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OESTERREICHISCHER
ERBFOLGE-KRIEG
1740-1748.
Nach den Feld -Acten und anderen authentischen Quellen
bearbeitet in der
kriegsgeschichtlichen Abtheilung
des
K. und k. Kriegs-Archivs.
II. BAND
(Mit sieben Beilagen).
Wien 1896.
Verlag von L. W. Seidel & Sohn
K. und k. Hofbuchhändler.
&urBespreei
(Geschichte der Kämpfe Oesterreichs.)
KRIEGE
unter der Regierung der KLaiserin -Königin
Maria Theresia.
Im Auftrage des
K. und k. Chefs des Generalstabes
herausgegeben von der
Direetion des k. und k. Kriegs-Arehivs.
Wien 1S96.
Verlag von L. W. Seidel & Sohn
K. und k. Hofbuckhiindler.
OESTERREICHISCHER
ERBFOLGE-KRIEG
1740 4748.
ii. B.A.:vr>
(MIT SIEBEN BEILAGEN).
Nach den Feld -Acten und anderen authentischen Quellen
bearbeitet in der
kriegsgeschichtlichen Abtheilung
des
k. und k, Kri eg s- Are hi vs
von
Carl von Duncker
k. und k. Oberst.
Wien 1896.
Verlag von L. W. Seidel & Sohn
K. und k. Hofliuchhiindler.
I\
BJt-2.
Druck von Josef üoller & Comp. Wien,
Der erste schlesische Krieg.
Inhalt.
IL Band.
Seite
Der erste schlesische Krieg. Feldzug 1740—1741 1
Vorbereitungen König Friedrich IL von Preussen zum Ein-
märsche in Schlesien
Die militärischen Verhältnisse in Schlesien von Mitte
October bis Mitte December 1740
Der Einmarsch der preussischen Truppen in Schlesien. . 26
Die Capitulation von Breslau ^
Bildung einer Operations-Armee in Oesterreich o4
Die Ereignisse in Schlesien im Monate Januar 1741 ... 67 t
Die Unternehmung auf Ohlau
Die Kämpfe um Ottmachau
Angriff auf die Festung Neisse • • 88
Rückmarsch des FML. Grafen Browne und die Vertheidigungs-Mass-
nahmen in Mähren
Die preussischen Winter-Quartiere 106
Vorgänge am rechten Oder-Ufer. Einnahme von Namslau ....
Einnahme von Jablunkau
FML. Graf Browne in Mähren 119
Der kleine Krieg an den mährisch-schlesischen Grenzen im Monate
Februar
Ereignisse im Monate Februar 13
In der Grafschaft Glatz 131
Der Ueberfall bei Baumgarten " ' ' ,
Die Ereignisse bis zum Beginn der grösseren Operationen 152
Die Einnahme von Glogau lbb
Ereignisse vom 9. bis 18. März 1741 178
Aufmarsch der österreichischen Armee
Eintreffen des FZM. Grafen Neipperg. Beginn der Operationen . . 185
Operationen der beiderseitigen Armeen zu Anfang April. 201
Die Schlacht bei Mollwitz 22°
Rückzug der österreichischen Armee an die Neisse . . . 251
Die Gruppierung der Mächte ätW
Die österreichische Armee im Lager bei Neisse 29!
Die Belagerung und Einnahme von Brieg
sus
XII
Seite
Der kleine Krieg in Schlesien 325
Der Mediations-Versuch Englands 337
Die Allianzen der Gegner Maria Theresia's 3-1(5
Veränderungen des preussischen Lagers 364
Thätigkeit der Streif-Corps der österreichischen Armee 3G4
Vereinbarungen zwischen den pragmatischen Mächten . . 377
Die Sendung des FML. Grafen Browne nach Dresden . . 390
Ereignisse im Monat Juli 394
Die Wiederaufnahme der Operationen durch die öster-
reichische Armee 401
Die Besetzung von Breslau 420
Die Lagerstellungen bei Frankenstein . . . . : 431
Rückmarsch an die Neisse 443
Diplomatische Verhandlungen im Lager 447
Die Convention von Klei n-Schnellendorf 508
Der Abmarsch der österreichischen Armee aus Schlesien 519
Die Belagerung und Einnahme von Neisse 528
Anhang.
I/i. Preussische Declaration, die Einrückung in die schlesischen
Lande betreffend (13. December 1740) 541
I/2. Patent wegen des Einmarsches Seiner königl. Majestät in
Preussen Truppen in das Herzogthum Schlesien. Berlin, den
1. December 1740 541
IL General-Tabelle über den dermaligen Stand der Infanterie-
und Cavallerie-Regimenter (Wien, 5. November 1740) . . . 544
III. Verzeichniss der in Ungarn und in den deutschen Ländern
liegenden Regimenter, welchen der Befehl ertheilt worden,
nämlich die Infanterie, dass sie auf 2000 Mann und die Cavallerie,
dass sie auf S00 Mann und Pferd sich ergänzen sollten . . 549
IVA. Offene Ordre für den FML. Graf Browne . . • 551
IV/2. Gehorsams-Patent für FML. Graf Browne 551
V/1.2. Eincpiartierungsfreiheit der Stadt Breslau 553
VI. Patent betreffend die Einrückung preussischer königlicher
Truppen in Schlesien. Breslau, den 18. December 1740 . . 554
VII. Ordre de bataille der im December 1740 nach Schlesien
rückenden preussischen Armee 557
VIII/i. Pro Memoria was die beyden Abgeordneten von Ihro königl.
Majestät in Preussen der k.HerrObrister vonPosadowsky und
der Herr Obrister von Borcke dem Herrn Raths Praesidi und
einigen dazu ex gremio Magistratus gezogenen vorgetragen 5(50
XIII
VIII/2.3,
\
IX.
X.
XI.
XII.
XIII/i.
XIII/2.
XIV/i.
XIV/2.
XV/i.
XV/i.
XV/3.
XVI/l.2.3
XVII.
XVIII/i.
XVIII/2.
xvin/s.
XIX.
XX.
Seite
Vollmacht für die beiden Oberste den von Posadowsky
und den von Borcke im Namen und von wegen Ihro königl.
Majestät in Preussen der Stadt Breslau einige Propositiones zu
thun, darüber zu tractieren und zu handeln, auch zu schliessen 561
Weisung König Friedrich IL an Graf Schafigotsch, Schlesien
zu verlassen. Schweidnitz, den 23. Februar 1711 563
Ernennung des FZM. Reinhard Grafen Neipperg zum Ober-
Commandanten der Armee -,(>^
Capitulation der Besatzung von Ohlau 9. Januar 1711 . . 5G5
Capitulacion der Besatzung des Schlosses zu Ottmachau,
12. Januar 1711 567
Offene Ordre für GPWM. Baron Lentulus.Wien, den 4. Jan. 1711 569
Schreiben des (böhm.) Oberst-Hofkanzlers Grafen Ivinsky
an den Kreishauptmann von Mähren Baron Schubirz. Wien,
den 4. Januar 174L 57<l
Consignation der in den Kreisen Mährens zur Errichtung
kommenden Haupt- und Filial-Magazine 571
Getreide-Preise auf dem Markte zu Olmütz vom 31. Januar
1741. Preise zu Prossnitz am 16. März 1741 572
Copia einer Ordre des preussischen FM. Grafen Schwerin an
den Herrn Kreishauptmann in Mähren, Grafen von Salm in
simili den Herrn Baron Schubirz . Troppau, den 29. Januar 1771 573
Copia der Ausschreibungen des preussischen GL. Grafen
von Schullenberg an ein und andere Fürstenthümer in
Schlesien. Troppau, den 29. Januar 1741 573
Placat, dass ein jeder der schlesischen Einwohner unge-
hindert von einem Ort zum andern im Lande reisen und
Waaren auch Vivres zu den Städten bringen könne, wie
auch dass alles vorräthige Getreide zu den königlichen
Magazinen gegen bare Bezahlung geliefert werden solle.
m I— I
Troppau, den 4. Februar 1741 °'±
4. (Jebergabe der Schanze Jablunka an die Preussen durch
den Commandanten Oberst-Lieutenant O'Reilly 576
Effektiver Stand der nach Böhmen, Mähren und Schlesien
beorderten königlichen Infanterie- und Cavallerie-Eegimenter 582
Offene Ordre an die Commandanten der aus Ungarn nach
Skalitz im Marsche begriffenen königl. Regimenter. Wien,
den 14. Januar 1741 533
Offene Ordre an die Commandanten der aus Ungarn über
Welka in Mähren einzutreffen habenden Regimenter und
respectiven Colonnen. Wien, den 21. Februar 1741 .... 583
Offene Ordre an die Commandierenden Officiere der über
Skalitz in Mähren zu passieren habenden königlichen Truppen.
Wien, den 28. Januar 1741 584
Werb-Patents-Formular. Wien, den 18. Januar 1741 . . . . 585
Offene Ordre an die zur Uebernehmung der landständischeii
Recruten im Markgrafthum Mähren beorderten Ofliciere.
Wien, den 11. Februar 1741 586
XIV
Seite
XXI/i. Designation, was zur bevorstehenden Ausrüstung der 16 Feld-
Stücke bei dem Feld- Artillerie-Haupt-Corpo an verschiedenen
Eequisiten aus dem Haupt-Zeughaus Wien abzugeben kommt 587
XXI/2. Specification, was von dem königlichen Feld-Artillerie-Corpo
sich im marschfertigem Stand haltet. Prag, den 2 1 . Januar 1741 5S8
XXII. Aufruf des FM. und Judex Curiae Graf Johann Palffy zur
Truppenstellung. Pressburg, den 26. Januar 1741 590
XXIII. Befehl des Hof-Kriegsrathes an Oberstlieutenant von
Fontaneila zur Uebernahme des Commandos von Glatz.
Wien, den 11. December 1740 591
XXIV. Der Prälat von Grüsau an den Landeshauptmann Grafen
von Waldstein am 26. Februar 1741 -.-... 593
XXV. Schreiben des Königs von Preussen an den Churfürsten
Philipp Carl und die dortselbst accreditierten fremden
Ministers über ein von österreichischer Seite gegen ihn
geplantes Attentat. Berlin, den 11. März 1741 595
XXVI. Der König von Preussen an seinen bevollmächtigten Minister
von Pollmann zu Regensburg. 11. März 1741 597
XXVII. Entdeckung eines von österreichischer Seite gegen den König
von Preussen geplanten Attentates £98
XXVIII/i. 2. Gegenerklärung Maria Theresias an die Höfe, enthaltend die
Entrüstung über die Verdächtigung eines von österreichischer
Seite gegen den König von Preussen geplanten Attentates . 539
XXIX/i. Königlich -Preussisches Placat, dass alle und jede Ein-
gesessene und Untherthanen in Schlesien, sie seien geist-
oder weltlichen Standes, die Steuern, Accisen und andere
Landes- Abgaben bis auf nähere Verordnung etc. zu den
Landes-Cassen liefern sollen. Hauptquartier Ottmachau,
den 18. Januar 1741 602
XXIX/2. Königlich-Preussisches an Fürsten und Stände auch sämmt-
liche Landes-Inwohner im Herzogthum Ober- und Xieder-
Schlesien erlassenes Patent die Eintreibung einespostulierten
Steuer-Geldes und Herstellung der bisherigen Accise-Collecteii
zu Abtragung eines monatlichen Geld-Quanti zur Feld-
Kriegs-Cassa betreffend. Berlin, den 12. Februar 1741 . . . 603
XXIX/3. Pro Memoria des königlich preussischen Feld-Kriegs-Com-
missariats über Steuer und Lieferungsverhältnisse in Breslau
nach der preussischen Besitzergreifung. Breslau, den
25. Februar 1741 606
XXX. Stand- und Dienst-Tabelle der in der Festung Glatz garni-
sonierenden löbl. Regimenter wie sich selbe zu Diensten
befinien. 2. März 1741 608
XXXI. Befehl des königl. preussischen commandierendenGFM. Grafen
von Schwerin an einige Stände und Dorfschaften in Schlesien
bezüglich Natural-Lieferungen an die preussische Armee.
Jägerndorf, den 4. März 1741 610
XXXII. Wach-undPosten-Zettel, wie solchem währender Blockade in
demPosto Gross-Glogau täglich aufgestellt u. gehalten worden 61 1
XV
XXXIII/i.2
xxxiv.
XXXV.
XXXVI/1.2.
XXXVII.
XXXVIII.
XXXIX.
XL.
XLI/i.
XLI/2.
XLII/1.2.
XLIII.
XLIV.
XLV.
XLVI.
XLVII/i.
XLVII/2.
XLVIII.
XLIX.
L.
LI.
Seite
Beantwortung der auf die Capitulation von Gross-Glogau
bezüglich vom Hof-Kriegsrath gestellten Fragepuncte durch
FML. Grafen von Wallis. Wien, den 28. August 1711 . G13, 618
Marsch-Route, wonach das von Prag über Landskron in das
Markgrafthum Mähren beorderte Feld-Artillerie-Commando
abzugehen hat. Prag, den 2. März 1741 62 L
Liste des in das Feld beorderten grossen und kleinen General-
622
Stabes . . •
Bagage-Ordnung. Wien, den 24. Februar 1741 624
Schreiben an die Herrn General-Landes-Kriegs-Cominissäre
in Mähren. Wien, am 22. Februar 1741 63°
Schreiben des Grafen Kaunitz an FZM. Graf Neipperg.
Brunn, den 9. März 1741 ■ 637
Der böhmische Hofkanzler Graf Kinsky an FZM. Graf
Neipperg. Wien, 11. März 1741 6i4
FZM. Graf Neipperg an die Administratoren, Kanzler
und Regierungsräthe des Bisthums Breslau zu Neisse.
Olinütz, den 13. März 1741 646
Schreiben des Hof-Kriegsrathes an den FML. Ascanio
Marchese Guadagni. Wien, den 27. Februar 1741 647
Werbpatent für den russischen Herrn OWM. von der Trenkh
zu Aufbringung 1000 Mann Raizischer Miliz in Slavonien.
Wien, am 27. Februar 1741 6oü
Schreiben des FM. Graf Neipperg an die Regierung zu Neisse.
Olmütz, den 21. März 1741 und vom 23. März 1741 . . 652, 653
Marschbefehl für das Dessewffy'sche Husaren-Regiment.
Olmütz, den 25. März 1741 • 656
Schreiben des FM. Graf Khevenhüller an FM. Graf
Neipperg. Wien, am 19. April 1741 _ • • • 6o'
Puncta, welche praeliminariter unter Russlands Vermittlung
zum Grunde einer vollständigen Einverständniss und
Zusammensetzung zwischen Ihro Königl. Majestät von
Polen, als Churfürsten zu Sachsen und Ihro Majestät der
Königin von Ungarn und Böhmen gelegt werden. 21. Januar
1741 • 659
Punctationen Ihro königlichen Majestät zu Ungarn und
Böhmen an den König von Grossbritannien 661
Offenes Patent für Wilhelm Reinhard. Neisse, den 21. April
1711 lQl
Patent für Wilhelm Reinhard. Neisse, den 26. April 1741 . 663
Patent für den Grafen Ludwig Lambert Celari zur Er-
richtung einer Frei-Compagnie. Neisse, den 20. April 1741 665
Bericht über die Massnahmen zur Instandsetzung der vom
Feinde beschädigten Festung Brieg 6l>b
Capitulation der Besatzung der Festung Brieg. Brieg, den
4. Mai 1741 ,i,,S
Loco-Stand-Tabelle der in Brieg in Garnison gestandenen
Regimenter. 9. Mai 1741 l"°
XVI
Seito
LH. Ordre de bataille der königl.-ung. böhm. Armee in Schlesien
den 25. Mai 1741 672
LIII. Observatioris-Puncfce bei der Infanterie. Neisse. den 10.
Juli 1711 073
LIV. Dienstbarer Stand des Neipperg'schen Corps mit Ende
Juli 1711 679
LV. Marschordnung. Neisse, den 31. Juli 1711 680
LVI. Ordre de bataille der königl. ung.-böhin. Armee bei Tarnau,
den 28. August 1741 686
LVII. Patent über die Einlieferung von Deserteuren und aus-
geworfene Belohnung hiefür. Neisse, den 5. Juli 1711 . . 687
LVIII. Erinnerungen des FM. Grafen Neipperg an den GEW.
Baron Lentulus über die in Klein-Schnellendorf am
9. October 1711 mit dem König von Preussen stattgehabte
Unterredung. Greisau unweit Neisse, den 13. October 1711 088
L1X. Vertrags-Project, entworfen von FM. Grafen Neipperg . . 691
LX. Memoire vom 21. October 1741 für den englischen Ge-
sandten Eobinson 696
LXI. Capitulation von Neisse, 31. October 1741 699
EXIL Bewegs-Ursachen wegen Uebergebung der Stadt und
Festung Neisse an die königlich-preussischen Truppen.
Neisse. den 31. October 1711 703
f * rapliisclie Beilagen.
Tafel I. Allgemeine Situation in der zweiten Hälfte December 1740. Plan
der Festung Glogau. Umgebungskarte von Glogau.
Tafel IL Plan von Breslau. Dislocation, wie die Truppen zwischen der
Oblau. Neisse und Oder verlegt worden. Dislocation der öster-
reichischen Truppen am 6. und 7. Januar 1711.
Tafel III. Plan von Oblau. Umgebungskarte von Ottmachau. Plan der Stadt
und Festung Neisse. Situation am 24. Januar 1741.
Tafel IV. Umgebungskarte von Grätz. Situation am 7. Februar 1741. Winter-
Quartiere der Preussen und Stellung der Truppen am 20. Februar
1741. Umgebungskarte von Namslau.
Tafel V. Situation der Festung Jablunka. Plan der Stadt und Festung Glatz.
Karte zum Ueberfall von Baumgarten 1711. Dislocation März 1711.
Tafel VI. Stellung der Oesterreicher und Preussen am 2. April 1741. Marsch
der österreichischen Armee und der Preussen vor der Schlacht
Lei Mollwitz. Truppenstellung am 3. April 1741. Truppenstellung
am 4. April 1711. Truppenstellung am 7. April 1741. Plan der
Schlacht bei Mollwitz am 10. April 1748. Angriff auf die Festung
Brieg, am 23. April 1741.
Tafel VII. Uebersichtskarte zu den Operationen im 1. schlesischen Krieg.
Der erste sclüesisclie Krieg.
Feldzug 1740-1741.
Oesterreichischer Erbfolgekrieg. II. Bd.
Vorbereitungen König* Friedrich IL von Preussen zum
Einmärsche in Schlesien.
Für den Einmarsch nach Schlesien bestimmte König
Friedrich IL ein Corps von 20 Bataillonen, 32 Escadronen und
31 Geschützen, zusammen 20.414 Mann Infanterie, 6619 Mann Caval-
lerie und 126 Mann Artillerie, mithin 27.159 Mann mit etwa
12.900 Pferden und 34 Geschützen. Hiezu kamen noch 2396 Nicht-
streitbare und etwa 1000 Fuhrwerke1).
Das später als I. bezeichnete C o r p s wurde zusammen-
gesetzt aus:
Infanterie - Regimenter: Schwerin aus Frankfurt ,
Fürstenwalde, Züllichau, Crossen, Müncheberg, Bredow aus
Stettin, Alt-Borcke aus Stargard, Pyritz, Kleist aus Berlin,
Sydow und Derschau aus Berlin, Spandau, Markgraf Heinrich
aus Prenzlau, Graevenitz aus Magdeburg, La Motte aus Cöln,
Rügenwalde, Jeetze aus Anclam, Demnrin; zu je zwei Batail-
lonen.
Cayallerie-Regimenter: Prinz Friedrich (5 Escadronen)
aus Schwedt, "Wrietzen, Angermünde und Bahn, Grenadier-Regiment
Schulenburg (10 Escadronen) aus Landsberg a. W. etc., Dragoner-
Regiment Bayreuth (10 Escadronen aus Pasewalk, Garz etc., Gens-
clarmen (1 Escadron) aus Berlin, Preussische Husaren (3 Esca-
dronen) aus Goldap, Ragnit, Stallupöhnen etc., Berliner (Leibcorps-)
Husaren (3 Escadronen) aus Berlin.
J) Die Kriege Friedrich d. Gr. I. 219.
1*
4
An Artillerie waren bestimmt aus Berlin:
20 3-Pfünder mit 2050 Schuss, x)
6 50-pfündige Mörser mit 418 ,,
4 12- ,, Kanonen mit 396 ,, und
4 18- ,, Haubitzen mit 251 ,,
Den Befehl über diese Truppen, welche in den letzten Tagen
des Monats November zum Abmarsch aus ihren Standorten bereit
sein sollten, ward von König Friedrich IL, der sich die oberste
Leitung der Unternehmung vorbehalten, dem Feldmarschall Grafen
Scliweri n übertragen. -)
Mit Rücksicht auf die Cernierung und Belagerung der Festung
Glogau, welche unvermeidlich schien und längere Zeit in Anspruch
nehmen konnte, erhielten am 25. November, um nicht das operierende
Corps vorzeitig zu schwächen , noch die Infanterie-Regimenter
Anhalt (Halle), Anhalt-Zerbst (Stettin), Prinz Leopold (Stendal),
Marwitz (Halberstadt, Quedlinburg) und Wedell (Magdeburg) Befehl,
ihre Grenadier-Compagnien in marschfertigen Stand zu setzen und
Anfang December nach Berlin rücken zu lassen. Hiezu sollten
dann noch die Grenadiere der in Berlin und Potsdam befindlichen
Regimenter Glasenapp, Kalckstein, Münchow, Truchsess, sowie das
ganze Regiment Markgraf Carl (Berlin) treten. 3)
Für dieses, später als H. bezeichnete Corps wurde noch das
Leib-Carabinier-Regiment mit fünf Escadronen (Rathenow) und fünf
Escadronen des Dragoner-Regiments Platen (Beigard), an Artillerie
vier 12-Pfünder mit 1236 Schuss und vier 50-pfündige Mörser mit
457 Schuss bestimmt. Der Aufbruch von Berlin sollte Mitte De-
cember erfolgen. Zu Commandanten wurden der General der In-
fanterie Herzog von Holstein und General-Lieutenant Erbprinz
Leopold von Anhalt-Dessau bestimmt und ihnen bereits
am 8. December eine »Instruction wegen Maskierung der Festung
Glogau« übermittelt. 4)
J) Als Reghnents-Geschütze für die Infanterie.
2) Kriege Friedrich d. Gr. I. 217 u. ff.
8) Je vier Grenadier-Compagnien hatten ein Bataillon zu bilden und
zwar die Compagnien Anhalt und Prinz Leopold das Bataillon Bolstern;
Glasenapp und Kalckstein das Bataillon Kleist ; Anhalt-Zerbst und Münchow
das Bataillon Saldern ; "Wedell und Marwitz das Bataillon Götze und die
Compagnien Markgraf Carl und Truchsess das Bataillon Beibnitz.
4) Kriege Friedrich d. Gr. I. 219. ■
Officiere wurden .schon Anfang November nach Schlesien
gesendet, um sich über die Verhältnisse im Lande zu unterrichten,
hauptsächlich aber um Stimmung für das Unternehmen bei der
Bevölkerung, besonders bei jener lutherischen Bekenntnisses zu
machen. So gieng Oberst Lestwitz vom Infanterie-Regimente
Jeetze, ein Schlesier von Geburt, unter dein Vorwande, Getreide-
käufe zumachen, dahinab. Subalternofficiere, deren Regimenter an
den Grenzen lagen, wurden abgesendet, um Kundschaften einzuholen
und die Bevölkerung zur Parteiergreifung für Preussen anzueifern. r)
Auch schlesische Edelleute wurden an den Berliner Hof und in den
preussischen Dienst gezogen, so die Grafen Henckel, Ho chberg,
Baron Reisewitz2) u. A. Das beim Einmärsche in Schlesien zu
vertheilende Manifest wurde vorbereitet. 3)
Die an der Hauptverbindungslinie nach Schlesien, an der
Oder gelegenen Städte Frankfurt und Crossen wurden zur An-
legung grosser Yerpflegs-Magazine bestimmt. InZehdenick, das durch
die Spree und den Friedrich Wilhelms-Canal AVasserverbindung mit
der Oder hatte, wurde ebenfalls ein Magazin etabliert, hauptsächlich
um das im Mecklenburg'schen aufgekaufte Getreide aufzunehmen.
Ende November und in den ersten Decembertagen verliessen
die Truppen die Garnisonen. Jene des I. Corps traten sofort den
Marsch gegen die schlesische Grenze an, während das IL Corps
vorerst in Berlin gesammelt wurde. Am Nachmittage des 2. De-
cember traf König Friedrich n. in seiner Hauptstadt ein und
besichtigte einige der zum Abmarsch bestimmten Truppenkörper.
J) K. und k. Haus-Hof- und Staats-Archiv. Berichte des Residenten von
Demeradt aus Berlin.
2) Ebendort. Bericht des Marchese Botta vorn 6. December 1740.
Denieradt's Bericht vom 10. December (abgedruckt in ,. Hie Invasion Schlesiens"
Mittheilungen des K.A. 1885,3(3). Die,, Schlesische Kriegs-Fama" bemerkt darüber:
„Eines von den ersten Merkmalen" (des vorhabenden Einmarsches) war, dass
Se. königliche Majestät in Preussen zu Berlin verschiedenen Schlesiern Dienste
anbieten Hess, oder ihnen expresse Aemter, wozu sie sich am geschicktesten
erachteten, zu begehren erlaubte. Worauf auch einige unterschiedene Chargen
bekommen haben ; weil aber solches nachher vom "Wienerischen Hofe übel
aufgenommen wurde, so ist ein Vertheidigungs-Schreiben für dieselben publique
gemacht worden". (V. 10.) Dies letztere, ohne Unterschrift und ebenso leer,
als haltlos, ist ebenfalls in der „Schles. Kriegs-Fama" V, Beilage C 5 und (i in
französischer und deutscher Sprache abgedruckt; es trägt die Ueberschrift: ..Ver-
theidigungs-Schreiben vor einige Schlesier, welche königl. preuss. Dienste ange-
nommen haben", ist mit K gezeichnet und aus Berlin vom 29. Dec. 1740 datiert.
3) Demeradt's Bericht vom 2G. November 1740. — Preussische Staats-
Schriften, I, 67.
Am 5. Decernber begab sicli Feldmarschall Schwerin zur Armee ;
arn folgenden Tage rückte die Feld-Equipage des Königs ab. Am
13. Decernber verliess Friedrich II. selbst Berlin, traf am selben
Abend in Frankfurt a. 0. und am folgenden Tage in Crossen ein.
Sofort nach der Abreise des Königs aus der Hauptstadt wurde
eine die Motivierung des Einmarsches in Schlesien enthaltende
,,Declaration" allen anwesenden fremden Gesandten, den öster-
reichischen ausgenommen, in das Haus geschickt. ])
l) Anhang I., die Declaration vom 13. Decernber, dann die an die
deutschen Mitstände gerichtete Erklärung : ,, Rundschreiben an die deutschen
Reichs-Stände und die General-Staaten der Niederlande" findet sich abgedruckt
in „Preussische Staats-Schriften", 62 und 65. Copien davon erliegen Kriegs-
Archiv, Oesterreichischer Erbfolgekrieg 1740, XII ad 6 a und b; auch im
Archive des k. k. Ministeriums des Innern, II. B 6 vom Jahre 1741, Schlesien
und im k. undk. Haus-Hof- und Staats-Archive angeschlossen demBerichte vom
'24. Decernber 1740.
Die militärischen Verhältnisse in Schlesien von Mitte
October bis Mitte December 1740.
Schlesien, dessen Landesregierung, das Oberamt in Breslau,
der böhmischen Hofkanzlei unterstand, war beim Tode Kaiser
Carl VI. das militärisch wohl am wenigsten gesicherte Land de s
habsburgischen Besitzes.
Breslau, Glogau, Neisse, Glatz und Brieg, die festen Plätze
des Landes, befanden sich in arg vernachlässigtem Zustande. Die
zur Disposition stehenden Ingenieure waren in Folge Geb rechlichkeit
und hohen Alters zum Dienste untauglich, die Zeughäuser enthielten
keine genügende Ausrüstung, das vorhandene Material war unzureichend
oder in einem der Reparatur dringend bedürftigen Zustande.
Vor Allem fehlten aber zur besseren Instandsetzung der festen
Plätze die nöthigen Geldmittel, welche von den Ständen stets nur
widerwillig oder gar nicht bewilligt wurden.
Im Monate October 1740 befand sich ein einziges Regiment
in Schlesien in Garnison, Wenzel Wallis-Infanterie x), das einen
completen Stand von 2300 Mann haben sollte, nach den Standes-
listen pro December jedoch nur 1719 Mann zählte.
Dieses Regiment, drei Bataillone und zweiGrenadier-Compagnien
formierend, stand unter dem Befehl des Obersten Don Jose
Marques Copons y Boxadores und garnisonierte mit vier
Compagnien zu Gross-Glogau, einer zu Namslau, einer zu Jablunka
und den übrigen eilf sehr schwachen Compagnien in Neisse.
') Am 10. October 1739 hatte Feldmarschall-Lieutenant Graf Wenzel
Wallis das Infanterie-Regiment, vormals Hasslingen (Nr. 11), verliehen er-
halten. Das Regiment stand seit Anfang des Jahres in Schlesien.
8
In Brieg stand ausserdem eine Frei-Compagnie unter Obersl
de Fin.
Zeugämter befanden sich zu Gross-Glogau, Brieg, Namslau,
Neisse, Liegnitz, Jablunka und Glatz.
Das General-Militär- Commando in Schlesien führte seit Ende
Mai dieses Jahres Feldmarschall-Lieutenant Graf Franz Wenzel
Wallis1) in Gross-Glogau. Das Glatzer Gebiet und die Festung
gleichen Namens unterstand jedoch dem böhmischen General-
Commando, mit welchem zu jener Zeit Feldzeugmeister Carl
Hermann Graf O'Gilvy2) betraut war.
FML. Graf Wallis hatte bereits, bald nach Uebernahme
des General - Commando s, über den schlechten Zustand der
schlesischen Festungen berichtet und war vom Hof-Kriegsrathe
am 28. September dahin beschieden worden, dass im Sommer
des Jahres 1741 mit den notwendigsten B,eparaturen in Gross-
Glogau und Jablunka begonnen und dieselben nach und nach in
den übrigen festen Plätzen ausgeführt werden sollten.
Auf die Nachricht vom Tode des Kaisers begab sich Wallis
sogleich nach Breslau, um mit dem Oberamt zu verabreden, dass
an den Landeshauptmann in Teschen der Befehl erlassen werde,
die auf dem Marsche aus Ungarn nach Schlesien bestimmten und
an dessen Grenze anlangenden Regimenter Harrach (Nr. 47), Botta
(Nr. 12) und Browne (Nr. 36) ohne den mindesten Aufenthalt ihren
Marsch fortsetzen zu lassen. 3)
Auf Wallis' Betreiben fand nun auch zu Breslau eine Con-
ferenz von Delegierten des Oberamts und landständischen Deputierten
!) Oberst 15. Januar 1731, General-Feldwachtnieister 3. Januar 1731, Feld-
marschall-Lieutenant 31. März 1735, Feldzeugmeister 27. Juni 1715, Feld-
marschall 30. Juni 1754; gestorben 1771.
2j Oberst 23. Mai 1714, General-Feldwachtmeister 31. October 1723, Feld-
marschall-Lieutenant 16. November 1733, Feldzeugmeister 1. Mai 1735, Feld-
marschall 7. October 1745; gestorben 1751.
3) Die Eegimenter marschierten echelonweise, die Colonnen ein bis zwei
Bataillone stark; die Instradierung gierig über Sillein auf Jablunka. Uebrigens
ergaben sich trotz aller Vorsicht.smassregem,welcbebeidenTruppen ausBesorgi:i--
vor Einschleppung der Pest bereits auf dem Marsche selbst getroffen worden
waren, beim Ue bertritte auf schlesisches Gebiet noch genug Schwierigkeiten.
Diesen machte die böbmische Hofkanzlei ein Ende, indem der Landesregierung
bedeutet wurde, dass die einmarschierenden Eegimenter an der Grenze
keiner Contumaz mehr zu unterziehen und obne langen Aufenthalt, „jedoch
nach genügsamer Visitier- und Reinigung unter Obsicht derer dazu eigens an-
gestellten Generaler' einzulassen seien.
statt, bei welcher der commandierende General beantragte, dass
an die Herbeischaffung von Vorräthen in den befestigten Orten
und Errichtung von Magazinen Hand gelegt werde, damit bei
etwa ausbrechendem Krieg oder Unruhen im Lande selbst, der
Unterhalt der bereits nach Schlesien bestimmten oder noch weiter
einrückenden Truppen sichergestellt sei. Auf diese Anträge des
Generals wurde jedoch von den Beisitzern der Conferenz keine
andere Resolution gefasst als, „man würde von Seiten der Land-
stände ferner darüber deliberieren".
Und der Oberamts-Director, der alte Graf Schaff gots ch,
o-ab sich damit zufrieden !
FML. Graf Wallis begab sich nach diesen Misserfolgen seiner
Breslauer Reise wieder in seinen Amtssitz Gross-Glogau zurück.
Gegen Mitte November, als die preussischen Rüstungen nicht
mehr verborgen bleiben konnten und manche Anzeichen schon die be-
vorstehende Invasion Schlesiens befürchten Hessen1), ersuchte Wallis
den Landeshauptmann von Glogau, Grafen K o 1 1 ulin s ky, den Landes-
ältesten und Beamten, die an den brandenburgischen Grenzen be-
gütert oder angestellt waren, Befehl zu ertheilen, sich nach den
dortigen Truppenbewegungen zu erkundigen und darüber zu be-
richten; er wendete sich auch an den Oberamts-Director und erbat
Mittheilung jener Nachrichten, welche bei demselben vom Residenten
von D einer a dt aus Berlin einliefen.
Graf Schaff gots ch antwortete, „dass freilich oberwähnter
Resident ihm geschrieben habe wegen Zusammenziehung eines
starken preussischen Corps und dass es schiene, ob solches gegen
Schlesien zu marschieren clestiniert wäre, jedoch muthmasse er
(S c h a f f g o t s c h), dass solches aus keiner anderen Intention etwa
geschehen dürfte, als dieweil dieses Jahr das Getreide in dem
Brandenburgischen gar nicht gerathen, durch Verlegung sothaner
Truppen gegen unsere schlesischen Grenzen desto leichter die Sub-
sistenz herausziehen und finden zu können". 2)
Doch hatte das Andrängen des commandierenden Generals in
Schlesien bei den politischen Behörden wenigstens soviel bewirkt,
dass von der böhmischen Hofkanzlei, nach einem Berichte des
l) „Im November sprach man schon in Schlesien unter der Hand, dass
der König von Preussen mit einer grossen Anzahl Truppen in das Land ein-
rücken wolle." (Schles. Kriegs-Fama 1741, V, 9.)
-) W a 1 1 i s' Kesumierender Bericht an den Hof-Kriegsrath aus dem
Jahre 1711. Gräflich Wallis'sches Archiv zu Koleschowitz.
10
Oberamts vom 12. November, der von Seite Preussens verlangte
Getreide-Einkauf in Schlesien nicht gestattet wurde.1)
Wallis sendete ausserdem einen seiner Officiere, dessen Frau
ihren Wohnort in Züllichau hatte, dorthin, um Nachrichten über
die preussischen Truppenbewegungen zu erhalten.
Er selbst begab sich zu wiederholten Malen nach Breslau und
betrieb beim Oberamt unausgesetzt die so oft schon angeregte Ein-
richtung von Magazinen.
Am 20. November trafennuii die drei ersten Infanterie-Regimenter,
welche im October schon ihren Marsch angetreten hatten, wirklich
in Schlesien ein und zwar Botta (Commandant Oberst Pöttinge r)
zuerst, dann folgte Browne (Commandant Oberst Baron R o th), zuletzt
Harrach (Commandant Oberst Baron F ormen'ti.ni) ; sie hatten
einen ziemlich schwachen Stand.
Nach der Tabelle des Kriegs-Commissariats-Amts zählten die
Regimenter nach den Monats- Ausweisen vom August:
Effectiv Abgang
Botta . 1160 Mann, 1110 Mann,
Browne 1535 ,, 765 ,,
Harrach . . . .... 2075 225
In Summa . . 4770 Mann, 2130 Mann,
dürften seit jener Zeit aber noch einen weiteren Abgang erlitten
haben, in der angeführten Stärke daher kaum nach Schlesien ein-
gerückt «ein. Unter der Mannschaft befanden sich sehr viele
Recruten 2), da die Regimenter den Befehl hatten, sich durch
Werbung während des Marsches möglichst zu completieren.
Die schlesische Landesregierung verordnete, dass die im Laude
befindlichen invaliden Soldaten zusammengezogen und nach Gross-
G-logau, Namslau, Brieg und Neisse unter Aufsicht des regulären
Militärs verlegt würden. 3)
Anfangs December befand sich FML. Graf Wallis eben wieder
inBreslau, als der Oberstlieutenant vomlnfauterie-RegimenteAValdeck,
von Schmertzing, welcher in Familien- Angelegenheiten in Berlin
l) Archiv des k. k. Ministeriums des Innern. Protocolle der böhmischen
Hofkanzlei 1710. Fol. 333.
s) K. A. Meldung des FML. Grafen Wallis. Hof-Kriegsraths-Protoco!l.
Fol. 3115.
3) 2000 invalide Soldaten, die jedoch noch zu Kriegsdiensten tauglich
waren, befanden sich zu jener Zeit in Schlesien. In Folge der preussischen.
einige Wochen später erfolgten Invasion scheint übrigens die Verfügung der
Landesregierung ohne besondere Wirkung geblieben zu sein.
1 1
gewesen war, auf der Durchreise nach "Wien in der schlesischen
Landes-Haupt stadt eintraf und dem Commandier enden ein Schreiben
des ausserordentlichen Gesandten der Königin, FML. Marchese
B o 1 1 a vom 2. December überbrachte, worin der Gesandte mittheilte,
dass der Einmarsch der preussischen Truppen in Schlesien gewiss sei.
Wallis, welcher eben zu einer Conferenz beim Oberamts-
Directorium sich begeben wollte, nahm den Stabsofhcier, der, ausser
einen Bericht Botta's vom 1. December nach Wien zu über-
bringen, dort noch mündlichen Bericht erstatten sollte, mit in die
Conferenz, um auch über das dort Verhandelte hohen Orts referieren
zu können.
Als das Einrücken preussischer Truppen zweifellos erschien,
erliess Wallis unverzüglich den Befehl und sendete denselben
mittelst Estaffe tten an die Commandanten der drei in Schlesien
eingerückten Regimenter, welche sich in Ober-Schlesien vorläufig
noch zerstreut dislociert befanden, sofort nach Brieg zu mar-
schieren, wo er dieselben zu concentrieren beabsichtigte. Denselben
Befehl erhielten die in Schlesien einrückenden acht Liechtenstein'-
schen Dragoner-Compagnien. Der die eilf Compagnien des Regi-
ments Wallis in Neisse commandier ende Oberstlieutenant von
Bouchard dagegen sollte, sobald die dorthin bestimmten sechs
Compagnien des Regiments Botta eingerückt seien, sofort aul-
brechen und nach Glogau marschieren.
Das Oberamt raffte sich nun, Angesichts der nicht mehr an-
zuzweifelnden Thatsache eines drohenden Einfalls preussischerseits.
wenigstens zu der Verfügung auf, den schlesischen Fürstentümern
aufzutragen, allen Proviant und sonstige Bedürfnisse nach Brieg
zu schaffen.
Wallis verlegte, da sich nur vier Compagnien seines Regi-
ments in Glogau befanden, mit Rücksicht auf eine Avohl bald be-
vorstehende Berennung, die nicht weit von der Festung unlängsl
in Quartier - Stationen eingerückten sechs Harrach'schen Com-
pagnien x) in dieselbe.
Die beiden Bataillone Wallis in Neisse hatten Befehl, nach
Glogau zu rücken, nach deren Eintreffen dann die Compagnien
von Harrach wieder nach Brieg abmarschiert wären, erhielten
aber in Folge eingetroffener Nachrichten des Marchese B o 1 1 a,
mit welchen der Anmarsch preussischer Truppen schon für den
9. December avisiert wurde, durch einen eigens gegen Neisse
l) Fünf Füsilier- und eine Grenadier- Compagnie.
12
abgesendeten Officier Contre - Ordre und wurden nach Brieg
dirigiert.
Wallis selbst erhielt aus Wien den Befehl, das Commando
in Gross-Glogau zu übernehmen und begab sich am 7. December
von Breslau aus dorthin.
Am 15. December ward ihm dann vom Hof-Kriegsrathe noch
mitgetheilt, ..was, falls die preussischen Truppen mit allerhand
Freunds chaftsversicherungen in Schlesien einzurücken unternähmen,
diesfalls an den König oder an den commandierenden preussischen
General schriftlich zu erlassen, dann durch öffentlichen Druck
publiciert werden solle". J)
Die numerische Veitheilung der österreichischen Streitkräfte auf
den weiten Gebieten, welche die Königin beherrschte, war der durch
die eingetretene politische Situation bedingten Kräftegruppierung
gegen die westlichen und nordwestlichen Grenzen der Monarchie
durchaus nicht günstig. Es mussten Massenverschiebungen noth-
wendig werden, welche nur aus Ungarn, Siebenbürgen und Sla-
vonien bewirkt werden konnten, da man den italienischen Besitz
nicht von Truppen entblössen durfte. 2)
Eine militärische Organisation, die ein Ineinandergreifen der
verschiedenen Glieder des Heereskörpers gewährleistet, lag nicht
im Geiste der damaligen Zeit. Der Hof-Kriegsrath dependierte in
Geldangelegenheiten ganz von der Hofkammer. Die Truppen-
bewegung und Unterbringung hieng von den Landesregierungen ab,
die darüber endlose Correspondenzen mit den in Wien befindlichen
Hofkanzleien führten.
Eine Ordre de bataille im heutigen Sinne gab es nicht, die
commandierenden Generale wurden zwar von Truppenbewegungen,
welche der Hof-Kriegsrath anordnete, verständigt, letzterer verkehrte
aber direct mit jedem Regimente. Hatte nun ein solches Marsch-
befehl, so war damit noch nicht gesagt, dass es sich wirklich in
Marsch setzte; denn erstens war die bedeutendste Frage, ob es
Geld hatte, um überhaupt marschieren zu können, dann ob der
Militär-Stations-Commandant in der Lage war, das Regiment auch
abmarschieren zu lassen, bevor er Ersatz dafür bekommen. Li
manchen Fällen ward der Abmarsch von dem Local-Commando
verzögert.
*) K. A., H. K. E., Registr.-Prot. 15. December Fol. 3602.
-) Anhang- II.
13
Ein weiteres Hinderniss bildeten die sanitären Verhältnisse.
Man schützte sich nach den Türkenkriegen mit allen Mitteln gegen
die fürchtbare Pestseuche und sehr oft übertrieb man im ego-
istischen Interesse die Vorsicht hierin zum Schaden des Ganzen.
Von der Drau bis an die Donau hatte ein Pestcordon existiert,
Inner-Oesterreich, Meder-0 esterreich, Mähren schlössen sich gegen
Ungarn durch Grenzbesetzung ab. Die Truppen mussten bei Dislo-
cationen von einem Orte zum andern wochenlange Contumaz halten
und kam vor dem Ausmarsche eines Regiments irgend eine bedenk-
liche Erkrankung vor, so wurde die ganze Abtheilung in eine
„gesunde Gegend" verlegt und dort streng abgeschlossen in Con-
tumaz gehalten.
Ueber all' dies wurde sonst viel und oft correspondiert, angefragt
— und so verstrich die kostbarste Zeit zum Handeln.
Trotz der Bestürzung, welche die Nachrichten über den beab-
sichtigten Einfall des Königs vonPreussen am Hofe zu Wien hervorrufen
mussten, verlor man jetzt indessen doch keine Zeit mehr, um soviel
als möglich der bedrohten und fast schutzlosen Provinz Hilfe zu
bringen.
Die beinahe täglich unter dem Vorsitze der Königin oder
ihres zum Mitregenten ernannten Gemahles r) stattfindenden Con-
ferenzen beschäftigten sich eingehend mit der Lage in Schlesien
und den zu treffenden Vertheidigungs-Massregeln. Vornehmlich
wurde Werth darauf gelegt, dass die festen Plätze des Landes
geschützt und erhalten würden und Breslau sich zur Aufnahme
königlicher Truppen als Besatzung bereit erkläre.2)
Während FML. Graf Wallis die Bestimmung nach Gross-
Glogau erhielt, wurde FML. Max Ulysses Graf Browne de Camus
angewiesen, das Interims-Commando über alle ausserhalb dieser
Festung in Schlesien befindlichen oder dort noch anlangenden
Truppen zu übernehmen.
Zur Verstärkung des schlesischen Corps wurden zunächst zwei
vorläufig nach Mähren disponierte Infanterie-Regimenter und die
noch in dieser Provinz befindlichen fünf Compagnien Liechtenstein-
Dragoner bestimmt. Weiter erhielten die Regimenter Lanthieri3),
!) Franz Stephan, Herzog von Lothringen, Grossherzog von Toscana,
war am 21 November 1740 von der Königin zum Mitregenten ernannt worden.
2) H. H. u. St. A. Conferenz-Noten. Eeferate de anno 1740.
3) 1775 aufgelöst (reduciert).
14
Hohenembs- (heute Dragoner-Regiment Nr. 8), Hohenzollern- 1 )
Cürassiere und das Dragoner-Regiment Batthyäni (Nr. 10), särnmtlieh
aus dem ungarischen Generalate, Marschbereitschaftsordre. Das
Husaren - Regiment Dessewffy (Nr. 3j im Zempliner Comitate,
das schon am 28. November Befehl erhalten, unverzüglich 100
Pferde nach Schlesien abzusenden, hatte diesem Detachement bald
zu folgen und sich unterwegs zu completieren. Gleichzeitig bekam
das ebenfalls in Ungarn liegende Husaren-Regiment Splenyi 2) Auf-
bruchsordre. Das Infanterie-Regiment Baden-Baden 3j sollte eben-
falls nach Schlesien instradiert werden. Thüngen (Nr. 57) und
Schmettau4) erhielten Marschbereitschaft. Alt-Daun (Nr. 56), nebst
zwei Bataillonen von Max Starhemberg (Nr. 24) wurden ebenfalls
für Schlesien, das Husaren-Regiment Csäky (Nr. 9) dagegen vor-
läufig in den Königgrätzer Kreis bestimmt. Die Nachrückung für
die aus Ungarn abmarschierenden Regimenter durch andere aus
entfernten Garnisonen wurde angeordnet.
Im Allgemeinen hielt man jedoch in der ersten Hälfte des
December noch an der Meinung fest, allerdings ein operationsfähiges
Corps in Schlesien aufzustellen, die zu demselben bestimmten
Truppen aber bis zum Frühjahr in ihren dermaligen Stationen zu
belassen. Die Regimenter erhielten auf dem Marsche die etapen-
mässige Verpflegung. Von den aus Ungarn in das Feld rückenden Ca-
vallerie-Regimentern mussten die überflüssigen Monturen, die Kranken
oder Maroden, nebst den Invaliden und unberittenen Leuten, dann
die schwere Bagage in den Quartier-Stationen zurückgelassen
werden. Die aus Ungarn nach Schlesien bestimmten Regimenter
sollten insgesammt über Skalitz nach Mähren und zwar vorläufig
gegen Olmtitz sich in Marsch setzen.
Allmählich jedoch brachen sich andere Anschauungen Bahn und
die bedrohte Lage, in welcher die Erblande sich befanden, wurde
in ihrem ganzen Umfange den Rathgebern der Monarchin klar.
In der unter Vorsitz des Grossherzogs, an demselben Tage
noch, an welchem der preussische Gesandte Borcke ihm die
ersten bedrohlichen Erklärungen gemacht hatte, am 13. December ab-
gehaltenen Conferenz-Sitzung, kamen die mittels Courier eingesen-
i leten Berichte der Generale W a 1 1 i s und Brow n e zur Verlesung,
J) 1801 aufgelöst.
2) 1768 aufgelöst.
3) 1809 als Nr. 23 aufgelöst.
4) 1741 aufgelöst,
15
die-- keinen Zweifel mehr über die eminente Gefahr Hessen, in der
G-logau und ganz Schlesien schwebe. Von Seiten der Conferenz-
Minister ward dabei die Meinung abgegeben, dass es unnöthig sei,
„von der Entkräftung des Aerarii und deren Länder vieles zu er-
wähnen, als welches nicht minder als der zerfallende Zustand der
Armee bekannt sei, leicht sei zu ermessen, wie beschwerlich den
Truppen und Ländern so viele Märsche bei dermaliger Jahreszeit
fallen müssen, wenn es aber um das Universum gleich anjetzo zu
thun sei, so müssen alle anderen Betrachtungen, wie selbe auch
wären, weichen. Seit dem 30jährigen Kriege sei etwa das Durch-
lauchtigste Erzhaus in einem so gefährlichen Casu, wie anjetzo,
nicht gewesen und selber so beschaffen, dass wenn nicht auf das
Schleunigste und mit allem Nachdrucke dazugethan würde, disso-
lutio totius zu befürchten wäre. Ohnedem wäre schon bei mehr
als einem Hof der Argwohn, dass der Preussen Einrückung eine
zwischen beiden Höfen verabredete Sache sei a), der König selbst
sage, er komme als Freund und würde daher der Argwohn eines
heimlichen Verständnisses zwischen hier und dem König unterdessen
umso mehr derorten um sich greifen, woferne man sehete, dass
man den König, ohne sich diesseits zu rühren, ganz Schlesien
wegnehmen lasse; andurch würde auch den Alliierten, die man um
Hilfe angesprochen, sonderlich dem König von Polen, den man
tanquam vicarmm Imperii und tanquam confoederatum darum an-
gegangen, der Muth benommen und bei diesseits nicht versprechender
ernsthafter Veranstaltung ein und anders etwa die Lust an-
kommen, die betrübte Situation, worin Ihre Majestät die Königin
durch den unvermutheten preussischen Einfall verfallen, sich zu
Nutzen zu machen, anstatt dass, wo man diesseits ohne Verzug
und mit Ernst zur Sache schreite, aller Muthmassung nach die
chursächsische und churbraunschweigische Hilfe nicht fehlen, nicht
minder auch die associierten Kreise zur Sache mit beitragen und
endlich auch Polen wegen der gegen Preussen obseienden Ver-
bitterung dieses unherhörte Verfahren mit gleichgültigen Augen
nicht ansehen würde. Die sächsische Hilfe sei die nächste, selbe
bestünde vermöge der Allianz sowohl, als des Lausitzer Tractats
anfangs in 6000 Mann und durch' erstere sei der König schuldig,
Seiner Majestät mit allen Kräften allenfalls beizustehen2), die
J) Vergleiche: Broglie, Frederic II. et Marie Therese. Paris 1883. I. 113.
2) Leider sollten sich diese Hoffmingen nicht erfüllen. Nach dem
Scheitern der von König Georg von England in das Leben gerufenen und
durch dessen Bücktritt wieder zu Grabe getragenen, gegen Preussen geplanten
16
Conjunction der dasigen Truppen sei als ein Hauptobject, diese aber
weit schwerer zu erreichen, woferne Preussen Meister von ganz
Schlesien einmal wäre, nachdem nicht nur auf das nunmehr ein-
rückende Corps gesehen, sondern auch die im Hinterhalt stehenden
preussischen Truppen in Betracht zu ziehen seien, die der König
nachrücken zu lassen alle Facilität hätte." ]).
In Folge dieser Anschauungen wurden die Verfügungen
und Vorkehrungen beschleunigt. GFWM. Graf P i c c o 1 o m i n i
erhielt am Tage nach der Conferenz Befehl, mit den ge-
sammten in Mähren bereits eingerückten Truppen, nämlich dem
Franz Lothringen' sehen Regiment (Nr. 1), dann den 15 Grünne'schen
(Nr. 20) und fünf Liechtenstein'schen Compagnien nach Schlesien
zu den Browne'schen Compagnien unverweilt abzumarschieren. Es
muss bei den Verfügungen, die getroffen wurden, der Zustand in
Berücksichtigung gezogen werden, in welchem sich die Truppen
im Winter 1740 durchgehends befanden und der den obersten
Behörden nur zu gut bekannt war. Ohne Casse, ohne Feldrequisiten,
ohne Credit zur Beschaffung der unentbehrlichsten kleinen Montur,
standen die Regimenter nichts weniger als schlagfertig da. Die
durch die Türkenfeldzüge verarmten Oinciere hatten den ganzen
Sommer hindurch fast gar keine Besoldung erhalten, konnten sich
ohne Geld also nicht feldmässig equipieren und ohne Equipierung
kaum im Felde dienen. In Ungarn lagen die Verhältnisse etwas
besser, die dort garnisonierenden Truppen bezogen wenigstens die
Natural-Verpflegung, die aber mit dem Austritt aus dem König-
reich Ungarn aufhörte. In der böhmischen Ländergruppe wurde
jedoch ausser Brod und Fourage nichts verabreicht, mithin mussten
von dem Tage der Einrückung die Bedürfnisse dort baar bezahlt
werden. Falls nun die Löhnungen nicht nüssig gemacht werden
konnten, lag die Gefahr von Excessen und die Bedrückung der
Landbevölkerung nahe. Die Hauptsache war und blieb die Be-
schaffung der nothwendigen Mittel. Man befürchtete sogar, dass
von manchen Regimentern bei Erhalt der Auf bruchsordre die Antwort
einlaufen werde, ,,sie könnten sich nicht movieren, bevor sie eine
ergiebige Abschlagszahlung empfangen" 2).
grossen Coalition Oesterreichs, Eusslands und Sachsens, über welche in den
ersten Monaten des Jahres 1711 in Dresden verhandelt wurde, wendete sich
später Churfurst A u g u s t von Sachsen, König von Polen, Frankreich zu.
1) K. A., Oesterreichischer Erbfolgekrieg, 1710 ; Fase. XII, IVa.
s) Conf.-Prot. v. 13. Dec. 1710. K. A. Oest. Erbfolgekrieg, 1710. XII, 4V2.
17
Die in Ungarn und den deutschen Erblanden gamisonierenden
Infanterie-Regimenter hatten Befehl erhalten, durch öffentliche
Werbung auf 2000 Mann, die Oavallerie auf 800 Mann sieh zu er-
gänzen l) und ein Handgeld von 25 Gulden zu zahlen, das später
auf 27 Gulden erhöht wurde. Trotzdem nahmen die "Werbungen
einen sehr ungünstigen Fortgang.
Am 10. December war ausserdem ein ,, General-Pardon" für
rückkehrende Deserteure publiciert worden.
FML. Maximilian Ulysses Graf Browne, welcher in Italien
in Dienstesverwendung stand und im Spätherbste des Jahres 1740
ursprünglich für ein Commando in Böhmen ausersehen gewes
war, traf nun, zur Führung des Literims-General-Commandos be-
stimmt, in Schlesien am 7. December ein.2)
Browne galt als energischer, thatkräftiger General, er stand
in noch jungen Jahren, hatte aber bereits Gelegenheit gefunden,
auf den Schlachtfeldern Italiens und in den Türkenkriegen seine
Fähigkeiten zu erproben. 3)
Dem neuen Befehlshaber in Schlesien waren ziemlich weit-
gehende Vollmachten ertheilt worden. Während FML. Graf W alli s
sich speciell auf die Instandsetzung und Verteidigung Gross-
Glogau's zu beschränken hatte, ward dem Grafen Browne
Oberaufsicht über die sämmtlichen „haltbaren" Plätze Übertrag.]],
Ebenso war es ihm überlassen, die im Lande eintreffenden
') Anhang III.
-) Anhang IV, die „Offene Ordre" und das „Gehorsams-Patent".
3) Maximilian Ulysses Graf von Browne, Baron de Camus und Moun-
tany, ein Sohn des kaiserlichen Eeiter- Ob ersten Ulysses Grafen Browne, war
am 23. October 1705 zu Basel geboren. In jungen Jahren in die Armee ge-
treten und durch Familienverbindungen mächtig gefördert, hatte derselbe
bereits am 2. April 1729 die Oberstencharge erreicht. Im Feldzuge in Italien
1784 kämpfte B r o w n e mit Auszeichnung bei Parma (29. Juni) und Quistello
(15. September) und ward am 18. März 1735 zum General-Feldwachtmeister
ernannt. In den Feldzügen gegen die Türken 1737—1739 war Browne und
zwar in jenem von 1737 beim Corps des FZM. Prinzen zu Sachse n-
H ild bürg haus en. 1738 bei der Haupt-Armee, 1739 bei dem Corps des
Generals der Cavallerie Fürsten Lobkowitz in Siebenbürgen in Verwendung.
Am 26. März 1739 zum Feldmarschall-Lieutenant befördert, erhielt derselbe
nach dem Belgrader Frieden ein Commando in Como in Italien. Den weiteren
Lebenslauf des Feldmarschalls siehe in dessen von Arneth verfasster Bio-
graphie in „Allgemeine Deutsche Biographic", III., Leipzig 1876 und „Bio-
graphien der Heerführer und Generale", Wien 1888.
Oesterreichischer Erbfolgekrieg. II. Bd. '-'
18
Regimenter „nach Gutbefinden" zu verlegen, sowie die zu deren
Erhaltung notwendigen Magazine einzurichten. r)
Der erste Bericht, welchen der in der Hauptstadt des Landes
eingetroffene General am 8. December dem Hof-Kriegsrathe ein-
sendete, ist leider nicht mehr vorhanden.
Jedoch scheinen die Eindrücke, welche Browne nach seiner
Ankunft in der Provinz empfangen, nicht gerade ungünstig ge-
wesen zu sein. Denn am 11. desselben Monats meldet er dem
Grossherzog, dass er hoffe, „es werde noch Alles besser, als man
sich's zu Lande einbildet", wenn er nur in kurzer Zeit mehr
Truppen und besonders Cavallerie bekäme: „von dem Landmann
könne man allem äusserlichen Ansehen nach sich alles Gute ver-
sprechen, ich wünschte, dass ein dessgleichen bei der sämmtlichen
Noblesse in dem Land also sich zu versichern wäre, allein bei
diesem hat es einen Anstand, inmassen sich schon eine ziemliche
Anzahl bei den Preussen befindet, so zwar lauter Akatholici sind".
In den Instructionen des Grafen Browne spielte die Er-
haltung der festen Plätze, vor Allem aber der Landeshauptstadt,
eine hervorragende Rolle.
Die Aufgabe, hierüber die Verhandlungen zu führen, eine
Aufgabe wesentlich politischer Natur, fiel ihm daher im Vereine
mit dem königlichen Oberamt in Breslau zu.
Dem natürlichsten Vertheidigungsplane für Schlesien, die
befestigte Hauptstadt zum Mittelpuncte der Verteidigung zu
machen, stand das von den Einwohnern Breslau's eifersüchtig ge-
hütete, allerdings nicht verbriefte, sondern nur auf Usus und
Connivenz beruhende Recht der Selbstverteidigung entgegen,
welches den Truppen desFML. Browne die Thore der Stadt verschl« iss.
Dieses Gewohnheitsrecht fusste eigentlich nur auf der im
KYJI. Jahrhundert zu öfteren Malen der Stadt zugesicherten Be-
freiung von Einquartierungen. 2)
Die Verhandlungen, welche nun, als die Gefahr eines
preussischen Einbruches immer drohender wurde, mit dem Magistrate
eingeleitet wurden, waren äusserst schleppend und wurden von
Seite der Stadt durchaus nicht im patriotischen Sinne geführt.
Am 10. December wurde dem auf das königliche Oberamt
beschiedenen ersten Syndicus der Stadt, von Gut z mar, bedeutet,
!) K. A., H. K. R., Eeg. Prot. 11. December. Fol. 357<i.
2) Ueber die Einquartierungsfreibeit der Stadt Breslau siebe Anbang V.
19
dass die Königin die Einnahme einer Besatzung begehre, schon
damit nach Breslau, als dem haltbarsten Ort, das Hauptmagazin für
die operierenden Truppen verlegt werden könne. Im Weigerungs-
fälle drohe der Stadt die Verlegung der Landes-Regierung sammt
allen Dikasterien. Das Oberamt erklärte dabei, dass die Garnison
„sogleich nach gestillten Troublen wieder herausgezogen werden
solle"; dagegen müsse für den altersschwachen Stadt-Commandanteii
Oberst von ßampusc h, ein jüngerer Officier das Commando
übernehmen, wozu der Oberst Baron Roth des Infanterie-Regi-
ments Browne, ein gebürtiger Schlesier und Lutheraner, aus-
ersehen sei.1)
Man war am 13. December endlich nach peinlichen Verhand-
lungen so weit, dass die Bürgerschaft zur Aufnahme königlich
ungarisch-böhmischer Truppen die Einwilligung gab.
FML. Graf Browne hatte in seinem Berichte vom 11. De-
cember, als die Verhandlungen noch nicht beendet waren, bemerkt,
dass die Breslauer, selbst wenn es Ernst würde, sich noch bedenken
würden, einige Bataillone in die Stadt zunehmen und hinzugefügt:
., Behaupten wir Breslau, so ist ohnehin nichts zu befürchten und
haben wir noch die Oberhand im Land." 2)
Am Morgen des 14. December konnte er in Folge der Ab-
machungen vom 13. melden, dass der Magistrat sich entschlossen
habe, „die königliche Besatzung herein zu lassen, also ich drei
Bataillons und ebensoviel Grenadiers-Compagnien hereinbeordere,
dermalen noch, bis mehrere Truppen anlangen, kann nicht mehr
entbehren, um nicht Brieg bloss zu lassen, allwo der Ruf geht, sie
gerade ihren Marsch zu nehmen wollen." a)
Er fügte noch die in Breslau verbreitete Nachricht bei, dass
schon am 12. einige preussische Compagnien die schlesische Grenze
überschritten hätten. 4)
>) Grünhage n, Schlesien unter Friedrich d. Gr. I, 15 u. ff. — K. A..
Berichte Browne's.
'-) K. A., Oesterr. Erbfolgekrieg 17-10, XII, 4.
3) Bericht Browne's an den Grossherzog. K. A., Oesterr. Erbfolgekrieg
1740, XII, 5.
4) In Beantwortung dieser Meldung billigte die Königin m einem an
das Oberamt am 17. December gerichteten Erlasse die im Einvernehmen
mit FML. Grafen Browne gegen den preussischcn Einfall gemachten Ver-
anstaltungen, ertheilte Weisung bezüglich der Anlage der Magazine in Brieg,
Glogau, Breslau, Neisse. ferner wegen der Zufuhr von Getreide aus Mähren
für das Magazin in Troppau.
2*
•20
Für den nächsten Tag waren die Vertreter der Bürgerschaft
noch einmal auf das Rathhaus beschieden, um die vom könig-
lichen Oberamte auszustellenden Reverse entgegenzunehmen, dass
die bewilligte Garnison sofort nach ,, gestillten Troublen" die Stadt
wieder räume. Nachdem schon am 13. December die Angelegenheit
nicht die Billigung der Zünfte insgesammt gefunden hatte, erhob
sich am 14. ein gewaltiger Tumult. Die Jüngsten von allen
Zünften erschienen in der Eathsstube „und protestierten auf das
Schärfste wider die Bewilligung ihrer Aeltesten, wegen Einnehmung
kaiserlicher Soldaten in die Stadt, Hessen gar harte Reden fliegen
wider die Herren Bürger-Capitains, Kaufmanns- und Zunft-Aeltesten
und Ober-Syndicum Gutzmar, dass sie Alles so leichtsinnig be-
willigten und der Stadt Freiheit und Bestes nicht ernstlicher be-
herzigten, da denn Letzterer hoch betheuerte, dass er's mit der
Stadt von Herzen treu meine." J)
Der Anführer und Sprecher der in das Rathhaus gedrungenen
aufgeregten und protestierenden Menge war ein Schuster Namens
Johann Christian D ö b 1 i n. Dieser, kein Schlesier, sondern ein
gebürtiger Brandenburger, stammte aus Crossen. 2) Etwa vierzig-
jährig, damals mittellos, übte er das Handwerk eines kleinen
Schusters aus. Er stand daher inmitten der meist besitzlosen Be-
völkernngsschichten Breslau's.
In diesenKreisen fand Dublin Gelegenheit genug, sich durch s ''ine
wühlerische Thätigkeit gekannt und wohl auch populär zu machen.3)
Demagog im wahren Sinne des Wortes, scheint er die Gäbe
der Rede besessen und es verstanden zu haben, den Pöbel gegen
r) Kahle r t, Breslau vor hundert Jahren, 15.
-) Grün ha gen. Zwei Demagogen im Dienste Friedrich d. Gr.
Das preussische Generalstahswerk bezeichnet denselben als .. katholischer*'
Confession ; es ist nicht ersichtlich, auf welche Nachricht hin. Jedenfalls war
er im Dienste Friedrich IL thätig. Dass Stenzel, V, 17, erzählt, der Syndicus
Gut z mar nenne Döblin den „katholischen" Schuster, beweist wenig, es
kann ebensowohl eine in der Stadt geläufig gewordene ironische Bezeichnung sein.
3) „Man sollte nun zwar auch eine genaue Beschreibung und Historie
eines Mannes in Breslau machen, welcher vieles Aufsehen und Geschrei von
sich verursacht hat und Döblin heisst, so das Schuster-Handwerk bisher
getrieben, man steht aber billig an, sich in dieses Werk einzumischen ; und
weilen anjetz wieder Alles stille von ihm geworden, so will man erwarten,
bis sich ein Gönner, der etwas mehrere Kenntniss von ihm und seinen Thaten
als wir, hat, finden und uns ein Werk von seinen Begebenheiten zuschicken
wird, das wir als eine Beilage einzurücken nicht ermangeln wollen." (Schles.
Kriegs-Fama, VIT, 55.)
21
die Regierung und die österreichische Partei aufzuhetzen. Dies
geschah unter dem Schlagworte, dass der Eath durch seine Nach-
giebigkeit der Landes-Eegierung gegenüber die Freiheiten und
Privilegien der Stadt preisgebe.
Döblin ist ohne Zweifel preussischer Agent gewesen.1;
Thatsache jedoch ist, dass er in diesem kritischen Momente der
Breslauer Geschichte eine bedeutende Eolle gespielt und viel zur
Entscheidung beigetragen hat.
Der turbulente und von Döblin bearbeitete Haufe junger
Zunftgenossen protestierte also an jenem Vormittage des 14. De-
cember gegen die Einnahme der Truppen auf das Heftigste, während
eine dichte Volksmenge das Eathhaus umlagerte.
Mit Mühe gelang es dem Stadtsyndicus Gutzmar, die Ein-
gedrungenen zu bewegen, durch einige Deputierte ihre Wünsche
vortragen zu lassen, worauf D ö b 1 i n, nebst einigen anderen Hand-
werkern vortraten und Namens der Bürgerschaft die Ausschliessung-
fremder Besatzung und die Selbstverteidigung der Stadt ver-
langten.
Vergeblich stellte man seitens des Eathes vor, welche Be-
schwerden, Geldopfer und welche Verantwortlichkeit eine Selbst-
verteidigung notwendigerweise im Gefolge haben würde ; die
Menge verlangte dieselbe in der ungestümsten Weise. 2)
Endlich bat Gutzmar um Räumung des Saales, damit das
Eaths-Coilegium zu einer Berathung zusammentreten könne. Die-
selbe gelang jedoch nur unvollkommen, da eine Anzahl der Eindring-
linge in der ausgesprochenen Absicht zurückblieb, die Entfernung
der Eathsbeisitzer zu verhindern, bevor die Angelegenheit er-
ledigt sei.
Die Eathsherren führten in Folge dieses Zwanges ihre Be-
rathung weiter, wo denn, wie es scheint, Gutzmar's Vorschlag
durchgegangen ist, die Frage nur vom Standpuncte der militärischen
Ausführbarkeit in Betracht zu ziehen. Man wolle, eröffnete man
der Versammlung, die Ofnciere der Stadtmiliz, den Commandanten
und den Stadtmajor über die Möglichkeit einer selbstständigen
Verteidigung befragen.
1) Darauf deutet auch eine spätere Aeusserung König Frie d r i c h II.
an Schwerin (Ende Juli 1741) : „Ihr wisset von Selbsten, was es vor Mühe
gekostet, um zu verhindern, dass anfänglich diese Stadt (Breslau) keine öster-
reichische Garnison eingenommen." (Polit. Correspondenz, I. 444.)
2) Grünhagen, Schlesien unter Friedrich d. Gr., I, ,">() u. ff.
■2-2
In Folge dieser Entscheidung verlangten die Tumultuanten
die sofortige Vernehmung des Commandanten und dessen Stell-
vertreters, was durch deren Anwesenheit auf dem Rathhause er-
möglicht wurde.
Anden Commandanten, dengreisen Obersten v. Kamp lisch, ' i
richtete nun der Syndicus vor der Versammlung die Frage, „ob er
glaube, dass die Stadtgarnison mit der Bürgerschaft sich defendieren
könne und mit dem nöthigen Material ausgerüstet sei. Welche
Antwort auf diese Frage gewünscht wurde, konnte kaum zweifelhaft
sein, doch der alte Herr, der gleich bei seinem Erscheinen von
der Menge mit lebhaftem Zuruf begrüsst worden war, verspürte
wenig Neigung, unter Preisgebung seiner ganzen Popularität in
die Bresche zu treten ; er erwiderte höchst diplomatisch, die Be-
schaffenheit der Stadt werde einem hohen Rathe selbst am besten
bekannt sein, er sei bereit, Blut und Leben für die Stadt daran
zu setzen." 2)
Die Versammlung legte sich diese Antwort in ihrem Sinne
zurecht und Dublin rief mit Begeisterung : „Das ist unser Vater,
dem wollen wir folgen." Vor dem Jubel, den diese Worte hervor-
riefen, sank die letzte Spur von AViderstandskraft bei den Herren
vom Ratke ; auch sie bekannten sich jetzt zu dem von der Bürger-
schaft geforderten Gedanken der Selbstvertheidignng und durften
endlich nach Hause gehen „mit der gemischten Empfindung, eine
unliebsame Sache losgeworden zu sein und doch der Regierung
gegenüber betheuern zu können, dass ihr eigener guter Wille nur
einer drohenden revolutionären Bewegung gewichen sei." 3)
Die Autorität der Behörden war durch diese Vorfälle lahm-
gelegt und die Wortführer der erregten Menge wurden zu leitenden
Persönlichkeiten; der „Schuster" Döblin war, wie ein zeit-
genössisches Spottgedicht sagt, „der Held, der diese Stadt regiert".
Man sah ihn viel in den Strassen, Haufen von Menschen mit
weithin tönender, durch lebhafte Gesten unterstützter Beredsamkeit
haranguierend.
r) Maxiinüian v. E a m pusc h war in Folge der in der Schlacht bei
Peterwardein (5 August 1716) erhaltenen schweren Verwundung genöthigt
gewesen, den kaiserlichen Dienst als Hauptmann bei Alt-Daun-Infanterie
(Nr. 56) zu quittieren. Er erhielt am IG. August 1719 den Oberstlieutenants-
Charakter, jedoch mit dem Bemerken, sich dessen in der kaiserlichen Armee
nicht zu ..praevalieren".
2) Grünhagen, Schlesien unter Friedrich d. Gr.
3) Ebenda.
23
Die bewaffneten Bürger Hessen es übrigens an Versicherungen
ihrer Loyalität der Königin gegenüber und ihres Eifers für die
Vertheidigung nicht fehlen. Die Stadt füllte sich mit lärmendem
militärischem Treiben; die jungen Burschen wurden täglich ein-
exercierb, die Befestigungen mit Pallisaden versehen und aus dem
I tischen Zeughause die Wälle mit zahlreichen Geschützen bew< 1 1 rt . '
Indem die königlichen Behörden sich diese Farce der Ver-
theidiguugs-Instandsetzung eines strategisch so wichtigen Pun<
wie Breslau gegen ein schlagfertiges und gut ausgerüstetes Kriegs -
beer bieten Hessen, begaben sie sich jeden Einflusses auf die
ferneren Geschicke dieser Stadt. Man wird kaum in Abrede stellen
können, dass, wenn die Landes-Regierung in Erwägung dessen, was
mit der Hauptstadt auf dem Spiele stand. Alles hätte daran setzen
wollen, Truppen in dieselbe hineinzubringen, dies hätte gelingen
müssen. Dann hätte die schleunige Besetzung der Dom- und Sand-
Insel, zu der man ja vollkommen befugt war, da sich diese Stadt-
gebiete nicht auf die früher geübte Observanz berufen konnten,
das erste sein müssen und wenn nun der bereits in Breslau
weilende Oberst Baron Roth sich hätte geneigt finden lassen, die
zweite Stelle im Commando der Stadt, welche ihm die Bürgerschaft
thatsächlich antrug, anzunehmen, dann hätte es ihm auch nicht allzu
schwer werden können, ein paar Compagnien Soldaten durch das
Sand-Thor oder über die Oder zubringen. Zu einem Strassenkampfe
und dem Bau von Barrikaden wäre es schwerlich gekommen, um-
so weniger, als doch erst später nach und nach die tumultuierende
Bürgerschaft in den Besitz von Waffen gekommen ist. -)
Bei den Beherrschten zeigte sich keine Regung von Patriotismus,
weder beim Rathe, noch bei der Bürgerschaft, ebensowenig bei den
Staatsbeamten.3) Anstatt hingebenden Pflichteifers nur jene schlaffe
Passivität, welche bei der Ausführung der erhaltenen Befehle vor
allem darauf denkt, den eigenen Rücken zu decken. So hatte der
Oberamts-Präsident Graf S c h a f f g o t s c h, als ihm G u t z m a r die
y) Grünhag en, Schlesien unter Friedrich d. Gr., I, 53.
2) Ebenda.
3) „Zwei einander scheinbar widersprechende Gebrechen stellten sich in
der Geschäftsthätigkeit der königlichen, wie der städtischen Beamten bis zum
Jahre 17-40 in aller Stärke heraus : V i elr e g i er e r e i und Saumseligkeit.
Mit letzterer trat denn das rasche, durchgreifende Regiment Friedrich II. in
den schroffsten Gegensatz." (W u 1 1 k e, König Friedrich d. Gr. Besitzergreifung
von Schlesien und die Entwicklung der öffentl. Verhältnisse in diesem Lande
bis zum Jahre 1740, II. 149.)
24
Nachricht brachte, dass der Rath an seiner früheren Zusage wegen
der Einnahme königlicher Truppen nicht festhalten könne, zwar
einigen Unwillen gezeigt, aber doch ohne weiteren Widerstand die
Sache hingenommen und sich begnügt, eine schriftliche Darlegung
des Vorgegangenen von dem Rathe zu begehren, da er eine solche,
wie er sagte, zur eigenen Legitimation brauche.
„Dem Grafen bangte fort und fort um die eigene Sicherheit ; x)
das kriegerische Treiben der bewaffneten Bürgerschaft auf den
Strassen erschien ihm äusserst unheimlich und als nun gar General
B r o w n e seinem Unwillen über das ganze Treiben unumwunden
Worte gab, man solle einige der Hauptschreier, vor allem Döblin,
beim Kopfe nehmen und an ihnen ein Exempel statuieren, dann
würde alle Unruhe aufhören und diese Aeusserungen schnell weiter
verbreitet und natürlich übel aufgenommen wurden, da fuhr der
Oberamts-Präsident selbst bei dem General vor, der auf dem Ringe
im „Goldenen Baum" logierte und beschwer ihn, vorsichtiger zu
sein, es könne sonst leicht dazu kommen, dass der Pöbel in seiner
Wuth den General, das Oberamt und den ganzen Eath umbringe ;
das Beste wäre vielleicht, wenn er die Stadt verliesse." Ji
FML. Graf B r o w n e, als energischer Soldat gewohnt, stets
direct auf das Ziel loszugehen, hatte während der letzten Tage
seines Breslauer Aufenthaltes wohl wahrnehmen können, welche
Elemente bei der vollkommenen Energielosigkeit und Schwäche der
königlichen Behörden bereits tonangebend in der Landeshauptstadt
geworden waren. Es konnte dem erfahrenen Militär auch nicht entgehen,
dass die sogenannte Selbstverteidigung dieses Platzes der Anfang
vom Ende sei; aber, er besass zu einer Forcierung der Stadt
durch königliche Truppen keine Instruction und durfte dieselbe,
nachdem ihm die Anschauungen der Wiener Regierung darüber
bekannt sein mussten, auch nicht auf eigene Hand wagen. Um
weitere kostbare Zeit nicht zu verlieren, verliess er am 18. December
die von subversiven Agitationen durchwühlte Stadt.
Vor seiner Abreise von Breslau hatte FML. Browne dem
Hofe mitgetheilt, was der preussische FM. Graf Schwerin wegen
r) Ein zeitgenössisches Urtheil spricht sich über den Grafen folgendermassen
aus: „Der geweste capo Graf Schaffgotsch ist ein guter, frommer und ehrlicher
Herr, fürchtet sich aber vor einem jeden böhmischen Etats-Eath, wer soll also für
das arme Land reden und sprechen.?" (Wohlmeinende Reflexion eines auswärtigen
Ministri. H. H. u. St. A. Miscellanea politica et publica. Handschriften 1091.)
2) G r ü n luge n : „Schlesien unter Friedrich d. Gr." I. 55.
25
Beistellung des Un.terlialt.es für die in Schlesien vorrückend» ra
königlich preussischen Truppen an den Landesältesten des Sagan'schen
Fürstentimms erlassen habe. Ebensolche Aufforderungen waren an
den Freistädter und Grünberger Kreis ergangen und die Landes-
ältesten' überhaupt wegen Verabredung über die Marscherfordernisse
nach Crossen citiert worden. Browne sandte auch, gleichzeitig mit
der Meldung, dass die Bürgerschaft zu Breslau keine Garnison ein-
nehmen, sondern selbst diese Festung „defendieren" wolle, die von
der Breslauer Bürgerschaft an den Magistrat „in Defensions-Weseu
überreichte Deklaration" ein und begab sich nach Brieg, um von
dort aus die Operationen seines kleinen Truppen-Corps einzuleiten
und von Schlesien zu erhalten, was eben zu erhalten noch
möglich war.
FML. Browne's Plan gieng dahin, vorläufig Ober-Schlesien
wenigstens, das ein wohlhabendes Land war und für den Unterhalt
der Truppen hinreichende Vorräthe besass, nicht zu evacuieren, da
ein Aufgeben des Landes und ein Zurückweichen bis an die Grenze
von Mähren und Böhmen, auch geeignet gewesen wäre, die gut
österreichisch gesinnte Landbevölkerung zu entmuthigen. Er
beabsichtigte desshalb in Anhoffimng baldig eintreffender Ver-
stärkungen Brieg zum Stütz- und Magazinspuncte seiner Operationen,
die ja nur auf Gewinnung der Zeit berechnet sein konnten, zu
machen und verlegte, um den wichtigen Uebergangspunct, Ohlau
an der Oder, zu erhalten, einige Compagnien dorthin.
Der Einmarsch der preussisclien Truppen in Schlesien.
Ochon bevor FML. Graf Browne, der aussichtslosen Ver-
handlungen mit den Breslauer Behörden müde, sich nach Brieg
begab, hatten sich an der Grenze Schlesiens für die Geschicke des
Landes bedeutsame Ereignisse abgespielt.
König F r i e d r i c h II. war am Nachmittage des 14. December
in Crossen eingetroffen und hatte am 15. die höhern Officiere dort
zu einem Kriegsrathe versammelt. Zur Tafel zog der König an diesem
Tage auch die von FM. Schwerin in das preussische Hauptquartier
citierten Landes-Deputierten des Grünberg'schen Kreises. Während
der Tafel „haben Seine Majestät unterschiedene Discurse von den Um-
ständen Schlesiens geführt, auch mit dem gnädigsten Bezeugen und
huldreichsten Worten versichert, dass die Zusammenziehung und Ein-
führung Dero Armee in Schlesien nichts Anders zum Absehen habe, als
des Landes Bestes". Der König, der anfänglich etwas ungnädig ge-
wesen., „dass man schlesischer Seiten nicht eher gekommen", nahm dann
mit Befriedigung die Versicherung der zwei schlesischen Edelleute ent-
gegen, dass sie die von FM. Schwerin „geschehene Anmeldung"
sogleich mittelst Courier an ihre vorgesetzte Behörde gesendet hätten,
aber bis jetzt vergebens auf Antwort und Vollmacht gewartet hätten.1)
Das schon seit längerer Zeit für den Einmarsch in Schlesien
vorbereitete Patent, 2) war am 15. December Abends in ver-
schiedenen Orten Schlesiens angeschlagen worden und ward dann
im Vormarsch vorbereitet. 3)
1) K. A, Oesterr. Erbfolgekrieg 1740; XII, 6 f.
2) Siehe Anhang 1/2.
zj Preussische Staats-Schriften I. 67. Minister Podewils hatte bereits
am 10. November an seinen Souverain berichtet, dass es, um die Bewohner
27
Am 10. December überschritt das Gros des preussischen ersten
Corps die Grenze Schlesiens. ]) Die Truppen betraten zuerst bei
dem Dorfe Läsgen in der Kordwestecke des Grünberger Kreises
schlesischen Boden und rückten in dem Dreieck zwischen dem
unteren Bober und der Oder vor, das bis zur Linie Glogau-Sprottau
reicht und über 28 Kilometer breit ist, Erst jenseits der erwähnten
Linie erweitert sich das von den genannten Flüssen eingeschloss»
Gebiet,
König Friedrich II. nahm sein Quartier in Schweinitz,
zehn Kilometer südwestlich Grünberg, im Hause der verwittweten
Frau v. Schien seh. Die Truppen zahlten vorläufig alle ihnen
gelieferten Lebensmittel und Fourage baar. Die Vorhuten gelangten
am 17. December in die Linie Sagan-Neusalz. Die Tiefe des Corps
betrug beiläufig sechs Meilen. Friedrich II. stieg im Schlosse
des Grafen Köder zu Weichäu ab, wo er auch am 18. blieb,, an
welchem der grösste Theil des Corps Rasttag hielt. Am 19. standen
die Vortruppen in der Linie Bockwitz-Milkau, die Tiefe des Corps
betrug nur noch vier Meilen. König Friedrich begab sich nach
Milkau, wo er bis 21. blieb. An diesem Tage wurde dem Könige
durch zwei Deputierte das folgende Schreiben des Oberamtes in
Breslau vom 18. December übergeben:
„Durchlauchtigster Grossmächtigster König !
Gnädigster König und Herr !
„Die Nachricht von erfolgter Einrückung Euer Königlichen
Majestät Kriegs-Macht in dieses Erb-Herzogthum Schlesien ist um-
so unvermutheter eingelaufen, als dazu weder von Ihro König-
lichen Majestät unserer Allerhöchsten Frau und Allerhöchsten
Schlesiens zu beruhigen, nothwendig wäre, ein gedrucktes Patent zu verbreiten,
worin gesagt würde, der König rücke nicht als Feind, sondern vielmehr als
Freund, guter Nachbar und Beschützer in ihr Land. Das Patent, dessen
Entwurf von P o d e w i 1 s herrührte, wurde schon am 18. November zum
Druck nach Frankfurt a. O. gesendet, da man in Berlin das Geheimniss darüber
weniger wahren zu können glaubte und auf Weisung König Friedrich's
auf den 1. December datiert.
J) FML. B o 1 1 a hatte bereits bei seiner Hinreise nach Berlin sich von
der Intensität der preussischen Kriegsvorbereitungen überzeugen können,
gleichzeitig aber auch die Ansicht geäussert, dass ein concentriertes preussische
Corps an den Grenzen Schlesiens nicht existieren könne, da die dort etablierten
Magazine höchstens für die Marsch-Erfordernisse genügten, aber keinesfalls für
längeren Aufenthalt. (Botta an Fürst Liechtenstein in Paris. Berlin. 3. De-
cember 17-10, H. H. u. St, A., Franz. Correspondenz, Fase. 88.)
28
Landesfürstin, weder von Seiten des Landes, der allermindeste auch
nur scheinbare Anlass gegeben worden. Es ist zwar seit einiger
Zeit Vieles von starken Kriegsrüstungen zu hören gewesen, worüber
auch von uns, der tragenden Obliegenheit gemäss, bei der Behörde
angefragt worden ; allein wir haben zur Antwort erhalten, dass
Euer Königliche Majestät solche Freundschafts -Versicherungen er-
theilen lassen, dass man unmöglich die Betretung diesseitigen
Territorii sich beigehen lassen könnte, besonders, da bekannt wäre :
was das natürliche und Völker-Recht, die so hoch verpönten Reiehs-
Sa tzungen und zumalen in derlei Umständen, als nunmehr für-
walten, die goldene Bulle Kaiser Carl IV. mit sich brächten. Man
hätte über das, durch alle billige und thunliche Mittel Euer König-
lichen Majestät Freundschaft zu bewerben, sich beflissen. Freund-
schaft gegen Freundschaft und in Allem, was die gute Nachbarschaft
erheischte, zum Uebermass des reciproci sich erboten; auch mit
einem AVort, den Marchese Botta als schon bei dessen Absendung
mit solchen Befehlen versehen, dass er Gewalt und Vollmacht hätte,
zu Befestigung des beiderseitigen besten Vernehmens, alle Beding-
nisse einzugehen, welche ohne Schmälerung Ihrer Königlichen
Majestät, unserer Allergnädigsten Frauen Erbländer und ohne
Verletzung der Gerechtsame eines Dritten eingegangen werden
könnten".
..Einigen Anspruch könnte von Euer Königlichen Majestät
möglicher Dingen nicht angezogen werden, so durch die feier-
lichsten Tractate nicht vorlängst abgethan und aus dem Grund
gehoben wäre. Und Endlichen wäre sich an Seiten Ihro König-
lichen Majestät unserer Allergnädigsten Frau so gar entfernt
nicht gezeigt worden, auf den Fall, da man Euer Königlichen
Majestät Hilfe vonnöthen haben sollte, der Billigkeit nach, darüber
sich einzuverstehen. Und sei dem Marchese Botta aufgetragen
worden, zu Berlin erkennen zu geben, dass nicht zu begreifen
stünde, wie eine nicht benöthigte Hilfe mit gewaftneter Betretung
eines fremden Territorii könnte aufgedrungen werden wollen. Bei
solchen Umständen nun hatte Ihrer Königlichen Majestät unserer
Allergnädigsten Frau nicht wohl möglich geschienen, dass, zuwider
der, auch mitten unter den Kriegs-Anstalten öfters wiederholten
Freundschaftsversicherungen und patriotischen Bezeigungen, zu-
wider des geheiligten Bandes der menschlichen Gemeinschaft, zu-
wider des hochverpönten Landfriedens und absonderlich zuwider
dessen, was in gegenwärtigen Umständen die goldene Bulle Kaiser
Carl IV. klar vermeint, ein benachbartes Land, ohne Begrüssen
29
der Landesfürstin und ohne sieh einmal vorläufig' gegen Allerhöchst-
dieselbe und die Ihrigen im Mindesten zu äussern, mit Kriegsmacht
sollte überzogen, andurch aber die allgemeine Ruhe, eines Jeden
Sicherheit und die ganze Reichsverfassung auf einmal unterbrochen
oder vielmehr vernichtet werden. Gleichwie man sich nun eine
solche Begebenheit nicht beigehen lassen könne, also wäre m
durch alle diese Betrachtungen in dem Anfangs geschöpften Ver-
trauen umso mehr bestärket worden. Nachdem aber das Gerücht
von einer baldigen Einrückung in Schlesien sich am meisten zu
Berlin ausgebreitet hat, so hatten Ihre- Königlichen Majestäl
hängenden Hochachtung, forthin demselben keinen Glauben bei-
messen wollen, bald darauf aber vernehmen müssen, dass diese
Dero Zuversicht sogar dahin ausgelegt werden wollen, als ob
Allerhöchstdieselbe mit Euer Königlichen Majestät Vorhaben ein-
verstanden wäre. Da nun aber ein solcher Wahn Ihrer Königlichen
Majestät, unserer Allergnädigsten Frau, Ehre und Glorie, auch
der Wohlfahrt Dero getreuesten Erb -Königreiche und Länder
allzunahe gehe und dadurch sowohl Einheimische, als Auswärtige
leicht irre gemacht werden könnten r) —
So haben Allerhöchstdieselbe auf allen, obschon ganz un-
vermutheten und unglaublich geschienenen Fall Allergnädigst an-
befohlen, dass nach wirklich erfolgter Einrückung Euer Königlichen
Majestät Kriegsvölker in das Erb-Herzogthum Schlesien (dieselbe
möge nun gleich, wodurch sie immer wolle, beschönigt werden)
alles Obige mittelst einer schriftlichen Verwahrung zu erkennen
gegeben und dann, dass Euer Königliche Majestät durch ungleiche
Vorstellungen hintergangen worden sein müssen mit dem Ersuchen,
wegen ungesäumter Zurückziehung der Kriegsvölker von fremdem
Grund und Boden, beigefüget werden solle, mit dem ferneren
Anhang: dass man sich ein solches von Euer Königlichen Maj estät
Gerecht- und Billigkeits-Liebe ganz zuversichtlich verspreche; all
unverhofften widrigen Falls aber wegen Iliro Königlichen Majestät
unserer Allergnädigsten Frau, als rechtmässigen Königin, Dero
getreueste Unterthanen, dann fremden Mächten (deren Unterthanen
') „Die gute Königin von Ungarn und Böhmen beginnt ihre Regierung in
einem sehr schwerwiegenden Augenblicke. Die Freunde, zum mindesten Jene,
welche als solche zu gelten sich bemühen, sind die ersten, welche ihr i
Provinz wegnehmen oder zum mindesten sich dortselbst mit bewaffneter Ha n<l
festsetzen und als Herren auftreten." Braunschweig, 19. Januar 1741. Herzogin
Christine an FM. Grafen Seckendorff. H. H. u St. A. Gr. Correspondenz'
Fase. 183 F.
30
auf das Erb-Herzogthum Schlesien gesicherte Hypotheken haben)
zuwachsenden Schäden, wie nicht minder der daher entspringen
müssenden unzähligen üblen Folgen halber vor Gott, dem ge-
sammten Reich und der ganzen Christenheit verwahrt haben wollte.
Wie nun sothaner Königlichen Allerhöchsten Anordnung aller-
unterthänigst nachzukommen, unsere getreueste Pflichten erfordern,
also sollen auch dieses alles an Euer Königlichen Majestät (nach-
dem dem ganz sicheren Vernehmen nach, Dero Königliche Truppen
in dieses Erb-Herzogthum Schlesien schon wirklich eingetreten) wir
hierdurch gelangen lassen." *)
Die Abgeordneten erhielten über die vorgelegte Verwahrung
nur eine Empfangsbestätigung und wurden der königlichen Tafel
zup-ezoo-eu. 2) Ferner wurde seitens des Oberamts in Breslau ein
mit dieser vom 18. December datierten Verwahrung nahezu gleich-
lautendes- Patent im Lande verbreitet. 3)
Der Text dieser Schriftstücke war nach dem Beschlüsse der
Conferenz in Wien am 13. December um 1 Uhr Nachmittag aus-
gefertigt und dem böhmischen Hofkanzler zur Expedition an die
schlesische Landesregierung übergeben worden.
Nachdem die Spitzen des preussischen Corps am 20. December
die Linie Meschkau-Tsckirnau erreicht hatten und nur noch zwei
Meilen von Glogau entfernt waren, rasteten sämmtliche Truppen
am 21. December.
In der von der Invasion unmittelbar und zuerst bedrohten
Festung Glogau hatte FML. Graf Wallis unausgesetzt die Ver-
stärkungsarbeiten fortsetzen lassen.
Die Ingenieure Rauschen d o r f und S u 1 1 y hatten die Be-
stimmung zur Dienstleistung in dein Platze ; der Erstere war
75 Jahre alt und bereits von FML. Graf Wallis im September
dem Hof-Kriegsrathe als nicht mehr zum Dienste geeignet, geschildert
worden. Der Festungs-Commandant liess die Palissaclen ausbessern,
den verfallenen Hauptwall so viel als möglich reparieren und die
Plattformen der Batterien, von welchen keine einzige vorhanden
war, herstellen. Zu diesem Zwecke wurden die Einwohner der
■■>
:) Copie im Archiv des k. k. Ministeriums des Innern. Ad VII, 1 vom
Jahre 1711, Schlesien.
2j Kriege Friedrich d. Gr. I, 233. Preuss. Staats-Schriften I, (58.
3) Anhang VI.
31
Stadt und aufgebotene Bauern Tag und Nacht zur Arbeit heran-
gezogen. Der Erdwall konnte jedoch nicht revetiert werden, da
weder Kalk, noch Steine vorhanden waren, die Jahreszeit derartige
Herstellungen auch nicht gestattete.
Als Besatzung standen in der Festung ein Bataillon Wallis
(vier Füsilier-Compagnien stark) und ein Bataillon Harrach (fünf
Füsilier-Cornpagnien), nebst einer Grenadier-Compagnie.
Die Gesammtstärke der Garnison betrug effectiv, einschliesslich
der Ober- und Unteroffiziere, 1178 Mann und 90 Invaliden. Die
Compagnien von AVallis-Infanterie bestanden theils aus alter, aber
für Fatiguen nicht mehr geeigneter Mannschaft, theils aus sehr
jungen Leuten. Von den 17 in der Festung vorhandenen Artilleristen
hatte nicht einer im Felde gedient. *)
An Geschützen befanden sich in der Festung 58 Bronce-
Kanonen, 3 Bronce-Mörser, 11 eiserne Kanonen, 2 eiserne Mörser.
Diese Geschütze, grösstenteils aus dem XVI. und XVH. Jahr-
hunderte, waren zum scharfen Gebrauche untüchtig und sämmtlich
repar aturbe dürftig. 2) An Pulver fanden sich in den Depots 1200
Centner vor.
Der städtischen Behörde wurde der strengste Befehl ertheih.
ohne Ausnahme diejenigen Bürger, welche nicht wenigstens auf
einige Monate mit Lebensmitteln sich versorgten, aus der Stadt zu
entfernen.
Aus den in der Stadt gebliebenen Mitgliedern der Bürger-
schaft Hess der Festungs-Commandant vier Compagnien bilden,
die sich, viele schon bejahrte Personen inbegriffen, auf 300 Mann
bezifferten, von denen übrigens wenig Nutzen zu erwarten war.
Der Landeshauptmann Graf K o 1 1 u 1 i n s k y hatte vor der
Annäherung der preussischen Truppen den Befehl gegeben und
FML. Wallis ihn durch militärische Assistenz unterstützt, soviel e
Lebensmittel als irgend möglich, in die Festung zu bringen, doch
versagten viele lutherische Orte bereits den Gehorsam, so dass
nur einige hundert Scheffel Getreide eingeliefert wurden. Dagegen
erhielt der Magistrat von Glogau Auftrag, aus den der Stadt
gehörenden Meierhöfen das gesammte Hornvieh, ebenso wie Eeu
und Stroh in die Festung schaffen zu lassen.
J) Nach dem Berichte des GFWM. Barön Reisky. K. A. Mähren und
Schlesien 1741 ; III, 25.
2) Archiv für die Officiere des königl. preussischen Artillerie- und In-
genieur-Corps. III. Jahrg. 5. Band 1837, 187 u. ff.
32
Im Cameral-Magazin fanden sich Vorräthe an Mehl ; auch von
Salz, Branntwein und Tabak war etwas vorhanden. Der Pulver-
vorrath befand sich in vier an die Stadtmauer angebauten Thürmen,
da aber die erstere dünn und diese nicht bombenfrei waren, wurde
derselbe zum Theil in das Schloss, zum Theil in ein Gewölbe unter
der Pfarrkirche gebracht, welche Aufbewahrungsorte zu besserer Ver-
sicherung noch mit Erde eingedeckt wurden.
Am 13. December versammelte der Festungs-Commandant die
hervorragendsten Officiere des Platzes zu einer Berathung, um über
die empfehlenswertheste Verteidigung desselben die Meinungen
abzugeben. Man einigte sich dahin, dass der bedeckte Weg als
,, beste und einzige Defension des Orts" mit 3 — 400 Mann besetzt
werden solle, wTas auch bei Annäherung der preussischen Truppen
geschah. Zwei Tage später erhielt ein Detachernent von 100 Mann
unter einem Hauptmann Befehl, die Gartenhäuser, sowie eine Mühle
und die bürgerliche Schiess statte, die unter dem Feuer der Festung
lagen, dann auch die auf dem Glacis, 200 Schritte von dem
Brostauer-Thore gelegene und aus Holz erbaute lutherische Kirche
abzubrennen. Doch schon sehr früh kamen an gedachtem Tage
etwa vierzig lutherische Bürger zum Commandierenden und baten
flehentlich, ihre Kirche, welche durch den Altranstädter Frieden
erlaubt sei und bereits über 70 Jahre stehe, zu schonen. Graf
Wallis gab ihnen den Bescheid, dass diese Massregel nur durch
unumgängliche Nothwendigkeit und im Interesse des Allerhöchsten
Dienstes erfolgen müsse. Der Festungs-Commandant begab sich
mit GFWM. Baron P^eisky auf den Wall, um die Fertigstellung
der Geschütz-Bettungen und deren Aufstellung zu betreiben, als
mehrere Edelleute, begleitet von einigen Bürgern auf ihn zukamen,
um ihm als Deputierte des lutherischen Adels aus dem Fürstenhum
erneuert vorzustellen, die Kirche nicht abbrennen zu lassen. Gleich-
zeitig kam die Meldung, dass in der erwähnten Kirche und auf
deren Friedhof über 8000 bewaffnete lutherische Bauern sich
befänden. Die Bebellion gegen die Anordnungen des Festungs-
Commandanten war zum Ausbruche reif. Klugheit und Vorsicht
waren erforderlich, um nicht zu dem anrückenden Feinde von
Aussen, im Innern die aufständische, meist lutherische Bevölkerung
zu gesellen.
FML. Graf Wallis ersuchte in Folge dessen die Vertreter
des lutherischen Adels, sich zum Landeshauptmann Grafen Kottu-
linsky zubegeben, wo sich auch GFWM. Eeisky, nebst einigen
Officieren einfand. Der katholische Dompropst Baron Langen,
33
dem die Lutheraner angedroht hatten, dass, wenn man ihre Kirche
auf dem Grlacis verbrenne, sie ein Gleiches mit dem Dom thuii
würden, erschien gleichfalls bei dieser Besprechung. Hier einigte
man sich dahin, dass, falls die Deputierten innerhalb 30 Stunden
einen Revers vom König von Preussen vorlegten, dass er beim
Angriffe auf die Festung die Lage der Kirche nicht für seinen
Zweck benützen würde, man dieselbe intact lassen wolle. Diese
Bestätigung langte von König Friedrich IL ein und die Kirche
blieb stehen. *)
Am Iß. December begab sich der Landeshauptmann mit den
Regierungsbeamten nach Breslau. Die Festungsarbeiten wurden
mit 350 Bauern fortgesetzt, der bedeckte Weg unter Commando
zweier Hauptleute mit vier Officieren und 300 Mann und das vor
dem Brostauer Thore Hegende Ravelin mit einem Lieutenant und
30 Grenadieren besetzt, die AVachen auf den Bastionen und Cour-
tinen bestimmt, in der Stadt aber nur die Hauptwache und jene
beim Provianthause bezogen. Auf dem bedeckten "Wege wurden
für die AVachen Hütten gebaut, um Feuer machen zu können und
gegen die Kälte einigermassen geschützt zu sein. 2)
Die Brücke über die grosse Oder und jene zwischen der Stadt
und dem Dom wurden am 17. December abgebrochen. Am fol-
genden Tage erschienen bereits in dem drei Kilometer von der
Festung entfernten Dorfe Brostau, Avie auch in anderen Ortschaft
der Umgebung, preussische Husaren und man begann preussischer-
seits bereits Niemand mehr gegen Glogau passieren zu lassen.
Am 21. December gelangte unter vielen Fährlichkeiten ein
nur durch die Findigkeit des von den j)reussischen Husaren nach
Herrendorf eingebrachten Boten gerettetes königliches Schreiben
vom 15. December an FML. Grafen AVallis, worin ihm anbe-
fohlen wurde, bei erfolgter Einrückung der preussischen Truppen
an den König oder den commandierenden General ein Protest-
schreiben gegen diese Einrückung zu senden und gleichzeitig um
die Zurückziehung der Truppen zu ersuchen. 3)
v) FML. Graf Wallis' Bericht, Gräfl. Archiv in Koleschowitz.
2) Plan von Glogau, siehe Tafel I.
s) Bericht des Grafen Wallis an den Hof-Kriegsrath. Der Wortlau!
des Erlasses der Königin ist nicht mehr vorhanden, ein Protocolls-Extract
desselben lautet: „An Wenzel AVallis communicatuv, was falls die preussischen
Truppen mit allerhand Freundschafts-A7'ersicherungen in Schlesien einzurücken
unternehmeten, diesfalls an den König oder an (hm commandierenden preussi-
Oesterreichischer Erbfolgekrieg. II. Bd.
34
Für die Einschliessung von Glogau bestimmte König
Friedrich II. zunächst die Regimenter des linken Flügels, die
sich mit ihren Spitzen, wie erwähnt, am 20. schon der Festung
genähert hatten, während der rechte Flügel des Corps noch zurück-
geblieben war. J)
Der König wollte diese Truppen selbst vor die Festung
führen, während Schwerin den Befehl über jene des zurück-
gebliebenen rechten Flügels erhielt, der in der Linie Bunzlau-
Polkwitz Halt zu machen hatte, da Friedrich IL beabsichtigte }
in der Gegend von Schönau-Langenau sich mit dem Feldmarschall
wieder zu vereinigen.
Die Truppen des linken Flügels unter dem königlichen Befehle
kamen am 22. December vor Glogau an und die Cernierung der
Festungbegann auf dem linken Oder-Ufer sofort. KönigFriedrichll.
nahm sein Hauptquartier in Herrendorf, sieben Kilometer westlich
von Grlogau.
FML. Graf AVallis hatte schon am 21. December, da er erfahren,
dass das königliche Hauptquartier nach Herrendorf verlegt werden
solle, den Oberstwachtmeister des Harrach'schen Regiments, Baron
Reichlin mit dem anbefohlenen Protestschreiben dorthin ab-
g< -sendet, welches der genannte Stabsofficier am nächstfolgenden
Tage dem Könige von Preussen übergab.
Als am Vormittage des 23. December GFWM. Baron Reisky die
Posten auf dem Wall und dem bedeckten Weg inspicierte, prellte
eine preussische Husaren-Abtheilung auf das Glacis gegen die
Palissaden vor; etliche Mann, welche ohne Bewilligung aus dem
bedeckten Woge hinausgetreten waren, um Holz, das draussen lag,
hereinzubringen, liefen schnell zurück, ein Mann von Wallis-In-
fanterie jedoch wurde von den Husaren gefangen und mitgeführt.
Die Wachen im bedeckten Wege wollten daraufhin Feuer geben,
General Reiskj^ verbot dies aber auf das Strengste, „um hiedurch
dem König in Preussen keinen Praetext an die Hand zu geben,
dass unsererseits die thätlichen Hostilitäten wären angefangen
worden." 2)
sehen General schriftlich überlassen, dann durch öffentlichen Druck publiciert
werden solle." K. A., H. K. E. Prot. Eeg. 1740; Fol. 3602, 15. December.
*) Siehe die preussische Ordre de bataille. Anhang VII.
2) „Wenzel Wallis, qui en etait gouverneur, avait des ordres precis de
ne point cormnettre les prernieres hostilites, il ne erüt pas qu'un blocus en tut
une, et ü se laissa paisiblement enfermer dans ses remparts." Frederic IL,
Histoire de mon temps, ed. Posner, 218.
35
FML. Wallis, dem eine Kriegserklärung oder Notification
der Feindseligkeiten preussischerseits nicht bekannt gemacht
worden war, beklagte sich über diesen Vorfall brieflich bei
König Friedrich II. und sendete sogar einen Hauptmann mit
diesem Schreiben nach Herrendorf in dessen Hauptquartier. Dieser
kehrte Abends mit dem Bescheide zurück, dass der König von
Preussen die Angelegenheit untersuchen werde. Am Morgen des
folgenden Tages erschien der preussische Flügel- Adjutant Major
v. Buddenbrook, nebst dem am Vortage gefangenen In-
fanteristen auf dem Glacis und überbrachte ein Schreiben König
F r i e d r i c h's an den Festungs-Commandanten, in dem versichert
wurde, class er den Befehl „zur Verübung dieser Feindseligkeit"
nicht gegeben habe.
Dieser an sich so geringfügige Vorfall wurde erwähnt, weil
er eben ein Streiflicht auf die Lage zu werfen geeignet ist. Die
österreichischen Truppen-Commanclanten hatten Befehl, die Feind-
seligkeiten nicht zu beginnen und Friedrich IL, der den Krieg
nicht erklärt und eine Art Freundschafts -Manifest bei Ueber-
schreitung der Landesgrenze hatte vorbereiten lassen, wollte vor-
zeitig die Maske nicht abwerfen, umso weniger, als die diplomatischen
Verhandlungen in Wien noch neben der Vorrückung in Schlesien
einherliefen.
Am folgenden Tage bemerkte man aus der Festung die Vor-
bereitungen zu der von den Preussen in das Werk gesetzten
Blokade, indem Cavallerie-Posten ausser Geschützertrag, auf etwa
'200 Schritte von einander entfernt, aufgestellt wurden, während
die Infanterie-Pikets Hütten und Baracken aus Holz erbauten.
König Friedrich H. hatte am 24. December mit einem In-
fanterie-Regiment (Alt-Borcke) in der Nähe von Glogau bei Beichau
die Oder auf Kähnen übersetzen und die Dörfer Gräditz und
Zerbau besetzen lassen. Um den Verkehr der Stadt durch den
nördlichen Flussarm oderaufwärts zu unterbrechen, wurde dort eine
Brustwehr errichtet und mit zwei Geschützen versehen.
Die Ufer des Oder-Stromes aufwärts wurden übrigens durch
AVachschiffe beobachtet und die Passage gesperrt ; auch die zwischen
der grossen und alten Oder hinter dem Dom liegende Ziegelscheune
ward mit einem Commando Grenadiere besetzt.
In der Festung selbst benützte man die Zeit, dasjenige, was
in aller Eile an der „verfallenen Fortification" gearbeitet worden.
solider ausbessern zu lassen; Faschinen und Schau/körbe, sowie die
36
Bettungen zu den Geschützen wurden hergestellt, der Weg inner-
halb des Walles zur Communication brauchbar gemacht und das
Pulver aus den schlecht verwahrten Thürnien in die bombensicher
hergestellten Gewölbe gebracht, im Hauptgraben zwei Abschnitte
angelegt, auch sonst alles Erdenkliche vorgekehrt, um den hart-
näckigsten Widerstand leisten zu können.
Nachdem der Festungs-Commandant aus den Vorbereitungen
der preussischen Truppen gesehen, dass es sich vorläufig nur um
eine Blokade des Platzes handle, liess er die Besatzung des be-
deckten Weges, besonders aus Ursache der bereits stark ein-
gerissenen Desertion und zur Schonung der Garnison auf 175 Mann
vermindern, bestimmte aber eine Reserve von 200 Mann, die unter
Dach gelegt wurde. Das Ravelin am Brostauer Thor blieb mit
einem Lieutenant und BO Grenadieren besetzt; das Alarmzeichen
sollte von der Hauptwache aus gegeben werden.
Die preussische Heeresleitung hatte sich beeilt, die Hilfsquellen
des occupierten Landes in Beschlag zu nehmen und in den Dienst
des preussischen General-Feld-Kriegs-Commissariates zu stellen.1)
xAm 23. December schon wurde an die Steuerämter, welche in
der bisher durch den Einmarsch erreichten Machtsphäre lagen,
von diesem Commissariate aus Herrendorf der folgende Erlass
gerichtet :
,, Demnach S. kgl. Maj. in Preussen nöthig gefunden, einige
Dero Truppen in Schlesien marschieren zu lassen, auch damit ziem-
lich avancieret, zu Dero Unterhalt aber und den sonst vorfallen-
den Ausgaben erfordert werden, also wird Namens Ihro Maj. dem
Ober-Steuer-Einnehmer Schweinit.z- und Jauerischen Fürstentums
aufgegeben und befohlen, von allen denjenigen publiquen Geldern,
welche zu dieses Kreises Einnahmen gehören oder sonst berechnet
werden sollen, sie mögen Namen haben, wie sie wollen, vom
1. Jan. 1741 an Niemanden ohne alle Ausnahme, es sei unter was
Vorwand es wolle, das Allergeringste auszuzahlen, sondern bis auf
Sr.kgl.Maj.oderDeroFeld-CommissariatweitereDisjtosition und ihnen
zukommende fernere Ordre Alles gehörig in Einnahme zu ver-
schreiben, getreulich zu verwahren und an sich zu behalten, über
r) „Alle Widersetz ung (gegen die preussischen Anforderungen) hall
dagegen nichts, denn da Niemand einen Hinterhalt und Succurs sah, so war
nun alle Devotion vor die Königin von Hungarn und Böheimb vergebens."
(Schles. Kriegs-Fama, V, 24.)
37
dieses Alles aber den 27. d. Mts. um 9 Uhr sich allhier bei Sr.
kgl. Maj. Feld-Commissariat zu stellen und eine exacte Designation
aller im Sehweinitz'schen und Jauerischen Kreise belegenen Städte,
Dörfer und Flecken mitzubringen." Im Weigerungsfalle wären die
Steuerg-elder doppelt zu ersetzen, hiezu würde der Einnehmer nicht
nur mit Militär-Execution angehalten, „sondern auch überdem noch
an seiner Person, allen den Seinigen und deren Hab und Gut auf das
Aeusserste geahndet werden solle, dahingegen wenn erwähnter Ob(jr-
Steuer-Einnehmer Sr. kgl. Maj. Willen und Befehl überall nachleben
wird, derselbe für sich, die Seinigen und sein Vermögen Sr. kgl.
Maj. Hulden und Protection sich zu vergewissern hat."
Die Verpflegung der Armee wurde insofern geregelt, dass am
27. December im Hauptquartier zu Herrendorf, in Gegenwart des
preussischen General-Feld-Kriegs-Commissariats und zwar der ge-
heimen Räthe Münchow und Reinhardt und eines grossen
Theiles der Stände aus den Fürstentümern Glogau, Jauer,
Liegnitz, Wohlan, Sagan ein Protocoll aufgenommen wurde über
die Art der Verpflegung der bei Grlogau bleibenden Truppen, dann
über die Regelung der gesammten Verpflegung der Armee, des
Hauptquartiers und des Generalstabs, der Bequartierung und Ver-
pflegung während des Marsches, welche durch begleitende Marsch-
Oommissäre geordnet werden sollte.
Ebenso hatte der das II. Corps commandierende G. d. J. Her-
zog von Holstein, von Crossen aus angeordnet, dass zur Ver-
pflegung der nachrückenden Truppen von den vier Kreisen Sclrwiebus,
Grünberg, Freistadt und Sprottau und dem Fürstenthum Sagan
,,an harter und rauher Fourage 93 Malter Korn, 389 Malter Hafer,
779 Malter Häcksel und 2716 Centner Heu in drei Terminen, nämlich
den 1., 4. und 7. Januarii 1741 in das Hauptquartier Herrendorf vor
Glogau bei schwerer Verantwortung geliefert werden sollten." *)
Inzwischen hatte der rechte Flügel des I. Corps unter FM.
Grafen Schwerin mit seinen Spitzen am 27. December die Linie
J) K. A., Oesterreichisclier Erbfolgekrieg 17-40, XII, 6 g. Der mit diesen
Nachrichten im österreichischen Hauptquartier eingegangene Brief fügt hinzu:
,,Ob es nun gleich an unserer Grenze, wo die preussische Miliz durchpassiert,
recht erbärmlich aussieht und der Landmann mit einmal ruiniert worden, mit-
hin diese anverlangte Fourage unmöglich aufbringen kann; so werden >li.'
Landesältesten, wenn sie sich nicht in das grösste Unglück stürzen wollen,
dennoch einer dem anderen secimdieren und hiezu Eath schatten müssen."
68
Luben - Hainau— Bunzlau erreicht und ein Husaren-D etaclieinent
unter Oberst v. Wurmb, nebst vier Grenadier-Compagnien nach
Liegnitz vorgeschoben.
König Friedrich II., in der Besorgniss, das ihm vor Allem
wichtige Breslau werde den Truppen der Königin Maria Theresia
doch endlich die Thore öffnen, da sich eine mächtige, dynastisch
gesinnte Partei in der Stadt befand, — brach nur von wenigen
Truppen begleitet, am 28. December nach Breslau auf. rj Die vor-
läufig vor Glogau bleibenden Truppen sollten durch das im An-
märsche befindliche II. Corps abgelöst werden und dann ebenso
wie die unter Schwerin's Befehlen stehenden Abtheilungen des
I. Corps dem Könige nach Breslau folgen.
DieColonne des Königs bestand aus zehn Grenadier-Compagnien,
fünf'Escadronen des Dragoner-Regiments Bayreuth, je einer Escadron
Gensdarmes und Husaren; von Schwerin's Truppen hatten unter
GM. v. Kleist's Befehlen die Grenadier-Compagnien der Infanterie-
Regimenter, sowie das Regiment Schulenburg-Grenadiere zu Pferd in
Neumarkt zur Colonne des Königs zu stossen. Der Feldmarschall
selbst sollte in schwachen Märschen folgen und jeden dritten Tag
Rasttag halten.
Am Tage vor König Friedrich 's Abmarsch waren G. d. J.
Herzog von Holstein und GL. Erbprinz Leopold von Anhalt-
Dessau im Hauptquartier zu Herrendorf eingetroffen, während
GM. Markgraf Carl von B r a n d e nburg-Sc h w e d t sich mit
dem IL Corps im Anmärsche auf Glogau befand.2) König Fried-
rich IL übertrug dem Erbprinzen die Einschliessung Glogaus.
Am 29. December trafen die Truppen des H. Corps vor Glogau
ein 3) und lösten die dort zurückgebliebenen Abtheilungen des
I. Corps ab, mit welch' letzteren der Herzog von Holstein nach
Breslau dem Könige folgen sollte.
Die Route König Friedrich'« gieng am 28. bis Gläsers-
dorf, am 29. bis Parchwitz, wo sich FM. Seh w er in im königlichen
]) ..Si votis etes curieux de savoir la raison de cette marche forcee, iL
laut vous dire que les generalis de la Beine de Boheme avaient fortement
sollicite la ville de Breslau de recevoir garnison, ce qui est contre ses Privi-
leges. Quelques magistrats etaient sur le point d'y donner les mains. mais la
Bourgeoisie s'y opposa. II fallait donc se presser d'y arriver avant que le parti
de la cour püt prendre le dessus." „Lettres d'un officier prussien". S. 310. Bei-
heft zum „Militär-Wochenblatt 1876".
-) Die Infanterie und Artillerie dieses Corps hatte am 11. December den
Marsch von Berlin angetreten.
3) Siehe die Ordre de bataille. Anhang VII.
Hauptquartier einfand und die Disposition für denselben, in schwachen
Märschen dem Könige zu folgen, dahin geändert wurde, so schnell
als möglich nach Neisse zu rücken.
Am 30. traf König Friedric h in Neumarkt ein (30 Kilometer
von Breslau), wo die zehn Grenadier-Compagnien des Schwerin 'sehen
Flügels sich mit ihm vereinigten. Aus den gesammten 20 Com-
pagnien wurden nun fünf Bataillone formiert. v)
Das scheidende Jahr fand den König schon Angesichts der
Thürme der schlesischen Hauptstadt, 2) in Pilsnitz, wo er bei dem
Breslauer Patricier v. Riemberg das Quartier genommen hatte. 3)
Seiner Verbindungen in Breslau sicher, hatte er unmittelbar
vor dem Abmärsche von Neumarkt an den Minister P o d e w i 1 s
nach Berlin geschrieben: „Ich rücke hier vor und rechne darauf,
morgen, am 1. Januar, in Breslau einzurücken."4)
Die Capitulatiou von Breslau.
Am Nachmittage des 31. December war der Ober-Syndicus
v. Gut z mar beim Oberamts - Director und dann auch beim
Kanzler des Oberamtes, Freiherrn v. Schwanenber g, erschienen
und hatte diesen Functionären mitgetheilt, dass der königlich
preussische Oberst v. Posadowsky mit einer Abtheilung Husaren
bei dem Nicolai-Thore 5) vorbeigeritten sei und den Wachtposten
zugerufen habe, sie mögen dem Magistrate melden und in der
Stadt ansagen, dass König Friedrich IL am folgenden Tage mit
geringer Begleitung in die Stadt kommen wolle und, da er als
Freund erscheine, auch eingelassen zu werden hoffe.
Für die so standhaft in die AVeit gerufene Selbstverteidigung
der tapferen Bürgerschaft von Breslau und ihrer Stadtsoldaten liess
sich nun schon nach diesem ersten, höchst sonderbaren Vorgang,
der sich zwischen dem preussischen Stabsofficier und den Posten
auf den Wällen abgespielt hatte, nichts Sonderliches erwarten.
1) Buddenbrook, Düring, Wedeil, Puttkammer, Wylich.
2) Siehe die Truppenstellungen in der zweiten Hälfte December 1740.
Tafel I.
3) Das Landes-Collegium des Fürstenthums Breslau hatte schon am
28. December zwei Deputierte in das preussische Hauptquartier gesendet, um
sich mit dem Feld-Kriegs-Comntissariat bezüglich der Marsch- Unterkunft und
Verpflegung der Suite und der im Fürstenthum einquartierten Regimenter
in das Einvernehmen zu setzen. (Schles. Kriegs-Fama V. 39, Big. Nr. L2.)
4) Polit. Corresp. I, 236.
5) Plan von Breslau, Tafel IL
40
Am 1. Januar 1741 rückte König -Friedric li II. von Pilsnitz
mit seinen Truppen, zu welchen noch das Eegiment Schulenburg-
G-renacliere zu Pferd gestossen war, thatsächlich vor die Stadt,
schloss dieselbe auf dem linken Oder-Ufer vollständig ein und
schob die Aussenposten bis an die Wälle vor. Sein Quartier nahm
er vor dem Schweidnitzer Thore im Sculteti'schen Garten. *)
Trotzdem in der Stadt Breslau einige Zurüstungen für eine
Vertheidigung gemacht worden waren, so wäre, abgesehen von
allen anderen Einflüssen, die dagegen wirkten, an eine solche doch
nur zu denken gewesen, wenn die vorn Oberamt beantragte
Massregel: das Abbrennen der Vorstädte, ausgeführt worden wäre.
Ohne diese konnten die Zurüstungen höchstens gegen einen Coup
de main Sicherheit gewähren und dass dieser nicht abgewendet
wurde, dafür sorgte schon die schmachvolle Haltung der städtischen
Behörden. In letzter Stunde, am 30. December, mussten die
städtischen Officiere, auf Befehl des Rathes, die den Wachen er-
theilten Feldvorschriften widerrufen,2; wodurch eben Vorfälle, wie
der oben geschilderte, erklärlich werden.
Der Handelsverkehr aus Breslau mit der preussischen Armee
hatte übrigens unerhörter Weise schon am 31. December begonnen
und sobald man den Interessen der Geschäftswelt nachgab, war
überhaupt an eine Vertheidigung nicht mehr zu denken.
Ein Zeitgenosse3) erzählt in seinem Tagebuche darüber: „Am
31. December, Sonnabends Früh, blieben alle Thore geschlossen,
nur die Pforten daran waren offen, dass man aus- und eingehen,
auch mit Radbahren fahren konnte, da war besonders beim Nicolai-
Thore ein schreckliches Gedränge, weil die Kretschmerknechte4)
entsetzlich viel Bier auf kleinen Schlitten hinaus führten und auf
den Achseln trugen, class einer den anderen jagte, dessgleichen
wurde AVein, Brod, Wildpret, Fische, Fleisch und allerlei Victualien
hinausgeschafft auf die Dörfer für die brandenburgischen Völker.
Seine Majestät der König speiste diesen Mittag zu Pilsnitz, dem
Herrn v. Riemberg gehörig und ward bestmöglichst bewirthet.
J) Dein gewöhnlichen Absteigequartier des Königs von Polen, jetzt
Gartenstrasse Nr. 21. (Kriege Friedrich d. Gr. I, 242.)
2) „Den 30. December Nachmittags erhielt die Bürgerschaft auf den
Wachtposten Contra-Ordre, nicht zu schiessen, noch Lärm zu schlagen, wenn
sie gleich brandenburgische Truppen observierten." (Steinberger's Tagebuch
in „Breslau vor 100 Jahren" ed. Kahlert, 41.)
3) Steinberger a. a. O.
4) Kretschma, Wirthshaus.
41
indessen sind heute Früh doch noch drei Hürdelwagen voll Pulver
in Fässern, nebst vielen Stück-Kugeln auf die Wälle geführt worden,
so dass sich Niemand in diesen wunderlichen Krieg finden konnte,
denn hier schien es, als wollte man die Brandenburger todtschiessen
und dort that man ihnen alles Gutes, ja hätte sie schier zu Tode ge-
soffen. Doch wurden hernach die Breslauer von Jedermann gelobt,
dass sie sich scnriftmässig aufgeführt: "Wenn deinen Feind hungert,
so speise ihn, dürstet ihn, so tränke ihn. Dies wurde redlich erfüllt."
In der Geschichte der Kriege ist aber wohl kein Fall zu ver-
zeichnen, dass eine Stadt, die sich vertheidigen will, für die Ver-
proviantierung des Feindes so auskömmlich sorgt!
Die königliche Behörde in Breslau beschränkte sich nun darauf,
am Abende des Tages, an welchem Gutzmar ihr die befremd-
liche Kunde über die Botschaft des preussischen Stabsofnciers, wie
überhaupt die Art seiner Annäherung an die Festung gebracht,
das Collegium zusammenzurufen, den Syndicus vorzufordern und —
dessen Anzeige zu Protocoll zu geben.
Am folgenden Tage, dem 1. Januar, erschien Gutzmar
schon in der Früh wieder bei dem Oberamts-Director und theilte
demselben mit, dass zwei preussische höhere Officiere, die Obersten
v. Posadowsk y und v. Borcke, sich schriftlich an den
Stadt-Präsidenten v. Eot h gewendet und verlangt hätten, mit
einer Botschaft des Königs von Preussen an den Magistrat ein-
gelassen zu werden. Es folgte nun eine Berathung beim Oberamt, der
Gutzmar und zwei Raths-Deputierte anwohnten und als deren Resultat
den Deputierten des Magistrats bedeutet wurde, dass die Pflichten
des Magistrates und der Bürgerschaft erforderten, sich in nichts
Verfängliches einzulassen , ohne zuvor dem königlichen
Oberamt die Anzeige gemacht zu haben u n d d a s W e i-
t e r e d aranf abzuwarte n.
Die preussischen Truppen, die sich ja ungefährdet der Festung
Breslau nähern konnten, hatten sich an diesem Tage in die Vor-
städte und nächstgelegenen Dörfer einquartiert, stellten sehr nahe
den Stadtthoren ihre Aussenposten auf und benützten die Zollhäuser
zu Wachstuben. „Sie wussten sich so schön und hurtig in Alles zu
schicken, als wenn sie hier zu Hause wären." Vor dem Ohlau'sehen,
Schweidnitz'schen und Nicolai-Thor lag nun Alles voll preussischer
Soldaten. \) Inzwischen hatten die beiden preussischen Officiere
') Steinberger's Tagebuch, 45.
42
Einlass in die Stadt erhalten und mit dem Magistrate conferiert ;
sie waren darauf auch beim Grafen S chaf fg o ts ch erschienen,
Tim diesem Letzteren im Namen ihres Königs mitzutheilen, dass
derselbe weder einen Director, noch ein Landes-Gubernium an-
erkenne, jedoch ihn als Graf Selia f f g o t s c h erinnern lasse, ,,sich
den zwischen dem Könige und dem Magistrat, nebst gemeiner
Stadt abzuhandelnden Tractaten umso weniger entgegenzustellen,
als im Widrigen dessen Güter auf das Aeusserste ruiniert, auch die
Sache an seiner eigenen Person und Familie auf das Aller schärfste
geahndet werden würde ; worauf der Oberamts-Director erwidert,
er müsse leider Alles über sich ergehen lassen, jedoch würde dieses
von dem König nie zu vermuthende Unternehmen seiner obhabenden
Treue und Pflicht nicht den mindesten Abbruch thun, auch das ihm
an die Seite gesetzte Collegium anbei provocierend, davon aber
die zwei Obersten nichts hören wollen, sondern im Hinweggehen
in grossem Ungestüm dahin ausgebrochen: „Ew. Excellenz sub-
mittieren sich, das Uebrige dependieret von uns." v)
Gegen Mittag desselben Tages erschien Gut z mar wieder
beim Oberamt und theilte dem Director und dem Kanzler die
auf Grund eines mitgebrachten Promemoria von den preussischen
Ofneieren mündlich gestellten Anträge mit. Diese Anträge bestanden
darin, dass die Abgeordneten bevollmächtigt seien, „das köiiig-
liche Wort dem Magistrat und der Stadt Breslau abzugeben", es
komme der König als Freund und werde die Stadt bei allen
ihren Privilegien und Rechten lassen und schützen, daher niemals
Garnison oder Truppen hinein verlegen. Gleichzeitig verlangte der
König für seine Person mit 30 bis 40 seiner Gensdarmen Einlass
in die Hauptstadt, dann die Zusicherung des Lebensmittel-Einkaufs
für seine Truppen und die Anlegung eines Magazins in der Vorstadt.'2)
Am 2. Januar versammelte sich das Oberamts-Collegium schon
zeitig am Morgen, um die Beschlüsse des Magistrats in Betreff der
Verhandlungen mit den preussischen Abgesandten zu vernehmen.
Gegen Mittag erschienen dann auch die Magistrats-Deputierten und
zahlreiche Ausschuss-Mitglieder der städtischen Gemeinden im Raths-
saale. Ober-Syndicus Gutzmar producierte die Vollmacht der
preussischen Unterhändler, las den Entwurf eines mit dem König
*) Berichtetes Oberamtsraths Friedrich Wühelm Grafen Haugwitz chlto
Klitschdorf. 8. Januar 1741 an den böhmischen Obrist-Kanzler Grafen Kinsky.
(Mitthlg. d. K. A. 1885, 179 u. ff.)
2) DenWortlaut des Promemoria, sowie die Vollmacht enthält Anhang VIII.
43
von Preussen abzuschliessenden Neutralitäts- Vertrages vor1- und
fügte hinzu, dass der Magistrat mit der Bürgerschaft, den Zünften
und Zechen über diese Angelegenheit reiflich berathschlagt habe
und dafürhalte, dass die Interessen der Königin und die Wohl-
fahrt dieser ,, treudevotesten" Stadt noch am besten gewahrt und
befördert würden, wenn mau von Seiten des Königs von Preussen
eine stricte Neutralität erhalten könne. Das Oberamts-Collegiurn
bemerkte nach reiflicher Ueberlegung zu diesem Vorschlage:
,,1. dass gleich bei dem Anfang dieser betrübten Conjuncturen
sich schon sattsam geäussert habe, dass weder der Magistrat, noch
die Bürgerschaft es auf eine werkthätige Defension der Stadt an-
kommen lassen, sondern vielmehr nach allen Kräften dahin bemüht
sein werde, gleichwie in vorigen Zeiten ebenfalls geschehen, vorer-
sagte Neutralität zu bewirken,"
„2. sich solches auch leider! alsobald ab effectu veroffenbart
hat, da sie nicht nur allein die nächst angelegenen Vorstädte dem
Feind zum Vortheil in statu quo erhalten, sondern auch die Königl.
preussische Miliz ohne die mindeste Gegenbewegung bis unter die
Stücke anrücken, ja sogar von selbiger die Vorposten bei den
Stadtthoren wirklich wegnehmen und besetzen lassen, über dieses
,,3. von obgedachtem bürgerlichem Ausschusse selbst deutlich
zu erkennen gegeben worden ist, dass sich die Bürgerschaft bei
gegenwärtigen Umständen noch am glücklichsten schätze, vorer-
wähnte Neutralität erhalten zu können, folglieh von diesem ihrem
gefassten und mit dem Magistrat vereinigten Schluss auf keine
Weise mehr abzubringen sei ; so ist dem königl. Oberamt ein anderes
nicht übrig geblieben, als dem auf solche Weise mit einigem
Effect nicht entgegenstehen könnenden schweren Verhängniss
nachzusehen und die Sache auf des Magistrats und der Communi-
tät Treu und Pflicht (deren sie so oft und nachdrucksamst von
dem königl. Oberamt erinnert worden) ankommen zu lassen."
Zu dem Neutralitäts-Tractat selbst wurde seitens des Ober-
amts bemerkt, dass darin nur von der Stadt Breslau, deren Bürgern
und Einwohnern, mit keinem Worte aber der königlichen Landes-
regierung, noch der übrigen königlichen Aemter Erwähnung
geschehe, worauf Gut z m ar entgegnete, dass man mit Vorbedacht
bezüglich der Bewohner der Stadt nur die allgemeine Bezeichnung
„wes Standes und Würden und welcher Religion" vereinbart habe.
damit nicht neue Schwierigkeiten entstünden und die Neutralität
») Siehe Anhang VIII/2, 3.
44
zu erlangen, dadurch erschwert werde, ..indem bei gegenwärtiger
Situation es sich nicht thun Hesse, noch etwas bei dem Aufsatz
zu erinnern, indessen seien sie bereit, das königliche Oberamt und
die übrigen königlichen Instanzen ihren Pflichten gemäss in alle
Wege zu schützen". !)
Hieraus gieng klar hervor, dass der sogenannte Entwurf zum
Neutralitäts-Tractat bereits abgemacht und weiter nicht mehr discu-
tierbar war — worauf das ganze bisherige Vorgehen des Magistrats
und der Bürgerschaft deutlich wies und dem Oberamt blieb daher
nichts übrig, als den Verhandlungen des Magistrats mit den preus-
sischen Abgesandten ihren Lauf zu lassen. Nach kaum einer Stunde
erschien übrigens Gutzma r wieder und meldete, die preussischen
Unterhändler verlangten durchaus, dass dem Tractate noch bei-
gefügt werde, dass keine Truppen der Königin, noch ein General
derselben in die Stadt aufgenommen werden dürfen, indem er
vorschlug, dass man die Clause! am Schlüsse des ersten Punctes
dem Tractate noch einfügen könne. Seitens des Oberamtes wurde
dem Syndicus hierauf nachdrücklichst bedeutet: ,,dass die Stadt
hierbei ihrer Pflicht nach allen Kräften nachzuleben wissen und einer
fremden Potenz sogar contra naturamNeutralitatis ja ein Mehrers nicht,
als Dero eigener Königin und Landesfürstin einräumen werde".
Am 3. Januar trat das Oberamts-Collegium erneuert zusammen.
Es lief vom Magistrat keine weitere Anzeige ein, jedoch wurde
eine ungewöhnliche Aufregung in der Stadt bemerkt und in
Erfahrung gebracht, dass preussische Bagagewagen bereits die
Thore passiert hätten, während man aus dem Berathungszimmer
schon Trupps preussischer Grenadiere, einige darunter mit Ober-
Gewehr wahrnehmen konnte.
Ober-Syndicus Gutzmar, vor das Collegium berufen und
über die ungewöhnlichen Vorgänge in der. Stadt befragt, erklärte.
es würden niemals mehr als neun Mann unter einem Unteröfficier
auf einmal in die Stadt gelassen, welch' Letzterer die Mannschaft
nach Besorgung ihrer Einkäufe wieder hinauszuführen hätte.
Die beobachteten Gewehre bestünden übrigens nur in neun
Stücken und wären nur zur Eeparatur mit hereingebracht worden.2;
*) Haugwitz, Bericht a. a. 0.
2) „Ansonsten kamen zwar auch freilich einzelne viele Grenadiers und Mus-
ketiers herein, alle ohne Ober-Gewehr, es wäre denn, dass einige solches, um in
der Stadt reparieren zu lassen, bei sich gehabt hätten." (Kriegs-Fama, VII, 11.)
45
Bei- dieser Gelegenheit zeigte Gutzmar den von den preussisohen
Delegierten unterzeichneten Neutralitäts-Tractat vor und betoni*-.
welche Mühe die Vereinbarung gekostet habe.
Als er noch hinzufügte, dass nach dem Eintritte des Königs
von Preussen in die Stadt sogleich alle preussisohen Vorposten
eingezogen und die Truppen abmarschieren würden, ward die Voraus-
setzung ausgesprochen, dass ein Gleiches dann jedenfalls auch mit den
auf der Dom-Insel v) einquartierten preussisohen Truppen geschehen
werde, indem in Punct 1 des Vertrages bemerkt wäre, dass die
Neutralität „nicht minder den Klöstern und geistlichen Stiftungen
in und vor der Stadt" zu Gute kommen solle. Gutzmar bemerkte
indessen, „dies stünde dahin, denn der Dom gehöre nicht zu den
Vorstädten und wäre auch zu Schwedens Zeiten nicht mit ein-
geschlossen worden." 2)
Am 3. Januar Früh fuhr eine Deputation des Raths vor das
Schweidnitz'sche Thor zum König von Preussen. Nachdem die
Deputierten sich mit den beiden preussisohen Obersten nochmals
unterredet hatten, wurden die Neutralitäts-Tractate unters einleben
und gesiegelt."3)
Darnach hatte die Baths-Deputation bei Friedrich IL „eine
ganz kurze, doch sehr gnädige Audienz". Die preussisohen "Wacht-
posten vor den Thoren wurden sofort eingezogen und gegen 11 Uhr
hatten sich die Thore Breslau's den Preussen geöffnet.
Nach 11 Uhr ritten auch schon 30 Gensdarm en zum
Schweidnitzer Thore ein und marschierten vor dem gräflich
S c h 1 e g e n b e r g'schen Haus in der Albrechtsgasse auf, wo die
preussisohen Officiere, trotzdem der erste Stock dieses Hauses von
dem Fürstbischof von Breslau, dem Cardinal Sinz encl orf f,
gemiethet war, für den König Friedrich IL Quartier gemacht
hatten. Letzterer ritt, ehe er in die Stadt kam, noch zum Ohlauer-
und Ziegel-Thor, um seine Posten zu besichtigen. Um 12 Uhr kam
er dann in die Stadt; Stadtmajor Oberst v. Wutgin au ritt mit
*) Siehe den Plan von Breslau, Tafel II.
-) Während der Unterhandlungen hatte König Friedrich II. in aller
Stille dicht unterhalb der Stadt 400 Mann auf einer Schiff-Brücke über die
Oder gehen lassen, welche sich des nur von wenigen bischöflichen Soldaten
besetzten, in den Neutralitäts -Vertrag nicht eingeschlossenen Doms ohne Blut-
vergiessen bemächtigten. (Stenzel, Geschichte des preussisohen Staates,
IV, 91.)
J) Diese Angaben nach Steinberger's Tagebuch.
40
gezogenem Degen voraus ; *) dann folgten die Läufer, den König
begleiteten die beiden Unterhändler und eine Anzahl anderer
Generale und Officiere. Am Schweidnitzer Thore war eine Bürger-
Compagnie aufgestellt gewesen und innerhalb der Stadt para-
dierten die Stadt-Soldaten. Die Menge grüsste demüthig und als
er kaum in das Haus getreten, erschien er auch wieder auf dem
Balcon und zeigte sich dem dicht gedrängten Volke.
Auch eines wesentlichen Acteurs der letzten Wochen wurde
nicht vergessen. König Friedrich liess Doblin vor sich
kommen, unterhielt sich eine Zeit lang mit ihm und belohnte ihn
für die am 14. December ,, bewiesene Courage" durch ein Geld-
geschenk von 2000 Thalern in Gold.2)
*) Die Gnade Kaiser Carl VI. hatte diesem Officier, der schon durch
eine lange Reihe von Jahren den Posten eines Platzmajors in Breslau versah,
im Jahre 1729 axü' seine Bitte den Oberstlieutenants-Titel und im Jahre 1734
in Ansehung seiner in früherer Zeit im Felde bei den hessischen Auxiliar-
Truppen geleisteten guten Dienste, hauptsächlich aber in Anbetracht der Ver-
dienste seines Vetters, des FZM. Wutginau, den Oberst-Titel verliehen.
(K. A., Bestallungen, 1729, 5618 und 1734, G286.)
2) Was Döblin's fernere politische Wirksamkeit anlangt, so unterliegt
es wohl keinem Zweifel, dass der König denselben bei seiner Anwesenheit in
Breslau bestimmt hat oder hat bestimmen lassen, ihm ferner Nachricht über
die Stimmung in der Hauptstadt zu geben und ihn wohl auch beauftragt hat,
in seinen Kreisen im preussischen Sinne weiter zu wirken. Döblin ist jenen
Weisungen auf das Eifrigste nachgekommen und als sich im Februar 1741
Symptome einer preussenfeindlichen Stimmung in Breslau zeigten, reiste er
in Begleitung eines gleichgesinnten Genossen, des Perückenmachers Nehr-
korn, am 9. Februar mit Extrapost nach Berlin zu König Friedrich IL,
offenbar, um hier Bericht abzustatten. Am 4. März kehrte er von dort wieder
zurück und Friedrich IL sandte durch ihn sein und seiner Gemahlin Portrait
an den Breslauer Commandanten v. Rampusch, der schon einige Tage vorher
mit dem Orden pour le merite decoriert worden war. Des Königs von Preussen
Gnade blieb ihm und oft hat Döblin an dieselbe sich gewendet. So bat er
Friedrich zum Pathen für einen ihm am 1. Januar 1742 geborenen Sohn und
reiste dazu eigens nach Berlin; im März desselben Jahres erhielt er die Be-
rechtigung, den Titel „Königlich preussischer privilegierter Hof-Schuster" zu
führen. Im Jahre 1743 bat er um die Bewilligung, in Breslau eine Leder-
Niederlage und Fabrik zu errichten und gleichzeitig um einen Vorschuss.
Dieses Gesuch wurde aber wegen des ..Vorschusses" abweislich beschieden.
Der Volkstribun und Agitator starb übrigens, trotz der mannigfachen Zu-
wendungen, die er erhalten hatte, im Jahre 1752 ganz verarmt in Breslau.
(Grünhagen, Zwei Demagogen im Dienste Friedrich des Grossen und Zeit-
schrift des Vereines für Geschichte und Alterthum Schlesiens, XXII. Bd. : Aus
dem Jahrbuche der Breslauer Schuster.)
47
Hinter Döblin soll übrigens in den Decembertagen, einer
allerdings unverbürgten Quelle zufolge, ein geschickterer Emissär
gestanden sein, dessen später noch öfter Erwähnung geschehen
wird, Salomon Jacob Morgenst e r n.
Noch befand sich König Friedrich II. kaum eine Stund»- in
der Hauptstadt Schlesiens, als die beiden ofterwähnten preussischen
Oberste beim Grafen Schaffgotsch abermals erschienen und er-
suchten, da sie einen Auftrag ihres Königs auszuführen hätten, er möge
noch einige Räthe des Oberamts berufen lassen. Es wurden in
Folge dessen der Oberamts-Kanzler Freiherr v. Schwanenberg
und die Räthe Graf Hangwitz und v. Dorsch berufen und
in Gegenwart derselben erklärten die preussischen Abgeordneten
nun: „Seine Majestät der König in Preussen erkenne kein Ober-
amt mehr, befehle daher, dass von nun an keine Session oder
andere Zusammenkunft mehr gehalten werden solle, es würde wohl
geschehen, dass sich ein Jeder auf seine Güter retiriere und sich
allda ruhig halte, die Renitenz würde der König an ihren Personen,
Familie, Hab und Gütern scharf zu ahnden wissen." *)
Nachdem der Oberamts-Director entgegnete, dass dies eine
Sache wäre, welche dem gesammten Oberamts-Collegio von ihm
vorgetragen werden müsse, so gestanden nach verschiedenen Hin-
und Herreden die preussischen Abgeordneten dies zu und erklärten,
am Abend die Entscheidung selbst abholen zu wollen.
Das Oberamts-Collegium trat unmittelbar hierauf zusammen,
um über diesen „so unvermutheten, als höchst präjudicierlichen
Vortrag" zu berathen. Dabei wurde erwogen: „Dieweil:
1. der Magistrat und die Bürgerschaft mit dem König bereits
einverstanden sei und der Erstere die Sache so weit habe kommen
lassen, dass
2. nicht nur allein der König mit seinen Gensdarmen, dann
eine Menge seiner Ofnciere sich in der Stadt wirklich befinde,
sondern auch die Stadt voll Grenadiere, wiewohl dermal ohne
Obergewehr gesehen werde, folglich
3. das königliche Oberamt von Seiten des Magistrats und drv
etwa noch gut gesinnten Bürgerschaft sich nicht des mindesten
Schutzes, ohne das Uebel noch ärger zu machen, zu versieh« tu
habe, kein anderes Mittel mehr übrig sei, als der Gewalt zu
weichen und am Ende nur wenigstens noch vorzustellen, dass, ob
') Haugwitz, Bericht a. a. O
48
man zwar bei so bewandten Umständen dem Willen des Königs
nicht widerstreben könne, dennoch aber auch Seine Majestät dem
königlichen Oberamt nicht verargen würde, dass dieses gegen seine
Allergnädigste Königin und Frau die obhabende schwere Pflicht
und Treue, soviel an demselben sei, beständig vor Augen habe
und beobachte ; man hoffe daher, mit dem angesonnenen Abzug
von Breslau nicht so sehr beschränkt zu werden, dass man nicht
zuvor seines Allerhöchsten Ortes Alles anzeigen, von da die Alier-
gnädigste Resolution erwarten und nach Beschaffenheit jener so-
dann über das Seinige werde frei und sicher disponieren können."
Diese Entscheidung wurde den Abends gegen 7 Uhr wieder
erschienenen preussischen Abgeordneten von dem Oberamts-Direetor
mitgetheilt. Es erfolgte von diesen jedoch die Antwort, „es sei
des Königs unabänderlicher Wille, dass das königliche Ober-
amt innerhalb 24 Stunden sich von Breslau hinwegbegebe und ein
Jeder desselben sich auf seine Güter retirieren oder an seiner
Person, Hab und Gut des Königs Ungnade und schärfste Ahndung-
unfehlbar empfinden solle."
Darnach sah man ein, „dass dies der letzte Schritt gewesen,
den das königliche Oberamt ohne offenbare Besorgniss einer noch
grösseren Prostitution und Affront sich zu exponieren, zu machen
vermögend wäre, also hat dasselbe sich endlich auch in dieses
Verhängniss finden und nachdem sowohl die Registratur und
Kanzlei, als das oberamtliche Sessionszimmer mit dem diesseitigen
königlichen Signet annoch versiegelt worden, Mittwoch den 4. Januar
zerstreuter den Locum officii quittieren müssen". l)
Als nun Graf Schaffgotsch am Abend dieses Tages im
Begriff war, in den Wagen zu steigen, liess König Fried-
rich IL ihm durch Oberst v. Posadowsky sagen, dass er
auf „inständiges Ansuchen" der Bürgerschaft die Bewilligung er-
hielte, noch 24 Stunden in Breslau bleiben zu dürfen, worauf der
Oberamts-Direetor bemerkte, er habe zu seiner Abreise schon Alles
vorgekehrt, auch der Bürgerschaft, für ihn zu intervenieren, keinen
Auftrag ertheilt und die Reise nach AVarmbrunn antrat.2)
Da das Oberamts-Collegium vor seinem Auseinandergehen
keine Sitzung mehr abhalten durfte, so hatte dasselbe nur die
1) Haugwitz, Bericht a. a. 0.
2) Später zwang ihn eine Weisung König Friedrich II. vom
23. Februar 1741 (siehe Anhang IX), Schlesien zu verlassen, in Folge clereu
er sich zuerst auf die Güter eines Verwandten nach Böhmen und dann nach
Prag begab. (Kriegs-Fama, VII, IG.)
49
Möglichkeit, einige Zeilen an die Königin Maria Theresia auf-
zusetzen, um der Monarchin die schuldige Meldung zu erstatten ;
,, allein obschon nichts Umständliches, noch Verfängliches darin
enthalten, so ist sothaner Bericht dennoch dem Herrn Director er-
öffnet zurückgestellt, von diesem aber offen auf die Post abermals
gegeben worden." l)
„Breslau gehört mir," schrieb König Friedric h am 4. Januar
1741, voll Freude über den leicht errungenen Erfolg, an den Minister
P o d e wils. 2)
Seine Zuversicht, dass ihm Breslau die Thore öffnen werde,
musste übrigens auf ganz positiver Kenntniss der dortigen Ver-
hältnisse beruhen; denn einen Zweifel, dass die Unternehmung
scheitern könnte, zieht er gar nicht in sein Calcul.
Am 23. December schreibt er schon von Herrndorf aus an
die Bayreuther Lieblingsschwester: ,,Nous avancerons bientöt vers
Breslau. Je compte d'y etre vers le 10 de janvier. Les portes m'y
seront ouvertes" ; 3) am 29. December aus Parchwitz an den Fürsten
Leopold von Anhalt-D essau: „übermorgen rücke in Breslau
ein".4)
Die Rücksicht, welche man in Wien den sogenannten Privi-
legien Breslaus gewährte, hatte zweifelsohne den Verlust der
Landeshauptstadt zur Folge und beeinflusste dadurch den Verlauf
der weiteren Ereignisse in Schlesien entscheidend. Die Stadt hätte
mit Erfolg vertheidigt und der Königin erhalten werden können.
Dieses Empfinden äussert sich auch in den uns aufbehaltenen
') Haugwitz, Bericht a. a. 0.
2) Polit. Corresp., I, 242.
s) „Oeuvres de Frederic le Grand." XXVII. Corresp., XII, 97. Das
Motiv, wesshalb der König schon früher, als er nach obigem Briefe be-
absichtigt, gegen Breslau aufbrach, lag in den Nachrichten, die er aus
dieser Stadt erhalten hatte. Die Verbindungen mit Breslau scheinen nach einer
Angabe in Graf Haugwitz' Bericht auch durch einen Beisitzer des Eathes
vermittelt worden zu sein. Haugwitz erwähnt nämlich, dass der JEtathmann
Hub rieh einen Tag vor König Friedrich's Ankunft in Breslau von Berlin
eingetroffen sei und vorgegeben habe, dass er seine Bückreise von dort über
Dresden genommen habe, doch habe der Neumarkter Postmeister ihm (Haugwitz)
mitgetheilt, dass er einen falschen Curszettel genommen und zweifelsohne
unterwegs bei dem König gewesen wäre". Ein Brief an die Königin Elisabeth,
seine Gemahlin, aus dem Marschquartier Gläsersdorf vom 28. December setzt
schon den Einmarsch auf den I.Januar an. Oeuvres XXVI. „Correspondance",
XI. 18.
4) Bei Orlich: „Geschichte der schlesischen Kriege", Urkunden, 1. 299.
Oesterreichischer Erbfolgekrieg. II. Bd. *
50
Berichten zuverlässiger, gut unterrichteter und scharf beobachtender
-j &
Zeitgenossen.
So sagt der österreichische Resident in Berlin, v. Demeradt,
in seinem Berichte an die Königin vom 3. Januar 1741 darüber:
„wann aber diese Stadt nur von selbst, wie allhier durchgehends
ausgestreut und gehofft wird, sich nicht ergeben will, so möchte
selbe keine so grosse Gefahr auszustehen haben und die Inesige
dawidergehende Unternehmung eben nicht so leicht, wie man sich
allhier vorstellig macht und schmeichelt, gelingen können; massen
die dermalen bei sich habende Artillerie zu derselben Uebergewal-
tigung und Ergebungszwang beiweitem nicht hinlänglich sein
kann und das jüngsthin gemeldete, in 24 Stück Halb-Carthaunen
bestehende Geschütz dermalen noch allhier eingeschifft liegt, ohne
dass selbes wegen des Frosts und nach und nach mit Eis sich zu-
legenden Stroms, sonderheitlich des zu passieren habenden neuen
Grabens fortgebracht werden kann". l)
In. seinem Berichte vom 21. Januar an den Obrist-Hofkanzler
Grafen Sinzendorff spricht sich Demeradt folgendermassen
aus : „Das Uebelste bei der ganzen hiesigen Unternehmung ist
unter anderem auch jenes, dass der Magistrat und die Bürgerschaft
der Stadt Breslau sich so leichter Dingen zu der errichteten Neu-
tralitäts-Capitulation, welche sie mit der Zeit ganz anders und bei-
weitem nicht vermöge ihrer von Allerhöchsten Orten so heilig ge-
haltenen Privilegien erfahren werden, haben binden lassen ; massen
nunmehr die hiesige Armee ihre vollkommene Subsistenz aus dem
alldorten versammelten Vorrath zieht und ohne denselben zugrund
gegangen, mithin die hiesige Unternehmung meistentheils von sich
selbst zerfallen sein würde''. -
Nach Wien gelangte die Nachricht am 6. Januar und erregte
begreiflicherweise Bestürzung.
Man hatte dort, in später Stunde, wie es scheint, sich endlich
zu Massregeln bezüglich der Erhaltung der Hauptstadt Schlesiens
entschlossen und dem arbiträren Ermessen des commandierenden
Generals die Angelegenheit theilweise anheimgestellt.
J) Es trat zwei Tage darauf Thauwetter ein und die schwere Artillerie
mit einem ungemein grossen Munitions-Vorrathe, darunter 7000 Bomben, konnte
von Berlin abgehen, fror aber sechs Meilen von dort wieder ein. (Berichte aus
Berlin vom 3., 7. und 24. Januar 1741. Staatskanzlei 14 b .).
2) Ebenda.
Unter dem Datum des 5. Januar ergieng ein Erlass an
FML. Grafen Browne, worin demselben mitgetheilt wurde, „was
dem Breslauer Magistrat auf die gemachte Anfrage, wie sich, falls
die preussischen Truppen dasige Stadt berennen sollten, zu verhalten
sei, geantwortet worden. Oberst Baron Roth sei sogleich dahin ab-
zusenden und selbem ermeldetem Magistrat zur Hineinnehmung könig-
licher Truppen zu disponieren, aufzutragen" ; — beigefügt war,
dass von Wien „nicht determiniert werden könne, wie die Hinein-
sendung einiger Mannschaft allenfalls vorzunehmen". r)
Diese Verfügungen kamen, wenn sie überhaupt je an ihre
Adresse gelangt sind, viel zu spät ! 2)
König Friedrich II. aber war durch die Capitulation
Breslau's eine bedeutende Etape dem Ziele seiner Unternehmung
nähergerückt.
Ohne Kampf hatte sich die Landes-Hauptstadt ihm über-
antwortet und dadurch war der wesentlichste Programmpunct seines
Almen, des Churfürsten Friedrich Wilhelm: bei einer Unter-
nehmung gegen Schlesien vor Allem den Besitz Breslau's in das Auge
zu fassen, schon erfüllt.
Günstige Umstände waren dabei zustatten gekommen: die
Schwäche der politischen Local-Behörden, die religiösen Verhält-
nisse der Bevölkerung , die subversiven Machenschaften eines
D ö b 1 i n und seines Anhanges, vor Allem aber die Energielosigkeit
der Räthe der Krone.
Die junge Königin hatte im Drange der furchtbaren Ereig-
nisse, welche zu Beginn ihrer Regierung auf sie einstürmten, den
i) K. A., H. K. E. 1741 Prot. Reg. fol. 22.
2) Nicht uninteressant ist ein Urtlieil der schlesischen historischen Publi-
cationen neuerer Zeit über diese, in der Geschichte fast beispiellose Capitulation.
Dr. Eduard Cauer sagt am Schlüsse seines Aufsatzes: „Zur Geschichte von
Breslau im Jahre 1741" : „Von der Umsicht und Festigkeit, mit der wir den
Breslauer Eath im XV. und XVI. Jahrhunderte die Geschäfte führen und
seine Autorität fürstlichen Zumuthungen, wie dem Ungestüm des Volkes
gegenüber wahren sehen, ist in diesen Zeiten wenig mehr zu spüren.- Schwäche
und Nachgiebigkeit bezeichnen sem Verhalten ebenso in den tumultuarisc
Scenen, die dem Abschlüsse der Neutralitäts-Convention vorhergiengen, wie
nachher in den Conflicten mit der preussischen Macht. Selbsl was im II
burgischen Interesse versucht wird, ist nicht von treuer Anhänglichkeit an
das Kaiserhaus, sondern von Furcht vor späterer Verantwortlichkeit eingegeben."
Zeitschrift des Vereins für Geschichte und Altertlrum Schlesiens. III. 1.
Breslau 1860.
4*
52
Blick auf das Staatsganze gerichtet, jenes Verständniss für mili-
tärische und politische Notwendigkeiten noch nicht, das ihr später
in so hohem Masse eigen ward, um in einer solchen Frage
selbstständig entscheiden zu können.
Ihre Berather mussten aber wissen, dass die Hauptstadt mit
ihren reichen Hilfsquellen aufgeben, beinahe einem Verzicht auf
Schlesien gleichkomme und eine moralische Niederlage sonder-
gleichen bedeute.
Auf Browne'« Berichte, dass die Stadt keine Besatzung auf-
nehmen wolle, hätte ihm der stricte Befehl gegeben werden müssen,
mit allen disponiblen Truppen sich nach Breslau zu werfen und
eher unter dessen Trümmern sich zu begraben, als zu capitulieren.
König Friedrich hatte einen solchen Befehl vennuthet, wesshalb
er seinen Marsch dorthin auf das Aeusserste beschleunigte. Aber eine
derartige Energie lag nicht im Charkter Sinz en d orff's, noch
der übrigen Räthe der jungen Monarchin und General Browne,
der diese Energie gehabt hätte, bekam stets nur die Instruction,
mit dem Rathe über die Aufnahme von Truppen zu unterhandeln,
durfte also gar nicht selbstständig vorgehen.
Mit Breslau' s Fall mit den reichen Hilfsmitteln, die es bot,
mit dem moralischen Eindrucke, den dessen Besitznahme im In-
und Auslande hervorrief, war die Partie zwischen Maria T h e-
r e s i a und König F r i e d r i c h eigentlich schon verloren, noch
ehe sie begonnen.
Sofort nach Auflösung des Oberamtes trat in Breslau an
dessen Stelle das königlich preussische Feld-Kriegs-Commissariat,
dem die Geheimräthe v. Münchow und v. Reinhardt vorstanden.
Es bildete die Landesregierung und concentrierte in sich die Verwaltung
der von preussischen Truppen occupierten schlesischen Gebietsteile.
Es begannen nun auch heimliche Werbungen zu Breslau und
in dessen Vorstädten; bald jedoch ward vor dem Oder-Thore ein
öffentlicher AV erbeplatz errichtet, wo in dem Zeiträume von zwei
Wochen GOO Leute angeworben wurden, die nach dem Branden-
burgischen abgiengen, um in den Festungen einexerciert zu werden. l)
Ebenso wurden in jenen Städten, in welche preussische
Truppen einrückten, die früheren Verwaltungen aufgehoben und
grösstenteils andere Beamte an deren Stelle gesetzt. 2) Von dem
') Seines. Kriegs-Fama, VII, 45.
'2) Kraffert, Chronik von Liegnitz, III, 184.
53
Lager des Prinzen Leopold von Anhalt vor Glogau wurden die
ans Berlin mitgebrachten zwölf evangelischen Prediger in ver-
schiedene Orte entsendet, denen im Februar noch weitere nenn
folgten,
Sie sollten auf dem Lande in grossen Sälen oder Gemächern
den Gottesdienst halten, auch alle actus ministeriales verrichten,
übrigens aber den Katholiken keinen Eingriff thun. a)
Charakteristisch ist der Text, welchen sämmtliche Prediger für
den ersten Gottesdienst zu benützen hatten. Er war vom Könige
selbst bestimmt und dem fünfzehnten Capitel des ersten Makkabäer-
briefes entnommen, wo es heisst : „Das Land, das wir erobert haben,
ist unser väterliches Erbe und gehört sonst Niemand ; unsere Feinde
aber haben es eine Zeit lang mit Gewalt und Unrecht inne gehabt :
darum haben wir jetzt das Unsere wieder zu uns gebracht und
Niemandem das Seine genommen".2)
J) Nach einer aus Rauschwitz vom 22. Januar 1741 datierten Verordnung
bei Weigelt. Die evangelische Kirche in Schlesien zur Zeit der preussischen
Besitzergreifung, 77 (Zeitschr. d. V. f. Gesch. u. Altertimm Sclüesiens. XXIII.)
2) W e i g e 1 1 a. a O. Die schlesische Kriegs-Fama (VII, 18, Big. 12)
führt das Formular der Fürbitte, welche die neuen preussischen Prediger in
das allgemeine Kirchengebet für den König von Preussen eingeschaltet,
folgendermassen auf: „Und da unser Allergnädigster König und Herr bei
deren jetzigen weitaussehenden Zeit-Läuften, aus gerechten Ursachen bewogen
und genöthiget worden, mit einem Theil der Truppen einen Marsch nach
Schlesien anzutreten, also rufen wir den Allmächtigen Gott und Vater im
Himmel inbrünstig und demüthig an, er wolle unseres allertheuersten Monarchen
und Landesherrn geheiligten Person und Armee beständig zur Seite stehen,
dieselben insgesammt bei dem unternommenen Feldzuge, welcher lediglich
auf die Erhaltung der Wohlfahrt des deutschen Reiches und auf das Beste
der bedrängten evangelischen Kirche abzielet, mit unerschrockenem Helden-
muthe und Tapferkeit unablässig unterstützen, Ihro Königl. Majestät hierbei
so weislich, als heilsamhch hegende Absichten und Anschläge überall vom
Himmel herab benedeien und segnen, Dero gerechten Waffen den erwünschten
Sieg verleihen und endlich dadurch einen zur allgemeinen Freude und Glück-
seligkeit, sowohl des deutschen Ruhms, als vornehmlich der evangelischen
Kirche festen Frieden und sichere Gewissens-Ruhe verschaffen!"
Bildung einer Operations-Armee in Oesterreich.
Am 15. und 19. October 1740 ergiengen vom Hof-Kriegsrathe
die Befehle, welche die Friedens-Garnisonen der unmittelbar kaiser-
lichen Regimenter endgiltig in einer der thunlichst gleiehmässigen
Belastung der einzelnen Länder und ebenso der Sicherheit des
habsburgischen Besitzes entsprechenden AVeise regeln sollten. Es
ist bekannt, dass man in "Wien zur Zeit des Todes Carl VI.
viel mehr von bayerischer, als von preussischer Seite Gefahren
für das Erbe des Kaisers befürchtete ; daraus erklärt es sich auch,
dass, obwohl die Wiener Kreise eingehend genug von den
preussischen Kriegsvorbereitungen unterrichtet wurden, dennoch
nicht so viele Truppen nach dem ausser Gefahr geglaubten Schlesien
verlegt wurden, als dies der gänzlich unvermuthet erfolgte
preussische Angriff allerdings erfordert hätte.
Gegenüber der bisherigen Dislocation der Regimenter l) er-
gaben die Befehle vom 15. und li>. October folgende Veränderungen:
nach Böhmen wurden bestimmt die Infanterie-Regimenter Carl
Lothringen, Hessen-Cassel, Kolowrat und Grünne, dort befanden
sich schon das Regiment O'Gilvy und das Feld-Artillerie-Haupt-
Corpo ; nach Mähren wurden bestimmt Franz Lothringen-Infanterie
und Liechtenstein-Dragoner, nach Schlesien, wo sich schon Wallis-
Infanterie befand, waren die Regimenter Harrach-, Botta- und
Browne-Infanterie schon auf dem Wege. Ebenso marschierte bereits
Alt-Königsegg-Infanterie nach Tyrol und wurde in Steyermark
durch das Regiment Alt-Daun ersetzt. Diese Bewegungen waren
erst Ende December gänzlich durchgeführt".
l) Siehe I, 365 ff. und Anhang X des I. Bandes: Dislocation der kaiserlichen
Armee beim Tode Carl VI., sowie Tafel III (Dislocationskarte) sammt Legende.
.).)
Nieder-Oesterreich, Vorder-Oesterreich, Italien und die Nieder-
lande sollten ihre bisherigen Truppen behalten (zusammen 24 In-
fanterie-, 4 Dragoner- und 2 Husaren-Regimenter), Siebenbürgen sollte
für das, dahin beorderte Dragoner-Regiment Philippi das Regiment
Römer-Dragoner nach Ungarn (in die Comitate Grömör, Torna, Borsod |
abgeben, dessen Besatzungtruppen mit Ende des Jahres demnach
5 Infanterie-Regimenter und 5 Infanterie-Bataillone, dann 1 1 Cürassier- ,
6 Dragoner- und 2 Husaren-Regimenter, den geänderten Verhält-
nissen entsprechend neu dislociert, zu bilden hatten, x) während der
Rest der österreichischen Hausmacht (4 Infanterie-Regimenter und
4 Infanterie-Bataillone, 2 Cürassier-, 2 Dragoner- und 3 Husaren-
Regimenter) an die türkische Grenze in Croatien, Slavonien und
im Banate zu stehen kam. 2)
Mittlerweile hatte sich aber die Regierung Maria T h e r e s i a's
der lange abgewiesenen Erkenntniss nicht weiter verschliessen
können, dass die Rüstungen Preussens wirklich gegen Oesterreich
gerichtet seien.
Desshalb ergiengen vom 7. December an Befehle zum
Marsche nach Schlesien und zwar bis zum 15. December für die
Infanterie-Regimenter Baden-Baden (im Pester Comitat), Schmettau
(im Banat), Thüngen (auf dem Marsche nach Slavonien in Süd-
Ungarn), Starhemberg (die zwei in den Comitaten Gran und
Komorn liegenden Bataillone), Alt-Daun (in Steyermark und Carl-
stadt), Franz Lothringen und Grünne (beide grösstenteils in Mähren
eingetroffen), ferner an die Cürassier-Regimenter Hohenems (im
Zempliner Comitat), Hohenzoilern (imTrentschiner Comitat), Lanthieri
iim Comitate Pressburg), das Dragoner-Regiment Liechtenstein
(bereits in Mähren eingetroffen), endlich die Husaren-Regimenter
Splenyi (an der unteren Theiss und Maros) und Dessewffy (im
Comitat Zemplin). Csäky-Husaren wurden zugleich aus der Umgebung
von "Warasdin in den Königgrätzer Kreis beordert, Batthyäny-
Dragoner (im Pressburger Comitat) aber zuerst in die Gegend vor
Budweis, später, gleichwie das Regiment Csaky, zu dem aus
Schlesien zurückweichenden FML. Graf B r o w n e nach Olmütz be-
stimmt.3) Starhemberg-Infanterie erhielt aber einschliesslich seines
*) K. A., H. K. R. 1740, October, 611 Reg. (Beüagen.)
2) Ausserdem befanden sich in den deutsch-ungarischen Erblanden noch
das „Land-Batailloir', die verschiedenen Garnisons- und Besatzungs-Truppen ,
dann die National-Mihzen zu Fuss und zu Pferde. (Vergl. L. 379, 393 und 410.
s) K. A., H. K. R. 1710, Prot. Reg. Fol. 3550, 355 L, 3505, 3507, 3568,
3575, 3570, 3587, 3588. 3592, 3593, 3595—3598, 3002, 3636, 3641, 3703.
56
in Simand bei Arad stehenden 3. Bataillons am 17. December die
Widmung nach Oesterreich ob der Enns, doch wurde schon am
13. Januar das von Simand kommende Bataillon zum Jablunka-
Passe dirigiert. ])
Browne wurde indessen durch einen königlichen Erlass vom
15. December, der ihm einige besondere Verhaltungsmassregeln
brachte, auch in Kenntniss gesetzt, dass er, besonders bei der In-
fanterie, auf den completen Stand der nach Schlesien bestimmten Regi-
menter nicht rechnen dürfe und dass er wegen der Entfernung der Regi-
menter ausser den schon im Lande stehenden zunächst nur Franz
Lothringen- und Grünne-Infanterie, dann fünf Compagnien Liechten-
stein-Dragoner zur Verfügung haben werde, dass aber die drei
Cürassier-Regimenter nicht vor drei bis vier Wochen, Baden-
Infanterie, zurückgebliebene Theile von Franz Lothringen und
Grünne, sowie die zwei Husaren-Regimenter nicht vor fünf bis
sechs Wochen, Schmettau- und Thüngen-Infanterie nicht vor drei
Monaten und Alt Daun-Infanterie sogar nicht viel vor sechs Monaten
in Schlesien würden eintreffen können.2)
Ausserdem waren die zum Ausmarsch bestimmten Regimenter
sämmtlich bedeutend unter dem Stand; sie hatten ferner keine
Proviantwagen, noch Bespannungen, überhaupt keine Feldausrüstung,
was Alles vor dem Abmarsch erst zu beschaffen war.
Es konnte also von Operationen im offenen Felde vorläufig
keine Rede sein und die ganze Thätigkeit Browne's sich
nur darauf beschränken, die Festungen des Landes zu halten und
die kleineren befestigten Orte möglichst lange zu vertheidigen, das
Vordringen der Preussen dadurch zu verzögern und die Verbindung
mit Mähren und Böhmen offen zu halten.
») K. A., H. K. E. 1740, Prot -Reg, Fol. 3616, 3623, 3631 und Prot. Reg.
1741, Fol. 67
2) Duncker, a. a. O., S. 39. Die nach Schlesien bestimmten Regimenter
erhielten erst Mitte Januar Befehl zur Anschaffung der Proviantwagen, Mitte
Februar zur Anschauung der Zeltwagen. Wie wenig die um diese Zeit bei
Browne stehenden Regimenter auch sonst kriegsmässig ausgestattet waren,
erhellt daraus, dass der General sich von Brunn 6000 scharfe Flinten-Patronen
verschreiben musste, welche aber dort erst fertig zu machen waren. (K. A., H. K.,
R. 1741, Prot. Reg. Fol. 70, 14. Januar, Fol. 168, 27. Januar, Fol. 311, 316.
15. Februar; Prot.-Exp. Fol. 173.) Am 21. Februar wurde dem Kriegs-Com-
missariat ausdrücklich aufgetragen, aus dem Erforderniss-Aufsatz für die
Infanterie-Regimenter die bei allen angesetzten Balken-Karren zu streiche n
(Ebenda, Prot.-Reg. Fol. 340, 21. Februar.) Damit verschwanden die ,.Schweins-
dern" aus der österreichischen Armee. (Vergl. Band I, 383.)
.) I
In Glogau commandierte, wie erwähnt, FML. Graf Wallis,
dem der am 9. December dort eingetroffene GFWM. Baron Reisky
zugetheilt wurde; für Glatz war am 4. December, da dessen eigent-
licher Commandant Oberst v. Linkh sich krank in Wien befand.
Oberstlieutenant v. Fontanella zumCommandantenbestimmtund der
Ingenieur-Oberstwachtweister Tello ebenfalls dahin beordert worden,
der den Auftrag hatte, zur Versicherung des Platzes, wenn die
Winterzeit Mauerherstellung nicht zuliesse, das Nöthige mit Erd-
werken, Faschinen und Verpalli.sadierungen zu veranstalten, den
Platz vor Allem aber so herzustellen, dass er bei einem unver-
mutheten Angriff genügsame Gegenwehr zu leisten vermöge. Tello
sollte auch die Fortificationen von Neisse. untersuchen, um das Noth-
wendige dort anzuordnen. Zum Commandanten der letzteren Festung-
bestimmte Browne den Obersten seines Regiments, Baron Roth.
Es wurden alle Anstrengungen gemacht, das bisher bezüglich
der Kriegsvorbereitungen Versäumte nachzuholen. Ein Haupt-
Magazin ward in Neisse angelegt; ebenso mussten die Glatz'-
schen Cameral-Magazine genügenden Proviant für die Festungen
liefern. Für Olmütz ordnete die böhmische Hofkanzlei die Errichtung
eines grossen Magazins an und gestattete die Ausfuhr von Getreide
aus Mähren nur noch nach Schlesien. l) Auch ergieng an das Ober-
amt in Breslau am 20. December die Weisung, diejenigen gebärtigen
Schlesier, welche bereits in brandenburgischen Diensten stünden
oder „in den dortigen Landen sich ohne Dienst" aufhielten, zu
verzeichnen und nach Wien namhaft zu machen.2)
Der General-Feld-Artillerie-Director Fischer in Prae; erhielt
den Befehl, für das „königliche Felcl-Artillerie-Haupt-Corpo eine An-
zahl Büchsenmeister, Zeugs-Bediente und Stück-Knechte in Böhmen,
sobald als möglich, anzuwerben, wozu ihm ein eigenes Patent aus-
gestellt wurde. 3)
Von Namslau, als einem nicht haltbaren Platz, Hess FML.
Graf Browne die dort vorhandenen Geschütze nach Brieg trans-
portieren. Vor Allem Hess aber der commandierende General die
Fortificierung von Brieg verstärken, wozu von den Ständen 6000 Bauern
aufgeboten werden mussten, auch freiwillig zur Schanzarbeit sich
meldende Soldaten gegen Bezahlung verwendet wurden.
*) Protocoll der böhmischen Hofkanzlei 1740. Erlass an das königliche
Tribunal in Brunn vom 17. December.
2) Ebenda.
8) K. A., Bestallungen 1740; 7150.
58
Auf Befehl der böhmischen Hofkanzlei sollten dem FML. Grafen
Browne zwei Deputierte und zwar einer aus dem Oberamts-
Collegium und einer aus dem Convento publico behufs leichteren
Verkehrs mit den Civil-Behörden beigegeben werden ; ein Beschluss,
der am 31. December erflossen, wohl kaum noch zur Durchführung
gelangt sein dürfte.
Die Gesammtstärke der königlich ungarisch-böhmischen Truppen
in Schlesien bestand zur Zeit des Einmarsches der preussischen
Truppen in :
dem Infanterie-Regiment Wallis 1719 Mann, — Pferde
den » Regm. Botta, Browne, Harrach 4770 » »
dem Dragoner-Regiment Liechtenstein (acht
Compagnien) circa 570 »ca. 560 »
der Frei-Compagnie in Brieg circa .... 300 » »
7359Mann,560Pferde
Hievon die Garnisonen von Glogau 1178 und
Jablunkau 120 Mann 1298 » —
606 lMann,560Pf erde
welche Truppenstärke, eingerechnet die Garnisonen Neisse und Brieg,
den Befehlen des FML. Grafen Browne untergeordnet war.
In Glatz bestand zu dieser Zeit die Besatzung aus 150 Mann
des Infanterie-Regiments O'Gilvy, 250 von Prag dahin gesendeten
Invaliden und 90 Glatzer Invaliden.
In Neisse war am 24. December Oberstlieutenant St. Andre
mit sechs Compagnien des Regiments Botta eingerückt 1).
In Brieg, wo Oberst de F i n das Commando führte, standen
eilf Compagnien von Wallis-Infanterie unter einem Oberstlieutenant
und ein Bataillon (fünf Füsilier-Compagnien) von Browne-Infanterie,
ausserdem die Frei-Compagnie in der Stärke von circa 400 Marn.
Für die letztgenannten beiden Plätze sollte GFAVM. Fische r
24 Büchsenmeister, nebst den nothwendigen Feuerwerkern absenden.
Brieg hatte von dem Haupt-Zeugamte zu Gross-Glogau Anfang
December 200 Centner Pulver erhalten.
Ein Proviant- Amt, bestehend aus einem Verwalter und einem
Adjuncten, wurde dort aufgestellt, eine Feldbäckerei mit einem Ober-
bäckermeister und 20 Bäckerknechten errichtet.
*) Hof-Kriegsraths-Expedits-Protocoll, Fol. 3552. Anfang Januar 1741
wurdedie Besatzung dieser Festung verstärkt.
59
In Jablunkau befand sich eine Oompagnie von AVallis-In-
fanterie (120 Mann stark) miter Comrnando des Oberstlh-utenants
O'Reilly.
Inr Anmärsche aus Mähren befand sich GFAYM. ( Jraf P i c c o 1 o-
in i n i mit drei Bataillonen Franz Lothringen, sechs Compagnien
Grünne-Infanterie und fünf Compagnien vom Dragoner-Regimen i
Liechtenstein. l) Die noch auf dem Marsche aus Ungarn befindlichen
zwei Bataillone von Grünne wurden direct nach Schlesien dirigiert.
FML. Graf Browne ertheilte den aus Mähren vorrückenden
Verstärkungen Befehl, in dem Münsterberg'schen und Franken-
stein'schen Kreise Quartier zu beziehen, um die Verbindung mit
Glatz offen zu halten. Die Futtervorräthe vom Lande wurden nach
Brieg und Neisse und weiter zurück nach Troppau und Jägern-
dorf geschafft.
Das aus Ungarn über Skalitz Anfang November nach Böhmen
instradierte und in zwei Echelons marschierende Infanterie-Begirnent
Carl Lothringen traf Ende December dort ein. 2)
Hundert Pferde, welche dem Husaren - Regimente Dessewffv
vorausgehen sollten, damit der Commandierende in Schlesien sobald
als möglich über einige leichte Cavallerie verfügen könne, trafen
trotz der vom Hof-Kriegsrathe angeordneten Beschleunigung, erst
am 21. Januar 1741 in Jablunkau ein.
Mit der Operations-Casse des commandierenden Generals
scheint es schlecht bestellt gewesen zu sein. Von AVien aus konnte
derselben vorläufig gar nicht beigesprungen werden, sie musste von
der Landes-Regierung Zuflüsse erhalten, die aber auch spärlich genug
flössen, nachdem die Landes-Regierung selbst um Aushilfe von Wien
bitten musste, wo man in der ungemeinen Geldbedrängniss, in
welcher sich der Staat befand, zu dem verzweifelten Auskunftsmitte!
griff', das Oberamt zu ermächtigen, aus Mangel anderer Geldmittel
die Depositen-Gelder „gegen Einlage bündiger Versicherungen'
anzugreifen. An Feld-Artillerie war vorläufig nicht ein Stück vor-
handen.
In der am 28. December zu AVien abgehaltenen Conferenx
ward erst der Beschluss gefasst, die schlesische Landes-Regierung an
den commandierenden General anzuweisen; die Erhaltung Breslau's
') AVaren am 21. December aus Brunn abmarschiert.
2) Dasselbe hatte eine vierwöchentliche Contumaz zu Dorosma zu be
stehen gehallt.
60
wurde auch in dieser Coirferenz wieder als die wichtigste Angelegen-
heit erklärt. ]) Leider kamen diese beiden Entschliessungen in Folge
der sich nun überstürzenden Ereignisse viel zu spät.
Die böhmische Hofkanzlei trug der mährischeiiLandes-Regierung
auf, die aus der Provinz nach Schlesien fahrenden Strassen sofort
ausbessern zu lassen.2;
Nach der Coirferenz vom 13. December, der am selben Tage
schon eine Audienz des preussischen bevollmächtigten Ministers in
Wien, v. Borck e, vorausgegangen war, zeigt sich ohne Zweifel an
entscheidender Stelle eine energischere Auffassung der Sachlage.
Das Oberamt in Breslau erhielt am 14. December von der
K ö n ig in "Weisung, „was für eine Verwahrung selbes bei wirklicher
Einrückung preussischer Truppen sowohl bei dem Könige oder dem
die Truppen commandierenden General thun und was diesfalls
durch öffentlichen Druck publiciert werden solle." 3)
Die Rüstungen begannen in etwas grösserem Massstabe. Es
ist aber bereits Mitte des December, die preussischen Colonnen
stehen schlagfertig jenseits der Grenze, stündlich den Befehl zum
Einrücken in Schlesien erwartend, das von 4000 kaiserlichen Sol-
daten vertheidigt und geschützt werden soll. 4)
Der Wiener Hof, in der von allen Seiten sich aufthürmendeii
Bedrängniss, entschloss sich nun in der dritten Dekade des December
zur Bildung und Aufstellung einer Feld-Armee. Die Wahl zum Ober-
Commandanten derselben schwankte zwischen dem FM. Ludwig-
Andreas Grafen K h e v enhüll e r, welcher viele Truppen und
deren gesicherte Bezahlung verlangte und dem FZM. AVilhelm
Reinhard Grafen TsTeipperg, dessen Candidatur vom böhmischen
Obristen Kanzler, dem Grafen K in s k y, unterstützt wurde. Da sich,
Neipperg mit wenigen und schwachen Regimentern begnügte
') H. H. u. St. A. Conferenz-Notaten v. 28. December 1710.
2) 15. December, Protocoll der böbm. Hofkanzlei.
3) Protocoll der böbm. Hofkanzlei.
4) Mit Ausschluss der Besatzung von Glogau (6 Compagnien Harrach.
4 Compagnien Wallis) nach dem Conferenz-Protocoll : „Graf Browne mit
denselben beiden übrigen Harrach'schen Bataillons, dem Botta- und seinem
eigenen Eegimente mit Beirechnung der 8 Liechtenstein'schen Compagnien
nicht viel über 4000 Mann und nicht einmal diese wegen deren hin und wieder
auszustellenden Posten, in dem Stand, wie die Regimenter dermalen wären,
zusammen zu bringen, vermögend sein würde." (K. A. Oesterreichischer Erbfolge-
krieg, 1740 ; XII. 4Vs.)
Ol
ausserdem K i n s k y die Armee versorgen musste und mit Kheven-
hüller nichts zu thun haben wollte, so wurde schliesslich Neipperg
für das Commando der Armee bestimmt. v) Der Erlass, mit dem die
Königin die Ernennung demselben kundgibt, ist vom 23. De-
cember datiert. 2j
Zugleich mit der Ernennung des Ober-Commandanten wurde
auch der ihm beizugebende ,, grosse Generalstab" nominiert. 3) Der
23. und 24. December, an welchen Tagen die in den böhmischen
Ländern bereits befindlichen und bisher dahin beorderten Regimenter
zur möglichst raschen Annahme des Sollstandes und zur Anschaffung
der Feld-Requisiten befehligt wurden1; und der Hof-Kriegsrath
auch die Anzahl der von der Feld- Artillerie zu Neipperg' s Armee
abzugebenden Geschütze (16) fixierte, 5) müssen daher als die eigent-
lichen Mobilisierungstage gegen Preussen bezeichnet werden. Da
nun die zur schlesischen Armee gewidmeten Regimenter selbst in
dem Falle, als sie complet gewesen wären und auch rascher in
Schlesien hätten eintreffen können, kaum der sich fortgesetzt ver-
stärkenden Invasions-Armee gewachsen waren, so wurden schon
am 31. December 1740, sich sofort nach Schlesien in Marsch zu
setzen wieder angewiesen: die Cürassier-Regimenter Seherr (aus
dem Eisenburger Comitat), Birkenfeld und Cordova (beide aus dem
Banat), die Dragoner-Regimenter Württemberg (aus den Comitaten
Somogy und Zala), Römer (aus den Comitaten Gömör, Torna und
x) Als Sohn Eberhard Friedrichs Freiherrn von Neipp erg am 27. Mai 1684
geboren, trat Wilhelm Reinhard 1702 in das kaiserliche Herr. Am 24. Februar 1717
bereits zum Obersten eines Infanterie- Regiments ernannt, zeichnete er sich im
Türkenkriege vor Belgrad aus. Zum General-Feld -Wachtmeister am 4. No-
vember 1723 befördert, ward Neipperg Erzieher des Herzogs Franz Stephan
von Lothringen, welchem er auch in späteren Jahren noch persönlich sehr
nahe stand. Im Jahre 1730 kam er als Commandant nach Luxemburg, wurde
am 20. November 1733 Feldmarschall-Lieutenant und machte als solcher den
Krieg in Italien mit. Am 2. Mai 1735 zum Feldzeugmeister ernannt, ward
Neipperg Commandierender in Temesvar. In Folge des, entgegen den er-
haltenen Instructionen, mit dem Grossvezier abgeschlossenen Belgrader Präli-
minar-Friedens wurde Neipperg in Untersuchung gezogen und in Glatz
interniert, von wo er am 10. Nov. 1740 auf Befehl der Königin Maria
Theresia entlassen wurde.
(Vergleiche über den Friedensschluss von Belgrad etc. ,.Der Feldzug
173(.> und der Friede von Belgrad", Mittheilungen des k. k. K. A. 1881.)
2) Der Wortlaut desselben Anhang X.
3) Duncker, a. a. O. 58 f.
4) K. A., H. K. R. 1710, Prot. Reg. Fol. 3647, 3649, 3654, 3661, 3666 etc.
5) Ebenda, Fol. 3657.
62
Borsod) und das Husaren-Regiment Grhilänyi (aus Syrmien).1) Auch
an Pestvärmegyey-Husaren (in Siebenbürgen) ergieng an diesem
Tage die Marschbereitschafts-Ordre. 2)
Von Generalen waren die folgenden zu dieser Armee bestimmt
und demgemäss ebenfalls am 23. December verständigt worden:
die Feldmarschall-Lieutenante Göldy, Browne, Römer, Ber-
lichingen, die General-Feld- Wachtmeister Philibert, Lentulus,
Holly, Reisky, Kheul, Piccolomini, Grünne, Baranyay,
Birkenfeld, Kolowrat. Preising, Franz St. Ignon, Königs-
egg. Pallant und Festetics.
Vorläufig wurden 14 Infanterie-, 3 Cürassier-, 2 Dragoner- und
3 Husaren-Regimenter und eine Gesainmtstärke von 25.000 Mann
für diese Armee in Aussicht genommen.
Für die Feld-Artillerie wurden 16 Geschütze und zwar
10 Regimentsstücke, 4 Falkaunen und 2 Haubitzen zu 100 Schuss
1) Ebenda, fol. 3694, 3699, 3704. Von der am 13. December beschlossenen
Reduction des letztgenannten Regiments, mit dessen Mannschaft und Pferden
man zuerst die anderen Husaren-Regimenter ergänzen wollte, wurde am
4. Januar definitiv Abstand genommen. (Ebenda, fol. 3583 imd Jahr 1741, Fol. 9.)
2) Ebenda, 1740, Fol. 3693. Statt Cordova-Cürassieren kamen Kohäry-
: »ragoner in das Banat, gleichfalls aus Siebenbürgen Wahleck-Infanterie (statt
Thüngen) nach Slavonien, von wo mit Ende des Jahres die Infanterie-Regi-
menter Bayreuth (statt Baden-Baden) nach Ofen und Grosswardein, Wurm-
brand (an die Stelle von Alt-Daun) nach Steyerinark abgiengen.
In Folge des Abmarsches mehrerer Cavallerie-Regimenter aus Ungarn
wurden am 21. Januar 1741 (Ebenda. Prot, Reg. Fol. 130) näher gegen die
Westgrenze dieses Landes verlegt: die Cürassier-Regimenter Bernes (in das
Comitat Pressburg), Podstatzky (Trentschin. Thuröez. Arva), Carl Palffy
iLiptau, Zips, (lömör. Saros), Lubomirski (Zemplin, Aba-Ujvär, Borsod), Carl
St. Ignon aus Syrmien (Somogy, Zala), Caraffa (Oedenburg), dann Khevenhüller-
üragoner (Eisenburg) und aus Siebenbürgen Pestvarmegyey-Husaren (Neutra .
In jedem einzelnen Falle zu untersuchen, wie lange die angeordneten
Marschbewegungen zu ihrer Durchführuni;' wirklich brauchten, würde zu weit
führen. Ausser dem Hinweis auf die oben citierten Angaben des königlichen
IN Scripts vom 15. December 1740 an Browne mag daher hier nur beispiels-
weise erwähnt sein, dass das Regiment AYaldeck den Marschbefehl am 18. De-
cember erhielt und erst gegen Ende März bei Esseg eintraf, dass Bayreuth-
Infanterie von der oberen Save nach Ofen fast zwei Monate brauchte und
dass die Regimenter Csaky-Husaren. dann Lanthieri- und Hohenzollern-
Cürassiere erst um den 1. Februar unweit Fulnek zu Browne stiessen, welcher
diesen Tagen auch Hohenems- und Seherr-Cürassiere erwartete und der
ügen Ankunft der vordersten Bataillone von Baden-Baden und Alt-Daun-
Infanterie entgegensah. (Ebenda, Fol. 241.)
Im Allgemeinen wird man sich bei Beantwortung dieser Frage gegen-
wärtig halten müssen, dass der Winter den an und für sich trostlosen Zustand
63
per Stück, rar die Haubitzen 40 Haubitzgranaten und 10 Schrot-
büchsen angetragen, für 20 Bataillone zu je 700 Mann, nebst
10 Grenadier-Compagnien zu je 100 Mann, pro Mann wurden
40 Schuss berechnet. rj
Die Hofkammer erhielt Auftrag, wegen Beistellung von
400 Pferden zur Bespannung der, für das schlesische Corps be-
stimmten Artillerie Veranstaltung zu treffen. 2)
Das Schiff- Amt hatte am 21. December Auftrag erhalten, für
eine im kommenden Frühjahre in Schlesien erforderliche Laufbrücke
von 30 bis 36 Pontons das Erforderliche einzuleiten oder in deren
Ermangelung so viele hölzerne Schiffe und das unter dem Bruck-
Hauptmanne Fromb stehende Personal sammt Bespannung von
dem ohnedies zur Reduction bestimmten ungarischen Brückenstand
in Rechnung zu ziehen. 3)
der Wege noch verschlimmerte, dass die Seltenheit der Brücken üher die
zahlreichen grösseren Flüsse die Marschrouten sehr beschränkte und über-
dies die Existenz der meisten Brücken sehr von den Wasser- und Eis-
verhältnissen abhieng, dass ferner die Passierung der mehrfachen Pestcordons-
linien, deren normale Contumaz je sechs Wochen dauerte, vielfache Schwierig-
keiten im Gefolge hatte und dass endlich der Abmarsch einer Truppe aus
festen Plätzen oder Grenzgegenden ohne specielle gegentheilige Weisung von
oben, durch die betreffenden Commandanten erst dann gestattet wurde, wenn
der Ersatz eingetroffen war. Es kamen aber "auch Fälle vor, dass Regimenter
aus Mangel an Geld und Credit nicht abmarschieren konnten oder durch die
zurückbleibenden Gläubiger am Abmärsche gehindert wurden. Auch der Fall,
dass das Cürassier-Regiment Hohenems am 31. December 17-10 wegen Mangel
an Stiefeln noch nicht ausmarschiert war, steht nicht ganz vereinzelt.
Die gewöhnlichste Massregel, um den Marsch einer Truppe zu be-
schleunigen, war die Anordnung einer grösseren Anzahl von Marschtagen
zwischen den Rasttagen. (Vergl. I, 4S5 ff.) In besonders dringenden Fällen
wurde die Infanterie mittelst Vorspannwagen ohne Rasttage weiterbeförderr.
M K. A., Sect. II, H. K. R. Reg. Prot., Fol. 3579 und Reg. Prot. 30. De-
cember, Fol. 3689. Die Hälfte der für die Infanterie bestimmten Munition
sollte zu scharfen Patronen verfertigt und in Verschlage eingetheilt. das
übrige Piüver und Blei aber zur Austheilung mitgeführt werden.
2) Die Pferde sollten Ende Januar 1711 zu Brandeis bei Prag an das
Feld-Artillerie-Haupt-Corpo abgeliefert werden. Der mit dem Lieferantin
accordierte Preis betrug 70 fl. (K. und k. H. K. A. Gruppe Böhmen 171".
23. December 1710.).
3) Im Februar 1711 wurde die in Esseg depositierte blecherne Lauf brücke
von 32 Pontons über Skalitz nach Schlesien instradiert. Dieselbe stand unter
Commando des Feldschiffbruck-Hauptmannes Fromb. Das Personal hatte bis
letzten October 1710 an Verpflegs-Gebühren 9188 fl. rückständig und die Leute
konnten der „vielen Schulden wegen" nicht ausmarschieren. (K. und k. H. K. A.
Gruppe Böhmen 1711. XVIIf, Februar 1711,).
64
Die für die Operations-Armee bestimmten Infanterie-Regi-
menter erhielten Befehl, auf 2000 Mann sich zu ergänzen, mit
Ausnahme des Infanterie-Regiments AVenzel Wallis, dem ein Stand
von 2420 Mann vorgeschrieben wurde. Es wurde ihnen hiebei
gestattet, auch Leute auf Capitulation anzunehmen. Die Cavallerie-
Regimenter sollten einen Stand von 800 Mann zu erreichen trachten
und die abgängigen Pferde einkaufen.
Gleichzeitig wurde ein Pferdeausfuhrverbot aus Böhmen und
Mähren erlassen.
Die nach Schlesien beorderten Regimenter erhielten vor dem
Aufbruche eine dreimonatliche Wintergebühr auf den dermaligen
Stand, weitere drei Monate sollten ihnen an der schlesischen Grenze
aus einer besonderen Casse gezahlt werden.
Zu den in den Königgrätzer Kreis verlegten zwei Bataillonen
von Kolowrat-Infanterie sollte auch das dritte, in Mähren einge-
rückte Bataillon dieses Regiments gezogen werden. GFWM. Graf
Kolowrat selbst erhielt Befehl, sich zu seinem Regiment zu
verfügen, auf die preussischen Bewegungen genauestens Acht zu
haben und erforderlichen Falls in die Festung Glatz sich zurück-
zuziehen.
Die Märsche giengen jedoch sehr langsam von Statten; die
Truppen waren in keiner Hinsicht schlagfertig, als sie der Befehl
in das Feld rief oder ihnen Bereitschaft anbefahl und konnten
die Schlagfertigkeit auch in kurzer Zeit nicht erlangen. Vor Allem
fehlte es an Geld ; die Cassen in Wien waren leer, so mussten denn
gewöhnlich die Stände des Landes, in welchem das Regiment be-
quartiert war, die Gebühren zahlen und diese zahlten, wenn sie
überhaupt zahlten, langsam. Sodann fehlte es an Ausrüstungs-
gegenständen, häufig sogar an den unentbehrlichsten. Feldrequi-
siten waren gar nicht vorhanden und nicht am letzten mag einer
apathischen Stimmung im Officiers-Corps Erwähnung geschehen,
die wohl eine Folge der ausserordentlich unregelmässigeii Be-
zahlung derselben war. Freudige Hingebung für die Monarchin
und den Dienst mussten im Felde erst wieder gedeihen, vorläufig
fehlten sie.
Unter derartigen Uebelständen litten fast alle Truppenkörper
und hiedurch wird auch die enorme Langsamkeit erklärlich, mit
der, wenige Ausnahmen abgerechnet, dieselben die ihnen ange-
wiesenen Marschziele erreichten.
Am 31. December hob die Königin bei den zum xlus-
marsche bestimmten Regimentern das bestehende Verbot wegen
65
Ersetzung der Regiments-Chargen auf, wodurch den Inhabern
wieder erlaubt wurde, die vacanten Stabs-, Ober- und Unter-
officiers-Chargen zu ersetzen, bemerkte aber in dem diesfaüigen
Erlasse >„in der gnädigsten Zuversicht, dass sie, Regiments-Inhaber,
die Billigkeit, Ordnung und Verdienste jedesmalen gegenwärtig
halten und keine andere als genugsam tüchtig und erfahrene Subjecta
befördern werden", *)
Die alle energischen Massregeln beeinflussende Geld- und
Creditnoth hatte die Königin bewogen, schon bei Eröffnung des
Landtages des Erzherzogthums Oesterreich am 1. December sich
an die Opferwilligkeit der Stände zu wenden, 2) auch an den
Patriotismus der reichen Grundbesitzer und geistlichen Stifte zu
appellieren. 3)
Die königliche Familie selbst aber säumte ebenfalls nicht,
Opfer für das allgemeine Wohl zu bringen. Nach Florenz ergieng
die Ordre, von dem dortigen Schatz dasjenige zu veräussern, was
verkauft werden könne, den Rest aber zu verpfänden und baares
Geld darauf zu erheben.
Kleinere Darlehen von Privaten wurden in den Bancal-Cassen
angenommen und mit sechs Procent verzinst. Das fürstlich Li echt en-
stein'sche Haus hatte dem Aerar 500.000 Gulden vorgestreckt. Aus
dieser Anticipation sollte die Hofkammer die zur Recrutierung.
Remontierung und Beschaffung der Feldausrüstung für die theils
') K. A. S. II, H. K. E. Reg. 1710, December, 821.
2) Die Eröffnung des Landtages fand in der Ritterstube in der Hofburg,
in Gegenwart der Königin, durch den Obersten Hof kanzler Grafen Sinz en-
do rff statt. Die Königin fügte selbst der von Sinzendorff verlesenen An-
rede einige Worte hinzu. Der die Bewilligung von Geldmitteln betreffende
Passus lautet:
„Da Sie aber von Selbsten ermessen werden, wie nöthig es sei, das
Kriegs-Heer zu erhalten; die entblössten Grenzen zu besorgen; dem durch die
langwierigen kostbaren Kriege geschwächten Aerario beizuspringen, so werden
Sie nach der angestammten und in allen Gelegenheiten so ruhmwürdig er-
wiesenen Treue und Eifer von Selbsten eirkennen, dass Ihre königliche Majestät
bemüssiget sind, die treugehorsamsten Stände dermalen anzugehen."
„Zu welchem Ende dann Allerhöchstdieselbe beikommende postulata
verfassen und solche den treugehorsamsten Ständen hiemit haben beibringen
wollen." Wienerisches Diarium, 3. December, Nr. 97.
3) So hatte das Domcapitel zu Breslau 50.000 fl. angeboten (Protocoll
der böhmischen Hofkanzlei 1710.) Das Stift Braunau gab zuerst 6000 ti. und
400 Scheffel Mehl, später noch 21.000 fl. (Mittheilungen des Benedictin er- um!
-Cistercienser-Ordens, X. Jahrg., X, 22.)
Oesterreichischer Erbfolge krieg. II. Bd. O
66
bereits in Böhmen und Schlesien befindlichen, theils dahin im An-
märsche befindlichen Eegimenter nöthigen Beträge, wenn nicht
sogleich, wenigstens bis Mitte Januar 1741 auszahlen; dann die
für die Generalstab s-Parteien und die zu den unentbehrlichen Aus-
lagen erforderlichen Summen längstens bis Ende Januar sicher-
stellen.
Die G-esammtkosten der Winter- und Sommer -Verpflegung
und Mobilmachung der zur schlesischen Armee beorderten Truppen
bezifferten sich ohne Proviantwesen auf 3,685.924 fl. 10 kr. x)
Dem Oberamts-Directorium in Breslau wurde am 29. December
aufgetragen, dass die Hälfte des Collegiums in Breslau bleiben, die
andere Hälfte sich jedoch nach Neisse verfügen solle. 2)
1) H. K. A. C4ruppe Böhmen 1741.
2) Protocoll der böhmischen Hofkanzlei 1740. Diese Verfügung kam
nicht mehr zur A\isführung.
Die Ereignisse in Schlesien im Monate Januar 1741.
Jb ML. Graf Browne verfügte, nachdem er die Stadt Breslau,
trotz ihrer angeblichen Selbstvertheidigung, nach den Eindrücken,
die er dort empfangen hatte, so gut wie verloren halten musste,
die Concentriermig der disponiblen Streitkräfte zwischen der Ohlau.
der Neisse und der Oder.
Thatsächlich befanden sich Ende December in ganz Schlesien
einschliesslich der Besatzungen in den festen Plätzen, mit Ausnahme
von Glatz, nicht mehr als 7359 Mann disponibler Truppen einem
Invasionsheere gegenüber, das in den letzten Tagen des December
mindestens schon 26.000 bis 27.000 Mann auf schlesischem Boden
zählte.
Von Feld-Artillerie war nicht ein Stück vorhanden. Die
Operations-Cassa des commandierenden Generals soll in 10.000
Gulden bestanden haben, wovon auch noch die Reparaturen an
d( n "Werken von Brieg bestritten werden mussten.
Es standen von dem Brown e'schen Corps : Jenseits der Oder
am weitesten vorgeschoben in Laskowitz 1 Ofhcier mit 20 Pferden,
am linken Oder-Ufer in Kattern 79 Pferde. Namslau war mit
1 Compagnie von Wallis besetzt. In Zedlitz am linken Oder-Ufer
stand eine halbe Compagnie von Liechtenstein-Dragonern, in März -
dorf an der Strasse von Breslau ebenfalls eine halbe Compagnie.
der Best der 8 Compagnien des Dragoner-Regiments am linken
Ufer des Ohlau-Musses, halbcompagnieweise in den Ortschaften
vertheilt, bis "Weigwitz hinauf, der Stab in AVürben. Baumgarten,
an der Strasse nach Breslau, war von 2 Compagnien Harrach,
Ohlau von 2 Füsilier- und 1 Grenaclier-Compagnie desselben Regi-
ments besetzt, in Linden, Rosenhain , Hennersdorf, Grüningen.
68
Hünem, Frauenhain, stand je 1 Compagnie des nämlichen Regiments.
In Brieg, wie bereits erwähnt, 11 Compagnien Wallis, 5 Compag-
nien Browne, je 1 Compagnie dieses Regiments in Briesen, Rathau,
Briegschdorf, Hermsdorf, Molwitz, Schüsseldorf, Laugwitz, Günters-
dorf, Bärzdorf, Kreisewitz, 2 Compagnien in Tempelfeld. Von Botta-
Infanterie standen 6 Compagnien in Neisse, je 1 Compagnie in
Wansen, Pambitz, Paulau, Giersdorf, Conradswaldau, Schönfeld,
Alzenau, Bömischdorf, Michelau, 2 Compagnien in Löwen an der
Oder. v) Die Dislocatiön war eine dichte, die Truppen konnten
binnen wenigen Stunden vereinigt sein.
Die Futtervorräthe vom Lande wurden nach Brieg und Neisse
und weiter zurück nach Troppau und Jägerndorf geschafft.
FML. Graf Browne selbst hatte am 18. December Breslau
verlassen, war am 19. und 20. in der Festung Brieg gewesen und
dann nach Ohlau abgegangen, wo er vorläufig sein Hauptquartier
etablierte. Am 30. December kehrte er mit dem inzwischen aus
Mähren eingetroffenen GF WM. Grafen Piccolomini, dem die
Königin das Commando in Brieg übertragen hatte, nochmals
dorthin zurück und begab sich dann wieder nach Ohlau.
Das rasche Vorrücken der preussischen Armee gegen Breslau
einer-, gegen Schweidnitz anderseits, nöthigte jedoch den öster-
reichischen Truppen-Commandanten, die Stellung zwischen der Ohlau,
Neisse und Oder zu verlassen, Nieder-Schlesien, mit Ausnahme von
Brieg und Ohlau, aufzugeben und sich mit seinem kleinen Corps
vorläufig hinter die Neisse zurückzuziehen. 2)
x) Dislocations-Uebersicht, Tafel IL
2) Der die Instruction für FML. Grafen Browne enthaltende Erlass
der Königin vom 15. December 1710 Hess dem Commandierenden voll-
kommen freie Hand über die "Wahl seiner Stellungen : „wiederholen Dir hier-
nächst nochmals, Unsere Meinung nicht zu sein, wegen des Ortes, wo Du Dich
zu setzen habest, was Verlässliches Dir vorzuschreiben, als welches Wir auch von
hier aus in der Unwissenheit, wohin die Preussen bei allenfalls geschehender
Einrückung sich wenden, auch wie weit sie in dem Land vorrücken werden,
nicht thun könnten, sondern dass Du nach Deiner bekannten Einsicht und
Geschicklichkeit deren Preussen Stärke und die Deinige. nebst der Zeit, wie
Unsere dahin gewidmeten Truppen successive zu Dir stossen können, von der
einen Seiten gegenwärtig habest, von der anderen aber den District Landes,
den Du bedecken zu können ermessest, in Erwägung ziehest und hiernach
Deine Kesolution fassest, ob Du das Land bis Brieg und Ohlau gegen den
wider Dich allenfalls anrückenden Feind zu versichern, ohne allzu grosser
Gefahr im Stand seiest ; dann wärest Du stark genug dazu und es fehlete den
Truppen an Fourage und an Brod nicht, so ist ausser Anstand besser, dass Du
allda oder wo Du es sonsten ermessest, verbleibest, die Preussen einigermassen
69
In dem Platze Ohlau Hess der commandierende General den
Obersten vom Infanterie-Regimente Harrach (Nr. 47j, Baron F o r-
mentini, mit 3 Compagnien zurück.1) Nach Namslau war zu der
dort befindlichen Compagnie vom Infanterie-Regimente Wenzel
Wallis (Nr. 11), die einen Stand von 130 Mann hatte, noch ein
Harrach'sches Detachement von 60 Mann gestossen und diese Gar-
nison von den in Brieg stehenden Truppen, durch ein von Mann-
schaften verschiedener Regimenter zusammengesetztes Cömmando,
auf ungefähr 300 Mann, nebst 15 Dragonern vom Regimente Liechten-
stein (unter einem Wachtmeister) 2) gebracht worden. Major Kr am er,
vom Infanterie-Regimente Botta, befehligte in diesem Platze.
Die Besatzung von Brieg wurde, ausser der Frei-Compagnie
(300 Mann), auf 4 Bataillone, 4 Grenadier- Compagnien gebracht
und bestand aus 11 Compagnien Wenzel Wallis, 7 von Botta
(Nr. 12), 6 von Browne (Nr. 36), dann 17 Dragonern vom Regimente
Liechtenstein. Der Gesammtstand bezifferte sich auf 1900 bis 2000
Mann. 3)
Das in Namslau befindliche Geschütz (4 Falkaunen, 8 Feld-
schlangen, 4 Regimentsstücke) war am 31. December nach Brieg
in Zaum haltest und von den Unsrigen die Fourage, die sonst die Anderen
sich zu Nutzen machen würden, consumieret, das Land annebst in Unserer
Devotion und der Inwohner bei dem Seinigen bewahret werde. Dagegen
wo Du Dich ä proportion des anrückenden Feindes nicht stark genug
findest, oder von Mähren und Böhmen abgeschnitten zu werden aus dessen
Mouvement zu besorgen hättest, so hast Du solchenfalls nicht weiter, als wozu
Deine Kräfte und der aus der Landes- Situation sich allenfalls zu Nutzen zu
machen seiende Vortheil Dir zulasset, Dich auszubreiten, sondern bevor ein
Unglück geschiehet oder Du die Leut' einzelweise zu verlieren in Gefahr Dich
setzest, nach Neisse oder Glatz, oder in einem vortheilhaften Posto zwischen
beiden Orten, wie und wo Du es am rathsamsten glaubest, zu setzen, nachdem
die Versicherung dieser Communication das Hauptobjectum und hierauf vor
allem andern zu sorgen nöthig ist ; kann aber dieses Hauptobjectum mit der
von Dir vorhabenden Soutenierung von Ohlau und Brieg combiniert werden
so ist es Unserm Dienst so verträglicher und wird Uns umso angenehmer
und lieber zu vernehmen sein." Den vollständigen Wortlaut des Erlasses
siehe Duncker, „Die Invasion Schlesiens" in Mittheilungen d. K. A. 1885, 37.
*) Je 1 Compagnie Harrach (Nr. 47), Botta (Nr. 12), Browne (Nr. 36).
*) Ein Wachtmeister und acht Mann dieses Detachements, am 31. December
1740 auf Becognoscierung nach Oels entsendet, wurden dort in den ersten
Tagen des Januar von preussischen Husaren aufgehoben.
3) Ein Standes-Ausweis über die unter FML. Graf B r o w n e's Cöm-
mando stehenden Truppen (undatiert, vermuthlich von Mitte Februar) beziffert
die Garnison Briegs auf 1926 Mann. K. und k. Haus-, Hof- und Staats-Archiv.
Manuscripte, 1091.
70
abgeliefert ; die General-Steueramtscasse von Breslau in
Festung geborgen worden. !)
diese
Die Vertheilung der, mit Ausnahme von Glatz, überhaupt
in Schlesien vorhandenen österreichischen Truppen war die fol-
gende :
3
tu
0
3
• -*
n
Ohlau
Namslau
'3
Jablunkan
Beim Cps.
des FML.
Browne
Cornpagnien
"Wenzel Wallis-Inf.-Reg. .
Harrach-Inf.-Reg. . . . >
Botta-Inf.-Re°-
Browne-Inf.-Reg
Liechtenstein-Drag. -Reg. .
4Füs.
5Füs.
IGren.
ii
7 1
6 1
1
7
1
10
2
10
Infanterie-Compagnien
Dragoner- ,,
10
2-1
3
1
7
1
22
8
Die erste Biickzugsbewegung, welche FML. Graf Browne
ausführte, brachte die ihm noch gebliebenen Truppen (4 Bataillone,
2 Grenadier- und 8 Dragoner-Compagnien ) in die Linie Wansen-
Löwen zwischen Ohlau und Neisse. In Michelau erhielt er am
4. Januar die definitive Nachricht von der Capitulation Breslau' s
und expedierte noch am selben Abend den Grafen Hof mann
nach Wien ,,mit der schönen Zeitung von Breslau, so ein grosses
Contratempo von uns." 2)
Die Brücke in Michelau liess der Truppen -Commandant ab-
werfen, die Brücke zu Löwen aber durch einen Lieutenant mit
24 Pferden besetzen, der an GFWM. Piccolomini gewiesen ward.
FML. Graf B r o w n e selbst traf mit dem Hauptquartier am
5. Januar Morgens in Neisse ein, seine Arrieregarde stand a cheval
xj Meldung des Obersten de Fin. H. K. R. Exped. Prot,, Fol. 194 und
195. Die Archive der schlesischen Landes-Regierung waren ebenfalls in Sicher-
heit gebracht worden. Ain 21. December 174Ü wux-de das Breslauer Oberamts-
Archiv, nebst den zu den Fürstenthümern Glogau, Wohlau und Liegnitz ge-
hörenden Registraturen, in 37 Kisten verpackt, in Begleitung zweier Officianten
nach Mähren abgesendet. Von Brieg ward das Archiv der Regierung, 17 Kisten
gegen Ende des Jahres 1740 ebendabin expediert.
2) FML. Graf Browne an GFWM. Piccolomini. Michelau, 4. Jan.
1741, 8 Uhr Abends. Fürst!. Schaumburg-Lippe'sches Archiv in Xachod.
71
des Neisse-Flusses in der Linie Grottkau-Merzdorff-Graase. Das
Gros war in Bewegung auf Neisse. Alle Fourage und sonstigen
Vorrätlie wurden auf Vorspannswagen mitgeführt, die Neisse-Brücke
bei Koppitz abgetragen.
GFWM. Piocolomini erhielt Befehl, auf jede "Weise zu
trachten, die Communication mit der Festung Neisse offen zu
erhalten und den Neisse-Uebergang bei Löwen so lange als möglich
zu behaupten, wozu noch ein Officier mit einein genügend starken
Commando dorthin zu senden sei, welches nur im Falle Anrückens
stärkerer preussischer Kräfte sich nach Brieg zurückziehen, zuvor
aber die Brücke zerstören sollte.
Ferner theilte Graf Browne dem Festungs-Commandanten
mit, ,,dass er endlich eine Resolution habe, wie sich der Hostili-
täten halber zu verhalten, welches also deroselben sowohl zur Nachricht
dient, als dero unterstehenden Posto das Essentiale communi-
cieren zu können und sofern die Preussen unter die Stücke oder
das Feuergewehr kommeten ,,in Gottes Namen brav darauf clempfen
zu lassen". 2)
Die Resolution der Königin behufs der Abwehr des preussi-
schen Angriffes lautete:
,,Der General Browne hat vor Allem möglichste Vor-
sichtigkeit nach der ihm ohnedies beiwohnenden Erfahrung zu
tragen, damit die von ihm ausschickenden Partheien nicht über-
mannt werden mögen. Sonsten aber hat man keinen Anstand,
dass, wann hiesige Partheien einige preussische Mannschaft antreffen
sollten, diese, wann sie nicht von Selbsten weichen, chargieren
könnten, auch ein- und andere preussische Mannschaft aufheben,
wofern die Gelegenheit dazu sich fügete."
Am 6. Januar stand das Browne'sche Corps bereits an der
Neisse in folgenden Stellungen : 6 Compagnien Harrach am rechten
Flügel in Gross-Neunclorf und Weitzenberg an der Strasse nach
Hennersdorf, das Gros in und um Neisse am rechten Ufer des
Neisse-Flusses, 3 Compagnien Browne in Heidersdorf an der Strasse
nach Strehlen, 2 Escadronen Liechtenstein-Dragoner in Sengwitz,
4- in Stephansdorf, 2 in Perschkenstein ; am linken Neisse-Ufer in
Glumpingiau 4 Compagnien Browne, in Woitz 3 Escadronen, in
Ottmachau 2 Escadronen Dragoner; endlich an der Strasse Ottmachau-
l) FML. Graf Browne an GFWM. Graten Piocolomini. Neisse,
."). Januar 1741, Abends 8Va Uhr. Fürstl. Lippe'sches Archiv.
72
Weidenau in Mösen, Brünschwitz, Würben die eingerückten Ab-
theilungen von Grimne-Infanterie (Nr. 26).
Vorgefunden hatte der Truppen-Commandant bei seiner An-
kunft in Neisse die 3 Bataillone Franz Lothringen (Nr. 1),
1 Bataillon Grünne und 5 Compagnien Liechtenstein-Dragoner,
welche unter GFWM. Piccolomini's Commando aus Mähren an-
gerückt waren und welchen dieser General zur Uebernahme des
Festungs-Commandos in Brieg bereits vorausgeeilt war.
Die Truppen des Corps hielten am 7. Januar die Neisse-Linie
und zwar in den folgenden Stellungen besetzt :
2 Bataillone Botta, 1 Bataillon Franz Lotbringen in der
Festung Neisse.
Am linken Neisse-Ufer: 3 Escadronen Dragoner in Gross-
Neundorf, 2 Escadronen in Heidersdorf, 3 Escadronen in Glump-
inglau, in Ottmachau 2 Grenadier-Compagnien von Franz Lothringen
und je 1 Grenadier-Compagnie von Harrach, Browne und Grünne,
2 Escadronen Dragoner in Sarlowitz, 3 in Ellguth.
Am rechten Neisse-Ufer : Je 1 Bataillon Lothringen in Neunz
^an der Strasse nach Neustadt) und in Deutsch-Kamitz, je 1 Bataillon
Browne in Preyland (an der Strasse nach Ziegenhals) und in Morau,
3 Compagnien Grünne in Bauke, je 1 Compagnie von Harrach in
Würben und Brünschwitz, 4 Compagnien Harrach in Mösen, je
2 Compagnien dieses Regiments in Stübendorf und Schwamelwitz.
Hauptquartier oder nach dem damaligen Ausdrucke „Generalstabs-
Quartier" in Bielau. v)
Die Garnison von Neisse wurde in den folgenden Tagen noch
durch 1 Bataillon Browne, 3 Compagnien von Grünne und 16 Dra-
goner verstärkt, wodurch dieselbe einen Stand von 1600 Dienstbaren
erreichte.
Zum Festungs-Commandanten war in der Person des Obersten
Freiherrn v. Roth, bisherigen Commanclanten des Infanterie-
Regiments Browne, eine glückliche Wahl getroffen worden.
Oberst Freiherr v. Roth war ein erfahrener, energischer Of-
ficier und seinerzeit für das Commando in Breslau ausersehen
gewesen.
Die Neisse-Brücken zu Wartha und Patschkau hatte Browne
abtragen lassen. Für Operationen blieben nach der Besetzung der
l) Tafel IL
7 3
festen Plätze dem Truppen-Commandanten kaum 3000 Mann und
er verständigte desshalb schon am 7. Januar den General
P i c c o 1 o m i n i, dass, falls er an der Neisse forciert würde, er
den Rückzug antreten müsse, da von einer wirksamen Verteidigung
unter solchen Verhältnissen keine Rede sein könne.
Am 8. Januar dürften die Stellungen des Corps im grossen
Ganzen die gleichen geblieben sein. Die Hauptmacht der Browne'-
schen Truppen steht am rechten Ufer der Neisse, während am
linken nur kleine Abtheilungen zur Beobachtung vorgeschoben sind
und Ottmachau von den bereits erwähnten fünf Grenadier-Com-
pagnien besetzt bleibt.
Am 3. Januar war G. d. J. Herzog von Holstein mit den
vor Glogau zurückgelassenen Musketier-Bataillonen des ersten
preussischen Corps auf dem linken Oder-Ufer vor Breslau einge-
troffen. Von der schweren Artillerie waren zwei zwölfpfiinclige
Kanonen und zwei fünfzigpfündige Mörser mitgeführt worden.
Diese Truppen erhielten auf dem linken Oder-Ufer bei Breslau
Quartiere.
König Friedrich II. hatte am 4. Januar bereits von Breslau
aus den GM. v. J e e t z e mit den Infanterie-Regimentern Bredow
und La Motte, nebst 3 Escadronen Bayreuth-Dragonern auf das
rechte Oder-Ufer setzen lassen. Bei dem Durchmarsch dieser
Truppen durch die Stadt kam es zu Auseinandersetzungen mit
den Behörden, weil der Durchmarsch nur compagnieweise statt-
finden sollte. Auf Befehl des Königs wurden daher zwischen der
Nicolai- und Oder- Vorstadt zwei Schiff-Brücken geschlagen, um
weitere Störungen zu vermeiden.
Der König selbst verliess am 6. Januar mit den Infanterie-
Regimentern Graevenitz und Jeetze, fünf Grenadier-Bataillonen.
dem Schulenburg'schen Grenadier-Regiment zu Pferde, zwei Esca-
dronen Bayreuth-Dragonern und der Escaclron Gensdarmes, zwei
zwölfpfündigen Geschützen und zwei fünfzigpfündigen Mörsern
die schlesische Hauptstadt und nahm die Marschrichtung südöstlich.
In Breslau blieb das Infanterie-Regiment Alt-Borcke zum
Schutze der dort zu errichtenden Magazine und des Spitals in der
Schweidnitzer Vorstadt zurück.
Während König Friedrich II. in den letzten December-
tagen nach Breslau geeilt war, hatte FM. Graf Schwerin, mit
dem rechten Flügel des ersten Corps gegen Neisse vorrückend, am
74
3. Januar die Linie Schweidnitz-Zobten erreicht. Ein Bataillon und
eine Escadron waren bereits bis Beichenbach vorgeschoben worden,
um einen Handstreich auf die Festung Glatz zu versuchen, womit
der König am 30. December schon den in seinem Gefolge befind-
lichen Obersten v. Camas beauftragt hatte. Letzterer rückte am
4, Januar mit diesem kleinen Detachement nach Frankenstein und
Hess von dort Recognosciermigs-Abtheilmigen gegen die Festung
vorrücken. Der am G. Januar zu diesem Behufe vorgehende
Capitain v. L e p e 1 gelangte, nachdem die abgebrochene Brücke
bei "Wartha wieder hergestellt war, auf der am rechten Neisse-Ufer
nach Glatz führenden Strasse bis zu einein starken Verhau, welcher
eine halbe Meile von der Stadt angelegt war und vertheidigt wurde.
Oberst v. C a m a s führte keine Artillerie mit, er sah die Un-
möglichkeit ein, mit seinen schwachen Kräften gegen die Stadt.
geschweige gegen die Festung auf dem Schlossberge irgend etwas
auszulichten und berichtete in diesem Sinne an den Feldmarschall.
Am folgenden Tage (T.Januar) unternahm Camas, nachdem noch
ein Bataillon des Infanterie-Regiments Syclow zu ihm gestossen
war, eine ßecognoscierung, die auch keine günstigere Anschauung
über die Sachlage bei ihm hervorgerufen zu haben scheint. *)
Hiemit hören die preussischen Berichte auf, die österreichischen
erwähnen dieser Glatzer Unternehmung kaum. Sie scheint aber
doch noch ein Nachspiel gehabt zu haben. Locale Quellen geben
an,2) Camas habe am 8. Januar noch einen weiteren Versuch
gegen die Festung gemacht.
Nach am Nachmittage des genannten Tages von Hassitz aus
vorgenommener ßecognoscierung sei er in der darauffolgenden
Nacht, mit aus der Gegend zusammengebrachten Leitern versehen,
gegen Glatz vorgerückt : doch seien die Truppen in der Dunkelheit
im Wartlia-Passe in Verwirrung geratheil, hätten sich gegenseitig
beschossen, wodurch die Festungs-Besatzung alarmiert und Oberst
Camas genöthigt worden, da die Ueberraschung nicht gelungen,
von einem weiteren Vorgehen abzustehen und nach Wartha zurück-
zumarschieren .
Einige Verwundete hätten die Preussen bei diesem Rückzuge
mitgeführt.
J) Kriege Friedrich d. Gr., I, 263.
2) Kögler, Chronik der Grafschaft Glatz, angeführt bei "Wiese. Die
militärischen Ereignisse in der Grafschaft Glatz während des ersten schlesischen
Krieges. (Zeitschrift des Vereines für Geschichte und Alterthum Schlesiens,
XIX. Bd.)
7".
Thatsächlicli schrieb übrigens Friedrich II. die Schuld des
Misslingens der Unternehmung dem Obersten v. Camas zu. Er
äusserte darüber : ,,Eben kommt Oberst Camas von Glatz zurück,
wo er sein Unternehmen verfehlte, weil er keine guten Massregeln
getroffen hatte." l)
C am a s rückte mit seinen Truppen am 13. Januar in Ottmachau
wieder zum Schwerin 'sehen Corps ein.
FM. Graf S ch wer in, selbst seit, dem 2. Januar in Schweidnitz,
gewährte am 4. seinen Truppen Rast.
Schon am 1. Januar hatte er mit Rücksicht auf die Nähe des
Gegners besondere Vorsichtsmassregeln angeordnet und diese in
den folgenden Tagen wiederholt den Truppen zur Pflicht gemacht.'2)
Am 5. rückte er in die Liirie Reich enbach-Nimptsch und am 6. bis
nach Frankenstein, wo sein Corps enge Cantonnierungen bezog.
Gegen Münsterberg und Ottmachau giengen Husaren-D etachements
zur Recognoscierung, auch um den Verkehr mit Glatz zu unter-
binden, vor.
Nachdem Schwerin in Erfahrung gebracht hatte, dass die
österreichischen Truppen bereits an und hinter der Neisse stünden,
beschloss er, gegen Ottmachau vorzugehen, hier den Fluss zu über-
schreiten, die Truppen der Königin anzugreifen und so die Unter-
nehmungen des Königs gegen die Plätze an der Oder zu unter-
stützen.
Die Unternehmung- auf Ohlau.
König Friedrich IL war am 6. Januar von Breslau über
Kattern nach Rothsyrben gerückt, hatte die Nacht zum 7. im
dortigen Schlosse zugebracht, sich an diesem Tage nach Marschwitz
J) Histoire de mon temps, ed. Posner, 220.
2) Der Befehl vom 1. Januar lautete : „Die Regimenter werden hiermit
avertiert, dass wir uns dem Feinde immer mehr nähern und ihre Truppen
nicht über vier Lis fünf Meilen vor uns stehen. Sie haben also wohl auf ihrer
Hut zu sein, die Barsche müssen sich nicht mehr alle ausziehen, wohl in-
formiert werden, wo und wie sie auf den geringsten Alarm sich zu versammeln
haben. Ein Stabsofficier muss des Nachts die Wachen und Pikets visitieren^
die Infanterie kann auch zu unserer precaution einige Ober- und Unterofficiere
auf Bauernpferden voraus patrouillieren lassen. Auf den geringsten Alarm
müssen die Wachen sofort im Gewehr sein und ihren Posten bis auf den
letzten Mann defendieren : das Piket eilet der Wache gleich zu Hilfe und
muss sich staudhaft maintenieien, bis die Bataillons ihnen zu Hilfe kommen."
Kriege Friedrich d. Gr., I, 131, Anhang Nr. 20.
76
begeben und hier die Meldung des am 6. Januar gegen Ohlau
in Begleitung einer Escadron entsendeten Obersten Dumoulin
erhalten. Auf diese hin wurde eine Unternehmung gegen Ohlau
beschlossen. x)
Die Bewegungen des Königs in diesen Tagen erscheinen als
ein langsames Vorwärtstasten gegen Osten und Süden, da man
über die Stärke und die Stellungen der österreichischen Truppen
zu jener Zeit im preussischen Hauptquartier nicht genau unter-
richtet gewesen sein mag, es auch immerhin möglich schien,
dass die ersten anrückenden Verstärkungen das Corps des FML.
Grafen Browne schon erreicht hatten und dieser selbst gegen die
nicht allzu starke Heeres-Abtheilung des Königs einen Offensiv-
Stoss versuchen konnte. In dieser Absicht dürfte die Vorrückung
ä cheval der Strasse Breslau-Strehlen ausgeführt worden sein und
es deutet Manches darauf hin, dass die Hauptmacht dieses kleinen
preussischen Corps an der Hauptstrasse nach Strehlen Stellung
nahm, 2) dort weiter gegen Süden und Osten aufklärte und, als
durch die Recognoscierung am G. Januar die Gegend bis Ohlau
schon von den 0 esterreichern verlassen gefunden ward, erst dann
die Expedition gegen diesen Platz unternommen wurde.
Du m o u 1 i n's Recognoscierungs - Bericht veranlasste Fried-
rich H. noch zu anderen Verfügungen. Nachdem Browne's Rückzug
an die Neisse dadurch constatiert worden, war es wichtig, Schwerin,
welcher mit den Truppen Browne's zuerst in Contact treten konnte,
zu verstärken. Es gierigen desshalb 6 Escadronen der Schulenburg-
Grenadiere zu Pferde zu ihm ab, wobei er gleichzeitig in Kenntniss
gesetzt wurde, dass nach der Einnahme von Ohlau noch einige
Infanterie-Bataillone ihm zugesendet werden würden. Der König-
betonte in dem Schreiben vom 7. Januar an den Feldmarschall,
dass es wichtig sei, sich der Festung Neisse schnell zu bemächtigen.
da man Neipperg zuvorkommen müsse, der nach aus Wien ein-
getroffenen Nachrichten seine Truppen hinter der Neisse aufmar-
schieren lassen wolle. 3)
Sodann erhielt Erbprinz Leopold von A n h a 1 1 vor Glogau
den Befehl, die gesanimte Artillerie, die sich dort befinde, nach
Neisse zu senden und Bavreuth-Dragoner folgen zu lassen, sobald
:) „Lettres d'un officier prussien."
2) Eine Skizze der Bewegungen, in diese Zeit fallend, verzeichnet die
Yorrückung auf der directen Strasse Breslau-Strehlen. Krieg gegen Preussen.
Xr. 2. Kart.-Abth. des K. A.)
3) Kriege Friedrich d. Gr. I, 25^.
77
Platen-Dragoner eingetroffen seien. Drei Escaclronen rjreussischer
Husaren und eine Escadron Leib-Husaren sollten von dort zum
Corps des Königs stossen. *)
Die Befestigung der an dem gleichnamigen Flüssehen gelegenen
Stadt Ohlau, deren Vorstädte sich bis an die Oder ausdehnten,
bestanden in einem trockenen Graben und einem an mehreren
Stellen zerstörten Wall. Das Schloss scheint ziemlich fest gewesen
zu sein.2) Die Zahl der Einwohner dürfte in jener Zeit 17 — 1800
erreicht haben.3) Oberst Baron Formentini mit drei Com-
pagnien, wovon eine Compagnie seines Regiments und je eine
Compagnie von Botta und Browne, zusammen 350 Mann stark,
bildeten die Besatzung.
An den Fortincationen waren wohl durch den Ingenieur-
Lieutenant Schubart einige Reparaturen vorgenommen worden;
aber zu spät begonnen, konnten dieselben keinen wesentlichen
Einfluss auf die Widerstandsfähigkeit des Platzes mehr üben.
Seit Anfang des Jahres wurden die Bürger und Bauern der
Umgegend zur Schanzarbeit herangezogen ; am 6. Januar hatte der
Festungs-Commandant die bewaffnete Bürgerschaft gemustert und
am 7. Januar dieselbe zur Besetzung des Walles verwendet. 4)
Am ebengenannten Tage nahmen 8 preussische Grenadier -
Compagnien in dem jenseits der Ohlau liegenden Dorfe Baumgarten
Stellung ; am 8. Januar kam der König selbst von Marschwitz in
die Vorstädte von Ohlau und Hess unter Cornmando des General-
Majors v. Kleist weitere 12 Compagnien dort postieren.
J) Ebendort.
2) ,,Son cbäteau est passable et ne peut se prendre qu'avec du canon."
Histoire de mon temps (Redaction von 1746) ed. Posner, 219.
Oblau wurde im Jabre 1638 befestigt und rnuss nach einem vom Jahre
1675 vorliegenden Plane (Tafel III) um die Mitte des XVII. Jahrhunderts
ein ziemlich fester Ort gewesen sein. Es besass nach diesem Plane sogar am
rechten Oder-Ufer eine kleine Sternschanze als Brückensperre. Von der Ohlau,
beziehungsweise von der Kehle der Stadt, liefen zur Sicherung der Vorstädte
Circumvallations-Linien bis an die Oder. Die massiven Baulichkeiten des
Schlosses waren von einem in Erde ausgeführten Hornwerke umgeben. Im
Jahre 17-11, aus welcher Zeit kein Plan von Ohlau auffindbar war, dürfte die
Verteidigungsfähigkeit des Platzes nach Analogie der anderen schlesischen
Festungen eine sehr verminderte gewesen sein.
3) Zimmermann, Beiträge zur Beschreibung von Schlesien, I. 31.
Brieg 1783.
4) Schlesische Kriegs-Fama, VII, 27.
78
Gleichzeitig wurde der Commandant aufgefordert, den Platz
zu räumen.
Oberst Baron F o r m e n t i n i schickte die Ant wort zurück,
<lass er den Posten zu behaupten Willens sei.
Der König liess in Folge dessen zwei 12-Pftmder und zwei
50-pfündige Mörser in Stellung bringen und traf die Dispositionen
für den am folgenden Tage zu unternehmenden Angriff.
Um 4 Uhr Nachmittags sandte jedoch der Festungs-Comman-
dant, ganz im Widerspruche mit seiner ersten Erklärung und von
Beweggründen geleitet, über welche die vorhandenen Acten keinen
Aufschluss geben, zwei Ofnciere zu den preussischen Vorposten,
um Uebergabs-Verhandlungen anzuknüpfen. König Friedrich EL.
schickte diese Ofnciere mit seinem General-Adjutanten Oberst
Borcke nach Ohlau zurück. Im Laufe der Nacht wurde sodann
zwischen Oberst Baron Formentini und Oberst v. Bor c k e die
Capitulations-Uebereinkunft geregelt. *)
Welche Befehle FML. Graf Browne bezüglich der Ver-
theicligung Ohlau's gegeben, ist heute ebenfalls nicht mehr auf-
zuhellen. Unter allen Umständen hatte aber Oberst Baron F o r-
mentini sicher nicht die Weisung, den Platz zu übergeben, ohne
dass ein Schuss von dessen Umfassung gefallen.
Es ist vielmehr mit ziemlicher Sicherheit, anzunehmen, dass
Browne diese Stadt gehalten wissen wollte. Denn er hätte sie
sonst wahrlich nicht mit Garnison versehen und in Vertheidigungs-
zustand setzen lassen. Uebrigens äusserte FML. Browne dem
General Picc olomini gegenüber am 7. Januar den Wunsch,
wenn es noch Zeit sei, was er kaum glaube, den Obersten Baron
Formen tini aus der Festung zu ziehen und deren Commando
dem Hauptmann Lagelberg zu übergeben. Eine Verfügung, die
eben nicht mehr durchführbar war.
Politische, wie militärische Gründe sprachen ausserdem für
lue Erhaltung Ohlau" s.
So lange die befestigten Orte in österreichischer Gewalt
blieben, konnte von einer vollkommenen Besitzergreifung Nieder-
Schlesiens durch preussische Truppen nicht die Eede sein.
Militärisch war Ohlau wichtig in Rücksicht auf seine nahe
Lage zur Oder. Die Brücke, welche es mit dem rechten Fluss-Ufer
!) Anhang XI deren Wortlaut. Die Urkunde ist ausser den Leiden Con-
trahierenden noch von je vier Officieren der beiderseitigen Armeen gezeichnet.
7!»
verband, machte es zur Anlegung von Magazinen und Aut-
stapelung von Vorräthen besonders geeignet. Es ermöglichte den
Uferwechsel und konnte als Debouche-Punct eines aus Ungarn am
rechten Oder-Ufer vorrückenden Corps nützlich werden, niusste
ausserdem aber auch in Rücksicht gezogen werden für den even-
tuellen Anmarsch polnischer Hilfsvölker, wenn, wie man damals
hoffte, der Churfurst von Sachsen, König von Polen, sich zu Gunsten
Oesterreichs erklären und activ am Kriege sich betheiligen würde.
Unter allen Umständen war der Verlust Ohlau's schwerwiegend
und die Wichtigkeit des Platzes wurde von den Preussen sofort
durch Anlage bedeutender Magazine und Depots ausgenützt.
Oberst Baron Formentini muss aber selbst gefühlt haben,
dass diese Uebergabe, bei welcher zwar die Truppe, nicht aber das
Object gerettet worden, doch wohl nicht zu rechtfertigen sei, denn
er suchte um Urlaub nach, den ihm FML. Browne auch ertheilte
und resignierte im Monate Februar ,,gebrechlichkeitshalber'; auf
seine Charge. Oberst Baron Hagenbach vom Regimente Wurm-
brand, luterims-Commandant in Kufstein, erhielt in Folge dessen
das Commando des Harrach'schen Infanterie-Regiments. 1 )
Am Vormittage des 9. Januar kam der König in die Vorstadt,
wo ihn ein von Wien kommender Courier traf2) und nahm gegen
*) Die Sache wird erklärlicher, wenn man annimmt, dass FML. B r o w n e
diesen Stabsofficier, den er ursprünglich zum Commandanten von Ohlau be-
stimmte, nicht genügend gekannt habe. Darauf deutet auch ein Erlass des
Hof-Kriegsrathes vom 4. Januar an Brown e, worin demselben aufgetragen
wird : „In Ohlau nicht mehr Besatzung als unumgänglich nothwendig zu be-
lassen, dann statt des allda befindlichen Obersten, einem Oberstwachtmeister
oder tüchtigem Subalternen das Commando aufzutragen." (H. K. B. Begist.-
Prot. 1741, Folio 20.) In Folge dieses Erlasses erfolgte dann der Auftrag an
Piccolomini, die Commandanten zu wechseln, was aber nicht mehr
gelang.
2) Wie verworren zu dieser Zeit die Verhältnisse noch lagen, bewe
unter anderem auch die fortdauernde Berichterstattung an den König von
Preussen seitens seiner Gesandten in Wien, während in Schlesien schon der
Kriegszustand herrschte. Der oben erwähnte Courier, vermuthlich der
preussische Kriegsrath Kirch eisen, für dessen Absendung am 6. Januar
der preussische Gesandte Graf Gotter einen Pass angesucht hatte, kam von
Wien und zwar musste er, um zum Könige zu gelangen, die österreichischen
Linien passieren. Zu dieser Zeit weilten in Wien noch die beiden Gesandten
des Königs, Gotter und Borcke. Als sie nun Mitte Januar diese Haupt-
stadt verlassen mussten, schlugen sie nicht die Boute über Dresden iiu.
sondern reisten direct [zum Könige nach Schlesien über Olmütz, wobei
die österreichischen Stellungen und Trupp eir-Versammlungsorte berührten,
80
11 Uhr mit etwa 2000 Grenadieren bei dem Brieg'schen Thore
Aufstellung.
Der Commandant des Platzes, Oberst Baron Formentini,
marschierte mit seiner Garnison von 350 Mann ans diesem Thore
ab, der Truppen-Colonne folgten die Bagagen. Von den Abziehenden
desertierten 80 bis 100 Mann theils sogleich, theils während des
Marsches und traten in preussische Dienste.1)
König Friedrich IL führte sodann die Truppen in die
Stadt, ritt auf das Schloss und rückte mit dem Infanterie-Kegi-
ment Jeetze, drei Grenadier-Bataillonen, zwei Escadronen Schulen-
burg-Grenadieren, 1 Escadron Gensdarmen und vier schweren Ge-
schützen nach dem 14 Kilometer entfernten Klein-Oels, wo das
königliche Hauptquartier vom 9. bis zum 10. Januar blieb.
Den GM. v. Kleist detachierte er mit dem Infanterie-
Eegimente Graevenitz, zwei Grenadier-Bataillonen Wylich 2) und
Düring, zwei Escadronen Schulenburg-Grenadieren und 2 Esca-
dronen Bayreuth-Dragonern zur Einschliessung von Brieg. König
Friedrich selbst traf am 10. Januar in Grottkau ein.
Ein Hauptmann mit einer Grenadier-Compagnie wurde als Be-
satzungstruppe für Ohlau bestimmt.
Die Kämpfe um Ottmachan. 3)
FM. Graf Schwerin hatte am 6. Januar die Gegend von
Frankenstein erreicht, E-ecognoscierungen über die Stellung des
B r o w n e'schen Corps vornehmen und am 7. die Truppen rasten
lassen. Am 8. gelangte er bis in die Linie Liebenau-Lindenau-
Münsterberg. Beim weiteren Vorrücken an die Neisse, das am 9.
von Lobedau, Lindenau und Kamnig in der Eichtung auf Ottmachau
erfolgen sollte, musste es nun zum Zusammenstosse mit den öster-
reichischen Truppen kommen.
Die Positionen, welche die Brown e'schen Truppen am 9. Januar
einnahmen, hatten sich seit 7. nicht wesentlich geändert.1)
Nach Abgabe von 1 Bataillon Browne und 3 Compagnien
Grünne zur Verstärkung der Besatzung der Festung Neisse, ver-
fügte der commandierende General noch über die 5 Grenadier-
') König Friedrich IL soll den abziehenden Mannschaften Geld geboten
haben für den Uebertritt. Beweise für diese Erzählung finden sich nicht vor.
2) Eine Compagnie des Bataillons war, wie erwähnt, in Ohlau zurück-
geblieben.
3) Siehe Tafel III.
4) Siehe S. 72 und Tafel II.
81
Compagnien der Regimenter Franz Lothringen, Harrach, Browne
und Grünne, welche zu Ottmachau standen, dann über 2 Bataillone
Franz Lothringen, 2 von Harrach, 1 von Browne und das Liechten-
steinische Dragoner-Regiment ; ausser den Grenadier-Compagnien
zusammen etwa 2500 Mann zählend. x)
Fünf Escadronen Liechtenstein-Dragoner standen auf der
Strasse von Ottmachau nach Frankenstein in Ellguth und Sarlowitz,
die erwähnten fünf Grenadier-Compagnien in oder bei Ottmachau.
Mit der Position von Ottmachau wurde der Zweck verfolgt, die
Neisse-Brücke zu vertheidigen ; zur Hand standen am rechten Ufer
dieses Flusses in Stübendorf, Mösen, Brünschwitz und Würben
2 Bataillone von Harrach; ob die übrigen Truppen, über die Brown e
noch verfügte, am 9. Januar aus ihren Stellungen vom 7. Januar
näher an die Strasse Ottmachau-Weidenau, um ä portee zu sein,
gezogen worden waren, ist nicht vollständig constatiert, aus einer
Aufzeichnung lässt es sich jedoch annehmen. 2)
Am 9. Januar gegen acht Uhr Morgens setzten sich die Truppen
des FM. Grafen Schwerin in Marsch. Sie bestanden unter den
Generalen Bredow und La Motte aus den Infanterie-Regi-
mentern Kleist, zwei Bataillonen Markgraf Heinrich, den ersten
>) Vom 1. November 1740 (zu welchem Termin das „Militärjahr" begann),
war der Stand der Infanterie-Eegimenter von 2300 Mann auf 2000 Mann
herabgesetzt worden und zwar durch Verminderug des Standes der Füsilier-
Compagnien von 140 auf 120 Mann. Die Grenadier-Compagnien hatten den
Stand von 100 Mann beibehalten (K. A.; Hofkriegsräthliche Acten, 1711; II, 3.)
Aber auch diesen Stand erreichten die Eegimenter im Laufe des Winters und
auch im Frühjahre trotz der fortgesetzten Werbungen nicht. Die Standesziffern,
welche die im Felde stehenden Infanterie-Regimenter später aufwiesen, variierten
zwischen 1300 bis 1900 Mann. Die Bataillone des schlesischen Corps, die
damals an der Neisse standen, müssen aber bedeutend unter dem SoUstande
gewesen sein und können mit dem Dragoner-Regimente, von dem ja auch
schon detachiert war, nicht mehr als höchstens 2500 Mann betragen haben. -
Am 20. Januarhabe Browne, nach einem Briefe Lentulus' an Secken-
dorff, in Jägerndorf 2000 Mann Infanterie und das Liechtenstein'sche Dragoner-
Regiment gehabt, damals waren aber schon weitere Abtheüungen von Grünne
beim Corps eingetroffen. Ein anderer zeitgenössischer Bericht vom 25. Januar
sagt ebenfaUs: „Browne sei höchstens 2000 Mann stark." (H. H. u. St. A. .
Geschriebene Zeitungen, Fase. 17.)
2) Fähnrich Lutsch vernimmt im Bro\vne:schen Hauptquartier in
Neustadt, dass die Bataillone und das Cavallerie-Regiment zwischen der
Festung Neisse und dem Schlosse von Ottmachau vertheilt gelegen und hat
dies in seinem Tagebuche aufgezeichnet. (Entfernung beider Orte 11 Kilo-
meter; K A., Böhmen 1711; XIII, 2.)
Oesterreichischer Erbfolgekrieg. II. Bd. 6
82
Bataillonen der Regimenter Sydow und Schwerin und dem Regiment
zu Pferde Prinz Friedrich.
Die Avantgarde war gebildet aus einer Abtheilung Husaren,
50 Pferden vom Reginiente Prinz Friedrich und einem aus Mann-
schaften sämmtlicher Bataillone zusammengesetzten Detachement
von 200 Mann.
Die Husaren giengen gegen Ellguth vor ; mit den übrigen
Truppen der Avantgarde trat Schwerin den Marsch in gleicher
Direction über Matzwitz an, während die Infanterie des Gros von
ihren Rendezvous-Plätzen aus folgte.
Die in Ellguth und Sarlowitz gestandenen fünf Escadronen
Liechtenstein-Dragoner hatten sich bei Annäherung der preussischen
Avantgarde zurückgezogen. Hinter letzterem Orte wurden sie von
dem Husaren-D etachement angegriffen, in der Absicht, sie bis zum
Herankommen des Gros der preussischen Cavallerie festzuhalten.
Bei dieser Melee blieben der preussische Husaren-Lieutenant
Milowitz und ein Husar, ein Unterofncier wurde verwundet.
Die Dragoner verloren in diesem Rencontre zwei Mann und zogen
sich langsam und in steter Gefechtsbereitschaft auf das rechte Ufer
des Neisse-Flusses zurück, wo sie von Abtheilungen des Regiments
aufgenommen wurden, welch' letztere sodann auch durch preussische
Infanterie Feuer erhielten.
Zur Deckung dieses Rückzuges griffen nun, da inzwischen die
preussische Infanterie auf dem Gefechtsfelde angelangt war, die in
Ottmachau stehenden fünf Grenaclier-Compagnien in das Gefecht
ein. Hauptmann Friedrich Carl Baron Müffling von Grünne
commandierte dieselben.
Welche Instruction derselbe bezüglich dsr Stellung bei Ott-
machau von FML. Grafen Brö w n e erhalten hatte, ist nicht bekannt;
zu vermuthen steht, dass er den Neisse-Ueb ergang vertheidigen,
die Cavallerie aufnehmen und sich dann selbst zurückziehen sollte.
Das Gefecht dürfte von Sarlowitz aus sich rechts von der Strasse
nach Ottmachau über die Wiesen direet gegen die Neisse-Brücke
gezogen haben. Dadurch scheint die österreichische Infanterie
tourniert, in der Stadt festgehalten und von der Neisse-Brücke
abgedrängt worden zu sein. *■)
*) ,,Le regirnent de Kleist füt commande pour faire Je tour de la ville
et se saisir an plus vite du grand pont." Lettre* d'un officier prussien.
„Hierauf wurden fünf Grenadier-Compagnien in das Schloss geworfen und
der Rest der Cavallerie und Infanterie zurück gegen die Festung Neisse ge-
zogen." Lutsch' Tagebuch. K. A. Böhmen 1741, XIII. 2.
83
Auch die an der Brücke jenseits der Neisse stehende öster-
reichische Infanterie betheiligte sich am Feuergefechte, wobei drei
Mann blessiert wurden. l)
Das Regiment Kleist, das bei seinem Vorrücken gegen die
Neisse-Brücke Gewehrfeuer aus dem Schloss erhalten, hatte bereits
einige Verluste erlitten. Es wendete sich nun gegen die Stadt,
gegen die von Norden her auch das Regiment Markgraf Heinrich
rückte. Nach einigen Kanonenschüssen gelang es, die Thore zu
sprengen und Abtheilungen des Regiments Kleist drangen zuerst,
nach heftiger Gegenwehr seitens der Oesterreicher in das Städtchen
Ottmachau, während sich die Vertheidiger in das Schloss zurück-
zogen. 2)
Die nun nach und nach anlangenden drei preussischen
Bataillone (Regiment Kleist und zwei Bataillone Markgraf Heinrich)
nisteten sich in jene Häuser und Strassen ein, welche am wenigsten
dem Feuer seitens der Vertheidiger des Schlosses ausgesetzt waren.
FM. Graf Schwerin liess acht Feldgeschütze gegen das
Thor des Schlosses richten, um dasselbe einzuschiessen, was mit
den dreipfündigen Geschützen jedoch nicht gelang.
Mehrere Verwundungen kamen preussischerseits hiebet vor.
Ingenieur-Major de Rege ward tödtlich getroffen.3)
FM. Schwerin befahl nun einem Lieutenant des zweiten
Bataillons Markgraf Heinrich, mit den Zimmerleuten gegen das
Schlossthor vorzugehen und dasselbe zu sprengen. Auch dieser
Versuch, bei welchem fast alle Zimmerleute verwundet wurden, miss-
lang und der Officier musste auf S c h w e r i n's Befehl zurückgehen.
Auf beiden Seiten wurde das Feuer nun eingestellt und am
Nachmittage sendete Schwerin seinen Adjutanten, Major
:) Nacli Lutsch' Tagebuch.
-) Dieses Schloss war übrigens nur ein mit Graben umgebenes Gebäude
festerer Bauart. Zeitgenössische Berichte schildern es wie folgt: „Qual pero
non e che ima semplice casa die campagna circondata di fosso de cardinale
Zinz endorff." Nach Capello's Bericht vom 21. Januar 1741. — „Die
Garnison von diesem Ort, so eigentlich nur ein Lustschloss des Bischofs von
Breslau sein soll, ist zu Kriegsgefangenen gemacht worden." Geuder,
Berichte an den Prinzen von Oranien, herausgegeben von Christian Heye r, 27.
— Die Sclüesische Kriegs-Fama, Beilage Nr. 4, 21 und 22, sagt, dass das
Schloss „mit einer dicken Mauer und sogenanntem Zwinger umgeben ist",
3) Lettres. — Zehn Mann, nach dem „Tagebuche eines Officiers der
Armee Friedrich d. Gr." in „Materialien zur Geschichte des ersten sclilesisclu'n
Krieges". Zeitschrift für Kunst, Wissenschaft und Geschichte des Krieges.
XIX. Major de Rege erlag am 10. Januar seinen Wunden.
6*
84
v. B u g g e n li a g e n, mit seinem Tambour an das Schlossthor, um
die Garnison zur Uebergabe aufzufordern.
Dieser Stabsofficier wartete dort lange vergeblich auf Antwort
und kehrte endlich unverrichteter Dinge zurück, worauf der Feld-
marschall denselben noch ein zweites Mal zum Schlosse schickte.
Bei dieser Gelegenheit soll auf Major v. Buggenhagen Feuer
gegeben, dessen Pferd verwundet und dem Tambour die Trommel
durchgeschossen worden sein. r)
Diese allerdings dem Kriegsgebrauche nicht entsprechende
Handlungsweise wurde von den Officieren der Garnison bedauert
und als der Fehler eines neuen und unwissenden Unterofnciers
entschuldigt. 2)
Während der Nacht liess FM. Schwerin den grössten Theil
der Truppen in der Stadt in Gefechtsbereitschaft, während die
übrigen in den nächsten Dörfern cantonnierten.
Am 10. Januar wurde die Beschiessung des Schlosses aus
Feldgeschützen fortgesetzt. Die Besatzung ohne Artillerie unter-
hielt lebhaftes Gewehrfeuer auf die Angreifer.
Da indessen das Artilleriefeuer doch bereits zahlreiche Be-
schädigungen an den Mauern des Schlosses verursacht hatte, sendete
Hauptmann Baron Müffling zwei Offi eiere mit Capitulations-
Anträgen zum Feldmarschall. Der Commandant gedachte gegen
Uebergabe des Schlosses für die Garnison den freien Abzug zu
erwirken und sie so der Armee der Königin zu erhalten.
FM. Graf Schwerin behielt diese Officiere zurück und sandte
dagegen bis zur Erledigung der Verhandlungen seinerseits einen
Hauptmann in das Schloss, da er in der Angelegenheit keine selbst-
ständige Entscheidung treffen, sondern diese dem Könige, dessen
Hauptquartier sich an jenem Tage in Grottkau befand, überlassen
wollte.
Auch der 11. Januar vergieng, ohne dass die Unterhandlungen
weitere Fortschritte gemacht hätten. Friedrich II. kam an
2) Die Erzählung in der „Schlesischen Kriegs-Fama", VII, 39 (ein ab-
gedruckter Brief vom 10. Januar 1711 eines Herrn v. Sebottendorf, welcher
wahrscheinlich als Marsch-Commissär im preussischen Hauptquartier anwesend
war), weicht von jener in „Kriege Friedrich d. Gr." und in den „Lettres" in-
sofern ab, als nach letzteren Major v. Buggenhagen nur einmal beim
Schlossthor gewesen wäre. Die „Schlesische Kriegs-Fama" sagt, dass beim
zweiten Male, als der preussische Stabsofficier erschien, „auf ihn zu drei-
malen Feuer gegeben worden".
2) Lettres.
85
diesem Tage mit seinen Truppen in die G-egend von Neisse und
nahm Quartier in Nowag, acht Kilometer von Ottmachau. Er
schrieb am Nachmittage dieses Tages an S c h w e r i n, dass er ihm
die Kanonen und Mörser sende, über deren Gebrauch gegen das
Schloss er genaue Weisungen erth eilte ; eine Uebergabe solle Hin-
auf Gnade und Ungnade stattfinden. Auch werde er Jäger schicken,
welche mit ihren gezogenen Carabinem die Fenster des Schlosses
unter Feuer nehmen könnten. An die Soldaten solle Fleisch,
Wein und Branntwein vertheilt werden, um sie bei guter Laune
zu erhalten.1)
In der Nacht langten die in Aussicht gestellten Geschütze:
zwei Zwölfpfünder und zwei fünfzigp fündige Mörser an und
Schwerin traf noch in der Nacht alle Anordnungen, um bei
Tagesanbruch die Beschiessung zu beginnen.
Am frühen Morgen des 12. Januar kam jedoch König
Friedrich II. selbst nach Ottmachau und liess dem Comman-
danten des Schlosses eröffnen, class er nur auf Basis der Uebergabe
als Kriegsgefangene verhandeln werde.
Nachdem dies in Anbetracht der Aussichtslosigkeit fernerei
Vertheidigung in Folge des Mangels an Lebensmitteln und Munition
und da auch das nach dem Schlosse führende Böhrennetz der
Wasserleitung durch die Preussen abgeschnitten war, von Seite
der Garnison zugestanden worden, kam die Capitulation in der
AVeise zu Stande, dass der Besatzung der Ausmarsch aus dem
Schlosse unter klingendem Spiel und mit geschultertem Gewehr
bis zu dem Platze, wo sie die Waffen abzulegen hatte, zugestanden
wurde. Die Oberofficiere sollten ihre Waffen behalten. 2)
Die fünf Grenadier- Compagnien zogen in Folge dessen am
Nachmittage des 12. Januar mit klingendem Spiele aus dem Schlosse
auf den Marktplatz, wo drei preussische Bataillone standen, welche
bei ihrer Ankunft präsentierten. Sodann legte die Mannschaft die
Waffen nieder.
Die capitulierenden Compagnien hatten den folgenden Stand :
2 Comp, von Franz Lothringen . 1 Capitain, 3 Lieut., 100 Mann
1 „ Harrach 1 „ 2 „ 92 ..
1 „ Browne 1 „ 2 .. 62 „
1 „ Grünne 1 2 „ IG
Summe . . 4 Capitains, 0 Lieut.. 330 Mann.
J) Kriege Friedrich d. Gr., I, 261.
2) Wortlaut der Capitulation, Anhang XII.
86
Blessiert waren von Lothringen ein Mann, von Harrach ein
Mann, von Grünne ein Mann todt, einer blessiert. Der preussische
Verlust betrug einen Ofncier und acht Mann todt und mehrere
verwundet.
Die Gefangenen wurden über Striegau, Jauer, Liegnitz auf
Berlin dirigiert. x)
Der preussische Hauptmann v. Grumbkow reiste ohne Es-
corte mit den kriegsgefangenen Ofncieren nach Cüstrin ab. 2)
Dass die Königin Maria Theresia mit der Haltung des
Commandanten dieser Compagnien, dem Hauptmann Baron
Müffling, zufrieden war, geht aus dem noch im nämlichen
Jahre demselben ,,in Anbetracht früherer und auch laut der hierüber
in dem Herzogthume Schlesien eingelangten Zeugnisse zur voll-
ständigen Zufriedenheit geleisteten Dienste" bei seinem Regimente
verliehenen Oberstwachtmeister-Charakter hervor, dem im Jahre
1746 die Ernennung zum wirklichen Major folgte.3)
Bei dem gänzlichen Mangel an Berichten der bei der Affaire
von Ottmachau direct Betheiligten ist es sehr schwer, sich ein
richtiges Bild über die Beweggründe zu machen, welche die Be-
setzung dieses Punctes veranlassten.
Wohl mit Grund ist anzunehmen, dass FML. Graf Browne,
welcher nach einer Nachricht bis zur Annäherung des preussischen
Corps selbst in Ottmachau sich aufgehalten haben soll, 4) die
Grenadier-Compagnien im Vereine mit den Dragonern beauftragt
habe, die hinter der Stadt Ottmachau liegende Brücke über die
Neisse zu behaupten und ein Vordringen der Preussen über den
Fluss so lange als möglich zu verhindern, umso mehr, da er, ohne
Artillerie und kaum 2500 Mann stark, mit einem bedeutenden zu
bergenden Train belastet gewesen sein dürfte. Er hoffte dabei wohl.
J) K. A., Schlesien und Mähren 1741, I, ad -4, und H. H. u. St, A.. Staats-
kanzlei 14-b. Bericht Denieradt's vom 21. Januar 1741.
2) „Lettres."
s) K. A., Schlesien 1741, X, 47. — Das Ernennungs-Decret vom 13. Mai
1746 enthält den Passus: „bei allen Vorfallenheiten erwiesenen Vernunft,
Tapfer- und Geschicklichkeit". Ebendaselbst, Bestallungen 1746. Der Hof-
Kriegsrath hatte mit Erlass vom 25. Januar zur Kenntniss genommen, dass
die Grenadier-Compagnien sich „der einberichteten Umstände
halber" zu Kriegsgefangenen ergeben. K. A., H. K. R. 1741. Prot, Reg.
Fol. 164. Der Bericht selbst fehlt.
4) „Sohlesische Kriegs-Fama", VII, 37 u, 38.
87
dass nur die preussischen Spitzen an jenem Tage in das Gefecht
eingreifen und er sich nicht so bedeutenden Kräften gegenüber-
gestellt sehen würde.
Immerhin war die Verteidigung des Schlosses von Ottmachau,
wenn die beiderseitigen Stärkeverhältnisse in Betracht gezogen
werden, für die österreichischen Truppen und ihren Commandanten
nicht ohne Ruhm, was der Gegner durch die Bemerkung in der
Capitulation selbst mit den Worten anerkannte :
„Ihro Königliche Maj estät wüssten gar wohl, auf was Art man
ehrliche brave Leute tractieren müsse." J)
Auch die politische Situation war noch zu wenig geklärt und
in gewisser Beziehung nicht ohne Einnuss auf die militärischen
Massregeln.
Auf das bei der Einrückung in Schlesien verbreitete preussische
Patent, 2) von welchem der österreichische Hof erst am 20. December
1740 ein einziges Exemplar durch den in Glogau commanclierenden
FML. Grafen "Wallis erhalten hatte, war am 30. December ein
Circular an die auswärtigen Missionen ergangen, worin das Wiener
Cabinet die entschiedene Erklärung gab, dass der preussische Ein-
marsch nicht mit seinem Einverständnisse geschehe, wie es von
preussischer Seite ausgesprengt und hie und da geglaubt werde. 3j
Unter dem Drucke der Verhandlungen, die aber trotzdem in
Wien bis zum 5. Januar 1741 fortgeführt wurden, litten jedenfalls
auch die Weisungen an die Generale.
Die schwierige Lage, in welcher sich das österreichische ,,In-
terims-General-Militär-Commando" in Schlesien zu jener Zeit befand,
J) Der Commandant Hauptmann Baron Müffling scheint übrigens
vorn FML. Browne Auftrag erhalten zu haben (vermuthlich durch einen
arn 11. Januar mit Befehlen an ihn abgesendeten Postillon), auf eine Capi-
tulation (wahrscheinlich gegen freien Abzug) einzugehen. (K. A., H. K. R.
Prot. Reg. 15. Januar 1741. Fol. 93 und Lutsch' Tagebuch. K. A., Böhmen
1741 ; Fase. XIII, 2.)
'-') Siehe Anhang 1/2.
*) „Just von darum also ist in der doppelten Absicht, wie obvermeldet.
und um zugleich die schlesischen Inwohner ganz irr zu machen, nebst obigen
Freundschafts-Versicherungen der bekannte G o 1 1 e r anher gesendet worden
und zugleich ein in höchster Geheim zu Berlin gedrucktes, allschon den ersten
hujus datiertes Patent zum Vorschein gekommen : worin unter anderem ver-
sichert wird, dass der Einmarsch mit Unserer Einwilligung und Einverständnis s
geschehe und mit Uns in wirklicher Handlung und Correspondenz man ab
Seiten Preussen darüber begriffen sei." (H. H. u. St. A., Circulare an die Gesandten
ddto.Wien 30. December 1740. Fase. 36. Circularien an die Missionen.)
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darf bei Beurtheilung der Verhältnisse nicht ausser Acht gelassen
werden, denn FML. Graf Browne war der lebhaften Offensive
des preussischen Heeres gegenüber, in Anbetracht seiner kärglichen
Mittel, wahrlich nicht auf Rosen gebettet.
Die Kämpfe um Ottmachau bieten in tactischer Hinsicht
wenig Interesse; einen geschichtlichen Merkstein bilden sie jedoch,
da hier zum ersten Male im Beginne einer langen Reihe von Kriegs-
jahren die Gegner die Klinge kreuzten und politisch, wie militärisch
sind sie wichtig, weil, nach dem Verluste von Ottmachau, durch
die mit Glück ausgeführten combinierten Bewegungen, Nieder-
Schlesien bis an den Neisse-Fluss, mit Ausnahme von Glogau und
Brieg, sowie jenseits der Oder Namslau, nunmehr von dem preussischen
Heere oceupiert war und vorläufig diesseits der Neisse im freien
Felde kein eigentlicher Widerstand mehr der Invasions-Armee ent-
gegengestellt werden konnte.
König Friedrich H. vermochte daher zu der Blokierung
und Belagerung der festen, noch im österreichischen Besitze befind-
lichen Plätze zu schreiten und den Versuch zu machen, dieselben
vor dem Abmärsche einer Entsatz-Armee in seine Gewalt zu bringen.
FML. Graf Browne hingegen hatte nach dem Gefechte bei
Ottmachau sein kleines Corps bei der Festung Neisse versammelt
und trat den Rückzug nach Jägerndorf an. Am 11. Januar befand
sich das österreichische Hauptquartier bereits in Neustadt.
Die Truppen des FM. Schwerin blieben in und bei Ott-
machau, ausser den Regimentern Kleist und Markgraf Heinrich.
welche am 13. Januar auf das rechte Neisse-Ufer giengen, wohin
auch das Regiment zu Pferde Prinz Friedrich marschiert und nach
Brünschwitz vorgeschoben worden war. Die Truppen, welche unter
König Friedrich selbst herangerückt waren, nahmen auf dem
linken Neisse-Ufer gegenüber der Festung Stellung, nachdem schon
am Tage vorher einzelne Abtheilungen derselben den Kaninchen-
berg, eine nordwestlich der Festung gelegene Höhe besetzt hatten.
Angriff auf die Festung Neisse.
Der Commandant von Neisse, Oberst Baron Roth, hatte,
nachdem sich am «».Januar preussische Cavallerie am linken Neisse-
Ufer zeigte, die Bürgerschaft auf's Neue den Eid der Treue für die
Königin Maria Theresia ablegen lassen, am 11. die Festung-
gesperrt und am 1-2. Januar, als preussische Truppen, wie erwähnt,
den Kaninchenberg besetzt hatten, auch die auf dem rechten
89
Fluss-Ufer befindlichen Vorstädte abbrennen lassen, während die am
linken Ufer befindliche Vorstadt „die Mührengasse" noch erhalten
blieb.1) Die Festungs-Wälle liess Roth mit "Wasser übergiessen.
das siclr bei dem starken Froste alsbald in eine Eisdecke ver-
wandelte, die Gräben wurden durch Aufeisen offen gehalten.
Nachdem am 13. Januar einzelne preussische Abtheilungen
bei Ottmachau die Neisse überschritten und am rechten Ufer gegen
die Festung vorgegangen waren, wurde die Recognoscierung am
14. fortgesetzt.
Am andern Ufer von der Stellung des Kaninchenberges zur
Jerusalemer-Kirche vorgeschobene preussische Abtheilungen mussten
diese Position in Folge des Feuers aus der Festung aufgeben.
König F r ie d r i c h, der sein Hauptquartier in Ottmachau ge-
nommen hatte, liess am 15. Januar noch das Infanterie-Regiment
Schwerin auf das rechte Neisse-Ufer übergehen, um den Platz zu
cernieren. Ein Bataillon des Regiments kam nach Bielau, das
andere nach Wischke. Am linken Ufer standen vier Bataillone und
drei Escadronen.
Die Recognoscierungen hatten die Unmöglichkeit einer Er-
stürmung der Festung klargelegt. Nachdem aber eine Belagerung
in Folge des strengen Winters unthunlich war und man eine lang-
Avierige Cernierung vermeiden wollte, so blieb nur der Versuch,
die Festung durch Beschiessung zur Uebergabe zu bewegen. 2)
Dem König von Preussen lag ja in jener Zeit vor Allem
daran, Nieder-Schlesien mit allen seinen festen Plätzen in Besitz zu
nehmen, um dann auf Grund des uti possidetis verhandeln zu
können. Dieser Grund und die bisherigen raschen und glücklichen
Erfolge erklären auch die etwas übereilte und nicht genügend vor-
bereitete Unternehmung gegen die Festung.
Ein Artillerie-Commando von 3 Officieren, 518 Mann und 844
Pferden, dann 18 schweren Geschützen mit 154 Fuhrwerken unter
Führung des Majors von Merkatz war am S.Januar von Glogau
aufgebrochen und am 15. oder 16. Januar vor Neisse eingetroffen.
Sieben dieser Geschütze wurden an FM. S c h w e r i n und 4 an
GM. v. Jeetze nach Namslau abgegeben.
Die Batteriebauten auf den Anhöhen am linken Neisse-Ufer
konnten in dem hart gefrorenen Boden erst am 19. Januar voll-
endet werden. Die Beschiessung begann in Folge dessen am
') Siehe den Plan von Neisse, Tafel III.
2) Kriege Friedrich d. Gr. I, 268.
90
Vormittage dieses Tages und dauerte bis zum Morgen des 20. Die
Festung antwortete mit kräftigem Feuer. In der Stadt durch die
Bescliiessung entstandene Brände wurden bald wieder gelöscht.
Nach einer vergeblichen Aufforderung zur Uebergabe setzten
die Preussen am Nachmittage des 20. die Beschiessung wieder fort.
Während der Nacht und im Laufe des folgenden Tages liess
König Friedrich IL vier 18pfünclige Haubitzen und vier
50-pfündige Mörser näher an die Festung placieren, um Brandkugeln
in die Stadt zu werfen, wozu um Mitternacht das Feuer wieder
eröffnet und durch neun Stunden fortgesetzt wurde. Allein auch
diese Beschiessung führte zu keinem Ziele, da der im nördlichen
und nordwestlichen Theile der Stadt verursachte Schaden nicht gar
bedeutend war. Der Verlust der Besatzung betrug einige Mann,
jener der Preussen 1 Unterofncier und 4 Mann vom Eegimente
Derschau und 1 Husar. Aus Neisse waren etwa 800 Kanonenschüsse
gefallen, die Preussen hatten 1772 Geschosse in die Stadt geworfen. l)
Die Beschiessung wurde am 21. Januar ganz aufgehoben und
König Friedric h beschloss, die um Neisse versammelten Truppen
grösstentheils in Winter-Quartiere zu verlegen, die Festung aber
eingeschlossen zu halten. Am Nachmittage des 22. wurden die
Geschütze aus den Batterien entfernt und die Batterie-Bauten
zerstört ; am 23. begann der Abmarsch der Truppen. 2)
Rückmarsch des FML. Grafen Browne und die Yertheidigungs-
Massnahmen in Mähren.
Während die preussischen Truppen Nieder-Schlesien bis an
die Neisse invadiert hatten, wurden in Mähren die Vertheidigungs-
Anstalten mit Eifer in das Werk gesetzt, um dem Gegner den Eintritt
in diese Provinz zu wehren und den Aufmarsch der in der Formierung
begriffenen Operations-xArmee, sowie die Anlage der nothwendigen
Magazine zu sichern.
Für die mährische Grenze war ein ausgedehntes Cordon-System
geplant. Erlässe der Königin ergiengen am 14. und 15. Januar
an die Landes-ßegierung in Brunn, welche den Befehl enthielten,
die Grenze gegen Friedek bis Goldenstein (15 Meilen Luftlinie)
mit Landbevölkerung in der Stärke von 2000 Mann zu besetzen,
*) „Neisse hat viel gelitten, seine Haltung war über alles Lob eivhaben,"
sehrieb FML. Graf Browne am 29. Januar aus Weisskirchen an .GrFWM
Grafen Piccolomini. (JFürstl. Schaumburg-Lippe'sches Archiv).
2) Kriege Friedrich d. Gr. I. 368 u. ff.
91
um Mähren gegen die feindlichen Streifungen zu schützen
und die im Lande in der Errichtung begriffenen Magazine zu
sichern. Zu diesem Zwecke sollte in der genannten Strecke
ein Cordon gezogen und beherztes Landvolk zu dessen Be-
setzung unverzüglich aufgeboten werden. Mit Waffen und Muni-
tion würde dasselbe betheilt werden. Sobald einige hundert
Mann beisammen, sollten diese sofort abgesendet und das regste
Einvernehmen mit FML. Graf Browne gepflogen werden. Die
Hauptgruppen seien in vier Orten aufzustellen, jedoch Alles in
fortlaufender Linie so zu besetzen, dass ein Theil den andern bald
unterstützen könne. Gleichzeitig hatten Oberstwachtmeister Schmidt
und Hauptmann Laugen vom Ingenieur-Corps Befehl erhalten,
sich nach Mähren zu begeben und die Einrichtung dieses Cordons
zu besorgen. Zu Commandanten sollten womöglich gediente Offi-
ciere, die im Lande ansässig, bestimmt werden.
Der Landeshauptmann GrafKaunitz conferierte in Folge
dieser Befehle am 16. Januar mit den Mitgliedern der Landesregie-
rung, sowie dem Landes-Ausschusse und lud zu dieser Conferenz von
Militärs auch den commandierenden General in Mähren, FML. Grafen
Zinzendorf, den sich zur Zeit in Brunn befindlichen GFWM.
Johann Franz St. Ignon und den Ober-Landes-Ingenieur Oberst
de Peroni ein. Die Olmützer und Prerauer Kreishauptleute er-
hielten am 17. Januar bereits die erforderlichen Weisungen und
die Befehle, in den Waldungen Verhaue sogleich anlegen zu lassen ;
und wo dieselben anzulegen unthunlich, Posten von Landvolk auf-
zustellen.
Zu commandierenden Officieren wurden zwei Edelleute aus
dem Prerauer Kreise, der Freiherr Christoph v. Minkwitzburg
und Johann v. B arth o dey sky, bestimmt und nach Brunn
berufen.
Die obrigkeitlichen Jäger und Heger sollten aufgeboten und
um Weisskirchen und Leipnik postiert werden. x)
Der Commandant der in der Versammlung begriffenen
Operations-Armee, FZM. Graf Neipperg, weilte in Wien, um
hier an Ort und Stelle das Anrücken der Regimenter, sowie die
Bereitstellung der mannigfachen Bedürfnisse persönlich zu betreiben.
Ueber die aus Schlesien im Rückmarsche befindlichen Truppen,
sowie über jene, welche in Mähren successive einrücken sollten.
') Acten der k. k. Stattlialterei in Brunn.
92
behielt FML. Graf Bro w n e die Befehlsführung unter der offi-
ciellen Bezeichnung „Interims-General-Militär-Commando''.
Als Mittelsperson zwischen sich und der letztgenannten Armee-
behörde verwendete der Ober-Commandant den GFAVM. Baron
Lentulus, *) welcher seines besonderen Vertrauens sich erfreute
und am 7. Januar 1741, nachdem er in Wien den fast täglich statt-
findenden Conferenzen beigewohnt hatte, mit Vollmachten und In-
structionen ausgerüstet, zum Corps des FML. GrafenBrowne abreiste.'- 1
Am 8. in Olmütz angekommen, besprach er dort am fol-
genden Tage mit dem Kreishauptmann Baron S c h u b i r z die
Errichtung des Haupt - Magazins, Ankauf von Getreide, Bei-
stellung des Brodes, hauptsächlich aber die Besetzung der Haupt-
Grenzpässe mit der Landbevölkerung und die Bildung des Cordons.
Zu dieser Verhandlung wurden auch der Prerauer Kreishauptmann
und die Deputierten des Olmützer Magistrats berufen.
Mit königlichem Rescript vom 17. December 1740 war die
Errichtung von Magazinen in Mähren bereits anbefohlen und den
Ständen die Bewilligung ertheilt worden, zur Beschaffung des Ge-
treides und der Fourage ein Darlehen von 100.000 Gulden auf-
zunehmen und dieses Capital dem Aerar gegenüber im Contributions-
fond aufzurechnen; auch gestattete die Königin, dass die Landes-
einwohner das Getreide und die Fourage um den marktgängigen
Preis anstatt ihrer Abgaben gegen Bestätigung durch die Kreis-
Cassen abliefern könnten und die Kreis-Einnehmer wurden beauftragt,
die eingelieferten Producte statt baaren Geldes anzunehmen.
Diese Cassen mussten auch das Geld zum Einkauf für die
Bedürfnisse der Magazine liefern. 3)
1) Cäsar Joseph Baron Lentulus war General-Feldwachtmeister seit
dem 28. April 1738 und stand im December des Jahres 1710 in Oedenburg in
Garnison. Dort erhielt er den Befehl des Hof-Kriegsrathes, seine Equipage
zur Armee nach Schlesien abzusenden, selbst aber obne Verzug nach Wien
sich zu verfügen, wo er auch am 21. December Abends bereits eintraf. Dass
Lentulus, abgesehen von der ihm anhaftenden Methodik, ein fähiger
General war, darauf deutet unter Anderem auch König F r i e d r i c h's
Bestreben, ihn in seinen Dienst zu ziehen. Neipperg schrieb darüber
an den Grossherzog am 8. August 1741 : „Le roi de Prusse cherche ä
attirer le general Lentulus dans son Service, je le sais de lui-meme et par
d'autres voies." (K. A., Mähren und Schlesien 1741, VIII, 36.)
2) Ausser einer offenen Ordre mit der Königin eigenhändiger Unter-
schrift überbrachte der General noch einen Brief des böhmischen Obrist-Hof-
kanzlers an den Kreishauptmann. Siehe Anhang XIII.
3) Acten der k. k. Statthalterei in Brunn.
93
Der Landes-Ausschuss verbot bei Verlust des Gekauften, den
Getreide-Ankauf und -Verkauf durcli Händler und verständigte die
Städte, dass sie sich auf ein Jahr mit sämmtlichen Lebenserforder-
nissen vzu versehen hätten.
General Lentulus hatte dem Olmützer Kreishauptmann
weiter mitgetheilt, dass, nachdem der in Schlesien commandierende
General beschlossen, die successive ankommende Cavallerie in
Mähren gegen die schlesische Grenze zu verlegen, in der Gegend
von "Weisskirchen ein Magazin von rauher Fourage, mit wenigstens
40.000 Centnern Heu, in Mährisch-Neustadt 30.000 Centner Heu, in
Olmütz mit 100.000 Centnern Heu und dem nothwendigen Stroh zu
etablieren nothwendig sei, da sonst die Cavallerie auf dem Lande
fouragieren müsse. Heu und Stroh sollten an den gewählten Orten
in Schober gestellt werden. ')
Aus dem Magazin in Olmütz sollten täglich 36.000 Mund- und
wenigstens 8000 Pferde-Portionen beigestellt werden, da in sechs,
längstens acht "Wochen die Operations-Armee in der Olmützer
Gegend versammelt sein werde.
Eine Getreidetaxe zur Einlieferung des Getreides wurde mit
1 fl. 30 ki\ auf den Metzen Korn und 45 kr. auf den Metzen Hafer
festgesetzt.
Die Civil-Bäcker erklärten dann nach einer Probebackung,
täglich 25.000 Portionen gewöhnliches Commissbrod und halb so viel
Zwieback backen zu können. Zum Zwiebackbacken sollten indessen
auch eine Anzahl königlicher Proviant-Bäcker verwendet werden.2)
Der mährische Landesausschuss bestimmte zur Leitung der Be-
schaffung der Vorräthe für das zu Olmütz zu errichtende Haupt-Maga-
zin, dann für die Filial-Magazine drei Ober-Proviant-Land-Commissäre
und zwar für den Brünner und Hradischer Kreis Carl Augustus
v. G r i e n t h a 1, für den Znaymer und Iglauer Kreis Johann
Rzikowsky v. Dobrzitz und für beide Olmützer Kreise Max
Lockner v. Locken au.
Von Seite der Hofkammer wurden für das Haupt-Magazin und
dessen Filialen, bis der vollständige Proviant-Stab von Seite der
Königin ernannt werden würde, der Proviant - Commissär
Haberle, der Proviant-Verwalter M e i n d 1 und die vier Ofticiere
x) Die Orte Mährens, in denen endgütig Magazine aufgestellt wurden,
sowie die Getreidepreise zu jener Zeit gibt Anhang XIV an.
2) Olmützer Kreishauptmann ddo. Olmütz 11. Januar 1741 an den Landes-
hauptmann. Acten der k. k. Statthalterei in Brunn.
94
W i 1 1 e z, H ü 1 b e r t. Fürst und L e p p delegiert ; zur Anwerbung
der Bäcker aber der Proviant- Amts-Ofneier Berg und bei dem Fuhr-
wesen der Fuhrwesens-Ofncier Rudi Assistenz zu leisten bestimmt.1»
Durch eigens bestellte Deputierte (meistens frühere Ofnciere)
wurde für die Magazine auch der Getreide-Ankauf in den Mähren
zunächst gelegenen ungarischen Comitaten Neutra, Pressburg und
Trencsin in das Werk gesetzt.2)
Die Ablieferungs-Termine für die vom Lande beizustellenden
Fourage-Lieferungen wurden auf den 15. und letzten Februar, Ende
März und Ende April festgesetzt. 3)
Am 10. Januar reiste General Lentulus über Sternberg
wieder ab und langte Abends in Braunseifen an, gieng am 11. nach
Engelsberg, wo er durch seinen vorausgesandten Adjutanten,
Fähnrich. Stephan Lutsc h, die Meldung erhielt, dass FML. Graf
Browne, den derselbe auf seinem Rückmärsche von Neisse in
Neustadt angetroffen, mit dem Corps am 13. in Jägerndorf ein-
rücken werde.
GFWM. Baron Lentul u s begab sich daher über Freudenthal
dorthin, wo am 13. Vormittags FML. Graf Browne und der
inzwischen zur Dienstleistung eingerückte GFAVM. H o 1 1 y mit den
Truppen ankamen. Das Gros derselben blieb concentriert in Jägern-
dorf, die Escadronen von Liechtenstein-Dragonern standen je 1 in
Peterwitz, Löwitz, Weisskirch, Grottendorf, Bransdorf, Taubnitz, je
•2 in Lobenstein, Branitz und Bleischwitz. Eine Escadron wird als
Train-Escorte vermuthlich schon nach Mähren vorausgesendet
worden sein. 4)
Am 14. Januar conferierten die Generale mit den politischen
Beamten über die Bergung der Magazine von Troppau, Jägerndorf
und Ratibor5), sowie wegen der Anlage von Verhauen.
1) Erlass der Königin an den Landeshauptmann vom 10. Januar.
Acten der k. k. Statthalterei in Brunn.
2) Die Verfrachtung des Getreides für das Olmützer Magazin wurde den
Brünner Lohnkutschern übertragen, hiefür sollten sie 10 fl. 30 kr. per Fuhre
zu vier Pferden mit 30 Centner Ladung erhalten und sechs Tage zur Hin- und
Rückfahrt verwenden. Dieselben weigerten sich jedoch, um diesen Preis zu
fahren und erhielten in Folge ihrer Vorstellungen die Bewilligung nur bis
Wisch.au das Getreide zu führen.
3) Acten der k. k. Statthalterei in Brunn.
4j Siehe Tafel II (Dislocation am 13. Januar 17-41).
fj Königin Maria Theresia hatte dem Amte der Fürstenthümer
' Ippeln und Ratibor, dann den fürstlichen Regierungen und Aemtern zu Neisse,
95
Da zuverlässige Nachrichten einliefen, class die Vorhut des
S ch we rin'schen Corps bereits in Ziegenhals eingetroffen sei, begab
sich FML. Graf Browne in Begleitung des GFWM. Baron Len-
tulus, 'des Landeshauptmannes Baron Trach und des Ingenieur-
Lieutenants Schub art am 16. Januar nach Freudenthal , um die in
der dortigen Gegend in Angriff genommenen Schanzarbeiten in Augen-
schein zu nehmen und persönlich Anordnungen für die Verteidigung
zu treffen. Ein Detachement vom Regimente Franz Lothringen
unter Hauptmann v. M eh ring hielt vorläufig Freudenthal besetzt.1)
Der Vorrath in Jägerndorf und was dahin bestimmt war, bis
auf eine 14tägige Verpflegung für die Truppen, kam nach den
oben erwähnten Besprechungen der Generale nach Freudenthal ;
jener von E-atibor und Troppau nach Grätz, "Wagstadt und Bautsch.
GFWM. Baron Lentulus hatte sich bei dem Interims-
Commandierenden seiner in "Wien erhaltenen Aufträge entledigt
und ihm die Gesichtspuncte entwickelt, welche in den Conferenzen
zu Wien festgestellt worden waren und welche FZM. Graf Neipperg
bezüglich der Fortführung der Operationen bis zu seiner Ankunft
bei der Armee eingehalten wissen wollte. Leider sind diese Fest-
setzungen nicht in ihrem ganzen Umfange erhalten geblieben.
Troppau und Jägerndorf anbefohlen, ,,den über die unumgängliche Nothdurtf
des Landwirthes vorhandenen Vorrath an Getreide, Heu und Stroh durch
eigene Commissäre zusammenbringen und in das Neisse'sche Gebirge, nach
Zuckmantel und Freudenthal oder wohin der Commandant Graf Browne es
für nöthig erachte, überführen zu lassen". Auch von den „untermischten"
mährischen Dominus hatte dies zu geschehen. Die Landeseinwohner sollten für
das abgeführte Getreide Quittungen erhalten. (Erlass vom 10. Januar 1741.
Acten der k. k. Statthalterei in Brunn).
Am 12. Januar folgte ein erneuerter Befehl, diese Bergung rasch in das
Werk zu setzen ; die Orte wohin? könne man in AVien nicht angeben, sie seien
wohl zu überlegen und, falls in Schlesien keine genügende Sicherheit mehr:
Alles in das mährische Gebirge zu salvieren und sich mit der mährischen
Landes-Regierung und dem commandierenden General einzuvernehmen. (Erlass
vom 12. Januar. Ebenda.)
J) „Freudenthal ist gegen Zuckmantel mit starken Verhauen, von Seiten
Jägerndorfs aber bei Spillendorf mit einer Schanzlinie und ebenmässigen Ver-
hauungen verwahrt und gesperrt; die Verhaue werden von dort bis an die
ungarische Grenze continuiert. in Ermanglung der Wälder aber die Zugänge
durch Schanzlinien und Tschardaken gesichert, diese auch bis zur Anrückung
unserer Regimenter mit Schützen, Hannaken und Walachen besetzt." (Len-
tulus an Feldmarschall Grafen Seckendorff ddto. Olmütz, 20. Januar 1741 •
K. A., Mähren und Schlesien 1741 ; XIII, 12 a.)
96
Die Femhaltung der preussischen Armee von den mährischen
Grenzen und die möglichst intacte Zurückführung der vor dem
Feinde befindlichen österreichischen Truppen in diese Provinz.
dabei die äusserste Conservierung, waren jedoch Puncte dieses Pro-
grammes, welche der FZM. Graf Neipperg vorläufig vor Allem
durchgeführt wissen wollte. Die Sorge um dieselben zieht sich
durch dessen umfangreiche dienstliche Corresponclenz mit GF"WM.
B aron Lentulus.
Am 1 7. Januar reiste Lentulus von Jägerndorf wieder nach
Olmütz zurück, weil er des vielen im Gebirge gefallenen Schnees
wegen von dort nicht direct nach Glatz, dem weiteren Ziele seiner
Inspections- und Informations-Tour, reisen konnte, auch die Anlage
von Filial-Magazinen in Mährisch-Neustadt und im Prerauer Kreise
veranstalten wollte. Auf dieser Rückreise begegnete er ausserhalb
Sternberg dem von "Wien kommenden, zum König Friedrich
nach Schlesien reisenden, ausserordentlichen preussischen Gesandten
Grafen Gott er, welcher sich auch mit Lentulus unterhielt. *)
Nach Olmütz zurückgekehrt, verabredete der General mit dem
Kreishauptmanne die Anlegung von Verhauen in dem Olmützer
Territorio bis an den Mora-Fluss ; diese sollten dann vom Prerauer
Kreishauptmanne Mora-abwärts bis Grätz und von dort bis Mistek
weitergeführt werden. Zu diesem Zwecke wurde auch ein Landes-
ingenieur abgeordnet.
Nach General Lentulus' etwas umständlichem Plan sollten
die Verhaue unterhalb Zuckmantel anfangen, von Pentsch (Bennisch)
über Heidenpiltsch, Maywald und Herzogswald auf Bautsch, Grätz,
Wagstadt und Paschkau führen.
Wo die "Waldungen unterbrochen und die Verhaue nicht
weitergeführt werden könnten, sollten Gräben mit Brustwehren
aufgeworfen und hin und wieder, wo nöthig, einige „Tschardaken"
(Wach- und Blockhäuser) erbaut werden.
Um die Vertheidigungs- Anstalten einheitlicher und energischer
in die Hand zu nehmen, ordnete Maria Theresia die Aufstellung
einer besonderen Militär-Commission an und nominierte hiezu ausser
dem Landeshauptmann auch Heinrich Freiherrn v. B 1 u m g e n und
Georg Friedrich Zialkowsky v. Zi alk o witz, an welche nun
die Kreishauptleute in Landes-Defensions-Sachen sich ausschliesslich
J) Derselbe übernachtete vom 18. zum 19. Januar in Jägerndorf, das
noch von den Oesterrt ichern occupiert war, reiste dann über Neustadt, wo
damals FM. Schwerin sein Hauptquartier hatte und traf am 21. bei König
Priedric h vor Xeisse ein.
97
wenden sollten. 1) Diesen Delegierten wurden sogar während ihrer
Amtswirksamkeit die einem Feldmarschall-Lieutenant gebührenden
Ehrenbezeigungen zuerkannt. 2)
Der Kreishauptmann von Olmütz, Baron S c h u b i r z, hatte in
Folge der erhaltenen königlichen Befehle und der Besprechungen
mit General Lentulus die Landbevölkerung von den Eulenberger,
Carlsberger und Kloster-Herrschaften mit Hacken und Schanzzeug,
wie auch die herrschaftlichen Jäger und Heger aufgeboten und
war selbst am 21. Januar nach Hof abgegangen, um den Fortgang
der Arbeiten und die Organisierung der Landesvertheidigung an
Ort und Stelle zu betreiben. Nach Lentulus' Plan waren zur
Formierung des Cordons in dem jedenfalls am meisten durch die
preussische Unternehmung bedrohten Olmützer Kreise 800 Mann
zu Fuss und drei Compagnien Cavallerie (222 Reiter) nothwendig.
Die Fussgänger waren nicht so schwer aufzubringen, dagegen
war die Idee, aus den Städten und grösseren Märkten durch Stellung
von 2. 4, 6, 10 und 20 Mann die berittene Mannschaft zusammen zu
bringen, eine von Hause aus verfehlte.
Mit der Bewaffnung für die aufgebotene Landbevölkerung
stand es auch nicht besonders. Der mährische Lande s-Ausschuss
gab zwar aus seinen Beständen eine Anzahl Flinten, Pulver, Blei
und Flintensteine her; ebenso lieferte der Brünner Magistrat aus dem
städtischen Zeughause 230 Flinten, doch konnte der Commandant
des Spielbergs für die Landes-Defension nur 300 Gewehre und ein
Quantum Cameral-Pulver geben, jedoch kein Blei, da FML. Browne
dorthin bereits angezeigt hatte, dass seine Truppen nur mit wenig
Munition versehen seien. FML. Zinzendorff musste ihm daher
aus dem Zeughause auf dem Spielberge bei Brunn 6000 scharfe
Patronen und einige Fässer Pulver senden.
Zur Ueberwachung der Schanzarbeiten delegierte der Kreis-
hauptmann, da der in Olmütz befindliche Ingenieur-Hauptmann
v. Z i n c k e n d o r f wegen der in Olmütz an den Festungswerken
vorzunehmenden Reparaturen nicht abkommen konnte, einen Lancl-
Geometer nach Bennisch.
Um mit dem auf dem Rückzuge aus Schlesien begriffenen
Truppen-Commandanten in Verbindung zu treten, hatte die mährische
Landes-Regierung den königlichen Rath und Amts-Assessor Carl
*) Landeshauptmann an den Olmützer Kreisliauptmann v. 27. Januar 1741 .
Acten der k. k. Statthalterei in Brunn.
2) K. A., H. K. R. 1741, Prot, Eeg. fol. 274.
Oesterreickischer Erbfolgekrieg. II. Bd. '
98
Adolph Hertodt v. Todtenfeld, der sich dazu angeboten, nur
mit mündlichen Instructionen versehen, an den commandierenden
General abgesandt. Er hatte den FML. Grafen Browne in
Jägemdorf angetroffen, welcher ihm mittheilte, dass, nachdem die
preussischen Trappen noch bei Zuckmantel und in der Gegend um
Neisse stünden, er noch in Jägerndorf bleiben werde, um die
weiteren Bewegungen des Feindes abzuwarten. Wegen der Bergung
der Vorräthe aus den Magazinen in Neisse, den Fürstentümern
Oppeln und Eatibor, Troppau und Jägerndorf wurde vereinbart,
dass, nachdem jenes von Neisse — ausser einem in der Festung
zurückgebliebenen Vorrath auf vier Monate — nach Jägerndorf und
Freudenthal bereits weggeführt, mit der Abtransportierung der
Magazine aus dem Oppeln'schen und Troppau'schen nach "Wagstadt,
Bautsch und Grätz bereits begonnen worden sei und damit eifrig
fortgefahren werden solle. Der commandierende General äusserte bei
dieser Gelegenheit, wie ausserordentlich wünschenswerth es scheine,
dass das Olmützer Magazin, sobald nur möglich, mit Proviant und
Fourage, besonders mit Rauhfutter dotiert werden möge, da bei
seinen Trappen demnächst Mangel an Fourage und Mehl eintreten
werde.
Hertodt kehrte am 19. Januar bereits wieder nach Olmütz
zurück und die mährische Landes-Regierung fragte am 21. in
Wien an, ob die Archive im Falle der feindlichen Einrückung in
Mähren zu salvieren und ob die Behörden auch bei drohender
Blokierung in Brunn verbleiben oder nach Nikolsburg übersiedeln
sollten.
Diese Sorge war verfrüht, MariaTlieresia erliess im Gegen-
theil am 27. Januar ein sehr scharfes Schreiben wegen der Grenz-
besetzung an den Landeshauptmann, worin die Erwartung aus-
gesprochen wurde, ,,dass die Obrigkeiten und ihre Beamten in
wahrer patriotischer Betrachtung der diesfälligen unumgänglichen
Notwendigkeit die Abschickung der zur Besetzung der Grenze
tauglichen Leute zu beschleunigen beflissen sein würden 1)."
Die Annäherung des FM. Seh w e r i n, welcher mit den Li-
fanterie-Regimentern Sydow, Kleist und Markgraf Heinrich, dem
Grenadier-Bataillon Puttkamer, sechs Escadronen Schulenburg-Gre-
nadieren und zwei Escadronen Leib-Husaren unter Oberst v. Wurmb
und Major v. Zieten anrückte und am 17. Januar die Gegend
1) Erlass der Königin vom 27. Januar 1741 an den Landeshauptmann.
Acten der k. k. Stattkaiterei in Brunn.
99
zwischen Polnisch-Wette und Ziegenhals, am 18. die Linie Langen-
brück-Neristadt-Leuber erreicht hatte, bestimmte den FML. Browne,
am 19. die Einleitung zum Verlassen von Jägerndorf zu treffen
Vorher hatte er den beim Corps angelangten Ingenieur-
Oberstwaohtmeister Schmidt, welcher die Arbeiten der Grenz-
verschanzung leiten sollte, in der Deutsch-Ordens-Herrschaft Freuden-
thal exponiert und ihm die nothige Mannschaft überwiesen, um
jene Passagen und den als Strassen-Knotenpunct immerhin wich-
tigen Ort Freudenthal zu sichern.1) Der dortige Dominial- Verwalter
,, Statthalter 'r Graf Sazenhofen unterstützte mit umsichtiger
Thätigkeit die Vertheidigungs-Veranstaltungen.
In Jägerndorf hatte der österreichische General durch einen
vom Cürassier-Eegimente Lanthieri abgesendeten Reiter die Nachricht
erhalten, dass die aus Ungarn (Pressburg) im Anmarsch befind-
liche Regiment bereits gegen Troppau rücke und bald andere,
besonders ein mit Ungeduld erwartetes Husaren -Regiment nach-
kommen würden.
Vor dem Abmärsche aus Jägerndorf verständigte General
Browne noch dem Prerauer Kreishauptmann Carl Otto Grafen
zu S a Im, dass er sich in Folge Anrückens eines preussischen Corps
von ungefähr 8000 bis 10.000 Mann gezwungen sehe, mit seinen
wenigen Truppen noch weiter sich zurückzuziehen, um die
preussischen Bewegungen sowohl besser beobachten zu können,
als auch den ankommenden Truppen entgegen zu marschieren, um
solche an sich zu ziehen. Der Kreishauptmann möge daher den
Marsch derselben, sobald sie in seinen Bezirk einrückten, soviel als
irgend thunlich, beschleunigen. Browne erachtete es weiter für
sehr erspriesslich und nothwendig, dass schleunigst Vorkehrungen
getroffen würden, durch gute Verhaue und Aufbietung von Jägern
und Land-Miliz dem Feinde die Möglichkeit, gegen die mährischen
Grenzen einzubrechen, thunlichst zu benehmen; die Passagen von
Bennisch und Hof werde er selbst bedecken, wozu bereits alle noth-
wendigen Vorkehrungen getroffen worden seien. 2)
!) Oberstwachtmeister S c h m i d t meinte sehr richtig, dass fast alle
Posten des Cordons ohne Mühe umgangen werden könnten. FML. Graf
Browne stimmte theilweise bei, erklärte aber, dass dieses Hilfsmittel, so
lange keine Verstärkung des Corps da sei, nicht entbehrt werden könnte;
„haben wir einmal Succurs, so brauche man dies Alles nicht". (K. A., Mähren
und Schlesien 1741 ; I, ad 11 b.)
2) Der Prerauer Kreishauptmann hatte ausserdem mit GFWM. Lentulus
am 19. Januar eine Grenzbesetzung vereinbart, welche Ersterer in Ausführung
7*
100
Am 20. Januar besetzte das Gros des B r o w n e'schen Corps
Troppau, neun Compagnien Liechtenstein-Dragoner standen in
Jaktar.
FM. Schwerin hatte mit den Vortruppen seines Corps an
diesem Tage die Linie Pilgersdorf-Dobersdorf erreicht und sich
selbst nach Eosswald begeben, wo er in der Nacht von seinen
Vortruppen die Nachricht erhielt, class Jägerndorf von den königlich
ungarisch-böhmischen Truppen geräumt worden sei. In Folge
dessen Hess er am 21. Januar diese Stadt besetzen; drei Escadronen
Husaren, welche bei seinem Corps am nämlichen Tage eintrafen,
wurden zur Sicherung der linken Flanke verwendet und als Ver-
bindungsposten auf der Strasse nach Schlesien ward eine Abtheilung
von etwa 200 Mann nach Neustadt detachiert.
FML. Graf Browne, der die Magazine in Sicherheit wusste,
verliess, unter Mitnahme der der Stadt Troppau gehörigen Geschütze
(14 Kanonen und 2 Mörser) diese Stadt am 22. Januar und rückte
auf Grätz. Hier wurde die verfügbare Vorspann zusammengebracht,
um die noch vorhandenen Vorräthe nach Wagstadt und Wigstadtl
zurückzuschaffen, zu deren Bedeckung am 23. Januar Abtheilungen
vom Regimente Browne nach Wagstadt und am 24. solche von
Franz Lothringen nach Wigstadtl und Bautsch detachiert wurden.
Das Gros des Liechtenstein'schen Dragoner-Regiments musste aus
Mangel an Unterkunft und Fourage in die rückwärtigen Dörfer
verlegt werden. FML. Graf Browne blieb mit dem Reste seiner
Infanterie (3 Bataillone) und einem Detachement des Dragoner-
Regiments in Grätz.
An diesem Tage waren die ersten Abtheilungen des Cürassier-
Regiments Lanthieri in Wagstadt, jene vonHohenzollern-Cürassieren
in Mistek eingetroffen. 1)
Auf die Meldung, dass auch Troppau von den Truppen der
Königin Maria Theresia verlassen sei, liess Schwerin noch
am 22. Januar das Grenadier-Bataillon Puttkamer und das Infanterie-
Regiment Sydow dorthin abrücken, welche diese Stadt am 23. Januar
besetzten. Am 24. Früh erhielt er durch einen Deserteur die, in
zu bringen hatte: zu Bautsch gegen die Anhöhe Meltsch 200, Alt-Zechsdorf 25,
Neu-Zechsdorf 25, Olbersdorf 25, Grätz 200, Kailowitz 20, Jakubschowitz 20,
Skripp 20, Schlatten 100, "Wagstadt 150, Studinka (Stauding) 50, Altendorf 50,
Paskau 50 und Mistek 100 Mann, zusammen 1035 Mann. (Bericht des Prerauer
Kreishauptmanns vom 22. Januar 1741 an die Landeshauptmannschaft in Brunn.
Acten der k. k. Statthalterei.)
l) Siehe die Truppenvertheilung am 24. Januar, Tafel III.
101
dieser Form unrichtige Nachricht, dass Truppenverstärkungen beim
B r o w n e'schen Corps eingetroffen seien und Grätz zu behaupten
beabsichtigt werde. Sofort wurde ein Husaren-D etachement zur
Recognoscierung gegen Grätz gesendet, das einige Kilometer von
Troppau auf eine Abtheilung des Liechtenstein'schen Dragoner-
Regiments stiess, welche sich über die Mohra-B rücke bei Podoly
unter Verlust von zwei Mann zurückzog. Seh w e r i n Hess nun
das drei Kilometer südlich von Troppau gelegene Dorf Gilschwitz
durch das Bataillon Puttkamer und eine Abtheilung Leib-Husaren
besetzen. Den bei Jägerndorf stehenden Truppen wurde der Befehl
zugeschickt, das Regiment Heinrich, ein Bataillon Kleist, Schulen-
burg-Grenadiere zu Pferde, die Leib ►Husaren und das schwere
Geschütz sofort auf Troppau vorgehen zu lassen. In Jägerndorf
blieb in Folge dessen nur ein Bataillon Kleist und die preussischen
Husaren. 1)
Nachdem in der Nacht vom 24. zum 25. Januar das Regiment
Heinrich und der Rest der Leib-Husaren in Troppau eingetroffen,
giengen die Husaren mit dem Regimente Sydow in der Früh des
25. zur Verstärkung der Grenadiere nach Gilschwitz vor. Das
Regiment dort belassend, rückte FM. S c h w e r i n mit den Husaren,
dem Grenadier-Bataillon Puttkamer und zwei Regiments-Geschützen -<
auf der Strasse gegen Grätz vor.
Im Schlosse zu Grätz standen zu dieser Zeit viele mit Vor-
räthen beladene Wagen zur Abfahrt bereit. FML. Graf Browne
Hess sie sogleich abrücken und gedachte den Ort nur so lange zu
halten, bis der Train einen hinreichenden Vorsprung gewonnen
haben würde. In diesem Sinne waren auch die Dispositionen zur
Vertheidigung getroffen. Von Liechtenstein-Dragonern waren Abthei-
lungen auf der Troppauer Strasse bis in die Höhe von Branka
vorgeschoben, die Brücke über die Mohra bei Podoly durch eine
Compagnie besetzt, während eine Reserve in Podoly selbst und das
Gros des kleinen Corps im Schlosse zu Grätz stand. Die Spitze
der preussischen Colonne, 30 Husaren, griff die Liechtenstein'schen
Dragoner beim Niederhof erfolglos an s) und musste zurückgehen.
*) Kriege Friedlich d. Gr. I, 275.
-) Die österreichischen, allerdings in Bezug auf dieses Gefecht sehr
spärlichen Quellen verzeichnen auf einer graphischen Darstellung desselben
eine ,. Artillerie von 8 Kanonen, woraus aber meistens mit Kartätschen gefeuert
worden". (K. A., Karten-Abtheilung LXI, 1741b. 5.)
3) Tafel 1Y.
102
Schwerin liess jedoch seine Avantgarde neuerdings vorrücken,
worauf die Lieehtenstein'schen Dragoner über die Mohra-Brücke bei
Podoly, von der dort stehenden Grenadier-Compagnie aufgenommen,
in den Ort Podoly zurückgiengen.
FM. Schwerin Hess seine Husaren sammeln, dann in auf-
gelöster Ordnung vorgehen und das Grenadier-Bataillon mit den
Geschützen denselben folgen. Diese nahmen auf Gewehrschuss-
weite von der Brücke Stellung. Nach einigen Kanonenschüssen *)
zog sieh die bei derselben postierte Compagnie in die nächsten
Häuser und Gärten des Ortes. Im selben Augenblicke traf das
Infanterie -Regiment Sydow ein. Puttkamer-Grenadiere drangen
gegen die Brücke vor und die Browne'sche Abtheilung zog sich
zurück, nachdem sie die Brücke in Brand gesteckt hatte. Doch
gelang es den preussischen Grenadieren, den Brand zu löschen und
das jenseitige Mohra-Ufer zu erreichen, wo sie den sich zurück-
ziehenden 0 esterreichern durch Grätz eine Strecke weit folgten.
FML. Graf B r o w n e zog sich gegen Fulnek zurück, nachdem
dasjenige, was durch die Stellung bei Grätz hatte ereicht werden
sollen : die Bergung der mitgeführten Vorräthe und des nach Grätz
transportierten Magazins, auch thatsächlich erreicht worden war.
Der Verlust betrug bei Grätz beim Browne'schen Corps :
8 Todte, 1 Ofncier und 22 Soldaten verwundet; 2) preussischerseits
gieng ein Husarenpferd verloren. 3) Das Grenadier-Bataillon Putt-
kamer besetzte das Schloss in Grätz, das Regiment Sydow gieng
nach Troppau zurück, wo auch FM. Schwerin im Laufe des
Nachmittags wieder eintraf.4)
Eine Folge dieses Gefechtes war auch, dass der Kreishaupt-
mann von Prerau, Graf Salm, welcher seit 22. Januar persönlich
die Vertheidigungs- und Besetzungs-Arbeiten bei der Postierungs-
Station zu Bautsch leitete, seine Mannschaft und Arbeiter nach
Sponau zurückgehen liess.
Aach der Statthalter von Freudenthal, Graf Sazenhofen,
begab sich nach Eulenberg und Oberstwachtmeister Schmidt zog
1) Ein österreichischer Bericht spricht von einer drei Stuuden währenden
Beschiessung, wonach erst die Browne'sche Arrieregarde Podoly verlassen;
nämlich der Bericht des Prerauer Kreishauptmanns an die Landeshaupt-
mannschaft, ddto. General-Stabsquartier Fulnek, 26. Januar 1741. (Acten der
k. k. Statthalterei in Brunn.)
2) FML. Graf Browne, GFWM. Graf Piccolomini, Weisskirchen,
29. Januar 1751. (Fürstl. Schaumburg-Lippe'sches Archiv.)
8) u. 4) Kriege Friedrich d. Gr. I, 276.
103
die vorgeschobenen Abtheilungen ein und bereitete sich vor, im Falle
des Anrückens stärkererer preusischer Abtheilungen ebenfalls den
Rückzug anzutreten. Die Getreide-Vorräthe waren glücklich nach
Sternberg transportiert worden.
Die Lage war in diesen Tagen nicht ohne Gefahr ; die
Preussen recognoscierten einerseits gegen Freudenthal und hatten
die Verhaue zwischen Milkendorf, Beimisch und Easse und
dadurch die Strasse auf Hof geöffnet. In Folge dessen zog sich
der in Hof die Vertheidigungs- An stalten leitende Kreishauptmann
von Olmütz, Franz Anton Schurbirz Freiherr von Chobinie,
mit seinen Leuten (er hatte nicht mehr als 226 Mann beisammen),
zuerst nach Bäm und in weiterer Folge bis Sternberg zurück, liess
die Verhackung der Hauptstrassen bei Zechan, Deutsch-Hause und
Lippein, wo früher schon einige Schanzen gewesen, ausführen und
nahm deren Besetzung ausschliesslich mit Jägern selbst vor ; da
übrige Landvolk sollte durch einige von den commandierenden
General zu erhaltende Regulierte in Corporalschaften abgetheilt
und so viel als möglich einexerciert werden, um es sodann nach
Bedarf verwenden zu können. Damit Olmütz in Vertheidigungsstand
gesetzt werde, wurden alle auf zwei Meilen im Umkreise liegenden
Herrschaften zur Beistellung von Schanzarbeitern aufgeboten. 1)
FML. Graf Browne 's erste Sorge war nun, die von Troppau
unter Bedeckung nach Wigstadtl gesendete Train-Colonne mit
den aus Schlesien salvierten Vorräthen in Sicherheit zu bringen ;
er liess daher nach jener Seite recognoscieren. Die Situation
wurde kritisch, da der Gegner bereits mit kleineren Abtheilungen
auf der inneren Linie stand. Artillerie, Kranke, Bagage wurden nach
Olmütz dirigiert.
In und um Fulnek campierte nun die kleine österreichische
Truppenmacht, bei welcher ausser dem Commandierenden noch
GFWM. Holly und der neuerdings eingetroffene GFWM. Kheul
sich befanden, gefechtsbereit; die Vorpannswagen mussten an-
gespannt bleiben.
Es waren hier versammelt: Theile von vier schwachen In-
fanterie-Regimentern, ein Cürassier-Regiment (Lanthieri) unter
J) Bericht des Kreishauptmanns Freiher v. Schurbirz an die Landes-
hauptmannschaft ddto. Sternberg, 26. Januar 1741. (Acten der k. k. Statthaftere
in Brunn.)
104
GFWM. Baron Philibert1) aus Pressburg dort eingerückt; das
Liecliteiistein'sclie Dragoner-Regiment, 100 Husaren vom Regi-
mente Dessewffy (ans dem Zempliner Comitat) über Jablnnkan ein-
getroffen.
Die ausgesendeten Recognoscierungs-Abtheilnngen stiessen
nirgends auf feindliche Kräfte, doch lief am frühen Morgen des
•27. Januar die Nachricht ein, dass die Preussen, von welchen
zwischen Wigstadtl und Wagstadt Abtheilungen standen, einen
Ueberfall beabsichtigten.
Diese Nachricht war insofern richtig, als in der Nacht vorher
zwei Compagnien des Grenadier-Bataillons Puttkamer und eine
Escadron Husaren aus Grätz nach Wigstadtl gerückt waren, wohin
im Laufe des Tages selbst noch das Regiment Sydow und eine
Escadron Husaren folgten, während ein Bataillon Kleist nach
Niklowitz marschierte.
FML. Graf Browne Hess das Corps daher am 27. Januar
aufbrechen und zog mit den Truppen und dem Train von Fulnek,
das in einem Kessel gelegen ist und der Cavallerie keine Actions-
freiheit bietet, auf die Höhen, marschierte nach Odrau, wo er an
diesem Tage blieb, am 28. Januar über AVeisskircheii — woselbst
das Hohenzollern'sche Cürassier-Regirnent (aus Trencsin) eintraf —
Drahotusch nach Leipnik. 2)
Am 30. Januar traf auch das dritte Bataillon des Infanterie-
Regiments Grünne (aus Erlau) in Stemberg ein.
Bezüglich der Dislocation der nun nach und nach anrückenden
Verstärkungs-Truppen, besonders der Cavallerie, hatte GFWM. Baron
Lentulus dem FML. Grafen Browne seine Gesichtsp miete in
einem Schreiben vom 21. Januar dargelegt, welches die Ingerenz
erkennen lässt, welche der Armee-Commandant von Wien aus durch
seinen Vertrauensmann auf den vor dem Feinde stehenden Befehls-
haber zu nehmen bemüht war. Darnach sollte ursprünglich ausser
v) GFWM. Baron Philibert hatte berichtet, „dass, weil die Regi-
menter alle über Skalitz instradiert werden, nicht nur die erforderliche Sub-
sistenz nicht aufzubringen, sondern es auch in Ansehung des Marsche* ohne
Confusion nicht abgehen werde, gleichwie schon das Hohenzollerische
Regiment neun Tage lang stehen zu bleiben gezwungen worden; daher uu-
uiassgebhch drei Strassen über die March eingerichtet werden könnten."
Lentulus an Neipperg, ddo. Ohnütz, 18. Januar 1741. (K. A.. Mähren
und Schlesien 1741, I, 8.)
2) Bericht des Prerauer Kreishauptmanns an den Landeshauptmann,
ddo. Odrau vom 27. Januar 1741. (Acten der k. k. Statthalterei in Brunn.
105
dem Liechtemstein'schen Dragoner-Regiment nur noch das Lanthieri'-
sche Regiment nach Schlesien gezogen werden. Die successive an-
kommenden Regimenter sollten von Mistek an und zwar das
Hohenzpllern'sche am rechten Flügel und die übrigen anschliessend
„ hinter dem durch das Landvolk formierten Cordon bis nach Stern-
berg unter dem Gebirg an der Plaine postiert werden". Da aber
FML. Graf Browne mit der wenigen Mannschaft nicht lange in
Troppau stehen bleiben, „viel weniger mit dem Feind sich einzu-
lassen vermögend sein werde, so bitte aufs inständigste, Sie be-
lieben meinen wenigen Rath hierinfalls unschwer sich beigehen und
dahin disponieren zu lassen, damit nach der Intention unseres Hofes
und des Herrn Grafen v. Neipperg unsere Mannschaft nicht
hazardiert, sondern zurück in die Pässe und vornehmlich die In-
fanterie bei Hampelkratschen, Grätz und dortige gebirgige Ort-
schaften oder wo dieselbe für nöthig erachtet werde, die Cavallerie
aber in die Plaine bis gegen Mistek verlegt und hauptsächlich
darauf gesehen werde, dass die Zugänge nach Mähren verwahrt und
dieses Land möglichst bedeckt werde ; zu welchem Ende nicht nur
alle Schützen, Jäger und Heger an diesen Cordon zu rücken be-
fehligt, sondern auch ein Generalaufbot im ganzen Lande aus-
geschrieben worden, um die schon wirklich angestellte Mannschaft
soutenieren und auf alle Art und "Weise den feindlichen Einfall in
dieses Land verhindern zu helfen." r)
') K. A., Mähren und Schlesien 1741, I ad IIa.
Die preussischen Winter-Quartiere.
.König Friedrich II. hatte am 25. Januar von Ottinachan
die Rückreise über Schweidnitz und Liegnitz nach Berlin an-
getreten, wo er arn 29. eintraf.
Der Oberbefehl über die Truppen wurde dem FM. Grafen
Schwerin in einer vom 24. datierten Ordre übertragen und
darin dessen Aufmerksamkeit speeiell noch auf Jablunkau gelenkt,
welcher Posten zu besetzen sei, „um dem Feinde alle Löcher,
durch welche er zu uns kommen kann, zu verstopfen". x) Eine
Verfügung über die Anlage der Winter-Quartiere war diesem Be-
fehle beigefügt.
Die Verlegung der preussischen Truppen in Quartiere war wohl
eine kaum mehr zu umgehende Massregel.
Seit 14. Januar war es ausserordentlich kalt geworden und
viel Schnee gefallen. Die Wege in den schlesisch-mährischen
Grenz-Distrieten wurden fast unpassierbar. 2)
Die preussischen Truppen hatten noch kein eingerichtetes
Proviantwesen und mussten sich auf Requisitionen beschränken
Was an Vorräthen zu bergen möglich war, hatten die Oester-
reicher aber aus Nieder- nach Ober-Schlesien und von dort nach
Mähren mitgenommen. Die Mannschaft erhielt an täglicher Ver-
pflegung sechs Kreuzer, nur die Husaren bekamen neun Kreuzer.
Fleisch und Brod musste von der Landbevölkerung beige schärft
») Kriege Friedrich d. Gr., I, 283.
2) Einen drastischen Beweis für die schlechte Beschaffenheit der Wege
liefert General Lentulus' Fahrt von Sternberg nach Engelsberg, der mit
sechs Postpferden 14 Stunden znr Zurücklegung einer etwa 10 Kilometer be-
tragenden Strecke gebraucht hatte.
107
werden. Die Bekleidung war nicht für die Unbill des Winters
berechnet, die Camisole waren ohne Rücken und Aermel, so dass
sich die Leute häufig die Brustflecke selbst kauften; ')' die Folgen
dieser zu leichten Bekleidung äusserten sich bald in dem Gesundheits-
zustand der Truppen.2) Dazu kamen die vielen Desertionen, das
Erbübel der damaligen Armeen.3) Auch war in dem überwiegen. I
katholischen Ober-Schlesien die Stimmung gegen Preussen be-
deutend ungünstiger, als in dem vorherrschend protestantischen
Nieder-Schlesien.
Es wurden daher preussischerseits die Einleitungen für das
Beziehen der Winter-Quartiere getroffen. Die Armee stand ausser
r) K. A., Mähren und Schlesien 1741, I, 8. Die Bekleidung war jedenfalls
bei den Regimentern verschieden. Für den Marsch der für das II. Corps
bestimmten Grenadier-Compagnien ordnete König Friedrich II. selbst an
„Wofern die Grenadiers nicht jeder mit guten tuchenen Brusttüchern ver-
sehen sein, müssen ihnen solche gegeben werden, dessgleichen die Aermel von
den Camisölern, nebst wollenen Strümpfen, auch die Röcke so gemacht werden,
dass solche wohl und leicht zugemacht werden können." Kriege Friedrich
d. Gr., I, 81*.
2) „Le marchie, le tanto fatiche nell'invadere e devastare la Silesia hanno
talmente indebolito la salute delle truppe che non potevano piü resistere al
vigore della stagione." (H H. u. St. A. Dispacci di Germania, 211. C app eil o's
Bericht vom 1. Februar 1711.)
3) „Allhier kommen viele preussische Deserteurs an, welche einhellig
melden, dass, wenn nur eine hiesige Armee würde in die Nähe kommen, die
Leute zu Hunderten desertieren würden, der Dienst wäre so rüde und hart,
dass man ihn nicht ausstehen könnte; in der grössten Kälte und tiefem Schnee
müssen sie zwei Stunden Schildwach stehen, wodurch dann viele Hände und
Füsse erfrörten. Der König Hesse sich von keinem seiner Generale etwas
einwenden, wenn es ihm einfiele zu marschieren, so müsse es gehen, wenn
auch der ganzen Armee Ruin daraufstünde. Man hätte ihnen, als sie in
Schlesien eingerückt wären, weisgemacht, dass sie als Freunde der Königin
ihr zu Hilfe kämen, jetzt, da man das Gegen theil verspüre, sei ein gut Theil
des gemeinen Mannes darüber schwierig und überlaufe zu [den] Feinden."
(Berichte des Freiherrn v. Seckendorff an den Herzog von Sachsen-Gotha-
Bericht vom 1. Februar 1741. H. u. H. St. A., Geschriebene Zeitungen.)
„Moltiplici e continue intanto sono le disertioni del loro esercito, mal
pagate le truppe, e condotte a forza alla guerra, composti molti reggimenti di
miscuglio de forastieri di nazione e religione ditferente, fuggono dal cimento,
e cercano miglior destino." (Capello's Bericht vom 28. Januar 1711.)
Am 1. December 1710 hatte übrigens König Friedrich IL schon ein
eigenes, von Berlin datiertes Patent wegen Verhütung der Desertionen publi-
cieren lassen, welches von den Kanzeln zu verlesen und zu affichieren war.
Originaldruck. Archiv des k. k. Ministeriums des Innern. Fremde Gegenstände. 1.
vom Jahre 1710.)
108
den am rechten Oder-Ufer befindlichen Truppen in vier Gruppen
vertheilt und zwar vor Glogau *), Brieg, Neisse und in der Gegend
von Troppau und Jägerndorf.
Das Blokade-Corps vor Glogau unter dem GL. Erbprinzen
Leopoldvon Anhalt-Dessau bestand aus sieben Bataillonen ;
Brieo- wurde von GM. v. Kleist mit vier Bataillonen und sechs
Escadronen eingeschlossen; Neisse, dessen Beschiessung am
22. Januar nur noch in eine weite Blokade umgewandelt worden,
wurde vom G. d. J. Herzog von Holstein mit acht Bataillonen
und vier Escadronen beobachtet. 2)
Bei Troppau und Jägerndorf stand FM. Graf Schwerin mit
sieben Bataillonen und eilf Escadronen.
Der preussische Befehlshaber verlangte von beiden Fürsten-
thümern gewissenhafte Angabe aller Vorräthe an Getreide, Heu
und Hafer und schleunige Ablieferung derselben an das anzulegende
Haupt-Magazin in Troppau gegen Geldvergütung.3) Ausserdem
mussten unentgeltlich 4000 Mund-Portionen und 1000 Pferde-Bationen
für jeden Tag abgegeben werden.4)
Ferner erliess FM. Graf Schwerin am 30. Januar 1741 aus
Troppau ein Patent, worin er die freie Salz-Einfuhr gestattete.
Dagegen hatte er auf Befehl des Königs sämmtlichen Unter-
thanen kundzuthun, dass wenn Einer sich gelüsten lasse, die
J) Dort waren Anfang Januar noch fünf Escadronen Platen-Dragoner
eingetroffen, hatten am 9. die Oder überschritten und fünf Escadronen Bayreuth-
Dragoner abgelöst, welche am 10. Januar nach Neisse marschierten, wo sie
am 21. eintrafen. Auch eine Escadron Leib-Husaren war von Glogau auf
Neisse nachgerückt, wo sie in der dritten Dekade des Januar ankam.
2) „Pendant trois jours consecutifs on y jeta douze cent bombes et trois
mille bötüets rouges; mais la fermete de Roth m'obligea ä mettre mes
troupes en quartiere d'hiver." (Histoire de mon temps. ed. P o s n e r. Chap. II.)
— „Die Bürgerschaft ist noch resolvieret, sich bis auf den letzten Blutstropfen
zu wehren; dieser kleine Ort hat angezeigt, welches von denen, die die
Kriegsbaukunst verstehen, kaum vor eine gute Schanz passieren kann, was
die Zuversicht zu Gott, die Treue zu dem rechtmässigen Oberhaupt und die
Conduite eines verständigen Commandanten in das Werk zu richten fähig ist."
(Scblesische Kriegs-Fama, VII, 23, Beilage 4.) — „II n'y a que la levee du
siege de Neisse, quiles embarasse un peu, et qu'ils ne savent de quel manteau
couvrir. En effet Neisse se defend bien." (Graf M anteu f f e 1, 24. Januar 1711
an FM. Graf Seckendorff, H. H. u. St, A., Gr. Corresponzenz, Fase. 192, A.)
3) Siehe auch die Ordres Seh w e r i n's und Schulenb u r g's aus
Troppau, 29. Januar 1741, Anhang XV.
4) Die Mund-Portion zu 2 Pfund Fleisch und ebensoviel Brod. Die Pferde-
Ration zu 3 Metzen Hafer. 16 Metzen Häckerling, 8 Pfund Heu und 2 Bund
Stroh auf je drei Pferde.
109
Waffen gegen die preussischen Truppen zu ergreifen, solcher
nach Kriegsgebrauch mit Feuer und Schwert verfolgt, „die
Schuldigen sowohl, als die Unschuldigen verheert und Diejenigen,
so man mit. Gewehr findet, ohne Ansehen der Person aufgehenkt
werden" sollten. Das Patent wurde überall angeschlagen. r)
Urn Troppau und Jägerndorf wurden Schanzen angelegt, wozu
die ohnehin gedrückten Dörfer Arbeiter mit Schanzwerkzeugen
stellen mussten. Nicht überall zeigte sich die Bevölkerung zu
allen Leistungen bereit, wesshalb nicht selten Zwangsmittel ge-
braucht wurden. Selbst die Aussaat der Felder, welche die Be-
wohner für den Feind zu bestellen sich nicht geneigt fanden,
musste an mehreren Orten erzwungen werden. 2)
Auch die Landesbeamten kamen in Conflict mit ihrer Pflicht,
da ihnen, wie z. B. dem Jägerndorfer Landeshauptmann aufgetragen
wurde, bei erfolgter Einrückung der preussischen Truppen den Amtsort
zu verlassen, jedoch in der Nähe zu bleiben, um, sobald es die Um-
stände gestatteten, wieder in denselben zurückkehren zu können. 3)
König Friedrich II. hatte dem FM. Schwerin vor seiner
Abreise nach Berlin genaue Instruction bezüglich der Winter-Quar-
tiere ertheilt. Diese Instruction enthält erschöpfende Weisungen und
wirft manches interessante Schlaglicht auf die im Felde stehende
preussische Armee. 4)
J) Schlesische Kriegs-Fama, VIII, Beüagen, 83.
2) Ens, Das Oppaland, I, 150.
s) Protocoll der böhmischen Hofkanzlei, 28. Januar, 108.
4) Die Instruction ist abgedruckt in „Kriege Friedrich d. Gr. I", Anlage
Nr. 14, S. 93. Punct 8 enthält z. B. folgende Weisung: „Wofern auch öster-
reichische Husaren sollten gefangen werden, so muss man solche unseren Leuten
weisen, auf dass diese sich keine grössere Idee von ihnen machen, als wie sie
es in der That verdienen und unsere Leute sehen, dass es schlecht Zeug
sei." — Punct 9 : „Bei allen Gelegenheiten muss den Burschen von den
Officieren wohl imprimiert werden, dass sie einen gewissen Hass wider die
österreichischen Truppen bekommen, auf dass jene mit mehrerer Erbitterung
und weniger Kaltsinnigkeit auf diese losgehen." — Punct 20: „Weil auch die
Infanterie in ihren Winter-Quartieren nicht viel zu thun hat, so soll selbige
sich befleissigen, so viel Leute vom Lande in Güte zur Augmentation zu werben,
als es nöthig ist. Ich werde einem jeden Regiment eintausend Reichsthaler
zur AVerbung zahlen lassen. Sobald nun die Regimenter 4 ä 500 Mann zusammen-
haben, so sollt Ihr (Schwerin) solche escortieren und nach Potsdam trans-
portieren lassen." — Punct 21: „Ihr sollet Euch auch Mühe geben, ob Ihr nicht
imTeschen'schen eine Frei-Compagnie von den sogenannten Teschinen errichten
könnet, dessgleichen, ob Ihr nicht durch die Jablunka, wofern sonsten dieser
Pass offen ist, eine Anzahl Leute aus Ungarn zu Husaren engagieren könnet."
1 10
Die locale Verfcheilung der Truppen in die Winter-Quartiere
entsprach im Allgemeinen den oben bereits angeführten Gruppen.
Es wurden jedoch nur den in der Gegend von Neisse, sowie den
im Troppau- und Jägerndorf sehen stehenden, ausgedehntere Quar-
tiere längs der mährischen und böhmischen Grenze angewiesen,
die sich in nordwestlicher Richtung bis Liegnitz, in südöstlicher
bis zum Jablunka-Pass erstreckten. Die übrigen Truppen von Glogau
und Brieg konnten der Blokade der Festung wegen nicht in einen
ausgedehnten Rayon verlegt werden.
Zwei Tage nach Erhalt der Instructionen König F r i e d r i c h * s
erliess der preusische Interims-Armee-Commandant die Anordnungen
zum Beziehen der Wint er- Quartiere. Das Commando über die in der
Gegend Jägernclorf-Troppau stehenden Truppen übernahm an Stelle
Schwerin' s, welcher eine Inspicierung der AVinter-Quartiere be-
absichtigte, GL. Graf S c h u 1 e n b u r g, dem GM. v.Bredo w unter-
geordnet war. Drei Esc adronen preussischer Husaren, zwei Escadronen
Schulenburg und das Infanterie-Regiment Markgraf Heinrich erhielten
Befehl, in die Gegend von Teschen abzurücken, wo sie nebst dem
bereits im Ratiborschen befindlichen Regimente La Motte unter
den Befehl des General-Majors gleichen Kamens traten, welcher
Olier-Schlesien gegen Unternehmungen vom Jablunka-Passe aus zu
l'edecken hatte. Für die abmarschierten Truppen erhielt GM.
Schulenburg das Infanterie-Regiment Schwerin und das
Cavallerie -Regiment Prinz Friedrich, die bisher bei den Cernierungs-
Truppen vor Neisse gestanden hatten und nun in den Rayon Neustadt-
Ziegenhals kamen. Die Quartiere der Schule n b u r g'schen Gruppe
erstreckten sich daher über den Raum zwischen Troppau und Ziegen-
hals. Mit den übrigen vor der genannten Festung gestandenen
Trappen Derschau-Lifanterie, zwei Grenadier-Bataillonen, 1 Escadron
Berliner Husaren, 2 Ecadronen Schulenburg-Grenadieren blieb GM.
v. D erschau am linken Neisse-Ufer und dehnte seine Quartiere
bis zur Linie Grottkau-Frankenstein aus.
Die schwere Artillerie wurde nach Ohlau transportiert.
Das Iirfanterie-Regiment Jeetze, 5 von Glogau eingetroffene
Escadronen Bayreuth-Dragoner und 1 Escadron Gendarmen unter
dem Befehle des G. d. J. Herzog von Holstein bezog Quartiere
in der Linie Liegnitz-Jauer-Schweidnitz. Das in Breslau befindliche
Regiment Alt-Borcke gehörte ebenfalls zu dieser Gruppe des preussi-
schen Heeres. Tor Glogau und Brieg änderte sich vorläufig nichts.
Auch Friedek und Oderberg wurde in den ersten Februartagen
mit je 2 Compagnien. ersterer Ort ausserdem mit 30 Husaren, Mährisch-
1 11
Ostrau mit 1 Compagnie besetzt. Die Linie der preussischen Quartiere
erstreckte sich somit vom Jablmika-Pass bis Liegnitz in einer Länge
von 38 und einer Tiefe von 5 bis 8 Meilen.1)
Vorgänge am rechten Oder-Ufer. Einnahme von Namslau.
Die am 4. Januar bei Breslau auf das rechte Oder-Ufer
übergegangene Armee-Abtheilung unter GM. v. Jeetze: die Regi-
menter Bredow, La Motte, und 3 Escadronen Bayreuth-Dragoner war
zuerst gegen Namslau gerückt, das eine aus Mannschaften verschiedener
Regimenter bestehende Besatzung von etwa 300 Mann und 50 In-
validen unter Major Kram er des Infanterie-Eegimentes Botta hatte.
Der Ort war mit Mauer, Wall und Graben umgeben. Am
Westende der Stadt lag das dem Deutschen Ritter-Orden gehörende
Schloss. Die vorhandenen Geschütze waren am 31. December nach
Brieg transportiert und nur zwei ^pfundige und zwei ölöthige
Falkonets, nebst 20 Doppelhaken zurückgelassen worden.
Der Commandant hatte alle nur möglichen Vorkehrungen zur
Verteidigung getroffen und auch die Einwohnerschaft bewaffnet,
sprach aber schon am 4. Januar die Besorgniss aus, dass der
Bürgerschaft nicht recht zu trauen sei.2)
Am 9. Januar Vormittags zeigten sich die ersten preussischen
Reiter vor Namslau. Der Commandant des Platzes hatte, als er
Nachricht vom Anrücken der preussischen Heeres -Abtheilungen
erhielt, dem im Schlosse befindlichen Wirthschafts -Hauptmann
anbefohlen, dasselbe zu räumen, damit er nach Einnahme der kaum
haltbaren Stadt, mit seinen 314 Infanteristen und den Invaliden
sich zur Verteidigung dahin zurückziehen könne.
Desselben Tages Nachmittags langte GM. v. J e e tz e mit dem
Gros (etwa 3000 Mann) vor Namslau an und Hess den Platz ein-
schlössen. Das Hauptquartier des preussischen Generals wurde nach
Altstadt, die Truppen nach Giesdorf, Deuts ch-Marchwitz, Wilkau,
Reichen, Buchelsdorf, Poln.-Marchwitz, Simmelwitz, Obischau und
Michelsdorf verlegt.
Am Morgen des 10. Januar erschien ein Officier mit 16 Dra-
gonern vor dem Krakau'schen (Polnischen) Thore. Der verlangte
Emlass in die Stadt wurde von dem Posten beim Thore abgewiesen,
worauf die Patrouille nach Giersdorf zurückritt.
') Uebersicht Tafel VII.
2) Bericht an GFWM. Grafen Piccolomini. (Fürstl. Schaumburg-Lippe'-
sches Archiv.)
112
Im Laufe des Tages stellte der preussische General die An-
forderung, die Stadt zu übergeben. Major Krämer solle sieb in
das Schloss zurückziehen, beide Parteien würden ,, friedlich neben-
einander leben". Der österreichische Commandant erwiderte, dass
er Befehl habe, Stadt und Schloss auf das Aeusserste zu ver-
theidigen.
Am 11. Januar rückte ein Trupp preussischer Dragoner von
Deuts ch-Marchwitz gegen das Breslauer Thor, sass bei dem „Galgen-
busch" ab und begann sich daselbst einzugraben. Vom Schlosse
aus wurde mit Doppelhaken auf diese Abtheilung Feuer ge-
geben, worauf sich dieselbe nach Deutsch - Marchwitz wieder
zurückzog.
Der Hauptangriff sollte jedoch von der Ostseite aus
stattfinden, GM. v. Jeetze hatte in der Nacht Infanterie
gegen das Polnische Thor rücken lassen, welche sich dort,
100 Schritte von der Contreescarpe, verschanzt und vier Regi-
ments-Geschütze in Batterie gebracht hatte und liess am Morgen
des 12. Januar den Commandanten nochmals zur Uebergabe auf-
fordern.
Major Kr am er hatte mit der Hälfte seiner Truppe die durch
den preussischen Angriff bedrohte Bastion bei dem Polnischen
Thore besetzt, die Munition und sämmtliche Vorräthe auf das
Schloss schaffen lassen, vereinbarte aber bei der vollkommenen
Aussichtslosigkeit einer Vertheidigung der Stadt und der Schwierig-
keit der Einwohner, die schon zu revoltieren begannen, ver-
rätherischerweise die angewiesenen Posten verliessen und die Thore
den Preussen öffnen wollten, „dass er die Stadt räumen, jedoch
sich bis auf weiter einlangende Befehle mit seiner Truppe auf die
Festung und Commando-Schloss, welches bevor ringsherum verpalli-
sadiert worden, retirieren werde". Nachdem dies zugestanden, rückten
die Preussen mit Infanterie, vier Regiments-Stücken und einer
Cavallerie-Abtheilung gegen 10 Uhr Vormittags in die Stadt und
besetzten sogleich die Hauptwache und beide Thore. „Nun soll
zwar bei der Capitulation auch aecordiert worden sein, class den
österreichischen Officieren und Mann aus dem Schloss in die Stadt
frei und ungehindert zu gehen, etliche Tage erlaubt sein sollte.
Es hat sich aber gleich Nachmittags geändert, indem der von dem
Harrach'schen Commando herunter in die Stadt zur Unterschreibung
der Capitulation gekommene Hauptmann Hufnagel, Lieutenant
Ponsa und ein Wachtmeister-Lieutenant, ein Constabler und von
der Wenzel Wallis- Compagnie ein Feldscher von den Preussen
IIb
gefangen und in Arrest gebracht, daher sodann die Schlossbrücke
aufgezogen und geschlossen worden". J)
Am andern Tage wurde Kramer von General J e e t z e
ersucht, zu ihm in die Stadt zu kommen. Der österreichische
Commandant entschuldigte sich, schickte aber, da zwei preussische
Ofriciere, welche nicht in das Schloss eingelassen worden, diese Auf-
forderung überbracht hatten und mit ihm zu sprechen wünschten,
ebenfalls zwei Ofriciere hinaus, um zu erfahren, um was es sich
handle. Hierauf wurden noch zwei Ofriciere verlangt, doch Hess
Kr am er sagen: ,,es seien schon zwei draussen und es würden
List und Betrug nicht reüssieren." Darauf erfolgte die Aufforderung,
sich kriegsgefangen zu ergeben, „oder es würde nicht einmal das
Kind im Mutterleibe beim Sturm geschont werden". Der Comman-
dant antwortete, sie möchten thun, wie sie wollten, zog die äussersten
Posten ein und Hess auf die eine Batterie aufwerfenden Arbeiter
Feuer geben. „Inzwischen wurden die hinausgesandten Ofriciere
und Mannschaft wider alles Völkerrecht als Kriegsgefangene zurück-
behalten." 2)
Nachdem der Wortlaut der abgeschlossenen Vereinbarung
nicht vorliegt, kann auch nicht beurtheilt werden, welche der
beiden Parteien einen Bruch verschuldet hat. 3)
'i Deutsch-Ordens-Central- Archiv. Bericht v. 22. März 1741 über die
Ereignisse in Namslau von dem Wirthschafts-Hauptmanne zu Namslau an Grafen
Sazenhofen und Bericht des Oberstwachtmeisters Kramer an GFWM.
Piccolomini vom 29. Januar 1741. (Fürstl. Schaumburg-Lippe'sches Archiv.)
2) Oberstwachtmeister Krame r's Bericht an GFWM. Piccolomini.
Schloss Namslau, 29. Januar 1741. Fürstl. Schaumburg-Lippe'sches Archiv.
Ob dies eine andere Darstellung des Vorfalls vom 12. Januar ist oder sich auf
neuerliche Vorgänge am 13. Januar bezieht, ist nicht mit Sicherheit zu erkennen.
3) Die Zeitschrift des Vereines für Geschichte und Alterthum Schlesien.-
enthält im XVIII. Bande von Dr. Franz Wachler mitgetheilte Aufzeich-
nungen eines Zeitgenossen aus den Jahren 1740 bis 1741, der über den
kritischen 11. Januar Folgendes berichtet : „Um eilf Uhr hielten die Preussen
ihren Einzug in die Stadt mit 400 Mann und nachdem sie auf dem Ringe
paradiert, besetzten sie die Hauptwache und beide Thore, jedes mit 30 Mann,
vor das Schloss zwei Mann, wobei zwei Kaiserliche zugleich stunden. Die
preussischen Officiers giengen auf das Schloss zu jenen und jene kamen selbigen
Tag auch wieder zu diesen in die Stadt. Den 12. Januar wollte der preussische
General auf dem Schlosse Platz machen lassen und eines und das andere an-
ordnen, weil er nunmehr mochte erfahren haben, wie der Commandant das
Schloss mit Allem wohl versehen und sich ohnfehlbar in der Güte nicht
wieder würde herunterweisen lassen (man sagte, es hätten es die Herren Preussrn
versehen, dass sie nicht zuvor das Schloss visitieret, die Kaiserlichen mit völligem
Gewehr hinauf marschieren lassen oder doch nicht einige Mannschaft mit hinauf
Oesterreichischer Erbl'olgekrieg. IT. Bd. 8
114
Am 13. Januar Hess Oberstwachtmeister Kr am er dasWachthaus
unter dem Deutschen Thore, nebst den darin befindlichen Vorräthen an
rauliem Futter durch einen Musketier von Harrach in Brand stecken.1)
Um den Angriff auf das Schloss wirksam unternehmen zu
können, setzten die Preussen in den nächsten Tagen sich hinter
den Mauern einer verfallenen Kirche fest, legten dort Bretter-
bettungen zur Aufstellung einer Batterie und benutzten ausserdem
das daneben liegende Kloster zur Aufstellung von Geschützen. Da
die leichten Regiments-Geschütze gegen das Schloss ohne "Wirkung
waren, so erhielt der preussische Befehlshaber auf seinen Antrag
von jenen Geschützen, die Major v. Merk atz von Glogau nach
Neisse gebracht hatte, zwei 12-Pfünder und zwei 50pfündige Mörser
zugewiesen, die über Ohlau am 24. Januar in Namslau eintrafen.
Vom Schloss wurde inzwischen das Feuer auf die preussischen
Angriffs arbeiten fortgesetzt, nicht ohne den dabei beschäftigten
Mannschaften Verluste zuzufügen. 2)
Am 25. wurden die beiden 12-Pfünder, nebst vier Regiments-
Geschützen in der , .wüsten" Kirche, die Mörser im Klosterhof placiert.
Am 27. begann um 5V2 Uhr Früh die Besehiessung des
Schlosses, welche bis 80. Januar fortgesetzt wurde. 3)
Das Feuer wurde von den Belagerten im Schloss in den
ersten Tagen der Besehiessung, soweit es die geringen Ver-
theidigungsmittel erlaubten, kräftig erwidert.
geschickt hatten). Der Commandant auf dem Schlosse aber wollte nichts ge-
statten, sagte, es sei wider den Accord und nachdem die Preussen dadurch
was anders im Sinne haben möchten, wäre es besser, ihre Freundschaft nehme
ein Ende, sie hätten die Stadt, er wolle das Schloss behaupten, zog auch
gleich seine Schildwache hinein, zog die Brücke auf imd liess Alles auf das Beste
verwahren."
1) Schlesische Kriegs-Fama und Wachler. Namslau im ersten schlesischen
Kriege.
2) Am 1-1. Januar disponierte der Commandant einen Ausfall, um sechs
Ochsen, die noch in nicht allzu entfernten Ställen ausserhalb des Schlosses
standen, in dasselbe zu bringen, was auch gelang. Trotz der Energie des
Commandanten Hessen sich einige Desertionsfälle der Besatzung nicht hindern.
Ein Deserteur, der sich aus dem Schlosse herabliess, wurde von Major Kram er
sogar selbst erschossen und blieb einige Tage im Schlossgraben unbeeidigt
Hegen . (Scldesische Kriegs-Farna.)
3) Es erfolgten an diesem Tage Vormittag 95, Nachmittag 6, am 28. 93,
am 29. 3-1. am 30. Vormittag 63, Nachmittag 30, zusammen 321 Kanonen-
schüsse. Bomben wurden nach dem Schloss geworfen am 27. Januar 5.
am 28. 20, am 29. 10, am 30. Vormittag 4.8, Nachmittag 17, zusammen Kid.
sammt Feuerkugeln.
115
Am 27. Januar hatte Oberstwachtmeister Kr am er, nachdem
die Beschiessung die Bedachung des Schlosses arg geschädigt hatte,
einen Tambour in die Stadt mit dem Anerbieten einer Capitulation
gesendet, falls ihm mit seiner unterstehenden Trappe freier Abzug
mit Wehr und Waffen, klingendem Spiel und zwei geschlossenen
Rüst wagen bewilligt werde. Die Preussen verlangten jedoch Er-
gebung auf Discretion, worauf das Bombardement wieder begann. 1>
Die Preussen warfen auf die Nachricht eines Ueberläufers,
dass es im Schlosse nicht am besten stehe und die Soldaten
Neigung zur Ergebung zeigten, zahlreiche glühende Kugeln und
Pechkränze in den Hof des Schlosses und setzten das Bombardement
ausserordentlich heftig fort, so dass die Garnison, da die Bedachung
durchgeschlagen, in die Keller retirieren musste, es aber dort des
eingedrungenen Rauches halber nicht lange aushalten konnte.
So dauerte der preussische Angriff am 29. und 30. Januar
mit Heftigkeit an.
Auf den zusammengeschossenen Gängen und Böden konnte
sich die Garnison des Schlosses nicht mehr halten, um die Ver-
theidigung fortzusetzen. Oberstwachtmeister Kram er liess daher
am 31. Januar um 8 Uhr Morgens auf dringendes Bitten seiner
Untergebenen Chamade schlagen und es wurde am Nachmittage ein
Accord dahin geschlossen, ,,dass sich die ganze Garnison, so nach
Abzug der Deserteurs von 314 Mann aufgezogen, nur in 275 Mann
bestand, mit Ablegung des Ober- und Untergewehres und Bei-
behaltung der Ranzen, sammt allen Oberofncieren, welchen Degen
und Stock belassen wurden, zu Kriegsgefangenen ergebe". 2)
Am Nachmittage des 31. Januar, nach unterschriebener Capi-
tulation, wurden die kriegsgefangenen Soldaten von einem preussi-
schen Commando in die Stadt geholt und bis zur Abführung in
vier Häusern bequartiert, den Ofncieren aber auf dem Schloss
zu bleiben erlaubt, Fähnrich Schlich ting jedoch als früherer
preussischer Deserteur gefangen genommen. Das Schloss wurde
sofort von den Preussen besetzt.
Die Verluste waren auf beiden Seiten unbedeutend gewesen.
Am 3. Februar wurde die kriegsgefangene Mannschaft nach
Breslau unter einer Escorte von 90 Mann abgeschickt und am 7.
folgten die zurückgebliebenen Officiere.
J) Sclilesische Kriegs-Fama.
2) Sclilesische Kriegs-Fama, Bericht des Wirthschafts-Hauptmanns von
Namslaa.
116
Von der Armee-Abtheilung des GM. v. Jeetze waren in
der dritten Dekade des Januar zwei Escadronen Bayreuth-Dragoner
mit 100 Mann Infanterie entsendet worden, um Brieg, welches
GM. v. Kleist am linken Oder-Ufer cernierte, auch auf dem rechten
einzuschliessen. Sie trafen am 25. Januar dort ein.
Ferner wurden von Namslau zwei Bataillone und eine Escadron
als Besatzung nach Oppeln, das GM. v. Kleist am 15. Januar
schon durch ein Detachement seiner Truppen von Brieg aus hatte
besetzen lassen, gesendet, wo sie Ende Januar eintrafen.
GM. v. Jeetze blieb vorläufig mit dem Regiment Bredow
und drei Escadronen Bayreuth-Dragonern in Namslau und Umgegend.
wo Ende Januar noch fünf Escadronen Leib-Carabiniers, die ur-
sprünglich zum IL Corps für die Cernierung von Glogau be-
stimmt waren, bei ihm einrückten.
Einnahme von Jablunkan.
Der Posten Jablunkan war mit einer Compagnie des Infanterie-
Regiments Wallis, 104 Mann stark (darunter 90 unausgebildete
Re ernten), 8 Artilleristen und 120 Landleuten (Land-Vybranzen),
besetzt. Die Armierung der in mangelhaftestem Stand befindlichen
Befestigung, einer geschlossenen, damals total verfallenen Schanze,
bestand in acht schlechten Geschützen, die man jedoch, da die
Batterien nicht hergerichtet waren, gar nicht aufführen konnte.
Kein Thor war zu sperren, keine Aufzug-Brücke vorhanden.
Die zu jener Zeit aus dem Teschen'schen gesendeten wenigen
Arbeiter konnten wegen der Ungunst der "Witterung bei der Aus-
besserung des Objectes nur Geringes bewirken.
Das Commando führte Oberstlieutenant Baron O'Reilly,
welcher über den Nothstand des von ihm befehligten Postens an
den Commandierenden in Ungarn berichtet, auch bemerkt hatte,
dass der Teschen'sche Landeshauptmann Baron Skrbensky die
beigestellten Schanzarbeiter, weil die Preussen im Anmärsche seien,
zurückgerufen habe und er daher die Pallisaden um die Schanze
nicht durchgehends habe setzen können, auch nicht mit genügenden
Vorräthen für die Garnison versehen sei. Er verstärke den Posten
indessen weiter und erwarte das zu dessen Besatzung bestimmte
Max Starhemberg'sche Bataillon (heute Nr. 24). J)
Das aus Leopoldstadt vom commandierenden General über-
sendete Mehl konnte nicht verwendet werden, da keine Backöfen
!) K. A., H. K. E. 1741, Prot. Exp. Fol. 390.
117
vorhancl en waren, die Löhnung für die Mannschaft war bis Ende
Februar vorhanden, doch hatten die Officiere etwa zehn Monate
keine Gage erhalten, ebenso war auch kein Geld da, um die be-
waffneten Landbewohner auszuzahlen. l)
Der comniandierende General in Ungarn, FM. Graf Johann
Palffy erkannte ganz richtig und noch zeitgerecht die missliche
Lage dieses wegen der Strasse über das Gebirge in das Waag-Thal
wichtigen Punctes, ohne jedoch recht in der Lage zu sein, den-
selben unterstützen zu können, da die Mähren und Schlesien zu-
nächst liegenden Comitate durch den Abmarsch der Cavallerie-
Regimenter Hohenzollerii, Lanthieri, Hohenems und Batthyanyi
von Truppen vollkommen entblösst waren und die Nachrückung
ihres Ersatzes noch eine ziemliche Zeit in Anspruch nehmen musste.
Das Eintreffen des nach Jablunkau bestimmten Max Starhemberg'-
schen Bataillons, das aus Szegedin im Marsche war, konnte noch
geraume Zeit nicht zu gewärtigen sein. Palffy, der selbst nichts thun
konnte, rieth jedoch in AVien an, von den nach Schlesien beorderten
Regimentern, deren Colonnen ohnehin beiSkalitz sich stauten, sofort
eines oder zwei dorthin zu entsenden, da keine Stunde zu ver-
säumen sei.
Er drang darauf, wenigstens Proviant nach Jablunkau zu
schaffen, stellte auch anheim, von den bestehenden ungarischen
National-Truppen zu Pferd, sei es aus Raab, Gran, Komorn oder
Szolnok dorthin zu entsenden, die aber, sobald dies geschähe, aller-
dings sofort die Bezahlung ihrer Soldrückstände verlangen würden.2)
Leider wurden P al ff y's Vorschläge nicht berücksichtigt und
der Platz blieb nach wie vor vernachlässigt. 3)
Schon in den letzten Januartagen streiften preussisehe Husaren
bis in die Nähe des Passes und am 8. Februar erschien GM. L a
Motte, welcher in den ersten Februartagen das Herzogtimm
Teschen besetzt hatte, mit seinem Regiment vor der Schanze. Er
1) Ebenda, Fol. 400.
2) FM. Palffy an den Grossherzog. Pressburg, '27. Januar 174-1.
K, A., Mähren und Schlesien 1711, I, 14.
3) ,, Vous savez apparement, que les conquerants se sont empares par sur-
prise du passage de Jablunkau, qui n'etait garde, gräce ä la negligence ordi-
naire de la Cour de Vienne, que d'une centaine d'Autricbiens mal-armes et
depourvus de tout ce qu'il faut pour se defendre." Graf M a n 1 eu t't'el an
FM. Seckendorff. (H. H. u. St. A., Gr. Correspondenz. Fase. 192. Con-
volut A.)
118
hatte kaum seine Regiments-Geschütze aufführen lassen, als viele
Landleute davonliefen, ihre Gewehre den Preussen übergaben und
ihren Heimathsorten zueilten.
Von dem kläglichen Zustande des Objeets unterrichtet, forderte
der preussische General die Besatzung zur Uebergabe auf. Noch
am selben Tage kam eine Vereinbarung zum Abschluss. wonach
O'Reilly das Werk übergab und mit seinen Truppen die Be-
willigung zum freien Abzug mit allen Kriegsehren nach Ungarn
erhielt. r) Die in Jablunkau befindlichen bedeutenden Salzvorräthe
fielen dem Feinde in die Hände.
Die Preussen verlegten als Besatzung nach Jablunkau 300 Mann
Infanterie, 15 Husaren und zwei Regiments-Geschütze, die übrigen
Truppen kehrten nach Teschen zurück.
Im Laufe des Februar traten dann noch einige Veränderungen
in der Vertheilung der Truppen ein. 2) Die Armee-Abtheilung des
GM. v. Jeetze als seibstständiges Commando wurde aufgelöst
und der General mit dem Infanterie-ßegirnente Bredow dem GL.
Grafen Schulenburg unterstellt. Die am rechten Oder-Ufer
stehenden zwei Escadronen Bayreuth - Dragoner wurden dem
GM. v. Kleist, die dritte Escadron dem <^M. v. D erschau
zugewiesen. Das Leib - Carabinier - Regiment verblieb auf dem
rechten Oder-Ufer zwischen Oppeln und Ratibor, ferner kamen zum
Schulenbur g'schen Commando noch 2 unter GM. La Motte
gestandene Escadronen Schulenburg und vom Commando des GM.
v. D erschau die Grenadier-Bataillone "Wedeil und Buddenbrook,
sowie die Escadron Leib-Husaren. Das Infanterie-Regiment Alt-
Borcke. in Breslau wurde selbstständig gemacht.
Die schwere Artillerie, welche nach Auf hebung der Beschiessung
von Neisse nach Ohlau gebracht worden war, blieb am letzt-
genännten Platze.
In dem von GM. v. D e r s c h a u befehligten Rayon wurde
Anfangs Februar ausser den Pässen von AVeidenau, Patschkau und
Wartha auch jener von Silberberg mit 2 Compagnien besetzt,
deren Unterstützung 2 weitere Compagnien und 2 Escadronen in
Frankenstein bildeten. 3)
*) Den Wortlaut der Capitulation. sowie die vollständige Kehabilitierung
O'Eeilly's durch den Hof-Kriegsrath enthält Anhang XVI.
2) Uebersicht, Tafel VII.
3) Kriege Friedrich d. Gr., I, 2S9 u. ff.
FML. Graf Browne in Mähren.
Der kleine Krieg an den mährisch-schlesischen Grenzen im Monate
Februar.
in den Verhältnissen der königlich ungarisch -böhmischen
Truppen trat schon mit Anfang Februar ein günstiger Umschwung
ein. Das Eintreffen der Regimenter und deren Aufmarsch in der
Linie Mistek-Sternberg vollzog sich successive.
Der Hof - Kriegsrath mässigte aber den zu jedem Wagniss
bereiten Offensivsinn des FML. Grafen Browne nachdrücklich
durch die ihm ertheilten Instructionen, welche ihm, vermuthlich
auf Betreiben des bedächtigeren Neipperg die Hände völlig
banden.1) ,,Die Truppen sollten keineswegs ohne Noth abgemattet
und selbe, soviel als nur thunlich, auch sonst menagiert werden.
Man hielte auch einen Entsatz von N e i s s e dermalen nicht
rathsam", woraus hervorgeht, dass Browne einen solchen geplant
hatte. Auf die in der Armee bestehenden Unregelmässigkeiten be-
züglich zu vieler Pferde und Bagageu wurde insoferne Einfluss
genommen, dass ein Equipage-Reglement in Aussicht gestellt ward,
inzwischen aber den Regiments-Commanclanten bedeutet wurde,
dass den Ofhcieren nur für die, die Vorschrift nicht übersteigende
Pferdezahl die Fourage werde verabreicht werden. 2)
') „Browne habe gebeten, mau solle ihm freie Hand lassen, er habe
schon günstige Gelegenheiten , weil er gebunden gewesen sei , vorüber-
gehen lassen müssen. Neipperg sei dem entgegen, daher es ihm abgeschlagen
worden, worüber Browne und seine hiesigen Freunde sehr missvergnügt
sind." Bericht aus Wien v. 25. Februar 1741 des Freiherrn v. Seckendorft
an den Herzog von S a c h s e n - G o t h a. (H. H. u. St. A., Geschriebene Zeitungen
Fase. 17.)
2) K. A., H. K. R. 1741. Prot. Reg. Fol. 164. 25. Januar.
120
Die Stellung Brow n e!s war überhaupt keine glückliche. *)
Er sollte sich nicht nur von Wien aus, sondern von jüngeren
Generalen über die Art und Weise der Operationen belehren lassen.
In dieser Richtung leistete Lentulus ganz Ausserordentliches. Die
Projecte desselben zur Landesvertheidigung sollte Browne, nach-
dem Ersterer inzwischen in das Glatz'sche abgereist war, ausführen
lassen, trotzdem er mit dem grössten Theile derselben nicht ein-
verstanden war. Das mährische Gebirge, berichtete Browne dem
Hof-Kriegsrath, sei lange nicht so ungangbar, als man es schildere.
Die bereits fertigen und in Aussicht genommenen Verhaue könnten
insgesammt ohne besondere Schwierigkeiten umgangen und geöffnet
werden. Die mährischen Landesvertheidiger seien so unbändig, dass
er bereits die meisten derselben entlassen habe und den Rest bald
zu entlassen gedenke. Wer Projecte mache, möge sie auch aus-
führen. 2)
Hier zeigte sich schon der Widerstreit der Meinungen zwischen
B r o w n e und Lentul u s, respective N e i p p e r g. Dazu kam en
noch Ungeschicklichkeiten, die den wahrlich nicht auf Rosen ge-
betteten Interims-Commandanten zu verstimmen geeignet waren.
So wurde GF WM. Baron Philibert, der mit dem Hohenzollern'-
schen Cürassier-Regiment beim Br o wn e'schen Corps angekommen
war, mit der Verlegung der ankommenden Regimenter von L e n-
t u 1 u s beauftragt.3) Auch beklagt sich B r o w n e über N e i p p e r g's
Correspondenz und dessen ,, nicht ganz besonders höfliche Ausdrücke".
Trotz aller dieser Hemmnisse und Unannehmlichkeiten und
trotz des Befehles, ,, nichts zu riskieren, ohne Aussicht auf Erfolg",
gedachte der unermüdlich thätige FML. Graf Browne, nunmehr
genügend basiert und verstärkt, wenigstens den kleinen Krieg gegen
die in den Winter-Quartieren befindlichen, der Ruhe bedürftigen
preussischen Truppen zu beginnen. Er hatte sich schon am 3. Februar
mit dem Olmützer Kreishauptmann Baron Sehn b i r z und einem
J) ,,Und zwar kommt mir sonderheitlich vor, dass der Herr GFWM.
Graf v. B r o w n e numnehro Dieselben und mich etwas besser zu begreifen
anfange, indem, wie er die Truppen dermalen verlegt, postiert und setzet,
aueb wie er seine übrige Veranstaltung in ein so anderem jetzo machet
und einleitet, mit unsern beiderseitigen Sentiments ungefähr und so viel es
seine letzte Retraite zidasset, übereinstimmt und ja hoffen, dass er auch
selbigen in all' übrigen nach Thun- und Möglichkeit sich fügen werde."
Neipperg an Lentulus, 7. Febr. 1741. (K. A.. F. A. Schlesien 1741. II. 8.
2j Oesterr. Milit.-Zeitschrift 1827, I.
s) EL A.. Mähren und Schlesien 1741, I. 9,
121
Ingenieur-Lieutenant nach Carlsberg begeben und auch den Oberst-
wachtmeister Schmidt von Freudenthal zu einer Conferenz dahin
berufen, J) worin beschlossen wurde, die Communicatioh des Corps
mit dem Posten Freudenthal unter allen Umständen offen zu
erhalten und ihn eventuell als Ausgangspunct für weitere Unter-
nehmungen zu benützen. Da inzwischen auch das Husaren-Regiment
Csaky2) beim Corps des FML. Grafen Browne eingerückt war,
wurde der Posten mit einem Husaren-Detachement verstärkt. Von
Olmütz wurden 10 Centner Pulver und Blei dorthin gesendet.
Am 4. Februar fiel bereits unweit Freudenthal bei Ebersdorf
zwischen österreichischen und prenssischen Husaren ein für die
ersteren glückliches Rencontre vor. 3)
FML. Graf Browne entsendete auch ein Commando von
40 Freiwilligen des Husaren-Regiments Csaky unter einem Lieu-
tenant nach Neisse. Dieses Detachement gelangte nicht nur am
<;. Februar glücklich in die Festung, sondern nahm unterwegs drei
preussische Proviantwagen und eine Gasse mit Regimentsgeldern,
machte 26 Husaren sammt ihren Pferden und 30 österreichische
Deserteurs, die von Ohlau durchgegangen waren, zu Gefangenen. 4)
Gegen Jägerndorf wurde sogar ein Versuch gemacht, den
preussischen Ober-Commandanten FM. Schwerin aufzuheben.
Als dieser am 18. Februar dort ankam, sprengten 40 österreichische
Husaren bis in die Vorstadt, wurden aber durch eine preussische
Husaren-Escadron mit einem Verluste von zwei Unterofficieren und
5 Mann zum Rückzug genöthigt.
Am 23. Februar stiess ein mit 1 Unterofficier und 7 Husaren
von Grätz aus die österreichischen Quartiere und Aufstellungen
recognoscierender preussischer Lieutenant auf 50 Husaren. Schwer
verwundet fiel der Führer der Patrouille mit dreien seiner Leute in
die Hand der österreichischen Abtheilung, während der Rest der
Patrouille mit einem erbeuteten Pferde davonjagte.
v) Deutsch-Ordens-Central- Archiv; Fase. 724/727.
2) Die eine Coloime des Kegiments hatte, von Ungarn kommend, Wien
am 20. Januar passiert und war beim Durchmarsche vom Grossherzoge und
Prinzen Carl v. Lothringen inspiciert worden. Die zweite Colonne rückte
am 23. Januar durch Wien. („Wienerisches Diarium" Nr. 6 und 7 vom 21. und
25. Januar 1741.)
3) „Wienerisches Diarium" Nr. 12 vom 11. Februar 1711.
4) Bericht des Grafen Sazenhofen vom 11. Februar 1711 an die
Ordens-Eegierung. (Deutsch-Ordens-Central-Archiv, Fase. 721 727 und Schle-
sische Kriegs-Fama, VIII, Beilage 38.)
J -2 -2
Auch im Teschen'scheii wurde es um die preussischen Quartiere
lebendig. Ein preussischer Cornet, der Anfangs Februar mit 1 Unter -
officier und 10 Husaren von Friedek über die Ostrawicza gegen
Mistek vorgieng, das mit Husaren und Landesaufgebot besetzt war,
wurde gefangen genommen. *)
Um die Mitte des Monats (15. Februar) fand bei Friedek
ein ernsterer Zusammenstoss statt. Im genannten Orte standen
2 Compagnien i\t:^ preussischen Regiments Markgraf Heinrich in
der Stärke von -200 Mann, nebst 30 Husaren unter Major von
Münchow. Mistek war, wie erwähnt, von ungarischen Husaren
und mährischem Landvolk besetzt, 15 Kilometer westlieh vom
genannten Orte, in Freiberg, stand ein aus Abtheilungen ver-
schiedener Regimenter zusammengesetztes Detachement. Die Be-
satzung des Postens von Mistek, vermuthlich verstärkt durch jene
von Freiberg, erschienen nun vor Friedek und schlössen den
Ort ein. Die Versuche, denselben einzunehmen, scheiterten jedoch
an der tapfern Gegenwehr der Vertheidiger. Sobald GM. L a
31 o 1 1 e hievon in Teschen Meldung erhielt, rückte er mit einer
stärkeren Abtheilung gegen Friedek vor, wo er am 16. Februar
eintraf und die Oesterreicher mit einem Verluste von zwanzig
Todten und zahlreichen Verwundeten zurückdrängte, während die
Preussen nur 4 Mann verloren. La Motte folgte den ab-
ziehenden Oesterreichern bis Mistek, das, angeblich wegen an
preussischen Soldaten dort verübten Grausamkeiten, in Brand
gesteckt wurde. 2)
Die aus Ungarn nach Mähren, beziehungsweise Schlesien
marschierenden Regimenter hatten jeden dritten Tag Rasttag zu
halten und nachdem die eine Route über Skalitz in Folge der An-
häufung der auf derselben marschierenden Truppenkörper sich als
unzureichend erwies, wurden am 24. Januar noch weitere drei
J) Kriege Friedrich d. Gr. I, 293.
2) Kriege Friedrich d. Gr. I, 2(.)4
Die Königin Maria Theresia belobte am 7. März in einem, an den
Olmützer Kreishauptmann gerichteten Erlasse die Haltimg der aufgebotenen
Landbevölkerung bei dieser Gelegenheit: ,,aus Deiner unterm 21. v. M. an
Unser kgl. Tribunal erstatteten Relation zu vernehmen vergnüglich gewesen,
dass sich Unsere getreuen "Wallachen bei Attaquier- und Uebersteigung der von
dem Feinde besetzt gewesten Stadt Friedek mit einer besonders rühmlichen
Tapferkeit und Herzhaftigkeit hervorgethan". (Acten der k. k. Statthaltern
in Brunn).
1 23
Einbruchsrouten nach Mähren geöffnet und zwar über den Welka-,
Hrozinkauer und Ularzer Pass. l)
Die Löhnungen für die Mannschaft musste das Land Mähren,
so lange die Trappen in demselben bequartiert waren, beistellen. 2)
Die in das Feld befehligten Cavallerie-Regimenter hatten in je
zwei Gruppen getheilt zu marschieren.
Allen Regimentern überhaupt, auch jenen, welche aus Ungarn
durch Meder-Oesterreich marschierten, wurde als Marschziel Olmütz
angegeben. 3)
Die Königin Maria Theresia sah, in Anbetracht der
bedeutenden Lasten, welche die Unterthanen der Markgrafschaft
Mähren auf sich zu nehmen hatten, ihnen die zu den Weg-Repa-
rierungen rückständigen Hand- und Zug-Robote nach. Das Land
beeilte sich auch, freiwillig Recruten zu den einrückenden Regi-
mentern zu liefern und das königliche Tribunal erhielt in Folge
dessen Auftrag, der Königin Wohlgefallen den dortigen Ständen
und einigen Zünften ..wegen gestellter Recruten zu erkennen zu
geben". 4)
Die zunächst zu erwartende Verstärkung bestand in den Caval-
lerie-Regimentern Hohenems (aus Kaschau) und Seherr (aus dem
Eisenburger Oomitat), den Infanterie-Regimentern Baden aus Szigeth,
Thüngen (aus Ungarn) und Alt-Daun (aus Inner-Oesterreich).
Am 7. Februar standen die königlich ungarisch -böhmischen
Truppen mit den inzwischen eingerückten Verstärkungen, den Regi-
mentern Hohenems- Cürassiere, Baden- und Thüngen -Infanterie,
folgendermassen :
Am rechten Flügel in Mistek Landbevölkerung und 1 Husaren-
Detachement, in Freiberg ein gemischtes Commando verschiedener
Regimenter, in Neutitschein 5 Escadronen Csaky-Husaren. Im
1) Prot. d. böhm. Hofkanzlei.
2) Ebenda.
3) K. A., H. K. R. 1741. Prot. Reg. Fol. 71. Die Spionage scheint üppig
in Blüthe gestanden zu sein, denn Bro w n e erhielt vom Hof-Kriegsrathe die
Weisung, auf Reisende aus Schlesien, sowie auf Postillone und den Grenz-
verkehr ein sehr wachsames Auge zu haben. Der Commandant von Olmütz,
Oberst F a 1 a i z e hatte zu dieser Zeit an den Hof-Kriegsrath berichtet, „dass
ein für einen Apotheker-Gesellen sich gebender allhier in der goldenen Hirsch-
Apotheke in Diensten gestanden sein sollender Püchler von der preussischon
Armee mit Pass von Graf Gott er angelangt sei". (K. A., H K. R. Prot.
Exped. 1741. Fol. 320).
4) Prot, d. böhm. Hofkanzlei. 27. Jan. 1741.
J24
Centrum der Best des Regiments in Pohl, Bölten und "Weiss-
kirchen ; in Leipnik Harrach und 1 Bataillon Baden-Infanterie, in
Osseg Thüngen; in Prerau 2 Bataillone Baden, in Bohorz und
Ober-Moschtienitz Hohenems-Cürassiere. Am linken Flügel : Lan-
thieri-Cürassiere in Trschitz und Wolzanowitz, Liechtenstein-Dragoner
in Gross-Teinitz, Hohenzollern-Cürassiere in Gross- Wisternitz, Przas-
lawitz, Bystrowan, Loschau und Bukowan ; in Olmütz selbst zwei
Bataillone Franz Lothringen ; in Sternberg einige Compagnien von
Grünne, in Babitz und Luschitz solche von Browne. Vorgeschoben
war in Hof ein Detachement verschiedener Abtheilungen und in
Freudenthal Abtheilungen von Harrach-, Franz Lothringen-, Grünne-,
Botta-, Browne-Infanterie und von Csäky- und Dessewffy -Husaren. r)
Inzwischen nahmen auch die Rüstungen grössere Verhält-
nisse an.
Die böhmischen und niederösterreichischen Stände thaten, was
in ihren Kräften stand, um der Königin Mannschaften und Geld
zur Verfügung zu stellen.
Die militärischen Angelegenheiten leitete nach dem Gross-
herzoge in erster Linie der Vice-Präsident des Hof-Kriegsraths
FM. Ludwig Andreas Graf Khe venh üll e r. Auch der böhmische
Hofkanzler Graf Kinsky gewann bedeutend an Einfiuss. Eine Zeit
lang soll schon jetzt die Absicht bestanden haben, dem Prinzen Carl
von Lothringen, dem Bruder des Grossherzogs, den Oberbefehl
gegen Preussen zu geben und ihm FZM. Grafen Neipperg als
Adlatus zuzuweisen. 2)
Im Ganzen waren zu dieser Zeit für das Corps nach Schlesien
und für- die Besetzung der böhmischen Grenze gegen das Glatz'-
sche und dieses selbst 15 Infanterie- und 18 Cavallerie-Regimenter
bestimmt, theils schon an ihren Bestimmungsorten eingetroffen,
theils noch im Marsche befindlich. 3)
Im Allgemeinen waren die Marschbewegungen nicht allzu-
fiüssig. Wenn auch der Fehler der ersten Instradierung, die An-
häufung zu vieler Regimenter auf der einzigen Strasse über Skalitz
nach Mähren, durch die Vereinbarung des FM. Grafen Pälffy mir
J) Tafel IV.
2) Bericht d. Freih. v. Secke n d o r ff an den Herzog von Sachse n-
G otha v. 8. Febr. 1741.
s) Uebersicht der Kegimenter und deren Stand Anhang XVII.
L25
dem Pressburger Comitat über die drei Nebenrouten einigermassen
behoben wurde, so hinderten doch auch häufig Hochwässer den
Marsch der Colonnen ; die Cürassier-Regimenter Cordua und Birken-
feld konnten aus dem Temeser - Banat wegen grossen Ueber-
schwemmmigen ihren Marsch nicht über die Theiss nehmen.1)
Die Visitierung des Gesundheitszustandes nahm an den
mährischen Grenzen auch noch Zeit in Anspruch, denn gänzlich
schien man ihrer doch nicht entrathen zu können. 2)
Der Hof-Kriegsrath erliess AVerb-Patente zur Aufbringung von
Artilleristen in Böhmen, 3) dann von Verpflegs-Personal und Fuhr-
wesensknechten. Für die Ergänzung der Infanterie-Regimenter
erhielt der im Römischen Reich das "Werbgeschäft leitende Comman-
dant zu Rheinfelden, GFWM. Freiherr v. Tornaco, den Auftrag,
soviel Recruten als nur möglich anzuwerben. 4j
Ausserdem warben alle Regimenter, wie erwähnt, in den
Ländern, wo sie sich befanden, 5) so wie auch die Stände Mann-
schaften beistellten. 6)
Das Oberst-SchifFamt erhielt im Januar Auftrag, 42 der taug-
lichsten, von den im Türkenkrieg in- Verwendung gestandenen und
in Esseg deponierten Pontons, sammt den dazu gehörenden "Wagen
und den übrigen Requisiten unter Aufsicht des Hauptmanns
Klaninger und des Personals, 7) dann auch unter Mitnahme der
ebenfalls in Esseg befindlichen „Feldspitals-Nothdurften", an die
mährische Grenze nach Skalitz zu disponieren.
Aus dem "Wiener Zeughause wurden 4000 Musketen nach Brunn
abgesendet, von welchen die Regimenter den Abgang an Feuer-
gewehren ersetzen sollten ; 2000 uncalibermässige Musketen wurden
nach Olmütz, hauptsächlich zur Bewaffnung der Landesvertheidiger
geschickt. Ausserdem waren noch 8000 Gewehre in Bestellung
r) K. A., H. K. R. 1711, Prot. Exp., Fol. 363.
2J Befehle vom 21. u. 28. Januar 1741, Anhang XVIII.
s) 10 Zeugs-Bediente, 50 Büchsennieister, 215 Stückknechte.
4) Anhang XIX.
s) Die Werbung geschah auf Capitulation, doch nicht unter drei Jahren
Das Werbgeld wurde von 27 auf 30 fl. erhöht.
6) Anhang XX.
') Dasselbe bestand aus dem Fuhrwesens- und dem Pontons-Stand-
Ersterer zählte 1 Hauptmann, 1 Ober-Wagenmeister, 1 Fouriex-, 1 Geschirr-
schreiber, 2 Schmied-, 2 Wagner-Gesellen ; letzterer : 1 Bruckschreiber, 1 Feld-
webel, 2 Oorporale, 2 Klempner, 25 gemeine Pontonniere. (K. und k. H. K. A.
Acten der Hoffinanz.)
126
gegeben und täglich gieng auch [Munition von Wien nach Mähren
und Böhmen ab.
Zur Besorgung des Proviantwesens für die Armee in Schlesien
wurde der Ober - Proviant - Commissär Fritz bestimmt, dessen
Personal aus 1 Proviant- Verwalter und 21 Proviant-Ofncieren bestand.
Für die zur sehlesischen Armee, sowie für die nach Böhmen
bestimmten Infanterie-Regimenter ergieng der Befehl, zu den Pro-
viantwagen auch die Proviantmeister und zu jeder Oompagnie einen
erfahrenen Feldscher anzunehmen. 1)
Das Proviant-Fuhrwesen wurde mit 250 Wagen und 1000 Pferden
festgesetzt. Bezüglich der Fourage und Proviant-Beisehaffung für die
Armee winde von der Hofkammer mit den böhmischen und mähri-
schen Ständen eine Vereinbarung getroffen. 2)
Mit dem Pferdehändler Schindlberger wurden Contracte
auf Lieferung von 1000 Zug- und 202 Cürassier-Pferden abge-
schlossen. 3)
GFWM. Fischer in Brandeis erhielt Befehl, die für die
Operations- Armee in Ausrüstung begriffenen IG Geschütze mit
Vorspann vom Lande nach Prag abzuschicken. 4 1
Nach Olmütz und Brunn ergieng Auftrag, in ersterem Orte
die Festungswerke und in dem andern jene der Stadt und auf dem
Spielberge auszubessern.
FML. Graf Zinzendor ff, commandierender General in
Mähren, wurde angewiesen, an den FML. B r o w n e Arbeiter für die
Verhaue, dann Jäger und Heger, soviel er zu deren Besetzung
aufbringen könne, zu senden, auch sich mit demselben wegen der
Delogierung der successive hi Mähren einrückenden Regimenter
in das Einvernehmen zu setzen.
Die Regimenter, welche sich auf dem Marsche befanden und
in Folge schlechter Witterung und grundloser Wege häufig nur
kurze Distanzen zurücklegen konnten, mussten über den Fortgang
desselben jeden Posttag oder wenigstens wöchentlich dem Hof-
Kriegsrathe Bericht einsenden. Ausserdem wurde bestimmt, dass
h K. A., H. K. E. 1731, Prot, Reg. Fol. Tu.
2) K. A., H. K. R. 1741, Prot, Reg. Fol. 235.
3) Acten der Hoffinauz.
-■ Dieselbe bestand aus: 6 3pfündigen Regiments-Stücken. 1 opfündigen
Feldschlangen, 4 ßpfündigen Falkaunen, 2 12p fündigen Haubitzen. (K. A., Schlesien
1741; II, VI.). Der Anbang XXI enthält Details über die Ausrüstung der
Artillerie.
clie deutschen Cavallerie-Regimenter die auf den nunmehr fest-
gesetzten Stand von 800 Mann erübrigten Leute und Pferde bei-
behalten und nach und nach einbringen sollten. r)
Die nach Erhalt des Marschbefehls zu spät abmarschierten
Truppenkörper erhielten scharfe Verweise wegen der bezeigten
Saumseligkeit, so der Commandant des Dessewffy'schen Husaren-
Regiments, welcher aufgefordert wurde, sich wegen der Verzögerung
beim Abmärsche zu verantworten. 2J
Am '2G. Januar 1741 erliess der commandierende General in
Ungarn, der siebenundsiebzigj ährige Feldmarschall und Judex
curiae Johann Graf Pälffy, einen Aufruf an 15 Comitate, dann
an die Jaz3rgier und Cumanier, ihre Aufgebote gegen einen etwaigen
Einfall der Preussen auszurüsten, wobei Pälffy erklärte, sich selbst
an deren Spitze stellen zu wollen.3)
Nachdem aber Jablunkau von den Preussen besetzt worden, eilte
Pälffy nach Wien, sich mit der Regierung über die Massregeln
zur Verteidigung des Landes zu einigen, im Fall die Preussen
weiter vorzudringen versuchen wollten. 4)
J) Ebenda, Fol 49.
s) Ebenda, Fol. 52 u. 113.
3) Siebe den Wortlaut des Aufrufes in Anhang XXII
4) „Man hat in Ungarn an viele Comitate den Befehl ergeben lassen,
eine Notam Derjenigen einzuschicken, die aufsitzen können und ist der FM.
Pälffy vor wenig Tagen in Person allhier zugegen gewesen, um das Noth-
wendige zu verabreden und behauptet dieser Feldmarschall, nicht ohne Grund,
dass, solange man nicht den König von Preussen von den ungarischen
Grenzen delogiert hätte, es schwer und gefährlich sein würde, die Diaetam
und Krönung vorzunehmen, weil die akatholischen Ungarn sich leichterdings
die Nachbarschaft und Annäherung des auch akatholischen Königs von Preussen
zu Nutzen machen könnten. Es hat erstbesagter Feld-Marschall dem Vernehmen
nach sich selber anerboten, mit diesen zum Aufsitzen parat seienden Ungarn
und einigen wenigen Regimentern zu Pferd die Preussen von der Jablunka
delogieren zu wollen ; allein es ist derselbe vollkommen disgustiert von hier
auf Pressburg zurückgekehrt und hat in meinem Beisein öffentlich declariert :
man hätte die Ungarn verlangt, nunmehr da sie bereit und willig wären, wäre
kein Geld, kein Brod und keine Fourage da. In Summa Johann Pälffy ist
disgustiert. Ich meinesorts glaube, dass man dem P älffy die entreprise auf die
Jablunka aus der Ursache nicht zugestanden hat, weil man vermuthet, wann er
glücklich wäre und weiter in Schlesien gegen die Preussen avancierte, möchte er
per indirectem das Commando der Neipperg- Armee an sich ziehen, folglich
Neipperg solches verlieren, mithin setzt man lieber Alles in Gefahr, als dies
Favorit zu schaden." (Aus einem Briefe des FM. Prinzen Hildburghausen an
FM. Grafen S eckendorff, Anfang 1741. H. H. u. St. A., Gr. Corresp. Fase. 217. B.
128
P alffy erbot sich, eine ausreichende Anzahl von Bewaffneten
aufzubringen, betonte jedoch die Forderung der Ungarn, nur von
ihren Landsleuten befehligt zu werden. Dies gestand man in
Wien zu und Pälffy kehrte nach Pressburg zurück, um die Aus-
hebung der Husaren zu bewirken. Dorthin folgte ihm unter dem
Vorwande der Jagd Grossherzog Franz, um die von Ungarn aus
gegen Schlesien vorzunehmenden Operationen einzuleiten und wohl
auch, um zu dem Landtage Vorbereitungen zu treffen, welchen man
sobald als möglich nach Pressburg zu berufen, sich entschlossen hatte.1)
Während seit dem Januar 1741 der Hof - Kriegsrath sich
mit Bereitstellung der Kriegsbedürfnisse der Armee in Schlesien,
dann mit endgiltiger Zusammenstellung des grossen und ldeinen
Generalstabes für Neipperg, im Einvernehmen mit diesem,
befasste, 2) fand er die Commandierung neuer Regimenter nach
Schlesien erst Anfangs Februar für erforderlich; jetzt erhielten
Diemar - Cürassiere (aus den Comitaten Biliar, Bekes, Arad)
und Althann-Dragoner (aus Wien, Stockerau, Krems) Marschordre
zur Feld-Armee.3) Man darf aber doch nicht annehmen, dass diese
auffallende Zögerung in den MobiHsierungs-Massnahmen etwa in
Lässigkeit oder Unverstand der massgebenden Factoren ihren Grund
gehabt habe, denn abgesehen davon, dass in der Kegel der Krieg
damals im Winter nicht eben intensiv geführt zu werden pflegte,
hielt auch die Heeresleitung im Februar die auf den Kriegs-Schau-
platz befehligten Cavallerie-Regimenter Birkenfeld, Cordua, Diemar,
Württemberg, Kömer und Althann geflissentlich zurück, damit im
Bereiche der Armee nicht Futtermangel eintrete. 4) Dass FML.
B r o w.n e den Muth der Husaren und ihre glücklichen Unter-
nehmungen, besonders im kleinen Krieg besonders hervorgehoben,
mag Anlass gewesen sein, dass bald auch die Husaren-Kegimenter
Karolyi (aus dem Nordosten Ungarns) und Pestvärrnegyejr (ver-
muthlich noch auf dem Marsche aus Siebenbürgen in das Neutraer
*) Arnet h, Maria Theresia I, 262.
2) K. A., H. K. E. 1711, Prot. Eeg. Fol. 92 (Feld-Kriegs-Kanzlei), 100
(Generalstab), 352 (Feld-Post). 371 (Pater superior castrensis cum socioj etc.
3) Ebenda, Fol. 211, 221, 236 (1. bis 4. Februar). An die Stelle der
Diemar-Cürassiere wurden im Mai Portugal- Cürassiere aus Siebenbürgen nach
Ungarn gezogen, an Stelle der Althann-Dragoner in Nieder- 0 esterreich traten
Caraffa-Oürassiere aus dem Oedenburger Comitat.
4j Ebenda, Fol. 317 (15. Februar). Vergl. unten die Aufstellung des
Feld-Proviant-Fuhrwesens und des Proviant-Stabes.
129
Comitat) nach Schlesien Marschbefehl erhielten. ]) Gleichzeitig
wurden alle dahin bestimmten Regimenter zu Pferd beauftragt, ihre
etwa in Ungarn zurückgelassene unberittene Mannschaft sogleich
an sicli zu ziehen.2) Die zu Neipperg's Corps befehligten Regi-
menter waren alle schwach im Stande und der selbst noch in Wien
befindliche Feldherr constatierte am 2. März 1741, 3) dass sieben
der in Mähren stehenden Infanterie-Regimenter nach Abschlag der
Posten nur 34(33 Dienstbare zählten. Im Ganzen standen damals
längs der schlesischen Grenze in Mähren und Böhmen 10 Infanterie-
und 7 Reiter-Regimenter im Felde, was bei completem Stande, ein-
schliesslich derNichtcombattanten und ohne alle Abcommandierungen,
eine Armee von 25.600 Mann ergäbe. Der am 20. März zum Feld-
marschall 4) ernannte Graf N e i p p e r g hatte keine Aussicht, vor
Ende des Monats seine noch im Anmärsche befindlichen Regimenter
soweit beisammen zu haben, dass er gegen Schlesien vorrücken
konnte ; die Hauptschuld an diesem Zeitverluste mass er dem
Mangel an zureichenden Verpflegsvorsorgen zu ; überdies fehlte
ihm jetzt noch die Artillerie und die Pontons, weder der Regiments-
noch der Proviant-Fuhrwesens-Train waren fertig aufgestellt und
die Regimenter waren mit der Feldausrüstung wegen Geldmangel
noch nicht zu Ende.
Der Ueberfall auf Schlesien hatte durch längere Zeit die von
allem Anfange an vorhandene Sorge wegen eines Angriffs von Seite
Bayerns in den Hintergrund gedrängt ; mit Eintritt des März aber
rleng man an, sich auch in Ober-Oesterreich und bald darauf in
Böhmen durch Vereinigung von Truppen gegen Ueberraschungen
sicherzustellen, Hess aber auch die Verstärkung der Armee
Neipperg's, welche nun naturgemäss schwieriger wurde und
langsamer vor sich gieng, nicht aus dem Auge ; um dieselbe Zeit
erhielten daher die schon in Steyermark befindlichen zwei Bataillone
sammt den beiden Grenadier-Compagnien von Wurmbrand-Infanterie
die Bereitschafts-Ordre, 5) während das Infanterie-Regiment Leopold
Dann aus Slavonien in das Pressburger Comitat herangezogen wurde.6)
J) Ebenda, Fol. 327 (18. Februar).
2) Ebenda, Fol. 329.
s) K. A., F. A. Schlesien 1741, III, 9 (Neipperg an den Grossherzog).
4) K. A., H. K. E. 1741, Prot. Reg. Fol. 198. Die Bestaüungs-Urkunde
tragt jedoch das Datum 12. April.
5) K. A., H. K. E. 1711, Prot. Eeg. Fol. 3S1 (26. Februar).
6) Ebenda, Fol. 111 (8. März).
Oesterreichischer Erbfolgekrieg. II. Bd.
130
Die Lücken, welche der unglückliche Tag von Mollwitz
(10. April 1741) riss, mussten rasch ausgefüllt werden und schon
am 16. April, nur wenige Stunden nach dem Einlangen der
Botschaft von der verlorenen Schlacht, wurde das letztgenannte
Regiment zum sofortigen "Weitermarsch nach Schlesien angewiesen, x)
wohin nachzufolgen mit Ende des Monats nun auch die zwei
Bataillone und zwei Grenadier-Compagnien "Wurmbrand-Inlanterie
(aus Steyerrnark) und ebensoviel vom Lifanterie-Regimente Starhem-
berg (aus Oesterreich ob der Enns) Befehl erhielten, 2) während das
beim Jablunka-Passe stehende dritte Bataillon Starhemberg schon
einige Tage vorher definitiv zur Armee N e i p p e r g's eingetheilt
worden war. 3)
Zu gleicher Zeit wurden auch Pocistatzky-Cürassiere (aus
Trencsin, Thuröcz und Arva) und d'Ollone-Dragoner (aus den
Comitaten Bacs-Bodrog und Baranyay) ebendahin instradiert. 4)
Mit der Durchführung dieser Anordnungen waren, abgesehen
von den Verlusten im Felde und in den Festungen, die regulären
Regimenter, welche der schlesischen Armee zugewiesen werden
konnten, versammelt. Die Zahl derselben änderte sich nur durch
die am 21. Juli angeordnete Auflösung des Infanterie-Regiments
Schmettau, dessen Ofnciere und Mannschaft bei anderen Regimentern
eingetheilt wurden.5)
i) Ebenda, Fol. 669.
2) Ebenda, Fol. 739, 711, 745 (29. und 30. April).
8) Ebenda, Fol. 722 (26. April).
4) Ebenda, Fol. 717 (25. April) und 745 (30. April).
s) Ebenda, Fol. 2013 und Prot. Exp. 2039 (August). FZM. Samuel
Schmettau entzog sich der ihm drohenden Untersuchung wegen seiner
bedenklichen Geldgebahrung, bei dem seinen Namen führenden Regimente,
im Frühjahre 1741 durch den Uebertritt in preussische Dienste. Die breitgetretene
Erklärung, er sei als geborener Schlesier dem Rufe seines neuen Herrn gefolgt,
sollte doch in Zukunft nicht mehr wiederholt werden, da über die Landes-
herrlichkeit in Schlesien erst im Breslauer Frieden entschieden wurde und die
m i 1 i t ä rische Beherrschung des Landes allein keineswegs das Unter-
thanenverhältniss abzuändern im Stande sein kann.
Ereignisse im Monat Februar.
In der (Trafschaft Olatz.
VJFWM. Baron Lentulus, der Vertrauensmann des FZM.
Grafen N e i p p e r g, war am Nachmittage des 22. Januar mit seinem
Adjutanten, Fähnrich Lutsch, von Olmütz nach Glatz abgereist
und zu Mittag des 25. dort eingetroffen. Der General hatte sich
gleich nach seiner Ankunft zu dem Landeshauptmann Grafen
"Waldstein begeben, bei dem er erfuhr, dass wegen Sicherung
der Uebergänge nach Schlesien noch gar nichts vorgekehrt worden.
Da G-FWM. Graf Kolowrat, der eigentliche Truppen-Commandant
im Königgrätzer Kreise und in der Grafschaft Glatz, abwesend
war, traf Lentulus sofort selbst die erforderlichen Massregeln,
um dieses Versäumniss gutzumachen und die Arbeiten sogleich
zu beginnen.
Am folgenden Tage schon wurden einige hundert Bauern bei
Landeck versammelt und am 27. Januar, unter Bedeckung von
hundert Jägern und Schützen, dann einem Lieutenant und zwanzig
Mann Kolowrat-Infanterie (Nr. 17), Verhaue bei den Pässen Königs-
wald, Hausdorf, "Wolpersdorf, Silberberg, "Wartha, Eeichenstein und
Johannsberg begonnen, wozu die abgeordneten Land-Commissarien
die erforderlichen Informationen und Pläne mit Profil zur Errichtung-
einiger Blockhäuser auf je 25 Mann, zur Vertheicligung und Ver-
stärkung der Verhaue bestimmt, erhielten. l)
Der Commandant der Festung, Oberstlieutenant v. Fontaneila,
hatte mit seinem Chef-Ingenieur, dem Oberstwachtmeister Teil o, trotz-
dem beide erst im December 1740 in diese Festung gesendet worden
*) K. A., Schlesien 1741, I, 13.
9*
132
waren, !) das Möglichste vorgekehrt, um den in sehr schlechtem
Zustand vorgefundenen Platz nothdürftig zu verstärken. 2)
Die Besatzungsverhältnisse waren, wie in allen schlesischen
Festungen, ausserordentlich mangelhaft. Der Commandant verlangte
wiederholt 1200 Mann, hatte aber im Anfange des Jahres, wie
bereits erwähnt, erst einige hundert Mann beisammen. 3) Die
Bürgerschaft von Glatz erklärte sich übrigens zur Verteidigung
des Platzes bis zur Ankunft der preussischen Belagerungs-Artillerie
bereit. 4) Doch fehlte es vorläufig auch der Besatzung noch an
genügender Munition, da zudem Fontane IIa im Januar noch
400 Handgranaten nach Neisse abgegeben hatte. Das Landes-
Archiv und die Casse wurden aus der Stadt in die Bergfestung
übertragen.
Fontaneila, welcher bis zu des FZM. Grafen N e i p p e r g
Ankunft in operativer Hinsicht an den Interims-Commandierenden
der Truppen in Schlesien, FML. Grafen Browne, angewiesen war,
hatte von Letzterem schon zu Ende des Jahres 1740 den Befehl
erhalten, die Brücke von Wartha abzuwerfen und auf der AVartha-
Glatzer Strasse einen Verhau anzulegen, eine Massregel, welche
sich bei der bereits geschilderten Unternehmung des preussischen
Obersten Camas gegen Glatz ausserordentlich bewährt hatte.
GFAVM. Lentulus empfahl der Landesbehörde, ein Magazin
mit Vorräthen an rauher Fourage für 2400 Portionen täglich auf
den Bedarf von sechs Wochen anzulegen und noch weitere Vor-
räthe an Mehl herbeizuschaffen, obschon sich in der Festung bereits
ein fünfmonatlicher Vorrath für eine Garnison in der Stärke von
1500 Mann befand. In den preussischen Postierungen hatte in
der dritten Dekade des Januar, wie schon geschildert, das Beziehen
der Winter- Quartiere stattgefunden, wodurch preussische Truppen
ausser nach Ottmachau in Patschkau, AVeidenau, Silberberg,
l) Anhang XXIII.
2j Plan von Glatz, Tafel V.
'■■j Am 31. Deceniber 1740 bestand die Garnison von Glatz in -100 Mann
und zwar 150 Mann vom Eegimente O'Gilvy und 250 Invaliden. Hiezu kamen
noch 1 Alt-Feuerwerker, 10 Büchsenmeister, 12 Mineurs, welche der Artillerie-
Chef GFWM. Fischer sendete.
4) „Der Commandant zu Glatz hat Befehl, sich auf das Aeusserste zu
wehren ; ich will hoffen, dass gleichwie zu Neisse und Brieg ehrliche und brave
Leute sind, also auch zu besagtem Glatz Ehre, Nutz und Zugewährung der
Zeit willen nach aller Möglichkeit und nach Proportion des Orts, falls er
attaquiert, ein Gleiches geschehen werde." Neipperg an Lentulus
ddo. Wien. 21. Januar 1741. (K. A., Mähren und Schlesien 1741, I, 10.)
133
Fraiikenstein, endlich, am weitesten gegen Glatz vorgeschoben, nach
Wärtha zu stehen kamen.
Trotz einer gewissen Besorgniss, welche diese Verschiebungen
in Glatz, wo man mit den Vorbereitungen für eine ernsthafte Ver-
teidigung noch nicht fertig war, erregten, sprach General Lentulus
doch seine Meinung dahin aus, die Preussen würden weder gegen-
wärtig, noch überhaupt im Laufe des Winters irgend etwas gegen
die Festung unternehmen. x)
Fleissig- liess Lentulus nun an dem Verschliessen der Pässe
von Landeck und Reichenstein arbeiten. Bei Gersdorf wurden zur
Sicherung des Passes Schanzen aufgeworfen. Am 3 1 . Januar rückten
drei Compagnien von Max Hessen- (Hessen-Cassel-) Infanterie (Nr. 27)
in Glatz ein, welche aber zusammen nur einen Stand von 85 Mann
hatten, -) am 2. Februar ein Bataillon Kolowrat aus dem Banat,
das eigentlich nach Böhmen bestimmt war und an den folgenden
Tagen die drei Colonnen vom Batthyänyi' sehen Dragoner-Regiment
(Nr. 10), dem bald Splenyi-Husaren folgten. 3)
Man verlegte in den Königgrätzer Kreis nur wenig Truppen,
um die Besatzung in der Grafschaft kräftiger gestalten zu können.
In Königgrätz selbst stand der Oberst Welz des Regiments
Kolowrat mit dem Regimentsstab und einigen Compagnien. Zwei
Bataillone und einige Compagnien von Carl Lothringen wurden in
Cantonnierungs- Quartiere in den Königgrätzer Kreis, drei Com-
pagnien nach Glatz verlegt.
GFWM. Graf Kolowrat selbst traf am 16. Februar in der
Festung Glatz ein.
Bezüglich der Verpflegung wurde zuAVien wegen der Lieferung
des für die Truppen notwendigen Unterhalts mit den mährischen
und böhmischen Ständen am 27. Januar ein Contract abgeschlossen.4)
Welchen Schwierigkeiten die Sicherstellung der Verpflegung
übrigens bei dem Particularismus der Länder begegnete, illustriert
unter Anderem ein Schreiben des Glatzer Landeshauptmanns an
den böhmischen Obristkanzler, worin Ersterer bemerkt, „class die
Herren Böhmen gern das dahier befindliche Dragoner-Regiment und
einen Theil der Husaren in das Königreich hätten und wie sie gar
J) Lentulus an Neipperg. Glatz, 26. Januar 1711. (K. A., Mähren
und Schlesien 1741, I, 13),
2) K. A., Lutsc h' Tagebuch.
3) 17G8 aufgelöst.
4) K. A., Schlesien 1711, II, 7.
134
wohl wissen, dass die Grafschaft nicht im Stande, ein Regiment
Cavallerie mit der erforderlichen Fourage auf lang zu versehen, so
gedenken sie uns so weit zu treiben, damit die Cavallerie ihnen
überlassen werden müsste ; wie aber bei diesem Erfolg nicht nur
die Grafschaft dem Feinde offen stünde, sondern .auch des Hofs
Intention nicht erreicht, viel weniger nach meinem geringen Er-
messen dadurch das Allerhöchste Interesse schuldigst besorgt würde,
also bitte Euer Excellenz gehorsamst, sich dermalen für die hiesge
Grafschaft in Gnaden zu interponieren, damit diese Absichten
welche mit dem Nutzen des Publici gar nicht übereinstimmen,
nicht nur gänzlich hintertrieben, sondern auch dieses AVerk in
solche AVege eingeleitet werden möge, dass das benachbarte Böhmen
nicht allein das abgängige und für Geld nicht zu habende Proviant
auf die Festung, sondern auch die Fourage für die Cavallerie, in-
soweit die hiesigen Kräfte nicht zulangen, liefern müsste. Ich
weiss in Wahrheit nicht, was Böhmen sich gedenkt, die hiesige
Grafschaft ist als dessen Vormauer zu betrachten, ist solche ohne
Bedeckung, so kostet es dem Feinde wenig Mühe, solches auf
seinen weitläufigen Grenzen zu beunruhigen, ja wohl gar Alles
nach AVohlgeiällen zu tentieren." *)
Am 3. Februar begab sich GFWM. Lentulus zu einer
Recognoscierung der böhmischen Grenze nach Braunau, traf am
8. Februar in Trautenau ein, wo zu dieser Zeit der Oberstlieutenanr
von Stein des Max Hessen'schen Regiments mit einer Compagnie
stand, zu denen am "2-1. Februar zwei Compagnien Bätthyanyi-
Dragoner unter dem Oberstlieutenaut Baron Besänge stiessen.
Zwei Compagnien desselben Regiments wurden nach Braunau
verlegt, Lentulus traf am 13. in Adersbach ein, von wo er
die dort stehende Compagnie des Regiments Kolowrat nach Skalitz
verlegte und gelangte am Abend desselben Tages auf der Rückrei-*'
nach Glatz wieder nach Braunau. 2)
Der Ueberfall bei Baumgarten.3)
Am 14. Februar kam GFAVM. Baron Lentulus wieder in Glatz
an und traf nun sofort Einleitungen zu einem Versuche gegen die
x) Graf Waldstein an Graf Neipperg. Glatz, 16. Februar 1711
(K. A., N e i p p e r g, 1741, 19 - 5).
2) Lutsch' Tagebuch.
3) Nach desselben Verfassers (von Duncker) „Der Ueberfall bei Baum-
garten" in ..Mittheüungen des k. und k. Kriegs- Archivs". Neue Folge IV. 1889.
135
preussischen Postierungen, den FZM. Graf N e i p p e r g ihm dringend
angerathen hatte. Der Armee-Commandant stellte dem General
anheim, so viel von den in der Grafschaft befindlichen. Truppen zu
dem Unternehmen zu verwenden, als er für nothwendig erachte.
Glücke dasselbe, so könne Lentulus, den Umständen nach, seine
Unternehmungen auch weiter ausdehnen; doch empfahl der Feldzeug-
meister Vorsicht und Schonung der Bevölkerung. *)
Die Situation an den Grenzen der Grafschaft fand Lentulus
allerdings bei seiner Rückkunft wesentlich verändert.
Die Preussen hatten alle Defileen in der Gegend um Wartha
und Frankenstein bereits ihrerseits durch starke Verhaue gesichert
und auch sonst für die Verstärkung ihrer Postierungen Vieles gethan.
GFWM. Lentulus meldete hierüber dem Armee-Commandanten
und fügte hinzu, dass nach den eingelaufenen Kundschaften und
Berichten sich in der Postierung von Wartha 200 Mann, in Silber-
berg 150, in Frankenstein 300 Mann Infanterie, im Dorfe Stoltz
(Stolz) 150 Mann Cavallerie, in Patschkau 300, in Ottmachau 1000
Mann Infanterie und 200 Mann Cavallerie befänden. GM. von
Derscliau, mit dem Hauptquartiere zu Münsterberg, commandiere
diese Postierung und inspiciere fast täglich den Posten von "Wartha. 2)
Das in diesem Orte stehende Detachement hatte sich stark
verschanzt und Verhaue bei Giersdorf angelegt. Die Eingänge von
Wartha selbst waren mit Fuhrwerken und spanischen Reitern
verwahrt. Ausserhalb des Ortes stand ein Piket mit zwei 3-Pfündern.
Lentulus hielt den AngrhT auf diesen künstlich verstärkten Platz
nicht für leicht thunlich und erwog noch zögernd den Gedanken
zu einem derartigen Unternehmen. 3)
') „Da Wartha nur eineinhalb bis zwei kleine Stunden von Glatz, auch,
soviel mir bekannt, gleich eine halbe Stunde ausser Glatz gegen Wartha das
Gebirge, welches jedoch von dem höchst- und unzugänglichsten nicht ist
seinen Anfang nimmt, so hielte dafür, dass daselbst, dafern man die Sache
behutsam einleitete, dem Feinde unvermutheter Dinge ein Streich beigebracht
werden könnte." Lentulus solle sich an Ort und Steile von der Möglich-
keit eines solchen überzeugen und, wenn er glaube, dass ein Vortheil zu
hoffen, denselben nicht aus der Hand lassen. Graf Neipperg betonte aus-
drücklich in seinem Schreiben, dass General Lentulus durch einen derlei
glücklichen „Streich" Euhm, Ehre „und gewisse Belohnung sich zu Weg
bringen", auch der Sache der Königin bedeutenden Vorschub leisten werde.
(NeipperganLentulus, Wien, 7. Februar 1741. K. A., Schlesien 1711 ; II. 8. 1
2) K. A., Schlesien 1811 ; II, 20 u. 25.
8) Lentulus anNeipper g, Glatz, 20. Februar 1711. K. A., Schlesien
1711 ; II, 25.
136
Inzwischen war jedoch bereits eine Unternehmung auf die
preussischen Quartiere geglückt. Der in Gabersdorf stationierte Oberst-
lieutenant des Splenischen Husaren-Regiments, Baron Barkocz y.
meldete dem GF"\VM. Baron Lentulus am 16. Februar, dass
fast täglich kleinere Abtheilungen des Schulenburg'scheii Begiments
Grenadiers ä cheval von Silberberg her gegen Mklasdorf patrouil-
lierten. Er wollte versuchen, deren Quartiere zu beunruhigen und
sandte desshalb in der Nacht zum 18. Februar von Gabersdorf aus
eine Streif patrouille von 30 Husaren unter Führung eines Lieutenants
gegen Silberberg. Der Officier brachte unterwegs in Erfahrung,
s im Dorfe Schönwalde, nahe Silberberg, 50 Mann von den
Grenadiers ä cheval be quartiert seien und wandte sich sofort gegen
dieses Dorf. Es gelang ihm, auszukundschaften, dass die preussischen
Beiter in zwei Häusern vertheilt lägen und nun Hess er 20 Husaren
absitzen, überfiel mit zehn Husaren das eine Haus, während die
anderen zehn unter Führung eines Corporals in das zweite Haus
eindrangen. Die Grenadiere griffen allerdings noch zu den AV äffen,
wurden aber bald überwältigt und ein grosser Theil niedergehauen.
Der entstandene Alarm rief jedoch Unterstützungen von Silber-
berg heran : die Husaren vermochten nicht mehr, die Pferde der
Ueberfallenen aus den Ställen zu ziehen, sie mussten, rasch im
Sattel, nun ein Feuergefecht aufnehmen, das ihnen gestattete, sich
mit Verlust eines Mannes zurückzuziehen. Der Verlust der preussi-
schen Grenadiere soll 21 Todte und 13 Verwundete betragen
haben. 2)
Am 21. Februar ritt GFYvM. Baron Lentulus, begleitet
von dem Obersten des Splenyi'schen Husaren-Begiments, Baron
Trips und dem Oberstlieutenant desselben Begiments, Baron
Barkoczy, von Gabersdorf aus zur Becognoscierung der Grenze
gegen Silberberg. Die Officiere kehrten über Wiltsch zurück,
durchritten die Neisse bei Miihldorf und trafen über Labitschau
(Labitsch) und Hassitz Abends wieder in Glatz ein. 2)
Eine zweite Becognoscierung wurde am 23. Februar gegen
Wartha unternommen. Diesmal begleiteten den General der Oberst
Baron B e c h i n i e des Batthyänyi'schen Dragoner-Begiments und
der Oberstwachtmeister Szombo von Splenyi- Husaren.
\) K. A.. Schlesien 1741 ; II, 25 u. 33. Das Werk „Kriege Friedrich d. Gr.
gibt I, 295 nur einen Verlust von 13 Mann an.
2) Lutsc h' Tagebuch.
137
Diese Recognoscierangen Hessen lmnmehr doch, in General
Leu tu Ins den Entschluss zu einer Unternehmung gegen Wartha
oder Silberberg reifen. Zur Ausführung einer solchen waren ihm
vom FZM. Grafen Neipperg das Dragoner-Regiment Batthyänyi
und das' Husaren-Regiment Splenyi zugewiesen, wie er auch, er-
mächtigt war, eventuell Infanterie zu verwenden. GFWM. Graf
Kolowrat und der Commandant von Glatz waren ebenfalls an
seine Befehle gewiesen und der Landeshauptmann Graf Waldstein
zur eifrigen Unterstützung aufgefordert worden. Am 22. Februar
hatte Graf Neipperg Lentulus noch aufmerksam gemacht,
dass es nützlich sein dürfte, mit dem Commandanten von Neisse,
Oberst Baron Roth sich in das Einverständniss zu setzen, um wo-
möglich gleichzeitig von beiden festen Plätzen aus gegen die
preussischen Quartiere vorzugehen. l)
Das plötzliche Drängen des Armee-Commandanten zu Unter-
nehmungen ist wohl zum grössten Theile auf die Wünsche der
Königin und des Grossherzogs und auf die Initiative einiger
hervorragender Generale, deren Hauptvertreter der interimistische
Armee-Commandant FML. Graf Browne war, zurückzuführen.
Diese wollten den kleinen Krieg bei der weiten Ausdehnung der
preussischen Winter- Quartiere und Postierungen, bei der, trotz des
Besitzes von Breslau noch so wenig gesicherten militärischen Po-
sition der Preussen in Schlesien, endlich bei der dem angestammten
Herrscherhause entschieden treuen Stimmung der Bevölkerung in
den katholischen Districten, während der Wintermonate energisch
betrieben wissen. 2)
Von wesentlichem Belange aber für General Lentulus"
Entschliessungen wurde auch ein in diesen Tagen von dem FM.
Grafen Seckendorff, dem früheren langjährigen Gesandten am
Berliner Hofe und späteren bayerischen Armee-Commandanten, aus
Berneck in Bayern eingetroffenes Schreiben, worin der genau ver-
sierte Diplomat und iahige Soldat von der bevorstehenden Abreise
des Königs von Preussen aus Berlin nach Schlesien Mittheilmig
machte und zu einer Aufhebung desselben durch ein ausgesuchtes
Husaren-Commando den Rath ertheilte. 3)
>) K. A., Schlesien 1741, II, 28.
2) H. H. und St. A. Dispacci di Germania 211. Berichte des venetia-
nischen Botschafters Pietro Andrea Capello, Fehruar und März.
3) „Ich wiederhole nochmals, dass wenn man 1000 wohlberittene Husaren
längs den Grenzen von der Lausitz in das Brandenburgische ravagieren Hesse,
es sollte einen grossen Alarm im Lande machen und da den 12. dieses noch
138
Zu gleicher Zeit, als dies Schreiben anlangte, erhielt GFWM.
Baron Lentuhis von anderer Seite Nachricht , dass König
Friedrich II., welcher am 19. Februar thatsächlich von Berlin
abgereist war, nach Schweidnitz kommen und dort sein Haupt-
quartier nehmen werde. Der General schrieb desshalb an den Prä-
laten des an der Strasse Schönberg-Landshut gelegenen Klosters
Grüsau. welcher ihm als getreuer Patriot gerühmt ward und ersuchte
denselben, ihm von des Königs Ankunft Nachricht zu geben, da
er beabsichtige, ein Detachement von 100 Husaren in der Stille
nach Trautenau abzuschicken. Falls der König weiter herunter in
die Geo-end von Ottmachau komme, so habe er seinen Entschluss
gefasst, ,, weichergestalten dahin von hieraus beizukommen, auch
ein und anderer Streich auszuführen sein werde". 2)
Der Prälat beantwortete diese Frage in einem Schreiben an
den Landeshauptmann Grafen Waldsteinam 26. Februar, welches
dieser auch dem GFWM. Baron Lentuhis zur Kenntniss brachte.
Als getreuer Unterthan der Königin berichtete der Prälat, was
er vom Feinde wusste, aber er lehnte es ab, eine directe Mit-
theilung zu machen. :i) Uebrigens blieb sein Schreiben auch ohne
weiteren Einfluss auf die Anordnungen, welche Lentuhis für
den 27. Februar traf, denn andere Nachrichten hatten die Mit-
theilungen des Prälaten bereits überholt.
Diese Nachrichten lauteten jedoch verschieden, theils hiess
es, dass FM. Graf Schwerin, theils dass König Friedrich H.
selbst in Frankenstein erwartet werde.
vier Regimenter zu Pferd und zu Fuss aus Berlin marschieren und die Armee
in Schlesien verstärken sollen, der König für seine Person auch selbst und zwar
ohneEscorte bis Crossen gehen wird, so wäre ein Hauptstreich zu machen, wenn
man ihn auflieben könnte, welches aber ein Detachemeut von 60 determinierten
Husaren, dabei 20 verwegene Officiere, sein muss."(K.A., Schlesien 1741; II, ad 33c.)
- K. A., Schlesien 1741, II, 33.
l) Anhang XXIV. Die patriotische Haltung des Prälaten scheint Ursache
zu den harten Massregeln gewesen zu sein, welche das Kloster imHerbst desselben
Jahres betrafen. Nach einer Mittheilung des Prager Sollicitators S tohl an den
Wirthschafts-Hauptmann Hohenstöger vom 5. September 1741 wurde von
den Preussen „das Kloster Grüsau in Schlesien (Cistercienser) in Grund ruiniert
und 2 Geistliche mitweggeführt, 12 haben sich nach Braunau retiriert, die
übrigen sich hin und wieder geflüchtet". (Fürstl. Schwarzenberg'sches
Central- Archiv in Wien, derzeit in Krumau.) Auch erhielt Oberst Baron L a
Motte-Fouque am 12. September 1741 ein dem Stifte Grüsau gehöriges
Haus in Schweidnitz von König Friedrich IL als Geschenk. (Schweidnitz er
Aufzeichnungen des Justitiars Klose a. d. J. 1711 ed. Pflug, pag. 122 in
Zeitschr. d. Ver. f. Gesch. u. Alterthum Schlesiens. XIV. Bd.)
139
Für alle Fälle erhielt der Commandant des Splenischen
Husaren-Regiments, Oberst Baron Trips, der zu Ober-Hans dort'
und Königshain mit einem Tlieile des Regiments stand, so wil-
der in Gabersdorf postierte Oberstlieutenant Baron Barkoczy am
25. Februar Befehl, „damit jeder seine beihabende Mannschaft
zusammenziehe und auf beiden Seiten jenseits unter dem Gebirge
mit gehöriger Praecaution in Wäldern versteckt, den ankommenden
König oder FM. Seh w e r i n abwarten, mithin auf alle mögliche
Weise einen Streich beizubringen trachten mögen".
Beide Commandanten rückten in der Nacht vom 25. zum 26.
Februar aus, kehrten jedoch am 26., da sich nichts vom Feinde
sehen Hess und sie in ihren Schlupfwinkeln verrathen zu werden
fürchteten, auch nicht genügend mit Proviant und Fourage ver-
sehen waren, wieder in ihre Postierungen zurück.
Am 27. Februar Morgens erhielt GFAVM. L e n t u 1 u s bestimmte
Nachricht, ,,dass der König an diesem Tage unfehlbar auf Wartha
kommen und diesen Ort recognoscieren werde". *) L e n t u 1 u s sandte
unverzüglich Befehl an Oberst Trips, ,,alsobald seine Mannschaft
zusammenzuziehen und sich vortheilhaftig zu postieren, um dem
König oder seiner Escorte eines anhängen zu können". 1)
Dem König Friedrich H., welcher in der That am 23.
Februar in Schweidnitz angekommen und dort auch am folgenden
Tage geblieben war, hatte GM. von Derscliau den in der Nacht
zum 19. Februar in Schönwalde stattgefundenen Ueberfall der
Schulenburg'schen Grenadiere gemeldet. Auch Schweri n's Meldung
vom 20. Februar hatte er am 22. in Liegnitz erhalten, wonach
FZM. Graf N e i p p e r g zu Olmütz erwartet werde und die Absicht
hegen solle, einen Handstreich auf die preussischen Quartiere aus-
zuführen. Gleichzeitig hatte Schwerin dem Könige noch mit-
getheilt, das er dem G. d. J. Herzog von Holstein befohlen
habe , mit den fünf in der Gegend von Liegnitz stehenden
Escadronen Bayreuth-Dragoner nach Münsterberg zu gehen und
dass er das Leib-Carabinier-Regiment näher an die Grenze ziehe.
An die ihm untergebenen Generale hatte er eine längere
Weisung erlassen, worin er neissige Beobachtungen und gute
Sicherungsmassregeln anempfahl, sowie im Falle eines Angriffes
rasche Versammlung und sofortige Benachrichtigung der Nachbar-
truppe, gegenseitige Unterstützung und Ergreifung der Offensive.
lj und 2) Lutsc h' Tagebuch.
140
sobald genügende Kräfte zur Stelle, als Richtschnur des Verhaltens
aufstellte. :)
Aus Lieo-nitz noch beantwortete König Friedrich II. die
Meldungen S c h w e r i n's und bemerkte, dass ihn dessen Massregel,
in die Nähe von Jägerndorf Verstärkungen zu verlegen, überrascht
habe, da derselbe bisher dagegen gewesen sei. Er werde selbst
mit 5 Escadronen und was er sonst mitbringen könne, nach
Jägerndorf kommen, wolle aber vorher noch die Besetzung des
ses Silberberg regeln.
Von Schweidnitz aus Hess König Friedrich II. einen Haupt-
mann mit 80 Mann zur Verstärkung der Garnison von Silberberg
abrücken und brach dann am 25. nach Reichenbach auf, wohin ihn
die Escadrön Gensdarmen begleitete, während sechs eben dorthin
bestimmte Compagnien des Infanterie-Regiments Jeetze folgten.
In Reichenbach empfieng er wieder einen Bericht Schwerins.
worin dieser, wohl durch die Anwesenheit der Infanterie-Regimenter
Carl Lothringen, Kolowrat und Max Hessen im Königgrätzer
Kreise und in der Grafschaft Glatz beunruhigt, meldete, dass die
Oesterreicher sich auch in Böhmen verstärkten und es nicht un-
möglich sei, dass von dort eine Unternehmung gegen Nieder-
Schlesien vorbereitet werde. Es empfehle sich daher, die nach-
rückenden Verstärkungen nicht auf dem rechten, sondern auf dem
linken Oder-Ufer heranzuziehen. König Friedrich H. erwiderte,
dass er über Frankenstein und Ottmachau seine Reise fortsetzen
und mündlich mit Schwerin über dessen Bericht sprechen werde.
Nichtsdestoweniger verfügte er noch am 26. Februar von Franken-
stein aus, dass GM. v. Kalkstein mit drei der nachrückenden
Infanterie-Regimenter (Kalkstein, Prinz Dietrich, Truchsess) den
Schutz von Nieder-Schlesien gegen einen Einfall von Böhmen über-
nehmen solle. Das erste Bataillon Garde wurde nach Schweidnitz
bestimmt. 2)
Am 26. Februar traf König Friedrich über Reichenbach
in Frankenstein ein. Hier scheint er bereits von den am 26. Februar
ausgesendeten österreichischen Streif-Commanden Kunde erhalten
zu haben ; er Hess in Folge dessen durch seine Husaren die Strasse
gegen AVartha und das umliegende Terrain durchsuchen und recog-
noscieren und ritt erst, als die Meldung einlangte, dass nirgends
etwas vom Feinde zu entdecken sei, von Frankenstein ab, um die
*) Kriege Friedrich d. Gr., I, 295.
-) Kriege Friedrich d. Gr., I, 315.
141
Gfenzpostierungen und den Pass von Wartha, welcher nach Gl sitz
führt, zu besichtigen.
Als Escorte von Frankenstein bis Silberberg diente eine Es-
cadron >des Grenadier-Regiments zu Pferd GL. Graf von der Schulen-
burg, unter Commando des Oberstwachtmeisters von Normann,
welche in Silberberg von der Escadron des Oberstlieutenants von
Diersfordt abgelöst wurde. *)
Die Diersfordt'sche Escadron geleitete König Friedrich II.
bis zu dem etwa zwei Kilometer vom Orte Wartha gelegenen
Dorfe Frankenberg. 2) Dort stand eine Escadron Gensdarmen unter
Oberstlieutenant von der Asseburg, von welcher der König
50 Pferde mitnahm, die anderen 50 Pferde aber in Frankenberg
stehen liess.3) Oberstlieutenant von Diersfordt erhielt den Befehl,
von Frankenberg bis zum Dorfe Baumgarten zurückzumarschieren
und dort die Rückkunft des Königs zu erwarten. 4;
Die von Friedrich II. eingeschlagene Route ist in den
vorhandenen Acten nicht ausdrücklich bezeichnet, nachdem aber
das Dorf Frankenberg in denselben erwähnt ist, so kann nur die
Strasse von Silberberg über Briesnitz, Riegersdorf und Franken-
berg gewählt worden sein ; der kürzere und directe Weg von
Briesnitz auf Wartha wurde wohl mit gutem Grunde vermieden. 5)
Dieser Weg zog sich längs den und zum Theil durch die Wal-
dungen des Eulen-Gebirges hin, kaum einige Kilometer von den
österreichischen Husarenposten vorüber, deren einen man in Gabers-
dorf wusste. Den Rückzug wollte der König von Wartha, dann
über Frankenberg und Baumgarten auf Frankenstein nehmen.
Ungefähr 11 Uhr Vormittags war er in Wartha eingetroffen,
hatte selbst von den Gensdarmen Sicherheitsposten aufstellen lassen,
die Postierungen bei Wartha besichtigt und befand sich eben beim
Mittagmahl im Orte, als ihm Oberstlieutenant von der As s eb ur g
melden liess, dass ein grosser Schwärm österreichischer Husaren
über die Neisse gekommen sei und gegen die Dörfer Baumgarten
und Frankenberg rücke.
x) Oberstwachtmeister von Normann an GL. Grafen von der Schulen-
burg, Vorstadt Frankenstein, 28. Februar 1741. (K. A., Schlesien 1741, XII, ad 27.)
2) Oberstlieutenant von Diersfordt an GL. Grafen von der Schulen-
burg, Frankenstein, 2. März 1741. (K. Ä., Schlesien 1741, XII, 27.)
a) Orlich, Geschichte der schlesischen Kriege nach Original- Quellen.
Berlin 1841, I, 62.
4J Diersfordt's Bericht,
s) Tafel V.
142
Als Oberst Baron Trips von Splenyi-Husaren den Befehl des
GrFWM. Lentulus zur Ausführung eines „Streiches" gegen den
König oder den FM. Schwerin erhalten, hatte er sofort zwei
Commanden seiner Husaren, jedes 60 Reiter stark, aufsitzen und
„voraus an verschiedene Gegenden zwischen Frankenstein und
AVartha" aufbrechen lassen, denen er selbst mit 30 Husaren
folgte. Von Gabersdorf fand keine Entsendung statt, es scheint,
dass die Zeit nicht mehr hinreichte, um noch Befehle dorthin zu
schicken.
Von den beiden Streif-Commanden, welche Oberst Trips
voraneilten, näherte sich das eine unter Oberstwachtmeister
Szombo der Strasse Frankenberg - Briesnitz, welche König-
Friedrich H. kaum eine Stunde vorher, von Silberberg
kommend, passiert hatte; das zweite unter Rittmeister Komäromy.
bestellend aus zwei Lieutenants, drei Cornets, dem Regiments-
Adjutanten und 60 Husaren, gieng gegen das Dorf Baumgarten vor.
Rittmeister Komäromy 1) dürfte kaum in der Umgebung des
Dorfes Baumgarten angekommen sein, als die von Oberstlieutenant
von Diersfordt geführte. 95 Mann starke Escadron des Schulen-
burg'schen Regiments erschien, 2) welche, dem erwähnten Befehl
des Königs entsprechend, von Frankenberg nach Baumgarten
zurückritt. Komäromy liess Feuer geben und attaquierte dann
die Preussen kräftig: die Grenadiere kamen ausser Fassung und
gaben vorzeitig und unordentlich, ohne ein Commando abzuwarten,
ihre Schüsse ab. Bevor der Commandant es hindern konnte,
drängten sich die Grenadiere in einen Haufen zusammen und waren
weder durch Zuruf, noch Zusprechen in Ordnung zu bringen, die
österreichischen Husaren hieben von allen Seiten auf die preussischen
Reiter ein, „worauf es nicht lange dauerte, dass die Escadron die
Fuite nahm auf Frankenstein", 3) Verfolgt auf ihrer Flucht von
den Husaren, wurden noch viele niedergehauen, gefangen und
versprengt.
*) Nach dem Tagebuche des Fähnrichs Lutsch war Komäromy
.. voraus detachiert, welcher sich zwischen Frankenherg und Frankenstein
postiert, der Oberstwachtmeister aber mit 60 Husaren etwas weiter zurück,
der Oberst mit 30 Mann bei Johnsbach stehen gebheben".
2) Nach „Kriege Friedrich d. Gr., I, 318", nur 6 Officiere und 73 Mann.
3) Diersfordt's Bericht. — König Friedrich II. sagt in einem
Schreiben aus Frankenstein, 28. Februar 1741, an den Eegiments-Inhaber GL.
Grafen von der Schulenburg: „Diese (die Escadron) hat im Anfange gute
Contenance gehalten, als aber zwei Mann davon gefallen, geräth Alles in
143
Das zweite österreichische Husaren-Commando soll nach dem
Berichte des Oberstlieutenants von Diersfordt ,, abwärts gehalten
haben, um den König zugleich zu attaquieren", nach dem Berichte
des GFAv'M. Lentulus hätte Oberstwachtmeister Szombo, „weil
das Land dort durch Gräben, Berge, Thäler und "Wälder sehr
coupiert, von obiger Action nichts wissen, noch sich conjungieren
können und Oberst Baron Trips ist nur mit seinen 30 Husaren
bei Johnsbach gestanden". 1)
Als König Friedrich II. die Meldung von der Anwesenheit
feindlicher Husaren im Bereiche seiner Postiermigen, ja in seiner
unmittelbaren Nähe erhalten hatte, war er zu Pferd gestiegen und
mit der halben Escadron Gensdarmen seiner Escorte, 40 Husaren
und einem Detachement von 50 Infanteristen gegen Frankenberg
aufgebrochen. Der König sagt nun selbst in seinem schon er-
wähnten Schreiben an den Fürsten Leopold von Anhalt:
,, Sobald ich aus Wartha kam, wurde die feindlichen Husaren so-
gleich ansichtig, welche sich über die Neisse gesetzt und zu uns
gekommen waren, worauf der Lieutenant Ritter mit 40 Husaren
die feindlichen sofort attaquieren musste ; es wurden diese letz-
teren auch repoussiert und mit Verlust von zwei Pferden über die
Neisse zurückgejagt." 2)
Die Abtheilung österreichischer Husaren, von welcher hier die
Rede ist, kann nur das Detachement des Oberstwachtmeisters
Szombo gewesen sein, welcher, später als Komarom y, über die
Neisse gegangen, sich gegen die Strasse Frankenberg-Briesnitz
gewendet hatte und hier gerade auf die vom König herangeführte
kleine Colonne stossen musste.
Um den Rückzug dieser Abtheilung zu erleichtern, wurde
vom rechten Neisse-Ufer ein lebhaftes Feuer unterhalten. Der
König schreibt dies einer österreichischen Infanterie-Abtheilung zu
Terreur und Desordre, die Dragoner machen unter sich ein Gemurmel, dis-
persieren sich darauf und reissen in grösster Confusion aus nach dem Dori'e
Baumgarten. Wie aher vor diesem Dorf ein morastiger Graben liegt, worüber
sie mit den Pferden sprengen wollen, so stürzen die Vordersten hinein und
die Hinterherkommenden fallen nach, so dass Alles in dem grössten Effroi
und Desordre gewesen." Beiheft zum Militär-Wochenblatt 187G : Droysen.
Die preussischen Kriegsberichte der beiden schlesischen Kriege, 320, Anmerk.
Siehe auch Orlich, I, Urkunden, 305 ff. Brief König Friedrich IL an
Fürsten Leopold von Anhalt aus Frankenstein vom 27. Februar 1711.
J) Len t u 1 u s an Neipperg. (ilatz. 28. Februar 1711. (K. A., Schlesien,
1741, II, 44).
2J Orlich, I, Urkunden, 307.
144
und spricht von „gezogenen Gewehren". Es ist nicht abzusehen,
woher hier ein österreichisches Infanterie-D etachenient hätte kommen
sollen ; vermuthlich dürfte das Feuer von abgesessenen Husaren des
Obersten Trips abgegeben worden sein.
In Frankenberg vereinigte sich der König mit der dort auf-
gestellten zweiten halben Escadron Gensclarmen und schickte den
General -Adjutanten Grafen Wartensleben nach dem Dorfe
Baumgarten, um die Diersfordt'sche Escadron zu holen, von deren
Schicksal ihm noch nichts bekannt war, „um, wenn allenfalls die
feindlichen Husaren uns den Bückweg coupieren wollen, uns die
Passage zu machen". *)
Der General-Adjutant kam jedoch bald zurück und brachte
dem König die Meldung von dem Rencontre und der völligen
Auflösung dieser Escadron. Auf Friedrich IL scheint dieser
Vorfall, der sich in seiner unmittelbaren Nähe abgespielt, von
tiefem Eindrucke gewesen zu sein, er schrieb darüber an den
Regiments-Inhaber : ,,"Wie nahe mir diese Desordre der Escadron
gegangen, welcher ich mich eine halbe Stunde vorher zur Es-
corte anvertraut, werdet Ihr selbst ermessen." 2)
Die österreichischen Husaren Komäromy's gaben die Ver-
folgung der Versprengten der Diersfordt'schen Escadron indessen
bald auf ihre Pferde waren stark fatiguiert und der Rittmeister
trat daher mit den gemachten Gefangenen den Rückweg an3), den
er über Paulwitz und Grünau über die Xeisse genommen haben
dürfte.
Bei diesem Gefechte waren preussischerseits ein Corporal und
zehn Grenadiere toclt gebheben, ein Officier und sieben Mann ver-
wundet worden, ein Corporal, ein Tambour, ein Fahnenschmied
und dreizehn Gemeine wurden von den österreichischen Husar; n
^efanffen fortgeführt. Die Standarte der Escadron, zwei Trommeln,
Grenadiermützen und 35 Pferde waren die Siegesbeute der
Husaren, während deren eigener Verlust drei Todte, sechs Ver-
wundete, von denen einer nachträglich starb und drei Pferde
betrug.4)
*) Ebenda.
2) Friedrich II. an GL. Grafen Schulenburg, Frankenstem,
28. Februar 1741. Lettres, 320.
3) Lentulus' Bericht vom 28. Februar 1741.
4) Ebenda und Liste von des Oberstlieutenants von Diersfordt
Escadron. 27. Februar 1741. (K. A., Schlesien 1741, XII, 25.)
145
Mit den wenigen Leuten, welche der preussische Escadrons-
Commandant noch um sich zu sammeln vermochte, ]) ritt er, selbst
an beiden Händen verwundet, König Friedrich II. entgegen,
„welcher um fünf Uhr Abends unter starker Bedeckung der Gens-
darmen und Husaren und einiger hundert Mann Infanterie, welche
alarmiert, aus den Postierungsorten ausgerückt Avaren, den Bückweg
über Baumgarten nach Frankenstein antrat, wo er die Nacht zu-
brachte und auch am nächsten Tage blieb."
Am Nachmittage des 28. Februar wurden die Gefangenen nebst
den erbeuteten Siegeszeichen durch die Husaren in die Festung
Glatz eingebracht. Mit den im Gefechte bei Baumgarten eroberten
Trophäen sandte GFWM. Baron Lentulus am 1. März den Lieutenant
Zaun er nach Olmütz, um dieselben dem dort erwarteten Armee-
Commandanten FZM. Grafen Neipperg zu überreichen, welcher
dieselben durch den genannten Officier nach Wien überbringen liess.2)
Am Tage des Ueberfalles von Baumgarten berichtete auch
FM. Graf Schwerin aus Jägemdorf, dass die Gegend bei
Ottmachau und Neustadt stets unsicherer würde und dass er den
Obersten v. Wurmb dahin gesendet habe, um die dort .auf-
tauchenden österreichischen Husaren zu vertreiben. 3)
Die Gefahr, in welcher König Friedrich H. geschwebt
hatte, war sehr ernst gewesen und nur dem Zufalle, dass die öster-
reichischen Husaren erst erschienen, nachdem der König an Briesnitz
vorüber nach AVartha gelangt war, hatte er es zu danken, dass sie
ihn verfehlt hatten.
Die Unsicherheit, die sich durch die Thätigkeit der öster-
reichischen Eeiter in der preussischen Aufstellung fühlbar zu machen
begann und die jetzt bei Baumgarten so lebhaft zum Ausdruck ge-
kommen war, verursachte eine gewisse Aufregung und vielfaches
») Ausser den oben angegebenen Verlusten fehlten am folgenden Tage
der Escadron noch 30 Mann, vermuthlich Versprengte, die später weder ein-
rückten. Major v. Norm an n an GL. Grafen Schulenburg, Frankenstein,
28. Februar 1741. K. A., Schlesien 1741, XII, ad 27.
J) K. A., Schlesien 1741, III, 33.
3) »Möge E. M. im Namen Gottes Acht haben auf sich und sich gut
escortieren lassen; es braucht nur einen Augenblick, um sich verloren zu
sehen in Ländern, wie dieses, in denen wir angesehen werden wie Ex-
communicierte und wo man ein frommes "Werk zu thun glaubt, indem man
uns meuchelt. Die Berge sind voll Jäger und Schnapphähnen, es wäre wenig
Ruhm dabei, durch eine so feige Hand unterzugehen". (Preussische Stai
Schriften, I, 292).
Oesterreichischer Erbfolgekrieg. II. Bd. 10
146
Unbehagen im Heere und nicht am wenigsten beim König selbst.
Er entschloss sich zu Schritten, die zwar seine gereizte Stimmung
bekundeten, aber nicht vorwurfsfreier Art gewesen sind.
Der Umstand, dass gerade in diesen Tagen Spione gefangen
wurden, welche angeblich ausgesagt haben sollen, dass sie gedungen
seien, den österreichischen Truppen den Aufenthaltsort König-
Friedrich IL anzuzeigen, erhöhte die Verstimmung Friedrich LT.
noch mehr.1)
Die ganze Lage Hess es ihm als nothwendig erscheinen, den
Minister von P o d e w i 1 s mit Instructionen zu versehen, falls er
gefangen oder getöcltet werden sollte. -)
Es war dies ein Act der Vorsicht und weisen Fürsorge. Aber
über diese hinaus Hess sich der König zu Verdächtigungen so
unglaublicher Art hinreissen, dass sie gewiss besser unterblieben
wären.
Etwas später als jener Erlass, ergieng nämlich am 5. März
ein zweiter an Podewils aus Mollwitz, worin behauptet wird,
dass einer von den bereits erwähnten attrapierten Spionen freiwillig
ausgesagt habe, „wie sie in Commission gehabt hätten, sich an den
Orten, wo ich mich befände, aufzuhalten, alle meine Wege und
Stege zu epiiren und mich sodann, wo es immer möglich, den
österreichischen Truppen zu verrathen, ja, selbst einer von diesen
Banditen hat freiwillig bekannt, dass er desshalb einen besonderen
Eid bei dem Hof-Kriegsrathe und, welches jedoch kaum zu glauben
stehet, in Gegenwart des Grossherzogs von Toscana habe
ablegen müssen".3)
!) Kriege Friedrich d. Gr., I, 319 ff. Siehe über den scheinbaren Anla^ :
JViittheüungen des k. und k. Kriegs-Archivs, IV, 223 u. ff.
2) „Nebenbei gesagt, ich bin zweimal den österreichischen Husaren
entwischt. Wenn mir das Unglück zustossen sollte, lebend gefangen zu
werden, so befehle ich Ihnen strengstens und Sie haften mir mit Ihrem
Kopfe dafür, dass Sie während meiner Abwesenheit meine Befehle nicht be-
folgen, dass Sie meinem Bruder mit Ihrein Rathe dienen und dass der Staat
keine unwürdige Handlung zur Erlangimg meiner Freiheit begehe. Im Gegen-
theil, ich will und befehle es, dass man den Krieg lebhafter als je führe. Ich
bin nur König, so lange ich frei bin. Wenn man mich tödtet, so will ich,
dass mein Körper auf römische Art verbrannt werde und dass man mich in
einer Urne zu Rheinsberg beisetze. Knobelsdorff soll mir in diesem
Falle ein Denkmal, wie das des Horaz zu Tusculum, errichten." (Kriege
Friedrich d. Gr., I, 320 und Politische Correspondenz, I. 299).
3) Polit. Corresp. I, Nr. 300.
147
König Friedrich IL beauftragte den Minister, derartige
„indigne Proceduren des Wienerischen Hofes", ungeachtet er
sich gegen selben „so modere bezeigt", gelegentlich bekannt
zu machen, wesshalb nicht nur den G-esandten an den grossen
Höfen davon Kenntniss gegeben werden, sondern der Minister auch
in „den publiquen Zeitungen das Nöthige davon mit behörigen
Couleurs inserieren lassen" solle.1)
In der Berlin'schen Zeitung vom 11. März 1741 erschien
denn auch sofort ein diesbezüglicher Artikel in den „behörigen
Couleurs", m welchem zwar der Grossherzog von Toscana noch
nicht genannt, aber gesagt ist, „in hoher Gegenwart eines grossen
Prinzen, von dem es nicht wohl zu glauben steht". 2)
In dem Circular-Erlass vom selben Tage an die preussischen
Gesandtschaften wurde jedoch der Grossherzog von Toscana
ausdrücklich benannt.
Nun stellen zwar die „Preussischen Staats-Schriften" 3) die Be-
hauptung auf, der Circular-Erlass habe nicht die Bestimmung gehabt,
„in die Oeffentliclikeit zu gelangen oder an den fremden Höfen
übergeben zu werden" und er sei nur durch die Pflichtverletzung eines
subalternen Beamten (Liscow) bekannt geworden. Das ist keines-
wegs zutreffend, da dem Wiener Cabinete, schon bevor derselbe
durch die Zeitungen verbreitet wurde, Abschriften durch die Ver-
treter an den deutschen Höfen zugegangen sind.
Der gewaltige Eindruck, den eine derartige furchtbare An-
klage hervorrufen musste, trotzdem man versuchte, sie durch ein
1) Preuss. Staats- Schriften, L, 293.
2) Abgedruckt in „Preuss. Staats-Schriften", L, 295. Der betreffende, auch
in der in Berlin erscheinenden französischen Zeitung, dem „Journal de Berlin"
(welches als Motto die Devise: „Verite et liberte" trägt), enthaltene Artikel
lautet : „Die letzten Briefe aus Schlesien berichten, dass man in unserer Armee
viele Spione und Banditen gefangen habe, welche ausgesagt und gestanden
hätten, beauftragt zu sein, Sr. Majestät überallhin, wo sich derselbe befinde,
zu folgen, auf jeden seiner Schritte aufmerksam zu sein und ihn den Feinden
auszuliefern oder sogar die verruchtesten Absichten gegen seine geheiligte
Person auszuführen. Was aber das Schrecklichste ist und alle Vorstellungen
übersteigt, ist, dass einer dieser Unglücklichen bekannt hat, dass der Hof-
Kriegsrath in Wien, abgehalten in Gegenwart eines gewissen hohen Prinzen,
den man einer solchen That unbedingt unfähig gehalten hätte, ihn unter Eid
zur Ausführung jener schwarzen Pläne gedungen habe." (Im Original ein-
gesendet von Graf Ost ein in London, mit Bericht vom 28. März an die
Königin. H. H. u. St. A.)
3) I , 294.
10
*
148
neuerliches Circular vom 27. März abzuschwächen r), ist wohl leicht
zu ermessen.
Am 18. März war der an die geistlichen Höfe von Maynz,
Cöln und Trier gesandte Graf Rudolph Colloredo schon in der
Lage, der Königin Maria Theresia in seinem aus Maynz
datierten, in Wien mittelst Courier am 23. März eingelangten
Berichte zu melden :
„So ist mir ingleichen im Vertrauen mitgetheilt worden, wie
sich vorgestern in einer gehabten Audienz bei hiesigem Churfürsten
Philipp Carl Graf Eltz) der königlich preussische Gesandte (Freiherr
Johann Christoph Daniel v. D an ck elm ann) geäussert2); gestern
alter hat derselbe gar das beiliegende und unerhörte pro nota nicht
allein dem Churfürsten und dessen Ministerio übergeben, sondern auch
allen hiesigen fremden Ministris auf seines Königs specialen
Befehl mitgetheilet. Ich kann aber Eure Königliche Majestät aller-
unterthänigst versichern, dass solches jedermännighch vor ein ganz
seltsames und ungewöhnliches Verfahren ansiehet und werde ich auch
dasselbe bei aller Gelegenheit zu widersprechen ohnermangehr'.3)
Am 21. März meldete auch die österreichische Reichstagsgesandt-
schaft in Regensburg nach Wien, dass vor drei Tagen der dortige
ehurbrandenburgische Gesandte, Justizrath von P o 1 1 m a n n, zwei
Schreiben seines Königs den übrigen anwesenden Gesandten, mit
J) „Preuss. Staats-Schriften", I.. 295 : „dass ich trotz dieser Aussage
jenen hohen Prinzen (den Grossherzog von Toscana) niemals für fähig
gehalten hätte, auch nur zu dulden, dass man ein derartiges Project fasse
oder dass man seine Gegenwart missbrauche, um einen solchen Plan im vollen
ßathe vorzuschlagen."
2) „Wir (Preussen) wären nach wie vor von einem equitablen Accomode-
ment mit dem Wienerischen Hof gar nicht eloignieret und würden zu allen
gütlichen Expedientien, welche mit unserer Gloire compatible wären und die
Gerechtsame unseres königlichen Chui'hauses nicht gar zu stark lädierten, gerne
die Hände bieten. Eine gerichtliche Erkenntniss aber über unsere mit dem
Wienerischen Hof habenden Differentien könnten und würden wir w eder
dem chur f ür s tli ch e n C o 11 e gi o, noch auch dem E, e i c h zu-
gestehen, sondern beharreten ein vor allemal bei der festen EntSchliessung,
darüber nicht anders als de Prince ä Prince zu tractieren, würden uns auch
davon, es entstehe daraus, was da wolle, durch nichts in der Welt abwendig
machen lassen. Baron v. Danckelma n n." (H. H. u. St. A. Beilage 12 zum
Berichte des Grafen Colloredo, 18. März 1741. Staatskanzlei, Pasc. 18.
Berichte aus dem Beich 174-1.)
3) Das von Grafen Colloredo eingeschickte , vom preussischen
Gesandten Baron Danckelman n in Maynz dem Churfürsten-Erzkanzler
übergebene Schriftstück enthält Anhang XXV.
149
Ausnahme der österreichischen, communiciert und dieselben dringend
angegangen habe, ,, selbe an ihre Höfe und hohe Principalen ein-
zuschicken".
Von diesen vom 11. März datierten Schreiben, deren Wortlaut
die österreichische Reichstagsgesandtschaft gleichzeitig in Abschrift
einsandte, wendet sich das eine gegen angeblich vom Wiener
Hofe ausgegangene unwahre Beschuldigungen, während das andere
der bereits erwähnte Circular-Erlass über die persönliche Gefährdung
des Königs ist. x)
Es muss nun jedenfalls festgehalten werden, class die preussi-
schen Vertreter an den beiden wichtigsten politischen Centren des
Reiches, in Maynz und in Regensburg übereinstimmend mit der
Ueberreichung jenes Circular-Erlasses vorgi engen. Wenn sie den
,, Staats-Schriften" zu Folge hiezu nicht autorisiert gewesen wären,
so müssten diese beiden Diplomaten mindestens geglaubt haben,
im Sinne ihrer Regierung den Auftrag ,,pour que vous en fassiez
part la oü vous etes" so lesen zu müssen, wie er geschrieben war
und damit ganz correct zu handeln. Sie müssen der Meinung ge-
wesen sein, class der Erlass etwa den Zweck verfolge, durch die
Discreditierung des Gemahls der Königin Maria Theresia bei
den deutschen Churfürsten seine Wahl zum Oberhaupt des Reiches
zu erschweren oder zu vereiteln. Es ist nicht zu übersehen, dass
gerade der Churfürst von Majmz, Philipp Carl, für die bevor-
stehende Wahl als besonders einflussreiche Persönlichkeit zu be-
trachten war, da ihm als Erzkanzler des Römischen Reiches das
Direktorium der Wahlversammlung zustand und dass er sich der
Wahl des Grossherzogs sehr geneigt zeigte.2)
Das Erzkanzler- Amt hatte auch bereits am 1. März die Eröffnung
des Wahltages zu Frankfurt verkündigen lassen und die Besprechungen
der Gesandten in dem alten Wahlorte hatten begonnen.
An den Höfen von London und Paris gaben die preussischen
Gesandten mündliche Erklärungen ab.3) Graf Ostein, der öster-
reichische Gesandte am Hofe zu St. James, berichtete am 28. März
x) Das erstere Schreiben Anhang XXVI
2) Polit. Corresp., [., 288. § 5 der geheimen Instruction für die zur
Kaiserwahl abgeordneten Gesandten. Heigel ;,Der österr. Erbfolgestreit und
die Kaiserwahl Carl VII.", pag. 62 u. 11'.
3) Der österreichische Gesandte in Paris, Ignaz v. Wasner, berichtete
am 30. März 1741 an die Königin, dass der preussisebe Gesandte am
28. März in Versailles den Ministern gegenüber die Erklärung abgegeben habe:
..Que parmi une bände d'espions et de bandits qui avaient ete pvis dans
150
hierüber an die Königin Maria T h e r e s i a, indem er die schon
erwähnte Nummer des „Journal de Berlin" einschickte. ])
Nach dem Gefechte bei Baumgarten und nach den Enunciationen
der Berliner Zeitungen tauchten nun wirklich die abenteuerlichsten
Gerüchte und Mittheilungen auf und die Nachrichten über Attentats-
pläne gegen den König verbreiteten sich in allen erdenklichenFormen.2)
l'armee prussienne en Silesie, le clief de cette bände avait confesse, qu'il
avait ete pris ä serment dans le conseil de guerre ä Vienne en presence d'un
grand prince, d'enlever le roi de Prusse mort ou vif." (H. H. u. St. A.,
Frankreich, Correspondenz 93. Angeführt in „Mittheilgn. des k. und k. K. A..
N. F. II, 202, Anmerkung.)
J) „Als nun der Lord Ministre (Harringto n) mir dasselbe gelegentlich
meiner Anwesenheit bei ilrni, aus seinen angelangten Postbriefen vorgelesen,
so habe solches für ridicüle tractiert, mit dem Zusatz, wie ich nicht verhoffte,
dass solches auf die Kühnheit der Husaren gelegt werden würde, dass sie den
König bald gefangen hätten, denn in diesem Fall dergleichen Attentate mehr
von ihnen wohl dürften vorgenommen werden. Der Graf v. Truchsess
(preussischer Gesandter) hat vermöge eigenem Befehle davon in einer Audienz
dem Könige die Mittheilung thun müssen, allein der König hat ihm solche
den ersten Tag nicht ertheüt und demnach sein Anbringen lachend von ihm
entgegengenommen, auch mit dieser Ausdrückung beantwortet : „Sein König
und der Grossherzog sind beide und er Graf selbst ein free Mason, ein-
folglich laufete gegen die principia dieses hohen Ordens, einen solchen Wahn
von seinen Mitbrüdern fassen zu wollen." (H. H. u. St. A., Graf Ostein
an die Königin, London 28. März 1741.)
Die „Staats-Schriften" stellen diese Aeusserung König Georg II. nach
dem Berichte Truchsess' vom 24. März 1741 in Abrede. Hiernach soll der
König nur gesagt haben: „Qu'il connaissait trop le duc de Lorraine pour le
croire capable de donner les mains ä de telles indignites." (I., 295, Anmerkung.)
Uebrigens wurde Mitte April in London vom preussischen Gesandten
bereits begonnen, in dieser Angelegenheit stark abzuwiegeln, wie aus einem
ferneren Berichte O s t e i n's vom 14. April hervorgeht : „Der Graf v. Truc h-
sess gibt sich allhier alle Mühe, um aller Orten jenes, so von wegen der
unerlaubten Vorgebung eines Attentats gegen die Person und das Leben des
Königs von Preussen bekanntermassen in die Welt getreten, zu detruieren
und gleichsam zurückzunehmen. Wie er dann zu diesem Ende eigens sich zu
den fremden Ministris begiebt und mir vor zwei Tagen auch bei Hof mich
selbst anredend gesagt, es nehme der König das also ausgebreitete Gerücht
sehr übel auf und sehe es auf eine solche Art an, dass in sich allenthalben
unerlaubt wäre, dergleichen nur sich zu Sinnen kommen zu lassen. Er traget für
die Person S. K. H. als einem Fürsten von so hoher Geburt und ganz beson-
deren Eigenschaften eine wahre Freundschaft und Hochachtung und schiene
das Ganze auf eine Ueb ereilung von ein oder dem anderen ihrer Ministrorum
werfen zu wollen." (H. H. u. St. A., Graf Ostein an die Königin, London,
14. April). In ähnlichem Sinne äussert sich auch der Bericht vom 18. April.
-') Eine in dem Märzheft des damals noch dem preussischen Cabinete
nicht abgeneigten, von Jean Rousset, der zu jener Zeit noch Mitglied der
151
Es wird wohl darauf hingewiesen werden können, dass.
militärisch betrachtet, ein organisiertes Banditenwesen, wie jenes,
von dem die amtlichen preussischen Schriftstücke wissen wollen,
ein Unding und die Mittheilung daher wohl nur geeignet war,
momentan eine gewisse aufregende Wirkung in Kreisen zu üben,
denen hiefür jeder Massstab abgieng. So viel Ordnung und
Ueberwachung muss denn doch auch das abfälligste Urtheil im
Hauptquartiere eines Friedrich II. voraussetzen, dass ein ver-
dächtiges Subject keinen Tag lang innerhalb desselben möglich ge-
wesen wäre, geschweige mehrere solcher.
Es deutet auch in den Acten nichts auf einen solchen Kund-
schaftsdienst nahe oder gar in dem preussischen Hauptquartier Irin,
im Gegentheil wird der Mangel an verlässlicher Kund-
schaft häufig genug beklagt.
Maria Theresia war über die in die AVeit geschleuderte
Verdächtigung, es fänden sich im preussischen Lager Meuchel-
mörder, die der Grossherzog gegen des Königs Leben gedungen,
auf das Tiefste verletzt und empfand die ihr und ihrem Gemahl
zugefügte Beleidigung in vollem Masse. Den österreichischen
Gesandten wurde als Gegenerklärung eine Note an die Höfe
übersendet, in der die Königin ohne Bückhalt ihrer Entrüstung
Ausdruck gab. 1)
königlichen Gesellschaft der Wissenschaften zu Berlin war, redigierten „Mercure
historique et politique" erschienene Correspondenz enthält Anhang XXVII.
*) Anhang XXVIII. Siehe auch über die angebliche Ermordung eines
Münsterbergischen Gesandten, in welchem man den König vermuthet habe,
sowie über die ganze journalistische und politische Action des Königs in
dieser Sache den Artikel „Der Ueberfall von Baumgarten am 27. Februar 1741"
in „Mittheilungen des k. und k. Kriegs-Archivs, IV, 228—237.
Die Ereignisse bis zum Beginn der grösseren
Operationen.
Die Zustände in der schlesischen Landeshauptstadt spitzten
sieh immer mehr zu und die Unzufriedenheit mit den neuen Ver-
hältnissen trat gerade in dieser alten Handelsstadt bald offen hervor.
Es drang dort doch sehr bald die Meinung durch, dass die Ueber-
antwortung der Stadt an den König von Preussen eine durchaus
übereilte gewesen sei und gerade Das, was man hatte vermeiden
wollen, der harte Druck des Krieges, sich nun in überreichem
Masse eingestellt hatte. In jener Zeit schrieb ein Breslauer Kauf-
mann an den Obrist-Kanzler des Königreichs Böhmen, er möge
nicht glauben, dass es unter der vernünftigen Bevölkerung Breslau's
Jemanden gebe, „der nicht den himmelweiten Unterschied zwischen
einem bisher empfundenen glimpflichen Eegimine clementissimae
Domus Austriacae togato und einem zu besorgenden Eegimine
sagato handgreiflich einsehe." *)
Am 25. Februar war in Folge des Unbehagens, das in Breslau
herrschte, ein Abgeordneter des „Conventus publicus" von dort in
G-latz angekommen, um sich bei der Generalität zu erkundigen, „ob
das Land Schlesien nicht bald einer Hilfe von unserer All ergnädigsten
Königin sich zu getrösten haben würde, indem der Conventus
publicus durch eine unterm 11. Februar ergangene königlich
preussische Verordnung befehligt worden, die Stände zu berufen
und das Contributions-Quantum zu repartieren, im Widrigen man
an des Conventus publici Gütern mit Execution den Anfang
machen werde."
*) Zeitschrift d. V. f. Gesell, u. Alterth. Schlesiens. 23. Bd. G r ü nh a g e n.
Die Einrichtuno; cl. Militärwesens in Schlesien; 2.
153
„Als nun der Conventus publicus dieses depreciert und möglichst
abzulehnen gesucht, so sei von dem königlichen Commissariat im
Namen des Königs dem Lande 286.498 Gulden monatlich abzu-
führen *auf erlegt worden, auch bezüglich der Früchte der Befehl
ergangen, unter Strafe der Confiscation ausser der höchsten Noth-
durft zum Futter und Aussaat alles in die königlichen Magazine
zu liefern". 1)
!) Lentulus anNeipperg,Glatz27.Febr. 1741. K.A., Schlesien 1741; IL 4a
„Steuern aufzulegen und zu erheben, hatte der König von Böhmen als
oberster Herzog von Schlesien nie das Recht gehabt. Sie wurden auf seinen
Antrag von den versammelten Ständen auf den Fürstentagen jährlich, der
Form nach ohne alle Verpflichtung, so weit es angemessen schien, bewilligt
u. zw. nach einem alten Anschlag für jeden Landestheil von den Ständen aus-
geschrieben, von den Steuerämtern der einzelnen Fürstenthümer erhoben und
der gesammte Ertrag an das General- Steueramt in Breslau abgeliefert. Dieses
stand unter einem Ausschusse der Stände, der General- Steuercassen-Deputation
und in einigen Beziehungen unter dem Oberamte. Aus der General-Steuercasse
erbielt der König von Böhmen die ihm von den Ständen bewilligten Summen,
wesentlich ohne an der Art und Weise der Erhebung und dem Betrage der
gesammten Einnahme Antheil zu haben, worüber die Steuercassen-Deputation
oder der ständische Ausschuss, auch Conventus publicus genannt, nur den
Ständen selbst Rechnung abzulegen schuldig war".
,,Die Absicht Friedrich IL war nun, es solle im Wesentlichen so
bleiben, allein die Einnahme nicht mehr an die Königin, sondern an ihn
entrichtet werden. Das Kiiegs-Commissariat verlangte daher gleich nach der
ersten Ankunft des Königs in Breslau von dem Steueramte dieses Fürsten-
thums und bald darauf vom General-Steueramte, es solle ohne Genehmigung
des Königs ferner kein Geld ausgeben, der Bestand der Gasse aber und der Betrag
dessen, was im Durchschnitte jährlich der Kaiser vom Lande erhalte, angezeigt
werden. Das erregte grosse Besorgniss vor etwaiger Beschlagnahme der in der
Casse vorhandenen Gelder, wesshalb die Aceise-Commission die Amtsstube
schloss. Ohnehin hatten gleich bei der Ankunft des Königs in Breslau sich schon
viele Bürger geweigert, die verhasste Accise ferner zu entrichten ; sie hörte
in Breslau und bald in allen Städten des Landes völlig auf. Als bald darauf
der Versuch gemacht wurde, sie wieder zu erheben, wurden die Accisehäuser
bei Breslau und Liegnitz von Landleuten und Bürgern zerstört. Friedrich
befahl daher durch ein Patent, alle Steuern, Accise und andere Landesabgaben
sollten bis auf weitere Verordnung, wie im Jahre 1740, an die Landescassen
entrichtet und aus diesen, wie das Kriegs-Commissariat dem Ausschusse der
Stände anzeigte, doch ohne Präjudiz für die Stände, die Marschkosten und
Landesinteressen bezahlt werden ; desshalb sei eine Eidesleistung an den König
liöthig, der Niemand überbürden und das Abgabenwesen in der alten Ver-
fassung mit den bisherigen Beamten lassen wolle, daher nichts nach Kriegs-
gebrauch vom Lande, ja nicht einmal die Huldigung verlangt habe".
„Die Steuercassen-Deputation erwiderte auf dies Verlangen, das General-
Steueramt sei nicht königlich böhmisch, sondern ständisch und könne ohne
154
General Lentulus informierte den Breslauer Delegierten
über den dermaligen Stand der sich sammelnden Operations-Armee
Vollmacht des Fürstentags nichts thun. Die Casse enthalte nur dem Lande
gehörige Gelder und eine geringe haare Summe zur Bezahlung der den Landes-
gläubigern schuldigen Capitalien und Interessen, sowie zur Besoldung der
Beamten. Die Deputation hoffe Erhaltung ihrer Verfassung, wie sie der König
in seinem Patente für eines Jeden Eechte versprochen. Den Eid verweigerte
der Ausschuss, als der alten Landesverfassung geradezu entgegen und stattete
zugleich der Königin M a r i a T heresi a Bericht davon ah, mit den lebhaf-
testen Betheuerungen des Gehorsams und der Treue. Der Syndicus der Stadt
Breslau, von G u t z m a r, meinte auch, das Haus des General- Steueramts stehe
unter dem Schutze des Magistrats und ein Verfahren gegen die Casse sei
gegen den mit dem Könige abgeschlossenen Neutralitäts-Vertrag. Das Commis-
sariat verlangte nun, der Ausschuss solle entweder die Casse aufgeben oder
monatlich 191.000 Thaler, als soviel auch der Kaiser ehemals bekommen, zur
Erhaltung des Heeres zahlen. Der Ausschuss verweigerte das, liess die Casse
versiegeln und beharrte dabei, dass er nur die von den Ständen auf einem Eürsten-
tage ertheilten Vorschriften zu befolgen, aus sich aber keine Macht, endlich nicht
das Becht habe, die Stände zu berufen, was nur der König von Böhmen als
oberster Herzog von Schlesien könne, viel weniger aber Steuern zu bewilligen.
Das Kriegs-Commissariat wendete anfänglich alle Mittel an, um den Ausschuss
zu einem ausserordentlichen, allerdings verfassungswidrigen Schritte zu be-
wegen, nämlich auf Anweisung des Kriegs-Commissariates Zahlungen zu leisten
und die dazu nöthigen Summen [auf das Land zu vertheilen. Als das ver-
geblich war, griff es zu Drohungen und endlich, weil man des Geldes durchaus
bedurfte, zur Gewalt".
„Auf Befehl des EM. Schwerin wurde der Deputierte Sala von Grossa,
das Haupt des Widerstandes, festgenommen und unter Bedeckung nach Oels ge-
bracht. Das schreckte dessen Collegen etwas. Der König erklärte, er wolle die
Stände bei ihren Kechten und ihnen auch die Cassen lassen, wenn sie ihm, wie zu-
letzt dem Kaiser, monatlich die verlangten 191.000 Thaler an die Feldkriegs-Casse
entrichten würden, um die Natural-Verpfiegung der Truppen zu bezahlen. Die
Deputierten sollten sich binnen 24 Stunden erklären und. wenn sie sich wei-
gerten, mit Execution belegt werden, indem sie, es falle, wie es wolle, ihm
oder der Königin Maria Theresia verantwortlich blieben. Unter wieder-
holten Erklärungen, dass Schlesien gar nicht verpflichtet sei, dem Könige von
Böhmen Steuern zu entrichten, was nur freiwillig geschehe, unter vielen
Klagen, dass der Kaiser nur ein Drittheil dessen erhalten, was der König
fordere, dass Landesarmuth, Wassernoth und dergleichen mehr das Aufbringen
einer so unerschwinglichen Summe unmöglich machten, willigte der Ausschuss
endlich in die Entsiegelung der Casse. Er suchte jedoch unter allen möglichen
Vorwänden eine Herabsetzung der verlangten Summe nach, indem er bewies,
dass der Kaiser nicht wirklich insgesammt 2,538.786 Thaler, wie in der Ein-
nahme stehe, sondern noch nicht 1,118.660 Thaler jährlich erhalten habe, indem
über 2 Millionen Gulden theils gar nicht wirklich einkommen, theils ander-
weitig angewiesen worden wären. Das Kriegs-Commissariat weigerte sich,
'bin Könige das auch nur vorzutragen. Es drohte, die von ihm verlangte
155
nnd versicherte ihn, dass die Vorrückung derselben nicht mehr
lange anstehen werde. „Freilich würde von dem auferlegten
Summe von 191.000 Thaler monatlich auf die Provinz zu vertheilen und mit
Execution beizutreiben. Auf Befehl des Königs musste der Graf Pros kau,
Präsident der kaiserlichen Kammer, Breslau verlassen''.
„Die Deputierten wendeten sich nun an den unterdessen nach Schlesien
zurückgekehrten König selbst. Dieser begegnete ihnen höchst artig, machte
sie jedoch persönlich dafür verantwortlich, dass binnen acht Tagen der gefor-
derte Betrag für die beiden ersten Monate des laufenden Jahres abgeführt
werde. Nun stellten die Deputierten dem Kriegs-Commissariate anheim, die ver-
langte Summe, wie es früher gedroht hatte, selbst auszuschreiben und bei-
zutreiben. Das antwortete unwillig, der König werde nicht jede Woche ein
paar Mal 100.000 Thaler aus Berlin kommen und in Schlesien austb eilen lassen ;
das Geld müsse, wenn es das Land nicht aufbringen könne, durch Banquiers auf-
gebracht werden. Wenn die Deputierten noch weiter zögerten, werde man die
Güter der Widerspenstigen nach Kriegsmanier behandeln. Die Deputierten er-
widerten, sie könnten, auch wenn es Schlesiens Rettung gälte, nicht einmal
die früher von ihnen angetragenen 66.668 Thaler monatlich aufbringen und
müssten Alles über sich ergehen lassen. Das Kriegs-Commissariat drohte
Cassierung der Stände und Wegnahme der Steuercasse. Das verlangte Geld
müsse geschafft werden".
„Nun erst giengen die Deputierten ernstlich auf Unterhandlungen ein, wie
die vom Könige verlangte Summe für die beiden ersten Monate aufzubringen,
wozwiscben immer noch Drohungen eintraten, die Deputierten, welche aus
Mangel an ständischer Vollmacht den Beitritt weigerten, sofort zu entlassen.
Der König bedrohte die Cassen-Deputation mit Execution, wenn die von ihm
verlangte Summe nicht und zwar öffentlich, als von Fürsten und Ständen be-
willigt, ausgeschrieben würde. Alle Vorstellungen und Protestationen dagegen
waren vergeblich. Die Execution sollte vollstreckt werden, wenn nicht binnen
21 Stunden das Geld für die beiden ersten Jahresmonate bereit wäre. Endlich
erklärte die Deputation, was von einzelnen Ständen eingegangen sei, unter der
Bedingung zahlen zu wollen, dass in den Quittungen durchaus keiner Ein-
oder Bewilligung gedacht werde. Nun wurden aber nur 30.000 Thaler dann,
weil nicht mehr eingegangen, insgesammt 12.000 Thaler wirklich baar gezahlt,
indem die Deputierten sich damit entschuldigten, dass die preussischen Regi-
menter ausser den Natural-Lieferungen von den meisten Ständen schon mehr
als den Betrag der ersten zwei Monate baar erhoben, sie auch keine Execution
gegen die Säumigen verhängen könnten, was Sache des (vom König aufge-
lösten) Oberamtes sei. Dazu wäre Ober-Schlesien ganz und auch ein Theil
Nieder-Schlesiens durch den Krieg ruiniert. Der König bestand auf völliger
Entrichtung der von ihm verlangten Summe für die ersten Monate, bis die
Deputation ihm berechnete, dass Schlesien an Natural-Lieferungen und baarem
Gelde und Lasten bereits 890.000 Thaler mehr gegeben und getragen, als er
für das ganze Jahr gefordert. Der König sah das Billige dieser Vorstellung-
ein und erklärte, nicht mehr von ihnen zu wollen, als sie dem Kaiser gegeben.
Es wurde nun, was Ober - Schlesien zu zahlen gehabt hätte, abgezoijvn
und von Nieder-Schlesien monatlich 121.000 Thaler verlangt, davon waren
156
itrihutions-Quanto etwas abgeführt werden müssen, jedoch aber
sollen sie damit so viel als möglieb trainieren, bis unsere Armee
anrücken würde." J)
Mit der Massregelung der Landesbeamten wurde preussischer-
seits jetzt auch energischer vorgegangen und die höheren ge-
zwungen, das Land ganz zu verlassen. Der Liegnitz'sche Landes-
hauptmann Graf Neidhard und dessen Räthe hatten Liegnitz
binnen 24 Stunden verlassen müssen. -)
Ebenso musste der Landeshauptmann von Wohlau, Graf
Berg, seinen Posten verlassen. Am 4. März wurde sodann in
Breslau auf Befehl des preussischen Feld-Kriegs-Commissariats der
kaiserliche Adler vom Oberamtshause entfernt und an dessen Stelle
der preussische angebracht, am G. geschah bei dem Amtsgebäude
der Kammer und den übrigen Dicasterialgebäuden das Xämlich .
Dagegen ward der Stadt-Commandant von Breslau, von Rampusch,
zum preussischen Generalmajor ernannt und ihm der Orden pour
le merite verliehen.
Der Affaire von Baumgarten folgten eine Reihe verschiedener
ähnlicher Unternehmungen, welche das Selbstvertrauen und die Kühn-
heit der österreichischen Streifpartheien mächtig hoben, während sie
grosse Unsicherheit auf Seite der Preussen hervorgerufen zu haben
scheinen. Eine der bedeutenderen Expeditionen dieser Art war der vom
FML. Grafen Browne zur Abholung von Kriegsgefangenen und Ver-
stärkung der Besatzung nach der Festung Keisse unternommene Zug.
B r o w n e hatte nämlich an General L e n t u 1 u s eine Estaffette
esendet, welche in der Nacht zum 2. März in Glatz eintraf und
ein Schreiben überbrachte , in welchem der Literims - Militär-
Commandant mittheilte, dass er in den Tagen des 3., 4. und 5. März
ein starkes Cornmando von Infanterie, Cavallerie und Husaren über
Ziegenhals gegen Neisse rücken und die dortigen Kriegsgefangenen
abholen lassen wolle, mithin möge Lentulus in dieser Gegend
edoch in den ersten 6 Monaten nur 103.000 Gulden bezahlt und über eine
Million im Reste."
(Nach S t e n z e 1, Geschichte des preuss. Staates, IV. Bd. Heeren und
U k e r t, Geschichte der europäischen Staaten. XIV.)
') Ueber die Steuer- und Lieferungsverhältnisse in Breslau nach der
preussischen Besitzergreifung enthält Anhang XXIX einige preussische Patente.
2) Lentulus an X e i p p e r g, Glatz. 2. März 17-11. K. A.. Schlesien
17-11; III. 7. und Kraffert, Chronik von Liegnitz. III, 184.
8) K. A, F. A. Schlesien 1711. III. ad 22a.
15 7
auch, falls es möglich, etwas unternehmen und den Feind alarmier« n
oder irre machen.
Hiezu hatte Oberst Baron Roth in Neisse den General
L e n t u 1 u s ■ schon am 22. Februar aufgefordert. x)
Lentulns commandierte zu dieser Unternehmung einen
Stabsofficier mit sechs Otn eieren und 210 Mann vorn Batthyänyi'schen
Dragoiier-Regimente, welche mit 300 Husaren (von Splenyi) unter
des Obersten Baron Trips Befehl am 4. März gegen Patschkau
rächen und die preussischen Postierungen während der Unter-
nehmung des FML. Grafen Browne beschäftigen sollten.
Lidessen führte Browne 200 deutsche Pferde, 4 Grenadier-
Compagnien und 150 Husaren am 3. März aus seinen Cantonnierungs-
Quartieren in Mähren nach Zuckmantel. Am 5. März alarmierte er
die preussischen Postierungen bei Weidenau, Ziegenhals und Neu-
stadt. Während die Preussen zur Abwehr dieser Angriffe sich an-
schickten, rückte Oberstwachtmeister H a d i k mit Dessewffy-Husaren
und zwei Grenadier-Compagnien gegen Neisse. Oberst Baron Eo th
sendete ihm die Gefangenen, darunter ein Oberstwachtmeister, einige
Officiere ,,und die zu Neisse inhaftierten zwei schlesischenLandsassen
Graf A r c o und Baron R e i s e w i t z", entgegen, welche glücklich
nach Zuckmantel und von da nebst dem zu Endersdorf aufgehobenen
Arrendator v. Götz weiter nach Sternberg gebracht wurden.2)
A^on Sternberg gieng der Gefangenen-Transport über Olniütz
und von dort am 10. März nach der Festung Spielberg ab. Graf
A i' c o und Baron Reisewitz wurden als Staatsgefangene be-
handelt. Jedenfalls waren die beiden Inhaftierten bezüglich des
J) „Euer Hochwohlgeboren habe schon seit verschiedenen Tagen mit
grössten Schmerzen erwartet, ausser, dass hier verschiedene Coups zu machen,
habe auch etliche Staatsgefangene (woran Ihro Majestät der Königin Alles
gelegen, dass selbe von hier in sichere Verwahrung kommen, nebst etlichen
30 Kriegsgefangenen, worunter 1 Ingenieur-Major, 1 Fähnrich, 2 Sergeanten,
Wagenmeister von der Artillerie), welche hier nicht sicher genug sind, jedoch
muss ein starkes Detachement dazu von Nöthen sein. Euer Hochwohlgeboren
können ganz wohl und ungehindert anhero kommen oder ein starkes Detache-
ment von 300 Pferden hiezu abschicken, bei welcher Gelegenheit Herr Oberst-
wachtmeister T e 1 1 o, welchen höchst nöthig allhier brauche, sicher mit anhero
kommen könnte." K. A., F. A. Schlesien 1711, II, 40 a.
2) Es kann der Abzug der Gefangenen aus Neisse erst am Abend oder
in der Nacht vom 4. zum 5. März stattgefunden haben, da Lentulus am
6. März an Neipperg berichtet, Oberst Roth habe in einem Bidet vom
1. März „die Abführung seiner Kriegsgefangenen nochmals inständigst
sofficitiert". K. A., F. A. Schlesien 1711, III, 13.
158
Landesverrates sehr suspect, FML. (Traf B r o w n e nennt sie dem
Hof-Kriegsrath nach Briefen des Obersten Baron Roth, die er
ebenfalls mit einsendet, als „zwei Hauptpersonen". v)
*) Der Comrnandant von Neisse, Oberst Baron ßotli. hatte Reise-
witz „mit verschiedenen merkwürdigen Schriften" und den Grafen A r c o
als des Einverständnisses mit dem Feinde dringend verdächtig am 21. oder
22. Februar aufheben und nach Neisse bringen lassen. Graf Manteuffel schrieb
hierüber an Graf Seckendorff: „En effet le Colonel E o t h pousse sa
temerite jusqu'ä insulter ceux, qui le tiennent bloque de loin. 11 ne daigne pas,
dit-on, tenir les portes de sa bicoque fermees. II fait ä tous les moments des
sorties si audacieuses, que les bloquants sont obliges de rester presque toujours
sous les armes. II a nieme eu l'insolence de faire enlever le Baron de Reise-
witz, que Vous connaissez (C'est celui que nous avons vu ä Berlin avant
l'invasion eu Silesie et S. M. Pr. avait fait Lieutenant-Colonel) et de le faire
mener lui et toute sa famille prisonnier ä Neisse, oü on lui ferra apparement
mal passer son temps, en le recompensant de" (fehlt). (H. H. u. St. A., Gr.
Correspondenz, Fase. 192, Convolut A.).
Der Hof-Kriegsrath verlangte von FML. Grafen B r o w n e Bericht über
die Correspondenz der genannten Edelleute. FM. Graf N e i p p e r g sandte
dann im Mai 1711 die vom Obersten Baron Roth „wider den in inquisitione
sich befindenden Baron Eeisewitz einbekommenen Briefschaften zur Er-
sehung" an diese Behörde ein. Dass eine Untersuchung stattgefunden, ist
schon desshalb wahrscheinlich, weil die böhmische Hofkanzlei beim Hof-
Kriegsrathe „requiriert, des "Weiteren zu verfügen, womit alle in Neisse bei
dem Militari etwa noch vorhandenen und in die Inquisition der beiden
Arrestanten auf dem Spielberg ob Brunn Baron Reise witz und Graf
Arco einschlagende Briefschaften, judicia und examina abgefordert und ihr,
böhmischen Hofkanzlei, communiciert werden möchten". (H. K. R. E. P. 1741,
Fol. 2114).
Als Repressalie (Schwerin an Neipperg, K. A. 1741, NIII ad."):),
66) Hess der Erbprinz Leopold von Anhalt den österreichischen Oberst-
wachtmeister Grafen D'H au s s o n vil 1 e, der auf seinem Gute in Schlesien
lebte, daselbst auf heben und nach Breslau bringen.
K u n d m a n n in den „Heimsuchungen Gottes über Schlesien" erzählt
pag. 4SI auch, dass ebenso die Gemahlin des Commandanten in Neisse, Obersten
Baron Roth, nebst ihren beiden Kindern als Repressalie für eine von öster-
reichischer Seite wegen Landesverrat!! arretierte Gräfin Calenberg, auf
ihren Gütern verhaftet und nach Gross-Glogau gebracht worden, wo sie in-
dessen standesgemäss gehalten wurde.
( i r ü n h a g e n führt in „Erster schlesischer Krieg", I, 164, noch einige
katholische Edelleute an, die ihrer Anhänglichkeit an die habsburgische
Dynastie wegen auf Befehl König Friedrich IL verhaftet wurden.
Die Freilassung der Baronin Roth erfolgte indessen-, nach einer Corre-
spondenz aus Neisse am MO. Mai 1741 (Wienerisches Diarium Nr. 44), schon
in der zweiten Hälfte Mai.
„Tags darauf (28. Mai) wurde ein von dem Feind anher geschickter
Trompeter mit verbundenen Augen in hiesige Stadt zu dem commandierenden
159
Bei dieser Unternehmung wurde auch der Ingenieur-Oberst-
lieutenant Meligny, nebst einem Lieutenant des Corps und zwei
Grenadier-Compagnien in die Festung Neisse gebracht. Den in
Weidenau, Ziegenhals und Neustadt liegenden preussischen Ab-
theilungen war es nicht gelungen, diese Unternehmung B ro wn e's
zu verhindern. Nur die in Weidenau liegende Escadron der Ber-
liner Husaren hatte zwischen Ziegenhals und Zuckmantel einen
Zusammenstoss mit den Husaren Browne's, wobei die Preussen
sieben Mann verloren, während der österreichische Verlust sieben
Todte und drei Gefangene betrug. J)
Den Oberstwachtmeister H a d i k Hess B r o w n e mit 300
Husaren in Zuckmantel.
Am 1. März hatte Lentulus auch Nachricht erhalten, dass
die in Wartha liegenden Preussen den Haag (ein Dorf am rechten
Neisse-Ufer gegenüber Wartha) abzubrennen beabsichtigten, die
Einwohner übrigens davon benachrichtigt hätten, um ihre Habselig-
keiten in Sicherheit bringen zu können.
Lentulus sendete noch am Abend des nämlichen Tages
einen Corporal mit 12 Infanteristen und 40 Jägern dahin ab, um
Herrn General gebracht; derselbe berichtete, dass man von preussis eher
Seiten des allhiesigen Herrn Commandanten Baron von Eoth bis-
hero in Arrest gehaltene Frau Gemahlin und Kinder wieder auf
freien Fuss gestellt und auf ihre Güter zurückkehren lassen und übrigens
verlangte man die Auswechslung der feindlichen Kriegsgefangenen mit den
unsrigen,"
König F r i e d r i c h interessierte sich besonders für die Freilassung des
Baron Beisewitz und dieser wurde endlich auf Befehl der Königin seiner Haft
auf dem Spielberg entlassen und in das Österreichische Hauptquartier gebracht,
um von hier bei der nächsten Auswechslung zur preussischen Armee abgehen
zu können. Später (12. November) verwendete sich Graf Schwerin auch
für den noch in Haft befindlichen Grafen A r c o, welcher auf Befehl des
Grossherzogs ebenfalls (am 20. November) auf freien Fuss gestellt winde.
(Actenstücke zur Geschichte des ersten schlesischen Krieges in „Mittheilungen
des k. und k. K. A., N. F. II, 229, V, 232, 272 und VI, 284.)
*) Letztere Angabe nach „Kriege Friedrich d. Gr., I, 324." — Nach einem
aus dem März herrührenden Protocolls-Extract zeigt B r o w n e an, „wieviel
preussische Mannschaft und Bäckenknechte zwischen Weidenau und Ziegen ha ls
von dem Oberstwachtmeister Hadik zu Kriegsgefangenen gemacht und dass
sie nebst anderen von Neisse und Troppau abgeschickten Prisonniers nach dem
Spielberg abgeführt worden. Die von den Preussen überkommenen Post-
packete und Briefschaften werde er durchsehen und sodann anher einsenden
Neisse und Zuckmantel habe er mit Husaren verstärkt und dadurch die
Communication sichergestellt. (K. A., H. K. R. 1741. Prot. Exp. März. M
160
den Preussen das Uebersetzen der Xeisse zu wehren. Doch konnte
dieses Detachenient nichts ausrichten, es erhielt von AVartha
Geschützfeuer, nmsste am 3. März zurückgehen und das Dorf Haag
gieng in Flammen auf.1)
Anfangs März war übrigens die Garnison von Glatz durch das
süccessive Einrücken der einzelnen Compagnien der Regimenter
Carl Lothringen; Max Hessen und Kolowrat auf die ganz ansehn-
liche Ziffer von 1385 Mann gestiegen.2)
Das von Lentulus ausgesendete Commando von Bätthyanyi-
Dragonern rückte am G. März wieder in Glatz ein. Es hatte weder
von dem Browne'schen Commando, noch von den Preussen, die
„sich still und eingesperrt in den occupierten Ortschaften" hielten und
wachsam waren, etwas zu Gesicht bekommen, konnte auch des starken
Schnees und der eingetretenen Kälte wegen nicht länger im Gebirge
verweilen.
Noch am Nachmittage des 27. Februar nach jenem ver-
hängnissvollen Ueberfall bei Baumgarten, mit welchem sogar die
legendäre Erzählung vom Aufenthalte des Königs im Camenzer Kloster
und seine Rettung durch dessen Abt Tobias S tu sehe in Ver-
bindung gebracht wird, hatte sich König Friedrich wieder nach
Frankenstein begeben und war dort auch am nächsten Tage gebheben.
In Folge der Unsicherheit der Routen entschloss er sich,
seinen Weg nicht, wie er beabsichtigt hatte, über Ottmachau und
Neustadt fortzusetzen, sondern sich über Brieg und Krappitz nach
Jägerndorf zu begeben und theilte diese Absicht noch am selben
Tage dem FM. Schwerin mit. Auch in dieser Gegend fand am
28. ein Ueberfall eines preussischen Munitions-Transportes statt, der
von Jägerndorf nach Troppau gieng. Oberstlieutenant Dessewffy
überfiel denselben mit 80 Husaren in der Nähe des Dorfes Kreuzen-
dorf. Die aus einem Officier, 3 Unterofficieren und 30 Mann be-
stehende Bedeckung vom Infanterie-Regimente Kleist wurde völlig
überrascht, umzingelt und gefangengenommen. Die Wagen wurden
mitgeführt, die Munition in die Oppa geworfen. 3)
Als eine weitere Folge des Ueberfalles von Baumgarten kann
auch die am 1. März von König Fri e drich IL der Cavallerie über
1) K. A., Schlesien 1711, III. 7 und Lutsch' Tagebuch.
2) Anhang XXX: Die Stand- und Dienst-Tabelle vom 2. März 1711.
3) Nach Oberstlieutenant Dessewffy's Bericht wurde ein Lieutenant
und 50 Mann gefangen, vier feindliche beladene Munitionswagen in die Oppa
versenkt. (K. A.. H. K. ß. 1741. Prot. Eeg. Fol. 453, 11. März).
161
ihr' Verhalten beim Angriff durch Husaren gegebene Instruction
angesehen werden. !)
Bevor König Friedrich II. am 1 . März Frankenstein verliess,
ordnete er noch die Besetzung des Dorfes Langenbielau durch 100
Mann der Besatzung von Eeichenbach an und begab sich dann nach
Strehlen. Von hier ausrichtete er an den Erbprinzen von Anhalt
die Weisung, den Marsch der nachrückenden Eegimenter, die in diesen
Tagen in der Höhe von Glogau eintrafen, zu beschleunigen.
Am 2. März blieb Friedrich in Strehlen. Die immer be-
stimmter auftretenden, wohl absichtlich ausgesprengten Nachrichten
über Verstärkungen der Oesterreicher in Böhmen und über deren
Absichten, in das Schweidnitz'sche und Jauer'sche einzubrechen,
veranlassten ausser den bereits im Marsch dorthin befindlichen
Regimentern Kalckstein, Prinz Dietrich und Truchsess auch die
auf dem rechten Oder-Ufer nachrückenden Eegimenter Glasenapp
und Prinz Leopold dorthin zu ziehen. GL. von der Marwitz
sollte bis zur Ankunft des Königs das Commando über diese Kräfte
übernehmen und sich nach Schweidnitz begeben. Die Aufstellung
der Postierung an der dortigen Grenze hatte der Oberst von P o s a-
dowsky zu leiten. General von D erschau wurde beauftragt,
falls die Oesterreicher Anstalt träfen, in der Gegend von Schweidnitz
einzubrechen, seine Truppen bei Peterswaldau in der Nähe von
Eeichenbach zu versammeln und in diesem Falle nur die Posten
bei Wartha und Silberberg zu belassen.
In der Nähe von Ottmachau fand am 2. März ein Scharmützel
statt. Lieutenant von S tu 1 1 e r h e i m mit 30 Mann vom Infanterie-
Eegiment Derschau hatte etwa 25 Wagen mit Getreide nach Ott-
machau zu begleiten und wurde zwischen Nossen und Lindenau von
einigen hundert Mann, bestehend aus österreichischen Husaren- und be-
waffneten Bauern überfallen, wies dieselben aber mit Entschlossenheit
ab und brachte seine Wagen, mit Ausnahme von dreien, glücklich an
das Ziel. Der preussische Verlust betrug 1 Mann todt und 9 verwundet.2)
Am 3. März begab sich der König zum Blokade-Corps vor
Brieg und blieb im Dorfe Mollwitz auch noch am folgenden Tage. 3)
*) Veröffentlicht in „Kriege Friedrich d. Gr.", I, Anlagen 17 und 20.
-) Kriege Friedrich d. Gr., I, 322. Die österreichischen Acten enthalten
über dieses Scharmützel keine Aufzeichnung.
3) Er schrieb von hier aus an J o r d a n, nachdem er ihm den Ueberfall
von Baumgarten mitgetheilt : „Mein Alter, das Feuer der Leidenschaften, das
Oesterreichischer Erbfolgekrieg. II. Bd. 11
162
Zum FM. Grafen Schwerin nacli Jägerndorf zu gehen, gab
Könio- F r i e d r i c h II. auf und beschloss, nach Schweidnitz zurück-
zukehren, um die Versammlung der dorthin bestimmten Truppen zu
überwachen. Er theilte diese Absicht noch am 4. März Schwerin
mit und setzte hinzu, dass, wenn Lentulus ihm nur fünf Tage Zeit
lasse, er dort Alles in gehörigen Stand zu setzen hoffe. x) Das
zweite Bataillon des Infanterie-ßegiments Alt-Borcke und das Leib-
Carabinier-ßegiment sollten ebenfalls dorthin rücken.2) An Stelle
des Königs würde sich der General- Adjutant Oberst Graf von
Hacke nach Jägerndorf begeben. Schliesslich sprach Friedrich II.
dem FM. Schwerin sein besonderes Missfallen darüber aus, dass
derselbe so wenig für die Sicherung der Grenzen gesorgt habe
und sich nicht genug der Spione bediene. 3;
Der ungemein thätige Commandant von Neisse, Oberst
Baron Roth sah nur in einer energisch geführten Offensive und
insolange die Operations-Armee nicht aufmarschiert sei, wenigstens
in unausgesetzten Ueberf allen und Postengefechten die Chancen
des Erfolgs. Er wurde nicht müde, GFWM. Lentulus in diesem
Sinne zu schreiben.4)
Verlangen nach Ruhm, selbst die Neugier, um Dir nichts zu verheimlichen,
endlich ein geheimer Instinct haben mich der süssen Ruhe, welche ich genoss,
entrissen und die Genugthuung, meinen Namen in den Zeitungen und dann
auch in der Geschichte zu sehen, mich verführt. Ich Hebe den Krieg um des
Ruhmes willen, aber wenn ich nicht Fürst wäre, so würde ich nur Phüosoph
sein. Schliesslich muss Jeder in dieser Welt sein Handwerk ausführen und
ich bilde mir ein, nichts halb thun zu wollen." Kriege Friedrich d. Gr. I, 323.
(Oeuvres.)
x) Für Lentulus konnte es sich bei der notorischen Schwäche seiner
Truppen nur um kleinere Unternehmungen handeln und die Hauptursache,
welche ihn sogar von diesen abhielt, war, „dass der mehrste Theü der hiesigen
Infanterie aus Recruten besteht, worauf folglich nicht viel sichere Rechnung
zu machen ist." (K. A., F. A. Schlesien 1741, III, 7.) Er hatte bereits am
7. Februar über die Qualität der Infanterie an N e i p p e r g folgendermassen
berichtet : „Den Feind aus Wartha und Silberberg zu delogieren, wäre so schwer
nicht, wann nur nicht ein so betrübter Zustand um unsere Infanterie wäre ;
so aber ist solche dergestalten delabriert, dass unter den allhiesigen 900
Mann kaum 1h alte Mannschaft sich befindet und sind die Uebrigen ausser
den Invaliden lauter Recruten." (K. A.. F. A. Schlesien 1741, II, 40.)
2) Ersteres von Oppeln, letzteres von dem rechten Oder-Ufer, avo es
zwischen Oppeln und Ratibor in Winter-Quartieren stand.
3) Kriege Friedrich d. Gr. I, 324.
4) „Monsieur, mon tres-cher general, je vois bien que toute chose va
avec trop de lenteur chez nous, la trop grande nonchalance fera toujours
L63
Am 10. März um (i Uhr Abends erhielt L e ntulus abermals
ein Schreiben Roth's, vom Abend zuvor, worin dieser mittheilte,
dass am 11., jedenfalls unter starker Bedeckung, ein preussischer
Artillerie-Transport von Münsterberg- nach Ottmachau gehen solle,
der Angriff müsse aber mit einem ziemlichen Corps geschehen,
Roth selbst werde zu gleicher Zeit die in Neisse befindlichen
Husaren zu der Unternehmung verwenden. x)
Lentulus ertheilte dem Obersten Baron Trips sogleich
Befehl, in der nämlichen Nacht, sobald der Mond aufgienge, 300
Husaren abzuschicken, die sich auf der Strecke Ottmachau-Münster-
berg postieren sollten, um den avisierten Artillerie-Transport auf-
zuheben. Falls derselbe nicht fortgebracht werden könne, wären
die Geschütze zu vernageln. Falls auch die Bedeckung stark, würde
selbe doch wegen ihrer schweren Pferde den Husaren nichts zu-
fügen können.2)
Dieser Ueberfall glückte nun allerdings nicht, da der G-eschütz-
Transport, wie Roth darüberschreibt, „den Braten gemerkt" hatte
und schon am 10. Nachts nach Ottmachau gelangt war.
Ueberaus thätig und eifrig, beunruhigte der Commandant von
Neisse von der Festung aus die preussischen Postierungen auf das
Lebhafteste.
Der preussische Commandant in Ottmachau, Major v. Wedell,
meldet dem FM. Schwerin am 6. März: ,,Die Husaren werden
notre perte, et l'on ne court pas ä ce qui est le plus necessaire. Les diver-
sions ä mon sentinient doivent avancer le veritable dessein, afin que l'ou y
peut reussir. Je suis las, de proposer de bonnes choses, voyant, qu'on n'y
fait point de clifficulte. Pour le dernier point je ne me peux pas expliquer,
qu'est ce que l'on veut pretendre d'un endroit, ä qui l'on n'a. pas pense il v
a 100 ans, oü tout etait neglige, et tout ouvert, cela ne fait rien, qu'un
honnete honmie täche de se defendre dans un cimetiere, principalenient quand
on ne veut pas etre oisif jamais." Neisse, le 4 de Mars 1741. (K. A., F. A.
Schlesien 1741, III, ad 26 b.)
*) Der Eingang des Schreibens lautet, wahrscheinlich in Beantwortung
und in Bezug auf einen von GF WM. Lentulus geschriebenen Brief: „Hoch-
und Wohlgeborener Freiherr, Hochgebietender General, mir ist niemals in Sinn
gekommen, Deroselben einiger Nachsicht zu beschuldigen, zu wohl kennend
Deroselben Bravour und unermüdeten Eifer im Herrn-Dienste. Meine Klage
ist nur, dass man von hohem Ort nicht eher zum Hauptwerk schreitet, unter-
dessen mein Vaterland von Früchten, Geld und Leuten ganz tranquille ent-
blössen lässt, auch Leute von meiner Eeligion (welche sonst treu gewesen) in
Versuchung führen lässt. (K. A., F. A. Schlesien 1741, III, ad 26 a.)
2) L e n t u 1 u s an N e i p p e r g. Glatz, 10. März 1741, (K. A., F. A.
Schlesien 1741, III, 26).
11*
164
dreist und kommen Partheien davon mir ganz nahe." In Folge
dessen giengen auch die Arbeiten an dem Brückenkopf zu Ott-
machau nur sehr langsam von Statten, indem wenig Leute zur
Arbeit zu bekommen waren und die Bauern nicht mehr den
preussischen Anforderungen Folge leisten wollten. 1j
Anfangs März wurde dann auch vom FM. Seh w e r i n ein
Patent publiciert, um die Landbevölkerung, welche mehr und mehr
eine drohende Haltung anzunehmen schien, zur Leistung der auf-
erlegten Natiu^al-Lieferungen zu veranlassen. 2)
Die Anstrengungen, unter welchen die preussischen Truppen
in Folge der häufigen Alarmierungen durch die österreichischen
Husaren litten, waren ganz ausserordentliche. 3j
*) K. A., Schlesien 1741, XII 31. — So schrieb ein gewisser von Stutter-
h e i m (vermuthlich ein Ingenieur-Ofücier) an den FM. Grafen Schwerin am
6. März aus Ottrnachau :
„Ew. Excellenz habe meiner unterthänigen Schuldigkeit zufolge ge-
horsamst melden sollen, dass anjetzo so viel als möglich an den Gabions
und anderen zur Belagerung erfordernden Stück arbeiten lasse, es will aber
diese Arbeit nunmehr täglich schwerer werden, indem bereits 13 Dorfschaften,
auch sogar die nur vier halbe Stunden von hier hegen, nicht mehr wegen
der scharfen Ordre des Neussischen Commandanten so wenig mit dem Vor-
gespann als Handarbeiter anhero kommen dürfen, noch wollen; es hat zwar
der Major von Wedeil aus einem Dorf die Gerichte arretieren und anhero
holen lassen, nunmehro aber traget derselbe wegen der österreichischen
hierumstreifenden Husaren Bedenken, viele Commandos nach den Dörfern
zu schicken, mithin thun die Bauern, was sie wollen und wann deren 100 Mann
ausgeschrieben werden, kommen selbige kaum 20. Wegen der Leinwand zu
den Woll- und Sand-Säcken, da in Ottrnachau und hierum liegenden Städten
keine Elle zu bekommen, habe vorlängst nach Breslau an das Feld-Kriegs-
Commissariat geschrieben, von dannen sowohl, als von Major von Merk atz,
bei welchen mich dazumal gemeldet, annoch die Antwort erwarte, der ich mit
tiefstem Bespect verharre" etc. (K. A., F. A. Schlesien 1711, XII, 32.)
-) Dessen Wortlaut siehe Anhang XXXI.
3) So meldet Major Normann am 28. Februar an den GL. Grafen
Schulenburg aus Frankenstein: ,,Die Leute und Pferde sind wie die
Häringe eingepackt und kommen wegen der kaiserlichen Husaren weder Tag,
noch Nacht aus der Montur und Gewehr, bin also nicht im Stande, das Aller-
geringste reparieren zu lassen. 76 Pferde sind von der Escadron auf Postierung
commandiert und mit dem Eest niuss fast alle Tage escortieren. Weil ich von
Neisse weg bin, in der Meinung, die Winter-Quartiere zu beziehen, so versichere
Ihro Excellenz, dass ich bis dato noch nicht besser als da gestanden, beständig
in der Montur und Gewehr." Und weiter : „Die Husaren stehen nur eine Meile
von uns und wegen der zusammenrottierten Spitzbuben sind die Strassen sehr
unsicher, dass fast kein kleines Commando mehr ausgeschickt werden darf."
(K. A., Schlesien 1741, XII. ad 27.)
165
Inzwischen war Jabiunkau von den prenssisclien Truppen
wieder geräumt worden. Schwerin hatte auf einen Befehl König
Friedrich's die diesbezüglichen Weisungen erlassen, wonach
am 9. 'März die Schanze von der preussischen Besatzung ver-
lassen wurde. Oberstlieutenant Aniswald mit 1 Bataillon Max
Starhemberg besetzte gleich nach dem Abzüge der Preussen den
Posten.1)
Beim Abmärsche entspann sich ein Arrieregarde-Gefecht mit
der Infanterie Ärnswal d's und den Komorner National-Husaren,
von denen übrigens nur 1 Lieutenant und 37 Mann sich bei ihm
befanden. 2) Preussischerseits soll hiebei 1 Cornet und 2 Mann ge-
getödtet und mehrere verwundet worden sein. Der Verlust der Arns-
wald'schen Colonne soll 6 Todte und 2 Pferde betragen haben. 3)
Die preussische Abtheilung gieng auf Teschen und am 13. nach
Batibor zurück. Oderberg blieb vorläufig noch von den Preussen
besetzt.
Inzwischen gab ein für die preussischen "Waffen glückliches
Ereigniss der an den Grenzen Nieder-, sowie Ober-Schlesiens augen-
blicklich nicht allzu günstigen Kriegslage sofort eine andere
Wendung.
x) Dieses Bataillon, zuerst nach Ober-Oesterreich bestimmt, hatte schon
im Januar den Befehl erhalten, nach Jabiunkau zu marschieren, den Ort jedoch
vor den Preussen nicht mehr erreicht und war, als es in Sülem die Nachricht
von dem Verluste der Schanze bekam, zuerst dort geblieben und später nach
Csacza gerückt. Die aus Jabiunkau abgezogene Compagnie Wallis war in das
Schlösschen Budatin, gegenüber von Sillein verlegt und dem Oberstlieutenant
Arnswald unterstellt worden. Orelly selbst war behufs Verantwortung
wegen Ueb ergäbe des Passes Jablunka nach Wien berufen worden. (Anhang
XVI.) Uebrigens hatte FM. Pälffy durch GFWM. Ghilanyi und
Oberstlieutenant Arnswald die Concentrierung der im Trencsiner Comitat
auf Execution gelegenen National-Husaren und zurückgebliebenen Mannschaft
vom Eegimente Hohenzollern zur Abhaltung der etwa weiter in Ungarn ein-
dringenden Preussen durchgeführt. Als Commandant der in der Gegend von
Trencsin zusammenzuziehenden National-Miliz war GFWM. d'O Hone be-
stimmt und auch das Podstatzky'sche Cürassier-Eegirnent dorthin zu rücken
beordert worden. (K. A., H. K. E. Prot, Exped. Febr. Fol. 410 und Reg. Febr.
Fol. 327 und 343.)
2) K. A., H. K. E. Prot, Exp. März 676.
s) Kriege Friedrich d. Gr. I, 343. In den Acten ist nur ein Protocolls-
Extract verzeichnet, worin bemerkt ist, dass Palffy die Eelation des Oberst-
lieutenants Arnswald bezüglich „der von den Unsrigen wider die preussi-
schen Husaren gemachten glücklichen Parthie" einsendet. (K. A., H. K. E.
Prot. Exp. März, Fol. 743.) "
166
Die Einnahme von Glogäu.
König Friedrich II. hatte dem die Einschliessung von
Glogau befehligenden GL. Erbprinzen Leopold von Anhalt am
23. Februar dringend nahegelegt, die Festung bald in seine Gewalt
zu bringen und diese Weisung am 2. März aus Strehlen wieder-
holt, da die militärische Situation, welche durch die im Auf-
marsche begriffene österreichische Operations - Armee geschaffen
wurde, die anderweitige Verwendung der vor Glogau gebundenen
preussischen Streitkräfte erheische.
Die Festung konnte in Folge der eifrigen Thätigkeit des
Commandanten FML. Grafen Wallis und des zugetheilten GFWM.
Reisky als gegen einen Handstreich gesichert betrachtet werden,
einer regelrechten Belagerung vermochte sie jedoch keinen längeren
Widerstand entgegenzusetzen.
Die Einschliessung war durch Truppen des LT. Corps Ende Decem-
ber derart bewirkt worden, dass 6 Bataillone, die Bayreuth-Dragoner,
der grössere Theil der Husaren-Escadron und die schwere Artillerie auf
dem linken Oder-Ufer Stellung nahmen, während 1 Grenadier-Bataillon
und 24 Husaren das bisher auf dem rechten Ufer stehende Regiment
Alt-Borcke ablösten. Die Feldwachen wurden bis auf 200 Schritte
an das Glacis vorgeschoben. Zur Verbindung beider Ufer wurde der
Bau einer Schiff-Brücke bei Beichau am 13. Januar begonnen, des
starken Eisganges wegen jedoch bald wieder eingestellt und erst bei
günstigeren Witterungsverhältnissen Ende Februar vollendet.
In der Festung war man inzwischen ebenfalls nicht müssig.
Die Schmiede und Wagner in der Stadt mussten an der Aus-
besserung der Lafetten und Anfertigung neuer Geschützräder
unausgesetzt arbeiten. Da die Festung nur über 17 Büchsenmeister
verfügte, unter denen sich nicht ein einziger befand, der vor dem
Feinde gedient hatte, so theilte Wallis noch 15 von den bürger-
lichen Scheiben-Schützen auf die Bastionen ein.
Für die. brauchbaren Geschütze fänden sich im Zeughause sehr
wenige calibermässige Kugeln vor, wodurch auch die Unthätigkeit
der Festungs-Artillerie, den Aussenposten des Cernierungs-Corps
gegenüber, ihre Erklärung findet. Drei Mörser wurden in Stellung
gebracht und für die im gedeckten AVege Commandierten ausser
ihren Gewehren, aus dem Zeughause Musketen verabfolgt, da sich
bei feuchtem Wetter diese verlässlicher als jene erwiesen. ]) Die
]) Die Vertheilung der Wachen und Posten und deren Anzahl ist in
Anhang XXXII enthalten.
167
Schwäche der Garnison Hess den Commandanten auf Ausfälle
verzichten, da er dieselben mit Cavallerie nicht unterstützen
konnte.1) Ob er hierin recht handelte, mag billig bezweifelt
werdend Unwillkürlich drängt sich der Vergleich mit der ausser-
ordentlich activen Verteidigung der Festung Neisse durch Oberst
Freiherrn von Roth auf, wohingegen in Glogau vollständige
Passivität herrschte.
Vom 1. bis 15. Februar hatte FML. Wallis eine An-
zahl starker spanischer Reiter machen lassen, welche sowohl
bei der ungemauerten Kreuz-Bastion, wo ausserdem eine drei-
fache Reihe von Pallisaden gesetzt wurde, wie auch unter der
Dominicaner- und Schloss -Bastion, bei der Ferdinands -Bastion
und der Wolfsgruben - Schanze neben dem Flusslauf postiert
wurden. 2)
Der Festungs-Commandant bemühte sich vergeblich, über die
Lage in der Festung Nachrichten an den Hof-Kriegsrath gelangen
zu lassen, die enge Blokade des Platzes verwehrte jeden Verkehr
nach Aussen. Endlich Hess er einen Soldaten seines Regiments, der
ein Fischer und tüchtiger Schiffmann war, als Fischer gekleidet, die
Oder aufwärts in einem kleinen Fahrzeuge während der Nacht mit
Depeschen abgehen, um ausserhalb des Blokade-Rayons an das Land
zu steigen und mit den mitgegebenen Briefen dann weiter zu gehen.
Zwei Stunden nach seiner Abfahrt kehrte derselbe jedoch wieder
zurück und meldete, dass er von den Wachtschiffen der Preussen
auf der Oder, so wie auch von den am Ufer aufgestellten Posten
angerufen worden und, um nicht in deren Hände zu fallen, genöthigt
gewesen sei, umzukehren.
Die Festung war mit eingesalzenem Fleisch und anderen Lebens-
mitteln noch auf vier, mit Brocl aber noch auf sechs Wochen versehen
und der Commandant versammelte am 27. Februar die höheren
Officiere des Platzes : den GFWM. R e i s k y, den Ligenieur-Obersten
von R a u s c h e n d o r f, die Oberstwachtmeister Baron R e i c h 1 i n
(von Harrach) und von Planting (von Wallis) zu einer Be-
rathung, in welcher die Frage aufgeworfen wurde, ob es für rathsam
erachtet werde, einen Officier nach Wien zu senden, bevor aber diese
Absendung geschehe, einen Officier an den König Friedrich H.
oder an den vor Glogau commandierenden Erbprinzen Leopold
von Anhalt mit dem Ersuchen zu schicken, zur Absendung eines
') FML. Wallis' Bericht. (Archiv zu Koleschowitx.)
2) Plan von Glogau, Tafel I.
168
Officiers aus Glogau die Erlaubniss zu ertheilen und die nöthigen
Passierscheine auszufertigen.
Die Theilnehmer dieser Berathung sprachen sich in bejahendem
Sinne aus und in Folge dessen sendete FML. Wallis am Morgen
des 28. Februar den Oberstwachtmeister Baron Reichlin mit
zwei Briefen und zwar einem an den König von Preussen und einem
zweiten, falls der König nicht anwesend sein sollte, an den Erbprinzen
von Anhalt in das preussische Lager ab. Reichlin wurde in
das preussische Hauptquartier nach Rauschwitz geleitet und gegen
Mittag desselben Tages langte ein preussischer Tambour vor der
Esplanade an, der einem ihm entgegengeschickten Unterofficier einen
Brief Anhal t's an "W a 1 1 i s übergab, worin Ersterer mittheilte, dass
er den Oberstwachtmeister ßeichlin im Hauptquartier behalte,
bis Antwort vom Könige, dem er des Grafen Wallis Brief über-
schickt habe, einlangen werde. Reichlin wurde aber überhaupt nicht
mehr in die Festung zurückgelassen und traf erst, nachdem dieselbe
gefallen, am 10. März wieder dort ein. l)
Die Verhältnisse drängten übrigens jetzt einer Entscheidung zu.
Auf die erwähnte Weisung König Friedrich LT. vom 23. Februar,
mit Glogau ,, sobald als möglich ein Ende zu machen", fragte Prinz
Leopold am 25. an, ob er die Festung erstürmen solle, doch
müsse er zu einem solchen Unternehmen noch das Anlangen einer
Anzahl Petarden, die er bereits erbeten habe, abwarten; eine Be-
lagerung könne er erst nach dem Eintreffen des schweren Geschützes,
dessen erster Staffel am 5. oder 6. März erwartet werde, beginnen.
Diese Anfrage beantwortete König Friedrich am 26. aus Fran-
kenstein dahin, class die Belagerung sofort nach dem Eintreffen der
schweren Artillerie zu beginnen habe, gleichzeitig seien aber die
Vorbereitungen zu treffen, „um in die Stadt auf der anderen Seite
par surprise hinein zu kommen". Da die Trappen des H. Corps
für eine Belagerung sehr schwach waren, bat der Prinz am 2. März
um Verstärkung und König Friedrich erlaubte, class das am
4. März von den nachrückenden Truppen vor Glogau eintreffende
Infanterie-Regiment Erbprinz Leopold dort bleiben könne.
x) Wallis' Bericht im gräfl. Archive zu Koleschowitz.
FM. Seckendorff schreibt an GFWM. Lentulus aus Obernzemi.
26. März 17-11 : „Nach meinen mir zugekommenen Nachrichten hat man Glogau
zu der Zeit bestürmt und eingenommen, da man in wirklicher Capi-
tulation gestanden; wäre dieses, so streitet es wider allen Kriegsgebrauch
und meritiert zu seiner Zeit Eevanche." (K. A.. F. A. Schlesien 1741, IV. ad 13.)
169
Als nun in den ersten Märztagen König Friedrich II.
die Gefahr eines Entsatzes nähergerückt erschien, obwohl eine
solche Absicht in den leitenden Kreisen der österreichischen
Armee' leider noch gar nicht ernstlich ventiliert worden, sandte
er am 6. März den Befehl, zum Sturme Glogau's zu schreiten,
durch den Oberstlieutenant von der Goltz, welcher am 7.
Abends im Hauptquartier des Prinzen Leopold zu Rauschwitz
eintraf.
Am Morgen des 8. März versammelte Prinz Leopold die
Stabsofficiere und gab ihnen bekannt, dass die Festung am Abend
mit Sturm genommen werden solle. Zugleich wurde die Disposition
für den Sturm erörtert, von welcher die Bataillons-Commandanten
und die ältesten Hauptleute Abschrift erhielten und die sämmt-
lichen Ofncieren vorzulesen war. J)
„Der Sturm sollte, sobald die erste Glocke in der Stadt die
Mitternachtsstunde verkündete, an drei verschiedenen Puncten zu
gleicher Zeit stattfinden und zwar an denjenigen Stellen, die nach
den früher angestellten Erkundungen als die schwächsten galten.
Es waren dies die Wolfsgrubenschanze, die Schloss-Bastion und
die zwischen Spittel- und Leopold-Bastion befindliche Poterne. Um
10 Uhr Abends sollten die Truppen auf den hiefür angewiesenen
Plätzen bereit stehen. Alles Gepäck war in den Quartieren zurück-
zulassen, jeder Mann hatte 30 Patronen, davon eine im Lauf, mit-
zufuhren."
„Die erste Colonne, aus dem ersten Bataillon des Regiments
Markgraf Carl und den Grenadier-Bataillonen Bolstern und Saldern
bestehend, hatte sich an der abgebrochenen Brücke zu sammeln,
auf welcher der Breslauer Weg über den Rauschwitzer-Bach führte
und von dort längs der Oder, die Michael-Bastion links lassend,
auf die Wolfsgrubenschanze vorzugehen, hier den AVall zu ersteigen
und zwischen Wall und Mauer hinter der Michael-Bastion hinweg
gegen das Alte Thor vorzudringen. Capitain von Beer hatte mit
3 Officieren, 8 Unterofficieren, 12 Zimmerleuten und 83 Grenadieren
dieser Colonne durch die Pallisaden und spanischen Reiter den Weg
zu bahnen und das Alte Thor zu sprengen, wozu ihm ein Artillerie-
officier mit Petarden beigegeben war. Zur Deckung der rechten
J) „Disposition, wie es den 8. u. 9. Martii gehalten werden soll, um
Glogau zu surprenieren." Anlage Nr. 18 in ,, Kriege Friedrich d. Gr." I, III.
170
Flanke sollte Capitain von Bardeleb e n mit 2 Officieren und
86 Mann von der "Wolfsgrubenschanze längs der am Wasser be-
findlichen Befestigung bis zur Carl-Bastion vordringen, ebenso
Capitain von Itzen plitz zur Sicherung der linken Flanke mit
3 Officieren, 6 Zimmerleuten und 81 Mann durch den Garten des
Commandanten gegen die Ferdinands-Bastion und von hier längs
des gedeckten Weges bis zur Spitze der Kreuz-Bastion. Die am
Alten Thor eingedrungenen Truppen hatten sich nach dem Markt-
platz zu wenden."
„Die zweite Colonne, bestehend aus dem Regiment Prinz
Leopold, den Grenadier-Bataillonen Kleist und Winterfeldt, sowie
zwei Compagnien des Grenadier-Bataillons Reibnitz *), hatte sich
hinter dem Galgenberg und zwar das erste Bataillon des Regiments
Prinz Leopold hinter dem abgebrannten Wirthshause an der Strasse
nach Schloin, alles Uebrige nördlich davon an der Strasse nach
Beichau zu versammeln."
„Die drei ältesten Capitains der bei dieser Colonne befindlichen
Grenadier-Bataillone hatten mit je 3 Officieren, 12 Zimmerleuten.
91 Mann voraufzugehen und zwar Capitain von D amnitz am nörd-
lichsten, Capitain von Taubenheim in der Mitte, Capitain
von Münchow am südlichsten. Alle drei sollten gegen die linke
Ecke des zwischen Schloss- und Dominicaner-Bastion liegenden
Verbindungswalles vorrücken. Capitain von Münchow hatte als-
dann nach Beseitigung der Pallisaden des gedeckten Weges zwischen
diesem und dem Wall bis an die Spitze der Dominicaner-Bastion
vorzudringen, liier bis auf Weiteres Halt zu machen und so die
rechte Flanke der Colonne zu sichern. Capitain von Tau b e n h e i m
sollte den Wall ersteigen, zwischen Wall und Mauer das Brostauer
Thor erreichen und dieses sprengen, wozu ihm ein Artillerie-Officier
mit Petarden beigegeben war. Dann war das Thor durch Capitain
von Taubenheim und die drei anderen Compagnien des Grenadier-
Bataillons Winterfeldt, die ihm zu folgen hatten, vorläufig besetzt zu
halten. Eine dem genannten Bataillon ebenfalls folgende Compagnie
des Grenadier-Bataillons Reibnitz unter Capitain von C o 1 1 r e p p
hatte mit einem Officier und 20 Mann die Dominicaner-Bastion zu
besetzen, mit dem Rest den im Ravelin zwischen dem Brostauer
J) Es waren dies die beiden Grenadier-Coinpagnien des Eegiments
Truchsess. Die beiden anderen zum Grenadier-Bataillon Reibnitz gehörenden
Compagnien des Eegiments Markgraf Carl waren auf dem rechten Oder-Ufer
liei Zerbau verblieben.
171
Thor stehenden feindlichen Posten unschädlich zu machen und so
den Weg nach Aussen zu öffnen. Wenn dies geschehen, sollte das
erste Bataillon des Regiments Prinz Leopold, welches vom ab-
gebrannten Wirthshause anrückte, benachrichtigt werden und seiner-
seits das Brostauer Thor besetzen, während das Grenadier-Bataillon
AVinterfeldt alsdann nach dem Markte vorrückte."
„Dem am weitesten nördlich vorgehenden Capitain von Dam-
n i t z sollten die drei übrigen Compagnien des Grenadier-Bataillons
Kleist, sowie das zweite Bataillon des Regiments Prinz Leopold
folgen. Mit dieser Abtheilung der zweiten Colonne beabsichtigte
der Erbprinz selbst vorzugehen. Sie sollte längs des zur Schloss-
Bastion führenden Verbindungswalles, den davor liegenden Teich
links lassend, gegen die linke Flanke der Schloss-Bastion vordringen
und sie ersteigen. Dann hatte sich die vorderste Compagnie zu theilen
und mit der einen Hälfte das Schloss-Thor zu zerstören, während die
andere sich nördlich um das Schloss herum gegen die Oder-Brücke
wendete, um auf diese Weise die linke Flanke zu sichern. Vom
Schloss aus sollten die Truppen dann weiter in die Stadt vor-
dringen."
,,Der Angriff der dritten Colonne sollte von Süden her er-
folgen. Es waren hierzu das zweite Bataillon des Regiments
Markgraf Carl und eine aus den Uebercompleten des IL Corps
gebildete Abtheilung unter Major von Bunt seh bestimmt worden.
Die Abtheilung war etwa 300 Mann stark und in zwei Compagnien
zusammengestellt. Als Sammelpunct sollte die Klostermühle im
Rauschwitzer Grunde dienen. Diese Colonne hatte gegen den
ausspringenden AVaffenplatz des gedeckten Weges vor der Leopold-
Bastion und von hier zwischen dem gedeckten Wege und dem Walle
bis an die Poterne zwischen Leopold- und Spittel-Bastion vorzu-
gehen. Nach Zerstörung der Gitter hatte sich eine Hälfte der Ab-
theilung des Majors von Bunt seh nach der Kreuz-, die andere
nach der Löwen-Bastion zu begeben. Das der Abtheilung folgende
Bataillon des Regiments Markgraf Carl hatte mit je einer Com-
pagnie die Spittel-, Leopold- und Sebastian-Bastion zu besetzen,
während die vierte an der Poterne verbheb."
„Auch die Cavallerie des Einschliessungs-Corps sollte während
des Sturmes Verwendung finden. Beim Eintritte der Dunkelheit
hatte sie ihre Posten zu verdoppeln, so dass keine Nachricht des
beabsichtigten Ueberfalles in die Stadt gelangen könnte. Alsdann
sollten sich zwei Escadronen im Rauschwitzer Grunde, in der Gegend
der Petzel-Mühle sammeln, sobald die erste Colonne bei der Wolfs-
172
grubensclianze eingedrungen war, dieser folgen und die nach der
Oder führenden Strassen absuchen, um etwa flüchtende Feinde ge-
fangen zu nehmen. Die übrigen drei Schwadronen hatten sich
hinter der evangelischen Kirche zu sammeln, sodann durch das
Brostauer Thor in die Stadt zu folgen und diese zu durch-
streifen."
„Diejenige Colonne, welche zuerst in die Stadt eindrang, sollte
sofort durch berittene Adjutanten die übrigen benachrichtigen
lassen, damit diese, falls ihnen der Sturin an dem angewiesenen
Puncte nicht geglückt war, dahin rücken konnten, wo schon der
Eingang frei war."
„Die Compagnie, welche zuerst die Stadt betrat, sollte sogleich
den Grenadiermarsch schlagen lassen, ebenso jede folgende, damit
sich die preussischen Truppen auf diese Weise erkennen könnten.
Die feindlichen Posten waren überall zu entwaffnen und im Falle
des Widerstandes niederzumachen. Allen feindlichen Soldaten und
Bürgern sollte zugerufen werden, das Gewehr wegzuwerfen, widrigen-
falls Alles „massacriert" und die Stadt geplündert werden würde.
Letzteres sollte jedoch nur auf ausdrücklichen Befehl des Prinzen
stattfinden. Ein Haus zu betreten, wurde bei Todesstrafe ver-
boten."
..Die Gesammtstärke der zur Unternehmung bestimmten Truppen
betrug 4300 Mann Infanterie und G00 Reiter." x)
In der Festung ahnte man nichts von der drohenden Gefahr,
die unmittelbar bevorstand.
Am 5. März beobachtete der Festungs-Commandant mit dem
General E e i s k y vom Stadtthurme aus, class Cavallerie über die
SchifT-Brücke bei Beichau auf das rechte Oder-Ufer marschiere und
Infanterie in die umliegenden Dörfer eingerückt sei, am 8. sah man
Faschinen in die Dörfer führen und muthmasste, class die Preussen
in einer der folgenden Nächte die Trancheen eröffnen wollten. Die
Visitierung der Posten im gedeckten AVege und auf den Bastionen
wurde in Folge dessen bei Tag und Nacht sowohl durch den
Festungs-Commandanten selbst, wie durch den General Reisky
vorgenommen und die Artilleristen beordert, ihre Geschütze schuss-
fertig zu halten. Ein Fourier von Wallis-Infanterie, der auf dem
Stadtthurm als Beobachtungsposten aufgestellt war. meldete am
s. März Abends, class aus einigen Dörfern Grenadiere marschiert und
J) Kriege Friedrich d. Gr., I, 335 u. ff.
173
andere dafür eingerückt seien, die, wie es schien, Schaufeln getragen
hätten. Wallis sendete nach dieser Meldung noch am Abende seinen
Adjutanten zu dem im gedeckten Wege commandierenden Haupt-
mann von Harrach, Baron von R i p p e r d a, um ilim aufzutragen,
seinen Posten anzubefehlen, besonders in der kommenden Nacht
sehr wachsam und ,, alert zu sein" und verabredete mit General
Reisky, dass um Mitternacht er und bei seiner Rückkunft Wallis
selbst die Posten mehrmals visitieren würden. Ausserdem berief
der Festungs-Commandant den Oberstwachtmeister von PI anfing
zu sich und befahl ihm, mit der Reserve achtsam zu sein, um beim
geringsten Alarm auf den Wall rücken zu können.
Die Nacht vom 8. zum 9. März war sehr finster. Als die
Glocke der Domkirche die Mitternachtstuncle schlug, hörte man in
der Festung mehrere Salven von der oberen Seite bei der Ferdinands-
Bastion. FML. Wallis sandte sofort den Oberstwachtmeister von
Planting mit der Reserve und auch einen Theil der Bürgerschaft
dorthin ab. Gleichzeitig ertönte das Alarmsignal von der Haupt-
wache her. Der Festungs-Commandant mit General Reisky
eilte an der Spitze von 30 Grenadieren und der 100 Mann
starken bürgerlichen Reserve, welche sich bei dem Jesuiten-Colleg
angeschlossen hatte (aber, aus dem Schloss-Thor kaum hinausgelangt,
davonlief oder das Gewehr wegwarf), gegen die untere Wasserseite
der Schloss-Bastion, als einem der schwächsten Puncte der Festung.
Reisky hatte auf dem Alarmplatz seinen Adjutanten mit dem
Befehl zurückgelassen, dass die sich noch sammelnde Mannschaft
theils nachrücken, theils an den von dem General bezeichneten Ort
nachgeführt werden sollte. Als die Generale, Reisky voran, dort
anlangten, trafen sie bereits preussische Abtheilungen, die den
Wall zu erklimmen suchten und mit denen sich ein Feuergefecht
entspann. Es waren die Compagnien des Capitains von D a m n i t z,
drei Compagnien des Grenadier-Bataillons Kleist und das zweite
Bataillon Prinz Leopold, an der Spitze der Colonne der Erbprinz
in Begleitung des Markgrafen Carl und des Oberstlieutenants
von der Goltz. x)
Reisky gieng mit seinen wenigen Leuten zum Angriff vor,
erhielt aber zwei Schüsse und sank im Handgemenge, von einem
*) Das Tagebuch des Feldpredigers J. F. Seegebart erzählt pag. 17 :
„Prinz Leopold erstieg den Wall diesseits, nebst den Markgrafen Carl und
Friedrich (?) mit 10 Grenadiers, die auf die sich entgegenstellenden Mann-
schaften einmal Feuer gaben, wodurch Eeisky schwer blessiert wurde."
174
Bajonnetstich schwer verwundet, zusammen. Die Preussen stürmten
über den am Boden Liegenden fort gegen das Thor des Gebäudes der
Landeshauptmannschaft, dem sogenannten „Schloss", wohin Wallis
sich mit Hauptmann Grafen Engelshausen geworfen und das
Thor hatte schliessen lassen. Er versuchte hier die Vertheidigung
aufzunehmen. Prinz Leopold Hess indessen durch seine Zimmer-
leute das Thor einschlagen und mit Petarden sprengen. AV" a 1 1 i s zog
sich nun gegen die Hauptwache, um dort die Vertheidigung fort-
zusetzen. Als er aber auf dem Platz anlangte, fand er denselben
bereits gefüllt mit den auf verschiedenen Seiten eingedrungenen
preussischen Truppen, warf sich mit einigen Leuten noch in das
offen stehende Proviant-Magazin und wurde hier gefangen. ')
Der verwundete General R e i s k y war inzwischen erkannt und
in das nächste Wachthaus am "Wall, nach einer halben Stunde aber
in das Schloss getragen worden. 2)
Wallis selbst sagt in seinem Berichte über die Erstürmung
der Festung :
Der Sturm wurde an drei Orten unternommen „und zwar an
beiden Wasserseiten und zwischen der Sebastian- und Löwen-
Bastion. Die unserigen Posten in dem bedeckten Weg an der
oberen Wasserseite sowohl, als die auf dem Wall haben mit Stücken,
Kartätschen und kleinem Gewehr einen tapferen Widerstand gethan,
ja einige sich gar nicht ergeben wollen; der Feind hatte sofort die
ungemauerte, unweit der Ferdinands-Bastion gelegene sogenannte
Wolfsgrube erstiegen und unter beständiger Chargierung mit der
Garnison sich solcher, nebst der Courtine, welche bis zu dem Pol-
nischen Thor geht, mit solcher Gewalt bemeistert, dass die Unserigen
nicht zu resistieren vermögend gewesen. Auf der unteren Wasser-
seite aber, bei der Schloss-Bastion, als der zweiten Attaque, ist der
Feind nicht nur bis an die Pallisaclen, sondern bis in den bedeckten
Weg gekommen, ohne dass ein Schuss auf ihn geschehen wäre,
.sondern es haben sich die Posten lächement in Graben retiriert,
welche auch durch ein feindlich Detachement aufgehoben und
gefangen worden, wo sodann der Feind nach Umhauung der
*) Wallis' Bericht. (Archiv zu Koleschowitz.)
2) Eeisky's Bericht vom 12. Juli 1741 an den Hof-Kriegsrath aus
Glogau. (K. A., F. A. Schlesien 1741, III, 25). Der General starb im Sommer
1741 (3. August) in Folge der bei der Einnahme der Festung erhaltenen Ver-
wundungen in Glogau, wenn es ihm auch „durch den angewendeten Fleiss
eines aus Dresden expresse berufenen königlich polnischen Chyrurgi" eine
Zeitlang anscheinend etwas besser gegangen war.
175
Pallisadeii und spanischen Reiter in der Stille die ungemauerte
Schloss-Bastion und Courtine erstiegen. Bei der dritten Attaque
unweit der ungemauerten Kreuz-Bastion hat sich der Feind nach
einiger Resistenz des bedeckten Weges bemächtigt und nachdem
solcher zu zweimalen von dem Wall repoussiert worden, endlich
der grossen übermannten Force halber vermittelst der Sturmleitern
penetriert, das Brostauer Thor aufgehauen und in die Stadt ge-
drungen ist." x)
Dreiviertel Stunden nach Mitternacht war der Kampf an allen
Puncten beendet und die Festung im Besitz der Preussen.
Nach Verlauf einer weiteren Stunde ritt die preussische
Cavallerie über eine durch 100 Schanz-Bauern gemachte Wall-
öffnung in die Stadt.
Der gefangene Commanclant wurde zu dem vor der Front
seiner Truppen auf dem Marktplatze stehenden Prinzen Leopold
geführt, den er ersuchte, die Stadt mit der Plünderung zu ver-
schonen, allein ,, durch Insolenz des gemeinen Mannes wurden
viele, besonders katholische Häuser ausgeplündert". 2)
J) Wallis' Bericht. (Archiv zu Koleschowitz).
2) Bericht Wallis' an den Grossherzog von T o s c a n a, Berlin
27. März 1711, in „Oesterr. Militär-Zeitschr." 1811, 1812, 1813 und dessen
Bericht im Archive zu Koleschowitz. In der „Silesia, Museum für schlesische
Vaterlandskunde", I, wird über die Plünderung nach einem alten, vermuthlich
von einem Geistlichen herrührenden Tagebuch erzählt : „Obschon nun diese
Einnahme dem Feinde nicht gar zu viel Mühe gekostet, indem die Gegen-
wehr gar nicht viel zu bedeuten hatte, so haben doch gleich einige
Soldaten schon nach 1 Uhr zu plündern angefangen und sind vor Allem wie
die wüthenden Hunde das Collegium der P. P. Jesuiten angefallen, allwo
(obschon ihnen eine ziemliche Summe Geldes gereicht wurde), sie die ganze
schöne, Avohleingerichtete Apotheke in den Grund ruiniert." In dem Collegio
sei auch, was nicht niet- und nagelfest, mitgenommen, in der Sacristei fünf
Kelche und einige schöne Paramente und andere Sachen fortgetragen „und
die Geistlichen überdies noch mit Schlägen tractiert" worden. Am frühen
Morgen schlössen sich auch lutherische Bauern diesen Plünderern im Jesuiten-
Colleg an und führten von den Effecten einen Wragen nach dem andern fort.
,.Folgsam ist es über die ganze Stadt hergegangen, dass wenige Häuser von
der allgemeinen Plünderung sind befreit geblieben, unter welchen viele einen
ungemein grossen Schaden erlitten haben." „Diesen Tag sah man auf allen
Gassen nichts als lauter Soldaten, welche die Häuser ausräumten." „Die
goldenen Ringe mussten von den Fingern und die Ohrgehänge von den
Ohren herabgerissen werden, wer ihnen nicht bald so viel Geld, als sie ver-
langten, darreichte, dem setzten sie das aufgepflanzte Bajonnet an die Brusl
und den blossen Säbel an den Hals, wir waren dazumal lauter Hunde und
Canaillen, man hörte nichts anderes als : „Hund, gib Geld her oder Dich
176
"Wallis wurde in das Conimandantenhaus geführt, Ingenieur-
Oberst von AValrave ihm beigegeben und ihm sogleich jede
briefliche Mittheilung und jeder Verkehr verboten.
Der Verlust der Festungsbesatzung betrug 60 Todte und Ver-
wundete und 865 Mann, *) von denen ein kleiner Theil ausgewechselt
werden sollte, dagegen Diejenigen, welche nicht zum Eintritt in
preussischen Kriegsdienst sich bewegen Hessen, in die Kriegs-
gefangenschaft nach Stettin abgesandt wurden.
Der preussische Verlust soll 9 Mann todt, 2 Ofticiere, 3 Unter-
ofnciere und 37 Mann verwundet, betragen haben. 2)
Der Plan zur Emportierung der Festung war ohne Zweifel
geschickt entworfen und die Ausführung gereicht den preussischen
Ofncieren zu hoher Ehre, wie gegentheilig die mangelhafte Ver-
teidigung des Platzes wenig entsprechend ist und ihre Schwäche
zum grössten Theile auch auf den schlechten Geist der Truppe
zurückgeführt werden muss. 3)
„Gewiss aber ist es," sagt General Reisky in seinem Berichte,
,.dass sowohl durch die aus der Stadt desertierten, auf Arbeit ge-
standenen Bauern und durch die Deserteure von der Garnison
unsere sämmtlichen Veranstaltungen und die irreparable Schwäche
der Oertlichkeit meineidigerweise dem Feinde verrathen worden, wie
dann zwei von unseren Deserteuren und ein allhier verheiratheter
wohnhafter Mann, welcher acht Tage vor der Attaque zum Feind
übergelaufen, ihr Anführer gewesen."4)
Canaille, soll die schwere Notli regieren." „Demnach nun die Plünderung
in die sechs Stunden gedauert, nmssten die meisten ausmarschieren."
See gebart, der ja Prediger bei des Erbprinzen Leopold Regimente war.
erzählt in seinem schon erwähnten Tagebuche : „Weil die Festung mit Sturm
übergegangen, so ward den Grenadiers gestattet, zu plündern, welches in-
sonderheit das Jesuiten-Collegium und einen (vermuthlich katholischen) Apo-
theker betroffen." (S. 18.)
*) 154 Mann waren während der Blokade desertiert.
2) Kriege Friedrich d. Gr.. I, 310. Oesterreichische Berichte geben den-
selben höher an.
3) „Gegen Ende der Blokade war die Garnison auf 925 dienstbare Mann
heruntergekommen, worunter sehr viele von solchem Widerwillen, Mtu'ren und
Unzufriedenheit, dergleichen ich unter unseren Truppen nicht gesehen, noch
gehört, — die Oesterreicher hielten sich blutschlecht." Die Posten hatten die
Preussen nicht wahrgenommen, bis sie im Graben die Pallisaden umhieben.
Die Kanonen thaten keine Wirkung, sie überschössen. (Seegebart, 17.)
*) A. a. O. Eeisk y's Bericht.
4^
177
Am 13. März wurde Wallis mitgeteilt, dass es ihm gegen
Ausstellung eines Reverses gestattet sein solle, nach Wien zu gehen
wohn* er auch am 14. bereits unter Escortierung eines preussischen
Gapitams aufbrach, i) Als er indessen in Jauer anlangte, kam ein
Adjutant aus Schweidnitz vom König von Preussen mit dem Befehl
an den begleitenden Capitain, dass Wallis „wichtiger Ursachen
halber dermalen nicht nach Wien gelassen werden könnte", sondern
sich nach Berlin zu begeben habe, wo er denn auch am 26. März
eintraf. 2)
Als Wallis im Sommer des Jahres, allerdings noch kriegs-
gefangen und nur gegen Revers entlassen, sich in Wien befand
hatte er vor einer unter dem Vorsitze des FM. Grafen Kheven-
huiler zusammengetretenen Commission von Generalen sich zu ver-
antworten, welche ihn von einem Verschulden an der Uebergabe
der Festung lossprach.3)
- .r Al1 BeL!te fiden d6n Pre^n 8 Fahnen, 69 Geschütze,
o Mörser, über 4000 Gewehre und bedeutende Mengen von
Munition und Kriegsgeräth in die Hände. *)
Hocherfreut über den Erfolg zeichnete König F r i e d r i c h
den Erbprinzen durch ein schmeichelhaftes Handschreiben aus und
xess ihm 20.000 Gulden aus der in der Festung vorgefundenen
Knegs-Casse jedem zu der Unternehmung ausgerückten Mann einen,
den Unterofficiercn zwei Gulden auszahlen. 5)
2 ^ieT?eiseroute ™ &™ über Gl atz vorgeschrieben.
war nach K p"' T^fn ^?g Friedrich IL ^ Erlaubniss zurücknahm.
waa nach „Kriege Fnedrich d. Gr.", 1,342, die inzwischen erfolgte Gefangennahme
) Die darauf bezüglichen Actenstücke siehe in Anhang XXX1I1 Aller
dmgs war die öffentliche Meinung über den Fall von Glogau nicht so leicht
2 ÄT;^ Ti^ gU^e d'6Xemple qU'Une Place m™üe com*- «eUe-lä,
at ete empor ee d'emblee en moins d'une heure de temps . . . . la conduite de
^ach .Venet^alliS S6rait aUJ°Urd'hüi ^0S- ä »iendes bWs »
(Nachricht aus Breslau vom 15. März. K. A., F. A. Schlesien 1741. XIII, 10)
57 met 1! gl, dl'iCh * ^ *' ^ ^ GeScMtze ^znäen in
57 metallenen 11 eisernen, 1 Haubitzen, 3 metallenen und 2 eisernen Pöllern
(Nach einem Inventar im k. und k. Hofk.-Arch.)
;) Kriege Friedrich d. Gr., I, 312. Mit der „Kriegs -Casse" war es nun
aUerdings eine eigene Sache; eigentlich war es die Casse des Inhabers des
Wallis sehen Infanterieregiments. Dieser berichtet selbst darüber: „Man hat
gleich den andern Tag darauf, ungeachtet meines nachdrücklichsten Repräsen-
tieren, alle Oberofficiere, ohne dass solche bevor siel! bei mir haben anmelden
dürfen nach Stettin, die Unterofflciere und Gemeinen theüs auch dahin
viele aber (wie ich höre) wiederum anderwärts hin, um solche ,,i, <;,....
Oesterreichischer Erbfolgekrieg. II. Bd. IQ
178
Magistrat und Bürgerschaft der Stadt Glogau mussten dem
Könige am 11. März den Huldigungseid leisten. x) Die Festung
wurde durch, den Obersten von Walrave sogleich wieder in Ver-
teidigungszustand gesetzt.
Ereignisse vom 9. bis 18. März 1741.
Die Einnahme Glogau's hatte die bisher vor dieser Festung
gebundenen preussischen Kräfte zur Verwendung im Felde ver-
fügbar gemacht. König Friedrich, der noch immer stärkere
österreichische Kräfte im Glatz'schen vermuthete, neigte jedoch
der Ansicht zu, dass ein näheres Heranziehen der Truppen Schwerin's
an die nördlich der Neisse stehenden Abtheilungen nothwendig sei.
Erst S c h w e r i n's Bedenken und die von ihm mitgetheilten Nach-
richten, dass die österreichische Haupt-Armee sich bei Olmütz
concentriere, bewogen den König, den vollkommenen correcten
Plan einer Vereinigung der Kräfte vorläufig fallen zu lassen und
nur die Abtheilung La M o 1 1 e's zurückzuziehen, die schon am
9. März Jablunka geräumt hatte, von dort nach Teschen und am
13. aufR-atibor zurückgegangen war. In Betreff dieser Bewegungen
schrieb König Friedrich an P o d e w i 1 s, dass er, um etwaigen
desto ehender überreden und bezwingen zu können, dass sie bei ihnen Dienste
nehmen möchten, abgeschicket ; in dasjenige Haus, wo meines unterhabenden
Regiments Rechnungsführer gelegen und aUwo das Gewölb, worinnen die
Regiments-Cassa und sämmtliche Regiments-Schriften sich befunden, ist gleich
eine starke Wache von dem Feind hineingelegt worden und als ich dem
Prinzen von Anhalt-Dessau vorgestellt, dass er ja die Stadt von der
Plünderung zu verschonen versprochen, auch den Offi eieren das Ihrige ge-
lassen habe, also ja meine und meines Regiments Gelder auch nicht als bonne
prise angesehen und genommen werden könnten, erwiderte er mir in Antwort,
diese Gelder waren als Ihro Majestät der Königin zugehörige Gelder zu
considerieren, jedoch wollte er (sobald er zu seinem König kommen würde)
sich diesfalls befragen, nun aber ungeachtet folgsam von Berlin aus zu zwei
unterschiedenen Malen erwähnten Prinzen von Anhalt hierum geschrieben,
niemalen darauf eine Antwort habe erhalten können." Bericht an den Hof-
Kriegsrath. (Archiv zu Koleschowitz.)
*) Seegebart erzählt : „Es ist unglaublich, wie sehr die Leute hier
für den König portiert sind, soviel evangelisch sind, weiches die meisten sind.
Sie nennen auch den Namen „König" allezeit mit einem besonders respectueusen
Accent. Heute wurde zum ersten Mal das in den preussischen Landen ge-
wöhnliche Kirchengebet auf Ordre von beiderlei Religions-Verwandten nach
der Predigt gesprochen und der ambrosianische Lobgesang wegen der glück-
lichen Eroberung Glogau's mit Pauken und Trompeten auch sogar auf vielen
Dörfern abgesungen." (S. 24.)
179
Missdeutungen vorzubeugen, darüber eine entsprechende Mittheilung
in die Zeitungen geben solle. J)
Der, wie bereits erwähnt, im ungarischen Grenz-Districte
commandierende General d'O Hone begab sich nach der Wieder-
besetzung der Jablunkaer Befestigungen persönlich dorthin und
ordnete bezüglich der Arbeiten und der Besatzung das Er-
forderliche an. Die Preussen hatten bei ihrem Abzüge die von
ihnen hergestellten Arbeiten vollständig vernichtet, die Gebäude
angezündet und die besten Stücke mitgenommen. 2) Es waren zur
Verteidigung nur 2 Geschütze disponibel, die der Commandant
O'Reilly seinerzeit mitgenommen hatte und welche nun wieder
zurückgebracht wurden. Die von den Preussen bei ihrem Abzug-
vernagelten 7 Geschütze wurden dagegen nach Trencsin gebracht.
FM. Pälffy liess übrigens drei von den in Jablunka zum Feind
übergetretenen Vybranzen in Trencsin festsetzen und verfügte, dass
auch gegen die übrigen mit aller Strenge verfahren werde. 3j
GFWM. d'O 1 1 o n e verlegte die früher dort gestandene Wallis'
sehe Compagnie wieder in die Schanze, ausserdem 1 Compagnie
von Max Starhemberg, deren Commandanten er mit einer schrift-
liehen Instruction versah. Ende März wurde der Ingenieur-Lieutenant
D a 1 1 1 nach Jablunka gesendet, um nach d'O 1 1 o n e's Anleitung die
Wiederherstellung der zerstörten Schanze in Angriff zu nehmen. Auf
die Nachricht, dass General La Motte seinen Marsch von Teschen
nach Katibor fortsetze, liess d'O Hone zur Einziehung von Nach-
richten 1 Wachtmeister mit 12 Husaren der preussischen Colonne
*) „Da ich zu meinen Kriegsoperationen nöthig gefunden, das unter Com-
mando des FM. Schwerin jenseits der Neisse (stehende Corps) näher zu-
sammen und daher die in Teschen gestandenen Truppen etwas zurückzuziehen,
so habe ich solches melden wollen und sollt Ihr in den dortigen und übrigen
Zeituno-en setzen lassen, damit die Feinde dieser Sache keinen falschen An-
strich, ihrer Gewohnheit nach, geben mögen, als wenn es eine retraite wäre."
Cabinetsch reiben an P o d e w i 1 s, Schweidnitz, 10. Martii 1741. (Beiheft z. Mil.
Wochenblatt, 1876, 322.)
2) FM. P ä 1 f f y theilte sogar dem Grafen Neipperg am 20. März mit,
dass er über den von den preussischen Truppen aus der Schanze Jablunka
und dem Fürstentimm Teschen genommenen Abzug und nur noch dieses an-
zumerken habe, „was massen sie in gedachter Schanz" Jablunka gegen all'
aufrichtig und menschliches Betragen angefüllte Bomben zurückgelassen und
solche mit Feuer unter den Mist verborgen, welche auch gesprungen und
nicht geringen Schaden unsern dahin gekommenen Leuten zufügen können.
wann sie nicht zum Gdück sich noch zeitlich in die Keller und Hütten retiriert
hätten". (K. A., F. A. Schlesien 1741, III, 65 .
3) K. A., H. K. R., Prot. Exped. März, Fol. 7(J7. F. A. Schlesien 1741, III, :V.K
12*
180
folgen. La Motte hatte übrigens bei seinem Abmarsch aus Teschen
,, einige angesehene Männer als Geiseln für noch ausstehende Contri-
butionen mit sich geführt". J)
Auch berichtete d'Ollone an Pälffy, dass sich der
Teschener Landeshauptmann Baron Skrbensky bezüglich der
von der Grenz - Miliz in Neustädtl an der Kiszycza in zwei
Dörfern verübten Excesse beschwert habe, er daher den diese Miliz
commandierenclen Marschofsky bis auf weiteren Befehl arre-
tieren lasse.2)
Ausser der Heranziehung von General La Motte's Truppen
war es die Sicherung des Passes von Zuckmantel, auf welche
König Friedrich II. unausgesetzt hinwies. Schwerin hatte in
Folge dessen am 10. März eine Unternehmung gegen diesen von
300 Husaren besetzten Punct angeordnet.
GM. von Jeetze, dem diese Aufgabe übertragen worden, brach
am 11. März mit dem Infanterie-Regimente Kleist von Jägerndorf auf,
stiess aber auf zahlreiche Verhaue, die von der Landbevölkerung und
Husaren vertheidigt wurden, so dass er, um nicht abgeschnitten zu
werden, sich nicht nach Zuckmantel, sondern nach Ziegenhals
wandte. Er bat von hier aus um Verstärkung an Cavallerie und
erhielt hierauf noch 250 Pferde vom Regimente Prinz Friedrich
zugeschickt, die bisher in der Gegend von Neustadt postiert ge-
wesen waren.
Jeetze brach am 15. März von Ziegenhals auf. Seine Colonne
bestand aus den Husaren der Avantgarde unter Oberst von "Wurnib,
dem Regimente Kleist, dem in Ziegenhals stehenden 2. Bataillon
des Regiments Schwerin, der Cavallerie vom Regimente Prinz
Friedrich und 2 Regiments-Geschützen. Er stiess schon nahe vor
Zuckmantel auf österreichische Posten, deren Gros aus dem Orte
abgezogen und ein zwischen diesem und Endersdorf liegendes Gehölz
besetzt hatte.
Diese Vortruppen wurden durch den Ort Zuckmantel, dessen
Thore offen waren, verfolgt ; in den Gassen wurde auf die einrückende
preussische Avantgarde geschossen, wodurch ein Unterofncier und
J) Grünhagen, Erster schles. Krieg I, 173. Diese Geiseln waren:
Der Landeshauptmann Baron Skrbensk y, der Ober-Eegent Freiherr von
Pfütschner, Baron Gotschalkowsky von Zengilovv, Bürger-
meister E u d o 1 p h, die Bürger J a g o s c h und Muntschk a. (K. A., F. A.
Schlesien 1741, ad 42 a 2.)
2) K. A.. H. K. E. 1741. Prot, Exped. März, Fol. 7S4.
181
1 Husar getöcltefc und 3 verwundet wurden. GM. Jeetze Hess
nun seine Geschütze auffahren und einige Schüsse abgeben, dann
gab der General Befehl, den Ort anzuzünden. Nur die Kirche und
einige Häuser blieben von den Flammen verschont. Am nächsten
Tage hatte Johannesthal das gleiche Schicksal. Beiden Orten fiel
nur desshalb ein so trauriges Los zu, weil von ihnen die Streifzüge
der Husaren gegen die preussischen Postierungen den Ausgangs-
punct genommen hatten. GFWM. Graf Grünne, der in Würben-
thal commandierte, liess auf die Meldungen vom Anmärsche der
Jeetze sehen Colonne 100 Husaren von Ghilanyi in scharfer Gangar t
zur Unterstützung vorgehen, die aber schon zu spät kamen
Sie folgten den wieder abziehenden Preussen eine Meile weit
konnten aber der starken preussischen Colonne nichts anhaben'
Grunne selbst war bis Grund vorgegangen, wohin sich die Be-
satzung von Zuckmantel zurückgezogen hatte und dann bis zu
letzterem Ort wieder vorgerückt, ohne noch etwas vom Feinde
wahrzunehmen, der bereits nach Neustadt und Ziegenhals abge-
zogen war. ö
Das Schicksal der Einwohner von Zuckmantel, die Alles
gethan hätten, um sich zu vertheidigen und der Gnade der Königin
würdig seien, bezeichnet Grünne in seinem Berichte an FML
(xraten Browne als ein tief beklagenswertes.
G r ü n n e bestimmte dann Hermannstadt als Aufnahmsposten,
den der Oberstwachtmeister von Dessewfly-Husaren, welcher 40 bis 50
Mann m Grund commandieren sollte, postiert hatte und gab
Befehl, die 140 Husaren, welche aus Neisse zur Unterstützung des
Postens von Zuckmantel gekommen waren, in der Nacht in die
± estung zurückzusenden.
^■iWeitrTe P°Sten Standen zuEillsiedel und Würbenthai, von
Ghilanyi-Husaren in Engelsberg, Carlsthal, Dittersdorf und Markers-
dorf, welche Patrouillen bis Olbersdorf aussenden konnten.
Grünne selbst gieng am 17. März nach Freudenthal und
am 18. März nach Hof. J)
GM. von J e e t z e erhielt nun abermals den Befehl, für die Siche-
rung der Passagen über Zuckmantel zu sorgen und es wurden ihm hiezu
die Infanterie-Regimenter Kleist, Schwerin, das Cavallerie-Eegiment
™1Z Fnedrich und die Husaren-Escadron des Obersten von W u r m b
überwiesen. Gleichzeitig hatte sich Jeetze mit den nördlich der
1711 in ttTT: G7fGrünueailFML-^afen Browne, Würbenthai, 16. März
1741, 10 Uhr Abends. (K. A., F. A. Schlesien 1711, III ad 59.)
182
Neisse cornmandierenden Generalen, dem G. d. J. Herzog von
Holstein und GM. von Derschau, dem in Ottmachau stehenden
Grenadier-Bataillon Wedeil und den beiden Grenadier-Cornpagnien
Buddenbrook in Patschkau in Verbindung zu setzen. Den grössten
Theil der Truppen verlegte General von Jeetze nach Neustadt
und Ziegenhals.
Die Meldungen des FM. S c h w e r i n bestimmten König
Friedrich H., diesen in der Gegend von Troppau und Jägern-
dorf zu belassen, da nach denselben augenblicklich kein Einbruch
der österreichischen Truppen in Nieder-Schlesien zu erwarten sei.
In dieser Zeit langten auch die Infanterie-Regimenter Glasenapp,
Kalckstein, Truchsess, Prinz Dietrich und das erste Bataillon
Leibgarde bei Schweidnitz an und blieben zum grössten Theil
dort. Auch Erbprinz Leopold marschierte am 12. März mit den
Truppen, die vor Glogau gestanden waren, dorthin ab, nur das
Grenadier-Bataillon Saldern blieb vorläufig als Besatzung in der
Festung zurück.
Diese Truppen rückten in den Raum Zobten-Ohlau-Grottkau :
nur 5 Escadronen Platen-Dragoner marschierten auf dem rechten
Oder-Ufer nach der Gegend von Oppein, wo sie den Schutz des
dort anzulegenden Magazins übernehmen sollten ; übrigens wurde
es Schwerin freigestellt, dieses Regiment im Bedarfsfalle näher
an Neisse zu legen, wohin das zuerst nach Oppein bestimmte
Regiment Prinz Leopold ebenfalls über Haina und Liegnitz ge-
zogen wurde.
Am 20. März standen daher die preussischen Streitkräfte in
zwei grossen Gruppen : die eine, unter den Befehlen König
Friedrich IL in dem Räume, dessen vordere Linie sich von
Schweidnitz längs des Gebirges bis Neustadt hinzieht und der
nach rückwärts durch die Oder von Krappitz bis Ohlau begrenzt
ist ; die andere unter FM. Schwerin in dem Räume Jägerndorf -
Tropp au-Ratib or-L e ob s chütz . *)
Bei der von S c h w e r i n befehligten Armee-Abtheilung musste
nun auch der letzte im Fürstenthum Teschen von den Preussen
noch besetzte Ort aufgegeben werden, da am 18. März die in
Oderberg stehende Abtheilung des Infanterie-Regiments La Motte
von österreichischen Husaren und mährischer Land-Miliz angegriffen
worden und obwohl diese und die am folgenden Tage wieder-
holte Attaque durch aus Ratibor und Troppau herangezogene
') Kriege Friedrich d. Gr. I, 316.
183
Verstärkungen abgewiesen worden, so entschloss sich GM. L a
Motte doch, den nicht vertheidigungsfähigen Ort aufzugeben und
dessen Besatzung nach Ratibor zu verlegen. Der österreichische
Verlust soll bei diesen Gefechten 12, jener der Preussen 3 Mann
betragen haben.
Kleinere Zusammenstösse hatten in diesen Tagen noch mehrere
stattgefunden. So war Oberstwachtmeister Hadik, der mit 80
Pferden eine Streifparthei führte, am 9. März zwischen "Weiclenau und
Ziegenhals auf eine preussische Abtheilung von 33 Husaren und
1 Cornet unter Rittmeister von Bronikowski gestossen, welche die
Bagage und die Handpferde des königlichen General- Adjutanten
Grafen Hacke geleitete und welcher sich 40 Bäckerknechte an-
geschlossen hatten. In der Nähe von Gross-Kunzendorf griff Hadik
den Transport an und nahm den Rittmeister, den Cornet und 36
Bäckerknechte gefangen. Bei dem preussischen Convoi wurden
2 Unter officiere, 1 Trompeter und 6 Husaren vermisst. l)
Am 18. März brach der General- Adjutant Graf Hacke, von
einer Sendung nach Jägerndorf zum FM. Schwerin nach
Schweidnitz zu König Friedrich H. zurückkehrend, vonOttmachau
auf, um die Route über Patsclikau nach Schweidnitz zu nehmen. 2)
Als Escorte geleitete denselben 1 Major mit 100 preussischen
Husaren und 1 Rittmeister mit 40 Leib-Husaren, welche ebenfalls
Schweidnitz als Marschziel hatten. 3)
"Wohl auf des Obersten Baron Roth Veranlassung und Be-
treiben4) war am 17. März Nachts vom GFWM. Lentulus ein Com-
mando von Splenyi-Husaren, 100 Pferde stark unter einem Capitain-
Lieutenant, gegen Reichenstein behufs Beobachtung und eventueller
x) Kriege Friedrich d. Gr. I, 347. — Am 17. März wurden auf dem Spielberg
bei Brunn durch ein Commando des Liechtensteinischen Dragoner -Regiments
abgeliefert: Husaren - Eittmeister von Bronikowski, 1 Wachtmeister,
1 Trompeter, 1 Corporal 2 Gemeine, 2 Knechte, 1 Postillon, 35 Proviant-Bäcker,
1 Schneiderbursch, im Ganzen 45. (Nota des Spielberger Commandanten a. d.
Landeshauptmannschaft v. 17. März 1741. Acten d. k. k. Statthalterei, Brunn.)
2) Kriege Friedrich d. Gr. I, 347 geben den 15. März an, die österreichi-
schen Quellen dagegen den 18.
s) Die preuss. Husaren hatten im Teschen'schen, die Leib-Husaren in
Weidenau gestanden.
4) Roth schreibt an Lentulus ddto. 10. März, 5 Uhr Abends : „Von
Zuckmantel und hier aus zugleich haben die Herren Husaren auf meine
Veranstaltung sehr viel Beute, worunter ein Coffre mit Geld, 40 Husaren
waren, 1 Rittmeister und von der Cavallerie ein Lieutenant gefangen, 10
184
Beunruhigung der Preussen, welche in Reichenstein erschienen, bald
aber wieder abgezogen waren, ausgesendet worden. -Bei Pomsdorf
stiess am 18. März diese Husaren- Abtheilung auf den Grafen
Hacke und dessen Escorte und in einem scharfen Eencontre, bei
welchem nach den österreichischen Quellen x) der Hack e'schen
Escorte Verstärkungen zugekommen wären, gelang es den öster-
reichischen Husaren, sich durchzuschlagen, nachdem 4 Mann geblieben
und 1 Lieutenant, 1 "Wachtmeister, 1 Corporal und 21 Gemeine ge-
fangen worden. 2) Der preussische Verlust belief sich auf einige
Verwundete.
sollen todt blieben sein. Mit Weidenau wäre auch ein gutes Spiel zu machen,
ich wollte von meiner Seite, wie auch von Zuckmantel solches mögliebst
unterstützen, dass wir sie einmal aus diesem Loche abschnitten, so wäre
Ziegenhals abgeschnitten, allwo sie in Ermangelung Communication mit
Ottmachau nicht mehr subsistieren könnten". (K. A., F. A. Schlesien 1741, III.
ad 39 a.)
*) K. A., F. A. Schlesien 1741, III, 6 und XIII, 12 e.
2) Kriege Friedrich d. Gr. I, 347 und 348 geben 27 Husaren als gefangen
und etwa 20 als sonstigen Verlust an.
Aufmarsch der österreichischen Armee.
Eintreffen des FZM. (Trafen Neipperg. Beginn der Operationen.
JJie österreichische Armee befand sich in der dritten Dekade
des März in dem Räume Olmütz-Freudenthal-Troppau-Neutitschein
versammelt.
Sie bestand zu dieser Zeit aus den 8 Infanterie-Regimentern
Franz Lotliringen, Harrach, Alt-Daun, Browne, Thüngen, Baden,
Schmettau und Grümie ; den 8 Cavallerie - Regimentern Lanthieri-,
Hohenzollern-, Hohenems-, Birkenfeld-, Seherr-Cürassiere, Liechten-
stein-, Württemberg-, Römer-Dragoner und den 3 Husaren-Regi-
mentern Czäky, Dessewffy und Gkilanyi. *)
Auf dem Marsche zur Armee befanden sich noch die Regi-
menter Cordova- 2) und Diemar- 3) Cürassiere, Althaiin-Dragoner, 4)
während die Husaren-Regimenter Pestvärmegyei 5) und Kärolyi ,;;
Marschordre erhalten hatten.
Zum Artillerie-Chef bei der Armee wurde Oberst von Feuer-
stein bestimmt, welcher am 8. März die commandierte Mannschaft
und Pferde in Prag versammelte, sie dort der Musterung unterzog
und mit dem gesammten Commando, nebst einem Bataillon und
4 Grenadier-Compagnien des Infanterie - Regiments O'Gilvy am
12. März über Landskron nach Mähren aufbrach. 7)
J) Dislocation Tafel V.
2) Aus Lugos.
3) Aus Biliar.
4) Aus dem Eisenburger Comitat.
5) Traf aoi 5. März in Debreczin ein.
6) Erhielt dieselbe in Szt. Mihäl.
7) Marschroute Anhang XXXIV.
is.;
Der über den Hrozinkauer Pass instraclierte Brückentram
war noch nicht eingetroffen, obwohl die ungarische Hofkanzlei
vom Hof-Kriegsrathe ersucht worden war, denselben Tag und
Nacht durch Vorspann befördern zu lassen. In Littau wurde
ein Haupt-Feld-Spital errichtet, die Pflege der erkrankten oder
verwundeten Soldaten übrigens den Regimentern selbst gegen
den früher in Ungarn darauf täglich bezahlten „Krankengroschen"
überlassen. Von der Hofkammer sollten 1000 einfache und 500
doppelte Krankenbetten nach Olmütz geliefert und an die Regi-
menter gegen Quittung ausgefolgt werden. Von Apotheker Eul en-
s c h e n c k wurde eine halbe Apotheke durch eigene Bespannung
dem Corps nachgeführt, aus der den Regimentern die Medicamente
verabfolgt werden sollten. Bei den Regimentern befanden sich
eigene Feld-Medicamenten-Kasten. r)
Die Zusammensetzung des Neipperg'schen Hauptquartiers war
ebenfalls perfect und dessen Mitglieder nach Olmütz abzugehen
beordert worden. 2) Für die Ordnung des Trains blieb die im letzten
Türkenkrieg in Uebung gewesene Bagage-Ordnung in Geltung. 3)
FZM. Graf N e i p p e r g, welcher die bei Olmütz versammelten,
zur Einrückung in Schlesien bestimmten Truppen selbst nur als
,,eine kleine Macht" bezeichnete, 4) hatte seinen ganzen Einfhiss in
Wien aufgeboten, um die sämmtlichen Bedürfnisse für das seinen
Befehlen untergebene Truppen-Corps, soviel dies bei den bestehenden
Verhältnissen möglich war, sicherzustellen. Dadurch verzögerte sich
dessen Abreise von der Residenz ausserordentlich. Kurz vor der-
selben schilderte er seinem hohen Gönner, dem Grossherzoge Franz
Stephan, welcher wie die Königin Maria Theresia energische
Massregeln gegen die preussische Invasion verlangte, jene Ursachen,
welche bisher die Vorrückung der Truppen verhindert hätten und
dieselbe wohl auf einige Zeit noch verhindern würden.
Es bestanden nach des Armee-Commandanten Angaben diese
Ursachen darin, dass die Magazine zur Verpflegung der Truppen
noch nicht im Stande, 5) von der für die Kriegs-Casse bestimmten
*) K, A., H. K. E. 1741, Prot. Keg. 27. Februar, Fol. 383.
2) Anhang XXXV.
3) Anhang XXXVI.
4) K. A., F. A. Schlesien 1711, II, 28.
5) Laut Ausweisen vom 21. Februar bestand der Vorrath des Haupt-
Magazins zu Olmütz erst in 2760 Centnern Mehl, 616 Metzen Weizen, 3090 Va
Metzen Korn, 6189 Metzen Gerste, 13.711 Metzen Hafer, 5113 Centnern 37 Pfund
Heu, 5150 Centnern 30 Pfund Stroh.
L87
Million vorläufig nur 500.000 Gulden aufgebracht, die nothwendigen
250 Proviant-Fuhrwerke noch nicht beschafft waren. Die Anwerbung
der Bäcker- und Fuhrknechte sei noch im Rückstände, ebenso wie
die Lieferung der Artillerie- und Trainpferde ; die von Wien nach
Prag zur Ausrüstung der Feld-Artillerie abgesendeten Erfordernisse
würden erst Anfangs März in Prag einlangen, das Yorpannsweseii
sei erst zu regeln, ausserdem hätten die in Mähren eingerückten
Cur assier-Regimenter ihre Remonten noch nicht. Die Infanterie,
die in Mähren versammelt sei, beliefe sich, ausser den auf Postierungen
und in geschlossenen Orten befindlichen, nur auf 3463 Dienstbare.
Die Infanterie im Glatz'schen (Lothringen , Max Hessen.
Kolowrat) sei nur 1824 Mann stark. Die späte Einrückung der
Cavallerie - Regimenter am Versammlungsorte in Mähren habe
ausser andern Ursachen, auch den Grund, das die nöthige Fourage
für dieselben nicht vorhanden war und die Länder selbst verlangt
hätten, den Marsch der Regimenter zurückzuhalten, da sie sich nicht
im Stande sahen, dieselben zu verpflegen und Zeit zu gewinnen
suchten, die Magazine in die Höhe zu bringen. Die Infanterie
könne auch vor halbem Mai nicht vollzählig an Ort und Stelle sein.
Endlich seien ausser den 250 Proviant-Fuhrwesens wagen an
1000 und mehr Vorspannswagen nothwendig, die augenblicklich,
da die Zufuhr für die Haupt-Magazine in Olmütz und Königgrätz
im Zuge sei, schwer zu beschaffen sein dürften. Den Regimentern
sei zur Anschaffung der Proviantwagen und sonstigen Requisiten
das Geld übrigens sehr spät erfolgt worden, so dass diese Erfor-
dernisse für die Truppen auch noch nicht fertig sein dürften. Was
übrigens die Stärke des Operations-Corps anbelange, so würden,
wenn er ' alle zu demselben einrückenden Regimenter erwarten
wollte, nach Abzug der zu Postierungen und in den Festungen
bleibenden Truppen, die Infanterie und deutsche Cavallerie im
Felde nicht stärker als mit etwa 10.000 bis 12.000 Mann erscheinen
können, wozu noch das Wenige, was man aus dem Glatz'schen
ziehen könnte, in Berücksichtigung, dass ein Cavallerie-Regiment
und einige Infanterie ausser der Garnison in der Festung dort
zurückbleiben müsse, zu rechnen sei.
Schliesslich bemerkte Graf Neipp erg, dass der späte Beginn
der Operationen daher rühre, ,,dass man dieses Corps in das Feld
zu stellen so spät resolviert, die hiezu gewidmeten Regimenter
an Cavallerie, von welchen die weiter entlegensten, weil sie,
exclusive Khevenhüller und Althann, in besserem Stande und
die stärksten waren, genominen worden, nur successive und zwar
188
zu dreimalen, mithin zu spät beordert ; zu den Magazinen so
langsam geschritten, die Gelder so spät ausfindig gemacht und
folgsam auch spät eingegangen, solchem nach auch eben zu spät
ausbezahlt und ihrer Behörde zu Beischaffung ein so anderer Er-
fordernisse angewendet werden können."
Der Feldzeugmeister resümierte, gleichwie er es bereits der
Königin und dem Grossherzoge erklärt, ,,dass er die Vor-
rückung, ohne vorher sämmtliche Erfordernisse beisammen zu
haben, nicht für rathsam halte und auf sich nicht nehmen könnte,
wann nicht gesammte oder die mehrsten deutschen Regimenter an
Ort und Stelle eingelangt, die Pontons, die er zwar, so es nur um
die diesseitige Defiberierung Neisse's zu thun wäre oder um dasigen
Ort, wann (er) dastünde, desto mehr versichern zu können, leichtlich
entbehren könnte, nebst der Feld-Artillerie und zwar letztere ent-
weder ganz oder zum Theil vorhanden, auch der Magazinsvorrath
für Mann und Pferde in solcher Quantität, um von daher eine
wenigst acht- bis zehntägige Aushilfe durch. Nachführung mittels
der herzustellenden 250 Proviant-Fuhrwesenswagen und durch die
beizuschaffende Landesvorspann gewärtigen zu können". *)
Diese Motive hatten den FZM. Neipperg bewogen, bisher
mit der Armee inactiv zu bleiben und die Vorrückung erst für
Ende März in Aussicht zu nehmen, dann aber mit der gesammten
ihm zur Verfügung stehenden Kraft.
Vor seiner Abreise aus Wien wendete sich Neipperg auch
noch an den Hof-Kriegsrath um Ankauf von 300 Husaren-Pferden
in Ungarn zur Nachsendung an die bei der Armee befindlichen
Husaren-Regimenter, bat um die Inventare der Zeughäuser zu Prag,
Brunn und Olmütz bezüglich 12- und 24pfündigen Geschützen und
16-, 20-, 30- bis 60pfüncligen Mörsern, nebst Ausrüstung und um die
Vollmacht, davon im Bedarfsfalle an sich ziehen zu können, urgierte
die Absendung der Artillerie von Prag, die Beschleunigung des
Marsches der Brücken-Fuhrwerke und ersuchte um die Mittheilung
der täglich erreichten Marsch-Stationen der noch im Anzüge be-
griffenen Regimenter. 2)
') N eipp er g a. d. Grossherzog, 2. März 1741. (K. A.,F. A. Schles. 1741, III, 9.)
2) K. A., F. A. Schlesien 1741, III, 10. Die Artillerie marschierte in zwei
Staffeln am 8. und 9. März von Prag ab und sollte am 20. und 21. März in
Landskron eintreffen, von wo sie noch vier bis fünf Märsche nach Olmütz
zurückzulegen hatte. Der Munitions- und Eequisiten-Transport aus Wien für
die Artillerie war vor deren Abmarsch aus Prag dort eingetroffen.
189
Hinsichtlich der Magazine hatte sich der Feldzeugmeister
übrigens am 22. Februar von Wien aus auch an die General-
Landes-Kriegs-Commissäre in Mähren gewendet und ihnen die
Notwendigkeit nahegelegt, in Folge des Ende Januar zu Wien
mit der Hofkammer abgeschlossenen Contractes Alles aufzubieten,
damit das Land für die Subsistenz der Armee aufkomme. *)
FZM. Graf Neipperg war am 5. März in Brunn angekommen
und, obwohl er vorhatte, gleich nach Olmütz weiterzureisen, doch
durch Besprechungen mit dem Landeshauptmann Grafen K a u n i t z
wegen Sicherstellung der Erfordernisse für die Armee zurück-
gehalten worden. Gleichzeitig übersandte N e i p p e r g dem Landes-
hauptmann seine Begehren in zwölf Puncten formuliert, die sich
auf die Instradierung der noch vorrückenden Regimenter, auf
die Stellung freiwilliger Recruten, Beförderung der ankommenden
Pontons 2) und schwerer Artillerie vom Spielberg, sowie der Munition
von Wien, die Reparatur der Strassen von Olmütz nach Glatz, die
Instradierung der von Landskron kommenden Feld-Artillerie und
eines Bataillons O'Gilvy, endlich die grössere Beschleunigung der
Errichtung des Haupt-Magazins zu Olmütz bezogen.3)
Am Abend des 10. März traf der Armee-Conimandant in
Olmütz ein, fand aber die Beschaffenheit des dort etablierten
Haupt-Magazins „bei weitem in keinem solchen Stande, als zu
Brunn versichert worden". 4)
Die Beschaffung der von Neipperg verlangten 2500 Vor-
spannswagen stiess auf enorme Schwierigkeiten, die auch der
böhmische Obrist-Hofkanzler dem Armee-Commandanten gegen-
über betonte. 5) Graf K i n s k y, als er die Unmöglichkeit einsah,
den erforderlichen Bedarf dieser Wagen in Mähren selbst aufzu-
treiben, schloss mit Wiener Fuhrleuten Contracte, um die
Artilleriebedürfnisse, die vom Wiener Zeughause aus nach Olmütz
expediert wurden, von diesen bis dorthin schaffen zu lassen, es
x) Der Wortlaut des Schreibens in Anhang XXXVII.
'-) Diese waren erst am 18. Februar von Peterwardein aufgebrochen.
3) Die Begehrpuncte und deren Beantwortung in Anhang XXXVIII.
4) Neipperg an den böhmischen Hof kanzler, Olmütz 11. März. (K. A.,
F. A. Schlesien 1741, III, 31).
f') Das Schreiben desselben ist äusserst charakteristisch und beleuchtet
die ausserordentlichen Schwierigkeiten, mit welchen selbst die oberste Behörde
zu kämpfen hatte und wie wenig auch sie in der Lage war, in die Vor-
kehrungen für die Kriegsnothwendigkeiten ein rascheres Tempo zu bringen.
Anhang XXXIX.
100
dem Armee-Commandanten überlassend, wegen der Beibehaltung
dieser Fuhrleute bei der Armee an Ort und Stelle weiter ver-
handeln zu lassen.
Die Hauptsorge für den Armee-Commandanten bildete der
Unterhalt der Armee und in sehr energischer und eindringlicher
Weise wendete sich Neipperg am 12. März noch einmal an den
Landeshauptmann von Mähren, den Grafen Kannitz: er finde
die Sachen an Ort und Stelle durchaus nicht so weit vorgeschritten,
als der Landeshauptmann ihm persönlich dies mitgetheilt habe und
er bitte, ,,doch die Bewandtniss clermaliger Umstände etwas genauer
zu Herzen zu nehmen und durch Deroselben Autorität zu veran-
lassen, dass man mit grösserem Ernst und Eifer zu Beförderung
hiesiger Magazins schritte, hierzu auch die erforderlichen Fuhren
aufbringe und beischaffe, wie es der vorgedachte, von hier an
Euer Excellenz abgehende Herr Baron von B 1 ü m g e n mit
Mehrerem mündlich vorstellen wird, da ich widrigenfalls mich ge-
nöthigt finden würde, entweder ganz und gar in Mähren stehen zu
bleiben und an keine Vorrückung zu denken oder aber mit den
Truppen vollkommen aus diesem Lande mich hinweg und in das
Böhmische, wo der Subsistenz viel mehrere und gewissere Ver-
tröstung habe, zu ziehen und meine Operation von dort aus anzu-
fangen, mithin Mähren Mähren sein zu lassen". *)
Der einzige Lichtblick in den nicht sehr glänzenden Zuständen,
die Neipperg bei seiner Ankunft in Olmütz allerorts angetroffen,
war die Nachricht von der Niederkunft der Königin mit einem
Erzherzog, die Graf Kinsky am 13. März mittheilte.2) Die
Nachricht vom Verluste Glogau's verstimmte dagegen sehr, weil
dadurch eine bedeutende Verstärkung der preussischen Kräfte zu
operativen Zwecken verfügbar ward und die Stärke Verhältnisse seines
Corps dem FZM. Neipperg nunmehr kaum zu genügen schienen.
Keinesfalls hatte man den Fall von Glogau im österreichischen
Hauptquartier erwartet. Umso wichtiger wurde es nun, an den
Entsatz der beiden anderen noch blokierten Festungen Neisse 3j
') Neipperg an K a u n i t z, Olmütz, 12. März 17-11. (K. A., Schlesien
1741, III, 35.)
~) Dem Tage der Geburt des Erzherzogs J o s e p h. „Archiduceni
habemus. Vivat !" schrieb Kinsky an Neipperg. (K. A., F. A. Schlesien
1741, III, 40).
3) Brief N e i p p e r g's vom 13. März 1741 an die Regierung zu Neisse.
Anhang XL.
191
und Brieg zu denken. Ein Operationsplan stand in diesen Tagen
noch nicht fest und auch die Nachrichten, die über die Stellung
der preussischen Streitkräfte im Hauptquartier zu Olmütz einliefen,
waren ausserordentlich dürftig. Für alle Fälle wendete sich
Neipperg an die mährischen und Glatzer Behörden, um die
Reparaturen der Strassen von Olmütz nach Glatz durchzuführen.
L e n t u 1 u s erhielt Auftrag, im Glatz'schen das Gerücht aussprengen
zu lassen, dass der grösste Theil der österreichischen Trappen dort
werde versammelt werden. r) Inzwischen solle aber GFWM. Graf
Kolowrat zwei Bataillone des Carl Lothringen'schen und Kolowrat'
sehen Regiments, nebst den Grenadier-Compagnien (je 800 Mann von
jedem Regimente) zusammenziehen und sogleich damit nach Littau ab-
rücken, wo er am 26. März eintreffen sollte. Von der zurückgebliebenen
Infanterie Max Hessen und dem Reste der beiden Regimenter Carl
Lothringen und Kolowrat sollte Glatz besetzt und das Haupt-Magazin
zu Königgrätz bedeckt werden, ebenso wie die Deboucheen von
Trautenau und Braunau. Vorläufig konnten auch Batthyänyi-Dra-
goner und Splenyi-Husaren hiezu verwendet werden, doch sollten
diese Regimenter sich anderer Bestimmung gewärtig halten.2)
Den Grossherzog bat Neipperg, er möge die Königin
noch zu einiger Geduld veranlassen, da ihm Vieles abgehe und er
,,allerst seine Stück zusammensuchen muss" und da er entschieden
darauf gerechnet, dass Glogau sich halten würde. 3)
Lentulus in Glatz wurde beauftragt, die Preussen durch
auszusendende Partheien, besonders aber ihre Artillerie-, Munitions-
*) Lentulus sollte aussprengen lassen, dass nächstens fünf Regi-
menter Cavallerie und zwar Birkenfeld-, Cordova- und Diemar-Cürassiere, dann
Karolyi und Pestvärmegyei zu den daselbst befindlichen zwei Regimentern
Batthyänyi und Splenyi stossen würden. Um dies wahrscheinlicher zu machen,
möge er vom Landeshauptmann und der Regierung sogleich einen Dislocations-
plan verlangen, wie die Regimenter sowohl im Glatz'schen, als im Böhmischen
gegen die schlesische Grenze bis Braunau hinaus am füglichsten verlegt
werden könnten. Dem Glatzer Landeshauptmann Grafen Wald stein hatte
Neipperg am 12. März die Möglichkeit dargestellt, dass er selbst nach
Glatz kommen werde. Di»se Mittheilung war einerseits auf die Verbreitung
der Nachricht von der Ansammlung starker österreichischer Streitkräfte im
Glatz'schen berechnet, hatte aber auch anderseits den Zweck, zu bewirken.
dass die grundlosen Wege in der Grafschaft energischer ausgebessert würden,
was auch einigen Erfolg hatte. (K. A., F. A. Schlesien 1741, III, 52 und 53).
2) Neipperg an Lentulus, Olmütz, 12. März 1741. (K. A., F. A.
Schlesien 1741, III, 33).
3) N e i p p e r g an den Grossherzog, Olmütz, 15. März 1741. (K. A., F. A.
Schlesien 1741, III, 42 und 43).
192
und Proviant-Transporte, welche von Schweidnitz über Münsterberg
nach Ottmachau giengen, auf alle Weise zu beunruhigen.
Der Hof-Kriegsrath verständigte Neipperg am 18. März,
dass den Regimentern Cordova, Diemar, Kärolyi und Pestvarmegyei
anbefohlen worden, über Trencsin zu marschieren, den Marsch
soviel als möglich zu beschleunigen und nur jeden vierten Tag-
Rasttag zu halten, ein Gleiches sei auch dem Ponton - Transport
vorgeschrieben.
Die Recruten für die Husaren-Regimenter würden beritten in
Transporten zu 40 bis 50 abgeschickt werden. Die Hof-Kammer
habe für den eventuellen Abgang bei den Husaren-Regimentern
300 Pferde sicherzustellen, wovon 100 monatlich zu liefern seien.
Die den Regimentern Diemar und Hohenems fehlenden Pferde
sollten aus den von den Husaren gemachten Beutepferden an-
gekauft werden. Bei Gefangenenauswechslung seien die zu Ott-
machau und Namslau in Gefangenschaft gerathenen Mannschaften
zuerst auszulösen. x)
Der Ingenieur-Hauptmann Hemeling wurde dem Armee-
Hauptquartier zugewiesen und die Generale Preysing und
Berlichingen wurden ebenfalls nach Schlesien bestimmt.2)
Feuergewehr-Munition wurde mit je 40 Schuss pro Mann auf
15.000 Mann sichergestellt.
Bei dem wenig genügenden Zustand der Magazine und dem
Drängen zur Offensive von Wien aus, beschloss Neipperg beim
Beginne der Operationen, mit einem 14tägigen Vorrath über die
bisherige tägliche Consumtion sich zu begnügen.
In Landskron wurde noch ein Vorrath von 20.000 Centnern
Heu und Stroh zusammengebracht, welcher der Armee nach-
geführt werden sollte.
Alle Regimenter mussten sich Marketender und Fleischhauer
beschaffen, die jedoch schwer zu erlangen waren.
Li Ungarn begannen nun ebenfalls die Wirkungen des vom
Palatin Grafen Johann Pälffy an die Comitate erlassenen Aufrufs zur
Truppen -Aufstellung bemerkbar zu werden. Primas Emerich Graf
Esterhäzy und der Bischof zu Neutra stellten für die Verstärkung der
bereits bestehenden Husaren-Regimenter 150 vollständig ausgerüstete
») K. A.. H. K. E. 1741, Prot. Eeg. 18. März, Fol. 483.
2) Ebenda, 25. März, Fol. 529.
193
und berittene Leute, welche für das Dessewffy- und Ghilänyi'sche
Regiment bestimmt wurden. Man beabsichtigte mit den von
ungarischen Magnaten gestellten Leuten die Husaren-Regimenter
nach und nach auf einen Stand von 1000 Mann zu bringen, was
allerdings nicht erreicht wurde. l)
Durch die ungarische Hofkanzlei ergieng ein königliches
Rescript an das Trencsiner Comitat wegen Zusammenziehung des
armierten Landvolkes an die von Jablunkau nach Schlesien führenden
Pässe. Die Verpflegung sollte aus der Comitats-Casse gegen Bonifi-
cationen erfolgen.-) Diese Volksbewaffnung, die aber wenig Form
annahm, wurde dem an Stelle des GFWM. G h i 1 ä n y i nunmehr
in Trencsin commandierenden General d'O Hone unterstellt.
Dazu kamen im Anfange noch zwei schwache Abtheilungen
Raaber und Komorner National-Husaren 3), dann 100 Insurgenten
zu Pferd, welche in der dritten Dekade des Februar auf Wunsch
des Grossherzogs vom FM. Pälffy nach Holics gesendet wurden,
um diese Herrschaft gegen feindliche Streifungen zu sichern.
Der Oberst des Pälffy'schen Cürassier- Regiments, Johann
Graf P r a 1 1 a, war vom Palatin nach Pesth gesendet worden, um
mit dem königlichen Personal Baron Grassalkovics sich zu be-
sprechen und die Angelegenheit des allgemeinen Aufgebots auf das
Eitrigste zu fördern. Oberst Graf Pratta hatte die Vorerhebungen
mit den Vertretern der Gespanschaften so weit gefördert, dass er
auf Grund seiner Vollmacht zur Festsetzung der schriftlichen Ver-
einbarungen schreiten konnte.
Die erste Convention über die Aufstellung, Bewaffnung, Aus-
rüstung und Verpflegung für die aufgebotenen Husaren wurde mit
den vereinigten Comitaten Pesth-Pilis-Solt abgeschlossen, an die sich
jene mit den Vertretern der Districte Gross- und Klein- Jazygien
und Kumanien anschluss. 4) Dem Uebereinkommen mit Pratta
wegen der vorläufig aufzustellenden zwei ungarischen freiwilligen
Regimenter und den zwei Compagnien Jaz^^gier und Kumanier
') Graf Esterhazy stellte 100, der Bischof von Neutra 50 Mann.
Genauere Detaüs über die Aufstellungen in Ungarn sind in den „Mitthlg. des
k. und k. Kriegs-Arckivs", N. F.. IV. Bd. enthalten. ( A 1 e x i c h, „Die freiwilligen
Aufgebote aus den Ländern der ungarischen Krone im 1. schles. Krieg".
2, K. A., H K. B,. 1711, Brot. Beg. Febr. Fol. 508.
3) 90 Mann stark.
*) Es war ursprünglich beabsichtigt, dass die Miliz der genannten drei
Districte mit jener des Festher Comitats vereinigt werden sollte, aber die
Deputierten der Districte giengen darauf unter keiner Bedingung ein. (K. A.
Invalidenamt 1711, 90.)
Oesterreichischer Erbfolgekrieg. II. Bd. 1"
194
ertheilte die Königin die Genehmigung. Diese Regimenter sollten
wie die regulären Husaren-Regimenter ausgerüstet und „montiert"
sein.1) Sie sollten schwören, der Königin gegen jeden Feind zu
dienen und gehalten sein, bis Ende October des laufenden Jahres
im Felde zu stehen. Die Ernennung der Stabs- und Ober-Officiere
überliess die Königin den Comitaten respective Districten. Die
von diesen vorgeschlagenen Commandanten erhielten die königliche
Bestätigung.
Den Vereinbarungen mit dem Pesther folgte jene mit dem
Komorner und Raaber Comitate, um aus diesen einschliesslich des
Pressburger Aufgebotes ein drittes Regiment aufzustellen.
Ende April waren jedoch erst zwei Compagnien Jazygier
und Kumanier zum Ausmarsch in das Feld bereit.
Mit dem Abschlüsse der Convention mit dem Pressburger
Comitate war der Thätigkeit des Obersten Grafen Pratta insofern
ein Ziel gesetzt, als sich keine Aussicht ergab, von den übrigen, in
dem Aufrufe des FM. Pälffy benannten Comitaten die Aufstellung
bewaffneter Aufgebote zu erlangen. Das gesammte ungarische
Insurrections- Aufgebot, das im Laufe des Mai und Juni erst bei der
Neipp erg'schen Armee eintraf, betrug nur 2100 Reiter.
Während in den Comitaten Ungarns diese Organisation
freiwilliger Aufgebote in der Durchführung begriffen war, erwuchs
der österreichischen Armee in unerwarteter Weise aus den im
Süden Ungarns gelegenen, von Raizen und Serben bewohnten
Grenzgebieten eine nicht unerhebliche Verstärkung. Der Mitte
Februar 1741 in persönlichen Angelegenheiten zu Wien weilende
Herrschaftsbesitzer aus Slavonien, Freiherr Franz von der Trenck,
hatte mit Hilfe einer Empfehlung des Prinzen Carl von Lot h-
ringen, seine Dienste der Königin Maria Theresia an-
geboten und sich anheischig gemacht, auf eigene Kosten aus
den Districten und Herrschaften Slavoniens und den anstossenden
Grenzgebieten ein vollkommen kriegsmässig ausgerüstetes Frei-Corps
von 1000 Mann zu Fuss zu errichten, sowie dasselbe unter seiner
Anführung binnen drei Wochen der Königin zur Verwendung
in Schlesien marschbereit zu stellen.
Dieses, von dem Grossherzoge befürwortete Anerbieten wurde
von der Königin Maria Theresia, die wohl keine der vielen
Schwierigkeiten voraussehen konnte, welche ihr aus dem wilden
») K. A., H. K. E. 1741, Prot, Exped. März, Fol. 815.
195
und unbotmässigen G-ebahren Trenck's noch erwachsen sollten,
genehmigt. Trenck erhielt das Patent als Oberstwachtmeister *)
und Oommandant eines Frei-Corps von 1000 Mann, wozu ihm das
Werbe JPat ent am 27. Februar ausgefertigt wurde. 2) Gleichzeitig
erliess der Hof-Kriegsrath an den commandierenden General in
Slavonien, FML. Ascanio Marchese Guaclagni ein Rescript,
welches die Motive, den Zweck der Aufstellung, die Art der An-
werbung, die Grundzüge der Capitulations-Bedingungen, den Ver-
sammlungsort, die innere Gliederung, die Gebühren, Ausrüstung
und Bewaffnung, die Dienstleistung, endlich den eventuellen Beute-
antheil festsetzte. 3) Die Hof-Kammer wurde davon mit dem Bei-
fügen verständigt, dass die Verpflegung für das Frei-Corps wenigstens
auf zwei Monate im Vorhinein verabfolgt und die nothwendigen
200 Zelte schleunig angeschafft werden sollten.
Anfang März wurden übrigens auch 3000 Warasdiner für
Dienste im Felde einberufen, deren Ausmarsch so bald als möglich
in das Werk gesetzt werden sollte.4)
Der noch bestehende Pest-Cordon an der ungarischen Grenze
wurde des ungehinderteren Marsches der nachrückenden Truppen
wegen aufgehoben. 5)
Am 24. März 1741 erliess Maria Theresia ein Patent,
worin sie ihre in preussischem Kriegs- oder Staatsdienst stehenden
Vasallen, Bürger und Unterthanen unter Androhung des Verlustes
ihrer Ehren und Würden, Confiscation ihrer Güter, auch bei Leibes-
und Lebensstrafe zurückrief und sie aufforderte, sich bei gegen ihre
Staaten gerichteten feindlichen Handlungen nicht zu betheiligen,
sondern sich denselben entgegenzusetzen.
Dagegenhandelnde wurden für meineidig, ehr- und pfliclitlos
und als Verräther des Vaterlandes erklärt. G)
Am 25. März fand im Neipp erg'schen Hauptquartiere zu
Olmütz eine Conferenz statt, zu welcher auch GFWM. Lentulus
>) K. A., H. K. E. 1741, Prot. Reg. Fol. 384. Sohn eines kaiserlischen
Officiers ans preussischer Familie, in Italien geboren, war er als Major au^
russischen Kriegsdiensten verabschiedet worden.
2) Anhang XL/2.
3) Anhang XL/1.
4) K. A., H. K. R. 1741, Prot. Reg. Fol. 445, 9. März, Fol. 485, IS. März.
5) Ebenda, Fol. 489, 18. März.
6) Helden- und Kriegsgeschichte etc. Erfurt 1743, 109 u. h'. auch im
Auszuge bei K u n d m a n n. 567.
13*
196
aus Glatz gekommen war. Es nahmen daran unter Vorsitz des
PM. Grafen Neipperg1) Tlieil der G. d. C. Römer,2) die
FIEL. Browne,3) Göldy und Grünne1) und die GFWM.
Lentulus und P li i 1 i b e r t.
Aufzeichnungen sind über diese Conferenz nicht vorhanden,
doch ist aus den Massregeln, die kurz darauf in das Werk gesetzt
wurden, zu schliessen, dass die endgiltige Vorrückung beschlossen
und hauptsächlich der Entsatz von Neisse, sowie die Operations-
Richtung an die Oder in die Linie Ohlau-Brieg in das Auge gefasst
wurde. Nach den Nachrichten, die man im österreichischen Haupt-
quartiere besass, schien hiedurch eine Trennung der beiden preussi-
schen Armee-Gruppen, die noch nicht concentriert waren und deren
eine in Ratibor und Troppau unter Schwerin, die andere unter
König Friedrich H. sich nördlich der Neisse befand, durchführbar.
Uebrigens scheint diese Operations-Richtung schon in Wien
feststehend gewesen, das Geheimniss derselben aber so schlecht
gewahrt worden zu sein, dass König Friedrich II. durch seinen
Agenten beim Reichs-Hofrath, von Graeve, schon am 21. März
die Nachricht erhalten hatte, Neipperg habe die Absicht, mit
den Hauptkräften über Jägerndorf nach Schlesien vorzudringen,
während Leiitul u s von Glatz aus eine Diversion nach Breslau
machen würde. Der Verräther dieses Planes an Graeve war wohl
Niemand anderer als der in österreichischen Diensten, trotz hoher
Gunst des Grossherzogs, unmöglich gewordene FZM. Samuel
Seh mettau. 5)
Lentulus hatte den Auftrag, aus dem G 1 a t z'schen von Zeit
zu Zeit Husaren - Commanden auszusenden, den Preussen allen
erdenklichen Abbruch zu thun und, um die Einwohner von Neisse
,,einigermasseii zu encouragieren", sowohl diesseits, als jenseits der
Neisse derartige Commanden abgehen zu lassen. Nachrichten, welche
beim Armee-Commando einliefen, bestätigten die Concentrierung
J) Zuni Feidinarschall befördert in der Promotion v. 19. März 1741.
2) Zum General der Cavallerie befördert.
3) „Die Neipper g'sche und Bro w n e'sche in Puncto Subalternation
durch eine Zeit gedauerten Zwistigkeiten haben, nachdem der Herr FM.
Neipperg genaue Freundschaft dem Herrn General Bro w n e zugesagt,
wahrscheinlich sich gebessert." (Aus einem Briefe von Prag 29. März 1741 an
FM. Sechen clor ff. H. H. u. St. A. Gr. Correspondenz. Fase. 199 c.)
4) Zum Feldmarschall-Lieutenant befördert.
5) Vergl. „Kriege Friedrich d. Gr." I, 353 u. Anmerkung ebenda.
197
feindlicher Kräfte um Neisse und liesseil eine Wiederaufnahme der
Belagerung dieser Festung wahrscheinlich erscheinen. Wenn nun
auch deren Commaiidant, Oberst Baron Roth, alles Mögliche
angewendet, um den Platz widerstandsfähiger zu machen und
durch tnmidationeii die Annäherung wesentlich erschwert hatte.
so begannen doch die sonst sehr patriotisch gesinnten Ein-
wohner bereits einigermassen kleinmüthig zu werden, so dass
Neipperg, um sie zum Ausharren aufzumuntern, verschiedene
Schreiben an sie richtete, um sie des baldigen Entsatzes zu ver-
sichern. a)
GFWM. Lentulus reiste am 26. März von Olmütz wieder
nach Glatz zurück, wo er am 27. eintraf und am 28. den zwei
Regimentern Batthyanyi und Splenyi Befehl ertheilte, auf zwei
Tage Fourage in Habelschwerdt zu fassen und nach Landeck führen
zu lassen, sowie dort für ihr am 30. bestimmtes Eintreffen Quartier
zu machen.
Die Bewaffnung des mährischen Landvolkes und dessen Heran-
ziehung zur Grenzbesetzung und Landesverteidigung hatte kein
günstiges Resultat ergeben. Es war dem Gutbefinden des Interims-
Armee-Commandanten FML. Grafen Browne bereits am 25. Februar
die Beibehaltung oder Entlassung desselben anheimgestellt worden,
allerdings mit dem Bemerken, dass FM. Neipperg gerne zu
sehen scheine, wenn er etwas davon beibehalte. 2) In Folge dessen
hatte auch Browne das Landvolk entlassen und nur 50 gut
bewaffnete, freiwillige Jäger unter 1 Officier zu Hof gelassen und
dem dort cominandierenden Oberstlieutenant des Dessewffy'schen
Regiments zugewiesen, ausserdem 4 Jäger nebst 1 Officier zu
seiner unmittelbaren Begleitung bei sich behalten. Im oberen Theile
des Olmützer Kreises, in der Gegend von Rabenstein, Ullersdorf
und Goldenstein, wo keine regulären Truppen dislociert waren,
blieben noch 275 Mann Landvolk stehen; nach Freudenthal
wurden dem dort commandierenden Oberstwachtmeister .S chmidt
200 Walachen zugeschickt, von denen die meisten aber nach Hause
entliefen. Die in Hof stehenden 50 Jäger giengen am 15. März bis
auf fünf durch, welch' letztere nebst den vier im Hauptquartier befind-
lichen entlassen winden, so dass an der Grenze oberhalb Karlsberg
und Hof kein Mann von dem vorher aufgebotenen Landvolk mehr
1) Anhang XLII/1. 2.
2) K. A., H. K. E. 1741, Prot. Reg. Fol. 379.
198
vorhanden war. Dagegen befand sicli die auf der Goldensteiner-,
Ullersdorfer- und Ilabenstein er- Grenze aufgestellte Landbevölkerung
noch dort, hatte aber keine Ofnciere und das Gesuch des 01-
mützer Kreishauptmanns um Zuweisung einiger Ofnciere von der
regulären Armee war vom Grafen N e i p p e r g abgewiesen worden. ] >
An der nordöstlichen Grenze Mährens befanden sich am 26. März
nach einer von Christoph Freiherrn zu M i n q u i t z b u r g vor-
gelegten Specification unter dessen Commando (Patschkau) an Land-
Miliz effectiv :
zu Patschkau 10 Corporale 336 Gemeine
,, Hochwald 1 ,, 31 ,,
,, Fulnek 2 ,, 80 ,,
„ Odrau .2 .. 80
Summa . . 15 Corporale 527 Gemeine
dann zu Hochwald an Invaliden 33 Mann. 2)
"Wie schwer übrigens dem Armee-Commandanten der Beginn
der Offensive gemacht wurde und welche Frictionen zu überwinden
waren, zeigt unter Anderem auch die angedrohte Massregel, mit
Militär-Execution die Rückstände an Fourage für die Magazine
eintreiben zu wollen. Und am 22. März, also kurz vor Beginn der
Operationen, musste der Feldmarschall noch den Hof-Kriegsrath
ersuchen, ,, allen denjenigen, so zu diesem Corps gehören und noch
zu AVien sich befinden, sie bestehen in Generalen, Officieren, Stabs-
parteien oder anderen, gemessen anbefehlen zu wollen, class sie
sich ungesäumt von dannen per posta hieher verfügen und je eher,
je besser allhier einzutreffen trachten sollen."3)
Am 28. März endlich konnte FM. Graf N e i p p e r g sein
Hauptquartier nach Sternberg verlegen.
In Olmütz, wo GFAVM. Nicola Franz Baron F a 1 a i z e com-
mandierte, blieb ein Bataillon des Infanterie-Regiments Franz Loth-
ringen als Besatzung zurück. Die Bataillone von Carl Lothringen
und Kolowrat aus dem Glatz'schen trafen erst nach dem Abmarsch
der Armee in der Gegend von Olmütz ein und folgten derselben
unmittelbar nach.
*) Berichte des Olmützer Kreishauptnianns au den Landeshauptmann vom
22. Februar und 15. März 1711. (Acten der k. k. Statthalterei Brunn.)
2) Beilage zum Berichte des Prerauer Kreishauptmanns an den Landes-
hauptmann ddto. Olmütz 5. April. (Acten der k. k. Statthalterei.)
3) K. A., F. A. Schlesien 1741, III, 70.
199
Nach der am 25. März zu Olmütz erfolgten Besprechung der
Generale und nachdem die Feld-Artillerie und die Pontons ein-
getroffen, waren auch die Befehle zur Concentrierung der Regi-
menter' und zum Abmarsch theils mündlich, theils schriftlich
erlassen worden. Die Avantgarde commandierte FML. Graf Grünne,
die gesammte Cavallerie der G. d. C. Ernestus Freiherr von Römer.
Am 27. März begann die Vorrückung. Das Husaren-Regiment
Dessewffy hatte an diesem Tage von Hof aufzubrechen und nach
Eichhorn südwestlich von Braunseifen zu marschieren. *)
Der Feldmarschall warnte vor allen Unordnungen und
Ausschreitungen. Was von Troppau, Jägerndorf und Zuckmantel
die Vorpostenlinie herein passieren wolle, könne durchgelassen
werden, über die Vorposten hinaus dürfe Niemand, der nicht
einen vom Armee - Commandanten selbst unterschriebenen Pass
vorweise.
Bei seiner Ankunft in Sternberg fand der Feldmarschall, dass
sich die Bagagen der Cavallerie-Regimenter dergestalt gestaut
hatten, dass sie fast nicht fortzukommen vermochten. Neipperg
sandte einen Ofncier ab, um Ordnung beim Train zu machen und
empfahl dem General R ö m e r, die Vorsorgen dahin zu treffen, dass
die Strassen für die Truppenmärsche frei und benutzbar blieben. 2j
Aus diesem Grunde musste auch, nachdem die Cavallerie und
einige Infanterie schon voraus war, der für den 29. März bestimmte
Abmarsch des Gros der Infanterie, der Feld- Artillerie und Pontons
um einen Tag verschoben werden.
Der Aufbruch von Sternberg geschah mit neun deutschen
Cavallerie-, zwei Husaren-Regimentern, 3) zwölf Infanterie-Bataillonen,
16 Feld-Geschützen und der Ponton-Colonne.
Eine viertägige Verpflegung für Mann und Pferd nahmen die
Truppen mit, für sechs weitere Tage, ausschliesslich des Heus, das
nur auf fünf Tage mitgenommen werden konnte, wurde die Ver-
pflegung durch die Proviantwagen der Regimenter und 100 Fuhr-
wesenswagen, wie durch Vorspann nachgelülirt.
1) Marschbefehl Anhang XL1II.
2) K. A., F. A. Schlesien 1741, in, 78.
3) Das ganze Regiment Corclova-Cürassiere, dessen dritte Marschcolonne
erst am 31. März zu Sternberg einrückte, brach von dort am 1. April auf und
hatte Befehl, an diesem Tage Braunseifen, am 2. Lichtewerden oder Engels-
berg und am 3. Zuckmantel zum Anschluss an die Armee zu erreichen.
Diemar-Cürassiere, Kärolyi- und Pestvärmegyei-Husaren waren noch nicht bei
der Armee eingetroffen.
200
Zur Deckung seiner rechten Flanke und zum Schutze Mährens
gegen feindliche Streifungen von Troppau und Jägerndorf aus liess
FM. Graf Neipperg den GFWM. Baron Baränyay mit 500 Pferden
des eingerückten Dragoner-Regiments Althann, 1000 Commandierten 1)
von der Infanterie und dem Csäky'schen Husaren-Regimente zurück.
An Stab sofft eieren befanden sich bei diesem Commando der
bisherige Oberst von Althann, nun zum GFWM. beförderte Baron
Dickweiler, Baron Terzy von Thüngen-Infanterie und zwei
Oberstwachtmeister.
Im Glatz'schen blieben nach Leu tu Ins' Abmarsch mit den
beiden Cavallerie-Regimentern das ganze Infanterie-Regiment Max
Hessen und je sieben Compagnien von Carl Lothringen und Kolo-
wrat zurück. 2)
Zum Schutze des Fürstenthums Teschen hatte FM. Pälffy
den GFWM. Conte d'O Hone beauftragt, von dem Podstatzky'schen
Cürassier-Regiment und dem Max Starhemberg' sehen Bataillon ein
500 Mann starkes Detachement zusammenzustellen, diesem die etwa
130 Mann zählenden National-Husaren und Hayducken von Raab
und Komom beizuordnen und dieses Commando unter einem ge-
schickten Stabsofficier nach Teschen rücken zu lassen, wo der Com-
mandant mit dem dortigen Landeshauptmann Baron Skrbensky
wegen des Unterhalts der Truppen sich in das Einvernehmen setzen
sollte. 3)
Am 29. März traf auch im Hauptquartier der Armee die be-
fremdende Nachricht ein, dass der Cardinal - Fürstbischof von
Breslau, Graf Sinzendorff, auf seinem Schlosse zu Freiwaldau
am 27. März um vier Uhr Nachmittags durch ein preussisches
Detachement von 900 Mann, das einige Geschütze mitgeführt, auf-
gehoben und nach Ottmach.au abgeführt worden sei. 4) Die Ver-
haftung geschah angeblich wegen seines Briefwechsels mit dein
Festungs-Commandanten von Neisse oder als Repressalie wegen
Gefangennahme preussisch gesinnter Schlesier. 5)
J) Einschliesslich der Garnison von Olmütz.
2j K. A., F. A. Schlesien 1741, in, 79.
s) Ebenda, III, 82.
4) Auch dem Prälaten von Grüssau soll ein gleiches Los zugedacht
gewesen sein. Derselbe, davon benachrichtigt, habe sich durch Entfernung
der Gefangennahme entziehen können.
5) S t e n z e 1, Geschichte des preussischen Staates, IV, 119. Später,
am 9. April, wurde der Cardinal von Ottmachau von den abmarschierenden
•201
Zu dieser Zeit erschienen am Hofe zu Wien zwei Deputierte
aus Breslau und versicherten die Königin der Treue und Stand-
haftigkeit der Bewohner der Stadt. Sie versprachen, dem preussischen
Andringen der Verlegung einer Garnison in die Hauptstadt Wider-
stand zu leisten, nachdem sie schon einige Emissäre und preussische
Anhänger aus der Stadt gejagt hätten. x) Aber sie suchten tum
Unterstützung nach und stellten die Bitte, die Armee der
Königin möge sie schützen, sprachen sich jedoch nicht darüber
aus, ob sie deren Truppen in die Stadt als Besatzung einnehmen
wollten, obwohl sie, allerdings bei Vorwand ihrer Privilegien, be-
reuten, diese, als die Preussen in Schlesien einmarschierten, ver-
weigert zu haben.
Zwei ebenfalls in Wien Hilfe heischende Deputierte aus
Neisse wurden in das N e i p p e r g'sche Hauptquartier gesandt,
um den Armee - Commanclanten zu veranlassen, den Platz zu
entsetzen. l)
Es war also aus verschiedenen Umständen Eile bei der Vor-
rückung geboten, allein Frictionen traten schon in den ersten Marsch-
tagen ein und hemmten die rasche Vorwärtsbewegung der Armee.
Am 29. März schon konnte die aus der Infanterie und Artillerie
bestehende Oolonne nicht von Sternberg aufbrechen, da die Strasse
nicht frei war, auf welcher die Bagage der Cavallerie und die Proviant-
Colonne nicht weiter kamen. Es musste in Folge dessen das Gros der
Cavallerie unter Gr. d. C. Baron Römer, das ohnehin am 29. zu
Preussen mitgeführt. Der Magistrat von Ottmachau, indem er diesen
Abmarsch dem FM. Grafen Neipperg am 9. April meldet, bemerkt
darüber: „Anbei berichten wir unterthänigst, dass ersagte preussische Be-
satzung Seine Eminenz den Herrn Cardinal, unsern gnädigsten Fürsten und
Bischof, so vor zwölf Tagen von Freiwaldau anhero gebracht worden, unter
starker Escortierung, welche des Herrn Herzogs von Holstein Durchlaucht
commandiert, mit sich hinweggenommen habe; und da nun höchstgedachte
Ihro Eminenz zu Dero Hochwohlgeboren das gnädigste Vertrauen und An-
h offnung getragen, dass Selbige Allmögliches, was zu Dero Befreiung gereichen
kann, beitragen würden und anwenden würden, also auch ausdrücklich an-
befohlen hat, diese ihre gewaltsame Hinwegführung ungesäumt einzuberichten."
(K. A, F. A. Schlesien 1741, IV, 28.)
x) Im März war die preussische, in den Vorstädten Breslau's befindliche
Besatzung ziemlich schwach, da dieselbe grösstentheils zu den im Felde
stehenden Truppen abrückte und nur auf dem Dom noch gegen 300 bis 450
Mann zurückgeblieben waren. (K. A., F. A. Schlesien 1741, III, 22 b.)
2) H. H. u. St. A. Dispacci di Germania, Vienna, 1. April 174-1.
202
Freudenthal Rasttag halten sollte, noch einen zweiten Tag, am 30.,
dort still liegen, um die Intervalle der Armeegruppen nicht zu
sehr zu vergrössern. Römer brach desshalb erst am 1. April
von Freudenthal wieder auf und entnahm dem dortigen Magazin
für einen Tag Brod und Hartfutter, so dass er beim Abmarsch
über drei Portionen Hartfutter und ebensoviel Portionen Brod,
die auf den Dienstpferden und Proviantwagen mitgeführt werden
mussten, verfügte. Von Freudenthal aus blieben die Vorspanns-
wagen zur Nachführung des späteren Unterhalts reserviert. x)
Die Artillerie, die am 30. März bis Eichhorn gelangt und
dort um 1 Uhr Mittags aufgebrochen war, konnte am 31. die
nur etwa vier Kilometer betragende Strecke bis Braunseifen wegen
eingetretenen Thauwetters, sumpfigen Terrains und einer Menge
umgeworfener "Wagen erst um 7 Uhr Abends erreichen und
musste noch sechs Requisitenwagen vor Braunseifen stecken
lassen. Die Pontons und die Bagage des Hauptquartiers, die
erst um 9 Uhr Abends einrückten, mussten in Braunseifen
zurückbleiben, Oberst von Feuerstein gieng jedoch, nachdem
er Heu und Hafer gefasst, mit der Artillerie noch über Braun-
seifen hinaus.
Am 1. April war das Armee-Hauptquartier in Lichtewerden
auf der Strasse von Freudenthal nach Engelsberg, auf welcher auch
das Gros der Infanterie und Cavallerie echelonniert stand. Doch kam
die Feld-Artillerie nicht fort, da die Strassen bei der frühen Jahres-
zeit so verdorben und die Beschwerlichkeit derselben im Gebirge
derartig war, dass die grösste Mühe aufgewendet werden musste,
um die Geschütze und Fuhrwerke mit vorgelegtem Vorspann fortzu-
bringen und sie trotzdem unterwegs stecken blieben.2) Neipperg
ward dadurch in seiner ursprünglichen Berechnung über die
*) Neipperg an Römer, Sternberg, 29. März 1741. (K. A.. F. A.
Schlesien 1741, III, 85.)
2) Die Qualität der Artilleriebespannungen rauss ebenfalls eine ausser-
ordentlich schlechte gewesen sein, da Neipperg darüber dem Hof-Kriegs-
rath meldet: „Ich weiss mich nicht zu erinnern, dass die Feld- Artillerie jemals
mit so schlechten Pferden, als wie bei dieser Lieferung, wo man selbige aus
der schlechten Bauernfütterung ohne Ansehung der Qualität hergenommen,
\ ersehen worden wäre und daher, gleichwie auch, dass selbe so spät angeschafft
worden und gleich darauf die harten Märsche antreten müssen und nunmehr
in die Strapazen kommen, rührt es auch, dass selbige überall stecken bleiben
und gar nicht fortkommen könnten, wann selbige nicht mit doppelten Vor-
spannen versehen liesse." (K. A.. F. A. Schlesien 1741, IV, 1.)
203
Vorrückung schon um zwei Tage zurückgebracht und nicht sicher,
ob er nicht noch weiterhin aufgehalten werden würde.
Diese verlorenen Tage kamen, wie sich zeigen wird, später
sehr zu Ungunsten der österreichischen Armee in Rechnung. Zu
dieser Zeit war der Feldmarschall noch nicht ganz entschieden,
welche Richtung er weiter einschlagen wolle. Er meldete darüber
an den Hof-Kriegsrath : v)
,,Da ich unterdessen das Object wegen Neisse nicht aus den
Augen lasse und erst sehen muss, ob ich nach Bewandtniss der
feindlichen Mouvements bei Zuckmantel oder aber gegen Jägern-
dorf, welches um etwas weiter wäre, aus dem Gebirg werde ge-
langen und durch die nachzufolgen angetragenen Landwagen mit
der weiteren Subsistenz für Mann und Pferde secundiert werden
könne." 2)
Die Nachrichten, welche im Hauptquartier einliefen, meldeten,
dass die Preussen sich gegen Neustadt stark zusammenzögen, so dass
N e i p p e r g muthmasste, sie hätten dermalen die Unternehmung
auf Neisse aufgegeben und dass, da sie von seiner Vorrückung
Nachricht haben müssten, sie ihm das Debouchieren aus dem Ge-
birge erschweren wollten.
Die Artillerie-Colonne traf erst während der Nacht successive
in Gross-Stohl ein und marschierte, trotz der überaus ermüdeten
Pferde, um 6 Uhr Früh von dort wieder nach Lichtewerden
weiter.
Am 2. April blieb das Hauptquartier in Lichtewerden und
scheint für alle Truppen Rasttag gewesen zu sein, am 3. wurde
der Vormarsch fortgesetzt und am 4. befand sich das Armee-
Hauptquartier schon in Dürr-Kunzendorf an der Gabelung der
Strasse nach Neustadt. In dem Räume zwischen Zuckmantel und
Ziegenhals stand am 4. April auch die Armee bis auf die zu
den Brigaden nicht eingetheilte Feld-Artillerie und einige noch
*) Bericht vom 1. April. (K. A., F. A. Schlesien 1741, IV, 1.)
2J „Nachdem das System von dein connnandierenden General gefasst
worden, mit Landwagen das Hartfutter der Armee nachzuführen, so werden
zur ersten Provision per zehn Tage zur Nachführung 1926 Wagen nöthig."
Der Prerauer Kreishauptmann an den Landeshauptmann, ddo. Hauptquartier
Sternberg, 29. März 1711. (Acten der k. k. Statthalterei Brunn.) Die Landes-
Militär-Cornmission in Olmütz stellte zum Nachschub des Proviants überhaupt
93 schwere, theils Wiener, theils Olmützer Landkutscherwagen bei, welche
mit 72.000 Brod-Portionen und 1000 Centnern Mehl beladen am 2. April zur
Armee abgiengen. (K. A., A. A. Neipperg, 1741, 18—38.)
204
in der Nachrückung begriffene Munitions- und Requisiten-Wagen,
versammelt. Der grosse Train befand sich noch im Anrücken. Vi
FM. Graf Neipp erg beabsichtigte nun, sobald die zuletzt ange-
langten Truppen sich einigermassen erholt haben würden, gegen
Neisse vorzurücken und am 5. die Festung zu erreichen. Die preussi-
sche Garnison von Ziegenhals hatte durch österreichische Deserteure
am 3. April schon Nachricht von dem Anrücken der österreichi-
schen Armee erhalten und in Folge dessen den Ort geräumt. 2)
Das Ober-Kriegs-Commissariats-Amt befand sich am 5. April noch
in Hermannstadt, während das Hauptquartier der Armee am
Nachmittag dieses Tages in Neisse eintraf. Dasselbe führte noch
einen eintägigen Bedarf an Hartfutter für die bei der Cavallerie
auf 6, bei der Infanterie auf 7 Tage richtiggestellte, theils durch
die Mannschaft getragene, theils auf den Regiments-Proviantwagen
befindliche Verpflegung an Brod und Hartfutter auf Landwagen
mit. Ein weiterer Nachschub auf vier Tage war von Olmütz im
Anrücken, der dann auch noch 1000 Centner Mehl mitbrachte.
In Neisse angelangt, wo starke Vorräthe aufgehäuft waren,
konnte Neipperg die Armee aus diesen versorgen, was umso
wichtiger war, als die Nachschübe aus den mährischen Magazinen
in's Stocken geriethen, da auf der Strasse von Wildgrub an über
Lichtewerden, Engelsberg, Würbenthai und Einsiedel etwa 800 mit
Hartfutter beladene Wagen in Folge des Entweichens der Vor-
spannsbauern ohne Bespannung standen. Diese Wagen wurden dann
durch, von den Herrschaften des deutschen Ritterordens beigestellten
Vorspann wieder in Bewegung und nach Würbenthai, \~on dort
durch andern Vorspann nach Hermannstadt gebracht; allerdings
mit namhaftem Verlust. 3)
GrFWM. Baron Lentulus war, wie bereits erwähnt, mit
Batthyäiryi-Dragonern und Splenyi-Husaren am 30. März in Landeck
J) Die Wege waren nach Mittheiluug des Olmützer Kreishauptmanns
Baron Schubirz derart schlecht, dass die Pferde der gemietheten „Fliegen-
schützen"-'Wagen und die Pferde des Proviant-Fuhrwerks, die doch bedeutend
stärker als die Vorspannspferde waren, kaum fortkamen.
-') K. A., F. A. Schlesien 1741, IV, 12.
3) Das von Sternberg abgegangene Hartfutter-Quantum betrug 235.64»)
Portionen. In Hermannstadt waren davon nur 126.345 eingetroffen ; es fehlten
also auf das abgesendete Quantum noch 109.301 Portionen, „welche wegen
Entfliehung der Bauern fast zur Hälfte gestohlen worden sind". (K. A., F. A.
Scldesien 1741, IV, ad 21 b.)
205
eingetroffen, hatte von dort am folgenden Tage als Avantgarde
1 Rittmeister mit 100 Husaren nach Johannesberg (Jauernig) ge-
sandt, r) dem er mit dem Gros seiner Cavallerie um 8 Uhr nach-
gefolgt war. Sofort nach dem Eintreffen und dem Ausstellen der
Sicherungsposten , ritten kleine , von Unterofficieren geführte
Patrouillen zu 6 Mann auf der Strasse gegen Patschkau bis Weis-
bach, auf jener von Ottmachau bis Schwammelwitz und gegen
Weidenau bis Barzdorf vor. Am 1. April behielt Lentulus seine
Stellung bei Jauernig und Hess wie am Vortage patrouillieren. Als
am folgenden Morgen dann die Nachricht einlief, class die in
Patschkau liegende preussische Besatzung abmarschieren werde,
rückte der Oberstlieutenant des Splenyi'schen Husaren-Regiments
mit 150 Mann gegen Fuchswinkel ab, um den Marsch der Preussen
zu beobachten. Lentulus sandte noch 100 Pferde nach. Die
Besatzung von Patschkau, 2 Compagnien des Alt-Borcke'schen
Regiments marschierte um 12 Uhr Mittags von dort und zwar
auf der Strasse am rechten Neisse-Ufer nach Ottmachau ab, die
Splenyi'schen Husaren fielen in deren Arrieregarde, verwundeten
1 Ofncier und einige Soldaten, nahmen 1 Sergeanten, 2 Gefreite,
1 Tambour und 1 Soldaten, nebst 1 Ofhciersdiener gefangen und
erbeuteten einen Wagen und eine Trommel. Auf die Meldung von
diesem Rencontre rückte GFWM. Lentulus selbst mit dem Rest
des Husaren-Regiments und 200 Dragonern vor, fand aber das
Halb-Bataillon, das der Oberstlieutenant von Massow comman-
dierte, beim Dorfe Stübendorf sehr günstig postiert, wo es, von
sumpfigen Niederungen gedeckt, mit Cavallerie kaum angreifbar war.
Trotzdem giengen die Husaren an und das Halb-Bataillon gab
Gliederfeuer ab, wobei jedoch nur 1 Pferd verwundet wurde. Die
preussische Infanterie nahm darauf ihre Fuhrwerke in die Mitte
der Colonne und setzte den Marsch auf einem Damme zwischen
dem Sumpfterrain ungehindert fort.2) Lentulus gieng mit seinen
Truppen nach Johannesberg zurück. Am 3. April rückten sämmtlicbe
Escadronen, ausser einem Beobachtungsposten, der auf dem eine
weite Umsicht gewährenden Schloss zu Johannesberg zurückblieb,
aus und nahmen Stellung bei Heinersdorf, wo bis Abend ge-
blieben, dann aber in Hermsdorf eingerückt wurde. In Hermsdorf
blieb Lentulus am 4. und sandte nur ein Commando von
') Das Schloss. dem Bischof von Neisse gehörig, licisst Johannesberg,
der Markt Jauerniü,-.
2J K. A., Tagebuch Lutsch und F. A. Schlesien 1741, IV. 6.
•206
100 Husaren aus, um die Verbindung mit der Armee Neipperg's
herzustellen, besetzte auch den zwischen Krackwitz und Brünschwitz
gelegenen, einen weiten Ausblick gewährenden Hasen-Berg mit
einem Beobachtungsposten. In der Nacht kam aus dem Haupt-
quartier der Armee der Befehl, dass Lentulus ungesäumt nach
Neisse abmarschieren solle.
In Folge dessen rückten die beiden Cavallerie-Eegimenter um
5 Uhr Morgens ab und gelangten über Peterwitz, Würben, Klein-
Briesen nach Passierung des Biele-Armes um 10 Uhr nach Neisse,
wo sie in der am linken Neisse-Ufer liegenden Vorstadt „Mähren-
gasse" einquartiert wurden.
Operationen der beiderseitigen Armeen zu Anfang April.
Die österreichische Armee war, wie gesagt, am 5. April in
Neisse und Umgebung eingetroffen, allerdings um drei Tage später,
als in den am 25. März zu Olmütz stattgefundenen Besprechungen
festgesetzt worden war. J)
FM. Graf Palffy hatte inzwischen den GFWM. Conte
d'O Hone mit dem grössten Theil des Podstatzky'schen Cürassier-
ßegiments, dem Max Starhemberg'schen Bataillon, das von Jablunkau
wieder nach Sillein zurückgekehrt war, während die frühere Be-
satzungs-Compagnie von Wallis theils in Jablunkau, theils in Csäcza
stand, ausserdem Raaber Husaren und etlichen Leuten von der
Komorner National - Miliz, nebst Hayducken in das Herzogthum
Teschen vorzurücken bestimmt, um den preussischen General La
Motte, der ausßatibor bedeutende Mengen Getreide wegführen Hess,
an diesen Transporten nach Möglichkeit zu hindern. P alf fy erklärte
übrigens in einer Mittheilung vom 3. April aus Pressburg, dass er
mit N e i p p e r g vollständig einverstanden sei, dass durch eine
Diversion aus dem Jablunka- Gebirge die Kriegslage bedeutend zu
Ungunsten der Preussen verschoben werden könne. „Mein gegen
Ihro Majestät, unsere Allergnädigste Königin tragender Dienst-
eifer und Devotion ist auch so gross, dass ich gar kein Bedenken
würde genommen haben, mit einigen wenigen .Regimentern hiezu
selbst das Unternehmen auszuführen, wie ich denn auch dess wegen
den Vortrag während meiner Anwesenheit in Wien selbst gemachl
habe. Nachdem man aber meinen Vorschlag nicht für gut befunden.
l) L e n t u 1 u s an S e c k e n d o r ff, 29. März 1741. (K. A., F. A. Schlesien
1711, XIII. 12 f.)
208
so war mir auch nicht möglich, dermalen zu Behuf des Allerhöchsten
Dienstes ein Mehreres zu thun", als eben die Entsendung des er-
wähnten Detachements. 2)
König Friedrich IL hatte sich am 12. März von Schweid-
nitz nach dem eine halbe Meile nordöstlich Reichenbach gelegenen
Bertholsdorf, von dort nach Nimptsch begeben und war am 25.
in Strehlen angekommen. Hier erhielt er Meldungen Schwerin's,
worin dieser seine Stellung als gefährdet schilderte. Daraufhin
ertheilte ihm Friedrich LI. Befehl, was noch an Vorräthen aus
Ratibor und Troppau herausgebracht werden könne, nach Oppeln
zu schicken, alles Andere aber aufzuzehren oder zu verbrennen,
dann beide Orte zu räumen und sich in und bei Jägerndorf zu con-
centrieren. „Ich gehe über die Neisse und werde Euch dann weiter
Ordre schicken, wie Ihr weiter nach Neustadt marschieren sollt,
auf dass wir mit der Armee zusammenkommen, denn es nicht mehr
Zeit ist, von einander zu bleiben."2) König Friedrich erkannte
vollkommen die Gefahren, die mit einer längeren Trennung der Armee
verbunden waren und hatte in Folge dessen auch den grössten
Theil der nördlich der Neisse stehenden Truppen zur Concentrierung
in die Gegend der Festung gleichen Namens in Marsch gesetzt.
In den Anschauungen Schwerin's hatte sich inzwischen eine
"Wandlung vollzogen. Als er Nachricht erhalten, dass Friedrich IL
entschlossen war, alle Kräfte an der Neisse zu vereinigen, bat er
am 24. März nur um einige Bataillone und Escadronen als Ver-
stärkung, womit er den Oesterreichern, die nur bei Jägerndorf
debouchieren könnten, das Eindringen in Schlesien verwehren
werde.. König Friedrich LI., der am 28. März in Ottmachau ange-
kommen war, begab sich nun selbst mit 5 Infanterie- und 4 Grenadier-
Bataillonen zu Schwerin, um diesen an sich zu ziehen und
rückte in Folge dessen am 29. über Polnisch- Wette nach Neu-
stadt. Die Truppen, welche ihn begleiteten, das Regiment Prinz
Leopold, das 2. Bataillon Glasenapp und die 4 Grenadier-Bataillone
waren bis in diese Gegend gefolgt ; das Regiment Truchsess gieng
geradenwegs nach Steinau. Während König Friedrich IL Ab-
wesenheit sollte GM. von Kalckstein mit 7 Bataillonen und
5 Escadronen Neisse auf dem nördlichen Ufer einschliessen. 3)
>) K. A., F. A. Schlesien 1741. IV, 11.
'J Kriege Friedrich d. Gr. I, 356.
3) Es wurden ihm hald darauf noch 3 Bataillone und 5 Escadronen
zugewiesen.
20 <J
In Neustadt traf Friedrich II. mit FM. Schwerin zu-
sammen und erkundigte sich, welche Nachrichten Letzterer über die
Bewegungen der Oesterreicher habe, worauf Schwerin antwortete,
,,dass die österreichischen Truppen an den Grenzen Schlesiens von
Ungarn bis zur Stadt Braunau in Böhmen vertheilt stünden und dass er
jeden Augenblick Nachrichten über dieselben aus Sternberg erwarte".1)
Am 30. März rückten die Truppen, welche den König be-
gleitet hatten, bis in die Höhe von Neustadt und rasteten am
folgenden Tage. Am 1. April brach Friedrich IT. in Begleitung-
Schwer i n's nach Jägerndorf auf, wohin auch das Infanterie-
Regiment Schwerin, das 2. Bataillon Glasenapp und die Grenadier-
Bataillone AVinterfeldt und Reibnitz marschierten. In Neustadt blieb
nur das Regiment Prinz Leopold und 2 Grenadier-Bataillone.
Auch in Jägerndorf erhielt man keine Nachrichten von der
österreichischen Armee und schon beabsichtigte König Friedrich,
am 2. April die Stadt zu verlassen, als plötzlich drei Deserteure
des Liechtenstein'schen Dragoner - Regiments eintrafen,2) welche
aus den Cantonnierungen von Freudenthal entwichen waren und
die höchlich überraschende Mittheilung machten, dass die gesammte
österreichische Cavallerie dort versammelt gewesen sei und nur die
Ankunft der Infanterie und der Geschütze abgewartet habe, um auf
Jägerndorf zu marschieren oder Neisse zu entsetzen. 3)
Im selben x\ugenblicke fallen Schüsse und man glaubt die
Avantgarde der österreichischen Armee schon vor Jägerndorf. Die
Situation klärte sich indessen bald insofern auf, als nur kleinere
Abtheilungen des Generals Baränyai, welche die preussische
Aufstellung recognoscierten und mit den preussischen Vedetten
Schüsse wechselten, vor der Stadt erschienen waren.
Zur Vertheidigung standen hier nur 8 Bataillone, 1 Escadron
Husaren und 5 Regiments-Geschütze.
Immerhin war die Lage kritisch, die österreichische Armee, an
den preussischen Aufstellungen schon vorübergegangen, befand
sich in vollem Marsche gegen Neisse. 4)
x) Histoire de mon temps (Red. v. 1746), 224.
2) Nach der Meldung des Regiments - Commandanten Oberst Baron
Locatelli (K. A., H. K. R. 1741. Prot. Exp. Fei. 1143) und dem Bericht
des Prinzen Leopold von Anhalt-D essau an seinen Vater, drei, während
„Histoire de mon temps" deren Zahl mit 7 angiebt.
3) Histoire de mon temps (Red. v. 1746. ); 224.
*) Tafel VI.
Oesterreichischer Erbfolgekrieg. II. Bd.
210
Als Friedrich II. die überraschende Nachricht von dem
Anrücken Neipperg's empfieng, waren seine Truppen auf einem
Räume vertheilt, der durch die 20 Meilen lange Linie Troppau-
Schweidnitz in der Front, rückwärts durch die Oder von Ratibor
bis Ohlau begrenzt war.
Die einzelnen Armee-Gruppen waren folgendermassen vertheilt :
Bei Jägerndorf 8 Bataillone und 1 Escadron ; bei Troppau und
Putsch 4 Bataillone, 3 Escadronen ; bei Ratibor, Leobschütz, Kra-
witz und Katscher 2 Bataillone, 5 Escadronen; bei Neustadt
4 Bataillone ; bei Steinau das Regiment Truchsess ; bei Ziegenhals,
Weidenau und Patschkau 3 Bataillone und 1 Escadron; 5 Esca-
dronen des Regiments Prinz Friedrich in dem Räume Krappitz-
Ober-Glogau-Steinau-Falkenberg. GM. von Kalckstein hatte sich
der Festung Neisse auf dem linken Fluss-Ufer mit 8 Bataillonen
und 10 Escadronen bis in die Gegend von Grottkau genähert,
während der G. d. J. von Holstein mit 7 Bataillonen und
6 Escadronen die Einschliessung der Festung in der Gegend
von Frankenstein decken sollte. Brieg hielt GM. von Kleist mit
4 Bataillonen und G Escadronen eingeschlossen ; in Breslau und
Glogau stand je 1 Bataillon, 5 Escadronen befanden sich noch
auf dem Marsche von Schweidnitz zur mittleren Neisse.
Die Situation dieser Tage konnte für König Friedrich
leicht verhängnissvoll werden, da die politischen Verhältnisse für
Preussen durchaus noch nicht günstig standen.
Die Verhandlungen mit Frankreich hatten damals noch zu
keinem Bündnisse geführt und am Petersburger Hofe hatte in der
letzten Zeit eine für Oesterreich günstige Strömung die Oberhand
gewonnen. Der einzige Bundesgenosse, auf welchen jetzt schon
König Friedrich H. rechnen durfte, war Churfürst Carl Albert
von Bayern, der aber nur über beschränkte Machtmittel verfügte
und also kein grosses Gewicht in die AVagschale werfen konnte.
Drei feste Plätze befanden sich ausserdem noch im österreichischen
Besitze und nur durch die ausserordentlich glückliche Emportierung
Glogau's, dieser im Rücken gelassenen Festung, war die Vorrückung
in Schlesien erst einigermassen gesichert worden.
König Friedrich H. erkannte sofort die ihm drohende
Gefahr und säumte nicht, seine Truppen in der Gegend der mittleren
Neisse, unterhalb der Festung, zu versammeln.
An die Truppen unter Holstein und Kalckstein auf dem
linken Ufer ergieng Befehl, den Fluss bei Sorge zu überschreiten.
211
GM. La Motte hatte mit seinem Regimente und einer Escadron
preussischer Husaren längs der Oder gegen Oppeln zu rücken,
um dadurch das Zurückbringen der noch in Ober-Schlesien liegen-
den Vorräthe zu decken, während die übrigen in Ober-Schlesien
befindlichen Truppen eilends nach Jägerndorf marschieren sollten.
Das in AVeidenau und Ziegenhals befindliche Regiment Kleist, nebsl
einer Escadron der Berliner Husaren, sowie das in der Gegend
zwischen Oppeln und Löwen stehende Regiment Prinz Friedrich
giengen unmittelbar nach Neustadt. Die Truppen aus Ober-Schlesien
trafen am 3. April bei Jägerndorf ein, wo an diesem Tage 12
Bataillone und 8 Escadronen vereinigt waren. Von GM. K a 1 c k-
s t e i n's Truppen überschritt ein Theil die Neisse auf einer bereits
am 29. März eine halbe Meile östlich der Festung geschlagenen
Brücke und rückte in die Orte südöstlich von Neisse. *)
An den Herzog von Holstein (in der Stellung von Franken-
stein) ergieng Befehl, beim Könige einzurücken ; er erhielt aber
diesen Befehl nicht zur rechten Zeit, cla die österreichischen Husaren
die Verbindung unterbrochen hatten und blieb abgeschnitten vom
Heere des Königs durch die dazwischen stehende österreichische
Armee. 2)
Am 4. April marschierte Friedrich von Jägerndorf nach
Neustadt ab.
Am nämlichen Tage trafen auch die Regimenter Kleist und
Prinz Friedrich, sowie eine Escadron der Berliner Husaren dort
ein, so dass hier 18 Bataillone und 14 Escadronen vereinigt waren. 3)
Kalckstein's Truppen erreichten mit einem Bataillon Greisau.
dreiBataillone überschritten die Neisse beiNeu-Sorge und marschierten
nach Steinau, wo bereits zwei Bataillone des Regiments Truchsess
sich befanden. Am 5. April begab sich König Friedrich IL von
Neustadt nach Steinau, wo er wieder durch Deserteure die Nachricht
erhielt, dass L e n t u 1 u s und N e i p p e r g am nämlichen Tage sich in
Neisse voraussichtlich vereinigen würden. Diese Kunde bewog zur
Vereinigung aller in der Nähe befindlichen Truppen bei Steinau,
wo eine Verteidigungsstellung bezogen wurde. Im Laufe des
x) Tafel VI.
2) „Da man wegen der umherstreifenden feindlichen Husaren keine
.schriftlichen Befehle zu schicken wagte, so war General-Adjutant Oberst von
B o r c k e mit ihrer mündlichen Ueberbringung beauftragt worden, doch ver-
mochte dieser, auf einem Umwege von 30 Meilen zum Herzoge reitend, nicht
mehr rechtzeitig bei demselben einzutreffen." (Kriege Friedrich d. Gr. I, 371.
3) Tafel VI.
14*
212
Tages und zum Tlieil erst in der Nacht trafen sämmtliche Truppen
aus Neustadt und Umgegend ein, so dass hier am 6. April Morgens
29 Bataillone und 36 Escadronen versammelt waren.
Auch GM. von Kleist vor Brieg ward beordert, die Blokade
aufzuheben und zum Heere des Königs einzurücken.
Eine 60 Mann starke, von einem Rittmeister befehligte Ab-
theilung des Husaren-Regiments Dessewffy, das zur Aufklärung
an das rechte Neisse-Ufer entsendet war, traf am Abend des
5. April in Oppersdorf ein, gieng von dort nach Ritterswalde und
überraschte hier preussische Truppen bei den Bivouacfeuern. r)
Die preussischen Truppen in Steinau, die wegen eines dort
ausgebrochenen Brandes aus dem Orte gezogen werden mussten.
bivouakierten und litten bei dem eingetretenen Schneefall und
starker Kälte ganz ausserordentlich.
Am Morgen des 6. April standen beide Heere, das öster-
reichische bei Neisse, König Friedrich H. mit seinen Truppen
bei Steinau, auf eine Entfernung von zwei Meilen von einander.
Das österreichische Heer war vollständig versammelt, von des
Königs Heer stand der Herzog von Holstein, wie erwähnt,
noch in der Gegend zwischen Frankenstein und Ottmachau.
Friedrich n., in dem bestimmten Glauben, dass Letzterer
den ihm gesandten Befehl, an die mittlere Neisse zu rücken,
erhalten habe, beabsichtigte, eben an diesem Tage die Neisse zu
überschreiten, um sich mit Holstein's Truppen zu vereinigen.
Um die bei Neu-Sorge-Lassoth am 4. abgebrochene Ponton-Brücke
wiederherzustellen, wurde Oberst von Fink mit einem Detachement
dahin gesandt. Die bei Steinau versammelten Truppen unter König
Friedric h II. Befehl traten sodann den Marsch gegen die Neisse an.
Tiefer Schnee machte das Fortkommen beschwerlich. Das Gros der
Truppen gelangte bis Friedland, wo auch das Hauptquartier blieb.
Hier trafen im Laufe des Tages noch eine Escadron Gensdarmen,
zwei Escadronen Bayreuth-Dragoner und zwei Escadronen Husaren
ein. Die Avantgarde der preussischen Armee, die Regimenter Prinz
Leopold, Truchsess, ein Bataillon von Borcke und zwei Escadronen
Husaren, überschritt noch am 6. April bei Neu-Sorge die Neisse
und besetzte das am linken Ufer derselben liegende Dorf Lassoth.
1 Meldung des Oberstlieutenants Dessewffy, ddto. Neunz, 6. April
17-11. K. A., F. A. Schlesien 1741, IV, 20.
213
Im österreichischen Hauptquartier war am Nachmittage dieses
Tages die Nachricht eingelaufen, dass die preussische Armee an der
Neisse abwärts marschiere und bei Neu-Sorge-Lassoth den Fluss zu
passieren Willens sei. Die Cavallerie des rechten Flügels unter
G. d. C. Freiherrn von Börne r, x) die Cürassier-Eegimenter Birken-
feld, Hohenems, Lanthieri, Seherr, die Dragoner-Kegimenter Althanii,
Römer und die Husaren-Regimenter2) erhielten in Folge dessen
Befehl, gegen den am linken Neisse-Ufer liegenden Ort Lassoth
abzurücken. 3)
Oberstlieutenant von St. Andre des Infanterie-Regiments
Botta, welcher mit 20 Husaren zur Recognoscierung vorausgesandt
war, traf bereits preussische Abtheilungen der Avantgarde im Dorfe
Lassoth an, den Rest derselben bemerkte man im Uebergange
begriffen und am jenseitigen Ufer. Um einen Stützpunct zu haben,
suchte St. A n d r e sich eines Meierhofes, eines massiven Gebäudes,
des sogenannten Oberhofes, das oberhalb des Dorfes, nahe zur
Uebergangsstelle lag, zu bemächtigen, um sich dort bis zur Ankunft
des Gros der Truppen zu halten. Von hier aus hätte man leicht
die preussische Infanterie, welche bereits das ganze Dorf zu be-
setzen anfieng, delogieren und die Brücke unter Feuer halten
können; nachdem St. Andre aber nur Husaren bei sich hatte,
war es ihm unmöglich, anders als durch Ueberraschung zu wirken
und gerade als seine Husaren in den Hof der erwähnten Meierei
sprengten, wurden sie von dem Feuer einiger hundert Infanteristen,
x) Freiherr Ernestus von Eöme r war, wie schon erwähnt, in der Pro-
motion vom 19. März 1741, in welcher FZM. Graf Neipperg zum Feld-
marschall vorrückte, zum General der Cavallerie befördert worden. Da die betref-
fenden Bestallungen erst einige Wochen später ausgestellt wurden (Neipperg's
Bestallung datiert vom 12. April), Römer aber inzwischen bei Mollwitz gefallen
war, findet sich für ihn keine Bestallung vor. Er wird desshalb auch in den
amtlichen Schriftstücken, da die Promotion wohl bekannt, aber eine amtliche
Verständigung nicht herabgelangt war, stets als Feldmarschall-Lieutenant noch
bezeichnet.
2) Splenyi und Ghilänyi, da Dessewffy sich am rechten Ufer der Neisse
und Csäky beim Detachement des GFWM. Baron Baränyai befand.
3) Der Flügel des G. d. C. Freiherrn von Eömer bestand allerdings aus
den 6 obangeführten Regimentern ; doch gibt der später (in den Achtziger
Jahren auf Befehl des Hof-Kriegsrathes) eingesendete Bericht des Oberst -
lieutenants von Lincken, der den Feldzug in Schlesien als Hauptmann im
Römer'schen Dragorier-Regimente mitgemacht hatte, an, dass bei dieser Ge-
legenheit nur 5 Regimenter unter G. d. C. Röme r's Commando gestanden
seien. (K. A., F. A. Schlesien 1741, XIII, 1.)
214
welche sich dort eingenistet hatten, derart empfangen, dass sie mit
Verlust einiger Leute sich zurückziehen mussten. ')
Es hatten bereits zwei Bataillone der preussischen Avantgarde
den Fluss passiert, als General Eöme r Nachmittags eintraf. Der
coinmandierende G-eneral begab sich mit GFWM. Lentulus selbst
nach Lassoth. Die Preussen gaben einige Kanonenschüsse auf die
im Vortrabe befindlichen Husaren-Abtheilungen ab, wobei ein Husar
an der Seite Eöme r's erschossen wurde. Nichts wäre leichter
gewesen, als dies Detachement wieder zu delogieren ; da man jedoch
glaubte, dass der König von Preussen beabsichtige, die Neisse in
der Gegend zu passieren und der österreichische Feldherr durchaus
Gelegenheit suchte, ihn in eine Schlacht zu verwickeln, so begnügte
man sich, die Cavallerie des Generals Römer dort aufzustellen
und am anderen Tage den Rest der Armee dahin folgen zu lassen.-!
FM. Graf Neipperg sandte nämlich am 7. April die In-
fanterie und Artillerie, den FML. Baron B er Hellingen mit dem
linken Flügel der Cavallerie, den Cürassier-Regimentern Cordova.
Hohenzollern und den Dragoner-Regimentern Liechtenstein, AVürttem-
berg, Batthyanyi nach und Hess dieser Cavallerie die Pontons
folgen. :i)
Es befand sich also die gesammte österreichische Armee am
linken Neisse-Ufer bei Lassoth versammelt.
Der die preussische Avantgarde befehligende Oberst von
Stech ow hatte Lassoth bis zum Einbruch der Nacht des G.April
besetzt gehalten, erachtete es jedoch bei der starken Ueberlegenheit
der herangezogenen österreichischen Kräfte für gerathen, während
der Nacht wieder auf das rechte Neisse-Ufer zurückzugehen. Die
Brücke blieb vorläufig noch erhalten.
König Friedrich IL erfuhr dies erst am Morgen des
7. April, worauf er den Markgrafen Carl mit vier Bataillonen an den
Uebergaugspunct entsandte und später auf die Meldung, dass die
:) K. A., F. A. Schlesien 1741, IV, ad 32 e. Relation der Schlacht bei
Mollwitz von einem kaiserl. Officier. Abgedr. in Mitthlgn. des k. und k. K. A.,
N. F. I.
2; Nach einem nicht mehr vorhandenen Bericht N e i p p e r g's aus Neisse
vom 6. April hatte dieser die Absicht gehabt, noch am nämlichen Tage mit der
gesammten Cavallerie von dort auszurücken und zu trachten, „von feindlichen
Truppen, die dazumal dies- und jenseits der Neisse ziemlich zerstreut gelegen
und im Marsche begriffen waren, einige entweder corps- oder theilweise anzu-
treffen und ihnen Abbruch zu thun".
3) K. A., Lutsch' Tagebuch.
215
Bretter von der Brücke aufgenommen seien, den Erbprinzen Leopold
von Anhalt-Dessau beauftragte, das Commando dort zu über-
nehmen und die Brücke wieder gangbar zu machen.
Noch immer hielt Friedrich daher an der Absicht fest,
hier den Ueb ergang zu bewirken.
Als der Erbprinz bei der Brücke ankam, fand er, dass Markgraf
Carl den bereits erwähnten, am linken Ufer liegenden Meierhof
hatte anzünden lassen, weil die 0 esterreicher, welche denselben
nach dem Rückzuge des Obersten von Stechow besetzt hatten,
von hier aus die am rechten Neisse-Ufer aufgestellten preussischen
Bataillone heftig beschossen. Nachdem die Brückendecke wieder
aufgelegt worden, ritt Leopold von Dessau mit den Husaren
über die Brücke, liess einige Infanterie-Bataillone dieselbe ebenfalls
überschreiten und das Dorf Lassoth besetzen, aus welchem die dort
befindlichen schwachen österreichischen Abtheilungen vertrieben
wurden. Jenseits des Dorfes sah er sich aber starken österreichischen
Kräften gegenüber.
Da er es nicht rathsam fand, Angesichts dieser mit der ganzen
Armee über die Neisse zu defilieren, traf er Anstalt, sich wieder
über die Brücke zurückzuziehen. Das Gros seiner Truppen und das
Geschütz wurde am rechten Ufer zur Aufnahme der am linken
befindlichen Truppen aufgestellt und dem Könige Meldung erstattet.
Der Erbprinz erhielt in Folge dessen Befehl, den Uebergang auf-
zugeben, die Brücke abzubrechen, da die gesammte Armee in Folge
der geänderten Umstände die Neisse nun bei Michelau überschreiten
sollte. Unter lebhaftem Geplänkel am linken Fluss-Ufer gelang dem
Erbprinzen der Rückzug, das Abbrechen, sowie die Bergung der
Brücke. Das Dorf Lassoth gieng in Flammen auf. J)
Erbprinz Leopold, zu dessen Colonne noch von den am
rechten Neisse-Ufer gestandenen Truppen 10 Bataillone und 6 Esca-
dronen gestossen waren, marschierte um 4 Uhr Nachmittags an der
Neisse abwärts über Bielitz, Gross-Mahlendorf, Grüben und langte
spät Abends im Dorfe Kirchberg an.
Die Cavallerie hatte mit vier Grenadier-Bataillonen die Arriere-
garde.
Dieser Marsch wurde von österreichischen Husaren beunruhigt.
Der mit seinem Reginiente am rechten Neisse-Ufer befindliche und
dem Commandanten von Neisse, Oberst Baron Roth, zu Streifungen
*) König Friedrich ernannte den Erbprinzen für die im Gefechte
bei Lassoth bewiesene Umsicht zum General der Infanterie.
216
zugewiesene Oberstlieutenant Graf D esse wffy war der preussischen
Colonne gefolgt und hatte den Oberstwachtnieister von Hadik1)
mit 130 Pferden vorausgesandt. Dieser stiess zwischen Mahlendorf
und Grüben auf eine preussische Abtheilung von 80 Mann, welche
Fuhrwerke escortierte und „nach ziemlich tapferer Gegenwehr"
niedergemacht wurde, bis auf 2 Lieutenants, 1 Fähnrich, 2 Corporale,
2 Tambours und 17 Verwundete, die in Gefangenschaft fielen.
Oesterreichischerseits fiel bei dieser Gelegenheit 1 Lieutenant und
1 Cornet, 2 Husaren wurden verwundet und 6 Pferde erschossen. 2)
Für die österreichische Armee wurde, nachdem der Uebergang
über die Neisse bei Lassoth preussischerseits aufgegeben worden,
die Disposition getroifen, am linken Fluss-Ufer abwärts zu mar-
schieren, um den Feind zu beobachten. Die Cavallerie des rechten
Flügels wurde nach Walddorf, Bösdorf und Struwitz, die Infanterie
nach Kuschdorf, Eeinschdorf und Mogwitz, der linke Flügel der
Cavallerie nach Friedewalde verlegt. Als Marschziel für den 8. April
wurde Grottkau bestimmt. 3)
Die übrigen preussischen Truppen, 10 Bataillone, 20 Esca-
dronen waren während des Gefechtes bei Lassoth aus der Gegend
von Friedland abgerückt. Die Infanterie marschierte über Falken-
berg auf Michelau ; einzelne Abtheilungen erreichten auch diesen
Ort. Die Cavallerie nahm die Route auf Löwen, ein Theil derselben
überschritt dort noch die Neisse und cantonnierte bei genanntem
Orte und Pogarell.
Am selben Tage fand auch bei Michelau die Vereinigung mit
dem Blokade-Corps von Brieg statt, das GM. von Kleist zuführte.
x) Andreas von Hadik, der spätereFeldmarschall, Reichsgraf, geheime
Rath und Hof-Kriegsraths-Präsident (1774 — 1790) entstammte einem alten
ungarischen Adelsgeschlechte und war am 6. Octoher 1710 auf der Insel
Schutt als Sohn des kaiserlichen Husaren-Rittmeisters Michael Hadik gehören.
In jungen Jahren mit seltenem Eifer den Wissenschaften ergeben, wollte er
durchaus sich dem geistlichen Stande widmen und nur der Einwirkung des
Vaters gelang es, ihn zum Eintritt in die Armee zu bestimmen. Hadik trat
1732 als Cornet in das Dessewify'sche Husaren-Regiment und fand 1735 bei
der Armee des Prinzen E vi g e n am Rhein Gelegenheit, viel Geschicklichkeit
in der Führung von Streifpartheien zu zeigen. Im Feldzuge gegen die Türken
zeichnete er sich in der Schlacht bei Grocka (22. Juli 1739) durch Tapferkeit
und Umsicht aus. Im Feldzuge 1741 stand er als Oberstwachtmeister bei dem
Dessewffy'schen Husaren-Regimente.
2) Meldung des Oberstlieutenants von D esse wffy aus Hermesdorf
(Hermsdorf) v. 8. April 1741. (K. A., F. A. Schlesien 1741, IV, 24 und ad 24.)
3) K. A., Lutsch' Tagebuch.
217
nämlich dem Infanterie-Regimente Graevenitz, 4 Escaclroiien Bay-
reuth, 2 Escadronen Schulenburg, während die beiden Grenadier-
Bataillone, welche ebenfalls vor der Festung gestanden waren, nach
Ohlau zum Schutz des dort befindlichen Artillerie-Materials abgesandt
wurden.1)
FML. Baron Berlichingen befand sich am 8. April mit
den Fourieren der Regimenter bei der Avantgarde, welche der
linke Flügel der Armee beigestellt hatte.
Als der General vor der mit einer einfachen Mauer umgebenen
Stadt Grottkau erschien, worin sich ein preussisches Commando
von 60 Mann unter einem Lieutenant und 900 Recruten befand 2),
forderte er die Besatzung zur Uebergabe auf und als keine Antwort
erfolgte, wollte er das Thor einschiessen lassen. Von der Umfassungs-
mauer wurde gefeuert, wodurch einige Fouriere verwundet wurden,
worauf je ein Lieutenant der Regimenter Hohenzollern, Römer und
Liechtenstein im Trabe mit ihren Abtheilungen vorgiengen. In
Halbenclorf (ein Kilometer südwestlich von Grottkau), wo inzwischen
das Gros der Avantgarde Stellung genommen hatte, prellte noch
ein preussisches Husaren-Commando an, ,,so aber durch unsere
Husaren in ihrer Retraite ziemlich mitgenommen wurde." 3) Die
Garnison von Grottkau in der bereits geschilderten Stärke, ergab
sich, nachdem sie die Vorbereitungen zur Beschiessung gesehen,
eine Stunde später und man fand an Geld etwa 1000 Gulden, dann
20 Scheffel Korn, 16.39G Portionen Hafer und Gerste, 1200 Portionen
Brod, 600 Rationen Heu, 300 Schock Stroh vor.
Die österreichischen Husaren brachten ausserdem bei 40 preussi-
sche Gefangene ein, worunter 2 Husaren-Offi eiere, 1 Lieutenant
der Cavallerie und 1 Ingenieur-Lieutenant.
Diese Gefangenen rührten von einem Zusammenstoss bei
Leippe her, den die österreichischen hier mit aufklärenden preussischen
Husaren- Abtheilungen hatten und das an und für sich unbedeutende
Rencontre ist clesshalb erwähnenswerth, weil es in die Hände beider
Gegner eine Anzahl Gefangene brachte, deren Aussagen wichtig,
ja für die Entschlüsse der preussischen Heerführung entscheidend
wurden.
l) Tafel VI.
-) Vermuthlich neu Angeworbene, da sich nach dem Tagebuche des
Fähnrichs Lutsch 19 Officiere dabei befanden.
3) Relation des Oberstlieutenants von Lincken. (Iv. A., F. A. Schlesien
1741, XIII, 1.)
-218
König Friedrich II. hatte nämlich am Morgen des 8. April
die Infanterie bei Michelau, die Cavallerie bei Löwen die Neisse
überschreiten lassen, in der Absicht an diesem Tage Grottkan, wo
sich ein Recruten-Depöt und ein Magazin befanden, zu erreichen
und sich so auf Ohlau zu basieren. J)
Des Erbprinzen von Dessau Truppen vereinigten sich bei
Michelau mit dem Haupt-Corps und überschritten hier die Neisse.
Von einigen in dem ßencontre bei Leippe Gefangenen hatte König-
Fr iedr ich IL erfahren, dass die österreichische Armee auf Ohlau
marschieren wolle, um sich des dort befindlichen Artillerie-Materials
zu bemächtigen. 2) Bei dem erwähnten Rencontre in Leippe waren
auch, Avie erzählt, von den österreichischen Husaren Gefangene
eingebracht worden. Es war also mit der preussischen Armee die
Fühlung gewonnen, die merkwürdigerweise am folgenden Tage
ganz verloren gegangen zu sein scheint.
König F r i e d r i c h IL gab auf die erhaltene Nachricht Irin
Befehl zur Concentrierung der Armee und rückte in vier Colonnen
in die Gegend von Pogarell, wohin er sein Hauptquartier verlegte.
Ofnciere wurden nach Ohlau entsendet, um die nachgerückten und dort
eingetroffenen zwei Cürassier-ßegirnenter (Gessler und Buddenbrook)
zur Armee einrücken zu lassen. Diese Befehle kamen jedoch wegen
der in der Gegend schwärmenden Husaren nicht mehr an ihre
Bestimmung.
Bei der österreichischen Armee liefen Meldungen ein, dass die
Preussen in und bei Michelau und Löwen stünden.
FM. N e i p p e r g berichtete an diesem Tage von Grottkan
aus an den Grossherzog von Toseana:
„Ich. hätte zwar noch heute mit dem Corpo von hier weiter
rücken und dem Feind, welcher allerorten in der grössten Con-
fusion ist, Abbruch thun können, wann nicht in Erwägung gezogen,
dass sowohl Cavallerie, als Infanterie in Betracht der einige Zeit
her ausgestandenen Fatiguen, hauptsächlich aber des üblen Wetters
willen, welches dem mitten im Winter an Frost, Schnee und sonsten
nicht viel ungleich, zu fernerer deren Conservation einer etwelchen
Ruhe nöthig hätte ; habe es dahero dahin eingeleitet, dass die In-
fanterie in der Stadt einquartiert, der Cavallerie hingegen zur
Unterkunft die erforderlichen Häuser vor der Stadt angewiesen
*) Kriege Friedrich d. Gr. I. 379.
2j Histoire de mon temps. 225.
219
worden und morgen gedenke in aller Frühe von liier wieder auf-
zubrechen, wiewohlen noch zur Zeit, die Wahrheit zu bekennen,
keine Partie genommen, wohin mich mit dem Corpo eigentlich
wenden, werde, es mag aber rechts oder links gehen, so köm
E. k. H. Gnädigst sich persuadieren, class darunter nichts Anderes
suchen werde, als was J. k. M. meiner Allergnädigsten Frau und
E. k. H. Dienst und Interesse befördern kann und wovon Höchst-
denselben binnen zwei oder drei Tagen das Weitere unter thän igst
zu hinterbringen die höchste Gnade haben werde; nur kann unter-
dessen bei dieser Gelegenheit zu berühren nicht umgehen, weicher-
gestalten der FML. Baron von B e r 1 i c h i n g e n, der anheut mit
dem linken Flügel der Cavallerie die Avantgarde gehabt, seine
Sache, mit Umzingiung und Einschluss des Orts dermassen wohl
angeschickt, dass, wo er es nicht so gut und behutsam, auch mit
solcher Behendigkeit, als geschehen, ausgeführt hätte, die Garnison,
wie sie bei seiner Ankunft schon wirklich in Begriff gestanden,
mittelst der Moräste, so auf einer Seite herum sind und durch
Aushilf eines nahe angelegenen Waldes uns unfehlbar entgangen
sein würde. Und zumal es nun hauptsächlich zu Beförderung
J. k. M. und E. k. H. Allerhöchst- und höchsten Dienstes darauf
ankommt, dass der Feind in seiner gegenwärtigen Beschaffenheit
noch weiter, so es noch an der Zeit, gebracht, einfolglich dem-
selben von allen Seiten, wo es möglich, auf den Leib gegangen
und zugesetzt werde, also wäre, ohne unterthänigster Massgabe
jedoch, wohl gut und fürträglich, wenn die Ungarn, anstatt dass
sie das Ziel ihres Aufbruchs auf Anfang und Hälfte künftigen
Monats Mai gestellt, nunmehr ohne geringsten Zeitverlust sich
aufmachten und bei der Jablunka in Schlesien einrückten, von
dorten aber so weit möglich abwärts in Schlesien zwischen der
Oder und der polnischen Grenze penetrierten ; ja wenn auch
andere in der Nähe von der Jablunka gelegene deutsche Regimenter
hiezu employiert würden, dürfte es nicht undienlich sein, sondern
einen unfehlbaren grossen Nutzen und Beförderung der gerechten
Sache nach sich ziehen." ])
In ähnlicher, ja noch bestimmterer Weise spricht sich
Neipperg in einem am selben Tage an den FM. Grafen
Johann Pälffy gerichteten Schreiben aus, worin er noch be-
sonders betont, dass das herrschende Wetter „zu einer Operation"
allerdings sehr unbequem sei und hinzufügt, ,,bei der dermaligen
J) K. A., F. A. Schlesien 1741, IV, 23.
220
Notwendigkeit unserer Vorrückung aber ist nichts anderes
zu thun, als Geduld zu tragen."1)
Am 9. April wurde der Marsch auf der Strasse nach Ohlau fort-
gesetzt. Der Felclmarschall blieb mit den sechs Regimentern des
Gr. d. C. Römer in Mollwitz. Die Infanterie, Artillerie und die
Pontons nahmen die Quartiere in Laugwitz (zweieinhalb Kilometer
von Mollwitz) und FML. Berlichingen blieb mit fünf Cavallerie-
Regimentern in Bärzdorf (vier Kilometer von Mollwitz). Die Husaren-
Regimenter kamen nach Grüningen (drei Kilometer von Mollwitz).
Das Hauptquartier verlegte der Feldmarschall nach Mollwitz
und meldete von hier aus dem Gemahl der Königin, dass er in
der Mitte der feindlichen Truppen stehe, deren grösster Theil
zwischen Löwen und Michelau an der Neisse, ein kleinerer zu
Ohlau sich befinde.
Dieser Irrthum N e i p p e r g's, der theilweise auch verhängniss-
voll für ihn wurde, ist unbegreiflich bei dem sonstigen guten
Sicherheitsdienst, den die Husaren verrichteten.
Die preussische Armee stand bereits seit dem 8. April eng
concentriert um Pogarell-Alzenau auf der Strasse Löwen-Ohlau,
neun Kilometer von den Quartieren der 0 esterreicher, sieben Kilo-
meter von Brieg entfernt. Auch waren am 8. April bereits, als
König Friedrich IL, nachdem er über die Neisse gegangen und
von Michelau nach Grottkau sich hatte wenden wollen, wie erwähnt,
österreichische Husaren mit preussischen bei Leippe zusammen-
gestossen und beiderseits Gefangene gemacht worden.
Auch auf dem Vormarsche am 9. April gegen Ohlau war die
österreichische Vorhut auf Abtheilungen preussischer Reiter ge-
stossen, die sich bei Annäherung der Armee zurückzogen. 2) Hinter
diesen Recognoscierungs-Patrouillen vermuthete FM. Graf Neipperg
wohl eine grössere Macht, als wirklich sich in Ohlau befand und
Jiielt die preussische Armee noch nicht in der Weise versammelt,
wie sie dies in der That war. Auf den Mangel an richtigen Nach-
richten deutet auch ein von Ranke ohne weitere Quellenangabe
mitgetheilter Auszug aus einem Schreiben Neipperg's aus
Grottkau, 8. April, das sich jedoch in den Acten nicht vorfindet.
!) K. A., F. A. Schlesien 1741 . IV, 22.
2) Es waren Cürassiere der in Ohlau eben einrückenden Kegimenter
Gessler und Buddenbrock. (G r ü n h a g e n. Erster schlesischer Krieg, I, 77
und „Kriege Friedrich d. Gr.", I.
22 1
Derselbe lautet : „Der Feldmarschall fügt hinzu, dass er bis zum
Augenblick seiner Depesche keinerlei Nachricht habe, wohin der
König gegangen, noch wo sich sein FM. Schwerin befinde,
noch was aus dem General Schulenburg mit den Regimentern,
welche sich aus Troppau, Ratibor etc. zurückgezogen hatten, ge-
worden sei."1)
Es wurde verhängnissvoll, dass gerade an dem kritischen
9. April die Nachrichten über die feindliche Armee im öster-
reichischen Hauptquartier spärlich oder unrichtig einliefen, jeden-
falls trug das sehr starke Schneetreiben und die dadurch erschwerte
Umsicht wohl mit dazu bei, dass das österreichische Hauptquartier
schlecht mit Nachrichten versehen ward, was umso unerklärlicher
erscheint, als in dem Berichte des Prinzen Leopold von
Dessau über die Schlacht bei Mollwitz2) an seinen Vater aus-
drücklich hervorgehoben wird, dass der auch im. preussischen
Hauptquartier empfundene Mangel an Nachrichten über die öster-
reichische Armee durch die grosse Menge der feindlichen Husaren,
die immer um die Preussen herumschwärmten, veranlasst wurde.
Fast unbegreiflich aber ist eine in den Acten erliegende Meldung
des am 9. April in Schaderwitz am rechten Neisse-Ufer befindlichen
Oberstlieutenants Grafen Dessewffy, dessen Avantgarde ja doch
der preussischen Armee bei ihrem Marsch Neisse-abwärts gefolgt
war und welcher dem Feldmarschall berichtet : „Er werde fleissig
den Feind observieren, falls derselbe bei Levin (Löwen) die Neisse
nicht passieren könnte und diesfalls sich etwa retirieren wollte, um
hievon baldige Nachricht abzustatten. 3)
Ausserdem wurden am 9. selbst durch Husaren noch Gefangene
eingebracht. 4)
Neipperg selbst sagt in der vorerwähnten Meldung, dass
er in der Ueberlegung begriffen sei, „wie meine weitere Vorrückung
nach dem feindlichen Mouvement und nach Bewandtniss des Terrains
bewerkstelligen könne oder was der Feind nach seiner jetzmaligen
Situation für eine Partie nehmen werde". 5)
J) Ranke, Zwölf Bücher preussischer Geschichte, VIII, 402.
2) Annalen des Krieges, III., 73.
3) K. A., F. A. Schlesien 1741, 17., 27.
*) 1 Feldwebel von dem Regiinente Sydow, 5 Musketiere, 3 Husaren
und 1 Officiersbedienter ; ausserdem wurde ein Feldprediger (!?) in d
Dorie Mollwitz gefunden und gefangen genommen. (K. A., Lutsch'
Tagebuch.)
5) K. A., F. A. Schlesien 1741, IV, 25.
222
Da die Verbindung mit Brieg frei war, so wurden dessen
Commandant GFAVM. Graf Pi c c ol oniini, Oberst Baron de Ein
und Kriegs-Zahfmeister Graf Pü ekler am O.April in das Haupt-
quartier des Feldmarschalls nach Mollwitz berufen ; nach gepflogenen
Verabredungen kehrten dieselben unter Bedeckung von GO Husaren
wieder nach Brieg zurück.
Hiebei war bestimmt worden, dass die Festung für einige
Tage die Armee versorgen solle, . da die Nachschübe bei den fast
unpassierbaren Strassen im Gebirge und der rauhen Jahreszeit
nicht zeitgerecht hatten nachfolgen können.
Vor dem Abmarsch aus Grottkau hatte N e i p p e r g dem
Ober-Kriegs-Commissär von Bosch, der am selben Tage (9.) in
Neisse mit den Kanzleien, dem Proviantamt, den sämmtlichen
Bagagen, Brod, Hartfütter und Mehl eintreffen sollte, dringend
anbefohlen, dass er sich für seine Person wenigstens sofort in
das Hauptquartier begebe, nachdem er wegen der Instradierung
der Nachschübe aus Mähren und Böhmen alles Erforderliche ein-
geleitet haben Averde, da die mitgenommenen Vorräthe vollständig
consumiert worden und Neipperg nicht mehr im Stande sei, „zu
fernerer Betreibung der Mund- und Pferdprovisionen, wie auch mit
der benöthigten Verbackung allein auszukommen". r)
Nach den am 9. April im N eipp er g' sehen Hauptquartier
ausgegebenen Befehlen sollte die Aufbruchsstun.de noch angeordnet
werden; die Truppen sollten jedoch bereit sein, bei Alarm oder
gegebenem Marschbefehl sogleich ausrücken zu können. Derjenige
Flügel der Armee, welcher alarmiert werde, solle sogleich den
andern avisieren. Die Husaren-Regimenter hatten eine Patrouille
gegen Michelau, eine gegen Ohlau auszusenden. 2 1
FM. N e i p p e r g hatte die Gegend von Mollwitz ausersehen,
als besonders geeignet, die Preussen an der Vereinigung und
an der Erreichung des Depotplatzes Ohlau oder der Passierung
des Ohlau-Flusses, um sich gegen Schweiclnitz oder Breslau zu
wenden, zu verhindern. Er fasste daher den Entschluss, hier eine
Beobachtungsstellung einzunehmen und diese Zeit zur Erholung
der Truppen, welche durch die starken Märsche und „häufige, bei
dieser, fast dem härtesten Winter zu vergleichenden Jahreszeit
ausgestandene Fatiguen nicht wenig erlitten und einer Erholung
unumgänglich von Nöthen hatten, ausrasten zu lassen, ingleichen
») K. A., F. A. Schlesien 1741, IV, 2(5.
2) K. A., Lutsch' Tagebuch.
223
auch die Subsistenz für Mann und Pferde, die auf ein oder zwei
Tage von liier durch Landwagen nachgebracht, worden, an sich
zu ziehen und unterdessen zu weiterer Vornehmung sich zu
präparieren". l)
Die Oesterreicher hatten durch ihre sehr geschickten und
verhältnissmässig nicht langsamen Märsche und ihre Stellung bei
Mollwitz dem Könige Friedrich LT. den Rückzug und also
auch die Verbindung mit Ohlau abgeschnitten. Selbst wenn
er weiter oberhalb die Oder überschritten hätte, um auf deren
rechtem Ufer den Rückzug auf Breslau zu nehmen, würde
doch die österreichische Armee viel rascher vor der Hauptstadt er-
schienen sein, um die Preussen am Uebergange auf das linke Oder-
Ufer zu hindern.
Am 9. April jedoch hatte sich der Feldmarschall, indem er
den Entschluss des Abwartens fasste, der Initiative, welche er bis
dahin gehabt, begeben. Seine Beweggründe mögen in den unvoll-
kommenen und mangelhaften Nachrichten bestanden haben, die
er über die Stärke und Stellung der Preussen hatte. In Ohlau ver-
muthete er beträchtliche preussische Kräfte und hielt in Folge
dessen die Armee des Königs nicht für vereinigt.
Unbegreiflich bleibt immerhin, denn Neipperg und seine
Generale hatten doch den grossen Krieg gesehen, die Unterlassung
jedweder grösseren Recognoscierung der preussischen Aufstellungen.
Eine solche, unter dem Commando eines erfahrenen Generals durch-
geführt, wäre wohl geeignet gewesen, der Unsicherheit im öster-
reichischen Hauptquartier ein Ende zu machen.
König Friedrich IL hatte beabsichtigt, am 9. April den
Marsch in der Richtung auf Ohlau fortzusetzen, er hegte die feste
Ueberzeugung, dass es hiebei zum Zusammenstoss kommen werde -
und sah sich auch zur Schlacht genöthigt, nicht weil er wollte,
sondern weil seine Lage ihn dazu drängte. Viel stand dabei auf dem
Spiel; im Falle einer Niederlage konnte sein Heer, gegen die Oder
oder untere Neisse geworfen, leicht einer Katastrophe entgegen-
gehen.
') Neipperg's Relation über die Schlacht bei Mollwitz im gräflich
N e ip p e r g'schen Arclüve zu Schwaigern. Abgedruckt in „Mittheilungen dc-
Kriegs-Archivs", N. F., II, 1888, 182.
2) Brief an Jordan vom 8. April: „Wir werden uns morgen schlagen'*
etc. (Oeuvres, T. 17, 98) und Brief an den Prinzen von Preussen (T. 26, 85 -
angeführt in „Kriege Friedrich d. Gr.", I, 380.
224
Jedoch brachte der 9. April noch nicht die Entscheidung.
Der schon einige Tage andauernde Schneefall hielt auch an diesem
Tage noch an und König Friedrich IL entschloss sich, den
Truppen an diesem Tage Ruhe zu gewähren, obwohl die Befehle für
den Vormarsch schon gegeben waren.
Der mit acht Bataillonen und sechs Escadronen am linken
Neisse-Ufer stehende G. d. X Herzog von Holstein hatte am
9. April Morgens Ottmachau verlassen und war gegen Strehlen ab-
marschiert. v)
») K. A., Schlesien 1741, IV, 28.
Die Schlacht bei Molhvitz.1)
IN ach den für den Vormarsch gegebenen Befehlen sollte sich
die prenssische Armee (31 Bataillone, 30 Escadronen Cavallerie,
3 Escadronen Husaren, 37 Regiments- und 16 schwere Geschütze 2)
am 10. April, Früh 7 Uhr bei Pogarell-Alzenau versammeln und,
nachdem hier die Schlachtordnung hergestellt war3), aus dieser flügel-
weise in 5 Colonnen rechts abmarschieren, um an Kreisewitz
vorüber in der Richtung gegen Ohlau vorzurücken.
J) Für die Darstellung dieser Schlacht stand neben den österreichischen
Relationen als beste Quelle nur die treffliche Schilderung in ,, Kriege Friedrich
d. Gr." I. zur Verfügimg, der daher die auf die preussische Armee bezug-
nehmenden Daten in möglichster Anlehnung entnommen wurden.
2) 16.800 Mann Infanterie, 4000 Mann Cavallerie, 500 Husaren, 300 Ar-
tilleristen, zusammen 21.600 Mann. (Kriege Friedrich d. Gr. I, 391.) Die Be-
stimmungen über die Eintheilung der Colonnen in „Kriege Friedrich d. Gr."
I.. 388 und ebenda die Disposition vom 9. April, Anlage Nr. 21.
3) Ordre de Bataille der preussischen Armee :
Erstes Treffen.
FM. von Schwerin Der König
Oberst GL. von Kalckstein GL. v. d. Marwitz GL. v. d. Schulenbuiv
von Posadowsky GM.v. Jeetze GM. Mai kgr. Carl GM. Prinz Dietrich GM. von Kleist
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•226
Das Gelände, auf dem sich der denkwürdige erste Waffengang
zwischen der Armee der Königin Maria Theresia und der
ihres jugendlichen Gegners abspielen sollte, durch die Ortschaften
Mollwitz, Grüningen, Hermsdorf und Pampitz begrenzt, liegt westlich
von Brieg, in der Nähe des Kreuzungspunctes der nordsüdlichen
Strasse Ohlau-Grottkau mit der ostwestlichen Briee'-Strehlen und
zeigt den Typus der mittelschlesischen Ebene, welche sich zu
beiden Seiten der Oder von Kosel bis zum Einflüsse der Katzbach
erstreckt. Junge horizontal gelagerte Schichten setzen den Boden
des Schlachtfeldes zusammen, dessen schwach undulierte Oberfläche
beinahe völlig eben erscheint. Breite flache Rücken mit aufgesetzten
kleinen Kuppen, niedrige Hügel und Hügelgruppen und sanfte
Mulden weisen nur geringe Höhenunterschiede, auf ; die mittlere
Höhe des Ganzen kann mit 155 Metern angenommen werden. Der
von Süden nach Norden fliessende Conradswaldauer Bach und der
in denselben von rechts einmündende Kleine Bach, welche den
hier in Betracht kommenden Baum im Westen, beziehungsweise im
Südwesten begrenzen, sind die einzigen Bewässerungsadern von
einiger Bedeutung. Beide sind grösstenteils versumpft.
Das offene und beinahe ebene Terrain bot beiden Gegnern
günstige Bedingungen für die Entwickelung und Verwendung aller
Waffengattungen.
Die an beiden Ufern des Kleinen Baches liegenden Dörfer
Pampitz und Neudorf erscheinen wie ein zusammenhängender Ort,
sind aber durch Wieseiigründe getrennt, über die ein dammartig
erhöhter Weg die Verbindung herstellt.
Die preussische Armee sammelte sich aber erst um 9 Uhr bei
Alzenau und brach um 10 Uhr Vormittags von ihrem Sammelplatz
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(Berliner) Leibcorps-Husaren (3 Escadronen).
16 schwere Geschütze.
Nach „Kriege Friedrich d. Gr." I. zu Anlage 21.
227
gegen Olilau auf. Von Mollwitzer Bauern und einigen gefangen»'!,
Husaren erfuhr der König bald nach. Beginn des Marsches von der
Anwesenheit der Oesterreicher in den Dörfern Mollwitz, Grüningen
und Hünern.
Es kam dem König sehr zu statten, dass die österreichische
Armee, seit sie in vorwiegend lutherische Gegend, gelangt war,
durch die Landbevölkerung über die Bewegungen und Stellungen
der Preussen keine Nachricht mehr erhielt. J)
Die an jenem Tage von der österreichischen Armeeleitung
gegen Michelau ausgeschickte Husaren- Abtheilung stiess bei Neudorf
auf die Vortruppen der preussischen Armee und verlor dabei einige
Gefangene, deren Aussagen dem König, wie erwähnt, über die
Stellungen der österreichischen Armee weiteren Aufschluss gaben. -
AVesshalb nun von hier keine Meldung zurückkam, ist voll-
ständig unbegreiflich. Die übrigen gegen Ohlau, Michelau und Löwen
ausgesandten Patrouillen meldeten von feindlichen Bewegungen
gar nichts. 3) AVenn auch, wie ein zeitgenössischer Bericht erwähnt,
die preussische Sammel-Stellung bei Pampitz durch ein Gehölz
gedeckt wurde 4), so entlastet diese Thatsache die Führer der Pa-
trouillen nicht im Geringsten.
In letzter Stunde endlich, um 10 Uhr Vormittags etwa, sandte
GFAVM. Graf P i c c o 1 o m i n i, dem der Beginn des preussischen
Vormarsches vorn Kirchthurm der Festung Brieg signalisiert worden,
einen Officier mit dieser Meldung an den commandierenden General ab.
Der Feldmarschall Hess zum Aufsitzen blasen mid gab sofort
Befehl an die Infanterie und an den FML. Baron Berlichingen
sich mit ihm zu vereinigen.
Die österreichischen Truppen, welche bei Mollwitz verfügbar
waren, bestanden aus den folgenden Regimentern :
v) „Das gute Verständniss und die Gewogenheit der lutherischen schle-
sischen Landesinwohner mit der feindlichen Armee hat unsererseits leicht
abgenommen werden können, da wir seit der Einrückung in die lutherischen
Oerter mit der Armee von den Bauern von des Feindes Bewegungen keine
einzige Nachricht haben können, da doch in den katholischen Oertern die Bauern
täglich und stündlich dem Commandierenden zugelaufen sind." (Coutinuatio
diarii aus dem Hauptquartier Neisse, 13. April 1741. H.H.'u. St.A., Manuscr. 1091.)
2) Vergl. Hoye r, „Neues milit. Magazin", III, 6. Stck., 27 und „Histoire
de mon temps" (Red. v. 1746), 226.
3) Neipper g's Relation.
4) Relation eines kaiserlichen Officiers a. a. 0.
228
11), Althann
Römer (mit
Cürassiere: Die Regimenter Seherr (heute Dragoner Nr. 4),
Hohenzollern, Lantliieri, Cordova (Dragoner Nr. 9), Hohenems
(Dragoner Nr. 8), Birkenfeld (mit den Carabiniers-Compagnien) ;
Dragoner: "Württemberg (heute Dragoner Nr,
(Uhlanen Nr. 6), Batthyänyi (Nr. 10), Liechtenstein,
den Grenadier- Compagnien) ;
Husaren: Splenyi und Ghilänyi.
Infanterie: Franz Lothringen (heute Nr. 1) 2 Bataillone,
Alt-Daun (Nr. 56) 1 Bataillon, O'Gilvy 1 Bataillon, Carl Lothringen
(Nr. 3) 1 Bataillon, Kolowrat (Nr. 17) 1 Bataillon, Grünne (Nr. 26)
1 Bataillon, Harrach (Nr. 47) 2 Bataillone, Botta (Nr. 12) 1 Bataillon,
Browne (Nr. 36) 1 Bataillon, Schmettau 1 Bataillon, Thüngen (Nr. 57)
2 Bataillone, Baden 2 Bataillone. Zusammen 16 Bataillone und 14
Grenadier-Compagnien.
Die Feld -Artillerie bestand in 19 Geschützen : acht 3pfün-
digen Regiments-Stücken, vier 3pfündigen Feld-Schlangen, vier 6pfün-
digen Falkaunen, zwei 12pfündigen Haubitzen, einer kleinen Petarde.
Die tactische Eintheilung dieser 16 Bataillone, 11 Cavallerie-,
2 Husaren-Regimenter und 19 Geschütze war in zwei Treffen, die
deutsche Cavallerie auf beiden Flügeln, die Infanterie im Centrum.1)
x) Ordre deBataille der österreichischen Armee in der Schlacht beiMollwitz:
FM. Graf Neipperg FML. Freiherr
G.d.C.Freih.v.Römer FML.
Baron
Göldy
von Berlichingen
GKFWM. Bar. Lentulus FML.
Graf Grünne
FML
Graf Browne
GM.Bar.Philibert
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Ghil
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, Splenyi.
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Artillerie: Oberst von Feuerstein, 19 Geschütze.
229
Der Gesauirnt-Staiid ist nur annähernd festzustellen und zwar :
nach Standes- Ausweisen des Feldmarschalls vom 16. und 23. April
und den hierin von ihm selbst angegebenen Ziffern der Dienstbaren.
Würden v hiezu die ebenfalls von ihm angegebenen Verlustziffern
gerechnet, so ergiebt dies :
Infanterie ....... 8.603 Mann (inclusive der Officiere)
( '.ivallerie 6.354 ,, ,, ,, „
Husaren (die Regimenter Splenyi
und Grhiläiryi) 436 ,, ., ,, ,,
Artillerie (Officiere, Zeug-Amt,
Minier-Oompagnie,B.oss-Partei) 395 ,, ,, ,, ,,
In Summa . . . 15.788
G. d. C. Freiherr von R ö m e r, welcher mit dem rechten
Armee-Flügel in Mollwitz selbst lag, war selbstverständlich zuerst
bei der Hand und Neipperg liess dessen Regimenter aus dem
Dorfe Mollwitz debouchieren und vor demselben Stellung nehmen,
um den Aufmarsch der Armee zu decken. Geschütze hatte Römer
nicht, da die Artillerie, wie erwähnt, mit der Infanterie in Laugwitz.
2 ' ■ '.> Kilometer von Mollwitz, cantonnierte. Neipperg ritt selbst
nach erstgenanntem Dorfe, um die Infanterie heranzuführen. Die
Yerhaltungsmassregeln bei einem Zusammenstoss mit dem Feinde
waren seit längerer Zeit an die Truppen ausgegeben. l)
Das Gros der preussischen Armee näherte sich gegen 12 Uhr
der von Neudorf nach Brieg führenden Strasse, der Marsch von
l) Sie sind nicht erhalten. Neipperg gedenkt der Thatsache aber
in seiner Relation. Die „Relation eines kaiserlichen Officiers" erwähnt folgende
Anordnungen : „Die Armee hatte den Befehl, wenn Alles formiert sein würde,
gradaus und mit der ganzen Front gegen den Feind zu marschieren, die In-
fanterie mit geschultertem Gewehr, die Cavallerie mit gezogenem Säbel, letz-
tere sollte nicht früher vorbrechen, bis die Infanterie ebenfalls zur Stelle wäre,
um anzugreifen (ä portee d'attaquer). Die Infanterie sollte erst auf 80 Schritte
vom Feinde feuern, dann aber das 3. und 4. Glied des gesammteu ersten
Treffens eine allgemeine Decharge geben und sofort mit dem gepflanzten
Bajonnet in den Feind einbrechen. Die vorgeschobenen Pelotons dagegen,
welche sich vor jedem Bataillon befanden, hatten Erlaubniss, zu thun, was sie
wollten und nach Massgabe der Vorrückung zu tiraillieren. Da jeder Escadron
gleichfalls eine Abtheilung von 24, von einem Ofticier commandierter Frei-
willigen vorausgieng, hatten diese die gleiche Selbstständigkeit zu handeln, um
den Escadronen, welche zu üirer Unterstützung folgten, den Weg frei zu
machen."
230
Alzenau bis daliin hatte des hohen Schnees wegen längere Zeit in
Anspruch genommen.
Die von dem Znsammenstosse bei Neudorf zurückgehenden
österreichischen Cavallerie-Patrouillen und neuerdings vor die Front
gesendete Husaren-Abtheilungen hinderten den Ueberblick und
Hessen nicht erkennen, ob die Oesterreicher schon aus Mollwitz
debouchiert seien und den Aufmarsch begonnen hätten.
Beide Armeen befanden sich jetzt auf eine Entfernung von
4 bis 5 Kilometern von einander. König Friedrich II., dessen Avant-
garde vor Neudorf Stellung genommen hatte, befahl nun den Auf-
marsch mit dem linken Flügel bis Neudorf, dem rechten bis an
ein Gehölz, etwa 500 Schritte von dem von Hermsdorf nach Moll-
witz führenden Weg ausgedehnt. Diese Frontlinie erwies sich als zu
kurz für den Aufmarsch, so dass 7 Bataillone und die Cavallerie aus
dem ersten Treffen des linken Flügels keinen Raum mehr zur Ent-
wicklung fanden. Nur die erste Colonne konnte vollständig auf-
marschieren ; von der zweiten blieben das Grenadier - Bataillon
Kleist, von der vierten die Regimenter Prinz Dietrich und Leopold,
sowie ein Bataillon Schwerin zurück, von der fünften Colonne konnte
kein einziger Truppenkörper in seine Eintheilung gelangen. König
Friedrich theilte in Folge dessen das Bataillon Kleist und das
Regiment Prinz Dietrich dem G. d. J. Erbprinzen L e o p o 1 cl,
Commandanten des zweiten Treffens, behufs Deckung der rechten,
Flanke zu.
Prinz Leopold Hess das Bataillon Kleist und das erste
Bataillon Prinz Dietrich nach der Flanke aufmarschieren und stellte
is zweite Bataillon auf den rechten Flügel des zweiten Treffens;
Regiment Leopold und ein Bataillon Schwerin blieben hinter
do zweiten Treffen. Das Grenadier-Bataillon Puttkammer stand
in Colonne hinter dem linken Flügel des ersten Treffens, die
Cavallerie des linken Flügels in Zügen hinter dem zweiten Treffen.
Die in der Avantgarde gestandenen Escadronen von Schulenburg-
Grenadieren zu Pferd marschierten am rechten Flügel des ersten
Treffens auf, die Husaren waren vor der Front.
Das zweite Treffen marschierte 300 Schritte hinter dem ersten
auf, die Bagage 1000 Schritte hinter demselben, in der Nähe des
von Neudorf nach Kreisewitz führenden Weges.
Das während des Aufmarsches aus Oppeln zur Armee ein-
rückende Infanterie-Regiment La Motte und eine Escadron Leib-
husaren blieben mit einem combinierten Bataillon, das unter Oberst-
lieutenantvon Görne's Befehl stand, zur Bedeckung der Bagage zurück.
231
Die Regiments - Geschütze wurden vor den Flügeln ihrer
Bataillone postiert, die schwere Artillerie fuhr vor dem ersten
Treffen auf.
Nach beendetem Aufmarsch ertheilte König Friedrich II.
Befehl zur Vorrückung. Die schwere Artillerie sollte einige hundert
Schritte vor dem ersten Treffen vorgehen und sobald sie Zielobjecte
fände, das Feuer eröffnen. Es mochte 1 Uhr vorüber sein, als die
Armee F r i e d r i c h's mit klingendem Spiel gegen Mollwitz vor -
gieng.
Etwa 1000 Schritte vorwärts protzten die Geschütze ab und
gaben einige Lagen auf die vor der Front der österreichischen
Armee befindlichen Husaren1), die sich zurückzogen, nachdem sie
einige Leute und 45 Pferde verloren hatten. Während dieser Zeit
breiteten sich die Preussen auch nach rechts aus, um den linken
Flügel der Oesterreicher zu debordieren, die sich damit begnügten
eine Flankendeckung, aus einigen Escadronen bestehend, bereit zu
halten.
FM. Graf N ei p p e r g hatte, als das preussische Geschützfeuer
begann, dem G. d. C. Baron Römer selbst die Ordre mündlich
ertheilt, dass er an die Infanterie sich anschliessen und auch in
dieser Eintheilung bleiben solle.
Beim Herannahen des ersten preussischen Infanterie-Treffens
protzte die schwere Artillerie auf und gieng mit den Regiments-
Geschützen des rechten Flügels weiter vor, um nun auf die durch
das Verschwinden der Husaren sichtbar gewordene Cavallerie-Masse
des G. d. C. Baron Römer ihr Feuer zu richten. Dasselbe hatte
zunächst wenig Wirkung. Wieder vorfahrend, als die Infanterie sich
näherte, gieng die Artillerie nun bis auf 1600 Schritte an die
Römer'schen Cavallerie-Regimenter heran. 2)
An diesen linken Flügel der österreichischen Armee schloss
sich eben der linke Flügel des Centrums unter FML. Baron
Göldy; auch der rechte Flügel des Centrums unter FML. Grafen
Browne war im Begriffe, in die Aufmarschlinie zu rücken; der
rechte Armee-Flügel unter FML. Baron Berlic hingen war im
Aufmarsche und brauchte zur vollständigen Formierung etwa noch
eine kleine halbe Stunde.
Das neuerliche Geschütz-Feuer der Preussen begann, als der
Feldmarschall sich vom linken zum rechten Flügel begab, um dem
:) Nach „Kriege Friedrich d. Gr.", I. 396.
2) Nach „Kriege Friedrich d. Gr.", I. 398.
232
FML. Baron Berlichingeii Befelile zu geben. Er ritt zur
Recognosciermig des Sumpf-Terrains, welches rechter Hand lag
und gab dem genannten General Auftrag, vorzurücken, sobald
Alles formiert sein werde.
Die Truppen waren guter Stimmung. Die Preussen schienen
mit dem Angriffe nicht mehr zuvorkommen zu können, denn im
Verhältniss, als der rechte österreichische Flügel und das zweite
Treffen in Linie rückten, marschierte auch der preussische linke
Flügel erst auf und beide Armeen wären gleichzeitig fertig gewesen.
Der preussische linke Flügel hatte sich nämlich, sobald er
über Neudorf hinausgekommen war, um Kaum zu gewinnen, links
bis an den Kleinen Bach gezogen. In den dadurch gewonnenen Raum
rückten von den zurückgebliebenen Truppenkörpern das Bataillon
Schwerin, sowie das zweite Bataillon Prinz Leopold. FM. Graf
Schwerin, der zu dieser Zeit auf dem linken Flügel eintraf, liess hier
noch das Grenadier-Bataillon Puttkammer, das sich hinter dem Ba-
taillon Buddenbrook befand, in der linken Flanke aufmarschieren. Die
liinter dem linken Flügel des zweiten Treffens befindliche Cavallerie
sandte er zurück, um den Kleinen Bach bei Neudorf-Pampitz zu
überschreiten und ä cheval des Weges Pampitz-Laugwitz in gleiche
Höhe mit dem zweiten Treffen zu rücken.
Hiedurch ward das Vorrücken des linken Flügels verzögert,
so dass der rechte preussische Flügel Vorsprung gewann und die
Front der Armee unbeabsichtigt schräg wurde. x)
Aus diesem Grunde schon und um dem linken Flügel Zeit zu
gewähren, in gleiche Höhe zu gelangen, winde das Artilleriefeuer
verstärkt. Der linke österreichische Flügel der Cavallerie (Römer),
ward davon sehr beunruhigt, „die Reiter fingen an zu murren und
zu fluchen, dass man sie so lange Zeit dem Geschützfeuer aussetze." 2)
Da geschah etwas Unerwartetes. G. d. C. Baron R ö m e r, in Folge
der durch das preussische Artillerie-Feuer in den dichten Cavallerie-
massen hervorgebrachten Verluste, von seinen Leuten bestürmt, vor-
wärts zu gehen, verlor die Geduld und sah sich, nach dem Berichte
eines Theilnehmers an der Schlacht, zur Attaque fast gezwungen. 3)
Ob dies die Ursache des vorzeitigen Losbrechens, ob eigene
Ungeduld und heisser Kampfeseifer, ob das Drängen seiner Um-
gebung, ob der Gedanke, einen besonders günstigen Augenblick
!) Kriege Friedrich d. Gr. I, 399.
-) Kelation eines kaiserlichen Officiers a. a. 0.
3) Ebenda.
233
zu erfassen, ob die Sorge, dass die Infanterie nicht mehr aufzu-
marschieren vermöge, den hochbegabten und tapferen Reiter-
führer in dies unheilvolle Wagniss gerissen, das ist ungelöst geblieben
und mit; dem bald darauf zum Tode getroffenen Generale begraben.
„Es war halb 2 Uhr, als unser linker Flügel losbrach; Alles
gieng im vollen Galopp an, oder besser gesagt, mit verhängtem
Zügel vor und anstatt, dass das zweite Treffen bei der Infanterie
geblieben wäre, oder das erste unterstützt hätte, indem es nach
und nach in guter Ordnung vorgerückt wäre, flog dasselbe mit
derselben Schnelligkeit dahin." ])
Mit dem Säbel in der Faust, im Halbbogen links, vorerst
Direction auf Grüningen, wurde die Attaque auf die Flanke des
preussischen rechten Flügels gemacht.2) GL. Graf von der Schule n-
burg, der die Vorwärtsbewegung dieser mehr als 4000 Eeiter
betragenden Masse gegen seinen Flügel bemerkt hatte, gab den
am rechten Flügel befindlichen 4 Escadronen seines Regiments
Befehl, eine Schwenkung nach rechts zu machen, um der Flanke
des rechten Flügels Schutz gegen die attaquierende Cavallerie zu
bieten. Die vor der Front befindlichen Regiments-Geschütze winden
in die Intervalle der Bataillone gezogen. Der Commandant des
linken neben dem Schulenbürg' sehen Regimente im ersten Treffen
stehenden Grenadier-Bataillons Major von Bolstern Hess den
ersten Zug (Peloton) und die beiden Bataillons-Geschütze am rechten
Flügel des Bataillons nach der Flanke wenden.
FM. Neipperg kehrte eben 'vom rechten Flügel zurück
mit der Absicht, dem General B er li c hinge n einige Grenadier-
Compagnien zu schicken, die in dem Gesträuch, welches das Sumpf-
Terrain längs des Kleinen Baches umsäumte, Stellung nehmen
sollten, als er die R ö m e r'sche Cavallerie in voller Attaque erblickte.
Er glaubte seinen Augen nicht, als er diese Cavallerie losreiten
und in den preussischen rechten Flügel einbrechen sah.
Schulenburg's Anordnungen zur Sicherung seines Flügels
waren noch nicht durchgeführt, als der dröhnende Anprall der
36 Escadronen auf Schulenburg's Cavallerie traf, die sofort um-
geritten und über den Haufen geworfen ward.
Fest stand diesem Ansturm gegenüber das Bataillon Bolstern.
Der eingeschwenkte Flügel-Zug gab ruhig und gleichmässig sein
J) Relation eines kaiserlichen Officiers a. a. O.
2) Schlachtplan Tafel VI.
•234
Salventeuer und die Bataillons-Geschütze sandten in die heran-
stürmende Reiterei Kartätschenlagen, welche weite Oeffnmigen in
die Linien rissen und schon im tactischen Verbände gelockert, jagten
die Reiter weiter an der Front und im Rücken dieses Bataillons
vorbei. König Friedrich IL hielt beim Bataillon Winterfeldt.
Um die in der Flucht befindlichen Reiter des Schulenburg'schen
Regiments aufzuhalten, brach er an der Spitze der zunächst haltenden
Escadron Carabiniers vor, die übrigen Escadronen folgten, jedoch
zerplitterten auch sie an dem gewaltigen Anprall der Reitermasse.
In wirrem Durcheinander wälzte sich das Getümmel, König
Friedrich IL mit fortreissend , an der preussischen Front
entlang, bis der Kleine Bach Stillstand gebot. Dem König war
es gelungen, beim Grenadier-Bataillon Buddenbrook durch die
vordere Linie zu kommen. Ein Theil der preussischen Reiterei, von
der österreichischen verfolgt, kam in das sumpfige Terrain, das
den Bach begleitet und schloss sich der auf der anderen Seite
haltenden Cavallerie an, ein anderer Theil zog sich am Kleinen
Bach hinunter hinter das zweite Treffen und sammelte sich dort. l)
Ein Theil der attaquierenden Regimenter hatte sich auf die vor
der Front der preussischen Infanterie stehenden schweren Geschütze
und auf die stehen gebliebenen Regiments-Geschütze geworfen.
Die Regimenter Althann, Römer und Seherr verrichteten
nach Angabe eines Augenzeugen Wunder der Tapferkeit. 2) Althann
und Römer drangen in die preussische Geschützlinie ein, die
Artilleristen flüchteten und Messen die Geschütze, in denen die
Patronen halb in der Mündung steckten, im Stich. Die zum Theil
mit Kartätschen geladenen Kanonen wurden umgedreht, auf das
preussische Fussvolk abgefeuert und dann vernagelt. Dragoner von
Althann brachten von den eroberten Geschützen, deren Bespannungen
zum grössten Theil davon gejagt waren, vier in das Dorf Mollwitz
zurück.
,,Der rechte (preussische) Flügel war vollständig en deroute.
die Lifanterie feuerte auf die eigene Cavallerie und einige Bataillone
wurden, wie man versichert hat, von den Hufen der Pferde nieder-
getreten, mit einem Worte, der Sieg würde vollständig gewesen sein.
wenn der General G ö 1 d y mit dem linken Flügel der Infanterie
ganz gerade vorgerückt wäre, aber da er zuvor den Befehl erhalten
hatte, sich stets vereinigt mit der Cavallerie R ö m e r's zu halten,
') Kriege Friedrich d. Gr. I, 401.
-) u. 3) Relation eines kaiserlichen Oi'iiciers.
235
befolgte er diesen Befehl in verkehrter Weise, denn, anstatt vor-
zurücken, machte er eine Viertelschwenkung links und Liess seinen
Flügel mit solcher Eile marschieren, dass die Soldaten fast den
Athem verloren. Dadurch entstand die erste Unordnung bei den
Bataillonen und General Browne, welcher am rechten Flügel
stand, fand sich in der Luft. Die preussische Infanterie gewann
hiedurch Zeit, sich wieder zu ordnen." 3)
In dieser grenzenlosen Verwirrung zeigte sich die hervorragende
tactische Schulung und Gefechtsdisciplin einiger preussischer
Infanterie-Truppenkörper. Die beiden Grenadier-Bataillone Bolstern
und Winterfeldt hatten dem Anfall der Cavallerie unerschütter-
lich Stand gehalten. Das Feuer des ersten Zuges und beider
Geschütze vom Bataillon Bolstern hatten die heranstürmenden
Cavallerie-Massen gespalten. Major von Bolstern liess die dritten
Glieder der übrigen Züge, Winterfeldt den zweiten und vierten
Zug seines Bataillons Kehrt machen und beide Bataillone feuerten
nun nach vorwärts und rückwärts rücksichtslos auf Feind und
Freund. Die Infanterie des ersten Treffens begann vom rechten
Flügel das Feuer, als die Cavallerie an dessen Front entlang ritt
und verhinderte dadurch das Eindringen derselben in ihre Linie.
Die im Rücken der beiden Grenadier - Bataillone vorbei-
sprengenden österreichischen Abtheilungen stiessen auf die am
rechten Flügel des zweiten Treffens stehenden vier Escadronen
von Schulenburg, die sofort umgeritten wurden; jedoch ver-
hinderten die in der Flanke stehenden Bataillone Kleist und das
erste Bataillon Prinz Dietrich ein Einbrechen der Cavallerie.
Erbprinz Leopold, welcher das zweite Treffen commandierte,
liess auch den ersten Zug des auf dem rechten Flügel stehenden
zweiten Bataillons Prinz Dietrich rechts schwenken und sich an
dem Feuer der in der Flanke stehenden Bataillone betheiligen.
Theile der österreichischen Cavallerie, die nun nirgends mehr
durchkamen, sahen sich durch dieses Feuer genöthigt , gegen
Hermsdorf auszuweichen, wo sie sich nordwestlich des Ortes wieder
sammelten.
Die vom rechten Flügel des zweiten Treffens geworfenen vier
Escadronen (Schulenburg) sammelten sich hinter ihrem Flügel.
Dem wuchtigen Stosse der österreichischen Cavallerie war eine Pause
der Erschöpfung gefolgt, welche der preussischen Infanterie er-
möglichte, ihre Ordnung wieder herzustellen. Sobald aber die
preussischen Escadronen wieder geordnet waren, führte sie der
bereits verwundete GL. Graf Schul en b urg gegen die aus der
236
Richtung von Hermsdorf aufs neue attaquierende österreichische
Cavallerie. Aber nur eine Escadron brachte S c h u 1 e n b u r g in das
Gefecht, die übrigen wendeten. Schulenburg fiel bei dieser
Gelegenheit. Aber auch Römer fand, als seine Reiter zum zweiten-
mal gegen die preussische Flanke anritten, den Heldentod. *) Ein
verhängnissvoller Umstand für die nun führerlose und vielfach zer-
theilte und getrennte Cavallerie.
Das sich an der und innerhalb der preussischen Front hin-
ziehende Getümmel, wobei auch der Commandant des ersten öster-
reichischen Treffens des R ö m e r'schen Flügels, GFWM. Baron
L e n t u 1 u s, verwundet wurde, nahm auf dem linken Flügel endlich
in dem Sumpfterrain am Kleinen Bach sein Ende.
Die aufgelösten österreichischen Regimenter waren hier zum
Theil über die Wiesen und den Kleinen Bach an dessen anderes
Ufer gelangt. Von hier musste der am rechten Flügel comman-
dierende FML. Baron Berlichingen sie über den Bach zurück-
beordern. Alle Regimenter waren vermischt, so dass die Cavallerie
des Röme r'schen Flügels geraume Zeit nicht wieder rangiert und
gefechtsfähig gemacht werden konnte. Einige hundert Pferde ver-
schiedener Regimenter hatten sich wieder gegen den linken Flügel
zurückgezogen.
Die gesammte unter General Röme r's Commando gestandene
Cavallerie war nun, trotz der von ihr errungenen Erfolge, voll-
kommen auseinandergekommen und kein geschlossener Körper mehr
davon vorhanden, den der Feldherr mit Sicherheit in seinen Calcul
setzen konnte.
Bei dem letztgeschilderten CavallerieangrifTe war mit den
Sclmlenburg'schen Reitern österreichische Cavallerie durch die Inter-
valle der Bataillone zwischen die zwei preussischen Treffen gelangt.
Sobald nun die Infanterie des zweiten Treffens hier österreichische
Reiter erblickte, begann sie, ohne ein Commando abzuwarten, zu
feuern, wodurch die zur nämlichen Zeit im ersten Treffen ein-
gerissene Unordnung noch vergrössert wurde.
Auf FM. Graf Neipperg's Befehl hatte FML. Baron Ber-
lichingen vom rechten Flügel ihm diejenigen „dekorierten*'
Cavallerie-Regimenter, die er in der Eile hatte zusammenbringen
!) „Histoire de nion temps" (Redaction von 1775). — „Römer wurde
von einem flüchtenden preussischen Dragoner, welcher nach hinterwärts seine
Pistole gelöst, todt geschossen." (H. H. u. St. A. ; geschriebene Zeitungen,
Fase. 17.)
237
können, gesendet und dem Obersten des Cürassier - Regiments
Hohenems, Grafen Bentheim Befehl gegeben, die preussische
Cavallerie, welche mit einem Infanterie-Bataillon gegen die Flanke
des österreichischen linken Flügels, wo das Infanterie-Regiment
Franz Lothringen, zwei Feld-Geschütze und zwei Haubitzen standen,
in Bewegung war, anzugreifen.
Oberst Graf Bentheim „vollführte den Befehl mit der
äussersten Tapferkeit und obwohl die Preussen mindestens 600 Pferde
stark waren und in so schöner Ordnung anrückten, class man hätte
glauben können, dass sie an einer Schnur aufgezogen wären, warf
er sie doch in einem Augenblick zurück, trotzdem sie sich so lange
gut hielten, bis die Pferde von der einen und andern Seite mit den
Köpfen aufeinander stiessen". x)
Einzelne Escadronen scheinen auch nach dieser Attaque durch
die entstandenen Lücken in das erste preussische Treffen gedrungen
zu sein, von dem hinter dem ersten Treffen befindlichen ersten Bataillon
Prinz Leopold wurden sie jedoch mit vehementem Feuer empfangen
und abgewiesen. -)
Es mochte 3V2 Uhr sein, der Kampf der österreichischen
Cavallerie hatte daher beinahe zwei Stunden gedauert.
Die Cavallerie des rechten preussischen Flügels war nicht
weiter gefechtsfähig, ebenso die schwere Artillerie, von der leichten
war nur jene des linken Flügels noch im Stande, das Feuer fort-
zusetzen. 3)
Zu dieser Zeit stand das preussische Heer nicht mehr unter
dem Commando seines jungen Königs. Der Feldmarschall Graf
Schwerin, welcher sofort nach dem Beginn des grossen Reiter-
Angriffs nach dem rechten Flügel geeilt war, hatte den dort sich
abspielenden Vorgängen beigewohnt und in dem ohne Commando
begonnenen Feuer beider preussischer Treffen, welches sich auf das
vorüberbrausende Getümmel verfolgter und verfolgender Cavallerie
richtete, ein Zeichen völliger Auflösung, den König im Gedränge
österreichischer Reiter und grösster Gefahr gesehen. Als König
Friedrich H. sich zwischen das Lifanterietreffen zu retten
vermocht hatte, mag der Augenblick gewesen sein, in welchem
Schwerin dem königlichen Feldherrn den Rath gab, das Schlacht-
feld zu verlassen, weil er den Ausgang der Schlacht für sehr
*) Relation eines kaiserlichen Officiers.
2) Kriege Friedrich d. Gr., I, 404,
Kriege Friedrich d. Gr., I, 40-i.
238
gefährdet hielt. Er hat sich hiermit wohl die spätere langdauernde
Ungnade seines Monarchen zugezogen.1) Auch König Friedrich II.
selbst scheint indessen in jenem Moment die Schlacht für ver-
loren angesehen zu haben, da er vom Schlachtfelde aus einen
Officier mit mündlichen Mittheilungen an den Fürsten Leopold
von A 11 h alt in das Lager von Göttin bei Brandenburg abschickte,
um dem Fürsten zu sagen, dass Alles verloren sei und er seine
Massregeln, so gut er könne, treffen möge.2) Schwerin dürfte
bei dieser Gelegenheit gerathen haben, der König möge ihm
das Commando überlassen, sich vom Schlachtfelde entfernen und
nach OpjDeln begeben, wohin der Rückzug der Armee hätte
*) Der Feldmarschall Graf Schwerin hat sich später gegen seine Freunde
über diese Angelegenheit u. A. "wie folgt geäussert : „Als ich die preussische
Cavallerie von dem Feinde verfolgt sah, welches in dem Augenblick geschah,
wo ich die Anordnung am linken Flügel gemacht hatte und im Galopp nach
dem rechten ritt; so hatte ich noch nichts von meiner kaltblütigen Hoffnung
verloren, dass die Infanterie Alles redressieren könnte. Als ich aber den
König mit in dem Gedränge der flüchtigen Cavallerie sah, so war es natürlich,
dass mich dieser Anblick in eine Art von Bestürzung setzte und dieses vor-
züglich, weil ich mir keine andere Vorstellung von dieser Erscheinung in dem
Augenblick machen konnte, als dass der König durch übereilten Muth sich
diese Gefahr selbst zugezogen. Dies gab Gelegenheit zu dem ersten Gedanken
des Wunsches, dass er sich nicht gegenwärtig befinden möchte, denn ich hatte
dazumal schon den Entschluss gefasst, die Bataille zu gewinnen oder den
Verlust nicht zu überleben. Meine Bestürzung wurde aber durch die Salve
des zweiten Treffens um ein Grosses vermehrt, theils weil es mich von einer
Armee, die so wie die preussische in Ordnung war, wo kein Schuss ohne
Commando vom Officier des Pelotons geschehen musste, sehr befremdete und
dann, weil auch durch dieses Feuer das erste Treffen sehr muthlos gemacht
werden musste und von diesem Augenblick an überzeugte mich mein Verstand
und mein Herz von der Nothwendigkeit, meinen jungen König voller Muth
und Ambition, der die Gefahr nicht kannte und nun desto weniger scheuen
würde, von meiner Seite zu entfernen. Das war der Grund meines Vorschlags :
das Schlachtfeld zu verlassen. Wäre dieser BewesrungssTiind nicht
blos und allein die persönliche Erhaltung des Königs gewesen, so war es
sehr natürlich, dass der König keine grössere Sicherheit, als bei der Armee
finden konnte, denn wenn auch die Scblacht verloren gegangen, so konnte
keine andere Ketirade, als über Oppeln genommen werden, wo dann eine ob-
gleich geschlagene Armee noch immer Ressourcen gefunden haben würde."
(Aeusserung des FM. Grafen Seh w erin an seine Freunde „über den Groll
des Königs Friedrich IL, so er auf ihn hatte", in Hove r, Neues mili-
tärisches Magazin, III, Leipzig 1804.)
-) Orlich. I, 103 und Urkunden, 329. Am 16. April erst schrieb Frie-
drich IL an Voltaire aus Ohlau: „Man sagt die OesteiTeicher geschlagen,
ich glaube, es ist wahr". Oeuvres XXII, 66.
239
gerichtet werden müssen. König Friedrich IL gab erst nach
wiederholten Vorstellungen Schweri n's, dem sich auch die General-
adjutanten Hacke, Borcke und ~VV a r t e n s 1 e b e n anschlössen,
diesem Andrängen Folge, ritt zur Bagage, wo er einige wichtige
Papiere an sich nahm, dann verliess er mit wenigen Begleitern das
Kampffeld und nahm die Richtung auf Löwen. *)
Sicher war die Route nicht , welche König Friedric h
einschlug, denn im Rücken des preussischen Heeres wimmelte es
von österreichischen Reitern. Versprengte Abtheilungen der
Römer'schen Cavallerie, vor Allem aber Husaren, welche sich bei
der Bagage zu schaffen machten, bewirkten wohl, dass das Anfangs
grössere Gefolge, das den König begleitete, bis auf wenige Begleiter
zusammenschmolz.
Bei der österreichischen Armee war inzwischen der Aufmarsch
beendet worden. Die Artillerie war jetzt zur Stelle und eröffnete
ihr Feuer. Eine der ersten Kugeln zerschmetterte dem Comman-
danten des Regiments Markgraf Carl, dem Obersten Prinzen
Friedrich von Brandenburg-Schwedt, den Kopf.
Die Situation war nach 4 Uhr Nachmittags entschieden für
die österreichische Armee nicht ungünstig.
Es handelte sich jetzt hauptsächlich darum, dass der linke Flügel
der Infanterie, obgleich von Cavallerie entblösst, die Offensive
ergriff. Hier hatte aber General Göldy, wie bereits erwähnt, durch
eine zu starke Linksziehung bereits den Zusammenhang mit dem
Browne'schen Flügel verloren und die Regimenter unter Gold v*s
Commando waren, wie es scheint, von besonderem Kampfeseifer
nicht beseelt.
Die Regimenter Franz Lothringen, Schmettau und Browne
verloren ganz die Fassung |und vom gesammten linken Flüge]
hielt nur Botta fest. Man Hess die Bataillone des zweiten Treffens :
Alt-Daun, Thüngen und Harrach, vorrücken, denn Grünne begann
bereits zu weichen. 2)
In der preussischen Schlachtlinie bereitete sich jedoch jetzt
eine bedeutsame Wandlung vor. Schwerin hatte den Oberbefehl
ergriffen und erklärte den Generalen auf die besorgte Anfrage, wohin
der Rückzug zu richten sei, schlankwog: „Auf den Leib des Feindes".
!) Kriege Friedrich d. Gr., I, 406.
2) Relation eines kaiserlichen Officiers.
240
Erbprinz Leopold, als Coinmandant des zweiten Treffens, erlrielt
Befehl, das Feuer dieses Treffens einzustellen. Die abgetrennt
stehenden Grenadier-Bataillone Bolstern und Winterfeldt liess er
hinter den rechten Flügel des ersten Treffens rücken. Darauf begab
er sich vor das erste Bataillon Garde und richtete an dasselbe
einige zündende Worte. Hierauf erfolgte der Befehl zum Vorrücken.1)
Der rechte preussische Flügel trat an und begann, den Oester-
reichern näher kommend, pelotonweise Salvenfeuer. 2j
Auf dem rechten österreichischen Flügel war während dieser
Zeit nun auch FML. Baron Berlic hingen gegen die preussische
Cavallerie vorgegangen, welch' letztere sich den Hölter-Dämmen
genähert hatte. Berlic hin gen führte die Cürassier-Reginienter
Cordova und Hohenzollern, die Dragoner-Regimenter Liechtenstein
und Württemberg vor, während das Batthyani'sche Dragoner-
Regiment vom FM. Grafen Neipperg auf den linken Flügel
gesandt wurde. Bei dieser Vorrückung wurde die österreichische
Cavallerie von den Bataillons-Geschützen und in der Vorwärts-
bewegung auch von den Grenadier-Bataillonen des linken preussi-
schen Flügels wirksam beschossen. Da das versumpfte Wiesenterrain
am Kleinen Bach eine Bewegung in die Flanke der preussischen
Reiterei nicht gestattete, ordnete FML. Berlichingen jedoch
den Rückmarsch seiner Regimenter an.
Oberst von P o s a d o w s k y, welcher die preussische Reiterei
dieses Flügels befehligte, liess nun seine Escadronen den Kleinen
») Kriege Friedrich cl. Gr. I. 406.
2) Die am 9. April 1741 zu Pogarell für die preussische Armee ausgegebene
Disposition regelte das Verhalten während des Gefechtes und setzte u. A. fest :
„Es wird bei Todesstrafe verboten, weder zu schiessen, bis es befohlen
wird, noch unter dem Gewehr zu plaudern oder das Geringste zu sprechen."
„In währendem Avancieren soll die Cavallerie nicht stärker marschieren,
als die Grenadier-Bataillone, um mit solchen Linie zu halten."
„Es wird nicht anders, als pelotonweise chargiert und die Officiere
müssen ihre Leute so cornmandieren, wie auf dem Exercierplatze, der sämmt-
lichen Infanterie soll wohl anbefohlen werden, die Pelotons im Anschlage liegen
zu lassen, die Mündung, wie gewöhnlich, gesenkt und solche wohl auf den
Feind zu halten, die Commandeure der Bataillons seien zu Fusse vor die
Bataillons, die Majors und Adjutanten sind hinter die Bataillons zu Pferde,
auch sind die Officiers, so die Züge schliessen, hinter dem Bataillon, um alle
Desordres zu verhüten. Die Feldwebel bleiben bei den Fahnen und im Falle
ein Gefreiter-Corporal todtgeschossen würde, so muss dessen Fahne ein Feld-
webel nehmen ; bei den Fahnen sollen auf jeder Seite drei Rotten nicht
schiessen." (Kriege Friedrich d. Gr. I, Anlage 21.)
241
Bach auf der westlich der Dämme gelegenen Fürth überschreiten,
um in den Rücken der abmarschierenden österreichischen Cavallerie
einzufallen. Die Preussen waren jedoch jenseits des Kleinen Baches
noch nicht aufmarschiert, als Berlichingen die Front wieder
herstellte, zur Attaque blasen Hess und die preussischen Reiter
wieder über den Bach trieb. Eine weitere Verfolgung wurde durch
das intensive Feuer der preussischen Infanterie und Artillerie ge-
hindert. Die Regimenter Berlichinge n's giengen nach diesem
Vorstoss wieder auf ihren Flügel zurück.
Von dort erneuert vorzurücken, scheiterte an der Haltung der
Infanterie, da diese nicht zum Vorwärtsbringen war. x)
Als FM. Graf Neipperg die Vorrückungsbewegung des
rechten preussischen Flügels bemerkte, Hess er die Infanterie nach
dem linken Flügel anschliessen und Bataillone des zweiten Treffens
zur Ausfüllung der Lücken in das erste einrücken. Die Lage ge-
staltete sich jedoch ungünstig für die österreichische Armee ; deren
Infanterie rückte, obschon sie ein fortgesetztes Feuer unterhielt,
nicht einen Schritt vor, die Bataillone kamen in Unordnung, „und
es war ein Jammer, diese armen Recruten zu sehen, wie sich der
Eine lunter dem Anderen versteckte, so zwar, dass die Bataillone
zu 30 bis 40 Mann tief standen und die Intervallen so gross wurden,
dass man mit ganzen Cavallerie-Regimentern hätte eindringen
können, obwohl das gesammte zweite Treffen in das erste eingefügt
war. Es ist gewiss, dass unsere Infanterie vernichtet worden wäre,
wenn wir mit einem lebhafteren und entschlosseneren Feinde zu
thun gehabt hätten. Aber die Preussen haben es nicht für noth-
wendig gehalten, rascher vorzurücken, als sie es stets gewolmt sind,
noch uns Mann gegen Mann anzugreifen, wie sie es hätten thun
können, als sie gewahr wurden, dass unsere Cavallerie nicht mehr
angehen wollte und sie von dieser Seite nichts mehr zu fürchten
hatten."
„Man muss der preussischen Infanterie die Gerechtigkeit
widerfahren lassen, ihre Haltung war bewunderungswerth trotz dem
3) „Aber da unsere Infanterie nicht vorrücken wollte, ward unsere
Cavallerie so entmuthigt, dass sie nicht mehr zum Angriff vorgehen mochte,
obwohl General Berlichingen sie durch sein eigenes Beispiel aufmunterte :
sein Pferd bis auf 20 Schritt vom Feinde spornend, redete er zu, drohte, aber
ohne irgend welchen Erfolg, was ihn dergestalten erzürnte, dass er zwei
Reitern, die davon ritten, den Kopf spaltete und mehrere ändere mit dem
Degen vom Pferde hieb." (Relation eines kaiserlichen Offieiers.)
Oesterreichischer Erbfolgekrieg. II. Bd. 1<>
•242
unausgesetzten Feuer, das sie unsererseits auszuhaken Latte ; sie
formierte sich trotzdem mit der schönsten Ordnung und obschon
sie Mann an Mann gedrängt standen und Bataillon an Bataillon, so
überragten sie uns doch auf jedem Flügel mit 3 oder 4 Bataillonen,
uns, die wir gegen Ende der Schlacht entsetzliche Intervalle und
sämmtliche Begimenter in einer Linie hatten.'"
„Diese ganze grosse Front schien wie von einer einzigen Trieb-
kraft bewegt; sie rückte Schritt für Schritt mit überraschender
Gleichförmigkeit vor. Ihre Artillerie arbeitete gleichzeitig und
ohne Unterbrechung mit Vollkugeln und Kartätschen und sobald
sie in richtiger Schussweite waren, verstummte ihr Gewehrfeuer
keinen Augenblick und glich dem unaufhörlichen Rollen des
Donners. Sobald sie in unserem Gesichtskreise Bewegungen machten,
führten sie diese mit solcher Schnelligkeit und Genauigkeit aus.
dass es eine Freude zu sehen war ; sobald ein Mann fiel, trat ein
anderer an dessen Stelle, kurz, sie haben ihre Sache gut gemacht,
aber sie haben nicht Alles gethan, was sie hätten thun sollen und
man kann wohl sagen, dass unser Feind nicht zuviel Tapferkeit,
aber viel Schulung und die beste Haltung von der Welt hat." *)'
Dem FM. Schwerin, der obschon verwundet, die AVahlstatt
nicht verliess. war es nicht entgangen, dass es wohl nur noch eines
umfassenden Vorgehens des preussischen linken Flügels gegen den
österreichischen rechten bedürfe, um den Bückzug der österreichi-
schen Armee zu erzwingen.2) Er sandte daher an den am linken
Flügel befehligenden GL. von Kalckstein Ordre, das Vorrücken
der Infanterie dieses Flügels, Direction auf Mollwitz, zu be-
schleunigen.
. Diese Bewegung wirkte entscheidend auf den Ausgang der
Schlacht. Die österreichische Infanterie drängte sich zu Knäueln
um ihre Bataillonsfahnen und die Lücken der Fronten Hessen sieh
nicht mehr ausfüllen.
1) Relation eines kaiserlichen Ofriciers. (Mittheilungen des k. und k.
Kriegs- Archivs, I. 205.) Der König selbst war voll stolzer Freude über seine
brave Infanterie: „Mein Glück, die Conservation meiner ungemein braven
Armee und die Wohlfahrt des Landes habe allein unserer unschätzbaren In-
fanterie zu danken . . . unsere Infanterie sind lauter Caesar's und die Officiere
davon lauter Helden, aber die Cavallerie ist nicht werth, dass sie der Teufel
holt." König Friedrich II. an Fürsten Leopold von Anhalt-Dessau (Kriege
Friedrich d. Gr. I. -119).
2) Kriege Friedrich d. Gr. I. 410.
2 !:•>
FM. Neipperg beschloss, als er sah, dass es kein Mittel
mehr gebe und die Truppen durchaus nicht mehr Stand halten
wollten, auch die Mehrzahl der Regimenter ihre tapfersten Offi-
ciere verloren und die gesammte Infanterie ihre Munition ver-
schossen hatte, das Schlachtfeld zu verlassen. Es war 7 Vi Uhr.
als der Rückzug angetreten wurde. Des Felclmarschalls Absicht
war, sich hinter dem Dorfe Mollwitz aufzustellen, wo er coupiertes
und vorteilhaftes Terrain zu finden glaubte. Es ist wahrscheinlich,
dass, wenn er dort die Nacht auszuhalten vermocht hätte, die
Preussen eine Verfolgung nicht unternommen hätten, denn sie
hatten ebenfalls bedeutende Verluste erlitten.
Als Neipperg aber die Auflösung der tactischen Ordnung,
besonders bei der Infanterie gewahrte, fasste er den Entschluss, in
der Nacht noch bis Grottkau zurückzugehen.
Die Grenadier-Compagnien und die noch verfügbare Reiterei
deckten den Rückzug der Infanterie. Vor dem gegen Mollwitz
vorrückenden linken Flügel der preussischen Front gieng auch die
österreichische Cavallerie bald zurück und die unter Major von
Z i e t e n das Dorf Mollwitz westlich umgehenden Berliner Husaren
trugen mit dazu bei, dass beim Rückzuge noch viele Munitions
Wagen verloren giengen, die in dem tiefen Schlamme der Strasse
stecken geblieben waren. Neipperg, der selbst hier zugegen war,
musste ebenfalls eilen, aus dem Bereiche der preussischen Reiter zu
kommen. 6 Feld-Geschütze und 1 Haubitze, deren Pferde entweder
erschossen oder entlaufen waren, blieben stehen.
Der Mangel an Bespannungen zwang dazu, auch die eroberten
preussischen Geschütze in Mollwitz zurückzulassen.
Ein dreipfündiges Geschütz wurde bis "Wansen mitgeführt
musste aber dort zurückbleiben, weil der Büchsenmeister keinen
Vorspann mehr erhielt, so dass von den durch die Cavallerie eroberten
preussischen Geschützen nur ein Sechspfünder in österreichischen
Händen blieb. Nachdem der Conradswaldauer Bach auf den bei
Hünern und südlich davon gelegenen Brücken überschritten worden,
erreichte die österreichische Armee noch in der Nacht das 16 Kilo-
meter vom Schlachtfelde entfernte Grottkau.
FM. Graf Schwerin entsandte den Adjutanten des Erb-
prinzen L e o p o 1 d, Major von B ü 1 o w, um König Friedrich H.
aufzusuchen und demselben den Erfolg des Tages zu melden. GL. von
G essler traf zu Ende der Action mit 10 Escadronen von (Milan
ein, nachdem er von österreichischen Husaren Längere Zeit an dem
Vormarsche gehindert worden war. Diese Cavallerie wurde ebenfalls
L6*
244
zur Verfolgung der abziehenden Oesterreicher verwendet, blieb aber
schon am Conrads waldauer Bache stehen.
Schwerin, zweimal im Laufe der Schlacht verwundet,
übergab den Befehl an den Erbprinzen von Anhal t-D essaa.
der die preussischen Truppen auf der "Wahlstatt lagern Hess.
"Wahrend dieser Vorgänge war König Friedrich LT. vom
Schlachtfelde, Anfangs mit grösserem Gefolge, nach Löwen geritten,
hatte hier die Neisse passiert und wandte sich nun, wie es scheint,
mit nur wenigen Begleitern nach Oppeln (23 Kilometer von Löwen),
das er in Sicherheit glaubte. Die Stadt Oppeln war jedoch an eben
diesem Tage von Csäky'schen Husaren, den Vortruppen des aus
Mähren in Ober - Schlesien eingedrungenen kleinen Corps des
Baron GFWM. Baränyay besetzt worden.
Als er nun in der Nacht dort bei dem geschlossenen Thore
mit seinen Begleitern anlangte und sie sich als „Preussen" meldeten,
wurde mit Schüssen geantwortet.
Der König wandte um und schlug den Weg nach Löwen
wieder ein, wurde aber von einer Abtheilung Csäky-Husaren unter
Lieutenant "Werner verfolgt, jedoch nicht eingeholt und gelangte
glücklich nach Löwen, wo er bei Tagesanbruch des 11. April ankam
und den Major von Bülow mit der Kunde von dem Rückzuge
der österreichischen Armee antraf.
König Friedrich II. hatte an diesem Tage vom Schlachtfelde
nach Oppeln und zurück nach Löwen, eine Wegstrecke von 10 Meilen
zurückgelegt. Er selbst soll über diese Episode niemals gesprochen
haben, welcher Umstand selbstverständlich die historische Richtig-
stellung des Ereignisses nicht gefördert hat. *)
Thatsächlich hatte er sich in imminenter Gefahr befunden,
wie die Gefangennahme eines Theils seines Gefolges, darunter
Oberstlieutenant von Buggenliagen, Kriegs - Commissär von
Reinhardt und der gelehrte Mathematiker de Maupertuis.
durch die Husaren beweist. 2)
*) Eine Schilderung dieser Episode mit Benützung aller zugänglich.
gewesenen Quellen findet sich in „Mittheilungen des k. und k. Kriegs-Archivs."
N. F. 1887, Bd. I, 209 und ff, Anmerkung 1.
2) Lieutenant Paul Werner, welcher König Friedrich in jener
Nacht verfolgte, trat später (1750) in preussische Kriegsdienste und brachte
es dort zu hohen Stellungen. Er starb 1785 als General-Lieutenant auf seinem
Gute Pitschin in Ober-Schlesien.
2 1 5
Nach kurzem Aufenthalte brach König Friedrich II. aus
Löwen wieder auf und traf am Vormittage des 11. April bei seiner
Armee in Mollwitz ein.
Die Verluste, wie sie FM. Graf Neipperg in einer Eingabe
aus Neisse vom 23. April selbst beziffert, bestanden in :
Inf ant er i e.
Todt: Officiere und Gemeine 351 Mann
Während der Action verloren, also Vermisste, Blessierte
und in Gefangenschaft Gerathene (incl. Officiere) . 1427 ,,
Blessierte, nach Mährisch-Neustadt transportiert (incl.
Officiere) 1393 „
Un transportable Verwundete in Neisse 138
j;
3309 Mann
Cavallerie (Cürassiere und Dragoner).
Todte : (worunter auch Gefangene sein können)
Officiere und Gemeine 468 M. 913 Pfde.
Während der Action verloren (wie oben) . . 70 ,, 85
In feindliche Gefangenschaft gerathen ... 14 ,,
Blessierte in Mährisch-Neustadt u. in loco (incl.
Officiere) 625 „ 610
1177 M. 1608 Pfde.
Husaren (Officiere und Gemeine).
Todt geblieben, vermisst und gefangen . 38 M. 53 Pfde.
Artillerie. Todt 13 „ 58 „
Blessiert (incl. Officiere) 14 ,, ,,
27 M. 58 Pfde.
Zusammen 4551 Mann (incl. Officiere) und 1719 Pferde.
Von der Generalität waren todt geblieben : General der
Cavallerie Baron Römer und FML. Baron Gold y. Verwundet
waren: FML. Graf Browne und Graf Grünne, GFWM. Baron
K h e u 1, Graf Kolowra t, Prinz B i r k e n f e 1 d, Graf Franke n-
berg, Baron Lentul us. Graf Lannoy, Oberst von Hohen-
zollern blieb todt, Oberst Derenthal von Franz Lothringen
starb in Folge seiner Wunde ; die Oberste B e c h i n i e von
Batthyänyi, Hagenbach von Harrach und Bretlach von
Württemberg wurden verwundet. Der Oberst von Kolowrat.
Graf Wels, erhielt eine Contusion am Munde. Baron Krassow.
246
Oberstlieutenant vom Regimente Grünne, wurde gefährlich ver-
wundet, gefangen und erlag sehr bald seinen Wunden. An
Officieren vom Oberst abwärts waren geblieben : bei der In-
fanterie: todt 21. verwundet 99, vermisst 14; bei der Cavallerie :
todt 25, verwundet 45, vermisst 2 ; bei der Artillerie: verwundet 2.
Der Verlust an Officieren vom Oberst abwärts betrug daher 214.
Die transportablen Verwundeten der österreichischen Armee
wurden meistentheils nach Mährisch-Neustadt gesandt.
An Geschützen giengen verloren : 3 dreipfündige Regiments-
Stücke, 3 dreipfündige Feldschlangen, 1 zwölfpfündige Haubitze.
1 kleine Petarde ; dann zwei Protzen, 1 Munitions-Karren, 22 Muni-
tions-, Schanzzeug- und Requisiten- Wagen, 1 Feuerwerkskasten.
Ausserdem sollen drei Estandarten der Regimenter Hohenzollern,
Lanthieri und Hohenems verloren gegangen sein.
Sämmtlichen Generalen waren die Pferde unter dem Leibe
getödtet oder verwundet worden. FM. Graf Neipperg selbst hat fci
zwei Schüsse durch den Hut, fünf bis sechs durch die Uniform,
ein Pferd durch eine Kanonenkugel zerrissen und zwei Pferde ver-
wundet. Die Armee war schon vollständig zurück, als er bei den
Munitions-Karren, die stecken geblieben waren, anhielt, so dass er
beinahe in die Hände des Feindes gefallen wäre, dessen Husaren
schon auf ihn Feuer gaben, so dass sein erster Adjutant, Baron
von L e w e n, ihn aufmerksam machen musste, sich zurück zu
begeben.
Von der ganzen Suite war kaum Jemand ohne Wunde oder
ohne verwundetes Pferd davongekommen. Dem ersten Adjutanten
zertrümmerte eine Kugel die Pistole in der Holfter, er selbst erhielt
eine Contusion am rechten Fuss, das Pferd des zweiten ward ver-
wundet, der dritte erhielt einen Schuss in den Schenkel. Dem Volontair
Grafen Vasquez wurde ein Pferd verwundet und ein anderes durch
eine Kanonenkugel getödtet, der Ingenieur-Lieutenant Ignaz von
S c h u b a r t aus dem Stabe N e i p p e r g's wurde schwer verwundet.
Aber auch die Preussen hatten enorme Verluste erlitten, 190
Ofnciere, 4659 Mann, 523 Pferde bedeckten todt oder verwundet
die Wahlstatt. Die grössten Verluste hatte die Infanterie ; GL. Graf
Schulen bürg, die Oberste Prinz Friedrich von Branden-
b u r g-S ohwedt und von Borcke waren gefallen, verwundet waren
FM. Graf S c h w e r i n, GM. von Kleist und von der M a r w i t z,
die Oberste Prinz Wilhelm von B r a n d e n b u r g - S c h w e d t.
von M o s e 1 1, Graf Wartensiebe n, von ßocho w.
247
Die Zahlen der Verluste auf beiden Seiten sind bei der
geringen numerischen Stärke beider Heere ganz unverhältnissmässig
grosse.
Bej der preussischen Armee beschäftigte man sich vom 12.
bis 16. April mit Vertheilung und Fortschaffung der Verwundeten,
welche zumeist nach Ohlau gebracht wurden. Es fand eine Son-
derling der Schwer- und Leichtblessierten statt und eine Art von
Krankenzerstreuungs-Sy stem kam in Anwendung, wobei der Wasser-
transport auf der Oder abwärts sehr zu Statten kam.
Die österreichischen Gefangenen wurden sämmtlich nach
Breslau dirigiert, zu weiterem Transporte von dort aus. Eine Anzahl
von 556 österreichischen Verwundeten wurde von den Preussen
nach der Schiacht ohne alle ärztliche Vorsorge in die Dörfer um
Brieg gelegt und der Commandant von Brieg aufgefordert, sie zu
übernehmen. So schwer diese Belastung für den kleinen Platz auch
war, so fügte sich der wackere Commandant doch aus Menschlich-
keit dieser Forderung. 2)
Die Mehrzahl aller bei Mollwitz Verwundeten und eine Menge
von Kranken kamen nach Breslau in die Klöster, die evangelische
Schule und das Maria Magdalena-Gymnasium.
FM. Graf Neip per g sagt in seinem Schlachtberichte: „die
Cavallerie sei recht a la hussarde und in voller Furie auf den Feind
losgegangen, habe zwar anfänglich das Ilirige wohl gethan, das Ende
aber habe, um dieser Unordnung willen, mit dem Anfang nicht über-
eingestimmt. Die Infanterie habe schon auf 1000 Schritt, — wovon sie
über alles Zureden nicht abgehalten werden können, in Sonderheit als
selbige stundenweis auf dem einen Flügel von der Cavallerie sich ent-
blösst gesehen, welches einen grossen Anlass zu dem Plänkeln und dass
man sie aus Consternation nicht fortbringen können, mag gegeben
haben — auf den Feind zu feuern angefangen und sich vor der Zeit
ohne Noth verschossen, dergestalt, dass sie auf die Letzt' keine
Munition mehr gehabt habe." 2)
Er fügte in seinem Berichte an den Grossherzog hinzu: „Aus
diesem Allen können und wollen Euer Königliche Hoheit von selbst
Gnädigst urtheilen, was Ihre Majestät die Königin für Armeen
haben und wie wenig auf selbige zu rechnen, einem Feind, der,
') FM. Graf Neipperg nennt in einem Berichte an den Hof-Kriegsrath
vom 28. Aprü die angegebene Zahl und bezeichnet sie als von dem Feinde
ausgelieferte „blessierte Gefangene". (K. A., F. A. Schlesien 1741; XIII. 11
2) Neipper g's Bericht.
248
wie die preussische Infanterie, eine so gute Contenance haltet, sich
zu präsentieren, insonderheit, da fast die ganze Infanterie in Recruten
und schlechter Mannschaft von Bauern und sonst dergleichen
besteht, die noch zu allem Uebernuss meistentheils einige Tage,
bevor die Regimenter in's Feld gerückt, dazu gestossen worden,
deren Ungeschicklichkeit auch verursacht, dass öfters die Generale
sowohl, als Stabs-, Ober- und Unterofficiere, auch alte Gemeine
selbst in Gefahr stehen, verloren zu werden und daher anstatt
dass dergleichen Leute zum Nutzen gereichen sollten, solche, um
der verursachenden Unordnung willen, zum Nachtheil und Schaden
sind. Meinen Worten aber dürfen Höchstdieselben hierinfalls kein
Gehör geben, oder an mein Sentiment sich binden, sondern geruhen
von den hier in loco befindlichen Generalen, auch Stabs-Ofncieren
und anderen unter der Hand zu vernehmen, ob es getroffen oder
nicht. In diesem muss unterdessen bekennen, dass ich mich sehr
geirrt, indem unsere Leute von Infanterie sowohl, als Cavallerie
niemals Anfangs von einem so grossen Muth und Freude gesehen,
als diesmal und bis zur Stund des unvermutheten und übereilten
unglücklichen Angriffs des Generals Römer."1)
Römer hatte von Neipperg unzweifelhaft den Befehl,
denn das geht aus der letzteren Relation hervor, mit seinen sechs
Cavallerie-Regimentern vor Mollwitz so lange stehen zu bleiben,
bis das Centrum und der rechte Flügel in die Schlachtlinie ein-
gerückt seien. Er wurde durch diesen Befehl an den Ort seiner
Aufstellung gebannt und seine Cavallerie-Masse diente den preussi-
schen Artilleristen als leichtes und willkommenes Zielobject.
Wie lange R ö m e r's Regimenter beschossen wurden, ist nicht
festzustellen, immerhin dürfte der General geglaubt haben, der
Armee zum Aufmarsch Zeit genug gelassen zu haben, als er zur
Attaque, zu der die Umstände ihn drängten, vorgieng. Den Verlust
der Schlacht hat der tapfere General gewiss nicht verschuldet.
Wenn ihn ein Tadel treffen kann, so ist es der. mit sechs Regi-
mentern attaquiert, sich ganz ausgegeben und keine Reserve aus-
geschieden zu haben. Vier Cavallerie-Regimenter hätten auf den
preussischen Flügel wohl die nämliche Wirkung ausgeübt, als die
ganze Cavallerie-Masse.
Es darf dabei freilich nicht vergessen werden, dass ein be-
sonderer Grad von Manövrierfähigkeit der Armee zu Anfang
*) K e i p p e r g's Relation.
249
dieses Kriegs nicht innewohnte, dass die höheren tactischen Ver-
bände eben erst gewissermassen improvisiert worden waren, dass
die Generale ihre Truppen und diese ihre Generale noch viel zu
wenig kannten.
Aehnlich spricht sich der bewährte Kriegspraktiker und Militär-
Schriftsteller FM. Ludwig Andreas Graf K h e v e n h ü 1 1 e r in einem
Briefe an den Armee-Commandanten aus: „die Cavallerie, die ihre
volle Schuldigkeit gethan hat, musste von der Infanterie unterstützt
und aufgemuntert werden."
,,Ich hätte gewünscht, dass unsere Infanterie wie dereinst ge-
wesen wäre, diese Eöme r'sche Cavallerie hätte Gelegenheit ge-
geben zur gänzlichen Vernichtung der preussischen Armee." x)
In den höheren Wiener Kreisen war man der Ansicht und
machte auch dem Armee-Commandanten daraus einen Vorwurf,
dass Neipperg zu viel Vertrauen in die erhaltenen Nach-
richten gesetzt und ,, nicht ausgesendet habe, um den Feind zu
recognoscieren". Alles Andere hätte man früher von diesem
General erwartet, als sich überraschen zu lassen, so gross war
die Meinung von seinen Vorsichtsmassregeln und seiner Umsicht.
Er hatte die umfassendsten Dispositionen getroffen, um die Preussen
am folgenden Tage anzugreifen, aber unterlassen, für die Ver-
teidigung der eigenen Truppen vorzudenken oder sie wenigstens
so zu vertheilen, dass, wenn er angegriffen wurde, er sie vereinigen
konnte. 2) Darin lag der Kernpunct des Verlustes der Schlacht
nicht. Die Massnahmen des Feldmarschalls waren den Verhält-
nissen nach richtig und entsprechend, er hatte seine Lage so
günstig gestaltet, als er sie nach seinen Nachrichten vom Feinde
zu gestalten vermochte und er erntet auch vom Gegner alles Lob :
,,Le plan de l'expedition de N e ip p e r g etait judicieux et profond." 3)
Aber die Vereinigung der über ganz Schlesien zerstreuten preussischen
Corps musste er zu verhindern und schneller Ohlau, den grossen
Depötplatz des preussischen Heeres, zu erreichen trachten.
Sicherlich hielt der Marschall die preussische Armee am 9. April
noch nicht für ganz vereinigt; er vermuthete bei Michelau und
Löwen allerdings den stärkeren, bei Ohlau nur den kleineren Theil
*) Der Wortlaut des Briefes in Anhang XLIY.
2) Capello's Bericht vom 19. April. (H. H. u. St. A., Dispacci di Ger-
mania, 241.)
3) Histoire de mon temps (Keil. v. 1746), 228.
•250
derselben. Die tactische Ueberlegenlieit war jedoch auf Seiten der
preussischen Infanterie und diese allein hat die Schlacht zu ihren
Gunsten entschieden.
Es machten sich auch Stimmen geltend, welche den be-
schleunigten Beginn der Operationen tadelten und meinten, dass
es besser gewesen wäre, zu warten, bis man kräftiger gerüstet
gewesen und möglicherweise von einer anderen Macht secundiert
worden wäre. Jedoch liegen die politischen Motive ja deutlich zu
Tage, welche den Hof bestimmt hatten, den Feldherrn zur Acüon
in Schlesien zu drängen. Gelang es, die Kriegslage dort günstig
zu gestalten, so war die Stellung der Königin augenblicklich
verändert, es waren Alliierte zu haben und die offenen und ver-
steckten Feinde wurden von einer Coalition gegen Oesterreich ab-
gehalten. Vom politischen Standpuncte wäre auch das Preisgeben
einer ererbten Provinz und mit ihr so vieler treu ergebener Unter -
thanen, endlich zweier wichtiger Festungen, ein Eingeständniss
von Schwäche gewesen, das dem hohen und starken Geiste der
Königin nicht entsprach. Da vorläufig nur Preussen in Waffen
stand, galt es wohl, den Versuch zu wagen, sich mit gesammter
Kraft auf diesen ersten Angreifer zu werfen.
Wie dem auch sein mag, FM. Graf N e i p p e r g blieb auch
nach dem Ausgange der Mollwitzer Action im Besitze des un-
geschmälerten Vertrauens der Königin und ihres erlauchten
Gemahls. *)
l) Vergl. die Briete des Herrscherpaares an FM. Grafen Neipperg in
„Mittheilungen des k. und k. Kriegs-Archivs". N. F. 1888, II, 194 ff.
Rückzug der österreichischen Armee an die Neisse.
Der Rückzug der Armee in der Nacht nach Grottkau war
Schritt für Schritt geschehen und hätte der Feldmarschall, „nach
dem er eine halbe Stunde ungefähr von Mollwitz entfernt war
und einen morastigen Graben passiert hatte x), des Feindes
willen, der nicht, wie er wohl thun konnte, verfolgt, sondern
nur etliche wenige seiner Husaren nachprellen lassen, ganz und
gar keine Ursache gehabt, noch selbige Nacht bis nach Grottkau
zurückzugehen, wann er nicht bei den Truppen überhaupt, an In-
fanterie und Cavallerie, eine gewisse Furcht und Gonsternation
verspürt und daher sothane Retraite bis nach Grottkau für gut-
angesehen worden. Daselbst nun, ohne von der feindlichen
Verfolgung etwas gewahr zuwerde n, ist man nicht allem
den Ueberrest der Nacht, sondern auch folgenden Tag (11. April)
bis gegen Mittag stehen verblieben und den Truppen sowohl Brod,
als Hafer ausgetheilt worden, unter welcher Zeit auch noch eine
Menge von Blessierten und denjenigen, so sich tagszuvor verlaufen
gehabt, nachgekommen". 2)
FM. Graf N e i p p e r g hatte zuerst die Absicht, in Grottkau
zu bleiben, doch scheinen Rücksichten auf die Verpflegung ihn zu
dem Marsch an die Neisse bewogen zu haben. Ein Theil der In-
fanterie cantonnierte dann anfänglich in den Ortschaften um Gross-
Neunclorf am linken Neisse-Ufer, der andere Theil in Neunz und
Umgebung. Doch wurde einige Tage später die gesammte In-
fanterie auf das rechte Neisse-Ufer verlegt und cantonnierte nun
J) Den Conradswaldauer Bach. („Kriege Friedrich d. Gr.", 1/2, 1).
2) K. A., Neipperg an die Königin, Neisse, 23. April 17-41. Abgedruckt
m „Mittheilungen des k. und k. Kriegs-Archivs", N. F., II, 204.
252
hinter diesem Flusse von Ottmachaii bis Mannsdorf. Sodann rückte
die Cavallerie nach Haunsdorf, am 12. nach "Weitzendorf und Um-
gebung, am 14. nach Steinsdorf bei Steinau, wo sie bis 1. Mai in
Cantonnierung blieb, die Infanterie marschierte gegen die Festung
Neisse zurück, wo sich auch das Hauptquartier befand.
In "Wien war die Nachricht von der am Montag, den 10. April,
vorgefallenen Schlacht am 15., in Berlin und in Dresden am 13. April
eingetroffen.
Der venetianische Botschafter Pietro Andrea Capello be-
richtet am 19. April an die Signoria, dass Prinz Carl von
Lothringen den Verlust der Schlacht auf Ueberraschmig,
Mattigkeit und Ermüdung der Infanterie, sowie auf den vorzeitigen
Cavallerie-Angriff des linken Flügels zurückführe. Er fügte noch
hinzu, die Husaren seien nicht zur Hand gewesen und hätten
während der Zeit die feindliche Bagage geplündert ; durch den
Tod des Generals Eöme r habe die Cavallerie keinen Comman-
danten gehabt, endlich seien die Unthätigkeit und die unnützen Be-
wegungen der Infanterie, die erst aus den Dörfern zusammengebracht
werden konnte, nachdem der Kampf schon seit lVa Stunden begonnen
hatte, verderblich gewesen. Die Infanterie habe übrigens mehr die
eigene Cavallerie, die zurückgieng, als die feindliche beschossen,
wesshalb die Salven aufgegeben und die Bajonnete gepflanzt werden
mussten. 3)
Die Königin theilte dem commandierenden General, der in
seiner Relation den Mangel an Generalen betont hatte, in ihrem
Erlasse vom 16. April mit2), dass sie die Feldmarschall-Lieutenants
Franz Graf St. Ignon, Königsegg und den GFWM. von P a 1 1 a n t
in das Feldlager absenden lasse, dass das Leopold Daun'sche Infanterie-
Regiment (Nr. 59) aus Siebenbürgen zur Armee bestimmt worden
und completiert werden würde, endlich, dass die über den Jablunka-
Pass rückenden ungarischen Freiwilligen-Regimenter nicht früher,
als den 1., beziehungsweise den 15. Mai aufbrechen könnten.
Am Schlüsse fügte die gütige Monarchin noch bei :
„Schliesslich hast Du denjenigen Generalen und Officieren,
die bei dem vorgefallenen Treffen ihr Devoir besonders gethan,
Unsere Gnädigste Danknehmigkeit, dessgleichen auch dem Obersten
*) H. H. u. St. A., Dispacci di Germania, 241.
2) Siehe die Schreiben der Königin und des Grossherzogs an Grafen
Neipperg in „Mittheilungen des k. und k. Kriegs-Archivs", N. F., II, 194 ff.
253
Freiherrn von Roth Unser "Wohlgefallen über die während der
Zeit, als er zn Neisse das Interims-Commando geführt, bezeigte
rühmliche Stanclhaftigkeit zn erkennen zn geben, demselben auch
zu versichern, class Wir auf seine Consolation gelegentlich zu
reflectieren nicht vergessen werden, gleichwie "Wir auch des Leopold
Eisenkolb1) in Gnaden eingedenk sein werden."
Das preussische Heer ruhte die Nacht über bei den Lager-
feuern auf dem Schlachtfelde. Am 11. April legte König-
Fr i e d r i c h II. seine Truppen in Cantonnierungen in dem
Räume Jankau-Stannowitz-Löwen-Michelau. Die unter des Herzogs
von Holstein Befehlen stehenden sieben Bataillone2) und sechs
Escadronen, die am 10. April bei Strehlen gewesen, waren am 11. April
beim Heere des Königs eingetroffen. Am nämlichen Tage kamen noch
nachgerückte Verstärkungen an und zwar ehie Escadron Grardes du
Corps und vier Escadronen Gensdarmen, so dass die preussische
Armee nun mit den zwei in Ohl au als Garnison befindlichen
Bataillonen 42 Bataillone und 56 Escadronen stark war.
Die unterbrochen gewesene Verbindung mit Ohlau und Breslau
war durch die Schlacht und N e i p p e r g's Rückzug an die Neisse
wieder offen, Ober-Schlesien aber durch die Stellung der öster-
reichischen Armee ausreichend gesichert. Die preussische Armee
bedurfte selbst dringend der Erholung und König Friedrich H.
sah vorläufig von weiteren Operationen ab, richtete dagegen sein
Hauptaugenmerk auf die Eroberung Briegs, das er schon am
11. April auf beiden Seiten der Oder enge einschliessen Hess.
Das königliche Hauptquartier blieb bis zum 20. April in Ohlau.
Im Allgemeinen erscheint der Erfolg der am 10. April 1741
ausgekämpften Schlacht für König Friedrich H. von Preussen
militärisch wenig belangreich.
Den durch den Einmarsch des FM. Grafen Neipperg der
preussischen Armee wieder entrissenen grossen Theil von Schlesien
brachte der Tag von Mollwitz nicht zurück und erst nach Monaten
konnte es diplomatischer Thätigkeit gelingen, jene Landgebiete,
welche Anfangs April der glücklich combinierte Marsch N e i p p e r g s
der Königin Maria Theresia wiedergewonnen hatte, aberma ! 3
in die Hände König Friedrich H. zu bringen.
') Bürgermeister von Neisse.
") Das zweite Bataillon Alt-Borcke war zu diesem Commando gestossenr
dagegen aber das zweite Bataillon Kalckstein in Schweidnitz geblieben.
-254
Dagegen waren die politischen Consequenzeii der Schlacht
von eminenter Bedeutung, die Stellungnahme der einzelnen Cabinete
wurde durch sie wesentlich beeinflusst.
Die Gegner Maria Tlieresia's erhoben zuversichtlicher das
Haupt, während die Alliierten, aufweiche sie gerechnet, kleinmüthig
wurden.
Breslau und das Lager König Friedrich IL gestaltete sich
zu einem förmlichen Congress, auf welchem fortan die Diplomaten
und Gesandten sämmtlicher europäischen Mächte, dem Erfolge zu
huldigen, nicht säumten.
Die Gruppierung der Mächte.
Als zu Beginn des Jahres 1741 die Unterhandlungen zwischen
Oesterreich und Preussen abgebrochen wurden, lag der Schlüssel
zu dem Verhalten und der Gruppierung der übrigen Mächte in den
Verhältnissen der allgemeinen "Weltlage, in der Stellung Frankreichs
zu England. x)
Im Jahre 1739 war zwischen England und Spanien ein Krieg
ausgebrochen, dessen Motiv von weltumfassender Bedeutung war.
Es handelte sich für England darum, das Uebergewicht im
Welthandel und im Colonialbesitz an sich zu reissen. Die umfang-
reichen maritimen Rüstungen Englands, welche auf Unternehmungen
gegen das Festland von Süd-Amerika abzielten, riefen Frankreichs
Eifersucht wach. Im September 1740 waren zwei französische
Geschwader nach den westindischen Gewässern gesegelt. Für den
Fall des Ausbruchs eines englisch-französischen Krieges suchte
England Verbündete auf dem Continente und hätte am liebsten
die „grosse Allianz" wieder aufleben lassen. Durch die vitalsten
eigenen Interessen wurde daher das Inselreich auf die Seite
Oesterreichs gedrängt. Angesichts eines bevorstehenden Krieges
mit Frankreich erhob man sich in London sofort zur Ueberzeugune;.
dass man eines verbündeten Oesterreich nicht entrathen könne.
König Georg LT. von England, Churfürst von Hannover
hatte sich beeilt, Maria Theresia als die einzig berechtigte
1) ,, England und Frankreich sind entzweit; wenn sich Frankreich in die
Angelegenheiten des Reiches mischt, kann England dies nicht dulden und auf
diese Art hieten mir die beiden gegnerischen Parteien immerhin eine gute
Allianz." (Polit. Corresp." I, Nr. 140. Idees sur les projets politiques ;'i former
au sujet de la mort de l'Empereur. 6. November 1740.
256
Nachfolgerin Kaiser Carl VI. anzuerkennen. In der Rede, mit welcher
der König am 29. November des abgelaufenen Jahres das Parla-
ment eröffnet hatte, war der feste Vorsatz ausgesprochen, die Ver-
pflichtungen gewissenhaft zu erfüllen, welche er auf sich genommen
habe. Die Antworten der beiden Häuser gestatteten keinen Zweifel
über die Stimmung des englischen Volkes. Klar erkannte es, dass
«las eigenste Interesse es erheische, jeder Schmälerung der Macht
Oesterreichs entgegenzutreten. Diese Kundgebungen des Parlaments
Hessen König Georg den Wiener Hof zur Standhaftigkeit Preussen
gegenüber mahnen und jede Nachgiebigkeit widerrathen. x)
Wiederholt erklärte König Georg dem Gesandten Mari a
T h e r e s i a's, dass er mit seiner eigenen Macht, sowie mit den in
Englands Solde befindlichen hessischen und dänischen Hilfs-Truppen
gegen Preussen in das Feld rücken werde. 2)
Im Gegensatze zu den Aeusserimgen des Souverains erschien
das Benehmen seines Gesandten am Wiener Hofe, Lord Robin-
son, um so befremdender. Dieser Diplomat war nicht ohne
Verschulden, dass gegen den preussischen Einbruch in Schlesien
keine Kriegsmittel verfügbar waren, da er bis zur vollendeten That-
sache jener Invasion stets behauptet hatte, König Friedrich H.
sei von einem Einfalle auf österreichisches Gebiet weit entfernt
und jede Vorkehrung dagegen werde nur überflüssige Kosten ver-
ursachen und dazu dienen, sich den König von Preussen, dessen
Beistandes man dringend bedürfe, zum Feinde zu machen.
Dass dieser Diplomat zur Nachgiebigkeit gegen, zur Ver-
einbarung mit Preussen rieth, wirkte umso überraschender, als
dessen Vorgehen den Anschauungen seines Königs gerade ent-
gegengesetzt war.3)
') „E. k. M. sollen nur sich nicht mit Preussen vergleichen; man werde
schon Mittel finden, den König in solche Enge zu treiben, dass Allerhöchst-
derselben der Schaden werde ersetzt werden, auch Andere dabei des Ihrigen
sich erholen können ; ihm, König von Preussen, müsste der Muth zu weiterem
dergleichen Muthwillen benommen werden. Er, König von England, mache
liiezu seinerseits alle möglichsten Veranstaltungen". Graf O s t e i n an Maria
Theresia, London 13. Februar 1741. (H. H. u. St. A. Arneth, Maria
Theresia I, 391).
2) Arneth a. a. 0. 199. „Wir haben von England nichts zu hoffen
und ich bin im Begriff, mit dem Cardinal (Pleury) abzuschliessen." (Polit.
Corresp. I, Nr, 244. Friedrich IL an Podewils, Breslau, 5. Januar 17+1.)
3) „Robinson hat gleich allen Anfangs den eifrigsten Vorsprecher des
Königs von Preussen abgegeben. Er hat Alles angewendet, um was sowohl
von innen, als von aussen zum hiesigen Behuf geschehen konnte und geschehen
257
Bald jedoch wurde man in Wien darüber klar, dass Robinson,
wenn auch nicht im Auftrage des Königs, doch in jenem des
englischen Ministeriums handelte. "Wahrend König Georg sich
vorwieo-end durch die Sympathien für sein Stammland Hannover
leiten Hess, stellte das englische Ministerium die Interessen des
Inselreichs in erste Linie.
Um, wie Anfangs bereits erwähnt, Oesterreich in einem Kriege
gegen Frankreich als Bundesgenossen zu haben, lag den britischen
Staatsmännern sehr viel daran, jede sonstige Verwicklung, durch
welche Oesterreich verhindert werden konnte, seine Kraft wider
Frankreich zu entfalten, im Keime zu ersticken.
Als Leitmotiv zieht sich durch die gegenwärtigen und die
folgenden Verhandlungen des Jahres 1741 mit England das Be-
streben, den schlesi sehen Zwischenfall aus der Welt
zu schaffen; wenn dies durch eine Pression auf Oesterreich
nicht gelang, mochte man wohl daran denken, eine solche auf
Preussen zu üben. Durch Aufopferung einiger schlesischer Gebiets-
theile glaubte man das Einvernehmen mit Preussen ermöglichen
zu können, die Streitkräfte der Königin blieben zur Verwendung
gegen Frankreich intact und Preussens Beitritt zum Bündnisse
gegen Frankreich wäre durch zu seinen Gunsten gemachte Cessionen
zu erwirken gewesen.
So die Rathgeber der englischen Krone. Anders fasste jedoch,
wenigstens noch zu Anfang des Jahres 17-41, König Georg die
politische Situation auf. Er sah vollkommen ein, class es im Inter-
esse der Unabhängigkeit seiner hannoverschen Lande lag, Preussen
nicht noch mächtiger werden zu lassen.
Persönliche Eifersucht gegen Friedrich II. mag auch dazu
beigetragen haben, den König in dieser Anschauungsweise zu
bestärken und durch sie erklärt sich am leichtesten der Eifer, mit
welchem er bestrebt war, zunächst eine Aussöhnung zwischen den
Höfen von Wien und Berlin zu hintertreiben und sodann eine
wollen, zu hintertreiben ; sogar dass auch nach wirklich erfolgtem Einfall in
Schlesien, er diese seine Bemühung auf eine Art an Tag gelegt, worüber sich
alle anderen fremden Minis tri . . . geärgert haben. Des Gotter's und Borcke's
längeren Aufenthalt hat er zu erzwingen vermeint, die preussische Anforderung
auf Jägerndorf vertheidigt und auch zur Zeit, da Uns der König, sein Prin-
cipal, einen schädlichen Vergleich mit Preussen missrathen und die Noth-
wendigkeit, den preussischen Uebermuth und Macht zu mindern, erkannt hat.
ganz anders gesprochen." Maria Theresia an den Grafen Ost ein.
2. April 1741. (H. H. u. St. A. Bei Arneth a. a. 0. 391.)
Oesterreichischer Erbfolsrekrieg. II. Bd. 1<
258
möglichst ansehnliche Trnppenmaclit wider Preussen zusammen-
zubringen. Durch Preussens Demüthigung sollte jede zukünftige
Gefahr von Hannover abgewendet und diesem Lande durch, auf
Kosten Preussens zu machende Eroberungen noch eine höchst
willkommene Vergrösserung zu Theil werden. ])
Indem die Minister dann ihr ursprüngliches Programm, das
der in der Nation herrschenden Stimmung nicht zu entsprechen
schien und auch der Ansicht ihres Souverains diametral entgegen-
stand, aufgaben, Hessen sie sich gleichzeitig zu einer politischen
Action verleiten, welche die Interessen Englands zu Gunsten
Hannovers preisgab. Vermochte man den Kriegsfall in Schlesien
nicht im Beginne aus der Welt zu scharfen, so mussten die
Schwierigkeiten wachsen und das englische 'Ministerium konnte
sicher voraussehen, dass, sobald Frankreich aus seiner passiven
Rolle heraustrat und sich auf die Seite der Gegner der prag-
matischen Sanction stellte, die englische Nation energisch Ver-
wendung aller Kräfte gegen diesen Feind verlangen würde.
Die englischen Staatsmänner fanden jedoch die übrigen Mächte,
welche die pragmatische Sanction garantiert hatten, nicht nur voll-
kommen unvorbereitet zu einer sofortigen militärischen Action
gegen Preussen, sondern auch einer solchen im Allgemeinen wenig-
geneigt und es lässt sich wohl behaupten, dass ohne die grossen
diplomatischen Anstrengungen, welche von England ausgiengen, nicht
einmal jener schwächliche Anlauf zur Bildung einer Vereinigung
der für die pragmatische Sanction eintretenden Mächte zu Stande ge-
kommen wäre. Die Verantwortung für die durch diese diplomatische
Action bei Oesterreich erweckte Hoffnung und das später für das-
selbe in Folge seines festen Vertrauens auf ein actives Eingreifen
der Garantie-Mächte entstandene Unheil fallen unzweifelhaft dem
Vorgehen der englischen Politik zur Last.
Der ganz enorme Vortheil, der König Friedrich H. in
allen diplomatischen Schachzügen so sehr zu Statten kam und den
kleinen Staat Preussen eine führende und dominierende Stellung
den Grossmächten Europas gegenüber einnehmen liess, liegt in
seiner Schlagfertigkeit und seinen gefüllten Gassen.
Die englische Politik versuchte nun zuerst Holland und
Bussland zu einem gemeinschaftlichen Vorgehen zu veranlassen.
J) A ruet h a. a. 0. ,,Die Absicht, so Er, König, für sich darunter führet,
geht auf die Behaltung der Conqueten, welche er mittels Seiner Operationen
über Preussen zu machen gedenkt." Graf Ostein an die K ö n i g i n, London,
13. Februar 1741. (K. und k. H. H. u. St. A.)
259
Bei den General-Staaten wurde es nicht leicht, den Ansichten
Englands Eingang zu verschaffen, die Stimmung in den Pro-
vinzen war getheilt und eher eine furchtsame, als thatkräftige.
Die einilussreichsten unter den Regenten waren der Meinung,
so lange die Dinge in Amerika nicht entschieden seien, dürfe man
sich in nichts einlassen ; das englische Ministerium, das übrigens
auf schwachen Füssen stehe, könne den Krieg gegen Frankreich
nicht vermeiden und müsse darum Preussen schonen. Der britische
Premierminister Robert Walpole wage nicht, den Krieg an
Frankreich zu erklären, wie die Nation wünsche, weil Holland zur
Hilfe nicht verpflichtet sei, wenn von England der Angriff aus-
gehe ; aus demselben Grunde werde sich Frankreich hüten, mit
der Kriegserklärung voranzugehen und so könne die Republik
vorläufig Zuschauer bleiben.
Günstiger wurde erst die Stimmung der Hochmögenden im
April, als die am 1. jenes Monats fälligen Zinsen der schlesischen
Anleihe nicht eingelöst werden konnten und in Folge davon die
Actien um 15 Percent fielen. 1)
Als der stärkste Hort der sich zum Schutze der Interessen
Maria Tlieresia's bildenden Staaten- Gruppierung wurde Russ-
land betrachtet.
Aber auch hier fanden sich starke Gegenströmungen. Nach
dem Tode der Kaiserin Anna hatte der Herzog Biron von
Kurland die russische Politik geleitet, unter dem FM. M ünnich
und General Osterman n schon von grossem Einfluss waren.
Doch war B i r o n's Herrschaft nur von kurzer Dauer gewesen.
Nach seinem Sturze (20. November 1740) trat FM. Münnich an
die Spitze des Ministeriums, während General Oster mann vor-
nehmlich das auswärtige Amt leitete. Die Hinneigung zu Preussen,
wie sie noch nach dem Tode Kaiser C arl's VI. bestanden hatte und
welche Ausdruck in einer engiisch-russisch-preussischen Allianz
finden sollte, war durch Preussens Absichten auf Schlesien wesentlich
abgeschwächt worden. Ein Schreiben der Regentin vom 16.Decembcv
trat lebhaft für die Aufrechthaltung der pragmatischen Sanction ein
und sprach den dringenden Wunsch aus, der König möge nichts
unternehmen, ,, wodurch in dem grössten Theile Europas ein nicht
wieder zu dämpfendes Kriegsfeuer entstehen werde." 2)
J) Grünhagen, „Geschichte des ersten schlesischen Krieges". I, 282
nach Ranke, „Zwölf Bücher preuss. Geschichte", III und IV, 413.
2) Dro y s e n, „Geschichte der preuss. Politik". V/1, 202.
17*
260
Diese ungünstigen Strömungen hatten die Relationen des
preussischen Geheimen Etatsrathes und ausserordentlichen Gesandten
in Petersburg, Freiherrn von Mardefeld an König Friedrich II.
vollauf bestätigt. x) Die Weisungen, welche derselbe am 6. Januar
in Folge dessen erhielt, ermächtigten ihn, Alles daran zu setzen,
dem Könige „die Gunst des Hofes in der gegenwärtigen Krise zu
verschaffen". 2)
Das erwähnte Abmahnimgsschreiben der Regentin an König
Friedrich erweckte bei den Gegnern Preussens erneuertes Ver-
trauen auf die Gewinnung der nordischen Macht.
Sehr vorsichtig waren die Instructionen gehalten, welche der
englische Gesandte in St. Petersburg, Mr. F i n c h, erhielt. Ende
des Jahres 1740 empfieng er die Weisung, zu berichten, wie Russ-
land über die pragmatische Sanction und Preussens Absichten auf
Schlesien denke, dann am 9. Januar die Frage, ob Russland geneigt
sei, der Verschwägerung König F r i e d r i c h's mit dem Gemahle
der Regentin wegen 3) Preussen freies Spiel zu lassen oder sich
dagegen stellen wolle. Gleichzeitig erhielt er die Mittheilung von
bevorstehenden gemeinsamen Schritten Englands und Hollands,
jedoch mit dem Vorbehalt, nur wenn man Russlands ganz sicher
sei, um die deutschen Erblande König Georg's gegen einen
plötzlichen Angriff zu sichern.4)
Zu Anfang des Jahres 1741 kam als ausserordentlicher Ge-
sandter der Königin Maria Theresia FML. Marchese Botta
d'A domo nach Petersburg. Er hatte sich von Berlin, wo er am
29. November 1740 eingetroffen war und vergebliche Verhandlungen
geführt hatte, auf den Befehl seiner Monarchin nach Petersburg
begeben5), wo er am 17. Januar 1741 anlangte.
J) Politische Correspoudenz, I, Nr. 242.
2) „Ich hoffe, Sie werden nicht vergeblich arbeiten, vorausgesetzt, dass
Sie es richtig anfassen, indem Sie immer mehr anbieten, als der Marchese
Botta zu versprechen vermag." An Mardefeld, 6. Januar 1711. Politische
Correspoudenz, I, Nr. 24ß,
3) Herzog Anton Ulrich von Braunschweig-Wolfenbüttel war der
Bruder der Gemahlin König Friedrich II.
4) Londoner Eecord-office. Bei Grünhagen, Erster schlesischer Krieg,
I, 286.
5j H. H. u. St. A. Rescript vom 9. December 1710. „Sollte Preussen
vom Einfall in Schlesien nicht abwendig zu machen sein, so hättest Du Dich
unter dem Vorwand eines bei dem neuen Czaren und dortiger Regentin ab-
zulegenden Compliments ungesäumt nach Petersburg zu begeben."
261
Die Sendung dieses Generals hatte bei der Grossfürstin einen
sehr guten Eindruck gemacht und in Folge dessen war B o 1 1 a's
Aufnahme sowohl bei Hofe, als bei den höchsten Würdenträgern
eine ungemein auszeichnende. x)
Dennoch hatte der Sendbote MariaTlieresia's gewiss keinen
leichten Stand. Den Premierminister Grafen Münnich leiteten
schon verwandtschaftliche Bande König Friedrich zu, da sein
Schwiegersohn Major von Winterfei clt in der preussischen Armee
diente, mehr vielleicht noch die Geschenke und Versprechungen;
er suchte hinzuhalten, um Friedrich H. Zeit gewinnen zu
lassen. Graf Ost ermann, der jedoch bei Weitem nicht den
ausschlaggebenden Einfluss hatte, neigte seinerseits zu einer Politik
der That und sprach sich für die Untrennbarkeit der österreichischen
Erblande aus. Allerdings war Eifersucht gegen den Premierminister
die Haupttriebfeder seiner Handlungen. 2)
Jedenfalls wollte man in St. Petersburg erst genau wissen,
was die andern Geranten der pragmatischen Sanction zu thun
willens seien und da die Couriere nach Dresden und Wien wochen-
lang brauchten, so dehnten sich die Verhandlungen naturgemäss
unabsehbar in die Länge. 3)
Sachsen hatte bereits seine Geneigtheit ausgesprochen, mit
dem Hofe von St. Petersburg gleichförmig vorzugehen und in
diesem Sinne seinen Gesandten, den am Hofe sehr einilussreichen
Grafen L y n a r, angewiesen.
Schon am 9. December des Vorjahres hatte Maria Theresia
ihren Residenten beauftragt, die „allianzmässige Hilfe ungesäumt
zu reclamieren" und am 30. December demselben befohlen, dass
er bei Uebergabe der ihm übersandten Schreiben an die Gross-
fürstin-Regentin auf die russische Hilfeleistung dringen solle, „es
sei gleich, dass man sich zu einer Diversion einverstehen oder Uns
*) Bei der ersten Audienz B o 1 1 a's sagte ihm die Grossfürstin nach den
üblichen Begrüssungsworten : ,,Der König von Preussen fangt schöne Sachen
an !" B o 1 1 a erwiderte, dass die Grossfürstin leicht werde entscheiden können,
„auf welcher Seite die Gerechtigkeit sei". Sie replicierte, „man wolle sehen,
wie man Friede machen könne und in Entstehung dessen Euer königlichen
Majestät mit der Hilfe dennoch nicht ermangeln". Bericht B o 1 1 a's vom
21. Januar 1741. (H. H. u. St. A.)
2) Bericht des österreichischen Residenten Nicolaus Sebastian Edlen von
Hohenholtz, ddo. St. Petersburg, 10. Januar 17-11. (H. H. u. St. A.)
3) Von Wien nach Petersburg brauchten die Cabinets-Couriere ge-
wöhnlich 26 bis 27 Tage ; in sehr seltenen günstigen Fällen mindestens drei
Wochen.
262
das ausbedungene Hilfs-Corpo, zum Fall es gleich in blosser Infanterie
bestände, zusenden wollte. Wir lassen diesfalls nach Massgabe des
Allianz-Traetats *) dortigem Hof die Wahl, wiewohl die vorhin
schon in Vorschlag gebrachte Diversion das leichteste und zugleich
ausgiebigste Hilfsmittel wäre. Am Ende aber kommt Alles darauf
an, dass Uns wenigstens auf die eine oder andere Weise die reale
Hilfe ehebalcligst zu Statten komme".
Ausser dem casus foederis begehrte man von Russland dessen
Vorschub bei anderen Höfen, vornehmlich bei dem königlich pol-
nischen und chursächsischen, bei England, Holland und Dänemark.
„Du sollst ansuchen, dass die russischen dortigen Ministri mit den
unserigen de concert vorgehen. Zu Dresden ist das hauptsächlich
nötliig." 2)
Dorthin war zur Unterstützung des durch Alter und körper-
liche Gebrechlichkeit für die Verhandlungen wenig mein geeigneten
Grafen Wratislaw der Graf Joseph Kheven hüller entsendet
worden. Auf Grund des Vertrages von 1733 3) hatte man hier
seitens der Königin Maria Theresia schon am 10. December
1740 Waffenhilfe zur Erhaltung der pragmatischen Sanction begehrt.
Den Casus foederis betrachtete man als gegeben, sobald Preussen
in Schlesien einrücke. Die dagegen erforderlichen Vorkehrungen
wären durch gemeinsames Einverständniss ohne Zeitverlust fort-
zusetzen. Auf drei Sachen komme es dabei an: was von Wien aus.
was vom König von Polen, sowohl als König, wie als Churfürst zu
geschehen hätte, endlich was bei anderen Mächten, um sie in das
Einverständniss zu ziehen, zu betreiben wäre. Dass man eine Ent-
scheidung in Dresden rasch erwartet hatte, darauf deutet der Wort-
laut des Erlasses an Grafen W r a t i s 1 a w. 4)
J) Vom Jahre 1732.
2j Weisungen an H o h e n h o 1 1 z vom 30. December 1740. (H. H. u. St. A .
3) Autriche-Saxe, Alliance. Yienne, 16. Juillet. T e t o t. Repertoire des
traites de paix etc.
4) ,,Quoad Secundum gibt der Tractat vom Jahre 1733 klar Ziel und
Mass, was auch independenter von obhabender Yicariats-Obliegenheit des
Königs Liebden zu thun verbunden. Das Wenigste also, was Wir von Dero-
selben erwarten, ist, dass bei selbsterkanntermassen so nahe anscheinender
Gefahr das in sothanem Tractat ausbedungene Hilfs-Corpo von nun an zu dem
Ende in Bereitschaft gesetzet werde, um eveniente casu sogleich mit Unserem
allda zusammenziehenden Corpo sich vereinbaren zu können. Und dieses
zwar umso mehr, weil hiervon auch diesseitige Dispositionen abhangen, mit-
hin man die chursächsische Erklärung ehemöglichst zu wissen nöthig hat.
Worüber Du mit dortigem Landesguberno und dem dahin (nach Schlesien)
268
Die schwankende Haltung des verwandten Dresdener Hofes
gegen die Tochter und Erbin Kaiser Carl VI. konnte in Wien
jedoch nicht lange unbemerkt bleiben.
August HL, Churfürst von Sachsen und König in Polen,
hatte wenig politische Entschiedenheit.
Die Eegierung ruhte seit 1738 in den Händen des Grafen
Brühl, der allen Einflüssen zugänglich war, die seinen Reichthurn
vergTÖssern oder seine Eitelkeit befriedigen konnten.
Er schwankte in politischen Plänen hin und her. Im November
1740 noch hatte Sachsen erklärt, es wolle seine Verpflichtungen
gegen die Königin von Ungarn erfüllen. Auch König August,
Anfangs überströmend von Versicherungen unverbrüchlicher Freund-
schaft und Bundestreue, wurde doch bald darauf den Versuchungen
persönlichen Ehrgeizes nicht mein- unzugänglich und hatte sich
entschlossen, dort, wo es am wenigsten hätte der Fall sein sollen,
in Pari s, sich um die deutsche Kaiserkrone zu bewerben. Eine ge-
wisse Gereiztheit gegen die Königin von Ungarn gab sich auch
in der Heftigkeit des Widerspruches kund, welchen er gegen die
Erhebung des Grossherzogs von Toscana zum Mitregenten und
gegen che Uebertragung der böhmischen Churstinrme an denselben
laut werden Hess. In persönlicher Unterredung suchte der König,
einen Abdruck der goldenen Bulle in der Hand, dem österreichischen
Botschafter Grafen Wratislaw die Ungesetzmässigkeit jenes
Schrittes und die Unbill darzuthun, welche hiedurch dem chur-
fürstlich sächsischen Hause widerfahre. J)
Graf Heinrich Brühl antwortete am 14. December 1741
auf das vom Grafen Wratislaw gestellte Begehren der vertrags-
mässig zugesicherten Hilfeleistung: „Was gegenwärtigen Casum be-
treffe, könne dem Grafen selbst nicht unbekannt sein, welchergestalt
abgeschickten General Browne durch sichere Wege zu correspondieren und
von dem Letzteren zu vernehmen hast, wo nach den seinerseits gemachten
Dispositionen das chursächsische Hilfs-Corpo sich zu versammeln und wohin
es sich allenfalls zu wenden hätte. Ueber das glauben Wir Ursach zu haben,
Uns zu verstehen, dass, da Seine Liebden erkennen, sowohl quo Keichs-
Vicarius zur Handhabung der allgemeinen Kühe noch insbesondere verbunden,
als auch um der eigenen Anständigkeit willen interessiert zu sein, dem be-
sagten Unwesen zu steuern, Seine Liebden es bei der Absendung oberwähnten
Hilfs-Corpo nicht werden bewenden, sondern mit aller Macht und nach
äussersten Kräften den allenfalls von Preussen ausgeübt werden dürfenden
feindlichen Unternehmungen sich widersetzen wollen." Erlass an Wratislaw.
(H. H. u. St, A., Staatskanzlei, Sachsen, Fase. III.)
l) A rnet h, Maria Theresia, I, 196.
264
in dem ob allegierten Tractat de anno 1733, Artikel 4° vorbehalten
worden sei, dass, wenn derjenige Tlieil, welcher die Hilfsvölker zu
stellen hätte, zu seiner eigenen Beschirmung seiner Kriegsmacht
benöthiget wäre, selbiger solchenfalls von Gestellung des stipulierten
Contingents dispensiert sein solle, mithin Seine Königliche Majestät
in Polen wohl Ursach haben, bei jetzigen Conjuncturen auf die
Sicherheit Dero eigener Lande zuvörderst bedacht zu sein. Man
wünsche noch nähere Details, was in Bezug auf Preussen geschehen
sei, um sich mit diesem Staate auseinanderzusetzen, respective um
des Königs Freundschaft sich zu bewerben, so viel ohne Schmälerung
der Erblande und ohne Kränkung der Gerechtsame eines Dritten
sein kann." *)
Das österreichische Cabinet konnte derartigen Anschauungen
nur entgegenstellen, ,,dass die vereinigte Macht derjenigen, welchen
an Aufrechterhaltung der pragmatischen Sanetion gelegen ist und
welche dazu verbunden sind, das sicherste, ausgiebigste, eigentlich
das einzige Mittel sei", „um der zu deren Unterbruch andringenden
gewaltthätigen Obermacht den gehörigen "Widerstand zu tlmn, anstatt
dass, wo sich durch unbegründete arglistige preussische Vorgeben
sollte irre gemacht oder lediglich jedenorts auf die eigene Sicher-
heit, ohne Rücksicht auf die gemeinsame, gedacht werden, am
Ende unumgänglich auf die bedauerlichsten Folgen jeden dabei
interessierten Theil, die Reichs Wohlfahrt, das Gleichgewicht und
die Freiheit von Europa betreffen müssen". 2)
Nach dem Eintreffen K h e v e n li ü 1 1 e r's in Dresden war in
die Unterhandlungen ein etwas beschleunigteres Tempo gekommen.
Neben den Bevollmächtigten Maria Theresia's, Kheven-
h ü 1 1 e r und W r a t i s 1 a w, wohnten denselben von Seiten Sachsens
der Günstling König August HL von Polen, Graf Brühl und
P. Guarini S. J., der Beichtvater und Vertraute des Königs-
Churfürsten, bei. Diese Berathungen fanden im Hause des russischen
Gesandten Freiherrn von Keyserlingk statt. In einer Be-
sprechung am 21. Januar winde für Sachsen als Erwerbung ge-
fordert: Magdeburg, Halle, das Fürstentimm Crossen und Alles,
was Preussen in der Nieder - Lausitz besitze, ausserdem der
dritte Theil aller sonstigen, Preussen abzuringenden Conqueten ;
daneben figurieren noch als Ersatz für die Kriegskosten der
1) H. H. u. St. A.
2) Erlass an Wratislaw, 29. December 1740. (H. H. u. St. A.)
265
Leitmeritzer, Schlaner und Saazer Kreis, eine Forderung, welche die
österreichischen Diplomaten indessen ganz entschieden verweigerten.
Diese Aussicht auf Landerwerb schien in Dresden so ver-
lockend, dass das Geheininiss darüber nicht bewahrt wurde ; einige
Tage nach jener Conferenz schon klagt der englische Legations-
Secretär du Vigneau, class ihm. der preussische bevollmächtigte
Minister Oberst Graf Finckenstein und der preussische Resident
von A m m o n mit Fragen wegen eines angeblichen Offensiv-
bündnisses gegen Preussen arg zugesetzt hätten. *)
Die Punctationen fanden jedoch nicht die Genehmigung des
Wiener Hofes. 2) Unmittelbar nachdem sie zu dessen Kenntnis s
gelangt waren, gieng die Weisung an Hohenholtz nach Peters-
burg ab, wie man sehr erstaune, dass der russische Vertreter in
Dresden die masslosen Forderungen Sachsens unterstütze und man
verlange, dahin zu wirken, dass der sächsische Hof durch den
russischen „rectificiert und das ganze Werk so gefasst werde, dass
man durch Russlands Verwendung sich Chur-Sachsens versichere",
nicht aber umgekehrt.
Zu Dresden könnten die Verhandlungen nicht einseitig geführt
werden und müsse nach Marchese B o 1 1 a's Ankunft, der militär-
und landeskundig sei, zu Petersburg gleichzeitig unterhandelt
werden. Auch möge B o 1 1 a seine Gedanken über einen Operations-
plan ehemöglichst einsenden. 3)
König Georg von England hatte dem österreichischen Ge-
sandten in London, dem Grafen 0 stein, in mündlicher Beant-
wortung der von demselben überreichten Note 4) in wiederholten
Audienzen am 24. und 25. Januar eröffnet :
„Ich erkläre hiemit, dass Ich mit aller meiner eigenen Macht
und mit den anverlangenden dänisch- und hessischen Truppen
auxiliar gegen Preussen agieren werde. Der Ts eher b at o w 5) hat
mir auch angezeigt, dass Russland solches in dem polnischen Preussen
zu thun entschlossen. Allein, wird man demnach keinen Frieden
ohne mich machen, auch mich schadlos zu halten bedacht sein". 6)
*) Bei Grün ha gen, Erster schlesischer Krieg, I, 306, nach dem
Record-office.
a) Der Wortlaut der Punctationen in Anhang XLV.
3J Erlass an Hohenholtz vom 27. Januar 1741. (H. H. u. St. A).
4) Anhang XLVI.
5) Russischer Gesandter in London.
6) 0 s t e i n's Bericht v. 27. Januar 1741. (H. H. u. St. A.)
266
Am 25. Januar in einer weiteren Unterredung mit dem König,
versprach derselbe, an den englischen Vertreter in Petersburg den
Befehl zu erlassen, zur schleunigen Action der russischen Armee
dort „das nur Mögliche anzuwenden".
Er habe bereits befohlen, die Dänen und Hessen in den Sold
Englands zu übernehmen und auch sobald als möglich in Marsch
zusetzen, Lord Harrington habe schon das förmliche Ansuchen
um diese Truppen an die zu London residierenden Vertreter beider
Höfe gerichtet. Bei Sachsen sei bisher in gleicher Weise unter-
handelt worden und würden diese Unterhandlungen eifrig fort-
gesetzt. Mit äusserster Mühe habe er bei den General-Staaten das
Erreichbare erlangt.
Seinerseits geschehe, was nur irgend möglich sei, allein es
sei undenkbar, class die Auxiliar-Truppen so rasch versammelt
und zur Action bereit gestellt werden könnten. Uebrigens werde
er zur Betreibung der Angelegenheiten, welche das Römische Reich
beträfen, einen Bevollmächtigten von Hannover nach Dresden
absenden lassen, dem er den Befehl eigens ertheileii werde, besonders
mit dem Grafen K h e v e n h ü 1 1 e r einverständlich zu Werke zu
gehen, hauptsächlich um das so sehr nützliche gute Vernehmen
zwischen der Königin Maria Theresia und dein dortigen König-
Churfürsten herzustellen. *)
Li Folge dessen hatte nun auch Lord Harrington am
3. Februar den Gesandten in Petersburg angewiesen, den russischen
Hof dahin zu bewegen, ohne Zeitverlust ein ansehnliches Corps
nach Preussen zu senden. 2)
Jedoch ebenso wie England die Initiative von Russland er-
wartete, verlangte dieses, bevor es die Action beginne, class die
Seemächte in das gemeinsame Concert einträten. Vorläufig begnügte
man sich in St. Petersburg damit, Befehl zur Aufstellung von
40.000 Mann zu geben und versprach die See- und Landmacht bis
zum Monat April in completen Stand zu setzen. 3)
Auf Wunsch des Cabinets von St. James wurde dem Grafen
Ostein am 5. Februar der gemeinsame Plan, wie er in Wien in
grossen Zügen entworfen worden war, zur Mittheilung an den
befreundeten Hof übersendet. 4)
') O s t e i n's Bericht v. 27, Januar 1741. (H. H. u. St. A.)
2) Bei G-rünhagen I, 291, nach Acten des Record-office.
s) Botta's u. Hohenholtz' Bericht v. 4. Februar 1741. (H. H. u. St. A.)
4) „Ganz natürlich ist in Ansehung der zu wissen verlangten eigenen
hiesigen Vorkehrungen, dass da eine solche Begebenheit, wie die preussische.
267
Danach sollten Seitens Maria Theresia's wenigstens
14 Cavallerie- und 15 Infanterie-Regimenter gegen Preussen in
das Feld gestellt, dann bei Würzburg und Sachsen-Gotha um
weitere1 Infanterie und bei Hessen-Cassel um die im Unions-Tractat
vom Jahre 1732 ausbedungenen 3200 Mann sollicitiert, endlich
vom König von England als solchem die zu Englands Diensten von
Dänemark und Hessen-Cassel bereit stehenden Truppen an die
Königin Maria Theresia überlassen werden ; auch vom König
als Churfürst wenigstens 6000 hannoverische Truppen zu Hilfe
gesendet, oder mit diesen gesammten Truppen eine Diversion
unternommen und letztlich von der Republik Holland an Chur-
Sachsen die Vergütung der über das ausbedungene Quantum ge-
leisteten Hilfe zugesagt werden. Gleichwie man nun Busslands
sicher sei, so hoffe man auch Chur-Sachsen mit seiner ganzen
Macht gegen Preussen zu gewinnen. Dadurch sei die Hoffnung nicht
ungegründet, class auch die Polen nicht lang ruhig bleiben würden. *■)
Trotz aller Bemühungen der österreichischen Diplomaten, trotz
ihrer wiederholten Erklärung, class der Tractat zwischen Oesterreich
und Russland durchaus nichts davon enthalte, dass der zur Hilfe-
leistung angerufene Theil erst andere Höfe zu fragen habe, ob sie in
das Concert eintreten wollten, nahmen die Verhandlungen am Peters-
burger Hofe noch immer einen schleppenden Verlauf. Doch traten
Symptome zu Tage, wonach Münnich's Einfluss und seine sich
zugeeignete fast despotische Gewalt sowohl in Staatsgeschäften, als
in Militär-Sachen ziemlich beschnitten und ihr Schranken gesetzt
werden dürften. 2)
Auf das vom FML. Marchese Botta, bald nach seiner
Ankunft übergebene Promemoria, welches che Begehren Maria
Theresia's enthielt, wurden am 17. Februar endlich beide
Gesandte zu einer Besprechung mit M ü nnic h und Ostermann
eingeladen. Der Letztere wollte mündliche Auskünfte ertheilen, Botta
ganz unglaublich geschienen und da insonderheit von dem .Robinson sie
mit, der beigefügten ausdrücklichen "Warnung dafür ausgegeben worden, dass
man ja durch keinen voreiligen Passuni dem König von Preussen ein Miss-
trauen bezeigen und besorglich ihn andurch zu etwas, woran er nicht
gedächte, reizen möchte ; ihm, König von Preussen, Anfangs alles nach
Wunsch und über die Erwartung glücken musste". Rescript an Ost ein vom
5. Februar 1741. (H. H. u. St. A.)
J) Rescript an O s t e i n, 5. Februar 1741.
~) Bericht der Gesandten in St. Petersburg v. 7. und 14. Februar. (H. H.
und St, A.)
268
und Hohenholtz wiesen jedoch darauf hin, dass die Grossfürstin-
Regentin auch schriftliche Antwort versprochen habe. Aus dieser
gieng dann hervor, dass das russische Cabinet die unmittelbare
Beistellung und Hilfeleistung von Truppen für nicht opportun erachte,
da der König von Preussen andere Allianzen eingehen werde.
Ausserdem habe Russland Rücksichten zu nehmen auf Schweden,
die Türken und auf den Schah von Persien. Man recrutiere inzwischen
die gesammte Armee und werde schon demnächst einige Regi-
menter westwärts verlegen.
„Man habe hiesiger (russischer) Seite die schlechte Verfassung
in Schlesien mit vieler Betrübniss angesehen, daher würden Eure
königliche Majestät durch unverzügliche gute Veranstaltungen
sowohl den hiesigen, als andere Höfe zur Hilfeleistung bestermassen
encouragieren".
Münnich erklärte endlich decidiert und offen, „dass, wenn die
Seemächte gegen Preussen nicht Theil nehmen und in das Concert
mit hiesigem Hofe nicht treten sollten, Eure königliche Majestät
sich keine Rechnung auf die hiesige russische Hilfeleistung alsdann
zu machen hätten." J)
Die Grossfürstin-Regentin wünschte jedoch, dass etwas für
die Königin Maria Theresia geschehe, welche durch den
Kämmerer Grafen "W" i 1 c z e k ihre am 13. März erfolgte Entbindung
hatte notificieren lassen 2) und Graf Ostermann erkannte hier
den Punct, wo es möglich war, den Einnuss des Grafen Münnich
auf die Staatsgeschäfte zu vermindern. Letzterer hielt an seiner
Gesinnung zu Gunsten Preussens unentwegt fest, suchte aber bei
der Stimmung des Hofes, welche sich nach und nach sehr zu Gunsten
der Königin von Ungarn und Böhmen zu äussern begann,
Aufschub in einer zuwartenden Politik, stets daran festhaltend,
dass, bevor Russland sich endgiltig entscheide, die Seemächte sich
erklärt und Oesterreich und Sachsen sich geeint haben müssten.
') Bericht der Gesandten in St. Petersburg v. 20. Februar 1711 n. S.
iH. H. u. St. A.)
2) „Unsere den 13. d. in der Früh zwischen 2 und 3 Uhr erfolgte glück-
liche Entbindung mit einem. Erzherzogen (Joseph) wird auch überall im
Reich den Sachen eine weit günstigere Gestalt geben und um selbe zu
notificieren, Unseren Kämmerer Grafen von Wilczek eigens nach Petersburg
abgeschickt. Wir sind also der russischen Armee- Vorrückimg in das Preussische
ehestens zu vernehmen gewärtig. Und verbleiben Euch mit königl. und
landesfürstl. Gnaden wohlgewogen." Rescript vom 16. März 1741 an die
Gesandten in St. Petersburg. (H. H. u. St. A.)
26b
Das einzige, allerdings wichtige Resultat, was Münnich
mit Aufbietung aller Mittel durchsetzte, war die schon längere
Zeit von ihm geplante Abberufung des russischen Gesandten in
Dresden, des Freiherrn von Keyserlingk, welcher dort für eine
prononcierte Actions-Politik, wie bereits geschildert, wirkte. An
dessen Stelle wurde der russische Oberst Friedrich Ludwig Graf
S o 1 m s -W ildenfels, ein naher Verwandter M ü nnic h's, Anfangs
Mai nach Dresden gesandt. r)
Heftige Schwankungen folgten nun am Hofe zu Petersburg,
das Ringen zwischen Ostermann und M ü nnic h, dessen Stern
zu sinken begann, wurde heftiger, der österreichische Einfluss war im
Wachsen. Nicht ohne Besorgniss theilte jedoch noch Anfangs März
Herzog Anton Ulrich dem englischen Gesandten Finch mit.
dass der König von Preussen Alles in Bewegung setze, der Regentin,
welche eine Tochter des Herzogs Carl Leopold von Mecklen-
burg-Schwerin war, die Succession in Mecklenburg nach Vater und
Oheim angeboten habe 2), sowie ihm selbst das Herzogthum Kurland,
dem Grafen Ostermann 100.000 Kronen. Der Premierminister
(Münnic h) sei dagegen vollständig gewonnen und auch bezüglich
der Favoritin der Regentin, dem Fräulein von Mengden, sei zu
befürchten, dass das ihr übersendete, in Brillanten gefasste Portrait
der Königin von Preussen Eindruck machen werde. 3) Trotzdem
scheiterte die Auswechslung der Ratificationen des im December
1740 mit Preussen abgeschlossenen Vertrages4), da der preussische
ausserordentliche Gesandte in Petersburg, Freiherr von Mard e-
feld, sich, weil angeblich die russische Ratification mehrere
') Grünhagen, I. Schlesischer Krieg I, 293 u. ff.
2) „Der russische Hof gestattet, dass jener von Berlin Schlesien nimmt
und wird der Königin von Ungarn keine Hilfe senden, wenn Preussen nicht
w eitergreift ; zum Tausch dafür wird jenes den Herzog Carl Leopold
wieder in die Kegentschaft einsetzen, welcher zur Belohnung durch die Vasallen
und Unterthanen die eventuelle Huldigung darbringen lassen wird. Und man
wird es auf andere Weise anstellen, dieselbe vom Gebiete von Strelitz zu er-
langen." Beilage zu einem Rescript, Nomine Eeginae unterzeichnet vom
Grossherzog vom 16. März 1741 an den Gesandten in St. Petersburg. (H. H.
u. St, A.) Vergl. auch „Politische Correspondenz", I, Nr. 257 und 260
Kurland wird in ersterem dem Prinzen Ludwig von Braunschweig zu-
gedacht.
3) Grünhagen, Erster schlesischer Krieg. I, 292. Nach einem Be-
richte des englischen Gesandten vom 21. Februar a. St. von Record-office.
4) Siehe I. Bd., 2. Theil, des vorliegenden Werkes ,.Die praktische Vor-
bereitung zum Kriege", 1015, 1080 u. a. O.
270
zweideutige Wendungen enthalte, weigerte, dieselbe anzunehmen. 1)
Endlich Mitte März ward M ü nnic h in seinem Einflüsse wesentlich
beschränkt, der Herzog von Braun schweig übernahm als
Generalissimus die Leitung der Militär-, 0 s t erm ann jene der
Staatsgeschäfte. M ünnich blieb allerdings dem Titel nach noch
Premierminister, doch hatte er keinen Einfluss mehr. 'J)
Die Regentin, ihr Gemahl und Graf Osterman n waren nun
die massgebenden und den Gang der russischen Politik bestimmenden
Personen. Triumphierend äusserte Herzog Anton Ulrich beim
Sturze Münnich's gegen den englischen Gesandten, „der grösste
Stein des Anstosses sei nun aus dem Wege geräumt." 3)
M ünnich, der doch noch die Hoffnung liegen mochte, eine
günstigere Wendung der Dinge für Preussen herbeizuführen und
dieses Beginnen scheitern sehen musste, fasste nun im Einverständniss
mit der Grossfürstin Elisabeth den Plan, durch eine Palastrevolution
die Regentin zu stürzen, wurde jedoch, da diese Absicht nicht
geheim blieb, interniert und ofnciell ,,ä cause de son äge et de ses
infirmites" aller seiner Aemter enthoben. 4)
In Dresden war inzwischen der hannoversche Geheimrath von
dem Busche angekommen und hatte, sowie der dort angelangte
englische Gesandte Villiers mit den sächsischen Ministern im
Auftrage König Georg H. von England, Churfürsten von Braun-
schweig-Hannover, über Aufstellung zweier Observations-Armeen
verhandelt, was umso dringender schien, als König Friedrich H.,
um Sachsen vorläufig wenigstens im Schach zu halten, ein preussisch.es,
auf etwa 26.000 Mann berechnetes Observations-Corps unter dem
Fürsten Leopold von A nh a 1 t-D e s s au in das Lager von Göttin,
südlich von Brandenburg bestimmt hatte. 5)
*) D r o y s e n, Geschichte der preussischen Politik, V, 224.
2) Die Gesandten in Petersburg erwähnen in dem Berichte, in welchem
sie die vollzogene Thatsache melden, es sei ein Glück, „dass der der Königin
so übelgesinnte und feindselige Mann seiner Würden enthoben ist". Bericht
vom 14. März. (H. H. u. St. A.)
3) Grünhagen, Erster schlesischer Krieg, I, 295.
4) Bericht der Gesandten vom 21. März 1741. (H. H. u. St. A.)
5) Am 28. Februar hatte Fürst Leopold von An h a 1 1 berichtet,
dass er drei Viertelstunden von Brandenburg einen zur Aufstellung des Be-
obachtungs-Corps geeigneten Lagerplatz gefunden habe; auf den Flügeln be-
fanden sich die Dörfer Göttin und Krabne, vor der Mitte die Ortschaft
Beckahn. Die Cavallerie könnte aus dem vor der Front befindlichen Bache,
der Plane, tränken; die Felder lägen brach. In drei kleinen oder zwei grossen
Märschen könnte man von dort nach Berlin: in dreien nach Magdeburg
271
Der bevollmächtigte englische Minister Sir Thomas Villiers
hatte in Dresden die der Königin Maria Theresia günstige Ge-
sinnung seines Hofes mitgetheilt und war von den Gesandten der
Monarchin angegangen worden, das sächsische Ministerium endlich
zu einem definitiven Entschlüsse zu bestimmen. Es geschah dies
zur gleichen Zeit, in der auch König Friedrich II. mit starken
Mitteln in Dresden arbeitete. Der preussische Gesandte Graf
Finkenstein sollte als Preis für eine Allianz mit Preussen den
sächsischen Churfürsten „mit den stärksten Versicherungen meiner
Freundschaft und der unerschütterlichen Anhänglichkeit, welche
ich für ihn und seine Interessen hege, überhäufen, indem er ilim
anbietet, dass ich ihn nicht nur das Königreich Böhmen gewinnen
lassen, sondern ihm auch den Besitz von Sagan, ja selbst
dessen, was ihm von Ober-Schlesien als zusagend dünkt,
verschaffen werde. Sollte aber dieser Fürst Miene machen, die
Allianz mit Oesterreich und dessen Interessen jener mit mir vor-
ziehen zu wollen oder sich einfallen lassen, mit Complimenten und
Doppelsinnigkeiten zu antworten, soll besagter Minister am Tage
nach seinen Vorschlägen eine Abschieds-Audienz verlangen." !)
Die Schwierigkeiten für die österreichischen Diplomaten, bei
dem Dresdner Cabinet durchzudringen, häuften sich aber gerade zu
jener Zeit, da Sachsen die dem Grossherzog übertragene Vertretung
der böhmischen Churstimme durchaus nicht anerkennen wollte, ja
so weit gieng, dem Reichs- Quartiermeister anzubefehlen, dass für
die Wahlgesandten der Krone Böhmen in Frankfurt kein Quartier
angewiesen werde. 2) Jedoch ward diese Schwierigkeit behoben. 3)
In Dresden wurden nun aber neben den Verhandlungen
auch die Rüstungen eifrig gefördert.
Der sächsische Hofkriegs-Vicepräsident von Unruh konnte
dem Grafen Wratislaw Anfangs März versichern, dass „man
gelangen. Die sächsische Grenze sei nur eine starke Meile entfernt. (Kriege
Friedrich d. Gr., I, 307.)
:) Der König an Podewils. Rauschwitz, 23. Februar 1741. Polit.
Corresp. I. 287.
2) „Unmöglich könnte unfreundlicher und reichssatzungswidriger, als von
Chur-Sachsen geschieht, gegen Uns zu Werk gegangen werden. Ihr habt Euch
also darüber mit allem anständigen Nachdruck zu beklagen und von Unsert-
wegen auf jenem zu bestehen, wohin mittelst obangezogener hiesiger Antwort
vom 20. d. angetragen worden; massen man, ohne seine Gerechtsame zu prä-
judicieren, davon nicht abstehen kann." MariaTheresia an den Gesandten
in Dresden, 26. Februar 1741. (H. H. u. St. A.)
*) Sinzendorff an Botta, 11. März 1711. (11. H. u. St. A.)
272
hierorts unter der Hand die Truppen immer mehr und mehr und
zwar auf solche Art verstärke, dass dieselben mit dem ersten Wink
zu marschieren und dem Feind zu Leib zu gehen im Stand wären".
Mitte März werde sogar die Artillerie sammt ihren Bespannungen
zum Ausmarsch bereit sein.
Sachsen, das jetzt viel umworbene, hätte durch eine ent-
scheidende Erklärung in diesem Augenblicke der Sache Maria
Tlieresia's bedeutende Vortheile zuwenden können.
Selbstverständlich arbeiteten die französischen und bayerischen
Diplomaten am Hofe König A u g u s t's im entgegengesetzten Sinne.
In Wien klagte man, dass das vor dem Einfall in Schlesien
zwischen Russland und Preussen geschlossene Defensivbündniss von
Bayern gebraucht werde, um das gute Verhältniss Preussens zu Russ-
land zu beweisen. Russland erwarte die definitive Entschliessung zum
Handeln noch immer von den Seemächten, die dänischen und hessen-
cassel'schen Auxiliar-Truppen seien zur Hand, wenn man sie nur mar-
schieren lassen wolle ,, und wenn nur Jemand auf Preussen zufallen
anfängt, so werden mehrere dem Vorgang auch unersucht zu folgen
nicht säumen". Nothwendig sei vor Allem eine öffentliche solidarische
Erklärung, um Chur-Bayern am Losschlagen zu verhindern. x)
Am 13. März erhielt der Gesandte in London, Graf 0 stein,
die Vollmacht zum Abschluss einer Convention, gleichzeitig mit dem
Entwurf derselben. 2)
Doch machte die Entente noch immer keine greifbaren Fort-
schritte. Die Seemächte erklärten endlich schwerfällig „die gute
Disposition und Bereitwilligkeit, mit Russland in ein concerto ein-
zutreten" und Graf Ostermann theilte am 25. März den Ge-
sandten Maria Tlieresia's mit, Russland habe sich entweder zu
einer Diversion erboten, zu welcher es 30.000 Mann nothwendig
habe, oder zu einer gemeinsamen Action mit den Seemächten.
Diese letzteren sollten daher gedrängt werden, an ihnen liege das
Versäumniss. 3) Rechnet man zu den Schwerfälligkeiten des da-
maligen diplomatischen Verkehrs nun noch die enorme Zeit, welche
die über Grodno und Warschau nach Wien gehenden Couriere be-
nöthigten, eine Route, die unter 20 Tagen im günstigsten Falle gar nicht
zu bewältigen war, so wird die ausserordentliche Langsamkeit der Ver-
handlungen, zu denen meistens auch der gute Wille fehlte, erklärlich.
) Erlass an Grafen Ostein, 14. März 1741. (H. H. u. St. A.)
:) Erlass an Grafen Ostein, 13. März 1741. (H. H. u. St. A.)
') Bericht desGesandten iu St. Petersburg vom 28. März 1741. ( H. H. u. St. A.)
273
Endlich schien jedoch Klarheit in die hin- und herschwankenden
Verhandlungen zu kommen.
Der sächsische Gesandte Graf Lyn ar erhielt nämlich am
22. März durch einen Courier Nachricht und theilte dieselbe den
österreichischen Diplomaten mit, ,,dass Chur-Sachsen mit dem
König von England, qua Churfürsten von Hannover, in puncto der
Zusammensetzung gegen Preussen richtig sei und man dabei nur
zu wissen verlange, wann, wo und mit welcher Anzahl Truppen
Russland gegen Preussen agieren wolle und werde".
Graf Ost ermann rieth dem sächsischen Gesandten, als letz-
terer ihm diese Mittheilung machte, ,,über diese drei Puncte ein Pro-
memoria einzureichen", was dieser befolgte, worauf der Act der
Grossfürstin-Regentin vorgelegt wurde.
Die österreichischen Diplomaten waren über diese Wendung
der Dinge erfreut, da der russische Hof, „nachdem er nunmehr
weiss, was er zur Nehmung einer Entschliessung immer hat wissen
wollen, endlich auf dieses so deutliche Promemoria kathegorice zu
antworten sich nicht leicht und umso weniger wird entschütten
können, als Graf L y n a r in die Sache seines Hofes mit der
grössten Specialität und Präcision eingegangen, nämlich, dass
Chur-Sachsen 17.000 Mann zur österreichischen Armee stossen,
8000 Mann auf den am meisten exponierten Grenzen halten
und den Rest indessen nach Erheischung der Umstände ver-
theilen werde, beinebst man auch nur die Antwort des russischen
Hofes in Dresden zurückerwarte, um mit der Königin Maria
Theresia das entamierte Werk vollkommen auszumachen und zu
schliessen". v)
Botta und Höh enh oltz bemerkten übrigens schliesslich
noch, „dass der preussische ausserordentliche Gesandte Freiherr
von Mardefeld bei dem Prinzen von Braunscliweig gewesen
sei und angefragt habe, ,,ob das wahr sei, was man ihm von
sicheren Orten in seinem Haus zur Nachricht habe wissen lassen,
wie nämlich er sich in 24 Stunden würde von hier Irinweg begeben
müssen".
Der Prinz habe hierauf geantwortet, „dass ihm von allem
diesem nicht das Geringste bekannt sei". Mardefeld habe ganz
entschieden von dem Prinzen durch diese Frage andere Sachen zu
erfahren die Absicht gehabt. Prinz Anton Ulrich fahre übrigens
J) Bericht des Gesandten in St. Petersburg vom 25. März 1741. (H. H.
u. St. A.)
Oesterreichischer Erbfolgekrieg. II. Bd. 18
274
„mit den vergnüglichsten Versicherungen in puncto der realen
Hilfeleistung fort".1)
Der englische Gesandte in Petersburg klagt jedoch, dass
Osterrnann keinen besonderen Eifer zur Förderinig der Ver-
handlungen zeige und dass sich ,, immer mehr und mehr heraus-
stelle, wie er nur, um Münnich zu stürzen, die Entente vor-
geschlagen habe und, nun jenes Ziel erreicht, Schwierigkeiten zu
machen verstehe, ganz wie Münnich. Finch musste die
Klagen des sächsischen Gesandten anhören, dass, wenn er auf
ernstliche Garantien wegen der von Sachsen zu erwartenden Land-
entschädigung dränge, der russische Minister nur Ausflüchte suche
und fand doch selbst, dass es Osterma n n nicht Ernst, von
Kriegsrüstungen nicht viel zu bemerken und allerlei Gründe, an-
gegriffene Gesundheit, Besorgniss vor Schweden und dergleichen
zu Vorwänden fernerer Unthätigkeit herhalten müssten." 2)
„Die beste Brücke zum Rückzüge baute übrigens England
selbst dem russischen Minister, indem es jetzt, gegen Ende März,
nachdem über ein Eintreten Frankreichs zu Gunsten Bayerns kein
Zweifel mehr obwalten konnte, zu der Erkenntniss kam, das Beste
sei doch, wenn Maria Theresia durch eine Abtretung in
Schlesien den Beistand Preussens erkaufe, worauf man nun von
London aus hinarbeiten wolle und davon in St. Petersburg Mit-
theilung mache. Lord Har rington fügte hinzu, König Georg
meine damit seinen früher geäusserten Principien nicht untreu
geworden zu sein und gedenke, falls die Vermittlung misslinge,
seine Coalitionspläne wieder aufzunehmen, Russland möge nur
inzwischen auf alle Fälle seine Truppen an der preussischen Grenze
zusammenziehen und Osterrnann den Operationsplan entwerfen."3)
„Dieser Auftrag musste dem englischen Gesandten in hohem
Masse unerwünscht sein. Die Nachricht, dass Preussen bereits die
Vermittlung Englands angenommen habe, unterdrückte er geradezu
als zu bedenklich ; aber auch sonst sah er voraus, dass diese Er-
öffnung nicht nur Russland den letzten Rest von Geneigtheit, bei
dem Concerte mitzuwirken, benehmen, sondern auch ausserdem
dem Grafen Ostermann willkommene Gelegenheit geben werde,
J) Ebenda.
2) Bei Grünhagen, I. Schlesischer Krieg I. 295 nach Relationen des
engl. Gesandten im Record-office.
3) Bei Grünhagen, Har rington an Finch, 17. März 1741.
Record-office.
27.-)
die Schuld der Vereitelung auf England zu wälzen, welche Er-
wartungen dann auch in vollstem Masse eintrafen." x)
So nur konnte der merkwürdige Widersprach entstehen, dass
gleichzeitig, während in Dresden die Verhandlungen über ein all-
gemeines und gleichzeitiges Vorgehen energischer als bisher geführt
wurden, die Hauptbetheiligten im Grunde schon einig waren,
überhaupt nicht mitzuwirken.
Bei der beispiellos zerfahrenen politischen Situation ist es
nothwendig, den Blick wieder nach Dresden zu lenken, wo
nach langwierigen Verhandlungen ein wenigstens im Princip be-
stehendes Einverständniss zu Stande kam. Die politische Lage war
eine so überaus eigenthümliche, dass, während der englische bevoll-
mächtigte Minister in Dresden, Sir Thomas Villiers, sich anfänglich
abmühte, eine Entente zwischen den Seemächten, Russland und Sachsen
behufs Unterstützung Maria There sia's zu Stande zu bringen,
der englische Gesandte in Wien, Sir Thomas Robinson, äusserte,
dass von seinem Hofe die russische Gesinnung noch für zweifelhaft
angesehen werde. 2)
Das Wiener Cabinet verlangte in Folge dieser Eröffnungen,
dass sämmtliche „rassische Minister an den auswärtigen Höfen mit ge-
messenen Befehlen versehen würden, damit nirgends der geringste
Zweifel bleiben, zumal en an preussischen Dichtungen, um jeden
Hof an seiner Gedenkensart zu bethören, es gewiss nicht ermangeln
wird." 3)
Villiers erklärte den Gesandten der Königin Mitte März,
dass die Einnahme Glogau's den Preussen neue Zuversicht gegeben,
Sachsen aber bereits einer grösseren Gefahr ausgesetzt habe; je
länger man also zögere und Preussen weiter um sich greifen lasse,
auf je härteren Bedingungen werde Sachsen bestehen.
Am 20. März Abends langte auch der frühere bayerische Gesandte
in Wien, Graf Perusa, in Dresden an. Vor dessen Ankunft war schon
ausgesprengt worden, dass Bayern in Böhmen oder Ober-Oesterreich
einfallen wolle, man verbreitete, die Türken würden in Action
treten und der türkische Botschafter in Wien „habe wirklich Befehl
bekommen, die Ueberlassung des Temesvärer Banats zu ver-
langen".
x) Ebenda.
2) Maria Theresia au Botta. 29. März 1711. (H. H. u. St. A.)
3) Ebenda.
IS*
276
Wenn nun auch das Königspaar und der leitende Minister
den bayerischen Vorschlägen nicht so leicht offenes Ohr leihen
würden, so glaubte der vielumworbene sächsische Hof mit Rücksicht
auf die Kaiserwahl seinen Beistand jedenfalls so hoch als möglich
veranschlagen zu müssen. Das Ueberwiegen des österreichischen
Einflusses hinderte vor Allem das Fehlen eines gewiegten russischen
Vertreters, der sich ganz auf Seite Maria T h e r e s i a's gestellt
hätte, denn Keyserlingk vertrat besonders seit seinem Ab-
berufungsbefehle vor Allem das Interesse Sachsens. *)
Die Generalität sowohl, als auch Baron Keyserlingk äusserten
gesprächsweise den Gesandten Maria Theresia's gegenüber,
,,es sei höchst anzurathen, dass man noch zur Zeit, so viel als
möglich, evitiere, dem Feinde eine Schlacht zu liefern, bis nicht
die Truppen völlig beisammen und sich mit den Hilfsvölkern ver-
einbart hätten ; inzwischen aber könnte man des Feindes bereits
schon abgemattete Cavallerie durch beständige Beunruhigung so
zu Schanden richten, dass selbige sodann auf erheischenden Noth-
fall, den erforderlichen Gebrauch davon zu machen, nicht im Stande
sein würde." 2)
Am 25. März fand endlich, nachdem schon in den vorher-
gehenden Tagen die österreichischen Diplomaten mit den beiden
russischen und mit Villiers conferiert hatten, bei P. G u a r i n i
eine Zusammentretung statt, der auch der erste Cabinetsminister
Graf Brühl beiwohnte.
Die Gesandten berichteten über den Verlauf dieser Conferenz
an Maria Theresia folgendermassen :
..Mithin nahm die Unterredung, nachdem wir uns nach
Ordnung der gezogenen Zettel gesetzt hatten, den Anfang. 3) Es
x) ..Uui sich allenfalls en cas de disgräce einen Schutz und Retraite
dahier zu nienagieren", meinte Graf Khevenhüller. Khevenhüller
an Sinzendorff, Dresden 21. März 1741. (H. H. u. St. A.).
2) Graf Wratislaw an den Grafen Sinzendorff, Dresden 22. März
1741. (H. H. u. St. A.)
3) Welche Kleinlichkeiten den Gang der Verhandlungen verzögerten,
beweist folgende Stelle des Berichtes : „Bei unserer Ankunft wurde auf
Veranlassung des von Villiers, wegen der russischen Minister, zumal
das bisher so geschehen, er Villiers aus Politesse, nicht aber aus Schuldig-
keit der Sache Bewendtniss gethau hätte, wie man sitzen solle, sogleich
die Zettel gezogen, wogegen jedoch ich, Graf von Wratislaw, mich unge-
säumt ausdrücklich damit verwahrte, wie ich nicht hoffen wolle, dass Jemand
allhier mir meinen Rang strittig zu machen gedenken würde ; worauf der von
277
wurde aber dieselbe zwischen dem Grafen von Brühl, P. G u a r i n i
und uns nach und nach ziemlich heftig, massen jene ihre bisherigen
Grundsätze nicht nur aufs Neue aufzuwärmen, sondern auch mit
dem weitern Zusatz, wie man hiesigen Hof immer so geringschätzig
achte, dadurch ihren nach der einmal so festgewurzelten Idee fast
unentbehrlich gewordenen Beitritt auf das stärkste geltend zu
machen, wir unsererseits aber, solches theils rechtsbeständig zu
widerlegen, theils die anderweitigen Zudringungen mit aller Behut-
samkeit und nöthig erachtetem Glimpf abzulenken, uns pflicht-
schuldigst beeiferten ; welches allhier zu wiederholen umso weit-
läufiger fallen würde, als wir uns nur bei dem Hauptanstoss des
ganzen Werks, nämlich der Determinierung des Quanti hauptsächlich
aufzuhalten haben , dieses wurde endlich nach langem Hin- und
Herdisputieren, durch Vermittlung des von V i 1 1 i e r s von 40 Millio-
nen Thalern, als worauf sie unabänderlich beharren wollten, auf
12 Millionen heruntergesetzt, welche jedoch Euer Majestät in
pessimum dabilem casum, nicht eilender, als bei einem wider alles
menschenmögliche Vermuthen übel ablaufenden Ende des Kriegs
und zwar so, dass dem hiesigen Hof nicht ehender, als in 30 Jahren,
namentlich pro indemni satione seiner aufgewandten Unkosten,
erlitten haben mögenden Schadens der selbsteigenen Länder, völlige
Austilgung alter hervorgesuchter Schuldforderungen und damit
aller Anlass zur ferneren Uneinigkeit und Missverständniss zwischen
beiden Höfen auf einmal abgethan sein möge, jährlich zu 400.000
Thaler davon bezahlend, zur Last gelegt werden sollte ; wir repli-
cierten dagegen, dass wir auch dieses nicht änderst, als ad referendum
und sub spe rati annehmen könnten, ja wir wollten ihnen zur
kräftigeren Ueberweisung unseres ungefärbten Betragens und auf-
richtig hierunter zu AVerk gehenden Umgangs das von Euer
Majestät uns erst vor wenig Stunden eingelaufene und in einem
lateinischen Projectsaufsatz abgefasste Ultimatum vorzeigen; bei
Erseh- und Ueberlassung dieses uns Graf von Brühl befragte,
ob wir ihnen solches nicht communicieren könnten? welches zu
thun wir auch kein Bedenken trugen ; worauf er sich in soweit
endlich herausliess: Er wolle zur Beschleunigung des Werks und
klaren Antagelegung des Königs seines Herrn für das gemeine Beste
hegender Gesinnung bei den von dem von Villiers ausgesprochenen
V i 1 1 i e r s replicierte, wie dieses keineswegs dahin zu deuten, sondern lediglich
nur wegen seiner zu considerieren wäre". K h e v enhüll e r's Bericht an die
Königi n. 27. März 1711.
278
12 Millionen Thaler unter Garantie derer mit in das gemein-
same Concert eintretenden Mächte von England und Russland
endlich acquiescieren, jedoch aber auch gegen das vorgezeigte
Project, in welchem ihnen einige Stellen etwas dunkel vorkamen,
ein anderes Gegenproject eiligst verfertigen uud solches sofort uns
und den übrigen respectiven Ministris zustellen lassen. "Womit sich
also diese Conferenz, ohne noch zum rechten Schluss zu
gelangen, für dieses Mal "wiederum endigte."1)
Der Eintritt der Charwoche und der Ostertage verzögerte
weitere Unterhandlungen, so dass man erst am 4. April bei
P. Guarini zu weiterer Berathung zusammenkam und hier trat
nun Brühl seinerseits wieder den österreichischen Diplomaten
mit anderen Vorschlägen gegenüber, die durchaus mit den in der
letzten Conferenz vereinbarten nicht in Einklang zu bringen
waren. 2) Die österreichischen Diplomaten traten in Folge dessen
am nächsten Tage bei dem Grafen AVratislaw mit den eng-
lischen und russischen zusammen, um die beiderseitigen Vor-
schläge in Uebereinstimmung zu bringen. Trotz einer sieben-
stündigen Conferenz wollte dies nicht gelingen und der russische
Vertreter Keyserlingk nahm schliesslich beide Projecte mit,
um eines daraus zu machen und endlich zu einem Abschluss zu
gelangen. 3)
Am 10. April endlich, an dem Tage, an welchem hi den Ge-
filden Schlesiens bei Mollwitz gekämpft winde, konnte Graf
Wratislaw dem Obersten Hofkanzler melden, das Hauptwerk
J) Khevenliüller an die K ö n i g i n. Dresden, 27. März 1741.
(H. H. u. St. A.)
2) „Nachdem aber dasselbe (das Gegenproject) mit dem unsrigen nichts
weniger, als in substantialibus gleichstimmend, folglich von demselben noch
allzu sehr entfernt, ja in Vielem abgeändert, für uns restringiert, für sie aber
erweitert und allerhand neue Vortheile, wovon wir bisher nie nichts gehört,
dergestalten zugesetzet waren, dass wir uns unmöglich nach dessen Inhalt bei
dieser Conferenz miteinander vereinigen, sondern vielmehr, wann solches auf
diese Art von uns wäre eingeschickt und dabei unserseits nicht in Allem die
bisherige Aufmerksamkeit und sorgfältige Behutsamkeit wäre beobachtet
worden, sich gar leicht alle weitere Handlung hätte zerschlagen können."
Graf Wratislaw an Sinzendor ff, Dresden. 6. April 1741. iH. H. u. St. A.)
3) „Wie schwer mir aber dieses recht kaufmännische Negocieren oder
vielmehr Marchandieren falle, werden Euer Excellenz von selbst nach Dero
erleuchteter Einsicht umso eher, als mir schon zu zweien Malen vorgeworfen
worden, dass nur ich gegen den Vortheil des hiesigen Hofs mich am meisten
hart finden lasse, ermessen können." Ebenda.
•279
sei unter Vermittlung und beständigem Einrathen der englischen
und russischen Minister .mach vielem recht bitter und sauer ge-
wordenem Hin- und Hertreiben endlich dahin gediehen, dass wir
vermuthlich noch heute oder morgen, in Ansehung ein Mehreres
doch nicht zu erstreiten möglich ist, vorbehaltlich Allerhöchster
Genehmigung zu signieren vermeinen".
Gegen Schluss dieser Conferenz hatte sich nun allerdings das
Unerwartetste ereignet. Der englische Gesandte Villiers erklärte
nämlich, gewichtige Gründe hätten den König, seinen Herrn, be-
wogen, den dringenden Bitten des Königs von Preussen um Ver-
mittlung in Wien stattzugeben1), um die Königin von Ungarn
und Böhmen zu einem entsprechenden Vergleich mit Preussen zu
bewegen.
Nachdem Frankreich durch Unterstützung Bayerns und indem
es den König von Preussen an sich ziehe, einen Krieg im Reiche
entzünden wolle, erscheine es doch wichtig, den König von Preussen
nicht mit Gewalt in dessen Arme zu treiben, sondern lieber diesen
Fürsten dem allgemeinen Bunde beizuziehen. Bereits habe Robinson
zu vermitteln gesucht, allerdings mit wenig Erfolg. Man werde
im Geheimen einen doppelten Operationsplan machen müssen, einen
für den Fall, dass Preussen mit in das Concert einträte und einen,
wenn dies nicht geschehe und man durchaus mit verbündeten Waffen
gegen den König von Preussen handeln müsse. Für den letzteren
Fall stellte König Georg die im britischen Solde befindlichen
6000 Dänen und ebensoviele Hessen zur Verfügung, wegen der
hannoverischen Truppen werde mit dem Herrn von dem Busche2)
zu verhandeln sein. 3)
') Gleichzeitig waren Anerbietuugeu bezüglich der Pfandärnter iu Mecklen-
burg, Osnabrück und Ost-Friesland abgegangen. Vergl. „Polit. Corresp.", I,
Nr. 236, 330.
2) Hannoverischer Gesandter.
3) Das Protocoll dieser Conferenz lautet: „Ä Dresde, ce 10. d'avril
1741. Hör. pomerid. chez le Rev. Pere Guarini. 1. Das neue Project
eines Tractates, nebst fünf Separat-Artikeln zwischen dem König von Polen
auf einer und der Königin von Ungarn gemeinschaftlich mit dem Herzog
von Lothringen, ihrem Gemahl, auf der andern Seite, vereinbart zwischen
den Ministern der beiden contrahierenden Höfe und jenen der beiden ver-
mittelnden Höfe, wurde gelesen und glücklicherweise von Allen zurecht
gemacht und paraphiert. 2. Nachdem man sich von der einen und der
anderen Seite Beglückwünschungs - Comphmente wegen der Beendigung
dieser wichtigen Arbeit gemacht und den unterhandelnden Ministem
die gebührenden Danksagungen für ihre Mühen und guten Dienste, welche
280
Am 11. April Nachmittags wurde der Vertrag vorbehaltlich
der Allerhöchsten Ratification unterschrieben und Graf "Wratislaw
reiste mit demselben am 12. nach Wien ab.
sie diesen Unterhandlungen gewidmet hatten, abgestattet hatte, kam man
überein, unverzüglich zwei Exemplare des Tractats und der Separat-Artikel
in das Reine schreiben zu lassen, damit dieselben am folgenden Tage
von den Ministern der beiden contrahierenden Höfe nach Vorzeigung ihrer
Vollmachten unterschrieben werden könnten. Was die Wiener anbelangt, so
haben diese hinzugefügt und ad protocollum erklärt, dass der zweite, vierte
und fünfte der Separat-Artikel über ihre Instructionen hinausgehe, sie würden
dieselben erst nach der Ueberzeugun°; der vermittelnden Minister unterzeichnen.
3. Dieses festgestellt, ergriff der Herr Abgesandte von England (Villiers)
das Wort, um der Versammlung vertraulich die starken Gründe mitzutheilen,
welche vor Kurzem den König, seinen Gebieter, veranlasst hatten, sich den
dringenden Bitten des Königs von Preussen zuzuneigen, sich mit seinen guten
Diensten in Form der Intercession in Wien in das Mittel zu legen, um die
Königin von Ungarn und Böhmen zu einem zusagenden Vergleich mit dem
König von Preussen zu bringen zu trachten, in der Absicht, diesen Fürsten
in das grosse Concert zu Gunsten des allgemeinen Wohles zu ziehen und
dadurch den verderblichen Absichten Frankreichs zuvorzukommen, mivermerkt
einen innern Krieg im Reiche zu entzünden, indem es den Churfürsten von
Bayern unterstützt und sich mit dem König von Preussen verbündet, welcher
sich, keinen andern Ausweg sehend, zu ihrer Partei schlagen würde: dass der
an Herrn von Robinson gesandte Courier gegenwärtig wieder hier durchreise,
dass er noch nicht Zeit gehabt habe, alle Depeschen zu lesen, aber dass er
schon gesehen habe, der Wiener Hof sei nicht sehr geneigt zu einem Vergleich
mit dem König von Preussen und dass die Absicht Sr. britischen Majestät sei,
dass man in Ermangelung dessen unausgesetzt die kräftigsten Massregeln
fortsetzen, zu Gunsten der Königin von Ungarn und Böhmen verabreden und
ausführen müsse, sein Rath sei, hier ohne Verzug aber im Geheimen,
den Entwurf eines doppelten Operationsplanes zu berathen, den einen, wenn
der Vergleich mit dem König von Preixssen und dessen Beitritt zum grossen
Concert doch noch zu Stande kommen könnte und den andern, wenn man
unbedingt dahin kommen niüsste, übereinstimmend durch die vereinigten
Armeen gegen diesen Fürsten zu operieren, dass er, Abgesandter, für diesen
Fall in der Lage sei, den Operationsplan und die im britischen Solde stehenden
6000 Dänen und ebensovielen hessischen Truppen anzubieten, während
Herr von Busch (von dem Busche, hannoverscher Gesandter) Auftrag
habe, sich über die hannöver'schen Truppen zu erklären. 4. Nachdem die
übrigen anwesenden Minister sich empfänglich für diese vertraulichen Mit-
theilungen gezeigt haben, hat Se. Excellenz der Graf Brühl (nachdem er dar -
gethan, dass es im Falle des Vergleiches und des Beitrittes des Königs von
Preussen zum grossen Concert nöthig wäre, sich aus Vorsicht untereinander,
ohne irgendeine Macht zu nennen, zu versprechen, dass wenn Einer von der
Allianz jemals den Andern angriffe, alle andern von der Liga unitis viribus
gegen den Angreifer Partei nehmen würden) vorgeschlagen und man ist über-
eingekommen, dass man am andern Tage nach der Tafel die Berathungen
281
In dem Vertrage machte König August von Polen als Chur-
fürst von Sachsen sich anheischig, gegen die Mitregentschaft des
Grossherzogs von T o s c a n a keinen weiteren Einwand zu erheben.
Er erklärte, sich nach den Bestimmungen eines mit den übrigen
Verbündeten zu Stande zu bringenden Uebereinkommens an dem
Kriege gegen Preussen betheiligen und sich der Führung der böh-
mischen Churstimme durch die Königin Maria Theresia, als der
rechtmässigen Beherrscherin Böhmens, nicht länger widersetzen zu
wollen, auch dem Grossherzog seine Stimme bei der künftigen Kaiser-
wahl zu geben. Ausserdem verbürgte er sich im Namen seiner Ge-
mahlin, der Erzherzogin Maria J o s e p h a, dass, wenn im Falle des
Todes der Königin Maria Theresia und ihrer Schwester, der Erz-
herzogin Maria Anna, sowie des Aussterbens des Stammes Kaiser
Carl VI., die Königin von Polen als älteste Tochter Kaiser
Joseph I. oder deren Kinder rechtmässig zur Nachfolge in
Oesterreich gelangen würden, ihnen nur die Länder der böhmischen
Krone sogleich zufallen sollten, in den übrigen Erblanden aber
der Grossherzog von T o s c a n a als deutscher Kaiser bis zu seinem
Tode die Regentschaft zu führen und die Staatseinkünfte zu be-
ziehen habe.
Die Königin Maria Theresia verpflichtete sich da-
gegen, dem Könige von Polen die Summe von zwölf Millionen
Pueichsthalern in Raten zu bezahlen. Ausserdem wurden dem-
selben ein äquiparierender i^ntheil an den zu machenden Er-
oberungen und einige bisher von Preussen in der Nieder-Lausitz
und im Fürstenthum Crossen innegehabte böhmische Lehen über-
lassen, jedoch unter Aufrechthaltung der böhmischen Landes-
herrliclikeit und mit der Bedingung, dass der Werth dieses Besitzes
von den zu zahlenden zwölf Millionen in Abschlag gebracht werde.
Die Abtretung eines Landstriches in der Breite einer halben
Meile von der Lausitz nach Polen, um die ununterbrochene Ver-
bindung dieses Königreiches mit Sachsen herzustellen, die Garantie
des Besitzes der dem Churhause gehörenden Länder, verschiedene
Vortheile im Handels- und Grenzverkehre vervollständigten die
Zugeständnisse Maria Theresi a's.
In den Separat-Artikeln versprach der Grossherzog, im Falle
des Aussterbens des carolinischen Stammes der Habsburger die im
über einen doppelten Operationsplan beginnen und für das Militärische den
General-Lieutenant Baron Renard zulassen wolle." (H. H. u. St. A.. Sachsen.
Z. II, 6.)
282
Haupttractat stipulierten Bedingungen einzuhalten und ausserdem
einem chursächsischen Prinzen zur Würde eines Römischen Königs
zu verhelfen.
Die Verproviantierung der die sächsische Grenze über-
schreitenden chursächsischen Armee sollte in einem von den con-
fÖderierten Staaten abzuschliessenden allgemeinen Vertrage mittelst
einer Convention geregelt worden.
Ausserdem versprach Maria Theresia, für die Zukunft
nie zu verlangen, dass um die Investitur gewisser, an Chur-
Sachsen verliehener Lehensgüter (in der Lausitz, Meissen) von
Seite Chur-Sachsens durch eine fürstliche Person ersucht werde ;
sie versprach ferner, die diesbezüglichen strengen Ceremonien
in einer mit der Würde Chur-Sachsens vereinbarlichen Weise zn
mildern.
Auch für den Fall, dass es zu keinem Kriege komme, sollte
der Vertrag in allen Puncten aufrecht bleiben und nur eine Herab-
setzung des von der Königin Maria Theresia an Sachsen zu
zahlenden Entschädigungsbetrages von zwölf auf acht Millionen
Thaler stattfinden. 2)
Dieser Vertrag, obwohl er der Königin von Ungarn schwere
Opfer auferlegte, wurde von derselben am 24. April in einem
Exemplare, in einem zweiten von dem Grossherzoge, von dem
sächsischen Hof jedoch niemals ratifiziert.2)
Die Gründe des späteren Zurücktretens Sachsens sind in der
geänderten militärischen Lage, in den Ueberredungskünsten der
französischen Diplomaten und wohl vor Allem in der merkwürdigen
und doppelzüngigen Haltung Englands zu suchen.
Graf Kheven hüller glaubte zwar, dass durch die Verein-
barung, wenn sie auch erst nach der Ratification der Königin in
Kraft trete, so viel erreicht werde, „dass man den Betreibungen
des in wenigen Tagen in Dresden eintreffenden Marschalls
Belleisle hier weniger Gehör geben werde".
Auch seien die Kriegsrüstungen in vollem Gange und würden
dergestalt fortgesetzt, dass am 16. April sämmtliche sächsischen
Truppen, etwa 24.000 Mann, mobil seien und bis zum 1. Mai in
J) H. H. u. St. A. und Arneth, Maria Theresia. I. 20(3 ff.
2) Auf dem im k. und k. Haus-. Hof- und Staats-Archive befindlichen
Exemplare ist bemerkt: „Elle n'a pas ete acceptee et la Cour de Saxe l'a
renvovee."
283
die beiden Observationslager bei Eilenburg und an der Elbe bei
Torgau würden einrücken können. ')
Allerdings musste der Gesandte gleichzeitig an den Obersten
Hofkanzler melden : „Es ist gestern Früh eine Staffette von Breslau
an hiesiges Ministerium gekommen, mit der Nachricht, dass zwischen
Brieg und Ohlau eine sein- scharfe und zwar für uns gar übel aus-
gefallene Action vorgegangen sei." 2)
Nach der Schlacht von Mollwitz traten die schlesischen An-
gelegenheiten aus dem begrenzten Rahmen, in dem sie sich bisher
bewegt hatten und erlangten durch die Gruppierung der Mächte
einen allgemeinen Charakter.
Die Gegner Maria Theresia's erhoben zuversichtlicher
das Haupt, während die Alliierten, auf welche sie gerechnet, zag-
haft wurden.
Nicht leicht hat der Ausgang einer, mit so schwachen Kräften
geschlagenen Schlacht so grosse, einschneidende Folgen gehabt.
In Frankreich war es inzwischen dem gewandten und ver-
schlagenen Grafen B e 1 1 e i s 1 e gelungen, der alten, auf den Sturz
des Hauses Habsburg gerichteten Politik am Hofe wieder das Ueber-
gewicht zu verschaffen und den Cardinal F 1 e u r y, obwohl derselbe
lieber den Frieden erhalten hätte, zum Eingehen auf einen Plan zu
nöthigen, nach welchem die pragmatische Sanction ihre Giltigkeit
verlieren und die durch das Erlöschen der männlichen Linie des
Hauses Habsburg entstandenen Erbansprüche anderer Mächte
auf die Hinterlassenschaft Carl VI. zur Zerstückelung der
letzteren benützt werden sollten. B e 1 1 e i s 1 e selbst, zum Marschall
von Frankreich und zum Botschafter dieser Krone am bevor-
stehenden Wahlconvent ernannt, besuchte zuerst die Höfe der
geistlichen Churfürsten und gieng dann nach Dresden, wo er
am 15. April anlangte.
Am folgenden Tage fand sogleich eine zwei Stunden dauernde
Conferenz mit dem Grafen Brühl statt, wobei im Allgemeinen
die politische Lage erörtert winde.
In der Audienz beim Könige benützte Belleisle die Zeit
des Alleinseins, um einen Brief Ludwig XV. zu übergeben. Er
x) Khevenhüller an die Königin. Dresden, 14. April 1711. (H. H
u. St. A.)
2) Derselbe an Grafen Sin z e n darf f. Dresden, 11. April 1711. (H. H.
u. St. A.)
284
erklärte, class seine Sendung einzig und allein darin bestehe, den
König der Freundschaft seines erhabenen Herrn zu versichern und
der zu Versailles befindliche Graf Poniatowski1) werde
Ludwig XV. sehr geneigt finden, mit allen Kräften zu einer
ernsten und soliden Vereinigung der Höfe von Sachsen und Bayern
beizutragen. 2)
König August antwortete dem französischen Botschafter:
„Ich kann keinen Entschluss fassen, bevor ich nicht Antwort
vom russischen Hofe habe, mit welchem ich in Engagements bin.
Was den Wiener Hof betrifft, so habe ich mich über denselben sehr
zu beklagen, ich werde stets und so lange gegen die Mitregent-
schaft und gegen die Ausübung der böhmischen Stimme durch den
Grossherzog sein, so lange man mir dafür keine besseren Gründe
für die Behauptung aiiführt, dass die Königin von Böhmen
die böhmische Stimme ausüben könne. . . . Mit Bayern bin ich
bereit, ein Bündniss einzugehen, allein Bayern muss sich zuerst
erklären."
Die Bedenken des Königs vonPolen bezogen sich auf die Haltung
des Königs von Preussen, der zwei Meilen von der sächsischen
Grenze eine starke Armee aufgestellt habe. Er finde es daher nicht
klug, ein Vertragsverhältniss mit dem Churfürsten von Bayern
einzugehen, weil der König von Preussen immer noch eine Ver-
ständigung mit der Königin von Ungarn treffen, sich mit ihr
vereinigen und ihn, sowie Bayern niederwerfen könne. 3)
König August war überhaupt mit der Haltung König
Friedrich's von Preussen durchaus unzufrieden. Er sprach über
sein wenig verlässliches Vorgehen, wie dieser Fürst auf das Leb-
hafteste zu einer Verbindung gedrängt habe, um gemeinsam ge-
rechte Ansprüche zu vertreten 4), wie er ihm habe sagen lassen,
dass im Falle des Bedarfs seine Streitkräfte und seine Geldmittel
zu seiner Verfügung ständen, dass während er in Schlesien ein-
brechen winde, dasselbe in Böhmen geschehen solle.
*) Von König August an den französischen Hof gesandt.
2) Töpfer'sche Materialien-Sammlung.
s) Beilei sie an Amelot, Dresden. 20. April 1741. (Pariser Archiv.)
4) Vergl. Polit. Correspondenz, Nr. I, 202. Instruction für Oberst Grafen
Finkenstein, welcher als bevollmächtigter Minister nach Dresden geht,
v. 13. December 1740. — Ebenda 207. „Man muss Bülow (sächsischer be-
vollmächtigter Minister) drängen, mit uns abzuschliessen, haben sie Lust, sich
zu schlagen und Böhmen zu gewinnen: desto besser". (Friedrich II. an
Podewils, Crossen, 16. December 1740.) Ebenda Nr. 118.
285
Er sei überzeugt, dass Bayern in Tyrol und Ober-Oesterreich
einmarschieren werde. Frankreich werde Alles unterstützen. König
August verlangte acht Tage Frist, um sich zu entscheiden, erfuhr
aber in 'dieser Zeit, dass G o 1 1 e r in diesen Tagen der Königin
von Ungarn dringende Anträge gemacht habe, denen der König
von Preussen beifügte, „dass diese Fürstin umso leichter bei-
stimmen und sich beeilen sollte, mit ihm sich zu verbinden, da er
sie benachrichtigen könne, dass Bayern und ich (König August),
im Einvernehmen mit Frankreich, in Böhmen und Oesterreich ein-
marschieren würden." x)
Zum Schlüsse sagte König August: „Wie kann man nach
diesen Vorgängen noch Vertrauen zum König von Preussen haben?
Inzwischen habe ich meine Oavallerie remontiert und errichte zwei
Lager von 18.000 bis 20.000 Mann." 2) Er werde dem Grafen Brühl
Befehle geben, mit Beilei sie weiter zu verhandeln. 3)
In einer Conferenz Belleisle's mit P. G u a r i n i erklärte der
letztere, dass trotz der geleisteten Garantie der König von Polen
sich kein Gewissen zu machen brauche, gegen die pragmatische
Sanction zu handeln, denn der Wiener Hof habe die Dispositionen
der Kaiser Leopold und Joseph unterschlagen und Sinzen-
d o r f f habe der Gemahlin des Königs vor ihrer Heirath geradezu er-
klärt, sie werde nicht verheirathet werden, wenn sie nicht vorher ihren
Verzicht unterzeichne. Der Cardinal A 1 b a n i, welchem P. G u a r i n i
den Fall vorgelegt, habe dem König erklärt, er könne ohne Ge-
wissensbisse gegen die pragmatische Sanction handeln.
Belleisle hatte mehrere Conferenzen mit Brühl und
P. Gruari n i, welche aber zu viel Unterthänigkeit und Furcht vor
Russland und viel zu viel Misstrauen gegen Preussen hatten, als dass
sie zu einem Entschluss kommen konnten. Das Resultat ihrer Er-
klärungen war: 1. Sachsen hat keinen Vertrag oder Engagement
mit dem Wiener Hofe. Obgleich Oesterreich stets an das Bündniss
mahnt, so wird Sachsen ihm doch mit keinem einzigen Mann zu
Hilfe kommen, weil es sonst von Preussen erdrückt würde. 2. Sachsen
beharrt darauf, die Mitregentschaft und die böhmische Stimme nicht
zuzulassen. 3. Es kann sich gegenwärtig in kein formelles Bündniss
mit Bayern einlassen, weil sonst a) Preussen mit Oesterreich Frieden
J) Memoiren des Marschalls Belleisle. Töpfe r'sche Materialien-
Sammlung.
2) „Sachsen hatte damals 34 Bataillone und 54 Escadronen auf den Beinen,
lauter schöne und gut exercierte Truppen." (Bemerkung Belleisle's.)
s) Memoiren Belleisl e's.
286
schliesst, b) für Polen zu besorgen ist, da dann sicher die Russen
Truppen marschieren lassen, um die pragmatische Sanction aufrecht
zu erhalten, c) weil Bayern auf die ganze österreichische Erbschaft
Ansprüche macht, wesshalb Bayern sich auch zuerst erklären muss,
was es haben will. 4. Da Belleisle auf ein Bündniss mit Bayern
dringt und verlangt, man solle dem Poniatowski bestimmte
Instructionen schicken, damit er mit dem . Cardinal im Geheimen
verhandeln könne und Belleisle bei seiner Ankunft in München
über das Resultat dieser Verhandlung die Befehle seines Königs
vorfinden könne, so versprach man, diese Befehle zu ertheilen.
5. Der Churfürst von Sachsen sucht die Kaiserkrone nicht, weil er
zu wenig mächtig ist, nimmt sie aber an, wenn er von den Chur-
fürsten gewählt wird. Da auch Bayern für die Kaiserkrone zu
wenig stark ist, ist ein Uebereinkommen wegen der Theilung der
österreichischen Erbschaft nothwendig. 6. Auf die Frage, ob Sachsen
in erster Linie für Bayern stimmen werde, wenn es selbst keine
Aussicht auf die Kaiserkrone habe, habe Brühl geantwortet, dass
er darüber jetzt noch nichts sagen könne; P. Guarini dagegen
ein bestimmtes „Ja" ausgesprochen.
Belleisle's Schlusseindruck von den Verhandlungen in
Dresden war, dass, wenn Preussen mit Frankreich abgeschlossen und
Sachsen mit Sicherheit auf die Beständigkeit König Friedrich IL
rechnen könne, es in die Allianz eintreten werde, wie schwierig es
auch dann sei, die Interessen Bayerns und Sachsens in Form eines
Theilungs-Vertrages in Einklang zu bringen. Auf alle Fälle wäre
Sachsens Neutralität zu erreichen. x)
Während seines Aufenthaltes in Dresden erhielt Belleisle
die Besuche der dortigen preussischen und bayerischen Gesandten,
dessgleichen des österreichischen Gesandten, Grafen K h e v e n-
hüller, welcher ihn bat, doch auch nach Wien zu gehen.
Belleisle vermied es, mit Letzterem näher zu verhandeln.2)
x) Memoiren Belleisle's und Bericht desselben auAmelot, Dresden
20. April 1741. (Pariser Archiv.)
2) Gründlich getäuscht wurde Khevenhüller durch den schlauen
Franzosen, wie der Bericht an die Königin Maria Theresia über diese
Unterredung zeigt. Nach Ansicht des Gesandten wären die Verhandlungen in
Dresden und die Besprechungen mit den Ministern nur als wenig bedeutendere
Pourparlers aufzufassen geAvesen, während gerade Belleisle's Anwesenheit in
Dresden die Abschwenkung Sachsens von Maria Theresia's Sache bestimmt.
Nach Unterhaltungen über die Kaiserwahl kam man auf die schlesischen An-
gelegenheiten zu sprechen, worüber Be lleisle dem österreichischen Gesandten
287
Im Augenblick, da Belleisle am 20. April von Dresden
abreisen wollte, traf ein Courier vom französischen Gesandten am
preussischen Hofe, Marquis de Valory, mit Depeschen ein, worin
dieser mittheilte, dass der preussische Minister P o d e w i 1 s ihm
mitgetheilt habe, sein Herr wünsche zwar, sich mit Frankreich zu
verbinden, allein nur unter folgenden drei neuen Bedingungen :
1. dass Frankreich Schweden und Dänemark vermöge, gegen
Russland aufzutreten. 2. Dass, im Falle der Churfürst von
der Pfalz vor Ende des Krieges sterbe und der König von
Preussen noch nicht im ruhigen Besitz von Meder-Schlesien sei,
Letzterer das Recht haben solle, sich in den Besitz desjenigen
Theils des Herzogthums Berg zu setzen, der ihm durch den Haager
Vertrag abgetreten war, jedoch nur so lange, bis er in den ruhigen
Besitz von Nieder-Schlesien gelange. 3. Dass im Allianzvertrag
die reelle Unterstützung so stipuliert werde, wie sie mit dem ver-
storbenen König, seinem Vater, geplant war. *)
Podewils und Valory hatten am 11. und 12. April Berlin
verlassen und sich nach Breslau begeben, von wo Podewils sogleich
in das Lager zum König gieng. Am 18. kam Podewils von
dort zurück und überbrachte an Valory die ebenerwähnten drei
neuen Propositionen. 2)
auf die dem Gesandten in Paris von Wasner ertheilte Antwort hinwies, „mit
weiterem Vermelden, dass gleichwie man an seinem Hof das Wahlgeschäft von
jenem, was die pragmatische Sanction betreffe, separiert halte und als zwei
ganz besondere Objecte betrachte, seine obhabenden Commissionen auch
lediglich das erstere beträfen, also könne er mir hierüber keine nähere Auskunft
geben, als dass er wirklich im Begriffe stehe, sich von hier zu dem König
von Preussen zu verfügen, bei welcher Gelegenheit er von den Ansprüchen
desselben, als wovon sein Hof noch keine vollständige Information habe (!
sich genauer erkundigen würde, welches Alles er immer mit vielen, jedoch gar
nichts Positives sagen wollenden Contestationen begleitet, auch der letztliin
vorgefallenen Action halber sehr gelassen und ohne einige vorgängliche Neigung
zu bezeugen sich geäussert hat". Khevenhüller an die Königin. Dresden.
18. Aprü 1741. (H. H. u. St. A.)
') Vergl. Droysen, Geschichte der preuss. Politik V/i, 255. „Des König.-
Weisungen lauteten auf weiteres Zögern: Sachsen muss uns bestimmen:
wenn es mit uns bricht, so ist klar, dass es nicht allein steht; wenn es sich
ruhig hält, so haben wir mit Frankreich nicht zu eilen."
-) Vergl. Pol. Corr. I, Nr. 354, Der König an Podewils, Ohlau, 19. April:
„Ich habe Ihr Schreiben v. 18. d.M., sowie den Bericht vom nämlichen Datum
erhalten, das Drängen des Marquis Valory betreffend und das. was Sie ihm.
um seine Ungeduld zu beruhigen, darauf gesagt haben. Ich bin damit sehr
einverstanden und wir werden in der nämlichen Weise fortfahren, bis man
die letzte Entscheidung wird treffen müssen".
288
Valory war über diese neuen Forderungen umso mehr
erstaunt, da der König von Preussen ihm am 15. März zu Schweidnitz
gesagt hatte, er solle nach Berlin zurückgehen, um die letzte Hand
an den Vertrags-Entwurf zu legen, der König habe ihm am
5. April sein Wort gegeben, die Sache sei abgemacht. Der Entwurf
sei an Podewils geschickt worden, der die Sache mit Valory
abschliessen werde. x)
Beilei sie verliess am 20. April Dresden und kam am
22. Nachmittags nach Breslau, wo er Valory sehr niedergeschlagen
traf, da er sehe, dass seine Verhandlung plötzlich nicht weiter
komme und selbst befürchtete, dass sie scheitern könnte.
Belleisle bat den Minister Podewils, König Fri e dr ich DT.
seine Ankunft zu melden. Am 24. theilte der Minister dem fran-
zösischen Marschall mit, der König werde sich freuen, Belleisle
zu sehen, habe aber vorher noch einige Anordnungen zu treffen
und einige Befehle wegen der Sicherheit seiner Reise zu geben,
er werde ihm am 25. oder 26. weitere Nachricht zukommen lassen. 2)
Erst am 26. April Hess der König den Marschall Belleisle
in das Lager kommen ; 3) auf dem ganzen "Wege standen Sicherheits-
wachen und eine Escorte begleitete den Marschall. Im Dorfe
Hünern zwischen Ohlau und dem Lager waren für Belleisle
und dessen Gefolge, sowie für Valory Quartiere hergerichtet.
GM. Graf Rothenburg wurde dem französischen Marschall als
Ehrencavalier zugetheilt. Der Empfang war glänzend, die ganze
Armee war aufgestellt „und man erwiess mir alle militärischen Ehren,
wie einem Armee-Commandanten." 4)
*) Am 6. April giengen an Grafen Truchsess Weisungen behnfs
seiner Haltung gegenüber den Mediations-Anerbietungen König Georg's von
England ab. (Polit. Corresp. I, Nr. 330.) An Podewils schrieb König Friedrich
ebenfalls am 6. April: „Es wird nothwendig, diese Verhandlung (mit England)
mit undurchdringlichen!. Geheiinniss zu umgeben und es ist erforderlich, jene
mit Frankreich und Bayern in die Länge zu ziehen, ohne dass Valory Verdacht
schöpft." (Ebenda Nr. 331).
J) Vergl. Polit. Corresp. Nr. 1, Nr. 356.
3) „Er (Belleisle) wird mit aller Gewalt abschliessen wollen und ich, ich
möchte die Ankunft des englischen Charlatans (Hyndford) abwarten, um mich
zu entscheiden; aber auf jeden Fall muss man sehen, ob man, indem man
Herrn von Belleisle im höchsten Maass schmeichelt und die grösste Neigung,
abzuschliessen, durchblicken lässt, diesen Schritt noch bis zu dem Augen-
blick hinausziehen kann „qu'on ait arrange ses flütes avec les Anglais". (Polit.
Corresp. I., Nr. 358, Mollwitz, 21. April 1711 an Podewils.)
4) Belleisle's Memoiren. Töpfer'sche Materialien- Sammlung.
289
Nach dem Diner erhielt Belleisle die erste Audienz in
einem Zelte, das sich im Centrum des Lagers befand. Dort waren
alle Prinzen versammelt ; der Gesprächsstoff handelte von den
Operationen, von der stattgefundenen Schlacht, von der Bela-
gerung Briegs. Am folgenden Tage (27. April) fand um 11 Uhr
Vormittags Diner beim Könige in dessen Zelte statt. An diesem
Tage war Belleisle zwei Stunden lang allein mit König
Friedrich. Derselbe besprach zunächst seine militärische Situation
seit dem Einmärsche in Schlesien bis zum Tage der Schlacht,
daran knüpfte er Erwägungen über die Lage der N e i p p e r g'schen
Armee und sprach über seine weiteren Pläne, sowie über die
begonnene Belagerung von Brieg. Darauf übergab Belleisle
einen Brief des Königs von Frankreich und sprach sein Erstaunen
darüber aus, dass er statt des unterzeichneten Vertrags in Dresden
die Postsendung mit den neuen Bedingungen erhalten habe. Dieses
Schreiben habe er nicht nach Paris geschickt, weil es einen schlechten
Eindruck gemacht haben würde. Er komme, um dem König die
letzten Instructionen seines Hofes mitzutheilen ; man habe geglaubt,
der Vertrag sei geschlossen und er habe daher den Auftrag erhalten,
hauptsächlich jene Kriegsoperationen mit dem König zu berathen,
welche ihm den Besitz von Schlesien sichern sollten. Von hier
habe er Auftrag, nach München zu gehen, um darüber dem Chur-
fürsten von Bayern Mittheilung zu machen, welcher ausser seiner
Armee von 20.000 Mann noch eine französische Hilfs -Armee
erhalte, die so gross sein werde, als der König selbst bestimmen
wolle. Auch mit Schweden seien die Unterhandlungen schon an-
geknüpft.
König Friedrich LT. gab Belleisle zu „dass ich zu
Schweidnitz dem V a 1 o r y gesägt habe, ich sei gesonnen, mit
Frankreich einen Vertrag abzuschliessen. Damals war noch Herr
von Mün n ich Minister in Russland, von dem ich versichert war.
dass er das Haus Oesterreich nicht unterstützen werde. Die Ungnade
M ü n n i c h's hat die Lage geändert, denn der Marquis de B o 1 1 a
drängt die Kaiserin von Russland zur Hilfeleistung für Oester-
reich. 24 Regimenter sind im vollen Marsch nach Livland und
Kurland und binnen einem Monat sind 30.000 Russen bereit, in
Preussen einzudringen, wo ich fast gar keine Truppen habe.
Andererseits wiegelt der König von England ganz Deutschland
gegen mich auf, Dänemark hat 6000 Mann in englischen Sold
gegeben und will noch 6000 Mann für die Garantie der prag-
matischen Sanction stellen, Sachsen versammelt seine Truppen, um
Oesterreichischer Erbfolgekrieg. II. Bd. !•'
290
sich mit meinen Feinden zu verbinden. Es ist mir unmöglich,
nach allen Seiten zugleich Front zu machen, wenn ich nicht eine
rasche und in nächster Zukunft erfolgende Unterstützung bekomme.
Der Churfürst von Bayern hat nur wenige Truppen und es ist
schade, dass man ihn nicht in den Stand gesetzt hat, zu gleicher
Zeit mit mir Oesterreich anzugreifen und in Böhmen oder Oesterreich
einzufallen. Ich wundere mich, dass Frankreich das unterlassen
hat, denn wäre Bayern zugleich eingefallen, so hätte Frankreich
nichts weiter gebraucht, als die Rolle eines Vermittlers zu über-
nehmen; jetzt dagegen bleibt ihm nichts übrig, als der Krieg,
wenn es verhindern will, dass der Grossherzog Kaiser wird. Ich
hatte immer darauf gerechnet, als ich im Januar eine Defensiv-
Allianz vorschlug, dass der König, Ihr Herr, sich in die Lage setzen
werde, im Frühling eine Diversion machen zu können. Der Monat
Mai ist da und Sie haben keinerlei Vorbereitungen getroffen, während
alle Fürsten Europas gerüstet sind. Sie sind thatsächlich ausser
Stande, dem mich betreffenden Defensiv-Tractat nachzukommen,
denn ich würde in einem Monat oder in sechs "Wochen ein-
geklemmt sein, wenn man davon Kenntniss hätte, dass ich einen
Vertrag mit ümen geschlossen habe. Es ist unmöglich, dass sie in
drei Monaten eine Armee beisammen haben, nachdem Ihre Standes-
ergänzung noch nicht einmal angeordnet ist."
Belleisle versicherte, dass Schweden durch die Voraussicht
Frankreichs fast vollständig gerüstet sei, dass es mit 15.000 Mann in
Finnland sich defensiv halten, mit 30.000 Mann nach Livland gehen
und so eine undurchdringliche Barriere für Preussen bilden könne.
„Es wird handeln, sobald es erfährt, dass Preussen mit Frankreich
eine Allianz geschlossen hat."1)
Am 28. April fand ein einstündiger Besuch Belleisle's bei
P o d e w i 1 s statt. Später liess König Friedrich II. auch dem
französischen Marschall Truppen - Abtheilungen vorführen und
beauftragte seine Generale, demselben das Schlachtfeld zu zeigen.
Im Laufe des Tages hatte Belleisle abermals eine längere Zu-
sammenkunft mit dem König.2)
1) „Die Conversation wurde hier unterbrochen, indem der König persönlich
alle Detailverfügungen an seine Untergebenen trifft. Selbst Spione und Deser-
teure vernimmt er persönlich." Belleisle an Amelot v. 27. April. (Pariser
Archiv. L'Allemagne 3741. 398.)
2) Ebenda.
291
Auch am folgenden Tage war B e 1 1 e i s 1 e Abends von 6 bis
9 Uhr beim König.
Der Marschall berichtet nach Paris, dass der König
ihm offen gesagt habe:1) „Als ich den Entschluss fasste, in
Schlesien einzufallen, war ich fest überzeugt, dass dies das
einzige Mittel sei, meine Eechte auf die vier Herzogtümer
geltend zu machen. Ich rechnete dabei auf die Unterstützung
Frankreichs, welches ein wesentliches Literesse hat, das Haus
Oesterreich zu schwächen und den Herzog von Lothringen
von der Kaiserwahl auszuschliessen, um zugleich dankbar gegen
Bayern zu sein. Ich glaube, Frankreich könne nichts so sehr
wünschen, als einen Fürsten in Deutschland zu finden, kühn genug,
um der Erste der Katze die Schelle anzuhängen. Ich habe wohl cre-
wusst, dass der Cardinal, den ich durch Camas sondieren Hess, zu
friedfertig war, um in ein solches Project einzugehen, wenn ich es ihm
vor der Unternehmung vorgeschlagen hätte; aber ich habe auch nie
gezweifelt, dass er es unterstützen werde, apres coup, da ich ihn
doch dadurch in den Stand gesetzt habe, alle seine Absichten
durchzuführen. In diesem Vertrauen habe ich die ersten Vorschläge
zur Defensiv-Alliauz im Januar gemacht, welche notwendiger-
weise die G-arantie Meder-Schlesiens mit Breslau in sich schliesst
und um dem Cardinal alle Scrupel zu nehmen, habe ich selbst
demselben die Abtretung meiner Ansprüche auf die beiden Herzog-
thümer Berg und Jülich angeboten."
„In Kenntniss der Schwäche des Churfürsten von Bayern
und seiner wenigen financiellen Hilfsquellen, habe ich nicht
gezweifelt, dass Frankreich für alle notwendige Unterstützung
sorgen werde, damit Bayern im Frühjahre die Offensive ergreifen
könne. "Weiters dachte ich, dass die spanischen und sardinischen
Truppen zur selben Zeit in Italien würden thätig werden und class
Schweden sich rühren werde. Dadurch liesse Frankreich den Krieg
durch seine Freunde und Alliierten führen und der Cardinal sähe
scheinbar mit verschränkten Armen zu, um schliesslich der Ver-
mittler zu sein. Ich dachte ferner, dass, um dies mit Erfolg thun
zu können, die Vermehrung der Truppen und die andern Vor-
bereitungen in die Hand genommen worden seien."
„Die Seemächte und die anderen europäischen Staaten sind
bereits gerüstet."
*) Memoiren Belleisle's in der Topf ersehen Sammlung und Bericht
an Amelot. (Pariser Archiv.)
19*
292
„Dagegen habt Ihr stets meinen Forderungen widersprochen und
zuletzt sogar mich aufgefordert, die Feindseligkeiten einzustellen ;
Ihr habt Bayern nicht bewaffnet , Spanien beklagt sich über
Euch, Ihr habt die Grenzstreitigkeiten zwischen Oesterreich und der
Türkei ausgeglichen und namentlich habt Ihr keine Vermehrung
Eurer Truppen vorgenommen, obgleich dieselbe nach dem Tode
des Kaisers angeordnet und verlangt war. Der Cardinal hat sogar
gesagt, das Elend sei dieses Jahr in Frankreich zu gross, als dass
man an einen Krieg denken könne. Dennoch war ich noch immer
gut gesinnt für Frankreich, ich glaubte mich halten zu können
durch den Freundschaftsvertrag mit Russland und gab daher zu
Schweidnitz dem V a 1 o r y mein Wort, den Allianzvertrag ab-
zuschliessen, unter dem Versprechen, denselben geheim zu halten ;
denn England und Russland haben mir öfter erklären lassen, dass,
so lange ich nicht in Allianz mit Frankreich sei, sie mich schonen
und nur den AVeg der Vermittlung und der guten Dienste ein-
schlagen würden. Aber ich fürchtete sie nicht, so lange der Graf
Münnich im höchsten Ansehen und Einnuss zu Petersburg stand,
ich konnte mich halten und Euch Zeit lassen, mir zu Hilfe zu
kommen. Seit der Abreise V a 1 o r y's von Schweidnitz ist gegen
alles Erwarten Münnich in Ungnade gefallen. Hier, lesen Sie
einen Brief meines Gesandten zu Petersburg vom 10. April, aus
welchem Sie sehen, dass man den Entschluss gefasst hatte, gegen
mich zu handeln. Aus aufgefangenen Briefen Osterman n's erfuhr
ich sogar das ganze Project1), welches darin bestand: zu warten,
bis das Gras hervorspriesst, um ihre Armee, 30.000 Russen,
12.000 Hannoveraner, 6000 Dänen und 6000 Hessen bei Eichsfeld,
20.000 Sachsen bei Torgau und Königsstein lagern zu lassen.
Sobald diese Truppen beisammen sind, will man mich auffordern,
Schlesien zu räumen und mich mit den beiden Herzogthümern
Glogau und Liegnitz zu begnügen."
Am Schlüsse der Audienz erbat sich Belleisle die Erlaub-
niss, das Gehörte zu Papier bringen und dem König vorlesen zu
dürfen, damit er selbst sicher sei, dass er sich nicht täusche. Der
König gestattete es und Belleisle legte am anderen Tag dem
König seinen Aufsatz vor, der ihn guthiess und ihn an den Cardinal
zu schicken erlaubte. Noch wurde vereinbart, dass Valory die
Negociation weiterführen solle, wesshalb derselbe hereingerufen
*) Münnich selbst hatte dem König den Plan mitgetheilt, welchen
England, Oesterreich und Sachsen den Russen vorgeschlagen hatten.
293
wurde und eine Copie von Belleisle's Aufsatz erhielt.1) Dieser
Aufsatz enthielt als Ergebniss der bisherigen Verhandlung : 1. Der
König von Preussen kann sich für den Augenblick zu einem
Allianz vertrag mit Frankreich nicht verpflichten, weil die Küssen,
Sachsen, Hannoveraner und Dänen bereit sind, wenn das Gras
da ist, Lager zu errichten und alsdann ihn aufzufordern, Schlesien
zu räumen. Gegen alle diese Feinde hat er nur 15.000 Mann
unter dem Fürsten von Anhalt. 2. Als er Valory sein Wort
gegeben, war Münnich noch an der Spitze des russischen
Gouvernements. 3. Trotz dieser „Situation violente" will er alle
Mittel versuchen, ,,pour y remedier". Er will Unterhandlungen
anwenden, um seine Feinde hinzuhalten und zu täuschen ; dann
hofft er nach der Eroberung von Brieg N e i p p e r g zu schlagen
und zu vernichten. Gelingt das, so will er Garnisonen in Schlesien
lassen und sich in das Centrum seiner Staaten zurückziehen, wo
er im Stande sein wird, seinen Feinden die Spitze zu bieten. Die
Armee des Fürsten von Anhalt soll dann nach Preussen gehen
und dann will er sogar zuerst den König von Frankreich um
Unterzeichnung des Allianzvertrages bitten. 4. Kann er N e i p p e r g
nicht vernichten, so will er unter allen möglichen Vorwänden die
Unterhandlungen mit 0 esterreich und England in die Länge ziehen,
um Frankreich Zeit zu verschaffen, dass es Schweden zur Thätigkeit
bringt, Bayern so verstärkt, dass es auch seinerseits handeln kann
und seine eigene (Frankreichs) Armee in den Stand setzt, dass sie in
Deutschland einzudringen vermag. Ist das alles geschehen, dann will
der König von Preussen sich offen erklären und den Allianzvertrag
unterzeichnen, weil er es dann mit Sicherheit thun kann. Hätten
die Alliierten davon Kenntniss, dass er in der That mit Frankreich
verbündet sei, so würden sie ihn in keiner Weise schonen und
sich seiner Staaten bemächtigen. Wäre Frankreich thatsächlich
im Stande, zu operieren, um im Monate Mai wirkliche Diver-
sionen zu machen, so würde er mit dem grössten Vergnügen
den Vertrag unterzeichnen. 5. Würde er jedoch gezwungen, einen
Vergleich einzugehen, so werde er dennoch nie sich gegen Frank-
reich wenden, sich nie seinen Absichten widersetzen und in keinem
Falle und zu keiner Zeit Truppen gegen Frankreich liefern. Dasselbe
werde er bezüglich des Churf ürsten von Baj^ern beobachten, dem er,
soviel an ihm liege, zur Kaiserkrone verhelfen will, weil er ihn
J) Memoiren Belleisle's und Bericht an Arnelot. (Pariser Archiv.
L'Allemagne.)
294
persönlich liebe und schätze. 6. Wenn man Sachsen von den
anderen Verbündeten trennen und bewegen kann, einen Allianzs-
vertrag mit Bayern unter der Garantie Frankreichs zu schliessen,
so darf Belleisle den Churf ürsten von Sachsen der Freund-
schaft und Allianz des Königs von Preussen versichern und ihm
erklären, dass der König von Preussen in diesem Falle beitragen
wolle, ihm jenen Theil von Böhmen bis an die Elbe und den Theil
von Ober-Schlesien, der ihm zur Communication mit Polen nöthig
ist, zu verschaffen ; ja, der König von Preussen offeriert ihm sogar,
das Fürstenthum Sagan zu cedieren, welches an die Lausitz stösst
und dem Churfürsten sehr conveniert. 7. Der König muss sich die Frei-
heit, ein Accomodement abzuschliessen, umso mehr bewahren, da einer-
seits die französische Armee nicht im Stande ist, jetzt zu handeln,
andererseits, weil der Cardinal niemals die Absicht gehabt hat, dieses
Jahr Krieg zu führen. "Wozu nützt also dem Könige von Frankreich
die Allianz mit Preussen? Der Cardinal ist zu vernünftig, um zu
wollen, dass der König von Preussen sich und sein Land ohne
Vortheil opfere, dass es viel besser sei, einen Freund, wie ihn, zu
erhalten, um im Bedarfsfall wieder zu ihm zurückzukehren, er sei
jedoch überzeugt, dass es dem König niemals gelingen werde, das
Haus Oesterreich zu erniedrigen, den Grossherzog vom Kaiserthrone
auszuschliessen und dem Churfürsten von Bayern zu nützen, wenn
er nicht eine mächtige Armee in das Reich einrücken lasse; alle
übrigen Fürsten seien gerüstet und wenn Frankreich als bewaffneter
Vermittler auftrete, werde es nach seinen Absichten entscheiden.
8. Der König von Preussen wird nie dem Grossherzog seine
Stimme geben, er steht mit Niemandem in Unterhandlungen ; die
Propositionen, die ihm gemacht sind, kennt er nur auf geheimen
Wegen und aus aufgefangenen Briefen. Am Schlüsse erklärte der
König noch : Ich fürchte nichts so sehr, als zu einem ebenso
traurigen, wie demüthigenden, wenig vortheilliafteii und wenig
sichern Vergleich gezwungen zu sein und wünsche im Gegentheil,
nichts so lebhaft als die Allianz mit Frankreich. Ich bin bereit, ab-
zuschliessen, sobald Frankreich seine Armee operationsbereit hat,
ebenso wie seine Alliierten. Mylord Hyndford wird eintreffen,
um die Unterhandlungen zu beginnen; ich werde dieselben in die
Länge ziehen."1)
Hierauf wurde auch das Thema betreffs der Bemühungen des
AViener Hofes besprochen. Belleisle bemerkte, dass die Königin
1) Memoiren Beileisle's und Berichte an Amelot. Paris.
295
von Ungarn auch, beim König von Frankreich um Schutz gegen
die Unternehmungen Preussens in Nieder-Schlesien angesucht habe,
wobei er seinen Zweifel einfliessen Hess, ob die Königin auch
nur ein Dorf abtreten wolle, eher sei sie zur Abtretung einer
Provinz an den Churfürsten von Bayern bereit. B e 1 1 e i s 1 e gab
übrigens der Ansicht Ausdruck, dass Sachsen sofort sich mit
Frankreich alliieren werde. ])
B e 1 1 e i s 1 e berichtet über die eigenthümlichen Eindrücke, die
er in diesen Unterredungen mit König Friedrich II. gewonnen,
an A m e 1 o t :
„Nach der Art und Weise, wie König Friedrich gesprochen,
nach seinem offenen Gesichtsausdruck, allen seinen Bewegungen,
dem Tonfall seiner Stimme, sollte man fast nicht daran zweifeln,
dass er das, was er gesagt, nicht ebenso gedacht habe ; doch macht
das zweideutige Benehmen, (la conduite equivoque), welches dieser
Fürst seit dem Beginne der Unterhandlungen eingehalten hat und
das Uebrige, was wir wissen, gerade in seiner Person verdächtig, was
es bei jedem Andern nicht wäre. Er ist so überzeugt, dass er
niemals Sicherheit in einem Ausgleich mit dem Wiener Cabinet
finde, dass er nur „la tete tournee de peur" zu einem solchen
die Hände bieten könne und desshalb drängt er so, dass Bayern
vorwärtsgehe, dass man Schweden sich zu erklären zwinge, dass man
versuche, Sachsen zu gewinnen und vor Allem, dass Frankreich
sich in den Stand setze, die nöthigen Diversionen zu unternehmen."
Bell eis le hatte von seinem Hofe Befehl, durchaus zu ver-
meiden, bei einer kriegerischen Action an der Seite des Königs
von Preussen zu sein, um nicht in die Lage gesetzt zu werden,
militärische Rathschläge zu ertheilen.
Der König von Preussen billigte dies und desshalb begleitete
ihn Bell eis le auch nicht in die Trancheen vor Brieg. Da es
regnete und schneite, konnte Bell ei sie nicht die ganze Armee
besichtigen. König Friedrich H. Hess aber ein Bataillon vor
ihm exercieren. Der französische Marschall fand die Truppen aus-
gezeichnet und lobte besonders das Schnellfeuer der Infanterie.
Als Belleisle am 1. Mai Abschied nehmen wollte, äusserte
Friedrich H. den Wunsch, um Abends G Uhr nochmals zu
sehen, bei welcher Gelegenheit eine einstündige Conversation
*) Belleisle's Memoiren und sein Bericht an Amelot. Paris.
296
stattfand und Friedrich den französischen Marschall zum Abschied
umarmte. Dem König Ludwig möge Belleisle mittheilen,
dass er dessen Brief ,, heute" nicht beantworten könne, da ihni
seine Kanzlei noch nicht zur Verfügung stehe. *)
Am 2. Mai verliess Belleisle das Lager, nachdem er dem
Marquis de Valory noch Instructionen hinterlassen hatte, besuchte
am 6. Mai die Porzellanfabrik in Meissen und kam am 7. Mai auf
dem Jagdschlosse Hubertsburg an, wo der König von Polen sich
damals aufhielt. König August erkundigte sich sogleich nach
dem Könige von Preussen. Belleisle theilte mit, dass König
Friedrich Sachsens Freundschaft wünsche und nur Nieder-
Schlesien behalten wolle ; wenn Sachsen sich mit Bayern einige,
um jedes auch seinen Vortheil zu suchen, so stehe er stets zu
Beider Diensten, zumal wenn er fest auf sie zählen könne. König
August meinte freilich: „Man kann sich auf Preussen nicht ver-
lassen", aber Belleisle beruhigte ihn mit der Versicherung, dass
er ja das Resultat seiner letzten Conferenz in Dresden an den
Versailler Hof geschickt habe, man sei damit sehr zufrieden und
werde Herrn Desalle urs als Gesandten an den sächsischen Hof
schicken.
In der Conferenz mit Brühl drückte Belleisle seine Ver-
wunderung aus, dass Poniatowski noch nicht gesprochen habe,
auch der Cardinal wundere sich darüber; Belleisle habe ihm doch
geschrieben, dass Poniatowski Befehl erhalten habe, die Unter-
handlungen anzuknüpfen. Brühl versicherte eifrig: ,,Ich habe noch an
demselben Tage, wo ich Ihnen in Dresden mein Versprechen gab,
meine Briefsendung an Poniatowski nach Strassburg abgeschickt;
wahrscheinlich hat P o n i a t o w s k i sie erst später erhalten. Uebrigens
versichere ich Sie, dass Sachsen mit dem "Wiener Hof in keiner
Unterhandlung steht, Alles was man in dieser Beziehung und
bezüglich eines Vergleichs mit dem Wiener Hof aussprengt, sind
blos Lügen und Kunstgriffe der "Wiener Minister".
„Wir wollen uns nur sicherstellen gegen Preussen, von dem
ich fürchte und glaube, dass es heute oder morgen sich mit
Oesterreich vergleicht und da Sachsen der Einzige war, welcher
sich offen der Mitregentschaft und der böhmischen Stimme
widersetzt hat, so darf man nicht zweifeln, dass der Wiener
Hof gegen uns aufgebracht ist. Vor allen Dingen ist es nötliig,
dass der Churfürst von Bayern sich deutlicher erklärt, als bisher ;
J) Belleisle an A m e 1 o t. Breslau. 23. April 1741. (Pariser Archiv.)
297
sein Gesandter liier sagt uns nichts und der Churfürst sagt ebenso-
wenig dem Herrn von Loos, der ein Mann von Verdienst ist,
welchen der König für diesen Hof gewählt hat und wenn Sie den
Churfürsten zu einem Vorschlag vermögen, braucht er ihm dies
nur zu erklären Wenn Loos darüber berichtet, so werden wir ihm
darüber Vollmachten schicken. Wenn der König von Preussen
sich mit dem Wiener Hof nicht vergleicht und sich mit uns ver-
bündet, so soll er Nieder-Sohlesien erhalten ; Sachsen dagegen Ober-
Schlesien und Böhmen bis an die Elbe und Moldau mit Prag;
Bayern endlich den anderen Theil von Böhmen, Ober-Oesterreich,
Tyrol und Vorcler-0 esterreich. Der Rest bleibt Maria T h e r e s i a."
Dem Einwurf Bell eis le's, dass Bayern schwerlich Theile von
Böhmen cedieren werde, auf welche es Rechte zu haben behaupte,
begegnete Brühl mit der Erklärung: „Wenn Bayern immer von
seinen Rechten spricht und dieselben geltend machen will, so kann
Sachsen nicht mit ihm einig werden."
Am Schlüsse der Conferenz wurde ausgemacht, dass vor allen
Dmgen nothwendig sei, die Frage wegen der böhmischen Stimme
zu entscheiden und dass Brühl daher sogleich Instructionen an
den sächsischen G-esandten zu Frankfurt schicken solle. An dem-
selben Tage, 9. Mai, hatte Belleisle seine Abschiedsaudienz
beim Könige.
Am 10. Mai reiste Belleisle von Hubertsburg ab und
nahm seinen Weg durch Franken. Am 15. Mai passierte er Er-
langen, wo der Markgraf von Bayreuth residierte. Belleisle
schlug eine Einladung zur Mittagstafel aus, reiste weiter und kam
am 18. Mai in Nymphenburg an.
B e 1 1 e i s 1 e's Rundreise hatte ihre Früchte getragen. Der Tag
von Mollwitz und des französischen Unterhändlers Geschick hatte
Sachsen von dem zu Gunsten der Erbtochter Carl VI. in Dresden
geschlossenen Concert getrennt und nun in das Lager ihrer Gegner
geführt.
Die österreichische Armee im Lager bei Neisse.
,,\\ ir wollen denken, dass wir anfangen und dass noch nichts
vorgefallen sei. Setzen sie nur wieder den Regimentern Herz in
den Leib, um sie aufzumuntern, ihre Wiedervergeltung zu nehmen
und ich rechne auf Ihre Kenntnisse und auf den guten Willen
derselben," schrieb Grossherzog Franz Stephan dem ausser-
ordentlich niedergedrückten Armee-Commandanten am 15. April.
In diesem Sinne wurde nun im Lager des österreichi-
schen Heeres vorgegangen. An Eifer fehlte es nicht und man
gab sich Mühe, durch bessere Ausbildung die numerische Schwäche
des Heeres auszugleichen. Der Feldmarschall konnte in seinen
Berichten aber nicht verhehlen, dass nur durch Diversionen der
befreundeten Höfe oder durch Beistellung eines Hilfs-Corps von
10.000 bis 12.000 Mann es ihm möglich werde, der Kriegführung
in Schlesien eine andere Wendung zu geben.
Das Infanterie-Regiment Leopold Daun, ursprünglich zur
Krönung der Königin nach Pressburg bestimmt, hatte allerdings
Befehl erhalten, in beschleunigten Märschen nach Schlesien ab-
zurücken. Dasselbe sollte, nachdem es bei Pressburg die Donau
passiert, durch Mähren in drei Colonnen und zwar durch den
Brünner, Hradischer, Olmützer und Prerauer Kreis marschieren,
konnte jedoch vor Mitte Mai kaum in Neisse eintreffen. Die zwei
ungarischen Freiwilligen-Regimenter befanden sich allerdings im
Anmärsche, doch mache dies, wie Graf N eipp e r g meint, „die
Sache nicht aus und werde er sich dadurch niemals in Stand
gesetzt sehen, dem Feind, stark wie er sei, sich wieder präsentieren
und offensive gegen ihn agieren zu können. Sobald aber ein
Succurs von 10.000 bis 12.000 Mann guter und fremder Infanterie
299
vorhanden, da er nicht bergen könne, dass auch auf die gesammte
in Ungarn befindliche Infanterie, welche meistens in Recruten und
in vielen unerfahrenen Officieren bestehe, nicht viel zu rechnen,
so hebev sich dieser Anstand von selbst und würde alsdann mit der
Hilfe Gottes ein guter Succes unfehlbar zu hoffen sein." 1)
Der Armee-Commandant erörterte in dem nämlichen Berichte
auch die Verhältnisse bei der Generalität und bemerkt:
„Von Generalen habe dermalen nicht mehrere allhier, als
von der Cavallerie beide FML. Berlichingen und Preysing,
GF"VVM. Philibert, H o 1 1 y und Dick w eiler; von der In-
fanterie hingegen den einzigen FML. Browne, welcher immerdar
kränklich und von keiner dauerhaften Gesundheit ist, solchemnach
denselben dermalen, um in einer vorfallenden Occasion auf ihn
rechnen zu können, menagieren muss und nebst seiner den einzigen
CIFWM. Kolowrat, woran, zumal auf die übrigen, die blessiert
und bis auf den General Lentulus, den allhier behalten, um
ihn in das Glatzische wieder absenden zu können, bereits hinweg
sind, auch können möglich zu den Blessuren andere Krankheiten
sich schlagen, nicht zu rechnen ist, bei weitem nicht genug habe.
Da aber auch, obschon den beihabenden und noch kommenden
General-Feldmarschall-Lieutenants nicht das Mindeste auszusetzen
weiss, eine bekannte Sache, dass, wo Kameraden miteinander
concurrieren, die vorfallenden Dienste und übrigen Ergebenheiten
nicht mit solcher Exactitude und Punctualität respiciert zu werden
pflegen, als wenn ein Capo vorhanden, so wäre auch mein aller-
unterthänigstes, doch unniassvorschreibliches Erachten, wann Eure
Kaiserliche Majestät von der Allerhöchsten Gnade wären, einen
guten und ausgesuchten General-Feldzeugmeister sowohl, als einen
derlei Generalen der Cavallerie zu diesem Corpo beordern zu
lassen, womit alsdann Infanterie und Cavallerie jedwedes ihr
absonderliches Capo hätten und sofort der Allerhöchste Dienst
auch zu Supplierung meiner eigenen Unerfahrenheit und da ein
Mensch nicht Alles allein zu zwingen vermag, desto besser befördert
werden könnte."
Der Feldmarschall fügte hinzu, er habe allen Generalen und
Officieren, ,,so bei dem vorgefallenen Treffen vor anderen sich
distinguiert und liier sich befinden, Eine kaiserliche Majestät ihrent-
halben tragendes allermildestes Sentiment zu erkennen gegeben,
v) FM. Graf Neipperg an die Königin. Neisse, 23. April 1741.
(Aus dem gräfl. N e i p p e r g'schen Archive in „Mitthlg. d. K. A.", N. F. II, 209.)
300
die es mit allerunterthänigstem Dank erwiedern und Allerhöchst-
dieselbe ihrer ferneren unverbrüchlichen Treue und Eifers durch
mich versichern lassen ; unter Anderen aber remittiert sich der bis-
herige hiesige Commandant, Oberst Roth, der gewiss ein recht-
schaffener Soldat und reflexionswürdig zu Allerhöchstderselben
Gnad, wie ingleichen auch der liier angestellte Bürgermeister
Leopold Eisenkol b." x)
Dass die preussischen Absichten auf Brieg abzielten, gieng
aus allen Meldungen und Nachrichten hervor, die bei dem Armee-
Commando einliefen. Graf Neipperg bemerkte übrigens in dem
erwähnten Berichte an die Monarchin, class er, falls die Belagerung
mit vereinigter feindlicher Macht vor sich gehen sollte, ,,obschon
der Commandant Graf Piccolomini ein experimentierter und
guter Soldat, den Ort für verloren schätze, denn in dem Stand,
wie er dermalen sich befinde und wenn auch das Leopold Damr-
sche Regiment und Uebriges noch unterdessen zu ihm stossen
sollte, getraue er sich, den Ort, in Ansehung des grossen Hazarcls
und üblen Folgerungen, nicht zu deliberieren, ausser die Königin
befehle es absolut, in welchem Falle er sich ganz und gar nicht
mehr weigern werde". 2)
Neipperg fügte aber bei, dass, wenn auch inzwischen Brieg
verloren gehen sollte, er, wenn er die Verstärkung durch Infanterie
der alliierten Mächte erhalte, Mittel und Wege ausfindig machen
werde, ,, wieder an den Feind zu kommen, wozu sich ungeachtet
dieses Verlustes noch Mittel finden lassen würden". Er werde
unterdessen suchen, dem Feind durch ausgesendete Partheien von
Husaren oder auf andere Weise allen möglichsten Abbruch zu thun,
auch denselben in seinem Unternehmen auf Brieg beständig beun-
ruhigen lassen. Der Armee-Commanclant Hess das Bataillon Max
Starhemberg (Nr. 24), das sich im Fürstenthum Teschen befand,
nach Troppau und Jägerndorf rücken und trug darauf an, dass das
Podstatzky'sche Cürassier-Regiment, das im Waag - Thale stand,
gegen Ratibor und Oppeln disponiert werde, um die Bewohner
dies- und jenseits der Oder gegen die feindlichen Drangsale und
Belästigungen zu schützen, auch dem Feinde selbst Abbruch
zu thun.
*) Ebenda.
2) Ebenda.
301
Die bei Aufgeboten bewaffneter Bauern fast unvermeidlichen
Ausschreitungen gegen die eigene Bevölkerung veranlassten den
FM. Grafen Neipperg, am 21. April ein scharfes Patent zum
Schutze 'der treugebliebenen Ortschaften und Unterthanen zu er-
lassen. l) Da Klagen und Beschwerden über Freibeuter-Banden
einliefen, die in den Fürstenthümern Oppeln und Eatibor gegen die
Einwohner evangelischen Glaubens, unter dem Vorwande, als seien
sie beauftragt, dieselben auszurotten, Excesse und Gewaltthaten
gegen Bekenner beider Religionen ausübten, verordnete ein zweites
Patent vom 26. April dieselben zu verfolgen und einzuliefern,
„um an ihnen ein gemessenes Exempel statuieren lassen zu können
und dadurch der ganzen Welt zu zeigen, wie weit die Königin
entfernt, jemand von ihren treuen Unterthanen, möge er der katho-
lischen oder evangelischen Religion angehören, ,,das geringste
Leid oder Unbill zufügen zu lassen." 2)
Neipperg muss übrigens sehr gute Disciplin bei der Armee
gehalten haben, da der böhmische Obristkanzl er GrafKinsky
am 26. April sich veranlasst fand, in dieser Richtung dem Armee-
Commanclanten seinen Dank auszusprechen. 3)
Von Wien aus empfahl der Grossherzog, Brieg nicht ganz
ausser Acht zu lassen und durch ausgesendete Streifpartheien
*) Der Wortlaut des Patentes Anhang XLVI1/1, Beüage 17/1.
„Den sogenannten Wallachen oder Goralen kann übrigens nicht ver-
wehren, dem Feind und andern, die es mit ihm halten, Schaden und Abbruch
zu thun, inmassen es zum Dienst und Vortheil Ihrer königl. Majestät unserer
Allergnädigsten Frau gereicht; damit aber hierunter nicht auch die getreuen
Unterthanen mitgenommen und durch obgedachte Wallachen oder Goralen
ihnen Schaden und Leids zugefügt werde, so schliesse Meinem hochverehr-
testen Herrn ein offenes Patent hiebei, wodurch dieselbe irztwiederholte
Wallachen oder Goralen in den Schranken der Geziementheit verbleiben
machen können. Bei welcher Gelegenheit auch denselben von den, durch
unsere Allergnädigste K ö n i g i n erlassenen Advocatoris ein Original und
sechs Copien anlege, um selbige sowohl zu Oppeln, als sonstigen Orten
dasigen Fürstenthums gehörig püblicieren und an den gewöhnlichen Orten
affichieren lassen zu wollen". Neipperg a. d. Eegierung zu Oppeln, Neisse,
21. April 1711. (K. A., Schlesien 1741 ; IV, 47).
2) Der Wortlaut des Patentes, Beilage 47/2.
3) „Uebrigens aber müssen wir E. E. sämmtlich für die gute Mannszucht
allen Dank erstatten und den armen ohnedem bedrängten Bauern durch
Gewalt nicht drücken zu lassen, ist bei Gott ein grosses gutes Werk und
angenehmer als alles Beten und Almosen." K i n s k y an Neipperg. Wien.
26. April 1741. (K. A., Schlesien 1741 ; IV, 57.)
302
die Nachschübe an Verpflegung für das preussische Heer zu ver-
hindern. Da den Cavallerie-Regim entern Pferde fehlten, liess der
Grossherzog 2000 Stück aufkaufen und zur Armee senden. r)
Neipperg sollte trachten, durch kleinere Unternehmungen der
Infanterie wieder Muth und Selbstvertrauen einzuflössen. 2)
Der Grossherzog theilte dem Armee - Commandanten weiter
mit, dass aus Ober-Oesterreich, „da es dort noch ruhig zu bleiben
scheint", zwei Bataillone und zwei Grenadier-Compagnien von
Max Starhemberg aus Linz, ebensoviel von AVurmbrand-Infanterie 3)
aus Inner-Oesterreich, weiter 3000 Warasdiner Grenzer, welche
am 28. April in Eisenstadt in Ungarn eingetroffen waren, zur
Armee stossen würden. 4) Allerdings trafen bei den im Felde
stehenden Regimentern die Ergänzungs-Mannschaften, meistens un-
ausgebildete Recruten, häufig ohne Feuergewehr ein, was den
Feldmarschall zur Bitte veranlasste, der Hof- Kriegsrath möge
wenigstens die Recruten fortan ausgerüstet zur Armee senden :
für alle Fälle aber in Brunn einen Yorrath von calibermässigen
Gewehren anlegen. Auch wurden die Schlesien am nächsten be-
findlichen und annähernd completen zwei Cavallerie-Regimenter
in das Feld beordert. '5) Der Grossherzog hoffte, dadurch die
Armee bald in Stand gesetzt zu sehen, eine kräftige Revanche
zu nehmen.
Patriotische Männer im vom Feinde invadierten Lande beeilten
sich, ihre Kräfte der Sache der Königin zur Verfügung zu stellen,
so erbot sich Graf Ludwig Lambert Celari. eine Frei-Compagnie
J) Aus Kärnthen giengen Anfangs Mai 300 Dragoner - Pferde nach
Schlesien ab.
2) Der Grossherzog an Neipperg, 25. April 1742. Gräfl. Neipperg'-
sches Archiv.
3) Im Jahre 1809 als Nr. 50 reduciert.
4) Der Beschluss wegen der Bestimmung dieser Grenz-Truppen nach
Schlesien wurde erst in der Staats-Conferenz am 28. April gefasst. Die 3000
Mann Warasdiner Grenzer waren ursprünglich für Ober-Oesterreich bestimmt.
wurden aber nach einem am 2. Mai 1741 an die Landschaft des Erzherzogthums
Oesterreich ob der Enns erlassenen Befelde der Königin zum schlesischen
Corps bestimmt. Starhemberg marschierte von Linz nach Budweis ; Wurm-
brand über Eisenerz-Linz auf Budweis, von dort durch Mähren nach Schlesien.
Die Truppen zahlten die Etapen. Das Eegiment Wurmbrand wurde, um complet
nach Schlesien abzurücken, durch Mannschaft des in Warasdin verbleibenden
3. Bataillons verstärkt. Diese Mannschaft rückte in einer eigenen Colonne
nach. (H. H. u. St. A., Kriegs-Acten, Successions-Krieg. Fase. 137.)
5) Podstatzky-Cürassiere und Kärolyi-Husaren (Nr. 6).
303
von 1000 bis 1200 Mann für die Dauer des Krieges zu errichten
und damit am rechten Oder-Ufer dem Feinde Abbruch zu thun.
Er erhielt auch die Bewilligung hiezu. ')
Graf Franz Albrecht Tentzi n theilte dem FM. N e i p p e r g
mit, class er und einige Stände der Fürstenthümer Oppeln und
Ratibor ,,als unterthänig treugehorsamste Vasallen Ihro Majestät
der Königin von Ungarn und Böhmen, unserer Allergn ädigsten
Frau, etliche und vierzig Mann Eecruten zu Allerhöchsten Diensten
zu stellen entschlossen seien." Für diese Mannschaft wurde auch
das Geld für die Montur von den Spendern beigestellt. Graf
Tentzin gieng sogar noch weiter, er theilte dem Feldmarschall
mit, class er ungeachtet der vielen preussischen Bedrohungen den
wenigen Vorrath an Getreide conserviert habe und jetzt mit vielen
Freuden, was in seinen Kräften stehe, zu Allerhöchsten Diensten
anwende und könnten sechshundert Scheffel Hafer, ein Gleiches
auch von Herrn Grafen S o b e k von Eatibor überlassen werden."
FM. Graf Neip per g bewunderte und belobte bei Annahme des
Anerbietens, die patriotische EntSchliessung Tentzi n's und seiner
Mitstände. 2)
Bezüglich der Magazins-Vorräthe wurde angeordnet, dass
jener zu Oppeln und Krappitz nach Neisse, der in Ratibor be-
findliche nach Troppau und Jägerndorf überführt werde. 3)
Von Generalen war Freiherr von T h ü n g e n 4) zum Feldzeug-
meister ernannt und für die Armee bestimmt worden, ebenso
G. d. C. Graf Franz Bndolph von Hohen e m s, dann FML.
Leopold Graf Dann 5), welcher ursprünglich in Ober-Oesterreich
commandieren sollte und GFWM. Johann "Wenzel Freiherr von
Przichowsky. Für den Ersatz des in der Schlacht von Moll witz
verlorenen Artillerie-Materials und für die Verstärkung der Armee
überhaupt wurden die entsprechenden Befehle gegeben. Der Gross-
herzog konnte übrigens nicht unterlassen, da es nach N e i p p e r g's
Bericht vom 23. April den Anschein hatte, als functioniere
der Dienstbetrieb in der Armee nicht so glatt, wie er es
wünsche, denselben aufzufordern, bei Officieren und Soldaten die
:) Das Patent Anhang XLVIII. Es scheint jedoch zur Aufstellung
der Conipagnie nicht gekommen zu sein, wenigstens wird dieselbe nirgends
erwähnt.
2) K. A., Schlesien 1741 ; IV, 48Vs.
3) Ebenda IV, 47.
4) Adam Sigmund Freiherr von Thüngen.
5) Leopold Joseph Maria Graf Dan n, Fürst von Thiano.
304
Dienstfreudigkeit zu erhalten und Alles anzuwenden, um sich die
Zuneigung des Ofiiciers-Corps zu erwerben, indem er ihnen Zutrauen
zeige und ohne Aergerniss sie belehre 1).
N e i p p e rg wandte sich auch an den commandierenden
General in Ungarn FM. Grafen Pälffy und theilte ihm mit, dass
es wünschenswerth, die freiwilligen ungarischen Regimenter sobald
als möglich zur Verfügung zu haben, um sie am rechten Oder-
Ufer besonders bis gegen Brieg verwenden zu können. 2)
Um die Verbindungen der preussischen Armee zu beunruhigen,
entsendete FM. Graf Neipperg am 20. April den GFAVM. Baron
Baranyay mit 750 deutschen Pferden und 500 Husaren gegen
Strehlen. Baranyay hatte, wie erzählt worden, ein detachiertes
Corps geführt, welches die rechte Flanke der Armee beim Vor-
marsche gegen Schlesien zu decken bestimmt war. Dessen Vorhut
war am 3. April in Troppau eingerückt, das die preussischen
Truppen am Abend des 2. April schon verlassen hatten. 3) Bara-
nyay gieng nun über Ratibor auf Oppeln vor, das seine Vorhut
am Schlachttage von Mollwitz besetzte. Bei seinem Abzüge aus
Ober-Schlesien nach dieser Schlacht blieben am rechten Ufer des
unteren Laufes der Neisse, bis zu deren Einmündung in die Oder
kleine Beobachtungsposten, so der Rittmeister Graf St. Germain4)
1) „Verzeihen Sie mir dieses Memento, welches mir Ihre häufigen Ver-
anlassungen zum Aerger nöthig erscheinen lassen und ich bitte Sie, hätscheln
Sie die Officiere, soviel Sie können." Der Grossherzog an FM. Neipperg.
Wien, 29. April 1741. (Gräfl. N e i p p e r g'sches Archiv.)
a) „Weil der Feind nach den bereits vielfältig von den Husaren er-
fahrenen Probstücken eine grosse Apprehension vor den Herren Hungarn zu
haben scheint und in der Supposition ist, dass eine viel grössere Anzahl,
als wirklich geschieht, in der Ausrückung begriffen sein werde." Neipperg
an Pälffy, Neisse 23. April 1741. (K. A., Schlesien 1741; IV, 49.) Die zwei
Jazygier-Compagnien waren am 25. April in Jaszbereny gemustert worden
und am 27. April von dort aufgebrochen.
3) K. A., F. A. Schlesien 1741; IV. 7.
4) Vom Hohenems'schen Cürassier - Eegimente. Claudius Ludwig Grat
S ain t-G er m ain, geb. im Schlosse Vertamboz bei Lons-le-Saulnier (Jura)
am 15. April 1707, quittierte den österreichischen Kriegsdienst als Eittmeister
mit Ende Mai 1712, trat dann in bayrische, später in französische Kriegs-
dienste ; 1762 gieng er nach Dänemark, wo er Kriegsminister, Feldmarschall
und Eitter des Elephanten-Ordens wurde. 1773 kam er nach Frankreich zurück
und ward nach der Thronbesteigung L udwi g XVI. an die Spitze des
Militär-Departements gestellt (1775). Im September 1777 resignierte er und
starb zu Paris am 15. Januar 1778.
30£
in Kirchberg. Ausserdem standen Husaren-D efcachements in Falken-
berg und in Graue. Die Preussen hielten mit kleinen Abtheilungen
das linke Fluss-Ufer in Löwen und Michelau besetzt.
St. Germain liess am 28. April alle Fahrzeuge, welche von
der Brücke von Michelau bis Sonnenberg auf beiden Ufern der Neisse
waren, nach Kirchberg bringen. In Löwen war die Brücke am
linken Ufer abgebrochen.
Die Thätigkeit der B a r any ay'schen leichten Truppen er-
streckte sich nun bis vor die Thore Breslau'«, das er nach der
Mollwitzer Schlacht von Oppeln aus vorgehend, bereits lebhaft
beunruhigte. *)
_ ») Ein auf handschriftliche Quellen gestützter Aufsatz in der „Zeitschrift
des Vereines für Geschichte und Alterthum Schlesiens", III. Bd., schildert in
anschaulichster Weise die kritische Lage in der Landeshauptstadt selbst
wie folgt :
»Die Verlegenheiten des Kriegs-Commissariates erreichten den höchsten
Grad als sich in der zweiten Hälfte des April der Kriegs-Schauplatz bis in die
unmittelbare Nähe von Breslau ausdehnte. Trotz der Schlacht von Mollwitz
war ein Commando österreichischer Husaren unter dem General Baränyay
auf einem Streifzuge zwischen dem 15. und 17. April bis in die Vorstädte von
Breslau gedrungen und hatte die dortigen Magazine der grössten Gefahr aus-
gesetzt Der Ivönig sandte daher den Obersten von Münchow dorthin, um
ihre Sicherheit zu prüfen, während er selbst mit dem Heere noch in der
Gegend von Mollwitz stand. Der Oberst erstattete am 20. April einen Bericht
dessen Concept bei den Acten (im Breslauer Staats-Archive) ist. Er fand die
Magazine - das Getreide-Magazin befand sich auf dem Dome und da«
Fourage-Magazin vor dem Ohlauer Thore _ in der That sehr exponiert und
machte Vorschläge zu ihrer Sicherstellung. Aber ehe diese auch nur in Er-
wägung gezogen werden konnten, wurde die Stadt am 22. April von Neuem
durch feindliche Husaren alarmiert, welche das Fourage-Magazin in der
Ohlauer Vorstadt angriffen ; ein umso bedrohlicheres Ereigniss, als der KöniÄ
der sich zur Belagerung von Brieg anschickte, gerade in diesen Tagen von
Breslau her Zufuhr an Brod, Ochsen und Fourage erwartete. In einem Bericht,
welcher die Unmöglichkeit auseinandersetzt, ohne eine von der Armee ent-
sendete Escorte dieser Erwartung zu genügen und der wohl von dem Geheim-
rath M u n c h o w (Geheimer Finanzrath, stand mit dem Geheimrath von E e i n-
* ' : r dT &P,ltZe deS kÖDi-1 Preuss- Feld-Kriegs-Commissariates in Breslau)
selbst herrührt heisst es : „Die Schiffer sind von den Schiffen gelaufen und
die Bauern haben die Wagen mit den Pferden stehen gelassen. . . Der Alarm
und die Consternation in der Stadt ist unaussprechlich. Mein Flehen, Bitten
und Versprechen kann keinen einzigen Vivandier bewegen, sich aus der Stadt
zur Armee zu machen.» Und noch an demselben 22. April folgt von derselben
Hand em zweiter, noch bedenklicher lautender Bericht : „Alleweile schieket
der Magistrat zu mir und lässt mir in Gegenwart der beiden Obersten
D u m o ulm und von M ü n c h o w sagen, wie er bei der täglich zunehmenden
Unsicherheit, fernerhin des Abends die Thore aufmachen zu lassen, sich nicht
©österreichischer Erbfolgekrieg. II. Bd. <>, )
306
Bei einem Zusammenstosse, vermuthlich vor Breslau, nahmen
Baränyay'sche Reiter 112 Pferde und andere Equipage den
Preussen ab. x)
Am 25. wurden von denselben 1 Capitain, welcher sich für
einen schwedischen Volontair ausgab, nebst 20 preussischen Ge-
fangenen und zwei Wagen mit Bagagen eingebracht. 2)
Das Cürassier-Regiment Diemar war am 21. April im Lager
bei Neisse angekommen.
Der Feldmarschall zog Ende April die Truppen aus den
Cantonnements und liess die Armee ein Lager beziehen. Der linke
Flügel lehnte an die in Ruinen gelegten Vorstädte von Neisse, der
rechte reichte bis gegen Bielau, mit dem Bielau-Flusse im Rücken.
Ein sächsischer,, Volontair", eigentlich wohl Militär-Bevollmächtigter,
Oberstlieutenant Mazani von Slavodin langte im Lager bei
Neisse am 28. April an, am folgenden Tage kamen auch die GFWM.
Pallant und Festetics dort an.
Mittlerweile war auch GFWM. Graf d' 0 1 1 o n e aus Ungarn
über Sillein und Jablunkau in das Fürstenthum Teschen gerückt.
Er traf am 17. April ein und blieb dort bis gegen Ende des Monats.
Das ihm unterstellte Detachement bestand nur in 1 Bataillon
von Max Starhemberg, 7 Podstatzky'schen Cürassier-Compagnien
und 90 Raaber und Komorner Husaren, da der commandierende
General in Ungarn, FM. Graf Pal ff y, erklärt hatte, dass „die
seit einer Zeit her in Ober-Ungarn und dem Bergstädtischen District
glimmende Machinieruug der Akatholicorum auch immer sorg-
samere Gedanken verursachen, dass es für eine pure Unthunlichkeit,
ja eine allzu gefährliche Sache angesehen, die daselbstigen Regi-
menter aus ihren Ubicationen herauszuziehen." Das Infanterie-
Bataillon (424 Mann) wurde als Besatzungs-Truppe für Troppau
bestimmt.
entschliessen könne und dass er hoffe, dass ihm solches bei diesen Umständen
nicht würde zugemuthet werden. Es ist unmöglich, sich die Bestürzung und
den Zusammenlauf der Leute vorzustellen. Der Magistrat hat mir ferner
insinuiert, wie er sich der ihm zugestandenen Neutralität mehr als bishero
geschehen, würde conformieren müssen und nicht wohl verstatten könne,
dass zur Versorgung E. M. Armee allhier so grosse Anstalten gemacht würden,
sonderlich, dass man so vieles, Brod backen lasse, dass die hiesige Stadt selbst
seit zwei Tagen Noth gelitten." (C a u e r, Zur Geschichte von Breslau im
Jahre 1741.)
*) K. A., Lutsch' Tagebuch.
2J Ebenda.
307
Ende April, beziehungsweise Anfangs Mai standen diese
Truppen: In Eatibor: 241 Cürassiere und 12 Komorner Husaren-
m Krappitz zur Bedeckung der Brücke : 30 Cürassiere; zu (Win ■
Oberstheutenant von Lichnowsky mit 150 Cürassieren, 50 Baaber"
28 Komorner und 50 Csäky'schen Husaren, die von früher her in
der Gegend standen. Von Oppeln aus sollten die preußischen
lruppen beunruhigt und mit Brieg, besonders am rechten Oder-Ufer
Verbindung gehalten werden. Gleichzeitig Hess der Feldmarschall am
linken Oder-Ufer gegen Ohlau und Breslau streifen. Das KArolyi'-
sche Husaren-Begiment (Nr. 6) war inzwischen Anfangs Mai zu
Troppau angelangt und hatte den Befehl, ungesäumt den Marsch
nach Oppeln fortzusetzen.
WÄhrend König Friedrich II. zur Belagerung der Festung
Brieg schritt, geschah von Seiten der österreichischen Heeresleitung
das Möglichste, um dieses Unternehmen zu erschweren
21 >*
Die Belagerung- und Einnahme von Brieg.
* V ie bereits erwähnt, bestimmte König F r i e d r i c h II. schon
am Abende des 11. April jene Truppen, welche die Einschliessnng
und Belagerung der Festung Brieg übernehmen sollten. Dieser
Platz hatte sich zur Zeit des preussischen Einmarsches in Schlesien,
wie alle übrigen in arg vernachlässigtem Zustande befunden. Doch
hatte der Commandant der dortigen Frei-Compagnie, Oberst
Baron de F i n durch den Ingenieur-Hauptmann S u 1 1 y schon im
December des Vorjahres die Verstärkung der Werke beginnen
lassen und Vorsorge für die Verproviantierung des Platzes getroffen. x)
Die fortificatorischen Arbeiten würden auch bereits bis zu Ende
des Jahres bedeutend gefördert gewesen sein, wenn sich die von
der politischen Behörde dazu bestimmten 6000 Bauern eingefunden
hätten, von denen aber nur 1300 zur Arbeit erschienen und nach
und nach bis auf 700 wieder entliefen.
Die Frei-Compagnie hatte einen Stand von 300 Mann ; am
14. December rückten dann 11 Compagnien von Wallis-Infanterie
in die Festung, nämlich 10 Füsilier- und 1 Grenadier-Compagnie 2),
J) Auf des am 25. December eingetroffenen Hauptmanns S u 1 1 y Ver-
anlassung wurden drei neue Ravelins und zwar eines zwischen dem Bres-
lauer und Mollwitzer Thor, eines zwischen letzterem und dem Briegischdorfer
Thor und eines an der Oder angelegt, die nächst dem Glacis stehenden
Häuser demoliert und die Bäume in den Gärten gefällt.
2) Der Stand der 2 Bataillone Wallis betrug mit 31. December 1740 :
10 Füsilier- Compagnien 827 Mann, hievon dienstbar 599, undienstbar 109,
commandiert und krank 119. Die Grenadier - Compagnie zählte 91 Mann,
hievon 81 Mann dienstbar, 7 undienstbar und commandiert. Der Abgang
vom completen Stande betrug bei den Füsilier- Compagnien 573, bei der
Grenadier-Compagnie 9 Mann.
309
successive kamen 2 Grenadier-Compagnien von Botta, denen noch
5 Füsilier-Compagnien r) folgten, endlich von Browne 1 Grenadier-
und 5 Füsilier-Compagnien (23. December). Anfang Januar 1741
bestand die Besatzimg aus 2113 Mann. 2)
Nachdem Oberst Baron Roth von Neisse aus die Festung
schon am 11. und 16. December inspiciert hatte, kam am 19. der'
Interims-Commandierende in Schlesien, FML. Graf Browne, der
Breslau nach den vergeblichen Verhandlungen wegen Aufnahme
einer Besatzung am 18. December verlassen hatte, begleitet von Oberst
Baron Roth, Oberst Baron Locatelli von Liechtenstein-Dragonern
und dem Grafen Pü ekler dort an, besichtigte am 20. die Forti-
ncationen und gieng am 21. nach Ohlau ab.
Am "Weihnachtstage wurde der Garnison das Seitens der
Landesregierung publicierte Manifest verlautbart.
Das Zeughaus der Festung enthielt 25 broncene Geschütze,
dann 41 eiserne ,, Stück", 7 metallene und 3 eiserne ,, Polier".
Munition war genügend vorhanden. 3) Dazu trafen von Namslau
16, meistens kleine Geschütze und gleichzeitig 72 Wagen mit
Munition und Requisiten ein.
Die Thore der Festung passierten fast täglich bei 300 mit
Proviant beladene AVagen.4)
Das Commando in Brieg übergab FML. Graf Browne, der am
30. December 1740 mit GFWM. Grafen Octavian Piccolomini
und Oberst Freiherrn von Roth neuerdings in der Festung eintraf,
dem genannten General. 5)
r) Zusammen mit einem Stande von 182 Dienstbaren. Oberst de Fi n's
Bericht. H. K. R 1711. Prot. Exped. Jan. Fol. 191 u. 195.
2) Darunter 412 Kranke und Undienstbare ; dazu kamen noch 2 Cor-
porale und 15 Dragoner vorn Eegimente Liechtenstein und 10 Artilleristen.
3) Status des in den, dem königl. Obristen Land- und Haus-Zeug-Amt
unterstehenden königl. Zeughäusern befindlichen Artillerie- Vorrathes. (K. und k.
Reichs-Finanz-fHofkammer-] Archiv.)
4) Mülle r, Die Belagerung Briegs 1741. Aus dem Tagebuche eines
Augenzeugen.
6) Octavian Aeneas Joseph Graf (später Fürst) Piccolomini war
1693 geboren. Er erscheint 1737 als aggregierter Oberstlieutenant beim In-
fanterie-Regimente Deutschmeister und wird daselbst am 28. Mai d. J. zum
Obersten ernannt. Im Türkenkriege 1738 zeichnete er sich als Oberst im Eegi-
mente Grünne bei der Vertheidigung von Mehadia aus. Als Commandant des
Platzes führte er den Widerstand so energisch, dass die Türken nach schweren
Verlusten am 27. Mai 1738 der Besatzung eine ehrenvolle Capitulation ge-
währten. Piccolomini erhielt vom türkischen Commandanten als Ausdruck
der Bewunderung seiner Standhaftigkeit ein prächtig geschmücktes Pferd.
310
Gleichzeitig erfolgte auch die Besichtigung der wehrhaften
Bürgerschaft, die, in 4 Compagnien eingetheilt, 430 Mann stark war.
Der commandierende General verliess arn folgenden Tage mit
Piccolomini die Festung, welch' Letzterer am 2. Januar 1741
zurückkehrte und nun das Festungs-Commando wirklich übernahm.
In dem Befehle, welcher Piccolomini die Ernennung zum
Festungs-Commandanten notificierte , war von einer besonderen
Instruction abgesehen und sich nur auf die ihm im Jahre 1738
anlässlich der Vertheidigung von Mehadia gegebenen Verhaltungs-
massregeln bezogen. l)
FML. Graf Browne dürfte mündlich dem neuen Festungs-
Commandanten wohl seine Ansichten über die Vertheidigung des
Platzes entwickelt haben. Er unterstellte ihm in gewisser Beziehung
auch die Puncte Ohlau und Namslau ; ebenso das an dem Neisse-
Uebergange bei Löwen aufgestellte Commando.
Am 2. Januar 1741 wurde auf dem Bingplatze der Stadt vor
dem neuen Festungs-Commandanten von den Bürgern der Eid der
Treue und Devotion für die Königin Maria Theresia ab-
gelegt. Gleich nach der Eidesleistung mussten die jüngeren Bürger
mit Hacken und Schaufeln zum Rathnause kommen und wurden
dort durch einen Rath zur Schanzarbeit geführt. Die Ablösung
derselben erfolgte dann am 3., am 4. wurde aber die ganze Bürger-
Die trotzdem, eingeleitete kriegsgerichtliche Untersuchung ergab, das Piccolo-
mini mit der Capitiüation nur dem Befehle des FZM. Graf Neipperg
gehorcht hatte, „im Nothfalle zu capitulieren, um die Besatzung zu retten".
Der Hof-Kriegsrath schlug ihn noch im selben Jahre, in Würdigung seiner
Thätigkeit, „obwohl er noch ein junger Oberst", zum General-Feldwackt-
meister vor, in welche Charge er auch am 16. December vorrückte.
1711 erhielt Piccolomini das vacant gewordene Infanterie-ßegiment
Wachtendonk, 1711 mit 11. Januar erfolgte seine Ernennung zum Feldmarschall-
Lieutenant und am 2B. November 1718 zum Feldzeugmeister. Er starb am
1. Januar 1757 als commandierender General in Mähren.
1) Die zu jener Zeit von GFWM. Freiherrn von Engelshofe n an den
Obersten Grafen Piccolomini, ddto. Orsova, 21. Januar 1738 ertheilte In-
struction lautet auszugsweise : „Damit derselbe pro primo diesen Platz auf
das Aeusserste gegen einen feindlichen Anfall beschütze und selben dem Feind
nicht anders als durch überlegen anwendende Gewalt oder durch Capi-
tiüation, jedoch nach vorhero, nach Anleitung deren Kriegs-Artikel bewiesenen
Schuldigkeit dem Feind überlasse und diese habende Ordre zu seiner Zeit
den unterhabenden Truppen, Ober-, Unterofficieren und Gemeinen kund mache
und zu dessen VoUziehung anhalte."
Die Schanze solle in einen vertheidigungsfähigen Zustand gesetzt, gute
Kriegsdisciplin und Mannszucht gehalten werden. (K. A., F. A. 1738 ; XIII, 12 c.)
311
schaft aufgeboten. In den folgenden Tagen mussten die Vorstädte
in Brand gesteckt werden. J)
Aus der Ende Decernber von Breslau in Brieg angelangten
Steuerämts-Casse wurden dem Festungs-Commanclanten 15.676 fl.
29 kr. von FML. Graf Browne zur Disposition gestellt, um die
Auslagen für die fortificatorischen Arbeiten zu bestreiten. -)
GFWM. Piccolomini gab sofort am 2. Januar 1741 eine
Instruction, wonach zur Besetzung der "Werke im Falle der Be-
lagerung angeordnet wurde : ,, Wenzel Wallis-Infanterie die Mühl-
pforte und die Oder-Bastion, ferner die Schloss-Bastion nebst der
Breslauer Pforte; Browne-Infanterie die Mollwitzer und Briegisch-
dorfer Bastion; Botta-Infanterie die Bastion bei der Oppeln'schen
Pforte und das Briegischdorfer Thor; die Frei-Compagnie in der
Stadt als Reserve hat den Alarmplatz bei der Hauptwache, wo
3 Grenadier-Compagnien ebenfalls Aufstellung nehmen."
„Die Bürgerschaft rückt ebendorthin ; die Hälfte derselben
besetzt den Zwinger und die zwischen der Stadtmauer befindlichen
Thürme, die andere bleibt in Eeserve auf dem Platze bei der Haupt-
wache. 3) 40 Mann der Bürger-Compagnien ziehen täglich auf Wache.
49 Geschütze wurden auf den Bastionen aufgeführt.
Die Regimenter mussten die ihnen zur Besatzung angewiesenen
Ra3^ons selbst reparieren. Die Unterofficiere und Tambours wurden
mit Feuergewehren bewaffnet.
Der sehr thätige Commandant hatte eine Art Vertheidigungs-
Comite gebildet, welches allabendlich in seiner Wohnung zu einer
Sitzung zusammentrat. Demselben gehörten an : Oberst Baron de
Fin, Ingenieur-Hauptmann Sully, dann die Landesbeamten Graf
P ü c k 1 e r und Baron F r a n k e n b u r g, seitens der königlichen
Kammer Administrator von Spindler und seitens der Stadt
Rathmann W e i r a u c h.
Am 8. Januar zeigten sich die ersten preussischen Reiter vor
der Festung und zwar Husaren an der Ohlauer Strasse vor dem
Breslauer Thor. Zwei Tage später trieben preussische Reiter (wohl
x) Die Belagerung von Brieg i. J. 1741, Tagebuch eines Zeitgenossen.
Grünhagen in ,,Ztschft. d. V. für Gesch. u. Alterth. Schlesiens''. 1. Bd.
2) Bis Anfang Mai waren überhaupt 46.312 fl. 34 kr. verwendet worden.
(Fürstl. Schaumburg-Lippe'sches Archiv zu Nachod.)
s) Siehe Tafel VI.
312
vom. Schulenburg'schen Grenadier-Regiment) die Feldwachen bis
an die Werke zurück, worauf Rittmeister Baron d e F i n, ein
Sohn des Obersten gleichen Namens mit 12 Dragonern und 4 Jägern
hinausritt und sich in einen Hinterhalt legte.
Als die preussischen Grenadiere die wieder auf ihren früheren
Posten vorgegangene Feldwache zurückjagen wollten, brach de F i n
vor und trieb dieselben bis gegen Paulau, wobei einige derselben
blessiert wurden. Die österreichischen Dragoner brachten einige
Grenadiermützen zurück, welche die preussischen Reiter auf der
Flucht verloren hatten.
Am 10. Januar, als die Nachricht von der Capitulation Ohlau's
eintraf, Hess der Festiuigs-Commandant die Thore sperren.
"Wie bereits erwähnt, waren nach der Capitulation von Ohlau
4 preussische Bataillone und ebensoviel Escadronen vor der Festung
eingetroffen und hatten diese vorerst auf dem linken Oder-Ufer
blokiert. Auf dem rechten Fluss-Ufer wurde die Einschliessung erst
am 25. Januar durch aus Namslau angekommene 2 Escadronen
Bayreuth -Dragoner und 100 Mann Infanterie vollzogen, welche die
jenseits der Oder liegenden Dörfer Neudorf, Schreibendorf, Neu-
hollowitz, Garbendorf besetzten, wesshalb der Brückenkopf an der
Oder mit 15 Mann verstärkt wurde.
Kleinere Scharmützel und Rencontres der beiderseitigen Aussen-
posten waren nunmehr an der Tagesordnung.
Inzwischen begannen aber Krankheiten in der Festung sowohl
bei der Garnison x), als der Bürgerschaft besorgnisserregend auf-
zutreten, auch kamen Desertionen vor.
Am 2. März fiengen die Preussen an, von der Oder gegen
Paulau auf etwa 1400 Schritte Distanz von der Festung, einen
Laufgraben von 800 Metern Länge in Angriff zu nehmen, an
welchem bei 600 Landleute arbeiten mussten.
Um 3 Uhr Früh des 10. März machte der Festungs-Comman-
dant mit 100 Mann Infanterie und 34 Reitern einen Ausfall gegen
die preussischen Cernierungs-Truppen, welcher ziemlich resultatlos
verlief, da die Preussen sich mit etwa G00 Mann in Vertheidigungs-
stand setzten ; ein preussischer Dragoner wurde dabei erschossen.
:J Der Abgang war bedeutend : Im Januar starben von der Garnison
19, es desertierten 19, justificiert wurden 2 und 1 wurde als infam vom Regi-
mente weggejagt. Im Monat März starben von der Garnison 52 Manu ; es
desertierten 7 Mann.
313
GFWM. Graf Piccolomini Hess am 14. März auf der
Mülilen-Insel ein 3-pfündiges Geschütz placieren, es mussten von
nun an auch 3 Mann der bürgerlichen Schützen mit gezogenen
„Röhren" auf der Insel bleiben, wo 1 Officiersposten mit 30 Mann
stand. Eine Kette, die am 28. März eingehängt wurde, sperrte
von der Spitze der Mühlen-Insel aus die Oder gegen Bastion 1 zu.
Am 1. April war die Verpfählung an den Aussenwerken voll-
endet.
Die Annäherung der österreichischen Haupt -Armee machte
sich am 7. April im Umkreise der Festung bereits bemerkbar, da
die preussischen Feldwachen zurückgezogen und die nächst der
Festung liegenden Dörfer geräumt wurden, worauf das Be-
obachtungs-Corps unter General von Kleist nach Michelau ab-
marschierte. Der Festungs-Commandant sendete nun ein berittenes
Commando aus, um aus den Dörfern Schlachtvieh für die Festung
zu requirieren und die von den Preussen zurückgelassenen Magazins-
vorräthe an Getreide, Heu, Stroh und Victualien auf "Wagen in
die Festung zu bringen. Die in den preussischen Linien vor-
gefundenen Faschinen und Schanzkörbe wurden verbrannt.
Die bei Briesen, zum Schutze der dort bestandenen Schiffbrücke,
erbaute Bedoute wurde so viel als möglich zerstört, die Lager-
hütten verbrannt.
Eine Patrouille von 30 Mann, unter Commando eines Officiers,
welche Oder-aufwärts gegangen war, traf dort am 8. April eilf von den
Preussen zurückgelassene, mit Mehl beladene Schiffe an und liess
dieselben durch die mitgenommenen Schiffsleute besetzen. Als dies
Commando am rechten Oder-Ufer an's Land gestiegen war, um eine
dort aufgeworfene Beioute einzuwerfen, wurde dasselbe von etwa
100 preussischen Husaren angegriffen; der Officier konnte sich in-
dessen, nachdem er 7 Mann eingebüsst, in die Schiffe zurückziehen
und Ocler-abwärts fahren. Die preussischen Husaren sollen 2 Mann
auf dem Platz gelassen haben. l)
An diesem Tage traf ein Schreiben des commandierenden
Generals FM. Grafen Neipperg an den Festungs-Commandant en
ein, worin Ersterer mittheilt, class er am 9. April in der Nahe
Briegs eintreffen werde, Piccolomini solle 30.000 Portionen
Brocl in der Nacht backen lassen und 18.000 Portionen Hafer und
Heu bereit stellen. Die Anstalten hiezu wurden sogleich getroffen.
*) Journal der Festung Brieg. (Fürstl. Schaumburg-Lippe'sches Archiv
zu Nachod.)
314
GFWM. Graf Piccolomini meldete um 8 Uhr Abends dem
Armee-Commandanten, dass die Preussen am vorhergehenden Tage
von Brieg abgezogen und grösstenteils gegen Löwen marschiert
seien, ein Theil dagegen habe den Marsch, nach Abbrechung der
Scliiff-Brücke gegen Ohlau genommen. Piccolomini fügte hinzu,
dass sämmtliche eingelaufenen Nachrichten besagten, die preussi-
sche Armee sei am 7. bei Löwen, Michelau und Lossen gestanden,
er habe noch keine Kenntniss, ob sie von dort aufgebrochen sei.
Auch bei Ohlau stünden einige feindliche Posten 1) und befinde
sich dort ein grosses Magazin und alle Artillerie.
Am 9. April um 9 Uhr Vormittag erblickte man von der
Festung aus wieder Uniformen der eigenen Armee, österreichische
Husaren, die über Hermsdorf kamen und der dieselben comman-
dierende Rittmeister meldete dem Festungs-Commandanten, dass
die österreichische Armee in Grüningen, Mollwitz, Laugwitz und
Bärzdorf cantonniere und das Hauptquartier sich in Mollwitz befinde.
Piccolomini sandte sogleich den Rittmeister Baron d e
Fin zu Neipperg behufs Einholung seiner Befehle, dieser
schickte ihn mit GO Husaren zurück und Hess durch diesen
Convoi den Festungs-Commandanten, Oberst de Fin und Graf
Püekler zu sich nach Moilwitz holen, 2) von wo sie um 1 0 Uhr
Abends zurückkehrten.
Bei der Unterredung mit dem Feldmarschall hatte P i c c o 1 o-
m i n i demselben die Versicherung gegeben, die Festung sei auf
drei bis vier Monate mit Lebensmitteln versehen.
Gegen 10 Uhr Morgens des 10. April bemerkte man vom
Stadtthurm, dass starke Truppen- Abtheilungen über Kreisewitz gegen
Pampitz marschierten und ,, nachdem man ersehen, dass diese die
feindliche Armee und selbe in Ordre de bataille und zwar in drei
Colonnen gegen Pampitz anmarschieren", sandte Piccolomini
den Fähnrich von der Frei-Compagnie zu N e i p p e r g nach Moll-
witz, um ihm den Anmarsch der preussischen Armee zu melden.
J) Piccolomini an Neipperg, Brieg, 8. April 1711. (Fürstl. Schaumburg-
Lippe'sches Archiv in Nachod.)
2) „Durch Gegenwärtiges habe meinem hochgeehrtesten Herrn General-
Feldwachtmeister zu wissen machen wollen, dass ich allhier heute Nacht mein
Quartier haben werde, mithin wär's mir lieb, mit Denselben, mit dem Herrn
Obersten Baron de Fin und mit dem Herrn Grafen von Püekler sprechen
zu können." Sign. Mollwitz, den 9. April 1711. Neipperg. (Fürstl. Schaum-
burg-Lippe'sches Archiv.)
315
Während der Schlacht kamen viele verwundete Officiere im 1
Soldaten an die Aussenwerke und wurden selbstverständlich in die
Festung eingelassen, wo man über den Ausgang des Kampfes in
vollständiger Unkenntniss war. Feindliche Deserteure, die tagsüber
ankamen, berichteten, „dass unsere Armee victorisiert und den Feind
geschlagen habe".
Der Festungs-Commandant Hess aber die Piquets verstärken
und die Garnison auf ihre Alarmplätze rücken, wo sie während der
Nacht blieb.
Andern Tags erblickte man von den Festungswällen die
preussische Armee zwischen Grüningen und Mollwitz gelagert ;
gegen Mittag bezogen preussische Truppen die um Brieg liegenden
Dorfschaften, sowohl dies-, als jenseits der Oder und schlössen die
Festung durch aufgestellte Feldwachen neuerlich ganz ein.
Die Truppen, welche nach der Mollwitzer Schlacht zur
Unternehmung auf Brieg von der preussischen Heeresleitung be-
stimmt waren, bestanden aus den zwei Infanterie-Regimentern Jeetze
und Graevenitz, dem 2. Bataillon Alt-Borcke, dem 1. Bataillon
Kalckstein, den drei Grenadier-Bataillonen Buddenbrook, Eeibnitz
und Saldern und 6 Escadronen. J)
Der grösste Theil dieser, das Belagerungs-Corps bildenden
Truppen erschien noch am 11. April vor der Festung.
Nach der an ihn ergangenen Aufforderung zur Uebergabe
des Platzes erklärte GFWM. Graf Piccolomini, er habe alle
nur mögliche Hochachtung für einen so grossen König und ein
so sieghaftes Kriegsheer und „weil aber Hiro Majestät nur die-
jenigen liebten, welche ihre Schuldigkeit beobachteten, daher bäte
er um Verzeihung, dass er die Festung nicht übergeben könne,
da man noch keinen Kanonenschuss auf sie gethan habe. Er
versichere Ihro Majestät, dass er sich wider alle Unternehmungen
so verhalten würde, dass Dieselben vergnügt und zufrieden sein
würden." 2)
Am 13. April erschien ein preussischer Major, von FM.
Schwerin gesendet, vor der Festung. Er hatte den Auftrag, den
Festungs-Commandanten zu ersuchen, die in der Schlacht ver-
wundeten Oesterreicher, die sich in preussischen Händen befänden,
in die Festung einzunehmen, ,,massen sie mit ihren Blessierten
*) Von denen später zwei in das Lager bei Mollwitz abrückten.
2) Schmidt, Briegische Chronik, 169.
316
genugsam zu thun hätten"; Piccolomini bewilligte dieses An-
suchen unter der Bedingung eines gegenseitigen Austausches von
Gefangenen.
Der Festnngs-Comniandant begann in Folge dessen am fol-
genden Tage mit der Uebernahme der österreichischen Verwundeten
im Dorfe Grüningen. x)
König Friedrich IL erliess nun die Anordnungen für die
Belagerung. Auf dem linken Oder-Ufer nahmen 7 Bataillone und
4 Escadronen Stellung, 2 Bataillone und 2 Escaclronen wurden
auf dem rechten Oder-Ufer postiert. Zur Verbindung der Be-
lagerungs-Abtheilungen auf beiden Ufern wurden oberhalb der
Festung bei Paulau und unterhalb Brieg bei Briesen Schiff-Brücken
geschlagen. Beide Objecte wurden durch Detachements gesichert.
Mit der Leitung der Belagerungs-Arbeiten winde Oberst
"VValrave beauftragt.
Die Recognoscierungen, welche König Friedrich vor-
genommen hatte, bestimmten ihn, den Angriff von der Nordwest-
seite in das Auge zu fassen. In Folge dessen wurde der auf der
Oder von Ohlau herangebrachte Artillerie-Park bei Briesen, der
Genie-Park bei Grüningen eingerichtet und am 17. April mit der
Anfertigung von Schanzkörben und Faschinen begonnen. 2)
Am 20. April wurden die zur Belagerung bestimmten Ab-
theilungen bei Grüningen am linken Flügel des am gleichen Tage
bei Mollwitz errichteten Hauptlagers, in welchem 34 Bataillone,
57 Escadronen und die Artillerie lagerten, vereinigt. Da die
Festung durch diese Stellung der preussischen Armee und durch
die Besetzung der Neisse-Uebergänge bei Michelau, Löwen und
Schurgast von jeder Verbindung abgeschnitten war, Ausfälle aber
wohl in Anbetracht der numerischen Schwäche der Besatzung kaum
zu erwarten waren, fand eine eigentliche Einschliessung des Platzes
nicht statt.
Am 25. April waren alle Vorbereitungen beendet, aber der
Eintritt sehr schlechter Witterung verzögerte den Beginn der
eigentlichen Arbeiten bis zum 27. Abends. Zwei Musketier-Batail-
lone und drei Grenadier- Compagnien unter GM. von Jeetze
deckten den Bau der ersten Parallele und der Verbindungsgräben,
l) Die Uebernahme besorgte ein Hauptmann von Wallis-Infanterie. Es
langten dann succesive 556 Verwundete an. Sie wurden theils auf dem Schloss.
im Rathhaus und in den Schulen untergebracht.
2j Kriege Friedrich d. Gr. 1/2. 26.
317
der von 2000 Infanteristen, sowie jenen der Batterien, der von
1200 Mann ausgeführt werden sollte. Auf dem rechten Oder-Ufer
wurden 200 Mann zu den Arbeiten bestimmt.
Bei Eintritt der Dunkelheit rückten die Deckungs-Truppen vor.
Sobald dieselben Aufstellung genommen hatten, wurde mit dem
Eingraben begonnen.
Die Arbeit wurde von der Festung aus erst um 12Va Uhr
bemerkt und die Meldung erstattet, dass man Nachts vor dem Bres-
lauer Thore arbeiten höre, worauf die Besatzung alarmiert und
einige Schüsse abgegeben wurden. ') Einige verlässliche Unter officiere
wurden zum ßecognoscieren ausgesendet, welche die Meldung
erstatteten, dass sie gegen Ravelin 8 und 9 stark arbeiten und
sprechen gehört hätten, sonst aber wegen der finsteren Nacht nichts
weiter wahrnehmen konnten. 2)
Die ausgehobenen Linien lehnten sich links an die Oder, rechts
an eine flache verschanzte Kuppe in einer Ausdehnung von un-
gefähr 800 Metern.
Da die Approchen bereits so nahe an der Festung waren,
dass mit Geschützfeuer nicht mehr viel ausgerichtet werden konnte,
wurden die bürgerlichen Scharfschützen im Verein mit den Besatzungs-
Truppen zur Beschiessung der Arbeits-Truppen verwendet. Das
Gewehrfeuer währte den ganzen Tag über. Gleichzeitig wurden
auch von der Festung aus Bomben geworfen.
Der Batteriebau auf Seiten der Preussen gieng dagegen
langsam von Statten; am 28. April Mittag erst gelang es, die
Batterie Nr. 5 auf dem rechten Oder-Ufer mit sechs Mörsern
zu armieren, worauf das Feuer begann. Die Beschiessung währte
bis 8 Uhr Abends, von der Festung erwidert. Die feindlichen
Bomben, deren 143 geworfen wurden, fielen meistens zu kurz in
den Graben. Ein Gefreiter von "Wallis wurde an diesem Tage
durch das feindliche Feuer getödtet und 6 Mann verwundet. Auf
Bastion Nr. 2 sprang bei dem ersten Schuss ein vierpfündiges
Stück und verwundete den Stuck-Hauptmann Schulz und 9 Mann.
x) Dass die Belagerten die Eröffirung der Laufgräben so ruhig geschehen
Hessen, erschien den Preussen höchst wunderbar ; man suchte es sich
dahin zu erklären, ein evangelischer Soldat sei gerade damals auf dem
Walle Posten gestanden und obwohl er das Arbeiten der Preussen gehört,
habe er doch ex amore religionis keine Anzeige gemacht. Tagebuch des Feld-
predigers Seegebart, angeführt in Grünhagen, ,,Die Belagerung von
Brieg". (Ztschft. f. Gesch. u. Alterth. Schles. IV, 35.)
2) Journal der Festung. (Fürstl. Schaumburg-Lippe'sches Archiv.)
318
Das Feuer der Festung verursachte auf Seite der preussischen
Truppen keine Verluste. 1)
Das in der Nacht zum 29. April herrschende schlechte Wetter
hinderte den Ausbau der Parallele erheblich. Auf dem rechten
Oder-Ufer waren bis zum Anbruch des Tages zwei weitere Batterien
I 1 i und 7) schussbereit. Die hier in Stellung gebrachten zwölf
12-Pfünder unterhielten während des Tages, ebenso wie die Mörser-
Batterie Nr. 5 ein langsames Feuer, das von der Festung leb-
hafter als am vorigen Tage erwidert wurde.
Die Oesterreicher begannen nun auch die Oder-Brücke ab-
zutragen und die Ablösung in den Brückenkopf auf Schiffen über-
zusetzen, das Oder- und Breslauer Thor ward mit den bereits fertig
gehaltenen Steinkasten versetzt und nur die kleine Pforte zur
Communication offen gelassen. Oberstwachtmeister Graf Grorani
besetzte den Posten beim Oder-Thor. In der Nacht wurden die
durch die Beschiessung an den Batterien verursachten Schäden
wieder ausgebessert, die zertrümmerten Pallisaden und Sturm-
pfahle ersetzt, auch 6000 Fuss-Angeln in dem bedeckten Weg und
Graben ausgestreut.
Am 29. April fielen 210 Bomben in die Stadt; eine in den
Thurm der Jesuiten-Kirche fallende Bombe warf deren Glocke
herab, eine andere fiel in das Commandantenhaus bis in des GFWM.
Piccolomini Zimmer, welcher in die ßathskanzlei übersiedelte.
Oberst Baron de F i n wurde auf dem Wall durch den Luftdruck
einer Kugel zu Boden geschleudert. 2j Ausserdem wurden zwei
Mann der Besatzung getödtet und drei verwundet. Die im Schlosse
und in den Schulen untergebrachten Verwundeten mussten in das
Eathhäus und dem Bombardement weniger ausgesetzte Häuser
gebracht werden.
1) In welchem Zustande sich die Aitillerie-Ausrüstung der Festung be-
funden haben muss, kann nach der folgenden Mittbeilung aus dem Tagebuche
eines Zeitgenossen gemuthmasst werden :
„Es währte aber nicht lange, denn als sie angefangen hatten, auch zu
bombardieren, fiel eine auf unsern Kessel und machte ihn untüchtig, ferner
die Bombe hinauszuspielen, denn es waren nur 2 Bomben-Kessel da und die
übrigen Bomben waren in den andern Kessel alle zu gross. Es zersprang das
lederne Stück bald zu Anfang, indem selbiges vor 99 Jahren der Schwede
allhier stehen lassen, soll es so lange geladen sein gewest. Der Stück-Haupt-
mann wollte solches nicht loszüuden, allein ein kaiserl. Constabler zündete
ps ohne sein Wissen an und beschädigte durch die zersprungenen Stücke bis
12 Personen." (Die Belagerung von Brieg, ed. G-rünhagen, 36.)
2) G r ünliage n „Die Belagerung von Brieg".
319
In der Nacht vom 20. zum 30. April wurde die Mörser-
Batterie Nr. 3 auf dem linken Oder-Ufer zum Theil vollendet und
die Anzahl der Geschütze in den vorhandenen Batterien vermehrt,
so dass am Morgen des 30. das Bombardement sehr heftig
auf die Aussen werke zwischen dem Breslauer und Mollwitzer
Thor beginnen konnte, das von der Festung kräftig erwidert
wurde.
An diesem Sonntage fand des heftigen Geschützkampfes
wegen kein Gottesdienst statt ; sechs Häuser wurden um die
Mittagszeit beschädigt, am Abend fiel eine Bombe in die Schloss-
kirche. Der dadurch entstandene Brand konnte jedoch bald gelöscht
werden. Nach Eintritt der Dämmerung stellte der Festungs-Com-
mandant, ebenso wie der Belagerer das Feuer ein. Auf Bastion 2
waren an diesem Tage zwei der schwersten Geschütze demontiert
worden; im Schloss entstand Feuer, das erst um 9 Uhr Nachts
durch die Anstrengungen des Feuer-Piquets gelöscht werden konnte.
Während der letzten 24 Stunden waren 435 Bomben in die Festung
geworfen worden ; der Verlust der Besatzung betrug 1 Todten und
2 Verwundete. Während der letzten Nacht wurde von den Preussen
die Mörser-Batterie Nr. 3 fertiggestellt, auch die Batterie Nr. 2
beendet und mit sechzehn 24-Pfündern besetzt, in der Frühe des
1. Mai aber der Geschützkampf mit 52 Geschützen begonnen,
welcher den Tag über andauerte.
Eine Bombe, die während dieses heissen Kampftages um
9 Uhr Vormittags in die an das Schlossgebäude stossende, mit
Stroh gefüllte Reitbahn fiel, steckte diese letztere in Brand und
das Feuer theilte sich dem herrlichen, im Renaissance-Style ge-
bauten Schlosse mit, das in 24 Stunden vollständig in Asche lag.
Am 2. Mai geriethen die Gebäude der Schulherren, nebst den
Stallungen in Brand und das Geschützfeuer schwieg auch in der
Nacht nicht. In Batterie 2 führte der Belagerer weitere acht
24-Pfünder ein.
Gegen Mittag konnte von den Bastionen Nr. 2 und 3, dann
dem Ravelin Nr. 8 kein Schuss mehr fallen, da durch das preussische
schwere Geschütz die Kanonen grösstentheils demontiert und die
Parapets derart niedergelegt waren, dass die Besatzung dieser Werl-.'
auf das Aeusserste gefährdet war. Der im Couvreface Nr. L6
commandierende Hauptmann des Botta'schen Regiments lie^s in
Folge dessen dem General melden, dass er sich auf seinem Posten
nicht länger halten könne, trotzdem wurde ihm bedeutet, auf dem
innehabenden Posten auszuharren.
320
Der Festimgs-Commandant Hess den Bürgermeister und einen
Rathsherrn zu sich rufen und verpflichtete sie, die Bürgerschaft
zu besonderer Obedienz und Treue zu ermahnen. Dies geschah
auch; anstatt sich jedoch zu vertheidigen, erklärten die Bürger,
„sie wollten die Stadt und ihre Häuser nicht ruiniert wissen, bitten
daher, man wolle accordieren und die Stadt übergeben", welche
Antwort durch einen Rathmann dem Festungs-Commandanten mit-
getheilt wurde. r) Das Feuer wüthete im Schloss trotz aller An-
strengungen fort und zerstörte den herrlichen Bau, ebenso wie die
anstossende Schlosskirche. 473 Bomben fielen an diesem Tage in
die Festung, deren Besatzung 5 Todte und 3 Verwundete hatte. 2)
Die beschädigten "Werke wurden auch jetzt wieder während der
Nacht so viel als möglich in Stand gesetzt, obwohl die Preussen
10G Bomben, meistentheils auf die "Werke, in dieser Nacht warfen.
Sämmtliche Geschütze des Belagerers setzten dann am 3. Mai
den Kampf mit Heftigkeit fort, während das Feuer der Festung
erlahmte.
Auf Bastion 3 waren schon um 8 Uhr Früh die Parapets und
Schiessscharten völlig ruiniert, auch die Geschütze demontiert und
musste die Mannschaft zurückgezogen werden. Der Verlust betrug
6 Todte und 6 Verwundete. 503 Bomben wurden am Tage ge-
worfen, in der Nacht noch 50, dessenungeachtet wurden die Werke
so viel als möglich repariert, mit Ausnahme der Bastion 3, an
welcher die Bresche schon fast gelegt und die zu sinken begann,
ebenso die Couvreface und Ravelin Nr. 8.
Am Abend des 3. Mai begann man preussischerseits mit dem
Ausheben der zweiten Parallele. GM. von J e e t z e deckte mit der
*) Festungs-Journal. (Archiv. zu Nachod.)
2) Der dienstbare Stand der Besatzung in der Zeit vorn 28. April bis
2. Mai 1741 betrug:
Wallis 10 Compagnien 607 Mann
Botta 5 Compagnien 220 „
Zugetheüte 21 „
Browne 5 Compagnien 217 „
Zugetheüte 64 ,,
Frei-Compagnie ■ . . . . 268 ,,
Wallis- .
Botta- .
Browne-
Grenadiere 247
Summa . . . 1644 Mann
Der Verpflegsstand dagegen betrug in dieser Zeit 1863 Mann. Rapports-
Tabelle. (Archiv zu Nachod.)
321
Laufgrabenbesatzung die Arbeit, welche um 9 Uhr begonnen und
von zwei Arbeitergrappen in der Stärke von je 7 Officieren,
2 1 Unterofncieren und 300 Mann ausgeführt wurde. Vom rechten
und linken Flügel der ersten Parallele aus vorgeschoben und durch
Laufgräben mit ihr verbunden, bestand die zweite Parallele aus
zwei getrennten Theilen, die sich den weitest herausliegend ei.
Stellen der Contreescarpe bis auf GO Meter näherten. Auch an
Batterie Nr. 4 wurde weitergearbeitet, doch deren Bau nicht
beendet. l)
Am 4. Mai, 5 Uhr Morgens begann das Feuer aus den preus-
sischen Batterien von Neuem. Die Geschütze des Verteidigers
wurden demontiert, so dass von den Wällen das starke Feuer des
Belagerers nur noch sehr schwach erwidert werden konnte.
Die Geschützbedienung erklärte, auf den Werken nicht mehr
aushalten zu können, da die Geschütze unbrauchbar geworden, die
Werke beschädigt, deren Flanken in Trümmer, die Escarpen ge-
sunken, die Bresche an Bastion 3, ebenso in der Flanke von 4
bereits gelegt sei.
Nachdem es also mit der Belagerung der Festung so weit
gekommen und der Feind einen Sturm zu beabsichtigen schien,
liessGFWM. Graf Pic c olomini die Stabsofficiere : die Obersten
Baron de Fin, Pettinger, Oberstlieutenants Baron Oosa,
B o o c h ar d, Oberstwachtmeister Grafen G o r a n i,2) den Ingenieur-
Hauptmann von Sully und die Artilleristen zu sich berufen, um
denselben den Stand der Festung vorzutragen und „der versam-
melten Herren Meinung" darüber zu vernehmen.3)
Das Resultat der Verhandlung war der Beschluss, den Grafen
Gorani mit einem Tambour zum König von Preussen zu schicken
und einen Waffenstillstand auf einige Tage zu begehren, um dem
FM. Grafen Neipperg über die Lage der Festung berichten zu
können. Oberstwachtmeister Gorani traf den König von Preussen
in Hermsdorf, trug seinen Auftrag vor, wurde aber von König
F r i e d r i c h IL bezüglich des Begehrens um Einstellung der Feind-
seligkeiten abgewiesen. Der König wollte nur vier Stunden Zeit
1) Kriege Friedrich cl. Gr. I, 31.
2) Die Verhandlung dieses Festungsrathes gibt Anhang XLIX.
3) Oberstwachtmeister Graf Gorani des Regiments Marulli, welcher vom
Hof-Kviegsrathe die Erlaubniss erhalten hatte, der Campagne in Schlesien als
Volontair beizuwohnen, war in der Schlacbt bei Mollwitz von den Preussen
gefangen genommen worden, denselben aber in .Im,, Getümmel von dem
Schlachtfelde entkommen und in diu Festung Brie«; gelang.
Oesterreiohischer Erbfolgekrieg. II. Bd. _'l
322
gewähren, innerhalb welcher die Festung zu übergeben sei, deren
Garnison werde als Kriegsgefangene behandelt werden.
Als Oberstwachtmeister Graf Gorani mit dieser Antwort
zurückkam, wurde in einer über die Proposition des Königs von
Preussen gehaltenen Conferenz beschlossen, Gorani nochmals an
den König mit dem bestimmten Antrage zu senden, dass Graf
Pico olo mini nicht anders die Festung übergeben werde, als gegen
freien Abzug der sämmtlichen Garnison mit klingendem Spiel und
fliegenden Fahnen — oder den weiteren Angriff gewärtigen wolle.
Trotzdem bei der zweimaligen Absendung des Parlamentairs
durch den Tambour „Ruf geschlagen" und durch solchen ein Still-
stand wegen zu verhandelnder Capitulation verlangt wurde, fuhr
der Belagerer dennoch fort, aus allem Geschütz zu feuern und warf
von Früh bis gegen Mittag 484 Bomben in die Festung, wodurch
3 Mann der Besatzung getödtet und vier verwundet wurden. König
Friedrich IL, dem daran lag, die Belagerungs-Truppen wieder für
die Operation verfügbar zu haben und in der Besorgniss, die öster-
reichische Armee könne Entsatzversuche unternehmen, gieng auf
die Bedingungen des Festungs-Commandanten ein und liess um
1 Uhr Mittags die Feindseligkeiten einstellen. Graf Gorani kam
mit dempreussischen Obersten und General- Adjutanten von Borcke
in der Festung an, wo die einzelnen Puncte der Capitulation for-
muliert wurden.
Dieselbe setzte freien Abzug der Garnison mit militärischen
Ehren fest, dagegen übernahmen Officiere und Soldaten die Ver-
pflichtung, vom Tage der abgeschlossenen Capitulation im Laufe
zweier Jahre gegen den König von Preussen nicht im Felde zu
dienen und die diese Verpflichtung verschärfende Clausel : ,, niemals
wider den König von Preussen in Schlesien zu agieren." r)
Vermöge der geschlossenen Capitulation besetzte eine preussi-
sche Grenadier-Compagnie noch um 8 Uhr Abends das Breslauer
Ravelin, wogegen die daselbst gestandene Grenadier-Compagnie
des Wenzel Wallis'schen Regiments sich bis in das innere Thor
zurückzog, worauf am 5. Mai in der Frühe das Zeughaus, Munition
und der noch vorräthige Proviant übergeben wurde.
Um 8 Uhr Morgens des 5. Mai rückten zwei preussische
Bataillone in die Festung, die bisherige Garnison sammelte sich
auf dem Platze zum Abmarsch. Inzwischen brachte die Bürger-
schaft an einem Eckhaus das preussische AVappen au.
]) Der Wortlaut der Capitulation Anhang I-.
323
Gegen Mittag erfolgte dann der Abzug der Garnison.
welche noch aus 1610 Gesunden, dann 242 Kranken and
Blessierten, im Ganzen aus 1852 Mann bestand. Die Kranken
und, Verwundeten wurden auf Schiffen bis Oppeln, sodann aber
weiter zu Land mit Vorspann bis Neisse gebracht, wobei ein
Lieutenant von Wenzel Wallis mit 30 Commandierten als Es-
corte diente. })
Die Truppen selbst rückten gegen 1 1 Uhr aus der Festung
Der König von Preussen hielt zu Pferd vor dem Breslauer Thor
und hess sie vorüberziehen, „gleich wie aber die von dem Feind
gemachte Spalier dergestalten enge geschlossen gewesen, dass
durch dieselbe nur ein Wagen, die Mannschaft aber drei Mann
hoch hat durchmarschieren können, als sind vor den feindlichen
Truppen unter währendem Durchmarsch uns viele und zwar die
schönsten Leute abgenommen worden und hat sich nach Einrückung
m die erste Nachtstation nach eingegebenem Rapport gezeigt
dass unter währendem Ausmarsch 414 Köpfe von der Garnison bei
dem Feind theils freiwillig, theils mit Gewalt zurück ver-
blieben sind." 2)
_ GFWM. Graf Picolomini zeigte am folgenden Tage die
Kapitulation der Festung dem Armee - Commandanten an. Die
Truppen marschierten am 6. Mai bis Grottkau, 3) von dort auf
Neipperg's Befehl weiter nach Neisse.4)
Das Bataillon und beide Grenadier-Compagnien von Botta
wurden dann nach Eger, die beiden Bataillone von Wenzel Wallis
nebst dem Bataillon Browne, sowie die Grenadier-Compagnie nach
Prag verlegt.
Dem GFWM. Grafen P i c c o 1 o m i n i selbst wurde im Laufe
des Jahres das Werbewesen im Reich zugewiesen ; Oberst Baron de
F i n gieng vorläufig nach Wien, um über die Blokierung und Be-
lagerung Briegs mündlich Bericht zu erstatten.
p Lieutenant Richter von Wallis, welcher diesen Convoi commandierte
meldete am 8. Mai aus Oppeln, er sei mit der Bagage und den Krankon von
Brieg dort angelangt, doch seien „bei dieser Occasion oder mehr Confusion
viele Leute „och unter die Preussen gelaufen, auch sechs Schiffe von hier
nach ßatibor echappiert." (Fürst! Schaumburg-Lippe'sches Archiv )
2) Festungs-Journal.
?i Militärische und politische Actenstücke. Nr. 18.
«) Die Standes-Tabelle der in Brieg gestandenen Garnison vom 9. Mai
1/41, Anhang LI.
21*
324
Am 7. Mai wurde in den katholischen und protestantischen
Kirchen der eroberten Festung das Te Deuni laudamus ge-
sungen ; auch das erstemal der König von Preussen in das
Kirchengebet eingeschlossen, vor dem Herzog von Holstein
aber der Eid der Treue abgelegt. J) Trotzdem wurden am 10. der
Stadt wegen der Glocken 2) 6000 Gulden abverlangt, die auch
gezahlt wurden. 8)
1) Dies geschah nach S e e g e b a r t's Tagebuch, 42 schon den 6. Mai.
2) Dafür, dass die Glocken nicht weggenommen wurden, eine seit dem
30jährigen Kriege üblich gewordene Motivierung der Contributionen.
3) Die Belagerung von Brieg. Ztschffc, f. Gesch. u. Alterth. Schlesiens
1862, IV, 38.
Der kleine Krieg in Schlesien.
Die Unternehmungen, welche FM. Graf Neip p erg zur Be-
unruhigung der Cernierungs-Truppen von Brieg auf dem rechten
Oder-Ufer beabsichtigt und mit deren Ausführung er, bis zur
Ankunft des GFWM. Conte d'0 1 1 c n e in Oppeln, den Oberst
Baron Trips von Splenyi-Husaren beauftragt hatte, wurden durch
die Uebergabe der Festung gegenstandslos.
Oberst Baron Trips war mit einem Husaren-Commando
von Neisse nach Oppeln aufgebrochen ; er sollte die dort befind-
lichen Commandierten von Csaky-Husaren, den Raaber Husaren und
von dem über Troppau inzwischen wenigstens theilweise dort ein-
getroffenen Kärolyi'schen Husaren-Regimente ein Commando von
000 bis 800 Mann zusammensetzen, die preussischen Cernierungs-
Truppen am rechten Oder-Ufer beunruhigen und die Brücken bei
Paulau und Bliesen verbrennen. D'0 Hone selbst hatte den Rest
des Podstatzky'schen Cürassier-Regiments heranzuführen und mit
den vom gedachten Regimente schon zu Oppeln befindlichen 150
Pferden das Unternehmen des Husaren-Detachements zu unter-
stützen. Im Falle übrigens d'0 Hone bei des Obersten Trips An-
langen in Oppeln dort noch nicht eingetroffen, hatte der Letztere
den Befehl, allein vorzugehen. v)
Leider gieng Brieg inzwischen verloren und die geplante Di-
version wurde nur insoweit ausgeführt, dass der am 5. Mai zu
< >ppeln eingetroffene GrFWM. Graf d'Ollone am <;. Mai vor
Tagesanbruch den ebenfalls am Vortage dort angekommenen Oberst
Baron Trips mit 340 Husaren nach Poppelau entsendete und mit
') FM. N e i p p e r g an GFWM. d'0 Hone. (K. A.. Schlesien 1741 : V. 4.)
32 G
den Oürassieren nachzurücken im Begriff war, als eine Patrouille
die Meldung brachte, dass Brieg bereits capituliert habe. Oberst
Baron Trips zog sich auf diese Nachricht hin zurück und Hess
nur als Beobachtungsposten vorläufig einen Rittmeister mit 100
Pferden in Poppelau zurück.
Aus dem Lager von Neisse war am 20. April GFAVM. Baron
Baränyai mit 700 deutschen Pferden und 500 Husaren gegen
Strehlen entsendet worden, um die Verbindungen und Etapenlinien
des preussischen Heeres zu beunruhigen. r)
Am 22. April waren Husaren-Abtheilungen dieses Commandos
vor Mollwitz erschienen, jedoch mit geringem Verluste abgewiesen
worden. Nichtsdestoweniger dehnten sie die Streifungen bis vor
die Thore von Breslau aus, hoben auf der Strasse Ohlau — Breslau
eine kleine preussische Abtheilung auf und nahmen einen AVagen
und acht Geschütze. König Friedrich liess in Folge dessen die
aus 2 Bataillonen bestehende Besatzung von Breslau mit 600 Mann
verstärken und detachierte den Oberst von Selchow mit 1000
Mann Infanterie und 400 Reitern, um die Strasse Ohlau — Breslau
durch Posten zu sichern. Am 30. April wurde der gegen Baränyai's
Streifung mit 1500 Pferden entsendete General von Bredow
unweit AVansen von einem 400 Mann starken Commando des un-
garischen Generals angegriffen und mit Verlust von etwa GO Mann
und einigen Gefangenen zum Rückzuge genöthigt. 2)
Baränyai hatte am 15. Mai in Erfahrung gebracht, dass
ein preussischer, aus etwa 600 AVagen bestehender Transport bei
Schweidnitz zusammengebracht worden, um unter Bedeckung von
400 Mann nach dem Mollwitzer Lager abzugehen. Er brach desshalb
am IG. nach Rothschloss, etwa 5 Kilometer von Heidersdorf, dem
Kreuzungspuncte der Strasse Reichenbach — Strehlen und Breslau —
Frankenstein auf, in der Absicht, den Convoi aufzuheben. Preussischer-
seits hatte man. um die Strassen in der Gegend von Strehlen zu
sichern, am IG. ein Detachement von G00 Husaren und 300 Dra-
gonern unter Commando des Obersten von AVurmb der Berliner
Leibcorps-Husaren aus dem Lager von Mollwitz abgesendet. Dieses
Commando erhielt bei seinem Anmärsche noch am selben Tage
J) Die Zusammensetzung dieses Streif-Corps war eine ganz eigenartige.
Es bestand aus Mannschaften von 7 Cürassier-, 5 Dragoner- und 5 Husaren-
Regimentern.
-) Kriege Friedrich d. Gr. Tl. 52 u. Lutsch' Tagebuch.
327
Nachricht von der Anwesenheit einer stärkeren österreichischen
Streifpartei bei Rothschloss. Der preussische Öbersl ordnete in
Folge dessen für die frühesten Morgenstunden des 17. Mai den
Vormarsch von Streuen gegen Rothschloss an. Die Dragoner
wurden nördlich um den Ort gegen den Uebergang der Strasse
Rothschloss — Heidersdorf über die Grosse Lohe vorgesendei :
die Husaren unter Oberstlieutenant von Zieten wandten sich
gegen das Dorf Rothschloss. Um 4 Uhr Früh griff Zieten
das wohl nicht genügend gesicherte österreichische Husaren-
Commando an und sprengte dasselbe nach dreimaliger Abwehr
auseinander. Die Strasse nach Heidersdorf war durch die preussi-
schen Dragoner gesperrt, es blieb also in dem Sumpf-Terrain nur
der etwa 1000 Meter lange Damm zum Rückzug übrig, der nach
Senitz führt, wobei durch das Feuer der preussischen Dragoner und
vermuthlich einiger mitgeführter Geschütze starke Verluste ver-
ursacht wurden. Baranyai gieng nach Frankenstein zurück ; er
hatte 2 Stabsofficiere, 1 Rittmeister und etwa 80 Mann an Todten,
Verwundeten und Gefangenen verloren. Der preussische Verlust
soll nur 1 Unterofficier, (3 Mann und 8 Pferde betragen haben. J)
Mit den über Jablunkau herangerückten Verstärkungen liess
&"
FM. Graf N e i p p e r g die Posten auf dem rechten Neisse-Ufer
von Bielitz bis Schurgast abwärts verstärken. Der zu Kirchberg
an der Neisse mit 100 Pferden stehende Rittmeister Graf St.
Germain von Hohenems-Cürassieren erhielt nach der Uebergabe
der Festung Brieg den Befehl, die drei Neisse-Brücken zu Mickelau.
Löwen und Schurgast zu zerstören und nach Neisse zur Armee
einzurücken. Der Husaren-Posten sollte in Kirchberg bleiben.
GFWM. Conte d'O Hone wurde beauftragt, mit den vorläufig
eingetroffenen 7 Podstatzky'schen Cürassier-Compagnien und den
a) Kriege Friedrich d. Gr. II, 53. In den Acten findet sich keine Rela-
tion über dies Scharmützel vor. L utsch' Tagebuch verzeichnet am 17.: „man
vernahm, dass heute Früh um 4 Uhr General Baräny ay, nachdem er nach
Rothschloss sich gezogen und von dem dortigen feindlichen Magazin etliche
90 Wagen voll anhergeschickt hatte, von dem Feind überfallen worden und
seien unsererseits etliche 60 Mann theils getödtet, blessiert und gefangen worden
unter letzterem befinden sich der Dessewffy'sche Oberstlieutenant D e ss e w H'v
der Pestvärmegyei'sche Oberstwachtmeister Kälnoky und Rittmeister Ganser
von Seherr. Von den feindlichen Gefangenen wurden 10 Husaren hier ein-
gebracht." Neipperg beziffert in einer Relation an den Grossherzog den
Verlust, ausser den angegebenen Offieieren, auf etliche 30 Mann und Pferde
von der Cavallerie und 40 bis 50 Husaren. (K. A.. Schlesien 1741: V. 67)
£28
Komorner und Raaber Husaren-Frei-Compagnien (4000 bis 5000
Mann stark) in Falkenberg Stellung zu nehmen. Das Karolyi'sche
Husaren-Regiment, dessen eine Colonne am 7., der Rest am 9. Mai
in Oppeln eintraf, sollte unter d'O Hon e's Commando treten.
In einem Rencontre mit einer stärkeren preussisclien Abtheilung
bei Kehlen (Alt-Köln), 11. Mai, wurde der auf Streifung mit 60
Pferden ausgesendete Rittmeister von Kärolyi, Rebitzky ge-
fangen und 14 Husaren verloren.
Oppeln blieb mit 60 .Cürassieren und Husaren besetzt, die
Neisse-Linie wurde durch Husaren-Detachements gesichert und
sämmtliche Schiffe auf das rechte Ufer des Flusses gebracht. Oberst
Baron Trip s rückte mit den Splenyi'schen Husaren, die er zur
geplanten Unternehmung vor Brieg aus Neisse mitgenommen hatte,
von Oppeln wieder im Hauptlager der Armee ein. Am 19. Mai
traf dann der letzte Staffel des Podstatzky'schen Cürassier-Regi-
ments, in 6 Compagnien bestehend, in Falkenberg ein. D'O Hone
Hess jenseits der Neisse nur kleine Beobachtungs - Patrouillen,
höchstens 5 Mann stark, ausgehen, da starke preussische Cavallerie-
Abtheilungen in Pogarell und überhaupt in den Ortschaften an der
Löwen — -Ohlauer Strasse cantonnierten.
Die Zuvorkommenheit des Commandanten der österreichi-
schen Armee gieng so weit, dass er auf Ansuchen des FM.
Grafen Schwerin *) nach eingeholter Bewilligung der Königin,
eine nicht unwichtige Persönlichkeit, den königlich preussischen
Geheimen Rath von Reinhard, welcher im Vereine mit
dem Geheimen Rath von Münchow an der Spitze des preussi-
schen Kriegs - Commissariats in Breslau stand und sich unter
den Personen befunden hatte, welche am 10. April unter König
Friedrich's Suite gefangen wurden2), durch eine vom GF WM.
d'O Hone beigestellte Escorte des Kärolyi'schen Husaren-Regi-
ments in das preussische Lager zurücksendete. 3) Der ebenfalls bei
J) Mitthlgn. des k. und k. K. A., N. F. 1888, II, 227, 228.
2) Ebenda, N. F. 1887, I, 210.
3) Mit Schreiben vom 24. Mai zeigte FM. Seh w e r i n an, dass der Geh.
Rath von Reinhar d, Oberstlieutenant von Buggenhagen und der Feld-
prediger des Schwerin'schen Regiments, nebst einem königl. Reitknecht im
preussischen Lager angekommen seien und bedankte sich im Namen des
Königs, sowie im eigenen für diese Zurücksendung. (K. A , Schlesien XIII,
6./16.) Ein Breslauer Brief vom 12. Juni bemerkt : „Dem Land ist ein grosser
Schaden zugewachsen durch die Freilassung des Reinhard, welcher an-
jetzo seine kriegscommissariatischen Operationen weit härter als vormals
fortstellt." VI. ad 2(5 b.)
329
Molhvitz gefangene französische Gelehrte Mr. de Maupertuis
war, anf Befehl des Hofes, von Neipperg nach Wien gesandt,
dort mit Auszeichnung behandelt und über Prag nach Berlin
zurückgeschickt worden.
Ausser dem Leopold Daun'schen Regiment, dessen beide erste
Marsch-Colonnen Göding schon am 1. Mai passiert hatten, während
die dritte unmittelbar folgte, wurden, wie bereits erzählt, zur Ver-
stärkung für die schlesische Armee noch zwei in Ober-Oesterreich
stehende Max Starhemberg'sche Bataillone und aus Steyermark zwei
AVurmbrand'sche Bataillone, nebst ihren Grenadier-Compagnien be-
ordert, ebenso 3009 Warasdiner, unter Commando des Obersten
Grafen Strassoldo, die ursprünglich für Ober-Oesterreich bestimmt
waren. Letztere trafen am 2. Mai mit ihrer ersten Colonne bereits
in Wien ein und nahmen ihren Marsch durch Mähren, dann über
Jägerndorf nach Neisse. Die beiden ungarischen Freiwilligen-Caval-
lerie-Regim enter, jedes 800 Mann stark, wurden über Jablunkau
instradiert, v) deren erstes am 4. Mai von Waitzen, das zweite am
15. Mai aufbrach. Die Jazygier und Kumanier, zwei Compagnien,
(Oberstlieutenant Podratzkjr) waren im Anmarsch und trafen am
19. Mai in Jablunkau, am 20. in Teschen ein.
Ein drittes ungarisches Freiwilligen-Regiment, das die Comitate
Pressburg, Komorn und Raab stellten, war in der Formierung be-
griffen, sollte mit Ende Mai zum Ausmarsch bereit sein und vom
Grafen Stephan Esterhazy als Oberst befehligt werden. Diese
freiwilligen ungarischen Truppen sollte GFWM. Graf Kärolyi
commandieren. 2) Das in der Oedenburger und Eisenburger Ge-
spanschaft eingerückte d'Olloue'sche Dragoner - Regiment erhielt
Marschbefehl, brach am 14. Mai auf und rückte über Skalitz durch
Mähren nach Schlesien.
Dieses Regiment brachte auch 50 Pferde mit, welche der Erz-
bischof von Kalocsa für die regulären Cavallerie-Regimenter ge-
widmet hatte. Das Fürstenthum Troppau stellte freiwillig 50 mon-
tierte Recruten.
Es bezifferten sich die Verstärkungen für die schlesische
Armee auf zwei Cürassier-, zwei ungarische Reiter-Regimenter, an
') Das eine Regiment commandierte Oberst Belesznay, das andere
Oberst Peter H a 1 ä z.
-j FM. Pälffy an GFWM. Karolyi, Pressburg, 2. Mai 1741. (Gräfl.
Kärolyi'sches Archiv, Budapest.)
330
Infanterie, mit Inbegriff des nach Troppau kommenden Starhem-
berg'schen Bataillons, auf 8 Bataillone und 3000 Warasdiner. r)
Diese Verstärkungen ergaben eine Summe von etwa 9000 bis
10.000 Mann.
Durch Einrücken von Reconvalescierten, sowie durch Aus-
wechslung und neue Werbung hoffte man auch den Stand der
Oombattanten bei den schon im Felde stehenden Regimentern wieder
zu erhöhen.
Die Ergänzung an Geschütz, Munition, Munitionskarren,
Protzen, Schanzzeug und Requisiten erfolgte theils aus dem Zeug-
hause zu Wien, theils wurde sie dem GFWM. Fischer in Prag,
aus den Vorrätheil des Feld-Artillerie-Hauptcorps zu bewirken, auf-
getragen.
Von Wien aus giengen ferner zum Ersatz für die Armee
2000 Gewehre nach dem Spielberg, 400 Centner Musketenpulver.
50 Centner gegossenes Kugelblei und 3000 Flintensteine ebendahin
und nach Olmütz ab.
Von Generalen wurden für die Armee weiter bestimmt :
G. d. C. Hohenems, FZM. Thüngen, die FML. St. Ignon
und Königsegg, Leopold Dan n, GFWM. P a 1 1 a n t, Marschall
und P r z i c h o w s k y . 2)
Oberstwachtmeister Baron von der Trenck hatte das in
Slavonien und Syrinien zusammengebrachte, ebenfalls für die
schlesische Armee bestimmte Frei-Corps, in 945 Mann bestehend,
bereits von Esseg in den ersten Tagen des Mai gegen Wien in
Marsch gesetzt.
FM. Graf N e i p p e r g erwähnte in seinen Berichten vom
5. und 6. Mai an die Königin, dass seine ganze dermalige Stärke
in ungefähr 10 bis 1 1.000 dienstbaren Mann an Infanterie und deutscher
Cavallerie bestehe, mit welchen er sich der feindlichen vereinigten
Macht, ohne einen ausdrücklichen Befehl von der Königin zu
haben, nicht präsentieren könne. Zeige sich aber eine anständige
Gelegenheit, über selbige einigen Vortheil zu erhalten, so werde
er solche gewiss nicht aus der Hand lassen. AVoile hingegen die
Königin expresse haben, dass er sich ohne den in Aussicht
gestellten Succurs, welcher ohnehin vor 3 oder 4 Wochen nicht
1) 3 Bataillone Leopold Daun, je 2 von Max Starhemberg und "Wurm-
brand und das bereits in Troppau befindliche Max Starhemberg'sche Bataillon.
2) Erlass des Grossherzogs Franz an den Grafen Neipperg, Wien,
1. Mai 1711. (Gräfl. Neipperg'sches Archiv.)
331
einlangen könne, abzuwarten und ohne sich an die feindliche Ueber-
macht zu binden, in etwas einlassen soll, ,,so würde er es gewiss
auch, ohne eines unglücklichen Ausschlags willen viele Reflexionen
zu mächen, vor die Hand nehmen," inzwischen werde er noch bei
Ncisse stehen bleiben und solange und so viel als möglich diesen
Ort und die ganze Gegend zu bedecken und zu versichern suchen. ' |
Hierauf antwortete der Grossherzog am 10. Mai: „Von hier
ist es nicht möglich, Ihnen, wie Sie es wünschen, zu sagen, was
Sie thun sollen, Sie sind dort viel mehr im Stande, nach den Con-
juneturen sich zu richten, indem ich mich ganz auf Sie verlasse,
was Sie als das Beste für den Dienst der Königin erachten,
verabsäumen Sie keine Gelegenheit, seien Sie denn ruhig und
operieren Sie, wie Sie es für zweckmässig halten" und am 16. des-
selben Monats : „Seien Sie beruhigt über Ihr Thun und glauben Sic
dass, wenn ich Vertrauen in Jemand, wie Sie setze, ich mich auf
den verlasse und sicher bin, dass er keine Thorheiten begehen wird,
machen Sie also, was Sie den Interessen der Königin für
dienlich halten."2)
Am 19. Mai langte FML. Graf Leopold Dann im Haupt-
quartier der Armee an; am 22. rückten zwei Bataillone seines
Regiments ein, denen zwei Tage darauf das 3. Bataillon folgte,
während am 23. die erste Colonne der Warasdiner, 1000 Mann
stark, eintraf. Kundschafts-Nachrichten stellten das Vorrücken der
preussischen Armee über die Neisse in den Bereich der Möglichkeit.
In Folge dessen wurde GFWM. F e s t e t i c s, der seit 29. April
zur Dienstleistung eingerückt war, am 23. Mai mit (300 Husaren
und einiger deutscher Cavallerie, zu welchem Detachement noch
200 Pferde von dem zu Bielitz stehenden Dessewffy'schen Husaren-
Regiment stossen sollten, auf Recognoscierung in die Gegend von
Wamsen gesendet.
Im Hauptquartier fanden Berathungen über die vor-
zunehmenden Operationen statt, von denen nur ein Operations-
Entwurf des FML. Dann erhalten ist, welcher folgendermassen
lautet :
„Meine Meinung geht dahin, dass wir ohne weiteren Zeil-
verlust uns in eine solche Verfassung setzen, dass wir bei erstem
Vernehmen, dass der Feind die Neisse passiert, solchem in guter Ordre
M Mittheilungen des k. und k. K. A., N. F. 1888, II, 232 und >2:>,\.
2) Gräfl. Neippnrg'sches Archiv.
;;h2
entgegen vorrücken und das Tempo nehmen, da er mit der Hälfte
seiner Armee die Neisse passiert, selben wacker anzugreifen, wo
mit Gottes Hilfe an der guten Reussierung umso mehr zu hoffen,
da nicht das erstemal, dass unter guter Anführung eine viel
kleinere die grössere Macht geschlagen. Hiezu ist auch uöthig zur
Verhütung aller Confusion, dass man die Bagage wohin ziehe,
damit selbe bei, wider Verhoffen, erfolgendem Unglücksstreich, die
Retirade nicht hindere und gar verloren gehe. Bei diesem Fall
sind auch, dass wir doch allezeit noch im Stand sein können, die
böhmischen Gebirge zu erreichen, mithin Böhmen zu bedecken.
Sollten wir uns aber jetzt retirieren, so ist nicht allein Neisse
mit ganz Schlesien verloren, sondern auch der Feind ebenfalls
Mähren ravagieren und in Contribution setzen kann, oder wir
müssten uns theilen gegen Böhmen und Mähren, wo dem Feind
umso leichter sein würde, uns dergestalten über den Haufen zu
werfen, dann gleichfalls in diese zwei Länder eindringen, sollten
wir auch den Feind die Belagerung von Neisse vornehmen lassen
in der Hoffnung, dass sich's so lang halten könnte, bis der noch
erwartende Renfort anlangt, um alsdann es wieder zu entsetzen,
halte dafür, dass der Feind sich dergestalten verarbeiten würde,
dass mit seiner starken Artillerie noch weniger als dermalen der
erwünschte Erfolg anzuhoffen wäre, wohingegen, da wir das Glück
haben, dem Feind jetzt eines zu versetzen, nicht allein die Reoccupe-
rierung ganz Schlesiens anhoffen können, sondern auch anclurch
unsere Alliierten mehr auffrischen, mit selben dann uns umso
leichter an dem Feind zu regressieren. Sollte der Feind aber über
der Neisse stehen bleiben, so wäre sich in ein gutes Lager zu setzen
und wohl auf der Hut zu bleiben, dass wir nicht überfallen werden
können, wo inzwischen der noch anzukommende Succurs eintreffen
kann, wo alsdann nach den bis dahin entstehenden Umständen wir
vielleicht im Stand sein werden, den Feind selbst aufzusuchen,
hingegen selber durch Desertion und Krankheiten sich mehr
schwächen würde ; wir aber ein solches zu besorgen hätten, mit
noch mehreren Benehmung des Muths unserer Leute, da wir uns
jetzt retirierten, auch vielleicht andurch mehr Leute verlören als
durch eine Action, nicht minder der noch bleibende gute Willen
der Leute uns gänzlich fehlen würde, ebenfalls den Alliierten die
Lust benehmen, uns beizustehen, wo wir uns selbst zu erkennen
geben, dass wir gar nicht im Stand, uns selbst zu helfen. Schliess-
lich, was helfen Ihro Majestät der Königin, unserer Alier-
gnädigsten Frau, diese Truppen, wann sie selbe zu ihren Diensten
333
nicht brauchen kann und sollten sie sogar zu ihrer Schuldigkeit
nicht zu bringen sein, ist auch kein Verlust an selben ; anbei ist
aber die gute Kundschaft, Verfassungen und Dispositionen das Aller-
vornehmste und ohne Zeitverlust ein solches in's "Werk zusetzen."1)
Als am 4. Mai die Festung Brieg capituliert hatte, wurde das
preussische Belagerungs-Corps wieder in die Armee eingereiht.
Nur drei Bataillone kamen als Besatzung in die Festung. Am 5. Mai
waren im Lager von Mollwitz 40 Bataillone, 61 Escadronen Caval-
lerie und ü Husaren-Escadronen vereinigt. -)
König Friedrich II. beschäftigte sich nun mit dem Gedanken
eines Vorgehens gegen Neisse und correspondierte hierüber auch
mit dem Fürsten Leopold von Anhalt-Dessau, dem Com-
mandanten der im Lager von Göttin zusammengezogenen Armee.
Der Plan, bei "Neisse „unter der Faveur der Höhe, so auf dieser
Seite der Neisse ist, fünf Brücken zu schlagen und den Feind
unter den Canons von Neisse zu attaquieren und wegzujagen,"'
bestand, wurde aber zunächst nicht zur Ausführung gebracht,
sondern der Entschluss gefasst, vorläufig nur bis Grottkau zu
rücken. Zu diesem Zwecke gieng Oberst Dumoulin am 23. Mai
mit 200 Husaren und den Quartiermachern sämmtlicher Regimenter
voraus, um den Lagerplatz auszuwählen. Am 26. Mai folgte die
Armee, 22.000 Mann Infanterie, 8000 Mann Cavallerie und 900
Husaren. 3)
Die Armee rückte in sieben Colonnen vor, deren mittelste
von. der Artillerie gebildet wurde, während die Cavallerie die
Flügel-Colonnen formierte; die Infanterie marschierte in Divisionen,
die Cavallerie in halben Escadronen. Zwei Avantgarden giengen
auf je 500 Schritte den Flügel-Colonnen voraus. Cavallerie-Patrouilleii
suchten das Gelände ab. Die Bagagen folgten den einzelnen Co-
lonnen und kleinere Arrieregarden schlössen hinter denselben.4)
Der rechte Flügel stand auf den Höhen nördlich von Grott-
kau, der linke erstreckte sich bis an die Neisse. Infanterie-
1) „Meinung, wie sich zu verhalten, wenn der Feind die Neisse passieren
und Sonstiges die schlesische Campagne betreffend" von FML. Graf D a u n.
Neisse, Mai 1741. (K. A., Memoiren, XIII, 2.)
2) Kriege Friedrich d. Gr. II, 38.
3) Zu den im Lager von Mollwitz versammelt gewesenen 10 Bataillonen
war aus Schweidnitz noch das 2. Bataillon Kalckstein eingerückt, so dass die
Infanterie 11 Bataillone stark war.
4) Kriege Friedrich d. Gr. II, ö7.
334
Feldwachen waren bis an den Grottkau-Baeh vorgeschoben, der
die Front sicherte und über den einige Brücken hergestellt wurden.
Die Stadt Grottkau wurde mit 50 Mann Infanterie besetzt und eine
Husaren- Abtheilung nach Alt-Grottkau vorgeschoben. Am 27. Mai
rückte ein preussisch.es Commando von etwa 15 — 1(300 Mann, aus
Dragonern und Husaren bestehend, gegen die in und um Mogwitz ,
südlich von Friedewalde stehenden Sicherungsposten der öster-
reichischen Armee vor, das auch einen Rittmeister mit acht Mann
gefangen nahm, von denen vier sich aber wieder sal vieren
konnten. Nachdem die Unterstützungstrupps der Husaren vor-
brachen, wurde jedoch ein Lieutenant und 16 Mann von dem
preussischen Detachement gefangen und nach Neisse eingebracht.
Ein Lieutenant und 15 preussische Reiter blieben auf dem
Platze. l)
Zwei Tage später rückte GM. von B r e d o w mit einer Reiter-
abtheilung von 3000 Mann in südlicher Richtung vor, 2) wurde aber
von den österreichischen Husaren, welche 1200 Mann stark waren,
z urückgetrieb en .
Ein für den 30. Mai mit 0000 Reitern bestimmter grösserer
Streifzug unterblieb und das eintretende Regenwetter bewog König
Friedrich H., seine Reiterei, die am T.Juni durch 3 Escadronen
des neu errichteten Uhlanen-Regiments Natzmer verstärkt wurde,
in ausgedehnte Cantonnierungen zu verlegen. 3)
Am 24. Mai Nachmittags waren preussische Infanterie -Ab-
theilungen in Löwen eingerückt und wurde von ihnen auf die Po-
stierungen am rechten Neisse-Ufer Feuer gegeben, wodurch jedoch
nur ein Pferd verwundet wurde. 3 Husaren, die am jenseitigen
Ufer auf einem Thurm als Beobachtungsposten standen, konnten
nicht mehr zu ihren Pferden gelangen und wurden gefangen.
GFWM. Conte d'O Hone zog sich auf die Meldung dieser
Vorgänge, dem Befehle des Feldmarschalls entsprechend, mit dem
Podstazky'schen Cürassier-Regimente von Falkenberg in der Nacht
zum 25. nach Bielitz, von wo er folgenden Tages in das Haupt-
lager bei Neisse abrückte. Die Husaren-Posten an der Neisse
') Diese Verlustangaben nach Lutsch' Tagebuch, der das ßencontre
unter dem 26. Mai verzeichnet. „Kriege Friedrich d. Gr. I, 10" geben den 27.,
welche Datierung sich auch mit einem Berichte vom 30. Mai des österreichi-
schen Armee-Commandanten an die Königin deckt, der dasselbe als „vor
drei Tagen" stattgefunden meldet
2) Lutsch' Tagebuch verzeichnet 15 Escadronen.
3) Kriege Friedrich d. Gr. II, 60.
335
wurden beordert, dass, im Falle ein feindlicher Brückenschlag
zwischen Löwen und Bielitz unternommen werden sollte, sie ihre
Aufstellungen verlassen und zum Gros nach Bielitz einrücken
sollten. Der Armee-Commandant beauftragte am 27. Mai noch
speciell den in Bielitz am rechten Neisse-Ufer stehenden Ritt-
meister Grafen St. Germain, dass er auf die Bewegungen
der preussischen Armee wohl achten und im Vereine mit dem
mit 150 Pferden abgehenden und in dem Gelände am rechten
Neisse-Ufer gut orientierten Oberstwachtmeister des Kärolyi'schen
Husaren-Regiments von Györi, „den Neisse-Strom diesseits bis
zu dessen Einfluss in die Oder wohl beobachten" und verlässliche
Meldungen über die preussisehen Bewegungen einsenden solle. 1)
St. Germain berichtete in Folge dieses Befehls am 29. Mai
um IOV2 Uhr Nachts aus Bielitz dem FM. Grafen Neipperg,
„dass er seine Posten, welche zu Rothhaus, Lassoth, Bielitz,
Mahlendorf, Ellguth und Sonnenberg längs derNeisse stehen, visitiert
und dem Husaren-Rittmeister in Kirchberg den Posten an der
Brücke von Koppitz zugewiesen habe. Alles sei gut bewacht und
ohne ein aussergewöhnliches Unglück würde ihn kein widriger
Zufall treffen und der Feind werde keinen Uebergangsversuch
machen, von dem er nicht zeitgerecht unterrichtet sei. Die Brücke
bei Mahlendorf, von der nur ein Drittel unbrauchbar gemacht
worden war, habe er vollständig verbrennen lassen. Da Sonnen-
berg nur eine halbe Meile von Kirchberg entfernt ist, habe er sich
auf die, jenen Ort umgebenden Höhen begeben, von wo man das
preussische Lager vollständig überblicke. 2)
Oberstwachtmeister von Györi meldete ebenfalls am selben
Tage aus Gross-Mangersdorf, dass er am Vortage dort ange-
kommen und sämmtliche Posten verstärkt, auch, wo er es noth-
wendig erachtete, neue aufgestellt habe. In Löwen ständen nur
mehr 150 Mann Preussen, etwa 200 Mann Cavallerie seien dort
gesehen worden, welche aber am selben Nachmittage wieder
abmarschiert seien; zu Michelau stehe ein stärkeres Detachement,
bei der Osseger Mühle, oberhalb Michelau, befinde sich ein preus-
sischer Posten.3)
Das Commando des Oberstwachtmeisters von Györi wurde
übrigens am 30. Mai aus dem Hauptlager der Armee noch mit
l) K. A., Schlesien 1741; V, 94.
'-) K. A., Schlesien 1741 ; V, 99.
s) K. A.. Schlesien 1711; V, 1m>
......
1 Lieutenant und 40 Husaren verstärkt. Rittmeister St. derma in
blieb in Bielitz stehen.
Am 30. Mai konnte FM. Graf Neipperg nach Wien
melden, dass das ihm anvertraute Corps an dienstbarer Infanterie
8627 Mann, die deutsche Cavallerie 7072 Pferde, die Husaren 2825
Pferde betragen habe1); dass inzwischen auch die beiden ersten
Colonnen der Warasdiner Grenzer und die beiden Compagnien der
Jazygier und Kumanier eingerückt seien ; ebenso der G. d. C.
Graf Holienems und FML. Graf Königs egg.
Ebenso traf am nämlichen Tage die erste Colonne des frei-
willigen ungarischen Husaren-Regiments unter Oberst Belesznay
ein, dem die zweite Colonne am 2. Juni folgte.
Ausser der im Lager bei Neisse versammelten Armee stand ein
Bataillon Max Starhemberg in Troppau und Jägerndorf, 500 Com-
mandierte vertheilt von Olmütz bis Ottmachau, wo Oberstwacht-
meister Schmidt befehligte. In Glatz stand das Regiment Max
Hessen, 10 Compagnien von Carl Lothringen und Kolowrat,
endlich 4 Compagnien des Dragoner-Regiments Batthyänyi. 2 1
Die grosse Bagage der Armee wurde gegen Ende Mai nach
Jägerndorf abgesendet. 3)
J) Infanterie: Franz Lothringen, Carl Lothringen, Alt-D aun, Harrach.
Schrnettan, O'Gilvy, Thüngen, Botta, Baden-Baden, Leopold Dann, Browne
Granne, Kolowrat.
An Dienstbaren 8627 Mann
.. Undienstbaren 781 ,,
.. Commandierten , Absenten, Kriegsgefangenen.
Kranken und Blessierten 6408 „
Cavallerie: Dragoner : Althann, Liechtenstein, Batthyänyi, Körner,
Württemberg; Cürassiere: Seherr, Cordova, Lanthieri, Hohenzollern, Podstatzkv.
Hohenoms, Diemar, Birkenfeld.
An Dienstbaren 7072 Mann und 7082 Pferde.
., Undienstbaren 660 „ ,, 655 „
,, Commandierten etc. 2346 ,, ,, 134<S ,,
(K. A., Schlesien 1741 ; V, ad 101 a und ad 101 b.)
Der dienstbare Stand der Husaren-Regimenter betrug am 25. Mai:
Csäky 557, Dessewfiy 401, Ghylänyi 442, Pestvarmegyei 493, Splenyi 387, Kärolyi
545, zusammen 2825 Mann. (Gräfi. Neipperg'sches Archiv.) Siehe die Ordre de
bataille, Beilage 52. Anhang LH.
2) K. A., Schlesien 1741; VI, 10.
s) Wiener Diarium 1741, Kr. 44.
",
Der Mediati uns- Versuch Englands.
Auf keines der europäischen Cabinete hatte der Tag von
Mollwitz eine solche Wirkung geübt, wie auf das englische und
dessen Haltung war es, welche der Sache Maria Theresia's
den empfindlichsten Nachtheil brachte.
Durch die in der englischen Nation tief eingewurzelte
Ueberzeugung, dass in dem Kampfe Maria Theresia's gegen
Friedrich II. das Recht einzig und allein auf Seite der
Königin sich befinde und durch das immer lauter werdende
Begehren, die Sache des Hauses Oesterreich, wie es die vertrags-
mässige Pflicht und das Interesse Englands erforderte, mit be-
waffneter Hand zu unterstützen, war endlich doch die englische
Regierung, trotz der bisher durch Villi er s in Dresden einge-
haltenen doppelzüngigen Politik, genöthigt worden, durch eine
unzweideutige Kundgebung für M a r i a T h e r s i a offen Partei zu
nehmen.
Am 19. April 1741 fcheilte König Georg IL dem versammelten
Parlamente in feierlicher Thronrede die von verschiedenen Seiten
auf das Erbe des Hauses Oesterreich erhobenen Ansprüche und
das an England gerichtete Begehren Maria Theresia's um
Si eilung der vertragsmässig festgesetzten 12.000 Mann Hilfs-
Truppen mit. Er habe, fügte Georg II. hinzu, die Könige von
Dänemark und von Schweden, letzteren als Landgrafen von Hessen-
< 'a^sel angegangen, ihre in englischem Solde stehenden Streitkräfte
und zwar Jeder 6000 Mann, bereit zuhalten, um sie der Königin
von Ungarn zu Hilfe zu senden. Er sei damit beschäftigt, noch
andere Massregeln vorzubereiten, um die gefährlichen Anschläge
scheitern zu machen, welche auf Grund irgend eines ungerechtem
Oesterreichisclicr Erbfolgekrieg. II. IM. 22
338
Vorgehens zum Nachtheile des Hauses Oesterreich in das Werk
gesetzt werden könnten.
Er nehme daher, da die bisherigen Geldbewilligungen un-
zulänglich befunden werden dürften, neuerdings die Hilfe des
Parlaments in Anspruch, um in den Stand gesetzt zu werden, die
Königin von Ungarn in ausgiebigster Weise zu unterstützen
und durch alle möglichen Mittel die Aufrechthaltung des Hauses
Oesterreich, der Freiheit und des Gleichgewichtes Europa's zu
bewirken.
Beide Häuser des Parlaments billigten diese Entschlüsse des
Königs zu Gunsten des Hauses Oesterreich, des alten und viel aus-
genützten Verbündeten der britischen Krone. Sie versicherten in ihrer
Bereitwilligkeit, auch die beträchtlichsten Opfer bringen zu wollen,
um Maria Theresia in dem Besitze ihrer Länder zu schützen.
Das Haus der Gemeinen votierte ausser den zum Unterhalte der
hessischen und dänischen Hilfs-Truppen nöthigen Summen noch
oOO.OOO Pfund Sterling zur Unterstützung der Königin in dem
Kampfe gegen ihre Feinde. König Georg selbst schickte sich au.
sich in seine hannoverschen Erblande zu begeben, um dem
Kriegs- Schauplatze näher zu sein und seinen persönlichen Einfluss
zur Förderung der militärischen Massregeln geltend machen zu
können. r)
Indessen hatte das englische Ministerium unmittelbar nach
jenem Parlamentsbeschlusse, als Gegenzug, um die etwa in Wien er-
regten Hoffnungen wieder herabzustimmen, durch eine vom 28. April
an Robinson gesandte Denkschrift die Notwendigkeit einer
Verständigung mit Preussen noch stärker betont, als in jener vom
1(5. März.
In derselben wurde ausgeführt, dass sich die politische Con-
stellation verschärft habe und dass nur die Rücksicht auf die eng-
lische Vermittlung den König von Preussen bisher abgehalten habe,
auf die vortheilhaften Anerbietungen, die ihm auf Kosten Oester-
reichs von Seiten Frankreichs gemacht worden seien, einzugehen.
Die Furcht vor einer Allianz Frankreichs und Preussens
überwog alle Rücksichten, Belleisle's Reise in das preussische
Lager Hess dem Ministerium Walpole jede Zögerung als ver-
derblich erscheinen. Um der Sendung des französichen Unterhändlers
entgegenzuwirken, König Friedrich H. von dem Abschlüsse
einer Allianz mit Frankreich abzuhalten und ein Abkommen mit
J) Arneth, Maria Theresia. 1. 211 u. ff.
339
der Königin von Ungarn und Böhmen zu Stande zu bringen,
Hess König Georg einen Bevollmächtigten nach dem preussischen
Feldlager abgehen, der als lebhafter Gegner Frankreichs und als
eitriger Anhänger der grossen Allianz galt.
Es war dies John Carmichel Earl of Hyndford, welcher
am 2. Mai in Breslau eintraf.1) Minister Podewils beeilte sich,
dem Verlangen des englischen Abgesandten um eine Audienz bei
König Friedrich zu entsprechen und die eingeholte Zustimmung
dieses Monarchen beschied den Lord in Gemeinschaft mit dem
hannoverschen Bevollmächtigten am preussischen Hof, dem Ge-
heimen Kriegsrath August Wilhelm von Schwicheldt, in das
Lager von .Mollwitz, wo am 7. Mai in des Königs Zelt beide, der
englische Gesandte zuerst, empfangen wurden.
Der König war sehr lebhaft und erregt über Englands Be-
nehmen und die Erklärungen König Georg's im Parlamente. Auf
Hyndford's Frage: was er fordere? antwortete der anwesende
Minister von Podewils: Nieder-Schlesien und Breslau ; und der
König fugte hinzu: „die Königin von Ungarn kann sich
glücklich schätzen, so gut davonzukommen". „Sie
sehen, es steht in meiner Macht, mich zum Meister von ganz
Schlesien und nächstdem von Mähren zu machen. Denn die kleine
unbedeutende Stadt Olmütz kann mich nicht aufhalten und dann
sind alle Verbindungen mit Böhmen abgeschnitten. Ungeachtet
meiner Siege, will ich indessen noch immer gemässigt (reasonable)
sein." Auf die Frage : ob er dann den übrigen Theil der prag-
matischen Sanction aufrecht erhalten und seine Stimme zur Kaiser-
wahl geben wolle? antwortete er mit: ,,Ja!"2)
') Ueber die Persönlichkeit Lord Hyndford's spricht sich eine Relation
des Gesandten der Königin, des Freiherrn von Jaxheirn, der Hyndford in
Hannover, wo er am 21. April angekommen war, kennen gelernt hatte, fol-
gendermassen aus: „Es ist dieser Mylord im Uebrigen ein sehr feiner und be-
scheidener Mann, an welchem man auch hiesigen Orts diejenigen Eigenschaften
erkennt, welche zu der Art des gegenwärtigen Geschäftes und in Ansehung
der persönlichen Beschaffenheit des Königs in Preussen erfordert werden, so
dass man sich von seiner Negociation und Aufführung in ein und anderem
Fall viel Gutes verspricht." (H. H. u. St. A., Expeditionen nach Polen 1711.
Copia relationis d. Ereih. v. Jaxheirn.)
2) Räumer, Beiträge zur neueren Geschichte II, 131. Carlyle, „Ge-
schichte Friedrich IL", III, 351. Am ausführlichsten bei Grünhagen, Schles.
Krieg I, 382 nach „Hyndford's papers" im British Museum. „Politische Corre-
spondenz", I, Nr. 367. „Precis de l'audience que Mylord Hyndford a eu du roi. ei
de son entretien avec SaMajeste" berichtet: .,Lager bei Mollwitz, 7. Mai 1741."
22*
341 »
Der englische Abgesandte sondierte auch König Frie-
drich II. bezüglich eines Waffenstillstandes, auf welchen der
'.-,■
„Mylord Hyndford meldete dem Koni- bei der Ueberreiehung
seines Beglaubigungs-Schreibens die üblicben Complimente und die stärksten
Freundschafts-Betheuerungen seitens des Königs von England.''
„Der König erwiederte ihm, er sei sebr empfänglich für die Beweise von
Freundschaft und für die Versicherungen, welche ihm Se. britische Majestät
hinsichtlicli seiner ehrlichen Absichten, einen dem König vortheilhaften Ver-
gleich in der schlesischen Angelegenheit zu verschaffen, gegeben habe, aber
er könne diese schönen Versprechungen und Betheuerungen nicht in Einklang
bringen mit der aneifernden Rede, welche der König von England seinem
Parlamente gehalten habe, mit dem abmahnenden Brief, welchen er an Se.
Majestät schreiben wolle und mit dem Verhalten, welches die englischen Mi-
nister im Haag, in Dresden und Petersburg beobachtet haben, wo sie
nicht aufhörten, jene Mächte zum Eintritt in das Concert gegen Se. Majestät
und zur offenen Erklärung für die Königin von Ungarn aufzumuntern."
..Se. Majestät fügte hinzu, er wolle in den wahren Absichten des Königs
von England klar sehen ; man befinde sich in einer Krisis, in welcher man
seine Partei nehmen müsse : der König lasse sich durch Keinen, wer es auch
sei, einschüchtern, noch sich von der berechtigten Verfolgung seiner Rechte
abwendig machen, er würde anderwärts Freunde und Beistand finden; er
seinerseits werde vernünftig sein, wenn man es in Wien sein wolle, der
Herzog von Lothringen und das Haus Oesterreich könnten sich glücklich
schätzen, in dem Geiste des Königs soviel Mässigung zu finden und dass er
die Vortheile, welche er in Händen habe, nicht ausnütze, um seine Eroberungen
weiterzutreiben. Wolle man etwas für einen guten Vergleich und für die
Erhaltung des europäischen Gleichgewichtes thun, so sei es an der Zeit ;
sonst dürfe man dem König keinen Vorwurf wegen des Umsturzes machen.''
„Mylord Hyndford antwortete auf alles dieses, der König sein Ge-
bieter, sei aufrichtig gewillt und geneigt, ernstlich an einem Vergleich in der
schlesischen Angelegenheit zu arbeiten ; er wisse durchaus nicht, dass der
König, sein Herr, einen abmahnenden Brief an den König, oder an die anderen
Höfe schreiben wolle, noch dass die Herren Trevor im Haag, Vi 1 Hers in
Dresden und F i n c li in Petersburg eine andere Sprache führten oder dass
sie di,- besagten Höfe gegen den König in der schlesischen Angelegenheit
aufmunterten, sei es. in das Concert gegen den König einzutreten, sei es.
anderweitig zu handeln ; die aneifernde Rede des Königs, seines Gebieters,
sei seit seiner Abreise gehalten worden, aber er werde über alles dieses an
uen Hof schreiben und er sei von der Ehrlichkeit überzeugt, mit welcher
der König, sein Herr, an einem Vergleich arbeiten würde; er werde sogar
einen Courier an Herrn Robinson in Wien senden, damit derselbe diesen
Hof dränge, sich zu erklären und so schnell als möglich melde, wie weit
man damit sei ; aber er hoffe, Se. Majestät werde sich über sein Ultimatum
aiissprechen. Her König erwiederte, er habe sich schon so viele Male hierüber
erklärt und bleibe darin fest, erbrauche Xieder-Sehlesien mit der Stadt Breslau."
„Worauf Mylord entgegnete, er hoffe, Graf Gott er werde zu Beginn
der schlesisch« p Angelegenheit 1 >ea i i I't ra tri gewesen sein, die Bedingungen dem
3 t i
letztere jedoch nur in der Dauer von sechs Monaten eingehen zu
können erklärte.
Dem Empfange des englischen Gesandten folgte jener des
hannoverschen. König F r i e d r i c h II. sagte S c h w i c heidi
gegenüber zu, dass, wenn „der König von England ihm Nieder-
Schlesien, nebst der Stadt Breslau durch seine guten Officia ver-
schaffen würde, Se. Königl. Majestät in alle die von dem hannover-
schen Gesandten verlangten Desideria entrieren wolle"". :
Wiener Hofe anzubieten, indem er fragte, welche Summe Geldes der König
daran wenden wolle. Se. Majestät antwortete, er habe bis zu drei Millionen
Gulden bieten lassen, etwas mehr oder weniger würde auf keine Schwierig-
keiten stossen, man werde sich darüber leicht verständigen und er schliesse
sich den in seinem Auftrag ehemals vom Grafen Gott er dem Wiener Hofe ge-
botenen Bedingungen an."
„Mylord Hyndford forschte den König über einen Waffenstillstand
aus und Se. Majestät antwortete, er könne keinen andern bewilligen als einen
sechsmonatlichen."
„Hierauf versprach Mylord Hyndford. ebne Zeitverlust einen bei
sich habenden Boten an Herrn Robinson nach Wien zu senden, um
diesen Hof zu veranlassen, sich über das Ultimatum des KöniffS klar aus-
zusprechen und ob er Nieder - Schlesien zu den Bedingungen abzutreten
gesonnen sei, welche Se. Majestät ehemals durch den Grafen Gotter
habe stellen lassen. Er versprach auch, wie von ihm ausgehend, ohne den
König blosszustellen, den Wiener Hof hinsichtlich eines "Waffenstillstandes zu
- radieren und zu verstehen zu geben, erhoffe, den König dazu zu vermögen."
„Der König erwähnte auch auf Schlesien hypothekisierter Summen und
Se. Majestät sagte, er erinnere sich, dass er versprochen habe, für Capital und
Interessen zu sorgen, aber es sei billig, wenn man einen Vergleich treffe, den
Theü, welcher nach gerechter Vertheüung auf das Haus Oesterreich falle, abzu-
handeln, was Mylord Hyndford gerechtfertigt fand."' (Polit. Corresp.
I. Nr. 367.)
1) Am 3. Mai hatte Minister von Podewils aus Breslau au König
Friedrich JI. berichtet, dass der hannoversche Gesandte Schwicheldt den
Entwurf zu einem geheimen Vertrage zwischen Preussen und Hannover vor-
gelegt habe. Man verspreche in demselben Nieder-Schlesien mit Breslau für
Preussen durch englische Vermittlung, fordere dagegen Hildesheim, die ver-
pfändeten Aemter in Mecklenburg und zwei Aemter in der Grafschaft Höllen-
stein für Hannover. Podewils bemerkt in seinem Berichte noch, wie
Schwicheldt wiederholt verlangt habe, dass dem enQ-li.sehen Gesandten Mylord
Hyndford von den Forderungen und Uebereinkommen des Königs von
England als Churfürst von Hannover kein Wort gesagt werde, da man sieb
ausserordentlich fürchte, dass die Nation dem Fürsien vorwerfe, seine Privat-
interessen mehr am Herzen zu haben, als die öffentlichen. Selbst König
Friedrich IE. fiel dieses Doppelspiel auf, wie die Marginalbemerkungen auf
dem erwähnten Berichte beweisen. Er findet die Angelegenheit delical und
. srlangt, vor der Audienz dei beiden Gesandten mit Podewils darüber zu
342
Nach Breslau zurückgekehrt, fand H y n d f o r d eine Weisung
Harri ngto n's, den König von Preussen zu einer Herabminderung
seiner Forderungen zu bewegen, da man in Wien auf die Ab-
tretung Nieder-Schlesiens mit Breslau nicht eingehen wolle. Es sei
von Werth, den Wiener Hof überhaupt zu Verhandlungen zu be-
wegen. Podewils widerrieth, dies in einer Audienz persönlich
vorzubringen und rieth dem Gesandten, dies schriftlich zu thun.
Der König antwortete auf das Ansuchen Hyndford's vom
9. Mai schon am folgenden Tage, dass es nicht seine Sache sei,
weiteres Entgegenkommen zu zeigen, er gedenke jetzt ruhig abzu-
warten, was der Wiener Hof antworten werde. l) Aber bevor noch
der Courier nach Wien expediert war, wurde Hyndford durch
die Nachricht überrascht, dass die General-Staaten eine im Februar
beantragte gemeinsame Aufforderung an den König von Preussen,
Schlesien zu räumen und die Befriedigung seiner Ansprüche den
Seemächten zu überlassen, am 24. April angenommen hätten und
er jetzt mit dem holländischen Gesandten die Erklärung dem
Könige mitzutheilen und denselben zu ersuchen habe, durch Zurück-
ziehung seiner Truppen den Weg durch ein gütUches Uebereinkommen
zu ebnen. 2) Wenn nun auch die officielle Mittheilung von jenem
Beschlüsse bis zur Rückkehr des englischen Couriers, welcher die
am 7. Mai vereinbarten Puncte nach Wien brachte, verschoben
wurde, so musste diese verspätete Simultanerklärung nach dem
Tage von Mollwitz in der That auf König Friedrich II. einen be-
denklichen Eindruck machen und in ihm die Ueberzeugung wecken,
dass das englische Cabinet in seiner widerspruchsvollen Art ihn
zu täuschen beabsichtige. Selbst Lord Hyndford musste zu-
gestehen, dass das Verfahren Englands voller Widersprüche sei
und nicht angethan, des Königs Vertrauen zu erhöhen si und nur
sprechen, „weil Mich diese doppelte Negociation, da der Hyndford nicht
vom Secret sein soll, etwas befremden muss". (Polit. Corresp., I, Nr. 363.)
1) Polit. Corresp. I, Nr. 369.
2) Lord Trevor, der englische Gesandte im Haag, hatte Mitte Februar
den General-Staaten den Entwurf zu einem Dehortationsschreiben an den König
von Preussen vorgelegt, durch das ihn beide Seemächte gemeinsam zur
Räumung von Schlesien auffordern sollten. Nach längeren Verhandlungen
kamen die General-Staaten endlich am 24. April zu dem Beschluss, dass ihr
Gesandter mit dem englischen Bevollmächtigten bei dem König von Preussen
eine mündliche Vorstellung machen solle. Vergl. auch Grünhagen, Schles.
Krieg I, 384.
3) „Mr. Hyndford ist genöthigt, die in diesem ganzen Benehmen
liegenden Widersprüche zuzugeben . . . und er war sein' vorlegen, als er mir
343
Podewils' Bemühungen gelang es, den König von Preussen bis
zur Rückkehr jenes Couriers noch von dem definitiven Abschlüsse
eines Vertrages mit Frankreich abzuhalten. l)
Ifyndford's Courier war erst am 13. Mai von Breslau ab-
gegangen.2) Am 17. Mai brachte Sir Thomas Robinson das
Resultat der von Hyndford im Mollwitzer Lager geführten
Unterhandlung dem Obersten Hofkanzler in Wien zur Kenntniss.
Die in einer an Robinson gerichteten Note vom 24. Mai
niedergelegte Antwort des Wiener Gabinets stellt die correcte,
vollkommen auf dem Boden der Verträge fassende Anschauung
der Königin M ar i a Theresia und ihrer Regierung in das
hellste Licht.
Die einleitenden Zeilen der Staats -Schrift beziehen sich auf die
von Robinson am 17. Mai überreichte Note, auf den schon in
früheren Schriftstücken dem Gesandten präcisierten Standpunct
des Wiener Cabinets ; sie setzte dann sogleich mit der Klarlegung
der Anschauungen über einen Vergleich überhaupt und die Art
desselben ein und lautet :
,,Die durch die Verträge festgesetzte Zeit zur Anwendung der
guten Dienste (pour enrployer les bons offices) ist öfter als einmal
verstrichen."
,,Bei der gegenwärtigen Lage der Angelegenheiten verschlim-
mert sich das Uebel nur durch die Verzögerung. Man kann sich
auch kaum schmeicheln, einen gerechten und vernünftigen
Vergleich zu Stande zu bringen, insolange man der Königin
nicht in Entsprechung der in den Jahren 1731 und 1732 über-
nommenen Verpflichtungen beistehen wird.'" :1i
„Der Weg, den man heute vorschlägt, ist weder v e r ei n-
bar mit der Aufrechthaltung der pragmatischen
Sanction, noch conform der Entschliessung, welche die General -
Staaten in Uebereinstimmung mit Grossbritannien gefasst haben
(ont prises de concert), da nach dieser Entschliessung, die weit
entfernt, dem König von Preussen mit der Hoffnung auf die Er-
werbung eines Theiles von Schlesien zu schmeicheln, sie den
zu verstehen gab, dass er selbst diese Art vorzugehen nicht billigen könne.'"
(Podewils an den König, Breslau 12. Mai; bei Droysen, Vi. 263,
Anmerk. 2.)
') Polit, Corresp. 1, Nr. 376, 377, 380.
8) Am 14. Mai passierte er Neisse. (Lutsch' Tagebuch.)
3) 16/19 Mars 1731. Autriche, Grande-Bretagne, Hollande. Paix et :.lli-
ance. Vienne. (Tetot, pag. 43.)
344
betreffenden Gesandten befiehlt, ihm gewichtige Vorstellungen zu
machen, damit er unverzüglich seine Truppen (aus Schlesien) zurück-
ziehe und sie sagt ferner der Königin die Erfüllung der
Verpflichtungen zu, im Falle die erwähnten Vorstellungen ihre
Wirkung nicht äussern. Da man durch die an Mylord Hyndford
gegebene Antwort bereits in Kenntniss ist, dass die Vorstellungen
keinen Erfolg haben werden, so kann nach einer so reiflichen
und langen Verhandlung nur noch davon die Rede sein, dem, für
diesen Fall der K ö n i g i n gegebenen Versprechen Genüge zu
leisten".
, .Alles, was soeben hier erwähnt, ist unwiderleglich und
die Königin kann weder, noch will sie jemals ihr unbestrittenes
Recht aufgeben : den Beistand ihrer Verbündeten kraft der Ver-
träge anzurufen, die nicht erst abzuschliessen sind, sondern die
schon bestehen."
„Sie ist nichtsdestoweniger einem Vergleich mit dem König
von Preussen nicht abgeneigt, welcher jedoch, angesichts der
Nichtigkeit seiner Ansprüche, als wirklich gerecht und
vernünftig bezeichnet werden könnte. Sie weiss, dass man
früher oder später zu einem solchen wird gelangen müssen. Sie
hat dazu stets den sehr ernsten Wunsch gehegt und wird denselben
auch immer bewahren ; der kürzeste AVeg, dahin zu gelangen, wird
ihr der angenehmste sein. Aber sie glaubt gleichzeitig, dass, damit
ein Vergleich als gerecht und vem ü n f t i g bezeichnet werden
könne, er der Gerechtigkeit der Sache entsprechen müsse, sowie
dem Geiste der Verträge und den Vereinbarungen mit dem Hofe
von Sachsen, zu welchen die Königin durch die lebhaften Auf-
forderungen und die in gleicher Weise dringenden und freund-
schaftlichen Mahnungen Seiner grossbritannischen Majestät engagiert
worden ist. Jeder andere Vergleich würde durch seine Folgen und
traurigen Consequenzen den Ruin des Hauses Oesterreich, jenen
des Reiches und die vollständige Zertrümmerung des Gleichge-
wichtes und der Freiheiten Europä's nach sich ziehen."
„Es wird der Königin Vergnügen bereiten, wenn Seine
grossbritannische Majestät Ihr einen AVeg zeigen wollte, auf
welchem man zu dem Ziele gelangen könne, das man sich vor-
gesetzt, ohne die pragmatische Sanction zu verletzen und ohne
sich alle die üblen Folgen zuzuziehen, welche man soeben erwähnt
hat. Die Königin kennt keinen, ausser der schnellen und wirk-
samen Hilfeleistung, welche sie nicht aufhört und niemals auf-
hören wird, anzurufen und welche sie für unfehlbar hält, voraus-
345
gesetzt, dass man nicht mehr zögern will, sie zu leisten. Ihrer
Ansicht nach ist dies nicht allein der sicherste, sondern der einzige
Weg, um am schnellsten die Ruhe im Reiche herzustellen und
bevorstehenden, wie entfernten Gefahren zuvorzukommen oder sich
dagegen zu schützen. Je mehr man sich beeilen wird, der König] n
zu helfen, um desto mehr wird man den Vergleich mit dem König
von Preussen befördern, dem gegenüber man die friedfertigen
Dispositionen der Königin geltend machen kann und deren auf-
richtigen Wunsch, in Uebereinstimmung mit den oben angeführten
Grundsätzen sich auszusöhnen und mit ihm zu verbinden. Mylord
Hyndford kann dreist eine solche Sprache führen, vorausgesetzt,
dass diese Dispositionen und der AVunsch der Königin nicht
einen Augenblick die Hilfeleistung verzögern, welche sie seit so
langer Zeit anruft, denn sie ist vollständig überzeugt, dass ohne dies
Mittel man weder ihr Haus, noch das Reich, noch Europa vor den
Uebeln bewahren wird, die man von ihnen abwenden will." r)
Diese Ablehnung der Hy n df or d'schen Vorschläge brachte
der Courier aus Wien am 28. Mai nach Breslau. König F r i e d r i c h H.
aber schloss nun mit Frankreich definitiv ab und die seinerseits
fortgeführten Verhandlungen mit dem englischen Abgesandten
dienten nur noch zur Verleugnung und Verheimlichung des Ein-
verständnisses mit dieser Macht, also nur ,.pour amuser", wie der
beliebte Ausdruck lautete.
') H. H. u. St.. A., England 1741, Z. 83. Noten an Robinson, (französisch).
Concept von Bartenstein. Vergl. auch : Arn etil, „Maria Theresia'', I, '225 ;
„Polit Corresp.", I, Nr. 381.
Die Allianzen der Gegner Maria Theresia's.
Im Monate Juni treten die militärischen Ereignisse immer
mehr zurück vor der lebhafter werdenden diplomatischen Action.
In beiden Feldlagern beginnt man zu temporisieren, auf der
einen Seite, um die Alliierten zur Theilnahme am Kampfe zu be-
wegen, auf der anderen, um den verbündeten Staaten Zeit zu
geben, die Rüstungen zu beenden.
In Frankreich begegneten Regierung und Volk sich ohnehin
in der Ueberzeugung, dass die so überaus günstige Lage, wie sie
durch den Tod Kaiser Carl VI. und durch den Einbruch König
Friedric h II. in Schlesien geschaffen worden, im vollen Masse
ausgebeutet werden müsse und dass der Augenblick zu neuer
Vergrösserung auf Kosten des Römischen Reiches gekommen sei. J)
Am 13. April meldete der österreichische Gesandte in Paris,
Ignaz von Was n er, der Königin: ,,Da man den König
(von Preussen) zur Ausführung der hiesigen Absichten in dem
Reich und zumal bei der Kaiser-Wahl nöthig zu haben glauben
dürfte, so könnte gar wohl sein, dass zwischen dem hiesigen und
dem preussischen Hofe etwas in Geheim verabredet und gehandelt
werde, wovon aber noch zur Zeit etwas Verlässliches oder Eigent-
liches nicht zu entdecken gewesen."
Der hochbetagte Cardinal F 1 e u r y hatte zwar nach Kaiser
Carl VI. Tode nicht allein gegen Wasner, sondern auch gegen
andere Gesandte geäussert: „dass, obschon der Tractat (mit Kaiser
Carl VI.) von dem Reich noch nicht ratinciert worden, solches
') Bericht des Gesandten in Paris an die Königin Maria Theresia
vom 6. Februar 1741. ' H. H. u. Str. A.. Frankreich. Corresp. 93.)
347
nichts an der Sache ändere und Frankreich seine Verbindlich-
keiten dessenungeachtet erfüllen werde." *)
Thatsächlich jedoch stand Frankreich, wie bekannt, längst an
der Seite Preussens. Die vorbereitende diplomatische Action und
die Vermittlung der Annäherung zwischen Frankreich und Preussen
durch Camas, Valory, Chambrier, Beauvau, Belleisle,
in seiner Weise auch Voltaire, sind bereits geschildert worden.
Die Minister und Hofleute äusserten unverhohlen ihre Freude über
den preussischen Erfolg bei Mollwitz: „Als worüber verwichen en
Dinstag zu Versailles in dem Vorzimmer des Cardinais Fleury
dem preussischen Ministro Chambrier (ungeachtet er von diesem
vorgegebenen Sieg mit ziemlicher Massigkeit gesprochen) fast von
allen allda Anwesenden die Glückwünschung abgestattet worden.''2)
Die in officieller AVeise geschehene erfolgreiche Mission
B e 1 1 e i s 1 e's hinderte nicht, dass Cardinal Fleury dem öster-
reichischen Gesandten gegenüber diesen ganzen diplomatischen
Feldzug einfach ableugnete. AVasner meldet darüber am 31. Mai
1741 an die Königin, dass er aus russischer Quelle erfahren, es
habe „Mr. Belleisle die Unternehmung des Königs ganz be-
sonders gutgeheissen, indem er durchblicken Hess, dass der wahre
Heroismus darin bestehe, den Namen eines Eroberers zu ver-
dienen, indem er ihn anfeuerte, dein schönen Anfang zu folgen
und dadurch seinen Ruf und seinen Ruhm zu verewigen. Man
sagt selbst, dass er Seitens seines Hofes die Garantie aller seiner
Eroberungen angeboten habe, sowie eine enge Allianz mit Frank-
reich und dessen Alliierten ; als Gegenleistung habe er die Stimme
des Königs zu Gunsten des bayerischen Churfürsten verlangt und
eine gegenseitige Garantie dessen, was Frankreich in Flandern und
den österreichischen Niederlanden werde gewinnen können."
Auf'Wasner's Vorstellungen hierüber habe der Cardinal
betheuert: „dass der Inhalt dieser Nachrichten gänzlich unbegründet,
Belleisle mit keinen solchen Befehlen versehen und zudem
sehr unvernünftig wäre, auch im Fall einiger hiesiger ungleichen
Gesinnung sich solchergestalteil gegen einen Fürsten, wie der
*) Nach dem Separat- Artikel der Präliminarien zwischen Oesterreich und
Frankreich vom 3. October 1735 hatte der Kaiser die Zustimmung des Reiches
über all' das, wobei es interessiert war, einzuholen. Das Reich hatte nicht nur
diese Präliminarien längst ratificiert, sondern dem Kaiser die vollständige
Freiheit eingeräumt, den Vertrag selbst im Namen des Reiches abzuschliessen.
H. H. u. St. A., Bavarica, Fase. 7 d.)
'•') M. IL u. St. A.. Wasner's Berichl vom I. Mai .1741.
348
König von Preussen sei, blosszulegen. Mithin er etwas dergleichen
von ihm, Bell ei sie, niemals glauben könne, umso mehr, als man
denselben auch anderer in dem Reich gehalten haben sollender un-
gemessener Gespräche in einer Zeit beschuldige, wo doch nament-
lich die zwei E. k. M. ergebenen Churfürsten von Maynz und Trier
ihm ein ganz anderes Zeugniss gegeben und dessen Bescheidenheit
belobt hätten." M
Nicht minder hatte man seit Anfang März 1741 die militäri-
schen Vorbereitungen weitergeführt. Im Mai wurde dann die Ver-
mehrung der Infanterie, um 30.000 bis 35.000 Mann, angeordnet,
eine Massregel, welche übrigens erst bis Ende August durchgeführt
sein konnte. -)
Die Königin sollte durch die Rüstungen Frankreichs ,,en ech.ec",
Spanien, Neapel, Schweden, Chur-Bayern und Preussen „en haieine"
erhalten werden, bis Frankreich zum Eintritt in die Action bereit sei.3)
Noch war indessen Friedrich II. trotz des freundlichen
Verhältnisses, das er mit dem Cabinete von Versailles unterhielt 4j
5j H. H. u. St. A., AVasner's Bericht vorn 31. Mai 1741.
2) H. H. u. St. A . Wasner an Grafen Sinzendorff, 22. Mai 1711.
s) H. H. u. St. A., Wasner's Bericht vom 31. Mai 1741.
4) Er äussert sich in seiner „Histoire de mon temps" über den Eindruck
des Einmarsches in Schlesien und über das Verhältniss zu Frankreich im Beginn
des Jahres 1741, wie folgt: „Europa, war noch in der Erstarrung (dans l'engourdis-
sement), welche die Ueberraschung verursacht, Das Manifest, welches wirpubli-
ciert hatten, war lakonisch, die Mission Gotter's und die Baschheit unserer
Operationen vermehrte die Ungewissheit und hemmte dieBeurtheilung der Mächte,
welche noch nicht entwirren konnten, oh Preussen der Alliierte oder der Feind
der Königin von Ungarn war. Von allen diesen Mächten schien Frankreich am
meisten geneigt, unsere Interessen zu begünstigen. Der Cardinal Fleury
sprach sich offen genug mir gegenüber in einem aus Issy vom 25. Januar
datierten Briefe aus, indem er mir insinuierte, dass die Garantie, welche
Ludwig XV. der pragmatischen Sanction gegeben, durchaus nicht rechts -
giltig sei, weil man ihr das Correctiv beigefügt habe, mit „Vorbehalt der Rechte
eines Dritten" und weil der Kaiser den Hauptartikel des Wiener Vertrages
nicht erfüllt habe, welcher in der Garantie des Reiches bestanden. Der
Rest seines Schreibens bezog sich auf zwei Hauptpuncte, von denen einer
eine Ausführung über den übermässigen Ehrgeiz Englands war und der andere
nur die Vortheile darstellte, welche ich im Bündniss mit Frankreich und in
der Erhebung des Churfürsten von Bayer., zur kaiserlichen Würde find« n
werde. Ich beantwortete dies Schreiben in den höflichsten Ausdrücken, dem
Cardinal den Wunsch aussprechend, mich mit Ludwig XV. zu vereinen,
indem ich ihn versicherte, dass ich meinerseits dieser Negociation jede Er-
leichterung gewähren würde.'" (Histoire de mon temps [Red. 1746] 221). vergl.
auch Polit. Corresp., 1. Nr. 280.)
.ii'.l
und trotz der Anerbietungen, die ihm von dieser Seite theils durch
den Gesandten Marquis de Valory, theils durch den Marschall
B e 1 1 e i s 1 e bei dessen Anwesenheit im Mollwitzer Lager1) gemacht
worden waren, mit Frankreich in kein eigentliches Bündniss ge-
treten. Er rechnete damals noch damit, durch die englische Me-
diation, ohne Frankreich, die Abtretung Nieder-Sohlesiens erlangen
zu können.
Die "Weigerung der Königin Maria Theresia, das Erbtheil
ihrer Väter preiszugeben und ihr energisch bethätigter AVille, dabei
den Boden des Rechts nicht zu verlassen, dasselbe aber auch trotz
Allem und wenn es sein müsste, gegen Alle zu vertheidigen, gab
nun Friedrich II. auch den äussern Anlass zum engen Bund''
mit Frankreich.
Das Frankreich L u d w i g XV. war zwar allerdings noch reich
an Hilfsquellen, aber doch längst nicht mehr der starke, von der
Glorie und Machtfülle des ,,Roi soleil" umstrahlte Staat.
Das Bild, welches "Wasner der Königin von den finan-
ciellen und militärischen Verhältnissen desselben entwerfen konnte,
war kein allzu glänzendes.
Kräftiger als durch seine materiellen Hilfsmittel wirkte jedoch
die französische Diplomatie im Verlaufe der Ereignisse durch die
Vereinigung und Aufbietung aller ,, antipragmatischen" Mächte und
stellte auf diese Weise wirklich eine bedrohliche und übermächtige
Coalition der Königin Maria Theresia gegenüber.2)
Am 30. Mai ertheilte Friedrich II. aus dem Lager bei
Grrottkau, nachdem die ablehnende Antwort des Wiener Hofes zu
seiner Kenntniss gelangt war, an den Etatsminister von P o d e w i 1 s
in Breslau den Befehl, mit dem Marquis Valory abzuschliessen.
„Es muss aber dieses mit dem grössten Secret von der Welt
•liehen, zu dem Ende gedachter V a 1 o r y nicht herkommen, Ihr
auch solchen auf das Geheimste an einem dritten Ort sprechen
sollet, damit kein Mensch das Geringste davon erfahre, noch soup-
miere . . . allermassen Ihr Mir mit Eurem Kopf davor repon-
dieren müsset, dass kein Mensch, es sei auch wer es wolle, das
Geringste davon merke, noch erfahre . . . kurz es muss in allen
üüil jeden Umständen das Secret auf das Höchste menagieret werden.
'i Broglie, Frederic II. et Marie Therese, 1. 324.
'-') Die Verbindung mit Frankreich „a donne lo prineipa] uiouvemenl ä
la machine prete ä s'ebranler", Valory, Meinpires I. 109,
350
als wovor mir Euer Leben, Ehr© und Reputation responsabel
bleiben sollen. Den Mylorci Hy n d f'o r d und die übrigen Gesandten ,
so sich von der Sache interessieren, sollet Ihr inzwischen amüsieren
und Ihnen die Hoffnung machen, dass Ich mit einigen Herzog-
thümern, als Schweidnitz, Liegnitz, Jauer zufrieden sein würde,
wie Ich Euch dann die Art und Weise überlasse, auf was Art Ihr
mit ihnen am besten biaisieren könnet. Ihr sollet auch den Mylord
Hyndford sowohl, als den p. Ginckel (holländischer Gesandter)
auf das Obligeanteste tractieren und ihnen sagen, wie sie beider-
seits herkommen könnten. . . ." J)
Am folgenden Tag schrieb Friedrich IL eigenhändig dann
nochmals an den Minister Podewils:
*) Friedrich II. an Podewils, 30. Mai 1741. (Polit. Corresp., I, Nr. 381.)
An den Cardin al F 1 e u r y schrieb Friedrich II. am gleichen Tag;
„Soeben habe ich die Allianz mit dem König, Ihrem Gebieter, unterschrieben ;
meine Treue in diesem Vertrag wird Sie meine Verzögerungen vergessen
machen und ich gebe Ihnen die Versicherung, dass Sie sich nie über mich
zu beklagen, noch diese Allianz zu bereuen haben werden ; ich bestreite Ihnen
jetzt, Herr Cardinal, dass Sie ein besserer Franzose sind, als ich es bin. Ich
bitte Sie, dem König, Ihrem Gebieter, zu versichern, dass ihn niemals Jemand
mehr geschätzt hat, als ich dies thue und dass ich ihm Beweise davon bei
jeder Gelegenheit geben werde." (Polit. Coresp. I, Nr. 382.)
Und ebenso am 30. Mai an den Marschall Bell ei sie in München:
„Im Vertrauen auf Ihre Versprechungen, auf die Dinge, welche Sie Auftrag
hatten, mir im Namen des Königs, Ihres Gebieters, zu sagen und auf die un-
begrenzte Hochachtung, welche ich für Ihre Geschicklichkeit im Kriegshand-
werk hege, habe ich soeben die Allianz unterschrieben, zu welcher Sie mich
eingeladen haben, ich bin von nun an ein besserer Franzose als der Marschall
Belleisle und so treu gegen Frankreich, als nur jemals ein Alliierter gewesenist."
,.Ich hoffe, von heute in zwei Monaten Ihre Fahnen auf den diesseitigen
Ufern des Eheins entfaltet zu sehen ; ich freue mich im Voraus, die Manöver
zu bewundern, welche Sie machen werden und Operationen, welche zu Be-
lehrungen für jeden Kriegsmann werden, werden mir zur Hilfe und zur
Stütze dienen ; Ihr Namen vernichtet mich ebenso, wie die Kräfte des
Königs, Ihres Gebieters, mich mit einem Prinzen zu alliieren, welcher
durch Ihre Dienste so vorzüglich unterstützt wird."
..Bayern erhält meine Stimme; rechnen Sie dafür so gut auf Preussen,
wie auf Frankreich; man unterscheide sie nicht mehr und der König von
Frankreich möge überzeugt sein, dass, wenngleich ich Zeit verlangt habe,
um mich zu entscheiden, dieser Aufschul) nur dazu dient, meine Treue noch
unerschütterlicher zu machen."
„Adieu, lieber Freund, den siegreich vor den Thoren Wiens zu sehen und
an der Spitze seiner Truppen zu umarmen, wie ich ihn an der Spitze der
meinigen umarmt habe, ich vor Ungeduld brenne." (Polit. Corresp. I, Nr. 'As:].
35]
..Also, mein lieber Podewils, Sic scheu nun. wer von uns
Beiden sich geirrt hat und ob ich nicht recht gehabt habe, Ihnen
zu sagen, dass die Engländer Betrüger sind? Jetzt handelt es
sich nicht darum, dies durchblicken zu lassen, sondern es zu ver-
bergen; sagen Sie Valory, dass ich ihm das Geheinmiss mehr als
irgend etwas- Anderes anempfehle."
,, Machen Sie Ihrem Mylord j . . . - f glauben, dass
ich durchaus nicht von der Antwort aus Wien gekränkt bin,
schläfern Sie ihn bezüglich der Observations-Armee (des Fürsten
von Anhalt) ein und sagen Sie ihm, dass ich sie cantonnieren
lassen werde, um die Eifersucht zu vermeiden, welche sie gegen
mich zu erregen schien; mit einem Wort, setzen Sie Himmel und
Erde in Bewegung, um den Engländer zu täuschen und zu be-
trügen; ich werde ihm einen sehr guten Empfang bereiten und
hoffe ihn zu düpieren."
, .Lassen Sie uns Zeit gewinnen, denn von drei Wochen Geheim-
haltung hängt unser Heil ab. Ich will nicht, dass Schumacher
(Cabinets-Secretär) von irgend etwas informiert werde und ich ver-
biete Ihnen bei Lebensstrafe, davon mit Jemand Anderem, aussei
Valory, zu sprechen. "
,, Adieu, ich erwarte mit Ungeduld die Unterzeichnung des
Vertrages." x)
In der Nachschrift :
„Valory soll den Unzufriedenen spielen und sich entrüstet
stellen über den Frieden, welchen er zwischen dem Lothringer und
mir geschlossen glaubt und soll überhaupt anders erscheinen, als
er ist. Sprechen Sie ihm zu, die letzte Hand an die Allianz mit
Schweden zu legen." r)
Der in Folge dieser Befehle abgeschlossene Vertrag trägt das
Datum des 5. Juni. Der Austausch der Katificationen geschah am
5. Juli. 2)
') Polit. Corresp. I, Nr. 384.
2) Der Vertrag istabgedruckt inMasson, „Memoire« etlettres deFrancois
Joachim de Pierre, Cardinal deBemis", Paris 1878 1. 462. Weiter rindet sich
der Vertrag in Broglie, „Frederic II. et Marie Therese", I, 407 (Appen-
dice D.), jedoch mit einigen, sogar wesentlichen Varianten und dem Druck-
fehler (pag. 110) „Berlin" statt „Breslau" als Abschlussort des Vertrages. Der
„Recueil des instractions donnees aux ambassadeurs et ministres de France,"
Paris 1SS4, T. 280 verweist auf Masson. Nach dem französischen Text.' von
Mässon in Mittheilungen des k. und k. Kriegs-Archivs, N. F. 1889, III, '27<;.
352
Der Marquis de Valory erzählt in seinen Memoiren über die
dem. Abschluss vornergehenden Verhandlungen : ,.Er (der König von
Vertrag vom 5. Juni 17-1-1 zwischen Seiner Aller ehr ist-
lichsten Majestät ud cl d e m König von P r e u s s e n.
Vereinbarung einer defensiven Allianz zwischen dem König von Frankreich
und dem König von Preussen, abgeschlossen in Breslau am 5. Juni 1711.
vom Könige von Frankreich ratifiziert am 14. (Juni) und vom Könige von
Preussen am 1. Juli. Der Austausch der Ratificationen geschah am 5. Juli.
,,Der Allerchristlichste König und der König von Preussen, in der beider-
• itigen Erkenntniss, wie wichtig es bei den gegenwärtigen Umständen für
sie sei, im vollsten Einverständnisse zu handeln, sowohl für ihre gemein-
samen Interessen, wie auch für die Erhaltung und Befestigung der allge-
meinen Ruhe, haben etc., nachdem sie sich gegenseitig ihre Gedanken über
die Mittel, die Verbindung und die Freundschaft, welche sie für einander
hegen, zu festigen, beschlossen, dass sie nichts Zuträglicheres thun könnten,
als diese Bande durch den Abschluss einer Defensiv- Allianz unter sich enger
zu knüpfen und haben Seine Allerchristlichste Majestät zu diesem Zweck be-
vollmächtigt: den Herrn Marquis de Valory, Brigadier Seiner Armee und
Seinen Bevollmächtigten bei S. M. von Preussen : in gleicher "Weise hat
der König von Preussen bevollmächtigt den Herrn von P o d e w i 1 s, seinen
Staats- und Kriegsminister, welch' Genannte, nachdem sie den Austausch
ihrer betreffenden Vollmachten bewirkt haben, über die folgenden Artikel
übereingekommen sind :
A. r t i k e 1 I. Von diesem Tage an und für immer wird zwischen Sr.
Allerchristlichsten Majestät und S. M. dem Könige von Preussen, ihren
Eiben und Nachfolgern, Königreichen, Ländern und Unterthanen, Freund-
schaft und aufrichtige Uebereinstimmung herrschen, welche derart werden
beobachtet werden, dass die abschliessenden Theile aufrichtig und im guten
Glauben Alles thun werden, was von ihnen abhängen wird, um das Wohl
und den Vortheil des Einen, wie des Andern zu verschaffen und zu
befördern und um jeden Schaden und Nachtheil abzuwenden, welche für sie
und ihre Unterthanen entstehen könnten.
Artikel II. Die genannten Majestäten versprechen und verpflichten
sieb gegenseitig, in keine Convention oder Verbindlichkeit einzugehen, welche
in irgend einer Art und Weise entweder direct oder indirect dem entgegen
sein könnten, was für die Erhaltung des Friedens durch die Verträge von
Utrecht und Baden festgesetzt worden, wie nicht weniger dem. was durch
den zu Stockholm am 1. Februar 1720 geschlossenen Friedenstractat Seitens
der Krone Schweden mit dem König von Preussen statuiert worden, sondern
im Gegentheil alle ihre Bestrebungen, zu deren Aufrechterhaltung und Aus-
führung anzuwenden.
Artikel III. Seine Allerchristlichste Majestät und der König von
Preussen garantieren sich gegenseitig alle ihre König-
r eiche, Staat e n u nd L e h n s herrschaften in Europa und .
wenn die eine oder die andere der genannten Majestäten durch irgend eine
Macht angegriffen oder beunruhigt würde, unter welchem Vorwande dies
immer wäre, verspricht und verpflichtet sich die andere, schleunigst seinen
353
Preussen) verlangte, dass der Churfürst von Bayern sich in
Bewegung setze, um eine Diversion zu seinen Gunsten zu
Alliierten zu unterstützen, um ihm eine gerechte, rasche und gebührende
Genugthuung durch Dienstleistungen (par offices), durch Anwendung seiner
Machtmittel und seihst im Nothfalle durch den Krieg gegen den Angreifer zu
verschaffen. Ihre Majestäten versprechen, in solchem Falle die Waffen nicht
niederzulegen und nur in gemeinsamem Einverständnisse, bei
gegenseitiger Genugthuung des einen und des andern Theiles,
in Vergleichs-Unterhandlungen einzutreten.
Artikel IV. Die genannten Majestäten, von gleichen Gefühlen in
Bezug auf Alles, was das Wohl und die Euhe des Deutschen Reiches, sowohl
im Innern, als ausserhalb desselben betreffen kann, beseelt, versprechen und
verpflichten sich, ihre Rathschläge zu vereinen und in der innigsten Eintracht
zu handeln, um auf den Kaiserthron jenen Fürsten zu bringen, welcher als
der Geeignetste erkannt werden wird, um die Freiheiten und Vorrechte der
Fürsten des Reiches zu erhalten — und zu Allem beizutragen, was das
Zuträglichste zur Befestigung der allgemeinen Ruhe in Europa, sowie auch
für den gemeinschaftlichen Nutzen der interessierten Theile sein könnte.
Artikel V. In dem Fall, als Seine Allerchristlichste Majestät und
Seine Majestät von Preussen dazu gelangen werden, in vollkommener Ueber-
einstimmung zu erkennen, dass es wichtig sein würde, um sicherer die Er-
füllung der Ziele des gegenwärtigen Vertrages durchzusetzen, auch andere
Mächte einzuladen, demselben beizutreten, so werden sie im Einverständnisse
(de poncert) hiezu auffordern und in das Bündniss, ebenfalls im Einverständ-
nisse, alle Fürsten und Staaten aufnehmen können, welche demselben bei-
treten wollen, mit Rücksicht auf die Erhaltung der Ruhe des Reiches und
/die allgemeine Beruhigung Europas, wie auch mit Rücksicht auf den gemein-
schaftlichen Nutzen der interessierten Theile.
Ar tikel VI. Endlich versprechen die genannten Majestäten, gegen-
seitig in vollkommener Uebereinstimmung in Bezug auf ihre gemeinschaft-
lichen Interessen zu handeln (d'agir d'un parfait concert pour leurs interets
communs) und von nun an bezüglich der Angelegenheiten Deutschlands und
des Nordens keine Verpflichtung einzugehen, ohne sich vorher treulich die
Vorschläge mitgetheilt zu haben, welche gemacht werden könnten und nur
nach Prüfmag dessen, was zum grösseren Vortheil des Einen oder des Andern
gereichen könnte.
Artikel VII. Man wird aus gewissen Gründen über diesen Vertrag
noch das Geheinmiss wahren und man wird denselben durchaus Niemandem,
als im gemeinschaftlichen Einverständnisse und Zustimmung, mittheilen.
Artikel VIII. Der gegenwärtige Vertrag defensiver Allianz gilt für
den Zeitraum von 15 Jahren und dessen Ratificationen werden in der Zeit
eines Monats ausgewechselt, von der Unterzeichnung an gerechnet. Zu Urkund
dessen wir Unterzeichnete, Minister S. A. Majestät und S. Majestät von
Preussen, auf Grund unserer bezüglichen Vollmachten den gegenwärtigen
Vertrag unterschrieben und darauf das Siegel mit unsern Wappen beigedrückt
haben. Geschehen zu Breslau, am fünften Tage des Juni, Tausend sieben-
hundert einundvierzig.
(L. S.) Marquis de Valory. (L. S.) von P o d e wi 1 s.
Oesterreichischer Erbi'olgekrieg. II. Bd.
354
bewerkstelligen, eine Diversion, welche ihm seine Eroberungen er-
leichtern würde. Er verlangte ausserdem, dass Schweden mit
Separat- und geheimer Artikel. Seine Allerchristlichste
Majestät verpflichtet sich für sich und seine Nachfolger und Erben auf immer-
währende Zeit in der festesten und feierlichsten Weise, mit allen seinen
Streitkräften (de toutes ses forces) gegen wen es immer sein würde, Seiner
Majestät dem König von Preussen. seinen Nachfolgern und Erben auf immer-
währende Zeiten, den ungestörten Besitz von ganz Nieder-Schlesien, die Stadt
Breslau mit inbegriffen, zu garantieren, dabei wohl verstanden, dass seiner-
seits keine Aenderung zum Nachtheile der katholischen, apostolisch-römischen
Religion vorgenommen werde und aus Erkenntlichkeit für die eben erwähnte
Garantie, wie sowohl für eine gänzliche Beilegung der Angelegenheit der
Jülich - Berg'schen Erbfolge und zur Befestigung der allgemeinen Ruhe, falls
sie aus Anlass dieser Angelegenheit würde gestört werden, verpflichtet sich
Seine Majestät der König von Preussen, sowohl für sich, als seine Nachfolger
und Erben, auf die gewichtigste und feierlichste Weise, an das pfalzgräf-
liclie Haus Sulzbach und dessen Erben, auf immerwährende Zeit die gänz-
liche Cession seiner Successionsrechte auf die Herzogthümer Jülich und Berg
zu übertragen; wrohl verstanden, dass diese Cession nur stattfinden würde,
sobald der ruhige Besitz von ganz Nieder-Schlesien, die Stadt Breslau mit
inbegriffen, S. M. dem König von Preussen und seinen Erben und Nach-
folgern auf immerwährende Zeiten durch eine förmliche Cession seitens
des Hauses Oesterreich gesichert sein wird, welche im zukünftigen
Friedensvertrag, unter der Garantie Seiner Allerchristlichsten Majestät,
zu stipulieren sein wird, ebenso seitens des pfalzgräf Heben Hauses und
solcher anderer Mächte, welche zur Theilnahme dieser Garantie einzuladen
für zweckmässig erachtet würde, als Spanien, Schweden und Baj^ern, gegen
alle ausgesprochenen oder noch auszusprechenden Ansprüche, von welcher
Seite dies immer sein könnte, auf Nieder-Schlesien, die Stadt Breslau mit
inbegriffen; mit dem Bedinge, dass auch S. M. von Preussen seinerseits im
Vereine mit Seiner Allerchristlichsten Majestät und den Mächten, welche
diesem Vertrage beitreten werden, dem pfälzischen Hause Sulzbach und dessen
Nachfolgern, ebenfalls auf immerwährende Zeit, den Besitz der genannten
Staaten Jülich und Berg, gegen jeden, von welcher Seite immer ausgesprochenen
oder auszusprechenden Anspruch auf die Succession der genannten Staaten
Jülich und Berg garantiere.
Dieser Separat-Artikel wird dieselbe Kraft haben, als wäre er Wort für
Wort in dem am heutigen Tage geschlossenen und gezeichneten Vertrag auf-
genommen und wird derselbe auf die nämliche Weise ratificiert und dessen
Ratificationen in der nämlichen Zeit, als jene des Vertrages ausgewechselt
werden. Urkund dessen, wir etc.
Separat- und geheimer Artikel. Nachdem Russland mit mehreren
anderen Mächten in Verhandlungen und Vereinbarungen zu Gunsten des
Wiener Hofes und gegen S. M. den König von Preussen eingetreten ist, sei
es, um eine Diversion gegen seine Staaten zu machen, sei es, um ein
Truppen-Corps der Königin von Ungarn zu Hilfe zu senden, so verpflichtet
sich Seine Allerchristlichste Majestät, um S. M. dem Könige von Preussen
355
Rüssland breche ; für ihn ein wichtiger Puiict, weil, wenn er den
Rücken von jener Seite nicht frei habe und in Kenntniss der
Verbindungen jenes Hofes mit dem "Wiener, er in beständiger
Unruhe gewesen wäre."
„"Wenn Alles so gegangen, wie dieser Fürst es gewünscht, so
hätte der Churfürst von Bayern die Königin von Ungarn ange-
griffen ; der König (von Frankreich) hätte ihm -mächtige Hilfe ge-
leistet, hätte ausserdem eine beträchtliche Armee im Elsass, bereit
neue Proben seiner Freundschaft und seiner Zuneigung zu geben. Schweden
mit Russland zu entzweien, sogleich und ohne Verzug, vorausgesetzt, dass
S. M. der König von Preussen seinerseits sich verpflichtet, sogleich eine
Allianz mit Schweden abzuschliessen, welche die Sicherheit gewährt, dass sie
den Absichten, welche Schweden auf die Wiedererlangung der ihm einst von
Russland entrissenen und gegenwärtig noch im Besitze dieser Macht befind-
lichen Provinzen haben könnte, nicht controvers sei, auch Schweden in keinem
Falle zu beunruhigen, welche Ansinnen Pussland auch immer bezüglich der
Erneuerung seiner Allianz vom 27. December 1740 stellen möge. Man ver-
pflichtet sich, das unverbrüchlichste Geheinmiss über diesen Separat-Artikel
zu bewahren und er wird dieselbe Kraft haben, als wenn etc.
Separat- und geheimer Artikel. Ihre Majestäten werden ihre Be-
mühungen und ihre Dienste zur Vereinigung der Stimmen des churfürstlichen
Collegiums zu Gunsten des Churfürsten von Bayern anwenden und verspricht
der König von Preussen in diesem Sinne, dass, sobald es sich um die Wahl
des Römischen Königs handelt, bei der nächsten Wahlversammlung, er in
seiner Eigenschaft als Churfürst von Brandenburg, seine Stimme dem ge-
nannten Churfürsten von Bayern geben wird und verpflichtet er sich auf
jeden Fall, sie keinem Anderen zu geben, als im Einverständnisse mit Seiner
Allerchristlichsten Majestät. Dieser Artikel wird dieselbe Kraft haben, als
wenn etc.
Separat- und geheimer Artikel. Seine Allerchristlichs-te Majestät,
genügend in Kenntniss, dass der Churfürst von Bayern von allen Seiten von
den Wirkungen des Uebelwollens des Wiener Hofes bedroht ist, aus Hass.
weil er seine Rechte und Ansprüche auf einige Staaten, welche zur öster-
reichischen Erbfolge gehören, geltend gemacht hat und sich bewusst, dass
er allein nicht die genügende Macht besitze, um seine Staaten gegen die
Streitkräfte zu vertheidigen, welche jener Hof gegen ihn aufbieten kann, so
wollen Seine AUerchristlichste Majestät nichts unterlassen, was nothwendig
sein könnte, um den genannten Churfürsten in einer so drängenden Gefahr
zu unterstützen und um ihn ohne Verzug in Stand zu setzen, nachdrücklich
zu handeln, verspricht Seine Majestät, ihm alle hiezu nothwendigen Mittel zu
fern und ungesäumt zu seiner Unterstützung soviel Hilfs-Truppen zu senden,
als nöthig sind, um sein Land gegen jeden Angriff zu sichei'n und ihn für
alle Fälle durch eine mächtige Diversions-Armee in Stand zu setzen, nichts
von seinen Feinden befürchten zu müssen und die Gerechtigkeit seiner
Anspruch«' zu behaupten. Dieser Artikel wird dieselbe Kraft haben, als
wenn" etc.
28*
356
zum Einmarsch in Deutschland, versammelt, hätte eine andere
nach "Westphalen gesandt, um den Churfürsten von Hannover
einzuschüchtern, während er (Friedrich IL), frei von jeder Art Ver-
pflichtung, Herr geblieben wäre, sich derjenigen Partei zuzuwenden,
welche ihm am besten conveniert hätte. Er machte sich zum
Schiedsrichter und Herrn dieser grossen Angelegenheit .'..."
Und nach dem Abschlüsse des Vertrages sagt Valory:
„Kaum war mein Courier, welcher die Nachricht davon überbrachte,
am (französischen) Hoflager angekommen, als der König von
Preussen mich bezüglich der Ausführung der Artikel Seitens des
Königs (von Frankreich), welcher allein den Churfürsten von Bayern
und selbst Schweden zur Action bestimmen könne, peinigte.
Dieser gebieterische Fürst liess mich, was man nur kann, Ver-
driessliches durch seine Ungeduld und seine Drohungen leiden,
indem er mir unaufhörlich sagte, dass, wenn man glaube, ihn
herangezogen zu haben, ohne die Bedingungen zu erfüllen und
wenn von all' dem, was ihm der Marschall Beilei sie versprochen
habe, man nichts halte, er umzukehren und sich aus der Sache zu
ziehen wissen werde ; in Aeusserungen und in Schriftstücken
gleich hart und unvernünftig, da er niemals von dem Zeitpuncte
der Unterzeichnung der Ratificationen ausgehen wollte, welcher
doch erst den König und seinen Conseil zu den entscheidenden
Entschlüssen , sowie zu den dienlichsten Massregeln , um den
Churfürsten von Bayern wirksam zu unterstützen, bestimmen
konnte." *)
J) Polit. Corresp. I. Nr. 409, 410, 412. Den Freundschaftsversicherungen
Friedrich II. vom 30. Mai folgten jetzt am 18. Juni schon an Valory
in Breslau und am 24. Juni an F 1 e u r y in ganz anderem Tone ge-
haltene scharfe Mahnschreiben. An Valory schrieb er : „Ich war sehr
überrascht, aus dem Memoire des Herrn von Eudenskiöld die Ent-
schlüsse der schwedischen Staaten so verschieden von dem zu sehen,
was ich erwarten durfte. Herr von Belleisle wird nicht in Abrede
stellen können, dass er mir versprochen habe, Schweden werde in Finn-
land vorgehen, sobald ich den Tractat unterschrieben haben würde ; jetzt, wo
ich im Begriff" bin, es zu thun, lässt mich Schweden im Stich. Ich erkläre
Ihnen somit im Voraus, dass Ihr ganzer Tractat null und nichtig ist. wenn
nicht Schweden durch Frankreich zum Handeln veranlasst wird und wenn
der Churfürst von Bayern nichts thut und wenn Belleisle nicht in Deutsch-
land einrückt, um noch diesen Herbst in Böhmen und Oesterreich zu operieren.
Glauben Sie nicht, ich sei unter anderen Bedingungen der Alliierte des Königs,
Ihres Gebieters, und rechnen Sie nicht mehr auf mich, wenn Sie nicht Ihre
Zusagen einhalten, sowie ich entschlossen bin, die meinigen gewissenhaft ein-
zuhalten.
357
„Der König vonPreussen verweigerte beständig, Vereinbarungen
mit dem Churfürsten zu schliessen, bis er ihn nicht in Bewegung
Melden Sie dies dem Cardinal und Herrn von Belleisle, denn
wenn man in Frankreich glaubt, mich missbrauchen zu können, irrt man
sich." (Polit. Corresp. I, Nr. 409.)
Und an den Cardinal Pleury in Issj^, 24. Juni 1741 : „Ich glaube mich
verpflichtet, Ihnen in Erinnerung zu bringen, dass die Hauptpuncte, auf welche
sich der Allianz-Vertrag, den ich mit dem König, Ihrem Gebieter, abgeschlossen
habe, gründet, die Versicherungen sind, welche Sie mir durch den Marschall
von Belleisle machen Hessen, Schweden zu kräftigem Vorgehen gegen
Russland zu veranlassen, den Churfürsten von Bayern ein Truppen-Corps
von 20.000 Mann aufstellen zu lassen und dass Sie mit einem noch bedeuten-
deren Heere in Deutschland operieren. Ich hoffe, mein Herr. Sie werden
keinen dieser Puncte vergessen, welche wichtig sind für den Tractat, welchen
wir geschlossen und Sie werden die Notwendigkeit, in welcher sich der
König von Frankreich befindet, eine seiner Grösse und seinen Verpflich-
tungen entsprechende Rolle in der Welt zu spielen, besser begreifen, als ich
es Ihnen sagen kann. Denken Sie nicht, es habe Zeit, durch seine Alliierten
zu operieren und man könne ruhig das Aeusserste abwarten : es gibt in der
Politik Augenblicke, die sich niemals wiederfinden, wenn man sie sich ent-
gehen lässt. Benützen Sie doch diesen hier, welcher einer der glücklichsten
ist, um Ihre Regierungszeit unsterblich und um den Ruhm und die Macht
Frankreichs für alle Zeiten gefürchtet zu machen, legen Sie die letzte
Hand an dieErniedrigung desHauses Oesterreich und unter-
stützen Sie nachdrücklich und aus allen Ihren Kräften zwei Ihrer treuesten
und besten Alliierten. Sie werden begreifen, mein Herr, dass Verzögerungen
und Langsamkeit in solchen Gelegenheiten nicht am Platze sind und dass
eine rasche Art, seinen Verpflichtungen nachzukommen, deren Werth unendlich
erhöht. Ich werde in meinen Zusagen in dem Mass unerschütterlich sein, als Sie
die Ihrigen erfüllen und ich werde Ihnen umso anhänglicher sein, als meine
Vorliebe mich besonders an den König, Ihren Gebieter, und an die franzö-
sische Nation fesselt. Meine Hochachtung und meine Freundschaft für Sie
werden erst mit meinem Leben erlöschen."
Ueber die Audienz, die der Marquis V a 1 o r y am 24. Juni bei dem
Könige hatte, hegt sein Bericht, Breslau, 1. Juli, vor : „Der König von Preussen
rief mich und ich folgte ihm in sein Schlafzelt. Er begann damit, dass er mir
mit ziemlicher Heftigkeit sagte, er habe gezögert, Verpflichtungen für den König
einzugehen, um denselben desto gewissenhafter nachzukommen; aber er mache
mich aufmerksam, dass, wenn Schweden nicht sofort gegen Russland operiere .
wenn der Churfürst von Bayern nicht sehr rasch eine Diversion mache und
nicht durch den König in Stand gesetzt werde, mit Uebermacht zu opei'ieren
und wenn die französischen Truppen nicht in der Lage seien, nächsten Monat
in Deutschland und im folgenden im Herzen des Landes einzurücken, man
nicht auf ihn mehr rechnen solle, als auf Blätter im November; er wolle sich
nicht aufreiben und einen Krieg verlängern, welcher in der Folge nur zu
seinem und Deutschlands Verderben führen könne : es handle sich nicht mehr
darum, blinde Streiche zu führen. Das wahre Interesse des Königs sei es.
dieses Haus (Oesterreich) auf einen Schlag zu vernichten und ihm binnen sechs
358
wisse. Er erklärte diesem Fürsten, dass der Tag, an dem er gegen
die Königin von Ungarn in Thätigkeit trete, die Gewissheit eines
Vertrages mit ihm bringen werde, indem er zugleich zu verstehen
gab, dass ohne dies davon nicht die Rede sein könne." *)
Die von König Friedrich II. so dringend gewünschte
Geheimhaltung seiner Abmachungen mit Frankreich gelang in
ausreichender Weise.
Erst am 30. Juni erhielt der "Wiener Hof davon Kenntniss.
In einer Minister-Conferenz an diesem Tage wurden Nach-
richten des Grafen Colloredo, der an die geistlichen Höfe von
Maynz, Cöln und Trier gesandt worden war, mitgetheilt, laut
welchen Preussen und Frankreich sich geeinigt hätten, dass mehrere
französische Corps in Marsch gesetzt würden und auch nach Cöln
französische Truppen kommen sollten. Der Oberste Hofkanzler
Graf Sin z en d orff eröffnete, es habe auch der englische Ge-
sandte Sir Thomas Robinson bekanntgegeben, dass am 5. Juni
der förmliche Bündnisstractat zwischen Preussen und Frankreich
abgeschlossen worden sei. Er fügte hinzu, das Betragen Frankreichs
sei äusserst gefährlich. Man habe zwar von der Pforte gegenwärtig
nichts zu befürchten, nichtsdestoweniger mache die französische
Politik Anstrengungen, auch die Türken gegen die Königin in
den Krieg zu hetzen. Frankreich habe vor, das Erzhaus völlig
umzustürzen und ihm die Kaiserkrone zu entziehen. 2)
Ein Tractat zwischen Bayern und Spanien und Abmachungen
zwischen Frankreich und Bayern über die vorzunehmenden Ope-
rationen waren im Monate Mai im Schlosse zu Nymphenburg
geschlossen worden. 3)
Monaten Stösse zu versetzen, welche es nicht parieren und von denen es sich
nie erholen könne ; wenn Sie den Liguen Zeit lassen, sich zu bilden, so wird
dies ein Krieg, welcher uns durch seine Länge unverhältnissmässig mehr
Leute und Geld kostet, als Sie jetzt ausgeben würden. Uni diesen Preis kann
der König, Ihr Gebieter, auf einen unerschütterlichen Alliierten rechnen. Ein
langer Krieg passt mir nicht." (Polit. Corresp. I, Nr. 412, Anmerkung.)
J) Memoires des negociations du Marquis de Valory, I, 117—119.
2) H. H. u. St. A., Vorträge, Staatskanzlei 1741. Conferenz-Notaten.
3) Das Ausführliche hierüber siehe im IV. Bande dieses Werkes.
König Friedrich II. schrieb nun am 30. Juni auch an F 1 e u r y
seine Ideen über die Lage : „Ich war sehr entzückt über den Brief, welchen
Sie mir soeben geschrieben und auf das Höchste geschmeichelt von der
Freundschaft des Königs, Ihres Gebieters, von welcher Sie mir ebenso starke,
als bestimmte Versicherungen geben. Von dem Geheimniss, das Sie von mir
35<J
Am 3. Juli berichtete der Gesandte in Paris an die Königin
Maria Theresia: „In dem am 25. Juni zu Versailles gehaltenen
verlangen, wird man hier nicht Wind bekommen, wenigstens nicht durch
meine Schuld. Herr V a 1 o r y, welcher ein sehr würdiger Unterthan ist und
seinem Gebieter als höchst ehrenwerther Mann dient, spielt seine Rolle wie
man es in der ganzen Welt nicht besser könnte und führt sehr gewissenhaft
die Missionen aus, mit denen er betraut ist. Ich benütze diese Gelegenheit,
mein Herr, um Ihnen meine Betrachtungen, welche ich über den gegenwärtigen
Zustand Europas gemacht habe, zu schicken ; sie sind ein wahrhaftes Bild
der Operationen, welche mir für die Interessen Frankreichs und seiner
Alliierten die geeignetsten scheinen. Sie können von nun an auf mich als den
treuesten Freund, den der König, Ihr Gebieter, jemals haben kann, für mein
ganzes Leben rechnen." (Polit. Corresp. I. Nr. 415.)
Ausführlicher Bericht der Ursachen, welche den König von Frank-
reich nöthigen, unverzüglich mit einem Theil seiner Armeen in
Deutschland zu wirken.
„1"- Die Absicht des Königs von Frankreich ist, das Haus
Oesterreich zu erniedrigen und zu diesem Zwecke den König von
Preussen und den Churfürsten von Bayern zu unterstützen, welche sich als
Feinde der Königin von Ungarn erklärt haben."
„Hier folgt das Bild der Zeit. Der König von Preussen wird lebhaft von
England gedrängt, sich mit der Königin zu vergleichen und man fügt
Drohungen zu den Bitten. Die erst kürzlich geschlossene Allianz, welche der
König von Preussen als geheiligt betrachtet, verhindert denselben, auf irgend
einen, seinen Alliierten nachtheiligen Vergleich einzugehen ; aber um die
Folgen der üblen Absichten seiner Nachbarn zu vermeiden, hält er sie hin und
erweckt ihnen Hoffnungen, um dem Churfürsten von Bayern zum Einrücken
in Oesterreich und der französischen Armee zum Einrücken in Deutschland
Zeit zu lassen. Wenn der Churfürst von Bayern seine Operationen noch länger
als einen Monat hinausschiebt, setzt er den König von Preussen in die Lage,
sich von den Sachsen und Hannoveranern angegriffen zu sehen."
,,2°- Wenn also Frankreich jetzt nicht in Deutschland einrückt, muss es
sich darauf gefas st machen, entweder den König von Preussen, seinen Alliierten
oder den Churfürsten von Bayern beeinträchtigt zu sehen, was seine Pläne
auf die Häuser Oesterreich und England scheitern lässt."
„3°- Wenn Frankreich im Monat August mit 40.000 Mann in Schwaben
einrückt, verhindert es in erster Linie, dass die deutschen Fürsten und die
fünf verbündeten Kreise ihm kommendes Jahr Truppen entgegenstellen kömien,
zweitens nimmt es seine Winter- Quartiere in Feindesland ; drittens kann es
noch in diesem Jahr die Angelegenheit mit dem Hause Oesterreich beendigen,
hernach handelt es sich nur noch um den Gewinn einer Schlacht durch den
Churfürsten von Bayern, damit dieses Haus Oesterreich in den letzten
Zügen liege, besonders wenn die Bayern direct auf Wien marschieren.
Noch mehr, wenn 40.000 Franzosen entweder in Oesterreich oder in Böhmen
einrücken und eine andere französische Armee Philippsburg nimmt, ist es
sonnenklar, dass die Häuser Sachsen und Hannover sich mit ihren Hessen
und Dänen niemals einer so starken Macht entgegenzustellen vermöchten."
360
Rath ist nicht allein der Krieg wirklich, sondern auch beschlossen
worden, dem Churfürsten von Bayern sobald als nur immer
„Ich bin sonach der Ansicht, man solle jetzt eine mächtige Anstrengung
machen und mit einem Schlag das vollbringen, was bequem zu vollenden
wäre, statt durch nur nach und nach geschehende Anstrengungen dem
Zufall die Ereignisse zu überlassen, welche nun von Frankreich abhängen,
ob es ohne Autschub einen guten und herzhaften Entschluss fasst."
„Man erinnere sich an das Gleichniss vom Pferdeschwanz, welchen man
nicht auf einmal ausreisst, mit dem man aber fertig wird, indem man Haar
um Haar auszieht; darum muss man mit seiner ganzen Kraft handeln und
müssen die Alliierten dasselbe thun. dann hat Frankreich alle Ursache, ein
glückliches Gelingen seiner Absichten zu erwarten und dies ist das einzige
Mittel, um Oesterreich zu erniedrigen und den Hochmuth und che An-
massung Englands niederzuschlagen." (Polit. Corresp. I, Nr. 415. Nach dem
eigenhändigen Concept.)
Belleisle, der zur Zeit in Versailles war, erhielt von König F r i e d-
r i c h H. am 4. Juli aus Strehlen Mittheilnng : „Die Oesterreicher sammt
allen Verstärkungen bestehen in 10.000 Mann Infanterie. 11.000 Mann Caval-
lerie, 5000 Husaren und 30.000 Mann ungarischer Milizen, das ist ihre ganze
Stärke. Meine Armee, nun seit Ihrer Abreise verstärkt und um emige Regi-
menter vermehrt, besteht in 28.000 Mann Infanterie, welche 35 Bataillone
bilden, 12.000 Mann Cavallerie und 3000 Husaren, ausserdem aus 4 Batail-
lonen, welche zur Bewachung der Magazine dienen ; das macht zusammen
46.252 Mann ; ausserdem aus 600 Kanonieren, einer Fx*ei - Compagnie
von 200 Mann und einer Jäger- Compagme von 100 Mann. Die Oester-
reicher lagern unter den Kanonen von Neisse und ich, ich bin in Strehlen.
in einem Lager, wo meine Cavallerie wieder ganz hergestellt und com-
pletiert ist und wo ich meine Subsistenz mit Leichtigkeit herausziehe.
Sobald Bayern, welches nur zwei Regimenter, nämlich Savoyen und
Khevenhüller vor sich hat, seine Operationen begonnen haben wird, wird von
drei Dingen eines geschehen. Entweder werden die Oesterreicher einen Theil
ihrer Truppen nach Oesterreich detachieren, oder sie werden Schlesien preis-
geben, um zu ihren Penaten zu eilen oder die Verzweiflung wird ihnen den
Plan einer Schlacht eingeben.
Im ersteren Falle warte ich vierzehn Tage, bis sie detachiert haben und
werde die Neisse bei Ottmachau überschreiten, um mich zwischen ihnen und
ihren Magazinen zu lagern, welche sich in Mähren und Böhmen befinden,
und die Noth wird sie alsdann zwingen, entweder auf mich loszugehen
oder ihr Lager zu verlassen und ich werde sie schlagen. Sollten sie Schlesien
gänzlich verlassen, werde ich Neisse belagern, was eine Affaire von 14 Tagen ist,
ebenso werde ich Glatz belagern, welches uns den Verkehr durch Böhmen ver-
schaffen und vermittelst einer leichten Kette die Freiheit des Anschlusses
sichern könnte. Wenn sie auf mich losgehen, werde ich daraus Nutzen ziehen
und in diesem Fall kann der Churfürst von Bayern, ohne auf irgendwelchen
Widerstand zu stossen, auf Wien marschieren und Sie würden alsdann gut
thun, sich nach Böhmen zu wenden, um sich den Truppen entgegen zu stellen,
welche die hannoversche Liga nicht ermangeln wird, entweder gegen Bayern
361
thunlich, 30.000 Mann zu schicken, mit welchen sich die bayerischen
Truppen zu vereinigen, gesanmiter Hand in Böhmen einzubrechen
und besagter Churfürst sich bereits im nächsten Monat November
zu Prag krönen zu lassen hätte"
„Man sei nur noch um einen scheinbaren Vorwand auszufinden
verlegen ; wobei denn auch Viele sehr befürchten, dass Frankreich
und Bayern sich schon des Königs von Preussen versichert haben
und dieser sich nur allein in der Absicht still halte, um den hiesigen
Bruch abzuwarten und sodann desto nachdrücklicher zu Werke zu
gehen."
Der Gesandte machte am 11. Juli dem Cardinal Fleuryzu
Versailles über die militärischen Anstalten Frankreichs Vorstellungen,
worauf dieser erwiderte, dass, da alle anderen Mächte in Europa
bereits gerüstet, oder sich zu rüsten eifrig bemüht seien, es Frank-
reich nicht verdacht werden könne, auch seinerseits deren Beispiel
zu folgen und sich gegen die von verschiedenen Mächten „wider
hiesige Krone hegende gefährliche Vorhaben vorzusehen", worauf
der Gesandte entgegnete : „Wie ich seinem und der ganzen ver-
nünftigen AVeit Urtheil anheim stelle, ob auch nur der mindeste
Anschein einer Gefahr obwalte, dass Frankreich von Jemand an-
gegriffen werde."
Wasner erinnerte den Cardinal in gemessener Weise an
die Verpflichtungen, die Frankreich der Königin gegenüber
habe; Fleury antwortete mit seiner gewöhnlichen Gelassenheit:
„Wie er meinen für E. k. Majestät und des Grossherzogs Aller-
höchsten Dienst äussernden Eifer nicht missbilligen könne und
ich hiervor vielmehr zu beloben sei. Es müsse aber jede Macht
für sich und ihre Sicherheit Sorge tragen ; wider die Gerechtigkeit
jedoch würde hiesigen Orts nichts unternommen werden und da er.
Cardinal, hierauf mit halbgebrochenen Worten meldete: dass gewisse
Verbindungen gegen Frankreich vorhanden wären, so widersetzte
durch das Reich oder in meine Staaten marschieren lassen zu wollen. Durch
Ihren Einmarsch in Böhmen würden Sie dann den Churfürsten von Bayern
decken, welcher, auf keine Feinde stossend, auch keiner Hilfe bedürfte. Sie
könnten vielleicht Sachsen bestimmen, sich mit uns zu verbünden und Sie
würden sich so stark den hannoverschen Staaten nähern, dass von einer
Seite Ihre Truppen, von der zweiten jene des Fürsten von Anhalt und von
der dritten die pfalzgräflichen Truppen Sie auf den ersten Pfiff erdrücken
können. Ich bin jedoch der Ansicht, Sie sollten sich an den Churfürsten von
Bayern anschliessen, sobald die Oesterreicher von dieser Seite hier nach
Oesterreich detachieren " (Polit. Corresp. I, Nr. 417).
362
ich: wie ich ihm und der ganzen AVeit den Trutz böte, mit
dem geringsten Wahrheits-Schein darzuthun, dass bis dato die
mindeste Verbindung von Seiten E. k. Majestät oder des Gross-
herzogs k. H. zürn Nachtheil Frankreichs genommen worden sei und
sich gegen was solches auch für das Künftige vollkommentlich zu
versichern blos in hiesiger Willkür stünde. Worauf aber der Cardinal
nichts erwidert." l)
Belleisle, sobald er die Nachricht von dem Abschlüsse
des von ihm bei König Friedrich IT. so warm befürworteten
Allianz-Tractates erhielt, begrüsste diese als die wichtigste und
entscheidendste Kunde. Dem preussischen Könige theilte er mit,
dass im August die französischen Fahnen jenseits des Rheins
wehen und bereits Ende Juni bayerische Truppen in der Stärke
von 12.000 Mann an den Grenzen Ober-Oesterreichs stehen würden.
Und als von dem französischen Minister Amelot die Antwort
eintraf, dass man mit Rücksicht auf die schon vorgerückte Jahres-
zeit für dieses Jahr sich mit einer Geldunterstützung von zwei
Millionen Livres und einem französischen Hilfs-Corps von 20.000
Mann begnügen könne, eilte Belleisle nach Versailles und setzte
in einer Sitzung des Staatsrathes am 11. Juli die schleunigste
Ausrüstung zweier französischer Heere durch, die Mitte August
den Rhein überschreiten sollten. Am IG. August wurde dann eine
Convention zwischen Frankreich und Bayern geschlossen, welche
die Ausdehnung und Art der Hilfe stipulierte, die König Lud-
wig NV. dem Churfürsten von Bayern leisten sollte, auf Grund
älterer Verträge und speciell des zu Fontainebleau am 12. No-
vember. 1727 abgeschlossenen Tractates. 2)
Am 24. Juli verliess Belleisle Versailles und am 25. Paris,
um über Metz nach Frankfurt zurückzukehren.
Seit dem 5. Juli, an welchem Tage Chevalier Roland Des-
a 1 1 e u r s als französischer Gesandter in Dresden angekommen
war, hatte er in den verschiedenen Conferenzen mit Brühl und
P. G u a r i n i nur Vorwände und Ausflüchte gefunden. Die Rathgeber
König A u g u s t's wollten zuerst vor Preussen gesichert sein und
mit Bayern sich nur dann verbünden, wenn Frankreichs Truppen
im Marsch wären, um die bayerischen zu unterstützen.
x) H. H. u. St. A., Berichte W a s n e r's. Frankreich, Correspondenz.
2) Articles signes entre le roi (de France) et l'electeur de Baviere. Paris
le 16 aoüt 1741. (Pariser Archiv.)
363
Desalleurs drängte, da der König, sein Herr, zu wissen
wünsche, woran man sich zu halten habe und es endlich an der
Zeit wäre sich zu erklären, ob Sachsen die Absicht habe, sich
mit Bayern zu verbünden. Darauf kamen wieder Vorwände, man
müsse noch Erklärungen des Churfürsten von Bayern abwarten.
Dieselbe Antwort erhielt der am 8. Juli in Dresden eingetroffene
spanische "Wahlbotschafter Montij o. Jedoch wechselte die Situation
bald. König August entschloss sich in Folge wichtiger Nach-
richten des Grafen von Sachsen, den Gesandtschaftsrath Saul
direct an Belieisle abzusenden.
In der Conferenz, welche Belieisle mit Saul hatte, gestand
Letzterer selbst, dass sein Hof bis jetzt gesucht habe, die Unter-
handlungen in die Länge zu ziehen, dass es aber jetzt Zeit sei,
einen Entschluss zu fassen.
Er begehrte, dass dem König von Preussen die Niederlande, das
Herzogthum Glogau und der Schwiebuser Kreis ; dem Churfürsten
von Sachsen der Rest von Schlesien, Mähren und zwei Drittel von
Böhmen mit Prag, endlich dem Churfürsten von Bayern der Rest
von Böhmen, Ober-Oesterreich, Tyrol und Vorder-Oesterreich ge-
geben werde.
Belieisle meinte, dass gegenwärtig „der Zeitpunct zum
Feilschen schlecht gewählt sei". Er wollte Sachsen nur Mähren
und Ober-Schlesien und höchstens noch einen schmalen Streifen
von Böhmen zur Communication zugestehen. Saul reiste hierauf
zu weiteren Unterhandlungen nach Versailles.
Veränderungen des preussischen Lagers.
Thätigkeit der Streif- Corps der österreichischen Armee.
Jb M. Graf Neipperg hatte seine Truppen in dem Lager,
das er bald nach der Schlacht von Mollwitz bezog, retabliert.
Der linke Flügel leimte sich an den Biela-Fluss, der rechte
war etwas zurückgenommen, die Front durch die Festung Neisse
und die Wehrteiche gedeckt.
Am 4. Juni liess der Armee-Commandant nebst 400 freiwilligen
Kumaniern und Jazygiern noch 100 Husaren von Kärolyi zur Ver-
stärkung des an der Neisse-Grottkauer Strasse um Friedewalde
postierten GFWM. Festetics abgehen.
Oberst Wilhelm Moritz Freiherr von Roth, der tapfere und
überaus thätige Commandant von Neisse, der im Hauptquartier un-
ausgesetzt für den kleinen Krieg und die stete Beunruhigung der
Preussen eintrat, ein genauer Kenner der Verhältnisse Schlesiens
und seiner Bewohner, inzwischen zum General-Feld- Wachtmeister
ernannt, x) hatte dem zu Schedlau an der Strasse Falkenberg-
Löwen stehenden Kärolyi'schen Oberstwachtmeister von G y ü r i
eine Anzahl Frei-Hayducken zugesendet. Diese wurden in die vom
Hauptmann Kniebisch aufgestellte Frei-Compagnie eingereiht,
die zur Bewachung der untern Neisse mit verwendet ward und
auch am linken Ufer des Flusses die Gegend durchstreifte. An die
Neisse nach Ottinachau wurde der am 5. Juni mit 7 Compagnien
des Dragoner-Regiments d'Ollone im Hauptlager eingetroffene Oberst
Graf Olivieri entsendet. Auch Detachements der Husaren -
Regimenter Csäky und Splenyi befanden sich in Ottmachau.
») K. A., Schlesien 1711 ; VI, 21.
365
GFWM. Festetics brach in der Nacht vom 6. zum 7. Juni
aus seiner Postierung bei Friedewalde mit einem Detachement
von 1000 Pferden, bestehend aus Abtheilungen der Husaren-
Regimenter: Csäky, Dessewffy, Ghylanyi, Pestvarmegyei, Splenyi,
Kärolyi, den ungarischen National-Husaren von Belesznay und den
Kumaniern und Jazygiern gegen die Strasse Grottkau-Strehlen auf
und stiess bei Olbendorf um 4 Uhr Morgens auf ein Com-
mando von 100 preussischen Husaren. Trotzdem diese sich tapfer
vertheidigten und in dem dortigen Schloss sich festsetzten, liess
Festetics nicht ab , bis er den Gegner fast aufgerieben
hatte. Die Ortsbewohner betheiligten sich am Kampfe gegen die
0 esterreicher. Nachdem das Gefecht längere Zeit gedauert, langten
800 preussische Husaren, nebst Uhlanen zur Unterstützung an.
Festetics berichtet: „Die unter mir Stehenden haben mit
solcher Valor "Widerstand gethan und mit dem Säbel in der Faust
begegnet, dass sie über hundert auf dem Platze geblieben sind
und die übrigen in Flucht gebracht, wobei drei Officiers von ihnen
geblieben, unter anderen ein gewisser Rittmeister Ledivari
genannt, welcher einer von ihren besten und bravsten Ofncieren
gewesen. Ich habe die Ehre gehabt, des Herrn Obersten Belesznay
Regiment und die Jazygier und Kumanier einzusetzen und ist mir
lieb, dass bei erster Gelegenheit ihnen von dem Feind kein Affront
widerfahren." König Friedrich H., welcher persönlich mit Cavallerie,
Infanterie und Geschützen zur Unterstützung herbeigeeilt, kam zu
spät ; das Gefecht war bereits zu Ende, da Festetics mit seinen
Husaren sich bereits wieder gegen Friedewalde zurückgezogen
hatte. Der Verlust betrug auf Seiten der 0 esterreicher : an Todten :
1 Oberofficier, 17 Mann und 20 Pferde; an Verwundeten: 2 Ober-
officiere, 37 Gemeine, 25 Pferde ; an Vermissten : 4 Manu. Zu-
sammen 3 Officiere, 59 Mann, 45 Pferde.
Den Preussen wurden 19 Gefangene abgenommen, der übrige Ver-
lust soll nach österreichischem Bericht bei 100 Mann betragen haben.1)
Festetics, der seinen Bericht aus Eckwertsheide am 7. Juni
erstattete, meldete zugleich, dass er jetzt allabendlich sein Lager
ändern werde, da er vermuthe, dass die Preussen mit stärkeren
Kräften ihm zu Leibe zu gehen versuchen würden.
Nach dem Abschlüsse mit Frankreich lag es nicht mehr in
König Friedrich H. Interesse, grössere Entscheidungen herbei -
') K. A., Schlesien 1741; VI, ad 24 a. V4) V».
366
zufuhren, die ihm auch durch die Stellung der österreichischen
Armee hinter der Festung Neisse wesentlich erschwert worden
wären. l) Für einen voraussichtlich längeren Aufenthalt eignete
sich aber die Lagerstellung bei Grottkau nicht.
Vorgeschobene leichte österreichische Truppen und Partheien
umschwärmten fortwährend das preussische Lager ; auch die Haupt-
stadt Breslau, wie das Magazin in Schweiclnitz wurden durch diese
Stellung an der Strasse Brieg-Neisse nur ungenügend gedeckt.
Da man im preussischen Hauptquartier der Ansicht gewesen
zu sein scheint, dass ein beträchtlicher Theil der österreichi-
schen Armee in und um Friedewalde versammelt sei, so konnte
durch eine Vorwärtsbewegung gegen diesen Theil ein kräftiger
Schlag geführt werden, der besonders den immer lästiger werden-
den Unternehmungen der österreichischen leichten Truppen gelten
sollte. Eine umfassende Disposition war für den Vormarsch auf
Friedewalde ausgegeben worden. 2) Am 9. Juni um 3 Uhr Früh
trat die Armee nach den Bestimmungen derselben den Marsch an ;
bei der Annäherung der preussischen Colonne räumten die unter
Oberst Baron Trips stehenden österreichischen Vortruppen nach
wenigen Kanonenschüssen Friedewalde und giengen in der Sichtung
gegen Mogwitz zurück, wo sie wieder Stellung nahmen.
Die preussische Armee bezog nördlich von Friede walde das
Lager ; in der Front durch einen Bach gedeckt, sicherten Caval-
lerie-Feldwachen dasselbe gegen Süden. Das Dorf Friedewalde
wurde mit 4 Bataillonen, Petersheide mit 1 Bataillon besetzt.
König Friedrich H., immer noch in dem Glauben, dass
die nach Mogwitz zurückgegangenen Truppen einen stärkeren Be-
standtheil der österreichischen Armee bildeten, gab am Abend
des 10. Juni den Befehl zu einem erneuerten Angriffe „wie wir
den Feind attaquieren und unser Lager vor Mogwitz noch voraus
nehmen wollen. 3)
Dieser Befehl kam jedoch nicht zur Ausführung.
In der Nacht vom 10. zum 11. beunruhigten die österreichi-
schen Husaren das preussische Lager, aus welchem Geschützfeuer
auf dieselben abgegeben wurde. Am Morgen fand dann eine
Verschiebung des Lagers an Ort und Stelle statt. Die dadurch
*) „Es galt nur, soweit im Felde und in Kriegstbätigkeit zu bleibeu,
als England und Oesterreich vorläufig über dies (preussiscb - französiscbe)
Eündniss getäuscbt wurden." (Kriege Friedricb d. Gr. II. 65.)
'-) Kriege Friedricb d. Gr. II, Anlage 5, S. 28, 35.
3) Kriege Friedricb d. Gr. II, 68.
367
hervorgerufenen Bewegungen erweckten in den österreichischen
Vorposten die Meinung, dass die preussische Armee vorrücken
werde. Die Meldungen, die in das Hauptlager kamen, veranlassten,
dass die Truppen unter die Waffen traten und eine Veränderung
der Lagerstellung vorgenommen wurde, so dass die Stadt Neisse
vor der Front, Bielau im Rücken lag. *)
König Friedrich II. entschloss sich jedoch, in der Richtung
auf Strehlen abzumarschieren. Eine Lagerstellung in dortiger
Gegend war von Brieg und Schweidnitz gleich weit entfernt,
sicherte Breslau, wo man bei der katholischen Bevölkerung Ein-
verständnisse mit den Oesterreichern wohl mit Recht voraussetzte,
hauptsächlich entzog es aber die preussische Armee der allzu engen
Fühlung mit den österreichischen leichten Truppen.
Am 12. Juni wurden in den nächstgelegenen Ortschaften,
welche, als getreue Unterthanen, offenkundige Hinneigung zu den
Truppen ihrer Königin gezeigt hatten, durch GM. Prinz Dietrich
von Anhalt Straf- Contributionen eingetrieben.
Die gesammte Bagage wurde nach Grottkau vorausgeschickt.
Die Armee selbst brach am 13. Juni „in aller Früh" aus dem
Friedewalder Lager auf.
FM. Graf Neipperg Hess ,,den grössten Theil seiner Husaren
nachrücken, um sowohl den feindlichen Marsch, wohin er eigentlich
gehen möchte, zu observieren, als auch dem Feinde allen mög-
lichsten Abbruch zu thun". 2)
Der Abmarsch der Preussen erfolgte in fünf Colonnen, drei
Colonnen Infanterie auf dem rechten Flügel, z-\vei links, aus
Cavallerie bestehend. Die bisherige Vorposten-Cavallerie formierte
zwei Arrieregarden, je zwei Grenadier-Bataillone unter GM. von
Riede sei folgten der ersten und dritten Colonne. 3)
Husaren und Uhlanen bildeten allgemeine Nachhut. Der
Marsch gieng über Grottkau nach Hermsdorf; die Besatzung von
Alt-Grottkau reihte sich in die Marsch-Colonne ein. Bei Grottkau
wurde die nothwendige Bagage den Colonnen zugetheilt. Der Rvsi
der Bagage nahm die Route auf Ohlau.
x) K. A., Lutsch' Tagebuch.
s) K. A., Schlesien 1741 ; VI, 96.
s) General Freiherr Johann von ßiedesel war im Jahre 1741 aus dem
österreichischen in den preussischen Dienst übergetreten. (H. K. Raths-E. P.
L741, März, Fol. 640 und kgl. Eesolution ebenda, Fol. 835.) Er war schon bei
der Belagerung Briegs im preussischen Dienste thätig. („Lettres.")
368
Als die Queue der preussischen Armee das Lager verlassen,
erschienen österreichische Husaren. Bei Grottkau entstand durch
die Eintheilung der Bagage in die Colonnen längerer Aufenthalt
und GM. Riedesel postierte daher südlich des Ortes zwei
Grenadier-Bataillone, die im Vereine mit den Husaren und Uhlanen
den Abmarsch deckten. Die österreichischen Husaren umschwärmten
indessen trotzdem auf dem Weitermarsche unausgesetzt die preussi-
sche Nachhut. *)
Der Marsch der preussischen Armee bis hinter Grottkau er-
folgte in ziemlicher Ordnung, dann trat bei der Arrieregarde einige
Verwirrung ein, wozu die unausgesetzt nachdrängenden Husaren
Anlass gaben. Preussische Deserteure hatten sich in den letzten
Tagen in beträchtlicher Anzahl bei den österreichischen Vorposten
gemeldet und auch an diesem Tage verloren die Colonnen durch
Desertion Mannschaften, die sich theils nach Neisse, theils ander-
wärts hinwendeten. In Grottkau, das bis auf etwa 20 Verwundete
und Kranke vollständig geräumt war, fand man noch einige 20
Pontons, Munitions-Wagen, Gewehre und etwas Bagage, wovon das
Brauchbare nach Neisse gebracht, das andere vernichtet wurde.
Der Verlust der österreichischen Husaren betrug einen Ofncier
von den Jazygiern, der gefangen wurde und etwa 20 bis 30 Mann.
Die ungarische Freiwilligen-Cavallerie, die sich sonst wacker hielt,
hatte sich arg zerstreut und ihre Pferde, die überhaupt nicht in be-
sonders guter Verfassung waren, dermassen fatiguiert, dass sie in
das Hauptlager gezogen werden musste und dafür von dem Peter
Haläsz'schen National-Regiment, das am 13. in Neisse eingerückt
war, 300 Pferde vorgeschickt wurden. 2)
Die Preussen setzten an diesem Tag ihren Marsch bis nach
Hermsdorf fort, wo Lager bezogen wurden, in welchen sie bis zum
Iß. Juni blieben.
Gleichzeitig wurden die in Michelau und Löwen befindlichen
Detachements nach Brieg gezogen. Die grosse Bagage traf am
15. Juni wieder im Lager ein.
Nachdem am 16. GM. Prinz ^Dietrich von Anhalt mit
4 Grenadier - Bataillonen und 3 Uhlanen - Escadronen wieder in
den ihrer Königin Maria Theresia ergebenen umliegenden
*) Kriege Friedrich cl. Gr. II, 70.
2) FM. Neipperg's Bericht an den Grossherzog vom 16. Juni. (K. A.,
Schlesien 1741, VI, 38.)
369
Ortschaften Straf-Contributionen an Geld und Lebensmitteln vor-
genommen, wurde am 17. Früh die Artillerie und die Bagage,
convoyiert von 5 Bataillonen und einer Cavallerie-Abtheilung nach
Wansen in Marsch gesetzt. Die Armee folgte am selben Tage, über-
schritt die Ohlau und lagerte nordwestlich von Wansen. Am 18. Juni
war Rasttag und am 19. wurde nach Strehlen marschiert. Wansen
blieb mit 2 Grenadier-Bataillonen besetzt.
Das Lager von Strehlen, wo nunmehr 32 Musketier-, 8 Gre-
nadier-Bataillone und 70 Escadronen einrückten, lehnte sich mit
dem rechten Flügel an die Stadt und das Dorf Woiselwitz und
hatte die Ohlau vor der Front. Im Rücken des Lagers wurden
zum Schutze gegen Streifpartheien Verschanzungen angelegt. Die
Stadt Strehlen besetzte ein Grenadier-Bataillon. Die bedeuten-
deren Ortschaften der Umgebung erhielten ständige Posten. Als
äusserste Flügelpuncte wurden Sitzmannsdorf, nordöstlich von
Wansen und Zobten durch je ein Grenadier-Bataillon gesichert, nach
Nimptsch kamen 3 Bataillone, nach Heidersdorf ein Detachement,
das bald auf Rothschloss gezogen wurde, wo es sich verschanzte.
Alle diese Posten erhielten Husaren-Abtheilungen für den Recog-
noscierungsdienst zugewiesen. J)
Wenn auch, wie erwähnt, nach dem Abschlüsse mit Frankreich,
das Bayern und Spanien in Bewegung zu setzen und Schweden
gegen Russland auszuspielen auf sich genommen, es für König
Friedrich LT. nicht opportun schien, grössere Entscheidungen im
Felde zu versuchen, so kann doch nicht in Abrede gestellt werden, dass
die Situation selbst in Schlesien für ihn keine besonders günstige ge-
nannt werden konnte. Die Bewohner der katholischen Ortschaften
wurden schwierig, die Hauptstadt des Landes war, was die besitzenden
Classen betrifft, eigentlich doch gut österreichisch, wozu die preussi-
schen Anforderungen auch das Ihrige beitrugen; Desertionen und
Krankheiten schwächten die Effect! vbestände der Truppen und —
die leichte Cavallerie der österreichischen Armee beherrschte das
Land. 2) In Breslau musste die Besatzung in steter Bereitschaft
>) Kriege Friedrich d. Gr. II, 71 u. ff.
2) In diesem Sinne ist auch ein Brief, den GFWM. Baron L e n t u 1 u s
am 13. Juli aus Neisse an FM. Graf Seckendorff richtete, charakteristisch.
Der General schreibt : „Was E. E. in Dero gnädigem Schreiben vom 28. über die
neuliche Zurückziehung der Preussen von Friedewalde zu gedenken geruhen,
darüber will zum Beweis dessen, dass solche aus Furcht (weil wir eben zu
selbiger Zeit unser Lager ein wenig geändert, welches der preussische Espion vor
Oesterreichischer Erbf'olgekrieg. II. Bd. «4
370
sein, da man unangenehme Ueberraschungen Seitens der öster-
reichischen Streif-Corps befürchtete. *)
Das Lager der österreichischen Armee war ausserordentlich
günstig. Es konnte als eine der stärksten Lagerstellungen gelten,
da die "Wasserläufe der Neisse und Biela es im Vereine mit der
Festung Neisse fast unangreifbar machten.
Diesem Gefühl der Erstarkung und dem Drange zu erneuerter
Initiative gab auch der sonst so überaus vorsichtige Armee-Com-
mandant Ausdruck, als er am 23. Juni dem Grossherzoge berichtete :
,, Zumal ich nunmehr fast alle Truppen, die zur Verstärkung
dieses Kriegscorps gewidmet waren, bis auf was Weniges noch, an
mich gezogen habe und an regulierter deutscher Infanterie und
Cavallerie, 17.000 Combattanten ungefähr, etliche Hundert mehr
oder weniger, stark sein dürfte, so kommt es nun auf das Aller-
höchst und Höchste Belieben J. k. M., meiner Allergnäcligsten Frau
und E. k. H. an, mir zu befehlen, ob ich hier noch temporisieren.
oder die Neisse passieren und weiters in Schlesien, entweder grad'
gegen den Feind, oder aber seitwärts, wie sich's hernach wird thun
lassen, oder ich befinden möchte, vorrücken und offensive agieren
solle ; in unterthänigster Versicherung, dass, wann es dahin ausfallt,
dass ich wieder vorrücken solle, um mit Nachdruck zu agieren
und es neuerdings auf eine Aifaire ankommen zu lassen, welche
der König von Preussen nach seinem Genie, meines unterthänigsten
Dafürhaltens, nicht zu vermeiden suchen dürfte, ich es nach dem
Buchstaben befolgen und allenfalls die feindliche Armee aus ihrem
V ortheil, worin sie sich etwa unterdessen gesetzt haben möchte,
zu bringen nach aller meiner Möglichkeit trachten werde und
vielleicht der König von Preussen selbst die Gelegenheit hiezu.
wofern ihm vorbeigienge, suchen und an Händen geben dürfte."
„Schlüge es zu unserem Vortheil aus, wohl und gut und
könnte sich alsdann schon die nöthige Vorkehrung machen lassen,
beide verlorenen Plätze, Brieg und Gross-Glogau wieder zurück
zu bekommen ; äusserte sich aber das Gegentheil und wir zögen
einen Abmarsch gehalten und solchergestalt dem Könige referiert) geschehen,
noch dieses anfügen, wasmassen selbige in solcher Confusion vor sich ge-
gangen, dass auch die Besatzung zu Grottkau vergessen, folglich von unsern
Husaren eingesperrt worden und wirklich zu Gefangenen gemacht worden
wäre, wann nicht endlich die Preussen darauf reflectiert und ein Bataillon,
nebst Stücken zurück zu Deck- und Abholung derselben remittiert hätten."
:) K. A., Schlesien 1741, VI, ad 46 a, b, c.
371
mehrmalen den Kürzeren, wie man nicht vorsehen kann, weil der
Krieg, wie ein Spiel, wo man bald gewinnt, bald verliert, so könnte
hernachmals nicht versichern, ob mich im Stande befinden würde,
die Stadt Neisse und anliegenden Fürstenthümer und Gregenden
fernersinn, wie seit der Mollwitzer Affaire und bisher geschehen,
zu bedecken und zu bewahren und die etwa dem Königreich
Böhmen und Markgrafthum Mähren daraus allenfalls erwachsende
Gefahr abzuwenden."
„Ich bitte also unterthänigst, die hierunter waltenden häk-
lichen Umstände wohl zu erwägen und mich hierauf mit einer
deutlichen und standhaften Antwort zu versehen, woran mich
genauest halten und dasjenige nach dem Buchstaben vollziehen
werde, wozu J. k. M., meine Allergnädigste Frau und E. k. H.
mich anzuweisen geruhen werden."
„Ich weiss zwar gar wohl, dass mich nicht viel mit Anfragen
aufhalten solle, allein die "Wichtigkeit der Sache, die da Land und
Leute betrifft, macht mich diese Behutsamkeit nehmen und aller-
dings hoffen, es werde mir die hierunter genommene unterthänigste
Freiheit nicht zur Ungnade ausgedeutet werden."
„Die Uebermacht des Feindes, sein Feuer von Stücken
und kleinem Gewehr, sind keineswegs die Anstände, die mir
einige Aufmerksamkeit verursachen, allermassen man mit der
Anzahl von 17.000 Combattanten, auf welchen Numeruni die
beihabende deutsche Infanterie und Cavallerie, wie obberührt,
der Zeit ungefähr sich beläuft, dahingegen auf die übrige, als
Husaren, Croaten und Slavonier in einer ordentlichen Action nicht
eher, als wann das Spiel fast gewonnen, zum Nachhauen und
sonsten zu rechnen ist, sich nicht aufhalten muss, den Feind, er
mag hernach zwanzig, etlich und zwanzig oder gar dreissig Tausend
Mann stark sein, vorerst zu zählen. l) Zudem ist mir auch gar wohl
bewusst, dass die Preussen weder die Determiniertesten, noch die-
jenigen sind, so von den erreichenden Vortheilen, so wie siclrs
gebührt, zu profitieren wissen, oder verlangen ; allein ihre gute
Ordnung und Contenance, so viel die Infanterie betrifft, ist es, so
l) Die Vormerkungen des FM. Grafen Neipperg beziffern das Totale
der ganzen königlichen preussisclien Armee am 18. Juni 1741 folgendermassen :
In Schlesien 43.945
Im Lager bei Göttin 26.924
Stehen noch im Lande verfügbar 25.474
Summa . . . 96.343 Mann.
(Gran. Neipperg'sches Archiv.)
24*
372
rriir einiges Bedenken macht und mich anzufragen veranlasst,
sintemals sowohl Officiers, als Gemeine sich in allem Vorfall auf
der Stelle zu helfen wissen und von allem dem, so sie nach
den unterschiedenen Umständen zu thun und zu lassen haben,
vollkommen unterrichtet sind ; dahingegen bei uns das gerade
AViderspiel hierin fürwaltet und weder die meisten Officiers, noch
andere dasjenige, so ihnen in ein- und anderem Fall obliegt, ver-
stehen. Ich lasse zwar seit der Zeit, als allhier stehe, unaussetzlich
im Feuer und sonsten exercieren und halte die Feldmarschall-
Lieutenants an, dass sie ihre Flügel im Auf- und Abmarschieren,
Defilieren und sonst in allen Vorfallenheiten zur Uebung und in
Gang bringen sollen, sie thun es auch unermüdet und ist nun zu
gewärtigen, wie weit sie es hierin bringen dürften."
„Wann unsere Infanterie der Ordnung und anderer nützlichen
Gebräuche willen, so gut als die preussische beschaffen wäre, oder diese
wenigstens so herabgekommen, wie die unselige, so hätte nicht den
geringsten Anstand, mich mit derselben einzulassen, allein der allzu-
grosse hierunter versierende Unterschied hält mich ab, etwas der-
gleichen vor die Hand zu nehmen, ohne anzufragen und wann nicht
von J. k. M. oder E. k. H. ausdrücklich Befehl und Fingerzeig
hiezu habe."
„Ich fahre unterdessen fort, dem Feind durch Streifen und Be-
unruhigung seiner Transporte und Communicationen Schaden und
Abbruch zu thun, welches bisweilen gelingt, bisweilen auch, nach
Bewandtniss der Umstände, zumal die Preussen sich meistens zu-
sammenhalten und selten ohne Artillerie, Cavallerie und Infanterie
sich finden lassen, fehlschlägt, so aber zur Hauptsache nichts macht.
Ich wäre auch alle Stunde in Bereitschaft und im Stande, vorzu-
rücken, dafern es J. k. M. und E. k. H. für rathsam finden und
mir expresse, worauf nur warte, befehlen, allermassen die deutschen
Truppen bis auf das O'Gilvy'sche Bataillon, so von Prag kommt
und ungefähr in 12 bis 14 Tagen hier eintreffen kann und bis
auf ein Max Hessen'sches, das aus dem Glatz'schen, nachdem es
die Umstände leiden möchten, an mich ziehe, beisammen habe
und mich hiedurch im Geringsten nicht gehemmt sehe ; dahingegen
den FZM. Baron von Thüngen sehnlich erwarte, weil doch die
Sachen durch die verschiedenen Feldmarschall-Lieutenants sich
nicht mit solcher Ordnung und Accuratesse richten lassen, als wann
einer, der das ganze Detail über sich hat, zugegen ist." a)
») K. A.. Schlesien 1741, VI, 46.
373
Die Stärkeverhältnisse der einzelnen Truppen-Gattungen, wie
sie Graf Neipperg in seinem Berichte angiebt, waren folgende :
10.000 Mann Infanterie. 7000 Mann deutsche Cavallerie, 6 reguläre
Husaren^Regimenter 2600 Mann, die freiwillige ungarische Caval-
lerie 1700 Mann, Croaten 3000 und Slavonier 1000 Mann; in Allem
25.300 Streitbare. l)
An dem Tage, als der Armee-Commandant den vorstehenden
Bericht an den Grossherzog verfasste, fand bei Grottkau um 4 Uhr
Morgens zwischen den dort in der Anzahl von 2000 Pferden ste-
henden leichten Truppen des GFWM. von Festetics und einem
preussischen Streif-Corps in der Stärke von 2 Bataillonen, 6 Esca-
dronen, 1000 Husaren und Uhlanen, nebst 7 Geschützen, welche den
Versuch machten, der österreichischen Stellung in den Rücken zu
kommen, ein Rencontre statt. Die Preussen attaquierten, wurden
aber zurückgeworfen, wobei 1 Rittmeister, 1 Lieutenant, nebst 74
Mann, theils Husaren, theils Uhlanen sämmtlich verwundet, in die
*) Eine Ordre de bataille vom 19. Juni verzeichnet die Armee als folgender-
massen zusammengesetzt :
G. d. C. : Graf Holieuems. FML. : Baron B e r li c hi ng e n, Graf
Daun, Graf Browne, Baron Preysing, Graf Königsegg, Graf Franz
St. Ignon. GFWM.: Baron B ar any ai, Graf K ol o wr at, Baron Lentulus,
Baron Philibert, von H o 1 1 y, Conte D'O Hone. Prinz Birken feld, von
Festetics, Baron Przichowsky, Baron Pallant, Baron Marschall,
Baron Dickweiler.
Infanterie: Franz Lothringen 1 Bat., Carl Lothringen 1 Bat., Leopold
Daun 2 Bat., Thüngen 1 Bat., Baden 2 Bat., Wurmbrand 2 Bat., Grünne 1 Bat..
Max Starhemberg 2 Bat., Alt-Daun 1 Bat., O'Gilvy 1 Bat., Schmettau 1 Bat..
Browne 1 Bat., Kolowrat 1 Bat., Botta 1 Bat., Harrach 1 Bat. Zusammen IM
Bataillone.
Cürassiere: Diemar, Cordova, Hohenems, Seherr, Lanthieri, Pod-
statzky, Hohenzollern, Birkenfeld. Zusammen 8 Regimenter.
Dragoner: Liechtenstein, Althann, D'Ollone, Württemberg, Römer,
Batthyanyi. Zusammen 6 Regimenter.
Husaren: Splenyi, Ghilänyi, Csaky, Dessewffy, Pestvarmegyei, Karolyi.
Zusammen 6 Regimenter.
N ational -Truppen: Jazygier und Kumanier 4 Compagnien (300 Mann).
Belesznay 1 Regiment (500 Mann), Petei Halasz 1 Regiment (500 Mann), Ester-
hazy 5 Compagnien (400 Mann, die am 20. Juni eintrafen). Infanterie:
Croaten und Slavonier 4000 Mann. (K. A., Ordres de bataille : Oesterr. Success.-
Krieg, Nr. 4.)
Artillerie: Die Zahl der Geschütze ist nicht angegeben. Der Stand
betrug am 21. Juni 351 Mann und 379 Pferde. (Gräfl. Neipperg'sches Archiv.
374
Hände der österreichischen Truppen fielen. Diese verloren 1 Cor-
poral und 10 bis 12 Mann. *)
Nach dem Abzug der preussischen Truppen aus Michelau und
Löwen begannen die am rechten Neisse-Ufer postierten österreichi-
schen Truppen auch Streifungen auf dem linken Ufer zu unter-
nehmen. Hauptmann Kniebisch rückte mit seiner Frei-Com-
pagnie am 14. Juni bis gegen Brieg vor. Ein starkes Commando
aus der Festung versuchte die Streifparthei aufzuheben, dieselbe
entzog sich aber dem beabsichtigten Anschlag.
Der Armee-Commandant entsendete aus Neisse 300 Croaten
nach Oppeln und beauftragte den zu Schedlau stehenden Oberst-
wachtmeister von Gryöri, 100 Husaren unter einem Rittmeister
ebendahin abrücken zu lassen, damit dieses Commando jenseits
der Oder die Zufuhren für die preussische Armee aus Polen ver-
hindere. Am 23. Juni trat das Detachement von Oppeln den Marsch
nach Kreutzburg an. Dort hörte dessen Commandant, Rittmeister
Schreger vom Dessewffy'schen Regiment, dass der preussische
Commandant von Brieg den Ortschaften des Kreutzburger Districtes
auferlegt habe, Bauern zur Schanzarbeit für den genannten Platz
zu stellen. 2)
Rittmeister Schreger verbot den Landesältesten unter
schwerer Verantwortung, diesem Ansinnen zu entsprechen.
Die an der Neisse unter G y ö r i's Commando stehenden 50
Husaren von der Raaber und 40 von der Komorner National-Miliz
mussten, da sie auf FM. Palffy's Antrag mit Genehmigimg des
Hof-Kriegsrathes vom 7. Juni3) in ihre Heimath wieder zurück-
gesendet werden sollten, durch ein aus 1 Rittmeister, 1 Lieutenant,
1 Cornet und 90 Mann bestehendes Commando von Belesznay, Peter
Haläsz, Esterhäzy, Jazygiern und Kumaniern abgelöst und nach
Neisse in Marsch gesetzt werden. Da dieselben aber durch einen
Officier bei dem Armee-Commando bitten liessen, ihnen vor ihrem
Abmarsch Gelegenheit zu geben, an den Feind zu kommen, so
J) K. A., Lutsch' Tagebuch und Schlesien 1741 ; VI, 46.
-) Am 29. Juni verordnete ausserdem das preussische Kriegs-Conmris-
sariat in Breslau, dass vom 2. Juli angefangen stets je 1000 Mann auf 6 Tage
zum Festungsbau nach Brieg beizustellen seien und zwar von den Fürsten-
thümern Breslau, Schweidnitz, Brieg, Liegnitz, Oels, dem Bisthum Breslau,
den Herrschaften Trachenberg und Militsch. (K. A., Schlesien 1711 ; VII.
ad 16 b.)
3) K. A., Schlesien 1731 ; VI, 34 und ad 31.
375
erklärte FM. N e i p p e r g diesem Begehren, das ihnen zur Ehre
gereiche, entsprechen zu wollen und zog sie daher zur Haupt- Armee,
wo sich dazu wohl ehestens Gelegenheit bieten werde. r)
Zu einem Streifzug gegen das preussische Lager musste am
27. Juni der in Ottmachau befehligende Oberst Graf Olivieri
von dem Csäky'schen und Splenyi'schen Husaren - Reginiente
Detachements zu Oberst Baron Trips nach Alt- Grottkau absenden.
Ausserdem sollte Olivieri, da beim Armee-Commando Mel-
dungen eingelaufen waren, dass die Preussen mit grösseren Kräften
aus Strehlen nach Rothschloss gerückt seien, ein anderes feindliches
Detachement zu Heidersdorf stehe, einen findigen Rittmeister mit
60 Husaren in jene Gegend zur Erkundung abschicken, der ge-
gebenen Falls als Beobachtungsposten längere Zeit exponiert
werden könnte. Graf Neipperg liegte die Befürchtung, dass die
ihm avisierten preussischen Streitkräfte zur Aufhebung des Trenck'-
schen Corps, das er bald nach dessen am 18. Juni erfolgter
Ankunft im Lager in die Gegend von Schweidnitz abgesendet
hatte, bestimmt sein könnten. Er unterliess auch nicht, Trenck
zur Vorsicht zu mahnen, indem er ihm die vom Feinde ein-
gelaufenen Nachrichten mittheilte. Nachdem später eingelaufene
Mittheilungen ergaben, dass die Preussen sich von Heidersdorf
vollkommen zurückgezogen hätten und Rothschloss zur Zeit nur
von 400 bis 500 Mann besetzt, jedoch wohl verschanzt sei,
erhielt Trenck die Erlaubniss, falls er es für erspriesslich halte,
dorthin eine Unternehmung, jedoch unter Beobachtung der nöthigen
Vorsicht, zu machen. 2)
y) FM. Graf N eippp er g schrieb darüber dem FM. Grafen Palffy
am 30. Juni 1711, er hätte diese Milizen schon nach Hause gesandt, wenn sie
nicht die erwähnte Bitte gestellt hätten, er warte desshalb nur eine Gelegen-
heit ab, ,,dass sie sich vor dem Feind zeigen und sodann rühmen können,
wider solchen wirklich gefochten und gestritten zu haben, welch' eifrige
Begierde meines Dafürhaltens denselben und der ungarischen Nation ins-
gesammt zum besonderen Lob und Ehre gereicht". (K. A., Schlesien 1711
VI, 65.)
2) Der aus Ottmachau am 27. Juni gegen Rothschloss und Strehlen von
Oberst Grafen Olivieri abgesendete Rittmeister hatte u. A. auch gemeldet,
dass „von den Preussen sehr scharf und zwar bei Henken den umliegenden
Dörfern befohlen worden, sobald sie nur von unseren Husaren-Patrouillen
oder Commanden sehen, allsogleich in ihr Lager die Kundschaft hinein-
zubringen, wie sie auch wirklich thun und öffentlich bekennen, dass sie es
thun müssen." (K. A., Schlesien 1711 ; Fase. VJ, 67.)
376
Die ganz veränderte Kriegslage Hess nun auch die bisher
noch bestandene Besetzung der mährisch-schlesischen Grenze über-
flüssig erscheinen, der kleine Posten regulärer Truppen (1 Lieu-
tenant und 20 Mann), welcher bisher in Freudenthal gestanden,
wurde in Folge dessen eingezogen, der Statthalter dieser Deutsch-
Ordensherrschaft, Graf Sazenhofen, aber ersucht, den Ort in
dem Stand, wie er fortificiert sei, vollkommen intact zu lassen
und zu erhalten. *)
Ebenso rückte der Posten des Baden-Baden'schen Regiments,
welcher im Schlosse zu Hochwald gestanden, vorläufig nach Troppau
ab. Hochwald sollte jedoch, da es artilleristisch ausgerüstet war.
durch 33 Mann der Land-Miliz (Invaliden) besetzt bleiben.
Auch das zur Besetzung der schlesischen Grenzen in den
Kreisen Prerau, Olmütz und Hradisch verwendete Landvolk wurde
entlassen, jedoch dabei Vorsorge genommen, dasselbe im Bedarfs-
falle wieder einberufen zu können. 2)
Da die Generale Festetics und Baranyai wegen Kränk-
lichkeit nicht allen Strapazen des beschwerlichen Dienstes ge-
wachsen waren, GFWM. Graf K a r o 1 y i, ursprünglich als Befehls-
haber der ungarischen Freiwilligen - Regimenter nominiert, in
Folge Erkrankung nicht mit ausmarschieren konnte, Oberst Peter
Halasz, der Commandant des einen Freiwilligen-Regiments, beim
Hereinmarsche am 7. Juni zu Teschen gestorben war, so dass
Oberstlieutenant Baron B o 1 1 a n y inzwischen dessen Regiment
commandieren musste, stellte der Armee-Commandant die Bitte um
Zuweisung eines Generals für die ungarische freiwillige Cavallerie.
Er schlug hiezu den GFWM. Baron G h y 1 ä n y i oder den in Italien
befindlichen Obersten des Baränyai'schen Husaren-Regiments, Grafen
N ä d a s d y, bei Beförderung zum General-Feld- Wachtmeister, vor.
Der Erstere wurde in Folge dessen Anfangs Juli zum Corps
nach Schlesien beordert.3)
J) K. A., Schlesien 1741 : YI, 56.
2) Statthalter ei- Archiv Brunn. Abschrift in K. A., Schlesien 1711 ; VI, 69.
3) Erlass ddo. Pressburg, 8. Juli 1711 ; Gräflich Neipperg'sches Archiv,
enthält die Benachrichtigung, dass, nachdem die GFWM. Baron Baranyai
und Festetics öfter unpässhch seien, dem GFWM. Baron Ghylänyi
Ordre ertheilt werde, sich auf das Schleunigste nach Schlesien zu begeben, um
mit den beiden vorerwähnten, bei den Husaren angestellten Generalen nach
Neipper g's Ermessen verwendet zu werden.
Vereinbarungen zwischen den pragmatischen Mächten.
lVlit dem Abschlüsse des preussisch-französischen Bündnisses
treten die europäischen Angelegenheiten in ein neues Stadium. Neben
dem Kampfe zwischen Oesterreich und Preussen, dem Kriege um
den Besitz von Schlesien, beginnt nun auch der Kampf um das
übrige Erbe Kaiser Carl VI., den Bayern im Bunde mit Frank-
reich gegen Oesterreich führt. Vorerst aber wurde im Haupt-
quartier König Friedrich II. mit dem englischen Gesandten
Hyndford das begonnene Spiel mit Erfolg fortgesetzt.
Diesem war der Befehl zur Uebergabe der Simultanerklärung
der Seemächte, weichen er gerade im ersten Stadium seiner Unter-
handlung, wie erzählt, erhalten hatte, ungemein peinlich gewesen.
Sein Versuch, sich von dieser Eröffnung entheben zu lassen, hatte
keinen Erfolg. Im Gegentheil, der Staats -Secretär Har ring-
ton wies ihn am 2. Juni an, die Erklärung, da deren verzögerte
Uebergabe in Wien unangenehm empfunden worden, in Gemein-
schaft mit dem holländischen Gesandten, General Gin ekel, dem
Könige von Preussen vorzulegen, dabei aber möglichst vorzu-
beugen, dass der Letztere daran Anstoss nehme und daraus auf
eine Aenderung der englischen Politik schliesse. Die Verabredung
mit den General-Staaten sei aus dem Anfange des Jahres und nur
die Langsamkeit des holländischen Gouvernements trage Schuld,
wenn dieselbe erst jetzt zur Uebergabe gelange. Hyndford möge
überhaupt mittheilen, dass es schwer sein werde, in Wien eine
Abtretung schlesischen Gebietes durchzusetzen. Schliesslich erhielt
der Gesandte noch den Auftrag, mit Schwicheldt, dem hannover-
schen Bevollmächtigten gemeinsam zu wirken. ')
') Grünhagen, „Der erste schlesisehe Krieg" I, 403.
378
Am 7. Juni erschienen der englische und der holländische
Gesandte in Grottkau zur Audienz. König Friedrich II., dem es
nunmehr nur noch darum zu thun war, seine Abmachung mit Frank-
reich zu verschleiern, war den Gesandten gegenüber sehr gnädig,
betonte aber, dass er hoffe, beide Mächte würden nicht von der
Unparteilichkeit, welche das von ihnen unternommene Werk fordere,
abgehen, noch weniger ihm Bedingungen zumuthen, die seiner Ehre
und den Gerechtsamen seines Hauses zu nahe träten.1)
Es waren bei dieser Audienz wieder Andeutungen von Seiten
des englischen Gesandten über vielleicht beim Wiener Hofe
durchzusetzende Gebietsabtretungen gefallen, auf welche der König
von Preussen theilweise einzugehen schien, nur das Angebotene
für zu geringfügig erklärend.
Ein Plan, der zuerst in Holland aufgetaucht und darauf
berechnet war, die Erfüllung der preussischen Wünsche mit einer
wenigstens scheinbaren Aufrechthaltung der pragmatischen Sanc-
tion zu vereinigen, diente hiebei den Vorschlägen Hyndford's
als Grundlage. Ein Theil von Schlesien sollte für eine von König
Friedrich H. zu bezahlende Summe demselben als Hypothek
überlassen werden und Maria Theresia durch einen Vertrag
sich anheischig machen, die empfangene Summe niemals zu re-
stituieren und die Hypothek nie wieder zu fordern.
Ohne Zweifel hätte es als Beweis für die Bereitwilligkeit der
Königin von Ungarn und Böhmen gelten sollen, sich mit Preussen
auseinanderzusetzen, wenn dem englischen Gesandten Robinson
in Wien einen Tag, nachdem er die ablehnende Erklärung des
Wiener Cabinets erhalten hatte, vom böhmischen Obristen Kanzler
Grafen Kinsky insinuiert wurde, die Königin werde vielleicht
doch zu bewegen sein, Glogau mit Grüneberg und Schwiebus auf
einige Zeit als Pfand an Preussen zu überlassen. Die Zeit der
J) Droysen V/i, 268. Am Tage nach der Audienz, am 8. Juni, über-
gaben beide Diplomaten dann den Inhalt ihrer Vorstellung iu Form zweier
identischen Memoires. Der Bescheid, den der König den Gesandten ertheilte
und nach acht Tagen schriftlich zustellen Hess, erwähnt den Kern der Vor-
stellung, nämlich die Zurückziehung der preussischen Truppen aus Schlesien,
mit keinem Worte und führt zum Schlüsse nur an, wie der König überzeugt
sei, falls die beiden Mächte ihre guten Dienste zu dem Friedens werke an-
wenden, sie sich von der Unparteilichkeit, die zu einem solchen gehöre,
sicher nicht entfernen, noch weniger aber Bedingungen aufstellen würden,
welche mit seiner Ehre und den unbestreitbaren Rechten seines königlichen
Hauses im "Widerspruch stünden. (Preussische Staats-Schriften I, 305.)
379
Abtretung müsse jedoch genau bestimmt werden; von einer Cession
für immerwährende Zeiten dürfe keine Rede sein.
Hyndford verhandelte nach seiner Rückkehr aus dem
. »reussischen Lager nun mit Podewils weiter, welch' Letzterer
seinem König am 12. Juni melden konnte, dass der Engländer
von dem Empfange und dem Meinungsaustausch bei der gehabten
Audienz sich sdrr befriedigt gezeigt, aber bitte, der König möge
sein Ultimatum geben, was er ausser dem Angebotenen noch in
Schlesien verlange, damit er diese Forcierung seinem Hofe und
Robinson mittheilen könne. Podewils fragte gleichzeitig an,
ob, um ihn hinzuhalten, die über Glogau, Schwiebus und Grüneberg
hinausgehende Forderung, nämlich Wohlau, Liegnitz, Schweidnitz
und Jauer, Breslau freie Reichsstadt, dem englischen Gesandten
mittgetheilt werden solle. König Friedrich IL resolvierte auf
diesen Bericht am 14. Juni aus dem Lager von Hermsdorf:
„Gut, Sie werden sie hinhalten, so lange es möglich ist, ohne
jedoch, was immer, ohne meinen bestimmten Befehl abzuschliessen." J)
Die englische Regierung, noch in Unkenntniss über den schon
abgeschlossenen französisch-preussischen Vertrag, nahm jedoch die
Erklärungen König; Friedrich II. für baare Münze. Sie hielt es
noch für möglich, ihn für das gegen Frankreich zu bildende
Bündniss, auch unter massigeren, als den von ihm selbst auf-
gestellten Bedingungen zu gewinnen. Um dies zu erreichen, könne
es aber Maria Theresia nicht erspart werden, Opfer zu bringen.
Neue Weisungen ergiengen nun in diesem Sinne an Robinson.
Er sollte die von allen Seiten drohenden Gefahren nochmals und
in nachdrücklicher Weise vorstellen. Es komme darauf an, ob die
Königin sich jetzt mit Friedrich IL allein, oder binnen
kurzer Zeit auch noch mit Frankreich, Bayern und Spanien
auseinandersetzen wolle. Jetzt handle es sich um einige Fürsten-
thümer, bald werde es sich um Provinzen, Königreiche, um ihr
Erbrecht, um die Theilung ihrer Länder handeln. Robinson
sollte hievon die Königin zu überzeugen trachten. Wenn ihm
dies gelungen und er darüber unterrichtet sei, was sie zur Ab-
wendung schlimmeren Unheils zu opfern willens sei, solle er selbst
zu König Friedrich IL nach Schlesien reisen, um einen Frieden
und die Allianz mit ihm abzuschliessen. 2)
J) Polit. Corresp. I, Nr. 401.
2J Arn eth, Maria Theresia, I, 223
380
„Eine schmerzlichere Zumuthuiig konnte nian der Königin
von Ungarn kaum machen, als das Verlangen, mit dem Könige
von Preussen in Unterhandinngen zn treten. Aber das Drängen
des englischen Bundesgenossen und die Kunde von dem zwischen
Frankreich und Preussen abgeschlossenen Vertrage, bewogen endlich
die königliche Frau, sich zu einiger Nachgiebigkeit zu verstehen.
Die Hoffnungen, welche man in Wien zuerst auf die Hilfe Frank-
reichs, dann auf dessen Neutralität gesetzt, waren durch diese
Wendung der französischen Politik vernichtet."
„Als die Nachricht vom Abschlüsse jenes Vertrages den Ministem
bekannt wurde und an ihrer Authenticität kein Zweifel blieb, Hessen
die Rathgeber der jungen Königin vollständig den Muth sinken.
Nur Maria Theresia blieb standhaft angesichts der Gefahren,
die sie von allen Seiten umgaben."
„Schweigend nahm die Königin die Mittheilungen des eng-
lischen Gesandten entgegen. Aber als Robinson geendet, brach
die Leidenschaftlichkeit ihres Temperaments in lebhaften Worten aus,
die den Schmerz verrietheil, von welchem sie durchdrungen war."
„Doch auch jetzt blieb sie von einer Gebietsabtretung in
Schlesien so weit entfernt wie je. Sie tadelte, dass Hyndford
dem Könige von Preussen Glogau angeboten habe und behauptete,
dies könne nur geschehen sein, weil man in England das reiche
Erträgniss dieses Ftü'stenthums und dessen Wichtigkeit für die
Sicherheit ganz Schlesiens nicht kenne." *)
Die K ö n i g i n vertrat ihre Ansicht mit solcher Entschieden-
heit, dass keiner der Minister mehr wagte, einer etwaigen Ge-
bietsabtretung in Schlesien das Wort zu reden. Selbst der Gross-
herzog, von dem man nicht mit Unrecht annahm, dass er einen
Vergleich mit Preussen wünsche und einen Theil Schlesiens
als keinen zu hohen Preis für denselben ansah, erklärte sich
jetzt im entgegengesetzten Sinne. Es tauchte nun ein anderes
Project auf, dem Maria Theresia allerdings auch nur wider-
willig ihre Zustimmung gab, nämlich den König von Preussen
durch Abtretung des österreichischen Geldern zu befriedigen.
Diesen Entschluss Hess sie der englischen Regierimg zur Mittheilung
an König Friedrich II. ankündigen und hinzufügen, sie ver-
zichte auf jede Zahlung, zu der Preussen sich früher angeboten und
auf jeden Ersatz für die unermesslichen Verluste, welche die Be-
setzung Schlesiens durch die preussische Armee ihr verursacht
*) Arneth, Maria Theresia, I. 229.
381
habe. Sollte Geldern nicht genügen, so werde sie, Hess Maria
Theresia durchblicken, demselben in den Niederlanden einen
noch grösseren Gebietszuwachs zuzugestehen bereit sein. *)
Da traf in den ersten Tagen des Juli die Nachricht ein, dass
nun endlich mit England-Hannover die Conventionen zur wirklichen
Hilfeleistung abgeschlossen worden und hiedurch schienen die An-
gelegenheiten der Königin Maria Theresia eine wesentlich
andere Gestalt zu gewinnen. Es war gegründete Aussicht vor-
handen, dass diese Wendung die militärischen Verhältnisse in
Schlesien günstig beeinflussen, den König von Preussen zur
Schwächung seiner dortigen Streitkräfte zwingen und so der
Königin die Möglichkeit bieten würde , ihr hauptsächliches
Augenmerk gegen die von Westen her, von Bayern und Frank-
reich drohenden Gefahren zu richten.
Die in Rede stehenden Verträge waren :
I. Subsi dien -Vertrag zwischen dem König von England und
der Königin von Ungarn und Böhmen.
Es ist die einzige von den am 24. Juni zu Hannover ge-
schlossenen Vereinbarungen, welche von König Georg H. zu
Herrenhausen (am 28. Juni) ratifiziert wurde. Der Tractat bezieht
sich auf die in dem IL Artikel des am 20. Februar 1732 im Haag
zwischen Kaiser Carl VI., England und den General-Staaten mit
Bezug auf die im Wiener Tractat vom Jahre 1731 2) gegen-
seitig zugesicherte Hilfeleistung mit 12.000 Mann, die jetzt in
der Form von Auxiliar-Truppen (je G000 hessischer und dänischer
Truppen) sobald als möglich (aussitöt qu'il sera possible) beigestellt
werden sollten. Da übrigens der im Tractat vom Jahre 1732
vorgedachte Fall eingetreten, dass auch über eine grössere Hilfe-
leistung die Vereinbarung getroffen werden könne, so hatte der
Bevollmächtigte der Königin, Graf 0 s t e i n, auf Subsidien behufs
Vermehrimg der Armee angetragen und war mit dem englischen
Minister und Staats-Secretär Lord Harrington über die folgenden
Artikel übereingekommen :
1. Erneuerung der beiderseitigen Verbindlichkeiten aus dem
Vertrage vom 16. März 1731 und der Accessions-Acte vom 20. Fe-
bruar 1732, ,, ausgenommen was diejenigen Länder betrifft, welche
in dem letzten mit Frankreich geschlossenen Frieden, welchen zu
brechen sie nichtgesonnen sind, anderen Mächten abgetreten worden'".
x) Arneth, Maria Theresia, I, 230.
•) Teto t, pag. 43.
382
2. Der König von England verspricht, in der Zeit von einem
Jahre, vom 30. April 1741 an zu rechnen, quartalweise 300.000 Pf d.
Sterling (zu 10 n. 10 Stüver holländischen Geldes) zur Anwerbung
neuer Truppen, Vermehrung der Armee oder zur Bezahlung fremder
Truppen, an die Königin zu zahlen.
3. Verpflichtimg, das Geld nur zu vorge dacht ein Zweck zu
verwenden etc. *)
II. Eine mit dem König von England als Churfürsten von
Hannover abgeschlossene Convention, die Ueberlassung eines Corps
von 10.000 Mann deutscher Truppen, nämlich 6000 Mann Infanterie
und 4000 Mann Cavallerie betreffend und zwar sollte dieses Corps
vier Wochen nach Abschluss der Convention zur Disposition der
Königin stehen. 2) Für die Erhaltung dieses Corps sollten Seitens
der Königin bis letzten April 1742 „ein für alles" 200.000
Pfund Sterling gezahlt, was an Mannschaft und Pferden vor dem
Feinde bleiben würde, vergütet werden. Hiezu versprach der König
von England als Chmiurst von Hannover, noch ein Auxiliar-Corps
von 3000 Mann Infanterie auf seine eigenen Kosten beizustellen,
welches zur genannten Zeit gleichfalls zur Verwendung bereit
stehen sollte.
IH. Eine die militärischen Angelegenheiten des Hilfs-Corps
regelnde Neben-Convention mit zwei geheimen Separat-Artikeln.
deren erster die Empfangnahme der Subsidien, der zweite die Be-
stimmung trifft, dass die sämmtlichen Auxiliar-Corps für die Zeit
der gegenwärtig geschlossenen Vereinbarungen nirgends anders als
in Deutschland verwendet werden dürfen.
Leider erfüllten sich die auf die Verbindung mit England
gesetzten Hoffnungen nicht und dem Wiener Cabinet sollten
in der Folge die herbsten Enttäuschungen von Seite seiner Alliierten
nicht erspart bleiben.
Königin Maria Theresia war von Wien am 19. Juni in
Begleitung ihres Gemahls und des Prinzen Carl von Lothringen
nach Pressburg, der alten Krönungsstadt, abgereist, wo der Einzug
am 20. Juni erfolgte. Am 21. Juni empfieng die Königin die
Mitglieder des Landtags, am folgenden Tage wurde Johann Graf
x) Der Vertrag, dessen Original in französischer Sprache im k. und k.
Haus-, Hof- und Staats-Archive sich befindet, ist bei Martens: ..Supplement
au recueil des principaux traites etc." (Göttingen 1802), I, 262, in deutscher
Uebersetzung abgedruckt.
2J Also bis zum 22. Juli.
383
Päl'ffy zum Palatin gewählt, am 25. Juni erfolgte die feierliche
Krönung Maria Theresia's als Königin von Ungarn.
Die Königin Maria Theresia setzte den commandierenden
General in Schlesien am 3. Juli aus Pressburg von dem Abschluss der
mit England abgeschlossenen Verträge in Kenntniss und fügte hinzu,
obwohl dieselben klarer und besser gefasst hätten werden können,
habe sie dieselben bei den dermaligen misslichen Verhältnissen ge-
nehmigt, allerdings mit der deutlichen Erklärung, ,,dass solches in
der Zuversicht und unter der ausdrücklichen Verwahrung und Be-
dingniss geschehe, dass kein Tag länger als bis auf den in der
Convention angesetzten Termin, nämlich den 22. d. M., mit der
Hilfeleistung gesäumt werde.
Selbst dieser Termin wäre weiter, als er eigentlich solle,
hinausgeschoben worden, ,, sonder Zweifel in der Absicht, noch bis
dahin den Vergleichsversuch zu betreiben. Wie zumal aber zwar
von einem thunlichen Vergleich mit Preussen keineswegs entfernt.
doch zugleich von Schlesien nichts hintanzulassen entschlossen
bin, anbei des Königs von Preussen Entfernung von einem solchen
Vergleich, mithin, dass vor vorläufiger Hilfeleistung derselbe nicht,
sondern erst nachher anzuhoffen sei, ganz klar vor Augen liegt :
also ist bereits an Meine Minister zu Hannover der Befehl abge-
gangen, dass sie auf die ungesäumte Zusammenziehung der Truppen
und deren Operationen dringen sollen : absonderlich da die dies-
seitige Erklärung in puncto des Vergleichs so gefasst worden,
dass die, so darauf versessen, mit gutem Grund überzeugt werden
können, dass man englischerseits nur zu viel und zu lang damit
sich aufgehalten, der Sachen Stand andurch sich verschlimmert
habe und die Schuld des Nichterfolgs dem König von Preussen
lediglich beizumessen sei.''
„Nun lässt sich entweder der Termin annoch verkürzen oder
nicht. In einem Fall, wie in anderem ist, da sothaner Termin so
nahe vor der Thür ist, kein Augenblick zu verabsäumen, um hiesiger-
seits die versprochene Hilfeleistung ehemöglichst suchen zu Nutzen
zu machen. Zu welchem Ende Ich auch noch weiters Gnädigst
nicht verhalte : erstlich, dass vorlängst Chur-Sachsen insgeheim
sich anheischig gemacht hat, seinerseits zu gleicher Zeit mit ge-
sammter Macht wider Preussen operieren zu wollen, l) als es von
l) Diese Stelle bezieht sich wohl jedenfalls auf den am 11. April 1711
von den beiderseitigen Bevollmächtigten in Dresden unterschriebenen Vertrag.
384
dem König- von England, es sei qua König oder qua Churfürsten,
geschehen würde."
„Zweitens, dass sich auf gleiche Weise auch Russland erklärt
habe und hierzu Alles dergestalten bereit halte, dass nach letzter
aus Petersburg eingelaufener Relation nicht wohl im mindesten
gezweifelt werden mag, dass dortige Diversion den nämlichen Tag,
als von Seiten Englands, ungehindert der schwedischen nicht zu-
sondern abnehmende Bewegung erfolgen werde."
„Drittens, dass aus dieser Ursache hier kein Augenblick ver-
absäumt worden, nach Dresden und Petersburg zu berichten, dass
sich des Königs von England Majestät sowohl als König, als
Chmiürst verbunden, zum spätesten den 22. hujus mit den Ope-
rationen den Anfang zu machen und endlich
Viertens, dass noch über die längst schon bereit stehenden
dänischen und hessen-casselschen Hilfsvölker gegen 14.000 Mann
englische National -Truppen überschifft werden sollen und zwar,
wie sich mündlich geäussert worden, um die Republik Holland
zur ungesäumten Abgabe ihrer 5000 Mann gleichfalls aufzu-
muntern."
„Nach des Grafen von 0 stein Bericht vom 25. v. M. scheint
die Intention des Königs von England dahin zu gehen, durch
Diversion zu agieren und zu solchem Ende alle bis nun erwähnten
Truppen mit Einbegriff der zu Meiner Disposition seienden 13.000
Mann zusammenzuziehen und die Armee selbst zu commandieren ;
wie denn auch verlauten will, dass ein General von ihm nach
Dresden zur Pflegung der gemeinsamen Abrede insgeheim bereits
abgeschickt worden. Und ist des chursächsischen Hofs Gedanken
ohnedies jederzeit dahin gegangen, gesammter Hand mit Chur-
Hannover den Angriff zu thun."
„Mein Dienst ist, Alles zu erleichtern, um nur den so lang
verzögerten Haupt- und Endzweck zu befördern : nämlich, dass
Mir die ausbedungene Hilfe wirklich, es sei durch Diversion oder
Conjunction, angedeihe. Ich setze das Wort wirklich mit Wohl-
bedacht hinzu, indem so wenig der gemeinsamen Sache, als Mir
damit gedient sein würde, wofern durch eine NB. nicht zureichende,
noch ausgiebige Diversion die Zusage allein dem Schein nach erfüllt
werden wollte ; wie doch weder vermuthen kann, noch will. Viel-
mehr erheischt das offenbarste eigene Interesse des Königs von
England, sowohl qua Königs, als qua Churfürsten und noch mehr
die eigene, von der anderwärts anscheinenden Gefahr hergeleitet
werdende Betrachtung, dass das Werk auf einmal mit solcher
385
Obermacht von allen Seiten angegriffen werde, urn mit Grund an-
hoffen zu können, dem preussischen Unwesen ein geschwindes Ende
zu machen ; so untereinstem das sicherste Mittel sein wird, um
andere ^Mächte von widrigen Unternehmungen zurück zu halten.
Wann nun ohne Zeitverlust die englischen Hilfsvölker, nebst sämmt-
lichen churhannoverischen und chursächsischen Truppen hierzu
angewendet, mit einem russischen Corpo in Preussen eingedrungen,
die zu einem anderwärtigen Einfall so geneigten Polen dazu an-
gefrischt und auch diesorts die Passus danach ausgemessen würden,
so sollte der Endzweck zu erreichen, mithin zu einem nicht
schädlichen, sondern anständigen Vergleich mit Preussen
ehestens zu gelangen, eben nicht so gar schwer fallen."
Schliesslich wurde der commandierende General bevollmächtigt,
zum Zwecke gemeinsamer Verabredungen mit den verbündeten
Höfen, nach seinem Gutbefinden Officiere nach Dresden und Hannover
zu senden. v)
FM. Graf Neipperg beantwortete dieses Schreiben der
Königin am T.Juli. Er berichtet, dass er sich bereits an die bei
den alliierten Mächten accreditierten Gesandten nach Dresden,
Hannover und Petersburg gewendet habe, um zu erfahren, was
man in Bezug auf directe Hilfeleistung von dort eigentlich zu
hoffen oder zu erwarten habe, damit auch er seine Dispositionen
danach einrichten könne. „Sonsten ist wohl zu wünschen, dass die
Alliierten je eher, je besser zu Werke schritten und sich E. K. M.
gerechteste Sache mit allem Nachdruck angelegen sein lassen, ich
zweifle aber dabei, ob der König von England bis 22. d. alle ge-
widmeten Truppen beisammen haben und somit im Stande sein
dürfte, zu den Operationen um solche Zeit den Anfang zu machen."
,,Die Sachsen haben vermöge letzter Nachrichten noch can-
tonniert und von den Russen hat man zwar seit einiger Zeit her
immer versichern wollen, dass sie im Anzug seien, man weiss
aber von der Gegend, wo selbe sich befinden sollen, so wenig
Ausführliches, dass ebenfalls zu besorgen sein dürfte, dass sie noch
so nahe an den preussischen Grenzen nicht seien, um auf den
übereingekommenen 22. d. auch ihresorts mit den Operationen
den Anfang zu machen."
,,Von den Polaken sollen wohl ein und andere Regimenter,
womit der König ohneweiters zu disponieren hat, auf dessen Befehl
J) Rescript vom 3. Juli 1741. (H. H. u. St. A. Friedens-Acten, Fase. 23.)
Oesterreichischer Erbf'olgekrieg. II. Bd. 25
386
gegen die Grenzen angerückt sein, von der Kron-Armee hingegen
oder anderen Polaken weiss man nichts und sehe auch nicht, ob
man sich von Seiten Polens viel Gutes zu versprechen habe, aller-
niassen von daraus dem König von Preussen nicht allein gegen
Bezahlung die meiste Zufuhr der Lebensmittel, ohne die er sonst
in Schlesien würde hart bestehen können, geschieht, sondern auch
ihm aus Polen bereits viele Deserteurs verdeckt zurückgesendet
worden, welches der Desertion bei ihm nicht einen geringen Ein-
halt macht, da sonst selbige viel häufiger sein würde, weil die
Gegenden gegen Polen hiezu über die Massen bequemer und ge-
legensamer als alle übrigen sind. Der König von Preussen dürfte
fraglich ehe und bevor zu einem anständigen Vergleich nicht
gebracht werden können, bis er nicht die Obermacht erkennt und
empfindet und daher umso nöthiger sein will, dass E. K. M.
Alliierte um so fördersamer Hand an das Werk legen und ihn zu
demjenigen vermögen, so bisher die engländischen und holländischen
Gesandten, die noch zu Breslau und ersterer, laut sicheren Nach-
richten, vor wenigen Tagen wieder zum König in das Lager abge-
gangen, nicht loszuwirken gewusst haben." x)
Dem Grossherzog sandte der Felclmarschall gleichzeitig aus
Breslau eingelaufene Nachrichten, 2) welche die "Wegnahme eines
ansehnlichen Vieh-Transportes durch österreichische Husaren fast
unmittelbar vor den Thoren dieser Stadt meldeten und die Con-
sternation schilderten, welche in der Landeshauptstadt über die
ihr vom König von Preussen vorgeschriebene, binnen vier Wochen
zu erlegende Contribution von 500.000 Thalern herrschte. Bei
Nichteinhaltung des angegebenen Termins waren der Stadt die
strengsten Massregeln angedroht. Die Bürgerschaft, wurde gemeldet,
wolle sich trotzdem dazu nicht verstehen, sondern berufe sich auf
das Neutralitäts- Abkommen vom 3. Januar 1741. 3)
Man hielt offenbar preussischerseits die Zeit schon für gekom-
men, in die noch immerhin beschränkende Neutralitäts-Convention
J) FM. Graf Neipperg an die K ö n i g i n, Neisse, 7. Juli 1741. (H. H
u. St. A., Friedens-Acten. Fase. 23.)
2) FM. Graf Neipperg an den Grossherzog. Neisse, 7. Juli 1741.
(K. A., Schlesien 1741 ; VII 8, ad 8 a und ad 8 b.)
3) Vergl. Zur Capitulation Breslau's, Mittheilungen des Kriegs-Archivs
1885, 193. Nach, diesem Abkommen war der Stadt Breslau eine vollkommene
und genaue Neutralität zugesichert worden, „also dass von derselben weder
einige Huldigung, noch Abgabe einer Contribution, wie solche Namen haben
mag, solle und werde gefordert werden."
387
Bresche zu legen, um sie endlich ganz beseitigen und als unum-
schränkter Herr in der Landeshauptstadt gebieten zu können.
Der Grossherzog schrieb dem Grafen Neipperg am 8. Juli
aus Pressburg, da er den Stand der Verhandlungen mit den
Alliierten ohnedies bereits kenne, beziehe er sich darauf und
füge nur bei, dass die Königin fest entschlossen sei, nichts
von Schlesien an den König von Preussen abzutreten und in Folge
dessen zu versuchen, denselben mit Gewalt durch ihre Armeen und
jene ihrer Alliierten aus Schlesien zu vertreiben. x) Er empfahl
Neipperg, die Operationen mit Vorsicht wieder aufzunehmen,
dies sei auch der "Wunsch der Königin und werde bei den
Alliierten guten Eindruck machen. 2)
Neipperg bat am 11. Juli, noch die Wiederaufnahme der
Operationen etwas verschieben zu dürfen, „dies geschehe jedoch
nicht, um sie zu vermeiden, noch weniger um ewig nur hier stehen
zu bleiben, sondern um die Gelegenheit zu erspähen und dann sie
mit Gottes Beistand, soviel als es möglich sein wird, zu benützen."3)
Auch der russische Minister Graf Ostermann hatte dem
englischen Gesandten Finch zu Petersburg mitgetheilt und
gleichzeitig auch der österreichischen Vertretung daselbst von
dieser Note Kenntniss gegeben, dass es, nach den engiischer-
seits vertraulich gemachten Eröffnungen über die schlesischen An-
gelegenheiten, sowie über die verderblichen Pläne Schwedens
gegen Bussland, der Wunsch des russischen Hofes sei, mit Gross-
britannien in innige Verbindung zu treten, um jene Massregein zu
ergreifen, welche die Interessen der meisten europäischen Mächte
zu schützen und die Aufrechthaltung der pragmatischen Sanction
zu gewährleisten im Stande wären. „Die vollständige Er-
haltung d e r E r b 1 an cl e r desHauses Oesterreich, ohne
J) „Ich empfehle Ihnen vor Allem, dass Sie etwas zu thun trachten,
denn mein Entschluss ist gefasst, niemals mit dem König von Preussen eine
Vereinbarung zu suchen, wenn ich auch nur einen Zoll breit von Schlesien
verliere. Ich werde Alles dafür auf das Spiel setzen. Also, wenn Sie die Ge-
legenheit günstig finden zu können glauben, unternehmen Sie Alles, ich ver-
lasse mich auf Sie." Die Königin an FM. Grafen Neipperg, (14. Juli
1741). In Arneth: „Briefe der Kaiserin Maria Theresia an ihre Kinder und
Freunde." IV, 139.
2) Gräfl. Neipperg'sches Archiv.
3) FM. Graf Neipperg an den Grossherzog, Neisse, 11. Juli 1741.
(K. A, Schlesien 1741 ; VII, 15.)
OK*
388
etwas davon zu zerstückeln, wäre das Hauptobject,
das man niemals aus dem Gesichte verloren habe."
Sollten nun gegenwärtig ein Theil dieser Länder dem König von
Preussen geopfert werden, so wäre es besser gewesen, wenn man
von Anbeginn an die Königin von Ungarn überredet hätte, darein
zu willigen, bevor die Dinge auf einen Punct gelangt sind, wo
Preussen vielleicht nicht mehr so nachgiebig sein würde.
Als Hauptgesichtspuncte bezeichnete Ostermann: Gegen-
seitige Hilfeleistung der Alliierten bei allen Ereignissen und
Gleichzeitigkeit des Eingreifens sämmtlicher Alliierten;
vom Kriege mit Schweden, das, wie man wisse, gegen Russ-
land von Frankreich aufgestachelt worden, würden die Streitkräfte
abhängig sein, mit denen Russland seinerzeit auftreten könne ;
es sei äusserst vortheilhaft, wenn die englische Escadre
ohne Verzug im Baltischen Meere erschiene, wie dies ja bereits
abgemacht worden und wenn die sämmtlichen übrigen Mächte
gleichzeitig Massregeln ergriffen, um Schweden von Feindseligkeiten
gegen Russland abzuhalten, oder diesen Krieg, falls er unvermeidlich
wäre, rasch zu beenden. x)
Li Hannover, wo damals König Georg weilte, traf der
aus Schlesien erwartete Courier mit König Friedrich II. ab-
lehnender Antwort auf die im Namen Grossbritanniens und der
General-Staaten durch Hyndford und G i n c k e 1 überreichte
Simultan erklärang, am 26. Juni ein. 2) Sofort wurden Befehle an
sämmtliche Regimenter gesendet, sich auf die erste Ordre marsch-
fertig zu halten. Am 27. wurde der hannoversche Generalmajor
von Uten nach Dresden gesendet, „um mit dem dortigen Hof
das Notlüge wegen der Operationen, der Conjunction der hessischen
mit den sächsischen Truppen und was sonst noch dabei zu obser-
vieren sein möchte, zu verabreden und an eben demselben Tage
wurde auch wegen der dänischen Auxiliar-Truppen, als welche für
das erste zu dem hiesigen zur Operation destillierten in 18.000 Mann
bestehenden Corps stossen sollen, das Nöthige vorgekehrt. Daher
denn aus diesem Allem leicht abzunehmen ist, dass des Königs von
England Majestät einestheils nichts anderes, als die preussische
') H. H. u. St. A. Abschrift. Eingeschickt mit Bericht der Gesandtschaft
aus Petersburg vom 10. Juni 1741.
2) Die ablehnende Antwort König Friedrich II. von Podewils
in Breslau am 15. Juni 1711 unterzeichnet, in „Preussische Staats-Schriften" I, 305.
389
Erschliessung auf eine authentische Art abwarten wollen, andern-
theils aber bei derselben so kaltsinnig und widrigen Abfassung um
so geschwinder zu den Veranstaltungen geschritten sei.'; i)
Auch aus Sachsen lief der Bericht ein, dass die Truppen
bereit stünden und es nunmehr lediglich auf Hannover ankomme ■
die Absendung eines Generals behufs Vereinbarung der Operationen
wurde von dort dringend verlangt. 2)
') H. H. u. St. A., Staatskanzlei ; Bericht aus Hannover 1741 Fase 1
2J Ebenda. Sachsen, Fase. 3.
Die Sendung des FML. Grafen Browne nach Dresden.
Jb ML. Maximilian Ulysses Graf Browne, Baron de Camus
und Mountany war, in Folge der Befehle der Königin, aus
dem Hauptquartier Neisse am 18. Juli 1741 nach Dresden insgeheim
abgesendet worden. \) um mit dem dort anwesenden hannover-
schen General von Uten und den sächsischen Militärs über den
von den verbündeten Mächten einzuhaltenden Operationsplan zu
verhandeln. FM. Graf Neipperg hatte dem Grafen Browne
die für die Mission nothwendigen Weisungen in einer ausführlichen
Instruction ertheilt. 2)
Am Abend des 22. Juli, dem Tage, auf welchen, nach den
mit England-Hannover am 24. Juni geschlossenen Conventionen,
der Beginn der Operationen der gegen Preussen in Bündniss-Ver-
handlungen stehenden Mächte festgesetzt war — traf Graf Browne
in der sächsischen Hauptstadt ein. Am darauffolgenden Tage hatte
der General Audienz bei den beiden Majestäten. König August
2) Trotzdem wusste König Friedrich II. schon am 1. August davon,
dass der General in Dresden sei, „um daselbst einen Eenfort von 10.000 Mann
zu sollicitieren". (Polit. Corresp. I, Nr. 415.)
2) In dieser ist die Stärke der österreichischen Armee wie folgt an-
gegeben : An deutschen Truppen : Infanterie 10.000 Mann, Cavallerie 7000
und einige hundert, also 18.000 Conibattanten, dann 6 Husaren-ßegimenter
mit 3000 Mann, 3 ungarische National-Eegimenter mit 1500 Mann, 3000
Croaten und 1000 Slavonier, im Ganzen : 29.500 Mann. Die preussische
Armee wird darin beziffert auf 22 Infanterie- und 12 Cavallerie-ßeghnenter,
von letzterer Waffe seien ausserdem noch 3 Regimenter im Anmärsche. Bericht
des FM. Grafen Neipperg an die Königin vom 18. Juli 1711. (H. H. u.
St. A., Friedens-Acten : Fase. 23.)
391
erklärte, dass es an ihm nicht fehle, seine Truppen stünden seit
dem Monate Mai für die Königin Maria Theresia bereit und
es hänge nur von dem hannoverschen Hofe ab, die Zeit des Auf-
bruches, der Truppen, sowie des Beginnes der Operationen zu be-
stimmen und ihm mitzutheilen. In Dresden werde man in zwei
Mal vierundzwanzig Stunden bereit sein. 1)
Während FML. Graf Browne in unthätigem Abwarten auf
die Rücksendung des hannoverisch-sächsischen, zur Approbation
nach Hannover an den König von England gesendeten Operations-
Planes zu Dresden zurückgehalten wurde, waren in Hannover, wo
König Georg weilte, die für die Sache der Königin ver-
hängnissvollsten Entschliessungen gefasst worden. Auf die schwan-
kende und zaudernde Politik des Trägers der englischen Krone
hatten die Unglücksfälle in Süd -Amerika, Admiral Vernon's
Missgeschick bei Cartagena bedenklichsten Einfluss geübt. Die
üblen Nachrichten aus Frankreich, welche die Aufstellung einer
französischen Armee von 40.000 Mann an der Mosel gegen Han-
nover constatierten, die Bewegungen der churbayerischen Truppen,
die schlagfertig bereitstehende Observations-Armee des Fürsten
von Anhalt bei Göttin Hessen den König - Ohurfürsten das
Schlimmste für seine deutschen Besitzungen besorgen. 2)
J) Graf Browne an Grafen Neipperg, Dresden, 24. Juli 1741. Gräfi.
Neipperg'sohes Archiv. „Ich, meines wenigen Erachtens, sorge, soviel abnehmen
kann, unsere Alliierten werden uns amüsieren, um Zeit zu gewinnen, dass der
Sommer passiere und haben keine rechte Lust, vom Leder zu ziehen. Der
russische Minister hier, Baron Keyserlingk, sagt, sein Hof warte nur,
dass Sachsen und Hannover ihre Truppen marschieren lassen, so werden die
ihrigen gleichfalls marschieren, allein wann keine Parthei den Anfang machen
will, was wird endlich aus der Sache werden'? Diesemnach solches nicht 22. hujus.
wie geschehen sollen, sondern vielleicht auch noch nicht den 22. August. Ich
habe S. M. dem König hier in der Audienz vorgestellt, er sollte die Freund-
schaft für tvnsere AllergnädigsLe Frau haben, den Anfang mit seinen zu
machen und solche marschieren lassen, so dürften die anderen desto mehr
Muth fassen, dem Beispiel zu folgen ; worauf er mir geantwortet : marschiert
ist bald, allein wer kann mich versichern, dass die anderen hernach folgen
werden ?"
2) Der Fürst von Anhalt machte sich in dem Lager von Göttin marsch-
bereit und legte dem König Friedrich auf dessen Befehl (Polit. Corresp. I,
Nr. 431), am 19. Juli einen Operationsplau für verschiedene Fälle gegen Hannover,
bezw. auch gegen Chur-Sachsen vor. Hätte man es nur mit ersterem zu thun,
so wollte er ein Beobachtungslager bei Magdeburg, gegenüber beiden Gegnern
ein solches bei Bernburg beziehen; im letzteren Falle auch einen gewaltsamen
392
König Georg hatte die „pragmatische Armee''' in Person
cornmaiidieren wollen, zog es nun aber vor, auf Feldhemiruhm zu
verzichten und von jeder activen Betheiligung am Kriege, wenn
möglich abzusehen. Diese "Wendung in Hannover ist der Anfang
jener hartnäckig fortgesetzten britisch-hannoverschen Vermittlungs-
Politik, welche sich zum Ziele setzte, um jeden Preis einen Ver-
gleich zwischen der Königin Maria Theresia und König
Friedrich II. förmlich zu erzwingen. r)
Die Actionsfähigkeit Englands war übrigens durch die Ver-
luste seiner See-Streitkräfte gegen Spanien vollständig gelähmt, 2)
Versuch gegen die Festung Wittenberg unternehmen. Der König billigte
diesen Plan (Polit. Corresp. I, Nr. 435), der aber bei der fortdauernden Unent-
schlossenheit seiner beiden Gegner nicht zur Ausführung kam.
x) „Man müsse in Betracht des, das Erzhaus und durch dieses das ganze
Deutsche Reich von weit mächtigeren Feinden bedrohenden Umsturzes etwas
auch in sich Unbilliges der gegenwärtig so bedauerlichen Situation zu cedieren
sich nicht entziehen, um mittelst eines Vergleichs mit dem König von Preussen
den Ueberrest der Länder und Staaten an die Königin und das ganze
deutsche "Wesen gegen dessen Feinde zu erhalten, indem ohne ihn, König
(von Preussen), also mit zum Freunde zu haben, dass er auch zu vorbemeldter
Erhaltung mit all' seiner Macht zugleich mitzuwirken, einmal kein Systema
zu fassen, viel weniger das Gehörige zu erhalten sein wolle." Graf 0 s t e i n
an Graf Neipp erg. Hannover, 25. Juli 1741. (K. A., Schlesien 1741; VII, 42.)
2) Die Engländer hatten eine Flotte von einigen dreissig Linien-
schiffen mit einem ansehnlichen Landungs-Corps unter Admiral V e r n o n
bei Jamaica versammelt und im März 1741 den Angriff auf Cartagena be-
gonnen, dessen Besitz für ihren Handel ausserordentlich wichtig war. In-
zwischen hatten aber auch die Spanier die natürliche Festigkeit des Platzes
durch gute Vertheidigungsanstalten vermehrt ; einer ihrer besten Officiere, der
Vicekönig E s 1 a v a leitete die Vertheidigung mit grosser Umsicht. Nach
einigen Erfolgen, welche in London Alles hoffen, in Madrid Alles fürchten
Hessen, ward der Hauptangriff der Engländer am 26. April mit grossem Ver-
luste zurückgewiesen. Die heisse Jahreszeit, die mühseligen Kämpfe in der
meilenlangen Bucht, an deren Ende die Stadt hegt, endlich die Verluste der
gelandeten Truppen in dem blutigen Gefecht, an dem Indianer und Neger
theilnahmen, hatten den Admiral zum Rückzuge gezwungen. Von seinen
10.000 Mann Landungs-Truppen waren nur noch 2000, von seinen Matrosen
kaum der zehnte Mann übrig. Die Kraft Englands war vorerst auf allen
Meeren gelähmt, es hatte den Kern seiner Seeleute verloren. „Die Nation ist
so empört, dass an einen Frieden mit Spanien nicht zu denken ist ; man wird
ungeheuere Anstrengungen machen müssen, wenn man sich in Westindien
halten will; die spanische und die französische Flotte ist unversehrt und
wenn Spanien sichtlich einen Streich gegen Italien rüstet, so hat England
keine Schiffe, ihre Ueberfahrt zu hindern ; wenn Frankreich eine Escadre in
die Ostsee sendet, wird Russland die versprochenen englischen Schiffe ver-
gebens erwarten." (Droysen, Vi, 295.)
393
Die Nachricht von dem misslungenen Angriff auf Cartagena, die
am 4. Juli nach London gelangte, verursachte dort die grösste Be-
stürzung. In Verlegenheit für den eigenen Dienst, für die Flotte in
Amerika , Ersatzmannschaften aufzubringen, war Grossbritannien
ausser Stande, den Russen die versprochene Hilfe zu senden. Ohne
diese aber konnte Russland den beabsichtigten Angriff auf Preussen
nicht wagen, am wenigsten nach der Ende Juli erfolgten Kriegs-
erklärung Schwedens. Unter diesen Umständen zog es Sachsen
vor, die Verwirklichung seiner Vergrösserungspläne im Anschlüsse
an die französische Parthei zu suchen.
Schon am 25. Juli konnte der österreichische Gesandte Graf
0 s t e i n dem Grafen Neipperg ganz bestimmt aus Hannover
mittheilen :
,,Die auf den 22. festgesetzten Operationen werden von
hiesiger Seiten nicht, auch weitershin nicht mehr er-
folgen, mithin kein Staat darauf zu machen, um nicht Dero
Rechnung zu verfehlen. r)
FML. Graf Browne reiste nun, da seine Anwesenheit in
Dresden, nach den aus Hannover einlangenden Nachrichten, voll-
kommen überflüssig war und auch der hannoversche General von
Uten, mit dem er übrigens gar nicht in Beziehung getreten zu
sein scheint, bereits am 1. August die sächsische Hauptstadt wieder
verlassen hatte, am 6. August nach Schlesien zurück und traf am
11. August im Hauptquartiere der Armee ein.
FM. Graf Neipperg sagt in dem Berichte, in welchem er
dessen Ankunft meldet und die über die erfolglose Reise erstattete
Relation der Königin übersendet: ,,Er, General Graf von
Browne, vermeint zwar, dass der Anstand hierinfalls mehr bei
Hannover, ich aber glaube, solcher sei bei beiden Höfen und
schiebe es pro forma nur einer auf den andern", 2) und hatte damit
wohl das Richtige getroffen.
Preussischerseits kam diese farblose Vermittlungs-Politik nur
gelegen, da sie Frankreich und Bayern Zeit verschaffte, kriegs-
bereit zu werden.
J) Graf Ostein an Grafen Neipperg. 24. Juli 1741. (K. A., Schlesien
1741; VII, 42.)
) Neipperg's Bericht vom 11. August 1741. (H. H. u. St. A., Friedens-
Acten ; Fase. 23.)
Ereignisse im Monate Juli.
Jb M. Graf Neipperg liatte wegen Auswechslung der beider-
seitigen Kriegsgefangenen und Errichtung eines Cartels mit dem
preussischen FM. Grafen S c h w e r i n die Vereinbarung getroffen,
am 30. Juni in Grottkau durch Bevollmächtigte beider Armeen
Conferenzen beginnen zu lassen. Von Seiten der österreichischen
Armee wurden als Delegierte dorthin bestimmt : GFWM. Baron
L e n t u 1 u s , Stabs-Auditor Jencko und Feldkriegs-Commissär
Schütz1). Preussischerseits führte FM. Prinz Dietrich von
Anhalt, Ober-Auditeur von Kriegern und Kriegsrath L ü d e k e
die Verhandlungen, die am 0. Juli zum Abschluss eines Cartels über
Auswechslung und Eanzionierung der Kriegsgefangenen führten.
Die erste Auswechslung fand sodann am 20. Juli statt, der eine
zweite am 1. August folgte.
Da die Conferenzen in Grottkau mehrere Tage in Anspruch
genommen hatten, waren sich die beiderseitigen Commissäre
näher getreten. GFWM. Baron Lentulus brachte den wesent-
lichen Inhalt der bei dieser Gelegenheit geführten Gespräche zu
Papier und übergab ihn dem commandierenden General. L e n-
tulus erzählt, er habe aus der Conversation entnommen, ,,dass
man jnreussischerseits senr den Frieden wünsche, indem der
Prinz Dietrich sich verlauten lassen, es würden ja leicht Mittel
zu finden sein, die zwei Puissancen zu vereinigen und wäre zu
wünschen, dass wir und sie zusammen am Rhein oder in die Nieder-
lande marschierten; sie mit ihrer Infanterie und wir mit unserer
Cavallerie sollten uns den Feinden des deutschen Vaterlandes
!j K. A., Schlesien 1711 : VI, G(3.
39 5
fürchterlich machen. Es sei nur zu beklagen, dass wir einander
die Haare ausraufeten und der Dritte davon profitieren würde.
Auch hat sich erwähnter Prinz nachdrücklich informiert, ob unsere
Allergnädigste Königin und Grossherzog durch Favoriten sich
leiten lassen ? ob derlei vorhanden und wer sie wären ? auch dass
sie ihresorts wünschten, dass das Römische Reich baldigst ein
Oberhaupt bekommen möchte. Sie wünschten unter Anderem, dass
entweder der König in Polen oder aber der Grossherzog* hiezu
erwählt' würde." *)
Diese von einem preussischen General dem österreichischen
Commissär gegenüber geschehenen Aeusserungen zu einer Zeit, da
König Friedrich II. bereits von den Bewegungen der hannover-
schen Truppen, sowie von der Sendung eines hannoverschen
Generals nach Dresden behufs militärischer Besprechungen Kennt-
niss hatte,2) sieht einem ball on d'essai zur Erkundung der etwaigen
Geneigtheit der Königin, mit Preussen in Unterhandlungen zu
treten, sehr ähnlich. Es ist auch nicht ausgeschlossen, dass diese
Apercus nur „um hinzuhalten und Hoffnungen zu nähren" gegeben
wurden, „um dem Churfürsten von Bayern Zeit zu geben, in Oester-
reich und einer französischen Armee, in Deutschland einzudringen",3)
wobei nicht zu übersehen ist, dass am 5. Juli die Ratificationen des
preussisch-französischen Vertrages ausgewechselt worden waren. 4)
Die Andeutungen, die wohl schwerlich hier in Grottkau ohne Vor-
wissen König Friedrich IL gemacht wurden, können ander-
seits aber auch vielleicht als erste Etape jener Verhandlungen
betrachtet werden, die im Herbste desselben Jahres stattfanden,
besonders wenn man im Auge behält, dass Prinz Dietrich von
A n halt es wTar, der den späteren Unterhändler Oberst Freiherrn
von Goltz am 18. September 1741 zuerst dem GFAVM. Baron
Lentulus vorstellte.
FZM. Freiherr von Thünge n, der im Hauptquartier der
Armee angelangt war, gab schon am 10. Juli erschöpfende Ver-
haltungsmassregeln für die tactische Ausbildung der Infanterie,
nach denen fleissig geübt werden musste. 5)
!) K. A., Schlesien 1741 ; VII, 16 und ad 16 c.
2) Vergl. Poüt. Corresp. I, Nr. 1-18, 419.
3) Ebenda Nr. 415.
4) Ebenda Nr. 416.
5) Observations-Puncte bei der Infanterie. (K. A., Schlesien 1741: VII,
14.) Siehe Anhang LIII.
396
Die Bewegungen gegen die preussische Armee, welche man
von Wien aus gewünscht hatte, nahmen ihren Anfang Mitte Juli
durch Aussendung stärkerer oder schwächerer Streif-Corps, die
nach allen Richtungen von Neisse und Ottmachau gegen den Feind
öiene:en. So rückte am 14. Juli Oberstwachtmeister von Hadik
des D esse wffy' sehen Husaren-Regiments mit 500 Husaren nach
Braunau, um über Schweidnitz gegen die Strasse nach Breslau zu
streifen. *) Er hatte Befehl, auf der Strasse Braunau-Schweidnitz
bei Tannhausen Stellung zu nehmen und seine Partheien über
Schweidnitz bis in die Gegend Neumarkt oder Parchwitz auszu-
senden, feindliche Couriere aufzuheben und die von Schweidnitz
nach Breslau und Neumarkt, wie die von Jauer, Hirschberg,
Schmiedeberg, Liegnitz nach Schweidnitz gehenden preussischen
Convois wegzunehmen. Mit dem zu Trautenau befindlichen, aus
Infanterie bestehenden Commando sollte er sich in das Einvernehmen
setzen. -)
Ein Oberstlieutenant mit ebenfalls 500 Husaren rückte nach
Nimptsch, Frankenstein und in die dortige Gegend, um die Zu-
fuhren in das preussische Lager zu verhindern.
Nach Alt-Grottkau kamen unter einem Oberstwachtmeister des
Regiments Splenyi 400 Husaren, mit dem Auftrage, gegen das
preussische Lager zu streifen3); die Slavonier wurden in zwei Gruppen
l) Das H a d i k'sclie Commando war zusammen
gesetzt aus Abtheilungen
verschiedener Husaren-Regimenter und
zwar von
5 Unterofficiere, 70 Gemeine
Dessewffy . . 1 „ 1 Lieutenant. 1
>i
5
' 70
)'
Ghilanyi ... — 1 „
—
4
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Pestvärmegyeil ,,1 ?? 1
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Splenyi .... 1 „ 1 ,,
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3
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Karolvi .... — —
3
40
?!
4 Rittin., 4 Lieutenants, 3 Cornets, 23 Unterofficiere, 360 Gemeine,
dann der National-Regiinenter:
Belesznay. . .— Rittin., 1 Lieutenant, 1 Comet, 3 Unterofficiere, 50 Gemeine
Peter Haläsz 1 „ — — 3 „ 55 „
Jazygier und
Kumanier 1 „ — 3 „ 35 ,,
5 Rittm., 6 Lieutenants. 4 Cornets, 32 Unterofficiere, 500 Gemeine
(Graft. Neipperg'sches Archiv und Fähnrich Lutsch' Tagebuch.)
2) K. A., Schlesien 1741 ; VII. 23.
3) Dieses Commando bestand aus 2 Rittmeistern, 3 Lieutenants, 1 Cornet,
10 Unterofficieren, 200 Gemeinen von den Husaren-, 2 Rittmeistern, 2 Lieu-
tenants, 2 Cornets, 10 Unterofficieren und 200 Gemeinen von den National-
Regimentern. (Gräfl. Neipperg'sches Archiv und L utsc lv Tagebuch.)
397
gegen Wansen und Strehlen in die Wälder verlegt. Ein Rittmeister
mit 100 Husaren hatte die Gegend von der Festung Neisse bis
zur Mündung des Neisse-Flusses in die Oder zu beobachten. Unter
Commando des Obersten Baron Trips rückten 1 Oberstlieutenant,
1 Oberstwachtmeister, 600 Husaren, nebst 1 Oberstlieutenant mit
800 Croaten an das rechte Oder-Ufer in die Gegend von Oppeln,
mit dem Auftrage, von dort Oder-abwärts bis gegen und unterhalb
Breslau zu streifen und die preussischen Zufuhren auf der Oder
zu verhindern oder mindestens zu erschweren. l)
Der am unteren Laufe der Neisse stehende Oberstwachtmeister
von Györi erhielt am 16. Juli Befehl, nach Neisse einzurücken
und zur Besetzung und Beobachtung des Flusses 1 Rittmeister,
nebst Ober- und Unterofficieren und 60 Mann reguläre und 40
National-Husaren zu Hilbersdorf zurückzulassen. Dieses Commando,
dessen Befehl am 19. Juli Rittmeister Kisfaludy von Kärolyi-
Husaren übernahm, stellte kleine Beobachtungsposten zu Michelau,
Stroschwitz, Löwen und Schurgast auf und war dem zu Grottkau
stehenden Oberst Grafen Esterhäzy unterstellt. Oberstwachtmeister
Györi rückte mit dem Rest seines Commandos in das Hauptlager
ein. -) Das in Oppeln befindliche Detachement blieb daselbst.
Der Oberst von Max Hessen - Infanterie Baron An dl au
erhielt Befehl, von Wartha und Glatz bis gegen Braunau Patrouillen
auszusenden.
Zu einem kleineren Zusammenstosse war es am 14. Juli
bei Diersdorf, 4 Kilometer südwestlich von Nimptsch, gekommen.
50 österreichische Husaren stiessen hier mit 40 preussischen Uhlanen
zusammen, von denen zwei verwundet wurden und 4 in Gefangen-
schaft geriethen. Die Husaren verloren 3 Todte und einige Ver-
wundete. Als von Nimptsch preussische Verstärkungen anlangten,
giengen die Husaren nach Frankenstein zurück.
Am 16. Juli fand zu Neisse anlässlich der am 25. Juni zu
Pressburg vollzogenen Krönung der Königin feierlicher Gottes-
dienst statt, dem Nachmittags um 5 Uhr eine Revue folgte, zu
der die gesammte Armee ausgerückt war.
Auch fanden sich um die Mitte des Monats einige polnische
Edelleute im Hauptquartier der österreichischen Armee ein, die
ihre Dienste der Königin Maria Theresia anboten.
Hutsch' Tagebuch.
2) K. A., Schlesien 1741 ; VII, 2G und :\7.
398
Einem von ihnen, dem Capitain Alexander C li 1 e b o w s k y
wurde die Bewilligung ertheilt, „mit 100 Mann seiner Nation gegen
den König von Preussen in Schlesien zu dienen". 2)
FM. Graf Neipperg hatte Anfangs Juli die Slavonier2) aus
der Gegend von Schweidnitz, wo sie die feindlichen Communi-
cationen unterbrechen sollten, nach Ottmachau zurückgezogen, weil
sie nichts geleistet hatten, dagegen von den Landesbewohnern
ungemein viel Klagen eingelaufen waren und ihren Commandanten,
den Oberstwachtmeister Trenck, für seine Person nach Neisse
citiert.
Mit des Panduren- Chefs Verhalten war der Armee-Comman-
dant überhaupt im höchsten Grade unzufrieden. Er scheint diesen
persönlich tapferen Mann von Anfang an sehr richtig beurtheilt
zu haben, ,,der mehr auf Eigennutz, als auf obliegende Pflicht ge-
sehen." 3)
Nach Trene k's Rückkehr verflossen fünf Tage, ohne dass
er dem commandierenden General irgend eine Meldung über eine
Unternehmung, die gemachte Beute, die eingebrachten Gefangenen
erstattet hätte. FM. Neipperg findet nach diesen Vorgängen,
,,dass Herr Baron von T r e n c k die erforderliche Fälligkeit, Ex-
perienz, vielleicht auch das disciplinierte Gemüth nicht habe, dieses
Corps in hiesigem Lande zu einiger nützlicher Unternehmung an-
zuführen. Um jedoch Trenck Gelegenheit zu geben, etwas zu
!) K. A., Schlesien 1741 ; VII, 23.
2) Der Stand der Slavonier betrug bei ihrem Einrücken zur Armee :
1 Oberstwachtmeister, 2 Hauptleute, 1 Capitain-Lieutenant, 5 Fähnriche,
1 Quartiermeister, 1 Adjutant, 1 griechischer, 1 katholischer Caplan, 2 Feld-
scherer, 20 Harumbassa, 5 Fouriere, 80 Corporale. 12 Spielleute, 890 Gemeine.
Zusammen 1022.
3) Anlässlich der Rückberufung des Corps schrieb FM. Neipperg am
2. Juli u. A. an Trenck: „denn es ist Ihnen ja von selbst bekannt, dass
Sie nicht hereinberufen worden, das Land zu plündern, oder sonstige Unge-
bührlichkeiten ausüben zu lassen, sondern allein dem Feind Schaden und
Abbruch zuzufügen, so aber ist bis dato durch selbe dem Feind einiger Schaden
nicht geschehen, wohl aber gegen dem Land und dessen Inwohner, wie von
allen Seiten her häufige Klagen einlaufen, grosse Insolenzien, als mit Prügeln,
Schlagen , Gelderpressung und Sonstigem ausgeübt worden , welche bei
schwerster Verantwortung, wie bereits in meinem Vorigen erwähnt, vermieden
wissen will; und wann Sie sich nicht soviel Autorität geben können, sich von
Ihren unterhabenden Leuten respectieren und gehorsamen zu machen, so sehe
nicht, wozu Sie mir allhier dienlich sein sollen und findete mich solch enfalls
genöthigt, es behörigen Orts vorzustellen". (K. A., Schlesien 1711 ; VII. 3.)
399
leisten, beabsichtigte Neipperg, das Corps abermals gegen den
Feind zu senden, damit aber keine solche Ungebührlichkeiten, wie
bisher vorkamen, den im Hauptquartier angekommenen, vom Ge-
sandten in Dresden warm empfohlenen königlich polnischen Major
von Menzel, der früher in kaiserlichem, später in russischem
Dienst gewesen, dem Trenck an die Seite zu geben, umso mehr,
da Menzel der illyrischen Sprachen kundig war und bei irregu-
lären Truppen gedient hatte. Anfangs war Trenck erbötig, sich
an Menzel's Rath und Zustimmung zu halten, änderte jedoch
bald seine Ansicht und erklärte, dass er in dieser AVeise keinen
Dienst thun werde. Neipperg sah sich in Folge dessen ge-
nöthigt, Trenck in Arrest zu setzen und die Absendung der
Slavonier zu sistieren. Das Commando des Corps übergab der
Feldmarschall vorläufig dem Oberstwachtmeister von Menzel.
Die Slavonier, die Neipperg eigens ausrücken Hess, erklärten sich
mit diesem Interims- Commandanten zufrieden, bis auf 30 auch, aus
anderen Ursachen Renitente, die der Commandierende auf Ver-
langen der Uebrigen festsetzen und zur Verhütung weiterer Un-
ordnungen nach G-latz zur Verwendung beim Festungsbau ab-
schicken liess. ' I
*) Trenck wurde vor eine Untersuchungs-Commission gestellt: die ihn
am meisten gravierenden Puncte waren, dass er während seines letzten Com-
mandos zwei Mann ohne Kriegs- und Standrecht hatte köpfen lassen, dass
er vor seiner Arretierung die Slavonier durch meuterische Reden zum Rück-
marsch von der Armee zu überreden gesucht und während des Commandos
verschiedene Uebertretungen gegen die Kriegs disciplin theils seihst begangen,
theils habe begehen lassen. FM. Neipperg legte die Unter suchungs- Acten
am 21. Juli dem Hof-Kriegsrathe zur Entscheidung vor und bemerkte, dass
Trenck „von extravaganter Conduite" sei und nichtdie erforderlichen Kenntnisse
und Erfahrungen besitze, um ein solches Corps zu führen. Am besten schien
es dem Feldmarschall, Trenck von der Armee zu entfernen. Vorläufig blieb
der Pandurenführer bis zur Entscheidung des Hof-Kriegsrathes im Arrest.
(FM. Graf Neipperg an den Hof-Kriegsrath, Neisse, 21. Juli 1741. [K. A .
Schlesien 1741; VII, 35. Untersuchungs-Act H. K. R. Expedit. 1749, Mai 392.])
Der Vice-Präsident des Hof-Kriegsrathes, FM. Graf Khevenhüller, dem die
Untersuchungsacten zur Berichterstattung zugewiesen wurden, erklärte in dem
diesbezüglich dem Hof-Kriegsrathe erstatteten Referate, dass es ein Fehler
gewesen sei, die Slavonier selbstständig zu verwenden, man hätte sie unter
allen Umständen einem regulären Commando zuweisen sollen. Ueber Trenck
selbst äusserte er sich, dass er ihn für einen „etourdi und mit nicht genüg-
samer annoch maturierter Prudenz begabten Menschen" ansehe, dem es aber
an „Courage und Herzhaftigkeit" nicht mangle. Man möge den verbüssten
Arrest ihm als Strafe anrechnen, ihn verweisen, im Allgemeinen aber be-
gnadigen. Er erachte es für das Beste, das Corps zu theilen, den einen Theil
400
Am 21. Juli entsendete FM. Graf Neipperg die Slavonier
unter Oberstwachtmeister von Menzel's Führung gegen das
preussische Lager. Sie überraschten am 23. Juli das Städtchen
Strehlen und versuchten dasselbe in Brand zu stecken. Von herbei-
geeilten Uhlanen zurückgetrieben, zog sich das Corps mit geringem
Verluste wieder in die Wälder, aus denen es aufgetaucht war.
Dieses Gefecht, sowie das häufige Erscheinen österreichischer
Streifpartheien auf den Anhöhen südlich von Strehlen bewog König
Friedrich II., auf dem Mehltheuer Berge eine Sternschanze an-
legen und armieren zu lassen. *)
Gegen den am rechten Oder-Ufer mit G00 Husaren und 800
Croaten von Oppeln aus gegen Breslau streifenden Oberst Baron
Trip s, dessen Partheien das Land bis nach Kreutzburg und Namslau
hielten und alle Zufuhren von dort unmöglich machten, entsendete
König Friedrich IL den GM. Prinzen Moritz von Anhalt
mit 400 Bayreuth-Dragonern und 600 Husaren, welcher am 24. Juli
in Ohlau eintraf, das hier stehende 2. Bataillon seines Eegiments
an sich zog und über Peisterwitz und Bernstadt nach Namslau
marschierte, wo er am 30. Juli eintraf. Die leichten österreichischen
Truppen waren der Colonne des Prinzen ausgewichen, welcher
Namslau durch ein Infanterie-D etachement besetzen Hess und über
Bernstadt zurückmarschierte. 2)
von Trenck, den anderen von Menzel führen zu lassen, die Inspection über
die Slavonier überhaupt aber einem General aufzutragen. (FM. Kheven-
hüller an den Hof-Kriegsrath, ddto. Wien. 23. Juli 1741. Browne'sches
Manuscript.) Auch der Grossherzog ermahnte den Armee-Commandanten, mit
den Slavoniern Geduld zu haben, welche, obschon er gern glaube, dass sie
Excesse begiengen, „wenig den Feind fürchten". Aller Anfang, besonders mit
derartigen Leuten sei schwer. Die Freiwilligen-Corps seien eben ein Versuch,
von dem man sich, wenn er Erfolg habe, in Zukunft gute Kesvdtate ver-
sprechen könne. (Der Grossherzog an FM. Grafen Neipperg, ddto. Press-
burg, 8. Juli 1741. Mitthlgn. des k. und k. K. A., N. F. 1891, V, 221.)
l) Kriege Friedrich d. Gr. II, 77.
*) Kriege Friedrich d. Gr. II, 81.
Die Wiederaufnahme der Operationen durch die
österreichische Armee.
JL/er Vormarsch der österreichischen Armee, der auf den
1. August festgesetzt war, wurde durch zwei Erfolge eingeleitet,
welche deren leichte Truppen am letzten Juli und am 1. August
erfochten.
Oberstwachtmeister von Menzel, der von dem GFWM. von
Festetics 78 Husaren zugetheilt erhalten, war am 27. Juli in
den Waldgebieten bei Stoschendorf und Lauterbach an der Gabelung
der Strassen Strehlen-Reichenbach und Strehleii-Schweidnitz an-
gekommen und hatte sich dort in Hinterhalt gelegt, um die in das
preussische Lager gehenden Convois aufzuheben. Am 28. blieb er
in seinem Verstecke, erhielt aber durch Kundschafter Nachricht,
dass den Preussen seine Anwesenheit nicht unbekannt geblieben
sei, er in Folge dessen in dieser Gegend wenig ausrichten werde,
da alle grösseren Transporte auf der hinter dem Zobten-Berge von
Schweiclnitz nach Breslau führenden Strasse bis nach Zobten geleitet
würden, das als Etapenort mit dem Grenadier-Bataillon Puttkamer,
20 Husaren und 4 Geschützen besetzt sei. In Folge dessen besohl« >ss
Menzel, dies Detachement zu überraschen und brach nach Zobten
auf. Der Angriff war für die frühesten Morgenstunden des 30. Juli
geplant; mit schlechten Führern versehen, langte jedoch Menzel
erst an diesem Tage um 5 Uhr Früh eine halbe Meile vor dem
Städtchen Zobten an und brachte um 7 Uhr in Erfahrung, dass
der preussische Commandant durch einen Schmied und den Besitzer
des Gutes Silsternitz, Krause, von seinem Anmarsch benachrichtigt
worden und bereits aus Schweidnitz und Rothschloss LTnt<Tst iitzung
Oesterreichischer Erbfolgekrieg. II. Bd.
402
erbeten habe. Rasch entschlossen, formierte Menzel dennoch.
200 Schritte vor der Stadt, sein Corps, von dem 40 Husaren auf
Patrouille noch auswärts waren.
Um 10 Uhr begann Menzel die Vorrückung-. Thore und
Gassen der mit einer Ringmauer umgebenen Stadt waren mit
spanischen Reitern versehen. Als Menzel bis auf 100 Schritt,
mit dem zurückgehaltenen Centrum und vorgeschobenen Flügeln,
angerückt war. Hess er halten und schickte einen Trompeter an
den Major von Puttkamer, um ihn zur Ueb ergäbe aufzufordern.
Der Trompeter wurde mit Schüssen empfangen und kehrte um ;
Menzel stieg vom Pferde und befahl nun den Angriff, welcher
vom rechten Flügel ober der mit zwei Geschützen besetzten Propstei
begann, während der linke Flügel folgte. Die Preussen zogen sich
nach lebhaftem Feuergefecht von dem Kirchhof, auf dem sie eben-
falls 2 Geschütze placiert gehabt, in das höhergelegene Propstei-
gebäude selbst zurück. Die Slavonier des rechten Flügels nisteten
sich in den unterhalb desselben gelegenen Häusern ein. Durch das
Feuer der auf der Mauer der Propstei stehenden zwei Geschütze
gerietheii die Dächer der Häuser in Brand. x)
Das Feuer des Vertheidigers wurde intensiver und hinderte
am weiteren Vordringen ; dazu trat bei den Mannschaften Menzel's
auch der Hang zum Plündern. Er selbst berichtete darüber : „Meine
schlecht disciplinierte und dem Ungehorsam subordinierte Miliz
aber suchte von der Gelegenheit zu profitieren, ihr Devoir zu
changieren und mit Plündern diese armen, ohnedem sonst Be-
drängten vollends nackend und bloss in's äusserste Elend zu
setzen". 2) Der Corpsführer trat jedoch diesem Treiben mit voller
Energie entgegen, stieg zu Pferde und Hess unter scharfem Feuer-
gefecht neuerdings zum Angriff vorgehen. Rauch und Hitze der
brennenden Häuser machten die weitere Behauptung des Städtchens
unmöglich und Major von Puttkamer zog sich auf den einen
Kilometer westlich der Stadt gelegenen Galgenberg zurück. Hier
versuchte Menzel noch einen Angriff, ,,da aber seine Leute das
Geschützfeuer scheuten und weiter unerlaubte Plünderung vor-
zunehmen suchten", zog sich der Corpsführer auf die Höhe des
Zobten-Berges. Es war spät am Nachmittage, als 400 preussische
Husaren zur Unterstützung anlangten, denen später noch drei
1) Oberstwachtmeister von Menzel's Bericht ddto. Reichenbach, 1. August
1741. (Clräfl. Neipperg'sches Archiv. Abschrift im K. A., Schlesien 1711 ; VII, 57.)
2) Menze l's Bericht.
403
Bataillone folgten. Menzel gieng um 6 Uhr zurück, nahm die
Tod ten und Blessierten auf Wagen mit und schlug die Waldwege
mit der Direction auf Reichenbach ein. Der Verlust des Corps betrug
16 Todte und 20 Verwundete, der preussische Verlust 1 Ofncier,
34 Mann *), wovon 3 in Gefangenschaft gerathen waren. Das
preussische Bataillon rückte, da ein weiterer Aufenthalt in dem
zerstörten Zobten unmöglich geworden, nach dem südlich ge-
legenen Langen-Seiffersdorf.
Um 2 Uhr nach Mitternacht traf Menzel in Reichenbach
ein, wo er nach seinem Berichte gut aufgenommen wurde, da der
Stadt Contributionen und Lieferungen für das Lager in Strehlen
aufgetragen waren, von denen sie nun befreit zu werden hoffte.
Sein Corps befand sich in keinem guten Zustande. Die Beschuhung
war mangelhaft und die 60 Patronen, die jeder Mann gehabt hatte,
waren sämnitlich bis auf 3 verfeuert worden ; ausserdem waren
60 Mann ohne Erlaubniss nach Neisse abgegangen, so dassMe-nzel
den Stand seines Corps nur mit 600 Mann Combattanten angibt. 2)
Ein kühnes Reiterstück führte GrFWM. von Festetics bei
Maltsch am linken Oder -Ufer, nördlich der Strasse Neumarkt -
Parchwitz aus. Er hatte in Erfahrung gebracht, dass im dortigen
Magazine bedeutendere Vorräthe von Salz, Mehl, Hafer vorhanden
seien und erschien am 1. August um 8 Uhr Früh bei dem ge-
nannten Ort, Hess die Vorräthe in die Oder werfen und von zwei
mit Heu beladenen Fahrzeugen die Ladung theils versenken, theils
mit den übrigen vorhandenen Schiffen in Brand stecken. Fünf
*) Kriege Friedrich d. Gr. I, 77. — Nach Breslauer Nachrichten, die an
das österreichische Hauptquartier gelangten, scheint der preussische Verlust
bedeutender gewesen zu sein. Diese berichten, FM. S c h w e r i n sei „sehr
chagrin über die Zobtner Affaire gewesen, weil er viele von seinen schönen
Grenadieren, nebst etlichen Officieren dabei eingebüsst ; blessiert sind davon
58 liier angekommen und sollen nicht allzuviel Todte gezählt werden, weil
zwar das Eencontre von 3U 11 Uhr bis 3U 6 gewährt, aber unsere Panduren
sebr der Plünderung nachgegangen, unterdessen haben sie 2 Hauptleute,
3 Lieutenants und 2 Fähnriche todt und meist die übrigen Officiers, nebst dem
commandierenden Major von Puttkamer blessiert. Im Städte! steht nichts
als die Kirche, des Propstes Wohnung und zwei andere schlechte Häuser."
Der Bericht fügt ferner bei : „Man habe Nachricht, dass der Commandant von
Panduren die gemachte Beute in Beichenbach von den Gemeinen abgefordert
und den Abgebrannten in Zobten wieder zustellen lassen." (K. A., Schlesien
1 741 ; VIII, ad 13 b.)
2) Menze l's Bericht.
2ti*
404
Kilometer Oder- abwärts, auf dem rechten Fluss-Ufer, im Kloster
Leubus, befand sich zur selben Zeit das aus Preussen herangezogene,
neugebildete Husaren-Regiment des Obersten von Bandemer.
Von diesem Regiment erschien eine Abtheilung jenseits der Oder
und begann auf die mit Vernichtung der Vorräthe noch beschäf-
tigten österreichischen Husaren zu feuern, bei welcher Gelegenheit
ein als Volontair beim Detachement Festetics' befindlicher polnischer
Edelmann tödtlich verwundet wurde.
Festetics fingierte den Rückzug und gieng über Blumerode
zurück, nahm dann aber Stellung auf einer Anhöhe zwischen Dain-
britsch und Obsendorf, etwa eine Meile südwestlich von Maltsch.
Mittlerweile sammelte sich das Bandemer'sche Regiment , mit
Zurücklassung von 90 Mann bei der Maltscher U eberfuhr, um das,
vermeintlich im Rückzuge befindliche österreichische Streif-Corps
zu verfolgen, liess sich mittelst zusammengestossener Schüfe und
Plätten auf das linke Ufer übersetzen und rückte gegen den
GFAVM. Festetics an. Der General liess rasch aufsitzen und
attaquierte die gegen ihn „in völliger Carriere" anreitenden
preussischen Husaren. Durch den Choc in Unordnung gebracht,
ergriffen sie die Flucht, wurden bei Maltsch eingeholt, in Ver-
wirrung gebracht und in die Oder gesprengt, wo ein grosser Theil
ertrank, 200 Mann aber in die Hände der 0 esterreicher fielen, die
keinen Verlust erlitten hatten. Der Oberst von Bandemer selbst soll
nach Festetics' Bericht im Kloster Leubus zurückgeblieben sein.1)
Zwischen Neumarkt und Parchwitz war den Husaren Feste-
tics' ausserdem ein Courier in die Hände gefallen, welcher unter
Anderem auch eine chiffrierte Depesche bei sich hatte, die Graf
N e i p p erg nach Wien sandte. 2)
Festetics kehrte wieder an den Ausgangspunct seiner
Unternehmung, nach Braunau zurück, um dort weitere Befehle des
commandierenden Generals zu erwarten. 3)
*) Er erhielt nach diesem Echec seines Regiments den Abschied. „Bio-
graphisches Lexicon aller Helden und Militär-Personen, welche sich in preussi-
schen Diensten berühmt gemacht haben." I, 98.
2) Diese Depesche war an den preussischen Etatsminister, Bevollmäch-
tigten bei der Kaiserwahl, Balthasar Conrad von und zum B r o i c h, gerichtet
und enthielt die Weisung, dass Letzterer „in allen ordinären Sachen de concert
mit dem Marechal de Belleisle gehen und sich in allen Stücken in solchen
fügen soll", wichtige Sachen seien durch Courier an König Friedrich II. zu
berichten. (Polit. Corresp. I. Nr. 410 u. 118.)
3) Bericht des GFWM. von Festetics ddto. Braunau, 3. August
1741 ; VIII, ad 13 a.
-10;-)
Die Gewissheit, England nicht in Waffen gegen Preussen zn
sehen, die Befürchtung, dass auch auf Sachsens und Russlands Hilfe
nicht mehr zu zählen sei, die Besorgniss, dass Baj^erns und Frank-
reichs Heere, sich bald in Bewegung setzen würden, hatten am
Wiener Hofe tiefen Eindruck gemacht.
In den letzten Tagen des Juli wurde in einer Sitzung der
Geheimen Conferenz, zu der auch die Feldmarschälle Prinz von
Sac hsen -Hilclburgh aus en, Fürst Christian Lobkowitz
und Graf Ludwig Andreas Khevenhüller beigezogen waren,
über die Wehrfähigkeit und Verteidigungskraft des Reiches be-
rathen. Ein Corps, aus den Cürassier-Regimentern Caraffa1), Bernes2),
Lubomirski3), Carl Palffy4) und St. Ignon 5), den Dragoner-Regi-
mentern Savoyen und Khevenhüller 6), den Infanterie-Regimentern
Seckendorff7), Moltke 8), "Waldeck 9), 2000 Warascliner Grenzern zu
Fuss und 200 Grenz-Husaren bestehend, sollte bei Pilsen versammelt
werden und Fürst Lobkowitz dessen Commando übernehmen.
Da der grösste Theil dieser Regimenter erst aus Ungarn heran-
gezogen werden musste, wurde das Königreich durch diese Mass-
regel einem etwaigen Angriffe der Türken nahezu wehrlos preis-
gegeben. Die friedlichen Versicherungen der Pforte gewährten jedoch
in dieser Beziehung einige Beruhigung und jedenfalls war es ge-
boten, der von Westen her drohenden Gefahr zuerst zu begegnen.
Die Unzulänglichkeit der zur Verfügung stehenden Kräfte
war jedoch allzu einleuchtend und die Ueberzeugung hievon wirkte
so mächtig auf die Rathgeber der Königin Maria Theresia,
dass sich Stimmen erhoben, die dringend zu einer Abtretung in
Schlesien, zur Begütigung des nächsten und gefährlichsten Feindes,
des Königs von Preussen, riethen. Aber die standhafte königliche
Frau wollte von Cessionen in Schlesien nichts hören. Selbst darauf,
sich zu solchen in den Niederlanden zu verstehen, gieng sie nur
mit äusserstem Widerstreben ein. 10)
1) 1768 aufgelöst.
2) Gegenwärtig Dragoner-Regiment Nr. 7.
3) Gegenwärtig Dragoner-Begiment Nr. 2.
4) u. 5) 1775 aufgelöst.
6) Savoyen-Dragoner (Nr. 13) und Khevenhüller (1801 aufgelöst).
1) Gegenwärtig Infanterie-Begiment Nr. 18.
8) 1809 als Nr. 13 aufgelöst.
9) Gegenwärtig Infanterie-Regiment Nr. 35.
10) A r n e t h, Maria Theresia I, 235.
40.6
In einer Audienz, welche der englische Special-Gesandte Lord
Hyndford nämlich am 22. Juli bei König Friedrich II.
gehabt, hatte der letztere im Principe eine Abfindung nach der
Seite der Niederlande nicht abgelehnt, jedoch sehr hohe For-
derungen auch nach dieser Seite hin gestellt. Dies war dem eifrigen
britischen Unterhändler Sir Thomas Robinson in Wien durch
Hyndford zur Kenntniss gebracht worden. Von seinem Hofe
hiezu schon früher bevollmächtigt, erlangte Robinson am 31. Juli
zu Pressburg die Ermächtigung, mit Rücksicht auf Abtretungen
ausserhalb Schlesiens, dem König Friedrich II. unter englischer
Vermittlung, die folgenden Vorschläge zu machen :
1. Verzicht auf jegliche Schadlosmachung Seitens der Königin.
2. Die K ö n i g i n verlangt die zwei Millionen, welche ge-
legenheitlich der Verhandlungen im December 1740 von Preussen
angeboten wurden, nicht.
3. Sie bietet im Gegentheil zwei Millionen an, zahlbar nach
U eb er einkunf t .
4. Cession des österreichischen Geldern.
Dagegen wird verlangt :
1. Die branden burgische Stimme für den Grossherzog.
2. Für die Königin die AVahrung der böhmischen Chur-
stimme.
3. Dass der König von Preussen in die Defensiv- Allianz-
Tractate der Jahre 1731 und 1732 auf gleiche Weise, wie die
Königin und der König von England eintrete.
Der eventuelle Vertrag wäre von Grossbritannien-Hannover,
Russland, Sachsen und den General-Staaten zu garantieren. Im Falle
König F r i e d r i c h II. mit diesen Propositionen nicht einverstanden
sein sollte, hatte Robinson im äussersten Nothfalle noch Er-
laubniss, das Herzogtimm Limburg anzubieten. In der Note, die
Robinson am 31. Juli in dieser Angelegenheit übergeben wurde,
ward jedoch die englische Hilfeleistung wiederum als ein Mittel
urgiert, der Negociation mehr Gewicht zu geben. r)
Robinson reiste am 31. Juli von Pressburg über AVien
nach Schlesien ab und kam am 3. August in Breslau an. Am
7. August fand im Lager bei Strehlen dessen und Hyndford's
Audienz statt, welche ganz resultatlos verlief. König Friedrich IL
y) H. H. u. St. A., Corresp. des österr. Cabinets und des Grafen Sinz en-
do r ff mit dem englischen Gesandten Robinson, Z. III, 21: Note vom
31. Juli 1741 an Eobinso n.
407
verwarf die Vorschläge des österreichischen Cabinets gänzlich und
erklärte auf das Entschiedenste, er verlange ganz Nieder-Schlesien
mit Breslau. l)
') H. H. u. St. A. Memoire vom 17. August, überreicht durch Herrn
Robinson. Vergl. auch Äniet h I, 239, G r ü nhagen, 1. schles. Krieg,
I, 423 u. ff. ; Rau m e r, Beiträge zur neuern Geschichte II, 139 u. ff. „Precis
des propositions du sieur Robinson etc. faites au roi dans l'audience, qu'il
eüt de Sa Majeste au camp de Strehlen, le 7. d'aoüt 1741 et de la reponse que
le roi lui fit", in Polit. Corresp. I, Nr. 454.
Indem Herr Robinson dem Könige einen vom 21. Juni datierten
Brief des Königs, seines Gebieters, überreichte, erklärte er Ersterem im All-
gemeinen den Gegenstand seiner Mission und dass der König von England,
nachdem er ohne Unterlass daran gearbeitet hatte, die Königin von
Ungarn dahin zu bringen, dass sie sich möglichst bald mit Sr. Majestät,
dem König von Preussen gütlich vergleiche, ihn selbst beauftragt habe, ein
Ultimatum des Wiener Hofes zu bringen, welches in nachstehenden Vorschlägen
bestehe :
1°- Die Königin von Ungarn verlangt, dass der König ehebaldigst
alle seine Truppen aus Schlesien zurückziehe.
2"- Diese Fürstin verzichtet auf alle Ansprüche auf Entschädigung für
die Verluste, welche sie in Scldesien dtu-ch den Einmarsch der Truppen
des Königs in dieses Land erlitten zu haben behauptet und bietet an :
3°- dem König zwei Millionen Thaler zu zahlen, damit er baldigst
Scldesien räume ;
4°- Die Königin will dem König von Preussen als Aequivalent für die
Ansprüche, welche er auf einen Theil von Schlesien erhebt, den im öster-
reichischen Besitze befindlichen Theil des Herzogthumes Geldern mit dem
Herzogthum Limburg abtreten.
Mylord H y n d f o r d fügte dem hinzu, dass, obwohl der Wiener Hof
eine unüberwindliche Abneigung zeige, irgend etwas von Schlesien abzutreten,
sich Se. britische Majestät schmeichle, ihn doch dahin zu bringen, dass er
zu den vorstehend bezeichneten Anerbietungen noch das Herzogthum Glogau
füge, obwohl man grosse Mühe haben werde, die Zustimmung der Königin
von Ungarn zu erlangen. Der König antwortete Robinson, er sei dem
König von England sehr verbunden für all' die Mühe, welche er sich gegeben
habe, um den Wiener Hof zu einem vernünftigen Vergleich zu vermögen,
allein er bedauere, ihm sagen zu müssen, dass er die ihm angebotenen Be-
dingungen nicht der Art finde, sie annehmen zu können, ohne seinen Ruhm
und seine erheblichsten Interessen zu schädigen, dass
ln das Ansinnen, Schlesien gegen zwei Millionen Thaler zu räumen,
beleidigend sei (vergleiche die Anerbietungen Borcke's und G o 1 1 e r's in
Wien, I. Band, Politische Einleitung) gerade, als hätte er einen Krieg begonnen,
um Geld zu gewinnen; er sei nicht in der Laune, weder seinen Ruhm, noch
die Interessen seines Hauses zu verkaufen ; man könnte derartige Anerbie-
tungen wohl einem kleinen Fürsten machen, wie dem Herzog von Gotha,
welcher Geld brauche, jedoch er, der empfindlicher für den Ruhm und die
Rechte seines Hauses sei, ziehe vor, wenn es sein müsse, Geld zu geben.
408
Auch mit Bayern waren Verhandlungen angeknüpft worden und
die Standhaftigkeit, mit welcher die Königin Maria Theresia
statt zum Nachtheil des Einen oder des Andern, wer es auch sei, zu nehmen und
man irre sich gewaltig, wenn man meine, ihn vermittelst Geld aus Schlesien
vertreiben zu können ; ein so in seinen Finanzen zerrütteter Hof, wie der
Wiener, könne kaum die Mittel zur Deckung seiner dringendsten Bedürfnisse
aufbringen, man sehe wohl, dass dieser Geist des Hochmuthes das Haus
Oesterreich nicht verlasse, welches die Unverschämtheit habe, in dem Erlass.
welchen Mylord H y n d f o r d vor vierzehn Tagen dem König vorgelesen habe,
zu sagen, dass es aus Bücksicht gegen den König von England, dem König
die Vergangenheit gnädigst verzeihen wolle, ein Ausdruck, welchen der König
ausserordentlich hervorhob. Was
2°- das Anerbieten einer Entschädigung im Herzogthum Geldern und
durch die Abtretung von Limburg anbelange, diese kleinen Dinge stünden
ausser Verhältniss zu seinen Ansprüchen, übrigens nehme er den Tausch
nicht an, da er keine Ansprüche in den- Niederlanden, wohl aber in Schlesien
habe ; er würde vor seinen Ahnen und Nachkommen vor Scham erröthen, gebe
er so feig seine Rechte auf Schlesien auf, nachdem er dieselben mit solchem
Nachdruck zu betonen begonnen habe und das ganze Weltall würde ihn
tadeln, wollte er ein protestantisches Land, welches ihn mit offenen Armen
empfangen habe, sozusagen der Wuth einer katholischen Regierung preisgeben,
welche sich umso grausamer an den armen protestantischen Völkern Schlesiens
für den dem König bezeigten guten Willen rächen würde ; sein Ruf würde
für seine ganze fernere Regierungszeit leiden, wenn er dafür gelte, als junger
Mann eine Unternehmung leichtfertig begonnen zu haben, welche er nicht
aufrecht erhalte.
Nachdem übrigens das Schutzbündniss dem Hause Oesterreich unbedingt
die Hände binde, um auch nur über den kleinsten Theil der Niederlande zu
verfügen, zu wessen Gunsten und unter welchem Vorwande es auch sei,
würde man durch eine solche Abtretung den König Holland und Frankreich
gegenüber biosssteilen, welche beide der König schonen wolle, nachdem die
Republik zu allen Zeiten Freundschaft und Anhänglichkeit für das Haus
Brandenburg gezeigt habe ; er wolle sich ebensowenig dieserhalb mit Frank-
reich einlassen, welchem man ausserdem durch Verletzung des Schutzbünd-
nisses einen Vorwand geben würde, ebenfalls Abtretungen und Opfer in den
Niederlanden zu fordern; der Wiener Hof wollte die schlesischen Ansprüche des
Königs umgehen, ihn von diesem Gegenstand ablenken und ihn einen Tausch
zum Schaden Anderer eingehen lassen, indem er die Eifersucht seiner
Nachbarn gegen ihn rege mache. Se. Majestät setzte hinzu, er habe bis hieher
schon genug nachgelassen, er habe von Beginn der schlesischen Affaire bis
jetzt dem Wiener Hofe die vortheilhaftesten Anerbietungen gemacht und um
seine Mässigung zu beweisen, habe er Mylord Hyndford endgiltig erklärt,
mit welchem Theil von Nieder-Schlesien er sich begnügen wolle. Nachdem
indessen der Wiener Hof dieses Ultimatum gänzlich zurückgewiesen habe,
sagte der König, halte er sich ebenfalls nicht daran und komme auf seine
erste Forderung zurück, welche in der Abtretung Nieder-Schlesiens mit der
Stadt Breslau bestehe, er lasse davon nunmehr um keinen Preis mehr ab.
409
sich, sträubte, zu Grünsten König Friedrich II. einen Theil
Schlesiens abzutreten, fanden einen neuen Stützpunct in der
geschehe, vwas da wolle ; er habe einmal seineu Entscliluss diesbezüglich ge-
fasst und wolle sich eher mit seiner ganzen Armee erdrücken lassen und
lieber in Schlesien umkommen (dies sind des Königs eigene Ausdrücke^, als
von dieser Forderung abgehen und er vermöge sich niemals auf einen anderen
Fuss mit der König! n von U n g a r n zu vergleichen.
Herr Robinson erwiderte, dass der Wiener Hof niemals biezu die Hand
bieten und man Mühe genug haben werde, ihn nur zur Abtretung des Herzog-
thumes Glogau zu veranlassen ; dass er hoffe, der König werde bedenken, in
welcher Gefahr sich ganz Europa durch den Untergang des Hauses Oesterreich
befinde, nachdem die Franzosen im Begriffe seien, den Rhein zu überschreiten und
die Bayern, in Böhmen einzumarschieren ; dass das Heil des Reiches und das
europäische Gleichgewicht in der Hand des Königs liege und dass sich der König
von England schmeichle, Se. Majestät werde weder das eine, noch das andere
preisgeben. Der König antwortete, wenn die Gefahr für das Haus Oesterreich
so gross sei, als Herr Robinson sie darstelle, sei es unbegreiflich, warui.i
sich dasselbe so bedenklich zeige, ihm das zu bewilligen, was er von Schlesien
verlange, um das Uebrige zu retten ; man müsse es dem Eigensinn und
der Hartnäckigkeit dieses Hofes zuschreiben, wenn das europäische Gleich-
gewicht und das Heil des Reiches darunter leide ; man dürfe niemals vom
Könige verlangen, dass er das Eine oder das Andere durch Opfer zum Nachtheil
seiner Interessen rette ; an der Königin von Ungarn sei es auf jeden
Fall, das Gewitter zu beschwören und Opfer zu bringen; was er als König
von Preussen seinem Hause, seinen Nachkommen und den Rechten seiner
Vorfahren schulde, sei natürlich die erste Sorge, welche ihn beschäftigen
müsse ; dann erst folgten die übrigen Rücksichten ; als König von Preussen
und Churfürst des Reiches trage er ebensoviel zu dem bei, was zur Ruhe
Europas und zur Erhaltung des Reiches diene, aber er könne nicht das Eine,
wie das Andere zum Nachtheil seiner Interessen thun ; er kenne keine Macht
innerhalb und ausserhalb des Reiches, welche dies thun wollte.
Herr Robinson bestand darauf, dass man eine Art Präliminar ent-
werfen lasse und dass der König erkläre, dass er auf jeden FaU, selbst wenn
die Möglichkeit vorhanden wäre, von der Königin von Ungarn die Ab-
tretung Glogaus zu erreichen, sich dann mit sammt den andern Anerbietungen
begnügen wolle, welche ihm Robinson im Namen dieser Fürstin gemacht habe.
Aber der König antwortete, er könne von der Forderung totaler und un-
bedingter Abtretung Nieder-Schlesiens, die Stadt Breslau inbegriffen, nicht ab-
stehen und es sei eine Illusion, sich zu schmeicheln, er werde der Festig-
keit entbehren, auf seiner Forderung zu beharren.
Herr Robinson entgegnete, es bleibe ihm somit nichts übrig,
als dem König, seinem Gebieter und der K ö n i g i n v o n U n g a r n vom
Erfolg seiner Mission und der erhaltenen Antwort Bericht zu erstatten
und es sei zu befürchten, dass dieselbe den Wiener Hof in Verzweiflung
stürzen und dieser sich in die Arme Frankreichs werfen werde.
Der König erwiderte, er wisse nicht, was thun und man müsse alsdann
sehen, wie man sich aus der Affaire ziehe; die Vorsehung und die Oonjunctionen
410
Hoffnung, auf weniger schmerzliche Bedingungen mit dem Chur-
fürsten von Bayern zu einem gütlichen Abkommen zu gelangen«
Leider blieben auch diese Verhandlungen, bei denen wieder die
Wittwe Kaiser Joseph L, Kaiserin Amalia, in ihrer Art für
ihren Schwiegersohn, den Churfürsten von Bayern intervenierte,
ohne Erfolg.1)
FM. Graf Neipperg trat den geplanten Vormarsch über die
Geisse am 1. August an. Als er am 28. Juli dem Grossherzoge die
Meldung über die geplante Marschrichtung erstattete, fügte er
hinzu : „Wenn ich einmal die Neisse werde passiert haben, wird
es sich des guten Rufes wegen darum handeln, nicht mehr wieder
über dieselbe zurückzugehen, noch vor irgend Etwas zurück-
zuweichen, was der König von Preussen sich vorsetzen könnte zu
thun oder zu unternehmen, selbst wenn er in Strehlen bliebe oder
in dem Lager, das er gegenwärtig innehat. Mein Vorhaben ist,
obgleich ich schwächer bin, über Frankenstein hinaus vorzurücken,
um niein Glück zu versuchen (pour tenter fortune) und von der
geringsten Gelegenheit Nutzen zu ziehen, wenn sie sich darbietet,
mit Vernunft und Gottes Hilfe, welche auch das Uebrige im Fall
des Zusammenstosses wird thun müssen ; indem ich hoffe, dass die
würden ihm schon Hilfsquellen bieten ; ani Wiener Hofe sei es, seine wirk-
lichen Interessen zu berücksichtigen und annehmbare Vorschläge zu machen,
er habe seinerseits genug gethan und es werde ihm übel, wie einer schwängern
Frau, sobald man ihm von einem neuen Ultimatum spreche; er habe schon so
viel nachgegeben, ohne dass es einen anderen Erfolg gehabt habe, als seinen
Feind nur- noch stolzer und hartnäckiger zu machen und schliesslich, sei es
am Sieger, Gesetze zu geben und nicht am Besiegten; er habe eine Schlacht
gewonnen und zwei Städte genommen, da er im Vortkeü sei, wäre es für
ihn beschämend, seine Rechte und ein protestantisches Volk aufzugeben ;
dass. wenn der Eifer für die Religion die protestantischen Mächte anfeuern
könnte, dies bei dieser Gelegenheit geschehen müsse, um vielmehr ein armes,
vom katholischen Clerus unterdrücktes protestantisches Land unter der
Herrschaft eines protestantischen Fürsten zu erhalten, statt es in seine
früheren Leiden zurückzustossen, welche viel grösser werden würden ; er
schmeichle sich, dass Se. britische Majestät als protestantischer Fürst ihm
eher rathen und helfen werde, Schlesien zu behaupten, als es aufzugeben."
(Vergl. Robinson's Bericht an seinen Hof bei v. Raumer, Beiträge zur neue-
ren Geschichte II, 139; Carlyle, Frederick IL, Buch XIII, Cap. IL Robin-
son's Denkschrift für den Wiener Hof. benützt Droysen V, 1, 303, Robin-
son's andere Berichte Grünhagen, die Sendung Robinson's, „Preussische
Jahrbücher" XXVII, 1875. Nach der Aufzeichnung von Podewils.)
') Vergl. auch Band IV. dieses Werkes.
411
Mannschaft sich ihrerseits im Allgemeinen anstrengen werde, ihrer
Pflicht nachzukommen, wie wir es gegen die Königin und
E. k. H. verpflichtet sind".1)
Der dienstbare Stand seines Armee-Corps betrug 28.557 Mann,
13.462 Pferde.2)
Die Märsche waren ausserordentlich klein berechnet, für die
etwa 7 — 8 Meilen betragende Strecke Bielau-Frankenstein waren
!) Tage mit zwei Rasttagen veranschlagt, der stärkste Marsch betrug
kaum 2 Meilen.
Die Armee marschierte aus dem Lager bei Bielau links in
zwei Colonnen ab. Der die Greneral-Quartiermeister-Dienste ver-
sehende Oberstlieutenant von Rottern des Dragoner-Regiments
Althann war schon einige Tage früher mit 80 deutschen Pferden
und 100 Husaren von Ottmachau ausgesendet worden, um die
Sicherheit der Routen zu constatieren und die Lagerplätze auszu-
wählen. Ausserdem erhielt FML. Baron Preysing, der Com-
mandant des linken Flügels, Befehl, am 31. Juli einen Officier und
die nothwendige Mannschaft vorauszusenden, um die Strassen,
welche jedes Treffen einzusehlägen hatte, zu recognoscieren und
nach Bedarf den Colonnen als Führer zu dienen.
Von der Infanterie gi engen 2 Hauptleute mit 2 Subaltern-
Officieren und 120 Mann mit Schanzzeug, nebst 30 Zimmerleuten
und einer Anzahl Bauern voraus, um Wege und Brücken zu re-
parieren.
An den mit dem Ausstecken des neuen Lagers beauftragten
Oberstlieutenant von Rottern waren die Regiments -Quartier-
meister und Fouriere, die mit der Avantgarde marschierten, ge-
wiesen. Das erste Treffen erhielt die Route über Blumenthal und
Bauke, das zweite jene über Köppernig, Tannenberg über den
Weiden-Bach angewiesen.
Um 3 Uhr Früh wurde Tagwache geschlagen und um 5 Uhr
der Marsch angetreten. Er begann vom linken Flügel der Caval-
lerie, die Avantgarde bildete das Liechtenstein'sche Dragoner-
Regiment. Der rechte Flügel der Cavallerie rückte aus seinem
Lager, marschierte längs der Front der Infanterie, um sich an die
Cavallerie des linken Flügels anzuschliessen.3) Dem rechten Flügel
der Cavallerie folgte die Infanterie des ersten Treffens.
») K. A., Schlesien 1741 ; VII, U.
2) Siehe Anhang LIV.
s) Siehe die Ordre de Lataille auf der folgenden Seite.
412
Das zweite Treffen bildete gleicherweise die Marsch-Colonne,
der rechte Flügel der Cavallerie schloss sich unmittelbar dem
linken an.
Die Husaren - Regimenter formierten die Avantgarde des
zweiten Treffens.
Das Corps de reserve folgte dem letzten Cavallerie-Regiment
des rechten Flügels des zweiten Treffens (d'Ollone). Die Oroaten
marschierten vor dem ersten Infanterie-Regiment des linken Flügels
des zweiten Treffens (Harrach), dem die übrigen Regimenter
folgten.
Der Infanterie des ersten Treffens folgte die Reserve-Artillerie,
dann die Bagage des Hauptquartiers und jene der Generale und
Truppen des ersten Treffens. Die Bagage des zweiten Treffens
und des Corps de reserve folgte dem letzten Infanterie-Regiment e
dieses Treffens.
Ordre de bataille.
FML. Preysing Browne
GFWM. Philibert PaJlant
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Artillerie Pontons
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GFWM. Birkenfeld
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Croaten
Batthvanvi
Ungarn Slavonier
Wurde am 2. August aufgelöst.
413
Die Truppen hatten in so breiten Formationen zu marschieren,
als die "Wege dies zuliessen. x)
Das Hauptquartier der Armee kam am 1. August nach Kaikau,
zwischen, welchem Orte und Brünschwitz das Lager genommen
wurde. Die zurückgelegte "Wegstrecke betrug 9—10 Kilometer.
Das Detachement in Alt-Grottkau wurde dort belassen, ebenso
die Posten an der Neisse. Mit ihren Meldungen waren dieselben
an den neuen Commandanten von Neisse, den Oberstlieutenant
St. A n d r e gewiesen, da GFWM. Baron Roth mit der Armee
von Neisse abgieng. Die Garnison der Festung wurde mit 2000 Mann,
aus Commandierten der Infanterie - Regimenter bestehend, fest-
gesetzt.2)
Am 31. Juli hatte sich GFWM. Baron Lentulus nach
Grottkau anlässlich der, dem geschlossenen Cartell gemäss, für den
1. August bestimmten Auswechslung der beiderseitigen Kriegs--
gefangenen begeben, wozu auch der preussische Commissär GM.
Prinz Dietrich von Anhalt eintraf. Die Verhandlungen und
Abrechnungen nahmen die Tage bis zum 6. August in Anspruch,
worauf am Nachmittage beide Generale wieder von Grottkau ab-
giengen. Lentulus begab sich zuerst nach Neisse und traf am
7. in Wolmsdorf wieder bei der Armee ein.
Die ursprüngliche Marsch-Disposition3) derselben erfuhr in-
sofern eine Aenderung, als am 2. August in Kaikau Rasttag ge-
halten und erst am 3. von dort nach Bathmannsdorf-Hermsdorf
(4 Kilometer) marschiert und am 4. nach Kamitz (11 Kilometer)
gerückt wurde. Von Kaikau aus ergiengen an die am rechten
Oder-Ufer befindlichen Truppen Befehle, wonach der grösste Theil
derselben zur Haupt-Armee einberufen wurde.
Oberst Baron Trips hatte den Rittmeister S ehre g er
mit 200 Husaren, Oberstlieutenant Baron Brassinsky von den
Warasdinem mit 200 Mann zurückzulassen; alles Uebrige sollte in be-
schleunigten Märschen einrücken. Des Feldmarschalls Absicht war,
*) Die Marsch-Disposition warvonFZM. Thüngen ausgearbeitet worden.
Siehe die für den 1. August ausgegebene Marschordnung: Anhang LV.
2) K. A., Schlesien 1711, VII, 53.
s) Diese lautete : „Den 1. August 1711 bricht die Armee von ihrem bis-
herigen Lager in Bielau auf und marschiert auf Kaikau, den 2. auf Herms-
dorf, den 3. auf Kamitz, den 4. Easttag allda, den 5. auf Wolmsdorf, den 6.
auf Heinersdorf, den 7. Kasttag allda, den 8. über die Tseisse auf Groelnvitz,
den 9. auf Frankenstein." (K. A., Schlesien 1711 ; VII, ad 44 a.)
414
dass die Preussen am rechten Oder-Ufer ,,in beständigem Alarm
gehalten und ununterbrochen beunruhigt, desswegen auch gegen sie
bei findender Thunlichkeit agiert" werde, dieselben daher nicht
nur beobachtet werden sollten, wie es Oberst Baron Trips
gethan zu haben scheint. Diese am rechten Oder - Ufer ex-
ponierten Commanden fanden an einem schlesischen Land-
Cavalier, Namens Quid sau, einem früheren Officier, der das
Land genau kannte, mannigfache Unterstützung, an den auch
schon im Juli Capitain K n i e b i s c h mit seinen Hayduken ge-
wiesen worden war.
Oberstlieutenant Emerich Baron Morocz des G-hylänyi'schen
Husaren-Regiments, der am 27. Juli den nach Frankenstein vor-
geschobenen Oberstlieutenant Grafen Forgäch dort abgelöst,
hatte 100 Pferde in genanntem Orte zurückgelassen und war mit
seinem Commando zuerst nach Seitendorf, dann nach Kloster
Heinrichau an die Strasse Münsterberg-Strehlen gerückt. Von hier
hatte er Patrouillen gegen das preussische Lager gesandt, aber
nirgends feindliche Truppen angetroffen, sondern nur in Erfahrung
gebracht, dass nach der Affaire von Zobten die Besatzung von
Nimptsch verstärkt worden sei. Morocz stellte auf .den Anhöhen
gegen Strehlen einen Observationsposten von 1 Officier 30 Mann
auf, der nicht nur das preussische Lager einsehen, sondern das
Land ringsum weit überblicken konnte. *)
Inzwischen war Menzel mit dem Trenck'schen Corps von
Reichenbach nach Frankenstein gerückt, dann aber nach Patschkau
an die Neisse zurückgezogen worden ; vom FM. N e i p p e r g wurde
ihm bedeutet, wegen Ergänzung seiner Muniton aus Ottmachau
10.000 Patronen abholen und Beschuhung und Wäsche für seine
Mannschaft eventuell aus Neisse nachkommen zu lassen.
Sobald er dies bewerkstelligt, sollte er, mit Brot und Hart-
futter von Patschkau auf 2 bis 3 Tage versehen, der Armee nach-
folgen : die bei ihm befindlichen 30 Husaren hatten bis auf weiteres
in genanntem Städtchen zu bleiben.
Der in Glatz befindliche Oberst Baron An dl au des Max
Hessen'schen Regiments erhielt Befehl, mit einem Bataillon seines
Regiments und zwei Grrenadier-Compagnien, feldmässig ausgerüstet
am 8. August nach Wartha zu marschieren, um sich mit der Armee
zu vereinigen, die am genannten Tage am rechten Neisse-Ufer in
der Nähe von Baumgarten Lager beziehen werde.
*) K. A., Schlesien 1741, VIII, 9,
415
Das Commando über die in Glatz und Umgebung zurück-
bleibenden Truppen hatte der Oberstlieutenant Graf Grünnevon
Carl Lothringen zu übernehmen und die auswärts commandiert eu
Detacheinents, soweit es thunlich, in die Festung zu ziehen.
Die Armee hielt am 4. August Rasttag in Kamitz und rückte
am 6. bis AVolmsdorf (10 Kilometer).
König Friedrich IL hatte bereits am 2. August Nachricht,
dass die österreichische Armee aus dem Lager bei der Festung
Neisse aufgebrochen sei. Um Sicherheit über die Richtung ihrer
Bewegungen zu erhalten, entsendete er am 4. August zwei In-
fanterie-Regimenter und 20 Escadronen, nebst Husaren zur Re-
cognoscierung. Diese brachten zwar einige Gefangene, doch keine
verlässlichen Nachrichten mit. Am folgenden Tage giengen zwei
Infanterie - Bataillone mit 9 Geschützen, 20 Escadronen, nebst
Husaren gegen Alt - Heinrichau vor, wo das Detachement des
Oberstlieutenants von Morocz sich befand. Dieser blieb bis zum
Anbruch der Nacht auf den Höhen bei Münsterberg stehen und
gieng dann hinter die genannte Stadt bis zum Dorfe Nossen zurück.
Er Hess jedoch eine starke Feldwache auf der Höhe bei Münster-
berg und rückte am 6. August Morgens wieder in seine frühere
Stellung vor. Das preussische Recognoscierungs-Commando hatte
bei Alt-Heinrichau Lager bezogen.
Am 7. August blieb Neipperg mit der Armee in AVolms-
dorf, von wo er an den Grossherzog berichtete :
„Inzwischen bin mit dem Kriegs-Corps nach I. k. M. meiner
AJlergnädigsten Frau und E. k. H. Allerhöchst und Höchster In-
tention, bereits Gnädigst bekanntermassen den 1. d. von Neisse
aufgebrochen und habe mich seither in kleinen Märschen bis heute
hieher gezogen, um zu sehen, ob der Feind, wie man vielleicht zu
Wien glaubt, bei Vornehmung meines Mouvements und Anrückung.
sein bisheriges Lager nicht etwa verlassen und sich zurückziehen
dürfte. Anstatt aber dergleichen Nachrichten einzuholen, hat er
sich vielmehr seit meiner Bewegung mit einem starken Detache-
ment aus seinem Lager bei Strehlen, nach Heinrichau, einem von
dort herwärts gegen mir gelegenen Kloster, gezogen und solle.
dem Vernehmen nach, mit dem Rest der Armee morgen dahin zu
folgen Miene machen."
,,Da nun heute wirklich an der Neisse stehe und solche morgen-
den Tags unfehlbar gegen Frankenstein zu passieren gedenke, so
416
kommt es darauf an, wozu der König von Preussen sich ent-
schliessen dürfte. Unter anderen Nachrichten wollen auch einige
versichern, als ob jetzt besagter König von Preussen sich gegen
Neisse ziehen wollte. Gibt er mir eine Gelegenheit, ihm etwas
beizubringen und andurch I. k. M. gerechteste Sache zu befördern,
so werde es gewiss nicht unterlassen ; rückte er hingegen mit seiner
ganzen Macht auf mich an und suchte mich zu attaquieren, so
würde ihm auch, da ich einmal das bekannte Mouvement vor-
genommen und die Neisse passiert, wie E. k. H. allbereits unter-
thänigst zu erkennen gegeben, par Reputation I. k. M. Waffen nicht
wohl füglich mehr weichen können, sondern dasjenige vor die
Hände zu nehmen veranlasst werden, so dem Allerhöchsten Dienst
am diensamsten und beförderlichsten zu sein, nach meiner
geringen Einsicht ermessen würde." x)
Am 8. August war die österreichische Armee um 3 Uhr Morgens
aus Wolmsdorf und Umgebung aufgebrochen und hatte den Vor-
marsch an die Neisse fortgesetzt. Bei Piliz passierte die Infanterie
auf zwei Ponton-Brücken den Fluss, die Cavallerie durchfurthete
denselben. Das Lager ward am linken Neisse-Ufer auf den Höhen
zwischen Hartha und Baumgarten bezogen. Das Hauptquartier
langte, nachdem der Feldmarschall die Defilierung der Armee über
die Neisse von (J bis 11 Uhr Vormittag abgenommen, gegen 12 Uhr
Mittags in Baumgarten an.
FM. Graf N e i p p e r g nahm, von der gesammten Generalität
begleitet, alsbald nach dem Einrücken in das Lager, eine Recog-
noscierung vor. 2)
Die Streif-Commanden des Oberstlieutenants Dessewffy
und des Oberstwachtmeisters G y ö r i waren schon am 6. August
bei Münsterberg angelangt und hatten sich mit dem Morocz'
vereinigt. Der Feldmarschall beauftragte von Wolmsdorf aus die
beiden Oberstlieutenants, ihm häufige und zuverlässige Meldungen
über die Bewegungen der preussischen Armee einzusenden ; der
Oberstlieutenant Dessewffy war jedoch mit Oberstwachtmeister
») K. A., Schlesien 1711, VIII, 21.
2) Bezüglich der Marsch-Disciplin gab der Feldmarschall in einem sehr
scharfen Armeebefehl seiner Unzufriedenheit über das Verhalten der Officiere
im Allgemeinen Ausdruck, er betonte, dass zu wenig bei den Eegimentern
gearbeitet, dass die gegenseitige Unterstützung fast ganz vermisst werde und
forderte zu energischerem Dienstbetriebe auf. Armee-Befehl ddto. Baumgarten,
8. August 1711. (K. A., Schlesien 1711; VIII, 33V2.)
417
Györi bereits am 8. August wieder auf dorn Wege zur Armee,
so dass, da des Commandierenden Befehle die beiden genannten
Stabsofficiere nicht mehr erreicht hatten, nur das Morocz'sche
Commando bei Münsterberg zurückblieb.
Dem bei Kloster Heinrich.au stehenden preussischen Detache-
ment wurde am 8. August das Bandemer'sche Husaren -Regimen!
zugesendet, dafür aber das Regiment Prinz Friedrich nach
Strehlen zurückgezogen; zwei Tage später dagegen das erst-
genannte Husaren-Regiment durch die inzwischen von Leubus im
Lager bei Strehlen eingetroffenen Bronikowski-Husaren abgelüsi :
am 11. rückte noch das Grenadier - Bataillon AVinterfeldt in
Heinrichau ein.
Desselben Tages war ein preussisches Detachement, aus etwa
800 Reitern bestehend, von Kloster Heinrichau in die Stadt
Münsterberg gerückt, hatte die Thore bis auf eines gesperrt, durch
welches aber Oberstlieutenant von Morocz mit 500 Mann eindrang,
die preussischen Reiter, die sich theilweise in die Häuser zerstreut
hatten und aus solchen Gegenwehr leisteten, angriff, aus der
Stadt vertrieb und bis gegen Heinrichau verfolgte. Ausser den
im Rencontre Gebliebenen bestand der preussische Verlust in
1 Rittmeister, 1 Lieutenant, nebst 64 Reitern, welche gefangen
wurden. r)
Neipperg blieb vorläufig im Lager bei Baumgarten stehen
und berichtete von hier am 11. August der Königin, dass bisher
die preussische Armee sich nicht zurückgezogen, wie er vermuthet
zu haben scheint, sondern gegen Heinrichau stark detachiert halte,
sonst aber zu Strehlen unbeweglich stehe.
,,Da nun denselben in seinem Lager oder sonsten in den
vorteilhaften Posten, wo er dermalen steht, anzugreifen nicht
wohl thunlich glaube, noch auch eine weitere Vorrückung wohl
unternehmen kann, ohne vorher besser abgenommen zu haben, ob
der Feind daselbst stehen bleiben, oder was sonsten für eine Partie
nehmen dürfte, dabei auch meiner weiteren Mouvemenis halber
zu refiectieren nöthig sein will, wie die behörige Subsislenz für
Mann und Pferde, besonders aber das Brod finden und an mich
ziehen könne; also vermag dermalen von meinem weiteren, auch
l) Lutsc h.' Tagebuch.
Oestorreichischer Erbfolgekriog. IL Bd. 27
418
des Feindes Tlmn und Lassen noch nichts Positives allerunter-
thänigst zu berichten". ')
Dem Grossherzog gegenüber jedoch äusserte sich der Feld-
marschall rückhaltloser und offener über die allgemeine militärische
Situation. Fr meldet, dass FML. Grat' Browne aus Dresden
zurückgekehrt und wünsche, dass Robinson in seiner Verrichtung
glücklicher sei, obwohl, wie er fürchte, nichts dabei heraus-
kommen werde, ausser wenn der König von Preussen auf Kosten
der Königin seine Rechnung dabei finde. Um Robinson's
Unterhandlung zu unterstützen und ihr Gewicht zu verleihen,
müsste man eine Schlacht gewinnen und selbst diese würde den
Alliierten kein Sporn sein, um früher auf den Plan zu treten;
ganz im Gegentheil, sie würden sich dazu noch langsamer ent-
sehliessen, weil der König von England als Churfürst von Han-
nover und alle diese Protestanten durchaus Preussen nicht schwächen
wollen, das sie als ihren mächtigsten Freund betrachten, um sich
im Nothfalle Frankreich entgegenzustellen und ihnen zu helfen.
Sachsen fürchtet auch Preussen und ebenso, wie Hannover Frank-
reich. A\renn er diese Schlacht verlöre, würde es sieh nicht mehr
um Schlesien handeln, welches auf immer verloren wäre, ohne dass
die Alliierten aus den ob angeführten Gründen sich darum viel
kümmern würden.
Mil den Alliierten, Russland mitbegriffen, das sieh nicht ent-
schliessen zu wollen scheine, sei es an der Zeit, eine Entscheidung
zu treffen, entweder an Frankreich, oder an Bayern, oder an
Preussen etwas abzutreten, um den einen oder anderen Theil
zufriedenzustellen: denn die Königin werde niemals, setze man
selbst den Gewinn einer Schlacht voraus, mit Erfolg einen Krieg
gegen zwei Feinde, wie Frankreich und den König von Preussen,
aushalten, die in Bezug auf Geld, Credit und Truppen genug
Hilfsquellen haben. Der Grossherzog möge sich erinnern, da>^
Neipperg dies vor sei n e r A b reis e v o n W ien a u s-
gesprochen habe im d d a s s die Königin nicht Alle s
oder die Monarchie in ihrem ganzen Umfange er-
halten werde. Man fange in Wien gewöhnlich damit an, einem
Feind mit ungenügenden Kräften entgegenzutreten und man mache
nur dann Anstrengungen, wenn man einsehe, dazu gezwungen zu
sein: dann aber zu spät, weil der Feind gewöhnlich so viele Vortheile
') Graft. Neipperg'jsches Archiv.
419
im Anfange des Krieges davongetragen habe, dass es nicht mehr
menschenmöglich sei, von den letzten Anstrengungen ohne ein
Wunder Nutzen zu ziehen, wie es bei Eochstädl und Turin ge-
schehen, noch dazu in einer Zeit, wo man wackere und aufrichtige
Alliierte, (Miier.de von vollendeter Erfahrung, sehr zahlreiche und
an den Krieg gewöhnte Armeen gehabt habe.1)
Am Nachmittage des 11. recognoscierten FML. Graf Bro wne
und GF WM. Baron Lentulus die Gegend um und über Franken-
stein hinaus.
:) Neipperg an den Grossherzog ddto. 11. August 1741. (K. A . Schle-
sien 1741; VII 1. 36.)
Die Besetzung von Breslau.
Am 11. August traf im österreichischen Hauptquartier zu
Baumgarten die Kunde von der Tags vorher durch die Preussen
erfolgten vollständigen Besitzergreifung Breslaus ein.
Die Nachrichten, welche man seit Ende Juli aus der Landes-
hauptstadt erhalten, hatten allerdings schon auf die starke Agitation
hingewiesen, welche angewendet wurde, um die wohlhabende und
im Allgemeinen gut österreichisch gesinnte Bürgerschaft der Landes-
hauptstadt in das preussische Interesse zu ziehen. Wie in den De-
cembertagen des Jahres 1740, als es sich darum handelte, öster-
reichische Truppen als Besatzung in die Stadt zu nehmen und
diese dadurch der Königin Maria Theresia zu erhalten, ein
preussischer Agitator, der Schuster Dublin, dies durch Auf-
wiegelung der untersten Volksschichten und einen geschickt ge-
leiteten Terrorismus zu verhindern gewusst, so trat jetzt ein anderer,
weit fähigerer Agent des Königs auf, um mit allen Mitteln Propa-
ganda für die Aufhebung der Neutralität und den Anschluss an
Preussen zu machen.
Salomon Jacob Morgenstern, sogenannter Hofgelehrter
unter König Friedrich Wilhelm L, ein Mann von nicht ge-
wöhnlichem Verstand und Wissen, war im Jahre 1741 der preussi-
schen Administrations-Behörde, dem Feld-Kriegs-Conmiissariate in
Breslau, attachiert worden. König Friedrich H. theilte ihm hier
die ßolle eines Kundschafters und eines für das preussische Inter-
esse thätigen politischen Agenten zu. Unter dem Namen eines
Dr. Frey er schuf er den durchaus nicht preussenfreundlichen
Gesinnungen der besseren Olassen durch seine Verbindungen,
421
besonders in den Kreisen der Gewerbetreibenden, ein nicht un-
bedeutendes Gegengewicht. *)
Man erfuhr weiter, dass in Breslau auffallend viele preussische
Soldaten gesehen würden, „massen damit alle Gassen und Plätze
wider Gewohnheit häufig angefüllt, auch fast in allen Grassen eine
grosse Anzahl von ihren Küstwagen stehen".
Ein weiterer. Bericht vom 26. Juli meldete, dass König
Friedrich IL der Stadt Breslau als letzten Termin den 29. Juli
bezeichnet habe, um ihre Enderklärung wegen der Steuern ali-
zugeben. Er hatte von der Stadt Breslau 500.000 Thaler ver-
langt, welche ihm der Magistrat unter Berufung auf den Neu-
tralitätsvertrag abgeschlagen, worauf er nur noch 10(5.000 Gulden,
als den auf die Stadt entfallenden Steuerbetrag, für das erste
Halbj ahr 1741 forderte. 2)
,,Es will aber und wird von den Bürgern gewiss nicht anders
resolviert werden, als dass sie Nichts geben und sieh an das in
der Convention versprochene königliche Wort halten werden.
obschon die Resoluta von allen Zünften noch nicht dem Magistrat
übergeben worden".
Ferner erfuhr man, dass „weder der Magistrat, noch Honora-
tiores etwas Anderes wünschen, als des preussischeu Jochs bald
los zu werden und obschon die Nichtshabenden mit Anhang ili'v
Canaille etwas anderes suchen, so sind sie doch nicht mächtie
genug, eine Uebergabe der Stadt durch eine vorteilhaft er-
scheinende Capitulatiou zu erzwingen".
Morgenstern, unter dem Pseudonym des Dr. Frey er
„schwätze dem gemeinen Manne goldene Berge vor und sei
Ursache, class wohl gegen 100 solche nichtshabende und nichts-
würdige Menschen zum Kriegs-Commissariat gegangen und gebeten.
womit der König von der gesammten Stadt die Huldigung an-
verlange, hätten aber doch diese Conditiones gesetzt, 1. dass sie
dieses Jahr keine Steuern geben dürfen, 2. Handel und Wandel wieder
eröffnet und nicht gestört würde und 3. die Stadt keine Garnison
einnehmen müsse; worauf sie, weil ihrer so wenig, zurückgeschickt
*) „Da ich auch eine grosse Partie wohlgesinnter Bürger in der Stadt
halte, so sollet Dir Euch des p. Morgenstern bedienen, damit derselbe in seinem
bisherigen Trainieren continuiere und unter dem Namen des Dr. P r e \ e r's die
Mir affectionierten Bürger in guten Gedanken und Neigung gegen mich conser-
viere." König Friedrich II. anFM. Schwerin, undatiert (Ende Juli 1711
Polit. Corresp. I, Nr. 4 1 I.
2) Stenzel. Geschichte des preussischen Staates. IV.
422
und mehrere dieses Sinnes zu machen anermahnt worden. 1)
Hierauf habe der Magistrat gleich Deputierte an's Commissariat
des anderen Tages abgeschickt und sieh beschwert, dass man durch
Anhörung dergleichen Leute Anlass zu Aufwiegelungen in der
Stadt gebe, sich derselben Namen zu decoiwrieren gebeten ; so
man aber refusiert und gemeldet, dass man darum nicht gefragt
und sie mit ihrem petito abgewiesen hätte, um nichts der Stadl
Nachtheiliges dem König anzürathen. Es könnte ganz leicht sein,
dass der König, welcher schlechten Leuten gerne viel glaubt, vor
die Stadt rücke, allein es ist nicht vorzusehen, dass er anjetzt durch
eine noch so gut klingende Capitulation hereingelassen würde,
dann man desselben Verfahren nunmehr ganz überdrüssig, weil
das ehemals in Conventioue gegebene AVort ganz anders, als ver-
sprochen ausgedeutet werden will."
Man wünsche in der Stadt nichts sehnlicher, ,,als ein ansehn-
liches Detachement von unserer Armee zu sehen, welches sich des
,, Domes"' bemächtige und sodann, um eingelassen zu Verden, Pro-
positionen von Versicherung aller Privilegien mache, so würden
die Thore ihnen bald eingeräumt werden". 2)
Nachrichten aus Breslau vom 28. Juli besagten, dass der
Gewährsmann des Correspondenten ,,als ein in dieser Sache viej
vermögender Mann, ebenso wie Adele andere gut gesinnte Sena-
tores" gewiss einem Unternehmen Unterstützung zuwenden würden,
das österreichische Truppen in die Stadt zu bringen geeignet
wäre. Er meinte ,,es also am besten in's Werk zu richten, dass
zuvörderst ein grosses Gor) is \ im acht oder mehreren tausend Mann
sieh jenseits der Oder des ,, Domes" bemächtige, welches einige
Stück und Pontons hierzu nöthig haben würde und sodann ein-
gelassen zu werden verlange, so würde man sich, seiner Einsicht
nach, nicht aufhalten, die Entree zu verstatten, wann nur unter
Einem auch der dieses Corps commandierende General sieh mit
genügsamer Vollmacht legitimieren könnte, die Bürgerschaft ver-
sichern zu dürfen, dass man ihre alten Privilegien Allergnädigst
e< mfirmieren, sie zur Einnehnmng einer Garnison nicht nöthigen
und 3. wegen der aus Noth und zu der Stadt Conservation er-
griffenen Neutralität sie nie bestrafen werde. Es sei hieven umso
1) Vergl. Grünhagen, „Friedrich d. Gr. und die Breslauer in den
Jahren 1740 und 1741", 153 u. f. und desselben Verfassers ..Erster schles.
Krieg", I, 235 u. f.
2) K. A., Schlesien 1741; Fase. VU, ad 44 c u. d.
•>'>
42
mehr ein glücklicher Ausschlag anzuhoffen, als der grösste Theil
der Inwohner und meist alle Honoratiores und Potentiores >-■ sehnlich
wünschen und verlangen, wie sie, Bürger, dann auch vorgestern
wieder' in grosser Anzahl auf der Börse beisammen gewesen und
einmüthig pro auf den 29. abzugebendes Ultimato beschlossen.
dem König keine Steuern zu geben, sondern durch ein von allen
Zünften und Zechen unterschriebenes Memorial solche von darum
deprecieren würden, weil es der Convention schnurstracks zuwider,
durch diesen Krieg aller Handel und Wandel darniederliegen fchäte
und folgsam sie nicht im Stande wären, das Mindeste zu zahlen,
noch würden. Man werde nun bald erfahren, wie der König diese
abschlägige Antwort nehmen und darauf weiter resolvieren werde,
massen sie morgen durch Deputierte von Zünften hinüber in 's
Lager geht. Anjetzt wäre das rechte. Tempo und glaube der
Correspondent diese Entreprise umso sicherer und faciler, wann
der Feldmarselia.il belieben wollte, vorher an den Magistrat in
corpore zu schreiben und sie. ohne von allem Obigen etwas zu
melden, generaliter zu befragen, wie sie sich nunmehr, da unsere
considerable Armee im Land, bei derselben Annäherung aufführen
und ob sie solche nicht ebenso gutwillig, wie die preussische ein-
lassen würden und dieses /war unter Vertröstung, dass sie bei
guter, wie schuldiger Conduite das Passierte, vergessen machen und
die bisherigen Prfvilegia umso leichter Allergnädigst eonfirmiert er-
halten können."'
Die in den ersten Tagen des August einlaufenden Nachrichten1)
kennzeichneten noch die Freude, mit der die Vorwärtsbewegung
der österreichischen Armee in Breslau begrüsst wurde. Die Corre-
spondenz vom 5. bemerkt: „Wegen der noch zu beantworten im
Rückstand gelassenen Commission diene so viel gehorsamst an.
dass weder auf Deputierte, noch schriftliche Versicherung zu hoffen,
weil man allzu furchtsam, es Mehreren, als etlichen Wenigen zu
proponieren, doch wünscht man nichts mehr, als die gegebenen
Vorschläge in' s Werk zustellen, so soll der anverlangte Effect auch
ohne allen Zweifel erfolgen". Welche „Commission*' liier gemeint
ist, Lässt sicli nicht feststellen, vielleicht war es der indirect ausge-
sprochene Wunsch des Armee-Commandanten, die Stadtvertretung
solle schritt lieh die Besetzung durch österreichische Truppen verlangen.
„Auf das von der Bürgerschaft abgeschickte Memorial, worin
sie gegen die Steuern protestieren, sei noch keine Antwort erfolgt)
*) Vom 5. and 7. Augu I
424
hingegen machten die preussischen Emissäre denen bange, welche
solches Memorial als Aelteste der Zünfte unterschrieben : wie der
König (im Fall sie sich seiner Intention nicht gutwillig unter-
ziehen und ferneren Ansinnen allen Vorschub leisten würden) am
Leben strafen und über die Steuer noch ein Pönale von ihnen
allein per 100.000 Reichsthaler abfordern würde, verhetzen die
Bürgerschaft gegen den Magistrat und geben allen Anlass zu
einer Empörung wider denselben''.
Am 3. August seien die Klöster von einer preussischen Com-
mission auf das Minutiöseste durchsucht worden, weil der Magistrat
beschuldigt werde, als habe er denselben Waffen für 5000 Mann zur
eventuellen Vertheidigang der Stadt übergeben. Der Bericht fügt,
hinzu : „Auf solche Art wird die Neutralität sehr garstig durch-
Löchert und bald Niemand mehr hier sicher sein. Der Magistrat
will dergleichen Ansinnen nicht widerstehen, um nicht Gelegenheit
zu mehrerer Gewalttätigkeit zu geben."
Im Namslau'-, Liegnitz'- und Glogau'schen sei die Steuer-
Execution scharf im Gange und habe „das letzte. Commando im
ersteren Orte zwei Landes-Aelteste zu Geiseln mitgenommen".
In den Vorstädten Breslaus hätten die österreichischen Husaren
am i. Angust Nachts ein starkes preussisch.es Detachement, das
dort einquartiert gewesen, beunruhigt und mit den ausgestellten
Posten einige Schüsse gewechselt.
Vom 8. August wurde noch ans Breslau gemeldet: „Gestern
isl FM. Schwerin zu Pferd, ganz unvermuthet mit 0 Officieivn
hier angelangt, hat gar keine Bagage mit, weiss also Niemand.
was diese Ankunft zu bedeuten. Es war G Uhr Abends, stieg beim
Kriegs-Commissariate im Ober-Anats-Hause ab und kam erst gegen
9 Uhr in sein Quartier, wo sogleich der französische Gesandte sich
bei ihm einfand und bis gegen 10 Uhr bei ihm blieb. Gott gebe
dass dieser Pas nicht etwas uns sehr Nachtheiliges mit der Stadt
Breslau concerniere, weil gestern auf königliche Citation beide
Syndici von G u t z m a r und L ö w e in's Lager abgehen müssen,
man wird wohl alles von derer, als des Ersteren Verrichtung in
Erfahrung bringen und schuldigst referieren; allein es ist ganz
-icher, dass die Parthei des Königs hier unter der gemeinen Bürger-
schaft sehr zunimmt, massen nicht nur die vier starken Zünfte,
als Kretschmer, Fleischer, Bäcker und Schuhmacher, welche alle
seither considerable Zugänge gehabt, ihm gänzlich gewidmet und
sonder Zweifel ebenso willig, preussische Truppen hereinzulassen,
als den Eid der Treue abzulegen bereit wären, sondern auch die
425
Emissarii nickt nachlassen, die sämintliche Bürgerschaft wider den
Magistrat aufzuhetzen und durch dergleichen zu des Königs Vortheil
Uneinigkeit zu erregen. Ja es sind viele, die sehnlieh preussische
Truppen herein wünschen, um sieh wider uns Sicherheit zu ver-
schaffen; doch sind die Honoratiores und Potentiorcs eVwjss getreu
und wünschten durch das Gregentheil baldigst erfreut zu werden.
Grott verhüte allergnädigst einen Tumult, sonst ist es mit dem
kleinen Häufel der treu Gesinnten geschehen, masseu die Schmette-
rungen wider unsere Königin, deren Truppen und die Katho-
liken abermals sehr zunehmen." r)
König Friedrich IL, dem die Haltung der Breslauer Be-
völkerung, im Vereine mit dem Auftauchen der österreichischen
Streif-Corps am rechten Oder-Ufer, unbequem und gefährlich wurde,
beschloss, seinen ,, Feinden das Praevenire zu spielen und durch
eine Surprise und coup de main" sieh der Landeshauptstadt zu
versichern. 2)
FM. Graf Schwerin, der wie es hiess, an seiner bei Moll witz
erhaltenen schweren Verwundung noch sehr litt und desshalb nach
Breslau gekommen sei, hatte schon seit Ende Juli vom König unter
ausführlicher Darlegung der Gründe, welche ihn dazu bestimmten.
Befehl, eine detaillierte Disposition zur Besetzung Breslaus vor-
zulegen.3)
Es befanden sich damals an verfügbaren preussj sehen Truppen
in der Landeshauptstadt nur 2 Bataillone auf der Dom-Insel und
in der Ohlauer Vorstadt. In der letzteren stand ausserdem das
neu errichtete Dragoner-Regiment Nassau, von dem ein Theil noch
anberitten war. Zur Unterstützung dieser schwachen Truppen-
zahl wurden 4 Grenadier-Bataillone nach Breslau gesandt und auch
das Detachement des Prinzen Moritz von Anhalt, das am
rechten Oder-Ufer sich befand, herangezogen. Diese Truppenkörper
waren sämmtlich am 9. August in den Vorstädten eingetroffen
und dort einquartiert worden. Die Gesammtstärke der für die
Ueberrumpelung der Stadt zusammengezogenen Kräfte betrug etwa
4500 Mann. 4) FM. Schwerin war nach persönlicher Rücksprache
') Iv. A., Schlesien 1741 ; VIII, ad oll.)
2) Polit. Corres|c I. Nr. 111.
:>j Ebenda. Die ,.Disposition des FM. Grafen Schwerin, wie die
Eintreprise auf Breslau, den in. August in's Werk gesetzl werden soll" i-t
enthalten in: „Sammlung ungedruckter Nachrichten etc." I. 40 u. f.
*) Kriege Friedrich .1. Gr. II, IUI.
426
am 7. aus dem Hauptquartier, wie erwähnt, nach Breslau zurück-
gekehrt und hatte die Bürgerschaft über die Znsammenziehung
grösserer Truppen in den Vorstädten mit der Mittheilung beruhigt,
dass diese Abtheilungen bestimmt seien, die Etapenstrassen Glogau-
Breslau und Sclnveidnitz-Breslau zu besetzen.
Am !>. August wurden die Befehle für den folgenden Tag
ausgegeben, der zur AVegnahme der Stadt bestimmt war.
König Friedrich II. hatte die fremden Gesandten, um sie
während der Unternehmnng von Breslau entfernt zu halten, für
diesen Tag in sein Hauptquartier geladen. Nur Robinson und
Hyndford, die am 8. August von dort zurückgekommen waren,
sowie der hannoversche Gesandte Sch.wich.eldt, befanden sich
in Breslau.
Um 51 2 Uhr Morgens am 10. August rückten 5 Bataillone
und die Cavallerie, welche als zum Durchmarsch bestimmt, dem
Magistrat angemeldet worden, durch das Nicolai-Thor ein. Die an
der Queue dieser Colonne marschierenden Abtheilungen besetzten
sofort die bei dem Thore befindliche Wache, die Colonne selbst
oecupierte die Hauptplätze der Stadt, das Rathhaus und das
Scliweidnitzer Thor. a) An dem Kreuzungspuncte wurden die
Bataillons-Geschütze placiert.
Gleichzeitig passierten eine Anzahl von preussischen Fuhr-
werken das Sand-Thor und blieben auf dessen Zugbrücken halten,
dasselbe geschah bei dem Ohlauer Thore. Da durch diese Wagen-
Colonne die Brücken oecupiert waren und die Thore nicht geschlossen
werden konnten, so war es den bereitgestellten Truppen ein Leichtes
die städtischen Thorwachen zu entwaffnen und in die Stadt einzu-
dringen, sowie mit der durch das Nicolai-Thor eingedrungenen Haupt-
Colonne in Verbindung zu treten. Die Cavallerie patrouillierte in-
zwischen in dew Strassen und zerstreute die Ansammlungen der
Bewohner.
Die Ueberrumpelung der Stadt war so geschickt in Scene
gesetzt und so exaet durchgeführt worden, dass die Haupt-Colonne
bereits die wichtigsten Strassen d^r Stadt besetzt hatte, bevor der
Stadtmajor von Wutgenau, welcher, wie es in solchen Fällen
Gebrauch war, mit einer Abtheilung der Bürger-Miliz an der Tete.
die preussischen Truppen durch die Stadt geleitete, den Ueberfall
bemerkte.
x) Siehe den Plan von Breslau, Tafel II.
427
Nirgends wurde Widerstand versucht.
Um 1) Ulir Vormittags theilte FM. Graf Schwerin jjlem ver-
sammelten Rathe mit, class die Neutralität nun ein Ende
habe und im Namen des Königs die sofortige Hul-
digung und der Eid der Treue zu leisten seien.1;
Mit den Huldigungen wurde in den nächsten Tagen fort-
gefahren und dieselben fanden nur bei der katholischen Geist-
lichkeit, besonders den Mitgliedern des Domcapitels und des Colle-
giatstiftes zum Heiligen Kreuze, vom Dom, Widerstand, wesshalb
sie, nachdem eine ihnen gewährte Bedenkzeit von 14 Tagen ab-
gi • Laufen war, auf Befehl König JPriedric h's II. bim Len 48 Stui iden
Breslau und Nieder-Schlesien verlassen mussten. Ihre Besitzungen
und Einkünfte wurden sequestriert. -')
Zum Gouverneur der Stadt ward GL. von der Marwitz
ernannt.
Der Bürgerschaft wurden die Gewehre abgenommen, die Stadt-
Miliz musste dem Könige von Preussen schwören. 3) An Kriegs-
geräth wurden 338 Geschütze, 7000 Gewehre und zahlreiche Muni-
tion vorgefunden. An die Spitze des Magistrats wurde der preussische
Kriegsrath Bloch m a n n gestellt.
Die Breslauer städtische Selbstherrlichkeit hatte damit ein Endet
In den nächsten Tagen nach der Einnahme Breslaus wurde
dem Könige von Prenssen auf dessen Befehl auch in Ohlau, Liegnitz
und Schweidnitz von Geistlichen und Weltlichen beider Confes-
sionen gehuldigt und weil die Magistrats-Beamten sich zum Theile
weigerten, den Amtseid zu leisten, zum Theile dem Könige seil ist
missliebig waren, so wurden ihre Si eilen durch Andere besetzt,
auch überall der kaiserliche Adler mit dem preussischen ver-
tauscht.
Am nächsten Sonntage wurde ein Huldigungs- und Dankfest
in den katholischen und evangelischen Kirchen anbefohlen, das
Kirchengebet nicht mehr für Maria Theresia, sondern für den
König von Preussen gehalten, wie denn auch FM. Schwerin die
nach dem Tode Kaiser Carl VI. noch fortdauernde Trauer ab-
gestellt hatte.
') Grünhagen, Friedrich d. Gr. und die Breslauer, 177.
2) Stenzel, Geschichte des preuss. Staates IV. L54.
:|) Aus ihr wurde ein neues Garnisons-Regiment gebildet und zu dessen
Commandanten der bisherige Stadt-Commandant Oberst von Rampus» h
ernannt .
428
Bald darauf wurde die Accise in den Städten des Herzog-
thums Nieder-Schlesien, wie in den andern preussischen Ländern,
eingerichtet. So zeigte sich König Friedrich II. in jeder Be-
ziehung völlig entschlossen, mindestens Nieder-Schlesien zu be-
haupten, er sah es bereits als eine seiner Provinzen an.1)
Die nach Breslau gezogenen Truppen rückten in den nächsten
Tagen wieder in das Lager von Strehlen ab, wohin auch 2 Esca-
dronen des Dragoner -Regiments Nassau beordert wurden. Für
Breslau wurde die Garnison mit 3 Bataillonen und einem Theile
i\^s Nassau'schen Dragoner-Regiments bestimmt.
Mit der preussischerseits erfolgten definitiven Besitzergreifung
Breslaus war der Sache der Königin Maria Theresia ein schwerer
Schlag zugefügt worden, der zu vermeiden gewesen wäre, wenn die
dem Namen nach alliierten Mächte ihre Versprechungen, bezüglich
des Beginnes der Operationen am 22. Juli, eingehalten hätten. 2)
Man hat häufig die Bewegungen des FM. Grafen Neipperg
Anfangs August mit Einverständnissen, welche derselbe in der
Landeshauptstadt gehabt haben soll, in Zusammenhang gebracht.
Aus den Acten lässt sich eine derartige wirkliche Verbindung
indessen nicht nachweisen. Die Vorwärtsbewegung, welche Graf
Neipperg am 1. August begann, geschah, wie aus dessen
Correspondenz ersichtlich ist, auf Wunsch des Hofes und auch
aus seiner eigenen Ueberzeugung ; sie geschah noch in der
Eoffnung auf das eventuelle Eintreten anderer Mächte für das
Recht und die Interessen der Königin. Hätte die Gunst der Um-
stände gestattet, eine Unternehmung gegen Breslau in das Werk zu
setzen, so würde FM. Graf Neipperg, besonders da ihm durch
seinen Breslauer Correspondenten bekannt war, dass ein Theil der
Bevölkerung dieselbe wünsche, eine solche gewiss nicht unterlassen
haben. Das im Juli an das rechte Oder-Ufer entsendete Streif-Corps
hatte wohl auch mittelbar den Zweck, in dieser Richtung zu wirken.
Als König Friedric h IL E n d e Juli dem FM. Grafen
Schwerin den Befehl ertheilte, ihm eine Disposition zur
Besetzung Breslaus vorzulegen, wusste er von der österreichischen
') Stenzel, Geschichte des preuss. Staates. A. a. O.
2j „Man schreibt mir von Maynz, dass die französischen Truppen Ordre
erhalten, Halt zu machen, vermuthlich weil der auf dem 22. passato gestellte
Operations-Plan nicht executiert worden. Wann solcher befolget, würde Breslau
nicht verloren gegangen sein." (L e n tu 1 u s au Seckendo r ff. Peterwitz.
16. August 1741; K. A., Schlesien 1741; XIII, 12 t.)
429
Vorrückung, die ja am 1. August erst begann, noch nichts;
er mag aber befürchtet Laben, dass die am rechten Oder-Ufer
befindlichen österreichischen leichten Truppen, unterstützt von
der, ihrer Königin treugebliebenen Bevölkerung, wenn sich
ein unternehmender und energischer Mann in Breslau an deren
Spitze stellte, die Stadt zu besetzen suchen könnten. Es isi
kaum ein Zweifel, dass ohne die tausenderlei Rücksichten, welche
de]- Magistrat auf das Besatzungsrecht der Stadt nahm, dies durch-
führbar und möglich gewesen wäre. Denn trotz der Schlacht bei
' Mollwitz stand eine Wohl ausgerüstete und schlagfertige österreichi-
sche Armee wieder im Felde. Deren Streifpartheien beunruhigten das
preussische Lager, unterbrachen die Verbindungen und fiengen die
Couriere ab; selbst jenseits der Oder bis Namslau, bis an die Thore
und in die Vorstädte Breslaus streiften Abtheilungen der öster-
reichischen Truppen. Die Ueberlegenheit in den kleineren Gefechten
Wiir meist den Letzteren geblieben. Auf den ungewissen Ausgang
einer Schlacht es jetzt, wo französische und bayerische Heere schon
den österreichischen Grenzen sich näherten, ankommen zu lassen,
blieb für den König von Preussen ein unsicheres Spiel. Er konnte
sich daher des ungestörten und sicheren Besitzes des von ihm in den
Verhandlungen so scharf betonten „Nieder-Schlesien mit Breslau"
durchaus nicht rühmen. Das Land beherrschten beinahe mehr die
österreichischen leichten Reiter, als die preussische Armee; Breslau
aber, auf dessen Besitz so sehr gerechnet wurde, konnte durch
eine glückliche Unternehmung den österreichischen Truppen jedes
Augenblick in die Hände fallen.
Diesem Zustande machte die gewaltsame und dabei mühelose
Besitzergreifung der Landeshauptstadt allerdings ein Ende.
Es wird auch angeführt, dem König sei ein Brief des Stadt -
Syndicus Gutzmar an FM. Graf Neip per g in die Hände ge-
fallen, welcher die Aufforderung enthalten habe, des Nachts vor
I n eslau zu rücken, man werde dann schon Mittel finden, die Truppen
hereinzubringen. ])
Dies ist möglich, besonders da laut einer Mittheilung dr>
Grafen Johann Henckel in Prag an FM. Graf Neipperg, vom
29. Juli Abends, die Post-Packete auf dem Wege von Breslau nach
Wisse öfter erbrochen worden sein sollen.-;
l) Grünhangen, Friedrich der Grosse und diu Breslauer in den
Jahren 1740 and 1741, 161.
"']•■•• ,,oijiig»; l'ostiugu lief die Ordinari-Paquel von Breslau auf dem
Weg von dannen bis Neisse eröffnet, auch verschiedene Briefe heraus-
430
Dagegen kann constatiert werden, dass in den sehr genau
geführten Verzeichnissen der in der Neipperg'schen Feld-Kanzlei
eingelaufenen Correspondenzen sich kein einziges Schreiben einer
Magistrats-Person vorfindet. x)
Ob endlich der an das rechte Oder-Ufer entsendete Oberst
Baron Trips Weisungen hatte, ein Einverständniss in Breslau
anzubahnen, eventuell dort einzurücken, ist aus dem Acten-Materiale
heute nicht mehr aufzuhellen, erscheint übrigens auch unwahr-
scheinlich, da der genannte Oberst bereits am "2. August zur
Haupt-Armee einberufen wurde und die am rechten Oder-Ufer
zurückbleibenden Kräfte für einen Handstreich auf Breslau viel zu
schwach waren. Jedenfalls wäre die Durchführung eines derartigen
Unternehmens auch nur mit Hilfe einer energischen und einfluss-
reicheii Person und gewandter Agenten in Breslau selbst möglich
gewesen.
genommen worden, muthmasslich vom Feind; wo aber und bei welchen Sta-
tionen, vielleicht gar an sicheren Orten zwischen Wegs derlei geschehen,
solches ist mir unbekannt, weil die mitlaufenden Stundenzette] nichts davon
melden, muthmasslich derlei den Postmeistern bei Lebensstraf verboten sein
nmss. da anderen Falls der Postmeister Pflichtschuldigkeit wäre, derlei dem
allgemeinen Dienst zuwiderlaufende höchst nachtheilige Violierung in dem
Stundenzettel anzumerken." (K. A., Schlesien 1711, VII, 52 V».)
l) Consignation des Feld-Kriegs- Secretärs Groll er. (Grärl. Neipperg'sches
Archiv.)
Die Lagerstellungen bei Frankenstein.
Am 14. August hatte die österreichische Armee ihr bisheriges
Lager bei Baumgarten mit einer anderen Stellung in der G-egend
zwischen Frankenstein und Peterwitz vertauscht.
Für den 15. waren schon die Befehle zum Marsche auf
Reichenbach ausgegeben, die Bewegung von den Truppen bereits
theilweise angetreten worden, als in letzter Stunde, auf die irrige
Meldung von dem Anrücken der Preussen, der AVeitermarsch sistiert,
die Lagerstellung wieder bezogen und bis 21. August besetzt ge-
halten wurde.
König Fr ied rieh IL hatte am 11. August die Einnahme von
Passau durch die bayerischen Truppen erfahren und dem Ohur-
fürsten Carl Albert seine Freude darüber ausgedrückt, so wie
auch betont, dass er ihn von diesem Tage an als seinen Verbün-
deten betrachte. Um den Churfürsten vor einer Diversion sicher-
zustellen, die er vuii Seiten N eip p er g's befürchte, habe er sich
der Stadt Breslau bemächtigt, was ihm nunmehr die Vorwärts-
bewegung erleichtere und die Möglichkeit gewähre, seine Operationen
sowohl auf die Einnahme von Neisse, als jene von Glatz zurichten.
Zu diesem Zwecke werde er sich in einigen Tagen gegen die
Neisse bewegen und die äussersten Anstrengungen machen, um den
Churfürsten von den gemeinsamen Feinden zu befreien.1)
Vier Tage später theilte er jedoch dein altenFürsten L e o |> 0 1 d
v<>n Anhalt mit, dass er gar nicht daran denke, sieh mit dem
feinde einzulassen, er werde ,, keine andern Mouvenients machen,
als welche die Umstände und die höchste Nut hwetidigkcit erfordern".
V) Polit. Corresp. I, Nr. 455.
432
zu welchem Zwecke er mit der Armee noch einige Tage im Lager
bei Strehlen bleiben werde, ausser die Bewegungen Neipperg's
zwängen ihn zu andern Massregeln. T)
Neipperg's Marsch über die Neisse und die Nachricht,
welche man im preussischen Hauptquartier inzwischen erhielt, dass
die österreichische Armee bei Baumgarten stehe, Hessen jedoch
den Vormarsch derselben gegen die preussische Armee vermuthen
und in Folge dessen entschloss sich König Friedrieh II., den
Angriff derselben stehenden Fusses zu erwarten.
Die bei Alt-Heinrich.au befindliche Abtheilung war schon am
13. August wieder in das Lager bei Strehlen gezogen worden; nun
wurden auch die übrigen Detachements einberufen, die grosse
Bagage und die Kranken nach Breslau geschickt. Am 16. August
wurde ein neues Lager bezogen, da das bisherige gegen einen
eventuellen Angriff von Nimptsch her nicht geeignet erschien.
Der rechte Flügel stand in der Gegend östlich von Seegen,
der linke südwestlich von Strehlen. Diese Aufstellung gewährte
den Vortheil, class aus ihr ein Abmarsch nach der Schweidnitzer
Gegend leichter zu bewerkstelligen war, dessen Notwendigkeit
eintreten konnte, wenn FM. Graf N eipp er g dem directen Angriff
etwa die Umgehung und die Bedrohung der Magazine in Sohweid-
nitz vorzog. Am 20. August jedoch wurde dies Lager wieder ver-
lassen, wohl auf Grund der eingelaufenen Nachrichten, dass GFWM.
Festetics mit 1000 Husaren in die Gegend von Schweidnitz
aufgebrochen sei. Schon am 1!J. August war eine Avantgarde aus
5 Grenaclier-Batail Ionen und einem Infanterie-Regiment unter Gener; \\
Kalckstein bis Kothsehloss gerückt, der am Abend die Artillerie
gefolgt war: am 20. rückte die Avantgarde bis Langen-Seifersclorf,
die Armee folgte in vier Coloimen und bezog Lager nördlich von
Lauterbach. General G e s s 1 e r recognoscierte mit den Husaren
gegen Reichenbaeh, von wo er Abends, ohne auf österreichische
Truppen gestossen zu sein, zurückkehrte. König Friedrich H.
trat, nachdem er in Strehlen ein kleines Detachement zurück-
gelassen, mit 42 Bataillonen, 83 Escadronen, 99 Geschützen, im
Ganzen etwa 37.000 Mann den Marsch an. 2)
Am 21. August rückte er in fünf Goloiinen, die Artillerie
in der Mitte, die Infanterie auf den Flügeln, in ein nördlich
') Kriege Friedrich d. Gr. II. 111.
vi Kriege Friedrich d. Gr. II, 114 u. ff.
i:;:;
Reichenbach gelegenes Lager, entsendete zwei Grenadier-Bataillone
nach Faulbrück und Schwengfeld, um Verbindung mit Schweidnitz
zu halten ; die Ortschaften G-üttmansdorf, Olbersclorf und Berthols-
dorf wurden mit Infanterie besetzt.
Die Bewegungen der preussischen Armee waren von den
leichten Truppen der österreichischen nicht nur beobachtet, sondern
deren Marsch auch beunruhigt worden, wobei die Husaren wieder-
holt in die Bagage-Colonne einbrachen und auch Beute machten.
Auf die Nachricht, dass diePreussen bei Lauterbach am 20. August
Lager bezogen hätten, waren die zur Beobachtung am Feinde be-
findlichen Husaren-Commanden verstärkt worden und am 21. August
Hess N e i p p e r g die Armee in eine Stellung südlich von Franken-
stein rücken, wo in Gefechtsordnung aufmarschiert wurde. Der
rechte Flügel lehnte sich an Frankenstein, der linke an eine
Anhöhe. Ueber den Pause-Bach, der im Rücken der Stellung lag,
musste jedes Regiment zwei Brücken herstellen lassen.
Da man einen Angriff der Preussen vermuthete, Hess der
Armee-Commandant in Schlachtordnung lagern. Das Hauptquartier
kam am Nachmittage dieses Tages nach Tarnau, das von den
croatischen Truppen besetzt ward.
In dieser Stellung blieb die Armee gefechtsbereit auch am
folgenden Tage.
Einige Veränderungen bei der Generalität waren inzwischen
eingetreten. GFWM. Ghylänyi war am 21. im Hauptquartier
angelangt.
Der bisherige Commandant des Liechtenstein'schen Dragoner-
Regiments, Oberst L o c a t e 1 1 i, war zum General-Feldwachtmeister
befördert worden, in der Dienstleistung aber bei der Armee ver-
blieben, der gleichfalls zum General vorgerückte bisherige Oberst
des Podstazky'schen Cürassier- Regiments, Graf Olivieri, da-
gegen zum Corps in Böhmen bestimmt worden.
FML. Graf Linden hatte in AVien die Bestimmung zur
schlesischen Armee erhalten; FML. Graf Mercy d'Argenteau.
dem die Königin das Regiment Alt-Daun verliehen hatte,1)
wollte vor seiner Rückreise von Wien nach Italien sein neues
Regiment besichtigen und war am 10. August im Hauptquartier
x) Infanterie-Regiment Nr. 56 Leopold Graf Daun. Nach dem im Jahre
1741 erfolgten Tode des Inhabers Grafen Wirich Daun erhielt FML. Graf
Mercy d'Argenteau das Regiment.
Oesterreichisoher Erbfolgekriog. IL Bd. 28
434
zu Baumgarten angekommen. Er überbrachte einen Brief des
Grossherzogs an den FM. Grafen Neipperg.1)
Als Mercy nach Wien zurückkehrte, gab ihm FM. Graf
Neipperg mündliche Aufträge und ein Schreiben für den Gross-
herzog mit.
Er verlangte unumwunden, dass man endlich einen Entschluss
fasse, um entweder den Krieg mit zuverlässigen Alliierten fortzu-
setzen oder durch einen Federzug denselben zu beenden. England
wrerde nie als Alliierter zu betrachten sein, wenn man sich nicht
mit dem König von Preussen zu vergleichen wisse, der Schlesien
nicht mehr aufgeben wolle; es bleibe dabei übrigens noch sehr in
Frage, ob eine Vereinbarung möglich sei, so lange der König im
Einvernehmen mit Frankreich und Bayern handle. Dann scheine
die grössere Aussicht eine Auseinandersetzung mit Frankreich zu
bieten. Schliesslich erbat Graf Neipperg präcise Befehle: man
müsse in Wien, meinte er, wissen, ob man in Schlesien Alles ein-
setzen oder temporisieren wolle. 2j
Von dem am rechten Oder-Ufer befindlichen Kittmeister
Schreger von Dessewffy -Husaren gieng im Hauptquartier ein
Bericht vom 19. August aus Oppeln ein, worin er meldet, dass er
am 10. von Namslau, wo die preussische Besatzung sich stark
verschanze, gegen die Oder marschiert sei und am 11. zwischen
Breslau und Ohlau 24 mit Brod, Korn, Mehl und Heu beladene
Schiffe theils verbrannt, theils versenkt habe. Am 12. sei er nach
Wartenberg gerückt, in welcher Gegend er noch einige Beute an
Geld und Uniformtüchern gemacht habe. An die Oder am 14.
zurückgekehrt, habe er zwischen Ohlau und Breslau wieder 9 mit
Proviant beladene Schiffe ruiniert und versenkt. Er sei dann, da
die Pferde zu stark fatigiert waren, nach Oppeln zurückgegangen,
um seine Mannschaft und Pferde dort einige Tage rasten zu lassen.
Der in Alt-Grottkau stehende Oberstlieutenant Barköczy
war von dort gegen Wansen gerückt, hatte aber keine Gelegen-
heit gefunden, dem Feinde Schaden zu thun. Er liess jedoch eine
starke Abtheilung unter einem Rittmeister in Wansen zurück, die
nach dem Abmarsch der preussischen Armee aus dem Lager bei
Strehlen über die Ohlau gieng und in der Nacht 10 Wagen mit
:) Derselbe ist abgedruckt in „Mittheilungen des k. und k. K. A." N. F.
1891 V, 252.
-) Neipperg an den Grossherzog, Peterwitz, 16. August 1741. (K. A.,
Schlesien 1741 ; VIII, 46.)
435
Körnerfrucht und eine Officiers-Kalesche dem Feinde abnahm,
sowie 9 Gefangene einbrachte.
König Friedrich II. unternahm am 23. August mit 8 Gre-
nadier-Bataillonen, 3 Dragoner-Regimentern, 10 Geschützen und
sämmtlichen Husaren und Uhlanen eine Recognoscierung. Die
Avantgarde dieses Corps, aus 300 Husaren unter Oberst von
Malachowski, stiess bei Habendorf auf die österreichisch en
Vortruppen unter Oberstwachtmeister Graf K a 1 n o k y, welcher
eine fingierte rückgängige Bewegung bis Rosenbach machte.
Hier kehrte er mit 200 Pferden um, attaquierte die preussi-
sche Avantgarde. 50 preussische Husaren blieben bei diesem
Angriff auf dem Platze und 47 wurden gefangen. Gleichzeitig
liess GFWM. Ghylänyi, welcher mit dem Gros der Vor-
truppen unter Oberst Trips bei Schönheide stand, zur Attaque
blasen und ungeachtet des starken feindlichen Geschützfeuers
musste die feindliche Cavallerie dem vehementen Angriffe weichen.
Als FM. Graf Neipperg auf dem Gefechtsfelde anlangte,
konnte man die preussische Infanterie im Rückmärsche bemerken,
preussische Husaren und Uhlanen plänkelten jedoch mit den
österreichischen Husaren noch im Gelände.
Da langte GFWM. Baranyai noch mit 700 Husaren an
und trieb die preussische Cavallerie zurück. Der commandierende
General konnte von den Höhen das preussische Lager, das mit
dem rechten Flügel sich an Reichenbach lehnte, mit dem linken
sich gegen Nimptsch zu ausdehnte, deutlich wahrnehmen und ritt
von seinem Beobachtungspuncte von Habendorf über Rosenbach,
Schönheide und Olbersdorf wieder ins Hauptquartier, wohin 100
Gefangene gebracht wurden. Der österreichische Verlust betrug
etwa 20 Mann. Der Armee-Commandant nahm Anlass, die Führung
des GFWM. Ghylänyi ausserordentlich zu beloben und den
ungarischen National-Husaren-Regimentern die vollste Anerkennung
auszusprechen. r) Das Gefecht hatte bis Mittag gewährt, den Zweck,
Einsicht in die österreichische Stellung zu erhalten, hatte König-
Friedrich nicht erreicht.
Die österreichischen Truppen hatten bisher en ordre de bataille
campiert, am 25. August wurde wieder ein Lager ausgesteckt, das
J) Neipperg an den Grossherzog und FM. Graten Pälft'y, ddto.
Tarnau, 25. August. (K. A., Schlesien 1741 ; VIII, 58 und 59.)
28*
436
erste Treffen gegen Olbersdorf vorgeschoben, das zweite mit dem
rechten Flügel an Frankenstein gelehnt, die Cavallerie des Corps
de reserve lagerte in der rechten Flanke.
Der xArmee-Commandant hatte schon am 22. August aus dem
Hauptquartier Tara.au dem Grossherzoge über die militärische
Situation berichtet, auch die Veränderung seiner Stellung bei
Peterwitz damit motiviert, dass dieselbe nicht günstig gewesen sei,
dann aber hinzugefügt, dass er fest entschlossen sei, „den Feind,
wofern er uns zu attaquieren kommen wollte, standhaft zu erwarten,
denn denselben in einem coupierten Lande aufzusuchen und anzu-
greifen, fände er nicht rathsam, da derselbe mit einer sehr zahl-
reichen Artillerie versehen, auch an Infanterie weit überlegen sei
und überdies meistens, ohne sich zu zertheilen, beisammen bleibe.
Es komme daher zuerst darauf an, was der König von Preussen
nunmehr vor die Hände nehmen dürfte."
Die glatzisch'- und böhmischen Grenzen werde er möglichst
vor jedem Ueberfall oder Einbruch zu bewahren suchen. r)
Der Grossherzog von Toscana hatte auf das ihm durch
FML. Graf Mercy überbrachte Schreiben Neipperg's am
23. August aus Pressburg geantwortet, ,,dass der Armee-Comman-
dant vollständig recht habe, nichts zu hazardieren und im Augen-
blick weniger als jemals aus vielen Gründen, die er dein Papier
nicht anvertrauen könne. Das Feuer entzünde sich gegenwärtig
überall und der Churfiirst von Bayern schlage einen so hohen Ton
an, dass es schwer sein werde, ihn zufriedenzustellen, denn er wolle
Alles und verlange es als Recht, aber was das Schlimmste sei,
dass er Truppen habe, die Frankreich ihm beistelle, um sich ihrer
nach seinem Willen zu bedienen, es versichere zwar, dass es der
Königin nicht übel wolle, dass es aber verpflichtet sei, ihm diese
Anzahl von Truppen zu seiner freien Verfügung zu liefern"'. „Ich
glaube, Sie verstehen diese Art zu reden und zu handeln und
Gott weiss, was wir noch zu thun genöthigt sein werden, um diesen
Strom (ce torrent) aufzuhalten. Also Ihrerseits wird es gut sein,
noch ein wenig in statu quo zu bleiben, um zu sehen, welchen
Entschluss der Königin zu fassen gefallen wird."
,,Es ist das sehr traurig, obwohl ich glaube, dass Robinson
noch eine Reise machen wird und es besser ist, einen Arm, als den
ganzen Körper zu verlieren. Ich glaube, Sie verstehen mich. Gott
weiss, was das in jeder Hinsicht kostet, aber wenigstens wird
») K. A., Schlesien 1741 ; VIII, 52.
137
Frankreich nicht so leicht zum Ziele seiner verderblichen Anschläge
gelangen, das auf nichts weniger ausgeht, als Alles zu zertrümmern.
"Wenn Robinson's Reise gut ausgeht, würden Sie wohl Böhmen
noch in v diesem Jahre sehen können. Wenn Sie mir auf diesen Brief
antworten, adressieren Sie an Toussaint, x) denn dies Schreiben ist
nur, um Sie von dem, was in der Welt vorgeht, zu benachrichtigen."
,, Obwohl wenig Anschein zum Gelingen da ist, arbeiten wir
auch, um zu versuchen, uns mit Bayern und Frankreich auszu-
gleichen, aber ich zweifle daran." 2)
Aus Tarnau beauftragte Graf Neipperg den Rittmeister
Schreger in Oppeln, er solle unausgesetzt thätig sein, den Preussen
die Zufuhren zu Wasser und zu Lande zu erschweren. Die Croaten
möge er in Oppeln lassen, da sie, nach seiner Anzeige, den Husaren
nicht folgen könnten.
Auch Oberstlieutenant Barköczy in Alt-Grottkau erhielt
Befehl, gegen die Strassen Schweidnitz-Breslau und Ohlau-Breslau
vorzugehen, um die Convois aufzuheben.
In den letzten Tagen des August fiel nichts Wesentliches
zwischen den beiden sich gegenüberstehenden Armeen vor. Die
österreichische Armee erhielt eine etwas geänderte Ordre de bataille. s)
Am 29. August bestätigte Graf Neipperg dem Grossherzoge
den Empfang der am 23. August aus Pressburg an ihn gerichteten
Weisung, „nichts zu hazardieren" und fügte bei, dass er dieselbe so
lange pünctlich befolgen werde, bis er nicht andere Befehle vom
Grossherzog erhalte und im Falle der Feind ihn nicht, wozu es nach
dessen bisherigem Vorgehen übrigens nicht den Anschein habe,
nöthige, aus seiner Reserve herauszutreten. Er wiederholt dabei,
dass wohl nichts übrig bleiben werde, als sich mit Preussen zu
vergleichen. Wenn Samuel Seh mettau wirklich nach Bayern
gesendet worden sei, „dann bringe weder Robinson, noch sonst
Jemand den König von Preussen vom Bunde mit Frankreich und
Genossen ab.4) Neipperg meldete noch, dass die Preussen die
J) Cabinets-Secretär des Grossherzogs.
-i Gräflich Neipperg'sches Archiv.
•i Anhang LVI.
4) Seh mettau war schon am 27. Juli von Strehlen nach München
in geheimer Sendung abgegangen. Hauptzweck seiner Mission war, den Chur-
fürsten zu bestimmen, seine Operationen nicht gegen Böhmen, sondern direct
•jvovn Wien zu richten. Vergl. Polit. Corresp. I. Nr. 437 und dessen Instruction.
438
Stadt Nimptsch mit einem Detachement besetzt hätten, dem An-
scheine nach, aus Rücksicht für die Deckung ihrer von Breslau
kommenden Convois. rj In der Infanterie der eigenen Armee kämen
seit etwa 14 Tagen häufige Desertionen vor, die Mehrzahl dieser
Leute giengen nach Böhmen und Mähren zurück. 2)
Aus letzterer Ursache hatte der Armee-Oommandant sich auch
bemüssigt gefunden, am 28. August sehr scharfe Erlässe an die
Stadt Reichenbach und deren Bezirk, sowie auch an Münsterberg,
Frankenstein, Nimptsch, Silberberg, nebst ihren Bezirken zu richten,
worin ausgeführt ist, dass die bisher sehr geringfügige Desertion,
seit die Armee in diesen Gegenden stehe, bedeutend und besonders
bei der Infanterie zugenommen habe, übrigens Anzeichen vorlägen,
dass die Bewohner Anlass und Vorschub gäben. Bei Androhung
schärfster Ahndung wird auf das aus Neisse am 5. Juli 1741 in
dieser Beziehung im Druck veröffentlichte Patent gewiesen, wonach
für die Einbringung eines Deserteurs eine Prämie von drei Species-
Ducaten ausgesetzt worden, den Vorschubleistern aber die ent-
sprechenden Strafen angedroht werden. 3)
König Friedrich DI. hegte in diesen Tagen noch die be-
stimmte Absicht, das österreichische Heer anzugreifen. Er sprach
dies nicht allein dem Churfürsten von Bayern und dem Cardinal
Fleury gegenüber aus4), sondern gab auch dem FM. Grafen
Schwerin den Befehl, einen Entwurf für den Angriff auf das
österreichische Lager vorzulegen. 5)
1) Der preussische Oberst von Vogt hatte am 28. August mit 2 Gre-
nadier-Bataillonen und 6 Husaren-Escadronen Nimptscli besetzt, das von dem
dort befindlichen österreichischen Detachement nach heftigem Gefechte
geräumt wurde.
2) K. A., Schlesien 1741 ; VIII, 63.
3) Patent vom 5. Juli, Anhang LVII.
4) Polit. Corresp. I, Nr. 46S u. 469.
6) Derselbe ist abgedruckt in „Kriege Friedrich d. Gr.", II, Anlage Nr. 3.
An Podewils in Breslau schrieb der König aus Eeichenbach, 31. August
1741: „Nachdem ich aus Eurem Schreiben vom 29. dieses ersehen, was Ihr
von der Ankunft des Eobinson und dessen mitgebrachten Propositionen
melden wollen, so gebe Ich Euch darauf in Antwort, dass Ihr demselben nur
sofort und ganz trocken antworten und sagen sollet : Ich beklagte sehr, dass
er sich mit dergleichen Propositionen chargieren wollen; Mein Ultimatuni
wäre längstens bekannt, Ich würde niemalen andere Propositiones anhören ;
auch da Ich sehe, dass der Wienerische Hof nichts thue, als Mich nur zu
amüsieren, so würde Ich in keine andere Negociation mit selbigem entrieren.
Er, der Robinson möchte also nur je eher, je lieber zurückgehen und sich
48 9
Zur Ausführung dieses Entwurfes kam es jedoch nicht und
vorläufig wurden nur einige Sicherungsvorkehrungen in der preus-
sischen Aufstellung getroffen, so das Schloss in Langenbielau mit
einer Compagnie besetzt; zwei Grenadier-Compagnien nach Peters-
waldau verlegt und, wie bereits erzählt, Nimptsch occupiert.
In diesem Zeitpuncte erhielt König Friedrich II. ein
Schreiben des französischen Gesandten Valory vom 27. August.
Dieser übermittelte einen Brief des Cardinais Fleury und warnte
auf Grund desselben vor dem Wagniss einer Schlacht. r)
nicht weiter aufhalten, da Meine Zeit ohnedem nicht litte, ihn selbst zu
sprechen, weil Ich auf dem Point stünde, mit der Armee zu marschieren. Ihr
habt also Eure Antwort dergestalt ganz kurz und trocken einzurichten und
würde es Mir übrigens sehr Heb sein, wenn es so incaminieret werden könnte,
dass, indem Ihr den Kobinson sprächet und antwortet, der Marquis de
Valory dabei sein könnte. Macht diesen „faquin" von Engländer abreisen
und sagt ihm als ganze Antwort : Ich glaube, er mache sich über Mich lustig,
er wisse, was Ich ihm bei Meiner Abreise gesagt habe und mit einem "Wort,
Ich würde nicht mit ihm sprechen und hätte Euch verboten, mit ihm zu unter-
handeln. Sagt ihm dies Alles in einem, durch die unverschämten Propositionen,
welche er mir gemacht hat, gereizten Ton und er möge binnen 24 Stunden
von Breslau abreisen". (Polit. Corresp. I, Nr. 480.)
Und weiter: „Machen Sie Mir diesen „coquin" von Unterhändler,
welchen Ich nicht leiden kann, abreisen, es wäre niederträchtig von Mir, in
Unterhandlungen mit Oesterreich und England zu treten, Ich würde sogar
viel auf das Spiel setzen und übrigens ist der Krieg, den wir führen, gegen
eine recht starke Partei, während der andere gleichfalls ein Krieg wäre, aber
gegen eine schwache Partei, mit Meinen Feinden, ohne Sicherheit für Mich,
ohne Ehre und mit dem Bisico aller Meiner westphälischen Provinzen. Ver-
treiben Sie Mir diesen „coquin" von Robinson und verlassen Sie sich
darauf, dass mich der Schlag trifft, wenn er noch länger als 24 Stünden in
Breslau bleibt. Schicken Sie mir einen Courier, sobald Sie ihn davongejagt
haben, damit ich ihn draussen weiss; wenn Ich ihm begegne oder ihn in
meinem "Wege finde, zerkratze ich ihm das Gesicht und seine von
Königin von Ungarn und sein verrückter König von England werden nur
die Betrogenen sein, die Eine von ihrem Hochmuth und der Andere von seiner
Thorheit. Adieu, führen Sie meine Befehle ohne weitern Verzug aus und
sollte er noch eine Audienz von Ihnen verlangen, schlagen Sie ihm dieselbe
rundweg ab." (Polit. Corresp. I, Nr. 482 )
') „Nach seinem Brief, Sire, scheint der Cardinal überzeugt zu sein,
dass es nicht in Euer Majestät Interesse liegt, bei der jetzigen Lage der Dinge
irgend etwas dem Ausgange eines Kampfes anheimzugeben und glaubt im
Gegentheil, dass Sie in den ersten Tagen des September in der Lage sein
werden, wenn Sie es für gut finden, dem Feinde zu folgen, der allem An-
scheine nach Schlesien preisgeben wird, um den bayerischen und französischen
Truppen den Einmarsch in Böhmen streitig zu machen." Kriege Friedrich d.
(fr., II, 109.
440
Daraufhin ändert König Friedrich seine Absichten, er ver-
zichtet auf den Angriff, sucht diesen dem Gegner aufzudringen, indem
er den Versuch vorbereitet, sich durch einen Umgehungsmarsch
zwischen die österreichische Armee und die Festung Neisse zu bringen.
Der ersten fruchtlosen Reise des englischen Gesandten beim
Wiener Hofe, Robinson, in das preussische Lager war, in dem
letzten Drittel des Monats August, eine zweite nach Breslau
behufs neuer Unterhandlungen gefolgt.
Es hatte der Königin Maria Theresia schmerzliche Ueber-
windung gekostet, die Zustimmung zu dieser zweiten Reise zu
ertheilen. Sie gab endlich dem Rath und dem Andringen ihrer
Minister, welche sich auf die von Tag zu Tag durch Bayerns und
Frankreichs Theilnahme am Kriege wachsende Bedrängniss und
die gänzliche Theilnahmslosigkeit der ,, befreundeten" Mächte be-
rufen konnten, nach. Robinson hatte dem König Friedrich IL,
vorläufig als Pfand, Nieder-Schlesien anzubieten, doch sollte eine
Demarcationslinie bezeichnen, was man darunter verstanden haben
wollte. Diese Linie lief von Greifenberg über Goldberg zur Oder
und durchschnitt, den Fluss überspringend, das Fürstenthum "Wohlan.
Breslau und Liegnitz wären hienach österreichisch geblieben. l)
Dagegen hätte Preussen die Garantie der pragmatischen Sanction
zu übernehmen und sich zur sofortigen Inmarschsetzung eines Corps
von 10.000 Mann gegen die Angreifer der Staaten der Königin
zu verpflichten gehabt. Mit England und Sachsen-Polen sollte ein
Uebereinkommen getroffen werden, um ein ansehnliches Truppen-
Corps etwa am Rheine, oder dort aufzustellen, wo es zum Schutze
der Ruhe und Wohlfährt des Römischen Reiches, speciell auch der
Wahrung der Freiheit bei der Kaiserwahl zweckmässig erschien.
Preussen sollte sich verpflichten, seine Wahlstimme dem Grossherzoge
von Toscana zu geben und die Schwierigkeiten beseitigen helfen
welche man der Königin in Betreff der Ausübung der böhmischen,
Wahlstimme in den Weg gelegt hatte; endlich sollte es dazu bei-
tragen, dass die Königin für die Abtretungen in Schlesien aus den
Gebietsteilen ihrer Angreifer entschädigt werde. Den Schluss der
Anträge R o b i n s o n's sollte die sofortige Ernennung von Com-
missären bilden, um die Handels- und Zoll-Beziehungen zu regeln.2;
1) Ameth I. 212.
2) Dein englischen Gesandten gieng am 24. August mit dem Entwürfe
noch das folgende Schreiben des Obersten Hofkanzlers Grafen Sinzeudor ff
441
Ani 29. August kam Robinson in Breslau an, verhandelte
jedoch nur mit dem preussischen Minister Podewils, da König
Friedrich II. sich weigerte, ihn im Lager von Reichenbach zu
empfangen und den Gesandten, ohne ihn angehört zu haben,
unverrichteter Dinge wieder nach Pressburg zurückkehren liess. 1)
In dem, mit Bezug auf diese Sendung, an die preussischen
Gesandtschaften erlassenen Circular-Schreiben vom 4. September
1741, hebt König Friedrich IL hervor, dass Robinson ohne
Zustimmung und ohne Vollmacht seines Königs als Unterhändler
erschienen und dass der am preussischen Hofe bevollmächtigte
englische Minister Lord Hyndford die allein berufene Persönlich-
keit sei, durch deren Vermittlung eventuelle Vorschläge an ihn zu
bringen seien. 2)
Die Umstände für die Ablehnung der von der Königin
gemachten Anerbietungen waren allerdings augenblicklich so günstig
als möglich : Die Bayern in Bewegung gegen die ob er österreichi-
schen Grenzen, die Franzosen, welche zwischen dem 15. und
22. August bei Fort Louis und Rheinzabern den Rhein über-
schritten hatten, im Marsche gegen Donauwörth, wo sie zwischen
5. und 12. September eintrafen.
So konnte König Friedrich IL am 1. September an seinen
Minister Podewils aus dem Lager bei Reichenbach schreiben:
,, Beruhigen Sie die Franzosen, stärken Sie die Bayern, schüchtern
Sie die Sachsen ein, schmeicheln Sie den Holländern, beweih-
rauchen Sie die Dänen, spielen Sie mit den Hannoveranern und
scheeren Sie sich den Teufel um die 0 esterreicher." 3)
Am 5. September war dem Armee-Commandanten FM. Grafen
N e i p p e r g durch Nachrichten, welche ihm aus Breslau zugegangen,
der Misserfolg der Sendung Robinson's bereits bekannt.
zu: „Im Auftrage Ihrer Majestät der Königin theile ich Ihnen den
Entwurf des hier beigeschlossenen Vertrages mit, welchen Sie im Namen der
besagten Majestät unterschreiben und abschliessen können, wozu Sie in der
gütigsten Weise zu autorisieren dieses von mir eigenhändig mit Genehmigung
und auf ausdrücklichen Befehl meiner Monarchin geschriebene Billet genügen
muss." Auf dem Concepte bemerkte die Königin eigenhändig: „Sollte
die geringste Kleinigkeit an diesen Artikeln fehlen, erkläre ich Mich zu nichts
verpflichtet, im Uebrigen stimme Ich zu." (H. H. u. St. A. „Projet de la Con-
vention ä faire avec le roi de Prusse", date ä Pressbourg, le 24. aöut 1741.)
]) Vergl. Polit. Corresp. I, Nr. 480, 481, 482.
-) Preussische Staats-Schriften I, 313. — (H. H. u. St. A., Correspondenz
mit E obinson. Memoire Robinson's vom 7. Sept.)
3) Polit. Corresp. I, Nr. 484.
442
Er blieb abwartend „in statu quo", wie ihm der Grossherzog
in seinem Schreiben vom 23. August anbefohlen ; die preussische
Armee that vorläufig ein Gleiches. Nur Streif-Corps zwischen dem
österreichischen Lager und Breslau, dann jenseits der Oder führten
den kleinen Krieg fort.
Den Partheien in Braunau und Trautenau hatte der Feld-
marschall befohlen, keine Feindseligkeiten vorzunehmen, da sich
die preussischen Streif-Corps aus jener Gegend ohnehin zurück-
gezogen hätten. J)
Oberstwachtmeister von H a d i k liess dann in Folge des ihm
am 8. September zugegangenen Befehles nur 100 Mann in Braunau
und zog sich nach Mittersteine ; seine Vorposten standen in
Neurode.
Von der böhmischen Landes-Regierung waren inzwischen,
da die Gefahr eines Einmarsches preussischer Truppen näher rückte,
Vorkehrungen getroffen worden, die Grenzen, so viel als möglich,
zu schützen. Das königliche Kreisamt zu Königgrätz hatte ge-
messenen Befehl erhalten, die Defileen und Uebergänge bei Stark-
stadt, Pollitz, Nachod und Jaromer mit Jägern und Schützen zu be-
setzen, welche zur Unterstützung eines an die dortigen Grenzen im
Nothfalle vom FM. Graf N e i p p e r g zu entsendenden Detachements
bestimmt waren. Ausserdem waren die Behörden angewiesen worden,
dem das Detachement befehligenden Officier in jeder Hinsicht an
die Hand zu gehen, die Zug- und Nutzthiere aus den Ortschaften
sollten im Falle des feindlichen Einmarsches in Sicherheit in die
')' Fähnrich L utsc h meldet hierüber : „Am 31. August wurde berichtet,
dass der Feind nach Friedland, eine Meile von Braunau, sich gezogen u. zw.
wie der heutige Bericht anzeigt, mit Husaren, Infanterie und Kanonen,
welchem aber den 1. September widersprochen wurde, mit der näheren
Auskunft, dass nur 1000 Husaren unter dem Obersten Bronikowski in
Friedland sich befanden, welcher den Stifts-Amtmann von Braunau zu sich
citiert hätte, um, seinem Vorwande nach, wegen Fourage für die Armee und
Vorspann für die Artillerie die Disposition zu machen, so aber nur für
Gascognade gehalten würde. Jedoch wurde ein Oberstlieutenant mit 500 Croaten
nach Braunau abgeschickt. Am 2. Früh ging der Bericht von Braunau ein,
dass die feindlichen Husaren gestern vor Tags einen Meierhof, zu Braunau
gehörig, verbrannt, ein Dorf geplündert, den Schulzen und einen Bauern mit
sich nach Friedland genommen. Nachmittag wurde conferiert, wie der Feind
von Friedland zu delogieren sei und wollte man mehrere Husaren hinauf-
schicken. Es gieng aber am 3. die Nachricht ein, dass der Feind sich herüber
gegen das Kloster Grüssau gezogen und solches besetzt habe." (K. A., Lutsch'
Tagebuch.)
443
Wälder gebracht werden. Diese Massregeln wurden jedoch gegen-
standslos, da der König von Prenssen seine Operationen nicht nach
Böhmen, sondern gegen die Festung Neisse richten zu wollen schien.
Am 7. September gieng nämlich im österreichischen Hauptquartier
die Nachricht ein, dass am folgenden Tage die preussische Armee
aus ihrem Lager bei Reichenbach aufbrechen werde. In der That
marschierte schon am 7. September 7 Uhr Abends. General von
Kalckstein mit 6 Bataillonen, 1 7 Escadronen und einer Brücken-
Equipage mit 20 Pontons als Avantgarde der Armee ab. Er sollte
sich bei Nimptsch mit den 5 Grenadier - Bataillonen und den
Zieten'schen Husaren, die dort bereits standen, vereinigen und am
8. Früh nach Woitz an der Neisse marschieren und die Ueber-
gänge über diesen Fluss für die Armee herstellen.
Die Avantgarde Kalckstein's traf am 7. September erst spät
Abends in Nimptsch (13 Kilometer) ein und kam am 8. nur bis
Alt-Heinrichau (12 Kilometer), weil die schlechten "Wege den
Marsch verzögerten. Die Armee selbst, welche am 8. September
Früh in der Stärke von 30 Bataillonen, 6Q Escadronen, G8 Ge-
schützen aufbrach, langte über Ober-Peilau und Kimsdorf mar-
schierend, erst am Abend in Tepliwoda an (19 Kilometer).
Im österreichischen Hauptquartier hielt man den Aufbruch
der preussischen Armee in den Vormittagsstunden noch für einen
Angriffsmarsch, da dieselbe zwischen Diersdorf und Peilau auf-
marschiert und nur 10 Kilometer von der österreichischen Auf-
stellung entfernt war. Starker Nebel, der an diesem Tage herrschte,
erschwerte überdies die Erkundung. FM. Graf Neipperg hatte
sich nach Frankenstein begeben und traf die für den vermutheten
Angriff nothwendigen Dispositionen. Als bald darauf Meldungen
einliefen, dass die Preussen gegen die Ohlau zu weiter marschierten,
ordnete er den Abmarsch der Armee für den folgenden Tag an,
um zu verhindern, dass die preussische Armee ihm zuvorkomme
und die Neisse vor ihm erreiche. *)
Rückmarsch au die Neisse.
Um 7x/2 Uhr Früh am 9. September brach in Folge dessen
die österreichische Armee zum Rückmärsche an die Neisse auf. Sie
war in sechs Colonnen formiert, die theils über Camenz, theils
über Baumgarten, Hartha, Pilitz nach Wolmsdorf rückten (11
J) Neipperg an den Grossherzog, Frankenstein, 8. September 1741.
(K. A., Schlesien 1741 ; IX, 10.)
444
Kilometer), dort rasteten und gegen Abend wie ier aufbrachen und
nun in zwei Colonnen durch Schlottendorf einestheils, durch Reichen-
stein anderntheils die ganze Nacht hindurch marschierten und am
10. September Früh bei Kamitz und Patschkau eintrafen (10 Kilometer).
Schon während des Marsches am 8. September hatten
österreichische Husaren die preussischen Marsch -Colonnen um-
schwärmt und als der Marsch der dritten preussischen Colonne
stockte, sogar versucht, in die Bagage einzubrechen, so dass das
Bataillon Kleist, welches die Bedeckung bildete, durch drei Esca-
dronen verstärkt werden musste. Die über Nimptsch instradierte
Colonne mit der schweren Artillerie hatte sich dort festgefahren.
Zu deren Freimachung musste König Friedrich am 0. September
den Prinzen Dietrich von Anhalt mit einein Infanterie-Regi-
mente von Tepliwoda nach Nimptsch zurücksenden. Die Armee
selbst war um 10 Uhr aufgebrochen und ebenso wie Kalckstei n's
Avantgarde in das Lager bei Gross-Nossen, südöstlich von Münster-
berg eingerückt (17 Kilometer). Das Rothenburg'sche Dragoner-
Regiment, bisher bei der Avantgarde eingetheilt, bildete die Nachhut.
Die Armee rastete am 10. in dem Lager bei Gross-Nossen.
Am Nachmittage dieses Tages brach GL. von Kalckstein
mit der Avantgarde auf und erreichte am Abend die Neisse bei
Woitz (15 Kilometer).
Prinz Dietrich vermochte nicht, an diesem Tage bei der
Armee einzurücken. Die österreichischen Husaren beunruhigten
unausgesetzt den Marsch der über 2000 Wagen mitführenden
Colonne und bei Tepliwoda kam es zu einem heftigen Zusammen-
stosse. Die von König Friedrich zurückgeschickte Verstärkung
traf zu spät ein, die österreichischen leichten Reiter waren bereits
wieder abgezogen. Nichtsdestoweniger musste Prinz Dietrich in
Tepliwoda stehen bleiben und konnte erst in der Nacht vom 10. zum
11. September, während des Marsches wieder fortwährend von öster-
reichischen Partheien beunruhigt, das Lager der Armee in Gross-
Nossen erreichen. x) Nachrichten, die im österreichischen Haupt-
quartier einliefen, Hessen zweifellos erkennen, dass der preussische
Vormarsch gegen Neisse gerichtet sei, um die N e i p p e r g'sche
Armee zu tournieren.
Die österreichische Armee rückte an diesem Tage Nachmittags
nur bis Stübendorf (12 Kilometer) und am 11. weiter über Neisse.
!) Kriege Friedrich d. Gr. II, 124.
445
Als die beiden Marsch- Colonnen beiKöppernik undMorau anlangten,
lief die Meldung ein, dass die Preussen zwei Brücken bei Woitz
über die Neisse geschlagen und bereits 4 Bataillone über den Fluss
geworfen hätten, worauf die Armee in Schlachtordnung aufmarschierte
und stärkere Commanden gegen den preussischen Uebergaugspunct
entsendet wurden.
In der That hatte der Commandant der preussischen Avant-
garde, GL. von Kalckstein am 11. September Früh einige
Grenadier-Compagnien auf das rechte Neisse-Ufer übergesetzt und
den Brückenschlag beginnen lassen. Als König Friedrich II., der
um 6 Uhr Früh von Gross-Nossen mit dem Gros aufgebrochen war,
diesem voraneilend, auf den Anhöhen bei Woitz ankam, fand er
allerdings die Uebergänge hergestellt, gleichzeitig gewahrte er aber
auch auf den Höhen bei Grünau und Blumenthal die österreichische
Armee gefechtsbereit.
Die Umgehung derselben war misslungen, Neipperg hatte
sie durch seinen meisterhaft eingeleiteten Marsch vereitelt. In
drei Tagen hatte er etwa 50 Kilometer auf sehr schlechten
Gebirgsstrassen und mit dem gesammten Tross der Armee zurück-
gelegt.
Die übergegangenen preussischen Truppen waren inzwischen
bis auf einige hundert Mann wieder zurückgezogen worden.
König Friedrich IL hatte die Schwierigkeit des Flussüber-
ganges angesichts der N eipp er g' sehen Armee erkannt, die
Brückendecken wieder abnehmen und am linken Ufer der Neisse
bei Woitz Lager beziehen lassen. ')
Die österreichische Armee nahm Lager-Stellung am rechten
Ufer bei Grünau, wo sie am 12. September blieb. An diesem Tage
Nachmittags wurden die Bereitschaften alarmiert, da die Meldung
einlief, der König beabsichtige, oberhalb Neisse den Fluss zu passieren,
wohl hervorgerufen durch drei Escadronen preussischer Husaren,
welche die Neisse übersetzt hatten, während die zur Beobachtuno-
J) „Ich habe das alte Lager von der Neisse erreichen wollen, woselbst
Neipperg vorgestern war, Kalckstein hatte die Avantgarde, aber
seine Langsamkeit hat mich den Schlag versäumen lassen „le b . . . au-
trichien" ist mir zuvorgekommen ; nun will ich die Neisse überschreiten und
dieses Bettelvolk von Oesterreichern bis nach Ungarn jagen; Gott gebe uns
seine Gnade dazu : so endigen die französischen Predigten." Schreiben au
FZM. Baron Schmettau in Linz. (Polit. Corresp. Nr. 509.)
446
aufgestellten österreichischen Cavallerie-Abtheilungen vom linken
Ufer aus mit Geschützfeuer beschossen wurden. Bei einbrechender
Dunkelheit gieng dann im österreichischen Hauptquartier die Nach-
richt ein, class die Meldung von einem versuchten Fluss-TJ ebergange
unrichtig gewesen, worauf die ausgerückten -Trupp entheile wieder
in das Lager gezogen wurden. Sie lieferten einige 40 preussische Ge-
fangene, viele erbeutete Wagen, Pferde, Regiments- und Officiers-
Bagagen im Hauptquartier ab. *)
!) Lutsch.' Tagebuch.
Diplomatische Verhandlungen im Lager,
Als Sir Thomas Eobinson die Nachricht von seinem miss-
glückten zweiten Unterhandlungsversuche mit dem Könige von
Preussen nach Pressburg zurückbrachte, war die politische Oonstel-
lation für die Königin Maria Theresia ausserordentlich un-
günstig geworden.
Die versuchten Anknüpfungen mit Bayern und Frankreich
waren ganz resultatlos geblieben. Das französische Heer, welches
Mitte August den Ehein überschritten hatte und sich im Marsche
auf Donauwörth befand, konnte seine Vereinigung mit den baye-
rischen Truppen schon um die Mitte des Monats September be-
wirken ; eine zweite französische Armee bedrohte den Nieder-Bhein.
Die Aussicht, von Eussland Unterstützung zu erhalten, war ge-
schwunden, seit Schweden zu Anfang August diesem Staate den
Krieg erklärt hatte. In Hannover herrschte die Furcht vor den
Franzosen und ohne Hannover war auch auf Sachsen nicht zu
rechnen.
In der am 7. September zu Pressburg gehaltenen Conferenz
wurde desshalb beschlossen, den Forderungen des Königs von
Preussen bezüglich Nieder-Schlesiens mit Breslau nachzugeben und
dies Robinson mitzutheilen. a)
In dieser Conferenz wurde auch vorgeschlagen, den eigent-
lichen Abschluss des Friedensvertrages durch einen in das Armee-
Hauptquartier zu entsendenden Diplomaten durchführen zu lassen.
J) H. H. u. St. A. Vorträge. Staatskanzlei 74.. Conferenz-Noten vom
7. September 1741, abgedruckt bei Unzer: „Die Convention von Klein-
Scbnellendorf." Urkunden, p. 118. Frankfurt a. M. 1889.
448
Zu diesem Zwecke wurden Fürst Liechtenstein, Graf Uklefeld
und Graf Colloredo namhaft gemacht. Doch ward am 13. Sep-
tember, vermuthlich um rascher zum Abschluss zu kommen, der
FM. Graf Neipperg hiezu bevollmächtigt und ihm, bei aus-
führlicher Mittheilung der bisher unter englischer Vermittlung
stattgefundenen Verhandlungen, bei einer Reihe von Puncten das
Abgehen von dem durch Robinson an Lord H y n d f o r d am
8. September gesandten Vertrags-Entwurfe gestattet. ')
Das Angebot umfasste Nieder- Schlesien auf dem rechten
Oder-Ufer bis zur Brinnitz und auf dem linken Ufer bis an die
Grenze des Fürstenthums Neisse. In der Instruction wurde Neipperg
ermächtigt, auch den nördlich des Neisse-Flusses gelegenen Theil
des letzteren Fürstenthums zu concedieren mit der Einschränkung :
,.Dass so viel als die Kriegsregeln mit sich bringen und wenigstens
ein Stückschuss jenseits des Flusses, annoch zur Festung Neisse
gezogen und Meiner Botmässigkeit vorbehalten werde. Da nun
solchergestalten der Grenzen halber dem König von Preussen
Alles, was er selbst verlangt, eingestanden wird, so ist nicht wohl
zu vermutheil, dass hiebei einige Schwierigkeit sich äussern werde :
zumal ohnedies ein gutes Stück von Ober-Schlesien ihm zu Theil
wird, als wozu das Fürstenthum Münsterberg, nebst Grottkau bis
nach AVansen von jedermänniglich gerechnet wird. Daher man auch
den Robinson ganz inständig ersucht hat, dem H y n d f o r d
zu schreiben, dass er, diesen Bezirk zu retten, annoch einen Versuch
thun möge, doch ohne von darum den Schluss der Handlung auf-
zuhalten. Der König von Preussen behaltet ohnehin die festesten
Orte : Breslau, Glogau und Brieg und hat seinesorts wegen
Sicherheit der Grenzen nichts zu besorgen. Wohingegen er auf-
richtig mit Mir sich auszusöhnen gedenkt, Mir von ihm nicht ver-
argt werden kann, dass gleichfalls auf die Bedeckung dessen, was
Mir übrig bleibt, bedacht bin."
') Die Königin an FM. Grafen Neipperg, Pressburg, 13. September
1741. (H. H. u. St, A., Friedens-Acten, Fase. 23.) In der Vollmacht wird dem
Grafen Neipperg das Recht eingeräumt, sich Substituten zu ernennen ; die
Instruction vom nämlichen Tage spricht sich folgenderraassen darüber aus :
.,Es ist darin die Facultas substituendi zu dem Ende ausgedrückt, damit,
wann Ihr es für gut oder nöthig finden solltet, ein Anderer in Sachen gebraucht
werden möge. Wozu ich den Generalen Browne den tauglichsten zu sein er-
messe, ohne jedoch Euch, wofern erhebliche Bedenken obhanden wären, derent-
halben die Hände zu binden. Wären aber deren keine vorhanden, so hättet Ihr
mit ihm Alles, was in dieses wichtige Werk einschlägt, jederzeit zu überlegen."
449
Die für alle ihre Länder verlangte Garantie war die K ö n i gi n
auf die deutschen Erblande einzuschränken und von jener für
Italien, die Niederlande und Ungarn abzusehen bereit. Aber
E o b i h s o n's Andeutung gegenüber, dass Preussen neutral bleiben
wolle, hielt sie mit Entschiedenheit an jenem Artikel des Friedens-
Entwurfes fest, der 10.000 Mann preussischer Trappen zu ihrer
Unterstützung verlangte. Der (J. Artikel wäre nunmehr so gefasst,
wie, nach ßobinso n's mündlicher Mittheilmig, der preussische
Minister von Podewils „es zu verlangen geschienen habe".1)
„Wofern aber mit allem dem nicht auszulangen wäre, so wäre
die Handlung von darum nicht abzubrechen, sondern dahin anzu-
tragen, dass die übrigen Artikel unterschrieben und festgesetzt",
strittige Puncte aber weiteren Verhandlungen vorbehalten würden.
„Ein Mehreres lässt sich zum Voraus Euch weder vorschreiben,
noch anhandgeben. Ihr habt inzwischen vor Allem den Lord
Hvndford zu verständigen, mit der Vollmacht und Instruction,
um der Handlung Schluss möglichst zu befördern, versehen zu sein
und wofern sich ein derzeit nicht vorgesehener Anstand ergäbe,
ihn ungesäumt durch Courier anher zu berichten, im Uebrigen aber
Alles anzuschicken, um dem Königreich Böhmen ehemöglichst zur
Hilfe eilen zu können. Wonebst Ihr zu wissen habt, dass in der
Ungewissheit, wohin sich der Feind wenden möchte, Fürst L o b-
k o w i tz bereits nach Budweis und pro re nata sich AVien zu nähern
beordert worden."
Der Grossherzog von T o s c an a begleitete diese Instructionen
der Königin an FM. Grafen N e i p p e r g mit einem Schreiben aus
Pressburg vom nämlichen Tage : 2)
„Sie werden mit diesem Courier eine Depesche und Plein-
pouvoir erhalten mit Bezug auf den Frieden mit dem König von
Preussen. Sie werden darin sehen, was die Nothlage, in welcher
wir sind, uns zu tlmn auferlegt und Gott gebe, dass das sich
machen lassen könnte. Sie werden auch daraus sehen, dass Sie
Jemand wie B r o w n e substituieren können, welcher, wie ich glaube,
auch die Sache gut dirrchführen würde. Also, wenn Sie kein Be-
denken haben, beauftragen Sie ihn damit. Das, was mir das Not-
wendigste sein würde, wenn die Sache gut geht, wären die Artikel,
1) »Se. preussische Majestät verpflichtet sich, seine Stimme für die
Kaiserkrone Sr. königl. Hoheit von Lothringen, dem Grossherzog von Toscana
zu geben."
2) Gräfl. N e i p p e r g'sches Archiv.
Oesterreichischer Erbfolgekrieg. II. Bd. '2'.)
450
mit welchen er 10.000 Mann zn Ihrem Corps geben würde, um zu
handeln (pour agir), wie er es so oft versprochen hat, contra
quoscunque und der zweite würde die Stimme für die Kaiser-
krone sein ; aber nachdem dies mich ganz speciell betrifft, glaube
ich nicht, dass man das Uebrige desshalb aufhalten soll."
„Wenn abgeschlossen werden kann, würden wir Ihr Corps in
Böhmen sehr nöthig haben, wo der Churfürst von Bayern in den
nächsten Tagen einbrechen wird, denn Lobkowit z' Corps musste
getheilt werden, weil wir sichere Nachrichten haben, dass er gleich-
zeitig auf Wien geht, so dass wir die Infanterie dieses Corps hierher
werfen müssen." „Dies Project (gegen Wien) ist von Schmettau
und man sagt, dass er mitkommt, was in 4 bis 10 Tagen geschieht.
Wir treffen alle erdenklichen Vorkehrungen, damit dieser Platz
sieh länger halte, als man glaubt und ich hoffe es."
Vorgestern hat die Königin hier im Landtage eine schöne
Rede gehalten, damit man zu den W äffen greife und man hat dies
auch sofort beschlossen, so dass wir hier ein „General -Aufgebot"
haben werden. ]) Gott weiss, ob es nachhaltig wirken wird, aber
ich kann sagen, dass sie gegen die Bayern und Franzosen wuth-
erfüllt sind." „Die Königin ist auch entschlossen, wenn sie
Wien verlassen muss, mit ihrer ganzen Familie in dies Land zu
kommen."
„Was ich für das Schwierigste und selbst unmöglich halte,
wird das Geld sein, um diese Truppen zu unterhalten, denn wenn
die Länder verloren gehen, hören die Revenuen auf und die Aus-
gaben vermehren sich ; ich gestehe, dass mich dies sehr in Verlegen-
heit setzt, aber sie werden leben müssen ohne Geld, auf Kosten
der Länder."
„Da haben Sie den Zustand, in dem wir uns befinden, wenn
wir Böhmen durch einen Vergleich mit Preussen nicht retten
können."
Mit äusserstem Widerstreben hatte sich M a r i a Theresia
entschlossen, der unabweislichen Notwendigkeit und dem Drängen
ihrer Minister nachzugeben.
Mit seltenem Muthe, mit königlicher Standhaftigkeit hatte sie
bisher um ihr rechtmässiges Erbe gerungen und gekämpft, das wie
y) Es war dies jene berühmte Rede, welche die Königin am 11. Sep-
tember 1741 im Landtage zn Pressburg hielt und welche den ersten Impuls
zur Aufstellung der ungarischen Insurrection gab. Vergl. A r n e t h I, 298 u. ff.
451
freie Beute für Jedermann angesehen worden, seit der Kaiser die
Augen geschlossen. Mit der tiefen Ueberzeugung, ein heiliges Recht
zu vertheidigen und in dem Vertrauen auf den endlichen Sieg der
Gerechtigkeit, war die junge, vielbedrängte Königin bis jetzt
nicht vor der drohenden Uebermacht gewichen.
In der furchtbaren Lage, in der sich die Erblande befanden,
auch noch gegen den Rath und Willen Derer zu regieren, die ihr
zur Stütze dienen sollten, wäre zuviel gefordert gewesen. So willigte
denn Maria Theresia ein, jenes Land hinzugeben, auf welches
König Friedrich II., man mag es deuten und wenden, wie
man will, kein besseres Recht zustand, als die Noth der Königin
und die grössere Macht, welche ihm die Verhältnisse verliehen.
„Placet" schrieb sie auf den Bericht, mit welchem ihr der Oberste
Hofkanzler Graf Sinzendorff die Actenstücke vorlegte, „weil kein
anderes Mittel zu helfen, aber wohl mit meinem grössten Herzeleid."
Und als sie die Aenderung einiger Ausdrücke in dem be-
züglichen Schriftstücke wünschte, der Oberste Hofkanzler ihr aber
eine Gegenvorstellung machte, da gab sie mit den Worten nach:
„Liese ganze Angelegenheit ist wider meinen Willen verhandelt
Avorden, sie kann auch in gleicher Weise beendigt werden; ich
werde mich bei diesen Worten nicht aufhalten." >)
Dem Armee- Commandanten FM. Grafen Neipperg gab
die Königin schon am 8. September Nachricht, dass gleichzeitig
ein Courier an Lord Hyndford mit so vortheilhaften Friedens-
bedingungen abgehe, dass an dem Abschlüsse nicht wohl g-e-
zweifelt werden könne.
„Von darum aber habt Ihr, insolang man von dem Erfolg nicht
vollständig sicher ist, an aller Vorsichtigkeit, so zu Meinem Dienst
gereichen oder erforderlich sein möchte, nichts erwinden zu lassen"'.
So gewiss war man von der Annahme der von Wien aus ge-
machten Friedensvorschläge, dass Neipperg beauftragt wurde, so-
gleich, nachdem er von Hyndford Nachricht vom Schluss des Friedens
mit Preussen erhalten, mit der Armee nach Böhmen aufzubrechen.2)
Die militärischen Anordnungen, welche der österreichische
Armee - Commandant am 11. und 12. September traf, waren
l) Arn eth I, 245, 396, (36 u. 37).
- 1 Die Königin an FM. Grafen X e i p p e r g, Pressburg, 8. September
1741. (H. H. u. St. A., Friedens-Acten, Fase. 23.)
29*
452
einigermassen durch den Erlass der Königin vom 8. September
beeinnusst und gebunden. Für die militärische Situation an diesen
Tagen war es entschieden nicht von Vortheil, dass dem Feldmarschall
,, Vorsichtigkeit" angerathen und überhaupt ein Erlass seiner Mo-
narchin zugegangen war, der, wie dieser, in jeder Zeile die Gewiss-
heit des Friedens mit Preussen athmete. Ohne den Erhalt dieses
Schreibens wäre Graf Neipperg wohl energischer gegen die
bereits über die Neisse gegangenen preussischen Truppen auf-
getreten. Nur so ist auch eine Meldung an den Grossherzog vom
12. September zu verstehen, dass er einen Beobachtungsposten von
300 Preussen am rechten Neisse-Ufer unbehelligt gelassen habe. l)
Er wollte offenbar nach Erhalt jenes Schreibens kein Engagement
mehr mit dem Feinde und handelte hierin wohl auch nach den
Intentionen seines Hofes.
Am 13. September, um 10 Uhr Morgens, war die preussische
Armee aus ihrem Lager bei Woitz aufgebrochen und nach Gross-
Neundorf marschiert. 10 Grenadier-Compagnien und 300 Husaren
bildeten die Avantgarde ; die Armee folgte, nachdem die Neisse-
Brücken vollständig abgetragen waren. Da die Vermuthung nahe
lag, dass mit diesem Marsche die Absicht verbunden sein könne,
unterhalb der Festung den Fluss zu passieren, so befehligte FM.
Graf Neipperg die GFAVM. Lentulus und Festetics mit den
Cürassier-Eegimentern Dieniar und Birkenfeld, dann den Husaren-
Regimentern Ghilänyi, Karolyi, 2 Escadronen von den National-
Regimentern Hälasz und Kumanier, 4 Grenadier-Compagnien und
1000 Croaten, am Abend dieses Tages über Bielau, an Neunz vor-
über durch Wischke nach Kaundorf, zur Beobachtung eventueller
Brückenschlags-Vorbereitungen der Preussen gegenüber "Wischke
oder bei Lassoth, abzurücken. Das Detachement traf mit Tages-
anbruch bei Kaundorf ein und lagerte dort. 2)
Als die preussische Armee zum Abmarsch von Woitz gestellt
und König Friedrich IL schon zu Pferde gestiegen war, langte ein
Courier Hyndford's mit Depeschen an, welche der König las und
dem in seinem Gefolge befindlichen französischen Gesandten Marquis
deValory sagte: „Ich glaube, diese Leute dort werden verrückt."
Es waren dies die nach der Conferenz vom 7. September an
Hyndford durch Robinson expedierten Propositionen des Wiener
») K. A.. Schlesien 1711 ; IX. 17.
-) L ii t s c h' Tagebuch.
453
Hofes, in einen bereits ausgeführten vollständigen Vertragsentwurf
gefasst, von dem die Königin an Neipperg arn 8- Mittheilung
gemacht hatte. l)
König Friedrieh äusserte bei dieser Gelegenheit dem fran-
zösischen Diplomaten gegenüber; dass man eine sehr schlechte
Meinung über die Aufrichtigkeit seiner Politik haben müsse, „um
so oft diese Sache wieder zu versuchen, müssen sie mich entweder
für einen Schurken, oder für den ungeschicktesten Menschen der
Welt in der Politik halten ; vermögen sie sich einzubilden, dass
ich mit einem schwachen Gegner, welcher nicht mehr kann,
Frieden schliessen könnte, um Krieg gegen mächtige Alliierte zu
führen, die im Stande sind, denselben lange auszuhalten?"2)
Als König Friedrich II. in Begleitung des Prinzen Dietrich
von Anhalt und Valory's im Laufe des Tages bis auf die letzte
Anhöhe oberhalb der nördlichen Vorstadt von Neisse geritten war,
um Einblick in die Stadt zu haben, überbrachte ein Trompeter von
der österreichischen Armee einen Brief der Kaiserin-Mutter Elisa-
beth an ihren Neffen, den Prinzen Ferdinand von Braun-
schweig, welcher als Volontair im Heere des Königs stand, worin
dieser um seine Mitwirkung zur "Wiederherstellung guter Beziehungen
zwischen Oesterreich und Preussen ersucht wurde. Am folgenden
Tage kam die Antwort zurück, sie war von König Friedrich H.
selbst entworfen und lautete ablehnend. 3) Dies war die ofneielle
Antwort, die dem rückkelrrenden Trompeter durch den Prinzen öffent-
lich übergeben worden, ein zweites Schreiben erhielt derselbe heimlich,
„um es in Neipperg's Hände zu legen, ohne dass Jemand etwas davon
erfahre".4) Die preussische Armee bezog Lager bei Gross-Neundorf ;
der Neisse-Uebergang zwischen Rothhaas und Jentritz wurde mit
') Am 11. September hatte Hyndforcl in Breslau den österreichischen
Entwurf vom 8. mit einem Schreiben Pobinson's erhalten und sogleich den
preussischen Minister Podewils ersucht, ihm eine Audienz zu verschaffen.
Doch hatte dieser mit Hinweis auf einen Befehl des Königs abgelehnt. Hynd-
forcl blieb demnach nichts Anderes übrig, als einen eigenen Boten mit den
österreichischen Vorschlägen in das preussische Lager zu senden und dem
König mitzutheilen, dass er zum Abschluss der Präliminarien ermächtigt sei.
2) Journal Valory. (Pariser Archiv.)
3) Vergl. Polit. Corresp. I, Nr. 502. — Der Brief der Kaiserin und das
Antwortschreiben sind .abgedruckt bei Arneth, I, 397 u. 398.
4) Bericht Neipperg's an den Grossherzog vom 14. September 1741:
(K. A., Schlesien 1741; IN, 21 u. ad 21.) Diese zweite „en cachette" gegebene
Antwort findet sich nicht mehr vor.
45 4
Infanterie, Beigwitz mit Infanterie und einigen Geschützen besetzt.
Die Grenadiere der Avantgarde wurden nach Mogwitz, Friedewalde
und Alt-Grottkau verlegt.
Das Grenadier-Bataillon Winterfeldt, das am 11. September
Grottkau erreicht hatte, wurde nach Michelau vorgeschoben. Von
Brieg aus wurde Schurgast und Löwen besetzt.
Oberstlieutenant Baron Barkocz}-, der in Grottkau stand,
hatte sich beim Anrücken preussischer Truppen, nachdem er einige
feindliche Fouragierer gefangen genommen, am 11. September in
die Vorstadt ,, Mährengasse" der Festung Neisse zurückgezogen,
um nicht abgeschnitten zu werden.
GFWM. Baron Lentulus Hess die unter Bittmeister Graf
St. Germain an dem rechten Neisse-Ufer noch stehenden Posten
nach Kaundorf einrücken.
Der Armee-Commandant beauftragte den Commandanten von
Troppau, Hauptmann Baron Huldenburg des Max Starhemberg'
sehen Infanterie-Regiments, den Platz gegen einen etwaigen Ueber-
fall in Stand zu setzen und, wenn Jägerndorf nicht haltbar sei, die.
dortige kleine Garnison an sich zu ziehen.
Am 14. September wurde gemeldet, dass auf dem linken
Flügel der Preussen, an den Hängen gegen die Neisse, Holz gefällt
und ausgearbeitet werde. Als die österreichischen Generale nun
zur Eecognoscierung gegen die Neisse ritten, erhielten sie von den
Höhen am linken Ufer Geschützfeuer. Da man immer noch vor-
aussetzte, dass Vorbereitungen zu einem Brückenschläge getroffen
würden, rückten die Croaten und die 4 Grenadier-Compagnien von
Kaundorf nach Wischke, um ä portee der Ueb ergangstelle zu sein;
die Cavallerie nahm bei Kaundorf Stellung.
Inzwischen war auch das Gros der Armee nachgerückt und
bei Neunz in Schlachtordnung aufmarschiert. Auf die bei dem
Dorfe Wischke postierten leichten österreichischen Truppen ward
preussischerseits ein heftiges Kanonenfeuer eröffnet, doch erreichten
die Geschosse deren Aufstellung nicht. v)
Die an diesem Tage in Menge eintreffenden Deserteure be-
richteten, dass bei der preussischen Armee „grosser Mangel an
Lebensmitteln und vornehmlich an Brod" herrsche.
*) L u t s c h' Tagebuch. Der Verfasser desselben berechnet die Ent-
fernung der preussischen Geschütze von den Croaten auf kaum 1000 Klafter
tmd erwähnt, dass die Geschosse nur bis auf circa 30 Schritt von der Auf-
stellung der österreichischen Truppen giengen.
455
König F r i e d r i c li II. zog die Posten von Jentritz und
Rotlmaus zurück und verzichtete vorläufig darauf, angesichts der
Neipperg'schen Armee, die Neisse zu überschreiten. l)
Eine der über die Neisse entsendeten österreichischen
Patrouillen von 30 Husaren ward am 16. September von dem
preussischen Oberstlieutenant M a 1 a c h o w s k y mit 250 Uhlanen
bei Woitz angegriffen und zurückgeworfen, wobei 4 Husaren m
die Hände der Preussen fielen. Nachdem aber der Commandant
dieser Patrouille, „der Lieutenant Namens Werner (welcher auch
den König nach der Moll witzer Action bei Oppeln gejagt hatte),
sich recolligiert, so gieng er mit dem Säbel auf die Feinde los
und brachte selbe dergestalt in Confusion, dass er unsere Ge-
fangene nicht nur wieder abjagte, sondern auch den Oberstlieutenant
Mala c liowsky blessierter, nebst 44 feindlichen Uhlanen gefangen
bekam". 2)
Der Armee-Commandant hatte am 14. September aus Neunz
an die Königin M a r i a Theresia gemeldet, dass er das Aller-
höchste Handschreiben vom 8. aus Pressburg erhalten habe und.
sobald Lord Hyndford ihm die Nachricht von dem Abschluss
des Friedens mit Preussen mittheile, er unverzüglich mit der Armee
nach Böhmen aufbrechen werde, wozu die Einleitungen behufs
Verpflegung der Armee auf dem Marsche mit dem General-Landes-
Kriegs-Commissär dieses Königreiches, dem Grafen K a i s e r s t e -in,
bereits getroffen worden seien. Solange man jedoch von dem Ab-
schlüsse des Friedens nicht vollständig versichert sei und auch
falls derselbe nicht zu Stande kommen sollte, werde er - „an aller
möglichen Vorsichtigkeit nichts erwinden lassen." Die beiden
Armeen ständen jetzt, nur durch den Neisse -Fluss getrennt, einander
gegenüber.
„Die Passage des Neisse-Flusses will zwar der feindlichen
Armee, solange allhier und in der Gegend der Stadt Neisse stehe,
auch daselbst der beschwerlichen und aus Mähren und Böhmen
entsendeten Beifuhr, da es auch an Pferden dazu in Schlesien
wegen des hin und wieder von dem Feind weggenommenen und
ruinierten Zugviehs hauptsächlich ermangelt, der Subsistenz für
Mann und Pferd willen, stehen bleiben kann, beschwerlich genug
machen, ob es aber mit der Zeit, falls der König von Preussen
\i Kriege Friedrich d. Gr. II. 128.
2) Lutsch' Tagebuch
456
absolut darauf bestehen und es mit Finessen, wie im Krieg zu
geschehen pflegt, es sei ober- oder unterhalb, weit oder nahe meiner
Lager, endlich in's Werk zu richten suchen sollte, gänzlich werde
verhindern können, ohne in eine allgemeine Affaire mit ihm zu
geratheii, ist eine Sache, die nicht wohl zum Voraus melden, wohl
aber unterdessen kräftigst versichern kann, dass wo es allenfalls
dazu komme, alles dasjenige dabei thun und vorkehren werde, so
E. k. M. Allerhöchster Dienst und Interesse nur immer erfordern
und meine geringe Experienz und Einsicht beitragen mag, nur
wünschend, dass Gott der Allmächtige hierin E. k. M. aller-
gerechte Sache mit seiner Gnade und Beistand segnen, auch
meinen so inbrünstigen Wunsch in vollem Maasse erfüllen wolle."
„Nur Eines habe schliesslich E. k. M. hiebei noch allerunter-
thänigst vorzutragen und darüber Allerhöchstderoselbeii Willens-
meinung und Allergnädigste Befehle zu meiner Direction mir
auszubitten, dass, wann allenfalls der König von Preussen seinen
gefassten Vorsatz, den Neisse-Fluss zu passieren, fallen lassen und
zu dem schreiten sollte, die Stadt Neisse von der anderen Seite
förmlich zu bombardieren, alles darin zu verheeren und den Ort
in die Asche zu legen, wie er es mit der Menge seiner Artillerie,
ohne dass ich ihn von dieser Seite daran zu verhindern vermag,
gar wohl thun kann, ob in solchem Fall mit der Armee einen
Zuseher abgeben und mich allein, ihn von Zeit zu Zeit in An-
sehung der Garnison zu verstärken, mich begnügen, oder von
dannen mich zurückzuziehen und dem Feinde hierin freie Hände
lassen, oder aber die Neisse passieren und auf ihn coüte qu'il
coüte losgehen solle. Dasjenige von diesen dreien, so E. k. M. für
Dero Allerhöchsten Dienst und Interesse das Auslänglichste zu
sein erkennen und mir zur Richtschnur anbefehlen dürften, soll
von mir auf das Genaueste und nach Maass es die Umstände
gestatten, erfüllt werden. Wählen E. k. M. das letztere, um welches
mich absonderlich anfrage, weil E. k. M. in obaccusiertem Dero
Allergnädigstem Handschreiben alle Vorsichtigkeit mir anbefohlen,
und ich bin glücklich, so Gott gebe, so würden Allerhöchstdie-
selbe zwar wohl eine Zeit lang über hierländige Beschaffenheit,
falls anders der König von Preussen seine bei Göttin oder Magde-
burg stehende Armee,, die noch dermalen von Niemandem an-
gefochten wird, nicht auch herbeiziehen sollte, sich beruhigen
können; wäre ich aber unglücklich, wie man nicht vorsehen kann,
nachdem die feindliche Armee noch wenigstens 30.000 Mann, die
mir untergebene hingegen an regulierten deutschen Truppen kaum
457
20.000 Mann stark, mithin zwischen beiden die Proportion nicht
gleich ist, so werden E. k. M. die missliche Folge, so hieraus bei
einem erfolgenden Unglücksfall erwachsen könnte und wo Krön
und Scepter daran liegt, Dero Allerhöchsten Orts von selbst
leichtlich erkennen, absonderlich da E. k. M. nunmehr mit diesem
Feind nicht allein, sondern auch mit Chur-Bayern und der Krone
Frankreich selbst zu thun, dahingegen aber auf Dero Alliierte,
insolange der Frieden mit Preussen nicht hergestellt, vermuthlich
wenig zu rechnen haben. Ich bitte aber allerunterthänigst, mir die
hierunter genommene Freiheit, die einzig und allein aus der für
E. k. M. Allerhöchsten Dienst und Interesse hegenden wahren
Treue und Eifer entspringt, nicht ungnädig zu deuten, sondern es
als ein pures Merkmal meiner heftigen Begierde zu Allerhöchst-
deroselben Vortheil anzusehen. Obige drei Sachen aber sind von
solcher Beschaffenheit, class mir je eher je besser und ohne dess-
wegen eine Zeit zu verlieren, eine ausführliche und standhafte
Antwort von E. k. M. zu meiner Richtschnur erforderlich ist."
„Sollte hingegen der König von Preussen, ehe und bevor
E. k. M. Allergnädigste Antwort mir einlangt, die Neisse passieren,
um die Stadt Neisse zu investieren und förmlich zu attaquieren.
oder in ein anderes Land sich zu begeben, so müsste alsdann zur
Ehre E. k. M. Waffen schon die Partie nehmen, mich nach Be-
wandtniss der Sache entweder angreifen zu lassen, oder ihn selbst
anzugreifen, womit sich dann meine obigen Fragen von selbst
aufheben." J)
Am 17. September ward die Beobachtung des rechten Neisse-
Ufers durch Husaren, Croaten und Slavonier bis nach Schurgast
hinab angeordnet, Das bei Kanndorf und Wischke aufgestellte
Detachement Hess der Armee-Commandant in das Lager der Armee
bei Neunz einrücken und rechts vom Orte vor dem rechten Flügel
der Cavallerie lagern.
Der Hof-Kriegsrath hatte dem FM. Grafen Neipperg am
!>. September aufgetragen, zwei Husaren -Regimenter zumLobkowitz'-
schen Corps zu senden, deren Auswahl ihm überlassen wurde. Der
Armee-Commandant bestimmte hiezu die Regimenter Csäky und
Pestvärmegyei, die ihre auswärtigen Commanden einziehen und sich
zum Abmarsch vorbereiten mussten. Diese Regimenter zählten
jedes ungefähr 500 Pferde und waren in jeder Hinsicht feld-
tüchtig.
]) Gräfl. Neipperg'sches Archiv.
458
Die Antwort, welche König Friedrich II. auf die von
Lord Hyndford ihm am 13. September übermittelten Propo-
sitionen des Wiener Hofes am darauffolgenden Tage ertheilte,
bezeichnete das ihm zugekommene Allianz-Project als chimärisch.
Der Gesandte möge dem Wiener Hofe antworten, der Churfürst
von Bayern werde Kaiser und die Verbindungen des Königs mit
Frankreich und Bayern seien so feierlich und unlöslich, dass er
diese treuen Alliierten nicht verlassen werde, um in Verbindung
mit einem Hofe zu treten, der nie anders als unversöhnlich gegen
ihn sein könne und werde. Man möge ihn mit ähnlichen Anträgen
verschonen. *)
Gleichzeitige und sogar schon einige Tage früher versuchte
Anknüpfungen sprechen übrigens dafür, dass diese Ablehnung nur
als ein politisches Manöver Frankreich und Bayern gegenüber
aufzufassen ist, welch' letzterem von den Vorschlägen des öster-
reichischen Cabinets sofort Mittheilung gemacht wurde, 2) während
Valory bereits mündlich Kenntniss von denselben erhalten hatte.
Während dieser Vorgänge an der Neisse waren nämlich in
Breslau Verhandlungen angeknüpft worden.
Lord Hyndford, welcher sich dort aufhielt, hatte nach
Sir Thomas Eob ins on's erfolgloser schlesischer Reise und nachdem
der letztere am 2. September die Landeshauptstadt wieder verlassen
hatte, Gelegenheit gefunden, ,,mit einer gewissen Person, in welche
der König von Preussen das grösste Vertrauen hat, zu conversieren."
Als diese ,. gewisse Person" wird der Gouverneur von Breslau,
GL. von der Marwitz, ein auch in politischen Geschäften nicht
unerfahrener Officier, bezeichnet. 3)
Im Gespräche kam man auf die politischen Angelegenheiten
und der Ungenannte liess dabei die Hoffnung durchblicken, dass,
um den Preis von Nieder-Schlesien, Friedrich IL sich der Königin
von Ungarn und Böhmen gegenüber neutral verhalten werde.
,,Die Königin ist so unvernünftig (deraisoimable ) uud mein
Herr ist so weit gegangen, dass ich nichts vorzuschlagen wage" ;
erklärte jener Vertrauensmann weiter, ,,oder glauben Sie, dass die
Königin noch bewogen werden kann, seine Neutralität zu ge-
winnen für Xieder-Schlesien mit Breslau?" Der englische Gesandte
!) Polit. Corresp. I, Kr. 503.
2) Ebenda Nr. 504. An den Churfürsten von Bayern, 15. September 1711.
3) Kriege Friedlich d. Gr. II, 119. — C a r 1 y 1 e III, IV.. Cap. 396. -
Grünhagen, Erster schles. Krieg II, 4.
459
äusserte, hiefür zwar keine Bürgschaft übernehmen zu können, aber
er wolle, falls der König von Preussen ihn dazu ermächtige, durch
Bob ivn son diesen Vorschlag in Wien machen. Der Ungenannte
sagte, er werde seinem Correspondenten im Lager darüber schreiben,
obwohl er glaube, dass der König gegenwärtig schon zu sehr
anderwärts engagiert sei.
Es vergiengen nun drei bis vier Tage, ohne dass Hyndford
Gelegenheit hatte, die „gewisse Person" wieder zu sehen, aber am
Morgen des 9. September Hess diese ihn zu sich bitten. Nach einer
langen Auseinandersetzung über die Notwendigkeit, das strengste Ge-
heimniss in dieser Angelegenheit zu beobachten, zeigte der Unter-
händler eine Reihe aufgeschriebener Bedingungen, die er Hyndford
dictierte. Dann fügte er hinzu :
,,AVemi diese Angelegenheit ohne Ergebniss verliefe oder
wenn sie bekannt würde, so würden sowohl der König, mein Herr,
und ich selbst leugnen, jemals etwas davon gewusst oder gehört
zu haben ; dass also, wenn man überhaupt damit zu Ende kommen
wolle, dies mit dein grössten Geheimniss geschehen müsse und in
der in dem Papier beschränkten Zeit."
Hyndford theilte Bobin son diese Unterredung mit und
sprach die Meinung aus, die übermässige Vorsicht entspringe wohl
der Furcht des Königs, dass seine Alliierten etwas davon erführen.
Ueber die erste Unterredung hatte H y n d f o r d bereits an den engli-
schen Staats-Secretär Lord Harrington am 6. September berichtet. l)
B o b i n s o n erhielt zugleich die von dem „Ungenannten"
dictierten Forderungen des Königs von Preussen : ,,Ganz Nieder-
Schlesien. Der Neisse-Fluss als Grenze. Die Stadt Neisse sowohl,
als auch Glatz. Auf der anderen Seite der Oder die ehemaligen
Grenzen zwischen den Herzogthümern Brieg und Oppeln. Namslau
ist unser. Die Beligions-Angelegenheiten in statu quo. Keine
Abhängigkeit von Böhmen. Abtretung für immerwährende Zeiten.'"
„Dagegen werden wir nicht weiter gehen. Wir belegen Neisse
zum Schein. Der Commandant wird sich ergeben und abziehen.
Wir werden in Buhe die Winter-Quartiere nehmen und sie können
ihre Armee hinführen, wohin sie wollen. Das Alles niuss in zwölf
Tagen beendet sein." 2)
s
!) Der Brief ist abgedruckt bei Carlyle, III., IV. Cap., ö'):i.
2) H. H. u. St. A., Traduction de la lettre de Mylord H y n d f o r tl a
Mr. Robinson. Breslau le 9. Septembre'1741. — Die Bedingungen auch
abgedruckt in der Polit. Corresp. I, Nr. 380. Anmerkung 1.
460
Ob die erste Anregung zu den Verhandlungen in Breslau
von preussischer Seite oder von Hyndford ausgegangen, ist
nach des Letzteren Berichten allerdings nicht klar. Jedenfalls muss
der „gewisse Unbekannte" in Breslau instruiert gewesen sein, Pour-
parlers nicht abzuweisen, wenn er sie auch nicht selbst herbei-
geführt hat.
An Ursachen, welche preussischerseits hiezu bestimmend
wirken konnten, wäre kein Mangel. Friedrich IL kannte recht
gut die Gefahren, welche die Königin M a r i a Theresia von
anderer Seite bedrohten ; er wusste, dass er hoffen konnte, aus
dieser Nothlage der Königin grosse Vortheile für sich zu ge-
winnen und dass er die Geneigtheit in Wien voraussetzen durfte,
in Schlesien Opfer zu bringen, um nur endlich freie Hand zu
haben, die vorläufig einzige tüchtige Armee, die man besass, zur
Rettung Böhmens verwenden zu können. Bei König Friedrich IL
bestand zudem der Wunsch, Neisse jedenfalls noch mitzuerwerben,
um dann auf Glatz rücken zu können. l)
Er hatte sich wohl überzeugt, dass, insolange die österreichi-
sche Armee ihm gegenüberstand, der Besitz dieser Festung stets
von dem ungewissen und gefährlichen Wagniss einer Schlacht
abhängen werde. 2) Die Jahreszeit war schon vorgerückt, seine
Armee lange im Felde, seine Alliierten weit und in ihren Opera-
tionen langsam. Schmettau's Berichte, der im Heerlager des
Ohurfürsten von Bayern weilte, mögen wohl genügende Aufklärung
über die dortigen Zustände gebracht haben.
Eine verlorene Schlacht entschied voraussichtlich über den
Besitz Schlesiens. Durch Verhandlungen, die in seltener Weise
durch die Gunst der Umstände unterstützt wurden, die öster-
reichische Armee aus Schlesien hinauszuschaffen, Neisse ohne
langwierige Belagerung in Besitz zu nehmen, schien ein Preis, der
diplomatischen Kunst jener Tage werth. Dass die englische Ver-
mittlung Alles thun werde, um die Nachgiebigkeit des Wiener
Cabinets gegen Preussen zu erreichen, wusste König Friedrich IL
J) Polit. Corresp. I, Nr. 495.
2) „DieAveil der Feind sich auf die Höhen vor Neisse gezogen, so ver-
muthete man gänzlich, dass es diesem. Ort gelten werde, allein bis dato ist
noch Alles ganz ruhig, zumal es auch so leicht nicht wäre, diese Stadt einzu-
nehmen, indem erstlich das Wasser im Angesicht unserer Armee müsste
passiert werden; zu einer Bataille hingegen scheint es, dass der Feind ebenso
wenig Lust habe, als wir." GFWM. Baron Lentulus an FM. Grafen Secken-
dorff, Neunz, 19. September 1741. (K. A., Schlesien 1741 ; XIII, 12y. Original.)
461
genau. Handelte es sick für England doch stets darum, Preussen,
wenn möglich, von Frankreich zu trennen.
Auch begannen schon Schwierigkeiten bezüglich der seiner-
zeitigeh Vertheilung der Länder der Königin Maria Theresia
unter den Verbündeten sich geltend zu machen. Besonders galt
dies von Sachsen, über dessen Beitritt zur grossen Allianz der
Gegner Oesterreichs, in jenen Tagen zu Frankfurt, wo Marschall
Belleisle weilte, lebhaft verhandelt wurde.
Belle isle theilte den Stand dieser Angelegenheit am
12. September Valory mit; er fand es auffallend, dass der König
von Preussen nicht nur Neisse, sondern auch die Stadt und
Festung Glatz verlange.
„Sie sehen, was das für eine Ausdehnung nimmt, gegenüber
dem Vertrage, in welchem nur von Nieder-Schlesien mit Breslau
die Rede war. x) Sie sehen, dass meine Scrupel, welche ich immer
bezüglich der Grenzen hatte, welche der König von Preussen
diesem Nieder-Schlesien setzen wird, richtig waren."
Neisse werde man wohl zugestehen müssen, wenn der König ein-
mal in den Besitz dieser Stadt getreten sei. Doch viel wichtiger sei
dessen Anspruch auf Glatz, wenn, wie Frankreich es wünsche, ganz
Böhmen in Besitz des Churfürsten von Bayern bleiben solle. Der
letztere werde clesshalb Vorstellungen beim Könige von Preussen
erheben, Valory solle sich diesen anschliessen und persönlich, aber
ganz nach den Umständen intervenieren.
Die Ausführung aller Projecte werde nur stattfinden können,
wenn der König von Preussen N e i p p e r g im Schach halte oder
ihm folge, wenn er nach Böhmen abziehe.
,, Ich sehe und durchblicke," schreibt Belleisle weiter, ,, dass
der König von Preussen jetzt ganz für die Belagerung von Neisse
und dann für jene von Glatz eingenommen ist; zur günstigen
Stunde, da wir ihn nicht hindern können, diesem Einfall zu folgen,
aber versuchen Sie wenigstens, wenn er schon diese zwei Ex-
peditionen ausführt, durchzusetzen, dass er Neipperg folge,
wenn sich dieser zurückzieht, sei es nach Böhmen oder Mahren, dass
er ihm niemals die Freiheit lasse, sich gegen den Churfürsten zu
wenden."
,.Es ist dem Grafen Neipperg nicht möglich, sich in Böhmen
zu halten, wenn der König ihm folgt, er wird auf Mähren zurück-
gehen müssen, womit die Wegnahme von Glatz verbunden sein wird."
') Siehe die Separat- und geheimen Artikel des Vertrages vom 5. Juni 1741.
4G2
„Der König von Preussen wird also einsehen, dass es noth-
wendig sei, seine Armee vorläufig nicht in Winter-Quartiere zu legen
und den General Neipperg während des Monats November fest-
zuhalten, bis Prag genommen ist." *)
Für die Anschauungen König Friedric h II. in jenen Tagen
ist übrigens ein Brief desselben an Marschall Belleisle be-
zeichnend, worin er über die Bemühungen des Letzteren sich
äussert, Sachsen in die gemeinsamen Interessen zu ziehen. Er
findet, dass es sehr vernünftig sei, den König von Polen zu ge-
winnen, erklärt aber mit gewohnter Freimüthigkeit, dass Belleisle
demselben viel zu viel in Aussicht stelle, zum Schaden des Chur-
fürsten von Bayern, der auf ganz Böhmen die feierlichsten An-
sprüche habe. Diesen wolle man zu Gunsten des Königs von Polen
zurücksetzen, ja noch melrr, Belleisle bestimme für ihn noch
Ober-Schlesien und Mähren. „Ich habe auf meine Rechte auf
Jülich und Berg verzichtet, ich habe dieses ganze Jahr allein die
Last des Krieges getragen, ich habe mich von Anbeginn für den
König von Frankreich erklärt, ich handle in allen Gelegenheiten
aus allen meinen Kräften, um dessen Absichten zu begünstigen
und Sie lassen auf den König von Polen, welcher die allermög-
lichste Entfremdung und den übelsten AVillen bewiesen hat und
welcher keinen seiner Ansprüche opfert, einen ansehnlicheren Theil
von den Trümmern des Hauses Oesterreich entfallen, als auf den
Churfürsten von Bayern und mich. Muss man denn ein Feind
Frankreichs sein, um der Meistbegünstigte zu sein? Muss man
Ihnen denn entgegen sein, um durch dieses Mittel ganze Provinzen
zu erkaufen, ohne den Degen zu ziehen?"
„Ich glaubte, als ich den Krieg begann, für den König von
Frankreich, den Churfürsten von Bayern und mich zu arbeiten ;
nun sollen indessen die Früchte meiner Arbeiten die Macht unseres
gemeinsamen Friedens vergrössern. Uebrigens machen Sie den
Antheil des Churfürsten von Bayern sehr sehmal und klein, indem
Sie dem König von Polen Mähren überlassen und es scheint mir,
als hätten Sie nicht bedacht, dass Sie in der Absicht, Russland zu
beugen, dasselbe in der Person des Churfürsten von Sachsen er-
höhen und ihm durch seine Vergrösserung das Mittel geben, so
oft es Lust hat in Deutschland einzudringen und mich in Folge
dessen gänzlich vom Churfürsten von Bayern abzuschneiden. Nicht
■ Belleisle an V a 1 o r y, Frankfurt, 12. September 1741. (Pariser
Archiv.)
403
dass ich neue Ansprüche erhöbe, ich begnüge mich mit den Ufern
der Neisse, diese Stadt und Glatz inbegriffen, aber ich schreibe
hauptsächlich für den Churfürsten von Bayern und habe das
Gefühl,' es müsse ihn Mähren wenigstens für die Abtretung ein«>
Theiles von Böhmen und Ober-Schlesien an Sachsen entschädigen.
Ich bin überzeugt, Sie werden, sobald Sie reiflich über das, was
ich Ihnen eben geschrieben, nachgedacht haben in der Ansicht mit
mir übereinstimmen, dass es nicht nöthig sei, dem König von
Polen den grössten der drei Theile zu geben." r)
An Sclimettau schrieb König Friedrich am nämlichen
Tage (16. September), er erwarte von ihm mit Ungeduld gute Nach-
richten, um seine Massregeln danach zu nehmen. 2)
Diese Berichte lauteten in der Folge nicht günstig. Belleis le
betrachtete, entgegen den Instructionen, welche der König von
Preussen Schmettau mitgegeben hatte, 3) die Eroberung Böhmens
als Hauptziel der Operationen der verbündeten Heere, während der
Marsch auf AVien nur als Scheinbewegung fortgesetzt werden sollte.
Die Entscheidung, wie weit an der Donau noch vorzurücken sei,
wurde dem General Mortagne überlassen. Nun war auch noch am
15. September die Nachricht eingetroffen, dass die im Kampfe gegen
Russland befindlichen Schweden bei Willmanstrand am 3. September
geschlagen worden seien, wodurch die Besorgniss hervorgerufen
wurde, Russland könne nunmehr zu Gunsten Oesterreichs in die
kriegerischen Verhältnisse kräftig eingreifen. 4)
Es lagen also Gründe genug vor, welche den König von
Preussen bestimmen konnten, den Versuch zu machen, seine Unter-
nehmung in Schlesien ohne weiteren Kampf und ohne langwierige
Verhandlungen mit seinen Alliierten, allein mit seinem Gegner
zu Ende zu führen.
Bevor noch Hyndford's Courier mit den von dem ,, Un-
bekannten in Breslau" dictierten preussischen Forderungen in
Pressburg eingetroffen war, zu welcher Reise von Breslau mindestens
vier bis fünf Tage henöthigt wurden, hatte Maria Theresia,
J) König Friedrich an Marschall Belleisle, Lager an der Neisse,
IC. September 174-1. Polit. Corresp. I, Nr. 510.
2) Ebenda, Nr. 509.
3) Polit. Corresp. I, Nr. 137.
4) Am 1. August war von Schweden auf Betreiben Frankreichs der Krieg
an Russland erklärt worden.
464
wie erwähnt, schon einen weiteren Schritt gethan durch die an
N e i p p e r g am 13. September übermittelte Vollmacht zur Führung
der Verhandlungen mit König Friedrich II. und zum Abschluss
eines Definitiv -Vertrages und der Feldmarschall hatte unmittel-
bar nach Erhalt des königlichen Handschreibens den in Breslau
weilenden Lord Hyndford von den erhaltenen Instructionen in
Kenntniss gesetzt. J)
Am 14. September schrieb die Königin wieder an den Feld-
marschall, ihr sei die Nachricht zugekommen, ,,dass wenige Hoffnung
übrig, den König von Preussen, auch mit Abgabe von ganz Nieder-
Schlesien, zur Neutralität, geschweige zur Hilfeleistung zu ver-
mögen, sondern derselbe vielmehr seine Verlangen von Tag zu
Tag erhöhe und nun sogar auf die Abtretung der Stadt Neisse,
wie G-latz, dringe."
,, Sollte dessen ungehindert mit dem im Handschreiben vom
13. September enthaltenen Antrag auszulangen sein, so wäre kein
Augenblick damit zu säumen. Ich habe Euch inzwischen diese
Umstände zu Eurer Direction und dem Ende zu wissen thun
wollen, damit Ihr desto mehr in Ansehung des Königs von Preussen
auf Eurer Hut seiet. Theile Euch zufolge des Gnädigst in Euch
gesetzten Vertrauens abschriftlich mit, was, um das Universum zu
retten, in diesen äusserst andringenden Umständen und avo von
keinen Meiner Bundesgenossen einige Hilfe anzuhoffen ist, an Grafen
von T r a u n erlasse." 2)
„Sollte Euch nun etwas Mehrers beifällen, was der so grossen
Noth zu steuern weiters diensam sein möchte, so hättet Ihr Mir
v) „Ich habe die Ehre, Ihnen, Avie es mir mein Hof befiehlt, mitzutheilen,
dass ich gestern die Instructionen und Vollmachten für den Fall erhalten
habe, als man es zu einem Vergleiche mit Sr. Majestät, dem König von
Preussen, dem letzten, aus Pressburg vom 8. d. M. datierten Project
gemäss, brächte, was Sie ohne Zweifel von Herrn Robinson erfahren
haben werden." FM. Graf Neipperg an Lord Hyndford, ddto. Neunz,
16. September 1741. (H. H. u. St. A. Friedens-Acten, Fase. 23.)
2) Der commandierende General im österreichischen Italien, FM. Graf
Traun, erhielt Befehl, die drei Haj ducken - Regimenter, welche sich
unterwegs durch Nachschübe aus Ungarn auf 3000 Mann jedes verstärken
sollten, weiter vier Infanterie - Regimenter, dann das Dragoner - Regiment
Sachsen-Gotha (gegenwärtig Uhlanen-Regiment Nr. 8) und ein Husaren-
Regiment, im Ganzen circa 18.000 Mann durch Tyrol gegen Bayern in Be-
wegung zu setzen, während 12.000 Mann in Italien bleiben sollten. (In-
struction an Graf Traun, ddto. Pressburg. 11. September 1731. Grad.
Neipperg'sches Archiv.)
465
es ungesäumt aiihandzugeben, je und allezeit aber den Inhalt
gegenwärtigen Handschreibens und dessen Beilage höchst geheim
zu halten." *)
Unmittelbar nach Abgang dieses Handschreibens langte
Hyndfor d's Courier vom 9. September bei Robinson in Press-
burg an. Sofort überreichte Letzterer der Königin die preussi-
schen Bedingungen. Am folgenden Tage schon erhielt er die Ant-
wort des Wiener Cabinets. 2) Sie drückte die Bereitwilligkeit aus,
ganz Nieder-Schlesien bis zur Neisse für alle Zeiten abzutreten
und zwar unabhängig vom Königreich Böhmen. Die Königin
hoffe aber, dass man ihr Neisse und Glatz lassen werde, da von
diesen Plätzen bisher niemals die Rede gewesen sei und der
König von Preussen in gewisser Hinsicht überdies mehr, als er
verlange, nämlich einen Theil von Ober-Schlesien erhalte.
Eine Abschrift dieser Erwiderung wurde dem Armee-Com-
mandanten zugesendet, in dem Begleitschreiben vom 15. September
ward hervorgehoben, dass man jetzt, um sich seines Corps be-
dienen zu können und des Friedens mit Preussen sicher zu sein,
zu der nämlichen Cession, die man früher nur gegen wirkliche
Hilfeleistung und die Stimme des Königs bei der Kaiserwahl an-
geboten, bereit sei.
Der Ausfertigung des obigen Schreibens an Graf N eip perg
fügte die Königin eigenhändig noch Folgendes bei:
,,Ich empfehle Ihnen dringend dieses Einvernehmen zu den
angegebenen Bedingungen zu beschleunigen, um die Armee als-
bald in Böhmen zu haben und, wenn Sie Hoffnung haben, mindestens
einstweilen an Lobkowitz die Regimenter zu Hilfe zu senden,
denn, wenn sie nicht ankommen, um die Truppen an den Grenzen
aufzuhalten, sind alle meine Pläne und das Opfer, das ich bringe,
vergeblich." 3)
Es muss beachtet werden, dass König Friedrich H. am
15. September die Nachricht von der Niederlage der Schweden
bei Willmanstrand erhalten hatte. 4)
>) H. H. u. St. A., Friedens- Acten. Fase. 23.
-) „Projet de la reponse ä donner ä Mr. de Robinson", abgedruckt in
Mittheiluugen des k. und k. K. A.; N. F. V, 294.
s) H. H. u. St. A. Friedens-Acten, Fase. 23. Das Post- Scriptum nach
einem Extract im gräflich Neipperg'schen Archive.
4) Kriege Friedrich d. Gr. II, 151.
Oesterreichiseher Erbfolgekrieg. II. Bd. 30
466
Am 16. schrieb Cabinets-Secretär Eichel an Podewils:
„Auf Sr. königl. Majestät Allergnädigsten Befehl soll Euer Excellenz
melden, wie Dieselbe an Mylorcl Hyndford Namens Sr. königl.
Majestät sagen möchten, dass, wenn er zuDeroselben anhero kommen
möchte, er nicht nur allemal angenehm sein würde, sondern auch
dass es Deroselben ein Vergnügen machen werde, wenn er über-
morgen anher reisen wollte, indem Se. königl. Majestät ein be-
sonderes Verlangen haben, ihn bei sich zu sehen". x)
Am selben Tage richtete auch der Oberst und Adjutant König
F r i e d r i c h II. Freiherr von der Goltz an Hyndford die
folgenden Zeilen : „Sie wissen, dass ich für die gute Sache ein-
genommen bin. Im Hinblick darauf nehme ich mir die Freiheit,
Urnen als Freund und Diener zu rathen, sofort hieher zu kommen
und Ihre Eeise so zu beschleunigen, dass Sie Montag (den 18.)
gegen Mittag öffentlich erscheinen können. Sie werden in Ohlau
und Grottkau sechs Postpferde bereit finden. Beeilen Sie sich,
Mylord, um Alles in der AVeit, soviel Sie können." 2)
Bevor Podewils den Auftrag, den englischen Gesandten
zur Eeise in das preussische Lager zu bestimmen, erhielt, hatte er
am nämlichen Tage, den 16. September, an den König berichtet,
dass Lord Hyndford in Breslau krank darniederliege.3) Diese
Anzeige war in der Nacht vom 17. zum 18. September im preussi-
schen Hauptquartier eingelaufen.
Am Morgen des 18. September passierte ein Courier des eng-
lischen Gesandten Eobinson aus Wien mit Depeschen für Lord
Hyndford auf dem Wege nach Breslau die Festung Neisse.
Am linken Ufer der Neisse wurde er jedoch von den preussischen
Vorposten angehalten und mit einem Schreiben des FM. Schwerin
an den österreichischen Armee-Commandanten zurückgesendet,
worin mitgetheilt wurde, dass Hyndford krank in Breslau liege,
man remittiere desshalb den Courier mit den Depeschen, „damit,
falls daran eilig gelegen, man die benöthigte Vorkehrung dort be-
sorgen könne", da man preussischerseits befürchte, dass Hynd-
ford nicht im Stande sein werde, dieselben „zu öffnen und den
Inhalt zu prosequieren". Falls Neipperg jedoch für nöthig
erachte, dass der Courier seine Eoute fortsetze, so möge er
!) Polit. Corresp. I, Nr. 508.
2) Goltz an Hyndford. „Im Lager bei Neundorf, 16, September um
9 Uhr Abends." (Carlyle, III, Oap. IV, 396.)
3) G r ü n h a g e n, Erster schlesischer Krieg II, 9.
4G7
zurückkehren und werde man dann das Weitere zu seiner Reise vor-
kehren. J) Neipperg schickte diesen Courier mit dem Antwort-
schreiben an Schwerin zurück, „dass er selbst die Depeschen
Eobinson's an Hyndford nicht eröffnen könne und wenn
auch Letzterer sehr krank oder gar schon gestorben wäre, werde
er doch einen Legations-Secretär bei sich haben, der dieselben
eröffnen und das Nothwendige besorgen könne." Schwerin möge
also den Courier seine Route nach Breslau ungehindert nehmen
lassen. 2)
Dies geschah und der Courier erhielt im preussischen Lager
von dem Obersten von der Goltz noch ein Billet für Hyndford:
,,Ich bin in Verzweiflung, Mylord, über Ihre Erkrankung. Hier ist
der Courier, den Sie erwarteten. Kommen Sie, sobald es Ihnen
nur möglich ist, wenn nicht, so sagen Sie dem General Marwitz,
um was es sich handelt, damit er es mir zu wissen machen könne.
Der Courier wäre um vier Stunden früher eingetroffen, wenn wir
ihn nicht Ihrer Erkrankung wegen an den Grafen Neipperg
zurückgeschickt hätten." 3)
Kurze Zeit nachdem EM. Graf Neipperg den Courier wieder
in das preussische Lager abgefertigt hatte, langte von dort ein
Trompeter mit einem Briefe des GM. Prinzen Dietrich von
Anhalt-Dessau für den GFWM. Baron Lentulus an :
„Da Se. königl. Majestät mir Allergnädigst befohlen, mit Ew.
Hochwohlgeboren etwas zu sprechen, so werden Dieselben belieben,
den nächsten Ort bei Neisse, wo solches geschehen und ich mich
einfinden könne, zu choisieren, mithin durch Ueberbringer dieses
mich davon ohnschwer zu benachrichtigen, auch, wenn E. H. für
nöthig finden, einen Pass von J. E. dem Herrn FM. Grafen
Neipperg mitzuschicken. Ich bringe keinen mit, als 1 Trompeter,
nebst 6 Husaren, ingleichen meinen Adjutanten. Hoffe also noch
heute die Ehre und das Vergnügen zu haben, mit E. H. zu sprechen
und mündlich versichern zu können, wie ich mit aller Conside-
ration bin. . . ." 4)
2) Schwerin an Neipperg, Lager bei Neisse, 18. September 1741.
(H. H. u. St. A., Friedens- Acten, Fase. 23.)
2) Neipperg an Schwerin, Neunz, 18. September 1711. (H. H.u. St. A..
Friedens-Acten, Fase. 23.)
3) Goltz an Hyndford, den 18. September um 3 Ulir Nachmittags.
(Carlyle III, Cap. IV, 396.)
4) Lager bei Neundorf, 18. September 1711. (H. H. u. St. A., Friedens-
Acten, Fase. 23.)
30*
468
GFWM. Baron Lentulus schlug, nach Rücksprache mit
seinem Armee-Commandanten, das ungefähr 4 Kilometer von Neisse
links seitwärts der Strasse nach Grottkau liegende Dorf Riglitz als
Ort des Rendez-vous vor J) und ritt, von seinem Adjutanten,
Fähnrich L u t s c h, 1 Corporal mit 6 Husaren und einem Trompeter
begleitet, um 3 Uhr Nachmittags von Neunz ab, passierte die
Festung und die am linken Ufer der Neisse liegende Vorstadt, die
sogenannte ,, Mährengasse", um sich nach Riglitz zu begeben. Als
der österreichische General die Vorstadt verliess, wurde er ausser-
halb derselben bereits preussischer Officiere ansichtig, welche die
Vorposten passiert hatten und in Begleitung des Officiers der
österreichischen Feldwache sich näherten.
Es war GM. Prinz Dietrich von Anhalt selbst mit seinem
Adjutanten, einem Trompeter und einem Bedienten ; in dessen Be-
gleitung befand sich aber noch ein preussischer Stabsofficier, welchen
der Prinz nach erfolgter Begrüssung dem GFWM. Baron Lentulus
mit den AVorten vorstellte : „Ich präsentiere Ihnen den Herrn
Obersten von Goltz, General-Adjutanten meines Königs, von welchem
Sie das Weitere vernehmen werden". 2) Hierauf kehrte der Prinz
mit dem Officier der Feldwache um und begab sich in das preussi-
sche Lager zurück. General Lentulus ritt seinerseits mit dem
Obersten von Goltz, gefolgt von Fähnrich L u t s c h in die ..Mähren-
gasse" und alle drei begaben sich in den Garten des dort gelegenen
*) Bericht Neipperg's an die Königin. Neunz, 18. September 1741.
(H. H. u. St. A., Friedens-Acten, Fase. 23.)
') Der bei diesen Verhandlungen eine bedeutsame Eolle spielende Oberst
Georg Conrad Freiherr von der Goltz hatte sich seine Sporen im diploma-
tischen Dienste bereits verdient. Durch seinen Oheim, den sächsisch-polnischen
Staatsminister Grafen Manteuffel war er in König August IL Dienst ge-
zogen und im Jahre 1727 schon als Legationsrath mit Graf Hoym nach
Frankreich geschickt worden. Dann in preussische Dienste getreten, hatte ihn
König Friedrich Wilhelm I. in wichtigen Angelegenheiten im Jahre 1733
an den Hof von Warschau gesandt. Während des gegenwärtigen Krieges
war er als General-Adjutant in der unmittelbaren Umgebung des Königs und
schien diesem unzweifelhaft die geeignete Persönlichkeit, mit dem in diplo-
matischen Künsten wenig bewanderten österreichischen Armee-Commandanten
zu verkehren. König Friedrich II. sagt später selbst über ihn: „Herr von
Goltz war wie Proteus in der Fabel. Im ersten Feldzuge leistete er die
Dienste eines General-Adjutanten, eines Generals und sogar die eines Unter-
händlers. Er wurde mit einem wichtigen und geheimen Auftrage betraut, von
welchem das Publicum niemals vollständig Kenntniss erhielt". (Ausgewählte
kriegswissenschaftliche Schriften Friedrich d. Gr. Von Heinrich Merkens.
Jena 1876. Aus: ..Lobrede auf General von Goltz", 311.)
469
Capuciner-Klosters. Hier hatten Lentulus und G o 1 t z eine längere
Unterredung. Endlich ward Fähnrich Lutsch wieder herbeigerufen
und von dem preussischen Obersten in höflichster Form ersucht,
zu dem commandierenden General Grafen Neipperg zu reiten
und zu ,, melden, wie er mit einem geheimen Auftrag von Seiner
Majestät dem König an Seine Excellenz abgeschickt worden', er
stelle es dessen Belieben anheim, ob er ihm erlauben wolle, seine
Aufwartung zu machen, oder ob der Feldmarschall sich seil ist
herausbemühen wolle. Im letzteren Falle möge derselbe keine Suite
mitnehmen, „indem der König diese Unterredung geheim gehalten
wissen wolle".
FM. Gral Neipperg begab' sich in Folge des ihm von
Fähnrich Lutsch überbrachten Auftrages, nur von Letzterem be-
gleitet, zu Pferde in die „Mährengasse", wo er um 7 Uhr Abends
in dem Garten der Capuciner eintraf und wo, wie Fähnrich Lutsch
in seinem Tagebuch verzeichnet, „die drei Anwesenden (also
Neipperg, Lentulus und Goltz) bei hellem Mondschein eine
ganze Stunde sich besprachen; worauf Oberst von der Goltz um
8 Uhr in das preussische Lager, FM. Neipperg mit seinen Be-
gleitern um 9 Uhr Abends nach Neunz zurückkehrten". a)
Es war das erste Mal im Verlauf dieses Krieges, dass öster-
reichische und preussische Militärs die Frage der Aussöhnung
direct besprachen und es ist diese Zusammenkunft auch die einzige
gewesen, bei welcher der englische Vermittler gefehlt hat.
Es muss dabei festgehalten werden, dass Neipperg bei
dieser Unterredung nur im Besitze der Instructionen vom 13. Sep-
tember war ; erst nach seiner Rückkehr von derselben erhielt er
das Handschreiben der Königin vom 14. und etwas später den,
die Abschrift der an Eo b in s on gegebenen Antwort begleitenden
Erlass mit dem eigenhändigen Zusatz der Königin.
Ueber die mit dem Obersten von der Goltz gehabte Unter-
redung berichtete FM. Graf Neipperg noch am nämlichen Tage
um Mitternacht an seine Monarchin, Goltz habe nach der ersten
Begrüssung sofort „aus Veranlassung seines Königs" gefragt, ob
Neipperg „zu Treffung eines Accommodements mit einer Vollmacht
versehen wäre", welche Frage dieser mit „Ja" beantwortet habe.
Auf die zweite Frage, ob die Königin bereit sei, auch Neisse
und Glatz abzutreten mit soviel Land, als ein Stückschuss
1) Lutsch' Tagebuch.
470
betrage, mit „Nein" ; Nieder-Schlesien, mehr dürfe er nicht be-
willigen.
Seine Instruction besage auch, „sowohl das Fürstenthum
Münsterberg und Frankenstein, als denjenigen Strich Landes, so
zu dem Fürstenthum Neisse gehöre und über dem Neisse-Fluss
unter dem Namen des Grottkau'schen Weichbildes liege, als District,
so insgemein zu Ober-Schlesien gerechnet worden, x) davon auszu-
nehmen, welches letztere er aber nur pro forma und um die Sache
vorläufig desto inehr zu erleichtern, thäte, worauf Oberst von der
Goltz entgegnete, dass sein König ohne solchen und ohne Neisse
und Glatz zu erhalten, zu einem Accommodement sich nicht be-
quemen würde."
Nun fragte Neipperg, wie es mit der Hilfeleistung stehe,
aufweiche die Königin rechne. Der Oberst erwiederte, zu einer
solchen werde der König sich nicht verstehen, jedoch unfehlbar
neutral bleiben. Im künftigen Frühjahre werde der König vielleicht
Gelegenheit finden, sich dafür zu bemühen, dass der Königin Maria
Theresia nicht zu grosser Schaden geschehe. Sein König sei
weit davon entfernt, den Ruin des Hauses Oesterreich anzustreben.
Goltz betonte die Versicherungen der guten Absichten seines
königlichen Herrn mit so viel Wärme, dass selbst Neipperg den
Eindruck gewann, man scheine in der That im preussischen Haupt-
quartiere vor der französischen Uebermacht Besorgnisse zu hegen.
Der Feldmarschall berichtete ferner, dass Oberst von der Goltz
ihm im Vertrauen mitgetheilt habe, wie sein König an den bedräng-
ten dermaligen Umständen der Königin Maria Theresia grossen
Antheil nehme und dieselbe ohne Hilfe nicht lassen würde, gegen-
wärtig dieselbe aber nicht gewähren könne. „Er dringe sehr darauf,
dass, sobald mit ihm ein Accommodement getroffen, das hiesige
Kriegs-Corps ungesäumt gegen Wien rücken und diese Stadt im
Fall einer feindlichen Belagerung, wie der Oberst von der Goltz
aus seinem König zu haben sagt, dass es dahin vermeint sei.
retten zu helfen suchen solle, wonach sich Alles zum Besseren
wieder kehren werde."
*) Zu Ober-Schlesien rechnete man damals die sieben Fürstenthümer :
Münsterberg, Neisse, Teschen, Troppau, Jägerndorf, Oppeln und Ratibor; zn
Xieder-Schlesien die neun Fürstenthümer: Breslau, Brieg, Glogau, Jauer,
Liegnitz, Oels, Sagan, Schweidnitz und Wohlan. Unter österreichischer Herr-
schaft waren die Fürstenthümer Breslau, Brieg, Liegnitz, Oels, Münsterberg,
Schweidnitz und Jauer in "Weichbilder abgetheilt, die übrigen aber in Kreise.
(B ü s c h i n g, Erdbeschreibung, 10. Theil, 778 u. 780.)
471
..Das Secretum dieser Sache habe der Oberst von der Goltz im
Namen seines Königs ihm zu wiederholten Malen mit Nachdruck
recommandiert und verlangt, dass es nur zwischen der Königin,
dem Grossherzoge, ihm und mir noch zur Zeit bleiben solle, vor-
gebend, wie ihm gar wohl bekannt, dass sothanes Secretum zu
Wien nicht allemal, wie sich's gebührt, gehalten würde."
In einer Nachschrift zu diesem Berichte äusserte Neipperg
noch, dass er Alles thun werde, um zu dem von der Königin
in Anbetracht der anderweitigen drohenden Gefahren gewünschten
Ausgleich zu gelangen, doch verhehlte er seine Besorgnisse nicht, dass
der König von Preussen auf der Abtretung der beiden Festungen
bestehen werde. Er werde es an nichts fehlen lassen, um für die
Interessen der Monarchin bei jeder Gelegenheit zu wirken, aber
er werde auch vermeiden, dem Könige von Preussen zuerst die
eigene Meinung zu insinuieren und eine Gelegenheit oder eine
Unterredung abwarten, um danach zu sehen, wie man zum Ziele
gelangen und nach dem letzten ihm zugekommenen Friedens-
entwurfe vom 15. September schliessen könne. v)
In wie weit Oberst von der Goltz seine Auseinandersetzungen
bei der Conferenz im Neisser Capuciner-Kloster selbst in gutem
Glauben vorbrachte, ist nicht wohl zu erweisen, deutlicher sind die
Fingerzeige über die Gedanken und Ziele König Friedrich IX
bei dem mit dem österreichischen Armee-Commandanten an-
gebahnten Verständigungsversuche.
Die überlieferten politischen Auslassungen des Königs gerade
in diesen kritischen Tagen sprechen nicht dafür, dass er sich von
Frankreich und Bayern zu trennen gewillt war. Im Gegentheil,
geben die "Weisungen an Schmettau, 2) an den Gesandten beim Chur-
fürsten von Bayern, Geheimen Kriegsrath von Klinggraeffen3),
die Resolution für den bei ihm befindlichen französischen Ge-
sandten Marquis Valory vom 21.*), das Schreiben an den Chur-
fürsten von Bayern vom 22. September 5) ein ganz anderes Bild
») H. H. u. St. A., Friedens-Acten Fase. 23. K. A., Schlesien 1741 ; IX. 34.
2) Polit. Corresp. I, Nr. 518.
3) Polit. Corresp. I, Nr. 519.
4) Polit. Corresp. I, Nr. 521.
5) „Ich habe direct auf Herrn von Neipperg, welcher in Franken-
stein lagert, marschieren wollen, doch ist mir seine Klugheit zuvorgekommen,
denn er hat sich hinter die Neisse zurückgezogen ; daher habe icli Gewalt-
märsche gemacht, um ihn von der Stadt Neisse abzusperren, aber er ist mir
472
und deuten auf jetzt schon vorhandene Pläne, die später klar
genug geworden sind.
Dem Marquis Valory gegenüber hatte der König in diesen
Tagen geäussert, dass er die Absieht habe, die Neisse zu passieren,
der Entschluss aber von den zu erwartenden Briefen und Nach-
richten abhängig sei. ,, Seine Briefe sind die Boussole für sein
Verhalten in der gegenwärtigen Lage." x)
Zwischen Sachsen und Bayern war der Bündnissvertrag arn
1'.». September 1741 unter Marschall Belleisle's Vermittlung zu
Frankfürt am Main abgeschlossen worden. Wo alle auf Beute
hofften, wollte König August nicht zurückbleiben.
Sachsen sollte Ober-Schlesien ohne Neisse, ganz Mähren als
Königreich und dazu von Nieder-Oesterreich das Viertel ober dem
Mannhartsberge erhalten, dagegen etwaigen Ansprüchen auf sonstige
österreichische Lande zu Gunsten Ba}Terns und auf Jülich und
Berg zu Gunsten der Pfalz entsagen. Bayern hatte sich in den
Besitz von Böhmen, Ober-Oesterreich, Tvrol und Vorder-Oesterreich
zu setzen.
Bezüglich der Kaiserwahl verpflichteten sich die beiden Contra-
henten, ,, zusammen in vollster Einigkeit und Uebereinstimmung
vorzugehen und zu diesem Ende gleicher Meinung zu sein, um
die Churstimme in Böhmen bis zum nächsten Reichstag zu su-
spendieren und auf keinen Fall ihre Stimmen dem Grossherzog von
um eine halbe Stunde zuvorgekommen. Seine Armee beginnt indessen, an
Allem Mangel zu leiden, ich werde die Neisse in wenigen Tagen überschreiten
und wenn Neipperg nicht das Feld räumt, bin ich gezwungen, ihn dazu
zu nöthigen. Valory hat soeben einen Courier des Marschalls Beilei sie
empfangen, welcher ihm die Präliminarien des Tractats mit Sachsen schickt ;
dessen Bedingung ist die Erwerbung Mährens und Ober-Schlesiens mit dem
Königstitel. Ich glaube, dieser Vertrag entspricht den Ideen und Interessen
Eurer churfürstlichen Hoheit, nachdem der Beitritt Sachsens seit der un-
glücklichen Schlacht, welche die Schweden gegen Bussland verloren haben.
ein entscheidender Zug ist." 7>Die Oesterreicher lassen sich durchaus
nicht abschrecken, hier zu unterhandeln, aber Ew. churfürstliche Hoheit
können versichert sein, dass sie nicht weiter kommen werden, als bisher.
Neipperg hat grosse Lust, in Schlesien seine ungarischen Unterhandlungen
zu wiederholen. Es ist ihm dies zu spät eingefallen und meine Verpflichtungen
sind mir zu heilig, um sie jemals in meinem Leben zu brechen." (Polit.
Corresp. I, Nr. 522.)
l) Bericht Valorv's an B e 1 1 e i s 1 e, Neundorf, 17. September 1741.
; Pariser Archiv.)
473
Tose ana für die Kaiserkrone zügeben; sollte es im Churfürsten-
Collegium getheilte Meinungen zu Gunsten der beiden hohen Con-
trahenten geben, so wolle der Eine und der Andere nur den güt-
lichen Weg einschlagen, um den Churfürsten volle und gänzliche
Freiheit zu lassen, zwischen den Beiden zu entscheiden." Der
Vertrag wurde mit dem Vorbehalte geschlossen, dass zur Gültig-
keit der Verabredung der Beitritt Preussens und Frankreichs er-
forderlich sei. r)
Die Festung Neisse war dem König von Preussen nach
diesem Vertrage, nunmehr entgegen dem Abkommen mit Frankreich
vom 5. Juni und den Wünschen des französischen Cabinets, zu-
gesprochen worden. 2)
Am 19. und 20. September schienen die Verhandlungen
zwischen den beiden Hauptquartieren ganz abgebrochen zu sein.
Bei den Vortruppen fanden kleinere Scharmützel statt; die öster-
reichischen Feldwachen unterhalb der „Mährengasse" wurden
dreimal angegriffen, behaupteten jedoch schliesslich ihre Posten. \.
König Friedrich IL hatte am ersteren Tage, begleitet von
einer zahlreichen Suite, eine Eecognoscierung des österreichischen
Lagers vom jenseitigen Ufer aus vorgenommen, wobei er in
augenscheiniiehe Lebensgefahr gerieth. In den Gebüschen des
Neisse-Ufers versteckt liegende Croaten hatten aus ziemlicher
Nähe auf dieses Cortege Feuer gegeben. Der in der unmittelbaren
Umgebung des Königs befindliche Markgraf Carl erhielt einen
Streifschuss an der Hand, während dem Markgrafen W i 1 h e 1 m
der Rock durchschossen wurde.4)
Als am Abend des 19. September keine weitere Nachricht
aus dem preussischen Hauptquartier eingetroffen war, schlug FM.
Graf Neipperg seiner Monarchin vor, dem Könige von Preussen
eventuell die Schleifung von Neisse und Glatz anzubieten, unter
der Bedingung, class dieselben unter der Botmässigkeit der Königin
blieben. Er empfahl bei dieser Gelegenheit die strengste Geheim-
haltung und Vorsicht bei allen militärischen und diplomatischen
Anordnungen, da er durch Oberst von der Goltz ganz erstaun-
liche Beweise erhalten habe, wie gut man im preussischen Lager
l) Heigel, „Der österr. Erbfolgestreit", 183 u. 371. Der Vertrag Bildet
sich in Martens „N. Suppl. au recueil des traites", I, 728.
-) B e 1 1 e is 1 e an Vä 1 o r y, Frankfurt. 22. Septemb. 1741. (Pariser Archiv )
Lutsch' Tagebuch.
4) Kriege Friedrich d. Gr. IL 1 53.
474
von allen Vorgängen in "Wien und Pressburg unterrichtet sei und
er selbst habe gerade in einer mit der Post eingetroffenen „ge-
schriebenen Zeitung" die Mittheilung gelesen, wonach an die in
Italien stehenden Truppen Befehl ergangen, nach Deutschland zu
marschieren, was doch gegenwärtig noch vollständiges Geheinmiss
sein sollte. l)
Am 20. September lief ein Erlass der Königin ein, der
die Anfragen des Feldmarschalls vom 14. September beantwortete.
Derselbe führte aus, dass die Passierung der Neisse und ein Angriff
auf die preussische Armee bei deren numerischer Ueberlegenheit
nicht rathsam erscheine. Hauptsächlich sei daran gelegen, die
Festung Neisse zu behaupten und Neipperg möge, da der
Angriff von dem andern Ufer her wenig wahrscheinlich sei, vor-
läufig keine zu grosse Besatzung in den Platz legen. Die Armee,
die er commandiere, solle er soviel als möglich intact erhalten,
die preussische nicht mehr aus den Augen lassen und derselben,
möge sie nun gegen Glatz, öder über die Neisse gegen Ober-
Schlesien, beziehungsweise nach Ungarn oder Mähren sich wenden,
stets zuvorkommen. Vermöge er mit Vortheil, oder wenigstens unter
nicht allzu ungünstigen Umständen eine Schlacht zu liefern, so könne
er dies ohne Bedenken thun.
Der Erlass erwähnte auch eines Anerbietens, welches der
Landeshauptmann von Oppeln, Graf Henckel, bezüglich unverzüg-
licher Errichtung einer Land-Miliz gemacht habe, worüber man die
Entscheidung N e i p p e r g's Ermessen anheimgebe.
M a r i a T h e r e s i a fügte dieser Instruction eigenhändig
bei : „man überlasst alles dieses Seinen Dispositionen, nachweilen
in keiner solchen occassion von hier nichts kann befohlen werden." 2)
Am 21. September passierte ein Courier Hyndford's mit
Depeschen für Robinson die Festung Neisse und überbrachte
dem Grafen Neipperg ein Schreiben des Lords vom 19. Sep-
tember aus Breslau, worin er mittheilte, dass aus Anlass seiner
Krankheit, die ihn 10 Tage hindurch bettlägerig gemacht, er nicht
früher Neipperg's Schreiben vom IG. habe beantworten können.
Er sei trostlos, dass die Negociation so rasch und unglücklich ver-
laufen, doch hoffe er, Neipperg werde bald andere Instructionen
*) Neipperg an die Königin, 19. September 1741. (H. H. u. St. A.,
Fase. 23.)
2) Gräfl. Neipperg'sches Archiv.
475
erhalten. Er selbst begebe sich am 21. in das preussische Haupt-
quartier, wo er die Rückkunft seines jetzigen Couriers erwarten
wolle und er werde sich sehr glücklich und geehrt schätzen, wenn
er der Königin von Ungarn irgendwie nützlich sein könne.1)
Der Feldmarschall gab dem Courier in Beantwortung des Er-
lasses der Königin vom 17. September einen Bericht mit, worin
er meldete, dass die Garnison von Neisse nur etwas über 2000 Mann
betrage und vorläufig nicht verstärkt worden sei, sowie dass er
die Errichtung einer Land-Miliz im Fürstenthume Oppeln „für eine
Sache halte, woraus nicht viel Vortheil zu ziehen". "Was endlich
die Frieclens-Unterhainllungen betreffe, so befänden sich dieselben
in statu quo ; „man ist preussischerseits diesfalls nicht ferners an
mich kommen und ich habe meinesorts auch nicht für rathsam
befunden, einige Erinnerung zu thun, um dem König von Preussen
nicht glauben zu machen, dass wir den Frieden so sehr suchen
und ihm andurch Anlass zu geben, in seiner Härtigkeit, soviel
sein Begehren anbetrifft, fortzufahren. Da aber heute noch, wie
der Courier sagt und die Depeschen, so er an den Robinson
mitbringt, unfehlbar enthalten werden, der Lord Hyndford in
das preussische Lager kommt, so wird sich zeigen, ob und was
daraus werden und ob der König in Preussen von seiner An-
forderung auf die Städte Neisse und Glatz abstehen dürfte, gleich
ich es in meiner Unterredung mit dem Obersten von der Goltz
verworfen, auch ihn wegen des über der Neisse liegenden Districts
des Fürstenthums Neisse, nicht minder des Fürstenthums Münster-
berg und Frankenstein noch im Zweifel gelassen, um andurch, wann
man es concediert, den Weg desto leichter zum Frieden zu bahnen." 2)
Hyndford hatte in der Depesche, die er dem Courier an
Robinson mitgegeben, diesem mitgetheilt, dass ohne weitere
Concessionen der Friede nicht zu haben sein werde. Neisse werde
übrigens auch sonst zu Nieder-Schlesien gerechnet ; die Forderung-
bezüglich Glatz sei allerdings weitgehend, doch habe angeblich auch
diese Stadt früher zu Schlesien gehört. Schliesslich glaube er,
dass für die Rettung Wiens selbst dieses Opfer nicht zu gross sei. 3)
Hyndford begab sich nun thatsächlich am 21. September
in das preussische Hauptquartier. Aber der König verweigerte ihm
1) Gräfl. Neipperg'sches Archiv.
-) Ebenda.
s) Record-Ofüce in London. Bei (Irünliagen, Erster schlesischtM-
Krieg II, 18.
476
die nachgesuchte Audienz ; „er wolle dem französischen Gesandten
Marquis Valory keine Ombrage geben".
Doch fand sich ein anderes Auskunftsmittel und wohl auf
G o 1 1 z's Anrathen, also schwerlich ohne Vorwissen des Königs,
postierte sich am 22. September der Lord in den Eingang zu des
Königs Zelt, als dieser von der Parade zurückkehrte. Friedrich II.
gieng, so wie er den Gesandten erblickte, nicht rechts in
das Speisezelt, sondern links in sein eigenes, schloss die Thüre,
winkte das Gefolge hinaus und fragte : „Nun, Mylord, um was
handelt es sich jetzt?" „Majestät," sagte Hyndford, „um die
geheime Angelegenheit und dann um eine Zusicherung wegen der
Neutralität der hannoverschen Lande, welche von Ew. Majestät zu
erhalten, ich sehr glücklich sein würde." Nur auf die zweite Sache
gieng der König ein, brachte wiederum seine Beschwerden über
England und die wenig übereinstimmenden Aeusserungen des eng-
lischen und des hannoverschen Gesandten vor, versprach aber dann
seine Verwendung, allerdings nicht ohne Anspielungen auf Con-
\ enienzen dafür.
Von der geheimen Angelegenheit vermied er zu reden und
als Hyncl f o r d das Gespräch durch die Erklärimg, er müsse morgen
über den Fluss in das österreichische Lager, hierauf zu lenken
suchte, begnügte Friedrich IL sich damit, hervorzuheben, der
Lord möge es so einrichten, dass man sehe, der Uebergang
geschehe im eigenen, nicht in des Königs Interesse.1)
Der Gesandte war an diesem Tage der Mittagstafel des Königs
zugezogen, wobei der Letztere längere Zeit mit ihm conversierte.
Dem französischen Gesandten gegenüber äusserte Friedrich IL,
wie ihm die Hartnäckigkeit des Königs von England schon recht
unbequem sei, der stets mit demselben Vorschlage komme, mit
der Königin von Ungarn Frieden zu schliessen. Er fügte hinzu:
..Ich habe mich doch klar genug in dem Briefe ausgesprochen, den
ich ihm geschickt habe." 2)
') Grü n h a g e n, Erster schlesischer Krieg II, 13.
2) Valory's Bericht an Amelot, Gross-Neundorf, 23. September 1711.
(Pariser Archiv). Die Schreiben an den König von England, auf welche sich
König Friedrich II. hier bezieht, in Polit. Corresp. I, Nr. 511 u. 523. In
dem letzteren wird gesagt : „Und da es Ew. Majestät gefallen, in Dero letztem
freundbrüderlichem Schreiben v. 9. h. Sich gütigst dahin zu erklären, dass
Dieselbe in Absicht der österreichischen Successionsstreitigkeiteu eine genaue
Neutralität zu halten entschlossen, so werden auch die von der Annäherung
der königl. französischen Truppen bei Ew. Majestät entstandenen Besorgnisse
477
Arn 23. September Vormittags empfieng FM. Graf N e i p p e r g
von Lord Hyndford aus dem preussischen Hauptquartier ein
Schreiben, worin er mittheilte, dass er um 11 Uhr die Neisse
passieren und dem österreichischen Feldherrn seinen Besuch
machen werde. Er langte auch in der That um 1 Uhr in
Neunz an.
Der Feldmarschall war sehr erstaunt, zu vernehmen, dass
König Friedrich IL ausser Neisse und Glatz noch Winter-
Quartiere in Böhmen oder Mähren und in Ober-Schlesien für
10.000 Mann verlange und erwiderte, dass die Königin über
die letzten Anerbietungen, Nieder-Schlesien mit Breslau bis zur
Neisse, nicht hinausgehen werde. Aus den Mittheilungen des
englischen Diplomaten glaubte Neipperg jedoch auf gewisse
Frictionen im Verhältniss des Königs zu Frankreich und Bayern
schliessen zu dürfen, die sich auch in der nicht mehr so fest
betonten Anforderung bezüglich der Festung Glatz erkennen
Hessen.
Neipperg berichtete hierüber am selben Tage an die
Königin und rieth entschieden ab, dass den Forderungen des
Königs, „so viel nämlich die Städte Neisse und Glatz, ingleichen
die Winter-Quartiere betrifft, Gehör gegeben, oder ihm hievon
was zugestanden werden solle, denn eine solche freiwillige Ein-
gestehung nebst dem, dass es E. k. M. zu unersetzlichem Schaden
und Nachtheil gereichte,' von der Welt nicht mit so gleichgiltigen
Augen angesehen werden dürfte, als wann man hiezu durch die
Gewalt der Waffen gezwungen worden wäre ; und wäre es allen-
falls dem Könige von Preussen mit dem Frieden, seinen bekannten
Finessen nach, kein Ernst, so gäbe man ihm ja durch Ueber-
lassung der Städte Neisse und Glatz, auch durch Eingestehung
der abverlangten Wint er- Quartiere umso mehr Gelegenheit an die
Hand, seinen Alliierten auch mit grösserer Eilfertigkeit beizu-
stehen."
Den Gesandten beschuldigte Neipperg der Parteilichkeit,
sein und seines Herrn Ziel sei, den König von Preussen von
Frankreich und Bayern zu trennen und hiezu erscheine ihnen
um so viel ehender von selbst, wegfallen, als Ich durch Deroselben freund-
brüderliche Declaration in den Stand gesetzt werde, Mich bei der Krone
Frankreich kräftigst dahin zu employieren, damit alles Widrige abgekehrt
und der Ruhestand in den westphalischen und niedersächsischen Kreisen, so
viel möglich, erhalten und befestigt werden möge."
478
kein Opfer zu gross, das auf Kosten der Königin gebracht
werde. *)
Hyndford begab sich von Neunz nach der Stadt Neisse
und nahm, dort Wohnung, um die Rückkunft des am 21. September
an Robinson geschickten Couriers abzuwarten.
Inzwischen kamen dem Armee-Commandanten jedoch am
24. September neue Weisungen zu. Die erste, vom 21. September
ermächtigte N e i p p e r g, im Nothfalle auch Neisse abzutreten und
nach Wien, zur Rettung der Hauptstadt, mit der Armee aufzu-
brechen.2) Die zweite, nach dem Eintreffen des Berichtes vom 18. ver-
fasst, wiederholte das Zugeständniss wegen Neisse, bestand aber
auf der Behauptung von Glatz, als unentbehrlich für die Sicherheit
Böhmens. Die dritte endlich, nach Empfang von Neipperg's Relation
vom 19. entworfen, stellt die Reihenfolge der Anerbietungen fest:
zuerst sollte der Feldmarschall versuchen, mit den vom Hofe am
15. September aufgestellten Concessionen auszukommen, danach
Neisse in statu quo und zuletzt die Schleifung beider Festungen
zugestehen.3)
*) N e i p p e r g an die Königin. Neunz, 23. September 1741. (H. H.
u. St. A., Friedens-Acten, Fase. 23.)
2) . . . ,, Soviel aber die Euch untergebene Armee anbelangt, kommt
entweder der mit Preussen intendierte Vergleich nach den unter dem 15 h.
Euch überschriebenen Bedingnissen zu Stand, oder aber nicht. In dem ersteren
Falle habt Ihr unverzüglich und ohne weiteren Befehl abzuwarten, den Rückweg
mit derselben nach Wien anzutreten, um diesen Ort ausser Gefahr zu setzen
oder davon zu befreien. . . . Wäre es aber, dass Preussen mit den, den 15. Euch
überschriebenen Anerbieten sich nicht begnügte, so hättet Ihr vor Allem zu ver-
suchen, ob nicht gegen Abtretung der Stadt Neisse, nebst den ohnedies an-
getragenen Opfern, Preussen zum Frieden zu vermögen wäre und solchenfalls
gleichfalls mit der Armee nach Wien, um den Ort zu retten, so wie obstehet.
zu eilen. Man ist inmittelst im Begriff, den grössten Theil Meiner Infanterie
aus Italien herauszuziehen, um entweder zwei Armeen zu formieren oder mit
überlegener Macht die chur-bayerischen eigenen und sogenannten Hilfs- Völker
anzugreifen. AVie zumal aber zu obiger Herausziehung Zeit erfordert wird und
Wien, bevor sie vollzogen, fallen dürfte, also ist aus dieser alleinigen Ursache
und Betrachtung der in gegenwärtigem Handschreiben enthaltene Entschluss,
Neisse gleichfalls an Preussen zu überlassen, ob ihn gleich überaus grossen
Bedenklichkeiten unterworfen zu sein gar wohl erkenne, von mir gefasst
worden." Die Königin an FM. Grafen Neipperg, Pressburg, 21. September
1741. (H. H. u. St. A., Friedens-Acten, Fase. 23.)
3) „Nun werdet Ihr zuvörderst nicht zu säumen haben, die unter dem
15. Euch zugekommene hiesige Erklärung, wenn es noch nicht geschehen, dem
479
Grossherzog Franz begleitete die Instructionen vom 21.
September mit einem Schreiben an den Feldmarschall, in welchem
er den Wunsch ausdrückte, dass der Vergleich mit Preussen selbst
unter der Bedingung der einfachen Neutralität dieser Macht zu
Stande komme. Am Schlüsse des Schreibens fügte der G-emahl der
Königin noch hinzu: ,, Vor Allem, wenn Sie abschliessen können,
vergessen Sie nicht, dass er Ihnen etwas Unterzeichnetes gebe
(qu'il vous donne quelque chose de signe), selbst wenn es für seine
Neutralität wäre, denn man muss seine Vorsichten mit ihni wohl
nehmen und sicher sein, dass er nicht irgend einen Streich mache
(qu'il ne fera pas quelque algarade). Das ist's, was ich Ihnen an-
empfehle." l)
Abends 7 Uhr am 24. September war der Courier aus Press-
burg mit den vorstehenden Depeschen im Lager eingetroffen, worauf
der Armee-Commandant, der eben aus Neisse von einem Besuche
Hyndford's zurückgekehrt war, sich sofort abermals zum eng-
lischen Gesandten in die Stadt verfügte.
Man kam überein, dass, um keine Zeit zu verlieren, am 25.
September Morgens GFWM. Baron Lentulus an den Prinzen
Dietrich von Anhalt bezüglich der für den 1. October be-
stimmten Auswechslung der Kriegsgefangenen schreiben und
H y n d f o r d dieser Mittheilung einen Brief an Oberst von der Goltz
beilegen solle, worin er ihn von dem Stand der Sache unterrichte
und verlange, dass sich der Letztere wieder bei den Capucinern
in der ,, Mährengasse" einfinde.
Dies durch einen Trompeter in das preussische Lager abge-
sendete Schreiben wurde durch König Friedrich IL selbst er-
öffnet und es kam die Antwort um 1 Uhr Mittags zurück, dass der
König von Preussen zukommen zu machen und deren Inhalt bestens geltend
zu machen. Langt Ihr damit aus, so hat es ohnedies seine Richtigkeit. "Wann
es aber nicht zu erhalten sein sollte, so hättet Ihr eher Neisse in dem Stand,
wie es ist, ihm anzubieten, als beider Orte Easierung, auch mit dem Zusatz,
dass sie unter Meiner Botmässigkeit zu verbleiben hätten, in Vorschlag zu
bringen. Wann jedoch auch dieser zweite Grad nicht durchzubringen wäre, so
Hesse Ich mir Euren Vorschlag wegen sothaner Rasierung auf Art und "Weise
als Euer Bericht vom 19. ausweist, endlich auch gefallen und hättet Ihr auch
auf solchen Fuss den Frieden zu schliessen, nicht zu säumen." Die Königin
an FM. Grafen Neipperg, Pressburg, 22. September 1741. (H. H. u. St. A.
Friedens-Acten, Fase. 23.)
') Gran*. Neipperg'sches Archiv. Der Brief findet sich vollinhaltlich in
..Mittheilungen des k. und k. K. A.", N. F. V, 32.").
480
Oberst am selben Nachmittage zwischen 4 und 5 Uhr an gedachtem
Orte eintreffen werde.
L en tu Ins begab sich um die genannte Stunde in das
Capuciner-Kloster, wo er den Obersten von der Goltz bereits fand.
Um 5 Uhr fuhr auch Graf N e i p p e r g mit Hyndfo r d, ohne Be-
gleitung, bei dem Kloster vor.
Bei dieser Unterredung, welche bis 6V> Abends währte, wurde
dem preussischen Oberst ein Vergleichs-Project übergeben, das
von Hyndford „als das dem Genio und der Intention des Königs
von Preussen conformste" ausgearbeitet worden. Der Oberst versprach,
diesen Entwurf dem Könige vorzulegen und sich auch um dessen
Annahme zu bemühen.
Nach dieser ,. geheimen Uebereinkunft zwischen Sr. Majestät,
dem König von Grossbritannien, Ihrer Majestät der Königin von
Ungarn und Böhmen und Sr. Majestät, dem König von Preussen"
trat die Königin Maria Theresia „ohne etwas Anderes von
Sr. Majestät, dem König von Preussen zu verlangen, als seine
Freundschaft und den Frieden und eine dauernde Versöhnung mit
ihm" ganz Nieder-Schlesien bis zum Neisse- und Brinnitz-Flusse,
ohne Abhängigkeit vom Königreich Böhmen, ab. Das Herzog-
ihum Oppeln blieb der Königin, Oels kam an Preussen. Die
Festung Neisse sollte geschleift werden.
Preussen verpflichtete sich, nicht weiter zu gehen und ,,une
exacte neutralite ä l'egard de la reine" zu bewahren.
Es folgen noch Bestimmungen über Religions- Angelegenheiten,
über Optionsrecht, über die Bezahlung der auf Schlesien fundierten
Schulden nach dem zu erhaltenden Antheile des Landes, endlich
bezüglich der Neutralität Preussens Hannover gegenüber und
Garantie-Festsetzungen.
N e i p p e r g meldete noch am selben Tage über diese Unter-
redung an die Monarchin und äusserte, es werde sich nun bald zeigen
müssen, ob der König von Preussen diesen Vorschlag annehme.
„Nimmt er solchen an und die Sache gelangt andurch zur
Richtigkeit, so flattiere mich, es werde mir dasjenige, so etwa.
( ,line dazu vorläufig autorisiert gewesen zu sein, in ein- so anderem
einniessen lassen, nicht neuerdings zur Ungnade gereichen, in
Betracht ich weder ein Staatserfahrener bin, noch auch die in
derlei Geschäften erforderliche tiefe Einsicht besitze, sondern Alles
was hierinfälls gethan, ist geschehen, um einestheils das Accom-
modement, so viel möglich, zu erleichtern, anderntheils aber dem
481
Verlangen des englischen Ministers Lord Hyndford, der da auf
alles das, so seinen König und die Garantie von Russland, welches
den König von Preussen flattiert, nicht minder den Beitritt von
Sachsen zur Neutralität betrifft, mit Heftigkeit angedrungen, ein
Genügen zu leisten und ist sich nicht an dem zu stossen, dass
in dem Project nur allein die Garantie dessen, so dem König von
Preussen in Schlesien überlassen wird, enthalten, allermassen auch
die nämliche Garantie über das, so E. k. M. hier zu Lande ver-
bleibt, von England und Russland wie obiges, falls es zu Stand
käme, leichtlich zu erhalten sein würde."
,,Da aber, wann auch der Frieden mit Preussen nach dem
Enthalt oballegierten Projects wirklich zu Stande gebracht werden
sollte, die meiste Schwierigkeit, wann ich denen "Worten glauben
kann, dahin ankommt, solchen geheim zu halten und zu behindern,
dass selbiger dem französischen Minister Valory, der dem König
von Preussen stets anliegt, gegen E. k. M. weiter zu agieren und
unter anderem die Stadt Neisse förmlich zu attaquieren, vor der
Zeit nicht bekannt werde, welches vermuthlich und wann ich
mich nicht betrüge, aus einer Furcht vor den Franzosen und
dass der König von Preussen allbereits zu weit mit clasigem und
dem chur-bayerischen Hof sich engagiert, herrührt, so fallet mir
ein, ob nicht zur Beförderung dieses, von preussischer Seite so
sehnlich suchenden Endzwecks thunlich wäre, dem König von
Preussen, sobald er den, ihm laut obigen Vorschlags anerbotenen
Vergleich beangenehmt und wirklich eingegangen, auch selbigen
unterschrieben und somit solchem die vollkommene Giltigkeit ge-
geben, ich hingegen mit dem hiesigen Kriegs-Corps unter dem
Scheine einer Retraite von hier mich zurück und gegen Mähren
gezogen, zu verstatten, dass er die Stadt Neisse, ohne jedoch
selbige zu beschiessen, oder sonsten zu beleidigen, mit einem
Theil seiner Truppen ringsherum, das ist in einer Distanz von
höchstens einer oder anderthalb Stunden um die Stadt einschliesse
und der "Welt glauben mache, als ob er solche aushungern wolle,
anmit aber so lang trainierte, bis es ihm Zeit zu sein gedünke,
die Maske abzulegen und sich öffentlich zu declarieren. Es müsste
aber desswegen ein separierter Artikel errichtet und von Preussen
ein Revers ausgestellt werden, dass, wann auch die Stadt Neisse.
ungeachtet selbige auf die wirklich daselbstige Garnison auf drei
und wann man selbige auf die Hälfte von 1000 Mann, wie es
solchenfalls das Beste wäre, herabsetzte, auf sechs Monat mit Lebens-
mitteln versehen, fallen sollte und sich unumgänglich ergeben
Oesterreichischer Erbfolgekrieg. II. Bd. 31
482
müsste, selbige E. k. M. wieder nach dem Verstand des errichteten
Friedens zurückgestellt werde, um alsdann das Ausbedungene wegen
Rasierung ihrer Fortiücation daran vollziehen zu können und sofort
unter Allerhöchst Deroselben Botmässigkeit zu verbleiben. Nicht
minder müsste auch Preussen in solchem Fall sich verreversieren,
nicht weiter in Ober-Schlesien, oder gegen Mähren vorzurücken,
oder aber aus dem E. k. M. verbleibenden Theil von Schlesien
ein- so anderes, es sei an Geld, Naturalien oder sonsten, zu er-
pressen, sondern alles dasjenige, so' zur Subsistenz der vor und um
Neisse vorgesagtermassen belassenden Truppen erforderlich wäre,
müsste aus dem Theil von Schlesien, so dem König von Preussen
vermöge des Vergleichs zufiele, herbeigeschafft .werden."
,, Sonsten habe aus dem Obersten von der Goltz, wofern es
anders nicht verstellte Worte sind, sehr wohl abgemerkt, wie es
dem König von Preussen leid sei und ihn gereue, dass sich dieser
Vergleich so lang verzogen und er inzwischen so weit mit Frank-
reich und Bayern sich eingelassen, wovon er sich nunmehr so
leichterdings und ohne sich selbst in Sorgen und Hazard zu setzen,
nicht abzuziehen vermag; wie dann ganz gewiss sein solle, wie sie
es bei ihnen vorgeben und der Hyndford es auch bestätigt,
dass er gegen den Churfürsten aus Bayern sich anheischig gemacht,
ihm seine Stimme bei der Kaiserwahl geben zu wollen : wann
daher sothane Kaiserwahl vor sich gehen sollte, ehe und bevor
der König von Preussen die Gelegenheit gefunden, worauf die
einzige, jedoch sein- ungewisse Hoffnung zu setzen wäre, sich von
Frankreich und Bayern abzuziehen und sofort sich öffentlich zu
declarieren, so wird es fast nicht anders sein können, als sein
Engagement in Gebung der Stimme auf den Churfürsten in Bayern
und übrigens, es sei directer oder indirecter Weise, zu erfüllen.'' Vi
„Es kommt mir auch vor, als ob der König von England als
Churfürst von Hannover wegen seiner Stimme zur Kaiserwahl eben-
so, wie der König von Preussen als Churfürst zu Brandenburg,
gesinnt und auf selbige gleichfalls keine Rechnung zu machen sei.
') ..Ich habe Ihnen nur noch zwei Worte zu sagen, das eine hinsichtlich
der Notwendigkeit, jetzt die Wahl eines Kaisers zu beschleunigen und das
andere die Neutralität der Holländer betreffend. Der erstere Punct ist gegen-
wärtig von so grosser "Wichtigkeit, dass ich es als den allergrössten Dienst,
welchen Sie dem Eeich erweisen könnten, betrachte, die "Wahl derart zu be-
treiben, dass dieselbe nach Thunlichkeit noch vor dem Winter stattfinde."
König Friedrich II. an Marschall Belleisle in Frankfurt, 23. Sep-
tember 1741. (Polit, Corresp. I, Nr. 527.)
483
Ja ich habe aus dem, da man nur immer von Seiten des Königs
von Preussen sowohl, als des Lord Hyndforcl um die Errettung
der Stadt Wien so sehr sich interessiert, von dem Königreich
Böhmen hingegen, worauf ich doch bei den bisher vorgefallenen
Unterredungen meinesorts sehr attent gewesen, gar keine Meldung
macht, Anlass zu glauben, dass dieses Königreich sammt weit
mehreren Provinzen noch dem Churfürsten von Bayern, um selbigen
andurch zu Soutenierung der kaiserlichen Würde desto mehr in
Stand zu setzen, bereits zum Theil so viel als zugetheilt, zum Theil
aber anderen zugedacht sei und dass es solchemnach E. k. M.
hierinfalls nicht allein mit Dero offenbaren Feinden, sondern auch
mit Dero Freunden selbsten connivendo zu thun und von selbigen,
so viel diese Puncte angeht, keine Hilfe zu hoffen haben."
Sobald es nur den Anschein habe, dass der Vergleich mit
Preussen zu Stande komme, werde der Feldmarschall die drei
ungarischen Freiwilligen-Regimenter über die Jablunka nach Ungarn
zurückschicken, er selbst werde nach erfolgter Unterschrift des Vertrags
sofort aufbrechen und über Olmütz nach Brunn marschieren; von dort
sodann sich dorthin wenden, wohin es die Umstände erheischen. Die
Vorbereitungen zum Marsche nach Mähren seien in vollem Zuge. x)
An den Grossherzog sandte Graf N e i p p e r g noch am selben
Tage Abends ein Schreiben ab, worin er den Empfang des Briefes
desselben vom 21. September bestätigte.
Der Churfürst von Bayern, schrieb er, werde sicher Kaiser
werden, soweit glaube er Hyndford und Goltz durchschaut zu
haben und die Königin werde aus ihren Ländern die Kosten für
diese Wahl bezahlen müssen. Er bitte den Grossherzog, wenn man
in AVien glauben sollte, dass er seine Instructionen mit dem an Goltz
übergebenen Vergleichs-Entwurf überschritten habe, jemanden Ge-
eigneteren für diese Unterhandlungen nach Schlesien zu senden. 2)
:) H. H. u. St. A., Friedens-Acten, Fase. 23.
2) „Monseigneur! In diesem Fall und da man trotzdem in Wien sagen
könnte, ich hätte meine Instructionen überschritten und mich verantwortlich
machen könnte, obwohl dasselbe, weiss Gott, nur in der besten Absicht ge-
macht worden ist, um wenigstens die Königin früher aus einer Ver-
legenheit zu ziehen, schicken Sie, wenn es möglich ist, Jemanden und zwar
von den Allergeschicktesten, die Sie in "Wien haben, um einen Frieden mit
diesem König zu schliessen. welcher bald zu der Königin und Ihren
Gunsten, bald zu Gunsten Frankreichs zaudert, aber dennoch immer inmitten
aller dieser Verlegenheiten, welche, wie so vieles Andere, mein Verständniss
übersteigen, gewinnen möchte." (K. A., Schlesien 1741; IX, 52 und ad 52.)
31*
484
In der Nacht dieses ereignissreiclien Tages kam ein Brief
ohne Datum und Unterschrift aus dem preussischen Hauptquartier
mit der Antwort auf das dem Obersten Goltz übergebene Vergleichs-
Project an Lord Hyndfor d und wurde von dem Gesandten sofort
an Grafen N e i p p e r g gesandt.
Dieses Schreiben lautet: „Montag Abends. Ich bedaure sehr,
Ihnen sagen zu müssen, dass hier nichts zu machen ist. Was Glatz
betrifft, so glaube ich, man wird nicht mehr davon reden, aber
die Stadt Neisse liegt uns am Herzen. Ich kann Sie versichern,
wenn der König allein handelte, wären wir bald fertig und dann
wird er gewiss nie mehr verlangen, als was Sie anbieten, mit Aus-
nahme der Stadt; aber unsere Alliierten verdienen Berücksichtigung.
Alles, was wir zum AVohle der Königin, welches uns durchaus
nicht gleichgiltig ist, thnn könnten, wäre, Ihre Armee von hier
abziehen zu lassen, ohne irgend welchen Vertrag zu schliessen,
uns hier in Schlesien hinhalten zu lassen und andererseits gegen
Niemand, wer es auch sei, zu operieren. Wenn Ihnen dies passt,
kann der Herr Feldmarschall X e i p p e r g morgen abreisen, wenn
er will, ich bürge ihm mit meinem Kopf für das, was ich die Ehre
hatte, Ihnen zu sagen." v)
„Ich verstehe aber auch Neipperg nicht, ein verlorenes
Land festzuhalten, statt zu trachten, mit seinem Corps Böhmen zu
vertheidigen," schreibt Valory am 23. September an Amelot. 2)
„Neipperg ist noch hier, aber er wird dennoch genöthigt
sein, Wien zu Hilfe zu eilen und dann werde ich ruhig die
Belagerung von Neisse und Glatz vornehmen" äussert König-
Friedrich am 2 1 . September P o d e w i 1 s gegenüber 3) und an
Belleisle schreibt er am 23.: „Ich glaube sogar, Herr Valory
hat Sie über meine Operationen unterrichtet, sowie über die
schmähliche Weise, in welcher die Oesterreicher in ihrem Lager
bei Neisse ihre Zeit verlieren."4)
Dem König von Preussen handelte es sich nunmehr um den
ungestörten Besitz und um die Entfernung des einzigen unbequemen
Gegners, nämlich der schlagfertigen Armee Neipperg's aus
Schlesien. Da die Diversionen an der Donau dies nicht zu bewirken
J) H. H. u. St. A., Friedens-Acten, Fase. 23. Abschrift. Nach derselben
abgedruckt in „Polit. Corresp." I, Nr. 528.
-) Pariser Archiv.
3) Polit. Corresp. I, Nr. 520.
4) Ebenda, Nr. 527.
ls:>
schienen, wurde in Verhandlungen eingegangen, die den Abmarsch
dieser Armee voraussichtlich zur Folge haben mussten.
Dieser Abmarsch und die Zugestehung von Neisse ohne Kampf
sind von jetzt ab die Programmpuncte des preussischen Haupt-
quartiers bei den weiteren Unterhandlungen.
Neipperg berichtete, indem er die Abschrift des Goltz'schen
Billets am 26. September nach Pressburg einsandte, die Königin
werde daraus ersehen, wie wenig er sich geirrt, wenn er ge-
zweifelt habe, dass mit dem, dem König von Preussen gemachten
Friedens-Vorschlag auszulangen sein werde, denn die Stadt Neisse
sei es, die er absolut zu haben prätendiere, welche er ,,ihm auch
zu geben keinen Anstand nehmen würde, wenn nicht zum Voraus
schon gesehen hätte und vermerke, dass damit nichts ausgerichtet
und das Wort nur, ohne demselben zu genügen, gegeben wäre,
dasselbe aber nicht wieder zurückgenommen werden könne."
Mit Hyndford werde er überlegen, was etwa weiter in
Vorschlag zu bringen wäre, hauptsächlich wegen Neisse, das der
König, wie Neipperg bereits in seinem Berichte vom 25. Sep-
tember angedeutet habe, blokieren könne, damit er dem Platze
keinen Schaden zufüge und er, um seine Alliierten zu täuschen, in
Schlesien weiter mit der Einschliessung der Festung beschäftigt
bleibe. Doch auch diese Concession scheine ihm noch nicht genug,
er fürchte, dass der König Ober-Schlesien der AVinter-Quartiere wegen
occupieren wolle. Die Königin möge also ,,die Gnade haben und ihn
in dem Fall, als er von Schlesien abziehen und sich entweder nach
Böhmen oder nach Wien wenden müsste, wissen lassen, ob und wie
weit er sich mit dem König von Preussen einlassen und ob er wegen
der Stadt Neisse, wann derselbe solche einige Zeit blokiere, auch
wegen der Winter-Quartiere in Schlesien und auf wie lang eigent-
lich, wann er auf ein- wie anderem beharren sollte, übereinkommen
könne." Diese Anfrage wegen Neisse, zu dessen Preisgabe er bereits
bevollmächtigt sei, geschehe nur um der neuen Art willen, die er
vorschlage und die ,,in des Königs Genio" eingehe und vielleicht
die Sache zum Ende bringen könne.
Neipperg schliesst seinen Bericht folgendermassen :
„Was E. k. M. hierauf nun Allergnädigst mir zu befehlen
geruhen werden, das werde thun und bin selbst der Meinung, dass,
wann Wien gerettet wird, falls das feindliche Absehen dahin gienge,
auch alles Uebrige viel leichter wieder sich geben werde, welches
aber, wann dieser Ort fallen und verloren gehen sollte, nicht wohl
zu hoffen, ich jedoch nicht wissen kann, sondern von dort aus
•486
hierüber, was daran sein möchte, belehrt und mir die Ordre um
des Marsches willen zugestellt werden muss ; denn ohne N oth, als
um grösseres Uebel retten zu helfen, weiss ich ohnehin schon, dass
E. k. M. nicht anderwärtshin mich werden zu ziehen verlangen
und würden E. k. M. Allergnädigst erkennen, dass länger hier
bleiben müsse, so käme es doch alle Zeit darauf an, wer Einer den
Anderen der Subsistenz willen ausdauern würde und solchenfalls
mich dermalen veranlasst sehe, E. k. M. allerunterthänigst zu
bitten, die Ordre ergehen zu lassen, dass hierin ausgeholfen würde."
..Uebrigens werden E. k. M. aus dem Thun und Lassen des
Königs von Preussen Allergnädigst erkennen, dass mir nicht wohl
möglich, mit ihm zu tractieren, der Respect für ein gekröntes
Haupt lässt mir auch nicht zu, sein Portrait zu machen und etwa
Weiteres hierinfalls zu berühren und darum bitte E. k. M. aller-
unterthänigst, in diesem Friedenswerk einen Anderen hieher zu
beordern, weil nicht Finesse genug habe, ä proportion der Preussi-
schen, die derer voll sind und zu nennen nicht erlaubt ist, auch
ich mit meiner Einfalt E. k. M. nur noch in grösseren Schadens:
so mir unsäglich leid wäre, bringen möchte." x)
Am Nachmittage des 25. September gieng die sämmtliche-
Bagage der preussischen Armee nach Friedewalde ab, von wo sie
andern Tags nach Winzenberg rücken sollte. Abends 8 Uhr brach
Erbprinz Leopold von Anhalt mit 4 Infanterie-Regimentern,
2 Grenadier-Bataillonen, 400 Husaren, 16 Drei- und 20 Zwölf-
Pfündern, sämmtlichen Zimmerleuten und dem Brücken-Material von
Gross-Neundorf auf, marschierte nach Koppitz und zog bei AVinzen-
berg noch ein Grenadier-Bataillon, das aus Mogwitz dahin gerückt
war, an sich. Der Erbprinz Hess noch in der Nacht die Herstellung
von vier Brücken über die Neisse in Angriff nehmen, sowie
Furthen für die Cavallerie gangbar machen.2) Die schwachen öster-
reichischen Beobachtungsposten am rechten Neisse-Ufer zogen sich
vor dem Geschützfeuer der preussischen Avantgarde zurück. Um
10 Uhr Morgens des folgenden Tages waren die Uebergänge her-
gestellt und die Truppen des Erbprinzen überschritten den Fluss.
Ein Grenadier-Bataillon blieb am linken Ufer und begann dort
den Bau einer Schanze, in welcher es als Besatzung bleiben sollte.
Gleichzeitig wurden auch die Brücken bei Michelau und Löwen
x) H. H. u. St. A., Friedens-Acten, Fase. 23.
") Kriege Friedrich d. Gr. II, 154.
IS?
wieder hergestellt. Die Besatzung von Alt-Grottkau wurde nach
Grottkau verlegt. Um 2 Uhr Nachts zum 26. brach dann die Armee
geräuschlos in zwei Colonnen auf; 1U Cavallerie-Escadronen unter
Prinz Dietrich formierten die Avantgarde. Die Artillerie rückte
in einer besonderen Colonne über Walddorf. Das Dragoner-Regi-
ment Rothenburg und die noch vorhandenen Husaren maskierten
gegen Neisse den Abmarsch, der über Nieder-Jentritz am linken
Fluss-Ufer entlang führte. J)
Marquis Valory, welcher sich in der Suite des Königs
befand, hatte die Ansicht, dass, wenn Neipperg gewollt, er der
preussischen Armee den Uebergang recht gut hätte verwehren,
oder wenigstens die Vorhut scharf engagieren können. 2) Die ge-
sammte preussische Armee debouchierte ungehindert auf das rechte
Neisse-Ufer und bezog Freilager bei Rossdorf, wo auch die über
Friedewalde gesandten Bagagen eintrafen. Am folgenden Tage
2 Uhr Früh brach König Friedrich II. wieder auf und liess
die Armee Lagerstellung zwischen Bielitz und Lammsdorf beziehen.
Das Hauptquartier kam nach Kaltecke.
Dass der österreichische Feldherr nichts unternahm, den
Uebergang der preussischen Armee zu stören, hatte wohl haupt-
sächlich seine Ursache in politischen Erwägungen.
In Folge der in der Nacht zum 2G. September eingetroffenen
Antwort aus dem Hauptquartiere des Königs von Preussen hatte
sich FM. Graf Neipperg in der Frühe zu Lord H y n d f o r d be-
geben und der Besprechung mit demselben auch den FML. Grafen
Browne zugezogen. Man beschloss, vorläufig die Negociation mit
Preussen in statu quo zu belassen. Die österreichischen Generale
wurden hiezu hauptsächlich durch die Nachrichten von dem
Aufbruch der preussischen Armee und deren Brückenschlag bei
Koppitz bewogen.
Im österreichischen Hauptquartier verhielt man sich dieser
Bewegung gegenüber vorläufig abwartend.
Der Armee-Commandant sprach der Königin gegenüber
seine Ansicht folgendermassen aus :
„Geht des Königs von Preussen Absicht hieher, so wird es
wohl auf eine Affaire ankommen, gedenkt er aber in Mähren ein-
zudringen, so werde meine Massregeln dergestalten nehmen, dass ihm
*) Kriege Friedrich d. Gr. II, 155.
2) Valory's Bericht an Belleisle, Lager bei Lammsdorf, 30. Sep-
tember 1741. (Pariser Archiv.)
488
diesfalls vorbiegen und andurcli E. K. M. mir jüngsthin in diesem
Fall bekannt gemachte Allergnädigste Intention befolgen kann:
wie dann auch sonst allweglich auf die Stadt Wien meine Haupt-
absicht gerichtet sein wird, um solcher allenfalls bei sich äussernder
Feindesgefahr zu Hilfe zu eilen, da ich, bis dahin dieser Vorfall
sich nicht wirklich ergiebt, zu Beförderung E. K. M. Allerhöchsten
Dienstes mit dem unterhabenden Kriegs-Corps, meines geringen
Dafürhaltens, nirgends besser als dieser Enden gegen den König
von Preussen, insolang mich nur der Subsistenz, worum bereits so
vielfältig geschrieben, flattieren kann, zu verbleiben vermeine."
Hyndford werde noch einen Tag in Neisse bleiben, um
die Eückkehr seines letzten, nach AVien abgesendeten Couriers
abzuwarten, dann aber nach Breslau zurückkehren. FML. Graf
Browne, der vom Armee-Commandanten über Alles unterrichtet
sei, werde demnächst nach Pressburg abgehen, um der Königin
ausführlichen Bericht zu erstatten. l)
In einem, noch vor der Zusammenkunft mit Hyndford, an
den Grossherzog gerichteten Schreiben äusserte sich Neipperg
unumwunden über die Erfolglosigkeit der Verhandlungen und bat
nochmals, dieses Geschäft einem Anderen zu übertragen.2)
l) H. H. u. St. A., Friedens-Acten, Fase. 23.
2j „Monseigneur ! Glauben Sie mir, es bedarf eines andern Mannes, als
ich bin, um diesem König in diesem Labyrinth von Tractat Stand zu halten
und schicken Sie denselben Gnädigst von Ihnen aus, wenn die Königin
würdig und den widerwärtigen Schwierigkeiten, welche sich preussischerseits
von Augenblick zu Augenblick mehren, entsprechend bedient sein soll. Ein
Soldat wie wir hier es sind, wird niemals mit diesem König zurechtkommen,
eigensinnig wie dieser König es ist, verschlagen (fourbe), wie er es sein will
oder zu eng verbunden mit seinen Alliierten, die er schonen möchte, um gute
Miene 211 machen." . . . „Es ist an der Königin und an Ihnen, Monseigneur,
zu entscheiden, aber schmeicheln Sie sich in Nichts, die Sache ist in der
Antwort von der Goltz' zu klar angedeutet, ohne von dein zu sprechen,
was dunkel ist und was man leichter am Hof aufklären wird, wo man bessere
Kenntniss von den auswärtigen Intriguen und Absichten hat, als hier.
Hätte ich Mylord H y n d f o r d, welcher, wie es mir schien, herzlicher sprechen
gewollt, persönlich hier, so würde ich wohl zu mehr Kenntniss gelangen, aber
er schreibt mir nur, was zu befürchten und schlecht ist, aber er lässt es dabei
bewenden, ohne mir das Geheinmiss zu enthüllen." . . . „Die Antwort von
der Goltz', die ich kenne und seine Ausdrucksweise ist nicht von ihm, wohl
aber vom König selbst, dessen Art zu schreiben, ich aus mehreren Schrift-
stücken kenne, welche aufgefangen und von seiner eigenen Hand geschrieben
worden sind. . . ." (K. A., Schlesien 1741 ; IX, 53 und ad 53.) Der vollständige
Brief ist abgedruckt bei ünzer: „Die Convention von Klein-Schnellendorf."
Urkunde 11, 121.
489
Die Bewegung der preussischen Armee fhissaufwärts war wohl
ebenso aus politischen, als militärischen Beweggründen unter-
nommen worden. Den angeknüpften Unterhandlungen sollte durch
die Bedrohung der Rückzügslinie der österreichischen Armee
Nachdruck gegeben und FM. Graf Neippergfür die Forderungen
des Königs gefügiger werden. Der Versuch erreichte seinen Zweck
indessen nicht, da der österreichische Armee-Commandant bereits
am 28. September eine Stellung nahm, die ihm gestattete, jede
Eventualität abzuwarten.
Am 27. September hatte nämlich FM. Graf Ne ipp erg, von
einigen seiner Generale begleitet, die Gegend um Ritterswalde und
Oppersdorf recognosciert und beschlossen, bei letzterem Orte eine
Lagerstellung zu beziehen. Die Armee brach in Folge dessen am
28. September um 6 Uhr Morgens aus dem Lager bei Neunz auf
und stand bereits um IOY2 Uhr Vormittags vollständig in der
neuen Aufstellung.
In Oppersdorf befand sich Ne ipp erg noch ä portee von
Neisse, stand jedoch dabei auch auf der grossen Strasse nach
Jägerndorf und Troppau, auf welcher er seinen voraussichtlichen
Abmarsch aus Schlesien bewirken musste. Am Nachmittage des 28.
gieng FML. Graf Browne zur Berichterstattung nach Pressburg
ab. Vor seiner Abreise hatte er mit Hynclford vereinbart, dass
letzterer dem Obersten von der Goltz das in der Nacht zum
26. September aus dem preussischen Hauptquartier eingelangte
Schreiben beantworte.
Hyndford theilte in seinem Billet dem preussischen Obersten
mit, dass, nachdem N e i p p e r g in Bezug auf Neisse den Befehl
habe, diesen Platz aufs Aeusserste zu vertheidigen, könne er den-
selben nicht in der Weise abtreten, wie der König von Preussen
wünsche. Der Feldmarschall habe aber, da dies der einzige
schwierige Punct sei, welcher ein Abkommen zu hindern scheine,
einen Officier nach Pressburg gesandt, um die Befehle der
Königin Maria Theresia einzuholen. Dieser Officier werd«'
in einigen Tagen zurück sein, Hyndford bleibe inzwischen
in Neisse, hoffend, dass wenn die Königin der Einnahme der
Stadt in der bereits ausgesprochenen "Weise pro forma zustimme,
es für eine geheime Convention kein Hinderniss mehr geben
werde. x)
x) Lord H y n d f o r cl an Oberst von der Goltz. Neisse, 27. September
1741. (H. H. u. St. A , Friedens-Acten. Fase. 23.)
490
Goltz antwortete hierauf aus dem Hauptquartier Kaltecke am
28. September, die Angelegenheiten hätten sich ein wenig verändert;
trotzdem wünsche der König, Beweise seines guten AVilleus geben zu
können. Ein Separatfrieden mit dem Wiener Hofe sei jedoch gegen-
wärtig nicht möglich. König Friedrich II. lasse dem Gesandten
sagen, wenn es gelinge, die Unterhandlungen bis zum Winter hinaus-
zuziehen, werde man schon Mittel finden, die Sache in Ordnung
zu bringen. „Mittlerweile muss man uns die Stadt Neisse ohne
Verzug nehmen lassen und Sie gehen mit Ihrer Armee, wohin Sie
wollen. Wenn Ihnen dies genehm ist, so werden sich unsere Forde-
rungen auf das beschränken, was Sie wissen, das ist Nieder-Schlesien
mit der Stadt Neisse. Wir werden niemals mehr verlangen und wir
werden weder der Königin, noch deren Alliierten irgendwelchen
Schaden zufügen. Sie werden mich fragen, Mylord, welche Sicher-
heit Sie für alles das erhalten werden, da doch der König keinen
Vertrag schliessen will ? Alles, was man thun kann, um den all-
gemeinen Frieden zu beschleunigen, ist, dass der König Ihnen
diese Versicherung unter der Bedingung eines unverletzlichen Ge-
heimnisses schriftlich geben wird. Wenn Sie das befriedigt, erwarte
ich Ihre Antwort."1)
Was mit der besonderen „Veränderung der Angelegenheiten",
welche der Anfang dieses Schreibens betont, gemeint sei, ist
nicht recht erfindlich. Meistens wurde dieser Stelle die Deutung
gegeben, als wenn durch den Neisse-Ueb ergang bei Koppitz die
militärische Lage, das wäre also das strategische Verhältniss beider
Armeen zu einander, sich zu Ungunsten N e i p p e r g's verändert
hätte. Dies ist entschieden unrichtig, denn die nach dem Uferwechsel
mit dem flussaufwärts angetretenen Marsche preussischerseits beab-
sichtigte Umgehung gelang eben nicht und Xeipperg war der-
selben rechtzeitig ausgewichen. Die Sistierung des Weitermarsch.es
der preussischen Armee beweist dies unwiderleglich.
Der Schreiber jener Zeilen wird, wenn nicht der ganze Satz
nur als Floskel oder als Pressionsmittel zu betrachten ist, die
politischen Verhältnisse gemeint haben und diese hatten sich
allerdings durch den Uebergang Sachsens in das gegnerische Lager
und dessen mit Bayern geschlossene Allianz sehr zu Ungunsten
:) Oberst von der Goltz an Lord Hyndford. Lager von Kaltecke
28. September 1741. (H. H. u. St. A., Friedens-Acten, Fase. 23), danach abgedr.
in „Polit. Corresp." I, Nr. 529.
491
Oesterreichs verändert. König Friedrich II. war am 23. September
bereits durch V a 1 o r y, in Folge einer Depesche B e 1 1 e i s 1 e's,
von dem Abschluss dieses Vertrages in Kenntniss gesetzt worden. '
FM. Graf Neipperg hatte, nachdem er das Schreiben
gelesen, eine neue Berathung mit Hyndford, in welcher die
Antwort an Oberst von der Goltz festgestellt wurde.
Am 29. Vormittags gieng diese in das preussische Haupt-
quartier ab. Hyndford hob darin hervor, dass Neipperg ohne
neue Instruction nichts thun könne ; auch sprach er abermals die
Hoffnung aus, die Königin Maria Theresia werde die Ab-
tretung von Neisse in der von Friedrich gewünschten Weise,
unter der Bedingung, dass der König seine Winter-Quartiere nicht
in Ober-Schlesien, noch anderwärts in den der Königin ge-
hörenden Länder nehme, zugestehen.
Sobald die Entscheidung eingetroffen, werde er Goltz be-
nachrichtigen, damit dieser zu mündlicher Besprechung herüber
komme und ihm zugleich das Schriftstück von der Hand des Königs
mitbringe. Uebrigens werde N ei pp er g noch einen Expressen
am 30. absenden, um die Antwort zu beschleunigen ; „aber es ist
ein wenig Geduld nothwendig, wenn sich der König dazu versteht ;
wenn nicht, sagt Marschall Neipperg, wird Gott für das Weitere
sorgen". 2)
Die preussische Armee war am 28. September in ihrer
Stellung vom Vortag mit dem rechten Flügel in Bielitz, dem linken
in Lammsdorf geblieben. Am 29. sollte der Marsch Neisse-aufwärts
fortgesetzt werden, ein Theil der Armee war sogar schon abgerückt,
als die Nachricht eintraf, dass die österreichische Armee ihre
Stellung verändert habe. König Friedric h IL liess in Folge dessen
Halt machen und ritt, begleitet von 3 Bataillonen, 10 Escadronen
und sämmtlichen Husaren behufs Recognoscierung vor. Bei Herms-
dorf stiess man auf österreichische Husaren, die sich jedoch nach
einigen Kanonenschüssen zurückzogen. 3) König Friedrich H.
bestieg, nach des französischen Gesandten Bericht, einen Thurm, um
das Gelände zu übersehen und stellte fest, dass es unmöglich sei, der
österreichischen Armee entgegenzurücken, da ein grosser Wald.
dann Sumpfland und Teiche vor deren Stellung einen Angriff'
J) Polit. Corresp. I, Nr. 524.
2) Lord Hyndford an Oberst von der Goltz. Neisse, 29. September
1741. (H. H. u. St. A., Friedens-Acten, Fase. 23.)
3) Kriege Friedrich d. Gr. II, 155.
492
ausschlössen. Auch Valory hielt die Stellung für unangreifbar.1)
In das Lager zurückgekehrt, entsendete König Friedrich eine
Husaren-Abtheilung zur Besetzung von Friedland. Diese wurde
von österreichischen Husaren und Croaten angegriffen und mit
Verlust bis beinahe an das eigene Lager zurückgetrieben.
Der König Hess die gesammten Husaren, ein Cavallerie-Regi-
nient und 200 Grenadiere ausrücken, doch erst nach einigen
Stunden gelang es, die leichten Truppen der Oesterreicher ab-
zuwehren, worauf ein Bataillon nach Friedland disponiert wurde, um
das dortige Schloss zu besetzen. Im österreichischen Hauptquartier
ward Abends ein preussischer Lieutenant mit 42 gefangenen
Husaren und Uhlanen, nebst etlichen 30 Beutepferden eingebracht.
Auch FM. Graf Neipperg recognoscierte an diesem Tage
die Stellung der gegnerischen Armee und bestimmte für den Fall
des weiteren Vorrückens der Preussen die Position bei Procken-
dorf zum Aufmarsch seines Heeres, -i
In seinem Berichte über die Vorgänge der letzten Tage rieth
Graf Neip per g der Königin, entweder das von Preussen Ge-
forderte zuzugestehen oder die Verhandlungen abzubrechen.
Der Mangel des nöthigen Unterhalts für die Armee werde
schliesslich doch dazu nöthigen, dass man ,,aus diesen Gegenden
einmal mit dem Kriegs-Corpo abzugehen, oder den Feind, coüte
qu'il coüte, weilen zwischen diesen beiden sonst keine Mittel übrig
sehe, anzugreifen bemüssigt sein würde, zu welch' letzterem aber
mir eine positive Ordre unumgänglich erforderlich ist, die auf
Erhalt sogleich nach dem Buchstaben befolgen werde, ohne jedoch
dafür meinesorts repondieren zu wollen, obwohl mir solchenfalls,
wie es mit der Hilf Gottes hoffe, nichts zu reprochieren sein
wird." 3)
Den Grossherzog bat der Feldmarschall speciell noch, die
Antwort beschleunigen zu lassen, inzwischen werde er auf seiner
') Y a 1 o r v an B e 11 e i s l e, Lager bei Lanirasdorf, 30. September 1741.
Pariser Archiv )
2) GFWM. Baron Lentulus schrieb an diesem Tage an FM. Grafen
Seckendorff: „Ob es nun zum Raufen oder einem Vergleich kommen
werde, wird sich in Kurzem zeigen müssen, wo ich doch noch allezeit der
Meinung bin, dass der Feind, gleichwie wir, eine Bataille zu evitieren suchen
werde." (K. A., Schlesien 1741 ; XIII, 12 aa.)
3) FM. Graf N e i p p e r g an die Königin. Oppersdorf, 29. September
1711 (um Mitternacht.) (H. H. u. St. A., Friedens-Acten, Fase. 23.)
4 '.':-i
Hut sein und nichts unternelimen, als wozu die Notwendigkeit und
die Ehre ihn verpflichten würden. *)
Am 1. October kam die Antwort des Obersten von der Goltz
auf Hyndford's letzten Brief vom 29. September. Graf Neipperg
übernahm das Schreiben von dem aus dem preussischen Lager
zurückkehrenden Trompeter, eröffnete es, Hyndford's Wunsch ent-
sprechend und sandte nach genommener Abschrift dasselbe dann
au den Gesandten nach Neisse. Goltz schrieb: Der König werde
sich bis zur Rückkehr der Couriere aus Pressburg gedulden. Laute
der Bescheid günstig, so werde Goltz nach Neisse kommen mit
einem Entwurf, der enthalten solle :
1. Die Zusicherung, dass Preussen niemals mehr als Nieder-
Schlesien bis an die Neisse, die Stadt dieses Namens inbegriffen,
fordern werde ;
2. dass „wir nicht mehr gegen die Königin, noch gegen
irgend einen ihrer Bundesgenossen operieren werden";
3. dass keine Contributionen in den Staaten der Königin
eingetrieben werden würden.
Dagegen sollten Neipperg und H y n d f o r d schriftlich be-
zeugen, dass die Königin das erwähnte Gebiet für immer und unab-
hängig von dem Laufe der Ereignisse abtrete. Goltz sprach die
Erwartung aus, dass wegen Neisse keine besondere Schwierigkeit
mehr erhoben werden würde. Bezüglich der Winter-Quartiere aber
müsse der Gesandte missverstanden haben. Der Verzicht hierauf
würde einer öffentlichen Ankündigung der getroffenen Verein-
barungen gleichkommen. In diesem Puncte könne nicht nach-
gegeben werden. „Ich habe die Ehre gehabt, Ihnen zu sagen, dass
wir gerne mit dem Kriege aufhören, aber nicht den Anschein haben
wollen, ihn bereits beendigt zu haben."
,,In Ober-Schlesien keine Winter-Quartiere nehmen, hiesse
das nicht vor aller AVeit erklären, dass wir darüber überein-
gekommen, oder dass wir Dummköpfe sind? Sie werden selbst
begreifen, dass wir nicht anders handeln können, selbst wenn wir
unsere Armee anderwärts einquartieren könnten ; was jedoch durchaus
unmöglich ist."
,,Was kann der Königin daran liegen, dass ein Theil unserer
Armee hier Unterkunft und Fourage erhält, nachdem wir ver-
sprechen, keine Contributionen zu verlangen? Und am Ende
könnte man uns nicht hindern, Quartiere und Contributionen zu
*) K. A., Schlesien 1741. IX. 59.
494
nehmen, woferne rtian uns nicht zwei- bis dreimal schlägt, was
sicher nicht geschehen wird. Das ist ein Artikel, von welchem wir
nicht abstehen können, um unsere guten Absichten zu verbergen
und folglich auch im Interesse der Königin selbst. Ich möchte
sogar noch sagen, dass, wenn wir auch ganz einverstanden sein
werden, man darum nicht aufhören darf, von Zeit zu Zeit einige
Pistolenschüsse abzufeuern. Wir werden ganz ruhig bleiben, ohne
einen Schritt nach vorwärts zu machen ; aber Ihrerseits ist es
nothwendig, dass Ihre Husaren bisweilen uns beunruhigen, uns
einige Wagen wegnehmen und ähnliche kleine Feindseligkeiten
ausüben.*'
„Kurz, vorausgesetzt, dass uns die Stadt Neisse in der Ihnen
bekannten Weise zugestanden werde, wird sich Alles machen ;
denn dieser elenden Quartiere wegen, werden Sie, hoffe ich, mir
gegenüber nichts mehr erwähnen."
„Wir werden einige Bewegungen machen, das möge jedoch
den Herrn Feldmarschall nicht beunruhigen. Er wird wohl selbst
sehen, dass das nichts zu bedeuten hat. Es genügt, Ihnen zu sagen,
dass wir die Rückkehr Ihrer Couriere abwarten werden." *)
FM. IST e i p p e r g brachte am selben Tage noch der Königin
diese Zuschrift zur Kenntniss und bat um Verhaltungsbefehle, 2)
dem Grossherzoge schrieb er gleichzeitig :
„Die Königin hat nur zu wählen, ob sie den scheinbaren
Frieden unter den vereinbarten Bedingungen schliessen oder mit
dem Könige von Preussen den Krieg fortsetzen will. Aber, Gnä-
digster Herr, im Falle das Letztere stattfindet, veranlassen Sie,
dass ich unverzüglich mit dem Notlügen versehen werde, was ich
sowohl bezüglich der Verpflegs-Vorkehrungen, als der Gelder für
die Zukunft verlange. Entweder muss man sich sobald als möglich
schlagen, oder dies Land gänzlich verlassen und dasselbe der
Discretion des Königs von Preussen überlassen."
„Gnädigster Herr, ich thue, was ich kann, ohne dass ich mich,
was den Frieden betrifft, zu sehr engagiert habe, oder dass die
Königin bis jetzt nicht freie Hand hätte, den Entschluss zu
*) Oberst von der Goltz an Lord Hyndford, 80. September 6 Uhr
Abends. (H. H. u. St. A., Friedens- Acten, Fase. 23, Abschrift,) danach ab-
gedruckt in „Polit. Corresp." I, Nr, 533.
2) FM. Graf Neipperg an die Königin. Oppersdorf, 1. October
1741. (H. H. u. St, A., Friedens-Acten, Fase. 23, in Mitthlg. des k. und k.
K. A., N. F. VI, 262.)
495
fassen, Avelcher ihr geeignet erscheint und welchen mir zu befehlen
ihr gefallen wird und den ich dann, mit Gottes Hilfe, ausführen
will, so gut es mir möglich sein wird. Der Wille fehlt mir nicht :
es könnten nur die Fähigkeiten sein, an denen es mir gebrechen
könnte, die aber Gott gibt und worüber wir Menschen nicht
Meister sind." r)
Hyndford beantwortete den Brief des Obersten Goltz
•vom 30. September Abends am nächsten Tage und theilte ihm
mit, dass FM. Graf Neipperg dem Worte des Königs vertraue,
dass die in Aussicht gestellten Bewegungen der preussischen
Armee weder Neisse gälten, noch auf Mähren abzielten und dass der
Scheinkrieg auch von österreichischer Seite, sowie Goltz vor-
geschlagen, werde geführt werden ; der englische Gesandte gab dabei
seiner Genugthuung darüber Ausdruck, dass König Friedrich II.
die Eückkehr der Couriere aus Pressburg abwarten wolle. 2)
An dem Tage, an welchem Goltz an Hyndford schrieb7
hatte Marquis V a 1 o r y die Mittheilung gemacht, class dem Könige
von England Neutralität gewährt worden sei, ohne Preussens
Vermittlung.
König Georg hatte nämlich, in der Besorgniss vor der
französischen, in der Versammlung begriffenen Nord-Armee, sowie
vor dem unter dem Fürsten Leopold von Anhalt-Dessau stehen-
den preussischen Corps, die Neutralität für das Churfürstenthum
') FM. Graf Neipperg an den Grossherzog. Oppersdorf, 1. October
1741, (K. A., Schlesien 1741 ; X, 1.)
2) Das sehr beschädigte Bruchstück der Abschrift dieses Schreibens
lautet : „Neisse, 1. October NS. 1741 Herr von Neipperg beunruhigt
sich über nichts auf das Wort eines Königs hin ; welche Bewegung auch die
preussische Armee machen sollte, wird er immer in der festen Voraussetzung
bleiben, dass die preussische Armee keine Bewegung vorwärts gegen die Stadt
Neisse oder seitwärts, um die Ebene gegen Mähren zu erreichen, machen
werde. Die kleinen Zusammenstösse werden ihn nicht belästigen, sei es um
Fourage zu holen oder sonstwie, vorausgesetzt, dass diese Detachements stets
nach vollbrachter That wieder in das vom König besetzte Lager zurück-
kehren. Neipperg wird seinerseits ebenso handeln und wird sich durch
Commanden vertheidigen, wie er gepflogen und gethan bis zum heutigen Tage.
Sonst, mein Herr, könnte es leicht geschehen, dass in Erwartung dieses Ver-
gleiches, welchen die wohlmeinenden Leute so sehr wünschen, Sie veranlasst
würden, mit gebundenen Händen dahin zu gelangen. Ich bin entzückt, dass
der König die Bückkehr unserer Couriere abwarten -will und Herr von
Neipperg hat mir versprochen, dass, sobald er den Inhalt der Depeschen
weiss, er nicht ermangeln werde, Sie meinerseits besonders zu benachrichtigen."
(Gräfl. Neipperg'sches Archiv.)
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Hannover zn erlangen gewünscht und gehofft, dies am leichtesten
durch Preussens Vermittlung erreichen zu können. Er zeigte sich
dagegen bereit, den Absichten Preussens bezüglich der Reichs-
politik sich zu fügen, seinem königlichen Neffen Nieder-Schlesien
mit Breslau zu gewährleisten, ihm auch Husslands Garantie zu
verschaffen und ein Defensiv-Bünclniss mit ihm zu schliessen, wenn
dieser ihm Sicherheit gegen Frankreich gewähre. Letzteres hatte
die Entscheidung in dieser Sache durch V a 1 o r y in die Hände
des Königs von Preussen gelegt und dieser wollte die Gunst eines
derartigen Verhältnisses nicht ungenützt vorübergehen lassen. Er
gedachte, entweder durch eine grössere Geldsumme, oder durch
Ueberlassung der Hypothek, die Hannover auf einige Mecklen-
burg'sche Aemter besass, sich für seine Vermittlung zu entschädigen.
König Georg liess jedoch Ende August durch seinen
Geheimen Eath von Hardenberg auch in Paris Verhandlungen
wegen der Neutralität anknüpfen. Hardenberg's Bemühungen
hatten Erfolg. Trotz der dem König Friedrich IL gemachten
Zusage, die Neutralität an Hannover nur durch seine Vermittlung
zu gewähren, gestand Frankreich sie jetzt dem König Georg zu.
König Friedrich IL scheint durch diese Mittheilungen auf das
Aeusserste erbittert worden zu sein. !) Ausserdem waren Depeschen
vom Cardinal Fleury eingetroffen, welche die Nothwendigkeit
betonten, Sachsen besser zu bedenken, als König Friedrich IL es
zu wünschen scheine und darauf drangen, dass die Operationen
in Schlesien fortgesetzt würden, um Neipperg festzuhalten. 2)
Valory berichtete am 20. September nach Versailles, dass
durch das ununterbrochene Regenwetter und die vorgerückte
Jahreszeit für die im Lager befindliche preussische Armee
Schwierigkeiten eingetreten, wesshalb der Gedanke wegen Beziehens
der "Winter-Quartiere mein und mehr in den Vordergrund trete.
v) Der Cabinets-Secretär Eichel schreibt am 30. September au den
Minister Podewils, wie Valory, der die durch Frankreich zugestandene
Neutralität gemeldet, doch so oft declariert habe „dass solches nicht anders
als durch Interposition des Königs Majestät geschehen würde, um Dero Con-
venienz dabei machen zu können. Anderer Umstände zu geschweigen, woraus
man urth eilen muss, als gehe die Intention dahin, des Königs Majestät die
grösste Last des Krieges über dem Hals zu lassen und durch Dieselbe den
Andern die Kastanien aus dem Feuer zu langen. Ich wünsche nur vom Herzen,
dass des Königs Majestät dabei nicht zu prompt sein und sich der erforder-
lichen Dissimulation darunter bedienen mögen." (Polit. Corresp. I, Nr. 532.)
2) Kriege Friedrich d. Gr. II, 158.
497
König Friedrich II. hatte dem Gesandten gesagt: „Ich
werde Winter - Quartiere nehmen, wo ich kann, es ist bereits
ein Jahr, dass ich alle Lasten auf meinen Schultern trage. Meine
Armee 'muss ausruhen, aber wo, ist noch unbestimmt."
„Ist es nothwendig, dass ich in dem einen Feldzugsjahre Alles
leiste ? Sie können melden, class ich Winter- Quartiere nehme, Sie
sehen ja, dass ich in einer Lage bin, nichts Anderes bestimmen zu
können."
Auf die Nachricht von der durch Frankreich dem König von
England zugestandenen Neutralität für Hannover, befahl König-
Friedrich IL dem Fürsten Leopold von Anhalt, dessen Truppen
am 12. September von Göttin aus Gesundheitsrücksichten nach
Grannigen verlegt worden waren, sein Corps in Winter- Quartiere
zu vertheilen. S chm ettau's Berichte über die bayerisch-fran-
zösischen Operationen vom 22. und 24. September 1) hatten den
König besonders verstimmt. Valory gegenüber, dem der König
seit einiger Zeit verändert schien, äusserte er: „Der Churfürst
überlasse die ganze Last des Krieges dem Könige von Preussen
er gehe nicht mit Kraft und Energie vor, da T ö r r i n g 2) nichts
vom Kriege verstehe ; das ist ein Zauderer zur unrechten Zeit,
der sich damit beschäftigt, aus den Gebieten, in denen er ist,
Geld einzutreiben." Fünf Tage habe der Churfürst verloren,
indem er sich huldigen lasse3), man hätte ohne Aufenthalt bis
Wien vorrücken sollen ; N e i p p e r g wäre gewiss zu Hilfe ge-
rufen worden. Die Königin von Ungarn werde Unterstützung
erhalten und die Jahreszeit sei nicht ausgenützt worden. Nach
alledem, was er, der König, für diesen Prinzen gethan habe,
verweigere ihm dieser nun die Abtretung von Glatz, ein so
geringfügiges Opfer. Valory unterbrach den König und stellte
ihm vor, dass er doch selbst mehrmals versichert habe, Glatz nur
dann zu verlangen, wenn ein Theil von Böhmen dem Könige von
Polen zugesichert werde, was doch nicht der Fall sei und dass er
davon abstehe, wenn Böhmen ungetheilt an Bayern komme.
König Friedrich IL fuhr indessen fort: „Man macht sich
vielleicht darauf gefässt, dass ich die Belagerung von Glatz unter-
J) Polit. Corresp. I, Nr. 534.
2) FM. Graf Igiiaz Felix Joseph Törring-Jettenbach, bayr.
Conferenz-Minister.
3) Die Huldigung der oberösterreichischen Stände war für den 2. October
in Linz ausgeschrieben.
Jöv
Oesterreichischer Erbfolgekrieg II. Bd. o'2
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nehmen werde — daraus wird nichts. Ich soll die Belagerung ausführen,
alle Lasten des Krieges tragen, meine Armee ruinieren, während
die Armee des Churfürsten in Quartieren sich befindet, der Führer
Huldigungen sich bereiten lässt und Gelder einhebt? "Wenn nicht
Belleisle sich in das Mittel legt, wird Alles schlecht ausfallen."
„Wenn Neipperg sich nach Böhmen wirft und den Sachsen
entgegenrückt, so wird er sie aufhalten. Doch zweifle ich an
diesem Entschlüsse des Generals. Er wird mich im Schach zu
halten trachten und seine Winter-Quartiere in Mähren nehmen,
wenn der Churfürst von Bayern nicht gegen Wien vorrückt und
gegen Mähren sich wendet, wodurch Neipperg zwischen ihn
und mich gelangen würde ; vielleicht würde er sich dann ent-
scheiden, gegen Wien den Bückzug anzutreten. Wendete er sich
nach Böhmen, so würde er sich zwischen den Sachsen und Bayern
befinden, wenn Sie denn schon überzeugt sind, dass die Sachsen sich
so unmittelbar in Marsch setzen werden. Sie müssen sich gegen-
wärtig halten, dass die Armee N e i p p e r g's in allen Fällen die
Hauptsache bleibt." ,,Was soll denn mit diesem österreichischen
Corps geschehen, es kann doch nicht von selbst verschwinden,
oder soll ich damit betraut werden, die Frage zu lösen? Man soll
ja vermeiden, aneinander zu gerathen."
Der König wünschte, dass Belleisle selbst hier wäre, er
hätte dann die Genugthuung, wie er seine Absichten ändern würde.
Zum Schlüsse meinte er: ,,Ich bin im Begriff, dieses Land hier
auszusaugen, so sehr ich kann, ich werde mich ebenso Mähren
nähern und wenn ich nicht sehe, dass der Churfürst sich mit Leb-
haftigkeit daran macht, mich aus der Sache zu ziehen, werde ich
meine Winter- Quartiere jenseits der Oder nehmen." 1)
Am Morgen des 3. October um 8 Uhr setzte sich die preus-
sische Armee treffenweise links abmarschiert in Marsch und bezog
ein Lager, dessen rechter Flügel sich an das Städtchen Friedland,
der linke an das Dorf Puschine lehnte. Gleichzeitig Hess König
Friedrich II. ein Bataillon mit 30 Husaren und 2 Geschützen von
Brieg aus gegen Oppeln rücken, um sich dieses Platzes zu ver-
sichern, gegen den am 5. October schon die Besatzung von
Falkenberg einen vergeblichen Versuch unternommen hatte. Die in
Oppeln noch befindliche österreichische Garnison unter Bittmeister
Beviczky, vom Detachement des Oberstwachtmeisters von Györi.
l) Valory an Belleisle, Lager bei Laminsdorf, 2. October 1711.
499
welch' Letzterer sich mit seinen 300 Husaren und 100 Slavoniern
am 27. September, als die Preussen gegen Falkenberg rückten,
nach Oppeln begeben und mit den dort noch befindlichen Waras-
dinern vereinigt hatte, zog beim Herrannahen des preussischen
Detachenients am 4. October nach Kosel ab, während Györi
schon am 1. October über Krappitz zur Armee einrückte.
Am 5. October traf Ee vi czky in Kosel ein und besetzte
die Thore, während 1 Cornet mit einem Beobachtungsposten bis
zum 8. October in Krappitz stehen blieb.
Von der österreichischen Armee-Leitung war am .3. October
eine Fouragierung in dem Rayon Prockendorf- Schnellendorf -
Ellguth angeordnet worden, zu deren Bedeckung GFWM. Baron
P h i 1 i b e r t mit 1000 deutschen Pferden und GFWM. von Feste-
t i c s mit sämmtlichen Husaren (bis auf 100), 600 Croaten und
300 Slavoniern ausrückten.
In Folge der preussischen Bewegung am 3. liess FM. Graf
N e i p p e r g die österreichische Armee am 4. mit Tagesanbruch
die Stellung Prockendorf- Greisau beziehen. Das Hauptquartier
kam nach Greisau. Am Nachmittage wurde von der Generalität
die preussiche Stellung bei Friedland recognosciert. ')
Valory machte den König aufmerksam, dass es für das
allgemeine Beste ein grosser Vortheil sei, die preussische Armee
wenigstens noch 14 Tage concentriert zu behalten, da dann in
Folge der Operationen des Churfürsten von Bayern, Mario
Theresia vielleicht eher zum Frieden bestimmt werden könnte.
Der König entgegnete sehr richtig, dass vierzehn Tage keinen
Unterschied machen würden, er aber Winter-Quartiere dringend
nothwendig habe, da er sonst seine Armee ruiniere. 2)
Inzwischen war FML. Graf Browne am 1. October in
Pressburg angekommen, hatte die Depeschen überreicht und
mündlich über den Stand der Dinge in Schlesien Bericht erstattet.
Er gewann den Eindruck, dass ' man mit Ungeduld den Frieden
mit Preussen erwarte. Ganz Nieder-Schlesien und die Stadt Xeisse
unter den Bedingungen, wie der König von Preussen sie nehmen
wolle, war man bereit zu opfern, allein von Winter-Quartieren in
J) Lutsc h' Tagebuch.
2) Valory an den Cardinal. Lammsdorf, 30. September 1711. (Pariser
Archiv.)
32*
500
Ober-Schlesien und Mähren wollte die Königin nichts wissen,
„gehe es, wie es wolle".1)
Die Königin setzte in einem Handschreiben genau aus-
einander, was sie zu concedieren entschlossen, sie fand auch, class
in dem von Hyndford verfassten Conventions-Project Artikel
enthalten seien, welche die Unterhandlungen schwieriger machen
müssten, überhaupt dass dasselbe nur zu Gunsten des Königs
von Preussen entworfen zu sein scheine. Aus den von B r o w n e
überbrachten Puneten habe sie ersehen, dass der König von Preussen
auch zu einer Amnestie für die Einwohner der ihm zu über-
antwortenden Gebiete sich nicht verstehen wolle ; „wo doch die
Amnestie eine nothwendige Folge jeden Friedens, anbei eine
schwere Gewissenssache ist, selbst die Hände zu bieten, dass die,
so Mir ihre Treu erwiesen, aufgeopfert werden sollten."
Ebensowenig habe die Königin aus den Berichten des
Feldmarschalls entnommen, ob König Friedrich H. sich zur
Uebernahme der Schuldenraten anheischig machen wolle.
Noch mehr aber sei sie dadurch betroffen worden, dass nach
des Königs Antrag die Sachen gegen eine so namhafte, von Eng-
land und Russland zu gewährende Cession, nicht nur nicht ver-
bessert, sondern eher verschlimmert würden. In der Kaiserwahl
verbleibe derselbe fest bei Chur-Bayern. Von Frankreich lasse er
sich nicht trennen. In Ober-Schlesien und Mähren sollten ihm die
Winter-Quartiere angewiesen werden. „Und die in des Goltz letzterem
Schreiben von dem General-Frieden geschehene Erwähnung zeige
klar, dass der König auch auf Opfer für seine Allierten anträgt;
wo die einzige Ursache eines Vergleichs doch nur darin bestehen
könnte, destoweniger an andere abzutreten."
„Wie also die Sachen liegen, ist weder Nutzen, noch Sicher-
heit von dem Vorschlag anzuhoffen und gleichwohl hätte man auf
ewig seine Gerechtsame auf ein so ansehnliches Land, wie Unter-
Schlesien ist, zu vergeben. Ja man überkomme nicht einmal andurch
freiere Hände, gegen Frankreich und Chur-Bayern zu operieren,
sondern Preussen vielmehr mehrere Leichtigkeit, durch seine Aus-
breitung in Ober-Schlesien und Mähren einestheils Unruhen in
Ungarn zu erwecken und anderntheils durch sothane seine Aus-
breitung seinen Bundesgenossen allen Vorschub zu geben; anstatt
dass, obgleich der Eingang in Ober-Schlesien ihm freilich nicht
!) FML. Graf Bro w n e an FM. Grafen X e i p p e r g. Pressburg, 2. Oct.
1741 Nachm. 3V* Uhr. (Gräfl. Neipperg'sches Archiv.)
501
verwehrt, doch nach des Grafen Browne Dafürhalten die Sacht -w
in den Stand, wie sie im letzteren Winter waren, mittelst Besetzung
des Gelnrgs und Zurücklassung einiger Bataillone, auch Cavallerie,
auch bei der Armee-Zurückziehung erhalten werden können ; mithin
es hierunter auf jenes, was das flache Land, bis zur Eintreffung
der Truppen aus Italien und Vereinbarung Meiner bis anher
zerstreuten, mithin unzureichenden Kriegsmacht, zu erdulden hätte,
lediglich ankäme, womit so höchst schädliche und zugleich gänzlich
unnütze und unsichere Verbindlichkeiten, als Ich nach Eurer Re-
lation vom 29. jüngsthin einzugehen hätte, in keinen Vergleich
kommen mögen.''
,, Alles, was solchemnach, um zum Theil des Königs von
Preussen Verlangen und zum Theil dessen Genio und geäusserter
Absicht, sie möge aufrichtig sein oder nicht, sich zu fügen, in dem
Friedenswerk weiters geschehen kann, hat darin zu bestehen, dass
die Stadt Neisse, wie Ihr vorhin schon dazu begewaltigt wart,
gegen eine solche Versicherung, als des Goltz' Billet in sich ent-
haltet, den vorherigen Anerbieten beigefügt und wegen deren Be-
lagerung pro forma auf so lange Zeit, als der König es verlangt,
zu vorgeblicher Beruhigung dessen Alliierten, in höchster Geheim
und auf das Bündigste all' jenes ausbedungen würde, was Ihr
derenthalben in Eurem Bericht vom 25. v. M. anhandgegeben habt,
mit dem ferneren Anhang, dass, wenn es thunlich, die Artillerie in
Neisse per capitulationem Mir verbleibe und der Besatzung von
Weisse der freie Abzug gestattet werde."
,,So zur geschwinderen Einsicht und um die Meinung desto
weniger zu verfehlen, extractive hier angefügt wird."1)
„Winter-Quartiere können ihm also in Ober-Schlesien und Mähren
freiwillig nicht eingestanden werden, umso mehr, als Goltz in seinem
Billet davon keine Erwähnung thut. Und wegen der privaten Sicher-
heit, dann der Schulden halber hätte es lediglich bei dem Eurer
Relation vom 25. jüngsthin anschlüssigen Conventions-Project zu
*) „Nicht minder müsste auch Preussen in solchem Fall sich verrever-
sieren, nicht weiter in Ober-Schlesien oder gegen Mähren vorzurücken, oder
aber aus dem Euer kais. Majestät verbleibenden Theil von Schlesien ein so
anderes, es sei an Geld, Naturalien oder sonsten zu erpressen, sondern alles
dasjenige, so zur Subsistenz der vor und um Neisse vorgesagtermassen be-
lassenden Truppen erforderlich wäre, müsste aus dem Theil von Schlesien, so
dem König von Preussen vermöge des Vergleichs zufiele, hex'beigeschaflft werden.''
(Graft. Neipperg'sches Archiv. Zum Rescript der Königin vom 2. Octo-
ber 1741.)
502
verbleiben, ausser welchem Ihr die Offerta von G-oltz nicht an-
zunehmen und Euch nach obiger Idee wegen Besetzung Neisse's
und des Gebirges zu achten habt." *)
Die Königin fügte eigenhändig noch einige Zeilen an den
Feldmarschall bei. Der Hauptzweck sei, die Armee zu sofortiger
Verwendung nach jener Richtung, wo es die Notwendigkeit er-
heische, verfügbar zu haben. Als Ausgan gspunct für die weiteren
Operationen halte man Znaym am geeignetsten, dahin habe er also
seine Direction so schnell als möglich zu nehmen. Neisse sei zu-
gestanden, wie der König es wolle, jedoch sonst nichts, dagegen
aber dessen Verpflichtung, nicht weiter zu gehen. Die K ö n i g i n
wünsche, dass Neipperg die Unterschrift des Königs erhalte, ohne
dass sie genöthigt wäre, etwas zu unterzeichnen. Nieder-Schlesien ab-
zutreten, „das thut Mir im Herzen zu weh". Aber die Verwendung
der Armee dränge vor Allem, Neipperg möge sie so schnell als
möglich zurückführen, ohne sich durch irgend etwas aufhalten zu
lassen. Es ist das einzige ßettungsmittel, ..welches ich so sehr
wünsche". ~)
Diese Instructionen kamen dem Grafen N e i p p e r g am
4. October zu und er beeilte sich, Lord Hyndford zu benach-
richtigen, dass er Auftrag habe, ,, Neisse unter gewissen Ein-
schränkungen und Bedingungen abzutreten, welche den Ideen und
Ansichten des Königs von Preussen keineswegs zuwiderliefen".
Der englische Gesandte könne dem Obersten von Goltz Mit-
theilung machen und ihn eventuell zu einer Zusammenkunft ein-
laden.
Hyndford beeilte sich, dem Wunsche Neipperg' s zu ent-
sprechen und setzte Oberst Goltz von dem Zugeständniss der
Uebergabe von Neisse in Kenntniss, indem er den an ihn gerich-
teten Brief seinem Schreiben beifügte und dann an Neipperg
zur Expedition in das preussische Lager sandte. 3)
Am Morgen des 6. October traf ein Billet von Goltz ein
mit dem Ersuchen, ihm bekannt zu geben, worin die „gewissen
J) Die Königin an FM. Grafen Neipperg, Pressburg, 2. October
1741. (H. H. u. St. A., Friedens-Acten, Fase. 23, Concept.) Ausfertigung im
gräfl. Neipperg'schen Archive sammt der im Concepte fehlenden Beilage.
2) Mitgetheilt in Arneth, Briefe der Kaiserin Maria Theresia an
ihre Kinder und Freunde, IV, 139 nach dem Original im gräfl. Neipperg'schen
Archive. (Abgedruckt in Mittheilungen des k. und k. K. A . N. F. VI, 270.)
a) Die diesbezüglichen Correspondenzen sind abgedruckt in Mittheilungen
des k. und k. K. A.. N. F. VI. 272 u ff.
503
Bedingungen und Einschränkungen" bestünden und welche Antwort
wegen der Winter-Quartiere vorliege. v)
Inzwischen waren aus Pressburg neue Weisungen eingetroffen.
Dieselben bezogen sich auf das am 1. October von N e ip p e r g
vorgelegte Schreiben des Obersten von Goltz, das mit des Armee-
Commandanten Bericht am 3. October in Pressburg eingetroffen war.
Das Eescript äussert sich über den Punct der Winter-Quartiere
folgendermassen, da alles Uebrige bereits durch das Handschreiben
von 2. erörtert war :
„So viel aber diesen Punct anbelangt, ist es entweder dem
König von Preussen allein um jenes zu thun, was G o 1 1 z in seinem
Schreiben an Hyndford meldet, oder aber nicht. In dem ersteren
Falle Hesse sich noch wohl eine Modalität ausfinden, wodurch seine,
des Königs, Absicht, sich vor der Zeit gegen Frankreich nicht bloss-
zugeben, erreicht würde. Denn hiezu nicht nöthig ist, weder, dass
er mit der ganzen Armee, noch in ganz Ober-Schlesien die Winter-
Quartiere beziehe, sondern es wäre genug, wenn einige Tausend
Mann und zwar höchstens zehntausend, auf eine gewisse Distanz,
wessfalls Eurer Dexterität und Vorsichtigkeit Alles überlasse, ohne
sich vom Gebirg zu bemächtigen, diesseits der Neisse verblieben."
„Und da das Land ohnedies so viel gelitten, Ich auch dessen
Beihilfe nöthig habe, so sollte billig glauben, dass der König unter
der Hand die Vergütung für die von selbem abgebenden Naturalien
zu leisten sich nicht entschütten werde. Auf welche Weise zu
schliessen Euch hiernit Gnädigst erlaube. Und habt Ihr, um damit
auszulangen, sonders wohl geltend zu machen, dass nach diesem
Vorschlag allem dem ein vollständiges Genügen geschieht, was
Goltz vorgiebt, dem König hierunter alleinig angelegen zu sein.
„Wäre hingegen seine, des Königs, Intention nicht so, wie
Goltz bezeuget, so wäre umso viel nöthiger, sich gegen alle Ge-
fährde zu erwahren, die Armee aber gleichwohl nach des Grafen
Browne Antrag zurückzuziehen und die Handlung nach des Goltz
eigenem Anhandgeben bis in den Winter hinauszuziehen. Dem-
zufolge es unter obiger Modifikation und Erläuterung in Ansehung
der Winter-Quartiere bei dem Inhalt Meines Handschreibens vom
2. October sein Bewenden hat,"
Die Königin fügte eigenhändig dem Eescripte folgendes
französisch bei: „Die Gefahr nähert sich immer mehr, trachten Sie,
l) Ebenda. 274.
504
sich zu beeilen oder sich schliesslich ohne dies zurückziehen zu
können, was ich in der That am meisten wünschte, aber man nmss
dem König immer schmeicheln, selbst wenn man nicht abschliesst." *)
In Folge dieses neuen Zugeständnisses schrieb Hyndford,
jedenfalls nach einer Besprechung mit Neipperg, am 7. October
an Goltz und ersuchte ihn, nunmehr Tag, Ort und Stunde einer
Zusammenkunft anzugeben. 2)
Noch am selben Tage (7. October) erklärte sich Goltz bereit,
am folgenden Tage gegen Mittag nach dem Schlosse Klein-Schnellen-
dorf zu kommen.
Dies Schreiben kam zunächst in Neipp e r g's Hände, der von dem
Inhalte Kenntniss nahm und es mit einigen Zeilen an Hyndford
x) Die Königin an FM. Grafen Neipperg, Pressburg, 4. October 1741.
(H. H, u. St. A , Friedens-Acten, Fase. 23.) Der eigenbändige französische Zu-
satz nach dem Original-Rescripte im gräfi. Neipperg'schen Archive.
2) Lord Hyndford an Obersten von der Goltz. Neisse, 7. October 1741.
,.Icb habe Ihre vom 6. und gestern Früh datierte Antwort erhalten.
Seien Sie überzeugt, dass, indem man Sie zu sprechen verlangt, es sich weder
darum handelt, Sie hinzuhalten (pour vous amuser), noch Ihnen das Geringste
vorzuschlagen, was den Absichten Sr. preussischen Majestät entgegen wäre."
„Man tritt Ihnen die Stadt Neisse mit dem Gebiete ab, welches Sie ver-
langt haben und gesteht den Truppen genannter Majestät Quartiere diesseits
der Neisse zu ; wegen des Uebrigen bittet man Sie zu kommen, um mit uns
darüber zu sprechen, um Ihnen die Art und Weise vorzuschlagen, wie der Hof
von Wien vermeint and welche den Absichten Sr. preussischen Majestät
durchaus keinen Eintrag machen kann. Wenn Sie kommen wollen und woferne
der König es erlaubt, so finden Sie sich bei den Capucinern gegenüber dieser
Stadt wieder ein und bezeichnen Sie uns die Stunde und den Tag, an welchem
Sie dahin kommen, oder einen andern Ort, den Sie uns vorschlagen werden
und welcher Ihnen mehr zusagen würde."
„Ich schicke Ihnen im vorhinein und in dieser Anhoffnung hier zubiegend
ein vom Feldmarschall Neipperg unterfertigtes Billet, um überall sicher und
ohne von den Streif- Commanden daran gehindert zu werden, passieren zu können."
„Der Feldmarschall Neipperg bittet nur, dass während dieser Unter-
handlungen der König von seiner Armee keine Bewegungen machen lasse und
versichert seinerseits, dass die seinige während dieser Unterhandlungen und
solange dieselben dauern, in statu quo verbleiben werde."
„Mit einem Wort, man verlangt mit Ihnen zu sprechen, weil sich in
einer Viertelstunde mehr sagen lässt, als durch eine Unzahl von Schreibereien."
„Entfernt von beiden Lagern, wie ich es bin, bitte ich Sie, mir die Zeit
zu geben, um Sie aufzusuchen, im Falle Sie die Capuciner gegenüber dieser
Stadt für den Ort der Zusammenkunft nicht wählen sollten und schicken Sie
dem Feldmarschall Neipperg ein Sich erb eitsbillet bezüglich der Partheien,
welche das Land durchziehen, ähnlich wie ich es Ihnen schicke." (Gräfl.
Neipperg'sches Archiv.)
505
nach Neisse sandte, worin er diesen ersuchte, entweder noch am
selben Tage in das österreichische Hauptquartier zu kommen oder.
am nächsten Tage um 8 Uhr Früh daselbst einzutreffen. x)
H y n d f o r d sagte Letzteres zu.
Am 4. October hatte die preussische Armee eine Fouragierung
nördlich des Lagers vorgenommen und am folgenden Tage unter-
nahm König Friedrich IL mit 1 Bataillon. 450 Dragonern und
1500 Husaren eine Recognoscierung bis gegen Steinau. Die Be-
satzung von Falkenberg erhielt Befehl, nach Krappitz zu rücken,
das am 8. October besetzt ward. 2)
Der französische Gesandte hatte den König bei seinem Reco-
gnoscierungsritt begleitet und Letzterer ihn aufmerksam gemacht,
wie viele Hindernisse sich beim nächsten Marsche ergeben würden,
auf dem man sich nur auf einer einzigen Strasse werde bewegen
können. Trotzdem V a 1 o r y erklärte, er habe in Erfahrung ge-
bracht, dass ein Parallelweg ganz gut benutzbar sei, beharrte der
König bei seiner Ansicht. 3)
x) Die diesbezügliche Correspondenz in Mittheihmgen des k. und k. K. A..
N. F. VI, 276.
2) Kriege Friedrich d. Gr. II, 161.
3) Valory an Beilei sie. Lager bei Friedland. 7. October 1711.
(Pariser Archiv.) An demselben Tage schrieb König Friedrich IL an den
Churfürsten von Bayern (in Ybbs) aus dem Lager bei Friedland: „Ich habe aus
dem Brief, welchen Ew. churfürstliche Hoheit an mich zu schreiben mir das
Vergnügen gemacht hat, gesehen, dass derselbe nicht weiter vorgerückt ist,
als bis an den Enns-Fluss; ich hatte gehofft, die Tete Ihrer Armee besetze
schon die Vorstädte Wiens und ich schmeichle mir, dass Sie bald dort ein-
treffen würde. So sehr ich wünschte, Ihnen meine Artillerie zu überlassen, um
Prag zu belagern, ebenso unmöglich ist die Sache jetzt, nicht nur im Hinblick
auf die Pässe, welche die Oesterreicher besetzten, nämlich Glatz und Braunau,
sondern auch, weil diese Artillerie nur als grosses Detachement gesandt werden
könnte, ich aber unmöglich detachieren kann, nachdem ich den Feind mir
gegenüber habe. Die sächsische Armee, dünkt mir, wäre mehr bei der Hand,
die Elbe hinauf zu marschieren und folglich mit grösserer Leichtigkeit nach
Prag zu gelangen. Es scheint mir übrigens, dass das grosse Ziel Ew. chur-
fürstlichen Hoheit sein sollte, das Corps des Fürsten Lobkowitz zu ver-
nichten und mit der erdenklichsten Schnelligkeit gegen Wien vorzurücken:
auf diese Art würden Sie Neipperg von jeder Verbindung abschneiden;
wenn Sie durch das Viertel ober dem Mannhartsberg in Mähren einrückend,
gegen Brunn marschierten, die Sachsen dasselbe in Böhmen thäten und ich
eine ähnliche Bewegung machte, würde Neipperg, welcher zu schwach ist.
um nach allen Seiten hin Front zu machen, durch diese drei Armeen erdrückt
und es blieben der Königin keine anderen Hilfsmittel mehr, als angarische
506
Als G-oltz am 7. October die Einladung von Hyndford
zu einer Zusammenkunft mit der Mittheilung von den in Pressburg
gemachten Concessionen erhalten hatte, liess König Friedrich IL
nach dem Diner den französischen Gesandten rufen und machte
ihm die lebhaftesten Vorstellungen über die Langsamkeit des Chur-
fürsten von Bayern.
König Friedrich sagte ihm, er möge berichten, dass er in
zehn Tagen Winter-Quartiere beziehen werde, wenn Marschall
Belleisle sich nicht entschliesse, zur Armee des Churfürsten zu
gehen.
,,Ich sehe ein", fuhr er fort, „dass er in Frankfurt sehr noth-
wendig ist, aber jetzt ist er bei der Armee noch nothwendiger, wo
es Niemanden mit gesundem Menschenverstand gibt. Begreifen Sie,
dass der Churfürst noch am 27. September in Enns war, wo er
keinen Feind gegenüber hat, wo es ihm frei stand und für ihn so
leicht war, bis vor Wien zu kommen. Ich will nicht das Opfer in
dieser Sache werden und wenn Belleisle die Angelegenheiten
nicht bald in die Hand nimmt, so werden Sie sehen, dass der
König von Frankreich viel Geld und seine besten Truppen, welche
er dem Churfürsten schickte, der Unentschlossenheit und Furcht-
samkeit des Generals Törring geopfert haben wird."
„Ich werde mich mit so wenig Schaden als möglich aus der
Sache ziehen, da ich gewohnt bin, dass die Sachen so geführt
werden, wie ich sie verstehe."
Weiter äusserte König Friedrich II., dass er Winter- Quartiere
jenseits der Oder nehmen werde : auf die Gegenvorstellungen des
Vagabunden, Croaten und Husaren. Ich betrachte die Belagerung von Prag
nur als eine Nebensache in der Gesammtheit des Projects ; denn wenn wir
das Corps des Fürsten Lobkowitz niederwerfen und die Armee Neipperg's
einschliessen, frage ich Ew. chrir fürstliche Hoheit, wer dann Prag vertheidigen
soll und ob Sie nicht selbst meinen, dass die schlechteste französische Division,
unterstützt von der sächsischen Artillerie, für diese Operationen stark genug
wäre? Auf diese Art operieren wir mit Grundsätzen und unsere überein-
stimmenden Bewegungen tragen zu dem grossen Ziel bei. welches wir uns
setzen müssen, die Kräfte der Königin aufzureiben und sie diesen
Winter aller ihrer Hilfsmittel zu berauben; dann bürge ich Ihnen für
den Erfolg des Friedens und für die Befriedigung, welche Sie empfinden werden,
diese Unternehmung zu einem glücklichen Ausgang geführt zu haben ; aber
wenn Sie Neipper g Luft machen, indem Sie ihm Wien und den freien
Kücken lassen, wird sie sich diesen Winter mit 30 bis 40.000 Ungarn ver-
stärken und man müsste nächsten Frühhng auf gut Glück eine Sache be-
ginnen, deren Entscheidung Sie jetzt in der Hand haben." (Polit. Corresp. I,
Nr. 545.)
507
Gesandten wurde der König heftig und sagte Valory, er sei im
Stande, es am folgenden Tage zu tlmn, um ihm zu beweisen, dass
es durchführbar sei.
Es war dann auch von Glatz die Rede, welchen Platz der
König von Preussen einnehmen sollte, um ihn dann dem Cliur-
fürsten von Bayern zu übergeben. Valory meinte, dass diese
Absicht allerdings bestanden habe, man aber die Kosten für diese
Belagerung dem König von Preussen ersetzen werde. Friedrich II.
meinte, er habe auf die Dankbarkeit des Churfürsten gerechnet,
dass dieser ihm schliesslich diese Grafschaft abtreten werde.
Valory versuchte dem Könige diesen Gedanken auszureden,
worauf letzterer endlich sagte : „Wir wollen uns nicht wegen der
Haut des Bären zanken, ehe wir ihn haben. Glatz ist noch in den
Händen des Feindes und der Churfürst wird nicht so bald im Stande
sein, mir etwas zu verweigern oder zu geben/'
Uebrigens sei er zu beweisen bereit, dass Glatz ehemals zu
Nieder-Schlesien gehört habe und dass er stets geglaubt, dass Alles,
was nicht klar sei, zu seinen Gunsten werde ausgelegt werden.
Eine Disharmonie zwischen Preussen und Bayern erachtete
Valory als für Frankreich verhängnissvoll, B e 1 1 e i s 1 e allein
sei im Stande, einem derartigen Unglücksfall vorzubeugen.
Schliesslich fand Valory den fortgesetzten Aufenthalt des am
Hofe des Königs accreditierten Gesandten Hyndford in Neisse
nicht in der Ordnung, worauf ihm König Friedrich IL zur Antwort
gab, „dass er über diese Unregelmässigkeiten erhaben sei und dass
ihm dies wenig ausmache". 1)
') Valory an Belleisle. Lager bei Friedland, 7. October 1741. (Pariser
Archiv.)
Die Convention von Klein- Schnellenclorf.
Um 9V2 Uhr Vormittags des 8. Ocfcober begaben sich FM,
Graf N e i p p e r g und der englische Gesandte über Steinau nach
dem Schlosse von Klein-Schnellendorf, wo sie mit Oberst von der
Goltz zusammentrafen. N e i p p e r g hatte ein Friedensproject in
deutscher Sprache ausgearbeitet, das er dem Obersten von der Goltz,
um es König Friedrich II. zu geben, einhändigte. Ausserdem
übergab Neipperg den bereits seit längerer Zeit in seinen
Händen befindlichen Brief des Grossherzogs für den König. J)
Es handelte sich bei dieser Besprechung am 8. October
weniger um den Inhalt des Abkommens, denn Neipperg hatte
ja im Allgemeinen Vollmacht, das zuzugestehen, was man preussischer-
seits verlangt hatte, sondern um die demselben zu gebende Form,
da König F r i e d r i c h II. es ablehnte, einen eigentlichen Vertrag
zu schliessen.
Hyndford schlug nun vor, der König von Preussen möge
entweder selbst oder durch eine hinreichend bevollmächtigte Person
vertreten, mit dem FM. Neipperg zusammenkommen und eine
Uebereinkunft verabreden, deren Formulierung eine von beiden
Parteien dazu aufgeforderte und autorisierte dritte Person über-
nehmen und dieses Schriftstück dann, wenn beide Theile sich
damit einverstanden erklärten, einem jeden in beglaubigter Abschrift
zukommen lassen sollte. 2)
Neipperg, ebenso wie Goltz waren mit dem Vorschlage
einverstanden und vereinbarten, vorbehaltlich der Zustimmung
') Vergl. Arneth. Maria Theresia I, 245. Der Brief abgedruckt ebenda,
.397, Anmerkung 40.
2) Grün ha gen, Erster schles. Krieg, II, £:>.
509
König Friedrich II., für den nächsten Tag. den 9. October. an
demselben Orte eine nenerliche Conferenz. x)
FM. Graf Neipperg kehrte um 2 Uhr Nachmittags wieder
in sein Hauptquartier zurück und die Armee erhielt den
Befehl zur Marschbereitschaft.2)
Ein Billet des Obersten von der Goltz setzte Hyndford
noch am nämlichen Tage in Kenntniss, dass Alles in Ordnung sei?
dass man den Anspruch auf Troppau fallen lassen wolle und die
Zusammenkunft am nächsten Tage um 3 Uhr Nachmittags im
Klein-Schnellendorfer Schlosse stattfinden werde ; doch dürfe sich,
wie verabredet worden, Niemand im Schlosse, noch in dessen Hofe
befinden. 3)
Ueber die Einzelheiten dieser entscheidenden Besprechung,
bei welcher der Befehlshaber der österreichischen Armee sich dem
Monarchen gegenüber sah, der seiner Herrscherin so schweres Leid
zugefügt hatte, liegt leider von Seite der österreichischen Armee-
leitung kein erschöpfender Bericht vor, da FM. Graf Neipperg
den bei der Zusammenkunft mitanwesenden GFWM. Baron L e n-
t u 1 u s bald danach zur mündlichen Berichterstattung nach Wien
sandte und ihm als „memento" nur gewisse Puncte als „Erin-
nerungen" mitgab, die dieser dann aus dem eigenen Gedächtnisse
zu ergänzen hatte. Manche Details jedoch sind durch Hyndford's
Berichte an seine Regierung überliefert worden.
Das nördlich des Städtchens Steinau gelegene Dorf und
Schloss Klein-Schnellendorf waren von vorgeschobenen Abtheilungen
der österreichischen Armee besetzt.
Als nun am CJ. October FM. Graf Neipperg, begleitet von
GFWM. Baron Lentulus. „den er sich, um einen Zeugen der
tu O
königlichen Worte zu haben", mitgenommen4) und Lord Hynd-
ford dort eintrafen, sandte der Feldmarschall die Husaren-
Abtheilung, welche das Dorf besetzt hielt, zurück. Das Schloss und
dessen Umgebung wurde auch von allen Bewohnern geräumt. 5)
J) Grünhagen, Erster schles. Krieg II, 23.
2) Lutsch' Tagebuch.
3) Der Brief ist nach dem im Record-Ofiice in London erliegenden
Originale in der Polit. Corresp. I, Nr. 519 abgedruckt.
4) K. A.. „Erinnerungen". Den Wortlaut derselben siehe Anhang
LVIII.
6) Grünhagen, Erster schles. Krieg II, 24.
510
Gegen 3 Uhr Nachmittag erschien König Friedric h II. nur
vom Obersten von der Goltz begleitet und die Besprechung begann.1)
Neipperg sagt in seinen „Erinnerungen", gleich anfänglich
habe sich König Friedrich II. „wegen der Stadt Neisse weit-
läufig und mit einiger Hitzigkeit" ausgesprochen. 2)
Darauf habe der König bei der Lesung des von Neipperg
am vorhergehenden Tage dem Obersten von der Goltz ein-
gehändigten Vertrags-Entwurfes, bei Erwähnung der Alliierten der
Königin, die Bemerkung hingeworfen, „wer denn selbe seien,
ihm wären ausser England-Hannover keine bewusst". 3)
Der König habe dann seine Neigung, die er für die Königin
Maria Theresia und den Grossherzog hege, versichert. Diese
sei die Hauptursache, warum er mit denselben sich auszugleichen und
künftig in gutem Vernehmen und Freundschaft zu stehen verlange.4)
Der König bemerkte weiter, seine Alliierten hätten ihm nebst
ganz Nieder-Schlesien und der Stadt Neisse auch noch die Graf-
schaft Glatz und ausser dem. was ihm durch die hier abzuschlies-
sende Convention zufalle, einen beträchtlichen Theil von Ober-
Schlesien diesseits der Neisse „zu verschaffen und zu überlassen
zugesagt. Den Ueberrest von Ober-Schlesien mit der Markgraf-
schaft Mähren und etwas von Böhmen solle, vermöge des Partage-
Tractats Sachsen bekommen, Baj^ern hingegen Böhmen, das Land
ob der Enns, Tyrol und das Vorderösterreichische mit Inbegriff
der in Schwaben liegenden österreichischen Ländereien, Frankreich
wenigstens das Herzogtimm Luxemburg und Italien solle unter
Verschiedene vertheilt werden." \
Aus seinem mit Frankreich und Bayern abgeschlossenen
Tractate machte der König kein Geheimniss, sondern sagte, dass
es damit seine Richtigkeit habe, ..man spürt aber desswegen an
ihm fast einige Reue und gibt zu erkennen, dass er diese Allianz
gerne auf gute Art und Gelegenheit los sein möchte". '
') Grün ha gen II, pag. 25.
2) K. A.. „Erinnerungen", Pct. 1.
3) Ebenda, Pct, 2.
*) Ebenda, Pct. 3. Nei p p e r g fugte hier bei : ,.Die Hauptursache aber
dürfte wohl von daher rühren, dass er lieber J. K. M., als andern Acquirenten.
die ihm vielleicht zu gefährlich scheinen und er sich eines Anspruchs seiner
Zeit auf das, Avas er in Schlesien occupiert, von ihnen besorgt, dieser Enden
zum Nachbar haben möchte."
s) Ebenda, Pct. 5.
6) Ebenda, Pct. G.
511
Wie Neipperg weiter berichtet, habe ihm Oberst von der
Goltz mitgetheilt, dass der Vertrag mit Sachsen noch nicht
unterzeichnet sei, König Friedric h II. ziehe diese Unterhandlung
hinaus, da er für einen Theil seiner Truppen die Winter-Quartiere
in Böhmen wünsche, wogegen Sachsen und die anderen Alliierten
noch Einwände erhöben. *) Auch zeige der König sich gegen
Sachsen überhaupt verstimmt, „ohne jedoch die hiezu ihn be-
wegende Ursache zu berühren, nimmt auch darob Anlass, für einen
Theil seiner Truppen gegen darbietende Bezahlung die "Winter-
Quartiere in Böhmen und zwar in der Nachbarschaft der sächsischen
zu verlangen, um dadurch Gelegenheit zu haben, sie zu chicanieren
und endlich darob Ursache zu finden, die Allianz zu brechen, zu
welchem Ende derselbe einem General über sothane in Böhmen
zu bequartierenden Truppen das Commando auftragen wolle, der
sich auf die Ohicanen verstünde und ihm hierin, unter lauter
scheinbaren Freundschaftsbezeugungen jedoch, den verlangenden
Endzweck erreichen mache." 2)
J) Ebenda. Pct. 7. Der Vertrag zwischen Bayern und Sachsen war am
19. September abgeschlossen, doch zögerte König Friedrich II. mit der
Accession zu demselben wegen der Ansprüche, die er auf weiteren Gebiets-
zuwachs in Schlesien stellte. An den preussischen Bevollmächtigten in Frank-
furt von und zum Broich ergieng am 13. October der folgende Befehl :
..Damit nun die Sache wegen meiner Accession nicht aufgehalten werde, so
schicke ich Euch hierbei ein Contre-Project der Acte d'accession et de garan-
tie." Hiernach hatte sich der Gesandte genau zu richten. Er solle auch dem
Marschall Belleisle insinuieren, „wie Ich nicht glaube, dass man die
geringste Schwierigkeit machen würde, Mir alles Dasjenige, so Ich besage
dieser Acte d'accession verlange, zu bewilligen. Die Engagements, weiche Ich
solcher zu Folge übernähme, wären für Mich allerdings höchst onereux und
die Partie zwischen Mir und den Contractanten nicht ganz egal. Ich hätte
durch Meine Waffen, Gottlob, bereits alles Dasjenige, so man mir garantieren
wollte, bis auf Glatz und Neisse mit seiner kleinen Lisiere, conquerieret und
erworben und wäre unter göttlichem Beistande im Stande, mich darinnen zu
maintenieren, sondern dass solches dieses Meinen Garants im Geringsten zur
Last fiele, noch einige Mühe machte. Dahergegen dieselben noch nicbt einen
Fuss breit Landes erobert hätten, ausser was Chur-Bayern in Ober-Oesterreieli
gethan ; folglich sei diese Accession in Consideration Meiner dergestalt wichtig
und onereux, dass Ich persuadiert sei, wie gedachte beide Häuser Mir diese
Accession und Garantie nicht genug bezahlen könnten, für welche sie
jedennoch Mich, eigentlich zu sagen, aus fremden Vermögen befriedigten und
Mir etwas überliessen, so selbst noch nicht in ihren Händen wäre und welches
die jetzigen Besitzer Mir sehr gerne und willig cedieren würden, falls Ich
ihre offerierten Conditiones annehmen wollte." (Polit. Corresp. I. Kr. 55G.)
2) Ebenda, Pct. 8.
512
Dann habe König Friedrich. II. bestätigt, class er das von
Neipperg arn Tage vorher an den Obersten von der Goltz über-
gebene Schreiben des Grossherzogs erhalten habe, jedoch beigefügt,
dass er sich entschuldigen müsse, obgleich er ein wahrer Freund
dieses Prinzen sei, dasselbe dermalen aus verschiedenen Ursachen
nicht beantworten zu können, ,, welches er jedoch unfehlbar zu
thun und dem Grossherzog werkthätige Merkmale von seiner
wahren Freundschaft zu geben versicherte, sobald die jetztmaligen
Umstände seiner anderweiten Verbindlichkeiten halber eine andere
Gestalt bekommen würden."1)
Der König beschwerte sich, dass man am Hofe zu Wien
..so gar wenig Menagement für ihn trage" und gab zu verstehen,
dass er der Verschwiegenheit des Wiener Hofes misstraue. Es solle,
wie er zu wissen versicherte, auch bereits von dort aus „an den
Churfürsten von Maynz geschrieben worden sein, dass man des
Friedens mit ihm fast so viel als versichert und somit der chur-
brandenburgischen Wahlstimme auch gewiss sei, wodurch er bei
seinen Alliierten in Verdacht komme und sich vor der Zeit Unheil
und Unbeliebigkeiten zuziehen könnte, man derohalben daselbst
seinetwegen mehrerer Menagements sich befleissen möge. Er
declarierte hiebei, dass er zwar dem Grossherzog hierinfalls nicht
entgegen sein wolle, doch aber sein für Bayern in diesem Punct
übernommenes Engagement noch zur Zeit, ohne sich Widrigkeiten
zuzuziehen, nicht zurücknehmen könne. Man solle aber trachten,
die Churfürsten von Maynz und Trier dahin zu verleiten, dass sie
die Kaiserwahl in die Länge hinaus verschöben. Er seinesorts
wolle selbige gewiss nicht pressieren und unter solcher Zeit dürften
sich vielleicht Mittel und Gelegenheiten hervorthun, wodurch er
sich seines diesfälligen Engagements entschlagen und dem Gross-
herzoge seine Freundschaft comprobieren könnte. Wohingegen
aber hierauf, wann man das mit ihm Geschlossene public mache
und nicht geheim halte, gar nicht zu rechnen und Alles ungiltig
sein solle, zumal der König verlange, dass die ganze AVeit persuadiert
sein solle, als ob der Krieg zwischen ihm und uns noch, wie zuvor,
fortgeführt würde." 2)
Das von Neipperg entworfene und am Tage vorher an Goltz
üb ergebene Vertrags-Project wurde vomKönige nicht angenommen.3)
J) Erinnerungen. Pct. 9.
") Ebenda, Pct. 10.
3) Ebenda. Per, 11. — Der Wortlaut dieses Vertrags - Entwurfes
Anhang L1X.
513
Statt dessen hatte Oberst von der Goltz einen französischen
Entwurf mitgebracht, in welchem einige Aenderungeji vorge-
nommen wurden. Lord Hyndford führte bei diesen Unterhand-
lungeir das Protocoll, das aber von keiner der verhandelnden
Parteien, sondern nur von ihm unterschrieben wurde und dessen
Reinschrift der Gesandte erst am folgenden Tage in zwei Exem-
plaren für die beiden abschliessenden Theile besorgte.
Es wurde dann noch von König Friedrieh IL verlangt
und mündlich vereinbart, dass die gegenseitige Correspondenz der
beiden Höfe und jene der beiden grossbritannischen Gesandten
(Robinson und Hyndford) unter der Adresse vertrauens-
würdiger Persönlichkeiten zu gehen habe und hierzu preussischer-
seits der Oberstlieutenant Marquis von Varenne vom Infanterie-
Regiment Truchsess, der nach Jägerndorf in Garnison bestimmt
war und von Seite des Grafen Neipperg der Oberstlieutenant
von Levrier des Infanterie-Regiments Franz Lothringen, nach
Troppau designiert, ausersehen. J)
Endlich wurde noch eine Uebereinkunft, eigentlich ein ge-
naues Programm über den Abmarsch der österreichischen und die
weiteren Bewegungen der preussischen Armee aufgestellt.-]
Schliesslich verlangte Friedrich IL noch die Auslieferung
des schlesischen Edelmannes Baron R e i s e w i t z :3j und ertheilte
Rathschläge, wie man gegen die Bayern und Franzosen, auch
gegen die Sachsen, wenn sie sich als Gegner der Königin
erklären würden, operieren solle.
') Erinnerungen. Pct. 12.
-) Erinnerungen, Pct. 13. Die bei der Unterredung von FM. Grafen
Neipperg eigenhändig mit Bleistift gemachten, später mit Tinte über-
schriebenen Notizen lauten: „Am 13. gegen Strelitz die preussische Armee,
am 11. marschiere ich nach Neustadt, am 15. wird der König mein Lager
recognoscieren und Wege herstellen lassen, am IG. marschiere ich nach Jägern-
dort, am 17. erscheint ein Corps von 10 Escadronen, einigen Bataillonen,
Geschützen und Husaren, am 17. marschiert die preussische Avantgarde aus
ihrem Lager, um Neisse einzuschliessen und trifft am 18. vor Neisse ein.
Der König folgt am 18. mit der Armee und trifft vor Neisse am 19. ein. Die
Briefe unter der Adresse des Marquis von Varenne, Oberstlieutenant des
Regiments Truchsess in Jägerndorf sind für Hyndford oder anderswo
für den Wiener Hof oder für mich oder für Lentulus." (Gräfl. Neipperg'-
sches Archiv.) Das hier aufgestellte Programm wurde im Allgemeinen ein-
gehalten.
3) „Erinnerungen", Pct. 15. Siehe darüber Mittheilungen des k. und k.
Kriegs-Archivs. Neue Folge II, 22(J, Anmerkung 2 und IV. pag. 232, An-
merkung 1, 272, Anmerkung 2.
Oesterreiehigeher Erbfolgokriep. II. Bd. 33
514
Nach Beendigung der Besprechungen nahm König Fried-
rich IL, der ausserordentlich viel Höflichkeit zeigte, Neipperg
auf die Seite und winkte Hyndford herbei: ,,Ich wünsche, dass auch
Sie, Mylorcl, jedes "Wort hören. Seine britannische Majestät weiss
oder sollte wissen, dass meine Absichten niemals dahin giengen,
ihm zu schaden, sondern blos für mich selbst Sorge zu tragen ;
und bitte, melden Sie ihm, dass ich meiner Armee in Brandenburg
befohlen habe, sich aufzulösen und Winter- Quartiere zu beziehen."
Friedrich unterhielt sich auch mit Neipperg darüber,
wie er die Franzosen mit V ortheil angreifen könne : „Vereinigen
Sie sich mit Lobkowitz und der Macht, die er in Böhmen hat ;
gehen Sie Ihren Feinden zu Leibe, ehe diese eine Vereinigung
dort bewerkstelligen können. Wenn die Königin Erfolg hat,
würde ich — dürfte ich mich vielleicht dazu bestimmen lassen,
nachgerade zu ihr zu treten. Misslingt es Ihrer Majestät — nun
denn, Jeder muss für sich selber sorgen." x)
Der König von Preussen beauftragte sodann noch Hyn d f o r d
in Neipperg's Gegenwart, dem Wiener Hofe zu schreiben,
derselbe möge einen Tractat vorbereiten, zu vollziehen an oder
vor dem 24. December. Aber über Alles empfahl er Jedermann
das grösste G-eheimniss und um Herrn von Valory zu täuschen,
wünschte er, dass Hyndford ihm einen Brief in sein Lager
schreibe, mit Klagen über den ungünstigen Erfolg seiner Versuche,
einen Vergleich zu Stande zu bringen. Der Brief solle von einem
Trompeter überbracht werden, während der König bei Tische
sitze. Er werde dafür sorgen, Valory bei sich zu haben, um ihm
diesen Brief direct zu zeigen. 2)
Nach zweistündigen Verhandlungen trennte man sich.
Das von Lord Hyndford in französischer Sprache geführte
und unterschriebene Protocoll : „L'acte de Klein - Schnellendorf
sousigne par Mylord Hyndford sur la parole du roi de Prasse
le 9. cVOctobre 1741" 3), lautet in deutscher Uebersetzung :
„Ich Unterfertigter, Graf von Hyndford, bevollmächtigter
Minister S. M. des Königs von Grossbritannien, der ich Zeuge
dessen war, was S. M. der König von Preussen die Güte hatte,
') Nach Hyndford's Bericht aus Breslau, 11. October 1711 bei
C a r 1 y 1 e, Geschichte Friedrich II. 3. Band. 107 u. 1< 18.
'-) Grünhagen, Erster schlesischer Krieg II, 36.
3) Polit. Corresp. I, Nr. 550. Das Original-Exemplar im k. und k. H. H.
und St, A. 1711.
5 1 5
mfi eigenem Munde und auf sein königliches Wort dem FM.
Grafen Neipperg, in Gegenwart des GrFWM. Lentulus, zu
erklären und dessen, was der genannte FM. Graf Neipperg
im Namen J. M. der Königin von Ungarn und Böhmen erklärt
hat, bezeuge durch Gegenwärtiges unter öffentlicher Glaubwürdig-
keit und bei den Pflichten meines Amtes, dass von einer Seite und
der anderen man übereingekommen ist :
1. dass es dem Könige von Preussen freistehe, die Stadt
Neisse im AVege der Belagerung einzunehmen;
2. dass der Commandant der Stadt Neisse den Befehl erhalten
werde, eine Belagerung von 14 Tagen auszuhalten und dann die
genannte Festung den Truppen Seiner preussischen Majestät zu
übergeben;
3. dass die Garnison von Neisse und alles, was ihr angehört,
mit allen militärischen Ehren, abziehen ; dass man ihr die nöthigen
Wagen bis an die Grenze von Mähren beistellen werde; dass man
Niemanden der Garnison überreden, noch zwingen werde, unter den
Truppen Seiner preussischen Majestät Dienste zu nehmen und dass
den Civilpersonen, welche sich zurückziehen wollen, freistehen soll,
in aller Sicherheit der genannten Garnison zu folgen.
4. Das gegossene Geschütz, welches sich in der Stadt und
auf den Wällen befindet, bleibt J. M. der Königin von Ungarn
und Böhmen und wird ihr beim Tractate oder künftigen Frieden
getreulich rückgestellt werden ;
5. dass nach der Einnahme der Stadt Neisse bis zum allge-
meinen Frieden S. M. der König von Preussen weder gegen
J. M. die Königin von Ungarn und Böhmen, noch gegen den König
von England als Churfürst von Hannover, noch gegen irgend einen
der gegenwärtigen Alliierten der Königin offensiv vorgehen werde;
6. dass der König von Preussen von J. ung. M. niemals mehr
verlangen werde, als Nieder-Schlesien mit der Stadt Neisse;
7. dass man bemüht sein werde, einen endgiltigen Tractat
gegen Ende des kommenden Monats December zu schliessen.
8. Der Feldmarschall Graf Neipperg hat im Namen J. M.
der Königin von Ungarn und Böhmen erklärt, dass J. ung. M. ohne
irgend welche Schwierigkeit S. M. dem Könige von Preussen durch
den am Ende des kommenden December abzuschliessenclen Tractat
ganz Nieder-Schlesien bis an den Fluss Neisse, einschliesslich der
Stadt Neisse und auf der anderen Seite der Oder bis an die gewöhn-
lichen Grenzen des Herzogthums Opneln, mit der gesammten Ober-
hoheit und Unabhängigkeit, von wem es immer s< i, abtreten werde;
33*
516
9. dass am 16. des laufenden Monats der genannte FM. Graf
N e i p p e r g sieh mit seiner ganzen Armee gegen Mähren und von
dort, wohin er wollen wird, zurückziehen werde;
10. dass das Schloss von Ottmachau zu gleicher Zeit geräumt
werde, als sich die Armee der Königin zurückzieht ;
1 1 . dass es dem FM. Grafen N e i p p e r g gestattet sein werde,
die Magazine, welche eramFusse des Gebirges etabliert hat, bis 26. des
laufenden October nach Mähren oder sonst wohin zurückzuziehen ;
12. dass ein Theil der Armee des Königs von Preussen Winter-
quartiere in Ober-Schlesien bis Ende April 1742 nehmen werde;
13. dass das Fürstenthum Teschen, die Stadt Troppau und
das, was jenseits des Flusses Oppa liegt, ebenso, die hohen Gebirge
in Ober-Schlesien, sowie die Herrschaft Hennersdorf durchaus nicht
in diese Quartiere einbezogen werden und dass der FM. Graf
N e i p p e r g ein Bataillon und einige Husaren als Garnison in der
genannten Stadt Troppau zurücklasse.
14. dass die Truppen S. M. von den Einwohnern des Landes
nicht mehr verlangen werden, als die Unterkunft und die Fourage ;
15. dass die Truppen des Königs von Preussen weder Contri-
butionen, noch Geld von irgend einem der Staaten der Königin
von Ungarn einheben werden;
16. dass man niemanden gegen seinen Willen einrollieren
werde, unter welchem Vorwand es immer sei ;
17. dass man von einer und der anderen Seite kleine Partheien
aussenden werde, um die Feindseligkeiten pro forma fortzusetzen
und dass man während des Winters übereinkommen werde, wie
man sich im künftigen Frühjahre benehmen solle, im Falle der
allgemeine Friede vor dieser Zeit nicht geschlossen werden könnte ;
18. dass die vorstehenden Artikel, über welche man überein-
gekommen ist, als ein unverletzliches Geheimniss bewahrt werden,
was ich Unterfertigter, Graf von Hynclford, der FM. Graf
N e i p p e r g und der GFWM. von L e ntulus dem Könige von
Preussen auf Verlangen Sr. Majestät mit unserem Ehrenworte ver-
sprochen haben."
„Urkund dessen habe ich diese 18 Artikel unterfertigt und auf
Verlangen des Königs von Preussen und des FM. Grafen
N e i p p e r g das Siegel mit meinem Wappen beigedrückt."
Im Schlosse Klein-Schnellendorf, den 9. October 1741.
(L. S.) Hyndford m. p. ')
J) Original im k. und k. H. H. u. St. A.
517
Die Zusammenkunft hatte übrigens am LI. October noch eine
Wiederholung.
Als Hyndford nämlich am 10. October die von ihm ange-
fertigte Reinschrift des Protocolls über das Abkommen vom 9. in
das preussische Hauptquartier sandte und anfragte, ob er hier
noch Weiteres für den Dienst des Königs thun könne oder nach
Breslau zurückkehren solle, erhielt er ein Billet von Goltz, das
ihm mittheilte, man sei bis auf eine Kleinigkeit mit dem Schrift-
stücke einverstanden, er werde aber ersucht, am folgenden Tage,
Nachmittags 3 Uhr, doch wieder an dem bewussten Orte zu sein.
Goltz versicherte, sich beinahe zu scheuen, auch den Feld-
marschall zu bitten, mitzukommen, er habe aber über das weitere
Verfahren (,,sur la maniere ä agir") noch etwas zu sagen.1)
Was bei dieser neuerlichen Entrevue am 11. October, an
welcher ausser dem Könige die Theilnehmer der früheren Be-
sprechung zugegen waren, verhandelt worden, darüber liegt weder
von österreichischer, noch von englischer Seite ein Bericht vor.
Neipperg erwähnt in seinen ,, Erinnerungen" und sonstigen
Berichten derselben nicht. Ein Brief von Goltz an den Feld-
marschall vom 12. October deutet aber darauf hin, dass es sich
bei dieser Zusammenkunft um eine Einigung über die Art des fort-
zusetzenden Scheinkrieges gehandelt habe. ~)
Es ist dem FM. Grafen N e i p p e r g, auch dem Mylord
Hyndford der Vorwurf nicht erspart geblieben, class dieselben
über die mündlichen Aeusserungen König Friedrich IL nicht ein-
gehend nach Wien berichtet hätten und dass dadurch der Wiener
Hof über die wahren Absichten des Königs nicht vollständig und
') Nach G r ü n h a g e n II, 54.
2) „Ich habe Ihnen zu sagen vergessen, dass der Officier, welcher Jas
Lager E. E. arn 15. recognoscieren wird, einen Rittmeister mit 50 Husaren
detachieren wird, um Ihre Aussenposten zu vertreiben. Ich bitte E. E., anzu-
befehlen, dass von Ihrer Seite eine gleiche Anzahl detachiert werde, damit
diese beiden Kämpen sich raufen können, so lange es ihnen beliebt. Man
wird sie keinesfalls unterstützen, weder von der einen, noch von der anderen
Seite, um die Sache nicht ernst zu machen."
P. S. „In diesem Augenblicke ermahnt man mich, Ihnen recht viele Em-
pfehlungen auszurichten und E. E. zu bitten, gefälligst veranlassen zu wollen.
damit der Baron von Reisewitz und der Baron von E r a n kenbe r g in
Ereiheit gesetzt werden oder, dass der Coinmandant von Neisse sie bei der
Capitulation übergebe." Oberst von der Goltz an EM. Grafen Neippei
12. October 1741. (Gräfl. Neipperg'sches Archiv.)
518
genau unterrichtet wurde ; eine Unterlassung, die auf den Verlauf
der Begebenheiten möglicherweise nicht ohne Einfhiss geblieben
sei. Dieser Vorwurf ist heute, was Neipperg betrifft, nicht
mehr leicht zu entkräften, da Schriftliches allerdings von seiner
Seite darüber nicht vorliegt. Es ist jedoch kaum anzunehmen, dass
Leu tu Ins, als Zeuge der Unterredung, nicht ausführlich und
genau in Pressburg referiert habe. Möglich bleibt es immerhin,
dass das Hauptgewicht von den österreichischen Theilnehmern der
Conferenz nicht auf König Friedrich II. AVorte, sondern auf das
im Protocoll Stipulierte gelegt wurde. Dass a.uch Hyndford, der
die Aeusserungen des Königs von Preussen genau nach London
berichtete, seinem Collegen Robinson in Wien keine Mittheilung
über dieselben gemacht haben sollte, trotzdem er von König-
Friedrich II. den Auftrag erhalten hatte, an den Wiener Hof zu
schreiben, derselbe möge einen Friedens-Vertrag vorbereiten, ist
mindestens wenig wahrscheinlich.
Der Abmarsch der österreichischen Armee aus Schlesien.
iM ach dem Abschlüsse der Verhandlungen begann FM. Gra I
Neipperg die Einleitungen zu seinem Abmärsche.
Schon am 10. October rückten die beiden Husaren-Regimenter
Csäky und Pestvarmegyei unter G-FWM. Baron Baränyay's Com-
mando durch die Grafschaft Glatz zum Corps des Fürsten Lob-
kowitz nach Böhmen. Oberst Johann von Belesznay erhielt
Befehl, mit den freiwilligen ungarischen Regimentern, dem seinigen,
Peter Haläsz, Esterhäzy, den Jazygiern und Kumaniern über Jägern-
dorf und Jablunka nach Ungarn abzurücken ; bis zur erstgenannten
Stadt jedoch mit der Armee zu marschieren. Am 11. meldete der
Armee-Commandant der Königin, class er im Begriffe stehe,
über Jägerndorf und Troppau nach Mähren zu gehen und dort
weitere Befehle abzuwarten und bat, für den Unterhalt der Armee
in Mähren das Erforderliche veranlassen zu wollen.
GFWM. Baron Lentulus werde er zur ungesäumten Bericht-
erstattung über die weiteren Angelegenheiten an den Hof absenden. l)
Auch die Vorbereitungen für die Scheinvertheidigung von
Neisse wurden getroffen.
Der bisherige Festungs-Commandant Oberstlieutenant Baron
St. Andre wurde mit 1000 Mann aus der Festung gezogen nie!
Oberstlieutenant Baron K r o 1 1 c n d o r f des Infanterie-Regimen i s
Wenzel Wallis zum Commandanten bestimmt, welcher iwm I 1 . < )c-
tober vom Armee-Commandanten die folgende schriftliche Instruction
über sein Verhalten bekam :
G-räfl. Neipperg'sches Archiv.
520
„Nachdem der Allerhöchste Dienst und die vorwaltenden Um-
stände erfordern, den bisherigen Commandanten der Stadt Neisse
und des löbl. Botta'schen Regiments Oberstlieutenant Herrn Baron
St. Andre mit einem Theil der Garnison von dannen heraus
und zu diesem Kriegs-Corpo zu ziehen, um selbiges in dem Fall,
da es zu einer Affaire mit dem Feinde, wie es das Ansehen hat,
kommen, oder aber unumgänglich nöthig sein sollte, anmit das
Markgrafthum Mähren zu bedecken, oder anderwärts hin zu Be-
hinderung der feindlichen Absichten sich zu ziehen, bei dem be-
kannten Stande, da an Truppen nichts Ueb erflüssiges habe, so viel
nur immer möglich, zu verstärken und nun bei solcher Beschaffen-
heit die Notwendigkeit erheischt, in jetztgedächtes Neisse einen
anderen tüchtigen Commandanten zu setzen, als habe diesfalls auf
ihn, Herrn Oberstlieutenant Baron von Krottend o r f, in Betracht
seines, zu Beförderung des Allerhöchsten Dienstes tragenden rühm-
lichen Eifers und bekannter Experienz das Auge geworfen und
wird ihm solchemnach das Commando über wiederholte Stadt Neisse
durch Gegenwärtiges dergestalten aufgetragen, dass er selbiges von
einerangfs gedachtem Oberstlieutenant Baron St. Andre ordent-
lieh übernehmen und nach dessen Anhandgebung auf bisherige Art
führen solle."
,, Läuft die Bataille, ciafern es zu einer kommen sollte, für uns
glücklich ab, so wird für Neisse ohnehin nichts zu besorgen sein ;
wäre selbige hingegen für uns unglücklich, oder aber ich wäre
bemüssigt, nach Erforderniss der Umstände mit ersagtem Kriegs-
Corpo aus diesem Land und Gegenden mich hinwegzuziehen und
anderwärtigen feindlichen Absichten Einhalt zu thun, so würde
dir Stadt Neisse, wofern der König von Preussen, wie unfehlbar
zu vermuthen, davor rückte, ohnehin schwerlich zu retten sein
und in solchem Fall will Ihm, Herrn Oberstlieutenani Baron
Krottendorf, zu seiner Direction und Richtschnur angemerkt
haben : dass
1. wann der König von Preussen mit seiner Armee wirklich
vor die Stadt Neisse rückt und diesen Ort zu belagern sich an-
schickt, auch allenfalls, wie in solchen Gelegenheiten zu geschehen
pflegt, den Platz aufforderte, er, Herr Oberstlieutenant Baron
Krottend o r f, dieses Ansinnen mit dem, auf eine höfliche Art
jedoch, abzulehnen hätte, dass derselbe den ihm anvertrauten Ort
möglichst defendieren wolle und in Befolg dessen hätte auch der-
selbe diejenige Gegenwehr zu thun, so von einem eifrigen und
wackeren Officier erfordert wird. Weilen aber
52 J
2. dieser Ort bei obangeführter Beschaffenheit und wann der
König von Preussen auf dessen Einbekommung insistierte, onnedem
natürlicherweise fallen müsste, dem Allerhöchsten Dienst hingegen
an Erhaltung der alldort verbleibenden Garnison bei jetztmahgen
misslichen Umständen ganz besonders gelegen ist, als hätte er,
Herr Oberstlieutenant, mit seiner tapferen Gegenwehr zwar vierzehn
Tage von dem Tag an gerechnet, cla der Feind den ersten Kanonen-
schuss auf Neisse thun würde, fortzufahren, den fünfzehnten Tag aber
zu capitulieren und dem König von Preussen den Ort mit Accord zu
übergeben. Wo aber der König von Preussen dem Ort allzusehr zu-
setzte, also zwar, dass selbiger obige 15 Tage nicht widerstehen könnte ,
oder die Garnison in Gefahr stünde, keine Capitulation mehr zu
erhalten, so hätte alsdann bei solcher Bewandtniss er, Herr
Oberstlieutenant Baron Krottendor f, nach seinem Befum 1 und
hauptsächlich in dem Absehen, die Garnison zu salvieren, auch vor
Verstreichung obiger 15 Tage zu capitulieren. In der schliessenden
Capitulation aber müsste unter anderen gewöhnlichen Formalitäten
3. ausdrücklich ausbedungen werden, dass erstlich die
Garnison und Alles, was dazu gehört, mit allen militärischen
Ehrenbezeigungen ausziehen ; z w e i t e n s derselben die benöthigten
Wagen und Pferde zu ihrem Fortkommen bis an die mährische
Grenze gratis verschafft; drittens kein Mensch, er sei Soldat,
Bedienter, oder Anderer, zu Annehmung preussischer Kriegsdienste
weder veranlasst, noch gezwungen und viertens denjenigen In-
wohnern, so sich von dannen zu retirieren gedenken, der Auszug mit
ihrem Hab; und Gut in aller Sicherheit verstattet werden solle;
4. hätte er, Herr Oberstlieutenant Baron Kr o 1 1 e n d o r f ,
auch auf die Fortbringung der Kranken und was sonst zur Garnison
gehört, besonders zu reflectieren. Nicht minder auch
5. von der in Neisse vorhandenen brauchbaren Artillerie so
viel möglich mit sich zu nehmen und in der Capitulation aus-
zubedingen, absonderlich aber der 12 pfundigen Stücke, wovon
der in Neisse befindliche Stück-Hauptmann die beste Auskunft zu er-
theilen und das Anständigste an Hand zu geben wissen wird und
käme es
6. wirklich auf die Uebergabe der Stadt Neisse an, so hätte
er, Herr Oberstlieutenant Baron Krottendor f, die zurück-
lassende Artillerie mit allen übrigen Zeugs-Requisiten, Munition
und anderen durch jetztbesagten Stück-Hauptmann nach einem ver-
fassten, wohl entschiedenen Inventario mit ordentlicher Anmerkung
der Anzahl jedweder Gattung, auch Beirückung des Diameiers und
522
Calibers, Stück für Stück, wie es in derlei Fällen gewöhnlich, an
den königl. preussischen, hiezn bestellten Artillerie-Officier über-
geben und sich durch selbigen darüber authentisch quittieren zu
lassen, um mir selbiges seiner Zeit behändigen zu können;
7. wären auch bei allenfallsiger Oapitulation die Stadt mit
gesammten Inwohnern und Bürgerschaft, ohne Ausnahme, abson-
derlich was den sämmtlichen Clerum betrifft, nicht zn vergessen,
sondern ihretwegen, wie es in derlei Gelegenheiten zu geschehen
pflegt, ein oder mehrere Artikel einfliessen zu lassen, womit selbe
in nichts gekränkt, noch ihnen etwas in Weg gelegt, sondern
unbeleidigt bei ihren Privilegien und Freiheiten, auch Hab und
Gütern, sonderheitlich was die katholische Religion anbelangt, ge-
lassen und beibehalten werden mögen."
,. Mehrgedachter Herr Oberstlieutenant, Baron Krottendorf,
wird also in äusserndem Fall all' Obgedachtes unfehlbar zn
seiner Direction und Richtschnur nehmen, den gewissen Vollzug
davon leisten und sich andurch ausser alle Verantwortung setzen,
übrigens aber mit der ausziehenden Garnison und was dazu gehört,
den geraden Weg nach Mähren nehmen und zur Erhaltung weiterer
Ordre das Verlässliche, wann es nämlich zu dem, so oben steht,
gelangen sollte, alsobald nach geschlossener Oapitulation mir ein-
berichten." J)
Ein Theil der Munitionsvorräthe der Festung wurde in der
Nacht zum 12. October auf 50 Wagen nach Glatz geschafft.
Vi
Ausser der obigen Instruction, welche im Nothfall noch den
Schein wahrte und den König von Preussen nicht desavouierte,
wenn er seinen Verbündeten gegenüber die Fortdauer des Kriegs-
zustandes zu versichern für nöthig halten sollte, muss Oberst-
lieutenant Krottendorf doch mündlich über das Schicksal,
das der ihm anvertrauten Festung bestimmt war, von FM. Grafen
Neipperg instruiert gewesen sein, da er, gleich nach Uebernahme
des Festungs-Commandos, am 13. October dem Armee-Comman-
danten schriftlich vorstellte, dass es unmöglich sei, die Posten noch
schwächer zu besetzen, „um auch nur eine allenthalben wahr-
scheinliche Defension zumachen". Er fügte bei, dass die Bürger-
schaft, welche die ,,Evacuation der Garnison, Artillerie und der
Kriegs- und Proviant-Munition gesehen, bereits anfängt, verdächtige
J) K. A., Abschrift im Browne'schen Manuscript : Oesterr. Successions-
Kxieg 1711.
523
Discurs zu führen" und dasa zu befürchten stehe, „dass wir mehr
das Innerliche, als das Aeussere feindlich werden ansehen müssen."
Die Bürgerschaft bestand in 822 bewaffneten Männern und
K r o 1 1 e n d o r f besorgte wirklich, dass er, wenn sie die Schwäche der
Garnison sehen würde, den „empfindlichsten Affront, als wodurch
die hohe Intention nicht zu dem anverlangten Effect gelangen
könnte, zu erdulden werde gezwungen werden." Nach K>r ott en-
do rf's Standes-Tabelle betrug die Summe seiner dienstbaren Mann-
schaft 773 Manu, er erklärte aber, zur täglichen Besetzung aller
Posten 144G Mann zu benöthigen *), worauf FM. GrafNeipperg
am 14. October noch 200 Mann zur Verstärkung in die Festung
legte, so dass der Stand der Garnison am 15. aus 973 Dienstbaren
bestand. 2)
Der zum Oberstlieutenant beförderte Commandantin Ottmachau,
Ingenieur- Ob erstwachtmeister Seh m i d t, dem strengste Geheim-
haltung bis zum Momente des Aufbruches zur Pflicht gemacht
wurde, erhielt Befehl, diesen Platz am 14. zu räumen (nach Punct
10 der Convention) und über Zuckmantel nach Freudenthal zu
marschieren, wohin er sein Detachement von 160 Mann verschiedener
Infanterie-Regimenter, nebst 4 Geschützen und der dazu gehörigen
Munition führte. Die übrigen in Ottmachau befindlichen Vorräthe
wurden nach Glatz geschafft.
Rittmeister Reviczky rückte am 11. October von Kosel
nach Troppau ab, liess aber 1 Lieutenant und 40 Husaren in ersterer
Stadt zurück.
Am 13. October um 9 Uhr Früh gieng GFWM. Lentulus,
von dem gesammten Gange der Verhandlungen genau unterrichtet,
aus dein Armee-Hauptquartier nach Pressburg ab, um der Königin
Mari a Theresia über das mit dem König von Preussen ge-
troffene Abkommen mündlich Bericht zu erstatten.
Graf Neipperg gab demselben ausser den bereits erwähnten
„Erinnerungen" und dem Texte des abgelehnten deutschen Vertrags-
Entwurfes das enclgiltig redigierte französische Instrument vom
9. October mit. In einem Briefe an den Grossherzog, den L e n t u 1 u s
ebenfalls mitnahm, versicherte Neipperg, er habe durch die Co n-
vention die Königin zu nichts verpflichtet, wenn sie von jetzt
') Oberstlieutenant Baron Krotte n 4 o r f an FM. ( < raten N e i p p e r g,
13. October 17-11. (Grräfl. Neipperg'sches Archiv.)
;!) Oberstlieutenanl Baron Kr o tt end o r fs Relation 4<lo. Pentscb
8. November 1741. (Gräfl. Neipperg'sches Archiv.)
524
bis Ende December einen Vertrag mit dem König von Preussen
abzuschliessen nicht Willens sei. Er nehme indess davon das Zu-
geständniss der AVinter- Quartiere in Ober-Schlesien aus, welche der
König von Preussen nach seinem Abmärsche immer hätte nehmen
können, sowie die Einräumung der Festung Neisse auf die ver-
abredete Art. x)
König Friedrich IL marschierte am 13. October aus dem
Lager bei Friedland in südöstlicher Richtung ab. 12 Escadronen
Llusaren und 300 Reiter bildeten die Avantgarde. Die Arriere-
garde hatte zwischen Ranisch und Puschine so lange stehen zu
bleiben, bis die Bagagen sämmtlich abgefahren waren.
Die Artillerie war schon am Abend vorher, unter Bedeckung
eines Bataillons, nach Loncznik gesandt worden.
Bei Mokrau wurde Lager bezogen. 300 Husaren giengen gegen
Zülz behufs Erkundigung vor. 2)
Seitens der österreichischen Heeresleitung war Oberst Baron
Trips mit 600 Husaren entsendet worden, um den Marsch der
preussischen Armee zu beobachten.
Am 14. October rückte FM. Graf Neipperg aus seinem
bisherigen Lager bei Greissau nach Neustadt, preussischerseits
gieng Oberst Natzmcr mit 500 Uhlanen zur Recognoscierung
vor, jedoch mit dem Befehl, jeden ernstlichen Zusammenstoss zu
vermeiden. 3) Aus dem Hauptquartier Loncznik richtete der König
von Preussen an diesem Tage ein Schreiben an den Churfürsten
Carl Albert von Bayern, worin er seine bevorstehenden
Operationen schildert und folgendermassen schliesst: „Ew. chur-
fürstliche Hoheit sehen aus allen diesen Gründen, dass meine
Operationen von dem Entschluss, den der Gegner fasst, abhängig
sind, dass die Beschaffenheit des Landes meine Absichten beein-
trächtigt, dass die Lebensmittelfrage mich sehr oft aufhält und
schliesslich sollte ein Feldzug von eilf Monaten genug sein für
eine Armee, welche aus der AVeichlichkeit und Thatlosigkeit eines
langen Friedens herausgerissen ist".
,,Ich hoffe, bald Ew. churfürstliche Hoheit zur Einnahme
von Wien und Prag, sowie zum glücklichen Erfolg Ihrer Waffen,
J) FM. Graf Neipperg an die K ö ni g i n. Greissau, 13. October 1741.
(H. H. u. St. A., Friedens-Acten, Fase. 23 und derselbe an den Grossberzog vom
nämlichen Tage). K. A., Schlesien 1741; X, 37.
2) Kriege Friedrich d. Gr. II, 171.
3) Ebenda, 172.
52.")
an welchen ich immer den regsten Antheil nehmen werde and
zur einstimmigen Wahl des würdigsten Kaisers, den unsei Vater-
land seit Carl dem Grossen jemals besessen, beglückwünschen zu
können.*' *)
Am nämlichen Tage giengen dem FM. Neipperg zwei
Erlässe vom 11. und 12. October aus Pressburg zu.
Wenn die in denselben enthaltenen Weisungen dem Armee-
Commandanten vor dem 9. October zugegangen wären, hätten sie
möglicherweise das Uebereinkommen mit Preussen ganz in Frage
gestellt, keinesfalls wären sie ohne Einnuss auf dasselbe geblieben.
Man wird wohl kaum fehlgehen, wenn man die in diesen
Instructionen niedergelegten Gedanken dem Einflüsse des noch
in Pressburg am Hoflager weilenden FML. Grafen Browne zu-
schreibt.
Dem Feldmarschall wurde nämlich aufgetragen, dass wofern
„des Königs von Preussen Intention des Friedens halber nicht auf-
richtig und wie Goltz vorgegeben, beschaffen sein sollte, er
zwar umso mehr gegen alle Gefährde sich zu verwahren, doch nichts-
destoweniger die Armee zurückzuziehen, das Gebirge aber und
die mährischen Grenzen nach des Grafen Browne Vorschlag zu
besetzen, annebenst wie Goltz selbst angetragen, die Handlung
weiters hinauszuziehen hätte". -) Im nämlichen Sinne folgte ein
zweiter, von der Königin signierter Eriass des Hof-Kriegsrathes,
welcher den Marsch nach Olmütz anbefahl, von dort solle sodann
die Vereinigung mit dem L o b k o w i tz'schen Corps bewirkt werden,
um beide vereint, je nach Umständen, entweder zum Entsatz Wien's
oder zu Operationen in Böhmen verwenden zu können.
Neisse solle vor dem Abmärsche ausreichend besetzt werden,
ebenso die von Mähren nach Schlesien führenden Zugänge. 3)
Maria Theresia hatte dem ersten Eescripte eigenhändig
hinzugefügt : Da die verzweifelte Lage, in der sie sich befinde, Hin-
durch Waffen entschieden werden und Neipperg's Armee allein
ihr Los bestimmen könne, solle er seinen Abmarsch auf das Aeuss erste
beschleunigen, zur Beschäftigung des Feindes nur soviel Truppen als
nothwendig zurücklassen. Dessen Absichten seien nur Täuschungen,
') Polit. Corresp. I, Nr. 557.
2) H. H. u. St. A., Friedens-Acten, Fase. 23.
3) A rnet li „Briefe der Kaiserin Maria Theresia an ihre Kinder und
Freunde", IV, 140, nach dem eigenhändig niedergeschriebenen Zusätze zu dem
Rescripte vom 11. October 1741. (Original im gräfl. Neipperg'schen Archiv.)
526
ausschliesslich, „um uns hinzuhalten" (car ses intentions ne sont
que fcromperies et lenteurs, expres pour nous amuser). Die Königin
wünschte, i lass N e i p p e r g abmarschieren könne, ohne abzuschliessen
und die Sache in die Länge ziehen, ohne es merken zu lassen,
doch hege sie die Befürchtung, dass Alles schon beendigt sei
(mais je crains que tout ca sera dejä frni).
Allerdings war es schon zu spät und das Abkommen mit
Preussen, das Schlesien vollständig und mit seiner stärksten Festung
an König Friedrich IL auslieferte, war perfect geworden.
Am 15. October gieng König Friedrich II. selbst mit 2 Batail-
lonen und. 600 Reitern gegen die österreichische Stellung vor, die
er von einer Höhe unweit Neustadt beobachtete, während am fol-
genden Tage die Armee in das Lager zwischen Zülz und Simsdorf
einrückte. Neipperg marschierte am gleichen Tage bis Roben
und am folgenden Tag durch Jägerndorf hinter die Oppa nach
Krotendorf, von wo die Armee den Marsch in zwei Colonneii
fortsetzte. Bevor Friedrich IL am 17. October nach Sclmelle-
walde aufbrach, entsandte er den GM. Tr u c h s e ss mit zwei Ba-
taillonen, 11 Dragoner-Escad ronen und dein Uhlaneii-Regiment
Natzmer nach Neustadt, den Bewegungen der Oesterreicher zu folgen.
Am 18. und 19. wurden diesen Detachements noch 4 Bataillone
und 2 Cavallerie-Regimenter unter GM. Posadowsky nach-
gesendet. Truchsess folgte der österreichischen Armee bis Troppau.
G. cl. J. Erbprinz Leopold von Anhalt-Dessau ward eben-
falls am 17. October mit 13 Bataillonen, 10 Escadronen Oavallerie
und 2 Escadronen Husaren über Steinau nach Oppersdorf vor-
geschickt, um die Festung Neisse einzuschliessen. An Artillerie
wurden ihm zwanzig 12-Pfünder, zwei 21-Pfünder und das übrige
bei der Armee befindliche Artilleriegeräth zugewiesen. Mit den
übrigen Truppen bezog Friedrich IL ein Lager bei Schnell e-
waldeund ordnete hier die Auflösung derjenigen Grenadier-Bataillone
an, die sich im Lager befänden. Deren Compagnien rückten bei den
betreffenden Regimentern ein.
Am 19. October Hess Friedrich IL die bei ihm verbliebenen
Truppen in der Gegend voiiLindewiese und Umgebung Cantonnemen i s
beziehen; am 20. verlegte er sie zwischen Bauke und Neunz. Am
21. war Ruhetag und am 22. begann der Abmarsch in die Winter-
Quartiere. l) Der König selbst begab sich zum Belagerungs-Corps,
») Kriege Friedrich cl. Gr. II. 174.
527
das am L8. October vor Neisse eingetroffen war, kam am 20. dori
an und nahm sein Hauptquartier in Neunz.
Neipperg's Hauptquartier befand sieh am 18. October /u
Neplachowitz, am 19. in Troppau, am 21. zu Meltsch, am 22. zu
Schönwald, am 23. zu Griebau, am 24. traf er mit der Armee bei
Olmütz ein. Die ungarischen National-Regimenter Belesznay, Peter
Halasz und Estorhäz}", sowie die zwei Jazygier- und Kumanier-
Compagnien waren in Jägerndorf zurückgeblieben und kehrten am
! 8. von dort unter Commando des Obersten Baron Belesznay
nadi Ungarn zurück. J) Für Troppau wurde Oberstlieutenant von
Levrier des Franz Lothringen'schen Regiments als Commai Ldant
bestimmt.
An den mährischen Grenzen liess N e ip p e r g nur eine „kleine
Postierung, wie er solche in Betracht gegenwärtiger Umstände und
Beschaffenheit mit dem König von Preussen erklecklich zu sein
vermeinte". 2)
*) FM. Graf Neipperg an den Hof-Kriegsrath, Jägerndorf, 17. Oc-
tober 174.1. (K. A.. Schlesien 1711. X, 51. Siehe ferner Mittheil, des Kriegs-
Archivs. Neue Folge. Bd. IV. 160 und ff. „Die freiwilligen Aufgebote aus
Ungarn im ersten schle.sischen Kriege".)
2) FM. Graf IN e i pp e r g an die K ö n i g i n, Jägerndorf, 17. October 1741.
(H. H. u. St. A., Friedens-Acten, Fase. 22.)
J)ie Belagerung und Einnahme von Neisse.
Oberstlieutenant Baron Kr ott endo rf, der neu ernannte
Festungs-Commandantj hatte sich am 12. October aus dem Lager
bei Greissau in die Festung Neisse begeben. Die Garnison des
Platzes bestand, wie erwähnt, in 973 Dienstbaren. Die äusseren
Posten wurden verstärkt und eine neue "Wachordnung heraus-
gegeben. Gegen 10 Uhr Vormittags des 18. October erschien das
preussische Belagerungs - Corps unter Erbprinz Leopold von
Oppersdorf her vor der Festung und bezog der Südfront derselben
gegenüber, südlich Mittel-Neuland, ein Lager, das sich mit dem
rechten Flügel an den Kamnitz-Bach, mit dem linken beim Kupfer-
hammer an die Biele lehnte1).
Gegen 4 Uhr Nachmittags wurde die Festung zur Uebergabe
autgefordert, welche der Oommandant ablehnte. Um 7 Ulm Abends
begann das Feuer aus der Festung, um die preussisehen vor-
geschobenen Posten zu delogieren. Gegen 9 Uhr ward dasselbe
eingestellt, jedoch am folgenden Morgen wieder auf kurze Zeit auf-
genommen. Von Seiten der Belagerer begann man mit der Trocken-
legimg des inundierfcen Geländes. Li der Nähe des abgebrannten
Kupferhammers sollte die Ableitung der Biele nach der Neisse
versucht werden. Auch wurde mit der Anfertigung von Faschinen
und Schanzkörben begonnen. 2) Nachts liess Krottendorf, um die
feindlichen Arbeiten zu hindern, auf die beim Kreuzherren-Garten
im Bau begriffene Schanze das Feuer richten. Diese war am
Morgen des 20. October vollendet, mit vier 12-Pfünclern bewehrt
!) Siehe Tafel III.
2) Kriege Friedrich d. Gr. II. 17(>.
529
und nahm das Feuer gegen die Festung auf. Nach kurzer Zeit,
um !) Uhr Vormittags, war diese Batterie jedoch gezwungen, das
Feuer einzustellen, nachdem sie einen Verlust von 2 Todten und
3 Verwundeten erlitten hatte. Da man in den Wallgräben der
Festung ein Sinken des "Wassers wahrnahm und dies auf eine Ab-
dämmung oder Abgrabung hindeutete, traf man alle Vorkehrungen,
im Nothfalle die Gräben aus der Neisse mit Wasser zu versorgen.
König Friedrich II. traf am 20. October vor der Festung
ein, besichtigte die Entwässerungsarbeiten an der Biele und nahm
sein Hauptquartier in Neunz.
Mit der Leitung der Belagerungsarbeiten wurde GM. Walrave
beauftragt, welcher mit vierzehn 50pfündigen Mörsern und einem Theile
des Belagerungsparkes in der Nacht zum 20. aus Brieg angelangt war.
Walrave liess die Besatzung der Schanze am Abend ab-
lösen und das Werk während der Nacht wieder herstellen ; die
Festung suchte durch das Feuer von drei Bastionen dies Vorhaben
zu hindern. Da am 21. October Früh die Preussen das Feuer aus
vier Geschützen aufnahmen, wurde dasselbe aus der Festung er-
wiedert. Nach 4 bis 5 Lagen trat jedoch preussischerseits Ruhe ein.
Auch die Festung gab nur noch einige Schüsse Nachts auf die
Arbeiten, welche man vornahm, ab, die daraufhin eingestellt wurden.
Die Arbeiten zur Ableitung der Biele am Kupferhammer wurden
aufgegeben, jedoch an der Neisse-Mühle, wo sie mehr Erfolg ver-
sprachen, in Angriff genommen.
Am 22. Morgens begann der Belagerer erneuert das Feuer
aus seiner Batterie mit vier Geschützen, dasselbe verstummte
beiderseitig jedoch schon um 9 Uhr, worauf für den Rest des Tages
Ruhe eintrat. Im preussischen Lager übernahm der zum General-
Lieutenant beförderte Prinz Dietrich von Anhalt für den
Erbprinzen Leopold den Befehl über das Belagerungs-Corps.
Ein Cavallerie-Regiment (Prinz Friedrich) winde durch 2 Escadronen
Nassau-Dragoner und 150 Husaren abgelöst; ausserdem trafen noch
vierzehn 24-Pfünder mit dem Reste des Belagerungsparkes ein. Ein
Garde-Bataillon, das in Nowag angelangt war, schloss die Festung
auf dem linken Neisse-Ufer ein. Der grössere Theil der Truppen
des Belagerungs-Corps wurde in Quartiere verlegt, das Zeltlager
blieb aber stehen und war mit zwei Infanterie-Regimentern belegt,
welche von den cantonni er enden Truppen abgelöst wurden. J)
*) Kriege Friedrich d. Gr. IT, 177 und Relation der Belagerung und
Uebergabe der Stadt Neisse im gräii. Neipperg'schen Archiv.
Oesterreichischer Erbfolgekrieg. II. Bd. «^
530
Das Feuer wurde in den folgenden Tagen beiderseitig nur
schwach fortgesetzt. Am 27. Abends waren preussischerseits die
Vorbereitungen für den Beginn der eigentlichen Angriffsarbeiten
beendet.
Unter Bedeckung eines Infanterie-Bataillons und einer Gre-
nadier-Compagnie wurde im Laufe der Nacht die Parallele mit
ihren Verbindungsgräben zwischen Biele und Neisse, sowie eine
grosse Batterie an der Biele und eine kleine an der Neisse voll-
endet. Die grosse Batterie wurde mit sechs öOpfündigen Mörsern,
vier 24-Pfündern und sechs 12-Pfündern armiert. Die Festung
beschoss diese Arbeiten bis zum Anbruch des Tages, war aber wegen
Mangel an grösseren Calibern unvermögend, dieselben zu verhindern.
Die preussischen Batterien eröffneten nun um 7 Uhr Morgens am
28. October, im Verein mit den vier 12-Pfündern der Schanze am
Kreuzherren-Garten, das Feuer. Die Festung erwiederte lebhaft von
<;' 2 Uhr Früh bis 11 Uhr Vormittags, worauf bis 1 Ulm eine
Pause eintrat und um 2 Uhr Nachmittags das Feuer fortgesetzt
ward. Die in der Schanze am Kreuzherrn - Garten stehenden
Geschütze wurden bald genöthigt, ihr Feuer einzustellen und ganz
zurückgezogen. Dagegen wurde die grosse Batterie in ihrer Geschütz-
ausrüstung verstärkt und war am 29. October mit zehn 50 pfundigen
Mörsern, sechzehn 24pfündigen Haubitzen und sechzehn 12pfündigen
Kanonen, die kleine Batterie an der Neisse mit vier 40pfüncligen
Mörsern ausgerüstet.
Am Morgen des 29. October nahmen säinmtliche Geschütze
des Belagerers das Feuer gegen die Südwestfront der Festung auf.
Dasselbe war sehr heftig und währte ohne Unterbrechung bis
nach 1 Uhr Mittags, es verursachte nicht nur auf den Courtinen
und am Zoll- und Münsterberger-Thor, sondern auch in den Kuchen
und an den Häusern der Stadt beträchtlichen Schaden. In der
grossen Batterie des Belagerers flog durch das Feuer aus der
Festung das Munitions-Depöt in die Luft, wodurch 4 Kanoniere
getödtet und 20 schwer verwundet wurden.1)
Der preussische Ingenieur-General Walrave, welcher dir
Belagerung leitete, hatte an diesem Tage dem Oberstlieutenant
Baron K rotten dort' sagen lassen, dass ,,er verhoffte, der Com-
mandant würde auf ein, zwei oder drei Officiers, welche dort oder
da würden gesehen werden, nicht expresse feuern lassen, indem
sie die Arbeit der Batterien, da sie mit dem Feuer innehielten,
2) Kriege Friedrich d. Grr, II, 178.
531
zu visitieren herumritten, wobei sich auch öfters der König und
die Prinzen befänden", dagegen liess er versichern, „dass auf die
Gebäude der Stadt weder geschossen, noch viel weniger Bomben
geworfen werden sollten, es sei denn unversehens, welches unver-
meidlich wäre."
Als Krottendor f sali, dass unmittelbar darauf diesen Ver-
sicherungen entgegengehandelt wurde und er sich des Eindruckes
nicht erwehren konnte, wie „mit besonderem Fleiss schier alle
Bomben in die Stadt, auch sogar auf die von den Batterien
abgelegensten Gassen fielen", schrieb er an Walrave, dass „fast
kein einziges Haus oder Kirche in der ganzen Stadt" vor dem
Einfallen der Bomben mehr sicher sei ; er begreife zwar wohl,
dass „ein oder anderes Gebäude, welches den "Werken nahe
gelegen, sollte getroffen werden, allein man könnte aus dieser
Bombardierung gar leicht abnehmen, dass es aus Versehen nicht
geschehe, zudem wäre dem General Walrave ja bewusst,
dass der Ruin auch einer ganzen Stadt zur Uebergabe des
Platzes nichts beitrage." Hierauf kam nach zwei Uhr die Ant-
wort, dass König Friedrich IL, bei dem sich der General
Walrave befunden, als das Schreiben des Oommandanten von
Neisse anlangte, sogleich einen Officier zur Batterie mit dem
Befehle entsendet habe, „die Stadt soviel möglich zu menagieren."
Das Feuer ruhte dann ungefähr 3A Stunden, worauf es wieder
anfieng und bis zum Einbruch der Nacht, wenn auch nicht mehr
so heftig als vorher, doch aber noch immer auf die Stadt fort-
gesetzt wurde. Der Commandant liess in der Nacht das beschädigte
Parapet und die "Werke ausbessern, was aueh bis Tagesanbruch
vollständig gelang. x)
Am 30. October Früh 8 Uhr meldete sich Oberst von Borcke,
Adjutant des Königs, um mit dem Commandanten zu sprechen,
dem er Folgendes mittheilte: „Es lassen S. M. der König dem
Herrn Commandanten sagen, dass, nachdem S. M. den Ort bis
anher attaquiert, er denselben gegen eine honorable Capitulation
übergeben möchte, sonst würden S. M. genöthigt sein, mit grösserer
Schärfe den Platz anzugreifen und alsdann weder die Garnison,
noch die Stadt einige Capitulation zu hoffen haben würde."2)
Oberstlieutenant Baron Krottendor!' erklärte dem preus-
sischen Obersten, er müsse vor Allem die Meinung der Officiere
J) Eelation der Belagerung der Stadt Neisse. (Grätl. Neipperg'sches Archiv.)
2) Ebenda.
:34*
532
der Garnison einholen und ersuchte denselben, sich insolange zu
gedulden, bis deren Resolution festgestellt sei.
Der Festuno-s-Commandant liess nun neun Officiere aller
"Waffen zu sich entbieten und berathschlagte über das an ihn
gestellte preussische Verlangen, „zeigte selbigen seine Instruction
vor und proponierte ihnen, wie dass die "Werke der Festung in voll-
kommenem Stand und das Wenige, so unter Tags ruiniert wurde,
bei der Nacht leicht wieder repariert werden könnte, sich auch
einigermassen auf des Generals, Walrave Schreiben zu verlassen
Aväre, dass der Feind doch wenigstens nicht so stark auf die Stadt
die Bomben werfen würde, mithin gar keine Noth vorhanden sei,
den Platz zu übergeben." Es wurde bei dieser Berathung dann
einstimmig die folgende, Seitens des Festungs-Cömmandanten dem
Obersten von Borcke zu gebende Antwort beschlossen: „Ich
sowohl, als die sämmtliche Garnison finden nicht, dass nach
unserer habenden Ordre wir den Platz dermalen zu übergeben
verantworten könnten und verhoffen, dass S. M. der König selbst
Gnädigst considerieren werden, dass ein jeder ehrliche Officier an
seinen vorgeschriebenen Befehl genau sich zu halten verbunden sei."
Oberst von Borcke verliess mit diesem Bescheid um
11 Uhr Vormittags die Festung und um 12 Uhr Mittags begann
der Belagerer das Feuer ,, sowohl aus Kanonen, als Mörsern und
Haubitzen". Bis 5 Uhr Abends wurden nicht nur die Werke der
Festung, das Zoll- und Münsterb erger-Thor, ,, sondern auch die
Gebäude der Stadt" unaufhörlich beschossen.
Während des stärksten Bombardements, als sich gerade der
Festungs-Commandant bei dem Präsidenten Baron Keller befand,
„kam der Bürgermeister Eisenkolb mit Vermelden, dass die
sämmtliche Bürgerschaft, welche allda versammelt war, vorstellig
mache, dass sie bereit und willig wären, für J. M. unsere Aller-
miädm-ste König; in Leib und Leben bis auf den letzten Bluts-
tropfen aufzuopfern, soferne ihnen der Commandant versichern
wolle, den Platz und die Stadt dem Feind niemals zu übergeben
und in solchem Fall sie gar zufrieden, dass alle ihre Häuser
zusammengeschossen und zu einem Steinhaufen ruiniert würden,
ihr Halt und Gut völlig zugrunde gienge, weder an AVeib, noch
Kinder mehr gedenken, sondern Alles gern hintansetzen wollten.
Man solle ihnen nur gestatten, den AVall zu besetzen und solchen
auf das At'iisserste bis zum gänzlichen Untergang der Stadt zu
defendieren."
533
Der Commandant antwortete dem Bürgermeister auf dieses
wahrhaft heldenhafte Erbieten der treuen und loyalen Bewohner
der Stadt, dass er schon bei Beginn der Belagerung von der
Bürgerschaft in All' und Jedem blinden Gehorsam verlangt habe,
„mit der Versicherung, dass Alles, was geschehen solle oder werde,
zu J. M. unserer Allergnädigsten K ö n i g i n und Frau Allerhöchstem
Dienst und Vortheil geschehen würde und müsse, mithin sie niemals
weder mehr, noch weniger als von dem Commandanten anverlangt
werden sollte, zu thun hätten." Da sie dies damals gelobt, so
möchten sie in gleicher Weise fortfahren und dadurch die bisher
stets in vollem Masse an den Tag gelegte Treue für die Monarchin
fortsetzen und bethätigen.
Auf diese von dem Bürgermeister mitgetheilte Antwort
„giengen sie ganz geduldig und resigniert gleich auseinander".
Der Commandant besichtigte die dem Feuer an diesem Tage
ausgesetzt gewesenen Werke und fand diese, sowie einige Ge-
schütze beschädigt; jedoch lag die Möglichkeit vor, diese Schäden
während der Nacht auszubessern. Die Zerstörung in der Stadt,
besonders der Zoll- und Münsterberger-Gasse war jedoch sehr
bedeutend, da während der letzten zwei Tage hundert und einige
sechzig Bomben in die Kirchen und Häuser, ungerechnet jener
auf den Strassen und Plätzen, gefallen waren.
Oberstlieutenant Baron Krottendorf liess desshalb die
Officiere zu erneuerter Beratschlagung zusammentreten, während
preussischerseits um 7 Uhr Abends das Bombardement von Neuem
begann.
Eine auf das Dach eines grösseren Gebäudes inmitten der
Stadt fallende Bombe zerstörte das ganze Haus und verwundete
einige von dessen Bewohnern.
Der Rath der Officiere beschloss, um die brave und treue
Bürgerschaft zu schonen und nachdem voraussichtlich der Feind
mit dem Bombardement die Nacht hindurch fortfahren werde, in
Verhandlungen mit dem Belagerer einzutreten, obschon nach der
erhaltenen Instruction des FM. Grafen Neipperg „der Platz sich
14 Tage, vom ersten feindlichen Stückschuss an gerechnet, halten
solle und den fünfzehnten darauf der Ort übergeben werden müsse,"
dem Ermessen des Commandanten allerdings überlassen blieb, „vor
obiger Zeit, dafern der König in Preussen dem Ort allzusehr
zusetze", zu oapitulieren.
In Erwägung wurde dabei gezogen, dass eine Fortsetzung
des Bombardements ,, durch die noch determinierten übrigen drei
534
Tage" die Stadt vollständig zugrunde richten müsse. *) In weiterer
Folge dessen wurden zwei Hauptleute der Garnison in das preus-
sische Lager entsendet, um König Friedrich II. eine Uebergabe
in drei Tagen, also am 2. November vorzuschlagen, um so der
Intention des Königs sich zu accomo eueren und dabei den erhaltenen
Instructionen zu entsprechen. Die beiden Hauptleute wurden im
Bereiche der preussischen Aufstellung zuerst zum Oommandanten
der Belagerungs-Truppen, dem Prinzen Dietrich von Anhalt
geführt, der sie in das Hauptquartier des Königs nach Neunz escor-
tieren Hess.
Vorsichtshalber hatte Krottendorf indessen in der Nacht
die Schäden der Werke wieder ausbessern lassen, welche auch vor
Tagesanbruch wieder in guten Stand gesetzt waren. Am 31. October,
3 Uhr Morgens, kamen die beiden in das preussische Hauptquartier
gesandten Hauptleute, begleitet von dem preussischen Obersten
von Borcke und dem Hauptmann von Sydow, in die Festung
zurück. Oberst von Borcke erklärte, dass, wie dem Oomman-
danten ohnedem bekannt sei, kein Entsatz zu erwarten, „welches
der König schriftlich geben wolle", dass aber dem Könige „eine
besondere Gefälligkeit geschähe, er auch den Oommandanten hierum
ersuchen lasse, umso mehr, als es auf ein paar Tage nicht ankomme,
den Platz den 1. November S. M. zu übergeben, d erohalben auch
sowohl für die Garnison, als Stadt die honorabelste Capitulation
offeriere."
Oberstlieutenant Baron K r o 1 1 e n d o r f erklärte, er werde
bei Tagesanbruch die Ofnciere der Garnison zur Berathung zusammen-
berufen und liess den preussischen Officieren indessen ein Quartier
neben dem seinigen anweisen.
Bei der Beratschlagung der Ofnciere wurde denselben die
Instruction des FM. Graf N e i p p e r g für den Festungs-Comman-
i lauten nochmals vorgelesen, worauf einstimmig beschlossen wurde,
auf die Capitulation, deren Fassung dem Oommandanten überlassen
blieb, einzugehen. Kr o tt e n d o r f theilte diesen Beschluss dem
preussischen Obersten mit, worauf man zur Ausarbeitung der Capi-
tulations-Puncte schritt.
J) Dass die Stadt sehr gelitten hatte, gestand der König von Preussen
selbst zu. Anlässlich der Mittheilung der Uebergabe von Neisse schrieb er
dem Churfürsten von Bayern: „Die Bomben haben zu meinem grossen Leid-
wesen entsetzlichen Schaden angerichtet". Neisse, 2. November 17-41. Polit.
Corresp. I, Nr. 5S1.
535
Da B orcke eine Vollmacht zum Abschluss der Oapitulation
nicht besass, sandte er den Hauptmann von Sydow mit der
Nachricht von der Zustimmung zur vorzeitigen Oapitulation,
sowie mit der Bitte um eine Vollmacht an König Friedrich II.
ab. Sydow kehrte um 3 Uhr Nachmittags zurück und die Capi-
tulations-TJrkunde wurde nun gegen Abend von beiden Theilen
unterschrieben. J)
Am 1. November 10 Uhr Vormittags ward in Folge dessen
das Zoll-Thor von einer preussischen G-renadier-Compagnie besetzt,
mit dieser kam Oberst von Borcke und Oberst Graf Haacke
in die Stadt, welch' letzterer dem Festungs-Commandanten eröffnete,
dass der König von Preussen es gerne sehen würde, wenn er mit
der Garnison noch am selben Tage gegen 3 Uhr ausmarschiere.
Krottendorf erklärte, dass dies unmöglich sei und er auch gar
keine Lust habe, mit der Garnison in die Nacht hineinzumarschieren,
wesshalb der Ausmarsch auf den 2. November angesetzt wurde.
Am 2. November wurden nach der Tagwache alle Posten
eingezogen und sämmtliche Truppen der Garnison formierten sich
auf dem Paradeplatz zum Abmarsch, der mit kriegerischen Ehren
und unter klingendem Spiele erfolgte.
Die Vorhut bildete die Hälfte der Croaten, die von dem
bisherigen Platz-Major Baron von Moltke und dem zur Escorte
bis an die mährische Grenze mitgegebenen preussischen Major
von Sydow des gleichnamigen Infanterie-Regiments, beide mit
gezogenem Degen, geführt wurden. Dann folgten vier ßpfündige
und zwei lOpfündige Falkaunen, vertragsmässig mit 600 Schuss
dotiert, dann der Commandant Oberstlieutenant Baron Krotten-
d o r f, die deutsche Infanterie, die Invaliden, die Bagagewagen
und als Nachhut die andere Hälfte der Croaten.
Die Colonne marschierte um die Werke der Stadt, durch die
abgebrannte Vorstadt, an deren Ende König Friedrich IL, um-
geben von den Prinzen und sämmtlichen Generalen, vor dem Gre-
nadier-Bataillon seines Leib-Regiments und 2 Grenädier-Compag-
nien des Fürst Anhalt-Dessau'schen Infanterie-Regiments auf der
rechten Seite der ausmarschierenden österreichischen Truppen hielt,
auf der anderen Seite der Strasse standen zwei Bataillone Sydow,
zwei Bataillone Prinz Heinrich und zwei Bataillone Prinz Bevern.
') Die Oapitulation, sowie die auf die Uebergabe der Festung- bezug-
hab enden Documente Anhang LXI.
536
Die Musik dieser Truppen, welche präsentierten, spielte, bis die
ganze Colonne vorüber war.
Als der bisherige Festungs-Commandant vor dem König
Friedrich II. salutiert hatte, ritt dieser auf ihn zu, nahm dun
Hut ab und sagte: ,.Es thut mir leid, dass ich in einer solchen
Gelegenheit die Ehre. Sie kennen zu lernen, gehabt habe"', worauf
Oberstlieutenant Baron Krottendorf antwortete: „Dass ich die
Ehre gehabt habe, diesen Platz gegen E. M. Waffen zu defendieren,
kann mich, da ich ihn nun übergeben, allein consolieren, wann ich
E. M. Estime andurch habe meritieren können." Der König hörte
dies mit abgenommenem Hute an, salutierte dem Conimandanten
und ritt wieder zurück.
Die Garnison und Bagagen setzten ihren Marsch vorläufig
nach Olmütz fort, ohne Deserteure oder Ueberläufer zu verlieren. aj
Krottendorf hatte am 1. November bereits durch einen, mit
einem Berichte und der Abschrift der geschlossenen Capitulation
an FM. Grafen N e i p p e r g abgesendeten Officier gemeldet, dass
,, nachdem wider allen meinen Willen vor der determinierten Zeit,
um den Untergang der ganzen Stadt zu vermeiden, zu capituliereii
bin genöthigt worden", er am 9. zu Hof in Mähren eintreffen
werde. -)
Der Armee-Commandant befahl in Folge dessen dem Oberst-
lieutenant Baron Krotte n d o r f, von Olmütz nach Fratting zur
Armee zu marschieren, die Invaliden nach Freudenthal zu verlegen,
den bisher dort garnisonierenden Oberstlieutenant von S c h m i d t
mit seinem Commando, ausser den Husaren, an sich zu ziehen,
Artillerie und Munition vorläufig in Olmütz zu deponieren, die
Artillerie-Officiere und Mannschaft aber sofort nach Fratting zur
Armee in Tag- und Nachtmärschen mittelst Vorspann abzusenden. 3)
Zwei preussische Regimenter hatten alsbald Neisse besetzt,
zu dessen Commandanten GM. Walrave ernannt und mit
J) Relation der Belagerung etc. Die Garnison kann also nicht so schlecht
gewesen sein, wie König Friedric h sie nach der Uebergabe dem Chur-
fürsten von Bayern schildert: „Die Garnison war aus dem Abschaum der
Menschheit zusammengesetzt und die Officiere haben mir von sehr mittel-
mässigem Verdienst geschienen." Polit. Corresp. I, Nr. 581.
2) Oberstlieutenant Baron Krottendor f an FM. Grafen N e ip p e r g.
Neisse 1. November 174-1. (Gräfl. Neipperg'sches Archiv.)
8) FM. Graf N e i p p e r g an Oberstlieutenant Baron K r o 1 1 e n d o r f,
Weimisslitz. 4. November 1741. (Gräfl. Neipperg'sches Archiv.)
537
sofortiger Wiederherstellung der Werke, sowie mit Vorschlägen
für die Erweiterung derselben beauftragt wurde.
Die Regimenter, welche bei der Belagerung in Verwendung
gestanden, rückten in die ihnen als Winter-Quartiere angewiesenen
Unterkunftsorte ; der Artilleriepark kam nach Neisse und Brieg,
die in Nieder-Schlesien bequartierte Infanterie musste ihre Ge-
schütze in die Festungen abliefern. In Ober-Schlesien blieb die
Artillerie bei den Regimentern. Die am weitesten gegen die
mährische Grenze vorgeschobenen Abtheilungen des Truchsess-
Posadowsky'schen Corps wurden mit der Beobachtung der öster-
reichischen Grenzposten beauftragt.
Schlesien war in zwei Befehlsbezirke getheilt worden. In
Nieder-Schlesien commandierte der Gouverneur von Breslau, General-
Lieutenant von der Marwit z, in Ober-Schlesien FM. Schweri n.
Erbprinz Leopold von Anhalt hatte, im Gegensatz zu den
vereinbarten Stipulationen von Klein-Schnellen dorf, am 22. October
Befehl erhalten, mit 10 Bataillonen, 38 Escadronen und 20 Ge-
schützen in das nördliche Böhmen einzurücken. J)
König Friedrich IL verliess am 23. November die Armee
und begab sich nach Breslau.
Er hielt sich nun für berechtigt, die Huldigung der Stände
Schlesiens, so weit er das Land in Besitz hatte, am 7. November 1741
in der Landeshauptstadt zu empfangen. In dem Convocations-
Patente vom 2. October 1741 wurde das Recht hiezu auf „den
Segen der göttlichen Vorsehung über die gerechtesten Waffen
des Königs zur Vindicierung des von seinen Vorfahren rechtmässig
erworbenen Eigenthums verschiedener Fürstenthümer und Herr-
schaften Schlesiens und auf den Schadenersatz für das Vorenthaltene"
begründet. 2)
*) Kriege Friedrieh d. Gr. II.
2) Menzel, Neuere Geschichte der Deutschen, X, 4o7.
Anhang,
Li.
Königlich prenssische Declaration, die Einrückung in die
schlesisehen Lande botreifend.
(Vom 13. December 1740.) J)
Indem der König seine Truppen in Schlesien einrücken Hess, war er
von gar keinen Absichten gegen den Wiener Hof und noch weniger davon
beseelt, die Ruhe des Reiches gefährden zu wollen. Seine Majestät glaubte
sich verpflichtet, zu diesem Mittel seine Zuflucht zunehmen, um die unantast-
lichen Rechte seines Hauses auf dieses Herzogthum in Anspruch zu nehmen,
begründet auf alte Familienverträge und die Verbrüderung zwischen den Chur-
fürsten von Brandenburg und den Fürsten von Schlesien, sowie auf noch
andere ansehnliche Ansprüche.
Die obwaltenden Umstände und die begründete Furcht, sich überflügelt
zu sehen von Jenen, welche Ansprüche auf die Erbfolge des verstorbenen
Kaisers erheben, verlangten Raschheit in dieser Unternehmung und Gewalt in
der Ausführung. Wenn aber auch diese Gründe dem Könige nicht erlaubten,
sich darüber mit der Königin von Ungarn und Böhmen im Vorhinein auf-
zuklären, werden sie niemals S. M. verhindern, sich immer die Interessen des
Hauses Oesterreich angelegen sein zu lassen und der stärkste Halt und die
stärkste Stütze zu sein, in allen Gelegenheiten, die sich darbieten werden.
14.
Patent. 2)
Wegen des Einmarsches Sr. königl. Majestät in Preussen Truppen in das
Herzogthum Schlesien.
Wir, Friedrich, von Gottes Gnaden König in Preussen etc. etc. ent-
bieten denen sämmtlichen Einwohnern des Herzosthums Schlesien und dessen
') K. A., Oesterreich. Successionskrieg 1741. XII. ad (ib. Veröffentlicht auch in
„Preussische Staats-Schriften" I, 62. (In französischer Sprache.)
'-) Copien im Kriegs-Archive. Ocsterreichischer Erbfolgekrieg 1710 ; XII, 1 i\ im
Archive des k. k. Ministeriums des Innern ad VII, Nr. 1 v. J. 1741, Schlesien. Abgedruckt
in „Preussische Staats-Schriften", I, 69. Ueber die Verfassung des Patentes und dessen
Datierung siehe die einleitende Bemerkung ebenda 67,
542
incorporierter Fürstenthümer und Landen, wess Standes und Würden sie sein,
Unsern Gnädigen Gruss und geneigten Willen zuvor.
Demnach es dem Allerhöchsten gefallen, weiland Se. Kaiserl. Majestät
aus dieser Zeitlichkeit abzufordern und dadurch das Reich sowohl, als das
Durchl. Erzhaus Oesterreich seines Oberhauptes zu berauben, mithin letzteres
Avegen der an desselben Succession bei nunmehro gänzlicher Erlöschung des
Mannsstammes geschehenen Ansprüche vielen gefährlichen Weiterungen zu
exponieren, welche sich zum Theil schon geäussert, theils auch in voller
Flamme auszubrechen im Begriff zu sein scheinen, solches unter andern das
Herzogthum Schlesien, an dessen Conservation und Wohlstande Wir bishero
umso viel mehr Theil genommen, dass selbiges Uns und Unseren Reichslanden
zur Sicherheit und Vormauer dienen muss, leicht mit ergreifen und von den-
jenigen, so an die Erblande des Hauses Oesterreich einige Prätension zu haben
vermeinen, darin zu Unserm und Unserer angrenzenden Landen äussersten
Präjudiz und Nachtheil eigenmächtige und gewaltsame Possession genommen
werden, mithin das hiernächst dieserhalb ausbrechende Kriegsfeuer Unsere
Grenzen mit ergreifen und Uns Selbst nicht in geringe Gefahr setzen könnte :
so haben Wir zu Abwendung aller solcher besorglichen Suiten und zur nöthigen
Defension der von Gott Uns anvertrauten Lande und Leute, bei der bevor-
stehenden grossen Gefahr eines allgemeinen Krieges nach denen in aller
Völker Rechten erlaubten Principiis einer nothwendigen Verteidigung und
um verschiedenen theils verborgenen, theils auch genugsam sich bereits ge-
äusserten, Uns aber zum Höchsten präjudicierlichen Absichten vorzukommen,
wie auch aus anderen triftigen und wichtigen Ursachen, welche Wir zu seiner
Zeit manifestieren nicht unterlassen werden, Uns genöthigt gesehen, Unsere
Truppen in das Herzogthum Schlesien einrücken zu lassen, mithin dadurch
selbiges vor allem besorglichen anderweitigen An- und Einfall zu decken.
Und gleich wie dieses keines Weges in der Intention geschehen, um Ihro
königl. Majestät von Ungarn zu beleidigen, als mit welcher und dem Durch-
lauchtigen Erzhause Oesterreich Wir vielmehr alle genaue Freundschaft zu
ixnterhalten und desselben wahres Beste und Conservation zu befördern, nach
demExempel Unserer glorwürdigsten Vorfahren an der Krone und Chur eifrigst
wünschen, auch welcher Gestalt solches Unsere einzige Absicht bei dieser
Sache sei, mit der Zeit sich von selbst genugsam zeigen wird, wie Wir denn
darüber mit höchstgemeldter Ihro königl. Majestät Uns zu explicieren und
zu vereinständigen wirklich im Begriff sind : als können alle und jede des
Herzogthums Schlesien und dessen incorporierter Provinzen und Landen Ein-
wohner, wess Standes oder Würden sie seien, sich versichert halten, dass die-
selben von Uns oder Unseren Truppen nichts Feindliches zu besorgen, sondern
vielmehr bei allen und jeden ihren wohlhergebrachten Recht und Gerechtig-
keiten, Freiheiten und Privilegien, in plublicis et privatis, in ecclesiasticis et
politicis, welcher Religion, Standes und Würden dieselben sein können oder
mögen, Unserer königlichen Protection und mächtigen Schlitzes sich, wie sie
es immer wünschen und verlangen können, zu erfreuen haben sollen. Wie
Wir denn auch bei Unseren Truppen solche gute Mannszucht und Disciplin
halten zu lassen gesonnen, dass Niemand durch dieselben molestieret und be-
unruhiget, noch weniger aber in dem Besitz des Seinigen gestöret werden soll.
Dagegen Wir aber auch zu ihnen des Allergnädigsten Vertrauens leben,
dass gleichwie Wir aus keinem feindlichen Gemüth und Absehen, sondern
543
Vielmehr zu ihrem eigenen Besten und Erhaltung des ihnen sowohl, als uns
so nöthigen Ruhestandes ihres Vaterlandes Uns ihnen genähert, dieselben,
sicli nicht beifallen lassen oder unterstehen werden, bei solchen von Uns so
Gnädigst? geschehenen Aeusserungen und freundnachbarlichem Betragen sich
gegen Uns oder die Unsrigen auf einige Art zu vergreifen und etwas vor-
zunehmen, welches Uns hiernächst wider Unsern Willen zu anderen Mesures
zu schreiten zwingen und nöthigen dürfte, als welches dieselben nebst allen
daraus entstehenden üblen Suiten und Folgerungen, sich lediglich sodann bei-
zumessen haben würden.
Urkundlich unter Unserer eigenhändigen Unterschrift und vorgedrucktem
Königlichem Insiegel. Gegeben in Unserer Residenz zu Berlin, den 1. De-
cembris 1740.
(L- S-) F r i e d r i c h.
H. v. P o d e w i 1 s.
II.
General-Tabelle
iibei den damaligen Stand der Infanterie- und Cavallerie-Regimenter.
(Wien, 5. November 1740.) l)
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1127
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2778
2300
2300
2300
2300
9200
Jung-Daun
Walsegg
Damnitz
1809 als
Nr. li
49
40
1396
1065
1990
734
1)35
10
Sumiin.
4321
1679
2000
2000
2000
6000
CD
ö
es
03
-r
03
03
*3
Arenberg . . .
Heister ....
O'Nelly ....
Salm
J ung-Wolffenhüttel
De Los Bios . .
Ligne
Prie
28
42
14
10
9
30
1748
1809 als
Nr. 38
1260
1011
1384
1299
1494
1380
1205
1542
750
1289
916
1001
806
620
795
458
Summe
10865
6635
2300
2300
2300
2300
2300
2000
2000
2000
17500
D
TS
a
(13
SS
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u
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PQ
03
A
CJ
—
73
H
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03
P
03
/j
•"Ö
03
|H
^
03
h— 1
Hessen-Cassel
O'Gilvy . . .
Carl Lothringen
Kolowrat . .
Grünne . . .
Harrach . . .
Wenzel Wallis
Botta ....
Browne . . .
27
3
17
26
47
11
12
36
1748
1184
1766
1105
1205
121-1
2075
1530
1160
1535
1116
654
1195
1035
1086
225
701
1140
705
Transport
Ocstorreiohisclior Erbfblgekrieg. 11. lad
12. 843
7077
23tio
21-20
2000
2300
2300
2300
2300
2300
2300
20.820
35
546
I n f a n t e r i c
iührt
gegen-
wärtig die,
Nummer
wurde
aufgelöst
Eiiec-
tiver
Stand
Abgang
vom com-
pleten
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Summe
des com-
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Standes
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1— 1
CD
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CD
O
1
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1 — '
o
pH
Eh
Transport . . .
Franz Lothringen
Alt -Dann ....
Königsegg . . .
1
56
54
—
12.843
1010
1400
1112
7977
1290
901)
1188
20.820
2300
2300
2300
Summe . . . |
16365
11355
27720
C a v a 1 1
e r i e
führt gegen-
wärtig die
Nummer
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co
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PS
CD
w
a
i— i
Miglio . .
Berlichingen
Saohsen=Gotha
Ha vor
Baranyai
Summe
Johann Pälff
Caraffa . .
Lubomirsky
Seherr . .
Hohenzollern
Birkenfeld
Lanthieri .
Hohenems
Diemar . .
Podstatzky
Carl Pälffy
Bernes . .
St. Ignon .
Summe
Drag.-K. Nr. 6 —
1768
Uhlan.-E. Nr. 8
Husar. -R.Nr. 4 —
Husar. -R.Nr S
Effectiver
Stand
Mann Pferde
Abgang
vom
completen
Stand
M. Pf
787
557
826 207
1000
746
731
1009
759
697
307
286
94
254
269
Summe des
completen
Standes
Mann Pferde
537
827
85
241
303
1094
101)4
1004
KHK!
1000
1004
1094
1094
looo
1000
4090 328911921993
Drag.-K.. Nr. 2
Drag.-E. Nr. I
Drag.-E. Nr. 8
Drag.-E. Nr. 7
1801
1768
lfcOl
1775
1775
1801
1768
1775
1775
596
806
870
733
7Ö7
860
77f)
744
NGO
860
815
658
738
534
751
809
721
674
738
747
691
704
771
790
631
763
404
194
130
207
243
140
225
256
140
140
185
342
262
400
240
191
270
320
202
253
309
200
221)
201
369
237
5282 5282
looo
1000
1000
1000
looo 1000
1000 1000
1000 1000
1000; 1000
looo 1000
1000
1000
1000
1000
1000
1000
1000
1000
looo
1(100
1000
looo
10072. 9423 202N :;;,77 130Oi),13(X)O
5 1 7
C a v ;i 1 1 e r i e
führt gegen- <o j§ Effectiver
wärtig die g^ Stand
Nummer , ? 'S
03
Mann
Pferde
Abgang Summe des
vo,n! ' completen
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Desewfty
Ghilanyi
Splenyi .
Kärolyi .
Summe
I Savoyen
u I Württemberg
<° X> 11
a ] -Ballayra
ic Khevenhüller
q Batthyanyi
; Preisin g
! D'OUone .
Summe
Husar.-R. Nr. 9 —
Husar.-R. Nr. 3 —
1768
1768
Husar.-R. Nr. 6
764
702
699
669
776
758
682
642
545
685
36
98
bil
131
104
Pf.
Mann
42
118
158
255
195
800
800
800
800
880
Pferde
800
800
800
800
880
3610 3312 470! 768 4080 4 OSO
Drag.-R. Nr. 13
Drag.-R. Nr. 11
Hus.-R. Nr. 15
1801
Drag.-R. Nr. loj —
1750
1860
717
797
802
892
890
809
726
731
816
782
913
887
775
283
203
198
108
110
191
774 274
259
154
218
87
113
225
1000
1000
1000
1000
1000
1000
226 1000
Gesammt-Summe (der Cav. in Ung.)
1000
IC 00
1000
1000
1000
1000
1000
5633 5708 13674292 7000
7000
CE
a>
S
f.
Portugal
Cordova
Lobkowitz
Römer
Kohäry
Pestvarmegyei
Drag. Nr. Nr. 9
Drag -R. Nr. 5
1801
19315 18443
965
969
975 939
1801 959
1768 959
899
913
4765 5637 24080
24080
25 61
35 101
31 87
030 41
929 41
61
71
1748
Summe
740
686
60
1000
1000
1C00
1000
1000
114 800
1000
1000
1000
1000
1000
800
Styrum
Ligne .
55671 5305 233, 495J 5S0O
Drag.R. Nr. 14
1748
579
396
421 604 1000
5800
1000
Summe .
a
TS
a
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Althann
883 529 117, 471 1000 1000
1462
177:.
Uhl.-R. Nr. 6
917
925 5381075 2000 2000
918
53 82
858 soi
Su mme
142
139
1000
1000
1000
tooo
1805, 1779 195 221 2 Wo 2000
35"
548
Summar
Eifectiver
Stand
Abgang vom: Summe des
completeu completen
Stand Standes
Mann
Pf.
Mann
Pf.
Mann
Pf.
CD
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CD
C-H
33
co
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03
In der Lombardie
In Toscana
InUngarn, Croatien, Slavonien und
Temeser Banat
In Siebenbürgen
Im Römischen Reich.
In den österr. Niederlanden . .
In den deutschen Erblanden . .
Summe . . .
16581
5818
15278
04 22
1321
10865
16365
6116
1082
1-2322
ä778
1679
6635
11355
2300
6000
27600
9200
6000
17500
27720
In der Lombardie und Toscana .
In Ungarn, Slavonien u. Temeser
Banat .
In Siebenbürgen
Summe . . .
In der Lombardie und Toscana .
Li Ungarn, Slavonien u. Temeser
Banat
In Siebenbürgen
In den österr. Niederlanden . .
In den deutschen Erblanden . .
Summe . . .
75653
12267
1171120
1613 824 575 1361
10072 9423 2928 3577
2909 2701 Ol 249
2183 2188
13000 13000
3000 3000
11592 1200s! 3594! 5190 1S1SS ISlss
1000
5633
1918
1462
1805
1009|
5708
1868
020
1770
94
1367
82
538
195
85
109-1
1292
7000
132
2000
1075
2000
221
2000
1094
7000
2000
2000
2000
1181s 112X0 2276' 2805 11094'lino!
<D
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CO
M
In der Lombardie und Toscana .
In Ungarn, Croatien, Slavonien
und Temeser Banat
In Siebenbürgen
1177
1456
3610 3312
740 oso
523
470
60
544
768
114
2' 00 2000
4080 4080
81 H i 8( II I
Summe .
5827 0104 1053 L426
6880
6880
Total-Summe .
10789229741 19190 9421 15708239162
549
III.
Verzeichniss
der in Ungarn und in den deutschen Ländern liegenden Regimenter, welchen
der Befehl ertheilt worden, nämlich die Infanterie, dass sie auf 2000 Manu,
und die Cavallerie, dass sie auf 800 Mann und Pferd sich ergänzen sollten.
Infanterie :
Carl Lothringen
Moltke
Marulli
Platz
Botta
Bayreuth
Baden-Baden
Browne
Alt-Daun
Heinrich Dann
Leopold Dann
Damnitz
< 5-öldy
( (-rünne
Harrach
Hessen-Cassel
Königsegg
Kolowrat
Franz Lothringen
Die beiden Infanterie-Regimenter O'Gilvy und W. Wallis sind hier nicht
mitbegriffen, weil selbe bei ihrem althergebrachten Garnisons-Fuss. nämlich
das erstere bei 2420 und das letztere bei 2300 Köpfen stehen zu lassen, be-
funden worden.
Cavallerie :
Starheraberg
Seckendorff
Scli mettau
Schulenburg
Thüngen
Vasquez
Waldegg (Waldeck)
Wallsegg
Alt-Wolfenbüttel
Wurmbrand
C ii rassiere
Bernes
Caraffa
Cordova
Diemar
Birkenfeli I
Eohenems
llohenzollern
St. [gnon
Lanthieri
Lobkowitz
Lubomirsky
Johann Päll'lv
Carl Palffy
Portugal
Podstatzky
Seherr
550
Batthyanyi
Althann
Khevenhüller
Kohary
Liechtenstein
D'Ollone
Dragoner
Ballayra
Preisini;
Römer
Savoyen
Württemberg
H u s a r e n
Csäky
Desöffy (Dessewffy)
Ghilänyi
Kärolyi
Pestvärraegyei
Splenyi
Aus dem B r o w n e'schen Manuscript 1741. Oest. Successions-Krieg.
NB. Der Commissions- Vorschlag ist dahin abgeändert worden, dass anstatt
der in dem Entwurf bemerkten Anzahl Feldscherer, diese nach der
vorherigen Observanz, nämlich per Regiment 1 .Regiments- und bei jeder
Compagnie 1 Compagnie-Feldscherer beibehalten wurden, nebstdem
brachten diejenigen Regimenter, welche in das Feld beordert waren, die
Proviant- und Wagenmeister beim Stab in Zuwachs; solchemnach fiele
die Stärke der Regimenter folgenderen assen aus:
Infanterie: 2000 Mann, hiezu der Stab 20 Mann.
Cürassiere: 800 Mann. 800 Pferde, der Stab 23 Mann, '23 Pferde.
Dragoner: 800 ., 800 „ „ „ 22 „
Husaren: 800 „ ,()(» ,. ,, „ 20
20
551
IVA.
Offene Ordre für FML. Grafen Browne. l)
Von der in Ungarn und Böhmen königl. Majestät Maria T h e r e s i a
Erzherzogin zu Oesterreicb, vermählten Herzogin zu Lothringen und Baar,
Orossherzogin zu Toscana, Unserer Allergnädigsten Frauen, wegen der sämmt-
lichen im Herzogthum Schlesien befindlichen Miliz und gesammten dabei be-
stellten Ol'ficieren hiemit anzufügen : Nachdem Allerhöchst ernannter königl.
Majestät Feldmarschall-Lieutenant Herr Graf Browne de Camus in einigen
Dero Allerhöchsten Dienst betreffenden Vorfallenheiten nach Schlesien ab-
zugehen beordert ist und Selber die Militär-Assistenz hier und dort nöthig
haben dürfte, so wird durch gegenwärtige in Ihrer königl. Majestät Unserer
Allergnädigsten Frauen Namen ausstellende offene Ordre Dero in besagtem
Herzogthum befindlichen Miliz und gesammten dabei bestellten Officieren ge-
messen hiemit anbefohlen, auf dessen allmaliges Ansinnen, so viele Mannschaft
zu Boss oder Fuss als Selber anverlangen, auch wie und wohin er es
nöthig ermessen wird, nebst den dazu gehörigen Officieren unweigerlich
sogleich verabfolgen und zu all dem so Selber verordnen wird, nach obhabenden
Pflichten sich gebrauchen zu lassen. Dem also ein Jeder den gebührend und
schleunigen Vollzug zu leisten wissen wird.
Actum Wien den Neunundzwanzigsten Monatstag November im Sieben-
zehnhundert und vierzigsten Jahr.
Per Regiam Majestäten!
Ex Consilio Bellico.
Die et anno ut Supra.
Io-natius von Koch.
■-sj
IVA.
Gehorsams-Patent für FML. Grafen Browne. 2)
Von der in Ungarn und Böhmen königl. Majestät M ar i a The re s La,
Erzherzogin zu Oesterreich, vermählten Herzogin zu Lothringen und Baar,
Grossherzogin zu Toscana, Unserer Allergnädigsten Frauen wegen wird, Dero
in dem Herzogthum Schlesien liegenden Harrach-Browne und Botta'schen
') K. A., F. A. 1740; XI— 5V2.
■') K. A., P. A. 1740; ad 5Vj.
552
Regimentern zu Fuss, dessgleiehen den allda einquartierten Liechtenstein'
sehen Dragoner-Regiments-Compagnien und den das Commando über jetzt-
benannte Regimenter und Compagnien führenden Offleieren gemessen anmit
anbefohlen, des Herrn Feldmarschall-Lieutenants Grafen Bro w n e de Camus
Verordnungen in all1 dem, so derselbe in Ihrer königl. Majestät Dienst Ihnen
auftragen wird, den genau und schleunigen Vollzug nach obhabenden Pflichten
zu leisten, wie dann dieselbe zu eben dem Ende durch gegenwärtige auf Ihrer
königl. Majestät Allerhöchsten Befehl ausfertigende offene Ordre mit dem ge-
ziemenden Aufsehen und Gehorsam an ihn, Herrn Feldmarschall-Lieutemuil .
hiemit angewiesen werden und bis auf anderweite Verordnung an selben an-
gewiesen verbleiben, wornach sich also ein Jeder geziemend zu achten und
zu betragen wissen wird.
Actum Wien den Neunundzwanzigsten Monatstag November im Sieben-
zehntenhundert und Vierzigsten Jahr.
Per Regiam Majestäten!
Ex Consilio Bellico.
Die et anno ixt Supra.
Ignatius von K o c h.
V/i.
Breslau.
Als im Jahre 1631 F e r d i n a n d II. die Aufnehmung einer kaiserlichen
Garnison verlangte, berief der Rath am 6. Mai die ganze Bürgerschaft und
die Aeltesten der Zünfte und Zechen auf den kleinen Saal des Rathhauses
zur Berathung (d. h. Abwendung der Garnison). Am 8. Mai bei Abgebung
ihrer Antwort auf die am 6. mitgetheilte Proposition beantragten diese die
Wahl eines dem Rathe beizugebenden Ausschusses, mit welchem auf den
Nothfall besser, als mit der ganzen Gemeine zu communicieren sein würde.
Das wurde vom Rath bewilligt und am 13. fand die Wahl dieses Ausschusses
von 100 Personen statt. Derselbe bestand aus 5 Landschöffen, 2 Kaufmanns-
Aeltesten, 4 Doctores juris, -4 Doctores medicinae, 2 Schöffenschreibern,
1 Standvogt, 5 Advocaten, 31 aus der Bürgerschaft und 45 Zunftältesten von
35 Zünften, unter denen die der Reichsbrärner zuerst aufgeführt ist. Für die
Folgezeit wurde bestimmt, dass bei den Zünften immer die zwei Aeltesten
oder der Aelteste, welche als Geschworne derselben auf der im Rathhause
hängenden Tafel verzeichnet ständen, in diesen Ausschuss gehören sollten.
Von der Römischen, auch zu Ungarn und Böhmen königlichen Majestät
Oberhauptmannschafts- Verwaltern, wie auch Kanzler und Räthen bei Dero
königlichen Oberamt im Herzogthum Ober- und Nieder-Schlesien. Würdet
e. e. e. und w. Rath auf sein gestrigen Tages eingereichtes Schreiben günstig,
gnädig und freundlich beschieden, dass nicht allein hiesige Stadt, sondern
auch deren Vorstädte und Dörfer der wirklicher) Einquartierung befreit seien,
jedoch sollen sie, was der Proportion, mit vier Kreuzern, denjenigen Ständen,
wo sie logieren werden, bezahlen und gutmachen. Wegen Erleichterung der
Quartierungslast wüsste man ihnen, weil andere Stände noch höher belegt
werden, nicht zu behelfen. Wonach sie sich zu richten.
Actum Breslau, den 11. Martii anno 1645.
Ex consilio supremae regiaeque curiae ducatus Silesiae.
(Unterschriften unleserlich.)
V/2.
Original im Stadt-Archiv. Sowohl die Garnisons-, wie auch die Ein-
(|iiartierungs-Freiheit hat Breslau bis zum Beginn der preussischen Zeit
behauptet. Zufolge einer kaiserlichen Entschliessung vom 28. November L665
erneuert die Oberhauptmannschaft die Zusicherung der Einquartierungs-Freiheit
23. Januar L665. Doch soll die Stadt nach ihrer Indiction zu den Einquartierungs-
kosten in Geld beitragen. Am 24. Februar 1666 bescheidet der königlich böhmische
Hofrath die Stadt, dass sie desshalb in der Indiction nicht erhöht werden solle.
554
VI.
Patent
betreuend die Einriickung königlich preussischer Truppen.
Der zu Ungarn und Böhmen königlichen Majestät Wir N. N. wirkliche
und Geheime Räthe, Rittet- des goldenen Vliesses. Director, wie auch Kanzlei
und Rath bei Dero königlichem Ober-Amte im Herzogtimm Ober- und Nieder-
Sehlesien etc. entbieten Allen und Jedem, wo dieses vorkommen möchte,
insonderheit aber den hoch- und löblichen Herren Fürsten und Ständen dieses
Erb-Herzogtliums Schlesien, denselben nachgesetzten Obrigkeiten und Beamten.
Landes-Aemtern und Regierungen und sämmtlichen Inwohnern etc. unsere
respectiven freundlichen Dienste, Freundschaft und alles Gute etc. und geben
hiedurch zu vernehmen, wasmassen die Nachricht von erfolgter Einriickung
einer königlich preussischen Kriegsmacht in gedachtes dieses Herzogthum
Schlesien umso unvermutheter eingelaufen sei, als dazu weder von Ihrer
königlichen Majestät, unserer AUergnädigsten Frauen und Erb-Landesfürstin,
weder von Seiten des Landes der allermindeste auch nur scheinbare Anlass
gegeben worden.
Es ist zwar seit einiger Zeit Vieles von starken Kriegs-Rüstungen zu
hören gewesen, worüber auch von uns, der tragenden Obliegenheit gemäss bei
der Behörde angefragt worden; allein wir haben zur Antwort erhalten: dass Ihro
königliche preussische Majestät solche Freundschafts-Versicherungen ertheilet
hätten, dass man sich diesfalls unmöglich etwas Widriges beigeben lassen
könnte, besonders da bekannt wäre, was das natürliche und Völkerrecht, die
so hochvergönnten Reichssatzungen und zumal in derlei Umständen, als
nunmehro fürwalteten, die Goldene Bulle Kaiser C a r 1 VI. mit sich
brächten. Man hätte überdas durch alle billigen und thunlichen Mittel, ixm Ihrer
königlichen Majestät von Preussen Freundschaft zu erwerben sich befliessen,
Freundschaft gegen Freundschaft und in Allem, was die gute Nachbarschaft er-
heischte zum Uebermass des reeiproei sich erboten, auch mit einem Worte den
Marchese Botta, allschon bei dessen Absendung mit solchen Befehlen versehen,
dass er Gewalt und Vollmacht hätte, zur Befestigung des beiderseitigen besten
Vernehmens alle Bedingnisse einzugehen, welche ohne Schmälerung Ihrer könig-
lichen Majestät unserer AUergnädigsten Frauen Erbländer und ohne Verletzung
der Gerechtsame eines Dritten eingegangen werden könnten. Einiger Anspruch
könnte königlich preussischerseits möglicher Dingen nicht angezogen werden,
555
so durch die feierlichsten Tractate nicht vorlängst abgethan und aus dem
Grunde gehoben und endlich wäre sich Allerhöchstenorts sogar entfernet
nicht gezeigt worden, auf den Fall, da man königlich preussischerseits Hülfe
vonnöthen haben sollte, der Billigkeit nach, sich darüber einzuverstehen
und dem Marchese Botta aufgetragen worden, zu Berlin zu erkennen zu
geben, dass nicht zu hegreifen stünde, wie eine nicht benöthigte Hilfe, mit be-
waffneter Betretung eines fremden Bodens könnte aufgedrungen werden wollen.
Bei solchen Umständen nun hätte Ihrer königlichen Majestät unserer Aller-
gnädigsten Landesfrau nicht wohl möglich geschienen, dass zuwider den, auch
mitten unter den Kriegsanstalten öfters wiederholten Freundschaftsbezeu-
gungen und patriotischen Versicherungen, zuwider dem geheiligten Bande der
menschlichen Gemeinschaft, zuwider dem hochvergönnten Landesfrieden und
absonderlich zuwider dem, was in gegenwärtigen Umständen die Goldene Bulle
Kaiser Carl VI. klar vermöchte, ein benachbartes Land ohne Begrüssen der
Landesfürstin und ohne sich einmal vorläufig gegen Ihre königliche Majestät
unsere Allergnädigste Frau und die Ihrigen im Mindesten zu äussern, mit
Kriegsmacht sollte überzogen, andurch aber die allgemeine Ruhe, eines Jeden
»Sicherheit und die ganze Reichsverfassung auf einmal unterbrochen oder
vielmehr zernichtet werden wollen. Gleichwie man sich nun eine solche
Begebenheit nicht beigehen lassen können, als wäre man durch alle diese
Betrachtungen in dem Anfangs geschöpften Vertrauen um so mehr bestärket
worden.
Nachdem aber das Gerücht von einer baldigen Einrückung in Schlesien sich
am meisten zu Berlin ausgebreitet, so hätten Ihre königliche Majestät unsere
Allergnädigste Frau, zwar zufolge der für des Königs in Preussen Majestät
hegender Hochachtung forthin demselben keinen Glauben beimessen wollen,
bald darauf aber vernehmen müssen, dass diese Dero Allerhöchste Zuversicht
sogar dahin ausgeleget werden wollen, als ob Ihre königliche Majestät unsere
Allergnädigste Frau mit dem königlich preussischen Vorhaben verstanden wären ;
da nun aber ein solcher Wahn der Allerhöchsten Ehre und Gloire, auch der Wohl-
fahrt Dero getreuester Königreiche und Lande allzu nahe gehe und dadurch
sowohl Einheimische, als Auswärtige irre gemacht werden könnten ; So haben
mehr Allerhöchstgedachte Ihre königliche Majestät unsere Allergnädigste Frau
und Landesfürstin auf allen, obschon unverhofften und unglaublich geschienenen
Fall Allergnädigst anbefohlen, dass nach wireklich erfolgter Einrückung der könig-
lich preussischen Kriegsvölker in Dero Herzogthum Schlesien (dieselbe möge
nun gleich, wodurch sie immer wolle bescheiniget werden) alles Obige mittrist
einer schriftlichen Verwahrung zu erkennen gegeben und dem (dass des
Königs in Preussen Majestät durch ungleiche Vorstellungen hintergangen sein
müsse, mit dem Ersuchen wegen ungesäumter Zurückziehung der Kriegsvölker
von fremdem Grund und Boden) beigefügt werden solle mit dem ferneren
Anhang, dass man sich ein Solches von des Königs in Preussen Majestät
Gerecht- und Billigkeitsliebe ganz zuversichtlich verspreche. Allunverhofft
widrigen Falles aber wegen Ihrer königlichen Majestät unserer Allergnüdi^sten
Frauen, als rechtmässiger Königin, Dero getreuester Unterthanen, den fremden
Mächten (deren Unterthanen auf das Herzogthum Schlesien gesicherte Hypo-
theken haben) zuwachsendem Schaden, wie nicht minder der daher entspringen
müssenden unzähligen Übeln Folgen halber, vor Gott, dem gesammten Reich
und der ganzen Christenheit verwahret haben wollen
556
Wie man nun an Seiten des königlichen Oberamts den obhabenden ge-
treuen Pflichten gemäss, allerunterthänigst und allergeh orsamst hiedurch nach-
kommet, also wird auch solches alles, der Allerhöchsten Verordnung gemäss,
wie bei Allen und Jedem, bei denen gegenwärtiges Patent vorkommen und
kund werden möchte, zur Wissenschaft, so auch insonderheit den hoch- und
löblichen Herren Fürsten und Ständen dieses Erb-Herzogthums Schlesien,
derenselben nachgesetzten Obrigkeiten und Beamten, Landesämtern und
Regierungen und sämmtlichen Landes-Inwohnern zur Nachricht und ihrem
pfüchtmässigen Verhalt oberamtlich hierdurch kundgemacht.
Zur Urkund dessen mit dem königlichen Oberamts-Insiegel und gewöhn-
licher Unterschrift ausge fertiget.
Gegeben Breslau, den 18. December 1740.
Ex Cons. Sup.
Sebastian Felix Freiherr von (L. S.) Reg. Cur. Duo. Sil.
Seh w a n e n b e r g. Ernst Joseph von M e n t z e 1 s b e r g.
557
VII.
Ordre de bataille
der im December 1740 nach Schlesien rückenden preussischen Armi e
Oberbefehl : König Friedric h IL
Hauptquartier des Königs :
General- Adjutanten : Oberst Graf von Hacke,
Oberst von Borcke,
Oberst Graf von W a r t e n s 1 e b e n,
Flügel - Adjutanten : Major von Wy li c h,
Major von B u d d e n b r o c k,
Major von W e d e 1 1,
Major von D ü r i n g,
Major von M ü n c h o w.
< reneral-Qtiartiermeister : Oberst D u m o u 1 i n.
General-Quartiermeister-Lieutenant: Major von Bons-
Oberst von Posadowsk y.
Oberst von Canias.
Oberstlieutenant von der Goltz.
Geheime Kriegsräthe : Schumache r,
Eichel,
Lautensack.
Oberkämmerer F redersdo r f.
K riegsrath K ö p p e r n.
Ingenieure : Major de R e g e,
Capitain Konstant,
Premier-Lieutenant Seignoret,
Second-Lieutenant K r ö n i c h e n,
Second-Lieutenant F r e u n d.
Feld-Kriegs-Commissariat : Geheimräthe von Reinhardt und vor
M ü ncho w, nebst 8 Beamten.
Audit< »riat : Ober-Auditeur von C r i e g e r.
Feld-Lazareth : Feld-Medicus Doctor Lesser, Stabs-Chirurgus Doctor
Hotzendorf, nebst 21 Beamten und 7 Frauen zum
Kochen.
558
Proviant-Amt : Ob er- Proviantmeister Kriegsrath Berlischke, nebst
122 Unter-Beamten.
Jäger-Corps zu Pferde: Capitaine des guides Oberjäger Scbmidt, nebsl
einem Gehilfen und 12 Jägern.
I. Cor p s
am 16. December 1740.
GFM. Graf von Schwerin.
Adjutanten: Major von Buggenhagen. Lieutenant von der Gro eben.
Linker Flügel.
Generalmajore : von Derscha u, von J e e t z e.
1 Escadron Gendarmes von der Asseburg.
Infanterie-Regiment : La Motte,
Borcke,
Graevenitz,
Jeetze,
Bredow.
Dragoner-Regiment : Bayreuth 10 Escadronen, Commandeur Oberst von
B i s s i n g.
Rechter Flügel
GL. Graf von der Schulenbur g.
( JM. : de la M o 1 1 e, von B r e d o w, von Kleist.
Regiment zu Pferde : Prinz Friedrich 5 Escadronen.
Grenadier-Regiment zu Pferde: Schulenburg 10 Escadronen.
Infanterie-Regiment : Sydow,
Kleist.
Schwerin.
Markgraf Heinrich,
D erschau.
(Berliner) Leibcorps-Husaren 3 Escadronen
Artillerie: Commandeur Major von Merkatz.
1. Staffel : 20 3-Pfünder. ])
2. Staffel : 4 12pfündige Kanonen,
■I 18pfündige Haubitzen,
6 50p fündige Mörser.
Stärke des I. Co r p s :
Streitbare Niehtstreitbare Knechte Pferde Fahrzeuge
20 Bataillone . . . 16460 190 1200 3740 440
29 Escadronen . . 4G11 68 117 4022 14.")
3 t Geschütze und 183 86 417 958 172
Im Ganzen 21254 344 1734 8720 2) 757
Ausserdem: Das Jäger-Corps zu Pferde in der Stärke von 1 Ofhcier,
1 Gehilfen und 12 Jägern.
0 Von diesen Geschützen erhielt jedes Regiment zwei Geschütze zugewiesen.
2) Dazu kommen noch etwa 700 Pferde für die Fahrzeuge der Cavallerie, als Pack-
und Reitpferde der Officiere, des Unterstabes, sowie für die Zelte.
559
G. d.
II. C o r i» s
am 29. December 17-10.
J. Herzog von Holst e i n. l)
GL. : Erbprinz Leopold von Anhalt-D e s s a u.
< ! M. : Markgraf Carl von B r a n d e n 1> u r g -Seh w e d t.
Ingenieure : Capitain von W r e d e,
Lieutenant von Koc h.
Dragoner-Regiment: Platen 5 Escadronen.2)
Infanterie-Regiment: Markgraf Carl.
Grenadier-Bataillon : Bolstern,
Kleist,
Saldern,
Götze,
Reibnitz.
Dragoner-Regiment: Bayreuth 5 Escadronen.3)
Leibcorps-Husaren: 1 Escadron. 4)
Artillerie ; 4 12-Pfünder, 6)
■1 50pfündige Mörser. °)
S t ä rke des IL Corp s.
Infanterie : Regiment Markgraf Carl
5 Grenadier-Bataillone .
Cavallerie : 5 Escadronen Bayreuth
1 Escadron Leibcorps-
Husaren 156
Artillerie : 8 Geschütze und . .
und von der ursprünglich
zum I. Corps gehörenden
2. Staffel 10 Geschütze u. 33
Streit-
bare.
Nicht-
streit-
bare.
Knechte.
Pferde.
Fiü.
irzeuge
1124
10
100
320
38
2450
20
200
570
65
799
10
18
648
22
156
1
3
148
3
45
7
119
326
(il
336
745
148
Zusammen 7 Bataillone. 6 Escadron.,
18 Geschütze 4907 126
Die 5 Escadronen des Regiments
Platen waren stark . . 822 18
H)6 2757 337
22 650 61
') Derselbe verliess das II. Corps bereits am 29. Docember und führte die vor Glogau
zurückgebliebenen Truppen des I. Corps nach Breslau.
'-) Trafen am 3. Januar auf dem rechten, am 9. auf dem linken Oder-Ufer ein.
3) Rückten am 10. Januar von Glogau wieder ab.
*) Rückten in den Tagrn vom 4. bis 8. Januar von Glogau wieder ab.
) u. '') Trafen am 31. December ein.
560
VIII.
Nr. I.
Pro Memoria.
Was die beyden Abgeordneten vonIb.ro Königl. May. in Preussen der k. Herr
Obrister von Posadowsky und der Herr Obrister von Borcke dem
Herrn Raths Praesidii und einigen dazu ex gremio Magistratus gezogenen
vorgetragen.
Nomine Sr. Könisrl. Mayst. von Preussen hätten obenbenannte Ab-
-■('ordnete nach vorgezeigter und in Ihrer Gegenwarth abgelesenen Vohnacht
vorzutragen, dass Sr. Königl. Mayst. nach Dero in Schlesien bekanntermassen
habenden, und künfftig noch mehr bekannt werdenden praetension, sich ge-
nöthiget gesehen, Dero trouppen in dieses Hertzogthumb einrücken zu lassen.
hätten also Sie, Abgeordnete, dahin bevollmächtiget, das Königl. Worth dem
Magistrat und der Stadt Breslau abzugeben, dass sie keines weges als Feind,
sondern als Freund angekommen, also die Stadt bei allen ihren Privilegiis.
Gerechtigkeiten, Gewohnheiten, und allem Ihrem "Wesen, wie es anjetzo be-
schaffen wäre, zu lassen, und zu schützen, niemahls einige Garnison oder
trouppen auch keinen Mann darein zu legen. Sic hoffeten und verseheten
sich also wiederumb, dass der Magistrat und die Bürgerschafft keine Ombrage
über die annäherung der Regimenter, welche Sie in die Vorstadt verleget.
oder noch verlegen würden, machen würden, anbey verlangten Se. Königl. :
May. vor dero Allerhöchste Persohn mit 30 oder 40 von Ihren Gens d'armes
sich nach belieben in die Stadt sicher herein begeben und wieder hinaus
passiren zu Können. Vivres vor Dero trouppen vor baare bezahlung zu be-
kommen, und in der Vorstadt ein Magazin zu Ihrer Bedürffniss anzulegen
und mit der dazu benöthigten Wache versehen zu lassen. Da dan sobald
Se. K. Mayst. hierüber die genügliche Erklärung erhalten würden, ohne Verzug
der grösste Theil der hier stehenden Regimenter weggezogen und vorbey
marchiren würden.
Nachdeme Praeses und Deputati Magistratus sich ein Spatmm auss-
gebethen, umb es mit dem Collegio und der Bürgerschafft zu communicieren,
ist solches von beyden Hhh. Gevolmächtigen biss auff morgen umb 10 Uhr
zugestanden worden, welche indessen im „goldenen Baum" darauff zu warten
sich anheischig gemachet, und noch beygefüget, wie Se. Königl. May. sich
Gnädigst verseheten, dass Magistratus die Gegen-Declaration Dero Allerhöchsten
Persohn auch selbst durch Deputirte abgeben lassen würden.
561
Nr. 2.
Demnach Sr. Königl. Mayst. in Preussen, Unser Allergnädigster Herr
den beyden Obristen von Posadowsky und von Borcke Allerhöchst com-
mittiret haben, nach Breslau zu gehen, um der Stadt daselbst in Höchst-Dero-
selben Nahmen ein und anderes zu proponiren, darüber zu tractiren, auch das
erforderliche zu verabreden und zu schliessen; Als autorisiren und bevoll-
mächtigen Höchstgedachte Sr. Königl. Mayst. hierdurch obgenannte Dero
Obristen Krafft dieses, von Höchstderowegen solche Propositiones der Stadt
Breslau vorzutragen, darüber zu conferiren, auch dem Befinden nach zu
schliessen und gesirmen dannanhero an alle diejenigen, mit welchen dieselben
in gedachter Stadt zu handeln und zu tractiren haben, hiermit AUergnäcligst
demjenigen, so in Höchstderoselben Nahmen sie proponiren werden, voll-
kommenen Glauben beyzulegen. Gestalten dann mehr- Höchstgedachte Seine
Königl. Mayestät alles dasjenige, so mehr ernannte Obristen mit denenselben
verabreden und concludiren werden, genehm zu halten und zu ratihabiren.
hierdurch Allergnädigst und bündigst versicheren.
Gegeben im Haupt- Quartier zu Pilsnitz, den 1. Januarij 1741.
(L. S.) _
Vollmacht. Friedrich.
Vor die beyden Obristen den
von Posadowsky un d den von
Borcke im Nahmen und von wegen
Ihro Königl. Mayst. in Preussen der
Stadt Breslau einige Propositiones
zu thun, darüber zu tractiren und
zu handeln, auch zu schliessen.
Nr. 3.
lmo Es verwilligen Ihro Königl. Mayst. von Preussen bei den jetzigen
Conjuncturen und solange solche dauern werden, der Königl. Stadt Breslau,
allen derselben Bürgern und Innwohnern, wes Standes und Würdens und von
was vor Eeligion dieselben sind, nicht minder denen Clöstern und Geistlichen
Stiiftungen in und vor der Stadt, als auch allen der Stadt Breslau zugehörigen
Vorstädten und Dorffschaften, eine vollkommene und genaue Neutralität, also
dass von denselben weder einige Huldigung, noch Abgabe einiger Contribution
und Anlage, wie solche Nahmen haben mag, oder Lieferung einiger Fourage
und Ammunition solle und werde gefordert werden.
(Gestalten auch die Stadt keine Trouppen von Ihro Kays. Mayst. der
Königin in Ungarn und Böheimb oder einigen anderen Potentaten, und der-
selben Cömmandierenden Generalität einnehmen, sondern in allem gleiche
Neutralität observieren wird.)1)
2do Verstatten Allerhöchstgedachte Ihro König]. Mayst. denselben das
freye Aus- und Innländige Comercium zu Wasser und zu Lande von den
Königl. Preussischen Trouppen in dem mindesten könne und möge gehemmet
werden. Und da
') Das Eingeklammerte ist Zusatz zum ursprünglichen Entwurf. S t ei nb erge r's
Tagebuch oder Kahlert, 48.
Oesterreichischer Erbfolgekrieg. II. Bd. 36
562
3tiu Diese Stadt von undencklicken Jahren her Ihre eigene Garnison
und Bürgerwache gehabt, und niemahlen einige Feld-Soldaten eingenommen:
So declariren Allerhöchst gedachte Ihro Königl. Mayst. hiermit Allergnädigst,
dass sie weder ietzo, noch inskünftige und zu keinen Zeiten einige von Dero
Königlichen Trouppen und Soldaten einzulegen verlangen und ansinnen,
sondern die Stadt, bey allen Ihren Privilegiis, Recht, und Gerechtigkeiten
in Politicis, Ecclesiasticis et Oeconomicis ungeändert lassen und schützen
werden.
lto Versprechen Ihro Königl. Mayst. allermildest sogleich nach ge-
schehener Untersckrifft dieses Tractats und Allerhöchst deroselben Eintritt
in diese Stadt, die nahe bey der Festung gesetzte Vorposten, ingleichen Dero
Königl. Trouppen bis auf ein Bataillon und die Gens d'armes aus denen Vor-
städte]! und der Stadt Dorffschafften wieder wegzunehmen, und dass ob-
gedachtes zurückbleibendes Bataillon in allem gutte Ordre halten und der Stadt
keinen Schaden zufügen und auch vor Ihr Geld zehren werden.
5to Weilen auch Ihro Königl. Mayst. Allergnädigst declariren lassen,
dass Allerhöchstdieselbten aus keinen feindlichen Absichten, sondern als ein
Freund zu der Stadt Breslau gekommen, so machet sich dieselbe eine be-
sondere Ehre daraus, Deroselben Allerhöchste Person und Hofstaatt in Ihren
Ringmauern (so lange und so offt es Deroselben allermildest gefallen wird, zu
sehen und) *) aufzunehmen, iedoch bey der Allergnädigst geschehenen Decla-
ration, dass sie keine andere Escorte ausser 80 von Dero Gens d'armes mit
in die Stadt nehmen Avollen und werden, und wer von Dero Königl. Trouppen
in der Stadt etwas zu verrichten hat, ohne Ober - Gewehr hereinkommen
werde. Dahingegen der Magistrat und die Stadt zur Bezeigung Ihres Respects
Allerhöchst dieselben von der Stadt Garnison täglich bedienen lassen werden.
6'° Ist Ihro Königl. Mayst. unverwehret, in einer Vorstadt, iedoch in
einer zulänglichen Entfernung von der Stadt ein Magazin anzulegen und
solches durch das zurücklassende Batallion bewachen zu lassen, welchem auch
der Magistrat die Vivres umb den Markt-Preis und vor baare Bezahlung zu
verschaffen beflissen se}rn wird, iedoch dass der Stadt die benöthigte Zufuhr
nicht gehemmt werde.
Zu mehrerer Bekräftigung ist dieser Neuteraütäts Tractat von Ihro
Königl. Mayst. Herrn Bevollmächtigten, zu Folge der von Allerhöchst ge-
dachten Ihro Königl. Mayst. unterm lten Jan. 1711 erhaltenen Vollmacht
eigenhändig unterschrieben und besiegelt und von Seiten des Magistrats durch
der Stadt Insiegel bekräftiget.
Geschehen Breslau, den Andern Januarij 1711. 2)
') Das Eingeklammerte fehlt in der bei Steinbergcr abgedruckten Convention. 49.
s) Die Originale, angeschlossen dem Berichte des Grafen Haugwitz, befinden
sich im Archiv des k. k. Ministeriums des Innern, VII, Nr. 1, 20, vom Jahre 1741; Schlesien.
563
IX.
Hochgebohrner des heil. Römischen Reichs Graf und Semperfrei!
Sr. Königl. Mayst. in Preussen haben mir Allergnädigst Ordre ertheilt
Euer Excellenz zu melden, wie Höcbstdieselben gegen Euer Excellenz Person
und sämmtliche Familie nichts Ungnädiges hegten, auch nichts zugeben
wurden, dass denenselben und zugehörigen Herrschaften etwas Widrigeres
geschehen sollte; da aber Euer ExceUenz noch wirklich in Eid und Pflicht
von Ihro Königl. Mayst, der Königin von Ungarn und Böhmen stünden,
so erlaubten die jetzigen Conjuncturen nicht anders, als Euer Excellenz an-
deuten zu lassen, sich zu retirieren. Se. Königl. Mayst. versicherten aber
bei veränderten Umständen Euer Excellenz Dero Königl. Gnade und Huld'
Ich aber nehme mir die Freiheit, Euer Excellenz zu Gnaden mich zu recom-
mendieren und beharre mit aller ersinnlichen Submission
ganz gehorsamster Diener
Schweidnitz, den 23. Februar 1741. • v. Lestwitz
Oberster.
A Son Excellence
Monseigneur le Comte d'Empire de Schaffgotsch ministre d'Etat
et Chambellan actuel de Sa Mayst. la Peine de Hongrie et Boheme
pr. Estafette. M a W a r m b r u n-
') K. A., Mähren u. Schlesien 1741, II, ad 56.
36*
564
X.
„Dir ist elieliin bekannt, welcher gestalten Wir durch die gegenwärtige
so unverniuthet, als verwirrte Umstände in Unseren Erbherz ogthum Schlesien
ein Corps schleunig zusammenzuziehen bemüssigt sein, wie nun die Ordnung
und Notwendigkeit erheischt, selbiges mit denen behörigen Generalen zu
versehen und Wir zu Deiner durch die langwührigen Jahr hindurch mit vieler
Distinction, als Tapferkeit bisher geleiste Dienste, im Kriegswesen erworbenen
stattlichen Erfahrenheit, auch sonsten besitzenden rühmlichen Eigenschaften,
nicht minder zu Uns und Unseren Erbhaus tragenden unverrückten Treu und
fortwührigen Diensteifer Unser besonders Gnädigstes Vertrauen setzen,
solchemnach Dir das General-Militär-Commando über besagtes Corps Gnädigst
aufgetragen haben wollen, in der mildesten Zuversicht, dass Du solches nach
Erforderniss der sich äussernden Begebenheiten zu Beförderung Unseres
höchsten Dienstes und zur Sicherung Unserer Landen nach Deiner bei-
wohnenden Kriegs-Erfahrenheit und Vernunft bestmöglichst zu verwalten Dir
äusserst angelegen sein lassen werdest.
Das thuen Wir ein solches Dir zur Nachricht hiemit Gnädigst bedeuten
und mittels der Anlagen eröffnen, was sowohl für Regimenter derzeit nach
gedachten Schlesien gewidmet sein, als was für Subalterne Generals Personen
Dir beizugeben Wir Gnädigst entschlossen haben, gleich sie auch an Dich mit
der kriegsgebräuchigen Subordination unter einsten angewiesen worden." J)
') K. A. S. II, H. K. R. 1740, Reg., December 608.
565
XI.
Capitulation
Ueber die von Ihro Mayt. der Königin zu Hrnigam und Böheimb der-
mahlen zu Ohlau in Besazung sich befündende Trouppen, bey übergaab des
Orths an Ihro Mayt. dem König in Preysen unter heutigen Dato accordiret
worden. Als
lmo würdt die in besagten Ohrt Ohlau befündhche Garnison, bestehend
von dem löbl. Graff Harrachischen, Bottischen- und Brownischen Infant erie-
Begiment in 850 Köpf, mit allen Ehren, nemblich mit Scharff geschulderden
ober-, dann untergewöhr und Klingenden Spüehl den Auszug nehmen.
2,io solle Ehe und bevor der Ausmarsch von denen Königl. Trouppen zu
Hungarn und Böheimb nicht beschechen, von denen Königl. Preysischen
Trouppen der Ohrt oder die Stadt Ohlau nicht betreten werden.
3l> Nichtminder solle auch alle Oberofnciers Bagage und bej- sich
habende Bediente, Item deren unter Ofnciers- und des Gemeinen Manns
Bagage frey Passiret werden, worzue auch die Benöttigte Vorspann abzu-
reichen ist.
4-to würdt auf 2 Tag Brodt, ingleichen die befündliche Munition
bestehend in Ain Vassel, ohngefehr von Ainen Centner Pulfer mitgenohmen
werden.
5to seindt auch aller Ohrten, nebst der benöttigten Vorspann die
gewöhnlichen Estappen, sowohl Mundt-, als Pferde-Portionen zu gemessen.
6t0 dass Neissische und Brieg solle ausgenohmen sein, nicht zu
verbleiben, mithin in die Gegend Zuckmantel zu Marschiren reserviret
worden ist.
7mo solle die Stadt Ohlau bei Ihren Privilegien gelassen und manuteniret
werden, gleichwie auch fünf Eisene, so halbpfündtige und ain Metallenes, so
ain pfündtige Kugl schiesst, ganz Kleine Stückhl, so die Burgerschaft alliier
zu Ihren gewöhnlichen Geschütz gebrauchet, und also der Stadt zugehörig
waren, zuruckhgelassen werden, hingegen die Munition wie vor gemeldet,
mitgenohmen werden würdt.
Dass zu wahrer Urckundt, ist diese Capitulation von dem Hochwohl-
gebohmen Herrn von Borcke, Obristen und General-Adjutanten von Ihro
Königl. May. von Preysen, dan dem Hoch- und Wohlgebohrnen Herrn Franz
Frevherrn von F o r m e n t i n i, Obristen von Ihro Königl. Mayt. zu Hungarn
5 66
und Böheimb als beeden Gevollniächtigten. Errichtet nebst denen befündlicben
sambentlichen Herrn Officiers einverständtnuss ausgeferttiget und (jedoch in
allweg ohne praeiudiz) Extradiret worden.
Geschehen zu Ohlau, den 9. January 1741.
(L. S ) Friedlich Ludwig Felix von
B o r c k e
(L. S.) von La gib er g (?),
Hauptmann
(L. S.) Ehrenreich von II o 1 1 k e,
Hauptmann
(L. S.) Franz L i n d s p e r g e r,
Lieutenant
(L. S.) A. Schulz (?),
Fähndrich
(L. S.) Franz Freyh. v. Formentini,
Obrist
(L. S.) von K u p p e r s w o 1 f f.
Hauptmann
(L. S.) Carl Baron Truckmüller,
Lieutenant
(L. S.) Baron von W arkotsch y.
Lieutenant
(L. S.) Franz Carl de Londes,
Fähndrich. ')
s) K. A., Oesterreichischer Successions-Krieg. Schlesien und Mähren 1741; I, 2.
Original.
567
XII.
Capitulation von Ottmachau.
„Nachderae die in dem Schloss Ottmachau zur Besatzung Eingelegte
und Ihro Königl. Mayt. von Hungarn und Böheimb gehörige 5 Grenadier-
Compagnien, benenntlich von Franz Lothringen-, Harrach-, Browne- und
Griinne'schen Regimentern, auss mangel aller und jeder benöthigtenDefensions,
Sich Ihro Königl. Mayt. von Preussen als Kriegsgefangene zu ergeben ge-
zwungen sind ; Also werden Allerhöchst Ihro Mayt. besagten 5 Compagnien
nachfolgende Bedingungen zu accordiren Allergnädigst geruhen :
Erstlich möchten die Compagnien
mit ober- und unter officieren und ge-
meinen nicht zertheilet beisammen-
gelassen und Niemand zu annehmung
anderer Dienste Persuadiret werden.
Die Compagnien können nicht
unzeitrennet bleiben ; zu annehmung
Königl. Dienste aber soll Niemand
gezwungen werden, sondern man wird
nur diejenige annehmen, so sich frey-
willig darzu offeriren.
Andertens : Möchte denen Com-
pagnien, welches zwar Kriegsgefan-
gene sind, aber dennoch Ihro Königl.
Mayt. zu Hungarn und Böheimb zu-
gehörig verbleiben, und Ihr Geldt,
Verpflegung von Ihrem Compagnie-
Commandanten empfangen, das Brodt
an Ort und Stelle, wo Sie seind
gegen Quittung, wie nicht weniger
vor die Officier, so eigene Pferde
haben das benöthigte Hart- und
Eauhe Futter ans-eschafet werden.
Drittens. Möchte denen Com-
pagnien erlaubet werden, mit klingen-
dem Spiel, geschulterten gewehr, und
all gewöhnlichen Kriegs-Honneurs von
Was den Punct anbelanget, dass
die gefangene Compagnien Ihro Königl.
Mayt. von Hungarn verbleiben sollen,
so wird selbiger nach Kriegsmanir
und nach dem Verstand des Ersten
Articuls accordiret ; die Verpflegung
an Geldt und Brodt werden Ihro Mayt.
denen ober- und unter officiers, und
gemeinen durch dero Eigene Leuthe
reichen lassen, das hart und Bauhe
Futter vor derer Officiers jetzt habend
eigene pferd wollen Ihro May. denen-
selben aus aestime reichen lassen.
3.
Wird accordiret.
568
dem Schloss bis auf den Platz, wo
Ihro Königl. Mayt, das gewehr nieder-
zulegen befehlen werden, ausmar-
schiren zu dörfen.
Viertens. Möchten benieldte Com-
pagnien zu Fortbringung Ihrer Bagage,
Kranken und Plessirten die benöthigte
Wagens und Vorspann nach der Speci-
fication, wie wir Eingeben werden,
gratis angeschafft werden.
Fünftens. Die Cornpagnie Bagage,
Sie mag Oberofficier und gemeinen zu-
gehören, worunter die Pferd, auch einige
unobligate Leute gehören, möchte auf
keinerley Weiss geplindert, beschädiget,
oder hinweg genommen werden.
Sechstens. Wann die Compagnien
Ihr gewehr niederlegen, so möchten
die sammentliche oberofficiers ihr
ober und untergewehr behalten.
Siebendes. Möchte erlaubt werden,
dass auch an heute 2 Oberofficiers,
nemblich 1 Haubtrnann und 1 Lieu-
tenant an den commandirenden Herrn
General Feldmarschall Lieutenant
Excell. Br. v. B r o w n e mit Briefen
auf Parole abgeschicket werden dörften.
Achtens. Möchte denen Oberoffi-
ciers und gemeinen wehrendes Marsches
der orth ihres aufenthalts jeden seinen
Caracteur gemäss ein honorables
tractement und unterhalt gegeben,
und Niemand von denenselben vor-
sätzlich geschimpfet affrontiret. oder
beleydiget werden.
4.
Wird accordiret.
Wird accordiret. Die Hn. Ofriciers
aber werden einen Revers auf ihre
hon-eur von sich geben, dass sie
wehrender ihrer gefangenschaft, mit
Niemanden, wer es auch seye, eine ver-
dächtige Correspondenz führen wollen.
6.
Wird accordiret.
7.
Ein Oberofficier wird erlaubet auf
seine Parole 14 Tag weg zu bleiben
und zu dem General v. B r o w n e zu
gehen.
8.
Wird accordiret. Ihro Königl.
Mayt. wüsten gar wohl auf was Arth
man Ehrliche brave Leuth tractiren
müsse, und werden dieser Garnison be-
sonders alle mögliche Marquen von Dero
estime zu geben wissen. Den Marsch
bis zu dem Orth ihres Aufenthaltes
wird man auch nach niöglichkeit des
Unterkommens eines jeden Sorg tragen.
9.
Die Medicin soll Gratis abge-
reichet werden.
Neuntens möchte für die Kranke
und Blessirte gegen bonification die
benöthigte medicamenta verabreichet
werden.
Sr. Königl. Mayt. in Preussen über Dero Armee bestellter General-
Feld-Marschall
(L. S.) Carl Christoph Graf v. Schwerin zu S chweri n skr g
Ottmachau, den 12. Jan. 1741/' ')
'; K. A.. Schlesien und Mähren 1741, I, 4. Abschrift.
569
XIII i.
Wir, Maria Theresia, von Gottes Gnaden zu Hungarn, Böheimb,
Dalmatien, Croatien und Slavonien, Königin, Ertz-Herzogin zu Oesterreich.
Marggräfin zu Mähren, Herzogin zu Luxemburg und in Schlesien, und Mar-
gräfin zu Lausnitz, vermählte Herzogin zu Lothringen, und Grossherzogin
zu Toscana. Entbiethen allen Unseren nachgesetzten Obrigkeithen, Landes
Inwohnern und Unterthanen, was Würden, Stands, Ambts, oder Wesens sie
in Unseren König! Böhmischen Erblanden seynd, in Specie aber Unseren da-
selbstigen Kespective Landes- und Creyshaubtleuthen, auch Landes-Altisten
Unsere KÖnigl. Gnad, und geben denenselben hiemit Gnädigst zu vernehmen,
das Wir Unserem Obrist-Feld- Wachtmeistern, und lieben getreuem Caesar
Joseph von Lentulus in gedacht-Unsere Königl. Böhmische Erbländer zu
dem Ende abzuschicken befunden haben, damit er daselbst in ein- oder anderen
Orth von denen bey dermaügen Conjuncturen zu machen kommenden Ver-
anstaltungen die gehörige Information einziehen, und dassjenige. was derselbe
zu Unseren und des Publici Dienst nöthig zu seyn befinden würde, an die
Hund geben und gestalten Dingen nach Veranlassen solle.
Wir befehlen demnach obgedachten Unseren nachgesetzten Obrigkeithen,
Landes-Inwohnern, und Unterthanen hiemit Gnädigst und ernstlich, dass sie
erwehnten Obristen Feld- Wachtmeistern von Lentulus nicht nur aller
Orthen frey, sicher und unaufgehalten passieren und repassieren lassen, sondern
auch sowohl respectu deren in ein- und anverlangenden Informationen, als
auch sonsten in obgedachten seinen Verrichtungen zu der Sachen Beförderung-
willig und eiffrig an die Hand gehen, mithin die nöthige Assistenz auf das
schleunigste leisten sollen. Hieran beschiel) t Unser Allergnädigster Willen, und
Meinung, zu Urkund dessen besiegelt mit Unserem Königl. hierunter gedruckten
Secret-Insie»l.
Geben in Unserer Stadt Wienn, den Vierdten Monaths Tag January.
In Siebenzehenhundert Ein und Vierzigsten, Unserer Keiche des Hungarisch
und böheimbischen im Ersten Jahre.
(L- S0 Maria Th eresia.
Philippus Comes K i n s k y Ad niandatum Sacrae Regiae Majestatis proprium
lieg. Bob. Sup. Canc. Rudolph Graf Korzensk v.
Hermann Martin von L a u n e r. !)
') K. A., F. A. Mähren und Schlesien. 1741. 1' s.
570
XIII 2.
Wohlgeborner Freiherr !
Ueberbringer dieses ist Herr General-Wachtmeister Lentulus, welcher
von Ihro Königl. Maystät unserer Allergnädigsten Frauen in Schlesien zu dem
Ende abgeschicket wird, damit er daselbst in Ein- oder andern Orth von
denen Bey dermaligen Conjuncturen zu machen kommenden Veranstaltungen
nicht mir die gehörige Information einziehen, sondern auch dasjenige, was
derselbe zu Ihrer Maystät und des Pubrici Dienst nöthig zu seyn Befinden
würde, gestalten Dingen nach zu schieiniger Bewürkung veranlassen und end-
lichen über seine Verrichtung eine ausführliche Relation anhero erstatten solle.
Da nun Er, Herr General, in Specie auch nachher Olmütz zu gehen an-
gewiesen ist, umb daselbst nicht nur von denen Vöstungs-Werkern den
genauen Augenschein einzunehmen, sondern auch über den Stand, und Fort-
gang des aldort aufzurichten anbefohlenen getraydt und Fourage magatzins
die gehörige Nachrichten einzuholen, folglich seinen Befund nach der Sachen
Einriebt- und Beförderung Ein- oder anderes an die Hand zu geben.
Alss werden dieselbte sich angelegen seyu lassen, Ihme in seiner dies-
fälligen Verrichtung zu Beförderung Ihrer Maystät und des Publici Dienst
alle nöthige und willige Assistenz zu leisten; Ich verbleibe forthin
Euer Wohlgeboren
schuldiger Diener
Wien, den 4. Jarmuary 1/41.
K i n s k y. ')
An Herrn Br. v. Seh u b i r z.
'i Acten der k. k. Stattkalterei in Brunn. Defensions-Sacken ex Jan. 1711.
571
XIVA.
Consignation
deren zur Verwahrung der für die Hierlandes zu stehen kommende Königl. und
Landes fürstl. Miliz Herbeuschaffenden Benöttigten Getrayd- und Fourage
Sorten in nachfolgenden Königl. und anderen Privat Städten zu errichten
kommenden Haubt und Filial Magazinen alss
Die Haupt Magazinen kommen zu errichten :
Im Olmützer C r e y s s.
In der königl. Stadt Olmütz, Mähr. Neustadt, Stadt Prossnitz.
P r e r a u e r C r e y s s.
Stadt Krenisier, Leipnik.
B r ü n n e r C r e y s s.
Königl. Stadt Brunn, Stadt Wischau.
Znaymer C r e y s s.
Stadt Kromau.
Iglauer C r e y s s.
In der Stadt Trebitsch.
Hradischer C r e y s s.
Königl. Stadt Hradisch.
In welchen diessfälligen obspecificirten Königl. und anderen Städten von
seithen des Landes ordentl. Verlegern aufzustellen kommen.
Nun folgen die Filial Magazine, allwo die Magistratuale das Behörige
zu besorgen, mithin von denen dahin angewiesenen Herrsch, die auf selbte
repartirte Getreyd und Fourage Sorten zu empfangen und zu Verrechnen
haben alss :
Im Ol m ü t z e r C r e y s s.
Stadt Schönberg. Mähr. Trüb au, Littau, Kojetein, Gewitsch.
P r e r a u e r C r e y s s.
Stadt Neutitschein, Meseritsch.
Brünner C r e y s s.
Stadt Austerlitz, Göding, Nikolsburg.
Znav m er Creyss.
Königl. Stadt Znaym, Stadt Mähr. Budwitz.
Iglauer C r e y s
Königl. Stadt Iglau, Stadt Meseritsch, Teltscli.
Hradischer Gr e y s S;
Stadt Ostrau, Ungar. Brod.
572
XIV ,.
Getreide-Preise auf dem Markte zu Olmütz vom 31. Januar 1741,
Weizen der schönste per Metzen 2 fl.
Bier-Weizen 1 ,,
Korn 1 •,
Gerste 1 „
Hafer — ••
Prosse (Hirse) 1 :;
Erbsen 1 ,,
Linsen 2 ,,
Wicken — ,,
Hanfkörner 1 „
Heu eine Fuhr • • 2 „
Stroh ein Schock 2 ..
12 kr
45
30
15
51
24
12
6
54
15
Preise zu Prossnitz am 16. März 1741.
Weizen 2 fl. 6 kr.
Korn 1 .. 1 > ..
Gerste 1 ,. 27 ,.
Hafer 1 .. 3 ,.
Erbsen 1 .. 42 ..
Hirse 1 .. 45 ,,
(Acten der k. k. Statthalterei in Brunn.)
573
XVA.
Copia
einer Ordre des preussischen Feldmarschalls Grafen S c h w erin an den Herrn
Kreishauptmann in Mähren, Grafen von S a 1 m, in simili den Herrn Kreis-
hauptmann Baron S o h u b i r z.
Es wird sämmtlichen geist- und weltlichen Ständen des Fürstenthums
Mähren kundgethan, dass sie ä dato 11 Tagen sich bei der hiesigen königl.
preussischen Generalität per Deputatos, so mit genügsamer Vollmacht ver-
sehen sein müssen zu stellen haben, um mit denselben über die zu erlegende
Contribution sich zu vergleichen. In Ermanglung dessen, wann dieser Citation
in gesetzter Zeit kerne parition geleistet wird, haben sie zu gewärtigen, dass
sie nach Kriegsgebrauch durch Feuer und Schwert dazu angehalten werden
sollten.
Troppau, den 29. Januar 1741.
(L. S.) de Schwerin Graf zu S c h w e r i n s b u r g.
S. k. M. in Preussen über Dero Armeen bestellter
GFM. Ritter des Schwarzen Adler-Ordens und Gouverneur
der Festung- Peiz.
(L. S.) M a s s o w 1).
XVA.
Copia
der Ausschreibungen des preussischen GL. Grafen von Schulen bürg an
ein und andere Fürstenthümer in Schlesien.
Hoch- u n d "W o h 1 g e b o h r n e r He r r
Insbesonders Hochgeehrtester Herr!
Nachdeme die königl. preussischen Truppen in den Fürstenthümern
Oppeln, Jägerndorf, Troppau, Teschen, den bischön. Oerthern disseits der
Neisse, wie auch in denen mährischen Herrschaften, so in Schlesien belegen,
ingleichen in die Standes-Herrschaften Plessen und Beuthen. und in den
Statibus minoribus die Winter-Quartiere bezogen, die Nothdurffc auch erfordert.
dass vor dero Subsistenz gesorgt werde, da man denn unserer Seiten alle
J) K. A.. F. A. Mähren und Schlesien, 1741 ; U1 ».
5 74
Desordres zu verhüten wünscht ; als wird kein besser Mittel dazu sein, als
wann die Hochlöbl. Herrn Landes-Stände sich mit dem allerfördersamhsten
allliier bei mir einfinden und diese Sache in gehörige Ordnung bringen, da ihnen
dann eine Designation gegeben werden soll, woselbst die Truppen einlogirt.
und was an Mundportion und Pferde rations zu deren Subsistenz vonnöthen.
Sollten aber einige verzögern, um sich allhier einzufinden, so werden sie sich
alle Desordres, so hieraus gewiss entstehen werden, selbst beizumessen haben.
indeme die Truppen durch militärische Execution Alles beitreiben lassen
werden, ohne Unterschied, wodurch das eine Fürstenthum oder Standt des
Landes Schlesien gravirt werde oder nicht, der ich übrigens zu allen an-
genehmen Diensten mich offerire, und verharre indessen
Euer Hoch-Wohlgebohrn
dienstwilligster
Graf von Schulenb u r g
Troppau. den 29. Januar 1741. General-Lieuth. von der Cavallerie und
Commnndirender General derer königl.
Truppen diesseits der Neisse.
Denen Sämtl. Herren Administratoribus deren bischöfl. gütter disseits der Neisse.1
XV/8.
Placat
dass ein jeder / der Schlesischen / Einwohner / ohngelundert / von einem Orth
zum andern im Lande / reisen und Waaren / auch Vivres / zu den Städten
bringen könne / wie auch / dass alles vorräthige Getreyde / zu denen König-
lichen Magazinen / gegen baare Bezahlung / gelieffert werden solle. /
Gegeben zu Troppau, den 4. Februar 1741.
(Originalabdruck.) "-)
Nachdem man vermerket und erfahren, wie seit einiger Zeit die sonst
gewönlich-staiken Zufuhren auf die in Schlesien belegenen Städte und Flecken,
an Waaren, Getreyde, Fleisch, Bier, und allerley Arten von Victualien, und
was sonsten zur nöthigen Subsistence der Einwohner erfordert wird, ziemlich
nachgelassen, und solches grösstentheils aus der Ursach geschehen, weil man
von dem Einmarsch Sr. Königl. Maj. in Preussen Truppen in Schlesien, mit
üblen Vorurtheilen eingenommen gewesen, und dass selbige das gantze Com-
mercium, Handel und Wandel stöhren, und niemanden von denen Schlesischen
Einwohnern mit Waaren, Victualien und dergleichen ungehindert passiren
lassen würden, sich eingebildet; wovon jedoch das Contrarium am Tage
liegt ; indem vielmehr Sr. Königl. Maj. Allergnädigste Intention dahin gehet,
die Schlesischen Lande, auf alle nur ersinnliche Arth in Aufnahme zu bringen,
und zu dem Ende derselben Handel und Wandel, insoweit es die Umstände
erlauben, auf keinerley Weise gehemmt wissen wollen.
Als thue, auf Allergnädigsten Befehl Sr. Königl. Maj. in Preussen.
meines Allergnädigsten Königes und Herren, ich, Curt Christoph, Graf von
') K. A., Mähren u. Schlesien 1741; XII, 24.
Archiv d. k. k. iMinisterium des Innern. Fremde Gegenstände. Ad. 12 v. .T. 1741.
;) i .)
Hch wer in, zu Schwerinsburg, Sr. Königl. Maj. in Preussen, über
Dero Armeen bestallter General-Feldmarschall, Ritter des schwartzen Adler-
Ordens, Gouverneur der Vestung Peitz, Obrister über ein Regiment Infanterie,
etc. etc., hierdurch Jedermänniglich kund und zu wissen, dass das freye Com-
mercium, durch Ober- und Nieder-Schlesien, mit allerhand AVaaren und Lebens-
Mitteln, wie solche Namen haben mögen, und nach Innhalt derer sämmtlichen
Kauf- und Handelsleute Privilegiorum geführet werden sollen, hinwiederum
völlig hergestellet, und alle Habe und niedere Einwohner in Städten und
Dörffern, von Sr. Königl. Maj. versichert seyn sollen, dass Höchst-Dieselben,
wie überhaupt, also auch hierinnen, sämtlicher Unterthanen Flor und das all-
gemeine Beste, Allerhöchst zu befördern suchen, und weder dem Adel, der
Bürgerschafft, noch den Bauern im geringsten etwas zur Last legen werden
Zu welchem Ende Allerhöchstgedachte Se. Königl. Maj. durch mich,
Dero gantzen in Schlesien stehenden Armee, Allergnädigst, doch ernstlich be-
fehlen : alle diejenigen Personen, so mit Waaren und Victualien etc. von was
Arth dieselben se3'n, oder sonsten mit gültigen Pässen versehen, hin und
wieder in Schlesien reisen, nirgend aufzuhalten, noch weniger denenselben,
unter was vor einem Vorwand es auch geschehen möge, etwas abzufordern,
am allerwenigsten aber, dieselben zu spoliren, oder ihnen etwas auf diebische
Arth abzunehmen, sondern vielmehr sämmtlich frey, ungehindert, und unan-
gehalten, allenthalben pass- und repassiren zulassen; Widrigenfalls, und dass
die geringste Klage hierwieder einlieffe, der Verbrecher zur schweren Ver-
antwortung und unausbleiblich-harten Strafe, andern zum Exempel, gezogen
werden soll.
Da nun Se. Königl. Maj. einem jeden, er sey, wess Standes oder Reli-
gion er wolle, solchergestalt geschützet, und bey dem Seinigen gehandhabet
wissen wollen, so haben Allerhöchst Dieselben zu denen Ständen des Hertzog-
thums Schlesien auch das Allergnädigste Vertrauen, dass dieselben, nach dem-
jenigen, was Ihnen bereits bekandt gemachet worden, von selbsten ihr Ge-
treyde und Fourage zu denen Königlichen Magazinen zu Bresslau, Oppeln,
Grottkau, Ottmachau, oder Jägerndorff, um so eher frey willig bringen werden,
als Ihnen solches an jeden Orth des Magazins baar bezahlet wird'; solte dem
ohngeachtet aber damit zurückgehalten werden, und bey der nach Ostern
veranlassten Untersuchung, es sich würkhch dergestalt befinden, so haben
diejenigen, welche diesen Allergnädigsten Königl. Befehl und Intention zuwider
gelebet, sich der Confiscation ihres gantzen Vorraths ohnfehlbar zu gewärtigen.
Vornach sich also ein jeder respective zu achten, und vor Schaden zu
hüten wissen wird ; wesshalb dieses Patent gehörig publiciret, und in denen
Städten sowohl, als auf denen Dörffern, zu Jedermanns AVissenschafft, affigiret
werden solle.
Gegeben Troppau, den 4. Februar 1741.
(L. S.) Graf von S c h w e r i n.
576
XVI i.
Hochlöbl. Königi. Hof-Kriegs-Kath
Ihro Excellenzien, Excellenzien.
Gnädigste und gnädige, Hochgebietendste, Hocligeelirteste auch Hochgeehrte
Herren :
Einem Hochlöbl. Kais. Königi. Hof-Kriegs-Kath habe mit unterthänig-
sten gehorsamsten Eespect berichten sollen, wie dass der Preussische General
Major de la Motte den 8. dieses Monats mit 10000 Mann vor die Schanz
Jablunka angerucket, und solche durch einen Lieutenant hat auffordern lassen,
mit diesem Beybringen, dass, so fern ich ihnen den Posten abtretten werde,
mir solle erlaubt seyn, mit allen Ehren-Zeichen auszumarschiren, so fern ich
aber solches nicht tlmn wollte, so hätte Er, General, von dem Preussischen
König den Befehl, den Posten zu attaquiren, und mit Sturm einzunehmen.
AVeilen dann nun weder mit Mannschaft, noch Proviant bin versehen worden,
so bin gezwungen gewessen, um die Mannschaft zu conserviren, den Posten
aufzugeben, und laut dieser hier beygelegten in Copia verfasster Capitulation
mit allen Ehrenzeichen mit der ganzen Garnison abmarsehirt, Ursachen es
nicht änderst hat seyn können, und solches habe thun müssen, weilen nicht
mehr als 104 Mann (welches die Stärke meiner unterhabenden Compagnie
ist) gehabt habe. Mit denen Landes-Wybranzen ist gar nichts zu thun ge-
wessen, dann so bald als die Preussen die Schanze umrennet, und mit der Ar-
tillerie angerucket, so sind alsogleich 7 Wybranzen über den Wall geloffen,
und die andern sagten : sie wollten sich keiner wehren, weilen sie zu diesem
niemal geschworen hätten; Wie mir dann der General de la M o 1 1 e Selbsten
gesagt, dass 4 von denen übergeloffenen Wybranzen zu Ihme gekommen,
welche alles verrathen, wie es mit uns beschaffen seye ; die Wybranzen sind
auch alle in ihre Heimath gegangen, und haben ihr Gewöhr alles übergeben
an die Preussen ; den Hungarischen Secours die Trencsiner Stuhl-Heyducken
betreffend, so sind solche den halben Weeg von Csacza anhero gewessen,
unterwegs aber sich änderst resolviret, und seynd hinwiderum zurückgegangen,
bin also von aussen und innen mit Feinden umgeben gewessen, habe hiemit
kein anderes Mittel gehabt, als die angetragene Capitulation anzunehmen ;
Ich habe zwar nacher Brieg zu marschiren anverlangt, ist mir aber auf keine
Weisse zugestanden worden, bin hiemit nacher Csacza eine Meil weegs von
der Schanze in dem Trencsiner Stuhl gelegen, mit meiner unterhabenden
577
Compagnie, denen Artilleristen, und dem Pater Kaplan marschirt, allwo auch
den ferneren hohen Befehl erwarten werde ; hiemit bitte gnädigst anzubefehlen,
ob das Originale der Capitulation gehorsamst einschicken solle, wie ich dann
auch hiemit die Copien dsrer Herren Officiers mir schriftlich gegebenen
Resolution, aus welchem klar zu ersehen gnädigst belieben wird, dass vor
meinen Kopf allein nicht das Geringste vorgenommen, sondern derer Herren
Officiers Meynung darüber vernommen, welches dann auch in Originali ein-
geschickt werden soll nach gnädigstem Befehl ; übrigens mich zu hohen
Gnaden unterthänigst gehorsamst recominandire und ersterbe in tiefester Sub-
mission.
Eines Hochlöbl. Königl. Hof-Kriegsraths
Euer Excellenzien, Excellenzien
Meinen gnädigsten, und gnädigen Hochgebieten dsten Hochgeehrtesten auch
Hochgeehrten Herren
unterthänig gehorsamster
C s a c z a, den 9. Februar anno 1741.
XVI/2.
Job. Baron O'ß e i 1 1 y
Obristlieutenant,
Demnach der allhier stehende Commandant Titl. Hr. Obristlieutenant
Freiherr von O'ß e i 1 1 y den 29 e" Jan. a. c. in der 6ten Stunde des Abends uns
Endesgefertigte zu sich berufen lassen und uns von Ihro Excellenz dem
Teschnischen Herrn Landes-Hauptmann per Estafetam erhaltenes Schreiben
dd. Teschen, den 29te" January a. c. communicieret, in welchem Schreiben
Hochgedachter Herr Landes-Hauptmann oben gedachten Herrn Commandanten
den An-Marche derer Preysischen Trouppen berichtet xmd zuvor dass die
Preysischen Husaren den 2Sten curr. Mensis in seinem Guthe Schönhoff
würklich eingetroffen, warumen mentionirter Se. Excellenz Hr. Landes-
Hauptmann die allhier aus dem Teschnischen Fürstenthum auf der Schanz-
arbeit befindliche Leuthe zu dimittieren anverlangt, mit Vermeldten, man sollte
denen Arbeits-Leuthen beybringen, damit sie durch unterschiedliche Neben-
wege, um nicht dem Feinde in die Hände zu gerathen, in ihre Dorfschaften
zu kommen trachten sollten, als hat gedachter Herr Commandant Freiherr
von O'ß e i 1 1 y, dieweilen der Feind schon so nahe und nicht mehr als vier
Meillen von der Schanzen sich befinde, unser sämtliches Gutachten, was man
vornehmen werde, wann selber anrucken wird, verlanget. Da wir allso nach
guten Gewissen und der lieben Gott gefälligen Wahrheit zu Steuer nicht
änderst unsere Meynung und Gutachten geben können, als dass wir dem
Feinde Widerstand zu thun nicht im Stande seynd, sondern uns gutwillig
begeben müssten ; dieweilen
Erstens : Die Werker theils halb, theils gar nicht angeschüttet und in
unterschiedlichen Oertern mit Wägen in die Schanze gefahren werden kann,
darzu auch kein Thor gesperret, viel weniger eine Aufziehbrücken vorhanden
ist, obwohlen mehr gemeldter Herr Commandant Freiherr von O'ß e i 1 1 y alle
Möglichkeit bey Tag und Nacht angewendet, so hat es doch an Leuthen und
Zeit gemangelt.
Andertens : Nachdem wir in der Mannschaft sehr schwach uns befinden,
den offenen Ort zu defendiren und dem Feinde Widerstand zu thun, nicht
im Stande waren,
Oesterreichischer Erbfolgekrieg. II. Bd. 37
578
Drittens : da wir nirgends her bey so e3rlends anrückendem Feinde einigen
Secours zu hoffen gehabt,
Viertens : da wir nicht einmal auf einen Tag mit Proviant versehen
seynd, ein solches mit uns'rer eigenen Hand-Unterschrift und beygedruckten
Pettschaft bekräftigen, gegeben.
Schanz Jablunka, den 31. January Anno 1741.
(L. S.) Carl Max von T h 1 u k
Ober-Oommandant der Landes-Wybranzen.
(L. S.) Carl Friedrich von Schmeskal
Unter- Conimandant über die Landes-Wybranzen.
(L. S.) Johann Fischer
Lieutenant.
(L. S.) Samuel W e 1 1 n e r
Lieutenant.
(L. S.) Johann Petersberg
Feuerwerker.
XVI 3.
Dass heutigen Dato. Da auf Ihro Königl. Mayest. von Preussen Aller-
höchste Ordre, titl. Hr. General de la Motte den Lieutenant Körnichen
hieher zu mir geschicket, mit dem Anbringen, wie selber mit 10.000 Mann
vor diesen mir anvertrauten Posten wirklich gerücket sey, mit dem Anbegehren,
dass, sofern ihm dieser Posten von mir, Obristlieutenant und Commandanten
Johann Baron O'P e i 1 1 y übergeben werden sollte, so sollte ein freier Abzug
mit allen Ehrenzeichen nach Kriegsbrauch frey stehen, sofei-ne aber solches
Begehren sollte abgeschlagen werden, Er, Hr. Generalmajor eine Attaque auf
dieses Posto thun wolle, solches hiermit einnehmen wolle, worauf von Seiten
des Hr. Commandanten geantwortet worden, dass er auf diesen Fall die Attaque
repoussieren und sich möglichst clefendieren würde, indessen ist nach einigen
Unterredungen von mir als Commandanten mit obgedachten Hr. Lieutenant ein
Vorschlag geschehen und an den Hr. Generalmajor überschicket worden, worauf
selber bemeldten Lieutenant, nebst d. Hrn. Rittmeister von Ledivari und
Lieutenant von Kantezinsky wiederum hieher geschickt und den Antrag
gethan, die Articule von Uebergebung des Postens aufzusetzen, als dass
Hierüber replizieren auf den lten 1'"° Der allhiesige CommandantHr.
Punct im Namen des Hn. General Obristlieutenant Job. Baron O'ßeillj-
Majors de la Motte sammt der ganzen hiesigen Garnison
Accordieret. und Artilleristen mit allen Ehren-
zeichen frey ausmarchiren können.
Wird accordiret, dass der ganzen 2do dass der Garnison frey stehe,
Garnison frey stehe, mit klingenden mit klingenden Spiel, fliegenden Fahnen
Spiel und fliegenden Fahnen auszu- und 2 Stücken hieraus zu marschiren
rnarschiren, ausser denen Kanonen, erlaubet seyn solle,
welche auf ihren Posten mit völliger
Ammunition stehen bleiben.
Accordiret, die Mannschaft be- 3 ' ° Nicht weniger, dass der Garni-
treliend wird die Amunitionfrey stehen, sonfieystehensofl,MannvorMannzu24-
der Kanonen wegen bleibt es wie Schuss Pulver, sammt zu den 2 Stücken
obiger Articul sub Nr. 2 besagt. gehöi'igeAmmunitionmitsichzunehmen.
5?y
Accordiret.
Kann ohnmöglich aus erheblichen
Ursachen accordiret werden, sondern
geraden Weges nach dem Königreich
Hungarn zu marschiren.
Soll keineswegs geschehen.
Sowold vor selbe als hiesiges
Posto soll aUer hiermit accordiret
werden und keiner Beleidigung ge-
schehen.
Wird ihnen alles accordiret. um-
so viel mehr, als sie bey ihren Wirth-
schaften verbleiben wollen und reser-
viret sich also ab Titulirter Hr. General
Major de la M o 1 1 e, dass sogleich
nach ihrer Unterschrift und Ueber-
bringung dieses Contracts alsogleich so-
wohl dieser Posten, als die sogenannte
kleine Schanz mit genügsamer und dazu
gehöriger Mannschaft Er zu Copiren
und zu beschützen befugt seyn möge.
Datum grosse Schanze Jablunka,
(L. S.)
(L. S.)
(L. S.)
(L. S.)
(L. S.)
(L. S.)
(L. S.)
(L. S.)
4*> Die benöthigte Vorspann und
Pferde, sowohl vor die Bagage, als
Kranken bis nach dem verlangenden
Ort zu verscharren.
5to Wie ich denn als Commandant
begehre, ein vor allemal nacher Brieg
zu dem alldorten stehenden Löbl.
Regiments-Battaillon mit der ganzen
Garnison frey zu marschiren.
6'° Dass die Preussischen Herren
Ober- oder Unterofficiers, weder ge-
meine zu Ross oder Fuss befugt sein
sollen, jemand von der allhier stehen-
den Garnison des in Sr. Mayest. des
Königs von Preussen Dienste zu
animiren oder aufzunehmen.
7rao Welches alles obgedachte so-
wohl vor die auf der kleinen Schanze
stehende Mannschaft als vor hiesige
Guarnison ausgemacht seyn soll.
8vo Das die allhier befindlichen
Landes -Wybranzen sich nach ihrer
eigenen Resolution von hier nach dem
Aussmarch nach ihrer Heimath, ihren
habenden Grund und Boden zu bear-
beiten frey ziehen können, welches
sie auf Anfragen ihrer eigenen Herrrn
Ober- und Unter-Commandanten
so und nicht anders gesinnet seyn,
als zu ihrer Wirthschaft und Weib
und Kindern zu gehen.
den 8ten February A. 1741.
Johann Baron O'Reilly
Obristlieutenant.
Rittmeister de Ledivari
Lieutenant von Kantezinsky
Johann Fischer
Lieutenant.
Samuel Wallner
Lieutenant.
Carl Max von T h 1 u k
Ober-Commandant.
Carl Friedrich von Schmeska)
Unter- Commandant.
Carl Komi" che n
Lieutenant.
Obige Capitvdation Ratihabition in allen Stücken Gross Schanz Jablunka, den
8. Februar 1741.
(L. S.) de la M o 1 1 e
37*
580
XVI L.
O'ß e i 1 1 y Obristlieutenant.
\V i e n, den 21ten July 1741.
Notiflcatur resolutio
Dass selber wegen des an die Preussen übergeben en Passes Jablunka von all
weiterer Klag und Verantwortung vollständig los und ledig gesprochen seyn.
Anzufügen : Es seye jenes, was Er wegen Uebergab an die Preussen
des seinem Commando anvertraut gewesten Passes Jablunka zur Verantwort-
end Gerechtsfertigung beygebracht, durch die eigens zusammengesetzte
Mihtär-Commission genau untersuchet und dem hinterlassenen K. Hof-Kriegs-
rath darüberhin berichterstattet worden, woraus erscheint, welchergestalten
Ihme Herrn Obristlieutenant zu erwähnter Uebergab und mit denen Preussen
8ten Februar laufenden Jahres geschlossenen diesfälligen Capitulation nach-
den folgende Haupt-Ursachen bewegen :
Erstlich wäre Jablunka ein ganz offener, mit keinen Parapet Aufzug-
Brücken, noch hinlänglichen Palisaten versehener Ort.
Andertens wegen damalig angehaltenen üblen Witterung und häufigen
Schnee nicht möglich gewesen, die zur Gegenwehr benöthigte Arbeit vorzu-
kehren oder Drittens dem feindlichen zahlreichen Anlauf standhaft zu begegnen,
weder den angedrohten Sturm abzuschlagen, oder auszuwarten, weder könnte
Viertens durch die erst zehn Tag vor des Feinds Anrückung ihme zugeschickten
120 Bauern in so kurzer Zeit bey denen Pallisaten und Werken die Arbeit
bestritten werden und hatten viel mehrers
Fünftens diese Bauern gegen den Feind sich gebrauchen zu lassen
absolute geweigeret, ja solchenfalls das Gewehr hinweg zu werfen und von
dannen sich zu begeben angedrohet, wie dann
Sechstens bey des Feinds Anrückung sogleich einige zu selben über-
gangen, die Schwäche der Garnison und Unvermögenheit der Defension ent-
decket, dahingegen nach der Capitvdation die meiste aus ihnen Preussische
Dienste angenohmen.
Siebentens wäre die Garnison nur 112 Mann und darunter von 90 ohn-
exercirten Eecrouten stark gewesen, weder hätte Er, Herr Obristlieutenant
einigen Sucours erhalten, oder in Beobachtung des Feinds Annäherung sicher
anhofen können.
Achtens an Proviant und Lebens-Nothdurften wäre gleichmässiger
grosser Abgang, weder in der Schanz ein genussbares Wasser — sondern
solches hätte zwey Büchsen Schuss weit hergehollet werden müssen.
Neuntens . Von der Artillerie wären nur acht Stück, sieben Eyserne
und ein Metallenes vorhanden, welche, nachdem die Patterien wegen Resistenz
derer Bauern nicht verfertigt worden, nicht einmal könnten aufgeführet und
gebrauchet werden, da übrigens
Zehntens der Feind mit 10.000 Mann den Pass berennet und auf die
alsogleiche Capitulation angedrungen, die in der Garnison gestandenen sammet-
lichen Officiers ebenfalls einhellig angerathen, nöthig auch besser zu seyn, dass
man die Leute erhalte, als durch eine in der That ohmnögliche Gegenwehr
nebst den Pass gleichwolen verliere.
581
Schliesslichen hatte er seinesorts nichts erwinden lassen, was zur
Defension diensam wäre, hätte zu solchem Ende noch in Friedenszeiten, auch
nachmals, als die Preussen gegen Schlesien angerucket, den schlecliten Stand
dieses Passes gehöriger Orten vorgestellet undumBeyschaffung derer Defensions-
Mittel gebetten, solche jedoch nicht überkommen, mithin seiner Obliegenheit
vollkommenes Genügen geleistet; Wann nun der Herr FM. Graf vonPalffy
Ihme, Herrn Obristh'eutenant, das Zeugnüss beygeleget, es auch die ander-
weitig eingezogene Nachrichten bestätigen, dass mehr widerholten Pass gegen
die Preussen zu erhalten, oder sich in eine mehrerer Gegenwehr zu setzen,
aus Abgang der Mannschaft, Proviant und anderer ohnvermeidenthchen Er-
fordernussen ein offenbahre ohnmöglichkeit gewesen, sondern Herr Obrist-
lieutenant so viell von ihme, seinen zeitlichen Berichten und nachmaligen
Veranstaltungen abgehangen, an seiner Pflicht und Schuldigkeit nichts er-
winden lassen, ja sich solchergestalten aufgeführet habe, dass ihme der
Jablunka-Uebergab und getroffenen Capitulation halber nichts nachtheiliges
zugeinuthet, weder einige Ausstellung gemacht werden mag, bei welchen Um-
ständen dessen obangeführte Gerechts-Fertigung allerdings vor hinlänglich be-
funden, folgsam ihme, Herrn Obristlieutenant, in Sachen von all weiterer Klag
oder Verantwortung, wie hiemit beschiehet, vollständig los und ledig zu
sprechen vor billig und recht erkennet worden ist ; Als thue man solches
Ihme, Herrn Obristlieutenant, zu seiner Legitimation und allmaligen-noth-
durftigen Gebrauch hinausgeben. J)
]) K. A. Aus dem Manuscripte des FZM. Browne: Oesterr. Successiouskrieg 1740.
582
XVII.
Effectiyer Stand
der nach Böhmen, Mähren und Schlesien beorderten königl. Infanterie- und
Cavallerie-Regimenter. !)
Infanterie
Regimenter
sg sc
rt ö §
<! o'-ß
Mann
Cavallerie
Regimenter
Effeetiv-
Stand
Abgang
v. complet.
Stand
Mann .Pferde Mann ; Pferde
Franz Lothringen
* Alt-D aun . .
*0'Gilvy . . .
Hessen-Cassel
Carl Lothringen
Kolowrat . .
Granne 2 Bat.
Harrach 2 Bat.
*Wenzel Wallis
*Botta ....
Browne . . .
Schmettau . .
*Thüngen . . .
Baden-Baden .
*Max Starhernbere
1896
1400
1766
919
1324
1231
1199
1201
1539
1160
1394
1075
1020
1938'
1763!
104
900
654
1081
776
769
221
99
761
1140
606
925
12S0
62
537
Summe .
20825 9915
Cürassiere
Seherr . . .
Hohenzollern
Lanthieri
Cordova . .
Hohen eins .
Diemar . .
Birkenfeld .
Summe
718
759
759
924
790
839
858
696
638
708
876
648
776:
700 i
82 104
41 162
41 92
10 152
24
100
Dragoner
* Württemberg
Althan n . . .
Batthyanyi
Liechtenstein
Römer . . .
Summe .
5647 5042
797
838
854
800
915
846
840
864
800
858
1741 634
203; 154
Husaren
Csäky ....
Desewffy . .
Splenyi . . .
*Pestvärmegyei
*Ghilänyi . . .
*Karolyi . . .
Summe
758
657
648
740
699
776
737
581
525
686
685
4204 4208 203 154
42 63
143 219
152 275
60 114
101 158
104 195
4278 3856 602 1024
Cürassiere
Dragoner
Husaren
5647 Mann 5042 Pferde
4204 „ 4203 „
4278 ., 3856
Ges.-Summe 14129 Mann 13106 Pferde
') Ans dem B r o w n e 'schert Manu Script. Oesterr. Success. Krieg 1741. Der Stand ist
bei den meisten Regimentern nach den Listen per Februar 1741, nur bei den mit einem *
versehenen nach der General-Tabelle vom 5. November 1740, K. A., Oesterr. Erbfolgekrieg
1740; IX, 1. angesetzt.
583
XVHI/i.
Offene Ordre
An die Commandanten der aus Hungarn nacher Scalitz im Marsche Begriffenen
Königl. Regimenter.
Anzufügen; Nachdeme der Antrag ist, von jetztbesagten Regimentern
auch einige über den von Scalitz unweit entlegenen Orth Belekowa (Welka),
sofern änderst von dar die weeg in dem Marggrafthum Mähren practicabl
seynd, instradiren zu lassen, und damit nicht die sambentlichen Trouppen
durch eine Strasse zu marschiren nötliig haben, folghch an der schleunigen
fortrückhung, woran bey jetzigen umbständen sehr vielles gelegen ist, nicht
gehindert werden mögen ;
Als wirdt Ihnen obgemeldten Regiments-Commandanten krafft dieses
ernstlich anbefohlen, dass diejenigen, denen diesfalls von dem (titl.) Luzan die
eigentliche Ordre ertheillet werden wirdt, solcher ohnweigerlich nachkommen,
und mit denen Ihren Commandanten anverthrauten Regimentern nach ob-
bemeldtes Orth Belekowa (Welka) den Zug nehmen, von der dasigen anrückhung
dem (titl.) Zinzendorff ') die zeitliche Nachricht geben und soforth nach
dessen anleithung den marsche weithers forthsezen sollen
Wien, den II. Januar 1711. s)
XVIII'2.
Offene Ordre
an die Commandanten deren aus Hungarn über Welka in Mähnen einzutreffen
habenden Regimenter und respective Colonnen.
Anzufügen ; denenselben wäre bekannt, verordnet worden zu seyn, dass
bey anlangung nach Scalitz durch den allda befindlichen Medicum und Chy-
rurgum Mann für Mann visitirt, dan die mundurn, bagagen, und anderen effecten
dem vorgeschriebenen Sanitets- [nstituto gemäss durch die hierzue bestellten
leuthe auf das genaueste gereiniget, und sodan erst, wan dieses geschehen,
und alles gesund und rein befunden worden, der marsche weithers fortgesezet
') Commandierender General in Brunn.
) K A., Bestallungen 1741 ; 7158.
584
werden solle; Wiezuinahlen nun diese nenibliche praecautionen auch zu anfangs
gedachten Welka beobachten zu lassen die Sicherheit des allgemeinen ge-
sundheits-standes unurnbgänglich erfordert.
Alss wirdet Ihnen, obgenieldten Commandanten, deren Regimenter oder
Colonnen krafft gegenwärtiger offener ordre hiemit auf das gemessenste an-
befohlen, nicht nur bey- oder vor eintreffung zu berührtem Welka durch
den allda anwesenden Medicuni, Chyrurgum, und die Reinigungs-Meister, die
Visitation, und Reinigung bey Vermeidung ohnfehlbahrer schwerer bestrafung
ohne geringste Widerrede mit gutter Ordnung bewürken zu lassen, sondern
auch selbsten für den wahren reinen gesundheitsstand eyfrigste sorg zu
tragen, und absolute nichts Verdächtiges, wan sich wider verhoffen was
äussern solte, zu verhellen, mithin dem Publico kein Unheyl, sich aber keiner
Verantwortung zuziehen.
W i e n. den 21. Januar 1741. l)
XVIII/3.
Offene Ordre
an die Commandirenden Officiere deren über Scalitz in Mähren zu passiren
habenden Königlichen Truppen.
Anzufügen : Es wäre zwar bisher der (Titl.) Luzaa allda angestellet,
umb die Marschen über diesen Pass mit guter Ordnung einzuleithen, um deren
vorzukehren seyenden Sanitäts Praecautionen halber die ob er- aufsieht zu
Tragen ; nachdeme aber die in Hungarn noch zurückh befindliche Regimenter,
welche über gedachten Pass zu gehen hätten in mehrere Routen abzutheillen,
und noch über 3 andere Pass, nemblich über Welka, Hrozinkau und Ularz
zu instradiren entschlossen worden, mithin ersagter (Titl.) Luzan zu berührten
Scalitz so sehr nickt mehr von nöthen und dahero von dannen abberuffen
worden, gleichwohlen aber ohnumbgänghch erforderlich ist, dass zur Sicher-
heit des all menschenmöglichen Vorsichtigkeit erheuschenden allgemeinen
gesundheitsstandes die in den Sanitäts-Instituto vorgeschriebene Visitation
der leuthen und reinigung der effecten ein, wie den andern weeg geschehe.
Alss wirdet anfangs gemeldten Commandirenden Officieren ernstlich an-
befohlen, dass Sie dieser offenen ordre zufolge durch den zu mehrerwelmtem
Scalitz stehenden Medicum und Chyrurgum, dann die Reinigungsmeister die
genaue Visitation, und Reinigung nicht allein ohnweigerlich verstatten, sondern
auch allen behelf darzue geben, dann hierunter das geringste nicht verliehen
und auf den vollkommen reinen gesundheits-Stand selbst pfüchtmässig zu
sorgen, sich angelegen seyn lassen sollen.
W i e n, den 28. Januar 1741. 2)
') K. A., Bestallungen 1741 ; 7159.
K. A.. Bestallungen 1741; 7162.
585
XIX.
Werb-Patents-Forniular.
Nachdeme die derniahligen gefährlichen und weith aussehenden Umb-
stände zu Unserer und der allgemeinen Reichs-Wohlfarth Uns bemüssigen,
auf die schleunige ergänzung Unserer Infanterie Regimenter mit allem ernst
zu gedenken, die darzu erforderliche auf eine nambhaffte anzahl sich belauf-
fende Mannschaft aber aus Unseren Teutschen Erblanden allein nicht so ge-
schwind, als es die instehende noth erheuschet nicht wohl hergehollet werden
Können, Wir dahero Unserem Obristwachtmeister und Commandanten zu
Rheinfelden Freiherrn von Tornaco Gnädigst aufgetragen haben, mit alier-
möglichstem Eyfer beflissen zu seyn, einige Tausend recruten in dem heyl.
Römischen Reich auf das allereheste alss immer Thunlich aufzubringen, und
solche nacher Eger in Unserem Königreich Böheimb, oder zum theill auch
nach Reuthy in Tyroll zu liefern, wessentwegen Wir demselben bereiths an
verschiedene hoch- und löbliche Reichs-Stände die gewöhnlichen requisitions-
schreiben zugeschicket haben, umb selbe gebührend zu überreichen, und
solchen zufolge sowohl die Verstattung der Werbung, als der Durchmarschen
anzusuchen, die übrigen requisitorial-schreiben aber, wann Er deren allenfalls
noch einige wegen der auch in anderen Districten anzulegen antragenden
Werbungen, mithin sich darnach äussernden marschen vonnötten haben möchte,
auf dessen anzeige alsogleich zu erlassen ohnermangeln werden.
Alss beschiehet hiemit Unsere respective Freund-Schwesterlich, auch ge-
zimendes und Gnädigstes Ansinnen an die höchsten und löblichen Stände des
Reichs und an jene Reichsstätte, die Er, Unser Obrist-Feldwachtmeister Freiherr
von Tornaco, in Unserem Namen disserwegen angehen wird, dieselben be-
lieben, nicht allein in dero gebiet ihm und denen von Ihm bestellenden Sub-
alternen Officieren die freye Werbung und durchzug der Unss zugehörigen
alten und neuen Mannschaft willfährig zu erlauben, sondern auch all geneigten
und beförderlichen Vorschub demselben oder denenselben angedeihen zu
lassen, als welches Wir in derselben gelegenheit mit gleichmässiger bereither
Willfährigkeit zu erwidern Uns angelegen sein lassen werden. Geben etc.
Wien, am 18. Januar 1741. 1)
') K. A . Bestallungen 1741; 7160.
586
Offene Ordre
an die zur übernehmung der Land Ständtischen Rekruten im Marggrafthumb
Mähren beorderten Officiere.
Anzufügen: Es wäre ohnehin bekannt, dass der (titl.) Zinzendorff das
Superarbitrum bey denen Rekruten assentir- und übernehmungen in den
Marggrafthumb Mähren zu besorgen habe, mithin die zu solcher übernahm
commandirten Regiments Ofüciers. mit der Kriegs gebräuchigen Subordination
an denselben angewisen seyen ; Man wolle aber die übernahms-Officiers hiemit
nochmahlen an ersagten (titl.) Zinzendorff dergestalten anweisen, dass und ob
ihme zwar allerdings oblieget auf die genügsame tauglichkeit der Rekruten,
und zwar das selbe gleich jetzo zu wirklichen Feld Kriegsdiensten und Aus-
stellung der Feld-Strapazen im Stand seyn, die prlichtmässige aufsieht zu
tragen, mitbin ihnen keineswegs verwehret ist, sondern es villmehr ihre
schuldigkeith erfordert, über die bey den Rekruten findende erhebliche und
gegründete Bedenkhen und anstände die ausführliche anzeige zu thim, sie
solches jedoch mit der gebührenden bescheidenheith und genauer beobachtung
der Militär Subordination, dann des gezimmenden respects Bewürckhen. und
diejenigen Rekruten, welche allenfahls auch wider ihre Vorstellungen wider-
holte r (titl.) Zinzendorff von des obhabenden Superabitriy weg als tauglich
ihme übergeben lassen möchte, olmweigerlich anzunehmen, allermassen sie
solchen falds ihresorths ausser Verantwortung seyn würden, man hingegen
nicht vermuthen will, noch kann, dass derselbe als ein von Ihrer Majestät
Allerhöchsten (Dienst) so eifriger und erfahrener General andere Leuthe, als
welche zu würeklichen Feld-Kriegsdiensten dermahlen in standt sich befinden.
tüchtig erklären und anzunehmen verordnen werde.
Wien, den 11. Februar 1741.'
') K. A.. Bestalhmgen 1741; 7166.
587
XXI i.
Designation
was zu Bevorstehender Ausrüstung deren IG Feld-Stücken Bey dem Feld-
Artillerie Haubt-corpo an verschiedenen requisiten auss dem Haubt-Zeughauss
AVienn abzugeben kommet :
3pfündige Stück-Kugeln 438
G » n „ 198
12 „ Haubiz-Grenaden 80
12 „ Schrott-Büchsen 20
ohngefüllte Hand-Grenaden 700
gegossen calibermässiges Kugl-Bley in ihren
Küsteln 281 Ctr
Flinten - Pulfer | ist auss dem Prager-Haubt- 138 „
an Stück- ., j Zeughauss zu erfolgen 18 .,
an Lunthen q
Haubitz-Grenaden-Brand-Böhren 100
Brand-Röhren zu Grenaden 700
dem Feld- Artillerie Haubt - Corps müssen geschlagen
werden.
Flinten- Steiner 20000 stk.
Sand-Säcke 2000
angestillten Schanz-Zeug, worunter Vs Grampen und
a 3 Schauffein 1625
Bausch-Hacken 25
Faschinen-Messer 25
Pallisaden -Hacken IC,
1
4 „
2
- i?
2 ..
1 ■•
1 „ ')•
25 Pfd.
62V2 „
6
96
io aber Bey
Falckaunen-Schall-Blech
Regiments-Stuck Rad-Büchsen . . . .
Falckaunen- „ ,,
unbeschlagene Regiments-Stuck-Räder
unbeschlagenes Falckaunen-Rad . . .
unbeschlagenes Haubiz-Rad
"i K. A., Schlesien 1741 ; II, ad 5 b.
588
Specification.
Wass vermög Hof-Kriegs-Räthlicher resolution von dein königl. Feld-Ar -
tillerie-Corpo sich in March-fertigen Stand Haltet, umb Lei erst- einlangender
ordre mit dem in Wischehrad aussrüstenden geschütz, und Artillerie Fuhr-
werke entweders in Einem oder nach erforderlichen umbständen in zwey
Detachementern von Prag auss zu Marschiren, vor welche also nothwendig
auf einige Tag Hier in Prag sowohl die unterkunfft. alss vor officiers- und
Königl. Dienst-Pferde die Verpflegung unmassgeblich zeitlich ausszuweisen
wäre, auch Ein — Hochlöbliches Königl. G-ouverno wegen einiger anticipat.
Monathern gnädig zu refleotiren geruhn wurde.
Portiones
.Mund Pfenl
1 Obrist-Lieutenant 24, 24
2 Stuck Haubtleuthe 24 24
3 .. Junkher 13 12
2 Alte Feuerwerkher 8 8
5 Junge Feuerwerkher 10 10
1 Fourier 4 4
1 Fourierschütz 2 1
1 Zeug-Schreiber 3 2
1 Proviant-Schreiber 3 2
2 Feldschergesellen 6 4
7 Pixenmeister-Corporalen 21 7
7'» Pixenmeister 140 —
Ton Zeug-Am b t.
1 Zeugdiener 2 —
1 Pulverhütter 2
1 Unter Schinidmeister 3
9 Schmidgesellen 18 —
1 unter wagnermeister 3 1
2 Wagnergesellen 4
2 Sattlergesellen 4 —
2 Eiemergesellen 4
1 Zimmermeister 3 —
G Zimmergesellen 12
1 Handlanger Corporal 3 1
10 Handlanger 20
3 Wagenbauern 6
1 Tambour 2
Von der Minier- Co m p a g n i e
1 Minir-Lieutenant 6 4
1 ,, Corporal 3 2
3 alte Miniers 12 —
(.) junge Miniers ... • 18 —
151 Köpf Latus . . .383 10G
589
V o ii de r Eoss-P a r t h e y
151 Köpf Latus . . . 383 106
1 Ober- Geschirrmeister 8 8
> 1 Ross-Arzt . (i 6
5 Wagenrneiste:- 20 20
5 geschirr-Knecht ... 10 10
232 Stuck-Knecht 348
Königl. Stuck-Pferde — 464
395 Köpf Summa . . . 775 614
Prag, den 21. Januar 1741.
Gegenwärtige Specification ist durch Herrn Artillerie-Obristlieutenaiit
Popp von Furtenburg an die Commissariatische Amts Substitution unter
obigen dato übergeben worden.
Franz von Fische r. ')
J) K. A., Schlesien 1741 ; II, ad 26 c.
:,:>()
XXII.
Aufruf des Feldmarschall und Judex Guriae Graf Johann Palffy
zur Truppenstellung-.
1 1 1 u s t r. Reveren d.
Ihr habt gehört, wie verachtungswürdig, gewaltthätig und gesetzeswidrig
in seinem bisherigen, der gelobten Treue und dem Völkerrechte widerstreiten-
den Vorgehen, der König von Preussen, unbekümmert um die pragmatische
Sanction und indem er die Verpflichtungen ehrlicher Treue schmählich ver-
letzte, gegen unsere gänzlich unvorbereitete, so milde Königin und Herrin
die Waffen erhob und schon fast ganz Schlesien, ohne irgend welche Be-
rechtigung, ohne gesetzlichen Anspruch mit Gewalt und Macht besetzt habe :
ohne Zweifel wird es auch Eueren Gnaden schon lange klar sein, dass, zumal
man allenthalben und offenkundig über seine Verwegenheit hört, sich schon
der Markgrafschaft Mähren zu nähern und sich auszubreiten, mit Recht die
Befürchtung besteht, er werde, getreu seiner verdammungswürdigen Weise zu
handeln, auch in das Gebiet Ungarns einfallen und so jenes anderwärtig schon
von unsäglichen Drangsalen und Elend gedrückte Land verheeren und verwüsten.
D esshalb nun habe ich zur Abwehr der verderblichen Anschläge des-
selben, zur Vertheidigung Ungarns, durch die Treue zum Opfer selbst meines
Blutes verpflichtet, fest beschlossen, mich jenem, wenn er die erwähnten
Feindseligkeiten weiter oder gar gegen die Grenzen oder das innere Gebiet
Ungarns ausüben würde, persönlich mit der vereinten Kampfestüchtigkeit der
Deutschen und Ungarn entgegenzustellen.
Aus diesem Grunde, da die Wahrung und das Wohl des Vaterlandes es
erheischt, wollte ich Euer Gnaden liiemit auffordern, mir betreff Abwehr der
feindlichen Anschläge und zum Schutze, wie zur Wahrung des Vaterlandes
vor den Feindseligkeiten jener, möglichst schnell bekannt geben, wie viele
tüchtige, beherzte, mit Waffen und den nöthigen kriegserfahrenen Officieren
versehene Reiter Sie derart aufstellen könnten, dass diese gehalten wären, so-
fort auf meinen ersten Befehl bereit zu sein und mit mir dahin vorzudringen,
wo die Notwendigkeit und die Angriffe des Feindes es erfordern mögen.
Sie sollen freie Beute haben, nebst Heu. Hafer und Brod.
Hiezu verhelfe Euch Gott.
Press b u r g, 2G. Januar 1741. J)
Den Comitaten Pressburg, Neutra, Trencsin, Liptau, Veszprim, Sümegh,
Bars, Zalad. Eisenburg, Heves, Biliar, Szathmar, Zabolcs, Komorn, dessgleichen
den Jazygiern und Kumaniern.
') K. A. Mähren und Schlesien, 1741, 1, ad U.
591
XXIII.
Wien, 14. December 1740.
Vom Hof-Kriegsrathe au überstlieuteiiaiit von Foutanella.
Nachdem der Conmiandant zu Glatz Herr Oberst von Linckh seiner
Leibs-Constitution und Alters halber von hier nicht wohl abgehen kann, und
die dermaligen Umstände einen im Kriegswesen wohl erfahrenen und activen
Commandanten allda erheischen, so haben Allerhöchst ernennte Königl. Majestät
Allergnädigst anbefohlen, ihn H. alldahin abzuschicken und wird dem-
nach ein solches demselben zu dem Ende hiemit bedeutet, auf dass er sich
nach Empfang dieses fördersamst nach gedachtem Glatz zu verfüge, dasiges
Commando bis auf anderweitige Verordnung übernehme, sofort sowohl den
Fortificationsstand, als das Proviant-Magazin und Zeughaus visitiere, in was
für einem Stand ein so anderes sich befinde und was zur Defension des Platzes
erforderlich wohl überlegen und nach dessen Feststellung eine ausführliche
Relation anhero abstatten möge, wobei zur Nachricht dienet, wasmassen der
Herr Ingenieur-Oberstwachtmeister T e 1 1 o unter einsten ebenfalls beordert
worden sei, unverzüglich hineinzugehen, die Fortifications-Werhe zu beaugen-
scheinigen, was für Reparationen fürzukehren, auch wie sonsten dieser Posto
in behörige Defension zu setzen, zu überlegen, sodann das weitere darnach
anzuordnen und wann die jetzige Winterszeit an Mauerwerk etwas zu machen
nicht zuliesse zur Versicherung des Platzes das Nöthige mit Erdenwerk,
Faschinen, Verpallisadirungen und dergleichen zu veranstalten, mithin ge-
dachten Platz so viel und baldmöglich dergestalten herzustellen, damit solcher
bei einem unvermutheten Anstoss eine genügsame Gegenwehr zu leisten ver-
möge, dahero er mit ersagtem (tit.) T e 1 1 o nicht allein gutes Einverständniss
pflegen und ihm hierinfalls bestens an Hand gehen, sondern auch bei dem
dasigen königl. Amt der Landes-Hauptmannschaft das Behörige hiernach einzu-
leiten alles Eifer sich angelegen sein lassen, wie dann auch von Seiten der
löbl. königl. böhmischen Hofkanzlei die behörigen Befehle zu eben dem Ende
dahin ablaufen, iim mit Allem, so dazu nöthig nach Möglichkeit bestens an
Hand zu gehen.
Nebst dem wird ihm ohnehin bekannt sein, wasmassen wiederholter
Posto Glatz von dem General- Commando des (tit.) O'Gilvy abhänge, mithin
wird er Hr. . . . an denselben mit der kriegsgebräuchigen Subordination Kraft
dieses angewiesen, dergestalten, dass er auch demselben von Allem die
592
Rapports abzustatten und dessen Verordnungen geziemend nachzuleben hat.
dahingegen nicht minder erstbesagtem (tit.) O'G i 1 v y unter einsten geschrieben
worden, dass selber die Glatzerische Garnison an ihn Herrn . . . kriegsgebräuchlieh
anweisen, dessgleichen weil die in die Grafschaft Glatz zu verlegen angetragenen
9 Harrachische Compagnien in Schlesien zu verbleiben haben, zur Verstärkung
gedachter Garnison von seinem unterhabenden Regiment allsogleich die hin-
längliche Mannschaft dahin schicken und obschon mit oberwähnter löblich.
königl. Böheim. Hofkanzlei veranlasset worden eine Anzahl von diensttaug-
lichen Invaliden demnächst dahin zu legen, er zwar nach deren Einrückung
einen Theil der dahin schickenden regulierten Mannschaft zurück wieder ziehen
könne, so viel jedoch allda zurückzulassen habe, als Erfordernuss nöthig zu
sein erachtet werden wird.
Ferners ist in Erwägung, dass der (tit.) Wenzel "Wallis bei dermaligen
Umständen von dem ihm anvertrauten Posto Glogau sich nicht entfernen
kann, das Interims- Commando über die in Schlesien befindlichen und ferners
dahin ziehenden Truppen dem FML. Bro w n e aufgetragen worden, dem also
der Herr . . . von allen Vorfällen die behörige Nachricht zu ertheilen und in all
dem, so von ihm anverlangen möchte, bestens an Hand zu gehen haben wird,
als welches Ihre königl. Majestät Allerhöchster Dienst unumgänglich bei der-
maligen Umstände erfordert.
Uebrigens ist an die Hofkammer die Noth dürft schon ergangen, dass
ihme Herrn . . . die gebührenden Reisegelder schleunigst verabfolgt werden.
Welches also demselben zu seinem Verhalt hiemit bedeutet wird, mit
dem zu demselben setzenden festen Vertrauen, dass er sich angelegen sein lassen
werde, obigem Commando mit aller Wachsamkeit bestens vorzustehen und bei
sich ereignendem Fall sich also zu betragen, wie es sein obhabender Fleiss mit
sich bringen und man sich dessen zu seiner Erfahrenheit und jederzeit be-
zeugten Schuldigkeit versichert.1)
»j K. A., H. K. R. 1740. Prot. Reg. 315.
593
XXIV.
Der Prälat von Grrüsau an den Landeshauptmann Grafeu
Waldstein am 26. Februar 1741.
.,E. E. meine beständige Devotion contestieren und einige angenehme
Dienst bezeugen zu können, schätze mh- jederzeit für ein ganz besonder Glück;
dass dann bisher mit einigen schlesischen Neuigkeiten nicht dienen mögen
und dato nicht kann, ein solches verhindern die dermaligen höchst besorglichen
Umstände, hauptsächlich aber auch die allzuvielen und keinesmal überein-
stimmenden Relationes, woraus man nichts Vernünftiges und Zuverlässiges
schliessen mag. Dies ist gewiss, dass J. K. M. von Preussen den 23. über
Liegnitz. Jauer, Striegau in Schweidnitz 12 Uhr Mittags eingetroffen, den 25.
aber in aller Frühe von da nach Ottmach au abgereist ; sind aber Höchst ent-
schlossen, dem Vorgeben nach, das Hauptquartier in Schweidnitz stets zu
halten und von da auf- und abzugehen. Ihro Majestät folgen nach Neisse die
neulich in Schlesien eingerückten, als auch die in obbenannten Städten bisher
verlegten preussischen Truppen sammt einer grossen Ammunition. Diese
Truppen haben auch erst gestern aus dem Schweidnitz'schen Zeughaus zwei
Stück und viele allda befindliche Kugeln zu zwei Pfund in etlichen Wagen
mit sich genommen. Eben gestern Mittags kommt auch anher S. E. der Hr.
Landeshauptmann in Liegnitz, welcher seiner Charge entsetzt und inner
21 Stunden von da wegzugehen befehligt worden. Derlei Schicksal auch andere
in simili charactere constitutos, nicht minder J. E. den Herrn Ober-Amts-
Director (Grafen Schaffgotsche) betreffen soll, welche, wie ich vernehme,
morgen von Warmbrunn ab und nach Böhmen gehen werden. Es geben sich
J. K. M. wenig Puhe und sind in Liegnitz in des Br. Hochberg Haus
pernoctieret, dann über Jauer und Striegau bis Schweidnitz gegangen und im
Graf H o c h b e r g'schen Haus logiert; allda auch um zu übernachten und
andern Tages frühe bald wieder aufzubrechen intentioniert gewesen. Wegen
wichtigen Vorfallenheiten aber es bis den 25. verschoben. In Schweidnitz
will verlauten, wie J. K. M. anjetzt nur darum nach Neisse und Ottmachau
abgegangen wären, um daselbst das Lager zu künftiger förmlicher Belagerung
der Stadt Neisse abzustecken, von da dann bis nach Troppau und Jägerndorf,
von da wiederum nach Breslau zu gehen, alsdann binnen 10 Tagen zu
Schweidnitz wiederum einzutreffen, Höchst resolviert. Man kann aber dies
nicht zuverlässig sagen, weil Höchst ermeldte K. M. Dero Intentiones, nach
Erforderniss der Umstände, abzuändern pflegen. Eben in Schweidnitz sind
auf hohen Befehl S. K. M von Preussen, als Selbe vor das sogenannte
Oftsterroic.hisclier Erbl'olnekriepr. II. Bd. ->S
594
Bögen-Thor wie gewöhnlich, geritten, um allda den Platz, [des auch zu er-
richten intendierten Lagers zu recognoscieren, die bisher im Post- und Zoll-Amt
und anderer Orten aufgerichteten doppelten Adler abgenommen, jedoch an
deren Statt noch keine anderen ausgesetzt. J. K. M. hatten bei sich den Prinz
Perdin a n d und der Königin Herrn Bruder. Heute ist nachgefolgt Prinz
Heinrich, ein Anverwandter des Königs. Der Prinz W i 1 h e 1 m kommt
mit den 11 Eegimentern, welche erst nachfolgen sollen, deren zwei Regi-
menter über das Schweidnitz'sche und neun Regimenter über die Oder ein-
rücken sollen. Auf die mir beigeschlossene Anlage (die Anfrage des GFWM.
Br. Lentulus) die schuldige Antwort zu geben, verstattet nicht die jetzt
vorwaltende grösste Gefahr, von darum E. E. mich zu excusieren gnädigst ge-
ruhen wollen. Vicaria responsio forte erunt hie prioria communicanda. Der
gütige Gott schicke und ordne Alles, was zu seinem heiligsten Wohlgefallen
und seiner Ehre immer geschehen mag und erhalte E. E bei so bekümmerten
Umständen in unverrücktem hohem Wohlsein." ')
') K. A., Schlesien 1741, II, 38. Abschrift.
595
XXV
Ungeachtet clor Mässigung, der ich mich bis nun dem Wiener Hofe
gegenüber befieissigte, indem ich von Zeit zu Zeit alle erdenklichen Schritte
und die liebenswürdigsten Vorstellungen machte, um zu einem guten Ein-
vernehmen zu gelangen und den Zwistigkeiten ein Ende zu setzen, welche
zwischen mir und dem Hause Oesterreich bestehen, bei welch' Letzterem es
in der Macht liegt, ihnen ein Ziel zu setzen, indem man meinen unzweifel-
haften Ansprüchen gerecht wird. Es scheint aber sehr schwer zu fallen, dass
man in Wien mir gegenüber dieselbe Rücksicht obwalten lässt, dass man dort
lieber alle Rücksichten vergisst, welche gekrönte Häupter einander selbst in
Kriegszeiten schuldig sind und man behandelt mich mit so wenig Schonung
und in einer so unwürdigen Weise, sowohl in den Schriften, welche dieser
Hof gegen mich veröffentlicht, als durch den Mund seiner Minister, dass es
wohl kein Beispiel gibt, dass man den Hass so weit getrieben hat.
Gewöhnt übrigens an den Hochmuth des Wiener Hofes und an die
geringe Rücksicht, welche er selbst im Frieden den anderen Mächten bezeugt,
habe ich bisher diese unter gebildeten Nationen, welche gewohnt sind, auch
in heissesten Streitigkeiten ein gewisses Decorum zu wahren, unbekannte
Handlungsweise verachtet.
Aber man glaubte in Wien sich mir gegenüber an gar nichts halten
zu müssen und ohne Rücksicht zu nehmen auf die Gesetze des Krieges,
welche selbst von den Barbaren gehalten werden, Hess man sich zu den
verabscheuungswürdigen Aeusserungen hinreissen, Emissäre, Spione und
Banditen in das Feld zu schicken, um alle unsere Bewegungen auszukundschaften,
mich in feindlichen Gegenden zu verrathen und selbst auf meine Person
Attentate zu verüben.
Aber das, was diesen Abscheulichkeiten die Krone aufsetzt, ist der
Umstand, dass einer dieser Banditen, den man erwischte, gestand, sogar in
Anwesenheit des Herzogs von Lot h r i n g e n im Hof-Kriegsrathe verprlicbfel
worden zu sein, einen Eid speciell auf das zu leisten, was mich übrigens
Mühe kostet zu glauben.
Ich gestehe, dass ich darüber aus Zuneigung zum Herzog von
Lothringen gekränkt bin, den ich niemals fällig gehalten hatte, solche
Unwürdigkeiten zu gestatten, welche den Wiener Hof mit Schmach bedecken
und ihn in den Augen der ganzen Welt heruntersetzen müssen. Mil Bedauern
sehe ich mich genöthigt, derartige für den Namen des Bauses Oesterreich
38*
59Ö
und die Veranstalter eines so verdammenswerthen Attentates so wenig würdige
Sachen zu veröffentlichen.
Nachdem dies Alles aher unglückseligerweise nur zu wahr und zu
erwiesen ist, glaubte ich, Sie hievon unterrichten zu müssen, damit Sie es
dort, wo Sie sind und wie Sie es für meine Interessen für gut befinden, be-
kannt machen.
Berlin, 11. März 17-11. J)
r) H. H. u. St. A. Beilage 13 zum Berichte des Grafen Colloredo vom 18. März 1741.
Staatskanzlei Fase. 18, Berichte aus dem Reich 1741. (In französischer Sprache.)
5!) 7
XXVI.
Der König von Preussen an seinen bevollmächtigten Minister von
I'ollmauu zu llegensburg, 11. März 1.741.';
Nachdem ich gehört, dass der Wiener Hof in die Enge getrieben durch
die Gerechtigkeit meiner Sache und daran verzweifelnd, andere Mächte in
seinen Streit mit Hilfe gröbster Lügen hineinzuziehen, um mich mit allen
meinen Nachbarn zu entzweien und dass er zu trachten sucht, mein Verhalten
im Reiche ebenso wie nach auswärts zu verdächtigen, indem man Allen glauben
machen will, dass ich mich nicht damit begnüge, mein gutes Eecht in Schlesien
zu wahren, sondern dass icli auch Ansprüche nach links und rechts, gegen
mehrere andere Fürsten und Staaten des Reichs erhebe, dass ich unter anderem
gegen den Churfürsten von Cöln wegen des Bischofthums von Hildesheim
manifestiert habe, dass ich Verlangen an den Bischof von Bamberg und von
Würzburg gestellt habe, indem ich den Letzteren bedrohte, mich mit be-
waffneter Hand in den Besitz zu setzen.
Ich glaubte es meinen Interessen zuträglich, indem ich Sie durch dieses
benachrichtige, dass Alles, was man über diesen Gegenstand spricht, absolut
falsch ist und erfunden, indem ich niemals in irgend einer Weise daran ge-
dacht habe.
Ich wünsche nichts sehnlicher, als gute Freundschaft und Harmonie mit
allen meinen Nachbarn, namentlich im Reiche aufmerksamst zu pflegen und
dass ich so weit entfernt bin, chimärische und ungerechte Ansprüche auf ihre
Staaten zu formen, dass ich sogar jene nicht schone, welche glauben, sich ein
Verdienst um mich zu erwerben, indem sie mir Rechte andichten, an welche
ich gar nicht denke — wovon der Umstand ein Beweis ist, dass ich in
letzterem Orte eine Broschüre confiscieren und gegen deren Autor gerichtlich
einschreiten liess — welcher meinem Hause Rechte auf die ganze Lausitz
imputieren wollte.
Sie werden nicht ermangeln, von all dem dort, wo Sie sind. Gebrauch
zumachen, um den boshaften Unterstellungen entgegenzutreten, welche meine
Feinde sich bemühen, überall zu vertreiben, ohne einen Schein von Wahrheit
und in der Absicht, mir möglichst viel Verlegenheiten, auf Kosten der Wahr-
heit und all' dessen, was das Heiligste ist, aufzubürden.
') H. H. u. St. A. Beilage 2 zu dem Berichte vom 21. März 1741 der österr. Gesandt-
schaft inßegensburg; ebenfalls in Kriegs-Acten 1741, Fase. 135 a. Abgedr. in „Etat politiqm
de l'Europe". T. VIII, 360. (In französischer Sprache.)
598
XXVII.
Man hat mehrere Gefangene, welche im Lager des Königs fest-
genommen wurden, nach Spandau überführt; worüber mau Nach-
folgendes veröffentlicht :
Seitdem der König nach Schlesien rückgekehrt ist, hat man bemerkt,
dass es in der Armee Leute giht, welche sich unter verschiedenen Vorwändi n
darin einge führt hatten und welche aufmerksam die Thaten und die Schritte
S. M. verfolgten. Nachdem diese Leute fast immer im königlichen Quartiere
waren und man bemerkt hatte, dass sie sich unter seine Suite zu mengen
suchten, begann man Argwohn zu schöpfen. Um sich von der Wahrheit zu
überzeugen, ergriff man das Mittel, einige zu verhaften. Man verhörte sie mit
grosser Genauigkeit. Die Verschiedenheit ihrer Antworten begründete den
Verdacht, den man schon hegte. Mehrere andere Personen, welche zur selben
Bande zu gehören schienen, wurden ebenfalls verhaftet. Ihre Aussagen, ver-
bunden mit ihnen der anderen, Hessen erkennen, dass es sich um ein gefähr-
liches Complot handle. Vier von ihnen haben endlich gestanden, dass sie nur
zur Armee gekommen seien, um die Gelegenheit auszukundschaften, den
König zu entführen und d.ass 30 oder 40 in diesem Complot engagiert seien.
Ein Anderer, von dem man glaubt, er sei ihr Chef, hat in der Hoffnung, Gnade
zu erhalten, wenn er alle Einzelheiten dieses Complotes enthüllt, aasgesagt ]
dass die Unternehmung gegen die Person des Königs, mit allen möglichen
Mitteln ausgeführt werden müsse, ohne dass die Rücksichtnahme auf das
Aeusserste der Ausführung ein Hinderniss sein dürfe.
Nachdem aber nur Spitzbuben sieh zu derartigen Commissionen ge-
brauchen lassen, und man nicht genug vorsichtig mit den Angaben sein kann,
die sie zum Vorwande nehmen, ist man hier weit entfernt, dein leicht Glauben
zu schenken, was der Letztere ausgesagt, in Betreif ein. s Nachbarhofes und
hauptsächlich einer Person an höchster Stelle. Der General Browne findet
sich in den Aussagen einiger der Verhafteten genannt, ebenso ein oder zwei
andere Ofiiciere. Der Hauptchef des Anschlages zählte auf eine namhafte
Belohnung, wenn er den König geliefert hätte. Er erwartete sich dies.
Belohnung, auf welche Art er auch seine Aufgabe löste. Die Einwohner dieser
Hauptstadt danken Gott für die eigentümliche Art, mit der er für die Er-
haltung des Königs gewacht hat, indem er die Ausführung dieses verab-
scheiiungswürdigen Complotes verhinderte und erlaubte, dass es entdeckt
wurde. Das sind, sagt man, Ausseiidluige der Art des Aufhetzers R a v ai 1 1 a c,
welche diese jungen Leute angestiftet haben, von denen mehrere Söhne guter
Familien sind. *)
t-cure historique et ]>olitique, Tome. CX. pag. 345. (In französischer Sprache.)
599
XXVIII,.
„Der Wiener Hof hat nur zu viel Rücksicht für jenen von Berlin be-
wiesen und wenn er sich etwas vorzuwerfen hätte, wäre es, den freundlichen
und schmeichelhaften Versicherungen, welche er von letzterem empfangen
hat, allzuviel Vertrauen entgegengebracht zu haben. Seine Mässigung tritt in
allen Schriftstücken zu Tage, welche von ihm ausgegangen sind. Man braucht,
um sich zu überzeugen, diese nur mit jenen zu vergleichen, welche von der
gegenteiligen Seite veröffentlicht wurden. Die dem Grafen Götter und
dem Baron Borcke übergebene Antwort ist davon eine durchaus unzwei-
deutige Probe. Die Königin ersucht darin instandigst den König von
Preussen und steht selbst nicht an, ihn mittelst aller iener Erwägungen,
welche Eindruck auf das Herz eines grossen Fürsten machen können, zu be-
schwören, seine Truppen aus Schlesien ziehen zu wollen und Sie bietet Alles
an, was man billigerweise erwarten kann. Lässt eine solche Sprache das
hochmüthige Wesen (les hauteurs), welches man diesem Hofe zum Vorwurf
macht, wahrnehmen ? Vergeblich sucht man den nämlichen Charakter in allem
Jenem, was von Seite des Hofes zu Berlin ausgegangen ist. Diese Wahrheit
ist so offenkundig, dass man nicht nöthig hat, in die Detads durch Beweise
einzugehen, deren man eine grosse Anzahl würde vorbringen können. Die
Mässigung des Wiener Hofes ist sogar so weit gegangen, dass sie mehreren
anderen Mächten verdächtig geworden ist und die preussischen Minister waren
die ersten, um diesen Verdacht zu erhalten und zum Zeugen der Aufrichtigkeit
der Gefühle des Königs, ihres Herrn, den heiligen Namen Gottes zu nehmen.
Nichtsdestoweniger bereut die Königin nicht, dieses Vorgehen ein-
gehalten zu haben und Sie beharrt in dem unabänderlichen Entschlüsse, den
unwürdigen Kunstgriffen, deren sich der Berliner Hof bedient, nur die Wahr-
heit, die Geradheit und jede mögliche Rücksicht, welche die gekrönten Häupter
untereinander selbst in Kriegszeiten zu beachten sich schuldig sind, gegen-
überzustellen. Sie glaubt nicht, dass diese in irgend einer Weise verletzt
werde durch Streifpartheien, welche man gegen einen erklärten Feind aus-
sendet. Das Kriegsrecht autorisiert diese. Aber dieses selbe Recht autorisiert
nicht die durch die Grafen S ch wer in und S chule nb urg publicierten
Verordnungen. Und es autorisiert noch weniger die Verheerungen, die Brand-
stiftungen, die Niedermetzluugen von Kindern und Weibern, die das arme
Schlesien und ein Tlieil von Mähren nur zu sehr empfinden. Schliesslich über-
lässt der Wiener Hof es dem Urtheile von ganz Europa, zu entscheiden, wer
Ursache haben kann zur Befürchtung, mit Schande und Beschämung sich
bedeckt zu sehen
600
Der Königin und .Seiner königlichen Hoheit Ihrem Gemahl kommt
es schwer an zu g 1 a u b e n, d a s s da s d u r c h d e n B a r o n v o n
Danckelmann gezeichnete M e m o i r e d u r c li d e n K ö n i g,
dessen Herr n, g u t g e h e i s s e n w e r d e. Es würde ihnen dies um dieses
Fürsten willen leid thun. Denn sicherlich ist es ein bisher unbekanntes Vor-
gehen zwischen Nationen, die in geordneten Zuständen leben und gewohnt
sind, selbst bei den heftigsten Zerwürfnissen ein gewisses Decorum zu bewahren.
Das Haus Oesterreich hat niemals gewusst, was es sei, Banditen zu
verwenden. Die Frömmigkeit der Königin und die Gesinnungen des Gross-
herzogs sind allzu bekannt, als dass sich Jemand irreführen Hesse. Uebrigens
ist die Fabel v o n de m d u r c h einen dieser Ba n d i t e n bei m H o f-
Kriegsrathe, in Gegenwart des Gross herzog s, abgelegt e n
Eide so schlecht erfunden, dass es unmöglich ist, dass sie irgend
einen Glauben linde. Der Betrug eines ähnlichen Geständnisses, wenn es
wirklich jemals abgegeben worden, springt Jedem in die Augen, der die Ge-
wohnheiten des Wiener Hofes kennt. Damit ist genug gesagt, denn weder
die Königin, noch der Grossherzog brauchen sich einer Beschuldigung
gi ;enüber zu rechtfertigen, welche nur ihre gerechte Verachtung verdient."1)
XXVIII/2.
Die Gesandten selbst erhielten mit dieser Note noch eine besondere
Instruction für ihr Verhalten :
„Der zu Maynz anwesende preussische Minister Freiherr von D a n c k e 1-
mann hat unlängst die neben anschlüssige Schrift mit Beifügung seines
Namens allda übergeben und ausgetheilet und der von P ollmann, ohne
seines Namens Beifügung, selbe allen zu Regensburg anwesenden Gesandt-
schaften, ausser der Unsrigen, in das Haus geschickt. Auch ist dergleichen
etwas den Berliner Zeitungen einverleibt worden, jedoch ohne Unseres Gemahls
Liebden zu nennen. Wo hingegen nicht wohl angestanden werden mag, dass,
was zu Maynz und Regensburg geschehen, nicht minder an anderen Höfen
von den dort anwesenden preussischen Ministris werde befolgt werden.
In der Historie ist schwerlich ein diesem Verfahren nur in etwas
gleichendes Beispiel zu finden.
Zwar können wir uns nicht beigehen lassen, dass dieser Schrift Inhalt
irgendwo eine andere Wirkung, als Abscheu und Aergerniss nach sich ziehen
werde. Von darum aber ist nicht desto minder kenntlich, wohin das darin
ausgebreitete Gift sowohl in Ansehung Unser, Unsers Erzhauses und des
hiesigen Hofs, als Unsers Gemahls Liebden abziele : anerwogen der erstere,
wie der zweite Theil sothaner Schrift gleich boshaft ausgesonnen und gefasst
ist. Obwohl also derlei offenbar verleumderische Beschuldigung und Aus-
streuung mit billiger Verachtung anzusehen sind, so ist jedoch, ^ da es an
Leuten nicht ermanglet, welchen ihrer anderwärtigen Absichten halber damit
gedient ist, nicht thimlich ermessen worden, dieselbe ganz unbeantwortet
zu lassen.
') H. H. u. St. A., Staatskanzlei. Circularien and Notificationen. (Interiora.) Fase. 3G.
Concept. (In französischer Sprache.)
601
Um solchemnach eine Absicht mit der anderen zu vereinbaren, ist das
Vorträglichste zu sein dafürgehalten worden, das, was obiger Schrift ent-
gegenzusetzen wäre, kurz zu fassen, solches Unseren sämmintlich&n Ministris
zuzusenden und jedem diese Antwort, respective Uebergebung und Aus-
theilung auf dem Fuss, als es preussischerseits zum Ersten besehenen ist
anzubefehlen ; wornach auch Ihr Euch zu richten haben werdet.
Es wird mithin von hieraus dem anderseitigen Vorgang durchaus ge-
folget, mit dem alleinigen Unterschied, dass, wie aus der Abschrift sothaner
hiesiger Antwort zu ersehen ist, sich diesorts keiner so unziemlichen Aus-
druckung bedient, vielmehr aus Uebermass derjenigen Aufmerksamkeit, welcher
Ausserachtlassung dem hiesigen Hof vorgeworfen wird, nicht de m König
Selbsten, sondern dem Berlinischen Hof dieser unerhörte Passus zuge-
schrieben worden ist." ')
») H. II. u. St. A., Staatskanzlei. Circularien und Notifioationen. (Interiora) Fase. 36.
002
XXIX , .
Königlich/ Preussisches /
Placat, /
dass alle und jede / Eingesessene und Unterthanen / in Schlesien, / sie seyn
Geist- oder Weltlichen Standes, / die Steuern, Accisen und andere Landes-
Abgaben, / bis auf nähere Verordnung, auf dem Fuss von A<>. 1740 / nach wie
vor gehörig abtragen / und zu denen / Landes-Cassen / lieffern sollen.
(Breslauer Originaldruck.) l)
Demnach Seine Königl. Majestät in Preussen, unser Allergn ädigster
Herr, mit besonderm Missfallen vernommen, dass die niehresten Einwohner
und Unterthanen derer Schlesischen Städte, Flecken und Dörffer. die irrige
Meynung liegen, dass sie nach Einrückung Allerhöchstgedachten Seiner Königl.
Majest. und Dero Trouppen in die Schlesischen Lande, die gewöhnlichen
Steuern und Accisen, und andere Land-übliche Abgaben abzutragen und zu
denen publiquen Cassen zu liefern nicht mehr schuldig, noch gehalten wären,
und sich desshalb gantz eigenmächtig entbrochen und geweigert, sothane
Gelder bey denen zur Einnahme bestellten Officianten und Einnehmern ab-
zutragen, dadurch also zu verursachen, dass das zu Breslau befindliche General-
Steuer-Amt, die ordinaire, vom Löblichen Fürsten und Ständen in Schlesien,
zu Bestreitung derer Landes-Nothdurften bewilligte Landes-Abgaben bishero
gar nicht einbekommen, und dadurch die grösste Unordnung in dieser Haupt-
Casse und davon dependierenden Landes-Credit-Wesen verursachet wkd;
Allerhöchstgedachte Seine Königl. Majestät aber, diesem Unwesen umb so
viel weniger nachzusehen, als selbige keineswegs gemeinet sind, gedachte von
Fürsten und Ständen zu Bestreitung derer ordinairen Landes Nothdurfften und
Abgaben bisher gemachte Löbl. Veri'ass- und Ordnungen in Verfall und Con-
fusion gerathen zu lassen, wol aber, dass solche in vollkommenem Gange und
richtiger Ordnung nach wie vor, aufrecht, ge- und erhalten werden, nach-
drücklich zu sorgen.
Als befehlen mehr Allerhöchstgedachte Seine Königliche Majestät allen
und Jeden Schlesischen Eingesessenen und Unterthanen, sowohl Geist-, als
Weltlichen Standes, in Städten, Flecken und Dörffern, hiemit so Gnädig, als
ernstlich alle und jede ihnen bisher obgelegene currente Steuern, Accisen und
') Archiv d. k, k. Ministeriums des Innern. Fremde Gegenstände. 11 v. J. 1741.
603
andere Abnahm, sie mögen Nahmen haben wie sie wollen, nicht nur nach
wie vor, und auf den Fuss, wie solche pro Ao. 1740 durch den Schluss des
L etztgehalteneo Fürsten-Tages, regulieret und ausgeschrieben worden, auch in
diesem lauffenden Jahre, an die jedes Orths befindlichen und jj-enrd nuten bisherigen
Steuer- und Accis-Einnehmer, haar abzuführen, sondern auch die dieserhalb
rückständigen Reste, sowohl vom vorigen .Monat December, als ifztlauffenden
Januario, bis auf nähere Verordnung, ohnweigerlich abzuführen.
Gestalt dann, -Allerhöchstgedachte Seine Königl. Majestät in Preussen
allen und jeden, in Städten, Flecken und Dörffern, bestellten und befindlichen
Steuer-Accise- und anderen Einnehmern, hiemit expresse, und bey Vermeidung
Dero Höchsten Ungnade, anbefehlen, dieses Placat au allen Thoren, Steuer-
und Accise-Stuben, auch andern öffentlichen Oerthern anzuschlagen, und
Jedermänniglich bekandt zu machen.
Wie denn Se. Königl. Majestät, falls sowohl von Contribuenten, sie
seyeu Geist- oder "Weltlichen Standes , als Einnehmern hierunter das
Geringste verabsäumet oder verweigert werden sollte, solches an jeder Stadt,
Flecken und Dorii' unausbleiblich und zu seiner Zeit ahnden, auch die Wider-
spenstigen und Säumigen, dem Befinden nach, mit militärischer Execution
ansehen und heimsuchen werden. Uhrkundlich haben Se. Königl. Majestäf
dieses Placat Höchst Eigenhändig unterschrieben und besiegelt. So geschehen
im Haupt- Quartier zu Ottmachau, den 18. Januar 17dl.
(L. S.) Friedric h.
XXIX/2.
Königl. Preussisch.es /
an , Fürsten und Stände, / auch / sämmtliche Landes-Innwohner im Herzog-
thum / Ober- und Nieder- Schlesien / erlassenes /
Patent,/
die Eintreibung eines postulierten / Steuer-Geldes / und / Herstellung der bis-
herigen / Accise-Collecten / zu Abtragung eines Monatlichen Geld / Quanti zur
Feld-Kriegs-Casse betreffend.
(Berliner Originaldruck.) ')
Wir Friedrich, von Gottes Gnaden König in Preussen. des Heil.
Römischen Reichs Ertz-Kämmerer und Churfürst etc. etc. Entbiethen denen
Fürsten und Ständen, wie auch den gesammten Einwohnern des Hertzog-
thums Ober- und Nieder-Schlesien, wess Standes oder Würden sie seyn, Unsere
Königl. Gnade, geneigten Gruss und guten Willen zuvor: Und wird jedermann
aus dem von Uns unterm dato Berlin den 1. December 1740 bey Einrückung
Unserer Trouppen im Lande kund gemachten Allergnädigsten Patent, annoch
bestermassen erinnerlich seyn, weichergestalten Wir aus gant.z keinem feind-
lichen Gemüthe, gegen alle und jede dieses gantzen Herzogthums Einwohner,
ohne Unterschied der Religion und Standes, sondern in der allermildesten
'• Archiv (I. k. k. Ministeriums des Innern. Fremde Gegenstände. II v. I itii.
604
[ntention Uns ihnen genähert, um sowohl dieses zeithero mit so vielen Drang-
sahlen in Religiosis & Politicis wider dessen wohl erworbne Recht und Ge-
rechtigkeiten, und zu dessen hieraus erfolgtem äusserstem Ruin so sehr be-
schwerte Land in Unsern Allergnädigsten Schutz zu nehmen, vor ander-
seithigen ilime angedrohten und bevorstandenen feindseligsten Anfall zu be-
wahren und darüber zur würcklichen Behauptung dieser Unser aufrichtigsten
Intention mit Ihro Königl. Majestät von Ungarn etc. durch annehmlichst-
gethanene Vorschläge gütlich tractieren zu lassen. Gleichwie "Wir aber umso
weniger verinuthen können, dass Hochermeldte Ihro Königl. Majestät Unsern
so billigen und Freund-Nachbarschafftlichen Anerbiethungen so geringen Platz
lassen sollen, als Wir zugleich Ihro Königl. Majestät gerechteste und zum
theil fast von zweyen Saeculis, auch von neuern Zeiten für gedauerte und
vorbehaltene Ansprüche gründlichst beybringen lassen, also seynd Wir auch
wider Unsere erstere in solchen gehabte Gnädigste Intention bewogen worden,
sowohl zu Manutenierung Unserer gerechtesten Ansprüche, und davon durch
so nahmhaffte Jahres-Läuffte höchst- widerrechtlich entbehrte und auf die
stärckste Geld-Summen hinangelauffene Nutzgeniessung, als zur würcklichen
Beschützung der sämmtlichen Landes-Inwohner und davon abhängender
Sicherheit Unserer eigenen angräntzenden Lande mehrern Ernst zu gebrauchen,
und dasjenige mit Recht in Besitz zu nehmen, worüber man mit Uns billige
und vernünfftige Tractaten einzugehen bishero verweigert hat. Ob Wir nun
gleich in würcklicher Ausführung Unserer so reiti'üch erwogenen Königl
Entschliessung, auch bei sothanen in etwas veränderten Umständen des un-
veränderten Vorsatzes sind, denen Uns so heben Einwohnern dieses Landes
samt und sonders, weder von Unsern, noch andern Trouppen, einige Feind-
seligkeiten und mit sich führende Desolation ihrer Ländereyen und Ver-
mögens anfügen oder deren wohlerworbene Privilegia, Recht und Gerechtig-
]<> iten auf einigerley Weise bekräneken zu lassen, so will doch zu stand-
hafftigster Ausführung dieses zu des Herzogthums Schlesien eintzigen
Wohlfarth und höchstbenüthigten Rettung ernstlichen Vorhabens dermahlen
erforderlich seyn, über unsere bereits im Lande befindliche zahlreiche Armee
noch mehrere Trouppen einzuführen, und dadurch den gesammten Landes-
inwohnern allerley Standes, eine desto geschwindere und dauerhaftere Ruhe
und Zufriedenheit zu bewüreken. Und obzwar zur Erlangung sothanen End-
zwecks alle bey kriegenden Potenziell eingeführte Rechts- und Krieges-
Manieren die unumschränkte Ausschreibung und Einhebung zulänglicher
Schätzungen und Geld-Mittel zur Subsistenz und Besoldung der Armeen ge-
wöhnlich ist, Wir auch zu Eintreibung sothanner unumgänglichen Unterhalts-
Mitteln an Greld. Vivres und Fourage nach oecupiertem gantzem Lande Schle-
sien überflüssiges Recht und Macht in Händen hätten ; So wollen Wir doch
würeklich zu verfahren, bloss zur Conservation der Uns so nahe am Hertzen
liegenden Landes-Inwohner in so lange anstehen lassen, als das gesammte
Land Uns die baare Einhebung desjenigen Quanti auf höchst-straffbahre und
unvermuthete Weise nicht zu clifficultiereii sich anmasset, welches sie ihrer
ehemaligen Landes Obrigkeit auf den unausgeschriebenen allgemeinen Fürsten-
tägen zu verwilligen, und auch salvis Privilegiis von der angefangenen oder
beendigten Fürsten-Tags-Handlung in Abschlag der geAvöhnlichen Bewilli-
gungen in antecessum auszuschreiben und einzulieffern gewohnt sind. Wir
gesinnen und verlangen also in Königl. Gnaden und Gunsten an die samt-
&05
liehe Landes-Fürsten, Stände und Inwohner dieses Landes, dass sie ohne den
allergeringsten Zeit- Verlust auf ohnumgängliche Einbringung eines Monat-
lichen Steuer-Beytrages so, wie solches Unser in Breslau subsistierehdes Peld-
Kriegs^Commissariat nach Massgebung Unserer in Händen habenden Königl.
Speciäl-Ordre vom 11. dieses anfordern wird, nach dem im Lande gewöhn-
lichen Kepartitions modo an ermeldtes Unser Feld-Kriegs - Commissariat,
gegen Quittung oder desselben autentique Assignationes ohnausbleiblich
Monathlich, und zwar am 1. Januar c. a. an auszahlen lassen, als Wir da-
gegen noch forthin, wie biss anhero aller sonst zu besorgenden militairischen
Excessen und eigenmächtiger Ausschreibungen durch Unsere Generalität für-
bringen ; und solche gute Disciplin und Mann-Zucht halten zu lassen, die
ernstliche Königl. Ordre stellen werden, dass niemand weder an seiner Hab-
seligkeit und Vermögen, noch an seinen Kechten und Gerechtigkeiten auf
CT O 7
einigerley Weise beeinträchtiget und beunruhiget werden möge. Und gleichwie
Wir schon ohnhin unterm dato Ottmachau den 28. Januar c. a. durch das
in Druck gegebene Placat Unser besonderes Missfallen darüber bezeiget, dass
man ohne Erhaltung einiger Königl. Verordnung und Unser allermildesten
Intention gantz zuwider sich eigenmächtig angemasset, der bisherigen Accisen
und Gollecta im gantzen Lande gäntzlich zu entziehen. Also ist nicht allein
Unser wiederholter ernstlicher Befehl : weil Wir dermahlen in der gefundenen
Landes- Verfassung etwas zu ändern, noch zur Zeit nicht gemeinet sind:
dass durch unermüdete Bearbeitung der Landes-Aeltesten, Collegien und
Stadt-Magistraten, auch beitretender Eyfer der in jedem Fürstenthum und
Creyss angestellten Landes-Accissen-Deputationen, Einnehmern und Officiauten,
auch allenfalls durch Assistenz Unserer im Lande befindlichen Königlichen
Trouppen, die Accise-Abgabe nach dem bisherigen Fuss und Verfassung wieder
hergestellet, auch die hierdurch einkommenden Gelder, wie ohnhin, also noch
ferner zu der von unangeheischenen Monathlichen Militair- Verpflegung au-
gewendet, und das Residuum nach jeder Fürstenthums und Standes-HerrschaHl
üblichen, oder am nützlichst- und thunlichst-scheinenden Modo auch alienfalb
durch der Lehre und Anticipationes eingelieffert werde.
Wobey Wir doch um Unsere auf die wahrhafte Wohlfarth des Landes
gerichtete Königl. Gnade den gesammten Landes Inwohnern noch deutlicher
zu erkennen zu geben, Allergnädigst gestatten: dass alles dasjenige, was von
ein- und anderen Ständen, Städten, und Insassen für Unsere Trouppen und
zu Unserm Allerhöchsten Dienst auf den Märchen, Einquartierungen und Blo-
quaden, an Vivres, Fourage und Materialien oder auch baarem Gelde und
Geldeswerth, durch glaubwürdige, und von Unserem bestallten Feld-Krieges-
Commissariat agnoscierten Quittungen erweisslich gelieffert werden, in denen
jetzo lauffenden Monathen pro rata anstatt haaren Geldes angenommen, und
also von dem postulierten Quanto, das Praeteritum aber vom Dec. a. p. u.
Jan. c. nach und nach ebenmässig abgeschrieben: Imgleichen auch die von
liquiden Landes-Passiv-Schulden fälligen Interessen, nach bey Uns dieserhalb
geschehenen Anfrage, davon mit vergütet werden sollen.
Dahingegen Wir auch, soferne wider Vermuthen sich jemand dieser
Unser Allergnädigsten Ansinnung und Befehl zu widersetzen, und das hierinnen
angeordnete alsogleich, und ohne den allermindesten Zeit- Verlust nicht be-
wercksteUigen, auch wie solches mit erforderlichem Ernst, Eyfer und Nach-
druck befolget, binnen 1! Tagen an Unser offt ernanntes Feld-Krieges-Commis-
606
sariat umständlich documentieren, und binnen den andern 11 Tagen das Alier-
gnädigst anbegehrte Quantum auf vorgeschriebene Art einlieffern werde, den
oder dieselben Unsere Allerhöchste Königliche Ungnade an ihren Personen,
Familie und Güthern empfinden zu lassen und als dann ohne allen Anstand,
auch ohne Ansehung der Personen und Stände mii schleunigster militärischer
Execution fürzugehen und ohne Attendierung einiger Proportion die zu-
länglichsten Geld-Subsidia eintreiben zu lassen, die ungesäumten Ordres werden
Sien lassen.
Urkundlich haben Wir dieses höchst-eigenhändig unterschrieben, und
mit Ohserm Königl. Innsiegel bedrucken lassen.
So geschehen Berlin, den 12. Februarii 1741.
(L. S.) Pri e derich.
XXTX ■■::.
Pro Memoria. x)
Alss auf das Postulatum, welches Se. Königl. Majest. laut dero Alier-
gnädigsten Ordre vom 11. dieses Monaths February auf 3808179 fr., mithin
Monathlich auf 286498 V2 Gulden festgestellet. Ein hochlöbl. Landes-Convent
des Hertzogthumbs Schlesien dero Anerklärung unterm 23. dieses dahin er-
öffnet, wie dass Sie sich einem quanto von 1,200.000 fr. unter gewissen Reser-
vat is unterziehen würden, So kan Ein Königl. Feld-Krieges-Commissariat, dem
sothane schriftliche Anerklärung heute früh insinuieret worden, nicht umbhin
ermeldten hochlöbl. Landes Convent hiemit in dienstlicher Antwort zu ver-
melden, wasmassen da selbe nicht im Stande, auf ein so gar disproportio-
nierliches Anerbitten, wodurch nur ein Drittheil des Königlichen Postulat! zur
Erfüllung käme, sich einzulassen. Allermassen man sich nicht einmal getrauet
Sr. Königl. Majest. darüber allerunterthänigste Vorstellung, noch Antrag zu
thun. Vielmehr wird man, obwohl sehr ungern, das Expediens zu ergreiffen
genöthiget seyn, das angeforderte bemeldte Haupt Quantum ex ofrice, nach
der im Lande üblichen Indiction zu repartieren, und denen Herren Landes
Eltesten, jedes Fürstenthums, und Dominii, die Quotas zuzutheilen, die Bei-
treibung aber durch die Königlichen Trouppen verrichten zu lassen. Alles Avas
inzwischen Ein Königl. General-Feld -Krieges Commissariat dabey thun kann,
das wird dieses seyn, dass man die offerierte Monathliche 100.000 Gulden ad
rationem annehme, und das übrige demnechst erwarte. Es müssen aber pro
Januario et Februario die allbereits fällige zween Monathe ä 286498 Fr. un-
verzüglich zur Königl. Feld-Casse beschaffet werden. So soll dann a primo
Marty die Natural-Verpflegung, wass erweisslich die Königliche Regimenter,
entweder in Natura, oder an Gelde behoben, von dem Monathli eben currenten
Quanto abgeschrieben, und compensieret, damit auch bis ultimo Aprilis conti-
nuieret werden. So bald hiernechst die Armee zu Felde gehet und aus den
Königlichen Magazinen ihre Subsistenz bekomt, sollen die Marsch-Spesen vom
Februario und Januario, wie auch vom Monath Decembri praef. liquidieret, und
adjustieret, auch sodann zu dererselben Vergütung ein gewisses Monathliches
Archiv 'I. k. k. Ministeriums des Tnnorn. Fremde Gegenstände \9 v.J. 1741.
HOT
Quantum von dem zu erhebenden Monathlichen Hauptquanto ausgemittelt,
und damit compensieret, solchergestalt auch so lange continuieret werden, bis
die Vergütung völlig geschehen. Wie denn auch der vorallegierten Königl.
Ulergnädigsten Ordre vom 11. February gemäss, die Interessen von denen
Landes-Schulden, wenn solche gehörig manifestieret und documentieret seyn
werden, auf vorgängige Königl. Special-Resolution, samt denen Salarien
Pensionen, in so weit sie Sr. Königl. Majest. AUergnädigste Approbation er-
langen, von sothanem Monathlichen Haupt-Quanto der 286498 V2 fr. alsdane
versichert, und nach Befunde compensieret werden sollen.
Ein mehres, als wie vorgemeldet, einzugehen, hat das Feld-Krieges-
Commissariat weder ordre, noch Instruction, und wird von Seiten dessell
Einem hochlöblichen Convent in publico derer Herren Fürsten und Stünde
hiemit lediglich überlassen, bey Sr. Königlichen Majest. immediate nähere
Königliche AUergnädigste Resolution darüber einzuholen.
Breslau, den 25. Februar 1741.
(L. S.) Feld-Kriegs-Commissariat.
Des General Landes-Bestellten Herrn von Schellenberg Hochwohlgeboren.
608
XXX.
S t a 11 d- u n (l
Der in der Festung Glatz garnisonierenden löbl. Regimenter,
Löbliche
Regimenter
Namen
der
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1) Aus dem B r o w n e'schen Manuscr. 1741. Oest. Success. -Krieg.
Dienst-Tabelle.
wie sich selbe zu Diensten befinden als Act : den 2. März 1741.
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(L. S.)
Joseph Philibert de Fontaneila
Oberstlieutenant. ')
Oesterreichischer Erbi'olgekrieg. II. Bd.
39
lilll
XXXI.
Nachdem Ich mit dem grossesten Müssfallen Vernohmen, dass einige
derer Stände und Dorfschaften im Hiesigen Schlesischen Lande sich weigern,
die Ihnen zugeschriebenen portiones und Bationes vor der Königl. Preusischen
armee abzuliefern. Ja einige, wie sonderlich im Neyssischen, Opplischen und
denen Mährischen alliier enclavierten Oerthern sich nicht entblöden, dieserhalb
verschiedene unverantworthliche Wiedersetzhgkeit und Excesse auszuüben ;
Alss wird nur Besagten Sämmentlen Ständen und Dorfschaften, welche noch an
portionen und rationen etwas restierete, Hiermit und zwar zum Letzten mahl
ernstlich und nachdrücklich anbefohlen, dass Sie ihre prestanda Wegen der
portionen und rationen soforth ohne ferneren Anstand entrichten, oder daferne
sie Selbige Binnen 8 Tagen nicht abführen, dass Sie alss Feinde tractieret und
Ihnen Hauss und Hoff Abgebrand werde, unfehlbar gewärthigen sollen. Wor-
nach sie Sich zu achten und vor Schaden zu hütten haben.
Signatum Jägerndorff, den 4. Marty 1741.
Sr. Königlichen Maytt. in Preussen Comman-
dierender General-Feldniarschall etc.
(L. S.) Graff von Schweri n. »)
!) K. A., F. A. Schlesien 1711; III, ad 56i.
XXXII.
611
Wach- und Postenzettel, wie solche in
währender Blokade, in dem Posto
Grossglogau täglich aufgestellet und ge-
auf
Nr.
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7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
halten worden, als
In dem Ravelin an dem Prostauer Thor,
sind von löbl. Harrach'schen Grenadiers
tägl. kommen
Füsiliers von beiden Regmtrn. sind täglich
in Chemin Couvert kommen:
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Summa Grenad. u. Füsiliers in Chem. Couv.
Täglich auf der Hauptwach
Oder-Thor hatte zu besetzen 6 Posten
Mühlpforten hatte 4 Posten
Hinter dem Schloss hat 3 Posten auf der
Schloss-Bastion in derselben Faussebayl
und Courtinen
Transportiert
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612
Wach- und Postenzetteh wie solche in
währender Blokade, in dem Posto
Grossglogau täglich aufgestellet und ge-
halten worden, als
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Prostauer Thor hatte 3 Posten, auf der
Dominicaner-Bastion, Löwen- Bastion und
derselben Courtine
Auf der Sebastiani-Bastion hatte 3 Posten,
die Leopoldi-Bastion und derselben
Courtine
Von der Engel-Bastion wurde die Kreuz-
Bastion und selbe Courtine besetzet
mit
Von dem alten oder sogenannten Polnischen
Thor wurden 4 Posten besetzt eine beim
Thor, Ferdinandi-Bastion die Courtine
über dem Neuen Thor und die Courtine
gegen Michaeli-Bastion
Ein Ausfall bei Sebastiani-Bastion
Ein Ausfall bei Engel-Bastion . .
Beim Pulvermagazin
Proviant- Wach
Bauerwägen- Wach
Juden-Wach
Summe ord. Wach täglich . . .
Im Chemin-Couvert täglich
Vor die Mühlpforten an die Wasserseiten alle
Nacht auf's Piquet
Alle Nacht auf Reserve oder Bereitschaft
waren
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Zusammen tägl. waren auf Wachen Piquet
lind Reserve in allen
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576 ')
1 1 Aus dem gräfl. "Wallis'sehen Archive zu Koleschowitz.
613
XXXIII /, . ])
Hoclilöbl. angeordnete Hof-Kriegsraths-Commission
Ihro Excellenzien,
auch meine hochgeehrtesten Herrn Herrn !
Zu Folge des unterm 21. dieses datiert und den 22. ejusdem zu meinen
Händen abgereichten Rescript habe auf anverlangte nachstehende Puncten
die schuldigste Beantwortung gehorsamst erstatten sollen und zwar :
"| BIO. q /] "i llltllll .
Ob denjenigen Tag, als der Ort Die Posten sind selbigen Tag
attaquiert worden, die Posten allezeit nicht stärker besetzet worden als wie
stärker als ordinarie besetzet worden zuvor, massen, gleichwie in meiner
sind und die Garnison völlig in Gewehr, Relation gehorsamst angeführet, von
selbige Nacht gestanden ? dem Feind keine andere Bewegung
oder Manoeuvre zu sehen war als
schon etwelche Tage zuvor, nämlich
das Zuführen in die nächsten Dörfer von Faschinen, Würsten und Schanz-
körben, ans welchem man judicieren können, dass eine dieser Nächten der
Feind die Trancheen eröffnen würde, wessentwegen man auch beständig alert
war, die Verstärkung deren Posten sowohl in dem Chemin-Couvert, als »bin
Wall konnte umso viel weniger beschehen, als damalen der ganze effective
Stand der Garnison (wie eben meine Relation besaget) nicht stärker als in
925 Köpfen, Avornnter 50 Kranke sich befunden, bestanden ist, worunter weit
mehr als die Hälfte auf denen Posten employieret war, die aus 200 Mann be-
standene Reserve unter Commando meines Regiments Oberstwachtmeish'i
H. von Plan fing ist auf dem Platz, allwo die Hauptwache gestanden
und nächstens daran meine Wohnung war, der Kälte halber in zwei Häusern
beständig unter Gewehr gehalten worden, als auch die übrige noch wenige
Mannschaft in ihren Compagnie-Quartieren mit dem Befehl, bei den geringsten
Allarme gleich ausrücken und marschieren zu können, wohin es nöthig, dann
hei diesem weitläufigen sogenannten haltbaren Ort (wo wenigstens 4000 Mann
Garnison zur Besatzung hätten sein sollen) man natürlicher Weise eben nicht
hat wissen können, wo eigentlich der Feind attaquieren würde; um allsogleich
allda succurieren zu können, wo die Attaque sein würde, wie dann auch
wirklich beschehen. Denn gleich bei dem ersten geschehenen Schuss in die
*) Aus dem gräfi. Wallis'sclion Archive zu Kolesckowitz.
614
Contrescarpe alles herausgerücket, der Oberstwachtmeister Planung mit
der Reserve durch das gleich daran gelegene alte Polnische Thor auf den
Wall sich begeben, von oben zu soutenieren diejenige Mannschaft, so in dem
Chemin-Couvert gestanden, gegen die Ferdinand!- und Michaeli-Bastion avan-
cieret und den bei dem sogenannten todten Winkel oder Wolfsgruben in der
Contrescarpe stürmenden Feind abzuhalten, auch so gute Resistenz und Defen-
sion gemacht hat, bis solcher von der allzu überhäuften feindlichen Macht und
Gewalt zu weichen gezwungen und in währendem diesem auf dem Wall
umringt und gefangen worden ist.
Die andere extra der Reserve sich noch befundene Mannschaft ist ebener -
massen gleich bei sothanem altem Polnischem Thor hinausgerückt und rechter
Hand gegen die Sebastiani- und Leopoldi-Bastion sich postieret, dem auch
alldorten in dem Chemin-Couvert attaquierenden Feind Widerstand zu thun
und gleichwie schon in meiner Relation angeführet, ich mich Selbsten mit
Herrn General Reisky etlichen dreissig Grenadiers und der bürgerlichen Re-
serve, so zu 100 Mann bestanden, bei dem Schloss-Thor oder Landeshauptmanns
Haus hinaus begeben, wo die ganze Seite ohne Mauer revetierter und als
einer der gefährlichsten Oerter zu considerieren war. wo eben der Feind
auch attaquieret, dass also so viel als die wenige Garnison zugelassen hat
nicht am -mindesten an behöriger geschwinder Secundierung und Resistenz
vorzukehren verabsäumet worden ist, auch nicht nur diese Nacht, sondern
schon viele vorherige alle Posten alert mit Haltung ihres Gewehres in denen
Händen sich befunden haben.
Qiüo. oj-] O'lum.
Ob die Runden und Patrouillen wohl Die Runden und Patrouillen sind
eingerichtet gewesen, ausser und inner sowohl in der Contrescarpe auf dem
der Contrescarpe fleissig gegangen, Wall und in der Stadt lieissig ge-
das gewöhnliche Zeichen von Post zu gangen, ja bei der Nacht in ob-
Post herum bis auf die Hauptwache erwähnter Contrescarpe und dem Wall
gebracht, die Schildwachen auf denen nicht nur alle Viertelstunden wie
Ramparten des Nachts wie gewöhnlich sonst gebräuchlich, sondern conti-
auf einander gerufen, um alert zu sein, nuierlich patrouilliert und die Schild-
ob Patrouillen zu Pferd in und ausser wachen mit dem gewöhnlichen .AVerda"
der Stadt gegangen, sonderlich aber angerufen haben, sowohl wegen eines
selbe Nacht eine grössere Präcaution besorgenden feindlichen Angriffes, als
ordinieret worden sei, solle durch ge- auch ebenermassen um der starken
wohnlich schriftlichen Hauptwache- eingerissenen Desertion diesfalls vor-
Rapport solches docieren. zubeugen. ZuPferde konnte manausser
der Contrescarpe keine Patrouillen
hinausschicken, massen nicht einen
einzigen Mann von der Cavallerie darinnen hatte und einem hochlöbl. Hof-
Kriegsrath genugsam bekannt sein Avird, dass als Grossglogau wirklich schon
unet war. nicht das mindeste an Cavallerie sich in ganz Schlesien be-
funden habe: denselbigen Abend, wo alsdann um Mitternacht der Sturm an-
gegangen, bin ich mit Herrn General-Feldwachtmeister Baron Reisky alle
Posten in dem Chemin-Couvert visitieren gegangen, auch gleichwie schon in
meiner Relation angeführet. um 9 Uhr Abends meinen Adjutanten Lieutenant
Schuld zu dem in der Contrescarpe commandierenden Harrach'schen Regiments-
i ; ] 5
Hauptmann Baron Ripperda de novo abgeschicket und ihm sagen lassen,
dass er allen seinen untergebenen Posten auf das Nachdrücklichste anbefehlen
möchte, wohl alert zu sein. Der schriftliche Hauptwach-Rapport ist nicht wie
gewöhnlich in einem Ort (wo kein Feind darvor lieget) eingegeben worden,
sondern zu allen Stunden bei Tag und Nacht jeder gleich mir Selbsten, als auch
dem General-Feldwachtmeister R e i s k y und Oberstwachtmeister Planting
gemeldet worden, damit jederzeit sogleich von allem wissen und die behörigen
Dispositiones haben vorgekehret werden könnnen.
Ob ich eine Special -Disposition
gemachet auf allerhand Fälle, was
jedes Commando auf seinem Posto
verrichten, auch wie ein Posto den
andern secundieren solle, oder falls
sie von denen Posten repoussieret
wurden, retraiten assignieret habe,
wo sie sich wiederum setzen und
durch die Reserven soutenieret werden
sollen, ingleichen selben Reserven
denen Posten bekannt gemachet habe,
auf welche sie sich zurückziehen
sollen ?
ad 3,lum-
Es ist meine Special -Disposition
von mir, dem General - Feldwacht -
meister Baron R e i s k y, von diesem
denen beiden Oberstwachtmeistern von
Harrach und meinem Regiment
gleich Anfangs gegeben und dictieret
worden, auch von solchen nicht nur
allein den Hauptleuten, so in dem
Chemin - Couvert commandieret und
täglich einander abgelöset haben,
mitgegeben worden. sondern ist
alle Frühe sowohl der ablösende,
hernach aberder abgelösste Hauptmann
zu mir gekommen, sich angemeldet
und ich dem ersteren täglich auf das
neue meine gegebene Verordnung bestens zu beobachten wiederholet habe
und dass er denen unter ihm stehenden, sowohl als Ober- und Unterofriciers-
Posten auf das Schärfste einbinden möge, dass sofern ein Feind anrücken
und attaquieren sollte, jeder dieser angegriffenen Posten allmö^licbste Re-
sistenz thun sollte, massen man von dem Wall sie soutenieren würde, diejenigen
Posten in sothanem Chemin- Couvert aber, so nicht attaquieret wurden, denen-
selbigen zu ihrer rechten oder linken Hand, so wirklich angegriffen werden,
zu Hilfe kommen sollten, und sofern solche durch überhäufte feindliche Macht
sich zu retirieren gezwungen wurden, sich in die eigens hierzu in dem Graben
in drei unterschiedenen Oertern expresse verfertigte Abschnitte zu retirieren,
wo solche von dem Wall secundieret werden konnten und gleichwie zum
öftern die mindeste Circumstanz den Casum zu mutieren pfleget, also sothanen
commandierten Hauptmann annoch über alles bestens anrecommandieret habe,
in solchem Fall nach der Sache Beschaffenheit sich regulieren und seine unter
ihm stehenden Posten anleiten möge, der abgelöste Hauptmann aber hat mir
seinen Rapport von Allem, was währenden seinen 24 Stunden passieret ist.
mündlich abgeleget.
4tö.
Ob ich dieses zu bewirken solche
Retiraden verschanzet und verboll-
werket, oder Abschnitte gemachet
habe, damit die retirierenden Posten
sich von Distanz zu Distanz setzen
ad 4t",n-
Aus bevorstehendem Puncto Nr. 3
ist beliebig zu ersehen, dass zu solchen
Retiraden drei Abschnitte gemachet
worden sein, aus liebenliegendem Plan
der sogenannten Festung Grossglogau
616
und defendieren können, auch sich
gegen die Reserven ziehen, auch solle
ich auf dem Plan der Festung Gross-
glogau bemerken, wo und wie stark,
sonderheitlich an selbigem Tag, als die
Attaque geschehen, die Posten ge-
standen sein.
5ta.
so numeriert ist. als auch dem bei-
gelegten Posten - Extract ist gnädig
abzunehmen, wo und wie stark die
Posten gestanden sein.
Warum nicht auch die Bürger-
schaft zum "Wachen employieret und ob
im Fall einer Surprise nicht ordinieret
und disponieret worden, dass die
Bürgerschaft aus denen Fenstern
Feuer gegeben und die vornehmsten
Zugänge auf den Hauptplatz verleget,
dann solche Impedimenta und Vor-
sehungen gemacht worden, dass der
Feind nicht auf einmal die ganze
Stadt occupieren und auf allen Seiten
andringen können, ob die Hauptwache
verbarricadieret war, Stück mit Kar-
tätschen geladen, sich auf den Platz
und Avenuen befunden und der-
gleichen Vorsichtigkeit gebrauchet
worden ?
ad 5tum-
Von der Bürgerschaft (wie schon
in meiner Relation gesaget) sind
täglich 100 Mann zu einer Reserve
gebrauchet worden, welche auch bei
erfolgtem Allarme gleich aus dem Je-
suiten-Collegio (wo solche allezeit
unter Gewehr gelegen) mit dem dabei
commandierfc gewesenen meines Regi-
ments Hauptmann S c h u b e r t aus-
gerücket und sich an diejenigen Gre-
nadiers, welche mir und dem General
R e i s k y gefolget, angeschlossen
haben, man war aber bei dem Schloss-
thor kaum hinaus, als die meisten,
ja fast alle in der Finster sich
wiederum rückwärts zurückgezogen,
theils mit dem Gewehr davon gelaufen,
theils aber gar solches weggeworfen
haben, über dieses sind auch von
denen Bürgern täglich einige (welchen man noch am meisten hatte trauen
dürfen) als Büchsenmeisters-Gehilfen auf die Bastiones commandiert worden,
auch haben täglich zwei Rathsheren von dem Magistrat mit ihren Leuten
sowohl bei Tag, als bei Nacht durch gewisse Gassen continuierlich patrouillieren
müssen, bei den Wasserspritzen zu Folge der von mir gemachten Feuer-
Ordnung sind auch viele commandiert gewesen, solche aber in der Contrescarpe
und auf dem Wall ordentlich Wache halten zu lassen, wäre sehr bedenklich
gewesen, viel mehr aber, wann ihnen den Befehl gegeben hätte, dass solche
bei einer etwann erfolgenden Surprise aus denen Fenstern feuern sollten, denn
auf deren Treue sich nicht das Mindeste zu verlassen, wohl aber alles Uebe]
zu besorgen war, dann da die meisten lutherische Bürger waren, so schon
längst zuvor ihre Glaubensgenossen zu Gästen gewunschen hätten, auch
damalen schon bereits über drei Wochen solche ohne Fleisch, viele auch ohne
andere Vivres sich befunden haben, so nicht aus meiner, sondern ihrer eigenen
Schuld herrühret, dann sobald, als ich nur in Erfahrnus gebracht, dass der
Marsch deren Preussischen Truppen in Schlesien determinieret sei, gleich den
Befehl gegeben habe, dass die Bürgerschaft wenigstens sich auf ein halb Jahr
mit Vivres versehen solle, diejenigen aber, so solches nicht prästieren können,
sich von dorten retirieren möchten, wie dann auch Weiber und Kinder und
andere unnütze Minder hinausgeschaffet worden sein, die Hauptwach zu ver-
havricadieren und deren Zugänge hat sowohl der Situs loci nicht zugelassen,
als man ein ordentliches Retranchement um und um hätte formieren müssen
617
und gleich wie die ganze Defension von Glogau einzig und allein in der sehr
übel regulierten Contresearpe und dem Wall bestanden, also alle Arbeit dabin
hat employieret werden müssen, solche Werke soviel als nur immer möglich in
etwelehen guten Stand zu setzen, auch sothaner Hauptwacheplatz also situieret
war, dass die um und um liegenden Häuser sämmtliche hätten müssen ab-
gebrochen werden, so mir eine innerliche Rebellion von der Bürgerschaft ver-
ursachet hätte. Stücke und Kartätschen sind keine bei der Hauptwache
gewesen, dann da der Feind seinen Marsch in Schlesien angetreten, habe
gleichsam kein einziges brauchbares Stück gehabt, wessentwegen diejenigen,
so noch auf einige Weise reparieret haben werden können, bei Tag und Nacht
zurichten und auf die Bastiones habe führen lassen.
6tö.
Da ich den General Reisky, wie
auch mehrere Stabsofficiere bei mir
gehabt, ob ich solche dergestalten
eingeth eilet, dass jedweder in dieser
weitläufigen Festung seinen District
oder Nummern zu respicieren gehabt,
wobei speeifice anzumerken, was vor
Posten ihnen angewiesen waren, wie
die Allarmplatze ausgetheilet, was für
Verhaltungs-Ordre ihnen im Fall einer
Attaque oder Surprise gegeben worden
sei?
ad 6tnm-
Ich habe nebst dem General
R e i s k y keinen anderen Stabs-Offi-
cier bei mir gehabt, als den Oberst-
wachtmeister Baron Reichlin von
Harr ach und den Oberstwacht-
meister von Plantin g von meinem
Regiment, wo der erstere, gleichwie
in meiner Relation gehorsamst bei-
gebracht, den 28. Februar mit dem-
jenigen Brief (wo um Erlaubnuss einen
Officier nacher Wien schicken zu
können, geschrieben habe) hinaus
gegangen, auch erst nachdem Glogau
bereits übergegangen war, zurück-
gekommen ist. Den Titul. Oberstlieutenant meines Regiments H. Ekard,
welcher sich auch alldorten befunden hat, etwelche Monate zuvor aber auf
Befehl eines hochlöbl. Hof-Kriegsraths wegen erkauft haben sollender Charge
bei des seligen Feldmarschall Wals egg Zeiten cassieret worden ist, mich
also seiner zu öffentlichen Diensten nicht gebrauchen können, doch da solcher
ein verständiger und altgedienter Officier war, zu Vorstehung der Arbeit
employieret hatte und gleichwie schon vormals gesaget, dass da man währender
ganzen Blokade Zeit sowohl mein Haus, in welchem auch Herr General
Reisky bei mir gewohnet, sodann auch die beiden Obeistwachtmeister
Reichlin und P 1 a n t i n g, wie nicht weniger die sämmtliche Reserve und
übrige wenige nicht auf denen Posten commandierte Mannschaft in denen
Häusern auf dem Platz gelegen sein, also auf den mindesten Allarm gleich
ä portee sein können, die Allarm-Plätze also allda assignieret waren.
und letztlichen, da ich in meiner
specie facti vorgebe, als ob nicht jeder
Mann seine Schuldigkeit gethan hätte,
so sei nöthig, dass solche benenne!
werden, wie auch, wie die täglichen
Befehle durch den Platzmajor und
Stadt-Adjutanten, ausgegeben worden
sein ?
ad 7"m-
Da ich mit dem General Reisky
bei entstandener Attaque mit er-
wähnter weniger bei uns gehabter
Mannschaft (wie in meiner Relation
gehorsamst ange 1'ülnvt (bei demSchloss-
Thor hinaus gekommen und ohne auf
denen drei Posten in der Contre-
searpe Nr. 1, 2, 3 das Mindeste
618
chargieren zu hören, den Feind aber doch schon auf dem Wall angetroffen, so
habe natürlicherweise auf die Muthrnassung kommen müssen, dass der auf
Nr. 2 commandiert gestandene meines Regiments Lieutenant B. von Stosch,
von welchem auch Nr. 1 und 3 dependieret hat. oder keine Resistenz gemachet
habe, oder aber sich besser hinauf, wo eben auch der Chemin-Couvert atta-
quieret worden ist, müsse gezogen haben und da ich nach feindlicher Empor-
tierung dieser sogenannten Festung mit den zu Kriegsgefangenen gemachten
Officieren nicht reden können, folgsam auch von oberwähntem Lieutenant
B. Stosch (der sonsten doch ein ziemlich fleissiger Officier war) nicht er-
fahren können, was es vor Beschaffenheit gehabt habe mit denenjenigen
dreien Posten und sofern es genehm gehalten wurde, so wollte ich gedachtem
Lieutenant diesfalls um die Information einzuholen schreiben ; die Parola und
täglichen Befehle sind von mir dem General Reisk}* und von diesem denen
beiden Oberstwachtmeistern Baron Reichlin und PI an t in g und von
diesen dem Officier von der Hauptwache und demjenigen von dem Oder- Thor
gegeben worden, dem in der Contrescarpe commandierenden Hauptmann aber
sind durch Abholung eines von ihm abgeschickten Feldwebels die Befehle
schriftlich zugeschicket worden.
Kein Platz-Major oder Stadt- Adjutant ist niemalen in Glogau gewesen,
wessentwegen erwähnter mein Oberstwachtmeister die Dienste des ersteren
und mein "Wachtmeister-Lieutenant die Dienste des andern versehen hat, auch
ist sothane Abfertigung täglich in meinem eigenen Zimmer beschehen.
Aus obstehender Beantwortung werden Euer Excellenz und meine
hochgeehrtesten Herren Herren gnädig und beliebig ersehen, dass alle diejenigen
Vorkehrungen und Dispositiones gemacht worden sein, was nur immer
Menschen möglich gewesen ist, bei so schlechter Beschaffenheit deren Festungs-
Werken, als auch die Schwäche der Garnison besonders considerieren; die
Posten hätten freilich noch dreimal stärker besetzt sein sollen, wenn mehr
Leute gehabt hätte und diese so wenige Garnison bei der rigorosesten
Winterszeit durch 3 Monat, da man täglich die Attaque von dem Feind er-
warten müssen, wie alsdann solche erfolget ist, welches auch nicht wenig
Ursache, zu der stark eingerissenen Desertion mag gegeben haben — ich
erlasse mich zu Gnaden
Wien, den 28. August 1741.
Euer Excellenzien und meiner Hochgeehrtesten Herren.
XXXIII/2.
Copia
des von der angeordneten Hofkriegsräthl. Commission erlassenen Gutachtens. !)
Hochlöbl. weil. Rom. Kais. Majestät hinterlassener Hof-Kriegsrath.
Vermög des allhier Lit. A. in Copia beiliegend unterm 16. dieses an
mich erlassenen Rescripti 2) war diesem hochlöbl. Mittel gefällig, die von dem
') Aus dem gräfl. W alli s'schen Archive zu Rolescuowitz.
2) Das Rescript ist nicht mehr vorhanden. Der hetreffende Protocolls-Auszug des
an FM. Graf Kh e ve nhül ler dto. Wien, 16. August 1741, gerichteten Rescripts lautet:
619
Herrn General-Feldmarschall-Lieutenant Grafen von Wallis wegen der
seinem Commando anvertraut gewesten von denen königl. Preussischen
Truppen iiberstiegenen und eingenommenen Festung Grossglogau erstattete
Relation mir zu dem Ende in Original] zu überschicken, auf dass ich mit
Beiziehung anderer Generals-Personen bei mir eine Untersuchung vornehmen
die behörige Beilagen von ermeldtem Herrn Grafen von Wallis abfordern
und nach Befund die weitere Erläuterung von ihm selbst sowohl einholen,
als diejenigen Ofhciers, auf welche sich die Relation beziehet, oder die etwann
sonsten vernommen werden müssen, entweders schriftlich von der Armee, bei
welcher sie nunmehro wieder befindlich sein werden, vernehmen, oder wofern
es nöthig gar nacher Wien kommen lassen, alsdann aber ein ordentlich
Gutachten darüber abstatten solle.
Dieser Verordnung nun gehörigen Vollzug zu leisten habe ich nicht er-
mangelt, nachfolgende Generals-Personen, als benanntlich den Herrn General-
Feldzeugmeister Grafen von Wurmbrand, den General Feldmarschall-
Lieutenant Herrn Grafen von L ö w e n w o 1 d e und den General Feld Wacht-
meister Herrn Baron von Rudophsky, nebst dem General Feld-Kriegs-
Auditor von S u m m e r a u beizuziehen und in einer den 21. dieses gehaltenen
Commission, obige Relation sammt allen Beilagen genau zu durchgehen und
ist nach reifer Ueberlegung aller Umstände der Schluss Unanimia dahin aus-
gefallen, dass der H. Graf von Wallis über die in C enthaltenen Puncten
noch weiters schriftlich vernommen werden solle.
Nachdem nun derselbe seine Beantwortung D, nebst dem sub E ent-
worfenen Festungsplan, wie auch der Wach und Posten Specification F über-
reichet, wurde darüber anheut als den 29. August in Commission weiters
deliberieret, also dass es nunmehro lediglicb an Abstattung der hierinnenfalls
abgeforderten Gutachten erwindet.
Dieses nun in Kürze zu eröffnen, so ist ohnedem bekannt, in was vor
einem schlechten Defensions-Stand sich die ziemlich weitschi einige Festung
Grossglogau befunden. Die von dem Herrn Generalen von Wallis gleich nach
Antretung seines Commando an einen hochlöbl. Hof-Kriegsrath erstattete Re-
lation enthaltet des Mehreren, wie dieser unhaltbar ja fast offene Platz an
denen Festungswerken gänzlich ruinieret, mit unbrauchbarer Artillerie ver-
sehen, auch an gehörigem Kriegs- Vorrath und Lebensmitteln entblösset
gewesen, die hierüber ergangene Hofkriegsräthl. Rescripta weisen gleichfalls,
wie sorgfältig man sich hohen Orts allem dem abzuhelfen, hauptsächlich aber
die zu Reparierung der Fortification benöthigten iündus ausfindig zu machen
angelegen sein lassen, wie denn auch Zeit der schon vorgeschehenen feind-
lichen Invasion dem Herrn Grafen von Wallis kraft eines besonderen Re-
scriptes alle bestmöglichste Vorkehrungen zu machen, mit Kachdruck an-
befohlen worden, welcher hohen Verordnung derselbe unseres Behalts in Allein
nachgelebet, da er in der That erweiset, wie er nicht nur allein in Herstellung
der Fortification, so viel dazumal die rauhe Winterszeit zugelassen, allen Fleiss
angewendet, sondern auch an Reparation der Artillerie und Herbeischaffung
„Acclud. Die von dem General Wenzel Wallis wegen Uebergab der Föstung Gross-
Glogau abgestattete Relation, um solche mit Beiziehung einiger Generals zu durchgehen
und darüber sodann dessen gutachtliche Memung anzuzeigen". (K. A., H. K R. 1741, Prot.
Reg. Fol. 3044.)
620
deren Lebensmitteln so viel bewirket, dass die Garnison an frischem Fleisch
und gutem Brod niemalen einen Mangel gehabt, mithin seinen diesfälligen
Anstalten nicht wohl etwas mit Grund auszustellen zu sein scheinet.
So viel nun aber die Defension dieses Platzes und die bei dem feind-
lichen Angriff gezeigte Eesistenz anbetrifft, haben wir ebenfalls befunden,
dass eines Theiles die wenige Garnison zu Behauptung einer so weitläufigen
Festung mit nickten sufficient war ; anderntheils aber dass Herr Graf von
Wallis gleichwohlen seinesorts an behöriger Vorsichtigkeit nichts erwinden
lassen, wohl aber die Posten, so viel es die Schwäche seiner Mannschaft zu-
gelassen, gebührend besetzet, auch die Garnison bei entstandenem Allarme
völlig in Gewehr und Waffen gehalten habe, mithin dann diesesorts keines-
wegs überrumpelt, oder durch Surprise hinweggenommen, sondern durch
überlegene Macht, wie es gar wohl heim hellen Tag hätte geschehen können,
emportiert worden sei, übrigens hat zwar Herr Graf von Wallis in seiner
Relation B, unter anderen Meldung gemacht, gleichsam von ein und anderem
Posto die Schuldigkeit nicht allerdings beobachtet worden wäre, wie zumalen
in seiner weitern Beantwortung D, solches nur aus Muthmassung erinneret
zu haben sich erkläret und denjenigen Lieutenant, welchen er diesfalls in
Verdacht gezogen, zu vernehmen sich anerbothen, dieser Umstand hingegen,
nachdem solcher ohne Verlässlichkeit nur suspicieret und allenfalls von einem
Lieutenants-Posto das Heil der Festung keineswegs abhänget in die hierortige
Untersuchung nicht eigentlich einzuschlagen scheinet, also winden wir end-
lichen des einhelligen Darfürhalteris, dass es bei solcher der Sachen Be-
schaffenheit und da keine widrigen zur Special-Inquisition erforderlichen In-
dicia vorhanden sind, an Seiten des H. Grafen von Wallis weder an Fleiss,
noch guten Anstalten ermanglet, sondern derselbige in gehöriger Defensum
und Resistenz seine schuldige Pflicht, so viel das Ort und seine beigehabte
Mannschaft, nebst denen vorhanden gewesten Defensions-Requisiten zugelassru
haben, in alle Wege beobachtet, ohne dass also ihm diesfalls etwas Widriges
zu imputieren wäre.
Welches also Einem hochlöbl. Hof-Kriegsrath ich hiemit in Kürze be-
richten und mich empfehlen sollen.
621
XXXIV.
Marche-Route >)
Wornach das von Prag über Landskron in das Markgraffthum Mähren Be-
orderte Feld-Artillerie-Commando abzugehen hat.
Dieses marohierfc von Prag über Aufiiiewes (Uhfiiioves) im Kaufimer
Kreis über Schwarz-Kosteletz und Zasmuk nach Maleschau in dem Czaslauer-
Kreis über Czaslau nacher Hefmanmestec in den Chrudimer-Kreis ferner
über Chrudim, Chroustowic, Hohenmauth und Böhniisch-Trübau nach Lands-
kron und von das in das Markgraffthumb Mähren.
Worzu Beiläufig 10 Marche, Bei 5 Rasttagen erforderlich sein dürfften.
Prag, den 2. Marty 1711.
Der zu Hungarn und Böheimb Königl. Mayest.
Ober-Kriegs-Commissarius im Königreich Bö-
heimb, wie auch Königl. böhm. Erb-Landen
Ritter
(L- S.1 W. Lodginann v. Aue n.
') K. A., F. A. Schlesien 1741 ; III, ad 17.
622
XXXV.
Liste
des in das Feld beorderten grossen und kleinen Generalstabes. ')
Commandierender General
FZM. Graf Neipperg.
Feldmarschall-Lieutenants.
Von der In f a n t e r i e :
Göldy
Browne
Von der Cavallerie
Römer
Berlichingen
General -Feld Wachtmeister.
V o i) d er Infanterie:
Kolowrat
Piccolomini
Grünne
Kheul
Reisky
Von der C a v a 1 1 e r i e
Holli
Philibert
Lentulus
Birkenfeld
Baränyai
Festetics
Feld-Kriegs-Expedition:
1 Concipist : Gröller.
3 Kanzlisten: Herzebon, Nicolantin, Fragner.
F e 1 d - K r i e g s - C o m m i s s a r i a t s - A m t :
Ober-Kriegs-Commissäre : Bosch, Hoffmann.
Feld-Kriegs-Commissäre : Lachawitz, Hron, Raidt, Pompeati, Schütz,
Schilling, Tent, Adelhard.
Aints-Officiere : Rohr, Mühlburg, Dierninger, Ohnesorg.
Amts Concipist : Ettenauer.
Kanzlisten : Menner, Saris, Possenhamer.
Feld-Medici:
Brady, Besenecker, Termin.
Stabs-Chirurgi:
Fillippon, Thimling.
') Au-i dem Brown e'sohen Manuscript 1741, österr. Suecess. Krieg.
623
Pater Superior:
Jenig Sebast, dessen Socius : Franz Xav. Danhauser.
Auditor -Lieutenant:
Stabs-Profoss:
Riferts cum Suis.
Feld -Post-Amt
1 Feld-Postmeister : Kanz.
2 Post-Officiers : Gossner, Bongarde, nebst 2 .Post-Couriers.
Feld-Apotheken:
Feld-Apotheker : Eulenschenk.
Feld-Kriegs-Cassa.
Proviant-Amt.
624
XXXVI/i.
Bagage-Ordnung.
General-Kriegs-Conimissariat an den Hof-Kriegsrath. !)
Das Ambt vermeinet ohnmassgeblich, dass die den 8. February pübli-
cierte und gedruckte Bagage -Ordnung, ob sie scbon haubtsächücb nur für die
Armee in Hungarn eingericbtet worden, docb aucb dem an der Scblesiscben
Gränitz zusammen ziehenden Kriegs-Corps zur Beobachtung füglich vor-
geschrieben werden könne, mithin etwas neues zu regulieren nicht nöthig seye,
weillen die in gedachter Bagage-Ordnung von Anno 1738 entworffene Pferd
und Wägen, einestheills zu Fortbringung der im Feldt nöthigen Bagage, ohne
Zweiffei hinlangen und anderntheils gleichwohlen für nichts überflüssiges an-
zusehen seynd, nachdeme die Miliz bey diesen Zeithen einer weit wenigeren
Willfährigkeit als vormahls, in denen Königlich Böhmischen Ländern sich zu
erfreuen hat, und dahero daselbst sowohl, als in Hungarn, fast alle Erforder-
nussen mit sich führen muss. Und wie nun in wiederholter Bagage-Ordnung
von Anno 1738 ausdrücklich vorgesehen worden ist, wasmassen die Ab-
schaffung der nicht passierlichen mehrern Bagage geschehen solle; also lassei
sich auch daraus leicht der Schluss machen, dass wehrenden Feldtzug von
denen Ländern Keine extraordinari Vorspann abzureichen oder zu praetendieren
seye. Welches Ich auf das dem Ambt unterm 14. dieses umb Gutachten zu
communicieren beliebte hiemit zurückfolgende Insinuatum der Löbl. Königl.
Böhaimb. Hof-Canzley geziemend beybringe, und zugleich nach Eines Hochlöbl.
Mittels weitheren Verlangen abschrifftlich beyfüge, was Anno 1689, 1707, 1711
und 1735 wegen einführung einer Bagage-Ordnung sowohl im Rom. Reich,
als in Hungarn abgehandlet worden ist ; respectu Italien hingegen, ist dem
Ambt von einer dergleichen Einrichtung nichts erinnerlich, gleichwie dann
auch alle anderweithig projectierte und stabilierte Bagage-Ordnungen bisshero
wenig oder gar nicht befolget worden seynd, und es hieran hinführo ebenfalls
rwinden dürfte, wann nicht mit mehrern Ernst und Rigor darauf gesehen wird.
Womit mich gehorsamst auch Schuld- und dienstl. empfehle etc.
W i e n, den 24. Februar 1741.
Graf von Nesselrode.
XXX VI/2.
Wir Carl etc.2)
Erstlichen werden zu halten und in das Feld mitzufahren gestattet.
Pferdt
Wägen oder
Tragthiere
Einem General-Lieutenanten 12 300
Einem Feldmarschalien sambt Adjutanten .... 6 106
i) K. A., H. K. R. 1741. März 1677 Exp.
>) K. A., Mil.-Syst. Nr. 180.
(iL'.".
Pferdt
Wägen °,ler
tt-- n i i ,-, „ . Tragthiere
Jjyinem General der Cavallene sambt Adjutanten . 4 86
Einem Obrist-Feld-Zeug-Meister sambt Adjutanten 4 76
Einem Feld-Marschall-Lieutenant sambt Adjutanten 3 -,,;
Einem Obrist-Feld- Wachtmeister sambt Adjutanten 3 46
Einem General-Quartier-Meister 3 94
Einem Patri Superiori cum Socio 1 16
Einem General- Adjutanten ! «(.
Einem General-Quartier-Meister-Lieutenant ... 1 8
Einem Stabs-Qaartier-Meister 1 g
Einem Feld-Protho-Medico j 10
Einem Eeld-Medico -,0
Einem Stabs-Chyrurgo, sambt zweyen Gesellen . . 1 18
Einer gantzen Feld-Apothecken sambt dem Per-
sonali g 24
Einem General- Wagen-Meister 1 g
Einem General- Wagen-Meister-Lieutenant . . . . _ 3
Einem Ingenieur-Obristen 2 19
Einem Ingenieur-Obristlieutenant 1 g
Einem Ingenieur Obrist- Wachtmeister 1 6
Einem Ingenieur -Haubtmann 1 3
Einem Ingenieur- Ob er- od. Unter-Lieut. 1 zu- 2
Einem Ingenieur- Conducteur J sammen 1 2
Einem Dollmätsch ± g
Einem Capitaine des Guides _ g
Einem General- Auditor 1 ls
Einem General-Auditor-Lieutenant 1 iq
Einem Gericht-Schreiber _ 4
Einem Ambts-Trabanten _ _
Einem General-Gewaltigen 1 g
Einem Profos-Lieutenanten ± 3
Einem Fre}Tmann cum suis _ o
V o n d e r F e 1 d - K r i e g s - C a n t z 1 e y.
Einem Feld-Kriegs-Cantzley-Directori 2 16
Einem Feld-Kriegs-Secretario 1 12
Einem Eegistratori 1 g
Zweyen Concipisten j ,•
Einem Cantzelisten 2
Einem Accessisten _ *
Einem Cantzley-Diener j
Ein Cantzley- Wagen, so mit 6 Pferden bespannet 1
Vom General-Kriegs-Co m m i s s a r i a t - A m b t.
Einem General-Kriegs-Commissario 5 L00
Einem Obvisten-Kriegs-Gommissario ... ;< 50
Einem Cantzley-Direetori 2 30
Oe3t,Gi-rei(;hisch.M- Erbfolgekrieg II. Bd. 40
626
Wägen
Einem Ambts-Secretario 1
Einem Registratori 1
Einem Registratoris-Adjuncten —
Einem Ambts-Buchhalter 1
Einem Buchhalters-Adjuncten —
Zweyen Concipisten 1
Einem Cantzelisten —
Einem Accessisten —
Einem Cantzley-Diener, oder Haitzer —
Einem Ober-Kriegs-Commissario 1
Einem Feld-Kriegs-Commissario 1
Einem Ambts-Officier —
Ein Cäntzley-Wagen, so mit ß Pferden bespannet 1
Vom Feld-Proviant-A m b t.
Einem Proviant-Obristlieutenant . 2
Einem Ober-Proviant-Commissario 1
Einem Proviant-Commissario 1
Einem Proviant-Bachhalter 1
Einem Proviant-Ambts-Cassier 1
Einem Proviant-Verwalter 1
Einem Proviant-Officier, oder Interims-Officier . . —
Einem Fourier —
Einem Caplan —
Einem Ober-Becken-Meister —
Einem Unter-Becken-Meister —
Einem Feldscherer - 1
Einem Feldscherer-Gesellen —
Einem Proibsen 1
Von denen übrigen nothwendigen Bedienten, jedem —
Ein Proviant - Ambts - Cantzley - Wagen , so mit
6 Pferden bespannet 1
V o m P r o v i a n t-Fu h r - W e sei.
Einem Directori 1
Einem Verwalter \ ,
,' zusammen 1
Einem Ofiicier I
Einem Fourier —
Einem Geschirr-Schreiher —
Einem Caplan —
Einem Ober-Feldscherer 1
Einem Unter-Feldscherer —
Einem Ober-Wagenmeister . . • —
Einem Unter- Wagenmeister —
Einem Schmid-Meister —
Hinein Schmid-Gesellen —
T
Pfenlt
oder
ragthiere
12
8
3
8
3
6
2
1
1
16
8
2
IC»
12
8
8
8
3
2
1
2
2
1
3
1
3
1
6
3
2
1
1
2
2
1
3
2
1
027
Wagen
Einein Wagner-Meister —
Einem Wagner-Gesellen . . . • —
Einem Profosen 1
Die Bespannung deren Proviant- Wägen ist per sc — ■
Vom Kriegs-Zahl-Amb t.
Einem Cassier, sambt Schreiber 1
Einem Cassa-Officier —
Zwey Cassa- Wägen, so mit 6 Pferden bespannet 2
Vom Feld-Post-Amb t.
Einem Feld-Postmeister 1
Einem Feld-Post-Officier —
Einem Feld-Courier —
Einem Postillion —
Die Post-Calesch und Post-Pferdt nach Er-
ibrdernuss —
Von dem F e 1 d - A r t i 1 1 e r i e - C o r p o.
Einem Obristen 2
Einem Obristlieutenant 1
Einem Ober-Kriegs-Commissario 1
Einem Zeuo;-Lieutenant 1
Einem Ober-Stuck-Haubtmann 1
Einem Stuck-Haubtmann 1
Einem Auditori 1
Einem Ober-Adjutanten ...... 1
_,. c , . } zusammen 1
Einem oecretario J
Einem Zeugwart 1
tt ai -n i i\,r • i. t zusammen 1
Einem Ober-Feuerwerk-Meister . . . J
Einem Quartier-Meister )
-r,. r. , I zusammen 1
Einem Uaplan >
Einem Feldscherer-Meister 1
Einem Feldscherer-Gesellen —
Einem Proviant-Meister —
Einem Stuck-Juncker-Corporalen —
Einem Stuck-Juncker —
Einem Ober-Petardier —
Einem alten Feuerwerker —
Einem jungen Feuerwerker
Einem Brücken-Meister —
Einem Weg-Bereiter —
Einem Fourier —
Einem Fourier-Schützen —
Einem Zeuar-Schreiber
Pferd!
oder
Tragthiere
1
8
2
10
3
2
40
2-1
24
20
20
12
12
12
12
10
10
8
ö
8
2
0
G
4
6
4
2
(i
G
4
1
2
40*
628
Pferdt
Wägen oder
Tragthiere
Einem Proviant-Schreiber 2
Einem Bixen-Meister-Corporalen — 1
Einem Bixen-Meister —
Vom Zeug-Ambt,
Einem Zeug-Diener —
Einem Pulver-Hütter —
Einem Binder-Meister —
Einem Unter-Geschirr-Meister — 1
Einem Schlosser-Meister — 1
Einem Ober-Schmid-Meister — 2
Einem Unter-Schmid-Meister, oder Gesellen ... —
Einem Ober- Wagen-Meister — 2
Einem Unter- Wagen-Meister — 1
Einem Sattler-Meister — 1
Einem Sattler-Gesellen —
Einem Riemer-Meister, oder Gesellen —
Einem Handlanger-Corporalen — 1
Einem Handlanger, Wagenbauer, und Tambour . . —
Einem Profosen cum suis 1 10
V o n d e r M i n i e r s - C o m p agni e.
Einem Obristen 2 40
Einem Haubtmann 1 12
Einem Lieutenant 4
Einem Feldwäbel 3
Einem Miniersmeister — 3
Einem Miniers-Corporalen — 2
Einem Alt- und Jungen Minier — —
Von der R oss-Par t li e y.
Einem Ober-Wagen-Meister — 12
Einem Ober-Geschirr-Meister — 8
Einem Geschirr-Schreiber — 3
Einem Ross-Arzten • . . . 1 6
Einem Wagen-Meister — 4
Einem Geschirr-Knecht — 2
Einem Stuckh-Knecht —
Einem Marquetänder, deren drey bey der Artillerie
passieret werden 1 —
Die Stuck-Pferde seynd per se —
V o m F eld-Schiff-Bru c k e n - u n d P o n tons-S t a n d.
Einem Schiff-Bruck-Haubtmann 1 3
Einem Schiff-Bruck-Lieutenant 1 2
Einem Brack- Schreiber — 1
620
Pferdt
Wägen oder
Tj agtliiere
Einem Feldwäbel — 1
Einem Corporalen —
Einem Feldscherer — 1
Denen übrigen Bedienten —
Vom Ponton s- oder S c h i f f - B r u c k - F u h r-Wese n.
Einem Ober- Wagen-Meister 3
Einem Unter- Wagen-Meister — 2
Einem Fourier — 1
Einem Feldscherer —
Einem Schmid — —
Einem Sattler — —
Einem Wagner — —
Einem Geschirr-Knecht — —
Dieser Bespannung deren Pontons- Wägen per se —
Von einem Regiments-Stab z u F u s s.
Einem Obristen 6 12
Einem Obristlieutenant 1 8
Einem Obristwachtmeister 1 6
Einem Regiments-Quartier-Meister — 3
Einem Auditori und Secretario — 4
Einem Caplan — 3
Einem Wachtmeister-Lieutenant — 2
Einem Proviant-Meister — 2
Einem Wagen-Meister — 2
Einem Regimen ts-Feldscherer — 3
Einem Profosen cum suis . 5
Und dem gantzen kleinen Staab zusammen . . 3
Zelter-Wägen 3
Drey Balcken-Karren id est 3
Von einer Grenadiers- oder Ordinari-Compagnie zu F u s s.
Einem Haubt-Mann 1 3
Einem Lieutenant | 2
Einem Fähnrich, oder Unterlieutenantj 'MlSMmnen 1 o
Einem Fourier 1
Zweyen Fourier-Schützen — 2
Ein Proviant- Wagen 1
Wobey zu merken, dass einer Grenadiers-Coin-
pagnie nur Vs Proviant-Wagen gebühre
Für jeden Compagnie-Marquetänder 1
Von einem Cuirassier s-, D ragoner- o d e r 1 L u s a r e n - R e g i -
m ents-Sta b.
Einem Obristen 2 17
Einem Obristlieutenant 1 ]o
G30
Pferdt
Wägen oder
Tragthiere
Einem Obrist- Wachtmeister 1 8
Einem Regiments-Quartiermeister — 4
Einem Auditori und Secretario — 5
Einem Caplan — 3
Einem Adjutanten — 3
Einem Proviantnieister — 3
Einem Wagen- Meister — 2
Einem Regiments-Feldscherer — 3
Einem Paucker — 2
Einem Profosen cum suis — 5
Und dem kleinen Regiments-Stab zusammen . 3 —
Von einer Carabiniers- oder Ordinari-Reitt'er-Compagnie.
Einem Rittmeister 1 6
Einem Lieutenant \ 4
Einem Unter-Lieutenant oder Cornet \ zusammen 1 3
Einem Wachtmeister — 3
Einem Fourier — 2
Einem Feldscherer — 1
Einem Trompeter — 1
Einem Sattler — 1
Einem Scbmid — 1
Einem corperalen sambt seinem Dienst-Pferdt . . — 2
Für jede Compagnie '/^ Proviant-Wagen id est . . V2 —
Dem Marquetänder 1 —
Die Dienst-Pferdt deren Gemeinen seynd per se . — —
Von einer Compagnie Dragoner oder Grenadiers zu Pferdt.
Einem Haubt-Mann 1 5
Einem Lieutenant 1 4.
Einem Fähnrich od. Unter-Lieutenant.) zusammeu 1 3
Hinein Wachtmeister — :]
Einem Fourier — 2
Einem Feldscherer — 1
Einem Tambour • — 1
Einem Sattler — 1
Einem Schmid — 1
Einem Corporalen sambt seinem Dienst-Pferdt . . — 2
Und für jede Ordinari-Compagnie V2 Proviant-
Waffen id est V
v^
2
Dem Compagnie-Marquetänder 1 —
Die Dienst-Pferdt deren Gemeinen seynd per se
Von einer Com p a g n i e Hu s s a r e n.
Innern Rittmeister • 1 5
Einem Lieutenant \ J.
Einem Cornet ) zusamm^n 1 3
631
Pferdt
Wägen oder
Tragthiere
Einem Wachtmeister — 3
Einern Fourier — 2
Einem Feldscherer — 1
Einem Trompeter — 1
Einem Sattler — 1
Einem Schmid — 1
Einem Corporal, sambt Dienst-Pferdt — 2
xl% Proviant-Wagen id est ' .'-> —
Die Dienst-Pferd t deren Gemeinen seynd per se.
Welche ausgemessene Anzahl deren Wägen, und Pferdt oder Tragthieren
von niemanden, unter was Vorwand es immer wäre, überschritten werden,
sondern alles darunter begriffen seyn solle, was ein jeglicher für sich, für
seine Bedienten oder sonsten zum eigenen Gebrauch, und Notwendigkeit
mitzunehmen hat; Und obwohlen Wir in diser Unserer resolvierten Bagage-
Ordnung über die passierenden nach Erfordernuss, und Gelegenheit mit Pferdt,
oder Ochsen zu bespannenden Wägen besonders alle einem jeden nach der
Ordonnanz gebührende Pferdt haben ansetzen lassen, so werden doch keinem
mehr, als die ordonnanzmässige Pferdt-Portiones sowohl in denen Winter-
Quartieren, und auf denen Märchen, als bey der Armee verwilliget, folglich
würdet derjenige, welcher alle ihme ausgeworfene Pferdt neben der Be-
spannung deren Wägen effective haltet, um die Verpflegung deren letzteren
uemlich deren Zug-Pferdten, oder Ochsen Selbsten zu sorgen, und solche
weder vorn Land, weder aus Unseren aufgestellten Kays. Magazinen jemahlen
zu praetendieren haben, gleichwie auch für die obschon ordonnanzmässige,
doch nicht effective haltende Pferdt bey dem General- Staab, der Feld- Artillerie,
und sonsten keine Fourage abgeraichet werden solle ; Hingegen werden die
Zug-Pferdt in so weit, als sie sambt denen anderen effective vorhandenen
Pferdten die Ordonnanz nicht übersteigen, deren Natural-Portionen theilhafftig,
Lind übrigens jedermann frey gelassen, ob er seine ordonnanzmässige Pferdt
sammenthch zum reithen, oder theils zum tragen, und an statt deren Maul-
Thieren gebrauchen wolle, wann nur über die ausgeworfene Anzahl keine
mehrere gehalten werden, als worauf nicht allein bey denen Pferdten, sondern
auch, und zuvorderist bey denen Wägen sowohl von Unserem Kays. General-
Kriegs-Commissariat-Ambt, ingleichen von dem General- Wagen-Meister, und
General-Wagenmeister-Lieutenanten genau gesehen, und bey Befund einer
Uebermass der Eigenthumer zu derselben unverweilter abschaffung ermahnet:
Da aber solche gleichwohlen nicht erfolgete, gedachte Uebermass an Wägen,
Pferdten oder Tragthieren dem commandier enden Generalen angezeiget, nach
dessen Anordnung sequestrieret, und sogleich abgeschafft, auch wegen des etwa
dadurch Unserem Dienst, oder dem Land mittel- oder unmittelbar verur-
sachten Schadens der Abzug fürgekehret werden solle.
Zweitens, gebühren denen Generals-Personen, und Stabs-Officieren bey
denen Regimentern, welche mehrere Chargen haben, die Wägen und Pferdt
nur allein nach einer, und zwar nach der höheren Charge zu halten, und mit-
zuführen; Und gleichwie
Drittens ohnedeme Unser Dienst erfordert, dass die Officiers sich stäts
bey denen Trouppen befinden, also solle kein General, Stabs- oder Ober
632
Officier, ausser welcher eigeuds dazu commandiert wird, sich bey der Bagage
aufhalten, weder bey der Armee des Fahren*, sondern ein jeder des Reitens
sich bedienen ; Es wäre dann einer wegen Leibes-Gebrechlichkeit zum Reiten
nicht im Stand, welchenfalls ihme zwar das Fahren gestattet wurde, jedoch,
dass er es vorhero der Generaliät zu melden habe ;
Viertens, haben alle Ot'ficiere ihre Ehe-Consortinen wehrenden Feld-Zug
in denen Stationen, aus welchen der Marsch ins Feld geschiehet, und wo
ihnen das Unterkommen angewisen verbleiben wird, zurück zu lassen : Wann
aber deren eitrige gedachte ihre Ehe-Gatten gleichwohl in's Feld mitzunehmen
vermainen, sollen dise sich sowohl, als die Ofnciers Selbsten zum Reiten
bequemen, und keiner das Fahren gestattet werden, denen Unterofficiers, und
gemeinen Weibern aber bleibet durchgehen ds unverwöhrt der Armee zu Pferdt,
oder zu Fuss zu folgen.
Fünfftens, ist keinem Officier erlaubet, ausländische Wein, Confecturen
und derley zur Lebens-Nothdurfft leicht entbehrliche, auch die Bagage, und
Unkosten nur vergrössernde Zärtlichkeiten mitzuführen, damit auch solche
nach aller Thunlichkeit verringert werde ; sollen sie Officiers ferners all das-
jenige, was sie sonsten an ihrer Bagage wehrenden Feld-Zug nicht nöthig
haben, in denen nächsten Garnisonen depositieren.
Sechstens, sollen die Regimenter beym Aufbruch aus ihren Quartieren,
oder Garnisonen die Mannschafft mit guter, gross- und kleinen Mundur solcher-
gestalten versehen, dass sie darmit den Feldzug hindurch auslangen mögen,
gestalten Wir zur Nachbringung derley Mundurs- Sorten keine Vorspann ab-
reichen zu lassen, Gnädigst anbefohlen haben.
Siebendens. ist jedermann ausser der Feld-Artillerie, denen Regimentern
zu Fuss, und zu Pferdt, und Unserer Kayserl. Feld-Kriegs-Cantziey bey der
Armee die Haltung aigener Marquetänder verbotten, hingegen allen Handels-
Leuthen, Burgern, und Bauren die Victualien mit Wägen, oder Trag-Tlüeren
der Armee bey- und in das Haubt-Quartier frey zuzuführen erlaubet; Auf
deren ungehindertes Fortkommen wehrenden Zug der General-Wagen-Meister
genau sehen, sonsten aber der General-Ue waltiger auf ihre Sicherheit sorgen
solle, wie dann ebenfalls diser sie. Marquetänder, alle in gedachtem Haubt-
Quartier anzustellen hat, sie aber ihre Failschafften allda nach der von Unserem
Kays. General-Auditoriat-Ambt, mit Zuziehung Unseres auch Kays. General-
Ivriegs-Commissaiiat-Anibts vorher gemachten billigen Taxa jedermänniglich
zu verkauften haben; Was
Achtens die der Armee folgenden Volontairs betrifft, überlassen Wir
Unserem commandierenden Generalen, bey welchem sie sich ohnedeme jederzeit
anzumelden haben, nach Unterschid ihres Herkommens, und Character an-
zuordnen, wie es mit ihrer mitführenden Bagage gehalten werden solle, damit
solche der Armee am wenigsten hinderlich falle.
Neuntens, gleichwie bey Unserer Kayserl. Feld-Artillerie, Proviant- und
Pontons -Fuhr -Wesen aigene Ober -Wagen-Meisters angestellet seynd, also
haben Wir auch Gnädigst verordnet, dass zwey General- Wagen-Meister-Lieu-
tenants zur Armee angenohmen, und deren einer bey denen sammentlichen
Infanterie- Regimentern, der andere bey denen gesambten Cavallerie-Regi-
rnentem gebrauchet werde, welche beede General- Wagen-Meister-Lieutenant
von der Infanterie, und Cavallerie, nebst denen Ober- Wagen-Meistern von der
Artillerie, Proviant- und Pontons-Fuhrwesen Abends vor jedem March-Tage
633
zu dem General-Wagen-Meister von der Armee sich begeben, von disem den
Befehl wegen des Aufbruches abholen, und denen ihnen untergebenen Wagen-
Meistern, respective von denen Cavallerie. und Infanterie-Regimentern, Artillerie,
Proviant- und Pontons-Fuhr- Wesen weiters ausgeben, ob dem Erfolg halten,
und darüber dem General- Wagen-Meister widerumb den zeitlichen rapport
erstatten, besonders aber Obacht tragen sollen, dass zu rechter Zeit, und in
dem bestimmten Orth ein- und ausgespannet, auf- und abgeladen, und
wehrenden Zug keine disputen wegen des Rangs, noch sonstiger Aufenthalt,
oder Unordnung von jemanden gemacht werde ; Zu disem Ende, und damit
die General-Wagen-Meister-Lieutenants, Über- und Ordinari- Wagen-Meisters
desto besser erkennet, gesehen, auf ihnen parieret werden möge, wollen Wir
Gnädigst, dass ein- so andere ein öffentliches Zeichen, und zwar jeder deren
Generalen- Wagen-Meister-Lieutenanten, wie auch die Ober-WagemMeister von
der xVrtillerie, Proviant- und Brucken-Fuhr- Wesen einen Riemen über die
rechte Achsel gegen der lincken Seiten herab hangend mit Unserem Kayserl.
"Wappen auf der Brust, und die Ordinari- Wagen-Meister von denen Regi-
mentern, und sonsten einen Schild gleichfalls mit Unserem Kayserl. Wappen
trageu ; Solche beede Zeichen auch diejenigen gebrauchen sollen, die bey Ab-
wesenheit, oder Kranekheit deren General- Wagen-Meister-Lieutenanten, Ober-
oder anderen Wagen-Meistern die Dienste thun.
Zehendens, wann die Armee rechts, und links marchieret, solle auch die
Bagage rechts oder lincks ordentlich abfahren, und der General- Wagen-Meister
selbte hernach auf einem bequemen Platz, nach dem von dem General- Adju-
tanten ihme gebenden Marche-Zettel wiederum auffahren lassen, und obschon
ehehin bekannt ist, welchergestalten die villerley Bagage bey der Armee nach
dem Rang des General-Stabs, und Zug deren Regimentern successive zu in-
stradieren seyen, oder solches nach Umständen eigens anzuordnen, auch dem
General -Wagen -Meister mitzugeben, von des commandierenden Generalen
Gutbefinden abhanget, so wollen Wir doch hiemit besonders Gnädigst an-
befohlen haben, dass denen Zelter-Wägen deren Infanterie-Regimentern
niemand den Vorzug benehmen, oder strittig machen, sondern solche voraus
fahren, auch wann sie zurück seynd, ihnen all übrige Bagage jederzeit aus-
weichen solle, umb dass die Infanterie ihre Zelter stäts an der Hand haben,
folgbahr, wo das Laager ausgestecket wird, die Zelter sogleich aufschlagen,
und sich für der Nässe, Hitze, und freyen Nacht-Lufft anmit aber auch für
denen darvon offt, und vilfältig entspringenden Krankheiten, so viel thunlich,
füglich und besser conservieren könne.
Elfftens, wollen Wir bey der Cavallerie mehrere Mannschafft zur Regi-
ments-Bagage zu cominandieren, oder darbey seyn zu lassen nicht gestattet
haben, als die Ordinari-Regiments-Wacht, nehmlich einen berittenen Mann
pr. Compagnie, und noch einen Marodi, oder Mann zu Fuss von jeder Coni-
pagnie, welches sich auch bey der Infanterie verstehet, worbey gleich t'ahlx
nicht mehr, als höchstens zwey Mann pr. Compagnie passieret, und hierzu die-
jenigen Leuth genohmen werden sollen, welche am wenigen zu Diensten seynd.
Zwölfftens und letztlichen sollen bey denen Cavalleiie-Regimentern
Unsere Dienst-Pferdt nicht übermässig bepacket, und dessentwegen von denen
gemeinen Reithern, Dragonern, und Hussaren nichts, als was zu ihrer Rüstung,
und höchsten Notwendigkeit gehöret, mitge'führet, auch hierauf sowohl von
denen Staabs- und Ober-Officiers, als Wacht-Meister bey ihren Pflichten, und
634
Ehren, auch in Ueberfcrettungs-FalL bey würklicher Bestraffang- und nach Gestalt
der Sachen, Ersetzung deren durch Schuld, oder Fahrlässigkeit ruinierten Dienst-
Pferdten genauist gesehen werden.
Befehlen hierauf vorgemeldten Unseren General -Lieutenanten, Feld-
Marschällen, Generalen der Cavallerie , Obrist-Feld-Zeug-Meistern, Feld-
Marschall-Lieutenanten, 0 brist- Feld -Wacht -Meistern, Ohristen, Obristlieute-
nänten, Obrist-Wacht-Meistern, Rittmeistern, Haubt-Leuthen, Lieutenanten,
Corneten. und Fähnrichen, wie auch Unserem Kayserl. Artillerie-Corpo, Feld-
Pro viant-Fuhr-Wesens, und Feld-Brucken-Stand, dann all- anderen zu dem
grossen, und kleinen General-Stab gehörigen Militär-Partheyen, nicht minder
denen Wacht-Quartier- und Wagen-Meistern, auch sonsten allen in Unserem
Dienst befindlichen Kriegs-Leuthen, was Nation, Würden, Stand, und Wesens
die seynd, dass sie diese Unsere Bagage-Ordnung nach allen ihren Inhalt,
Puncten, und Clausulen auf das genaueste bey im widrigen sich zuziehender
schwären Verantwort- und Bestraffung sowohl selbst, als durch ihre Unter-
gebenen halten, befolgen, und beobachten sollen ; Hieran beschiehet Unser
Gnädigster, auch ernstlicher Will und Mainung. Geben in Unserer Kayserlichen
Residentz- Stadt Wienn den Achten-Monaths-Tag Februarii im Siebenzehn-
Hundert, Acht- und Dreyssigsten, Unserer Reiche des Römischen im Sieben-
und Zwanzigsten, deren Hispanischen im Fünft'- und Dreyssigsten, deren
Hungarisch- und Böheimbischen auch im Sieben und Zwanzigsten Jahr.
(L. S.) Carl VI.
Ad Mandatum Sacae. (Jaesae. Begiaeque
Jos. L o t h a r Gf. zu Königseg g, Cat.hae. Majestis. proprium.
Feldmarschall. A u g u g t T h Q ffl a y y Q n w •• ,, ß r
635
XXXVII.
Ali die Herrn General Landes Kriegs-Commissäre in Mähren. *)
p. P.
Ich sehe mich mit demselben beliebter Zuschrift vom 18. dieses lauf-
fenden Monaths February beehret und erkhenne von Selbsten nur gar zu wohl,
dass, da meine hochgeehrtesten Herren allererst den 25. January von hier
abgeferttiget worden, es denenselben beschwährsam fallen werde, mit Ver-
sehung derer Magazinen für Mann und Pferde, so wie es der allhier mit der
Hoff-Cammer errichtete Contract vermag, so geschwind aufzukommen ; und
obschon auch alle übrigen von denenselben desswegen mir gemachten Vor-
stellungen einsehe, und selbige allerdings auf der Billichkeit gegründet zu seyn
bekräfftigen muss, so finde mich doch veranlasset, meinen hochgeehrtesten
Herren hierdurch zu sagen, dass es jetzo nicht an der Zeit, sich viel mit
difiicultäten aufzuhalten, sondern das Land muss allen immer möglichsten
Effort thuen, um die Trouppen sowohl für Mann, als Pferde in conformität
obangezogenen contracts leben und bestehen zu machen, und von seithen
meiner hochgeehrtesten Herren persuadiere mich umso mehr, dass Sye all-ihr
möglichstes hierzu beytragen werden, alss mir bekannt, wie sehr dieselben
vor dem Allerhöchsten Dienst portiert seynd und es dermahlen nicht nur um
die bereits daselbst sich befindlichen Trouppen zu thun, sondern auch um die
übrigen, so noch aldahin im Anzug begriffen, und die, wie denenselben der
Herr General - Feldmarschallieutenant Graf von Browne auf Verlangen
bekannt machen wird, nun fast täglich nacheinander dortiger Enden ein-
rückhen werden ; und obgleich auch nicht ohne, dass anfänglich der antrag
war, einen guten Theil sothaner Trouppen gegen Glatz und in selbige Ge-
genden zu ziehen, so haben sich doch mittlerweil die umstände merklich
geändert, also zwar, dass man es vor eine ohnumgängliche Noth wendigkeit
erachtet, gedachte Trouppen über das, so bereits in dem Glatzischen und sonst
dasiger Gegenden sich befindet, dermahlen auf den Mährischen gegen Schle-
sien liegenden Gränzen zu belassen, um einestheils das Marggrafenthumb
Mähren selbst zu versichern und zu bewahren, anderen Theils aber, nicht
In ii Missigt zu seyn, bey bevorstehender Fürrükhung der gesambten Macht, da
selbe aus Mähren und Schlesien beschehen solte, sowohl die Trouppen mit hin
und her marschiren vergebens zu fatiguieren, alss auch andurch den Strich
') K. A., A. A., Noipperg, 1711, 18-37.
636
Landes von Mähren, den es solchenfalls betreffen würde, allzusehr zu be-
sch währen und mitzunehmen ; Ich lebe solchemnach der getrösten Zuversicht,
meine hochgeehrtesten Herrn werden sich durch keine difficultät irre oder
abwendig machen lassen in dem einmal gefassten Eyf'er fortzufahren und
dieses Werkh zu vorbesagtem Ende mit allem Nachdrukh zu betreiben,
sintemahl Ja des Landes eigenes bestes darunter obwaltet, als welches durch
die Trouppen vor feindlichen Einfällen und Erpressungen garantiert, und ausser
Gefahr gesezet wird, durch die Preussen, Avie doch sonsten ohnfehlbar
geschehen würde, sothanns ihr proviant mit Fourage und ihrer übrigen
Habschaft aufgezehret zu sehen, sonderlich aber in Betracht der künftigen
Operationen, wordurch mit der Hilf Gottes zu hoffen, dass Mähren gerettet
und Schlesien geholfen würde.
Wormit übrigens in besonderer Consideration stäts verharre.
W i e n, 22. Februar 1741.
637
XXXVIII.
Hochgebolirner Reichs-Graf ! *)
Nachdeme Ewer Excellenz mir den 7ten dieses Bey Späth en Abend durch
dero Secretarium 12 Begehrnngspuncte eingeschicket haben, alss liabe ich
nicht ermanglet also gleich den folgenden Tag, nemblich gestern den 8ien dieses
den Löblichen Landes-Ausschuss zu versamblen umb selbte in reife delibera-
tion zu ziehen, wo dan ich gebetten worden bin, deroselben hinwieder punc-
tatim zu antwohrten, mithin habe ich die Ehre, Ew. Excellenz folgende Er-
klährung z;i geben:
Ad lmnm Wird man alsogleich denen
Herren Creys - Haubtleuthen, deren
Kreysse die in hiesiges Landt ein-
rückenden Truppen betreffen, mitgeben,
dass sobaldt die erste Colonne Ton
einem Jeden noch zurückseyenden
Regimentern in ihren Kreyssen ein-
rücken wird, sie Ew. Excellenz davon
nicht allein die schleunigste Nachricht
geben, sondern auch die marsch-routen
einschicken sollen, auf dass hiernach
deroselben die zustossung dieser
Truppen zu dero armee sicher und
Verlässlich wissen mögen.
Ad 2,lum haben Ewer Excellenz Von
dem hiesigen Herrn ober Krieges
Commissario, wie Er mich Benach-
richtiget hat allbereits die auskunft
überkommen, wie viel an denen frey-
willigen recrouten gestellet und
welchen Regimentern solche
getheilet worden seynd.
zu-
Ew. Excellenz werden gehorsambst
gebetten mir
lmo den Tag, da die noch erwartend
und successive ankommenden Regi-
menter, alss Schmettau, das gantze
Regiment Thüngen, die zwey noch
zurückseyenden Bataill on en und Baaden
1. Bataillon ; dan das Birkenfeldische,
Cordovaische und Diem arische cuiras-
sier-, Ingleichen das Karolyische und
Pestvärmegyeische Hussaren Regi-
menter aus Hungarn eintreffen und
den mährischen Boden betretten Jedes-
mahl sogleich gefälligst zu Communi-
cieren, auch die marsch-routen auf
Olmütz hiervon gütigst mir Kommen
machen zu wollen. Ingleichen
2<Jo Wie Viel Recrouten bisshero
Von denen löbl. Ihren Ständen und
Cavaliers des Marggrafthumbs Mähron
frey willig gestellet und assentieret
auch unter was für Regimenter selbige
und wie Viel eigentlich zu Jedwedem
ausgetheilet worden und würklich
überkommen haben.
') K. A., F. A. Schlesien 1741; III, 24.
G38
Ad 3,;"m Wegeri der Beföhrderuug
bey Tag und nacht deren Pontons
Von der granitz biss nacher Olmütz
wird man eyfrigst besorget seyn, wie
nicht minder wird man denen beyden
Olmützer Kreys Haubtleuthen auf das
riachdrucksambste mitgeben, dass Sie
durch gedingte Fuhren, oder wie sie
immer können, auch ohne Verschönung
andern Fuhrwesens, es mag gehören
wem es wolle (sofern sie mit denen
Landes vorspannen nicht aufkommen
könnten, sothane Pontons auf Ewer
Excellenz befehl nacher Schlesien zu
transportieren.
Weilen aber nun dieses ohne
grosser-Geldauslaag nicht geschehen
kan, der fundus militaris aber, so der
von Ihro königl. Majestät aufgestellten
militar Oommission zu herbeyschaffung
der Benöthigten und vorcontrahierten
Proviants Sorten assignieret worden
ist, durch dergleichen das Proviant-
Wesen nicht angehenden ausklagen
sehr minimieret werden mögte ; so
thue ich mich hiemit in nahmen der
militari Commission, dessen Praeses
ich Allergnädigst benennet worden bin
auf das feyerlichste Verwahren, so-
fern man wegen Abgang des geldes
das pactierte quantum nicht liefern
könte ;
Anbey tbuet sich dieses Land auch
eäntzhehen auf Ewer Excellenz ge-
gebene Versicherung und Wohrt Ver-
lassen, dass das zu Fortbringung so-
thanen Pontons erforderliche Fuhr-
wesen, aus dem Magazine, so lang
solches Ewer Excellenz gebrauchen
werden. Verpfleget werden solle ;
wie nicht minder auch, dass die-
selbe sothanes hierländiges Fuhr-
wesen nicht länger als 4, 5 oder
höchstens 6 Tage behalten, so, sodann
aber durch Schlessische Vorspannen
abwechseln und hinwieder zurück-
schicken wollen.
Ad 4'um die Beföhrderung der
Transportierung derer G-eräthschaften,
3,!o So baldt die Von Peterwar-
dein in anzug begriffenen Pontons mit
all-lhren erfordernussen den mähri-
schen Boden betretten, bitte ebenfalls
gehorsambst, mir sogleich davon Nach-
richt zu ertheilen, und die vorläufige
Veranstaltung gefälligst zu machen,
dass weilen diese Pontons mit eigenen
Pferden nicht versehen ; sondern mit
Vorspann durch Hungarn geführet
werden, selbigen auch in Midiren die
erfohrderlichen Vorspannspferde der-
gestalten schleunigst bey Ihren Eintritt
in dieses Land biss nacher Olmütz
verschaffet werden, dass Sie ihren
Zug Bey Tag und Nacht aldahin fort-
setzen, einfolglich umb so viel ehender
an ohrt und stelle einlangen können,
massen Jetz gedachte Pontons, ohne
deren ich bey einer fürrückung. in
Betracht der Feind alle Brücken ab-
geworfen sonderlich bey anlaufenden
Wässern nicht wohl fortkommen
könnte, nicht wie die Regimenter
marschieren, sondern ihren Zug ohne
aufenthalt, und wie gesaget bey Tag
und Nacht, biss nacher Olmütz zu
continuieren haben; Bey Fürrückung
des corpo nacher Schlessien. wird
alsdan auch auf die Bespannung
dieser Pontons durch Vorspanns
Pferde gütigst anzutragen und hier-
auf vorläufig zu denken seyn, da man
gegentheilig bey glücklicher Vor-
rückhung in gedachtes Schlessien olm-
fehlbar besorget seyn wird sothane
aus Mähren mitnehmende Vorspann
durch Schlessische ablössen zu lassen.
4t" Einige schwäre Stück und
Polier allhier auf den Spielberg in
639
deren Schweren Stücken, Mörsern,
Pulver und Eley wird sich dieses Land
höchst angelegen seyn Lassen, so-
baldt der Herr General von Spiel-
b e r g sothane Beföhrderung an Ver-
langen wird, und eben also, wie bey
den Vorigen punct, dass man, was
nicht mit ordinarie Landes- Vorspann
geschehen wird können mit gedingten
Fuhren, umb das geld nacher Olmütz
liefern wird.
ad 5tum über diesen Punct haben
Ewer Excellenz schon die weitere
Auskunft von dem Herrn Generalen
von S p i e L b e r g, und von dem
mobilen Stande zu setzen, und seiner
Zeit bey einer mobilmachung alle
Zugehör, alss Pulver, Kugeln, Bomben
und anderes mitzugeben, derohalben
auch Von nun an auf die erfohrd er-
bebe Protz und Sattelwägen auch
übrigens dergleichen beliebigst anzu-
tragen, und falls keine in Bereitschaft
da wären, selbige in erforderlicher
Anzahl Verfertigen zu lassen, nicht
minder, was hieran bereits Vorhanden,
Von Sr. Excellenz dem Commandanten
auf den Spielberg Herrn Generalen
Grafen von Zinzendorff mir gütigst
bekand zu machen ; und obwohlen
dieser punct eigentlich nur gleich-
gedachten Herrn Generalen Grafen Von
Zinzendorf f s Excellenz angehet,
so habe Ihn Von darumben auch hier
anzuhängen nöthig erachtet, damit
man etwa seiner Zeit gedachte Stück
und Polier mit all übrigen requisiten
Von hier an mich zu ziehen Bemüs-
siget wäre, umb ein oder andern halt-
bahren Ohrt denen Preussen wieder
abzunehmen, welches mit einer — nur
in 3 und G pfundigen Stücken be-
stehenden Feld- Artillerie nicht zu er-
zwingen Vermag, mann wegen der
darzu erforderlichen Vorspann, so sich
sowohl von hier, als Olmütz, wan
Von Ein oder andern ohrt etwas
davon hinweckzieben musste, Ver-
stehet keine difficultät machen, sondern
selbige auf jedesmahliges Verlangen
so gleich beyschaffen möge, inmassen
sonsten ergebendenfalls meine Opera-
tionen gehemmet
und das Marggraf-
thumb Mähren selbsten in gefahr ge-
setzet würde, woferne man Troppau
und sonstige derley öhrter in meiner
Fürrückung vorbeygehen, und liegen
lassen müsste, durch die feindlichen
Invasionen vorher und Verbrennung
Schaden zu erleyden.
5t0 ob die Stück, Polier, munitions,
Stück-Kugeln, Bomben, Schantzzeug
und übriges, so von Wien hiehero
abgegangen , schon allhier ange-
640
allhiesigen Herrn Kreyss Haubtmann
überkommen.
ad 6tum laufet dieser punct eben-
falls in die zwey vorhergehende.
Ad 7mum Ist Verniög Allergnädigsten
Befehl de dato lma et präs. 2a° Marty
1741 alsogleich an die Glatzische Re-
gierung geschrieben worden, sie
niögten diesem Königl. Ambt anzeigen,
was sie vor eine Strassen von Glatz
aus gegen Olmütz zuzurichten ge-
gesonnen wären, und hat man dem
Olmützer Herrn Kreyshaubtmann eben
alsogleich die gemessenen Befehle
gegeben, die Strassen in hiesigem
Lande biss auf die granitz, wo die
Strassen von Grlatz aus hintreffen
wird, schleunigst und mit allen Eyfer
in guten Wandelbahren stand zu
setzen.
Ad 8vm" Wan der Herr ober Com-
missarius den effectiven Stand und den
Etappen Entwurf hergeben wird, so
wird man nicht ermanglen, alsogleich
die Benöthisite marsch route zu for-
mieren ; Die Verpflegung und das
unterkommen anbelangend hat der
Olmützer Kre3'shairbtmann biss nacher
Olmütz zu besorgen, sollten aber
die Stationsöhrter mit der Benöthigten
Foui-age nicht Versehen seyn, so hat
selbter sich mit denen beyden Herren
militär Commissarios zu Vernehmen.
kommen, und falls dieses noch nicht
geschehen und Seine Excellenz der
Herr General Graf von Zinzendorff
wissen muss, so bitte gehorsambst,
selbiges zu dem in Vorhergehend
angemerkten Ende
Vierten punct
ohne Zeit Verlust anhero gelangen
zu machen.
G'° ob Ingleichen, das an obbesagter
Sorten nacher Olmütz auf gleiche weise
destinierte allbereits hier passieret,
oder wo widrigenfalls noch ein und
anderes stecket, mich wie bey den
hiesigen und zu den nemblichen Ziel
und Ende ohne Zeit-Verlust die ge-
lallige Veranstaltung zu machen, dass
selbiges nacher Olmütz verschaffet
werde.
ymo Dje Reparation der Strassen
von Olmütz auf Glatz Bitte gleich-
falls gehorsambst ohnverweilt vor die
Hand nehmen zu lassen.
s •" auf Landtskronn kombt die
Feld- Artillerie und ein Bataillon, nebst
einer grenadier compagnie von O'gilvy,
vor welche die masrche route, umb
von Besagten Landtskron auf Ol-
mütz zu kommen und meinesohrts
Ihnen seiner Zeit zusenden zu können,
gehorsambst mir ausbitte, hiebey mir
anruckhende, dass diese Feldt- Artillerie
mit Ihrer eigenen in ohngefähr 260
biss 270 Pferden bestehenden be-
spannung, nebst darzu gehörigen
Knechten, auch Pixenmeister und
übrigen an Artillerie ober officieren
641
Ad 9num kan man hierohrts nicht
wissen, was würklich zu Olmütz, noch
in den übrigen Filial Magazins und
depositierungsöhrter Vorhanden sich
Befindet, allzumahlen die wöchentliche
Extractus vermög Institution an die
Herren militar comniissarien von aller
öhrteren alle 8 Tage eingeschicket
worden seynd oder eingeschicket
haben werden sollen, diesemnach
werden die zu Olmütz subsistierenden
zwey Herren militar commissarien
Ewer Excellenz über diesen Punct
die beste auskunft geben können ;
Ich meinesohrts wäre ich wohl der
meinung, dass der anbelangende Vor-
rath, wo nicht zu Olmütz, doch in denen
Filial und depositierungs öhrteren
sich übermässig Befinde, allzumahlen
das von denen Herrschafften zu
lieferen auf unterschiedliche Terminen
ausgesetzte quantum grösstentheils
von allen Herrschaü'ten auf einmahl
und unerwartet deren Terminen ge-
liefert worden ist ; diesemnach, dass
wenn auch zu Olmütz nicht der völlige
verlangende Vorrath sich befindet,
weilen zu Unterbringung dieser diffe-
r enter Proviants Sorten auch allda
der Platz und wanne nicht ist, man
den Überrest auf das schleunigste,
wie es sich nur immer thuen lassen
wird aus denen Filial und Deposi-
tierungsöhrtern dahin zu verschalen
trachten wird.
Ad 10raum et II'"«™ Was den Über-
rest sothaner pactierten und mit der
Kammer vercontrahierten Proviants
Sorten anbelangt, solcher ist ohnedem
grösstenteils an harten und rauhen
Futter aus Ungarn durch die Liefe-
ranten zu gewarten, Welche in zwey-
erley Lieferanten bestehen, alss nemb-
lich der Low Schlesinger, so
Oesterreichischor Erbfolgekrieg'. II. IM
vomObristen an marschiere, folgsam also
nur auf die denenselben gebührende
Versorgung und Unterkunft der obn-
beschwerte antrag zu machen wäre.
9n> die Errichtung des Haubt
Magazines zu Olmütz an getrayd,
mebl, haaber, gerste, auch rauher
Fourage an Heu und Strohe Bitte auf
alle mögliche Weise zu beföhrdern.
und zu trachten, dass über die täg-
liche consumption der würklich vor-
handen und noch successive hin-
kommenden Truppen ein vierwöchent-
licher vorrath von nun auf das aller-
eheste dahin verschafet werde und
worauf mit verlässlichkeit rechnen
könne.
10mo das übrige kann sodan suc-
cessive , und weit gelegentlicher
aldahin nach besagtes Olmütz be-
föhrdert werden.
llmo Wie bald der Lieferant, mit
deine die hochlöblichen Herren Stände
contrahieret, das seinige aus Hungarn
biss an die mährische gräntzen Bey-
schalfen wird, oder zu was Zeit, und
II
G42
einen Contract de 2do Febr. auf 601)0
metzen haaber und 15000 Centen heu
eingegangen ist und sich verbunden
hat, selbtes in Olmütz, Leipnik, Prerau
Kremsier Brunn und Strassnitz an-
gelegte respective Haubt-Filial und
Depositierungsöhrter, wo es Ihne am
füglichsten fallen würde, binnen den
ä die Contractus hinter einander
gehenden 8 Wochen nach und nach
abzuliefern.
Die anderen Lieferanten seynd der
Low Creylsheim von Pressburg und
sein Consort Emanuel Bacher-
aclie r, Jud von Trebitsch, welche
sich in einen Contract dto 4teI1 Fe-
bruary auf 50.000 metzen haaber und
50.000 Centen Heu eingelassen und
sich dahin verbunden, ä Conto des
ersten Drittels mit Ende February
G000 metzen Haaber und 10.000 Centen
Heu, mit Ende Marty aber den völ-
ligen Überrest des ersten Drittels
dann mitt Ende Aprilis das änderte
Drittel und endlich mit Ende Maji
das dritte Drittel zu lieferen, und
zwarr wo es Ihnen hin zu lieferen am
gelegensten seyn wird, alss nemblich
nacher Olmütz, Leipnik, Prerau,
Kremsier, Brunn, oder anstatt Brunn
nacher Strassnitz.
Ad I2mum So schwer es auch fallen
wird und solches ohne gäntzlichen
min dieses Landes nicht Bewürket
werden kann, so hat man dannoch zu
contestierung dieses Landes Treu und
Eyfer zu Allerhöchsten Frauen Dienst
keinen anstand gemachet Ewer Ex-
cellenz die anverlangende 2500 Landt-
Wagen zu verwilligen, und wirdt man
dessenthalben eine repartition im
gantzen Land machen nach der hier ge-
wöhnlichen Bepartitionsahrt, nemblich
auf die hierlandes sich Befindende
Bahnen.
Weilen aber diese Fuhren zu-
sammenzubringen eine geraume Zeit
erfohrdert, so thut man sich per ex-
pressum Vorbehalten, dass Ewer Ex-
in wie viel Terminen, nicht minder
in was Sorten sothane lieferung be-
stehen werde, auch wie baldt eigentlich
von den mährischen gräutzen in
Olmütz wird eintreffen können. Bitte
gleichfalls ohnbeschwert mich zu be-
lehrnen.
12mo Auf eine Repartition von
wenigstens 2500 Landtwägen in dem
gantzen Marggraffbhum Mähren, wo-
runter die weit entlegene Kreyssen
mitbegriffen, gleichwie es auch in
denen letzteren Kriegen im Reich und
Hungarn üblich gewesen, da ebenfalls
die weit entlegene coneurriert oder
mit denen andern, die es stat Ihrer
über sich genommen, mit Geld sich
abgefunden ohne gehorsambste maass-
gaab Beliebigst anzutragen umb mit
dem Corpo in Schlesien, wan es
seiner Zeit verlanget würde, zugleich
einrucken, und zu Olmütz mit Pro-
viant, haaber, Gersten und rauher
Fourao-e Beladen werden zu können
und falls diese 2500 Landwägen nicht
643
cellenz 14 Tage Bevor den Tag, wan
diese Fuhren zu Olmütz eintreffen
sollen, und dieselbe Selbsten gebrauchen
werden, nur zu benennen und anzu-
zeigen' sich gefallen lassen Avollen,
und weilen mündtlich mit deroselben
abgerehdet worden ist, dass dieselbe
sich anstatt 2 bauren Wägen mit
einen gedungenen Fuhrmanns-Wagen
begnügen lassen wollen, wie nicht
weniger, dass deroselben diese Ihnen
verwilligende Landes fuhren nicht
länger also 4, 5 oder auf das Längste
6 Tage Bey sich behalten wollen,
alss werden Ewer Excellenz hiemit
gehorsambst ersuchet, diese Ver-
sicherung sowohl dieser Fuhren halber,
alss auch derer von deroselben an-
verlangenden Vorspannern zu Fort-
bringung deren Pontons, wie auch
über alle übrige puncten schriftlich
zu meinen Händen zu geben, auf dass
ich mich dessen allenfalls, gleichwie
deroselben diese antwort auf dero
puncten zu dero rechtfertigung an-
verlanget haben, auch zu meiner
rechtfertig- und künftiger Verant-
wohrtung sowohl bey hof, alss bey
denen hochlöblichen Herren Ständen
gebrauchen könne. Der übrigens mich
gesorsambst empfehlend Verharre
Ewer Excellenz
gehorsambster
M.U. Graf v. Kaunitz v. Bittburg.
Brunn, den 9,eu Martv 1741.
erklecketen, an mit nur 4 wöchentliches
magazinn Von obbemeldten Sorten am
nächst und sicherer ohrt in Scblessien
gleich anlegen , und errichten zu
können, so müsse im solchen Fall
auf eine grossere Anzahl alss ob-
begehrte 2500, der Vorläufige antrag
gemachet und selbige beygeschafet
werden, welches Ewer Excellenz ich
schon in rechter Zeit, da es auf den
Fall ankommen wird, gehorsambst zu
erkennen geben werde.
Ewer Excellenz geruhen solchem-
nach auf obstehende puncte gnädige
ßeflexion zu machen und selbige zu
ihren effect Bringen zu lassen, wo
aber einiger anstand oder difficultät.
welches zwar, so schwer es auch,
wie mir Leicht vorstelle, ankommet,
zumahlen es die Erhaltung dieses
marggraffthivmbs selbst Betrifft, nicht
Vermuthe, auch anderer gestalt, wan
was ermanglete hierauf nicht zu
rechnen wäre, dargegen obwaltete
mir solche wieder schriftlich, gleichwie
auch sonsten auf alle übrige puncten
deroselben Intention gefälligst bekand
zu machen, damit mich dessen allen-
falls zu meiner nachricht und Becht-
fertigung bedienen könne. Der übrigens
zu giiaden mich empfehle.
Ewer Excellenz
gehorsambster
Neipperg.
Brunn, den 7,en Martv 1741.
41=f
044
XXXIX.
Der böhmische Hofkanzler Graf Kinsky an FZM. Graf Neipperg. r)
Wien, 11. März 1741.
Euer Excellenz an mich zu erlassen beliebtes vom 9. bujus habe nebst
des Herren Landeshaubtmannes über deroselben eingereichte puncto machende
Lamenti gesterwohl erhalten. Ich will den haubtpunct beyin Kopf nehmen,
nemblichen die verlangende Anschaffung der 2500 Wägen zu Vorruckung der
armee. Dass diese Vorruckung nöthig, und unser hau daran abhänge, ist zwar
einestheils unstreittig, anderentheils aber kan ich auch dem Landeshaubtmann
hierinnfalls nicht entgegenseyn, da bey vorstehender Saat-Zeith, und da die
Bauren durch die Zuführung des Magazins ohnedem e schon stark ruiniert seyn
sollen, das Land einen Tödlichen Stoss bekommen, und da die Sommer-Saat
dardurch ausbleiben sollte, eine Hungersnoth zu besorgen wäre, wiederholle
aber nochmahlen, dass so schädlich das eine ist, so nöthig das andere sey,
und dennoch rechnet man hier auf der Länder Ihre Contributionen, und Pro-
stationen, alss wann solche bey diessem Krieg nichts zu leiden hatten.
Der Magazinspunct machet mir auf der anderen seithen auch graue
Haar. Das Materiale ist freylich da, aber das Fuhrwesen nihmt Tag täglich
ab, wie mir die Comissarien schreiben, indeme die Pferde bey diessem un-
glickseeligen weeg crepieren und die Bauren, da Sie es nicht ausdauern können,
gehen mit ihrem Vieh gar durch, mithin sehe allenthalben, dass diesse Herren
sich halt nicht zu h elften wissen, me voilä dans des beaux draps blancs.
Was Artillerie und Munition anbelanget, das solle die Cammer, und
nicht das Land besorgen, allein Sie sorget nur, mir das wenige geld noch aus
handen zu stiehlen. Die unglickseeligen pontons fallen dem Vorspann auch
aufen Halss. Ich lese alle puncta durch, wann ich aber auf die 2500 Wägen
komme, so sinket mir der Muth. Wo werden wir für so viel Taussend pferd
nebst der armee fourage bekommen ? nun habe ich mit dem Landshaubtmann
genug lamentiert, und hoffe (unter uns gesagt) Euer Excellenz werden sich ja
im nothtäll mit einem 14 tägigen Magazin contentieren. besonders da Sie auch
von Glatz aus bald werden secundieret werden können.
Auf Euer Ezcellenz andertes schreiben, nemblich wann Sie auf Olmütz
kommen, und die Magazinen visitieren werden, freue mich auch nicht, alldorten
ier werden dieselbe auch Beschwährnussen finden, nemblich, dass die Stadt
•) K. A., F. A. Schlesien 1741 ; III, 82.
645
so viel Holz und Liechter der alldortigen. Mannschaft und Officiers geben
ums. da Sie solches einestheils zu ertragen nicht vermag, noch weniger das
Land solches zu bonificieren im stände ist, mit dem ärario aber auch nur in
der anrechnung hundert difficultäten seynd, welchem aber Euer Excellenz
beliebig abhelfen werden können ; warumb ich dann auch bitte, ist das Fleisch.
die Milice will es umb 3 Kreuzer haben, und bishero hat es die Stadt, weilen
die Fleischhacker es nicht thun wollen, noch können, gethan, bei der armee
aber keine Marquetenter, so mit ochsen versehen wären sich gefunten.
welcher schaden sich schon auf viele 100 Fl. belauftet. Nun werden Euer Ex-
cellenz sich zurückzuerinnern belieben, dass man die Ochsen-Mauth und
Fleisch-Kreuzer allein denen Marquetentern, weilen Sie die armee versehen
sollen, eingeräumet, indeme aber obgemeldtermaassen die Stadt sich necessitiert
findet, es dem Militare zu raichen, So kommt es auf eines von beeden an.
entweder, dass es das Militare theurer zahle, oder aber dass man denen Stadt-
Fleischhackern gleiches Beneficium gemessen lasse, worzu Euer Excellenz,
wass die Mauth anbelanget, mit einem Regiments-Pass verhilf lieh seyn können,
umb so mehr, als es in der Billigkeit gegründet ist, wäre möglich, ein so
anderes naturale mit geld zu bezwingen oder zu verwerthen. wie es sich nicht
wohl thun lasset, So wäre mir nicht so angst darbey, will aber verhoffen, dass
es künfftig besser gehen werde. Dass die Proviantwägen bieshero noch nicht
im stand gewesen, fallet auch noch immer auf unsere Landfahren, meistens
lamentieren die Commissarien, dass die Cavallerie im gebürge stehe, und der
Transport dahin so weith geschehen müsste, bin aber persuadiert, dass Sie
Euer Excellenz, so viel es thunlich, auch hierinfalls gerne sublevieren werden.
Ich will Ihnen umb die sache zu befördern, und die Bauren ein wenig zu
encouragieren, gar gerne etliche 1000 Fl. Vorschüssen. Schreibe ich es Ihnen.
So nehmen Sie mich gewis gar grob beyrn worth, und versplitteren es vielleicht
mal ä propos. Dürffte ich Euer Excellenz bitten, wann Sie die Sache, wo es
am meisten fehlet, ein wenig werden eingesehen haben, und es ä propos
findeten, Ihnen zu proponieren, dass wann Ihnen etwa an Geld mangle, diesen
Bauren mit einem Theil unter die armbe zu greiften, So wolten Sie Ihnen
nach und nach mit etlich 1000 fl. an die Hand gehen und es auf sich nehmen,
es mit mir auszumachen ? His praesuppositio also könnten Ihnen Euer Ex-
cellenz 7 bies 8000 fl. Successive Vorschüssen, wo ich nicht ermanglen werde,
solche alsogleich zu ersetzen, und endlichen da dieses darmit bezwungen.
oder mit etlichen 1000 mehrere erlanget werden könnte, so wollte gar gern
auch diesen effort thun, denn mir scheinet, dass die Baureu etwann auff
lauther abschreibungen die zufuhr zu thun, nicht vermögend seyen, und die
leuthe andurch unwillig gemachet werden.
Man sagt allhier, dass die Preyssischen Gefangenen 5 mahl stärker seyen
auf dem spilberg, alss nicht die garnison, wann es deme also, So wird ja der
Hof-Kriegsrath darauf Bedacht seyn.
Meine 2 Schlessische Herren Cavaliers möchte auch gern ein wenig in
der Sicherheit wissen. Unssere Allergnädigste Frau fanget ein wenig an.
schmerzen zu fühlen ; Gott gebe uns einen Erzherzog !
Womit etc.
646
FZM. Graf Neipperg au die Administratoren, Kantzler- und
Regierungsräthe des Bissthums Breslau zu Neisse. *)
Olmütz. den 13. Märtz 1741.
Meinen hochgeehrtesten Herren-Herren mich ins besondere verbunden
vor die gefällige Auskunfffc, so dieselben mir von dem eigentlichen Bestand des
daselbstigen Magazins an vorräthigem Mehl und Korn, auch haber. Heu, und
Strohe mittelst eines deroselben an mich untern 10. dieses erlassenem
Schreiben beigebogenen Extracts zu geben belieben wollen, und ob es schon
sehr gut, und zu Beförderung des Allerhöchsten Diensts allerdings vor-
träglich wäre, wofern dieser Vorratb noch weiters auf thunliche art vergrössert
werden könnte, so mag es doch auch, falls eine Vermehrung nicht wohl loss-
zuwürken möglich, hiebei beruhen, und will hiebei versichern, dass man die
Stadt Neisse andringendenfalls gewiss nicht stecken lassen werde, sondern ich
seinerzeit, es sei gleich bei- oder ausser einer solchen Gelegenheit, in Person
die Ehre und das Vergnügen zu haben hoffe, denenselben zu bekräftigen,
wass für einen unsterblichen Euhm sich die Stadt Neisse sowohl bei hof,
allwohin ich Deroselben unter dem nemlichen dato abgelassen- und mir
zugleich eingelangtes Schreiben ohnverweilt ablaufen lassen, alss sonsten bei
der ganzen Ehrliebenden "Welt durch ihr bissheriges Verhalten, welches zu
einem wahren Beispiel der Treue dienen kann, erworben, und wie sehr selbige
sothanen Euhm vergrössern werde, wann auch das künftige "VVohlverhalten
allenfalls mit dem Vergangenen, woran niemand zweifein kann, übereinstimmen
dürfte, allermassen man sie Stadt Neisse, wie schon erwähnt, gewiss nicht
stecken lassen, sondern zu ihrer Consolation, worüber nur nicht ungeduldig
zu werden ersuche, von Seiten Ihrer Königl. Mayest. unserer Aliergnädigsten
Frau alles möglichste ankehren wirdt. Ich will übrigens diese Gelegenheit
mir zu nutzen gemacht, und dieselbe, sich fest zu persuadieren, ersucht haben,
dass ein wie allemal zu verharren verlange etc.
!) K. A.. F. A. Schlesien 1741 ; III, 38.
647
XXXXIA.
Schreiben des Hof-Kriegsratlis au den FML. Ascanio Marchese
Guadagni. *)
Wien, 27. Februar 1741.
Es hat der in Kussischem. Kriegsdienste gestandene Herr Obristwacht-
meister von der Trenck sich allhier anerhotten und darüber eine schriftliche
Vorstellung überreichet, umb in dem. Königreich Slavonien von denen da-
selbstigen Insassen Tausend wöhrhafte Mann schleunig aufzubringen, und zu
bewaffnen, auch in das Herzogthurn Schlesien zu dem. allda zusambenführenden
corpo zu leistenden Kriegsdiensten wider die in solches eingerückten König!.
Preussische und Brandenburgische Trouppen abzuführen. Wie nun lhro zu
Hungarn und Böheimb Königl. Mayest. auf den von unss in Sachen ab-
gestatteten gehorsambsten Vortrag dieses Trenckische anerbiethen Gnädigst
vorderist dermahlen genehm gehalten, indeme lhro auf denen Beinen habende
Infanterie durch die ville Jahr her unausgesetzt fürgedauerte schwöre, und
blutige Kriege, Krankheiten und andere Beschwärnusse an Mannschaft sehr
herabgesezet worden, folgbar umb denen obbesagt in Schlesien eingefallenen
feindlichen Trouppen gewachsenes Fuss Volk entgegen zu stellen, die Auf-
bringung obbesagter Tausend Mann für ihren Allerhöchsten Dienst besonders
fürträglich zu seyn angesehen ; Alss haben Allerhöchstdieselbe darzu über-
haupt Ihre Einwilligung ertheillet insbesondere aber
1° Gnädigst gewilliget, dass vermeldter Hr. Obristwachtmeister nach dem
Königreich Slavonien und das Herzogthurn Syrmien fördersamb abgehen,
und darinnen auf das untereinstens ausfertigende offene Patent Tausend
streittbahre Mann zu Fuss solchergestalten anwerben möge, das von fünft'
alldasiger Session nur ein Kopf, weiters nur freywillige Leuthe genohmen,
jedoch die der orthen befindliche Donau- und Sau Strohms Militär gränizer,
so vill sich freywillig angeben, und ohne unterbrach deren daruntigen Diensten
zu entböhren seyn möchten, darunter ebenfahls begriffen und endlich die in Land
befindlichen und pardonierten Räuber gleichmässig enrollieret, diese Tausend
Mann aber in Zeit von drey Wocher ä dato seiner daruntigen Ankunft anzu-
rechnen völlig zusarnb gebracht, und in Stande auch bereitschäftlich gesezel
werden sollen, dass Sie alssdann ohne Verzögerung oder anstand zur vürk-
lichen Dienstleistung an Orth- und Ende abgehen können. Wir bedeuten
es also dem Herrn Feldmarschall-Leuthenanten zur Nachricht, und dem Ende
') K. A., Schlosion 1741 ; II, 4OV2.
648
hiermit auf class Selber widerholten Hr. Obristwachtmeistern von der T r e n c k
zu der Gnädigst bewilligten anwerb- und Stellung Tausend Slavonier all ge-
deihliche kilffe, Beförderung und assistenz werkthättig, und kräfftig leisten,
sonderbar aber veranstalten, und ad Effectum bringen lasse, damit alle in dem
Land befindlichen vorhin gewesten. nach der Hand aber pardonierten Rauber
darzugenohmen werden, Avelchen derselbe zugleich mit Nachdruck einzubinden
hat, dass Sie nicht allein denen Eaubereyen fernershin nicht nachgehen,
sondern vill mehrer eben bey diser gelegenheit durch leistende Eyfrig- und
Tapfere Kriegsdienste sich der erlangten Gnad ihrer Vorherigen Verbrechen
in etwas Verdienst zu machen trachten sollen ; damit aber der Herr Feld-
marschall-Leuthenant weiters von der Stellung dieser Leuthen, so vill in das
Slavonisch-commando einschlaget zu seiner Direction, und Fürgang berichtet
sejm möge, haben
o.io erwehnt Ihre Königl. Mayest. weiters Gnädigst eingestanden, dass
dise aufbringende Tausend Köpf in der fürgeschriebenen zeit bey Essegg sich
VtTsamblen, folgl. von darauss den Marsch nacher Schlesien nach der in
rechter Zeit daliin schickenden route antretten mögen.
3tio haben Allerhöchstdieselbe ferners resolvieret, dass zu diesen sam-
bentlichen Tausend Mann keine andere Officiers, alss zu fünffzig Köpfen ein
sogenannter Harum Bassa, oder anführer. folglich in allen zwanzig derlei
Leuthe zum Commando, exercierung, und haltung ob der Kriegs-Disciplin.
und Subordination angestellet werden, über das ganze corpo aber der Hr.
Obristwachtmeister von der Trenck das Commando führen, und besorgen,
und die Leuth unter der ordre des in Schlesien in capite commandierenden
Herrn General-Feldzeugmeisters Grafen von N e i p p e r g und wenn dieser
nach seiner auss Erfordernuss deren umbständen und des Allerhöchsten dienstes
ausswöhlen möchte, die Dienste leisten, folgbar auch zu allen commandi.
Wachten und anderen Operations ohne unterscheid sich willig gebrauchen
lassen, zugleich aber zu keiner bedeckuug. ausser es thätten die umbstände.
und Kriegsraison es unmittelbar, auch unvermeidentlich erfordern, comman-
dieret werden sollen.
P* So vill die Verpflegung betrifft, haben Ihre Königl. Mayest. einem
jeden, und anmit sowohl Harum Bassa, oder anführer, alss gemeinen von
zeit ihrer Ankunft he}- Essegg täglich G kr., bis sie wieder zurück angelanget
seyn werden, zu ihrer Subsistenz ab aerario abzureichen Gnädigst anbefohlen,
worvon Sie jedoch das Brod sich anzuschaffen, und wann Sie solches auss
denen Magazinen empfangen, mit 2 kr. die portion baar zu bezahlen ver-
bunden seyen.
5to haben oft besagte Tausend Mann keine andere Mundur zu empfangen,
sondern in ihrer Raizischen Kleidung zu Feld zu erscheinen, nicht minder ein
jeder Mann auf die bey der Slavonischen Nation eingeführte arth mit zwey
paar Pistollen, einen Säbl, einer Flinten, ingleichen mit einen langen denen Tür-
kischen beykommenden Messer bewaffnet seyn ; Es haben aber Allerhöchst
erwehnte Königl. Mayest. zugleich resolvieret. dass für diese Tausend Köpf
zusamben 200 czelter. weillen Sie damit nicht versehen, ab aerario angeschafft
und Einen ohnentgeltlich abgereichet ; Endlich auch Pulver, und Bley. wann
Sie zur arm.ee stossen, darbey nach Kothdurft verabfolget werden sollen ;
6'' Thuet die Haltung guter Mannszucht und genauer Kriegs-Disciplin
all- und jeden, so in das Feld ziehet, mithin auch denen oftangemerkten
649
Tausend Mann obliegen, und daraus von Selbsten folgen, dass alle Excesse
von denenselben zu vermeiden seyen. Im Fall aber dannoch deren einige auf
dem Marscb verübet werden sollten, ist die Fübrsebung bescbehen, dass einer
für alle, > und alle für einen stehen, auch sothane etwa begehende Excesse
allsogleich haar ersezet, und sonsten die damnificierten zufriden gestellet, nicht
minder die Excedenten nach befand, und verschulden bestraffet werden :
7mu damit diese Leuth desto mehrere Lust überkommen, sich zu der
vorhabenden Expedition na^her Schlesien enrollieren zu lassen, haben mehr
Allerhöchst erwehnte Königl. Mayest. weiters Gnädigst zugegeben, dass ihnen
die von dem Feind macliende Beuth, ausser wann solche der allgemeinen
Militär Regul nach in feindlichen Kriegs cassen, Artillerie, Munition, und der-
gleichen bestünde, aigenthumblich verbleiben und gelassen werden, Sie aber
darbey gehalten seyn sollen, Ihrer Königl. Mayest. aigene, wie auch freundliche
Unterthanen auf keine Weisse, und unter wess Vorwand es immer besehenen
möchte, zn belästigen, etwas von Ihnen zu erpressen, oder abzunehmen : und
obwohlen das Proviant unter der Particular Beuth für die Miliz nicht mit-
begriffen, so wird solches dannoch widerholten Slavonischen Leuthen. da Sie
ausser Tägl. 6 kr. keine andere Verpflegung ab aerario gemessen, der-
gestalten überlassen, wann Sie sothanes Proviant in Feindes Land, od. welches
von darauss kommet, erbeuthen sollten ; und gleichwie mithin darauss sich
ergibet, dass dasjenige Proviant, so in diesseithigen Landen Ihnen in die Hand
fallet oder auss diesseithigen Ländern erzeiget worden, denenselben alss eine
Beuthe nicht angedeyhen möge, also ist hingegen Ihnen zugegeben worden,
dass Sie das in feindl. Landen erbeuttende, od darauss kommende Ihnen zum
Theil werdende Proviant in die nächsten Magazins einliefern, und in solang
daran etwas vorhanden, successive gratis ablangen und gemessen mögen und
zumahlen
8V0 Mehr bedeute Tausend Mann durchgehends freywillig, auch nur ein
Kopf auss fünff Sessionen angenohmen wird, Sie auch auf die ganze Zeit
ihrer Abwesenheit auss Slavonien die obangeführte Subsistenz zu gemessen
und die zurückbleibenden denen aussmarschirenden keine Verpflegung zu ver-
schaffen haben, so hat es bey dem Slavonischen contributions quanto.
und wass darvon auf die Sessionen radicieret ist, derenthalben gieichwohlen
sein Verbleiben, auch die contribuenten solche zu entrichten, endl.
9vo Sobald es die umbstände zugeben, auch der Allerhöchste Dienst und
Befehl mit sich bringet, werden dise Tausend Mann hinwiderumben auss drin
Feld nacher Hauss entlassen, und in soweith es die Saison, od. andere Ver-
fassungen immer gestatten, auf die iiembliche Arth und Weiss, alss hieroben
puncto 6l° eingeflossen, ebenfahls in dem zurück Marsch in Slavonien instra-
dieret werden ;
Diese seynd also die mehriste puneta, so vill erwehnt Ihre Königl.
Mayest. in diesem angelegentlichen geschäfte resolvieret, und zugleich das von
dem Herrn Feldmarschall - Leuthenant Verwaltende Slavonische General-
commando betreffen thuen ; und zumahlen solches, wie wir bereits bierobeD
angeführt haben, darzu all mögliche Beförderung, und assistenz zu geben ha I ;
alss thun wir all dieses demselben sowohl zu vollkommener dessen Nachricht.
alss auch zu dem Ende hiermit ohnverhalten, auff dass Selber darnach sich
achten, und eben von besitzender dieser Wissenschaft die Eintheilung treffen
möge, das offt angeführte Tausend Köpf schleunigst aufgebracht, folgbar an
650
Orrh und Ende zur Dienstleistung in Stand und Marsch gesetzet werden, zu
welchem letzteren wird die route nächstens und ehe die enrollierung in denen
fürgeschriebenen drey Wochen zu Ende gehet, einschicken werden ; denselben
anbey göttlicher Obhut empfehlend etc.
xxxxi ,>.
Werbpatent
für den russischen Herrn Obristwachtmeister von der Trenck zu Auf-
bringung 1000 Mann Raizischer Miliz in Slavonien. x)
Wir Maria Theresia etc. Entbiethen Unserem Commandierenden
Generalen, Generalats-Verwaiter. Commaadanten deren Pläzen, wie auch der
regulierten und Raaber Miliz zu Fus und zu Pferde, denen Herrschaffeen Pro-
visoren, Ambtleuthen, Richtern. Obrigkeiten, gemeinden Insassen, Unterthanen,
wie auch all anderen Inwohnern und getreuen Unseres Erbkönigreichs Sla-
vonien. denen dieses Unser offenes Patent fiirkommet, Unsere Gnad, und geben
euch hiemit zu Vernehmen Wasmassen Wir dem in Russischen Kriegsdiensten
gestandenen Obristwachtmeister (Titl.) Von der Trenck auf sein Uns be-
schehenes, gehörtes anerbiethen und Vorstellung Gnädigst bewilliget, und auf-
getragen haben, in bemeldt Unserem Königreich Slavonien, wie auch dem
Fürstenthumb Syrmien von denen daselbstigen Insassen 1000 wehrhaffte Mann
schleunig aufzubringen und in Unser Herzogthumb Schlesien zu dem alda
formierenden Corps oder wohin es Unser Dienst erfordern würd zu leistenden
Kriegsdiensten abzuführen; Nebenbey aber zugleich Gnädigst entschlossen
haben, dass (Titl.) Trenck von 5 Slaven Sessionen nur einen Kopf, auch
nur freywillige Leuthe annehme, die dorth angestelle Donau und Saustroms
Militärgränzer, so vill sich freywillig angeben, darunter ebenfalls einbegriffen
und endlich die im Land befindlichen pardonierten Rauber enrollieren, all dise
Leuth bey Essegg zum weitheren Marsch nach Schlesien ä dato seiner
darunthigen ankunfft innerhalb 3 Wochen versamble, darzue keine andere
Ofriciers als zu 50 Köpfen einen so genannten Harumbussa oder anführer,
folglich in alls 20 derley Leuth stellen über diese sambentlichen 1000 Köpf Er
(Titl.) Trenck das Oommando führen: weithers einem Jeden, und anmit
sowohl Harumbussa oder anführer, als gemeinen von zeith ihrer ankunft bey
Essegg täglich 6 kr. bis sie wider zurückh angelangt seyn werden, als eine
Verpflegung von Unserem Königl. aerario gegeben werde. Sie jedoch sich das
Brod darvon anzuschaffen gehalten seyen, in ihrer eigenen Raizischen Montur
und gewöhnlich erscheinen , herentgegen die Zelter von gleichgedachten
Unserem aerario ohnentgeltlich zu empfangen, aller Excesse sich zu enthalten ;
auch alle für einen und einer für alle zu stehen, die vor dem Feind machende
Beuth, und sogar das Proviant, welches sie in Feindesland erobern, oder von
daraus kommet, Ihnen eigenthumblich verbleibe, und nur der algemeinen
Militär regul nach die feindlichen Kriegsfahnen, Artillerie. Munition und der-
gleichen ausgenohmen sey, diese anwerb- und Stellung 1000 Köpfe in Sla-
vonien auch folglich ihr marsch gegen Schlesien zu den Kriegs-operationen
J) K. A.. Bestallungen; 1741, 7171.
651
auf das schleunigste für sich gehen solle ; Solchemnach befehlen Wir ob-
bemeHten Unseren Hoch- und Niederen Kriegs-Officieren, auch Soldathen zu
Fus und zu Pferde, wie auch Herrschafften, Beamten, Insassen und Unter-
tanen Unseres Erbkönigreichs Slavonien und Fürstenthumbs Syrmien hiernit
Gnadigst und ernstlich, dass sie unter die anzahl mehrbemeldter 1000 Köpfe
sich auf hierohen angeführte weise anwerben lassen, darzu auch allen guten
willen, Vorschub und Beförderung mit beherberg- und anderer nothdurffrs-
reichung erweisen sollen ; hierüber vollziehen Sie unseren ernstlichen Befehl
willen und Meinung; Gegeben etc.
Wien, am 27. Februar 1741.
652
XXXXIIi.
FM. Graf Neipperg an die Regierung zu Neisse. l)
Ol mutz, den 21. Märtz 1741.
Ich vernehme mit grösster Verwunderung, dass das nunmehrige thun
und lassen derer Preussischen in der Stadt Neisse eine allgemeine conster-
nation zu wekhen, und Meine hochgeehrteste Herren sowohl, alss die geist-
lichkeit und Magistrat, die bürgerschafft, und alles überhaubt den Mutli sinkhen
zu lassen beginnen, welches mich veranlasset, denenselben gegenwärtiges zu-
kommen zu machen, um zu erkhennen zu geben, dass es iezo mehr alss jemahl
an der Zeit, und nöthig seye. frischen Muth zu fassen, vmd denen Preussischen
Unternehmungen, falls ihre Absichten würkhlich auf Neisse gerichtet seyn
solten, wie es doch noch iezo anmit allzu richtig nicht ist, mit allen Nach-
druckh zu begegnen, und den durch die bey ersterer gelegenheit abgelegte
werkhthättige Probe erworbenen unsterblichen Euhm allenfalls neuerdings zu
bekräftigen, insondernheit, da sye kräfftigst versichert seyn können, dass man
allerehestens zu ihrem Succurs ankommen, und sye mit hilfe und beystand
des allmächtigen Gottes ein- für allemahl von denen Preussischen insolentien
Befreyen würde ; Lassen diselbe also, wie hirummen ganz angelegentlichst
um Ihr eigenes bestes ersuche, an sich und anderen nichts erwinden, den
feind bey allenfalsigen zweyten Versuchen mit Eyfer und Nachdrukh zu
widerstehen, und mir andurch wenigstens so viel Zeit zu gewähren, dass noch
a tempo zum Entsaze mich einfinden könne ; der Commandant Herr Obrist
Baron von Roth wird mit der Garnison, wie vollkommen persuadieret bin, all
sein äusserstes zu Ihrem behelf anwenden, stehen Sye ihm also auch mit
Xachdrukli an die Hand, und suchen seinem thun und lassen in allem, wo es
erforderlich, das behörige gewicht zu geben ; der ausschlag und das Ende
Ihrer Bedrängnussen wird solchenfalls zu ihrem besonderen ßuhm, gleichwie
vorigesmahl, redendieren, und Ihro Königl. Mayest. unsere Allergnädigste Frau
seynd viel zu gerecht, und zur billigkeit geneigt, alss dass Sye die andurch
Ihro zu lib erzeugende, so ausnehmliche Treue nicht mit der allernachdruekh-
samsten Erkändtlichkeit seiner Zeit ansehen solle, wie dan auch garantiere,
dass der — durch die vorige attaque bereits erlittene und noch weiters durch
Brand oder sonsten allenfalls erleydende Schaden der Stadt und jeden Pati-
cular ganz ohnfehlbar ersezet werden wird, und wann auch die gantze Stadt
') K. A.. F. A. Schlesien 1741 ; III, GS u.
653
ruiniert würde, so ist doch die Königin noch gross genug, dass Sye hier-
innen abhilfliche Maass schatten, und den Schaaden, wie ohnfehlbar zu hotten,
ersetzen könne, und von darummen eine Stadt sich nicht sogleich in des
Feindes Gewalt zu ergeben hat, absonderlich aber ist in erwegung zu ziehen,
dass wan sich selbige, gegen Verhoffen iedoch, ergeben, und Gott der All-
mächtige uns im fehl glikh verleihen solte, wie bey diser gerechtesten Sache
zu vermutheil, selbige alssdann wider eine neue Belagerung von unserseits
ausstehen müsste, welches selbe gantz füglich, wan sye sich iezo recht-
schaffen haltet, vermeyden kan, dero aigenes beyspill wird die übrigen, wir
Eingangs gedacht, gantz unfehlbahr nach sich ziehen, und zur rühmlichen
Nachfolge aufmuntern, thuen Sye also solches in gewisser Versicherung des
vor der Thür seyenden Entsazes, und glauben übrigens, dass vor meiner
Persohn mir Gelegenheit und genügsames Vermögen wünsche, denenselben
mit der Thatt bestätigen zu können, dass stäts bin und zu verbleiben
bekehre,
XXXXH/2.
Ol mutz, den 23. Märtz 1741.
Durch Rukhbringer dieses ist deroselben Schreiben vom 20ceu dieses
Monnaths mir richtig zu handen gestellet worden, worauf dann über meine
all schon vorhin gethaner Versicherungen neuerdings hiedurch in antwort be-
kräfftige, und zwar dieses bey meiner Ehr und Gewissen, dass selbige gewiss
nicht stekhen lassen, sondern ganz ohnmangelbahr entsetzen, und mit gött-
licher hilf und beystand von der feindlichen überlast befreyen, zu solchem
Ende mit der gantzen armee, worüber Ihro Königl. Mayest. unsere Aller-
gnädigste Frau das General-Commando mir allermildest anverthrauet, und die
gewiss von deme Generalen an biss inclusive derer Gemeinen in denen deter-
miniertesten und wackhersten Leuth bestehet, allernächstens in Schlesien ein-
ruckhen werde, worvon meinem hochgeehrtesten Herren sogar den positiven
Tag anmerkhen könnte, wan nicht besorgete, es möchte dieses mein schreiben
durch einen unglikhsfall wie öfters geschiehet, in feindliche Hände verfallen
und andurch mein eigentliches Vorhaben vor der Zeit entdeckket, und verathen
werden, welches, wie Sye von Selbsten leicht ermessen können, weder der
Stadt Neisse Nutzen bringen, noch mir und der armee in Betracht derer bevor-
stehender Unternehmungen zum Vortheil gereichen könnte ; So viel sage nur
zur gantz zuverlässigen Nachricht, dass bereits alle zu diser armee gewidmete
Trouppen beysammen habe, und dass es mir nur noch an ein- und anderen
Kleinigkeiten, die aber zu einer fürrückhung auch ohnentbehrlich seynd, ge-
breche, womit jedoch täglich, wie stündlich nachdem die 12 Tage hindurch,
so alliier bin, mit allem Eyfer und Sorgfalt darauf getriben. aufzukommen
hoffe, und sobald selbige habe, können Meine hochgeehrtesten Herren fest und
kniffligst persuadiert seyn, dass keine minuten hinger allhir verweilen, son
gantz zuverlässig in Schlesien fürruckhen. und entweders die Stadt Neisse. da
es nöthig, entsezen, oder aber sonsten den Feind, er mag sich befinden, wo
er wolle, auch so starkh und mit so viler Artillerie versehen seyn, als es
immer zu vermuthen, aufsuchen, und ihm attacjuieren werde, in der gs
ohngezweifleten Zuversicht, dass in betracht. unserer gerechtesten Saclu'. und
654
da auch der grosse biss zum kleinsten unserer arm.ee volle Begird und Herz-
hafftigkeit, Gott der Allmächtige uns einen vollkommenen Sig wider die un-
gerechten Feinde veiieyhen, und alle getreue unterthanen unserer Aller-
gnädigsten Königin dieses Tyrannischen überlasts ein für allmahl ent-
ledigen werde. Ich bitte S^-e also, Meine hochgeehrtesten Herren, den Muth
nicht sinkhen zu lassen, sondern frisches Herz zu fassen, und durch dero
beyspil die übrigen von Neisse, es bestehe in der Geistlichkeit, Magisi
Bürgerschaft, Inwohnern, und anderen, zur gleichen Nachfolge zu veranlassen :
der Commandant Obrist Baron von Roth wird mit der gesambten Garnison
im Nothfall gewiss alles mögliche und äusserste thun. und den Orth gegen
alle feindlichen Unternehmungen zu verthättigen suchen, also zwar, dass wann
diselbe und all übrige obbenannte mit dem commandanten und Garnison
gleiches Sinnes se^md, den feind schwährer, wo nicht allerdings olmmöglich
fallen soUe, der Stadt etwas anzuhaben, wan er auch mit noch so viler Artil-
Lerie und Pontons alss man aussprenget, darvor sich einfinden würde. Be-
denklien Sye doch, wass Sye bereits be}T der ganzen gerechten Welt für einen
grossen Ruhm durch den ersteren Gegenstand erworben, und wie sehr Sye
sich andurch um Ihre Allergnädigste Königin und Landesfürstin, und ihr
gantzes durchlauchtigstes Hause, wie auch um das getreue Vatteiiand verdinnet
gemacht, alls dises würde wider hinwekhfallen, wofern Sye sich dem Feind
zu einer Zeit, da Sye ihm noch genugsam widerstehen könnten und den
Succurs, so zu sagen, vor der Thür wissen, ergeben soften ; glauben Sye mir.
dass nicht so leicht, einen orth, der, wie Neisse, mit einer ansehnlichen Gar-
nison und so zahlreichen bürgerschafft, auch sonst noch eine Menge Personen,
die das gewöhr fuhren können, versehen, hinwekhzunehmen, und dass wie
solches nicht gleich in einem Tag, ob man sich schon von aussenher aller
erdenklichen Zwangsmittel von Feuer und Gewalt gebrauchen wollte, be-
sehenen könne, wann anderss, wie mich gänzlich versehe, ein jeder sein
äusserstes thun, und anwenden wird; Es ist zwar nicht ohne, dass eine Be-
lagerung oder Bombardement eines Platzes vil olmgemächlichkeiten und
Schaden nach sich zihet, allein um sich dises zu erleichtern und zu trösten.
muss man gedenkhen, alss ob es ein sonst von ohngefähr entstandener Brand
oder anderes unglikh, welches Gott der Allmächtige denen Menschen biss-
wailen zuschikhet, sey, und dass eben Gott der Jenige. der all dises wieder
reichlich ersezen kann, zudem ist auch unsere Allergnädigste Königin eine
solche zur billigkeit von Natur geneigte Fürstin und Frau, dass gantz und
gar nicht zu zweifeln, wie ich dafür garantieren will, sye werde der Stadt
Neisse nicht allein allen bereits Ihro zu lib erlittenen, und vielleicht nach
bewandnus der umstände noch weiters erleydenden Schaden und Verluste
hinlänglich ersezen, sondern selbige auch zu belohnung ihrer Treu mit anderen
Gnaden überhäufen, gleichwie auch der orth Zuckmantel, der sich Ihro zu lib
vollkommen sacrificiert, gantz zuversichtlich darauf rechnen kann ; hat es
dieser orth, der doch mit Neisse in keiner einzigen Sache, wo es auf die be-
schützungs-Mitteln ankommt, verglichen werden mag. und woselbste:i sich
unter anderen kaum ein paar hundert Hussaren belinden, auf die extremität
ankommen lassen und den Feind genöthigt, mit Artillerie und starkher anzahl
dahin zu kommen, um wievil mehr ist von Neisse zu hoffen, dass selbiges
auch bey einer zwavten Gelegenheit, wan es darauf ankommen solte, dem
Feind zeigen und bestättigen werde, wass d:*e Treue eines Orths gegen die
! i 5 5
ungerechten Feinde seiner rechtmässigen Landesfürstin vermag; bleiben Sye
also hierauf, und behertzigen, dass wann Sye auch unterdessen feindlich an-
gefochten werden sollten, es nur um etlich wenige Tage zu thun seye, dan ich
versichere hiemit wiederholter bey meiner Ehr, und gewissen, dass allernäch-
stens mit dem Succurs anrukhen, und vor der feindlichen ausbreitenden grossen
Macht und zahlreichen Artillerie mich gantz und gar nicht schrökhen ; wohl
aber das Vergnügen haben werde, wie mit der Gnade Gottes zu hoffen, je
zahlreicher ihre Artillerie seyn derffte, je mehrerer davon zu erbeutten. Ihre
Erlösung ist gewiss, und stehet vor der Thür, dahingegen aber, woferne Sye
sich den feind allenfalls ergeben sollten. Sve ein neues und villeicht viel
schwöbreres ungemach sich auf den Fuss nachziehen würden, weilen Sye als-
dann Bemüssiget seyn würden, auch einer belagerung von mir, indeme bey
meinem Eingang in Schlesien und gliklichen progressen im leide mein erstes
seyn werde, Weisse wieder einzubekommen, auszuhalten, und somit an stat
eines zwey übel zu übertragen. Meine hochgeehrtesten Herren sehen also von
selbsten, welches von beiden zu envöhlen, und dass es ohnvergleichlich besser
seye, zu dem Jenigen zu schreitten, worzu die Billigkeit, Treue, Pflicht und
Schuldigkeit den fingerzeig gibet ; Ist gleich Grossglogau von disen Prin-
cipio abgewichen, so folget nicht daraus, dass auch Weisse dem nemlich beyspii,
wordurch sich die Grossglogauer gewiss wenig Nutzen und Vortheil, wohl
aber von dem feind selbsten Spott und Verachtung zugezogen, nachahmen
solle, vilmehr hat Weisse diejenigen örther zu imitieren, welche in denen neuern
und älteren Zeiten in eben dergleichen Situationen so viles zu ihrem unsterb-
lichen Ruhm gethann, alle feindlichen Efforts auszuhaken und endlich durch
ihre standhafftigkeit selbige gar zu wasser gemachet haben, wie es ja Neisse
selbsten in voriger gelegenheit genugsam erwisen, und in einer zweyten nicht
weniger thun wird. In welcher vollkommen Zuversicht und nochmahliger
A'ersicherung auf den succurs allerebestens gantz zuverlässig rechnen, aucb
dieses gleichfalls dem Commandanten Herrn Obrist Baron von Roth, dem
schon zweymahl nacheinander und zwar den 19ten und 21ten dises in eben
disem Verstand, und noch ausdrükhlicher mit Beirückung der Zeit olm-
gefähr zugeschrieben, bedeutten zu wollen, mit besonderer Hocbachtung stäts
verharre.
650
XLIII.
Marschbefehl. J)
Des Löbl. Dessewffyschen Hussarn-Regiments bestellten Obristleuth. und
Commandanten Herrn von Dessewffy hiemit anzufügen und zeiget es die
Beylag (fehlt) des mehreren, welchergestalten das Löbl. dero Commando unter-
stehende Dessewffy'sche Hussarn-Regiment übermorgen, alss den 27. Marty von
Hof, und dasigen Gegenden mit Sackh und Backh aufzubrechen, und selbigen
Tags biss Eichhorn zu marschieren, daselbst aber die weithere Ordre des Herrn
G-eneral-Feldwachtmeisters Grafen von G r ü n n e, an welchen es biss weithers
Verwisen , abzuwarthen habe ; der Herr Obristleuth. wirdet demnach
alsogleich nach Empfang dieses seine Anstalten dermassen einzuleithen be-
sorget seyn, dass dieser Ordre in allen Stuckhen, wie man sichs fest Ver-
sicheret, Vollkhommen nachgelebt werde. Die 5 port. gespunnenes Heu werden
zwar auf denen aigenen Dienst Pferden mitgenohmen, jedoch als ein unangreif-
licher Vorrath in Reserve behalten und davon bis auf express Befehl wohl-
gedachten Herrn Generalen Grafen von G r ü n n e bey schwährer Verant-
wortung nichts anzugreift'en. Dahingegen hat sich das Löbl. Regiment bey
seinem Ausmarche, und von 27. dieses Monaths anfangend auf 9 Tag mit
Brod, so Ihnen nacher Hof durch Vorspann verschaffet werden wird, zu ver-
sehen, und auf ihren eigenen Pferden, und Proviant- Wägen mit sich zu
nehmen. Vor den 10. Tag aber wird das Brod durch Ivönigl. Proviant- Wagen
nachgeführet. Hartfutter wird dem Regiment durch Vorspann auf zehen
Tilg zu- und nachgeführet, und nach mass die Vorspannswägen gelähret
werden, seynd Selbe ohne weithers bei sonsten sich aufbürdender unfählbarer
Verantwortung zu entlassen ; zeigte sich an rauher Fourage ein Mangel, so
ist an dessen Statt über die ganze portion hartfutter noch eine halbe, mithin
anderthalb portionen zu empfangen, darfür aber gleichwollen nicht änderst,
als wie gewöhnlich, auf hart, und rauclifutter zu quittieren. Wornach also Ei-
Herr Obristlieuth. in all und jedem sich zu richten, und meinen vorhinnigen
Befehlen in allen, und denen, die biemit einschlagen, nachzukommen hat:
Will das löbl. Regiment seine Löhnung pro April allhier empfangen, so kann
es weme, der es übernimmet, mit der hierzu erforderlichen Quittung hiehero
schleichen, wo aber nicht, so kann sothane Löhnung zu Sternberg, oder aber
wehrenden marche erhoben werden ; Olmütz, den 25. Marty 1741.
Weyl. Rom. Kais, und Königl. Cath. Mayt. Cammerer,
General-Feldzeugmeister, Obrister über einBegmt. zuFuss,
derzeit Gouverneur, und Commandant der Stadt und Her-
zogthuaibs Luxemburgs und Grafschaft Chiny, wie auch
Ihre- Königl. Mayt. zu Hungarn und Böhaimb p. p. gegen
den König in Preussen zu Feld stellenden Trouppen der-
mahlen Commandierender General p. p.
N e i p p e r g.
>) K. A.. F. A. Schlesien 1711 ; III, 70.
657
XLIV.
FM. Graf KhevenMUer an FM. Grafen Neipperg. J)
Wien, 19. April 1741.
Ich bin untröstlich, dass Sie bei Ihrer Unternehmung keinen Erfolg
hatten. Ich gestehe Ihnen, dass die Unternehmung, der Sie sich unterzogen,
mir sehr dreist und keck schien, nicht nur vorn Gesichtspuncte der Kriegs-
kunst, sondern auch von dem der Politik. Bezüglich des ersteren muss ich
Ihnen sagen, dass ich viele Gründe sehr genau in Erwägung gezogen habe —
ebenso betreffs der Zufuhr der Lebensmittel, der Märsche und Lager in dieser
Jahreszeit, als der Schwäche und Verfassung Ihrer Armee. Wäre es vom po-
litischen Standpuncte nicht besser gewesen, etwas zurückzuhalten, wenn es
wahr ist, dass wir Hilfe oder eine Diversion zu erhoffen haben? Wäre es nicht
besser gewesen, seine Leute zu sparen für die Gelegenheit, einen entschei-
denden Schlag zu führen, wesswegen man ja Schlachten liefert ? Mit wenig
Leuten unter grossen Schwierigkeiten im Lande vorzugehen, einen Feind
überlegen an Zahl und mit gutgeübter Mannschaft, mit einer kleinen Anzahl
Bauern, die weder Theorie, noch Praxis kennen, anzugreifen, ist eine Methode,
die wir seit einiger Zeit beobachten und welche die Ursache unseres bis-
herigen Unglückes ist. Erinnern Sie sich, dass Guido Starhemberg gesagt
hat, dass man den Krieg mit dem Kopfe und nicht nur mit dem Arme führen
müsse ; aus diesem Grunde entschuldige ich Sie ebenso, wie Jene, welche seit
dem Jahre 1733 mit ähnlichen Aufträgen betraut waren; diese dort sind ge-
blendet durch den Eifer für den Dienst I. M. der Königin. Es ist wahr,
dass man Alles versuchen soll, sie aus den Verlegenheiten zu ziehen, in die
sie unverschuldet gerathen ist; aber um desto vorsichtiger muss man sein,
sie nicht noch schlechter zu stellen.
Bezüglich der Action, die Sie mit den Feinden hatten, ersah ich aus
der Relation, dass unsere Cavallerie unter der Führung des GM. Römer
ihre Pflicht vollauf gethan hat, aber sie hätte müssen durch die Infanterie
unterstützt und gehalten werden, ohne was ein derartiges Manöver sehr ge-
fährlich ist. Dass man verlange, dass eine Cavallerie ein zweites Mal eine
ähnliche Attaque unternehme, ist gegen die Natur, da selbst die Pferde nicht
im Stande sind, es zu thun. Ich wollte, dass unsere In läutern' die von ehedem
sei, diese Reiterei würde Ihnen Gelegenheit geboten haben, die preussische
Armee vollkommen zu vernichten.
') G-räfl. Neipperg'sches Archiv. Original. Eigenhändig. (In französischer Sprache
Oesterreichischer Erbfolgekrieg. II. Bd. £2
658
Ich erkenne ans dieser Action, dass die Preussen nur im Stande sind;
gute Haltung zu zeigen, gut zu schiessen und sich zu vertheidigen, aber nicht
zu manövrieren, was Ihr Glück war, da Sie sonst vollkommen vernichtet
worden wären. Wir haben also keine Infanterie, auf welche wir zählen können,
wesshalb wir den kleinen Krieg fuhren und nicht verlangen sollen, Schlachten
zu gewinnen. Aus diesem Grunde rathe ich ihnen Bündnisse an, die Ihnen
eine Diversion machen, oder gut 40.000 Mann Verstärkungen, da wir allein
diese Affaire nicht zu Ende bringen werden. Nach meiner Ansicht würde ich
die' Armee nach Böhmen zurückziehen, da der König Sie nach allen Anzeichen
kaum in Neisse lassen wird. Sie sehen, dass, wenn Sie in Böhmen sind, Sie die
preussische Armee stets abschneiden, wenn sie in Mähren einbrechen will
und wenn sie nach Böhmen will, sind Sie im reichen Lande, Sie haben gleich-
zeitig Acht auf Bayern und reichen Sachsen die Hand, wenn dieses mit uns
sein sollte ; Sie garantieren auch die Dispositionen für die böhmische Krönung.
Regen Sie sich nicht über das Unglück, das Sie hatten, auf. Handeln Sie, wie
es Ihnen Ihre Ergebenheit für den Dienst der Königin eingibt und hören
Sie auf nichts Anderes. Bewahren Sie mir die Ehre Ihrer Freundschaft etc.
Ü5(J
XLV.
Puiicta,
welche praeliminariter unter Russlands Vermittlung zum gründe einer voll-
ständigen Einverständnis, und Zusammensetzung zwischen Ihre- Königl. May est.
von Polen, als Churfürsten zu Sachsen, und Ihro Mayest. der Königin von
Hungarn, und Böhmen gelegt werden. l)
Ihro Mayest. die Königin von Hungarn und Böhmen, würden sich
von nun an verbindlich zu engagieren haben, Sr. Mayest. dem König von
Pohlen, als Churfürsten zu Sachsen, nach Endigung des Kriegs mit Preussen
bei Errichtung des Friedens
1. Magdeburg, Halle, das Fürstenthum Crossen, und alles was der König
in Preussen in der Nieder-Lausitz dermahlen besitzet, eigen thümblich zu ver-
schaffen, hierüber noch
2. den dritten Theill von allen, sonsten von des Königs in Preussen
Landen, gemachten Conqueten zu cedieren, und dardurch Chur-Sächsen vor
die übernommene Assistenz, und Gefahr ausser Schaden zu setzen.
Sollte der Königin Mayest. beim Frieden ausser Stande seyn, sothanen
zweierlei Bedingungen ein völliges Genügen zu leisten, wollen Sr. Mayest.
der König sich begnügen, dass ihm auf 30 Jahre der freie und unbeschuldete
Genus von den, in Böhmen gelegenen drei Creisen, den Leitineritzer, Schlaner,
und Satzer, hypotheclich verschrieben, und eingeräumet, oder anstatt der-
selben vor Ablauf der wieder Abtritts- Jahre, von der Königin ein anderes
annehmliches, und hinlängliches Aequivalent gegeben werde.
Auch verstünde sich von selbst, dass während der Zeit Sr. Königl.
Mayest. Chur- Sächsische Trouppen, in ihrer Mayest. der Königin zu-
gehörigen Landen stehen, und agieren, selbige daraus ihre Subsistenz, und Ver-
pflegung zu ziehen hätten.
Dagegen würden Seine Königl. Mayest. von Polen sich verbinden, der
Königin Mayest. mit aller Macht gegen des Königs von Preussen Mayestät
biss zu Ende des Krieges, und Erhaltung eines raisonablen, und gemein-
schaftlichen Friedens, beizustehen, auch sowohl selbst, als durch Zuziehung
anderer freundschaftlicher Höfe und Mächte, alles was zu Ihrer Mayest. der
Königin von Hungarn und Böhmen Erhaltung und Bevestigung überhaubt
gereichen kann, nach allen Kräfften aufrichtigst beitragen zu wollen.
') H. H. u. St. A., Staatskanzlei. Sachsen, Fase. III.
42*
660
Diese Engagements von beiden Seiten sollen nicht anders, als mit
concert und Gewährung von Eussland genommen, und erfüllet werden.
Man bedinget sich beiderseits, dass dieses genaue, und wichtige Ein-
verständnus auf das sorgfältigste geheim gehalten, mithin auch zu dem ende
in Wien nicht ministerialisch tractiert werde, sondern blos durch die Hände
des Obristen Hoff-Canzlers Hr. Grafens von Sinzendorff Excell. mit Zu-
ziehung des geheimen Staats-Secretarii, und Eeferendarii Freiherr von B a r-
t e n s t ein, gehe.
Sobald von Ihrer Königl. Mayest. von Hnngarn und Böhmen eine
beifällige klare, und positive Antwort eingelaufen sein wird, würde man allhier
die Zeit, wann sich öffentlich zu declarieren sei, sowohl, als einen Operations-
plan zu concetieren haben.
661
XL VI.
Nota
der puncte, um welche von Seiten Ihro Königl. Maytt. zu Hungarn und
Böheim des Königs von Gross-Britanien Maytt. auf das ineständigst- und
Freundschaftlichste ersucht werden. *)
Nernlich :
Primö. Womit Seine Königl. Mayett. von Grossbritanien dero Ministrum
zu Eegensburg zu einer genauen einverständnis in der Preussischen überfalls-
anliegenheit und zur Vesthaltung derer kundbabrer Reichs-Sazungen anzu-
weisen.
Secundö. der fürwaltender Heylsamer Absicht mit dem associations-
Werk derer der fünf Creysen durch Dero viel vermögenden einfluss bei denen
betreffenden Höfen allen Vorschub zu geben, und
Tertiö Sieb gefallen Lassen wolten, den neinblich Vorschub der recla-
mierten schleunigen Hülf bey Russland, Dänenmark. Königl.-Polnisch-auch
Chur-Sächsischen Hof, und denen General- Staaten zu ertheilen.
Quarto. Zu erleuchtester erkandtnüs deren so besonderen umbständen
gegenwärtigem Unwesens zu steuern, mit all Dero ganzen Macht, und nach
eussersten kräften von Dero Durchl.-sten Hauss denen Preussischen Unter-
nehmungen sich zu widersezen, mithin
Quintö. Sowohl die jetzt erwähnte Dero Chur-Braunschweig, als Dän-
und Hessen-Cassehschen Trouppen dergestalten in Bereitschaft und marche
sezen zu lassen, damit dieselbe in nächstbevorstehend Monath Februario sich
mit denen Von der Königin verlässlich vereinbahren können.
Im Gegentheil erbietten sich Ihro Maytt. die Königin an Se. Königl.
Mayett. von Grossbritanien auf das kräftigste und allerdings, wann Dero
deutsche Lande von denen Preussen angegriffen werden sollten, an Ihro Gross-
britanische Maytt. die nembliche Hülfe, welche Sie Königin nunmehro zu
rettung Schlesien an Ihro Mayett. den König gesinnen, und Schlüsslichen
überhaubten an mir billicher gemeinnuzigen und höchst nöthiger reeiproeo
oder zurückgab zu nichtem das mindeste erwinden zu lassen.
Ferner weiths leben Ihre erwehnte Maytt. die Königin der Tröst-
lichen Zuversicht, es werden Seine auch öfters gedachte Königl. Maytt, von
Grossbritanien nach Orth Dero erleuchtester erkandtnüs und ruhmwürdigster
Wohlmeynung zu der gemeinsamen Vortragnus von Selbsten geneuget seyn
') Beilage zu Graf O s t e in's Bericht, ddto. London, 27. Jan. 1741. (H. H. u. St. A.
662
zu Herstellung des guten Vernehmens zwischen Ihro Maytt. der Königin,
und Sr. Königl. Pohlnischen Maytt. Churfürsten zu Sachsen in Benehmung alles
unstatthaften Argwohns sich anzuwenden, und zu diesem Ende dortige Minis-
tros anzuweisen geruhen, in Aengesten Vertrauen mit Ihro Maytt. der
Königin Ministris, besonders dem Grafen von K h e v e n h ü 1 1 e r hierunter
zu werk zu gehen, nicht münder des Prinzen Statthalters von Cassel Durchl
zu vermögen, auf dass dieselbe die in kraft unions-Tractats ausbedungene
3200 Mann zur begleichten löbhchsten Anwendung wegen Preussen in die
erforderliche Bereitschaft zu setzen, wo hingegen an sothanen Trouppen das
nembliche, wie in Letztem französischen Krieg eingestanden wird.
Solten nun Ihro Königl. Grossbritanischen Maytt, Gnädig gernhen Dero
erleuchteste Meynung zu eröffnen, wann und durch welchen Weg die Dän-
und Hessischen Hülfs-Trouppen zu jenen von Ihro Maytt. der Königin zu
stossen hätten, auch ob und wie weit allenfalls Euer Königl. Maytt. die Macht
Dero Durchl. Chur-Hausses zu der Königin Ihren Trouppen stossen, oder
wie sonsten Höchstdieselbe damit nuzlichst operieren zu lassen Gdst. gesinnet
seyen? So köndte von Seiten der Königin mit Erfahrung der so kostbahren
zeit auch Ihro Vorkehrungen desto gemessener ausgegleitet, oder aber
sogleich angezeuget werden, was noch mehr vorträglicher zu gemeinsahmen
Nuzen an Lande in Vorschlag zu bringen seyn könnte, und Leztlichen zu
Vollendung des Plans die behörige Instruction directe hieher auf das schleu-
nigste in Erklährung erlassen, oder aber dem allen - falls verlangend Ge-
neralen anschicksambst mitgegeben werde.
Heinrich Carl Graf v. O s t e i n.
663
XLVIIA.
Offenes Patent. ])
Wilhelm Reinhard etc
Ob es zwar eine allweeglich erlaubte Sache, dass die sogenannten Wal-
lachen oder Goralen dem Feinde und allen denenjenigen, so es mit ihm
halten bey allen Gelegenheiten allen nur erdenklichen Schaden und abbrach
thuen und zufügen können, so ist doch darbey vor allem zur vermeyden, dass
hierunter nicht auch die wohlgesinnt- und Ihrer Königlichen Majestät zu
Hungarn und Böheiru, unserer Allergnädigsten Frauen Treu- verbliebenen
Orthschafften und unterthanen mitgenohmen und denenselben das mindeste
Leyd angethan werde ; Es wirdet demnach durch dieses offene Patent ob-
gedachten Wallachen oder Goralen und allen übrigen, die es immer seyn
mögen, auf das allerschärffeste eingebunden, sich an derley wolgesinnt- und
Treu verbliebenen Orthschaften und unterthanen nicht im mindesten zu ver-
greifen, von denenselben etwas wider Gebühr, unter wass nahmen es immer
seyn möge, zu erpressen oder zu erzwingen, oder ihnen sonsten einiges leyd
oder Nachtheil zuzufügen, massen man widrigens mit aller schärfe gegen die
übertretter zu verfahren bemüssigt seyn würde, denen Feinden hingegen, und
allen denjenigen, so es mit ihm halten, können selbe Schaden und abbruch
thun, wie und soviel Sye es nur immer vermögen, ohne desswegen an einige
Verantworthung gebunden zu seyn.
Neisse, den 21. April 1741.
xLvn/2.
Patent. 2)
Wilhelm Reinhard etc.
Nachdem häufige Klagen und Beschwärden einlangen, dass hin und
wieder in dem Herzogthumb Schlesien absonderlich aber in denen Fürsten-
thumbern Oppeln und Ratibor, Herrschafft Beuthen und sonsten dasiger Ge-
genden verscbidene Banden von zusammengerotteten liderlichen Gesündel, so-
benahmste Freybeutter , oder Goralen sich hervorthuen, und unter dem
*) K. A., A. A., Neipperg; 1741, 29—40.
2) K. A., A. A., Neipperg, 1741, 29—48.
664
scheinbahren Vorwand, alss ob sye bestellet, die hierländig- der Evangelischen
Eeligion zugethanenen Inwohner zu vertilgen und auszurotten, allerhand
greuliche Excessen und Gewalttaten ausüben, die Oerther, Landes-Insassen
und unterthanen ohne ansehen der Religion, und sozusagen, wer ihnen nur
unter die Hände kommt ausrauben, plündern, und von ihren Boshafften mi-
thatten überall leydige Merkmahl und Fussstapfen hinter sich lassen, ein
solches aber mir schnurgrad wider die Intention Ihrer Königlichen Mayestät
zu Hungarn und Böheimb, unserer Allergnädigsten Frauen lauftet, alss die da
nicht will und verlangt, dass jemanden in Allerhöchstderoselben Erbhertzog-
thumb Schlesien und darunter begriffenen Fürstenthümern, Graf- und Herr-
schafften, Städten, Flekben, Dörffern und wie es sonsten immer nahmen haben
möge, von Catholisch- oder Evangelischer Religion ohne unterschied, das
Mindeste Leyd, oder die geringste unbilde zugefügt werde, worvon jedoch
die Jenigen ausgenohmen, so da sich unterstehen, Allerhöchstgedacht Ihrer
Königlichen Majestät gerechtester Sache, von wass für einer Religion sye auch
immer seyn mögen, sich zu widersetzen, und gegen Allerhöchstderoselben
Trouppen oder getreuen unterthanen die Waffen zu ergreifen oder dem Feind
gegen uns zu dienen, und darauff würklich betretten würden, einfolglich als
Rebellen und Aufruhrer mit aller Schärfte und Ernst in aller gelegenheit an-
zusehen wären :
Als-; wirdet allen getreuen Insassen und unterthanen dieses Erbherzog-
tliumbs Schlesien und denen denselben incorporierten Fürstenthümern Graff-
und Herrschafften, Städten, Flekhen und Dörffern durch dieses offene Patent
von aufhabenden hierländigen General-Commando wegen die Vollkommene
Gewalt gegeben, alles Eingangs gedachtermassen unter dem nichtigen Vor-
wand, cHe Lutheraner zu vertilgen, zusammen rottiertes liederliches Gesindeb
sogenannte Freybeuter oder Goralen, nach allen Kräfften zu verfolgen, sel-
bige zu tödten, gefangen zu nehmen, und die solchenfalls einbringenden mir
anhero zu liefern, um an ihnen ein gemessenes Exempel statuieren lassen zu
können und dardurch der ganzen Welt zu zeigen, wie weit Ihro Königliche
Mayestät zu Hungarn und Böheimb unser Allergnädigste Frau entfehrnt seye
jemanden von ihren treuen unterthanen, Er mag der Catholisch- oder Evan-
gelischen Religion zugethann seyn, das geringste Leyd oder Unbill zufügen
zu lassen. Wornach sich also zu richten.
Neisse, den KH\. April 17-11.
665
xLvm.
Patent. ])
Hiedurch und in Kraft dieses offenen Patents wirdt dem HeiTii Grafen
Ludwig Lambert Celari die vollkommene Gewalt und Vollmacht ertlieillet,
eine Frey-Compagnie von : 1000 bis 1200 Köpfen aufzurichten und anmit
denen Feinden zwischen der Oder und denen polnischen Gräntzen abwärts
soweit derselbe es mög- und thunlich findet, allen ersinnlichen abbrach zu
thun, Ihrer Königl. Mayest. unserer Allergnädigsten Frau Allerhöchsten Dienst
und des Landes bestes hingegen allmöglich zu befördern; über sothane Frey-
Compagnie wirdet Eingang besagter Herr Graf Ludwig Lambert Celari
durch dieses offene Patent alss Ober-Capitaine erkhannt, welche Charge so lang
als die hiezu land fürwährender Trouble, und derselbe dieser Frey-Compagnie
vorstehen wird, dauern soll; alle Beutte. so derselbe über den Feind recht-
mässiger weise machen wird, fallet ohnmittelbahr ihme Herrn Grafen Celari
und seiner Frey-Compagnie zue, ohne dass wer anderer, wer es auch immer
seye, daran einen ansprach machen könne, dargegen aber wirdet hiedurch
alles Rauben und Plündern bierländiger Unterthanen, absonderlich aber denen,
so es unverrückht mit Ihrer Königlichen Mayestät unserer Allergnädigsten
Frau gehalten, und sich von der Allerhöchstderoselben schuldigen Treue nicht
abwendig machen lassen, gemessen Verbotten, unter bedrohung, dass die hierauf
betrettende mit ernstlicher Strafe ohnfehlbar angesehen werden sollen.
Wirdet nun mehrerholter Herr Graf Celari hirinfalls, wie man sich's
vollkommen zu ihme versiehet, recht thuen, und nichts anderes als Ihrer
Königl Mayest. unserer Allergnädigsten Fraue Allerhöchsten Dienst und interesse,
ilabenebens auch das beste und Nutzen des Vaterlandes zum Zweckh haben
so kan derselbe nicht allein auf Allerhöchste Königl. Gnade, sondern auch
ohnfehlbar erfolgende Belohnung seinen gewissen Conto machen, sofort bey
dem Vaterland selbst sich grosse Verdienste und Euhm erwerben.
N e i s s e, den 20. April 1711.
Neipperg.
') K. A., Sohlesien 1741; IV, 48.
666
XLIX. ] i
Nachderne der Feind mit der Belagerung der Vöstung Brieg so weith
kommen ist,, als dessen approchen nicht weither als 40 biss 60 Schritt von
den werkhen mehr entfernet, auch die Bastions Nr. 2 und 3 völlig ruinieret
worden, alss haben Ihro Excellenz der Herr commandierende General alle Herrn
Staabsofflciers, Benantiich Herrn Obristen Baron de Fin, Herrn Obristen von
Pettinger, Herrn Obristleuth. Bar. von Cosa, Hr. Obristleuth. von Bouchard_
Hr. Obristwachtmeist. Graf Garani, den Ingenieur-Haubtmann und sambentliche
Artilleristen zu sich beruften und denenselben den ruinierten Stand der Vöstung
vorgetragen, sodann ged. Herren Stabsofficiers, Ingenieur-Haubtmanns und den
Artilleristen ihre meinung hierüber anverlanget ; worüber dan von seltnen des
Ingenieurs-Haubtmans erinnert wirdet.
Nachderne der Feind so weith avanciert ist, als wird unumbgängl. erfordert,
arbeithsleuthe hierzu aufzutreiben, was nur immer möglich aufzubringen ist;
Die gelegten grössten Bomben beyrn Couvre de face sollen wohl visitieret,
und im gutten Stande gehalten weren, damit, wann der Feind anlauffen solte,
den sicheren Effect würkhen möge ;
Nun verlanget der Ingenieur-Haubtmann zur benöthigten arbeith und
zwar täglich :
auf Nr. 2 80 Köpfe
.. ■• 3 150 ..
„ „ 4 70 „
■ - 8 so ..
.. ..17 100 „
welche unaufhörlich zur arbeith angetrieben werden sollen ; Worbey auch
nöthig ist ; dass man bey Tag anfange zu arbeithen, nachderne die Nacht zu
kurz ist, und wehrend-diesser zeith das ruinierte nicht kau repariert werden,
gleichwie diesse nacht würkhlich dasjenige, welches auf denen werkhen rui-
nieret worden, aus mangl den arbeithsleuthen nicht mehr hat reparieret werden
können ;
Alle Schanz- und arbeiths-Requisiten, nemblich Schauffein, Hakken,
Stösseln, Bau-Holzpfosten, Bretter, Sturmpfähle, klein- und grosse Nägeln,
der Schmiden, so Tag- und Nacht arbeithen, 40 Zimmerleuthe bey Tag, und
auch 40 bey der Nacht, 6000 Fachinen, 8000 pflökhe, 200 Schlögl zum pflökh
einschlagen, und das hierzue zum Schneiden erforderliche Eyssen, Schanz
Körpfe von 6 Sclmch hoch 300 und mittlere 300 sollen herbeygeschaffet werden ;
') Fiirstl. Schauniburg-Lippe'sches Archiv zu Nachod.
667
Von Seithen der Artillerie wirdt gemeldet, dass, wann 24 halbe Car-
thaunen, 24 Quartier-Schlangen, 3G falcaunen, 12 60pfündige Mörser, beyläufig
1000 Centner Pulver, etliche hundert Centner Bley und ä proportione auch
so viel Kugeln beysamben wären, da wolten, und kunnten sich erdeutte Ar-
tilleristen guth defendieren ;
Dass aber mehrgemeldte Artilleristen ab disses, und so viel anverlan-
geten, seye die ursach, weihen ansonsten dem Feindt sein grosses geschiiz zu
demontieren man nicht im Stande ist, anerwogsn man mit 3 kleinen Stülchen,
mit welchen annoch geschossen werden kann, gegen 49 meistens drey viertl,
und halbe Carthaunen, dann 20 60-pfündige Mörsser, die beständig feuern,
nicht die geringste resistence machen kann.
Drey von denen hiesigen besten Stukhen seyndt würklich verlezet,
und unbfauchbahr worden ;
Alle Schüss-Scharfcen, die Man durch 3 und 4 ganze Nacht reparieret
hat, seyndt von dem Feindt in 2 Stunden völlig ruinieret, und darnider ge-
schossen worden, das daraus kein Schuss mehr hat geschehen können; der-
mahlen seyndt schon etliche und 90 Centner Pulver verschossen worden ;
Feuer-Ballen, Brandt-Kugeln, Carcassen, Licht-Kugeln, seyndt höchst
nöthig, damit, wann der Feindt bey der Nacht anrukhen solte, mit dissen in
etwas beieichtet werden möge ;
Bomben befinden sich 18 60p fündige ; 22 dergleichen von denen feind-
lichen, so herein gefallen seyndt, und 27 30pfündige. Im übrigen beschwähret
sich der Feuerwerkher, dass Er zxi reparierung der beschädigten Laveten, und
Räder keine leuthe aufbringen kann, und zu regierung deren Stukhen wären
wenigstens 64 Handtlanger erforderlich.
Die Pulver Magazine seyndt sehr schlecht versehen, dass sie von denen
Bomben nicht ganzen sicher seynd ;
Die dermahlige Garnison besteht in allem und jeden zu diesen in
1600 Köpfen ;
Dass erste feindliche Parallel, welches den 2St,n hujus in der Nacht
gezogen worden, wäre von der Vestung 300 Schritt, und heuth nacht ist
bis auf 40, höchst 60 Schritt darmit zu der Vöstung avanciert worden.
Die obverlangten nöthigen Fachinen, Schanz-Körpfe, und pflökhe gehen
dem Ingenieur-Haubtmann ab ;
Die Pallisaden, und Sturmpfähle, welche die grösste defence der Vöstung
ist, seyndt an den meisten örthern schon ruinieret worden, dergestalten, dass
man selbige an einigen örthern nicht mehr hat reparieren, und ersetzen können ;
Die Burgerschaft will an keine orth, wo es nur die geringste gefahr
zu seyn scheinet, hingehen, sogar bey der vorgewesten Feuersbrunst hat
keiner eine Hand anlegen wollen, solche zu löschen, sondern vielmehr der
allhiesige Bürgermeister sagen lassen, dass die Bürger schon den lten May
verlangten, viel lieber den commandierenden Generalen zur übergaab dieser
Vöstung zu persuadieren, alss sich ferner mehr zu wöhren.
668
Capitnlation. *)
Ueber'die von Uno Mayst. der Königin zu Hungarn und Böheimb
dermal in der Festung Brieg in Besatzung sich befindenden Truppen, welche
bei Uebergabe des Orthes an Ihro Mayest. den König in Preussen unter heu-
tigem dato accordieret worden.
1. I. M. der König aus Preussen wird der Besatzung den freien Abzug
bei Uebergabe der Festung Brieg mit allen militärischen Honneurs gestatten;
2. Dabei vervvilligen, dass die sämmtlicheu Herrn Officiers und Militärs,
der dermahlige Kriegs-Zahlmeister Graf von P ü ekle r, nebst dem Commis-
sariat, Proviant- und Fortifications-Amte, mit allen ihren Bagagewagen frei
abziehen können, wozu von Ihro königl. Mayst. von Preussen alle Vorgespann
und Hilfe geleistet werden wird; und dieses soll von Ingenieurs und Artillerie-
Bedienten auch verstanden sein.
3. Der freie Abzug soll bis in die Stadt Neisse verstattet sein.
4. Die abziehenden Herren Officiers und Gemeine sollen sich verrever-
sieren, wider I. M. den König in Preussen von heutigem dato an über zwei
Jahre nicht zu dienen, besonders in Schlesien, auch niemals wider dieselbe
in Schlesien zu agieren.
5. Alles was sich allhier in der Festung an Artillerie, Munition und Pro-
viant befindet, soll richtig übergeben werden, dagegen aber
6. wird ausgenommen diejenige Munition, die jeder Mann in seiner
Patron-Tasche mit sich führt, ingleichen wird auf -i Tage Brod passieret.
Anlangend
7. das Politicum, Civile und Beligionswesen ; bei diesen allen wollen
Ihro Mayst. der König von Preussen in statu quo bewenden, auch jeden Theil
in seinen hergebrachten alten Privilegien, Immunitäten und Freiheiten conser-
vieren lassen. Und nachdem
8. dermalen obstehende Capitulation in obhab ender Vollmacht des
Königs von Preussen von Tit. Herrn General- Adjutant Herrn O bristen von
Borcke unterschrieben worden, so wird von Seiten der übergebenden Festung
das Breslauer-Thor zur Besetzung mit königl. preussischer Miliz sogleich
eingeräumet werden.
J) Original im fürst] . Schaumburg-Lippe'sclien Archive zu Nachod. Abschrift im
Browne'schon Manuscript und >m. K. A., Schlesien 1741; Fase. V. 22, welche nicht durchaus
gleichlautend sind. Die Capitulation ist abgedruckt in: ..Helden-, Staats- und Lebens-
geschichte Friedrich' s des Andern", 2. Aufl. Frankfurt und Leipzig, I, 819.
669
'J. Soll von beiden Theilen alle mögliehe Veranstaltung vorgekehrt
werden, dass der Abzug morgen, oder sobald nur immer tbunlich sein wird,
fördersamst in's Werk gerichtet werde.
10, Die ausziehende Garnison wird ungefähr bestehen in zweitausend
Mann, benanntlich 11 Compagnien von Wenzel Wallis, 7 von B o 1 1 a,
G von Bro w n e und der Frei-Compagnie.
Zu Urkund und Festhaltung alles dessen ist gegenwärtige Capitulation
in zwei gleichlautenden Instrumenta entworfen und von beiden Theilen unter-
schrieben und besiegelt worden.
Actum Brie g, den 4. Mai 1741.
(L. S.) O. G. P i c c o 1 o m i n i A r r a g o n a,
General- Feldwaclitmeister.
(L. S.) von Borcke,
Obrister und General -Adjutant von
Sr. Königl. May. von Preussen.
(L. S.) Alexander Baron de F i n,
Obrister.
(L. S.) J. Pöttinge r,
Obrister
(L. S.) F. B. C o s a,
Obristlieutenant.
(L. S.) deBouchar t,
Obristlieutenant.
,,Im Verfolg der gestrigen Tages getroffenen Capitulation ist an heunt
fernerweith beliebet und verabredet worden, dass die „15" bespante wägen,
so die garnison von Brieg mit sich niehmet, durch Ein Commando von
1 Officier, und 10 Mann bis Konradswaldau so bald als möglich zurück trans-
portieret, alda von einen gleichen Commando von Königl. Prej^sischen Trouppen
nehmlich 1 Officier und 10 Mann in empfang genommen, und sicher bis Brieg
convoyieret werden sollte; Undt soll gegenwärtiger revers anstatt eines öffentl.
Pasportes zu dem Ende dienen, damit vorzeigendes Commando zu ihrer armee
sicher und ungehindert pass- und repassieren könne ; Urkund dessen unssere
aigenhändige Nahmensunterschriften undt beygedruckte Insigl.
Actum Brieg, den 5. Mai 1741.
P. S. Sobald der Officier mit seinem Comando in Konradswaldau
nebste obgenanclten wägen angelanget seyn wirdt, soll ersagter Officier es
nach er Brieg alsogleich melden lassen, damit die wägen übernommen werden
möchten."
(L. S.) Ottavio Picolomini A r r a g o n a,
General-Wachtmeister.
(L. S.) von Borcke,
Obrister und General-Adjutant Sr. k. Mayst.
in Preussen. ')
') Fiirstl. Schaumlmrg-Lippe'sches Archiv zu Nachod.
670
LI.
Loco-Stand-
Ueber Dero in Hungarn und Bölieim Königl. Majestät löbl. in dem Posto
Eegiments-Stab
Grosser Stab
Oberst
Oberst-
lieutenant
Summa des
grossen
Stabes
Von Wenzel Wallis
„ Botta
„ Browne
Frei-Compagnie
Summa
Pöttinger
Br. de Fin
de Bouchard
de Cosa
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Wallis \ Zugetheilte von anderen Comp.
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1 5 Compagnien
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Frei-Compagnie
Summa . . .
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205.
96
5
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39
10
33
1628
1 45 344 8 397 1239 207
G r e n a-
Wenzel Wallis 1 Compagnie
Botta 2 Compagnien ...
Browne 1 Compagnie . . . .
86
32
32
54
129
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—
—
24
1
25
104
51
—
—
3
12
—
15
36
Summa der Grenadiere
266
68
72 194
23
Summa Summarum . . . 1894 7
Dann befinden sich in Loco Feld-Artilleristen
In Oppeln zurück .
48| 412| 9 | 469J1433JJ 230
1 Corpora!
$ Constabler
10
1 alter Feuerwerker
3 Constabler
671
Tabelle.
Brieg in Garnison gestandenen Regimenter Sub. dato den 9. Mai 1711.
kleine
r Stab
Summa des
Auditor und
Seeretär
Feld-Caplan kachtmeister-
Lieutenants
Regiments-
Feldscherer
Proviant-
meister
Profoss cum
suis
kleinen
Stabes
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P. Grever
S. J. 1
Teffner 1
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Breyer 1
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Verbleihen mithin annoch wirklich allhier in Loco
Summa des allhiesigenLoc
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Summa der i.Oppeln Kr;mk
und dabei Commandiert
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Das Liechtensteinische Comma
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und . .
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Verbleiben ... 13 Köpfe
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Ordre de Bataille
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Römer . . .
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Karolyi . . .
Pestvärmegyi
Dessewffy .
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GM. Dickweiler
Birkenfeld Batthyänyi
6 Escadronen 4 Escadronen
Artillerie.
Croaten
3 Bataillone
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') Aus dem FZM. Graf B r o wne'schen Manuscript.
673
lux
Observations-Puncten bei der Infanterie.
1"IU- Bei einem Regiment oder Bataillon, so in ordre de Bataille gestellet
wird, kommet es hauptsächlich auf die gute Eintheilung derer Ober- und
Unterofficiers an. womit man ein solches, es seye in Chargierung vor dem
Feind, oder allen vorzunehmenden Mouvements gebührend führen und regieren
könne — und zwar, unter anderen, das bei einem Regiment, welches zwei
Bataillone formieret, bei einem der wirkliche Major, bei dem andern hingegen
der älteste Hauptmann zu Pferd sitze und majorisiere, zu solchem Ende ist
nöthig, dass nicht allein die Divisions und Plotons mit Ober-Officiers en front
verseilen werden, sondern es will auch, weilen bei vorfallenden Gelegenheiten
all Unordnung sich mehreren Theils hinterwärts ereignen, wie es die Er-
fahrung zu Mollwitz gezeiget, da die Regimenter und Bataillone dergestalten
in Unordnung gekommen, dass sie nicht mehr in ihre behörige Ordnung
gebracht werden können, höchst erforderlich sei, das nach proportion der Zahl
der vorhandenen Ober-Officiers rückwärts hinter das letzte. Glied auf beiden
Flügeln und in der Mitte eines Regiments oder Bataillons derlei gute Ober-
Officiers, auch möglichst, Hauptleute, wann deren noch einige übrig sind,
postieret werden, welche rückwärts die ganze Breite übersehen, die vor-
kommenden Unordnungen gleich redressieren, die Leute in ihrer ordentlichen
Eintheilung, auch Reihen und Glieder, und jeder Mann zur Schuldigkeit, wann
es auch bei vorfallendem Weichen durch Niederstossen geschehen müsste,
wieder zu bringen suchen sollen ; wobei auch für besser erachtet wird, dass
gleich anfänglich die Fahnen durch die Führer umb selbige zu tragen, zu-
i derist, da wir so wenig Ober-Officiere bei denen Compagnien, Bataillonen
und Regimentern haben, und ohnehin niemahlen complett Krankheiten-Com-
mando- und anderer Ursachen-Willen erscheinen können, übernohmen, die
Fähndrichs hingegen gleich in die Divisiones und Züge vertheilet werden.
2Ao- Alle Zimmerleute eines Regiments oder Bataillons, so im Aus-
marsche durch einen Unterofficier, bei denen die die avant-Garde haben, ä La
tete ihrer geführet werden, müssen in einer occasion gegen dem Feind hinter
dem Regiment, oder Bataillon gesetzet und unter gutes Verwahr obgedachtes
Unterofficiers beisammen behalten werden, womit man selbige in jedes-
maligem Erfordernusfail sogleich, bei der Hand habe, und richtig zu linden weiss.
3"°- Ist bei denen Regimentern oder Bataillonen Schanzzeug ausgetheilet,
so müssen die Jenigen, so solchen tragen, durch einen besonderen Lieutenant
Oesterreichisclier Erbfolgekrieg. II. Bd. 43
674
commandiert und jedesruahlen in solcher Bereitschaft gebalten werden, auf
allmahliges Verlangen sogleich ausrücken zu können.
4to- Bei jedem Eegiment oder Bataillon sollen allemal, da man gegen
den Feind rückte, Plotons von 20 bis 25 Mann nebst einem Lieutenant, die
auf denen Flügeln in der avant- oder arriere-Garde nach Bewantnus der
Sachen zu stehen kommen commandieret, und in Bereitschaft gehalten werden,
umb solche allenfalls bei Graben. Gebüschen, Häusern und dergleichen sogleich
an der Hand zu haben, und deren sich nach bisheriger Gewohnheit, und nach
beschaffenheit des Terrains bedienen zu können, es müssen aber derlei Plotons
nicht weit, sondern nur etliche Schritt vor ihren Regimentern oder Bataillonen,
umb von selbigen soutenieret werden zu können, in Begehrungsfall voraus
marschieren und in der Ebene gar nicht aus^estellet werden, weilen selbe
mehr schad- als nüzlich se3'n därffcen, da zu besorgen, dass wenn ein solcher
Ploton umkehret, auch das nachfolgende Regiment, oder Bataillon in Un-
ordnung und zum weichen gebracht wird.
5l>- Wann bei einer occasion Ober-Officiers bleiben, oder blessieret
werden, müssen die übrigen Ober-Officiers sich gleich wieder von selbsten zu
rangieren wissen, damit keine Division unbesorget bleibe ; Dieses verstehet
sich auch von Eintheilung der Unterofficiere, nicht minder auch der Gemeinen
umb der Reihen und Glieder willen, worauf Ober- und Unterofficiere, die es
betrifft, besonders aufmerksam sein sollen, keinen Mann hingegen aus seinem
Glied rücken lassen, ausser es wäre während der Action einer blessiert worden,
nicht aber wie letzthin besehenen, dass zwei und drei Mann mit einem Bles-
sierten zurück gegangen, sondern sie sollen nur gleich hinter das Regiment,
wo sich der Regiments-Pater mit allen Fouriers und Feldscherern einzufinden
hat, zum Verbinden gebracht werden, und von dannen der Gesunde, so einen
solchen Blessierten dahin begleitet, ohne Anstand wieder zurück und in sein
Glied, und an den Ort wohin er gehört, sich begeben. Das Auslänglichste und
Unverhinderlichste aber wird sein, dass man die Jenigen, so im avancieren
gegen den Feind blessiert werden an Ort und Stelle, wo sie sich befinden,
liegen lasse, ohne selbige, wie gleich vorgedacht hinter das Regiment zu
bringen ; sonsten versieht man sich, dass kein Mann, so nicht blessieret, sein
Regiment oder Bataillon verlassen, sondern wie sich's gebühret, darbei bleiben,
folgl. nicht mehr demjenigen schändlichen Beispiel, wie letztens zu Mollwitz
folgen werden, da eine Menge Leute ohne Noth ihre Fahnen verlassen, und
sich schändlicher weise davon gemachet und verloffen haben, welches in
Zukunft keinem mehr nachgesehen, sondern mit Leib- und Lebensstrafe an-
gesehen werden würde.
0tu- Das Beste wäre, wann in avancieren gegen den Feind gar kein
Feuer gegeben würde, daferne aber doch solches für nöthig und ohnumgäng-
lich erachtet werden sollte, dahin hauptsächlich antragen, dass selbiges in
stättem avancieren und ohne auf der Stelle stehen zu verbleiben, über 50
oder 60 Schritt weit des Feindes im Flachsfeld und bei andern Begeben-
heiten viel näher noch nicht beschehe, allermassen zu Mollwitz die ganz
frische Erfahrung gezeiget, wie schädlich es ist, wann man zu zeitlich, und
ohne darzuhabenden Commando zu feuern anfanget, und dass dadurch die
Mannschaft nicht mehr wohl von der Stelle und vorwärts gegen den Feind
zu bringen. Eine Bataille wird nicht so viel durch's Feuern, als durch wirk-
lieben Einbruch gewonnen, welches durch gute Ordnung und wohl geschlossener
675
mit Reihen und Gliedern besehenen muss ; Im Falle aber des Feindes
Linie einmahl gebrochen und derselbe zum Weichen bemüssigt, oder aber
sich widersetzen und formieren wollte, alsdann ist das Feuei', welches in
reserve» behalten worden und besser als das Verlorene ist, mit guter Ordnung
und nach dem Commando anzubringen, welches der Mannschaft grösseren
Muth zum Fechten gibt, den Feind dargegen decontenancieret und der Sache
einen desto besseren Fortgang verschaffet, vor allem aber, wird mit Nachdruck
wiederholt, dass ohne Commando kein Feuer gegeben und dem gemeinen Mann
bei Lebensstrafe verbothen werde, vor sich selbsten das Gewehr los zu
schiessen, ja biebei gar aus dem Glied hinaus zu tretten, wie sich's leider ! zu
Mollwitz vielfältig zu unserem Schaden geäusseret hat.
ymo. j_)as Jenige, so in vorhergehenden Puncten vom Feuergeben ent-
balten, verstehet sich nur dahin, wann man gegen dem Feind in einer
occassion avancieret, dann stünde man in einem Vortheilhaften Ort und wollte
selbigen soutenieren, so gibt sich von selbsten, dass solches durch Feuern,
jedoch durch ein wohl appliciertes Feuer, und nicht ausser gewissen, maas
oder Distanz, wie schon oben berühret geschehen müsse.
8V0- Sollte sich etwann fügen, dass wegen allzustark andringenden Feind,
es sei zu Fuss oder zu Pferd, wohl auch ein ganzes Regiment oder Bataillon
oder auch mehr zertrennet würde, so sollen alle Herrn Officiers bei ihrer Ehr
und Pflicht mit allen Kräften dahin* bedacht sein, das Regiment oder Bataillon
wiederum, so bald es immer sein kann zu Formieren und so viel als sich
thun lasset in Ordnung zu bringen suchen, worauf auch die Herrn Generale
allweglich attent sein sollen. Geschehe es aber, dass ein oder andres Regiment
oder Bataillon im attaquieren sich melieren thäte, so sollen sie den Feind
wann er auch repoussieret wird, nicht so weit verfolgen, sondern sich gleich
wieder formieren, und auf ihren behörigen Terrain setzen, auch hierauf die
Herren Generalen alle besondere Obsicht und. Sorgfalt tragen.
9"°- Soll sich kein Officier bei Verlust, Ehr und reputation, die Gemeinen
aber bei Leib und Lebensstrafe unterstehen auf das Beuth machen sich zu
begeben, oder sonsten aus ihren Reihen und Gliedex-n zu tretten, sondern ein
jeder hat auf dem Platz, wo er hingehöret zu verbleiben.
10mo- Nachdeme die rechte Stärke der Infanterie durch die General-
mouvements, welche zugleich geschehen am besten sich zeigen muss, und hin-
gegen Regimenter und Bataillonen Brigadenweis zu avancieren öfters ge-
fährlich die Zeit verloren wird, und hierdurch die Sache nach bewantnus des
Terrains auf den es viele, auch auf das Judicium ankommt, wie auch nacb
beschaffenheit deren Umständen des Feindes den behörigen Ausschlag nicht
bekommen kann, so ist nöthig, die Regimenter und Brigaden also zu präpa-
rieren, dass wann mau mit gesammter Front eines Flügels oder ganzen
Treffens eine conversion oder Wendung machen will, die Haupt- und nehiu-
liche maxiine jederzeit dabei wie bei einzelnen Regimenter zu observieren sei.
dass sich alle nach dem Flügel, welcher sich schwenken soll, mit dem Augen-
mass und gegen dem Flügel, welcher stehen bleibet, wohl geschlossen zuhalten.
lln'°- Bevor aber ein derlei vorfallendes mouveraent, wie alle andern
unternommen wird, müssen sich sowohl die Regimenter selbsten in Reiben
und Gliedern, als ein Regiment mit dem anderen eine Brigade auf die andere
und ein Flügel an dem anderen wohl angeschlossener halten, also zwar, dass
nicht das geringste Intervallum darzwischen bleibe, auch die Stücke, so in
43*
676
denen Brigaden mitgetheilet, hinter dieselbe dazumahlen rucken und sich be-
finden ; Und damit ein Jedweder von einem solchen, oder anderen mouvement
vorläufig ehe es geschiehet unterrichtet sei, so müssen die Generalen von
höherem Character als zum Exempel der General-Feld-Marschall-Lieuthenant
den General-Feldwachtmeister seines Flügels, dieser hingegen die Obristen
und Commandanten derer Regimenter und Bataillonen und diese hinwieder-
umben ihre Subalterne-Officiers und so weiters bis Unterofficiers und Ge-
meinen hievon belehren, zu solchem Ende auch falls es die Zeit nicht zu-
liesse, selbige zusammen zu berufen, wenigstens längst des ganzen Flügels
von Regiment zu Regiment geritten oder geschicket und die vorläufige Nach-
rieht, damit sich jeder darauf richte gegeben werde.
12m0- Die übrigen mouvements, es sei um sich zu formieren oder sonst,
so hie vornen nicht angemerket, seynd von darumben nicht verworfen, sondern
kommen an, auf das Terrain, auf die feindlichen mouvements selbsten und auf
sonstige Erfordernussen, die man zum voraus so genau nicht wissen kann,
und hiebei Hauptsächlich das eigene Indicium zu Hülfe zu nehmen, nur das
jedermann hievon gleich in vorhergehenden Puncten gesaget, vorläufig durch
die Bank und auf die nehmliche Art avertieret werde.
13' Es wirdet aber allezeit gut sein, wann alle Mouvements zugleich
und nach proportion geschehen.
Sollte man auch Colonnen weiss marschieren muss jede tete von jed-
wederen Colonne auf die vom recht- oder linken Flügel, allwohin zu mar-
schieren anbefohlen, obacht haben, einerlei Distanz so viel als es das Terrain
zulasset halten, und überhaupt dienet dieses wegen das Aufmarschieren, dass
eine Colonne der anderen zu wiederumiger Formierung der ganzen Linie au
der Hand sei, daher auch diejenige Colonne, so becpiemes Terrain hat auf die
andere, welche durch coupiertes Land und Defileen zu marschieren hat,
genauer obacht haben muss, damit sie so viel es möglich einerlei gleiche
Inhalten und bei vorfallenden Operationen gegen den Feind, gleich in gerader
Linie, in so weit es thunlich aufmarschiere und ihr ganzes Treffen formieren
können, und wäre das Terrain dergestalten beschaffen, dass eine Colonne die
andere nicht übersehen könnte, oder aber eine von der anderen in Ansehung
der Distanz zu weit zu marschieren hätte, so müssen sich die Herrn Generalen
um diesfallige Bewandnus und zu dem gleich hier oben berührten Ende von
Zeit zu Zeit genauest informieren und von darumen Adjutanten, oder andere
ausschicken und sich der Sache wohl belehren lassen.
14'- In marschen solle die Artillerie, welche in Brigaden eingetheilet,
niemahlen zwischen denen Regimentern oder Bataillonen, sondern seitwärts,
ausgenommen in Defileen, wo es nicht änderst sein könnte, marschieren. Es
solle auch kein reitender Officier vorn Obristen anfangend, worunter die Hand-
Pferde und alles reitend- und fahrende mit begriffen sich anmassen, von
denen Regimentern, Bataillonen oder Divisionen in der Route, wo die Mann-
schaft marschieret zu reiten, sondern beständig seitwärts ihrer Divisionen,
Bataillonen und Regimenter wann änderst keine Defileen sich halten, inmassen
die Mannschaft durch derlei Reiten über die Massen Fatigiert und incom-
modiert wird, zu grossen Iutervallen anlass gibt und kein Regiment oder
Bataillon in der behörigen Distanz geschlossener bleibt.
15t0 In denen Defileen sollen die Regiments-Commandanten, Obrist-
wachtmeister und übrigen Divisionsführende Offlciers wohl besorget sein
677
auch die Herrn Generalen Selbsten besonders darauf halten, das man die
Mannschaft geschwind durch die Defileen marschieren lasse, jedoch dergestalten.
dass so bald man in einer gewissen Distanz aus denen Defileen heraus und
es Zeit; darzu, auch die Umstände es zulassen, halt gemachet und besagter
Mannschaft Zeit gegeben werde sich wieder zu formieren und zu erholen,
nicht, aber selbige, wie es bis dato observieret worden in einem Stück, es mag
so weit sein als es wolle, um die Vormarschierende wieder einzuholen, fort-
laufen zu lassen, wodurch alldann die Mannschaft zu dem Uebrigen, so ein
Marsch und ein mehrerer nach sich ziehet, ausser Stand gesetzet wird zu
mehrerer Versicherung dessen kann der Regiments-Commandant, oder wenig-
stens der Obrist Wachtmeister jedesmahlen bei denen Defileen stehen bleiben,
bis das Regiment selbige passieret hat, auch die Herrn Generalen selbsten
können hierauf wohl attent sein und wo ihre Gegenwart anderwärts nicht
nöthiger.
16t0 Wird in der Avant-Garde oder sonsten wo es sein mag zu stark
marschieret und das nicht sein solle, so sollen es die Hinteren von einem
Regiment zum anderen vorwärts sagen lassen und hierauf an vordenst,
womit die Mannschaft nicht übertrieben werde die Herrn Generals wohl
attent sein.
17m0- Der Fleiss und gute Arbeit unter denen Regimentern, die Stille,
da das Geschwäz während das die Mannschaft untern Gewehr absoluti ab-
gestellet werden muss und Gehorsam der Mannschaft die fieissige Aufsicht
und Obsorge deren Herren Officiere, welche recht auf ihren Dienst und
Schuldigkeit denken, werden zu Beförderung des Allerhöchsten Dienstes das
Beste wirken, damit die ehemalige gute Reputation der hiebei vorig. Kays.
Infanterie noch ferner beibehalten werde, zu welchem Ende
18vo- Nicht genug ist, dass man erst eine vorfallen könnende Action
desswegen abwarte, sondern alle Herren Officiere sollen gleich von nun an
zu all oben enthaltenen anfangen, und zwar die Herren Regiments-Comman-
danten ihre Untergebenen zu allem Vorfall und unter anderem auch von denen
täglich bei der Parola heraus gegeben werdenden Befehlen, womit selbige auf
das genaueste befolget werden, und sonsten was einem Officier überhaubt zu
wissen nöthig, wohl instruieren, solchem nach bei denen ihnen anvertrauten
Regimentern die Hauptleute und übrigen Officiers aber bei ihren Compagnien
mit besonderer Sorgfalt hierauf die Hände halten und bewirken, dass nicht
allein sie selbsten, sondern auch die Unterofticiere und Gemeine von alldeme,
so ihnen in allem Vorfall zu thun und zu beobachten obliegt, vorläufig genau
unterrichtet sein, und damit man hierinfalls einen desto besseren Fortgang
zu hoffen habe, so wäre wohl gut dienlich, wann die Herren Officiere vom
Regiments- Commandanten anfangen mehr und fleissiger bei ihren Regimentern
und Compagnien bleiben und die Mannschaft auf alles ob erwehntes sowohl
fleisiger anleiten, als sich auf deren Liebe und Vertrauen, welches bisher noch
sehr wenig verspüret worden, zu erwerben trachteten, welches nicht fraglicher
geschehen kann, als wann sie Mannschaft sehet, dass wie gesagt die Herrn
Regiments-Commandanten und übrigen Officiere freementer bei ihren respectivi
Regimentern und Compagnien bleiben und somit öfters um sie sein, auch sich
ihrer annehmen, es ist zwar denen Herrn Officieren dadurch das Ausgehen
und Ausreiten so wenig, als die anständigen Divertissements verwehret, allein
die Ca ffe- Spielhäuser und marquetänter in den Hauptquartieren sollen sie von
678
nun an als Oerther, die für Officiere nicht geziemen und wo der menge Händel
entstehen vermeiden und sich lieber unter ihnen selbsten oder an dritte Ort,
wo Zusammenkünften von ehrlichen Leuthen besehenen, zu unterhalten
suchen, wobei sie auch die Wohnungen derer Herrn Generalen allweglich
frequentieren und die Zeit passieren können, das Hauptabsehen aber jeder-
zeit auf ihre dienst Obliegenheit und damit das, so oben in ein so andern
angeführet befolget werde, richten sollen, wie dann auch die Herrn Generalen
selbsten hierauf und zwar die Feldmarschall-Lieutenants auf ihre Flügel und
die General-Feldwachtmeisters auf ihre Brigaden besonders wohl zu invigi-
lieren haben, dass alles nach Zeit und Umständen befolget, insonderheit aber
der Zweck des jetzigen Exercierens nur Hauptsächlich auf eine Occasion
gegen den Feind gerichtet und die Mannschaft dahin gewöhnet werde, ohne
zu avancieren niemalen Feuer zu geben, wie es leider bei uns allzuviel sich
eingeschlichen, und in Hebung gekommen, auch daraus entstehet, was schon
oben angemerket, dass die Mannschaft nicht mehr von der Stelle zu bringen.
Obige Observationspuncten sind allen Regimentern zu ihrer Richtschnur
hinaus zu geben und darauf ganz nachdrucksam zu halten, auch falls ein
oder anderes noch hierinnen enthaltenes eine mehrere Erläuterung bedärfete,
oder etwas gar nicht mit einbegriffen worden wäre, wie alles und jedes ohn-
möglich zu exp rinderen, bei des Herren General-Feldzeugmeister Excellenz
nur dessen ohne weiters anzufragen und in allem übrigem, so nicht exprimieret
ist, an die alten guten Gebräuche sich halten.
Neisse, den 10. Juli 1741.
Thüuge n,
üeneral-Feld-Zeugmeister.
679
LIV.
Dienstbarer Stand
1 des Neipperg'schen Corps d'Armee mit Ende Juli 1741
Infanterie:
Fr. Lothringen 3 Bat., Carl Lothringen 2 Bat.,
Alt-Daun 3 Bat., Max Starhemberg 2 Bat., Harrach j)ev dienst-
2 Bat, Schmettau 3 Bat., O'Gilvy 2 Bat., Thüngen bare Stand
2 Bat., Wurmbrand 2 Bat., Leop. Daun 3 Bat., fler gß Bat.
Botta 2 Bat., Baden-Baden 3 Bat., Browne 2 Bat., bestand in .
Grünne 3 Bat., Kolowrat 2 Bat.
NB. Jedes Regiment hatte 2 Grenadier-Compagnien
exclusive O'Gilvy und Grünne, von welchen
beiden nur 1 Compagnie per Regiment vor-
handen waren.
Ein jedes Bataillon war mit 5 Proviant-
und 1 Zelterwagen versehen.
Cürassiere und Dragoner:
Der
Seherr-, Cordova-, Lanthieri-, Hohenzollem-,
Podstatzky-, Hohenems-, Diemar-, Birkenfeld -
Cürassiere ; Aithann-, Liechtenstein-, Batthyänyi-,
Römer-, D'Ollone-, Württemberg-Dragoner.
-1)
Mann Pferden
12167
bare
der
Ein jedes dieser Regimenter war mit 6 Pro-
viantwagen versehen.
Husaren:
Csäky, Desewffy, Ghilänyi, Pestvärmegyei,
Splenyi, Kärolyi.
Ein jedes dieser Regimenter war mit 5 Pro-
viantwägen versehen.
National-Husaren
Beleznay, Peter Haläsz, Kumanier und |
Stephan Eszterhäzy.
Ein jedes der National-Husaren-Regimenter
war mit 4 Proviantwagen versehen.
Vier Bataillone Warasdiner Generalats-
Truppen, jedes Bataillon zu 5 Compagnien ä 150
Köpfe, lrievon dienstbar
Nebst diesen war auch das Trenck'sche Corps,
so in 4 Compagnien abgetheilt und beiläufig 1000
Köpfe stark war .
dienst-
Stand
Cüras-
siere und
Dragoner be-
stand in . .
8059 8059
Der dienst-
bare Stand
der Husaren
bestand in .
Der Stand
der Natio-
nal-Husaren
bestand in .
3374 3374
2029 2029
1928
1000
Summa des ganzen Standes
28557 13462
]) K. A., Br o w n e'sches Manuscript.
680
LV.
Marschordnung.
(Aus Befehlig Sr. Excellenz Herrn General-Feldmarschall).
lmo- Morgen geliebet es Gott als den 1"" August bricht die Armee aus
ihrem bisherigen Lager bei Bielau auf und marschieret links ab in 2 Colonnen.
2tw- Das fordere Treffen marschieret über die bei der Papier-Mühle neu
geschlagenen 2,eu Brücken, unterhalb von der an der Bielau über die unteren
Pontons gerade auf den Damm nach Grünau, von da auf die grosse Strasse
nach Blumenthal und so weiter auf der nehmlichen grossen Strasse nach
Backa, von da über den Damm in's Lager zwischen Kaikau und Brunschwitz.
3tn- Das 2te Treffen marschieret gleichfalls über die neue Brücke und
nächst an der Papier-Mühle, von da über die oberen Pontons und wendet sich
nach Passierung jetzt gedachter Pontons-Brücken, links gegen das Wirths-
haus an der Bielau, bei selbten vorbei durch den Wüsten-Teich über die Höhe
bei Mora vorbei, welches Dorf linkerhand bleibet und kommt allda in die
Strasse bei Kepperneck vorbei, welches Dorf wieder links bleibet, von da
gerade auf Dannenberg durch das Dorf, darauf gleich rechts über die Höhe
hinauf in den AVald auf die Heyd-Brücken. von da durch den neuen Weg
an das aus Weidenau kommende AVasser, über die zwei rechter Hand der
Müh! neu verferttigten Brücken und von da, in's Lager.
P°- Zu mehrerer Sicherheit des Marsches soll der Feldmarschall-Lieutenant
Baron von Preysi n g, an welchen der linke Flügel beider Treffen angewiesen
alsogleich und noch heut einen Officier und etwelche Mann von jedweden
Treffen vorausschicken, um die Eoute, welche jedes Treffen zu nehmen hat,
wohl zu recognoscieren. zu bereiten ivnd ihnen darüber zu rapportieren, auch
eben dieser zu Einleitung des Marsches und Führung der Colonnen sich zu
gebrauchen, massen sich auf die Boten nicht allemahl mit Yerlässigkeit zu
verlassen ist, zu noch mehrerer Verlässigkeit aber kann obgedachter General-
Feldmarschall-Lieutenant Baron von P r e y s i n g des weiteren Althannischen
Drao-oner-Remments Obristlieutenant von botkern sich belehren.
5'°- Und zumahlen der General-Feldwachtmeister Baron von L e n t u 1 u s
zu Auswechslung der Gefangenen nach Grottkau conimandieret, einfolglich
andurch der linke Flügel des hinteren Treffens ohne General-Feldwachtmeister
ist. so soll an dessen Statt und insolang derselbe abwesend sein möchte, von
denen beiden im lteu Treffen linken Flügels einer alldahin unterdessen gesetzt
werden.
681
*>'"• Der General-Feldzeugmeister wird alsogleich von Stund an, von der
gesammten Infanterie 2 Hauptleute, 2 Officiers mit 120 Mann und dazu ge-
hörigen Untorofficiers, auch 30 Zimmerleut beordern, die sich in zwei gleiche
Theile abtheilen und die Wege, Brücken und dergleichen in beiden
obbeschriebenen Routen reparieren, nach beschehener Arbeit aber in das neue
Lager zu ihren Regimentern einrücken, sollen. Alle diese commandierten sollen
mit Schaufeln und Krampen versehen sein, die sie von ihren Regimentern zu
nehmen und da allhin nach verrichteter Arbeit wieder ordentlich zurück zu
liefern, wofür die Regimenter zu repondieren haben. Nicht minder auch die
Bauern, so diesen commandierten zu sothaner Arbeit mitgegeben und bei dem
Max Starhemberger Regiment zusammen kommen und zu finden sind, all-
dorten auch von obgedachten Hauptleuten abgeholet und abgenommen werden,
sobald die Arbeit vorbei, sind jetztgedachte Bauern auch wieder zu entlassen.
7to- Die neue Feldwache kommt zu Scharwachts-Zeit vor dem Liechten-
steinischen Dragoner-Regiment auf den linken Flügel vordem Treffen zu-
sammen, bestehend in einem Obristwachtmeister, behöi-igen Ober- und Unter -
officiers und 260 deutschen Pferden, item in 2 Lieutenants und 60 Husaren.
8vo- Von dieser neuen Feldwache wird 1 Rittmeister, 1 Officier und
60 deutsche Pferde, item 1 Lieutenant mit 20 Husaren hinweg und nach
Kaikau zur Heuwacht detachieret, woselbst selbe alle gute Obsorge zu tragen
haben, womit die Austheilung des Heues, in gehöriger Ordnung vor sich gehe
und davon nichts verzogen, entwendet oder verdorben werde, hauptsächlich
aber, damit von denen, so Heu zu empfangen haben, gewaltthätiger Weise
nichts abgenommen werde, sondern mit dem, so ihnen gebühret sich befriedigen,
widrigens diejenigen, so Gewalt ausüben wollten, um zu verdienter Bestrafung
gezogen werden zu können, beim Kopf zu nehmen.
(.)"°- Bei obgenanntemLiechtensteinischem Dragoner-Regimentkommen auch
um besagte Scharwachts-Zeit zusammen, der Hauptmann Stande nb rück
des Brownischen Regiments, die Regiments- Quartiermeister, Föuriers, Fourier-
schütz und alles was zum Lager ausstecken gehöret. Diese marschieren von
dannen sobald sie beisammen und ohne Verweilung geschehen muss in der
Route des lteu Treffens mit der neuen Feldwache gerad nach Kaikau, um da-
selbst das Lager nach der neuen Ordre de bataille an denjenigen Ort aus-
zustecken, so des Althannischen Dragoner-Regiments Obristlieutenant von
Rothern hierzu auszeigen wird und sollen die Regiments-Quartiermeister
oder diejenigen Officiers, so zum Lager Ausstecken abgeordnet werden, all-
forderist darauf sorgen, dass sie denen Regimentern, wovon sie sind, zeitlich
jemand Ausrichtsamen entgegen schicken, derselbe gerad an das Ort ihres
Lagers zu führen wisse.
10m"- Ficatour wird geschlagen und Bouteselle geblasen praeciese um
3 Uhr frühe, hierzu wird angefangen bei dem Liechtensteinischen Dragoner-
Regiment, wonach sich alle übrigen Regimenter zu richten haben.
llto- Rast und zu Pferd um 5 Uhr früh praeciese und wird gleichfalls
hiezu bei dem Lichtensteinischen Regiment der Anfang gemacht,
12"- Auf dieses rücket der rechte Flügel, der Cavallerie ltes Treffen
gleich aus seinem Lager, marschieret gegen den linken Flügel vor der Front
der Infanterie vorbei, um sich an die Cavallerie dos linken Flügels anzu-
schliessen, dergestalten dass das Hohenemsische Regiment unmittelbar auf
das Diemarische folget.
682
13ts- Diesem rechten Flügel der Cavallerie folget die Infanterie des
lten Treffens wie sie stehet, also zwar, dass das Max Starhembergische Regi-
ment alsogleich auf das Althannische kommt.
14to- Sobald nun beide Flügel von der Cavallerie ä portee sich an ein-
ander anschliessen zu können sind, so setzet man den Marsch obbesagter
Massen sogleich mit dieser Colonne fort, worauf auch die Infanterie des
l,en Treffens wie bereits erwehnet folget.
15'" Mit dem hinteren Treffen hat es eine gleiche Bewantnus, nämlich
dass der rechte Fiügel der Cavallerie sich dem linken unmittelbar anzuschliessen
habe, also zwar, dass das Lanthiei'i'sche Regiment sogleich auf das Pot-
statzkische folge.
16' • Das Corps de reserve, so dermalen aus deutscher Cavallerie in denen
Birkenfeld und Batthvänyischen Regimenter bestehet, rücket sogleich auf das
zu Pferd blasen aus ihrem Lager, damit lte,,s nämlich das Birken t'eldische sich
imediate an das D'Ollonische anschliessen und marschieren zu dem Ende und
um allen embarras zu vermeyden zwischen ihrer Front und dem hinteren Treffen.
17t0- Alle Husaren-Regimenter marschieren sogleich als zu Pferd ge-
blasen aus ihren Lager und setzen sich vor dem Röinerischen Dragoner-
Regiment, vor welcbem und dem ganzen hinteren Treffen, sie die Avant-
garde haben.
18'"- Die Croaten folgen imediate nach der Rast, dem Batthvänyischen
Regiment und marschieren demnach vor Harrach.
r.)"- Und sobald beide Flügel der Cavallerie hinteren Treffens und Corps
de reserve mit einschluss der Husaren und Croaten nach obiger Anordnung
ni Marsch gesetzet, so setzet man selbig obgedachtermassen sogleich fort,
worauf sodann angeschlossener an die Croaten das Harrachische und dem, die
übrigen Infanterie-Regimenter des 2lcn Treffens imediate folgen.
20'"- Die bei denen Brigaden eingetheilten Stuck bleiben und marschieren
mit selbiger mit der Beobachtung jedoch wie es bereits um sich soviel es
thunlich seitwärts der Infanterie zu halten, in denen Puncten heraus ge-
geben worden.
21'" Auf die Infanterie des lten Treffens und zwar, auf das Franz
Lothringen-Regiment folget die reserve Artillerie, mit ihrer Zugehörung.
22'"- Hierauf meine Bagage und des Generalstabs, wann sie da wäre,
wo aber nicht, darauf keinerdings zu warten, sodann die Bagage des Generals
der Cavallerie und Geueial-Feldzeugmeisters, auf solche aller übrigen Generale
des lten Treffens nach ihrem Rang und wie sie nach der Ordre de Bataille
dermalen stehen, wie die ihm, General- Wagenmeister belieferende Liste es
zeiget, hierauf die Bagage der Regimenter des lten Treffens nach der Ordnung
wie sie bei Bielau im Lager gestanden mit der Erinnerung, dass wo ein oder
andere Bagage nicht sogleich an der Stelle wäre, um in ihren Rang und
Ordnung einzutreten, auf selbige keinerdings zu warten und der Zug auf-
zuhalten sei.
23l°- Die Bagage der Herren Generale des 2,en Treffens und Corps de
reserve, ingleichen die von denen Regimentern dieses 2ten Treffens und des
Corps de reserve von Infanterie, Cavallerie, Husaren und Croaten haltet die
Route des 2ten Treffens und folgen imediate dem Alt Daunischen Infanterie-
Regiment auf die nämliche Art wie gleich liier oben bei den lten Treffen
erwehnet.
683
2-1''' Die, so reitende Bagage haben, können solche mit oder bei den
Regimentern marschieren lassen, jedoch dergestalten, dass dabei dasjenige
observien-t wird, so in denen der Cavallerie und Infanterie hinaus gegebenen
Puncten hievon enthalten, welches sich auch auf die Fleischhacker mit ihrem
Vieh um zeitlich an Ort und Stelle zu sein mit ausschluss jedoch deren
Marquedenter was davon nicht reitend wäre, verstehet alle fahrende Bagage
hingegen in was solche immer bestehen möge, ohne Unterschied soll bei der
fahrenden, wie gleich hier oben gemeldet, verbleiben.
25'' Nicht minder sollen auch alle Weiber bei der Bagage bleiben und
keinesdings denen Truppen auch nicht voraus, wie sie es sonsten in der Ge-
wohnheit haben.
26'"- Der General-Wagenmeister soll alle möglichste Obsorge tragen,
dass alle Bagagen in ihrer behörigen Ordnung wie oben bereits enthalten
und die ihm schriftlich hinaus gebende Ordnung noch weiters belehren wird
bleiben, alle Begiments-AVagenmeister und übrige, so über die Bagage die
Inspektion haben, sind an ihn angewiesen und soll sich keiner derenselben bei
schwerer Verantwortung und Strafe ihm in einig Stück widersetzen.
27to- Die Truppen marschieren so breit, als es immer möglich und die
Strassen, Wege und Defileen es zulassen.
28tlJ- Alle Trupj en, Bagage und wer es sonsten immer sein mag, sollen
sich in der geraden und vorgeschriebenen Strassen halten und keine Abwege
suchen, oder ausserhalb sich linden lassen, damit die Getreide und andere
Feld-Früchte auch all sonstiges Angebautes unbeschädigt bleibe und nicht
verdorben wird, der Stabs-Profos soll hierauf nach habendem Befehl genaue
Obacht halten und allenfalls die Uebertreter bei Kopf nehmen lassen, auch
selbige bei Einrückung in's neue Lager anzeigen, um solche nach gestalt
ihres Verbrechens zur gebührenden Strafe ziehen lassen zu können.
29'° Dessgleichen soll man auch nach beschehener Einrückimg in's Lager,
alle angebauten Felder verschonen und dein Landmann nicht Schaden zufügen,
an forderist auch keine absonderlich Strassen machen, sondern die getriebene
halten und sich selbiger bedienen, allermassen der Stabs-Profos hierauf, wie
in gleich vorherstehenden Puncten genau invigilieren und die Uebertreter
zur gemessenen Bestrafung alsogleich namhaft machen wird.
30'"- Alle Excessen, und alle Blünderungen wie es immer Namen haben
mag ist sowohl währendten Marschieren, als nach Einrückung in's Lager und
sonsten überhaupt bei Leib und Lebensstrafe verboten und hat der Stabs-
Profos hierauf absonderlich zu sehen, die Betretenden sogleich bei Kopf zu
nehmen und zu arredieren, alsdann aber davon die Anzeige zu thun, womit
derlei Uebertreter am Leib oder Leben unnachlässig abgestrafet werden könne.
31tn- Es soll auch niemand während des Marsches in einige Dörfer sich
aufhalten, oder in einigen Häusern oder Scheuern bei schärfester Verant-
wortung sich finden lassen, wo ihm nicht die höchste Notwendigkeit ver-
anlassete, ingleichen ist alles Auslaufen, wann man einmal im Lager ein-
gerücket gemess und bei ebenfalsiger Strafe verboten, worunter, das t'oura-
gieren als eine unerlaubte Sache mitbegriffen, davon jedoch das Winterheu
allein auf denen nechst an das Lager anstossendon und gelegenen Wiesen
in gleichen um Holz und Wasser zu gehen ausgenommen und erlaubet ist.
32t0- Gleich nach Einrückung in's Lager, sollen die samentlichen Truppen
zu Kaikau, wo ein Magazin sein wird und rauhe Fourage auf lne" Tag wie
684
allliier im Lager bisher geschehen sich melden und solche zu empfangen, die
Uebrigen selbige wie nichts versehe mit Brod und Hartfutter auf 4 Tage,
also bis incl. 4ten August verpfleget sein werden.
33to- Und damit sothane rauhe Fourage mit so besserer Ordnung em-
pfangen werde und dabei keine Gewaltthätigkeit oder sonst etwas dergleichen
ungebührliches, oder Excess vorbeigehen, so hatt ein jedwedes Regiment, es
sei von Infanterie, teutscher Cavallerie, Husaren oder anderen, ein Ofricier
zur Führung der Leute beizugeben und ihine alles dieses wohl einzubinden,
massen derselbe vor alles Widrige, so geschehen möchte zu repondieren hat,
gleichwie denn auch der bei dieser Heuabgabe befündl. Wacht, wie oben
erwehnet ; nbefohlen wird, hierauf gute Obsorge zu tragen und die allenfalls
Gewalt ausübende um zur gebührenden Strafe gezogen zu werden bei Kopf
zu nehmen.
3410- Das alte und verlassene Lager soll keinerdings und bei Strafe des-
jenigen, so hierauf betreten würde, angezündet, sondern das, so füglich nicht
mit zu nehmen in statu quo zurückgelassen werden, worauf die alte Feld-
wache die incl. des Commandos, so in der Mährengasse stehet, den ganzen
Marsch schliesset, besonders attent zu sein hat.
35to- Die Pontons-Brücken sollen alsogleich wann alles von Truppen
und Bagagen bis auf den letzten Mann der Armee darüber abgebrochen
werden und der Armee in's neue Lager folgen, auch an ihr behöriges Ort,
nämlich zu der Reserve-Artillerie einrücken.
36to- Das ganze Commando zu Piliz gehet ab und marschieret der
Armee nach.
37to- Wie die Regimenter gegen das neue Lager sich annähern, soll
mann selbige, falls inzwischen nichts anderweites von mir kommete, ohne
weiters einrücken und selbiges beziehen lassen.
38to- Das Hauptquartier wird sein zu Kaikau, allwo die Parola und
weitere Befehle morgen zwischen 4 et 5 Uhr abends ausgegeben werden,
wobei demnach zu erscheinen.
39' "• Zur Zeigung des Feldquartieres, ist der Fähnrich Koschenber
bestellet, an welchen sich alle und jeder, die es betrifft zu adressieren haben
und falls in jetzt besagtem Kaikau hierzu der erforderliche Raum nicht wäre,
so werden die nächst an dem Lager liegenden Dörfer hierzu beigezogen
werden können.
40to- Um die gehörigen Boten solle sich sowohl Infanterie, als Cavallerie,
Artillerie und Bagage bei gleich hier oben bemeldtem Fähnrich Koschenber
anmelden.
41t0- Und damit sich über obige Befehls-Puncten niemand mit der Un-
wissenheit entschuldigen könne, so solle dieses von Wort zu Wort an ihre
Behörden hinaus gegeben und kund gemachet werden, auf dass der Erstere
bis zum Letzten hievon die auslängliche Wissenschaft habe, worunter der
gemeine Mann alle unter dieser Armee befindlichen Nationen : als Deutsche,
Husaren, Croaten mitbegriffen und wo über ein und anderes ein Anstand
und solchen noch einige Expirationen nöthig wären, kann man mich darum
befragen.
42to- Der bevorhergehende 22te Punct, wird in dem abgeändert, dass
auf die Reserve- Artillerie meine der Feld- Kriegs Expedition und des Feld-Post
amts, darauf aber des Generals der Cavallerie und Feldzeugmeisters und nach
685
solcher vom Commisariat anfanget, die übrige Bagage des kleinen General-
stabes und so weiter nach der dem General -Wagenmeister herausgegebenen
Liste folge.
43t0\Der Fähnrich Koschenber, so die Quartiers vor dem grossen
Stab hatte auszeigen sollen ist erkranket, wird also bei der Parola noch aus-
gemacht werden müssen, wer zu dieser Verrichtung tauglich erfunden und
alsdann darzu angestellet werden dürfte.
Neisse, den 31te" Juli 1741.
Thüngen
General-Feldzeugmeister.
686
LVI.
Ordre de bataille
der königl. ung.-böhm. Armee bei Tarnau den 28. August 1741. ')
FZM. Hohenems
FML. Linden
Feldmarschall Graf N e i p p e r g.
FZM. Tliüngen
FML. Browne FML. Daun
GM. Frankenberg
GM.
Pallant
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GM. Birkenfeld GM. Eoth GM. D'Ollone GM. Festetics,
GM. Baranyay
GM. Locatelli GM. Marschall GM. Dickweiler GM. Ghilanyi
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Croaten
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General-Major L e n t u 1 u s.
Artillerie.
Pontons
Oberstwachtmeister Trenck's Panduren
Croaten
Birken i'eld
' ' K. A.. Browne'sckes Manusoript.
687
LVII.
Patent. v)
P. P.
Durch dieses offene Patent wirdet Jedermänniglich, Insonderheit aber
denen hiesigen Landes Inwohnern und getreuen unterthanen Ihrer zu Hun-
garn und Böheimb Königlichen Mayestät unserer Allergo ädigsten Frauen kund
und zu wissen gethann, welchergestalten beschlossen worden, von nun an für
einen jeden Deserteur Allerhöchst deroselben Trouppen, denenjenigen, so
solchen aufbringen und allhier, oder wo sonsten von zeit zu zeit das Haubt-
quartier dieses Kriegs-Corpo sich befinden möchte, richtig einliefern werden,
drey Species-Ducaten dergestalten ohnmangelbar bezahlen zu lassen, dass
hiran dasjenige Regiment, worunter ein solcher Deserteur gehörig, zwey
Ducaten, den dritten hingegen die Königliche Feld Kriegscassa sogleich bey
der überliferung ohnanständig zu erlegen, und denen Einbringern zuzu-
stellen habe ;
Sye Landes Inwohner und getreuen unterthanen wollen dahero zu be-
kräfftigung ihrer vor Allerhöchstgedacht königlichen Mayestät ihrer Aller-
gnädigsten Erblandes fürstin und Frau hegenden wahren Treue und Ergeben-
heit auf alle derley Deserteurs ein obachtsames äuge führen, selbiger allen-
falls sich bemächtigen, und jener Behörde, wie vorgedacht einliefern, dagegen
aber versichert seyn, dass ihnen obausgeworffene drey Species-Ducaten für
jeden Kopf auf anmelden ohne Anstand abgereicht werden solle.
Da aber hiernächst auch vorkommet, wassmassen ein so anderer Landes-
Inwohner, unterthanen und andere sich dahin eingelassen, mit denen Deser-
teurs die Kleyder zu verwechseln, selbige von ihnen zu erkauffen, oder auf
andere art an sich zu bringen und sich darin zu kleyden wordurch sye ganz
unkenntlich gemacht, und von denen Soldaten und Deserteurs sehr schwähr,
oder gar nicht unterschieden werden können, einfolglich auch zu allerhand
Ungleichheiten anlass gegeben, und zu unterschleiffen und Vertuschungen der
Weg gebahnet, Ja gar die Desertion befördert wird; Als wirdet zu gleicher
Zeit durch dieses offene Patent allen und jeden Landes Inwohnern, unter-
thanen und anderen mit allem Ernst und gemessenem Nachdruckh untersaget,
von nun an mit denen Deserteurs die Kleyder keineswegs mehr zu ver-
wechseln, selbige von ihnen zu erkauffen, oder auf andere art an sich zu
bringen, noch auch überhaupt darin sich zu Kleyden, und in solchen sich be-
treffen zu lassen, allermassen darbey in Soldaten-Kleydern betrettene Landes-
inwohner, unterthanen und andere von nun an alss wirkliche Deserteur--
angesehen, beym Kopf genohmen, und mit denen unseren ausreissern ge-
widmeten Straffen ohnnachlässig beleget werden sollen, worfür sich also ein
jeder von Selbsten zu hütteil und zu verwahren wissen wird.
Neisse, den 5. July 17-11,
!) K. A., A. A., Ne ip p er g; 1741, 29— Ü5.
688
LVIII.
Erinnerungen. v)
Für den Heim General-Feld Wachtmeister Baron von L e n t u 1 u s, um
hierüber Ihrer königl. Majestät sowohl, als des Herzogens v. Lothringen,
und Grossherzogens zu Toscana königl. Hoheit den allerunterthänigst- und
unterthänigsten Vortrag mündlich machen zu können, zuuialen denselben eben
von darummen. und zu einem Zeugen der Königl. Worten zu der den 9. dieses
mit dem König von Preussen zu Klein-Schnellendorf in Gegenwart des
Königl. Grossbritanischen Gevollmächtigten Ministers an dem Königl. Preuss.
Hof Mylord Grafens von Hyn.dford gepflogenen Unterredung mit mir ge-
nommen und das darbei vorgefallene ad notam zu nehmen, und der Verlauf
desto ausführlicher zu ob Allerhöchst gedachter Königl. Majestät und Königl.
Hoheit Allergnädigst und Gnädigster Wissenschaft zu bringen, und zwar :
1. und gleich aufanglich hat sich der König von Preussen wegen der
Stadt Neisse weitläufig und mit einiger Hitzigkeit herausgelassen, welches ihm
Herrn Baron von Lentulus ohnehin durchgehends bekannt und dann anhero
von selbst darüber die beste Auskunft zu geben vermag.
2. Machte der König bei Lesung des Tags zuvor dem Obersten von
Goltz belieferten deutschen Vortrag von unseren Alliierten Erwähnung und
fragte, wer denn selbige seien, ihm wären ausser England und Hannover
keine bewusst.
3. Versicherte er seine Neigung, die er vor ihrer Königl. Maj. und den
Grossherzogen hegete, und welches eben der Anlass sei, warum er mit den-
selben sich zu setzen und künftig in gutem Vernehmen und Freundschaft zu
stehen verlangete ; die Hauptursach aber dürfte wohl von daher rühren, dass
er lieber Ihrer Königl. Majestät als andere Acquierenten, die ihm vielleicht zu
gefährlich scheinen und er sich eines Anspruches seinerzeit auf das was er in
Schlesien occupieit von ihnen besorget, dieser Enden zum Nachbar haben möchte.
4. So viel man spüren und abnehmen können, will dieser Herr flattiert
und mit besonderer Art tractiert, auch nicht contradiciert sein und auf diese
Weise dürfte von ihm vielleicht was erhalten werden können, daher glaubte
ich nicht unverträglich zu sein, so man demselben in Zukunft und in so lang
man ihn nicht mit Uebermacht zur Raison zu bringen vermag, mit aller guten
Art und Manier begegnete.
!) K. A., Original. Dem Browne'schen Manuscript, 1741, Oest. Success. -Krieg, bei-
gebunden.
6 89
5. Erwähnte ex-, dass ihm seine Alliierten nebst ganz Unter-Schlesien
und der Stadt Neisse auch noch die Grafschaft Glatz und noch über das, so
ihm durch die Convention zufiele, einen guten Theil von Ober-Schlesien dies-
seits des Neisse-Flusses zu verschaffen und zu überlassen zugesaget. Den Ueber-
rest von Ober-Schlesien mit dem Markgrafthum Mähren und etwas von
Böhmen soll vermög des Partage-Tractats Sachsen einbekommen, Bayern hin-
gegen Böhmen, das Land ob der Enns, Tyrol und das Vorderöstex*reichische
mit Einbegriff derer in Schwaben liegenden österreichischen Ländereien; Frank-
reich wenigstens das Herzogthum Luxemburg und Italien solle unter Ver-
schiedene vertheilet werden.
6. Von dem mit Frankreich und Bayern geschlossenen Tractat machet
er kein Geheimniss, sondern sagt, dass es anmit seine Richtigkeit habe, man
spüret aber desswegen an ihm fast einige Reue und gibt zu erkennen, dass
er diese Allianz gerne auf gute Art und Gelegenheit los sein möchte.
7. Mit Sachsen, wie mir der Goltz allein gesagt, soll der Tractat von
ihm noch nicht unterzeichnet, jedoch hiezu in wenigen Tagen der angesetzte
Termin sein. Der König von Preussen trainierte sothane Unterzeichnung mit
Fleiss und der Vorwand hierinfalls soll dieser sein, dass er für einen Theil
seiner Truppen die Winter-Quartiere in Böhmen, gleichwie auch Bayern und
Sachsen für einen Theil der Ihrigen dahin übereingekommen, zu haben prae-
tendieret, wogegen aber Sachsen und die übrigen noch zur Zeit protestieren.
8. Zeiget er gegen Sachsen einen besonderen Pique ohne jedoch die
hierzu ihn bewegende Ursach zu berühren, nimmt auch darob Anlass, für
einen Theil seiner Truppen gegen darbietende Bezahlung die Winter- Quartiere
in Böhmen und zwar in der Nachbarschaft derer Sächsischen zu verlangen,
um dadurch Gelegenheit zu haben, sie zu chicannieren und endlich darob
Ursach zu finden, die Allianz zu brechen, zu welchem Ende derselbe einem
Generalen über sothane in Böhmen zu bequartierende Truppen das Commando
auftragen wollte, der sich auf die Chicanen verstünde und ihm hierinnen unter
lauter scheinbaren Freundschaftsbezeugungen jedoch, den verlangenden End-
zweck erreichen machte.
9. Thäte er Meldung, dass ihm des Grossherzogens Schreiben, welches
ich Tagszuvor dem Obersten von Goltz zu solchem Ende behändigte, durch
selbigen recht befiiessend worden sei, entschuldigte sich aber, dass ob er
gleich von Höchstgedachtem Grossherzogen ein wahrer Freund sei, für dieses-
mal gleichwohlen verschiedener Ursachen willen darauf nicht antworten könnte,
welches er jedoch unfehlbar zu tbun und dem Grossherzogen werkthätige
Merkmale von seiner wahren Freundschaft zu geben versicherte, sobald die
jetztmaligen Umstände seiner anderweitigen Verbindlichkeiten halber eine
andere Gestalt bekommen würden.
10. Beschweret er sich, dass man an dem wienerischen Hof so gar
wenig Menagement für ihn trage und zu erkennen gebe, dass dieser Hof nicht
verschwiegen sei, auch bereits von daraus an den Churfürsten von Maynz ge-
schrieben worden sein solle, dass man des Friedens mit ihm König von
Preussen fast so viel als versichert und somit der churbrandenburgischen
Wahlstimme auch gewiss sei, wodurch er bei seinen Alliierten in Verdacht
kommen und sich vor der Zeit Unheil und Unbeliebigkeit zuziehen könnte,
man derohalben daselbst seinetwegen mehrerer Menagements sich beileissen
möchte ; er declarierte hiebei, dass er zwar dem Grossherzogen hieri falls
Oesterreiehischer Erbfolgekrieg. IT. Bd. i"c
690
nicht entgegen sein wollte, doch aber sein vor Bayern in diesem Punct über-
nommenes Engagement noch zur Zeit ohne sich "Widrigkeiten zuzuziehen,
nicht zurücknehmen könnte. Man sollte aber trachten, die Chuvfürsten von
Maynz und Trier dahin zu verleiten, dass sie die Kaiserwahl in die Länge
hinaus verschieben, er seinesorts wollte selbige gewiss nicht pressieren und
unter solcher Zeit dürften sich vielleicht Mittel und Gelegenheiten hervorthun,
wodurch er sich seines diesfälligen Engagements entschlagen und dem Gross-
herzogen seine Freundschaft comprobieren könnte ; wohingegen aber hierauf,
wann man das mit ihm geschlossene puplique machte und nicht geheim hielte,
gar nicht zu rechnen und alles ungiltig sein solle, zumalen der König ver-
langet, dass die ganze Welt persuadiert sein solle, als ob der Krieg zwischen
ihm und uns noch, wie zuvor, fortgeführet würde.
Seit der letzten Beilag eines G o 1 1 z'schen Schreibens, so dem Hof ein-
geschicket, sind einige Tage nach einander zwischen dem Lord Hyndford
und dem Obersten von Goltz Briefe gewechselt worden, bis ich endlich nicht
weiter auszulangen gewusst und dahero das deutsche Project entworfen,
selbiges auch dem Obersten von Goltz bei einer übereingekommenen Zu-
sammenkunft, in Gegenwart des Lord Hyndford überantwortet, um es dem
König; zu beliefern: bei Anwesenheit des Königs aber, des Lord Hvndford
sein — des Generalen Baron von Lentulus, des Obersten von Goltz und
meiner, ist dasjenige behebet worden, so das französische — von dem Lord
Hyndford gefertigte Instrument enthaltet und von dem Obersten von Goltz,
mitgebracht, darinnen aber ein und anderes abgeändert worden.
12. Der König von Preussen hat auch verlanget, dass man zu Beför-
derung der Correspondenz, wann beide Höfe einander zuschrieben, oder durch
die beiden Grossbritannischen Gesandten schreiben liessen, vertraute Personen
bestellen solle ; Seinerseits hat der König von Preussen dem Marquis
von Varenn e, Oberstlieutenant des Truchsess'schen Regiments, welcher
nacher Jägerndorf mit der preussischen Garnison zu stehen kommen wird,
hiezu bestimmt und ich habe des Franz Lothringen'schen Regiments Oberst-
lieutenaut von Levrier, weü ihn zu dergleichen vor anderen geschickt zu
sein erachte und um das Commando zu Troppau zu führen, wohin ihn an-
stellen werde, dazu ausersehen und solchemnach Briefe, wie obgedacht
durch dieser beider Stabs - Officieren Adressen sicher befördert und
einander, wie sie darüber instruieret zu weiterer Spedierung zugeschicket
werden können, dera-estalten, dass alle Briefe von dem Wienerischen Hof und
Robinson an dem Preussischen Hof und Mylord H y n d f ö r d per Couvert
an obgesagten Levrier, die Preussischen an den Wiener'schen Hof und
Robinson lautenden Briefe hingegen eben per Couvert an den Vare n n e
zu adressieren sind.
13. Wie man des Marsches Avegen mit dem König von Preussen überein-
gekommen, zeiget die ungefähre Route, so ihme Herrn Generalen Baron
von Lentulus beliefere, woraus zu ersehen, dass den 16. dieses mit denen
Truppen zu Jägerndorf sein und sofort weiters über Troppau nacher Mähren
in zwei Colonnen mich ziehen, auch gegen Olmütz in kleinen Märschen so fort-
rücken werde, wo aber meines Wissens noch kein Magazin angeleget und über
einen oder zwei Tage mit dem, was vorhanden, nicht derfte subsistieren können.
11. Sonsten beliefern ihm Herrn Generalen Baron von Lentulus auch
zwei Abschriften von beiden letzteren mir eingelangten königl. Handschreiben
091
vom 2. und 4. dieses, welche um die Wahrheit zu bekennen, der darinnen
enthaltenen Subtilitäten willen und da die vorhergehende eine genaue Folg e
aufeinander waren, einigermassen mich embarrasiert und fast nach dem
nämlichen Style verfasset zu sein scheinen, so mir in vorigen Zeiten, die mir
das bekannte Unglück zugezogen, zu Händen gekommen. Ich habe bereits
genugsam zu erkennen gegeben, dass kein Minister bin und weder auf derlei
Negociationen, noch auch auf die feine Schreibart mich verstehe, derohalben
bitte, mich künftighin hiervon zu dispensieren und andere, die geschickter
hierzu, als ich zu erküsen ; dem englischen Minister Lord Hyndford habe
von dem Inhalt dieser beide Schreiben nicht einmal was zu sagen getrauet,
indeme besorget, dass wann er davon etwas wüsste, weilen er doch die
nämlichen Ordres, wie ich, empfangen, anstatt diese Sache componieren zu
helfen, seine Rückkehr nacher Breslau genommen, oder der ^ache nicht
weiters sich intressiert hätte.
15. Die Auslieferung des Baron Reise witz zu veranlassen aus denen
bekannten Ursachen.
16. Auf die Versehung Glatz' mit Vivres, wie schon bekannt, zu pres-
sieren ; und ob ich gleich gegen den alldortigen Commandanten Oberst-
lieutenant von Fontan ella nichts habe, so ist doch dexvselbe der deutschen
Schreiberei und der nämlichen Sprache, die man doch des Umgangs und
sonst Willen wissen sollte, nicht allerdings kundig und wäre derohalben des
Erachtens, dass man jetztgedachten Fontan ella etwann bei diesmaligen
Umständen nacher Wien, oder sonstwohin ziehen und dagegen den Oberst -
lieutenant von Schmidt, oder aber des Max Hessischen Regiments Oberst-
lieutenant von Stein alldahin setzen könnte.
17. Die miserabelsten Recruten aus Oesterreich, ausgenommen Harrach
um damit nun die Regimenter hierdurch nicht gar in Verfall gerathen und
aus derlei Recruten mehr Schaden als Nutzen haben, so ist auch dieses
anzubringen und auf bessere Recruten anzudringen, wann anders die
Königin aus ihrer Infanterie, die ohnedem matt ist, noch einigen Nutzen
haben will.
18. Und da auch vernehme, dass Seckendorff und übrige in Böhmen
liegende Regimenter jedes auf 3000 Köpfe gestellet worden, wo doch jetzt-
gedachtes Seckendorff'sches nur in 900 Köpfen stark aus dem Banat aus-
marschieret und somit dermalen auf die Art fast in lauter Recruten bestehet,
so kann nicht beiseits setzen, dieses vorstellig zu machen und vor dem hieraus
erwachsenden Schaden zu warnen ; besser wird es also sein, wenn man die
Uebermass derer Recruten diesen Regimentern wieder wegnehmete und
anderen nach Proportion zutheilete, wann änderst die Königin einigen
Dienst von so vielen Recruten haben will.
19. Die Cavallerie-Regimenter doch jedes wieder aiif 1000 Pferde zu
setzen, dann der dermalige Fuss von 800 gar nicht vorträglich, weil derlei
Regimenter, wann sie wieder in das Feld kommen, kaum auf 500 bis 600 Pferde
zu rechnen ; Gebricht es an Geld, zu Aufbringung der benöthigten Pferde,
so kann man ja von denen Ländern begehren, Mann und Pferde mit aller
Zugehör zu stellen, gleichwie es im Fall der Noth alle Potenziell thun.
20. Jtem die Husaren-Regimenter und selbige lieber auf 1000 bis 1500
Pferde zu setzen und desto weniger Regimenter zu halten, wodurch man
gleichwohl den Stab erspart.
44*
692
21. Und da nun auch alle Potenziell mit mehrerer Artillerie im Feld er-
scheinen, als voriger Zeiten bestehen, ich hingegen bei diesem Corpo nur bis
16 Stück habe, also ist auch auf mehrere Artillerie in's Feld anzutragen ; nicht
zwar allein auf Regiments-Stück, sondern auch auf etliche Falkaunen und
Viertel-Carthaunen oder 12-pfündige Stück, auch auf 4 oder wenigstens 2
kleine Mörser von 20 bis 30 Pfunden, womit man doch kleine Oerter, wann
man davor kommet, in der Eile einnehmen kann und nicht aus Mangel der
Artillerie liegen lassen und darum Hinderniss haben muss ; welche Artillerie
aber mit aller Zugehör zum fortbringen eine Vermehrung an Pferden erfordern,
wozu die Prälaten und Klöster, die hin und wieder Maierhöfe und starke
dauerhafte Pferde baben, bei jetzigen Zeiten concurieren könnten.
Auch ist auf eine grössere Anzahl Fuhrwesens-Wägen anzutragen, denn
unmöglich wäre, mit denen 250 "Wägen, so mir beihaben die Zufuhr des Brods
und übrig, sobald man von dem Hauptmagazin sich entfernet zu bestreiten,
wie es diesen Sommer erfahren und noch täglich Proben davon habe.
22. Es ist bekannt, dass monatlich zu Unterhaltung dieser Kriegs-Corpo
nur 300.000 fl. seit 1. Mai habe, welches nicht weiters als auf 5 Monate aus
Böhmen empfangen, dann auf den October, wie man mir von daraus schreibt,
fast keine Rechnung zu machen ; vor dem Winter ist auch noch 148.000 fl.
ungefähr ausständig und die Regimenter haben hin und wieder von vorigen
Zeiten namhafte Summen zu hoffen, die nicht eingehen, weil alle Gassen ge-
schlossen sind, ist also nöthig, das ausständige herbeizuschaffen und auf
weitere Versorgung zu denken, wann man änderst die Regimenter nicht Noth
leiden und in gänzlichen Verfall gerathen lassen will.
23. Eine gleiche Bewandnus hat es auch mit denen meisten derer
Herren Generalen, wovon sie mir nächstens Memoralien einreichen und ich
übersenden werde.
24. Auf die Magazine in Mähren oder wohin sonsten, um zu agieren
mit denen Truppen zu stehen kommen sollte, zu gedenken, wo aber nicht, zu
deren Verlegung anzutragen und selbige cantonnieren oder bequartieren zu
machen, wo es auch die feindlichen Umstände zuliessen, dann sonsten solche
wegen der annäherenden Kälte nicht würden bestehen können, auch falls sie
fouragieren müssen, sowohl der Landmann, als Soldat und Pferde zu Grund
gehen müssen.
25. Sich auch zu determinieren, dann die Truppen ohne Noth bei diesen
Zeiten campieren zu lassen, nichts als deren Ruin nach sich ziehen würde.
26. Die Slavonier sind alle davon gelaufen und war eine üble Com-
position, wider die Hilfe der Gemeinen ungefähr hätte nichts einzuwenden,
allein der Ueberrest und die Officiere sind nicht viel rares.
27. Gegen die Croaten habe ich nicht die geringste Klag, dennoch aber,
da ihre Capitulation nun anfanget zu Ende zu gehen, so besorge mich, dass
sie, wie die Slavonier, davon laufen und nach Haus ziehen derften, wie es
Anno 1735 in Italien auch geschehen.
28. Die Ursach, dass beide Hussaren-Regimenter Csäky und Pestvär-
meo-yei nicht ehender nach Böhmen zu dem Fürsten von Lobkowitz ab-
geschickt, rühret von daher, dass keine ganzen Corpi, bevor man mit dem
König von Preussen eins worden, abschicken wollen, um die Sache auf Er-
fahrung und wann er vermerkt hätte, das ganze Corpi defilieren zu lassen
anfano-ete, nicht beschwehrlicher zu machen. Und dieses ist eben auch das
693
Motivum dass die drei capitulierten hungarischen Regimenter mit denen Jazy-
giern und Kumaniern nicht ehender nacher Hungarn abziehen lassen, die jetzo
aber mit mir bis nacher Troppau nehme und von dorten weiters über die
Jablunka in Hungarn instradieren lasse ; Es hätten zwar solche gleich nach
Uebereinkommung mit dem König von Preussen und also schon mit drei
Tagen abgehen können, allein ich habe es nicht thun wollen, um wider die
Intention des Königs von Preussen nicht zu handeln, der dem Krieg noch
einen Schein geben will und durch meine überhaupt beschehende Retraite
wie er es selbst gesagt, dass ich kundmachen solle, mit dem ganzen Corpo'
par Ordre mich retirieren zu müssen wegen anderwärtigen Umständen, und
dass es nicht scheine, als ob mich seinetwegen znrückstehete, bestätigen möchte.
Die Tabelle vom vorigen Monat über die deutsche Infanterie, Cavallerie,
Artillerie und Croaten werden dem Herrn General Baron von Lentulus'
um solche seiner Behörde zu übergeben, zugestehet. Von denen Hussaren aber
habe selbige noch nicht zusammen bringen können, soll aber auch, sobald
möglich geschehen.
Dem Fürsten von Lobkowitz habe bereits vorläufig geschrieben, dass
mich mit dem Corpo zurückziehen werde, heut aber werde ihm das positiv,.
zu wissen thun, dass morgen von hier marschier, auch der Feind anheut mir
der Armee sich mo viert und ich nach und nach in Mähren mich zurückziehe
an denen Grenzen aber, wie auch in dem Glatzischen eine kleine Postierum-
hinterlasse ; von dem Geheimnus hingegen mache ihm wegen des Königs von
Preussen und demselben engagierter Parole keine Eröffnung. Der Herr General
Baron von Lentulus hat nicht zu vergessen zu berühren, wie sich der
König von Preussen deciariert hat, dass man gegen denen Bavern und Fran-
zosen agieren solle, auch gegen Sachsen wann letzteres sich ebenfalls gegen
die Königin erklären sollte.
Greis au unweit Neisse, den 13. October 1711.
Neipperg m. p.
694
LIX.
Vertrags-Proj ect,
entworfen vom FM. Grafen N e ip p e r g. *)
1. Werden S. M. dem König von Preussen freie Hände gelassen, die
Stadt Neisse zu occupieren, auf welche Art Allerhöchstderselbe werden wollen,
es sei mit Gewalt oder aber durch eine Bloquade, über welch' ein oder an-
deres sich einverstanden werden kann, wie es Allerhöchst gedachte S. k. M.
auf jetzt besagte oder noch auf andere Arten belieben werden. Solchenfalls aber
2. bedingt man sich dabei, dass bei Ueb ergäbe dieses Orts ein oder
andererweise, wie man sich hierüber einverstehen möchte, erstlich die Gar-
nison ihren freien Auszug haben und kein Mensch, er sei Soldat, Bedienter
oder anderer, wer es immer ist, aus den königl. ungarischen oder böhmischen
Diensten zu treten, angeleitet, viel weniger mit Gewalt dazu gezwungen
werden solle, wohl aber erwähnter Garnison zu ihrem Auszug und Fort-
kommen aller fördersamer Vorschub, es sei mit Vorspann oder sonsten,
o-eo-eben werden möge ; und dass zweitens die völlige Artillerie, was an
metallenen Stücken und Pöllern darin I. M. der Königin von Ungarn und
Böhmen verbleibe, auch die dazu erforderliche Vorspann au,s Schlesien, um
mit der ausziehenden Garnison von dannen abgeführt werden zu können,
unweigerlich verabfolgt werde.
3. "Wegen Ottmacbau, wann allenfalls mit der Armee aus diesem Lande
mich hinwegziehen sollte, stellt man S. k. M. von Preussen zu eigenem Aller-
höchstem Belieben, ob ich selbigen Ort gleich evacuieren und die Garnison
von dort herausziehen solle, oder ob Allerhöchstderselbe diesen Ort auch mit
Gewalt oder durch Bloquade an sich bringen wolle.
Es sei aber dieser beider letzteren Fällen auf eine oder andere Art, so
bedingt man sich der Garnison willen ihres freien Auszugs und sonsten das-
jenige aus, so oben bei der Garnison der Stadt Neisse angemerkt und aus-
bedungen wird.
4. Bedingt man sich auch aus, dass in Ansehung der Magazins, so
ausserhalb Neisse und Octmachau hin- und wieder zum Behuf dieser Armee
an dem Fuss der Gebirge und sonsten angelegt worden, etwa acht oder
zehn Tage verstattet werden, um selbige von dannen in Mähren oder in das
Glatzische, wohin man erachten wird, retirieren und zurückziehen zu können.
5. Der Cordon, der, um des Obdachs und Fourage allein daraus zu.
haben und zu gemessen, in dem I. k. M. zu Ungarn und Böhmen verbleibenden
i) H. H. u. St. A., Friedens-Acten, Fase. 23.
695
Ober-Schlesien, längstens bis Ende Aprilis 1742 veraccordierenden Quartieren,
wäre ungefähr zu ziehen von Kosel an und diesem Ort gleich, dies- und jen-
seits der Oder, von dannen Klein-Glogau, Neustadt, Ziegenhals, Weiden au,
bis auf AVartha, welches doch ein District von der Neisse an, um etliche
tausend Mann unterzubringen, wäre.
Dieser Vertrag beschiehet
6. hauptsächlich von darum, womit bei den Ungarn, die insgesammt
aufzusitzen und gegen die Bayern und Franzosen zu agieren sich anerboten,
keine Jalousie erweckt werde, welche unfehlbar sich äussern dürfte, wofern
in dem Teschen'schen, Troppauisch- und Jägerndorfischen derlei Quartiere ge-
nommen und sich somit zu sein an ihre Grenzen genähert würde.
Nichtsdestoweniger aber könnten
7. die auf obbesagte Art und in der angemerkten Gegend bequartierten
königl. preussischen Truppen bis an den Fuss des grossen Gebirges der
Gegend Weidenau, Ziegenhals, Neustadt, auch bis an die Oppova, diesseits der
Oder und jenseits Kosel gleich, diejenigen Districte hiervon ausgenommen,
so unmittelbar zu dem Markgrafenthum Mähren gehören, also Hotzenplotz,
Hennersdorf, Joachimsthal und übrige, Fourage ausschreiben, welches man
zwar den betreffenden Unterthanen nicht verwehren würde, jedoch aber der
gewissen Zuversicht lebete, es würden S. M. der König von Preussen dahin
gesinnt sein und darauf bestehen, dass unter diesen Winter- Quartieren selbst
schon angebotenermassen nichts als das Obdach, benebst der blossen Fourage,
k einer lings aber einige Contributionen, wie die, um Gelder einzuziehen, immer
Namen haben mögen, hierunter verstanden werden.
Nicht minder auch, dass die Unterthanen Ober-Schlesiens, in Betracht
selbige ohnehin bereits so Vieles schon erlitten, seinerzeit einmal einige Ver-
gütung auf die abliefernde Fourage erhielten. Ingleichen bedingt man sich
noch aus, dass man königl. preussischerseits in Ober-Schlesien keine Leute
zu Kriegsdiensten gewaltthätigerweise obligieren und wegnehmen werde und
damit
8. S. k. Majestät von Preussen erkennen mögen, dass es von Seiten
I. k. M. zu Ungarn und Böhmen aufrichtig gemeint sei und man Allerhöchst-
deroselben keine Ombrage zu erwecken gedenke, so lasset man zu Alier-
gnädigst deroselben Belieben und Willkür, ob S. k. M. von Preussen nach
allen fallsiger Beangenehmung dieses Vertrags erachten, dass man gar nichts
thun oder aber den Krieg dem Schein nach mit Einfall einiger Husaren
fortführen solle, zumal die mährischen gegen Schlesien liegenden Grenzen
benebst der Stadt Troppau ohnehin nur pro forma und mit sehr weniger
Mannschaft an Infanterie und Cavallerie würden besetzt werden. Wogegen
von uns
9. lediglich nichts verlangt wird, als eine Versicherung, dass I. k. M.
von Preussen wTeder gegen meine Allergnädigste Königin, noch gegen den
König von England qua Churfürsten von Hannover, noch andere ihrer Allierten
agieren, noch auch aus ihren Ländern einige Contributionen zu ziehen Tor-
langen wollen und worauf, wann S. k. M. von Preussen es also beangenehmen
würden, alsobalden nach einverstandener Sache mit der Armee von hier ent-
weder tief nach Mähren, Böhmen, Oesterreich oder wohin sonsten der mir
diesfalls zukommende Befehl lauten möchte, mich zu ziehen und sofort
Schlesien verlassen würde. .
696
LX.
Memoire
vom 21. October 1711 für den englischen Gesandten Robinson.1)
Der Minister Seiner grossbritannischen Majestät, Herr von Robinson
ist ohne Zweifel von Mylord Grafen Hyndford von dem Acte in Kenntniss
gesetzt worden, welchen dieser am 9. d. M. in Folge der freundschaftlichen
Besprechungen in Klein-Schnellendorf aufgesetzt hat.
I. M. die Königin von Ungarn und Böhmen heisst Alles gut, was
diesem Acte gemäss in ihrem Namen erklärt wurde : das, was verhandelt
worden oder geschehen sein könnte, bevor sie davon Nachricht erhielt, könnte
daran (dem Acte) keinen Eintrag thun.
Die K ö n i g i n, ebenso wie ihr königlicher Gemahl werden beflissen sein,
mit S. M. dem Könige von Preussen die aufrichtigste Freundschaft und
das beste Einvernehmen zu pflegen, überzeugt, wie Sie es sind, von der
vollständigen Erwiderung seinerseits. Sie sind selbst bereit, die Bande einer
engeren Verbindung mit diesem Fürsten zu schliessen, zum öffentlichen Wohle
des Reiches und von ganz Europa. Sowohl sie, als die kleine Zahl der Per-
sonen, denen der Inhalt des Actes des Lord Grafen Hyndford an-
vertraut wurde, werden darüber, so lange es als nothwendig erachtet wird,
ein unverletzliches Geheimniss bewahren. Nichts wird ihrerseits darüber laut
werden. Aber man kann nicht umhin zu bemerken, dass das Gerücht von der
Aussöhnung sich noch vor Ankunft des Bi\ Lentulus im Publicum ver-
breitet hat. Nachdem die Leute nach den äusseren Erscheinungen urtheilen,
obwohl sie über den Grund der Angelegenheiten nicht im Gerringsten unter-
richtet sind, so geschieht es oft, dass sie durch Vermuthungen eirathen, was
man Sorge trägt, ihnen zu verbergen.
Die Freilassung des Barons Reise witz und des Grafen Arco,
die Räumung von Ottmachau, die dem Commandanten von Neisse ertheilten
Befehle, der Rückzug der Armee der Königin und mehrere andere Um-
stände konnten nicht ermangeln, diese Vermuthungen hervorzurufen.
Aber man gibt sich alle mögliche Mühe, um sie zu zerstreuen und
S. M. von Preussen kann, wie hier oben gesagt, darauf rechnen, dass das
unverletzlichste Geheimniss von Jenen bewahrt werden wird, welche im
Amte sind.
*) H. H. u. St. A., England Z. 83. 1711. (Original französisch.)
697
Da der fragliche Act nur Präliuiinar-Artikel enthält, so unterließt es
keinem Zweifel, dass jene, von denen darin keine Erwähnung geschieht und
auf welchen die Königin nichtsdestoweniger immer bestanden hat. durch
den endgiltigen Friedens-Tractat gesichert werden. Diese Artikel sind: Die
Erhaltung der katholischen Eeligion, die pro rata-Entlastung von den auf
ganz Schlesien haftenden Schulden und eine allgemeine und gegenseitige
Amnestie zu Gunsten der Privaten, welche bisher einer oder der anderen
Partei anhänglich waren.
Dieser Artikel bedarf jetzt schon der Erläuterung, nachdem S. M. der
König von Preussen vor seiner Aussöhnung mit der Königin sehr strenge
Avocatorien gegen alle Jene verlautbaren liess, welche Güter in Nieder-
Scbiesien besitzen und in ihrem (der Königin) Dienste weiter verbleiben.
Der hiefür vorgeschriebene Termin geht zu Ende. Und da das unverletzlichste
Geheinmiss bewahrt werden soll, so ist der Wiener Hof nicht in der Lage
ihnen Andeutungen zu machen, welche den vereinbarten Artikeln entsprechen.
Uebrigens können die vorgenannten Avocatorien nicht platzgreifen, ohne die
Freundschaft zu verletzen, welche man soeben wieder hergestellt hat. Eine
sehr grosse Anzahl von Personen befinden sich in der Lage, Güter nicht nur
in Nieder-Schlesien, sondern auch noch anderwärts zu besitzen. Es ist gerecht,
dass diese Personen, sobald der Friede einmal verlautbart sein wird, ihre
Unterwerfung dem Könige von Preussen für ihre unter seiner Oberhoheit be-
findlichen Güter bezeugen, wofern sie es nicht vorziehen, dieselben innerhall,
einer zu bestimmenden Frist zu verkaufen. Aber nach den in ähnlichen Fällen
gebräuchlichen Pegeln könnte man nicht mehr verlangen. Es handelt sich
also die Ausführung der genannten Avocatorien unter der Hand jetzt schon
aufzuheben und in den endgiltigen Friedens-Tractat ungefähr einen solchen
Artikel einzufügen, wie er ehedem von Seite des Wiener Hofes entworfen
wurde. Der Billigkeitssinn S. preuss. M. und seine hohe Einsicht lassen keinen
Zweifei zu, dass er einer Forderung nicht willfahren werde, welche auf einem
in ähnlichen Gelegenheiten stets beobachteten Gebrauch begründet ist ; da die
Amnestie eine nothwendige Folge des Friedens ist, welcher erneuert wird.
Se. königl. Hoheit der Grossherzog ist diesem Fürsten unendlich ver-
pflichtet für die Gesinnungen, welche er in Eücksicht auf ihn geäussert hat.
Sobald man Nachricht erhalten hat, dass der Einzug Sr. churf. D. von Maynz
am 21. d. M. in Frankfurt stattfinden soll, hat man sich alle Mühe gegeben-
um ihn verschieben zu lassen. Wenn das auch nicht gelänge, so blieben noch
genug sehr triftige Gründe übrig, um wenigstens die Wahl selbst aufzu-
schieben. Und es wird leicht sein, sich dabei in einer Weise zu benehmen,
um seinen wirklichen Zweck Jenen zu verbergen, welche sie überhasten
wollen. Wenn also Se. preuss. M. im Vereine mit Sr. grossbrit, M. als Chu;-
fürsten von Hannover unter der Hand dabei mitwirken wollen, so hat man
alle Aussicht, sich Erfolg zu sichern. Da aber der Hof von Wien ein unver-
letzliches Geheimniss über alles bewahren muss, was vereinbart wurde so
werden seine Vorstellungen, welche einzig auf das Gemeinwohl des Reiches
und auf die Notwendigkeit, dort vor allem die Ruhe herzustellen und die fremden
Truppen, die mit der Freiheit der Wahl unvereinbar sind, hinauszubringen, ge-
gründet wären, bei Ihrer churf. D. von Maynz und Trier nicht genügen, wofi
sie nicht von Ihren Majestäten von Grossbritannicii und Preussen sehr wirksam
unterstützt wären. Wenn man zu einem solchen Aufschub gelangt, so wird daraus
G!J8
ein anderer Vortheil erwacksen, welcher darin besteht, dass man das Unrecht
gut macht, welches man der Königin anzuthun im Begriffe steht, indem
man ihre Stimme ausschliesst. Se. grosshr. Majestät hat früher das unbestreit-
bare Recht anerkannt, welches sie hat, dieselbe auszuüben; ein Recht, welches
seitdem viel klarer und in seinem ganzen Zusammenhang durch die beiden
vom Baron Prandau in Frankfurt vertheilten Schriftstücke dargestellt
wurde. Man kann es also nur den Unfällen des Krieges zuschreiben, dass der
Herr von Broich sich den Gesandten der drei versammelten Churfürsten
angeschlossen hat, um die Ausübung derselben aufzuheben. Aber selbst aus
diesem Grunde schmeichelt man sich mit Recht, dass, weil der Friede schon
hergestellt ist, wenn auch im Geheimen, die Königin der Wirkungen nicht
beraubt weiden darf, welche derselbe naturgemäss herbeiführen soll. Sie
verkennt nicht die Rücksichten, welche S. preuss. Majestät abhalten können,
schon jetzt mit seiner Freundschaft und seinen guten Absichten sowohl für
sie, als für ihren königlichen Gemahl hervorzutreten. Es Wird jedoch für diesen
Fürsten sehr leicht, durch seine hohe Einsicht und seine vollendete Weisheit
Eines mit dem Anderen zu vereinbaren ; ohne dass sich der Hof von Wien
anruasst, ihm zu diesem Zwecke etwas an die Hand zu geben, hofft er im
Gegentheil bezüglich seiner eigenen Haltung und seines Vorgehens von ihm
geleitet zu werden, um desto eher zu einem so gerechten Ziele zu gelangen,
ohne die vorstehenden Betrachtungen aus den Augen zu verlieren.
','.!'.»
LXI.
Capitnlatioii. x)
üeber die Uebergab der Stadt Neisse durch die dermablen I. k. M. in Ungarn
und Böhmen allhier sich befindliche Garnison an Se. M. in Preussen.
1.
Es wird die Stadt und Vestung Neisse Sr. k. M. von Preussen mit
aller darinn befindlicher Artillerie, Kriegs-Munition und Proviant übergeben
werden. Von aller zurücklassender Artillerie, Munition, und allen übrigen Zeugs-
Requisiten aber wird ein wohlentschiedenes Inventarium mit ordentlicher An-
merkung der Anzahl jedweder Gattung verfertigt und übergeben werden, und
solle der zu Uebernehmung bestellte preussische Artillerie-Officier über die
ganze Uebernahin Authentisch quittieren.
2.
Hingegen solle die sämmtliche Garnison, nebst den unter derselben
dependierenden Personen, Artilleristen, Ingenieurs und Invaliden, mit allen
militärischen Ehren-Bezeugungen, Ober- und Unter-Gewehr, klingendem Spiel,
Brennenden Lunthen, jeden Kopf mit 36 scharfen Patronen versehen, Sack-
und Packh hinausziehen. Ingleichen solle
3.
Alle der sämmtlicben Garnison und der königl. ungarisch- und Böh-
mischen Armee in der Stadt annoch befindliche Bagage, Frauen, Bediente
Knechte und Pferde frei, sicher und ohngehindert zugleich mit der Garnison
ausmarschieren können.
1.
Zu Fortbringung obgedacbter Bagage und allen übrigen sollen alle
lnezu benöthigten Pferde und Vorspannswägen, wie ingleichen für alle Kranke
und Blessierte bis in Mähren Gratis verschafft wer Ten.
5.
Es solle dem Commandanten und der Garnison erlaubt sein, zwei
lOpfündige und vier Gpfündige Falcaunen, jedes mit 100 scharfen Schüssen
versehen, mit sich aus hiesiger Festung zu nehmen, und zu führen, und zu
r) K. A., Schlesien 1741 ; Fase. 10, 107. (Original.)
7 00
Fortbringung derselben die benötbigte Vorspann durch ganz Schlesien bis in
Mähren gratis verschafft werden.
6.
Die Garnison mit allem, was von selber dependiert, Artillerie, Bagage,
und allem dem obigem solle bis alldahin in Mähren vollkommener Sicherheit
escortiert und verschafft werden.
7.
Für die ganze Garnison und alle obigen davon dependierenden Per-
sonen solle auf Acht Tage Brod, und für ihre eigenen Pferde Hart- und rauhes
Futter mitzunehmen erlaubt sein, gleichmässig zu Fortbringung solcher die
benöthigte Vorspann herbei geschafft werden.
8.
Kein Mensch, er sei Soldat, Bedienter oder anderer solle zu Annehmung
königl. Preussischer Kriegs-Dienste weder veranlasst, noch gezwungen werden ;
da aber ein Solches durch ein oder anderen geschehen sollte, durch Authori-
tät der hohen Generalität allsogleich dieser abgenommene Mensch zurück-
gegeben, und überantwortet werden.
9.
Wann ein oder andere von Sr. k. M. in Ungarn und Böhmen dep eli-
dierende Militär- oder Civil-Personen wegen Krankheit oder anderen in seinen
eigenen Angelegenheiten erheblichen Ursachen allhier zu verbleiben genöthigt
werden sollte; so solle ihm innerhalb 6 Wochen Zeit: frei, sicher und un-
gehindert allhier zu verbleiben und nach verflossener, oder während der Zeit
abzugehen gestattet und erlaubt sein.
10.
Allen Sr. k. M. in Ungarn und Böhmen ausländischen Unterthanen
sollen alle ihre annoch allhier befindlichen Weine und übrigen Effecten in
3 Monat-Zeit frei zu verkaufen gestattet sein.
11.
Das Zoll-Thor wird nach beiderseitig unterzeichneter Capitulation den
königl. Preussischen Truppen übergeben, und zur Besatzung eingeräumt
werden.
12.
Hingegen solle Niemandem von den königl. Preussischen Truppen, als
alleinig den zur Uebernahm und Consignation destillierten Officieren bis zum
Ausmarsch der königl. ungarisch- und böhmischen Garnison in die Stadt
herein zu gehen gestattet und erlaubt werden. Derohalben alle übrigen Thöre,
und der völlige Wall mit königl. imgarischen Truppen besetzt verbleiben,
und wird innerhalb des Zoll-Thores bei dem nächst dabei stehenden Hause
ein Piquet von königl. ungarischen Truppen gehalten werden.
13.
Während vollständiger Ausmachung der Capitulations-Puncten bis zu
deren Unterzeichnung sollen alle Hostilitäten und Arbeit von beiden Seiten
aufhören, und mit derselben ingehalten werden.
701
14.
Den Tag des Aussmarsches der Garnison, da alle benöthigte Vorspann
(welche sobald möglich herbeigeschafft werden wird) vorhanden ist, wird
dieselbe alle ihre Posten an sich ziehen und sodann ausmarschieren.
15.
Sollte dem Commandanten gleich nach geschlossener Capitulation, einen
Ofncier zu dem Commandierenden Herrn Generalen der königlich-ungarisrh-
und böhmischen Armee, in Mähren abzuschicken erlaubt sein, und derohalben
ihm sicheres Geleit, und Gelegenheit bis auf die Mährische Gränze zu
k mmen, gegeben v/erden.
16.
Die Rom. kathol. Religion, soll in allen ihren bisherigen Uebungen,
Exercitien, und öffentlichen Ceremonien unturbieret, unl ungehindert in allem
vollkommen gelassen werden.
17.
Alle und jede Geistliche Stifter piae causae, und sämmtliche Geist-
lichkeit soll in allem bei ihren von Sr. k. M. in Ungarn und Böhmen gehabten
Privilegien, Immunitäten und Freiheiten confirmieret, und bestätigt werden.
Wie ingleichen
IS.
Die sämmtliche Regierung, Cameral-Administration, Landeshauptmann-
schaft. Stadt Magistrat nebst der ganzen bürgerlichen Communität und In-
wohnern bei der bisherigen Verfassung erhalten, und soutenieret, Niemand,
auch weder an Hab und Gut, noch sonsten im Geringsten gekränkt werden.
19.
Wegen dem Glocken-Geläut haben Alle Glocken und Geläute, Kupfer
S. M. von Preussen sich dahin erklärt, und Blech auf den Kirchen und
dass, da bei Ihnen solches Manier, Thürmen sollen von allen Exactionen
so würden Sie dennoch die Stadt zu befreit sein,
schonen wissen, weil Sie ihnen ge-
h öret.
Baron Krottendorff m. p.
Obrist.
B o r c k e in. p.
Obrist.
20.
Das Lands-Collegium, Lands-Zeug-Haus, und Ober-Steuer-Amt sollen
wie bisanher, auch hinkünftig confirmieret, bestätiget, auch ungekränket bei-
behalten werden.
21.
Denjenigen Inwohnern, so sich von hier zu retirieren gedenken, solle
der Auszug mit ihrem Hab und Gut in aller Sicherheit verstattet werden.
Alle diese obigen Puncte, welche mit dem Sr. k. M. in Ungarn und
Böhmen des Wenzel Wallis'.schen Infanterie-Regiments Obristlieutenanten,
und allhiesigen Festungs-Commandanten Maximilian Baron Erotte n d o r f.
nach co-umunicierter Vollmacht von Sr. k. M. in Preussen an dero Obri>ten,
702
und General-Adjutanten von Borcke ausgemacht worden, sollen auf aller-
kräftigst e Art von beiderseits gehalten, und feierlichst observiert werden.
Urkund dessen ist gegenwärtige Capitulation von beiden Theilen eigenbändig
unterschrieben, besiegelt und zwei gleichlautende gegen einander ausge-
wechselt werden.
So geschehen N e i s s e. den 31. October 1741.
(L. S ) Baron K r o 1 1 e n d o r f f m. p.
Obrist und Commandant.
(L. S.) Frh. von Moltke m. p.
Obrist Wachtmeister.
(L. S.) Borcke m. p.
Obrister und Generalndjutant Sr. k. M.
ven Preussen hiezu Bevollniächtigter.
"03
LXIL
Bewegs-Ursachen wegen Uebergebuug der Stadt und Festung
Neisse an die königlich-preussischen Truppen.
Nachdem wir gestern Abends, als den 30. October a. c. einhellig reser-
vieret, dass, nachdem der Feind die Bombardierung auf die Nacht auf ein
neues aufienge, wohl die Naclit hindurch damit continuieren würde, und mit
solcher Fortsetzung bis Tag wohl wenig Häuser von der Stadt unverletzt
verbleiben könnten, derohalben obzwar nach der Instruction an den Herrn
Commandanten von Sr. Excellenz dem Commandierenden Herrn Generalen
Feldmarschallen Grafen von Neipperg, der Platz sich 14- Tage, vom
ersten feindlichen Stück-Schuss an gerechnet, halten sollte und den 15. darauf
der Orth übergeben werden müsste, jedennoch dem Herrn Commandanten
nach seinein Befund überlassen wäre, vor obiger Zeit, dafern der König in
Pivussen dem Orth allzusehr zusetzte, zu capitulieren. "Wobei wir auch in
Erwägung gezogen, das sofern die Garnison (welche so schwach, dass sie nicht
im Stande, ihre gewöhnlichen Wachen ablösen zu können) weder Tag, noch
Nacht einige Buhe hätte, solches nicht mehr länger auszudauern vermögend
wäre, ingieichen die königl. Artilleristen, welche die ganze Zeit hindurch ihre
Schuldigkeit bei Tag und Nacht besonders wohl gethan, da sie nur 12 zu
diensten, 2 junge Feuerwerker einer nach Glatz, der andere krank, solches
sofern ihnen nicht etliche Stunden in der Nacht zu ruhen vergönnt werden
konnte, gleichfalls nicht mehr länger auszustehen im Stande wären, und ob-
zwar der täglich zugefügte Schaden an den Batterien, und Werken durch
fleissige Arbeit die Nacht hindurch repai'iert, und in Defensions-Stand gesetzt
werden konnte, dannoch in Fortsetzung der Bombardierung durch die amn ch
determinierten übrigen drei Tage die völlige Stadt unumgänglich zu Grund
gerichtet werden müsste, jedennoch um der erhaltenen Instruction möglichst
ein Genügen zu leisten, einstimmig befunden haben, allso gleich an S. M. den
König in Preussen die Herren Hauptleute Amadei und Chevalier de
St. Bemy hinauszuschicken mit dem Vortrag. Nachdem der Commandant und
die sämmtliche Garnison über die heut gemachte Proposition sich auf ein
neues berathschlagt, also hat man um Sr. k. M. höchster Intention sich zu
aecomodieren, und zu gleicher Zeit unser inhabenden Ordre ein Genügen zu
leisten, sich dahin entschlossen, Sr. k. M. allerunterthänigst zu proponiei cn,
dass falls in drei Tagen, als nemlich bis 2. November kein Succurs. oder Ent-
satz für die Garnison anlanget gegen eine honorable Capitulation sowohl
für sämmtliche Garnison, als ganze Stadt, den Platz folglich zu übergeben.
704
Da nun diese beiden Herren Hauptleute, mit dem Herren Obristen
von Borcke und Herr Hauptmann von S y d o w heute vor Tags zurück-
gekommen waren, wir auch durch den Commandanten berufen, und die
Antwort Herrn Obristens von Borcke durch denselben vernommen haben ;
Dass nämlich dem Commandanten ohndem bewusst wäre, dass kein Succurs
zu hoffen seie. welches der König schriftlich geben wollte, jedennoch Sr. M.
dem König in Preussen eine besondere Gefälligkeit geschehete, er auch den
Commandanten hier nun ersuchen Hesse, umso mehr, als es auf ein paar Tage
nicht ankäme, den Platz den 1. November Sr. M. zu Übergaben, derohalben
auch sowohl für die Garnison, als Stadt die honorabelste Capitularion offerierte.
So haben wir auf ein neues deliberieret, und beschlossen, dass nachdem
aus oben angezogener Bombardierung, nach des Bürgermeisters und der Ge-
schwornen Raths-Herren eingereichten schriftlichen und unterzeichneten Con-
siuuation der durch 1G8 eingefallene Bomben ruinierten Häuser wohl zu er-
kennen, dass Sr. M. der König in Preussen höchstens darauf dringe, und in
abschlägigem Falle noch mehrers darauf dringen würde, diesen Platz am
bestimmten Tag zu überkommen, mithin, da ohnedem nach der Instruction
den 3. der Platz absolute übergeben werden müsste, und diesfalls keine
längere Defension, oder Verzögerung über bestimmte Zeit zu machen wäre,
also es alleinig annoch auf diese drei Tage ankommete, unter welcher Zeit
die Gebäude der ganzen Stade durch die continuierliche Bombardierung bei
Tag und Xacht unfehlbar zu Grund gehen müssten. und obzwar die Werke
und Batterien der Festung noch ziemlich unbeschädigt, und was noch
mehrers ruiniert werden könnte, die Xacht hindurch allzeit meist repariert
werden würde, dennoch unverantwortlich wäre, bei solchen wissentlichen
Umständen den gänzlichen Untergang der Stadt zu befördern, wobei neben
auch die Schwäche der Garnison. Avelche zur nöthigen Ablösung den AVachen
kaum erklecklich, da sie annoch zur Arbeit und Eeparierung der verletzten
AVerke angehalten werden sollte, solches ohne habender Euhe nicht anzu-
dauern vermögend wäre, die königlichen Artilleristen, als welche li in der
Zahl, wovon einer krank, und der andere beim Stück-Hauptmann auf Ordon-
nanz sein muss, da sie den ganzen Tag mit grösster Gefahr auf den Batterien
mit Feuern zubringen, und die Nacht hindurch durch Reparierung der ruinierten
Batterien und Changierung der zerschossenen Laffeten ohne Ruhe zubringen
müssen, es gleichfalls auszustehen nicht läuger im Stand sein, den König in
Preussen den Platz an bestimmten Tag, als nemlich den 1. November gegen
eine honorable Capitulation sowohl für sämmtliche Garnison, als die Stadt, zu
übergeben ; und überlassen wir solche Capitulation nach Befund auf's Beste zu
verfassen dem Herrn Commandanten.
Urkund dessen ist unsere eigenhändige Fertigung gegeben
Neisse den 31. October 1741.
(L. S.) von Moltke m. p.
Obristwachtm.
(L. S.) Amadea m. p. (L. S.) Le Chevalier de St R emy m. p.
Hauptmann von Baden. Hauptmann v. Max Starhemberg.
rL. S.) B. Teltscher m. p. (L. S.) J. Guill. Hemeling m. p.
St: Hauptmann. Capit. et Ingenieur.
(L.S.)B.DuQuesnedeYertaingm p. (L. S.) Philipp Kaiser m. p.
Lieut. v. Baden. Fähnrich von Leopold Dann.
705
Vidimierte Copia
der dem preussischen Obersten Hrn. von Borcke zu Unterzeichnung der Capi-
tulation wegen Uebergabe der Stadt Neisse zugefertigten königlich preussischen
Vollmacht.
S. k. M. in Preussen,. unser Allergnädigster Herr befehlen, autorisieren
und bevollmächtigen kraft dieses den Obristen und General-Adjutanten von
Borcke Allergnädigst dahin, dass derselbe mit dem der Königin von Ungarn
M. bisherigen Commandanten der Stadt und Feste Neisse, die wegen Ueber-
gabe dieses Orts an des Königs von Preussen M, zu machende Capitulatinn
schliessen, auch solche in Dero Allerhöchstem Namen zeichnen, und unter-
schreiben soll; Wie Höchstdieselbe dann dasjenige, so er darinnen versprechen
wird, jedesmal genehmhalten und erfüllen wollen.
Gegeben Hauptquartier Neuntz den 31. October 1741.
(L. S.)
F.
Dass die hierüber stehende Copia einer königl. preussischen Vollmacht
zu der wegen Uebergab der Festung Neisse zu errichtenden Capitulation ; uns
Endesgefertigten vorgelegt, und mit dem Originale collationiert, auch mit
solchen von Wort zu Wort gleichlautend befunden worden, zeiget unser eigen-
händige Unterschrift und Pettschaft.
Neisse den 31. October 1741.
(L. S.)
(L.S.) Amadei m. p.
Hauptin. v. Baden..
(L.S.) B. Teltscber m. p.
St. Hauptmann.
von Moltke m. p.
Obristwackm.
(L. S.1 Le Chevalier de St. Eerny m.p.
Hauptmann von Max Starhemberg.
(L.S.) J. Guill. Hemeling m. p.
Capt. et Ingenieur.
(L.S.)B.DuQuesnedeVertaing m.p. (L.S.) Baron Truckmüller m. p.
Lieut. von Baden. v. Harrach Lieutenant.
(L.S.) von Kleinfeld m. p.
Fähndrich v. Wurmbrand.
(L.S.) Philipp Kays er m. p.
v. Leopold Daun Fähndrich.
D istro- garian Monarch; .
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Österreichischer
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