i g  XV.  war  zwar  allerdings  noch  reich 
an  Hilfsquellen,  aber  doch  längst  nicht  mehr  der  starke,  von  der 
Glorie  und  Machtfülle  des  ,,Roi  soleil"  umstrahlte  Staat. 

Das  Bild,  welches  "Wasner  der  Königin  von  den  finan- 
ciellen  und  militärischen  Verhältnissen  desselben  entwerfen  konnte, 
war  kein  allzu  glänzendes. 

Kräftiger  als  durch  seine  materiellen  Hilfsmittel  wirkte  jedoch 
die  französische  Diplomatie  im  Verlaufe  der  Ereignisse  durch  die 
Vereinigung  und  Aufbietung  aller  ,, antipragmatischen"  Mächte  und 
stellte  auf  diese  Weise  wirklich  eine  bedrohliche  und  übermächtige 
Coalition  der  Königin  Maria  Theresia  gegenüber.2) 

Am    30.    Mai    ertheilte    Friedrich    II.    aus    dem  Lager  bei 

Grrottkau,  nachdem    die  ablehnende  Antwort  des  Wiener  Hofes  zu 

seiner  Kenntniss  gelangt  war,  an  den  Etatsminister  von  P  o  d  e  w  i  1  s 

in  Breslau  den  Befehl,    mit  dem  Marquis  Valory  abzuschliessen. 

„Es  muss  aber  dieses  mit  dem  grössten  Secret  von  der  Welt 

•liehen,  zu  dem  Ende  gedachter  V  a  1  o  r  y  nicht  herkommen,  Ihr 

auch  solchen    auf   das    Geheimste    an    einem    dritten  Ort  sprechen 

sollet,  damit  kein  Mensch  das  Geringste  davon  erfahre,  noch  soup- 

miere  .  .  .  allermassen    Ihr    Mir    mit  Eurem  Kopf  davor  repon- 

dieren  müsset,    dass    kein    Mensch,    es  sei    auch  wer  es  wolle,  das 

Geringste  davon  merke,    noch    erfahre  .   .   .  kurz    es  muss    in  allen 

üüil  jeden  Umständen  das  Secret  auf  das  Höchste  menagieret  werden. 


'i  Broglie,    Frederic  II.  et  Marie  Therese,  1.  324. 
'-')  Die    Verbindung  mit   Frankreich  „a  donne  lo  prineipa]  uiouvemenl  ä 
la  machine  prete  ä  s'ebranler",  Valory,  Meinpires  I.  109, 


350 

als  wovor  mir  Euer  Leben,  Ehr©  und  Reputation  responsabel 
bleiben  sollen.  Den  Mylorci  Hy  n  d  f'o  r  d  und  die  übrigen  Gesandten , 
so  sich  von  der  Sache  interessieren,  sollet  Ihr  inzwischen  amüsieren 
und  Ihnen  die  Hoffnung  machen,  dass  Ich  mit  einigen  Herzog- 
thümern,  als  Schweidnitz,  Liegnitz,  Jauer  zufrieden  sein  würde, 
wie  Ich  Euch  dann  die  Art  und  Weise  überlasse,  auf  was  Art  Ihr 
mit  ihnen  am  besten  biaisieren  könnet.  Ihr  sollet  auch  den  Mylord 
Hyndford  sowohl,  als  den  p.  Ginckel  (holländischer  Gesandter) 
auf  das  Obligeanteste  tractieren  und  ihnen  sagen,  wie  sie  beider- 
seits herkommen  könnten.  .  .  ."  J) 

Am  folgenden  Tag  schrieb  Friedrich  IL  eigenhändig  dann 
nochmals  an  den  Minister  Podewils: 


*)  Friedrich  II.  an  Podewils,  30.  Mai  1741.  (Polit.  Corresp.,  I,  Nr.  381.) 
An  den  Cardin al  F  1  e  u r  y  schrieb  Friedrich  II.  am  gleichen  Tag; 
„Soeben  habe  ich  die  Allianz  mit  dem  König,  Ihrem  Gebieter,  unterschrieben ; 
meine  Treue  in  diesem  Vertrag  wird  Sie  meine  Verzögerungen  vergessen 
machen  und  ich  gebe  Ihnen  die  Versicherung,  dass  Sie  sich  nie  über  mich 
zu  beklagen,  noch  diese  Allianz  zu  bereuen  haben  werden  ;  ich  bestreite  Ihnen 
jetzt,  Herr  Cardinal,  dass  Sie  ein  besserer  Franzose  sind,  als  ich  es  bin.  Ich 
bitte  Sie,  dem  König,  Ihrem  Gebieter,  zu  versichern,  dass  ihn  niemals  Jemand 
mehr  geschätzt  hat,  als  ich  dies  thue  und  dass  ich  ihm  Beweise  davon  bei 
jeder  Gelegenheit  geben  werde."  (Polit.   Coresp.  I,  Nr.  382.) 

Und  ebenso  am  30.  Mai  an  den  Marschall  Bell  ei  sie  in  München: 
„Im  Vertrauen  auf  Ihre  Versprechungen,  auf  die  Dinge,  welche  Sie  Auftrag 
hatten,  mir  im  Namen  des  Königs,  Ihres  Gebieters,  zu  sagen  und  auf  die  un- 
begrenzte Hochachtung,  welche  ich  für  Ihre  Geschicklichkeit  im  Kriegshand- 
werk hege,  habe  ich  soeben  die  Allianz  unterschrieben,  zu  welcher  Sie  mich 
eingeladen  haben,  ich  bin  von  nun  an  ein  besserer  Franzose  als  der  Marschall 
Belleisle  und  so  treu  gegen  Frankreich,  als  nur  jemals  ein  Alliierter  gewesenist." 

,.Ich  hoffe,  von  heute  in  zwei  Monaten  Ihre  Fahnen  auf  den  diesseitigen 
Ufern  des  Eheins  entfaltet  zu  sehen  ;  ich  freue  mich  im  Voraus,  die  Manöver 
zu  bewundern,  welche  Sie  machen  werden  und  Operationen,  welche  zu  Be- 
lehrungen für  jeden  Kriegsmann  werden,  werden  mir  zur  Hilfe  und  zur 
Stütze  dienen  ;  Ihr  Namen  vernichtet  mich  ebenso,  wie  die  Kräfte  des 
Königs,  Ihres  Gebieters,  mich  mit  einem  Prinzen  zu  alliieren,  welcher 
durch  Ihre  Dienste    so  vorzüglich  unterstützt  wird." 

..Bayern  erhält  meine  Stimme;  rechnen  Sie  dafür  so  gut  auf  Preussen, 
wie  auf  Frankreich;  man  unterscheide  sie  nicht  mehr  und  der  König  von 
Frankreich  möge  überzeugt  sein,  dass,  wenngleich  ich  Zeit  verlangt  habe, 
um  mich  zu  entscheiden,  dieser  Aufschul)  nur  dazu  dient,  meine  Treue  noch 
unerschütterlicher  zu  machen." 

„Adieu,  lieber  Freund,  den  siegreich  vor  den  Thoren  Wiens  zu  sehen  und 
an  der  Spitze  seiner  Truppen  zu  umarmen,  wie  ich  ihn  an  der  Spitze  der 
meinigen  umarmt  habe,  ich  vor  Ungeduld  brenne."  (Polit.  Corresp.  I,  Nr.  'As:]. 


35] 

..Also,  mein  lieber  Podewils,  Sic  scheu  nun.  wer  von  uns 
Beiden  sich  geirrt  hat  und  ob  ich  nicht  recht  gehabt  habe,  Ihnen 
zu  sagen,  dass  die  Engländer  Betrüger  sind?  Jetzt  handelt  es 
sich  nicht  darum,  dies  durchblicken  zu  lassen,  sondern  es  zu  ver- 
bergen; sagen  Sie  Valory,  dass  ich  ihm  das  Geheinmiss  mehr  als 
irgend  etwas-  Anderes  anempfehle." 

,, Machen    Sie  Ihrem  Mylord  j   .  .  .  -  f glauben,  dass 

ich  durchaus  nicht  von  der  Antwort  aus  Wien  gekränkt  bin, 
schläfern  Sie  ihn  bezüglich  der  Observations-Armee  (des  Fürsten 
von  Anhalt)  ein  und  sagen  Sie  ihm,  dass  ich  sie  cantonnieren 
lassen  werde,  um  die  Eifersucht  zu  vermeiden,  welche  sie  gegen 
mich  zu  erregen  schien;  mit  einem  Wort,  setzen  Sie  Himmel  und 
Erde  in  Bewegung,  um  den  Engländer  zu  täuschen  und  zu  be- 
trügen; ich  werde  ihm  einen  sehr  guten  Empfang  bereiten  und 
hoffe  ihn  zu  düpieren." 

, .Lassen  Sie  uns  Zeit  gewinnen,  denn  von  drei  Wochen  Geheim- 
haltung hängt  unser  Heil  ab.  Ich  will  nicht,  dass  Schumacher 
(Cabinets-Secretär)  von  irgend  etwas  informiert  werde  und  ich  ver- 
biete Ihnen  bei  Lebensstrafe,  davon  mit  Jemand  Anderem,  aussei 
Valory,  zu  sprechen. " 

,, Adieu,  ich  erwarte  mit  Ungeduld  die  Unterzeichnung  des 
Vertrages."  x) 

In  der  Nachschrift : 

„Valory  soll  den  Unzufriedenen  spielen  und  sich  entrüstet 
stellen  über  den  Frieden,  welchen  er  zwischen  dem  Lothringer  und 
mir  geschlossen  glaubt  und  soll  überhaupt  anders  erscheinen,  als 
er  ist.  Sprechen  Sie  ihm  zu,  die  letzte  Hand  an  die  Allianz  mit 
Schweden  zu  legen."  r) 

Der  in  Folge  dieser  Befehle  abgeschlossene  Vertrag  trägt  das 
Datum  des  5.  Juni.  Der  Austausch  der  Katificationen  geschah  am 
5.  Juli. 2) 


')  Polit.  Corresp.  I,  Nr.  384. 

2)  Der  Vertrag  istabgedruckt  inMasson,  „Memoire«  etlettres  deFrancois 
Joachim  de  Pierre,  Cardinal  deBemis",  Paris  1878  1.  462.  Weiter  rindet  sich 
der  Vertrag  in  Broglie,  „Frederic  II.  et  Marie  Therese",  I,  407  (Appen- 
dice  D.),  jedoch  mit  einigen,  sogar  wesentlichen  Varianten  und  dem  Druck- 
fehler (pag.  110)  „Berlin"  statt  „Breslau"  als  Abschlussort  des  Vertrages.  Der 
„Recueil  des  instractions  donnees  aux  ambassadeurs  et  ministres  de  France," 
Paris  1SS4,  T.  280  verweist  auf  Masson.  Nach  dem  französischen  Text.'  von 
Mässon  in  Mittheilungen  des  k.  und  k.  Kriegs-Archivs,  N.  F.  1889,  III,  '27<;. 


352 


Der  Marquis  de   Valory   erzählt  in  seinen  Memoiren  über  die 
dem.  Abschluss  vornergehenden  Verhandlungen  :  ,.Er  (der  König  von 


Vertrag  vom  5.  Juni  17-1-1  zwischen  Seiner  Aller  ehr  ist- 
lichsten Majestät  ud  cl  d  e  m  König  von  P  r  e  u  s  s  e  n. 
Vereinbarung  einer  defensiven  Allianz  zwischen  dem  König  von  Frankreich 
und  dem  König  von  Preussen,  abgeschlossen  in  Breslau  am  5.  Juni  1711. 
vom  Könige  von  Frankreich  ratifiziert  am  14.  (Juni)  und  vom  Könige  von 
Preussen    am  1.  Juli.    Der  Austausch    der  Ratificationen    geschah    am  5.  Juli. 

,,Der  Allerchristlichste  König  und  der  König  von  Preussen,  in  der  beider- 
•  itigen  Erkenntniss,  wie  wichtig  es  bei  den  gegenwärtigen  Umständen  für 
sie  sei,  im  vollsten  Einverständnisse  zu  handeln,  sowohl  für  ihre  gemein- 
samen Interessen,  wie  auch  für  die  Erhaltung  und  Befestigung  der  allge- 
meinen Ruhe,  haben  etc.,  nachdem  sie  sich  gegenseitig  ihre  Gedanken  über 
die  Mittel,  die  Verbindung  und  die  Freundschaft,  welche  sie  für  einander 
hegen,  zu  festigen,  beschlossen,  dass  sie  nichts  Zuträglicheres  thun  könnten, 
als  diese  Bande  durch  den  Abschluss  einer  Defensiv- Allianz  unter  sich  enger 
zu  knüpfen  und  haben  Seine  Allerchristlichste  Majestät  zu  diesem  Zweck  be- 
vollmächtigt: den  Herrn  Marquis  de  Valory,  Brigadier  Seiner  Armee  und 
Seinen  Bevollmächtigten  bei  S.  M.  von  Preussen :  in  gleicher  "Weise  hat 
der  König  von  Preussen  bevollmächtigt  den  Herrn  von  P  o  d  e  w  i  1  s,  seinen 
Staats-  und  Kriegsminister,  welch'  Genannte,  nachdem  sie  den  Austausch 
ihrer  betreffenden  Vollmachten  bewirkt  haben,  über  die  folgenden  Artikel 
übereingekommen    sind : 

A.  r  t  i  k  e  1  I.  Von  diesem  Tage  an  und  für  immer  wird  zwischen  Sr. 
Allerchristlichsten  Majestät  und  S.  M.  dem  Könige  von  Preussen,  ihren 
Eiben  und  Nachfolgern,  Königreichen,  Ländern  und  Unterthanen,  Freund- 
schaft und  aufrichtige  Uebereinstimmung  herrschen,  welche  derart  werden 
beobachtet  werden,  dass  die  abschliessenden  Theile  aufrichtig  und  im  guten 
Glauben  Alles  thun  werden,  was  von  ihnen  abhängen  wird,  um  das  Wohl 
und  den  Vortheil  des  Einen,  wie  des  Andern  zu  verschaffen  und  zu 
befördern  und  um  jeden  Schaden  und  Nachtheil  abzuwenden,  welche  für  sie 
und  ihre  Unterthanen  entstehen  könnten. 

Artikel  II.  Die  genannten  Majestäten  versprechen  und  verpflichten 
sieb  gegenseitig,  in  keine  Convention  oder  Verbindlichkeit  einzugehen,  welche 
in  irgend  einer  Art  und  Weise  entweder  direct  oder  indirect  dem  entgegen 
sein  könnten,  was  für  die  Erhaltung  des  Friedens  durch  die  Verträge  von 
Utrecht  und  Baden  festgesetzt  worden,  wie  nicht  weniger  dem.  was  durch 
den  zu  Stockholm  am  1.  Februar  1720  geschlossenen  Friedenstractat  Seitens 
der  Krone  Schweden  mit  dem  König  von  Preussen  statuiert  worden,  sondern 
im  Gegentheil  alle  ihre  Bestrebungen,  zu  deren  Aufrechterhaltung  und  Aus- 
führung anzuwenden. 

Artikel  III.  Seine  Allerchristlichste  Majestät  und  der  König  von 
Preussen  garantieren  sich  gegenseitig  alle  ihre  König- 
r  eiche,  Staat  e  n  u  nd  L  e  h  n  s  herrschaften  in  Europa  und . 
wenn  die  eine  oder  die  andere  der  genannten  Majestäten  durch  irgend  eine 
Macht  angegriffen  oder  beunruhigt  würde,  unter  welchem  Vorwande  dies 
immer    wäre,    verspricht    und  verpflichtet    sich  die  andere,  schleunigst  seinen 


353 


Preussen)     verlangte,     dass     der     Churfürst    von    Bayern     sich    in 
Bewegung     setze,     um     eine    Diversion     zu     seinen     Gunsten    zu 


Alliierten  zu  unterstützen,  um  ihm  eine  gerechte,  rasche  und  gebührende 
Genugthuung  durch  Dienstleistungen  (par  offices),  durch  Anwendung  seiner 
Machtmittel  und  seihst  im  Nothfalle  durch  den  Krieg  gegen  den  Angreifer  zu 
verschaffen.  Ihre  Majestäten  versprechen,  in  solchem  Falle  die  Waffen  nicht 
niederzulegen  und  nur  in  gemeinsamem  Einverständnisse,  bei 
gegenseitiger  Genugthuung  des  einen  und  des  andern  Theiles, 
in  Vergleichs-Unterhandlungen    einzutreten. 

Artikel  IV.  Die  genannten  Majestäten,  von  gleichen  Gefühlen  in 
Bezug  auf  Alles,  was  das  Wohl  und  die  Euhe  des  Deutschen  Reiches,  sowohl 
im  Innern,  als  ausserhalb  desselben  betreffen  kann,  beseelt,  versprechen  und 
verpflichten  sich,  ihre  Rathschläge  zu  vereinen  und  in  der  innigsten  Eintracht 
zu  handeln,  um  auf  den  Kaiserthron  jenen  Fürsten  zu  bringen,  welcher  als 
der  Geeignetste  erkannt  werden  wird,  um  die  Freiheiten  und  Vorrechte  der 
Fürsten  des  Reiches  zu  erhalten  —  und  zu  Allem  beizutragen,  was  das 
Zuträglichste  zur  Befestigung  der  allgemeinen  Ruhe  in  Europa,  sowie  auch 
für  den  gemeinschaftlichen  Nutzen  der  interessierten  Theile  sein  könnte. 

Artikel  V.  In  dem  Fall,  als  Seine  Allerchristlichste  Majestät  und 
Seine  Majestät  von  Preussen  dazu  gelangen  werden,  in  vollkommener  Ueber- 
einstimmung  zu  erkennen,  dass  es  wichtig  sein  würde,  um  sicherer  die  Er- 
füllung der  Ziele  des  gegenwärtigen  Vertrages  durchzusetzen,  auch  andere 
Mächte  einzuladen,  demselben  beizutreten,  so  werden  sie  im  Einverständnisse 
(de  poncert)  hiezu  auffordern  und  in  das  Bündniss,  ebenfalls  im  Einverständ- 
nisse, alle  Fürsten  und  Staaten  aufnehmen  können,  welche  demselben  bei- 
treten wollen,  mit  Rücksicht  auf  die  Erhaltung  der  Ruhe  des  Reiches  und 
/die  allgemeine  Beruhigung  Europas,  wie  auch  mit  Rücksicht  auf  den  gemein- 
schaftlichen Nutzen  der  interessierten  Theile. 

Ar  tikel  VI.  Endlich  versprechen  die  genannten  Majestäten,  gegen- 
seitig in  vollkommener  Uebereinstimmung  in  Bezug  auf  ihre  gemeinschaft- 
lichen Interessen  zu  handeln  (d'agir  d'un  parfait  concert  pour  leurs  interets 
communs)  und  von  nun  an  bezüglich  der  Angelegenheiten  Deutschlands  und 
des  Nordens  keine  Verpflichtung  einzugehen,  ohne  sich  vorher  treulich  die 
Vorschläge  mitgetheilt  zu  haben,  welche  gemacht  werden  könnten  und  nur 
nach  Prüfmag  dessen,  was  zum  grösseren  Vortheil  des  Einen  oder  des  Andern 
gereichen  könnte. 

Artikel  VII.  Man  wird  aus  gewissen  Gründen  über  diesen  Vertrag 
noch  das  Geheinmiss  wahren  und  man  wird  denselben  durchaus  Niemandem, 
als  im  gemeinschaftlichen  Einverständnisse  und  Zustimmung,  mittheilen. 

Artikel  VIII.  Der  gegenwärtige  Vertrag  defensiver  Allianz  gilt  für 
den  Zeitraum  von  15  Jahren  und  dessen  Ratificationen  werden  in  der  Zeit 
eines  Monats  ausgewechselt,  von  der  Unterzeichnung  an  gerechnet.  Zu  Urkund 
dessen  wir  Unterzeichnete,  Minister  S.  A.  Majestät  und  S.  Majestät  von 
Preussen,  auf  Grund  unserer  bezüglichen  Vollmachten  den  gegenwärtigen 
Vertrag  unterschrieben  und  darauf  das  Siegel  mit  unsern  Wappen  beigedrückt 
haben.  Geschehen  zu  Breslau,  am  fünften  Tage  des  Juni,  Tausend  sieben- 
hundert einundvierzig. 

(L.  S.)  Marquis  de  Valory.  (L.  S.)  von  P  o  d  e  wi  1  s. 

Oesterreichischer  Erbi'olgekrieg.  II.  Bd. 


354 

bewerkstelligen,  eine  Diversion,  welche  ihm  seine  Eroberungen  er- 
leichtern   würde.     Er    verlangte    ausserdem,    dass    Schweden    mit 


Separat-  und  geheimer  Artikel.  Seine  Allerchristlichste 
Majestät  verpflichtet  sich  für  sich  und  seine  Nachfolger  und  Erben  auf  immer- 
währende Zeit  in  der  festesten  und  feierlichsten  Weise,  mit  allen  seinen 
Streitkräften  (de  toutes  ses  forces)  gegen  wen  es  immer  sein  würde,  Seiner 
Majestät  dem  König  von  Preussen.  seinen  Nachfolgern  und  Erben  auf  immer- 
währende Zeiten,  den  ungestörten  Besitz  von  ganz  Nieder-Schlesien,  die  Stadt 
Breslau  mit  inbegriffen,  zu  garantieren,  dabei  wohl  verstanden,  dass  seiner- 
seits keine  Aenderung  zum  Nachtheile  der  katholischen,  apostolisch-römischen 
Religion  vorgenommen  werde  und  aus  Erkenntlichkeit  für  die  eben  erwähnte 
Garantie,  wie  sowohl  für  eine  gänzliche  Beilegung  der  Angelegenheit  der 
Jülich  -  Berg'schen  Erbfolge  und  zur  Befestigung  der  allgemeinen  Ruhe,  falls 
sie  aus  Anlass  dieser  Angelegenheit  würde  gestört  werden,  verpflichtet  sich 
Seine  Majestät  der  König  von  Preussen,  sowohl  für  sich,  als  seine  Nachfolger 
und  Erben,  auf  die  gewichtigste  und  feierlichste  Weise,  an  das  pfalzgräf- 
liclie  Haus  Sulzbach  und  dessen  Erben,  auf  immerwährende  Zeit  die  gänz- 
liche Cession  seiner  Successionsrechte  auf  die  Herzogthümer  Jülich  und  Berg 
zu  übertragen;  wrohl  verstanden,  dass  diese  Cession  nur  stattfinden  würde, 
sobald  der  ruhige  Besitz  von  ganz  Nieder-Schlesien,  die  Stadt  Breslau  mit 
inbegriffen,  S.  M.  dem  König  von  Preussen  und  seinen  Erben  und  Nach- 
folgern auf  immerwährende  Zeiten  durch  eine  förmliche  Cession  seitens 
des  Hauses  Oesterreich  gesichert  sein  wird,  welche  im  zukünftigen 
Friedensvertrag,  unter  der  Garantie  Seiner  Allerchristlichsten  Majestät, 
zu  stipulieren  sein  wird,  ebenso  seitens  des  pfalzgräf Heben  Hauses  und 
solcher  anderer  Mächte,  welche  zur  Theilnahme  dieser  Garantie  einzuladen 
für  zweckmässig  erachtet  würde,  als  Spanien,  Schweden  und  Baj^ern,  gegen 
alle  ausgesprochenen  oder  noch  auszusprechenden  Ansprüche,  von  welcher 
Seite  dies  immer  sein  könnte,  auf  Nieder-Schlesien,  die  Stadt  Breslau  mit 
inbegriffen;  mit  dem  Bedinge,  dass  auch  S.  M.  von  Preussen  seinerseits  im 
Vereine  mit  Seiner  Allerchristlichsten  Majestät  und  den  Mächten,  welche 
diesem  Vertrage  beitreten  werden,  dem  pfälzischen  Hause  Sulzbach  und  dessen 
Nachfolgern,  ebenfalls  auf  immerwährende  Zeit,  den  Besitz  der  genannten 
Staaten  Jülich  und  Berg,  gegen  jeden,  von  welcher  Seite  immer  ausgesprochenen 
oder  auszusprechenden  Anspruch  auf  die  Succession  der  genannten  Staaten 
Jülich  und  Berg  garantiere. 

Dieser  Separat-Artikel  wird  dieselbe  Kraft  haben,  als  wäre  er  Wort  für 
Wort  in  dem  am  heutigen  Tage  geschlossenen  und  gezeichneten  Vertrag  auf- 
genommen und  wird  derselbe  auf  die  nämliche  Weise  ratificiert  und  dessen 
Ratificationen  in  der  nämlichen  Zeit,  als  jene  des  Vertrages  ausgewechselt 
werden.  Urkund  dessen,  wir  etc. 

Separat-  und  geheimer  Artikel.  Nachdem  Russland  mit  mehreren 
anderen  Mächten  in  Verhandlungen  und  Vereinbarungen  zu  Gunsten  des 
Wiener  Hofes  und  gegen  S.  M.  den  König  von  Preussen  eingetreten  ist,  sei 
es,  um  eine  Diversion  gegen  seine  Staaten  zu  machen,  sei  es,  um  ein 
Truppen-Corps  der  Königin  von  Ungarn  zu  Hilfe  zu  senden,  so  verpflichtet 
sich  Seine   Allerchristlichste  Majestät,    um     S.  M.  dem  Könige  von    Preussen 


355 

Rüssland  breche ;  für  ihn  ein  wichtiger  Puiict,  weil,  wenn  er  den 
Rücken  von  jener  Seite  nicht  frei  habe  und  in  Kenntniss  der 
Verbindungen  jenes  Hofes  mit  dem  "Wiener,  er  in  beständiger 
Unruhe  gewesen  wäre." 

„"Wenn  Alles  so  gegangen,  wie  dieser  Fürst  es  gewünscht,  so 
hätte  der  Churfürst  von  Bayern  die  Königin  von  Ungarn  ange- 
griffen ;  der  König  (von  Frankreich)  hätte  ihm  -mächtige  Hilfe  ge- 
leistet, hätte  ausserdem  eine  beträchtliche  Armee  im  Elsass,  bereit 


neue  Proben  seiner  Freundschaft  und  seiner  Zuneigung  zu  geben.  Schweden 
mit  Russland  zu  entzweien,  sogleich  und  ohne  Verzug,  vorausgesetzt,  dass 
S.  M.  der  König  von  Preussen  seinerseits  sich  verpflichtet,  sogleich  eine 
Allianz  mit  Schweden  abzuschliessen,  welche  die  Sicherheit  gewährt,  dass  sie 
den  Absichten,  welche  Schweden  auf  die  Wiedererlangung  der  ihm  einst  von 
Russland  entrissenen  und  gegenwärtig  noch  im  Besitze  dieser  Macht  befind- 
lichen Provinzen  haben  könnte,  nicht  controvers  sei,  auch  Schweden  in  keinem 
Falle  zu  beunruhigen,  welche  Ansinnen  Pussland  auch  immer  bezüglich  der 
Erneuerung  seiner  Allianz  vom  27.  December  1740  stellen  möge.  Man  ver- 
pflichtet sich,  das  unverbrüchlichste  Geheinmiss  über  diesen  Separat-Artikel 
zu  bewahren  und  er  wird  dieselbe  Kraft  haben,  als  wenn  etc. 

Separat-  und  geheimer  Artikel.  Ihre  Majestäten  werden  ihre  Be- 
mühungen und  ihre  Dienste  zur  Vereinigung  der  Stimmen  des  churfürstlichen 
Collegiums  zu  Gunsten  des  Churfürsten  von  Bayern  anwenden  und  verspricht 
der  König  von  Preussen  in  diesem  Sinne,  dass,  sobald  es  sich  um  die  Wahl 
des  Römischen  Königs  handelt,  bei  der  nächsten  Wahlversammlung,  er  in 
seiner  Eigenschaft  als  Churfürst  von  Brandenburg,  seine  Stimme  dem  ge- 
nannten Churfürsten  von  Bayern  geben  wird  und  verpflichtet  er  sich  auf 
jeden  Fall,  sie  keinem  Anderen  zu  geben,  als  im  Einverständnisse  mit  Seiner 
Allerchristlichsten  Majestät.  Dieser  Artikel  wird  dieselbe  Kraft  haben,  als 
wenn  etc. 

Separat-  und  geheimer  Artikel.  Seine  Allerchristlichs-te  Majestät, 
genügend  in  Kenntniss,  dass  der  Churfürst  von  Bayern  von  allen  Seiten  von 
den  Wirkungen  des  Uebelwollens  des  Wiener  Hofes  bedroht  ist,  aus  Hass. 
weil  er  seine  Rechte  und  Ansprüche  auf  einige  Staaten,  welche  zur  öster- 
reichischen Erbfolge  gehören,  geltend  gemacht  hat  und  sich  bewusst,  dass 
er  allein  nicht  die  genügende  Macht  besitze,  um  seine  Staaten  gegen  die 
Streitkräfte  zu  vertheidigen,  welche  jener  Hof  gegen  ihn  aufbieten  kann,  so 
wollen  Seine  AUerchristlichste  Majestät  nichts  unterlassen,  was  nothwendig 
sein  könnte,  um  den  genannten  Churfürsten  in  einer  so  drängenden  Gefahr 
zu  unterstützen  und  um  ihn  ohne  Verzug  in  Stand  zu  setzen,  nachdrücklich 
zu  handeln,  verspricht  Seine  Majestät,  ihm  alle  hiezu  nothwendigen  Mittel  zu 
fern  und  ungesäumt  zu  seiner  Unterstützung  soviel  Hilfs-Truppen  zu  senden, 
als  nöthig  sind,  um  sein  Land  gegen  jeden  Angriff  zu  sichei'n  und  ihn  für 
alle  Fälle  durch  eine  mächtige  Diversions-Armee  in  Stand  zu  setzen,  nichts 
von  seinen  Feinden  befürchten  zu  müssen  und  die  Gerechtigkeit  seiner 
Anspruch«'  zu  behaupten.  Dieser  Artikel  wird  dieselbe  Kraft  haben,  als 
wenn"  etc. 

28* 


356 

zum  Einmarsch  in  Deutschland,  versammelt,  hätte  eine  andere 
nach  "Westphalen  gesandt,  um  den  Churfürsten  von  Hannover 
einzuschüchtern,  während  er  (Friedrich  IL),  frei  von  jeder  Art  Ver- 
pflichtung, Herr  geblieben  wäre,  sich  derjenigen  Partei  zuzuwenden, 
welche  ihm  am  besten  conveniert  hätte.  Er  machte  sich  zum 
Schiedsrichter  und  Herrn  dieser  grossen  Angelegenheit  .'..." 

Und  nach  dem  Abschlüsse  des  Vertrages  sagt  Valory: 
„Kaum  war  mein  Courier,  welcher  die  Nachricht  davon  überbrachte, 
am  (französischen)  Hoflager  angekommen,  als  der  König  von 
Preussen  mich  bezüglich  der  Ausführung  der  Artikel  Seitens  des 
Königs  (von  Frankreich),  welcher  allein  den  Churfürsten  von  Bayern 
und  selbst  Schweden  zur  Action  bestimmen  könne,  peinigte. 
Dieser  gebieterische  Fürst  liess  mich,  was  man  nur  kann,  Ver- 
driessliches  durch  seine  Ungeduld  und  seine  Drohungen  leiden, 
indem  er  mir  unaufhörlich  sagte,  dass,  wenn  man  glaube,  ihn 
herangezogen  zu  haben,  ohne  die  Bedingungen  zu  erfüllen  und 
wenn  von  all'  dem,  was  ihm  der  Marschall  Beilei  sie  versprochen 
habe,  man  nichts  halte,  er  umzukehren  und  sich  aus  der  Sache  zu 
ziehen  wissen  werde ;  in  Aeusserungen  und  in  Schriftstücken 
gleich  hart  und  unvernünftig,  da  er  niemals  von  dem  Zeitpuncte 
der  Unterzeichnung  der  Ratificationen  ausgehen  wollte,  welcher 
doch  erst  den  König  und  seinen  Conseil  zu  den  entscheidenden 
Entschlüssen ,  sowie  zu  den  dienlichsten  Massregeln ,  um  den 
Churfürsten  von  Bayern  wirksam  zu  unterstützen,  bestimmen 
konnte."  *) 


J)  Polit.  Corresp.  I.  Nr.  409,  410,  412.  Den  Freundschaftsversicherungen 
Friedrich  II.  vom  30.  Mai  folgten  jetzt  am  18.  Juni  schon  an  Valory 
in  Breslau  und  am  24.  Juni  an  F 1  e  u  r  y  in  ganz  anderem  Tone  ge- 
haltene scharfe  Mahnschreiben.  An  Valory  schrieb  er :  „Ich  war  sehr 
überrascht,  aus  dem  Memoire  des  Herrn  von  Eudenskiöld  die  Ent- 
schlüsse der  schwedischen  Staaten  so  verschieden  von  dem  zu  sehen, 
was  ich  erwarten  durfte.  Herr  von  Belleisle  wird  nicht  in  Abrede 
stellen  können,  dass  er  mir  versprochen  habe,  Schweden  werde  in  Finn- 
land vorgehen,  sobald  ich  den  Tractat  unterschrieben  haben  würde  ;  jetzt,  wo 
ich  im  Begriff"  bin,  es  zu  thun,  lässt  mich  Schweden  im  Stich.  Ich  erkläre 
Ihnen  somit  im  Voraus,  dass  Ihr  ganzer  Tractat  null  und  nichtig  ist.  wenn 
nicht  Schweden  durch  Frankreich  zum  Handeln  veranlasst  wird  und  wenn 
der  Churfürst  von  Bayern  nichts  thut  und  wenn  Belleisle  nicht  in  Deutsch- 
land einrückt,  um  noch  diesen  Herbst  in  Böhmen  und  Oesterreich  zu  operieren. 
Glauben  Sie  nicht,  ich  sei  unter  anderen  Bedingungen  der  Alliierte  des  Königs, 
Ihres  Gebieters,  und  rechnen  Sie  nicht  mehr  auf  mich,  wenn  Sie  nicht  Ihre 
Zusagen  einhalten,  sowie  ich  entschlossen  bin,  die  meinigen  gewissenhaft  ein- 
zuhalten. 


357 

„Der  König  vonPreussen  verweigerte  beständig,  Vereinbarungen 
mit  dem  Churfürsten  zu  schliessen,    bis  er  ihn  nicht  in  Bewegung 

Melden  Sie  dies  dem  Cardinal  und  Herrn  von  Belleisle,  denn 
wenn  man  in  Frankreich  glaubt,  mich  missbrauchen  zu  können,  irrt  man 
sich."  (Polit.  Corresp.  I,  Nr.  409.) 

Und  an  den  Cardinal  Pleury  in  Issj^,  24.  Juni  1741 :  „Ich  glaube  mich 
verpflichtet,  Ihnen  in  Erinnerung  zu  bringen,  dass  die  Hauptpuncte,  auf  welche 
sich  der  Allianz-Vertrag,  den  ich  mit  dem  König,  Ihrem  Gebieter,  abgeschlossen 
habe,  gründet,  die  Versicherungen  sind,  welche  Sie  mir  durch  den  Marschall 
von  Belleisle  machen  Hessen,  Schweden  zu  kräftigem  Vorgehen  gegen 
Russland  zu  veranlassen,  den  Churfürsten  von  Bayern  ein  Truppen-Corps 
von  20.000  Mann  aufstellen  zu  lassen  und  dass  Sie  mit  einem  noch  bedeuten- 
deren Heere  in  Deutschland  operieren.  Ich  hoffe,  mein  Herr.  Sie  werden 
keinen  dieser  Puncte  vergessen,  welche  wichtig  sind  für  den  Tractat,  welchen 
wir  geschlossen  und  Sie  werden  die  Notwendigkeit,  in  welcher  sich  der 
König  von  Frankreich  befindet,  eine  seiner  Grösse  und  seinen  Verpflich- 
tungen entsprechende  Rolle  in  der  Welt  zu  spielen,  besser  begreifen,  als  ich 
es  Ihnen  sagen  kann.  Denken  Sie  nicht,  es  habe  Zeit,  durch  seine  Alliierten 
zu  operieren  und  man  könne  ruhig  das  Aeusserste  abwarten :  es  gibt  in  der 
Politik  Augenblicke,  die  sich  niemals  wiederfinden,  wenn  man  sie  sich  ent- 
gehen lässt.  Benützen  Sie  doch  diesen  hier,  welcher  einer  der  glücklichsten 
ist,  um  Ihre  Regierungszeit  unsterblich  und  um  den  Ruhm  und  die  Macht 
Frankreichs  für  alle  Zeiten  gefürchtet  zu  machen,  legen  Sie  die  letzte 
Hand  an  dieErniedrigung  desHauses  Oesterreich  und  unter- 
stützen Sie  nachdrücklich  und  aus  allen  Ihren  Kräften  zwei  Ihrer  treuesten 
und  besten  Alliierten.  Sie  werden  begreifen,  mein  Herr,  dass  Verzögerungen 
und  Langsamkeit  in  solchen  Gelegenheiten  nicht  am  Platze  sind  und  dass 
eine  rasche  Art,  seinen  Verpflichtungen  nachzukommen,  deren  Werth  unendlich 
erhöht.  Ich  werde  in  meinen  Zusagen  in  dem  Mass  unerschütterlich  sein,  als  Sie 
die  Ihrigen  erfüllen  und  ich  werde  Ihnen  umso  anhänglicher  sein,  als  meine 
Vorliebe  mich  besonders  an  den  König,  Ihren  Gebieter,  und  an  die  franzö- 
sische Nation  fesselt.  Meine  Hochachtung  und  meine  Freundschaft  für  Sie 
werden  erst  mit  meinem  Leben  erlöschen." 

Ueber  die  Audienz,  die  der  Marquis  V  a  1  o  r  y  am  24.  Juni  bei  dem 
Könige  hatte,  hegt  sein  Bericht,  Breslau,  1.  Juli,  vor :  „Der  König  von  Preussen 
rief  mich  und  ich  folgte  ihm  in  sein  Schlafzelt.  Er  begann  damit,  dass  er  mir 
mit  ziemlicher  Heftigkeit  sagte,  er  habe  gezögert,  Verpflichtungen  für  den  König 
einzugehen,  um  denselben  desto  gewissenhafter  nachzukommen;  aber  er  mache 
mich  aufmerksam,  dass,  wenn  Schweden  nicht  sofort  gegen  Russland  operiere . 
wenn  der  Churfürst  von  Bayern  nicht  sehr  rasch  eine  Diversion  mache  und 
nicht  durch  den  König  in  Stand  gesetzt  werde,  mit  Uebermacht  zu  opei'ieren 
und  wenn  die  französischen  Truppen  nicht  in  der  Lage  seien,  nächsten  Monat 
in  Deutschland  und  im  folgenden  im  Herzen  des  Landes  einzurücken,  man 
nicht  auf  ihn  mehr  rechnen  solle,  als  auf  Blätter  im  November;  er  wolle  sich 
nicht  aufreiben  und  einen  Krieg  verlängern,  welcher  in  der  Folge  nur  zu 
seinem  und  Deutschlands  Verderben  führen  könne  :  es  handle  sich  nicht  mehr 
darum,  blinde  Streiche  zu  führen.  Das  wahre  Interesse  des  Königs  sei  es. 
dieses  Haus  (Oesterreich)  auf  einen  Schlag  zu  vernichten  und  ihm  binnen  sechs 


358 

wisse.  Er  erklärte  diesem  Fürsten,  dass  der  Tag,  an  dem  er  gegen 
die  Königin  von  Ungarn  in  Thätigkeit  trete,  die  Gewissheit  eines 
Vertrages  mit  ihm  bringen  werde,  indem  er  zugleich  zu  verstehen 
gab,  dass  ohne  dies  davon  nicht  die  Rede  sein  könne."  *) 

Die  von  König  Friedrich  II.  so  dringend  gewünschte 
Geheimhaltung  seiner  Abmachungen  mit  Frankreich  gelang  in 
ausreichender  Weise. 

Erst  am  30.  Juni  erhielt  der  "Wiener  Hof  davon  Kenntniss. 

In  einer  Minister-Conferenz  an  diesem  Tage  wurden  Nach- 
richten des  Grafen  Colloredo,  der  an  die  geistlichen  Höfe  von 
Maynz,  Cöln  und  Trier  gesandt  worden  war,  mitgetheilt,  laut 
welchen  Preussen  und  Frankreich  sich  geeinigt  hätten,  dass  mehrere 
französische  Corps  in  Marsch  gesetzt  würden  und  auch  nach  Cöln 
französische  Truppen  kommen  sollten.  Der  Oberste  Hofkanzler 
Graf  Sin  z  en  d  orff  eröffnete,  es  habe  auch  der  englische  Ge- 
sandte Sir  Thomas  Robinson  bekanntgegeben,  dass  am  5.  Juni 
der  förmliche  Bündnisstractat  zwischen  Preussen  und  Frankreich 
abgeschlossen  worden  sei.  Er  fügte  hinzu,  das  Betragen  Frankreichs 
sei  äusserst  gefährlich.  Man  habe  zwar  von  der  Pforte  gegenwärtig 
nichts  zu  befürchten,  nichtsdestoweniger  mache  die  französische 
Politik  Anstrengungen,  auch  die  Türken  gegen  die  Königin  in 
den  Krieg  zu  hetzen.  Frankreich  habe  vor,  das  Erzhaus  völlig 
umzustürzen  und  ihm  die  Kaiserkrone  zu  entziehen.  2) 

Ein  Tractat  zwischen  Bayern  und  Spanien  und  Abmachungen 
zwischen  Frankreich  und  Bayern  über  die  vorzunehmenden  Ope- 
rationen waren  im  Monate  Mai  im  Schlosse  zu  Nymphenburg 
geschlossen  worden. 3) 


Monaten  Stösse  zu  versetzen,  welche  es  nicht  parieren  und  von  denen  es  sich 
nie  erholen  könne  ;  wenn  Sie  den  Liguen  Zeit  lassen,  sich  zu  bilden,  so  wird 
dies  ein  Krieg,  welcher  uns  durch  seine  Länge  unverhältnissmässig  mehr 
Leute  und  Geld  kostet,  als  Sie  jetzt  ausgeben  würden.  Uni  diesen  Preis  kann 
der  König,  Ihr  Gebieter,  auf  einen  unerschütterlichen  Alliierten  rechnen.  Ein 
langer  Krieg  passt  mir  nicht."  (Polit.  Corresp.  I,  Nr.  412,  Anmerkung.) 
J)  Memoires  des  negociations  du  Marquis  de  Valory,  I,  117—119. 

2)  H.  H.  u.  St.  A.,  Vorträge,  Staatskanzlei  1741.  Conferenz-Notaten. 

3)  Das  Ausführliche  hierüber  siehe  im  IV.  Bande  dieses  Werkes. 
König  Friedrich    II.    schrieb    nun    am    30.   Juni    auch  an  F 1  e  u  r  y 

seine  Ideen  über  die  Lage  :  „Ich  war  sehr  entzückt  über  den  Brief,  welchen 
Sie  mir  soeben  geschrieben  und  auf  das  Höchste  geschmeichelt  von  der 
Freundschaft  des  Königs,  Ihres  Gebieters,  von  welcher  Sie  mir  ebenso  starke, 
als  bestimmte  Versicherungen  geben.    Von  dem  Geheimniss,  das  Sie  von   mir 


35<J 

Am  3.  Juli  berichtete  der  Gesandte  in  Paris  an  die  Königin 
Maria  Theresia:  „In  dem  am  25.  Juni  zu  Versailles  gehaltenen 


verlangen,  wird  man  hier  nicht  Wind  bekommen,  wenigstens  nicht  durch 
meine  Schuld.  Herr  V  a  1  o  r  y,  welcher  ein  sehr  würdiger  Unterthan  ist  und 
seinem  Gebieter  als  höchst  ehrenwerther  Mann  dient,  spielt  seine  Rolle  wie 
man  es  in  der  ganzen  Welt  nicht  besser  könnte  und  führt  sehr  gewissenhaft 
die  Missionen  aus,  mit  denen  er  betraut  ist.  Ich  benütze  diese  Gelegenheit, 
mein  Herr,  um  Ihnen  meine  Betrachtungen,  welche  ich  über  den  gegenwärtigen 
Zustand  Europas  gemacht  habe,  zu  schicken ;  sie  sind  ein  wahrhaftes  Bild 
der  Operationen,  welche  mir  für  die  Interessen  Frankreichs  und  seiner 
Alliierten  die  geeignetsten  scheinen.  Sie  können  von  nun  an  auf  mich  als  den 
treuesten  Freund,  den  der  König,  Ihr  Gebieter,  jemals  haben  kann,  für  mein 
ganzes  Leben  rechnen."  (Polit.  Corresp.  I.  Nr.  415.) 

Ausführlicher  Bericht  der  Ursachen,  welche  den  König  von  Frank- 
reich   nöthigen,    unverzüglich  mit    einem  Theil    seiner  Armeen   in 

Deutschland  zu  wirken. 

„1"-  Die  Absicht  des  Königs  von  Frankreich  ist,  das  Haus 
Oesterreich  zu  erniedrigen  und  zu  diesem  Zwecke  den  König  von 
Preussen  und  den  Churfürsten  von  Bayern  zu  unterstützen,  welche  sich  als 
Feinde  der    Königin  von  Ungarn  erklärt  haben." 

„Hier  folgt  das  Bild  der  Zeit.  Der  König  von  Preussen  wird  lebhaft  von 
England  gedrängt,  sich  mit  der  Königin  zu  vergleichen  und  man  fügt 
Drohungen  zu  den  Bitten.  Die  erst  kürzlich  geschlossene  Allianz,  welche  der 
König  von  Preussen  als  geheiligt  betrachtet,  verhindert  denselben,  auf  irgend 
einen,  seinen  Alliierten  nachtheiligen  Vergleich  einzugehen ;  aber  um  die 
Folgen  der  üblen  Absichten  seiner  Nachbarn  zu  vermeiden,  hält  er  sie  hin  und 
erweckt  ihnen  Hoffnungen,  um  dem  Churfürsten  von  Bayern  zum  Einrücken 
in  Oesterreich  und  der  französischen  Armee  zum  Einrücken  in  Deutschland 
Zeit  zu  lassen.  Wenn  der  Churfürst  von  Bayern  seine  Operationen  noch  länger 
als  einen  Monat  hinausschiebt,  setzt  er  den  König  von  Preussen  in  die  Lage, 
sich  von  den  Sachsen  und  Hannoveranern  angegriffen  zu  sehen." 

,,2°-  Wenn  also  Frankreich  jetzt  nicht  in  Deutschland  einrückt,  muss  es 
sich  darauf  gefas st  machen,  entweder  den  König  von  Preussen,  seinen  Alliierten 
oder  den  Churfürsten  von  Bayern  beeinträchtigt  zu  sehen,  was  seine  Pläne 
auf  die  Häuser  Oesterreich  und  England  scheitern  lässt." 

„3°-  Wenn  Frankreich  im  Monat  August  mit  40.000  Mann  in  Schwaben 
einrückt,  verhindert  es  in  erster  Linie,  dass  die  deutschen  Fürsten  und  die 
fünf  verbündeten  Kreise  ihm  kommendes  Jahr  Truppen  entgegenstellen  kömien, 
zweitens  nimmt  es  seine  Winter- Quartiere  in  Feindesland ;  drittens  kann  es 
noch  in  diesem  Jahr  die  Angelegenheit  mit  dem  Hause  Oesterreich  beendigen, 
hernach  handelt  es  sich  nur  noch  um  den  Gewinn  einer  Schlacht  durch  den 
Churfürsten  von  Bayern,  damit  dieses  Haus  Oesterreich  in  den  letzten 
Zügen  liege,  besonders  wenn  die  Bayern  direct  auf  Wien  marschieren. 
Noch  mehr,  wenn  40.000  Franzosen  entweder  in  Oesterreich  oder  in  Böhmen 
einrücken  und  eine  andere  französische  Armee  Philippsburg  nimmt,  ist  es 
sonnenklar,  dass  die  Häuser  Sachsen  und  Hannover  sich  mit  ihren  Hessen 
und  Dänen    niemals    einer  so    starken  Macht    entgegenzustellen  vermöchten." 


360 

Rath  ist  nicht  allein  der  Krieg  wirklich,  sondern  auch  beschlossen 
worden,     dem    Churfürsten     von    Bayern     sobald    als     nur     immer 


„Ich  bin  sonach  der  Ansicht,  man  solle  jetzt  eine  mächtige  Anstrengung 
machen  und  mit  einem  Schlag  das  vollbringen,  was  bequem  zu  vollenden 
wäre,  statt  durch  nur  nach  und  nach  geschehende  Anstrengungen  dem 
Zufall  die  Ereignisse  zu  überlassen,  welche  nun  von  Frankreich  abhängen, 
ob  es  ohne  Autschub  einen  guten  und  herzhaften  Entschluss  fasst." 

„Man  erinnere  sich  an  das  Gleichniss  vom  Pferdeschwanz,  welchen  man 
nicht  auf  einmal  ausreisst,  mit  dem  man  aber  fertig  wird,  indem  man  Haar 
um  Haar  auszieht;  darum  muss  man  mit  seiner  ganzen  Kraft  handeln  und 
müssen  die  Alliierten  dasselbe  thun.  dann  hat  Frankreich  alle  Ursache,  ein 
glückliches  Gelingen  seiner  Absichten  zu  erwarten  und  dies  ist  das  einzige 
Mittel,  um  Oesterreich  zu  erniedrigen  und  den  Hochmuth  und  che  An- 
massung  Englands  niederzuschlagen."  (Polit.  Corresp.  I,  Nr.  415.  Nach  dem 
eigenhändigen  Concept.) 

Belleisle,  der  zur  Zeit  in  Versailles  war,  erhielt  von  König  F  r  i  e  d- 
r  i  c  h  H.  am  4.  Juli  aus  Strehlen  Mittheilnng :  „Die  Oesterreicher  sammt 
allen  Verstärkungen  bestehen  in  10.000  Mann  Infanterie.  11.000  Mann  Caval- 
lerie,  5000  Husaren  und  30.000  Mann  ungarischer  Milizen,  das  ist  ihre  ganze 
Stärke.  Meine  Armee,  nun  seit  Ihrer  Abreise  verstärkt  und  um  emige  Regi- 
menter vermehrt,  besteht  in  28.000  Mann  Infanterie,  welche  35  Bataillone 
bilden,  12.000  Mann  Cavallerie  und  3000  Husaren,  ausserdem  aus  4  Batail- 
lonen, welche  zur  Bewachung  der  Magazine  dienen ;  das  macht  zusammen 
46.252  Mann  ;  ausserdem  aus  600  Kanonieren,  einer  Fx*ei  -  Compagnie 
von  200  Mann  und  einer  Jäger- Compagme  von  100  Mann.  Die  Oester- 
reicher lagern  unter  den  Kanonen  von  Neisse  und  ich,  ich  bin  in  Strehlen. 
in  einem  Lager,  wo  meine  Cavallerie  wieder  ganz  hergestellt  und  com- 
pletiert  ist  und  wo  ich  meine  Subsistenz  mit  Leichtigkeit  herausziehe. 

Sobald  Bayern,  welches  nur  zwei  Regimenter,  nämlich  Savoyen  und 
Khevenhüller  vor  sich  hat,  seine  Operationen  begonnen  haben  wird,  wird  von 
drei  Dingen  eines  geschehen.  Entweder  werden  die  Oesterreicher  einen  Theil 
ihrer  Truppen  nach  Oesterreich  detachieren,  oder  sie  werden  Schlesien  preis- 
geben, um  zu  ihren  Penaten  zu  eilen  oder  die  Verzweiflung  wird  ihnen  den 
Plan  einer  Schlacht  eingeben. 

Im  ersteren  Falle  warte  ich  vierzehn  Tage,  bis  sie  detachiert  haben  und 
werde  die  Neisse  bei  Ottmachau  überschreiten,  um  mich  zwischen  ihnen  und 
ihren  Magazinen  zu  lagern,  welche  sich  in  Mähren  und  Böhmen  befinden, 
und  die  Noth  wird  sie  alsdann  zwingen,  entweder  auf  mich  loszugehen 
oder  ihr  Lager  zu  verlassen  und  ich  werde  sie  schlagen.  Sollten  sie  Schlesien 
gänzlich  verlassen,  werde  ich  Neisse  belagern,  was  eine  Affaire  von  14  Tagen  ist, 
ebenso  werde  ich  Glatz  belagern,  welches  uns  den  Verkehr  durch  Böhmen  ver- 
schaffen und  vermittelst  einer  leichten  Kette  die  Freiheit  des  Anschlusses 
sichern  könnte.  Wenn  sie  auf  mich  losgehen,  werde  ich  daraus  Nutzen  ziehen 
und  in  diesem  Fall  kann  der  Churfürst  von  Bayern,  ohne  auf  irgendwelchen 
Widerstand  zu  stossen,  auf  Wien  marschieren  und  Sie  würden  alsdann  gut 
thun,  sich  nach  Böhmen  zu  wenden,  um  sich  den  Truppen  entgegen  zu  stellen, 
welche  die  hannoversche  Liga  nicht  ermangeln  wird,  entweder  gegen  Bayern 


361 

thunlich,  30.000  Mann  zu  schicken,  mit  welchen  sich  die  bayerischen 
Truppen  zu  vereinigen,  gesanmiter  Hand  in  Böhmen  einzubrechen 
und  besagter  Churfürst  sich  bereits  im  nächsten  Monat  November 
zu  Prag  krönen  zu  lassen  hätte" 

„Man  sei  nur  noch  um  einen  scheinbaren  Vorwand  auszufinden 
verlegen ;  wobei  denn  auch  Viele  sehr  befürchten,  dass  Frankreich 
und  Bayern  sich  schon  des  Königs  von  Preussen  versichert  haben 
und  dieser  sich  nur  allein  in  der  Absicht  still  halte,  um  den  hiesigen 
Bruch  abzuwarten  und  sodann  desto  nachdrücklicher  zu  Werke  zu 
gehen." 

Der  Gesandte  machte  am  11.  Juli  dem  Cardinal  Fleuryzu 
Versailles  über  die  militärischen  Anstalten  Frankreichs  Vorstellungen, 
worauf  dieser  erwiderte,  dass,  da  alle  anderen  Mächte  in  Europa 
bereits  gerüstet,  oder  sich  zu  rüsten  eifrig  bemüht  seien,  es  Frank- 
reich nicht  verdacht  werden  könne,  auch  seinerseits  deren  Beispiel 
zu  folgen  und  sich  gegen  die  von  verschiedenen  Mächten  „wider 
hiesige  Krone  hegende  gefährliche  Vorhaben  vorzusehen",  worauf 
der  Gesandte  entgegnete  :  „Wie  ich  seinem  und  der  ganzen  ver- 
nünftigen AVeit  Urtheil  anheim  stelle,  ob  auch  nur  der  mindeste 
Anschein  einer  Gefahr  obwalte,  dass  Frankreich  von  Jemand  an- 
gegriffen werde." 

Wasner  erinnerte  den  Cardinal  in  gemessener  Weise  an 
die  Verpflichtungen,  die  Frankreich  der  Königin  gegenüber 
habe;  Fleury  antwortete  mit  seiner  gewöhnlichen  Gelassenheit: 
„Wie  er  meinen  für  E.  k.  Majestät  und  des  Grossherzogs  Aller- 
höchsten Dienst  äussernden  Eifer  nicht  missbilligen  könne  und 
ich  hiervor  vielmehr  zu  beloben  sei.  Es  müsse  aber  jede  Macht 
für  sich  und  ihre  Sicherheit  Sorge  tragen ;  wider  die  Gerechtigkeit 
jedoch  würde  hiesigen  Orts  nichts  unternommen  werden  und  da  er. 
Cardinal,  hierauf  mit  halbgebrochenen  Worten  meldete:  dass  gewisse 
Verbindungen  gegen  Frankreich  vorhanden   wären,    so  widersetzte 


durch  das  Reich  oder  in  meine  Staaten  marschieren  lassen  zu  wollen.  Durch 
Ihren  Einmarsch  in  Böhmen  würden  Sie  dann  den  Churfürsten  von  Bayern 
decken,  welcher,  auf  keine  Feinde  stossend,  auch  keiner  Hilfe  bedürfte.  Sie 
könnten  vielleicht  Sachsen  bestimmen,  sich  mit  uns  zu  verbünden  und  Sie 
würden  sich  so  stark  den  hannoverschen  Staaten  nähern,  dass  von  einer 
Seite  Ihre  Truppen,  von  der  zweiten  jene  des  Fürsten  von  Anhalt  und  von 
der  dritten  die  pfalzgräflichen  Truppen  Sie  auf  den  ersten  Pfiff  erdrücken 
können.  Ich  bin  jedoch  der  Ansicht,  Sie  sollten  sich  an  den  Churfürsten  von 
Bayern  anschliessen,  sobald  die  Oesterreicher  von  dieser  Seite  hier  nach 
Oesterreich  detachieren "  (Polit.  Corresp.  I,  Nr.  417). 


362 

ich:  wie  ich  ihm  und  der  ganzen  AVeit  den  Trutz  böte,  mit 
dem  geringsten  Wahrheits-Schein  darzuthun,  dass  bis  dato  die 
mindeste  Verbindung  von  Seiten  E.  k.  Majestät  oder  des  Gross- 
herzogs  k.  H.  zürn  Nachtheil  Frankreichs  genommen  worden  sei  und 
sich  gegen  was  solches  auch  für  das  Künftige  vollkommentlich  zu 
versichern  blos  in  hiesiger  Willkür  stünde.  Worauf  aber  der  Cardinal 
nichts  erwidert."  l) 

Belleisle,  sobald  er  die  Nachricht  von  dem  Abschlüsse 
des  von  ihm  bei  König  Friedrich  IT.  so  warm  befürworteten 
Allianz-Tractates  erhielt,  begrüsste  diese  als  die  wichtigste  und 
entscheidendste  Kunde.  Dem  preussischen  Könige  theilte  er  mit, 
dass  im  August  die  französischen  Fahnen  jenseits  des  Rheins 
wehen  und  bereits  Ende  Juni  bayerische  Truppen  in  der  Stärke 
von   12.000  Mann  an  den  Grenzen  Ober-Oesterreichs  stehen  würden. 

Und  als  von  dem  französischen  Minister  Amelot  die  Antwort 
eintraf,  dass  man  mit  Rücksicht  auf  die  schon  vorgerückte  Jahres- 
zeit für  dieses  Jahr  sich  mit  einer  Geldunterstützung  von  zwei 
Millionen  Livres  und  einem  französischen  Hilfs-Corps  von  20.000 
Mann  begnügen  könne,  eilte  Belleisle  nach  Versailles  und  setzte 
in  einer  Sitzung  des  Staatsrathes  am  11.  Juli  die  schleunigste 
Ausrüstung  zweier  französischer  Heere  durch,  die  Mitte  August 
den  Rhein  überschreiten  sollten.  Am  IG.  August  wurde  dann  eine 
Convention  zwischen  Frankreich  und  Bayern  geschlossen,  welche 
die  Ausdehnung  und  Art  der  Hilfe  stipulierte,  die  König  Lud- 
wig NV.  dem  Churfürsten  von  Bayern  leisten  sollte,  auf  Grund 
älterer  Verträge  und  speciell  des  zu  Fontainebleau  am  12.  No- 
vember. 1727  abgeschlossenen  Tractates. 2) 

Am  24.  Juli  verliess  Belleisle  Versailles  und  am  25.  Paris, 
um  über  Metz  nach  Frankfurt  zurückzukehren. 

Seit  dem  5.  Juli,  an  welchem  Tage  Chevalier  Roland  Des- 
a  1 1  e  u  r  s  als  französischer  Gesandter  in  Dresden  angekommen 
war,  hatte  er  in  den  verschiedenen  Conferenzen  mit  Brühl  und 
P.  G  u  a  r  i  n  i  nur  Vorwände  und  Ausflüchte  gefunden.  Die  Rathgeber 
König  A  u  g  u  s  t's  wollten  zuerst  vor  Preussen  gesichert  sein  und 
mit  Bayern  sich  nur  dann  verbünden,  wenn  Frankreichs  Truppen 
im  Marsch  wären,  um  die  bayerischen  zu  unterstützen. 

x)  H.  H.  u.  St.  A.,  Berichte  W  a  s  n  e  r's.  Frankreich,  Correspondenz. 
2)  Articles  signes  entre  le  roi  (de  France)  et  l'electeur  de  Baviere.  Paris 
le  16  aoüt  1741.  (Pariser  Archiv.) 


363 

Desalleurs  drängte,  da  der  König,  sein  Herr,  zu  wissen 
wünsche,  woran  man  sich  zu  halten  habe  und  es  endlich  an  der 
Zeit  wäre  sich  zu  erklären,  ob  Sachsen  die  Absicht  habe,  sich 
mit  Bayern  zu  verbünden.  Darauf  kamen  wieder  Vorwände,  man 
müsse  noch  Erklärungen  des  Churfürsten  von  Bayern  abwarten. 
Dieselbe  Antwort  erhielt  der  am  8.  Juli  in  Dresden  eingetroffene 
spanische  "Wahlbotschafter  Montij  o.  Jedoch  wechselte  die  Situation 
bald.  König  August  entschloss  sich  in  Folge  wichtiger  Nach- 
richten des  Grafen  von  Sachsen,  den  Gesandtschaftsrath  Saul 
direct  an  Belieisle  abzusenden. 

In  der  Conferenz,  welche  Belieisle  mit  Saul  hatte,  gestand 
Letzterer  selbst,  dass  sein  Hof  bis  jetzt  gesucht  habe,  die  Unter- 
handlungen in  die  Länge  zu  ziehen,  dass  es  aber  jetzt  Zeit  sei, 
einen  Entschluss  zu  fassen. 

Er  begehrte,  dass  dem  König  von  Preussen  die  Niederlande,  das 
Herzogthum  Glogau  und  der  Schwiebuser  Kreis ;  dem  Churfürsten 
von  Sachsen  der  Rest  von  Schlesien,  Mähren  und  zwei  Drittel  von 
Böhmen  mit  Prag,  endlich  dem  Churfürsten  von  Bayern  der  Rest 
von  Böhmen,  Ober-Oesterreich,  Tyrol  und  Vorder-Oesterreich  ge- 
geben werde. 

Belieisle  meinte,  dass  gegenwärtig  „der  Zeitpunct  zum 
Feilschen  schlecht  gewählt  sei".  Er  wollte  Sachsen  nur  Mähren 
und  Ober-Schlesien  und  höchstens  noch  einen  schmalen  Streifen 
von  Böhmen  zur  Communication  zugestehen.  Saul  reiste  hierauf 
zu  weiteren  Unterhandlungen  nach  Versailles. 


Veränderungen  des  preussischen  Lagers. 
Thätigkeit  der  Streif- Corps  der  österreichischen  Armee. 

Jb  M.  Graf  Neipperg  hatte  seine  Truppen  in  dem  Lager, 
das  er  bald  nach  der  Schlacht  von  Mollwitz  bezog,  retabliert. 

Der  linke  Flügel  leimte  sich  an  den  Biela-Fluss,  der  rechte 
war  etwas  zurückgenommen,  die  Front  durch  die  Festung  Neisse 
und  die  Wehrteiche  gedeckt. 

Am  4.  Juni  liess  der  Armee-Commandant  nebst  400  freiwilligen 
Kumaniern  und  Jazygiern  noch  100  Husaren  von  Kärolyi  zur  Ver- 
stärkung des  an  der  Neisse-Grottkauer  Strasse  um  Friedewalde 
postierten  GFWM.  Festetics  abgehen. 

Oberst  Wilhelm  Moritz  Freiherr  von  Roth,  der  tapfere  und 
überaus  thätige  Commandant  von  Neisse,  der  im  Hauptquartier  un- 
ausgesetzt für  den  kleinen  Krieg  und  die  stete  Beunruhigung  der 
Preussen  eintrat,  ein  genauer  Kenner  der  Verhältnisse  Schlesiens 
und  seiner  Bewohner,  inzwischen  zum  General-Feld- Wachtmeister 
ernannt,  x)  hatte  dem  zu  Schedlau  an  der  Strasse  Falkenberg- 
Löwen  stehenden  Kärolyi'schen  Oberstwachtmeister  von  G  y  ü  r  i 
eine  Anzahl  Frei-Hayducken  zugesendet.  Diese  wurden  in  die  vom 
Hauptmann  Kniebisch  aufgestellte  Frei-Compagnie  eingereiht, 
die  zur  Bewachung  der  untern  Neisse  mit  verwendet  ward  und 
auch  am  linken  Ufer  des  Flusses  die  Gegend  durchstreifte.  An  die 
Neisse  nach  Ottinachau  wurde  der  am  5.  Juni  mit  7  Compagnien 
des  Dragoner-Regiments  d'Ollone  im  Hauptlager  eingetroffene  Oberst 
Graf  Olivieri  entsendet.  Auch  Detachements  der  Husaren - 
Regimenter  Csäky  und  Splenyi  befanden  sich  in  Ottmachau. 


»)  K.  A.,  Schlesien  1711 ;  VI,  21. 


365 

GFWM.  Festetics  brach  in  der  Nacht  vom  6.  zum  7.  Juni 
aus  seiner  Postierung  bei  Friedewalde  mit  einem  Detachement 
von  1000  Pferden,  bestehend  aus  Abtheilungen  der  Husaren- 
Regimenter:  Csäky,  Dessewffy,  Ghylanyi,  Pestvarmegyei,  Splenyi, 
Kärolyi,  den  ungarischen  National-Husaren  von  Belesznay  und  den 
Kumaniern  und  Jazygiern  gegen  die  Strasse  Grottkau-Strehlen  auf 
und  stiess  bei  Olbendorf  um  4  Uhr  Morgens  auf  ein  Com- 
mando  von  100  preussischen  Husaren.  Trotzdem  diese  sich  tapfer 
vertheidigten  und  in  dem  dortigen  Schloss  sich  festsetzten,  liess 
Festetics  nicht  ab ,  bis  er  den  Gegner  fast  aufgerieben 
hatte.  Die  Ortsbewohner  betheiligten  sich  am  Kampfe  gegen  die 
0 esterreicher.  Nachdem  das  Gefecht  längere  Zeit  gedauert,  langten 
800  preussische  Husaren,  nebst  Uhlanen  zur  Unterstützung  an. 

Festetics  berichtet:  „Die  unter  mir  Stehenden  haben  mit 
solcher  Valor  "Widerstand  gethan  und  mit  dem  Säbel  in  der  Faust 
begegnet,  dass  sie  über  hundert  auf  dem  Platze  geblieben  sind 
und  die  übrigen  in  Flucht  gebracht,  wobei  drei  Officiers  von  ihnen 
geblieben,  unter  anderen  ein  gewisser  Rittmeister  Ledivari 
genannt,  welcher  einer  von  ihren  besten  und  bravsten  Ofncieren 
gewesen.  Ich  habe  die  Ehre  gehabt,  des  Herrn  Obersten  Belesznay 
Regiment  und  die  Jazygier  und  Kumanier  einzusetzen  und  ist  mir 
lieb,  dass  bei  erster  Gelegenheit  ihnen  von  dem  Feind  kein  Affront 
widerfahren."  König  Friedrich  H.,  welcher  persönlich  mit  Cavallerie, 
Infanterie  und  Geschützen  zur  Unterstützung  herbeigeeilt,  kam  zu 
spät ;  das  Gefecht  war  bereits  zu  Ende,  da  Festetics  mit  seinen 
Husaren  sich  bereits  wieder  gegen  Friedewalde  zurückgezogen 
hatte.  Der  Verlust  betrug  auf  Seiten  der  0 esterreicher  :  an  Todten  : 
1  Oberofficier,  17  Mann  und  20  Pferde;  an  Verwundeten:  2  Ober- 
officiere,  37  Gemeine,  25  Pferde ;  an  Vermissten :  4  Manu.  Zu- 
sammen 3  Officiere,  59  Mann,  45  Pferde. 

Den  Preussen  wurden  19  Gefangene  abgenommen,  der  übrige  Ver- 
lust soll  nach  österreichischem  Bericht  bei  100  Mann  betragen  haben.1) 

Festetics,  der  seinen  Bericht  aus  Eckwertsheide  am  7.  Juni 
erstattete,  meldete  zugleich,  dass  er  jetzt  allabendlich  sein  Lager 
ändern  werde,  da  er  vermuthe,  dass  die  Preussen  mit  stärkeren 
Kräften  ihm  zu  Leibe  zu  gehen    versuchen  würden. 

Nach  dem  Abschlüsse  mit  Frankreich  lag  es  nicht  mehr  in 
König  Friedrich  H.  Interesse,  grössere  Entscheidungen  herbei - 


')  K.  A.,  Schlesien  1741;  VI,  ad  24  a.  V4)  V». 


366 

zufuhren,  die  ihm  auch  durch  die  Stellung  der  österreichischen 
Armee  hinter  der  Festung  Neisse  wesentlich  erschwert  worden 
wären. l)  Für  einen  voraussichtlich  längeren  Aufenthalt  eignete 
sich  aber  die  Lagerstellung  bei  Grottkau  nicht. 

Vorgeschobene  leichte  österreichische  Truppen  und  Partheien 
umschwärmten  fortwährend  das  preussische  Lager ;  auch  die  Haupt- 
stadt Breslau,  wie  das  Magazin  in  Schweiclnitz  wurden  durch  diese 
Stellung  an  der  Strasse  Brieg-Neisse  nur  ungenügend  gedeckt. 

Da  man  im  preussischen  Hauptquartier  der  Ansicht  gewesen 
zu  sein  scheint,  dass  ein  beträchtlicher  Theil  der  österreichi- 
schen Armee  in  und  um  Friedewalde  versammelt  sei,  so  konnte 
durch  eine  Vorwärtsbewegung  gegen  diesen  Theil  ein  kräftiger 
Schlag  geführt  werden,  der  besonders  den  immer  lästiger  werden- 
den Unternehmungen  der  österreichischen  leichten  Truppen  gelten 
sollte.  Eine  umfassende  Disposition  war  für  den  Vormarsch  auf 
Friedewalde  ausgegeben  worden. 2)  Am  9.  Juni  um  3  Uhr  Früh 
trat  die  Armee  nach  den  Bestimmungen  derselben  den  Marsch  an ; 
bei  der  Annäherung  der  preussischen  Colonne  räumten  die  unter 
Oberst  Baron  Trips  stehenden  österreichischen  Vortruppen  nach 
wenigen  Kanonenschüssen  Friedewalde  und  giengen  in  der  Sichtung 
gegen  Mogwitz  zurück,  wo  sie  wieder  Stellung  nahmen. 

Die  preussische  Armee  bezog  nördlich  von  Friede walde  das 
Lager ;  in  der  Front  durch  einen  Bach  gedeckt,  sicherten  Caval- 
lerie-Feldwachen  dasselbe  gegen  Süden.  Das  Dorf  Friedewalde 
wurde  mit  4  Bataillonen,  Petersheide  mit  1  Bataillon  besetzt. 

König  Friedrich  H.,  immer  noch  in  dem  Glauben,  dass 
die  nach  Mogwitz  zurückgegangenen  Truppen  einen  stärkeren  Be- 
standtheil  der  österreichischen  Armee  bildeten,  gab  am  Abend 
des  10.  Juni  den  Befehl  zu  einem  erneuerten  Angriffe  „wie  wir 
den  Feind  attaquieren  und  unser  Lager  vor  Mogwitz  noch  voraus 
nehmen  wollen.  3) 

Dieser  Befehl  kam  jedoch  nicht  zur  Ausführung. 

In  der  Nacht  vom  10.  zum  11.  beunruhigten  die  österreichi- 
schen Husaren  das  preussische  Lager,  aus  welchem  Geschützfeuer 
auf  dieselben  abgegeben  wurde.  Am  Morgen  fand  dann  eine 
Verschiebung  des  Lagers    an  Ort    und  Stelle    statt.     Die    dadurch 


*)  „Es  galt  nur,  soweit  im  Felde  und  in  Kriegstbätigkeit  zu  bleibeu, 
als  England  und  Oesterreich  vorläufig  über  dies  (preussiscb  -  französiscbe) 
Eündniss  getäuscbt  wurden."  (Kriege  Friedricb  d.  Gr.  II.  65.) 

'-)  Kriege  Friedricb  d.  Gr.  II,  Anlage  5,  S.  28,  35. 

3)  Kriege  Friedricb  d.  Gr.  II,  68. 


367 

hervorgerufenen  Bewegungen  erweckten  in  den  österreichischen 
Vorposten  die  Meinung,  dass  die  preussische  Armee  vorrücken 
werde.  Die  Meldungen,  die  in  das  Hauptlager  kamen,  veranlassten, 
dass  die  Truppen  unter  die  Waffen  traten  und  eine  Veränderung 
der  Lagerstellung  vorgenommen  wurde,  so  dass  die  Stadt  Neisse 
vor  der  Front,  Bielau  im  Rücken  lag.  *) 

König  Friedrich  II.  entschloss  sich  jedoch,  in  der  Richtung 
auf  Strehlen  abzumarschieren.  Eine  Lagerstellung  in  dortiger 
Gegend  war  von  Brieg  und  Schweidnitz  gleich  weit  entfernt, 
sicherte  Breslau,  wo  man  bei  der  katholischen  Bevölkerung  Ein- 
verständnisse mit  den  Oesterreichern  wohl  mit  Recht  voraussetzte, 
hauptsächlich  entzog  es  aber  die  preussische  Armee  der  allzu  engen 
Fühlung  mit  den  österreichischen  leichten  Truppen. 

Am  12.  Juni  wurden  in  den  nächstgelegenen  Ortschaften, 
welche,  als  getreue  Unterthanen,  offenkundige  Hinneigung  zu  den 
Truppen  ihrer  Königin  gezeigt  hatten,  durch  GM.  Prinz  Dietrich 
von    Anhalt    Straf- Contributionen  eingetrieben. 

Die  gesammte  Bagage  wurde  nach  Grottkau  vorausgeschickt. 
Die  Armee  selbst  brach  am  13.  Juni  „in  aller  Früh"  aus  dem 
Friedewalder  Lager  auf. 

FM.  Graf  Neipperg  Hess  ,,den  grössten  Theil  seiner  Husaren 
nachrücken,  um  sowohl  den  feindlichen  Marsch,  wohin  er  eigentlich 
gehen  möchte,  zu  observieren,  als  auch  dem  Feinde  allen  mög- 
lichsten Abbruch  zu  thun". 2) 

Der  Abmarsch  der  Preussen  erfolgte  in  fünf  Colonnen,  drei 
Colonnen  Infanterie  auf  dem  rechten  Flügel,  z-\vei  links,  aus 
Cavallerie  bestehend.  Die  bisherige  Vorposten-Cavallerie  formierte 
zwei  Arrieregarden,  je  zwei  Grenadier-Bataillone  unter  GM.  von 
Riede  sei   folgten  der  ersten  und  dritten  Colonne. 3) 

Husaren  und  Uhlanen  bildeten  allgemeine  Nachhut.  Der 
Marsch  gieng  über  Grottkau  nach  Hermsdorf;  die  Besatzung  von 
Alt-Grottkau  reihte  sich  in  die  Marsch-Colonne  ein.  Bei  Grottkau 
wurde  die  nothwendige  Bagage  den  Colonnen  zugetheilt.  Der  Rvsi 
der  Bagage  nahm  die  Route  auf  Ohlau. 


x)  K.  A.,  Lutsch'  Tagebuch. 

s)  K.  A.,  Schlesien  1741 ;  VI,  96. 

s)  General  Freiherr  Johann  von  ßiedesel  war  im  Jahre  1741  aus  dem 
österreichischen  in  den  preussischen  Dienst  übergetreten.  (H.  K.  Raths-E.  P. 
L741,  März,  Fol.  640  und  kgl.  Eesolution  ebenda,  Fol.  835.)  Er  war  schon  bei 
der  Belagerung  Briegs  im  preussischen  Dienste  thätig.  („Lettres.") 


368 

Als  die  Queue  der  preussischen  Armee  das  Lager  verlassen, 
erschienen  österreichische  Husaren.  Bei  Grottkau  entstand  durch 
die  Eintheilung  der  Bagage  in  die  Colonnen  längerer  Aufenthalt 
und  GM.  Riedesel  postierte  daher  südlich  des  Ortes  zwei 
Grenadier-Bataillone,  die  im  Vereine  mit  den  Husaren  und  Uhlanen 
den  Abmarsch  deckten.  Die  österreichischen  Husaren  umschwärmten 
indessen  trotzdem  auf  dem  Weitermarsche  unausgesetzt  die  preussi- 
sche  Nachhut.  *) 

Der  Marsch  der  preussischen  Armee  bis  hinter  Grottkau  er- 
folgte in  ziemlicher  Ordnung,  dann  trat  bei  der  Arrieregarde  einige 
Verwirrung  ein,  wozu  die  unausgesetzt  nachdrängenden  Husaren 
Anlass  gaben.  Preussische  Deserteure  hatten  sich  in  den  letzten 
Tagen  in  beträchtlicher  Anzahl  bei  den  österreichischen  Vorposten 
gemeldet  und  auch  an  diesem  Tage  verloren  die  Colonnen  durch 
Desertion  Mannschaften,  die  sich  theils  nach  Neisse,  theils  ander- 
wärts hinwendeten.  In  Grottkau,  das  bis  auf  etwa  20  Verwundete 
und  Kranke  vollständig  geräumt  war,  fand  man  noch  einige  20 
Pontons,  Munitions-Wagen,  Gewehre  und  etwas  Bagage,  wovon  das 
Brauchbare  nach  Neisse  gebracht,  das  andere  vernichtet  wurde. 

Der  Verlust  der  österreichischen  Husaren  betrug  einen  Ofncier 
von  den  Jazygiern,  der  gefangen  wurde  und  etwa  20  bis  30  Mann. 
Die  ungarische  Freiwilligen-Cavallerie,  die  sich  sonst  wacker  hielt, 
hatte  sich  arg  zerstreut  und  ihre  Pferde,  die  überhaupt  nicht  in  be- 
sonders guter  Verfassung  waren,  dermassen  fatiguiert,  dass  sie  in 
das  Hauptlager  gezogen  werden  musste  und  dafür  von  dem  Peter 
Haläsz'schen  National-Regiment,  das  am  13.  in  Neisse  eingerückt 
war,  300  Pferde  vorgeschickt  wurden. 2) 

Die  Preussen  setzten  an  diesem  Tag  ihren  Marsch  bis  nach 
Hermsdorf  fort,  wo  Lager  bezogen  wurden,  in  welchen  sie  bis  zum 
Iß.  Juni  blieben. 

Gleichzeitig  wurden  die  in  Michelau  und  Löwen  befindlichen 
Detachements  nach  Brieg  gezogen.  Die  grosse  Bagage  traf  am 
15.  Juni  wieder  im  Lager  ein. 

Nachdem  am  16.  GM.  Prinz  ^Dietrich  von  Anhalt  mit 
4  Grenadier  -  Bataillonen  und  3  Uhlanen  -  Escadronen  wieder  in 
den    ihrer    Königin    Maria    Theresia    ergebenen    umliegenden 


*)  Kriege  Friedrich  cl.  Gr.  II,  70. 

2)  FM.  Neipperg's  Bericht  an  den  Grossherzog  vom  16.  Juni.  (K.  A., 
Schlesien  1741,  VI,  38.) 


369 

Ortschaften  Straf-Contributionen  an  Geld  und  Lebensmitteln  vor- 
genommen, wurde  am  17.  Früh  die  Artillerie  und  die  Bagage, 
convoyiert  von  5  Bataillonen  und  einer  Cavallerie-Abtheilung  nach 
Wansen  in  Marsch  gesetzt.  Die  Armee  folgte  am  selben  Tage,  über- 
schritt die  Ohlau  und  lagerte  nordwestlich  von  Wansen.  Am  18.  Juni 
war  Rasttag  und  am  19.  wurde  nach  Strehlen  marschiert.  Wansen 
blieb  mit  2   Grenadier-Bataillonen  besetzt. 

Das  Lager  von  Strehlen,  wo  nunmehr  32  Musketier-,  8  Gre- 
nadier-Bataillone und  70  Escadronen  einrückten,  lehnte  sich  mit 
dem  rechten  Flügel  an  die  Stadt  und  das  Dorf  Woiselwitz  und 
hatte  die  Ohlau  vor  der  Front.  Im  Rücken  des  Lagers  wurden 
zum  Schutze  gegen  Streifpartheien  Verschanzungen  angelegt.  Die 
Stadt  Strehlen  besetzte  ein  Grenadier-Bataillon.  Die  bedeuten- 
deren Ortschaften  der  Umgebung  erhielten  ständige  Posten.  Als 
äusserste  Flügelpuncte  wurden  Sitzmannsdorf,  nordöstlich  von 
Wansen  und  Zobten  durch  je  ein  Grenadier-Bataillon  gesichert,  nach 
Nimptsch  kamen  3  Bataillone,  nach  Heidersdorf  ein  Detachement, 
das  bald  auf  Rothschloss  gezogen  wurde,  wo  es  sich  verschanzte. 
Alle  diese  Posten  erhielten  Husaren-Abtheilungen  für  den  Recog- 
noscierungsdienst  zugewiesen. J) 

Wenn  auch,  wie  erwähnt,  nach  dem  Abschlüsse  mit  Frankreich, 
das  Bayern  und  Spanien  in  Bewegung  zu  setzen  und  Schweden 
gegen  Russland  auszuspielen  auf  sich  genommen,  es  für  König 
Friedrich  LT.  nicht  opportun  schien,  grössere  Entscheidungen  im 
Felde  zu  versuchen,  so  kann  doch  nicht  in  Abrede  gestellt  werden,  dass 
die  Situation  selbst  in  Schlesien  für  ihn  keine  besonders  günstige  ge- 
nannt werden  konnte.  Die  Bewohner  der  katholischen  Ortschaften 
wurden  schwierig,  die  Hauptstadt  des  Landes  war,  was  die  besitzenden 
Classen  betrifft,  eigentlich  doch  gut  österreichisch,  wozu  die  preussi- 
schen  Anforderungen  auch  das  Ihrige  beitrugen;  Desertionen  und 
Krankheiten  schwächten  die  Effect!  vbestände  der  Truppen  und  — 
die  leichte  Cavallerie  der  österreichischen  Armee  beherrschte  das 
Land. 2)     In  Breslau    musste  die  Besatzung    in    steter  Bereitschaft 


>)  Kriege  Friedrich  d.  Gr.  II,  71  u.  ff. 

2)  In  diesem  Sinne  ist  auch  ein  Brief,  den  GFWM.  Baron  L  e  n  t  u  1  u  s 
am  13.  Juli  aus  Neisse  an  FM.  Graf  Seckendorff  richtete,  charakteristisch. 
Der  General  schreibt :  „Was  E.  E.  in  Dero  gnädigem  Schreiben  vom  28.  über  die 
neuliche  Zurückziehung  der  Preussen  von  Friedewalde  zu  gedenken  geruhen, 
darüber  will  zum  Beweis  dessen,  dass  solche  aus  Furcht  (weil  wir  eben  zu 
selbiger  Zeit  unser  Lager  ein  wenig  geändert,  welches  der  preussische  Espion  vor 

Oesterreichischer  Erbf'olgekrieg.  II.  Bd.  «4 


370 

sein,    da  man    unangenehme    Ueberraschungen  Seitens    der    öster- 
reichischen Streif-Corps  befürchtete.  *) 

Das  Lager  der  österreichischen  Armee  war  ausserordentlich 
günstig.  Es  konnte  als  eine  der  stärksten  Lagerstellungen  gelten, 
da  die  "Wasserläufe  der  Neisse  und  Biela  es  im  Vereine  mit  der 
Festung  Neisse  fast  unangreifbar  machten. 

Diesem  Gefühl  der  Erstarkung  und  dem  Drange  zu  erneuerter 
Initiative  gab  auch  der  sonst  so  überaus  vorsichtige  Armee-Com- 
mandant  Ausdruck,  als  er  am  23.  Juni  dem  Grossherzoge  berichtete  : 

,, Zumal  ich  nunmehr  fast  alle  Truppen,  die  zur  Verstärkung 
dieses  Kriegscorps  gewidmet  waren,  bis  auf  was  Weniges  noch,  an 
mich  gezogen  habe  und  an  regulierter  deutscher  Infanterie  und 
Cavallerie,  17.000  Combattanten  ungefähr,  etliche  Hundert  mehr 
oder  weniger,  stark  sein  dürfte,  so  kommt  es  nun  auf  das  Aller- 
höchst und  Höchste  Belieben  J.  k.  M.,  meiner  Allergnäcligsten  Frau 
und  E.  k.  H.  an,  mir  zu  befehlen,  ob  ich  hier  noch  temporisieren. 
oder  die  Neisse  passieren  und  weiters  in  Schlesien,  entweder  grad' 
gegen  den  Feind,  oder  aber  seitwärts,  wie  sich's  hernach  wird  thun 
lassen,  oder  ich  befinden  möchte,  vorrücken  und  offensive  agieren 
solle  ;  in  unterthänigster  Versicherung,  dass,  wann  es  dahin  ausfallt, 
dass  ich  wieder  vorrücken  solle,  um  mit  Nachdruck  zu  agieren 
und  es  neuerdings  auf  eine  Aifaire  ankommen  zu  lassen,  welche 
der  König  von  Preussen  nach  seinem  Genie,  meines  unterthänigsten 
Dafürhaltens,  nicht  zu  vermeiden  suchen  dürfte,  ich  es  nach  dem 
Buchstaben  befolgen  und  allenfalls  die  feindliche  Armee  aus  ihrem 
V ortheil,  worin  sie  sich  etwa  unterdessen  gesetzt  haben  möchte, 
zu  bringen  nach  aller  meiner  Möglichkeit  trachten  werde  und 
vielleicht  der  König  von  Preussen  selbst  die  Gelegenheit  hiezu. 
wofern    ihm  vorbeigienge,   suchen  und  an  Händen    geben  dürfte." 

„Schlüge  es  zu  unserem  Vortheil  aus,  wohl  und  gut  und 
könnte  sich  alsdann  schon  die  nöthige  Vorkehrung  machen  lassen, 
beide  verlorenen  Plätze,  Brieg  und  Gross-Glogau  wieder  zurück 
zu  bekommen ;    äusserte  sich  aber  das  Gegentheil    und    wir  zögen 


einen  Abmarsch  gehalten  und  solchergestalt  dem  Könige  referiert)  geschehen, 
noch  dieses  anfügen,  wasmassen  selbige  in  solcher  Confusion  vor  sich  ge- 
gangen, dass  auch  die  Besatzung  zu  Grottkau  vergessen,  folglich  von  unsern 
Husaren  eingesperrt  worden  und  wirklich  zu  Gefangenen  gemacht  worden 
wäre,  wann  nicht  endlich  die  Preussen  darauf  reflectiert  und  ein  Bataillon, 
nebst  Stücken  zurück  zu  Deck-  und  Abholung  derselben  remittiert  hätten." 
:)  K.  A.,  Schlesien  1741,  VI,  ad  46  a,  b,  c. 


371 

mehrmalen  den  Kürzeren,  wie  man  nicht  vorsehen  kann,  weil  der 
Krieg,  wie  ein  Spiel,  wo  man  bald  gewinnt,  bald  verliert,  so  könnte 
hernachmals  nicht  versichern,  ob  mich  im  Stande  befinden  würde, 
die  Stadt  Neisse  und  anliegenden  Fürstenthümer  und  Gregenden 
fernersinn,  wie  seit  der  Mollwitzer  Affaire  und  bisher  geschehen, 
zu  bedecken  und  zu  bewahren  und  die  etwa  dem  Königreich 
Böhmen  und  Markgrafthum  Mähren  daraus  allenfalls  erwachsende 
Gefahr  abzuwenden." 

„Ich  bitte  also  unterthänigst,  die  hierunter  waltenden  häk- 
lichen  Umstände  wohl  zu  erwägen  und  mich  hierauf  mit  einer 
deutlichen  und  standhaften  Antwort  zu  versehen,  woran  mich 
genauest  halten  und  dasjenige  nach  dem  Buchstaben  vollziehen 
werde,  wozu  J.  k.  M.,  meine  Allergnädigste  Frau  und  E.  k.  H. 
mich  anzuweisen  geruhen  werden." 

„Ich  weiss  zwar  gar  wohl,  dass  mich  nicht  viel  mit  Anfragen 
aufhalten  solle,  allein  die  "Wichtigkeit  der  Sache,  die  da  Land  und 
Leute  betrifft,  macht  mich  diese  Behutsamkeit  nehmen  und  aller- 
dings hoffen,  es  werde  mir  die  hierunter  genommene  unterthänigste 
Freiheit  nicht  zur  Ungnade  ausgedeutet  werden." 

„Die  Uebermacht  des  Feindes,  sein  Feuer  von  Stücken 
und  kleinem  Gewehr,  sind  keineswegs  die  Anstände,  die  mir 
einige  Aufmerksamkeit  verursachen,  allermassen  man  mit  der 
Anzahl  von  17.000  Combattanten,  auf  welchen  Numeruni  die 
beihabende  deutsche  Infanterie  und  Cavallerie,  wie  obberührt, 
der  Zeit  ungefähr  sich  beläuft,  dahingegen  auf  die  übrige,  als 
Husaren,  Croaten  und  Slavonier  in  einer  ordentlichen  Action  nicht 
eher,  als  wann  das  Spiel  fast  gewonnen,  zum  Nachhauen  und 
sonsten  zu  rechnen  ist,  sich  nicht  aufhalten  muss,  den  Feind,  er 
mag  hernach  zwanzig,  etlich  und  zwanzig  oder  gar  dreissig  Tausend 
Mann  stark  sein,  vorerst  zu  zählen.  l)  Zudem  ist  mir  auch  gar  wohl 
bewusst,  dass  die  Preussen  weder  die  Determiniertesten,  noch  die- 
jenigen sind,  so  von  den  erreichenden  Vortheilen,  so  wie  siclrs 
gebührt,  zu  profitieren  wissen,  oder  verlangen ;  allein  ihre  gute 
Ordnung  und  Contenance,  so  viel  die  Infanterie  betrifft,  ist  es,  so 

l)  Die  Vormerkungen  des  FM.  Grafen  Neipperg  beziffern  das  Totale 
der  ganzen  königlichen  preussisclien  Armee  am  18.  Juni  1741  folgendermassen : 

In  Schlesien 43.945 

Im  Lager  bei  Göttin 26.924 

Stehen  noch  im  Lande  verfügbar     25.474 

Summa     .     .     .     96.343  Mann. 

(Gran.  Neipperg'sches  Archiv.) 

24* 


372 

rriir  einiges  Bedenken  macht  und  mich  anzufragen  veranlasst, 
sintemals  sowohl  Officiers,  als  Gemeine  sich  in  allem  Vorfall  auf 
der  Stelle  zu  helfen  wissen  und  von  allem  dem,  so  sie  nach 
den  unterschiedenen  Umständen  zu  thun  und  zu  lassen  haben, 
vollkommen  unterrichtet  sind ;  dahingegen  bei  uns  das  gerade 
AViderspiel  hierin  fürwaltet  und  weder  die  meisten  Officiers,  noch 
andere  dasjenige,  so  ihnen  in  ein-  und  anderem  Fall  obliegt,  ver- 
stehen. Ich  lasse  zwar  seit  der  Zeit,  als  allhier  stehe,  unaussetzlich 
im  Feuer  und  sonsten  exercieren  und  halte  die  Feldmarschall- 
Lieutenants  an,  dass  sie  ihre  Flügel  im  Auf-  und  Abmarschieren, 
Defilieren  und  sonst  in  allen  Vorfallenheiten  zur  Uebung  und  in 
Gang  bringen  sollen,  sie  thun  es  auch  unermüdet  und  ist  nun  zu 
gewärtigen,  wie  weit  sie  es  hierin  bringen  dürften." 

„Wann  unsere  Infanterie  der  Ordnung  und  anderer  nützlichen 
Gebräuche  willen,  so  gut  als  die  preussische  beschaffen  wäre,  oder  diese 
wenigstens  so  herabgekommen,  wie  die  unselige,  so  hätte  nicht  den 
geringsten  Anstand,  mich  mit  derselben  einzulassen,  allein  der  allzu- 
grosse  hierunter  versierende  Unterschied  hält  mich  ab,  etwas  der- 
gleichen vor  die  Hand  zu  nehmen,  ohne  anzufragen  und  wann  nicht 
von  J.  k.  M.  oder  E.  k.  H.  ausdrücklich  Befehl  und  Fingerzeig 
hiezu  habe." 

„Ich  fahre  unterdessen  fort,  dem  Feind  durch  Streifen  und  Be- 
unruhigung seiner  Transporte  und  Communicationen  Schaden  und 
Abbruch  zu  thun,  welches  bisweilen  gelingt,  bisweilen  auch,  nach 
Bewandtniss  der  Umstände,  zumal  die  Preussen  sich  meistens  zu- 
sammenhalten und  selten  ohne  Artillerie,  Cavallerie  und  Infanterie 
sich  finden  lassen,  fehlschlägt,  so  aber  zur  Hauptsache  nichts  macht. 
Ich  wäre  auch  alle  Stunde  in  Bereitschaft  und  im  Stande,  vorzu- 
rücken, dafern  es  J.  k.  M.  und  E.  k.  H.  für  rathsam  finden  und 
mir  expresse,  worauf  nur  warte,  befehlen,  allermassen  die  deutschen 
Truppen  bis  auf  das  O'Gilvy'sche  Bataillon,  so  von  Prag  kommt 
und  ungefähr  in  12  bis  14  Tagen  hier  eintreffen  kann  und  bis 
auf  ein  Max  Hessen'sches,  das  aus  dem  Glatz'schen,  nachdem  es 
die  Umstände  leiden  möchten,  an  mich  ziehe,  beisammen  habe 
und  mich  hiedurch  im  Geringsten  nicht  gehemmt  sehe  ;  dahingegen 
den  FZM.  Baron  von  Thüngen  sehnlich  erwarte,  weil  doch  die 
Sachen  durch  die  verschiedenen  Feldmarschall-Lieutenants  sich 
nicht  mit  solcher  Ordnung  und  Accuratesse  richten  lassen,  als  wann 
einer,  der  das  ganze  Detail  über  sich  hat,  zugegen  ist."  a) 


»)  K.  A..  Schlesien  1741,  VI,  46. 


373 

Die  Stärkeverhältnisse  der  einzelnen  Truppen-Gattungen,  wie 
sie  Graf  Neipperg  in  seinem  Berichte  angiebt,  waren  folgende : 
10.000  Mann  Infanterie.  7000  Mann  deutsche  Cavallerie,  6  reguläre 
Husaren^Regimenter  2600  Mann,  die  freiwillige  ungarische  Caval- 
lerie 1700  Mann,  Croaten  3000  und  Slavonier  1000  Mann;  in  Allem 
25.300  Streitbare.  l) 

An  dem  Tage,  als  der  Armee-Commandant  den  vorstehenden 
Bericht  an  den  Grossherzog  verfasste,  fand  bei  Grottkau  um  4  Uhr 
Morgens  zwischen  den  dort  in  der  Anzahl  von  2000  Pferden  ste- 
henden leichten  Truppen  des  GFWM.  von  Festetics  und  einem 
preussischen  Streif-Corps  in  der  Stärke  von  2  Bataillonen,  6  Esca- 
dronen,  1000  Husaren  und  Uhlanen,  nebst  7  Geschützen,  welche  den 
Versuch  machten,  der  österreichischen  Stellung  in  den  Rücken  zu 
kommen,  ein  Rencontre  statt.  Die  Preussen  attaquierten,  wurden 
aber  zurückgeworfen,  wobei  1  Rittmeister,  1  Lieutenant,  nebst  74 
Mann,  theils  Husaren,   theils  Uhlanen  sämmtlich  verwundet,  in  die 


*)  Eine  Ordre  de  bataille  vom  19.  Juni  verzeichnet  die  Armee  als  folgender- 
massen  zusammengesetzt : 

G.  d.  C.  :  Graf  Holieuems.  FML.  :  Baron  B  e  r  li  c  hi  ng  e  n,  Graf 
Daun,  Graf  Browne,  Baron  Preysing,  Graf  Königsegg,  Graf  Franz 
St.  Ignon.  GFWM.:  Baron  B  ar  any  ai,  Graf  K  ol  o  wr  at,  Baron  Lentulus, 
Baron  Philibert,  von  H  o  1 1  y,  Conte  D'O  Hone.  Prinz  Birken  feld,  von 
Festetics,  Baron  Przichowsky,  Baron  Pallant,  Baron  Marschall, 
Baron  Dickweiler. 

Infanterie:  Franz  Lothringen  1  Bat.,  Carl  Lothringen  1  Bat.,  Leopold 
Daun  2  Bat.,  Thüngen  1  Bat.,  Baden  2  Bat.,  Wurmbrand  2  Bat.,  Grünne  1  Bat.. 
Max  Starhemberg  2  Bat.,  Alt-Daun  1  Bat.,  O'Gilvy  1  Bat.,  Schmettau  1  Bat.. 
Browne  1  Bat.,  Kolowrat  1  Bat.,  Botta  1  Bat.,  Harrach  1  Bat.  Zusammen  IM 
Bataillone. 

Cürassiere:  Diemar,  Cordova,  Hohenems,  Seherr,  Lanthieri,  Pod- 
statzky,  Hohenzollern,  Birkenfeld.  Zusammen  8  Regimenter. 

Dragoner:  Liechtenstein,  Althann,  D'Ollone,  Württemberg,  Römer, 
Batthyanyi.  Zusammen  6  Regimenter. 

Husaren:  Splenyi,  Ghilänyi,  Csaky,  Dessewffy,  Pestvarmegyei,  Karolyi. 
Zusammen  6  Regimenter. 

N  ational  -Truppen:  Jazygier und Kumanier  4  Compagnien  (300  Mann). 
Belesznay  1  Regiment  (500  Mann),  Petei  Halasz  1  Regiment  (500  Mann),  Ester- 
hazy  5  Compagnien  (400  Mann,  die  am  20.  Juni  eintrafen).  Infanterie: 
Croaten  und  Slavonier  4000  Mann.  (K.  A.,  Ordres  de  bataille  :  Oesterr.  Success.- 
Krieg,  Nr.  4.) 

Artillerie:  Die  Zahl  der  Geschütze  ist  nicht  angegeben.  Der  Stand 
betrug  am  21.  Juni  351  Mann  und  379  Pferde.  (Gräfl.  Neipperg'sches  Archiv. 


374 

Hände  der  österreichischen  Truppen  fielen.     Diese  verloren  1   Cor- 
poral  und  10  bis  12  Mann.  *) 

Nach  dem  Abzug  der  preussischen  Truppen  aus  Michelau  und 
Löwen  begannen  die  am  rechten  Neisse-Ufer  postierten  österreichi- 
schen Truppen  auch  Streifungen  auf  dem  linken  Ufer  zu  unter- 
nehmen. Hauptmann  Kniebisch  rückte  mit  seiner  Frei-Com- 
pagnie  am  14.  Juni  bis  gegen  Brieg  vor.  Ein  starkes  Commando 
aus  der  Festung  versuchte  die  Streifparthei  aufzuheben,  dieselbe 
entzog  sich  aber  dem  beabsichtigten  Anschlag. 

Der  Armee-Commandant  entsendete  aus  Neisse  300  Croaten 
nach  Oppeln  und  beauftragte  den  zu  Schedlau  stehenden  Oberst- 
wachtmeister von  Gryöri,  100  Husaren  unter  einem  Rittmeister 
ebendahin  abrücken  zu  lassen,  damit  dieses  Commando  jenseits 
der  Oder  die  Zufuhren  für  die  preussische  Armee  aus  Polen  ver- 
hindere. Am  23.  Juni  trat  das  Detachement  von  Oppeln  den  Marsch 
nach  Kreutzburg  an.  Dort  hörte  dessen  Commandant,  Rittmeister 
Schreger  vom  Dessewffy'schen  Regiment,  dass  der  preussische 
Commandant  von  Brieg  den  Ortschaften  des  Kreutzburger  Districtes 
auferlegt  habe,  Bauern  zur  Schanzarbeit  für  den  genannten  Platz 
zu  stellen.  2) 

Rittmeister  Schreger  verbot  den  Landesältesten  unter 
schwerer  Verantwortung,  diesem  Ansinnen  zu   entsprechen. 

Die  an  der  Neisse  unter  G  y  ö  r  i's  Commando  stehenden  50 
Husaren  von  der  Raaber  und  40  von  der  Komorner  National-Miliz 
mussten,  da  sie  auf  FM.  Palffy's  Antrag  mit  Genehmigimg  des 
Hof-Kriegsrathes  vom  7.  Juni3)  in  ihre  Heimath  wieder  zurück- 
gesendet werden  sollten,  durch  ein  aus  1  Rittmeister,  1  Lieutenant, 
1  Cornet  und  90  Mann  bestehendes  Commando  von  Belesznay,  Peter 
Haläsz,  Esterhäzy,  Jazygiern  und  Kumaniern  abgelöst  und  nach 
Neisse  in  Marsch  gesetzt  werden.  Da  dieselben  aber  durch  einen 
Officier  bei  dem  Armee-Commando  bitten  liessen,  ihnen  vor  ihrem 
Abmarsch  Gelegenheit    zu    geben,    an    den  Feind  zu  kommen,    so 


J)  K.  A.,  Lutsch'  Tagebuch  und  Schlesien  1741  ;  VI,  46. 

-)  Am  29.  Juni  verordnete  ausserdem  das  preussische  Kriegs-Conmris- 
sariat  in  Breslau,  dass  vom  2.  Juli  angefangen  stets  je  1000  Mann  auf  6  Tage 
zum  Festungsbau  nach  Brieg  beizustellen  seien  und  zwar  von  den  Fürsten- 
thümern  Breslau,  Schweidnitz,  Brieg,  Liegnitz,  Oels,  dem  Bisthum  Breslau, 
den  Herrschaften  Trachenberg  und  Militsch.  (K.  A.,  Schlesien  1711  ;  VII. 
ad   16  b.) 

3)  K.  A.,  Schlesien  1731 ;  VI,  34  und  ad  31. 


375 

erklärte  FM.  N  e  i  p  p  e  r  g  diesem  Begehren,  das  ihnen  zur  Ehre 
gereiche,  entsprechen  zu  wollen  und  zog  sie  daher  zur  Haupt- Armee, 
wo  sich  dazu  wohl  ehestens  Gelegenheit  bieten  werde.  r) 

Zu  einem  Streifzug  gegen  das  preussische  Lager  musste  am 
27.  Juni  der  in  Ottmachau  befehligende  Oberst  Graf  Olivieri 
von  dem  Csäky'schen  und  Splenyi'schen  Husaren  -  Reginiente 
Detachements  zu  Oberst  Baron  Trips  nach  Alt- Grottkau  absenden. 
Ausserdem  sollte  Olivieri,  da  beim  Armee-Commando  Mel- 
dungen eingelaufen  waren,  dass  die  Preussen  mit  grösseren  Kräften 
aus  Strehlen  nach  Rothschloss  gerückt  seien,  ein  anderes  feindliches 
Detachement  zu  Heidersdorf  stehe,  einen  findigen  Rittmeister  mit 
60  Husaren  in  jene  Gegend  zur  Erkundung  abschicken,  der  ge- 
gebenen Falls  als  Beobachtungsposten  längere  Zeit  exponiert 
werden  könnte.  Graf  Neipperg  liegte  die  Befürchtung,  dass  die 
ihm  avisierten  preussischen  Streitkräfte  zur  Aufhebung  des  Trenck'- 
schen  Corps,  das  er  bald  nach  dessen  am  18.  Juni  erfolgter 
Ankunft  im  Lager  in  die  Gegend  von  Schweidnitz  abgesendet 
hatte,  bestimmt  sein  könnten.  Er  unterliess  auch  nicht,  Trenck 
zur  Vorsicht  zu  mahnen,  indem  er  ihm  die  vom  Feinde  ein- 
gelaufenen Nachrichten  mittheilte.  Nachdem  später  eingelaufene 
Mittheilungen  ergaben,  dass  die  Preussen  sich  von  Heidersdorf 
vollkommen  zurückgezogen  hätten  und  Rothschloss  zur  Zeit  nur 
von  400  bis  500  Mann  besetzt,  jedoch  wohl  verschanzt  sei, 
erhielt  Trenck  die  Erlaubniss,  falls  er  es  für  erspriesslich  halte, 
dorthin  eine  Unternehmung,  jedoch  unter  Beobachtung  der  nöthigen 
Vorsicht,  zu  machen. 2) 


y)  FM.  Graf  N  eippp  er  g  schrieb  darüber  dem  FM.  Grafen  Palffy 
am  30.  Juni  1711,  er  hätte  diese  Milizen  schon  nach  Hause  gesandt,  wenn  sie 
nicht  die  erwähnte  Bitte  gestellt  hätten,  er  warte  desshalb  nur  eine  Gelegen- 
heit ab,  ,,dass  sie  sich  vor  dem  Feind  zeigen  und  sodann  rühmen  können, 
wider  solchen  wirklich  gefochten  und  gestritten  zu  haben,  welch'  eifrige 
Begierde  meines  Dafürhaltens  denselben  und  der  ungarischen  Nation  ins- 
gesammt  zum  besonderen  Lob  und  Ehre  gereicht".  (K.  A.,  Schlesien  1711 
VI,  65.) 

2)  Der  aus  Ottmachau  am  27.  Juni  gegen  Rothschloss  und  Strehlen  von 
Oberst  Grafen  Olivieri  abgesendete  Rittmeister  hatte  u.  A.  auch  gemeldet, 
dass  „von  den  Preussen  sehr  scharf  und  zwar  bei  Henken  den  umliegenden 
Dörfern  befohlen  worden,  sobald  sie  nur  von  unseren  Husaren-Patrouillen 
oder  Commanden  sehen,  allsogleich  in  ihr  Lager  die  Kundschaft  hinein- 
zubringen, wie  sie  auch  wirklich  thun  und  öffentlich  bekennen,  dass  sie  es 
thun  müssen."  (K.  A.,  Schlesien  1711  ;  Fase.  VJ,  67.) 


376 

Die  ganz  veränderte  Kriegslage  Hess  nun  auch  die  bisher 
noch  bestandene  Besetzung  der  mährisch-schlesischen  Grenze  über- 
flüssig erscheinen,  der  kleine  Posten  regulärer  Truppen  (1  Lieu- 
tenant und  20  Mann),  welcher  bisher  in  Freudenthal  gestanden, 
wurde  in  Folge  dessen  eingezogen,  der  Statthalter  dieser  Deutsch- 
Ordensherrschaft,  Graf  Sazenhofen,  aber  ersucht,  den  Ort  in 
dem  Stand,  wie  er  fortificiert  sei,  vollkommen  intact  zu  lassen 
und  zu  erhalten. *) 

Ebenso  rückte  der  Posten  des  Baden-Baden'schen  Regiments, 
welcher  im  Schlosse  zu  Hochwald  gestanden,  vorläufig  nach  Troppau 
ab.  Hochwald  sollte  jedoch,  da  es  artilleristisch  ausgerüstet  war. 
durch  33  Mann  der  Land-Miliz  (Invaliden)  besetzt  bleiben. 

Auch  das  zur  Besetzung  der  schlesischen  Grenzen  in  den 
Kreisen  Prerau,  Olmütz  und  Hradisch  verwendete  Landvolk  wurde 
entlassen,  jedoch  dabei  Vorsorge  genommen,  dasselbe  im  Bedarfs- 
falle wieder  einberufen  zu  können.  2) 

Da  die  Generale  Festetics  und  Baranyai  wegen  Kränk- 
lichkeit nicht  allen  Strapazen  des  beschwerlichen  Dienstes  ge- 
wachsen waren,  GFWM.  Graf  K  a  r  o  1  y  i,  ursprünglich  als  Befehls- 
haber der  ungarischen  Freiwilligen  -  Regimenter  nominiert,  in 
Folge  Erkrankung  nicht  mit  ausmarschieren  konnte,  Oberst  Peter 
Halasz,  der  Commandant  des  einen  Freiwilligen-Regiments,  beim 
Hereinmarsche  am  7.  Juni  zu  Teschen  gestorben  war,  so  dass 
Oberstlieutenant  Baron  B  o  1 1  a  n  y  inzwischen  dessen  Regiment 
commandieren  musste,  stellte  der  Armee-Commandant  die  Bitte  um 
Zuweisung  eines  Generals  für  die  ungarische  freiwillige  Cavallerie. 
Er  schlug  hiezu  den  GFWM.  Baron  G  h  y  1  ä  n  y  i  oder  den  in  Italien 
befindlichen  Obersten  des  Baränyai'schen  Husaren-Regiments,  Grafen 
N  ä  d  a  s  d  y,  bei  Beförderung  zum  General-Feld- Wachtmeister,  vor. 

Der  Erstere  wurde  in  Folge  dessen  Anfangs  Juli  zum  Corps 
nach  Schlesien  beordert.3) 


J)  K.  A.,  Schlesien  1741 :  YI,  56. 

2)  Statthalter  ei- Archiv  Brunn.  Abschrift  in  K.  A.,  Schlesien  1711 ;  VI,  69. 

3)  Erlass  ddo.  Pressburg,  8.  Juli  1711 ;  Gräflich  Neipperg'sches  Archiv, 
enthält  die  Benachrichtigung,  dass,  nachdem  die  GFWM.  Baron  Baranyai 
und  Festetics  öfter  unpässhch  seien,  dem  GFWM.  Baron  Ghylänyi 
Ordre  ertheilt  werde,  sich  auf  das  Schleunigste  nach  Schlesien  zu  begeben,  um 
mit  den  beiden  vorerwähnten,  bei  den  Husaren  angestellten  Generalen  nach 
Neipper  g's  Ermessen  verwendet  zu  werden. 


Vereinbarungen  zwischen  den  pragmatischen  Mächten. 

lVlit  dem  Abschlüsse  des  preussisch-französischen  Bündnisses 
treten  die  europäischen  Angelegenheiten  in  ein  neues  Stadium.  Neben 
dem  Kampfe  zwischen  Oesterreich  und  Preussen,  dem  Kriege  um 
den  Besitz  von  Schlesien,  beginnt  nun  auch  der  Kampf  um  das 
übrige  Erbe  Kaiser  Carl  VI.,  den  Bayern  im  Bunde  mit  Frank- 
reich gegen  Oesterreich  führt.  Vorerst  aber  wurde  im  Haupt- 
quartier König  Friedrich  II.  mit  dem  englischen  Gesandten 
Hyndford   das  begonnene  Spiel  mit  Erfolg  fortgesetzt. 

Diesem  war  der  Befehl  zur  Uebergabe  der  Simultanerklärung 
der  Seemächte,  weichen  er  gerade  im  ersten  Stadium  seiner  Unter- 
handlung, wie  erzählt,  erhalten  hatte,  ungemein  peinlich  gewesen. 
Sein  Versuch,  sich  von  dieser  Eröffnung  entheben  zu  lassen,  hatte 
keinen  Erfolg.  Im  Gegentheil,  der  Staats -Secretär  Har ring- 
ton wies  ihn  am  2.  Juni  an,  die  Erklärung,  da  deren  verzögerte 
Uebergabe  in  Wien  unangenehm  empfunden  worden,  in  Gemein- 
schaft mit  dem  holländischen  Gesandten,  General  Gin  ekel,  dem 
Könige  von  Preussen  vorzulegen,  dabei  aber  möglichst  vorzu- 
beugen, dass  der  Letztere  daran  Anstoss  nehme  und  daraus  auf 
eine  Aenderung  der  englischen  Politik  schliesse.  Die  Verabredung 
mit  den  General-Staaten  sei  aus  dem  Anfange  des  Jahres  und  nur 
die  Langsamkeit  des  holländischen  Gouvernements  trage  Schuld, 
wenn  dieselbe  erst  jetzt  zur  Uebergabe  gelange.  Hyndford  möge 
überhaupt  mittheilen,  dass  es  schwer  sein  werde,  in  Wien  eine 
Abtretung  schlesischen  Gebietes  durchzusetzen.  Schliesslich  erhielt 
der  Gesandte  noch  den  Auftrag,  mit  Schwicheldt,  dem  hannover- 
schen Bevollmächtigten  gemeinsam  zu  wirken.  ') 

')  Grünhagen,  „Der  erste  schlesisehe  Krieg"  I,  403. 


378 

Am  7.  Juni  erschienen  der  englische  und  der  holländische 
Gesandte  in  Grottkau  zur  Audienz.  König  Friedrich  II.,  dem  es 
nunmehr  nur  noch  darum  zu  thun  war,  seine  Abmachung  mit  Frank- 
reich zu  verschleiern,  war  den  Gesandten  gegenüber  sehr  gnädig, 
betonte  aber,  dass  er  hoffe,  beide  Mächte  würden  nicht  von  der 
Unparteilichkeit,  welche  das  von  ihnen  unternommene  Werk  fordere, 
abgehen,  noch  weniger  ihm  Bedingungen  zumuthen,  die  seiner  Ehre 
und  den  Gerechtsamen  seines  Hauses  zu  nahe  träten.1) 

Es  waren  bei  dieser  Audienz  wieder  Andeutungen  von  Seiten 
des  englischen  Gesandten  über  vielleicht  beim  Wiener  Hofe 
durchzusetzende  Gebietsabtretungen  gefallen,  auf  welche  der  König 
von  Preussen  theilweise  einzugehen  schien,  nur  das  Angebotene 
für  zu  geringfügig  erklärend. 

Ein  Plan,  der  zuerst  in  Holland  aufgetaucht  und  darauf 
berechnet  war,  die  Erfüllung  der  preussischen  Wünsche  mit  einer 
wenigstens  scheinbaren  Aufrechthaltung  der  pragmatischen  Sanc- 
tion  zu  vereinigen,  diente  hiebei  den  Vorschlägen  Hyndford's 
als  Grundlage.  Ein  Theil  von  Schlesien  sollte  für  eine  von  König 
Friedrich  H.  zu  bezahlende  Summe  demselben  als  Hypothek 
überlassen  werden  und  Maria  Theresia  durch  einen  Vertrag 
sich  anheischig  machen,  die  empfangene  Summe  niemals  zu  re- 
stituieren und  die  Hypothek  nie  wieder  zu  fordern. 

Ohne  Zweifel  hätte  es  als  Beweis  für  die  Bereitwilligkeit  der 
Königin  von  Ungarn  und  Böhmen  gelten  sollen,  sich  mit  Preussen 
auseinanderzusetzen,  wenn  dem  englischen  Gesandten  Robinson 
in  Wien  einen  Tag,  nachdem  er  die  ablehnende  Erklärung  des 
Wiener  Cabinets  erhalten  hatte,  vom  böhmischen  Obristen  Kanzler 
Grafen  Kinsky  insinuiert  wurde,  die  Königin  werde  vielleicht 
doch  zu  bewegen  sein,  Glogau  mit  Grüneberg  und  Schwiebus  auf 
einige  Zeit    als  Pfand    an  Preussen    zu    überlassen.     Die  Zeit    der 


J)  Droysen  V/i,  268.  Am  Tage  nach  der  Audienz,  am  8.  Juni,  über- 
gaben beide  Diplomaten  dann  den  Inhalt  ihrer  Vorstellung  iu  Form  zweier 
identischen  Memoires.  Der  Bescheid,  den  der  König  den  Gesandten  ertheilte 
und  nach  acht  Tagen  schriftlich  zustellen  Hess,  erwähnt  den  Kern  der  Vor- 
stellung, nämlich  die  Zurückziehung  der  preussischen  Truppen  aus  Schlesien, 
mit  keinem  Worte  und  führt  zum  Schlüsse  nur  an,  wie  der  König  überzeugt 
sei,  falls  die  beiden  Mächte  ihre  guten  Dienste  zu  dem  Friedens  werke  an- 
wenden, sie  sich  von  der  Unparteilichkeit,  die  zu  einem  solchen  gehöre, 
sicher  nicht  entfernen,  noch  weniger  aber  Bedingungen  aufstellen  würden, 
welche  mit  seiner  Ehre  und  den  unbestreitbaren  Rechten  seines  königlichen 
Hauses  im  "Widerspruch  stünden.  (Preussische  Staats-Schriften  I,  305.) 


379 

Abtretung  müsse  jedoch  genau  bestimmt  werden;  von  einer  Cession 
für  immerwährende  Zeiten  dürfe  keine  Rede  sein. 

Hyndford  verhandelte  nach  seiner  Rückkehr  aus  dem 
.  »reussischen  Lager  nun  mit  Podewils  weiter,  welch'  Letzterer 
seinem  König  am  12.  Juni  melden  konnte,  dass  der  Engländer 
von  dem  Empfange  und  dem  Meinungsaustausch  bei  der  gehabten 
Audienz  sich  sdrr  befriedigt  gezeigt,  aber  bitte,  der  König  möge 
sein  Ultimatum  geben,  was  er  ausser  dem  Angebotenen  noch  in 
Schlesien  verlange,  damit  er  diese  Forcierung  seinem  Hofe  und 
Robinson  mittheilen  könne.  Podewils  fragte  gleichzeitig  an, 
ob,  um  ihn  hinzuhalten,  die  über  Glogau,  Schwiebus  und  Grüneberg 
hinausgehende  Forderung,  nämlich  Wohlau,  Liegnitz,  Schweidnitz 
und  Jauer,  Breslau  freie  Reichsstadt,  dem  englischen  Gesandten 
mittgetheilt  werden  solle.  König  Friedrich  IL  resolvierte  auf 
diesen  Bericht  am  14.  Juni  aus  dem  Lager  von  Hermsdorf: 
„Gut,  Sie  werden  sie  hinhalten,  so  lange  es  möglich  ist,  ohne 
jedoch,  was  immer,  ohne  meinen  bestimmten  Befehl  abzuschliessen." J) 

Die  englische  Regierung,  noch  in  Unkenntniss  über  den  schon 
abgeschlossenen  französisch-preussischen  Vertrag,  nahm  jedoch  die 
Erklärungen  König;  Friedrich  II.  für  baare  Münze.  Sie  hielt  es 
noch  für  möglich,  ihn  für  das  gegen  Frankreich  zu  bildende 
Bündniss,  auch  unter  massigeren,  als  den  von  ihm  selbst  auf- 
gestellten Bedingungen  zu  gewinnen.  Um  dies  zu  erreichen,  könne 
es  aber  Maria  Theresia  nicht  erspart  werden,  Opfer  zu  bringen. 

Neue  Weisungen  ergiengen  nun  in  diesem  Sinne  an  Robinson. 
Er  sollte  die  von  allen  Seiten  drohenden  Gefahren  nochmals  und 
in  nachdrücklicher  Weise  vorstellen.  Es  komme  darauf  an,  ob  die 
Königin  sich  jetzt  mit  Friedrich  IL  allein,  oder  binnen 
kurzer  Zeit  auch  noch  mit  Frankreich,  Bayern  und  Spanien 
auseinandersetzen  wolle.  Jetzt  handle  es  sich  um  einige  Fürsten- 
thümer,  bald  werde  es  sich  um  Provinzen,  Königreiche,  um  ihr 
Erbrecht,  um  die  Theilung  ihrer  Länder  handeln.  Robinson 
sollte  hievon  die  Königin  zu  überzeugen  trachten.  Wenn  ihm 
dies  gelungen  und  er  darüber  unterrichtet  sei,  was  sie  zur  Ab- 
wendung schlimmeren  Unheils  zu  opfern  willens  sei,  solle  er  selbst 
zu  König  Friedrich  IL  nach  Schlesien  reisen,  um  einen  Frieden 
und  die  Allianz  mit  ihm  abzuschliessen.  2) 

J)  Polit.  Corresp.  I,  Nr.  401. 

2J  Arn eth,  Maria  Theresia,  I,  223 


380 

„Eine  schmerzlichere  Zumuthuiig  konnte  nian  der  Königin 
von  Ungarn  kaum  machen,  als  das  Verlangen,  mit  dem  Könige 
von  Preussen  in  Unterhandinngen  zn  treten.  Aber  das  Drängen 
des  englischen  Bundesgenossen  und  die  Kunde  von  dem  zwischen 
Frankreich  und  Preussen  abgeschlossenen  Vertrage,  bewogen  endlich 
die  königliche  Frau,  sich  zu  einiger  Nachgiebigkeit  zu  verstehen. 
Die  Hoffnungen,  welche  man  in  Wien  zuerst  auf  die  Hilfe  Frank- 
reichs, dann  auf  dessen  Neutralität  gesetzt,  waren  durch  diese 
Wendung  der  französischen  Politik  vernichtet." 

„Als  die  Nachricht  vom  Abschlüsse  jenes  Vertrages  den  Ministem 
bekannt  wurde  und  an  ihrer  Authenticität  kein  Zweifel  blieb,  Hessen 
die  Rathgeber  der  jungen  Königin  vollständig  den  Muth  sinken. 
Nur  Maria  Theresia  blieb  standhaft  angesichts  der  Gefahren, 
die  sie  von  allen  Seiten  umgaben." 

„Schweigend  nahm  die  Königin  die  Mittheilungen  des  eng- 
lischen Gesandten  entgegen.  Aber  als  Robinson  geendet,  brach 
die  Leidenschaftlichkeit  ihres  Temperaments  in  lebhaften  Worten  aus, 
die  den  Schmerz  verrietheil,  von  welchem  sie  durchdrungen  war." 

„Doch  auch  jetzt  blieb  sie  von  einer  Gebietsabtretung  in 
Schlesien  so  weit  entfernt  wie  je.  Sie  tadelte,  dass  Hyndford 
dem  Könige  von  Preussen  Glogau  angeboten  habe  und  behauptete, 
dies  könne  nur  geschehen  sein,  weil  man  in  England  das  reiche 
Erträgniss  dieses  Ftü'stenthums  und  dessen  Wichtigkeit  für  die 
Sicherheit  ganz  Schlesiens  nicht  kenne."  *) 

Die  K  ö  n  i  g  i  n  vertrat  ihre  Ansicht  mit  solcher  Entschieden- 
heit, dass  keiner  der  Minister  mehr  wagte,  einer  etwaigen  Ge- 
bietsabtretung in  Schlesien  das  Wort  zu  reden.  Selbst  der  Gross- 
herzog, von  dem  man  nicht  mit  Unrecht  annahm,  dass  er  einen 
Vergleich  mit  Preussen  wünsche  und  einen  Theil  Schlesiens 
als  keinen  zu  hohen  Preis  für  denselben  ansah,  erklärte  sich 
jetzt  im  entgegengesetzten  Sinne.  Es  tauchte  nun  ein  anderes 
Project  auf,  dem  Maria  Theresia  allerdings  auch  nur  wider- 
willig ihre  Zustimmung  gab,  nämlich  den  König  von  Preussen 
durch  Abtretung  des  österreichischen  Geldern  zu  befriedigen. 
Diesen  Entschluss  Hess  sie  der  englischen  Regierimg  zur  Mittheilung 
an  König  Friedrich  II.  ankündigen  und  hinzufügen,  sie  ver- 
zichte auf  jede  Zahlung,  zu  der  Preussen  sich  früher  angeboten  und 
auf  jeden  Ersatz  für  die  unermesslichen  Verluste,  welche  die  Be- 
setzung   Schlesiens    durch    die    preussische     Armee    ihr    verursacht 


*)  Arneth,  Maria  Theresia,  I.  229. 


381 

habe.  Sollte  Geldern  nicht  genügen,  so  werde  sie,  Hess  Maria 
Theresia  durchblicken,  demselben  in  den  Niederlanden  einen 
noch  grösseren  Gebietszuwachs  zuzugestehen  bereit  sein.  *) 

Da  traf  in  den  ersten  Tagen  des  Juli  die  Nachricht  ein,  dass 
nun  endlich  mit  England-Hannover  die  Conventionen  zur  wirklichen 
Hilfeleistung  abgeschlossen  worden  und  hiedurch  schienen  die  An- 
gelegenheiten der  Königin  Maria  Theresia  eine  wesentlich 
andere  Gestalt  zu  gewinnen.  Es  war  gegründete  Aussicht  vor- 
handen, dass  diese  Wendung  die  militärischen  Verhältnisse  in 
Schlesien  günstig  beeinflussen,  den  König  von  Preussen  zur 
Schwächung  seiner  dortigen  Streitkräfte  zwingen  und  so  der 
Königin  die  Möglichkeit  bieten  würde ,  ihr  hauptsächliches 
Augenmerk  gegen  die  von  Westen  her,  von  Bayern  und  Frank- 
reich  drohenden  Gefahren  zu  richten. 

Die  in  Rede  stehenden  Verträge  waren  : 

I.  Subsi  dien -Vertrag  zwischen  dem  König  von  England  und 
der  Königin  von  Ungarn  und  Böhmen. 

Es  ist  die  einzige  von  den  am  24.  Juni  zu  Hannover  ge- 
schlossenen Vereinbarungen,  welche  von  König  Georg  H.  zu 
Herrenhausen  (am  28.  Juni)  ratifiziert  wurde.  Der  Tractat  bezieht 
sich  auf  die  in  dem  IL  Artikel  des  am  20.  Februar  1732  im  Haag 
zwischen  Kaiser  Carl  VI.,  England  und  den  General-Staaten  mit 
Bezug  auf  die  im  Wiener  Tractat  vom  Jahre  1731  2)  gegen- 
seitig zugesicherte  Hilfeleistung  mit  12.000  Mann,  die  jetzt  in 
der  Form  von  Auxiliar-Truppen  (je  G000  hessischer  und  dänischer 
Truppen)  sobald  als  möglich  (aussitöt  qu'il  sera  possible)  beigestellt 
werden  sollten.  Da  übrigens  der  im  Tractat  vom  Jahre  1732 
vorgedachte  Fall  eingetreten,  dass  auch  über  eine  grössere  Hilfe- 
leistung die  Vereinbarung  getroffen  werden  könne,  so  hatte  der 
Bevollmächtigte  der  Königin,  Graf  0  s  t  e  i  n,  auf  Subsidien  behufs 
Vermehrimg  der  Armee  angetragen  und  war  mit  dem  englischen 
Minister  und  Staats-Secretär  Lord  Harrington  über  die  folgenden 
Artikel  übereingekommen  : 

1.  Erneuerung  der  beiderseitigen  Verbindlichkeiten  aus  dem 
Vertrage  vom  16.  März  1731  und  der  Accessions-Acte  vom  20.  Fe- 
bruar 1732,  ,, ausgenommen  was  diejenigen  Länder  betrifft,  welche 
in  dem  letzten  mit  Frankreich  geschlossenen  Frieden,  welchen  zu 
brechen  sie  nichtgesonnen  sind,  anderen  Mächten  abgetreten  worden'". 


x)  Arneth,  Maria  Theresia,  I,  230. 
•)  Teto  t,  pag.  43. 


382 

2.  Der  König  von  England  verspricht,  in  der  Zeit  von  einem 
Jahre,  vom  30.  April  1741  an  zu  rechnen,  quartalweise  300.000  Pf d. 
Sterling  (zu  10  n.  10  Stüver  holländischen  Geldes)  zur  Anwerbung 
neuer  Truppen,  Vermehrung  der  Armee  oder  zur  Bezahlung  fremder 
Truppen,  an  die  Königin  zu  zahlen. 

3.  Verpflichtimg,  das  Geld  nur  zu  vorge dacht ein  Zweck  zu 
verwenden  etc.  *) 

II.  Eine  mit  dem  König  von  England  als  Churfürsten  von 
Hannover  abgeschlossene  Convention,  die  Ueberlassung  eines  Corps 
von  10.000  Mann  deutscher  Truppen,  nämlich  6000  Mann  Infanterie 
und  4000  Mann  Cavallerie  betreffend  und  zwar  sollte  dieses  Corps 
vier  Wochen  nach  Abschluss  der  Convention  zur  Disposition  der 
Königin  stehen. 2)  Für  die  Erhaltung  dieses  Corps  sollten  Seitens 
der  Königin  bis  letzten  April  1742  „ein  für  alles"  200.000 
Pfund  Sterling  gezahlt,  was  an  Mannschaft  und  Pferden  vor  dem 
Feinde  bleiben  würde,  vergütet  werden.  Hiezu  versprach  der  König 
von  England  als  Chmiurst  von  Hannover,  noch  ein  Auxiliar-Corps 
von  3000  Mann  Infanterie  auf  seine  eigenen  Kosten  beizustellen, 
welches  zur  genannten  Zeit  gleichfalls  zur  Verwendung  bereit 
stehen  sollte. 

IH.  Eine  die  militärischen  Angelegenheiten  des  Hilfs-Corps 
regelnde  Neben-Convention  mit  zwei  geheimen  Separat-Artikeln. 
deren  erster  die  Empfangnahme  der  Subsidien,  der  zweite  die  Be- 
stimmung trifft,  dass  die  sämmtlichen  Auxiliar-Corps  für  die  Zeit 
der  gegenwärtig  geschlossenen  Vereinbarungen  nirgends  anders  als 
in  Deutschland  verwendet  werden  dürfen. 

Leider  erfüllten  sich  die  auf  die  Verbindung  mit  England 
gesetzten  Hoffnungen  nicht  und  dem  Wiener  Cabinet  sollten 
in  der  Folge  die  herbsten  Enttäuschungen  von  Seite  seiner  Alliierten 
nicht  erspart  bleiben. 

Königin  Maria  Theresia  war  von  Wien  am  19.  Juni  in 
Begleitung  ihres  Gemahls  und  des  Prinzen  Carl  von  Lothringen 
nach  Pressburg,  der  alten  Krönungsstadt,  abgereist,  wo  der  Einzug 
am  20.  Juni  erfolgte.  Am  21.  Juni  empfieng  die  Königin  die 
Mitglieder    des  Landtags,  am    folgenden  Tage   wurde  Johann  Graf 

x)  Der  Vertrag,  dessen  Original  in  französischer  Sprache  im  k.  und  k. 
Haus-,  Hof-  und  Staats-Archive  sich  befindet,  ist  bei  Martens:  ..Supplement 
au  recueil  des  principaux  traites  etc."  (Göttingen  1802),  I,  262,  in  deutscher 
Uebersetzung  abgedruckt. 

2J  Also  bis  zum  22.  Juli. 


383 

Päl'ffy  zum  Palatin    gewählt,    am  25.  Juni  erfolgte  die  feierliche 
Krönung  Maria   Theresia's   als  Königin  von  Ungarn. 

Die  Königin  Maria  Theresia  setzte  den  commandierenden 
General  in  Schlesien  am  3.  Juli  aus  Pressburg  von  dem  Abschluss  der 
mit  England  abgeschlossenen  Verträge  in  Kenntniss  und  fügte  hinzu, 
obwohl  dieselben  klarer  und  besser  gefasst  hätten  werden  können, 
habe  sie  dieselben  bei  den  dermaligen  misslichen  Verhältnissen  ge- 
nehmigt, allerdings  mit  der  deutlichen  Erklärung,  ,,dass  solches  in 
der  Zuversicht  und  unter  der  ausdrücklichen  Verwahrung  und  Be- 
dingniss  geschehe,  dass  kein  Tag  länger  als  bis  auf  den  in  der 
Convention  angesetzten  Termin,  nämlich  den  22.  d.  M.,  mit  der 
Hilfeleistung  gesäumt  werde. 

Selbst  dieser  Termin  wäre  weiter,  als  er  eigentlich  solle, 
hinausgeschoben  worden,  ,, sonder  Zweifel  in  der  Absicht,  noch  bis 
dahin  den  Vergleichsversuch  zu  betreiben.  Wie  zumal  aber  zwar 
von  einem  thunlichen  Vergleich  mit  Preussen  keineswegs  entfernt. 
doch  zugleich  von  Schlesien  nichts  hintanzulassen  entschlossen 
bin,  anbei  des  Königs  von  Preussen  Entfernung  von  einem  solchen 
Vergleich,  mithin,  dass  vor  vorläufiger  Hilfeleistung  derselbe  nicht, 
sondern  erst  nachher  anzuhoffen  sei,  ganz  klar  vor  Augen  liegt : 
also  ist  bereits  an  Meine  Minister  zu  Hannover  der  Befehl  abge- 
gangen, dass  sie  auf  die  ungesäumte  Zusammenziehung  der  Truppen 
und  deren  Operationen  dringen  sollen :  absonderlich  da  die  dies- 
seitige Erklärung  in  puncto  des  Vergleichs  so  gefasst  worden, 
dass  die,  so  darauf  versessen,  mit  gutem  Grund  überzeugt  werden 
können,  dass  man  englischerseits  nur  zu  viel  und  zu  lang  damit 
sich  aufgehalten,  der  Sachen  Stand  andurch  sich  verschlimmert 
habe  und  die  Schuld  des  Nichterfolgs  dem  König  von  Preussen 
lediglich  beizumessen  sei.'' 

„Nun  lässt  sich  entweder  der  Termin  annoch  verkürzen  oder 
nicht.  In  einem  Fall,  wie  in  anderem  ist,  da  sothaner  Termin  so 
nahe  vor  der  Thür  ist,  kein  Augenblick  zu  verabsäumen,  um  hiesiger- 
seits  die  versprochene  Hilfeleistung  ehemöglichst  suchen  zu  Nutzen 
zu  machen.  Zu  welchem  Ende  Ich  auch  noch  weiters  Gnädigst 
nicht  verhalte :  erstlich,  dass  vorlängst  Chur-Sachsen  insgeheim 
sich  anheischig  gemacht  hat,  seinerseits  zu  gleicher  Zeit  mit  ge- 
sammter  Macht   wider    Preussen  operieren  zu  wollen,  l)   als  es  von 


l)  Diese  Stelle  bezieht  sich    wohl  jedenfalls   auf  den  am  11.  April  1711 
von  den  beiderseitigen  Bevollmächtigten  in  Dresden  unterschriebenen  Vertrag. 


384 

dem  König-  von  England,  es  sei  qua  König  oder  qua  Churfürsten, 
geschehen  würde." 

„Zweitens,  dass  sich  auf  gleiche  Weise  auch  Russland  erklärt 
habe  und  hierzu  Alles  dergestalten  bereit  halte,  dass  nach  letzter 
aus  Petersburg  eingelaufener  Relation  nicht  wohl  im  mindesten 
gezweifelt  werden  mag,  dass  dortige  Diversion  den  nämlichen  Tag, 
als  von  Seiten  Englands,  ungehindert  der  schwedischen  nicht  zu- 
sondern abnehmende  Bewegung  erfolgen  werde." 

„Drittens,  dass  aus  dieser  Ursache  hier  kein  Augenblick  ver- 
absäumt worden,  nach  Dresden  und  Petersburg  zu  berichten,  dass 
sich  des  Königs  von  England  Majestät  sowohl  als  König,  als 
Chmiürst  verbunden,  zum  spätesten  den  22.  hujus  mit  den  Ope- 
rationen den  Anfang  zu  machen  und  endlich 

Viertens,  dass  noch  über  die  längst  schon  bereit  stehenden 
dänischen  und  hessen-casselschen  Hilfsvölker  gegen  14.000  Mann 
englische  National -Truppen  überschifft  werden  sollen  und  zwar, 
wie  sich  mündlich  geäussert  worden,  um  die  Republik  Holland 
zur  ungesäumten  Abgabe  ihrer  5000  Mann  gleichfalls  aufzu- 
muntern." 

„Nach  des  Grafen  von  0  stein  Bericht  vom  25.  v.  M.  scheint 
die  Intention  des  Königs  von  England  dahin  zu  gehen,  durch 
Diversion  zu  agieren  und  zu  solchem  Ende  alle  bis  nun  erwähnten 
Truppen  mit  Einbegriff  der  zu  Meiner  Disposition  seienden  13.000 
Mann  zusammenzuziehen  und  die  Armee  selbst  zu  commandieren ; 
wie  denn  auch  verlauten  will,  dass  ein  General  von  ihm  nach 
Dresden  zur  Pflegung  der  gemeinsamen  Abrede  insgeheim  bereits 
abgeschickt  worden.  Und  ist  des  chursächsischen  Hofs  Gedanken 
ohnedies  jederzeit  dahin  gegangen,  gesammter  Hand  mit  Chur- 
Hannover  den  Angriff  zu  thun." 

„Mein  Dienst  ist,  Alles  zu  erleichtern,  um  nur  den  so  lang 
verzögerten  Haupt-  und  Endzweck  zu  befördern :  nämlich,  dass 
Mir  die  ausbedungene  Hilfe  wirklich,  es  sei  durch  Diversion  oder 
Conjunction,  angedeihe.  Ich  setze  das  Wort  wirklich  mit  Wohl- 
bedacht hinzu,  indem  so  wenig  der  gemeinsamen  Sache,  als  Mir 
damit  gedient  sein  würde,  wofern  durch  eine  NB.  nicht  zureichende, 
noch  ausgiebige  Diversion  die  Zusage  allein  dem  Schein  nach  erfüllt 
werden  wollte ;  wie  doch  weder  vermuthen  kann,  noch  will.  Viel- 
mehr erheischt  das  offenbarste  eigene  Interesse  des  Königs  von 
England,  sowohl  qua  Königs,  als  qua  Churfürsten  und  noch  mehr 
die  eigene,  von  der  anderwärts  anscheinenden  Gefahr  hergeleitet 
werdende    Betrachtung,    dass    das    Werk    auf    einmal    mit    solcher 


385 

Obermacht  von  allen  Seiten  angegriffen  werde,  urn  mit  Grund  an- 
hoffen  zu  können,  dem  preussischen  Unwesen  ein  geschwindes  Ende 
zu  machen ;  so  untereinstem  das  sicherste  Mittel  sein  wird,  um 
andere  ^Mächte  von  widrigen  Unternehmungen  zurück  zu  halten. 
Wann  nun  ohne  Zeitverlust  die  englischen  Hilfsvölker,  nebst  sämmt- 
lichen  churhannoverischen  und  chursächsischen  Truppen  hierzu 
angewendet,  mit  einem  russischen  Corpo  in  Preussen  eingedrungen, 
die  zu  einem  anderwärtigen  Einfall  so  geneigten  Polen  dazu  an- 
gefrischt und  auch  diesorts  die  Passus  danach  ausgemessen  würden, 
so  sollte  der  Endzweck  zu  erreichen,  mithin  zu  einem  nicht 
schädlichen,  sondern  anständigen  Vergleich  mit  Preussen 
ehestens  zu  gelangen,  eben  nicht  so  gar  schwer  fallen." 

Schliesslich  wurde  der  commandierende  General  bevollmächtigt, 
zum  Zwecke  gemeinsamer  Verabredungen  mit  den  verbündeten 
Höfen,  nach  seinem  Gutbefinden  Officiere  nach  Dresden  und  Hannover 
zu  senden.  v) 

FM.  Graf  Neipperg  beantwortete  dieses  Schreiben  der 
Königin  am  T.Juli.  Er  berichtet,  dass  er  sich  bereits  an  die  bei 
den  alliierten  Mächten  accreditierten  Gesandten  nach  Dresden, 
Hannover  und  Petersburg  gewendet  habe,  um  zu  erfahren,  was 
man  in  Bezug  auf  directe  Hilfeleistung  von  dort  eigentlich  zu 
hoffen  oder  zu  erwarten  habe,  damit  auch  er  seine  Dispositionen 
danach  einrichten  könne.  „Sonsten  ist  wohl  zu  wünschen,  dass  die 
Alliierten  je  eher,  je  besser  zu  Werke  schritten  und  sich  E.  K.  M. 
gerechteste  Sache  mit  allem  Nachdruck  angelegen  sein  lassen,  ich 
zweifle  aber  dabei,  ob  der  König  von  England  bis  22.  d.  alle  ge- 
widmeten Truppen  beisammen  haben  und  somit  im  Stande  sein 
dürfte,  zu  den  Operationen  um  solche  Zeit  den  Anfang  zu  machen." 

,,Die  Sachsen  haben  vermöge  letzter  Nachrichten  noch  can- 
tonniert  und  von  den  Russen  hat  man  zwar  seit  einiger  Zeit  her 
immer  versichern  wollen,  dass  sie  im  Anzug  seien,  man  weiss 
aber  von  der  Gegend,  wo  selbe  sich  befinden  sollen,  so  wenig 
Ausführliches,  dass  ebenfalls  zu  besorgen  sein  dürfte,  dass  sie  noch 
so  nahe  an  den  preussischen  Grenzen  nicht  seien,  um  auf  den 
übereingekommenen  22.  d.  auch  ihresorts  mit  den  Operationen 
den  Anfang  zu  machen." 

,,Von  den  Polaken  sollen  wohl  ein  und  andere  Regimenter, 
womit  der  König  ohneweiters  zu  disponieren  hat,  auf  dessen  Befehl 


J)  Rescript  vom  3.  Juli  1741.  (H.  H.  u.  St.  A.  Friedens-Acten,  Fase.  23.) 

Oesterreichischer  Erbf'olgekrieg.  II.  Bd.  25 


386 

gegen  die  Grenzen  angerückt  sein,  von  der  Kron-Armee  hingegen 
oder  anderen  Polaken  weiss  man  nichts  und  sehe  auch  nicht,  ob 
man  sich  von  Seiten  Polens  viel  Gutes  zu  versprechen  habe,  aller- 
niassen  von  daraus  dem  König  von  Preussen  nicht  allein  gegen 
Bezahlung  die  meiste  Zufuhr  der  Lebensmittel,  ohne  die  er  sonst 
in  Schlesien  würde  hart  bestehen  können,  geschieht,  sondern  auch 
ihm  aus  Polen  bereits  viele  Deserteurs  verdeckt  zurückgesendet 
worden,  welches  der  Desertion  bei  ihm  nicht  einen  geringen  Ein- 
halt macht,  da  sonst  selbige  viel  häufiger  sein  würde,  weil  die 
Gegenden  gegen  Polen  hiezu  über  die  Massen  bequemer  und  ge- 
legensamer  als  alle  übrigen  sind.  Der  König  von  Preussen  dürfte 
fraglich  ehe  und  bevor  zu  einem  anständigen  Vergleich  nicht 
gebracht  werden  können,  bis  er  nicht  die  Obermacht  erkennt  und 
empfindet  und  daher  umso  nöthiger  sein  will,  dass  E.  K.  M. 
Alliierte  um  so  fördersamer  Hand  an  das  Werk  legen  und  ihn  zu 
demjenigen  vermögen,  so  bisher  die  engländischen  und  holländischen 
Gesandten,  die  noch  zu  Breslau  und  ersterer,  laut  sicheren  Nach- 
richten, vor  wenigen  Tagen  wieder  zum  König  in  das  Lager  abge- 
gangen, nicht  loszuwirken  gewusst  haben."  x) 

Dem  Grossherzog  sandte  der  Felclmarschall  gleichzeitig  aus 
Breslau  eingelaufene  Nachrichten, 2)  welche  die  "Wegnahme  eines 
ansehnlichen  Vieh-Transportes  durch  österreichische  Husaren  fast 
unmittelbar  vor  den  Thoren  dieser  Stadt  meldeten  und  die  Con- 
sternation  schilderten,  welche  in  der  Landeshauptstadt  über  die 
ihr  vom  König  von  Preussen  vorgeschriebene,  binnen  vier  Wochen 
zu  erlegende  Contribution  von  500.000  Thalern  herrschte.  Bei 
Nichteinhaltung  des  angegebenen  Termins  waren  der  Stadt  die 
strengsten  Massregeln  angedroht.  Die  Bürgerschaft,  wurde  gemeldet, 
wolle  sich  trotzdem  dazu  nicht  verstehen,  sondern  berufe  sich  auf 
das  Neutralitäts- Abkommen  vom  3.  Januar  1741.  3) 

Man  hielt  offenbar  preussischerseits  die  Zeit  schon  für  gekom- 
men, in  die  noch  immerhin  beschränkende  Neutralitäts-Convention 


J)  FM.  Graf  Neipperg  an  die  K  ö  n  i  g  i  n,  Neisse,  7.  Juli  1741.  (H.  H 
u.  St.  A.,  Friedens-Acten.  Fase.  23.) 

2)  FM.  Graf  Neipperg  an  den  Grossherzog.  Neisse,  7.  Juli  1741. 
(K.  A.,  Schlesien  1741 ;  VII  8,  ad  8  a  und  ad  8  b.) 

3)  Vergl.  Zur  Capitulation  Breslau's,  Mittheilungen  des  Kriegs-Archivs 
1885,  193.  Nach,  diesem  Abkommen  war  der  Stadt  Breslau  eine  vollkommene 
und  genaue  Neutralität  zugesichert  worden,  „also  dass  von  derselben  weder 
einige  Huldigung,  noch  Abgabe  einer  Contribution,  wie  solche  Namen  haben 
mag,  solle  und  werde  gefordert  werden." 


387 

Bresche    zu  legen,    um  sie  endlich  ganz  beseitigen  und  als    unum- 
schränkter Herr  in  der  Landeshauptstadt  gebieten  zu  können. 

Der  Grossherzog  schrieb  dem  Grafen  Neipperg  am  8.  Juli 
aus  Pressburg,  da  er  den  Stand  der  Verhandlungen  mit  den 
Alliierten  ohnedies  bereits  kenne,  beziehe  er  sich  darauf  und 
füge  nur  bei,  dass  die  Königin  fest  entschlossen  sei,  nichts 
von  Schlesien  an  den  König  von  Preussen  abzutreten  und  in  Folge 
dessen  zu  versuchen,  denselben  mit  Gewalt  durch  ihre  Armeen  und 
jene  ihrer  Alliierten  aus  Schlesien  zu  vertreiben.  x)  Er  empfahl 
Neipperg,  die  Operationen  mit  Vorsicht  wieder  aufzunehmen, 
dies  sei  auch  der  "Wunsch  der  Königin  und  werde  bei  den 
Alliierten  guten  Eindruck  machen.  2) 

Neipperg  bat  am  11.  Juli,  noch  die  Wiederaufnahme  der 
Operationen  etwas  verschieben  zu  dürfen,  „dies  geschehe  jedoch 
nicht,  um  sie  zu  vermeiden,  noch  weniger  um  ewig  nur  hier  stehen 
zu  bleiben,  sondern  um  die  Gelegenheit  zu  erspähen  und  dann  sie 
mit  Gottes  Beistand,  soviel  als  es  möglich  sein  wird,  zu  benützen."3) 

Auch  der  russische  Minister  Graf  Ostermann  hatte  dem 
englischen  Gesandten  Finch  zu  Petersburg  mitgetheilt  und 
gleichzeitig  auch  der  österreichischen  Vertretung  daselbst  von 
dieser  Note  Kenntniss  gegeben,  dass  es,  nach  den  engiischer- 
seits  vertraulich  gemachten  Eröffnungen  über  die  schlesischen  An- 
gelegenheiten, sowie  über  die  verderblichen  Pläne  Schwedens 
gegen  Bussland,  der  Wunsch  des  russischen  Hofes  sei,  mit  Gross- 
britannien in  innige  Verbindung  zu  treten,  um  jene  Massregein  zu 
ergreifen,  welche  die  Interessen  der  meisten  europäischen  Mächte 
zu  schützen  und  die  Aufrechthaltung  der  pragmatischen  Sanction 
zu  gewährleisten  im  Stande  wären.  „Die  vollständige  Er- 
haltung d  e  r  E  r  b  1  an  cl  e  r  desHauses  Oesterreich,  ohne 


J)  „Ich  empfehle  Ihnen  vor  Allem,  dass  Sie  etwas  zu  thun  trachten, 
denn  mein  Entschluss  ist  gefasst,  niemals  mit  dem  König  von  Preussen  eine 
Vereinbarung  zu  suchen,  wenn  ich  auch  nur  einen  Zoll  breit  von  Schlesien 
verliere.  Ich  werde  Alles  dafür  auf  das  Spiel  setzen.  Also,  wenn  Sie  die  Ge- 
legenheit günstig  finden  zu  können  glauben,  unternehmen  Sie  Alles,  ich  ver- 
lasse mich  auf  Sie."  Die  Königin  an  FM.  Grafen  Neipperg,  (14.  Juli 
1741).  In  Arneth:  „Briefe  der  Kaiserin  Maria  Theresia  an  ihre  Kinder  und 
Freunde."  IV,  139. 

2)  Gräfl.  Neipperg'sches  Archiv. 

3)  FM.  Graf  Neipperg  an  den  Grossherzog,  Neisse,  11.  Juli  1741. 
(K.  A,  Schlesien  1741 ;  VII,  15.) 

OK* 


388 

etwas  davon  zu  zerstückeln,  wäre  das  Hauptobject, 
das  man  niemals  aus  dem  Gesichte  verloren  habe." 
Sollten  nun  gegenwärtig  ein  Theil  dieser  Länder  dem  König  von 
Preussen  geopfert  werden,  so  wäre  es  besser  gewesen,  wenn  man 
von  Anbeginn  an  die  Königin  von  Ungarn  überredet  hätte,  darein 
zu  willigen,  bevor  die  Dinge  auf  einen  Punct  gelangt  sind,  wo 
Preussen  vielleicht  nicht  mehr  so  nachgiebig  sein  würde. 

Als  Hauptgesichtspuncte  bezeichnete  Ostermann:  Gegen- 
seitige Hilfeleistung  der  Alliierten  bei  allen  Ereignissen  und 
Gleichzeitigkeit  des  Eingreifens  sämmtlicher  Alliierten; 

vom  Kriege  mit  Schweden,  das,  wie  man  wisse,  gegen  Russ- 
land von  Frankreich  aufgestachelt  worden,  würden  die  Streitkräfte 
abhängig  sein,  mit  denen  Russland  seinerzeit  auftreten  könne ; 

es  sei  äusserst  vortheilhaft,  wenn  die  englische  Escadre 
ohne  Verzug  im  Baltischen  Meere  erschiene,  wie  dies  ja  bereits 
abgemacht  worden  und  wenn  die  sämmtlichen  übrigen  Mächte 
gleichzeitig  Massregeln  ergriffen,  um  Schweden  von  Feindseligkeiten 
gegen  Russland  abzuhalten,  oder  diesen  Krieg,  falls  er  unvermeidlich 
wäre,  rasch  zu  beenden.  x) 

Li  Hannover,  wo  damals  König  Georg  weilte,  traf  der 
aus  Schlesien  erwartete  Courier  mit  König  Friedrich  II.  ab- 
lehnender Antwort  auf  die  im  Namen  Grossbritanniens  und  der 
General-Staaten  durch  Hyndford  und  G i n c k e  1  überreichte 
Simultan erklärang,  am  26.  Juni  ein. 2)  Sofort  wurden  Befehle  an 
sämmtliche  Regimenter  gesendet,  sich  auf  die  erste  Ordre  marsch- 
fertig zu  halten.  Am  27.  wurde  der  hannoversche  Generalmajor 
von  Uten  nach  Dresden  gesendet,  „um  mit  dem  dortigen  Hof 
das  Notlüge  wegen  der  Operationen,  der  Conjunction  der  hessischen 
mit  den  sächsischen  Truppen  und  was  sonst  noch  dabei  zu  obser- 
vieren sein  möchte,  zu  verabreden  und  an  eben  demselben  Tage 
wurde  auch  wegen  der  dänischen  Auxiliar-Truppen,  als  welche  für 
das  erste  zu  dem  hiesigen  zur  Operation  destillierten  in  18.000  Mann 
bestehenden  Corps  stossen  sollen,  das  Nöthige  vorgekehrt.  Daher 
denn  aus  diesem  Allem  leicht  abzunehmen  ist,  dass  des  Königs  von 
England  Majestät    einestheils    nichts    anderes,    als    die    preussische 


')  H.  H.  u.  St.  A.  Abschrift.  Eingeschickt  mit  Bericht  der  Gesandtschaft 
aus  Petersburg  vom  10.  Juni  1741. 

2)  Die  ablehnende  Antwort  König  Friedrich  II.  von  Podewils 
in  Breslau  am  15.  Juni  1711  unterzeichnet,  in  „Preussische  Staats-Schriften"  I,  305. 


389 


Erschliessung  auf  eine  authentische  Art  abwarten  wollen,  andern- 
theils  aber  bei  derselben  so  kaltsinnig  und  widrigen  Abfassung  um 
so  geschwinder  zu  den  Veranstaltungen  geschritten  sei.';  i) 

Auch  aus  Sachsen  lief  der  Bericht  ein,  dass  die  Truppen 
bereit  stünden  und  es  nunmehr  lediglich  auf  Hannover  ankomme  ■ 
die  Absendung  eines  Generals  behufs  Vereinbarung  der  Operationen 
wurde  von  dort  dringend  verlangt. 2) 

')  H.  H.  u.  St.  A.,  Staatskanzlei ;    Bericht  aus  Hannover  1741     Fase    1 
2J  Ebenda.  Sachsen,  Fase.  3. 


Die   Sendung   des   FML.  Grafen  Browne  nach  Dresden. 


Jb  ML.  Maximilian  Ulysses  Graf  Browne,  Baron  de  Camus 
und  Mountany  war,  in  Folge  der  Befehle  der  Königin,  aus 
dem  Hauptquartier  Neisse  am  18.  Juli  1741  nach  Dresden  insgeheim 
abgesendet  worden.  \)  um  mit  dem  dort  anwesenden  hannover- 
schen General  von  Uten  und  den  sächsischen  Militärs  über  den 
von  den  verbündeten  Mächten  einzuhaltenden  Operationsplan  zu 
verhandeln.  FM.  Graf  Neipperg  hatte  dem  Grafen  Browne 
die  für  die  Mission  nothwendigen  Weisungen  in  einer  ausführlichen 
Instruction  ertheilt. 2) 

Am  Abend  des  22.  Juli,  dem  Tage,  auf  welchen,  nach  den 
mit  England-Hannover  am  24.  Juni  geschlossenen  Conventionen, 
der  Beginn  der  Operationen  der  gegen  Preussen  in  Bündniss-Ver- 
handlungen stehenden  Mächte  festgesetzt  war  —  traf  Graf  Browne 
in  der  sächsischen  Hauptstadt  ein.  Am  darauffolgenden  Tage  hatte 
der  General  Audienz  bei  den  beiden  Majestäten.     König  August 


2)  Trotzdem  wusste  König  Friedrich  II.  schon  am  1.  August  davon, 
dass  der  General  in  Dresden  sei,  „um  daselbst  einen  Eenfort  von  10.000  Mann 
zu  sollicitieren".  (Polit.  Corresp.  I,  Nr.  415.) 

2)  In  dieser  ist  die  Stärke  der  österreichischen  Armee  wie  folgt  an- 
gegeben :  An  deutschen  Truppen :  Infanterie  10.000  Mann,  Cavallerie  7000 
und  einige  hundert,  also  18.000  Conibattanten,  dann  6  Husaren-ßegimenter 
mit  3000  Mann,  3  ungarische  National-Eegimenter  mit  1500  Mann,  3000 
Croaten  und  1000  Slavonier,  im  Ganzen :  29.500  Mann.  Die  preussische 
Armee  wird  darin  beziffert  auf  22  Infanterie-  und  12  Cavallerie-ßeghnenter, 
von  letzterer  Waffe  seien  ausserdem  noch  3  Regimenter  im  Anmärsche.  Bericht 
des  FM.  Grafen  Neipperg  an  die  Königin  vom  18.  Juli  1711.  (H.  H.  u. 
St.  A.,  Friedens-Acten :  Fase.  23.) 


391 

erklärte,  dass  es  an  ihm  nicht  fehle,  seine  Truppen  stünden  seit 
dem  Monate  Mai  für  die  Königin  Maria  Theresia  bereit  und 
es  hänge  nur  von  dem  hannoverschen  Hofe  ab,  die  Zeit  des  Auf- 
bruches,  der  Truppen,  sowie  des  Beginnes  der  Operationen  zu  be- 
stimmen und  ihm  mitzutheilen.  In  Dresden  werde  man  in  zwei 
Mal  vierundzwanzig  Stunden  bereit  sein.  1) 

Während  FML.  Graf  Browne  in  unthätigem  Abwarten  auf 
die  Rücksendung  des  hannoverisch-sächsischen,  zur  Approbation 
nach  Hannover  an  den  König  von  England  gesendeten  Operations- 
Planes  zu  Dresden  zurückgehalten  wurde,  waren  in  Hannover,  wo 
König  Georg  weilte,  die  für  die  Sache  der  Königin  ver- 
hängnissvollsten Entschliessungen  gefasst  worden.  Auf  die  schwan- 
kende und  zaudernde  Politik  des  Trägers  der  englischen  Krone 
hatten  die  Unglücksfälle  in  Süd -Amerika,  Admiral  Vernon's 
Missgeschick  bei  Cartagena  bedenklichsten  Einfluss  geübt.  Die 
üblen  Nachrichten  aus  Frankreich,  welche  die  Aufstellung  einer 
französischen  Armee  von  40.000  Mann  an  der  Mosel  gegen  Han- 
nover constatierten,  die  Bewegungen  der  churbayerischen  Truppen, 
die  schlagfertig  bereitstehende  Observations-Armee  des  Fürsten 
von  Anhalt  bei  Göttin  Hessen  den  König  -  Ohurfürsten  das 
Schlimmste  für  seine  deutschen  Besitzungen  besorgen. 2) 


J)  Graf  Browne  an  Grafen  Neipperg,  Dresden,  24.  Juli  1741.  Gräfi. 
Neipperg'sohes  Archiv.  „Ich,  meines  wenigen  Erachtens,  sorge,  soviel  abnehmen 
kann,  unsere  Alliierten  werden  uns  amüsieren,  um  Zeit  zu  gewinnen,  dass  der 
Sommer  passiere  und  haben  keine  rechte  Lust,  vom  Leder  zu  ziehen.  Der 
russische  Minister  hier,  Baron  Keyserlingk,  sagt,  sein  Hof  warte  nur, 
dass  Sachsen  und  Hannover  ihre  Truppen  marschieren  lassen,  so  werden  die 
ihrigen  gleichfalls  marschieren,  allein  wann  keine  Parthei  den  Anfang  machen 
will,  was  wird  endlich  aus  der  Sache  werden'?  Diesemnach  solches  nicht  22.  hujus. 
wie  geschehen  sollen,  sondern  vielleicht  auch  noch  nicht  den  22.  August.  Ich 
habe  S.  M.  dem  König  hier  in  der  Audienz  vorgestellt,  er  sollte  die  Freund- 
schaft für  tvnsere  AllergnädigsLe  Frau  haben,  den  Anfang  mit  seinen  zu 
machen  und  solche  marschieren  lassen,  so  dürften  die  anderen  desto  mehr 
Muth  fassen,  dem  Beispiel  zu  folgen ;  worauf  er  mir  geantwortet :  marschiert 
ist  bald,  allein  wer  kann  mich  versichern,  dass  die  anderen  hernach  folgen 
werden  ?" 

2)  Der  Fürst  von  Anhalt  machte  sich  in  dem  Lager  von  Göttin  marsch- 
bereit und  legte  dem  König  Friedrich  auf  dessen  Befehl  (Polit.  Corresp.  I, 
Nr.  431),  am  19.  Juli  einen  Operationsplau  für  verschiedene  Fälle  gegen  Hannover, 
bezw.  auch  gegen  Chur-Sachsen  vor.  Hätte  man  es  nur  mit  ersterem  zu  thun, 
so  wollte  er  ein  Beobachtungslager  bei  Magdeburg,  gegenüber  beiden  Gegnern 
ein  solches  bei  Bernburg  beziehen;  im  letzteren  Falle  auch  einen  gewaltsamen 


392 

König  Georg  hatte  die  „pragmatische  Armee'''  in  Person 
cornmaiidieren  wollen,  zog  es  nun  aber  vor,  auf  Feldhemiruhm  zu 
verzichten  und  von  jeder  activen  Betheiligung  am  Kriege,  wenn 
möglich  abzusehen.  Diese  "Wendung  in  Hannover  ist  der  Anfang 
jener  hartnäckig  fortgesetzten  britisch-hannoverschen  Vermittlungs- 
Politik,  welche  sich  zum  Ziele  setzte,  um  jeden  Preis  einen  Ver- 
gleich zwischen  der  Königin  Maria  Theresia  und  König 
Friedrich  II.  förmlich  zu  erzwingen. r) 

Die  Actionsfähigkeit  Englands  war  übrigens  durch  die  Ver- 
luste seiner  See-Streitkräfte    gegen  Spanien   vollständig  gelähmt, 2) 


Versuch  gegen  die  Festung  Wittenberg  unternehmen.  Der  König  billigte 
diesen  Plan  (Polit.  Corresp.  I,  Nr.  435),  der  aber  bei  der  fortdauernden  Unent- 
schlossenheit  seiner  beiden  Gegner  nicht  zur  Ausführung  kam. 

x)  „Man  müsse  in  Betracht  des,  das  Erzhaus  und  durch  dieses  das  ganze 
Deutsche  Reich  von  weit  mächtigeren  Feinden  bedrohenden  Umsturzes  etwas 
auch  in  sich  Unbilliges  der  gegenwärtig  so  bedauerlichen  Situation  zu  cedieren 
sich  nicht  entziehen,  um  mittelst  eines  Vergleichs  mit  dem  König  von  Preussen 
den  Ueberrest  der  Länder  und  Staaten  an  die  Königin  und  das  ganze 
deutsche  "Wesen  gegen  dessen  Feinde  zu  erhalten,  indem  ohne  ihn,  König 
(von  Preussen),  also  mit  zum  Freunde  zu  haben,  dass  er  auch  zu  vorbemeldter 
Erhaltung  mit  all'  seiner  Macht  zugleich  mitzuwirken,  einmal  kein  Systema 
zu  fassen,  viel  weniger  das  Gehörige  zu  erhalten  sein  wolle."  Graf  0  s  t  e  i  n 
an  Graf  Neipp  erg.  Hannover,  25.  Juli  1741.  (K.  A.,  Schlesien  1741;  VII,  42.) 

2)  Die    Engländer     hatten    eine    Flotte     von    einigen     dreissig    Linien- 
schiffen   mit    einem    ansehnlichen   Landungs-Corps    unter   Admiral  V  e  r  n  o  n 
bei  Jamaica  versammelt    und    im  März  1741    den  Angriff   auf  Cartagena    be- 
gonnen,   dessen  Besitz  für  ihren  Handel    ausserordentlich    wichtig    war.     In- 
zwischen hatten    aber  auch  die  Spanier    die  natürliche  Festigkeit  des  Platzes 
durch  gute  Vertheidigungsanstalten  vermehrt ;  einer  ihrer  besten  Officiere,  der 
Vicekönig  E  s  1  a  v  a    leitete    die  Vertheidigung    mit    grosser    Umsicht.     Nach 
einigen  Erfolgen,    welche    in  London  Alles    hoffen,    in  Madrid  Alles  fürchten 
Hessen,  ward  der  Hauptangriff  der  Engländer    am  26.  April  mit  grossem  Ver- 
luste zurückgewiesen.    Die  heisse  Jahreszeit,     die  mühseligen  Kämpfe    in  der 
meilenlangen  Bucht,    an  deren  Ende  die  Stadt   hegt,    endlich  die  Verluste  der 
gelandeten  Truppen   in    dem    blutigen  Gefecht,    an    dem  Indianer   und  Neger 
theilnahmen,    hatten    den    Admiral   zum    Rückzuge    gezwungen.     Von    seinen 
10.000  Mann  Landungs-Truppen    waren    nur  noch  2000,    von  seinen  Matrosen 
kaum  der    zehnte  Mann    übrig.     Die  Kraft   Englands    war    vorerst    auf    allen 
Meeren  gelähmt,  es  hatte  den  Kern    seiner  Seeleute  verloren.  „Die  Nation  ist 
so  empört,  dass  an  einen  Frieden  mit  Spanien  nicht  zu  denken  ist ;  man  wird 
ungeheuere  Anstrengungen    machen  müssen,    wenn    man  sich    in    Westindien 
halten  will;    die    spanische    und  die    französische  Flotte    ist    unversehrt    und 
wenn  Spanien  sichtlich    einen  Streich    gegen  Italien    rüstet,    so    hat  England 
keine  Schiffe,  ihre  Ueberfahrt  zu  hindern ;    wenn  Frankreich    eine  Escadre  in 
die  Ostsee  sendet,    wird  Russland    die  versprochenen    englischen  Schiffe  ver- 
gebens erwarten."  (Droysen,  Vi,  295.) 


393 

Die  Nachricht  von  dem  misslungenen  Angriff  auf  Cartagena,  die 
am  4.  Juli  nach  London  gelangte,  verursachte  dort  die  grösste  Be- 
stürzung. In  Verlegenheit  für  den  eigenen  Dienst,  für  die  Flotte  in 
Amerika  ,  Ersatzmannschaften  aufzubringen,  war  Grossbritannien 
ausser  Stande,  den  Russen  die  versprochene  Hilfe  zu  senden.  Ohne 
diese  aber  konnte  Russland  den  beabsichtigten  Angriff  auf  Preussen 
nicht  wagen,  am  wenigsten  nach  der  Ende  Juli  erfolgten  Kriegs- 
erklärung Schwedens.  Unter  diesen  Umständen  zog  es  Sachsen 
vor,  die  Verwirklichung  seiner  Vergrösserungspläne  im  Anschlüsse 
an  die  französische  Parthei  zu  suchen. 

Schon  am  25.  Juli  konnte  der  österreichische  Gesandte  Graf 
0  s  t  e  i  n  dem  Grafen  Neipperg  ganz  bestimmt  aus  Hannover 
mittheilen : 

,,Die  auf  den  22.  festgesetzten  Operationen  werden  von 
hiesiger  Seiten  nicht,  auch  weitershin  nicht  mehr  er- 
folgen, mithin  kein  Staat  darauf  zu  machen,  um  nicht  Dero 
Rechnung  zu  verfehlen.  r) 

FML.  Graf  Browne  reiste  nun,  da  seine  Anwesenheit  in 
Dresden,  nach  den  aus  Hannover  einlangenden  Nachrichten,  voll- 
kommen überflüssig  war  und  auch  der  hannoversche  General  von 
Uten,  mit  dem  er  übrigens  gar  nicht  in  Beziehung  getreten  zu 
sein  scheint,  bereits  am  1.  August  die  sächsische  Hauptstadt  wieder 
verlassen  hatte,  am  6.  August  nach  Schlesien  zurück  und  traf  am 
11.  August  im  Hauptquartiere  der  Armee  ein. 

FM.  Graf  Neipperg  sagt  in  dem  Berichte,  in  welchem  er 
dessen  Ankunft  meldet  und  die  über  die  erfolglose  Reise  erstattete 
Relation  der  Königin  übersendet:  ,,Er,  General  Graf  von 
Browne,  vermeint  zwar,  dass  der  Anstand  hierinfalls  mehr  bei 
Hannover,  ich  aber  glaube,  solcher  sei  bei  beiden  Höfen  und 
schiebe  es  pro  forma  nur  einer  auf  den  andern", 2)  und  hatte  damit 
wohl  das  Richtige  getroffen. 

Preussischerseits  kam  diese  farblose  Vermittlungs-Politik  nur 
gelegen,  da  sie  Frankreich  und  Bayern  Zeit  verschaffte,  kriegs- 
bereit zu  werden. 


J)  Graf  Ostein  an  Grafen  Neipperg.  24.  Juli  1741.  (K.  A.,  Schlesien 
1741;  VII,  42.) 

)  Neipperg's  Bericht  vom  11.  August  1741.  (H.  H.  u.  St.  A.,  Friedens- 
Acten ;  Fase.  23.) 


Ereignisse  im  Monate  Juli. 


Jb  M.  Graf  Neipperg  liatte  wegen  Auswechslung  der  beider- 
seitigen Kriegsgefangenen  und  Errichtung  eines  Cartels  mit  dem 
preussischen  FM.  Grafen  S  c  h  w  e  r  i  n  die  Vereinbarung  getroffen, 
am  30.  Juni  in  Grottkau  durch  Bevollmächtigte  beider  Armeen 
Conferenzen  beginnen  zu  lassen.  Von  Seiten  der  österreichischen 
Armee  wurden  als  Delegierte  dorthin  bestimmt :  GFWM.  Baron 
L  e  n  t  u  1  u  s ,  Stabs-Auditor  Jencko  und  Feldkriegs-Commissär 
Schütz1).  Preussischerseits  führte  FM.  Prinz  Dietrich  von 
Anhalt,  Ober-Auditeur  von  Kriegern  und  Kriegsrath  L  ü  d  e  k  e 
die  Verhandlungen,  die  am  0.  Juli  zum  Abschluss  eines  Cartels  über 
Auswechslung  und  Eanzionierung  der  Kriegsgefangenen  führten. 
Die  erste  Auswechslung  fand  sodann  am  20.  Juli  statt,  der  eine 
zweite  am  1.  August  folgte. 

Da  die  Conferenzen  in  Grottkau  mehrere  Tage  in  Anspruch 
genommen  hatten,  waren  sich  die  beiderseitigen  Commissäre 
näher  getreten.  GFWM.  Baron  Lentulus  brachte  den  wesent- 
lichen Inhalt  der  bei  dieser  Gelegenheit  geführten  Gespräche  zu 
Papier  und  übergab  ihn  dem  commandierenden  General.  L  e  n- 
tulus  erzählt,  er  habe  aus  der  Conversation  entnommen,  ,,dass 
man  jnreussischerseits  senr  den  Frieden  wünsche,  indem  der 
Prinz  Dietrich  sich  verlauten  lassen,  es  würden  ja  leicht  Mittel 
zu  finden  sein,  die  zwei  Puissancen  zu  vereinigen  und  wäre  zu 
wünschen,  dass  wir  und  sie  zusammen  am  Rhein  oder  in  die  Nieder- 
lande marschierten;  sie  mit  ihrer  Infanterie  und  wir  mit  unserer 
Cavallerie    sollten    uns    den    Feinden    des    deutschen    Vaterlandes 


!j  K.  A.,  Schlesien  1711 :  VI,  G(3. 


39  5 

fürchterlich  machen.  Es  sei  nur  zu  beklagen,  dass  wir  einander 
die  Haare  ausraufeten  und  der  Dritte  davon  profitieren  würde. 
Auch  hat  sich  erwähnter  Prinz  nachdrücklich  informiert,  ob  unsere 
Allergnädigste  Königin  und  Grossherzog  durch  Favoriten  sich 
leiten  lassen  ?  ob  derlei  vorhanden  und  wer  sie  wären  ?  auch  dass 
sie  ihresorts  wünschten,  dass  das  Römische  Reich  baldigst  ein 
Oberhaupt  bekommen  möchte.  Sie  wünschten  unter  Anderem,  dass 
entweder  der  König  in  Polen  oder  aber  der  Grossherzog*  hiezu 
erwählt'  würde."  *) 

Diese  von  einem  preussischen  General  dem  österreichischen 
Commissär  gegenüber  geschehenen  Aeusserungen  zu  einer  Zeit,  da 
König  Friedrich  II.  bereits  von  den  Bewegungen  der  hannover- 
schen Truppen,  sowie  von  der  Sendung  eines  hannoverschen 
Generals  nach  Dresden  behufs  militärischer  Besprechungen  Kennt- 
niss  hatte,2)  sieht  einem  ball on  d'essai  zur  Erkundung  der  etwaigen 
Geneigtheit  der  Königin,  mit  Preussen  in  Unterhandlungen  zu 
treten,  sehr  ähnlich.  Es  ist  auch  nicht  ausgeschlossen,  dass  diese 
Apercus  nur  „um  hinzuhalten  und  Hoffnungen  zu  nähren"  gegeben 
wurden,  „um  dem  Churfürsten  von  Bayern  Zeit  zu  geben,  in  Oester- 
reich  und  einer  französischen  Armee,  in  Deutschland  einzudringen",3) 
wobei  nicht  zu  übersehen  ist,  dass  am  5.  Juli  die  Ratificationen  des 
preussisch-französischen  Vertrages  ausgewechselt  worden  waren. 4) 
Die  Andeutungen,  die  wohl  schwerlich  hier  in  Grottkau  ohne  Vor- 
wissen König  Friedrich  IL  gemacht  wurden,  können  ander- 
seits aber  auch  vielleicht  als  erste  Etape  jener  Verhandlungen 
betrachtet  werden,  die  im  Herbste  desselben  Jahres  stattfanden, 
besonders  wenn  man  im  Auge  behält,  dass  Prinz  Dietrich  von 
A  n  halt  es  wTar,  der  den  späteren  Unterhändler  Oberst  Freiherrn 
von  Goltz  am  18.  September  1741  zuerst  dem  GFAVM.  Baron 
Lentulus  vorstellte. 

FZM.  Freiherr  von  Thünge n,  der  im  Hauptquartier  der 
Armee  angelangt  war,  gab  schon  am  10.  Juli  erschöpfende  Ver- 
haltungsmassregeln  für  die  tactische  Ausbildung  der  Infanterie, 
nach  denen  fleissig  geübt  werden  musste. 5) 


!)  K.  A.,  Schlesien  1741  ;  VII,  16  und  ad  16  c. 

2)  Vergl.  Poüt.  Corresp.  I,  Nr.  1-18,  419. 

3)  Ebenda  Nr.  415. 

4)  Ebenda  Nr.  416. 

5)  Observations-Puncte  bei  der  Infanterie.     (K.  A.,  Schlesien  1741:   VII, 
14.)  Siehe  Anhang  LIII. 


396 

Die  Bewegungen  gegen  die  preussische  Armee,  welche  man 
von  Wien  aus  gewünscht  hatte,  nahmen  ihren  Anfang  Mitte  Juli 
durch  Aussendung  stärkerer  oder  schwächerer  Streif-Corps,  die 
nach  allen  Richtungen  von  Neisse  und  Ottmachau  gegen  den  Feind 
öiene:en.  So  rückte  am  14.  Juli  Oberstwachtmeister  von  Hadik 
des  D  esse  wffy' sehen  Husaren-Regiments  mit  500  Husaren  nach 
Braunau,  um  über  Schweidnitz  gegen  die  Strasse  nach  Breslau  zu 
streifen.  *)  Er  hatte  Befehl,  auf  der  Strasse  Braunau-Schweidnitz 
bei  Tannhausen  Stellung  zu  nehmen  und  seine  Partheien  über 
Schweidnitz  bis  in  die  Gegend  Neumarkt  oder  Parchwitz  auszu- 
senden, feindliche  Couriere  aufzuheben  und  die  von  Schweidnitz 
nach  Breslau  und  Neumarkt,  wie  die  von  Jauer,  Hirschberg, 
Schmiedeberg,  Liegnitz  nach  Schweidnitz  gehenden  preussischen 
Convois  wegzunehmen.  Mit  dem  zu  Trautenau  befindlichen,  aus 
Infanterie  bestehenden  Commando  sollte  er  sich  in  das  Einvernehmen 
setzen.  -) 

Ein  Oberstlieutenant  mit  ebenfalls  500  Husaren  rückte  nach 
Nimptsch,  Frankenstein  und  in  die  dortige  Gegend,  um  die  Zu- 
fuhren in  das  preussische  Lager  zu  verhindern. 

Nach  Alt-Grottkau  kamen  unter  einem  Oberstwachtmeister  des 
Regiments  Splenyi  400  Husaren,  mit  dem  Auftrage,  gegen  das 
preussische  Lager  zu  streifen3);  die  Slavonier  wurden  in  zwei  Gruppen 


l)  Das  H  a  d  i  k'sclie  Commando  war  zusammen 

gesetzt  aus  Abtheilungen 

verschiedener  Husaren-Regimenter  und 

zwar  von 

5  Unterofficiere,     70  Gemeine 

Dessewffy    .  .  1       „         1  Lieutenant.  1 

>i 

5 

'  70 

)' 

Ghilanyi     ...         —         1              „ 

— 

4 

60 

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Pestvärmegyeil       ,,1             ??             1 

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Splenyi  ....  1       „         1             ,, 

— 

3 

60 

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Karolvi  ....         —                     — 



3 

40 

?! 

4  Rittin.,  4  Lieutenants,  3  Cornets,  23  Unterofficiere,  360  Gemeine, 
dann  der  National-Regiinenter: 

Belesznay.  .  .—  Rittin.,  1  Lieutenant,  1   Comet,     3  Unterofficiere,    50  Gemeine 
Peter   Haläsz  1       „  —  —  3  „  55  „ 

Jazygier  und 

Kumanier  1 „ — 3 „ 35 ,, 

5  Rittm.,  6  Lieutenants.  4  Cornets,  32  Unterofficiere,  500  Gemeine 
(Graft.  Neipperg'sches  Archiv  und  Fähnrich  Lutsch'  Tagebuch.) 

2)  K.  A.,  Schlesien  1741  ;  VII.  23. 

3)  Dieses  Commando  bestand  aus  2  Rittmeistern,  3  Lieutenants,  1  Cornet, 
10  Unterofficieren,  200  Gemeinen  von  den  Husaren-,  2  Rittmeistern,  2  Lieu- 
tenants, 2  Cornets,  10  Unterofficieren  und  200  Gemeinen  von  den  National- 
Regimentern.  (Gräfl.  Neipperg'sches  Archiv  und    L  utsc  lv    Tagebuch.) 


397 

gegen  Wansen  und  Strehlen  in  die  Wälder  verlegt.  Ein  Rittmeister 
mit  100  Husaren  hatte  die  Gegend  von  der  Festung  Neisse  bis 
zur  Mündung  des  Neisse-Flusses  in  die  Oder  zu  beobachten.  Unter 
Commando  des  Obersten  Baron  Trips  rückten  1  Oberstlieutenant, 
1  Oberstwachtmeister,  600  Husaren,  nebst  1  Oberstlieutenant  mit 
800  Croaten  an  das  rechte  Oder-Ufer  in  die  Gegend  von  Oppeln, 
mit  dem  Auftrage,  von  dort  Oder-abwärts  bis  gegen  und  unterhalb 
Breslau  zu  streifen  und  die  preussischen  Zufuhren  auf  der  Oder 
zu  verhindern  oder  mindestens  zu  erschweren.  l) 

Der  am  unteren  Laufe  der  Neisse  stehende  Oberstwachtmeister 
von  Györi  erhielt  am  16.  Juli  Befehl,  nach  Neisse  einzurücken 
und  zur  Besetzung  und  Beobachtung  des  Flusses  1  Rittmeister, 
nebst  Ober-  und  Unterofficieren  und  60  Mann  reguläre  und  40 
National-Husaren  zu  Hilbersdorf  zurückzulassen.  Dieses  Commando, 
dessen  Befehl  am  19.  Juli  Rittmeister  Kisfaludy  von  Kärolyi- 
Husaren  übernahm,  stellte  kleine  Beobachtungsposten  zu  Michelau, 
Stroschwitz,  Löwen  und  Schurgast  auf  und  war  dem  zu  Grottkau 
stehenden  Oberst  Grafen  Esterhäzy  unterstellt.  Oberstwachtmeister 
Györi  rückte  mit  dem  Rest  seines  Commandos  in  das  Hauptlager 
ein.  -)  Das  in  Oppeln  befindliche  Detachement  blieb  daselbst. 

Der  Oberst  von  Max  Hessen  -  Infanterie  Baron  An  dl  au 
erhielt  Befehl,  von  Wartha  und  Glatz  bis  gegen  Braunau  Patrouillen 
auszusenden. 

Zu  einem  kleineren  Zusammenstosse  war  es  am  14.  Juli 
bei  Diersdorf,  4  Kilometer  südwestlich  von  Nimptsch,  gekommen. 
50  österreichische  Husaren  stiessen  hier  mit  40  preussischen  Uhlanen 
zusammen,  von  denen  zwei  verwundet  wurden  und  4  in  Gefangen- 
schaft geriethen.  Die  Husaren  verloren  3  Todte  und  einige  Ver- 
wundete. Als  von  Nimptsch  preussische  Verstärkungen  anlangten, 
giengen  die  Husaren  nach  Frankenstein  zurück. 

Am  16.  Juli  fand  zu  Neisse  anlässlich  der  am  25.  Juni  zu 
Pressburg  vollzogenen  Krönung  der  Königin  feierlicher  Gottes- 
dienst statt,  dem  Nachmittags  um  5  Uhr  eine  Revue  folgte,  zu 
der  die  gesammte  Armee  ausgerückt  war. 

Auch  fanden  sich  um  die  Mitte  des  Monats  einige  polnische 
Edelleute  im  Hauptquartier  der  österreichischen  Armee  ein,  die 
ihre  Dienste  der  Königin  Maria  Theresia  anboten. 

Hutsch'  Tagebuch. 

2)  K.  A.,  Schlesien  1741 ;  VII,  2G  und  :\7. 


398 

Einem  von  ihnen,  dem  Capitain  Alexander  C  li  1  e  b  o  w  s  k  y 
wurde  die  Bewilligung  ertheilt,  „mit  100  Mann  seiner  Nation  gegen 
den  König  von  Preussen  in  Schlesien  zu  dienen".  2) 

FM.  Graf  Neipperg  hatte  Anfangs  Juli  die  Slavonier2)  aus 
der  Gegend  von  Schweidnitz,  wo  sie  die  feindlichen  Communi- 
cationen  unterbrechen  sollten,  nach  Ottmachau  zurückgezogen,  weil 
sie  nichts  geleistet  hatten,  dagegen  von  den  Landesbewohnern 
ungemein  viel  Klagen  eingelaufen  waren  und  ihren  Commandanten, 
den  Oberstwachtmeister  Trenck,  für  seine  Person  nach  Neisse 
citiert. 

Mit  des  Panduren- Chefs  Verhalten  war  der  Armee-Comman- 
dant  überhaupt  im  höchsten  Grade  unzufrieden.  Er  scheint  diesen 
persönlich  tapferen  Mann  von  Anfang  an  sehr  richtig  beurtheilt 
zu  haben,  ,,der  mehr  auf  Eigennutz,  als  auf  obliegende  Pflicht  ge- 
sehen." 3) 

Nach  Trene k's  Rückkehr  verflossen  fünf  Tage,  ohne  dass 
er  dem  commandierenden  General  irgend  eine  Meldung  über  eine 
Unternehmung,  die  gemachte  Beute,  die  eingebrachten  Gefangenen 
erstattet  hätte.  FM.  Neipperg  findet  nach  diesen  Vorgängen, 
,,dass  Herr  Baron  von  T  r  e  n  c  k  die  erforderliche  Fälligkeit,  Ex- 
perienz,  vielleicht  auch  das  disciplinierte  Gemüth  nicht  habe,  dieses 
Corps  in  hiesigem  Lande  zu  einiger  nützlicher  Unternehmung  an- 
zuführen.    Um    jedoch  Trenck   Gelegenheit    zu  geben,  etwas  zu 


!)  K.  A.,  Schlesien  1741  ;  VII,  23. 

2)  Der  Stand  der  Slavonier  betrug  bei  ihrem  Einrücken  zur  Armee  : 
1  Oberstwachtmeister,  2  Hauptleute,  1  Capitain-Lieutenant,  5  Fähnriche, 
1  Quartiermeister,  1  Adjutant,  1  griechischer,  1  katholischer  Caplan,  2  Feld- 
scherer, 20  Harumbassa,  5  Fouriere,  80  Corporale.  12  Spielleute,  890  Gemeine. 
Zusammen  1022. 

3)  Anlässlich  der  Rückberufung  des  Corps  schrieb  FM.  Neipperg  am 
2.  Juli  u.  A.  an  Trenck:  „denn  es  ist  Ihnen  ja  von  selbst  bekannt,  dass 
Sie  nicht  hereinberufen  worden,  das  Land  zu  plündern,  oder  sonstige  Unge- 
bührlichkeiten ausüben  zu  lassen,  sondern  allein  dem  Feind  Schaden  und 
Abbruch  zuzufügen,  so  aber  ist  bis  dato  durch  selbe  dem  Feind  einiger  Schaden 
nicht  geschehen,  wohl  aber  gegen  dem  Land  und  dessen  Inwohner,  wie  von 
allen  Seiten  her  häufige  Klagen  einlaufen,  grosse  Insolenzien,  als  mit  Prügeln, 
Schlagen ,  Gelderpressung  und  Sonstigem  ausgeübt  worden ,  welche  bei 
schwerster  Verantwortung,  wie  bereits  in  meinem  Vorigen  erwähnt,  vermieden 
wissen  will;  und  wann  Sie  sich  nicht  soviel  Autorität  geben  können,  sich  von 
Ihren  unterhabenden  Leuten  respectieren  und  gehorsamen  zu  machen,  so  sehe 
nicht,  wozu  Sie  mir  allhier  dienlich  sein  sollen  und  findete  mich  solch enfalls 
genöthigt,  es  behörigen  Orts  vorzustellen".    (K.  A.,  Schlesien  1711 ;   VII.  3.) 


399 

leisten,  beabsichtigte  Neipperg,  das  Corps  abermals  gegen  den 
Feind  zu  senden,  damit  aber  keine  solche  Ungebührlichkeiten,  wie 
bisher  vorkamen,  den  im  Hauptquartier  angekommenen,  vom  Ge- 
sandten in  Dresden  warm  empfohlenen  königlich  polnischen  Major 
von  Menzel,  der  früher  in  kaiserlichem,  später  in  russischem 
Dienst  gewesen,  dem  Trenck  an  die  Seite  zu  geben,  umso  mehr, 
da  Menzel  der  illyrischen  Sprachen  kundig  war  und  bei  irregu- 
lären Truppen  gedient  hatte.  Anfangs  war  Trenck  erbötig,  sich 
an  Menzel's  Rath  und  Zustimmung  zu  halten,  änderte  jedoch 
bald  seine  Ansicht  und  erklärte,  dass  er  in  dieser  AVeise  keinen 
Dienst  thun  werde.  Neipperg  sah  sich  in  Folge  dessen  ge- 
nöthigt,  Trenck  in  Arrest  zu  setzen  und  die  Absendung  der 
Slavonier  zu  sistieren.  Das  Commando  des  Corps  übergab  der 
Feldmarschall  vorläufig  dem  Oberstwachtmeister  von  Menzel. 
Die  Slavonier,  die  Neipperg  eigens  ausrücken  Hess,  erklärten  sich 
mit  diesem  Interims- Commandanten  zufrieden,  bis  auf  30  auch,  aus 
anderen  Ursachen  Renitente,  die  der  Commandierende  auf  Ver- 
langen der  Uebrigen  festsetzen  und  zur  Verhütung  weiterer  Un- 
ordnungen nach  G-latz  zur  Verwendung  beim  Festungsbau  ab- 
schicken liess.  '  I 


*)  Trenck  wurde  vor  eine  Untersuchungs-Commission  gestellt:  die  ihn 
am  meisten  gravierenden  Puncte  waren,  dass  er  während  seines  letzten  Com- 
mandos  zwei  Mann  ohne  Kriegs-  und  Standrecht  hatte  köpfen  lassen,  dass 
er  vor  seiner  Arretierung  die  Slavonier  durch  meuterische  Reden  zum  Rück- 
marsch von  der  Armee  zu  überreden  gesucht  und  während  des  Commandos 
verschiedene  Uebertretungen  gegen  die  Kriegs disciplin  theils  seihst  begangen, 
theils  habe  begehen  lassen.  FM.  Neipperg  legte  die  Unter suchungs- Acten 
am  21.  Juli  dem  Hof-Kriegsrathe  zur  Entscheidung  vor  und  bemerkte,  dass 
Trenck  „von  extravaganter  Conduite"  sei  und  nichtdie  erforderlichen  Kenntnisse 
und  Erfahrungen  besitze,  um  ein  solches  Corps  zu  führen.  Am  besten  schien 
es  dem  Feldmarschall,  Trenck  von  der  Armee  zu  entfernen.  Vorläufig  blieb 
der  Pandurenführer  bis  zur  Entscheidung  des  Hof-Kriegsrathes  im  Arrest. 
(FM.  Graf  Neipperg  an  den  Hof-Kriegsrath,  Neisse,  21.  Juli  1741.  [K.  A  . 
Schlesien  1741;  VII,  35.  Untersuchungs-Act  H.  K.  R.  Expedit.  1749,  Mai  392.]) 
Der  Vice-Präsident  des  Hof-Kriegsrathes,  FM.  Graf  Khevenhüller,  dem  die 
Untersuchungsacten  zur  Berichterstattung  zugewiesen  wurden,  erklärte  in  dem 
diesbezüglich  dem  Hof-Kriegsrathe  erstatteten  Referate,  dass  es  ein  Fehler 
gewesen  sei,  die  Slavonier  selbstständig  zu  verwenden,  man  hätte  sie  unter 
allen  Umständen  einem  regulären  Commando  zuweisen  sollen.  Ueber  Trenck 
selbst  äusserte  er  sich,  dass  er  ihn  für  einen  „etourdi  und  mit  nicht  genüg- 
samer annoch  maturierter  Prudenz  begabten  Menschen"  ansehe,  dem  es  aber 
an  „Courage  und  Herzhaftigkeit"  nicht  mangle.  Man  möge  den  verbüssten 
Arrest  ihm  als  Strafe  anrechnen,  ihn  verweisen,  im  Allgemeinen  aber  be- 
gnadigen.    Er  erachte  es  für  das  Beste,  das  Corps  zu  theilen,  den  einen  Theil 


400 

Am  21.  Juli  entsendete  FM.  Graf  Neipperg  die  Slavonier 
unter  Oberstwachtmeister  von  Menzel's  Führung  gegen  das 
preussische  Lager.  Sie  überraschten  am  23.  Juli  das  Städtchen 
Strehlen  und  versuchten  dasselbe  in  Brand  zu  stecken.  Von  herbei- 
geeilten Uhlanen  zurückgetrieben,  zog  sich  das  Corps  mit  geringem 
Verluste  wieder  in  die  Wälder,  aus  denen  es  aufgetaucht  war. 
Dieses  Gefecht,  sowie  das  häufige  Erscheinen  österreichischer 
Streifpartheien  auf  den  Anhöhen  südlich  von  Strehlen  bewog  König 
Friedrich  II.,  auf  dem  Mehltheuer  Berge  eine  Sternschanze  an- 
legen und  armieren  zu  lassen.  *) 

Gegen  den  am  rechten  Oder-Ufer  mit  G00  Husaren  und  800 
Croaten  von  Oppeln  aus  gegen  Breslau  streifenden  Oberst  Baron 
Trip  s,  dessen  Partheien  das  Land  bis  nach  Kreutzburg  und  Namslau 
hielten  und  alle  Zufuhren  von  dort  unmöglich  machten,  entsendete 
König  Friedrich  IL  den  GM.  Prinzen  Moritz  von  Anhalt 
mit  400  Bayreuth-Dragonern  und  600  Husaren,  welcher  am  24.  Juli 
in  Ohlau  eintraf,  das  hier  stehende  2.  Bataillon  seines  Eegiments 
an  sich  zog  und  über  Peisterwitz  und  Bernstadt  nach  Namslau 
marschierte,  wo  er  am  30.  Juli  eintraf.  Die  leichten  österreichischen 
Truppen  waren  der  Colonne  des  Prinzen  ausgewichen,  welcher 
Namslau  durch  ein  Infanterie-D etachement  besetzen  Hess  und  über 
Bernstadt  zurückmarschierte. 2) 


von  Trenck,  den  anderen  von  Menzel  führen  zu  lassen,  die  Inspection  über 
die  Slavonier  überhaupt  aber  einem  General  aufzutragen.  (FM.  Kheven- 
hüller  an  den  Hof-Kriegsrath,  ddto.  Wien.  23.  Juli  1741.  Browne'sches 
Manuscript.)  Auch  der  Grossherzog  ermahnte  den  Armee-Commandanten,  mit 
den  Slavoniern  Geduld  zu  haben,  welche,  obschon  er  gern  glaube,  dass  sie 
Excesse  begiengen,  „wenig  den  Feind  fürchten".  Aller  Anfang,  besonders  mit 
derartigen  Leuten  sei  schwer.  Die  Freiwilligen-Corps  seien  eben  ein  Versuch, 
von  dem  man  sich,  wenn  er  Erfolg  habe,  in  Zukunft  gute  Kesvdtate  ver- 
sprechen könne.  (Der  Grossherzog  an  FM.  Grafen  Neipperg,  ddto.  Press- 
burg,   8.  Juli  1741.  Mitthlgn.  des  k.  und  k.  K.  A.,  N.  F.  1891,  V,  221.) 

l)  Kriege  Friedrich  d.  Gr.  II,  77. 

*)  Kriege  Friedrich  d.  Gr.  II,  81. 


Die  Wiederaufnahme  der  Operationen  durch  die 
österreichische  Armee. 

JL/er  Vormarsch  der  österreichischen  Armee,  der  auf  den 
1.  August  festgesetzt  war,  wurde  durch  zwei  Erfolge  eingeleitet, 
welche  deren  leichte  Truppen  am  letzten  Juli  und  am  1.  August 
erfochten. 

Oberstwachtmeister  von  Menzel,  der  von  dem  GFWM.  von 
Festetics  78  Husaren  zugetheilt  erhalten,  war  am  27.  Juli  in 
den  Waldgebieten  bei  Stoschendorf  und  Lauterbach  an  der  Gabelung 
der  Strassen  Strehlen-Reichenbach  und  Strehleii-Schweidnitz  an- 
gekommen und  hatte  sich  dort  in  Hinterhalt  gelegt,  um  die  in  das 
preussische  Lager  gehenden  Convois  aufzuheben.  Am  28.  blieb  er 
in  seinem  Verstecke,  erhielt  aber  durch  Kundschafter  Nachricht, 
dass  den  Preussen  seine  Anwesenheit  nicht  unbekannt  geblieben 
sei,  er  in  Folge  dessen  in  dieser  Gegend  wenig  ausrichten  werde, 
da  alle  grösseren  Transporte  auf  der  hinter  dem  Zobten-Berge  von 
Schweiclnitz  nach  Breslau  führenden  Strasse  bis  nach  Zobten  geleitet 
würden,  das  als  Etapenort  mit  dem  Grenadier-Bataillon  Puttkamer, 
20  Husaren  und  4  Geschützen  besetzt  sei.  In  Folge  dessen  besohl«  >ss 
Menzel,  dies  Detachement  zu  überraschen  und  brach  nach  Zobten 
auf.  Der  Angriff  war  für  die  frühesten  Morgenstunden  des  30.  Juli 
geplant;  mit  schlechten  Führern  versehen,  langte  jedoch  Menzel 
erst  an  diesem  Tage  um  5  Uhr  Früh  eine  halbe  Meile  vor  dem 
Städtchen  Zobten  an  und  brachte  um  7  Uhr  in  Erfahrung,  dass 
der  preussische  Commandant  durch  einen  Schmied  und  den  Besitzer 
des  Gutes  Silsternitz,  Krause,  von  seinem  Anmarsch  benachrichtigt 
worden  und  bereits  aus  Schweidnitz  und  Rothschloss  LTnt<Tst  iitzung 

Oesterreichischer  Erbfolgekrieg.  II.  Bd. 


402 

erbeten  habe.  Rasch  entschlossen,  formierte  Menzel  dennoch. 
200  Schritte  vor  der  Stadt,  sein  Corps,  von  dem  40  Husaren  auf 
Patrouille  noch  auswärts  waren. 

Um  10  Uhr  begann  Menzel  die  Vorrückung-.  Thore  und 
Gassen  der  mit  einer  Ringmauer  umgebenen  Stadt  waren  mit 
spanischen  Reitern  versehen.  Als  Menzel  bis  auf  100  Schritt, 
mit  dem  zurückgehaltenen  Centrum  und  vorgeschobenen  Flügeln, 
angerückt  war.  Hess  er  halten  und  schickte  einen  Trompeter  an 
den  Major  von  Puttkamer,  um  ihn  zur  Ueb ergäbe  aufzufordern. 
Der  Trompeter  wurde  mit  Schüssen  empfangen  und  kehrte  um  ; 
Menzel  stieg  vom  Pferde  und  befahl  nun  den  Angriff,  welcher 
vom  rechten  Flügel  ober  der  mit  zwei  Geschützen  besetzten  Propstei 
begann,  während  der  linke  Flügel  folgte.  Die  Preussen  zogen  sich 
nach  lebhaftem  Feuergefecht  von  dem  Kirchhof,  auf  dem  sie  eben- 
falls 2  Geschütze  placiert  gehabt,  in  das  höhergelegene  Propstei- 
gebäude  selbst  zurück.  Die  Slavonier  des  rechten  Flügels  nisteten 
sich  in  den  unterhalb  desselben  gelegenen  Häusern  ein.  Durch  das 
Feuer  der  auf  der  Mauer  der  Propstei  stehenden  zwei  Geschütze 
gerietheii  die  Dächer  der  Häuser  in  Brand.  x) 

Das  Feuer  des  Vertheidigers  wurde  intensiver  und  hinderte 
am  weiteren  Vordringen  ;  dazu  trat  bei  den  Mannschaften  Menzel's 
auch  der  Hang  zum  Plündern.  Er  selbst  berichtete  darüber :  „Meine 
schlecht  disciplinierte  und  dem  Ungehorsam  subordinierte  Miliz 
aber  suchte  von  der  Gelegenheit  zu  profitieren,  ihr  Devoir  zu 
changieren  und  mit  Plündern  diese  armen,  ohnedem  sonst  Be- 
drängten vollends  nackend  und  bloss  in's  äusserste  Elend  zu 
setzen".  2)  Der  Corpsführer  trat  jedoch  diesem  Treiben  mit  voller 
Energie  entgegen,  stieg  zu  Pferde  und  Hess  unter  scharfem  Feuer- 
gefecht neuerdings  zum  Angriff  vorgehen.  Rauch  und  Hitze  der 
brennenden  Häuser  machten  die  weitere  Behauptung  des  Städtchens 
unmöglich  und  Major  von  Puttkamer  zog  sich  auf  den  einen 
Kilometer  westlich  der  Stadt  gelegenen  Galgenberg  zurück.  Hier 
versuchte  Menzel  noch  einen  Angriff,  ,,da  aber  seine  Leute  das 
Geschützfeuer  scheuten  und  weiter  unerlaubte  Plünderung  vor- 
zunehmen suchten",  zog  sich  der  Corpsführer  auf  die  Höhe  des 
Zobten-Berges.  Es  war  spät  am  Nachmittage,  als  400  preussische 
Husaren    zur    Unterstützung    anlangten,    denen    später    noch    drei 


1)  Oberstwachtmeister  von  Menzel's  Bericht  ddto.  Reichenbach,  1.  August 
1741.  (Clräfl.  Neipperg'sches  Archiv.  Abschrift  im  K.  A.,  Schlesien  1711  ;  VII,  57.) 

2)  Menze  l's  Bericht. 


403 

Bataillone  folgten.  Menzel  gieng  um  6  Uhr  zurück,  nahm  die 
Tod ten  und  Blessierten  auf  Wagen  mit  und  schlug  die  Waldwege 
mit  der  Direction  auf  Reichenbach  ein.  Der  Verlust  des  Corps  betrug 
16  Todte  und  20  Verwundete,  der  preussische  Verlust  1  Ofncier, 
34  Mann  *),  wovon  3  in  Gefangenschaft  gerathen  waren.  Das 
preussische  Bataillon  rückte,  da  ein  weiterer  Aufenthalt  in  dem 
zerstörten  Zobten  unmöglich  geworden,  nach  dem  südlich  ge- 
legenen Langen-Seiffersdorf. 

Um  2  Uhr  nach  Mitternacht  traf  Menzel  in  Reichenbach 
ein,  wo  er  nach  seinem  Berichte  gut  aufgenommen  wurde,  da  der 
Stadt  Contributionen  und  Lieferungen  für  das  Lager  in  Strehlen 
aufgetragen  waren,  von  denen  sie  nun  befreit  zu  werden  hoffte. 
Sein  Corps  befand  sich  in  keinem  guten  Zustande.  Die  Beschuhung 
war  mangelhaft  und  die  60  Patronen,  die  jeder  Mann  gehabt  hatte, 
waren  sämnitlich  bis  auf  3  verfeuert  worden ;  ausserdem  waren 
60  Mann  ohne  Erlaubniss  nach  Neisse  abgegangen,  so  dassMe-nzel 
den  Stand  seines  Corps  nur  mit  600  Mann   Combattanten   angibt.  2) 

Ein  kühnes  Reiterstück  führte  GrFWM.  von  Festetics  bei 
Maltsch  am  linken  Oder -Ufer,  nördlich  der  Strasse  Neumarkt - 
Parchwitz  aus.  Er  hatte  in  Erfahrung  gebracht,  dass  im  dortigen 
Magazine  bedeutendere  Vorräthe  von  Salz,  Mehl,  Hafer  vorhanden 
seien  und  erschien  am  1.  August  um  8  Uhr  Früh  bei  dem  ge- 
nannten Ort,  Hess  die  Vorräthe  in  die  Oder  werfen  und  von  zwei 
mit  Heu  beladenen  Fahrzeugen  die  Ladung  theils  versenken,  theils 
mit    den    übrigen    vorhandenen  Schiffen    in  Brand   stecken.     Fünf 


*)  Kriege  Friedrich  d.  Gr.  I,  77.  —  Nach  Breslauer  Nachrichten,  die  an 
das  österreichische  Hauptquartier  gelangten,  scheint  der  preussische  Verlust 
bedeutender  gewesen  zu  sein.  Diese  berichten,  FM.  S  c  h  w  e  r  i  n  sei  „sehr 
chagrin  über  die  Zobtner  Affaire  gewesen,  weil  er  viele  von  seinen  schönen 
Grenadieren,  nebst  etlichen  Officieren  dabei  eingebüsst ;  blessiert  sind  davon 
58  liier  angekommen  und  sollen  nicht  allzuviel  Todte  gezählt  werden,  weil 
zwar  das  Eencontre  von  3U  11  Uhr  bis  3U  6  gewährt,  aber  unsere  Panduren 
sebr  der  Plünderung  nachgegangen,  unterdessen  haben  sie  2  Hauptleute, 
3  Lieutenants  und  2  Fähnriche  todt  und  meist  die  übrigen  Officiers,  nebst  dem 
commandierenden  Major  von  Puttkamer  blessiert.  Im  Städte!  steht  nichts 
als  die  Kirche,  des  Propstes  Wohnung  und  zwei  andere  schlechte  Häuser." 
Der  Bericht  fügt  ferner  bei :  „Man  habe  Nachricht,  dass  der  Commandant  von 
Panduren  die  gemachte  Beute  in  Beichenbach  von  den  Gemeinen  abgefordert 
und  den  Abgebrannten  in  Zobten  wieder  zustellen  lassen."  (K.  A.,  Schlesien 
1  741  ;  VIII,  ad  13  b.) 

2)  Menze  l's  Bericht. 

2ti* 


404 

Kilometer  Oder- abwärts,  auf  dem  rechten  Fluss-Ufer,  im  Kloster 
Leubus,  befand  sich  zur  selben  Zeit  das  aus  Preussen  herangezogene, 
neugebildete  Husaren-Regiment  des  Obersten  von  Bandemer. 
Von  diesem  Regiment  erschien  eine  Abtheilung  jenseits  der  Oder 
und  begann  auf  die  mit  Vernichtung  der  Vorräthe  noch  beschäf- 
tigten österreichischen  Husaren  zu  feuern,  bei  welcher  Gelegenheit 
ein  als  Volontair  beim Detachement  Festetics'  befindlicher  polnischer 
Edelmann  tödtlich  verwundet  wurde. 

Festetics  fingierte  den  Rückzug  und  gieng  über  Blumerode 
zurück,  nahm  dann  aber  Stellung  auf  einer  Anhöhe  zwischen  Dain- 
britsch  und  Obsendorf,  etwa  eine  Meile  südwestlich  von  Maltsch. 
Mittlerweile  sammelte  sich  das  Bandemer'sche  Regiment ,  mit 
Zurücklassung  von  90  Mann  bei  der  Maltscher  U eberfuhr,  um  das, 
vermeintlich  im  Rückzuge  befindliche  österreichische  Streif-Corps 
zu  verfolgen,  liess  sich  mittelst  zusammengestossener  Schüfe  und 
Plätten  auf  das  linke  Ufer  übersetzen  und  rückte  gegen  den 
GFAVM.  Festetics  an.  Der  General  liess  rasch  aufsitzen  und 
attaquierte  die  gegen  ihn  „in  völliger  Carriere"  anreitenden 
preussischen  Husaren.  Durch  den  Choc  in  Unordnung  gebracht, 
ergriffen  sie  die  Flucht,  wurden  bei  Maltsch  eingeholt,  in  Ver- 
wirrung gebracht  und  in  die  Oder  gesprengt,  wo  ein  grosser  Theil 
ertrank,  200  Mann  aber  in  die  Hände  der  0 esterreicher  fielen,  die 
keinen  Verlust  erlitten  hatten.  Der  Oberst  von  Bandemer  selbst  soll 
nach  Festetics'  Bericht  im  Kloster  Leubus  zurückgeblieben  sein.1) 

Zwischen  Neumarkt  und  Parchwitz  war  den  Husaren  Feste- 
tics' ausserdem  ein  Courier  in  die  Hände  gefallen,  welcher  unter 
Anderem  auch  eine  chiffrierte  Depesche  bei  sich  hatte,  die  Graf 
N e i p p  erg  nach  Wien  sandte. 2) 

Festetics  kehrte  wieder  an  den  Ausgangspunct  seiner 
Unternehmung,  nach  Braunau  zurück,  um  dort  weitere  Befehle  des 
commandierenden  Generals  zu  erwarten. 3) 


*)  Er  erhielt  nach  diesem  Echec  seines  Regiments  den  Abschied.  „Bio- 
graphisches Lexicon  aller  Helden  und  Militär-Personen,  welche  sich  in  preussi- 
schen Diensten  berühmt  gemacht  haben."  I,  98. 

2)  Diese  Depesche  war  an  den  preussischen  Etatsminister,  Bevollmäch- 
tigten bei  der  Kaiserwahl,  Balthasar  Conrad  von  und  zum  B  r  o  i  c  h,  gerichtet 
und  enthielt  die  Weisung,  dass  Letzterer  „in  allen  ordinären  Sachen  de  concert 
mit  dem  Marechal  de  Belleisle  gehen  und  sich  in  allen  Stücken  in  solchen 
fügen  soll",  wichtige  Sachen  seien  durch  Courier  an  König  Friedrich  II.  zu 
berichten.  (Polit.  Corresp.  I.  Nr.  410  u.  118.) 

3)  Bericht  des  GFWM.  von  Festetics  ddto.  Braunau,  3.  August 
1741 ;  VIII,  ad  13  a. 


-10;-) 

Die  Gewissheit,  England  nicht  in  Waffen  gegen  Preussen  zn 
sehen,  die  Befürchtung,  dass  auch  auf  Sachsens  und  Russlands  Hilfe 
nicht  mehr  zu  zählen  sei,  die  Besorgniss,  dass  Baj^erns  und  Frank- 
reichs Heere,  sich  bald  in  Bewegung  setzen  würden,  hatten  am 
Wiener  Hofe  tiefen  Eindruck  gemacht. 

In  den  letzten  Tagen  des  Juli  wurde  in  einer  Sitzung  der 
Geheimen  Conferenz,  zu  der  auch  die  Feldmarschälle  Prinz  von 
Sac  hsen  -Hilclburgh  aus  en,  Fürst  Christian  Lobkowitz 
und  Graf  Ludwig  Andreas  Khevenhüller  beigezogen  waren, 
über  die  Wehrfähigkeit  und  Verteidigungskraft  des  Reiches  be- 
rathen.  Ein  Corps,  aus  den  Cürassier-Regimentern  Caraffa1),  Bernes2), 
Lubomirski3),  Carl  Palffy4)  und  St.  Ignon 5),  den  Dragoner-Regi- 
mentern Savoyen  und  Khevenhüller  6),  den  Infanterie-Regimentern 
Seckendorff7),  Moltke  8),  "Waldeck  9),  2000  Warascliner  Grenzern  zu 
Fuss  und  200  Grenz-Husaren  bestehend,  sollte  bei  Pilsen  versammelt 
werden   und   Fürst    Lobkowitz    dessen  Commando    übernehmen. 

Da  der  grösste  Theil  dieser  Regimenter  erst  aus  Ungarn  heran- 
gezogen werden  musste,  wurde  das  Königreich  durch  diese  Mass- 
regel einem  etwaigen  Angriffe  der  Türken  nahezu  wehrlos  preis- 
gegeben. Die  friedlichen  Versicherungen  der  Pforte  gewährten  jedoch 
in  dieser  Beziehung  einige  Beruhigung  und  jedenfalls  war  es  ge- 
boten, der  von  Westen  her  drohenden  Gefahr  zuerst  zu  begegnen. 

Die  Unzulänglichkeit  der  zur  Verfügung  stehenden  Kräfte 
war  jedoch  allzu  einleuchtend  und  die  Ueberzeugung  hievon  wirkte 
so  mächtig  auf  die  Rathgeber  der  Königin  Maria  Theresia, 
dass  sich  Stimmen  erhoben,  die  dringend  zu  einer  Abtretung  in 
Schlesien,  zur  Begütigung  des  nächsten  und  gefährlichsten  Feindes, 
des  Königs  von  Preussen,  riethen.  Aber  die  standhafte  königliche 
Frau  wollte  von  Cessionen  in  Schlesien  nichts  hören.  Selbst  darauf, 
sich  zu  solchen  in  den  Niederlanden  zu  verstehen,  gieng  sie  nur 
mit  äusserstem  Widerstreben  ein. 10) 


1)  1768  aufgelöst. 

2)  Gegenwärtig  Dragoner-Regiment  Nr.  7. 

3)  Gegenwärtig  Dragoner-Begiment  Nr.  2. 

4)  u.  5)  1775  aufgelöst. 

6)  Savoyen-Dragoner  (Nr.  13)  und  Khevenhüller  (1801  aufgelöst). 

1)  Gegenwärtig  Infanterie-Begiment  Nr.  18. 

8)  1809  als  Nr.  13  aufgelöst. 

9)  Gegenwärtig  Infanterie-Regiment  Nr.  35. 
10)  A  r  n  e  t  h,  Maria  Theresia  I,  235. 


40.6 

In  einer  Audienz,  welche  der  englische  Special-Gesandte  Lord 
Hyndford  nämlich  am  22.  Juli  bei  König  Friedrich  II. 
gehabt,  hatte  der  letztere  im  Principe  eine  Abfindung  nach  der 
Seite  der  Niederlande  nicht  abgelehnt,  jedoch  sehr  hohe  For- 
derungen auch  nach  dieser  Seite  hin  gestellt.  Dies  war  dem  eifrigen 
britischen  Unterhändler  Sir  Thomas  Robinson  in  Wien  durch 
Hyndford  zur  Kenntniss  gebracht  worden.  Von  seinem  Hofe 
hiezu  schon  früher  bevollmächtigt,  erlangte  Robinson  am  31.  Juli 
zu  Pressburg  die  Ermächtigung,  mit  Rücksicht  auf  Abtretungen 
ausserhalb  Schlesiens,  dem  König  Friedrich  II.  unter  englischer 
Vermittlung,  die  folgenden  Vorschläge  zu  machen : 

1.  Verzicht  auf  jegliche  Schadlosmachung  Seitens  der  Königin. 

2.  Die  K  ö  n  i  g  i  n  verlangt  die  zwei  Millionen,  welche  ge- 
legenheitlich  der  Verhandlungen  im  December  1740  von  Preussen 
angeboten  wurden,  nicht. 

3.  Sie  bietet  im  Gegentheil  zwei  Millionen  an,  zahlbar  nach 
U  eb  er  einkunf t . 

4.  Cession  des  österreichischen  Geldern. 
Dagegen  wird  verlangt : 

1.  Die  branden burgische  Stimme  für  den  Grossherzog. 

2.  Für  die  Königin  die  AVahrung  der  böhmischen  Chur- 
stimme. 

3.  Dass  der  König  von  Preussen  in  die  Defensiv- Allianz- 
Tractate  der  Jahre  1731  und  1732  auf  gleiche  Weise,  wie  die 
Königin  und  der  König  von  England  eintrete. 

Der  eventuelle  Vertrag  wäre  von  Grossbritannien-Hannover, 
Russland,  Sachsen  und  den  General-Staaten  zu  garantieren.  Im  Falle 
König  F  r  i  e  d  r  i  c  h  II.  mit  diesen  Propositionen  nicht  einverstanden 
sein  sollte,  hatte  Robinson  im  äussersten  Nothfalle  noch  Er- 
laubniss,  das  Herzogtimm  Limburg  anzubieten.  In  der  Note,  die 
Robinson  am  31.  Juli  in  dieser  Angelegenheit  übergeben  wurde, 
ward  jedoch  die  englische  Hilfeleistung  wiederum  als  ein  Mittel 
urgiert,  der  Negociation  mehr  Gewicht  zu  geben.  r) 

Robinson  reiste  am  31.  Juli  von  Pressburg  über  AVien 
nach  Schlesien  ab  und  kam  am  3.  August  in  Breslau  an.  Am 
7.  August  fand  im  Lager  bei  Strehlen  dessen  und  Hyndford's 
Audienz  statt,  welche  ganz  resultatlos  verlief.  König  Friedrich  IL 


y)  H.  H.  u.  St.  A.,  Corresp.  des  österr.  Cabinets  und  des  Grafen  Sinz en- 
do r ff  mit  dem  englischen  Gesandten  Robinson,  Z.  III,  21:  Note  vom 
31.  Juli  1741   an  Eobinso  n. 


407 


verwarf  die  Vorschläge  des  österreichischen  Cabinets  gänzlich  und 
erklärte  auf  das  Entschiedenste,  er  verlange  ganz  Nieder-Schlesien 
mit  Breslau.  l) 


')  H.  H.  u.  St.  A.  Memoire  vom  17.  August,  überreicht  durch  Herrn 
Robinson.  Vergl.  auch  Äniet  h  I,  239,  G  r  ü  nhagen,  1.  schles.  Krieg, 
I,  423  u.  ff. ;  Rau  m  e  r,  Beiträge  zur  neuern  Geschichte  II,  139  u.  ff.  „Precis 
des  propositions  du  sieur  Robinson  etc.  faites  au  roi  dans  l'audience,  qu'il 
eüt  de  Sa  Majeste  au  camp  de  Strehlen,  le  7.  d'aoüt  1741  et  de  la  reponse  que 
le  roi  lui  fit",  in  Polit.  Corresp.  I,  Nr.  454. 

Indem  Herr  Robinson  dem  Könige  einen  vom  21.  Juni  datierten 
Brief  des  Königs,  seines  Gebieters,  überreichte,  erklärte  er  Ersterem  im  All- 
gemeinen den  Gegenstand  seiner  Mission  und  dass  der  König  von  England, 
nachdem  er  ohne  Unterlass  daran  gearbeitet  hatte,  die  Königin  von 
Ungarn  dahin  zu  bringen,  dass  sie  sich  möglichst  bald  mit  Sr.  Majestät, 
dem  König  von  Preussen  gütlich  vergleiche,  ihn  selbst  beauftragt  habe,  ein 
Ultimatum  des  Wiener  Hofes  zu  bringen,  welches  in  nachstehenden  Vorschlägen 
bestehe  : 

1°-  Die  Königin  von  Ungarn  verlangt,  dass  der  König  ehebaldigst 
alle  seine  Truppen  aus  Schlesien  zurückziehe. 

2"-  Diese  Fürstin  verzichtet  auf  alle  Ansprüche  auf  Entschädigung  für 
die  Verluste,  welche  sie  in  Scldesien  dtu-ch  den  Einmarsch  der  Truppen 
des  Königs  in  dieses  Land  erlitten  zu  haben  behauptet  und  bietet  an : 

3°-  dem  König  zwei  Millionen  Thaler  zu  zahlen,  damit  er  baldigst 
Scldesien  räume ; 

4°-  Die  Königin  will  dem  König  von  Preussen  als  Aequivalent  für  die 
Ansprüche,  welche  er  auf  einen  Theil  von  Schlesien  erhebt,  den  im  öster- 
reichischen Besitze  befindlichen  Theil  des  Herzogthumes  Geldern  mit  dem 
Herzogthum  Limburg  abtreten. 

Mylord  H  y  n  d  f  o  r  d  fügte  dem  hinzu,  dass,  obwohl  der  Wiener  Hof 
eine  unüberwindliche  Abneigung  zeige,  irgend  etwas  von  Schlesien  abzutreten, 
sich  Se.  britische  Majestät  schmeichle,  ihn  doch  dahin  zu  bringen,  dass  er 
zu  den  vorstehend  bezeichneten  Anerbietungen  noch  das  Herzogthum  Glogau 
füge,  obwohl  man  grosse  Mühe  haben  werde,  die  Zustimmung  der  Königin 
von  Ungarn  zu  erlangen.  Der  König  antwortete  Robinson,  er  sei  dem 
König  von  England  sehr  verbunden  für  all'  die  Mühe,  welche  er  sich  gegeben 
habe,  um  den  Wiener  Hof  zu  einem  vernünftigen  Vergleich  zu  vermögen, 
allein  er  bedauere,  ihm  sagen  zu  müssen,  dass  er  die  ihm  angebotenen  Be- 
dingungen nicht  der  Art  finde,  sie  annehmen  zu  können,  ohne  seinen  Ruhm 
und  seine  erheblichsten  Interessen  zu  schädigen,  dass 

ln  das  Ansinnen,  Schlesien  gegen  zwei  Millionen  Thaler  zu  räumen, 
beleidigend  sei  (vergleiche  die  Anerbietungen  Borcke's  und  G  o  1 1  e  r's  in 
Wien,  I.  Band,  Politische  Einleitung)  gerade,  als  hätte  er  einen  Krieg  begonnen, 
um  Geld  zu  gewinnen;  er  sei  nicht  in  der  Laune,  weder  seinen  Ruhm,  noch 
die  Interessen  seines  Hauses  zu  verkaufen  ;  man  könnte  derartige  Anerbie- 
tungen wohl  einem  kleinen  Fürsten  machen,  wie  dem  Herzog  von  Gotha, 
welcher  Geld  brauche,  jedoch  er,  der  empfindlicher  für  den  Ruhm  und  die 
Rechte  seines  Hauses  sei,    ziehe  vor,    wenn    es    sein  müsse,    Geld  zu  geben. 


408 


Auch  mit  Bayern  waren  Verhandlungen  angeknüpft  worden  und 
die  Standhaftigkeit,  mit  welcher  die  Königin    Maria    Theresia 


statt  zum  Nachtheil  des  Einen  oder  des  Andern,  wer  es  auch  sei,  zu  nehmen  und 
man  irre  sich  gewaltig,  wenn  man  meine,  ihn  vermittelst  Geld  aus  Schlesien 
vertreiben  zu  können ;  ein  so  in  seinen  Finanzen  zerrütteter  Hof,  wie  der 
Wiener,  könne  kaum  die  Mittel  zur  Deckung  seiner  dringendsten  Bedürfnisse 
aufbringen,  man  sehe  wohl,  dass  dieser  Geist  des  Hochmuthes  das  Haus 
Oesterreich  nicht  verlasse,  welches  die  Unverschämtheit  habe,  in  dem  Erlass. 
welchen  Mylord  H  y  n  d  f  o  r  d  vor  vierzehn  Tagen  dem  König  vorgelesen  habe, 
zu  sagen,  dass  es  aus  Bücksicht  gegen  den  König  von  England,  dem  König 
die  Vergangenheit  gnädigst  verzeihen  wolle,  ein  Ausdruck,  welchen  der  König 
ausserordentlich  hervorhob.  Was 

2°-  das  Anerbieten  einer  Entschädigung  im  Herzogthum  Geldern  und 
durch  die  Abtretung  von  Limburg  anbelange,  diese  kleinen  Dinge  stünden 
ausser  Verhältniss  zu  seinen  Ansprüchen,  übrigens  nehme  er  den  Tausch 
nicht  an,  da  er  keine  Ansprüche  in  den- Niederlanden,  wohl  aber  in  Schlesien 
habe  ;  er  würde  vor  seinen  Ahnen  und  Nachkommen  vor  Scham  erröthen,  gebe 
er  so  feig  seine  Rechte  auf  Schlesien  auf,  nachdem  er  dieselben  mit  solchem 
Nachdruck  zu  betonen  begonnen  habe  und  das  ganze  Weltall  würde  ihn 
tadeln,  wollte  er  ein  protestantisches  Land,  welches  ihn  mit  offenen  Armen 
empfangen  habe,  sozusagen  der  Wuth  einer  katholischen  Regierung  preisgeben, 
welche  sich  umso  grausamer  an  den  armen  protestantischen  Völkern  Schlesiens 
für  den  dem  König  bezeigten  guten  Willen  rächen  würde  ;  sein  Ruf  würde 
für  seine  ganze  fernere  Regierungszeit  leiden,  wenn  er  dafür  gelte,  als  junger 
Mann  eine  Unternehmung  leichtfertig  begonnen  zu  haben,  welche  er  nicht 
aufrecht  erhalte. 

Nachdem  übrigens  das  Schutzbündniss  dem  Hause  Oesterreich  unbedingt 
die  Hände  binde,  um  auch  nur  über  den  kleinsten  Theil  der  Niederlande  zu 
verfügen,  zu  wessen  Gunsten  und  unter  welchem  Vorwande  es  auch  sei, 
würde  man  durch  eine  solche  Abtretung  den  König  Holland  und  Frankreich 
gegenüber  biosssteilen,  welche  beide  der  König  schonen  wolle,  nachdem  die 
Republik  zu  allen  Zeiten  Freundschaft  und  Anhänglichkeit  für  das  Haus 
Brandenburg  gezeigt  habe ;  er  wolle  sich  ebensowenig  dieserhalb  mit  Frank- 
reich einlassen,  welchem  man  ausserdem  durch  Verletzung  des  Schutzbünd- 
nisses einen  Vorwand  geben  würde,  ebenfalls  Abtretungen  und  Opfer  in  den 
Niederlanden  zu  fordern;  der  Wiener  Hof  wollte  die  schlesischen  Ansprüche  des 
Königs  umgehen,  ihn  von  diesem  Gegenstand  ablenken  und  ihn  einen  Tausch 
zum  Schaden  Anderer  eingehen  lassen,  indem  er  die  Eifersucht  seiner 
Nachbarn  gegen  ihn  rege  mache.  Se.  Majestät  setzte  hinzu,  er  habe  bis  hieher 
schon  genug  nachgelassen,  er  habe  von  Beginn  der  schlesischen  Affaire  bis 
jetzt  dem  Wiener  Hofe  die  vortheilhaftesten  Anerbietungen  gemacht  und  um 
seine  Mässigung  zu  beweisen,  habe  er  Mylord  Hyndford  endgiltig  erklärt, 
mit  welchem  Theil  von  Nieder-Schlesien  er  sich  begnügen  wolle.  Nachdem 
indessen  der  Wiener  Hof  dieses  Ultimatum  gänzlich  zurückgewiesen  habe, 
sagte  der  König,  halte  er  sich  ebenfalls  nicht  daran  und  komme  auf  seine 
erste  Forderung  zurück,  welche  in  der  Abtretung  Nieder-Schlesiens  mit  der 
Stadt  Breslau  bestehe,    er   lasse    davon    nunmehr    um  keinen  Preis  mehr  ab. 


409 

sich,  sträubte,    zu    Grünsten    König    Friedrich    II.     einen    Theil 
Schlesiens    abzutreten,     fanden     einen    neuen    Stützpunct     in    der 


geschehe,  vwas  da  wolle  ;  er  habe  einmal  seineu  Entscliluss  diesbezüglich  ge- 
fasst  und  wolle  sich  eher  mit  seiner  ganzen  Armee  erdrücken  lassen  und 
lieber  in  Schlesien  umkommen  (dies  sind  des  Königs  eigene  Ausdrücke^,  als 
von  dieser  Forderung  abgehen  und  er  vermöge  sich  niemals  auf  einen  anderen 
Fuss  mit  der  König!  n  von  U  n  g  a  r  n  zu  vergleichen. 

Herr  Robinson  erwiderte,  dass  der  Wiener  Hof  niemals  biezu  die  Hand 
bieten  und  man  Mühe  genug  haben  werde,  ihn  nur  zur  Abtretung  des  Herzog- 
thumes  Glogau  zu  veranlassen  ;  dass  er  hoffe,  der  König  werde  bedenken,  in 
welcher  Gefahr  sich  ganz  Europa  durch  den  Untergang  des  Hauses  Oesterreich 
befinde,  nachdem  die  Franzosen  im  Begriffe  seien,  den  Rhein  zu  überschreiten  und 
die  Bayern,  in  Böhmen  einzumarschieren ;  dass  das  Heil  des  Reiches  und  das 
europäische  Gleichgewicht  in  der  Hand  des  Königs  liege  und  dass  sich  der  König 
von  England  schmeichle,  Se.  Majestät  werde  weder  das  eine,  noch  das  andere 
preisgeben.  Der  König  antwortete,  wenn  die  Gefahr  für  das  Haus  Oesterreich 
so  gross  sei,  als  Herr  Robinson  sie  darstelle,  sei  es  unbegreiflich,  warui.i 
sich  dasselbe  so  bedenklich  zeige,  ihm  das  zu  bewilligen,  was  er  von  Schlesien 
verlange,  um  das  Uebrige  zu  retten ;  man  müsse  es  dem  Eigensinn  und 
der  Hartnäckigkeit  dieses  Hofes  zuschreiben,  wenn  das  europäische  Gleich- 
gewicht und  das  Heil  des  Reiches  darunter  leide ;  man  dürfe  niemals  vom 
Könige  verlangen,  dass  er  das  Eine  oder  das  Andere  durch  Opfer  zum  Nachtheil 
seiner  Interessen  rette ;  an  der  Königin  von  Ungarn  sei  es  auf  jeden 
Fall,  das  Gewitter  zu  beschwören  und  Opfer  zu  bringen;  was  er  als  König 
von  Preussen  seinem  Hause,  seinen  Nachkommen  und  den  Rechten  seiner 
Vorfahren  schulde,  sei  natürlich  die  erste  Sorge,  welche  ihn  beschäftigen 
müsse ;  dann  erst  folgten  die  übrigen  Rücksichten  ;  als  König  von  Preussen 
und  Churfürst  des  Reiches  trage  er  ebensoviel  zu  dem  bei,  was  zur  Ruhe 
Europas  und  zur  Erhaltung  des  Reiches  diene,  aber  er  könne  nicht  das  Eine, 
wie  das  Andere  zum  Nachtheil  seiner  Interessen  thun  ;  er  kenne  keine  Macht 
innerhalb  und  ausserhalb  des  Reiches,  welche  dies  thun  wollte. 

Herr  Robinson  bestand  darauf,  dass  man  eine  Art  Präliminar  ent- 
werfen lasse  und  dass  der  König  erkläre,  dass  er  auf  jeden  FaU,  selbst  wenn 
die  Möglichkeit  vorhanden  wäre,  von  der  Königin  von  Ungarn  die  Ab- 
tretung Glogaus  zu  erreichen,  sich  dann  mit  sammt  den  andern  Anerbietungen 
begnügen  wolle,  welche  ihm  Robinson  im  Namen  dieser  Fürstin  gemacht  habe. 
Aber  der  König  antwortete,  er  könne  von  der  Forderung  totaler  und  un- 
bedingter Abtretung  Nieder-Schlesiens,  die  Stadt  Breslau  inbegriffen,  nicht  ab- 
stehen und  es  sei  eine  Illusion,  sich  zu  schmeicheln,  er  werde  der  Festig- 
keit entbehren,  auf  seiner  Forderung  zu  beharren. 

Herr  Robinson  entgegnete,  es  bleibe  ihm  somit  nichts  übrig, 
als  dem  König,  seinem  Gebieter  und  der  K  ö  n  i  g  i  n  v  o  n  U  n  g  a  r  n  vom 
Erfolg  seiner  Mission  und  der  erhaltenen  Antwort  Bericht  zu  erstatten 
und  es  sei  zu  befürchten,  dass  dieselbe  den  Wiener  Hof  in  Verzweiflung 
stürzen  und  dieser  sich  in  die  Arme  Frankreichs  werfen  werde. 

Der  König  erwiderte,  er  wisse  nicht,  was  thun  und  man  müsse  alsdann 
sehen,  wie  man  sich  aus  der  Affaire  ziehe;  die  Vorsehung  und  die  Oonjunctionen 


410 

Hoffnung,  auf  weniger  schmerzliche  Bedingungen  mit  dem  Chur- 
fürsten  von  Bayern  zu  einem  gütlichen  Abkommen  zu  gelangen« 
Leider  blieben  auch  diese  Verhandlungen,  bei  denen  wieder  die 
Wittwe  Kaiser  Joseph  L,  Kaiserin  Amalia,  in  ihrer  Art  für 
ihren  Schwiegersohn,  den  Churfürsten  von  Bayern  intervenierte, 
ohne  Erfolg.1) 

FM.  Graf  Neipperg  trat  den  geplanten  Vormarsch  über  die 
Geisse  am  1.  August  an.  Als  er  am  28.  Juli  dem  Grossherzoge  die 
Meldung  über  die  geplante  Marschrichtung  erstattete,  fügte  er 
hinzu :  „Wenn  ich  einmal  die  Neisse  werde  passiert  haben,  wird 
es  sich  des  guten  Rufes  wegen  darum  handeln,  nicht  mehr  wieder 
über  dieselbe  zurückzugehen,  noch  vor  irgend  Etwas  zurück- 
zuweichen, was  der  König  von  Preussen  sich  vorsetzen  könnte  zu 
thun  oder  zu  unternehmen,  selbst  wenn  er  in  Strehlen  bliebe  oder 
in  dem  Lager,  das  er  gegenwärtig  innehat.  Mein  Vorhaben  ist, 
obgleich  ich  schwächer  bin,  über  Frankenstein  hinaus  vorzurücken, 
um  niein  Glück  zu  versuchen  (pour  tenter  fortune)  und  von  der 
geringsten  Gelegenheit  Nutzen  zu  ziehen,  wenn  sie  sich  darbietet, 
mit  Vernunft  und  Gottes  Hilfe,  welche  auch  das  Uebrige  im  Fall 
des  Zusammenstosses  wird  thun  müssen ;  indem  ich  hoffe,  dass  die 


würden  ihm  schon  Hilfsquellen  bieten  ;  ani  Wiener  Hofe  sei  es,  seine  wirk- 
lichen Interessen  zu  berücksichtigen  und  annehmbare  Vorschläge  zu  machen, 
er  habe  seinerseits  genug  gethan  und  es  werde  ihm  übel,  wie  einer  schwängern 
Frau,  sobald  man  ihm  von  einem  neuen  Ultimatum  spreche;  er  habe  schon  so 
viel  nachgegeben,  ohne  dass  es  einen  anderen  Erfolg  gehabt  habe,  als  seinen 
Feind  nur-  noch  stolzer  und  hartnäckiger  zu  machen  und  schliesslich,  sei  es 
am  Sieger,  Gesetze  zu  geben  und  nicht  am  Besiegten;  er  habe  eine  Schlacht 
gewonnen  und  zwei  Städte  genommen,  da  er  im  Vortkeü  sei,  wäre  es  für 
ihn  beschämend,  seine  Rechte  und  ein  protestantisches  Volk  aufzugeben  ; 
dass.  wenn  der  Eifer  für  die  Religion  die  protestantischen  Mächte  anfeuern 
könnte,  dies  bei  dieser  Gelegenheit  geschehen  müsse,  um  vielmehr  ein  armes, 
vom  katholischen  Clerus  unterdrücktes  protestantisches  Land  unter  der 
Herrschaft  eines  protestantischen  Fürsten  zu  erhalten,  statt  es  in  seine 
früheren  Leiden  zurückzustossen,  welche  viel  grösser  werden  würden ;  er 
schmeichle  sich,  dass  Se.  britische  Majestät  als  protestantischer  Fürst  ihm 
eher  rathen  und  helfen  werde,  Schlesien  zu  behaupten,  als  es  aufzugeben." 
(Vergl.  Robinson's  Bericht  an  seinen  Hof  bei  v.  Raumer,  Beiträge  zur  neue- 
ren Geschichte  II,  139;  Carlyle,  Frederick  IL,  Buch  XIII,  Cap.  IL  Robin- 
son's Denkschrift  für  den  Wiener  Hof.  benützt  Droysen  V,  1,  303,  Robin- 
son's andere  Berichte  Grünhagen,  die  Sendung  Robinson's,  „Preussische 
Jahrbücher"  XXVII,  1875.  Nach  der  Aufzeichnung  von  Podewils.) 
')  Vergl.  auch  Band  IV.  dieses  Werkes. 


411 

Mannschaft  sich  ihrerseits  im  Allgemeinen  anstrengen  werde,  ihrer 
Pflicht  nachzukommen,  wie  wir  es  gegen  die  Königin  und 
E.  k.  H.  verpflichtet  sind".1) 

Der  dienstbare  Stand  seines  Armee-Corps  betrug  28.557  Mann, 
13.462  Pferde.2) 

Die  Märsche  waren  ausserordentlich  klein  berechnet,  für  die 
etwa  7 —  8  Meilen  betragende  Strecke  Bielau-Frankenstein  waren 
!)  Tage  mit  zwei  Rasttagen  veranschlagt,  der  stärkste  Marsch  betrug 
kaum   2  Meilen. 

Die  Armee  marschierte  aus  dem  Lager  bei  Bielau  links  in 
zwei  Colonnen  ab.  Der  die  Greneral-Quartiermeister-Dienste  ver- 
sehende Oberstlieutenant  von  Rottern  des  Dragoner-Regiments 
Althann  war  schon  einige  Tage  früher  mit  80  deutschen  Pferden 
und  100  Husaren  von  Ottmachau  ausgesendet  worden,  um  die 
Sicherheit  der  Routen  zu  constatieren  und  die  Lagerplätze  auszu- 
wählen. Ausserdem  erhielt  FML.  Baron  Preysing,  der  Com- 
mandant  des  linken  Flügels,  Befehl,  am  31.  Juli  einen  Officier  und 
die  nothwendige  Mannschaft  vorauszusenden,  um  die  Strassen, 
welche  jedes  Treffen  einzusehlägen  hatte,  zu  recognoscieren  und 
nach  Bedarf  den  Colonnen  als  Führer  zu  dienen. 

Von  der  Infanterie  gi  engen  2  Hauptleute  mit  2  Subaltern- 
Officieren  und  120  Mann  mit  Schanzzeug,  nebst  30  Zimmerleuten 
und  einer  Anzahl  Bauern  voraus,  um  Wege  und  Brücken  zu  re- 
parieren. 

An  den  mit  dem  Ausstecken  des  neuen  Lagers  beauftragten 
Oberstlieutenant  von  Rottern  waren  die  Regiments -Quartier- 
meister und  Fouriere,  die  mit  der  Avantgarde  marschierten,  ge- 
wiesen. Das  erste  Treffen  erhielt  die  Route  über  Blumenthal  und 
Bauke,  das  zweite  jene  über  Köppernig,  Tannenberg  über  den 
Weiden-Bach  angewiesen. 

Um  3  Uhr  Früh  wurde  Tagwache  geschlagen  und  um  5  Uhr 
der  Marsch  angetreten.  Er  begann  vom  linken  Flügel  der  Caval- 
lerie,  die  Avantgarde  bildete  das  Liechtenstein'sche  Dragoner- 
Regiment.  Der  rechte  Flügel  der  Cavallerie  rückte  aus  seinem 
Lager,  marschierte  längs  der  Front  der  Infanterie,  um  sich  an  die 
Cavallerie  des  linken  Flügels  anzuschliessen.3)  Dem  rechten  Flügel 
der  Cavallerie  folgte  die  Infanterie  des  ersten  Treffens. 


»)  K.  A.,  Schlesien  1741  ;  VII,  U. 

2)  Siehe  Anhang  LIV. 

s)  Siehe  die  Ordre  de  Lataille  auf  der  folgenden  Seite. 


412 

Das  zweite  Treffen  bildete  gleicherweise  die  Marsch-Colonne, 
der  rechte  Flügel  der  Cavallerie  schloss  sich  unmittelbar  dem 
linken  an. 

Die  Husaren  -  Regimenter  formierten  die  Avantgarde  des 
zweiten  Treffens. 

Das  Corps  de  reserve  folgte  dem  letzten  Cavallerie-Regiment 
des  rechten  Flügels  des  zweiten  Treffens  (d'Ollone).  Die  Oroaten 
marschierten  vor  dem  ersten  Infanterie-Regiment  des  linken  Flügels 
des  zweiten  Treffens  (Harrach),  dem  die  übrigen  Regimenter 
folgten. 

Der  Infanterie  des  ersten  Treffens  folgte  die  Reserve-Artillerie, 
dann  die  Bagage  des  Hauptquartiers  und  jene  der  Generale  und 
Truppen  des  ersten  Treffens.  Die  Bagage  des  zweiten  Treffens 
und  des  Corps  de  reserve  folgte  dem  letzten  Infanterie-Regiment  e 
dieses  Treffens. 


Ordre   de   bataille. 


FML.  Preysing  Browne 

GFWM.  Philibert       PaJlant 


Daun 
Kolowrat 


Berliehingen 
Lentulus 


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GFWM.   D'Ollone 


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Birken  feld 


GFWM.  Birkenfeld 


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Croaten 


Batthvanvi 


Ungarn        Slavonier 


Wurde  am  2.  August  aufgelöst. 


413 

Die  Truppen  hatten  in  so  breiten  Formationen  zu  marschieren, 
als  die  "Wege  dies  zuliessen. x) 

Das  Hauptquartier  der  Armee  kam  am  1.  August  nach  Kaikau, 
zwischen,  welchem  Orte  und  Brünschwitz  das  Lager  genommen 
wurde.  Die  zurückgelegte  "Wegstrecke  betrug  9—10  Kilometer. 

Das  Detachement  in  Alt-Grottkau  wurde  dort  belassen,  ebenso 
die  Posten  an  der  Neisse.  Mit  ihren  Meldungen  waren  dieselben 
an  den  neuen  Commandanten  von  Neisse,  den  Oberstlieutenant 
St.  A  n  d  r  e  gewiesen,  da  GFWM.  Baron  Roth  mit  der  Armee 
von  Neisse  abgieng.  Die  Garnison  der  Festung  wurde  mit  2000  Mann, 
aus  Commandierten  der  Infanterie  -  Regimenter  bestehend,  fest- 
gesetzt.2) 

Am  31.  Juli  hatte  sich  GFWM.  Baron  Lentulus  nach 
Grottkau  anlässlich  der,  dem  geschlossenen  Cartell  gemäss,  für  den 
1.  August  bestimmten  Auswechslung  der  beiderseitigen  Kriegs-- 
gefangenen  begeben,  wozu  auch  der  preussische  Commissär  GM. 
Prinz  Dietrich  von  Anhalt  eintraf.  Die  Verhandlungen  und 
Abrechnungen  nahmen  die  Tage  bis  zum  6.  August  in  Anspruch, 
worauf  am  Nachmittage  beide  Generale  wieder  von  Grottkau  ab- 
giengen.  Lentulus  begab  sich  zuerst  nach  Neisse  und  traf  am 
7.  in  Wolmsdorf  wieder  bei  der  Armee  ein. 

Die  ursprüngliche  Marsch-Disposition3)  derselben  erfuhr  in- 
sofern eine  Aenderung,  als  am  2.  August  in  Kaikau  Rasttag  ge- 
halten und  erst  am  3.  von  dort  nach  Bathmannsdorf-Hermsdorf 
(4  Kilometer)  marschiert  und  am  4.  nach  Kamitz  (11  Kilometer) 
gerückt  wurde.  Von  Kaikau  aus  ergiengen  an  die  am  rechten 
Oder-Ufer  befindlichen  Truppen  Befehle,  wonach  der  grösste  Theil 
derselben  zur  Haupt-Armee  einberufen  wurde. 

Oberst  Baron  Trips  hatte  den  Rittmeister  S  ehre  g  er 
mit  200  Husaren,  Oberstlieutenant  Baron  Brassinsky  von  den 
Warasdinem  mit  200  Mann  zurückzulassen;  alles  Uebrige  sollte  in  be- 
schleunigten Märschen  einrücken.  Des  Feldmarschalls  Absicht  war, 


*)  Die  Marsch-Disposition  warvonFZM.  Thüngen  ausgearbeitet  worden. 
Siehe  die  für  den  1.  August  ausgegebene  Marschordnung:  Anhang  LV. 

2)  K.  A.,  Schlesien  1711,  VII,  53. 

s)  Diese  lautete  :  „Den  1.  August  1711  bricht  die  Armee  von  ihrem  bis- 
herigen Lager  in  Bielau  auf  und  marschiert  auf  Kaikau,  den  2.  auf  Herms- 
dorf, den  3.  auf  Kamitz,  den  4.  Easttag  allda,  den  5.  auf  Wolmsdorf,  den  6. 
auf  Heinersdorf,  den  7.  Kasttag  allda,  den  8.  über  die  Tseisse  auf  Groelnvitz, 
den  9.  auf  Frankenstein."  (K.  A.,  Schlesien  1711 ;  VII,  ad  44  a.) 


414 

dass  die  Preussen  am  rechten  Oder-Ufer  ,,in  beständigem  Alarm 
gehalten  und  ununterbrochen  beunruhigt,  desswegen  auch  gegen  sie 
bei  findender  Thunlichkeit  agiert"  werde,  dieselben  daher  nicht 
nur  beobachtet  werden  sollten,  wie  es  Oberst  Baron  Trips 
gethan  zu  haben  scheint.  Diese  am  rechten  Oder  -  Ufer  ex- 
ponierten Commanden  fanden  an  einem  schlesischen  Land- 
Cavalier,  Namens  Quid  sau,  einem  früheren  Officier,  der  das 
Land  genau  kannte,  mannigfache  Unterstützung,  an  den  auch 
schon  im  Juli  Capitain  K  n  i  e  b  i  s  c  h  mit  seinen  Hayduken  ge- 
wiesen worden  war. 

Oberstlieutenant  Emerich  Baron  Morocz  des  G-hylänyi'schen 
Husaren-Regiments,  der  am  27.  Juli  den  nach  Frankenstein  vor- 
geschobenen Oberstlieutenant  Grafen  Forgäch  dort  abgelöst, 
hatte  100  Pferde  in  genanntem  Orte  zurückgelassen  und  war  mit 
seinem  Commando  zuerst  nach  Seitendorf,  dann  nach  Kloster 
Heinrichau  an  die  Strasse  Münsterberg-Strehlen  gerückt.  Von  hier 
hatte  er  Patrouillen  gegen  das  preussische  Lager  gesandt,  aber 
nirgends  feindliche  Truppen  angetroffen,  sondern  nur  in  Erfahrung 
gebracht,  dass  nach  der  Affaire  von  Zobten  die  Besatzung  von 
Nimptsch  verstärkt  worden  sei.  Morocz  stellte  auf  .den  Anhöhen 
gegen  Strehlen  einen  Observationsposten  von  1  Officier  30  Mann 
auf,  der  nicht  nur  das  preussische  Lager  einsehen,  sondern  das 
Land  ringsum  weit  überblicken  konnte.  *) 

Inzwischen  war  Menzel  mit  dem  Trenck'schen  Corps  von 
Reichenbach  nach  Frankenstein  gerückt,  dann  aber  nach  Patschkau 
an  die  Neisse  zurückgezogen  worden ;  vom  FM.  N  e  i  p  p  e  r  g  wurde 
ihm  bedeutet,  wegen  Ergänzung  seiner  Muniton  aus  Ottmachau 
10.000  Patronen  abholen  und  Beschuhung  und  Wäsche  für  seine 
Mannschaft  eventuell  aus  Neisse  nachkommen  zu  lassen. 

Sobald  er  dies  bewerkstelligt,  sollte  er,  mit  Brot  und  Hart- 
futter von  Patschkau  auf  2  bis  3  Tage  versehen,  der  Armee  nach- 
folgen :  die  bei  ihm  befindlichen  30  Husaren  hatten  bis  auf  weiteres 
in  genanntem  Städtchen  zu  bleiben. 

Der  in  Glatz  befindliche  Oberst  Baron  An  dl  au  des  Max 
Hessen'schen  Regiments  erhielt  Befehl,  mit  einem  Bataillon  seines 
Regiments  und  zwei  Grrenadier-Compagnien,  feldmässig  ausgerüstet 
am  8.  August  nach  Wartha  zu  marschieren,  um  sich  mit  der  Armee 
zu  vereinigen,  die  am  genannten  Tage  am  rechten  Neisse-Ufer  in 
der  Nähe  von  Baumgarten  Lager  beziehen  werde. 


*)  K.  A.,  Schlesien  1741,  VIII,  9, 


415 

Das  Commando  über  die  in  Glatz  und  Umgebung  zurück- 
bleibenden Truppen  hatte  der  Oberstlieutenant  Graf  Grünnevon 
Carl  Lothringen  zu  übernehmen  und  die  auswärts  commandiert  eu 
Detacheinents,  soweit  es  thunlich,  in  die  Festung  zu  ziehen. 

Die  Armee  hielt  am  4.  August  Rasttag  in  Kamitz  und  rückte 
am  6.  bis  AVolmsdorf  (10  Kilometer). 

König  Friedrich  IL  hatte  bereits  am  2.  August  Nachricht, 
dass  die  österreichische  Armee  aus  dem  Lager  bei  der  Festung 
Neisse  aufgebrochen  sei.  Um  Sicherheit  über  die  Richtung  ihrer 
Bewegungen  zu  erhalten,  entsendete  er  am  4.  August  zwei  In- 
fanterie-Regimenter und  20  Escadronen,  nebst  Husaren  zur  Re- 
cognoscierung.  Diese  brachten  zwar  einige  Gefangene,  doch  keine 
verlässlichen  Nachrichten  mit.  Am  folgenden  Tage  giengen  zwei 
Infanterie  -  Bataillone  mit  9  Geschützen,  20  Escadronen,  nebst 
Husaren  gegen  Alt  -  Heinrichau  vor,  wo  das  Detachement  des 
Oberstlieutenants  von  Morocz  sich  befand.  Dieser  blieb  bis  zum 
Anbruch  der  Nacht  auf  den  Höhen  bei  Münsterberg  stehen  und 
gieng  dann  hinter  die  genannte  Stadt  bis  zum  Dorfe  Nossen  zurück. 
Er  Hess  jedoch  eine  starke  Feldwache  auf  der  Höhe  bei  Münster- 
berg und  rückte  am  6.  August  Morgens  wieder  in  seine  frühere 
Stellung  vor.  Das  preussische  Recognoscierungs-Commando  hatte 
bei  Alt-Heinrichau  Lager  bezogen. 

Am  7.  August  blieb  Neipperg  mit  der  Armee  in  AVolms- 
dorf, von  wo  er  an  den  Grossherzog  berichtete  : 

„Inzwischen  bin  mit  dem  Kriegs-Corps  nach  I.  k.  M.  meiner 
AJlergnädigsten  Frau  und  E.  k.  H.  Allerhöchst  und  Höchster  In- 
tention, bereits  Gnädigst  bekanntermassen  den  1.  d.  von  Neisse 
aufgebrochen  und  habe  mich  seither  in  kleinen  Märschen  bis  heute 
hieher  gezogen,  um  zu  sehen,  ob  der  Feind,  wie  man  vielleicht  zu 
Wien  glaubt,  bei  Vornehmung  meines  Mouvements  und  Anrückung. 
sein  bisheriges  Lager  nicht  etwa  verlassen  und  sich  zurückziehen 
dürfte.  Anstatt  aber  dergleichen  Nachrichten  einzuholen,  hat  er 
sich  vielmehr  seit  meiner  Bewegung  mit  einem  starken  Detache- 
ment aus  seinem  Lager  bei  Strehlen,  nach  Heinrichau,  einem  von 
dort  herwärts  gegen  mir  gelegenen  Kloster,  gezogen  und  solle. 
dem  Vernehmen  nach,  mit  dem  Rest  der  Armee  morgen  dahin  zu 
folgen  Miene  machen." 

,,Da  nun  heute  wirklich  an  der  Neisse  stehe  und  solche  morgen- 
den   Tags    unfehlbar  gegen  Frankenstein  zu  passieren  gedenke,    so 


416 

kommt  es  darauf  an,  wozu  der  König  von  Preussen  sich  ent- 
schliessen  dürfte.  Unter  anderen  Nachrichten  wollen  auch  einige 
versichern,  als  ob  jetzt  besagter  König  von  Preussen  sich  gegen 
Neisse  ziehen  wollte.  Gibt  er  mir  eine  Gelegenheit,  ihm  etwas 
beizubringen  und  andurch  I.  k.  M.  gerechteste  Sache  zu  befördern, 
so  werde  es  gewiss  nicht  unterlassen  ;  rückte  er  hingegen  mit  seiner 
ganzen  Macht  auf  mich  an  und  suchte  mich  zu  attaquieren,  so 
würde  ihm  auch,  da  ich  einmal  das  bekannte  Mouvement  vor- 
genommen und  die  Neisse  passiert,  wie  E.  k.  H.  allbereits  unter- 
thänigst  zu  erkennen  gegeben,  par  Reputation  I.  k.  M.  Waffen  nicht 
wohl  füglich  mehr  weichen  können,  sondern  dasjenige  vor  die 
Hände  zu  nehmen  veranlasst  werden,  so  dem  Allerhöchsten  Dienst 
am  diensamsten  und  beförderlichsten  zu  sein,  nach  meiner 
geringen  Einsicht  ermessen  würde."  x) 

Am  8.  August  war  die  österreichische  Armee  um  3  Uhr  Morgens 
aus  Wolmsdorf  und  Umgebung  aufgebrochen  und  hatte  den  Vor- 
marsch an  die  Neisse  fortgesetzt.  Bei  Piliz  passierte  die  Infanterie 
auf  zwei  Ponton-Brücken  den  Fluss,  die  Cavallerie  durchfurthete 
denselben.  Das  Lager  ward  am  linken  Neisse-Ufer  auf  den  Höhen 
zwischen  Hartha  und  Baumgarten  bezogen.  Das  Hauptquartier 
langte,  nachdem  der  Feldmarschall  die  Defilierung  der  Armee  über 
die  Neisse  von  (J  bis  11  Uhr  Vormittag  abgenommen,  gegen  12  Uhr 
Mittags  in  Baumgarten  an. 

FM.  Graf  N  e  i  p  p  e  r  g  nahm,  von  der  gesammten  Generalität 
begleitet,  alsbald  nach  dem  Einrücken  in  das  Lager,  eine  Recog- 
noscierung  vor. 2) 

Die  Streif-Commanden  des  Oberstlieutenants  Dessewffy 
und  des  Oberstwachtmeisters  G  y  ö  r  i  waren  schon  am  6.  August 
bei  Münsterberg  angelangt  und  hatten  sich  mit  dem  Morocz' 
vereinigt.  Der  Feldmarschall  beauftragte  von  Wolmsdorf  aus  die 
beiden  Oberstlieutenants,  ihm  häufige  und  zuverlässige  Meldungen 
über  die  Bewegungen  der  preussischen  Armee  einzusenden ;  der 
Oberstlieutenant  Dessewffy    war  jedoch  mit  Oberstwachtmeister 


»)  K.  A.,  Schlesien  1711,  VIII,  21. 

2)  Bezüglich  der  Marsch-Disciplin  gab  der  Feldmarschall  in  einem  sehr 
scharfen  Armeebefehl  seiner  Unzufriedenheit  über  das  Verhalten  der  Officiere 
im  Allgemeinen  Ausdruck,  er  betonte,  dass  zu  wenig  bei  den  Eegimentern 
gearbeitet,  dass  die  gegenseitige  Unterstützung  fast  ganz  vermisst  werde  und 
forderte  zu  energischerem  Dienstbetriebe  auf.  Armee-Befehl  ddto.  Baumgarten, 
8.  August  1711.  (K.  A.,  Schlesien  1711;  VIII,  33V2.) 


417 

Györi  bereits  am  8.  August  wieder  auf  dorn  Wege  zur  Armee, 
so  dass,  da  des  Commandierenden  Befehle  die  beiden  genannten 
Stabsofficiere  nicht  mehr  erreicht  hatten,  nur  das  Morocz'sche 
Commando  bei  Münsterberg  zurückblieb. 

Dem  bei  Kloster  Heinrich.au  stehenden  preussischen  Detache- 
ment  wurde  am  8.  August  das  Bandemer'sche  Husaren  -Regimen! 
zugesendet,  dafür  aber  das  Regiment  Prinz  Friedrich  nach 
Strehlen  zurückgezogen;  zwei  Tage  später  dagegen  das  erst- 
genannte Husaren-Regiment  durch  die  inzwischen  von  Leubus  im 
Lager  bei  Strehlen  eingetroffenen  Bronikowski-Husaren  abgelüsi  : 
am  11.  rückte  noch  das  Grenadier  -  Bataillon  AVinterfeldt  in 
Heinrichau  ein. 

Desselben  Tages  war  ein  preussisches  Detachement,  aus  etwa 
800  Reitern  bestehend,  von  Kloster  Heinrichau  in  die  Stadt 
Münsterberg  gerückt,  hatte  die  Thore  bis  auf  eines  gesperrt,  durch 
welches  aber  Oberstlieutenant  von  Morocz  mit  500 Mann  eindrang, 
die  preussischen  Reiter,  die  sich  theilweise  in  die  Häuser  zerstreut 
hatten  und  aus  solchen  Gegenwehr  leisteten,  angriff,  aus  der 
Stadt  vertrieb  und  bis  gegen  Heinrichau  verfolgte.  Ausser  den 
im  Rencontre  Gebliebenen  bestand  der  preussische  Verlust  in 
1  Rittmeister,  1  Lieutenant,  nebst  64  Reitern,  welche  gefangen 
wurden.  r) 

Neipperg  blieb  vorläufig  im  Lager  bei  Baumgarten  stehen 
und  berichtete  von  hier  am  11.  August  der  Königin,  dass  bisher 
die  preussische  Armee  sich  nicht  zurückgezogen,  wie  er  vermuthet 
zu  haben  scheint,  sondern  gegen  Heinrichau  stark  detachiert  halte, 
sonst  aber  zu  Strehlen  unbeweglich  stehe. 

,,Da  nun  denselben  in  seinem  Lager  oder  sonsten  in  den 
vorteilhaften  Posten,  wo  er  dermalen  steht,  anzugreifen  nicht 
wohl  thunlich  glaube,  noch  auch  eine  weitere  Vorrückung  wohl 
unternehmen  kann,  ohne  vorher  besser  abgenommen  zu  haben,  ob 
der  Feind  daselbst  stehen  bleiben,  oder  was  sonsten  für  eine  Partie 
nehmen  dürfte,  dabei  auch  meiner  weiteren  Mouvemenis  halber 
zu  refiectieren  nöthig  sein  will,  wie  die  behörige  Subsislenz  für 
Mann  und  Pferde,  besonders  aber  das  Brod  finden  und  an  mich 
ziehen  könne;    also  vermag  dermalen  von  meinem  weiteren,    auch 


l)  Lutsc  h.'  Tagebuch. 

Oestorreichischer  Erbfolgekriog.  IL  Bd.  27 


418 

des  Feindes  Tlmn    und    Lassen    noch    nichts    Positives    allerunter- 
thänigst  zu  berichten".  ') 

Dem  Grossherzog  gegenüber  jedoch  äusserte  sich  der  Feld- 
marschall rückhaltloser  und  offener  über  die  allgemeine  militärische 
Situation.  Fr  meldet,  dass  FML.  Grat'  Browne  aus  Dresden 
zurückgekehrt  und  wünsche,  dass  Robinson  in  seiner  Verrichtung 

glücklicher  sei,  obwohl,  wie  er  fürchte,  nichts  dabei  heraus- 
kommen werde,  ausser  wenn  der  König  von  Preussen  auf  Kosten 
der  Königin  seine  Rechnung  dabei  finde.  Um  Robinson's 
Unterhandlung  zu  unterstützen  und  ihr  Gewicht  zu  verleihen, 
müsste  man  eine  Schlacht  gewinnen  und  selbst  diese  würde  den 
Alliierten  kein  Sporn  sein,  um  früher  auf  den  Plan  zu  treten; 
ganz  im  Gegentheil,  sie  würden  sich  dazu  noch  langsamer  ent- 
sehliessen,  weil  der  König  von  England  als  Churfürst  von  Han- 
nover und  alle  diese  Protestanten  durchaus  Preussen  nicht  schwächen 
wollen,  das  sie  als  ihren  mächtigsten  Freund  betrachten,  um  sich 
im  Nothfalle  Frankreich  entgegenzustellen  und  ihnen  zu  helfen. 
Sachsen  fürchtet  auch  Preussen  und  ebenso,  wie  Hannover  Frank- 
reich. A\renn  er  diese  Schlacht  verlöre,  würde  es  sieh  nicht  mehr 
um  Schlesien  handeln,  welches  auf  immer  verloren  wäre,  ohne  dass 
die  Alliierten  aus  den  ob  angeführten  Gründen  sich  darum  viel 
kümmern  würden. 

Mil  den  Alliierten,  Russland  mitbegriffen,  das  sieh  nicht  ent- 
schliessen  zu  wollen  scheine,  sei  es  an  der  Zeit,  eine  Entscheidung 
zu  treffen,  entweder  an  Frankreich,  oder  an  Bayern,  oder  an 
Preussen  etwas  abzutreten,  um  den  einen  oder  anderen  Theil 
zufriedenzustellen:  denn  die  Königin  werde  niemals,  setze  man 
selbst  den  Gewinn  einer  Schlacht  voraus,  mit  Erfolg  einen  Krieg 
gegen  zwei  Feinde,  wie  Frankreich  und  den  König  von  Preussen, 
aushalten,  die  in  Bezug  auf  Geld,  Credit  und  Truppen  genug 
Hilfsquellen  haben.  Der  Grossherzog  möge  sich  erinnern,  da>^ 
Neipperg  dies  vor  sei  n  e  r  A  b  reis  e  v  o  n  W  ien  a  u  s- 
gesprochen  habe  im  d  d  a  s  s  die  Königin  nicht  Alle  s 
oder  die  Monarchie  in  ihrem  ganzen  Umfange  er- 
halten werde.  Man  fange  in  Wien  gewöhnlich  damit  an,  einem 
Feind  mit  ungenügenden  Kräften  entgegenzutreten  und  man  mache 
nur  dann  Anstrengungen,  wenn  man  einsehe,  dazu  gezwungen  zu 
sein:   dann  aber  zu  spät,  weil  der  Feind  gewöhnlich  so  viele  Vortheile 


')  Graft.   Neipperg'jsches  Archiv. 


419 

im  Anfange  des  Krieges  davongetragen  habe,  dass  es  nicht  mehr 
menschenmöglich  sei,  von  den  letzten  Anstrengungen  ohne  ein 
Wunder  Nutzen  zu  ziehen,  wie  es  bei  Eochstädl  und  Turin  ge- 
schehen, noch  dazu  in  einer  Zeit,  wo  man  wackere  und  aufrichtige 
Alliierte,  (Miier.de  von  vollendeter  Erfahrung,  sehr  zahlreiche  und 
an   den  Krieg  gewöhnte  Armeen   gehabt  habe.1) 

Am  Nachmittage  des  11.  recognoscierten  FML.  Graf  Bro  wne 
und  GF  WM.  Baron  Lentulus  die  Gegend  um  und  über  Franken- 
stein hinaus. 


:)  Neipperg  an  den  Grossherzog  ddto.  11.  August  1741.  (K.  A  .  Schle- 
sien 1741;  VII 1.  36.) 


Die  Besetzung  von  Breslau. 


Am  11.  August  traf  im  österreichischen  Hauptquartier  zu 
Baumgarten  die  Kunde  von  der  Tags  vorher  durch  die  Preussen 
erfolgten  vollständigen  Besitzergreifung  Breslaus  ein. 

Die  Nachrichten,  welche  man  seit  Ende  Juli  aus  der  Landes- 
hauptstadt erhalten,  hatten  allerdings  schon  auf  die  starke  Agitation 
hingewiesen,  welche  angewendet  wurde,  um  die  wohlhabende  und 
im  Allgemeinen  gut  österreichisch  gesinnte  Bürgerschaft  der  Landes- 
hauptstadt in  das  preussische  Interesse  zu  ziehen.  Wie  in  den  De- 
cembertagen  des  Jahres  1740,  als  es  sich  darum  handelte,  öster- 
reichische Truppen  als  Besatzung  in  die  Stadt  zu  nehmen  und 
diese  dadurch  der  Königin  Maria  Theresia  zu  erhalten,  ein 
preussischer  Agitator,  der  Schuster  Dublin,  dies  durch  Auf- 
wiegelung der  untersten  Volksschichten  und  einen  geschickt  ge- 
leiteten Terrorismus  zu  verhindern  gewusst,  so  trat  jetzt  ein  anderer, 
weit  fähigerer  Agent  des  Königs  auf,  um  mit  allen  Mitteln  Propa- 
ganda für  die  Aufhebung  der  Neutralität  und  den  Anschluss  an 
Preussen  zu  machen. 

Salomon  Jacob  Morgenstern,  sogenannter  Hofgelehrter 
unter  König  Friedrich  Wilhelm  L,  ein  Mann  von  nicht  ge- 
wöhnlichem Verstand  und  Wissen,  war  im  Jahre  1741  der  preussi- 
schen  Administrations-Behörde,  dem  Feld-Kriegs-Conmiissariate  in 
Breslau,  attachiert  worden.  König  Friedrich  H.  theilte  ihm  hier 
die  ßolle  eines  Kundschafters  und  eines  für  das  preussische  Inter- 
esse thätigen  politischen  Agenten  zu.  Unter  dem  Namen  eines 
Dr.  Frey  er  schuf  er  den  durchaus  nicht  preussenfreundlichen 
Gesinnungen    der    besseren    Olassen     durch     seine    Verbindungen, 


421 

besonders    in    den  Kreisen    der  Gewerbetreibenden,    ein   nicht  un- 
bedeutendes Gegengewicht. *) 

Man  erfuhr  weiter,  dass  in  Breslau  auffallend  viele  preussische 
Soldaten  gesehen  würden,  „massen  damit  alle  Gassen  und  Plätze 
wider  Gewohnheit  häufig  angefüllt,  auch  fast  in  allen  Grassen  eine 
grosse  Anzahl  von  ihren  Küstwagen  stehen". 

Ein  weiterer.  Bericht  vom  26.  Juli  meldete,  dass  König 
Friedrich  IL  der  Stadt  Breslau  als  letzten  Termin  den  29.  Juli 
bezeichnet  habe,  um  ihre  Enderklärung  wegen  der  Steuern  ali- 
zugeben. Er  hatte  von  der  Stadt  Breslau  500.000  Thaler  ver- 
langt, welche  ihm  der  Magistrat  unter  Berufung  auf  den  Neu- 
tralitätsvertrag abgeschlagen,  worauf  er  nur  noch  10(5.000  Gulden, 
als  den  auf  die  Stadt  entfallenden  Steuerbetrag,  für  das  erste 
Halbj  ahr  1741  forderte. 2) 

,,Es  will  aber  und  wird  von  den  Bürgern  gewiss  nicht  anders 
resolviert    werden,    als  dass  sie  Nichts    geben    und    sieh   an  das  in 
der    Convention    versprochene     königliche    Wort    halten    werden. 
obschon  die  Resoluta  von  allen  Zünften  noch  nicht  dem  Magistrat 
übergeben  worden". 

Ferner  erfuhr  man,  dass  „weder  der  Magistrat,  noch  Honora- 
tiores  etwas  Anderes  wünschen,  als  des  preussischeu  Jochs  bald 
los  zu  werden  und  obschon  die  Nichtshabenden  mit  Anhang  ili'v 
Canaille  etwas  anderes  suchen,  so  sind  sie  doch  nicht  mächtie 
genug,  eine  Uebergabe  der  Stadt  durch  eine  vorteilhaft  er- 
scheinende Capitulatiou  zu  erzwingen". 

Morgenstern,  unter  dem  Pseudonym  des  Dr.  Frey er 
„schwätze  dem  gemeinen  Manne  goldene  Berge  vor  und  sei 
Ursache,  class  wohl  gegen  100  solche  nichtshabende  und  nichts- 
würdige Menschen  zum  Kriegs-Commissariat  gegangen  und  gebeten. 
womit  der  König  von  der  gesammten  Stadt  die  Huldigung  an- 
verlange, hätten  aber  doch  diese  Conditiones  gesetzt,  1.  dass  sie 
dieses  Jahr  keine  Steuern  geben  dürfen,  2.  Handel  und  Wandel  wieder 
eröffnet  und  nicht  gestört  würde  und  3.  die  Stadt  keine  Garnison 
einnehmen  müsse;  worauf  sie,  weil  ihrer  so  wenig,  zurückgeschickt 


*)  „Da  ich  auch  eine  grosse  Partie  wohlgesinnter  Bürger  in  der  Stadt 
halte,  so  sollet  Dir  Euch  des  p.  Morgenstern  bedienen,  damit  derselbe  in  seinem 
bisherigen  Trainieren  continuiere  und  unter  dem  Namen  des  Dr.  P  r  e  \  e  r's  die 
Mir  affectionierten  Bürger  in  guten  Gedanken  und  Neigung  gegen  mich  conser- 
viere."  König  Friedrich  II.  anFM.  Schwerin,  undatiert  (Ende  Juli  1711 
Polit.  Corresp.  I,  Nr.  4  1  I. 

2)  Stenzel.  Geschichte  des  preussischen  Staates.   IV. 


422 

und  mehrere  dieses  Sinnes  zu  machen  anermahnt  worden.  1) 
Hierauf  habe  der  Magistrat  gleich  Deputierte  an's  Commissariat 
des  anderen  Tages  abgeschickt  und  sieh  beschwert,  dass  man  durch 
Anhörung  dergleichen  Leute  Anlass  zu  Aufwiegelungen  in  der 
Stadt  gebe,  sich  derselben  Namen  zu  decoiwrieren  gebeten ;  so 
man  aber  refusiert  und  gemeldet,  dass  man  darum  nicht  gefragt 
und  sie  mit  ihrem  petito  abgewiesen  hätte,  um  nichts  der  Stadl 
Nachtheiliges  dem  König  anzürathen.  Es  könnte  ganz  leicht  sein, 
dass  der  König,  welcher  schlechten  Leuten  gerne  viel  glaubt,  vor 
die  Stadt  rücke,  allein  es  ist  nicht  vorzusehen,  dass  er  anjetzt  durch 
eine  noch  so  gut  klingende  Capitulation  hereingelassen  würde, 
dann  man  desselben  Verfahren  nunmehr  ganz  überdrüssig,  weil 
das  ehemals  in  Conventioue  gegebene  AVort  ganz  anders,  als  ver- 
sprochen ausgedeutet  werden  will." 

Man  wünsche  in  der  Stadt  nichts  sehnlicher,  ,,als  ein  ansehn- 
liches Detachement  von  unserer  Armee  zu  sehen,  welches  sich  des 
,, Domes"'  bemächtige  und  sodann,  um  eingelassen  zu  Verden,  Pro- 
positionen  von  Versicherung  aller  Privilegien  mache,  so  würden 
die  Thore  ihnen  bald  eingeräumt  werden". 2) 

Nachrichten  aus  Breslau  vom  28.  Juli  besagten,  dass  der 
Gewährsmann  des  Correspondenten  ,,als  ein  in  dieser  Sache  viej 
vermögender  Mann,  ebenso  wie  Adele  andere  gut  gesinnte  Sena- 
tores"  gewiss  einem  Unternehmen  Unterstützung  zuwenden  würden, 
das  österreichische  Truppen  in  die  Stadt  zu  bringen  geeignet 
wäre.  Er  meinte  ,,es  also  am  besten  in's  Werk  zu  richten,  dass 
zuvörderst  ein  grosses  Gor) is  \  im  acht  oder  mehreren  tausend  Mann 
sieh  jenseits  der  Oder  des  ,, Domes"  bemächtige,  welches  einige 
Stück  und  Pontons  hierzu  nöthig  haben  würde  und  sodann  ein- 
gelassen zu  werden  verlange,  so  würde  man  sich,  seiner  Einsicht 
nach,  nicht  aufhalten,  die  Entree  zu  verstatten,  wann  nur  unter 
Einem  auch  der  dieses  Corps  commandierende  General  sieh  mit 
genügsamer  Vollmacht  legitimieren  könnte,  die  Bürgerschaft  ver- 
sichern  zu  dürfen,  dass  man  ihre  alten  Privilegien  Allergnädigst 
e< mfirmieren,  sie  zur  Einnehnmng  einer  Garnison  nicht  nöthigen 
und  3.  wegen  der  aus  Noth  und  zu  der  Stadt  Conservation  er- 
griffenen   Neutralität    sie  nie  bestrafen  werde.     Es  sei  hieven  umso 


1)  Vergl.  Grünhagen,  „Friedrich  d.  Gr.  und  die  Breslauer  in  den 
Jahren  1740  und  1741",  153  u.  f.  und  desselben  Verfassers  ..Erster  schles. 
Krieg",  I,  235  u.  f. 

2)  K.  A.,  Schlesien  1741;  Fase.   VU,  ad  44  c  u.  d. 


•>'> 


42 

mehr  ein   glücklicher  Ausschlag    anzuhoffen,    als    der    grösste  Theil 
der  Inwohner  und  meist  alle  Honoratiores  und  Potentiores  >-■  sehnlich 
wünschen  und  verlangen,    wie  sie,    Bürger,    dann   auch   vorgestern 
wieder' in  grosser  Anzahl    auf  der  Börse  beisammen   gewesen    und 
einmüthig    pro    auf   den    29.    abzugebendes    Ultimato    beschlossen. 
dem  König  keine  Steuern  zu  geben,    sondern  durch   ein  von  allen 
Zünften  und  Zechen   unterschriebenes  Memorial   solche    von    darum 
deprecieren  würden,  weil  es  der  Convention  schnurstracks  zuwider, 
durch  diesen  Krieg  aller  Handel  und  Wandel  darniederliegen  fchäte 
und  folgsam  sie  nicht    im  Stande   wären,    das  Mindeste   zu  zahlen, 
noch  würden.  Man  werde  nun  bald  erfahren,   wie    der  König  diese 
abschlägige  Antwort  nehmen  und  darauf  weiter  resolvieren  werde, 
massen    sie    morgen    durch  Deputierte    von    Zünften    hinüber    in 's 
Lager    geht.     Anjetzt    wäre    das    rechte.    Tempo    und    glaube    der 
Correspondent    diese  Entreprise    umso    sicherer  und  faciler,    wann 
der  Feldmarselia.il     belieben    wollte,    vorher    an    den    Magistrat     in 
corpore    zu  schreiben  und  sie.    ohne    von    allem  Obigen    etwas  zu 
melden,    generaliter  zu  befragen,    wie  sie  sich  nunmehr,  da  unsere 
considerable  Armee  im  Land,    bei  derselben  Annäherung  aufführen 
und  ob  sie  solche  nicht  ebenso  gutwillig,    wie  die  preussische  ein- 
lassen    würden    und     dieses    /war  unter  Vertröstung,    dass    sie  bei 
guter,  wie  schuldiger  Conduite  das  Passierte,  vergessen  machen  und 
die  bisherigen  Prfvilegia  umso  leichter  Allergnädigst   eonfirmiert  er- 
halten können."' 

Die  in  den  ersten  Tagen  des  August  einlaufenden  Nachrichten1) 
kennzeichneten  noch  die  Freude,  mit  der  die  Vorwärtsbewegung 
der  österreichischen  Armee  in  Breslau  begrüsst  wurde.  Die  Corre- 
spondenz  vom  5.  bemerkt:  „Wegen  der  noch  zu  beantworten  im 
Rückstand  gelassenen  Commission  diene  so  viel  gehorsamst  an. 
dass  weder  auf  Deputierte,  noch  schriftliche  Versicherung  zu  hoffen, 
weil  man  allzu  furchtsam,  es  Mehreren,  als  etlichen  Wenigen  zu 
proponieren,  doch  wünscht  man  nichts  mehr,  als  die  gegebenen 
Vorschläge  in' s  Werk  zustellen,  so  soll  der  anverlangte  Effect  auch 
ohne  allen  Zweifel  erfolgen".  Welche  „Commission*'  liier  gemeint 
ist,  Lässt  sicli  nicht  feststellen,  vielleicht  war  es  der  indirect  ausge- 
sprochene Wunsch  des  Armee-Commandanten,  die  Stadtvertretung 
solle  schritt  lieh  die  Besetzung  durch  österreichische  Truppen  verlangen. 
„Auf  das  von  der  Bürgerschaft  abgeschickte  Memorial,  worin 
sie  gegen  die  Steuern   protestieren,   sei    noch    keine  Antwort    erfolgt) 


*)  Vom  5.   and  7.  Augu  I 


424 

hingegen  machten  die  preussischen  Emissäre  denen  bange,  welche 
solches  Memorial  als  Aelteste  der  Zünfte  unterschrieben :  wie  der 
König  (im  Fall  sie  sich  seiner  Intention  nicht  gutwillig  unter- 
ziehen und  ferneren  Ansinnen  allen  Vorschub  leisten  würden)  am 
Leben  strafen  und  über  die  Steuer  noch  ein  Pönale  von  ihnen 
allein  per  100.000  Reichsthaler  abfordern  würde,  verhetzen  die 
Bürgerschaft  gegen  den  Magistrat  und  geben  allen  Anlass  zu 
einer  Empörung  wider  denselben''. 

Am  3.  August  seien  die  Klöster  von  einer  preussischen  Com- 
mission  auf  das  Minutiöseste  durchsucht  worden,  weil  der  Magistrat 
beschuldigt  werde,  als  habe  er  denselben  Waffen  für  5000  Mann  zur 
eventuellen  Vertheidigang  der  Stadt  übergeben.  Der  Bericht  fügt, 
hinzu :  „Auf  solche  Art  wird  die  Neutralität  sehr  garstig  durch- 
Löchert  und  bald  Niemand  mehr  hier  sicher  sein.  Der  Magistrat 
will  dergleichen  Ansinnen  nicht  widerstehen,  um  nicht  Gelegenheit 
zu  mehrerer  Gewalttätigkeit  zu  geben." 

Im  Namslau'-,  Liegnitz'-  und  Glogau'schen  sei  die  Steuer- 
Execution  scharf  im  Gange  und  habe  „das  letzte.  Commando  im 
ersteren  Orte  zwei  Landes-Aelteste  zu  Geiseln  mitgenommen". 

In  den  Vorstädten  Breslaus  hätten  die  österreichischen  Husaren 
am  i.  Angust  Nachts  ein  starkes  preussisch.es  Detachement,  das 
dort  einquartiert  gewesen,  beunruhigt  und  mit  den  ausgestellten 
Posten  einige  Schüsse  gewechselt. 

Vom  8.  August  wurde  noch  ans  Breslau  gemeldet:  „Gestern 
isl  FM.  Schwerin  zu  Pferd,  ganz  unvermuthet  mit  0  Officieivn 
hier  angelangt,  hat  gar  keine  Bagage  mit,  weiss  also  Niemand. 
was  diese  Ankunft  zu  bedeuten.  Es  war  G  Uhr  Abends,  stieg  beim 
Kriegs-Commissariate  im  Ober-Anats-Hause  ab  und  kam  erst  gegen 
9  Uhr  in  sein  Quartier,  wo  sogleich  der  französische  Gesandte  sich 
bei  ihm  einfand  und  bis  gegen  10  Uhr  bei  ihm  blieb.  Gott  gebe 
dass  dieser  Pas  nicht  etwas  uns  sehr  Nachtheiliges  mit  der  Stadt 
Breslau  concerniere,  weil  gestern  auf  königliche  Citation  beide 
Syndici  von  G  u  t  z  m  a  r  und  L  ö  w  e  in's  Lager  abgehen  müssen, 
man  wird  wohl  alles  von  derer,  als  des  Ersteren  Verrichtung  in 
Erfahrung  bringen  und  schuldigst  referieren;  allein  es  ist  ganz 
-icher,  dass  die  Parthei  des  Königs  hier  unter  der  gemeinen  Bürger- 
schaft sehr  zunimmt,  massen  nicht  nur  die  vier  starken  Zünfte, 
als  Kretschmer,  Fleischer,  Bäcker  und  Schuhmacher,  welche  alle 
seither  considerable  Zugänge  gehabt,  ihm  gänzlich  gewidmet  und 
sonder  Zweifel  ebenso  willig,  preussische  Truppen  hereinzulassen, 
als  den  Eid    der  Treue  abzulegen  bereit   wären,     sondern  auch  die 


425 

Emissarii  nickt  nachlassen,  die  sämintliche  Bürgerschaft  wider  den 
Magistrat  aufzuhetzen  und  durch  dergleichen  zu  des  Königs  Vortheil 
Uneinigkeit  zu  erregen.     Ja  es  sind   viele,  die  sehnlieh  preussische 

Truppen  herein  wünschen,  um  sieh  wider  uns  Sicherheit  zu  ver- 
schaffen; doch  sind  die  Honoratiores  und  Potentiorcs  eVwjss  getreu 
und  wünschten  durch  das  Gregentheil  baldigst  erfreut  zu  werden. 
Grott  verhüte  allergnädigst  einen  Tumult,  sonst  ist  es  mit  dem 
kleinen  Häufel  der  treu  Gesinnten  geschehen,  masseu  die  Schmette- 
rungen  wider  unsere  Königin,  deren  Truppen  und  die  Katho- 
liken abermals  sehr  zunehmen."  r) 

König  Friedrich  IL,  dem  die  Haltung  der  Breslauer  Be- 
völkerung, im  Vereine  mit  dem  Auftauchen  der  österreichischen 
Streif-Corps  am  rechten  Oder-Ufer,  unbequem  und  gefährlich  wurde, 
beschloss,  seinen  ,, Feinden  das  Praevenire  zu  spielen  und  durch 
eine  Surprise  und  coup  de  main"  sieh  der  Landeshauptstadt  zu 
versichern. 2) 

FM.  Graf  Schwerin,  der  wie  es  hiess,  an  seiner  bei  Moll  witz 
erhaltenen  schweren  Verwundung  noch  sehr  litt  und  desshalb  nach 
Breslau  gekommen  sei,  hatte  schon  seit  Ende  Juli  vom  König  unter 
ausführlicher  Darlegung  der  Gründe,  welche  ihn  dazu  bestimmten. 
Befehl,  eine  detaillierte  Disposition  zur  Besetzung  Breslaus  vor- 
zulegen.3) 

Es  befanden  sich  damals  an  verfügbaren  preussj sehen  Truppen 
in  der  Landeshauptstadt  nur  2  Bataillone  auf  der  Dom-Insel  und 
in  der  Ohlauer  Vorstadt.  In  der  letzteren  stand  ausserdem  das 
neu  errichtete  Dragoner-Regiment  Nassau,  von  dem  ein  Theil  noch 
anberitten  war.  Zur  Unterstützung  dieser  schwachen  Truppen- 
zahl wurden  4  Grenadier-Bataillone  nach  Breslau  gesandt  und  auch 
das  Detachement  des  Prinzen  Moritz  von  Anhalt,  das  am 
rechten  Oder-Ufer  sich  befand,  herangezogen.  Diese  Truppenkörper 
waren  sämmtlich  am  9.  August  in  den  Vorstädten  eingetroffen 
und  dort  einquartiert  worden.  Die  Gesammtstärke  der  für  die 
Ueberrumpelung  der  Stadt  zusammengezogenen  Kräfte  betrug  etwa 
4500  Mann.  4)  FM.  Schwerin  war  nach   persönlicher  Rücksprache 


')  Iv.  A.,  Schlesien  1741  ;  VIII,  ad  oll.) 

2)  Polit.  Corres|c   I.  Nr.  111. 

:>j  Ebenda.  Die  ,.Disposition  des  FM.  Grafen  Schwerin,  wie  die 
Eintreprise  auf  Breslau,  den  in.  August  in's  Werk  gesetzl  werden  soll"  i-t 
enthalten  in:  „Sammlung  ungedruckter  Nachrichten  etc."  I.  40  u.  f. 

*)  Kriege   Friedrich  .1.  Gr.   II,  IUI. 


426 

am  7.  aus  dem  Hauptquartier,  wie  erwähnt,  nach  Breslau  zurück- 
gekehrt und  hatte  die  Bürgerschaft  über  die  Znsammenziehung 
grösserer  Truppen  in  den  Vorstädten  mit  der  Mittheilung  beruhigt, 
dass  diese  Abtheilungen  bestimmt  seien,  die  Etapenstrassen  Glogau- 
Breslau  und  Sclnveidnitz-Breslau  zu  besetzen. 

Am  !>.  August  wurden  die  Befehle  für  den  folgenden  Tag 
ausgegeben,  der  zur  AVegnahme  der  Stadt  bestimmt  war. 

König  Friedrich  II.  hatte  die  fremden  Gesandten,  um  sie 
während  der  Unternehmnng  von  Breslau  entfernt  zu  halten,  für 
diesen  Tag  in  sein  Hauptquartier  geladen.  Nur  Robinson  und 
Hyndford,  die  am  8.  August  von  dort  zurückgekommen  waren, 
sowie  der  hannoversche  Gesandte  Sch.wich.eldt,  befanden  sich 
in  Breslau. 

Um  51  2  Uhr  Morgens  am  10.  August  rückten  5  Bataillone 
und  die  Cavallerie,  welche  als  zum  Durchmarsch  bestimmt,  dem 
Magistrat  angemeldet  worden,  durch  das  Nicolai-Thor  ein.  Die  an 
der  Queue  dieser  Colonne  marschierenden  Abtheilungen  besetzten 
sofort  die  bei  dem  Thore  befindliche  Wache,  die  Colonne  selbst 
oecupierte  die  Hauptplätze  der  Stadt,  das  Rathhaus  und  das 
Scliweidnitzer  Thor. a)  An  dem  Kreuzungspuncte  wurden  die 
Bataillons-Geschütze  placiert. 

Gleichzeitig  passierten  eine  Anzahl  von  preussischen  Fuhr- 
werken das  Sand-Thor  und  blieben  auf  dessen  Zugbrücken  halten, 
dasselbe  geschah  bei  dem  Ohlauer  Thore.  Da  durch  diese  Wagen- 
Colonne  die  Brücken  oecupiert  waren  und  die  Thore  nicht  geschlossen 
werden  konnten,  so  war  es  den  bereitgestellten  Truppen  ein  Leichtes 
die  städtischen  Thorwachen  zu  entwaffnen  und  in  die  Stadt  einzu- 
dringen, sowie  mit  der  durch  das  Nicolai-Thor  eingedrungenen  Haupt- 
Colonne  in  Verbindung  zu  treten.  Die  Cavallerie  patrouillierte  in- 
zwischen in  dew  Strassen  und  zerstreute  die  Ansammlungen  der 
Bewohner. 

Die  Ueberrumpelung  der  Stadt  war  so  geschickt  in  Scene 
gesetzt  und  so  exaet  durchgeführt  worden,  dass  die  Haupt-Colonne 
bereits  die  wichtigsten  Strassen  d^r  Stadt  besetzt  hatte,  bevor  der 
Stadtmajor  von  Wutgenau,  welcher,  wie  es  in  solchen  Fällen 
Gebrauch  war,  mit  einer  Abtheilung  der  Bürger-Miliz  an  der  Tete. 
die  preussischen  Truppen  durch  die  Stadt  geleitete,  den  Ueberfall 
bemerkte. 


x)  Siehe  den  Plan  von  Breslau,  Tafel  II. 


427 

Nirgends  wurde  Widerstand  versucht. 

Um  1)  Ulir  Vormittags  theilte  FM.  Graf  Schwerin  jjlem  ver- 
sammelten Rathe  mit,  class  die  Neutralität  nun  ein  Ende 
habe  und  im  Namen  des  Königs  die  sofortige  Hul- 
digung und   der  Eid   der  Treue  zu  leisten  seien.1; 

Mit  den  Huldigungen  wurde  in  den  nächsten  Tagen  fort- 
gefahren und  dieselben  fanden  nur  bei  der  katholischen  Geist- 
lichkeit, besonders  den  Mitgliedern  des  Domcapitels  und  des  Colle- 
giatstiftes  zum  Heiligen  Kreuze,  vom  Dom,  Widerstand,  wesshalb 
sie,  nachdem  eine  ihnen  gewährte  Bedenkzeit  von  14  Tagen  ab- 
gi •  Laufen  war,  auf  Befehl  König  JPriedric h's  II.  bim Len  48  Stui iden 
Breslau  und  Nieder-Schlesien  verlassen  mussten.  Ihre  Besitzungen 
und  Einkünfte  wurden  sequestriert.  -') 

Zum  Gouverneur  der  Stadt  ward  GL.  von  der  Marwitz 
ernannt. 

Der  Bürgerschaft  wurden  die  Gewehre  abgenommen,  die  Stadt- 
Miliz  musste  dem  Könige  von  Preussen  schwören. 3)  An  Kriegs- 
geräth  wurden  338  Geschütze,  7000  Gewehre  und  zahlreiche  Muni- 
tion vorgefunden.  An  die  Spitze  des  Magistrats  wurde  der  preussische 
Kriegsrath  Bloch  m  a  n  n  gestellt. 

Die  Breslauer  städtische  Selbstherrlichkeit  hatte  damit  ein  Endet 

In  den  nächsten  Tagen  nach  der  Einnahme  Breslaus  wurde 
dem  Könige  von  Prenssen  auf  dessen  Befehl  auch  in  Ohlau,  Liegnitz 
und  Schweidnitz  von  Geistlichen  und  Weltlichen  beider  Confes- 
sionen  gehuldigt  und  weil  die  Magistrats-Beamten  sich  zum  Theile 
weigerten,  den  Amtseid  zu  leisten,  zum  Theile  dem  Könige  seil  ist 
missliebig  waren,  so  wurden  ihre  Si  eilen  durch  Andere  besetzt, 
auch  überall  der  kaiserliche  Adler  mit  dem  preussischen  ver- 
tauscht. 

Am  nächsten  Sonntage  wurde  ein  Huldigungs-  und  Dankfest 
in  den  katholischen  und  evangelischen  Kirchen  anbefohlen,  das 
Kirchengebet  nicht  mehr  für  Maria  Theresia,  sondern  für  den 
König  von  Preussen  gehalten,  wie  denn  auch  FM.  Schwerin  die 
nach  dem  Tode  Kaiser  Carl  VI.  noch  fortdauernde  Trauer  ab- 
gestellt hatte. 


')  Grünhagen,  Friedrich  d.  Gr.  und  die   Breslauer,   177. 

2)  Stenzel,  Geschichte  des  preuss.  Staates   IV.   L54. 

:|)  Aus  ihr  wurde  ein  neues  Garnisons-Regiment  gebildet  und  zu  dessen 
Commandanten  der  bisherige  Stadt-Commandant  Oberst  von  Rampus»  h 
ernannt . 


428 

Bald  darauf  wurde  die  Accise  in  den  Städten  des  Herzog- 
thums  Nieder-Schlesien,  wie  in  den  andern  preussischen  Ländern, 
eingerichtet.  So  zeigte  sich  König  Friedrich  II.  in  jeder  Be- 
ziehung völlig  entschlossen,  mindestens  Nieder-Schlesien  zu  be- 
haupten, er  sah  es  bereits  als  eine  seiner  Provinzen  an.1) 

Die  nach  Breslau  gezogenen  Truppen  rückten  in  den  nächsten 
Tagen  wieder  in  das  Lager  von  Strehlen  ab,  wohin  auch  2  Esca- 
dronen  des  Dragoner  -Regiments  Nassau  beordert  wurden.  Für 
Breslau  wurde  die  Garnison  mit  3  Bataillonen  und  einem  Theile 
i\^s  Nassau'schen  Dragoner-Regiments  bestimmt. 

Mit  der  preussischerseits  erfolgten  definitiven  Besitzergreifung 
Breslaus  war  der  Sache  der  Königin  Maria  Theresia  ein  schwerer 
Schlag  zugefügt  worden,  der  zu  vermeiden  gewesen  wäre,  wenn  die 
dem  Namen  nach  alliierten  Mächte  ihre  Versprechungen,  bezüglich 
des  Beginnes    der  Operationen    am  22.  Juli,    eingehalten    hätten. 2) 

Man  hat  häufig  die  Bewegungen  des  FM.  Grafen  Neipperg 
Anfangs  August  mit  Einverständnissen,  welche  derselbe  in  der 
Landeshauptstadt  gehabt  haben  soll,  in  Zusammenhang  gebracht. 
Aus  den  Acten  lässt  sich  eine  derartige  wirkliche  Verbindung 
indessen  nicht  nachweisen.  Die  Vorwärtsbewegung,  welche  Graf 
Neipperg  am  1.  August  begann,  geschah,  wie  aus  dessen 
Correspondenz  ersichtlich  ist,  auf  Wunsch  des  Hofes  und  auch 
aus  seiner  eigenen  Ueberzeugung ;  sie  geschah  noch  in  der 
Eoffnung  auf  das  eventuelle  Eintreten  anderer  Mächte  für  das 
Recht  und  die  Interessen  der  Königin.  Hätte  die  Gunst  der  Um- 
stände gestattet,  eine  Unternehmung  gegen  Breslau  in  das  Werk  zu 
setzen,  so  würde  FM.  Graf  Neipperg,  besonders  da  ihm  durch 
seinen  Breslauer  Correspondenten  bekannt  war,  dass  ein  Theil  der 
Bevölkerung  dieselbe  wünsche,  eine  solche  gewiss  nicht  unterlassen 
haben.  Das  im  Juli  an  das  rechte  Oder-Ufer  entsendete  Streif-Corps 
hatte  wohl  auch  mittelbar  den  Zweck,  in  dieser  Richtung  zu  wirken. 

Als  König  Friedric h  IL  E  n  d  e  Juli  dem  FM.  Grafen 
Schwerin  den  Befehl  ertheilte,  ihm  eine  Disposition  zur 
Besetzung  Breslaus  vorzulegen,  wusste  er  von  der  österreichischen 


')  Stenzel,  Geschichte  des  preuss.  Staates.  A.  a.  O. 

2j  „Man  schreibt  mir  von  Maynz,  dass  die  französischen  Truppen  Ordre 
erhalten,  Halt  zu  machen,  vermuthlich  weil  der  auf  dem  22.  passato  gestellte 
Operations-Plan  nicht  executiert  worden.  Wann  solcher  befolget,  würde  Breslau 
nicht  verloren  gegangen  sein."  (L  e  n  tu  1  u  s  au  Seckendo  r  ff.  Peterwitz. 
16.  August  1741;  K.  A.,  Schlesien  1741;  XIII,  12  t.) 


429 

Vorrückung,    die   ja    am    1.    August     erst    begann,    noch    nichts; 

er   mag    aber    befürchtet   Laben,    dass    die    am    rechten    Oder-Ufer 
befindlichen    österreichischen    leichten    Truppen,     unterstützt    von 
der,    ihrer    Königin    treugebliebenen    Bevölkerung,    wenn    sich 
ein    unternehmender    und    energischer  Mann    in  Breslau    an    deren 
Spitze    stellte,    die    Stadt     zu    besetzen    suchen    könnten.     Es    isi 
kaum  ein  Zweifel,  dass  ohne  die  tausenderlei  Rücksichten,   welche 
de]-  Magistrat  auf  das  Besatzungsrecht  der  Stadt  nahm,  dies  durch- 
führbar und  möglich  gewesen  wäre.     Denn  trotz  der  Schlacht    bei 
'  Mollwitz  stand  eine  Wohl  ausgerüstete  und  schlagfertige  österreichi- 
sche Armee  wieder  im  Felde.  Deren  Streifpartheien  beunruhigten  das 
preussische  Lager,  unterbrachen  die  Verbindungen  und  fiengen  die 
Couriere  ab;  selbst  jenseits  der  Oder  bis  Namslau,  bis  an  die  Thore 
und  in  die    Vorstädte    Breslaus    streiften   Abtheilungen    der  öster- 
reichischen Truppen.  Die  Ueberlegenheit  in  den  kleineren  Gefechten 
Wiir  meist    den  Letzteren  geblieben.  Auf  den  ungewissen  Ausgang 
einer  Schlacht  es  jetzt,  wo  französische  und  bayerische Heere  schon 
den  österreichischen  Grenzen  sich  näherten,    ankommen  zu  lassen, 
blieb  für  den  König  von  Preussen  ein  unsicheres  Spiel.  Er  konnte 
sich  daher  des  ungestörten  und  sicheren  Besitzes  des  von  ihm  in  den 
Verhandlungen  so  scharf  betonten  „Nieder-Schlesien  mit  Breslau" 
durchaus  nicht  rühmen.    Das  Land  beherrschten  beinahe  mehr  die 
österreichischen  leichten  Reiter,  als  die  preussische  Armee;  Breslau 
aber,    auf   dessen  Besitz    so    sehr    gerechnet    wurde,  konnte    durch 
eine  glückliche  Unternehmung  den  österreichischen  Truppen  jedes 
Augenblick  in  die  Hände  fallen. 

Diesem  Zustande  machte  die  gewaltsame  und  dabei  mühelose 
Besitzergreifung  der  Landeshauptstadt  allerdings  ein  Ende. 

Es  wird  auch  angeführt,  dem  König  sei  ein  Brief  des  Stadt - 
Syndicus  Gutzmar  an  FM.  Graf  Neip per g  in  die  Hände  ge- 
fallen, welcher  die  Aufforderung  enthalten  habe,  des  Nachts  vor 
I  n  eslau  zu  rücken,  man  werde  dann  schon  Mittel  finden,  die  Truppen 
hereinzubringen.  ]) 

Dies  ist  möglich,  besonders  da  laut  einer  Mittheilung  dr> 
Grafen  Johann  Henckel  in  Prag  an  FM.  Graf  Neipperg,  vom 
29.  Juli  Abends,  die  Post-Packete  auf  dem  Wege  von  Breslau  nach 
Wisse  öfter  erbrochen  worden  sein  sollen.-; 

l)  Grünhangen,  Friedrich  der  Grosse  und  diu  Breslauer  in  den 
Jahren  1740  and  1741,  161. 

"']•■••  ,,oijiig»;  l'ostiugu  lief  die  Ordinari-Paquel  von  Breslau  auf  dem 
Weg    von    dannen     bis    Neisse    eröffnet,    auch    verschiedene     Briefe    heraus- 


430 

Dagegen  kann  constatiert  werden,  dass  in  den  sehr  genau 
geführten  Verzeichnissen  der  in  der  Neipperg'schen  Feld-Kanzlei 
eingelaufenen  Correspondenzen  sich  kein  einziges  Schreiben  einer 
Magistrats-Person  vorfindet.  x) 

Ob  endlich  der  an  das  rechte  Oder-Ufer  entsendete  Oberst 
Baron  Trips  Weisungen  hatte,  ein  Einverständniss  in  Breslau 
anzubahnen,  eventuell  dort  einzurücken,  ist  aus  dem  Acten-Materiale 
heute  nicht  mehr  aufzuhellen,  erscheint  übrigens  auch  unwahr- 
scheinlich, da  der  genannte  Oberst  bereits  am  "2.  August  zur 
Haupt-Armee  einberufen  wurde  und  die  am  rechten  Oder-Ufer 
zurückbleibenden  Kräfte  für  einen  Handstreich  auf  Breslau  viel  zu 
schwach  waren.  Jedenfalls  wäre  die  Durchführung  eines  derartigen 
Unternehmens  auch  nur  mit  Hilfe  einer  energischen  und  einfluss- 
reicheii  Person  und  gewandter  Agenten  in  Breslau  selbst  möglich 
gewesen. 


genommen  worden,  muthmasslich  vom  Feind;  wo  aber  und  bei  welchen  Sta- 
tionen, vielleicht  gar  an  sicheren  Orten  zwischen  Wegs  derlei  geschehen, 
solches  ist  mir  unbekannt,  weil  die  mitlaufenden  Stundenzette]  nichts  davon 
melden,  muthmasslich  derlei  den  Postmeistern  bei  Lebensstraf  verboten  sein 
nmss.  da  anderen  Falls  der  Postmeister  Pflichtschuldigkeit  wäre,  derlei  dem 
allgemeinen  Dienst  zuwiderlaufende  höchst  nachtheilige  Violierung  in  dem 
Stundenzettel  anzumerken."  (K.  A.,  Schlesien  1711,  VII,  52 V».) 

l)  Consignation  des  Feld-Kriegs- Secretärs  Groll  er.  (Grärl.  Neipperg'sches 
Archiv.) 


Die  Lagerstellungen  bei  Frankenstein. 


Am  14.  August  hatte  die  österreichische  Armee  ihr  bisheriges 
Lager  bei  Baumgarten  mit  einer  anderen  Stellung  in  der  G-egend 
zwischen  Frankenstein  und  Peterwitz  vertauscht. 

Für  den  15.  waren  schon  die  Befehle  zum  Marsche  auf 
Reichenbach  ausgegeben,  die  Bewegung  von  den  Truppen  bereits 
theilweise  angetreten  worden,  als  in  letzter  Stunde,  auf  die  irrige 
Meldung  von  dem  Anrücken  der  Preussen,  der  AVeitermarsch  sistiert, 
die  Lagerstellung  wieder  bezogen  und  bis  21.  August  besetzt  ge- 
halten wurde. 

König  Fr  ied  rieh  IL  hatte  am  11.  August  die  Einnahme  von 
Passau  durch  die  bayerischen  Truppen  erfahren  und  dem  Ohur- 
fürsten  Carl  Albert  seine  Freude  darüber  ausgedrückt,  so  wie 
auch  betont,  dass  er  ihn  von  diesem  Tage  an  als  seinen  Verbün- 
deten betrachte.  Um  den  Churfürsten  vor  einer  Diversion  sicher- 
zustellen, die  er  vuii  Seiten  N  eip  p  er  g's  befürchte,  habe  er  sich 
der  Stadt  Breslau  bemächtigt,  was  ihm  nunmehr  die  Vorwärts- 
bewegung erleichtere  und  die  Möglichkeit  gewähre,  seine  Operationen 
sowohl  auf  die  Einnahme  von  Neisse,  als  jene  von  Glatz  zurichten. 
Zu  diesem  Zwecke  werde  er  sich  in  einigen  Tagen  gegen  die 
Neisse  bewegen  und  die  äussersten  Anstrengungen  machen,  um  den 
Churfürsten  von  den  gemeinsamen  Feinden  zu  befreien.1) 

Vier  Tage  später  theilte  er  jedoch  dein  altenFürsten  L  e  o  |>  0  1  d 
v<>n  Anhalt  mit,  dass  er  gar  nicht  daran  denke,  sieh  mit  dem 
feinde  einzulassen,  er  werde  ,, keine  andern  Mouvenients  machen, 
als   welche  die  Umstände  und  die  höchste  Nut  hwetidigkcit  erfordern". 


V)  Polit.  Corresp.  I,  Nr.  455. 


432 

zu  welchem  Zwecke  er  mit  der  Armee  noch  einige  Tage  im  Lager 
bei  Strehlen  bleiben  werde,  ausser  die  Bewegungen  Neipperg's 
zwängen  ihn  zu  andern  Massregeln. T) 

Neipperg's  Marsch  über  die  Neisse  und  die  Nachricht, 
welche  man  im  preussischen  Hauptquartier  inzwischen  erhielt,  dass 
die  österreichische  Armee  bei  Baumgarten  stehe,  Hessen  jedoch 
den  Vormarsch  derselben  gegen  die  preussische  Armee  vermuthen 
und  in  Folge  dessen  entschloss  sich  König  Friedrieh  II.,  den 
Angriff  derselben  stehenden  Fusses  zu  erwarten. 

Die  bei  Alt-Heinrich.au  befindliche  Abtheilung  war  schon  am 
13.  August  wieder  in  das  Lager  bei  Strehlen  gezogen  worden;  nun 
wurden  auch  die  übrigen  Detachements  einberufen,  die  grosse 
Bagage  und  die  Kranken  nach  Breslau  geschickt.  Am  16.  August 
wurde  ein  neues  Lager  bezogen,  da  das  bisherige  gegen  einen 
eventuellen  Angriff  von  Nimptsch    her  nicht  geeignet  erschien. 

Der  rechte  Flügel  stand  in  der  Gegend  östlich  von  Seegen, 
der  linke  südwestlich  von  Strehlen.  Diese  Aufstellung  gewährte 
den  Vortheil,  class  aus  ihr  ein  Abmarsch  nach  der  Schweidnitzer 
Gegend  leichter  zu  bewerkstelligen  war,  dessen  Notwendigkeit 
eintreten  konnte,  wenn  FM.  Graf  N  eipp  er  g  dem  directen  Angriff 
etwa  die  Umgehung  und  die  Bedrohung  der  Magazine  in  Sohweid- 
nitz  vorzog.  Am  20.  August  jedoch  wurde  dies  Lager  wieder  ver- 
lassen, wohl  auf  Grund  der  eingelaufenen  Nachrichten,  dass  GFWM. 
Festetics  mit  1000  Husaren  in  die  Gegend  von  Schweidnitz 
aufgebrochen  sei.  Schon  am  1!J.  August  war  eine  Avantgarde  aus 
5  Grenaclier-Batail Ionen  und  einem  Infanterie-Regiment  unter  Gener; \\ 
Kalckstein  bis  Kothsehloss  gerückt,  der  am  Abend  die  Artillerie 
gefolgt  war:  am  20.  rückte  die  Avantgarde  bis  Langen-Seifersclorf, 
die  Armee  folgte  in  vier  Coloimen  und  bezog  Lager  nördlich  von 
Lauterbach.  General  G  e  s  s  1  e  r  recognoscierte  mit  den  Husaren 
gegen  Reichenbaeh,  von  wo  er  Abends,  ohne  auf  österreichische 
Truppen  gestossen  zu  sein,  zurückkehrte.  König  Friedrich  H. 
trat,  nachdem  er  in  Strehlen  ein  kleines  Detachement  zurück- 
gelassen, mit  42  Bataillonen,  83  Escadronen,  99  Geschützen,  im 
Ganzen  etwa  37.000  Mann  den  Marsch  an.  2) 

Am    21.  August    rückte    er    in    fünf  Goloiinen,    die    Artillerie 
in    der   Mitte,    die    Infanterie    auf    den  Flügeln,    in    ein    nördlich 


')  Kriege  Friedrich  d.  Gr.  II.  111. 

vi  Kriege  Friedrich  d.  Gr.  II,  114  u.  ff. 


i:;:; 

Reichenbach  gelegenes  Lager,  entsendete  zwei  Grenadier-Bataillone 
nach  Faulbrück  und  Schwengfeld,  um  Verbindung  mit  Schweidnitz 
zu  halten ;  die  Ortschaften  G-üttmansdorf,  Olbersclorf  und  Berthols- 
dorf  wurden  mit  Infanterie  besetzt. 

Die  Bewegungen  der  preussischen  Armee  waren  von  den 
leichten  Truppen  der  österreichischen  nicht  nur  beobachtet,  sondern 
deren  Marsch  auch  beunruhigt  worden,  wobei  die  Husaren  wieder- 
holt in  die  Bagage-Colonne    einbrachen  und  auch  Beute    machten. 

Auf  die  Nachricht,  dass  diePreussen  bei  Lauterbach  am  20.  August 
Lager  bezogen  hätten,  waren  die  zur  Beobachtung  am  Feinde  be- 
findlichen Husaren-Commanden  verstärkt  worden  und  am  21.  August 
Hess  N  e  i  p  p  e  r  g  die  Armee  in  eine  Stellung  südlich  von  Franken- 
stein rücken,  wo  in  Gefechtsordnung  aufmarschiert  wurde.  Der 
rechte  Flügel  lehnte  sich  an  Frankenstein,  der  linke  an  eine 
Anhöhe.  Ueber  den  Pause-Bach,  der  im  Rücken  der  Stellung  lag, 
musste  jedes  Regiment  zwei  Brücken  herstellen  lassen. 

Da  man  einen  Angriff  der  Preussen  vermuthete,  Hess  der 
Armee-Commandant  in  Schlachtordnung  lagern.  Das  Hauptquartier 
kam  am  Nachmittage  dieses  Tages  nach  Tarnau,  das  von  den 
croatischen  Truppen  besetzt  ward. 

In  dieser  Stellung  blieb  die  Armee  gefechtsbereit  auch  am 
folgenden  Tage. 

Einige  Veränderungen  bei  der  Generalität  waren  inzwischen 
eingetreten.  GFWM.  Ghylänyi  war  am  21.  im  Hauptquartier 
angelangt. 

Der  bisherige  Commandant  des  Liechtenstein'schen  Dragoner- 
Regiments,  Oberst  L  o  c  a  t  e  1 1  i,  war  zum  General-Feldwachtmeister 
befördert  worden,  in  der  Dienstleistung  aber  bei  der  Armee  ver- 
blieben, der  gleichfalls  zum  General  vorgerückte  bisherige  Oberst 
des  Podstazky'schen  Cürassier- Regiments,  Graf  Olivieri,  da- 
gegen zum  Corps  in  Böhmen  bestimmt  worden. 

FML.  Graf  Linden  hatte  in  AVien  die  Bestimmung  zur 
schlesischen  Armee  erhalten;  FML.  Graf  Mercy  d'Argenteau. 
dem  die  Königin  das  Regiment  Alt-Daun  verliehen  hatte,1) 
wollte  vor  seiner  Rückreise  von  Wien  nach  Italien  sein  neues 
Regiment   besichtigen    und  war    am  10.  August    im    Hauptquartier 

x)  Infanterie-Regiment  Nr.  56  Leopold  Graf  Daun.  Nach  dem  im  Jahre 
1741  erfolgten  Tode  des  Inhabers  Grafen  Wirich  Daun  erhielt  FML.  Graf 
Mercy   d'Argenteau   das  Regiment. 

Oesterreichisoher  Erbfolgekriog.  IL  Bd.  28 


434 

zu   Baumgarten    angekommen.     Er    überbrachte    einen    Brief    des 
Grossherzogs  an  den  FM.  Grafen  Neipperg.1) 

Als  Mercy  nach  Wien  zurückkehrte,  gab  ihm  FM.  Graf 
Neipperg  mündliche  Aufträge  und  ein  Schreiben  für  den  Gross- 
herzog mit. 

Er  verlangte  unumwunden,  dass  man  endlich  einen  Entschluss 
fasse,  um  entweder  den  Krieg  mit  zuverlässigen  Alliierten  fortzu- 
setzen oder  durch  einen  Federzug  denselben  zu  beenden.  England 
wrerde  nie  als  Alliierter  zu  betrachten  sein,  wenn  man  sich  nicht 
mit  dem  König  von  Preussen  zu  vergleichen  wisse,  der  Schlesien 
nicht  mehr  aufgeben  wolle;  es  bleibe  dabei  übrigens  noch  sehr  in 
Frage,  ob  eine  Vereinbarung  möglich  sei,  so  lange  der  König  im 
Einvernehmen  mit  Frankreich  und  Bayern  handle.  Dann  scheine 
die  grössere  Aussicht  eine  Auseinandersetzung  mit  Frankreich  zu 
bieten.  Schliesslich  erbat  Graf  Neipperg  präcise  Befehle:  man 
müsse  in  Wien,  meinte  er,  wissen,  ob  man  in  Schlesien  Alles  ein- 
setzen oder  temporisieren  wolle.  2j 

Von  dem  am  rechten  Oder-Ufer  befindlichen  Kittmeister 
Schreger  von  Dessewffy -Husaren  gieng  im  Hauptquartier  ein 
Bericht  vom  19.  August  aus  Oppeln  ein,  worin  er  meldet,  dass  er 
am  10.  von  Namslau,  wo  die  preussische  Besatzung  sich  stark 
verschanze,  gegen  die  Oder  marschiert  sei  und  am  11.  zwischen 
Breslau  und  Ohlau  24  mit  Brod,  Korn,  Mehl  und  Heu  beladene 
Schiffe  theils  verbrannt,  theils  versenkt  habe.  Am  12.  sei  er  nach 
Wartenberg  gerückt,  in  welcher  Gegend  er  noch  einige  Beute  an 
Geld  und  Uniformtüchern  gemacht  habe.  An  die  Oder  am  14. 
zurückgekehrt,  habe  er  zwischen  Ohlau  und  Breslau  wieder  9  mit 
Proviant  beladene  Schiffe  ruiniert  und  versenkt.  Er  sei  dann,  da 
die  Pferde  zu  stark  fatigiert  waren,  nach  Oppeln  zurückgegangen, 
um  seine  Mannschaft  und  Pferde  dort  einige  Tage  rasten  zu  lassen. 

Der  in  Alt-Grottkau  stehende  Oberstlieutenant  Barköczy 
war  von  dort  gegen  Wansen  gerückt,  hatte  aber  keine  Gelegen- 
heit gefunden,  dem  Feinde  Schaden  zu  thun.  Er  liess  jedoch  eine 
starke  Abtheilung  unter  einem  Rittmeister  in  Wansen  zurück,  die 
nach  dem  Abmarsch  der  preussischen  Armee  aus  dem  Lager  bei 
Strehlen    über  die    Ohlau   gieng   und  in  der  Nacht  10  Wagen  mit 


:)  Derselbe  ist  abgedruckt  in  „Mittheilungen  des  k.  und  k.  K.  A."  N.  F. 
1891  V,  252. 

-)  Neipperg  an  den  Grossherzog,  Peterwitz,  16.  August  1741.  (K.  A., 
Schlesien  1741 ;  VIII,  46.) 


435 

Körnerfrucht   und    eine     Officiers-Kalesche    dem    Feinde    abnahm, 
sowie  9   Gefangene  einbrachte. 

König  Friedrich  II.  unternahm  am  23.  August  mit  8  Gre- 
nadier-Bataillonen, 3  Dragoner-Regimentern,  10  Geschützen  und 
sämmtlichen  Husaren  und  Uhlanen  eine  Recognoscierung.  Die 
Avantgarde  dieses  Corps,  aus  300  Husaren  unter  Oberst  von 
Malachowski,  stiess  bei  Habendorf  auf  die  österreichisch en 
Vortruppen  unter  Oberstwachtmeister  Graf  K  a  1  n  o  k  y,  welcher 
eine  fingierte  rückgängige  Bewegung  bis  Rosenbach  machte. 
Hier  kehrte  er  mit  200  Pferden  um,  attaquierte  die  preussi- 
sche  Avantgarde.  50  preussische  Husaren  blieben  bei  diesem 
Angriff  auf  dem  Platze  und  47  wurden  gefangen.  Gleichzeitig 
liess  GFWM.  Ghylänyi,  welcher  mit  dem  Gros  der  Vor- 
truppen  unter  Oberst  Trips  bei  Schönheide  stand,  zur  Attaque 
blasen  und  ungeachtet  des  starken  feindlichen  Geschützfeuers 
musste  die  feindliche  Cavallerie  dem  vehementen  Angriffe  weichen. 

Als  FM.  Graf  Neipperg  auf  dem  Gefechtsfelde  anlangte, 
konnte  man  die  preussische  Infanterie  im  Rückmärsche  bemerken, 
preussische  Husaren  und  Uhlanen  plänkelten  jedoch  mit  den 
österreichischen  Husaren  noch  im  Gelände. 

Da  langte  GFWM.  Baranyai  noch  mit  700  Husaren  an 
und  trieb  die  preussische  Cavallerie  zurück.  Der  commandierende 
General  konnte  von  den  Höhen  das  preussische  Lager,  das  mit 
dem  rechten  Flügel  sich  an  Reichenbach  lehnte,  mit  dem  linken 
sich  gegen  Nimptsch  zu  ausdehnte,  deutlich  wahrnehmen  und  ritt 
von  seinem  Beobachtungspuncte  von  Habendorf  über  Rosenbach, 
Schönheide  und  Olbersdorf  wieder  ins  Hauptquartier,  wohin  100 
Gefangene  gebracht  wurden.  Der  österreichische  Verlust  betrug 
etwa  20  Mann.  Der  Armee-Commandant  nahm  Anlass,  die  Führung 
des  GFWM.  Ghylänyi  ausserordentlich  zu  beloben  und  den 
ungarischen  National-Husaren-Regimentern  die  vollste  Anerkennung 
auszusprechen.  r)  Das  Gefecht  hatte  bis  Mittag  gewährt,  den  Zweck, 
Einsicht  in  die  österreichische  Stellung  zu  erhalten,  hatte  König- 
Friedrich  nicht  erreicht. 

Die  österreichischen  Truppen  hatten  bisher  en  ordre  de  bataille 
campiert,  am  25.  August  wurde  wieder  ein  Lager  ausgesteckt,  das 


J)  Neipperg    an    den  Grossherzog    und  FM.  Graten    Pälft'y,    ddto. 
Tarnau,  25.  August.  (K.  A.,  Schlesien  1741 ;  VIII,  58  und  59.) 

28* 


436 

erste  Treffen  gegen  Olbersdorf  vorgeschoben,  das  zweite  mit  dem 
rechten  Flügel  an  Frankenstein  gelehnt,  die  Cavallerie  des  Corps 
de  reserve  lagerte  in  der  rechten  Flanke. 

Der  xArmee-Commandant  hatte  schon  am  22.  August  aus  dem 
Hauptquartier  Tara.au  dem  Grossherzoge  über  die  militärische 
Situation  berichtet,  auch  die  Veränderung  seiner  Stellung  bei 
Peterwitz  damit  motiviert,  dass  dieselbe  nicht  günstig  gewesen  sei, 
dann  aber  hinzugefügt,  dass  er  fest  entschlossen  sei,  „den  Feind, 
wofern  er  uns  zu  attaquieren  kommen  wollte,  standhaft  zu  erwarten, 
denn  denselben  in  einem  coupierten  Lande  aufzusuchen  und  anzu- 
greifen, fände  er  nicht  rathsam,  da  derselbe  mit  einer  sehr  zahl- 
reichen Artillerie  versehen,  auch  an  Infanterie  weit  überlegen  sei 
und  überdies  meistens,  ohne  sich  zu  zertheilen,  beisammen  bleibe. 
Es  komme  daher  zuerst  darauf  an,  was  der  König  von  Preussen 
nunmehr  vor  die  Hände  nehmen  dürfte." 

Die  glatzisch'-  und  böhmischen  Grenzen  werde  er  möglichst 
vor  jedem  Ueberfall  oder  Einbruch  zu  bewahren  suchen.  r) 

Der  Grossherzog  von  Toscana  hatte  auf  das  ihm  durch 
FML.  Graf  Mercy  überbrachte  Schreiben  Neipperg's  am 
23.  August  aus  Pressburg  geantwortet,  ,,dass  der  Armee-Comman- 
dant  vollständig  recht  habe,  nichts  zu  hazardieren  und  im  Augen- 
blick weniger  als  jemals  aus  vielen  Gründen,  die  er  dein  Papier 
nicht  anvertrauen  könne.  Das  Feuer  entzünde  sich  gegenwärtig 
überall  und  der  Churfiirst  von  Bayern  schlage  einen  so  hohen  Ton 
an,  dass  es  schwer  sein  werde,  ihn  zufriedenzustellen,  denn  er  wolle 
Alles  und  verlange  es  als  Recht,  aber  was  das  Schlimmste  sei, 
dass  er  Truppen  habe,  die  Frankreich  ihm  beistelle,  um  sich  ihrer 
nach  seinem  Willen  zu  bedienen,  es  versichere  zwar,  dass  es  der 
Königin  nicht  übel  wolle,  dass  es  aber  verpflichtet  sei,  ihm  diese 
Anzahl  von  Truppen  zu  seiner  freien  Verfügung  zu  liefern"'.  „Ich 
glaube,  Sie  verstehen  diese  Art  zu  reden  und  zu  handeln  und 
Gott  weiss,  was  wir  noch  zu  thun  genöthigt  sein  werden,  um  diesen 
Strom  (ce  torrent)  aufzuhalten.  Also  Ihrerseits  wird  es  gut  sein, 
noch  ein  wenig  in  statu  quo  zu  bleiben,  um  zu  sehen,  welchen 
Entschluss  der  Königin  zu  fassen  gefallen  wird." 

,,Es  ist  das  sehr  traurig,  obwohl  ich  glaube,  dass  Robinson 
noch  eine  Reise  machen  wird  und  es  besser  ist,  einen  Arm,  als  den 
ganzen  Körper  zu  verlieren.  Ich  glaube,  Sie  verstehen  mich.  Gott 
weiss,    was    das    in   jeder  Hinsicht    kostet,    aber    wenigstens    wird 


»)  K.  A.,  Schlesien  1741 ;  VIII,  52. 


137 

Frankreich  nicht  so  leicht  zum  Ziele  seiner  verderblichen  Anschläge 
gelangen,  das  auf  nichts  weniger  ausgeht,  als  Alles  zu  zertrümmern. 
"Wenn  Robinson's  Reise  gut  ausgeht,  würden  Sie  wohl  Böhmen 
noch  in  v diesem  Jahre  sehen  können.  Wenn  Sie  mir  auf  diesen  Brief 
antworten,  adressieren  Sie  an  Toussaint, x)  denn  dies  Schreiben  ist 
nur,  um  Sie  von  dem,  was  in  der  Welt  vorgeht,  zu  benachrichtigen." 
,, Obwohl  wenig  Anschein  zum  Gelingen  da  ist,  arbeiten  wir 
auch,  um  zu  versuchen,  uns  mit  Bayern  und  Frankreich  auszu- 
gleichen,  aber  ich  zweifle  daran."  2) 

Aus  Tarnau  beauftragte  Graf  Neipperg  den  Rittmeister 
Schreger  in  Oppeln,  er  solle  unausgesetzt  thätig  sein,  den  Preussen 
die  Zufuhren  zu  Wasser  und  zu  Lande  zu  erschweren.  Die  Croaten 
möge  er  in  Oppeln  lassen,  da  sie,  nach  seiner  Anzeige,  den  Husaren 
nicht  folgen  könnten. 

Auch  Oberstlieutenant  Barköczy  in  Alt-Grottkau  erhielt 
Befehl,  gegen  die  Strassen  Schweidnitz-Breslau  und  Ohlau-Breslau 
vorzugehen,  um  die  Convois  aufzuheben. 

In  den  letzten  Tagen  des  August  fiel  nichts  Wesentliches 
zwischen  den  beiden  sich  gegenüberstehenden  Armeen  vor.  Die 
österreichische  Armee  erhielt  eine  etwas  geänderte  Ordre  de  bataille. s) 

Am  29.  August  bestätigte  Graf  Neipperg  dem  Grossherzoge 
den  Empfang  der  am  23.  August  aus  Pressburg  an  ihn  gerichteten 
Weisung,  „nichts  zu  hazardieren"  und  fügte  bei,  dass  er  dieselbe  so 
lange  pünctlich  befolgen  werde,  bis  er  nicht  andere  Befehle  vom 
Grossherzog  erhalte  und  im  Falle  der  Feind  ihn  nicht,  wozu  es  nach 
dessen  bisherigem  Vorgehen  übrigens  nicht  den  Anschein  habe, 
nöthige,  aus  seiner  Reserve  herauszutreten.  Er  wiederholt  dabei, 
dass  wohl  nichts  übrig  bleiben  werde,  als  sich  mit  Preussen  zu 
vergleichen.  Wenn  Samuel  Seh  mettau  wirklich  nach  Bayern 
gesendet  worden  sei,  „dann  bringe  weder  Robinson,  noch  sonst 
Jemand  den  König  von  Preussen  vom  Bunde  mit  Frankreich  und 
Genossen  ab.4)     Neipperg  meldete  noch,    dass  die  Preussen  die 


J)  Cabinets-Secretär  des  Grossherzogs. 

-i   Gräflich  Neipperg'sches  Archiv. 

•i  Anhang  LVI. 

4)  Seh  mettau  war  schon  am  27.  Juli  von  Strehlen  nach  München 
in  geheimer  Sendung  abgegangen.  Hauptzweck  seiner  Mission  war,  den  Chur- 
fürsten  zu  bestimmen,  seine  Operationen  nicht  gegen  Böhmen,  sondern  direct 
•jvovn  Wien  zu  richten.  Vergl.  Polit.  Corresp.  I.  Nr.  437  und  dessen  Instruction. 


438 


Stadt  Nimptsch  mit  einem  Detachement  besetzt  hätten,  dem  An- 
scheine nach,  aus  Rücksicht  für  die  Deckung  ihrer  von  Breslau 
kommenden  Convois.  rj  In  der  Infanterie  der  eigenen  Armee  kämen 
seit  etwa  14  Tagen  häufige  Desertionen  vor,  die  Mehrzahl  dieser 
Leute  giengen  nach  Böhmen  und  Mähren  zurück. 2) 

Aus  letzterer  Ursache  hatte  der  Armee-Oommandant  sich  auch 
bemüssigt  gefunden,  am  28.  August  sehr  scharfe  Erlässe  an  die 
Stadt  Reichenbach  und  deren  Bezirk,  sowie  auch  an  Münsterberg, 
Frankenstein,  Nimptsch,  Silberberg,  nebst  ihren  Bezirken  zu  richten, 
worin  ausgeführt  ist,  dass  die  bisher  sehr  geringfügige  Desertion, 
seit  die  Armee  in  diesen  Gegenden  stehe,  bedeutend  und  besonders 
bei  der  Infanterie  zugenommen  habe,  übrigens  Anzeichen  vorlägen, 
dass  die  Bewohner  Anlass  und  Vorschub  gäben.  Bei  Androhung 
schärfster  Ahndung  wird  auf  das  aus  Neisse  am  5.  Juli  1741  in 
dieser  Beziehung  im  Druck  veröffentlichte  Patent  gewiesen,  wonach 
für  die  Einbringung  eines  Deserteurs  eine  Prämie  von  drei  Species- 
Ducaten  ausgesetzt  worden,  den  Vorschubleistern  aber  die  ent- 
sprechenden Strafen  angedroht  werden.  3) 

König  Friedrich  DI.  hegte  in  diesen  Tagen  noch  die  be- 
stimmte Absicht,  das  österreichische  Heer  anzugreifen.  Er  sprach 
dies  nicht  allein  dem  Churfürsten  von  Bayern  und  dem  Cardinal 
Fleury  gegenüber  aus4),  sondern  gab  auch  dem  FM.  Grafen 
Schwerin  den  Befehl,  einen  Entwurf  für  den  Angriff  auf  das 
österreichische  Lager  vorzulegen. 5) 


1)  Der  preussische  Oberst  von  Vogt  hatte  am  28.  August  mit  2  Gre- 
nadier-Bataillonen und  6  Husaren-Escadronen  Nimptscli  besetzt,  das  von  dem 
dort  befindlichen  österreichischen  Detachement  nach  heftigem  Gefechte 
geräumt  wurde. 

2)  K.  A.,  Schlesien  1741 ;  VIII,  63. 

3)  Patent  vom  5.  Juli,  Anhang  LVII. 

4)  Polit.  Corresp.  I,  Nr.  46S  u.  469. 

6)  Derselbe  ist  abgedruckt  in  „Kriege  Friedrich  d.  Gr.",  II,  Anlage  Nr.  3. 

An  Podewils  in  Breslau  schrieb  der  König  aus  Eeichenbach,  31.  August 
1741:  „Nachdem  ich  aus  Eurem  Schreiben  vom  29.  dieses  ersehen,  was  Ihr 
von  der  Ankunft  des  Eobinson  und  dessen  mitgebrachten  Propositionen 
melden  wollen,  so  gebe  Ich  Euch  darauf  in  Antwort,  dass  Ihr  demselben  nur 
sofort  und  ganz  trocken  antworten  und  sagen  sollet :  Ich  beklagte  sehr,  dass 
er  sich  mit  dergleichen  Propositionen  chargieren  wollen;  Mein  Ultimatuni 
wäre  längstens  bekannt,  Ich  würde  niemalen  andere  Propositiones  anhören ; 
auch  da  Ich  sehe,  dass  der  Wienerische  Hof  nichts  thue,  als  Mich  nur  zu 
amüsieren,  so  würde  Ich  in  keine  andere  Negociation  mit  selbigem  entrieren. 
Er,  der  Robinson  möchte  also  nur  je  eher,   je  lieber  zurückgehen  und  sich 


48  9 

Zur  Ausführung  dieses  Entwurfes  kam  es  jedoch  nicht  und 
vorläufig  wurden  nur  einige  Sicherungsvorkehrungen  in  der  preus- 
sischen  Aufstellung  getroffen,  so  das  Schloss  in  Langenbielau  mit 
einer  Compagnie  besetzt;  zwei  Grenadier-Compagnien  nach  Peters- 
waldau  verlegt  und,  wie  bereits  erzählt,  Nimptsch  occupiert. 

In  diesem  Zeitpuncte  erhielt  König  Friedrich  II.  ein 
Schreiben  des  französischen  Gesandten  Valory  vom  27.  August. 
Dieser  übermittelte  einen  Brief  des  Cardinais  Fleury  und  warnte 
auf  Grund  desselben  vor  dem  Wagniss  einer  Schlacht.  r) 


nicht  weiter  aufhalten,  da  Meine  Zeit  ohnedem  nicht  litte,  ihn  selbst  zu 
sprechen,  weil  Ich  auf  dem  Point  stünde,  mit  der  Armee  zu  marschieren.  Ihr 
habt  also  Eure  Antwort  dergestalt  ganz  kurz  und  trocken  einzurichten  und 
würde  es  Mir  übrigens  sehr  Heb  sein,  wenn  es  so  incaminieret  werden  könnte, 
dass,  indem  Ihr  den  Kobinson  sprächet  und  antwortet,  der  Marquis  de 
Valory  dabei  sein  könnte.  Macht  diesen  „faquin"  von  Engländer  abreisen 
und  sagt  ihm  als  ganze  Antwort :  Ich  glaube,  er  mache  sich  über  Mich  lustig, 
er  wisse,  was  Ich  ihm  bei  Meiner  Abreise  gesagt  habe  und  mit  einem  "Wort, 
Ich  würde  nicht  mit  ihm  sprechen  und  hätte  Euch  verboten,  mit  ihm  zu  unter- 
handeln. Sagt  ihm  dies  Alles  in  einem,  durch  die  unverschämten  Propositionen, 
welche  er  mir  gemacht  hat,  gereizten  Ton  und  er  möge  binnen  24  Stunden 
von  Breslau  abreisen".  (Polit.  Corresp.  I,  Nr.  480.) 

Und  weiter:  „Machen  Sie  Mir  diesen  „coquin"  von  Unterhändler, 
welchen  Ich  nicht  leiden  kann,  abreisen,  es  wäre  niederträchtig  von  Mir,  in 
Unterhandlungen  mit  Oesterreich  und  England  zu  treten,  Ich  würde  sogar 
viel  auf  das  Spiel  setzen  und  übrigens  ist  der  Krieg,  den  wir  führen,  gegen 
eine  recht  starke  Partei,  während  der  andere  gleichfalls  ein  Krieg  wäre,  aber 
gegen  eine  schwache  Partei,  mit  Meinen  Feinden,  ohne  Sicherheit  für  Mich, 
ohne  Ehre  und  mit  dem  Bisico  aller  Meiner  westphälischen  Provinzen.  Ver- 
treiben Sie  Mir  diesen  „coquin"  von  Robinson  und  verlassen  Sie  sich 
darauf,  dass  mich  der  Schlag  trifft,  wenn  er  noch  länger  als  24  Stünden  in 
Breslau  bleibt.  Schicken  Sie  mir  einen  Courier,  sobald  Sie  ihn  davongejagt 
haben,  damit  ich  ihn    draussen    weiss;    wenn  Ich    ihm    begegne    oder    ihn    in 

meinem  "Wege    finde,    zerkratze    ich    ihm    das  Gesicht   und  seine von 

Königin  von  Ungarn  und  sein  verrückter  König  von  England  werden  nur 
die  Betrogenen  sein,  die  Eine  von  ihrem  Hochmuth  und  der  Andere  von  seiner 
Thorheit.  Adieu,  führen  Sie  meine  Befehle  ohne  weitern  Verzug  aus  und 
sollte  er  noch  eine  Audienz  von  Ihnen  verlangen,  schlagen  Sie  ihm  dieselbe 
rundweg  ab."  (Polit.  Corresp.  I,  Nr.  482  ) 

')  „Nach  seinem  Brief,  Sire,  scheint  der  Cardinal  überzeugt  zu  sein, 
dass  es  nicht  in  Euer  Majestät  Interesse  liegt,  bei  der  jetzigen  Lage  der  Dinge 
irgend  etwas  dem  Ausgange  eines  Kampfes  anheimzugeben  und  glaubt  im 
Gegentheil,  dass  Sie  in  den  ersten  Tagen  des  September  in  der  Lage  sein 
werden,  wenn  Sie  es  für  gut  finden,  dem  Feinde  zu  folgen,  der  allem  An- 
scheine nach  Schlesien  preisgeben  wird,  um  den  bayerischen  und  französischen 
Truppen  den  Einmarsch  in  Böhmen  streitig  zu  machen."  Kriege  Friedrich  d. 
(fr.,  II,  109. 


440 

Daraufhin  ändert  König  Friedrich  seine  Absichten,  er  ver- 
zichtet auf  den  Angriff,  sucht  diesen  dem  Gegner  aufzudringen,  indem 
er  den  Versuch  vorbereitet,  sich  durch  einen  Umgehungsmarsch 
zwischen  die  österreichische  Armee  und  die  Festung Neisse  zu  bringen. 

Der  ersten  fruchtlosen  Reise  des  englischen  Gesandten  beim 
Wiener  Hofe,  Robinson,  in  das  preussische  Lager  war,  in  dem 
letzten  Drittel  des  Monats  August,  eine  zweite  nach  Breslau 
behufs  neuer  Unterhandlungen  gefolgt. 

Es  hatte  der  Königin  Maria  Theresia  schmerzliche  Ueber- 
windung    gekostet,    die  Zustimmung    zu    dieser    zweiten  Reise    zu 
ertheilen.     Sie    gab    endlich    dem  Rath    und  dem  Andringen  ihrer 
Minister,  welche  sich  auf  die  von  Tag  zu  Tag    durch  Bayerns  und 
Frankreichs  Theilnahme    am  Kriege    wachsende    Bedrängniss    und 
die    gänzliche  Theilnahmslosigkeit    der  ,, befreundeten"  Mächte  be- 
rufen konnten,  nach.  Robinson  hatte  dem  König  Friedrich  IL, 
vorläufig  als  Pfand,    Nieder-Schlesien  anzubieten,    doch  sollte  eine 
Demarcationslinie  bezeichnen,  was  man  darunter  verstanden  haben 
wollte.     Diese  Linie  lief  von  Greifenberg  über  Goldberg  zur  Oder 
und  durchschnitt,  den  Fluss  überspringend,  das  Fürstenthum  "Wohlan. 
Breslau    und  Liegnitz    wären    hienach    österreichisch    geblieben.  l) 
Dagegen  hätte  Preussen    die  Garantie  der   pragmatischen  Sanction 
zu  übernehmen  und  sich  zur  sofortigen  Inmarschsetzung  eines  Corps 
von   10.000  Mann  gegen  die  Angreifer  der  Staaten  der  Königin 
zu  verpflichten  gehabt.    Mit  England  und  Sachsen-Polen  sollte  ein 
Uebereinkommen  getroffen  werden,    um  ein  ansehnliches  Truppen- 
Corps  etwa  am  Rheine,  oder  dort  aufzustellen,  wo  es  zum  Schutze 
der  Ruhe  und  Wohlfährt  des  Römischen  Reiches,  speciell  auch  der 
Wahrung    der  Freiheit    bei  der  Kaiserwahl    zweckmässig  erschien. 
Preussen  sollte  sich  verpflichten,  seine  Wahlstimme  dem  Grossherzoge 
von   Toscana   zu  geben  und    die  Schwierigkeiten   beseitigen   helfen 
welche  man  der  Königin  in  Betreff  der  Ausübung  der  böhmischen, 
Wahlstimme  in  den  Weg  gelegt  hatte;  endlich  sollte  es  dazu  bei- 
tragen, dass  die  Königin  für  die  Abtretungen  in  Schlesien  aus  den 
Gebietsteilen  ihrer  Angreifer  entschädigt  werde.  Den  Schluss  der 
Anträge    R  o  b  i  n  s  o  n's    sollte   die   sofortige  Ernennung    von  Com- 
missären  bilden,  um  die  Handels-  und  Zoll-Beziehungen  zu  regeln.2; 


1)  Ameth  I.  212. 

2)  Dein  englischen  Gesandten    gieng    am  24.  August  mit  dem  Entwürfe 
noch  das  folgende  Schreiben  des  Obersten  Hofkanzlers  Grafen  Sinzeudor  ff 


441 

Ani  29.  August  kam  Robinson  in  Breslau  an,  verhandelte 
jedoch  nur  mit  dem  preussischen  Minister  Podewils,  da  König 
Friedrich  II.  sich  weigerte,  ihn  im  Lager  von  Reichenbach  zu 
empfangen  und  den  Gesandten,  ohne  ihn  angehört  zu  haben, 
unverrichteter  Dinge    wieder  nach  Pressburg    zurückkehren  liess. 1) 

In  dem,  mit  Bezug  auf  diese  Sendung,  an  die  preussischen 
Gesandtschaften  erlassenen  Circular-Schreiben  vom  4.  September 
1741,  hebt  König  Friedrich  IL  hervor,  dass  Robinson  ohne 
Zustimmung  und  ohne  Vollmacht  seines  Königs  als  Unterhändler 
erschienen  und  dass  der  am  preussischen  Hofe  bevollmächtigte 
englische  Minister  Lord  Hyndford  die  allein  berufene  Persönlich- 
keit sei,  durch  deren  Vermittlung  eventuelle  Vorschläge  an  ihn  zu 
bringen  seien. 2) 

Die  Umstände  für  die  Ablehnung  der  von  der  Königin 
gemachten  Anerbietungen  waren  allerdings  augenblicklich  so  günstig 
als  möglich :  Die  Bayern  in  Bewegung  gegen  die  ob  er  österreichi- 
schen Grenzen,  die  Franzosen,  welche  zwischen  dem  15.  und 
22.  August  bei  Fort  Louis  und  Rheinzabern  den  Rhein  über- 
schritten hatten,  im  Marsche  gegen  Donauwörth,  wo  sie  zwischen 
5.  und   12.  September  eintrafen. 

So  konnte  König  Friedrich  IL  am  1.  September  an  seinen 
Minister  Podewils  aus  dem  Lager  bei  Reichenbach  schreiben: 
,, Beruhigen  Sie  die  Franzosen,  stärken  Sie  die  Bayern,  schüchtern 
Sie  die  Sachsen  ein,  schmeicheln  Sie  den  Holländern,  beweih- 
rauchen  Sie  die  Dänen,  spielen  Sie  mit  den  Hannoveranern  und 
scheeren  Sie  sich  den  Teufel  um  die  0 esterreicher."  3) 

Am  5.  September  war  dem  Armee-Commandanten  FM.  Grafen 
N  e  i  p  p  e  r  g  durch  Nachrichten,  welche  ihm  aus  Breslau  zugegangen, 
der  Misserfolg  der  Sendung  Robinson's  bereits  bekannt. 


zu:  „Im  Auftrage  Ihrer  Majestät  der  Königin  theile  ich  Ihnen  den 
Entwurf  des  hier  beigeschlossenen  Vertrages  mit,  welchen  Sie  im  Namen  der 
besagten  Majestät  unterschreiben  und  abschliessen  können,  wozu  Sie  in  der 
gütigsten  Weise  zu  autorisieren  dieses  von  mir  eigenhändig  mit  Genehmigung 
und  auf  ausdrücklichen  Befehl  meiner  Monarchin  geschriebene  Billet  genügen 
muss."  Auf  dem  Concepte  bemerkte  die  Königin  eigenhändig:  „Sollte 
die  geringste  Kleinigkeit  an  diesen  Artikeln  fehlen,  erkläre  ich  Mich  zu  nichts 
verpflichtet,  im  Uebrigen  stimme  Ich  zu."  (H.  H.  u.  St.  A.  „Projet  de  la  Con- 
vention ä  faire  avec  le  roi  de  Prusse",    date  ä  Pressbourg,    le  24.  aöut  1741.) 

])  Vergl.  Polit.  Corresp.  I,  Nr.  480,  481,  482. 

-)  Preussische  Staats-Schriften  I,  313.  —  (H.  H.  u.  St.  A.,  Correspondenz 
mit  E  obinson.  Memoire  Robinson's  vom  7.  Sept.) 

3)  Polit.  Corresp.  I,  Nr.  484. 


442 

Er  blieb  abwartend  „in  statu  quo",  wie  ihm  der  Grossherzog 
in  seinem  Schreiben  vom  23.  August  anbefohlen ;  die  preussische 
Armee  that  vorläufig  ein  Gleiches.  Nur  Streif-Corps  zwischen  dem 
österreichischen  Lager  und  Breslau,  dann  jenseits  der  Oder  führten 
den  kleinen  Krieg  fort. 

Den  Partheien  in  Braunau  und  Trautenau  hatte  der  Feld- 
marschall befohlen,  keine  Feindseligkeiten  vorzunehmen,  da  sich 
die  preussischen  Streif-Corps  aus  jener  Gegend  ohnehin  zurück- 
gezogen hätten. J) 

Oberstwachtmeister  von  H  a  d  i  k  liess  dann  in  Folge  des  ihm 
am  8.  September  zugegangenen  Befehles  nur  100  Mann  in  Braunau 
und  zog  sich  nach  Mittersteine ;  seine  Vorposten  standen  in 
Neurode. 

Von  der  böhmischen  Landes-Regierung  waren  inzwischen, 
da  die  Gefahr  eines  Einmarsches  preussischer  Truppen  näher  rückte, 
Vorkehrungen  getroffen  worden,  die  Grenzen,  so  viel  als  möglich, 
zu  schützen.  Das  königliche  Kreisamt  zu  Königgrätz  hatte  ge- 
messenen Befehl  erhalten,  die  Defileen  und  Uebergänge  bei  Stark- 
stadt, Pollitz,  Nachod  und  Jaromer  mit  Jägern  und  Schützen  zu  be- 
setzen, welche  zur  Unterstützung  eines  an  die  dortigen  Grenzen  im 
Nothfalle  vom  FM.  Graf  N  e  i  p  p  e  r  g  zu  entsendenden  Detachements 
bestimmt  waren.  Ausserdem  waren  die  Behörden  angewiesen  worden, 
dem  das  Detachement  befehligenden  Officier  in  jeder  Hinsicht  an 
die  Hand  zu  gehen,  die  Zug-  und  Nutzthiere  aus  den  Ortschaften 
sollten  im  Falle    des  feindlichen  Einmarsches  in  Sicherheit    in  die 


')' Fähnrich  L  utsc  h  meldet  hierüber  :  „Am  31.  August  wurde  berichtet, 
dass  der  Feind  nach  Friedland,  eine  Meile  von  Braunau,  sich  gezogen  u.  zw. 
wie  der  heutige  Bericht  anzeigt,  mit  Husaren,  Infanterie  und  Kanonen, 
welchem  aber  den  1.  September  widersprochen  wurde,  mit  der  näheren 
Auskunft,  dass  nur  1000  Husaren  unter  dem  Obersten  Bronikowski  in 
Friedland  sich  befanden,  welcher  den  Stifts-Amtmann  von  Braunau  zu  sich 
citiert  hätte,  um,  seinem  Vorwande  nach,  wegen  Fourage  für  die  Armee  und 
Vorspann  für  die  Artillerie  die  Disposition  zu  machen,  so  aber  nur  für 
Gascognade  gehalten  würde.  Jedoch  wurde  ein  Oberstlieutenant  mit  500  Croaten 
nach  Braunau  abgeschickt.  Am  2.  Früh  ging  der  Bericht  von  Braunau  ein, 
dass  die  feindlichen  Husaren  gestern  vor  Tags  einen  Meierhof,  zu  Braunau 
gehörig,  verbrannt,  ein  Dorf  geplündert,  den  Schulzen  und  einen  Bauern  mit 
sich  nach  Friedland  genommen.  Nachmittag  wurde  conferiert,  wie  der  Feind 
von  Friedland  zu  delogieren  sei  und  wollte  man  mehrere  Husaren  hinauf- 
schicken.  Es  gieng  aber  am  3.  die  Nachricht  ein,  dass  der  Feind  sich  herüber 
gegen  das  Kloster  Grüssau  gezogen  und  solches  besetzt  habe."  (K.  A.,  Lutsch' 
Tagebuch.) 


443 

Wälder  gebracht  werden.  Diese  Massregeln  wurden  jedoch  gegen- 
standslos, da  der  König  von  Prenssen  seine  Operationen  nicht  nach 
Böhmen,  sondern  gegen  die  Festung  Neisse  richten  zu  wollen  schien. 
Am  7.  September  gieng  nämlich  im  österreichischen  Hauptquartier 
die  Nachricht  ein,  dass  am  folgenden  Tage  die  preussische  Armee 
aus  ihrem  Lager  bei  Reichenbach  aufbrechen  werde.  In  der  That 
marschierte  schon  am  7.  September  7  Uhr  Abends.  General  von 
Kalckstein  mit  6  Bataillonen,  1 7  Escadronen  und  einer  Brücken- 
Equipage  mit  20  Pontons  als  Avantgarde  der  Armee  ab.  Er  sollte 
sich  bei  Nimptsch  mit  den  5  Grenadier  -  Bataillonen  und  den 
Zieten'schen  Husaren,  die  dort  bereits  standen,  vereinigen  und  am 
8.  Früh  nach  Woitz  an  der  Neisse  marschieren  und  die  Ueber- 
gänge  über  diesen  Fluss  für  die  Armee  herstellen. 

Die  Avantgarde  Kalckstein's  traf  am  7.  September  erst  spät 
Abends  in  Nimptsch  (13  Kilometer)  ein  und  kam  am  8.  nur  bis 
Alt-Heinrichau  (12  Kilometer),  weil  die  schlechten  "Wege  den 
Marsch  verzögerten.  Die  Armee  selbst,  welche  am  8.  September 
Früh  in  der  Stärke  von  30  Bataillonen,  6Q  Escadronen,  G8  Ge- 
schützen aufbrach,  langte  über  Ober-Peilau  und  Kimsdorf  mar- 
schierend, erst  am  Abend  in  Tepliwoda  an  (19  Kilometer). 

Im  österreichischen  Hauptquartier  hielt  man  den  Aufbruch 
der  preussischen  Armee  in  den  Vormittagsstunden  noch  für  einen 
Angriffsmarsch,  da  dieselbe  zwischen  Diersdorf  und  Peilau  auf- 
marschiert und  nur  10  Kilometer  von  der  österreichischen  Auf- 
stellung entfernt  war.  Starker  Nebel,  der  an  diesem  Tage  herrschte, 
erschwerte  überdies  die  Erkundung.  FM.  Graf  Neipperg  hatte 
sich  nach  Frankenstein  begeben  und  traf  die  für  den  vermutheten 
Angriff  nothwendigen  Dispositionen.  Als  bald  darauf  Meldungen 
einliefen,  dass  die  Preussen  gegen  die  Ohlau  zu  weiter  marschierten, 
ordnete  er  den  Abmarsch  der  Armee  für  den  folgenden  Tag  an, 
um  zu  verhindern,  dass  die  preussische  Armee  ihm  zuvorkomme 
und  die  Neisse  vor  ihm  erreiche.  *) 

Rückmarsch  au  die  Neisse. 

Um  7x/2  Uhr  Früh  am  9.  September  brach  in  Folge  dessen 
die  österreichische  Armee  zum  Rückmärsche  an  die  Neisse  auf.  Sie 
war  in  sechs  Colonnen  formiert,  die  theils  über  Camenz,  theils 
über    Baumgarten,    Hartha,    Pilitz    nach    Wolmsdorf    rückten    (11 


J)  Neipperg  an  den  Grossherzog,    Frankenstein,    8.  September  1741. 
(K.  A.,  Schlesien  1741 ;  IX,  10.) 


444 

Kilometer),  dort  rasteten  und  gegen  Abend  wie  ier  aufbrachen  und 
nun  in  zwei  Colonnen  durch  Schlottendorf  einestheils,  durch  Reichen- 
stein  anderntheils    die  ganze  Nacht  hindurch  marschierten  und  am 

10.  September  Früh  bei  Kamitz  und  Patschkau  eintrafen  (10  Kilometer). 

Schon  während  des  Marsches  am  8.  September  hatten 
österreichische  Husaren  die  preussischen  Marsch -Colonnen  um- 
schwärmt und  als  der  Marsch  der  dritten  preussischen  Colonne 
stockte,  sogar  versucht,  in  die  Bagage  einzubrechen,  so  dass  das 
Bataillon  Kleist,  welches  die  Bedeckung  bildete,  durch  drei  Esca- 
dronen  verstärkt  werden  musste.  Die  über  Nimptsch  instradierte 
Colonne  mit  der  schweren  Artillerie  hatte  sich  dort  festgefahren. 
Zu  deren  Freimachung  musste  König  Friedrich  am  0.  September 
den  Prinzen  Dietrich  von  Anhalt  mit  einein  Infanterie-Regi- 
mente  von  Tepliwoda  nach  Nimptsch  zurücksenden.  Die  Armee 
selbst  war  um  10  Uhr  aufgebrochen  und  ebenso  wie  Kalckstei n's 
Avantgarde  in  das  Lager  bei  Gross-Nossen,  südöstlich  von  Münster- 
berg eingerückt  (17  Kilometer).  Das  Rothenburg'sche  Dragoner- 
Regiment,  bisher  bei  der  Avantgarde  eingetheilt,  bildete  die  Nachhut. 
Die  Armee  rastete  am  10.  in  dem  Lager  bei  Gross-Nossen. 

Am  Nachmittage  dieses  Tages  brach  GL.  von  Kalckstein 
mit  der  Avantgarde  auf  und  erreichte  am  Abend  die  Neisse  bei 
Woitz  (15  Kilometer). 

Prinz  Dietrich  vermochte  nicht,  an  diesem  Tage  bei  der 
Armee  einzurücken.  Die  österreichischen  Husaren  beunruhigten 
unausgesetzt  den  Marsch  der  über  2000  Wagen  mitführenden 
Colonne  und  bei  Tepliwoda  kam  es  zu  einem  heftigen  Zusammen- 
stosse.  Die  von  König  Friedrich  zurückgeschickte  Verstärkung 
traf  zu  spät  ein,  die  österreichischen  leichten  Reiter  waren  bereits 
wieder  abgezogen.  Nichtsdestoweniger  musste  Prinz  Dietrich  in 
Tepliwoda  stehen  bleiben  und  konnte  erst  in  der  Nacht  vom  10.  zum 

11.  September,  während  des  Marsches  wieder  fortwährend  von  öster- 
reichischen Partheien  beunruhigt,  das  Lager  der  Armee  in  Gross- 
Nossen  erreichen. x)  Nachrichten,  die  im  österreichischen  Haupt- 
quartier einliefen,  Hessen  zweifellos  erkennen,  dass  der  preussische 
Vormarsch  gegen  Neisse  gerichtet  sei,  um  die  N  e  i  p  p  e  r  g'sche 
Armee  zu  tournieren. 

Die  österreichische  Armee  rückte  an  diesem  Tage  Nachmittags 
nur  bis  Stübendorf  (12  Kilometer)  und  am  11.  weiter  über  Neisse. 


!)  Kriege  Friedrich  d.  Gr.  II,  124. 


445 

Als  die  beiden  Marsch- Colonnen  beiKöppernik  undMorau  anlangten, 
lief  die  Meldung  ein,  dass  die  Preussen  zwei  Brücken  bei  Woitz 
über  die  Neisse  geschlagen  und  bereits  4  Bataillone  über  den  Fluss 
geworfen  hätten,  worauf  die  Armee  in  Schlachtordnung  aufmarschierte 
und  stärkere  Commanden  gegen  den  preussischen  Uebergaugspunct 
entsendet  wurden. 

In  der  That  hatte  der  Commandant  der  preussischen  Avant- 
garde, GL.  von  Kalckstein  am  11.  September  Früh  einige 
Grenadier-Compagnien  auf  das  rechte  Neisse-Ufer  übergesetzt  und 
den  Brückenschlag  beginnen  lassen.  Als  König  Friedrich  II.,  der 
um  6  Uhr  Früh  von  Gross-Nossen  mit  dem  Gros  aufgebrochen  war, 
diesem  voraneilend,  auf  den  Anhöhen  bei  Woitz  ankam,  fand  er 
allerdings  die  Uebergänge  hergestellt,  gleichzeitig  gewahrte  er  aber 
auch  auf  den  Höhen  bei  Grünau  und  Blumenthal  die  österreichische 
Armee  gefechtsbereit. 

Die  Umgehung  derselben  war  misslungen,  Neipperg  hatte 
sie  durch  seinen  meisterhaft  eingeleiteten  Marsch  vereitelt.  In 
drei  Tagen  hatte  er  etwa  50  Kilometer  auf  sehr  schlechten 
Gebirgsstrassen  und  mit  dem  gesammten  Tross  der  Armee  zurück- 
gelegt. 

Die  übergegangenen  preussischen  Truppen  waren  inzwischen 
bis  auf  einige  hundert  Mann  wieder  zurückgezogen  worden. 

König  Friedrich  IL  hatte  die  Schwierigkeit  des  Flussüber- 
ganges angesichts  der  N  eipp  er  g' sehen  Armee  erkannt,  die 
Brückendecken  wieder  abnehmen  und  am  linken  Ufer  der  Neisse 
bei  Woitz  Lager  beziehen  lassen.  ') 

Die  österreichische  Armee  nahm  Lager-Stellung  am  rechten 
Ufer  bei  Grünau,  wo  sie  am  12.  September  blieb.  An  diesem  Tage 
Nachmittags  wurden  die  Bereitschaften  alarmiert,  da  die  Meldung 
einlief,  der  König  beabsichtige,  oberhalb  Neisse  den  Fluss  zu  passieren, 
wohl  hervorgerufen  durch  drei  Escadronen  preussischer  Husaren, 
welche  die  Neisse  übersetzt  hatten,  während  die  zur  Beobachtuno- 


J)  „Ich  habe  das  alte  Lager  von  der  Neisse  erreichen  wollen,  woselbst 
Neipperg  vorgestern  war,  Kalckstein  hatte  die  Avantgarde,  aber 
seine  Langsamkeit  hat  mich  den  Schlag  versäumen  lassen  „le  b  .  .  .  au- 
trichien"  ist  mir  zuvorgekommen  ;  nun  will  ich  die  Neisse  überschreiten  und 
dieses  Bettelvolk  von  Oesterreichern  bis  nach  Ungarn  jagen;  Gott  gebe  uns 
seine  Gnade  dazu :  so  endigen  die  französischen  Predigten."  Schreiben  au 
FZM.  Baron  Schmettau  in  Linz.  (Polit.  Corresp.  Nr.  509.) 


446 


aufgestellten  österreichischen  Cavallerie-Abtheilungen  vom  linken 
Ufer  aus  mit  Geschützfeuer  beschossen  wurden.  Bei  einbrechender 
Dunkelheit  gieng  dann  im  österreichischen  Hauptquartier  die  Nach- 
richt ein,  class  die  Meldung  von  einem  versuchten  Fluss-TJ ebergange 
unrichtig  gewesen,  worauf  die  ausgerückten  -Trupp entheile  wieder 
in  das  Lager  gezogen  wurden.  Sie  lieferten  einige  40  preussische  Ge- 
fangene, viele  erbeutete  Wagen,  Pferde,  Regiments-  und  Officiers- 
Bagagen  im  Hauptquartier  ab.  *) 


!)  Lutsch.'  Tagebuch. 


Diplomatische  Verhandlungen  im  Lager, 


Als  Sir  Thomas  Eobinson  die  Nachricht  von  seinem  miss- 
glückten zweiten  Unterhandlungsversuche  mit  dem  Könige  von 
Preussen  nach  Pressburg  zurückbrachte,  war  die  politische  Oonstel- 
lation  für  die  Königin  Maria  Theresia  ausserordentlich  un- 
günstig geworden. 

Die  versuchten  Anknüpfungen  mit  Bayern  und  Frankreich 
waren  ganz  resultatlos  geblieben.  Das  französische  Heer,  welches 
Mitte  August  den  Ehein  überschritten  hatte  und  sich  im  Marsche 
auf  Donauwörth  befand,  konnte  seine  Vereinigung  mit  den  baye- 
rischen Truppen  schon  um  die  Mitte  des  Monats  September  be- 
wirken ;  eine  zweite  französische  Armee  bedrohte  den  Nieder-Bhein. 
Die  Aussicht,  von  Eussland  Unterstützung  zu  erhalten,  war  ge- 
schwunden, seit  Schweden  zu  Anfang  August  diesem  Staate  den 
Krieg  erklärt  hatte.  In  Hannover  herrschte  die  Furcht  vor  den 
Franzosen  und  ohne  Hannover  war  auch  auf  Sachsen  nicht  zu 
rechnen. 

In  der  am  7.  September  zu  Pressburg  gehaltenen  Conferenz 
wurde  desshalb  beschlossen,  den  Forderungen  des  Königs  von 
Preussen  bezüglich  Nieder-Schlesiens  mit  Breslau  nachzugeben  und 
dies  Robinson  mitzutheilen. a) 

In  dieser  Conferenz  wurde  auch  vorgeschlagen,  den  eigent- 
lichen Abschluss  des  Friedensvertrages  durch  einen  in  das  Armee- 
Hauptquartier  zu  entsendenden  Diplomaten  durchführen  zu  lassen. 


J)  H.  H.  u.  St.  A.  Vorträge.  Staatskanzlei  74..  Conferenz-Noten  vom 
7.  September  1741,  abgedruckt  bei  Unzer:  „Die  Convention  von  Klein- 
Scbnellendorf."  Urkunden,  p.  118.  Frankfurt  a.  M.  1889. 


448 

Zu  diesem  Zwecke  wurden  Fürst  Liechtenstein,  Graf  Uklefeld 
und  Graf  Colloredo  namhaft  gemacht.  Doch  ward  am  13.  Sep- 
tember, vermuthlich  um  rascher  zum  Abschluss  zu  kommen,  der 
FM.  Graf  Neipperg  hiezu  bevollmächtigt  und  ihm,  bei  aus- 
führlicher Mittheilung  der  bisher  unter  englischer  Vermittlung 
stattgefundenen  Verhandlungen,  bei  einer  Reihe  von  Puncten  das 
Abgehen  von  dem  durch  Robinson  an  Lord  H y  n d f  o  r  d  am 
8.  September  gesandten  Vertrags-Entwurfe  gestattet.  ') 

Das    Angebot    umfasste    Nieder- Schlesien    auf    dem    rechten 
Oder-Ufer    bis  zur  Brinnitz    und   auf   dem  linken  Ufer    bis    an    die 
Grenze  des  Fürstenthums  Neisse.  In  der  Instruction  wurde  Neipperg 
ermächtigt,    auch  den  nördlich  des  Neisse-Flusses    gelegenen  Theil 
des  letzteren  Fürstenthums  zu  concedieren  mit  der  Einschränkung : 
,.Dass  so   viel  als  die  Kriegsregeln  mit  sich  bringen  und  wenigstens 
ein  Stückschuss   jenseits    des  Flusses,    annoch    zur  Festung  Neisse 
gezogen    und    Meiner  Botmässigkeit    vorbehalten    werde.     Da    nun 
solchergestalten    der    Grenzen    halber    dem    König    von    Preussen 
Alles,  was  er  selbst  verlangt,  eingestanden  wird,  so  ist  nicht  wohl 
zu  vermutheil,  dass  hiebei  einige  Schwierigkeit  sich  äussern  werde  : 
zumal  ohnedies  ein  gutes  Stück  von  Ober-Schlesien    ihm  zu  Theil 
wird,  als  wozu  das  Fürstenthum    Münsterberg,    nebst  Grottkau  bis 
nach  AVansen  von  jedermänniglich  gerechnet  wird.  Daher  man  auch 
den    Robinson    ganz  inständig    ersucht    hat,    dem    H  y  n  d  f  o  r  d 
zu  schreiben,  dass  er,   diesen  Bezirk  zu  retten,  annoch  einen  Versuch 
thun  möge,  doch  ohne  von  darum  den  Schluss  der  Handlung  auf- 
zuhalten.    Der  König   von  Preussen  behaltet  ohnehin  die  festesten 
Orte :     Breslau,    Glogau     und    Brieg     und    hat    seinesorts    wegen 
Sicherheit    der  Grenzen    nichts  zu  besorgen.     Wohingegen    er  auf- 
richtig mit  Mir  sich  auszusöhnen  gedenkt,  Mir  von  ihm  nicht  ver- 
argt werden  kann,  dass  gleichfalls  auf  die  Bedeckung  dessen,  was 
Mir  übrig  bleibt,  bedacht  bin." 


')  Die  Königin  an  FM.  Grafen  Neipperg,  Pressburg,  13.  September 
1741.  (H.  H.  u.  St,  A.,  Friedens-Acten,  Fase.  23.)  In  der  Vollmacht  wird  dem 
Grafen  Neipperg  das  Recht  eingeräumt,  sich  Substituten  zu  ernennen  ;  die 
Instruction  vom  nämlichen  Tage  spricht  sich  folgenderraassen  darüber  aus : 
.,Es  ist  darin  die  Facultas  substituendi  zu  dem  Ende  ausgedrückt,  damit, 
wann  Ihr  es  für  gut  oder  nöthig  finden  solltet,  ein  Anderer  in  Sachen  gebraucht 
werden  möge.  Wozu  ich  den  Generalen  Browne  den  tauglichsten  zu  sein  er- 
messe, ohne  jedoch  Euch,  wofern  erhebliche  Bedenken  obhanden  wären,  derent- 
halben  die  Hände  zu  binden.  Wären  aber  deren  keine  vorhanden,  so  hättet  Ihr 
mit  ihm  Alles,  was  in  dieses  wichtige  Werk  einschlägt,  jederzeit  zu  überlegen." 


449 

Die  für  alle  ihre  Länder  verlangte  Garantie  war  die  K  ö  n  i  gi  n 
auf  die  deutschen  Erblande  einzuschränken  und  von  jener  für 
Italien,  die  Niederlande  und  Ungarn  abzusehen  bereit.  Aber 
E  o  b  i  h  s  o  n's  Andeutung  gegenüber,  dass  Preussen  neutral  bleiben 
wolle,  hielt  sie  mit  Entschiedenheit  an  jenem  Artikel  des  Friedens- 
Entwurfes  fest,  der  10.000  Mann  preussischer  Trappen  zu  ihrer 
Unterstützung  verlangte.  Der  (J.  Artikel  wäre  nunmehr  so  gefasst, 
wie,  nach  ßobinso  n's  mündlicher  Mittheilmig,  der  preussische 
Minister  von  Podewils  „es  zu  verlangen  geschienen  habe".1) 

„Wofern  aber  mit  allem  dem  nicht  auszulangen  wäre,  so  wäre 
die  Handlung  von  darum  nicht  abzubrechen,  sondern  dahin  anzu- 
tragen, dass  die  übrigen  Artikel  unterschrieben  und  festgesetzt", 
strittige  Puncte  aber  weiteren  Verhandlungen  vorbehalten  würden. 
„Ein  Mehreres  lässt  sich  zum  Voraus  Euch  weder  vorschreiben, 
noch  anhandgeben.  Ihr  habt  inzwischen  vor  Allem  den  Lord 
Hvndford  zu  verständigen,  mit  der  Vollmacht  und  Instruction, 
um  der  Handlung  Schluss  möglichst  zu  befördern,  versehen  zu  sein 
und  wofern  sich  ein  derzeit  nicht  vorgesehener  Anstand  ergäbe, 
ihn  ungesäumt  durch  Courier  anher  zu  berichten,  im  Uebrigen  aber 
Alles  anzuschicken,  um  dem  Königreich  Böhmen  ehemöglichst  zur 
Hilfe  eilen  zu  können.  Wonebst  Ihr  zu  wissen  habt,  dass  in  der 
Ungewissheit,  wohin  sich  der  Feind  wenden  möchte,  Fürst  L  o  b- 
k  o  w  i  tz  bereits  nach  Budweis  und  pro  re  nata  sich  AVien  zu  nähern 
beordert  worden." 

Der  Grossherzog  von  T  o  s  c  an  a  begleitete  diese  Instructionen 
der  Königin  an  FM.  Grafen  N  e  i  p  p  e  r  g  mit  einem  Schreiben  aus 
Pressburg  vom  nämlichen  Tage  : 2) 

„Sie  werden  mit  diesem  Courier  eine  Depesche  und  Plein- 
pouvoir erhalten  mit  Bezug  auf  den  Frieden  mit  dem  König  von 
Preussen.  Sie  werden  darin  sehen,  was  die  Nothlage,  in  welcher 
wir  sind,  uns  zu  tlmn  auferlegt  und  Gott  gebe,  dass  das  sich 
machen  lassen  könnte.  Sie  werden  auch  daraus  sehen,  dass  Sie 
Jemand  wie  B  r  o  w  n  e  substituieren  können,  welcher,  wie  ich  glaube, 
auch  die  Sache  gut  dirrchführen  würde.  Also,  wenn  Sie  kein  Be- 
denken haben,  beauftragen  Sie  ihn  damit.  Das,  was  mir  das  Not- 
wendigste sein  würde,  wenn  die  Sache  gut  geht,  wären  die  Artikel, 


1)  »Se.  preussische  Majestät  verpflichtet  sich,  seine  Stimme  für  die 
Kaiserkrone  Sr.  königl.  Hoheit  von  Lothringen,  dem  Grossherzog  von  Toscana 
zu  geben." 

2)  Gräfl.  N  e  i  p  p  e  r  g'sches  Archiv. 

Oesterreichischer  Erbfolgekrieg.  II.   Bd.  '2'.) 


450 

mit  welchen  er  10.000  Mann  zn  Ihrem  Corps  geben  würde,  um  zu 
handeln  (pour  agir),  wie  er  es  so  oft  versprochen  hat,  contra 
quoscunque  und  der  zweite  würde  die  Stimme  für  die  Kaiser- 
krone sein ;  aber  nachdem  dies  mich  ganz  speciell  betrifft,  glaube 
ich  nicht,  dass  man  das  Uebrige  desshalb  aufhalten  soll." 

„Wenn  abgeschlossen  werden  kann,  würden  wir  Ihr  Corps  in 
Böhmen  sehr  nöthig  haben,  wo  der  Churfürst  von  Bayern  in  den 
nächsten  Tagen  einbrechen  wird,  denn  Lobkowit z'  Corps  musste 
getheilt  werden,  weil  wir  sichere  Nachrichten  haben,  dass  er  gleich- 
zeitig auf  Wien  geht,  so  dass  wir  die  Infanterie  dieses  Corps  hierher 
werfen  müssen."  „Dies  Project  (gegen  Wien)  ist  von  Schmettau 
und  man  sagt,  dass  er  mitkommt,  was  in  4  bis  10  Tagen  geschieht. 
Wir  treffen  alle  erdenklichen  Vorkehrungen,  damit  dieser  Platz 
sieh    länger  halte,  als  man  glaubt  und  ich  hoffe  es." 

Vorgestern  hat  die  Königin  hier  im  Landtage  eine  schöne 
Rede  gehalten,  damit  man  zu  den  W äffen  greife  und  man  hat  dies 
auch  sofort  beschlossen,  so  dass  wir  hier  ein  „General -Aufgebot" 
haben  werden. ])  Gott  weiss,  ob  es  nachhaltig  wirken  wird,  aber 
ich  kann  sagen,  dass  sie  gegen  die  Bayern  und  Franzosen  wuth- 
erfüllt  sind."  „Die  Königin  ist  auch  entschlossen,  wenn  sie 
Wien  verlassen  muss,  mit  ihrer  ganzen  Familie  in  dies  Land  zu 
kommen." 

„Was  ich  für  das  Schwierigste  und  selbst  unmöglich  halte, 
wird  das  Geld  sein,  um  diese  Truppen  zu  unterhalten,  denn  wenn 
die  Länder  verloren  gehen,  hören  die  Revenuen  auf  und  die  Aus- 
gaben vermehren  sich  ;  ich  gestehe,  dass  mich  dies  sehr  in  Verlegen- 
heit setzt,  aber  sie  werden  leben  müssen  ohne  Geld,  auf  Kosten 
der  Länder." 

„Da  haben  Sie  den  Zustand,  in  dem  wir  uns  befinden,  wenn 
wir  Böhmen  durch  einen  Vergleich  mit  Preussen  nicht  retten 
können." 

Mit  äusserstem  Widerstreben  hatte  sich  M  a  r  i  a  Theresia 
entschlossen,  der  unabweislichen  Notwendigkeit  und  dem  Drängen 
ihrer  Minister  nachzugeben. 

Mit  seltenem  Muthe,  mit  königlicher  Standhaftigkeit  hatte  sie 
bisher  um  ihr  rechtmässiges  Erbe  gerungen  und  gekämpft,  das  wie 


y)  Es  war  dies  jene  berühmte  Rede,  welche  die  Königin  am  11.  Sep- 
tember 1741  im  Landtage  zn  Pressburg  hielt  und  welche  den  ersten  Impuls 
zur  Aufstellung  der  ungarischen  Insurrection  gab.  Vergl.  A  r  n  e  t  h  I,  298  u.  ff. 


451 

freie  Beute  für  Jedermann  angesehen  worden,  seit  der  Kaiser  die 
Augen  geschlossen.  Mit  der  tiefen  Ueberzeugung,  ein  heiliges  Recht 
zu  vertheidigen  und  in  dem  Vertrauen  auf  den  endlichen  Sieg  der 
Gerechtigkeit,  war  die  junge,  vielbedrängte  Königin  bis  jetzt 
nicht  vor  der  drohenden  Uebermacht  gewichen. 

In  der  furchtbaren  Lage,  in  der  sich  die  Erblande  befanden, 
auch  noch  gegen  den  Rath  und  Willen  Derer  zu  regieren,  die  ihr 
zur  Stütze  dienen  sollten,  wäre  zuviel  gefordert  gewesen.  So  willigte 
denn  Maria  Theresia  ein,  jenes  Land  hinzugeben,  auf  welches 
König  Friedrich  II.,  man  mag  es  deuten  und  wenden,  wie 
man  will,  kein  besseres  Recht  zustand,  als  die  Noth  der  Königin 
und  die  grössere  Macht,  welche  ihm  die  Verhältnisse  verliehen. 

„Placet"  schrieb  sie  auf  den  Bericht,  mit  welchem  ihr  der  Oberste 
Hofkanzler  Graf  Sinzendorff  die  Actenstücke  vorlegte,  „weil  kein 
anderes  Mittel  zu  helfen,  aber  wohl  mit  meinem  grössten  Herzeleid." 

Und  als  sie  die  Aenderung  einiger  Ausdrücke  in  dem  be- 
züglichen Schriftstücke  wünschte,  der  Oberste  Hofkanzler  ihr  aber 
eine  Gegenvorstellung  machte,  da  gab  sie  mit  den  Worten  nach: 
„Liese  ganze  Angelegenheit  ist  wider  meinen  Willen  verhandelt 
Avorden,  sie  kann  auch  in  gleicher  Weise  beendigt  werden;  ich 
werde  mich  bei  diesen  Worten  nicht  aufhalten."  >) 

Dem  Armee- Commandanten  FM.  Grafen  Neipperg  gab 
die  Königin  schon  am  8.  September  Nachricht,  dass  gleichzeitig 
ein  Courier  an  Lord  Hyndford  mit  so  vortheilhaften  Friedens- 
bedingungen  abgehe,  dass  an  dem  Abschlüsse  nicht  wohl  g-e- 
zweifelt  werden  könne. 

„Von  darum  aber  habt  Ihr,  insolang  man  von  dem  Erfolg  nicht 
vollständig  sicher  ist,  an  aller  Vorsichtigkeit,  so  zu  Meinem  Dienst 
gereichen  oder  erforderlich  sein  möchte,  nichts  erwinden  zu  lassen"'. 

So  gewiss  war  man  von  der  Annahme  der  von  Wien  aus  ge- 
machten Friedensvorschläge,  dass  Neipperg  beauftragt  wurde,  so- 
gleich, nachdem  er  von  Hyndford  Nachricht  vom  Schluss  des  Friedens 
mit  Preussen  erhalten,  mit  der  Armee  nach  Böhmen  aufzubrechen.2) 

Die  militärischen  Anordnungen,  welche  der  österreichische 
Armee  -  Commandant    am     11.    und     12.    September    traf,    waren 


l)  Arn  eth  I,  245,  396,  (36  u.  37). 

- 1  Die  Königin  an  FM.  Grafen  X  e  i  p  p  e  r  g,  Pressburg,  8.  September 
1741.  (H.  H.  u.  St.  A.,  Friedens-Acten,  Fase.  23.) 

29* 


452 

einigermassen  durch  den  Erlass  der  Königin  vom  8.  September 
beeinnusst  und  gebunden.  Für  die  militärische  Situation  an  diesen 
Tagen  war  es  entschieden  nicht  von  Vortheil,  dass  dem  Feldmarschall 
,, Vorsichtigkeit"  angerathen  und  überhaupt  ein  Erlass  seiner  Mo- 
narchin zugegangen  war,  der,  wie  dieser,  in  jeder  Zeile  die  Gewiss- 
heit des  Friedens  mit  Preussen  athmete.  Ohne  den  Erhalt  dieses 
Schreibens  wäre  Graf  Neipperg  wohl  energischer  gegen  die 
bereits  über  die  Neisse  gegangenen  preussischen  Truppen  auf- 
getreten. Nur  so  ist  auch  eine  Meldung  an  den  Grossherzog  vom 
12.  September  zu  verstehen,  dass  er  einen  Beobachtungsposten  von 
300  Preussen  am  rechten  Neisse-Ufer  unbehelligt  gelassen  habe. l) 
Er  wollte  offenbar  nach  Erhalt  jenes  Schreibens  kein  Engagement 
mehr  mit  dem  Feinde  und  handelte  hierin  wohl  auch  nach  den 
Intentionen  seines  Hofes. 

Am  13.  September,  um  10  Uhr  Morgens,  war  die  preussische 
Armee  aus  ihrem  Lager  bei  Woitz  aufgebrochen  und  nach  Gross- 
Neundorf  marschiert.  10  Grenadier-Compagnien  und  300  Husaren 
bildeten  die  Avantgarde ;  die  Armee  folgte,  nachdem  die  Neisse- 
Brücken  vollständig  abgetragen  waren.  Da  die  Vermuthung  nahe 
lag,  dass  mit  diesem  Marsche  die  Absicht  verbunden  sein  könne, 
unterhalb  der  Festung  den  Fluss  zu  passieren,  so  befehligte  FM. 
Graf  Neipperg  die  GFAVM.  Lentulus  und  Festetics  mit  den 
Cürassier-Eegimentern  Dieniar  und  Birkenfeld,  dann  den  Husaren- 
Regimentern  Ghilänyi,  Karolyi,  2  Escadronen  von  den  National- 
Regimentern  Hälasz  und  Kumanier,  4  Grenadier-Compagnien  und 
1000  Croaten,  am  Abend  dieses  Tages  über  Bielau,  an  Neunz  vor- 
über durch  Wischke  nach  Kaundorf,  zur  Beobachtung  eventueller 
Brückenschlags-Vorbereitungen  der  Preussen  gegenüber  "Wischke 
oder  bei  Lassoth,  abzurücken.  Das  Detachement  traf  mit  Tages- 
anbruch bei  Kaundorf  ein  und  lagerte  dort. 2) 

Als  die  preussische  Armee  zum  Abmarsch  von  Woitz  gestellt 
und  König  Friedrich  IL  schon  zu  Pferde  gestiegen  war,  langte  ein 
Courier  Hyndford's  mit  Depeschen  an,  welche  der  König  las  und 
dem  in  seinem  Gefolge  befindlichen  französischen  Gesandten  Marquis 
deValory  sagte:  „Ich  glaube,  diese  Leute  dort  werden  verrückt." 

Es  waren  dies  die  nach  der  Conferenz  vom  7.  September  an 
Hyndford  durch  Robinson  expedierten  Propositionen  des  Wiener 


»)  K.  A..  Schlesien  1711 ;  IX.  17. 
-)  L  ii  t  s  c  h'  Tagebuch. 


453 

Hofes,  in  einen  bereits  ausgeführten  vollständigen  Vertragsentwurf 
gefasst,  von  dem  die  Königin  an  Neipperg  arn  8-  Mittheilung 
gemacht  hatte. l) 

König  Friedrieh  äusserte  bei  dieser  Gelegenheit  dem  fran- 
zösischen Diplomaten  gegenüber;  dass  man  eine  sehr  schlechte 
Meinung  über  die  Aufrichtigkeit  seiner  Politik  haben  müsse,  „um 
so  oft  diese  Sache  wieder  zu  versuchen,  müssen  sie  mich  entweder 
für  einen  Schurken,  oder  für  den  ungeschicktesten  Menschen  der 
Welt  in  der  Politik  halten ;  vermögen  sie  sich  einzubilden,  dass 
ich  mit  einem  schwachen  Gegner,  welcher  nicht  mehr  kann, 
Frieden  schliessen  könnte,  um  Krieg  gegen  mächtige  Alliierte  zu 
führen,  die  im  Stande  sind,  denselben  lange  auszuhalten?"2) 

Als  König  Friedrich  II.  in  Begleitung  des  Prinzen  Dietrich 
von  Anhalt  und  Valory's  im  Laufe  des  Tages  bis  auf  die  letzte 
Anhöhe  oberhalb  der  nördlichen  Vorstadt  von  Neisse  geritten  war, 
um  Einblick  in  die  Stadt  zu  haben,  überbrachte  ein  Trompeter  von 
der  österreichischen  Armee  einen  Brief  der  Kaiserin-Mutter  Elisa- 
beth an  ihren  Neffen,  den  Prinzen  Ferdinand  von  Braun- 
schweig,  welcher  als  Volontair  im  Heere  des  Königs  stand,  worin 
dieser  um  seine  Mitwirkung  zur  "Wiederherstellung  guter  Beziehungen 
zwischen  Oesterreich  und  Preussen  ersucht  wurde.  Am  folgenden 
Tage  kam  die  Antwort  zurück,  sie  war  von  König  Friedrich  H. 
selbst  entworfen  und  lautete  ablehnend. 3)  Dies  war  die  ofneielle 
Antwort,  die  dem  rückkelrrenden  Trompeter  durch  den  Prinzen  öffent- 
lich übergeben  worden,  ein  zweites  Schreiben  erhielt  derselbe  heimlich, 
„um  es  in  Neipperg's  Hände  zu  legen,  ohne  dass  Jemand  etwas  davon 
erfahre".4)  Die  preussische  Armee  bezog  Lager  bei  Gross-Neundorf ; 
der  Neisse-Uebergang    zwischen  Rothhaas  und  Jentritz   wurde  mit 


')  Am  11.  September  hatte  Hyndforcl  in  Breslau  den  österreichischen 
Entwurf  vom  8.  mit  einem  Schreiben  Pobinson's  erhalten  und  sogleich  den 
preussischen  Minister  Podewils  ersucht,  ihm  eine  Audienz  zu  verschaffen. 
Doch  hatte  dieser  mit  Hinweis  auf  einen  Befehl  des  Königs  abgelehnt.  Hynd- 
forcl blieb  demnach  nichts  Anderes  übrig,  als  einen  eigenen  Boten  mit  den 
österreichischen  Vorschlägen  in  das  preussische  Lager  zu  senden  und  dem 
König  mitzutheilen,    dass  er  zum  Abschluss  der  Präliminarien  ermächtigt  sei. 

2)  Journal  Valory.  (Pariser  Archiv.) 

3)  Vergl.  Polit.  Corresp.  I,  Nr.  502.  —  Der  Brief  der  Kaiserin  und  das 
Antwortschreiben  sind  .abgedruckt  bei  Arneth,  I,  397  u.  398. 

4)  Bericht  Neipperg's  an  den  Grossherzog  vom  14.  September  1741: 
(K.  A.,  Schlesien  1741;  IN,  21  u.  ad  21.)  Diese  zweite  „en  cachette"  gegebene 
Antwort  findet  sich  nicht  mehr  vor. 


45  4 

Infanterie,  Beigwitz  mit  Infanterie  und  einigen  Geschützen  besetzt. 
Die  Grenadiere  der  Avantgarde  wurden  nach  Mogwitz,  Friedewalde 
und  Alt-Grottkau  verlegt. 

Das  Grenadier-Bataillon  Winterfeldt,  das  am  11.  September 
Grottkau  erreicht  hatte,  wurde  nach  Michelau  vorgeschoben.  Von 
Brieg  aus  wurde  Schurgast  und  Löwen  besetzt. 

Oberstlieutenant  Baron  Barkocz}-,  der  in  Grottkau  stand, 
hatte  sich  beim  Anrücken  preussischer  Truppen,  nachdem  er  einige 
feindliche  Fouragierer  gefangen  genommen,  am  11.  September  in 
die  Vorstadt  ,, Mährengasse"  der  Festung  Neisse  zurückgezogen, 
um  nicht  abgeschnitten  zu  werden. 

GFWM.  Baron  Lentulus  Hess  die  unter  Bittmeister  Graf 
St.  Germain  an  dem  rechten  Neisse-Ufer  noch  stehenden  Posten 
nach  Kaundorf  einrücken. 

Der  Armee-Commandant  beauftragte  den  Commandanten  von 
Troppau,  Hauptmann  Baron  Huldenburg    des  Max  Starhemberg' 
sehen  Infanterie-Regiments,  den  Platz  gegen  einen  etwaigen  Ueber- 
fall  in  Stand  zu  setzen  und,  wenn  Jägerndorf  nicht  haltbar  sei,  die. 
dortige  kleine  Garnison  an  sich  zu  ziehen. 

Am  14.  September  wurde  gemeldet,  dass  auf  dem  linken 
Flügel  der  Preussen,  an  den  Hängen  gegen  die  Neisse,  Holz  gefällt 
und  ausgearbeitet  werde.  Als  die  österreichischen  Generale  nun 
zur  Eecognoscierung  gegen  die  Neisse  ritten,  erhielten  sie  von  den 
Höhen  am  linken  Ufer  Geschützfeuer.  Da  man  immer  noch  vor- 
aussetzte, dass  Vorbereitungen  zu  einem  Brückenschläge  getroffen 
würden,  rückten  die  Croaten  und  die  4  Grenadier-Compagnien  von 
Kaundorf  nach  Wischke,  um  ä  portee  der  Ueb ergangstelle  zu  sein; 
die  Cavallerie  nahm  bei  Kaundorf  Stellung. 

Inzwischen  war  auch  das  Gros  der  Armee  nachgerückt  und 
bei  Neunz  in  Schlachtordnung  aufmarschiert.  Auf  die  bei  dem 
Dorfe  Wischke  postierten  leichten  österreichischen  Truppen  ward 
preussischerseits  ein  heftiges  Kanonenfeuer  eröffnet,  doch  erreichten 
die  Geschosse  deren  Aufstellung  nicht.  v) 

Die  an  diesem  Tage  in  Menge  eintreffenden  Deserteure  be- 
richteten, dass  bei  der  preussischen  Armee  „grosser  Mangel  an 
Lebensmitteln  und  vornehmlich  an  Brod"  herrsche. 


*)  L  u  t  s  c  h'  Tagebuch.  Der  Verfasser  desselben  berechnet  die  Ent- 
fernung der  preussischen  Geschütze  von  den  Croaten  auf  kaum  1000  Klafter 
tmd  erwähnt,  dass  die  Geschosse  nur  bis  auf  circa  30  Schritt  von  der  Auf- 
stellung der  österreichischen  Truppen  giengen. 


455 

König  F  r  i  e  d  r  i  c  li  II.  zog  die  Posten  von  Jentritz  und 
Rotlmaus  zurück  und  verzichtete  vorläufig  darauf,  angesichts  der 
Neipperg'schen  Armee,  die  Neisse  zu  überschreiten.  l) 

Eine  der  über  die  Neisse  entsendeten  österreichischen 
Patrouillen  von  30  Husaren  ward  am  16.  September  von  dem 
preussischen  Oberstlieutenant  M  a  1  a  c  h  o  w  s  k  y  mit  250  Uhlanen 
bei  Woitz  angegriffen  und  zurückgeworfen,  wobei  4  Husaren  m 
die  Hände  der  Preussen  fielen.  Nachdem  aber  der  Commandant 
dieser  Patrouille,  „der  Lieutenant  Namens  Werner  (welcher  auch 
den  König  nach  der  Moll  witzer  Action  bei  Oppeln  gejagt  hatte), 
sich  recolligiert,  so  gieng  er  mit  dem  Säbel  auf  die  Feinde  los 
und  brachte  selbe  dergestalt  in  Confusion,  dass  er  unsere  Ge- 
fangene nicht  nur  wieder  abjagte,  sondern  auch  den  Oberstlieutenant 
Mala  c  liowsky  blessierter,  nebst  44  feindlichen  Uhlanen  gefangen 
bekam". 2) 

Der  Armee-Commandant  hatte  am  14.  September  aus  Neunz 
an  die  Königin  M  a  r  i  a  Theresia  gemeldet,  dass  er  das  Aller- 
höchste Handschreiben  vom  8.  aus  Pressburg  erhalten  habe  und. 
sobald  Lord  Hyndford  ihm  die  Nachricht  von  dem  Abschluss 
des  Friedens  mit  Preussen  mittheile,  er  unverzüglich  mit  der  Armee 
nach  Böhmen  aufbrechen  werde,  wozu  die  Einleitungen  behufs 
Verpflegung  der  Armee  auf  dem  Marsche  mit  dem  General-Landes- 
Kriegs-Commissär  dieses  Königreiches,  dem  Grafen  K  a i  s  e r  s  t  e -in, 
bereits  getroffen  worden  seien.  Solange  man  jedoch  von  dem  Ab- 
schlüsse des  Friedens  nicht  vollständig  versichert  sei  und  auch 
falls  derselbe  nicht  zu  Stande  kommen  sollte,  werde  er  -  „an  aller 
möglichen  Vorsichtigkeit  nichts  erwinden  lassen."  Die  beiden 
Armeen  ständen  jetzt,  nur  durch  den  Neisse -Fluss  getrennt,  einander 
gegenüber. 

„Die  Passage  des  Neisse-Flusses  will  zwar  der  feindlichen 
Armee,  solange  allhier  und  in  der  Gegend  der  Stadt  Neisse  stehe, 
auch  daselbst  der  beschwerlichen  und  aus  Mähren  und  Böhmen 
entsendeten  Beifuhr,  da  es  auch  an  Pferden  dazu  in  Schlesien 
wegen  des  hin  und  wieder  von  dem  Feind  weggenommenen  und 
ruinierten  Zugviehs  hauptsächlich  ermangelt,  der  Subsistenz  für 
Mann  und  Pferd  willen,  stehen  bleiben  kann,  beschwerlich  genug 
machen,    ob  es  aber  mit  der  Zeit,    falls    der  König    von  Preussen 


\i  Kriege  Friedrich  d.  Gr.  II.   128. 
2)  Lutsch'  Tagebuch 


456 

absolut    darauf    bestehen    und    es  mit  Finessen,    wie    im  Krieg  zu 
geschehen  pflegt,  es  sei  ober-  oder  unterhalb,  weit  oder  nahe  meiner 
Lager,  endlich  in's  Werk  zu  richten  suchen  sollte,   gänzlich  werde 
verhindern    können,    ohne    in  eine  allgemeine  Affaire    mit  ihm  zu 
geratheii,  ist  eine  Sache,  die  nicht  wohl  zum  Voraus  melden,  wohl 
aber  unterdessen  kräftigst    versichern    kann,    dass  wo    es  allenfalls 
dazu  komme,  alles  dasjenige  dabei  thun  und  vorkehren  werde,    so 
E.  k.  M.  Allerhöchster  Dienst  und  Interesse  nur  immer    erfordern 
und  meine    geringe  Experienz    und  Einsicht    beitragen    mag,    nur 
wünschend,    dass  Gott    der    Allmächtige    hierin    E.    k.     M.    aller- 
gerechte   Sache    mit    seiner    Gnade     und    Beistand    segnen,    auch 
meinen  so  inbrünstigen  Wunsch  in  vollem  Maasse  erfüllen  wolle." 
„Nur  Eines  habe  schliesslich  E.  k.  M.  hiebei  noch  allerunter- 
thänigst    vorzutragen    und    darüber  Allerhöchstderoselbeii    Willens- 
meinung   und    Allergnädigste    Befehle    zu  meiner    Direction     mir 
auszubitten,    dass,    wann  allenfalls  der  König  von  Preussen  seinen 
gefassten  Vorsatz,  den  Neisse-Fluss  zu  passieren,  fallen  lassen  und 
zu  dem  schreiten  sollte,    die  Stadt  Neisse    von    der   anderen  Seite 
förmlich  zu  bombardieren,    alles  darin  zu    verheeren    und  den  Ort 
in  die  Asche  zu  legen,    wie  er  es  mit  der  Menge  seiner  Artillerie, 
ohne  dass  ich  ihn  von  dieser  Seite    daran    zu  verhindern    vermag, 
gar  wohl  thun  kann,     ob    in    solchem  Fall    mit    der  Armee    einen 
Zuseher  abgeben    und  mich    allein,    ihn    von  Zeit    zu  Zeit  in  An- 
sehung   der  Garnison    zu    verstärken,     mich    begnügen,    oder    von 
dannen  mich    zurückzuziehen    und  dem  Feinde  hierin   freie  Hände 
lassen,    oder    aber    die  Neisse    passieren    und    auf  ihn    coüte  qu'il 
coüte  losgehen  solle.  Dasjenige  von  diesen  dreien,  so  E.  k.  M.  für 
Dero    Allerhöchsten  Dienst    und  Interesse    das    Auslänglichste    zu 
sein  erkennen    und  mir  zur  Richtschnur    anbefehlen     dürften,    soll 
von    mir    auf    das  Genaueste    und    nach  Maass    es    die   Umstände 
gestatten,  erfüllt  werden.  Wählen  E.  k.  M.  das  letztere,  um  welches 
mich  absonderlich    anfrage,    weil  E.  k.  M.    in    obaccusiertem  Dero 
Allergnädigstem  Handschreiben  alle  Vorsichtigkeit  mir  anbefohlen, 
und  ich    bin   glücklich,    so   Gott    gebe,    so    würden  Allerhöchstdie- 
selbe zwar    wohl  eine  Zeit    lang    über    hierländige  Beschaffenheit, 
falls  anders  der  König  von  Preussen  seine  bei  Göttin  oder  Magde- 
burg   stehende  Armee,,   die    noch    dermalen    von  Niemandem    an- 
gefochten   wird,    nicht    auch    herbeiziehen    sollte,    sich    beruhigen 
können;  wäre  ich  aber  unglücklich,  wie  man  nicht  vorsehen  kann, 
nachdem  die  feindliche  Armee  noch  wenigstens    30.000  Mann,    die 
mir  untergebene  hingegen  an  regulierten  deutschen  Truppen  kaum 


457 

20.000  Mann    stark,  mithin  zwischen    beiden    die  Proportion  nicht 

gleich  ist,  so  werden  E.  k.  M.  die  missliche  Folge,    so  hieraus  bei 

einem    erfolgenden  Unglücksfall  erwachsen    könnte    und   wo  Krön 

und    Scepter    daran    liegt,     Dero    Allerhöchsten    Orts    von    selbst 

leichtlich  erkennen,  absonderlich  da  E.  k.  M.  nunmehr  mit  diesem 

Feind  nicht  allein,  sondern  auch  mit  Chur-Bayern   und   der  Krone 

Frankreich    selbst    zu    thun,    dahingegen    aber  auf  Dero  Alliierte, 

insolange  der  Frieden  mit  Preussen  nicht   hergestellt,    vermuthlich 

wenig  zu  rechnen  haben.  Ich  bitte  aber  allerunterthänigst,  mir  die 

hierunter  genommene  Freiheit,    die    einzig    und  allein  aus  der  für 

E.  k.    M.   Allerhöchsten    Dienst    und    Interesse    hegenden    wahren 

Treue  und  Eifer  entspringt,  nicht  ungnädig  zu  deuten,    sondern  es 

als  ein    pures  Merkmal    meiner    heftigen  Begierde    zu  Allerhöchst- 

deroselben  Vortheil  anzusehen.     Obige    drei  Sachen   aber  sind  von 

solcher  Beschaffenheit,  class  mir  je  eher  je    besser   und  ohne  dess- 

wegen    eine  Zeit    zu  verlieren,    eine    ausführliche    und    standhafte 

Antwort  von  E.  k.  M.  zu  meiner  Richtschnur  erforderlich  ist." 

„Sollte  hingegen  der  König  von  Preussen,  ehe  und  bevor 
E.  k.  M.  Allergnädigste  Antwort  mir  einlangt,  die  Neisse  passieren, 
um  die  Stadt  Neisse  zu  investieren  und  förmlich  zu  attaquieren. 
oder  in  ein  anderes  Land  sich  zu  begeben,  so  müsste  alsdann  zur 
Ehre  E.  k.  M.  Waffen  schon  die  Partie  nehmen,  mich  nach  Be- 
wandtniss  der  Sache  entweder  angreifen  zu  lassen,  oder  ihn  selbst 
anzugreifen,  womit  sich  dann  meine  obigen  Fragen  von  selbst 
aufheben."  J) 

Am  17.  September  ward  die  Beobachtung  des  rechten  Neisse- 
Ufers  durch  Husaren,  Croaten  und  Slavonier  bis  nach  Schurgast 
hinab  angeordnet,  Das  bei  Kanndorf  und  Wischke  aufgestellte 
Detachement  Hess  der  Armee-Commandant  in  das  Lager  der  Armee 
bei  Neunz  einrücken  und  rechts  vom  Orte  vor  dem  rechten  Flügel 
der  Cavallerie  lagern. 

Der  Hof-Kriegsrath  hatte  dem  FM.  Grafen  Neipperg  am 
!>.  September  aufgetragen,  zwei  Husaren -Regimenter  zumLobkowitz'- 
schen  Corps  zu  senden,  deren  Auswahl  ihm  überlassen  wurde.  Der 
Armee-Commandant  bestimmte  hiezu  die  Regimenter  Csäky  und 
Pestvärmegyei,  die  ihre  auswärtigen  Commanden  einziehen  und  sich 
zum  Abmarsch  vorbereiten  mussten.  Diese  Regimenter  zählten 
jedes  ungefähr  500  Pferde  und  waren  in  jeder  Hinsicht  feld- 
tüchtig. 


])  Gräfl.  Neipperg'sches  Archiv. 


458 

Die  Antwort,  welche  König  Friedrich  II.  auf  die  von 
Lord  Hyndford  ihm  am  13.  September  übermittelten  Propo- 
sitionen des  Wiener  Hofes  am  darauffolgenden  Tage  ertheilte, 
bezeichnete  das  ihm  zugekommene  Allianz-Project  als  chimärisch. 
Der  Gesandte  möge  dem  Wiener  Hofe  antworten,  der  Churfürst 
von  Bayern  werde  Kaiser  und  die  Verbindungen  des  Königs  mit 
Frankreich  und  Bayern  seien  so  feierlich  und  unlöslich,  dass  er 
diese  treuen  Alliierten  nicht  verlassen  werde,  um  in  Verbindung 
mit  einem  Hofe  zu  treten,  der  nie  anders  als  unversöhnlich  gegen 
ihn  sein  könne  und  werde.  Man  möge  ihn  mit  ähnlichen  Anträgen 
verschonen. *) 

Gleichzeitige  und  sogar  schon  einige  Tage  früher  versuchte 
Anknüpfungen  sprechen  übrigens  dafür,  dass  diese  Ablehnung  nur 
als  ein  politisches  Manöver  Frankreich  und  Bayern  gegenüber 
aufzufassen  ist,  welch'  letzterem  von  den  Vorschlägen  des  öster- 
reichischen Cabinets  sofort  Mittheilung  gemacht  wurde, 2)  während 
Valory  bereits  mündlich  Kenntniss  von  denselben  erhalten  hatte. 

Während  dieser  Vorgänge  an  der  Neisse  waren  nämlich  in 
Breslau  Verhandlungen  angeknüpft  worden. 

Lord  Hyndford,  welcher  sich  dort  aufhielt,  hatte  nach 
Sir  Thomas  Eob  ins  on's  erfolgloser  schlesischer  Reise  und  nachdem 
der  letztere  am  2.  September  die  Landeshauptstadt  wieder  verlassen 
hatte,  Gelegenheit  gefunden,  ,,mit  einer  gewissen  Person,  in  welche 
der  König  von  Preussen  das  grösste  Vertrauen  hat,  zu  conversieren." 

Als  diese  ,. gewisse  Person"  wird  der  Gouverneur  von  Breslau, 
GL.  von  der  Marwitz,  ein  auch  in  politischen  Geschäften  nicht 
unerfahrener  Officier,  bezeichnet.  3) 

Im  Gespräche  kam  man  auf  die  politischen  Angelegenheiten 
und  der  Ungenannte  liess  dabei  die  Hoffnung  durchblicken,  dass, 
um  den  Preis  von  Nieder-Schlesien,  Friedrich  IL  sich  der  Königin 
von  Ungarn  und  Böhmen  gegenüber  neutral  verhalten  werde. 

,,Die  Königin  ist  so  unvernünftig  (deraisoimable )  uud  mein 
Herr  ist  so  weit  gegangen,  dass  ich  nichts  vorzuschlagen  wage"  ; 
erklärte  jener  Vertrauensmann  weiter,  ,,oder  glauben  Sie,  dass  die 
Königin  noch  bewogen  werden  kann,  seine  Neutralität  zu  ge- 
winnen für  Xieder-Schlesien  mit  Breslau?"  Der  englische  Gesandte 


!)  Polit.  Corresp.  I,  Kr.  503. 

2)  Ebenda  Nr.  504.  An  den  Churfürsten  von  Bayern,  15.  September  1711. 

3)  Kriege  Friedlich  d.  Gr.  II,    119.  —  C  a  r  1  y  1  e  III,  IV..     Cap.  396.  - 
Grünhagen,  Erster  schles.  Krieg  II,  4. 


459 

äusserte,  hiefür  zwar  keine  Bürgschaft  übernehmen  zu  können,  aber 
er  wolle,  falls  der  König  von  Preussen  ihn  dazu  ermächtige,  durch 
Bob  ivn  son  diesen  Vorschlag  in  Wien  machen.  Der  Ungenannte 
sagte,  er  werde  seinem  Correspondenten  im  Lager  darüber  schreiben, 
obwohl  er  glaube,  dass  der  König  gegenwärtig  schon  zu  sehr 
anderwärts  engagiert  sei. 

Es  vergiengen  nun  drei  bis  vier  Tage,  ohne  dass  Hyndford 
Gelegenheit  hatte,  die  „gewisse  Person"  wieder  zu  sehen,  aber  am 
Morgen  des  9.  September  Hess  diese  ihn  zu  sich  bitten.  Nach  einer 
langen  Auseinandersetzung  über  die  Notwendigkeit,  das  strengste  Ge- 
heimniss  in  dieser  Angelegenheit  zu  beobachten,  zeigte  der  Unter- 
händler eine  Reihe  aufgeschriebener  Bedingungen,  die  er  Hyndford 
dictierte.  Dann  fügte  er  hinzu : 

,,AVemi  diese  Angelegenheit  ohne  Ergebniss  verliefe  oder 
wenn  sie  bekannt  würde,  so  würden  sowohl  der  König,  mein  Herr, 
und  ich  selbst  leugnen,  jemals  etwas  davon  gewusst  oder  gehört 
zu  haben ;  dass  also,  wenn  man  überhaupt  damit  zu  Ende  kommen 
wolle,  dies  mit  dein  grössten  Geheimniss  geschehen  müsse  und  in 
der  in  dem  Papier  beschränkten  Zeit." 

Hyndford  theilte  Bobin  son  diese  Unterredung  mit  und 
sprach  die  Meinung  aus,  die  übermässige  Vorsicht  entspringe  wohl 
der  Furcht  des  Königs,  dass  seine  Alliierten  etwas  davon  erführen. 
Ueber  die  erste  Unterredung  hatte  H  y  n  d  f  o  r  d  bereits  an  den  engli- 
schen Staats-Secretär  Lord  Harrington  am  6.  September  berichtet.  l) 

B  o  b  i  n  s  o  n  erhielt  zugleich  die  von  dem  „Ungenannten" 
dictierten  Forderungen  des  Königs  von  Preussen :  ,,Ganz  Nieder- 
Schlesien.  Der  Neisse-Fluss  als  Grenze.  Die  Stadt  Neisse  sowohl, 
als  auch  Glatz.  Auf  der  anderen  Seite  der  Oder  die  ehemaligen 
Grenzen  zwischen  den  Herzogthümern  Brieg  und  Oppeln.  Namslau 
ist  unser.  Die  Beligions-Angelegenheiten  in  statu  quo.  Keine 
Abhängigkeit  von  Böhmen.  Abtretung  für  immerwährende  Zeiten.'" 

„Dagegen  werden  wir  nicht  weiter  gehen.  Wir  belegen  Neisse 
zum  Schein.  Der  Commandant  wird  sich  ergeben  und  abziehen. 
Wir  werden  in  Buhe  die  Winter-Quartiere  nehmen  und  sie  können 
ihre  Armee  hinführen,  wohin  sie  wollen.  Das  Alles  niuss  in  zwölf 
Tagen  beendet  sein."  2) 


s 


!)  Der  Brief  ist  abgedruckt  bei  Carlyle,  III.,  IV.  Cap.,   ö'):i. 

2)  H.  H.  u.  St.  A.,  Traduction  de  la  lettre  de  Mylord  H  y  n  d  f  o  r  tl  a 
Mr.  Robinson.  Breslau  le  9.  Septembre'1741.  —  Die  Bedingungen  auch 
abgedruckt  in  der  Polit.  Corresp.  I,  Nr.  380.  Anmerkung  1. 


460 

Ob  die  erste  Anregung  zu  den  Verhandlungen  in  Breslau 
von  preussischer  Seite  oder  von  Hyndford  ausgegangen,  ist 
nach  des  Letzteren  Berichten  allerdings  nicht  klar.  Jedenfalls  muss 
der  „gewisse  Unbekannte"  in  Breslau  instruiert  gewesen  sein,  Pour- 
parlers  nicht  abzuweisen,  wenn  er  sie  auch  nicht  selbst  herbei- 
geführt hat. 

An  Ursachen,  welche  preussischerseits  hiezu  bestimmend 
wirken  konnten,  wäre  kein  Mangel.  Friedrich  IL  kannte  recht 
gut  die  Gefahren,  welche  die  Königin  M  a  r  i  a  Theresia  von 
anderer  Seite  bedrohten ;  er  wusste,  dass  er  hoffen  konnte,  aus 
dieser  Nothlage  der  Königin  grosse  Vortheile  für  sich  zu  ge- 
winnen und  dass  er  die  Geneigtheit  in  Wien  voraussetzen  durfte, 
in  Schlesien  Opfer  zu  bringen,  um  nur  endlich  freie  Hand  zu 
haben,  die  vorläufig  einzige  tüchtige  Armee,  die  man  besass,  zur 
Rettung  Böhmens  verwenden  zu  können.  Bei  König  Friedrich  IL 
bestand  zudem  der  Wunsch,  Neisse  jedenfalls  noch  mitzuerwerben, 
um  dann  auf  Glatz  rücken  zu  können.  l) 

Er  hatte  sich  wohl  überzeugt,  dass,  insolange  die  österreichi- 
sche Armee  ihm  gegenüberstand,  der  Besitz  dieser  Festung  stets 
von  dem  ungewissen  und  gefährlichen  Wagniss  einer  Schlacht 
abhängen  werde. 2)  Die  Jahreszeit  war  schon  vorgerückt,  seine 
Armee  lange  im  Felde,  seine  Alliierten  weit  und  in  ihren  Opera- 
tionen langsam.  Schmettau's  Berichte,  der  im  Heerlager  des 
Ohurfürsten  von  Bayern  weilte,  mögen  wohl  genügende  Aufklärung 
über  die  dortigen  Zustände  gebracht  haben. 

Eine  verlorene  Schlacht  entschied  voraussichtlich  über  den 
Besitz  Schlesiens.  Durch  Verhandlungen,  die  in  seltener  Weise 
durch  die  Gunst  der  Umstände  unterstützt  wurden,  die  öster- 
reichische Armee  aus  Schlesien  hinauszuschaffen,  Neisse  ohne 
langwierige  Belagerung  in  Besitz  zu  nehmen,  schien  ein  Preis,  der 
diplomatischen  Kunst  jener  Tage  werth.  Dass  die  englische  Ver- 
mittlung Alles  thun  werde,  um  die  Nachgiebigkeit  des  Wiener 
Cabinets  gegen  Preussen  zu  erreichen,  wusste  König  Friedrich  IL 


J)  Polit.  Corresp.  I,  Nr.  495. 

2)  „DieAveil  der  Feind  sich  auf  die  Höhen  vor  Neisse  gezogen,  so  ver- 
muthete  man  gänzlich,  dass  es  diesem.  Ort  gelten  werde,  allein  bis  dato  ist 
noch  Alles  ganz  ruhig,  zumal  es  auch  so  leicht  nicht  wäre,  diese  Stadt  einzu- 
nehmen, indem  erstlich  das  Wasser  im  Angesicht  unserer  Armee  müsste 
passiert  werden;  zu  einer  Bataille  hingegen  scheint  es,  dass  der  Feind  ebenso 
wenig  Lust  habe,  als  wir."  GFWM.  Baron  Lentulus  an  FM.  Grafen  Secken- 
dorff,  Neunz,  19.  September  1741.  (K.  A.,  Schlesien  1741 ;  XIII,  12y.  Original.) 


461 

genau.  Handelte  es  sick  für  England  doch  stets  darum,  Preussen, 
wenn  möglich,  von  Frankreich  zu  trennen. 

Auch  begannen  schon  Schwierigkeiten  bezüglich  der  seiner- 
zeitigeh  Vertheilung  der  Länder  der  Königin  Maria  Theresia 
unter  den  Verbündeten  sich  geltend  zu  machen.  Besonders  galt 
dies  von  Sachsen,  über  dessen  Beitritt  zur  grossen  Allianz  der 
Gegner  Oesterreichs,  in  jenen  Tagen  zu  Frankfurt,  wo  Marschall 
Belleisle  weilte,  lebhaft  verhandelt  wurde. 

Belle  isle  theilte  den  Stand  dieser  Angelegenheit  am 
12.  September  Valory  mit;  er  fand  es  auffallend,  dass  der  König 
von  Preussen  nicht  nur  Neisse,  sondern  auch  die  Stadt  und 
Festung  Glatz  verlange. 

„Sie  sehen,  was  das  für  eine  Ausdehnung  nimmt,  gegenüber 
dem  Vertrage,  in  welchem  nur  von  Nieder-Schlesien  mit  Breslau 
die  Rede  war. x)  Sie  sehen,  dass  meine  Scrupel,  welche  ich  immer 
bezüglich  der  Grenzen  hatte,  welche  der  König  von  Preussen 
diesem  Nieder-Schlesien  setzen  wird,  richtig  waren." 

Neisse  werde  man  wohl  zugestehen  müssen,  wenn  der  König  ein- 
mal in  den  Besitz  dieser  Stadt  getreten  sei.  Doch  viel  wichtiger  sei 
dessen  Anspruch  auf  Glatz,  wenn,  wie  Frankreich  es  wünsche,  ganz 
Böhmen  in  Besitz  des  Churfürsten  von  Bayern  bleiben  solle.  Der 
letztere  werde  clesshalb  Vorstellungen  beim  Könige  von  Preussen 
erheben,  Valory  solle  sich  diesen  anschliessen  und  persönlich,  aber 
ganz  nach  den  Umständen  intervenieren. 

Die  Ausführung  aller  Projecte  werde  nur  stattfinden  können, 
wenn  der  König  von  Preussen  N  e  i  p  p  e  r  g  im  Schach  halte  oder 
ihm  folge,  wenn  er  nach  Böhmen  abziehe. 

,, Ich  sehe  und  durchblicke,"  schreibt  Belleisle  weiter,  ,, dass 
der  König  von  Preussen  jetzt  ganz  für  die  Belagerung  von  Neisse 
und  dann  für  jene  von  Glatz  eingenommen  ist;  zur  günstigen 
Stunde,  da  wir  ihn  nicht  hindern  können,  diesem  Einfall  zu  folgen, 
aber  versuchen  Sie  wenigstens,  wenn  er  schon  diese  zwei  Ex- 
peditionen ausführt,  durchzusetzen,  dass  er  Neipperg  folge, 
wenn  sich  dieser  zurückzieht,  sei  es  nach  Böhmen  oder  Mahren,  dass 
er  ihm  niemals  die  Freiheit  lasse,  sich  gegen  den  Churfürsten  zu 
wenden." 

,.Es  ist  dem  Grafen  Neipperg  nicht  möglich,  sich  in  Böhmen 
zu  halten,  wenn  der  König  ihm  folgt,  er  wird  auf  Mähren  zurück- 
gehen müssen,  womit  die  Wegnahme  von  Glatz  verbunden  sein  wird." 


')  Siehe  die  Separat-  und  geheimen  Artikel  des  Vertrages  vom  5.  Juni  1741. 


4G2 

„Der  König  von  Preussen  wird  also  einsehen,  dass  es  noth- 
wendig  sei,  seine  Armee  vorläufig  nicht  in  Winter-Quartiere  zu  legen 
und  den  General  Neipperg  während  des  Monats  November  fest- 
zuhalten, bis  Prag  genommen  ist."  *) 

Für  die  Anschauungen  König  Friedric h  II.  in  jenen  Tagen 
ist  übrigens  ein  Brief  desselben  an  Marschall  Belleisle  be- 
zeichnend, worin  er  über  die  Bemühungen  des  Letzteren  sich 
äussert,  Sachsen  in  die  gemeinsamen  Interessen  zu  ziehen.  Er 
findet,  dass  es  sehr  vernünftig  sei,  den  König  von  Polen  zu  ge- 
winnen, erklärt  aber  mit  gewohnter  Freimüthigkeit,  dass  Belleisle 
demselben  viel  zu  viel  in  Aussicht  stelle,  zum  Schaden  des  Chur- 
fürsten  von  Bayern,  der  auf  ganz  Böhmen  die  feierlichsten  An- 
sprüche habe.  Diesen  wolle  man  zu  Gunsten  des  Königs  von  Polen 
zurücksetzen,  ja  noch  melrr,  Belleisle  bestimme  für  ihn  noch 
Ober-Schlesien  und  Mähren.  „Ich  habe  auf  meine  Rechte  auf 
Jülich  und  Berg  verzichtet,  ich  habe  dieses  ganze  Jahr  allein  die 
Last  des  Krieges  getragen,  ich  habe  mich  von  Anbeginn  für  den 
König  von  Frankreich  erklärt,  ich  handle  in  allen  Gelegenheiten 
aus  allen  meinen  Kräften,  um  dessen  Absichten  zu  begünstigen 
und  Sie  lassen  auf  den  König  von  Polen,  welcher  die  allermög- 
lichste  Entfremdung  und  den  übelsten  AVillen  bewiesen  hat  und 
welcher  keinen  seiner  Ansprüche  opfert,  einen  ansehnlicheren  Theil 
von  den  Trümmern  des  Hauses  Oesterreich  entfallen,  als  auf  den 
Churfürsten  von  Bayern  und  mich.  Muss  man  denn  ein  Feind 
Frankreichs  sein,  um  der  Meistbegünstigte  zu  sein?  Muss  man 
Ihnen  denn  entgegen  sein,  um  durch  dieses  Mittel  ganze  Provinzen 
zu  erkaufen,  ohne  den  Degen  zu  ziehen?" 

„Ich  glaubte,  als  ich  den  Krieg  begann,  für  den  König  von 
Frankreich,  den  Churfürsten  von  Bayern  und  mich  zu  arbeiten ; 
nun  sollen  indessen  die  Früchte  meiner  Arbeiten  die  Macht  unseres 
gemeinsamen  Friedens  vergrössern.  Uebrigens  machen  Sie  den 
Antheil  des  Churfürsten  von  Bayern  sehr  sehmal  und  klein,  indem 
Sie  dem  König  von  Polen  Mähren  überlassen  und  es  scheint  mir, 
als  hätten  Sie  nicht  bedacht,  dass  Sie  in  der  Absicht,  Russland  zu 
beugen,  dasselbe  in  der  Person  des  Churfürsten  von  Sachsen  er- 
höhen und  ihm  durch  seine  Vergrösserung  das  Mittel  geben,  so 
oft  es  Lust  hat  in  Deutschland  einzudringen  und  mich  in  Folge 
dessen  gänzlich  vom  Churfürsten  von  Bayern  abzuschneiden.  Nicht 


■    Belleisle   an   V  a  1  o  r  y,    Frankfurt,    12.    September    1741.    (Pariser 
Archiv.) 


403 

dass  ich  neue  Ansprüche  erhöbe,  ich  begnüge  mich  mit  den  Ufern 
der  Neisse,  diese  Stadt  und  Glatz  inbegriffen,  aber  ich  schreibe 
hauptsächlich  für  den  Churfürsten  von  Bayern  und  habe  das 
Gefühl,'  es  müsse  ihn  Mähren  wenigstens  für  die  Abtretung  ein«> 
Theiles  von  Böhmen  und  Ober-Schlesien  an  Sachsen  entschädigen. 
Ich  bin  überzeugt,  Sie  werden,  sobald  Sie  reiflich  über  das,  was 
ich  Ihnen  eben  geschrieben,  nachgedacht  haben  in  der  Ansicht  mit 
mir  übereinstimmen,  dass  es  nicht  nöthig  sei,  dem  König  von 
Polen  den  grössten  der  drei  Theile  zu  geben."  r) 

An  Sclimettau  schrieb  König  Friedrich  am  nämlichen 
Tage  (16.  September),  er  erwarte  von  ihm  mit  Ungeduld  gute  Nach- 
richten, um  seine  Massregeln  danach  zu  nehmen. 2) 

Diese  Berichte  lauteten  in  der  Folge  nicht  günstig.  Belleis le 
betrachtete,  entgegen  den  Instructionen,  welche  der  König  von 
Preussen  Schmettau  mitgegeben  hatte, 3)  die  Eroberung  Böhmens 
als  Hauptziel  der  Operationen  der  verbündeten  Heere,  während  der 
Marsch  auf  AVien  nur  als  Scheinbewegung  fortgesetzt  werden  sollte. 
Die  Entscheidung,  wie  weit  an  der  Donau  noch  vorzurücken  sei, 
wurde  dem  General  Mortagne  überlassen.  Nun  war  auch  noch  am 
15.  September  die  Nachricht  eingetroffen,  dass  die  im  Kampfe  gegen 
Russland  befindlichen  Schweden  bei  Willmanstrand  am  3.  September 
geschlagen  worden  seien,  wodurch  die  Besorgniss  hervorgerufen 
wurde,  Russland  könne  nunmehr  zu  Gunsten  Oesterreichs  in  die 
kriegerischen  Verhältnisse  kräftig  eingreifen.  4) 

Es  lagen  also  Gründe  genug  vor,  welche  den  König  von 
Preussen  bestimmen  konnten,  den  Versuch  zu  machen,  seine  Unter- 
nehmung in  Schlesien  ohne  weiteren  Kampf  und  ohne  langwierige 
Verhandlungen  mit  seinen  Alliierten,  allein  mit  seinem  Gegner 
zu  Ende  zu  führen. 

Bevor  noch  Hyndford's  Courier  mit  den  von  dem  ,, Un- 
bekannten in  Breslau"  dictierten  preussischen  Forderungen  in 
Pressburg  eingetroffen  war,  zu  welcher  Reise  von  Breslau  mindestens 
vier    bis    fünf  Tage    henöthigt  wurden,   hatte  Maria  Theresia, 


J)  König   Friedrich    an    Marschall    Belleisle,    Lager    an    der  Neisse, 
IC.  September  174-1.  Polit.  Corresp.  I,  Nr.  510. 

2)  Ebenda,  Nr.  509. 

3)  Polit.  Corresp.  I,  Nr.  137. 

4)  Am  1.  August  war  von  Schweden  auf  Betreiben  Frankreichs  der  Krieg 
an  Russland  erklärt  worden. 


464 

wie  erwähnt,  schon  einen  weiteren  Schritt  gethan  durch  die  an 
N  e  i  p  p  e  r  g  am  13.  September  übermittelte  Vollmacht  zur  Führung 
der  Verhandlungen  mit  König  Friedrich  II.  und  zum  Abschluss 
eines  Definitiv -Vertrages  und  der  Feldmarschall  hatte  unmittel- 
bar nach  Erhalt  des  königlichen  Handschreibens  den  in  Breslau 
weilenden  Lord  Hyndford  von  den  erhaltenen  Instructionen  in 
Kenntniss  gesetzt. J) 

Am  14.  September  schrieb  die  Königin  wieder  an  den  Feld- 
marschall, ihr  sei  die  Nachricht  zugekommen,  ,,dass  wenige  Hoffnung 
übrig,  den  König  von  Preussen,  auch  mit  Abgabe  von  ganz  Nieder- 
Schlesien,  zur  Neutralität,  geschweige  zur  Hilfeleistung  zu  ver- 
mögen, sondern  derselbe  vielmehr  seine  Verlangen  von  Tag  zu 
Tag  erhöhe  und  nun  sogar  auf  die  Abtretung  der  Stadt  Neisse, 
wie  G-latz,  dringe." 

,, Sollte  dessen  ungehindert  mit  dem  im  Handschreiben  vom 
13.  September  enthaltenen  Antrag  auszulangen  sein,  so  wäre  kein 
Augenblick  damit  zu  säumen.  Ich  habe  Euch  inzwischen  diese 
Umstände  zu  Eurer  Direction  und  dem  Ende  zu  wissen  thun 
wollen,  damit  Ihr  desto  mehr  in  Ansehung  des  Königs  von  Preussen 
auf  Eurer  Hut  seiet.  Theile  Euch  zufolge  des  Gnädigst  in  Euch 
gesetzten  Vertrauens  abschriftlich  mit,  was,  um  das  Universum  zu 
retten,  in  diesen  äusserst  andringenden  Umständen  und  avo  von 
keinen  Meiner  Bundesgenossen  einige  Hilfe  anzuhoffen  ist,  an  Grafen 
von  T  r  a  u  n  erlasse."  2) 

„Sollte  Euch  nun  etwas  Mehrers  beifällen,  was  der  so  grossen 
Noth  zu    steuern    weiters    diensam    sein  möchte,  so  hättet  Ihr  Mir 


v)  „Ich  habe  die  Ehre,  Ihnen,  Avie  es  mir  mein  Hof  befiehlt,  mitzutheilen, 
dass  ich  gestern  die  Instructionen  und  Vollmachten  für  den  Fall  erhalten 
habe,  als  man  es  zu  einem  Vergleiche  mit  Sr.  Majestät,  dem  König  von 
Preussen,  dem  letzten,  aus  Pressburg  vom  8.  d.  M.  datierten  Project 
gemäss,  brächte,  was  Sie  ohne  Zweifel  von  Herrn  Robinson  erfahren 
haben  werden."  FM.  Graf  Neipperg  an  Lord  Hyndford,  ddto.  Neunz, 
16.  September  1741.  (H.  H.  u.  St.  A.  Friedens-Acten,  Fase.  23.) 

2)  Der  commandierende  General  im  österreichischen  Italien,  FM.  Graf 
Traun,  erhielt  Befehl,  die  drei  Haj ducken  -  Regimenter,  welche  sich 
unterwegs  durch  Nachschübe  aus  Ungarn  auf  3000  Mann  jedes  verstärken 
sollten,  weiter  vier  Infanterie  -  Regimenter,  dann  das  Dragoner  -  Regiment 
Sachsen-Gotha  (gegenwärtig  Uhlanen-Regiment  Nr.  8)  und  ein  Husaren- 
Regiment,  im  Ganzen  circa  18.000  Mann  durch  Tyrol  gegen  Bayern  in  Be- 
wegung zu  setzen,  während  12.000  Mann  in  Italien  bleiben  sollten.  (In- 
struction an  Graf  Traun,  ddto.  Pressburg.  11.  September  1731.  Grad. 
Neipperg'sches  Archiv.) 


465 

es  ungesäumt  aiihandzugeben,  je  und  allezeit  aber  den  Inhalt 
gegenwärtigen  Handschreibens  und  dessen  Beilage  höchst  geheim 
zu  halten."  *) 

Unmittelbar     nach     Abgang     dieses    Handschreibens      langte 
Hyndfor  d's  Courier  vom  9.  September  bei  Robinson  in  Press- 
burg an.  Sofort  überreichte  Letzterer    der  Königin  die    preussi- 
schen  Bedingungen.  Am  folgenden  Tage  schon  erhielt  er  die  Ant- 
wort des  Wiener  Cabinets. 2)    Sie  drückte    die  Bereitwilligkeit  aus, 
ganz  Nieder-Schlesien    bis    zur    Neisse    für    alle    Zeiten    abzutreten 
und  zwar  unabhängig    vom  Königreich    Böhmen.     Die    Königin 
hoffe    aber,    dass  man   ihr  Neisse  und  Glatz    lassen  werde,    da  von 
diesen    Plätzen    bisher    niemals     die    Rede    gewesen     sei    und    der 
König    von  Preussen    in   gewisser  Hinsicht    überdies  mehr,    als  er 
verlange,  nämlich  einen  Theil  von  Ober-Schlesien  erhalte. 

Eine  Abschrift  dieser  Erwiderung  wurde  dem  Armee-Com- 
mandanten  zugesendet,  in  dem  Begleitschreiben  vom  15.  September 
ward  hervorgehoben,  dass  man  jetzt,  um  sich  seines  Corps  be- 
dienen zu  können  und  des  Friedens  mit  Preussen  sicher  zu  sein, 
zu  der  nämlichen  Cession,  die  man  früher  nur  gegen  wirkliche 
Hilfeleistung  und  die  Stimme  des  Königs  bei  der  Kaiserwahl  an- 
geboten, bereit  sei. 

Der  Ausfertigung  des  obigen  Schreibens  an  Graf  N  eip  perg 
fügte  die  Königin  eigenhändig  noch  Folgendes  bei: 

,,Ich  empfehle  Ihnen  dringend  dieses  Einvernehmen  zu  den 
angegebenen  Bedingungen  zu  beschleunigen,  um  die  Armee  als- 
bald in  Böhmen  zu  haben  und,  wenn  Sie  Hoffnung  haben,  mindestens 
einstweilen  an  Lobkowitz  die  Regimenter  zu  Hilfe  zu  senden, 
denn,  wenn  sie  nicht  ankommen,  um  die  Truppen  an  den  Grenzen 
aufzuhalten,  sind  alle  meine  Pläne  und  das  Opfer,  das  ich  bringe, 
vergeblich."  3) 

Es  muss  beachtet  werden,  dass  König  Friedrich  H.  am 
15.  September  die  Nachricht  von  der  Niederlage  der  Schweden 
bei  Willmanstrand  erhalten  hatte.  4) 


>)  H.  H.  u.  St.  A.,  Friedens- Acten.  Fase.  23. 

-)  „Projet  de  la  reponse  ä  donner  ä  Mr.  de  Robinson",  abgedruckt  in 
Mittheiluugen  des  k.  und  k.  K.  A.;  N.  F.  V,  294. 

s)  H.  H.  u.  St.  A.  Friedens-Acten,  Fase.  23.  Das  Post- Scriptum  nach 
einem  Extract  im  gräflich  Neipperg'schen  Archive. 

4)  Kriege  Friedrich  d.  Gr.  II,  151. 

Oesterreichiseher  Erbfolgekrieg.  II.  Bd.  30 


466 

Am  16.  schrieb  Cabinets-Secretär  Eichel  an  Podewils: 
„Auf  Sr.  königl.  Majestät  Allergnädigsten  Befehl  soll  Euer  Excellenz 
melden,  wie  Dieselbe  an  Mylorcl  Hyndford  Namens  Sr.  königl. 
Majestät  sagen  möchten,  dass,  wenn  er  zuDeroselben  anhero  kommen 
möchte,  er  nicht  nur  allemal  angenehm  sein  würde,  sondern  auch 
dass  es  Deroselben  ein  Vergnügen  machen  werde,  wenn  er  über- 
morgen anher  reisen  wollte,  indem  Se.  königl.  Majestät  ein  be- 
sonderes Verlangen  haben,  ihn  bei  sich  zu  sehen".  x) 

Am  selben  Tage  richtete  auch  der  Oberst  und  Adjutant  König 
F  r  i  e  d  r  i  c  h  II.  Freiherr  von  der  Goltz  an  Hyndford  die 
folgenden  Zeilen :  „Sie  wissen,  dass  ich  für  die  gute  Sache  ein- 
genommen bin.  Im  Hinblick  darauf  nehme  ich  mir  die  Freiheit, 
Urnen  als  Freund  und  Diener  zu  rathen,  sofort  hieher  zu  kommen 
und  Ihre  Eeise  so  zu  beschleunigen,  dass  Sie  Montag  (den  18.) 
gegen  Mittag  öffentlich  erscheinen  können.  Sie  werden  in  Ohlau 
und  Grottkau  sechs  Postpferde  bereit  finden.  Beeilen  Sie  sich, 
Mylord,  um  Alles  in  der  AVeit,  soviel  Sie  können."  2) 

Bevor  Podewils  den  Auftrag,  den  englischen  Gesandten 
zur  Eeise  in  das  preussische  Lager  zu  bestimmen,  erhielt,  hatte  er 
am  nämlichen  Tage,  den  16.  September,  an  den  König  berichtet, 
dass  Lord  Hyndford  in  Breslau  krank  darniederliege.3)  Diese 
Anzeige  war  in  der  Nacht  vom  17.  zum  18.  September  im  preussi- 
schen  Hauptquartier  eingelaufen. 

Am  Morgen  des  18.  September  passierte  ein  Courier  des  eng- 
lischen Gesandten  Eobinson  aus  Wien  mit  Depeschen  für  Lord 
Hyndford  auf  dem  Wege  nach  Breslau  die  Festung  Neisse. 
Am  linken  Ufer  der  Neisse  wurde  er  jedoch  von  den  preussischen 
Vorposten  angehalten  und  mit  einem  Schreiben  des  FM.  Schwerin 
an  den  österreichischen  Armee-Commandanten  zurückgesendet, 
worin  mitgetheilt  wurde,  dass  Hyndford  krank  in  Breslau  liege, 
man  remittiere  desshalb  den  Courier  mit  den  Depeschen,  „damit, 
falls  daran  eilig  gelegen,  man  die  benöthigte  Vorkehrung  dort  be- 
sorgen könne",  da  man  preussischerseits  befürchte,  dass  Hynd- 
ford nicht  im  Stande  sein  werde,  dieselben  „zu  öffnen  und  den 
Inhalt  zu  prosequieren".  Falls  Neipperg  jedoch  für  nöthig 
erachte,    dass    der    Courier     seine    Eoute    fortsetze,    so    möge    er 


!)  Polit.  Corresp.  I,  Nr.  508. 

2)  Goltz  an  Hyndford.     „Im  Lager  bei  Neundorf,    16,  September  um 
9  Uhr  Abends."  (Carlyle,  III,  Oap.  IV,  396.) 

3)  G  r  ü  n  h  a  g  e  n,  Erster  schlesischer  Krieg  II,   9. 


4G7 

zurückkehren  und  werde  man  dann  das  Weitere  zu  seiner  Reise  vor- 
kehren. J)  Neipperg  schickte  diesen  Courier  mit  dem  Antwort- 
schreiben an  Schwerin  zurück,  „dass  er  selbst  die  Depeschen 
Eobinson's  an  Hyndford  nicht  eröffnen  könne  und  wenn 
auch  Letzterer  sehr  krank  oder  gar  schon  gestorben  wäre,  werde 
er  doch  einen  Legations-Secretär  bei  sich  haben,  der  dieselben 
eröffnen  und  das  Nothwendige  besorgen  könne."  Schwerin  möge 
also  den  Courier  seine  Route  nach  Breslau  ungehindert  nehmen 
lassen. 2) 

Dies  geschah  und  der  Courier  erhielt  im  preussischen  Lager 
von  dem  Obersten  von  der  Goltz  noch  ein  Billet  für  Hyndford: 
,,Ich  bin  in  Verzweiflung,  Mylord,  über  Ihre  Erkrankung.  Hier  ist 
der  Courier,  den  Sie  erwarteten.  Kommen  Sie,  sobald  es  Ihnen 
nur  möglich  ist,  wenn  nicht,  so  sagen  Sie  dem  General  Marwitz, 
um  was  es  sich  handelt,  damit  er  es  mir  zu  wissen  machen  könne. 
Der  Courier  wäre  um  vier  Stunden  früher  eingetroffen,  wenn  wir 
ihn  nicht  Ihrer  Erkrankung  wegen  an  den  Grafen  Neipperg 
zurückgeschickt  hätten."  3) 

Kurze  Zeit  nachdem  EM.  Graf  Neipperg  den  Courier  wieder 
in  das  preussische  Lager  abgefertigt  hatte,  langte  von  dort  ein 
Trompeter  mit  einem  Briefe  des  GM.  Prinzen  Dietrich  von 
Anhalt-Dessau  für  den  GFWM.  Baron  Lentulus  an : 

„Da  Se.  königl.  Majestät  mir  Allergnädigst  befohlen,  mit  Ew. 
Hochwohlgeboren  etwas  zu  sprechen,  so  werden  Dieselben  belieben, 
den  nächsten  Ort  bei  Neisse,  wo  solches  geschehen  und  ich  mich 
einfinden  könne,  zu  choisieren,  mithin  durch  Ueberbringer  dieses 
mich  davon  ohnschwer  zu  benachrichtigen,  auch,  wenn  E.  H.  für 
nöthig  finden,  einen  Pass  von  J.  E.  dem  Herrn  FM.  Grafen 
Neipperg  mitzuschicken.  Ich  bringe  keinen  mit,  als  1  Trompeter, 
nebst  6  Husaren,  ingleichen  meinen  Adjutanten.  Hoffe  also  noch 
heute  die  Ehre  und  das  Vergnügen  zu  haben,  mit  E.  H.  zu  sprechen 
und  mündlich  versichern  zu  können,  wie  ich  mit  aller  Conside- 
ration  bin.  .   .  ." 4) 


2)  Schwerin  an   Neipperg,    Lager   bei   Neisse,    18.    September    1741. 
(H.  H.  u.  St.  A.,  Friedens- Acten,  Fase.  23.) 

2)  Neipperg  an  Schwerin,  Neunz,  18.  September  1711.  (H.  H.u.  St.  A.. 
Friedens-Acten,  Fase.  23.) 

3)  Goltz    an    Hyndford,    den    18.  September    um  3  Ulir  Nachmittags. 
(Carlyle  III,  Cap.  IV,  396.) 

4)  Lager  bei  Neundorf,  18.  September  1711.    (H.  H.  u.  St.  A.,  Friedens- 
Acten,  Fase.  23.) 

30* 


468 

GFWM.  Baron  Lentulus  schlug,  nach  Rücksprache  mit 
seinem  Armee-Commandanten,  das  ungefähr  4  Kilometer  von  Neisse 
links  seitwärts  der  Strasse  nach  Grottkau  liegende  Dorf  Riglitz  als 
Ort  des  Rendez-vous  vor J)  und  ritt,  von  seinem  Adjutanten, 
Fähnrich  L  u  t  s  c  h,  1  Corporal  mit  6  Husaren  und  einem  Trompeter 
begleitet,  um  3  Uhr  Nachmittags  von  Neunz  ab,  passierte  die 
Festung  und  die  am  linken  Ufer  der  Neisse  liegende  Vorstadt,  die 
sogenannte  ,, Mährengasse",  um  sich  nach  Riglitz  zu  begeben.  Als 
der  österreichische  General  die  Vorstadt  verliess,  wurde  er  ausser- 
halb derselben  bereits  preussischer  Officiere  ansichtig,  welche  die 
Vorposten  passiert  hatten  und  in  Begleitung  des  Officiers  der 
österreichischen  Feldwache  sich  näherten. 

Es  war  GM.  Prinz  Dietrich  von  Anhalt  selbst  mit  seinem 
Adjutanten,  einem  Trompeter  und  einem  Bedienten ;  in  dessen  Be- 
gleitung befand  sich  aber  noch  ein  preussischer  Stabsofficier,  welchen 
der  Prinz  nach  erfolgter  Begrüssung  dem  GFWM.  Baron  Lentulus 
mit  den  AVorten  vorstellte :  „Ich  präsentiere  Ihnen  den  Herrn 
Obersten  von  Goltz,  General-Adjutanten  meines  Königs,  von  welchem 
Sie  das  Weitere  vernehmen  werden".  2)  Hierauf  kehrte  der  Prinz 
mit  dem  Officier  der  Feldwache  um  und  begab  sich  in  das  preussi- 
sche  Lager  zurück.  General  Lentulus  ritt  seinerseits  mit  dem 
Obersten  von  Goltz,  gefolgt  von  Fähnrich  L  u  t  s  c  h  in  die  ..Mähren- 
gasse" und  alle  drei  begaben  sich  in  den  Garten  des  dort  gelegenen 


*)  Bericht  Neipperg's  an  die  Königin.  Neunz,  18.  September  1741. 
(H.  H.  u.  St.  A.,  Friedens-Acten,  Fase.  23.) 

')  Der  bei  diesen  Verhandlungen  eine  bedeutsame  Eolle  spielende  Oberst 
Georg  Conrad  Freiherr  von  der  Goltz  hatte  sich  seine  Sporen  im  diploma- 
tischen Dienste  bereits  verdient.  Durch  seinen  Oheim,  den  sächsisch-polnischen 
Staatsminister  Grafen  Manteuffel  war  er  in  König  August  IL  Dienst  ge- 
zogen und  im  Jahre  1727  schon  als  Legationsrath  mit  Graf  Hoym  nach 
Frankreich  geschickt  worden.  Dann  in  preussische  Dienste  getreten,  hatte  ihn 
König  Friedrich  Wilhelm  I.  in  wichtigen  Angelegenheiten  im  Jahre  1733 
an  den  Hof  von  Warschau  gesandt.  Während  des  gegenwärtigen  Krieges 
war  er  als  General-Adjutant  in  der  unmittelbaren  Umgebung  des  Königs  und 
schien  diesem  unzweifelhaft  die  geeignete  Persönlichkeit,  mit  dem  in  diplo- 
matischen Künsten  wenig  bewanderten  österreichischen  Armee-Commandanten 
zu  verkehren.  König  Friedrich  II.  sagt  später  selbst  über  ihn:  „Herr  von 
Goltz  war  wie  Proteus  in  der  Fabel.  Im  ersten  Feldzuge  leistete  er  die 
Dienste  eines  General-Adjutanten,  eines  Generals  und  sogar  die  eines  Unter- 
händlers. Er  wurde  mit  einem  wichtigen  und  geheimen  Auftrage  betraut,  von 
welchem  das  Publicum  niemals  vollständig  Kenntniss  erhielt".  (Ausgewählte 
kriegswissenschaftliche  Schriften  Friedrich  d.  Gr.  Von  Heinrich  Merkens. 
Jena  1876.  Aus:  ..Lobrede  auf  General  von  Goltz",  311.) 


469 

Capuciner-Klosters.  Hier  hatten  Lentulus  und  G  o  1 t z  eine  längere 
Unterredung.  Endlich  ward  Fähnrich  Lutsch  wieder  herbeigerufen 
und  von  dem  preussischen  Obersten  in  höflichster  Form  ersucht, 
zu  dem  commandierenden  General  Grafen  Neipperg  zu  reiten 
und  zu  ,, melden,  wie  er  mit  einem  geheimen  Auftrag  von  Seiner 
Majestät  dem  König  an  Seine  Excellenz  abgeschickt  worden',  er 
stelle  es  dessen  Belieben  anheim,  ob  er  ihm  erlauben  wolle,  seine 
Aufwartung  zu  machen,  oder  ob  der  Feldmarschall  sich  seil  ist 
herausbemühen  wolle.  Im  letzteren  Falle  möge  derselbe  keine  Suite 
mitnehmen,  „indem  der  König  diese  Unterredung  geheim  gehalten 
wissen  wolle". 

FM.  Gral  Neipperg  begab'  sich  in  Folge  des  ihm  von 
Fähnrich  Lutsch  überbrachten  Auftrages,  nur  von  Letzterem  be- 
gleitet, zu  Pferde  in  die  „Mährengasse",  wo  er  um  7  Uhr  Abends 
in  dem  Garten  der  Capuciner  eintraf  und  wo,  wie  Fähnrich  Lutsch 
in  seinem  Tagebuch  verzeichnet,  „die  drei  Anwesenden  (also 
Neipperg,  Lentulus  und  Goltz)  bei  hellem  Mondschein  eine 
ganze  Stunde  sich  besprachen;  worauf  Oberst  von  der  Goltz  um 
8  Uhr  in  das  preussische  Lager,  FM.  Neipperg  mit  seinen  Be- 
gleitern um  9  Uhr  Abends  nach  Neunz  zurückkehrten". a) 

Es  war  das  erste  Mal  im  Verlauf  dieses  Krieges,  dass  öster- 
reichische und  preussische  Militärs  die  Frage  der  Aussöhnung 
direct  besprachen  und  es  ist  diese  Zusammenkunft  auch  die  einzige 
gewesen,  bei  welcher  der  englische  Vermittler  gefehlt  hat. 

Es  muss  dabei  festgehalten  werden,  dass  Neipperg  bei 
dieser  Unterredung  nur  im  Besitze  der  Instructionen  vom  13.  Sep- 
tember war ;  erst  nach  seiner  Rückkehr  von  derselben  erhielt  er 
das  Handschreiben  der  Königin  vom  14.  und  etwas  später  den, 
die  Abschrift  der  an  Eo  b  in  s  on  gegebenen  Antwort  begleitenden 
Erlass  mit  dem  eigenhändigen  Zusatz  der  Königin. 

Ueber  die  mit  dem  Obersten  von  der  Goltz  gehabte  Unter- 
redung berichtete  FM.  Graf  Neipperg  noch  am  nämlichen  Tage 
um  Mitternacht  an  seine  Monarchin,  Goltz  habe  nach  der  ersten 
Begrüssung  sofort  „aus  Veranlassung  seines  Königs"  gefragt,  ob 
Neipperg  „zu  Treffung  eines  Accommodements  mit  einer  Vollmacht 
versehen  wäre",  welche  Frage  dieser  mit  „Ja"  beantwortet  habe. 
Auf  die  zweite  Frage,  ob  die  Königin  bereit  sei,  auch  Neisse 
und     Glatz     abzutreten    mit     soviel     Land,     als     ein     Stückschuss 


1)  Lutsch'  Tagebuch. 


470 

betrage,  mit  „Nein" ;  Nieder-Schlesien,  mehr  dürfe  er  nicht  be- 
willigen. 

Seine  Instruction  besage  auch,  „sowohl  das  Fürstenthum 
Münsterberg  und  Frankenstein,  als  denjenigen  Strich  Landes,  so 
zu  dem  Fürstenthum  Neisse  gehöre  und  über  dem  Neisse-Fluss 
unter  dem  Namen  des  Grottkau'schen  Weichbildes  liege,  als  District, 
so  insgemein  zu  Ober-Schlesien  gerechnet  worden,  x)  davon  auszu- 
nehmen, welches  letztere  er  aber  nur  pro  forma  und  um  die  Sache 
vorläufig  desto  inehr  zu  erleichtern,  thäte,  worauf  Oberst  von  der 
Goltz  entgegnete,  dass  sein  König  ohne  solchen  und  ohne  Neisse 
und  Glatz  zu  erhalten,  zu  einem  Accommodement  sich  nicht  be- 
quemen würde." 

Nun  fragte  Neipperg,  wie  es  mit  der  Hilfeleistung  stehe, 
aufweiche  die  Königin  rechne.  Der  Oberst  erwiederte,  zu  einer 
solchen  werde  der  König  sich  nicht  verstehen,  jedoch  unfehlbar 
neutral  bleiben.  Im  künftigen  Frühjahre  werde  der  König  vielleicht 
Gelegenheit  finden,  sich  dafür  zu  bemühen,  dass  der  Königin  Maria 
Theresia  nicht  zu  grosser  Schaden  geschehe.  Sein  König  sei 
weit  davon  entfernt,  den  Ruin  des  Hauses  Oesterreich  anzustreben. 
Goltz  betonte  die  Versicherungen  der  guten  Absichten  seines 
königlichen  Herrn  mit  so  viel  Wärme,  dass  selbst  Neipperg  den 
Eindruck  gewann,  man  scheine  in  der  That  im  preussischen  Haupt- 
quartiere vor  der  französischen  Uebermacht  Besorgnisse  zu  hegen. 

Der  Feldmarschall  berichtete  ferner,  dass  Oberst  von  der  Goltz 
ihm  im  Vertrauen  mitgetheilt  habe,  wie  sein  König  an  den  bedräng- 
ten dermaligen  Umständen  der  Königin  Maria  Theresia  grossen 
Antheil  nehme  und  dieselbe  ohne  Hilfe  nicht  lassen  würde,  gegen- 
wärtig dieselbe  aber  nicht  gewähren  könne.  „Er  dringe  sehr  darauf, 
dass,  sobald  mit  ihm  ein  Accommodement  getroffen,  das  hiesige 
Kriegs-Corps  ungesäumt  gegen  Wien  rücken  und  diese  Stadt  im 
Fall  einer  feindlichen  Belagerung,  wie  der  Oberst  von  der  Goltz 
aus  seinem  König  zu  haben  sagt,  dass  es  dahin  vermeint  sei. 
retten  zu  helfen  suchen  solle,  wonach  sich  Alles  zum  Besseren 
wieder  kehren  werde." 


*)  Zu  Ober-Schlesien  rechnete  man  damals  die  sieben  Fürstenthümer : 
Münsterberg,  Neisse,  Teschen,  Troppau,  Jägerndorf,  Oppeln  und  Ratibor;  zn 
Xieder-Schlesien  die  neun  Fürstenthümer:  Breslau,  Brieg,  Glogau,  Jauer, 
Liegnitz,  Oels,  Sagan,  Schweidnitz  und  Wohlan.  Unter  österreichischer  Herr- 
schaft waren  die  Fürstenthümer  Breslau,  Brieg,  Liegnitz,  Oels,  Münsterberg, 
Schweidnitz  und  Jauer  in  "Weichbilder  abgetheilt,  die  übrigen  aber  in  Kreise. 
(B  ü  s  c  h  i  n  g,  Erdbeschreibung,  10.  Theil,  778  u.  780.) 


471 

..Das  Secretum  dieser  Sache  habe  der  Oberst  von  der  Goltz  im 
Namen  seines  Königs  ihm  zu  wiederholten  Malen  mit  Nachdruck 
recommandiert  und  verlangt,  dass  es  nur  zwischen  der  Königin, 
dem  Grossherzoge,  ihm  und  mir  noch  zur  Zeit  bleiben  solle,  vor- 
gebend, wie  ihm  gar  wohl  bekannt,  dass  sothanes  Secretum  zu 
Wien  nicht  allemal,  wie  sich's  gebührt,  gehalten  würde." 

In  einer  Nachschrift  zu  diesem  Berichte  äusserte  Neipperg 
noch,  dass  er  Alles  thun  werde,  um  zu  dem  von  der  Königin 
in  Anbetracht  der  anderweitigen  drohenden  Gefahren  gewünschten 
Ausgleich  zu  gelangen,  doch  verhehlte  er  seine  Besorgnisse  nicht,  dass 
der  König  von  Preussen  auf  der  Abtretung  der  beiden  Festungen 
bestehen  werde.  Er  werde  es  an  nichts  fehlen  lassen,  um  für  die 
Interessen  der  Monarchin  bei  jeder  Gelegenheit  zu  wirken,  aber 
er  werde  auch  vermeiden,  dem  Könige  von  Preussen  zuerst  die 
eigene  Meinung  zu  insinuieren  und  eine  Gelegenheit  oder  eine 
Unterredung  abwarten,  um  danach  zu  sehen,  wie  man  zum  Ziele 
gelangen  und  nach  dem  letzten  ihm  zugekommenen  Friedens- 
entwurfe vom  15.  September  schliessen  könne.  v) 

In  wie  weit  Oberst  von  der  Goltz  seine  Auseinandersetzungen 
bei  der  Conferenz  im  Neisser  Capuciner-Kloster  selbst  in  gutem 
Glauben  vorbrachte,  ist  nicht  wohl  zu  erweisen,  deutlicher  sind  die 
Fingerzeige  über  die  Gedanken  und  Ziele  König  Friedrich  IX 
bei  dem  mit  dem  österreichischen  Armee-Commandanten  an- 
gebahnten Verständigungsversuche. 

Die  überlieferten  politischen  Auslassungen  des  Königs  gerade 
in  diesen  kritischen  Tagen  sprechen  nicht  dafür,  dass  er  sich  von 
Frankreich  und  Bayern  zu  trennen  gewillt  war.  Im  Gegentheil, 
geben  die  "Weisungen  an  Schmettau, 2)  an  den  Gesandten  beim  Chur- 
fürsten  von  Bayern,  Geheimen  Kriegsrath  von  Klinggraeffen3), 
die  Resolution  für  den  bei  ihm  befindlichen  französischen  Ge- 
sandten Marquis  Valory  vom  21.*),  das  Schreiben  an  den  Chur- 
fürsten    von  Bayern    vom  22.  September 5)    ein  ganz   anderes  Bild 


»)  H.  H.  u.  St.  A.,  Friedens-Acten  Fase.  23.  K.  A.,  Schlesien  1741 ;  IX.  34. 

2)  Polit.  Corresp.  I,  Nr.  518. 

3)  Polit.  Corresp.  I,  Nr.  519. 

4)  Polit.  Corresp.  I,  Nr.  521. 

5)  „Ich  habe  direct  auf  Herrn  von  Neipperg,  welcher  in  Franken- 
stein lagert,  marschieren  wollen,  doch  ist  mir  seine  Klugheit  zuvorgekommen, 
denn  er  hat  sich  hinter  die  Neisse  zurückgezogen  ;  daher  habe  icli  Gewalt- 
märsche gemacht,  um  ihn  von  der  Stadt  Neisse   abzusperren,   aber  er  ist  mir 


472 

und    deuten    auf  jetzt    schon    vorhandene  Pläne,    die    später   klar 
genug  geworden  sind. 

Dem  Marquis  Valory  gegenüber  hatte  der  König  in  diesen 
Tagen  geäussert,  dass  er  die  Absieht  habe,  die  Neisse  zu  passieren, 
der  Entschluss  aber  von  den  zu  erwartenden  Briefen  und  Nach- 
richten abhängig  sei.  ,, Seine  Briefe  sind  die  Boussole  für  sein 
Verhalten  in  der  gegenwärtigen  Lage."  x) 

Zwischen  Sachsen  und  Bayern  war  der  Bündnissvertrag  arn 
1'.».  September  1741  unter  Marschall  Belleisle's  Vermittlung  zu 
Frankfürt  am  Main  abgeschlossen  worden.  Wo  alle  auf  Beute 
hofften,  wollte  König  August  nicht  zurückbleiben. 

Sachsen  sollte  Ober-Schlesien  ohne  Neisse,  ganz  Mähren  als 
Königreich  und  dazu  von  Nieder-Oesterreich  das  Viertel  ober  dem 
Mannhartsberge  erhalten,  dagegen  etwaigen  Ansprüchen  auf  sonstige 
österreichische  Lande  zu  Gunsten  Ba}Terns  und  auf  Jülich  und 
Berg  zu  Gunsten  der  Pfalz  entsagen.  Bayern  hatte  sich  in  den 
Besitz  von  Böhmen,  Ober-Oesterreich,  Tvrol  und  Vorder-Oesterreich 
zu  setzen. 

Bezüglich  der  Kaiserwahl  verpflichteten  sich  die  beiden  Contra- 
henten,  ,, zusammen  in  vollster  Einigkeit  und  Uebereinstimmung 
vorzugehen  und  zu  diesem  Ende  gleicher  Meinung  zu  sein,  um 
die  Churstimme  in  Böhmen  bis  zum  nächsten  Reichstag  zu  su- 
spendieren und  auf  keinen  Fall  ihre  Stimmen  dem  Grossherzog  von 


um  eine  halbe  Stunde  zuvorgekommen.  Seine  Armee  beginnt  indessen,  an 
Allem  Mangel  zu  leiden,  ich  werde  die  Neisse  in  wenigen  Tagen  überschreiten 
und  wenn  Neipperg  nicht  das  Feld  räumt,  bin  ich  gezwungen,  ihn  dazu 
zu  nöthigen.  Valory  hat  soeben  einen  Courier  des  Marschalls  Beilei  sie 
empfangen,  welcher  ihm  die  Präliminarien  des  Tractats  mit  Sachsen  schickt ; 
dessen  Bedingung  ist  die  Erwerbung  Mährens  und  Ober-Schlesiens  mit  dem 
Königstitel.  Ich  glaube,  dieser  Vertrag  entspricht  den  Ideen  und  Interessen 
Eurer  churfürstlichen  Hoheit,  nachdem  der  Beitritt  Sachsens  seit  der  un- 
glücklichen Schlacht,    welche   die  Schweden    gegen  Bussland    verloren  haben. 

ein  entscheidender  Zug  ist." 7>Die  Oesterreicher    lassen   sich  durchaus 

nicht  abschrecken,  hier  zu  unterhandeln,  aber  Ew.  churfürstliche  Hoheit 
können  versichert  sein,  dass  sie  nicht  weiter  kommen  werden,  als  bisher. 
Neipperg  hat  grosse  Lust,  in  Schlesien  seine  ungarischen  Unterhandlungen 
zu  wiederholen.  Es  ist  ihm  dies  zu  spät  eingefallen  und  meine  Verpflichtungen 
sind  mir  zu  heilig,  um  sie  jemals  in  meinem  Leben  zu  brechen."  (Polit. 
Corresp.  I,  Nr.  522.) 

l)  Bericht  Valorv's  an  B  e  1 1  e  i  s  1  e,    Neundorf,    17.  September   1741. 
;  Pariser  Archiv.) 


473 

Tose  ana  für  die  Kaiserkrone  zügeben;  sollte  es  im  Churfürsten- 
Collegium  getheilte  Meinungen  zu  Gunsten  der  beiden  hohen  Con- 
trahenten  geben,  so  wolle  der  Eine  und  der  Andere  nur  den  güt- 
lichen Weg  einschlagen,  um  den  Churfürsten  volle  und  gänzliche 
Freiheit  zu  lassen,  zwischen  den  Beiden  zu  entscheiden."  Der 
Vertrag  wurde  mit  dem  Vorbehalte  geschlossen,  dass  zur  Gültig- 
keit der  Verabredung  der  Beitritt  Preussens  und  Frankreichs  er- 
forderlich sei.  r) 

Die  Festung  Neisse  war  dem  König  von  Preussen  nach 
diesem  Vertrage,  nunmehr  entgegen  dem  Abkommen  mit  Frankreich 
vom  5.  Juni  und  den  Wünschen  des  französischen  Cabinets,  zu- 
gesprochen worden.  2) 

Am  19.  und  20.  September  schienen  die  Verhandlungen 
zwischen  den  beiden  Hauptquartieren  ganz  abgebrochen  zu  sein. 
Bei  den  Vortruppen  fanden  kleinere  Scharmützel  statt;  die  öster- 
reichischen Feldwachen  unterhalb  der  „Mährengasse"  wurden 
dreimal  angegriffen,  behaupteten  jedoch  schliesslich  ihre  Posten.  \. 

König  Friedrich  IL  hatte  am  ersteren  Tage,  begleitet  von 
einer  zahlreichen  Suite,  eine  Eecognoscierung  des  österreichischen 
Lagers  vom  jenseitigen  Ufer  aus  vorgenommen,  wobei  er  in 
augenscheiniiehe  Lebensgefahr  gerieth.  In  den  Gebüschen  des 
Neisse-Ufers  versteckt  liegende  Croaten  hatten  aus  ziemlicher 
Nähe  auf  dieses  Cortege  Feuer  gegeben.  Der  in  der  unmittelbaren 
Umgebung  des  Königs  befindliche  Markgraf  Carl  erhielt  einen 
Streifschuss  an  der  Hand,  während  dem  Markgrafen  W  i  1  h  e  1  m 
der  Rock  durchschossen  wurde.4) 

Als  am  Abend  des  19.  September  keine  weitere  Nachricht 
aus  dem  preussischen  Hauptquartier  eingetroffen  war,  schlug  FM. 
Graf  Neipperg  seiner  Monarchin  vor,  dem  Könige  von  Preussen 
eventuell  die  Schleifung  von  Neisse  und  Glatz  anzubieten,  unter 
der  Bedingung,  class  dieselben  unter  der  Botmässigkeit  der  Königin 
blieben.  Er  empfahl  bei  dieser  Gelegenheit  die  strengste  Geheim- 
haltung und  Vorsicht  bei  allen  militärischen  und  diplomatischen 
Anordnungen,  da  er  durch  Oberst  von  der  Goltz  ganz  erstaun- 
liche Beweise  erhalten  habe,    wie  gut  man  im    preussischen  Lager 

l)  Heigel,  „Der  österr.  Erbfolgestreit",  183  u.  371.  Der  Vertrag  Bildet 
sich  in  Martens  „N.  Suppl.  au  recueil  des  traites",  I,  728. 

-)  B  e  1 1  e  is  1  e  an  Vä  1  o  r  y,  Frankfurt.  22.  Septemb.  1741.  (Pariser  Archiv  ) 

Lutsch'  Tagebuch. 
4)  Kriege  Friedrich  d.  Gr.  IL  1  53. 


474 

von  allen  Vorgängen  in  "Wien  und  Pressburg  unterrichtet  sei  und 
er  selbst  habe  gerade  in  einer  mit  der  Post  eingetroffenen  „ge- 
schriebenen Zeitung"  die  Mittheilung  gelesen,  wonach  an  die  in 
Italien  stehenden  Truppen  Befehl  ergangen,  nach  Deutschland  zu 
marschieren,  was  doch  gegenwärtig  noch  vollständiges  Geheinmiss 
sein  sollte.  l) 

Am  20.  September  lief  ein  Erlass  der  Königin  ein,  der 
die  Anfragen  des  Feldmarschalls  vom  14.  September  beantwortete. 
Derselbe  führte  aus,  dass  die  Passierung  der  Neisse  und  ein  Angriff 
auf  die  preussische  Armee  bei  deren  numerischer  Ueberlegenheit 
nicht  rathsam  erscheine.  Hauptsächlich  sei  daran  gelegen,  die 
Festung  Neisse  zu  behaupten  und  Neipperg  möge,  da  der 
Angriff  von  dem  andern  Ufer  her  wenig  wahrscheinlich  sei,  vor- 
läufig keine  zu  grosse  Besatzung  in  den  Platz  legen.  Die  Armee, 
die  er  commandiere,  solle  er  soviel  als  möglich  intact  erhalten, 
die  preussische  nicht  mehr  aus  den  Augen  lassen  und  derselben, 
möge  sie  nun  gegen  Glatz,  öder  über  die  Neisse  gegen  Ober- 
Schlesien,  beziehungsweise  nach  Ungarn  oder  Mähren  sich  wenden, 
stets  zuvorkommen.  Vermöge  er  mit  Vortheil,  oder  wenigstens  unter 
nicht  allzu  ungünstigen  Umständen  eine  Schlacht  zu  liefern,  so  könne 
er  dies  ohne  Bedenken  thun. 

Der  Erlass  erwähnte  auch  eines  Anerbietens,  welches  der 
Landeshauptmann  von  Oppeln,  Graf  Henckel,  bezüglich  unverzüg- 
licher Errichtung  einer  Land-Miliz  gemacht  habe,  worüber  man  die 
Entscheidung  N  e  i  p  p  e  r  g's  Ermessen  anheimgebe. 

M  a  r  i  a  T  h  e  r  e  s  i  a  fügte  dieser  Instruction  eigenhändig 
bei :  „man  überlasst  alles  dieses  Seinen  Dispositionen,  nachweilen 
in  keiner  solchen  occassion  von  hier  nichts  kann  befohlen  werden."  2) 

Am  21.  September  passierte  ein  Courier  Hyndford's  mit 
Depeschen  für  Robinson  die  Festung  Neisse  und  überbrachte 
dem  Grafen  Neipperg  ein  Schreiben  des  Lords  vom  19.  Sep- 
tember aus  Breslau,  worin  er  mittheilte,  dass  aus  Anlass  seiner 
Krankheit,  die  ihn  10  Tage  hindurch  bettlägerig  gemacht,  er  nicht 
früher  Neipperg's  Schreiben  vom  IG.  habe  beantworten  können. 
Er  sei  trostlos,  dass  die  Negociation  so  rasch  und  unglücklich  ver- 
laufen, doch  hoffe  er,  Neipperg  werde  bald  andere  Instructionen 


*)  Neipperg  an  die  Königin,  19.  September  1741.  (H.  H.  u.  St.  A., 
Fase.  23.) 

2)  Gräfl.  Neipperg'sches  Archiv. 


475 

erhalten.  Er  selbst  begebe  sich  am  21.  in  das  preussische  Haupt- 
quartier, wo  er  die  Rückkunft  seines  jetzigen  Couriers  erwarten 
wolle  und  er  werde  sich  sehr  glücklich  und  geehrt  schätzen,  wenn 
er  der  Königin  von  Ungarn  irgendwie  nützlich  sein   könne.1) 

Der  Feldmarschall  gab  dem  Courier  in  Beantwortung  des  Er- 
lasses der  Königin  vom  17.  September  einen  Bericht  mit,  worin 
er  meldete,  dass  die  Garnison  von  Neisse  nur  etwas  über  2000  Mann 
betrage  und  vorläufig  nicht  verstärkt  worden  sei,  sowie  dass  er 
die  Errichtung  einer  Land-Miliz  im  Fürstenthume  Oppeln  „für  eine 
Sache  halte,  woraus  nicht  viel  Vortheil  zu  ziehen".  "Was  endlich 
die  Frieclens-Unterhainllungen  betreffe,  so  befänden  sich  dieselben 
in  statu  quo  ;  „man  ist  preussischerseits  diesfalls  nicht  ferners  an 
mich  kommen  und  ich  habe  meinesorts  auch  nicht  für  rathsam 
befunden,  einige  Erinnerung  zu  thun,  um  dem  König  von  Preussen 
nicht  glauben  zu  machen,  dass  wir  den  Frieden  so  sehr  suchen 
und  ihm  andurch  Anlass  zu  geben,  in  seiner  Härtigkeit,  soviel 
sein  Begehren  anbetrifft,  fortzufahren.  Da  aber  heute  noch,  wie 
der  Courier  sagt  und  die  Depeschen,  so  er  an  den  Robinson 
mitbringt,  unfehlbar  enthalten  werden,  der  Lord  Hyndford  in 
das  preussische  Lager  kommt,  so  wird  sich  zeigen,  ob  und  was 
daraus  werden  und  ob  der  König  in  Preussen  von  seiner  An- 
forderung auf  die  Städte  Neisse  und  Glatz  abstehen  dürfte,  gleich 
ich  es  in  meiner  Unterredung  mit  dem  Obersten  von  der  Goltz 
verworfen,  auch  ihn  wegen  des  über  der  Neisse  liegenden  Districts 
des  Fürstenthums  Neisse,  nicht  minder  des  Fürstenthums  Münster- 
berg und  Frankenstein  noch  im  Zweifel  gelassen,  um  andurch,  wann 
man  es  concediert,  den  Weg  desto  leichter  zum  Frieden  zu  bahnen."  2) 

Hyndford  hatte  in  der  Depesche,  die  er  dem  Courier  an 
Robinson  mitgegeben,  diesem  mitgetheilt,  dass  ohne  weitere 
Concessionen  der  Friede  nicht  zu  haben  sein  werde.  Neisse  werde 
übrigens  auch  sonst  zu  Nieder-Schlesien  gerechnet ;  die  Forderung- 
bezüglich  Glatz  sei  allerdings  weitgehend,  doch  habe  angeblich  auch 
diese  Stadt  früher  zu  Schlesien  gehört.  Schliesslich  glaube  er, 
dass  für  die  Rettung  Wiens  selbst  dieses  Opfer  nicht  zu  gross  sei. 3) 

Hyndford  begab  sich  nun  thatsächlich  am  21.  September 
in  das  preussische  Hauptquartier.  Aber  der  König  verweigerte  ihm 


1)  Gräfl.  Neipperg'sches  Archiv. 
-)  Ebenda. 

s)  Record-Ofüce    in  London.     Bei    (Irünliagen,     Erster    schlesischtM- 
Krieg  II,  18. 


476 

die  nachgesuchte  Audienz ;  „er  wolle  dem  französischen  Gesandten 
Marquis  Valory  keine  Ombrage  geben". 

Doch  fand  sich  ein  anderes  Auskunftsmittel  und  wohl  auf 
G  o  1 1  z's  Anrathen,  also  schwerlich  ohne  Vorwissen  des  Königs, 
postierte  sich  am  22.  September  der  Lord  in  den  Eingang  zu  des 
Königs  Zelt,  als  dieser  von  der  Parade  zurückkehrte.  Friedrich  II. 
gieng,  so  wie  er  den  Gesandten  erblickte,  nicht  rechts  in 
das  Speisezelt,  sondern  links  in  sein  eigenes,  schloss  die  Thüre, 
winkte  das  Gefolge  hinaus  und  fragte :  „Nun,  Mylord,  um  was 
handelt  es  sich  jetzt?"  „Majestät,"  sagte  Hyndford,  „um  die 
geheime  Angelegenheit  und  dann  um  eine  Zusicherung  wegen  der 
Neutralität  der  hannoverschen  Lande,  welche  von  Ew.  Majestät  zu 
erhalten,  ich  sehr  glücklich  sein  würde."  Nur  auf  die  zweite  Sache 
gieng  der  König  ein,  brachte  wiederum  seine  Beschwerden  über 
England  und  die  wenig  übereinstimmenden  Aeusserungen  des  eng- 
lischen und  des  hannoverschen  Gesandten  vor,  versprach  aber  dann 
seine  Verwendung,  allerdings  nicht  ohne  Anspielungen  auf  Con- 
\  enienzen  dafür. 

Von  der  geheimen  Angelegenheit  vermied  er  zu  reden  und 
als  Hyncl  f  o  r  d  das  Gespräch  durch  die  Erklärimg,  er  müsse  morgen 
über  den  Fluss  in  das  österreichische  Lager,  hierauf  zu  lenken 
suchte,  begnügte  Friedrich  IL  sich  damit,  hervorzuheben,  der 
Lord  möge  es  so  einrichten,  dass  man  sehe,  der  Uebergang 
geschehe  im  eigenen,  nicht  in  des  Königs  Interesse.1) 

Der  Gesandte  war  an  diesem  Tage  der  Mittagstafel  des  Königs 
zugezogen,    wobei   der  Letztere    längere  Zeit  mit  ihm  conversierte. 

Dem  französischen  Gesandten  gegenüber  äusserte  Friedrich  IL, 
wie  ihm  die  Hartnäckigkeit  des  Königs  von  England  schon  recht 
unbequem  sei,  der  stets  mit  demselben  Vorschlage  komme,  mit 
der  Königin  von  Ungarn  Frieden  zu  schliessen.  Er  fügte  hinzu: 
..Ich  habe  mich  doch  klar  genug  in  dem  Briefe  ausgesprochen,  den 
ich  ihm  geschickt  habe."  2) 


')  Grü  n  h  a  g  e  n,  Erster  schlesischer  Krieg  II,  13. 

2)  Valory's  Bericht  an  Amelot,  Gross-Neundorf,  23.  September  1711. 
(Pariser  Archiv).  Die  Schreiben  an  den  König  von  England,  auf  welche  sich 
König  Friedrich  II.  hier  bezieht,  in  Polit.  Corresp.  I,  Nr.  511  u.  523.  In 
dem  letzteren  wird  gesagt :  „Und  da  es  Ew.  Majestät  gefallen,  in  Dero  letztem 
freundbrüderlichem  Schreiben  v.  9.  h.  Sich  gütigst  dahin  zu  erklären,  dass 
Dieselbe  in  Absicht  der  österreichischen  Successionsstreitigkeiteu  eine  genaue 
Neutralität  zu  halten  entschlossen,  so  werden  auch  die  von  der  Annäherung 
der  königl.  französischen  Truppen  bei  Ew.  Majestät  entstandenen  Besorgnisse 


477 

Arn  23.  September  Vormittags  empfieng  FM.  Graf  N  e  i  p  p  e  r  g 
von  Lord  Hyndford    aus    dem    preussischen   Hauptquartier    ein 

Schreiben,  worin  er  mittheilte,  dass  er  um  11  Uhr  die  Neisse 
passieren  und  dem  österreichischen  Feldherrn  seinen  Besuch 
machen  werde.  Er  langte  auch  in  der  That  um  1  Uhr  in 
Neunz  an. 

Der  Feldmarschall  war  sehr  erstaunt,  zu  vernehmen,  dass 
König  Friedrich  IL  ausser  Neisse  und  Glatz  noch  Winter- 
Quartiere  in  Böhmen  oder  Mähren  und  in  Ober-Schlesien  für 
10.000  Mann  verlange  und  erwiderte,  dass  die  Königin  über 
die  letzten  Anerbietungen,  Nieder-Schlesien  mit  Breslau  bis  zur 
Neisse,  nicht  hinausgehen  werde.  Aus  den  Mittheilungen  des 
englischen  Diplomaten  glaubte  Neipperg  jedoch  auf  gewisse 
Frictionen  im  Verhältniss  des  Königs  zu  Frankreich  und  Bayern 
schliessen  zu  dürfen,  die  sich  auch  in  der  nicht  mehr  so  fest 
betonten  Anforderung  bezüglich  der  Festung  Glatz  erkennen 
Hessen. 

Neipperg  berichtete  hierüber  am  selben  Tage  an  die 
Königin  und  rieth  entschieden  ab,  dass  den  Forderungen  des 
Königs,  „so  viel  nämlich  die  Städte  Neisse  und  Glatz,  ingleichen 
die  Winter-Quartiere  betrifft,  Gehör  gegeben,  oder  ihm  hievon 
was  zugestanden  werden  solle,  denn  eine  solche  freiwillige  Ein- 
gestehung nebst  dem,  dass  es  E.  k.  M.  zu  unersetzlichem  Schaden 
und  Nachtheil  gereichte,'  von  der  Welt  nicht  mit  so  gleichgiltigen 
Augen  angesehen  werden  dürfte,  als  wann  man  hiezu  durch  die 
Gewalt  der  Waffen  gezwungen  worden  wäre ;  und  wäre  es  allen- 
falls dem  Könige  von  Preussen  mit  dem  Frieden,  seinen  bekannten 
Finessen  nach,  kein  Ernst,  so  gäbe  man  ihm  ja  durch  Ueber- 
lassung  der  Städte  Neisse  und  Glatz,  auch  durch  Eingestehung 
der  abverlangten  Wint er- Quartiere  umso  mehr  Gelegenheit  an  die 
Hand,  seinen  Alliierten  auch  mit  grösserer  Eilfertigkeit  beizu- 
stehen." 

Den  Gesandten  beschuldigte  Neipperg  der  Parteilichkeit, 
sein  und  seines  Herrn  Ziel  sei,  den  König  von  Preussen  von 
Frankreich    und  Bayern    zu    trennen    und    hiezu   erscheine    ihnen 


um  so  viel  ehender  von  selbst,  wegfallen,  als  Ich  durch  Deroselben  freund- 
brüderliche Declaration  in  den  Stand  gesetzt  werde,  Mich  bei  der  Krone 
Frankreich  kräftigst  dahin  zu  employieren,  damit  alles  Widrige  abgekehrt 
und  der  Ruhestand  in  den  westphalischen  und  niedersächsischen  Kreisen,  so 
viel  möglich,  erhalten  und  befestigt  werden  möge." 


478 

kein  Opfer    zu    gross,    das    auf  Kosten    der    Königin    gebracht 
werde. *) 

Hyndford  begab  sich  von  Neunz  nach  der  Stadt  Neisse 
und  nahm,  dort  Wohnung,  um  die  Rückkunft  des  am  21.  September 
an  Robinson  geschickten  Couriers  abzuwarten. 

Inzwischen  kamen  dem  Armee-Commandanten  jedoch  am 
24.  September  neue  Weisungen  zu.  Die  erste,  vom  21.  September 
ermächtigte  N  e  i  p  p  e  r  g,  im  Nothfalle  auch  Neisse  abzutreten  und 
nach  Wien,  zur  Rettung  der  Hauptstadt,  mit  der  Armee  aufzu- 
brechen.2) Die  zweite,  nach  dem  Eintreffen  des  Berichtes  vom  18.  ver- 
fasst,  wiederholte  das  Zugeständniss  wegen  Neisse,  bestand  aber 
auf  der  Behauptung  von  Glatz,  als  unentbehrlich  für  die  Sicherheit 
Böhmens.  Die  dritte  endlich,  nach  Empfang  von  Neipperg's  Relation 
vom  19.  entworfen,  stellt  die  Reihenfolge  der  Anerbietungen  fest: 
zuerst  sollte  der  Feldmarschall  versuchen,  mit  den  vom  Hofe  am 
15.  September  aufgestellten  Concessionen  auszukommen,  danach 
Neisse  in  statu  quo  und  zuletzt  die  Schleifung  beider  Festungen 
zugestehen.3) 


*)  N  e  i  p  p  e  r  g  an  die  Königin.  Neunz,  23.  September  1741.  (H.  H. 
u.  St.  A.,  Friedens-Acten,  Fase.  23.) 

2)  .  .  .  ,, Soviel  aber  die  Euch  untergebene  Armee  anbelangt,  kommt 
entweder  der  mit  Preussen  intendierte  Vergleich  nach  den  unter  dem  15  h. 
Euch  überschriebenen  Bedingnissen  zu  Stand,  oder  aber  nicht.  In  dem  ersteren 
Falle  habt  Ihr  unverzüglich  und  ohne  weiteren  Befehl  abzuwarten,  den  Rückweg 
mit  derselben  nach  Wien  anzutreten,  um  diesen  Ort  ausser  Gefahr  zu  setzen 
oder  davon  zu  befreien. .  .  .  Wäre  es  aber,  dass  Preussen  mit  den,  den  15.  Euch 
überschriebenen  Anerbieten  sich  nicht  begnügte,  so  hättet  Ihr  vor  Allem  zu  ver- 
suchen, ob  nicht  gegen  Abtretung  der  Stadt  Neisse,  nebst  den  ohnedies  an- 
getragenen Opfern,  Preussen  zum  Frieden  zu  vermögen  wäre  und  solchenfalls 
gleichfalls  mit  der  Armee  nach  Wien,  um  den  Ort  zu  retten,  so  wie  obstehet. 
zu  eilen.  Man  ist  inmittelst  im  Begriff,  den  grössten  Theil  Meiner  Infanterie 
aus  Italien  herauszuziehen,  um  entweder  zwei  Armeen  zu  formieren  oder  mit 
überlegener  Macht  die  chur-bayerischen  eigenen  und  sogenannten  Hilfs- Völker 
anzugreifen.  AVie  zumal  aber  zu  obiger  Herausziehung  Zeit  erfordert  wird  und 
Wien,  bevor  sie  vollzogen,  fallen  dürfte,  also  ist  aus  dieser  alleinigen  Ursache 
und  Betrachtung  der  in  gegenwärtigem  Handschreiben  enthaltene  Entschluss, 
Neisse  gleichfalls  an  Preussen  zu  überlassen,  ob  ihn  gleich  überaus  grossen 
Bedenklichkeiten  unterworfen  zu  sein  gar  wohl  erkenne,  von  mir  gefasst 
worden."  Die  Königin  an  FM.  Grafen  Neipperg,  Pressburg,  21.  September 
1741.  (H.  H.  u.  St.  A.,  Friedens-Acten,  Fase.  23.) 

3)  „Nun  werdet  Ihr  zuvörderst  nicht  zu  säumen  haben,  die  unter  dem 
15.  Euch  zugekommene  hiesige  Erklärung,  wenn  es  noch  nicht  geschehen,  dem 


479 

Grossherzog  Franz  begleitete  die  Instructionen  vom  21. 
September  mit  einem  Schreiben  an  den  Feldmarschall,  in  welchem 
er  den  Wunsch  ausdrückte,  dass  der  Vergleich  mit  Preussen  selbst 
unter  der  Bedingung  der  einfachen  Neutralität  dieser  Macht  zu 
Stande  komme.  Am  Schlüsse  des  Schreibens  fügte  der  G-emahl  der 
Königin  noch  hinzu:  ,, Vor  Allem,  wenn  Sie  abschliessen  können, 
vergessen  Sie  nicht,  dass  er  Ihnen  etwas  Unterzeichnetes  gebe 
(qu'il  vous  donne  quelque  chose  de  signe),  selbst  wenn  es  für  seine 
Neutralität  wäre,  denn  man  muss  seine  Vorsichten  mit  ihni  wohl 
nehmen  und  sicher  sein,  dass  er  nicht  irgend  einen  Streich  mache 
(qu'il  ne  fera  pas  quelque  algarade).  Das  ist's,  was  ich  Ihnen  an- 
empfehle." l) 

Abends  7  Uhr  am  24.  September  war  der  Courier  aus  Press- 
burg mit  den  vorstehenden  Depeschen  im  Lager  eingetroffen,  worauf 
der  Armee-Commandant,  der  eben  aus  Neisse  von  einem  Besuche 
Hyndford's  zurückgekehrt  war,  sich  sofort  abermals  zum  eng- 
lischen Gesandten  in  die  Stadt  verfügte. 

Man  kam  überein,  dass,  um  keine  Zeit  zu  verlieren,  am  25. 
September  Morgens  GFWM.  Baron  Lentulus  an  den  Prinzen 
Dietrich  von  Anhalt  bezüglich  der  für  den  1.  October  be- 
stimmten Auswechslung  der  Kriegsgefangenen  schreiben  und 
H  y  n  d  f  o  r  d  dieser  Mittheilung  einen  Brief  an  Oberst  von  der  Goltz 
beilegen  solle,  worin  er  ihn  von  dem  Stand  der  Sache  unterrichte 
und  verlange,  dass  sich  der  Letztere  wieder  bei  den  Capucinern 
in  der  ,, Mährengasse"  einfinde. 

Dies  durch  einen  Trompeter  in  das  preussische  Lager  abge- 
sendete Schreiben  wurde  durch  König  Friedrich  IL  selbst  er- 
öffnet und  es  kam  die  Antwort  um  1  Uhr  Mittags  zurück,  dass  der 


König  von  Preussen  zukommen  zu  machen  und  deren  Inhalt  bestens  geltend 
zu  machen.  Langt  Ihr  damit  aus,  so  hat  es  ohnedies  seine  Richtigkeit.  "Wann 
es  aber  nicht  zu  erhalten  sein  sollte,  so  hättet  Ihr  eher  Neisse  in  dem  Stand, 
wie  es  ist,  ihm  anzubieten,  als  beider  Orte  Easierung,  auch  mit  dem  Zusatz, 
dass  sie  unter  Meiner  Botmässigkeit  zu  verbleiben  hätten,  in  Vorschlag  zu 
bringen.  Wann  jedoch  auch  dieser  zweite  Grad  nicht  durchzubringen  wäre,  so 
Hesse  Ich  mir  Euren  Vorschlag  wegen  sothaner  Rasierung  auf  Art  und  "Weise 
als  Euer  Bericht  vom  19.  ausweist,  endlich  auch  gefallen  und  hättet  Ihr  auch 
auf  solchen  Fuss  den  Frieden  zu  schliessen,  nicht  zu  säumen."  Die  Königin 
an  FM.  Grafen  Neipperg,  Pressburg,  22.  September  1741.  (H.  H.  u.  St.  A. 
Friedens-Acten,  Fase.  23.) 

')  Gran*.    Neipperg'sches    Archiv.    Der  Brief   findet   sich  vollinhaltlich  in 
..Mittheilungen  des  k.  und  k.  K.  A.",  N.  F.  V,  32."). 


480 

Oberst  am  selben  Nachmittage  zwischen  4  und  5  Uhr  an  gedachtem 
Orte  eintreffen  werde. 

L  en  tu  Ins  begab  sich  um  die  genannte  Stunde  in  das 
Capuciner-Kloster,  wo  er  den  Obersten  von  der  Goltz  bereits  fand. 
Um  5  Uhr  fuhr  auch  Graf  N e i p p  e r g  mit  Hyndfo  r  d,  ohne  Be- 
gleitung, bei  dem  Kloster  vor. 

Bei  dieser  Unterredung,  welche  bis  6V>  Abends  währte,  wurde 
dem  preussischen  Oberst  ein  Vergleichs-Project  übergeben,  das 
von  Hyndford  „als  das  dem  Genio  und  der  Intention  des  Königs 
von  Preussen  conformste"  ausgearbeitet  worden.  Der  Oberst  versprach, 
diesen  Entwurf  dem  Könige  vorzulegen  und  sich  auch  um  dessen 
Annahme  zu  bemühen. 

Nach  dieser  ,. geheimen  Uebereinkunft  zwischen  Sr.  Majestät, 
dem  König  von  Grossbritannien,  Ihrer  Majestät  der  Königin  von 
Ungarn  und  Böhmen  und  Sr.  Majestät,  dem  König  von  Preussen" 
trat  die  Königin  Maria  Theresia  „ohne  etwas  Anderes  von 
Sr.  Majestät,  dem  König  von  Preussen  zu  verlangen,  als  seine 
Freundschaft  und  den  Frieden  und  eine  dauernde  Versöhnung  mit 
ihm"  ganz  Nieder-Schlesien  bis  zum  Neisse-  und  Brinnitz-Flusse, 
ohne  Abhängigkeit  vom  Königreich  Böhmen,  ab.  Das  Herzog- 
ihum  Oppeln  blieb  der  Königin,  Oels  kam  an  Preussen.  Die 
Festung  Neisse  sollte  geschleift  werden. 

Preussen  verpflichtete  sich,  nicht  weiter  zu  gehen  und  ,,une 
exacte  neutralite  ä  l'egard  de  la  reine"  zu  bewahren. 

Es  folgen  noch  Bestimmungen  über  Religions- Angelegenheiten, 
über  Optionsrecht,  über  die  Bezahlung  der  auf  Schlesien  fundierten 
Schulden  nach  dem  zu  erhaltenden  Antheile  des  Landes,  endlich 
bezüglich  der  Neutralität  Preussens  Hannover  gegenüber  und 
Garantie-Festsetzungen. 

N  e  i  p  p  e  r  g  meldete  noch  am  selben  Tage  über  diese  Unter- 
redung an  die  Monarchin  und  äusserte,  es  werde  sich  nun  bald  zeigen 
müssen,    ob    der    König   von    Preussen  diesen  Vorschlag   annehme. 

„Nimmt  er  solchen  an  und  die  Sache  gelangt  andurch  zur 
Richtigkeit,  so  flattiere  mich,  es  werde  mir  dasjenige,  so  etwa. 
( ,line  dazu  vorläufig  autorisiert  gewesen  zu  sein,  in  ein-  so  anderem 
einniessen  lassen,  nicht  neuerdings  zur  Ungnade  gereichen,  in 
Betracht  ich  weder  ein  Staatserfahrener  bin,  noch  auch  die  in 
derlei  Geschäften  erforderliche  tiefe  Einsicht  besitze,  sondern  Alles 
was  hierinfälls  gethan,  ist  geschehen,  um  einestheils  das  Accom- 
modement,  so  viel  möglich,  zu    erleichtern,   anderntheils  aber  dem 


481 

Verlangen  des  englischen  Ministers  Lord  Hyndford,  der  da  auf 
alles  das,  so  seinen  König  und  die  Garantie  von  Russland,  welches 
den  König  von  Preussen  flattiert,  nicht  minder  den  Beitritt  von 
Sachsen  zur  Neutralität  betrifft,  mit  Heftigkeit  angedrungen,  ein 
Genügen  zu  leisten  und  ist  sich  nicht  an  dem  zu  stossen,  dass 
in  dem  Project  nur  allein  die  Garantie  dessen,  so  dem  König  von 
Preussen  in  Schlesien  überlassen  wird,  enthalten,  allermassen  auch 
die  nämliche  Garantie  über  das,  so  E.  k.  M.  hier  zu  Lande  ver- 
bleibt, von  England  und  Russland  wie  obiges,  falls  es  zu  Stand 
käme,  leichtlich  zu  erhalten  sein  würde." 

,,Da    aber,    wann    auch    der  Frieden    mit  Preussen   nach  dem 
Enthalt  oballegierten  Projects  wirklich  zu  Stande  gebracht  werden 
sollte,  die  meiste    Schwierigkeit,   wann  ich  denen  "Worten  glauben 
kann,  dahin  ankommt,  solchen  geheim  zu  halten  und  zu  behindern, 
dass  selbiger  dem  französischen  Minister  Valory,  der  dem  König 
von  Preussen  stets  anliegt,  gegen  E.  k.  M.  weiter  zu  agieren  und 
unter  anderem  die  Stadt  Neisse  förmlich    zu    attaquieren,    vor    der 
Zeit    nicht    bekannt    werde,    welches    vermuthlich    und    wann    ich 
mich  nicht    betrüge,    aus    einer   Furcht    vor    den    Franzosen    und 
dass  der  König    von  Preussen  allbereits    zu  weit  mit  clasigem  und 
dem  chur-bayerischen    Hof   sich    engagiert,    herrührt,  so  fallet  mir 
ein,    ob    nicht    zur    Beförderung    dieses,    von   preussischer  Seite  so 
sehnlich    suchenden   Endzwecks    thunlich    wäre,    dem    König    von 
Preussen,  sobald  er  den,    ihm  laut  obigen    Vorschlags  anerbotenen 
Vergleich    beangenehmt    und  wirklich    eingegangen,  auch  selbigen 
unterschrieben  und  somit  solchem  die  vollkommene  Giltigkeit    ge- 
geben,   ich  hingegen    mit  dem    hiesigen    Kriegs-Corps    unter  dem 
Scheine    einer    Retraite    von  hier   mich  zurück  und  gegen  Mähren 
gezogen,    zu    verstatten,    dass    er    die   Stadt  Neisse,    ohne   jedoch 
selbige    zu    beschiessen,    oder    sonsten    zu    beleidigen,    mit  einem 
Theil    seiner    Truppen    ringsherum,    das    ist  in    einer  Distanz  von 
höchstens  einer  oder  anderthalb  Stunden  um  die  Stadt  einschliesse 
und  der  "Welt  glauben    mache,  als  ob  er  solche  aushungern  wolle, 
anmit    aber    so    lang    trainierte,    bis  es    ihm  Zeit  zu  sein  gedünke, 
die  Maske  abzulegen  und  sich  öffentlich  zu  declarieren.  Es  müsste 
aber  desswegen  ein  separierter  Artikel  errichtet  und  von  Preussen 
ein  Revers  ausgestellt  werden,    dass,    wann  auch  die  Stadt  Neisse. 
ungeachtet    selbige  auf  die  wirklich   daselbstige  Garnison    auf  drei 
und    wann    man    selbige    auf    die  Hälfte    von  1000  Mann,  wie   es 
solchenfalls  das  Beste  wäre,  herabsetzte,  auf  sechs  Monat  mit  Lebens- 
mitteln   versehen,    fallen    sollte    und    sich    unumgänglich    ergeben 

Oesterreichischer  Erbfolgekrieg.  II.  Bd.  31 


482 

müsste,  selbige  E.  k.  M.  wieder  nach  dem  Verstand  des  errichteten 
Friedens  zurückgestellt  werde,  um  alsdann  das  Ausbedungene  wegen 
Rasierung  ihrer  Fortiücation  daran  vollziehen  zu  können  und  sofort 
unter  Allerhöchst  Deroselben  Botmässigkeit  zu  verbleiben.  Nicht 
minder  müsste  auch  Preussen  in  solchem  Fall  sich  verreversieren, 
nicht  weiter  in  Ober-Schlesien,  oder  gegen  Mähren  vorzurücken, 
oder  aber  aus  dem  E.  k.  M.  verbleibenden  Theil  von  Schlesien 
ein-  so  anderes,  es  sei  an  Geld,  Naturalien  oder  sonsten,  zu  er- 
pressen, sondern  alles  dasjenige,  so' zur  Subsistenz  der  vor  und  um 
Neisse  vorgesagtermassen  belassenden  Truppen  erforderlich  wäre, 
müsste  aus  dem  Theil  von  Schlesien,  so  dem  König  von  Preussen 
vermöge  des  Vergleichs  zufiele,  herbeigeschafft  .werden." 

,, Sonsten  habe  aus  dem  Obersten  von  der  Goltz,  wofern  es 
anders  nicht  verstellte  Worte  sind,  sehr  wohl  abgemerkt,  wie  es 
dem  König  von  Preussen  leid  sei  und  ihn  gereue,  dass  sich  dieser 
Vergleich  so  lang  verzogen  und  er  inzwischen  so  weit  mit  Frank- 
reich und  Bayern  sich  eingelassen,  wovon  er  sich  nunmehr  so 
leichterdings  und  ohne  sich  selbst  in  Sorgen  und  Hazard  zu  setzen, 
nicht  abzuziehen  vermag;  wie  dann  ganz  gewiss  sein  solle,  wie  sie 
es  bei  ihnen  vorgeben  und  der  Hyndford  es  auch  bestätigt, 
dass  er  gegen  den  Churfürsten  aus  Bayern  sich  anheischig  gemacht, 
ihm  seine  Stimme  bei  der  Kaiserwahl  geben  zu  wollen :  wann 
daher  sothane  Kaiserwahl  vor  sich  gehen  sollte,  ehe  und  bevor 
der  König  von  Preussen  die  Gelegenheit  gefunden,  worauf  die 
einzige,  jedoch  sein-  ungewisse  Hoffnung  zu  setzen  wäre,  sich  von 
Frankreich  und  Bayern  abzuziehen  und  sofort  sich  öffentlich  zu 
declarieren,  so  wird  es  fast  nicht  anders  sein  können,  als  sein 
Engagement  in  Gebung  der  Stimme  auf  den  Churfürsten  in  Bayern 
und  übrigens,  es  sei  directer  oder  indirecter  Weise,  zu  erfüllen.'' Vi 

„Es  kommt  mir  auch  vor,  als  ob  der  König  von  England  als 
Churfürst  von  Hannover  wegen  seiner  Stimme  zur  Kaiserwahl  eben- 
so, wie  der  König  von  Preussen  als  Churfürst  zu  Brandenburg, 
gesinnt  und  auf  selbige  gleichfalls  keine  Rechnung  zu  machen  sei. 


')  ..Ich  habe  Ihnen  nur  noch  zwei  Worte  zu  sagen,  das  eine  hinsichtlich 
der  Notwendigkeit,  jetzt  die  Wahl  eines  Kaisers  zu  beschleunigen  und  das 
andere  die  Neutralität  der  Holländer  betreffend.  Der  erstere  Punct  ist  gegen- 
wärtig von  so  grosser  "Wichtigkeit,  dass  ich  es  als  den  allergrössten  Dienst, 
welchen  Sie  dem  Eeich  erweisen  könnten,  betrachte,  die  "Wahl  derart  zu  be- 
treiben, dass  dieselbe  nach  Thunlichkeit  noch  vor  dem  Winter  stattfinde." 
König  Friedrich  II.  an  Marschall  Belleisle  in  Frankfurt,  23.  Sep- 
tember 1741.  (Polit,  Corresp.  I,  Nr.  527.) 


483 

Ja  ich  habe  aus  dem,  da  man  nur  immer  von  Seiten  des  Königs 
von  Preussen  sowohl,  als  des  Lord  Hyndforcl  um  die  Errettung 
der  Stadt  Wien  so  sehr  sich  interessiert,  von  dem  Königreich 
Böhmen  hingegen,  worauf  ich  doch  bei  den  bisher  vorgefallenen 
Unterredungen  meinesorts  sehr  attent  gewesen,  gar  keine  Meldung 
macht,  Anlass  zu  glauben,  dass  dieses  Königreich  sammt  weit 
mehreren  Provinzen  noch  dem  Churfürsten  von  Bayern,  um  selbigen 
andurch  zu  Soutenierung  der  kaiserlichen  Würde  desto  mehr  in 
Stand  zu  setzen,  bereits  zum  Theil  so  viel  als  zugetheilt,  zum  Theil 
aber  anderen  zugedacht  sei  und  dass  es  solchemnach  E.  k.  M. 
hierinfalls  nicht  allein  mit  Dero  offenbaren  Feinden,  sondern  auch 
mit  Dero  Freunden  selbsten  connivendo  zu  thun  und  von  selbigen, 
so  viel  diese  Puncte  angeht,  keine  Hilfe  zu  hoffen  haben." 

Sobald  es  nur  den  Anschein  habe,  dass  der  Vergleich  mit 
Preussen  zu  Stande  komme,  werde  der  Feldmarschall  die  drei 
ungarischen  Freiwilligen-Regimenter  über  die  Jablunka  nach  Ungarn 
zurückschicken,  er  selbst  werde  nach  erfolgter  Unterschrift  des  Vertrags 
sofort  aufbrechen  und  über  Olmütz  nach  Brunn  marschieren;  von  dort 
sodann  sich  dorthin  wenden,  wohin  es  die  Umstände  erheischen.  Die 
Vorbereitungen  zum  Marsche  nach  Mähren  seien  in  vollem  Zuge. x) 

An  den  Grossherzog  sandte  Graf  N  e  i  p  p  e  r  g  noch  am  selben 
Tage  Abends  ein  Schreiben  ab,  worin  er  den  Empfang  des  Briefes 
desselben  vom  21.  September  bestätigte. 

Der  Churfürst  von  Bayern,  schrieb  er,  werde  sicher  Kaiser 
werden,  soweit  glaube  er  Hyndford  und  Goltz  durchschaut  zu 
haben  und  die  Königin  werde  aus  ihren  Ländern  die  Kosten  für 
diese  Wahl  bezahlen  müssen.  Er  bitte  den  Grossherzog,  wenn  man 
in  AVien  glauben  sollte,  dass  er  seine  Instructionen  mit  dem  an  Goltz 
übergebenen  Vergleichs-Entwurf  überschritten  habe,  jemanden  Ge- 
eigneteren für  diese  Unterhandlungen  nach  Schlesien  zu  senden. 2) 

:)  H.  H.  u.  St.  A.,  Friedens-Acten,  Fase.  23. 

2)  „Monseigneur!  In  diesem  Fall  und  da  man  trotzdem  in  Wien  sagen 
könnte,  ich  hätte  meine  Instructionen  überschritten  und  mich  verantwortlich 
machen  könnte,  obwohl  dasselbe,  weiss  Gott,  nur  in  der  besten  Absicht  ge- 
macht worden  ist,  um  wenigstens  die  Königin  früher  aus  einer  Ver- 
legenheit zu  ziehen,  schicken  Sie,  wenn  es  möglich  ist,  Jemanden  und  zwar 
von  den  Allergeschicktesten,  die  Sie  in  "Wien  haben,  um  einen  Frieden  mit 
diesem  König  zu  schliessen.  welcher  bald  zu  der  Königin  und  Ihren 
Gunsten,  bald  zu  Gunsten  Frankreichs  zaudert,  aber  dennoch  immer  inmitten 
aller  dieser  Verlegenheiten,  welche,  wie  so  vieles  Andere,  mein  Verständniss 
übersteigen,  gewinnen  möchte."  (K.  A.,  Schlesien  1741;  IX,  52  und  ad  52.) 

31* 


484 


In  der  Nacht  dieses  ereignissreiclien  Tages  kam  ein  Brief 
ohne  Datum  und  Unterschrift  aus  dem  preussischen  Hauptquartier 
mit  der  Antwort  auf  das  dem  Obersten  Goltz  übergebene  Vergleichs- 
Project  an  Lord  Hyndfor  d  und  wurde  von  dem  Gesandten  sofort 
an  Grafen  N  e  i  p  p  e  r  g  gesandt. 

Dieses  Schreiben  lautet:  „Montag  Abends.  Ich  bedaure  sehr, 
Ihnen  sagen  zu  müssen,  dass  hier  nichts  zu  machen  ist.  Was  Glatz 
betrifft,  so  glaube  ich,  man  wird  nicht  mehr  davon  reden,  aber 
die  Stadt  Neisse  liegt  uns  am  Herzen.  Ich  kann  Sie  versichern, 
wenn  der  König  allein  handelte,  wären  wir  bald  fertig  und  dann 
wird  er  gewiss  nie  mehr  verlangen,  als  was  Sie  anbieten,  mit  Aus- 
nahme der  Stadt;  aber  unsere  Alliierten  verdienen  Berücksichtigung. 
Alles,  was  wir  zum  AVohle  der  Königin,  welches  uns  durchaus 
nicht  gleichgiltig  ist,  thnn  könnten,  wäre,  Ihre  Armee  von  hier 
abziehen  zu  lassen,  ohne  irgend  welchen  Vertrag  zu  schliessen, 
uns  hier  in  Schlesien  hinhalten  zu  lassen  und  andererseits  gegen 
Niemand,  wer  es  auch  sei,  zu  operieren.  Wenn  Ihnen  dies  passt, 
kann  der  Herr  Feldmarschall  X  e  i  p  p  e  r  g  morgen  abreisen,  wenn 
er  will,  ich  bürge  ihm  mit  meinem  Kopf  für  das,  was  ich  die  Ehre 
hatte,  Ihnen  zu  sagen."  v) 

„Ich  verstehe  aber  auch  Neipperg  nicht,  ein  verlorenes 
Land  festzuhalten,  statt  zu  trachten,  mit  seinem  Corps  Böhmen  zu 
vertheidigen,"  schreibt  Valory  am  23.  September  an  Amelot.  2) 
„Neipperg  ist  noch  hier,  aber  er  wird  dennoch  genöthigt 
sein,  Wien  zu  Hilfe  zu  eilen  und  dann  werde  ich  ruhig  die 
Belagerung  von  Neisse  und  Glatz  vornehmen"  äussert  König- 
Friedrich  am  2 1 .  September  P  o  d  e  w i  1  s  gegenüber  3)  und  an 
Belleisle  schreibt  er  am  23.:  „Ich  glaube  sogar,  Herr  Valory 
hat  Sie  über  meine  Operationen  unterrichtet,  sowie  über  die 
schmähliche  Weise,  in  welcher  die  Oesterreicher  in  ihrem  Lager 
bei  Neisse  ihre  Zeit  verlieren."4) 

Dem  König  von  Preussen  handelte  es  sich  nunmehr  um  den 
ungestörten  Besitz  und  um  die  Entfernung  des  einzigen  unbequemen 
Gegners,  nämlich  der  schlagfertigen  Armee  Neipperg's  aus 
Schlesien.  Da  die  Diversionen  an  der  Donau  dies  nicht  zu  bewirken 


J)  H.  H.  u.  St.  A.,  Friedens-Acten,  Fase.  23.  Abschrift.   Nach  derselben 
abgedruckt  in  „Polit.  Corresp."  I,  Nr.  528. 
-)  Pariser  Archiv. 

3)  Polit.  Corresp.  I,  Nr.  520. 

4)  Ebenda,  Nr.  527. 


ls:> 

schienen,  wurde  in  Verhandlungen  eingegangen,  die  den  Abmarsch 
dieser  Armee  voraussichtlich  zur  Folge  haben  mussten. 

Dieser  Abmarsch  und  die  Zugestehung  von  Neisse  ohne  Kampf 
sind  von  jetzt  ab  die  Programmpuncte  des  preussischen  Haupt- 
quartiers bei  den  weiteren  Unterhandlungen. 

Neipperg  berichtete,  indem  er  die  Abschrift  des  Goltz'schen 
Billets  am  26.  September  nach  Pressburg  einsandte,  die  Königin 
werde  daraus  ersehen,  wie  wenig  er  sich  geirrt,  wenn  er  ge- 
zweifelt habe,  dass  mit  dem,  dem  König  von  Preussen  gemachten 
Friedens-Vorschlag  auszulangen  sein  werde,  denn  die  Stadt  Neisse 
sei  es,  die  er  absolut  zu  haben  prätendiere,  welche  er  ,,ihm  auch 
zu  geben  keinen  Anstand  nehmen  würde,  wenn  nicht  zum  Voraus 
schon  gesehen  hätte  und  vermerke,  dass  damit  nichts  ausgerichtet 
und  das  Wort  nur,  ohne  demselben  zu  genügen,  gegeben  wäre, 
dasselbe  aber  nicht  wieder  zurückgenommen  werden  könne." 

Mit  Hyndford  werde  er  überlegen,  was  etwa  weiter  in 
Vorschlag  zu  bringen  wäre,  hauptsächlich  wegen  Neisse,  das  der 
König,  wie  Neipperg  bereits  in  seinem  Berichte  vom  25.  Sep- 
tember angedeutet  habe,  blokieren  könne,  damit  er  dem  Platze 
keinen  Schaden  zufüge  und  er,  um  seine  Alliierten  zu  täuschen,  in 
Schlesien  weiter  mit  der  Einschliessung  der  Festung  beschäftigt 
bleibe.  Doch  auch  diese  Concession  scheine  ihm  noch  nicht  genug, 
er  fürchte,  dass  der  König  Ober-Schlesien  der  AVinter-Quartiere  wegen 
occupieren  wolle.  Die  Königin  möge  also  ,,die  Gnade  haben  und  ihn 
in  dem  Fall,  als  er  von  Schlesien  abziehen  und  sich  entweder  nach 
Böhmen  oder  nach  Wien  wenden  müsste,  wissen  lassen,  ob  und  wie 
weit  er  sich  mit  dem  König  von  Preussen  einlassen  und  ob  er  wegen 
der  Stadt  Neisse,  wann  derselbe  solche  einige  Zeit  blokiere,  auch 
wegen  der  Winter-Quartiere  in  Schlesien  und  auf  wie  lang  eigent- 
lich, wann  er  auf  ein-  wie  anderem  beharren  sollte,  übereinkommen 
könne."  Diese  Anfrage  wegen  Neisse,  zu  dessen  Preisgabe  er  bereits 
bevollmächtigt  sei,  geschehe  nur  um  der  neuen  Art  willen,  die  er 
vorschlage  und  die  ,,in  des  Königs  Genio"  eingehe  und  vielleicht 
die  Sache  zum  Ende  bringen  könne. 

Neipperg  schliesst  seinen  Bericht  folgendermassen : 

„Was  E.  k.  M.  hierauf  nun  Allergnädigst  mir  zu  befehlen 
geruhen  werden,  das  werde  thun  und  bin  selbst  der  Meinung,  dass, 
wann  Wien  gerettet  wird,  falls  das  feindliche  Absehen  dahin  gienge, 
auch  alles  Uebrige  viel  leichter  wieder  sich  geben  werde,  welches 
aber,  wann  dieser  Ort  fallen  und  verloren  gehen  sollte,  nicht  wohl 
zu  hoffen,    ich   jedoch  nicht    wissen    kann,    sondern    von    dort    aus 


•486 

hierüber,  was  daran  sein  möchte,  belehrt  und  mir  die  Ordre  um 
des  Marsches  willen  zugestellt  werden  muss ;  denn  ohne  N  oth,  als 
um  grösseres  Uebel  retten  zu  helfen,  weiss  ich  ohnehin  schon,  dass 
E.  k.  M.  nicht  anderwärtshin  mich  werden  zu  ziehen  verlangen 
und  würden  E.  k.  M.  Allergnädigst  erkennen,  dass  länger  hier 
bleiben  müsse,  so  käme  es  doch  alle  Zeit  darauf  an,  wer  Einer  den 
Anderen  der  Subsistenz  willen  ausdauern  würde  und  solchenfalls 
mich  dermalen  veranlasst  sehe,  E.  k.  M.  allerunterthänigst  zu 
bitten,  die  Ordre  ergehen  zu  lassen,  dass  hierin  ausgeholfen  würde." 
..Uebrigens  werden  E.  k.  M.  aus  dem  Thun  und  Lassen  des 
Königs  von  Preussen  Allergnädigst  erkennen,  dass  mir  nicht  wohl 
möglich,  mit  ihm  zu  tractieren,  der  Respect  für  ein  gekröntes 
Haupt  lässt  mir  auch  nicht  zu,  sein  Portrait  zu  machen  und  etwa 
Weiteres  hierinfalls  zu  berühren  und  darum  bitte  E.  k.  M.  aller- 
unterthänigst, in  diesem  Friedenswerk  einen  Anderen  hieher  zu 
beordern,  weil  nicht  Finesse  genug  habe,  ä  proportion  der  Preussi- 
schen,  die  derer  voll  sind  und  zu  nennen  nicht  erlaubt  ist,  auch 
ich  mit  meiner  Einfalt  E.  k.  M.  nur  noch  in  grösseren  Schadens: 
so  mir  unsäglich  leid  wäre,  bringen  möchte."  x) 

Am  Nachmittage  des  25.  September  gieng  die  sämmtliche- 
Bagage  der  preussischen  Armee  nach  Friedewalde  ab,  von  wo  sie 
andern  Tags  nach  Winzenberg  rücken  sollte.  Abends  8  Uhr  brach 
Erbprinz  Leopold  von  Anhalt  mit  4  Infanterie-Regimentern, 
2  Grenadier-Bataillonen,  400  Husaren,  16  Drei-  und  20  Zwölf- 
Pfündern,  sämmtlichen  Zimmerleuten  und  dem  Brücken-Material  von 
Gross-Neundorf  auf,  marschierte  nach  Koppitz  und  zog  bei  AVinzen- 
berg  noch  ein  Grenadier-Bataillon,  das  aus  Mogwitz  dahin  gerückt 
war,  an  sich.  Der  Erbprinz  Hess  noch  in  der  Nacht  die  Herstellung 
von  vier  Brücken  über  die  Neisse  in  Angriff  nehmen,  sowie 
Furthen  für  die  Cavallerie  gangbar  machen.2)  Die  schwachen  öster- 
reichischen Beobachtungsposten  am  rechten  Neisse-Ufer  zogen  sich 
vor  dem  Geschützfeuer  der  preussischen  Avantgarde  zurück.  Um 
10  Uhr  Morgens  des  folgenden  Tages  waren  die  Uebergänge  her- 
gestellt und  die  Truppen  des  Erbprinzen  überschritten  den  Fluss. 
Ein  Grenadier-Bataillon  blieb  am  linken  Ufer  und  begann  dort 
den  Bau  einer  Schanze,  in  welcher  es  als  Besatzung  bleiben  sollte. 
Gleichzeitig  wurden    auch    die  Brücken    bei  Michelau    und  Löwen 


x)  H.  H.  u.  St.  A.,  Friedens-Acten,  Fase.  23. 
")  Kriege  Friedrich  d.  Gr.  II,  154. 


IS? 

wieder  hergestellt.  Die  Besatzung  von  Alt-Grottkau  wurde  nach 
Grottkau  verlegt.  Um  2  Uhr  Nachts  zum  26.  brach  dann  die  Armee 
geräuschlos  in  zwei  Colonnen  auf;  1U  Cavallerie-Escadronen  unter 
Prinz  Dietrich  formierten  die  Avantgarde.  Die  Artillerie  rückte 
in  einer  besonderen  Colonne  über  Walddorf.  Das  Dragoner-Regi- 
ment  Rothenburg  und  die  noch  vorhandenen  Husaren  maskierten 
gegen  Neisse  den  Abmarsch,  der  über  Nieder-Jentritz  am  linken 
Fluss-Ufer  entlang  führte.  J) 

Marquis  Valory,  welcher  sich  in  der  Suite  des  Königs 
befand,  hatte  die  Ansicht,  dass,  wenn  Neipperg  gewollt,  er  der 
preussischen  Armee  den  Uebergang  recht  gut  hätte  verwehren, 
oder  wenigstens  die  Vorhut  scharf  engagieren  können.  2)  Die  ge- 
sammte  preussische  Armee  debouchierte  ungehindert  auf  das  rechte 
Neisse-Ufer  und  bezog  Freilager  bei  Rossdorf,  wo  auch  die  über 
Friedewalde  gesandten  Bagagen  eintrafen.  Am  folgenden  Tage 
2  Uhr  Früh  brach  König  Friedrich  II.  wieder  auf  und  liess 
die  Armee  Lagerstellung  zwischen  Bielitz  und  Lammsdorf  beziehen. 
Das  Hauptquartier  kam  nach  Kaltecke. 

Dass  der  österreichische  Feldherr  nichts  unternahm,  den 
Uebergang  der  preussischen  Armee  zu  stören,  hatte  wohl  haupt- 
sächlich seine  Ursache  in  politischen  Erwägungen. 

In  Folge  der  in  der  Nacht  zum  2G.  September  eingetroffenen 
Antwort  aus  dem  Hauptquartiere  des  Königs  von  Preussen  hatte 
sich  FM.  Graf  Neipperg  in  der  Frühe  zu  Lord  H  y  n  d  f  o  r  d  be- 
geben und  der  Besprechung  mit  demselben  auch  den  FML.  Grafen 
Browne  zugezogen.  Man  beschloss,  vorläufig  die  Negociation  mit 
Preussen  in  statu  quo  zu  belassen.  Die  österreichischen  Generale 
wurden  hiezu  hauptsächlich  durch  die  Nachrichten  von  dem 
Aufbruch  der  preussischen  Armee  und  deren  Brückenschlag  bei 
Koppitz  bewogen. 

Im  österreichischen  Hauptquartier  verhielt  man  sich  dieser 
Bewegung  gegenüber  vorläufig  abwartend. 

Der  Armee-Commandant  sprach  der  Königin  gegenüber 
seine  Ansicht  folgendermassen  aus : 

„Geht  des  Königs  von  Preussen  Absicht  hieher,  so  wird  es 
wohl  auf  eine  Affaire  ankommen,  gedenkt  er  aber  in  Mähren  ein- 
zudringen, so  werde  meine  Massregeln  dergestalten  nehmen,  dass  ihm 


*)  Kriege  Friedrich  d.  Gr.  II,  155. 

2)  Valory's  Bericht  an  Belleisle,    Lager  bei  Lammsdorf,    30.  Sep- 
tember 1741.  (Pariser  Archiv.) 


488 

diesfalls  vorbiegen  und  andurcli  E.  K.  M.  mir  jüngsthin  in  diesem 
Fall  bekannt  gemachte  Allergnädigste  Intention  befolgen  kann: 
wie  dann  auch  sonst  allweglich  auf  die  Stadt  Wien  meine  Haupt- 
absicht gerichtet  sein  wird,  um  solcher  allenfalls  bei  sich  äussernder 
Feindesgefahr  zu  Hilfe  zu  eilen,  da  ich,  bis  dahin  dieser  Vorfall 
sich  nicht  wirklich  ergiebt,  zu  Beförderung  E.  K.  M.  Allerhöchsten 
Dienstes  mit  dem  unterhabenden  Kriegs-Corps,  meines  geringen 
Dafürhaltens,  nirgends  besser  als  dieser  Enden  gegen  den  König 
von  Preussen,  insolang  mich  nur  der  Subsistenz,  worum  bereits  so 
vielfältig  geschrieben,  flattieren  kann,  zu  verbleiben  vermeine." 

Hyndford  werde  noch  einen  Tag  in  Neisse  bleiben,  um 
die  Eückkehr  seines  letzten,  nach  AVien  abgesendeten  Couriers 
abzuwarten,  dann  aber  nach  Breslau  zurückkehren.  FML.  Graf 
Browne,  der  vom  Armee-Commandanten  über  Alles  unterrichtet 
sei,  werde  demnächst  nach  Pressburg  abgehen,  um  der  Königin 
ausführlichen  Bericht  zu  erstatten.  l) 

In  einem,  noch  vor  der  Zusammenkunft  mit  Hyndford,  an 
den  Grossherzog  gerichteten  Schreiben  äusserte  sich  Neipperg 
unumwunden  über  die  Erfolglosigkeit  der  Verhandlungen  und  bat 
nochmals,  dieses  Geschäft  einem  Anderen   zu  übertragen.2) 


l)  H.  H.  u.  St.  A.,  Friedens-Acten,  Fase.  23. 

2j  „Monseigneur !  Glauben  Sie  mir,  es  bedarf  eines  andern  Mannes,  als 
ich  bin,  um  diesem  König  in  diesem  Labyrinth  von  Tractat  Stand  zu  halten 
und  schicken  Sie  denselben  Gnädigst  von  Ihnen  aus,  wenn  die  Königin 
würdig  und  den  widerwärtigen  Schwierigkeiten,  welche  sich  preussischerseits 
von  Augenblick  zu  Augenblick  mehren,  entsprechend  bedient  sein  soll.  Ein 
Soldat  wie  wir  hier  es  sind,  wird  niemals  mit  diesem  König  zurechtkommen, 
eigensinnig  wie  dieser  König  es  ist,  verschlagen  (fourbe),  wie  er  es  sein  will 
oder  zu  eng  verbunden  mit  seinen  Alliierten,  die  er  schonen  möchte,  um  gute 
Miene  211  machen."  .  .  .  „Es  ist  an  der  Königin  und  an  Ihnen,  Monseigneur, 
zu  entscheiden,  aber  schmeicheln  Sie  sich  in  Nichts,  die  Sache  ist  in  der 
Antwort  von  der  Goltz'  zu  klar  angedeutet,  ohne  von  dein  zu  sprechen, 
was  dunkel  ist  und  was  man  leichter  am  Hof  aufklären  wird,  wo  man  bessere 
Kenntniss  von  den  auswärtigen  Intriguen  und  Absichten  hat,  als  hier. 
Hätte  ich  Mylord  H  y  n  d  f  o  r  d,  welcher,  wie  es  mir  schien,  herzlicher  sprechen 
gewollt,  persönlich  hier,  so  würde  ich  wohl  zu  mehr  Kenntniss  gelangen,  aber 
er  schreibt  mir  nur,  was  zu  befürchten  und  schlecht  ist,  aber  er  lässt  es  dabei 
bewenden,  ohne  mir  das  Geheinmiss  zu  enthüllen."  .  .  .  „Die  Antwort  von 
der  Goltz',  die  ich  kenne  und  seine  Ausdrucksweise  ist  nicht  von  ihm,  wohl 
aber  vom  König  selbst,  dessen  Art  zu  schreiben,  ich  aus  mehreren  Schrift- 
stücken kenne,  welche  aufgefangen  und  von  seiner  eigenen  Hand  geschrieben 
worden  sind.  .  .  ."  (K.  A.,  Schlesien  1741 ;  IX,  53  und  ad  53.)  Der  vollständige 
Brief  ist  abgedruckt  bei  ünzer:  „Die  Convention  von  Klein-Schnellendorf." 
Urkunde  11,  121. 


489 

Die  Bewegung  der  preussischen  Armee  fhissaufwärts  war  wohl 
ebenso  aus  politischen,  als  militärischen  Beweggründen  unter- 
nommen worden.  Den  angeknüpften  Unterhandlungen  sollte  durch 
die  Bedrohung  der  Rückzügslinie  der  österreichischen  Armee 
Nachdruck  gegeben  und  FM.  Graf  Neippergfür  die  Forderungen 
des  Königs  gefügiger  werden.  Der  Versuch  erreichte  seinen  Zweck 
indessen  nicht,  da  der  österreichische  Armee-Commandant  bereits 
am  28.  September  eine  Stellung  nahm,  die  ihm  gestattete,  jede 
Eventualität  abzuwarten. 

Am  27.  September  hatte  nämlich  FM.  Graf  Ne  ipp  erg,  von 
einigen  seiner  Generale  begleitet,  die  Gegend  um  Ritterswalde  und 
Oppersdorf  recognosciert  und  beschlossen,  bei  letzterem  Orte  eine 
Lagerstellung  zu  beziehen.  Die  Armee  brach  in  Folge  dessen  am 
28.  September  um  6  Uhr  Morgens  aus  dem  Lager  bei  Neunz  auf 
und  stand  bereits  um  IOY2  Uhr  Vormittags  vollständig  in  der 
neuen  Aufstellung. 

In  Oppersdorf  befand  sich  Ne  ipp  erg  noch  ä  portee  von 
Neisse,  stand  jedoch  dabei  auch  auf  der  grossen  Strasse  nach 
Jägerndorf  und  Troppau,  auf  welcher  er  seinen  voraussichtlichen 
Abmarsch  aus  Schlesien  bewirken  musste.  Am  Nachmittage  des  28. 
gieng  FML.  Graf  Browne  zur  Berichterstattung  nach  Pressburg 
ab.  Vor  seiner  Abreise  hatte  er  mit  Hynclford  vereinbart,  dass 
letzterer  dem  Obersten  von  der  Goltz  das  in  der  Nacht  zum 
26.  September  aus  dem  preussischen  Hauptquartier  eingelangte 
Schreiben  beantworte. 

Hyndford  theilte  in  seinem  Billet  dem  preussischen  Obersten 
mit,  dass,  nachdem  N  e  i  p  p  e  r  g  in  Bezug  auf  Neisse  den  Befehl 
habe,  diesen  Platz  aufs  Aeusserste  zu  vertheidigen,  könne  er  den- 
selben nicht  in  der  Weise  abtreten,  wie  der  König  von  Preussen 
wünsche.  Der  Feldmarschall  habe  aber,  da  dies  der  einzige 
schwierige  Punct  sei,  welcher  ein  Abkommen  zu  hindern  scheine, 
einen  Officier  nach  Pressburg  gesandt,  um  die  Befehle  der 
Königin  Maria  Theresia  einzuholen.  Dieser  Officier  werd«' 
in  einigen  Tagen  zurück  sein,  Hyndford  bleibe  inzwischen 
in  Neisse,  hoffend,  dass  wenn  die  Königin  der  Einnahme  der 
Stadt  in  der  bereits  ausgesprochenen  "Weise  pro  forma  zustimme, 
es  für  eine  geheime  Convention  kein  Hinderniss  mehr  geben 
werde.  x) 


x)  Lord  H  y  n  d  f  o  r  cl  an  Oberst  von  der  Goltz.  Neisse,  27.  September 
1741.  (H.  H.  u.  St.  A ,  Friedens-Acten.  Fase.  23.) 


490 

Goltz  antwortete  hierauf  aus  dem  Hauptquartier  Kaltecke  am 
28.  September,  die  Angelegenheiten  hätten  sich  ein  wenig  verändert; 
trotzdem  wünsche  der  König,  Beweise  seines  guten  AVilleus  geben  zu 
können.  Ein  Separatfrieden  mit  dem  Wiener  Hofe  sei  jedoch  gegen- 
wärtig nicht  möglich.  König  Friedrich  II.  lasse  dem  Gesandten 
sagen,  wenn  es  gelinge,  die  Unterhandlungen  bis  zum  Winter  hinaus- 
zuziehen, werde  man  schon  Mittel  finden,  die  Sache  in  Ordnung 
zu  bringen.  „Mittlerweile  muss  man  uns  die  Stadt  Neisse  ohne 
Verzug  nehmen  lassen  und  Sie  gehen  mit  Ihrer  Armee,  wohin  Sie 
wollen.  Wenn  Ihnen  dies  genehm  ist,  so  werden  sich  unsere  Forde- 
rungen auf  das  beschränken,  was  Sie  wissen,  das  ist  Nieder-Schlesien 
mit  der  Stadt  Neisse.  Wir  werden  niemals  mehr  verlangen  und  wir 
werden  weder  der  Königin,  noch  deren  Alliierten  irgendwelchen 
Schaden  zufügen.  Sie  werden  mich  fragen,  Mylord,  welche  Sicher- 
heit Sie  für  alles  das  erhalten  werden,  da  doch  der  König  keinen 
Vertrag  schliessen  will  ?  Alles,  was  man  thun  kann,  um  den  all- 
gemeinen Frieden  zu  beschleunigen,  ist,  dass  der  König  Ihnen 
diese  Versicherung  unter  der  Bedingung  eines  unverletzlichen  Ge- 
heimnisses schriftlich  geben  wird.  Wenn  Sie  das  befriedigt,  erwarte 
ich  Ihre  Antwort."1) 

Was  mit  der  besonderen  „Veränderung  der  Angelegenheiten", 
welche  der  Anfang  dieses  Schreibens  betont,  gemeint  sei,  ist 
nicht  recht  erfindlich.  Meistens  wurde  dieser  Stelle  die  Deutung 
gegeben,  als  wenn  durch  den  Neisse-Ueb ergang  bei  Koppitz  die 
militärische  Lage,  das  wäre  also  das  strategische  Verhältniss  beider 
Armeen  zu  einander,  sich  zu  Ungunsten  N  e  i  p  p  e  r  g's  verändert 
hätte.  Dies  ist  entschieden  unrichtig,  denn  die  nach  dem  Uferwechsel 
mit  dem  flussaufwärts  angetretenen  Marsche  preussischerseits  beab- 
sichtigte Umgehung  gelang  eben  nicht  und  Xeipperg  war  der- 
selben rechtzeitig  ausgewichen.  Die  Sistierung  des  Weitermarsch.es 
der  preussischen  Armee  beweist  dies  unwiderleglich. 

Der  Schreiber  jener  Zeilen  wird,  wenn  nicht  der  ganze  Satz 
nur  als  Floskel  oder  als  Pressionsmittel  zu  betrachten  ist,  die 
politischen  Verhältnisse  gemeint  haben  und  diese  hatten  sich 
allerdings  durch  den  Uebergang  Sachsens  in  das  gegnerische  Lager 
und    dessen    mit  Bayern    geschlossene  Allianz    sehr  zu  Ungunsten 


:)  Oberst  von  der  Goltz  an  Lord  Hyndford.  Lager  von  Kaltecke 
28.  September  1741.  (H.  H.  u.  St.  A.,  Friedens-Acten,  Fase.  23),  danach  abgedr. 
in  „Polit.  Corresp."  I,  Nr.  529. 


491 


Oesterreichs  verändert.  König  Friedrich  II.  war  am  23.  September 
bereits  durch  V  a  1  o  r  y,  in  Folge  einer  Depesche  B  e  1 1  e  i  s  1  e's, 
von  dem  Abschluss  dieses  Vertrages  in  Kenntniss  gesetzt  worden.  ' 

FM.  Graf  Neipperg  hatte,  nachdem  er  das  Schreiben 
gelesen,  eine  neue  Berathung  mit  Hyndford,  in  welcher  die 
Antwort  an  Oberst  von  der  Goltz  festgestellt  wurde. 

Am  29.  Vormittags  gieng  diese  in  das  preussische  Haupt- 
quartier ab.  Hyndford  hob  darin  hervor,  dass  Neipperg  ohne 
neue  Instruction  nichts  thun  könne  ;  auch  sprach  er  abermals  die 
Hoffnung  aus,  die  Königin  Maria  Theresia  werde  die  Ab- 
tretung von  Neisse  in  der  von  Friedrich  gewünschten  Weise, 
unter  der  Bedingung,  dass  der  König  seine  Winter-Quartiere  nicht 
in  Ober-Schlesien,  noch  anderwärts  in  den  der  Königin  ge- 
hörenden Länder  nehme,  zugestehen. 

Sobald  die  Entscheidung  eingetroffen,  werde  er  Goltz  be- 
nachrichtigen, damit  dieser  zu  mündlicher  Besprechung  herüber 
komme  und  ihm  zugleich  das  Schriftstück  von  der  Hand  des  Königs 
mitbringe.  Uebrigens  werde  N  ei  pp  er  g  noch  einen  Expressen 
am  30.  absenden,  um  die  Antwort  zu  beschleunigen ;  „aber  es  ist 
ein  wenig  Geduld  nothwendig,  wenn  sich  der  König  dazu  versteht ; 
wenn  nicht,  sagt  Marschall  Neipperg,  wird  Gott  für  das  Weitere 
sorgen". 2) 

Die  preussische  Armee  war  am  28.  September  in  ihrer 
Stellung  vom  Vortag  mit  dem  rechten  Flügel  in  Bielitz,  dem  linken 
in  Lammsdorf  geblieben.  Am  29.  sollte  der  Marsch  Neisse-aufwärts 
fortgesetzt  werden,  ein  Theil  der  Armee  war  sogar  schon  abgerückt, 
als  die  Nachricht  eintraf,  dass  die  österreichische  Armee  ihre 
Stellung  verändert  habe.  König  Friedric  h  IL  liess  in  Folge  dessen 
Halt  machen  und  ritt,  begleitet  von  3  Bataillonen,  10  Escadronen 
und  sämmtlichen  Husaren  behufs  Recognoscierung  vor.  Bei  Herms- 
dorf stiess  man  auf  österreichische  Husaren,  die  sich  jedoch  nach 
einigen  Kanonenschüssen  zurückzogen. 3)  König  Friedrich  H. 
bestieg,  nach  des  französischen  Gesandten  Bericht,  einen  Thurm,  um 
das  Gelände  zu  übersehen  und  stellte  fest,  dass  es  unmöglich  sei,  der 
österreichischen  Armee  entgegenzurücken,  da  ein  grosser  Wald. 
dann  Sumpfland    und    Teiche    vor    deren   Stellung    einen    Angriff' 


J)  Polit.  Corresp.  I,  Nr.  524. 

2)  Lord  Hyndford  an  Oberst  von  der  Goltz.  Neisse,  29.  September 
1741.  (H.  H.  u.  St.  A.,  Friedens-Acten,  Fase.  23.) 

3)  Kriege  Friedrich  d.  Gr.  II,  155. 


492 

ausschlössen.  Auch  Valory  hielt  die  Stellung  für  unangreifbar.1) 
In  das  Lager  zurückgekehrt,  entsendete  König  Friedrich  eine 
Husaren-Abtheilung  zur  Besetzung  von  Friedland.  Diese  wurde 
von  österreichischen  Husaren  und  Croaten  angegriffen  und  mit 
Verlust  bis  beinahe  an  das  eigene  Lager  zurückgetrieben. 

Der  König  Hess  die  gesammten  Husaren,  ein  Cavallerie-Regi- 
nient  und  200  Grenadiere  ausrücken,  doch  erst  nach  einigen 
Stunden  gelang  es,  die  leichten  Truppen  der  Oesterreicher  ab- 
zuwehren, worauf  ein  Bataillon  nach  Friedland  disponiert  wurde,  um 
das  dortige  Schloss  zu  besetzen.  Im  österreichischen  Hauptquartier 
ward  Abends  ein  preussischer  Lieutenant  mit  42  gefangenen 
Husaren  und  Uhlanen,  nebst  etlichen  30  Beutepferden  eingebracht. 

Auch  FM.  Graf  Neipperg  recognoscierte  an  diesem  Tage 
die  Stellung  der  gegnerischen  Armee  und  bestimmte  für  den  Fall 
des  weiteren  Vorrückens  der  Preussen  die  Position  bei  Procken- 
dorf  zum  Aufmarsch  seines  Heeres,  -i 

In  seinem  Berichte  über  die  Vorgänge  der  letzten  Tage  rieth 
Graf  Neip  per  g  der  Königin,  entweder  das  von  Preussen  Ge- 
forderte zuzugestehen  oder  die  Verhandlungen  abzubrechen. 

Der  Mangel  des  nöthigen  Unterhalts  für  die  Armee  werde 
schliesslich  doch  dazu  nöthigen,  dass  man  ,,aus  diesen  Gegenden 
einmal  mit  dem  Kriegs-Corpo  abzugehen,  oder  den  Feind,  coüte 
qu'il  coüte,  weilen  zwischen  diesen  beiden  sonst  keine  Mittel  übrig 
sehe,  anzugreifen  bemüssigt  sein  würde,  zu  welch'  letzterem  aber 
mir  eine  positive  Ordre  unumgänglich  erforderlich  ist,  die  auf 
Erhalt  sogleich  nach  dem  Buchstaben  befolgen  werde,  ohne  jedoch 
dafür  meinesorts  repondieren  zu  wollen,  obwohl  mir  solchenfalls, 
wie  es  mit  der  Hilf  Gottes  hoffe,  nichts  zu  reprochieren  sein 
wird."  3) 

Den  Grossherzog  bat  der  Feldmarschall  speciell  noch,  die 
Antwort    beschleunigen  zu  lassen,    inzwischen    werde  er  auf  seiner 


')  Y  a  1  o  r  v  an  B  e  11  e  i  s  l  e,  Lager  bei  Lanirasdorf,  30.  September  1741. 
Pariser  Archiv  ) 

2)  GFWM.  Baron  Lentulus  schrieb  an  diesem  Tage  an  FM.  Grafen 
Seckendorff:  „Ob  es  nun  zum  Raufen  oder  einem  Vergleich  kommen 
werde,  wird  sich  in  Kurzem  zeigen  müssen,  wo  ich  doch  noch  allezeit  der 
Meinung  bin,  dass  der  Feind,  gleichwie  wir,  eine  Bataille  zu  evitieren  suchen 
werde."  (K.  A.,  Schlesien  1741  ;  XIII,  12  aa.) 

3)  FM.  Graf  N  e  i  p  p  e  r  g  an  die  Königin.  Oppersdorf,  29.  September 
1711  (um  Mitternacht.)  (H.  H.  u.  St.  A.,  Friedens-Acten,  Fase.  23.) 


4 '.':-i 

Hut  sein  und  nichts  unternelimen,  als  wozu  die  Notwendigkeit  und 
die  Ehre  ihn  verpflichten  würden. *) 

Am  1.  October  kam  die  Antwort  des  Obersten  von  der  Goltz 
auf  Hyndford's  letzten  Brief  vom  29.  September.  Graf  Neipperg 
übernahm  das  Schreiben  von  dem  aus  dem  preussischen  Lager 
zurückkehrenden  Trompeter,  eröffnete  es,  Hyndford's  Wunsch  ent- 
sprechend und  sandte  nach  genommener  Abschrift  dasselbe  dann 
au  den  Gesandten  nach  Neisse.  Goltz  schrieb:  Der  König  werde 
sich  bis  zur  Rückkehr  der  Couriere  aus  Pressburg  gedulden.  Laute 
der  Bescheid  günstig,  so  werde  Goltz  nach  Neisse  kommen  mit 
einem  Entwurf,  der  enthalten  solle : 

1.  Die  Zusicherung,  dass  Preussen  niemals  mehr  als  Nieder- 
Schlesien  bis  an  die  Neisse,  die  Stadt  dieses  Namens  inbegriffen, 
fordern  werde  ; 

2.  dass  „wir  nicht  mehr  gegen  die  Königin,  noch  gegen 
irgend  einen  ihrer  Bundesgenossen  operieren  werden"; 

3.  dass  keine  Contributionen  in  den  Staaten  der  Königin 
eingetrieben  werden  würden. 

Dagegen  sollten  Neipperg  und  H  y  n  d  f  o  r  d  schriftlich  be- 
zeugen, dass  die  Königin  das  erwähnte  Gebiet  für  immer  und  unab- 
hängig von  dem  Laufe  der  Ereignisse  abtrete.  Goltz  sprach  die 
Erwartung  aus,  dass  wegen  Neisse  keine  besondere  Schwierigkeit 
mehr  erhoben  werden  würde.  Bezüglich  der  Winter-Quartiere  aber 
müsse  der  Gesandte  missverstanden  haben.  Der  Verzicht  hierauf 
würde  einer  öffentlichen  Ankündigung  der  getroffenen  Verein- 
barungen gleichkommen.  In  diesem  Puncte  könne  nicht  nach- 
gegeben werden.  „Ich  habe  die  Ehre  gehabt,  Ihnen  zu  sagen,  dass 
wir  gerne  mit  dem  Kriege  aufhören,  aber  nicht  den  Anschein  haben 
wollen,  ihn  bereits  beendigt  zu  haben." 

,,In  Ober-Schlesien  keine  Winter-Quartiere  nehmen,  hiesse 
das  nicht  vor  aller  AVeit  erklären,  dass  wir  darüber  überein- 
gekommen, oder  dass  wir  Dummköpfe  sind?  Sie  werden  selbst 
begreifen,  dass  wir  nicht  anders  handeln  können,  selbst  wenn  wir 
unsere  Armee  anderwärts  einquartieren  könnten  ;  was  jedoch  durchaus 
unmöglich  ist." 

,,Was  kann  der  Königin  daran  liegen,  dass  ein  Theil  unserer 
Armee  hier  Unterkunft  und  Fourage  erhält,  nachdem  wir  ver- 
sprechen, keine  Contributionen  zu  verlangen?  Und  am  Ende 
könnte    man  uns  nicht    hindern,    Quartiere    und  Contributionen    zu 


*)  K.  A.,  Schlesien  1741.  IX.  59. 


494 

nehmen,  woferne  rtian  uns  nicht  zwei-  bis  dreimal  schlägt,  was 
sicher  nicht  geschehen  wird.  Das  ist  ein  Artikel,  von  welchem  wir 
nicht  abstehen  können,  um  unsere  guten  Absichten  zu  verbergen 
und  folglich  auch  im  Interesse  der  Königin  selbst.  Ich  möchte 
sogar  noch  sagen,  dass,  wenn  wir  auch  ganz  einverstanden  sein 
werden,  man  darum  nicht  aufhören  darf,  von  Zeit  zu  Zeit  einige 
Pistolenschüsse  abzufeuern.  Wir  werden  ganz  ruhig  bleiben,  ohne 
einen  Schritt  nach  vorwärts  zu  machen ;  aber  Ihrerseits  ist  es 
nothwendig,  dass  Ihre  Husaren  bisweilen  uns  beunruhigen,  uns 
einige  Wagen  wegnehmen  und  ähnliche  kleine  Feindseligkeiten 
ausüben.*' 

„Kurz,  vorausgesetzt,  dass  uns  die  Stadt  Neisse  in  der  Ihnen 
bekannten  Weise  zugestanden  werde,  wird  sich  Alles  machen ; 
denn  dieser  elenden  Quartiere  wegen,  werden  Sie,  hoffe  ich,  mir 
gegenüber  nichts  mehr  erwähnen." 

„Wir  werden  einige  Bewegungen  machen,  das  möge  jedoch 
den  Herrn  Feldmarschall  nicht  beunruhigen.  Er  wird  wohl  selbst 
sehen,  dass  das  nichts  zu  bedeuten  hat.  Es  genügt,  Ihnen  zu  sagen, 
dass  wir  die  Rückkehr  Ihrer  Couriere  abwarten  werden."  *) 

FM.  IST  e  i  p  p  e  r  g  brachte  am  selben  Tage  noch  der  Königin 
diese  Zuschrift  zur  Kenntniss  und  bat  um  Verhaltungsbefehle, 2) 
dem  Grossherzoge  schrieb  er  gleichzeitig : 

„Die  Königin  hat  nur  zu  wählen,  ob  sie  den  scheinbaren 
Frieden  unter  den  vereinbarten  Bedingungen  schliessen  oder  mit 
dem  Könige  von  Preussen  den  Krieg  fortsetzen  will.  Aber,  Gnä- 
digster Herr,  im  Falle  das  Letztere  stattfindet,  veranlassen  Sie, 
dass  ich  unverzüglich  mit  dem  Notlügen  versehen  werde,  was  ich 
sowohl  bezüglich  der  Verpflegs-Vorkehrungen,  als  der  Gelder  für 
die  Zukunft  verlange.  Entweder  muss  man  sich  sobald  als  möglich 
schlagen,  oder  dies  Land  gänzlich  verlassen  und  dasselbe  der 
Discretion  des  Königs  von  Preussen  überlassen." 

„Gnädigster  Herr,  ich  thue,  was  ich  kann,  ohne  dass  ich  mich, 
was  den  Frieden  betrifft,  zu  sehr  engagiert  habe,  oder  dass  die 
Königin    bis    jetzt    nicht    freie  Hand  hätte,    den    Entschluss  zu 


*)  Oberst  von  der  Goltz  an  Lord  Hyndford,  80.  September  6  Uhr 
Abends.  (H.  H.  u.  St.  A.,  Friedens- Acten,  Fase.  23,  Abschrift,)  danach  ab- 
gedruckt in  „Polit.  Corresp."  I,  Nr,  533. 

2)  FM.  Graf  Neipperg  an  die  Königin.  Oppersdorf,  1.  October 
1741.  (H.  H.  u.  St,  A.,  Friedens-Acten,  Fase.  23,  in  Mitthlg.  des  k.  und  k. 
K.  A.,  N.  F.  VI,  262.) 


495 

fassen,  Avelcher  ihr  geeignet  erscheint  und  welchen  mir  zu  befehlen 
ihr  gefallen  wird  und  den  ich  dann,  mit  Gottes  Hilfe,  ausführen 
will,  so  gut  es  mir  möglich  sein  wird.  Der  Wille  fehlt  mir  nicht : 
es  könnten  nur  die  Fähigkeiten  sein,  an  denen  es  mir  gebrechen 
könnte,  die  aber  Gott  gibt  und  worüber  wir  Menschen  nicht 
Meister  sind."  r) 

Hyndford  beantwortete  den  Brief  des  Obersten  Goltz 
•vom  30.  September  Abends  am  nächsten  Tage  und  theilte  ihm 
mit,  dass  FM.  Graf  Neipperg  dem  Worte  des  Königs  vertraue, 
dass  die  in  Aussicht  gestellten  Bewegungen  der  preussischen 
Armee  weder  Neisse  gälten,  noch  auf  Mähren  abzielten  und  dass  der 
Scheinkrieg  auch  von  österreichischer  Seite,  sowie  Goltz  vor- 
geschlagen, werde  geführt  werden  ;  der  englische  Gesandte  gab  dabei 
seiner  Genugthuung  darüber  Ausdruck,  dass  König  Friedrich  II. 
die  Eückkehr  der  Couriere  aus  Pressburg  abwarten  wolle. 2) 

An  dem  Tage,  an  welchem  Goltz  an  Hyndford  schrieb7 
hatte  Marquis  V  a  1  o  r  y  die  Mittheilung  gemacht,  class  dem  Könige 
von  England  Neutralität  gewährt  worden  sei,  ohne  Preussens 
Vermittlung. 

König  Georg  hatte  nämlich,  in  der  Besorgniss  vor  der 
französischen,  in  der  Versammlung  begriffenen  Nord-Armee,  sowie 
vor  dem  unter  dem  Fürsten  Leopold  von  Anhalt-Dessau  stehen- 
den   preussischen  Corps,    die  Neutralität   für    das  Churfürstenthum 


')  FM.  Graf  Neipperg  an  den  Grossherzog.  Oppersdorf,  1.  October 
1741,  (K.  A.,  Schlesien  1741 ;  X,  1.) 

2)  Das    sehr    beschädigte  Bruchstück    der  Abschrift    dieses    Schreibens 

lautet :  „Neisse,  1.  October  NS.  1741 Herr  von  Neipperg  beunruhigt 

sich  über  nichts  auf  das  Wort  eines  Königs  hin  ;  welche  Bewegung  auch  die 
preussische  Armee  machen  sollte,  wird  er  immer  in  der  festen  Voraussetzung 
bleiben,  dass  die  preussische  Armee  keine  Bewegung  vorwärts  gegen  die  Stadt 
Neisse  oder  seitwärts,  um  die  Ebene  gegen  Mähren  zu  erreichen,  machen 
werde.  Die  kleinen  Zusammenstösse  werden  ihn  nicht  belästigen,  sei  es  um 
Fourage  zu  holen  oder  sonstwie,  vorausgesetzt,  dass  diese  Detachements  stets 
nach  vollbrachter  That  wieder  in  das  vom  König  besetzte  Lager  zurück- 
kehren. Neipperg  wird  seinerseits  ebenso  handeln  und  wird  sich  durch 
Commanden  vertheidigen,  wie  er  gepflogen  und  gethan  bis  zum  heutigen  Tage. 
Sonst,  mein  Herr,  könnte  es  leicht  geschehen,  dass  in  Erwartung  dieses  Ver- 
gleiches, welchen  die  wohlmeinenden  Leute  so  sehr  wünschen,  Sie  veranlasst 
würden,  mit  gebundenen  Händen  dahin  zu  gelangen.  Ich  bin  entzückt,  dass 
der  König  die  Bückkehr  unserer  Couriere  abwarten  -will  und  Herr  von 
Neipperg  hat  mir  versprochen,  dass,  sobald  er  den  Inhalt  der  Depeschen 
weiss,  er  nicht  ermangeln  werde,  Sie  meinerseits  besonders  zu  benachrichtigen." 
(Gräfl.  Neipperg'sches  Archiv.) 


496 

Hannover  zn  erlangen  gewünscht  und  gehofft,  dies  am  leichtesten 
durch  Preussens  Vermittlung  erreichen  zu  können.  Er  zeigte  sich 
dagegen  bereit,  den  Absichten  Preussens  bezüglich  der  Reichs- 
politik sich  zu  fügen,  seinem  königlichen  Neffen  Nieder-Schlesien 
mit  Breslau  zu  gewährleisten,  ihm  auch  Husslands  Garantie  zu 
verschaffen  und  ein  Defensiv-Bünclniss  mit  ihm  zu  schliessen,  wenn 
dieser  ihm  Sicherheit  gegen  Frankreich  gewähre.  Letzteres  hatte 
die  Entscheidung  in  dieser  Sache  durch  V  a  1  o  r  y  in  die  Hände 
des  Königs  von  Preussen  gelegt  und  dieser  wollte  die  Gunst  eines 
derartigen  Verhältnisses  nicht  ungenützt  vorübergehen  lassen.  Er 
gedachte,  entweder  durch  eine  grössere  Geldsumme,  oder  durch 
Ueberlassung  der  Hypothek,  die  Hannover  auf  einige  Mecklen- 
burg'sche  Aemter  besass,  sich  für  seine  Vermittlung  zu  entschädigen. 

König  Georg  liess  jedoch  Ende  August  durch  seinen 
Geheimen  Eath  von  Hardenberg  auch  in  Paris  Verhandlungen 
wegen  der  Neutralität  anknüpfen.  Hardenberg's  Bemühungen 
hatten  Erfolg.  Trotz  der  dem  König  Friedrich  IL  gemachten 
Zusage,  die  Neutralität  an  Hannover  nur  durch  seine  Vermittlung 
zu  gewähren,  gestand  Frankreich  sie  jetzt  dem  König  Georg  zu. 

König  Friedrich  IL  scheint  durch  diese  Mittheilungen  auf  das 
Aeusserste  erbittert  worden  zu  sein.  !)  Ausserdem  waren  Depeschen 
vom  Cardinal  Fleury  eingetroffen,  welche  die  Nothwendigkeit 
betonten,  Sachsen  besser  zu  bedenken,  als  König  Friedrich  IL  es 
zu  wünschen  scheine  und  darauf  drangen,  dass  die  Operationen 
in  Schlesien  fortgesetzt  würden,  um  Neipperg  festzuhalten.  2) 

Valory  berichtete  am  20.  September  nach  Versailles,  dass 
durch  das  ununterbrochene  Regenwetter  und  die  vorgerückte 
Jahreszeit  für  die  im  Lager  befindliche  preussische  Armee 
Schwierigkeiten  eingetreten,  wesshalb  der  Gedanke  wegen  Beziehens 
der  "Winter-Quartiere  mein  und  mehr  in  den  Vordergrund  trete. 


v)  Der  Cabinets-Secretär  Eichel  schreibt  am  30.  September  au  den 
Minister  Podewils,  wie  Valory,  der  die  durch  Frankreich  zugestandene 
Neutralität  gemeldet,  doch  so  oft  declariert  habe  „dass  solches  nicht  anders 
als  durch  Interposition  des  Königs  Majestät  geschehen  würde,  um  Dero  Con- 
venienz  dabei  machen  zu  können.  Anderer  Umstände  zu  geschweigen,  woraus 
man  urth eilen  muss,  als  gehe  die  Intention  dahin,  des  Königs  Majestät  die 
grösste  Last  des  Krieges  über  dem  Hals  zu  lassen  und  durch  Dieselbe  den 
Andern  die  Kastanien  aus  dem  Feuer  zu  langen.  Ich  wünsche  nur  vom  Herzen, 
dass  des  Königs  Majestät  dabei  nicht  zu  prompt  sein  und  sich  der  erforder- 
lichen Dissimulation  darunter  bedienen  mögen."  (Polit.  Corresp.  I,  Nr.  532.) 

2)  Kriege  Friedrich  d.  Gr.  II,  158. 


497 

König  Friedrich  II.  hatte  dem  Gesandten  gesagt:  „Ich 
werde  Winter  -  Quartiere  nehmen,  wo  ich  kann,  es  ist  bereits 
ein  Jahr,  dass  ich  alle  Lasten  auf  meinen  Schultern  trage.  Meine 
Armee  'muss  ausruhen,  aber  wo,  ist  noch  unbestimmt." 

„Ist  es  nothwendig,  dass  ich  in  dem  einen  Feldzugsjahre  Alles 
leiste  ?  Sie  können  melden,  class  ich  Winter- Quartiere  nehme,  Sie 
sehen  ja,  dass  ich  in  einer  Lage  bin,  nichts  Anderes  bestimmen  zu 
können." 

Auf  die  Nachricht  von  der  durch  Frankreich  dem  König  von 
England  zugestandenen  Neutralität  für  Hannover,  befahl  König- 
Friedrich  IL  dem  Fürsten  Leopold  von  Anhalt,  dessen  Truppen 
am  12.  September  von  Göttin  aus  Gesundheitsrücksichten  nach 
Grannigen  verlegt  worden  waren,  sein  Corps  in  Winter- Quartiere 
zu  vertheilen.  S  chm  ettau's  Berichte  über  die  bayerisch-fran- 
zösischen Operationen  vom  22.  und  24.  September 1)  hatten  den 
König  besonders  verstimmt.  Valory  gegenüber,  dem  der  König 
seit  einiger  Zeit  verändert  schien,  äusserte  er:  „Der  Churfürst 
überlasse  die  ganze  Last  des  Krieges  dem  Könige  von  Preussen 
er  gehe  nicht  mit  Kraft  und  Energie  vor,  da  T  ö  r  r  i  n  g  2)  nichts 
vom  Kriege  verstehe ;  das  ist  ein  Zauderer  zur  unrechten  Zeit, 
der  sich  damit  beschäftigt,  aus  den  Gebieten,  in  denen  er  ist, 
Geld  einzutreiben."  Fünf  Tage  habe  der  Churfürst  verloren, 
indem  er  sich  huldigen  lasse3),  man  hätte  ohne  Aufenthalt  bis 
Wien  vorrücken  sollen  ;  N  e  i  p  p  e  r  g  wäre  gewiss  zu  Hilfe  ge- 
rufen worden.  Die  Königin  von  Ungarn  werde  Unterstützung 
erhalten  und  die  Jahreszeit  sei  nicht  ausgenützt  worden.  Nach 
alledem,  was  er,  der  König,  für  diesen  Prinzen  gethan  habe, 
verweigere  ihm  dieser  nun  die  Abtretung  von  Glatz,  ein  so 
geringfügiges  Opfer.  Valory  unterbrach  den  König  und  stellte 
ihm  vor,  dass  er  doch  selbst  mehrmals  versichert  habe,  Glatz  nur 
dann  zu  verlangen,  wenn  ein  Theil  von  Böhmen  dem  Könige  von 
Polen  zugesichert  werde,  was  doch  nicht  der  Fall  sei  und  dass  er 
davon  abstehe,  wenn  Böhmen  ungetheilt  an  Bayern  komme. 

König  Friedrich   IL  fuhr  indessen  fort:  „Man  macht  sich 
vielleicht  darauf  gefässt,  dass  ich  die  Belagerung  von  Glatz  unter- 


J)  Polit.  Corresp.  I,  Nr.  534. 

2)  FM.    Graf   Igiiaz    Felix    Joseph    Törring-Jettenbach,      bayr. 
Conferenz-Minister. 

3)  Die  Huldigung  der  oberösterreichischen  Stände  war  für  den  2.  October 
in  Linz  ausgeschrieben. 


Jöv 


Oesterreichischer  Erbfolgekrieg    II.  Bd.  o'2 


498 

nehmen  werde  —  daraus  wird  nichts.  Ich  soll  die  Belagerung  ausführen, 
alle  Lasten  des  Krieges  tragen,  meine  Armee  ruinieren,  während 
die  Armee  des  Churfürsten  in  Quartieren  sich  befindet,  der  Führer 
Huldigungen  sich  bereiten  lässt  und  Gelder  einhebt?  "Wenn  nicht 
Belleisle  sich  in  das  Mittel  legt,  wird  Alles  schlecht  ausfallen." 

„Wenn  Neipperg  sich  nach  Böhmen  wirft  und  den  Sachsen 
entgegenrückt,  so  wird  er  sie  aufhalten.  Doch  zweifle  ich  an 
diesem  Entschlüsse  des  Generals.  Er  wird  mich  im  Schach  zu 
halten  trachten  und  seine  Winter-Quartiere  in  Mähren  nehmen, 
wenn  der  Churfürst  von  Bayern  nicht  gegen  Wien  vorrückt  und 
gegen  Mähren  sich  wendet,  wodurch  Neipperg  zwischen  ihn 
und  mich  gelangen  würde ;  vielleicht  würde  er  sich  dann  ent- 
scheiden, gegen  Wien  den  Bückzug  anzutreten.  Wendete  er  sich 
nach  Böhmen,  so  würde  er  sich  zwischen  den  Sachsen  und  Bayern 
befinden,  wenn  Sie  denn  schon  überzeugt  sind,  dass  die  Sachsen  sich 
so  unmittelbar  in  Marsch  setzen  werden.  Sie  müssen  sich  gegen- 
wärtig halten,  dass  die  Armee  N  e  i  p  p  e  r  g's  in  allen  Fällen  die 
Hauptsache  bleibt."  ,,Was  soll  denn  mit  diesem  österreichischen 
Corps  geschehen,  es  kann  doch  nicht  von  selbst  verschwinden, 
oder  soll  ich  damit  betraut  werden,  die  Frage  zu  lösen?  Man  soll 
ja  vermeiden,  aneinander  zu  gerathen." 

Der  König  wünschte,  dass  Belleisle  selbst  hier  wäre,  er 
hätte  dann  die  Genugthuung,  wie  er  seine  Absichten  ändern  würde. 

Zum  Schlüsse  meinte  er:  ,,Ich  bin  im  Begriff,  dieses  Land  hier 
auszusaugen,  so  sehr  ich  kann,  ich  werde  mich  ebenso  Mähren 
nähern  und  wenn  ich  nicht  sehe,  dass  der  Churfürst  sich  mit  Leb- 
haftigkeit daran  macht,  mich  aus  der  Sache  zu  ziehen,  werde  ich 
meine  Winter- Quartiere  jenseits  der  Oder  nehmen."  1) 

Am  Morgen  des  3.  October  um  8  Uhr  setzte  sich  die  preus- 
sische  Armee  treffenweise  links  abmarschiert  in  Marsch  und  bezog 
ein  Lager,  dessen  rechter  Flügel  sich  an  das  Städtchen  Friedland, 
der  linke  an  das  Dorf  Puschine  lehnte.  Gleichzeitig  Hess  König 
Friedrich  II.  ein  Bataillon  mit  30  Husaren  und  2  Geschützen  von 
Brieg  aus  gegen  Oppeln  rücken,  um  sich  dieses  Platzes  zu  ver- 
sichern, gegen  den  am  5.  October  schon  die  Besatzung  von 
Falkenberg  einen  vergeblichen  Versuch  unternommen  hatte.  Die  in 
Oppeln  noch  befindliche  österreichische  Garnison  unter  Bittmeister 
Beviczky,  vom  Detachement  des  Oberstwachtmeisters  von  Györi. 


l)  Valory  an  Belleisle,  Lager  bei  Laminsdorf,  2.  October  1711. 


499 

welch'  Letzterer  sich  mit  seinen  300  Husaren  und  100  Slavoniern 
am  27.  September,  als  die  Preussen  gegen  Falkenberg  rückten, 
nach  Oppeln  begeben  und  mit  den  dort  noch  befindlichen  Waras- 
dinern  vereinigt  hatte,  zog  beim  Herrannahen  des  preussischen 
Detachenients  am  4.  October  nach  Kosel  ab,  während  Györi 
schon  am  1.  October  über  Krappitz  zur  Armee  einrückte. 

Am  5.  October  traf  Ee  vi  czky  in  Kosel  ein  und  besetzte 
die  Thore,  während  1  Cornet  mit  einem  Beobachtungsposten  bis 
zum  8.  October  in  Krappitz  stehen  blieb. 

Von  der  österreichischen  Armee-Leitung  war  am  .3.  October 
eine  Fouragierung  in  dem  Rayon  Prockendorf-  Schnellendorf  - 
Ellguth  angeordnet  worden,  zu  deren  Bedeckung  GFWM.  Baron 
P  h  i  1  i  b  e  r  t  mit  1000  deutschen  Pferden  und  GFWM.  von  Feste- 
t  i  c  s  mit  sämmtlichen  Husaren  (bis  auf  100),  600  Croaten  und 
300  Slavoniern  ausrückten. 

In  Folge  der  preussischen  Bewegung  am  3.  liess  FM.  Graf 
N  e  i  p  p  e  r  g  die  österreichische  Armee  am  4.  mit  Tagesanbruch 
die  Stellung  Prockendorf-  Greisau  beziehen.  Das  Hauptquartier 
kam  nach  Greisau.  Am  Nachmittage  wurde  von  der  Generalität 
die  preussiche  Stellung  bei  Friedland  recognosciert.  ') 

Valory  machte  den  König  aufmerksam,  dass  es  für  das 
allgemeine  Beste  ein  grosser  Vortheil  sei,  die  preussische  Armee 
wenigstens  noch  14  Tage  concentriert  zu  behalten,  da  dann  in 
Folge  der  Operationen  des  Churfürsten  von  Bayern,  Mario 
Theresia  vielleicht  eher  zum  Frieden  bestimmt  werden  könnte. 
Der  König  entgegnete  sehr  richtig,  dass  vierzehn  Tage  keinen 
Unterschied  machen  würden,  er  aber  Winter-Quartiere  dringend 
nothwendig  habe,  da  er  sonst  seine  Armee  ruiniere. 2) 

Inzwischen  war  FML.  Graf  Browne  am  1.  October  in 
Pressburg  angekommen,  hatte  die  Depeschen  überreicht  und 
mündlich  über  den  Stand  der  Dinge  in  Schlesien  Bericht  erstattet. 
Er  gewann  den  Eindruck,  dass  '  man  mit  Ungeduld  den  Frieden 
mit  Preussen  erwarte.  Ganz  Nieder-Schlesien  und  die  Stadt  Xeisse 
unter  den  Bedingungen,  wie  der  König  von  Preussen  sie  nehmen 
wolle,  war  man  bereit  zu  opfern,    allein  von   Winter-Quartieren   in 

J)  Lutsc  h'  Tagebuch. 

2)  Valory  an  den  Cardinal.  Lammsdorf,  30.  September  1711.     (Pariser 
Archiv.) 

32* 


500 

Ober-Schlesien    und  Mähren    wollte   die    Königin    nichts  wissen, 
„gehe  es,  wie  es  wolle".1) 

Die  Königin  setzte  in  einem  Handschreiben  genau  aus- 
einander, was  sie  zu  concedieren  entschlossen,  sie  fand  auch,  class 
in  dem  von  Hyndford  verfassten  Conventions-Project  Artikel 
enthalten  seien,  welche  die  Unterhandlungen  schwieriger  machen 
müssten,  überhaupt  dass  dasselbe  nur  zu  Gunsten  des  Königs 
von  Preussen  entworfen  zu  sein  scheine.  Aus  den  von  B  r  o  w  n  e 
überbrachten  Puneten  habe  sie  ersehen,  dass  der  König  von  Preussen 
auch  zu  einer  Amnestie  für  die  Einwohner  der  ihm  zu  über- 
antwortenden Gebiete  sich  nicht  verstehen  wolle ;  „wo  doch  die 
Amnestie  eine  nothwendige  Folge  jeden  Friedens,  anbei  eine 
schwere  Gewissenssache  ist,  selbst  die  Hände  zu  bieten,  dass  die, 
so  Mir  ihre  Treu  erwiesen,  aufgeopfert  werden   sollten." 

Ebensowenig  habe  die  Königin  aus  den  Berichten  des 
Feldmarschalls  entnommen,  ob  König  Friedrich  H.  sich  zur 
Uebernahme  der  Schuldenraten  anheischig  machen  wolle. 

Noch  mehr  aber  sei  sie  dadurch  betroffen  worden,  dass  nach 
des  Königs  Antrag  die  Sachen  gegen  eine  so  namhafte,  von  Eng- 
land und  Russland  zu  gewährende  Cession,  nicht  nur  nicht  ver- 
bessert, sondern  eher  verschlimmert  würden.  In  der  Kaiserwahl 
verbleibe  derselbe  fest  bei  Chur-Bayern.  Von  Frankreich  lasse  er 
sich  nicht  trennen.  In  Ober-Schlesien  und  Mähren  sollten  ihm  die 
Winter-Quartiere  angewiesen  werden.  „Und  die  in  des  Goltz  letzterem 
Schreiben  von  dem  General-Frieden  geschehene  Erwähnung  zeige 
klar,  dass  der  König  auch  auf  Opfer  für  seine  Allierten  anträgt; 
wo  die  einzige  Ursache  eines  Vergleichs  doch  nur  darin  bestehen 
könnte,  destoweniger  an  andere  abzutreten." 

„Wie  also  die  Sachen  liegen,  ist  weder  Nutzen,  noch  Sicher- 
heit von  dem  Vorschlag  anzuhoffen  und  gleichwohl  hätte  man  auf 
ewig  seine  Gerechtsame  auf  ein  so  ansehnliches  Land,  wie  Unter- 
Schlesien ist,  zu  vergeben.  Ja  man  überkomme  nicht  einmal  andurch 
freiere  Hände,  gegen  Frankreich  und  Chur-Bayern  zu  operieren, 
sondern  Preussen  vielmehr  mehrere  Leichtigkeit,  durch  seine  Aus- 
breitung in  Ober-Schlesien  und  Mähren  einestheils  Unruhen  in 
Ungarn  zu  erwecken  und  anderntheils  durch  sothane  seine  Aus- 
breitung seinen  Bundesgenossen  allen  Vorschub  zu  geben;  anstatt 
dass,    obgleich    der  Eingang    in  Ober-Schlesien  ihm    freilich  nicht 


!)  FML.  Graf  Bro  w  n  e  an  FM.  Grafen  X  e  i  p  p  e  r  g.  Pressburg,  2.  Oct. 
1741  Nachm.  3V*  Uhr.  (Gräfl.  Neipperg'sches  Archiv.) 


501 

verwehrt,  doch  nach  des  Grafen  Browne  Dafürhalten  die  Sacht -w 
in  den  Stand,  wie  sie  im  letzteren  Winter  waren,  mittelst  Besetzung 
des  Gelnrgs  und  Zurücklassung  einiger  Bataillone,  auch  Cavallerie, 
auch  bei  der  Armee-Zurückziehung  erhalten  werden  können  ;  mithin 
es  hierunter  auf  jenes,  was  das  flache  Land,  bis  zur  Eintreffung 
der  Truppen  aus  Italien  und  Vereinbarung  Meiner  bis  anher 
zerstreuten,  mithin  unzureichenden  Kriegsmacht,  zu  erdulden  hätte, 
lediglich  ankäme,  womit  so  höchst  schädliche  und  zugleich  gänzlich 
unnütze  und  unsichere  Verbindlichkeiten,  als  Ich  nach  Eurer  Re- 
lation vom  29.  jüngsthin  einzugehen  hätte,  in  keinen  Vergleich 
kommen  mögen.'' 

,, Alles,  was  solchemnach,  um  zum  Theil  des  Königs  von 
Preussen  Verlangen  und  zum  Theil  dessen  Genio  und  geäusserter 
Absicht,  sie  möge  aufrichtig  sein  oder  nicht,  sich  zu  fügen,  in  dem 
Friedenswerk  weiters  geschehen  kann,  hat  darin  zu  bestehen,  dass 
die  Stadt  Neisse,  wie  Ihr  vorhin  schon  dazu  begewaltigt  wart, 
gegen  eine  solche  Versicherung,  als  des  Goltz'  Billet  in  sich  ent- 
haltet, den  vorherigen  Anerbieten  beigefügt  und  wegen  deren  Be- 
lagerung pro  forma  auf  so  lange  Zeit,  als  der  König  es  verlangt, 
zu  vorgeblicher  Beruhigung  dessen  Alliierten,  in  höchster  Geheim 
und  auf  das  Bündigste  all'  jenes  ausbedungen  würde,  was  Ihr 
derenthalben  in  Eurem  Bericht  vom  25.  v.  M.  anhandgegeben  habt, 
mit  dem  ferneren  Anhang,  dass,  wenn  es  thunlich,  die  Artillerie  in 
Neisse  per  capitulationem  Mir  verbleibe  und  der  Besatzung  von 
Weisse  der  freie  Abzug  gestattet  werde." 

,,So  zur  geschwinderen  Einsicht  und  um  die  Meinung  desto 
weniger  zu  verfehlen,  extractive  hier  angefügt  wird."1) 

„Winter-Quartiere  können  ihm  also  in  Ober-Schlesien  und  Mähren 
freiwillig  nicht  eingestanden  werden,  umso  mehr,  als  Goltz  in  seinem 
Billet  davon  keine  Erwähnung  thut.  Und  wegen  der  privaten  Sicher- 
heit, dann  der  Schulden  halber  hätte  es  lediglich  bei  dem  Eurer 
Relation  vom  25.   jüngsthin    anschlüssigen    Conventions-Project  zu 


*)  „Nicht  minder  müsste  auch  Preussen  in  solchem  Fall  sich  verrever- 
sieren,  nicht  weiter  in  Ober-Schlesien  oder  gegen  Mähren  vorzurücken,  oder 
aber  aus  dem  Euer  kais.  Majestät  verbleibenden  Theil  von  Schlesien  ein  so 
anderes,  es  sei  an  Geld,  Naturalien  oder  sonsten  zu  erpressen,  sondern  alles 
dasjenige,  so  zur  Subsistenz  der  vor  und  um  Neisse  vorgesagtermassen  be- 
lassenden Truppen  erforderlich  wäre,  müsste  aus  dem  Theil  von  Schlesien,  so 
dem  König  von  Preussen  vermöge  des  Vergleichs  zufiele,  hex'beigeschaflft  werden.'' 
(Graft.  Neipperg'sches  Archiv.  Zum  Rescript  der  Königin  vom  2.  Octo- 
ber  1741.) 


502 

verbleiben,  ausser  welchem  Ihr  die  Offerta  von  G-oltz  nicht  an- 
zunehmen und  Euch  nach  obiger  Idee  wegen  Besetzung  Neisse's 
und  des  Gebirges  zu  achten  habt."  *) 

Die  Königin  fügte  eigenhändig  noch  einige  Zeilen  an  den 
Feldmarschall  bei.  Der  Hauptzweck  sei,  die  Armee  zu  sofortiger 
Verwendung  nach  jener  Richtung,  wo  es  die  Notwendigkeit  er- 
heische, verfügbar  zu  haben.  Als  Ausgan gspunct  für  die  weiteren 
Operationen  halte  man  Znaym  am  geeignetsten,  dahin  habe  er  also 
seine  Direction  so  schnell  als  möglich  zu  nehmen.  Neisse  sei  zu- 
gestanden, wie  der  König  es  wolle,  jedoch  sonst  nichts,  dagegen 
aber  dessen  Verpflichtung,  nicht  weiter  zu  gehen.  Die  K  ö  n  i  g  i  n 
wünsche,  dass  Neipperg  die  Unterschrift  des  Königs  erhalte,  ohne 
dass  sie  genöthigt  wäre,  etwas  zu  unterzeichnen.  Nieder-Schlesien  ab- 
zutreten, „das  thut  Mir  im  Herzen  zu  weh".  Aber  die  Verwendung 
der  Armee  dränge  vor  Allem,  Neipperg  möge  sie  so  schnell  als 
möglich  zurückführen,  ohne  sich  durch  irgend  etwas  aufhalten  zu 
lassen.  Es  ist  das  einzige  ßettungsmittel,  ..welches  ich  so  sehr 
wünsche".  ~) 

Diese  Instructionen  kamen  dem  Grafen  N  e  i  p  p  e  r  g  am 
4.  October  zu  und  er  beeilte  sich,  Lord  Hyndford  zu  benach- 
richtigen, dass  er  Auftrag  habe,  ,, Neisse  unter  gewissen  Ein- 
schränkungen und  Bedingungen  abzutreten,  welche  den  Ideen  und 
Ansichten  des  Königs  von  Preussen  keineswegs  zuwiderliefen". 
Der  englische  Gesandte  könne  dem  Obersten  von  Goltz  Mit- 
theilung  machen  und  ihn  eventuell  zu  einer  Zusammenkunft  ein- 
laden. 

Hyndford  beeilte  sich,  dem  Wunsche  Neipperg' s  zu  ent- 
sprechen und  setzte  Oberst  Goltz  von  dem  Zugeständniss  der 
Uebergabe  von  Neisse  in  Kenntniss,  indem  er  den  an  ihn  gerich- 
teten Brief  seinem  Schreiben  beifügte  und  dann  an  Neipperg 
zur  Expedition  in  das  preussische  Lager  sandte.  3) 

Am  Morgen  des  6.  October  traf  ein  Billet  von  Goltz  ein 
mit    dem  Ersuchen,    ihm  bekannt  zu  geben,    worin  die    „gewissen 


J)  Die  Königin  an  FM.  Grafen  Neipperg,  Pressburg,  2.  October 
1741.  (H.  H.  u.  St.  A.,  Friedens-Acten,  Fase.  23,  Concept.)  Ausfertigung  im 
gräfl.  Neipperg'schen  Archive  sammt  der  im  Concepte  fehlenden  Beilage. 

2)  Mitgetheilt  in  Arneth,  Briefe  der  Kaiserin  Maria  Theresia  an 
ihre  Kinder  und  Freunde,  IV,  139  nach  dem  Original  im  gräfl.  Neipperg'schen 
Archive.  (Abgedruckt  in  Mittheilungen  des  k.  und  k.  K.  A  .  N.  F.  VI,  270.) 

a)  Die  diesbezüglichen  Correspondenzen  sind  abgedruckt  in  Mittheilungen 
des  k.  und  k.  K.  A..  N.  F.  VI.  272  u  ff. 


503 

Bedingungen  und  Einschränkungen"  bestünden  und  welche  Antwort 
wegen  der  Winter-Quartiere  vorliege.  v) 

Inzwischen  waren  aus  Pressburg  neue  Weisungen  eingetroffen. 

Dieselben  bezogen  sich  auf  das  am  1.  October  von  N  e  ip  p  e  r  g 
vorgelegte  Schreiben  des  Obersten  von  Goltz,  das  mit  des  Armee- 
Commandanten  Bericht  am  3.  October  in  Pressburg  eingetroffen  war. 

Das  Eescript  äussert  sich  über  den  Punct  der  Winter-Quartiere 
folgendermassen,  da  alles  Uebrige  bereits  durch  das  Handschreiben 
von  2.  erörtert  war : 

„So  viel  aber  diesen  Punct  anbelangt,  ist  es  entweder  dem 
König  von  Preussen  allein  um  jenes  zu  thun,  was  G  o  1 1  z  in  seinem 
Schreiben  an  Hyndford  meldet,  oder  aber  nicht.  In  dem  ersteren 
Falle  Hesse  sich  noch  wohl  eine  Modalität  ausfinden,  wodurch  seine, 
des  Königs,  Absicht,  sich  vor  der  Zeit  gegen  Frankreich  nicht  bloss- 
zugeben,  erreicht  würde.  Denn  hiezu  nicht  nöthig  ist,  weder,  dass 
er  mit  der  ganzen  Armee,  noch  in  ganz  Ober-Schlesien  die  Winter- 
Quartiere  beziehe,  sondern  es  wäre  genug,  wenn  einige  Tausend 
Mann  und  zwar  höchstens  zehntausend,  auf  eine  gewisse  Distanz, 
wessfalls  Eurer  Dexterität  und  Vorsichtigkeit  Alles  überlasse,  ohne 
sich  vom  Gebirg  zu  bemächtigen,  diesseits  der  Neisse  verblieben." 

„Und  da  das  Land  ohnedies  so  viel  gelitten,  Ich  auch  dessen 
Beihilfe  nöthig  habe,  so  sollte  billig  glauben,  dass  der  König  unter 
der  Hand  die  Vergütung  für  die  von  selbem  abgebenden  Naturalien 
zu  leisten  sich  nicht  entschütten  werde.  Auf  welche  Weise  zu 
schliessen  Euch  hiernit  Gnädigst  erlaube.  Und  habt  Ihr,  um  damit 
auszulangen,  sonders  wohl  geltend  zu  machen,  dass  nach  diesem 
Vorschlag  allem  dem  ein  vollständiges  Genügen  geschieht,  was 
Goltz  vorgiebt,  dem  König  hierunter  alleinig  angelegen  zu  sein. 

„Wäre  hingegen  seine,  des  Königs,  Intention  nicht  so,  wie 
Goltz  bezeuget,  so  wäre  umso  viel  nöthiger,  sich  gegen  alle  Ge- 
fährde zu  erwahren,  die  Armee  aber  gleichwohl  nach  des  Grafen 
Browne  Antrag  zurückzuziehen  und  die  Handlung  nach  des  Goltz 
eigenem  Anhandgeben  bis  in  den  Winter  hinauszuziehen.  Dem- 
zufolge es  unter  obiger  Modifikation  und  Erläuterung  in  Ansehung 
der  Winter-Quartiere  bei  dem  Inhalt  Meines  Handschreibens  vom 
2.  October  sein  Bewenden  hat," 

Die  Königin  fügte  eigenhändig  dem  Eescripte  folgendes 
französisch  bei:  „Die  Gefahr  nähert  sich  immer  mehr,  trachten  Sie, 


l)  Ebenda.  274. 


504 

sich  zu  beeilen  oder  sich  schliesslich  ohne  dies  zurückziehen  zu 
können,  was  ich  in  der  That  am  meisten  wünschte,  aber  man  nmss 
dem  König  immer  schmeicheln,  selbst  wenn  man  nicht  abschliesst."  *) 

In  Folge  dieses  neuen  Zugeständnisses  schrieb  Hyndford, 
jedenfalls  nach  einer  Besprechung  mit  Neipperg,  am  7.  October 
an  Goltz  und  ersuchte  ihn,  nunmehr  Tag,  Ort  und  Stunde  einer 
Zusammenkunft  anzugeben. 2) 

Noch  am  selben  Tage  (7.  October)  erklärte  sich  Goltz  bereit, 
am  folgenden  Tage  gegen  Mittag  nach  dem  Schlosse  Klein-Schnellen- 
dorf  zu  kommen. 

Dies  Schreiben  kam  zunächst  in  Neipp  e  r  g's  Hände,  der  von  dem 
Inhalte  Kenntniss  nahm  und  es  mit  einigen  Zeilen  an   Hyndford 


x)  Die  Königin  an  FM.  Grafen  Neipperg,  Pressburg,  4.  October  1741. 
(H.  H,  u.  St.  A ,  Friedens-Acten,  Fase.  23.)  Der  eigenbändige  französische  Zu- 
satz nach  dem  Original-Rescripte  im  gräfi.  Neipperg'schen  Archive. 

2)  Lord  Hyndford  an  Obersten  von  der  Goltz.  Neisse,  7.  October  1741. 

,.Icb  habe  Ihre  vom  6.  und  gestern  Früh  datierte  Antwort  erhalten. 
Seien  Sie  überzeugt,  dass,  indem  man  Sie  zu  sprechen  verlangt,  es  sich  weder 
darum  handelt,  Sie  hinzuhalten  (pour  vous  amuser),  noch  Ihnen  das  Geringste 
vorzuschlagen,  was  den  Absichten  Sr.  preussischen  Majestät    entgegen  wäre." 

„Man  tritt  Ihnen  die  Stadt  Neisse  mit  dem  Gebiete  ab,  welches  Sie  ver- 
langt haben  und  gesteht  den  Truppen  genannter  Majestät  Quartiere  diesseits 
der  Neisse  zu ;  wegen  des  Uebrigen  bittet  man  Sie  zu  kommen,  um  mit  uns 
darüber  zu  sprechen,  um  Ihnen  die  Art  und  Weise  vorzuschlagen,  wie  der  Hof 
von  Wien  vermeint  and  welche  den  Absichten  Sr.  preussischen  Majestät 
durchaus  keinen  Eintrag  machen  kann.  Wenn  Sie  kommen  wollen  und  woferne 
der  König  es  erlaubt,  so  finden  Sie  sich  bei  den  Capucinern  gegenüber  dieser 
Stadt  wieder  ein  und  bezeichnen  Sie  uns  die  Stunde  und  den  Tag,  an  welchem 
Sie  dahin  kommen,  oder  einen  andern  Ort,  den  Sie  uns  vorschlagen  werden 
und  welcher  Ihnen  mehr  zusagen  würde." 

„Ich  schicke  Ihnen  im  vorhinein  und  in  dieser  Anhoffnung  hier  zubiegend 
ein  vom  Feldmarschall  Neipperg  unterfertigtes  Billet,  um  überall  sicher  und 
ohne  von  den  Streif- Commanden  daran  gehindert  zu  werden,  passieren  zu  können." 

„Der  Feldmarschall  Neipperg  bittet  nur,  dass  während  dieser  Unter- 
handlungen der  König  von  seiner  Armee  keine  Bewegungen  machen  lasse  und 
versichert  seinerseits,  dass  die  seinige  während  dieser  Unterhandlungen  und 
solange  dieselben  dauern,  in  statu  quo  verbleiben  werde." 

„Mit  einem  Wort,  man  verlangt  mit  Ihnen  zu  sprechen,  weil  sich  in 
einer  Viertelstunde  mehr  sagen  lässt,  als  durch  eine  Unzahl  von  Schreibereien." 
„Entfernt  von  beiden  Lagern,  wie  ich  es  bin,  bitte  ich  Sie,  mir  die  Zeit 
zu  geben,  um  Sie  aufzusuchen,  im  Falle  Sie  die  Capuciner  gegenüber  dieser 
Stadt  für  den  Ort  der  Zusammenkunft  nicht  wählen  sollten  und  schicken  Sie 
dem  Feldmarschall  Neipperg  ein  Sich  erb  eitsbillet  bezüglich  der  Partheien, 
welche  das  Land  durchziehen,  ähnlich  wie  ich  es  Ihnen  schicke."  (Gräfl. 
Neipperg'sches  Archiv.) 


505 

nach  Neisse    sandte,    worin  er  diesen  ersuchte,    entweder  noch  am 
selben  Tage  in  das  österreichische  Hauptquartier  zu  kommen  oder. 
am  nächsten  Tage  um  8  Uhr  Früh  daselbst  einzutreffen.  x) 
H  y  n  d  f  o  r  d  sagte  Letzteres  zu. 

Am  4.  October  hatte  die  preussische  Armee  eine  Fouragierung 
nördlich  des  Lagers  vorgenommen  und  am  folgenden  Tage  unter- 
nahm König  Friedrich  IL  mit  1  Bataillon.  450  Dragonern  und 
1500  Husaren  eine  Recognoscierung  bis  gegen  Steinau.  Die  Be- 
satzung von  Falkenberg  erhielt  Befehl,  nach  Krappitz  zu  rücken, 
das  am  8.  October  besetzt  ward. 2) 

Der  französische  Gesandte  hatte  den  König  bei  seinem  Reco- 
gnoscierungsritt  begleitet  und  Letzterer  ihn  aufmerksam  gemacht, 
wie  viele  Hindernisse  sich  beim  nächsten  Marsche  ergeben  würden, 
auf  dem  man  sich  nur  auf  einer  einzigen  Strasse  werde  bewegen 
können.  Trotzdem  V  a  1  o  r  y  erklärte,  er  habe  in  Erfahrung  ge- 
bracht, dass  ein  Parallelweg  ganz  gut  benutzbar  sei,  beharrte  der 
König  bei  seiner  Ansicht. 3) 


x)  Die  diesbezügliche  Correspondenz  in  Mittheihmgen  des  k.  und  k.  K.  A.. 
N.  F.  VI,  276. 

2)  Kriege  Friedrich  d.  Gr.  II,  161. 

3)  Valory  an  Beilei  sie.  Lager  bei  Friedland.  7.  October  1711. 
(Pariser  Archiv.)  An  demselben  Tage  schrieb  König  Friedrich  IL  an  den 
Churfürsten  von  Bayern  (in  Ybbs)  aus  dem  Lager  bei  Friedland:  „Ich  habe  aus 
dem  Brief,  welchen  Ew.  churfürstliche  Hoheit  an  mich  zu  schreiben  mir  das 
Vergnügen  gemacht  hat,  gesehen,  dass  derselbe  nicht  weiter  vorgerückt  ist, 
als  bis  an  den  Enns-Fluss;  ich  hatte  gehofft,  die  Tete  Ihrer  Armee  besetze 
schon  die  Vorstädte  Wiens  und  ich  schmeichle  mir,  dass  Sie  bald  dort  ein- 
treffen würde.  So  sehr  ich  wünschte,  Ihnen  meine  Artillerie  zu  überlassen,  um 
Prag  zu  belagern,  ebenso  unmöglich  ist  die  Sache  jetzt,  nicht  nur  im  Hinblick 
auf  die  Pässe,  welche  die  Oesterreicher  besetzten,  nämlich  Glatz  und  Braunau, 
sondern  auch,  weil  diese  Artillerie  nur  als  grosses  Detachement  gesandt  werden 
könnte,  ich  aber  unmöglich  detachieren  kann,  nachdem  ich  den  Feind  mir 
gegenüber  habe.  Die  sächsische  Armee,  dünkt  mir,  wäre  mehr  bei  der  Hand, 
die  Elbe  hinauf  zu  marschieren  und  folglich  mit  grösserer  Leichtigkeit  nach 
Prag  zu  gelangen.  Es  scheint  mir  übrigens,  dass  das  grosse  Ziel  Ew.  chur- 
fürstlichen  Hoheit  sein  sollte,  das  Corps  des  Fürsten  Lobkowitz  zu  ver- 
nichten und  mit  der  erdenklichsten  Schnelligkeit  gegen  Wien  vorzurücken: 
auf  diese  Art  würden  Sie  Neipperg  von  jeder  Verbindung  abschneiden; 
wenn  Sie  durch  das  Viertel  ober  dem  Mannhartsberg  in  Mähren  einrückend, 
gegen  Brunn  marschierten,  die  Sachsen  dasselbe  in  Böhmen  thäten  und  ich 
eine  ähnliche  Bewegung  machte,  würde  Neipperg,  welcher  zu  schwach  ist. 
um  nach  allen  Seiten  hin  Front  zu  machen,  durch  diese  drei  Armeen  erdrückt 
und  es  blieben  der  Königin  keine  anderen  Hilfsmittel  mehr,  als  angarische 


506 

Als  G-oltz  am  7.  October  die  Einladung  von  Hyndford 
zu  einer  Zusammenkunft  mit  der  Mittheilung  von  den  in  Pressburg 
gemachten  Concessionen  erhalten  hatte,  liess  König  Friedrich  IL 
nach  dem  Diner  den  französischen  Gesandten  rufen  und  machte 
ihm  die  lebhaftesten  Vorstellungen  über  die  Langsamkeit  des  Chur- 
fürsten  von  Bayern. 

König  Friedrich  sagte  ihm,  er  möge  berichten,  dass  er  in 
zehn  Tagen  Winter-Quartiere  beziehen  werde,  wenn  Marschall 
Belleisle  sich  nicht  entschliesse,  zur  Armee  des  Churfürsten  zu 
gehen. 

,,Ich  sehe  ein",  fuhr  er  fort,  „dass  er  in  Frankfurt  sehr  noth- 
wendig  ist,  aber  jetzt  ist  er  bei  der  Armee  noch  nothwendiger,  wo 
es  Niemanden  mit  gesundem  Menschenverstand  gibt.  Begreifen  Sie, 
dass  der  Churfürst  noch  am  27.  September  in  Enns  war,  wo  er 
keinen  Feind  gegenüber  hat,  wo  es  ihm  frei  stand  und  für  ihn  so 
leicht  war,  bis  vor  Wien  zu  kommen.  Ich  will  nicht  das  Opfer  in 
dieser  Sache  werden  und  wenn  Belleisle  die  Angelegenheiten 
nicht  bald  in  die  Hand  nimmt,  so  werden  Sie  sehen,  dass  der 
König  von  Frankreich  viel  Geld  und  seine  besten  Truppen,  welche 
er  dem  Churfürsten  schickte,  der  Unentschlossenheit  und  Furcht- 
samkeit des  Generals  Törring  geopfert  haben  wird." 

„Ich  werde  mich  mit  so  wenig  Schaden  als  möglich  aus  der 
Sache  ziehen,  da  ich  gewohnt  bin,  dass  die  Sachen  so  geführt 
werden,  wie  ich  sie  verstehe." 

Weiter  äusserte  König  Friedrich  II.,  dass  er  Winter- Quartiere 
jenseits  der    Oder  nehmen  werde  :  auf  die  Gegenvorstellungen   des 


Vagabunden,  Croaten  und  Husaren.  Ich  betrachte  die  Belagerung  von  Prag 
nur  als  eine  Nebensache  in  der  Gesammtheit  des  Projects  ;  denn  wenn  wir 
das  Corps  des  Fürsten  Lobkowitz  niederwerfen  und  die  Armee  Neipperg's 
einschliessen,  frage  ich  Ew.  chrir fürstliche  Hoheit,  wer  dann  Prag  vertheidigen 
soll  und  ob  Sie  nicht  selbst  meinen,  dass  die  schlechteste  französische  Division, 
unterstützt  von  der  sächsischen  Artillerie,  für  diese  Operationen  stark  genug 
wäre?  Auf  diese  Art  operieren  wir  mit  Grundsätzen  und  unsere  überein- 
stimmenden Bewegungen  tragen  zu  dem  grossen  Ziel  bei.  welches  wir  uns 
setzen  müssen,  die  Kräfte  der  Königin  aufzureiben  und  sie  diesen 
Winter  aller  ihrer  Hilfsmittel  zu  berauben;  dann  bürge  ich  Ihnen  für 
den  Erfolg  des  Friedens  und  für  die  Befriedigung,  welche  Sie  empfinden  werden, 
diese  Unternehmung  zu  einem  glücklichen  Ausgang  geführt  zu  haben  ;  aber 
wenn  Sie  Neipper  g  Luft  machen,  indem  Sie  ihm  Wien  und  den  freien 
Kücken  lassen,  wird  sie  sich  diesen  Winter  mit  30  bis  40.000  Ungarn  ver- 
stärken und  man  müsste  nächsten  Frühhng  auf  gut  Glück  eine  Sache  be- 
ginnen, deren  Entscheidung  Sie  jetzt  in  der  Hand  haben."  (Polit.  Corresp.  I, 
Nr.  545.) 


507 

Gesandten  wurde  der  König  heftig  und  sagte  Valory,  er  sei  im 
Stande,  es  am  folgenden  Tage  zu  tlmn,  um  ihm  zu  beweisen,  dass 
es  durchführbar  sei. 

Es  war  dann  auch  von  Glatz  die  Rede,  welchen  Platz  der 
König  von  Preussen  einnehmen  sollte,  um  ihn  dann  dem  Cliur- 
fürsten  von  Bayern  zu  übergeben.  Valory  meinte,  dass  diese 
Absicht  allerdings  bestanden  habe,  man  aber  die  Kosten  für  diese 
Belagerung  dem  König  von  Preussen  ersetzen  werde.  Friedrich  II. 
meinte,  er  habe  auf  die  Dankbarkeit  des  Churfürsten  gerechnet, 
dass  dieser  ihm  schliesslich  diese  Grafschaft  abtreten  werde. 

Valory  versuchte  dem  Könige  diesen  Gedanken  auszureden, 
worauf  letzterer  endlich  sagte :  „Wir  wollen  uns  nicht  wegen  der 
Haut  des  Bären  zanken,  ehe  wir  ihn  haben.  Glatz  ist  noch  in  den 
Händen  des  Feindes  und  der  Churfürst  wird  nicht  so  bald  im  Stande 
sein,  mir  etwas  zu  verweigern  oder  zu  geben/' 

Uebrigens  sei  er  zu  beweisen  bereit,  dass  Glatz  ehemals  zu 
Nieder-Schlesien  gehört  habe  und  dass  er  stets  geglaubt,  dass  Alles, 
was    nicht    klar  sei,    zu    seinen    Gunsten    werde  ausgelegt  werden. 

Eine  Disharmonie  zwischen  Preussen  und  Bayern  erachtete 
Valory  als  für  Frankreich  verhängnissvoll,  B  e  1 1  e  i  s  1  e  allein 
sei  im  Stande,  einem  derartigen  Unglücksfall  vorzubeugen. 

Schliesslich  fand  Valory  den  fortgesetzten  Aufenthalt  des  am 
Hofe  des  Königs  accreditierten  Gesandten  Hyndford  in  Neisse 
nicht  in  der  Ordnung,  worauf  ihm  König  Friedrich  IL  zur  Antwort 
gab,  „dass  er  über  diese  Unregelmässigkeiten  erhaben  sei  und  dass 
ihm  dies  wenig  ausmache". 1) 


')  Valory  an  Belleisle.  Lager  bei  Friedland,  7.  October  1741.  (Pariser 
Archiv.) 


Die   Convention  von  Klein- Schnellenclorf. 


Um  9V2  Uhr  Vormittags  des  8.  Ocfcober  begaben  sich  FM, 
Graf  N  e  i  p  p  e  r  g  und  der  englische  Gesandte  über  Steinau  nach 
dem  Schlosse  von  Klein-Schnellendorf,  wo  sie  mit  Oberst  von  der 
Goltz  zusammentrafen.  N  e  i  p  p  e  r  g  hatte  ein  Friedensproject  in 
deutscher  Sprache  ausgearbeitet,  das  er  dem  Obersten  von  der  Goltz, 
um  es  König  Friedrich  II.  zu  geben,  einhändigte.  Ausserdem 
übergab  Neipperg  den  bereits  seit  längerer  Zeit  in  seinen 
Händen  befindlichen  Brief  des  Grossherzogs  für  den   König.  J) 

Es  handelte  sich  bei  dieser  Besprechung  am  8.  October 
weniger  um  den  Inhalt  des  Abkommens,  denn  Neipperg  hatte 
ja  im  Allgemeinen  Vollmacht,  das  zuzugestehen,  was  man  preussischer- 
seits  verlangt  hatte,  sondern  um  die  demselben  zu  gebende  Form, 
da  König  F  r  i  e  d  r  i  c  h  II.  es  ablehnte,  einen  eigentlichen  Vertrag 
zu  schliessen. 

Hyndford  schlug  nun  vor,  der  König  von  Preussen  möge 
entweder  selbst  oder  durch  eine  hinreichend  bevollmächtigte  Person 
vertreten,  mit  dem  FM.  Neipperg  zusammenkommen  und  eine 
Uebereinkunft  verabreden,  deren  Formulierung  eine  von  beiden 
Parteien  dazu  aufgeforderte  und  autorisierte  dritte  Person  über- 
nehmen und  dieses  Schriftstück  dann,  wenn  beide  Theile  sich 
damit  einverstanden  erklärten,  einem  jeden  in  beglaubigter  Abschrift 
zukommen  lassen  sollte. 2) 

Neipperg,  ebenso  wie  Goltz  waren  mit  dem  Vorschlage 
einverstanden    und    vereinbarten,     vorbehaltlich     der    Zustimmung 


')  Vergl.  Arneth.  Maria  Theresia  I,  245.  Der  Brief  abgedruckt  ebenda, 
.397,  Anmerkung  40. 

2)   Grün  ha  gen,  Erster  schles.  Krieg,  II,  £:>. 


509 

König  Friedrich  II.,  für  den  nächsten  Tag.  den  9.  October.  an 
demselben  Orte  eine  nenerliche  Conferenz.  x) 

FM.  Graf  Neipperg  kehrte  um  2  Uhr  Nachmittags  wieder 
in  sein  Hauptquartier  zurück  und  die  Armee  erhielt  den 
Befehl  zur  Marschbereitschaft.2) 

Ein  Billet  des  Obersten  von  der  Goltz  setzte  Hyndford 
noch  am  nämlichen  Tage  in  Kenntniss,  dass  Alles  in  Ordnung  sei? 
dass  man  den  Anspruch  auf  Troppau  fallen  lassen  wolle  und  die 
Zusammenkunft  am  nächsten  Tage  um  3  Uhr  Nachmittags  im 
Klein-Schnellendorfer  Schlosse  stattfinden  werde ;  doch  dürfe  sich, 
wie  verabredet  worden,  Niemand  im  Schlosse,  noch  in  dessen  Hofe 
befinden. 3) 

Ueber  die  Einzelheiten  dieser  entscheidenden  Besprechung, 
bei  welcher  der  Befehlshaber  der  österreichischen  Armee  sich  dem 
Monarchen  gegenüber  sah,  der  seiner  Herrscherin  so  schweres  Leid 
zugefügt  hatte,  liegt  leider  von  Seite  der  österreichischen  Armee- 
leitung kein  erschöpfender  Bericht  vor,  da  FM.  Graf  Neipperg 
den  bei  der  Zusammenkunft  mitanwesenden  GFWM.  Baron  L  e  n- 
t  u  1  u  s  bald  danach  zur  mündlichen  Berichterstattung  nach  Wien 
sandte  und  ihm  als  „memento"  nur  gewisse  Puncte  als  „Erin- 
nerungen" mitgab,  die  dieser  dann  aus  dem  eigenen  Gedächtnisse 
zu  ergänzen  hatte.  Manche  Details  jedoch  sind  durch  Hyndford's 
Berichte  an  seine  Regierung  überliefert  worden. 

Das  nördlich  des  Städtchens  Steinau  gelegene  Dorf  und 
Schloss  Klein-Schnellendorf  waren  von  vorgeschobenen  Abtheilungen 
der  österreichischen  Armee  besetzt. 

Als  nun  am  CJ.  October  FM.  Graf  Neipperg,  begleitet  von 
GFWM.  Baron  Lentulus.    „den  er  sich,    um    einen  Zeugen  der 

tu  O 

königlichen  Worte  zu  haben",  mitgenommen4)  und  Lord  Hynd- 
ford dort  eintrafen,  sandte  der  Feldmarschall  die  Husaren- 
Abtheilung,  welche  das  Dorf  besetzt  hielt,  zurück.  Das  Schloss  und 
dessen  Umgebung  wurde  auch  von  allen  Bewohnern  geräumt.  5) 


J)  Grünhagen,  Erster  schles.  Krieg  II,  23. 

2)  Lutsch'  Tagebuch. 

3)  Der  Brief    ist    nach    dem    im  Record-Ofiice    in  London    erliegenden 
Originale  in  der  Polit.  Corresp.  I,  Nr.  519  abgedruckt. 

4)  K.    A..    „Erinnerungen".      Den    Wortlaut     derselben     siehe     Anhang 
LVIII. 

6)  Grünhagen,  Erster  schles.  Krieg  II,  24. 


510 

Gegen  3  Uhr  Nachmittag  erschien  König  Friedric h  II.  nur 
vom  Obersten  von  der  Goltz  begleitet  und  die  Besprechung  begann.1) 

Neipperg  sagt  in  seinen  „Erinnerungen",  gleich  anfänglich 
habe  sich  König  Friedrich  II.  „wegen  der  Stadt  Neisse  weit- 
läufig und  mit  einiger  Hitzigkeit"  ausgesprochen.  2) 

Darauf  habe  der  König  bei  der  Lesung  des  von  Neipperg 
am  vorhergehenden  Tage  dem  Obersten  von  der  Goltz  ein- 
gehändigten Vertrags-Entwurfes,  bei  Erwähnung  der  Alliierten  der 
Königin,  die  Bemerkung  hingeworfen,  „wer  denn  selbe  seien, 
ihm  wären  ausser  England-Hannover  keine  bewusst".  3) 

Der  König  habe  dann  seine  Neigung,  die  er  für  die  Königin 
Maria  Theresia  und  den  Grossherzog  hege,  versichert.  Diese 
sei  die  Hauptursache,  warum  er  mit  denselben  sich  auszugleichen  und 
künftig  in  gutem  Vernehmen  und  Freundschaft  zu  stehen  verlange.4) 

Der  König  bemerkte  weiter,  seine  Alliierten  hätten  ihm  nebst 
ganz  Nieder-Schlesien  und  der  Stadt  Neisse  auch  noch  die  Graf- 
schaft Glatz  und  ausser  dem.  was  ihm  durch  die  hier  abzuschlies- 
sende  Convention  zufalle,  einen  beträchtlichen  Theil  von  Ober- 
Schlesien  diesseits  der  Neisse  „zu  verschaffen  und  zu  überlassen 
zugesagt.  Den  Ueberrest  von  Ober-Schlesien  mit  der  Markgraf- 
schaft Mähren  und  etwas  von  Böhmen  solle,  vermöge  des  Partage- 
Tractats  Sachsen  bekommen,  Baj^ern  hingegen  Böhmen,  das  Land 
ob  der  Enns,  Tyrol  und  das  Vorderösterreichische  mit  Inbegriff 
der  in  Schwaben  liegenden  österreichischen  Ländereien,  Frankreich 
wenigstens  das  Herzogtimm  Luxemburg  und  Italien  solle  unter 
Verschiedene  vertheilt  werden."  \ 

Aus  seinem  mit  Frankreich  und  Bayern  abgeschlossenen 
Tractate  machte  der  König  kein  Geheimniss,  sondern  sagte,  dass 
es  damit  seine  Richtigkeit  habe,  ..man  spürt  aber  desswegen  an 
ihm  fast  einige  Reue  und  gibt  zu  erkennen,  dass  er  diese  Allianz 
gerne  auf  gute  Art  und  Gelegenheit  los  sein  möchte". ' 


')  Grün  ha  gen  II,  pag.  25. 

2)  K.  A..  „Erinnerungen",  Pct.  1. 

3)  Ebenda,  Pct,  2. 

*)  Ebenda,  Pct.  3.  Nei  p  p  e  r  g  fugte  hier  bei :  ,.Die  Hauptursache  aber 
dürfte  wohl  von  daher  rühren,  dass  er  lieber  J.  K.  M.,  als  andern  Acquirenten. 
die  ihm  vielleicht  zu  gefährlich  scheinen  und  er  sich  eines  Anspruchs  seiner 
Zeit  auf  das,  Avas  er  in  Schlesien  occupiert,  von  ihnen  besorgt,  dieser  Enden 
zum  Nachbar  haben  möchte." 

s)  Ebenda,  Pct.  5. 

6)  Ebenda,  Pct.  G. 


511 

Wie  Neipperg  weiter  berichtet,    habe  ihm   Oberst  von  der 

Goltz  mitgetheilt,  dass  der  Vertrag  mit  Sachsen  noch  nicht 
unterzeichnet  sei,  König  Friedric h  II.  ziehe  diese  Unterhandlung 
hinaus,  da  er  für  einen  Theil  seiner  Truppen  die  Winter-Quartiere 
in  Böhmen  wünsche,  wogegen  Sachsen  und  die  anderen  Alliierten 
noch  Einwände  erhöben.  *)  Auch  zeige  der  König  sich  gegen 
Sachsen  überhaupt  verstimmt,  „ohne  jedoch  die  hiezu  ihn  be- 
wegende Ursache  zu  berühren,  nimmt  auch  darob  Anlass,  für  einen 
Theil  seiner  Truppen  gegen  darbietende  Bezahlung  die  "Winter- 
Quartiere  in  Böhmen  und  zwar  in  der  Nachbarschaft  der  sächsischen 
zu  verlangen,  um  dadurch  Gelegenheit  zu  haben,  sie  zu  chicanieren 
und  endlich  darob  Ursache  zu  finden,  die  Allianz  zu  brechen,  zu 
welchem  Ende  derselbe  einem  General  über  sothane  in  Böhmen 
zu  bequartierenden  Truppen  das  Commando  auftragen  wolle,  der 
sich  auf  die  Ohicanen  verstünde  und  ihm  hierin,  unter  lauter 
scheinbaren  Freundschaftsbezeugungen  jedoch,  den  verlangenden 
Endzweck  erreichen  mache."  2) 


J)  Ebenda.  Pct.  7.  Der  Vertrag  zwischen  Bayern  und  Sachsen  war  am 
19.  September  abgeschlossen,  doch  zögerte  König  Friedrich  II.  mit  der 
Accession  zu  demselben  wegen  der  Ansprüche,  die  er  auf  weiteren  Gebiets- 
zuwachs  in  Schlesien  stellte.  An  den  preussischen  Bevollmächtigten  in  Frank- 
furt von  und  zum  Broich  ergieng  am  13.  October  der  folgende  Befehl : 
..Damit  nun  die  Sache  wegen  meiner  Accession  nicht  aufgehalten  werde,  so 
schicke  ich  Euch  hierbei  ein  Contre-Project  der  Acte  d'accession  et  de  garan- 
tie."  Hiernach  hatte  sich  der  Gesandte  genau  zu  richten.  Er  solle  auch  dem 
Marschall  Belleisle  insinuieren,  „wie  Ich  nicht  glaube,  dass  man  die 
geringste  Schwierigkeit  machen  würde,  Mir  alles  Dasjenige,  so  Ich  besage 
dieser  Acte  d'accession  verlange,  zu  bewilligen.  Die  Engagements,  weiche  Ich 
solcher  zu  Folge  übernähme,  wären  für  Mich  allerdings  höchst  onereux  und 
die  Partie  zwischen  Mir  und  den  Contractanten  nicht  ganz  egal.  Ich  hätte 
durch  Meine  Waffen,  Gottlob,  bereits  alles  Dasjenige,  so  man  mir  garantieren 
wollte,  bis  auf  Glatz  und  Neisse  mit  seiner  kleinen  Lisiere,  conquerieret  und 
erworben  und  wäre  unter  göttlichem  Beistande  im  Stande,  mich  darinnen  zu 
maintenieren,  sondern  dass  solches  dieses  Meinen  Garants  im  Geringsten  zur 
Last  fiele,  noch  einige  Mühe  machte.  Dahergegen  dieselben  noch  nicbt  einen 
Fuss  breit  Landes  erobert  hätten,  ausser  was  Chur-Bayern  in  Ober-Oesterreieli 
gethan  ;  folglich  sei  diese  Accession  in  Consideration  Meiner  dergestalt  wichtig 
und  onereux,  dass  Ich  persuadiert  sei,  wie  gedachte  beide  Häuser  Mir  diese 
Accession  und  Garantie  nicht  genug  bezahlen  könnten,  für  welche  sie 
jedennoch  Mich,  eigentlich  zu  sagen,  aus  fremden  Vermögen  befriedigten  und 
Mir  etwas  überliessen,  so  selbst  noch  nicht  in  ihren  Händen  wäre  und  welches 
die  jetzigen  Besitzer  Mir  sehr  gerne  und  willig  cedieren  würden,  falls  Ich 
ihre  offerierten  Conditiones  annehmen  wollte."  (Polit.  Corresp.  I.  Kr.  55G.) 
2)  Ebenda,  Pct.  8. 


512 

Dann  habe  König  Friedrich.  II.  bestätigt,  class  er  das  von 
Neipperg  arn  Tage  vorher  an  den  Obersten  von  der  Goltz  über- 
gebene  Schreiben  des  Grossherzogs  erhalten  habe,  jedoch  beigefügt, 
dass  er  sich  entschuldigen  müsse,  obgleich  er  ein  wahrer  Freund 
dieses  Prinzen  sei,  dasselbe  dermalen  aus  verschiedenen  Ursachen 
nicht  beantworten  zu  können,  ,, welches  er  jedoch  unfehlbar  zu 
thun  und  dem  Grossherzog  werkthätige  Merkmale  von  seiner 
wahren  Freundschaft  zu  geben  versicherte,  sobald  die  jetztmaligen 
Umstände  seiner  anderweiten  Verbindlichkeiten  halber  eine  andere 
Gestalt  bekommen  würden."1) 

Der  König  beschwerte  sich,  dass  man  am  Hofe  zu  Wien 
..so  gar  wenig  Menagement  für  ihn  trage"  und  gab  zu  verstehen, 
dass  er  der  Verschwiegenheit  des  Wiener  Hofes  misstraue.  Es  solle, 
wie  er  zu  wissen  versicherte,  auch  bereits  von  dort  aus  „an  den 
Churfürsten  von  Maynz  geschrieben  worden  sein,  dass  man  des 
Friedens  mit  ihm  fast  so  viel  als  versichert  und  somit  der  chur- 
brandenburgischen  Wahlstimme  auch  gewiss  sei,  wodurch  er  bei 
seinen  Alliierten  in  Verdacht  komme  und  sich  vor  der  Zeit  Unheil 
und  Unbeliebigkeiten  zuziehen  könnte,  man  derohalben  daselbst 
seinetwegen  mehrerer  Menagements  sich  befleissen  möge.  Er 
declarierte  hiebei,  dass  er  zwar  dem  Grossherzog  hierinfalls  nicht 
entgegen  sein  wolle,  doch  aber  sein  für  Bayern  in  diesem  Punct 
übernommenes  Engagement  noch  zur  Zeit,  ohne  sich  Widrigkeiten 
zuzuziehen,  nicht  zurücknehmen  könne.  Man  solle  aber  trachten, 
die  Churfürsten  von  Maynz  und  Trier  dahin  zu  verleiten,  dass  sie 
die  Kaiserwahl  in  die  Länge  hinaus  verschöben.  Er  seinesorts 
wolle  selbige  gewiss  nicht  pressieren  und  unter  solcher  Zeit  dürften 
sich  vielleicht  Mittel  und  Gelegenheiten  hervorthun,  wodurch  er 
sich  seines  diesfälligen  Engagements  entschlagen  und  dem  Gross- 
herzoge seine  Freundschaft  comprobieren  könnte.  Wohingegen 
aber  hierauf,  wann  man  das  mit  ihm  Geschlossene  public  mache 
und  nicht  geheim  halte,  gar  nicht  zu  rechnen  und  Alles  ungiltig 
sein  solle,  zumal  der  König  verlange,  dass  die  ganze  AVeit  persuadiert 
sein  solle,  als  ob  der  Krieg  zwischen  ihm  und  uns  noch,  wie  zuvor, 
fortgeführt  würde."  2) 

Das  von  Neipperg  entworfene  und  am  Tage  vorher  an  Goltz 
üb  ergebene  Vertrags-Project  wurde  vomKönige  nicht  angenommen.3) 


J)  Erinnerungen.  Pct.  9. 

")  Ebenda,  Pct.  10. 

3)  Ebenda.    Per,    11.     —     Der    Wortlaut     dieses    Vertrags  -  Entwurfes 


Anhang  L1X. 


513 

Statt  dessen  hatte  Oberst  von  der  Goltz  einen  französischen 
Entwurf  mitgebracht,  in  welchem  einige  Aenderungeji  vorge- 
nommen wurden.  Lord  Hyndford  führte  bei  diesen  Unterhand- 
lungeir  das  Protocoll,  das  aber  von  keiner  der  verhandelnden 
Parteien,  sondern  nur  von  ihm  unterschrieben  wurde  und  dessen 
Reinschrift  der  Gesandte  erst  am  folgenden  Tage  in  zwei  Exem- 
plaren für  die  beiden  abschliessenden  Theile  besorgte. 

Es  wurde  dann  noch  von  König  Friedrieh  IL  verlangt 
und  mündlich  vereinbart,  dass  die  gegenseitige  Correspondenz  der 
beiden  Höfe  und  jene  der  beiden  grossbritannischen  Gesandten 
(Robinson  und  Hyndford)  unter  der  Adresse  vertrauens- 
würdiger Persönlichkeiten  zu  gehen  habe  und  hierzu  preussischer- 
seits  der  Oberstlieutenant  Marquis  von  Varenne  vom  Infanterie- 
Regiment  Truchsess,  der  nach  Jägerndorf  in  Garnison  bestimmt 
war  und  von  Seite  des  Grafen  Neipperg  der  Oberstlieutenant 
von  Levrier  des  Infanterie-Regiments  Franz  Lothringen,  nach 
Troppau  designiert,  ausersehen.  J) 

Endlich  wurde  noch  eine  Uebereinkunft,  eigentlich  ein  ge- 
naues Programm  über  den  Abmarsch  der  österreichischen  und  die 
weiteren  Bewegungen  der  preussischen  Armee  aufgestellt.-] 

Schliesslich  verlangte  Friedrich  IL  noch  die  Auslieferung 
des  schlesischen  Edelmannes  Baron  R  e  i  s  e  w  i  t  z  :3j  und  ertheilte 
Rathschläge,  wie  man  gegen  die  Bayern  und  Franzosen,  auch 
gegen  die  Sachsen,  wenn  sie  sich  als  Gegner  der  Königin 
erklären  würden,  operieren  solle. 

')  Erinnerungen.  Pct.  12. 

-)  Erinnerungen,  Pct.  13.  Die  bei  der  Unterredung  von  FM.  Grafen 
Neipperg  eigenhändig  mit  Bleistift  gemachten,  später  mit  Tinte  über- 
schriebenen  Notizen  lauten:  „Am  13.  gegen  Strelitz  die  preussische  Armee, 
am  11.  marschiere  ich  nach  Neustadt,  am  15.  wird  der  König  mein  Lager 
recognoscieren  und  Wege  herstellen  lassen,  am  IG.  marschiere  ich  nach  Jägern- 
dort,  am  17.  erscheint  ein  Corps  von  10  Escadronen,  einigen  Bataillonen, 
Geschützen  und  Husaren,  am  17.  marschiert  die  preussische  Avantgarde  aus 
ihrem  Lager,  um  Neisse  einzuschliessen  und  trifft  am  18.  vor  Neisse  ein. 
Der  König  folgt  am  18.  mit  der  Armee  und  trifft  vor  Neisse  am  19.  ein.  Die 
Briefe  unter  der  Adresse  des  Marquis  von  Varenne,  Oberstlieutenant  des 
Regiments  Truchsess  in  Jägerndorf  sind  für  Hyndford  oder  anderswo 
für  den  Wiener  Hof  oder  für  mich  oder  für  Lentulus."  (Gräfl.  Neipperg'- 
sches  Archiv.)  Das  hier  aufgestellte  Programm  wurde  im  Allgemeinen  ein- 
gehalten. 

3)  „Erinnerungen",  Pct.  15.  Siehe  darüber  Mittheilungen  des  k.  und  k. 
Kriegs-Archivs.  Neue  Folge  II,  22(J,  Anmerkung  2  und  IV.  pag.  232,  An- 
merkung 1,  272,  Anmerkung  2. 

Oesterreiehigeher  Erbfolgokriep.  II.  Bd.  33 


514 

Nach  Beendigung  der  Besprechungen  nahm  König  Fried- 
rich IL,  der  ausserordentlich  viel  Höflichkeit  zeigte,  Neipperg 
auf  die  Seite  und  winkte  Hyndford  herbei:  ,,Ich  wünsche,  dass  auch 
Sie,  Mylorcl,  jedes  "Wort  hören.  Seine  britannische  Majestät  weiss 
oder  sollte  wissen,  dass  meine  Absichten  niemals  dahin  giengen, 
ihm  zu  schaden,  sondern  blos  für  mich  selbst  Sorge  zu  tragen ; 
und  bitte,  melden  Sie  ihm,  dass  ich  meiner  Armee  in  Brandenburg 
befohlen  habe,  sich  aufzulösen  und  Winter- Quartiere  zu  beziehen." 

Friedrich  unterhielt  sich  auch  mit  Neipperg  darüber, 
wie  er  die  Franzosen  mit  V ortheil  angreifen  könne  :  „Vereinigen 
Sie  sich  mit  Lobkowitz  und  der  Macht,  die  er  in  Böhmen  hat ; 
gehen  Sie  Ihren  Feinden  zu  Leibe,  ehe  diese  eine  Vereinigung 
dort  bewerkstelligen  können.  Wenn  die  Königin  Erfolg  hat, 
würde  ich  —  dürfte  ich  mich  vielleicht  dazu  bestimmen  lassen, 
nachgerade  zu  ihr  zu  treten.  Misslingt  es  Ihrer  Majestät  —  nun 
denn,  Jeder  muss  für  sich  selber  sorgen."  x) 

Der  König  von  Preussen  beauftragte  sodann  noch  Hyn  d  f  o  r  d 
in  Neipperg's  Gegenwart,  dem  Wiener  Hofe  zu  schreiben, 
derselbe  möge  einen  Tractat  vorbereiten,  zu  vollziehen  an  oder 
vor  dem  24.  December.  Aber  über  Alles  empfahl  er  Jedermann 
das  grösste  G-eheimniss  und  um  Herrn  von  Valory  zu  täuschen, 
wünschte  er,  dass  Hyndford  ihm  einen  Brief  in  sein  Lager 
schreibe,  mit  Klagen  über  den  ungünstigen  Erfolg  seiner  Versuche, 
einen  Vergleich  zu  Stande  zu  bringen.  Der  Brief  solle  von  einem 
Trompeter  überbracht  werden,  während  der  König  bei  Tische 
sitze.  Er  werde  dafür  sorgen,  Valory  bei  sich  zu  haben,  um  ihm 
diesen  Brief  direct  zu  zeigen. 2) 

Nach  zweistündigen  Verhandlungen  trennte  man  sich. 

Das  von  Lord  Hyndford  in  französischer  Sprache  geführte 
und  unterschriebene  Protocoll :  „L'acte  de  Klein  -  Schnellendorf 
sousigne  par  Mylord  Hyndford  sur  la  parole  du  roi  de  Prasse 
le  9.  cVOctobre  1741"  3),  lautet  in  deutscher  Uebersetzung : 

„Ich  Unterfertigter,  Graf  von  Hyndford,  bevollmächtigter 
Minister  S.  M.  des  Königs  von  Grossbritannien,  der  ich  Zeuge 
dessen  war,  was  S.  M.  der  König  von  Preussen  die  Güte  hatte, 


')  Nach  Hyndford's  Bericht  aus  Breslau,  11.  October  1711  bei 
C  a  r  1  y  1  e,  Geschichte  Friedrich  II.  3.  Band.  107  u.  1<  18. 

'-)  Grünhagen,  Erster  schlesischer  Krieg  II,  36. 

3)  Polit.  Corresp.  I,  Nr.  550.  Das  Original-Exemplar  im  k.  und  k.  H.  H. 
und  St,  A.  1711. 


5 1  5 

mfi  eigenem  Munde  und  auf  sein  königliches  Wort  dem  FM. 
Grafen    Neipperg,    in  Gegenwart    des  GrFWM.    Lentulus,    zu 

erklären  und  dessen,  was  der  genannte  FM.  Graf  Neipperg 
im  Namen  J.  M.  der  Königin  von  Ungarn  und  Böhmen  erklärt 
hat,  bezeuge  durch  Gegenwärtiges  unter  öffentlicher  Glaubwürdig- 
keit und  bei  den  Pflichten  meines  Amtes,  dass  von  einer  Seite  und 
der  anderen  man  übereingekommen  ist : 

1.  dass  es  dem  Könige  von  Preussen  freistehe,  die  Stadt 
Neisse  im  AVege  der  Belagerung  einzunehmen; 

2.  dass  der  Commandant  der  Stadt  Neisse  den  Befehl  erhalten 
werde,  eine  Belagerung  von  14  Tagen  auszuhalten  und  dann  die 
genannte  Festung  den  Truppen  Seiner  preussischen  Majestät  zu 
übergeben; 

3.  dass  die  Garnison  von  Neisse  und  alles,  was  ihr  angehört, 
mit  allen  militärischen  Ehren,  abziehen  ;  dass  man  ihr  die  nöthigen 
Wagen  bis  an  die  Grenze  von  Mähren  beistellen  werde;  dass  man 
Niemanden  der  Garnison  überreden,  noch  zwingen  werde,  unter  den 
Truppen  Seiner  preussischen  Majestät  Dienste  zu  nehmen  und  dass 
den  Civilpersonen,  welche  sich  zurückziehen  wollen,  freistehen  soll, 
in  aller  Sicherheit  der  genannten  Garnison  zu  folgen. 

4.  Das  gegossene  Geschütz,  welches  sich  in  der  Stadt  und 
auf  den  Wällen  befindet,  bleibt  J.  M.  der  Königin  von  Ungarn 
und  Böhmen  und  wird  ihr  beim  Tractate  oder  künftigen  Frieden 
getreulich  rückgestellt  werden ; 

5.  dass  nach  der  Einnahme  der  Stadt  Neisse  bis  zum  allge- 
meinen Frieden  S.  M.  der  König  von  Preussen  weder  gegen 
J.  M.  die  Königin  von  Ungarn  und  Böhmen,  noch  gegen  den  König 
von  England  als  Churfürst  von  Hannover,  noch  gegen  irgend  einen 
der  gegenwärtigen  Alliierten  der  Königin  offensiv  vorgehen  werde; 

6.  dass  der  König  von  Preussen  von  J.  ung.  M.  niemals  mehr 
verlangen  werde,  als  Nieder-Schlesien  mit  der  Stadt  Neisse; 

7.  dass  man  bemüht  sein  werde,  einen  endgiltigen  Tractat 
gegen  Ende  des  kommenden  Monats  December  zu  schliessen. 

8.  Der  Feldmarschall  Graf  Neipperg  hat  im  Namen  J.  M. 
der  Königin  von  Ungarn  und  Böhmen  erklärt,  dass  J.  ung.  M.  ohne 
irgend  welche  Schwierigkeit  S.  M.  dem  Könige  von  Preussen  durch 
den  am  Ende  des  kommenden  December  abzuschliessenclen  Tractat 
ganz  Nieder-Schlesien  bis  an  den  Fluss  Neisse,  einschliesslich  der 
Stadt  Neisse  und  auf  der  anderen  Seite  der  Oder  bis  an  die  gewöhn- 
lichen Grenzen  des  Herzogthums  Opneln,  mit  der  gesammten  Ober- 
hoheit und  Unabhängigkeit,  von  wem  es  immer  s<  i,  abtreten  werde; 

33* 


516 

9.  dass  am  16.  des  laufenden  Monats  der  genannte  FM.  Graf 
N  e  i  p  p  e  r  g  sieh  mit  seiner  ganzen  Armee  gegen  Mähren  und  von 
dort,  wohin  er  wollen  wird,  zurückziehen  werde; 

10.  dass  das  Schloss  von  Ottmachau  zu  gleicher  Zeit  geräumt 
werde,  als  sich  die  Armee  der  Königin  zurückzieht ; 

1 1 .  dass  es  dem  FM.  Grafen  N  e  i  p  p  e  r  g  gestattet  sein  werde, 
die  Magazine,  welche  eramFusse  des  Gebirges  etabliert  hat,  bis  26.  des 
laufenden  October  nach  Mähren  oder  sonst  wohin  zurückzuziehen ; 

12.  dass  ein  Theil  der  Armee  des  Königs  von  Preussen  Winter- 
quartiere in  Ober-Schlesien    bis  Ende  April    1742    nehmen    werde; 

13.  dass  das  Fürstenthum  Teschen,  die  Stadt  Troppau  und 
das,  was  jenseits  des  Flusses  Oppa  liegt,  ebenso,  die  hohen  Gebirge 
in  Ober-Schlesien,  sowie  die  Herrschaft  Hennersdorf  durchaus  nicht 
in  diese  Quartiere  einbezogen  werden  und  dass  der  FM.  Graf 
N  e  i  p  p  e  r  g  ein  Bataillon  und  einige  Husaren  als  Garnison  in  der 
genannten  Stadt  Troppau  zurücklasse. 

14.  dass  die  Truppen  S.  M.  von  den  Einwohnern  des  Landes 
nicht  mehr  verlangen  werden,  als  die  Unterkunft  und  die  Fourage ; 

15.  dass  die  Truppen  des  Königs  von  Preussen  weder  Contri- 
butionen,  noch  Geld  von  irgend  einem  der  Staaten  der  Königin 
von  Ungarn  einheben  werden; 

16.  dass  man  niemanden  gegen  seinen  Willen  einrollieren 
werde,    unter  welchem  Vorwand  es  immer  sei ; 

17.  dass  man  von  einer  und  der  anderen  Seite  kleine  Partheien 
aussenden  werde,  um  die  Feindseligkeiten  pro  forma  fortzusetzen 
und  dass  man  während  des  Winters  übereinkommen  werde,  wie 
man  sich  im  künftigen  Frühjahre  benehmen  solle,  im  Falle  der 
allgemeine  Friede  vor  dieser  Zeit  nicht  geschlossen  werden  könnte ; 

18.  dass  die  vorstehenden  Artikel,  über  welche  man  überein- 
gekommen ist,  als  ein  unverletzliches  Geheimniss  bewahrt  werden, 
was  ich  Unterfertigter,  Graf  von  Hynclford,  der  FM.  Graf 
N  e  i  p  p  e  r  g  und  der  GFWM.  von  L  e  ntulus  dem  Könige  von 
Preussen  auf  Verlangen  Sr.  Majestät  mit  unserem  Ehrenworte  ver- 
sprochen haben." 

„Urkund  dessen  habe  ich  diese  18  Artikel  unterfertigt  und  auf 
Verlangen  des  Königs  von  Preussen  und  des  FM.  Grafen 
N  e  i  p  p  e  r  g  das  Siegel  mit  meinem  Wappen  beigedrückt." 

Im  Schlosse  Klein-Schnellendorf,  den  9.  October  1741. 

(L.  S.)  Hyndford  m.  p.  ') 


J)  Original  im  k.  und  k.  H.  H.  u.  St.  A. 


517 

Die  Zusammenkunft  hatte  übrigens  am  LI.  October  noch  eine 
Wiederholung. 

Als  Hyndford  nämlich  am  10.  October  die  von  ihm  ange- 
fertigte Reinschrift  des  Protocolls  über  das  Abkommen  vom  9.  in 
das  preussische  Hauptquartier  sandte  und  anfragte,  ob  er  hier 
noch  Weiteres  für  den  Dienst  des  Königs  thun  könne  oder  nach 
Breslau  zurückkehren  solle,  erhielt  er  ein  Billet  von  Goltz,  das 
ihm  mittheilte,  man  sei  bis  auf  eine  Kleinigkeit  mit  dem  Schrift- 
stücke einverstanden,  er  werde  aber  ersucht,  am  folgenden  Tage, 
Nachmittags  3  Uhr,  doch  wieder  an  dem  bewussten  Orte  zu  sein. 
Goltz  versicherte,  sich  beinahe  zu  scheuen,  auch  den  Feld- 
marschall zu  bitten,  mitzukommen,  er  habe  aber  über  das  weitere 
Verfahren  (,,sur  la  maniere  ä  agir")  noch  etwas  zu  sagen.1) 

Was  bei  dieser  neuerlichen  Entrevue  am  11.  October,  an 
welcher  ausser  dem  Könige  die  Theilnehmer  der  früheren  Be- 
sprechung zugegen  waren,  verhandelt  worden,  darüber  liegt  weder 
von  österreichischer,  noch  von  englischer  Seite  ein  Bericht  vor. 
Neipperg  erwähnt  in  seinen  ,, Erinnerungen"  und  sonstigen 
Berichten  derselben  nicht.  Ein  Brief  von  Goltz  an  den  Feld- 
marschall vom  12.  October  deutet  aber  darauf  hin,  dass  es  sich 
bei  dieser  Zusammenkunft  um  eine  Einigung  über  die  Art  des  fort- 
zusetzenden Scheinkrieges  gehandelt  habe.  ~) 

Es  ist  dem  FM.  Grafen  N  e  i  p  p  e  r  g,  auch  dem  Mylord 
Hyndford  der  Vorwurf  nicht  erspart  geblieben,  class  dieselben 
über  die  mündlichen  Aeusserungen  König  Friedrich  IL  nicht  ein- 
gehend nach  Wien  berichtet  hätten  und  dass  dadurch  der  Wiener 
Hof  über  die  wahren  Absichten    des  Königs  nicht  vollständig  und 


')  Nach  G  r  ü  n  h  a  g  e  n  II,  54. 

2)  „Ich  habe  Ihnen  zu  sagen  vergessen,  dass  der  Officier,  welcher  Jas 
Lager  E.  E.  arn  15.  recognoscieren  wird,  einen  Rittmeister  mit  50  Husaren 
detachieren  wird,  um  Ihre  Aussenposten  zu  vertreiben.  Ich  bitte  E.  E.,  anzu- 
befehlen, dass  von  Ihrer  Seite  eine  gleiche  Anzahl  detachiert  werde,  damit 
diese  beiden  Kämpen  sich  raufen  können,  so  lange  es  ihnen  beliebt.  Man 
wird  sie  keinesfalls  unterstützen,  weder  von  der  einen,  noch  von  der  anderen 
Seite,  um  die  Sache  nicht  ernst  zu  machen." 

P.  S.  „In  diesem  Augenblicke  ermahnt  man  mich,  Ihnen  recht  viele  Em- 
pfehlungen auszurichten  und  E.  E.  zu  bitten,  gefälligst  veranlassen  zu  wollen. 
damit  der  Baron  von  Reisewitz  und  der  Baron  von  E  r  a  n  kenbe  r  g  in 
Ereiheit  gesetzt  werden  oder,  dass  der  Coinmandant  von  Neisse  sie  bei  der 
Capitulation  übergebe."  Oberst  von  der  Goltz  an  EM.  Grafen  Neippei 
12.  October  1741.  (Gräfl.  Neipperg'sches  Archiv.) 


518 

genau  unterrichtet  wurde ;  eine  Unterlassung,  die  auf  den  Verlauf 
der  Begebenheiten  möglicherweise  nicht  ohne  Einfhiss  geblieben 
sei.  Dieser  Vorwurf  ist  heute,  was  Neipperg  betrifft,  nicht 
mehr  leicht  zu  entkräften,  da  Schriftliches  allerdings  von  seiner 
Seite  darüber  nicht  vorliegt.  Es  ist  jedoch  kaum  anzunehmen,  dass 
Leu  tu  Ins,  als  Zeuge  der  Unterredung,  nicht  ausführlich  und 
genau  in  Pressburg  referiert  habe.  Möglich  bleibt  es  immerhin, 
dass  das  Hauptgewicht  von  den  österreichischen  Theilnehmern  der 
Conferenz  nicht  auf  König  Friedrich  II.  AVorte,  sondern  auf  das 
im  Protocoll  Stipulierte  gelegt  wurde.  Dass  a.uch  Hyndford,  der 
die  Aeusserungen  des  Königs  von  Preussen  genau  nach  London 
berichtete,  seinem  Collegen  Robinson  in  Wien  keine  Mittheilung 
über  dieselben  gemacht  haben  sollte,  trotzdem  er  von  König- 
Friedrich  II.  den  Auftrag  erhalten  hatte,  an  den  Wiener  Hof  zu 
schreiben,  derselbe  möge  einen  Friedens-Vertrag  vorbereiten,  ist 
mindestens  wenig  wahrscheinlich. 


Der  Abmarsch  der  österreichischen  Armee  aus  Schlesien. 


iM  ach  dem  Abschlüsse  der  Verhandlungen  begann  FM.  Gra  I 
Neipperg  die  Einleitungen  zu  seinem  Abmärsche. 

Schon  am  10.  October  rückten  die  beiden  Husaren-Regimenter 
Csäky  und  Pestvarmegyei  unter  G-FWM.  Baron  Baränyay's  Com- 
mando  durch  die  Grafschaft  Glatz  zum  Corps  des  Fürsten  Lob- 
kowitz  nach  Böhmen.  Oberst  Johann  von  Belesznay  erhielt 
Befehl,  mit  den  freiwilligen  ungarischen  Regimentern,  dem  seinigen, 
Peter  Haläsz,  Esterhäzy,  den  Jazygiern  und  Kumaniern  über  Jägern- 
dorf und  Jablunka  nach  Ungarn  abzurücken  ;  bis  zur  erstgenannten 
Stadt  jedoch  mit  der  Armee  zu  marschieren.  Am  11.  meldete  der 
Armee-Commandant  der  Königin,  class  er  im  Begriffe  stehe, 
über  Jägerndorf  und  Troppau  nach  Mähren  zu  gehen  und  dort 
weitere  Befehle  abzuwarten  und  bat,  für  den  Unterhalt  der  Armee 
in  Mähren  das  Erforderliche  veranlassen  zu  wollen. 

GFWM.  Baron  Lentulus  werde  er  zur  ungesäumten  Bericht- 
erstattung über  die  weiteren  Angelegenheiten  an  den  Hof  absenden.  l) 

Auch  die  Vorbereitungen  für  die  Scheinvertheidigung  von 
Neisse  wurden  getroffen. 

Der  bisherige  Festungs-Commandant  Oberstlieutenant  Baron 
St.  Andre  wurde  mit  1000  Mann  aus  der  Festung  gezogen  nie! 
Oberstlieutenant  Baron  K  r  o  1 1  c  n  d  o  r  f  des  Infanterie-Regimen i  s 
Wenzel  Wallis  zum  Commandanten  bestimmt,  welcher  iwm  I  1 .  <  )c- 
tober  vom  Armee-Commandanten  die  folgende  schriftliche  Instruction 
über  sein  Verhalten  bekam : 


G-räfl.  Neipperg'sches  Archiv. 


520 

„Nachdem  der  Allerhöchste  Dienst  und  die  vorwaltenden  Um- 
stände erfordern,  den  bisherigen  Commandanten  der  Stadt  Neisse 
und  des  löbl.  Botta'schen  Regiments  Oberstlieutenant  Herrn  Baron 
St.  Andre  mit  einem  Theil  der  Garnison  von  dannen  heraus 
und  zu  diesem  Kriegs-Corpo  zu  ziehen,  um  selbiges  in  dem  Fall, 
da  es  zu  einer  Affaire  mit  dem  Feinde,  wie  es  das  Ansehen  hat, 
kommen,  oder  aber  unumgänglich  nöthig  sein  sollte,  anmit  das 
Markgrafthum  Mähren  zu  bedecken,  oder  anderwärts  hin  zu  Be- 
hinderung der  feindlichen  Absichten  sich  zu  ziehen,  bei  dem  be- 
kannten Stande,  da  an  Truppen  nichts  Ueb erflüssiges  habe,  so  viel 
nur  immer  möglich,  zu  verstärken  und  nun  bei  solcher  Beschaffen- 
heit die  Notwendigkeit  erheischt,  in  jetztgedächtes  Neisse  einen 
anderen  tüchtigen  Commandanten  zu  setzen,  als  habe  diesfalls  auf 
ihn,  Herrn  Oberstlieutenant  Baron  von  Krottend  o  r  f,  in  Betracht 
seines,  zu  Beförderung  des  Allerhöchsten  Dienstes  tragenden  rühm- 
lichen Eifers  und  bekannter  Experienz  das  Auge  geworfen  und 
wird  ihm  solchemnach  das  Commando  über  wiederholte  Stadt  Neisse 
durch  Gegenwärtiges  dergestalten  aufgetragen,  dass  er  selbiges  von 
einerangfs  gedachtem  Oberstlieutenant  Baron  St.  Andre  ordent- 
lieh  übernehmen  und  nach  dessen  Anhandgebung  auf  bisherige  Art 
führen  solle." 

,, Läuft  die  Bataille,  ciafern  es  zu  einer  kommen  sollte,  für  uns 
glücklich  ab,  so  wird  für  Neisse  ohnehin  nichts  zu  besorgen  sein  ; 
wäre  selbige  hingegen  für  uns  unglücklich,  oder  aber  ich  wäre 
bemüssigt,  nach  Erforderniss  der  Umstände  mit  ersagtem  Kriegs- 
Corpo  aus  diesem  Land  und  Gegenden  mich  hinwegzuziehen  und 
anderwärtigen  feindlichen  Absichten  Einhalt  zu  thun,  so  würde 
dir  Stadt  Neisse,  wofern  der  König  von  Preussen,  wie  unfehlbar 
zu  vermuthen,  davor  rückte,  ohnehin  schwerlich  zu  retten  sein 
und  in  solchem  Fall  will  Ihm,  Herrn  Oberstlieutenani  Baron 
Krottendorf,  zu  seiner  Direction  und  Richtschnur  angemerkt 
haben  :  dass 

1.  wann  der  König  von  Preussen  mit  seiner  Armee  wirklich 
vor  die  Stadt  Neisse  rückt  und  diesen  Ort  zu  belagern  sich  an- 
schickt, auch  allenfalls,  wie  in  solchen  Gelegenheiten  zu  geschehen 
pflegt,  den  Platz  aufforderte,  er,  Herr  Oberstlieutenant  Baron 
Krottend  o  r  f,  dieses  Ansinnen  mit  dem,  auf  eine  höfliche  Art 
jedoch,  abzulehnen  hätte,  dass  derselbe  den  ihm  anvertrauten  Ort 
möglichst  defendieren  wolle  und  in  Befolg  dessen  hätte  auch  der- 
selbe diejenige  Gegenwehr  zu  thun,  so  von  einem  eifrigen  und 
wackeren   Officier  erfordert  wird.  Weilen  aber 


52  J 

2.  dieser  Ort  bei  obangeführter  Beschaffenheit  und  wann  der 
König  von  Preussen  auf  dessen  Einbekommung  insistierte,  onnedem 
natürlicherweise  fallen  müsste,  dem  Allerhöchsten  Dienst  hingegen 
an  Erhaltung  der  alldort    verbleibenden  Garnison  bei  jetztmahgen 
misslichen    Umständen    ganz    besonders    gelegen    ist,    als    hätte  er, 
Herr  Oberstlieutenant,  mit  seiner  tapferen  Gegenwehr  zwar  vierzehn 
Tage  von  dem  Tag  an  gerechnet,  cla  der  Feind  den  ersten  Kanonen- 
schuss  auf  Neisse  thun  würde,  fortzufahren,  den  fünfzehnten  Tag  aber 
zu  capitulieren  und  dem  König  von  Preussen  den  Ort  mit  Accord  zu 
übergeben.  Wo  aber  der  König  von  Preussen  dem  Ort  allzusehr  zu- 
setzte, also  zwar,  dass  selbiger  obige  15  Tage  nicht  widerstehen  könnte  , 
oder  die  Garnison    in    Gefahr    stünde,    keine  Capitulation    mehr  zu 
erhalten,     so    hätte     alsdann    bei     solcher     Bewandtniss     er,     Herr 
Oberstlieutenant  Baron  Krottendor f,    nach  seinem  Befum  1  und 
hauptsächlich  in  dem  Absehen,  die  Garnison  zu  salvieren,  auch  vor 
Verstreichung  obiger  15  Tage  zu  capitulieren.  In  der  schliessenden 
Capitulation  aber  müsste  unter  anderen  gewöhnlichen  Formalitäten 

3.  ausdrücklich  ausbedungen  werden,  dass  erstlich  die 
Garnison  und  Alles,  was  dazu  gehört,  mit  allen  militärischen 
Ehrenbezeigungen  ausziehen  ;  z  w  e  i  t  e  n  s  derselben  die  benöthigten 
Wagen  und  Pferde  zu  ihrem  Fortkommen  bis  an  die  mährische 
Grenze  gratis  verschafft;  drittens  kein  Mensch,  er  sei  Soldat, 
Bedienter,  oder  Anderer,  zu  Annehmung  preussischer  Kriegsdienste 
weder  veranlasst,  noch  gezwungen  und  viertens  denjenigen  In- 
wohnern, so  sich  von  dannen  zu  retirieren  gedenken,  der  Auszug  mit 
ihrem  Hab;  und  Gut    in  aller    Sicherheit    verstattet   werden    solle; 

4.  hätte  er,  Herr  Oberstlieutenant  Baron  Kr  o  1 1  e  n  d  o  r  f , 
auch  auf  die  Fortbringung  der  Kranken  und  was  sonst  zur  Garnison 
gehört,  besonders  zu  reflectieren.  Nicht  minder  auch 

5.  von  der  in  Neisse  vorhandenen  brauchbaren  Artillerie  so 
viel  möglich  mit  sich  zu  nehmen  und  in  der  Capitulation  aus- 
zubedingen,  absonderlich  aber  der  12 pfundigen  Stücke,  wovon 
der  in  Neisse  befindliche  Stück-Hauptmann  die  beste  Auskunft  zu  er- 
theilen  und  das  Anständigste  an  Hand  zu  geben  wissen  wird  und 
käme  es 

6.  wirklich  auf  die  Uebergabe  der  Stadt  Neisse  an,  so  hätte 
er,  Herr  Oberstlieutenant  Baron  Krottendor  f,  die  zurück- 
lassende Artillerie  mit  allen  übrigen  Zeugs-Requisiten,  Munition 
und  anderen  durch  jetztbesagten  Stück-Hauptmann  nach  einem  ver- 
fassten,  wohl  entschiedenen  Inventario  mit  ordentlicher  Anmerkung 
der  Anzahl  jedweder  Gattung,  auch  Beirückung  des  Diameiers  und 


522 

Calibers,  Stück  für  Stück,  wie  es  in  derlei  Fällen  gewöhnlich,  an 
den  königl.  preussischen,  hiezn  bestellten  Artillerie-Officier  über- 
geben und  sich  durch  selbigen  darüber  authentisch  quittieren  zu 
lassen,  um  mir  selbiges  seiner  Zeit  behändigen  zu  können; 

7.  wären  auch  bei  allenfallsiger  Oapitulation  die  Stadt  mit 
gesammten  Inwohnern  und  Bürgerschaft,  ohne  Ausnahme,  abson- 
derlich was  den  sämmtlichen  Clerum  betrifft,  nicht  zn  vergessen, 
sondern  ihretwegen,  wie  es  in  derlei  Gelegenheiten  zu  geschehen 
pflegt,  ein  oder  mehrere  Artikel  einfliessen  zu  lassen,  womit  selbe 
in  nichts  gekränkt,  noch  ihnen  etwas  in  Weg  gelegt,  sondern 
unbeleidigt  bei  ihren  Privilegien  und  Freiheiten,  auch  Hab  und 
Gütern,  sonderheitlich  was  die  katholische  Religion  anbelangt,  ge- 
lassen und  beibehalten  werden  mögen." 

,. Mehrgedachter  Herr  Oberstlieutenant,  Baron  Krottendorf, 
wird  also  in  äusserndem  Fall  all'  Obgedachtes  unfehlbar  zn 
seiner  Direction  und  Richtschnur  nehmen,  den  gewissen  Vollzug 
davon  leisten  und  sich  andurch  ausser  alle  Verantwortung  setzen, 
übrigens  aber  mit  der  ausziehenden  Garnison  und  was  dazu  gehört, 
den  geraden  Weg  nach  Mähren  nehmen  und  zur  Erhaltung  weiterer 
Ordre  das  Verlässliche,  wann  es  nämlich  zu  dem,  so  oben  steht, 
gelangen  sollte,  alsobald  nach  geschlossener  Oapitulation  mir  ein- 
berichten." J) 

Ein  Theil  der  Munitionsvorräthe  der  Festung  wurde  in  der 
Nacht  zum  12.  October  auf  50  Wagen  nach  Glatz  geschafft. 


Vi 


Ausser  der  obigen  Instruction,  welche  im  Nothfall  noch  den 
Schein  wahrte  und  den  König  von  Preussen  nicht  desavouierte, 
wenn  er  seinen  Verbündeten  gegenüber  die  Fortdauer  des  Kriegs- 
zustandes zu  versichern  für  nöthig  halten  sollte,  muss  Oberst- 
lieutenant  Krottendorf  doch  mündlich  über  das  Schicksal, 
das  der  ihm  anvertrauten  Festung  bestimmt  war,  von  FM.  Grafen 
Neipperg  instruiert  gewesen  sein,  da  er,  gleich  nach  Uebernahme 
des  Festungs-Commandos,  am  13.  October  dem  Armee-Comman- 
danten  schriftlich  vorstellte,  dass  es  unmöglich  sei,  die  Posten  noch 
schwächer  zu  besetzen,  „um  auch  nur  eine  allenthalben  wahr- 
scheinliche Defension  zumachen".  Er  fügte  bei,  dass  die  Bürger- 
schaft, welche  die  ,,Evacuation  der  Garnison,  Artillerie  und  der 
Kriegs-  und  Proviant-Munition  gesehen,  bereits  anfängt,  verdächtige 


J)  K.  A.,  Abschrift    im  Browne'schen  Manuscript :  Oesterr.   Successions- 
Kxieg  1711. 


523 

Discurs  zu  führen"  und  dasa  zu  befürchten  stehe,    „dass    wir  mehr 
das  Innerliche,  als  das  Aeussere  feindlich  werden  ansehen  müssen." 

Die  Bürgerschaft  bestand  in  822  bewaffneten  Männern  und 
K  r  o  1 1  e  n  d  o  r  f  besorgte  wirklich,  dass  er,  wenn  sie  die  Schwäche  der 
Garnison  sehen  würde,  den  „empfindlichsten  Affront,  als  wodurch 
die  hohe  Intention  nicht  zu  dem  anverlangten  Effect  gelangen 
könnte,  zu  erdulden  werde  gezwungen  werden."  Nach  K>r ott en- 
do rf's  Standes-Tabelle  betrug  die  Summe  seiner  dienstbaren  Mann- 
schaft 773  Manu,  er  erklärte  aber,  zur  täglichen  Besetzung  aller 
Posten  144G  Mann  zu  benöthigen  *),  worauf  FM.  GrafNeipperg 
am  14.  October  noch  200  Mann  zur  Verstärkung  in  die  Festung 
legte,  so  dass  der  Stand  der  Garnison  am  15.  aus  973  Dienstbaren 
bestand. 2) 

Der  zum  Oberstlieutenant  beförderte  Commandantin  Ottmachau, 
Ingenieur- Ob erstwachtmeister  Seh  m  i  d  t,  dem  strengste  Geheim- 
haltung bis  zum  Momente  des  Aufbruches  zur  Pflicht  gemacht 
wurde,  erhielt  Befehl,  diesen  Platz  am  14.  zu  räumen  (nach  Punct 
10  der  Convention)  und  über  Zuckmantel  nach  Freudenthal  zu 
marschieren,  wohin  er  sein  Detachement  von  160  Mann  verschiedener 
Infanterie-Regimenter,  nebst  4  Geschützen  und  der  dazu  gehörigen 
Munition  führte.  Die  übrigen  in  Ottmachau  befindlichen  Vorräthe 
wurden  nach  Glatz  geschafft. 

Rittmeister  Reviczky  rückte  am  11.  October  von  Kosel 
nach  Troppau  ab,  liess  aber  1  Lieutenant  und  40  Husaren  in  ersterer 
Stadt  zurück. 

Am  13.  October  um  9  Uhr  Früh  gieng  GFWM.  Lentulus, 
von  dem  gesammten  Gange  der  Verhandlungen  genau  unterrichtet, 
aus  dein  Armee-Hauptquartier  nach  Pressburg  ab,  um  der  Königin 
Mari  a  Theresia  über  das  mit  dem  König  von  Preussen  ge- 
troffene Abkommen  mündlich  Bericht  zu  erstatten. 

Graf  Neipperg  gab  demselben  ausser  den  bereits  erwähnten 
„Erinnerungen"  und  dem  Texte  des  abgelehnten  deutschen  Vertrags- 
Entwurfes  das  enclgiltig  redigierte  französische  Instrument  vom 
9.  October  mit.  In  einem  Briefe  an  den  Grossherzog,  den  L  e  n  t  u  1  u  s 
ebenfalls  mitnahm,  versicherte  Neipperg,  er  habe  durch  die  Co n- 
vention  die  Königin  zu  nichts    verpflichtet,  wenn  sie    von    jetzt 


')  Oberstlieutenant  Baron  Krotte  n  4  o  r  f  an  FM.  ( <  raten  N  e  i  p  p  e  r  g, 
13.  October  17-11.  (Grräfl.  Neipperg'sches  Archiv.) 

;!)  Oberstlieutenanl  Baron  Kr  o  tt  end  o  r  fs  Relation  4<lo.  Pentscb 
8.  November  1741.  (Gräfl.  Neipperg'sches  Archiv.) 


524 

bis  Ende  December  einen  Vertrag  mit  dem  König  von  Preussen 
abzuschliessen  nicht  Willens  sei.  Er  nehme  indess  davon  das  Zu- 
geständniss  der  AVinter- Quartiere  in  Ober-Schlesien  aus,  welche  der 
König  von  Preussen  nach  seinem  Abmärsche  immer  hätte  nehmen 
können,  sowie  die  Einräumung  der  Festung  Neisse  auf  die  ver- 
abredete Art. x) 

König  Friedrich  IL  marschierte  am  13.  October  aus  dem 
Lager  bei  Friedland  in  südöstlicher  Richtung  ab.  12  Escadronen 
Llusaren  und  300  Reiter  bildeten  die  Avantgarde.  Die  Arriere- 
garde  hatte  zwischen  Ranisch  und  Puschine  so  lange  stehen  zu 
bleiben,  bis  die  Bagagen  sämmtlich  abgefahren  waren. 

Die  Artillerie  war  schon  am  Abend  vorher,  unter  Bedeckung 
eines  Bataillons,  nach  Loncznik  gesandt  worden. 

Bei  Mokrau  wurde  Lager  bezogen.  300  Husaren  giengen  gegen 
Zülz  behufs  Erkundigung  vor. 2) 

Seitens  der  österreichischen  Heeresleitung  war  Oberst  Baron 
Trips  mit  600  Husaren  entsendet  worden,  um  den  Marsch  der 
preussischen  Armee  zu  beobachten. 

Am  14.  October  rückte  FM.  Graf  Neipperg  aus  seinem 
bisherigen  Lager  bei  Greissau  nach  Neustadt,  preussischerseits 
gieng  Oberst  Natzmcr  mit  500  Uhlanen  zur  Recognoscierung 
vor,  jedoch  mit  dem  Befehl,  jeden  ernstlichen  Zusammenstoss  zu 
vermeiden. 3)  Aus  dem  Hauptquartier  Loncznik  richtete  der  König 
von  Preussen  an  diesem  Tage  ein  Schreiben  an  den  Churfürsten 
Carl  Albert  von  Bayern,  worin  er  seine  bevorstehenden 
Operationen  schildert  und  folgendermassen  schliesst:  „Ew.  chur- 
fürstliche  Hoheit  sehen  aus  allen  diesen  Gründen,  dass  meine 
Operationen  von  dem  Entschluss,  den  der  Gegner  fasst,  abhängig 
sind,  dass  die  Beschaffenheit  des  Landes  meine  Absichten  beein- 
trächtigt, dass  die  Lebensmittelfrage  mich  sehr  oft  aufhält  und 
schliesslich  sollte  ein  Feldzug  von  eilf  Monaten  genug  sein  für 
eine  Armee,  welche  aus  der  AVeichlichkeit  und  Thatlosigkeit  eines 
langen  Friedens  herausgerissen  ist". 

,,Ich    hoffe,    bald    Ew.    churfürstliche    Hoheit    zur    Einnahme 
von  Wien  und  Prag,    sowie  zum  glücklichen  Erfolg    Ihrer  Waffen, 


J)  FM.  Graf  Neipperg  an  die  K  ö  ni  g  i  n.  Greissau,  13.  October  1741. 
(H.  H.  u.  St.  A.,  Friedens-Acten,  Fase.  23  und  derselbe  an  den  Grossberzog  vom 
nämlichen  Tage).  K.  A.,  Schlesien  1741;  X,  37. 

2)  Kriege  Friedrich  d.  Gr.  II,  171. 

3)  Ebenda,  172. 


52.") 

an  welchen  ich  immer  den  regsten  Antheil  nehmen  werde  and 
zur  einstimmigen  Wahl  des  würdigsten  Kaisers,  den  unsei  Vater- 
land seit  Carl  dem  Grossen  jemals  besessen,  beglückwünschen  zu 
können.*' *) 

Am  nämlichen  Tage  giengen  dem  FM.  Neipperg  zwei 
Erlässe  vom  11.  und  12.  October  aus  Pressburg  zu. 

Wenn  die  in  denselben  enthaltenen  Weisungen  dem  Armee- 
Commandanten  vor  dem  9.  October  zugegangen  wären,  hätten  sie 
möglicherweise  das  Uebereinkommen  mit  Preussen  ganz  in  Frage 
gestellt,  keinesfalls  wären  sie  ohne  Einnuss  auf  dasselbe  geblieben. 

Man  wird  wohl  kaum  fehlgehen,  wenn  man  die  in  diesen 
Instructionen  niedergelegten  Gedanken  dem  Einflüsse  des  noch 
in  Pressburg  am  Hoflager  weilenden  FML.  Grafen  Browne  zu- 
schreibt. 

Dem  Feldmarschall  wurde  nämlich  aufgetragen,  dass  wofern 
„des  Königs  von  Preussen  Intention  des  Friedens  halber  nicht  auf- 
richtig und  wie  Goltz  vorgegeben,  beschaffen  sein  sollte,  er 
zwar  umso  mehr  gegen  alle  Gefährde  sich  zu  verwahren,  doch  nichts- 
destoweniger die  Armee  zurückzuziehen,  das  Gebirge  aber  und 
die  mährischen  Grenzen  nach  des  Grafen  Browne  Vorschlag  zu 
besetzen,  annebenst  wie  Goltz  selbst  angetragen,  die  Handlung 
weiters  hinauszuziehen  hätte".  -)  Im  nämlichen  Sinne  folgte  ein 
zweiter,  von  der  Königin  signierter  Eriass  des  Hof-Kriegsrathes, 
welcher  den  Marsch  nach  Olmütz  anbefahl,  von  dort  solle  sodann 
die  Vereinigung  mit  dem  L  o  b  k  o  w  i  tz'schen  Corps  bewirkt  werden, 
um  beide  vereint,  je  nach  Umständen,  entweder  zum  Entsatz  Wien's 
oder  zu  Operationen  in  Böhmen  verwenden  zu  können. 

Neisse  solle  vor  dem  Abmärsche  ausreichend  besetzt  werden, 
ebenso   die  von  Mähren  nach  Schlesien  führenden  Zugänge.  3) 

Maria  Theresia  hatte  dem  ersten  Eescripte  eigenhändig 
hinzugefügt :  Da  die  verzweifelte  Lage,  in  der  sie  sich  befinde,  Hin- 
durch Waffen  entschieden  werden  und  Neipperg's  Armee  allein 
ihr  Los  bestimmen  könne,  solle  er  seinen  Abmarsch  auf  das  Aeuss erste 
beschleunigen,  zur  Beschäftigung  des  Feindes  nur  soviel  Truppen  als 
nothwendig  zurücklassen.  Dessen  Absichten  seien  nur  Täuschungen, 

')  Polit.  Corresp.  I,  Nr.  557. 

2)  H.  H.  u.  St.  A.,  Friedens-Acten,  Fase.  23. 

3)  A  rnet  li  „Briefe  der  Kaiserin  Maria  Theresia  an  ihre  Kinder  und 
Freunde",  IV,  140,  nach  dem  eigenhändig  niedergeschriebenen  Zusätze  zu  dem 
Rescripte  vom  11.  October  1741.  (Original  im  gräfl.  Neipperg'schen  Archiv.) 


526 

ausschliesslich,  „um  uns  hinzuhalten"  (car  ses  intentions  ne  sont 
que  fcromperies  et  lenteurs,  expres  pour  nous  amuser).  Die  Königin 
wünschte,  i  lass  N  e  i  p  p  e  r  g  abmarschieren  könne,  ohne  abzuschliessen 

und  die  Sache  in  die  Länge  ziehen,  ohne  es  merken  zu  lassen, 
doch  hege  sie  die  Befürchtung,  dass  Alles  schon  beendigt  sei 
(mais  je  crains  que  tout  ca  sera  dejä  frni). 

Allerdings  war  es  schon  zu  spät  und  das  Abkommen  mit 
Preussen,  das  Schlesien  vollständig  und  mit  seiner  stärksten  Festung 
an  König   Friedrich    IL   auslieferte,  war  perfect  geworden. 

Am  15.  October  gieng  König  Friedrich  II.  selbst  mit  2  Batail- 
lonen und.  600  Reitern  gegen  die  österreichische  Stellung  vor,  die 
er  von  einer  Höhe  unweit  Neustadt  beobachtete,  während  am  fol- 
genden Tage  die  Armee  in  das  Lager  zwischen  Zülz  und  Simsdorf 
einrückte.  Neipperg  marschierte  am  gleichen  Tage  bis  Roben 
und  am  folgenden  Tag  durch  Jägerndorf  hinter  die  Oppa  nach 
Krotendorf,  von  wo  die  Armee  den  Marsch  in  zwei  Colonneii 
fortsetzte.  Bevor  Friedrich  IL  am  17.  October  nach  Sclmelle- 
walde  aufbrach,  entsandte  er  den  GM.  Tr  u  c  h  s  e  ss  mit  zwei  Ba- 
taillonen, 11  Dragoner-Escad ronen  und  dein  Uhlaneii-Regiment 
Natzmer  nach  Neustadt,  den  Bewegungen  der  Oesterreicher  zu  folgen. 
Am  18.  und  19.  wurden  diesen  Detachements  noch  4  Bataillone 
und  2  Cavallerie-Regimenter  unter  GM.  Posadowsky  nach- 
gesendet. Truchsess  folgte  der  österreichischen  Armee  bis  Troppau. 
G.  cl.  J.  Erbprinz  Leopold  von  Anhalt-Dessau  ward  eben- 
falls am  17.  October  mit  13  Bataillonen,  10  Escadronen  Oavallerie 
und  2  Escadronen  Husaren  über  Steinau  nach  Oppersdorf  vor- 
geschickt, um  die  Festung  Neisse  einzuschliessen.  An  Artillerie 
wurden  ihm  zwanzig  12-Pfünder,  zwei  21-Pfünder  und  das  übrige 
bei  der  Armee  befindliche  Artilleriegeräth  zugewiesen.  Mit  den 
übrigen  Truppen  bezog  Friedrich  IL  ein  Lager  bei  Schnell e- 
waldeund  ordnete  hier  die  Auflösung  derjenigen  Grenadier-Bataillone 
an,  die  sich  im  Lager  befänden.  Deren  Compagnien  rückten  bei  den 
betreffenden  Regimentern  ein. 

Am  19.  October  Hess  Friedrich  IL  die  bei  ihm  verbliebenen 
Truppen  in  der  Gegend  voiiLindewiese  und  Umgebung  Cantonnemen  i  s 
beziehen;  am  20.  verlegte  er  sie  zwischen  Bauke  und  Neunz.  Am 
21.  war  Ruhetag  und  am  22.  begann  der  Abmarsch  in  die  Winter- 
Quartiere.  l)  Der  König  selbst  begab    sich  zum  Belagerungs-Corps, 


»)  Kriege  Friedrich  cl.  Gr.  II.  174. 


527 

das  am    L8.  October  vor  Neisse  eingetroffen  war,  kam  am  20.  dori 
an  und  nahm  sein  Hauptquartier  in  Neunz. 

Neipperg's  Hauptquartier  befand  sieh  am  18.  October  /u 
Neplachowitz,  am  19.  in  Troppau,  am  21.  zu  Meltsch,  am  22.  zu 
Schönwald,  am  23.  zu  Griebau,  am  24.  traf  er  mit  der  Armee  bei 
Olmütz  ein.  Die  ungarischen  National-Regimenter  Belesznay,  Peter 
Halasz  und  Estorhäz}",  sowie  die  zwei  Jazygier-  und  Kumanier- 
Compagnien  waren  in  Jägerndorf  zurückgeblieben  und  kehrten  am 
!  8.  von  dort  unter  Commando  des  Obersten  Baron  Belesznay 
nadi  Ungarn  zurück.  J)  Für  Troppau  wurde  Oberstlieutenant  von 
Levrier  des  Franz  Lothringen'schen  Regiments  als  Commai Ldant 
bestimmt. 

An  den  mährischen  Grenzen  liess  N  e  ip  p  e  r  g  nur  eine  „kleine 
Postierung,  wie  er  solche  in  Betracht  gegenwärtiger  Umstände  und 
Beschaffenheit  mit  dem  König  von  Preussen  erklecklich  zu  sein 
vermeinte". 2) 


*)  FM.  Graf  Neipperg  an  den  Hof-Kriegsrath,  Jägerndorf,  17.  Oc- 
tober 174.1.  (K.  A..  Schlesien  1711.  X,  51.  Siehe  ferner  Mittheil,  des  Kriegs- 
Archivs.  Neue  Folge.  Bd.  IV.  160  und  ff.  „Die  freiwilligen  Aufgebote  aus 
Ungarn  im  ersten  schle.sischen  Kriege".) 

2)  FM.  Graf  IN  e  i  pp  e  r  g  an  die  K  ö  n  i  g  i  n,  Jägerndorf,  17.  October  1741. 
(H.  H.  u.  St.  A.,  Friedens-Acten,  Fase.  22.) 


J)ie  Belagerung  und  Einnahme  von  Neisse. 


Oberstlieutenant  Baron  Kr  ott  endo  rf,  der  neu  ernannte 
Festungs-Commandantj  hatte  sich  am  12.  October  aus  dem  Lager 
bei  Greissau  in  die  Festung  Neisse  begeben.  Die  Garnison  des 
Platzes  bestand,  wie  erwähnt,  in  973  Dienstbaren.  Die  äusseren 
Posten  wurden  verstärkt  und  eine  neue  "Wachordnung  heraus- 
gegeben. Gegen  10  Uhr  Vormittags  des  18.  October  erschien  das 
preussische  Belagerungs  -  Corps  unter  Erbprinz  Leopold  von 
Oppersdorf  her  vor  der  Festung  und  bezog  der  Südfront  derselben 
gegenüber,  südlich  Mittel-Neuland,  ein  Lager,  das  sich  mit  dem 
rechten  Flügel  an  den  Kamnitz-Bach,  mit  dem  linken  beim  Kupfer- 
hammer an  die  Biele  lehnte1). 

Gegen  4  Uhr  Nachmittags  wurde  die  Festung  zur  Uebergabe 
autgefordert,  welche  der  Oommandant  ablehnte.  Um  7  Ulm  Abends 
begann  das  Feuer  aus  der  Festung,  um  die  preussisehen  vor- 
geschobenen Posten  zu  delogieren.  Gegen  9  Uhr  ward  dasselbe 
eingestellt,  jedoch  am  folgenden  Morgen  wieder  auf  kurze  Zeit  auf- 
genommen. Von  Seiten  der  Belagerer  begann  man  mit  der  Trocken- 
legimg des  inundierfcen  Geländes.  Li  der  Nähe  des  abgebrannten 
Kupferhammers  sollte  die  Ableitung  der  Biele  nach  der  Neisse 
versucht  werden.  Auch  wurde  mit  der  Anfertigung  von  Faschinen 
und  Schanzkörben  begonnen.  2)  Nachts  liess  Krottendorf,  um  die 
feindlichen  Arbeiten  zu  hindern,  auf  die  beim  Kreuzherren-Garten 
im  Bau  begriffene  Schanze  das  Feuer  richten.  Diese  war  am 
Morgen  des    20.  October  vollendet,    mit  vier  12-Pfünclern  bewehrt 


!)  Siehe  Tafel  III. 

2)   Kriege  Friedrich  d.  Gr.  II.  17(>. 


529 

und  nahm  das  Feuer  gegen  die  Festung  auf.  Nach  kurzer  Zeit, 
um  !)  Uhr  Vormittags,  war  diese  Batterie  jedoch  gezwungen,  das 
Feuer  einzustellen,  nachdem  sie  einen  Verlust  von  2  Todten  und 
3  Verwundeten  erlitten  hatte.  Da  man  in  den  Wallgräben  der 
Festung  ein  Sinken  des  "Wassers  wahrnahm  und  dies  auf  eine  Ab- 
dämmung oder  Abgrabung  hindeutete,  traf  man  alle  Vorkehrungen, 
im  Nothfalle  die  Gräben  aus  der  Neisse  mit  Wasser  zu  versorgen. 

König  Friedrich  II.  traf  am  20.  October  vor  der  Festung 
ein,  besichtigte  die  Entwässerungsarbeiten  an  der  Biele  und  nahm 
sein  Hauptquartier  in  Neunz. 

Mit  der  Leitung  der  Belagerungsarbeiten  wurde  GM.  Walrave 
beauftragt,  welcher  mit  vierzehn  50pfündigen  Mörsern  und  einem  Theile 
des  Belagerungsparkes  in  der  Nacht  zum  20.  aus  Brieg  angelangt  war. 

Walrave  liess  die  Besatzung  der  Schanze  am  Abend  ab- 
lösen und  das  Werk  während  der  Nacht  wieder  herstellen ;  die 
Festung  suchte  durch  das  Feuer  von  drei  Bastionen  dies  Vorhaben 
zu  hindern.  Da  am  21.  October  Früh  die  Preussen  das  Feuer  aus 
vier  Geschützen  aufnahmen,  wurde  dasselbe  aus  der  Festung  er- 
wiedert.  Nach  4  bis  5  Lagen  trat  jedoch  preussischerseits  Ruhe  ein. 
Auch  die  Festung  gab  nur  noch  einige  Schüsse  Nachts  auf  die 
Arbeiten,  welche  man  vornahm,  ab,  die  daraufhin  eingestellt  wurden. 
Die  Arbeiten  zur  Ableitung  der  Biele  am  Kupferhammer  wurden 
aufgegeben,  jedoch  an  der  Neisse-Mühle,  wo  sie  mehr  Erfolg  ver- 
sprachen, in  Angriff  genommen. 

Am  22.  Morgens  begann  der  Belagerer  erneuert  das  Feuer 
aus  seiner  Batterie  mit  vier  Geschützen,  dasselbe  verstummte 
beiderseitig  jedoch  schon  um  9  Uhr,  worauf  für  den  Rest  des  Tages 
Ruhe  eintrat.  Im  preussischen  Lager  übernahm  der  zum  General- 
Lieutenant  beförderte  Prinz  Dietrich  von  Anhalt  für  den 
Erbprinzen  Leopold  den  Befehl  über  das  Belagerungs-Corps. 
Ein  Cavallerie-Regiment  (Prinz  Friedrich)  winde  durch  2  Escadronen 
Nassau-Dragoner  und  150  Husaren  abgelöst;  ausserdem  trafen  noch 
vierzehn  24-Pfünder  mit  dem  Reste  des  Belagerungsparkes  ein.  Ein 
Garde-Bataillon,  das  in  Nowag  angelangt  war,  schloss  die  Festung 
auf  dem  linken  Neisse-Ufer  ein.  Der  grössere  Theil  der  Truppen 
des  Belagerungs-Corps  wurde  in  Quartiere  verlegt,  das  Zeltlager 
blieb  aber  stehen  und  war  mit  zwei  Infanterie-Regimentern  belegt, 
welche  von  den  cantonni  er  enden  Truppen  abgelöst  wurden. J) 


*)  Kriege  Friedrich    d.  Gr.  IT,     177    und  Relation    der    Belagerung    und 
Uebergabe  der  Stadt  Neisse  im  gräii.  Neipperg'schen  Archiv. 

Oesterreichischer  Erbfolgekrieg.  II.  Bd.  «^ 


530 

Das  Feuer  wurde  in  den  folgenden  Tagen  beiderseitig  nur 
schwach  fortgesetzt.  Am  27.  Abends  waren  preussischerseits  die 
Vorbereitungen  für  den  Beginn  der  eigentlichen  Angriffsarbeiten 
beendet. 

Unter  Bedeckung  eines  Infanterie-Bataillons  und  einer  Gre- 
nadier-Compagnie  wurde  im  Laufe  der  Nacht  die  Parallele  mit 
ihren  Verbindungsgräben  zwischen  Biele  und  Neisse,  sowie  eine 
grosse  Batterie  an  der  Biele  und  eine  kleine  an  der  Neisse  voll- 
endet. Die  grosse  Batterie  wurde  mit  sechs  öOpfündigen  Mörsern, 
vier  24-Pfündern  und  sechs  12-Pfündern  armiert.  Die  Festung 
beschoss  diese  Arbeiten  bis  zum  Anbruch  des  Tages,  war  aber  wegen 
Mangel  an  grösseren  Calibern  unvermögend,  dieselben  zu  verhindern. 
Die  preussischen  Batterien  eröffneten  nun  um  7  Uhr  Morgens  am 
28.  October,  im  Verein  mit  den  vier  12-Pfündern  der  Schanze  am 
Kreuzherren-Garten,  das  Feuer.  Die  Festung  erwiederte  lebhaft  von 
<;'  2  Uhr  Früh  bis  11  Uhr  Vormittags,  worauf  bis  1  Ulm  eine 
Pause  eintrat  und  um  2  Uhr  Nachmittags  das  Feuer  fortgesetzt 
ward.  Die  in  der  Schanze  am  Kreuzherrn  -  Garten  stehenden 
Geschütze  wurden  bald  genöthigt,  ihr  Feuer  einzustellen  und  ganz 
zurückgezogen.  Dagegen  wurde  die  grosse  Batterie  in  ihrer  Geschütz- 
ausrüstung  verstärkt  und  war  am  29.  October  mit  zehn  50 pfundigen 
Mörsern,  sechzehn  24pfündigen  Haubitzen  und  sechzehn  12pfündigen 
Kanonen,  die  kleine  Batterie  an  der  Neisse  mit  vier  40pfüncligen 
Mörsern  ausgerüstet. 

Am  Morgen  des  29.  October  nahmen  säinmtliche  Geschütze 
des  Belagerers  das  Feuer  gegen  die  Südwestfront  der  Festung  auf. 
Dasselbe  war  sehr  heftig  und  währte  ohne  Unterbrechung  bis 
nach  1  Uhr  Mittags,  es  verursachte  nicht  nur  auf  den  Courtinen 
und  am  Zoll-  und  Münsterberger-Thor,  sondern  auch  in  den  Kuchen 
und  an  den  Häusern  der  Stadt  beträchtlichen  Schaden.  In  der 
grossen  Batterie  des  Belagerers  flog  durch  das  Feuer  aus  der 
Festung  das  Munitions-Depöt  in  die  Luft,  wodurch  4  Kanoniere 
getödtet  und  20  schwer  verwundet  wurden.1) 

Der  preussische  Ingenieur-General  Walrave,  welcher  dir 
Belagerung  leitete,  hatte  an  diesem  Tage  dem  Oberstlieutenant 
Baron  K  rotten  dort'  sagen  lassen,  dass  ,,er  verhoffte,  der  Com- 
mandant  würde  auf  ein,  zwei  oder  drei  Officiers,  welche  dort  oder 
da  würden  gesehen  werden,  nicht  expresse  feuern  lassen,  indem 
sie    die  Arbeit    der  Batterien,    da    sie  mit  dem  Feuer  innehielten, 

2)  Kriege  Friedrich  d.  Grr,  II,  178. 


531 

zu  visitieren  herumritten,    wobei    sich  auch  öfters    der  König  und 

die  Prinzen  befänden",  dagegen  liess  er  versichern,  „dass  auf  die 
Gebäude  der  Stadt  weder  geschossen,  noch  viel  weniger  Bomben 
geworfen  werden  sollten,  es  sei  denn  unversehens,  welches  unver- 
meidlich wäre." 

Als  Krottendor f  sali,  dass  unmittelbar  darauf  diesen  Ver- 
sicherungen entgegengehandelt    wurde  und  er  sich  des  Eindruckes 
nicht  erwehren  konnte,  wie  „mit  besonderem  Fleiss  schier  alle 
Bomben    in    die  Stadt,    auch    sogar    auf    die    von    den    Batterien 
abgelegensten  Gassen  fielen",  schrieb  er  an  Walrave,  dass  „fast 
kein    einziges  Haus    oder    Kirche    in    der    ganzen  Stadt"    vor    dem 
Einfallen    der  Bomben    mehr    sicher    sei ;    er    begreife    zwar    wohl, 
dass     „ein    oder    anderes    Gebäude,    welches     den    "Werken     nahe 
gelegen,    sollte    getroffen    werden,    allein    man    könnte    aus    dieser 
Bombardierung    gar  leicht  abnehmen,    dass    es  aus  Versehen    nicht 
geschehe,    zudem     wäre     dem     General    Walrave     ja     bewusst, 
dass    der    Ruin     auch     einer     ganzen    Stadt     zur    Uebergabe     des 
Platzes    nichts    beitrage."    Hierauf   kam    nach    zwei    Uhr    die   Ant- 
wort,   dass    König    Friedrich    IL,    bei    dem    sich    der    General 
Walrave    befunden,    als  das  Schreiben   des  Oommandanten    von 
Neisse    anlangte,    sogleich    einen    Officier    zur    Batterie    mit    dem 
Befehle  entsendet  habe,  „die  Stadt  soviel  möglich  zu  menagieren." 
Das  Feuer    ruhte    dann    ungefähr  3A  Stunden,    worauf    es    wieder 
anfieng  und  bis  zum  Einbruch  der  Nacht,    wenn    auch  nicht  mehr 
so  heftig  als  vorher,    doch    aber    noch    immer    auf  die  Stadt  fort- 
gesetzt wurde.  Der  Commandant  liess  in  der  Nacht  das  beschädigte 
Parapet    und    die  "Werke    ausbessern,    was    aueh    bis  Tagesanbruch 
vollständig  gelang.  x) 

Am  30.  October  Früh  8  Uhr  meldete  sich  Oberst  von  Borcke, 
Adjutant  des  Königs,  um  mit  dem  Commandanten  zu  sprechen, 
dem  er  Folgendes  mittheilte:  „Es  lassen  S.  M.  der  König  dem 
Herrn  Commandanten  sagen,  dass,  nachdem  S.  M.  den  Ort  bis 
anher  attaquiert,  er  denselben  gegen  eine  honorable  Capitulation 
übergeben  möchte,  sonst  würden  S.  M.  genöthigt  sein,  mit  grösserer 
Schärfe  den  Platz  anzugreifen  und  alsdann  weder  die  Garnison, 
noch  die  Stadt  einige  Capitulation  zu  hoffen  haben  würde."2) 

Oberstlieutenant  Baron  Krottendor!'  erklärte  dem  preus- 
sischen  Obersten,    er    müsse    vor  Allem  die  Meinung  der  Officiere 


J)  Eelation  der  Belagerung  der  Stadt  Neisse.  (Grätl.  Neipperg'sches  Archiv.) 
2)  Ebenda. 

:34* 


532 

der  Garnison    einholen  und  ersuchte  denselben,    sich    insolange  zu 
gedulden,  bis  deren  Resolution  festgestellt  sei. 

Der  Festuno-s-Commandant  liess  nun  neun  Officiere  aller 
"Waffen  zu  sich  entbieten  und  berathschlagte  über  das  an  ihn 
gestellte  preussische  Verlangen,  „zeigte  selbigen  seine  Instruction 
vor  und  proponierte  ihnen,  wie  dass  die  "Werke  der  Festung  in  voll- 
kommenem Stand  und  das  Wenige,  so  unter  Tags  ruiniert  wurde, 
bei  der  Nacht  leicht  wieder  repariert  werden  könnte,  sich  auch 
einigermassen  auf  des  Generals,  Walrave  Schreiben  zu  verlassen 
Aväre,  dass  der  Feind  doch  wenigstens  nicht  so  stark  auf  die  Stadt 
die  Bomben  werfen  würde,  mithin  gar  keine  Noth  vorhanden  sei, 
den  Platz  zu  übergeben."  Es  wurde  bei  dieser  Berathung  dann 
einstimmig  die  folgende,  Seitens  des  Festungs-Cömmandanten  dem 
Obersten  von  Borcke  zu  gebende  Antwort  beschlossen:  „Ich 
sowohl,  als  die  sämmtliche  Garnison  finden  nicht,  dass  nach 
unserer  habenden  Ordre  wir  den  Platz  dermalen  zu  übergeben 
verantworten  könnten  und  verhoffen,  dass  S.  M.  der  König  selbst 
Gnädigst  considerieren  werden,  dass  ein  jeder  ehrliche  Officier  an 
seinen  vorgeschriebenen  Befehl  genau  sich  zu  halten  verbunden  sei." 

Oberst  von  Borcke  verliess  mit  diesem  Bescheid  um 
11  Uhr  Vormittags  die  Festung  und  um  12  Uhr  Mittags  begann 
der  Belagerer  das  Feuer  ,, sowohl  aus  Kanonen,  als  Mörsern  und 
Haubitzen".  Bis  5  Uhr  Abends  wurden  nicht  nur  die  Werke  der 
Festung,  das  Zoll-  und  Münsterb erger-Thor,  ,, sondern  auch  die 
Gebäude  der  Stadt"  unaufhörlich  beschossen. 

Während  des  stärksten  Bombardements,  als  sich  gerade  der 
Festungs-Commandant  bei  dem  Präsidenten  Baron  Keller  befand, 
„kam  der  Bürgermeister  Eisenkolb  mit  Vermelden,  dass  die 
sämmtliche  Bürgerschaft,  welche  allda  versammelt  war,  vorstellig 
mache,  dass  sie  bereit  und  willig  wären,  für  J.  M.  unsere  Aller- 
miädm-ste  König; in  Leib  und  Leben  bis  auf  den  letzten  Bluts- 
tropfen  aufzuopfern,  soferne  ihnen  der  Commandant  versichern 
wolle,  den  Platz  und  die  Stadt  dem  Feind  niemals  zu  übergeben 
und  in  solchem  Fall  sie  gar  zufrieden,  dass  alle  ihre  Häuser 
zusammengeschossen  und  zu  einem  Steinhaufen  ruiniert  würden, 
ihr  Halt  und  Gut  völlig  zugrunde  gienge,  weder  an  AVeib,  noch 
Kinder  mehr  gedenken,  sondern  Alles  gern  hintansetzen  wollten. 
Man  solle  ihnen  nur  gestatten,  den  AVall  zu  besetzen  und  solchen 
auf  das  At'iisserste  bis  zum  gänzlichen  Untergang  der  Stadt  zu 
defendieren." 


533 

Der  Commandant  antwortete  dem  Bürgermeister  auf  dieses 
wahrhaft  heldenhafte  Erbieten  der  treuen  und  loyalen  Bewohner 
der  Stadt,  dass  er  schon  bei  Beginn  der  Belagerung  von  der 
Bürgerschaft  in  All'  und  Jedem  blinden  Gehorsam  verlangt  habe, 
„mit  der  Versicherung,  dass  Alles,  was  geschehen  solle  oder  werde, 
zu  J.  M.  unserer  Allergnädigsten  K  ö  n  i  g  i  n  und  Frau  Allerhöchstem 
Dienst  und  Vortheil  geschehen  würde  und  müsse,  mithin  sie  niemals 
weder  mehr,  noch  weniger  als  von  dem  Commandanten  anverlangt 
werden  sollte,  zu  thun  hätten."  Da  sie  dies  damals  gelobt,  so 
möchten  sie  in  gleicher  Weise  fortfahren  und  dadurch  die  bisher 
stets  in  vollem  Masse  an  den  Tag  gelegte  Treue  für  die  Monarchin 
fortsetzen  und  bethätigen. 

Auf  diese  von  dem  Bürgermeister  mitgetheilte  Antwort 
„giengen  sie  ganz  geduldig  und  resigniert  gleich  auseinander". 

Der  Commandant  besichtigte  die  dem  Feuer  an  diesem  Tage 
ausgesetzt  gewesenen  Werke  und  fand  diese,  sowie  einige  Ge- 
schütze beschädigt;  jedoch  lag  die  Möglichkeit  vor,  diese  Schäden 
während  der  Nacht  auszubessern.  Die  Zerstörung  in  der  Stadt, 
besonders  der  Zoll-  und  Münsterberger-Gasse  war  jedoch  sehr 
bedeutend,  da  während  der  letzten  zwei  Tage  hundert  und  einige 
sechzig  Bomben  in  die  Kirchen  und  Häuser,  ungerechnet  jener 
auf  den  Strassen  und  Plätzen,  gefallen  waren. 

Oberstlieutenant  Baron  Krottendorf  liess  desshalb  die 
Officiere  zu  erneuerter  Beratschlagung  zusammentreten,  während 
preussischerseits  um  7  Uhr  Abends  das  Bombardement  von  Neuem 
begann. 

Eine  auf  das  Dach  eines  grösseren  Gebäudes  inmitten  der 
Stadt  fallende  Bombe  zerstörte  das  ganze  Haus  und  verwundete 
einige  von  dessen  Bewohnern. 

Der  Rath  der  Officiere  beschloss,  um  die  brave  und  treue 
Bürgerschaft  zu  schonen  und  nachdem  voraussichtlich  der  Feind 
mit  dem  Bombardement  die  Nacht  hindurch  fortfahren  werde,  in 
Verhandlungen  mit  dem  Belagerer  einzutreten,  obschon  nach  der 
erhaltenen  Instruction  des  FM.  Grafen  Neipperg  „der  Platz  sich 
14  Tage,  vom  ersten  feindlichen  Stückschuss  an  gerechnet,  halten 
solle  und  den  fünfzehnten  darauf  der  Ort  übergeben  werden  müsse," 
dem  Ermessen  des  Commandanten  allerdings  überlassen  blieb,  „vor 
obiger  Zeit,  dafern  der  König  in  Preussen  dem  Ort  allzusehr 
zusetze",  zu  oapitulieren. 

In  Erwägung  wurde  dabei  gezogen,  dass  eine  Fortsetzung 
des  Bombardements     ,, durch    die  noch  determinierten  übrigen  drei 


534 

Tage"  die  Stadt  vollständig  zugrunde  richten  müsse.  *)  In  weiterer 
Folge  dessen  wurden  zwei  Hauptleute  der  Garnison  in  das  preus- 
sische  Lager  entsendet,  um  König  Friedrich  II.  eine  Uebergabe 
in  drei  Tagen,  also  am  2.  November  vorzuschlagen,  um  so  der 
Intention  des  Königs  sich  zu  accomo eueren  und  dabei  den  erhaltenen 
Instructionen  zu  entsprechen.  Die  beiden  Hauptleute  wurden  im 
Bereiche  der  preussischen  Aufstellung  zuerst  zum  Oommandanten 
der  Belagerungs-Truppen,  dem  Prinzen  Dietrich  von  Anhalt 
geführt,  der  sie  in  das  Hauptquartier  des  Königs  nach  Neunz  escor- 
tieren  Hess. 

Vorsichtshalber  hatte  Krottendorf  indessen  in  der  Nacht 
die  Schäden  der  Werke  wieder  ausbessern  lassen,  welche  auch  vor 
Tagesanbruch  wieder  in  guten  Stand  gesetzt  waren.  Am  31.  October, 
3  Uhr  Morgens,  kamen  die  beiden  in  das  preussische  Hauptquartier 
gesandten  Hauptleute,  begleitet  von  dem  preussischen  Obersten 
von  Borcke  und  dem  Hauptmann  von  Sydow,  in  die  Festung 
zurück.  Oberst  von  Borcke  erklärte,  dass,  wie  dem  Oomman- 
danten ohnedem  bekannt  sei,  kein  Entsatz  zu  erwarten,  „welches 
der  König  schriftlich  geben  wolle",  dass  aber  dem  Könige  „eine 
besondere  Gefälligkeit  geschähe,  er  auch  den  Oommandanten  hierum 
ersuchen  lasse,  umso  mehr,  als  es  auf  ein  paar  Tage  nicht  ankomme, 
den  Platz  den  1.  November  S.  M.  zu  übergeben,  d erohalben  auch 
sowohl  für  die  Garnison,  als  Stadt  die  honorabelste  Capitulation 
offeriere." 

Oberstlieutenant  Baron  K  r  o  1 1  e  n  d  o  r  f  erklärte,  er  werde 
bei  Tagesanbruch  die  Ofnciere  der  Garnison  zur  Berathung  zusammen- 
berufen  und  liess  den  preussischen  Officieren  indessen  ein  Quartier 
neben  dem  seinigen  anweisen. 

Bei  der  Beratschlagung  der  Ofnciere  wurde  denselben  die 
Instruction  des  FM.  Graf  N  e  i  p  p  e  r  g  für  den  Festungs-Comman- 
i  lauten  nochmals  vorgelesen,  worauf  einstimmig  beschlossen  wurde, 
auf  die  Capitulation,  deren  Fassung  dem  Oommandanten  überlassen 
blieb,  einzugehen.  Kr  o  tt  e  n  d  o  r  f  theilte  diesen  Beschluss  dem 
preussischen  Obersten  mit,  worauf  man  zur  Ausarbeitung  der  Capi- 
tulations-Puncte  schritt. 


J)  Dass  die  Stadt  sehr  gelitten  hatte,  gestand  der  König  von  Preussen 
selbst  zu.  Anlässlich  der  Mittheilung  der  Uebergabe  von  Neisse  schrieb  er 
dem  Churfürsten  von  Bayern:  „Die  Bomben  haben  zu  meinem  grossen  Leid- 
wesen entsetzlichen  Schaden  angerichtet".  Neisse,  2.  November  17-41.  Polit. 
Corresp.  I,  Nr.  5S1. 


535 

Da  B  orcke  eine  Vollmacht  zum  Abschluss  der  Oapitulation 
nicht  besass,  sandte  er  den  Hauptmann  von  Sydow  mit  der 
Nachricht  von  der  Zustimmung  zur  vorzeitigen  Oapitulation, 
sowie  mit  der  Bitte  um  eine  Vollmacht  an  König  Friedrich  II. 
ab.  Sydow  kehrte  um  3  Uhr  Nachmittags  zurück  und  die  Capi- 
tulations-TJrkunde  wurde  nun  gegen  Abend  von  beiden  Theilen 
unterschrieben.  J) 

Am  1.  November  10  Uhr  Vormittags  ward  in  Folge  dessen 
das  Zoll-Thor  von  einer  preussischen  G-renadier-Compagnie  besetzt, 
mit  dieser  kam  Oberst  von  Borcke  und  Oberst  Graf  Haacke 
in  die  Stadt,  welch'  letzterer  dem  Festungs-Commandanten  eröffnete, 
dass  der  König  von  Preussen  es  gerne  sehen  würde,  wenn  er  mit 
der  Garnison  noch  am  selben  Tage  gegen  3  Uhr  ausmarschiere. 
Krottendorf  erklärte,  dass  dies  unmöglich  sei  und  er  auch  gar 
keine  Lust  habe,  mit  der  Garnison  in  die  Nacht  hineinzumarschieren, 
wesshalb  der  Ausmarsch  auf  den  2.  November  angesetzt  wurde. 

Am  2.  November  wurden  nach  der  Tagwache  alle  Posten 
eingezogen  und  sämmtliche  Truppen  der  Garnison  formierten  sich 
auf  dem  Paradeplatz  zum  Abmarsch,  der  mit  kriegerischen  Ehren 
und  unter  klingendem  Spiele  erfolgte. 

Die  Vorhut  bildete  die  Hälfte  der  Croaten,  die  von  dem 
bisherigen  Platz-Major  Baron  von  Moltke  und  dem  zur  Escorte 
bis  an  die  mährische  Grenze  mitgegebenen  preussischen  Major 
von  Sydow  des  gleichnamigen  Infanterie-Regiments,  beide  mit 
gezogenem  Degen,  geführt  wurden.  Dann  folgten  vier  ßpfündige 
und  zwei  lOpfündige  Falkaunen,  vertragsmässig  mit  600  Schuss 
dotiert,  dann  der  Commandant  Oberstlieutenant  Baron  Krotten- 
d  o  r  f,  die  deutsche  Infanterie,  die  Invaliden,  die  Bagagewagen 
und  als  Nachhut  die  andere  Hälfte  der  Croaten. 

Die  Colonne  marschierte  um  die  Werke  der  Stadt,  durch  die 
abgebrannte  Vorstadt,  an  deren  Ende  König  Friedrich  IL,  um- 
geben von  den  Prinzen  und  sämmtlichen  Generalen,  vor  dem  Gre- 
nadier-Bataillon seines  Leib-Regiments  und  2  Grenädier-Compag- 
nien  des  Fürst  Anhalt-Dessau'schen  Infanterie-Regiments  auf  der 
rechten  Seite  der  ausmarschierenden  österreichischen  Truppen  hielt, 
auf  der  anderen  Seite  der  Strasse  standen  zwei  Bataillone  Sydow, 
zwei  Bataillone  Prinz  Heinrich  und    zwei  Bataillone  Prinz  Bevern. 


')  Die  Oapitulation,    sowie     die    auf  die  Uebergabe  der   Festung-  bezug- 
hab enden  Documente  Anhang  LXI. 


536 

Die  Musik  dieser  Truppen,  welche  präsentierten,  spielte,  bis  die 
ganze  Colonne  vorüber  war. 

Als  der  bisherige  Festungs-Commandant  vor  dem  König 
Friedrich  II.  salutiert  hatte,  ritt  dieser  auf  ihn  zu,  nahm  dun 
Hut  ab  und  sagte:  ,.Es  thut  mir  leid,  dass  ich  in  einer  solchen 
Gelegenheit  die  Ehre.  Sie  kennen  zu  lernen,  gehabt  habe"',  worauf 
Oberstlieutenant  Baron  Krottendorf  antwortete:  „Dass  ich  die 
Ehre  gehabt  habe,  diesen  Platz  gegen  E.  M.  Waffen  zu  defendieren, 
kann  mich,  da  ich  ihn  nun  übergeben,  allein  consolieren,  wann  ich 
E.  M.  Estime  andurch  habe  meritieren  können."  Der  König  hörte 
dies  mit  abgenommenem  Hute  an,  salutierte  dem  Conimandanten 
und  ritt  wieder  zurück. 

Die  Garnison  und  Bagagen  setzten  ihren  Marsch  vorläufig 
nach  Olmütz  fort,  ohne  Deserteure  oder  Ueberläufer  zu  verlieren.  aj 
Krottendorf  hatte  am  1.  November  bereits  durch  einen,  mit 
einem  Berichte  und  der  Abschrift  der  geschlossenen  Capitulation 
an  FM.  Grafen  N  e  i  p  p  e  r  g  abgesendeten  Officier  gemeldet,  dass 
,, nachdem  wider  allen  meinen  Willen  vor  der  determinierten  Zeit, 
um  den  Untergang  der  ganzen  Stadt  zu  vermeiden,  zu  capituliereii 
bin  genöthigt  worden",  er  am  9.  zu  Hof  in  Mähren  eintreffen 
werde.  -) 

Der  Armee-Commandant  befahl  in  Folge  dessen  dem  Oberst- 
lieutenant Baron  Krotte  n  d  o  r  f,  von  Olmütz  nach  Fratting  zur 
Armee  zu  marschieren,  die  Invaliden  nach  Freudenthal  zu  verlegen, 
den  bisher  dort  garnisonierenden  Oberstlieutenant  von  S  c  h  m  i  d  t 
mit  seinem  Commando,  ausser  den  Husaren,  an  sich  zu  ziehen, 
Artillerie  und  Munition  vorläufig  in  Olmütz  zu  deponieren,  die 
Artillerie-Officiere  und  Mannschaft  aber  sofort  nach  Fratting  zur 
Armee  in  Tag-  und  Nachtmärschen  mittelst  Vorspann  abzusenden. 3) 

Zwei  preussische  Regimenter  hatten  alsbald  Neisse  besetzt, 
zu     dessen     Commandanten     GM.    Walrave     ernannt     und     mit 


J)  Relation  der  Belagerung  etc.  Die  Garnison  kann  also  nicht  so  schlecht 
gewesen  sein,  wie  König  Friedric  h  sie  nach  der  Uebergabe  dem  Chur- 
fürsten  von  Bayern  schildert:  „Die  Garnison  war  aus  dem  Abschaum  der 
Menschheit  zusammengesetzt  und  die  Officiere  haben  mir  von  sehr  mittel- 
mässigem  Verdienst  geschienen."  Polit.  Corresp.  I,  Nr.  581. 

2)  Oberstlieutenant  Baron  Krottendor  f  an  FM.  Grafen  N  e  ip  p  e  r  g. 
Neisse  1.  November  174-1.  (Gräfl.  Neipperg'sches  Archiv.) 

8)  FM.  Graf  N  e  i  p  p  e  r  g  an  Oberstlieutenant  Baron  K  r  o  1 1  e  n  d  o  r  f, 
Weimisslitz.  4.  November  1741.  (Gräfl.  Neipperg'sches  Archiv.) 


537 


sofortiger  Wiederherstellung    der  Werke,    sowie    mit    Vorschlägen 

für  die  Erweiterung  derselben  beauftragt  wurde. 

Die  Regimenter,  welche  bei  der  Belagerung  in  Verwendung 
gestanden,  rückten  in  die  ihnen  als  Winter-Quartiere  angewiesenen 
Unterkunftsorte  ;  der  Artilleriepark  kam  nach  Neisse  und  Brieg, 
die  in  Nieder-Schlesien  bequartierte  Infanterie  musste  ihre  Ge- 
schütze in  die  Festungen  abliefern.  In  Ober-Schlesien  blieb  die 
Artillerie  bei  den  Regimentern.  Die  am  weitesten  gegen  die 
mährische  Grenze  vorgeschobenen  Abtheilungen  des  Truchsess- 
Posadowsky'schen  Corps  wurden  mit  der  Beobachtung  der  öster- 
reichischen Grenzposten  beauftragt. 

Schlesien  war  in  zwei  Befehlsbezirke  getheilt  worden.  In 
Nieder-Schlesien  commandierte  der  Gouverneur  von  Breslau,  General- 
Lieutenant  von  der  Marwit  z,  in  Ober-Schlesien  FM.  Schweri  n. 
Erbprinz  Leopold  von  Anhalt  hatte,  im  Gegensatz  zu  den 
vereinbarten  Stipulationen  von  Klein-Schnellen  dorf,  am  22.  October 
Befehl  erhalten,  mit  10  Bataillonen,  38  Escadronen  und  20  Ge- 
schützen in  das  nördliche  Böhmen  einzurücken.  J) 

König  Friedrich  IL  verliess  am  23.  November  die  Armee 
und  begab  sich  nach  Breslau. 

Er  hielt  sich  nun  für  berechtigt,  die  Huldigung  der  Stände 
Schlesiens,  so  weit  er  das  Land  in  Besitz  hatte,  am  7.  November  1741 
in  der  Landeshauptstadt  zu  empfangen.  In  dem  Convocations- 
Patente  vom  2.  October  1741  wurde  das  Recht  hiezu  auf  „den 
Segen  der  göttlichen  Vorsehung  über  die  gerechtesten  Waffen 
des  Königs  zur  Vindicierung  des  von  seinen  Vorfahren  rechtmässig 
erworbenen  Eigenthums  verschiedener  Fürstenthümer  und  Herr- 
schaften Schlesiens  und  auf  den  Schadenersatz  für  das  Vorenthaltene" 
begründet.  2) 


*)  Kriege  Friedrieh  d.  Gr.  II. 

2)  Menzel,  Neuere  Geschichte  der  Deutschen,  X,  4o7. 


Anhang, 


Li. 

Königlich  prenssische  Declaration,  die  Einrückung  in  die 
schlesisehen  Lande  botreifend. 

(Vom  13.  December  1740.)  J) 

Indem  der  König  seine  Truppen  in  Schlesien  einrücken  Hess,  war  er 
von  gar  keinen  Absichten  gegen  den  Wiener  Hof  und  noch  weniger  davon 
beseelt,  die  Ruhe  des  Reiches  gefährden  zu  wollen.  Seine  Majestät  glaubte 
sich  verpflichtet,  zu  diesem  Mittel  seine  Zuflucht  zunehmen,  um  die  unantast- 
lichen  Rechte  seines  Hauses  auf  dieses  Herzogthum  in  Anspruch  zu  nehmen, 
begründet  auf  alte  Familienverträge  und  die  Verbrüderung  zwischen  den  Chur- 
fürsten  von  Brandenburg  und  den  Fürsten  von  Schlesien,  sowie  auf  noch 
andere  ansehnliche  Ansprüche. 

Die  obwaltenden  Umstände  und  die  begründete  Furcht,  sich  überflügelt 
zu  sehen  von  Jenen,  welche  Ansprüche  auf  die  Erbfolge  des  verstorbenen 
Kaisers  erheben,  verlangten  Raschheit  in  dieser  Unternehmung  und  Gewalt  in 
der  Ausführung.  Wenn  aber  auch  diese  Gründe  dem  Könige  nicht  erlaubten, 
sich  darüber  mit  der  Königin  von  Ungarn  und  Böhmen  im  Vorhinein  auf- 
zuklären, werden  sie  niemals  S.  M.  verhindern,  sich  immer  die  Interessen  des 
Hauses  Oesterreich  angelegen  sein  zu  lassen  und  der  stärkste  Halt  und  die 
stärkste  Stütze  zu  sein,  in  allen  Gelegenheiten,  die  sich  darbieten  werden. 

14. 

Patent. 2) 

Wegen    des    Einmarsches    Sr.   königl.    Majestät  in    Preussen  Truppen    in    das 

Herzogthum  Schlesien. 

Wir,  Friedrich,  von  Gottes  Gnaden  König  in  Preussen  etc.  etc.  ent- 
bieten denen  sämmtlichen  Einwohnern  des  Herzosthums  Schlesien  und  dessen 


')  K.  A.,  Oesterreich.  Successionskrieg  1741.  XII.  ad  (ib.  Veröffentlicht  auch  in 
„Preussische  Staats-Schriften"  I,  62.  (In  französischer  Sprache.) 

'-)  Copien  im  Kriegs-Archive.  Ocsterreichischer  Erbfolgekrieg  1710 ;  XII,  1  i\  im 
Archive  des  k.  k.  Ministeriums  des  Innern  ad  VII,  Nr.  1  v.  J.  1741,  Schlesien.  Abgedruckt 
in  „Preussische  Staats-Schriften",  I,  69.  Ueber  die  Verfassung  des  Patentes  und  dessen 
Datierung  siehe  die  einleitende  Bemerkung  ebenda  67, 


542 

incorporierter  Fürstenthümer  und  Landen,  wess  Standes  und  Würden  sie  sein, 
Unsern  Gnädigen  Gruss  und  geneigten  Willen  zuvor. 

Demnach  es  dem  Allerhöchsten  gefallen,  weiland  Se.  Kaiserl.  Majestät 
aus  dieser  Zeitlichkeit  abzufordern  und  dadurch  das  Reich  sowohl,  als  das 
Durchl.  Erzhaus  Oesterreich  seines  Oberhauptes  zu  berauben,  mithin  letzteres 
Avegen  der  an  desselben  Succession  bei  nunmehro  gänzlicher  Erlöschung  des 
Mannsstammes  geschehenen  Ansprüche  vielen  gefährlichen  Weiterungen  zu 
exponieren,  welche  sich  zum  Theil  schon  geäussert,  theils  auch  in  voller 
Flamme  auszubrechen  im  Begriff  zu  sein  scheinen,  solches  unter  andern  das 
Herzogthum  Schlesien,  an  dessen  Conservation  und  Wohlstande  Wir  bishero 
umso  viel  mehr  Theil  genommen,  dass  selbiges  Uns  und  Unseren  Reichslanden 
zur  Sicherheit  und  Vormauer  dienen  muss,  leicht  mit  ergreifen  und  von  den- 
jenigen, so  an  die  Erblande  des  Hauses  Oesterreich  einige  Prätension  zu  haben 
vermeinen,  darin  zu  Unserm  und  Unserer  angrenzenden  Landen  äussersten 
Präjudiz  und  Nachtheil  eigenmächtige  und  gewaltsame  Possession  genommen 
werden,  mithin  das  hiernächst  dieserhalb  ausbrechende  Kriegsfeuer  Unsere 
Grenzen  mit  ergreifen  und  Uns  Selbst  nicht  in  geringe  Gefahr  setzen  könnte  : 
so  haben  Wir  zu  Abwendung  aller  solcher  besorglichen  Suiten  und  zur  nöthigen 
Defension  der  von  Gott  Uns  anvertrauten  Lande  und  Leute,  bei  der  bevor- 
stehenden grossen  Gefahr  eines  allgemeinen  Krieges  nach  denen  in  aller 
Völker  Rechten  erlaubten  Principiis  einer  nothwendigen  Verteidigung  und 
um  verschiedenen  theils  verborgenen,  theils  auch  genugsam  sich  bereits  ge- 
äusserten, Uns  aber  zum  Höchsten  präjudicierlichen  Absichten  vorzukommen, 
wie  auch  aus  anderen  triftigen  und  wichtigen  Ursachen,  welche  Wir  zu  seiner 
Zeit  manifestieren  nicht  unterlassen  werden,  Uns  genöthigt  gesehen,  Unsere 
Truppen  in  das  Herzogthum  Schlesien  einrücken  zu  lassen,  mithin  dadurch 
selbiges  vor  allem  besorglichen  anderweitigen  An-  und  Einfall  zu  decken. 

Und  gleich  wie  dieses  keines  Weges  in  der  Intention  geschehen,  um  Ihro 
königl.  Majestät  von  Ungarn  zu  beleidigen,  als  mit  welcher  und  dem  Durch- 
lauchtigen Erzhause  Oesterreich  Wir  vielmehr  alle  genaue  Freundschaft  zu 
ixnterhalten  und  desselben  wahres  Beste  und  Conservation  zu  befördern,  nach 
demExempel  Unserer  glorwürdigsten  Vorfahren  an  der  Krone  und  Chur  eifrigst 
wünschen,  auch  welcher  Gestalt  solches  Unsere  einzige  Absicht  bei  dieser 
Sache  sei,  mit  der  Zeit  sich  von  selbst  genugsam  zeigen  wird,  wie  Wir  denn 
darüber  mit  höchstgemeldter  Ihro  königl.  Majestät  Uns  zu  explicieren  und 
zu  vereinständigen  wirklich  im  Begriff  sind  :  als  können  alle  und  jede  des 
Herzogthums  Schlesien  und  dessen  incorporierter  Provinzen  und  Landen  Ein- 
wohner, wess  Standes  oder  Würden  sie  seien,  sich  versichert  halten,  dass  die- 
selben von  Uns  oder  Unseren  Truppen  nichts  Feindliches  zu  besorgen,  sondern 
vielmehr  bei  allen  und  jeden  ihren  wohlhergebrachten  Recht  und  Gerechtig- 
keiten, Freiheiten  und  Privilegien,  in  plublicis  et  privatis,  in  ecclesiasticis  et 
politicis,  welcher  Religion,  Standes  und  Würden  dieselben  sein  können  oder 
mögen,  Unserer  königlichen  Protection  und  mächtigen  Schlitzes  sich,  wie  sie 
es  immer  wünschen  und  verlangen  können,  zu  erfreuen  haben  sollen.  Wie 
Wir  denn  auch  bei  Unseren  Truppen  solche  gute  Mannszucht  und  Disciplin 
halten  zu  lassen  gesonnen,  dass  Niemand  durch  dieselben  molestieret  und  be- 
unruhiget, noch  weniger  aber  in  dem  Besitz  des  Seinigen  gestöret  werden  soll. 

Dagegen  Wir  aber  auch  zu  ihnen  des  Allergnädigsten  Vertrauens  leben, 
dass  gleichwie   Wir    aus    keinem    feindlichen    Gemüth  und    Absehen,    sondern 


543 

Vielmehr  zu  ihrem  eigenen  Besten  und  Erhaltung  des  ihnen  sowohl,  als  uns 
so  nöthigen  Ruhestandes  ihres  Vaterlandes  Uns  ihnen  genähert,  dieselben, 
sicli  nicht  beifallen  lassen  oder  unterstehen  werden,  bei  solchen  von  Uns  so 
Gnädigst?  geschehenen  Aeusserungen  und  freundnachbarlichem  Betragen  sich 
gegen  Uns  oder  die  Unsrigen  auf  einige  Art  zu  vergreifen  und  etwas  vor- 
zunehmen, welches  Uns  hiernächst  wider  Unsern  Willen  zu  anderen  Mesures 
zu  schreiten  zwingen  und  nöthigen  dürfte,  als  welches  dieselben  nebst  allen 
daraus  entstehenden  üblen  Suiten  und  Folgerungen,  sich  lediglich  sodann  bei- 
zumessen haben  würden. 

Urkundlich  unter  Unserer  eigenhändigen  Unterschrift  und  vorgedrucktem 
Königlichem  Insiegel.  Gegeben  in  Unserer  Residenz  zu  Berlin,  den  1.  De- 
cembris  1740. 

(L-  S-)  F  r  i  e  d  r  i  c  h. 

H.  v.  P  o  d  e  w  i  1  s. 


II. 

General-Tabelle 

iibei    den  damaligen  Stand  der  Infanterie-  und  Cavallerie-Regimenter. 

(Wien,  5.  November  1740.)  l) 


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Stand 


Alt- Wallis    .    . 
Livingstein 
Traun    .... 
Diesbacb  .    .    . 
Wacbtendoiik 
Suckow  vacat 
Deutscbmeister 
Vettes   .... 
Gyulay      .    .    . 
Leopold  Pälffy 


Summe 


Neipperg  .    .    . 
Hildlmrghausen 
Pallavicini    .    . 


Summe 


Max  Starbemberg 
Seckendoi'ff     .    . 
Marulli      .... 
Schmettau    .    .    . 


Transpoit 


IG 

20 

25 

22 

4 

34 
51 
10 


i 

8 
15 


24 
is 


1748 

1748 


18G3 
1929 
17:^7 
1610 
l'.lll 
1725 
1875 
1535 
1197 
1202 


437 
371 
503 
690 
389 
575 
425 
705 
1103 
1098 


16584 


0410 


1954 
1948 
1916 


346 
352 

384 


581.8 


1082 


1751 
1741 


1703 
1127 
1010 
1087 


537 
1173 

090 
1213 


5587 


3013 


Summe 

des  com- 

pleten 

Standes 


2300 
2300 
2300 
2300 
2300 
2300 
2300 
2300 
2300 
2300 


230(1!) 


2301) 
2300 
2300 


6900 


2300 
2300 
2300 
2300 


9200 


')  K.  A.,  Oesterr.  Successions-Krieg  1740;  XI,  1. 


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Standes 


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Transport 
Wurmbrand     . 
Thüngen  .    .    . 
Göldy    .... 
Moltke  .... 
Alt-Wolfienbüttel 
Bayreuth      .    .    . 
Wenzel  Wallis  vac 

(Leopold  Dann) 
Baaden-Baaden  . 


Summe  . 


57 


29 

41 

59 


1809  als 

Nr.  5n 


1747 

1809  als 
Nr.    13 


ISO!)  als 
Nr.  fo 


5587 
1018 
1020 

:  »51 ) 
1031 
1005 

834 

1930 

lb03 


3613 
1282 
1280 
1350 
1269 
1295 
1466 

370 
397 


15278 


1232:: 


9200 
2300 
2300 
2300 
2300 
2300 
23HO 

2300 
2300 


27600 


SD 
U 

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© 


Vasquez  .  . 
Waldeck  .  . 
Sühulenburg 
Platz      .    .    . 


35 
21 


1796  als 
Nr.  18 


1809  als 
Nr.  43 


2043 
1942 
1264 
1173 


257 

358 

1036 

1127 


Summe 


0422 


2778 


2300 
2300 
2300 
2300 


9200 


Jung-Daun 


Walsegg 

Damnitz 


1809  als 
Nr.    li 


49 

40 


1396 
1065 
1990 


734 

1)35 
10 


Sumiin. 


4321 


1679 


2000 
2000 
2000 


6000 


CD 

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03 


03 
*3 


Arenberg  .  .  . 
Heister  .... 
O'Nelly     .... 

Salm 

J  ung-Wolffenhüttel 
De  Los  Bios  .    . 

Ligne    

Prie 


28 

42 

14 

10 

9 

30 


1748 


1809  als 
Nr.   38 


1260 
1011 

1384 
1299 

1494 
1380 
1205 
1542 


750 
1289 
916 
1001 
806 
620 
795 
458 


Summe 


10865 


6635 


2300 
2300 
2300 
2300 
2300 
2000 
2000 
2000 


17500 


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h— 1 

Hessen-Cassel 
O'Gilvy  .    .    . 
Carl  Lothringen 
Kolowrat    .    . 
Grünne    .    .    . 
Harrach  .    .    . 
Wenzel  Wallis 
Botta  .... 
Browne  .    .    . 


27 

3 
17 
26 
47 
11 
12 
36 


1748 


1184 
1766 

1105 
1205 
121-1 
2075 
1530 
1160 
1535 


1116 

654 

1195 

1035 

1086 

225 

701 

1140 

705 


Transport 


Ocstorreiohisclior  Erbfblgekrieg.  11.  lad 


12. 843 


7077 


23tio 
21-20 
2000 
2300 
2300 
2300 
2300 
2300 
2300 


20.820 
35 


546 


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Franz  Lothringen 

Alt -Dann    .... 
Königsegg     .    .    . 

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54 

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12.843 

1010 

1400 
1112 

7977 
1290 

901) 
1188 

20.820 

2300 

2300 
2300 

Summe  .    .    .  | 

16365 

11355 

27720 

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Berlichingen 


Saohsen=Gotha 


Ha  vor 
Baranyai 


Summe 


Johann  Pälff 
Caraffa    .    . 
Lubomirsky 
Seherr     .    . 
Hohenzollern 
Birkenfeld 
Lanthieri    . 
Hohenems 
Diemar   .    . 
Podstatzky 
Carl  Pälffy 
Bernes    .    . 
St.  Ignon  . 

Summe 


Drag.-K.  Nr.  6     — 
1768 


Uhlan.-E.  Nr.  8 


Husar.  -R.Nr.  4     — 
Husar. -R.Nr  S 


Effectiver 

Stand 


Mann  Pferde 


Abgang 

vom 

completen 

Stand 


M.   Pf 


787 


557 


826  207 


1000 


746 

731 


1009 


759 
697 


307 
286 


94 


254 
269 


Summe  des 

completen 

Standes 


Mann  Pferde 


537 

827 


85 


241 
303 


1094 

101)4 


1004 


KHK! 
1000 


1004 
1094 


1094 


looo 
1000 


4090  328911921993 


Drag.-K..  Nr.  2 
Drag.-E.  Nr.  I 


Drag.-E.  Nr.  8 


Drag.-E.  Nr.  7 


1801 

1768 


lfcOl 
1775 

1775 

1801 

1768 
1775 

1775 


596 

806 
870 
733 
7Ö7 
860 
77f) 
744 
NGO 
860 
815 
658 
738 


534 

751 

809 

721 

674 

738 

747 

691 

704 

771 

790 

631 

763 


404 

194 

130 

207 

243 

140 

225 

256 

140 

140 

185 

342 

262 


400 

240 

191 

270 

320 

202 

253 

309 

200 

221) 

201 

369 

237 


5282  5282 


looo 
1000 


1000 
1000 


looo  1000 

1000  1000 

1000  1000 

1000;  1000 

looo  1000 


1000 
1000 
1000 
1000 
1000 
1000 


1000 
1000 

looo 

1(100 

1000 

looo 


10072.  9423  202N  :;;,77  130Oi),13(X)O 


5  1  7 


C  a  v  ;i  1  1  e  r  i  e 


führt  gegen-  <o  j§    Effectiver 
wärtig  die     g^       Stand 
Nummer     ,  ?  'S 

03 


Mann 


Pferde 


Abgang      Summe  des 
vo,n!      '    completen 

<:oÄ"n 


M. 


( !saky 
Desewfty 
Ghilanyi 
Splenyi    . 
Kärolyi  . 


Summe 


I  Savoyen 
u  I  Württemberg 

<°     X>  11 

a  ]  -Ballayra 

ic  Khevenhüller 
q  Batthyanyi 
;  Preisin  g 
!  D'OUone  . 


Summe 


Husar.-R.  Nr.  9  — 
Husar.-R.  Nr.  3  — 
1768 
1768 
Husar.-R.  Nr.  6 


764 

702 
699 
669 
776 


758 
682 

642 
545 

685 


36 
98 

bil 

131 
104 


Pf. 


Mann 


42 
118 
158 
255 
195 


800 

800 
800 
800 
880 


Pferde 


800 

800 
800 
800 

880 


3610  3312  470!  768  4080  4 OSO 


Drag.-R.  Nr.  13 
Drag.-R.  Nr.  11 
Hus.-R.  Nr.  15 

1801 

Drag.-R.  Nr.  loj  — 
1750 
1860 


717 

797 
802 
892 
890 
809 
726 


731 
816 

782 
913 
887 
775 


283 
203 
198 
108 
110 
191 


774  274 


259 
154 

218 

87 

113 

225 


1000 
1000 
1000 
1000 
1000 
1000 


226  1000 


Gesammt-Summe  (der  Cav.  in  Ung.) 


1000 
IC  00 
1000 
1000 
1000 
1000 
1000 


5633  5708  13674292  7000 


7000 


CE 

a> 

S 

f. 


Portugal 
Cordova 
Lobkowitz 


Römer 
Kohäry 


Pestvarmegyei 


Drag.  Nr.  Nr.  9 
Drag  -R.  Nr.  5 


1801 


19315  18443 


965 
969 


975      939 


1801      959 
1768     959 


899 
913 


4765  5637  24080 


24080 


25  61 
35  101 
31   87 


030   41 
929  41 


61 

71 


1748 


Summe 


740 


686 


60 


1000 
1000 
1C00 

1000 
1000 


114  800 


1000 
1000 
1000 

1000 
1000 


800 


Styrum 
Ligne  . 


55671  5305    233,  495J  5S0O 


Drag.R.  Nr.  14 


1748 


579 


396 


421    604    1000 


5800 


1000 


Summe  . 


a 

TS 

a 

u 

o 

ja 

2 

%4 

S 

o 

i~i 

cß 

• 

cvi 

o 

Ol 

-4-> 

o 

3 
<1) 

£ 

n 

ti 

a 

-ö 

u    Liechtenstein  . 


Althann 


883  529  117,  471  1000  1000 


1462 


177:. 


Uhl.-R.  Nr.  6 


917 


925  5381075  2000  2000 


918 


53  82 


858  soi 


Su  mme 


142 


139 


1000 


1000 


1000 


tooo 


1805,  1779  195  221  2  Wo  2000 


35" 


548 


Summar 


Eifectiver 
Stand 


Abgang  vom:  Summe  des 
completeu      completen 
Stand  Standes 


Mann 


Pf. 


Mann 


Pf. 


Mann 


Pf. 


CD 

Ö 
.03 


CD 

C-H 

33 
co 

CO 
pH 

ü 


o 
öß 

03 


In  der  Lombardie 

In  Toscana 

InUngarn,  Croatien,  Slavonien  und 
Temeser  Banat 

In  Siebenbürgen 

Im  Römischen  Reich. 

In  den  österr.  Niederlanden     .    . 
In  den  deutschen  Erblanden    .    . 

Summe  .    .    . 


16581 
5818 

15278 

04  22 

1321 

10865 

16365 


6116 
1082 

1-2322 
ä778 
1679 
6635 

11355 


2300 
6000 

27600 
9200 

6000 

17500 
27720 


In  der  Lombardie  und  Toscana  . 
In  Ungarn,  Slavonien  u.  Temeser 

Banat  . 

In  Siebenbürgen 

Summe  .    .    . 

In  der  Lombardie  und  Toscana  . 
Li  Ungarn,  Slavonien  u.  Temeser 

Banat 

In  Siebenbürgen 

In  den  österr.  Niederlanden     .    . 
In  den  deutschen  Erblanden    .    . 

Summe  .    .    . 


75653 


12267 


1171120 


1613      824        575    1361 
10072   9423     2928   3577 

2909    2701  Ol      249 


2183    2188 
13000  13000 


3000    3000 


11592  1200s!  3594!  5190  1S1SS  ISlss 


1000 

5633 
1918 
1462 

1805 


1009| 

5708 

1868 

020 

1770 


94 

1367 

82 

538 

195 


85 

109-1 

1292 

7000 

132 

2000 

1075 

2000 

221 

2000 

1094 

7000 
2000 
2000 

2000 


1181s  112X0   2276'  2805  11094'lino! 


<D 
?-< 

<ä 

CO 

M 


In  der  Lombardie  und  Toscana  . 
In  Ungarn,    Croatien,    Slavonien 

und  Temeser  Banat 

In  Siebenbürgen  


1177 


1456 


3610   3312 

740     oso 


523 

470 
60 


544 

768 

114 


2' 00    2000 

4080    4080 

81 H  i      8(  II I 


Summe  . 


5827    0104      1053    L426 


6880 


6880 


Total-Summe  . 


10789229741    19190   9421 15708239162 


549 


III. 


Verzeichniss 

der  in   Ungarn  und  in  den  deutschen  Ländern  liegenden  Regimenter,  welchen 
der   Befehl    ertheilt  worden,  nämlich  die  Infanterie,    dass  sie  auf  2000  Manu, 

und  die  Cavallerie,    dass    sie  auf   800  Mann    und  Pferd    sich  ergänzen  sollten. 


Infanterie  : 


Carl  Lothringen 

Moltke 

Marulli 

Platz 


Botta 

Bayreuth 

Baden-Baden 

Browne 

Alt-Daun 

Heinrich  Dann 

Leopold  Dann 

Damnitz 

<  5-öldy 

( (-rünne 

Harrach 

Hessen-Cassel 

Königsegg 

Kolowrat 

Franz  Lothringen 

Die  beiden  Infanterie-Regimenter  O'Gilvy  und  W.  Wallis  sind  hier  nicht 
mitbegriffen,  weil  selbe  bei  ihrem  althergebrachten  Garnisons-Fuss.  nämlich 
das  erstere  bei  2420  und  das  letztere  bei  2300  Köpfen  stehen  zu  lassen,  be- 
funden worden. 

Cavallerie  : 


Starheraberg 

Seckendorff 

Scli  mettau 

Schulenburg 

Thüngen 

Vasquez 

Waldegg  (Waldeck) 

Wallsegg 

Alt-Wolfenbüttel 

Wurmbrand 


C  ii  rassiere 


Bernes 
Caraffa 
Cordova 
Diemar 
Birkenfeli  I 
Eohenems 
llohenzollern 
St.  [gnon 


Lanthieri 
Lobkowitz 
Lubomirsky 
Johann  Päll'lv 
Carl  Palffy 
Portugal 
Podstatzky 
Seherr 


550 


Batthyanyi 
Althann 
Khevenhüller 
Kohary 

Liechtenstein 
D'Ollone 


Dragoner 


Ballayra 

Preisini; 

Römer 

Savoyen 

Württemberg 


H  u  s  a  r  e  n 


Csäky 

Desöffy  (Dessewffy) 

Ghilänyi 


Kärolyi 

Pestvärraegyei 

Splenyi 


Aus  dem  B  r  o  w  n  e'schen  Manuscript  1741.  Oest.  Successions-Krieg. 


NB.      Der  Commissions- Vorschlag  ist  dahin  abgeändert    worden,    dass  anstatt 
der    in    dem   Entwurf   bemerkten  Anzahl    Feldscherer,    diese    nach    der 
vorherigen  Observanz,  nämlich  per  Regiment  1  .Regiments-  und  bei  jeder 
Compagnie    1     Compagnie-Feldscherer    beibehalten    wurden,     nebstdem 
brachten  diejenigen  Regimenter,  welche  in  das  Feld  beordert  waren,  die 
Proviant-  und  Wagenmeister  beim   Stab  in  Zuwachs;  solchemnach  fiele 
die  Stärke  der  Regimenter  folgenderen assen  aus: 
Infanterie:  2000  Mann,  hiezu  der  Stab  20  Mann. 
Cürassiere:  800  Mann.  800  Pferde,  der  Stab  23  Mann,  '23  Pferde. 
Dragoner:       800        .,       800        „  „         „     22        „ 

Husaren:  800        „       ,()(»        ,.  ,,         „     20 


20 


551 


IVA. 
Offene  Ordre  für  FML.  Grafen  Browne. l) 

Von  der  in  Ungarn  und  Böhmen  königl.  Majestät  Maria  T  h  e  r  e  s  i  a 
Erzherzogin  zu  Oesterreicb,  vermählten  Herzogin  zu  Lothringen  und  Baar, 
Orossherzogin  zu  Toscana,  Unserer  Allergnädigsten  Frauen,  wegen  der  sämmt- 
lichen  im  Herzogthum  Schlesien  befindlichen  Miliz  und  gesammten  dabei  be- 
stellten Ol'ficieren  hiemit  anzufügen  :  Nachdem  Allerhöchst  ernannter  königl. 
Majestät  Feldmarschall-Lieutenant  Herr  Graf  Browne  de  Camus  in  einigen 
Dero  Allerhöchsten  Dienst  betreffenden  Vorfallenheiten  nach  Schlesien  ab- 
zugehen beordert  ist  und  Selber  die  Militär-Assistenz  hier  und  dort  nöthig 
haben  dürfte,  so  wird  durch  gegenwärtige  in  Ihrer  königl.  Majestät  Unserer 
Allergnädigsten  Frauen  Namen  ausstellende  offene  Ordre  Dero  in  besagtem 
Herzogthum  befindlichen  Miliz  und  gesammten  dabei  bestellten  Officieren  ge- 
messen hiemit  anbefohlen,  auf  dessen  allmaliges  Ansinnen,  so  viele  Mannschaft 
zu  Boss  oder  Fuss  als  Selber  anverlangen,  auch  wie  und  wohin  er  es 
nöthig  ermessen  wird,  nebst  den  dazu  gehörigen  Officieren  unweigerlich 
sogleich  verabfolgen  und  zu  all  dem  so  Selber  verordnen  wird,  nach  obhabenden 
Pflichten  sich  gebrauchen  zu  lassen.  Dem  also  ein  Jeder  den  gebührend  und 
schleunigen  Vollzug  zu  leisten  wissen  wird. 

Actum  Wien  den  Neunundzwanzigsten  Monatstag  November  im  Sieben- 
zehnhundert und  vierzigsten  Jahr. 

Per    Regiam    Majestäten! 
Ex  Consilio    Bellico. 
Die    et    anno  ut    Supra. 

Io-natius  von  Koch. 


■-sj 


IVA. 
Gehorsams-Patent  für  FML.  Grafen  Browne. 2) 

Von  der  in  Ungarn  und  Böhmen  königl.  Majestät  M  ar  i  a  The  re  s  La, 
Erzherzogin  zu  Oesterreich,  vermählten  Herzogin  zu  Lothringen  und  Baar, 
Grossherzogin  zu  Toscana,  Unserer  Allergnädigsten  Frauen  wegen  wird,  Dero 
in    dem    Herzogthum    Schlesien    liegenden    Harrach-Browne    und   Botta'schen 


')  K.  A.,  F.  A.  1740;  XI— 5V2. 
■')  K.  A.,  P.  A.  1740;  ad  5Vj. 


552 

Regimentern  zu  Fuss,  dessgleiehen  den  allda  einquartierten  Liechtenstein' 
sehen  Dragoner-Regiments-Compagnien  und  den  das  Commando  über  jetzt- 
benannte Regimenter  und  Compagnien  führenden  Offleieren  gemessen  anmit 
anbefohlen,  des  Herrn  Feldmarschall-Lieutenants  Grafen  Bro  w  n  e  de  Camus 
Verordnungen  in  all1  dem,  so  derselbe  in  Ihrer  königl.  Majestät  Dienst  Ihnen 
auftragen  wird,  den  genau  und  schleunigen  Vollzug  nach  obhabenden  Pflichten 
zu  leisten,  wie  dann  dieselbe  zu  eben  dem  Ende  durch  gegenwärtige  auf  Ihrer 
königl.  Majestät  Allerhöchsten  Befehl  ausfertigende  offene  Ordre  mit  dem  ge- 
ziemenden Aufsehen  und  Gehorsam  an  ihn,  Herrn  Feldmarschall-Lieutemuil . 
hiemit  angewiesen  werden  und  bis  auf  anderweite  Verordnung  an  selben  an- 
gewiesen verbleiben,  wornach  sich  also  ein  Jeder  geziemend  zu  achten  und 
zu  betragen  wissen  wird. 

Actum  Wien  den  Neunundzwanzigsten  Monatstag  November  im  Sieben- 
zehntenhundert und  Vierzigsten  Jahr. 

Per  Regiam  Majestäten! 

Ex  Consilio  Bellico. 

Die  et  anno  ixt  Supra. 

Ignatius  von  K  o  c  h. 


V/i. 
Breslau. 

Als  im  Jahre  1631  F  e  r  d  i  n  a  n  d  II.  die  Aufnehmung  einer  kaiserlichen 
Garnison  verlangte,  berief  der  Rath  am  6.  Mai  die  ganze  Bürgerschaft  und 
die  Aeltesten  der  Zünfte  und  Zechen  auf  den  kleinen  Saal  des  Rathhauses 
zur  Berathung  (d.  h.  Abwendung  der  Garnison).  Am  8.  Mai  bei  Abgebung 
ihrer  Antwort  auf  die  am  6.  mitgetheilte  Proposition  beantragten  diese  die 
Wahl  eines  dem  Rathe  beizugebenden  Ausschusses,  mit  welchem  auf  den 
Nothfall  besser,  als  mit  der  ganzen  Gemeine  zu  communicieren  sein  würde. 
Das  wurde  vom  Rath  bewilligt  und  am  13.  fand  die  Wahl  dieses  Ausschusses 
von  100  Personen  statt.  Derselbe  bestand  aus  5  Landschöffen,  2  Kaufmanns- 
Aeltesten,  4  Doctores  juris,  -4  Doctores  medicinae,  2  Schöffenschreibern, 
1  Standvogt,  5  Advocaten,  31  aus  der  Bürgerschaft  und  45  Zunftältesten  von 
35  Zünften,  unter  denen  die  der  Reichsbrärner  zuerst  aufgeführt  ist.  Für  die 
Folgezeit  wurde  bestimmt,  dass  bei  den  Zünften  immer  die  zwei  Aeltesten 
oder  der  Aelteste,  welche  als  Geschworne  derselben  auf  der  im  Rathhause 
hängenden  Tafel  verzeichnet  ständen,  in  diesen  Ausschuss  gehören  sollten. 

Von  der  Römischen,  auch  zu  Ungarn  und  Böhmen  königlichen  Majestät 
Oberhauptmannschafts- Verwaltern,  wie  auch  Kanzler  und  Räthen  bei  Dero 
königlichen  Oberamt  im  Herzogthum  Ober-  und  Nieder-Schlesien.  Würdet 
e.  e.  e.  und  w.  Rath  auf  sein  gestrigen  Tages  eingereichtes  Schreiben  günstig, 
gnädig  und  freundlich  beschieden,  dass  nicht  allein  hiesige  Stadt,  sondern 
auch  deren  Vorstädte  und  Dörfer  der  wirklicher)  Einquartierung  befreit  seien, 
jedoch  sollen  sie,  was  der  Proportion,  mit  vier  Kreuzern,  denjenigen  Ständen, 
wo  sie  logieren  werden,  bezahlen  und  gutmachen.  Wegen  Erleichterung  der 
Quartierungslast  wüsste  man  ihnen,  weil  andere  Stände  noch  höher  belegt 
werden,  nicht  zu  behelfen.  Wonach  sie  sich  zu  richten. 

Actum  Breslau,  den  11.  Martii  anno  1645. 

Ex  consilio  supremae  regiaeque  curiae  ducatus  Silesiae. 

(Unterschriften  unleserlich.) 

V/2. 

Original  im  Stadt-Archiv.  Sowohl  die  Garnisons-,  wie  auch  die  Ein- 
(|iiartierungs-Freiheit  hat  Breslau  bis  zum  Beginn  der  preussischen  Zeit 
behauptet.  Zufolge  einer  kaiserlichen  Entschliessung  vom  28.  November  L665 
erneuert  die  Oberhauptmannschaft  die  Zusicherung  der  Einquartierungs-Freiheit 
23.  Januar  L665.  Doch  soll  die  Stadt  nach  ihrer  Indiction  zu  den Einquartierungs- 
kosten  in  Geld  beitragen.  Am  24.  Februar  1666  bescheidet  der  königlich  böhmische 
Hofrath  die  Stadt,  dass  sie  desshalb  in  der  Indiction  nicht  erhöht  werden  solle. 


554 


VI. 


Patent 

betreuend  die  Einriickung  königlich  preussischer  Truppen. 

Der  zu  Ungarn  und  Böhmen  königlichen  Majestät  Wir  N.  N.  wirkliche 
und  Geheime  Räthe,  Rittet-  des  goldenen  Vliesses.  Director,  wie  auch  Kanzlei 
und  Rath  bei  Dero  königlichem  Ober-Amte  im  Herzogtimm  Ober-  und  Nieder- 
Sehlesien  etc.  entbieten  Allen  und  Jedem,  wo  dieses  vorkommen  möchte, 
insonderheit  aber  den  hoch-  und  löblichen  Herren  Fürsten  und  Ständen  dieses 
Erb-Herzogtliums  Schlesien,  denselben  nachgesetzten  Obrigkeiten  und  Beamten. 
Landes-Aemtern  und  Regierungen  und  sämmtlichen  Inwohnern  etc.  unsere 
respectiven  freundlichen  Dienste,  Freundschaft  und  alles  Gute  etc.  und  geben 
hiedurch  zu  vernehmen,  wasmassen  die  Nachricht  von  erfolgter  Einriickung 
einer  königlich  preussischen  Kriegsmacht  in  gedachtes  dieses  Herzogthum 
Schlesien  umso  unvermutheter  eingelaufen  sei,  als  dazu  weder  von  Ihrer 
königlichen  Majestät,  unserer  AUergnädigsten  Frauen  und  Erb-Landesfürstin, 
weder  von  Seiten  des  Landes  der  allermindeste  auch  nur  scheinbare  Anlass 
gegeben   worden. 

Es  ist  zwar  seit  einiger  Zeit  Vieles  von  starken  Kriegs-Rüstungen  zu 
hören  gewesen,  worüber  auch  von  uns,  der  tragenden  Obliegenheit  gemäss  bei 
der  Behörde  angefragt  worden;  allein  wir  haben  zur  Antwort  erhalten:  dass  Ihro 
königliche  preussische  Majestät  solche  Freundschafts-Versicherungen  ertheilet 
hätten,  dass  man  sich  diesfalls  unmöglich  etwas  Widriges  beigeben  lassen 
könnte,  besonders  da  bekannt  wäre,  was  das  natürliche  und  Völkerrecht,  die 
so  hochvergönnten  Reichssatzungen  und  zumal  in  derlei  Umständen,  als 
nunmehro  fürwalteten,  die  Goldene  Bulle  Kaiser  C  a  r  1  VI.  mit  sich 
brächten.  Man  hätte  überdas  durch  alle  billigen  und  thunlichen  Mittel,  ixm  Ihrer 
königlichen  Majestät  von  Preussen  Freundschaft  zu  erwerben  sich  befliessen, 
Freundschaft  gegen  Freundschaft  und  in  Allem,  was  die  gute  Nachbarschaft  er- 
heischte zum  Uebermass  des  reeiproei  sich  erboten,  auch  mit  einem  Worte  den 
Marchese  Botta,  allschon  bei  dessen  Absendung  mit  solchen  Befehlen  versehen, 
dass  er  Gewalt  und  Vollmacht  hätte,  zur  Befestigung  des  beiderseitigen  besten 
Vernehmens  alle  Bedingnisse  einzugehen,  welche  ohne  Schmälerung  Ihrer  könig- 
lichen Majestät  unserer  AUergnädigsten  Frauen  Erbländer  und  ohne  Verletzung 
der  Gerechtsame  eines  Dritten  eingegangen  werden  könnten.  Einiger  Anspruch 
könnte  königlich  preussischerseits   möglicher  Dingen  nicht  angezogen  werden, 


555 

so    durch    die    feierlichsten  Tractate   nicht   vorlängst  abgethan    und  aus    dem 

Grunde  gehoben  und  endlich  wäre  sich  Allerhöchstenorts  sogar  entfernet 
nicht  gezeigt  worden,  auf  den  Fall,  da  man  königlich  preussischerseits  Hülfe 
vonnöthen  haben  sollte,  der  Billigkeit  nach,  sich  darüber  einzuverstehen 
und  dem  Marchese  Botta  aufgetragen  worden,  zu  Berlin  zu  erkennen  zu 
geben,  dass  nicht  zu  hegreifen  stünde,  wie  eine  nicht  benöthigte  Hilfe,  mit  be- 
waffneter Betretung  eines  fremden  Bodens  könnte  aufgedrungen  werden  wollen. 
Bei  solchen  Umständen  nun  hätte  Ihrer  königlichen  Majestät  unserer  Aller- 
gnädigsten  Landesfrau  nicht  wohl  möglich  geschienen,  dass  zuwider  den,  auch 
mitten  unter  den  Kriegsanstalten  öfters  wiederholten  Freundschaftsbezeu- 
gungen und  patriotischen  Versicherungen,  zuwider  dem  geheiligten  Bande  der 
menschlichen  Gemeinschaft,  zuwider  dem  hochvergönnten  Landesfrieden  und 
absonderlich  zuwider  dem,  was  in  gegenwärtigen  Umständen  die  Goldene  Bulle 
Kaiser  Carl  VI.  klar  vermöchte,  ein  benachbartes  Land  ohne  Begrüssen  der 
Landesfürstin  und  ohne  sich  einmal  vorläufig  gegen  Ihre  königliche  Majestät 
unsere  Allergnädigste  Frau  und  die  Ihrigen  im  Mindesten  zu  äussern,  mit 
Kriegsmacht  sollte  überzogen,  andurch  aber  die  allgemeine  Ruhe,  eines  Jeden 
»Sicherheit  und  die  ganze  Reichsverfassung  auf  einmal  unterbrochen  oder 
vielmehr  zernichtet  werden  wollen.  Gleichwie  man  sich  nun  eine  solche 
Begebenheit  nicht  beigehen  lassen  können,  als  wäre  man  durch  alle  diese 
Betrachtungen  in  dem  Anfangs  geschöpften  Vertrauen  um  so  mehr  bestärket 
worden. 

Nachdem  aber  das  Gerücht  von  einer  baldigen  Einrückung  in  Schlesien  sich 
am  meisten  zu  Berlin  ausgebreitet,  so  hätten  Ihre  königliche  Majestät  unsere 
Allergnädigste  Frau,  zwar  zufolge  der  für  des  Königs  in  Preussen  Majestät 
hegender  Hochachtung  forthin  demselben  keinen  Glauben  beimessen  wollen, 
bald  darauf  aber  vernehmen  müssen,  dass  diese  Dero  Allerhöchste  Zuversicht 
sogar  dahin  ausgeleget  werden  wollen,  als  ob  Ihre  königliche  Majestät  unsere 
Allergnädigste  Frau  mit  dem  königlich  preussischen  Vorhaben  verstanden  wären ; 
da  nun  aber  ein  solcher  Wahn  der  Allerhöchsten  Ehre  und  Gloire,  auch  der  Wohl- 
fahrt Dero  getreuester  Königreiche  und  Lande  allzu  nahe  gehe  und  dadurch 
sowohl  Einheimische,  als  Auswärtige  irre  gemacht  werden  könnten  ;  So  haben 
mehr  Allerhöchstgedachte  Ihre  königliche  Majestät  unsere  Allergnädigste  Frau 
und  Landesfürstin  auf  allen,  obschon  unverhofften  und  unglaublich  geschienenen 
Fall  Allergnädigst  anbefohlen,  dass  nach  wireklich  erfolgter  Einrückung  der  könig- 
lich preussischen  Kriegsvölker  in  Dero  Herzogthum  Schlesien  (dieselbe  möge 
nun  gleich,  wodurch  sie  immer  wolle  bescheiniget  werden)  alles  Obige  mittrist 
einer  schriftlichen  Verwahrung  zu  erkennen  gegeben  und  dem  (dass  des 
Königs  in  Preussen  Majestät  durch  ungleiche  Vorstellungen  hintergangen  sein 
müsse,  mit  dem  Ersuchen  wegen  ungesäumter  Zurückziehung  der  Kriegsvölker 
von  fremdem  Grund  und  Boden)  beigefügt  werden  solle  mit  dem  ferneren 
Anhang,  dass  man  sich  ein  Solches  von  des  Königs  in  Preussen  Majestät 
Gerecht-  und  Billigkeitsliebe  ganz  zuversichtlich  verspreche.  Allunverhofft 
widrigen  Falles  aber  wegen  Ihrer  königlichen  Majestät  unserer  Allergnüdi^sten 
Frauen,  als  rechtmässiger  Königin,  Dero  getreuester  Unterthanen,  den  fremden 
Mächten  (deren  Unterthanen  auf  das  Herzogthum  Schlesien  gesicherte  Hypo- 
theken haben)  zuwachsendem  Schaden,  wie  nicht  minder  der  daher  entspringen 
müssenden  unzähligen  Übeln  Folgen  halber,  vor  Gott,  dem  gesammten  Reich 
und  der  ganzen  Christenheit  verwahret  haben   wollen 


556 

Wie  man  nun  an  Seiten  des  königlichen  Oberamts  den  obhabenden  ge- 
treuen Pflichten  gemäss,  allerunterthänigst  und  allergeh orsamst  hiedurch  nach- 
kommet, also  wird  auch  solches  alles,  der  Allerhöchsten  Verordnung  gemäss, 
wie  bei  Allen  und  Jedem,  bei  denen  gegenwärtiges  Patent  vorkommen  und 
kund  werden  möchte,  zur  Wissenschaft,  so  auch  insonderheit  den  hoch-  und 
löblichen  Herren  Fürsten  und  Ständen  dieses  Erb-Herzogthums  Schlesien, 
derenselben  nachgesetzten  Obrigkeiten  und  Beamten,  Landesämtern  und 
Regierungen  und  sämmtlichen  Landes-Inwohnern  zur  Nachricht  und  ihrem 
pfüchtmässigen  Verhalt  oberamtlich  hierdurch  kundgemacht. 

Zur  Urkund  dessen  mit  dem  königlichen  Oberamts-Insiegel  und  gewöhn- 
licher Unterschrift  ausge fertiget. 

Gegeben  Breslau,  den  18.  December  1740. 

Ex  Cons.  Sup. 
Sebastian  Felix  Freiherr  von  (L.  S.)  Reg.   Cur.  Duo.  Sil. 

Seh  w  a  n  e  n  b  e  r  g.  Ernst  Joseph  von   M  e  n  t  z  e  1  s  b  e  r  g. 


557 


VII. 
Ordre  de  bataille 

der  im  December  1740  nach  Schlesien  rückenden  preussischen   Armi  e 
Oberbefehl :  König  Friedric  h  IL 

Hauptquartier  des  Königs : 

General- Adjutanten :  Oberst  Graf  von  Hacke, 

Oberst  von  Borcke, 
Oberst  Graf  von  W  a  r  t  e  n  s  1  e  b  e  n, 
Flügel  -  Adjutanten  :   Major  von  Wy  li  c  h, 

Major  von  B  u  d  d  e  n  b  r  o  c  k, 
Major  von  W  e  d  e  1 1, 
Major  von  D  ü  r  i  n  g, 
Major  von  M  ü  n  c  h  o  w. 
<  reneral-Qtiartiermeister  :  Oberst  D  u  m  o  u  1  i  n. 
General-Quartiermeister-Lieutenant:    Major  von  Bons- 
Oberst  von  Posadowsk  y. 
Oberst  von  Canias. 
Oberstlieutenant  von  der  Goltz. 
Geheime  Kriegsräthe  :  Schumache  r, 

Eichel, 
Lautensack. 
Oberkämmerer  F  redersdo  r  f. 
K  riegsrath  K  ö  p  p  e  r  n. 
Ingenieure  :  Major  de  R  e  g  e, 

Capitain  Konstant, 
Premier-Lieutenant  Seignoret, 
Second-Lieutenant  K  r  ö  n  i  c  h  e  n, 
Second-Lieutenant  F  r  e  u  n  d. 
Feld-Kriegs-Commissariat :    Geheimräthe    von    Reinhardt    und     vor 

M  ü  ncho  w,  nebst  8  Beamten. 
Audit<  »riat :  Ober-Auditeur  von  C  r  i  e  g  e  r. 

Feld-Lazareth :  Feld-Medicus  Doctor  Lesser,  Stabs-Chirurgus  Doctor 
Hotzendorf,  nebst  21  Beamten  und  7  Frauen  zum 
Kochen. 


558 

Proviant-Amt :     Ob  er- Proviantmeister  Kriegsrath    Berlischke,   nebst 

122  Unter-Beamten. 
Jäger-Corps  zu  Pferde:  Capitaine  des  guides  Oberjäger  Scbmidt,  nebsl 

einem  Gehilfen  und  12  Jägern. 

I.  Cor  p  s 
am  16.  December  1740. 

GFM.  Graf  von  Schwerin. 
Adjutanten:    Major    von  Buggenhagen.    Lieutenant  von    der  Gro  eben. 

Linker  Flügel. 
Generalmajore  :  von  Derscha  u,  von  J  e  e  t  z  e. 
1  Escadron  Gendarmes  von  der  Asseburg. 
Infanterie-Regiment :  La  Motte, 

Borcke, 
Graevenitz, 
Jeetze, 
Bredow. 
Dragoner-Regiment :  Bayreuth  10  Escadronen,  Commandeur  Oberst  von 

B  i  s  s  i  n  g. 

Rechter  Flügel 
GL.  Graf  von  der  Schulenbur  g. 
( JM.  :  de  la  M  o  1 1  e,    von   B  r  e  d  o  w,    von  Kleist. 
Regiment  zu  Pferde  :  Prinz  Friedrich  5  Escadronen. 
Grenadier-Regiment  zu  Pferde:  Schulenburg  10  Escadronen. 
Infanterie-Regiment :  Sydow, 

Kleist. 

Schwerin. 

Markgraf  Heinrich, 

D  erschau. 
(Berliner)  Leibcorps-Husaren  3  Escadronen 
Artillerie:  Commandeur  Major  von  Merkatz. 

1.  Staffel :  20  3-Pfünder.  ]) 

2.  Staffel  :  4  12pfündige  Kanonen, 

■I  18pfündige  Haubitzen, 
6  50p fündige  Mörser. 

Stärke  des  I.  Co  r  p  s  : 
Streitbare    Niehtstreitbare      Knechte  Pferde  Fahrzeuge 

20  Bataillone  .     .     .  16460  190  1200  3740  440 

29  Escadronen      .     .     4G11  68  117  4022  14.") 

3  t  Geschütze  und  183 86 417 958 172 

Im  Ganzen  21254  344  1734  8720 2)  757 

Ausserdem:    Das  Jäger-Corps    zu  Pferde    in  der  Stärke    von  1  Ofhcier, 
1   Gehilfen  und  12  Jägern. 


0  Von  diesen  Geschützen  erhielt  jedes  Regiment  zwei  Geschütze  zugewiesen. 
2)  Dazu  kommen  noch  etwa  700  Pferde  für  die  Fahrzeuge  der  Cavallerie,    als  Pack- 
und  Reitpferde  der  Officiere,  des  Unterstabes,  sowie  für  die  Zelte. 


559 


G.  d. 


II.  C  o  r  i»  s 
am  29.  December  17-10. 

J.  Herzog  von  Holst  e  i  n.  l) 


GL. :  Erbprinz  Leopold  von  Anhalt-D  e  s  s  a  u. 
< !  M.  :  Markgraf  Carl  von  B  r  a  n  d  e  n  1>  u  r  g  -Seh  w  e  d  t. 
Ingenieure  :  Capitain  von  W  r  e  d  e, 
Lieutenant  von  Koc  h. 
Dragoner-Regiment:  Platen  5  Escadronen.2) 
Infanterie-Regiment:  Markgraf  Carl. 
Grenadier-Bataillon  :  Bolstern, 

Kleist, 
Saldern, 
Götze, 
Reibnitz. 
Dragoner-Regiment:  Bayreuth  5  Escadronen.3) 
Leibcorps-Husaren:  1  Escadron. 4) 
Artillerie  ;  4  12-Pfünder,  6) 

■1  50pfündige  Mörser.  °) 

S  t  ä  rke  des  IL  Corp  s. 


Infanterie  :    Regiment  Markgraf  Carl 
5  Grenadier-Bataillone  . 

Cavallerie :    5  Escadronen    Bayreuth 
1    Escadron    Leibcorps- 
Husaren  156 

Artillerie :      8  Geschütze  und      .    . 

und  von  der  ursprünglich 
zum  I.  Corps  gehörenden 
2.  Staffel  10  Geschütze  u.         33 


Streit- 
bare. 

Nicht- 
streit- 
bare. 

Knechte. 

Pferde. 

Fiü. 

irzeuge 

1124 

10 

100 

320 

38 

2450 

20 

200 

570 

65 

799 

10 

18 

648 

22 

156 

1 

3 

148 

3 

45 

7 

119 

326 

(il 

336 


745 


148 


Zusammen  7  Bataillone.  6  Escadron., 

18  Geschütze 4907     126 

Die    5    Escadronen    des    Regiments 

Platen  waren  stark      .    .      822       18 


H)6  2757  337 

22  650  61 


')  Derselbe  verliess  das  II.  Corps  bereits  am  29.  Docember  und  führte  die  vor  Glogau 
zurückgebliebenen  Truppen  des  I.  Corps  nach  Breslau. 

'-)  Trafen  am  3.  Januar  auf  dem  rechten,  am  9.  auf  dem  linken  Oder-Ufer  ein. 
3)  Rückten  am  10.  Januar  von  Glogau  wieder  ab. 

*)  Rückten  in  den  Tagrn  vom  4.  bis  8.  Januar  von  Glogau  wieder  ab. 
)  u.  '')  Trafen  am  31.  December  ein. 


560 


VIII. 


Nr.   I. 


Pro  Memoria. 


Was  die  beyden  Abgeordneten  vonIb.ro  Königl.  May.  in  Preussen  der  k.  Herr 
Obrister  von  Posadowsky  und  der  Herr  Obrister  von  Borcke  dem 
Herrn    Raths    Praesidii    und    einigen    dazu  ex  gremio  Magistratus    gezogenen 


vorgetragen. 


Nomine  Sr.  Könisrl.  Mayst.  von  Preussen  hätten  obenbenannte  Ab- 
-■('ordnete  nach  vorgezeigter  und  in  Ihrer  Gegenwarth  abgelesenen  Vohnacht 
vorzutragen,  dass  Sr.  Königl.  Mayst.  nach  Dero  in  Schlesien  bekanntermassen 
habenden,  und  künfftig  noch  mehr  bekannt  werdenden  praetension,  sich  ge- 
nöthiget  gesehen,  Dero  trouppen  in  dieses  Hertzogthumb  einrücken  zu  lassen. 
hätten  also  Sie,  Abgeordnete,  dahin  bevollmächtiget,  das  Königl.  Worth  dem 
Magistrat  und  der  Stadt  Breslau  abzugeben,  dass  sie  keines  weges  als  Feind, 
sondern  als  Freund  angekommen,  also  die  Stadt  bei  allen  ihren  Privilegiis. 
Gerechtigkeiten,  Gewohnheiten,  und  allem  Ihrem  "Wesen,  wie  es  anjetzo  be- 
schaffen wäre,  zu  lassen,  und  zu  schützen,  niemahls  einige  Garnison  oder 
trouppen  auch  keinen  Mann  darein  zu  legen.  Sic  hoffeten  und  verseheten 
sich  also  wiederumb,  dass  der  Magistrat  und  die  Bürgerschafft  keine  Ombrage 
über  die  annäherung  der  Regimenter,  welche  Sie  in  die  Vorstadt  verleget. 
oder  noch  verlegen  würden,  machen  würden,  anbey  verlangten  Se.  Königl. : 
May.  vor  dero  Allerhöchste  Persohn  mit  30  oder  40  von  Ihren  Gens  d'armes 
sich  nach  belieben  in  die  Stadt  sicher  herein  begeben  und  wieder  hinaus 
passiren  zu  Können.  Vivres  vor  Dero  trouppen  vor  baare  bezahlung  zu  be- 
kommen, und  in  der  Vorstadt  ein  Magazin  zu  Ihrer  Bedürffniss  anzulegen 
und  mit  der  dazu  benöthigten  Wache  versehen  zu  lassen.  Da  dan  sobald 
Se.  K.  Mayst.  hierüber  die  genügliche  Erklärung  erhalten  würden,  ohne  Verzug 
der  grösste  Theil  der  hier  stehenden  Regimenter  weggezogen  und  vorbey 
marchiren  würden. 

Nachdeme  Praeses  und  Deputati  Magistratus  sich  ein  Spatmm  auss- 
gebethen,  umb  es  mit  dem  Collegio  und  der  Bürgerschafft  zu  communicieren, 
ist  solches  von  beyden  Hhh.  Gevolmächtigen  biss  auff  morgen  umb  10  Uhr 
zugestanden  worden,  welche  indessen  im  „goldenen  Baum"  darauff  zu  warten 
sich  anheischig  gemachet,  und  noch  beygefüget,  wie  Se.  Königl.  May.  sich 
Gnädigst  verseheten,  dass  Magistratus  die  Gegen-Declaration  Dero  Allerhöchsten 
Persohn  auch  selbst  durch  Deputirte  abgeben  lassen  würden. 


561 
Nr.  2. 

Demnach  Sr.  Königl.  Mayst.  in  Preussen,  Unser  Allergnädigster  Herr 
den  beyden  Obristen  von  Posadowsky  und  von  Borcke  Allerhöchst  com- 
mittiret  haben,  nach  Breslau  zu  gehen,  um  der  Stadt  daselbst  in  Höchst-Dero- 
selben  Nahmen  ein  und  anderes  zu  proponiren,  darüber  zu  tractiren,  auch  das 
erforderliche  zu  verabreden  und  zu  schliessen;  Als  autorisiren  und  bevoll- 
mächtigen Höchstgedachte  Sr.  Königl.  Mayst.  hierdurch  obgenannte  Dero 
Obristen  Krafft  dieses,  von  Höchstderowegen  solche  Propositiones  der  Stadt 
Breslau  vorzutragen,  darüber  zu  conferiren,  auch  dem  Befinden  nach  zu 
schliessen  und  gesirmen  dannanhero  an  alle  diejenigen,  mit  welchen  dieselben 
in  gedachter  Stadt  zu  handeln  und  zu  tractiren  haben,  hiermit  AUergnäcligst 
demjenigen,  so  in  Höchstderoselben  Nahmen  sie  proponiren  werden,  voll- 
kommenen Glauben  beyzulegen.  Gestalten  dann  mehr- Höchstgedachte  Seine 
Königl.  Mayestät  alles  dasjenige,  so  mehr  ernannte  Obristen  mit  denenselben 
verabreden  und  concludiren  werden,  genehm  zu  halten  und  zu  ratihabiren. 
hierdurch  Allergnädigst  und  bündigst  versicheren. 

Gegeben  im  Haupt- Quartier  zu  Pilsnitz,  den  1.  Januarij  1741. 

(L.  S.)  _ 

Vollmacht.  Friedrich. 

Vor  die  beyden  Obristen  den 
von  Posadowsky  un  d  den  von 
Borcke  im  Nahmen  und  von  wegen 
Ihro  Königl.  Mayst.  in  Preussen  der 
Stadt  Breslau  einige  Propositiones 
zu  thun,  darüber  zu  tractiren  und 
zu  handeln,  auch  zu  schliessen. 


Nr.  3. 

lmo  Es  verwilligen  Ihro  Königl.  Mayst.  von  Preussen  bei  den  jetzigen 
Conjuncturen  und  solange  solche  dauern  werden,  der  Königl.  Stadt  Breslau, 
allen  derselben  Bürgern  und  Innwohnern,  wes  Standes  und  Würdens  und  von 
was  vor  Eeligion  dieselben  sind,  nicht  minder  denen  Clöstern  und  Geistlichen 
Stiiftungen  in  und  vor  der  Stadt,  als  auch  allen  der  Stadt  Breslau  zugehörigen 
Vorstädten  und  Dorffschaften,  eine  vollkommene  und  genaue  Neutralität,  also 
dass  von  denselben  weder  einige  Huldigung,  noch  Abgabe  einiger  Contribution 
und  Anlage,  wie  solche  Nahmen  haben  mag,  oder  Lieferung  einiger  Fourage 
und  Ammunition  solle  und  werde  gefordert  werden. 

(Gestalten  auch  die  Stadt  keine  Trouppen  von  Ihro  Kays.  Mayst.  der 
Königin  in  Ungarn  und  Böheimb  oder  einigen  anderen  Potentaten,  und  der- 
selben Cömmandierenden  Generalität  einnehmen,  sondern  in  allem  gleiche 
Neutralität  observieren  wird.)1) 

2do  Verstatten  Allerhöchstgedachte  Ihro  König].  Mayst.  denselben  das 
freye  Aus-  und  Innländige  Comercium  zu  Wasser  und  zu  Lande  von  den 
Königl.  Preussischen  Trouppen  in  dem  mindesten  könne  und  möge  gehemmet 
werden.     Und  da 


')  Das    Eingeklammerte  ist  Zusatz    zum  ursprünglichen  Entwurf.     S  t  ei  nb  erge  r's 
Tagebuch  oder  Kahlert,  48. 

Oesterreichischer  Erbfolgekrieg.  II.  Bd.  36 


562 

3tiu  Diese  Stadt  von  undencklicken  Jahren  her  Ihre  eigene  Garnison 
und  Bürgerwache  gehabt,  und  niemahlen  einige  Feld-Soldaten  eingenommen: 
So  declariren  Allerhöchst  gedachte  Ihro  Königl.  Mayst.  hiermit  Allergnädigst, 
dass  sie  weder  ietzo,  noch  inskünftige  und  zu  keinen  Zeiten  einige  von  Dero 
Königlichen  Trouppen  und  Soldaten  einzulegen  verlangen  und  ansinnen, 
sondern  die  Stadt,  bey  allen  Ihren  Privilegiis,  Recht,  und  Gerechtigkeiten 
in  Politicis,  Ecclesiasticis  et  Oeconomicis  ungeändert  lassen  und  schützen 
werden. 

lto  Versprechen  Ihro  Königl.  Mayst.  allermildest  sogleich  nach  ge- 
schehener Untersckrifft  dieses  Tractats  und  Allerhöchst  deroselben  Eintritt 
in  diese  Stadt,  die  nahe  bey  der  Festung  gesetzte  Vorposten,  ingleichen  Dero 
Königl.  Trouppen  bis  auf  ein  Bataillon  und  die  Gens  d'armes  aus  denen  Vor- 
städte]! und  der  Stadt  Dorffschafften  wieder  wegzunehmen,  und  dass  ob- 
gedachtes  zurückbleibendes  Bataillon  in  allem  gutte  Ordre  halten  und  der  Stadt 
keinen  Schaden  zufügen  und  auch  vor  Ihr  Geld  zehren  werden. 

5to  Weilen  auch  Ihro  Königl.  Mayst.  Allergnädigst  declariren  lassen, 
dass  Allerhöchstdieselbten  aus  keinen  feindlichen  Absichten,  sondern  als  ein 
Freund  zu  der  Stadt  Breslau  gekommen,  so  machet  sich  dieselbe  eine  be- 
sondere Ehre  daraus,  Deroselben  Allerhöchste  Person  und  Hofstaatt  in  Ihren 
Ringmauern  (so  lange  und  so  offt  es  Deroselben  allermildest  gefallen  wird,  zu 
sehen  und)  *)  aufzunehmen,  iedoch  bey  der  Allergnädigst  geschehenen  Decla- 
ration,  dass  sie  keine  andere  Escorte  ausser  80  von  Dero  Gens  d'armes  mit 
in  die  Stadt  nehmen  Avollen  und  werden,  und  wer  von  Dero  Königl.  Trouppen 
in  der  Stadt  etwas  zu  verrichten  hat,  ohne  Ober  -  Gewehr  hereinkommen 
werde.  Dahingegen  der  Magistrat  und  die  Stadt  zur  Bezeigung  Ihres  Respects 
Allerhöchst  dieselben  von  der  Stadt  Garnison  täglich  bedienen  lassen  werden. 

6'°  Ist  Ihro  Königl.  Mayst.  unverwehret,  in  einer  Vorstadt,  iedoch  in 
einer  zulänglichen  Entfernung  von  der  Stadt  ein  Magazin  anzulegen  und 
solches  durch  das  zurücklassende  Batallion  bewachen  zu  lassen,  welchem  auch 
der  Magistrat  die  Vivres  umb  den  Markt-Preis  und  vor  baare  Bezahlung  zu 
verschaffen  beflissen  se}rn  wird,  iedoch  dass  der  Stadt  die  benöthigte  Zufuhr 
nicht  gehemmt  werde. 

Zu  mehrerer  Bekräftigung  ist  dieser  Neuteraütäts  Tractat  von  Ihro 
Königl.  Mayst.  Herrn  Bevollmächtigten,  zu  Folge  der  von  Allerhöchst  ge- 
dachten Ihro  Königl.  Mayst.  unterm  lten  Jan.  1711  erhaltenen  Vollmacht 
eigenhändig  unterschrieben  und  besiegelt  und  von  Seiten  des  Magistrats  durch 
der  Stadt  Insiegel  bekräftiget. 

Geschehen  Breslau,  den  Andern  Januarij  1711.  2) 


')  Das  Eingeklammerte  fehlt  in  der  bei  Steinbergcr  abgedruckten  Convention.  49. 

s)  Die   Originale,    angeschlossen    dem    Berichte    des    Grafen    Haugwitz,    befinden 

sich  im  Archiv  des  k.  k.  Ministeriums  des  Innern,  VII,  Nr.  1,  20,  vom  Jahre  1741;  Schlesien. 


563 


IX. 
Hochgebohrner  des  heil.  Römischen  Reichs  Graf  und  Semperfrei! 

Sr.  Königl.  Mayst.  in  Preussen  haben  mir  Allergnädigst  Ordre  ertheilt 
Euer  Excellenz  zu  melden,  wie  Höcbstdieselben  gegen  Euer  Excellenz  Person 
und  sämmtliche  Familie  nichts  Ungnädiges  hegten,  auch  nichts  zugeben 
wurden,  dass  denenselben  und  zugehörigen  Herrschaften  etwas  Widrigeres 
geschehen  sollte;  da  aber  Euer  ExceUenz  noch  wirklich  in  Eid  und  Pflicht 
von  Ihro  Königl.  Mayst,  der  Königin  von  Ungarn  und  Böhmen  stünden, 
so  erlaubten  die  jetzigen  Conjuncturen  nicht  anders,  als  Euer  Excellenz  an- 
deuten zu  lassen,  sich  zu  retirieren.  Se.  Königl.  Mayst.  versicherten  aber 
bei  veränderten  Umständen  Euer  Excellenz  Dero  Königl.  Gnade  und  Huld' 
Ich  aber  nehme  mir  die  Freiheit,  Euer  Excellenz  zu  Gnaden  mich  zu  recom- 
mendieren  und  beharre  mit  aller  ersinnlichen  Submission 

ganz   gehorsamster  Diener 
Schweidnitz,  den  23.  Februar  1741.  •  v.  Lestwitz 

Oberster. 

A  Son  Excellence 

Monseigneur   le    Comte   d'Empire  de  Schaffgotsch  ministre  d'Etat 
et  Chambellan  actuel  de  Sa  Mayst.  la  Peine  de  Hongrie  et  Boheme 

pr.  Estafette.  M  a  W  a  r  m  b  r  u  n- 

')  K.  A.,  Mähren  u.  Schlesien  1741,  II,  ad  56. 


36* 


564 


X. 


„Dir  ist  elieliin  bekannt,  welcher  gestalten  Wir  durch  die  gegenwärtige 
so  unverniuthet,  als  verwirrte  Umstände  in  Unseren  Erbherz ogthum  Schlesien 
ein  Corps  schleunig  zusammenzuziehen  bemüssigt  sein,  wie  nun  die  Ordnung 
und  Notwendigkeit  erheischt,  selbiges  mit  denen  behörigen  Generalen  zu 
versehen  und  Wir  zu  Deiner  durch  die  langwührigen  Jahr  hindurch  mit  vieler 
Distinction,  als  Tapferkeit  bisher  geleiste  Dienste,  im  Kriegswesen  erworbenen 
stattlichen  Erfahrenheit,  auch  sonsten  besitzenden  rühmlichen  Eigenschaften, 
nicht  minder  zu  Uns  und  Unseren  Erbhaus  tragenden  unverrückten  Treu  und 
fortwührigen  Diensteifer  Unser  besonders  Gnädigstes  Vertrauen  setzen, 
solchemnach  Dir  das  General-Militär-Commando  über  besagtes  Corps  Gnädigst 
aufgetragen  haben  wollen,  in  der  mildesten  Zuversicht,  dass  Du  solches  nach 
Erforderniss  der  sich  äussernden  Begebenheiten  zu  Beförderung  Unseres 
höchsten  Dienstes  und  zur  Sicherung  Unserer  Landen  nach  Deiner  bei- 
wohnenden Kriegs-Erfahrenheit  und  Vernunft  bestmöglichst  zu  verwalten  Dir 
äusserst  angelegen  sein  lassen  werdest. 

Das  thuen  Wir  ein  solches  Dir  zur  Nachricht  hiemit  Gnädigst  bedeuten 
und  mittels  der  Anlagen  eröffnen,  was  sowohl  für  Regimenter  derzeit  nach 
gedachten  Schlesien  gewidmet  sein,  als  was  für  Subalterne  Generals  Personen 
Dir  beizugeben  Wir  Gnädigst  entschlossen  haben,  gleich  sie  auch  an  Dich  mit 
der    kriegsgebräuchigen    Subordination    unter    einsten    angewiesen  worden."  J) 


')  K.  A.  S.  II,  H.  K.  R.  1740,  Reg.,  December  608. 


565 


XI. 


Capitulation 

Ueber  die  von  Ihro  Mayt.  der  Königin  zu  Hrnigam  und  Böheimb  der- 
mahlen  zu  Ohlau  in  Besazung  sich  befündende  Trouppen,  bey  übergaab  des 
Orths  an  Ihro  Mayt.  dem  König  in  Preysen    unter    heutigen  Dato   accordiret 

worden.  Als 

lmo  würdt  die  in  besagten  Ohrt  Ohlau  befündhche  Garnison,  bestehend 
von  dem  löbl.  Graff  Harrachischen,  Bottischen-  und  Brownischen  Infant erie- 
Begiment  in  850  Köpf,  mit  allen  Ehren,  nemblich  mit  Scharff  geschulderden 
ober-,  dann  untergewöhr  und  Klingenden  Spüehl  den  Auszug  nehmen. 

2,io  solle  Ehe  und  bevor  der  Ausmarsch  von  denen  Königl.  Trouppen  zu 
Hungarn  und  Böheimb  nicht  beschechen,  von  denen  Königl.  Preysischen 
Trouppen  der  Ohrt  oder  die  Stadt  Ohlau  nicht  betreten  werden. 

3l>  Nichtminder  solle  auch  alle  Oberofnciers  Bagage  und  bej-  sich 
habende  Bediente,  Item  deren  unter  Ofnciers-  und  des  Gemeinen  Manns 
Bagage  frey  Passiret  werden,  worzue  auch  die  Benöttigte  Vorspann  abzu- 
reichen  ist. 

4-to  würdt  auf  2  Tag  Brodt,  ingleichen  die  befündliche  Munition 
bestehend  in  Ain  Vassel,  ohngefehr  von  Ainen  Centner  Pulfer  mitgenohmen 
werden. 

5to  seindt  auch  aller  Ohrten,  nebst  der  benöttigten  Vorspann  die 
gewöhnlichen  Estappen,  sowohl  Mundt-,  als  Pferde-Portionen  zu  gemessen. 

6t0  dass  Neissische  und  Brieg  solle  ausgenohmen  sein,  nicht  zu 
verbleiben,  mithin  in  die  Gegend  Zuckmantel  zu  Marschiren  reserviret 
worden  ist. 

7mo  solle  die  Stadt  Ohlau  bei  Ihren  Privilegien  gelassen  und  manuteniret 
werden,  gleichwie  auch  fünf  Eisene,  so  halbpfündtige  und  ain  Metallenes,  so 
ain  pfündtige  Kugl  schiesst,  ganz  Kleine  Stückhl,  so  die  Burgerschaft  alliier 
zu  Ihren  gewöhnlichen  Geschütz  gebrauchet,  und  also  der  Stadt  zugehörig 
waren,  zuruckhgelassen  werden,  hingegen  die  Munition  wie  vor  gemeldet, 
mitgenohmen  werden  würdt. 

Dass  zu  wahrer  Urckundt,  ist  diese  Capitulation  von  dem  Hochwohl- 
gebohmen  Herrn  von  Borcke,  Obristen  und  General-Adjutanten  von  Ihro 
Königl.  May.  von  Preysen,  dan  dem  Hoch-  und  Wohlgebohrnen  Herrn  Franz 
Frevherrn  von  F  o  r  m  e  n  t  i  n  i,  Obristen  von  Ihro  Königl.  Mayt.  zu  Hungarn 


5  66 

und  Böheimb  als  beeden  Gevollniächtigten.  Errichtet  nebst  denen  befündlicben 
sambentlichen  Herrn  Officiers  einverständtnuss  ausgeferttiget  und  (jedoch  in 
allweg  ohne  praeiudiz)  Extradiret  worden. 

Geschehen  zu  Ohlau,  den  9.  January  1741. 


(L.  S )  Friedlich    Ludwig    Felix    von 
B  o  r  c  k  e 

(L.  S.)  von    La  gib  er  g    (?), 

Hauptmann 

(L.  S.)     Ehrenreich  von    II  o  1 1  k  e, 
Hauptmann 

(L.  S.)       Franz    L  i  n  d  s  p  e  r  g  e  r, 

Lieutenant 

(L.  S.)  A.  Schulz  (?), 

Fähndrich 


(L.  S.)  Franz  Freyh.  v.  Formentini, 

Obrist 

(L.  S.)       von    K  u  p  p  e  r  s  w  o  1  f  f. 

Hauptmann 

(L.  S.)  Carl  Baron    Truckmüller, 
Lieutenant 

(L.  S.)    Baron  von    W  arkotsch  y. 
Lieutenant 

(L.  S.)       Franz  Carl  de   Londes, 

Fähndrich. ') 


s)  K.  A.,    Oesterreichischer    Successions-Krieg.     Schlesien    und    Mähren   1741;    I,  2. 
Original. 


567 


XII. 


Capitulation  von  Ottmachau. 

„Nachderae  die  in  dem  Schloss  Ottmachau  zur  Besatzung  Eingelegte 
und  Ihro  Königl.  Mayt.  von  Hungarn  und  Böheimb  gehörige  5  Grenadier- 
Compagnien,  benenntlich  von  Franz  Lothringen-,  Harrach-,  Browne-  und 
Griinne'schen  Regimentern,  auss  mangel  aller  und  jeder  benöthigtenDefensions, 
Sich  Ihro  Königl.  Mayt.  von  Preussen  als  Kriegsgefangene  zu  ergeben  ge- 
zwungen sind ;  Also  werden  Allerhöchst  Ihro  Mayt.  besagten  5  Compagnien 
nachfolgende  Bedingungen  zu  accordiren  Allergnädigst  geruhen : 


Erstlich  möchten  die  Compagnien 
mit  ober-  und  unter  officieren  und  ge- 
meinen nicht  zertheilet  beisammen- 
gelassen und  Niemand  zu  annehmung 
anderer   Dienste    Persuadiret  werden. 


Die  Compagnien  können  nicht 
unzeitrennet  bleiben  ;  zu  annehmung 
Königl.  Dienste  aber  soll  Niemand 
gezwungen  werden,  sondern  man  wird 
nur  diejenige  annehmen,  so  sich  frey- 
willig  darzu  offeriren. 


Andertens :  Möchte  denen  Com- 
pagnien, welches  zwar  Kriegsgefan- 
gene sind,  aber  dennoch  Ihro  Königl. 
Mayt.  zu  Hungarn  und  Böheimb  zu- 
gehörig verbleiben,  und  Ihr  Geldt, 
Verpflegung  von  Ihrem  Compagnie- 
Commandanten  empfangen,  das  Brodt 
an  Ort  und  Stelle,  wo  Sie  seind 
gegen  Quittung,  wie  nicht  weniger 
vor  die  Officier,  so  eigene  Pferde 
haben  das  benöthigte  Hart-  und 
Eauhe  Futter  ans-eschafet  werden. 


Drittens.  Möchte  denen  Com- 
pagnien erlaubet  werden,  mit  klingen- 
dem Spiel,  geschulterten  gewehr,  und 
all  gewöhnlichen  Kriegs-Honneurs  von 


Was  den  Punct  anbelanget,  dass 
die  gefangene  Compagnien  Ihro  Königl. 
Mayt.  von  Hungarn  verbleiben  sollen, 
so  wird  selbiger  nach  Kriegsmanir 
und  nach  dem  Verstand  des  Ersten 
Articuls  accordiret ;  die  Verpflegung 
an  Geldt  und  Brodt  werden  Ihro  Mayt. 
denen  ober-  und  unter  officiers,  und 
gemeinen  durch  dero  Eigene  Leuthe 
reichen  lassen,  das  hart  und  Bauhe 
Futter  vor  derer  Officiers  jetzt  habend 
eigene  pferd  wollen  Ihro  May.  denen- 
selben  aus  aestime  reichen  lassen. 

3. 
Wird  accordiret. 


568 


dem  Schloss  bis  auf  den  Platz,  wo 
Ihro  Königl.  Mayt,  das  gewehr  nieder- 
zulegen befehlen  werden,  ausmar- 
schiren  zu  dörfen. 

Viertens.  Möchten  benieldte  Com- 
pagnien  zu  Fortbringung  Ihrer  Bagage, 
Kranken  und  Plessirten  die  benöthigte 
Wagens  und  Vorspann  nach  der  Speci- 
fication,  wie  wir  Eingeben  werden, 
gratis  angeschafft  werden. 

Fünftens.  Die  Cornpagnie  Bagage, 
Sie  mag  Oberofficier  und  gemeinen  zu- 
gehören, worunter  die  Pferd,  auch  einige 
unobligate  Leute  gehören,  möchte  auf 
keinerley  Weiss  geplindert,  beschädiget, 
oder  hinweg  genommen  werden. 

Sechstens.  Wann  die  Compagnien 
Ihr  gewehr  niederlegen,  so  möchten 
die  sammentliche  oberofficiers  ihr 
ober  und  untergewehr  behalten. 

Siebendes.  Möchte  erlaubt  werden, 
dass  auch  an  heute  2  Oberofficiers, 
nemblich  1  Haubtrnann  und  1  Lieu- 
tenant an  den  commandirenden  Herrn 
General  Feldmarschall  Lieutenant 
Excell.  Br.  v.  B  r  o  w  n  e  mit  Briefen 
auf  Parole  abgeschicket  werden  dörften. 

Achtens.  Möchte  denen  Oberoffi- 
ciers und  gemeinen  wehrendes  Marsches 
der  orth  ihres  aufenthalts  jeden  seinen 
Caracteur  gemäss  ein  honorables 
tractement  und  unterhalt  gegeben, 
und  Niemand  von  denenselben  vor- 
sätzlich geschimpfet  affrontiret.  oder 
beleydiget  werden. 


4. 
Wird  accordiret. 


Wird  accordiret.  Die  Hn.  Ofriciers 
aber  werden  einen  Revers  auf  ihre 
hon-eur  von  sich  geben,  dass  sie 
wehrender  ihrer  gefangenschaft,  mit 
Niemanden,  wer  es  auch  seye,  eine  ver- 
dächtige Correspondenz  führen  wollen. 

6. 
Wird  accordiret. 


7. 
Ein  Oberofficier  wird  erlaubet  auf 
seine  Parole  14  Tag  weg    zu    bleiben 
und  zu  dem  General  v.  B  r  o  w  n  e  zu 
gehen. 


8. 
Wird  accordiret.  Ihro  Königl. 
Mayt.  wüsten  gar  wohl  auf  was  Arth 
man  Ehrliche  brave  Leuth  tractiren 
müsse,  und  werden  dieser  Garnison  be- 
sonders alle  mögliche  Marquen  von  Dero 
estime  zu  geben  wissen.  Den  Marsch 
bis  zu  dem  Orth  ihres  Aufenthaltes 
wird  man  auch  nach  niöglichkeit  des 
Unterkommens  eines  jeden  Sorg  tragen. 

9. 

Die    Medicin    soll    Gratis     abge- 
reichet werden. 


Neuntens  möchte  für  die  Kranke 
und  Blessirte  gegen  bonification  die 
benöthigte  medicamenta  verabreichet 
werden. 

Sr.  Königl.  Mayt.  in  Preussen    über  Dero  Armee    bestellter    General- 
Feld-Marschall 
(L.  S.)     Carl  Christoph  Graf  v.  Schwerin  zu  S  chweri  n  skr  g 
Ottmachau,  den  12.  Jan.  1741/'  ') 


';  K.  A..  Schlesien  und  Mähren  1741,  I,  4.  Abschrift. 


569 


XIII  i. 

Wir,  Maria  Theresia,  von  Gottes  Gnaden  zu  Hungarn,  Böheimb, 
Dalmatien,  Croatien  und  Slavonien,  Königin,  Ertz-Herzogin  zu  Oesterreich. 
Marggräfin  zu  Mähren,  Herzogin  zu  Luxemburg  und  in  Schlesien,  und  Mar- 
gräfin  zu  Lausnitz,  vermählte  Herzogin  zu  Lothringen,  und  Grossherzogin 
zu  Toscana.  Entbiethen  allen  Unseren  nachgesetzten  Obrigkeithen,  Landes 
Inwohnern  und  Unterthanen,  was  Würden,  Stands,  Ambts,  oder  Wesens  sie 
in  Unseren  König!  Böhmischen  Erblanden  seynd,  in  Specie  aber  Unseren  da- 
selbstigen Kespective  Landes-  und  Creyshaubtleuthen,  auch  Landes-Altisten 
Unsere  KÖnigl.  Gnad,  und  geben  denenselben  hiemit  Gnädigst  zu  vernehmen, 
das  Wir  Unserem  Obrist-Feld- Wachtmeistern,  und  lieben  getreuem  Caesar 
Joseph  von  Lentulus  in  gedacht-Unsere  Königl.  Böhmische  Erbländer  zu 
dem  Ende  abzuschicken  befunden  haben,  damit  er  daselbst  in  ein-  oder  anderen 
Orth  von  denen  bey  dermaügen  Conjuncturen  zu  machen  kommenden  Ver- 
anstaltungen die  gehörige  Information  einziehen,  und  dassjenige.  was  derselbe 
zu  Unseren  und  des  Publici  Dienst  nöthig  zu  seyn  befinden  würde,  an  die 
Hund  geben  und  gestalten  Dingen  nach  Veranlassen  solle. 

Wir  befehlen  demnach  obgedachten  Unseren  nachgesetzten  Obrigkeithen, 
Landes-Inwohnern,  und  Unterthanen  hiemit  Gnädigst  und  ernstlich,  dass  sie 
erwehnten  Obristen  Feld- Wachtmeistern  von  Lentulus  nicht  nur  aller 
Orthen  frey,  sicher  und  unaufgehalten  passieren  und  repassieren  lassen,  sondern 
auch  sowohl  respectu  deren  in  ein-  und  anverlangenden  Informationen,  als 
auch  sonsten  in  obgedachten  seinen  Verrichtungen  zu  der  Sachen  Beförderung- 
willig  und  eiffrig  an  die  Hand  gehen,  mithin  die  nöthige  Assistenz  auf  das 
schleunigste  leisten  sollen.  Hieran  beschiel) t  Unser  Allergnädigster  Willen,  und 
Meinung,  zu  Urkund  dessen  besiegelt  mit  Unserem  Königl.  hierunter  gedruckten 
Secret-Insie»l. 

Geben  in  Unserer  Stadt  Wienn,  den  Vierdten  Monaths  Tag  January. 
In  Siebenzehenhundert  Ein  und  Vierzigsten,  Unserer  Keiche  des  Hungarisch 
und  böheimbischen  im  Ersten  Jahre. 

(L-  S0  Maria  Th  eresia. 

Philippus   Comes  K  i  n  s  k  y  Ad  niandatum  Sacrae  Regiae  Majestatis  proprium 

lieg.  Bob.  Sup.  Canc.  Rudolph  Graf  Korzensk  v. 

Hermann  Martin    von  L  a  u  n  e  r.  !) 


')  K.  A.,  F.  A.  Mähren  und  Schlesien.  1741.  1'  s. 


570 

XIII  2. 

Wohlgeborner  Freiherr  ! 

Ueberbringer  dieses  ist  Herr  General-Wachtmeister  Lentulus,  welcher 
von  Ihro  Königl.  Maystät  unserer  Allergnädigsten  Frauen  in  Schlesien  zu  dem 
Ende  abgeschicket  wird,  damit  er  daselbst  in  Ein-  oder  andern  Orth  von 
denen  Bey  dermaligen  Conjuncturen  zu  machen  kommenden  Veranstaltungen 
nicht  mir  die  gehörige  Information  einziehen,  sondern  auch  dasjenige,  was 
derselbe  zu  Ihrer  Maystät  und  des  Pubrici  Dienst  nöthig  zu  seyn  Befinden 
würde,  gestalten  Dingen  nach  zu  schieiniger  Bewürkung  veranlassen  und  end- 
lichen über  seine  Verrichtung  eine  ausführliche  Relation  anhero  erstatten  solle. 

Da  nun  Er,  Herr  General,  in  Specie  auch  nachher  Olmütz  zu  gehen  an- 
gewiesen ist,  umb  daselbst  nicht  nur  von  denen  Vöstungs-Werkern  den 
genauen  Augenschein  einzunehmen,  sondern  auch  über  den  Stand,  und  Fort- 
gang des  aldort  aufzurichten  anbefohlenen  getraydt  und  Fourage  magatzins 
die  gehörige  Nachrichten  einzuholen,  folglich  seinen  Befund  nach  der  Sachen 
Einriebt-  und  Beförderung  Ein-  oder  anderes  an  die  Hand  zu  geben. 

Alss  werden  dieselbte  sich  angelegen  seyu  lassen,  Ihme  in  seiner  dies- 
fälligen  Verrichtung  zu  Beförderung  Ihrer  Maystät  und  des  Publici  Dienst 
alle  nöthige  und  willige  Assistenz  zu  leisten;  Ich  verbleibe  forthin 

Euer  Wohlgeboren 

schuldiger  Diener 
Wien,  den  4.  Jarmuary  1/41. 

K  i  n  s  k  y.  ') 

An  Herrn  Br.  v.  Seh  u  b  i  r  z. 


'i  Acten  der  k.  k.  Stattkalterei  in  Brunn.  Defensions-Sacken  ex  Jan.  1711. 


571 


XIVA. 
Consignation 

deren  zur  Verwahrung  der  für  die  Hierlandes  zu  stehen  kommende  Königl.  und 

Landes    fürstl.    Miliz    Herbeuschaffenden    Benöttigten    Getrayd-    und  Fourage 

Sorten    in    nachfolgenden  Königl.    und    anderen  Privat    Städten    zu    errichten 

kommenden  Haubt  und  Filial  Magazinen  alss 

Die  Haupt  Magazinen  kommen  zu  errichten  : 

Im  Olmützer  C  r  e  y  s  s. 
In  der  königl.  Stadt  Olmütz,  Mähr.  Neustadt,  Stadt  Prossnitz. 

P  r  e  r  a  u  e  r  C  r  e  y  s  s. 
Stadt  Krenisier,  Leipnik. 

B  r  ü  n  n  e  r  C  r  e  y  s  s. 
Königl.  Stadt  Brunn,  Stadt  Wischau. 

Znaymer  C  r  e  y  s  s. 
Stadt  Kromau. 

Iglauer  C  r  e  y  s  s. 
In  der  Stadt  Trebitsch. 

Hradischer  C  r  e  y  s  s. 

Königl.  Stadt  Hradisch. 

In  welchen  diessfälligen  obspecificirten  Königl.  und  anderen  Städten  von 
seithen  des  Landes  ordentl.  Verlegern  aufzustellen  kommen. 

Nun  folgen  die  Filial  Magazine,  allwo  die  Magistratuale  das  Behörige 
zu  besorgen,  mithin  von  denen  dahin  angewiesenen  Herrsch,  die  auf  selbte 
repartirte  Getreyd  und  Fourage  Sorten  zu  empfangen  und  zu  Verrechnen 
haben  alss  : 

Im  Ol  m  ü  t  z  e  r  C  r  e  y  s  s. 

Stadt  Schönberg.  Mähr.  Trüb au,  Littau,  Kojetein,  Gewitsch. 

P  r  e  r  a  u  e  r  C  r  e  y  s  s. 
Stadt  Neutitschein,  Meseritsch. 

Brünner  C  r  e  y  s  s. 
Stadt  Austerlitz,  Göding,  Nikolsburg. 

Znav  m  er  Creyss. 
Königl.  Stadt  Znaym,  Stadt  Mähr.  Budwitz. 

Iglauer  C  r  e  y  s 
Königl.  Stadt  Iglau,  Stadt  Meseritsch,  Teltscli. 

Hradischer  Gr  e  y  s  S; 
Stadt  Ostrau,  Ungar.  Brod. 


572 


XIV  ,. 


Getreide-Preise  auf  dem  Markte  zu  Olmütz  vom  31.  Januar  1741, 


Weizen  der  schönste  per  Metzen 2  fl. 

Bier-Weizen 1  ,, 

Korn 1  •, 

Gerste 1  „ 

Hafer —  •• 

Prosse  (Hirse) 1  :; 

Erbsen 1  ,, 

Linsen 2  ,, 

Wicken —  ,, 

Hanfkörner 1  „ 

Heu  eine  Fuhr •    •  2  „ 

Stroh  ein  Schock 2  .. 


12  kr 
45 
30 
15 
51 
24 
12 
6 

54 
15 


Preise  zu  Prossnitz  am  16.  März  1741. 

Weizen 2  fl.     6  kr. 

Korn 1  ..    1  >  .. 

Gerste 1  ,.  27  ,. 

Hafer 1  ..     3  ,. 

Erbsen 1  ..  42  .. 

Hirse 1  ..  45  ,, 

(Acten  der  k.  k.  Statthalterei  in  Brunn.) 


573 


XVA. 
Copia 

einer  Ordre  des  preussischen  Feldmarschalls  Grafen  S  c  h  w  erin  an  den  Herrn 
Kreishauptmann    in  Mähren,  Grafen    von    S  a  1  m,    in  simili  den   Herrn  Kreis- 
hauptmann Baron  S  o  h  u  b  i  r  z. 

Es  wird  sämmtlichen  geist-  und  weltlichen  Ständen  des  Fürstenthums 
Mähren  kundgethan,  dass  sie  ä  dato  11  Tagen  sich  bei  der  hiesigen  königl. 
preussischen  Generalität  per  Deputatos,  so  mit  genügsamer  Vollmacht  ver- 
sehen sein  müssen  zu  stellen  haben,  um  mit  denselben  über  die  zu  erlegende 
Contribution  sich  zu  vergleichen.  In  Ermanglung  dessen,  wann  dieser  Citation 
in  gesetzter  Zeit  kerne  parition  geleistet  wird,  haben  sie  zu  gewärtigen,  dass 
sie  nach  Kriegsgebrauch  durch  Feuer  und  Schwert  dazu  angehalten  werden 
sollten. 

Troppau,  den  29.  Januar  1741. 

(L.  S.)  de  Schwerin  Graf  zu  S  c  h  w  e  r  i  n  s  b  u  r  g. 

S.  k.  M.  in  Preussen  über  Dero  Armeen  bestellter 
GFM.  Ritter  des  Schwarzen  Adler-Ordens  und  Gouverneur 
der  Festung-  Peiz. 

(L.  S.)  M  a  s  s  o  w  1). 

XVA. 
Copia 

der  Ausschreibungen  des  preussischen  GL.  Grafen  von    Schulen  bürg    an 
ein  und  andere  Fürstenthümer  in  Schlesien. 

Hoch-  u  n  d  "W  o  h  1  g  e  b  o  h  r  n  e  r  He  r  r 
Insbesonders  Hochgeehrtester  Herr! 
Nachdeme  die  königl.  preussischen  Truppen  in  den  Fürstenthümern 
Oppeln,  Jägerndorf,  Troppau,  Teschen,  den  bischön.  Oerthern  disseits  der 
Neisse,  wie  auch  in  denen  mährischen  Herrschaften,  so  in  Schlesien  belegen, 
ingleichen  in  die  Standes-Herrschaften  Plessen  und  Beuthen.  und  in  den 
Statibus  minoribus  die  Winter-Quartiere  bezogen,  die  Nothdurffc  auch  erfordert. 
dass    vor  dero  Subsistenz  gesorgt    werde,    da    man    denn    unserer  Seiten  alle 


J)  K.  A..  F.  A.  Mähren  und  Schlesien,  1741  ;  U1  ». 


5  74 

Desordres  zu  verhüten  wünscht ;  als  wird  kein  besser  Mittel  dazu  sein,  als 
wann  die  Hochlöbl.  Herrn  Landes-Stände  sich  mit  dem  allerfördersamhsten 
allliier  bei  mir  einfinden  und  diese  Sache  in  gehörige  Ordnung  bringen,  da  ihnen 
dann  eine  Designation  gegeben  werden  soll,  woselbst  die  Truppen  einlogirt. 
und  was  an  Mundportion  und  Pferde  rations  zu  deren  Subsistenz  vonnöthen. 
Sollten  aber  einige  verzögern,  um  sich  allhier  einzufinden,  so  werden  sie  sich 
alle  Desordres,  so  hieraus  gewiss  entstehen  werden,  selbst  beizumessen  haben. 
indeme  die  Truppen  durch  militärische  Execution  Alles  beitreiben  lassen 
werden,  ohne  Unterschied,  wodurch  das  eine  Fürstenthum  oder  Standt  des 
Landes  Schlesien  gravirt  werde  oder  nicht,  der  ich  übrigens  zu  allen  an- 
genehmen Diensten  mich  offerire,  und  verharre  indessen 

Euer  Hoch-Wohlgebohrn 

dienstwilligster 

Graf  von  Schulenb  u  r  g 

Troppau.   den  29.  Januar  1741.  General-Lieuth.  von  der  Cavallerie  und 

Commnndirender  General  derer  königl. 

Truppen  diesseits  der  Neisse. 

Denen  Sämtl. Herren  Administratoribus  deren  bischöfl.  gütter  disseits  der  Neisse.1 

XV/8. 

Placat 

dass  ein  jeder  /  der  Schlesischen  /  Einwohner  /  ohngelundert  /  von  einem  Orth 
zum    andern    im  Lande  /  reisen    und    Waaren  /  auch    Vivres  /  zu    den    Städten 
bringen    könne  /  wie  auch  /  dass  alles    vorräthige  Getreyde  /  zu  denen  König- 
lichen Magazinen  /  gegen  baare  Bezahlung  /  gelieffert  werden  solle.  / 

Gegeben  zu  Troppau,  den  4.  Februar  1741. 

(Originalabdruck.)  "-) 

Nachdem  man  vermerket  und  erfahren,  wie  seit  einiger  Zeit  die  sonst 
gewönlich-staiken  Zufuhren  auf  die  in  Schlesien  belegenen  Städte  und  Flecken, 
an  Waaren,  Getreyde,  Fleisch,  Bier,  und  allerley  Arten  von  Victualien,  und 
was  sonsten  zur  nöthigen  Subsistence  der  Einwohner  erfordert  wird,  ziemlich 
nachgelassen,  und  solches  grösstentheils  aus  der  Ursach  geschehen,  weil  man 
von  dem  Einmarsch  Sr.  Königl.  Maj.  in  Preussen  Truppen  in  Schlesien,  mit 
üblen  Vorurtheilen  eingenommen  gewesen,  und  dass  selbige  das  gantze  Com- 
mercium, Handel  und  Wandel  stöhren,  und  niemanden  von  denen  Schlesischen 
Einwohnern  mit  Waaren,  Victualien  und  dergleichen  ungehindert  passiren 
lassen  würden,  sich  eingebildet;  wovon  jedoch  das  Contrarium  am  Tage 
liegt ;  indem  vielmehr  Sr.  Königl.  Maj.  Allergnädigste  Intention  dahin  gehet, 
die  Schlesischen  Lande,  auf  alle  nur  ersinnliche  Arth  in  Aufnahme  zu  bringen, 
und  zu  dem  Ende  derselben  Handel  und  Wandel,  insoweit  es  die  Umstände 
erlauben,  auf  keinerley  Weise  gehemmt  wissen  wollen. 

Als    thue,    auf   Allergnädigsten    Befehl    Sr.    Königl.  Maj.    in    Preussen. 
meines  Allergnädigsten  Königes    und  Herren,    ich,  Curt    Christoph,    Graf  von 

')  K.  A.,  Mähren  u.  Schlesien  1741;  XII,  24. 

Archiv  d.  k.  k.  iMinisterium  des  Innern.  Fremde  Gegenstände.  Ad.  12  v.  .T.  1741. 


;)  i  .) 

Hch  wer  in,  zu  Schwerinsburg,  Sr.  Königl.  Maj.  in  Preussen,  über 
Dero  Armeen  bestallter  General-Feldmarschall,  Ritter  des  schwartzen  Adler- 
Ordens,  Gouverneur  der  Vestung  Peitz,  Obrister  über  ein  Regiment  Infanterie, 
etc.  etc.,  hierdurch  Jedermänniglich  kund  und  zu  wissen,  dass  das  freye  Com- 
mercium, durch  Ober-  und  Nieder-Schlesien,  mit  allerhand  AVaaren  und  Lebens- 
Mitteln,  wie  solche  Namen  haben  mögen,  und  nach  Innhalt  derer  sämmtlichen 
Kauf-  und  Handelsleute  Privilegiorum  geführet  werden  sollen,  hinwiederum 
völlig  hergestellet,  und  alle  Habe  und  niedere  Einwohner  in  Städten  und 
Dörffern,  von  Sr.  Königl.  Maj.  versichert  seyn  sollen,  dass  Höchst-Dieselben, 
wie  überhaupt,  also  auch  hierinnen,  sämtlicher  Unterthanen  Flor  und  das  all- 
gemeine Beste,  Allerhöchst  zu  befördern  suchen,  und  weder  dem  Adel,  der 
Bürgerschafft,  noch  den  Bauern  im  geringsten    etwas  zur  Last    legen  werden 

Zu  welchem  Ende  Allerhöchstgedachte  Se.  Königl.  Maj.  durch  mich, 
Dero  gantzen  in  Schlesien  stehenden  Armee,  Allergnädigst,  doch  ernstlich  be- 
fehlen :  alle  diejenigen  Personen,  so  mit  Waaren  und  Victualien  etc.  von  was 
Arth  dieselben  se3'n,  oder  sonsten  mit  gültigen  Pässen  versehen,  hin  und 
wieder  in  Schlesien  reisen,  nirgend  aufzuhalten,  noch  weniger  denenselben, 
unter  was  vor  einem  Vorwand  es  auch  geschehen  möge,  etwas  abzufordern, 
am  allerwenigsten  aber,  dieselben  zu  spoliren,  oder  ihnen  etwas  auf  diebische 
Arth  abzunehmen,  sondern  vielmehr  sämmtlich  frey,  ungehindert,  und  unan- 
gehalten,  allenthalben  pass-  und  repassiren  zulassen;  Widrigenfalls,  und  dass 
die  geringste  Klage  hierwieder  einlieffe,  der  Verbrecher  zur  schweren  Ver- 
antwortung und  unausbleiblich-harten  Strafe,  andern  zum  Exempel,  gezogen 
werden  soll. 

Da  nun  Se.  Königl.  Maj.  einem  jeden,  er  sey,  wess  Standes  oder  Reli- 
gion er  wolle,  solchergestalt  geschützet,  und  bey  dem  Seinigen  gehandhabet 
wissen  wollen,  so  haben  Allerhöchst  Dieselben  zu  denen  Ständen  des  Hertzog- 
thums  Schlesien  auch  das  Allergnädigste  Vertrauen,  dass  dieselben,  nach  dem- 
jenigen, was  Ihnen  bereits  bekandt  gemachet  worden,  von  selbsten  ihr  Ge- 
treyde  und  Fourage  zu  denen  Königlichen  Magazinen  zu  Bresslau,  Oppeln, 
Grottkau,  Ottmachau,  oder  Jägerndorff,  um  so  eher  frey  willig  bringen  werden, 
als  Ihnen  solches  an  jeden  Orth  des  Magazins  baar  bezahlet  wird';  solte  dem 
ohngeachtet  aber  damit  zurückgehalten  werden,  und  bey  der  nach  Ostern 
veranlassten  Untersuchung,  es  sich  würkhch  dergestalt  befinden,  so  haben 
diejenigen,  welche  diesen  Allergnädigsten  Königl.  Befehl  und  Intention  zuwider 
gelebet,  sich  der  Confiscation  ihres  gantzen  Vorraths  ohnfehlbar  zu  gewärtigen. 

Vornach  sich  also  ein  jeder  respective  zu  achten,  und  vor  Schaden  zu 
hüten  wissen  wird ;  wesshalb  dieses  Patent  gehörig  publiciret,  und  in  denen 
Städten  sowohl,  als  auf  denen  Dörffern,  zu  Jedermanns  AVissenschafft,  affigiret 
werden  solle. 

Gegeben  Troppau,  den  4.  Februar  1741. 

(L.  S.)  Graf  von  S  c  h  w  e  r  i  n. 


576 


XVI  i. 

Hochlöbl.  Königi.  Hof-Kriegs-Kath 
Ihro  Excellenzien,  Excellenzien. 

Gnädigste  und  gnädige,  Hochgebietendste,   Hocligeelirteste  auch  Hochgeehrte 

Herren  : 

Einem  Hochlöbl.  Kais.  Königi.  Hof-Kriegs-Kath  habe  mit  unterthänig- 
sten  gehorsamsten  Eespect  berichten  sollen,  wie  dass  der  Preussische  General 
Major  de  la  Motte  den  8.  dieses  Monats  mit  10000  Mann  vor  die  Schanz 
Jablunka  angerucket,  und  solche  durch  einen  Lieutenant  hat  auffordern  lassen, 
mit  diesem  Beybringen,  dass,  so  fern  ich  ihnen  den  Posten  abtretten  werde, 
mir  solle  erlaubt  seyn,  mit  allen  Ehren-Zeichen  auszumarschiren,  so  fern  ich 
aber  solches  nicht  tlmn  wollte,  so  hätte  Er,  General,  von  dem  Preussischen 
König  den  Befehl,  den  Posten  zu  attaquiren,  und  mit  Sturm  einzunehmen. 
AVeilen  dann  nun  weder  mit  Mannschaft,  noch  Proviant  bin  versehen  worden, 
so  bin  gezwungen  gewessen,  um  die  Mannschaft  zu  conserviren,  den  Posten 
aufzugeben,  und  laut  dieser  hier  beygelegten  in  Copia  verfasster  Capitulation 
mit  allen  Ehrenzeichen  mit  der  ganzen  Garnison  abmarsehirt,  Ursachen  es 
nicht  änderst  hat  seyn  können,  und  solches  habe  thun  müssen,  weilen  nicht 
mehr  als  104  Mann  (welches  die  Stärke  meiner  unterhabenden  Compagnie 
ist)  gehabt  habe.  Mit  denen  Landes-Wybranzen  ist  gar  nichts  zu  thun  ge- 
wessen, dann  so  bald  als  die  Preussen  die  Schanze  umrennet,  und  mit  der  Ar- 
tillerie angerucket,  so  sind  alsogleich  7  Wybranzen  über  den  Wall  geloffen, 
und  die  andern  sagten :  sie  wollten  sich  keiner  wehren,  weilen  sie  zu  diesem 
niemal  geschworen  hätten;  Wie  mir  dann  der  General  de  la  M  o  1 1  e  Selbsten 
gesagt,  dass  4  von  denen  übergeloffenen  Wybranzen  zu  Ihme  gekommen, 
welche  alles  verrathen,  wie  es  mit  uns  beschaffen  seye  ;  die  Wybranzen  sind 
auch  alle  in  ihre  Heimath  gegangen,  und  haben  ihr  Gewöhr  alles  übergeben 
an  die  Preussen  ;  den  Hungarischen  Secours  die  Trencsiner  Stuhl-Heyducken 
betreffend,  so  sind  solche  den  halben  Weeg  von  Csacza  anhero  gewessen, 
unterwegs  aber  sich  änderst  resolviret,  und  seynd  hinwiderum  zurückgegangen, 
bin  also  von  aussen  und  innen  mit  Feinden  umgeben  gewessen,  habe  hiemit 
kein  anderes  Mittel  gehabt,  als  die  angetragene  Capitulation  anzunehmen  ; 
Ich  habe  zwar  nacher  Brieg  zu  marschiren  anverlangt,  ist  mir  aber  auf  keine 
Weisse  zugestanden  worden,  bin  hiemit  nacher  Csacza  eine  Meil  weegs  von 
der  Schanze    in    dem    Trencsiner    Stuhl    gelegen,    mit  meiner    unterhabenden 


577 


Compagnie,  denen  Artilleristen,  und  dem  Pater  Kaplan  marschirt,  allwo  auch 
den  ferneren  hohen  Befehl  erwarten  werde  ;  hiemit  bitte  gnädigst  anzubefehlen, 
ob  das  Originale  der  Capitulation  gehorsamst  einschicken  solle,  wie  ich  dann 
auch  hiemit  die  Copien  dsrer  Herren  Officiers  mir  schriftlich  gegebenen 
Resolution,  aus  welchem  klar  zu  ersehen  gnädigst  belieben  wird,  dass  vor 
meinen  Kopf  allein  nicht  das  Geringste  vorgenommen,  sondern  derer  Herren 
Officiers  Meynung  darüber  vernommen,  welches  dann  auch  in  Originali  ein- 
geschickt werden  soll  nach  gnädigstem  Befehl ;  übrigens  mich  zu  hohen 
Gnaden  unterthänigst  gehorsamst  recominandire  und  ersterbe  in  tiefester  Sub- 
mission. 

Eines  Hochlöbl.  Königl.  Hof-Kriegsraths 

Euer  Excellenzien,  Excellenzien 

Meinen  gnädigsten, und  gnädigen  Hochgebieten dsten  Hochgeehrtesten  auch 

Hochgeehrten  Herren 

unterthänig  gehorsamster 


C  s  a  c  z  a,  den  9.  Februar  anno  1741. 


XVI/2. 


Job.  Baron  O'ß  e  i  1 1  y 

Obristlieutenant, 


Demnach  der  allhier  stehende  Commandant  Titl.  Hr.  Obristlieutenant 
Freiherr  von  O'ß  e  i  1 1  y  den  29  e"  Jan.  a.  c.  in  der  6ten  Stunde  des  Abends  uns 
Endesgefertigte  zu  sich  berufen  lassen  und  uns  von  Ihro  Excellenz  dem 
Teschnischen  Herrn  Landes-Hauptmann  per  Estafetam  erhaltenes  Schreiben 
dd.  Teschen,  den  29te"  January  a.  c.  communicieret,  in  welchem  Schreiben 
Hochgedachter  Herr  Landes-Hauptmann  oben  gedachten  Herrn  Commandanten 
den  An-Marche  derer  Preysischen  Trouppen  berichtet  xmd  zuvor  dass  die 
Preysischen  Husaren  den  2Sten  curr.  Mensis  in  seinem  Guthe  Schönhoff 
würklich  eingetroffen,  warumen  mentionirter  Se.  Excellenz  Hr.  Landes- 
Hauptmann  die  allhier  aus  dem  Teschnischen  Fürstenthum  auf  der  Schanz- 
arbeit befindliche  Leuthe  zu  dimittieren  anverlangt,  mit  Vermeldten,  man  sollte 
denen  Arbeits-Leuthen  beybringen,  damit  sie  durch  unterschiedliche  Neben- 
wege, um  nicht  dem  Feinde  in  die  Hände  zu  gerathen,  in  ihre  Dorfschaften 
zu  kommen  trachten  sollten,  als  hat  gedachter  Herr  Commandant  Freiherr 
von  O'ß  e  i  1 1  y,  dieweilen  der  Feind  schon  so  nahe  und  nicht  mehr  als  vier 
Meillen  von  der  Schanzen  sich  befinde,  unser  sämtliches  Gutachten,  was  man 
vornehmen  werde,  wann  selber  anrucken  wird,  verlanget.  Da  wir  allso  nach 
guten  Gewissen  und  der  lieben  Gott  gefälligen  Wahrheit  zu  Steuer  nicht 
änderst  unsere  Meynung  und  Gutachten  geben  können,  als  dass  wir  dem 
Feinde  Widerstand  zu  thun  nicht  im  Stande  seynd,  sondern  uns  gutwillig 
begeben  müssten  ;  dieweilen 

Erstens  :  Die  Werker  theils  halb,  theils  gar  nicht  angeschüttet  und  in 
unterschiedlichen  Oertern  mit  Wägen  in  die  Schanze  gefahren  werden  kann, 
darzu  auch  kein  Thor  gesperret,  viel  weniger  eine  Aufziehbrücken  vorhanden 
ist,  obwohlen  mehr  gemeldter  Herr  Commandant  Freiherr  von  O'ß  e  i  1 1  y  alle 
Möglichkeit  bey  Tag  und  Nacht  angewendet,  so  hat  es  doch  an  Leuthen  und 
Zeit  gemangelt. 

Andertens  :  Nachdem  wir  in  der  Mannschaft  sehr  schwach  uns  befinden, 
den  offenen  Ort  zu  defendiren  und  dem  Feinde  Widerstand  zu  thun,  nicht 
im  Stande  waren, 

Oesterreichischer  Erbfolgekrieg.  II.  Bd.  37 


578 

Drittens  :  da  wir  nirgends  her  bey  so  e3rlends  anrückendem  Feinde  einigen 
Secours  zu  hoffen  gehabt, 

Viertens :  da  wir  nicht  einmal  auf  einen  Tag  mit  Proviant  versehen 
seynd,  ein  solches  mit  uns'rer  eigenen  Hand-Unterschrift  und  beygedruckten 
Pettschaft  bekräftigen,  gegeben. 

Schanz  Jablunka,  den  31.  January  Anno  1741. 

(L.  S.)  Carl  Max  von  T  h  1  u  k 

Ober-Oommandant  der  Landes-Wybranzen. 

(L.  S.)  Carl  Friedrich  von  Schmeskal 

Unter- Conimandant  über  die  Landes-Wybranzen. 

(L.  S.)  Johann  Fischer 

Lieutenant. 

(L.  S.)  Samuel  W  e  1 1  n  e  r 

Lieutenant. 

(L.  S.)  Johann  Petersberg 

Feuerwerker. 

XVI  3. 

Dass  heutigen  Dato.  Da  auf  Ihro  Königl.  Mayest.  von  Preussen  Aller- 
höchste Ordre,  titl.  Hr.  General  de  la  Motte  den  Lieutenant  Körnichen 
hieher  zu  mir  geschicket,  mit  dem  Anbringen,  wie  selber  mit  10.000  Mann 
vor  diesen  mir  anvertrauten  Posten  wirklich  gerücket  sey,  mit  dem  Anbegehren, 
dass,  sofern  ihm  dieser  Posten  von  mir,  Obristlieutenant  und  Commandanten 
Johann  Baron  O'P  e  i  1 1  y  übergeben  werden  sollte,  so  sollte  ein  freier  Abzug 
mit  allen  Ehrenzeichen  nach  Kriegsbrauch  frey  stehen,  sofei-ne  aber  solches 
Begehren  sollte  abgeschlagen  werden,  Er,  Hr.  Generalmajor  eine  Attaque  auf 
dieses  Posto  thun  wolle,  solches  hiermit  einnehmen  wolle,  worauf  von  Seiten 
des  Hr.  Commandanten  geantwortet  worden,  dass  er  auf  diesen  Fall  die  Attaque 
repoussieren  und  sich  möglichst  clefendieren  würde,  indessen  ist  nach  einigen 
Unterredungen  von  mir  als  Commandanten  mit  obgedachten  Hr.  Lieutenant  ein 
Vorschlag  geschehen  und  an  den  Hr.  Generalmajor  überschicket  worden,  worauf 
selber  bemeldten  Lieutenant,  nebst  d.  Hrn.  Rittmeister  von  Ledivari  und 
Lieutenant  von  Kantezinsky  wiederum  hieher  geschickt  und  den  Antrag 
gethan,  die  Articule  von  Uebergebung  des  Postens  aufzusetzen,  als  dass 

Hierüber  replizieren  auf   den  lten  1'"°  Der  allhiesige  CommandantHr. 

Punct  im  Namen  des  Hn.  General  Obristlieutenant  Job.  Baron  O'ßeillj- 
Majors  de  la  Motte  sammt  der  ganzen  hiesigen  Garnison 

Accordieret.  und    Artilleristen    mit     allen    Ehren- 

zeichen frey  ausmarchiren  können. 

Wird  accordiret,  dass  der  ganzen  2do  dass  der  Garnison  frey  stehe, 

Garnison  frey  stehe,    mit   klingenden       mit  klingenden  Spiel,  fliegenden  Fahnen 
Spiel    und    fliegenden    Fahnen  auszu-       und  2  Stücken  hieraus  zu  marschiren 
rnarschiren,     ausser    denen    Kanonen,       erlaubet  seyn  solle, 
welche  auf  ihren  Posten  mit  völliger 
Ammunition  stehen  bleiben. 

Accordiret,    die    Mannschaft    be-  3 '  °  Nicht  weniger,  dass  der  Garni- 

treliend  wird  die Amunitionfrey stehen,  sonfieystehensofl,MannvorMannzu24- 
der  Kanonen  wegen  bleibt  es  wie  Schuss  Pulver,  sammt  zu  den  2  Stücken 
obiger  Articul  sub  Nr.  2  besagt.  gehöi'igeAmmunitionmitsichzunehmen. 


5?y 


Accordiret. 


Kann  ohnmöglich  aus  erheblichen 
Ursachen  accordiret  werden,  sondern 
geraden  Weges  nach  dem  Königreich 
Hungarn  zu  marschiren. 


Soll  keineswegs  geschehen. 


Sowold  vor  selbe  als  hiesiges 
Posto  soll  aUer  hiermit  accordiret 
werden  und  keiner  Beleidigung  ge- 
schehen. 

Wird  ihnen  alles  accordiret.  um- 
so viel  mehr,  als  sie  bey  ihren  Wirth- 
schaften  verbleiben  wollen  und  reser- 
viret  sich  also  ab  Titulirter  Hr.  General 
Major  de  la  M  o  1 1  e,  dass  sogleich 
nach  ihrer  Unterschrift  und  Ueber- 
bringung  dieses  Contracts  alsogleich  so- 
wohl dieser  Posten,  als  die  sogenannte 
kleine  Schanz  mit  genügsamer  und  dazu 
gehöriger  Mannschaft  Er  zu  Copiren 
und  zu  beschützen  befugt  seyn  möge. 

Datum  grosse  Schanze  Jablunka, 
(L.  S.) 

(L.  S.) 
(L.  S.) 
(L.  S.) 

(L.  S.) 

(L.  S.) 

(L.  S.) 

(L.  S.) 


4*>  Die  benöthigte  Vorspann  und 
Pferde,  sowohl  vor  die  Bagage,  als 
Kranken  bis  nach  dem  verlangenden 
Ort  zu  verscharren. 

5to  Wie  ich  denn  als  Commandant 
begehre,  ein  vor  allemal  nacher  Brieg 
zu  dem  alldorten  stehenden  Löbl. 
Regiments-Battaillon  mit  der  ganzen 
Garnison  frey  zu  marschiren. 

6'°  Dass  die  Preussischen  Herren 
Ober-  oder  Unterofficiers,  weder  ge- 
meine zu  Ross  oder  Fuss  befugt  sein 
sollen,  jemand  von  der  allhier  stehen- 
den Garnison  des  in  Sr.  Mayest.  des 
Königs  von  Preussen  Dienste  zu 
animiren  oder  aufzunehmen. 

7rao  Welches  alles  obgedachte  so- 
wohl vor  die  auf  der  kleinen  Schanze 
stehende  Mannschaft  als  vor  hiesige 
Guarnison  ausgemacht  seyn  soll. 

8vo  Das  die  allhier  befindlichen 
Landes -Wybranzen  sich  nach  ihrer 
eigenen  Resolution  von  hier  nach  dem 
Aussmarch  nach  ihrer  Heimath,  ihren 
habenden  Grund  und  Boden  zu  bear- 
beiten frey  ziehen  können,  welches 
sie  auf  Anfragen  ihrer  eigenen  Herrrn 
Ober-  und  Unter-Commandanten 
so  und  nicht  anders  gesinnet  seyn, 
als  zu  ihrer  Wirthschaft  und  Weib 
und  Kindern  zu  gehen. 

den  8ten  February  A.  1741. 

Johann  Baron  O'Reilly 
Obristlieutenant. 

Rittmeister  de  Ledivari 

Lieutenant  von  Kantezinsky 

Johann  Fischer 
Lieutenant. 

Samuel  Wallner 
Lieutenant. 

Carl  Max  von  T  h  1  u  k 

Ober-Commandant. 

Carl  Friedrich  von  Schmeska) 
Unter- Commandant. 

Carl  Komi"  che  n 

Lieutenant. 


Obige  Capitvdation  Ratihabition  in  allen  Stücken  Gross  Schanz  Jablunka,  den 

8.  Februar  1741. 
(L.  S.)  de  la  M  o  1 1  e 

37* 


580 

XVI    L. 

O'ß  e  i  1 1  y  Obristlieutenant. 


\V  i  e  n,  den  21ten  July  1741. 


Notiflcatur  resolutio 

Dass  selber  wegen  des  an  die  Preussen  übergeben en  Passes  Jablunka  von  all 
weiterer  Klag  und  Verantwortung  vollständig  los  und  ledig  gesprochen  seyn. 

Anzufügen  :  Es  seye  jenes,  was  Er  wegen  Uebergab  an  die  Preussen 
des  seinem  Commando  anvertraut  gewesten  Passes  Jablunka  zur  Verantwort- 
end Gerechtsfertigung  beygebracht,  durch  die  eigens  zusammengesetzte 
Mihtär-Commission  genau  untersuchet  und  dem  hinterlassenen  K.  Hof-Kriegs- 
rath  darüberhin  berichterstattet  worden,  woraus  erscheint,  welchergestalten 
Ihme  Herrn  Obristlieutenant  zu  erwähnter  Uebergab  und  mit  denen  Preussen 
8ten  Februar  laufenden  Jahres  geschlossenen  diesfälligen  Capitulation  nach- 
den  folgende  Haupt-Ursachen  bewegen  : 

Erstlich  wäre  Jablunka  ein  ganz  offener,  mit  keinen  Parapet  Aufzug- 
Brücken,  noch  hinlänglichen  Palisaten  versehener  Ort. 

Andertens  wegen  damalig  angehaltenen  üblen  Witterung  und  häufigen 
Schnee  nicht  möglich  gewesen,  die  zur  Gegenwehr  benöthigte  Arbeit  vorzu- 
kehren oder  Drittens  dem  feindlichen  zahlreichen  Anlauf  standhaft  zu  begegnen, 
weder  den  angedrohten  Sturm  abzuschlagen,  oder  auszuwarten,  weder  könnte 
Viertens  durch  die  erst  zehn  Tag  vor  des  Feinds  Anrückung  ihme  zugeschickten 
120  Bauern  in  so  kurzer  Zeit  bey  denen  Pallisaten  und  Werken  die  Arbeit 
bestritten  werden  und  hatten  viel  mehrers 

Fünftens  diese  Bauern  gegen  den  Feind  sich  gebrauchen  zu  lassen 
absolute  geweigeret,  ja  solchenfalls  das  Gewehr  hinweg  zu  werfen  und  von 
dannen  sich  zu  begeben  angedrohet,  wie  dann 

Sechstens  bey  des  Feinds  Anrückung  sogleich  einige  zu  selben  über- 
gangen, die  Schwäche  der  Garnison  und  Unvermögenheit  der  Defension  ent- 
decket, dahingegen  nach  der  Capitvdation  die  meiste  aus  ihnen  Preussische 
Dienste  angenohmen. 

Siebentens  wäre  die  Garnison  nur  112  Mann  und  darunter  von  90  ohn- 
exercirten  Eecrouten  stark  gewesen,  weder  hätte  Er,  Herr  Obristlieutenant 
einigen  Sucours  erhalten,  oder  in  Beobachtung  des  Feinds  Annäherung  sicher 
anhofen  können. 

Achtens  an  Proviant  und  Lebens-Nothdurften  wäre  gleichmässiger 
grosser  Abgang,  weder  in  der  Schanz  ein  genussbares  Wasser  —  sondern 
solches  hätte  zwey  Büchsen  Schuss  weit  hergehollet  werden  müssen. 

Neuntens .  Von  der  Artillerie  wären  nur  acht  Stück,  sieben  Eyserne 
und  ein  Metallenes  vorhanden,  welche,  nachdem  die  Patterien  wegen  Resistenz 
derer  Bauern  nicht  verfertigt  worden,  nicht  einmal  könnten  aufgeführet  und 
gebrauchet  werden,  da  übrigens 

Zehntens  der  Feind  mit  10.000  Mann  den  Pass  berennet  und  auf  die 
alsogleiche  Capitulation  angedrungen,  die  in  der  Garnison  gestandenen  sammet- 
lichen  Officiers  ebenfalls  einhellig  angerathen,  nöthig  auch  besser  zu  seyn,  dass 
man  die  Leute  erhalte,  als  durch  eine  in  der  That  ohmnögliche  Gegenwehr 
nebst  den  Pass  gleichwolen  verliere. 


581 

Schliesslichen  hatte  er  seinesorts  nichts  erwinden  lassen,  was  zur 
Defension  diensam  wäre,  hätte  zu  solchem  Ende  noch  in  Friedenszeiten,  auch 
nachmals,  als  die  Preussen  gegen  Schlesien  angerucket,  den  schlecliten  Stand 
dieses  Passes  gehöriger  Orten  vorgestellet  undumBeyschaffung  derer  Defensions- 
Mittel  gebetten,  solche  jedoch  nicht  überkommen,  mithin  seiner  Obliegenheit 
vollkommenes  Genügen  geleistet;  Wann  nun  der  Herr  FM.  Graf  vonPalffy 
Ihme,  Herrn  Obristh'eutenant,  das  Zeugnüss  beygeleget,  es  auch  die  ander- 
weitig eingezogene  Nachrichten  bestätigen,  dass  mehr  widerholten  Pass  gegen 
die  Preussen  zu  erhalten,  oder  sich  in  eine  mehrerer  Gegenwehr  zu  setzen, 
aus  Abgang  der  Mannschaft,  Proviant  und  anderer  ohnvermeidenthchen  Er- 
fordernussen  ein  offenbahre  ohnmöglichkeit  gewesen,  sondern  Herr  Obrist- 
lieutenant  so  viell  von  ihme,  seinen  zeitlichen  Berichten  und  nachmaligen 
Veranstaltungen  abgehangen,  an  seiner  Pflicht  und  Schuldigkeit  nichts  er- 
winden lassen,  ja  sich  solchergestalten  aufgeführet  habe,  dass  ihme  der 
Jablunka-Uebergab  und  getroffenen  Capitulation  halber  nichts  nachtheiliges 
zugeinuthet,  weder  einige  Ausstellung  gemacht  werden  mag,  bei  welchen  Um- 
ständen dessen  obangeführte  Gerechts-Fertigung  allerdings  vor  hinlänglich  be- 
funden, folgsam  ihme,  Herrn  Obristlieutenant,  in  Sachen  von  all  weiterer  Klag 
oder  Verantwortung,  wie  hiemit  beschiehet,  vollständig  los  und  ledig  zu 
sprechen  vor  billig  und  recht  erkennet  worden  ist ;  Als  thue  man  solches 
Ihme,  Herrn  Obristlieutenant,  zu  seiner  Legitimation  und  allmaligen-noth- 
durftigen  Gebrauch  hinausgeben.  J) 


])  K.  A.  Aus  dem  Manuscripte  des  FZM.   Browne:  Oesterr.  Successiouskrieg  1740. 


582 


XVII. 


Effectiyer  Stand 

der    nach  Böhmen,  Mähren  und  Schlesien    beorderten  königl.  Infanterie-    und 

Cavallerie-Regimenter.  !) 


Infanterie 


Regimenter 


sg  sc 


rt  ö  § 
<!  o'-ß 


Mann 


Cavallerie 


Regimenter 


Effeetiv- 
Stand 


Abgang 

v.  complet. 

Stand 


Mann  .Pferde  Mann  ;  Pferde 


Franz  Lothringen 
*  Alt-D  aun      .    . 
*0'Gilvy     .    .    . 

Hessen-Cassel 

Carl  Lothringen 

Kolowrat     .    . 

Granne  2  Bat. 

Harrach  2  Bat. 
*Wenzel  Wallis 
*Botta     .... 

Browne    .    .    . 

Schmettau  .  . 
*Thüngen  .  .  . 

Baden-Baden  . 
*Max  Starhernbere 


1896 
1400 
1766 
919 
1324 
1231 
1199 
1201 
1539 
1160 
1394 
1075 
1020 
1938' 
1763! 


104 
900 
654 

1081 
776 
769 
221 
99 
761 

1140 
606 
925 

12S0 

62 

537 


Summe  . 


20825   9915 


Cürassiere 
Seherr  .    .    . 
Hohenzollern 
Lanthieri 
Cordova  .    . 
Hohen  eins  . 
Diemar    .    . 
Birkenfeld  . 


Summe 


718 
759 
759 
924 
790 
839 
858 


696 
638 

708 
876 
648 

776: 

700  i 


82  104 
41  162 
41       92 

10      152 

24 

100 


Dragoner 
*  Württemberg 
Althan  n   .    .    . 
Batthyanyi 
Liechtenstein 
Römer      .    .    . 


Summe  . 


5647    5042 


797 
838 
854 
800 
915 


846 
840 
864 
800 
858 


1741     634 


203;     154 


Husaren 

Csäky  .... 

Desewffy     .    . 

Splenyi     .    .    . 

*Pestvärmegyei 

*Ghilänyi  .    .    . 

*Karolyi    .    .    . 


Summe 


758 
657 
648 
740 
699 
776 


737 
581 
525 
686 

685 


4204    4208      203      154 


42  63 

143  219 

152  275 

60  114 

101  158 

104  195 


4278   3856     602    1024 


Cürassiere 

Dragoner 

Husaren 


5647  Mann  5042  Pferde 
4204       „      4203       „ 
4278       .,       3856 


Ges.-Summe    14129  Mann  13106  Pferde 


')  Ans  dem  B  r  o  w  n  e 'schert  Manu  Script.  Oesterr.  Success.  Krieg  1741.  Der  Stand  ist 
bei  den  meisten  Regimentern  nach  den  Listen  per  Februar  1741,  nur  bei  den  mit  einem  * 
versehenen  nach  der  General-Tabelle  vom  5.  November  1740,  K.  A.,  Oesterr.  Erbfolgekrieg 
1740;  IX,  1.  angesetzt.  


583 


XVHI/i. 
Offene  Ordre 

An  die  Commandanten  der  aus  Hungarn  nacher  Scalitz  im  Marsche  Begriffenen 

Königl.  Regimenter. 

Anzufügen;  Nachdeme  der  Antrag  ist,  von  jetztbesagten  Regimentern 
auch  einige  über  den  von  Scalitz  unweit  entlegenen  Orth  Belekowa  (Welka), 
sofern  änderst  von  dar  die  weeg  in  dem  Marggrafthum  Mähren  practicabl 
seynd,  instradiren  zu  lassen,  und  damit  nicht  die  sambentlichen  Trouppen 
durch  eine  Strasse  zu  marschiren  nötliig  haben,  folghch  an  der  schleunigen 
fortrückhung,  woran  bey  jetzigen  umbständen  sehr  vielles  gelegen  ist,  nicht 
gehindert  werden  mögen  ; 

Als  wirdt  Ihnen  obgemeldten  Regiments-Commandanten  krafft  dieses 
ernstlich  anbefohlen,  dass  diejenigen,  denen  diesfalls  von  dem  (titl.)  Luzan  die 
eigentliche  Ordre  ertheillet  werden  wirdt,  solcher  ohnweigerlich  nachkommen, 
und  mit  denen  Ihren  Commandanten  anverthrauten  Regimentern  nach  ob- 
bemeldtes  Orth  Belekowa  (Welka)  den  Zug  nehmen,  von  der  dasigen  anrückhung 
dem  (titl.)  Zinzendorff ')  die  zeitliche  Nachricht  geben  und  soforth  nach 
dessen  anleithung  den  marsche  weithers  forthsezen  sollen 

Wien,  den  II.  Januar  1711. s) 


XVIII'2. 

Offene  Ordre 

an  die  Commandanten  deren  aus  Hungarn  über  Welka  in  Mähnen  einzutreffen 
habenden  Regimenter  und  respective  Colonnen. 

Anzufügen  ;  denenselben  wäre  bekannt,  verordnet  worden  zu  seyn,  dass 
bey  anlangung  nach  Scalitz  durch  den  allda  befindlichen  Medicum  und  Chy- 
rurgum  Mann  für  Mann  visitirt,  dan  die  mundurn,  bagagen,  und  anderen  effecten 
dem  vorgeschriebenen  Sanitets- [nstituto  gemäss  durch  die  hierzue  bestellten 
leuthe  auf  das  genaueste  gereiniget,  und  sodan  erst,  wan  dieses  geschehen, 
und  alles  gesund  und  rein  befunden  worden,  der  marsche  weithers  fortgesezet 


')  Commandierender  General  in  Brunn. 
)  K    A.,  Bestallungen  1741  ;  7158. 


584 

werden  solle;  Wiezuinahlen  nun  diese  nenibliche  praecautionen  auch  zu  anfangs 
gedachten  Welka  beobachten  zu  lassen  die  Sicherheit  des  allgemeinen  ge- 
sundheits-standes  unurnbgänglich  erfordert. 

Alss  wirdet  Ihnen,  obgenieldten  Commandanten,  deren  Regimenter  oder 
Colonnen  krafft  gegenwärtiger  offener  ordre  hiemit  auf  das  gemessenste  an- 
befohlen, nicht  nur  bey-  oder  vor  eintreffung  zu  berührtem  Welka  durch 
den  allda  anwesenden  Medicuni,  Chyrurgum,  und  die  Reinigungs-Meister,  die 
Visitation,  und  Reinigung  bey  Vermeidung  ohnfehlbahrer  schwerer  bestrafung 
ohne  geringste  Widerrede  mit  gutter  Ordnung  bewürken  zu  lassen,  sondern 
auch  selbsten  für  den  wahren  reinen  gesundheitsstand  eyfrigste  sorg  zu 
tragen,  und  absolute  nichts  Verdächtiges,  wan  sich  wider  verhoffen  was 
äussern  solte,  zu  verhellen,  mithin  dem  Publico  kein  Unheyl,  sich  aber  keiner 
Verantwortung  zuziehen. 

W  i  e  n.  den  21.  Januar  1741.  l) 


XVIII/3. 

Offene  Ordre 

an   die  Commandirenden  Officiere    deren    über  Scalitz    in  Mähren   zu  passiren 

habenden  Königlichen  Truppen. 

Anzufügen :  Es  wäre  zwar  bisher  der  (Titl.)  Luzaa  allda  angestellet, 
umb  die  Marschen  über  diesen  Pass  mit  guter  Ordnung  einzuleithen,  um  deren 
vorzukehren  seyenden  Sanitäts  Praecautionen  halber  die  ob  er- aufsieht  zu 
Tragen ;  nachdeme  aber  die  in  Hungarn  noch  zurückh  befindliche  Regimenter, 
welche  über  gedachten  Pass  zu  gehen  hätten  in  mehrere  Routen  abzutheillen, 
und  noch  über  3  andere  Pass,  nemblich  über  Welka,  Hrozinkau  und  Ularz 
zu  instradiren  entschlossen  worden,  mithin  ersagter  (Titl.)  Luzan  zu  berührten 
Scalitz  so  sehr  nickt  mehr  von  nöthen  und  dahero  von  dannen  abberuffen 
worden,  gleichwohlen  aber  ohnumbgänghch  erforderlich  ist,  dass  zur  Sicher- 
heit des  all  menschenmöglichen  Vorsichtigkeit  erheuschenden  allgemeinen 
gesundheitsstandes  die  in  den  Sanitäts-Instituto  vorgeschriebene  Visitation 
der  leuthen  und  reinigung    der  effecten  ein,    wie  den  andern  weeg    geschehe. 

Alss  wirdet  anfangs  gemeldten  Commandirenden  Officieren  ernstlich  an- 
befohlen, dass  Sie  dieser  offenen  ordre  zufolge  durch  den  zu  mehrerwelmtem 
Scalitz  stehenden  Medicum  und  Chyrurgum,  dann  die  Reinigungsmeister  die 
genaue  Visitation,  und  Reinigung  nicht  allein  ohnweigerlich  verstatten,  sondern 
auch  allen  behelf  darzue  geben,  dann  hierunter  das  geringste  nicht  verliehen 
und  auf  den  vollkommen  reinen  gesundheits-Stand  selbst  pfüchtmässig  zu 
sorgen,  sich  angelegen  seyn  lassen  sollen. 

W  i  e  n,  den  28.  Januar  1741. 2) 


')  K.  A.,  Bestallungen  1741  ;  7159. 
K.  A..  Bestallungen  1741;  7162. 


585 


XIX. 
Werb-Patents-Forniular. 

Nachdeme  die  derniahligen  gefährlichen  und  weith  aussehenden  Umb- 
stände  zu  Unserer  und  der  allgemeinen  Reichs-Wohlfarth  Uns  bemüssigen, 
auf  die  schleunige  ergänzung  Unserer  Infanterie  Regimenter  mit  allem  ernst 
zu  gedenken,  die  darzu  erforderliche  auf  eine  nambhaffte  anzahl  sich  belauf- 
fende  Mannschaft  aber  aus  Unseren  Teutschen  Erblanden  allein  nicht  so  ge- 
schwind, als  es  die  instehende  noth  erheuschet  nicht  wohl  hergehollet  werden 
Können,  Wir  dahero  Unserem  Obristwachtmeister  und  Commandanten  zu 
Rheinfelden  Freiherrn  von  Tornaco  Gnädigst  aufgetragen  haben,  mit  alier- 
möglichstem  Eyfer  beflissen  zu  seyn,  einige  Tausend  recruten  in  dem  heyl. 
Römischen  Reich  auf  das  allereheste  alss  immer  Thunlich  aufzubringen,  und 
solche  nacher  Eger  in  Unserem  Königreich  Böheimb,  oder  zum  theill  auch 
nach  Reuthy  in  Tyroll  zu  liefern,  wessentwegen  Wir  demselben  bereiths  an 
verschiedene  hoch-  und  löbliche  Reichs-Stände  die  gewöhnlichen  requisitions- 
schreiben  zugeschicket  haben,  umb  selbe  gebührend  zu  überreichen,  und 
solchen  zufolge  sowohl  die  Verstattung  der  Werbung,  als  der  Durchmarschen 
anzusuchen,  die  übrigen  requisitorial-schreiben  aber,  wann  Er  deren  allenfalls 
noch  einige  wegen  der  auch  in  anderen  Districten  anzulegen  antragenden 
Werbungen,  mithin  sich  darnach  äussernden  marschen  vonnötten  haben  möchte, 
auf  dessen  anzeige  alsogleich  zu  erlassen  ohnermangeln  werden. 

Alss  beschiehet  hiemit  Unsere  respective  Freund-Schwesterlich,  auch  ge- 
zimendes  und  Gnädigstes  Ansinnen  an  die  höchsten  und  löblichen  Stände  des 
Reichs  und  an  jene  Reichsstätte,  die  Er,  Unser  Obrist-Feldwachtmeister  Freiherr 
von  Tornaco,  in  Unserem  Namen  disserwegen  angehen  wird,  dieselben  be- 
lieben, nicht  allein  in  dero  gebiet  ihm  und  denen  von  Ihm  bestellenden  Sub- 
alternen Officieren  die  freye  Werbung  und  durchzug  der  Unss  zugehörigen 
alten  und  neuen  Mannschaft  willfährig  zu  erlauben,  sondern  auch  all  geneigten 
und  beförderlichen  Vorschub  demselben  oder  denenselben  angedeihen  zu 
lassen,  als  welches  Wir  in  derselben  gelegenheit  mit  gleichmässiger  bereither 
Willfährigkeit  zu  erwidern  Uns  angelegen  sein  lassen  werden.   Geben  etc. 

Wien,  am  18.  Januar  1741.  1) 
')  K.  A  .  Bestallungen   1741;  7160. 


586 


Offene  Ordre 

an  die  zur  übernehmung  der  Land  Ständtischen  Rekruten   im  Marggrafthumb 

Mähren  beorderten  Officiere. 

Anzufügen:  Es  wäre  ohnehin  bekannt,  dass  der  (titl.)  Zinzendorff  das 
Superarbitrum  bey  denen  Rekruten  assentir-  und  übernehmungen  in  den 
Marggrafthumb  Mähren  zu  besorgen  habe,  mithin  die  zu  solcher  übernahm 
commandirten  Regiments  Ofüciers.  mit  der  Kriegs  gebräuchigen  Subordination 
an  denselben  angewisen  seyen  ;  Man  wolle  aber  die  übernahms-Officiers  hiemit 
nochmahlen  an  ersagten  (titl.)  Zinzendorff  dergestalten  anweisen,  dass  und  ob 
ihme  zwar  allerdings  oblieget  auf  die  genügsame  tauglichkeit  der  Rekruten, 
und  zwar  das  selbe  gleich  jetzo  zu  wirklichen  Feld  Kriegsdiensten  und  Aus- 
stellung der  Feld-Strapazen  im  Stand  seyn,  die  prlichtmässige  aufsieht  zu 
tragen,  mitbin  ihnen  keineswegs  verwehret  ist,  sondern  es  villmehr  ihre 
schuldigkeith  erfordert,  über  die  bey  den  Rekruten  findende  erhebliche  und 
gegründete  Bedenkhen  und  anstände  die  ausführliche  anzeige  zu  thim,  sie 
solches  jedoch  mit  der  gebührenden  bescheidenheith  und  genauer  beobachtung 
der  Militär  Subordination,  dann  des  gezimmenden  respects  Bewürckhen.  und 
diejenigen  Rekruten,  welche  allenfahls  auch  wider  ihre  Vorstellungen  wider- 
holte r  (titl.)  Zinzendorff  von  des  obhabenden  Superabitriy  weg  als  tauglich 
ihme  übergeben  lassen  möchte,  olmweigerlich  anzunehmen,  allermassen  sie 
solchen  falds  ihresorths  ausser  Verantwortung  seyn  würden,  man  hingegen 
nicht  vermuthen  will,  noch  kann,  dass  derselbe  als  ein  von  Ihrer  Majestät 
Allerhöchsten  (Dienst)  so  eifriger  und  erfahrener  General  andere  Leuthe,  als 
welche  zu  würeklichen  Feld-Kriegsdiensten  dermahlen  in  standt  sich  befinden. 
tüchtig  erklären  und  anzunehmen  verordnen  werde. 

Wien,  den  11.  Februar  1741.' 


')  K.  A..  Bestalhmgen  1741;  7166. 


587 


XXI  i. 


Designation 

was    zu  Bevorstehender  Ausrüstung    deren    IG    Feld-Stücken    Bey    dem  Feld- 
Artillerie  Haubt-corpo  an  verschiedenen  requisiten  auss  dem  Haubt-Zeughauss 

AVienn  abzugeben  kommet : 

3pfündige  Stück-Kugeln 438 

G       »  n  „  198 

12       „  Haubiz-Grenaden 80 

12       „  Schrott-Büchsen 20 

ohngefüllte  Hand-Grenaden 700 

gegossen    calibermässiges  Kugl-Bley  in  ihren 

Küsteln 281  Ctr 

Flinten  -  Pulfer  |  ist  auss  dem  Prager-Haubt-     138     „ 
an  Stück-      .,      j  Zeughauss  zu  erfolgen         18     ., 

an  Lunthen q 

Haubitz-Grenaden-Brand-Böhren 100 

Brand-Röhren  zu  Grenaden 700 

dem     Feld- Artillerie    Haubt  -  Corps    müssen    geschlagen 
werden. 

Flinten- Steiner 20000  stk. 

Sand-Säcke 2000 

angestillten    Schanz-Zeug,     worunter    Vs  Grampen    und 

a  3  Schauffein 1625 

Bausch-Hacken 25 

Faschinen-Messer 25 

Pallisaden -Hacken IC, 

1 

4     „ 

2 

-      i? 

2     .. 

1     ■• 

1     „  ')• 


25      Pfd. 
62V2    „ 
6 
96 


io   aber  Bey 


Falckaunen-Schall-Blech 
Regiments-Stuck  Rad-Büchsen    .    .    .    . 
Falckaunen-     „         ,, 
unbeschlagene  Regiments-Stuck-Räder 
unbeschlagenes  Falckaunen-Rad    .    .    . 
unbeschlagenes  Haubiz-Rad 


"i  K.  A.,  Schlesien  1741  ;  II,  ad  5  b. 


588 


Specification. 

Wass  vermög  Hof-Kriegs-Räthlicher  resolution  von  dein  königl.  Feld-Ar  - 
tillerie-Corpo  sich  in  March-fertigen  Stand  Haltet,  umb  Lei  erst- einlangender 
ordre  mit  dem  in  Wischehrad  aussrüstenden  geschütz,  und  Artillerie  Fuhr- 
werke entweders  in  Einem  oder  nach  erforderlichen  umbständen  in  zwey 
Detachementern  von  Prag  auss  zu  Marschiren,  vor  welche  also  nothwendig 
auf  einige  Tag  Hier  in  Prag  sowohl  die  unterkunfft.  alss  vor  officiers-  und 
Königl.  Dienst-Pferde  die  Verpflegung  unmassgeblich  zeitlich  ausszuweisen 
wäre,  auch  Ein  —  Hochlöbliches  Königl.  G-ouverno  wegen  einiger  anticipat. 
Monathern  gnädig  zu  refleotiren  geruhn  wurde. 

Portiones 
.Mund    Pfenl 

1  Obrist-Lieutenant 24,      24 

2  Stuck  Haubtleuthe 24       24 

3  ..      Junkher 13  12 

2  Alte  Feuerwerkher 8  8 

5  Junge  Feuerwerkher 10  10 

1  Fourier 4  4 

1  Fourierschütz 2  1 

1  Zeug-Schreiber 3  2 

1  Proviant-Schreiber 3        2 

2  Feldschergesellen 6         4 

7  Pixenmeister-Corporalen 21         7 

7'»  Pixenmeister 140       — 

Ton  Zeug-Am  b  t. 

1  Zeugdiener 2       — 

1  Pulverhütter 2 

1  Unter  Schinidmeister 3 

9   Schmidgesellen 18       — 

1  unter  wagnermeister 3         1 

2  Wagnergesellen 4 

2  Sattlergesellen 4       — 

2  Eiemergesellen 4 

1  Zimmermeister 3       — 

G  Zimmergesellen 12 

1  Handlanger  Corporal 3         1 

10  Handlanger 20 

3  Wagenbauern 6 

1   Tambour 2 

Von  der  Minier- Co  m  p  a  g  n  i  e 

1  Minir-Lieutenant 6  4 

1       ,,      Corporal 3  2 

3  alte  Miniers      12  — 

(.)  junge  Miniers      ... •  18  — 


151  Köpf  Latus  .    .    .383     10G 


589 

V  o  ii  de  r  Eoss-P  a  r  t  h  e  y 

151  Köpf                                                                  Latus  .    .    .  383  106 

1  Ober- Geschirrmeister       8  8 

>  1  Ross-Arzt .       (i  6 

5  Wagenrneiste:- 20  20 

5  geschirr-Knecht      ...    10  10 

232  Stuck-Knecht 348 

Königl.  Stuck-Pferde —  464 

395  Köpf  Summa  .    .    .  775     614 

Prag,  den  21.  Januar  1741. 

Gegenwärtige  Specification  ist  durch  Herrn  Artillerie-Obristlieutenaiit 
Popp  von  Furtenburg  an  die  Commissariatische  Amts  Substitution  unter 
obigen  dato  übergeben  worden. 

Franz  von  Fische  r.  ') 

J)  K.  A.,  Schlesien  1741  ;  II,  ad  26  c. 


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XXII. 

Aufruf  des  Feldmarschall  und  Judex  Guriae  Graf  Johann  Palffy 

zur   Truppenstellung-. 

1 1 1  u s t r.  Reveren  d. 

Ihr  habt  gehört,  wie  verachtungswürdig,  gewaltthätig  und  gesetzeswidrig 
in  seinem  bisherigen,  der  gelobten  Treue  und  dem  Völkerrechte  widerstreiten- 
den Vorgehen,  der  König  von  Preussen,  unbekümmert  um  die  pragmatische 
Sanction  und  indem  er  die  Verpflichtungen  ehrlicher  Treue  schmählich  ver- 
letzte, gegen  unsere  gänzlich  unvorbereitete,  so  milde  Königin  und  Herrin 
die  Waffen  erhob  und  schon  fast  ganz  Schlesien,  ohne  irgend  welche  Be- 
rechtigung, ohne  gesetzlichen  Anspruch  mit  Gewalt  und  Macht  besetzt  habe  : 
ohne  Zweifel  wird  es  auch  Eueren  Gnaden  schon  lange  klar  sein,  dass,  zumal 
man  allenthalben  und  offenkundig  über  seine  Verwegenheit  hört,  sich  schon 
der  Markgrafschaft  Mähren  zu  nähern  und  sich  auszubreiten,  mit  Recht  die 
Befürchtung  besteht,  er  werde,  getreu  seiner  verdammungswürdigen  Weise  zu 
handeln,  auch  in  das  Gebiet  Ungarns  einfallen  und  so  jenes  anderwärtig  schon 
von  unsäglichen  Drangsalen  und  Elend  gedrückte  Land  verheeren  und  verwüsten. 

D esshalb  nun  habe  ich  zur  Abwehr  der  verderblichen  Anschläge  des- 
selben, zur  Vertheidigung  Ungarns,  durch  die  Treue  zum  Opfer  selbst  meines 
Blutes  verpflichtet,  fest  beschlossen,  mich  jenem,  wenn  er  die  erwähnten 
Feindseligkeiten  weiter  oder  gar  gegen  die  Grenzen  oder  das  innere  Gebiet 
Ungarns  ausüben  würde,  persönlich  mit  der  vereinten  Kampfestüchtigkeit  der 
Deutschen  und  Ungarn  entgegenzustellen. 

Aus  diesem  Grunde,  da  die  Wahrung  und  das  Wohl  des  Vaterlandes  es 
erheischt,  wollte  ich  Euer  Gnaden  liiemit  auffordern,  mir  betreff  Abwehr  der 
feindlichen  Anschläge  und  zum  Schutze,  wie  zur  Wahrung  des  Vaterlandes 
vor  den  Feindseligkeiten  jener,  möglichst  schnell  bekannt  geben,  wie  viele 
tüchtige,  beherzte,  mit  Waffen  und  den  nöthigen  kriegserfahrenen  Officieren 
versehene  Reiter  Sie  derart  aufstellen  könnten,  dass  diese  gehalten  wären,  so- 
fort auf  meinen  ersten  Befehl  bereit  zu  sein  und  mit  mir  dahin  vorzudringen, 
wo  die  Notwendigkeit  und  die  Angriffe  des  Feindes  es  erfordern  mögen. 

Sie  sollen  freie  Beute  haben,  nebst  Heu.  Hafer  und  Brod. 

Hiezu  verhelfe  Euch  Gott. 

Press  b  u  r  g,  2G.  Januar  1741. J) 

Den  Comitaten  Pressburg,  Neutra,  Trencsin,  Liptau,  Veszprim,  Sümegh, 
Bars,  Zalad.  Eisenburg,  Heves,  Biliar,  Szathmar,  Zabolcs,  Komorn,  dessgleichen 
den  Jazygiern  und  Kumaniern. 


')  K.  A.  Mähren  und  Schlesien,  1741,  1,  ad  U. 


591 


XXIII. 

Wien,  14.  December  1740. 

Vom   Hof-Kriegsrathe  au  überstlieuteiiaiit  von  Foutanella. 

Nachdem  der  Conmiandant  zu  Glatz  Herr  Oberst  von  Linckh  seiner 
Leibs-Constitution  und  Alters  halber  von  hier  nicht  wohl  abgehen  kann,  und 
die  dermaligen  Umstände  einen  im  Kriegswesen  wohl  erfahrenen  und  activen 
Commandanten  allda  erheischen,  so  haben  Allerhöchst  ernennte  Königl.  Majestät 
Allergnädigst  anbefohlen,  ihn  H.  alldahin  abzuschicken  und  wird  dem- 
nach ein  solches  demselben  zu  dem  Ende  hiemit  bedeutet,  auf  dass  er  sich 
nach  Empfang  dieses  fördersamst  nach  gedachtem  Glatz  zu  verfüge,  dasiges 
Commando  bis  auf  anderweitige  Verordnung  übernehme,  sofort  sowohl  den 
Fortificationsstand,  als  das  Proviant-Magazin  und  Zeughaus  visitiere,  in  was 
für  einem  Stand  ein  so  anderes  sich  befinde  und  was  zur  Defension  des  Platzes 
erforderlich  wohl  überlegen  und  nach  dessen  Feststellung  eine  ausführliche 
Relation  anhero  abstatten  möge,  wobei  zur  Nachricht  dienet,  wasmassen  der 
Herr  Ingenieur-Oberstwachtmeister  T  e  1 1  o  unter  einsten  ebenfalls  beordert 
worden  sei,  unverzüglich  hineinzugehen,  die  Fortifications-Werhe  zu  beaugen- 
scheinigen, was  für  Reparationen  fürzukehren,  auch  wie  sonsten  dieser  Posto 
in  behörige  Defension  zu  setzen,  zu  überlegen,  sodann  das  weitere  darnach 
anzuordnen  und  wann  die  jetzige  Winterszeit  an  Mauerwerk  etwas  zu  machen 
nicht  zuliesse  zur  Versicherung  des  Platzes  das  Nöthige  mit  Erdenwerk, 
Faschinen,  Verpallisadirungen  und  dergleichen  zu  veranstalten,  mithin  ge- 
dachten Platz  so  viel  und  baldmöglich  dergestalten  herzustellen,  damit  solcher 
bei  einem  unvermutheten  Anstoss  eine  genügsame  Gegenwehr  zu  leisten  ver- 
möge, dahero  er  mit  ersagtem  (tit.)  T  e  1 1  o  nicht  allein  gutes  Einverständniss 
pflegen  und  ihm  hierinfalls  bestens  an  Hand  gehen,  sondern  auch  bei  dem 
dasigen  königl.  Amt  der  Landes-Hauptmannschaft  das  Behörige  hiernach  einzu- 
leiten alles  Eifer  sich  angelegen  sein  lassen,  wie  dann  auch  von  Seiten  der 
löbl.  königl.  böhmischen  Hofkanzlei  die  behörigen  Befehle  zu  eben  dem  Ende 
dahin  ablaufen,  iim  mit  Allem,  so  dazu  nöthig  nach  Möglichkeit  bestens  an 
Hand  zu  gehen. 

Nebst  dem  wird  ihm  ohnehin  bekannt  sein,  wasmassen  wiederholter 
Posto  Glatz  von  dem  General- Commando  des  (tit.)  O'Gilvy  abhänge,  mithin 
wird  er  Hr.  .  .  .  an  denselben  mit  der  kriegsgebräuchigen  Subordination  Kraft 
dieses    angewiesen,    dergestalten,    dass    er    auch    demselben    von    Allem    die 


592 

Rapports  abzustatten  und  dessen  Verordnungen  geziemend  nachzuleben  hat. 
dahingegen  nicht  minder  erstbesagtem  (tit.)  O'G  i  1  v  y  unter  einsten  geschrieben 
worden,  dass  selber  die  Glatzerische  Garnison  an  ihn  Herrn  . .  .  kriegsgebräuchlieh 
anweisen,  dessgleichen  weil  die  in  die  Grafschaft  Glatz  zu  verlegen  angetragenen 
9  Harrachische  Compagnien  in  Schlesien  zu  verbleiben  haben,  zur  Verstärkung 
gedachter  Garnison  von  seinem  unterhabenden  Regiment  allsogleich  die  hin- 
längliche Mannschaft  dahin  schicken  und  obschon  mit  oberwähnter  löblich. 
königl.  Böheim.  Hofkanzlei  veranlasset  worden  eine  Anzahl  von  diensttaug- 
lichen Invaliden  demnächst  dahin  zu  legen,  er  zwar  nach  deren  Einrückung 
einen  Theil  der  dahin  schickenden  regulierten  Mannschaft  zurück  wieder  ziehen 
könne,  so  viel  jedoch  allda  zurückzulassen  habe,  als  Erfordernuss  nöthig  zu 
sein  erachtet  werden  wird. 

Ferners  ist  in  Erwägung,  dass  der  (tit.)  Wenzel  "Wallis  bei  dermaligen 
Umständen  von  dem  ihm  anvertrauten  Posto  Glogau  sich  nicht  entfernen 
kann,  das  Interims- Commando  über  die  in  Schlesien  befindlichen  und  ferners 
dahin  ziehenden  Truppen  dem  FML.  Bro  w  n  e  aufgetragen  worden,  dem  also 
der  Herr .  . .  von  allen  Vorfällen  die  behörige  Nachricht  zu  ertheilen  und  in  all 
dem,  so  von  ihm  anverlangen  möchte,  bestens  an  Hand  zu  gehen  haben  wird, 
als  welches  Ihre  königl.  Majestät  Allerhöchster  Dienst  unumgänglich  bei  der- 
maligen Umstände  erfordert. 

Uebrigens  ist  an  die  Hofkammer  die  Noth dürft  schon  ergangen,  dass 
ihme  Herrn  .  .  .    die    gebührenden  Reisegelder  schleunigst  verabfolgt  werden. 

Welches  also  demselben  zu  seinem  Verhalt  hiemit  bedeutet  wird,  mit 
dem  zu  demselben  setzenden  festen  Vertrauen,  dass  er  sich  angelegen  sein  lassen 
werde,  obigem  Commando  mit  aller  Wachsamkeit  bestens  vorzustehen  und  bei 
sich  ereignendem  Fall  sich  also  zu  betragen,  wie  es  sein  obhabender  Fleiss  mit 
sich  bringen  und  man  sich  dessen  zu  seiner  Erfahrenheit  und  jederzeit  be- 
zeugten Schuldigkeit  versichert.1) 


»j  K.  A.,  H.  K.  R.  1740.  Prot.  Reg.  315. 


593 


XXIV. 

Der  Prälat  von  Grrüsau  an  den  Landeshauptmann  Grafeu 
Waldstein  am  26.  Februar  1741. 

.,E.  E.  meine  beständige  Devotion  contestieren  und  einige  angenehme 
Dienst  bezeugen  zu  können,  schätze  mh- jederzeit  für  ein  ganz  besonder  Glück; 
dass  dann  bisher  mit  einigen  schlesischen  Neuigkeiten  nicht  dienen  mögen 
und  dato  nicht  kann,  ein  solches  verhindern  die  dermaligen  höchst  besorglichen 
Umstände,  hauptsächlich  aber  auch  die  allzuvielen  und  keinesmal  überein- 
stimmenden Relationes,  woraus  man  nichts  Vernünftiges  und  Zuverlässiges 
schliessen  mag.  Dies  ist  gewiss,  dass  J.  K.  M.  von  Preussen  den  23.  über 
Liegnitz.  Jauer,  Striegau  in  Schweidnitz  12  Uhr  Mittags  eingetroffen,  den  25. 
aber  in  aller  Frühe  von  da  nach  Ottmach  au  abgereist ;  sind  aber  Höchst  ent- 
schlossen, dem  Vorgeben  nach,  das  Hauptquartier  in  Schweidnitz  stets  zu 
halten  und  von  da  auf-  und  abzugehen.  Ihro  Majestät  folgen  nach  Neisse  die 
neulich  in  Schlesien  eingerückten,  als  auch  die  in  obbenannten  Städten  bisher 
verlegten  preussischen  Truppen  sammt  einer  grossen  Ammunition.  Diese 
Truppen  haben  auch  erst  gestern  aus  dem  Schweidnitz'schen  Zeughaus  zwei 
Stück  und  viele  allda  befindliche  Kugeln  zu  zwei  Pfund  in  etlichen  Wagen 
mit  sich  genommen.  Eben  gestern  Mittags  kommt  auch  anher  S.  E.  der  Hr. 
Landeshauptmann  in  Liegnitz,  welcher  seiner  Charge  entsetzt  und  inner 
21  Stunden  von  da  wegzugehen  befehligt  worden.  Derlei  Schicksal  auch  andere 
in  simili  charactere  constitutos,  nicht  minder  J.  E.  den  Herrn  Ober-Amts- 
Director  (Grafen  Schaffgotsche)  betreffen  soll,  welche,  wie  ich  vernehme, 
morgen  von  Warmbrunn  ab  und  nach  Böhmen  gehen  werden.  Es  geben  sich 
J.  K.  M.  wenig  Puhe  und  sind  in  Liegnitz  in  des  Br.  Hochberg  Haus 
pernoctieret,  dann  über  Jauer  und  Striegau  bis  Schweidnitz  gegangen  und  im 
Graf  H  o  c  h  b  e  r  g'schen  Haus  logiert;  allda  auch  um  zu  übernachten  und 
andern  Tages  frühe  bald  wieder  aufzubrechen  intentioniert  gewesen.  Wegen 
wichtigen  Vorfallenheiten  aber  es  bis  den  25.  verschoben.  In  Schweidnitz 
will  verlauten,  wie  J.  K.  M.  anjetzt  nur  darum  nach  Neisse  und  Ottmachau 
abgegangen  wären,  um  daselbst  das  Lager  zu  künftiger  förmlicher  Belagerung 
der  Stadt  Neisse  abzustecken,  von  da  dann  bis  nach  Troppau  und  Jägerndorf, 
von  da  wiederum  nach  Breslau  zu  gehen,  alsdann  binnen  10  Tagen  zu 
Schweidnitz  wiederum  einzutreffen,  Höchst  resolviert.  Man  kann  aber  dies 
nicht  zuverlässig  sagen,  weil  Höchst  ermeldte  K.  M.  Dero  Intentiones,  nach 
Erforderniss  der  Umstände,  abzuändern  pflegen.  Eben  in  Schweidnitz  sind 
auf    hohen    Befehl     S.  K.  M    von  Preussen,     als    Selbe     vor    das    sogenannte 

Oftsterroic.hisclier  Erbl'olnekriepr.  II.  Bd.  ->S 


594 

Bögen-Thor  wie  gewöhnlich,  geritten,  um  allda  den  Platz,  [des  auch  zu  er- 
richten intendierten  Lagers  zu  recognoscieren,  die  bisher  im  Post-  und  Zoll-Amt 
und  anderer  Orten  aufgerichteten  doppelten  Adler  abgenommen,  jedoch  an 
deren  Statt  noch  keine  anderen  ausgesetzt.  J.  K.  M.  hatten  bei  sich  den  Prinz 
Perdin  a n  d  und  der  Königin  Herrn  Bruder.  Heute  ist  nachgefolgt  Prinz 
Heinrich,  ein  Anverwandter  des  Königs.  Der  Prinz  W i  1  h  e  1  m  kommt 
mit  den  11  Eegimentern,  welche  erst  nachfolgen  sollen,  deren  zwei  Regi- 
menter über  das  Schweidnitz'sche  und  neun  Regimenter  über  die  Oder  ein- 
rücken sollen.  Auf  die  mir  beigeschlossene  Anlage  (die  Anfrage  des  GFWM. 
Br.  Lentulus)  die  schuldige  Antwort  zu  geben,  verstattet  nicht  die  jetzt 
vorwaltende  grösste  Gefahr,  von  darum  E.  E.  mich  zu  excusieren  gnädigst  ge- 
ruhen wollen.  Vicaria  responsio  forte  erunt  hie  prioria  communicanda.  Der 
gütige  Gott  schicke  und  ordne  Alles,  was  zu  seinem  heiligsten  Wohlgefallen 
und  seiner  Ehre  immer  geschehen  mag  und  erhalte  E.  E  bei  so  bekümmerten 
Umständen  in  unverrücktem  hohem  Wohlsein."  ') 


')  K.  A.,  Schlesien  1741,  II,  38.  Abschrift. 


595 


XXV 


Ungeachtet  clor  Mässigung,  der  ich  mich  bis  nun  dem  Wiener  Hofe 
gegenüber  befieissigte,  indem  ich  von  Zeit  zu  Zeit  alle  erdenklichen  Schritte 
und  die  liebenswürdigsten  Vorstellungen  machte,  um  zu  einem  guten  Ein- 
vernehmen zu  gelangen  und  den  Zwistigkeiten  ein  Ende  zu  setzen,  welche 
zwischen  mir  und  dem  Hause  Oesterreich  bestehen,  bei  welch'  Letzterem  es 
in  der  Macht  liegt,  ihnen  ein  Ziel  zu  setzen,  indem  man  meinen  unzweifel- 
haften Ansprüchen  gerecht  wird.  Es  scheint  aber  sehr  schwer  zu  fallen,  dass 
man  in  Wien  mir  gegenüber  dieselbe  Rücksicht  obwalten  lässt,  dass  man  dort 
lieber  alle  Rücksichten  vergisst,  welche  gekrönte  Häupter  einander  selbst  in 
Kriegszeiten  schuldig  sind  und  man  behandelt  mich  mit  so  wenig  Schonung 
und  in  einer  so  unwürdigen  Weise,  sowohl  in  den  Schriften,  welche  dieser 
Hof  gegen  mich  veröffentlicht,  als  durch  den  Mund  seiner  Minister,  dass  es 
wohl  kein  Beispiel  gibt,  dass  man  den  Hass  so  weit  getrieben  hat. 

Gewöhnt  übrigens  an  den  Hochmuth  des  Wiener  Hofes  und  an  die 
geringe  Rücksicht,  welche  er  selbst  im  Frieden  den  anderen  Mächten  bezeugt, 
habe  ich  bisher  diese  unter  gebildeten  Nationen,  welche  gewohnt  sind,  auch 
in  heissesten  Streitigkeiten  ein  gewisses  Decorum  zu  wahren,  unbekannte 
Handlungsweise  verachtet. 

Aber  man  glaubte  in  Wien  sich  mir  gegenüber  an  gar  nichts  halten 
zu  müssen  und  ohne  Rücksicht  zu  nehmen  auf  die  Gesetze  des  Krieges, 
welche  selbst  von  den  Barbaren  gehalten  werden,  Hess  man  sich  zu  den 
verabscheuungswürdigen  Aeusserungen  hinreissen,  Emissäre,  Spione  und 
Banditen  in  das  Feld  zu  schicken,  um  alle  unsere  Bewegungen  auszukundschaften, 
mich  in  feindlichen  Gegenden  zu  verrathen  und  selbst  auf  meine  Person 
Attentate  zu  verüben. 

Aber  das,  was  diesen  Abscheulichkeiten  die  Krone  aufsetzt,  ist  der 
Umstand,  dass  einer  dieser  Banditen,  den  man  erwischte,  gestand,  sogar  in 
Anwesenheit  des  Herzogs  von  Lot  h  r  i  n  g  e  n  im  Hof-Kriegsrathe  verprlicbfel 
worden  zu  sein,  einen  Eid  speciell  auf  das  zu  leisten,  was  mich  übrigens 
Mühe  kostet  zu  glauben. 

Ich  gestehe,  dass  ich  darüber  aus  Zuneigung  zum  Herzog  von 
Lothringen  gekränkt  bin,  den  ich  niemals  fällig  gehalten  hatte,  solche 
Unwürdigkeiten  zu  gestatten,  welche  den  Wiener  Hof  mit  Schmach  bedecken 
und  ihn  in  den  Augen  der  ganzen  Welt  heruntersetzen  müssen.  Mil  Bedauern 
sehe    ich  mich  genöthigt,    derartige    für  den  Namen    des    Bauses  Oesterreich 

38* 


59Ö 

und  die  Veranstalter  eines  so  verdammenswerthen  Attentates  so  wenig  würdige 
Sachen  zu  veröffentlichen. 

Nachdem  dies  Alles  aher  unglückseligerweise  nur  zu  wahr  und  zu 
erwiesen  ist,  glaubte  ich,  Sie  hievon  unterrichten  zu  müssen,  damit  Sie  es 
dort,  wo  Sie  sind  und  wie  Sie  es  für  meine  Interessen  für  gut  befinden,  be- 
kannt machen. 

Berlin,  11.  März  17-11. J) 


r)  H.  H.  u.  St.  A.  Beilage  13  zum  Berichte  des  Grafen  Colloredo  vom  18.  März  1741. 
Staatskanzlei  Fase.  18,  Berichte  aus  dem  Reich  1741.  (In  französischer  Sprache.) 


5!)  7 


XXVI. 

Der  König  von  Preussen  an  seinen  bevollmächtigten  Minister  von 
I'ollmauu  zu  llegensburg,  11.  März  1.741.'; 

Nachdem  ich  gehört,  dass  der  Wiener  Hof  in  die  Enge  getrieben  durch 
die  Gerechtigkeit  meiner  Sache  und  daran  verzweifelnd,  andere  Mächte  in 
seinen  Streit  mit  Hilfe  gröbster  Lügen  hineinzuziehen,  um  mich  mit  allen 
meinen  Nachbarn  zu  entzweien  und  dass  er  zu  trachten  sucht,  mein  Verhalten 
im  Reiche  ebenso  wie  nach  auswärts  zu  verdächtigen,  indem  man  Allen  glauben 
machen  will,  dass  ich  mich  nicht  damit  begnüge,  mein  gutes  Eecht  in  Schlesien 
zu  wahren,  sondern  dass  icli  auch  Ansprüche  nach  links  und  rechts,  gegen 
mehrere  andere  Fürsten  und  Staaten  des  Reichs  erhebe,  dass  ich  unter  anderem 
gegen  den  Churfürsten  von  Cöln  wegen  des  Bischofthums  von  Hildesheim 
manifestiert  habe,  dass  ich  Verlangen  an  den  Bischof  von  Bamberg  und  von 
Würzburg  gestellt  habe,  indem  ich  den  Letzteren  bedrohte,  mich  mit  be- 
waffneter Hand  in  den  Besitz  zu  setzen. 

Ich  glaubte  es  meinen  Interessen  zuträglich,  indem  ich  Sie  durch  dieses 
benachrichtige,  dass  Alles,  was  man  über  diesen  Gegenstand  spricht,  absolut 
falsch  ist  und  erfunden,  indem  ich  niemals  in  irgend  einer  Weise  daran  ge- 
dacht habe. 

Ich  wünsche  nichts  sehnlicher,  als  gute  Freundschaft  und  Harmonie  mit 
allen  meinen  Nachbarn,  namentlich  im  Reiche  aufmerksamst  zu  pflegen  und 
dass  ich  so  weit  entfernt  bin,  chimärische  und  ungerechte  Ansprüche  auf  ihre 
Staaten  zu  formen,  dass  ich  sogar  jene  nicht  schone,  welche  glauben,  sich  ein 
Verdienst  um  mich  zu  erwerben,  indem  sie  mir  Rechte  andichten,  an  welche 
ich  gar  nicht  denke  —  wovon  der  Umstand  ein  Beweis  ist,  dass  ich  in 
letzterem  Orte  eine  Broschüre  confiscieren  und  gegen  deren  Autor  gerichtlich 
einschreiten  liess  —  welcher  meinem  Hause  Rechte  auf  die  ganze  Lausitz 
imputieren  wollte. 

Sie  werden  nicht  ermangeln,  von  all  dem  dort,  wo  Sie  sind.  Gebrauch 
zumachen,  um  den  boshaften  Unterstellungen  entgegenzutreten,  welche  meine 
Feinde  sich  bemühen,  überall  zu  vertreiben,  ohne  einen  Schein  von  Wahrheit 
und  in  der  Absicht,  mir  möglichst  viel  Verlegenheiten,  auf  Kosten  der  Wahr- 
heit und  all'  dessen,  was  das  Heiligste  ist,  aufzubürden. 


')  H.  H.  u.  St.  A.  Beilage  2  zu  dem  Berichte  vom  21.  März  1741  der  österr.  Gesandt- 
schaft inßegensburg;  ebenfalls  in  Kriegs-Acten  1741,  Fase.  135  a.  Abgedr.  in  „Etat  politiqm 
de  l'Europe".  T.  VIII,  360.  (In  französischer  Sprache.) 


598 


XXVII. 

Man  hat  mehrere  Gefangene,    welche  im  Lager  des  Königs  fest- 
genommen wurden,  nach  Spandau  überführt;  worüber  mau  Nach- 
folgendes veröffentlicht : 

Seitdem  der  König  nach  Schlesien  rückgekehrt  ist,    hat    man    bemerkt, 
dass  es  in  der  Armee  Leute  giht,  welche  sich  unter  verschiedenen  Vorwändi  n 

darin  einge führt  hatten  und  welche  aufmerksam  die  Thaten  und  die  Schritte 
S.  M.  verfolgten.  Nachdem  diese  Leute  fast  immer  im  königlichen  Quartiere 
waren  und  man  bemerkt  hatte,  dass  sie  sich  unter  seine  Suite  zu  mengen 
suchten,  begann  man  Argwohn  zu  schöpfen.  Um  sich  von  der  Wahrheit  zu 
überzeugen,  ergriff  man  das  Mittel,  einige  zu  verhaften.  Man  verhörte  sie  mit 
grosser  Genauigkeit.  Die  Verschiedenheit  ihrer  Antworten  begründete  den 
Verdacht,  den  man  schon  hegte.  Mehrere  andere  Personen,  welche  zur  selben 
Bande  zu  gehören  schienen,  wurden  ebenfalls  verhaftet.  Ihre  Aussagen,  ver- 
bunden mit  ihnen  der  anderen,  Hessen  erkennen,  dass  es  sich  um  ein  gefähr- 
liches Complot  handle.  Vier  von  ihnen  haben  endlich  gestanden,  dass  sie  nur 
zur  Armee  gekommen  seien,  um  die  Gelegenheit  auszukundschaften,  den 
König  zu  entführen  und  d.ass  30  oder  40  in  diesem  Complot  engagiert  seien. 
Ein  Anderer,  von  dem  man  glaubt,  er  sei  ihr  Chef,  hat  in  der  Hoffnung,  Gnade 
zu  erhalten,  wenn  er  alle  Einzelheiten  dieses  Complotes  enthüllt,  aasgesagt ] 
dass  die  Unternehmung  gegen  die  Person  des  Königs,  mit  allen  möglichen 
Mitteln  ausgeführt  werden  müsse,  ohne  dass  die  Rücksichtnahme  auf  das 
Aeusserste  der  Ausführung  ein  Hinderniss  sein  dürfe. 

Nachdem  aber  nur  Spitzbuben  sieh  zu  derartigen  Commissionen  ge- 
brauchen lassen,  und  man  nicht  genug  vorsichtig  mit  den  Angaben  sein  kann, 
die  sie  zum  Vorwande  nehmen,  ist  man  hier  weit  entfernt,  dein  leicht  Glauben 
zu  schenken,  was  der  Letztere  ausgesagt,  in  Betreif  ein.  s  Nachbarhofes  und 
hauptsächlich  einer  Person  an  höchster  Stelle.  Der  General  Browne  findet 
sich  in  den  Aussagen  einiger  der  Verhafteten  genannt,  ebenso  ein  oder  zwei 
andere  Ofiiciere.  Der  Hauptchef  des  Anschlages  zählte  auf  eine  namhafte 
Belohnung,  wenn  er  den  König  geliefert  hätte.  Er  erwartete  sich  dies. 
Belohnung,  auf  welche  Art  er  auch  seine  Aufgabe  löste.  Die  Einwohner  dieser 
Hauptstadt  danken  Gott  für  die  eigentümliche  Art,  mit  der  er  für  die  Er- 
haltung des  Königs  gewacht  hat,  indem  er  die  Ausführung  dieses  verab- 
scheiiungswürdigen  Complotes  verhinderte  und  erlaubte,  dass  es  entdeckt 
wurde.  Das  sind,  sagt  man,  Ausseiidluige  der  Art  des  Aufhetzers  R  a  v  ai  1 1  a  c, 
welche  diese  jungen  Leute  angestiftet  haben,  von  denen  mehrere  Söhne  guter 
Familien  sind.  *) 


t-cure    historique  et  ]>olitique,   Tome.  CX.  pag.  345.  (In   französischer  Sprache.) 


599 


XXVIII,. 

„Der  Wiener  Hof    hat    nur  zu  viel  Rücksicht  für  jenen   von  Berlin  be- 
wiesen und  wenn  er  sich  etwas  vorzuwerfen  hätte,  wäre  es,  den  freundlichen 
und  schmeichelhaften  Versicherungen,    welche    er    von    letzterem    empfangen 
hat,  allzuviel  Vertrauen  entgegengebracht  zu  haben.    Seine  Mässigung  tritt  in 
allen  Schriftstücken  zu  Tage,  welche  von  ihm  ausgegangen  sind.  Man  braucht, 
um  sich  zu  überzeugen,    diese  nur  mit  jenen  zu  vergleichen,    welche  von  der 
gegenteiligen  Seite    veröffentlicht    wurden.     Die    dem  Grafen  Götter    und 
dem  Baron  Borcke    übergebene  Antwort    ist  davon  eine  durchaus    unzwei- 
deutige   Probe.     Die    Königin    ersucht    darin    instandigst    den    König    von 
Preussen    und    steht    selbst    nicht  an,    ihn    mittelst    aller    iener  Erwägungen, 
welche  Eindruck  auf  das  Herz  eines  grossen  Fürsten  machen  können,  zu  be- 
schwören, seine  Truppen  aus  Schlesien  ziehen  zu  wollen  und  Sie  bietet  Alles 
an,  was  man    billigerweise    erwarten    kann.     Lässt    eine    solche  Sprache    das 
hochmüthige  Wesen  (les  hauteurs),    welches    man    diesem  Hofe  zum  Vorwurf 
macht,  wahrnehmen  ?  Vergeblich  sucht  man  den  nämlichen  Charakter  in  allem 
Jenem,  was  von  Seite  des  Hofes  zu  Berlin  ausgegangen  ist.     Diese  Wahrheit 
ist  so  offenkundig,    dass  man  nicht  nöthig  hat,    in  die  Detads  durch  Beweise 
einzugehen,    deren    man    eine    grosse  Anzahl  würde  vorbringen  können.     Die 
Mässigung  des  Wiener  Hofes  ist  sogar  so  weit  gegangen,    dass  sie  mehreren 
anderen  Mächten  verdächtig  geworden  ist  und  die  preussischen  Minister  waren 
die  ersten,  um  diesen  Verdacht  zu  erhalten  und  zum  Zeugen  der  Aufrichtigkeit 
der  Gefühle  des  Königs,  ihres  Herrn,  den  heiligen  Namen  Gottes  zu  nehmen. 
Nichtsdestoweniger  bereut    die  Königin  nicht,    dieses  Vorgehen  ein- 
gehalten zu  haben  und  Sie  beharrt  in  dem  unabänderlichen  Entschlüsse,    den 
unwürdigen  Kunstgriffen,  deren  sich  der  Berliner  Hof  bedient,  nur  die  Wahr- 
heit, die  Geradheit  und  jede  mögliche  Rücksicht,  welche  die  gekrönten  Häupter 
untereinander  selbst  in  Kriegszeiten    zu  beachten    sich  schuldig  sind,    gegen- 
überzustellen.    Sie  glaubt  nicht,     dass    diese    in    irgend    einer  Weise    verletzt 
werde  durch  Streifpartheien,    welche    man    gegen    einen  erklärten  Feind  aus- 
sendet. Das  Kriegsrecht  autorisiert  diese.  Aber  dieses  selbe  Recht  autorisiert 
nicht    die  durch    die   Grafen  S  ch  wer  in  und  S  chule  nb  urg    publicierten 
Verordnungen.  Und  es  autorisiert  noch  weniger  die  Verheerungen,  die  Brand- 
stiftungen,   die  Niedermetzluugen    von  Kindern    und  Weibern,    die    das  arme 
Schlesien  und  ein  Tlieil  von  Mähren  nur  zu  sehr  empfinden.  Schliesslich  über- 
lässt  der  Wiener  Hof  es  dem  Urtheile  von  ganz  Europa,  zu  entscheiden,   wer 
Ursache    haben    kann    zur  Befürchtung,    mit    Schande    und   Beschämung   sich 
bedeckt  zu  sehen 


600 

Der  Königin  und  .Seiner  königlichen  Hoheit  Ihrem  Gemahl  kommt 
es  schwer  an  zu  g  1  a  u  b  e  n,  d  a  s  s  da  s  d  u  r  c  h  d  e  n  B  a  r  o  n  v  o  n 
Danckelmann  gezeichnete  M  e  m  o  i  r  e  d  u  r  c  li  d  e  n  K  ö  n  i  g, 
dessen  Herr  n,  g  u  t  g  e  h  e  i  s  s  e  n  w  e  r  d  e.  Es  würde  ihnen  dies  um  dieses 
Fürsten  willen  leid  thun.  Denn  sicherlich  ist  es  ein  bisher  unbekanntes  Vor- 
gehen zwischen  Nationen,  die  in  geordneten  Zuständen  leben  und  gewohnt 
sind,  selbst  bei  den  heftigsten  Zerwürfnissen  ein  gewisses  Decorum  zu  bewahren. 

Das  Haus  Oesterreich  hat  niemals  gewusst,  was  es  sei,  Banditen  zu 
verwenden.  Die  Frömmigkeit  der  Königin  und  die  Gesinnungen  des  Gross- 
herzogs sind  allzu  bekannt,  als  dass  sich  Jemand  irreführen  Hesse.  Uebrigens 
ist  die  Fabel  v  o  n  de  m  d  u  r  c  h  einen  dieser  Ba  n  d  i  t  e  n  bei  m  H  o  f- 
Kriegsrathe,  in  Gegenwart  des  Gross  herzog  s,  abgelegt  e  n 
Eide  so  schlecht  erfunden,  dass  es  unmöglich  ist,  dass  sie  irgend 
einen  Glauben  linde.  Der  Betrug  eines  ähnlichen  Geständnisses,  wenn  es 
wirklich  jemals  abgegeben  worden,  springt  Jedem  in  die  Augen,  der  die  Ge- 
wohnheiten  des  Wiener  Hofes  kennt.  Damit  ist  genug  gesagt,  denn  weder 
die  Königin,  noch  der  Grossherzog  brauchen  sich  einer  Beschuldigung 
gi   ;enüber  zu  rechtfertigen,  welche  nur  ihre  gerechte  Verachtung  verdient."1) 


XXVIII/2. 

Die  Gesandten  selbst  erhielten  mit  dieser  Note  noch  eine  besondere 
Instruction  für  ihr  Verhalten  : 

„Der  zu  Maynz  anwesende  preussische  Minister  Freiherr  von  D  a  n  c  k  e  1- 
mann  hat  unlängst  die  neben  anschlüssige  Schrift  mit  Beifügung  seines 
Namens  allda  übergeben  und  ausgetheilet  und  der  von  P  ollmann,  ohne 
seines  Namens  Beifügung,  selbe  allen  zu  Regensburg  anwesenden  Gesandt- 
schaften, ausser  der  Unsrigen,  in  das  Haus  geschickt.  Auch  ist  dergleichen 
etwas  den  Berliner  Zeitungen  einverleibt  worden,  jedoch  ohne  Unseres  Gemahls 
Liebden  zu  nennen.  Wo  hingegen  nicht  wohl  angestanden  werden  mag,  dass, 
was  zu  Maynz  und  Regensburg  geschehen,  nicht  minder  an  anderen  Höfen 
von  den  dort  anwesenden  preussischen  Ministris  werde  befolgt  werden. 

In  der  Historie  ist  schwerlich  ein  diesem  Verfahren  nur  in  etwas 
gleichendes  Beispiel  zu  finden. 

Zwar  können  wir  uns  nicht  beigehen  lassen,  dass  dieser  Schrift  Inhalt 
irgendwo  eine  andere  Wirkung,  als  Abscheu  und  Aergerniss  nach  sich  ziehen 
werde.  Von  darum  aber  ist  nicht  desto  minder  kenntlich,  wohin  das  darin 
ausgebreitete  Gift  sowohl  in  Ansehung  Unser,  Unsers  Erzhauses  und  des 
hiesigen  Hofs,  als  Unsers  Gemahls  Liebden  abziele  :  anerwogen  der  erstere, 
wie  der  zweite  Theil  sothaner  Schrift  gleich  boshaft  ausgesonnen  und  gefasst 
ist.  Obwohl  also  derlei  offenbar  verleumderische  Beschuldigung  und  Aus- 
streuung mit  billiger  Verachtung  anzusehen  sind,  so  ist  jedoch, ^  da  es  an 
Leuten  nicht  ermanglet,  welchen  ihrer  anderwärtigen  Absichten  halber  damit 
gedient  ist,  nicht  thimlich  ermessen  worden,  dieselbe  ganz  unbeantwortet 
zu  lassen. 


')  H.  H.  u.  St.  A.,  Staatskanzlei.  Circularien  and  Notificationen.  (Interiora.)  Fase.  3G. 
Concept.  (In  französischer  Sprache.) 


601 

Um  solchemnach  eine  Absicht  mit  der  anderen  zu  vereinbaren,  ist  das 
Vorträglichste  zu  sein  dafürgehalten  worden,  das,  was  obiger  Schrift  ent- 
gegenzusetzen wäre,  kurz  zu  fassen,  solches  Unseren  sämmintlich&n  Ministris 
zuzusenden  und  jedem  diese  Antwort,  respective  Uebergebung  und  Aus- 
theilung  auf  dem  Fuss,  als  es  preussischerseits  zum  Ersten  besehenen  ist 
anzubefehlen  ;  wornach  auch  Ihr  Euch  zu  richten  haben  werdet. 

Es  wird  mithin  von  hieraus  dem  anderseitigen  Vorgang  durchaus  ge- 
folget, mit  dem  alleinigen  Unterschied,  dass,  wie  aus  der  Abschrift  sothaner 
hiesiger  Antwort  zu  ersehen  ist,  sich  diesorts  keiner  so  unziemlichen  Aus- 
druckung bedient,  vielmehr  aus  Uebermass  derjenigen  Aufmerksamkeit,  welcher 
Ausserachtlassung  dem  hiesigen  Hof  vorgeworfen  wird,  nicht  de  m  König 
Selbsten,  sondern  dem  Berlinischen  Hof  dieser  unerhörte  Passus  zuge- 
schrieben worden  ist."  ') 


»)  H.  II.  u.  St.  A.,  Staatskanzlei.  Circularien  und  Notifioationen.  (Interiora)  Fase.  36. 


002 


XXIX  , . 
Königlich/  Preussisches  / 

Placat,  / 

dass   alle    und  jede  /  Eingesessene    und  Unterthanen  /  in  Schlesien,  /  sie    seyn 

Geist-   oder  Weltlichen  Standes,  /  die    Steuern,    Accisen    und    andere    Landes- 

Abgaben,  /  bis  auf  nähere  Verordnung,  auf  dem  Fuss  von  A<>.  1740  /  nach  wie 

vor  gehörig  abtragen  /  und  zu  denen  /  Landes-Cassen  /  lieffern  sollen. 

(Breslauer  Originaldruck.)  l) 

Demnach  Seine  Königl.  Majestät  in  Preussen,  unser  Allergn  ädigster 
Herr,  mit  besonderm  Missfallen  vernommen,  dass  die  niehresten  Einwohner 
und  Unterthanen  derer  Schlesischen  Städte,  Flecken  und  Dörffer.  die  irrige 
Meynung  liegen,  dass  sie  nach  Einrückung  Allerhöchstgedachten  Seiner  Königl. 
Majest.  und  Dero  Trouppen  in  die  Schlesischen  Lande,  die  gewöhnlichen 
Steuern  und  Accisen,  und  andere  Land-übliche  Abgaben  abzutragen  und  zu 
denen  publiquen  Cassen  zu  liefern  nicht  mehr  schuldig,  noch  gehalten  wären, 
und  sich  desshalb  gantz  eigenmächtig  entbrochen  und  geweigert,  sothane 
Gelder  bey  denen  zur  Einnahme  bestellten  Officianten  und  Einnehmern  ab- 
zutragen, dadurch  also  zu  verursachen,  dass  das  zu  Breslau  befindliche  General- 
Steuer-Amt,  die  ordinaire,  vom  Löblichen  Fürsten  und  Ständen  in  Schlesien, 
zu  Bestreitung  derer  Landes-Nothdurften  bewilligte  Landes-Abgaben  bishero 
gar  nicht  einbekommen,  und  dadurch  die  grösste  Unordnung  in  dieser  Haupt- 
Casse  und  davon  dependierenden  Landes-Credit-Wesen  verursachet  wkd; 
Allerhöchstgedachte  Seine  Königl.  Majestät  aber,  diesem  Unwesen  umb  so 
viel  weniger  nachzusehen,  als  selbige  keineswegs  gemeinet  sind,  gedachte  von 
Fürsten  und  Ständen  zu  Bestreitung  derer  ordinairen  Landes  Nothdurfften  und 
Abgaben  bisher  gemachte  Löbl.  Veri'ass-  und  Ordnungen  in  Verfall  und  Con- 
fusion  gerathen  zu  lassen,  wol  aber,  dass  solche  in  vollkommenem  Gange  und 
richtiger  Ordnung  nach  wie  vor,  aufrecht,  ge-  und  erhalten  werden,  nach- 
drücklich zu  sorgen. 

Als  befehlen  mehr  Allerhöchstgedachte  Seine  Königliche  Majestät  allen 
und  Jeden  Schlesischen  Eingesessenen  und  Unterthanen,  sowohl  Geist-,  als 
Weltlichen  Standes,  in  Städten,  Flecken  und  Dörffern,  hiemit  so  Gnädig,  als 
ernstlich  alle  und  jede  ihnen  bisher  obgelegene  currente  Steuern,  Accisen  und 


')  Archiv  d.  k,  k.  Ministeriums  des  Innern.  Fremde  Gegenstände.  11  v.  J.  1741. 


603 

andere  Abnahm,  sie  mögen  Nahmen  haben  wie  sie  wollen,  nicht  nur  nach 
wie  vor,  und  auf  den  Fuss,  wie  solche  pro  Ao.  1740  durch  den  Schluss  des 
L etztgehalteneo  Fürsten-Tages,  regulieret  und  ausgeschrieben  worden,  auch  in 
diesem  lauffenden  Jahre,  an  die  jedes  Orths  befindlichen  und  jj-enrd  nuten  bisherigen 
Steuer-  und  Accis-Einnehmer,  haar  abzuführen,  sondern  auch  die  dieserhalb 
rückständigen  Reste,  sowohl  vom  vorigen  .Monat  December,  als  ifztlauffenden 
Januario,  bis  auf  nähere  Verordnung,  ohnweigerlich  abzuführen. 

Gestalt  dann, -Allerhöchstgedachte  Seine  Königl.  Majestät  in  Preussen 
allen  und  jeden,  in  Städten,  Flecken  und  Dörffern,  bestellten  und  befindlichen 
Steuer-Accise-  und  anderen  Einnehmern,  hiemit  expresse,  und  bey  Vermeidung 
Dero  Höchsten  Ungnade,  anbefehlen,  dieses  Placat  au  allen  Thoren,  Steuer- 
und  Accise-Stuben,  auch  andern  öffentlichen  Oerthern  anzuschlagen,  und 
Jedermänniglich  bekandt  zu  machen. 

Wie  denn  Se.  Königl.  Majestät,  falls  sowohl  von  Contribuenten,  sie 
seyeu  Geist-  oder  "Weltlichen  Standes ,  als  Einnehmern  hierunter  das 
Geringste  verabsäumet  oder  verweigert  werden  sollte,  solches  an  jeder  Stadt, 
Flecken  und  Dorii'  unausbleiblich  und  zu  seiner  Zeit  ahnden,  auch  die  Wider- 
spenstigen und  Säumigen,  dem  Befinden  nach,  mit  militärischer  Execution 
ansehen  und  heimsuchen  werden.  Uhrkundlich  haben  Se.  Königl.  Majestäf 
dieses  Placat  Höchst  Eigenhändig  unterschrieben  und  besiegelt.  So  geschehen 
im  Haupt- Quartier  zu  Ottmachau,  den  18.  Januar  17dl. 

(L.  S.)  Friedric  h. 

XXIX/2. 

Königl.  Preussisch.es  / 

an  ,  Fürsten    und    Stände,  /  auch  /  sämmtliche  Landes-Innwohner    im  Herzog- 

thum  /  Ober-  und  Nieder- Schlesien  /  erlassenes  / 

Patent,/ 

die  Eintreibung  eines  postulierten  /  Steuer-Geldes  /  und  /  Herstellung    der  bis- 
herigen /  Accise-Collecten  /  zu  Abtragung  eines  Monatlichen  Geld  /  Quanti  zur 

Feld-Kriegs-Casse  betreffend. 

(Berliner  Originaldruck.)  ') 

Wir  Friedrich,  von  Gottes  Gnaden  König  in  Preussen.  des  Heil. 
Römischen  Reichs  Ertz-Kämmerer  und  Churfürst  etc.  etc.  Entbiethen  denen 
Fürsten  und  Ständen,  wie  auch  den  gesammten  Einwohnern  des  Hertzog- 
thums  Ober-  und  Nieder-Schlesien,  wess  Standes  oder  Würden  sie  seyn,  Unsere 
Königl.  Gnade,  geneigten  Gruss  und  guten  Willen  zuvor:  Und  wird  jedermann 
aus  dem  von  Uns  unterm  dato  Berlin  den  1.  December  1740  bey  Einrückung 
Unserer  Trouppen  im  Lande  kund  gemachten  Allergnädigsten  Patent,  annoch 
bestermassen  erinnerlich  seyn,  weichergestalten  Wir  aus  gant.z  keinem  feind- 
lichen Gemüthe,  gegen  alle  und  jede  dieses  gantzen  Herzogthums  Einwohner, 
ohne   Unterschied    der    Religion    und  Standes,    sondern    in    der    allermildesten 


'•  Archiv  (I.  k.  k.  Ministeriums  des  Innern.  Fremde  Gegenstände.  II  v.   I    itii. 


604 

[ntention  Uns  ihnen  genähert,  um  sowohl  dieses  zeithero  mit  so  vielen  Drang- 
sahlen in  Religiosis  &  Politicis  wider  dessen  wohl  erworbne  Recht  und  Ge- 
rechtigkeiten, und  zu  dessen  hieraus  erfolgtem  äusserstem  Ruin  so  sehr  be- 
schwerte Land  in  Unsern  Allergnädigsten  Schutz  zu  nehmen,  vor  ander- 
seithigen  ilime  angedrohten  und  bevorstandenen  feindseligsten  Anfall  zu  be- 
wahren und  darüber  zur  würcklichen  Behauptung  dieser  Unser  aufrichtigsten 
Intention  mit  Ihro  Königl.  Majestät  von  Ungarn  etc.  durch  annehmlichst- 
gethanene  Vorschläge  gütlich  tractieren  zu  lassen.  Gleichwie  "Wir  aber  umso 
weniger  verinuthen  können,  dass  Hochermeldte  Ihro  Königl.  Majestät  Unsern 
so  billigen  und  Freund-Nachbarschafftlichen  Anerbiethungen  so  geringen  Platz 
lassen  sollen,  als  Wir  zugleich  Ihro  Königl.  Majestät  gerechteste  und  zum 
theil  fast  von  zweyen  Saeculis,  auch  von  neuern  Zeiten  für  gedauerte  und 
vorbehaltene  Ansprüche  gründlichst  beybringen  lassen,  also  seynd  Wir  auch 
wider  Unsere  erstere  in  solchen  gehabte  Gnädigste  Intention  bewogen  worden, 
sowohl  zu  Manutenierung  Unserer  gerechtesten  Ansprüche,  und  davon  durch 
so  nahmhaffte  Jahres-Läuffte  höchst- widerrechtlich  entbehrte  und  auf  die 
stärckste  Geld-Summen  hinangelauffene  Nutzgeniessung,  als  zur  würcklichen 
Beschützung  der  sämmtlichen  Landes-Inwohner  und  davon  abhängender 
Sicherheit  Unserer  eigenen  angräntzenden Lande  mehrern  Ernst  zu  gebrauchen, 
und  dasjenige  mit  Recht  in  Besitz  zu  nehmen,  worüber  man  mit  Uns  billige 
und  vernünfftige  Tractaten  einzugehen  bishero  verweigert  hat.  Ob  Wir  nun 
gleich  in  würcklicher  Ausführung  Unserer  so  reiti'üch  erwogenen  Königl 
Entschliessung,  auch  bei  sothanen  in  etwas  veränderten  Umständen  des  un- 
veränderten Vorsatzes  sind,  denen  Uns  so  heben  Einwohnern  dieses  Landes 
samt  und  sonders,  weder  von  Unsern,  noch  andern  Trouppen,  einige  Feind- 
seligkeiten und  mit  sich  führende  Desolation  ihrer  Ländereyen  und  Ver- 
mögens anfügen  oder  deren  wohlerworbene  Privilegia,  Recht  und  Gerechtig- 
]<>  iten  auf  einigerley  Weise  bekräneken  zu  lassen,  so  will  doch  zu  stand- 
hafftigster  Ausführung  dieses  zu  des  Herzogthums  Schlesien  eintzigen 
Wohlfarth  und  höchstbenüthigten  Rettung  ernstlichen  Vorhabens  dermahlen 
erforderlich  seyn,  über  unsere  bereits  im  Lande  befindliche  zahlreiche  Armee 
noch  mehrere  Trouppen  einzuführen,  und  dadurch  den  gesammten  Landes- 
inwohnern allerley  Standes,  eine  desto  geschwindere  und  dauerhaftere  Ruhe 
und  Zufriedenheit  zu  bewüreken.  Und  obzwar  zur  Erlangung  sothanen  End- 
zwecks alle  bey  kriegenden  Potenziell  eingeführte  Rechts-  und  Krieges- 
Manieren  die  unumschränkte  Ausschreibung  und  Einhebung  zulänglicher 
Schätzungen  und  Geld-Mittel  zur  Subsistenz  und  Besoldung  der  Armeen  ge- 
wöhnlich ist,  Wir  auch  zu  Eintreibung  sothanner  unumgänglichen  Unterhalts- 
Mitteln  an  Greld.  Vivres  und  Fourage  nach  oecupiertem  gantzem  Lande  Schle- 
sien überflüssiges  Recht  und  Macht  in  Händen  hätten  ;  So  wollen  Wir  doch 
würeklich  zu  verfahren,  bloss  zur  Conservation  der  Uns  so  nahe  am  Hertzen 
liegenden  Landes-Inwohner  in  so  lange  anstehen  lassen,  als  das  gesammte 
Land  Uns  die  baare  Einhebung  desjenigen  Quanti  auf  höchst-straffbahre  und 
unvermuthete  Weise  nicht  zu  clifficultiereii  sich  anmasset,  welches  sie  ihrer 
ehemaligen  Landes  Obrigkeit  auf  den  unausgeschriebenen  allgemeinen  Fürsten- 
tägen  zu  verwilligen,  und  auch  salvis  Privilegiis  von  der  angefangenen  oder 
beendigten  Fürsten-Tags-Handlung  in  Abschlag  der  geAvöhnlichen  Bewilli- 
gungen in  antecessum  auszuschreiben  und  einzulieffern  gewohnt  sind.  Wir 
gesinnen  und  verlangen    also    in  Königl.  Gnaden    und  Gunsten    an    die  samt- 


&05 

liehe  Landes-Fürsten,  Stände  und  Inwohner  dieses  Landes,  dass  sie  ohne  den 
allergeringsten  Zeit- Verlust  auf  ohnumgängliche  Einbringung  eines  Monat- 
lichen Steuer-Beytrages  so,  wie  solches  Unser  in  Breslau  subsistierehdes  Peld- 
Kriegs^Commissariat  nach  Massgebung  Unserer  in  Händen  habenden  Königl. 
Speciäl-Ordre  vom  11.  dieses  anfordern  wird,  nach  dem  im  Lande  gewöhn- 
lichen Kepartitions  modo  an  ermeldtes  Unser  Feld-Kriegs  -  Commissariat, 
gegen  Quittung  oder  desselben  autentique  Assignationes  ohnausbleiblich 
Monathlich,  und  zwar  am  1.  Januar  c.  a.  an  auszahlen  lassen,  als  Wir  da- 
gegen noch  forthin,  wie  biss  anhero  aller  sonst  zu  besorgenden  militairischen 
Excessen  und  eigenmächtiger  Ausschreibungen  durch  Unsere  Generalität  für- 
bringen ;  und  solche  gute  Disciplin  und  Mann-Zucht  halten  zu  lassen,  die 
ernstliche  Königl.  Ordre  stellen  werden,  dass  niemand  weder  an  seiner  Hab- 
seligkeit   und  Vermögen,    noch    an    seinen  Kechten    und  Gerechtigkeiten    auf 

CT  O  7 

einigerley  Weise  beeinträchtiget  und  beunruhiget  werden  möge.  Und  gleichwie 
Wir  schon  ohnhin  unterm  dato  Ottmachau  den  28.  Januar  c.  a.  durch  das 
in  Druck  gegebene  Placat  Unser  besonderes  Missfallen  darüber  bezeiget,  dass 
man  ohne  Erhaltung  einiger  Königl.  Verordnung  und  Unser  allermildesten 
Intention  gantz  zuwider  sich  eigenmächtig  angemasset,  der  bisherigen  Accisen 
und  Gollecta  im  gantzen  Lande  gäntzlich  zu  entziehen.  Also  ist  nicht  allein 
Unser  wiederholter  ernstlicher  Befehl :  weil  Wir  dermahlen  in  der  gefundenen 
Landes- Verfassung  etwas  zu  ändern,  noch  zur  Zeit  nicht  gemeinet  sind: 
dass  durch  unermüdete  Bearbeitung  der  Landes-Aeltesten,  Collegien  und 
Stadt-Magistraten,  auch  beitretender  Eyfer  der  in  jedem  Fürstenthum  und 
Creyss  angestellten  Landes-Accissen-Deputationen,  Einnehmern  und  Officiauten, 
auch  allenfalls  durch  Assistenz  Unserer  im  Lande  befindlichen  Königlichen 
Trouppen,  die  Accise-Abgabe  nach  dem  bisherigen  Fuss  und  Verfassung  wieder 
hergestellet,  auch  die  hierdurch  einkommenden  Gelder,  wie  ohnhin,  also  noch 
ferner  zu  der  von  unangeheischenen  Monathlichen  Militair- Verpflegung  au- 
gewendet, und  das  Residuum  nach  jeder  Fürstenthums  und  Standes-HerrschaHl 
üblichen,  oder  am  nützlichst-  und  thunlichst-scheinenden  Modo  auch  alienfalb 
durch  der  Lehre  und  Anticipationes  eingelieffert  werde. 

Wobey  Wir  doch  um  Unsere  auf  die  wahrhafte  Wohlfarth  des  Landes 
gerichtete  Königl.  Gnade  den  gesammten  Landes  Inwohnern  noch  deutlicher 
zu  erkennen  zu  geben,  Allergnädigst  gestatten:  dass  alles  dasjenige,  was  von 
ein-  und  anderen  Ständen,  Städten,  und  Insassen  für  Unsere  Trouppen  und 
zu  Unserm  Allerhöchsten  Dienst  auf  den  Märchen,  Einquartierungen  und  Blo- 
quaden,  an  Vivres,  Fourage  und  Materialien  oder  auch  baarem  Gelde  und 
Geldeswerth,  durch  glaubwürdige,  und  von  Unserem  bestallten  Feld-Krieges- 
Commissariat  agnoscierten  Quittungen  erweisslich  gelieffert  werden,  in  denen 
jetzo  lauffenden  Monathen  pro  rata  anstatt  haaren  Geldes  angenommen,  und 
also  von  dem  postulierten  Quanto,  das  Praeteritum  aber  vom  Dec.  a.  p.  u. 
Jan.  c.  nach  und  nach  ebenmässig  abgeschrieben:  Imgleichen  auch  die  von 
liquiden  Landes-Passiv-Schulden  fälligen  Interessen,  nach  bey  Uns  dieserhalb 
geschehenen  Anfrage,  davon  mit  vergütet  werden  sollen. 

Dahingegen  Wir    auch,    soferne    wider  Vermuthen    sich  jemand  dieser 
Unser  Allergnädigsten  Ansinnung  und  Befehl  zu  widersetzen,  und  das  hierinnen 
angeordnete  alsogleich,    und    ohne    den    allermindesten  Zeit- Verlust  nicht  be- 
wercksteUigen,    auch  wie  solches  mit    erforderlichem  Ernst,  Eyfer  und  Nach- 
druck befolget,  binnen  1!  Tagen  an  Unser  offt  ernanntes  Feld-Krieges-Commis- 


606 

sariat  umständlich  documentieren,  und  binnen  den  andern  11  Tagen  das  Alier- 
gnädigst  anbegehrte  Quantum  auf  vorgeschriebene  Art  einlieffern  werde,  den 
oder  dieselben  Unsere  Allerhöchste  Königliche  Ungnade  an  ihren  Personen, 
Familie  und  Güthern  empfinden  zu  lassen  und  als  dann  ohne  allen  Anstand, 
auch  ohne  Ansehung  der  Personen  und  Stände  mii  schleunigster  militärischer 
Execution  fürzugehen  und  ohne  Attendierung  einiger  Proportion  die  zu- 
länglichsten Geld-Subsidia  eintreiben  zu  lassen,  die  ungesäumten  Ordres  werden 
Sien  lassen. 
Urkundlich  haben  Wir  dieses  höchst-eigenhändig  unterschrieben,  und 
mit  Ohserm  Königl.  Innsiegel  bedrucken  lassen. 

So  geschehen  Berlin,  den  12.  Februarii  1741. 

(L.  S.)  Pri  e  derich. 

XXTX  ■■::. 

Pro  Memoria. x) 

Alss  auf  das  Postulatum,  welches  Se.  Königl.  Majest.  laut  dero  Alier- 
gnädigsten  Ordre  vom  11.  dieses  Monaths  February  auf  3808179  fr.,  mithin 
Monathlich  auf  286498  V2  Gulden  festgestellet.  Ein  hochlöbl.  Landes-Convent 
des  Hertzogthumbs  Schlesien  dero  Anerklärung  unterm  23.  dieses  dahin  er- 
öffnet, wie  dass  Sie  sich  einem  quanto  von  1,200.000  fr.  unter  gewissen  Reser- 
vat is  unterziehen  würden,  So  kan  Ein  Königl.  Feld-Krieges-Commissariat,  dem 
sothane  schriftliche  Anerklärung  heute  früh  insinuieret  worden,  nicht  umbhin 
ermeldten  hochlöbl.  Landes  Convent  hiemit  in  dienstlicher  Antwort  zu  ver- 
melden, wasmassen  da  selbe  nicht  im  Stande,  auf  ein  so  gar  disproportio- 
nierliches  Anerbitten,  wodurch  nur  ein  Drittheil  des  Königlichen  Postulat!  zur 
Erfüllung  käme,  sich  einzulassen.  Allermassen  man  sich  nicht  einmal  getrauet 
Sr.  Königl.  Majest.  darüber  allerunterthänigste  Vorstellung,  noch  Antrag  zu 
thun.  Vielmehr  wird  man,  obwohl  sehr  ungern,  das  Expediens  zu  ergreiffen 
genöthiget  seyn,  das  angeforderte  bemeldte  Haupt  Quantum  ex  ofrice,  nach 
der  im  Lande  üblichen  Indiction  zu  repartieren,  und  denen  Herren  Landes 
Eltesten,  jedes  Fürstenthums,  und  Dominii,  die  Quotas  zuzutheilen,  die  Bei- 
treibung aber  durch  die  Königlichen  Trouppen  verrichten  zu  lassen.  Alles  Avas 
inzwischen  Ein  Königl.  General-Feld -Krieges  Commissariat  dabey  thun  kann, 
das  wird  dieses  seyn,  dass  man  die  offerierte  Monathliche  100.000  Gulden  ad 
rationem  annehme,  und  das  übrige  demnechst  erwarte.  Es  müssen  aber  pro 
Januario  et  Februario  die  allbereits  fällige  zween  Monathe  ä  286498  Fr.  un- 
verzüglich zur  Königl.  Feld-Casse  beschaffet  werden.  So  soll  dann  a  primo 
Marty  die  Natural-Verpflegung,  wass  erweisslich  die  Königliche  Regimenter, 
entweder  in  Natura,  oder  an  Gelde  behoben,  von  dem  Monathli eben  currenten 
Quanto  abgeschrieben,  und  compensieret,  damit  auch  bis  ultimo  Aprilis  conti- 
nuieret  werden.  So  bald  hiernechst  die  Armee  zu  Felde  gehet  und  aus  den 
Königlichen  Magazinen  ihre  Subsistenz  bekomt,  sollen  die  Marsch-Spesen  vom 
Februario  und  Januario,  wie  auch  vom  Monath  Decembri  praef.  liquidieret,  und 
adjustieret,  auch  sodann  zu  dererselben  Vergütung  ein  gewisses  Monathliches 


Archiv  'I.  k.  k.  Ministeriums  des  Tnnorn.  Fremde  Gegenstände  \9  v.J.  1741. 


HOT 

Quantum  von  dem  zu  erhebenden  Monathlichen  Hauptquanto  ausgemittelt, 
und  damit  compensieret,  solchergestalt  auch  so  lange  continuieret  werden,  bis 
die  Vergütung  völlig  geschehen.  Wie  denn  auch  der  vorallegierten  Königl. 
Ulergnädigsten  Ordre  vom  11.  February  gemäss,  die  Interessen  von  denen 
Landes-Schulden,  wenn  solche  gehörig  manifestieret  und  documentieret  seyn 
werden,  auf  vorgängige  Königl.  Special-Resolution,  samt  denen  Salarien 
Pensionen,  in  so  weit  sie  Sr.  Königl.  Majest.  AUergnädigste  Approbation  er- 
langen, von  sothanem  Monathlichen  Haupt-Quanto  der  286498  V2  fr.  alsdane 
versichert,  und  nach  Befunde  compensieret  werden  sollen. 

Ein  mehres,    als  wie  vorgemeldet,    einzugehen,    hat    das  Feld-Krieges- 
Commissariat  weder  ordre,    noch  Instruction,    und  wird  von  Seiten  dessell 
Einem    hochlöblichen    Convent  in  publico    derer    Herren  Fürsten   und    Stünde 
hiemit   lediglich    überlassen,    bey    Sr.    Königlichen  Majest.    immediate    nähere 
Königliche  AUergnädigste  Resolution  darüber  einzuholen. 

Breslau,  den  25.  Februar  1741. 

(L.  S.)  Feld-Kriegs-Commissariat. 

Des  General  Landes-Bestellten  Herrn  von   Schellenberg  Hochwohlgeboren. 


608 


XXX. 
S  t  a  11  d-  u  n  (l 

Der  in  der  Festung  Glatz  garnisonierenden  löbl.  Regimenter, 


Löbliche 
Regimenter 

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de  Zedliz 

de  Hoffmann 

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45 
52 
45 

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47 
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13 

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v.  Hillebrandt 

152 

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150 

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2 

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Kolowrat 

v.  Aulloch 
Br  uckmann 
Carl  Zedliz 
de  Puttler 

73 
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72 
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Invaliden 

Bisch  in 

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256 

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Summe 

1167 

236 

18 

1385 

2 

30 

18 

1 

10 

1 

12 

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35 

9 

1 

5 

i      | 
113 

i      1 

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7 

7 

1 

21 

16 

1)  Aus  dem  B  r  o  w  n  e'schen  Manuscr.  1741.  Oest.  Success. -Krieg. 


Dienst-Tabelle. 

wie  sich  selbe  zu  Diensten  befinden  als  Act :  den  2.  März  1741. 


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12 

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de  Haxaire 

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Leglisse 
Rousselle 

Fornery 
Pinallie 

de  Montonie 
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7 
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25 
25 
26 

31 
25 
25 
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78 
64 
64 
72 

97 
97 
94 
99 

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2 

2 

1 

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6 
2 
6 

2 

6 

10 

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11 

de  Zedliz 
Hoffmann 

Köper 

Brandt 
Busseck 

v.  Logau 

Mescher 

Abss 

v.  Hiller 

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Hillebrandt 

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12 
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15 

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Carl  Zedliz 
de  Puttler 

Schlottheim 

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Benzony 
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88 
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109 

B27 

227 

1087 

1385 

(L.  S.) 


Joseph  Philibert  de  Fontaneila 

Oberstlieutenant. ') 


Oesterreichischer  Erbi'olgekrieg.  II.  Bd. 


39 


lilll 


XXXI. 

Nachdem  Ich  mit  dem  grossesten  Müssfallen  Vernohmen,  dass  einige 
derer  Stände  und  Dorfschaften  im  Hiesigen  Schlesischen  Lande  sich  weigern, 
die  Ihnen  zugeschriebenen  portiones  und  Bationes  vor  der  Königl.  Preusischen 
armee  abzuliefern.  Ja  einige,  wie  sonderlich  im  Neyssischen,  Opplischen  und 
denen  Mährischen  alliier  enclavierten  Oerthern  sich  nicht  entblöden,  dieserhalb 
verschiedene  unverantworthliche  Wiedersetzhgkeit  und  Excesse  auszuüben  ; 
Alss  wird  nur  Besagten  Sämmentlen  Ständen  und  Dorfschaften,  welche  noch  an 
portionen  und  rationen  etwas  restierete,  Hiermit  und  zwar  zum  Letzten  mahl 
ernstlich  und  nachdrücklich  anbefohlen,  dass  Sie  ihre  prestanda  Wegen  der 
portionen  und  rationen  soforth  ohne  ferneren  Anstand  entrichten,  oder  daferne 
sie  Selbige  Binnen  8  Tagen  nicht  abführen,  dass  Sie  alss  Feinde  tractieret  und 
Ihnen  Hauss  und  Hoff  Abgebrand  werde,  unfehlbar  gewärthigen  sollen.  Wor- 
nach  sie  Sich  zu  achten  und  vor  Schaden  zu  hütten  haben. 

Signatum  Jägerndorff,  den  4.  Marty  1741. 

Sr.  Königlichen  Maytt.  in  Preussen  Comman- 
dierender  General-Feldniarschall  etc. 

(L.  S.)  Graff  von  Schweri n. ») 


!)  K.  A.,  F.  A.  Schlesien  1711;  III,  ad  56i. 


XXXII. 


611 


Wach-  und  Postenzettel,  wie  solche  in 
währender  Blokade,  in  dem  Posto 
Grossglogau  täglich  aufgestellet  und  ge- 


auf 

Nr. 
1 
2 
3 
4 
5 
6 
7 
8 
9 


10 

11 
12 
13 
14 
15 
16 
17 


halten  worden,  als 


In  dem  Ravelin    an    dem   Prostauer  Thor, 
sind  von  löbl.  Harrach'schen  Grenadiers 


tägl.  kommen 


Füsiliers  von  beiden  Regmtrn.  sind  täglich 
in  Chemin  Couvert  kommen: 


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6 
9 
6 
9 
6 


Summa   Grenad.  u.  Füsiliers  in  Chem.  Couv. 


Täglich  auf  der  Hauptwach 

Oder-Thor  hatte  zu  besetzen  6  Posten 

Mühlpforten  hatte  4  Posten 

Hinter  dem  Schloss  hat  3  Posten  auf  der 
Schloss-Bastion  in  derselben  Faussebayl 
und  Courtinen 


Transportiert 


1     5 


2    14      7    21  155 


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30 


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13 

8 

8 
13 

8 

8 
22 

8 
11 

8 
13 

8 
11 

8 
12 

8 


205 


1 


-I    2      1 


5     2 


18 
18 
12 


9 


24 
24 
15 


11 


57||  74 
39* 


612 


Wach-  und  Postenzetteh  wie  solche  in 
währender  Blokade,  in  dem  Posto 
Grossglogau  täglich  aufgestellet  und  ge- 


halten worden,  als 


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mit      

Prostauer  Thor  hatte  3  Posten,  auf  der 
Dominicaner-Bastion,  Löwen- Bastion  und 
derselben  Courtine 

Auf  der  Sebastiani-Bastion  hatte  3  Posten, 
die  Leopoldi-Bastion  und  derselben 
Courtine 

Von  der  Engel-Bastion  wurde  die  Kreuz- 
Bastion  und  selbe  Courtine  besetzet 
mit 

Von  dem  alten  oder  sogenannten  Polnischen 
Thor  wurden  4  Posten  besetzt  eine  beim 
Thor,  Ferdinandi-Bastion  die  Courtine 
über  dem  Neuen  Thor  und  die  Courtine 
gegen  Michaeli-Bastion 


Ein  Ausfall  bei  Sebastiani-Bastion 
Ein  Ausfall  bei  Engel-Bastion  .    . 

Beim  Pulvermagazin 

Proviant- Wach 

Bauerwägen- Wach 

Juden-Wach 


Summe  ord.  Wach  täglich  .    .    . 

Im  Chemin-Couvert  täglich 

Vor  die  Mühlpforten  an  die  Wasserseiten  alle 

Nacht  auf's  Piquet 

Alle    Nacht    auf   Reserve    oder    Bereitschaft 

waren 


9 

14 


57 


12 
3 
:; 

I. 

I 

3 


74 


12 


12 


12 


21117 


21 


155 


15 


15 

4 

4 

7 

4 

4 

JL_ 

152 

205 

19 


10     3    151691200 


Zusammen    tägl.    waren  auf    Wachen    Piquet 
lind  Reserve  in  allen 


2     8 


34 


12 


59  45<; 


576 ') 


1 1  Aus  dem  gräfl.  "Wallis'sehen  Archive  zu  Koleschowitz. 


613 


XXXIII /, .  ]) 

Hoclilöbl.  angeordnete  Hof-Kriegsraths-Commission 

Ihro  Excellenzien, 

auch  meine  hochgeehrtesten  Herrn  Herrn  ! 

Zu  Folge  des  unterm  21.  dieses  datiert  und  den  22.  ejusdem  zu  meinen 
Händen  abgereichten  Rescript  habe  auf  anverlangte  nachstehende  Puncten 
die  schuldigste  Beantwortung  gehorsamst  erstatten  sollen  und  zwar : 

"|    BIO.  q  /]         "i    llltllll   . 

Ob    denjenigen    Tag,    als    der    Ort  Die     Posten     sind     selbigen     Tag 

attaquiert  worden,  die  Posten  allezeit  nicht  stärker  besetzet  worden  als  wie 
stärker  als  ordinarie  besetzet  worden  zuvor,  massen,  gleichwie  in  meiner 
sind  und  die  Garnison  völlig  in  Gewehr,  Relation  gehorsamst  angeführet,  von 
selbige  Nacht  gestanden  ?  dem    Feind    keine    andere    Bewegung 

oder  Manoeuvre  zu  sehen  war  als 
schon  etwelche  Tage  zuvor,  nämlich 
das  Zuführen  in  die  nächsten  Dörfer  von  Faschinen,  Würsten  und  Schanz- 
körben,  ans  welchem  man  judicieren  können,  dass  eine  dieser  Nächten  der 
Feind  die  Trancheen  eröffnen  würde,  wessentwegen  man  auch  beständig  alert 
war,  die  Verstärkung  deren  Posten  sowohl  in  dem  Chemin-Couvert,  als  »bin 
Wall  konnte  umso  viel  weniger  beschehen,  als  damalen  der  ganze  effective 
Stand  der  Garnison  (wie  eben  meine  Relation  besaget)  nicht  stärker  als  in 
925  Köpfen,  Avornnter  50  Kranke  sich  befunden,  bestanden  ist,  worunter  weit 
mehr  als  die  Hälfte  auf  denen  Posten  employieret  war,  die  aus  200  Mann  be- 
standene Reserve  unter  Commando  meines  Regiments  Oberstwachtmeish'i 
H.  von  Plan  fing  ist  auf  dem  Platz,  allwo  die  Hauptwache  gestanden 
und  nächstens  daran  meine  Wohnung  war,  der  Kälte  halber  in  zwei  Häusern 
beständig  unter  Gewehr  gehalten  worden,  als  auch  die  übrige  noch  wenige 
Mannschaft  in  ihren  Compagnie-Quartieren  mit  dem  Befehl,  bei  den  geringsten 
Allarme  gleich  ausrücken  und  marschieren  zu  können,  wohin  es  nöthig,  dann 
hei  diesem  weitläufigen  sogenannten  haltbaren  Ort  (wo  wenigstens  4000  Mann 
Garnison  zur  Besatzung  hätten  sein  sollen)  man  natürlicher  Weise  eben  nicht 
hat  wissen  können,  wo  eigentlich  der  Feind  attaquieren  würde;  um  allsogleich 
allda  succurieren  zu  können,  wo  die  Attaque  sein  würde,  wie  dann  auch 
wirklich  beschehen.     Denn    gleich  bei  dem    ersten  geschehenen  Schuss  in  die 


*)  Aus  dem  gräfi.  Wallis'sclion  Archive  zu  Kolesckowitz. 


614 

Contrescarpe  alles  herausgerücket,  der  Oberstwachtmeister  Planung  mit 
der  Reserve  durch  das  gleich  daran  gelegene  alte  Polnische  Thor  auf  den 
Wall  sich  begeben,  von  oben  zu  soutenieren  diejenige  Mannschaft,  so  in  dem 
Chemin-Couvert  gestanden,  gegen  die  Ferdinand!-  und  Michaeli-Bastion  avan- 
cieret und  den  bei  dem  sogenannten  todten  Winkel  oder  Wolfsgruben  in  der 
Contrescarpe  stürmenden  Feind  abzuhalten,  auch  so  gute  Resistenz  und  Defen- 
sion  gemacht  hat,  bis  solcher  von  der  allzu  überhäuften  feindlichen  Macht  und 
Gewalt  zu  weichen  gezwungen  und  in  währendem  diesem  auf  dem  Wall 
umringt  und  gefangen  worden  ist. 

Die  andere  extra  der  Reserve  sich  noch  befundene  Mannschaft  ist  ebener - 
massen  gleich  bei  sothanem  altem  Polnischem  Thor  hinausgerückt  und  rechter 
Hand  gegen  die  Sebastiani-  und  Leopoldi-Bastion  sich  postieret,  dem  auch 
alldorten  in  dem  Chemin-Couvert  attaquierenden  Feind  Widerstand  zu  thun 
und  gleichwie  schon  in  meiner  Relation  angeführet,  ich  mich  Selbsten  mit 
Herrn  General  Reisky  etlichen  dreissig  Grenadiers  und  der  bürgerlichen  Re- 
serve, so  zu  100  Mann  bestanden,  bei  dem  Schloss-Thor  oder  Landeshauptmanns 
Haus  hinaus  begeben,  wo  die  ganze  Seite  ohne  Mauer  revetierter  und  als 
einer  der  gefährlichsten  Oerter  zu  considerieren  war.  wo  eben  der  Feind 
auch  attaquieret,  dass  also  so  viel  als  die  wenige  Garnison  zugelassen  hat 
nicht  am  -mindesten  an  behöriger  geschwinder  Secundierung  und  Resistenz 
vorzukehren  verabsäumet  worden  ist,  auch  nicht  nur  diese  Nacht,  sondern 
schon  viele  vorherige  alle  Posten  alert  mit  Haltung  ihres  Gewehres  in  denen 
Händen  sich  befunden  haben. 

Qiüo.  oj-]     O'lum. 

Ob  die  Runden  und  Patrouillen  wohl  Die  Runden    und  Patrouillen    sind 

eingerichtet  gewesen,  ausser  und  inner  sowohl  in  der  Contrescarpe  auf  dem 
der  Contrescarpe  fleissig  gegangen,  Wall  und  in  der  Stadt  lieissig  ge- 
das  gewöhnliche  Zeichen  von  Post  zu  gangen,  ja  bei  der  Nacht  in  ob- 
Post  herum  bis  auf  die  Hauptwache  erwähnter  Contrescarpe  und  dem  Wall 
gebracht,  die  Schildwachen  auf  denen  nicht  nur  alle  Viertelstunden  wie 
Ramparten  des  Nachts  wie  gewöhnlich  sonst  gebräuchlich,  sondern  conti- 
auf  einander  gerufen,  um  alert  zu  sein,  nuierlich  patrouilliert  und  die  Schild- 
ob  Patrouillen  zu  Pferd  in  und  ausser  wachen  mit  dem  gewöhnlichen  .AVerda" 
der  Stadt  gegangen,  sonderlich  aber  angerufen  haben,  sowohl  wegen  eines 
selbe  Nacht  eine  grössere  Präcaution  besorgenden  feindlichen  Angriffes,  als 
ordinieret  worden  sei,  solle  durch  ge-  auch  ebenermassen  um  der  starken 
wohnlich  schriftlichen  Hauptwache-  eingerissenen  Desertion  diesfalls  vor- 
Rapport solches  docieren.  zubeugen.  ZuPferde  konnte  manausser 

der  Contrescarpe  keine  Patrouillen 
hinausschicken,  massen  nicht  einen 
einzigen  Mann  von  der  Cavallerie  darinnen  hatte  und  einem  hochlöbl.  Hof- 
Kriegsrath  genugsam  bekannt  sein  Avird,  dass  als  Grossglogau  wirklich  schon 
unet  war.  nicht  das  mindeste  an  Cavallerie  sich  in  ganz  Schlesien  be- 
funden habe:  denselbigen  Abend,  wo  alsdann  um  Mitternacht  der  Sturm  an- 
gegangen, bin  ich  mit  Herrn  General-Feldwachtmeister  Baron  Reisky  alle 
Posten  in  dem  Chemin-Couvert  visitieren  gegangen,  auch  gleichwie  schon  in 
meiner  Relation  angeführet.  um  9  Uhr  Abends  meinen  Adjutanten  Lieutenant 
Schuld  zu  dem  in  der  Contrescarpe  commandierenden  Harrach'schen  Regiments- 


i ;  ]  5 

Hauptmann  Baron  Ripperda  de  novo  abgeschicket  und  ihm  sagen  lassen, 
dass  er  allen  seinen  untergebenen  Posten  auf  das  Nachdrücklichste  anbefehlen 
möchte,  wohl  alert  zu  sein.  Der  schriftliche  Hauptwach-Rapport  ist  nicht  wie 
gewöhnlich  in  einem  Ort  (wo  kein  Feind  darvor  lieget)  eingegeben  worden, 
sondern  zu  allen  Stunden  bei  Tag  und  Nacht  jeder  gleich  mir  Selbsten,  als  auch 
dem  General-Feldwachtmeister  R  e  i  s  k  y  und  Oberstwachtmeister  Planting 
gemeldet  worden,  damit  jederzeit  sogleich  von  allem  wissen  und  die  behörigen 
Dispositiones  haben  vorgekehret  werden  könnnen. 


Ob  ich  eine  Special -Disposition 
gemachet  auf  allerhand  Fälle,  was 
jedes  Commando  auf  seinem  Posto 
verrichten,  auch  wie  ein  Posto  den 
andern  secundieren  solle,  oder  falls 
sie  von  denen  Posten  repoussieret 
wurden,  retraiten  assignieret  habe, 
wo  sie  sich  wiederum  setzen  und 
durch  die  Reserven  soutenieret  werden 
sollen,  ingleichen  selben  Reserven 
denen  Posten  bekannt  gemachet  habe, 
auf  welche  sie  sich  zurückziehen 
sollen  ? 


ad  3,lum- 
Es  ist  meine  Special -Disposition 
von  mir,  dem  General  -  Feldwacht  - 
meister  Baron  R  e  i  s  k  y,  von  diesem 
denen  beiden  Oberstwachtmeistern  von 
Harrach  und  meinem  Regiment 
gleich  Anfangs  gegeben  und  dictieret 
worden,  auch  von  solchen  nicht  nur 
allein  den  Hauptleuten,  so  in  dem 
Chemin  -  Couvert  commandieret  und 
täglich  einander  abgelöset  haben, 
mitgegeben  worden.  sondern  ist 
alle  Frühe  sowohl  der  ablösende, 
hernach  aberder  abgelösste Hauptmann 
zu  mir  gekommen,  sich  angemeldet 
und  ich  dem  ersteren  täglich  auf  das 
neue  meine  gegebene  Verordnung  bestens  zu  beobachten  wiederholet  habe 
und  dass  er  denen  unter  ihm  stehenden,  sowohl  als  Ober-  und  Unterofriciers- 
Posten  auf  das  Schärfste  einbinden  möge,  dass  sofern  ein  Feind  anrücken 
und  attaquieren  sollte,  jeder  dieser  angegriffenen  Posten  allmö^licbste  Re- 
sistenz thun  sollte,  massen  man  von  dem  Wall  sie  soutenieren  würde,  diejenigen 
Posten  in  sothanem  Chemin- Couvert  aber,  so  nicht  attaquieret  wurden,  denen- 
selbigen  zu  ihrer  rechten  oder  linken  Hand,  so  wirklich  angegriffen  werden, 
zu  Hilfe  kommen  sollten,  und  sofern  solche  durch  überhäufte  feindliche  Macht 
sich  zu  retirieren  gezwungen  wurden,  sich  in  die  eigens  hierzu  in  dem  Graben 
in  drei  unterschiedenen  Oertern  expresse  verfertigte  Abschnitte  zu  retirieren, 
wo  solche  von  dem  Wall  secundieret  werden  konnten  und  gleichwie  zum 
öftern  die  mindeste  Circumstanz  den  Casum  zu  mutieren  pfleget,  also  sothanen 
commandierten  Hauptmann  annoch  über  alles  bestens  anrecommandieret  habe, 
in  solchem  Fall  nach  der  Sache  Beschaffenheit  sich  regulieren  und  seine  unter 
ihm  stehenden  Posten  anleiten  möge,  der  abgelöste  Hauptmann  aber  hat  mir 
seinen  Rapport  von  Allem,  was  währenden  seinen  24  Stunden  passieret  ist. 
mündlich  abgeleget. 


4tö. 

Ob  ich  dieses  zu  bewirken  solche 
Retiraden  verschanzet  und  verboll- 
werket,  oder  Abschnitte  gemachet 
habe,  damit  die  retirierenden  Posten 
sich    von   Distanz    zu   Distanz    setzen 


ad  4t",n- 
Aus  bevorstehendem  Puncto  Nr.  3 
ist  beliebig  zu  ersehen,  dass  zu  solchen 
Retiraden  drei  Abschnitte  gemachet 
worden  sein,  aus  liebenliegendem  Plan 
der  sogenannten  Festung  Grossglogau 


616 


und  defendieren  können,  auch  sich 
gegen  die  Reserven  ziehen,  auch  solle 
ich  auf  dem  Plan  der  Festung  Gross- 
glogau  bemerken,  wo  und  wie  stark, 
sonderheitlich  an  selbigem  Tag,  als  die 
Attaque  geschehen,  die  Posten  ge- 
standen sein. 

5ta. 


so  numeriert  ist.  als  auch  dem  bei- 
gelegten Posten  -  Extract  ist  gnädig 
abzunehmen,  wo  und  wie  stark  die 
Posten  gestanden  sein. 


Warum  nicht  auch  die  Bürger- 
schaft zum  "Wachen  employieret  und  ob 
im  Fall  einer  Surprise  nicht  ordinieret 
und  disponieret  worden,  dass  die 
Bürgerschaft  aus  denen  Fenstern 
Feuer  gegeben  und  die  vornehmsten 
Zugänge  auf  den  Hauptplatz  verleget, 
dann  solche  Impedimenta  und  Vor- 
sehungen gemacht  worden,  dass  der 
Feind  nicht  auf  einmal  die  ganze 
Stadt  occupieren  und  auf  allen  Seiten 
andringen  können,  ob  die  Hauptwache 
verbarricadieret  war,  Stück  mit  Kar- 
tätschen geladen,  sich  auf  den  Platz 
und  Avenuen  befunden  und  der- 
gleichen Vorsichtigkeit  gebrauchet 
worden  ? 


ad  5tum- 
Von    der  Bürgerschaft    (wie  schon 
in     meiner     Relation     gesaget)     sind 
täglich    100  Mann    zu    einer    Reserve 
gebrauchet  worden,    welche    auch  bei 
erfolgtem  Allarme  gleich  aus  dem  Je- 
suiten-Collegio      (wo     solche     allezeit 
unter  Gewehr  gelegen)  mit  dem  dabei 
commandierfc  gewesenen  meines  Regi- 
ments Hauptmann    S  c  h  u  b  e  r  t    aus- 
gerücket  und  sich  an  diejenigen  Gre- 
nadiers, welche  mir  und  dem  General 
R  e  i  s  k  y       gefolget,       angeschlossen 
haben,  man  war  aber  bei  dem  Schloss- 
thor   kaum    hinaus,    als    die    meisten, 
ja     fast     alle     in     der     Finster     sich 
wiederum    rückwärts    zurückgezogen, 
theils  mit  dem  Gewehr  davon  gelaufen, 
theils  aber    gar    solches  weggeworfen 
haben,    über    dieses    sind    auch     von 
denen  Bürgern    täglich    einige    (welchen    man  noch  am  meisten  hatte  trauen 
dürfen)  als  Büchsenmeisters-Gehilfen   auf  die  Bastiones   commandiert  worden, 
auch  haben    täglich    zwei  Rathsheren    von     dem  Magistrat    mit  ihren  Leuten 
sowohl  bei  Tag,  als  bei  Nacht  durch  gewisse  Gassen  continuierlich  patrouillieren 
müssen,    bei    den  Wasserspritzen    zu  Folge    der    von    mir  gemachten  Feuer- 
Ordnung  sind  auch  viele  commandiert  gewesen,  solche  aber  in  der  Contrescarpe 
und  auf  dem  Wall  ordentlich  Wache  halten  zu  lassen,    wäre    sehr  bedenklich 
gewesen,    viel  mehr  aber,  wann  ihnen  den  Befehl  gegeben  hätte,    dass  solche 
bei  einer  etwann  erfolgenden  Surprise  aus  denen  Fenstern  feuern  sollten,  denn 
auf  deren  Treue  sich  nicht  das  Mindeste  zu  verlassen,  wohl    aber  alles  Uebe] 
zu  besorgen  war,    dann  da  die    meisten    lutherische  Bürger    waren,    so  schon 
längst    zuvor    ihre  Glaubensgenossen     zu    Gästen     gewunschen    hätten,    auch 
damalen  schon  bereits  über  drei  Wochen   solche  ohne  Fleisch,  viele  auch  ohne 
andere  Vivres  sich  befunden  haben,  so  nicht  aus  meiner,  sondern  ihrer  eigenen 
Schuld  herrühret,     dann  sobald,     als     ich  nur  in  Erfahrnus  gebracht,    dass  der 
Marsch  deren  Preussischen  Truppen  in  Schlesien  determinieret  sei,  gleich  den 
Befehl  gegeben  habe,  dass  die  Bürgerschaft  wenigstens  sich  auf  ein  halb  Jahr 
mit  Vivres  versehen  solle,  diejenigen  aber,  so  solches  nicht  prästieren  können, 
sich   von  dorten  retirieren  möchten,    wie    dann  auch  Weiber    und  Kinder  und 
andere  unnütze  Minder  hinausgeschaffet  worden  sein,    die  Hauptwach  zu  ver- 
havricadieren  und  deren  Zugänge    hat  sowohl  der  Situs  loci   nicht  zugelassen, 
als  man  ein  ordentliches  Retranchement  um  und  um    hätte  formieren   müssen 


617 


und  gleich  wie  die  ganze  Defension  von  Glogau  einzig  und  allein  in  der  sehr 
übel  regulierten  Contresearpe  und  dem  Wall  bestanden,  also  alle  Arbeit  dabin 
hat  employieret  werden  müssen,  solche  Werke  soviel  als  nur  immer  möglich  in 
etwelehen  guten  Stand  zu  setzen,  auch  sothaner  Hauptwacheplatz  also  situieret 
war,  dass  die  um  und  um  liegenden  Häuser  sämmtliche  hätten  müssen  ab- 
gebrochen werden,  so  mir  eine  innerliche  Rebellion  von  der  Bürgerschaft  ver- 
ursachet hätte.  Stücke  und  Kartätschen  sind  keine  bei  der  Hauptwache 
gewesen,  dann  da  der  Feind  seinen  Marsch  in  Schlesien  angetreten,  habe 
gleichsam  kein  einziges  brauchbares  Stück  gehabt,  wessentwegen  diejenigen, 
so  noch  auf  einige  Weise  reparieret  haben  werden  können,  bei  Tag  und  Nacht 
zurichten  und  auf  die  Bastiones  habe  führen  lassen. 


6tö. 

Da  ich  den  General  Reisky,  wie 
auch  mehrere  Stabsofficiere  bei  mir 
gehabt,  ob  ich  solche  dergestalten 
eingeth eilet,  dass  jedweder  in  dieser 
weitläufigen  Festung  seinen  District 
oder  Nummern  zu  respicieren  gehabt, 
wobei  speeifice  anzumerken,  was  vor 
Posten  ihnen  angewiesen  waren,  wie 
die  Allarmplatze  ausgetheilet,  was  für 
Verhaltungs-Ordre  ihnen  im  Fall  einer 
Attaque  oder  Surprise  gegeben  worden 
sei? 


ad  6tnm- 

Ich  habe  nebst  dem  General 
R  e  i  s  k  y  keinen  anderen  Stabs-Offi- 
cier  bei  mir  gehabt,  als  den  Oberst- 
wachtmeister Baron  Reichlin  von 
Harr  ach  und  den  Oberstwacht- 
meister von  Plantin  g  von  meinem 
Regiment,  wo  der  erstere,  gleichwie 
in  meiner  Relation  gehorsamst  bei- 
gebracht, den  28.  Februar  mit  dem- 
jenigen Brief  (wo  um  Erlaubnuss  einen 
Officier  nacher  Wien  schicken  zu 
können,     geschrieben      habe)      hinaus 


gegangen,  auch  erst  nachdem  Glogau 
bereits  übergegangen  war,  zurück- 
gekommen ist.  Den  Titul.  Oberstlieutenant  meines  Regiments  H.  Ekard, 
welcher  sich  auch  alldorten  befunden  hat,  etwelche  Monate  zuvor  aber  auf 
Befehl  eines  hochlöbl.  Hof-Kriegsraths  wegen  erkauft  haben  sollender  Charge 
bei  des  seligen  Feldmarschall  Wals  egg  Zeiten  cassieret  worden  ist,  mich 
also  seiner  zu  öffentlichen  Diensten  nicht  gebrauchen  können,  doch  da  solcher 
ein  verständiger  und  altgedienter  Officier  war,  zu  Vorstehung  der  Arbeit 
employieret  hatte  und  gleichwie  schon  vormals  gesaget,  dass  da  man  währender 
ganzen  Blokade  Zeit  sowohl  mein  Haus,  in  welchem  auch  Herr  General 
Reisky  bei  mir  gewohnet,  sodann  auch  die  beiden  Obeistwachtmeister 
Reichlin  und  P  1  a  n  t  i  n  g,  wie  nicht  weniger  die  sämmtliche  Reserve  und 
übrige  wenige  nicht  auf  denen  Posten  commandierte  Mannschaft  in  denen 
Häusern  auf  dem  Platz  gelegen  sein,  also  auf  den  mindesten  Allarm  gleich 
ä  portee  sein  können,  die  Allarm-Plätze  also  allda   assignieret  waren. 


und  letztlichen,  da  ich  in  meiner 
specie  facti  vorgebe,  als  ob  nicht  jeder 
Mann  seine  Schuldigkeit  gethan  hätte, 
so  sei  nöthig,  dass  solche  benenne! 
werden,  wie  auch,  wie  die  täglichen 
Befehle  durch  den  Platzmajor  und 
Stadt-Adjutanten,  ausgegeben  worden 
sein  ? 


ad  7"m- 
Da  ich  mit  dem  General  Reisky 
bei  entstandener  Attaque  mit  er- 
wähnter weniger  bei  uns  gehabter 
Mannschaft  (wie  in  meiner  Relation 
gehorsamst  ange  1'ülnvt  (bei  demSchloss- 
Thor  hinaus  gekommen  und  ohne  auf 
denen  drei  Posten  in  der  Contre- 
searpe    Nr.    1,     2,     3     das    Mindeste 


618 

chargieren  zu  hören,  den  Feind  aber  doch  schon  auf  dem  Wall  angetroffen,  so 
habe  natürlicherweise  auf  die  Muthrnassung  kommen  müssen,  dass  der  auf 
Nr.  2  commandiert  gestandene  meines  Regiments  Lieutenant  B.  von  Stosch, 
von  welchem  auch  Nr.  1  und  3  dependieret  hat.  oder  keine  Resistenz  gemachet 
habe,  oder  aber  sich  besser  hinauf,  wo  eben  auch  der  Chemin-Couvert  atta- 
quieret  worden  ist,  müsse  gezogen  haben  und  da  ich  nach  feindlicher  Empor- 
tierung  dieser  sogenannten  Festung  mit  den  zu  Kriegsgefangenen  gemachten 
Officieren  nicht  reden  können,  folgsam  auch  von  oberwähntem  Lieutenant 
B.  Stosch  (der  sonsten  doch  ein  ziemlich  fleissiger  Officier  war)  nicht  er- 
fahren können,  was  es  vor  Beschaffenheit  gehabt  habe  mit  denenjenigen 
dreien  Posten  und  sofern  es  genehm  gehalten  wurde,  so  wollte  ich  gedachtem 
Lieutenant  diesfalls  um  die  Information  einzuholen  schreiben  ;  die  Parola  und 
täglichen  Befehle  sind  von  mir  dem  General  Reisk}*  und  von  diesem  denen 
beiden  Oberstwachtmeistern  Baron  Reichlin  und  PI  an  t  in  g  und  von 
diesen  dem  Officier  von  der  Hauptwache  und  demjenigen  von  dem  Oder- Thor 
gegeben  worden,  dem  in  der  Contrescarpe  commandierenden  Hauptmann  aber 
sind  durch  Abholung  eines  von  ihm  abgeschickten  Feldwebels  die  Befehle 
schriftlich  zugeschicket  worden. 

Kein  Platz-Major  oder  Stadt- Adjutant  ist  niemalen  in  Glogau  gewesen, 
wessentwegen  erwähnter  mein  Oberstwachtmeister  die  Dienste  des  ersteren 
und  mein  "Wachtmeister-Lieutenant  die  Dienste  des  andern  versehen  hat,  auch 
ist  sothane  Abfertigung  täglich  in  meinem  eigenen  Zimmer  beschehen. 

Aus  obstehender  Beantwortung  werden  Euer  Excellenz  und  meine 
hochgeehrtesten  Herren  Herren  gnädig  und  beliebig  ersehen,  dass  alle  diejenigen 
Vorkehrungen  und  Dispositiones  gemacht  worden  sein,  was  nur  immer 
Menschen  möglich  gewesen  ist,  bei  so  schlechter  Beschaffenheit  deren  Festungs- 
Werken,  als  auch  die  Schwäche  der  Garnison  besonders  considerieren;  die 
Posten  hätten  freilich  noch  dreimal  stärker  besetzt  sein  sollen,  wenn  mehr 
Leute  gehabt  hätte  und  diese  so  wenige  Garnison  bei  der  rigorosesten 
Winterszeit  durch  3  Monat,  da  man  täglich  die  Attaque  von  dem  Feind  er- 
warten müssen,  wie  alsdann  solche  erfolget  ist,  welches  auch  nicht  wenig 
Ursache,  zu  der  stark  eingerissenen  Desertion  mag  gegeben  haben  —  ich 
erlasse  mich  zu  Gnaden 

Wien,  den  28.  August  1741. 

Euer  Excellenzien  und  meiner  Hochgeehrtesten  Herren. 


XXXIII/2. 
Copia 

des  von  der  angeordneten  Hofkriegsräthl.  Commission  erlassenen  Gutachtens. !) 
Hochlöbl.  weil.  Rom.  Kais.  Majestät  hinterlassener  Hof-Kriegsrath. 

Vermög  des  allhier    Lit.  A.    in  Copia   beiliegend    unterm    16.  dieses  an 
mich  erlassenen  Rescripti  2)  war  diesem  hochlöbl.  Mittel  gefällig,  die  von  dem 


')  Aus  dem  gräfl.  W  alli  s'schen  Archive  zu  Rolescuowitz. 

2)  Das  Rescript  ist  nicht    mehr  vorhanden.    Der    hetreffende  Protocolls-Auszug  des 
an   FM.  Graf  Kh  e  ve  nhül  ler    dto.  Wien,  16.  August    1741,    gerichteten  Rescripts   lautet: 


619 

Herrn  General-Feldmarschall-Lieutenant  Grafen  von  Wallis  wegen  der 
seinem  Commando  anvertraut  gewesten  von  denen  königl.  Preussischen 
Truppen  iiberstiegenen  und  eingenommenen  Festung  Grossglogau  erstattete 
Relation  mir  zu  dem  Ende  in  Original]  zu  überschicken,  auf  dass  ich  mit 
Beiziehung  anderer  Generals-Personen  bei  mir  eine  Untersuchung  vornehmen 
die  behörige  Beilagen  von  ermeldtem  Herrn  Grafen  von  Wallis  abfordern 
und  nach  Befund  die  weitere  Erläuterung  von  ihm  selbst  sowohl  einholen, 
als  diejenigen  Ofhciers,  auf  welche  sich  die  Relation  beziehet,  oder  die  etwann 
sonsten  vernommen  werden  müssen,  entweders  schriftlich  von  der  Armee,  bei 
welcher  sie  nunmehro  wieder  befindlich  sein  werden,  vernehmen,  oder  wofern 
es  nöthig  gar  nacher  Wien  kommen  lassen,  alsdann  aber  ein  ordentlich 
Gutachten  darüber  abstatten  solle. 

Dieser  Verordnung  nun  gehörigen  Vollzug  zu  leisten  habe  ich  nicht  er- 
mangelt, nachfolgende  Generals-Personen,  als  benanntlich  den  Herrn  General- 
Feldzeugmeister  Grafen  von  Wurmbrand,  den  General  Feldmarschall- 
Lieutenant  Herrn  Grafen  von  L  ö  w  e  n  w  o  1  d  e  und  den  General  Feld  Wacht- 
meister Herrn  Baron  von  Rudophsky,  nebst  dem  General  Feld-Kriegs- 
Auditor  von  S  u  m  m  e  r  a  u  beizuziehen  und  in  einer  den  21.  dieses  gehaltenen 
Commission,  obige  Relation  sammt  allen  Beilagen  genau  zu  durchgehen  und 
ist  nach  reifer  Ueberlegung  aller  Umstände  der  Schluss  Unanimia  dahin  aus- 
gefallen, dass  der  H.  Graf  von  Wallis  über  die  in  C  enthaltenen  Puncten 
noch  weiters  schriftlich  vernommen  werden  solle. 

Nachdem  nun  derselbe  seine  Beantwortung  D,  nebst  dem  sub  E  ent- 
worfenen Festungsplan,  wie  auch  der  Wach  und  Posten  Specification  F  über- 
reichet, wurde  darüber  anheut  als  den  29.  August  in  Commission  weiters 
deliberieret,  also  dass  es  nunmehro  lediglicb  an  Abstattung  der  hierinnenfalls 
abgeforderten  Gutachten  erwindet. 

Dieses  nun  in  Kürze  zu  eröffnen,  so  ist  ohnedem  bekannt,  in  was  vor 
einem  schlechten  Defensions-Stand  sich  die  ziemlich  weitschi  einige  Festung 
Grossglogau  befunden.  Die  von  dem  Herrn  Generalen  von  Wallis  gleich  nach 
Antretung  seines  Commando  an  einen  hochlöbl.  Hof-Kriegsrath  erstattete  Re- 
lation enthaltet  des  Mehreren,  wie  dieser  unhaltbar  ja  fast  offene  Platz  an 
denen  Festungswerken  gänzlich  ruinieret,  mit  unbrauchbarer  Artillerie  ver- 
sehen, auch  an  gehörigem  Kriegs- Vorrath  und  Lebensmitteln  entblösset 
gewesen,  die  hierüber  ergangene  Hofkriegsräthl.  Rescripta  weisen  gleichfalls, 
wie  sorgfältig  man  sich  hohen  Orts  allem  dem  abzuhelfen,  hauptsächlich  aber 
die  zu  Reparierung  der  Fortification  benöthigten  iündus  ausfindig  zu  machen 
angelegen  sein  lassen,  wie  denn  auch  Zeit  der  schon  vorgeschehenen  feind- 
lichen Invasion  dem  Herrn  Grafen  von  Wallis  kraft  eines  besonderen  Re- 
scriptes  alle  bestmöglichste  Vorkehrungen  zu  machen,  mit  Kachdruck  an- 
befohlen worden,  welcher  hohen  Verordnung  derselbe  unseres  Behalts  in  Allein 
nachgelebet,  da  er  in  der  That  erweiset,  wie  er  nicht  nur  allein  in  Herstellung 
der  Fortification,  so  viel  dazumal  die  rauhe  Winterszeit  zugelassen,  allen  Fleiss 
angewendet,    sondern  auch    an  Reparation  der  Artillerie    und  Herbeischaffung 


„Acclud.  Die  von  dem  General  Wenzel  Wallis  wegen  Uebergab  der  Föstung  Gross- 
Glogau  abgestattete  Relation,  um  solche  mit  Beiziehung  einiger  Generals  zu  durchgehen 
und  darüber  sodann  dessen  gutachtliche  Memung  anzuzeigen".  (K.  A.,  H.  K  R.  1741,  Prot. 
Reg.  Fol.  3044.) 


620 

deren  Lebensmitteln  so  viel  bewirket,  dass  die  Garnison  an  frischem  Fleisch 
und  gutem  Brod  niemalen  einen  Mangel  gehabt,  mithin  seinen  diesfälligen 
Anstalten  nicht  wohl  etwas  mit  Grund  auszustellen  zu  sein  scheinet. 

So  viel  nun  aber  die  Defension  dieses  Platzes  und  die  bei  dem  feind- 
lichen Angriff  gezeigte  Eesistenz  anbetrifft,  haben  wir  ebenfalls  befunden, 
dass  eines  Theiles  die  wenige  Garnison  zu  Behauptung  einer  so  weitläufigen 
Festung  mit  nickten  sufficient  war ;  anderntheils  aber  dass  Herr  Graf  von 
Wallis  gleichwohlen  seinesorts  an  behöriger  Vorsichtigkeit  nichts  erwinden 
lassen,  wohl  aber  die  Posten,  so  viel  es  die  Schwäche  seiner  Mannschaft  zu- 
gelassen, gebührend  besetzet,  auch  die  Garnison  bei  entstandenem  Allarme 
völlig  in  Gewehr  und  Waffen  gehalten  habe,  mithin  dann  diesesorts  keines- 
wegs überrumpelt,  oder  durch  Surprise  hinweggenommen,  sondern  durch 
überlegene  Macht,  wie  es  gar  wohl  heim  hellen  Tag  hätte  geschehen  können, 
emportiert  worden  sei,  übrigens  hat  zwar  Herr  Graf  von  Wallis  in  seiner 
Relation  B,  unter  anderen  Meldung  gemacht,  gleichsam  von  ein  und  anderem 
Posto  die  Schuldigkeit  nicht  allerdings  beobachtet  worden  wäre,  wie  zumalen 
in  seiner  weitern  Beantwortung  D,  solches  nur  aus  Muthmassung  erinneret 
zu  haben  sich  erkläret  und  denjenigen  Lieutenant,  welchen  er  diesfalls  in 
Verdacht  gezogen,  zu  vernehmen  sich  anerbothen,  dieser  Umstand  hingegen, 
nachdem  solcher  ohne  Verlässlichkeit  nur  suspicieret  und  allenfalls  von  einem 
Lieutenants-Posto  das  Heil  der  Festung  keineswegs  abhänget  in  die  hierortige 
Untersuchung  nicht  eigentlich  einzuschlagen  scheinet,  also  winden  wir  end- 
lichen des  einhelligen  Darfürhalteris,  dass  es  bei  solcher  der  Sachen  Be- 
schaffenheit und  da  keine  widrigen  zur  Special-Inquisition  erforderlichen  In- 
dicia  vorhanden  sind,  an  Seiten  des  H.  Grafen  von  Wallis  weder  an  Fleiss, 
noch  guten  Anstalten  ermanglet,  sondern  derselbige  in  gehöriger  Defensum 
und  Resistenz  seine  schuldige  Pflicht,  so  viel  das  Ort  und  seine  beigehabte 
Mannschaft,  nebst  denen  vorhanden  gewesten  Defensions-Requisiten  zugelassru 
haben,  in  alle  Wege  beobachtet,  ohne  dass  also  ihm  diesfalls  etwas  Widriges 
zu  imputieren  wäre. 

Welches  also  Einem  hochlöbl.  Hof-Kriegsrath  ich  hiemit  in  Kürze  be- 
richten und  mich  empfehlen  sollen. 


621 


XXXIV. 
Marche-Route  >) 

Wornach    das    von  Prag    über  Landskron    in    das  Markgraffthum  Mähren  Be- 
orderte Feld-Artillerie-Commando  abzugehen  hat. 

Dieses  marohierfc  von  Prag  über  Aufiiiewes  (Uhfiiioves)  im  Kaufimer 
Kreis  über  Schwarz-Kosteletz  und  Zasmuk  nach  Maleschau  in  dem  Czaslauer- 
Kreis  über  Czaslau  nacher  Hefmanmestec  in  den  Chrudimer-Kreis  ferner 
über  Chrudim,  Chroustowic,  Hohenmauth  und  Böhniisch-Trübau  nach  Lands- 
kron und  von  das  in  das  Markgraffthumb  Mähren. 

Worzu  Beiläufig  10  Marche,    Bei  5  Rasttagen  erforderlich  sein  dürfften. 

Prag,  den  2.  Marty  1711. 

Der  zu  Hungarn  und  Böheimb  Königl.  Mayest. 
Ober-Kriegs-Commissarius  im  Königreich  Bö- 
heimb,  wie   auch    Königl.  böhm.    Erb-Landen 
Ritter 
(L-  S.1  W.  Lodginann  v.  Aue  n. 


')  K.  A.,  F.  A.  Schlesien  1741 ;  III,  ad  17. 


622 


XXXV. 
Liste 

des  in  das  Feld  beorderten  grossen  und  kleinen  Generalstabes.  ') 

Commandierender  General 
FZM.  Graf  Neipperg. 

Feldmarschall-Lieutenants. 


Von  der  In  f  a  n  t  e  r  i  e  : 
Göldy 
Browne 


Von  der  Cavallerie 
Römer 
Berlichingen 

General -Feld  Wachtmeister. 


V  o  i)   d  er  Infanterie: 
Kolowrat 
Piccolomini 
Grünne 
Kheul 
Reisky 


Von  der  C  a  v  a  1 1  e  r  i  e 
Holli 
Philibert 
Lentulus 
Birkenfeld 
Baränyai 
Festetics 


Feld-Kriegs-Expedition: 

1  Concipist :  Gröller. 

3  Kanzlisten:  Herzebon,  Nicolantin,  Fragner. 

F  e  1  d  -  K  r  i  e  g  s  -  C  o  m  m  i  s  s  a  r  i  a  t  s  -  A  m  t  : 

Ober-Kriegs-Commissäre  :  Bosch,  Hoffmann. 

Feld-Kriegs-Commissäre :    Lachawitz,    Hron,    Raidt,    Pompeati,    Schütz, 
Schilling,  Tent,  Adelhard. 

Aints-Officiere  :  Rohr,  Mühlburg,  Dierninger,  Ohnesorg. 

Amts  Concipist :  Ettenauer. 

Kanzlisten :  Menner,  Saris,  Possenhamer. 

Feld-Medici: 

Brady,  Besenecker,  Termin. 

Stabs-Chirurgi: 

Fillippon,  Thimling. 


')  Au-i  dem  Brown e'sohen  Manuscript  1741,  österr.  Suecess.  Krieg. 


623 


Pater  Superior: 
Jenig  Sebast,  dessen  Socius  :  Franz  Xav.  Danhauser. 

Auditor -Lieutenant: 


Stabs-Profoss: 

Riferts  cum  Suis. 

Feld -Post-Amt 

1  Feld-Postmeister :  Kanz. 

2  Post-Officiers :  Gossner,  Bongarde,  nebst  2  .Post-Couriers. 

Feld-Apotheken: 
Feld-Apotheker  :  Eulenschenk. 

Feld-Kriegs-Cassa. 

Proviant-Amt. 


624 


XXXVI/i. 
Bagage-Ordnung. 

General-Kriegs-Conimissariat  an  den  Hof-Kriegsrath.  !) 

Das  Ambt  vermeinet  ohnmassgeblich,  dass  die  den  8.  February  pübli- 
cierte  und  gedruckte  Bagage -Ordnung,  ob  sie  scbon  haubtsächücb  nur  für  die 
Armee  in  Hungarn  eingericbtet  worden,  docb  aucb  dem  an  der  Scblesiscben 
Gränitz  zusammen  ziehenden  Kriegs-Corps  zur  Beobachtung  füglich  vor- 
geschrieben werden  könne,  mithin  etwas  neues  zu  regulieren  nicht  nöthig  seye, 
weillen  die  in  gedachter  Bagage-Ordnung  von  Anno  1738  entworffene  Pferd 
und  Wägen,  einestheills  zu  Fortbringung  der  im  Feldt  nöthigen  Bagage,  ohne 
Zweiffei  hinlangen  und  anderntheils  gleichwohlen  für  nichts  überflüssiges  an- 
zusehen seynd,  nachdeme  die  Miliz  bey  diesen  Zeithen  einer  weit  wenigeren 
Willfährigkeit  als  vormahls,  in  denen  Königlich  Böhmischen  Ländern  sich  zu 
erfreuen  hat,  und  dahero  daselbst  sowohl,  als  in  Hungarn,  fast  alle  Erforder- 
nussen  mit  sich  führen  muss.  Und  wie  nun  in  wiederholter  Bagage-Ordnung 
von  Anno  1738  ausdrücklich  vorgesehen  worden  ist,  wasmassen  die  Ab- 
schaffung der  nicht  passierlichen  mehrern  Bagage  geschehen  solle;  also  lassei 
sich  auch  daraus  leicht  der  Schluss  machen,  dass  wehrenden  Feldtzug  von 
denen  Ländern  Keine  extraordinari  Vorspann  abzureichen  oder  zu  praetendieren 
seye.  Welches  Ich  auf  das  dem  Ambt  unterm  14.  dieses  umb  Gutachten  zu 
communicieren  beliebte  hiemit  zurückfolgende  Insinuatum  der  Löbl.  Königl. 
Böhaimb.  Hof-Canzley  geziemend  beybringe,  und  zugleich  nach  Eines  Hochlöbl. 
Mittels  weitheren  Verlangen  abschrifftlich  beyfüge,  was  Anno  1689,  1707,  1711 
und  1735  wegen  einführung  einer  Bagage-Ordnung  sowohl  im  Rom.  Reich, 
als  in  Hungarn  abgehandlet  worden  ist ;  respectu  Italien  hingegen,  ist  dem 
Ambt  von  einer  dergleichen  Einrichtung  nichts  erinnerlich,  gleichwie  dann 
auch  alle  anderweithig  projectierte  und  stabilierte  Bagage-Ordnungen  bisshero 
wenig  oder  gar  nicht  befolget  worden  seynd,  und  es  hieran  hinführo  ebenfalls 
rwinden  dürfte,  wann  nicht  mit  mehrern  Ernst  und  Rigor  darauf  gesehen  wird. 
Womit  mich  gehorsamst  auch  Schuld-  und  dienstl.  empfehle  etc. 

W  i  e  n,  den  24.  Februar  1741. 

Graf  von  Nesselrode. 

XXX  VI/2. 

Wir  Carl  etc.2) 

Erstlichen  werden  zu  halten  und  in  das  Feld  mitzufahren  gestattet. 

Pferdt 

Wägen  oder 

Tragthiere 

Einem  General-Lieutenanten 12  300 

Einem  Feldmarschalien  sambt  Adjutanten    ....        6  106 


i)  K.  A.,  H.  K.  R.  1741.  März  1677  Exp. 
>)  K.  A.,  Mil.-Syst.  Nr.  180. 


(iL'.". 


Pferdt 

Wägen  °,ler 

tt--             n             i     i        ,-,        „      .  Tragthiere 

Jjyinem  General  der  Cavallene  sambt  Adjutanten   .  4                86 

Einem  Obrist-Feld-Zeug-Meister  sambt  Adjutanten  4                76 

Einem  Feld-Marschall-Lieutenant  sambt  Adjutanten  3                 -,,; 

Einem  Obrist-Feld- Wachtmeister  sambt  Adjutanten  3                46 

Einem  General-Quartier-Meister 3                94 

Einem  Patri  Superiori  cum  Socio 1                 16 

Einem  General- Adjutanten !                 «(. 

Einem  General-Quartier-Meister-Lieutenant     ...  1                   8 

Einem  Stabs-Qaartier-Meister 1                   g 

Einem  Feld-Protho-Medico         j                 10 

Einem  Eeld-Medico -,0 

Einem  Stabs-Chyrurgo,  sambt  zweyen  Gesellen  .    .  1                 18 
Einer    gantzen  Feld-Apothecken  sambt    dem  Per- 
sonali      g                24 

Einem  General- Wagen-Meister 1                  g 

Einem  General- Wagen-Meister-Lieutenant    .    .    .    .  _                   3 

Einem  Ingenieur-Obristen 2                 19 

Einem  Ingenieur-Obristlieutenant 1                   g 

Einem  Ingenieur  Obrist- Wachtmeister 1                  6 

Einem  Ingenieur -Haubtmann 1                  3 

Einem  Ingenieur- Ob  er-  od.  Unter-Lieut.  1       zu-  2 

Einem  Ingenieur- Conducteur J  sammen  1                 2 

Einem  Dollmätsch ±                  g 

Einem  Capitaine  des  Guides _                   g 

Einem  General- Auditor 1                ls 

Einem  General-Auditor-Lieutenant 1                iq 

Einem  Gericht-Schreiber _                   4 

Einem  Ambts-Trabanten      _                 _ 

Einem  General-Gewaltigen 1                   g 

Einem  Profos-Lieutenanten ±                  3 

Einem  Fre}Tmann  cum  suis _                   o 

V  o  n  d  e  r  F  e  1  d  -  K  r  i  e  g  s  -  C  a  n  t  z  1  e  y. 

Einem  Feld-Kriegs-Cantzley-Directori 2                 16 

Einem  Feld-Kriegs-Secretario 1                 12 

Einem  Eegistratori 1                   g 

Zweyen  Concipisten      j                    ,• 

Einem  Cantzelisten 2 

Einem  Accessisten _                   * 

Einem  Cantzley-Diener j 

Ein  Cantzley- Wagen,    so  mit  6  Pferden  bespannet  1 

Vom  General-Kriegs-Co  m  m  i  s  s  a  r  i  a  t  -  A  m  b  t. 

Einem  General-Kriegs-Commissario 5              L00 

Einem  Obvisten-Kriegs-Gommissario  ...  ;<               50 

Einem  Cantzley-Direetori 2                30 

Oe3t,Gi-rei(;hisch.M-  Erbfolgekrieg    II.  Bd.  40 


626 


Wägen 

Einem  Ambts-Secretario      1 

Einem  Registratori 1 

Einem  Registratoris-Adjuncten      — 

Einem  Ambts-Buchhalter 1 

Einem  Buchhalters-Adjuncten — 

Zweyen  Concipisten 1 

Einem  Cantzelisten — 

Einem  Accessisten — 

Einem  Cantzley-Diener,  oder  Haitzer — 

Einem  Ober-Kriegs-Commissario 1 

Einem  Feld-Kriegs-Commissario 1 

Einem  Ambts-Officier — 

Ein  Cäntzley-Wagen,   so  mit  ß  Pferden  bespannet  1 

Vom  Feld-Proviant-A  m  b  t. 

Einem  Proviant-Obristlieutenant .  2 

Einem  Ober-Proviant-Commissario      1 

Einem  Proviant-Commissario 1 

Einem  Proviant-Bachhalter 1 

Einem  Proviant-Ambts-Cassier 1 

Einem  Proviant-Verwalter 1 

Einem  Proviant-Officier,  oder  Interims-Officier  .    .  — 

Einem  Fourier — 

Einem  Caplan      — 

Einem  Ober-Becken-Meister — 

Einem  Unter-Becken-Meister — 

Einem  Feldscherer -  1 

Einem  Feldscherer-Gesellen — 

Einem  Proibsen      1 

Von  denen  übrigen  nothwendigen  Bedienten,  jedem  — 
Ein    Proviant  -  Ambts  -  Cantzley  -  Wagen  ,    so    mit 

6  Pferden  bespannet 1 

V  o  m  P  r  o  v  i  a  n  t-Fu  h  r  -  W  e  sei. 

Einem  Directori      1 

Einem    Verwalter \  , 

,'  zusammen  1 

Einem  Ofiicier I 

Einem  Fourier — 

Einem  Geschirr-Schreiher — 

Einem  Caplan      — 

Einem  Ober-Feldscherer 1 

Einem  Unter-Feldscherer — 

Einem  Ober-Wagenmeister     .    .  • — 

Einem  Unter- Wagenmeister — 

Einem  Schmid-Meister — 

Hinein  Schmid-Gesellen — 


T 


Pfenlt 
oder 
ragthiere 

12 

8 
3 
8 
3 
6 
2 
1 
1 
16 
8 
2 


IC» 
12 
8 
8 
8 
3 
2 
1 
2 
2 
1 
3 
1 
3 
1 


6 
3 
2 

1 
1 
2 
2 
1 
3 
2 
1 


027 


Wagen 

Einein  Wagner-Meister — 

Einem  Wagner-Gesellen  .    .    .  • — 

Einem  Profosen      1 

Die  Bespannung  deren  Proviant- Wägen  ist  per  sc  — ■ 

Vom  Kriegs-Zahl-Amb  t. 

Einem  Cassier,  sambt  Schreiber 1 

Einem  Cassa-Officier — 

Zwey  Cassa- Wägen,    so    mit  6  Pferden  bespannet  2 

Vom  Feld-Post-Amb  t. 

Einem  Feld-Postmeister 1 

Einem  Feld-Post-Officier — 

Einem  Feld-Courier — 

Einem  Postillion — 

Die    Post-Calesch     und    Post-Pferdt    nach    Er- 

ibrdernuss — 

Von  dem  F  e  1  d  -  A  r  t  i  1 1  e  r  i  e  -  C  o  r  p  o. 

Einem  Obristen 2 

Einem  Obristlieutenant 1 

Einem  Ober-Kriegs-Commissario 1 

Einem  Zeuo;-Lieutenant 1 

Einem  Ober-Stuck-Haubtmann 1 

Einem  Stuck-Haubtmann 1 

Einem  Auditori 1 

Einem  Ober-Adjutanten     ......  1 

_,.           c         ,     .                                           }   zusammen  1 

Einem   oecretario      J 

Einem  Zeugwart 1 

tt           ai       -n                i    i\,r  •  i.                 t    zusammen  1 
Einem  Ober-Feuerwerk-Meister  .    .    .  J 

Einem  Quartier-Meister ) 

-r,.           r.     ,                                                   I    zusammen  1 

Einem  Uaplan > 

Einem  Feldscherer-Meister 1 

Einem  Feldscherer-Gesellen — 

Einem  Proviant-Meister — 

Einem  Stuck-Juncker-Corporalen — 

Einem  Stuck-Juncker — 

Einem  Ober-Petardier — 

Einem  alten  Feuerwerker — 

Einem  jungen  Feuerwerker 

Einem  Brücken-Meister — 

Einem  Weg-Bereiter — 

Einem  Fourier — 

Einem  Fourier-Schützen — 

Einem  Zeuar-Schreiber 


Pferd! 

oder 

Tragthiere 

1 


8 
2 


10 
3 

2 


40 

2-1 

24 

20 

20 

12 

12 

12 

12 

10 

10 

8 

ö 

8 

2 

0 

G 

4 

6 

4 

2 

(i 

G 

4 

1 

2 


40* 


628 


Pferdt 

Wägen  oder 

Tragthiere 

Einem  Proviant-Schreiber 2 

Einem  Bixen-Meister-Corporalen —  1 

Einem  Bixen-Meister — 


Vom  Zeug-Ambt, 

Einem  Zeug-Diener — 

Einem  Pulver-Hütter — 

Einem  Binder-Meister — 

Einem  Unter-Geschirr-Meister —  1 

Einem  Schlosser-Meister —  1 

Einem  Ober-Schmid-Meister —  2 

Einem  Unter-Schmid-Meister,  oder  Gesellen    ...  — 

Einem  Ober- Wagen-Meister —  2 

Einem  Unter- Wagen-Meister      —  1 

Einem  Sattler-Meister —  1 

Einem  Sattler-Gesellen — 

Einem  Riemer-Meister,  oder  Gesellen — 

Einem  Handlanger-Corporalen —  1 

Einem  Handlanger,  Wagenbauer,  und  Tambour  .    .  — 

Einem  Profosen  cum  suis 1  10 

V  o  n  d  e  r  M  i  n  i  e  r  s  -  C  o  m  p  agni  e. 

Einem  Obristen 2  40 

Einem  Haubtmann 1  12 

Einem  Lieutenant 4 

Einem  Feldwäbel 3 

Einem  Miniersmeister —  3 

Einem  Miniers-Corporalen —  2 

Einem  Alt-  und  Jungen  Minier —  — 

Von  der  R  oss-Par  t  li  e  y. 

Einem  Ober-Wagen-Meister —  12 

Einem  Ober-Geschirr-Meister —  8 

Einem  Geschirr-Schreiber —  3 

Einem  Ross-Arzten •   .    .    .  1  6 

Einem  Wagen-Meister —  4 

Einem  Geschirr-Knecht —  2 

Einem  Stuckh-Knecht — 

Einem  Marquetänder,  deren  drey  bey  der  Artillerie 

passieret  werden 1  — 

Die  Stuck-Pferde  seynd  per  se — 

V  o  m  F  eld-Schiff-Bru  c  k  e  n  -  u  n  d  P  o  n  tons-S  t  a  n  d. 

Einem  Schiff-Bruck-Haubtmann 1  3 

Einem  Schiff-Bruck-Lieutenant 1  2 

Einem  Brack- Schreiber —  1 


620 

Pferdt 

Wägen  oder 

Tj  agtliiere 

Einem  Feldwäbel —  1 

Einem  Corporalen — 

Einem  Feldscherer —  1 

Denen  übrigen  Bedienten — 

Vom    Ponton  s-    oder    S  c  h  i  f  f  -  B  r  u  c  k  -  F  u  h  r-Wese  n. 

Einem  Ober- Wagen-Meister 3 

Einem  Unter- Wagen-Meister —  2 

Einem  Fourier —  1 

Einem  Feldscherer — 

Einem  Schmid —  — 

Einem  Sattler —  — 

Einem  Wagner —  — 

Einem  Geschirr-Knecht —  — 

Dieser  Bespannung  deren  Pontons- Wägen  per  se  — 

Von  einem  Regiments-Stab  z  u  F  u  s  s. 

Einem  Obristen 6  12 

Einem  Obristlieutenant 1  8 

Einem  Obristwachtmeister 1  6 

Einem  Regiments-Quartier-Meister —  3 

Einem  Auditori  und  Secretario —  4 

Einem  Caplan —  3 

Einem  Wachtmeister-Lieutenant —  2 

Einem  Proviant-Meister —  2 

Einem  Wagen-Meister —  2 

Einem  Regimen ts-Feldscherer —  3 

Einem  Profosen  cum  suis   . 5 

Und  dem  gantzen   kleinen  Staab  zusammen  .    .  3 

Zelter-Wägen 3 

Drey  Balcken-Karren  id  est 3 

Von  einer  Grenadiers-  oder  Ordinari-Compagnie    zu  F  u  s  s. 

Einem  Haubt-Mann 1  3 

Einem  Lieutenant |  2 

Einem  Fähnrich,  oder  Unterlieutenantj    'MlSMmnen  1  o 

Einem  Fourier 1 

Zweyen  Fourier-Schützen —  2 

Ein  Proviant- Wagen 1 

Wobey  zu  merken,  dass  einer  Grenadiers-Coin- 

pagnie  nur  Vs  Proviant-Wagen  gebühre 

Für  jeden  Compagnie-Marquetänder 1 

Von    einem    Cuirassier  s-,    D  ragoner-    o  d  e  r  1 L  u  s  a  r  e  n  -  R  e  g  i  - 

m  ents-Sta  b. 

Einem  Obristen 2  17 

Einem  Obristlieutenant 1  ]o 


G30 


Pferdt 

Wägen  oder 

Tragthiere 

Einem  Obrist- Wachtmeister 1  8 

Einem  Regiments-Quartiermeister —  4 

Einem  Auditori  und  Secretario —  5 

Einem  Caplan —  3 

Einem  Adjutanten      —  3 

Einem  Proviantnieister —  3 

Einem  Wagen- Meister —  2 

Einem  Regiments-Feldscherer —  3 

Einem  Paucker —  2 

Einem  Profosen  cum  suis —  5 

Und  dem  kleinen  Regiments-Stab  zusammen     .  3  — 

Von   einer   Carabiniers-   oder   Ordinari-Reitt'er-Compagnie. 

Einem  Rittmeister 1  6 

Einem  Lieutenant \  4 

Einem  Unter-Lieutenant  oder  Cornet  \    zusammen  1  3 

Einem  Wachtmeister —  3 

Einem  Fourier —  2 

Einem  Feldscherer —  1 

Einem  Trompeter —  1 

Einem  Sattler —  1 

Einem  Scbmid —  1 

Einem  corperalen  sambt  seinem  Dienst-Pferdt    .    .  —  2 

Für  jede  Compagnie  '/^  Proviant-Wagen  id  est   .    .  V2  — 

Dem  Marquetänder 1  — 

Die  Dienst-Pferdt  deren  Gemeinen  seynd  per  se    .  —  — 

Von    einer    Compagnie    Dragoner    oder    Grenadiers    zu    Pferdt. 

Einem  Haubt-Mann 1  5 

Einem  Lieutenant 1  4. 

Einem  Fähnrich  od.  Unter-Lieutenant.)    zusammeu  1  3 

Hinein  Wachtmeister —  :] 

Einem  Fourier —  2 

Einem   Feldscherer —  1 

Einem  Tambour • —  1 

Einem  Sattler —  1 

Einem  Schmid —  1 

Einem  Corporalen  sambt  seinem  Dienst-Pferdt  .    .  —  2 
Und  für  jede  Ordinari-Compagnie  V2  Proviant- 


Waffen  id  est V 


v^ 


2 


Dem  Compagnie-Marquetänder 1  — 

Die  Dienst-Pferdt  deren  Gemeinen  seynd  per  se 

Von  einer  Com  p  a  g  n  i  e  Hu  s  s  a  r  e  n. 

Innern  Rittmeister • 1  5 

Einem  Lieutenant \  J. 

Einem  Cornet )    zusamm^n         1  3 


631 

Pferdt 

Wägen  oder 

Tragthiere 

Einem  Wachtmeister —  3 

Einern  Fourier —  2 

Einem  Feldscherer —  1 

Einem  Trompeter —  1 

Einem  Sattler      —  1 

Einem  Schmid —  1 

Einem  Corporal,  sambt  Dienst-Pferdt —  2 

xl%  Proviant-Wagen  id  est ' .'->  — 

Die  Dienst-Pferd t  deren  Gemeinen  seynd  per  se. 
Welche  ausgemessene  Anzahl  deren  Wägen,  und  Pferdt  oder  Tragthieren 
von  niemanden,    unter   was  Vorwand    es  immer    wäre,    überschritten  werden, 
sondern  alles  darunter    begriffen    seyn  solle,    was    ein  jeglicher  für  sich,    für 
seine  Bedienten    oder    sonsten    zum  eigenen   Gebrauch,    und  Notwendigkeit 
mitzunehmen  hat;    Und  obwohlen  Wir  in  diser  Unserer  resolvierten  Bagage- 
Ordnung  über  die  passierenden  nach  Erfordernuss,  und  Gelegenheit  mit  Pferdt, 
oder  Ochsen    zu  bespannenden  Wägen    besonders   alle  einem    jeden   nach  der 
Ordonnanz  gebührende  Pferdt  haben  ansetzen  lassen,  so  werden  doch  keinem 
mehr,    als    die  ordonnanzmässige  Pferdt-Portiones    sowohl    in    denen  Winter- 
Quartieren,    und  auf  denen  Märchen,    als  bey  der  Armee  verwilliget,    folglich 
würdet   derjenige,    welcher    alle    ihme    ausgeworfene  Pferdt    neben    der  Be- 
spannung  deren   Wägen  effective  haltet,    um  die  Verpflegung  deren  letzteren 
uemlich    deren  Zug-Pferdten,    oder  Ochsen    Selbsten    zu    sorgen,    und  solche 
weder  vorn  Land,  weder  aus  Unseren  aufgestellten  Kays.  Magazinen  jemahlen 
zu  praetendieren    haben,    gleichwie    auch    für  die  obschon    ordonnanzmässige, 
doch  nicht  effective  haltende  Pferdt  bey  dem  General- Staab,  der  Feld- Artillerie, 
und  sonsten  keine  Fourage  abgeraichet    werden  solle  ;     Hingegen    werden  die 
Zug-Pferdt  in  so  weit,    als  sie  sambt    denen    anderen    effective  vorhandenen 
Pferdten  die  Ordonnanz  nicht  übersteigen,  deren  Natural-Portionen  theilhafftig, 
Lind  übrigens  jedermann    frey  gelassen,    ob  er  seine  ordonnanzmässige  Pferdt 
sammenthch  zum  reithen,    oder  theils  zum  tragen,    und  an  statt    deren  Maul- 
Thieren  gebrauchen    wolle,    wann    nur   über  die    ausgeworfene    Anzahl  keine 
mehrere  gehalten  werden,  als  worauf  nicht  allein  bey  denen  Pferdten,  sondern 
auch,  und  zuvorderist  bey  denen  Wägen  sowohl  von  Unserem  Kays.  General- 
Kriegs-Commissariat-Ambt,    ingleichen  von  dem  General- Wagen-Meister,   und 
General-Wagenmeister-Lieutenanten    genau  gesehen,    und    bey  Befund    einer 
Uebermass  der  Eigenthumer  zu  derselben  unverweilter  abschaffung  ermahnet: 
Da  aber  solche  gleichwohlen  nicht  erfolgete,  gedachte  Uebermass    an  Wägen, 
Pferdten  oder  Tragthieren  dem  commandier enden  Generalen  angezeiget,   nach 
dessen  Anordnung  sequestrieret,  und  sogleich  abgeschafft,  auch  wegen  des  etwa 
dadurch  Unserem  Dienst,    oder    dem    Land    mittel-    oder    unmittelbar    verur- 
sachten Schadens  der  Abzug  fürgekehret  werden  solle. 

Zweitens,  gebühren  denen  Generals-Personen,  und  Stabs-Officieren  bey 
denen  Regimentern,  welche  mehrere  Chargen  haben,  die  Wägen  und  Pferdt 
nur  allein  nach  einer,  und  zwar  nach  der  höheren  Charge  zu  halten,  und  mit- 
zuführen; Und  gleichwie 

Drittens  ohnedeme  Unser  Dienst  erfordert,  dass  die  Officiers  sich  stäts 
bey    denen  Trouppen    befinden,    also    solle    kein  General,    Stabs-  oder  Ober 


632 

Officier,  ausser  welcher  eigeuds  dazu  commandiert  wird,  sich  bey  der  Bagage 
aufhalten,  weder  bey  der  Armee  des  Fahren*,  sondern  ein  jeder  des  Reitens 
sich  bedienen  ;  Es  wäre  dann  einer  wegen  Leibes-Gebrechlichkeit  zum  Reiten 
nicht  im  Stand,  welchenfalls  ihme  zwar  das  Fahren  gestattet  wurde,  jedoch, 
dass  er  es  vorhero  der  Generaliät  zu  melden  habe  ; 

Viertens,  haben  alle  Ot'ficiere  ihre  Ehe-Consortinen  wehrenden  Feld-Zug 
in  denen  Stationen,  aus  welchen  der  Marsch  ins  Feld  geschiehet,  und  wo 
ihnen  das  Unterkommen  angewisen  verbleiben  wird,  zurück  zu  lassen  :  Wann 
aber  deren  eitrige  gedachte  ihre  Ehe-Gatten  gleichwohl  in's  Feld  mitzunehmen 
vermainen,  sollen  dise  sich  sowohl,  als  die  Ofnciers  Selbsten  zum  Reiten 
bequemen,  und  keiner  das  Fahren  gestattet  werden,  denen  Unterofficiers,  und 
gemeinen  Weibern  aber  bleibet  durchgehen ds  unverwöhrt  der  Armee  zu  Pferdt, 
oder  zu  Fuss  zu  folgen. 

Fünfftens,  ist  keinem  Officier  erlaubet,  ausländische  Wein,  Confecturen 
und  derley  zur  Lebens-Nothdurfft  leicht  entbehrliche,  auch  die  Bagage,  und 
Unkosten  nur  vergrössernde  Zärtlichkeiten  mitzuführen,  damit  auch  solche 
nach  aller  Thunlichkeit  verringert  werde  ;  sollen  sie  Officiers  ferners  all  das- 
jenige, was  sie  sonsten  an  ihrer  Bagage  wehrenden  Feld-Zug  nicht  nöthig 
haben,  in  denen  nächsten  Garnisonen  depositieren. 

Sechstens,  sollen  die  Regimenter  beym  Aufbruch  aus  ihren  Quartieren, 
oder  Garnisonen  die  Mannschafft  mit  guter,  gross-  und  kleinen  Mundur  solcher- 
gestalten  versehen,  dass  sie  darmit  den  Feldzug  hindurch  auslangen  mögen, 
gestalten  Wir  zur  Nachbringung  derley  Mundurs- Sorten  keine  Vorspann  ab- 
reichen zu  lassen,  Gnädigst  anbefohlen  haben. 

Siebendens.  ist  jedermann  ausser  der  Feld-Artillerie,  denen  Regimentern 
zu  Fuss,  und  zu  Pferdt,  und  Unserer  Kayserl.  Feld-Kriegs-Cantziey  bey  der 
Armee  die  Haltung  aigener  Marquetänder  verbotten,  hingegen  allen  Handels- 
Leuthen,  Burgern,  und  Bauren  die  Victualien  mit  Wägen,  oder  Trag-Tlüeren 
der  Armee  bey-  und  in  das  Haubt-Quartier  frey  zuzuführen  erlaubet;  Auf 
deren  ungehindertes  Fortkommen  wehrenden  Zug  der  General-Wagen-Meister 
genau  sehen,  sonsten  aber  der  General-Ue waltiger  auf  ihre  Sicherheit  sorgen 
solle,  wie  dann  ebenfalls  diser  sie.  Marquetänder,  alle  in  gedachtem  Haubt- 
Quartier  anzustellen  hat,  sie  aber  ihre  Failschafften  allda  nach  der  von  Unserem 
Kays.  General-Auditoriat-Ambt,  mit  Zuziehung  Unseres  auch  Kays.  General- 
Ivriegs-Commissaiiat-Anibts  vorher  gemachten  billigen  Taxa  jedermänniglich 
zu  verkauften  haben;  Was 

Achtens  die  der  Armee  folgenden  Volontairs  betrifft,  überlassen  Wir 
Unserem  commandierenden  Generalen,  bey  welchem  sie  sich  ohnedeme  jederzeit 
anzumelden  haben,  nach  Unterschid  ihres  Herkommens,  und  Character  an- 
zuordnen, wie  es  mit  ihrer  mitführenden  Bagage  gehalten  werden  solle,  damit 
solche  der  Armee  am  wenigsten  hinderlich  falle. 

Neuntens,  gleichwie  bey  Unserer  Kayserl.  Feld-Artillerie,  Proviant-  und 
Pontons -Fuhr -Wesen  aigene  Ober -Wagen-Meisters  angestellet  seynd,  also 
haben  Wir  auch  Gnädigst  verordnet,  dass  zwey  General- Wagen-Meister-Lieu- 
tenants zur  Armee  angenohmen,  und  deren  einer  bey  denen  sammentlichen 
Infanterie- Regimentern,  der  andere  bey  denen  gesambten  Cavallerie-Regi- 
rnentem  gebrauchet  werde,  welche  beede  General- Wagen-Meister-Lieutenant 
von  der  Infanterie,  und  Cavallerie,  nebst  denen  Ober- Wagen-Meistern  von  der 
Artillerie,    Proviant-    und  Pontons-Fuhrwesen    Abends    vor  jedem  March-Tage 


633 

zu  dem  General-Wagen-Meister  von  der  Armee  sich  begeben,  von  disem  den 
Befehl  wegen  des  Aufbruches  abholen,  und  denen  ihnen  untergebenen  Wagen- 
Meistern,  respective  von  denen  Cavallerie.  und  Infanterie-Regimentern,  Artillerie, 
Proviant-  und  Pontons-Fuhr- Wesen  weiters  ausgeben,  ob  dem  Erfolg  halten, 
und  darüber  dem  General- Wagen-Meister  widerumb  den  zeitlichen  rapport 
erstatten,  besonders  aber  Obacht  tragen  sollen,  dass  zu  rechter  Zeit,  und  in 
dem  bestimmten  Orth  ein-  und  ausgespannet,  auf-  und  abgeladen,  und 
wehrenden  Zug  keine  disputen  wegen  des  Rangs,  noch  sonstiger  Aufenthalt, 
oder  Unordnung  von  jemanden  gemacht  werde  ;  Zu  disem  Ende,  und  damit 
die  General-Wagen-Meister-Lieutenants,  Über-  und  Ordinari- Wagen-Meisters 
desto  besser  erkennet,  gesehen,  auf  ihnen  parieret  werden  möge,  wollen  Wir 
Gnädigst,  dass  ein-  so  andere  ein  öffentliches  Zeichen,  und  zwar  jeder  deren 
Generalen- Wagen-Meister-Lieutenanten,  wie  auch  die  Ober-WagemMeister  von 
der  xVrtillerie,  Proviant-  und  Brucken-Fuhr- Wesen  einen  Riemen  über  die 
rechte  Achsel  gegen  der  lincken  Seiten  herab  hangend  mit  Unserem  Kayserl. 
"Wappen  auf  der  Brust,  und  die  Ordinari- Wagen-Meister  von  denen  Regi- 
mentern, und  sonsten  einen  Schild  gleichfalls  mit  Unserem  Kayserl.  Wappen 
trageu  ;  Solche  beede  Zeichen  auch  diejenigen  gebrauchen  sollen,  die  bey  Ab- 
wesenheit, oder  Kranekheit  deren  General- Wagen-Meister-Lieutenanten,  Ober- 
oder anderen  Wagen-Meistern  die  Dienste  thun. 

Zehendens,  wann  die  Armee  rechts,  und  links  marchieret,  solle  auch  die 
Bagage  rechts  oder  lincks  ordentlich  abfahren,  und  der  General- Wagen-Meister 
selbte  hernach  auf  einem  bequemen  Platz,  nach  dem  von  dem  General- Adju- 
tanten ihme  gebenden  Marche-Zettel  wiederum  auffahren  lassen,  und  obschon 
ehehin  bekannt  ist,  welchergestalten  die  villerley  Bagage  bey  der  Armee  nach 
dem  Rang  des  General-Stabs,  und  Zug  deren  Regimentern  successive  zu  in- 
stradieren  seyen,  oder  solches  nach  Umständen  eigens  anzuordnen,  auch  dem 
General  -Wagen  -Meister  mitzugeben,  von  des  commandierenden  Generalen 
Gutbefinden  abhanget,  so  wollen  Wir  doch  hiemit  besonders  Gnädigst  an- 
befohlen haben,  dass  denen  Zelter-Wägen  deren  Infanterie-Regimentern 
niemand  den  Vorzug  benehmen,  oder  strittig  machen,  sondern  solche  voraus 
fahren,  auch  wann  sie  zurück  seynd,  ihnen  all  übrige  Bagage  jederzeit  aus- 
weichen solle,  umb  dass  die  Infanterie  ihre  Zelter  stäts  an  der  Hand  haben, 
folgbahr,  wo  das  Laager  ausgestecket  wird,  die  Zelter  sogleich  aufschlagen, 
und  sich  für  der  Nässe,  Hitze,  und  freyen  Nacht-Lufft  anmit  aber  auch  für 
denen  darvon  offt,  und  vilfältig  entspringenden  Krankheiten,  so  viel  thunlich, 
füglich  und  besser  conservieren  könne. 

Elfftens,  wollen  Wir  bey  der  Cavallerie  mehrere  Mannschafft  zur  Regi- 
ments-Bagage zu  cominandieren,  oder  darbey  seyn  zu  lassen  nicht  gestattet 
haben,  als  die  Ordinari-Regiments-Wacht,  nehmlich  einen  berittenen  Mann 
pr.  Compagnie,  und  noch  einen  Marodi,  oder  Mann  zu  Fuss  von  jeder  Coni- 
pagnie,  welches  sich  auch  bey  der  Infanterie  verstehet,  worbey  gleich t'ahlx 
nicht  mehr,  als  höchstens  zwey  Mann  pr.  Compagnie  passieret,  und  hierzu  die- 
jenigen Leuth  genohmen  werden  sollen,  welche  am  wenigen  zu  Diensten  seynd. 

Zwölfftens  und  letztlichen  sollen  bey  denen  Cavalleiie-Regimentern 
Unsere  Dienst-Pferdt  nicht  übermässig  bepacket,  und  dessentwegen  von  denen 
gemeinen  Reithern,  Dragonern,  und  Hussaren  nichts,  als  was  zu  ihrer  Rüstung, 
und  höchsten  Notwendigkeit  gehöret,  mitge'führet,  auch  hierauf  sowohl  von 
denen  Staabs-  und  Ober-Officiers,  als  Wacht-Meister  bey  ihren  Pflichten,  und 


634 

Ehren,  auch  in  Ueberfcrettungs-FalL  bey  würklicher  Bestraffang-  und  nach  Gestalt 
der  Sachen,  Ersetzung  deren  durch  Schuld,  oder  Fahrlässigkeit  ruinierten  Dienst- 
Pferdten  genauist  gesehen  werden. 

Befehlen  hierauf  vorgemeldten  Unseren  General -Lieutenanten,  Feld- 
Marschällen,  Generalen  der  Cavallerie ,  Obrist-Feld-Zeug-Meistern,  Feld- 
Marschall-Lieutenanten,  0  brist-  Feld  -Wacht  -Meistern,  Ohristen,  Obristlieute- 
nänten,  Obrist-Wacht-Meistern,  Rittmeistern,  Haubt-Leuthen,  Lieutenanten, 
Corneten.  und  Fähnrichen,  wie  auch  Unserem  Kayserl.  Artillerie-Corpo,  Feld- 
Pro  viant-Fuhr-Wesens,  und  Feld-Brucken-Stand,  dann  all-  anderen  zu  dem 
grossen,  und  kleinen  General-Stab  gehörigen  Militär-Partheyen,  nicht  minder 
denen  Wacht-Quartier-  und  Wagen-Meistern,  auch  sonsten  allen  in  Unserem 
Dienst  befindlichen  Kriegs-Leuthen,  was  Nation,  Würden,  Stand,  und  Wesens 
die  seynd,  dass  sie  diese  Unsere  Bagage-Ordnung  nach  allen  ihren  Inhalt, 
Puncten,  und  Clausulen  auf  das  genaueste  bey  im  widrigen  sich  zuziehender 
schwären  Verantwort-  und  Bestraffung  sowohl  selbst,  als  durch  ihre  Unter- 
gebenen halten,  befolgen,  und  beobachten  sollen  ;  Hieran  beschiehet  Unser 
Gnädigster,  auch  ernstlicher  Will  und  Mainung.  Geben  in  Unserer  Kayserlichen 
Residentz- Stadt  Wienn  den  Achten-Monaths-Tag  Februarii  im  Siebenzehn- 
Hundert,  Acht-  und  Dreyssigsten,  Unserer  Reiche  des  Römischen  im  Sieben- 
und  Zwanzigsten,  deren  Hispanischen  im  Fünft'-  und  Dreyssigsten,  deren 
Hungarisch-  und  Böheimbischen  auch  im  Sieben  und  Zwanzigsten  Jahr. 

(L.  S.)  Carl    VI. 

Ad  Mandatum  Sacae.  (Jaesae.  Begiaeque 
Jos.  L  o  t  h  a  r  Gf.  zu  Königseg  g,  Cat.hae.  Majestis.  proprium. 

Feldmarschall.  A  u  g  u  g  t    T  h  Q  ffl  a  y    y  Q  n    w  ••  ,,  ß  r 


635 


XXXVII. 

Ali  die  Herrn  General  Landes  Kriegs-Commissäre   in  Mähren. *) 

p.  P. 

Ich  sehe  mich  mit  demselben  beliebter  Zuschrift  vom  18.  dieses  lauf- 
fenden  Monaths  February  beehret  und  erkhenne  von  Selbsten  nur  gar  zu  wohl, 
dass,  da  meine  hochgeehrtesten  Herren  allererst  den  25.  January  von  hier 
abgeferttiget  worden,  es  denenselben  beschwährsam  fallen  werde,  mit  Ver- 
sehung derer  Magazinen  für  Mann  und  Pferde,  so  wie  es  der  allhier  mit  der 
Hoff-Cammer  errichtete  Contract  vermag,  so  geschwind  aufzukommen ;  und 
obschon  auch  alle  übrigen  von  denenselben  desswegen  mir  gemachten  Vor- 
stellungen einsehe,  und  selbige  allerdings  auf  der  Billichkeit  gegründet  zu  seyn 
bekräfftigen  muss,  so  finde  mich  doch  veranlasset,  meinen  hochgeehrtesten 
Herren  hierdurch  zu  sagen,  dass  es  jetzo  nicht  an  der  Zeit,  sich  viel  mit 
difiicultäten  aufzuhalten,  sondern  das  Land  muss  allen  immer  möglichsten 
Effort  thuen,  um  die  Trouppen  sowohl  für  Mann,  als  Pferde  in  conformität 
obangezogenen  contracts  leben  und  bestehen  zu  machen,  und  von  seithen 
meiner  hochgeehrtesten  Herren  persuadiere  mich  umso  mehr,  dass  Sye  all-ihr 
möglichstes  hierzu  beytragen  werden,  alss  mir  bekannt,  wie  sehr  dieselben 
vor  dem  Allerhöchsten  Dienst  portiert  seynd  und  es  dermahlen  nicht  nur  um 
die  bereits  daselbst  sich  befindlichen  Trouppen  zu  thun,  sondern  auch  um  die 
übrigen,  so  noch  aldahin  im  Anzug  begriffen,  und  die,  wie  denenselben  der 
Herr  General  -  Feldmarschallieutenant  Graf  von  Browne  auf  Verlangen 
bekannt  machen  wird,  nun  fast  täglich  nacheinander  dortiger  Enden  ein- 
rückhen  werden  ;  und  obgleich  auch  nicht  ohne,  dass  anfänglich  der  antrag 
war,  einen  guten  Theil  sothaner  Trouppen  gegen  Glatz  und  in  selbige  Ge- 
genden zu  ziehen,  so  haben  sich  doch  mittlerweil  die  umstände  merklich 
geändert,  also  zwar,  dass  man  es  vor  eine  ohnumgängliche  Noth  wendigkeit 
erachtet,  gedachte  Trouppen  über  das,  so  bereits  in  dem  Glatzischen  und  sonst 
dasiger  Gegenden  sich  befindet,  dermahlen  auf  den  Mährischen  gegen  Schle- 
sien liegenden  Gränzen  zu  belassen,  um  einestheils  das  Marggrafenthumb 
Mähren  selbst  zu  versichern  und  zu  bewahren,  anderen  Theils  aber,  nicht 
In  ii Missigt  zu  seyn,  bey  bevorstehender  Fürrükhung  der  gesambten  Macht,  da 
selbe  aus  Mähren  und  Schlesien  beschehen  solte,  sowohl  die  Trouppen  mit  hin 
und    her    marschiren  vergebens  zu  fatiguieren,    alss    auch  andurch  den  Strich 


')  K.  A.,  A.  A.,  Noipperg,  1711,  18-37. 


636 

Landes  von  Mähren,  den  es  solchenfalls  betreffen  würde,  allzusehr  zu  be- 
sch währen  und  mitzunehmen  ;  Ich  lebe  solchemnach  der  getrösten  Zuversicht, 
meine  hochgeehrtesten  Herrn  werden  sich  durch  keine  difficultät  irre  oder 
abwendig  machen  lassen  in  dem  einmal  gefassten  Eyf'er  fortzufahren  und 
dieses  Werkh  zu  vorbesagtem  Ende  mit  allem  Nachdrukh  zu  betreiben, 
sintemahl  Ja  des  Landes  eigenes  bestes  darunter  obwaltet,  als  welches  durch 
die  Trouppen  vor  feindlichen  Einfällen  und  Erpressungen  garantiert,  und  ausser 
Gefahr  gesezet  wird,  durch  die  Preussen,  Avie  doch  sonsten  ohnfehlbar 
geschehen  würde,  sothanns  ihr  proviant  mit  Fourage  und  ihrer  übrigen 
Habschaft  aufgezehret  zu  sehen,  sonderlich  aber  in  Betracht  der  künftigen 
Operationen,  wordurch  mit  der  Hilf  Gottes  zu  hoffen,  dass  Mähren  gerettet 
und  Schlesien  geholfen  würde. 

Wormit  übrigens  in  besonderer  Consideration  stäts  verharre. 

W  i  e  n,  22.  Februar  1741. 


637 


XXXVIII. 

Hochgebolirner  Reichs-Graf !  *) 

Nachdeme  Ewer  Excellenz  mir  den  7ten  dieses  Bey  Späth en  Abend  durch 
dero  Secretarium  12  Begehrnngspuncte  eingeschicket  haben,  alss  liabe  ich 
nicht  ermanglet  also  gleich  den  folgenden  Tag,  nemblich  gestern  den  8ien  dieses 
den  Löblichen  Landes-Ausschuss  zu  versamblen  umb  selbte  in  reife  delibera- 
tion  zu  ziehen,  wo  dan  ich  gebetten  worden  bin,  deroselben  hinwieder  punc- 
tatim  zu  antwohrten,  mithin  habe  ich  die  Ehre,  Ew.  Excellenz  folgende  Er- 
klährung  z;i  geben: 


Ad  lmnm  Wird  man  alsogleich  denen 
Herren  Creys  -  Haubtleuthen,  deren 
Kreysse  die  in  hiesiges  Landt  ein- 
rückenden Truppen  betreffen,  mitgeben, 
dass  sobaldt  die  erste  Colonne  Ton 
einem  Jeden  noch  zurückseyenden 
Regimentern  in  ihren  Kreyssen  ein- 
rücken wird,  sie  Ew.  Excellenz  davon 
nicht  allein  die  schleunigste  Nachricht 
geben,  sondern  auch  die  marsch-routen 
einschicken  sollen,  auf  dass  hiernach 
deroselben  die  zustossung  dieser 
Truppen  zu  dero  armee  sicher  und 
Verlässlich  wissen  mögen. 


Ad  2,lum  haben  Ewer  Excellenz  Von 
dem  hiesigen  Herrn  ober  Krieges 
Commissario,  wie  Er  mich  Benach- 
richtiget hat  allbereits  die  auskunft 
überkommen,  wie  viel  an  denen  frey- 
willigen recrouten  gestellet  und 
welchen  Regimentern  solche 
getheilet  worden  seynd. 


zu- 


Ew.  Excellenz  werden  gehorsambst 
gebetten  mir 

lmo  den  Tag,  da  die  noch  erwartend 
und  successive  ankommenden  Regi- 
menter, alss  Schmettau,  das  gantze 
Regiment  Thüngen,  die  zwey  noch 
zurückseyenden  Bataill  on  en  und  Baaden 
1.  Bataillon ;  dan  das  Birkenfeldische, 
Cordovaische  und  Diem  arische  cuiras- 
sier-,  Ingleichen  das  Karolyische  und 
Pestvärmegyeische  Hussaren  Regi- 
menter aus  Hungarn  eintreffen  und 
den  mährischen  Boden  betretten  Jedes- 
mahl  sogleich  gefälligst  zu  Communi- 
cieren,  auch  die  marsch-routen  auf 
Olmütz  hiervon  gütigst  mir  Kommen 
machen  zu  wollen.  Ingleichen 

2<Jo  Wie  Viel  Recrouten  bisshero 
Von  denen  löbl.  Ihren  Ständen  und 
Cavaliers  des  Marggrafthumbs  Mähron 
frey willig  gestellet  und  assentieret 
auch  unter  was  für  Regimenter  selbige 
und  wie  Viel  eigentlich  zu  Jedwedem 
ausgetheilet  worden  und  würklich 
überkommen  haben. 


')  K.  A.,  F.  A.  Schlesien  1741;  III,  24. 


G38 


Ad  3,;"m  Wegeri  der  Beföhrderuug 
bey  Tag  und  nacht  deren  Pontons 
Von  der  granitz  biss  nacher  Olmütz 
wird  man  eyfrigst  besorget  seyn,  wie 
nicht  minder  wird  man  denen  beyden 
Olmützer  Kreys  Haubtleuthen  auf  das 
riachdrucksambste  mitgeben,  dass  Sie 
durch  gedingte  Fuhren,  oder  wie  sie 
immer  können,  auch  ohne  Verschönung 
andern  Fuhrwesens,  es  mag  gehören 
wem  es  wolle  (sofern  sie  mit  denen 
Landes  vorspannen  nicht  aufkommen 
könnten,  sothane  Pontons  auf  Ewer 
Excellenz  befehl  nacher  Schlesien  zu 
transportieren. 

Weilen  aber  nun  dieses  ohne 
grosser-Geldauslaag  nicht  geschehen 
kan,  der  fundus  militaris  aber,  so  der 
von  Ihro  königl.  Majestät  aufgestellten 
militar  Oommission  zu  herbeyschaffung 
der  Benöthigten  und  vorcontrahierten 
Proviants  Sorten  assignieret  worden 
ist,  durch  dergleichen  das  Proviant- 
Wesen  nicht  angehenden  ausklagen 
sehr  minimieret  werden  mögte ;  so 
thue  ich  mich  hiemit  in  nahmen  der 
militari  Commission,  dessen  Praeses 
ich  Allergnädigst  benennet  worden  bin 
auf  das  feyerlichste  Verwahren,  so- 
fern man  wegen  Abgang  des  geldes 
das  pactierte  quantum  nicht  liefern 
könte ; 

Anbey  tbuet  sich  dieses  Land  auch 
eäntzhehen  auf  Ewer  Excellenz  ge- 
gebene  Versicherung  und  Wohrt  Ver- 
lassen, dass  das  zu  Fortbringung  so- 
thanen  Pontons  erforderliche  Fuhr- 
wesen, aus  dem  Magazine,  so  lang 
solches  Ewer  Excellenz  gebrauchen 
werden.  Verpfleget  werden  solle  ; 

wie  nicht  minder  auch,  dass  die- 
selbe sothanes  hierländiges  Fuhr- 
wesen nicht  länger  als  4,  5  oder 
höchstens  6  Tage  behalten,  so,  sodann 
aber  durch  Schlessische  Vorspannen 
abwechseln  und  hinwieder  zurück- 
schicken wollen. 

Ad  4'um  die  Beföhrderung  der 
Transportierung  derer  G-eräthschaften, 


3,!o  So  baldt  die  Von  Peterwar- 
dein  in  anzug  begriffenen  Pontons  mit 
all-lhren  erfordernussen  den  mähri- 
schen Boden  betretten,  bitte  ebenfalls 
gehorsambst,  mir  sogleich  davon  Nach- 
richt zu  ertheilen,  und  die  vorläufige 
Veranstaltung  gefälligst  zu  machen, 
dass  weilen  diese  Pontons  mit  eigenen 
Pferden  nicht  versehen  ;  sondern  mit 
Vorspann  durch  Hungarn  geführet 
werden,  selbigen  auch  in  Midiren  die 
erfohrderlichen  Vorspannspferde  der- 
gestalten  schleunigst  bey  Ihren  Eintritt 
in  dieses  Land  biss  nacher  Olmütz 
verschaffet  werden,  dass  Sie  ihren 
Zug  Bey  Tag  und  Nacht  aldahin  fort- 
setzen, einfolglich  umb  so  viel  ehender 
an  ohrt  und  stelle  einlangen  können, 
massen  Jetz  gedachte  Pontons,  ohne 
deren  ich  bey  einer  fürrückung.  in 
Betracht  der  Feind  alle  Brücken  ab- 
geworfen sonderlich  bey  anlaufenden 
Wässern  nicht  wohl  fortkommen 
könnte,  nicht  wie  die  Regimenter 
marschieren,  sondern  ihren  Zug  ohne 
aufenthalt,  und  wie  gesaget  bey  Tag 
und  Nacht,  biss  nacher  Olmütz  zu 
continuieren  haben;  Bey  Fürrückung 
des  corpo  nacher  Schlessien.  wird 
alsdan  auch  auf  die  Bespannung 
dieser  Pontons  durch  Vorspanns 
Pferde  gütigst  anzutragen  und  hier- 
auf vorläufig  zu  denken  seyn,  da  man 
gegentheilig  bey  glücklicher  Vor- 
rückhung  in  gedachtes  Schlessien  olm- 
fehlbar  besorget  seyn  wird  sothane 
aus  Mähren  mitnehmende  Vorspann 
durch  Schlessische  ablössen  zu  lassen. 


4t"     Einige      schwäre    Stück     und 
Polier    allhier    auf   den  Spielberg    in 


639 


deren  Schweren  Stücken,  Mörsern, 
Pulver  und  Eley  wird  sich  dieses  Land 
höchst  angelegen  seyn  Lassen,  so- 
baldt  der  Herr  General  von  Spiel- 
b  e  r  g  sothane  Beföhrderung  an  Ver- 
langen wird,  und  eben  also,  wie  bey 
den  Vorigen  punct,  dass  man,  was 
nicht  mit  ordinarie  Landes- Vorspann 
geschehen  wird  können  mit  gedingten 
Fuhren,  umb  das  geld  nacher  Olmütz 
liefern  wird. 


ad  5tum  über  diesen  Punct  haben 
Ewer  Excellenz  schon  die  weitere 
Auskunft  von  dem  Herrn  Generalen 
von      S  p  i  e  L  b  e  r  g,      und     von     dem 


mobilen  Stande  zu  setzen,  und  seiner 
Zeit  bey  einer  mobilmachung  alle 
Zugehör,  alss  Pulver,  Kugeln,  Bomben 
und  anderes  mitzugeben,  derohalben 
auch  Von  nun  an  auf  die  erfohrd  er- 
bebe Protz  und  Sattelwägen  auch 
übrigens  dergleichen  beliebigst  anzu- 
tragen, und  falls  keine  in  Bereitschaft 
da  wären,  selbige  in  erforderlicher 
Anzahl  Verfertigen  zu  lassen,  nicht 
minder,  was  hieran  bereits  Vorhanden, 
Von  Sr.  Excellenz  dem  Commandanten 
auf  den  Spielberg  Herrn  Generalen 
Grafen  von  Zinzendorff  mir  gütigst 
bekand  zu  machen ;  und  obwohlen 
dieser  punct  eigentlich  nur  gleich- 
gedachten Herrn  Generalen  Grafen  Von 
Zinzendorf f s  Excellenz  angehet, 
so  habe  Ihn  Von  darumben  auch  hier 
anzuhängen  nöthig  erachtet,  damit 
man  etwa  seiner  Zeit  gedachte  Stück 
und  Polier  mit  all  übrigen  requisiten 
Von  hier  an  mich  zu  ziehen  Bemüs- 
siget  wäre,  umb  ein  oder  andern  halt- 
bahren Ohrt  denen  Preussen  wieder 
abzunehmen,  welches  mit  einer  —  nur 
in  3  und  G  pfundigen  Stücken  be- 
stehenden Feld- Artillerie  nicht  zu  er- 
zwingen Vermag,  mann  wegen  der 
darzu  erforderlichen  Vorspann,  so  sich 
sowohl  von  hier,  als  Olmütz,  wan 
Von  Ein  oder  andern  ohrt  etwas 
davon  hinweckzieben  musste,  Ver- 
stehet keine  difficultät  machen,  sondern 
selbige  auf  jedesmahliges  Verlangen 
so  gleich  beyschaffen  möge,  inmassen 
sonsten  ergebendenfalls  meine  Opera- 


tionen gehemmet 


und   das  Marggraf- 


thumb  Mähren  selbsten  in  gefahr  ge- 
setzet würde,  woferne  man  Troppau 
und  sonstige  derley  öhrter  in  meiner 
Fürrückung  vorbeygehen,  und  liegen 
lassen  müsste,  durch  die  feindlichen 
Invasionen  vorher  und  Verbrennung 
Schaden  zu  erleyden. 

5t0  ob  die  Stück,  Polier,  munitions, 
Stück-Kugeln,  Bomben,  Schantzzeug 
und  übriges,  so  von  Wien  hiehero 
abgegangen ,      schon     allhier     ange- 


640 


allhiesigen  Herrn   Kreyss  Haubtmann 
überkommen. 


ad  6tum  laufet    dieser    punct  eben- 
falls in  die  zwey  vorhergehende. 


Ad  7mum  Ist  Verniög  Allergnädigsten 
Befehl  de  dato  lma  et  präs.  2a°  Marty 
1741  alsogleich  an  die  Glatzische  Re- 
gierung geschrieben  worden,  sie 
niögten  diesem  Königl.  Ambt  anzeigen, 
was  sie  vor  eine  Strassen  von  Glatz 
aus  gegen  Olmütz  zuzurichten  ge- 
gesonnen wären,  und  hat  man  dem 
Olmützer  Herrn  Kreyshaubtmann  eben 
alsogleich  die  gemessenen  Befehle 
gegeben,  die  Strassen  in  hiesigem 
Lande  biss  auf  die  granitz,  wo  die 
Strassen  von  Grlatz  aus  hintreffen 
wird,  schleunigst  und  mit  allen  Eyfer 
in  guten  Wandelbahren  stand  zu 
setzen. 

Ad  8vm"  Wan  der  Herr  ober  Com- 
missarius  den  effectiven  Stand  und  den 
Etappen  Entwurf  hergeben  wird,  so 
wird  man  nicht  ermanglen,  alsogleich 
die  Benöthisite  marsch  route  zu  for- 
mieren ;  Die  Verpflegung  und  das 
unterkommen  anbelangend  hat  der 
Olmützer  Kre3'shairbtmann  biss  nacher 
Olmütz  zu  besorgen,  sollten  aber 
die  Stationsöhrter  mit  der  Benöthigten 
Foui-age  nicht  Versehen  seyn,  so  hat 
selbter  sich  mit  denen  beyden  Herren 
militär  Commissarios    zu  Vernehmen. 


kommen,  und  falls  dieses  noch  nicht 
geschehen  und  Seine  Excellenz  der 
Herr  General  Graf  von  Zinzendorff 
wissen    muss,    so    bitte    gehorsambst, 

selbiges     zu     dem     in    Vorhergehend 


angemerkten     Ende 


Vierten     punct 

ohne    Zeit    Verlust    anhero    gelangen 

zu  machen. 

G'°  ob  Ingleichen,  das  an  obbesagter 
Sorten  nacher  Olmütz  auf  gleiche  weise 
destinierte  allbereits  hier  passieret, 
oder  wo  widrigenfalls  noch  ein  und 
anderes  stecket,  mich  wie  bey  den 
hiesigen  und  zu  den  nemblichen  Ziel 
und  Ende  ohne  Zeit-Verlust  die  ge- 
lallige Veranstaltung  zu  machen,  dass 
selbiges  nacher  Olmütz  verschaffet 
werde. 

ymo  Dje  Reparation  der  Strassen 
von  Olmütz  auf  Glatz  Bitte  gleich- 
falls gehorsambst  ohnverweilt  vor  die 
Hand  nehmen  zu  lassen. 


s •"  auf  Landtskronn  kombt  die 
Feld- Artillerie  und  ein  Bataillon,  nebst 
einer  grenadier  compagnie  von  O'gilvy, 
vor  welche  die  masrche  route,  umb 
von  Besagten  Landtskron  auf  Ol- 
mütz zu  kommen  und  meinesohrts 
Ihnen  seiner  Zeit  zusenden  zu  können, 
gehorsambst  mir  ausbitte,  hiebey  mir 
anruckhende,  dass  diese Feldt- Artillerie 
mit  Ihrer  eigenen  in  ohngefähr  260 
biss  270  Pferden  bestehenden  be- 
spannung,  nebst  darzu  gehörigen 
Knechten,  auch  Pixenmeister  und 
übrigen    an   Artillerie    ober    officieren 


641 


Ad  9num  kan  man  hierohrts  nicht 
wissen,  was  würklich  zu  Olmütz,  noch 
in  den  übrigen  Filial  Magazins  und 
depositierungsöhrter  Vorhanden  sich 
Befindet,  allzumahlen  die  wöchentliche 
Extractus  vermög  Institution  an  die 
Herren  militar  comniissarien  von  aller 
öhrteren  alle  8  Tage  eingeschicket 
worden  seynd  oder  eingeschicket 
haben  werden  sollen,  diesemnach 
werden  die  zu  Olmütz  subsistierenden 
zwey  Herren  militar  commissarien 
Ewer  Excellenz  über  diesen  Punct 
die  beste  auskunft  geben  können ; 
Ich  meinesohrts  wäre  ich  wohl  der 
meinung,  dass  der  anbelangende  Vor- 
rath, wo  nicht  zu  Olmütz,  doch  in  denen 
Filial  und  depositierungs  öhrteren 
sich  übermässig  Befinde,  allzumahlen 
das  von  denen  Herrschafften  zu 
lieferen  auf  unterschiedliche  Terminen 
ausgesetzte  quantum  grösstentheils 
von  allen  Herrschaü'ten  auf  einmahl 
und  unerwartet  deren  Terminen  ge- 
liefert worden  ist ;  diesemnach,  dass 
wenn  auch  zu  Olmütz  nicht  der  völlige 
verlangende  Vorrath  sich  befindet, 
weilen  zu  Unterbringung  dieser  diffe- 
r enter  Proviants  Sorten  auch  allda 
der  Platz  und  wanne  nicht  ist,  man 
den  Überrest  auf  das  schleunigste, 
wie  es  sich  nur  immer  thuen  lassen 
wird  aus  denen  Filial  und  Deposi- 
tierungsöhrtern  dahin  zu  verschalen 
trachten  wird. 

Ad  10raum  et  II'"«™  Was  den  Über- 
rest sothaner  pactierten  und  mit  der 
Kammer  vercontrahierten  Proviants 
Sorten  anbelangt,  solcher  ist  ohnedem 
grösstenteils  an  harten  und  rauhen 
Futter  aus  Ungarn  durch  die  Liefe- 
ranten zu  gewarten,  Welche  in  zwey- 
erley  Lieferanten  bestehen,  alss  nemb- 
lich    der    Low     Schlesinger,    so 

Oesterreichischor  Erbfolgekrieg'.  II.  IM 


vomObristen  an  marschiere, folgsam  also 
nur  auf  die  denenselben  gebührende 
Versorgung  und  Unterkunft  der  obn- 
beschwerte    antrag    zu    machen  wäre. 

9n>  die  Errichtung  des  Haubt 
Magazines  zu  Olmütz  an  getrayd, 
mebl,  haaber,  gerste,  auch  rauher 
Fourage  an  Heu  und  Strohe  Bitte  auf 
alle  mögliche  Weise  zu  beföhrdern. 
und  zu  trachten,  dass  über  die  täg- 
liche consumption  der  würklich  vor- 
handen und  noch  successive  hin- 
kommenden Truppen  ein  vierwöchent- 
licher vorrath  von  nun  auf  das  aller- 
eheste  dahin  verschafet  werde  und 
worauf  mit  verlässlichkeit  rechnen 
könne. 


10mo  das  übrige  kann  sodan  suc- 
cessive ,  und  weit  gelegentlicher 
aldahin  nach  besagtes  Olmütz  be- 
föhrdert  werden. 

llmo  Wie  bald  der  Lieferant,  mit 
deine  die  hochlöblichen  Herren  Stände 
contrahieret,  das  seinige  aus  Hungarn 
biss  an  die  mährische  gräntzen  Bey- 
schalfen  wird,  oder  zu  was  Zeit,   und 

II 


G42 


einen  Contract  de  2do  Febr.  auf  601)0 
metzen  haaber  und  15000  Centen  heu 
eingegangen  ist  und  sich  verbunden 
hat,  selbtes  in  Olmütz,  Leipnik,  Prerau 
Kremsier  Brunn  und  Strassnitz  an- 
gelegte respective  Haubt-Filial  und 
Depositierungsöhrter,  wo  es  Ihne  am 
füglichsten  fallen  würde,  binnen  den 
ä  die  Contractus  hinter  einander 
gehenden  8  Wochen  nach  und  nach 
abzuliefern. 

Die  anderen  Lieferanten  seynd  der 
Low  Creylsheim  von  Pressburg  und 
sein  Consort  Emanuel  Bacher- 
aclie  r,  Jud  von  Trebitsch,  welche 
sich  in  einen  Contract  dto  4teI1  Fe- 
bruary  auf  50.000  metzen  haaber  und 
50.000  Centen  Heu  eingelassen  und 
sich  dahin  verbunden,  ä  Conto  des 
ersten  Drittels  mit  Ende  February 
G000  metzen  Haaber  und  10.000  Centen 
Heu,  mit  Ende  Marty  aber  den  völ- 
ligen Überrest  des  ersten  Drittels 
dann  mitt  Ende  Aprilis  das  änderte 
Drittel  und  endlich  mit  Ende  Maji 
das  dritte  Drittel  zu  lieferen,  und 
zwarr  wo  es  Ihnen  hin  zu  lieferen  am 
gelegensten  seyn  wird,  alss  nemblich 
nacher  Olmütz,  Leipnik,  Prerau, 
Kremsier,  Brunn,  oder  anstatt  Brunn 
nacher  Strassnitz. 

Ad  I2mum  So  schwer  es  auch  fallen 
wird  und  solches  ohne  gäntzlichen 
min  dieses  Landes  nicht  Bewürket 
werden  kann,  so  hat  man  dannoch  zu 
contestierung  dieses  Landes  Treu  und 
Eyfer  zu  Allerhöchsten  Frauen  Dienst 
keinen  anstand  gemachet  Ewer  Ex- 
cellenz die  anverlangende  2500  Landt- 
Wagen  zu  verwilligen,  und  wirdt  man 
dessenthalben  eine  repartition  im 
gantzen  Land  machen  nach  der  hier  ge- 
wöhnlichen Bepartitionsahrt,  nemblich 
auf  die  hierlandes  sich  Befindende 
Bahnen. 

Weilen  aber  diese  Fuhren  zu- 
sammenzubringen eine  geraume  Zeit 
erfohrdert,  so  thut  man  sich  per  ex- 
pressum  Vorbehalten,   dass  Ewer  Ex- 


in  wie  viel  Terminen,  nicht  minder 
in  was  Sorten  sothane  lieferung  be- 
stehen werde,  auch  wie  baldt  eigentlich 
von  den  mährischen  gräutzen  in 
Olmütz  wird  eintreffen  können.  Bitte 
gleichfalls  ohnbeschwert  mich  zu  be- 
lehrnen. 


12mo  Auf  eine  Repartition  von 
wenigstens  2500  Landtwägen  in  dem 
gantzen  Marggraffbhum  Mähren,  wo- 
runter die  weit  entlegene  Kreyssen 
mitbegriffen,  gleichwie  es  auch  in 
denen  letzteren  Kriegen  im  Reich  und 
Hungarn  üblich  gewesen,  da  ebenfalls 
die  weit  entlegene  coneurriert  oder 
mit  denen  andern,  die  es  stat  Ihrer 
über  sich  genommen,  mit  Geld  sich 
abgefunden  ohne  gehorsambste  maass- 
gaab  Beliebigst  anzutragen  umb  mit 
dem  Corpo  in  Schlesien,  wan  es 
seiner  Zeit  verlanget  würde,  zugleich 
einrucken,  und  zu  Olmütz  mit  Pro- 
viant, haaber,  Gersten  und  rauher 
Fourao-e  Beladen  werden  zu  können 
und  falls  diese  2500  Landwägen  nicht 


643 


cellenz  14  Tage  Bevor  den  Tag,  wan 
diese  Fuhren  zu  Olmütz  eintreffen 
sollen,  und  dieselbe  Selbsten  gebrauchen 

werden,  nur  zu  benennen  und  anzu- 
zeigen' sich  gefallen  lassen  Avollen, 
und  weilen  mündtlich  mit  deroselben 
abgerehdet  worden  ist,  dass  dieselbe 
sich  anstatt  2  bauren  Wägen  mit 
einen  gedungenen  Fuhrmanns-Wagen 
begnügen  lassen  wollen,  wie  nicht 
weniger,  dass  deroselben  diese  Ihnen 
verwilligende  Landes  fuhren  nicht 
länger  also  4,  5  oder  auf  das  Längste 
6  Tage  Bey  sich  behalten  wollen, 
alss  werden  Ewer  Excellenz  hiemit 
gehorsambst  ersuchet,  diese  Ver- 
sicherung sowohl  dieser  Fuhren  halber, 
alss  auch  derer  von  deroselben  an- 
verlangenden Vorspannern  zu  Fort- 
bringung deren  Pontons,  wie  auch 
über  alle  übrige  puncten  schriftlich 
zu  meinen  Händen  zu  geben,  auf  dass 
ich  mich  dessen  allenfalls,  gleichwie 
deroselben  diese  antwort  auf  dero 
puncten  zu  dero  rechtfertigung  an- 
verlanget haben,  auch  zu  meiner 
rechtfertig-  und  künftiger  Verant- 
wohrtung  sowohl  bey  hof,  alss  bey 
denen  hochlöblichen  Herren  Ständen 
gebrauchen  könne.  Der  übrigens  mich 
gesorsambst  empfehlend  Verharre 

Ewer  Excellenz 

gehorsambster 
M.U.  Graf  v.  Kaunitz  v.  Bittburg. 

Brunn,  den  9,eu  Martv  1741. 


erklecketen,  an  mit  nur  4  wöchentliches 
magazinn  Von  obbemeldten  Sorten  am 
nächst  und  sicherer  ohrt  in  Scblessien 
gleich  anlegen ,  und  errichten  zu 
können,  so  müsse  im  solchen  Fall 
auf  eine  grossere  Anzahl  alss  ob- 
begehrte  2500,  der  Vorläufige  antrag 
gemachet  und  selbige  beygeschafet 
werden,  welches  Ewer  Excellenz  ich 
schon  in  rechter  Zeit,  da  es  auf  den 
Fall  ankommen  wird,  gehorsambst  zu 
erkennen  geben  werde. 

Ewer  Excellenz  geruhen  solchem- 
nach  auf  obstehende  puncte  gnädige 
ßeflexion  zu  machen  und  selbige  zu 
ihren  effect  Bringen  zu  lassen,  wo 
aber  einiger  anstand  oder  difficultät. 
welches  zwar,  so  schwer  es  auch, 
wie  mir  Leicht  vorstelle,  ankommet, 
zumahlen  es  die  Erhaltung  dieses 
marggraffthivmbs  selbst  Betrifft,  nicht 
Vermuthe,  auch  anderer  gestalt,  wan 
was  ermanglete  hierauf  nicht  zu 
rechnen  wäre,  dargegen  obwaltete 
mir  solche  wieder  schriftlich,  gleichwie 
auch  sonsten  auf  alle  übrige  puncten 
deroselben  Intention  gefälligst  bekand 
zu  machen,  damit  mich  dessen  allen- 
falls zu  meiner  nachricht  und  Becht- 
fertigung  bedienen  könne.  Der  übrigens 
zu  giiaden  mich  empfehle. 

Ewer  Excellenz 

gehorsambster 

Neipperg. 

Brunn,  den  7,en  Martv  1741. 


41=f 


044 


XXXIX. 
Der  böhmische  Hofkanzler  Graf  Kinsky  an  FZM.  Graf  Neipperg.  r) 

Wien,  11.  März  1741. 

Euer  Excellenz  an  mich  zu  erlassen  beliebtes  vom  9.  bujus  habe  nebst 
des  Herren  Landeshaubtmannes  über  deroselben  eingereichte  puncto  machende 
Lamenti  gesterwohl  erhalten.  Ich  will  den  haubtpunct  beyin  Kopf  nehmen, 
nemblichen  die  verlangende  Anschaffung  der  2500  Wägen  zu  Vorruckung  der 
armee.  Dass  diese  Vorruckung  nöthig,  und  unser  hau  daran  abhänge,  ist  zwar 
einestheils  unstreittig,  anderentheils  aber  kan  ich  auch  dem  Landeshaubtmann 
hierinnfalls  nicht  entgegenseyn,  da  bey  vorstehender  Saat-Zeith,  und  da  die 
Bauren  durch  die  Zuführung  des  Magazins  ohnedem e  schon  stark  ruiniert  seyn 
sollen,  das  Land  einen  Tödlichen  Stoss  bekommen,  und  da  die  Sommer-Saat 
dardurch  ausbleiben  sollte,  eine  Hungersnoth  zu  besorgen  wäre,  wiederholle 
aber  nochmahlen,  dass  so  schädlich  das  eine  ist,  so  nöthig  das  andere  sey, 
und  dennoch  rechnet  man  hier  auf  der  Länder  Ihre  Contributionen,  und  Pro- 
stationen, alss  wann  solche  bey  diessem  Krieg  nichts  zu  leiden  hatten. 

Der  Magazinspunct  machet  mir  auf  der  anderen  seithen  auch  graue 
Haar.  Das  Materiale  ist  freylich  da,  aber  das  Fuhrwesen  nihmt  Tag  täglich 
ab,  wie  mir  die  Comissarien  schreiben,  indeme  die  Pferde  bey  diessem  un- 
glickseeligen  weeg  crepieren  und  die  Bauren,  da  Sie  es  nicht  ausdauern  können, 
gehen  mit  ihrem  Vieh  gar  durch,  mithin  sehe  allenthalben,  dass  diesse  Herren 
sich  halt  nicht  zu  h elften  wissen,  me  voilä  dans  des  beaux  draps  blancs. 

Was  Artillerie  und  Munition  anbelanget,  das  solle  die  Cammer,  und 
nicht  das  Land  besorgen,  allein  Sie  sorget  nur,  mir  das  wenige  geld  noch  aus 
handen  zu  stiehlen.  Die  unglickseeligen  pontons  fallen  dem  Vorspann  auch 
aufen  Halss.  Ich  lese  alle  puncta  durch,  wann  ich  aber  auf  die  2500  Wägen 
komme,  so  sinket  mir  der  Muth.  Wo  werden  wir  für  so  viel  Taussend  pferd 
nebst  der  armee  fourage  bekommen  ?  nun  habe  ich  mit  dem  Landshaubtmann 
genug  lamentiert,  und  hoffe  (unter  uns  gesagt)  Euer  Excellenz  werden  sich  ja 
im  nothtäll  mit  einem  14  tägigen  Magazin  contentieren.  besonders  da  Sie  auch 
von  Glatz  aus  bald  werden  secundieret  werden  können. 

Auf  Euer  Ezcellenz  andertes  schreiben,    nemblich  wann  Sie  auf  Olmütz 

kommen,  und  die  Magazinen  visitieren  werden,  freue  mich  auch  nicht,  alldorten 

ier  werden  dieselbe  auch  Beschwährnussen  finden,   nemblich,  dass  die  Stadt 


•)  K.  A.,  F.  A.  Schlesien  1741  ;  III,  82. 


645 

so    viel    Holz    und  Liechter    der    alldortigen.  Mannschaft    und  Officiers    geben 
ums.  da  Sie    solches  einestheils    zu  ertragen  nicht  vermag,    noch  weniger  das 
Land  solches  zu  bonificieren  im  stände  ist,    mit  dem  ärario  aber  auch  nur  in 
der  anrechnung    hundert    difficultäten    seynd,    welchem    aber  Euer  Excellenz 
beliebig  abhelfen  werden  können  ;  warumb  ich  dann  auch  bitte,  ist  das  Fleisch. 
die  Milice  will  es  umb  3  Kreuzer  haben,  und  bishero  hat  es  die  Stadt,  weilen 
die  Fleischhacker  es  nicht  thun  wollen,    noch  können,    gethan,  bei  der  armee 
aber    keine    Marquetenter,    so    mit    ochsen    versehen    wären    sich     gefunten. 
welcher  schaden  sich  schon  auf  viele  100  Fl.  belauftet.  Nun  werden  Euer  Ex- 
cellenz   sich    zurückzuerinnern    belieben,    dass    man    die    Ochsen-Mauth    und 
Fleisch-Kreuzer  allein  denen  Marquetentern,    weilen  Sie    die    armee  versehen 
sollen,  eingeräumet,  indeme  aber  obgemeldtermaassen  die  Stadt  sich  necessitiert 
findet,    es  dem  Militare  zu  raichen,     So    kommt    es  auf  eines  von  beeden  an. 
entweder,  dass  es  das  Militare  theurer  zahle,  oder  aber  dass  man  denen  Stadt- 
Fleischhackern    gleiches  Beneficium    gemessen   lasse,    worzu    Euer  Excellenz, 
wass  die  Mauth  anbelanget,  mit  einem  Regiments-Pass  verhilf  lieh  seyn  können, 
umb  so  mehr,    als  es    in    der  Billigkeit  gegründet    ist,    wäre  möglich,    ein  so 
anderes  naturale  mit  geld  zu  bezwingen  oder  zu  verwerthen.  wie  es  sich  nicht 
wohl  thun  lasset,  So  wäre  mir  nicht  so  angst  darbey,  will  aber  verhoffen,  dass 
es  künfftig  besser  gehen  werde.    Dass  die  Proviantwägen  bieshero  noch  nicht 
im  stand  gewesen,    fallet  auch  noch  immer    auf  unsere  Landfahren,  meistens 
lamentieren  die  Commissarien,  dass  die  Cavallerie  im  gebürge  stehe,    und  der 
Transport  dahin  so  weith  geschehen    müsste,    bin    aber  persuadiert,    dass  Sie 
Euer  Excellenz,  so  viel  es  thunlich,  auch  hierinfalls  gerne  sublevieren  werden. 
Ich  will  Ihnen   umb    die    sache    zu    befördern,    und  die  Bauren  ein  wenig  zu 
encouragieren,  gar  gerne  etliche  1000  Fl.  Vorschüssen.   Schreibe  ich  es  Ihnen. 
So  nehmen  Sie  mich  gewis  gar  grob  beyrn  worth,  und  versplitteren  es  vielleicht 
mal  ä  propos.     Dürffte  ich  Euer  Excellenz  bitten,    wann  Sie  die  Sache,  wo  es 
am  meisten  fehlet,    ein    wenig    werden    eingesehen    haben,    und    es    ä  propos 
findeten,  Ihnen  zu  proponieren,  dass  wann  Ihnen  etwa  an  Geld  mangle,  diesen 
Bauren  mit    einem  Theil    unter    die  armbe  zu  greiften,    So    wolten  Sie  Ihnen 
nach  und  nach  mit  etlich  1000  fl.  an  die  Hand  gehen  und  es  auf  sich  nehmen, 
es  mit  mir  auszumachen  ?     His    praesuppositio    also  könnten  Ihnen  Euer  Ex- 
cellenz 7  bies  8000  fl.   Successive  Vorschüssen,  wo  ich  nicht  ermanglen  werde, 
solche    alsogleich    zu    ersetzen,    und    endlichen    da  dieses    darmit  bezwungen. 
oder  mit  etlichen  1000  mehrere  erlanget  werden    könnte,    so    wollte  gar  gern 
auch    diesen    effort    thun,    denn    mir    scheinet,    dass    die  Baureu    etwann  auff 
lauther  abschreibungen  die  zufuhr  zu  thun,    nicht  vermögend  seyen,    und  die 
leuthe  andurch  unwillig  gemachet  werden. 

Man  sagt  allhier,  dass  die  Preyssischen  Gefangenen  5  mahl  stärker  seyen 
auf  dem  spilberg,  alss  nicht  die  garnison,  wann  es  deme  also,  So  wird  ja  der 
Hof-Kriegsrath  darauf  Bedacht  seyn. 

Meine  2  Schlessische  Herren  Cavaliers  möchte  auch  gern  ein  wenig  in 
der  Sicherheit  wissen.  Unssere  Allergnädigste  Frau  fanget  ein  wenig  an. 
schmerzen  zu  fühlen  ;  Gott  gebe  uns  einen  Erzherzog ! 

Womit  etc. 


646 


FZM.    Graf   Neipperg    au    die    Administratoren,    Kantzler-    und 
Regierungsräthe  des  Bissthums  Breslau  zu  Neisse. *) 

Olmütz.  den  13.  Märtz  1741. 

Meinen  hochgeehrtesten  Herren-Herren  mich  ins  besondere  verbunden 
vor  die  gefällige  Auskunfffc,  so  dieselben  mir  von  dem  eigentlichen  Bestand  des 
daselbstigen  Magazins  an  vorräthigem  Mehl  und  Korn,  auch  haber.  Heu,  und 
Strohe  mittelst  eines  deroselben  an  mich  untern  10.  dieses  erlassenem 
Schreiben  beigebogenen  Extracts  zu  geben  belieben  wollen,  und  ob  es  schon 
sehr  gut,  und  zu  Beförderung  des  Allerhöchsten  Diensts  allerdings  vor- 
träglich wäre,  wofern  dieser  Vorratb  noch  weiters  auf  thunliche  art  vergrössert 
werden  könnte,  so  mag  es  doch  auch,  falls  eine  Vermehrung  nicht  wohl  loss- 
zuwürken  möglich,  hiebei  beruhen,  und  will  hiebei  versichern,  dass  man  die 
Stadt  Neisse  andringendenfalls  gewiss  nicht  stecken  lassen  werde,  sondern  ich 
seinerzeit,  es  sei  gleich  bei-  oder  ausser  einer  solchen  Gelegenheit,  in  Person 
die  Ehre  und  das  Vergnügen  zu  haben  hoffe,  denenselben  zu  bekräftigen, 
wass  für  einen  unsterblichen  Euhm  sich  die  Stadt  Neisse  sowohl  bei  hof, 
allwohin  ich  Deroselben  unter  dem  nemlichen  dato  abgelassen-  und  mir 
zugleich  eingelangtes  Schreiben  ohnverweilt  ablaufen  lassen,  alss  sonsten  bei 
der  ganzen  Ehrliebenden  "Welt  durch  ihr  bissheriges  Verhalten,  welches  zu 
einem  wahren  Beispiel  der  Treue  dienen  kann,  erworben,  und  wie  sehr  selbige 
sothanen  Euhm  vergrössern  werde,  wann  auch  das  künftige  "VVohlverhalten 
allenfalls  mit  dem  Vergangenen,  woran  niemand  zweifein  kann,  übereinstimmen 
dürfte,  allermassen  man  sie  Stadt  Neisse,  wie  schon  erwähnt,  gewiss  nicht 
stecken  lassen,  sondern  zu  ihrer  Consolation,  worüber  nur  nicht  ungeduldig 
zu  werden  ersuche,  von  Seiten  Ihrer  Königl.  Mayest.  unserer  Aliergnädigsten 
Frau  alles  möglichste  ankehren  wirdt.  Ich  will  übrigens  diese  Gelegenheit 
mir  zu  nutzen  gemacht,  und  dieselbe,  sich  fest  zu  persuadieren,  ersucht  haben, 
dass  ein  wie  allemal  zu  verharren  verlange  etc. 


!)  K.  A..  F.  A.  Schlesien  1741 ;  III,  38. 


647 


XXXXIA. 

Schreiben  des  Hof-Kriegsratlis   au   den  FML.  Ascanio   Marchese 

Guadagni. *) 

Wien,  27.  Februar  1741. 

Es  hat  der  in  Kussischem.  Kriegsdienste  gestandene  Herr  Obristwacht- 
meister  von  der  Trenck  sich  allhier  anerhotten  und  darüber  eine  schriftliche 
Vorstellung  überreichet,  umb  in  dem.  Königreich  Slavonien  von  denen  da- 
selbstigen Insassen  Tausend  wöhrhafte  Mann  schleunig  aufzubringen,  und  zu 
bewaffnen,  auch  in  das  Herzogthurn  Schlesien  zu  dem.  allda  zusambenführenden 
corpo  zu  leistenden  Kriegsdiensten  wider  die  in  solches  eingerückten  König!. 
Preussische  und  Brandenburgische  Trouppen  abzuführen.  Wie  nun  lhro  zu 
Hungarn  und  Böheimb  Königl.  Mayest.  auf  den  von  unss  in  Sachen  ab- 
gestatteten gehorsambsten  Vortrag  dieses  Trenckische  anerbiethen  Gnädigst 
vorderist  dermahlen  genehm  gehalten,  indeme  lhro  auf  denen  Beinen  habende 
Infanterie  durch  die  ville  Jahr  her  unausgesetzt  fürgedauerte  schwöre,  und 
blutige  Kriege,  Krankheiten  und  andere  Beschwärnusse  an  Mannschaft  sehr 
herabgesezet  worden,  folgbar  umb  denen  obbesagt  in  Schlesien  eingefallenen 
feindlichen  Trouppen  gewachsenes  Fuss  Volk  entgegen  zu  stellen,  die  Auf- 
bringung obbesagter  Tausend  Mann  für  ihren  Allerhöchsten  Dienst  besonders 
fürträglich  zu  seyn  angesehen  ;  Alss  haben  Allerhöchstdieselbe  darzu  über- 
haupt Ihre  Einwilligung  ertheillet  insbesondere  aber 

1°  Gnädigst  gewilliget,  dass  vermeldter  Hr.  Obristwachtmeister  nach  dem 
Königreich  Slavonien  und  das  Herzogthurn  Syrmien  fördersamb  abgehen, 
und  darinnen  auf  das  untereinstens  ausfertigende  offene  Patent  Tausend 
streittbahre  Mann  zu  Fuss  solchergestalten  anwerben  möge,  das  von  fünft' 
alldasiger  Session  nur  ein  Kopf,  weiters  nur  freywillige  Leuthe  genohmen, 
jedoch  die  der  orthen  befindliche  Donau-  und  Sau  Strohms  Militär  gränizer, 
so  vill  sich  freywillig  angeben,  und  ohne  unterbrach  deren  daruntigen  Diensten 
zu  entböhren  seyn  möchten,  darunter  ebenfahls  begriffen  und  endlich  die  in  Land 
befindlichen  und  pardonierten  Räuber  gleichmässig  enrollieret,  diese  Tausend 
Mann  aber  in  Zeit  von  drey  Wocher  ä  dato  seiner  daruntigen  Ankunft  anzu- 
rechnen völlig  zusarnb  gebracht,  und  in  Stande  auch  bereitschäftlich  gesezel 
werden  sollen,  dass  Sie  alssdann  ohne  Verzögerung  oder  anstand  zur  vürk- 
lichen  Dienstleistung  an  Orth-  und  Ende  abgehen  können.  Wir  bedeuten 
es  also  dem  Herrn  Feldmarschall-Leuthenanten  zur  Nachricht,  und  dem  Ende 


')  K.  A.,  Schlosion  1741  ;  II,  4OV2. 


648 

hiermit  auf  class  Selber  widerholten  Hr.  Obristwachtmeistern  von  der  T  r  e  n  c  k 
zu  der  Gnädigst  bewilligten  anwerb-  und  Stellung  Tausend  Slavonier  all  ge- 
deihliche kilffe,  Beförderung  und  assistenz  werkthättig,  und  kräfftig  leisten, 
sonderbar  aber  veranstalten,  und  ad  Effectum  bringen  lasse,  damit  alle  in  dem 
Land  befindlichen  vorhin  gewesten.  nach  der  Hand  aber  pardonierten  Rauber 
darzugenohmen  werden,  Avelchen  derselbe  zugleich  mit  Nachdruck  einzubinden 
hat,  dass  Sie  nicht  allein  denen  Eaubereyen  fernershin  nicht  nachgehen, 
sondern  vill  mehrer  eben  bey  diser  gelegenheit  durch  leistende  Eyfrig-  und 
Tapfere  Kriegsdienste  sich  der  erlangten  Gnad  ihrer  Vorherigen  Verbrechen 
in  etwas  Verdienst  zu  machen  trachten  sollen ;  damit  aber  der  Herr  Feld- 
marschall-Leuthenant  weiters  von  der  Stellung  dieser  Leuthen,  so  vill  in  das 
Slavonisch-commando  einschlaget  zu  seiner  Direction,  und  Fürgang  berichtet 
sejm  möge,  haben 

o.io  erwehnt  Ihre  Königl.  Mayest.  weiters  Gnädigst  eingestanden,  dass 
dise  aufbringende  Tausend  Köpf  in  der  fürgeschriebenen  zeit  bey  Essegg  sich 
VtTsamblen,  folgl.  von  darauss  den  Marsch  nacher  Schlesien  nach  der  in 
rechter  Zeit  daliin  schickenden  route  antretten  mögen. 

3tio  haben  Allerhöchstdieselbe  ferners  resolvieret,  dass  zu  diesen  sam- 
bentlichen  Tausend  Mann  keine  andere  Officiers,  alss  zu  fünffzig  Köpfen  ein 
sogenannter  Harum  Bassa,  oder  anführer.  folglich  in  allen  zwanzig  derlei 
Leuthe  zum  Commando,  exercierung,  und  haltung  ob  der  Kriegs-Disciplin. 
und  Subordination  angestellet  werden,  über  das  ganze  corpo  aber  der  Hr. 
Obristwachtmeister  von  der  Trenck  das  Commando  führen,  und  besorgen, 
und  die  Leuth  unter  der  ordre  des  in  Schlesien  in  capite  commandierenden 
Herrn  General-Feldzeugmeisters  Grafen  von  N  e  i  p  p  e  r  g  und  wenn  dieser 
nach  seiner  auss  Erfordernuss  deren  umbständen  und  des  Allerhöchsten  dienstes 
ausswöhlen  möchte,  die  Dienste  leisten,  folgbar  auch  zu  allen  commandi. 
Wachten  und  anderen  Operations  ohne  unterscheid  sich  willig  gebrauchen 
lassen,  zugleich  aber  zu  keiner  bedeckuug.  ausser  es  thätten  die  umbstände. 
und  Kriegsraison  es  unmittelbar,  auch  unvermeidentlich  erfordern,  comman- 
dieret  werden  sollen. 

P*  So  vill  die  Verpflegung  betrifft,  haben  Ihre  Königl.  Mayest.  einem 
jeden,  und  anmit  sowohl  Harum  Bassa,  oder  anführer,  alss  gemeinen  von 
zeit  ihrer  Ankunft  he}-  Essegg  täglich  G  kr.,  bis  sie  wieder  zurück  angelanget 
seyn  werden,  zu  ihrer  Subsistenz  ab  aerario  abzureichen  Gnädigst  anbefohlen, 
worvon  Sie  jedoch  das  Brod  sich  anzuschaffen,  und  wann  Sie  solches  auss 
denen  Magazinen  empfangen,  mit  2  kr.  die  portion  baar  zu  bezahlen  ver- 
bunden seyen. 

5to  haben  oft  besagte  Tausend  Mann  keine  andere  Mundur  zu  empfangen, 
sondern  in  ihrer  Raizischen  Kleidung  zu  Feld  zu  erscheinen,  nicht  minder  ein 
jeder  Mann  auf  die  bey  der  Slavonischen  Nation  eingeführte  arth  mit  zwey 
paar  Pistollen,  einen  Säbl,  einer  Flinten,  ingleichen  mit  einen  langen  denen  Tür- 
kischen beykommenden  Messer  bewaffnet  seyn ;  Es  haben  aber  Allerhöchst 
erwehnte  Königl.  Mayest.  zugleich  resolvieret.  dass  für  diese  Tausend  Köpf 
zusamben  200  czelter.  weillen  Sie  damit  nicht  versehen,  ab  aerario  angeschafft 
und  Einen  ohnentgeltlich  abgereichet  ;  Endlich  auch  Pulver,  und  Bley.  wann 
Sie  zur  arm.ee  stossen,  darbey  nach  Kothdurft  verabfolget  werden  sollen ; 

6''  Thuet  die  Haltung  guter  Mannszucht  und  genauer  Kriegs-Disciplin 
all-    und  jeden,    so  in    das  Feld    ziehet,    mithin    auch    denen    oftangemerkten 


649 

Tausend  Mann  obliegen,  und  daraus  von  Selbsten  folgen,  dass  alle  Excesse 
von  denenselben  zu  vermeiden  seyen.  Im  Fall  aber  dannoch  deren  einige  auf 
dem  Marscb  verübet  werden  sollten,  ist  die  Fübrsebung  bescbehen,  dass  einer 
für  alle,  >  und  alle  für  einen  stehen,  auch  sothane  etwa  begehende  Excesse 
allsogleich  haar  ersezet,  und  sonsten  die  damnificierten  zufriden  gestellet,  nicht 
minder  die  Excedenten  nach  befand,  und  verschulden  bestraffet  werden : 

7mu  damit  diese  Leuth  desto  mehrere  Lust  überkommen,  sich  zu  der 
vorhabenden  Expedition  na^her  Schlesien  enrollieren  zu  lassen,  haben  mehr 
Allerhöchst  erwehnte  Königl.  Mayest.  weiters  Gnädigst  zugegeben,  dass  ihnen 
die  von  dem  Feind  macliende  Beuth,  ausser  wann  solche  der  allgemeinen 
Militär  Regul  nach  in  feindlichen  Kriegs  cassen,  Artillerie,  Munition,  und  der- 
gleichen bestünde,  aigenthumblich  verbleiben  und  gelassen  werden,  Sie  aber 
darbey  gehalten  seyn  sollen,  Ihrer  Königl.  Mayest.  aigene,  wie  auch  freundliche 
Unterthanen  auf  keine  Weisse,  und  unter  wess  Vorwand  es  immer  besehenen 
möchte,  zn  belästigen,  etwas  von  Ihnen  zu  erpressen,  oder  abzunehmen :  und 
obwohlen  das  Proviant  unter  der  Particular  Beuth  für  die  Miliz  nicht  mit- 
begriffen, so  wird  solches  dannoch  widerholten  Slavonischen  Leuthen.  da  Sie 
ausser  Tägl.  6  kr.  keine  andere  Verpflegung  ab  aerario  gemessen,  der- 
gestalten  überlassen,  wann  Sie  sothanes  Proviant  in  Feindes  Land,  od.  welches 
von  darauss  kommet,  erbeuthen  sollten ;  und  gleichwie  mithin  darauss  sich 
ergibet,  dass  dasjenige  Proviant,  so  in  diesseithigen  Landen  Ihnen  in  die  Hand 
fallet  oder  auss  diesseithigen  Ländern  erzeiget  worden,  denenselben  alss  eine 
Beuthe  nicht  angedeyhen  möge,  also  ist  hingegen  Ihnen  zugegeben  worden, 
dass  Sie  das  in  feindl.  Landen  erbeuttende,  od  darauss  kommende  Ihnen  zum 
Theil  werdende  Proviant  in  die  nächsten  Magazins  einliefern,  und  in  solang 
daran  etwas  vorhanden,  successive  gratis  ablangen  und  gemessen  mögen  und 
zumahlen 

8V0  Mehr  bedeute  Tausend  Mann  durchgehends  freywillig,  auch  nur  ein 
Kopf  auss  fünff  Sessionen  angenohmen  wird,  Sie  auch  auf  die  ganze  Zeit 
ihrer  Abwesenheit  auss  Slavonien  die  obangeführte  Subsistenz  zu  gemessen 
und  die  zurückbleibenden  denen  aussmarschirenden  keine  Verpflegung  zu  ver- 
schaffen haben,  so  hat  es  bey  dem  Slavonischen  contributions  quanto. 
und  wass  darvon  auf  die  Sessionen  radicieret  ist,  derenthalben  gieichwohlen 
sein  Verbleiben,  auch  die  contribuenten  solche  zu  entrichten,  endl. 

9vo  Sobald  es  die  umbstände  zugeben,  auch  der  Allerhöchste  Dienst  und 
Befehl  mit  sich  bringet,  werden  dise  Tausend  Mann  hinwiderumben  auss  drin 
Feld  nacher  Hauss  entlassen,  und  in  soweith  es  die  Saison,  od.  andere  Ver- 
fassungen immer  gestatten,  auf  die  iiembliche  Arth  und  Weiss,  alss  hieroben 
puncto  6l°  eingeflossen,  ebenfahls  in  dem  zurück  Marsch  in  Slavonien  instra- 
dieret  werden  ; 

Diese  seynd  also  die  mehriste  puneta,  so  vill  erwehnt  Ihre  Königl. 
Mayest.  in  diesem  angelegentlichen  geschäfte  resolvieret,  und  zugleich  das  von 
dem  Herrn  Feldmarschall  -  Leuthenant  Verwaltende  Slavonische  General- 
commando  betreffen  thuen ;  und  zumahlen  solches,  wie  wir  bereits  bierobeD 
angeführt  haben,  darzu  all  mögliche  Beförderung,  und  assistenz  zu  geben  ha  I  ; 
alss  thun  wir  all  dieses  demselben  sowohl  zu  vollkommener  dessen  Nachricht. 
alss  auch  zu  dem  Ende  hiermit  ohnverhalten,  auff  dass  Selber  darnach  sich 
achten,  und  eben  von  besitzender  dieser  Wissenschaft  die  Eintheilung  treffen 
möge,     das  offt  angeführte  Tausend  Köpf  schleunigst  aufgebracht,    folgbar  an 


650 

Orrh  und  Ende  zur  Dienstleistung  in  Stand  und  Marsch  gesetzet  werden,  zu 
welchem  letzteren  wird  die  route  nächstens  und  ehe  die  enrollierung  in  denen 
fürgeschriebenen  drey  Wochen  zu  Ende  gehet,  einschicken  werden  ;  denselben 
anbey  göttlicher  Obhut  empfehlend  etc. 


xxxxi ,>. 

Werbpatent 

für    den    russischen    Herrn    Obristwachtmeister    von    der    Trenck    zu    Auf- 
bringung 1000  Mann  Raizischer  Miliz  in  Slavonien. x) 

Wir  Maria  Theresia  etc.  Entbiethen  Unserem  Commandierenden 
Generalen,  Generalats-Verwaiter.  Commaadanten  deren  Pläzen,  wie  auch  der 
regulierten  und  Raaber  Miliz  zu  Fus  und  zu  Pferde,  denen  Herrschaffeen  Pro- 
visoren,  Ambtleuthen,  Richtern.  Obrigkeiten,  gemeinden  Insassen,  Unterthanen, 
wie  auch  all  anderen  Inwohnern  und  getreuen  Unseres  Erbkönigreichs  Sla- 
vonien. denen  dieses  Unser  offenes  Patent  fiirkommet,  Unsere  Gnad,  und  geben 
euch  hiemit  zu  Vernehmen  Wasmassen  Wir  dem  in  Russischen  Kriegsdiensten 
gestandenen  Obristwachtmeister  (Titl.)  Von  der  Trenck  auf  sein  Uns  be- 
schehenes,  gehörtes  anerbiethen  und  Vorstellung  Gnädigst  bewilliget,  und  auf- 
getragen haben,  in  bemeldt  Unserem  Königreich  Slavonien,  wie  auch  dem 
Fürstenthumb  Syrmien  von  denen  daselbstigen  Insassen  1000  wehrhaffte  Mann 
schleunig  aufzubringen  und  in  Unser  Herzogthumb  Schlesien  zu  dem  alda 
formierenden  Corps  oder  wohin  es  Unser  Dienst  erfordern  würd  zu  leistenden 
Kriegsdiensten  abzuführen;  Nebenbey  aber  zugleich  Gnädigst  entschlossen 
haben,  dass  (Titl.)  Trenck  von  5  Slaven  Sessionen  nur  einen  Kopf,  auch 
nur  freywillige  Leuthe  annehme,  die  dorth  angestelle  Donau  und  Saustroms 
Militärgränzer,  so  vill  sich  freywillig  angeben,  darunter  ebenfalls  einbegriffen 
und  endlich  die  im  Land  befindlichen  pardonierten  Rauber  enrollieren,  all  dise 
Leuth  bey  Essegg  zum  weitheren  Marsch  nach  Schlesien  ä  dato  seiner 
darunthigen  ankunfft  innerhalb  3  Wochen  versamble,  darzue  keine  andere 
Ofriciers  als  zu  50  Köpfen  einen  so  genannten  Harumbussa  oder  anführer, 
folglich  in  alls  20  derley  Leuth  stellen  über  diese  sambentlichen  1000  Köpf  Er 
(Titl.)  Trenck  das  Oommando  führen:  weithers  einem  Jeden,  und  anmit 
sowohl  Harumbussa  oder  anführer,  als  gemeinen  von  zeith  ihrer  ankunft  bey 
Essegg  täglich  6  kr.  bis  sie  wider  zurückh  angelangt  seyn  werden,  als  eine 
Verpflegung  von  Unserem  Königl.  aerario  gegeben  werde.  Sie  jedoch  sich  das 
Brod  darvon  anzuschaffen  gehalten  seyen,  in  ihrer  eigenen  Raizischen  Montur 
und  gewöhnlich  erscheinen ,  herentgegen  die  Zelter  von  gleichgedachten 
Unserem  aerario  ohnentgeltlich  zu  empfangen,  aller  Excesse  sich  zu  enthalten  ; 
auch  alle  für  einen  und  einer  für  alle  zu  stehen,  die  vor  dem  Feind  machende 
Beuth,  und  sogar  das  Proviant,  welches  sie  in  Feindesland  erobern,  oder  von 
daraus  kommet,  Ihnen  eigenthumblich  verbleibe,  und  nur  der  algemeinen 
Militär  regul  nach  die  feindlichen  Kriegsfahnen,  Artillerie.  Munition  und  der- 
gleichen ausgenohmen  sey,  diese  anwerb-  und  Stellung  1000  Köpfe  in  Sla- 
vonien auch  folglich    ihr  marsch    gegen  Schlesien    zu    den  Kriegs-operationen 


J)  K.  A..  Bestallungen;  1741,  7171. 


651 

auf  das  schleunigste  für  sich  gehen  solle ;  Solchemnach  befehlen  Wir  ob- 
bemeHten  Unseren  Hoch-  und  Niederen  Kriegs-Officieren,  auch  Soldathen  zu 
Fus  und  zu  Pferde,  wie  auch  Herrschafften,  Beamten,  Insassen  und  Unter- 
tanen Unseres  Erbkönigreichs  Slavonien  und  Fürstenthumbs  Syrmien  hiernit 
Gnadigst  und  ernstlich,  dass  sie  unter  die  anzahl  mehrbemeldter  1000  Köpfe 
sich  auf  hierohen  angeführte  weise  anwerben  lassen,  darzu  auch  allen  guten 
willen,  Vorschub  und  Beförderung  mit  beherberg-  und  anderer  nothdurffrs- 
reichung  erweisen  sollen  ;  hierüber  vollziehen  Sie  unseren  ernstlichen  Befehl 
willen  und  Meinung;  Gegeben  etc. 

Wien,  am  27.  Februar  1741. 


652 


XXXXIIi. 
FM.  Graf  Neipperg  an  die  Regierung  zu  Neisse.  l) 

Ol  mutz,  den  21.  Märtz  1741. 
Ich  vernehme  mit  grösster  Verwunderung,  dass  das  nunmehrige  thun 
und  lassen  derer  Preussischen  in  der  Stadt  Neisse  eine  allgemeine  conster- 
nation  zu  wekhen,  und  Meine  hochgeehrteste  Herren  sowohl,  alss  die  geist- 
lichkeit  und  Magistrat,  die  bürgerschafft,  und  alles  überhaubt  den  Mutli  sinkhen 
zu  lassen  beginnen,  welches  mich  veranlasset,  denenselben  gegenwärtiges  zu- 
kommen zu  machen,  um  zu  erkhennen  zu  geben,  dass  es  iezo  mehr  alss  jemahl 
an  der  Zeit,  und  nöthig  seye.  frischen  Muth  zu  fassen,  vmd  denen  Preussischen 
Unternehmungen,  falls  ihre  Absichten  würkhlich  auf  Neisse  gerichtet  seyn 
solten,  wie  es  doch  noch  iezo  anmit  allzu  richtig  nicht  ist,  mit  allen  Nach- 
druckh  zu  begegnen,  und  den  durch  die  bey  ersterer  gelegenheit  abgelegte 
werkhthättige  Probe  erworbenen  unsterblichen  Euhm  allenfalls  neuerdings  zu 
bekräftigen,  insondernheit,  da  sye  kräfftigst  versichert  seyn  können,  dass  man 
allerehestens  zu  ihrem  Succurs  ankommen,  und  sye  mit  hilfe  und  beystand 
des  allmächtigen  Gottes  ein-  für  allemahl  von  denen  Preussischen  insolentien 
Befreyen  würde ;  Lassen  diselbe  also,  wie  hirummen  ganz  angelegentlichst 
um  Ihr  eigenes  bestes  ersuche,  an  sich  und  anderen  nichts  erwinden,  den 
feind  bey  allenfalsigen  zweyten  Versuchen  mit  Eyfer  und  Nachdrukh  zu 
widerstehen,  und  mir  andurch  wenigstens  so  viel  Zeit  zu  gewähren,  dass  noch 
a  tempo  zum  Entsaze  mich  einfinden  könne  ;  der  Commandant  Herr  Obrist 
Baron  von  Roth  wird  mit  der  Garnison,  wie  vollkommen  persuadieret  bin,  all 
sein  äusserstes  zu  Ihrem  behelf  anwenden,  stehen  Sye  ihm  also  auch  mit 
Xachdrukli  an  die  Hand,  und  suchen  seinem  thun  und  lassen  in  allem,  wo  es 
erforderlich,  das  behörige  gewicht  zu  geben ;  der  ausschlag  und  das  Ende 
Ihrer  Bedrängnussen  wird  solchenfalls  zu  ihrem  besonderen  ßuhm,  gleichwie 
vorigesmahl,  redendieren,  und  Ihro  Königl.  Mayest.  unsere  Allergnädigste  Frau 
seynd  viel  zu  gerecht,  und  zur  billigkeit  geneigt,  alss  dass  Sye  die  andurch 
Ihro  zu  lib  erzeugende,  so  ausnehmliche  Treue  nicht  mit  der  allernachdruekh- 
samsten  Erkändtlichkeit  seiner  Zeit  ansehen  solle,  wie  dan  auch  garantiere, 
dass  der  —  durch  die  vorige  attaque  bereits  erlittene  und  noch  weiters  durch 
Brand  oder  sonsten  allenfalls  erleydende  Schaden  der  Stadt  und  jeden  Pati- 
cular  ganz  ohnfehlbar  ersezet  werden  wird,    und  wann  auch  die  gantze  Stadt 


')  K.  A..  F.  A.  Schlesien  1741  ;  III,  GS  u. 


653 

ruiniert  würde,  so  ist  doch  die  Königin  noch  gross  genug,  dass  Sye  hier- 
innen abhilfliche  Maass  schatten,  und  den  Schaaden,  wie  ohnfehlbar  zu  hotten, 
ersetzen  könne,  und  von  darummen  eine  Stadt  sich  nicht  sogleich  in  des 
Feindes  Gewalt  zu  ergeben  hat,  absonderlich  aber  ist  in  erwegung  zu  ziehen, 
dass  wan  sich  selbige,  gegen  Verhoffen  iedoch,  ergeben,  und  Gott  der  All- 
mächtige uns  im  fehl  glikh  verleihen  solte,  wie  bey  diser  gerechtesten  Sache 
zu  vermutheil,  selbige  alssdann  wider  eine  neue  Belagerung  von  unserseits 
ausstehen  müsste,  welches  selbe  gantz  füglich,  wan  sye  sich  iezo  recht- 
schaffen haltet,  vermeyden  kan,  dero  aigenes  beyspill  wird  die  übrigen,  wir 
Eingangs  gedacht,  gantz  unfehlbahr  nach  sich  ziehen,  und  zur  rühmlichen 
Nachfolge  aufmuntern,  thuen  Sye  also  solches  in  gewisser  Versicherung  des 
vor  der  Thür  seyenden  Entsazes,  und  glauben  übrigens,  dass  vor  meiner 
Persohn  mir  Gelegenheit  und  genügsames  Vermögen  wünsche,  denenselben 
mit  der  Thatt  bestätigen  zu  können,  dass  stäts  bin  und  zu  verbleiben 
bekehre, 


XXXXH/2. 

Ol  mutz,  den  23.  Märtz  1741. 

Durch  Rukhbringer  dieses  ist  deroselben  Schreiben  vom  20ceu  dieses 
Monnaths  mir  richtig  zu  handen  gestellet  worden,  worauf  dann  über  meine 
all  schon  vorhin  gethaner  Versicherungen  neuerdings  hiedurch  in  antwort  be- 
kräfftige,  und  zwar  dieses  bey  meiner  Ehr  und  Gewissen,  dass  selbige  gewiss 
nicht  stekhen  lassen,  sondern  ganz  ohnmangelbahr  entsetzen,  und  mit  gött- 
licher hilf  und  beystand  von  der  feindlichen  überlast  befreyen,  zu  solchem 
Ende  mit  der  gantzen  armee,  worüber  Ihro  Königl.  Mayest.  unsere  Aller- 
gnädigste  Frau  das  General-Commando  mir  allermildest  anverthrauet,  und  die 
gewiss  von  deme  Generalen  an  biss  inclusive  derer  Gemeinen  in  denen  deter- 
miniertesten und  wackhersten  Leuth  bestehet,  allernächstens  in  Schlesien  ein- 
ruckhen  werde,  worvon  meinem  hochgeehrtesten  Herren  sogar  den  positiven 
Tag  anmerkhen  könnte,  wan  nicht  besorgete,  es  möchte  dieses  mein  schreiben 
durch  einen  unglikhsfall  wie  öfters  geschiehet,  in  feindliche  Hände  verfallen 
und  andurch  mein  eigentliches  Vorhaben  vor  der  Zeit  entdeckket,  und  verathen 
werden,  welches,  wie  Sye  von  Selbsten  leicht  ermessen  können,  weder  der 
Stadt  Neisse  Nutzen  bringen,  noch  mir  und  der  armee  in  Betracht  derer  bevor- 
stehender Unternehmungen  zum  Vortheil  gereichen  könnte  ;  So  viel  sage  nur 
zur  gantz  zuverlässigen  Nachricht,  dass  bereits  alle  zu  diser  armee  gewidmete 
Trouppen  beysammen  habe,  und  dass  es  mir  nur  noch  an  ein-  und  anderen 
Kleinigkeiten,  die  aber  zu  einer  fürrückhung  auch  ohnentbehrlich  seynd,  ge- 
breche, womit  jedoch  täglich,  wie  stündlich  nachdem  die  12  Tage  hindurch, 
so  alliier  bin,  mit  allem  Eyfer  und  Sorgfalt  darauf  getriben.  aufzukommen 
hoffe,  und  sobald  selbige  habe,  können  Meine  hochgeehrtesten  Herren  fest  und 
kniffligst  persuadiert  seyn,  dass  keine  minuten  hinger  allhir  verweilen,  son 
gantz  zuverlässig  in  Schlesien  fürruckhen.  und  entweders  die  Stadt  Neisse.  da 
es  nöthig,  entsezen,  oder  aber  sonsten  den  Feind,  er  mag  sich  befinden,  wo 
er  wolle,  auch  so  starkh  und  mit  so  viler  Artillerie  versehen  seyn,  als  es 
immer  zu  vermuthen,  aufsuchen,  und  ihm  attacjuieren  werde,  in  der  gs 
ohngezweifleten  Zuversicht,  dass  in  betracht.  unserer  gerechtesten  Saclu'.  und 


654 

da  auch  der  grosse  biss  zum  kleinsten  unserer  arm.ee  volle  Begird  und  Herz- 
hafftigkeit,  Gott  der  Allmächtige    uns   einen  vollkommenen  Sig  wider  die  un- 
gerechten   Feinde    veiieyhen,    und    alle    getreue    unterthanen    unserer    Aller- 
gnädigsten    Königin    dieses  Tyrannischen    überlasts    ein    für    allmahl    ent- 
ledigen werde.     Ich  bitte  S^-e  also,    Meine  hochgeehrtesten  Herren,  den  Muth 
nicht  sinkhen  zu  lassen,    sondern    frisches  Herz    zu    fassen,    und    durch  dero 
beyspil    die    übrigen    von  Neisse,    es    bestehe    in   der  Geistlichkeit,  Magisi 
Bürgerschaft,  Inwohnern,  und  anderen,  zur  gleichen  Nachfolge  zu  veranlassen  : 
der  Commandant  Obrist  Baron  von  Roth  wird  mit    der  gesambten  Garnison 
im  Nothfall  gewiss  alles  mögliche    und  äusserste    thun.    und  den  Orth  gegen 
alle  feindlichen  Unternehmungen  zu  verthättigen  suchen,  also  zwar,  dass  wann 
diselbe    und    all    übrige    obbenannte    mit    dem    commandanten    und  Garnison 
gleiches  Sinnes  se^md,    den  feind  schwährer,    wo  nicht  allerdings  olmmöglich 
fallen  soUe,  der  Stadt  etwas  anzuhaben,    wan  er  auch  mit  noch  so  viler  Artil- 
Lerie  und  Pontons  alss  man  aussprenget,    darvor    sich    einfinden    würde.     Be- 
denklien  Sye  doch,  wass  Sye  bereits  be}T  der  ganzen  gerechten  Welt  für  einen 
grossen  Ruhm   durch  den    ersteren  Gegenstand  erworben,    und  wie    sehr  Sye 
sich  andurch  um  Ihre  Allergnädigste  Königin  und  Landesfürstin,    und  ihr 
gantzes  durchlauchtigstes  Hause,  wie  auch  um  das  getreue  Vatteiiand  verdinnet 
gemacht,    alls  dises  würde  wider  hinwekhfallen,    wofern  Sye    sich  dem  Feind 
zu  einer  Zeit,    da    Sye    ihm  noch    genugsam    widerstehen    könnten    und  den 
Succurs,  so  zu  sagen,  vor  der  Thür  wissen,  ergeben  soften ;  glauben  Sye  mir. 
dass  nicht  so  leicht,  einen  orth,    der,  wie  Neisse,  mit  einer  ansehnlichen  Gar- 
nison und  so  zahlreichen  bürgerschafft,  auch  sonst  noch  eine  Menge  Personen, 
die  das  gewöhr  fuhren  können,    versehen,    hinwekhzunehmen,    und  dass    wie 
solches  nicht  gleich  in  einem  Tag,    ob    man    sich    schon    von  aussenher  aller 
erdenklichen  Zwangsmittel    von  Feuer    und  Gewalt    gebrauchen    wollte,    be- 
sehenen könne,    wann    anderss,    wie    mich    gänzlich    versehe,    ein  jeder  sein 
äusserstes  thun,  und  anwenden  wird;    Es  ist  zwar  nicht  ohne,    dass  eine  Be- 
lagerung   oder    Bombardement    eines    Platzes    vil    olmgemächlichkeiten    und 
Schaden  nach  sich  zihet,    allein  um    sich  dises  zu  erleichtern  und  zu  trösten. 
muss  man  gedenkhen,  alss  ob  es  ein  sonst  von  ohngefähr  entstandener  Brand 
oder  anderes    unglikh,    welches  Gott    der  Allmächtige    denen  Menschen    biss- 
wailen  zuschikhet,    sey,    und  dass  eben  Gott  der  Jenige.  der  all  dises  wieder 
reichlich  ersezen  kann,  zudem  ist  auch  unsere  Allergnädigste  Königin  eine 
solche  zur  billigkeit    von  Natur    geneigte  Fürstin    und  Frau,    dass    gantz  und 
gar  nicht  zu  zweifeln,    wie    ich  dafür  garantieren    will,    sye    werde  der  Stadt 
Neisse    nicht    allein  allen    bereits  Ihro    zu  lib    erlittenen,    und    vielleicht  nach 
bewandnus    der  umstände    noch    weiters    erleydenden  Schaden    und  Verluste 
hinlänglich  ersezen,  sondern  selbige  auch  zu  belohnung  ihrer  Treu  mit  anderen 
Gnaden  überhäufen,  gleichwie  auch  der  orth  Zuckmantel,  der  sich  Ihro  zu  lib 
vollkommen  sacrificiert,    gantz  zuversichtlich    darauf    rechnen    kann ;    hat    es 
dieser  orth,  der  doch  mit  Neisse  in  keiner  einzigen  Sache,   wo  es  auf  die  be- 
schützungs-Mitteln  ankommt,    verglichen  werden    mag.    und    woselbste:i  sich 
unter  anderen  kaum  ein  paar  hundert  Hussaren  belinden,     auf    die  extremität 
ankommen  lassen    und  den  Feind  genöthigt,  mit  Artillerie  und  starkher  anzahl 
dahin  zu  kommen,    um  wievil    mehr    ist    von  Neisse  zu  hoffen,     dass  selbiges 
auch  bey  einer  zwavten  Gelegenheit,    wan  es    darauf   ankommen    solte,    dem 
Feind  zeigen  und  bestättigen  werde,    wass    d:*e  Treue    eines  Orths  gegen  die 


!  i  5  5 

ungerechten  Feinde  seiner  rechtmässigen  Landesfürstin  vermag;  bleiben  Sye 
also  hierauf,  und  behertzigen,  dass  wann  Sye  auch  unterdessen  feindlich  an- 
gefochten werden  sollten,  es  nur  um  etlich  wenige  Tage  zu  thun  seye,  dan  ich 
versichere  hiemit  wiederholter  bey  meiner  Ehr,  und  gewissen,  dass  allernäch- 
stens  mit  dem  Succurs  anrukhen,  und  vor  der  feindlichen  ausbreitenden  grossen 
Macht  und  zahlreichen  Artillerie  mich  gantz  und  gar  nicht  schrökhen  ;  wohl 
aber  das  Vergnügen  haben  werde,  wie  mit  der  Gnade  Gottes  zu  hoffen,  je 
zahlreicher  ihre  Artillerie  seyn  derffte,  je  mehrerer  davon  zu  erbeutten.  Ihre 
Erlösung  ist  gewiss,  und  stehet  vor  der  Thür,  dahingegen  aber,  woferne  Sye 
sich  den  feind  allenfalls  ergeben  sollten.  Sve  ein  neues  und  villeicht  viel 
schwöbreres  ungemach  sich  auf  den  Fuss  nachziehen  würden,  weilen  Sye  als- 
dann Bemüssiget  seyn  würden,  auch  einer  belagerung  von  mir,  indeme  bey 
meinem  Eingang  in  Schlesien  und  gliklichen  progressen  im  leide  mein  erstes 
seyn  werde,  Weisse  wieder  einzubekommen,  auszuhalten,  und  somit  an  stat 
eines  zwey  übel  zu  übertragen.  Meine  hochgeehrtesten  Herren  sehen  also  von 
selbsten,  welches  von  beiden  zu  envöhlen,  und  dass  es  ohnvergleichlich  besser 
seye,  zu  dem  Jenigen  zu  schreitten,  worzu  die  Billigkeit,  Treue,  Pflicht  und 
Schuldigkeit  den  fingerzeig  gibet ;  Ist  gleich  Grossglogau  von  disen  Prin- 
cipio  abgewichen,  so  folget  nicht  daraus,  dass  auch  Weisse  dem  nemlich  beyspii, 
wordurch  sich  die  Grossglogauer  gewiss  wenig  Nutzen  und  Vortheil,  wohl 
aber  von  dem  feind  selbsten  Spott  und  Verachtung  zugezogen,  nachahmen 
solle,  vilmehr  hat  Weisse  diejenigen  örther  zu  imitieren,  welche  in  denen  neuern 
und  älteren  Zeiten  in  eben  dergleichen  Situationen  so  viles  zu  ihrem  unsterb- 
lichen Ruhm  gethann,  alle  feindlichen  Efforts  auszuhaken  und  endlich  durch 
ihre  standhafftigkeit  selbige  gar  zu  wasser  gemachet  haben,  wie  es  ja  Neisse 
selbsten  in  voriger  gelegenheit  genugsam  erwisen,  und  in  einer  zweyten  nicht 
weniger  thun  wird.  In  welcher  vollkommen  Zuversicht  und  nochmahliger 
A'ersicherung  auf  den  succurs  allerebestens  gantz  zuverlässig  rechnen,  aucb 
dieses  gleichfalls  dem  Commandanten  Herrn  Obrist  Baron  von  Roth,  dem 
schon  zweymahl  nacheinander  und  zwar  den  19ten  und  21ten  dises  in  eben 
disem  Verstand,  und  noch  ausdrükhlicher  mit  Beirückung  der  Zeit  olm- 
gefähr  zugeschrieben,  bedeutten  zu  wollen,  mit  besonderer  Hocbachtung  stäts 
verharre. 


650 


XLIII. 
Marschbefehl. J) 

Des  Löbl.  Dessewffyschen  Hussarn-Regiments  bestellten  Obristleuth.  und 
Commandanten  Herrn  von  Dessewffy  hiemit  anzufügen  und  zeiget  es  die 
Beylag  (fehlt)  des  mehreren,  welchergestalten  das  Löbl.  dero  Commando  unter- 
stehende Dessewffy'sche  Hussarn-Regiment  übermorgen,  alss  den  27.  Marty  von 
Hof,  und  dasigen  Gegenden  mit  Sackh  und  Backh  aufzubrechen,  und  selbigen 
Tags  biss  Eichhorn  zu  marschieren,  daselbst  aber  die  weithere  Ordre  des  Herrn 
G-eneral-Feldwachtmeisters  Grafen  von  G  r  ü  n  n  e,  an  welchen  es  biss  weithers 
Verwisen ,  abzuwarthen  habe ;  der  Herr  Obristleuth.  wirdet  demnach 
alsogleich  nach  Empfang  dieses  seine  Anstalten  dermassen  einzuleithen  be- 
sorget seyn,  dass  dieser  Ordre  in  allen  Stuckhen,  wie  man  sichs  fest  Ver- 
sicheret, Vollkhommen  nachgelebt  werde.  Die  5  port.  gespunnenes  Heu  werden 
zwar  auf  denen  aigenen  Dienst  Pferden  mitgenohmen,  jedoch  als  ein  unangreif- 
licher  Vorrath  in  Reserve  behalten  und  davon  bis  auf  express  Befehl  wohl- 
gedachten Herrn  Generalen  Grafen  von  G  r  ü  n  n  e  bey  schwährer  Verant- 
wortung nichts  anzugreift'en.  Dahingegen  hat  sich  das  Löbl.  Regiment  bey 
seinem  Ausmarche,  und  von  27.  dieses  Monaths  anfangend  auf  9  Tag  mit 
Brod,  so  Ihnen  nacher  Hof  durch  Vorspann  verschaffet  werden  wird,  zu  ver- 
sehen, und  auf  ihren  eigenen  Pferden,  und  Proviant- Wägen  mit  sich  zu 
nehmen.  Vor  den  10.  Tag  aber  wird  das  Brod  durch  Ivönigl.  Proviant- Wagen 
nachgeführet.  Hartfutter  wird  dem  Regiment  durch  Vorspann  auf  zehen 
Tilg  zu-  und  nachgeführet,  und  nach  mass  die  Vorspannswägen  gelähret 
werden,  seynd  Selbe  ohne  weithers  bei  sonsten  sich  aufbürdender  unfählbarer 
Verantwortung  zu  entlassen ;  zeigte  sich  an  rauher  Fourage  ein  Mangel,  so 
ist  an  dessen  Statt  über  die  ganze  portion  hartfutter  noch  eine  halbe,  mithin 
anderthalb  portionen  zu  empfangen,  darfür  aber  gleichwollen  nicht  änderst, 
als  wie  gewöhnlich,  auf  hart,  und  rauclifutter  zu  quittieren.  Wornach  also  Ei- 
Herr  Obristlieuth.  in  all  und  jedem  sich  zu  richten,  und  meinen  vorhinnigen 
Befehlen  in  allen,  und  denen,  die  biemit  einschlagen,  nachzukommen  hat: 
Will  das  löbl.  Regiment  seine  Löhnung  pro  April  allhier  empfangen,  so  kann 
es  weme,  der  es  übernimmet,  mit  der  hierzu  erforderlichen  Quittung  hiehero 
schleichen,  wo  aber  nicht,  so  kann  sothane  Löhnung  zu  Sternberg,  oder  aber 
wehrenden  marche  erhoben  werden ;  Olmütz,  den  25.  Marty  1741. 

Weyl.  Rom.  Kais,  und  Königl.  Cath.  Mayt.  Cammerer, 
General-Feldzeugmeister,  Obrister  über  einBegmt.  zuFuss, 
derzeit  Gouverneur,  und  Commandant  der  Stadt  und  Her- 
zogthuaibs  Luxemburgs  und  Grafschaft  Chiny,  wie  auch 
Ihre-  Königl.  Mayt.  zu  Hungarn  und  Böhaimb  p.  p.  gegen 
den  König  in  Preussen  zu  Feld  stellenden  Trouppen  der- 
mahlen  Commandierender  General  p.  p. 


N  e  i  p  p  e  r  g. 


>)  K.  A..  F.  A.  Schlesien  1711  ;  III,  70. 


657 


XLIV. 
FM.  Graf  KhevenMUer  an  FM.  Grafen  Neipperg. J) 

Wien,  19.  April  1741. 

Ich  bin  untröstlich,  dass  Sie  bei  Ihrer  Unternehmung  keinen  Erfolg 
hatten.  Ich  gestehe  Ihnen,  dass  die  Unternehmung,  der  Sie  sich  unterzogen, 
mir  sehr  dreist  und  keck  schien,  nicht  nur  vorn  Gesichtspuncte  der  Kriegs- 
kunst, sondern  auch  von  dem  der  Politik.  Bezüglich  des  ersteren  muss  ich 
Ihnen  sagen,  dass  ich  viele  Gründe  sehr  genau  in  Erwägung  gezogen  habe  — 
ebenso  betreffs  der  Zufuhr  der  Lebensmittel,  der  Märsche  und  Lager  in  dieser 
Jahreszeit,  als  der  Schwäche  und  Verfassung  Ihrer  Armee.  Wäre  es  vom  po- 
litischen Standpuncte  nicht  besser  gewesen,  etwas  zurückzuhalten,  wenn  es 
wahr  ist,  dass  wir  Hilfe  oder  eine  Diversion  zu  erhoffen  haben?  Wäre  es  nicht 
besser  gewesen,  seine  Leute  zu  sparen  für  die  Gelegenheit,  einen  entschei- 
denden Schlag  zu  führen,  wesswegen  man  ja  Schlachten  liefert  ?  Mit  wenig 
Leuten  unter  grossen  Schwierigkeiten  im  Lande  vorzugehen,  einen  Feind 
überlegen  an  Zahl  und  mit  gutgeübter  Mannschaft,  mit  einer  kleinen  Anzahl 
Bauern,  die  weder  Theorie,  noch  Praxis  kennen,  anzugreifen,  ist  eine  Methode, 
die  wir  seit  einiger  Zeit  beobachten  und  welche  die  Ursache  unseres  bis- 
herigen Unglückes  ist.  Erinnern  Sie  sich,  dass  Guido  Starhemberg  gesagt 
hat,  dass  man  den  Krieg  mit  dem  Kopfe  und  nicht  nur  mit  dem  Arme  führen 
müsse  ;  aus  diesem  Grunde  entschuldige  ich  Sie  ebenso,  wie  Jene,  welche  seit 
dem  Jahre  1733  mit  ähnlichen  Aufträgen  betraut  waren;  diese  dort  sind  ge- 
blendet durch  den  Eifer  für  den  Dienst  I.  M.  der  Königin.  Es  ist  wahr, 
dass  man  Alles  versuchen  soll,  sie  aus  den  Verlegenheiten  zu  ziehen,  in  die 
sie  unverschuldet  gerathen  ist;  aber  um  desto  vorsichtiger  muss  man  sein, 
sie  nicht  noch  schlechter  zu  stellen. 

Bezüglich  der  Action,  die  Sie  mit  den  Feinden  hatten,  ersah  ich  aus 
der  Relation,  dass  unsere  Cavallerie  unter  der  Führung  des  GM.  Römer 
ihre  Pflicht  vollauf  gethan  hat,  aber  sie  hätte  müssen  durch  die  Infanterie 
unterstützt  und  gehalten  werden,  ohne  was  ein  derartiges  Manöver  sehr  ge- 
fährlich ist.  Dass  man  verlange,  dass  eine  Cavallerie  ein  zweites  Mal  eine 
ähnliche  Attaque  unternehme,  ist  gegen  die  Natur,  da  selbst  die  Pferde  nicht 
im  Stande  sind,  es  zu  thun.  Ich  wollte,  dass  unsere  In  läutern'  die  von  ehedem 
sei,  diese  Reiterei  würde  Ihnen  Gelegenheit  geboten  haben,  die  preussische 
Armee  vollkommen  zu  vernichten. 


')  G-räfl.  Neipperg'sches  Archiv.  Original.   Eigenhändig.   (In  französischer  Sprache 
Oesterreichischer  Erbfolgekrieg.  II.  Bd.  £2 


658 

Ich  erkenne  ans  dieser  Action,  dass  die  Preussen  nur  im  Stande  sind; 
gute  Haltung  zu  zeigen,  gut  zu  schiessen  und  sich  zu  vertheidigen,  aber  nicht 
zu  manövrieren,  was  Ihr  Glück  war,  da  Sie  sonst  vollkommen  vernichtet 
worden  wären.  Wir  haben  also  keine  Infanterie,  auf  welche  wir  zählen  können, 
wesshalb  wir  den  kleinen  Krieg  fuhren  und  nicht  verlangen  sollen,  Schlachten 
zu  gewinnen.  Aus  diesem  Grunde  rathe  ich  ihnen  Bündnisse  an,  die  Ihnen 
eine  Diversion  machen,  oder  gut  40.000  Mann  Verstärkungen,  da  wir  allein 
diese  Affaire  nicht  zu  Ende  bringen  werden.  Nach  meiner  Ansicht  würde  ich 
die' Armee  nach  Böhmen  zurückziehen,  da  der  König  Sie  nach  allen  Anzeichen 
kaum  in  Neisse  lassen  wird.  Sie  sehen,  dass,  wenn  Sie  in  Böhmen  sind,  Sie  die 
preussische  Armee  stets  abschneiden,  wenn  sie  in  Mähren  einbrechen  will 
und  wenn  sie  nach  Böhmen  will,  sind  Sie  im  reichen  Lande,  Sie  haben  gleich- 
zeitig Acht  auf  Bayern  und  reichen  Sachsen  die  Hand,  wenn  dieses  mit  uns 
sein  sollte  ;  Sie  garantieren  auch  die  Dispositionen  für  die  böhmische  Krönung. 
Regen  Sie  sich  nicht  über  das  Unglück,  das  Sie  hatten,  auf.  Handeln  Sie,  wie 
es  Ihnen  Ihre  Ergebenheit  für  den  Dienst  der  Königin  eingibt  und  hören 
Sie  auf  nichts  Anderes.     Bewahren  Sie  mir    die  Ehre  Ihrer  Freundschaft    etc. 


Ü5(J 


XLV. 
Puiicta, 

welche  praeliminariter    unter  Russlands  Vermittlung    zum    gründe    einer  voll- 
ständigen Einverständnis,  und  Zusammensetzung  zwischen  Ihre-  Königl.  May  est. 
von  Polen,  als  Churfürsten  zu  Sachsen,  und  Ihro  Mayest.  der  Königin  von 
Hungarn,  und  Böhmen  gelegt  werden. l) 

Ihro  Mayest.  die  Königin  von  Hungarn  und  Böhmen,  würden  sich 
von  nun  an  verbindlich  zu  engagieren  haben,  Sr.  Mayest.  dem  König  von 
Pohlen,  als  Churfürsten  zu  Sachsen,  nach  Endigung  des  Kriegs  mit  Preussen 
bei  Errichtung  des  Friedens 

1.  Magdeburg,  Halle,  das  Fürstenthum  Crossen,  und  alles  was  der  König 
in  Preussen  in  der  Nieder-Lausitz  dermahlen  besitzet,  eigen thümblich  zu  ver- 
schaffen, hierüber  noch 

2.  den  dritten  Theill  von  allen,  sonsten  von  des  Königs  in  Preussen 
Landen,  gemachten  Conqueten  zu  cedieren,  und  dardurch  Chur-Sächsen  vor 
die  übernommene  Assistenz,  und  Gefahr  ausser  Schaden  zu  setzen. 

Sollte  der  Königin  Mayest.  beim  Frieden  ausser  Stande  seyn,  sothanen 
zweierlei  Bedingungen  ein  völliges  Genügen  zu  leisten,  wollen  Sr.  Mayest. 
der  König  sich  begnügen,  dass  ihm  auf  30  Jahre  der  freie  und  unbeschuldete 
Genus  von  den,  in  Böhmen  gelegenen  drei  Creisen,  den  Leitineritzer,  Schlaner, 
und  Satzer,  hypotheclich  verschrieben,  und  eingeräumet,  oder  anstatt  der- 
selben vor  Ablauf  der  wieder  Abtritts- Jahre,  von  der  Königin  ein  anderes 
annehmliches,  und  hinlängliches  Aequivalent  gegeben  werde. 

Auch  verstünde  sich  von  selbst,  dass  während  der  Zeit  Sr.  Königl. 
Mayest.  Chur- Sächsische  Trouppen,  in  ihrer  Mayest.  der  Königin  zu- 
gehörigen Landen  stehen,  und  agieren,  selbige  daraus  ihre  Subsistenz,  und  Ver- 
pflegung zu  ziehen  hätten. 

Dagegen  würden  Seine  Königl.  Mayest.  von  Polen  sich  verbinden,  der 
Königin  Mayest.  mit  aller  Macht  gegen  des  Königs  von  Preussen  Mayestät 
biss  zu  Ende  des  Krieges,  und  Erhaltung  eines  raisonablen,  und  gemein- 
schaftlichen Friedens,  beizustehen,  auch  sowohl  selbst,  als  durch  Zuziehung 
anderer  freundschaftlicher  Höfe  und  Mächte,  alles  was  zu  Ihrer  Mayest.  der 
Königin  von  Hungarn  und  Böhmen  Erhaltung  und  Bevestigung  überhaubt 
gereichen  kann,  nach  allen  Kräfften  aufrichtigst  beitragen  zu  wollen. 


')  H.  H.  u.  St.  A.,  Staatskanzlei.  Sachsen,  Fase.  III. 

42* 


660 

Diese  Engagements  von  beiden  Seiten  sollen  nicht  anders,  als  mit 
concert  und  Gewährung  von  Eussland  genommen,  und  erfüllet  werden. 

Man  bedinget  sich  beiderseits,  dass  dieses  genaue,  und  wichtige  Ein- 
verständnus  auf  das  sorgfältigste  geheim  gehalten,  mithin  auch  zu  dem  ende 
in  Wien  nicht  ministerialisch  tractiert  werde,  sondern  blos  durch  die  Hände 
des  Obristen  Hoff-Canzlers  Hr.  Grafens  von  Sinzendorff  Excell.  mit  Zu- 
ziehung des  geheimen  Staats-Secretarii,    und  Eeferendarii  Freiherr  von  B  a  r- 

t  e  n  s  t  ein,  gehe. 

Sobald  von  Ihrer  Königl.  Mayest.  von  Hnngarn  und  Böhmen  eine 
beifällige  klare,  und  positive  Antwort  eingelaufen  sein  wird,  würde  man  allhier 
die  Zeit,  wann  sich  öffentlich  zu  declarieren  sei,  sowohl,  als  einen  Operations- 
plan zu  concetieren  haben. 


661 


XL  VI. 
Nota 

der    puncte,    um    welche    von    Seiten    Ihro    Königl.  Maytt.    zu  Hungarn    und 
Böheim    des  Königs    von  Gross-Britanien  Maytt.    auf    das    ineständigst-  und 

Freundschaftlichste  ersucht  werden. *) 

Nernlich : 

Primö.  Womit  Seine  Königl.  Mayett.  von  Grossbritanien  dero  Ministrum 
zu  Eegensburg  zu  einer  genauen  einverständnis  in  der  Preussischen  überfalls- 
anliegenheit  und  zur  Vesthaltung  derer  kundbabrer  Reichs-Sazungen  anzu- 
weisen. 

Secundö.  der  fürwaltender  Heylsamer  Absicht  mit  dem  associations- 
Werk  derer  der  fünf  Creysen  durch  Dero  viel  vermögenden  einfluss  bei  denen 
betreffenden  Höfen  allen  Vorschub  zu  geben,  und 

Tertiö  Sieb  gefallen  Lassen  wolten,  den  neinblich  Vorschub  der  recla- 
mierten  schleunigen  Hülf  bey  Russland,  Dänenmark.  Königl.-Polnisch-auch 
Chur-Sächsischen  Hof,  und  denen  General- Staaten  zu  ertheilen. 

Quarto.  Zu  erleuchtester  erkandtnüs  deren  so  besonderen  umbständen 
gegenwärtigem  Unwesens  zu  steuern,  mit  all  Dero  ganzen  Macht,  und  nach 
eussersten  kräften  von  Dero  Durchl.-sten  Hauss  denen  Preussischen  Unter- 
nehmungen sich  zu  widersezen,  mithin 

Quintö.  Sowohl  die  jetzt  erwähnte  Dero  Chur-Braunschweig,  als  Dän- 
und  Hessen-Cassehschen  Trouppen  dergestalten  in  Bereitschaft  und  marche 
sezen  zu  lassen,  damit  dieselbe  in  nächstbevorstehend  Monath  Februario  sich 
mit  denen  Von  der  Königin  verlässlich  vereinbahren  können. 

Im  Gegentheil  erbietten  sich  Ihro  Maytt.  die  Königin  an  Se.  Königl. 
Mayett.  von  Grossbritanien  auf  das  kräftigste  und  allerdings,  wann  Dero 
deutsche  Lande  von  denen  Preussen  angegriffen  werden  sollten,  an  Ihro  Gross- 
britanische  Maytt.  die  nembliche  Hülfe,  welche  Sie  Königin  nunmehro  zu 
rettung  Schlesien  an  Ihro  Mayett.  den  König  gesinnen,  und  Schlüsslichen 
überhaubten  an  mir  billicher  gemeinnuzigen  und  höchst  nöthiger  reeiproeo 
oder  zurückgab  zu  nichtem  das  mindeste  erwinden  zu  lassen. 

Ferner  weiths  leben  Ihre  erwehnte  Maytt.  die  Königin  der  Tröst- 
lichen Zuversicht,  es  werden  Seine  auch  öfters  gedachte  Königl.  Maytt,  von 
Grossbritanien  nach  Orth  Dero  erleuchtester  erkandtnüs  und  ruhmwürdigster 
Wohlmeynung  zu   der  gemeinsamen  Vortragnus    von    Selbsten  geneuget  seyn 


')  Beilage  zu  Graf  O  s  t  e  in's  Bericht,  ddto.  London,  27.  Jan.  1741.     (H.  H.  u.  St.  A. 


662 

zu  Herstellung  des  guten  Vernehmens  zwischen  Ihro  Maytt.  der  Königin, 
und  Sr.  Königl.  Pohlnischen  Maytt.  Churfürsten  zu  Sachsen  in  Benehmung  alles 
unstatthaften  Argwohns  sich  anzuwenden,  und  zu  diesem  Ende  dortige  Minis- 
tros  anzuweisen  geruhen,  in  Aengesten  Vertrauen  mit  Ihro  Maytt.  der 
Königin  Ministris,  besonders  dem  Grafen  von  K  h  e  v  e  n  h  ü  1 1  e  r  hierunter 
zu  werk  zu  gehen,  nicht  münder  des  Prinzen  Statthalters  von  Cassel  Durchl 
zu  vermögen,  auf  dass  dieselbe  die  in  kraft  unions-Tractats  ausbedungene 
3200  Mann  zur  begleichten  löbhchsten  Anwendung  wegen  Preussen  in  die 
erforderliche  Bereitschaft  zu  setzen,  wo  hingegen  an  sothanen  Trouppen  das 
nembliche,  wie  in  Letztem  französischen  Krieg  eingestanden  wird. 

Solten  nun  Ihro  Königl.  Grossbritanischen  Maytt,  Gnädig  gernhen  Dero 
erleuchteste  Meynung  zu  eröffnen,  wann  und  durch  welchen  Weg  die  Dän- 
und  Hessischen  Hülfs-Trouppen  zu  jenen  von  Ihro  Maytt.  der  Königin  zu 
stossen  hätten,  auch  ob  und  wie  weit  allenfalls  Euer  Königl.  Maytt.  die  Macht 
Dero  Durchl.  Chur-Hausses  zu  der  Königin  Ihren  Trouppen  stossen,  oder 
wie  sonsten  Höchstdieselbe  damit  nuzlichst  operieren  zu  lassen  Gdst.  gesinnet 
seyen?  So  köndte  von  Seiten  der  Königin  mit  Erfahrung  der  so  kostbahren 
zeit  auch  Ihro  Vorkehrungen  desto  gemessener  ausgegleitet,  oder  aber 
sogleich  angezeuget  werden,  was  noch  mehr  vorträglicher  zu  gemeinsahmen 
Nuzen  an  Lande  in  Vorschlag  zu  bringen  seyn  könnte,  und  Leztlichen  zu 
Vollendung  des  Plans  die  behörige  Instruction  directe  hieher  auf  das  schleu- 
nigste in  Erklährung  erlassen,  oder  aber  dem  allen  -  falls  verlangend  Ge- 
neralen anschicksambst  mitgegeben  werde. 

Heinrich  Carl  Graf  v.  O  s  t  e  i  n. 


663 


XLVIIA. 
Offenes  Patent. ]) 

Wilhelm  Reinhard  etc 

Ob  es  zwar  eine  allweeglich  erlaubte  Sache,  dass  die  sogenannten  Wal- 
lachen oder  Goralen  dem  Feinde  und  allen  denenjenigen,  so  es  mit  ihm 
halten  bey  allen  Gelegenheiten  allen  nur  erdenklichen  Schaden  und  abbrach 
thuen  und  zufügen  können,  so  ist  doch  darbey  vor  allem  zur  vermeyden,  dass 
hierunter  nicht  auch  die  wohlgesinnt-  und  Ihrer  Königlichen  Majestät  zu 
Hungarn  und  Böheiru,  unserer  Allergnädigsten  Frauen  Treu-  verbliebenen 
Orthschafften  und  unterthanen  mitgenohmen  und  denenselben  das  mindeste 
Leyd  angethan  werde ;  Es  wirdet  demnach  durch  dieses  offene  Patent  ob- 
gedachten  Wallachen  oder  Goralen  und  allen  übrigen,  die  es  immer  seyn 
mögen,  auf  das  allerschärffeste  eingebunden,  sich  an  derley  wolgesinnt-  und 
Treu  verbliebenen  Orthschaften  und  unterthanen  nicht  im  mindesten  zu  ver- 
greifen, von  denenselben  etwas  wider  Gebühr,  unter  wass  nahmen  es  immer 
seyn  möge,  zu  erpressen  oder  zu  erzwingen,  oder  ihnen  sonsten  einiges  leyd 
oder  Nachtheil  zuzufügen,  massen  man  widrigens  mit  aller  schärfe  gegen  die 
übertretter  zu  verfahren  bemüssigt  seyn  würde,  denen  Feinden  hingegen,  und 
allen  denjenigen,  so  es  mit  ihm  halten,  können  selbe  Schaden  und  abbruch 
thun,  wie  und  soviel  Sye  es  nur  immer  vermögen,  ohne  desswegen  an  einige 
Verantworthung  gebunden  zu  seyn. 

Neisse,   den  21.  April  1741. 


xLvn/2. 

Patent. 2) 

Wilhelm  Reinhard  etc. 

Nachdem  häufige  Klagen  und  Beschwärden  einlangen,  dass  hin  und 
wieder  in  dem  Herzogthumb  Schlesien  absonderlich  aber  in  denen  Fürsten- 
thumbern  Oppeln  und  Ratibor,  Herrschafft  Beuthen  und  sonsten  dasiger  Ge- 
genden verscbidene  Banden  von  zusammengerotteten  liderlichen  Gesündel,  so- 
benahmste    Freybeutter ,     oder    Goralen    sich    hervorthuen,    und    unter    dem 


*)  K.  A.,  A.  A.,  Neipperg;   1741,  29—40. 
2)  K.  A.,  A.   A.,  Neipperg,   1741,  29—48. 


664 

scheinbahren  Vorwand,  alss  ob  sye  bestellet,  die  hierländig-  der  Evangelischen 
Eeligion  zugethanenen  Inwohner  zu  vertilgen  und  auszurotten,  allerhand 
greuliche  Excessen  und  Gewalttaten  ausüben,  die  Oerther,  Landes-Insassen 
und  unterthanen  ohne  ansehen  der  Religion,  und  sozusagen,  wer  ihnen  nur 
unter  die  Hände  kommt  ausrauben,  plündern,  und  von  ihren  Boshafften  mi- 
thatten überall  leydige  Merkmahl  und  Fussstapfen  hinter  sich  lassen,  ein 
solches  aber  mir  schnurgrad  wider  die  Intention  Ihrer  Königlichen  Mayestät 
zu  Hungarn  und  Böheimb,  unserer  Allergnädigsten  Frauen  lauftet,  alss  die  da 
nicht  will  und  verlangt,  dass  jemanden  in  Allerhöchstderoselben  Erbhertzog- 
thumb  Schlesien  und  darunter  begriffenen  Fürstenthümern,  Graf-  und  Herr- 
schafften, Städten,  Flekben,  Dörffern  und  wie  es  sonsten  immer  nahmen  haben 
möge,  von  Catholisch-  oder  Evangelischer  Religion  ohne  unterschied,  das 
Mindeste  Leyd,  oder  die  geringste  unbilde  zugefügt  werde,  worvon  jedoch 
die  Jenigen  ausgenohmen,  so  da  sich  unterstehen,  Allerhöchstgedacht  Ihrer 
Königlichen  Majestät  gerechtester  Sache,  von  wass  für  einer  Religion  sye  auch 
immer  seyn  mögen,  sich  zu  widersetzen,  und  gegen  Allerhöchstderoselben 
Trouppen  oder  getreuen  unterthanen  die  Waffen  zu  ergreifen  oder  dem  Feind 
gegen  uns  zu  dienen,  und  darauff  würklich  betretten  würden,  einfolglich  als 
Rebellen  und  Aufruhrer  mit  aller  Schärfte  und  Ernst  in  aller  gelegenheit  an- 
zusehen wären  : 

Als-;  wirdet  allen  getreuen  Insassen  und  unterthanen  dieses  Erbherzog- 
tliumbs  Schlesien  und  denen  denselben  incorporierten  Fürstenthümern  Graff- 
und Herrschafften,  Städten,  Flekhen  und  Dörffern  durch  dieses  offene  Patent 
von  aufhabenden  hierländigen  General-Commando  wegen  die  Vollkommene 
Gewalt  gegeben,  alles  Eingangs  gedachtermassen  unter  dem  nichtigen  Vor- 
wand, cHe  Lutheraner  zu  vertilgen,  zusammen  rottiertes  liederliches  Gesindeb 
sogenannte  Freybeuter  oder  Goralen,  nach  allen  Kräfften  zu  verfolgen,  sel- 
bige zu  tödten,  gefangen  zu  nehmen,  und  die  solchenfalls  einbringenden  mir 
anhero  zu  liefern,  um  an  ihnen  ein  gemessenes  Exempel  statuieren  lassen  zu 
können  und  dardurch  der  ganzen  Welt  zu  zeigen,  wie  weit  Ihro  Königliche 
Mayestät  zu  Hungarn  und  Böheimb  unser  Allergnädigste  Frau  entfehrnt  seye 
jemanden  von  ihren  treuen  unterthanen,  Er  mag  der  Catholisch-  oder  Evan- 
gelischen Religion  zugethann  seyn,  das  geringste  Leyd  oder  Unbill  zufügen 
zu  lassen.  Wornach  sich  also  zu  richten. 

Neisse,  den  KH\.  April  17-11. 


665 


xLvm. 

Patent. ]) 

Hiedurch  und  in  Kraft  dieses  offenen  Patents  wirdt  dem  HeiTii  Grafen 
Ludwig  Lambert  Celari  die  vollkommene  Gewalt  und  Vollmacht  ertlieillet, 
eine  Frey-Compagnie  von :  1000  bis  1200  Köpfen  aufzurichten  und  anmit 
denen  Feinden  zwischen  der  Oder  und  denen  polnischen  Gräntzen  abwärts 
soweit  derselbe  es  mög-  und  thunlich  findet,  allen  ersinnlichen  abbrach  zu 
thun,  Ihrer  Königl.  Mayest.  unserer  Allergnädigsten  Frau  Allerhöchsten  Dienst 
und  des  Landes  bestes  hingegen  allmöglich  zu  befördern;  über  sothane  Frey- 
Compagnie  wirdet  Eingang  besagter  Herr  Graf  Ludwig  Lambert  Celari 
durch  dieses  offene  Patent  alss  Ober-Capitaine  erkhannt,  welche  Charge  so  lang 
als  die  hiezu  land  fürwährender  Trouble,  und  derselbe  dieser  Frey-Compagnie 
vorstehen  wird,  dauern  soll;  alle  Beutte.  so  derselbe  über  den  Feind  recht- 
mässiger weise  machen  wird,  fallet  ohnmittelbahr  ihme  Herrn  Grafen  Celari 
und  seiner  Frey-Compagnie  zue,  ohne  dass  wer  anderer,  wer  es  auch  immer 
seye,  daran  einen  ansprach  machen  könne,  dargegen  aber  wirdet  hiedurch 
alles  Rauben  und  Plündern  bierländiger  Unterthanen,  absonderlich  aber  denen, 
so  es  unverrückht  mit  Ihrer  Königlichen  Mayestät  unserer  Allergnädigsten 
Frau  gehalten,  und  sich  von  der  Allerhöchstderoselben  schuldigen  Treue  nicht 
abwendig  machen  lassen,  gemessen  Verbotten,  unter  bedrohung,  dass  die  hierauf 
betrettende  mit  ernstlicher  Strafe  ohnfehlbar  angesehen  werden  sollen. 

Wirdet  nun  mehrerholter  Herr  Graf  Celari  hirinfalls,  wie  man  sich's 
vollkommen  zu  ihme  versiehet,  recht  thuen,  und  nichts  anderes  als  Ihrer 
Königl  Mayest.  unserer  Allergnädigsten  Fraue  Allerhöchsten  Dienst  und  interesse, 
ilabenebens  auch  das  beste  und  Nutzen  des  Vaterlandes  zum  Zweckh  haben 
so  kan  derselbe  nicht  allein  auf  Allerhöchste  Königl.  Gnade,  sondern  auch 
ohnfehlbar  erfolgende  Belohnung  seinen  gewissen  Conto  machen,  sofort  bey 
dem  Vaterland  selbst  sich  grosse  Verdienste  und  Euhm  erwerben. 

N  e  i  s  s  e,  den  20.  April  1711. 

Neipperg. 


')  K.  A.,  Sohlesien  1741;  IV,  48. 


666 


XLIX.  ]  i 

Nachderne  der  Feind  mit  der  Belagerung  der  Vöstung  Brieg  so  weith 
kommen  ist,,  als  dessen  approchen  nicht  weither  als  40  biss  60  Schritt  von 
den  werkhen  mehr  entfernet,  auch  die  Bastions  Nr.  2  und  3  völlig  ruinieret 
worden,  alss  haben  Ihro  Excellenz  der  Herr  commandierende  General  alle  Herrn 
Staabsofflciers,  Benantiich  Herrn  Obristen  Baron  de  Fin,  Herrn  Obristen  von 
Pettinger,  Herrn  Obristleuth.  Bar.  von  Cosa,  Hr.  Obristleuth.  von  Bouchard_ 
Hr.  Obristwachtmeist.  Graf  Garani,  den  Ingenieur-Haubtmann  und  sambentliche 
Artilleristen  zu  sich  beruften  und  denenselben  den  ruinierten  Stand  der  Vöstung 
vorgetragen,  sodann  ged.  Herren  Stabsofficiers,  Ingenieur-Haubtmanns  und  den 
Artilleristen  ihre  meinung  hierüber  anverlanget ;  worüber  dan  von  seltnen  des 
Ingenieurs-Haubtmans  erinnert  wirdet. 

Nachderne  der  Feind  so  weith  avanciert  ist,  als  wird  unumbgängl.  erfordert, 

arbeithsleuthe  hierzu    aufzutreiben,   was  nur  immer  möglich  aufzubringen  ist; 

Die  gelegten  grössten  Bomben  beyrn  Couvre  de  face  sollen  wohl  visitieret, 

und  im  gutten  Stande  gehalten  weren,  damit,  wann  der  Feind  anlauffen  solte, 

den  sicheren  Effect  würkhen  möge  ; 

Nun  verlanget  der  Ingenieur-Haubtmann  zur  benöthigten  arbeith  und 
zwar  täglich  : 

auf  Nr.     2 80  Köpfe 

..       ■•      3 150        .. 

„       „      4 70       „ 

■       -      8 so        .. 

..       ..17 100       „ 

welche  unaufhörlich  zur  arbeith  angetrieben  werden  sollen ;  Worbey  auch 
nöthig  ist ;  dass  man  bey  Tag  anfange  zu  arbeithen,  nachderne  die  Nacht  zu 
kurz  ist,  und  wehrend-diesser  zeith  das  ruinierte  nicht  kau  repariert  werden, 
gleichwie  diesse  nacht  würkhlich  dasjenige,  welches  auf  denen  werkhen  rui- 
nieret worden,  aus  mangl  den  arbeithsleuthen  nicht  mehr  hat  reparieret  werden 
können ; 

Alle  Schanz-  und  arbeiths-Requisiten,  nemblich  Schauffein,  Hakken, 
Stösseln,  Bau-Holzpfosten,  Bretter,  Sturmpfähle,  klein-  und  grosse  Nägeln, 
der  Schmiden,  so  Tag-  und  Nacht  arbeithen,  40  Zimmerleuthe  bey  Tag,  und 
auch  40  bey  der  Nacht,  6000  Fachinen,  8000  pflökhe,  200  Schlögl  zum  pflökh 
einschlagen,  und  das  hierzue  zum  Schneiden  erforderliche  Eyssen,  Schanz 
Körpfe  von  6  Sclmch  hoch  300  und  mittlere  300  sollen  herbeygeschaffet  werden ; 


')  Fiirstl.  Schauniburg-Lippe'sches  Archiv  zu  Nachod. 


667 

Von  Seithen  der  Artillerie  wirdt  gemeldet,  dass,  wann  24  halbe  Car- 
thaunen,  24  Quartier-Schlangen,  3G  falcaunen,  12  60pfündige  Mörser,  beyläufig 
1000  Centner  Pulver,  etliche  hundert  Centner  Bley  und  ä  proportione  auch 
so  viel  Kugeln  beysamben  wären,  da  wolten,  und  kunnten  sich  erdeutte  Ar- 
tilleristen guth  defendieren  ; 

Dass  aber  mehrgemeldte  Artilleristen  ab  disses,  und  so  viel  anverlan- 
geten,  seye  die  ursach,  weihen  ansonsten  dem  Feindt  sein  grosses  geschiiz  zu 
demontieren  man  nicht  im  Stande  ist,  anerwogsn  man  mit  3  kleinen  Stülchen, 
mit  welchen  annoch  geschossen  werden  kann,  gegen  49  meistens  drey  viertl, 
und  halbe  Carthaunen,  dann  20  60-pfündige  Mörsser,  die  beständig  feuern, 
nicht  die  geringste  resistence  machen  kann. 

Drey  von  denen  hiesigen  besten  Stukhen  seyndt  würklich  verlezet, 
und  unbfauchbahr  worden ; 

Alle  Schüss-Scharfcen,  die  Man  durch  3  und  4  ganze  Nacht  reparieret 
hat,  seyndt  von  dem  Feindt  in  2  Stunden  völlig  ruinieret,  und  darnider  ge- 
schossen worden,  das  daraus  kein  Schuss  mehr  hat  geschehen  können;  der- 
mahlen  seyndt  schon  etliche  und  90  Centner  Pulver  verschossen  worden  ; 

Feuer-Ballen,  Brandt-Kugeln,  Carcassen,  Licht-Kugeln,  seyndt  höchst 
nöthig,  damit,  wann  der  Feindt  bey  der  Nacht  anrukhen  solte,  mit  dissen  in 
etwas  beieichtet  werden  möge  ; 

Bomben  befinden  sich  18  60p  fündige  ;  22  dergleichen  von  denen  feind- 
lichen, so  herein  gefallen  seyndt,  und  27  30pfündige.  Im  übrigen  beschwähret 
sich  der  Feuerwerkher,  dass  Er  zxi  reparierung  der  beschädigten  Laveten,  und 
Räder  keine  leuthe  aufbringen  kann,  und  zu  regierung  deren  Stukhen  wären 
wenigstens  64  Handtlanger  erforderlich. 

Die  Pulver  Magazine  seyndt  sehr  schlecht  versehen,  dass  sie  von  denen 
Bomben  nicht  ganzen  sicher  seynd ; 

Die  dermahlige  Garnison  besteht  in  allem  und  jeden  zu  diesen  in 
1600  Köpfen ; 

Dass  erste  feindliche  Parallel,  welches  den  2St,n  hujus  in  der  Nacht 
gezogen  worden,  wäre  von  der  Vestung  300  Schritt,  und  heuth  nacht  ist 
bis  auf  40,  höchst  60  Schritt  darmit  zu  der  Vöstung  avanciert  worden. 

Die  obverlangten  nöthigen  Fachinen,  Schanz-Körpfe,  und  pflökhe  gehen 
dem  Ingenieur-Haubtmann  ab  ; 

Die  Pallisaden,  und  Sturmpfähle,  welche  die  grösste  defence  der  Vöstung 
ist,  seyndt  an  den  meisten  örthern  schon  ruinieret  worden,  dergestalten,  dass 
man  selbige  an  einigen  örthern  nicht  mehr  hat  reparieren,  und  ersetzen  können  ; 

Die  Burgerschaft  will  an  keine  orth,  wo  es  nur  die  geringste  gefahr 
zu  seyn  scheinet,  hingehen,  sogar  bey  der  vorgewesten  Feuersbrunst  hat 
keiner  eine  Hand  anlegen  wollen,  solche  zu  löschen,  sondern  vielmehr  der 
allhiesige  Bürgermeister  sagen  lassen,  dass  die  Bürger  schon  den  lten  May 
verlangten,  viel  lieber  den  commandierenden  Generalen  zur  übergaab  dieser 
Vöstung  zu  persuadieren,  alss  sich  ferner  mehr  zu  wöhren. 


668 


Capitnlation. *) 

Ueber'die  von  Uno  Mayst.  der  Königin  zu  Hungarn  und  Böheimb 
dermal  in  der  Festung  Brieg  in  Besatzung  sich  befindenden  Truppen,  welche 
bei  Uebergabe  des  Orthes  an  Ihro  Mayest.  den  König  in  Preussen  unter  heu- 
tigem dato  accordieret  worden. 

1.  I.  M.  der  König  aus  Preussen  wird  der  Besatzung  den  freien  Abzug 
bei  Uebergabe  der  Festung  Brieg  mit  allen  militärischen  Honneurs  gestatten; 

2.  Dabei  vervvilligen,  dass  die  sämmtlicheu  Herrn  Officiers  und  Militärs, 
der  dermahlige  Kriegs-Zahlmeister  Graf  von  P  ü  ekle  r,  nebst  dem  Commis- 
sariat,  Proviant-  und  Fortifications-Amte,  mit  allen  ihren  Bagagewagen  frei 
abziehen  können,  wozu  von  Ihro  königl.  Mayst.  von  Preussen  alle  Vorgespann 
und  Hilfe  geleistet  werden  wird;  und  dieses  soll  von  Ingenieurs  und  Artillerie- 
Bedienten  auch  verstanden  sein. 

3.  Der  freie  Abzug  soll  bis  in  die  Stadt  Neisse  verstattet  sein. 

4.  Die  abziehenden  Herren  Officiers  und  Gemeine  sollen  sich  verrever- 
sieren,  wider  I.  M.  den  König  in  Preussen  von  heutigem  dato  an  über  zwei 
Jahre  nicht  zu  dienen,  besonders  in  Schlesien,  auch  niemals  wider  dieselbe 
in  Schlesien  zu  agieren. 

5.  Alles  was  sich  allhier  in  der  Festung  an  Artillerie,  Munition  und  Pro- 
viant befindet,  soll  richtig  übergeben  werden,  dagegen  aber 

6.  wird  ausgenommen  diejenige  Munition,  die  jeder  Mann  in  seiner 
Patron-Tasche  mit  sich  führt,  ingleichen  wird  auf  -i  Tage  Brod  passieret. 
Anlangend 

7.  das  Politicum,  Civile  und  Beligionswesen  ;  bei  diesen  allen  wollen 
Ihro  Mayst.  der  König  von  Preussen  in  statu  quo  bewenden,  auch  jeden  Theil 
in  seinen  hergebrachten  alten  Privilegien,  Immunitäten  und  Freiheiten  conser- 
vieren  lassen.  Und  nachdem 

8.  dermalen  obstehende  Capitulation  in  obhab ender  Vollmacht  des 
Königs  von  Preussen  von  Tit.  Herrn  General- Adjutant  Herrn  O bristen  von 
Borcke  unterschrieben  worden,  so  wird  von  Seiten  der  übergebenden  Festung 
das  Breslauer-Thor  zur  Besetzung  mit  königl.  preussischer  Miliz  sogleich 
eingeräumet   werden. 


J)  Original  im  fürst] .  Schaumburg-Lippe'sclien  Archive  zu  Nachod.  Abschrift  im 
Browne'schon  Manuscript  und  >m.  K.  A.,  Schlesien  1741;  Fase.  V.  22,  welche  nicht  durchaus 
gleichlautend  sind.  Die  Capitulation  ist  abgedruckt  in:  ..Helden-,  Staats-  und  Lebens- 
geschichte Friedrich' s  des  Andern",  2.  Aufl.  Frankfurt  und  Leipzig,  I,  819. 


669 

'J.  Soll  von  beiden  Theilen  alle  mögliehe  Veranstaltung  vorgekehrt 
werden,  dass  der  Abzug  morgen,  oder  sobald  nur  immer  tbunlich  sein  wird, 
fördersamst  in's  Werk  gerichtet  werde. 

10,  Die  ausziehende  Garnison  wird  ungefähr  bestehen  in  zweitausend 
Mann,  benanntlich  11  Compagnien  von  Wenzel  Wallis,  7  von  B  o  1 1  a, 
G  von  Bro  w  n  e  und  der  Frei-Compagnie. 

Zu  Urkund  und  Festhaltung  alles  dessen  ist  gegenwärtige  Capitulation 
in  zwei  gleichlautenden  Instrumenta  entworfen  und  von  beiden  Theilen  unter- 
schrieben und  besiegelt  worden. 

Actum  Brie  g,  den  4.  Mai  1741. 

(L.  S.)  O.  G.  P  i  c  c  o  1  o  m  i  n  i  A  r  r  a  g  o  n  a, 

General-  Feldwaclitmeister. 

(L.  S.)  von  Borcke, 

Obrister  und  General -Adjutant  von 
Sr.  Königl.  May.  von  Preussen. 

(L.  S.)  Alexander  Baron  de  F  i  n, 

Obrister. 

(L.  S.)  J.  Pöttinge r, 

Obrister 

(L.  S.)  F.  B.  C  o  s  a, 

Obristlieutenant. 

(L.  S.)  deBouchar  t, 

Obristlieutenant. 

,,Im  Verfolg  der  gestrigen  Tages  getroffenen  Capitulation  ist  an  heunt 
fernerweith  beliebet  und  verabredet  worden,  dass  die  „15"  bespante  wägen, 
so  die  garnison  von  Brieg  mit  sich  niehmet,  durch  Ein  Commando  von 
1  Officier,  und  10  Mann  bis  Konradswaldau  so  bald  als  möglich  zurück  trans- 
portieret, alda  von  einen  gleichen  Commando  von  Königl.  Prej^sischen  Trouppen 
nehmlich  1  Officier  und  10  Mann  in  empfang  genommen,  und  sicher  bis  Brieg 
convoyieret  werden  sollte;  Undt  soll  gegenwärtiger  revers  anstatt  eines  öffentl. 
Pasportes  zu  dem  Ende  dienen,  damit  vorzeigendes  Commando  zu  ihrer  armee 
sicher  und  ungehindert  pass-  und  repassieren  könne  ;  Urkund  dessen  unssere 
aigenhändige  Nahmensunterschriften  undt  beygedruckte  Insigl. 

Actum  Brieg,  den  5.  Mai  1741. 

P.  S.  Sobald  der  Officier  mit  seinem  Comando  in  Konradswaldau 
nebste  obgenanclten  wägen  angelanget  seyn  wirdt,  soll  ersagter  Officier  es 
nach  er  Brieg  alsogleich  melden  lassen,  damit  die  wägen  übernommen  werden 
möchten." 

(L.  S.)  Ottavio  Picolomini  A  r  r  a  g  o  n  a, 

General-Wachtmeister. 

(L.  S.)  von    Borcke, 

Obrister  und  General-Adjutant  Sr.  k.  Mayst. 
in  Preussen.  ') 


')  Fiirstl.  Schaumlmrg-Lippe'sches  Archiv  zu  Nachod. 


670 


LI. 
Loco-Stand- 

Ueber  Dero  in  Hungarn  und  Bölieim  Königl.  Majestät  löbl.  in  dem  Posto 


Eegiments-Stab 


Grosser  Stab 


Oberst 


Oberst- 
lieutenant 


Summa  des 
grossen 
Stabes 


Von  Wenzel  Wallis 

„      Botta 

„      Browne 

Frei-Compagnie 

Summa 


Pöttinger 
Br.  de  Fin 


de  Bouchard 
de  Cosa 


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1 
1 
1 


2 


2 


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Wenzel  J  10  Compagnien  .    .     • 

Wallis     \  Zugetheilte  von  anderen  Comp. 

1  5  Compagnien 

J  Zugetlieilte 

1   5  Compagnien 

Browne  i  ^        ,-.    .,, 

|   Zugetlieilte 

Frei-Compagnie 

Summa  .    .    . 


665 

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141 

3 

148 

517 

29 

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— 

1 

3 

— 

4 

25 

265 

1 

1 

3 

45 

2 

50 

217 

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6 

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— 

2 

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2 

25 

277 

— 

— 

26 

63 

1 

90 

187 

78 

— 

— 

3 

12 

— 

15 

63 

293 

— 

— 

8 

78 

2 

88 

205. 

96 
5 
23 
1 
39 
10 
33 


1628 


1      45      344     8     397  1239    207 


G  r  e  n  a- 


Wenzel  Wallis  1  Compagnie 
Botta  2  Compagnien     ... 
Browne  1  Compagnie  .    .    .    . 


86 







32 



32 

54 

129 

— 

— 

— 

24 

1 

25 

104 

51 

— 

— 

3 

12 

— 

15 

36 

Summa  der  Grenadiere 


266 


68 


72    194 


23 


Summa  Summarum  .    .    .      1894      7 
Dann  befinden  sich  in  Loco  Feld-Artilleristen 

In  Oppeln  zurück  . 


48|  412|     9  |  469J1433JJ  230 

1  Corpora! 
$  Constabler 


10 
1  alter  Feuerwerker 

3  Constabler 


671 


Tabelle. 

Brieg  in  Garnison  gestandenen  Regimenter  Sub.  dato  den  9.  Mai  1711. 


kleine 

r        Stab 

Summa  des 

Auditor  und 
Seeretär 

Feld-Caplan  kachtmeister- 
Lieutenants 

Regiments- 
Feldscherer 

Proviant- 
meister 

Profoss  cum 

suis 

kleinen 
Stabes 

Mejard  1 

P.  Grever 
S.  J.            1 



Teffner  1 

— 

3 

Breyer  1 

P.  Greifen- 
weh  r            1 

Kreuterer  1 

Müller  1 

— 

Germann  1 

5 

9                         9 

Li                                                         Li 

1 

1 

1  1                  1 

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dabei  com- 
mandiert 

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Verbleihen  mithin  annoch  wirklich  allhier  in  Loco 

Summa  des  allhiesigenLoc 

Standes 

Summa  der  i.Oppeln  Kr;mk 
und  dabei  Commandiert 

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9        7     82      50     47      118    613||  IOC 

16     427  1433 

Das  Liechtensteinische  Comma 

ndo  besteht  in  .    .    .      2  Corporalen 

und  .    . 

.    13  Gei 

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3ii  abgegangen  ...      2 

Verbleiben  ...    13  Köpfe 

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Ordre  de  Bataille 

der  königl.  ung.-böhm.  Armee  in  Schlesien  den   25.  Mai  1741. 1) 


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Splenyi  . 


Württemberg 
Lanthieri   .    . 


Alt-Daun  . 

Schmettau 

Browne 


Kolowrat  . 
Botta  .  .  . 
Harrach 


Holienzollern 
Römer  .  .  . 
Podstatzky    . 


Karolyi  .    .    . 
Pestvärmegyi 
Dessewffy     . 


Croaten 
3  Bataillone 


GM.  Dickweiler 

Birkenfeld  Batthyänyi 

6  Escadronen  4  Escadronen 

Artillerie. 


Croaten 
3  Bataillone 


0 

5 

5 


6 
6 
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')  Aus  dem  FZM.  Graf  B  r  o  wne'schen  Manuscript. 


673 


lux 


Observations-Puncten  bei  der  Infanterie. 

1"IU-  Bei  einem  Regiment  oder  Bataillon,  so  in  ordre  de  Bataille  gestellet 
wird,  kommet  es  hauptsächlich  auf  die  gute  Eintheilung  derer  Ober-  und 
Unterofficiers  an.  womit  man  ein  solches,  es  seye  in  Chargierung  vor  dem 
Feind,  oder  allen  vorzunehmenden  Mouvements  gebührend  führen  und  regieren 
könne  —  und  zwar,  unter  anderen,  das  bei  einem  Regiment,  welches  zwei 
Bataillone  formieret,  bei  einem  der  wirkliche  Major,  bei  dem  andern  hingegen 
der  älteste  Hauptmann  zu  Pferd  sitze  und  majorisiere,  zu  solchem  Ende  ist 
nöthig,  dass  nicht  allein  die  Divisions  und  Plotons  mit  Ober-Officiers  en  front 
verseilen  werden,  sondern  es  will  auch,  weilen  bei  vorfallenden  Gelegenheiten 
all  Unordnung  sich  mehreren  Theils  hinterwärts  ereignen,  wie  es  die  Er- 
fahrung zu  Mollwitz  gezeiget,  da  die  Regimenter  und  Bataillone  dergestalten 
in  Unordnung  gekommen,  dass  sie  nicht  mehr  in  ihre  behörige  Ordnung 
gebracht  werden  können,  höchst  erforderlich  sei,  das  nach  proportion  der  Zahl 
der  vorhandenen  Ober-Officiers  rückwärts  hinter  das  letzte.  Glied  auf  beiden 
Flügeln  und  in  der  Mitte  eines  Regiments  oder  Bataillons  derlei  gute  Ober- 
Officiers,  auch  möglichst,  Hauptleute,  wann  deren  noch  einige  übrig  sind, 
postieret  werden,  welche  rückwärts  die  ganze  Breite  übersehen,  die  vor- 
kommenden Unordnungen  gleich  redressieren,  die  Leute  in  ihrer  ordentlichen 
Eintheilung,  auch  Reihen  und  Glieder,  und  jeder  Mann  zur  Schuldigkeit,  wann 
es  auch  bei  vorfallendem  Weichen  durch  Niederstossen  geschehen  müsste, 
wieder  zu  bringen  suchen  sollen  ;  wobei  auch  für  besser  erachtet  wird,  dass 
gleich  anfänglich  die  Fahnen  durch  die  Führer  umb  selbige  zu  tragen,  zu- 
i  derist,  da  wir  so  wenig  Ober-Officiere  bei  denen  Compagnien,  Bataillonen 
und  Regimentern  haben,  und  ohnehin  niemahlen  complett  Krankheiten-Com- 
mando-  und  anderer  Ursachen-Willen  erscheinen  können,  übernohmen,  die 
Fähndrichs  hingegen  gleich  in  die  Divisiones  und  Züge   vertheilet  werden. 

2Ao-  Alle  Zimmerleute  eines  Regiments  oder  Bataillons,  so  im  Aus- 
marsche  durch  einen  Unterofficier,  bei  denen  die  die  avant-Garde  haben,  ä  La 
tete  ihrer  geführet  werden,  müssen  in  einer  occasion  gegen  dem  Feind  hinter 
dem  Regiment,  oder  Bataillon  gesetzet  und  unter  gutes  Verwahr  obgedachtes 
Unterofficiers  beisammen  behalten  werden,  womit  man  selbige  in  jedes- 
maligem Erfordernusfail  sogleich,  bei  der  Hand  habe,  und  richtig  zu  linden  weiss. 

3"°-  Ist  bei  denen  Regimentern  oder  Bataillonen  Schanzzeug  ausgetheilet, 
so  müssen  die  Jenigen,  so  solchen  tragen,  durch  einen  besonderen  Lieutenant 

Oesterreichisclier  Erbfolgekrieg.  II.  Bd.  43 


674 

commandiert    und   jedesruahlen    in    solcher  Bereitschaft    gebalten  werden,  auf 
allmahliges  Verlangen  sogleich  ausrücken  zu  können. 

4to-  Bei  jedem  Eegiment  oder  Bataillon  sollen  allemal,  da  man  gegen 
den  Feind  rückte,  Plotons  von  20  bis  25  Mann  nebst  einem  Lieutenant,  die 
auf  denen  Flügeln  in  der  avant-  oder  arriere-Garde  nach  Bewantnus  der 
Sachen  zu  stehen  kommen  commandieret,  und  in  Bereitschaft  gehalten  werden, 
umb  solche  allenfalls  bei  Graben.  Gebüschen,  Häusern  und  dergleichen  sogleich 
an  der  Hand  zu  haben,  und  deren  sich  nach  bisheriger  Gewohnheit,  und  nach 
beschaffenheit  des  Terrains  bedienen  zu  können,  es  müssen  aber  derlei  Plotons 
nicht  weit,  sondern  nur  etliche  Schritt  vor  ihren  Regimentern  oder  Bataillonen, 
umb  von  selbigen  soutenieret  werden  zu  können,  in  Begehrungsfall  voraus 
marschieren  und  in  der  Ebene  gar  nicht  aus^estellet  werden,  weilen  selbe 
mehr  schad-  als  nüzlich  se3'n  därffcen,  da  zu  besorgen,  dass  wenn  ein  solcher 
Ploton  umkehret,  auch  das  nachfolgende  Regiment,  oder  Bataillon  in  Un- 
ordnung und  zum  weichen  gebracht  wird. 

5l>-  Wann  bei  einer  occasion  Ober-Officiers  bleiben,  oder  blessieret 
werden,  müssen  die  übrigen  Ober-Officiers  sich  gleich  wieder  von  selbsten  zu 
rangieren  wissen,  damit  keine  Division  unbesorget  bleibe  ;  Dieses  verstehet 
sich  auch  von  Eintheilung  der  Unterofficiere,  nicht  minder  auch  der  Gemeinen 
umb  der  Reihen  und  Glieder  willen,  worauf  Ober-  und  Unterofficiere,  die  es 
betrifft,  besonders  aufmerksam  sein  sollen,  keinen  Mann  hingegen  aus  seinem 
Glied  rücken  lassen,  ausser  es  wäre  während  der  Action  einer  blessiert  worden, 
nicht  aber  wie  letzthin  besehenen,  dass  zwei  und  drei  Mann  mit  einem  Bles- 
sierten zurück  gegangen,  sondern  sie  sollen  nur  gleich  hinter  das  Regiment, 
wo  sich  der  Regiments-Pater  mit  allen  Fouriers  und  Feldscherern  einzufinden 
hat,  zum  Verbinden  gebracht  werden,  und  von  dannen  der  Gesunde,  so  einen 
solchen  Blessierten  dahin  begleitet,  ohne  Anstand  wieder  zurück  und  in  sein 
Glied,  und  an  den  Ort  wohin  er  gehört,  sich  begeben.  Das  Auslänglichste  und 
Unverhinderlichste  aber  wird  sein,  dass  man  die  Jenigen,  so  im  avancieren 
gegen  den  Feind  blessiert  werden  an  Ort  und  Stelle,  wo  sie  sich  befinden, 
liegen  lasse,  ohne  selbige,  wie  gleich  vorgedacht  hinter  das  Regiment  zu 
bringen  ;  sonsten  versieht  man  sich,  dass  kein  Mann,  so  nicht  blessieret,  sein 
Regiment  oder  Bataillon  verlassen,  sondern  wie  sich's  gebühret,  darbei  bleiben, 
folgl.  nicht  mehr  demjenigen  schändlichen  Beispiel,  wie  letztens  zu  Mollwitz 
folgen  werden,  da  eine  Menge  Leute  ohne  Noth  ihre  Fahnen  verlassen,  und 
sich  schändlicher  weise  davon  gemachet  und  verloffen  haben,  welches  in 
Zukunft  keinem  mehr  nachgesehen,  sondern  mit  Leib-  und  Lebensstrafe  an- 
gesehen werden  würde. 

0tu-  Das  Beste  wäre,  wann  in  avancieren  gegen  den  Feind  gar  kein 
Feuer  gegeben  würde,  daferne  aber  doch  solches  für  nöthig  und  ohnumgäng- 
lich  erachtet  werden  sollte,  dahin  hauptsächlich  antragen,  dass  selbiges  in 
stättem  avancieren  und  ohne  auf  der  Stelle  stehen  zu  verbleiben,  über  50 
oder  60  Schritt  weit  des  Feindes  im  Flachsfeld  und  bei  andern  Begeben- 
heiten viel  näher  noch  nicht  beschehe,  allermassen  zu  Mollwitz  die  ganz 
frische  Erfahrung  gezeiget,  wie  schädlich  es  ist,  wann  man  zu  zeitlich,  und 
ohne  darzuhabenden  Commando  zu  feuern  anfanget,  und  dass  dadurch  die 
Mannschaft  nicht  mehr  wohl  von  der  Stelle  und  vorwärts  gegen  den  Feind 
zu  bringen.  Eine  Bataille  wird  nicht  so  viel  durch's  Feuern,  als  durch  wirk- 
lieben Einbruch  gewonnen,  welches  durch  gute  Ordnung  und  wohl  geschlossener 


675 

mit  Reihen  und  Gliedern  besehenen  muss ;  Im  Falle  aber  des  Feindes 
Linie  einmahl  gebrochen  und  derselbe  zum  Weichen  bemüssigt,  oder  aber 
sich  widersetzen  und  formieren  wollte,  alsdann  ist  das  Feuei',  welches  in 
reserve»  behalten  worden  und  besser  als  das  Verlorene  ist,  mit  guter  Ordnung 
und  nach  dem  Commando  anzubringen,  welches  der  Mannschaft  grösseren 
Muth  zum  Fechten  gibt,  den  Feind  dargegen  decontenancieret  und  der  Sache 
einen  desto  besseren  Fortgang  verschaffet,  vor  allem  aber,  wird  mit  Nachdruck 
wiederholt,  dass  ohne  Commando  kein  Feuer  gegeben  und  dem  gemeinen  Mann 
bei  Lebensstrafe  verbothen  werde,  vor  sich  selbsten  das  Gewehr  los  zu 
schiessen,  ja  biebei  gar  aus  dem  Glied  hinaus  zu  tretten,  wie  sich's  leider !  zu 
Mollwitz  vielfältig  zu  unserem  Schaden  geäusseret  hat. 

ymo.  j_)as  Jenige,  so  in  vorhergehenden  Puncten  vom  Feuergeben  ent- 
balten,  verstehet  sich  nur  dahin,  wann  man  gegen  dem  Feind  in  einer 
occassion  avancieret,  dann  stünde  man  in  einem  Vortheilhaften  Ort  und  wollte 
selbigen  soutenieren,  so  gibt  sich  von  selbsten,  dass  solches  durch  Feuern, 
jedoch  durch  ein  wohl  appliciertes  Feuer,  und  nicht  ausser  gewissen,  maas 
oder  Distanz,  wie  schon  oben  berühret  geschehen  müsse. 

8V0-  Sollte  sich  etwann  fügen,  dass  wegen  allzustark  andringenden  Feind, 
es  sei  zu  Fuss  oder  zu  Pferd,  wohl  auch  ein  ganzes  Regiment  oder  Bataillon 
oder  auch  mehr  zertrennet  würde,  so  sollen  alle  Herrn  Officiers  bei  ihrer  Ehr 
und  Pflicht  mit  allen  Kräften  dahin*  bedacht  sein,  das  Regiment  oder  Bataillon 
wiederum,  so  bald  es  immer  sein  kann  zu  Formieren  und  so  viel  als  sich 
thun  lasset  in  Ordnung  zu  bringen  suchen,  worauf  auch  die  Herrn  Generale 
allweglich  attent  sein  sollen.  Geschehe  es  aber,  dass  ein  oder  andres  Regiment 
oder  Bataillon  im  attaquieren  sich  melieren  thäte,  so  sollen  sie  den  Feind 
wann  er  auch  repoussieret  wird,  nicht  so  weit  verfolgen,  sondern  sich  gleich 
wieder  formieren,  und  auf  ihren  behörigen  Terrain  setzen,  auch  hierauf  die 
Herren  Generalen  alle  besondere  Obsicht  und.  Sorgfalt  tragen. 

9"°-  Soll  sich  kein  Officier  bei  Verlust,  Ehr  und  reputation,  die  Gemeinen 
aber  bei  Leib  und  Lebensstrafe  unterstehen  auf  das  Beuth  machen  sich  zu 
begeben,  oder  sonsten  aus  ihren  Reihen  und  Gliedex-n  zu  tretten,  sondern  ein 
jeder  hat  auf  dem  Platz,  wo  er  hingehöret  zu  verbleiben. 

10mo-  Nachdeme  die  rechte  Stärke  der  Infanterie  durch  die  General- 
mouvements,  welche  zugleich  geschehen  am  besten  sich  zeigen  muss,  und  hin- 
gegen Regimenter  und  Bataillonen  Brigadenweis  zu  avancieren  öfters  ge- 
fährlich die  Zeit  verloren  wird,  und  hierdurch  die  Sache  nach  bewantnus  des 
Terrains  auf  den  es  viele,  auch  auf  das  Judicium  ankommt,  wie  auch  nacb 
beschaffenheit  deren  Umständen  des  Feindes  den  behörigen  Ausschlag  nicht 
bekommen  kann,  so  ist  nöthig,  die  Regimenter  und  Brigaden  also  zu  präpa- 
rieren, dass  wann  mau  mit  gesammter  Front  eines  Flügels  oder  ganzen 
Treffens  eine  conversion  oder  Wendung  machen  will,  die  Haupt-  und  nehiu- 
liche  maxiine  jederzeit  dabei  wie  bei  einzelnen  Regimenter  zu  observieren  sei. 
dass  sich  alle  nach  dem  Flügel,  welcher  sich  schwenken  soll,  mit  dem  Augen- 
mass  und  gegen  dem  Flügel,  welcher  stehen  bleibet,  wohl  geschlossen  zuhalten. 

lln'°-  Bevor  aber  ein  derlei  vorfallendes  mouveraent,  wie  alle  andern 
unternommen  wird,  müssen  sich  sowohl  die  Regimenter  selbsten  in  Reiben 
und  Gliedern,  als  ein  Regiment  mit  dem  anderen  eine  Brigade  auf  die  andere 
und  ein  Flügel  an  dem  anderen  wohl  angeschlossener  halten,  also  zwar,  dass 
nicht  das  geringste  Intervallum    darzwischen    bleibe,    auch    die  Stücke,    so  in 

43* 


676 

denen  Brigaden  mitgetheilet,  hinter  dieselbe  dazumahlen  rucken  und  sich  be- 
finden ;  Und  damit  ein  Jedweder  von  einem  solchen,  oder  anderen  mouvement 
vorläufig  ehe  es  geschiehet  unterrichtet  sei,  so  müssen  die  Generalen  von 
höherem  Character  als  zum  Exempel  der  General-Feld-Marschall-Lieuthenant 
den  General-Feldwachtmeister  seines  Flügels,  dieser  hingegen  die  Obristen 
und  Commandanten  derer  Regimenter  und  Bataillonen  und  diese  hinwieder- 
umben  ihre  Subalterne-Officiers  und  so  weiters  bis  Unterofficiers  und  Ge- 
meinen hievon  belehren,  zu  solchem  Ende  auch  falls  es  die  Zeit  nicht  zu- 
liesse,  selbige  zusammen  zu  berufen,  wenigstens  längst  des  ganzen  Flügels 
von  Regiment  zu  Regiment  geritten  oder  geschicket  und  die  vorläufige  Nach- 
rieht,  damit  sich  jeder  darauf  richte  gegeben  werde. 

12m0-  Die  übrigen  mouvements,  es  sei  um  sich  zu  formieren  oder  sonst, 
so  hie  vornen  nicht  angemerket,  seynd  von  darumben  nicht  verworfen,  sondern 
kommen  an,  auf  das  Terrain,  auf  die  feindlichen  mouvements  selbsten  und  auf 
sonstige  Erfordernussen,  die  man  zum  voraus  so  genau  nicht  wissen  kann, 
und  hiebei  Hauptsächlich  das  eigene  Indicium  zu  Hülfe  zu  nehmen,  nur  das 
jedermann  hievon  gleich  in  vorhergehenden  Puncten  gesaget,  vorläufig  durch 
die  Bank  und  auf  die  nehmliche  Art  avertieret  werde. 

13'  Es  wirdet  aber  allezeit  gut  sein,  wann  alle  Mouvements  zugleich 
und  nach  proportion  geschehen. 

Sollte  man  auch  Colonnen  weiss  marschieren  muss  jede  tete  von  jed- 
wederen  Colonne  auf  die  vom  recht-  oder  linken  Flügel,  allwohin  zu  mar- 
schieren anbefohlen,  obacht  haben,  einerlei  Distanz  so  viel  als  es  das  Terrain 
zulasset  halten,  und  überhaupt  dienet  dieses  wegen  das  Aufmarschieren,  dass 
eine  Colonne  der  anderen  zu  wiederumiger  Formierung  der  ganzen  Linie  au 
der  Hand  sei,  daher  auch  diejenige  Colonne,  so  becpiemes  Terrain  hat  auf  die 
andere,  welche  durch  coupiertes  Land  und  Defileen  zu  marschieren  hat, 
genauer  obacht  haben  muss,  damit  sie  so  viel  es  möglich  einerlei  gleiche 
Inhalten  und  bei  vorfallenden  Operationen  gegen  den  Feind,  gleich  in  gerader 
Linie,  in  so  weit  es  thunlich  aufmarschiere  und  ihr  ganzes  Treffen  formieren 
können,  und  wäre  das  Terrain  dergestalten  beschaffen,  dass  eine  Colonne  die 
andere  nicht  übersehen  könnte,  oder  aber  eine  von  der  anderen  in  Ansehung 
der  Distanz  zu  weit  zu  marschieren  hätte,  so  müssen  sich  die  Herrn  Generalen 
um  diesfallige  Bewandnus  und  zu  dem  gleich  hier  oben  berührten  Ende  von 
Zeit  zu  Zeit  genauest  informieren  und  von  darumen  Adjutanten,  oder  andere 
ausschicken  und  sich  der  Sache  wohl  belehren  lassen. 

14'-  In  marschen  solle  die  Artillerie,  welche  in  Brigaden  eingetheilet, 
niemahlen  zwischen  denen  Regimentern  oder  Bataillonen,  sondern  seitwärts, 
ausgenommen  in  Defileen,  wo  es  nicht  änderst  sein  könnte,  marschieren.  Es 
solle  auch  kein  reitender  Officier  vorn  Obristen  anfangend,  worunter  die  Hand- 
Pferde  und  alles  reitend-  und  fahrende  mit  begriffen  sich  anmassen,  von 
denen  Regimentern,  Bataillonen  oder  Divisionen  in  der  Route,  wo  die  Mann- 
schaft marschieret  zu  reiten,  sondern  beständig  seitwärts  ihrer  Divisionen, 
Bataillonen  und  Regimenter  wann  änderst  keine  Defileen  sich  halten,  inmassen 
die  Mannschaft  durch  derlei  Reiten  über  die  Massen  Fatigiert  und  incom- 
modiert  wird,  zu  grossen  Iutervallen  anlass  gibt  und  kein  Regiment  oder 
Bataillon  in  der  behörigen  Distanz  geschlossener  bleibt. 

15t0  In  denen  Defileen  sollen  die  Regiments-Commandanten,  Obrist- 
wachtmeister    und    übrigen    Divisionsführende    Offlciers     wohl    besorget    sein 


677 

auch  die  Herrn  Generalen  Selbsten  besonders  darauf  halten,  das  man  die 
Mannschaft  geschwind  durch  die  Defileen  marschieren  lasse,  jedoch  dergestalten. 
dass  so  bald  man  in  einer  gewissen  Distanz  aus  denen  Defileen  heraus  und 
es  Zeit;  darzu,  auch  die  Umstände  es  zulassen,  halt  gemachet  und  besagter 
Mannschaft  Zeit  gegeben  werde  sich  wieder  zu  formieren  und  zu  erholen, 
nicht,  aber  selbige,  wie  es  bis  dato  observieret  worden  in  einem  Stück,  es  mag 
so  weit  sein  als  es  wolle,  um  die  Vormarschierende  wieder  einzuholen,  fort- 
laufen zu  lassen,  wodurch  alldann  die  Mannschaft  zu  dem  Uebrigen,  so  ein 
Marsch  und  ein  mehrerer  nach  sich  ziehet,  ausser  Stand  gesetzet  wird  zu 
mehrerer  Versicherung  dessen  kann  der  Regiments-Commandant,  oder  wenig- 
stens der  Obrist  Wachtmeister  jedesmahlen  bei  denen  Defileen  stehen  bleiben, 
bis  das  Regiment  selbige  passieret  hat,  auch  die  Herrn  Generalen  selbsten 
können  hierauf  wohl    attent    sein    und    wo    ihre  Gegenwart  anderwärts  nicht 

nöthiger. 

16t0  Wird  in  der  Avant-Garde  oder  sonsten  wo  es  sein  mag  zu  stark 
marschieret  und  das  nicht  sein  solle,  so  sollen  es  die  Hinteren  von  einem 
Regiment  zum  anderen  vorwärts  sagen  lassen  und  hierauf  an  vordenst, 
womit    die    Mannschaft    nicht    übertrieben    werde    die    Herrn  Generals    wohl 

attent  sein. 

17m0-  Der  Fleiss  und  gute  Arbeit  unter  denen  Regimentern,  die  Stille, 
da  das  Geschwäz  während  das  die  Mannschaft  untern  Gewehr  absoluti  ab- 
gestellet  werden  muss  und  Gehorsam  der  Mannschaft  die  fieissige  Aufsicht 
und  Obsorge  deren  Herren  Officiere,  welche  recht  auf  ihren  Dienst  und 
Schuldigkeit  denken,  werden  zu  Beförderung  des  Allerhöchsten  Dienstes  das 
Beste  wirken,  damit  die  ehemalige  gute  Reputation  der  hiebei  vorig.  Kays. 
Infanterie  noch  ferner  beibehalten  werde,  zu  welchem  Ende 

18vo-  Nicht  genug  ist,    dass    man    erst    eine    vorfallen  könnende  Action 

desswegen  abwarte,    sondern    alle  Herren  Officiere    sollen    gleich  von  nun  an 

zu  all  oben  enthaltenen  anfangen,    und  zwar  die  Herren  Regiments-Comman- 

danten  ihre  Untergebenen  zu  allem  Vorfall  und  unter  anderem  auch  von  denen 

täglich  bei  der  Parola  heraus  gegeben  werdenden  Befehlen,  womit  selbige  auf 

das  genaueste  befolget  werden,  und  sonsten  was  einem  Officier  überhaubt  zu 

wissen  nöthig,    wohl  instruieren,    solchem  nach  bei  denen  ihnen  anvertrauten 

Regimentern  die  Hauptleute  und  übrigen  Officiers  aber  bei  ihren  Compagnien 

mit  besonderer  Sorgfalt  hierauf  die  Hände    halten    und    bewirken,    dass  nicht 

allein  sie  selbsten,  sondern  auch  die  Unterofticiere  und  Gemeine  von  alldeme, 

so  ihnen  in  allem  Vorfall  zu  thun  und  zu  beobachten  obliegt,  vorläufig  genau 

unterrichtet  sein,    und    damit    man  hierinfalls    einen    desto  besseren  Fortgang 

zu  hoffen  habe,    so  wäre  wohl    gut  dienlich,    wann    die  Herren  Officiere  vom 

Regiments- Commandanten  anfangen  mehr  und  fleissiger  bei  ihren  Regimentern 

und  Compagnien  bleiben  und  die  Mannschaft    auf   alles    ob  erwehntes  sowohl 

fleisiger  anleiten,  als  sich  auf  deren  Liebe  und  Vertrauen,  welches  bisher  noch 

sehr  wenig  verspüret  worden,  zu  erwerben  trachteten,  welches  nicht  fraglicher 

geschehen  kann,    als  wann  sie  Mannschaft  sehet,     dass    wie  gesagt  die  Herrn 

Regiments-Commandanten  und  übrigen  Officiere  freementer  bei  ihren  respectivi 

Regimentern  und  Compagnien  bleiben  und  somit  öfters  um  sie  sein,  auch  sich 

ihrer  annehmen,    es  ist    zwar  denen  Herrn  Officieren    dadurch    das  Ausgehen 

und  Ausreiten  so  wenig,  als  die  anständigen  Divertissements  verwehret,  allein 

die  Ca ffe- Spielhäuser  und  marquetänter  in  den  Hauptquartieren  sollen  sie  von 


678 

nun  an  als  Oerther,  die  für  Officiere  nicht  geziemen  und  wo  der  menge  Händel 
entstehen  vermeiden  und  sich  lieber  unter  ihnen  selbsten  oder  an  dritte  Ort, 
wo  Zusammenkünften  von  ehrlichen  Leuthen  besehenen,  zu  unterhalten 
suchen,  wobei  sie  auch  die  Wohnungen  derer  Herrn  Generalen  allweglich 
frequentieren  und  die  Zeit  passieren  können,  das  Hauptabsehen  aber  jeder- 
zeit auf  ihre  dienst  Obliegenheit  und  damit  das,  so  oben  in  ein  so  andern 
angeführet  befolget  werde,  richten  sollen,  wie  dann  auch  die  Herrn  Generalen 
selbsten  hierauf  und  zwar  die  Feldmarschall-Lieutenants  auf  ihre  Flügel  und 
die  General-Feldwachtmeisters  auf  ihre  Brigaden  besonders  wohl  zu  invigi- 
lieren  haben,  dass  alles  nach  Zeit  und  Umständen  befolget,  insonderheit  aber 
der  Zweck  des  jetzigen  Exercierens  nur  Hauptsächlich  auf  eine  Occasion 
gegen  den  Feind  gerichtet  und  die  Mannschaft  dahin  gewöhnet  werde,  ohne 
zu  avancieren  niemalen  Feuer  zu  geben,  wie  es  leider  bei  uns  allzuviel  sich 
eingeschlichen,  und  in  Hebung  gekommen,  auch  daraus  entstehet,  was  schon 
oben  angemerket,  dass  die  Mannschaft  nicht  mehr  von  der  Stelle  zu  bringen. 
Obige  Observationspuncten  sind  allen  Regimentern  zu  ihrer  Richtschnur 
hinaus  zu  geben  und  darauf  ganz  nachdrucksam  zu  halten,  auch  falls  ein 
oder  anderes  noch  hierinnen  enthaltenes  eine  mehrere  Erläuterung  bedärfete, 
oder  etwas  gar  nicht  mit  einbegriffen  worden  wäre,  wie  alles  und  jedes  ohn- 
möglich  zu  exp rinderen,  bei  des  Herren  General-Feldzeugmeister  Excellenz 
nur  dessen  ohne  weiters  anzufragen  und  in  allem  übrigem,  so  nicht  exprimieret 
ist,  an  die  alten  guten  Gebräuche  sich  halten. 

Neisse,  den  10.  Juli  1741. 

Thüuge  n, 
üeneral-Feld-Zeugmeister. 


679 


LIV. 


Dienstbarer  Stand 

1     des Neipperg'schen  Corps  d'Armee  mit  Ende  Juli  1741 

Infanterie: 
Fr.  Lothringen  3  Bat.,  Carl  Lothringen  2  Bat., 
Alt-Daun  3  Bat.,  Max  Starhemberg  2  Bat.,  Harrach       j)ev     dienst- 
2  Bat,  Schmettau  3  Bat.,  O'Gilvy  2  Bat.,  Thüngen      bare      Stand 
2  Bat.,    Wurmbrand    2  Bat.,    Leop.    Daun    3  Bat.,       fler    gß    Bat. 
Botta  2  Bat.,  Baden-Baden  3  Bat.,  Browne  2  Bat.,       bestand  in    . 
Grünne  3  Bat.,  Kolowrat  2  Bat. 
NB.  Jedes  Regiment  hatte  2  Grenadier-Compagnien 
exclusive  O'Gilvy   und   Grünne,  von   welchen 
beiden    nur  1  Compagnie    per  Regiment  vor- 
handen waren. 
Ein   jedes    Bataillon    war    mit    5    Proviant- 
und  1  Zelterwagen  versehen. 

Cürassiere  und  Dragoner: 

Der 
Seherr-,  Cordova-,  Lanthieri-,  Hohenzollem-, 
Podstatzky-,     Hohenems-,     Diemar-,     Birkenfeld  - 
Cürassiere  ;  Aithann-,  Liechtenstein-,  Batthyänyi-, 
Römer-,  D'Ollone-,  Württemberg-Dragoner. 


-1) 


Mann  Pferden 


12167 


bare 
der 


Ein  jedes  dieser  Regimenter  war  mit  6  Pro- 
viantwagen versehen. 

Husaren: 

Csäky,  Desewffy,  Ghilänyi,  Pestvärmegyei, 
Splenyi,  Kärolyi. 

Ein  jedes  dieser  Regimenter  war  mit  5  Pro- 
viantwägen versehen. 

National-Husaren 

Beleznay,     Peter     Haläsz,     Kumanier     und  | 
Stephan  Eszterhäzy. 

Ein  jedes  der  National-Husaren-Regimenter 
war  mit  4  Proviantwagen  versehen. 

Vier  Bataillone  Warasdiner  Generalats- 
Truppen,  jedes  Bataillon  zu  5  Compagnien  ä  150 
Köpfe,  lrievon  dienstbar 

Nebst  diesen  war  auch  das  Trenck'sche  Corps, 
so  in  4  Compagnien  abgetheilt  und  beiläufig  1000 
Köpfe  stark  war . 


dienst- 
Stand 
Cüras- 
siere und 
Dragoner  be- 
stand in    .    . 


8059     8059 


Der  dienst- 
bare Stand 
der  Husaren 
bestand  in     . 


Der  Stand 
der       Natio- 
nal-Husaren 
bestand  in    . 


3374     3374 


2029    2029 


1928 


1000 


Summa  des  ganzen  Standes 


28557  13462 


])  K.  A.,  Br  o  w  n  e'sches  Manuscript. 


680 


LV. 
Marschordnung. 

(Aus  Befehlig  Sr.  Excellenz  Herrn  General-Feldmarschall). 

lmo-  Morgen  geliebet  es  Gott  als  den  1""  August  bricht  die  Armee  aus 
ihrem  bisherigen  Lager  bei  Bielau  auf  und  marschieret  links  ab  in  2  Colonnen. 

2tw-  Das  fordere  Treffen  marschieret  über  die  bei  der  Papier-Mühle  neu 
geschlagenen  2,eu  Brücken,  unterhalb  von  der  an  der  Bielau  über  die  unteren 
Pontons  gerade  auf  den  Damm  nach  Grünau,  von  da  auf  die  grosse  Strasse 
nach  Blumenthal  und  so  weiter  auf  der  nehmlichen  grossen  Strasse  nach 
Backa,  von  da  über  den  Damm  in's  Lager  zwischen  Kaikau  und  Brunschwitz. 

3tn-  Das  2te  Treffen  marschieret  gleichfalls  über  die  neue  Brücke  und 
nächst  an  der  Papier-Mühle,  von  da  über  die  oberen  Pontons  und  wendet  sich 
nach  Passierung  jetzt  gedachter  Pontons-Brücken,  links  gegen  das  Wirths- 
haus  an  der  Bielau,  bei  selbten  vorbei  durch  den  Wüsten-Teich  über  die  Höhe 
bei  Mora  vorbei,  welches  Dorf  linkerhand  bleibet  und  kommt  allda  in  die 
Strasse  bei  Kepperneck  vorbei,  welches  Dorf  wieder  links  bleibet,  von  da 
gerade  auf  Dannenberg  durch  das  Dorf,  darauf  gleich  rechts  über  die  Höhe 
hinauf  in  den  AVald  auf  die  Heyd-Brücken.  von  da  durch  den  neuen  Weg 
an  das  aus  Weidenau  kommende  AVasser,  über  die  zwei  rechter  Hand  der 
Müh!  neu  verferttigten  Brücken  und  von  da,  in's  Lager. 

P°-  Zu  mehrerer  Sicherheit  des  Marsches  soll  der  Feldmarschall-Lieutenant 
Baron  von  Preysi  n  g,  an  welchen  der  linke  Flügel  beider  Treffen  angewiesen 
alsogleich  und  noch  heut  einen  Officier  und  etwelche  Mann  von  jedweden 
Treffen  vorausschicken,  um  die  Eoute,  welche  jedes  Treffen  zu  nehmen  hat, 
wohl  zu  recognoscieren.  zu  bereiten  ivnd  ihnen  darüber  zu  rapportieren,  auch 
eben  dieser  zu  Einleitung  des  Marsches  und  Führung  der  Colonnen  sich  zu 
gebrauchen,  massen  sich  auf  die  Boten  nicht  allemahl  mit  Yerlässigkeit  zu 
verlassen  ist,  zu  noch  mehrerer  Verlässigkeit  aber  kann  obgedachter  General- 
Feldmarschall-Lieutenant  Baron  von  P  r  e  y  s  i  n  g  des  weiteren  Althannischen 
Drao-oner-Remments  Obristlieutenant  von    botkern  sich  belehren. 

5'°-  Und  zumahlen  der  General-Feldwachtmeister  Baron  von  L  e  n  t  u  1  u  s 
zu  Auswechslung  der  Gefangenen  nach  Grottkau  conimandieret,  einfolglich 
andurch  der  linke  Flügel  des  hinteren  Treffens  ohne  General-Feldwachtmeister 
ist.  so  soll  an  dessen  Statt  und  insolang  derselbe  abwesend  sein  möchte,  von 
denen  beiden  im  lteu  Treffen  linken  Flügels  einer  alldahin  unterdessen  gesetzt 
werden. 


681 

*>'"•  Der  General-Feldzeugmeister  wird  alsogleich  von  Stund  an,  von  der 
gesammten  Infanterie  2  Hauptleute,  2  Officiers  mit  120  Mann  und  dazu  ge- 
hörigen Untorofficiers,  auch  30  Zimmerleut  beordern,  die  sich  in  zwei  gleiche 
Theile  abtheilen  und  die  Wege,  Brücken  und  dergleichen  in  beiden 
obbeschriebenen  Routen  reparieren,  nach  beschehener  Arbeit  aber  in  das  neue 
Lager  zu  ihren  Regimentern  einrücken,  sollen.  Alle  diese  commandierten  sollen 
mit  Schaufeln  und  Krampen  versehen  sein,  die  sie  von  ihren  Regimentern  zu 
nehmen  und  da  allhin  nach  verrichteter  Arbeit  wieder  ordentlich  zurück  zu 
liefern,  wofür  die  Regimenter  zu  repondieren  haben.  Nicht  minder  auch  die 
Bauern,  so  diesen  commandierten  zu  sothaner  Arbeit  mitgegeben  und  bei  dem 
Max  Starhemberger  Regiment  zusammen  kommen  und  zu  finden  sind,  all- 
dorten  auch  von  obgedachten  Hauptleuten  abgeholet  und  abgenommen  werden, 
sobald  die  Arbeit  vorbei,  sind  jetztgedachte  Bauern  auch  wieder  zu  entlassen. 

7to-  Die  neue  Feldwache  kommt  zu  Scharwachts-Zeit  vor  dem  Liechten- 
steinischen Dragoner-Regiment  auf  den  linken  Flügel  vordem  Treffen  zu- 
sammen, bestehend  in  einem  Obristwachtmeister,  behöi-igen  Ober-  und  Unter  - 
officiers    und  260  deutschen  Pferden,    item  in  2  Lieutenants    und  60  Husaren. 

8vo-  Von  dieser  neuen  Feldwache  wird  1  Rittmeister,  1  Officier  und 
60  deutsche  Pferde,  item  1  Lieutenant  mit  20  Husaren  hinweg  und  nach 
Kaikau  zur  Heuwacht  detachieret,  woselbst  selbe  alle  gute  Obsorge  zu  tragen 
haben,  womit  die  Austheilung  des  Heues,  in  gehöriger  Ordnung  vor  sich  gehe 
und  davon  nichts  verzogen,  entwendet  oder  verdorben  werde,  hauptsächlich 
aber,  damit  von  denen,  so  Heu  zu  empfangen  haben,  gewaltthätiger  Weise 
nichts  abgenommen  werde,  sondern  mit  dem,  so  ihnen  gebühret  sich  befriedigen, 
widrigens  diejenigen,  so  Gewalt  ausüben  wollten,  um  zu  verdienter  Bestrafung 
gezogen  werden  zu  können,  beim  Kopf  zu  nehmen. 

(.)"°-  Bei  obgenanntemLiechtensteinischem  Dragoner-Regimentkommen  auch 
um  besagte  Scharwachts-Zeit  zusammen,  der  Hauptmann  Stande  nb  rück 
des  Brownischen  Regiments,  die  Regiments- Quartiermeister,  Föuriers,  Fourier- 
schütz  und  alles  was  zum  Lager  ausstecken  gehöret.  Diese  marschieren  von 
dannen  sobald  sie  beisammen  und  ohne  Verweilung  geschehen  muss  in  der 
Route  des  lteu  Treffens  mit  der  neuen  Feldwache  gerad  nach  Kaikau,  um  da- 
selbst das  Lager  nach  der  neuen  Ordre  de  bataille  an  denjenigen  Ort  aus- 
zustecken, so  des  Althannischen  Dragoner-Regiments  Obristlieutenant  von 
Rothern  hierzu  auszeigen  wird  und  sollen  die  Regiments-Quartiermeister 
oder  diejenigen  Officiers,  so  zum  Lager  Ausstecken  abgeordnet  werden,  all- 
forderist  darauf  sorgen,  dass  sie  denen  Regimentern,  wovon  sie  sind,  zeitlich 
jemand  Ausrichtsamen  entgegen  schicken,  derselbe  gerad  an  das  Ort  ihres 
Lagers  zu  führen  wisse. 

10m"-  Ficatour  wird  geschlagen  und  Bouteselle  geblasen  praeciese  um 
3  Uhr  frühe,  hierzu  wird  angefangen  bei  dem  Liechtensteinischen  Dragoner- 
Regiment,  wonach  sich  alle  übrigen  Regimenter  zu  richten  haben. 

llto-  Rast  und  zu  Pferd  um  5  Uhr  früh  praeciese  und  wird  gleichfalls 
hiezu  bei  dem  Lichtensteinischen  Regiment  der  Anfang  gemacht, 

12"-  Auf  dieses  rücket  der  rechte  Flügel,  der  Cavallerie  ltes  Treffen 
gleich  aus  seinem  Lager,  marschieret  gegen  den  linken  Flügel  vor  der  Front 
der  Infanterie  vorbei,  um  sich  an  die  Cavallerie  dos  linken  Flügels  anzu- 
schliessen,  dergestalten  dass  das  Hohenemsische  Regiment  unmittelbar  auf 
das  Diemarische  folget. 


682 

13ts-  Diesem  rechten  Flügel  der  Cavallerie  folget  die  Infanterie  des 
lten  Treffens  wie  sie  stehet,  also  zwar,  dass  das  Max  Starhembergische  Regi- 
ment alsogleich  auf  das  Althannische  kommt. 

14to-  Sobald  nun  beide  Flügel  von  der  Cavallerie  ä  portee  sich  an  ein- 
ander anschliessen  zu  können  sind,  so  setzet  man  den  Marsch  obbesagter 
Massen  sogleich  mit  dieser  Colonne  fort,  worauf  auch  die  Infanterie  des 
l,en  Treffens  wie  bereits  erwehnet  folget. 

15'"  Mit  dem  hinteren  Treffen  hat  es  eine  gleiche  Bewantnus,  nämlich 
dass  der  rechte  Fiügel  der  Cavallerie  sich  dem  linken  unmittelbar  anzuschliessen 
habe,  also  zwar,  dass  das  Lanthiei'i'sche  Regiment  sogleich  auf  das  Pot- 
statzkische  folge. 

16'  •  Das  Corps  de  reserve,  so  dermalen  aus  deutscher  Cavallerie  in  denen 
Birkenfeld  und  Batthvänyischen  Regimenter  bestehet,  rücket  sogleich  auf  das 
zu  Pferd  blasen  aus  ihrem  Lager,  damit  lte,,s  nämlich  das  Birken t'eldische  sich 
imediate  an  das  D'Ollonische  anschliessen  und  marschieren  zu  dem  Ende  und 
um  allen  embarras  zu  vermeyden  zwischen  ihrer  Front  und  dem  hinteren  Treffen. 
17t0-  Alle  Husaren-Regimenter  marschieren  sogleich  als  zu  Pferd  ge- 
blasen aus  ihren  Lager  und  setzen  sich  vor  dem  Röinerischen  Dragoner- 
Regiment,  vor  welcbem  und  dem  ganzen  hinteren  Treffen,  sie  die  Avant- 
garde haben. 

18'"-  Die  Croaten  folgen  imediate  nach  der  Rast,  dem  Batthvänyischen 
Regiment  und  marschieren  demnach  vor  Harrach. 

r.)"-  Und  sobald  beide  Flügel  der  Cavallerie  hinteren  Treffens  und  Corps 
de  reserve  mit  einschluss  der  Husaren  und  Croaten  nach  obiger  Anordnung 
ni  Marsch  gesetzet,  so  setzet  man  selbig  obgedachtermassen  sogleich  fort, 
worauf  sodann  angeschlossener  an  die  Croaten  das  Harrachische  und  dem,  die 
übrigen  Infanterie-Regimenter  des  2lcn  Treffens  imediate  folgen. 

20'"-  Die  bei  denen  Brigaden  eingetheilten  Stuck  bleiben  und  marschieren 
mit  selbiger  mit  der  Beobachtung  jedoch  wie  es  bereits  um  sich  soviel  es 
thunlich  seitwärts  der  Infanterie  zu  halten,  in  denen  Puncten  heraus  ge- 
geben worden. 

21'"  Auf  die  Infanterie  des  lten  Treffens  und  zwar,  auf  das  Franz 
Lothringen-Regiment  folget  die  reserve  Artillerie,  mit  ihrer  Zugehörung. 

22'"-  Hierauf  meine  Bagage  und  des  Generalstabs,  wann  sie  da  wäre, 
wo  aber  nicht,  darauf  keinerdings  zu  warten,  sodann  die  Bagage  des  Generals 
der  Cavallerie  und  Geueial-Feldzeugmeisters,  auf  solche  aller  übrigen  Generale 
des  lten  Treffens  nach  ihrem  Rang  und  wie  sie  nach  der  Ordre  de  Bataille 
dermalen  stehen,  wie  die  ihm,  General- Wagenmeister  belieferende  Liste  es 
zeiget,  hierauf  die  Bagage  der  Regimenter  des  lten  Treffens  nach  der  Ordnung 
wie  sie  bei  Bielau  im  Lager  gestanden  mit  der  Erinnerung,  dass  wo  ein  oder 
andere  Bagage  nicht  sogleich  an  der  Stelle  wäre,  um  in  ihren  Rang  und 
Ordnung  einzutreten,  auf  selbige  keinerdings  zu  warten  und  der  Zug  auf- 
zuhalten sei. 

23l°-  Die  Bagage  der  Herren  Generale  des  2,en  Treffens  und  Corps  de 
reserve,  ingleichen  die  von  denen  Regimentern  dieses  2ten  Treffens  und  des 
Corps  de  reserve  von  Infanterie,  Cavallerie,  Husaren  und  Croaten  haltet  die 
Route  des  2ten  Treffens  und  folgen  imediate  dem  Alt  Daunischen  Infanterie- 
Regiment  auf  die  nämliche  Art  wie  gleich  liier  oben  bei  den  lten  Treffen 
erwehnet. 


683 

2-1'''  Die,  so  reitende  Bagage  haben,  können  solche  mit  oder  bei  den 
Regimentern  marschieren  lassen,  jedoch  dergestalten,  dass  dabei  dasjenige 
observien-t  wird,  so  in  denen  der  Cavallerie  und  Infanterie  hinaus  gegebenen 
Puncten  hievon  enthalten,  welches  sich  auch  auf  die  Fleischhacker  mit  ihrem 
Vieh  um  zeitlich  an  Ort  und  Stelle  zu  sein  mit  ausschluss  jedoch  deren 
Marquedenter  was  davon  nicht  reitend  wäre,  verstehet  alle  fahrende  Bagage 
hingegen  in  was  solche  immer  bestehen  möge,  ohne  Unterschied  soll  bei  der 
fahrenden,  wie  gleich  hier  oben  gemeldet,  verbleiben. 

25''  Nicht  minder  sollen  auch  alle  Weiber  bei  der  Bagage  bleiben  und 
keinesdings  denen  Truppen  auch  nicht  voraus,  wie  sie  es  sonsten  in  der  Ge- 
wohnheit haben. 

26'"-  Der  General-Wagenmeister  soll  alle  möglichste  Obsorge  tragen, 
dass  alle  Bagagen  in  ihrer  behörigen  Ordnung  wie  oben  bereits  enthalten 
und  die  ihm  schriftlich  hinaus  gebende  Ordnung  noch  weiters  belehren  wird 
bleiben,  alle  Begiments-AVagenmeister  und  übrige,  so  über  die  Bagage  die 
Inspektion  haben,  sind  an  ihn  angewiesen  und  soll  sich  keiner  derenselben  bei 
schwerer  Verantwortung  und  Strafe  ihm  in  einig  Stück  widersetzen. 

27to-  Die  Truppen  marschieren  so  breit,  als  es  immer  möglich  und  die 
Strassen,  Wege  und  Defileen  es  zulassen. 

28tlJ-  Alle  Trupj  en,  Bagage  und  wer  es  sonsten  immer  sein  mag,  sollen 
sich  in  der  geraden  und  vorgeschriebenen  Strassen  halten  und  keine  Abwege 
suchen,  oder  ausserhalb  sich  linden  lassen,  damit  die  Getreide  und  andere 
Feld-Früchte  auch  all  sonstiges  Angebautes  unbeschädigt  bleibe  und  nicht 
verdorben  wird,  der  Stabs-Profos  soll  hierauf  nach  habendem  Befehl  genaue 
Obacht  halten  und  allenfalls  die  Uebertreter  bei  Kopf  nehmen  lassen,  auch 
selbige  bei  Einrückung  in's  neue  Lager  anzeigen,  um  solche  nach  gestalt 
ihres  Verbrechens  zur  gebührenden  Strafe  ziehen  lassen  zu  können. 

29'°  Dessgleichen  soll  man  auch  nach  beschehener  Einrückimg  in's  Lager, 
alle  angebauten  Felder  verschonen  und  dein  Landmann  nicht  Schaden  zufügen, 
an  forderist  auch  keine  absonderlich  Strassen  machen,  sondern  die  getriebene 
halten  und  sich  selbiger  bedienen,  allermassen  der  Stabs-Profos  hierauf,  wie 
in  gleich  vorherstehenden  Puncten  genau  invigilieren  und  die  Uebertreter 
zur  gemessenen  Bestrafung  alsogleich  namhaft  machen  wird. 

30'"-  Alle  Excessen,  und  alle  Blünderungen  wie  es  immer  Namen  haben 
mag  ist  sowohl  währendten  Marschieren,  als  nach  Einrückung  in's  Lager  und 
sonsten  überhaupt  bei  Leib  und  Lebensstrafe  verboten  und  hat  der  Stabs- 
Profos  hierauf  absonderlich  zu  sehen,  die  Betretenden  sogleich  bei  Kopf  zu 
nehmen  und  zu  arredieren,  alsdann  aber  davon  die  Anzeige  zu  thun,  womit 
derlei  Uebertreter  am  Leib  oder  Leben  unnachlässig  abgestrafet  werden  könne. 

31tn-  Es  soll  auch  niemand  während  des  Marsches  in  einige  Dörfer  sich 
aufhalten,  oder  in  einigen  Häusern  oder  Scheuern  bei  schärfester  Verant- 
wortung sich  finden  lassen,  wo  ihm  nicht  die  höchste  Notwendigkeit  ver- 
anlassete,  ingleichen  ist  alles  Auslaufen,  wann  man  einmal  im  Lager  ein- 
gerücket  gemess  und  bei  ebenfalsiger  Strafe  verboten,  worunter,  das  t'oura- 
gieren  als  eine  unerlaubte  Sache  mitbegriffen,  davon  jedoch  das  Winterheu 
allein  auf  denen  nechst  an  das  Lager  anstossendon  und  gelegenen  Wiesen 
in  gleichen  um  Holz  und  Wasser  zu  gehen  ausgenommen  und  erlaubet  ist. 

32t0-  Gleich  nach  Einrückung  in's  Lager,  sollen  die  samentlichen  Truppen 
zu  Kaikau,   wo    ein    Magazin  sein  wird    und  rauhe  Fourage   auf  lne"  Tag  wie 


684 

allliier  im  Lager  bisher  geschehen  sich  melden  und  solche  zu  empfangen,  die 
Uebrigen  selbige  wie  nichts  versehe  mit  Brod  und  Hartfutter  auf  4  Tage, 
also  bis  incl.  4ten  August  verpfleget  sein  werden. 

33to-  Und  damit  sothane  rauhe  Fourage  mit  so  besserer  Ordnung  em- 
pfangen werde  und  dabei  keine  Gewaltthätigkeit  oder  sonst  etwas  dergleichen 
ungebührliches,  oder  Excess  vorbeigehen,  so  hatt  ein  jedwedes  Regiment,  es 
sei  von  Infanterie,  teutscher  Cavallerie,  Husaren  oder  anderen,  ein  Ofricier 
zur  Führung  der  Leute  beizugeben  und  ihine  alles  dieses  wohl  einzubinden, 
massen  derselbe  vor  alles  Widrige,  so  geschehen  möchte  zu  repondieren  hat, 
gleichwie  denn  auch  der  bei  dieser  Heuabgabe  befündl.  Wacht,  wie  oben 
erwehnet  ;  nbefohlen  wird,  hierauf  gute  Obsorge  zu  tragen  und  die  allenfalls 
Gewalt  ausübende  um  zur  gebührenden  Strafe  gezogen  zu  werden  bei  Kopf 
zu  nehmen. 

3410-  Das  alte  und  verlassene  Lager  soll  keinerdings  und  bei  Strafe  des- 
jenigen, so  hierauf  betreten  würde,  angezündet,  sondern  das,  so  füglich  nicht 
mit  zu  nehmen  in  statu  quo  zurückgelassen  werden,  worauf  die  alte  Feld- 
wache die  incl.  des  Commandos,  so  in  der  Mährengasse  stehet,  den  ganzen 
Marsch  schliesset,  besonders  attent  zu  sein  hat. 

35to-  Die  Pontons-Brücken  sollen  alsogleich  wann  alles  von  Truppen 
und  Bagagen  bis  auf  den  letzten  Mann  der  Armee  darüber  abgebrochen 
werden  und  der  Armee  in's  neue  Lager  folgen,  auch  an  ihr  behöriges  Ort, 
nämlich  zu  der  Reserve-Artillerie  einrücken. 

36to-  Das  ganze  Commando  zu  Piliz  gehet  ab  und  marschieret  der 
Armee  nach. 

37to-  Wie  die  Regimenter  gegen  das  neue  Lager  sich  annähern,  soll 
mann  selbige,  falls  inzwischen  nichts  anderweites  von  mir  kommete,  ohne 
weiters  einrücken  und  selbiges  beziehen  lassen. 

38to-  Das  Hauptquartier  wird  sein  zu  Kaikau,  allwo  die  Parola  und 
weitere  Befehle  morgen  zwischen  4  et  5  Uhr  abends  ausgegeben  werden, 
wobei  demnach  zu  erscheinen. 

39' "•  Zur  Zeigung  des  Feldquartieres,  ist  der  Fähnrich  Koschenber 
bestellet,  an  welchen  sich  alle  und  jeder,  die  es  betrifft  zu  adressieren  haben 
und  falls  in  jetzt  besagtem  Kaikau  hierzu  der  erforderliche  Raum  nicht  wäre, 
so  werden  die  nächst  an  dem  Lager  liegenden  Dörfer  hierzu  beigezogen 
werden  können. 

40to-  Um  die  gehörigen  Boten  solle  sich  sowohl  Infanterie,  als  Cavallerie, 
Artillerie  und  Bagage  bei  gleich  hier  oben  bemeldtem  Fähnrich  Koschenber 
anmelden. 

41t0-  Und  damit  sich  über  obige  Befehls-Puncten  niemand  mit  der  Un- 
wissenheit entschuldigen  könne,  so  solle  dieses  von  Wort  zu  Wort  an  ihre 
Behörden  hinaus  gegeben  und  kund  gemachet  werden,  auf  dass  der  Erstere 
bis  zum  Letzten  hievon  die  auslängliche  Wissenschaft  habe,  worunter  der 
gemeine  Mann  alle  unter  dieser  Armee  befindlichen  Nationen  :  als  Deutsche, 
Husaren,  Croaten  mitbegriffen  und  wo  über  ein  und  anderes  ein  Anstand 
und  solchen  noch  einige  Expirationen  nöthig  wären,  kann  man  mich  darum 
befragen. 

42to-  Der  bevorhergehende  22te  Punct,  wird  in  dem  abgeändert,  dass 
auf  die  Reserve- Artillerie  meine  der  Feld- Kriegs  Expedition  und  des  Feld-Post 
amts,  darauf  aber  des  Generals  der  Cavallerie  und  Feldzeugmeisters  und  nach 


685 

solcher  vom  Commisariat  anfanget,  die  übrige  Bagage  des  kleinen  General- 
stabes und  so  weiter  nach  der  dem  General -Wagenmeister  herausgegebenen 
Liste  folge. 

43t0\Der  Fähnrich  Koschenber,  so  die  Quartiers  vor  dem  grossen 
Stab  hatte  auszeigen  sollen  ist  erkranket,  wird  also  bei  der  Parola  noch  aus- 
gemacht werden  müssen,  wer  zu  dieser  Verrichtung  tauglich  erfunden  und 
alsdann  darzu  angestellet  werden  dürfte. 


Neisse,  den  31te"  Juli  1741. 


Thüngen 
General-Feldzeugmeister. 


686 


LVI. 
Ordre  de  bataille 

der  königl.  ung.-böhm.  Armee  bei  Tarnau  den  28.  August  1741.  ') 


FZM.    Hohenems 
FML.  Linden 


Feldmarschall  Graf  N  e  i  p  p  e  r  g. 

FZM.  Tliüngen 
FML.  Browne  FML.  Daun 


GM.  Frankenberg 

GM. 

Pallant 

GM. 

Kolowrat 

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FZM.  Hohenems 

FML.  Berlichingen 

GM.  Philibert 


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FZM.  Hohenems  FZM.  Tbüngen  FZM.  Hohenems 

FML.  St.  Ignon  FML.  Königsegg  FML.  Preysing 

GM.  Birkenfeld       GM.  Eoth      GM.  D'Ollone  GM.  Festetics, 


GM.  Baranyay 


GM.  Locatelli  GM.  Marschall  GM.  Dickweiler  GM.  Ghilanyi 


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General-Major    L  e  n  t  u  1  u  s. 
Artillerie. 
Pontons 
Oberstwachtmeister  Trenck's  Panduren 


Croaten 

Birken  i'eld 


' '  K.  A..  Browne'sckes  Manusoript. 


687 

LVII. 

Patent.  v) 

P.  P. 

Durch  dieses  offene  Patent  wirdet  Jedermänniglich,  Insonderheit  aber 
denen  hiesigen  Landes  Inwohnern  und  getreuen  unterthanen  Ihrer  zu  Hun- 
garn  und  Böheimb  Königlichen  Mayestät  unserer  Allergo ädigsten  Frauen  kund 
und  zu  wissen  gethann,  welchergestalten  beschlossen  worden,  von  nun  an  für 
einen  jeden  Deserteur  Allerhöchst  deroselben  Trouppen,  denenjenigen,  so 
solchen  aufbringen  und  allhier,  oder  wo  sonsten  von  zeit  zu  zeit  das  Haubt- 
quartier  dieses  Kriegs-Corpo  sich  befinden  möchte,  richtig  einliefern  werden, 
drey  Species-Ducaten  dergestalten  ohnmangelbar  bezahlen  zu  lassen,  dass 
hiran  dasjenige  Regiment,  worunter  ein  solcher  Deserteur  gehörig,  zwey 
Ducaten,  den  dritten  hingegen  die  Königliche  Feld  Kriegscassa  sogleich  bey 
der  überliferung  ohnanständig  zu  erlegen,  und  denen  Einbringern  zuzu- 
stellen habe  ; 

Sye  Landes  Inwohner  und  getreuen  unterthanen  wollen  dahero  zu  be- 
kräfftigung  ihrer  vor  Allerhöchstgedacht  königlichen  Mayestät  ihrer  Aller- 
gnädigsten  Erblandes fürstin  und  Frau  hegenden  wahren  Treue  und  Ergeben- 
heit auf  alle  derley  Deserteurs  ein  obachtsames  äuge  führen,  selbiger  allen- 
falls sich  bemächtigen,  und  jener  Behörde,  wie  vorgedacht  einliefern,  dagegen 
aber  versichert  seyn,  dass  ihnen  obausgeworffene  drey  Species-Ducaten  für 
jeden  Kopf  auf  anmelden  ohne  Anstand  abgereicht  werden  solle. 

Da  aber  hiernächst  auch  vorkommet,  wassmassen  ein  so  anderer  Landes- 
Inwohner,  unterthanen  und  andere  sich  dahin  eingelassen,  mit  denen  Deser- 
teurs die  Kleyder  zu  verwechseln,  selbige  von  ihnen  zu  erkauffen,  oder  auf 
andere  art  an  sich  zu  bringen  und  sich  darin  zu  kleyden  wordurch  sye  ganz 
unkenntlich  gemacht,  und  von  denen  Soldaten  und  Deserteurs  sehr  schwähr, 
oder  gar  nicht  unterschieden  werden  können,  einfolglich  auch  zu  allerhand 
Ungleichheiten  anlass  gegeben,  und  zu  unterschleiffen  und  Vertuschungen  der 
Weg  gebahnet,  Ja  gar  die  Desertion  befördert  wird;  Als  wirdet  zu  gleicher 
Zeit  durch  dieses  offene  Patent  allen  und  jeden  Landes  Inwohnern,  unter- 
thanen und  anderen  mit  allem  Ernst  und  gemessenem  Nachdruckh  untersaget, 
von  nun  an  mit  denen  Deserteurs  die  Kleyder  keineswegs  mehr  zu  ver- 
wechseln, selbige  von  ihnen  zu  erkauffen,  oder  auf  andere  art  an  sich  zu 
bringen,  noch  auch  überhaupt  darin  sich  zu  Kleyden,  und  in  solchen  sich  be- 
treffen zu  lassen,  allermassen  darbey  in  Soldaten-Kleydern  betrettene  Landes- 
inwohner, unterthanen  und  andere  von  nun  an  alss  wirkliche  Deserteur-- 
angesehen,  beym  Kopf  genohmen,  und  mit  denen  unseren  ausreissern  ge- 
widmeten Straffen  ohnnachlässig  beleget  werden  sollen,  worfür  sich  also  ein 
jeder  von  Selbsten  zu  hütteil  und  zu  verwahren  wissen  wird. 

Neisse,  den  5.  July  17-11, 


!)  K.  A.,  A.  A.,  Ne  ip  p  er  g;  1741,  29— Ü5. 


688 


LVIII. 
Erinnerungen.  v) 

Für  den  Heim  General-Feld  Wachtmeister  Baron  von  L  e  n  t  u  1  u  s,  um 
hierüber  Ihrer  königl.  Majestät  sowohl,  als  des  Herzogens  v.  Lothringen, 
und  Grossherzogens  zu  Toscana  königl.  Hoheit  den  allerunterthänigst-  und 
unterthänigsten  Vortrag  mündlich  machen  zu  können,  zuuialen  denselben  eben 
von  darummen.  und  zu  einem  Zeugen  der  Königl.  Worten  zu  der  den  9.  dieses 
mit  dem  König  von  Preussen  zu  Klein-Schnellendorf  in  Gegenwart  des 
Königl.  Grossbritanischen  Gevollmächtigten  Ministers  an  dem  Königl.  Preuss. 
Hof  Mylord  Grafens  von  Hyn.dford  gepflogenen  Unterredung  mit  mir  ge- 
nommen und  das  darbei  vorgefallene  ad  notam  zu  nehmen,  und  der  Verlauf 
desto  ausführlicher  zu  ob  Allerhöchst  gedachter  Königl.  Majestät  und  Königl. 
Hoheit  Allergnädigst  und  Gnädigster  Wissenschaft  zu  bringen,  und  zwar : 

1.  und  gleich  aufanglich  hat  sich  der  König  von  Preussen  wegen  der 
Stadt  Neisse  weitläufig  und  mit  einiger  Hitzigkeit  herausgelassen,  welches  ihm 
Herrn  Baron  von  Lentulus  ohnehin  durchgehends  bekannt  und  dann  anhero 
von  selbst  darüber  die  beste  Auskunft  zu  geben  vermag. 

2.  Machte  der  König  bei  Lesung  des  Tags  zuvor  dem  Obersten  von 
Goltz  belieferten  deutschen  Vortrag  von  unseren  Alliierten  Erwähnung  und 
fragte,  wer  denn  selbige  seien,  ihm  wären  ausser  England  und  Hannover 
keine  bewusst. 

3.  Versicherte  er  seine  Neigung,  die  er  vor  ihrer  Königl.  Maj.  und  den 
Grossherzogen  hegete,  und  welches  eben  der  Anlass  sei,  warum  er  mit  den- 
selben sich  zu  setzen  und  künftig  in  gutem  Vernehmen  und  Freundschaft  zu 
stehen  verlangete  ;  die  Hauptursach  aber  dürfte  wohl  von  daher  rühren,  dass 
er  lieber  Ihrer  Königl.  Majestät  als  andere  Acquierenten,  die  ihm  vielleicht  zu 
gefährlich  scheinen  und  er  sich  eines  Anspruches  seinerzeit  auf  das  was  er  in 
Schlesien  occupieit  von  ihnen  besorget,  dieser  Enden  zum  Nachbar  haben  möchte. 

4.  So  viel  man  spüren  und  abnehmen  können,  will  dieser  Herr  flattiert 
und  mit  besonderer  Art  tractiert,  auch  nicht  contradiciert  sein  und  auf  diese 
Weise  dürfte  von  ihm  vielleicht  was  erhalten  werden  können,  daher  glaubte 
ich  nicht  unverträglich  zu  sein,  so  man  demselben  in  Zukunft  und  in  so  lang 
man  ihn  nicht  mit  Uebermacht  zur  Raison  zu  bringen  vermag,  mit  aller  guten 
Art  und  Manier  begegnete. 


!)  K.  A.,    Original.    Dem  Browne'schen  Manuscript,  1741,  Oest.  Success. -Krieg,   bei- 
gebunden. 


6  89 

5.  Erwähnte  ex-,  dass  ihm  seine  Alliierten  nebst  ganz  Unter-Schlesien 
und  der  Stadt  Neisse  auch  noch  die  Grafschaft  Glatz  und  noch  über  das,  so 
ihm  durch  die  Convention  zufiele,  einen  guten  Theil  von  Ober-Schlesien  dies- 
seits des  Neisse-Flusses  zu  verschaffen  und  zu  überlassen  zugesaget.  Den  Ueber- 
rest  von  Ober-Schlesien  mit  dem  Markgrafthum  Mähren  und  etwas  von 
Böhmen  soll  vermög  des  Partage-Tractats  Sachsen  einbekommen,  Bayern  hin- 
gegen Böhmen,  das  Land  ob  der  Enns,  Tyrol  und  das  Vorderöstex*reichische 
mit  Einbegriff  derer  in  Schwaben  liegenden  österreichischen  Ländereien;  Frank- 
reich wenigstens  das  Herzogthum  Luxemburg  und  Italien  solle  unter  Ver- 
schiedene vertheilet  werden. 

6.  Von  dem  mit  Frankreich  und  Bayern  geschlossenen  Tractat  machet 
er  kein  Geheimniss,  sondern  sagt,  dass  es  anmit  seine  Richtigkeit  habe,  man 
spüret  aber  desswegen  an  ihm  fast  einige  Reue  und  gibt  zu  erkennen,  dass 
er  diese  Allianz  gerne  auf  gute  Art  und  Gelegenheit  los  sein  möchte. 

7.  Mit  Sachsen,  wie  mir  der  Goltz  allein  gesagt,  soll  der  Tractat  von 
ihm  noch  nicht  unterzeichnet,  jedoch  hiezu  in  wenigen  Tagen  der  angesetzte 
Termin  sein.  Der  König  von  Preussen  trainierte  sothane  Unterzeichnung  mit 
Fleiss  und  der  Vorwand  hierinfalls  soll  dieser  sein,  dass  er  für  einen  Theil 
seiner  Truppen  die  Winter-Quartiere  in  Böhmen,  gleichwie  auch  Bayern  und 
Sachsen  für  einen  Theil  der  Ihrigen  dahin  übereingekommen,  zu  haben  prae- 
tendieret,    wogegen  aber  Sachsen  und  die  übrigen  noch  zur  Zeit  protestieren. 

8.  Zeiget  er  gegen  Sachsen  einen  besonderen  Pique  ohne  jedoch  die 
hierzu  ihn  bewegende  Ursach  zu  berühren,  nimmt  auch  darob  Anlass,  für 
einen  Theil  seiner  Truppen  gegen  darbietende  Bezahlung  die  Winter- Quartiere 
in  Böhmen  und  zwar  in  der  Nachbarschaft  derer  Sächsischen  zu  verlangen, 
um  dadurch  Gelegenheit  zu  haben,  sie  zu  chicannieren  und  endlich  darob 
Ursach  zu  finden,  die  Allianz  zu  brechen,  zu  welchem  Ende  derselbe  einem 
Generalen  über  sothane  in  Böhmen  zu  bequartierende  Truppen  das  Commando 
auftragen  wollte,  der  sich  auf  die  Chicanen  verstünde  und  ihm  hierinnen  unter 
lauter  scheinbaren  Freundschaftsbezeugungen  jedoch,  den  verlangenden  End- 
zweck erreichen  machte. 

9.  Thäte  er  Meldung,  dass  ihm  des  Grossherzogens  Schreiben,  welches 
ich  Tagszuvor  dem  Obersten  von  Goltz  zu  solchem  Ende  behändigte,  durch 
selbigen  recht  befiiessend  worden  sei,  entschuldigte  sich  aber,  dass  ob  er 
gleich  von  Höchstgedachtem  Grossherzogen  ein  wahrer  Freund  sei,  für  dieses- 
mal  gleichwohlen  verschiedener  Ursachen  willen  darauf  nicht  antworten  könnte, 
welches  er  jedoch  unfehlbar  zu  tbun  und  dem  Grossherzogen  werkthätige 
Merkmale  von  seiner  wahren  Freundschaft  zu  geben  versicherte,  sobald  die 
jetztmaligen  Umstände  seiner  anderweitigen  Verbindlichkeiten  halber  eine 
andere  Gestalt  bekommen  würden. 

10.  Beschweret  er  sich,  dass  man  an  dem  wienerischen  Hof  so  gar 
wenig  Menagement  für  ihn  trage  und  zu  erkennen  gebe,  dass  dieser  Hof  nicht 
verschwiegen  sei,  auch  bereits  von  daraus  an  den  Churfürsten  von  Maynz  ge- 
schrieben worden  sein  solle,  dass  man  des  Friedens  mit  ihm  König  von 
Preussen  fast  so  viel  als  versichert  und  somit  der  churbrandenburgischen 
Wahlstimme  auch  gewiss  sei,  wodurch  er  bei  seinen  Alliierten  in  Verdacht 
kommen  und  sich  vor  der  Zeit  Unheil  und  Unbeliebigkeit  zuziehen  könnte, 
man  derohalben  daselbst  seinetwegen  mehrerer  Menagements  sich  beileissen 
möchte  ;    er  declarierte  hiebei,    dass    er    zwar    dem  Grossherzogen    hieri    falls 

Oesterreiehischer  Erbfolgekrieg.  IT.  Bd.  i"c 


690 

nicht  entgegen  sein  wollte,  doch  aber  sein  vor  Bayern  in  diesem  Punct  über- 
nommenes Engagement  noch  zur  Zeit  ohne  sich  "Widrigkeiten  zuzuziehen, 
nicht  zurücknehmen  könnte.  Man  sollte  aber  trachten,  die  Chuvfürsten  von 
Maynz  und  Trier  dahin  zu  verleiten,  dass  sie  die  Kaiserwahl  in  die  Länge 
hinaus  verschieben,  er  seinesorts  wollte  selbige  gewiss  nicht  pressieren  und 
unter  solcher  Zeit  dürften  sich  vielleicht  Mittel  und  Gelegenheiten  hervorthun, 
wodurch  er  sich  seines  diesfälligen  Engagements  entschlagen  und  dem  Gross- 
herzogen seine  Freundschaft  comprobieren  könnte  ;  wohingegen  aber  hierauf, 
wann  man  das  mit  ihm  geschlossene  puplique  machte  und  nicht  geheim  hielte, 
gar  nicht  zu  rechnen  und  alles  ungiltig  sein  solle,  zumalen  der  König  ver- 
langet, dass  die  ganze  Welt  persuadiert  sein  solle,  als  ob  der  Krieg  zwischen 
ihm  und  uns  noch,  wie  zuvor,  fortgeführet  würde. 

Seit  der  letzten  Beilag  eines  G  o  1 1  z'schen  Schreibens,  so  dem  Hof  ein- 
geschicket,  sind  einige  Tage  nach  einander  zwischen  dem  Lord  Hyndford 
und  dem  Obersten  von  Goltz  Briefe  gewechselt  worden,  bis  ich  endlich  nicht 
weiter  auszulangen  gewusst  und  dahero  das  deutsche  Project  entworfen, 
selbiges  auch  dem  Obersten  von  Goltz  bei  einer  übereingekommenen  Zu- 
sammenkunft, in  Gegenwart  des  Lord  Hyndford  überantwortet,  um  es  dem 
König;  zu  beliefern:  bei  Anwesenheit  des  Königs  aber,  des  Lord  Hvndford 
sein  —  des  Generalen  Baron  von  Lentulus,  des  Obersten  von  Goltz  und 
meiner,  ist  dasjenige  behebet  worden,  so  das  französische  —  von  dem  Lord 
Hyndford  gefertigte  Instrument  enthaltet  und  von  dem  Obersten  von  Goltz, 
mitgebracht,  darinnen  aber  ein  und  anderes  abgeändert  worden. 

12.  Der  König  von  Preussen  hat  auch  verlanget,  dass  man  zu  Beför- 
derung der  Correspondenz,  wann  beide  Höfe  einander  zuschrieben,  oder  durch 
die  beiden  Grossbritannischen  Gesandten  schreiben  liessen,  vertraute  Personen 
bestellen  solle ;  Seinerseits  hat  der  König  von  Preussen  dem  Marquis 
von  Varenn  e,  Oberstlieutenant  des  Truchsess'schen  Regiments,  welcher 
nacher  Jägerndorf  mit  der  preussischen  Garnison  zu  stehen  kommen  wird, 
hiezu  bestimmt  und  ich  habe  des  Franz  Lothringen'schen  Regiments  Oberst- 
lieutenaut  von  Levrier,  weü  ihn  zu  dergleichen  vor  anderen  geschickt  zu 
sein  erachte  und  um  das  Commando  zu  Troppau  zu  führen,  wohin  ihn  an- 
stellen werde,  dazu  ausersehen  und  solchemnach  Briefe,  wie  obgedacht 
durch  dieser  beider  Stabs  -  Officieren  Adressen  sicher  befördert  und 
einander,  wie  sie  darüber  instruieret  zu  weiterer  Spedierung  zugeschicket 
werden  können,  dera-estalten,  dass  alle  Briefe  von  dem  Wienerischen  Hof  und 
Robinson  an  dem  Preussischen  Hof  und  Mylord  H  y  n  d  f  ö  r  d  per  Couvert 
an  obgesagten  Levrier,  die  Preussischen  an  den  Wiener'schen  Hof  und 
Robinson  lautenden  Briefe  hingegen  eben  per  Couvert  an  den  Vare  n  n  e 
zu  adressieren  sind. 

13.  Wie  man  des  Marsches  Avegen  mit  dem  König  von  Preussen  überein- 
gekommen, zeiget  die  ungefähre  Route,  so  ihme  Herrn  Generalen  Baron 
von  Lentulus  beliefere,  woraus  zu  ersehen,  dass  den  16.  dieses  mit  denen 
Truppen  zu  Jägerndorf  sein  und  sofort  weiters  über  Troppau  nacher  Mähren 
in  zwei  Colonnen  mich  ziehen,  auch  gegen  Olmütz  in  kleinen  Märschen  so  fort- 
rücken werde,  wo  aber  meines  Wissens  noch  kein  Magazin  angeleget  und  über 
einen  oder  zwei  Tage  mit  dem,  was  vorhanden,  nicht  derfte  subsistieren  können. 

11.  Sonsten  beliefern  ihm  Herrn  Generalen  Baron  von  Lentulus  auch 
zwei  Abschriften  von  beiden  letzteren  mir  eingelangten  königl.  Handschreiben 


091 

vom  2.  und  4.  dieses,  welche  um  die  Wahrheit  zu  bekennen,  der  darinnen 
enthaltenen  Subtilitäten  willen  und  da  die  vorhergehende  eine  genaue  Folg  e 
aufeinander  waren,  einigermassen  mich  embarrasiert  und  fast  nach  dem 
nämlichen  Style  verfasset  zu  sein  scheinen,  so  mir  in  vorigen  Zeiten,  die  mir 
das  bekannte  Unglück  zugezogen,  zu  Händen  gekommen.  Ich  habe  bereits 
genugsam  zu  erkennen  gegeben,  dass  kein  Minister  bin  und  weder  auf  derlei 
Negociationen,  noch  auch  auf  die  feine  Schreibart  mich  verstehe,  derohalben 
bitte,  mich  künftighin  hiervon  zu  dispensieren  und  andere,  die  geschickter 
hierzu,  als  ich  zu  erküsen ;  dem  englischen  Minister  Lord  Hyndford  habe 
von  dem  Inhalt  dieser  beide  Schreiben  nicht  einmal  was  zu  sagen  getrauet, 
indeme  besorget,  dass  wann  er  davon  etwas  wüsste,  weilen  er  doch  die 
nämlichen  Ordres,  wie  ich,  empfangen,  anstatt  diese  Sache  componieren  zu 
helfen,  seine  Rückkehr  nacher  Breslau  genommen,  oder  der  ^ache  nicht 
weiters  sich  intressiert  hätte. 

15.  Die  Auslieferung  des  Baron  Reise  witz  zu  veranlassen  aus  denen 
bekannten  Ursachen. 

16.  Auf  die  Versehung  Glatz'  mit  Vivres,  wie  schon  bekannt,  zu  pres- 
sieren ;  und  ob  ich  gleich  gegen  den  alldortigen  Commandanten  Oberst- 
lieutenant von  Fontan  ella  nichts  habe,  so  ist  doch  dexvselbe  der  deutschen 
Schreiberei  und  der  nämlichen  Sprache,  die  man  doch  des  Umgangs  und 
sonst  Willen  wissen  sollte,  nicht  allerdings  kundig  und  wäre  derohalben  des 
Erachtens,  dass  man  jetztgedachten  Fontan  ella  etwann  bei  diesmaligen 
Umständen  nacher  Wien,  oder  sonstwohin  ziehen  und  dagegen  den  Oberst - 
lieutenant  von  Schmidt,  oder  aber  des  Max  Hessischen  Regiments  Oberst- 
lieutenant von  Stein  alldahin  setzen  könnte. 

17.  Die  miserabelsten  Recruten  aus  Oesterreich,  ausgenommen  Harrach 
um  damit  nun  die  Regimenter  hierdurch  nicht  gar  in  Verfall  gerathen  und 
aus  derlei  Recruten  mehr  Schaden  als  Nutzen  haben,  so  ist  auch  dieses 
anzubringen  und  auf  bessere  Recruten  anzudringen,  wann  anders  die 
Königin  aus  ihrer  Infanterie,  die  ohnedem  matt  ist,  noch  einigen  Nutzen 
haben  will. 

18.  Und  da  auch  vernehme,  dass  Seckendorff  und  übrige  in  Böhmen 
liegende  Regimenter  jedes  auf  3000  Köpfe  gestellet  worden,  wo  doch  jetzt- 
gedachtes Seckendorff'sches  nur  in  900  Köpfen  stark  aus  dem  Banat  aus- 
marschieret und  somit  dermalen  auf  die  Art  fast  in  lauter  Recruten  bestehet, 
so  kann  nicht  beiseits  setzen,  dieses  vorstellig  zu  machen  und  vor  dem  hieraus 
erwachsenden  Schaden  zu  warnen  ;  besser  wird  es  also  sein,  wenn  man  die 
Uebermass  derer  Recruten  diesen  Regimentern  wieder  wegnehmete  und 
anderen  nach  Proportion  zutheilete,  wann  änderst  die  Königin  einigen 
Dienst  von  so  vielen  Recruten  haben  will. 

19.  Die  Cavallerie-Regimenter  doch  jedes  wieder  aiif  1000  Pferde  zu 
setzen,  dann  der  dermalige  Fuss  von  800  gar  nicht  vorträglich,  weil  derlei 
Regimenter,  wann  sie  wieder  in  das  Feld  kommen,  kaum  auf  500  bis  600  Pferde 
zu  rechnen  ;  Gebricht  es  an  Geld,  zu  Aufbringung  der  benöthigten  Pferde, 
so  kann  man  ja  von  denen  Ländern  begehren,  Mann  und  Pferde  mit  aller 
Zugehör  zu  stellen,  gleichwie  es  im  Fall  der  Noth  alle  Potenziell  thun. 

20.  Jtem  die  Husaren-Regimenter  und  selbige  lieber  auf  1000  bis  1500 
Pferde  zu  setzen  und  desto  weniger  Regimenter  zu  halten,  wodurch  man 
gleichwohl  den  Stab  erspart. 

44* 


692 

21.  Und  da  nun  auch  alle  Potenziell  mit  mehrerer  Artillerie  im  Feld  er- 
scheinen, als  voriger  Zeiten  bestehen,  ich  hingegen  bei  diesem  Corpo  nur  bis 
16  Stück  habe,  also  ist  auch  auf  mehrere  Artillerie  in's  Feld  anzutragen  ;  nicht 
zwar  allein  auf  Regiments-Stück,  sondern  auch  auf  etliche  Falkaunen  und 
Viertel-Carthaunen  oder  12-pfündige  Stück,  auch  auf  4  oder  wenigstens  2 
kleine  Mörser  von  20  bis  30  Pfunden,  womit  man  doch  kleine  Oerter,  wann 
man  davor  kommet,  in  der  Eile  einnehmen  kann  und  nicht  aus  Mangel  der 
Artillerie  liegen  lassen  und  darum  Hinderniss  haben  muss  ;  welche  Artillerie 
aber  mit  aller  Zugehör  zum  fortbringen  eine  Vermehrung  an  Pferden  erfordern, 
wozu  die  Prälaten  und  Klöster,  die  hin  und  wieder  Maierhöfe  und  starke 
dauerhafte  Pferde  baben,  bei  jetzigen  Zeiten  concurieren  könnten. 

Auch  ist  auf  eine  grössere  Anzahl  Fuhrwesens-Wägen  anzutragen,  denn 
unmöglich  wäre,  mit  denen  250  "Wägen,  so  mir  beihaben  die  Zufuhr  des  Brods 
und  übrig,  sobald  man  von  dem  Hauptmagazin  sich  entfernet  zu  bestreiten, 
wie  es  diesen  Sommer  erfahren  und  noch  täglich  Proben  davon  habe. 

22.  Es  ist  bekannt,  dass  monatlich  zu  Unterhaltung  dieser  Kriegs-Corpo 
nur  300.000  fl.  seit  1.  Mai  habe,  welches  nicht  weiters  als  auf  5  Monate  aus 
Böhmen  empfangen,  dann  auf  den  October,  wie  man  mir  von  daraus  schreibt, 
fast  keine  Rechnung  zu  machen  ;  vor  dem  Winter  ist  auch  noch  148.000  fl. 
ungefähr  ausständig  und  die  Regimenter  haben  hin  und  wieder  von  vorigen 
Zeiten  namhafte  Summen  zu  hoffen,  die  nicht  eingehen,  weil  alle  Gassen  ge- 
schlossen sind,  ist  also  nöthig,  das  ausständige  herbeizuschaffen  und  auf 
weitere  Versorgung  zu  denken,  wann  man  änderst  die  Regimenter  nicht  Noth 
leiden  und  in  gänzlichen  Verfall  gerathen  lassen  will. 

23.  Eine  gleiche  Bewandnus  hat  es  auch  mit  denen  meisten  derer 
Herren  Generalen,  wovon  sie  mir  nächstens  Memoralien  einreichen  und  ich 
übersenden  werde. 

24.  Auf  die  Magazine  in  Mähren  oder  wohin  sonsten,  um  zu  agieren 
mit  denen  Truppen  zu  stehen  kommen  sollte,  zu  gedenken,  wo  aber  nicht,  zu 
deren  Verlegung  anzutragen  und  selbige  cantonnieren  oder  bequartieren  zu 
machen,  wo  es  auch  die  feindlichen  Umstände  zuliessen,  dann  sonsten  solche 
wegen  der  annäherenden  Kälte  nicht  würden  bestehen  können,  auch  falls  sie 
fouragieren  müssen,  sowohl  der  Landmann,  als  Soldat  und  Pferde  zu  Grund 
gehen  müssen. 

25.  Sich  auch  zu  determinieren,  dann  die  Truppen  ohne  Noth  bei  diesen 
Zeiten  campieren  zu  lassen,  nichts  als  deren  Ruin  nach  sich  ziehen  würde. 

26.  Die  Slavonier  sind  alle  davon  gelaufen  und  war  eine  üble  Com- 
position,  wider  die  Hilfe  der  Gemeinen  ungefähr  hätte  nichts  einzuwenden, 
allein  der  Ueberrest  und  die  Officiere  sind  nicht  viel  rares. 

27.  Gegen  die  Croaten  habe  ich  nicht  die  geringste  Klag,  dennoch  aber, 
da  ihre  Capitulation  nun  anfanget  zu  Ende  zu  gehen,  so  besorge  mich,  dass 
sie,  wie  die  Slavonier,  davon  laufen  und  nach  Haus  ziehen  derften,  wie  es 
Anno  1735  in  Italien  auch  geschehen. 

28.  Die  Ursach,  dass  beide  Hussaren-Regimenter  Csäky  und  Pestvär- 
meo-yei  nicht  ehender  nach  Böhmen  zu  dem  Fürsten  von  Lobkowitz  ab- 
geschickt,  rühret  von  daher,  dass  keine  ganzen  Corpi,  bevor  man  mit  dem 
König  von  Preussen  eins  worden,  abschicken  wollen,  um  die  Sache  auf  Er- 
fahrung und  wann  er  vermerkt  hätte,  das  ganze  Corpi  defilieren  zu  lassen 
anfano-ete,    nicht  beschwehrlicher  zu  machen.     Und  dieses    ist  eben  auch  das 


693 

Motivum  dass  die  drei  capitulierten  hungarischen  Regimenter  mit  denen  Jazy- 

giern  und  Kumaniern  nicht  ehender  nacher  Hungarn  abziehen  lassen,  die  jetzo 

aber  mit  mir  bis  nacher  Troppau   nehme    und    von    dorten    weiters    über    die 

Jablunka  in  Hungarn  instradieren  lasse ;    Es  hätten    zwar    solche  gleich  nach 

Uebereinkommung    mit    dem  König    von  Preussen    und    also    schon  mit  drei 

Tagen  abgehen  können,    allein  ich  habe    es  nicht  thun  wollen,    um  wider  die 

Intention  des  Königs    von  Preussen    nicht    zu  handeln,    der    dem  Krieg    noch 

einen  Schein    geben  will    und    durch    meine  überhaupt   beschehende  Retraite 

wie  er  es  selbst  gesagt,    dass  ich  kundmachen  solle,    mit    dem  ganzen  Corpo' 

par  Ordre    mich  retirieren  zu  müssen   wegen    anderwärtigen  Umständen,    und 

dass  es  nicht  scheine,  als  ob  mich  seinetwegen  znrückstehete,  bestätigen  möchte. 

Die  Tabelle  vom  vorigen  Monat  über  die  deutsche  Infanterie,  Cavallerie, 

Artillerie    und  Croaten    werden    dem  Herrn  General  Baron    von  Lentulus' 

um  solche  seiner  Behörde  zu  übergeben,  zugestehet.  Von  denen  Hussaren  aber 

habe  selbige    noch    nicht  zusammen    bringen    können,    soll  aber  auch,    sobald 

möglich  geschehen. 

Dem  Fürsten  von  Lobkowitz  habe  bereits  vorläufig  geschrieben,  dass 
mich  mit  dem  Corpo  zurückziehen  werde,  heut  aber  werde  ihm  das  positiv,. 
zu  wissen  thun,  dass  morgen  von  hier  marschier,  auch  der  Feind  anheut  mir 
der  Armee  sich  mo viert  und  ich  nach  und  nach  in  Mähren  mich  zurückziehe 
an  denen  Grenzen  aber,  wie  auch  in  dem  Glatzischen  eine  kleine  Postierum- 
hinterlasse  ;  von  dem  Geheimnus  hingegen  mache  ihm  wegen  des  Königs  von 
Preussen  und  demselben  engagierter  Parole  keine  Eröffnung.  Der  Herr  General 
Baron  von  Lentulus  hat  nicht  zu  vergessen  zu  berühren,  wie  sich  der 
König  von  Preussen  deciariert  hat,  dass  man  gegen  denen  Bavern  und  Fran- 
zosen agieren  solle,  auch  gegen  Sachsen  wann  letzteres  sich  ebenfalls  gegen 
die  Königin  erklären  sollte. 

Greis  au  unweit  Neisse,  den  13.  October  1711. 

Neipperg    m.  p. 


694 


LIX. 
Vertrags-Proj  ect, 

entworfen  vom  FM.  Grafen  N  e ip  p  e  r  g.  *) 

1.  Werden  S.  M.  dem  König  von  Preussen  freie  Hände  gelassen,  die 
Stadt  Neisse  zu  occupieren,  auf  welche  Art  Allerhöchstderselbe  werden  wollen, 
es  sei  mit  Gewalt  oder  aber  durch  eine  Bloquade,  über  welch'  ein  oder  an- 
deres sich  einverstanden  werden  kann,  wie  es  Allerhöchst  gedachte  S.  k.  M. 
auf  jetzt  besagte  oder  noch  auf  andere  Arten  belieben  werden.  Solchenfalls  aber 

2.  bedingt  man  sich  dabei,  dass  bei  Ueb ergäbe  dieses  Orts  ein  oder 
andererweise,  wie  man  sich  hierüber  einverstehen  möchte,  erstlich  die  Gar- 
nison ihren  freien  Auszug  haben  und  kein  Mensch,  er  sei  Soldat,  Bedienter 
oder  anderer,  wer  es  immer  ist,  aus  den  königl.  ungarischen  oder  böhmischen 
Diensten  zu  treten,  angeleitet,  viel  weniger  mit  Gewalt  dazu  gezwungen 
werden  solle,  wohl  aber  erwähnter  Garnison  zu  ihrem  Auszug  und  Fort- 
kommen aller  fördersamer  Vorschub,  es  sei  mit  Vorspann  oder  sonsten, 
o-eo-eben  werden  möge ;  und  dass  zweitens  die  völlige  Artillerie,  was  an 
metallenen  Stücken  und  Pöllern  darin  I.  M.  der  Königin  von  Ungarn  und 
Böhmen  verbleibe,  auch  die  dazu  erforderliche  Vorspann  au,s  Schlesien,  um 
mit  der  ausziehenden  Garnison  von  dannen  abgeführt  werden  zu  können, 
unweigerlich  verabfolgt  werde. 

3.  "Wegen  Ottmacbau,  wann  allenfalls  mit  der  Armee  aus  diesem  Lande 
mich  hinwegziehen  sollte,  stellt  man  S.  k.  M.  von  Preussen  zu  eigenem  Aller- 
höchstem Belieben,  ob  ich  selbigen  Ort  gleich  evacuieren  und  die  Garnison 
von  dort  herausziehen  solle,  oder  ob  Allerhöchstderselbe  diesen  Ort  auch  mit 
Gewalt  oder  durch  Bloquade  an  sich  bringen  wolle. 

Es  sei  aber  dieser  beider  letzteren  Fällen  auf  eine  oder  andere  Art,  so 
bedingt  man  sich  der  Garnison  willen  ihres  freien  Auszugs  und  sonsten  das- 
jenige aus,  so  oben  bei  der  Garnison  der  Stadt  Neisse  angemerkt  und  aus- 
bedungen  wird. 

4.  Bedingt  man  sich  auch  aus,  dass  in  Ansehung  der  Magazins,  so 
ausserhalb  Neisse  und  Octmachau  hin-  und  wieder  zum  Behuf  dieser  Armee 
an  dem  Fuss  der  Gebirge  und  sonsten  angelegt  worden,  etwa  acht  oder 
zehn  Tage  verstattet  werden,  um  selbige  von  dannen  in  Mähren  oder  in  das 
Glatzische,  wohin  man  erachten  wird,  retirieren  und  zurückziehen  zu  können. 

5.  Der  Cordon,  der,  um  des  Obdachs  und  Fourage  allein  daraus  zu. 
haben  und  zu  gemessen,  in  dem  I.  k.  M.  zu  Ungarn  und  Böhmen  verbleibenden 


i)  H.  H.  u.  St.  A.,  Friedens-Acten,  Fase.  23. 


695 

Ober-Schlesien,  längstens  bis  Ende  Aprilis  1742  veraccordierenden  Quartieren, 
wäre  ungefähr  zu  ziehen  von  Kosel  an  und  diesem  Ort  gleich,  dies-  und  jen- 
seits der  Oder,  von  dannen  Klein-Glogau,  Neustadt,  Ziegenhals,  Weiden  au, 
bis  auf  AVartha,  welches  doch  ein  District  von  der  Neisse  an,  um  etliche 
tausend  Mann  unterzubringen,  wäre. 
Dieser  Vertrag  beschiehet 

6.  hauptsächlich  von  darum,  womit  bei  den  Ungarn,  die  insgesammt 
aufzusitzen  und  gegen  die  Bayern  und  Franzosen  zu  agieren  sich  anerboten, 
keine  Jalousie  erweckt  werde,  welche  unfehlbar  sich  äussern  dürfte,  wofern 
in  dem  Teschen'schen,  Troppauisch-  und  Jägerndorfischen  derlei  Quartiere  ge- 
nommen und  sich  somit  zu  sein  an  ihre  Grenzen  genähert  würde. 

Nichtsdestoweniger  aber  könnten 

7.  die  auf  obbesagte  Art  und  in  der  angemerkten  Gegend  bequartierten 
königl.  preussischen  Truppen  bis  an  den  Fuss  des  grossen  Gebirges  der 
Gegend  Weidenau,  Ziegenhals,  Neustadt,  auch  bis  an  die  Oppova,  diesseits  der 
Oder  und  jenseits  Kosel  gleich,  diejenigen  Districte  hiervon  ausgenommen, 
so  unmittelbar  zu  dem  Markgrafenthum  Mähren  gehören,  also  Hotzenplotz, 
Hennersdorf,  Joachimsthal  und  übrige,  Fourage  ausschreiben,  welches  man 
zwar  den  betreffenden  Unterthanen  nicht  verwehren  würde,  jedoch  aber  der 
gewissen  Zuversicht  lebete,  es  würden  S.  M.  der  König  von  Preussen  dahin 
gesinnt  sein  und  darauf  bestehen,  dass  unter  diesen  Winter- Quartieren  selbst 
schon  angebotenermassen  nichts  als  das  Obdach,  benebst  der  blossen  Fourage, 
k  einer  lings  aber  einige  Contributionen,  wie  die,  um  Gelder  einzuziehen,  immer 
Namen  haben  mögen,  hierunter  verstanden  werden. 

Nicht  minder  auch,  dass  die  Unterthanen  Ober-Schlesiens,  in  Betracht 
selbige  ohnehin  bereits  so  Vieles  schon  erlitten,  seinerzeit  einmal  einige  Ver- 
gütung auf  die  abliefernde  Fourage  erhielten.  Ingleichen  bedingt  man  sich 
noch  aus,  dass  man  königl.  preussischerseits  in  Ober-Schlesien  keine  Leute 
zu  Kriegsdiensten  gewaltthätigerweise  obligieren  und  wegnehmen  werde  und 
damit 

8.  S.  k.  Majestät  von  Preussen  erkennen  mögen,  dass  es  von  Seiten 
I.  k.  M.  zu  Ungarn  und  Böhmen  aufrichtig  gemeint  sei  und  man  Allerhöchst- 
deroselben  keine  Ombrage  zu  erwecken  gedenke,  so  lasset  man  zu  Alier- 
gnädigst  deroselben  Belieben  und  Willkür,  ob  S.  k.  M.  von  Preussen  nach 
allen fallsiger  Beangenehmung  dieses  Vertrags  erachten,  dass  man  gar  nichts 
thun  oder  aber  den  Krieg  dem  Schein  nach  mit  Einfall  einiger  Husaren 
fortführen  solle,  zumal  die  mährischen  gegen  Schlesien  liegenden  Grenzen 
benebst  der  Stadt  Troppau  ohnehin  nur  pro  forma  und  mit  sehr  weniger 
Mannschaft  an  Infanterie  und  Cavallerie  würden  besetzt  werden.  Wogegen 
von  uns 

9.  lediglich  nichts  verlangt  wird,  als  eine  Versicherung,  dass  I.  k.  M. 
von  Preussen  wTeder  gegen  meine  Allergnädigste  Königin,  noch  gegen  den 
König  von  England  qua  Churfürsten  von  Hannover,  noch  andere  ihrer  Allierten 
agieren,  noch  auch  aus  ihren  Ländern  einige  Contributionen  zu  ziehen  Tor- 
langen  wollen  und  worauf,  wann  S.  k.  M.  von  Preussen  es  also  beangenehmen 
würden,  alsobalden  nach  einverstandener  Sache  mit  der  Armee  von  hier  ent- 
weder tief  nach  Mähren,  Böhmen,  Oesterreich  oder  wohin  sonsten  der  mir 
diesfalls  zukommende  Befehl  lauten  möchte,  mich  zu  ziehen  und  sofort 
Schlesien  verlassen  würde.  . 


696 


LX. 
Memoire 

vom  21.  October  1711  für  den  englischen  Gesandten  Robinson.1) 

Der  Minister  Seiner  grossbritannischen  Majestät,  Herr  von  Robinson 
ist  ohne  Zweifel  von  Mylord  Grafen  Hyndford  von  dem  Acte  in  Kenntniss 
gesetzt  worden,  welchen  dieser  am  9.  d.  M.  in  Folge  der  freundschaftlichen 
Besprechungen  in  Klein-Schnellendorf  aufgesetzt  hat. 

I.  M.  die  Königin  von  Ungarn  und  Böhmen  heisst  Alles  gut,  was 
diesem  Acte  gemäss  in  ihrem  Namen  erklärt  wurde :  das,  was  verhandelt 
worden  oder  geschehen  sein  könnte,  bevor  sie  davon  Nachricht  erhielt,  könnte 
daran  (dem  Acte)  keinen  Eintrag  thun. 

Die  K  ö  n  i  g  i  n,  ebenso  wie  ihr  königlicher  Gemahl  werden  beflissen  sein, 
mit  S.  M.  dem  Könige  von  Preussen  die  aufrichtigste  Freundschaft  und 
das  beste  Einvernehmen  zu  pflegen,  überzeugt,  wie  Sie  es  sind,  von  der 
vollständigen  Erwiderung  seinerseits.  Sie  sind  selbst  bereit,  die  Bande  einer 
engeren  Verbindung  mit  diesem  Fürsten  zu  schliessen,  zum  öffentlichen  Wohle 
des  Reiches  und  von  ganz  Europa.  Sowohl  sie,  als  die  kleine  Zahl  der  Per- 
sonen, denen  der  Inhalt  des  Actes  des  Lord  Grafen  Hyndford  an- 
vertraut wurde,  werden  darüber,  so  lange  es  als  nothwendig  erachtet  wird, 
ein  unverletzliches  Geheimniss  bewahren.  Nichts  wird  ihrerseits  darüber  laut 
werden.  Aber  man  kann  nicht  umhin  zu  bemerken,  dass  das  Gerücht  von  der 
Aussöhnung  sich  noch  vor  Ankunft  des  Bi\  Lentulus  im  Publicum  ver- 
breitet hat.  Nachdem  die  Leute  nach  den  äusseren  Erscheinungen  urtheilen, 
obwohl  sie  über  den  Grund  der  Angelegenheiten  nicht  im  Gerringsten  unter- 
richtet sind,  so  geschieht  es  oft,  dass  sie  durch  Vermuthungen  eirathen,  was 
man  Sorge  trägt,  ihnen  zu  verbergen. 

Die  Freilassung  des  Barons  Reise  witz  und  des  Grafen  Arco, 
die  Räumung  von  Ottmachau,  die  dem  Commandanten  von  Neisse  ertheilten 
Befehle,  der  Rückzug  der  Armee  der  Königin  und  mehrere  andere  Um- 
stände konnten  nicht  ermangeln,  diese  Vermuthungen  hervorzurufen. 

Aber  man  gibt  sich  alle  mögliche  Mühe,  um  sie  zu  zerstreuen  und 
S.  M.  von  Preussen  kann,  wie  hier  oben  gesagt,  darauf  rechnen,  dass  das 
unverletzlichste  Geheimniss  von  Jenen  bewahrt  werden  wird,  welche  im 
Amte  sind. 


*)  H.  H.  u.  St.  A.,  England  Z.  83.  1711.  (Original  französisch.) 


697 

Da  der  fragliche  Act  nur  Präliuiinar-Artikel  enthält,  so  unterließt  es 
keinem  Zweifel,  dass  jene,  von  denen  darin  keine  Erwähnung  geschieht  und 
auf  welchen  die  Königin  nichtsdestoweniger  immer  bestanden  hat.  durch 
den  endgiltigen  Friedens-Tractat  gesichert  werden.  Diese  Artikel  sind:  Die 
Erhaltung  der  katholischen  Eeligion,  die  pro  rata-Entlastung  von  den  auf 
ganz  Schlesien  haftenden  Schulden  und  eine  allgemeine  und  gegenseitige 
Amnestie  zu  Gunsten  der  Privaten,  welche  bisher  einer  oder  der  anderen 
Partei  anhänglich  waren. 

Dieser  Artikel  bedarf  jetzt  schon  der  Erläuterung,  nachdem  S.  M.  der 
König  von  Preussen  vor  seiner  Aussöhnung  mit  der  Königin  sehr  strenge 
Avocatorien  gegen  alle  Jene  verlautbaren  liess,  welche  Güter  in  Nieder- 
Scbiesien  besitzen  und  in  ihrem  (der  Königin)  Dienste  weiter  verbleiben. 
Der  hiefür  vorgeschriebene  Termin  geht  zu  Ende.  Und  da  das  unverletzlichste 
Geheinmiss  bewahrt  werden  soll,  so  ist  der  Wiener  Hof  nicht  in  der  Lage 
ihnen  Andeutungen  zu  machen,  welche  den  vereinbarten  Artikeln  entsprechen. 
Uebrigens  können  die  vorgenannten  Avocatorien  nicht  platzgreifen,  ohne  die 
Freundschaft  zu  verletzen,  welche  man  soeben  wieder  hergestellt  hat.  Eine 
sehr  grosse  Anzahl  von  Personen  befinden  sich  in  der  Lage,  Güter  nicht  nur 
in  Nieder-Schlesien,  sondern  auch  noch  anderwärts  zu  besitzen.  Es  ist  gerecht, 
dass  diese  Personen,  sobald  der  Friede  einmal  verlautbart  sein  wird,  ihre 
Unterwerfung  dem  Könige  von  Preussen  für  ihre  unter  seiner  Oberhoheit  be- 
findlichen Güter  bezeugen,  wofern  sie  es  nicht  vorziehen,  dieselben  innerhall, 
einer  zu  bestimmenden  Frist  zu  verkaufen.  Aber  nach  den  in  ähnlichen  Fällen 
gebräuchlichen  Pegeln  könnte  man  nicht  mehr  verlangen.  Es  handelt  sich 
also  die  Ausführung  der  genannten  Avocatorien  unter  der  Hand  jetzt  schon 
aufzuheben  und  in  den  endgiltigen  Friedens-Tractat  ungefähr  einen  solchen 
Artikel  einzufügen,  wie  er  ehedem  von  Seite  des  Wiener  Hofes  entworfen 
wurde.  Der  Billigkeitssinn  S.  preuss.  M.  und  seine  hohe  Einsicht  lassen  keinen 
Zweifei  zu,  dass  er  einer  Forderung  nicht  willfahren  werde,  welche  auf  einem 
in  ähnlichen  Gelegenheiten  stets  beobachteten  Gebrauch  begründet  ist ;  da  die 
Amnestie  eine  nothwendige  Folge  des  Friedens  ist,  welcher  erneuert  wird. 

Se.  königl.  Hoheit  der  Grossherzog  ist  diesem  Fürsten  unendlich  ver- 
pflichtet für  die  Gesinnungen,  welche  er  in  Eücksicht  auf  ihn  geäussert  hat. 
Sobald  man  Nachricht  erhalten  hat,  dass  der  Einzug  Sr.  churf.  D.  von  Maynz 
am  21.  d.  M.  in  Frankfurt  stattfinden  soll,  hat  man  sich  alle  Mühe  gegeben- 
um  ihn  verschieben  zu  lassen.  Wenn  das  auch  nicht  gelänge,  so  blieben  noch 
genug  sehr  triftige  Gründe  übrig,  um  wenigstens  die  Wahl  selbst  aufzu- 
schieben. Und  es  wird  leicht  sein,  sich  dabei  in  einer  Weise  zu  benehmen, 
um  seinen  wirklichen  Zweck  Jenen  zu  verbergen,  welche  sie  überhasten 
wollen.  Wenn  also  Se.  preuss.  M.  im  Vereine  mit  Sr.  grossbrit,  M.  als  Chu;- 
fürsten  von  Hannover  unter  der  Hand  dabei  mitwirken  wollen,  so  hat  man 
alle  Aussicht,  sich  Erfolg  zu  sichern.  Da  aber  der  Hof  von  Wien  ein  unver- 
letzliches Geheimniss  über  alles  bewahren  muss,  was  vereinbart  wurde  so 
werden  seine  Vorstellungen,  welche  einzig  auf  das  Gemeinwohl  des  Reiches 
und  auf  die  Notwendigkeit,  dort  vor  allem  die  Ruhe  herzustellen  und  die  fremden 
Truppen,  die  mit  der  Freiheit  der  Wahl  unvereinbar  sind,  hinauszubringen,  ge- 
gründet wären,  bei  Ihrer  churf.  D.  von  Maynz  und  Trier  nicht  genügen,  wofi 
sie  nicht  von  Ihren  Majestäten  von  Grossbritannicii  und  Preussen  sehr  wirksam 
unterstützt  wären.  Wenn  man  zu  einem  solchen  Aufschub  gelangt,  so  wird  daraus 


G!J8 

ein  anderer  Vortheil  erwacksen,  welcher  darin  besteht,  dass  man  das  Unrecht 
gut  macht,  welches  man  der  Königin  anzuthun  im  Begriffe  steht,  indem 
man  ihre  Stimme  ausschliesst.  Se.  grosshr.  Majestät  hat  früher  das  unbestreit- 
bare Recht  anerkannt,  welches  sie  hat,  dieselbe  auszuüben;  ein  Recht,  welches 
seitdem  viel  klarer  und  in  seinem  ganzen  Zusammenhang  durch  die  beiden 
vom  Baron  Prandau  in  Frankfurt  vertheilten  Schriftstücke  dargestellt 
wurde.  Man  kann  es  also  nur  den  Unfällen  des  Krieges  zuschreiben,  dass  der 
Herr  von  Broich  sich  den  Gesandten  der  drei  versammelten  Churfürsten 
angeschlossen  hat,  um  die  Ausübung  derselben  aufzuheben.  Aber  selbst  aus 
diesem  Grunde  schmeichelt  man  sich  mit  Recht,  dass,  weil  der  Friede  schon 
hergestellt  ist,  wenn  auch  im  Geheimen,  die  Königin  der  Wirkungen  nicht 
beraubt  weiden  darf,  welche  derselbe  naturgemäss  herbeiführen  soll.  Sie 
verkennt  nicht  die  Rücksichten,  welche  S.  preuss.  Majestät  abhalten  können, 
schon  jetzt  mit  seiner  Freundschaft  und  seinen  guten  Absichten  sowohl  für 
sie,  als  für  ihren  königlichen  Gemahl  hervorzutreten.  Es  Wird  jedoch  für  diesen 
Fürsten  sehr  leicht,  durch  seine  hohe  Einsicht  und  seine  vollendete  Weisheit 
Eines  mit  dem  Anderen  zu  vereinbaren  ;  ohne  dass  sich  der  Hof  von  Wien 
anruasst,  ihm  zu  diesem  Zwecke  etwas  an  die  Hand  zu  geben,  hofft  er  im 
Gegentheil  bezüglich  seiner  eigenen  Haltung  und  seines  Vorgehens  von  ihm 
geleitet  zu  werden,  um  desto  eher  zu  einem  so  gerechten  Ziele  zu  gelangen, 
ohne  die  vorstehenden  Betrachtungen  aus  den  Augen  zu  verlieren. 


','.!'.» 


LXI. 
Capitnlatioii. x) 

üeber  die  Uebergab  der  Stadt  Neisse  durch  die  dermablen  I.  k.  M.  in  Ungarn 
und  Böhmen  allhier  sich  befindliche  Garnison  an  Se.  M.  in  Preussen. 

1. 

Es  wird  die  Stadt  und  Vestung  Neisse  Sr.  k.  M.  von  Preussen  mit 
aller  darinn  befindlicher  Artillerie,  Kriegs-Munition  und  Proviant  übergeben 
werden.  Von  aller  zurücklassender  Artillerie,  Munition,  und  allen  übrigen  Zeugs- 
Requisiten  aber  wird  ein  wohlentschiedenes  Inventarium  mit  ordentlicher  An- 
merkung der  Anzahl  jedweder  Gattung  verfertigt  und  übergeben  werden,  und 
solle  der  zu  Uebernehmung  bestellte  preussische  Artillerie-Officier  über  die 
ganze  Uebernahin  Authentisch  quittieren. 

2. 

Hingegen  solle  die  sämmtliche  Garnison,  nebst  den  unter  derselben 
dependierenden  Personen,  Artilleristen,  Ingenieurs  und  Invaliden,  mit  allen 
militärischen  Ehren-Bezeugungen,  Ober-  und  Unter-Gewehr,  klingendem  Spiel, 
Brennenden  Lunthen,  jeden  Kopf  mit  36  scharfen  Patronen  versehen,  Sack- 
und  Packh  hinausziehen.  Ingleichen  solle 

3. 
Alle    der  sämmtlicben  Garnison    und    der  königl.    ungarisch-   und  Böh- 
mischen Armee    in    der  Stadt    annoch  befindliche  Bagage,    Frauen,    Bediente 
Knechte  und  Pferde    frei,  sicher  und  ohngehindert  zugleich  mit  der  Garnison 
ausmarschieren  können. 

1. 
Zu  Fortbringung    obgedacbter  Bagage    und    allen    übrigen    sollen    alle 
lnezu  benöthigten  Pferde  und  Vorspannswägen,  wie  ingleichen  für  alle  Kranke 
und  Blessierte  bis  in  Mähren  Gratis  verschafft  wer  Ten. 

5. 
Es    solle    dem  Commandanten    und    der    Garnison    erlaubt    sein,    zwei 
lOpfündige    und    vier  Gpfündige  Falcaunen,    jedes    mit  100  scharfen  Schüssen 
versehen,    mit  sich  aus  hiesiger  Festung  zu  nehmen,    und  zu  führen,    und  zu 

r)  K.  A.,  Schlesien  1741  ;  Fase.  10,  107.  (Original.) 


7  00 

Fortbringung  derselben  die  benötbigte  Vorspann  durch  ganz  Schlesien  bis  in 
Mähren  gratis    verschafft  werden. 

6. 

Die  Garnison  mit  allem,  was  von  selber  dependiert,  Artillerie,  Bagage, 
und  allem  dem  obigem  solle  bis  alldahin  in  Mähren  vollkommener  Sicherheit 
escortiert  und  verschafft  werden. 

7. 

Für  die  ganze  Garnison  und  alle  obigen  davon  dependierenden  Per- 
sonen solle  auf  Acht  Tage  Brod,  und  für  ihre  eigenen  Pferde  Hart-  und  rauhes 
Futter  mitzunehmen  erlaubt  sein,  gleichmässig  zu  Fortbringung  solcher  die 
benöthigte  Vorspann  herbei  geschafft  werden. 

8. 

Kein  Mensch,  er  sei  Soldat,  Bedienter  oder  anderer  solle  zu  Annehmung 
königl.  Preussischer  Kriegs-Dienste  weder  veranlasst,  noch  gezwungen  werden  ; 
da  aber  ein  Solches  durch  ein  oder  anderen  geschehen  sollte,  durch  Authori- 
tät  der  hohen  Generalität  allsogleich  dieser  abgenommene  Mensch  zurück- 
gegeben, und  überantwortet  werden. 

9. 
Wann  ein  oder  andere  von  Sr.  k.  M.  in  Ungarn  und  Böhmen  dep eli- 
dierende Militär-  oder  Civil-Personen  wegen  Krankheit  oder  anderen  in  seinen 
eigenen  Angelegenheiten  erheblichen  Ursachen  allhier  zu  verbleiben  genöthigt 
werden  sollte;  so  solle  ihm  innerhalb  6  Wochen  Zeit:  frei,  sicher  und  un- 
gehindert allhier  zu  verbleiben  und  nach  verflossener,  oder  während  der  Zeit 
abzugehen  gestattet  und  erlaubt  sein. 

10. 
Allen    Sr.    k.  M.    in  Ungarn    und    Böhmen    ausländischen    Unterthanen 
sollen    alle    ihre    annoch  allhier    befindlichen  Weine    und  übrigen  Effecten  in 
3  Monat-Zeit  frei  zu  verkaufen  gestattet  sein. 

11. 

Das  Zoll-Thor  wird  nach  beiderseitig  unterzeichneter  Capitulation  den 
königl.  Preussischen  Truppen  übergeben,  und  zur  Besatzung  eingeräumt 
werden. 

12. 

Hingegen  solle  Niemandem  von  den  königl.  Preussischen  Truppen,  als 
alleinig  den  zur  Uebernahm  und  Consignation  destillierten  Officieren  bis  zum 
Ausmarsch  der  königl.  ungarisch-  und  böhmischen  Garnison  in  die  Stadt 
herein  zu  gehen  gestattet  und  erlaubt  werden.  Derohalben  alle  übrigen  Thöre, 
und  der  völlige  Wall  mit  königl.  imgarischen  Truppen  besetzt  verbleiben, 
und  wird  innerhalb  des  Zoll-Thores  bei  dem  nächst  dabei  stehenden  Hause 
ein  Piquet  von  königl.  ungarischen  Truppen  gehalten  werden. 

13. 

Während  vollständiger  Ausmachung  der  Capitulations-Puncten  bis  zu 
deren  Unterzeichnung  sollen  alle  Hostilitäten  und  Arbeit  von  beiden  Seiten 
aufhören,  und  mit  derselben  ingehalten  werden. 


701 

14. 

Den  Tag  des  Aussmarsches  der  Garnison,  da  alle  benöthigte  Vorspann 
(welche  sobald  möglich  herbeigeschafft  werden  wird)  vorhanden  ist,  wird 
dieselbe  alle  ihre  Posten  an  sich  ziehen  und  sodann  ausmarschieren. 

15. 

Sollte  dem  Commandanten  gleich  nach  geschlossener  Capitulation,  einen 
Ofncier  zu  dem  Commandierenden  Herrn  Generalen  der  königlich-ungarisrh- 
und  böhmischen  Armee,  in  Mähren  abzuschicken  erlaubt  sein,  und  derohalben 
ihm  sicheres  Geleit,  und  Gelegenheit  bis  auf  die  Mährische  Gränze  zu 
k   mmen,  gegeben  v/erden. 

16. 

Die  Rom.  kathol.  Religion,  soll  in  allen  ihren  bisherigen  Uebungen, 
Exercitien,  und  öffentlichen  Ceremonien  unturbieret,  unl  ungehindert  in  allem 
vollkommen  gelassen  werden. 

17. 
Alle    und   jede    Geistliche  Stifter    piae    causae,    und    sämmtliche  Geist- 
lichkeit soll  in  allem  bei  ihren  von  Sr.  k.  M.  in  Ungarn  und  Böhmen  gehabten 
Privilegien,    Immunitäten  und  Freiheiten  confirmieret,    und  bestätigt  werden. 
Wie  ingleichen 

IS. 

Die  sämmtliche  Regierung,  Cameral-Administration,  Landeshauptmann- 
schaft. Stadt  Magistrat  nebst  der  ganzen  bürgerlichen  Communität  und  In- 
wohnern bei  der  bisherigen  Verfassung  erhalten,  und  soutenieret,  Niemand, 
auch  weder  an  Hab  und  Gut,    noch  sonsten  im  Geringsten  gekränkt  werden. 

19. 

Wegen  dem  Glocken-Geläut  haben  Alle  Glocken  und  Geläute,  Kupfer 

S.  M.  von  Preussen  sich  dahin  erklärt,  und     Blech     auf     den     Kirchen     und 

dass,    da    bei    Ihnen    solches  Manier,  Thürmen  sollen  von  allen  Exactionen 

so  würden  Sie    dennoch  die  Stadt  zu  befreit  sein, 
schonen  wissen,    weil    Sie    ihnen   ge- 
h  öret. 

Baron  Krottendorff  m.  p. 
Obrist. 
B  o  r  c  k  e  in.  p. 
Obrist. 

20. 

Das  Lands-Collegium,  Lands-Zeug-Haus,  und  Ober-Steuer-Amt  sollen 
wie  bisanher,  auch  hinkünftig  confirmieret,  bestätiget,  auch  ungekränket  bei- 
behalten werden. 

21. 

Denjenigen  Inwohnern,  so  sich  von  hier  zu  retirieren  gedenken,  solle 
der  Auszug    mit   ihrem  Hab    und  Gut    in    aller  Sicherheit    verstattet  werden. 

Alle  diese  obigen  Puncte,  welche  mit  dem  Sr.  k.  M.  in  Ungarn  und 
Böhmen  des  Wenzel  Wallis'.schen  Infanterie-Regiments  Obristlieutenanten, 
und  allhiesigen  Festungs-Commandanten  Maximilian  Baron  Erotte  n  d  o  r  f. 
nach  co-umunicierter  Vollmacht  von  Sr.  k.  M.    in  Preussen  an  dero  Obri>ten, 


702 

und  General-Adjutanten  von  Borcke  ausgemacht  worden,  sollen  auf  aller- 
kräftigst e  Art  von  beiderseits  gehalten,  und  feierlichst  observiert  werden. 
Urkund  dessen  ist  gegenwärtige  Capitulation  von  beiden  Theilen  eigenbändig 
unterschrieben,  besiegelt  und  zwei  gleichlautende  gegen  einander  ausge- 
wechselt werden. 

So  geschehen  N  e  i  s  s  e.  den  31.  October  1741. 

(L.  S  )  Baron  K  r  o  1 1  e  n  d  o  r  f  f  m.  p. 

Obrist  und   Commandant. 

(L.  S.)  Frh.  von  Moltke  m.  p. 

Obrist  Wachtmeister. 

(L.  S.)  Borcke  m.  p. 

Obrister  und  Generalndjutant  Sr.  k.   M. 
ven  Preussen    hiezu    Bevollniächtigter. 


"03 


LXIL 

Bewegs-Ursachen    wegen    Uebergebuug    der   Stadt    und   Festung 
Neisse  an  die  königlich-preussischen  Truppen. 

Nachdem  wir  gestern  Abends,  als  den  30.  October  a.  c.  einhellig  reser- 
vieret, dass,  nachdem  der  Feind  die  Bombardierung  auf  die  Nacht  auf  ein 
neues  aufienge,  wohl  die  Naclit  hindurch  damit  continuieren  würde,  und  mit 
solcher  Fortsetzung  bis  Tag  wohl  wenig  Häuser  von  der  Stadt  unverletzt 
verbleiben  könnten,  derohalben  obzwar  nach  der  Instruction  an  den  Herrn 
Commandanten  von  Sr.  Excellenz  dem  Commandierenden  Herrn  Generalen 
Feldmarschallen  Grafen  von  Neipperg,  der  Platz  sich  14-  Tage,  vom 
ersten  feindlichen  Stück-Schuss  an  gerechnet,  halten  sollte  und  den  15.  darauf 
der  Orth  übergeben  werden  müsste,  jedennoch  dem  Herrn  Commandanten 
nach  seinein  Befund  überlassen  wäre,  vor  obiger  Zeit,  dafern  der  König  in 
Pivussen  dem  Orth  allzusehr  zusetzte,  zu  capitulieren.  "Wobei  wir  auch  in 
Erwägung  gezogen,  das  sofern  die  Garnison  (welche  so  schwach,  dass  sie  nicht 
im  Stande,  ihre  gewöhnlichen  Wachen  ablösen  zu  können)  weder  Tag,  noch 
Nacht  einige  Buhe  hätte,  solches  nicht  mehr  länger  auszudauern  vermögend 
wäre,  ingieichen  die  königl.  Artilleristen,  welche  die  ganze  Zeit  hindurch  ihre 
Schuldigkeit  bei  Tag  und  Nacht  besonders  wohl  gethan,  da  sie  nur  12  zu 
diensten,  2  junge  Feuerwerker  einer  nach  Glatz,  der  andere  krank,  solches 
sofern  ihnen  nicht  etliche  Stunden  in  der  Nacht  zu  ruhen  vergönnt  werden 
konnte,  gleichfalls  nicht  mehr  länger  auszustehen  im  Stande  wären,  und  ob- 
zwar der  täglich  zugefügte  Schaden  an  den  Batterien,  und  Werken  durch 
fleissige  Arbeit  die  Nacht  hindurch  repai'iert,  und  in  Defensions-Stand  gesetzt 
werden  konnte,  dannoch  in  Fortsetzung  der  Bombardierung  durch  die  amn  ch 
determinierten  übrigen  drei  Tage  die  völlige  Stadt  unumgänglich  zu  Grund 
gerichtet  werden  müsste,  jedennoch  um  der  erhaltenen  Instruction  möglichst 
ein  Genügen  zu  leisten,  einstimmig  befunden  haben,  allso  gleich  an  S.  M.  den 
König  in  Preussen  die  Herren  Hauptleute  Amadei  und  Chevalier  de 
St.  Bemy  hinauszuschicken  mit  dem  Vortrag.  Nachdem  der  Commandant  und 
die  sämmtliche  Garnison  über  die  heut  gemachte  Proposition  sich  auf  ein 
neues  berathschlagt,  also  hat  man  um  Sr.  k.  M.  höchster  Intention  sich  zu 
aecomodieren,  und  zu  gleicher  Zeit  unser  inhabenden  Ordre  ein  Genügen  zu 
leisten,  sich  dahin  entschlossen,  Sr.  k.  M.  allerunterthänigst  zu  proponiei  cn, 
dass  falls  in  drei  Tagen,  als  nemlich  bis  2.  November  kein  Succurs.  oder  Ent- 
satz für  die  Garnison  anlanget  gegen  eine  honorable  Capitulation  sowohl 
für  sämmtliche  Garnison,  als  ganze  Stadt,  den  Platz  folglich  zu  übergeben. 


704 

Da  nun  diese  beiden  Herren  Hauptleute,  mit  dem  Herren  Obristen 
von  Borcke  und  Herr  Hauptmann  von  S  y  d  o  w  heute  vor  Tags  zurück- 
gekommen waren,  wir  auch  durch  den  Commandanten  berufen,  und  die 
Antwort  Herrn  Obristens  von  Borcke  durch  denselben  vernommen  haben  ; 
Dass  nämlich  dem  Commandanten  ohndem  bewusst  wäre,  dass  kein  Succurs 
zu  hoffen  seie.  welches  der  König  schriftlich  geben  wollte,  jedennoch  Sr.  M. 
dem  König  in  Preussen  eine  besondere  Gefälligkeit  geschehete,  er  auch  den 
Commandanten  hier  nun  ersuchen  Hesse,  umso  mehr,  als  es  auf  ein  paar  Tage 
nicht  ankäme,  den  Platz  den  1.  November  Sr.  M.  zu  Übergaben,  derohalben 
auch  sowohl  für  die  Garnison,  als  Stadt  die  honorabelste  Capitularion  offerierte. 

So  haben  wir  auf  ein  neues  deliberieret,  und  beschlossen,  dass  nachdem 
aus  oben  angezogener  Bombardierung,    nach  des  Bürgermeisters  und  der  Ge- 
schwornen  Raths-Herren  eingereichten  schriftlichen  und  unterzeichneten  Con- 
siuuation  der  durch  1G8  eingefallene  Bomben    ruinierten  Häuser    wohl  zu  er- 
kennen,   dass  Sr.   M.  der  König  in  Preussen  höchstens  darauf  dringe,    und  in 
abschlägigem  Falle    noch    mehrers    darauf    dringen    würde,    diesen  Platz  am 
bestimmten  Tag    zu  überkommen,    mithin,    da  ohnedem  nach  der  Instruction 
den    3.  der  Platz    absolute    übergeben    werden    müsste,     und    diesfalls  keine 
längere  Defension,    oder  Verzögerung  über  bestimmte  Zeit    zu  machen  wäre, 
also  es  alleinig    annoch  auf  diese    drei  Tage  ankommete,    unter  welcher  Zeit 
die  Gebäude  der  ganzen  Stade    durch    die  continuierliche  Bombardierung    bei 
Tag  und  Xacht  unfehlbar    zu  Grund  gehen  müssten.    und    obzwar  die  Werke 
und    Batterien    der    Festung    noch    ziemlich    unbeschädigt,     und    was    noch 
mehrers    ruiniert  werden  könnte,     die  Xacht    hindurch    allzeit  meist  repariert 
werden  würde,     dennoch    unverantwortlich    wäre,    bei     solchen   wissentlichen 
Umständen  den  gänzlichen  Untergang    der  Stadt  zu  befördern,    wobei    neben 
auch  die  Schwäche  der  Garnison.  Avelche  zur  nöthigen  Ablösung  den  AVachen 
kaum  erklecklich,    da  sie  annoch    zur  Arbeit  und  Eeparierung   der  verletzten 
AVerke  angehalten  werden    sollte,    solches    ohne    habender  Euhe    nicht  anzu- 
dauern   vermögend  wäre,    die    königlichen  Artilleristen,    als  welche  li    in  der 
Zahl,  wovon  einer  krank,    und  der  andere  beim  Stück-Hauptmann  auf  Ordon- 
nanz sein  muss,  da  sie  den  ganzen  Tag  mit  grösster  Gefahr  auf  den  Batterien 
mit  Feuern  zubringen,  und  die  Nacht  hindurch  durch  Reparierung  der  ruinierten 
Batterien  und  Changierung  der  zerschossenen  Laffeten    ohne  Ruhe   zubringen 
müssen,  es  gleichfalls  auszustehen  nicht    läuger   im  Stand  sein,    den  König  in 
Preussen  den  Platz  an  bestimmten  Tag,    als  nemlich  den  1.  November  gegen 
eine  honorable  Capitulation  sowohl  für  sämmtliche  Garnison,  als  die  Stadt,  zu 
übergeben  ;  und  überlassen  wir  solche  Capitulation  nach  Befund  auf's  Beste  zu 
verfassen  dem  Herrn  Commandanten. 

Urkund  dessen  ist  unsere  eigenhändige  Fertigung  gegeben 

Neisse  den  31.  October  1741. 

(L.  S.)  von  Moltke  m.  p. 

Obristwachtm. 

(L.  S.)  Amadea  m.  p.  (L.  S.)  Le  Chevalier  de  St  R  emy  m.  p. 

Hauptmann  von  Baden.  Hauptmann  v.  Max  Starhemberg. 

rL.    S.)        B.  Teltscher  m.  p.  (L.  S.)     J.  Guill.  Hemeling  m.  p. 

St:  Hauptmann.  Capit.  et  Ingenieur. 

(L.S.)B.DuQuesnedeYertaingm  p.  (L.  S.)        Philipp  Kaiser  m.  p. 
Lieut.  v.  Baden.  Fähnrich  von  Leopold  Dann. 


705 


Vidimierte  Copia 

der  dem  preussischen  Obersten  Hrn.  von  Borcke  zu  Unterzeichnung  der  Capi- 
tulation  wegen  Uebergabe  der  Stadt  Neisse  zugefertigten  königlich  preussischen 

Vollmacht. 

S.  k.  M.  in  Preussen,.  unser  Allergnädigster  Herr  befehlen,  autorisieren 
und  bevollmächtigen  kraft  dieses  den  Obristen  und  General-Adjutanten  von 
Borcke  Allergnädigst  dahin,  dass  derselbe  mit  dem  der  Königin  von  Ungarn 
M.  bisherigen  Commandanten  der  Stadt  und  Feste  Neisse,  die  wegen  Ueber- 
gabe dieses  Orts  an  des  Königs  von  Preussen  M,  zu  machende  Capitulatinn 
schliessen,  auch  solche  in  Dero  Allerhöchstem  Namen  zeichnen,  und  unter- 
schreiben soll;  Wie  Höchstdieselbe  dann  dasjenige,  so  er  darinnen  versprechen 
wird,  jedesmal  genehmhalten  und  erfüllen  wollen. 


Gegeben  Hauptquartier  Neuntz  den  31.  October  1741. 

(L.  S.) 


F. 


Dass  die  hierüber  stehende  Copia  einer  königl.  preussischen  Vollmacht 
zu  der  wegen  Uebergab  der  Festung  Neisse  zu  errichtenden  Capitulation  ;  uns 
Endesgefertigten  vorgelegt,  und  mit  dem  Originale  collationiert,  auch  mit 
solchen  von  Wort  zu  Wort  gleichlautend  befunden  worden,  zeiget  unser  eigen- 
händige Unterschrift  und  Pettschaft. 

Neisse  den  31.  October  1741. 


(L.  S.) 

(L.S.)  Amadei  m.  p. 

Hauptin.   v.    Baden.. 

(L.S.)       B.  Teltscber  m.  p. 

St.    Hauptmann. 


von  Moltke  m.  p. 
Obristwackm. 


(L. S.1  Le  Chevalier  de  St.  Eerny  m.p. 
Hauptmann  von  Max  Starhemberg. 

(L.S.)  J.  Guill.  Hemeling  m.  p. 
Capt.  et  Ingenieur. 


(L.S.)B.DuQuesnedeVertaing  m.p.     (L.S.)    Baron  Truckmüller  m.  p. 
Lieut.  von  Baden.  v.  Harrach  Lieutenant. 


(L.S.)       von  Kleinfeld  m.  p. 

Fähndrich  v.  Wurmbrand. 


(L.S.)      Philipp  Kays  er  m.  p. 

v.    Leopold  Daun  Fähndrich. 


D  istro-       garian  Monarch;  . 

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