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Full text of "Systematische übersicht der Vögel Bayerns mit Rucksicht auf das örtliche und quantitative Vorkommen der Vögel, ihre Lebensweise, ihren zug und ihre Abänderungen"

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Systematische Übersicht 


der 


Vösel Bayerns 


mit Rücksicht 


auf das örtliche und quantitative Vorkommen der Vögel, 


ihre Lebensweise, ihren Zug und ihre Abänderungen. 


Von 


Andreas Johannes Jäckel, 


weiland k. Pfarrer in Windsheim, vieler gelehrter Gesellschaften korrespondierendem, 
ordentlichen und Ehrenmitgliede. 


Herausgegeben 
von 


Prof. Dr. Rudolf Blasius. 


— ED —— — 


München una Leipzig. 
Kommissionsverlag von R. Oldenbourg. 
1891. 


Alle Rechte. vorbehalten. 


Vorwort und Einleitung. 


Manchem Sterblichen ist es beschieden, dafs die Hauptwerke 
seines Lebens erst nach seinem Tode weiteren Kreisen bekannt 
werden. So ist es auch mit dem unermüdlichen Forscher der 
Tierwelt Bayerns gewesen, dem am 12. Juli 1885 zu Windsheim 
verstorbenen Pfarrer Andreas Johannes Jäckel, dessen Bild 
diesem vorliegenden Werke vorangestellt ist. 

»Jäckel wurde«, nach dem Nachruf, den ihm sein treuer 
Freund V. v. Tsehusi zu Schmidhoffen im 13. Jahresberichte 
des naturhistorischen Vereins zu Passau (1883—1885) im No- 
vember 1885 widmete, und dem ich das Folgende entnehme, »am 
6. Januar 1822 zu Nürnberg geboren und verbrachte mit seinen 
Geschwistern eine an Entbehrungen reiche Jugend. In seiner Ge- 
burtsstadt besuchte er mit bestem Erfolge das Gymnasium und 
verwendete die von seinen Studien erübrigte Zeit zum Unterrichte 
jüngerer Schüler, zu naturwissenschaftlichen Studien und zur An- 
legung von Sammlungen, wobei er sich der Anregung und An- 
eiferung in seinem Lieblingsfache durch die bekannten Gebrüder 
Sturm zu erfreuen hatte. 

Nach absolviertem Gymnasium bezog Jäckel die Universität 
Erlangen, wo er Theologie studierte und als strammer Corps- 
bursche dem ältesten deutschen Studentencorps Onoldia angehörte, 
dem er stets eine treue Erinnerung bewahrte. 

Nachdem er 1845 sein Admissions-Examen zu Ansbach be- 
standen, erhielt er seine erste Anstellung als Vikar in Klostersulz, 
dann kam er als Pfarrverweser nach Oberampfrach, Wendelstein 
und Ammerndorf, so die Lehr- und Wanderjahre des Pfarrvikars 
alten Schlages durchmachend. 

Während seines Aufenthaltes in Wendelstein verehelichte er 
sich mit Eleonora Sommer aus Nürnberg, welcher Ehe sieben 


Kinder entsprossen, wovon zwei noch im zarten Alter starben. 
; a* 


IV Vorwort und Einleitung. 


1853 finden wir Jäckel als Pfarrer in Neuhaus, dessen an 
Teichen reiche Umgebung ihm prächtige Gelegenheit zu ornitho- 
logischen Beobachtungen bot. Hier war es aber auch, wo er sich 
den Keim zu seinem späteren Leiden holte, wo ihn das Fieber 
auf das Krankenlager warf, das er erst nach 16 Monaten ver- 
lassen konnte. Nach Sommersdorf-Thann befördert, erhoffte er 
von diesem Domizilwechsel die vollständige Wiederherstellung 
seiner Gesundheit; aber der kräftig gebaute Körper, der ein gün- 
stiges Prognostikon für ein aufsergewöhnlich hohes Alter zu bieten 
schien, hatte seine Festigkeit eingebülst und konnte oftmals nur 
mit Anstrengung den Anforderungen nachkommen, den der zur 
Winters- und Frühjahrszeit besonders mühevolle Filialdienst er- 
forderte. 

Jäckels letzte Station war Windsheim bei Neustadt a. d. Aisch, 
wo er 1869 die III. Pfarrstelle erhielt. Nachdem er im Winter 
1871/72 vielfach von Gicht zu leiden hatte, erholte er sich wieder 
so weit, dass er im September eine Reise über Augsburg, Kempten, 
Lindau, Constanz, Schaffhausen, Basel, Baden-Baden, Strafsburg und 
Stuttgart unternehmen konnte, von der er 'erfrischt heimkehrte. 

Am 24. November 1875 feierte Jäckel verhältnismäfsig frisch 
und gesund seine silberne Hochzeit. Im Herbste 1877 nahm er 
an der Naturforscherversammlung zu München teil, konnte aber 
der schlechten Witterung wegen sein weiter gehendes Reiseprojekt, 
ius bayerische Hochland zu gehen, nicht zur Ausführung bringen. 
Das Frühjahr 1880 brachte für Jäckel einen schweren Schlag, 
indem seine Frau gelähmt wurde, nachdem sie vorher auf einem 
Auge erblindet war. Obschon selbst vielfach leidend, verlor er 
dabei doch nicht die Lust an der Arbeit. 

Am 5. Januar 1883 verschied Jäckels Gattin. Dieser Schicksals- 
schlag hat ihn tief gebeugt, gebrochen, und die Gicht, die ihn 
den Sommer über folterte und nicht verlassen wollte, raubte ihm 
den letzten Funken der Lebenslust. 

Jäckels Thätigkeit auf zoologischem Gebiete umfalst in erster 
Linie die Vogel-, Säugetier- und Fischkunde seines Heimatlandes. — 
Die Liebe zur Vogelwelt hatte er von seinem Vater geerbt, der 
ein grolser Freund derselben war und stets die verschiedensten 
einheimischen Singvögel pflegte. In Jäckels Jugendzeit florierte 
noch der Vogelfang; kein Wunder daher, wenn wir ihn in freien 
Herbststunden auch am Vogelherde finden, der so manchen später 
gefeierten Forscher zu seinen treuesten Anhängern zählte. 


Vorwort und Einleitung. V 


Alle freie Zeit und jede sich ihm darbietende Gelegenheit 
benutzend, widmete er sich mit rastlosem Eifer der Erforschung 
der heimischen Fauna. Jäckel, der auf den genannten Gebieten 
. ob der Gründlichkeit und Genauigkeit, welche seine Forschungen 
auszeichnen, sich einen weit geachteten Namen erworben, hat seine 
reichen Erfahrungen in zahlreichen Arbeiten niedergelegt, die ihm 
eine erste Stelle unter den bayerischen Zoologen für immer sichern. 
Nur auf die solide Basis von Thatsachen gestützt und aus diesen 
seine Schlüsse ziehend, hielt er sich frei von gewagten Hypothesen. 
Mit gewandter Feder und überzeugender Logik beteiligte er sich 
an mancher wissenschaftlichen Streitfrage. Die Sache war es, für 
die er stritt, nicht die Person, der er dadurch entgegentrat. 

Jäckels literarische Hauptthätigkeit fällt in die 50er Jahre. 
In den letzten zehn Jahren veröffentlichte er nur wenig mehr, ar- 
beitete aber trotzdem sehr fleilsig.« 

Folgendes sind nach Tschusi seine ornithologischen Arbeiten: 


Beiträge zur Ornithologie Frankens. — Okens Isis. 1848. p. 20—47; 373—3%. 

Sterna anglica in Bayern. — Ibid. 1848. p. 1143. 

Materialien zur bayerischen Ornithologie in Verbindung mit Dr. Brandt be- 
arbeitet. Mit Anmerkungen von Heinrich Graf von der Mühle. — Abhand- 
lungen des zoologischen-mineralogischen Vereines in Regensburg. I. 1849. 
p- 21—140. 

Nachträge zu den Materialien zur bayerischen Ornithologie. — Korrespondenz- 
blatt des zoologischen-mineralogischen Vereines in Regensburg. IV. 1850. 
p: 90, 65, 87, 126; V. 1851.-p: 65 68,,81,.90: 

ÖOrnithologische Mitteilungen. — Ibid. VIII 1854. p. 164. 

Über den Einflufs mäusereicher Jahre auf das Fortpflanzungsgeschäft der 
Schleiereule. — Ibid. XXVI 1873. p. 19—22. 


Über die Nahrung unserer Eulen. — Ibid. XXXVI. 1883. p. 9—23. 


Trivialnamen der bayerischen Vögel. — Naumannia. 1853. p. 391—39. 

Zu dem Verzeichnisse der Trivialnamen der bayerischen Vögel. — Ibid. 1859. 
p- 70— 13. 

Ornithologischer Jahresbericht aus Bayern. — Ibid. 1856. p. 40—58, 238— 251. 

Das Schnurren oder Mäckern der Bekassine. — Ibid. 1857. p. 21—33 


ÖOrnithologischer Jahresbericht aus Bayern. — Ibid. 1557. p. 369— 891. 

Anthus pratensis mit zwei Köpfen. — Ibid. 1857. p. 1%. 

Ornithologischer Jahresbericht aus Bayern. — Ibid. 1858. p. 426—451. 

Über das Schnurren der Bekassine. — Ibid. 1858. p. 490 --495. 

Notizen aus Bayern, Zug von Scolopax rusticola, gallinago ete. — Ibid. 1858. 
p. 267 —268. 

Ein ohne Dunen geborenes Huhn. — Ibid. 1858. p. 268. 


Ein vereinzelt nistendes Uferschwalbenpaar. — Cabanis’ Journal I. 1853. p. 367. 
Nachahmen fremder Töne beim Hausrotschwänzchen. — Ibid. I. 1853. p. 368 
bis 369. 


Brüten der Schleiereule im Spätjahr. — Ibid. II. 1854. p. 173. 

Ungewöhnliches aus der Vogelwelt Bayerns. — Ibid. II. 1854. p. 173—174. 

Der Vögelzug etc. in Bayern in dem eigentümlichen Herbste, Winter und 
Frühlinge von 1852-—1853. — Ibid II. 1854. p. 263— 276. 

Ornithologische Mitteilungen aus Bayern. — Ibid. II. 1854 p. 362—363. 

Der Vögelzug und anderweitige Wahrnehmungen über die Vogelwelt Bayerns 
im Jahre 1853 54. — Ibid. II. 1854 p. 481—502; III. 1855. p. 401—416. 


VI Vorwort und Einleitung. 


Finzelne Mitteilungen aus der Vogelwelt Bayerns. — Ibid III. 1855. p. 444—446. 

Noch ein Wort über das Schnurren der Bekassine. — Ibid. IV. 1856. p 85 —94. 

Sterna leucoptera in Bayern brütend. — Ibid. VIII. 1860. p. 300—301. 

Zur Frage über Altums Schwan und den Cygnus melanorhinus Naumanns. — 
Ibid. IX. 1861. p. 66—71. 

Das rasche Längerwerden der Schwänze bei manchen Vögeln. — Ibid, IX. 
1861. p. 232—233. 

Cypselus melba L., im sächsischen Franken erlegt. — Ibid. IX. 1861. p. 305. 

Einige Bemerkungen zu dem Aufsatze: Auch ein Wort über das Mäckern der 
Bekassine von B Borgreve. — Ibid. X. 1862. p. 212—223. 


Die Vögel des unteren Aisch-, Seebach-, Aurachgrundes. — VI. Bericht der 
naturforschenden Gesellschaft zu Bamberg. 1863. p. 30— 107. 
Die Vögel Mittelfrankens. — Abhandlungen der naturhistorischen Gesellschaft 


in Nürnberg. 1864. p. 74—136. 

Beiträge zur Lehre von der tierischen anomalen Mannweiblichkeit (Gynandro- 
Morphismus). — Ibid. 1566. p. 241—268 (partim). 

Ein sonderbares Nahrungsmittel des Staares. — Zoologischer Garten. V. 1864. 

... .P. 269—270. 

Uber Schnabelmifsbildungen verschiedener Vögel. — Ibid. VI. 1865. p. 135— 138, 
175—179. 

Die Begattung der Störche vor ihrem Wegzuge von uns. — Ibid. VI. 1865. 

... .p. 318—319. 

Über Schnabelmifsbildungen. — Ibid. VII. 1866. p. 335— 339. 

Die Nahrung der Schleiereule — Ibid. VII. 1866. p. 456—464. 

Noch ein Wort über die Nahrung der Schleiereule. — Ibid. VIII. 1867. p. 465 
bis 471. 

Ein merkwürdiges Hühnerei. — Ibid. VIH. 1867. p. 198. 

Deforme Fufsbildung eines zahmen Gänserichs. — Ibid. VIII. 1867. p. 278. 

Eine alte Abbildung des Dronte. — Ibid. IX. 1868. p. 35—37 m. Fig. 

Die Wacholderdsossel, Turdus pilaris, in Bayern brütend. — Ibid. IX. 1868. 
p. 374. 

Zur Geschichte der Ausbreitung des Girlitzes (Fringilla serinus) in Süd- 
Deutschland. — Ibid. IX. 1868. p. 405—408. 


Leueismus einer Haushenne infolge des Alters. — Ibid. IX. 1868. p. 80. 

Die Gesellschaft der Vogelfreunde in Nürnberg. — Ibid. X 1869. p. 190—192. 

Über die Nahrung der Schleiereule, Strix flammea. -—- Ibid. XII. 1871. p. 138 
bis 142. 


Ein Ausflug in den Windsheimischen Stadtwald, Schofsbach bei Markt Erlbach 
in Mittelfranken. — Ibid. XIH. 1872. p. 204—208. 

Eiderenten in Bayern .erlegt. — Ibid. XIII. 1872. p. 123. 

Über das Ausstofsen der inneren Magenhaut bei Vögeln. — Ibid. XIV. 1873. 
p. 225—227. 

Über auffallende Vorkommnisse in der Vogelwelt zur Zeit der Cholera-Epidemien. 
Ibid. XIV. 1873. p. 328—332. 

Die Störche als Vertilger der Feldmäuse. — Ibid. XIV. 1873. p. 396—397. 

Uber Monstrositäten wilder Vögel. — Ibid. XV. 1874. p. 441—446 mit Ab- 
bildung. 

Storch- und Mäusenahrung. — Ibid. XV. 1874. p. 469— 470, 

3eitrag zur Kenntnis der geographischen Verbreitung der Zwergtrappe. — 

.. Ibid. XVI 1875. p. 453—454. 

Uber das Vorkommen des Rosenstaars (Pastor roseus) in Bayern. — Ibid. 
XVII. 1876. p. 105—106. 

Seltene Vögel bei Augsburg. — Ibid. XVL. 1876. p. 30. 


Ist die Steindohle (Fregilus graculus) ein bayerischor Brutvogel? — Ibid, 
XVII. 1877. p. 208—209. 
Zur Naturgeschichte der Habichtseule, Strix uralensis. — Ibid. XVIIL 1877. 


p. 3809—311. 
Mutwille eines Mäusebussards. — Ibid. XVII. 1877. p. 213. 
Die Mantelmöve in Bayern. — Ibid, XIX. 1878. p. 28. 


Vorwort und Einleitung. VI 


Zur Biologie des gemeinen Staares (Sturnus vulgaris). — Ibid. XX. 1879. 
p: 233— 237. 

Ein Nistplatz der Wacholderdrossel (Turdus pilaris) in Mittelfranken. — Ibid. 
XXI. 1880. p. 284. 

Ein Beitrag zur Naturgeschichte des Rackelhahnes (Tetrao intermedius). — 
Ibid. XXI. 1881. p. 1053—106. 

Ein neuer Brüteplatz der Wacholderdrossel (Turdus pilaris) in Mittelfranken. 
Ibid. XXIH. 1882. p. 375— 376. 

Zur Biologie des Auerhahnes. — Nitzsches Illustrierte Jagdzeitung. II. 1875. 
p. 124. 


Im Jahre 1880 trat ich in brieflichen Verkehr mit Jäckel, 
und gelang es mir als Vorsitzendem des Ausschusses für Be- 
obachtungsstationen der Vögel Deutschlands, seine ornithologischen 
Beiträge für die Fauna Bayerns für die deutschen Jahresberichte 
zu erhalten. Dieselben sind abgedruckt in dem betreffenden 
6. Jahresbericht für 1881, 7. für 1882, 8. für 1833 und 9. für 
1884, in Cabanis’ Journal für Ornithologie, Januarheft 1883, Januar- 
heft 1884, Juliheft 1885 und Aprilheft 1886. Die im Beginn des 
Jahres 1885 an mich eingesandten Beobachtungen pro 1884 waren 
wohl die letzten ornithologischen Arbeiten, die wir der Feder 
Jäckels verdanken. 

Vielfach war Jäckel in den letzten Lebensjahren durch 
Kränklichkeit ans Bett gefesselt, ein Ausflug ins Wildbad bei 
Burgbernheim im Frühjahr 1885 vermochte ihm seine Gesundheit 
nicht wieder zu verschaffen, und so erlag er am 12. Juli 1885 zu 
Windsheim in Bayern nach langem schmerzvollen Leiden einer 
Lungenlähmung. 

Vielen gelehrten Gesellschaften gehörte er an, so war er 
Ehrenmitglied: des zoolog.-mineralog. Vereins in Regensburg, des 
naturhistorischen Vereins in Passau, der naturhistorischen Ge- 
sellschaft in Nürnberg; correspondierendes Mitglied: des ober- 
schwäbischen Zweigvereins für vaterländische Naturkunde, der 
Gesellschaft der Naturwissenschaften zu Freiburg, der wetterau- 
ischen Gesellschaft für die gesamte Naturkunde in Hanau, des 
naturhistorischen Vereins zu Augsburg; wirkliches Mitglied: der 
kaiserlich Leopold. Carolin. deutschen Akademie der Naturforscher 
in Dresden, cogn. Fr. v. ©. Schrank, der k. k. zoolog.-botanisch. 
Gesellschaft in Wien, des historischen Vereins für Mittel- und 
Oberfranken, der deutschen ornithologischen Gesellschaft. 

Im Beginne des Jahres 1882 hatte Jäckel das vorliegende 
Werk druckfertig vollendet, er fand damals leider keinen Verleger, 
und konnte dasselbe daher nur bis zu seiner letzten Krankheit hin 
mit den laufenden Nachträgen versehen. 


VII Vorwort und Einleitung. 


Über das Werk selbst schrieb V. v. Tschusi zu Schmid- 
hoffen in einem für die Herausgabe beabsichtigten Vorworte im 
Dezember 1885 Folgendes, mir ganz aus der Seele gesprochen: 

»Mit welcher Sorgfalt und Genauigkeit Jäckel geforscht und 
gesammelt, und alle auf Bayern bezüglichen (auch älteren) Angaben 
benutzt, darüber wird seine Arbeit jedem die beste Antwort geben. 
Eigene reiche Erfahrungen, in verschiedenen Theilen Bayerns ge- 
sammelt und genaue Kenntnis der einschlägigen Litteratur und 
ein ausgedehnter brieflicher Verkehr mit den Vogelkundigen 
Bayerns — ich nenne hier in erster Linie den 1882 verstorbenen, 
verdienstvollen Pelzhändler und Präparator Joh. Friedr. Leu in 
Augsburg, durch dessen Hände Tausende der verschiedensten Vögel 
aus allen Gegenden Bayerns gingen — setzten Jäckel in den 
Stand, über alle Vorkommnisse in der Vogelwelt seines Heimat- 
landes jederzeit aufs beste orientiert zu sein. Bei der grossen 
Gewissenhaftigkeit Jäckels ist es nur selbstverständlich, dafs er 
fremde Angaben über seltene Vorkommnisse, wo ein Irrtum nicht 
vollständig ausgeschlossen war, nur mit der grölsten Reserve auf- 
nahm und dem in faunistischen Arbeiten häufig sich findenden 
»soll, könnte, dürfte« etc. einen sehr beschränkten Spielraum ge- 
stattete; denn es war ihm, wie jedem Freunde der Wahrheit, nur 
darum zu thun, Thatsachen zu lefern. 

Jäckels Werk gibt die genauen Nachweise über das örtliche 
und quantitative Vorkommen der einzelnen Arten, wertvolle An- 
gaben über die Lebensweise, die Nahrung, den Zug, die Farben- 
abänderungen und die lokalen Benennungen. Im ganzen werden 
312 Arten als in Bayern vorkommend angeführt. 

Um die Ausdehnung des Werkes nicht allzusehr zu vergrölsern, 
hat es der Verfasser unterlassen, Beschreibungen beizufügen, ver- 
weist aber bei jeder Species auf die beiden deutschen Hauptwerke: 
J. A. Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands. — 
Leipzig 1842—1844, Stuttgart 1860, und Keyserling & Blasius, 
Die Wirbelthiere Europas. Die unterscheidenden Merkmale. Braun- 
schweig 1840; letzterem ist er auch in der Wahl der lateinischen 
Benennungen und systematischen Einteilung gefolgt. 

Jäckels Name ist den jüngeren Ornithologen weniger mehr 
geläufig — seine ornithologische Hauptthätigkeit fällt in die fünf- 
ziger Jahre —, da seine späteren Wohnorte ihm wenig Mitteilens- 
wertes auf ornithologischem Gebiete boten ; aber wir hoffen, dafs 
er durch dieses Werk, an dessen Aufbau schon der Jüngling 


Vorwort und Einleitung. IX 


geschaffen, dessen Veröffentlichung zu erleben dem Manne leider 
versagt blieb, seinen Namen für immer in die Liste deutscher 
Forscher eingezeichnet habe. 

Möge denn diese Arbeit — das schönste Denkmal, das sich 
der Verstorbene als Forscher setzen konnte — allseits die ver- 
diente Würdigung finden und jüngere Forscher zur Nacheiferung 
anregen.« 

Jahrelang haben sich Jäckels ornithologische Freunde, so 
namentlich V. v. Tschusi zu Schmidhoffen, bemüht, dies 
hinterlassene Werk der Öffentlichkeit zu übergeben. Scheinbar un- 
überwindliche Hindernisse stellten sich entgegen. Endlich ım 
Herbste 1890 gelang es durch Vermittlung des Geheimen Medi- 
zinalrates Dr. v. Kerschensteiner, mit Hilfe das gütigen Ent- 
gegenkommens des Königl. bayerischen Kultusministers Excellenz 
v. Müller und der Königl. bayerischen Akademie der 
Wissenschaften, die Herausgabe des Werkes sicherzustellen. 

Zunächst galt es, für die Jahre 1885—1890 die ornithologischen 
Beobachtungen im Königreich Bayern nachzutragen. Ende 1890 
erliefs ich deshalb ein Zirkularschreiben, in dem ich um Zu- 
sendung von Notizen über 72 in einer Liste namhaft gemachte 
seltene Vögel Bayerns ersuchte und mir von allen im Königreich 
- Bayern gemachten interessanten ornithologischen Beobachtungen 
Mittheilung erbat. Dieses Zirkularschreiben wurde an die Leiter 
der naturhistorischen Museen, an die naturwissenschaftlichen Ver- 
eine und an sämtliche mir bekannte Ornithologen Bayerns über- 
sandt. Rückantworten mit Beobachtungen liefen ein von Forst- 
meister G. Dolles (Wondreb), Oberjäger L. Dorn (Hindelang), 
Forstmeister Doule (Schwabach), Chr. Erdt (Kaufbeuren), Forst- 
meister Faleke (Pyrbaum), Dr. G. Fischer (Bamberg), Forst- 
meister Garcis (Imsbach), Forstrat Gigglberger (Neumarkt, 
Oberpfalz), Förster W. Gigglberger (Tanzfleck, Oberpfalz), K. 
Gscheidlen (Augsburg), Förster Härterer (Laufen), Lehrer 
J. Hellerer (München), Student Heufsler (Speyer), Forstrat 
Hörmann (Regensburg), Medizinalrat Dr. Hofmann (Regens- 
burg), &. Hofmann (Kissingen), Benefiziat K. Hoser (Edel- 
stetten), Hospital-Inspektor P. Kästner (Bayreuth), Student R. 
Lauterborn (Ludwigshafen), Apotheker J. A. Link (Burg- 
preppach), Dr. W. Medicus (Kaiserslautern), Reallehrer Sprater 
(Neustadt a. H.), Förster Steinbrenner (Rohrbrunn), Forstmeister 
Sutor (Fischbachau), Lehrer H. Weber (Lindau), p. Lehrer 


X Vorwort und Einleitung. 


A. Wiedemann (Augsburg), Forstwart Wilhelm (Rothenbruck), 
Dr. R. Winter (Augsburg). 

Von ganz besonderem Nutzen war mir für die Herausgabe 
von Jäckels Werk die im XXX. Jahresberichte des naturwissen- 
schaftlichen ‘Vereins für Schwaben und Neuburg (im Augsburg 
1890) erschienene, im März 1890 abgeschlossene Arbeit von Andr. 
Wiedemann: »Die Vögel des Regierungsbezirkes 
Schwaben und Neuburg« Alle Wiedemann’schen An- 
gaben beziehen sich, wenn es nicht ausdrücklich anders bemerkt 
wurde, auf dieses Werk. 

Die von mir gelieferten Nachträge sind mit Quellenangabe 
und dem Zeichen »R. Bl.« am Schlusse jeder Art in Klammern 
gesetzt oder am Schluls des ganzen Werkes unter den Nachträgen 
abgedruckt, alles Übrige ist wörtlich nach dem Manuskripte 
Jäckels aufgenommen. 

Bei der Korrektur des Druckes war mir der Lehrer J. Hellerer, 
bei der Aufstellung des Inhaltsverzeichnisses und Sachregisters 
mein Sohn Oscar Blasius behilflich, 

Die laufende ornithologische Journal-Litteratur wurde, ein- 
schliefslich der deutschen Jahresberichte, bis Ende 1890 benutzt. 
Die deutschen Jahresberichte sind kurz bezeichnet als 1885er und 
1856er Bericht, dieselben finden sich abgedruckt in Cabanis Journal 
für Ornithologie 1887 Oktober-Heft und 1888 Oktober-Heft. 

Allen, die mich bei der Herausgabe des Werkes gütigst unter- 
stützten, sage ich meinen verbindlichsten Dank, ganz besonders 
dem Königl. bayerischen Kultusminister Excellenz v. Müller 
und der König]. bayerischen Akademie der Wissenschaften. 


Braunschweig, 2. September 1891. 


Rudolf Blasius. 


Inhalts- Verzeichnis. 


Ordnung I. Rapaces. Raubvögel. 


1. Familie: Geier. 


Genus 1. Neophron Savigny 


1. Neophron perenopterus L. . 


Genus 2. Vultur L. 


. Vultur fulvus Briss. 


Genus 3. Gyps Savigny . 


. Gyps cinereus Sav. 


Aasgeier 
Brauner Geier 


(srauer Geier 


2. Familie: Falken. 


Genus 4. Falco L. . 
a) Edelfalken 


. Falco subbuteo L. 
. Falco peregrinus Briss. 
. Falco gyrfalco L. 


Falco laniarius L. 


. Falco aesalon L. 


b) Rotfalken 


. Falco vespertinus L. 
. Falco cenchris Naumann 
. Falco tinnunculus L. 
Genus 5. Pandion Savieny . 
. Pandion haliaötos L. 


Genus 6. Circaötos Vieill. 


. Circaötos gallicus J. Fr. Gmel. 


Genus 7. Pernis Ouv. 


. Pernis apivorus L 


Genus 8. Buteo Bechstein 


. Buteo vulgaris, Bechst. 
. Buteo lagopus, Brünn. 


Genus 9. Aquila Briss. 


. Aquila pennata J. Fr. Gmel. 
. Aquila naevia Briss. 
. Aquila clanga Pall. . 


Aquila chrysaetos L. 


Lerchenfalke 
Wanderfalke . 
Gyrfalke 
Würgfalke 
Merlinfalke 


Rotfufstalke 
Röthelfalke 
Turmfalke 


Fischadler 


Schlangenadler . 


Wespenbussard . 


Mäusebussard 
Rauhfufsbussard 


Zwergadler 
Schreiadler 
Schelladler 
Goldadler . 


Seite 


Io DI Qt OT 


en 
ie 


SIT. Inhalts-Verzeichnis. 


Seite 

21. Aquila fulva Li) „0 „Ar nt ea ad ee 
22, Aquila imperialis Bechst. . . . . .  Rmseradler 7... 2.0: As 
Genus’ 10, "Haliaötoe"Baylany «. .. „> so Bale un 

93. Haliaötos-albieilla Briss, 2. x v2 WBeeadlen ee 
Genne11.: Milvug Brise: 1. RR er Re 

24. Milyns ‚regalis Briss.u... u. a2 Rater Nhlanın a 
25. Milvus niger Briss.. . :. . . . ... : Schwarzbrauner Milan . 46 
Genus. 1%, Astıir.Cuv., cl er TE ee rer 

26. Astur palumbanius.L.”... See, 27020 Habıchug ee el 
27. Astur nasusıbe Par ee Ele rer Be SDerVerz I) 
Genus: 13. "Circus Brise: u Mes ee Va ee a 

98. Circus eyaneusL. 1, KEN. ac Kor Komwelhper az Sr 
29. Circus cineraceus Montagu. 2er ds) „Wiesenweihe if. We 
50. Circus deruginoaus”l... . . „u“... „ BKöhrwelte 7 ware 

3. Familie: Eulen. 

Genus AS. 0.2 rn N ee rt 

3l. Strix flammea L. . a 5 Bchlerereule sr "Mr er eat 
Genus 15. Ulula dar. SEN er OPER FRHOE 

32, Ulula üralensis’Pall: "0 . » » 22. WUral-Habiehtseule 7 17.5208 
39. Ulula aluconk 2.7. : ; > Waldkanzt22. 22 7 Ya 
Genus 16. Aegolius Ber ana Bias. ee en Dr ne 1 BE 

34. Aegolius otus L . .. en u Waäldohreulere rer zu 
35. Aegolius brachyotus F ne N  »Bumpiohreulen, „es ar 
Genus 17. Nyctale Brehm ra a RT SE BER AP EHERERENE, 

36 Nyctale tengmalmi J. Fr. Gmel. 2 WRaubtulskauz Ta ren 
Genus 18. Surnia Dum. nn ee SE u Se N Sr BE FE 

30 Burnja, noctna-Betz.)* u 2.00 ze 2r. "Sleinkanze, 
58. Surnia passerinab, See Sperlinasenler ers ea 
39. Surnia Iunerea Lath. 7... 2%, „ WEgiSperbereules er er 
A Siena nyetleaalee aa rare ger Schneeeule AR Sn 
Genus 19. Bubo Ouv. Era en nn. TE 

41. Bubo maximus Ranz. > > “Wh. we ee 
Genus 20. Ephialtes Key nd BIaR Ei 17 
49..Ephüaltes’scops L . .". ... 2. %  Zwersohreule 7 

Ordnung I. Scansores. Klettervögel. 
4. Familie: Segler. 

Genus 21. 'Cypselus. Hliger: . ., ..r: „„ Mur oc 

43. Oypselus melba L. ..: =... .. Alpensegler mes 
44, Cypselus apıs L . . „us... 202. Manerkerlen ee 


5. Familie: Nachtschwalben. 


Genus 22. Caprimulgus L. 2 a en RR EEE BEE RE 
45. Caprimulgus europaeus L. . . . . .„ . Nachtschwalbe . . . . &0 


46. 


59. 


60. 
61. 
62. 


63. 


64. 
69. 


Inhalts -Verzeichnis. 


6. Familie: Kuckucke. 


Genus 23. Cuculus L. 
Cuculus canorus L. 


7. Familie 


Genus 24. Jynx L. 


. Jynx torquilla L. 


Genus 25. Picus L. 
a) Gecinus Boie 


. Gecinus viridis L. 
. Gecinus canus Gmel. L. 


b) Dryocopus Boie 


. Dryocopus martius L. . 


c) Picus L. 


. Picus leuconotus Bechst. 
. Picus major L. 

. Pieus medius L. . 

. Picus minor L. 


d) Apternus Swainson 


. Apternus tridactylus L. 


: Spechte. 


8. Familie: Eisvögel. 


Genus 26. Alcedo L. 


. Alcedo ispida L. . 


Genus 27. Merops L. 


. Merops apiaster L. 


Genus 28. Coracias L. 


. Coracias garrula L. 


9. Familie: Wiedehopfe. 


Genus 29. Upupa ll. . 
Upupa epops L. . 


Ordnung IH. 


Oscines. 


10. Familie: Lerchen. 


Genus 30. Alauda L. 
Alauda cristata L. 
Alauda arborea L. 
Alauda arvensis L. 


Genus 31. Phileremos Brehm . 


Phileremos alpestris L. 


11. Familie: 


Finken. 


Erste Gruppe: Ammern. 


Genus 32. Plectrophanes Meyer 


Plectrophanes nivalis L. 
Plectrophanes lapponica L. 


XI 
Seite 
PRO Er 8 
Kuckuck sl 
SW: 82 
Wendehals 32 
32 
RETUBEPR NE 82 
Grünspecht 82 
Grauspecht 83 
ee 54 
Schwarzspecht 54 
IL 0 
Weifsrück. Buntspecht 84 
Grosser Buntspecht 85 
Mittlerer Buntspecht . 86 
Kleiner Buntspecht 36 
REAL N ER a 1: 
Dreizehiger Buntspecht 36 
ME EN 88 
Eisvogel 85 
a Aee BENWRSETTENT +2 39 
.* Bienenfresser 89 
ANETTE ren 90 
Mandelkrähe . 90 
ee © 92 
Wiedehopf 92 
Singvögel. 
HEN, 93 
Haubenlerche 93 
Heidelerche 94 
Feldlerche . 95 
EL Ta 96 
Alpenlerche . 96 
Beh RAN ER 97 
Schneespornammer 97 
Lerchenspornammer . 98 


XIV Inhalts-Verzeichnis. 


66. Emberiza melanocephala Scop. . . . . Kappenammer 
67. Emberiza hortulana L. . . . . . ... Ortolan . 
68. Emberiza eirlus L.... . -» . .„.°.5+-. Zaunammer 
69. Emberiza eitrinella L. . . . . 2... Goldammer 
70. Emberiza miliaria L. . . . » . . ...  Grauammer 
71. Emberza da L. . =... #.% v „ ‚Appammer 
72. Emberiza schoeniclus LL . . ». » . . Rohrammer 
Zweite Gruppe: Finken. 
Genus 34. Passer Pall. En ae 
73. Passer montanus L. . . . . 2. 2... Feldsperling . 
74. Passer domestiecus L.. . . » « . „ .„ Haussperling. 
Genus 85. Pyrrhula Briss. 
a) Pyrrhula auct. . a ET 
75. Pyrrbhnla/rubieilla. Ball... 2»... . .. Dompflafl . 
b) Corythus Ouvier . u 
76. Corythus enucleator L. . . . . Hakengimpel 
ce) Dryospiza Keys. as Biss. BEI 
2 Dryospıza, Bermus Lv a. ei enrorlitz 
Genus 36. Fringilla L. 
A. Acanthis Keys. und Bine. Ve: 
SA canthıs>spinus 1.» 1 Wa. win. Zee 
719. Acanthis earduelis L. .*. . . . . . .. Stieglitz 
80. Acanthis linaria L.. . . . en „ ‚keinfimk 
B. Fringilla auct. . 
a) Bluthänflinge: ol Benap: ER: 
81. Linota cannabina L. . . . 7377 Bluthäntimes 
82. Linota flavirostris L. . . a we Berghänfliner 
b) Grünhänfling: Chlorospiza Bonap. 
83. Chlorospiza citrinella L. . . . . . . Zitronenzeisig 
84. Chlorospiza chloris L. . . : . . Grünling 
ec) Steinspatz: Pasta Key und Blas. 
85. Pyrgita petronia L’ .. ..n. 2. „= Steinsperling® 
d) Finken: Fringilla S. str. . Ken 
86. Erinsillaleoelebs Lu, = 2.0 2.277, 22727227 9Buehlink 
87. Fringilla montifringilla LL . . . . . . Bergfink 
e) Schneefink: Orites Keys. und Blas. . 
88. Orites nivalis Briss. . . . rErrzSschneetnke 
Genus 87. Coccothraustes Br AR 
89. Coccothraustes vulgaris Pall.. . . . . Kernbeilser 
Genus 38. Loxia L. ee Me 
90. Loxia pityopsittacus Bechst . . . . . Föhrenkreuzschnabel . 
91. Loxia curvirostra L. . . . . 2.2.2... Fichtenkreuzschnabel 
92. Loxia leucoptera Gm. L. (L. bifasciata 


Genus 33. Emberiza L. 


Brehm) 4. 1. 10 12.2 20202. 080 2. Weissbindi Kreuzsehnabel 


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100 
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116 
116 
116 
116 
11% 
117 
117 


119 


93. Aegithalus pendulinus L.. . . . . .  Beutelmeise 
Genus 40. Calamophilus Leach . EEE: 
94. Calamophilus barbatus Briss. . . . . Bartmeise . 
Genus 41. Parus L. 
a) Mecistura Leach. RENNER 
95. Mecistura caudata LE. . . . x»... ... Sehwanzmeise 
b) Parus auct. . ee Mr 
96. Parus coeruleus L. . . .» . . . ...„. Blaumeise. 
ICHPArUS MaJOESD een. a 7, Kohlmeise, 
38. Parussater Dr =. Ian. ae Tannenmeise. 
33aParusıpalusteis l.. . .. „1.0. 0... Bumpimeise: . 
IN Barus eristatus/L. 2 12m. 22,7,» Haubenmeise. 
Genus 42. Sitta L. EEE 
0 Sitbareuropaea Bine 2 0... .*-. Spechtmeise, 
Zweite Gruppe: Seidenschwänze . 
Genus 43. Bombycilla Briss TEE LICH 
102. Bombycilla garrula L.L. . . . . . . Seidenschwanz . 
Dritte Gruppe: Raben 
Genus 44. Garrulus Briss. . RE EUR, 
103. Garrulus elandarıns L. ... ... „©. „ Eichelhäher 
Genus 45. Nucifraga Briss. RR Lay 
104. Nucifraga caryocatactes L. . . . . . Tannenhäher . 
Genus 46. Pica Briss. HAB: 
Is bieareaudalarb. mut. ni nm Blster 
Genus 47. Corvus L.. 
a) Dohlen EOR 
1067 Coryusmonedula L.- - » - .. » 2°... Dohle 
b) Krähen 3 a : 
107. Corvus corone Bath, . . . . „ ..'. „Rabenkrähe 
BUS Corvus. .corlie E % „u 00.0... 2) Nebelkrähe 
WIEebrs Corax Ins 2.2... 29. 5. Kolkrabe 
110. Corvus frusilegus L.. -. . . . . . .„ Saatkrähe .. 
Genus 48. Pyrrhocorax Cuv. . Et 
111. Pyrrhocorax alpinus Vieil. . . . . . Alpendohle 
13. Familie: Sänger. 
Erste Gruppe: Staare 
Genus 49. Sturnus L. er: 
2 rSbienusı yulganıs I; „Na 222... vBtaar 


113. 


Inhalts- Verzeichnis. 


12. Familie: Häher. 
Erste Gruppe: Meisen . 
Genus 39. Aegithalus Vig.. 


Genus 60. Merula Briss. EICHE 3 4 Me FR 
erulastoseaWBriSSsemE rer ERosenstaat, 


XVI 


Inhalts-Verzeichnis. 


Zweite Gruppe: Baumläufer . 


Genus 5l. Troglodytes Koch . 
. Troglodytes parvulus Koch 


Genus 52. Certhia L. 


. Certhia familiaris L. 
Genus 53. Tichodroma IMig, 
). Tichodroma muraria L 


Zaunkönig 
Baumläufer 


Mauerläufer 


Dritte Gruppe: Wasseramseln 


Genus 54. Cinclus Bechst. 


. Cinclus aquaticus Briss. 


Bachamsel . 


Vierte Gruppe: Bachstelzen 


Genus 55. Anthus Bechst. . 
Anthus spinoletta L. 
Anthus pratensis L. . 


. Anthus arboreus Bechst, 
. Anthus campestris Bechst. 
2, Anthus Richardi Vieill. 


Genus 56. Motacilla L. . 
a) Motacilla auct. 


3. Motacilla alba L. . 
. Motacilla boarula Penn. 


b) Budytes Ouv. . 


5. Budytes flava L. . 


Wasserpieper 
Wiesenpieper 
Baumpieper 
Brachpieper 
Sporenpieper 


Weifse Bachstelze 
Gebirgs-Bachstelze 


Gelbe Schafstelze 


Fünfte Gruppe: Drosseln 


Genus 57. Oriolus L. 


;. Oriolus galbula L. 


Genus 58. Petrocichla Vie. 
a) Petrocichla auct. . 


. Petrocichla saxatilis L.. 


b) Petrocossyphus Boie 


. Petrocossyphus cyana L. 


Genus 59. Turdus L.. 


9, Turdus iliacus L. . 

. Turdus Naumanni Temm. . 
. Turdus musicus L. 

. Turdus solitarius Wilson 


33. Turdus atrigularis Natt. 


. Turdus torquatus L. . 

5. Turdus pilaris L. . 

. Turdus viseivorus L . 

7. Turdus merula L.. 
Genus 60. Accentor Bechst. 
3. Accentor alpinus J. Fr. Gmel. 
. Accentor modularis L. 


Goldamsel 
Steindrossel . 
Blaudrossel 
Weindrossel . 
Naumanns Drossel 


Singdrossel 
Einsame Drossel 


Schwarzkehlige Drossel . 


Ringamsel E 
Wa A, 
Misteldrossel 
Schwarzdrossel . 


Alpenfluevogel 
Fluevogel . 


Seite 


155 


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164 


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168 
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169 
170 
174 
174 
177 
177 
178 


Inhalts-Verzeichnis. 


Genus 61. Salicaria Bechst. 
. Salicaria turdoides Meyer . 
. Salicaria arundinacea Briss. 
. Salicaria palustris Bechst. . 
. Salicaria locustella Penn. . 
,. Salicaria phragmitis Bechst. . 
. Salicaria aquatica Lath. 


Sechste Gruppe: Sänger 


Genus 62. Regulus Raj. 

. Regulus ignicapillus Brehm 
. Regulus cristatus Koch . 
Genus 63. Ficedula Koch . 
. Ficedula hypolais L.. ; 
. Ficedula sibilatrix Bechst. 
. Ficedula trochilus L. 

. Ficedula rufa Lath. 

. Ficedula Bonelli Vieill. 
Genus 64. Sylvia Penn. . 


Sylvia eurruca Lath. . 


. Sylvia atricapilla Briss. . 
5. Sylvia cinerea Briss. 
). Sylvia hortensis Penn. 

. Sylvia nisoria Bechst. 
Genus 65. Lusciola Keys. und 1SIER. 
a) Lusciola Keys. und Blas. 

. Lusciola philomela Bechst. 

9. Lusciola luscinia L. : 
-b) Cyanecula Behr 
. Cyanecula suecica L. (leucocyana Brehm) 
c) Erithacus Swains. 
. Erithacus rubecula L. 


d) Ruticilla Brehm 


. Rutieilla phoenicurus L. 
. Rutieilla tithys Scop. 
Genus 66. Saxicola Bechst. 


a) Pratincola Koch 


. Pratincola rubetra L. 


. Pratincola rubicola L. 
b) Saxicola Bechst. . 
). Saxicola oenanthe L. 


Genus 67. Lanius L. 


. Lanius excubitor L. 

. Lanius minor Gmel. L. 
. Lanius collurio L. 

. Lanius rufus Briss. 


Jäckel, Die Vögel Bayerns. 


b 


xXVu 
Seite 
Em ru EL En 178 
Drosselrohrsänger . 178 
Teichrohrsänger 179 
Sumpfrohrsänger 180 
Heuschrecken-Rohrsänger 180 
Schilfrohrsänger 181 
Binsenrohrsänger 182 
183 
Kae a eg Fe u wohl 
Feuerköpf Goldhähnchen 183 
Gelbköpf. Goldhähnchen 183 
A 184 
Gartenspötter 184 
Waldlaubvogel . 184 
Fitislaubvogel 185 
Weidenlaubvogel 186 
Berglaubvogel 186 
EIERN A Ta 157 
Zaungrasmücke . 187 
Schwarzköpfige Grasmücke 188 
Dorngrasmücke . 189 
Gartengrasmücke 189 
Sperbergrasmücke . 189 
190 
BER ANE 190 
Sprosser 190 
Nachtigall 191 
EIER 192 
Blenkehlchen 192 
REITER 192 
Rotkehlchen . 192 
ER ER A RERER he 193 
Gartenrotschwänzchen 193 
Hausrotschwänzchen . 194 
196 
NEL ENT; 196 
Braunkehliger Wiesen- 
schmätzer u 7296 
. Schwarzkehl. Wiescnschen. 197 
PAR SUN U ae: 197 
Steinschmätzer . 197 
a AL 198 
Raubwürger . 198 
Kleiner Grauwürger . 199 
Rotrückiger Würger . 200 
Rotköpfiger Würger 200 


X VIII Inhalts- Verzeichnis. 


174. Muscicapa albicollis Temm. Weifshalsie. teen 
14. Familie: Schwalben. 
Genus 69. Hirundo L. 
a) Chelidon Boie EEE 0 R 
175. Chelidon urbiea L. -., #. .. ... . % „Stadtschwalbe 
b) Hirundo auct. . Re He 
176. Hirundo rustiaiL.°. & : 2. _ . Rauchschwalbe . 
c) Cotyle Boie FEN SEEN 
177. Cotyle rupestris Scop. . . . . ... .. Felsenschwalbe . 
178. Gotyle’ripania L ® 2.% -...:0 ".. =. Vlerschwalbe 
Ordnung IV. Gallinaceae. Hühner. 
15. Familie: Tauben. 
Genus 70. Columba L. 
a) Columba auct.. FR Fe 
179. Columba palumbus L. . . . . . ...  Ringeltaube 
180. Columba oenas Gmel. L.. . . . . . Hohltaube 
b) Peristera Boie . 
18%, "Beristera-hurtur 1, 020 8, Turteltaube 
16. Familie: Se. 
Genus 71. Syrrhaptes Illie. . BE re 
182. Syrrhaptes paradoxa Pall.. . . . . . Steppenhuhn 
17. Familie Hühner. 
Erste Gruppe: Waldhühner. 
Genus 72. Lagopus Vieill. 
189, Tagopus. alpınuss Nest ee ge Äpenschnechune 
Genus 73. Tetrao L. TE 
184. Tretrao urogallus L. : . . .. 2°... Anerhuhn . 
189: Tetrassteirix E. 7 Mr a ae Birkhuknee 
Genus 74. Tetrastes Keys. und Blas. . VE 
186. Tetrastes bonasia L. . ... . - . Haselhuhn 
Zweite Gruppe: Fasanen 
Genus 75. Phasianus L. . BR BE 
187. Phasianus‘colchieus-L.'. .% 17.9, 7. Easan 
Dritte Gruppe: Feldhühner . 
Genus 76. Perdix Briss. 
188. Berlix praeea:Brissa. „2 zn ee Ste aahn 


. Muscicapa atricapilla L. 


Genus 68.. Muscicapa L. 


. Muscicapa grisola L . . .. .. ...... Grauer Fliegenschnäpper 
Museicapa parva Bechst . . . . . . Zwergfliegenschnäpper 


schnäpper . 


Schwarzrückiger Fliegen- 


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209 


189. 


190. 


192. 
193. 


194. 
195. 
196. 
OTE 


198. 


SB) 


200. 


201. 


Inhalts- Verzeichnis. 


Genus 77. Starna Bonap. 
Starna einerea Briss. : 

Genus 78. Ortygion Keys. und 
Ortygion coturnix L. 


Ordnung V. Grallatores. 
18, Familie: 


Genus 79. "Glareola Briss. 


. Glareola pratincola L. 


Rebhuhn 
Blas. he: 
Wachtel 
Sumpfvögel. 
Rennvögel. 
Brachschwalbe 


19. Familie: Trappen. 


Genus 80, Otis L. 
ÖOtis tarda L. 


Otis tetrax L. 


Grosstrappe 
Zwergtrappe 


20. Familie: Wasserhühner. 


Erste Gruppe: Rallen 


Genus 81. Crex Bechst. 
Crex pratensis Bechst. . 

Genus 52  Ortygometra Leach 
Ortygometra porzana L. 
Ortygometra minuta Pall. . 
Ortygometra pygmaea Naum. 

Genus 83. Rallus L. 

Rallus aquaticus L. 

Zweite Gruppe 

Genus 84. Gallinula Briss. 
Gallinula chloropus Briss. 

Genus 8. Fulica L. 

Fulica atra L. 


21. Familie: 


Genus 86. Grus Pall.. 
Grus cinerea Bechst. 
22. Familie: 


Genus 87. Oedienemus Temm. 


. Oedienemus crepitans Temm. 


Genus 88. Vanellus Briss. 


. Vanellus eristatus Meyer und Wolf 


Genus 99. Squatarola Ouv. 


. Squatarola helvetica Briss. 


Genus 90. Charadrius L. 


. Charadrius pluvialis L.. 


Wachtelkönig 
Getüpfeltes ou 
Kleines Sumpfhuhn 
Zwergsumpfhuhn 
es erualie 
: Blesshühner 
Eiinfas-iger no 
Blässe 
Kraniche. 
Bronteh 
Regenpfeifer. 
Triel 
Kiebitz 
Biebititegenpfeifen 


Goldregenpfeifer 
b E 


XIX 


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238 
241 
241 


XX 


206. 
207. 


208. 
209. 


212. 
213. 
214. 
215. 
216. 
217. 
218. 


219. 


220. 


221. 


227. 


228. 


Inhalts-Verzeichnis. 


Genus 91. Eudromias Boie 
Eudromias morinellus L. 

Genus 92. Aegialites Boie . 
Aegialites cantianus Lath. 
Aegialites curonicus Besecke 
Aegialites hiaticula L. 

Genus 93. Strepsilas Illig. 


. Strepsilas interpres L, 


Genus 9. Haematopus L. . 


. Haematopus ostralegus L.. 


23. Familie: Schnepfen. 


Genus 95. Recurvirostra L. 
Recurvirostra avocetta L. . 


Genus 9. Hypsibates Nitzsch 


Hypsibates himantopus L 


Genus 97. Totanus Briss. 
Totanus glottis L. 
Totanus stagnatilis Bechst. 
Totanus fuscus Briss. 
Totanus calidris L. 
Totanus glareola L. 
Totanus ochropus L.. 

Genus 98. Actitis Boie 
Actitis hypoleucos L. 


Genus 99. Phalaropus Briss. . 


a) Lobipes Cuv. 
Phalaropus cinereus Briss. 


b) Phalaropus auct. . 


. Phalaropus rufescens Briss. 


Genus 100. Limosa Briss. . 


. Limosa aegocephala L. . 


. Limosa rufa Briss. 


Genus 101. Machetes Cuv. 
. Machetes pugnax L.. 
Genus 102. Calidris Mike. 


3). Calidris arenaria L. 


Genus 103. Tringa L. 


a) mit erweitertem, geraden, langen 


Schnabel . 
Tringa canutus L.. 


Seite 
ER 1.) ARTE 
Mornellregenpfeifer . . 258 
Be RE EN 259 
Seeregenpfeiferr . . . . 259 
Flulsregenpfeifer . . . 259 
Sandregenpfeifer . . . 259 
u 3 a BE a ee. 
Steinwälzer . .. . ... 260 
a a A 
Austernfischer . . . . 261 
ee Kae Pe 
Avocettsäbler ,„ . . „ 261 
NEN Er Ir DE REDE 
Grauschwänziger Wasser- 
lauter. sa v8 20262 
en RE 
Heller Wasserläufer . . 265 
Teichwasserläufer . . . 266 


Dunkler Wasserläufer . 266 
Rothschenkliger Wasserl. 268 


Bruchwasserläufer . . . 269 
Waldwasserläufer . . . 270 
PERSFERE CD > San, 271 
Flussuferläufer . . ... 24 
271 
a N el! 
Schmalschnäbliger Was- 
sertreterr ... 00. 2a 
Br 
Breitschnäbliger Wassert. 272 
u ee ee A IR 
Schwarzschwänzige Ufer- 
schnepfe . . . . 272 
Rostrote Vferschnopfe er) 
Kampfschnepfe . . . . 2% 
2 U 277 
Sanderling.- „ . 2 VEE3HT 
278 
278 


Isländischer Strandläufer 278 


b) mit schlankem, en langen 


Schnabel . 
Tringa maritima Brünn. 


Seestrandläufer . . . . 278 


229, 
230. 
931. 
232, 
933. 
234. 
235. 
236. 
237. 


238. 
239. 


240. 


241. 
242. 


243. 
244. 


245. 
246. 
247. 


248. 


249. 
250. 


251. 


Inhalts- Verzeichnis. 
Tringa subarquata Güldenstädt . . . . Bogenschnäbliger Ufer- 
läufer . : 
Irmgascinelus L.. 2: Alpenstrandläufer . 
c) mit schlankem, len, Karren Schnabel 
Tringa minuta Leisler ee er Zwerestrandläufer 
Tringa Temminckii Leisler a er Temmincks’ Zwerg: 
strandläufer 
Genus 104. Limicola Koch ea Er RIEF PIE 
Limicola pygmaea Lath . . . . Kleiner Sumpfläufer . 
Genus 105. Ascalopax Keys. und Blks ; ee 
Ascalopax gallinula L. te ae 9, ‚Kleine Bekässine 
Ascalopax gallinage L.L. . . . . „= . „ Bekassine 
Ascalopax major J. Fr. Gmel. 3... Grolse Bekassine 
Genus 106. Scolopax L. ee 
SeolepawzustieolatL. . . 2 .,.... ., Waldsehnepfe 
Genus 107. Numenius Briss. a Be a 
Numenius phaeopus L. . . . . .. .. .  Regenbrachvogel 
Numenius arquata L.. . . » 2. 2... ... Grolser Brachvogel 


24. Familie: Sichler. 


Genus 108. Ibis Cuv. ER 
Ihisetalcımelluselee reis 


25. Familie: Reiher. 


Genus 109. Ardea L. 

a) Ardea auct. BAUETENTE 
Ardea purpurean nu ar, „Pürpurreiher 
Ardea cinerea L. N. een. = Grranerjkeiher 

birEeretianBomapı Fo... ee u ne 
Berettatalbae, er er ur. or...» ‚Silberreiher 
Berettansarzetita Da. un... 02 02n.Seldenreiher 

ce) Buphus Boie ee ee: 
Bupkhusrcomataspallı 7. 2.2. 2.0. ERallenreiher‘. 

d) Ardeola Briss. a ER TEOE OUR 
Ardeola minutaL . . . ..#. . . Zwergrohrdommel . 


e) Botaurus Briss. 


Botaurus stellaris L. : . . .. Grosse Rohrdommel . 


f) Scotaeus Keys. an Bas EEE 
Scotaeus nycticorax L. Bas Nachtreiber. 


26. Familie: Störche. 


Genus 110. Ciconia Briss. ea Bel rt 
Greomieniera a a a . „Schwarzer Storch 
@leonia alba Briss. .... un a u SWeilser Storch": 


Genus 111. Platalea L. . RATE TURN 
Platalea leucerodius L. reeeWortelreiher 


XXI 


Seite 


279 
280 
281 
281 


282 
282 
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296 


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297 
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sol 
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305 


306 
306 
307 
312 
312 


XXI 


252. 


299. 


Inhalts- Verzeichnis. 


27. Familie: Flamingos. 


Genus 112. Phoenicopterus L. 
Phoenicopterus roseus Pall. 


Ordnung VI. Natatores. 


28. Familie: Enten. 
Erste Gruppe: Schwimmende Enten ohne Hautsaum . 


Genus 113. Cygnus Bechst. 
Cygnus musicus Bechst. 
Genus 114. Anser Briss. 
a) Anser auct. 


. Anser albifrons Pall. 


Anser segetum J. Fr. Gml. 


. Anser einereus Meyer und Wolf 


b) Bernicla Briss.. . . 


»7. Bernicla brenta Pall. 


262. 


263. 


264. 
269. 


266. 


. Berniela lencopsis Bechst. 


Genus 115. Vulpanser Antiq. 
Vulpanser tadorna L 
Genus 116. Anas L. 
a) Mareca Stephens. 


. Mareca penelope L. 


b) Cyanopterus Eyton 


. Uyanopterus querquedula L. 


c) Anas_auct. 

«) Chauliodes Swains. 
Chauliodes strepera L._ . . 

) Dafila Leach. 
Dafila acuta L. 

y) Anas L. 
Anas boschas L. 
Anas crecca L. 


Genus 117. Rhynchaspis Leach 


Rhynchaspis clypeata L. 


/weite Gruppe: Tauchende Enten 


Genus 118. Somateria Leach 


)(. Somateria mollisima L. 


Genus 119. Oidemia Flem. 


. Oidemia fusca L. 
-Oidemia nigra L EEE ER E 
Genus 120. Undina Keys. und Blas. 
). Undina mersa Pall. ER 
Genus 121. Glaucion Keys. und Blas. 
. Glaueion claneula L. 


Genus 122. Harelda Leach 


Singschwan 


Blässengans 
Saatgans 
Graue Gans 


Ringelgans 


Weilswangige Gans 


. 


Brandente 


Pfeifente 


Krickente . 


Schnatterente 


Spielsente 
Stockente 
Krickente 


Löffelente 


mit Hautsaum 


Eiderente . 


Dammetente 
Trauerente 


Ruderente 


Schellente 


r. 


Flamingo 
Schwimmvögel. 


Seite 


314 
»l4 


316 
316 
316 
320 
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325 
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326 
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328 
328 
330 
BBp 
531 


332 
332 
332 
332 
332 


9299 
Dede 


334 
33% 


99 
33) 


354 


339 


Innhalts-Verzeichnis. XXII 

SanHaneldarelacalisı TE’. -;; „use 2... jEisente 335 

2>7S.2Hlareldanhistrioniea. L. -, „m. = ».. .. Kragenente 339 

Genus 123. Fuligula Raj. ea 336 

HA Rılieula, marıla L.. .... 2%" 2 5. 20.2 Bergente 396 

219. Buligula eristata "Ral.. =... .-.; +... Beiherente 336 

276. Fuligula nyroca Güldenst. . . . . . _Moorente Bay 

or Ruleniatlerna u... 2,00 2... 8, Fafelente 338 

212 Rulieula rutima Ball... 2%. 21...2.0. Kolbenente 340 

Dritte Gruppe: Sägetaucher 340 

- Genus 124. Mergus L. 340 

a) Merganser Briss. . BE ER ARE SEN 340 

279. Merganser castor L. nn Grelger. Sagetaucher-: 340 

280. Merganser serrator L.. . - . . . .  .  Langschnäbl. Sägetaucher 342 

b) Mergus L. er I UBER 342 

281. Mergus albellus LL . . . .....2..... Kleiner Sägetaucher . 342 
29. Familie: Pelikane. 

Genus 125. Phalacrocorax Briss. NER TEHTTRE 343 

282% Bhalaerocorax carbe L. 7-77 .7.... % "Kormoran. 345 

283. Phalacrocorax pygmaeus Pall. . . . . Zwergscharbe 544 

Genus 126. Pelecanus L. BU er 345 

284. Pelecanus onocrotalus L. . . . . . Pelikan 345 


80. Familie: Taucher. 


Erste Gruppe: Lappentaucher 346 
Genus 127. Podiceps Lath. 346 
a) Sylbeocyclus Bonap. RER, 346 
285. Sylbeocyclus minor Lath. . . . . . . Kleiner Steifsfuls . 346 
b) Podiceps auct. ; SITE RE 347 
286. Podiceps recurvirostris Brehm . . . . Ohrensteilsfuls 347 
287. Podiceps arcticus Naum. . . . . . .„. Hornsteiflsfuls 347 
288. Podiceps suberistatus Jacq. . . . . . Rothalsiger Steilsfufs 348 
289m Podieepsr eristatuse Der 7 2 7 72 SHaubentaucher 348 
Zweite Gruppe: Seetaucher 350 
Genus 128. Colymbus L. RA BB ce Ar. 350 
290. Colymbus aretieusL. . . . . .„ „*. Polarseetaucher 390 
291. Colymbus torquatus Brünn . . . . . Eisseetaucher 350 
292. Colymbus septentrionalis L.. . . . . Nordseetaucher 35l 
831. Familie: Sturmvögel. 

Genus 129. Thalassidroma Vigors . SE SE SE a 

293. Thalassidroma pelagica L. Kleiner Schwalbensturm- 
vogel 352 
Genus 130. Nectris Forster EEE EEE 395 
294. Nectris cinerea J. Fr. Gmel. . . . . Eissturmvogel 355 


ERSXUNV Inhalts -Verzeichnis. 


295. Lestris pomarinus Temm . . . . . . Breitschwänz. Raubmöve 
b) mit spitz verlängerten, mittleren Schwanzfedern 
296. Lestris cephus Brünn. . . . . . . .. Langschwänz Baubtiöye 
297. Lestris parasita Brünn... . . . . . .. Kurzschwänz. Raubmöve 
Genus 132. Larus L. . re a ee ee EM: 
a) Schwanz gerade; mit weilsen Schwingenschaften . 
298. Larus minutus Ball. > 27,87. „ur, Zweremöve 
299. Larus melanocephalus Natt. . . . . . Schwarzkopfmöve . 
300; Larus ridıbundus.L... +... . 2.2... Eachmöve 
301. Larus tridacetylus L. . . . : .... ... Dreizehige Möve 
b) Schwanz gerade; mit dunkelbraunen Schwingenschaften 
302. Larus?eanus 1, u. ar... en BRshımmaye 
303. Larus argentatus Brünn. . . . . . . Silbermöve 
304. Larus fuscus L. . . ee N Hernesmöye 
305, Larusmarinus 1.» c.ı ra ® 042 Mantelmöve 
Genus 133. Sterna L. - 
a) Weifse Seeschwalben, mit ganzen Sch abiaten 
306. Sterna caspia Pal . . . . . . 2... Kaspische Seeschwalbe 
307. Sterna hirundo L.. . . . . . .... .. Flufsseeschwalbe 
308. Sterna minuta L.. . . . 2 2.2...,. Zwergseeschwalbe . 
309 Sterna anglica Montagu. . . . . . . Lachseeschwalbe 
b) Graue Seeschwalben, mit halben Schwimmhäuten 
310, Sterna hybrida Pall.) 4.02... 22. Weilsbärt. eschwalße 
3ll. Sterna leucoptera Meifsner und Schinz Weifsflügl.Seeschwalbe 
312. Sterna nigra Briss. . . :. . 2 . . '„ Schwarze Seeschwalbe 


32. Familie: Seeschwalben. 
Genus 131. Lestris Illiger “ 
a) mit gerade abgerundeten, mittlere Achwanzfedern 


354 
354 
354 
354 
354 
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396 
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396 
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363 
363 
363 
364 
366 
374 
374 
376 
319 


Ordnung 1. 
Rapaces. Raubvögel. 


1. Familie: Geier. 


Genus I. Neophron Savigny. 
1. NEOPHRON PERCNOPTERUS L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 133. n. 1. — 
Verz. S. XXVII. 

Naumann, Joh. Friedr., Naturgeschichte der Vögel Deutschlands 
I. S. 170. Taf. 3. — Nachträge XII. 8. 7. — Fortsetzg. der 
Nachtr. 8. 6. 


Dr. Bernard Altum (Forstzoologie II. S. 403) sah im Herbst 
1371 zu Schliersee in Oberbayern ein schönes altes Exemplar 
des dunkelflügeligen Aasgeiers, welches »daselbst einige Jahre 
vorher geschossen war«. Es wird dieser Geier der Alten Welt — 
ich weils nicht auf Grund welcher spezieller Vorkommnisse — 
unter den deutschen Irrlingen aufgezählt, ist seit Gelsner als 
Schweizer Vogel bekannt, brütet bei Genf noch jetzt in zwei 
Paaren am Mont Saleve und kann sich möglicherweise bis in 
unsere Gegenden verfliegen. Zuverlässige Kunde, dals er in 
Bayern wirklich schon erlegt worden wäre, habe ich nicht er- 
halten können und möchte der Altum’schen Angabe gegenüber 
Vorsicht empfehlen. 


Genus 2. Vultur L. 


2. VULTUR FULVUS Briss. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 133. n. 2. — 

Verz. 8. XXVLI. 
Naumann. Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, I. S. 162. 
Taf. 2. — Nachträge XIII. 8.3. Taf. 338. — Fortsetzung der 

Nachträge S. 5. 
Der gemeine Gänsegeier, ein Gast aus Südosteuropa, ist schon 
öfter vereinzelt oder in kleinen Gesellschaften zu uns gekommen 
Jäckel, Die Vögel Bayerns. 1 


9) Ordnung I. Rapaces. Raubvögel. 


und in der Gegend von München bei Holzkirchen, Schleilsheim 
(1826), Berchtesgaden, am Ammersee bei Seefeld, Dettenschwang 
und Jesenwang (ein Paar 1883 am 17. und 23. September), in 
Niederbayern bei Kirchdorf in der Gegend von Regen, wo ein 
Bauer einen solchen, jetzt in der Sammlung des naturwissen- 
schaftlichen Vereins in Regensburg stehenden Geier dadurch 
fing, dals er ihm seine Peitsche um den Hals schlang, in Mittel- 
franken bei Gunzenhausen (& 13. Mai 1862) und in der Hersbrucker 
Gegend bei Gerhelm (22. September 1882), in Unterfranken bei 
Kloster Heidenfeld (12. Mai 1820) und ein ausgezeichnet schönes 
Paar in der Gegend von Gaibach bei Volkach (22. September 1841) 
und endlich in Schwaben ein Stück bei Günzach zwischen Kauf- 
beuren und Kempten (Herbst 1857) erlegt worden. 

Jenes bei Heidenfeld geschossene Exemplar wurde in der 
Nähe einer Fallhütte betroffen, wo ihn lautes Geschrei vieler 
Krähen und Kleinvögel dem Schützen verriet, der ihn am andern 
Morgen auf derselben Stelle, angekrächzt von noch mehr Krähen 
und anderen Schreiern, auf einer etwa 60 Fufs hohen Eiche 
stehen sah. Nach Empfang von zwei Schüssen strich der Geier 
noch ungefähr 600 Schritte weiter, bis er tot herabstürzte. Der- 
selbe steht ausgestopft im zoologischen Museum zu Würzburg. 

Ein vor Jahren in der Gegend von Gunzenhausen bei Lauben- 
zedel erlegter Gänsegeier war aus der Gefangenschaft entkommen, 
wie die abgesägten Krallenspitzen bewiesen. 


(Forstmeister Donle berichtet mir, dafs er im Jahre 1865 in 
dem Bureau des Forstmeisters v. Baumgarten in Kreuth ein 
Exemplar dieses Geiers gesehen habe, das nach eigener Fr- 
zählung der Förster Arnold im Dorfe Kreuth bei Tegernsee erlegt 
habe. — A. Wiedemann erwähnt, dafs in dem dem Regierungs- 
bezirke Schwaben benachbarten Oberbayern aulser den oben er- 
wähnten beiden Exemplaren von Dettenschwang und Jesenwang 
noch drei braune Geier zum Abschuls gekommen seien, ein 
altes 2 im Oktober 1886 bei Rauhenzetl, unfern Immenstadt ge- 
flügelt und noch längere Zeit am Leben erhalten und im Juni 
1887 ein altes & bei Vorderburg in der Nähe des Grünten mittels 
eines Schrottschusses erlegt sei. — R. Bl.) 


1. Familie. Geier. 3 


Genus 3. Gyps Savigny. 
3. GYPS CINEREUS Sav. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 133. n. 4 — 
Verz. S. XXVI. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, I. S. 155. 
Taf. 1. — Fortsetzung der Nachträge S. 5. 


Auch dieser Bewohner des Südens kommt auf seinen Streife- 
reien zu uns und wurde öfter als der vorige in Bayern erlegt. 
Zwei Stücke wurden 1824 unweit München auf einem von der 
Isar ausgeworfenen Schafe geschossen, einer im Sommer 1849 
bei Tirschenreuth in Niederbayern von einem Metzgerburschen 
in einem Getreideacker mit der Peitsche gefangen; andere wurden 
bei Amberg in der Oberpfalz (24. Mai 1844) bei Obersdorf und 
2 juv. bei Lintach (26. Mai 1368), in Oberfranken bei Bamberg, 
Bayreuth, Kronach (& Mai 1859 bei Steinwiesen), in Mittelfranken 
bei Erlangen (20. Mai 1868) und ein junges, teilweise schon 
mauserndes Männchen in Schwaben bei Adelsried, drei Stunden 
von Augsburg, am 2. Juni 1857 von einem Bauern auf dem 
Felde mit zwei Schüssen erlest. Der letzt angeführte Vogel war 
so matt, dafs er sitzen blieb, bis der Bauer aus dem Hause ein 
Gewehr geholt hatte, liefs sich dann ziemlich nahe kommen, 
flatterte eine kurze Strecke weiter und setzte sich wieder auf den 
Boden. Tödlich verwundet, wehrte er sich noch tapfer mit 
Schnabelhieben. 

Im Spessart soll der graue Geier in einzelnen Distrikten, 
z. B. im Forstrevier Rothenbuch, sonst so häufig gewesen sein, 
dals ein Berg — Geiersberg — nach ihm benannt wurde. Noch 
im Jahre 1346 soll er daselbst anzutreffen gewesen sein. Selbst 
Behlen in seiner Topographie des Spessarts lälst ihn in den 
finsteren Wäldern dieses Gebirgsforstes hausen. Das alles ist 
Fabel. 

In früheren Jahrhunderten, als die sanitätspolizeilichen Vor- 
schriften über das Wegschaffen und Vergraben gefallener Tiere 
nicht mit der Strenge wie heutzutage gehandhabt werden konnten, 
dürften der braune und graue Geier öfter nach Bayern gekommen 
sein, als dies jetzt der Fall ist. Die sich noch zu uns verirren, 
sind gewöhnlich durch Hunger ermattet, des Fliegens nicht mehr 


mächtig und kommen elendiglich um. 
L* 


4 Ordnung I. Rapaces. Raubvögel. 


(A. Wiedemann erwähnt, dals im Jahre 1822 ein kleiner 
Flug Mönchsgeier in der Umgebung des Traunsees erschienen 
sei, dort einige Tage verweilt habe und dann spurlos verschwunden 
sei. — R. Bl.) 


Der Geieradler, in Bayern einst »Jochgeier, Gambsgeier, Gemsgeier« 
geheifsen (Gypaötos barbatus L.), war einst eine Zierde unserer vaterländischen 
Fauna und noch zu Schrank'’s Zeiten in den achtziger Jahren des vorigen 
Jahrhunderts um Hohenschwangau, Ettal und Benediktbeuren nicht als äufserste 
Seltenheit vorhanden. Nach Prof. Dr. Wagler wurde 1827 ein altes Männ- 
chen bei Berchtesgaden geschossen, woselbst auch Schrank 1783 gleichfalls 
ein altes ausgestopftes Männchen sah. Seit etwa 50 Jahren ist dieser herr- 
liche, freilich höchst schädliche Adler bei uns ausgerottet, während er aus 
Tirol, wo noch 1810 ein Paar erlegt wurde, schon früher verschwunden ist. 
Nach P. Th. A. Bruhin ist zwar der Lämmer- oder Jochgeier (Gyp. barbatus) 
auf den Hochalpen Vorarlbergs kein zu seltener Gast und hat auf dem hohen 
Iffer an der Grenze gegen das bayerische Algäu, wo jährlich Hunderte von 
Schafen gesommert werden, schon arge Verwüstungen unter den Schafen an- 
gerichtet, eine Angabe, welche auf einer Verwechslung mit dem Steinadler 
unseres Hochgebirges beruht, der nach dem Verschwinden seines gewaltigen Ver- 
wandten dessen volkstümliche Namen geerbt hat. Wegen des grofsen Schadens, 
den der Jochgeier dem Wildstand und Weidevieh zufügte, setzte die bayerische 
Regierung durch das allgemeine Schufsgeld-Regulativ in sämtlichen kgl. Leib- 
gehegen und Reservejagden vom 4. Dezember 1812, durch das Regulativ der 
kgl. Hofjagd-Intendanz für die kgl. Leibgehege Berchtesgaden im Jahre 1818 
und endlich durch Regulativ für alle auf kgl. Regie betriebenen Jagden für 
jeden eingelieferten Jochgeier eine Prämie von 4fl. fest, während für einen 
Hirsch von S und mehr Enden 2 fl, für einen geringeren 1fl. 30 kr. Schufs- 
geld bezahlt wurde. Kein Wunder, dafs die Ausrottung des Geieradlers 
unserer Alpen in kurzem vollendete Thatsache war. Wenn er auch in früheren 
Zeiten nicht zu den Seltenheiten unseres Hochgebirges gehörte, so zahlreich 
war er gewils nie, als man nach alten Angaben annehmen zu müssen glaubte; 
denn die Benennungen »Gams- und Lämmergeier« bezogen sich wohl damals 
schon grofsenteils auf den Steinadler, vielleicht auch auf den Gänsegeier 


(V. fulvus). 
(Nach A. Wiedemann wurde der letzte Bartgeier in Bayern 
1855 bei Berchtesgaden von einem Jäger erbeutet. — R. Bl.) 


2. Familie. Falken. 5 


2. Familie: Falken. 
Genus 4. Falco L. 
a) Edelfalken. 
4. FALCO SUBBUTEO L. 
Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas. I. S. 134. n. 6. — 


Verz. S. XXVII. 


Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands I. S. 296. Taf. 26. 
— Nachtr. XIII S. 108. 


Wei/sback, Wei/sbäcklein, Baumfalke, Schwalben-, Lerchenfalke, 
Lerchengeier, Lerchenstöfser, Lerchenstöfsel, Lerchenstecher, 
Lerchenhäcklein. 


Er kommt im März und April an, brütet in Feldhölzern 
und Vorwaldungen, zieht im September und Oktober wieder fort 
und bleibt einzeln, so lange noch Lerchen bei uns sind. 

Riesenthal hält die Angabe eines Forstkandidaten, der 
im Kropf eines von ihm erlegten Lerchenfalken eine Maus fand, 
für einen ebenso seltsamen als merkwürdigen Fall. Ich kann 
versichern, dass sowohl ich, als auch mein Freund Herr Pelz- 
händler Joh. Friedr. Leu in Augsburg, für dessen Verlässigkeit 
ich einstehe, in erlegten Baumfalken Mäusereste gefunden haben, 
aulserdem meistens kleine Vögel, Baumpieper, Lerchen, Finken 
und Schwalben. Einmal sah ich, wie ein Weilsback einen jungen 
Staar, ein andermal, wie er einen dunkelfarbigen Strandläufer 
(Totanus fuscus) fing. Er nährt sich aber auch bekanntlich von 
Insekten, deren ich und meine Freunde folgende konstatierten: 
Necrophorus vespillo, Geotrupes stercorarius, Spondylis buprestoides, 
Schmetterlingen (3 Tryphaena fimbria), Libellen, Köcherjungfern, 
grolse fliegenden Ameisen (Formica herculeana), womit einst der 
Kropf und die Speiseröhre eines dieser Falken vollgepfropft war. 
Die Insekten fängt und verzehrt er, namentlich am Abend im 
Fluge, dürfte sie aber auch vom Boden aufnehmen, da ich einst in 
einem Magen neben vielen Insekten auch Steinchen und dürre 
Tannennadeln, Leu einmal einen weilsen Kiesel fast von der 
Gröfse einer Haselnuls fand. Der Mageninhalt eines von dem 
Fälklein verzehrten hühnerartigen Vogels könnten die Steinchen 
und der Kiesel gewesen sein, die Tannennadeln jedoch nicht. 
Diese wurden wohl im hastigen Haschen nach dem Spondylis 
zufällig mit aufgenommen und hinabgewürgt. 


6 Ordnung I. Rapaces. Raubvögel. 


5. FALCO PEREGRINUS Briss. 
Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas. I. S. 134 n. 7. — 
Verz. XX VIII. 
Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands. I. S. 285. Taf. 24. 
— Nachtr. S. 106, 

Der Wanderfalke ist auf dem Frühjahrs- und Herbstzug 
bei uns nirgends selten, in wasser- und entenreichen Gegenden 
sogar eine ziemlich gewöhnliche Erscheinung. Gewöhnlich er- 
scheint er im März und April und wieder im Oktober und 
November, da, wo er nicht brütet, selten schon um die Mitte 
August und Anfang September. Die bei uns im Winter gesehen 
werden, scheinen nordische Zuzügler zu sein. Im Dezember 
1875 konnte man jeden Tag ein Paar dieser Falken zur Mittags- 
zeit hoch in den Lüften über dem Hallplatze in Nürnberg wahr- 
nehmen, wie es den günstigen Augenblick ablauerte, um, pfeil- 
geschwind herabsausend sich seine Beute aus der Schar von 
Tauben zu holen, welche die bei Abhaltung der Getreideschranne 
abgefallenen Körner auflasen. Im bayerischen Hochgebirge horstet 
er, wie ein am 23. Mai 1862 bei Hohenschwangau erlegtes altes 
Weibchen der Augsburger Sammlung!) beweist, das von einer 
unzugänglichen Felswand, worin der Horst stand, herabgeschossen 
wurde. Im Hochgebirgs-V orlande, aın Oberlech, auf der Münchener 
Hochebene und in der Gegend von Augsburg, Ingolstadt ete. 
werden deshalb Ende April und Anfang bis Ende Mai noch 
einzelne alte und in den Sommermonaten besonders junge Vögel 
gar nicht ungewöhnlich erlegt. Nach A. v. Homeyer horstet 
er auch alljährlich in einigen wilden Felspartien Rheinbayerns 
und wurden nicht blofs alte Vögel bei den Horsten erlegt, sondern 
auch 18358 mehrere Horste ausgemacht. Ob er im Steigerwalde 
und Spessart, wie behauptet wird, wirklich brütet, kann ich nicht 
verbürgen. Dals er in früheren Jahrhunderten im Fichtelgebirge, 
in Ober- und Niederbayern Standvogel war, steht urkundlich fest. ?) 


!) Daselbst sah ich auch ein in der Nähe der Stadt am 11. August 1864 
geschossenes Männchen, welches so grofs ist als das stärkste Weibchen. 
Das Geschlecht wurde durch die Sektion festgestellt. 

>) 1486 erhielten die Wildmeister des Fürstentums Bayreuth ober dem 
Gebirge Befehl, die Blaufüfse (hierunter kann ein anderer als der Wander- 
falke nicht wohl verstanden worden sein) nicht zu vertreiben. Die branden- 
burgisch markgräfliche Waldordnung auf dem Gebirg vom Jahre 1574 ver- 
ordnet tit. LXXXV von Federspielen: Wir haben bisher vielfältig erfahren, 


2, Familie. Falken. m 


In den Kröpfen und Mägen erlegter Wanderfalken fanden ich 
und Leu die Reste von Feldlerchen, Piepern, Staaren, Haus-, 
Hohltauben und Rebhühnern; in grossen Weiherlandschaften 
sah ich sie auf Stock-, Pieif- Krick-, Knäk-, Spiels- und Moor- 
enten, auch auf Kiebitze Jagd machen und fand auf den Weiher- 
dämmen oftmals die Gerippe dieser Vögel. Ein im Herbst 1879 
in hiesiger Gegend gsschossenes Männchen hatte den Kropf 
prall vollgestopft mit dem Fleisch eines Rebhuhns; im Magen 
fand sich dessen Fuls, viele Federn und Fleischteile einer Dohle 
und ein geballtes Gewöll aus Mäusehaaren, das mit dem ver- 
speisten Magen der Dohle in den des Falken gekommen war. 


6. FALCO GYRFALCO L. 


Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands. XIII. — Fort- 
setzung der Nachträge. S. 22, Taf. 391. 


Ein nordischer, höchst seltener Gast. In dem Besitze des 
früheren Universitäts-Quästors Handschuch in Erlangen sah 
ich ein Ölgemälde, worauf ein junger, in Mittelfranken erlegter 
Gyrfalke in Lebensgzösse mit nachstehender Unterschrift vor- 
trefflich abgebildet ist: »Dieser hier befindliche, wilde, rothe, 
nordische Göhrfalk ist den 17. November 1790 zwischen Neuses 
und Öhrenbau'), als dieser Falke einige Feldhühner verfolgte, 
von dem Jägerburschen Namens Johann Wilhelm Hüttlinger 
geschossen und wegen seiner Seltenheit, einen solchen wilden 
nordischen Falken hier zu Land zu sehen, ausgestopft und her- 
nach abgemalt worden«. Dals es kein entflogener Beizvogel 
war, geht aus diesen Worten und aus dem Umstande unzweifel- 


dass der Habichte und Blaufüsse »Gestädt und Genist« von Mutwilligen 
verderbt, ausgenommen und die Bäume umgehauen werden, also dass der- 
gleichen Federspiel je länger je weniger befunden wird. Das sollen Unsere 
Forstmeister und Knechte abstellen und fürkommen. Alle Blaufuss, Habichte 
und Habichtlein sollen zu unserer Falkner Händen und sonst Niemands 
geantwortet werden.« Durch die Jagdordnung für die Fürstentümer Ober- 
und Niederbayern vom Jahre 1616 waren die Falken und Blaufüsse für die 
fürstliche' Jagdbelustigung vorbehalten; alle anderen Raubvögel durften zu 
allen Zeiten des Jahres auf jede Art erlegt werden. 

!) Bei Triefsdorf, der Winterresidenz des letzten Markgrafen von Bran- 
denburg-Onolzbach-Bayreuth. 


s Ordnung I. Rapaces. Raubvögel. 


haft hervor, dals der genannte Jägerbursche (er diente während 
61 Jahren unter 6 Fürsten und starb als der letzte markgräfliche 
Forstbedienstete hochbetagt 1851 in Triefsdorf) als am Sitze des 
fürstlichen Hofes angestellter Beamte, sowie dessen noch lebender 
Vater, der Wildmeister und Oberpiqueur Joh. Mich. Hüttlinger, 
davon Kenntnis gehabt hätte, wenn der markgräflichen Falknerei 
in Triefsdorf ein so edler Vogel entflogen gewesen wäre. Übrigens 
bestand damals ausser im Ansbacher Fürstentum an sämtlichen 
deutschen Fürstenhöfen die kostspielige Falkenjagd längst nicht 
mehr. Im Markgraftum Bayreuth war sie unter Markgraf 
Friedrich 1748, in Württemberg unter Herzog Eberhard Ludwig 
bereits 1714 eingegangen. 


Der vorletzte Markgraf von Ansbach, Karl Friedrich Wilhelm 
(1729—1757), ein leidenschaftlicher Jäger und einer der gröfsten 
Falkonierer, die je gelebt, hielt sich wegen der Falkenjagd und 
Reiherbaize vorzugsweise in Gunzenhausen auf und unter ihm 
wurde die Falkenjagd mit einem mehr denn fürstlichen Luxus 
betrieben. 1757 bestand die Falkenjägerei aus nachstehendem 
Personal: 1 Oberstfalkenmeister, 1 Falkenjunker, 1 Falkenpage, 
1 Falkensekretär, 1 Falkenkanzlist, 1 Reihermeister, 1 Krähen- 
meister, 2 Milanenmeister, 3 Meisterknechte, 12 Falkenknechte, 
2 Reiherwärter und 16 Falkenjungen. 1730 betrugen die auf 
die Fulknerei zu Trielsdorf, ihrem damaligen Hauptsitz im 
Fürstentum Brandenburg-Onolzbach, und auf die gleichem Zweck 
gewidmeten Gebäude und Einrichtungen zu Weidenbach, Merken- 
dorf, Wassertrüdingen, Gunzenhausen, Cadolzburg und Ansbach 
erwachsenen Ausgaben 10.619 Gulden, im Jahre 1746 aber 
43.993 Gulden —= 75.416 «4 57 9. Unter Markgraf Alexander, 
welcher 1791 der Regierung entsagte und sein Land an Preulsen 
abtrat, bestand 1773 ein Öbristfalkenmeister, 1 Milanenmeister, 
1 Falkoniermeister, 2 Meisterknechte, 2 Falkonierknechte und 
2 Reiherwärter. 

Der isländische Edelfalke soll sehr selten am Bodensee erscheinen. 
Landbeck will ihn in Württemberg auf dem Schwarzwald gesehen haben 
und nach Walchner soll er im Hegau und in den Waldungen um den 
Elohenstoffeln und Hohenkrähen bisweilen gefunden werden. Solche Angaben 
yerdienen keinen Glauben. Unter Herzog Johann Friedrich von Württemberg 
mwurdeijedoch als Seltenheit ein »weilser Gerfalke« gefangen, eine Nachricht, 
auf welche Verlafs ist, weil damals jeder Falkenknecht besser wulste, was 
ein Gerfalke. sei, als heutzutage mancher gelehrte Ornithologe. Fraglich bleibt 
freilich, ob jener Falke ein Falco candicans (mel. oder ein arcticus Holb. war. 


2. Familie. Falken. 9 


7. FALCO LANIARIUS L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas. I. S. 135 n. 10. — 
Verz. S. XXVIIH. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands. I. S. 279. Taf, 
23. — Nachtrag XIII S. 9%. 

Ein höchst seltener Gast aus dem Südosten. Graf von der 
Mühle vermuthete, der Würgfalke möchte im Bayerischen Walde, 
vielleicht am Regen, vorkommen, weil er sich im benachbarten 
Böhmen als Standvogel findet, an den felsigen Moldauufern 
horstet und nachweislich auch schon bei uns auf dem Zuge 
geschossen worden ist. Bestätigt hat sich diese Vermutung bis 
jetzt nicht. In früheren Zeiten soll er an verschiedenen Orten 
Bayerns, wie auch in Hessen, Sachsen, im Hennebergschen und 
Hohenloheschen gehorstet haben, wie man aus den oben bei 
dem Wanderfalken aufgeführten fürstlichen Verordnungen ‚ab- 
nehmen will. Es ist nur aber nicht mehr nachzuweisen, ob man 
unter dem »Blaufuls« ausschlielslich den Würgfalken und nicht 
auch, wie noch heute, den jungen Wanderfalken verstand, welch 
letzterer in jenen Mandaten allein gemeint sein dürfte Ein 
schöner Würgfalke in der Sammlung des zoologisch-mineralogi- 
schen Vereins zu Regensburg wurde in der Gegend von München 
geschossen. Vielleicht kommt er öfter bei uns vor, wird aber 
mit dem jungen Wanderfalken verwechselt. 


8. FALCO AESALON L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas. I. S. 135. — Verz. 
S.CRX VI. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands. I. S. 303. Taf. 
27. — XIH. Nachträge. S. 109. 


Zwerggeierlein, blauer Stö/ser, Schmerlein. 

Ziemlich selten auf dem Herbst- und Frühjahrstriche, sowie 
in den Wintermonaten. Er kommt Ende September und im Oktober 
und zieht gewöhnlich Anfang März wieder fort. Einzelne wurden 
noch bei Gunzenhausen und Ansbach am 19. und 22. April, am 
11. August 1880 ein junges, und am 15. Mai 1881 ein altes 
Weibchen bei Augsburg (Gersthofen) erlegt und in Privatsamm- 
lungen sah ich zwei dieser Falken, von denen der eine im Juli 
1547 bei Neustadt a. A., der andere im Fichtelgebirge bei Leu- 
poldsdorf am Fulse des Schneebergs, wie sein Besitzer versicherte, 


10 Ordnung I. Rapaces. Raubvögel. 


vom Horste herabgeschossen wurde. Beide waren schöne alte 
Männchen. Herr Leu erhielt in den Jahren 1849 bis inkl. 1878 
und zwar in der Zeit vom 16. Oktober bis 2. März 21 Merline, 
darunter 17 aus den Umgebungen von Augsburg. In dem sehr 
kalten Winter 1829/30 wurde ein junger Merlin in einem Saale 
des herzoglich Leuchtenbergschen . Schlosses zu Eichstädt bei 
allzu hitziger Verfolgung eines Sperlings gefangen. Im Spessart, 
bei Aschaffenburg, Schweinfurt und im Steigerwalde wurde er 
mehrfach erlegt, auch im Herbst in Vogeldohnen gefangen. 


b) Rotfalken. 


9. FALCO VESPERTINUS L. 
Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 136. — Verz. 
S. XXIX. 
Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, I. S. 311. Taf. 28. — 
Nachträge XIII. S. 112, — Fortsetzung der Nachträge S. 27. 

Im Frühjahre, und zwar in der zweiten Hälfte des April und 
Anfang Mai, gewöhnlich erst in dessen letzter Hälfte, kommt 
der Rotfufsfalke einzeln oder in Truppen regelmälsig auf der 
Wanderung bei uns durch und ist dann in manchen Gegenden 
lange nicht so selten, als gewöhnlich angenommen wird. Auf 
der Herbstwanderung dagegen im September und Anfang Oktober 
macht er sich weniger bemerkbar; doch wurden im Herbst 1854 
auf Aufhütten bei München zwei Männchen und ein Weibchen, 
im September 1855 bei Memmingen (Ungerhausen) ein junges 
Männchen geschossen und im Herbst 1832 auf einem Vogel- 
herde bei Nürnberg ein junges Männchen gefangen. Um München 
wird er nach von der Mühle auf Krähenhütten alle Jahre er- 
legt, und auch Professor Wagler hat ihn dort öfters beobachtet. 
Neuerdings wurde er im Berchtesgadenschen bei Schellenberg und 
in zwei Exemplaren (85) auf dem Wolfszahn bei Augsburg am 
24. Mai 1880 geschossen. 

Herr Leu erhielt in 19 Jahren 11 Stücke, lauter alte Vögel, 
55 und 69, von Ingolstadt, Günzburg a. D., Augsburg (Lech- 
feld, Haunstetten, Gersthofen) und von Fischen im Algäu; ich 
selbst sah in vaterländischen Sammlungen Exemplare, die bei 
Eichstädt, Ramspau in der Oberpfalz, bei Erlangen und am 
Hohenlandsberg in Mittelfranken geschossen sind, und beobachtete 
ihn mit meinen verlebten Freunden den Dr. Dr. Sturm in 
Nürnberg während 20 Jahren vielfach an dem dortigen Dutzend- 


2. Familie. Falken. 11 


teich. Wir trafen ihn da — unvergelsliche Genüsse! — mehrfach 
zugleich mit anderen Seltenheiten, Larus minutus und Sterna leu- 
coptera, besonders in den Abendstunden in Gesellschaften zu 3, 
5, 8 und 20 Stücken an, wie er über dem Hauptteiche, über 
angrenzenden nassen Wiesenflächen und am Waldesrande nach 
Insekten jagte und dabei so wenig scheu war, dafs er ganz nahe 
an die Beobachter herankam. Auch bei Trielsdorf sah ich Ende 
April 1863 über einer Wiesenfläche bei Heglau, welche bis Wal- 
purgis als Mühlweiher benutzt wird, fünf Rotfulsfalken abends 
5 Uhr nach Insektennahrung jagen. In den Mägen erlegter fanden 
wir Mäuse, Käfer, besonders Maikäfer und Säbelheuschrecken. 

Es ist nicht unwahrscheinlich, dafs einzelne Paare bei uns 
nisten. Herr Dr. Max Gemmingerin München sah im Juli 1852 
ein Männchen dieses Falken am Sendlinger Wirtshause vorüber- 
fliegen; Herr Leu erhielt aus der Umgegend von Augsburg ein 
altes Weibchen am 10. Juni 1871 und am Dutzendteich bei 
Nürnberg wurden von den Brüdern Sturm zwei Paare Anfang 
Juni 1853 und drei Stücke am 25. Juni 1861 angetroffen, von 
welchen ein Pärchen bis Mitte Juli häufig gesehen wurde und in 
der Gegend gehorstet haben dürfte. 

(Link schreibt mir aus Burgpreppach: „Am 10. Mai 1890 
wurden zwei Exemplare in der Nähe von Sulzdorf an den Hass- 
bergen beobachtet und eines derselben erlegt«. —P. Kästner macht 
folgende Mitteilung: »Am 2. August 1890 ein Männchen in der 
Nähe des Quellhofes bei Bayreuth, abends 8 Uhr auf einer nassen 
Wiese immer wieder nach derselben Stelle fliegend, so wenig 
scheu, dals ich bis auf zehn Schritte nahe kommen konnte«. — 
Nach A. Wiedemann wurden in Augsburg von 1554—1890 im 
ganzen 14 Vögel dieser Art präpariert, die meisten vom Lech- 
felde bei Haunstetten und Augsburg, die übrigen von Günz- 
burg a. D. bei Ulm und von Gersthofen. 1888, 10. Mai, wurde 
ein junges Paar (&$und2) im Übergangskleide in der Nähe von 
Augsburg erlegt, 1888, 12. Mai ein & bei Mering und am 13. Sep- 
temmber 1889 ein junges 5 bei Buchloe. — Donle erzählt, dals er 
sie öfters im Frühjahr auf dem Dutzendteiche bei Nürnberg be- 
obachtet und erlegt habe und dafs sie dort die häufig vorkom- 
menden Eintagsfliegen gefangen hätten. — J. Hellerer schreibt 
mir, dals in den letzten Jahren in der Umgegend von München 
geschossen wurden: am 14. Mai 1887 ein junges 9, am 10. Mai 
1887 ein altes & und am 15. September 1890 ein junges 5. — R. Bl.) 


112% Ordnung I. Rapaces. Raubvögel. 


10. FALCO CENCHRIS Naumann. r 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas. I. S. 136. — Verz. 
Ss. XXX. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands. I. S. 318. 
Taf. 29. — XIH. Nachträge S. 116. 


Ein Männchen dieses südlichen, bei uns höchst selten er- 
scheinenden Falken, bei welchem auch das Weibchen gesehen 
wurde, erlegte im Mai 1840 der jetzige kgl. Oberförster E. Wich 
zu Erlangen, eine Stunde von da im Walde bei Möhrendorf. 
Dasselbe steht ausgestopft in der Naturaliensammlung der dor- 
tigen Universität. Auch in der Rheinpfalz soll er schon vor- 
gekommen und nach Landbeck sollen am Bodensee oder in 
dessen Nähe junge Rötelfalken erlegt worden sein. 

(Forstmeister Donle aus Schwabach schreibt mir, dals er 
den Rötelfalken brütend im Reichswalde bei Erlangen beobachtet 
und auch einige Exemplare geschossen habe, zuweilen habe er 
ihn auch bei Schwabach beobachtet. — R. Bl.) 


11. FALCO TINNUNCULUS L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas. I. S. 136. n. 15. — 
Verz. S. XXIX. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands. I. 8. 323. 
Taf. 30. — XIII. Nachtr. 120. 


Rötel-Rüttelgeier, Rötelgeierlein, Turmsperber. 


In ganz Bayern in Feldhölzern, felsigen Flulsthälern, in 
Städten und Dörfern da und dort auf Kirchtürmen, Rathäusern, 
alten Schlössern ete., ein gewöhnlicher Raubvogel, nistend nicht 
blofs auf Bäumen der Vorhölzer, sondern auch mitten in grofsen 
Städten (München, Augsburg, Würzburg) auf hohen altertüm- 
lichen Gebäuden, öfters sogar gesellig mit der eigenen Art oder mit 
anderen Vögeln. In einem kleinen Feldhölzchen fand Professor 
Wolf in Nürnberg bei sieben Nester des Turmfalken; ich selbst 
kannte ein kleines Feldholz im Nürnberger Reichswalde, mit 
sehr vielen alten Stämmen, in welchen Blauracken, Hohltauben, 
Grünspechte, Pirole und rotköpfige Würger auf verhältnismälsig 
beschränktem Raume friedlich zusammen mit einem Turmfalken- 
paar wohnten. Er zieht zum Teil im Spätherbst (November und 
Dezember) von uns fort und kommt zeitig im Frühjahr (März 


2. Familie. Falken. 13 


und April) wieder. In gelinden Wintern nicht blofs, und wenn 
es viele Mäuse auf den Feldern gibt, bleiben nicht wenige, 
meistens Männchen, ganz da, sondern sogar in Wintern, in denen 
die Brunnen einfrieren und der Schnee so tief liegt, dafs mit 
Schneeschlitten Bahn gemacht werden muls. Hier in Winds- 
heim bleiben sie überhaupt, auch im härtesten Winter, wie 1879/80 
Jahr für Jahr. 

Herr Leu in Augsburg, ein warmer Verteidiger der Turm- 
falken gegen die Anschuldigung, dals sie Tauben töten, stopfte 
und untersuchte auf den Magen-Inhalt in acht Jahren 210 Stück 
derselben und fand in ihnen die Reste von Feldmäusen, Buch- 
finken, Sperlingen, Stieglitzen, Zeisigen, Goldammern, Blau- 
meisen, Heuschrecken, Feld- und Maulwurfsgrillen und allerlei 
Käfer, besonders Maikäfer. Im März und April 1865 war bei 
viel Schnee der Boden hart gefroren und litten alle Vögel Not. 
Man fand tote und halbverhungerte Drosseln, Staare, Kiebitze 
und grolse Brachvögel. Daher kam es, dals sich die ebenfalls 
hungernden Turmfalken an die entkräfteten Vögel machten und 
sie ohne Mühe fingen, sogar Krammetsvögel und, wie ich zur näm- 
lichen Zeit beobachtete, Grünspechte. Als der Schnee und die 
Kälte geschwunden war, kümmerten sich die Turmfalken um die 
kleinen Vögel nicht mehr, sondern fingen Mäuse, später Rep- 
tilien, Maikäfer, Grillen u. s. w. Nur einmal, am 25. Juni 1857 
erhielt Freund Leu einen jungen in einem Taubenschlage ge- 
fangenen Turmfalken, der nach und nach vier junge Tauben 
erwürgt hatte und nach vorgenommener Sektion des Reates 
schuldig gesprochen werden mulste. Ich selbst habe zu Sommers- 
dorf, nahe an dem ruinösen Schlosse wohnend, auf welchem 
zwei Paare dieser Falken brüteten, niemals einen Verlust an 
meinen Haustauben erlitten. Diese waren so sehr an die Fälk- 
lein gewöhnt, dals sie von ihnen niemals, weder sitzend noch 
fliegend, Notiz nahmen; nur Staare, Schwalben und Bachstelzen 
schlugen Lärm, wenn einer der Turmfalken in Sicht kam, und 
verfolgten ihn schreiend oder singend. Ein Nachbar zog jähr- 
lich eine Anzahl gekaufter eben ausgeschlüpfter Gänschen mutter- 
los auf, die auf einem Wiesenfleck hinter dem Schlosse erwuchsen 
und halbe Tage ohne Aufsicht waren. Neben einem kleinen 
Wassertümpel und der Futterschüssel war ein Stock in die Erde 
gesteckt und darüber als Scheuche irgend ein Kleiderfetzen ge- 
hängt; die Turmfalken flogen über ihnen ab und zu und trieben 


14 Ordnung I. Rapaces. Raubvögel. 


auf den Schlofsgebäuden und den daranstehenden Eichen ihr 
munteres Wesen, ohne je einem der kleinen Geschöpfe ein Leid 
zu thun. Ich habe viele Hunderte von Gewöllen untersucht, 
die ich an den Horsten sammelte, und die Befunde des Herrn 
Leu bestätigt gefunden. Aulfser den von ihm genannten Nah- 
rungsgegenständen unseres Falken dürften nur noch zu erwähnen 
sein: Arvicola glareolus, Pyrrhula vulgaris, Lacerta agılis (häufig) 
und von Käfern Cieindela, Carabus, Omascus, Poecilus, Geotrupes, 
Melolontha, und Anisoplia. Einmal überraschte ich einen Turm- 
falken, wie er einen Sperling fing und rupfte und bei meiner 
grölseren Annäherung mit ihm fortstrich. Ich wollte mich über 
die Nahrungsweise dieses Falken eingehend äulsern, weil es nach 
Blas. Hanf nur Flugübungen sein sollen, wenn er auf kleine 
Vögel stölst, und weil auch A. E. v. Homeyer den Turmfalken 
nie einen Vogel hat fangen und verzehren gesehen. 

Die Dohlen machen ihm die Nistplätze streitig und jagen 
ihn weg. 


Genus 5. Pandion Savigny. 


12. PANDION HALIAETOS L. 
Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas. I. S. 136. — Verz. 
S. XXIX, 
Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands. I. S. 241. 
Taf. 16. — XIII Nachtr. S. 87. — Fortsetz. d. Nachtr. S. 13. 


Der Flufsaar, in Bayern Wei/sbauch, Fischadler, Fischhacht, 
Fischgeier, Fischweih, Wasseradler und Blaufu/s geheilsen, kommt 
zu uns, wenn die (fewässer eisfrei geworden sind, im März und 
April, horstet in unseren grolsen Waldungen, fängt im August 
zu streichen an und zieht im September und Oktober fort. Ein- 
zelne sieht man noch im November, sogar noch später, wie denn 
Herr Leu ein junges Männchen noch am 20. Januar 1865 von 
der schwäbischen Donau bei Leipheim erhielt. In den weiher- 
reichen Strichen der Oberpfalz und des südlichen Oberfrankens 
ist er eine gewöhnliche, in wasserarmen Gegenden eine seltene 
Erscheinung. Er horstet auf hohen wipfeldürren Eichen, Tannen 
und Föhren gewöhnlich in der Nähe grolser Teiche und fliessender 
Gewässer und kehrt jährlich zum alten Horste zurück, bis unter 
der Last des sich immer vergrölsernden Baues die stützenden 
Zacken brechen und der Horst sich neigt oder herabstürzt. Da 


2. Familie. Falken. 15 


er auf hohe alte Stämme, sogenannte Holländer, angewiesen ist, 
wechselt sein Sommeraufenthalt infolge des jetzigen Forstbetriebs 
vielfach. Vor 30 bis 40 Jahren kannte ich verschiedene Brut- 
paare in den Revieren Feucht, Altenfurth, Fischbach und Rötten- 
bach des Reichswaldes bei Nürnberg und fing auf einem Horste 
am 25. Mai, nachdem ich vier Tage vorher ein bei zwei zarten 
Nestlingen liegendes Ei mit darin enthaltenen lebenden Jungen 
weggenommen hatte, das alte Weibchen. 

Er ist manchmal aufserordentlich dreist. Ich sah ihn einst 
im Herbst bei dem Fischen des Dutzendteichs bei Nürnberg, als 
die auf mälsiger Fläche zusammengedrängten Karpfen schnal- 
zend und mit den Rücken aus dem wenigen Wasser hervor- 
ragend höchst verlockend in buntem Gewühle sich zeigten, bis 
auf Schulsweite an die Fischer und die zahlreichen Zuschauer 
herankommen, über denen er, nachdem der Schwarm der Sack- 
fischer, arme Leute, Nachlese halten durften, zuletzt noch lange 
Zeit hoch in den Lüften sehnsüchtig kreiste. 

Seine Liebe zu der jungen Brut ist grols. 1876 brütete wie 
seit langen Jahren ein Paar auf der Revier Denkendorf im Kö- 
schinger Forst auf einer gipfeldürren alten Eiche in einem Fichten- 
und Buchenstangenorte. Am 5. August waren die Jungen flügge 
und sehr flugfähig und wurden die beiden alten Adler inner- 
halb einer halben Minute von einer dem Horste benachbarten 
Eiche herabgeschossen. Der Umstand, dafs der zweite Alte 
trotz dem Schusse und dem von den Schützen gemachten Ge- 
räusch unter heftigem Geschrei zugestrichen kam und auf der 
nämlichen Eiche aufbaumte, dürfte von der grolsen Sorgfalt dieser 
Adler für ihre Jungen zeugen; denn es hat doch wohl nur die 
Rücksicht für die in Gefahr befindlichen Jungen das kühne 
Heranstürmen des zuletzt erschossenen Alten veranlalst. Jenes 
Weibchen, das ich im Nürnberger Reichswalde fing, kam zu seinen 
zarten Jungen, nachdem der Fangapparat auf den Horst gelegt 
war, zwei Stunden lang nicht zurück; sein scharfes Gesicht ge- 
wahrte die Schlingen und wohl auch einen der fünf im dichten 
Jungholz verteilten Männer; erst ein heftiger, unter schweren 
Donnerschlägen und vielen Blitzen niedergehender Gewitterregen 
trieb die treue Mutter zu ihren Kindern und in die Gefangen- 
schaft. 

Aulser in den genannten Gegenden brütet er zur Zeit noch 
im bayerischen Schwaben an der Donau bei Günzburg, in 


16 Ordnung I. Rapaces. Raubvögel. 


Oberbayern bei Ingolstadt, bei Regensburg, im Veldensteiner 
Forst in Oberfranken und in Niederbayern bei Zwiesel. 

Als ein kräftiger Vogel übersteht er sehr schwere Verwun- 
dungen. Bei dem Präparieren des mehrgenannten von mir gefan- 
genen Weibchens fand ich einen alten Schuls, der die Speiche 
des Unterarms in der Mitte einen Zoll breit zerschmettert hatte. 
Armknochen und Wunde war geheilt; am Knochen waren zwei 
Stücke platt geschlagenen groben Schrotes verwachsen. Am 5. No- 
vember 1847 wurde ein Fischadler vom Storchnest der Kirche 
zu FEttenbeuren in Schwaben herabgeschossen, dem früher der 
Unterschenkel abgeschossen und in einem stumpfen Winkel 
wieder zusammengeheilt war. 


Genus 6. Circaötos Vicill. 


13. CIRCAETOS GALLICUS I. Fr. Gmel. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas. I. S. 157. n. 19. — 
Verz. 8. XXIX. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands. I. S. 236 
Taf. 15. — XII. Nachtr. S. 84. — Fortstzg. der Nachtr. S. 12. 


Seit Professor Wolf diesen sehr sporadisch verbreiteten, ein- 
sam lebenden Adler am 25. April 1801 im Laurenziwald bei 
Nürnberg gefunden hat, ist derselbe in dortiger Gegend nicht 
mehr gesehen worden. Sonst wurde er in verschiedenen Gegen- 
den Bayerns erlegt, in Oberbayern am Ammersee (2. Juli 1355), 
bei München (November 1860), ein altes weibliches Prachtexem- 
plar im Besitze des Generals von der Tann bei Aichach (Scher- 
neck am 25. September 1375), im Algäu bei Weiler (Schönau 
am 24. Mai 1851), bei Kaufbeuren (Benken am 31. Juli 1868), 
in der Oberpfalz bei Bodenwöhr, im Fichtelgebirge bei Selb 
(Schwarzenhammer). In Unterfranken wurde er früher öfter in 
der Gegend von Aschaffenburg und im Spessart wahrgenommen, 
jedoch in neuerer Zeit nicht mehr. In Rheinbayern horstet er 
nach A. v. Homeyer in zwei bis vier Paaren; Konservator Plou- 
quet erhielt von dort ein Paar erlegte Schlangenadler, die wenige 
Stunden oberhalb Weilsenburg regelmälsig horsteten, samt 
ihrem einzigen Jungen. Der Schütze fing auch einen andern 
derartigen Adler am Horste mit Leimruten. Das im Algäu er- 
beutete Exemplar sals bei sehr regnerischem Wetter auf einem 
Gartenzaun, konnte sich nur wenig erheben, liels sich sofort 


2. Familie. Falken. art 


wieder auf dem Boden nieder, wurde von Bauernknaben mit 
einer Schürze zugedeckt und so mit leichter Mühe gefangen. 
Es war ein junges abgemagertes Weibchen, ganz entkräftet und 
mit leerem Magen. In dem bei Nürnberg erlegten Schlangen- 
adler fand Wolf eine Coronella austriaca, Leu in einem alten 
Männchen dieselbe Natter, aulserdem Blindschleichen, Käfer und 
Ameisen. 


(Dr. W. Medicus schreibt mir aus Kaiserslautern, dafs der 
letzte Schlangenadler im April 1884 im Lambrechter Thale bei 
Neustadt von Fabrikant Engelmann geschossen sei. Nach 
W. Heusler aus Speyer a. Rh. wurde er im Jahre 1889 einmal 
dort beobachtet. In der Hinterpfalz ist derselbe häufiger, er 
brütet in der Gegend von Dahn, wo im Jahre 1887 zwei Exem- 
plare erlegt wurden. — J. Hellerer theilt mir mit, dals am 
26. Oktober 1889 von dem Bürgermeister in Lorenzenberg bei 
Grafing ein & geschossen. wurde. — R. Bl.) 


Genus 7. Pernis Cuv. 


14. PERNIS APIVORUS, L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas. I S. 137. n. 21. — 
Verz. 8. XXIX. 


Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands. I. S. 367. 
Taf. 35_und 36. — XII. Nachtr. S. 144. -- Fortsetzg. des Nachtr. 
S. 28. 


Wespengeier, Bienenweih, Honig-Froschgeier. 


Der Wespenbussard kommt bei uns einzeln schon im März 
(ich notierte den 9., 13. und 23. d. M.), gewöhnlich erst im April 
an, ist in Feldhölzern, wenn auch nicht gemein, doch gar nicht 
selten, in manchen Gegenden nicht viel seltener als der gemeine 
Mäusebussard, horstet auf Fichten, Föhren, Eichen und Buchen und 
zieht im September und Oktober wieder weg. Von 1852 bis 1879 
stopfte Leu 61 Wespenbussarde, die ihm meistens aus Schwaben, 
auch aus den Algäuer Bergen zugekommen waren. In den Kröpfen 
und Mägen fanden ich und meine Freunde Mäuse, Nestvögel, 
Nattern, Blindschleichen, gemeine und safranbäuchige Eidechsen, 
einmal 30 Stück junge und alte Frösche, Wespen und deren 
Brut, Grillen, Heuschrecken, von denen öfter die Magenhaut 


Jäckel, Die Vögel Bayerns. 2 


18 Ordnung I. Rapaces. Raubvögel. 


schön grasgrün gefärbt erscheint, Käfer), besonders Maikäfer 
nnd Raupen in Menge. Professor Wolf erhielt zwei dieser Bus- 
sarde, von denen der eine am Dutzendteich bei Nürnberg über 
einem Raubanfall auf eine Haushenne, der andere über der Plün- 
derung eines Eichelhähernestes geschossen wurde, von dessen 
sieben Eiern er drei zerbrochen und ausgefressen hatte. Bei 
Augsburg wurde einer bei der Beraubung eines Singdrosselnestes 
erlegt. In seinem Gefieder lebt Ornithomyia avicularia, in der 
Bursa Fabrieii ein Distomum. 


Genus 8. Buteo Bechstein. 


15. BUTEO VULGARIS, Bechst. 
Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas. I. S. 137. n 22. — 
Verz. XXX. 
Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands. I. S. 346, 
Taf. 32 und 33. — Nachtr. XIII. S. 137. 


Mausgeier, Möäusebussard, Mauser, Maushack, Stockmauser, Waldgeier, 
die schwarze Varietät Fru/sgeier. 


Die ganz weilse Varietät ist in Franken schon öfter vor- 
gekommen. Winckell sah in der Rhön bei Brückenau eine Ab- 
änderung mit reinweilsem Ober- und Unterleib mit gewöhnlich 
gefärbten Flügeln und Schwarzfedern, ich einen einfarbig gelblich- 
weilsen mit starkem rostgelben Anflug auf den Flügeln im Nürn- 
berger Reichswalde. 

In unseren. Feldhölzern und gröfseren Waldungen ist der 
Mäusebussard allenthalben der gemeinste Raubvogel. Die bei uns 
brütenden Paare ziehen im Spätherbst wahrscheinlich alle nach 
dem Süden, weil man sie im ersten Frühjahre (Februar und 
März) zahlreich zurückkehren sieht. Die den ganzen Winter 
auch bei grolser Kälte bei uns vorhandenen Bussarde mögen 
zum Teil wenigstens Gäste aus dem Norden sein. Es sind das 
Verhältnisse, über die man nie zu völliger Gewilsheit kommen 
wird. Man soll zwar die Standbussarde im Fluge von dem Pas- 
santen leicht unterscheiden können, wie ein HerrE.v. Wolffers- 
dorf in der Illustrierten Jagdzeitung 1879, 8. 128 behauptet. Das 


!) Kleinkäfer wie Otiorhynchus ovatus und Hister kommen wohl nur 
in dem Magen eines von ihm verspeisten Frosches oder Reptils in den 
seinigen. 


2. Familie. Falken. 19 


Gefieder dieser Vögel variiere nämlich so, dafs bei einiger Auf- 
merksamkeit einige Merkmale genügen sollen, einen mehrere 
Male gesehenen wieder zu erkennen. Aulserdem benützten die 
Standvögel einen angenommenen Luftweg immer wieder und 
seien zu gewissen Tageszeiten auf bestimmten Strecken zu treffen, 
was die Feststellung ihrer Identität besonders erleichtere. Über- 
zeugende Gewilsheit ist jedoch auf diesem Wege, wie bisher, 
so auch später nicht zu erlangen. 

Der Landwirtschaft ist der Bussard nützlich, der Jagd aber 
gewils schädlich, besonders im Winter und zur Brutzeit. Doch 
wird seine Gefährlickeit auch stark übertrieben; hat doch 
OÖ. v. Krieger!) neuerdings versichert, dafs der Schade, den der 
Bussard anrichte, unendlich grölser sei, als der Nutzen, welchen er 
durch Wegfangen von Mäusen bringen soll, da er seinen Jungen 
nur nützliche Geschöpfe zutrage. Ein Recensent dieser Schrift 
in Danckelmanns Zeitschrift für Forst- und Jagdwesen 1879 
S. 135 bemerkt hierzu, der praktische Jäger und Forstmann, der 
das Treiben des Bussards, dieses stillen, scheinheiligen Unholds, 
täglich (?) vor Augen habe, urteile eben anders, als der einseitige 
Naturforscher, der seine Schlüsse nur aus dem Magen ziehen 
könne. Nun hat aber auch v. Kr., woran er sehr wohlgethan, 
seine Schlüsse aus dem Magen gezogen; denn er sagt ausdrück- 
lich, dafs er unter den Hunderten von Bussarden, deren Kröpfe 
und Magen er geöffnet, weniger Mäuse als andere Geschöpfe ge- 
funden habe, zu denen im Frühjahr besonders Regenwürmer, 
Schnecken und Engerlinge gehörten. Leu in Augsburg stopfte 
und untersuchte auf die in ihnen vorfindlichen Nahrungsmittel 
in acht Jahren 325 zu allen Jahreszeiten gelieferte Bussarde, von 
denen etliche halb oder ganz verhungerte nichts im Magen 
hatten, und fand in dreien je ein Häschen, wieder in dreien 
zwei Staare und einen Eichelhäher und in zweien junge Nest- 
vögel, Feldlerchen, und aulserdem — hier vereinige ich meine in 
mehr denn 40 Jahren gemachten Erfahrungen mit denen meines 
Freundes — Maulwürfe, Spitzmäuse, einmal einen Igel, Wald- 
und Feldmäuse, Ratten, eine Haustaube, einen Fisch, Frösche, 
Eidechsen, Blindschleichen, Schmetterlingsraupen, einmal 20 Try- 
phaena pronuba, Säbel- und Schnarrheuschrecken, Maulwurfs- und 


") Die hohe und niedere Jagd in ihrer vollen Blüte zu Zeiten des regie- 


renden Fürsten Günther Friedrich Carl I. von Schwarzbure-Sondershausen. 1878, 
{>} 
9} = 


20 Ordnung I. Rapaces. Raubvögel. 


Feldgrillen, Käfer, naınentlich grolse Lauf- Rols- und Maikäfer, 
und endlich Ameisen. Öfter waren die Mägen und Kröpfe voll- 
gepfropft, einmal blofs mit Igelstacheln, oft mit Feldmäusen (3 bis 
11 Stücke, nie mehr), mit Eidechsen, Heuschrecken, Maulwurfs- 
grillen (einmal 15, ein andermal 20 Stücke nebst einer Feldmaus 
und Eidechse) und mit Feldgriller (einmal 192 Stücke). Klein- 
käfer, die sich auch öfters vorfanden (Dyrrhus varius, Sitones line- 
ellus, Coccinella XIV pustulata u. a.), waren im Magen eines ver- 
zehrten Frosches in den des Bussards gelangt. Aus 30 Gewöllen 
desselben entwickelte ich 29 Mäuseschädel (6 Mus sylvaticus, 
1 Arvicola amphibius, 2 glareolus, 19 arvalis und 1 agrestis). Diese 
Befunde werden obigen Ausspruch rechtfertigen, dals die Ge- 
fährlichkeit des Bussards von Jägern und Forstmännern über- 
trieben wird. Andrerseits ist es auch eine Übertreibung, wenn 
berichtet wird, dafs man aus dem Magen und Kropf eines 
Bussards 30 und mehr Mäuse geschnitten habe, und wenn der 
jährliche Nahrungsbedarf eines einzigen dieser Raubvögel auf 
6000 bis 8000 Mäuse berechnet wird. Dals solche Zahlen und 
Berechnungen »der vom grünen Tische aus Naturgeschichte 
Machenden« dem Gespött verfallen, ist leicht einzusehen. »Tou- 
jours perdrix« ist für den Menschen und »toujours souris« für den 
Bussard zu viel. 

Bei strenger Kälte und in harten Nachwintern verhungert 
mancher dieser abgehärteten Vögel. Im strengen Winter 1845 
brachte mir ein Holzhauer am 1. April einen toten Bussard, 
der erfroren an den Ast einer Föhre mit beiden Fängen an- 
gekrallt war und tot mit dem Kopfe nach unten hing. Auch 
Leu erhielt bei viel Schnee im März und April 1865, wie schon 
erwähnt, etliche ganz abgemagerte und verhungerte Exem- 
plare. 

Im Altmühlthale hatte ich einst Gelegenheit, den Übermut 
eines Bussards zu beobachten. Auf einem Wiesenpfade vor mir 
lief mein langbaariger Hund, ein niedriger, langgestreckter Bastard 
von einem Rattenfänger und einem Dächsel. Ein Bussard kam 
aus dem nahen Walde gestrichen, verfolgte das Hündchen, stiels 
mehrmals ohne Scheu vor mir, der ich schnellen Schrittes folgte, 
nach ihm, liefs sich endlich 3—4 Klafter vor ihm auf den Gang- 
steig nieder und erwartete mit vorgestrecktem Kopf, gehobenen 
Flügeln und weit gefächerten Schwanzfedern in kühner Stellung 
meinen unter Gekläff anspringenden Begleiter, vor dem er nun 


2. Familie. Falken. > 


doch schleunigst Reilsaus nahm. Die Tauben fürchten ihn nicht, 
necken ihn sogar. Im Frühjahr sah ich einst einen Bussard 
aus einem Feldhölzchen heraus auf das Feld streichen, wo auf 
einem Samenacker vier Haustauben salsen. Diese erhoben sich, 
eilten ihm nach, strichen auf Klafterlänge um ihn herum, 
nötigten ihn zur Änderung seiner Flugrichtung, fielen wieder 
auf dem verlassenen Acker ein und suchten unbekümmert um 
den trägen Gesellen ihre Nahrung. 


16. BUTEO LAGOPUS, Brünn. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas. I. S. 137. n. 23. — 
Verz. S. XXX. 


Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands I. S. 359. 
Taf. 34. — XIII. Nachtr. S 141 


Der Nebelgeier, wie der oberbayerische Jäger den Rauhfuls- 
bussard nennt, kommt jährlich schon vom Anfang des Oktobers, 
selten vom letzten Drittel des Septembers an bis in den November 
und Dezember, in Mäusejahren als sehr gemeiner Wintergast 
und Besucher unserer Krähenhütten zu uns und verlälst uns 
wieder im März und Anfang der zweiten Hälfte des April. Er 
soll sogar schon hie und da in Bayern gebrütet haben. Gewils 
ist, dafs er schon im Steigerwalde und im Fichtelgebirge während 
der Sommermonate mehrerer Jahre sogar paarweise beobachtet 
wurde, und dafs ich in Privat- und öffentlichen Sammlungen 
Rauhfuls-Bussarde sah, welche im Mai und Juni bei uns erlegt 
wurden: einer in hiesiger Gegend (Sugenheim) im Mai zugleich 
mit einem Pirol, 2 bei Gunzenhausen (Arberg) am 2. Mai 1854 
und 11. Juni 1855, 2 bei Schongau im oberbayerischen Alpen- 
vorlande am 7. Juni 1863 und 6. Mai 1864, ein Weibchen 
im Juli 1870 in den Hafsbergen bei Albertshausen und einer bei 
Pfronten im Algäu am 2. Juni 1879. 


In den Mägen und Kröpfen erlegter Nebelgeier fanden wir 
fast ausschlielslich nur Feldmäuse, nie mehr als 10 Stücke, und 
aulserdem einmal einen Maulwurf, eine Zwergspitzmaus, ein 
Häschen, ein Rebhuhn, Maikäfer und Grillen. Bei Erlangen 
wurde einer bei eifriger Verfolgung einer Kette Rebhühner und 
in der Rhön einer geschossen, der von einem Tags zuvor bei 
einem Feldtreiben steif gefrorenen Hasen kröpfte. 


PD) Ordnung I. Rapaces. Raubvögel. 


Genus 9. Aquila Briss. 
17. AQUILA PENNATA J. Fr. Gmel. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 137. n. 24. — 
Verz. S. XXX. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, XII. Nach- 
träge S. 58. Taf. 343. — Fortsetzung der Nachträge S. 10. 


Der Zwergadler erscheint bei uns als höchst seltener Streifer 
nur hie und da einmal, dürfte aber schon öfter mit der einen 
oder andern Art unserer Bussarde verwechselt worden sein und 
nicht so gar selten vorkommen, als gewöhnlich angenommen 
wird. Nach Graf von der Mühle wurden drei dieser Adler in 
den Umgebungen Münchens auf Krähenhütten erlegt. Diese 
sowie die von Mühle aus Griechenland mitgebrachten Zwergadler 
stimmen in der Färbung weder mit der Naumannschen Abbildung, 
noch viel weniger mit der Susemihlschen überein, gleichen viel- 
mehr dem Goldadler und entsprechen der Brehmschen Beschreibung 
seines Agquwila minuta. Sie sind nämlich einfarbig braun mit 
weilsen Achselflecken, vielleicht alte Vögel. 


(Nach A. Wiedemann’s Mitteilung vom März 1890 sind vor 
mehreren Jahren in dem an den Regierungsbezirk Schwaben an- 
grenzenden Oberbayern drei Zwergadler auf einer sog. Krähen- 
'hütte geschossen worden. — J. Hellerer schreibt mir, dafs am 
18. Oktober 1890 bei Lechhausen auf der Krähenhütte 1 Exem- 
plar geschossen wurde. — R. Bl.) 


18. AQUILA NAEVIA Briss. 


Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, I. Taf 10. 11. — 
XIHI. Nachträge S. 50 ff. und 8. 84. 


Der kleine Schreiadler wird nur sehr selten bei uns wahr- 
genommen. Ein Prachtexemplar der Aguila bifasciata HornscauchH, 
aus der Forstrat Kochschen Sammlung, sah ich im Kabinett der 
Brüder Dr. Dr. Sturm in Nürnberg. Dasselbe war aın Bodensee 
erlegt worden. 

(Nach Andr. Wiedemann wurden im Regierungsbezirke 
Schwaben und Neuburg folgende Exemplare erlegt: 10. September 
1858 bei Edelstetten, 31. Oktober 1867 im Staatswalde bei Mon- 
heim, am 7. November 1872 ein ? bei Ehingen, Post Meitingen 


2, Familie. Falken. 25 


am 13. August 1573 ein 2 bei Neuburg an der schwäbischen 
Grenze, einige Tage später noch ein ö; am 25. Oktober 1885 
ein ? bei Memmingen. — A. Link schreibt mir, dals Ende No- 
vember 1885 bei Dettelbach in Unterfranken ein Exemplar ge- 
schossen und in Würzburg gestopft sei. — R. Bl.) 


19. AQUILA CLANGA Pall. 


Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, XIII. Nachträge 
Taf. 342 und 346. S. 40 ff. S. 81. — Fortsetzung der Nachträge 
8: 10, 


Der grofse Schreiadler, eine seltene Erscheinung in Bayern, 
kommt gewöhnlich nur in den beiden Zugperioden im März und 
April und wieder im September und Oktober, einzeln noch bis 
Ende November vor, ist aber auch schon horstend von einer 
vollgültigen Autorität beobachtet worden. Graf von der Mühle 
erhielt drei ganz kaffeebraune ungefleckte Exemplare aus unserm 
Hochgebirge (Murnau); andere wurden auf Aufhütten bei München 
(Hartmannshofen, Moosach, Seeshaupt), bei Augsburg (Edelstetten), 
Dillingen, Neuburg a. D. (Reichertshofen), Monheim, Ingolstadt, 
Vohburg, Regensburg, Donaustauf, in Franken bei Nürnberg, 
Rothenburg o. d. Tauber (Gebsattel), im Steigerwalde (einer am 
24. November 18378 vom Rentamtsgebäude zu Burgwindheim 
herab) geschossen. Um Schwarzenberg in der Oberpfalz brüteten 
auf hohen Föhren zwei Paare in einer grolsen, aus 80- bis 90 jährigen 
Tannen, Föhren und wenigen Buchen bestehenden Waldung des 
Distriktes Teufelsgesperr, einer mit wild durcheinander liegenden 
Granitblöcken gegen den Regen-Fluls steil abfallenden Abdachung. 
Mühle liefs mit rühmlicher, nachahmungswerter Genügsamkeit 
fünf Jahre nacheinander jährlich ein Stück dieser Adler ab- 
schielsen, das sich stets wieder ersetzte, und ein Junges im Dunen- 
kleide abnehmen. Als 1849 die Fällung dieser Waldung begann, 
verschwanden die Adler. Die fünf erbeuteten alten Vögel waren 
dunkel kaffeebraun mit Goldglanz, ohne die Spur eines Fleckens 
und hatten, wie auch die Murnauer Exemplare, ungemein starke, 
an die des Steinadlers gemahnende Fänge, jedoch kürzere und 
schwächere Schnäbel als dieser. Mühle hielt sie für Agusla fusca 
Brenm. Weitere Horstplätze sind mir mit Sicherbeit nicht be- 
kannt geworden. Koch vermutete, dals unser Schreiadler im 
Pointnerforst bei Kelheim brüte,.was glaublich erscheint, da bis 


24 Ordnung I. Rapaces. Raubvögel. 


auf die neueste Zeit in der Ingolstädter Gegend im Juni, Juli 
und Anfang August Exemplare desselben erlegt wurden. In den 
Mägen wurden Reste vieler Mäuse (Arvicola arvalis), eines Maul- 
wurfs und einmal die Raupe des grolsen Weinschwärmers (Sphinx 
elpenor) gefunden. 


20. AQUILA CHRYSAETOS L. 


Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, XIII. Nach- 
träge Taf. 339. S. 8. — Fortsetzung der Nachträge 8. 7. 


Wenn der Goldadler, was v. Pelzeln, v. Riesenthal und 
v. Tschusi wahrscheinlich mit Recht bezweifeln, wirklich eine 
vom Steinadler verschiedene, gute Art ist, so bewohnt er unser 
oberbayerisches und schwäbisches Hochgebirge. Herr Leu erhielt 
von da drei Stücke, von denen das eine, ein jüngeres Männchen, 
am 2. Juni 1855 bei Graseck in der Gegend von Partenkirchen 
auf dem Horste, das andere, ein altes Männchen, krank und ab- 
gemagert, mit einem grolsen drüsenartigen Gewächs in der linken 
Bauchhöhle, am 16. August 1873 bei Hindelang geschossen und 
das dritte, wieder ein altes Männchen, ebenda im Eisen gefangen 
worden ist. Bei allen dreien war der Schwanz bis zur Wurzel 
hinauf ohne alles Weils auf bräunlich aschgrauem Grunde mit 
breiten zackigen schwarzen Querbinden unregelmäfsig marmoriert 
und fehlte der weilse Achselfleck, der sich bekanntlich erst im 
hohen Alter zeigt. Zwei dieser Adler untersuchte ich in der 
Sammlung des naturhistorischen Vereins in Augsburg, wo ich 
auch ein herrliches sehr altes Männchen mit weilsem Achselfleck 
vergleichen konnte, welches im nahen Vorarlberg am 29. April 
1863 im Bregenzer Walde erlegt wurde. 


21. AQUILA FULVA L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 138. n. 27. — 
Verz.. 8; RR: 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, I. 8.208. Taf. 8 
und 9. — Nachträge XIH. S. 28. 


Steinadler, im Algäu: Gör, Gyr 

Die Monstrosität eines rechtsseitigen Adlerfanges (Fulses) 
habe ich im »Zoologischen Garten« 1874 8. 444 f. kurz beschrieben 
und abgebildet. An der Hinterseite des Fanges sind unterhalb des 


2. Familie. Falken. 25 


Fersengelenkes zwei überzählige Zehen beinahe von der Grölse 
der normalen Aufsen- und Mittelzehen und Krallen der Länge 
nach verwachsen. Beide sind gerade nach unten gegen die 
Hinterzehe gerichtet, schief übereinander gelagert, die Kralle der 
unteren Zehe 67 mm, im Bogen gemessen, lang, im Drittelkreise 
gebogen, nach hinten vom Laufe abstehend, die der oberen Zehe 
50 mm lang, im Viertelkreise gebogen und mit der Spitze nach 
. unten stehend. Die erstere der überzähligen Zehen hat oberhalb 
der Kralle sechs Rückenschilder und vier auf dem Sohlenballen, 
letztere nur auf dem Sohlenballen ein einziges Schild. Die Kralle 
der Mittelzehe milst im Bogen 44, die der inneren Seitenzehe 
60, die der äulseren 34, die der Hinterzehe 64 mın. 

Der Steinadler ist in der ganzen Ausdehnung unseres Hoch- 
gebirges von Immenstadt bis Berchtesgaden (Bischofswies, Königs- 
see, Ramsau), wenn auch nicht gemein, wie Professor Wagler 
für die ersten Dezennien dieses Jahrhunderts behauptete, doch 
durchaus nicht selten, horstet in passenden Höhlungen der Felsen- 
wände und hat gewöhnlich ein Junges, selten zwei. Herr Leu 
in Augsburg hat von 1850 bis 1879 im ganzen 33 Steinadler 
gestopft, von denen die meisten aus dem Algäuer Gebirge von 
Oberstdorf, Fischen, Sonthofen, Hindelang, Immenstadt und 
Burgberg, drei von Berchtesgaden (Ramsau, Schellenberg) und 
nur ein einziger aus dem Flachlande an der oberen Donau (Günz- 
burg) kamen. Leo Dorn, Oberjäger Sr. Kgl. Hoheit des Prinzen 
Luitpold von Bayern, in Hindelang, schickte im Juni 1379 an 
Leu seinen 19. von 1860 an erbeuteten Adler. Unter diesen 
waren zwei Goldadler und mehrere junge Steinadler, von denen 
er einen nach Jahresfrist für 27 fl., zwei sofort nach dem Aus- 
heben für i1fl. verkaufte und ein vierter krepierte. Seinen 
20. Adler schols er am 12. Dezember 1880 im Retterschwang- 
‚thale. Es war ein Steinadler von 2,20 m Flugweite. Den 21. 
und 22. erlegte er am 3. Januar und am 9. Februar 1883 hoch 
oben auf steiler rauher Bergeshänge am südlichen Abhange der 
Rothspitze, ca. 4200' über der Meeresfläche. Den ersteren im 
Eisen zu fangen, brach der kühne Jäger morgens 2! Uhr auf, 
vermochte aber, an Ort und Stelle angekommen, wegen eines 
inzwischen ausgebrochenen sehr heftigen Schneesturmes solches 
nicht zu legen, pürschte sich auf mehr als 100 Gänge aufwärts 
auf Händen und Knieen in tiefem Schnee an den auf einer 
hohen, halbdürren Fichte sitzenden Adler, begünstigt von dem 


26 Ordnung I. Rapaces. Raubvögel. 


rasenden Sturme, heran und schofs ihn während einer kurzen 
windstilleren und helleren Pause, welche den Baum und den 
königlichen Vogel wieder zu sehen gestattete, auf 120 Gänge 
mit der Kugel mitten durch die Brust. Den zweiten Adler zu 
fangen, mühte sich Dorn seit Wochen, aber alle List war um- 
sonst, der schlaue, vorsichtige Vogel nahm die geringste Ver- 
änderung wahr. Täglich um die genannte Stunde aufbrechend, 
um nach 3- bis 4stündigem Steigen vor Tagesanbruch am Platze. 
zu sein, brachte D. in vier Tagen 31 Stunden bei einem ge- 
rissenen Reh, welches der Adler im Auge hatte, auf dem Ansitze 
zu, bis es ihm endlich am 9. Februar vormittags 9 Uhr gelang, 
den König der Vögel durch einen wohlgezielten Büchsenschuls 
ebenfalls mitten durch die Brust zu erlegen. Es war ein altes 
Männchen mit weilsen Achselflecken. Am 28. März 1883 schols 
Dorn seinen 23. Adler im Retterschwanger-Thale. 

(Unter dem 24. Januar 1891 schreibt mir der berühmte Adler- 
jäger Leo Dorn: »Vom Jahre 1885-—-1890 habe ich 24 Stein- 
adler geschossen, alle mit der Kugel. Den 21. dieses Monats 
schoss ich einen Pracht-Adler (Königs-Adler), Spannweite 2,26 m, 
den 52sten. Ob die Adler aus der Schweiz oder Tirol im Winter in 
unsere Berge kommen, weils ich nicht, jedenfalls suchen sie eine 
wildreiche Gegend auf. Der Adler folgt dem Kolkraben, d.h. er 
zieht ihnen nach, das sind seine Spione. Der Kolkrabe, bei uns 
Aasrabe genannt, ist der feinste und merksamste Kerl unter allen 
Vögeln im Gebirge, den ich kenne. Seit vielen Jahren horsten 
die Adler bei uns nicht mehr, ich lasse ihnen nicht soviel Zeit 
dazu! Im Sommer hält sich der Adler am allerliebsten in solchen 
Gegenden auf im Gebirg, wo grolse Schafherden sind, da rauben 
sie die jungen Lämmer alle. Bei strengem kalten Winter zwingt 
es die Adler mehr, in die Vorberge zu ziehen, wo sich das Wild 
aufhält.« — R. Bl.) 

Eine Ausrottung dieses herrlichen Alpenvogels ist, wie in 
Österreich, so auch in Bayern noch lange nicht zu befürchten, 
da — wie v. Tschusi richtig bemerkt — das Gebirge selbst für 
seine Erhaltung sorgt, indem es ihm Horstplätze bietet, wohin 
kein Mensch und keine Kugel zu dringen vermag. Seltener wird 
er allerdings werden, nachdem in neuerer Zeit viele unserer Hoch- 
gebirgsreviere in die Hände hoher Kavaliere gekommen sind, 
unter denen dem Wildstande alle Aufmerksamkeit zugewendet und 
dem der Wildbahn so aufserordentlich schädlichen Räuber hart zu 


3. Familie. Falken. 27 


Leibe gerückt wird. In den Algäuer Alpen waren die Steinadler 
am Anfange dieses Jahrhunderts so zahlreich vorhanden, als sie es 
heute noch sind, obwohl man schon damals anfing, ihrer Ver- 
mehrung durch Ausnehmen der Jungen aus dem Horste entgegenzu- 
wirken. Als 1807 die Adler von der Oberstdorfer Schafherde 22 Läm- 
mer raubten, machte ein Feilenhauer Ignaz Matt von dort, ein 
geschickter Bergsteiger und kühner Gemsenjäger, seiner Gemeinde 
den Antrag, die jungen Adler ausnehmen zu wollen, wenn ihm 
die nötigen Gehilfen gestellt würden, was mit Freuden an- 
genommen wurde. Man hatte dort Flaschenzüge mit dicken, 
80 Klafter langen Tauen, sog. Kriegsseile, mit welchen man das 
Bergheu an so steilen Gebirgshängen, dals es von Schafen und 
Ziegen nicht abgeweidet werden konnte, nachdem es von Männern 
mit sechszinkigen Fulseisen an den Schuhen abgemäht war, in 
schweren Bürden über die hohen Schroffen herablieis. An dem 
Ende eines solchen Taues befestigte Matt für sich einen Sitz, 
liefs sich an diesem und dem Tau anbinden, bewaffnete sich 
gegen befürchtete Überfälle der alten Adler unnötigerweise mit 
einem Hirschfänger, postierte oben auf dem Felsen ebenso über- 
flüssige Schützen und liels sich durch die den Flaschenzug diri- 
gierenden Männer bis an den Horst herab. Hier warf er einen 
an einem Seil befestigten Anker in die unter der überhängenden 
Wand stehende Nesthöhle, zog sich in den Horst hinein, steckte 
den jungen Aar in einen Sack und liels sich damit schlielslich 
in das Thal herab. Dies war der Anfang der Adlerfänge im 
Oythale und im Rohrenmoose bei Oberstdorf. Bis in die neuere 
Zeit waren dieselben eine Art von Volksfesten, zu denen, wenn 
der Horst bekannt und der junge Aar reif war, auf ergangene 
Botschaft, an welchem Tage das Ausnehmen stattfinden werde, 
aus dem Algäuer Ländchen bis von Kempten her das Volk aus 
allen Ständen herbeikam, um bei Bier und Musik dem Schau- 
spiel anzuwohnen. 1880 fand der Adlerfang im Oythale am 
6. Juli statt und wurde ohne Unfall ein junger Aar von solcher 
Stärke ausgenommen, dafs sich die zahlreichen Zuschauer wun- 
derten, dafs er sich nicht schon in das Freie gewagt und samt 
seinem Alten das Weite gesucht hatte. 

Aulserhalb der Alpen soll er nach Professor Wagner, dessen 
Angaben auf forstamtlichen Berichten beruhen, nördlich von 
der Donau im Köschinger Forste zwischen Ingolstadt und Beiln- 
gries horsten, was ich bezweifle, da er bei uns ausschlielslich 


28 Ordnung I. Rapaces. Raubvögel. 


Gebirgsbewohner ist und in der Ebene nur als verstrichener 
Vogel gesehen wird. Ich vermute eine Verwechslung mit dem 
Schelladler. Alle Orte aufzuführen, wo man ihn horstend, als 
Streifer oder Irrling beobachtet hat, halte ich für unnötig, da er 
als Brutvogel in keiner geeigneten Lage unseres Hochgebirges 
vermilst wird und auf dem Striche in allen Kreisen unseres 
Vaterlands erlegtist. Die Verstrichenen, gewöhnlich ausgehungert 
und abgemagert und von auffallendem Benehmen, bedrohten 
zur Winterzeit nahe an den Orten schlittenfahrende oder von 
den Schulorten auf längerem Wege heimkehrende Kinder, setzten 
sich nahe an Dörfern auf Häuser oder Bäume in deren Nähe, 
blieben da, von Krähen und Elstern geneckt, lange sitzen und 
wurden hie und da auch tot gefunden. Der Steinadler kann 
ungewöhnlich lange hungern. Am 20. Juni 1865 erlegte der 
Grolsherzog von Toscana im Oythale bei Oberstdorf ein altes 
Weibehen im Horste an der Ochsengrauwand und einige Tage 
später, nachdem inzwischen die Jungen ausgenommen worden 
waren, auch das Männchen, welches entkam. Erst am 27. Juli, 
bis zu welchem Tage sich der flügellahm geschossene Adler auf 
dem Felsen herumtrieb, wurde das arme Tier noch lebend in 
einem kläglichen Zustande aufgefunden. Den Verlust eines 
Fulses übersteht er ohne sonderliche Beschwerden und bülst 
dadurch an seiner stürmischen Kühnheit nichts ein. So wurde 
am 25. September 1875 ein im Besitze des Grafen Nik. Lux- 
burg befindlicher männlicher Steinadler bei Murnau erschlagen, 
der einen Uhu auf der Krähenhütte angefallen hatte und nur 
einen Fang besals; den andern liefs er wahrscheinlich früher 
im Eisen. 

Die Jäger tragen gern das Gewaff (Krallen, Waffen) dieses 
Räubers in Silber gefalst am Uhrgehänge. Ganz besonders ge- 
schätzt als Hutschmuck ist der Stockflaum, die flaumigen, unteren 
Schwanzdeckfedern, namentlich das unterste, schönste und längste 


Paar. 
„Nur schöne Flaum für alle meine Mädel, 


Alljährlich einen Aar, der schöne hat, 

Und ganz glückselig ist mein alter Schädel“, 
sagt der berühmte Adlerjäger Max Graf von Arco-Zinneberg in 
der gereimten Beschreibung seines ersten Adlerfangs am Unters- 
berg, Forstamts Berchtesgaden, Reviers Bischofswies, wo er 
nächst der Gurrenwand vom 12. Juni bis 3. Juli 1858 den jungen 


2, Familie. Falken. 29 


Adler aus dem Neste nahm und nach drei Wochen langem Passen 
endlich die beiden Alten schols!). Einen zweiten Adler fing er 
in Rohrmoos, einer Besitzung des Fürsten Friedrich zu Waldburg- 
Wolfegg-Waldsee, eine Stunde von Rohrmoos in der Roten Wand 
am 21. Juni 1860, nachdem er am 14. Juni das alte Weibchen 
und am 20. ej. m. das Männchen erschossen hatte. Zum Herbst 
stieg er auf drei zusammengebundenen, 110’ hohen und noch 
um 5’ zu kurzen Leitern mit einer Todesverachtung hinan, 
bei deren Schilderung es dem Leser schwindlich werden 
kann. 

Nach meinen und meiner Freunde Beobachtungen jagt der 
Steinadler Lämmer, Zicklein, Gams- und Rehkitze, Hasen, Murmel- 
tiere, Füchse, Edelmarder, Birkwild, Schneehühner und ver- 
schmäht sogar Wiesel, Eichhörnchen und Maulwürfe nicht. Im 
Flachlande macht er auf zahme Gänse Jagd. 

Eine sehr lesenswerte Beschreibung des Adlerfangs im Oy- 
thale und im Rohrenmoose bei Oberstdorf im Algäuer Hoch- 
gebirge gibt Dr. Grofs im IX. Jahresbericht des naturhistorischen 
Vereins in Augsburg 8. 33 fi., den ich nachstehend wörtlich 
mitteile: 

»Der Steinadler ist im Oberillerthale und dem Osterachenthale 
keine seltene Erscheinung und wählt sich dort sein Jagdrevier 
mit Vorliebe auf den Dolomitkronen der höchsten Berge, steigt 
auch unter die Alpenregion in die hohen Seitenthäler herab 
und, hat er sich einmal angewöhnt, aufser den Vierfülslern und 
Vögeln der Alpenwelt seine Beute unter den Rehen und den 
jungen Lämmern und Ziegen zu suchen, so erscheint er auch 
im tiefen Thal und in der Nähe der menschlichen Wohnungen 
als kecker und gefrälsiger Räuber. Wegen des empfindlichen 
Schadens, welchen er insbesondere den Ziegen- und Schafherden 
zufügt, wird ihm von jeher mit Drahtschlingen, Fuchseisen und 
mit der Büchse nachgestellt, und vor allem lassen es sich die 
Bewohner dieser Berge angelegen sein, dem Adlerhorste nach- 
zuspüren, um die junge Brut lebendig in die Hände zu bekommen. 

Die Nachforschungen nach dem Horste beginnen mit "den 
Tagen, wenn das Vieh in die Seitenthäler und das untere Berg- 
gelände zur Weide geschickt wird. Hat der Adler, hier zu Lande 


») W. H. Nitzsche, k. Oberförster zu Minkwitz, Illustrierte Jagdzeitung, 
Jahrgang I. 1874. S. 123 ff. 


30 Ordnung I. Rapaces. Raubvögel. 


„Gyr“ genannt, ein Revier, welches ihm gute Beute gewährt, 
einmal liebgewonnen, so stellt er sich dort mit jedem Frühjahr 
ein. So bevorzugen die Adler des Oberillerthales die sonnigen 
Hänge des Schattenberges im Oythale, die Kakenköpfe und die 
Alpen derselben an ihrem Gipfel im Rohrenmooser Thale und 
die Schaftriften an dem mittägigen Gehänge der Krottenköpfe 
in dem Sperrbach-Thale. Ist der Vogel im vorherigen Sommer 
in seinem Raube wirksam verjagt, oder in dem seinem gewohnten 
Jagdgebiete nahegelegenen Horste beunruhigt und der Brut ver- 
lustig geworden, so mag er zwei und mehr Sommer dort sich 
nicht mehr sehen lassen und auch so lange den alten Horst 
meiden. Ist letzteres nicht der Fall, so klagen die Hirten in 
dem Thale, in welchem das Paar für dieses Jahr horstet, meist 
schon in den ersten Tagen der Weidezeit oder gewils während 
der ersten Hälfte des Juni über den Verlust eines jungen Lammes 
oder Ziegenböckleins, was in der nächsten Zeit und während 
des ganzen Sommers immer häufiger sich wiederholt. Alsbald 
verdoppelt der Hirt nach der Richtung hin, wo der Horst ver- 
mutet wird, seine Aufmerksamkeit und bemerkt in wenigen 
Tagen den Adler, wie er mit schwerer Beute in den Fängen, 
oft hoch in der Luft, zuweilen quer durch das Thal der Felswand 
des Horstes zustreicht, um sich selbst oder die hungrige Brut 
zu sättigen. 

Je nach der Formation des Terrains in der nächsten Um- 
gebung des Horstes, der denselben dominierenden Wände, Köpfe 
oder Felsgalerien ist es nicht nötig, Richtung und Ziel der Heim- 
kehr des Vogels oft mühsam zu erspähen, und man sieht, wie es 
an der Roten Wand der Fall ist, von solch günstigem Stand- 
orte aus die Jungen im flachen Horste mit freiem Auge oder 
vermittelst der Fernröhre. 

Der Adlerfang ist seit vielen Jahren im Oythale am er- 
giebigsten, und die Adler haben sich dort zwei Horste angewöhnt, 
den in der „Adlerwand“ und den in den „Lugenalper Wänden“. 

In den zwanziger und dreifsiger Jahren, als die Jagden der 
Umgegend von dem kgl. Landrichter Krum in Sonthofen ge- 
pachtet waren, wurden die jungen Adler unter Leitung seines 
Jägers Dorn, eines Oberstdorfer Bürgers, sechsmal wechselsweise 
aus den beiden Horsten im Oythale weggenommen, fünfmal je 
ein Stück, einmal zwei Junge. Nachdem sie bis in den Herbst 
oder Winter grofsgezogen waren, kauften sie Tyroler aus dem 


2. Familie. Falken. 31 


Lechthale von Dorn um 15 bis 25 Gulden das Stück, und diese 
wanderten in alle Welt, um den königlichen Vogel in einem 
engen Kasten allenthalben um ein kleines Geschenk vorzuzeigen 
und den Leichtgläubigen von den schrecklichen Gefahren vor- 
zuschwatzen, denen der Vorzeiger bei der Beraubung des Horstes 
durch die Wut des alten Adlerpaares ausgesetzt gewesen sei. 
Einer dieser Tyroler wanderte mit seinem Vogel auf dem Rücken 
durch das mittägige Frankreich bis nach Spanien. Jeder dieser 
sparsamen, klugen, wetterharten Männer brachte ein kleines 
Kapital nach Hause. 


Als später die Jagd auf Regie des Staates beschossen wurde, 
gewahrten im Frühlinge 1844 die Hirten den Räuber im Oythale 
und machten seinen Horst an der „Adlerwand“ ausfindig. Anfangs 
raubte er frischgefallene Lämmer. Das Mutterschaf, wenn es das 
Gefühl des Lämmerns befällt, hat die Gewohnheit, den Berg 
hinan zu steigen, und erhebt sich so nicht selten mehr als 1000’ 
über den täglichen Standpunkt der Herde. Dieser Instinkt des 
Schafes ist des Lämmchens Tod; denn kaum hat es das 
Licht des Tages erblickt und versucht freudig die ersten linkischen 
Sprünge!) und, wahrscheinlich durch das Blöken von Mutter 
und Lamm schnell aufmerksam gemacht oder vermöge seiner 
ungemein feinen Witterung braust der Aar daher, erst die Flügel 
an den Leib gedrückt, dann näher dem Opfer die Schwingen 
mächtig ausbreitend, die Fänge an sich ziehend und indem er 
von der Höhe bis zur Beute einen Viertelkreis beschreibt, schlägt 
er in pfeilschnellem Fluge die Fänge in die Beute und entführt 
sie von der Erde, ohne den Flug einen Augenblick zu unter- 
brechen, in derselben Richtung aufwärts, so dals der Vogel beim 
Raube in einem Zuge etwa einen Halbkreis beschreibt, dessen 
konvexe Seite gegen das zu ergreifende Objekt gerichtet ist. 
Diese Manier des Adlers ist mehrmals genau und von geringer 
Entfernung aus beobachtet worden und könnten die Augenzeugen 
namhaft gemacht werden, und sie wollen behaupten, er vermöge 
nicht direkt und unmittelbar, auf der Beute stehend, mit seiner 
Last sich in die Luft zu erheben. Leistet das Opfer lebhaften 
Widerstand oder deucht es ihm wohl schwer an Gewicht, so 


) Von diesen Freudensprüngen dürfte auch das scharfe Adlerauge nichts 
zu entdecken vermögen, weil frisch gefallene Lämmer sich solche Excesse 
durchays nicht zu erlauben pflegen. J. 


32 Ordnung I. Rapaces. Raubvögel. 


tötet er es durch Risse mit den starken Fängen und durch 
Schnabelhiebe, deren Ziel vor allem die Augen und die übrigen 
Kopfteile sind. Dann erst sucht er, aus der Ferne beginnend, 
die pfeilschnellen Halbkreise und die Entführung der Last in die 
Höhe durch die Kraft des Schwunges. !) 

Nach dem ersten Raube ist die Herde auf diesem Terrain 
in den meisten Fällen nicht mehr sicher, und der Adler wieder- 
holt seine Besuche häufiger, ja er kommt nicht selten alle Tage. 
Da hilft kein Rufen der Hirten, kein Werfen mit Steinen. Ob 
Flintenschüsse ihnı das Revier verleiden, habe ich nicht in Er- 
fahrung bringen können. Um ihn möglichst von den Tieren 
abzuhalten, binden die Hirten den Ziegen und Schafen hell- 
klingende Schellen, auch Bänder von grellen Farben um den 
Hals. Den Gewohnheitssünder geniert aber nach etlichen Tagen 
auch dies nicht, und manches Ziegenböcklein fliegt blökend und 
unter unheimlichem Schellengeklingel in den Krallen des Adlers 
hoch in der Luft über den Thalgrund, über Wald und Fels und 
unten steht der zürnende Hirt, dem Verderber klassische Flüche 
nachschreiend. 

Einmal ergab sich's im Oythale, dafs der Adler durch die 
Nähe des Hirten im sichern Einschlagen der Fänge gehindert 
wurde, und es entschlüpfte ihm das Ziegenböcklein, als er 
wohl 1000' mitten über dem Thalgrund schwebte, und es fiel 
herab. Dieses Böcklein wog 34 Wiener Pfund. Ein andermal 
verfolgte am Schäfsteine, nördlich vom Rohrenmoose, ein Flug 
Bergraben einen Adler, welcher ein Schaf in den Fängen hielt, 
und, der Raben sich erwehrend, liefs er die Beute fallen. Dies 
Schaf wog 42 Pfund. Es möge diese wahrhaftige Angabe zur 


!) Wenn der Adler gröfsere Tiere verfolgt, so erspäht er den günstigen 
Augenblick, wo sie auf Schroffen am äufsersten Rande über tiefen Abgründen 
oder auf Felsenspitzen stehen und sucht sie die Wände hinab in die Tiefe 
zu stürzen, damit sie zerschellen. Die Tiere, namentlich Schafe und Ziegen, 
sind alsdann sehr beängstigt, wenn der Adler über ihnen kreist, auf einmal 
in schiefer Richtung auf sie einschiefst und seine Angriffe mit gesteigerter 
Heftigkeit wiederholt. Gemsen kümmern sich aufser zur Setzzeit im Mai 
und Juni, selbst wenn er ganz in ihrer Nähe ist, nieht viel um ihn. Über- 
rascht er sie aber mit ihren Jungen auf einer Schneide oder Felsenspitze, so 
stellen sie sich angsterfüllt ganz nahe zusammen und folgen erhobenen 
Hauptes nach allen Richtungen ihrem Feinde mit den Blicken, besonders 
schliefsen sich die Kitze den Alten ganz nahe an und suchen, dauert die 
Verfolgung länger, unter denselben Schutz. Por), 


2. Familie. Falken. 33 


Beurteilung der ungemeinen Tragkraft dieses Vogels dienen.!) 
Bekanntlich stölst der Bergrabe auf den Adler, wie der Milan 
auf den Schuhuh, aber auch niedrigeres Volk, die Krähe, der 
Kuckuck und kleinere Vögel stolsen auf ihn und dies unbe- 
greiflicherweise ungestraft. Der Adler flieht scheu vor seinen 
Verfolgern, wie das Pferd vor der Wespe. 


Den 27. Juni 1844 nahm der kgl. Forstwart Franz Josef 
Zeller seinen ersten feierlichen Adlerfang im Oythale an der 
Adlerwand vor, und es wurde ein Junges, das beiläufig vor 
40 Tagen das Ei gebrochen, glücklich aus dem Horste gehoben 
unter dem jauchzenden Beifallruf des im Thalgrunde harrenden 
zahlreichen Publikums. Der kgl. Revierförster v. Steger von 
Fischen beabsichtigte Tags vorher und am Morgen des Festes 
in der nächsten Nähe des Horstes auf schwindelnder Höhe in 
einem Schirme stehend die Alten mit der Büchse zu erlegen, 
wenn sie zur Ätzung des Jungen kämen, allein es liels sich die 
ganze lange Zeit keiner von beiden blicken. 


Im Frühling 1849, auch schon ein paar Sommer vorher, 
war es im Rohrenmooser Thale und den umliegenden Bergen 
nicht mehr geheuer. Insbesondere hatten die Adler die sehr 
exponierten Kakenköpfe als Observatorium ausersehen und der 
Besitzer der an denselben gelegenen Alpe, Löwenwirt Andreas 
Übelhör von Fischen, verlor zwei Sommer nacheinander sämtliche 
frisch gefallene Lämmer und Kitzen. Das Mutterschaf und die 
Ziege kamen von ihrem verhängnisvollen Kindbettgang in die 
Felswände der Kakenköpfe hinan, jedesmal allein zurück zur 
Herde auf die Alpe herab. Der Adler ergriff das kaum geborne, 
noch nasse Tierchen und trug es quer über das Thal hinüber 
in die Rote Wand, wo er seine Schlachtbank und seinen Horst 
gewählt hatte. Den 24. Juli 1849 wurde diesem Adlerpaar ein 
Junges unter der Leitung des fürstlich Wolfeggschen Guts- 
schaffners Weber genommen. 


!) Dafs der zehn bis zwölf Pfund schwere Steinadler Lasten von 40 Pfund 
und darüber in die Lüfte zu entführen vermöge, ist schwer zu glauben, und 
halte ich eine solche Leistung für absolut unmöglich. 

Nach des viel erfahrenen Leo Dorn langjährigen Beobachtungen vermag 
der Adler über 20 Pfund schwere Beute nicht zu tragen und zeigen die 
Überreste in den Horsten auf ein lebendes Gewicht bis zu 20 Pfund an 
meistens aber darunter. J. 


[27 


Jäckel, Die Vögel Bayerns. oO 


34 Ordnung I. Rapaces. Raubvögel. 


Während die Adler in der Gegend des Rohrenmooses ihr 
Wesen forttrieben, begannen Ende Mai 1851 die Räubereien 
abermals auf der Ostseite des Oberillerthales im Oythal, und als- 
bald war es sicher, dals ein Paar den alten Horst an der Adler- 
wand bezogen hatte. Die Besucher des schönen Oythals sahen 
bei hellem Wetter und reiner Luft zuweilen den einen oder beide 
Adler hoch im Äther gleich schwarzen Pünktchen schweben, 
majestätisch und ruhig mächtige Kreise ziehend, bald dem Auge 
entrückt, hinter den Seeköpfen, dem Himmeleck oder der wilden 
Höfats verschwindend, im nächsten Moment hoch über dem 
Auge des Beobachters über das Thal ziehend. Die Höhe des 
Fluges mag mehr als 7000’ über Meeresspiegel messen und gewils 
4000' über der Thalsohle. Nicht selten wurde der Adler be- 
obachtet, wie er mit Beute beladen nach der ‚Adlerwand‘“ sich 
herabsenkte, um dort in der Höhe auf dem flachen Vorsprunge 
für sich und seine Nachkommenschaft die Schlachtbank auf- 
zuschlagen. 

In der Nacht vom 3. auf den 4. Juli 1851 stiegen vier er- 
fahrene Steiger die Seewände hinan, als den Kamm, unter welchem 
die „Adlerwand‘ senkrecht ins Thal abfällt. Sie waren mit dem 
450' langen Tau belastet, mittels welchen der Waghals die Wand 
herabgleiten sollte, der den jungen Vogel im Horste ergreifen 
sollte, und machten ihre Zurüstungen zur Befestigung des Seiles 
und der Rolle, in welchem es zu laufen hat. Beim Morgen- 
grauen am 4. Juli stieg Karl Agerer, kgl. Forstgehilfe von 
Fischen, in den Wänden nach dem Horste hinauf und näherte 
sich demselben bis auf etwa 40 Schritt, soweit einem kräftigen, 
unerschrockenen Steiger die Annäherung an dieser überaus steilen, 
zerrissenen Wand möglich war; denn Gang und Stand in der- 
artigem Terrain milst nicht nach Schuhen, sondern nach Zollen. 
Ein Busch des roten Holunders barg den Schützen. Vielfache 
Beobachtungen ergaben, dals die Adler meist bei anbrechendem 
Tage und fast gewils gegen 12 Uhr mittags zur Ätzung der 
Jungen in den Horst streichen. Dies gab die Möglichkeit, einen 
der Adler mit der Büchse zu erlegen. 

Drei Uhr nachmittags ward schon eine Woche vorher im 
ganzen Algäu als die Stunde bestimmt, in welcher der Waghals 
an dem Taue vom Kamm in die Tiefe zum Horste hinabgesenkt 
werde. Bereits vormittags füllte sich die Thalebene unter der 
„Adlerwand‘“ mit schaulustigem Publikum. Improvisierte Wirt- 


2. Familie. Falken. 35 


schaften schlugen ihr Geschäft in einem Fichtenwäldchen auf 
und die Blechmusik Oberstdorfs spielte in Zwischenräumen lustige 
Weisen. Gegen Mittag mochten wohl anderthalb tausend Zu- 
schauer versammelt sein, und immer mehrte sich die Menge 
durch Zuzüge aus nah und fern, aus Sonthofen, Immenstadt 
und Kempten. Alles harrte des Adlers, welcher mit jeder Minute 
erwartet wurde, wie er zum Horst fliegt, und eines glücklichen 
Schusses. Plötzlich, 20 Minuten nach 12 Uhr, entstand atem- 
lose Stille in der vorher so lauten Menge; einige hatten den 
Adler hoch in der Luft in der Richtung des grolsen Seekopfes 
erspäht und langsam und ruhig liefs sich der königliche Vogel 
nach dem Horste herab. Die Sonne erglänzte durch die weiten 
Schwingen und nachdem er sich dem Schützen bis auf etwa 
100 Gänge genähert, bemerkten die Zuschauer einen Stols im 
Vogel, der ihn in seinem Fluge unmerklich rückwärts warf, ein 
weilses Wölkchen zog aus dem Holunderbusche an der Wand 
hinauf und einen Augenblick danach schlug der Schall des 
Schusses an das Ohr ins Thal herab. Der Adler hatte seinen 
Kurs verlassen und beschrieb einen mächtigen Halbkreis durch 
die Breite des Thales. Lautlose Stille bedauerte den Fehlschufs; 
doch plötzlich brach der Vogel zusammen und stürzte senkrecht 
in einen Fichtenwald herab. Nun pries lauter Jubel den treff- 
lichen Schützen! Nach einer halben Stunde war der tote Adler 
gefunden; es war nach dem Ausspruche der Kenner das Weibchen, 
grölser als das Männchen, ziemlich bejahrt; denn das Gefieder 
war stark gebräunt, die Iris feuerfarben, die hintere Kralle fast 
3" lang, er klafterte mit ausgebreiteten Schwingen etwas über 
acht Fufs. Die tötende Kugel schlug rechts vom unteren Ende 
des Brustbeins ein und zum Steilse hinaus, und bei diesem guten 
Schusse hatte das herrliche Tier dennoch seinen Kreisflug ohne 
Flügelschlag in weitem Raume fortgesetzt, bis ihm der un- 
erbittliche Tod zum Herzen drang. Nach diesem gelungenen 
Vorspiele geduldete sich die Menge in frohem Jubel weitere drei 
Stunden, und endlich nach 3 Uhr, als auch die fernsten ange- 
langt, ward von dem Ordner des Adlerfangs, Forstwart Zeller, 
das ersehnte Zeichen gegeben. Oben auf dem Kamme der Wand 
erblickten die Fernröhre und auch ein unbewaffnetes scharfes 
Auge den Mann des Wagnisses, den Jägerburschen Franz Schaf- 
hittel von Oberstdorf, in weilses Linnen gekleidet, um ihn an 
der dunklen Wand leichter unterscheiden zu können. Er setzte 


bE3 


{9} 


36 Ordnung I. Rapaces. Raubvögel. 


sich auf das Querholz an dem Ende des Taues und es begann 
langsam und bedächtig die Fahrt in die grausige Tiefe. Der 
Mann war mit einer Hackenstange bewaffnet, um sich von den 
Wülsten der Felswand abzustolsen, über welche hinaus er zu 
fahren hatte, und, unten in der Höhle des Horstes die Hacke 
einschlagend, durch schaukelnde Bewegung die schmale Felsplatte 
vor dem Horste mit dem Fulse zu gewinnen. All diese gefähr- 
lichen Bewegungen unterschied ein gutes Auge aus der Tiefe 
des Thales herauf, wie die weilse Gestalt oft in drohendem 
Wirbel tanzend dem Aufdrehen des Taues folgte, um, eine kleine 
Weile stillstehend, denselben schwindligen Tanz in entgegen- 
gesetzter Richtung zu beginnen. Endlich gelangte er der Höhle 
gegenüber an, etliche kräftige Schwingungen an dem Taue 
schleuderten ihn in den Horst. Der Mann verschwand ein paar 
Minuten; endlich erschien er, den jungen Adler an den Fängen 
hoch emporhaltend, und setzte sich nach verklungenem Beifalls- 
rufe des Publikums abermals auf das Querholz, den Oberleib 
mit Stricken fest an das Tau geschnürt, unter dem linken Arm 
den Adler, in der rechten Faust die Stange, erwartete die Menge 
ängstlich die Fahrt vom Horste in die Luft hinaus. Doch auch 
diese schwingende Bewegung ging ohne Gefahr von statten, und 
hoch oben auf dem Kamm lielsen die Männer abermals das 
Seil über die Rolle gleiten, so dals die weilse Gestalt nach 
langer Fahrt zwischen schwarzen Tannen verschwand, um 
dort im Walde auf festem Boden vom Seile sich loszuschnüren. 
Noch eine kleine halbe Stunde, und der unerschrockene Jäger- 
bursche erschien unter der Menge im Thale mit dem geraubten 
jungen Adler. Der Vogel mochte vor etwas mehr als vier 
Wochen das Ei zerbrochen haben; die Deckfedern waren von 
schwarzbrauner Farbe, dazwischen quoll üppiger weilser Flaum 
hervor, was ihm ein scheckiges Ansehen gab. Das braune klare 
Auge irrte ängstlich umher, und er stiels mitunter einen kläg- 
lichen piependen Ton aus, welcher dem kecken „Hyer—Hyer“ 
der Alten gar nicht ähnelte. Umfang und Schwere des Körpers 
mochte dem eines starken Haushahnes gleichkommen. Nun 
wurde der junge Aar im Triumphe nach Oberstdorf getragen, 
dort in einen geräumigen Ziegenstall gesperrt und wohl ge- 
füttert, bis im Spätherbst ein Tyroler aus dem nahen Lechthale 
mit dem zahmen Vogel auf dem Rücken seine Reise in alle 
Welt antrat. 


2. Familie. Falken. 37 


In demselben Frühjahr 1851 nahm der Jagdpächter und 
Gutsschaffner Weber im Rohrenmoose aus dem Horste an der 
Roten Wand zwei junge Adler, welche jedoch aus unbekannter 
Ursache ein paar Wochen danach plötzlich starben. 

Nach diesem Jahre wurden die Adler zwar zuweilen bei 
klaren Tagen hoch in der Luft gesehen, sie raubten aber weniger 
zahmes Vieh an den Kakenköpfen, im Oythale und der Um- 
gegend. Einer derselben hatte sich aber die Schafherde auf Ober- 
Mädeli-Alpe im Sommer 1852 ausersehen und forderte von ihr 
den Blutzehnt mit grausamer Dreistigkeit während der ganzen 
Weidezeit und ebenso im darauffolgenden Jahre. Ich übernach- 
tete den 12. August 1853 in der oberen Sennhütte von Mädeli- 
Alpe, 6060' ü. M. Der Hütte gegenüber an der nördlichen Bö- 
schung des mit Lawinenschnee und ewigem Eise angefüllten 
Sperrbachthales liegen die grünen Schaftriften unmittelbar unter 
den kahlen zerrissenen Gipfelmassen der Krottenköpfe. Die Schafe 
ziehen sich bei Einbruch der Nacht in die geschützen Lagen 
zwischen ungeheure Felstrümmer, welche im Laufe der Zeit 
von den Gipfeln sich abgelöst hatten. In diesen Zufluchtsstätten 
lämmert das Schaf, und aus diesen, mitten aus der Herde, ent- 
führt der Aar das kaum geborene Lämmchen. Um das trauliche 
Herdfeuer in der Sennküche sitzend, erzählten die Hirten von 
dem alten Gyren, dem „Baron“, wie sie ihn getauft, wie er jeden 
Morgen die Herde mustere, und raube, was ihm anstehe. Alle 
Vorsicht, alle Mittel, ihn abzuschrecken, seien vergeblich. Am 
frühen Morgen weckte uns der Ruf der Sennen: „Der Baron 
sitzt wieder auf dem Stein“. Wir sahen mittels des Fernglases 
den Aar auf seinem gewohnten Platze auf einer der höchsten 
Spitzen der Krottenköpfe, unnahbar dem besten Steiger, und uner- 
reichbar der Kugel des Jägers. In philosophischer Ruhe besah er 
sich die Herde zu seinen Fülsen, und wir erwarteten den Augen- 
blick, ihn in die Tiefe auf sein Opfer sich stürzen zu sehen. 
In demselben Momente jagte jedoch ein scharfer West das Sperr- 
bachthal herauf an die Wände der Krottenköpfe graue Wolken, 
die in kurzem den Gipfel umhüllten. So verschwanden Berg 
und Adler rasch hinter dem Wetternebel, und des Abends er- 
zählte der Hirt, dals der „Gyr“ unmittelbar danach ein junges 
Schaf zerrissen und über den Gipfel hinweg entführt habe. 

Im Jahre 1854 horsteten die Adler abermals an der Roten 
Wand im Rohrenmooser Thale. Von dieser Wand zieht sich 


38 Ordnung I. Rapaces. Raubvögel. 


fast im rechten Winkel ein Querjoch nach Osten und ist das-. 
selbe in einer starken Stunde vom Thale aus zu ersteigen. Da das 
Querjoch höher liegt, als der Horst, so sieht man, auf demselben 
stehend, bequem in den offenen Horst. In den ersten Tagen 
des Mai hatte der Revierförster Schemminger von Fischen, mit 
der Aufsicht über die Gräfl. Rechbergschen Jagden betraut, sich 
bereits überzeugt, dals das Ei gelegt sei, und am 30. Mai wurde 
zum ersten Male der junge Vogel gesehen. Vier Wochen später 
schien es nicht mehr ratsam, länger zu zaudern, sich des Jungen 
zu versichern. Der junge Aar zeigte weniger linkische Bewegungen, 
stand fest und aufrecht auf den Fülsen, hüpfte auch sperlings- 
artig im Horste umher und dehnte die weiten Schwingen. Der 
30. Juni wurde als der Tag des Adlerfanges verkündet, und bis 
2 Uhr nachmittags hatte die schaulustige Menge von nah und 
fern das Querjoch besetzt, welches eine so bequeme Einsicht 
in den Horst gewährte. Manche zarte Dame hatte die Stunde 
Weges steil bergan zu steigen nicht gescheut, bald über um- 
gestürzte Baumstämme hinwegkletternd, bald im Gerölle auf 
spitzen Steinen in ungewohnter Anstrengung sich emporarbeitend. 
Endlich zeigte sich der Jägerbursche in der grausen Höhe, an 
dem schwankenden, 270' langen Seile und begann seine Fahrt 
in die Tiefe, mit der Hackenstange bewaffnet, um von vorstehen- 
den Felsgesimsen sich abzustofsen und unten am Horste, der 
höhlenartig und tief in der Wand liegt, sich hineinzuziehen. Die 
Fahrt war überstanden und der Sprung auf den Rand des Horstes 
geraten. Der junge Aar, erschreckt von der ungewohnten Er- 
scheinung, duckte sich tief nieder, der Mann that einen kühnen 
Griff in Rücken und Hals des Tieres und versicherte sich in 
demselben Augenblick mit der andern Hand der beiden Unter- 
schenkel, sie zwischen Fang und Knie fest in die Faust nehmend, 
und brachte so den Vogel mit einem raschen Ruck unter den 
Arm der Hand, welche die Unterschenkel gepackt hatte. Nun 
schwang er sich mit dem geraubten Vogel aus dem Horste und 
fuhr abermals in die Tiefe bis zu sicherem Terrain, welches den 
Weg ins Thal ermöglichte!) Während des ganzen Vorganges 


1) Warum der Mann nicht vorzog, den Adlerjüngling zu fesseln und in 
den Rucksack zu stecken, erscheint um so auffallender, da er, wenn auch 
mit dem Öberleibe an dem Taue festgebunden, unwillkürlich in gefährlichen 
Momenten mit der einen Hand darnach gegriffen haben wird, während er 


2. Familie. Falken. 39 


sals ein Adler auf der andern Seite des Thales unter dem Gipfel 
der Kakenköpfe auf einer dürren Fichte, ein ruhiger unbeweg- 
licher Zeuge der Beraubung seines Horstes. Am Morgen des 
Adlerfanges und am vorherigen Tage kam keines der Alten zum 
Horste, sei es, dals sie das Ab- und Zugehen auf der Felsgalerie 
über dem Horste oder die Vorrichtungen auf dem Kamm der 
Roten Wand bemerkt hatten oder dals sie die Gefahr in den 
Wind bekamen. So war die Hoffnung, einen der Alten am 
Horste zu erschielsen, eine vergebliche. 


Nach den bisherigen Erfahrungen brütet der Adler das Ei 
etwas mehr als 30 Tage, und dieselbe Zeit ist nötig bis zum 
Flüggewerden des jungen Vogels. Nach dieser Frist, in der 
fünften und sechsten Woche nach gebrochenem Ei, ist das Ge- 
lingen des Adlerfanges nicht mehr sicher. So schlüpfte einmal 
bei zu später Vornahme des Fanges an der Roten Wand der 
junge Aar dem Manne, welcher in den Horst stieg, unter der 
Hand weg, hüpfte auf den Felsrand hervor und breitete nach 
kurzem Bedenken seine Schwingen aus, um ins Thal hinab zu 
fliegen; er setzte sich jedoch bald auf eine Fichte und wurde 
etliche Minuten darauf herabgeschossen. 


In der letzten Hälfte der Brutzeit scheinen die Alten weniger 
fleilsig dem Brutgeschäfte obzuliegen und ebenso ätzen sie später 
den Jungen weniger regelmälsig; doch sind auch schon höchst 
pünktliche Einflüge in den Horst beobachtet worden; meist bei 
Tagesgrauen und mittags 12 Uhr. 


Dafs die Adler mehr als zwei Junge ausgebrütet, ist in hie- 
sigen Alpen nicht gehört worden. Wenigstens steht erfahrungs- 
mälsig fest, dafs gewils unter zehn Fällen neunmal nur ein 
Junges aufgefüttert wird, unter diesen kaum einmal zwei Junge 
gefunden wurden. Es ist jedoch unentschieden ob die Adler- 
henne nicht mehr als zwei Eier legt; glaubwürdige Zeugen ver- 
sichern mir, dafs vor mehreren Jahren ein Hirtenknabe, welcher 
in den wilden Felsen des Mädelstockes seine Ziegen suchte, drei 
Adlereier auf Peters-Älpele zu dem Alpenbesitzer Franz Fischer 
aus Oberstdorf herab gebracht habe.) 


mit der andern die Hackenstange führen und von den Ecken und Kanten 
der Wände sich abdrücken mufste. Im Rucksack ist der junge Aar nicht das 
mindeste, frei unter dem Arme ein sehr bedenkliches Hindernis, J: 

!) Nach Naumann sind der Eier gewöhnlich drei, auch wohl nur zwei. 


40 Ordnung I. Rapaces. Raubvögel. 


Der Adlerhorst ist unter einem überhängenden Felsen in 
einer seichten Höhle an einer stets unzugänglichen Wand nach- 
lälsig gebaut, hat in der Mitte meist keine weiche Unterlage, 
welche mit einem Walle von dicken und dünnen Prügeln um- 
geben ist. In demselben und in der Umgebung sieht es bunt 
aus von den Resten des Raubes. Pelzwerk und Gebeine von 
Berghasen, Murmeltieren, Schafen, Ziegen, Gemsen, Rehen, Edel- 
mardern, Wieseln, Federn und Hautstücke von Federvieh aller 
Art liegen und hängen an Gestein, Wänden und Gesträuch um- 
her. Lange Röhrknochen und dicke Wirbel, Hornklauen und 
Vogelkrallen, Ballen von Haaren und Federn werden ver- 
schlungen, erstere schichtenweise vom Magensafte aufgelöst und 
gänzlich verdaut, letztere gewöhnlich in faustgrolsen Ballen 
wiederum ausgespieen. 


Der Adler fängt sich leicht im Fuchseisen, wenn es in der 
Höhe seines Striches zur Winterzeit gelegt wird, sofern die Wit- 
terung im Eisen ihm ansteht und dasselbe rostfrei und gut ge- 
deckt ist. In den Drahtschlingen den Adler zu fangen, ist in 
unseren Alpen nicht gebräuchlich; ich habe eines solchen Fanges 
manchen Tyroler sich rüähmen hören, kann aber deren Manier 
nicht genau angeben. 


Im Fange des Adlers ist der alte Forstwart Zeller zu Oberst- 
dorf Meister und Autorität, ein echter Jäger von Schrot und 
Korn, den man von der Kunst des Fangens zu beurteilen hat, eine 
Kunst welche unseren jungen Jägern fast abhanden gekommen. 
Fragt den alten Mann nach dem Dutzend Luchse, die er im Ber- 
liner Eisen gefangen, nach den Wolfsjagden, welche er am Grün- 
ten prästiert, nach den Sau- und Bärenjagden der Agerer und 
Lutz in Hindelang und Burgberg! Zeller spricht wenig, aber 
was er erzählt, ist wahr, körnig, einfach, ohne würzhafte Zuthat 
und trägt das Siegel des Thatsächlichen an der Stirn.!) 

Es ist eine Fabel, die in gar manchem Lehrbuch der Natur- 
geschichte zu lesen ist, dals der Adler bei Beraubung seines 
Horstes sich zur Wehr setzt. Dergleichen Erzählungen von Ge- 
fahren und Kämpfen, welche bei der Wegnahme des Jungen 
durch die Kühnheit und Wildheit der Alten zu bestehen seien, 
wollen wir den armen Tyrolern zu gut halten, welche ihren 


») Die Genannten sind alle in die ewigen Jagdgründe hinübergewechselt. 
J. 


2. Familie. Falken. 41 


Adlerkasten auf dem Rücken sich dadurch interessanter machen; 
denn der Mann, welcher für ein kleines Geschenk den Aar vor- 
zeigt, muls den Strauls stets in höchsteigner Person bestanden 
haben. Während die Vorkehrungen zum Adlerfang getroffen 
werden und während des Aktes selbst hält sich das Adlerpaar 
in weiter Ferne, schwebt etliche (?) Fuls hoch über der Scene 
oder sieht sich den Vorgang, ruhig auf einem dürren Baume 
oder einer Felsspitze sitzend an, nicht selten in einer Entfer- 
nung von einer halben Meile und noch weiter. Kommt eines 
der Alten während des Adlerfanges zum Horste, so geschieht es 
aus Unvorsichtigkeit; denn in den meisten Fällen lälst er im 
Heranziehen zum Horste pfeilschnell von der Richtung ab und 
flieht scheu und feig, nachdem sein scharfes Auge die Gegenwart 
von Menschen entdeckt hat. Der Steinadler wird hier wahr- 
scheinlich mit dem Lämmergeier oder Bartgeier, Gypaötos bar- 
batus Lınn&, verwechselt, welcher allerdings in wütender Toll- 
kühnheit den Kampf mit den Räubern seiner Brut aufnimmt. 
In unseren Alpen ist kein Beispiel vorhanden, dals der Adler 
Kinder angegriffen. Doch ist der Vogel stark genug dazu, und 
ein verbürgtes Beispiel haben wir aus Graubünden dafür, wo 
in einem Bergdorfe ein Adler ein zweijähriges Kind wegtrug. 
Hier geht die Sage, dafs vor vielen Jahren in den ‚Gruben‘, einem 
Thälchen am Ausgange des Oythales, eine Mutter bei offener 
Hausthür am Herde stand, als ein heftiger Windzug und Auf- 
wirbeln des Staubes sie veranlalste, neugierig aus der Thür zu 
treten. Da sah sie den Adler wenige Schritte von sich auf- 
wärts fliegen: ihr einjähriges Kind spielte vor der Thür im 
Sande. Da hob sie ihren Liebling schützend in die Arme. 
Bei dem zweiten Fluge hätte der Aar dem Kinde die Fänge 
in die Lenden geschlagen, wie er auch das Lämmchen nicht 
schont. 

Hunde sind dem mutigen Vogel gegenüber in Gefahr. Pfarrer 
Linz in dem nahen Kinzlern erzählte mir, er habe an einem 
Sommertage mit seinem grolsen fetten Pudel einen Spazier- 
gang auf eine Alpe gemacht und, als er ermüdet im Schatten 
eines Baumes ausruhte, der Hund aber ein paar hundert 
Schritt vor ihm im Grase suchte, sah er, durch ein jämmer- 
liches Heulen des Hundes plötzlich aufmerksam gemacht, einen 
Adler auf dessen Rücken sitzen und Schnabelhiebe auf den 
Kopf des Hundes führen. Erst durch seine Annäherung und 


49 Ordnung I. Rapaces. Raubvögel. 


lautes Rufen liefs der Adler von dem übel zugerichteten Hunde!).« 
So weit Dr. Grols. 


Ich füge bei (woher ich das Citat habe, vermag ich nicht 
mehr anzugeben), dals im Jahre 1821 im November ein Stein- 
adler zu München in einem Garten der Türkenstralse auf ein 
Kind von 3ı Jahren stiefs, welches in einem Korbe auf der 
Erde safs. Die in der Nähe mit Wäschetrocknen beschäftigte 
Magd warf ein Tuch nach dem Adler und bedeckte ihm damit 
den Kopf und die Augen, so dals er sich nicht erheben konnte. 
Beherzt falste ihn nun die Siegerin und brachte ihn, verletzt 
mit manchen Wunden, die ihr der Vogel beibrachte, ihrer Dienst- 
herrschait, welche ihn zum königlichen Hofe einlieferte. Der edle, 
menschenfreundliche König Maximilian I. belohnte die Magd 
reichlich und lieis den Adler in die Menagerie nach Nymphen- 
burg bringen. 

Die Tragkraft des Steinadlers betreffend, sagte mir der alte 
Forstwart Zeller, dafs ihm 1834 oder 1835 auf der Schönberger 
Alpe die Söhne des Candidus Walch von Maderhalm bei Immen- 
stadt ein totes Schaf zeigten, welches Tags zuvor ein Adler von 
der Herde entführt und dem nahen Berge Schäfstein zugetragen 
hätte. Nach der Erzählung der Senner wurde der Adler unter- 
wegs von zwei Bergraben (Corvus corax) verfolgt und liels seine 
Beute fahren, welche aus einer Höhe von wenigstens 1000’ in 
das Thal herab totfiel. Die Senner erklärten, dieses Schaf gewogen 
und 36 bayerische Pfund schwer gefunden zu haben, was nach 
der Stärke des Tieres ihm glaubwürdig geschienen habe. Um 
dieselbe Zeit habe ein Adler ein Schaf von der am Schäfhofe 
weidenden Herde weggetragen, sei damit den Bergen jenseit des 
Thales zugestrichen, habe jedoch seine Beute über der Thalsohle 
fallen lassen, wo sie aufgehoben und im nahen Weiler Gruben 
gewogen worden sei. Thaddäus Weitenauer, Jagdaufseher zu 
Oberstdorf, erklärte, dals dieses Schaf ebenfalls 36 Pfund schwer 
gewesen. Fälle, dals Adler Schafe, Ziegen u. s. w. von einer 
Schwere über 30 Pfund wegtragen, kämen im Algäu fast alle 
Jahre vor. 


") Der Vorfall mit dem Hunde gehört zu den Vorkommnissen, welche 
unter der Einwirkung besonderer Umstände, wie Hunger, krankhafte Frefs- 
begier u. s. w. in der Tierwelt in Erscheinung treten, keinesfalls aber zu den 
Alltagsereignissen gezählt werden dürfen. J. 


3, Familie. Falken. 43 


Fr. Gschwendner berichtet über den am 13. Juli 1881 bei 
Oberstdorf stattgehabten Adlerfang und bezeichnet als die von 
den Steinadlern mit grolser Vorliebe auserwählten Horstplätze 
in der Nähe von Oberstdorf die Lungenalper Wand und Ochsen- 
gehrenwand im Oythale und in den Bärengängen im Rappen- 
alper Thale. Der Adlerfang dieses Jahres war ein besonders gün- 
stiger, indem in der Lungenalper Wand am 12. Juli das Weibchen 
in einem den Abend zuvor in den Horst gelegten Eisen gefangen 
und nach 15 Minuten das diesem Vorgange auf einer beiläufig 400 
bis 420° vom Neste entfernten Tanne zusehende Männchen von dem 
prinzlichen Jäger Leo Rappelder geschossen wurde. Am nächsten 
Tage wurde dann der junge Adler aus dem Horste genommen, 
zu welchem sich der kühne Jäger bei Anwesenheit einer grolsen 
Menschenmenge an einem sehr langen Seile herabliels. 


22. AQUILA IMPERIALIS Bechst. 


Keyserling und Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 138. n. 28. — 
Verz. S. XXX. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, I. S. 201. Taf. 
6. 7. — XII. Nachträge S. 21. Taf. 340. 


Der dem Südosten angehörige Kaiseradler verfliegt sich wohl 
nur selten, das Donauthal heraufkommend, bis zu uns nach 
Bayern. Mir und meinen Freunden ist er mit Ausnahme eines 
ausgestopften Exemplars in der ehemaligen Leuchtenbergschen 
Sammlung mit dem Heimatsvermerk »Bavaria« nicht zu Gesicht 
gekommen. Ob ihn Schrank gekannt hat, ist aus seinen zu 
dürftigen Angaben in der Fauna Boica I. S. 107. n. 53 und 54 
nicht zu entscheiden. Koch (System der bayerischen Zoologie 
S.111.n. 36) sagt, er sei in den Hochbergen selten, gibt die den 
Kaiseradler vom Steinadler trennenden Unterschiede: »Schwanz- 
federn gleich lang, Nasenlöcher zwergstehend, Mundöffnung sehr 
weit, bis unter den hinteren Augenrand sich erstreckend, Augen 
sehr klein, Nackenfedern weniger zugespitzt als am Steinadler, 
Schwingen über den Schwanz hinausragend«, richtig an und ci- 
tiert als synonym Schranks Aquila chrysaetos Brıss. n. 53 der 
Fauna Boica. Gleichwohl dürfte er nicht den Kaiseradler vor 
sich gehabt haben, da er S. 112 sagt: »Man hält den Linneschen 
Falco chrysaetos für einen alten, vorzüglich weiblichen Steinadler 
und nicht für den gegenwärtigen Vogel (Aquwila chrysaötos Brıss. 


/ Ordnung I. Rapaces. Raubvögel. 
> = 


und Schrank, nach Naumann Synonym von Falco imperialis 
Becasr.) Ich finde keinen Grund dazu.« 


Genus 10. Haliaötos Savigny. 
23. HALIAETOS ALBICILLA Briss. 


Keyserling und Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 139. n. 29. — 
Verz. B., AXX. 


Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, I. S. 224. Taf. 
12 und 13. — XII. Nachträge 8. 66. 


Der Seeadler ist zur Winterszeit, besonders in strengeren 
Wintern, im südlichen Bayern auf den Alpenseen, auf der Iller, 
der Wertach, dem Lech, der Isar und Donau eine ziemlich ge- 
wöhnliche Erscheinung, hält sich gern in den Flulsauen auf, 
und streicht im Hochlande bis zu bedeutenden Höhen, im Algäu 
bis zu den Illerquellen hinauf. Meistens werden junge, aber 
auch fast in jedem Jahre alte Vögel mit reinweilsen Schwänzen, 
wachsgelben Schnäbeln und erbsengelben Augen gesehen und 
erlegt. Leu in Augsburg hat von 1850 bis 1878 im ganzen 
35 Seeadler gestopft, von denen die meisten aus der nächsten 
Umgebung bis hinab nach Thierhaupten ihm zukamen. Man 
sieht dort öfter kleine Gesellschaften von zwei bis drei Stück 
miteinander fliegen, zuweilen so nahe, dafs der Jäger Huwel des 
Barons C. v. Schätzler am 2. Januar 1859 in der Lechhausener 
Aue auf einen Schuls ein altes Männchen und ein junges Weib- 
chen erlegen konnte. Jene 35 Stück waren meistens sehr gut 
genährt und fett, nur zwei davon durch Hunger ermattet, ab- 
gemagert und flugunfähig, so dals der eine mit den Händen er- 
griffen, der andere in einem Bauernhofe erschlagen werden konnte. 
Eine spezielle Erwähnung aller mir seit vielen Jahren bekannt 
gewordenen Örtlichkeiten, wo Seeadler vorkamen, halte ich für 
wertlos. Es genüge die Angabe, dafs er von Ulm bis Passau, 
vom Bodensee und Oberbayern bis Aschaffenburg, in Franken 
allerdings viel seltener als südlich von der Donau, allenthalben 
als Vagant beobachtet ist. Die noch nicht brutfähigen Vögel, 
Männchen und Weibchen, führen bekanntlich ein mehrjähriges 
Wanderleben und wurde ein solcher in der weiherreichen Ober- 
pfalz noch am 26. Mai bei Amberg geschossen. Nach Land- 
becks bestimmter Angabe hat Anfang der fünfziger Jahre ein 


3, Familie. Falken. 45 


Paar in Schwaben bei Offingen, nicht weit vom Einflusse der 
Mindel in die Donau, gehorstet. Auch in Oberbayern soll dies 
schon geschehen sein, nach Prof. Wagner am oberen Starnberger- 
see, nach anderen im Geisenfelder Forst. Wahrscheinlich eine 
Verwechslung mit Pandion haliaötos! 


Er nährt sich vom Aase, das von den Flüssen herbei- 
geschwemmt wird, von Fischen, jagt Hasen, Enten, zahme Gänse, 
nimmt auch mit Mäusen vorlieb und kommt im Winter auf Fall- 
meistereien. Ende Dezember 1872 wurde bei Schweinfurt ein 
Seeadler auf einem geschlagenen Hasen lebendig gefangen. Er 
hielt sich schon längere Zeit in der Gegend auf und raubte 
einem Gutsbesitzer Gänse und Enten vom Hofe, sogar einen 
Pfau vom Dache seines Schlosses. 


Genus Il. Milvus Briss. 
24. MILVUS REGALIS Briss. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 139 n. 32. — 
Verz. 8. XXX. 


Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, I. S.333. Taf. 31. 
Fig. 1. — XII. Nachträge S. 123. 


Milan, Milone, Gabel-, Scheren-, Zwieselgeier, Weihe, Weih, 
Gabelweih, Schwalbenschwanz, Gabelschwanz, Guraar, Gura, Guro, 
Gorner sind Volksnamen dieses bei uns allgemein verbreiteten, 
nächst dem Mäusebussard gemeinsten Raubvogels, dem die 
Dorfjugend hiesiger Gegend, wenn sie seiner ansichtig wird, 
zuzurufen pflegt: »Scheerleinsgeier! flieg in den Weiher, zieh 
einen Fisch heraus, trag ihn in mein Haus«. Er kommt öfter 
schon Mitte Februar (frühester von mir notierter Termin: 
11. Febr.), gewöhnlich erst im März, brütet in grölseren Wal- 
dungen und zieht im Oktober und November wieder fort. Im 
Spätherbst und selbst nach Weihnachten sah ich ihn bei 
milder Witterung und reichlicher Mäusenahrung noch über die 
Felder des oberen Aischgrundes revieren. Kälte verträgt er 
nicht, und wenn er hie und da einmal im strengen Winter bei 
uns angetroffen wird, so ist es ein solcher, welcher während der 
Zugzeit durch Krankheit verhindert war, nach dem Süden zu 
ziehen. Einem am 1. Januar 1857 bei Augsburg erlegten Milan 
war der linke Fuls zur Hälfte abgeschossen, und der Stummel 


46 Ordnung I. Rapaces. Raubvögel. 


zum Stelzfuls so vernarbt, dals der abgeschossene Fulsteil, hart 
vertrocknet, an einer Sehne nachgeschleift wurde. Der Schwanz 
war ganz verstolsen und bis auf die stärksten Kielreste abgenutzt, 
weil er sich mit demselben bei dem Frafse stützen mulste, indem 
der rechte Fuls zum Stehen und Festhalten der Beute diente. 
Prof. Wolf erhielt einen am 18. Januar 1802 bei Nürnberg zur 
Zeit grolser Kälte und tiefen Schnees auf einem Vogelherde ge- 
fangenen Milan. 

Im Horste dieses befiederten Lumpensammlers fand Leu 
einst einen alten zerdrückten Filzhut, ein Paar blaue Strümpfe, 
eine halb gefressene junge Wildente, einen jungen Hasen und 
ein Stück von einem ziemlich grolsen Fisch. Der Fleischvorrat 
wimmelte von Schmeilsfliegen und Aaskäfern. Aus den Kröpfen 
und Mägen geöffneter Milane nahmen wir die Reste eines ab- 
gestreiften Iltiskörpers, Mäuse, eine junge Wildtaube, Eidechsen 
(einmal 13 Lacerta vivipara), Frösche, Regenwürmer , Säbel- 
heuschrecken, sehr viele Maikäfer, grolse Laufkäfer und Schmetter- 
lingsraupen, von letzteren aus einem Vogel über 50 Stück, 
darunter die Raupe eines Sphin. 


25. MILVUS NIGER Briss. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 140 n. 33. — 
Verz. $S. XXXI. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, I. S. 340. 
Taf. 31 n. 2. — XLI Nachtr. S. 125. 


Der schwarze Milan ist nicht so gemein, wie sein roter 
Vetter, gehört aber doch nicht zu den seltenen Vögeln und ist 
in einzelnen Gegenden, wie im oberen Altmühlthale bei Herrieden 
und im oberen Aischgrund bei Windsheim vom Frühjahr an 
die Sommermonate hindurch eine gewöhnliche, fast täglich 
wahrnehmbare Erscheinung. Er kommt in der Regel im März, 
horstet in Feldhölzern und gröfseren Waldungen in der Nähe 
von Gewässern und zieht im Oktober und Anfang November 
wieder weg. Nur dreimal in 4 Dezennien sah ich ihn in Mittel- 
franken schon am 11., 19. und 21. Februar, am erstgenannten 
Tage bei vielem Schnee (Schlittenbahn) und beilsend kalter 
Witterung. Für die Gegend von Regensburg führt ihn Koch 
als äufserst selten auf dem Striche an, eine Angabe, die ich be- 
zweifle, da der schwarze Milan an der Donau und deren Neben- 


2. Familie. Falken. AT 


flüssen (Ulm, Lauingen, Dillingen) und an der Wörnitz bei Harburg 
gar nicht selten horstet. Nach Landbeck ist er in Schwaben 
im Mindel- und Kamlachtbal selten auf der Wanderung, was ich 
gleichfalls beanstanden muls, da ich vor etlichen Jahren im 
September über den Feldern bei Bobingen oberhalb Augsburg 
nicht weniger als sechs Stück zugleich die Felder jener Hoch- 
ebene absuchen sah. Am Main bis hinab nach Aschaffenburg 
horstet er nicht selten; im Sommer 1880 beobachtete ihn einer 
meiner Korrespondenten, wie er fast täglich zu derselben Zeit 
auf einer kurzen Mainstrecke bei Ochsenfurt seinen Fischbedarf 
fing. Er geht auch auf das Aas, und ich jagte ihn von einem 
verendeten alten Hasen auf, von welchem er kröpfte, während 
Leu aus seinem Magen die Unterkiefer einer jungen, in der 
Donau wahrscheinlich ersäuften Katze schnitt. An sonstigen 
Nahrungsmitteln konstatierten wir Eidechsen und Frösche. 


Genus I2. Astur Cuv. 
26. ASTUR PALUMBARIUS L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas. I. S. 140 n. 34. — 
Verz. 8. XXXI 


Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands. I. S. 249, 
Taf. 17 u. 18. — XII. Nachtr. S. 91. 


Der Habicht, auch Hiühnerhabicht, Hennenhacht, Hacht, 
Hennenhack, Taubenhabicht, Taubenhacht, Taubenhack, Tauben- 
falke, Taubenvogel, Taubengeier, Hühnergeier, Hühner - Hennen- 
vogel, der Vogel und Hasenstöfsel genannt, ist einer unserer be- 
kanntesten und schädlichsten Raubvögel, wenn auch nirgends 
gemein, ein Stand-, Strich- und Zugvogel, der trotz aller Ver- 
folgung nicht ausgerottet und nur schwer vermindert werden 
kann. Leu in Augsburg stopfte 1875 nicht weniger als 34, im 
Jahre 1878 sogar 37 Habichte, die auf der schwäbisch-bayerischen 
Hochebene erlegt wurden. In der Sammlung des Naturhistorischen 
Vereins genannter Stadt steht ein gepaartes, am Horste, der drei 
angebrütete Eier enthielt, geschossenes Paar, ein altes Männchen 
und ein junges Weibchen, welch letzteres am Bauche und den 
Schenkeln einzelne Federn des ausgefärbten Kleides und ebenso 
einzelne blaugraue Federn in den Flügeln und dem Schwanze 
hat, sonst aber noch das Jugendkleid trägt. Auch v. Riesenthal 


48 Ordnung I. Rapaces. Raubvögel. 


berichtet von einem weiblichen einjährigen Habicht, der, am 
Horste über fünf Eiern brütend, bei Heroldsbach Forstamts Forch- 
heim in Oberfranken geschossen und ihm zugeschickt wurde. 
Er war noch im ersten Lebensjahre und trotzdem schon fort- 
pflanzungsfähig. Ich selbst sah vor Jahren ein desgleichen Paar 
in der kleinen Sammlung eines oberfränkischen Lehrers, der 
es selbst erlegt hatte, und welches ebenfalls aus einem alten 
Männchen und einem einjährigen Weibchen bestand. Im Früh- 
jahr 18385 wurden in Franken (Königsberg) aus einem Horste 
drei Eier entnommen, von welchem zuvor das Weibchen, ein ein- 
jähriger Vogel, herabgeschossen worden war. Ein sehr altes 
Männchen mit ganz schwarzer Kopfplatte erhielt Leu am 13. März 
1862 von Elbischwang in Schwaben. Am 5. Juli 1747 wurde 
auf der Cadolzburger Wildfuhr im Holze Weilsensee ein Habicht 
gefangen, an welchem aus der Befiederung der Innenseite des 
linken Schenkels hoch oben am Leibe ein deformer dritter Fang 
mit zwei Vorderzehen von der halben Grölse der normalen her- 
vorragten. Näheres über diese interessante Bildung war aus dem 
den Habicht in Lebensgrölse auf der Faust eines markgräflichen 
Falkoniers darstellenden Ölgemälde nicht zu ersehen. 

Ein äulserst kecker, blutdürstiger Räuber, verfolgt er Haus- 
tauben, Rebhühner, Birkwild u. s. w. bis in die Dörfer und Städte 
in offene Räume, sogar durch die Fensterscheiben hindurch, wobei 
er sich manchmal durch das Klirren des zerspringenden Glases 
noch zur Umkehr bewegen lälst, manchmal aber auch hinter 
seinen Schlachtopfern in blinder Gier bis in die Wohnzimmer 
dringt. Einst jagte er ein Rebhuhn in einem ländlichen Gast- 
hause, wo eben Kirchweih, Musik und Tanz und das lauteste 
Treiben war, durch das Fenster des Herrenstübchens, in welchem 
ich anwesend war, kehrte aber an der zerbrochenen Scheibe um. 
Ein anderer Habicht, welcher Junge hatte, kam mit einem zarten 
Rehkitzchen in den Fängen gegen den Horst herangestrichen, 
in dessen Nähe ein Habichtstols aufgerichtet war. Die Taube 
sehen, das Kitz fallen lassen, auf die Taube stofsen und als 
Gefangener im Netze liegen war das Werk etlicher Augenblicke. 
In die Taubenschläge auf Einzelhöfen, einsamen Mühlen und 
Weilern, sogar grölserer Städte, wie Augsburg, dringt er zu jeder 
Jahreszeit ein. 

Im »Deutschen Jäger«, illustrierte süddeutsche Jagdzeitung, 
berichtet 1879. Nr. 4. S. 39 ein Herr Wangemann über einen 


2. Familie. Falken. 49 


auffallenden Beweis der Mutterliebe eines Habichtweibchens. Im 
Sommer 1878 liels er den auf einer sehr starken, hohen Buche 
im Weilsenburger Walde stehenden Horst eines Habichts besteigen, 
um die drei bald flüggen Jungen auszunehmen. Als der Steiger in 
einer Höhe von ca. 20m, auf einem schwanken Aste stehend, 
nahe am Horste war, strich der Habicht, den zuvor verschiedene 
Schläge an den Baum nicht zu verscheuchen vermochten, erst 
ab, um durch die Baumwipfel zu verschwinden. Im nächsten 
Augenblicke kehrte er jedoch zurück, packte den Steiger hinten 
am Hemd und rils ihm spannbreit einen Streifen vom Kragen 
bis zum Gürtel herab. Daraufhin liels er den sich Anklammernden 
wieder los und strich weg, aber nur, um ebenso schnell wieder- 
zukommen. Jetzt packte er den jungen Mann im Gesicht und 
rils ihm mit der Daumenkralle eine 6 cm lange, tiefe Wunde 
unter dem Auge, die anderen Griffe waren im Unterkiefer ein- 
gehackt. Nachdem er den also Zugerichteten noch einmal los- 
gelassen, strich er wieder steil hinaus über die Bäume. Bei dem 
Heranstreichen zu erneutem Angriffe wurde der mutige Habicht, 
das Weibchen, erlegt. Allem Anscheine nach hätte der Vogel 
nicht nachgelassen, bis der junge Mann herabgestürzt wäre, wenn 
derselbe ohne Hilfe gewesen. 

Wir fanden in ihm an Eingeweidewürmern Ascaris depressa 
an Nahrungsmitteln Igel, Eichhörnchen, zahme Tauben, Ringel- 
tauben, Birkgeflügel, zahme Hühner, Rebhühner, Elstern, Staare, 
Feldlerchen, Meisen und Blälshühner. 

In Oberfranken werden die Jungen unten am Horstbaum 
auf dem Erdboden eingepflöckt, d. h. mit einem das Entweichen 
verhindernden Kreise eingeschlagener Holzpflöcke umgeben und 
an denselben die Atzung herbeitragenden Alten in gelegten Teller- 
eisen gefangen. 


27. ASTUR NISUS L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas. I. S. 140 n. 35. — 
Verz. S. XXXI 


Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands. I. S. 258. 
Dar. 192u, 202 —XINaNachtr: S. 92: 


Der Sperber, vom Volke Finkenstö/ser, Finkenfalk, Stöfser, 
Hachtl, Hächtle genannt, ist bei uns das ganze Jahr hindurch 


ziemlich gemeiner Stand-, Strich- und Zugvogel und bewohnt 
Jäckel, Die Vögel Bayerns. 4 


50 Ordnung I. Rapaces. Raubvögel. 


Feldhölzer und grölsere Waldkomplexe. Leu erhielt in den 
letzten acht Jahren 161 Stücke zum Ausstopfen. In der Samm- 
lung des Naturhistorischen Vereins zu Augsburg steht ein Sperber- 
männchen, dessen Geschlecht durch die Sektion festgestellt ist, 
so grols, wie das stärkste Weibchen. 

In der Paarungszeit 1848 erlegte Landbeck im Walde bei 
Klingenbad in Schwaben in etlichen Tagen sechs Stücke, zuerst 
das Männchen eines gepaarten Paares. Das Weibchen hatte nach- 
mittags den Verlust ersetzt und wurde zum zweiten Male Witwe. 
Am 2. Tage war bereits wieder ein Männchen da; nun wurde 
aber das Weibchen erschossen, und siehe da! am Abend hatte 
sich bereits ein zweites Weibchen eingefunden, und so wurde 
der Kampf fortgesetzt, bis kein Sperber mehr zu finden war. 

Seine Nahrung besteht in kleinen Vögeln, Sperlingen, Finken, 
Emmerlingen, Lerchen, Goldhähnchen u. s. w., selten in Mäusen. 
Auf Vogelherden stölst er auf die Lockvögel, besonders auf die Vor- 
läufer; einmal fiel mir ein Weibchen bei dem Eichelhäherfang auf 
das Kreuz und fing sich in den Leimruten, während es auf einen 
gefangenen Häher stiels. Auch Blas. Hanf sah ein Weibchen einen 
Eichelhäher bemeistern und wegtragen. Dals er sich auch an Haus- 
tauben wagt, sie im freien Felde schlägt und mühsam wegträgt, 
davon überzeugte ich mich am 4. April 1875, wo ich hier am 
Ufer der Rannach an der Stralse nach Burgbernheim ein Sperber- 
weibchen antraf, welches eine Taube rupfte. Bei langsamer An- 
näherung zu Wagen, stand es vor mir viermal auf, strich kurze 
Strecken schwerfällig weiter, setzte sich immer wieder zunächst 
der Strafse hinter Obstbäumen auf die Erde, bis es endlich, von 
Krähen verfolgt, querfeldein niedrig über den Boden auf einen 
Acker flatterte, um dort ungestört sein Mahl zu halten. 

Es hat mir oftmals Vergnügen gemacht, den Sperber den 
Sperlingen auflauern zu sehen. Drei Schritte vor dem eben- 
erdigen Schlafzimmer eines von mir bewohnten ländlichen Pfarr- 
hauses sah ich ihn öfter am frühesten Morgen, ehe die Sperlinge 
noch ihr Nachtquartier, den meinen Backofen diebt überwuchern- 
den Epheu, verlassen hatten, auf einer Querlatte des Garten- 
zaunes katzenbuckelnd sitzen und das Hervorkommen .der er- 
wachten schilpernden Insassen mit affektierter Gleichgültigkeit 
und möglichst unschuldiger Geberde abwarten. Zum Epheu sehn- 
süchtig hinaufblinzelnd, sals der Duckmäuser da, bis nach voll- 
endetem Morgenlied die Spätzlein aus dem sie schützenden dichten 


2. Familie. Falken. 51 


Laubwerk und Gezweig herauskamen; dann war aber auch die 
Maske des Räubers im Nu abgeworfen, und kaum dals der 
Schlaf aus den Augen gewischt war, blutete schon ein Sperling 
in seinen Klauen. In strengen Wintern, wie 1879/80, wird er so 
frech, dals er selbst in grolse Städte zieht und die auf den 
Stralsen sich kümmerlich nährenden Vögel vor den Augen der 
Passanten wegfängt. Nach Naumann sollen die Sperbermännchen 
viel feiger, menschenscheuer und behutsamer als die Weibchen 
sein, Sperlinge nicht bis in die Dörfer und Bauernhöfe verfolgen 
und sich stets nur im Walde aufhalten. Leu erhielt nicht wenige 
Sperber, welche in der Stadt Augsburg auf die hinter den Fenstern 
in Käfigen stehenden Stubenvögel, Kreuzschnäbel und Kanarien- 
vögel, stielsen, hinter sich flüchtenden Sperlingen in Bürger- 
häuser, in das Rathaus und in den Speisesaal des Stiftes 
St. Stephan, als eben gespeist wurde, eindrangen, zum Teil auch 
an dem starken Fensterglase die Köpfe sich einrannten und tot 
auf die Stralse fielen oder lebendig nach durchstolsenem Fenster- 
glase in der ersten Betäubung gefangen wurden. Sie alle waren 
Männchen. 

Ich habe einst zwei junge Sperber, Geschwister, ein Männchen 
und ein Weibchen, grolsgezogen. Möglich, dafs ich einmal nicht 
reichlich genug gefüttert hatte; bis ich nach kurzer Zeit mit 
frischem Fralse heimgekehrt war, hatte die zärtliche Schwester 
ihren schwächeren Bruder erwürgt und aufgefressen. 


Genus 13. Circus Briss. 
SB VIRCUS CYANEUS EL. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas. I. S. 140 n. 36. — 
Verz. 8. XXXI. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands. I S. 391. 
Taf. 38 Fig. 2. Taf. 39 Fig. 1 u. 2. — XUI. Nachtr. S. 151. — 
Fortsetzung der Nachträge S. 30. n. 2. 


Kornweih, Bleifalk, Ringelfalk, Spitzgeier. Von den drei bei 
uns lebenden Weihen ist sie die häufigste und kommt auf dem 
Zuge wenigstens in geeigneten Lagen überall vor. Um München 
soll sie nach Prof. Dr. Wagler sogar höchst gemein sein. Im 
Frühjahr kommt sie manchmal schon im Februar (16. und 
22. ds. Mts.), gewöhnlich erst im März und April zu uns, zieht 


wieder im Herbst in den Monaten Oktober und November durch, 
4* 


52 Ordnung I. Rapaces. Raubvögel. 


und bleibt in milden Spätherbsten und Vorwintern besonders bei 
starker Mäusevermehrung manchmal bis Ende Dezember da und 
scheint einzeln bei uns ganz zu überwintern, weil man Korn- 
weihen schon in allen Wintermonaten erlegt hat. Zu Schranks 
Zeit (Ende des vorigen Jahrhunderts) hat sie um Ingolstadt bei 
Zant gebrütet, in neuerer Zeit angeblich auch an der Reichen 
Ebrach und im Aischgrund unterhalb Neustadt bei Tanzenhaid. 
Gewils ist, dals sie im Sommer schon an der oberen Altmühl 
und verschiedene Male in Schwaben (Mönchroth bei Memmingen, 
Augsburg, Höchstadt a. D.) während des Maimonats geschossen 
wurde, darunter ein gepaartes Paar, dessen Weibchen einen grolsen 
Brutfleck am Bauche hatte. Eine bei Dachau am 4. Juli 1881 
erlegte Kornweihe und im Monat Juli 1883 auf dem Lechfeld 
erbeutete fünf Stücke, vier Männchen und ein Weibchen, sprechen 
gleichfalls für ihr Brüten in dortigen Gegenden. Leu fand in 
den Magen erlegter Kornweihen gewöhnlich Mäuse und einzelne 


Vögel, z. B. Staare und Goldammer, auch Eidechsen. 

Die Steppenweihe Circus pallidus Sykes fehlt wohl auch in Bayern nicht, 
scheint aber mit der Kornweihe und mit Kleidern der Wiesenweihe ver- 
wechselt worden zu sein. Mir ist sie nicht zuhanden gekommen, auch sah 
ich sie in keiner Sammlung als vaterländisches Vorkommnis. 


29. CIRCUS CINERACEUS Montagu. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas. I. S 141 n. 39. 
Verz. S. XXXI. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands. I. S. 402 
Taf. 40. — XII. Nachtr. S. 165. Fortsetzung der Nachtr. S. 32. 


Die Wiesenweihe sehen wir viel seltener als die Kornweihe 
auf dem Durchzuge in wasserreichen, mit Wiesen- und Getreide- 
land wechselnden Ebenen unseres Vaterlandes. Nicht selten ist 
sie auf den oberbayerischen Moosen bei München, Moosach, 
Dachau. Gewöhnlich sind diese Durchzügler junge, seltener alte 
Vögel. Graf von der Mühle erhielt die von Susemihl nach 
Exemplaren von Dieppe beschriebene und auf Taf. 38a abgebildete 
merkwürdige Varietät, welche überall einfarbig schwarzbraun ist, 
doch so, dafs der Kopf am dunkelsten erscheint, und nur auf 
den grolsen Schwung- und Steuerfedern sich ein graulicher Anflug 
zeigt, aus der Gegend von Dachau. Sie kommt im April und 
wieder in den Monaten September und Oktober auf dem Zuge 
bei uns durch und streicht einzeln noch im November und 


2. Familie. Falken. 53 


Dezember umher. Da sie immerhin zu unseren selteneren Vögeln 
gehört, so ist eine spezielle Nachweisung der Orte, wo sie noch 
erlegt wurde, nicht überflüssig. Solche sind in Oberbayern 
Schwabhausen, in Niederbayern Straubing, in der Oberpfalz 
Schamhaupten, Kelheim, Regensburg, in Oberfranken Bayreuth, 
in Mittel- und Unterfranken Ansbach und Würzburg, in Schwaben 
Augsburg (Lechield), Mindelheim, Memmingen und Kempten. 

Bei Tanzenhaid im mittleren Aischgrunde unterhalb Neu- 
stadt soll sie früner gebrütet haben, wenigstens wurden dort, wie 
auch bei Augsburg, im Mai Wiesenweihen erlegt. 

Leu fand in den Magen und Kröpfen Erlegter die Reste 
von Feld- und Spitzmäusen, Emmerlingen, Hänflingen, Lerchen, 
einer Saatkrähe und Eidechsen. (Nach Wiedemann sind auch 
bei Günzburg a. D., Scherneck und Hammel Exemplare erlegt. 
— R. Bl.) 


30. CIRCUS AERUGINOSUS L. 
Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas. I. S. 141 n. 39. — 
Verz. S. XXXI. 
Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands. I. S. 378. 
Taf. 37 und 38 Fig. 1. — XII. S. 150. — Fortsetzung der Nach- 
träge S. 30. 

Die Sumpfweihe, bei uns Rohrweih, FRohr- Moosgeier, auch 
Möwenteufel geheilsen, findet sich in sumpfigen, wasserreichen 
Gegenden fast überall, wenigstens auf dem Zuge, brütet aber 
auch in mehreren Gegenden. Aus dem südlichen Oberfranken, 
und zwar aus den Moorweihern bei Höchstadt a. A. erhielt ich 
einige junge Sumpfweihen, darunter ein junges Männchen, das 
am ganzen Körper, auch auf dem Scheitel und an der Kehle 
tief schokoladebraun, ohne alle rostgelbe Endsäume des Gefieders 
war und nur im Nacken einen rostgelben Fleck hatte. Sie kommt 
im März und April und verlälst uns wieder in der Zeit von 
Ende August an bis in den November. In manchen Jahren ist 
sie ungewöhnlich zahlreich vorhanden, so 1853 wegen unzählich 
vieler Mäuse in der Gegend von München und auf den Moosen 
und Rieden Oberbayerns und Schwabens. 

In dem Geröhricht des Kauerlachweihers bei Burggriesbach 
in der Oberpfalz brütete 1858 ein Paar, das nebst einem der 
Jungen erschossen wurde, worauf die Vögel verschwanden, und 
sich jahrelang keine Rohrweihe mehr sehen liels. In den grolsen, 


54 Ordnung I. Rapaces. Raubvögel. 


mit vielen Altwassern, Dümpeln und rohrreichen Teichen durch- 
zogenen Wiesen bei Rödlein und Kloster Heidenfeld in der Gegend 
von Schweinfurt hat der bekannte Jagdschriftsteller Diezel 
sie brütend angetroffen und während der Sommermonate oft 
gesehen und geschossen. Leu erhielt mehrere Exemplare aus 
der Gegend von Augsburg Ende Mai und Anfang Juni, so dals 
auf ein Brüten in dortiger Nähe geschlossen werden darf. 


Am 2. Oktober 1857, einem herrlichen Tage, sah ich drei 
Sumpfweihen das von Naumann beschriebene seltsame Manöver 
des sich rücklings Überschlagens hoch oben in blauer Luft ausüben. 
Vor dem jedesmaligen Überschlagen schrieen sie »Keu, Keu« und 
trieben dieses Spiel lange. Nach Naumann soll man diese Töne 
nur im Frühling wahrnehmen und sollen beide Gatten in anderen 
Jahreszeiten scheinbar stumm sein. 


In den Magen der von uns präparierten Stücke fanden wır 
aulser Feldmäusen und Maulwürfen einmal eine Mollmaus Arvicola 
amphibius. 


8. Familie: Eulen. 


Genus 14. Strix L. 
3l. STRIX FLAMMEA L. 
Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas. I. S. 141. n. 40. — 
Verz. S. XXXT. 
Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands. I. Taf. 47. 
S. 483. — Nachträge XIII S. 188. 

Schleier-, Perl-, Kragen-, Kircheule, weifse Eule, Nonne. Sie ist 
wohl unsere gemeinste Eule, so dals Leu in 8 Jahren 171 Stücke 
stopfen konnte, und bewohnt als ein gewöhnlicher Stand- und 
Strichvogel Kirchtürme in Stadt und Land, wüste Schlösser, 
ruhige alte Gebäude, Mauertürme u. s. w. In hohlen Bäumen 
habe ich sie nie bemerkt. Exemplare mit ganz seideweilser 
Unterseite ohne alle Flecken wurden in Franken und Schwaben 
öfter gefunden. Eine wundersam schöne Varietät mit rostbraunem 
Schleier, oben und an der ganzen Unterseite düster schwarzgrau, 
ohne alles Gelb und Weils, sah ich in der Universitätssammlung 
zu Würzburg. Daselbst stehen auch Exemplare mit fast ganz 
schokoladefarbigem Gefieder, wieder andere von fast weilser Fär- 
bung, wie Albinos (Leydig). Ihr Brutgeschäft zeigt interessante 
Erscheinungen, die wir auch an verschiedenen anderen Vögeln 


3. Familie. Eulen. 55 


wahrnehmen, dafs nemlich der Ueberfluls an kräftiger Nahrung 
die Eierzahl in aulserordentlicher Weise erhöht und auch Bruten 
in zehr später Jahreszeit zur Folge hat. Die Kreuzschnäbel sind 
bekanntlich in ihrem Fortpflanzungsgeschäft an keine Jahreszeit 
und Witterung gebunden. Mag es kalt oder warm sein, in den 
rauhesten Wintermonaten, wie im Frühling, Sommer und Herbst, 
begatten sie sich, nisten, legen Eier und ziehen ihre Jungen grols. 
Alles hängt von dem Vorhandensein oder Fehlen, von dem Ge- 
raten oder Milsraten ihrer hauptsächlichsten Nahrungsmittel, 
des Fichten-, Tannen- und Föhrensamens ab. »Sine Cerere friget 
Venus«, d. h., wenn es wenig Nadelholzsamen gibt, so regt 
sich im Kreuzschnabel der Liebeskitzel nicht zur Winterszeit. 
Prangt aber der Forst im reichsten Weihnachtsschmuck der 
Fichten-, Tannen- und Föhrenzapfen, so wird das leichtlebige be- 
fiederte Zigeunervolk der Kreuzschnäbel üppig und brütet trotz 
Schnee und Eis. 

Mit Ausnahme des Uhu, der zwei bis drei, höchst selten vier 
Eier legt, schwankt die normale Eierzahl bei sämtlichen deutschen 
Eulen zwischen drei bis fünf, die Brütezeit aber fällt bei allen in die 
ersten Tage des Frühjahrs (März und April). Ausnahmen von der 
Regel hinsichtlich der Eierzahl hat man bei dem Steinkauz, in dessen 
Nest man schon 7 Eier fand, bei der Waldohreule, die zuweilen 
8 legt, und bei der Sumpfeule wahrgenommen, von welchen im 
Jahre 1857 in den Brüchern zwischen dem Elb- und Saale- 
zusammenflusse gegen 200 Paare brüteten, nachdem in 20 Jahren 
dies nieht mehr vorgekommen. Die meisten Nester enthielten 
6 bis 7 Eier, einzelne 8 und 10 Stücke und überdies fanden 
sich in einzelnen Gelegen 1 oder 2 grössere Exemplare, als 
die anderen waren. Auffallender als diese einzelnen grölseren 
Eier der Sumpfohreule waren die in demselben Jahre und in 
denselben Saale- und Elbeniederungen von den ungewöhnlich 
zahlreich brütenden Mäusebussarden gelegten Eier, die fast alle 
grölser, zum Teil bedeutend gröfser als gewöhnlich waren. 
Zwei Gelege dieses Bussards gingen weit über die gewöhnlichen 
Masfe hinaus und 4 Gelege von je 5 Eiern der Wiesenweihe 
waren wahre Riesen. Baldamus bringt diese auffallenden Er- 
scheinungen mit vollstem Rechte in Zusammenhang mit den 
im Jahre 1857 in der genannten Gegend in ungeheurer Menge 
vorhanden gewesenen Brand- und Zwergmäusen, die sich ganz 
aulserordentlich vermehrt hatten. 


56 Ordnung I. Rapaces. Raubvögel. 


Die Schleiereule legt gewöhnlich 3 bis 5, auch 6 bis 7 Eier, 
in mäusereichen Jahren aber auch die doppelte Anzahl. So 1869, 
wo in hiesiger Gegend und bei Uffenheim eine grofse Mäuse- 
plage herrschte, und ein Paar Schleiereulen auf dem Kirchturm 
zu Ipsheim 11 Eier hatte. 1871 verschwand dasselbe aus un- 
bekannten Ursachen und es stellte sich im Juni des gleichfalls 
höchst mäusereichen Jahres 1372 ein neues Paar ein, welches am 
29. jenes Monats 7 Eier hatte, eines davon, nachdem es von einem 
jungen Manne berührt worden war, fortstiels, am 2. Juli wieder 
7 Eier besals, am 4. das achte, bis zum 8. das neunte und zehnte 
und am 14. Juni das elfte Ei, mithin in jenem Jahre 12 Eier 
legte. Am 26. Juli schlüpfte das erste Junge, am 1. August das 
zweite, am 5. das dritte, am 14. das vierte. Sieben Eier, wovon 
die Eule am 1. August eines beseitigte, waren lauter, ein Junges 
starb nach dem 14. August und 3 Junge, von denen am 7. Sep- 
tember 2 ziemlich ausgewachsen, aber noch mit Flaum bedeckt 
waren, und ein drittes, in körperlicher Entwickelung sehr zurück, 
blieben am Leben. Auch auf anderen Kirchtürmen hiesiger 
Gegend hatten brütende Schleiereulenpaare das eine 9, das an- 
dere 12, eines auf dem Kirchturm zu Wallmersbach bei Uffen- 
heim 16 Eier, von denen 5 Stücke durch Schulknaben weg- 
genommen wurden. Der ÖOrtslehrer bemerkte, dals von den 
zurückgelassenen bereits 4 Stücke gepickt waren, aus denen auch 
die Jungen in kurzer Zeit auskamen. In den nächsten 5 bis 
6 Tagen schlüpften wieder 4 und von da an nach abermals 
6 Tagen die übrigen 3, welche, von dem Lehrer geschützt, grols- 
gezogen wurden und abflogen. 

Eine weitere Folge von Ueberfluls an Fleischnahrung ist es, 
dafs die Schleiereulen in mäusereichen Jahren zweimal brüten, 
das zweite Mal zu Ende des Sommers oder im Spätherbst, und 
dass sie auch diese Jungen aufziehen. Riesenthal stellt das zwei- 
malige Brüten in Abrede. Die Paare brüten nach ihm zu sehr 
verschiedenen Zeiten, wenngleich jedes nur einmal im Jahre; 
man finde vom April bis in den November hinein Eier und 
Junge verschiedenen Alters. Ich kann diesem hochgeachteten 
Forscher nicht beistimmen, weil in Mäusejahren doch schon im 
vorausgegangenen Herbst und im Frühjahr die Zahl der schäd- 
lichen Nager eine über den normalen Stand sehr weit hinaus- 
gehende war, und ich nicht einzusehen vermag, warum bei einem 
Eulenpaare der Fortpflanzungstrieb nicht schon zur gewöhnlichen 


3. Familie. Eulen. 57 


Frühlingszeit erwachen sollte, wenn noch dazu die reichlichste 
und bequem zu erlangende Nahrung vorhanden ist. Das zwei- 
malige Brüten der Schleiereule in einem Jahre ist so oft und 
sicher beobachtet, dafs nicht mehr daran gezweifelt werden kann!). 
In Bayern wurden in den letzten Tagen des Oktober 1849 zu 
Polsingen im Ries junge Schleiereulen gefunden, welche teil- 
weise noch mit Flaum büschelweise bedeckt waren, am 3. No- 
vember 1851 auf dem Dome in Regensburg 3 höchstens 3 Wochen 
alte Junge gefangen, welche noch vollständig das Flaumkleid 
trugen. Leu in Augsburg erhielt am 15. September 1861 zwei 
mit Flaum bedeckte Junge mit Blutkielen, am 22. September 
1867 ein flaumbedecktes Junges von Landshut, ein desgleichen 
am Kopfe mit vielem und am ganzen Bauch noch völlig mit 
Flaum bekleidetes, aber an Flügeln und Schwanz fertiges Exem- 
plar am 7. November 1864 von Schrobenhausen, ein weiteres im 
Flaumkleide mit hervorsprossenden Flügel- und Schwanzfedern 
am 22. September 1867 von Landshut, ein Nestjunges im Flaumkleid 
am 17. September 1871 und endlich am 21. November 1875 ein 
kaum flugbares, noch überall mit vielem Flaum zwischen dem 
Gefieder bedecktes Exemplar von Augsburg. Am 1. September 
1877 schnitt er aus dem Legedarm eines Weibchens ein legreifes 
Ei, und Mitte Oktober 1876 wurden im Turme zu Dietkirch 
3 flügge Schleiereulen ausgenommen. 


Im Widerspruche mit den exaktesten Beobachtungen be- 
rufener Forscher wird noch immer die grolse Schädlichkeit aller 
Eulen behauptet. Zur Abgabe eines richtigen Urteils über den 
Wert oder Unwert unserer Raubvögel hält man vielfach nur den 
Jäger von Profession, Jagdbeflissenen und Schielser für kom- 
petent, weil sie angeblich allein Gelegenheit haben, dem Raubzeug 
auf die Finger zu sehen. Den Ornithologen denkt man sich in 
gewissen Kreisen als einen am »grünen Tisch« aus »Büchern« 
und Bälgen Naturgeschichte machenden Stubenhocker und ist, 
wenn sein Urteil dem des Jägers widerspricht, in der Regel sofort 
mit allerlei Artigkeiten und verbrauchten Redensarten freigebig 
bei der Hand. Unbeirrt durch diese Erwägung will ich bemerken, 
dafs ich der Schleiereule nicht blofs auf die Fänge, sondern auch 
in den Kropf und Magen gesehen und Tausende ihrer Gewölle 
untersucht habe und daher mit aller nur wünschenswerten 


1) Dr. Cabanis, Journal für Ornithologie, 1877, S 323 und 1878, S. 415, 


58 Ordnung I. Rapaces. Raubvögel. 


Gewilsheit weils, was sie frilst. »In der Illustrierten deutschen Jagd- 
zeitung« IX. S. 19 finde ich die Behauptung, dafs die Ansicht 
mehrerer Naturforscher und Weidmänner vollständig hinfällig 
sei, dafs das ganze Eulengeschlecht mit alleiniger Ausnahme des 
Uhus zu den der Jagd und den nützlichen Vögeln unschädlichen 
Raubtieren zu zählen sei. Dasselbe friste vielmehr vom Sperlings- 
käuzchen an bis hinauf zur »grolsen« Schleiereule von nütz- 
lichen Vögeln sein Dasein, sogar von jungen Hasen, Kaninchen 
und Rebhühnern, müsse sich aber allerdings gelegentlich einmal 
mit einer Maus begnügen. Auch nach dem »Weidmann« von 
Fr. v. Ivernois VII. S. 134 sind alle Eulen ohne Ausnahme sehr 
schädlich, da ihnen wie den »heiligen« Bussarden Mäuse stets 
nur in Ermangelung eines Besseren als Atzung dienen und sie 
hauptsächlich nützliche Vögel, welche sie im Schlafe überfallen, 
sowie junge Hasen, Kaninchen und Rebhühner kröpfen. Sogar 
an einem abends geschossenen und die Nacht über an einem Aste 
im Walde aufgehängten Rehbock sei eine halbe Keule und ein 
Teil des Gescheides angeschnitten worden, und zwar, wie deutlich 
an dem herumliegenden Geschmeils, sowie daran, dals das 
Wildprett ausgerissen und nicht abgebissen war, erkannt werden 
konnte, offenbar von Eulen. Aus den angeführten Umständen 
wären nicht Eulen zu verdächtigen gewesen, sondern die gesellig 
lebenden, auf alle Vorgänge in Feld und Wald höchst aufmerk- 
samen, mit fein entwickeltem Gehör- und Gesichtssinn und noch 
feinerem Geruch ausgestatteten Krähen. Mit Ausnahme des Uhus 
vermag keine einzige deutsche Eule einen jagdbaren Rehbock 
anzuschneiden, da ihre Schnäbel zu schwach sind; Gescheide 
grölserer Jagdtiere verschmähen selbst unsere grofsen Eulen. 
Ich habe 9472 Gewölle der Schleiereule untersucht und darin 
gefunden: 37 Fledermäuse, 47 Maulwürfe, 7346 Spitzmäuse (1009 
Wasser-, 2328 Wald-, 227 Zwerg- und 3782 weilszähnige Spitz- 
mäuse), 2 Haselmäuschen, 38 Wanderratten, 7584 Haus- und 
Waldmäuse, 13825 Feldmäuse (181 Arvicola glareolus, 47 amphibius, 
373 agrestis, 13274 arvalis). Zieht man hiervon die Fledermäuse 
und die Haselmäuschen, erstere als durchaus nützlich und letztere 
als für Land-, Forst- und Gartenwirtschaft wenig in Betracht 
kommende Tiere ab, so bleiben 28,840 gemeinhin für schädlich 
gehaltene Kleinsäuger, und will man von diesen auch noch die 
6637 kleineren Spitzmausarten — die Wasserspitzmaus ist an- 
erkannt schädlich — als nützlich in Abzug bringen, was ich, um 


3. Familie. Eulen. 59 


jeder Ansicht gerecht zu werden, nicht hindern will, obgleich 
vieles dagegen gesagt werden könnte, so restieren immer noch 
22,503 Schadentiere. Von einem Hasen fand ich nicht die Spur. 
Wie nimmt sich diesen durch gewissenhafteste Untersuchungen 
gewonnenen Resultaten gegenüber die Behauptung aus, dals die 
Eulen nur gelegentlich einmal mit einer Maus sich begnügen 
müssen, wenn nichts Besseres zu haben ist! Von Vögeln fand ich 
in denselben Gewöllen 546 Stücke, von denen sicher zu bestimmen 
waren: 3 Steinkäuze, 1 Ziegenmelker, 18 Mauersegler, 16 Rauch- 
und Hausschwalben, 36 Hausrotschwänze, 13 Feldlerchen, 2 Staare, 
6 Emmerlinge, 286 Haussperlinge, 6 Feldsperlinge, 1 Kirsch- 
kernbeilser und 1 Wachtelküchlein.!) Aulserdem konstatierte 
ich noch 116 Teichfrösche und eine Menge mittelgrofser und 
kleiner Tiere verschiedener Ordnungen, Käfer, Libellen, Ohr- 
würmer, Wiesenschnaken, Asseln, Wanzen, die aus den verdauten 
Mägen der von der Eule gefressenen Amphibien in deren Magen 
gekommen waren, und eine Anzahl grofser Insekten, welche die 
Eule selbst gefangen hatte, Laufkäfer, 112 Maikäfer, verschiedene 
Sonnenwend- und Rolskäfer, 26 Maulwurfs-, einige Feldgrillen 
und 31 Säbelheuschrecken. Nützliche Vögel sind nach obigem Be- 
funde die hauptsächliche Nahrung der Schleiereule nicht. Zieht 
man von der Gesamtzahl der 546 Verzehrten die 292 Sper- 
linge und den Kernbeilser ab, so verbleiben 253 Individuen 
nützlicher Vogelarten, einschlüssig der 3 nach meiner Ansicht 
ebenfalls nützlichen Käuzchen. Die wenigen Frösche, Grofs- 
käfer, Grillen und Heuschrecken kommen in der Nützlichkeits- 
und Schädlichkeitsfrage nicht in Betracht. Es wurden also verzehrt: 
22,796 schädliche, 292 nützliche und 6637 zweifelhaft nützliche 
Tiere, gewils ein glänzendes Zeugnis für den ökonomischen Wert 
unserer so viel verkannten und verfolgten Schleiereule.e Wenn 
man lesen muls, dafs ein Müllermeister (ich schäme mich, die 
Mühle und den Ort zu nennen) einer in seinem Taubenschlage 
gefangenen Eule die Fänge abschnitt und das arme Geschöpf 
durch den Rachen, die Oberschenkel und die Flügel hindurch 
lebend an das Scheunenthor nagelte, wo es erst andern Tages 


t) Professor Dr. Döbner in Aschaffenburg fand in 36 Gewöllen der 
Schleiereule den vollständig erhaltenen Schädel einer Wachtel, 3 Cypselus 
apus, 2 unbestimmbare Vogelreste, 7 Crossopus fodiens, 17 Sorex vulgaris, 
4 Crocidura araneus, 5 leucodon, 7 Mus musculus, 1 minutus, 6 Hypudaeus 
amphibius und 33 Arvicola arvalis. 


60 Ordnung I. Rapaces. Raubvögel. 


ein barmherziger Mühlknecht von seinen Qualen erlöste, so möchte 
man wünschen, dafs nicht auch noch illustrierte Zeitschriften und 
Blätter für Jäger und Jagdfreunde solch unsäglicher Roheit 
Vorschub leisten. 


Von Vögeln raubt sie gern solche Arten, welche spät bis 
in den Abend hinein entweder noch auf dem Freien, auf Häusern 
oder in ihren Nestern unruhig sind und zwitschern oder beim 
ersten Tagesgrauen, wo die Eule noch raubgierig umherstreift, 
bereits munter den jungen Morgen mit ihren Liedern begrülsen, 
so namentlich Segler, Schwalben und Hausrotschwänze, von denen 
die letzteren bekanntlich Nachtsänger sind. Dals die Schleier- 
eule mit anderen Raubvögeln auch die Schonungslosigkeit gegen 
kleinere Verwandte teilt, doch nur in sehr vereinzelten Fällen 
Kannibalismus'!) am Steinkauze sich zu schulden kommen lälst, 
dürfte ihren sonst vorzüglichen Leumund nicht trüben. Reb- 
hühner-Reste fand ich in ihren Gewöllen nie, Leu Schalenstücke 
eines kleinen Eies, wahrscheinlich eines Hausrotschwänzchens, 
welches mit einem legreifen Ei im Darm der Eule zum Opfer fiel. 


Aus Taubenschlägen habe ich sie namentlich im Winter 
oftmals erhalten und ganz dieselben Erfahrungen gemacht wie 
v. Riesenthal. Derselbe sagt: »Ihr von den besten friedlichen 
Absichten geleitetes Eindringen in Taubenschläge, wobei es freilich 
vorkommt, dals die Insassen, wenn ihnen der Gast fremd ist, 
bestürzt herausflattern, hat man mit mörderischen Intentionen, 
als Austrinken der Eier und Verschlingen der Jungen, verknüpft; 
kurz, das aufserordentlich nützliche Tier ist anrüchig und mils- 
liebig geworden und findet in vielen Fällen schmählichen Unter- 
gang. Gleichwohl ist mir nie ein Beispiel bekannt geworden, 
dals sie Tauben geschädigt haben. Kennen sie sich erst gegen- 
seitig, so herrscht das unumschränkteste Vertrauen, und meine 
Hauseule konnte ich, so oft ich wollte, still in ihrem Winkel 
hocken, manchmal sogar mitten unter den Tauben sitzen sehen, 
und einmal brütete eine so dicht neben ihr, dafs die beiden Brut- 
vögel Seite an Seite salsen und sich gegenseitig wärmten, was 
komisch genug aussah«. 


!) Aus einem Steinadler schnitt man schon die Reste eines Mäuse- 
bussards, aus einem Habicht die eines Turmfalken und Sperbers, aus einem 
Mäusebussard die eines Rotmilans, aus einem Uhu die eines Baumkauzes 
und aus letzterem die eines Jungen der eigenen Art. 


3. Familie. Eulen. 61 


Auf einem Kirchturme hiesiger Gegend brüteten verwilderte 
Haustauben und eine Schleiereule. Neben einem Durchzugsbalken 
sals auf der einen Seite die brütende Eule, auf der andern eine 
dem gleichen Geschäfte obliegende Taube. Wir sitzen so fröhlich 
beisammen und haben einander so lieb! 

Wo die Dohlen sich einnisten, verlälst die friedliche Schleier- 
eule ihre jahrelang innegehabten Heimstätten. Die grofse Un- 
ruhe und das beständige Zanken und Streiten dieser Schreihälse 
vertreibt sie. Wäre sie wirklich der gefährliche Räuber, für den 
sie ausgeschrieen ist, so würde sie die ungebetenen Eindringlinge 
im Schlafe erwürgen oder so viele nächtliche Beunruhigungen 
und Überfälle ausführen, dals die Dohlen das Feld räumen 
mülsten. 

Abergläubische werden durch das nächtliche Schnarchen der 
Schleiereule oft sehr erschreckt. An der Stiftskirche zu Herrieden 
sammelte sich 1841 eine grolse Menge Menschen, welche, nach 
der Ursache des Zusammenlaufs befragt, erklärten, der kurz 
zuvor gestorbene Stiftsdechant gehe in der Kirche um; man höre 
sein Schnarchen. Es schnarchte wirklich, wie wenn ein Mensch 
in tiefem Schlafe läge; es waren aber die in jenem Jahre im 
Gebälke der Laterne des Chortürmchens neu angesiedelten Schleier- 
eulen. In Regensburg hörte man vor nicht langer Zeit in der 
Nähe der Dreifaltigkeitskirche dieselben schauerlichen Töne. Man 
hatte wiederholt vergeblich nach dem Grabe des wegen Ein- 
verständnisses mit Wallenstein und Hochverrats am Kaiser fälsch- 
lich verklagten und zu Regenburg 1635 enthaupteten Obersten Hans 
Ulrich Schaffgotsch gesucht und die Ruhe der Toten gestört 
und glaubten die einen, Geistertöne aus der Erde, die anderen 
aus höheren Regionen zu vernehmen. Ähnliches wurde 1867 aus 
Passau berichtet, wo man von verschiedenen Häusern des Nachts 
ein Stöhnen und Schnaufen gleich dem eines verscheidenden 
Menschen vernahm, und 1876 aus Ingolstadt, wo das in der 
Festung ausgestopft erhaltene Pferd, der Schwedenschimmel, zu 
schnauben angefangen haben soll, was nach einer alten Sage 
Krieg bedeutet. Derlei Geschichten gehören freilich weniger in 
die Naturgeschichte der Vögel, als in die Kulturgeschichte des 
Menschen des 19. Jahrhunderts; doch mögen sie auch hier einen 
Platz finden, da noch immer ein grolses strenggläubiges Publikum 
sich gegen natürliche Erklärungsversuche vom »grünen Tische« 
sträubt. 


62 Ordnung I. Rapaces. Raubvögel. 


Genus 15. Ulula Cuv. 
32. ULULA URALENSIS Pall. 


Keyserliny u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 142 u. 43. — 
Verz. S. XXXII. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, I. Taf. 42, Fig. 1, 
S. 422. — Fortsetzung der Nachträge XII, S. 35. 

‚Jäckel, Zur Naturgeschichte der Habichtseule (Strix wralensis Pall.). 
im zoologischen Garten von Dr. Noll in Frankfurt a. M. 1877, S. 309. 


Vietor Ritter v. Tschusi-Schmidhoffen hat in einer sehr 
verdienstlichen Arbeit (Dr. Cabanis, Journal für Ornithologie 
1870. S. 257) über das Vorkommen dieser Eule in Österreich- 
Ungarn nachgewiesen, dals sie in Böhmen (Böhmerwald) nicht 
gar selten ist und auch brütet. Als bayerischen Vogel kannte 
man sie seit lange, ob sie aber Standvogel sei und bei uns brüte 
oder nur im Herbst und Winter auf dem Striche zu uns komme, 
darüber hatte man bis jetzt nur Vermutungen. Heinrich Graf 
von der Mühle hielt es für wahrscheinlich, dals sie dem bayeri- 
schen Hochgebirge angehöre, weil sie auch die Martinswand als 
Standvogel bewohne, eine Vermutung, die dadurch bestärkt wird, 
dals J. Finger am 20. März 1850 im nahen Oberösterreich 
4 Stunden von dem Gräflich von Arco-Valleyschen Marktflecken 
St. Martin auf einem Baume mitten im Walde ein Paar dieser 
Eulen antraf und das Weibchen, dessen Eierstock bedeutend an- 
geschwollen war, erlegte und 2 weitere durch den gräflichen 
Förster Lang daselbst erhielt (partim in litteris). Unwahrschein- 
lich ist es daher nicht, dals sie den Zug der bayerischen Alpen, 
vielleicht auch des Allgäus bewohnt: kennt doch auch v. Tschusi 
4 bis 5 im Salzburgschen erlegte Habichtseulen und glaubt an 
ihr dortiges Brüten. 

In München steht in der Staatssammlung ein Exemplar 
aus Bayern, leider ohne näheren Ortsvermerk. In Niederbayern, 
wo sie brütet, wurde sie mehrfach erlegt: 1843 eine bei Passau 
und ein sehr schönes Weibchen am 27. September 1865 bei der 
Ruine Kaltenstein ober Röhrenbach nördlich von Passau. Aus 
dem bayerisch-böhmischen Grenzgebirge, den westlichen Ab- 
dachungen und Verzweigungen des Böhmerwaldes, stehen in der 
Sammlung des Kaufmanns Nepomuk Hilz in Zwiesel 4 Exem- 
plare, wovon eines im Herbst in den Vorbergen, eine Stunde von 
genanntem Marktflecken, ein Junges im Dezember auf dem Revier 


3. Familie. Eulen. 63 


Zwieseler Waldhaus, das dritte und vierte im Poschinger Walde 
erlegt wurde. Leu präparierte 2 ebenfalls bei Zwiesel am 5. No- 
vember 1871 und am 31. Dezember 1373 erbeutete Weibchen, 
von denen letztere, zugleich an derselben Stelle mit einem jungen 
Vogel der Art geschossen, dieser aber von dem Schützen liegen 
gelassen wurde. Auf dem Revier Draxelsried bei Bodenmais 
Forstamts Zwiesel wurde am 13. Juni 1875 nachmittags auf einem 
gefällten Borkenkäferstamm, auf den sie zufällig gekommen war, 
von Holzhauern eine noch ganz junge, im ersten Dunenkleid be- 
findliche Habichtseule bemerkt und sofort zu fangen gesucht, 
war aber schon im stande, sich so schnell hüpfend fortzubewegen, 
dals der Fang erst nach einiger Zeit gelang. Von den Alten 
wurde man während des Fangens nichts gewahr. Der Fangplatz 
befand sich in einer Höhe von 3000 Fuls, dacht gegen Südosten 
ab und war mit Buchen, Tannen und Fichten von ziemlich hohem 
Alter bestanden. Das Nest dürfte nach dem Dafürhalten der 
anwesenden Forstbeamten in einem der in der Nähe befindlichen, 
nur auf einer Seite zugänglichen Felsen gestanden haben. Hier 
wurde wenigstens seit Jahren und auch 1875 zur Zeit der Auer- 
hahnbalze im März und April vom Jagd- und Forstpersonal 
bereits früh 2 Uhr bis fast zu Sonnenaufgang der Ruf der Alten, 
ein kurzes, abgestolsenes Wuh-wuh, immer zweimal hinter ein- 
ander, gehört, Töne, die selbst den Waldarbeitern auffällig, aber für 
Uhuruf gehalten wurden. Das schöne junge Tier, von dem Ober- 
förster von Draxelsried anfänglich mit gehacktem Rindfleisch, 
später mit Sperlingen, Mäusen u. s. w., die es sehr begierig frals, 
während es Eingeweide von Hasen verschmähte, grols gefüttert, 
kam in seinem schwarzbraunen Jugendkleide in den Besitz des 
oben genannten Kaufmanns Hilz in Zwiesel. Meine eigene Samm- 
lung ziert ein Mitte Januar 1874 bei Zwiesel erlegtes Weibchen; 
die Sammlung des Naturhistorischen Vereins zu Passau hat 
2 Exemplare aus dem Böhmerwalde aufzuweisen, eines von Wolfstein, 
das andere von Hutthurn. 

Nach von der Mühle bewohnt die Habichtseule die felsigen 
Ufer der Donau und nach Forstrat Koch ist sie in der Gegend 
von Regensburg in den Bergen bei Donaustauf, Ausläufern des 
Bayerwaldes oder Regengebirges, sehr selten. Im November 1°46 
wurde ein Exemplar der Sammlung des zoologisch-mineralogischen 
Vereins in Regensburg oberhalb der Stadt im Frankenjura an 
der Grolsen Laber bei Sünching auf den Gräflich von Seins- 


64 Ordnung I. Rapaces. Raubvögel. 


heimschen Jagden erlegt. Eine gewils nur verstrichene Habichts- 
eule schols der 1832 verstorbene Professor Wagler in München 
in einem Fichtenwäldchen der fränktischen Ebene bei Erlangen. 

In dem Magen meines Exemplares befanden sich nur Über- 
bleibsel von Mäusen, in dem bei Röhrenbach erlegten ein Maul- 
wurf und einige Rolskäfer (Geotrupes). 

Wahrscheinlich ist diese interessante Eule in Bayern nicht 
so selten, als angenommen wird, und dürfte vielmehr öfter ent- 
weder nicht erkannt oder mit dem Waldkauz verwechselt werden. 
Der Tierausstopfer N. Henseler in Rosenheim erhielt 1879 eine 
prachtvolle Habichtseule aus dortiger Gegend, vermag jedoch den 
Ort der Erlegung nicht näher anzugeben. 


33. ULULA ALUCO L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 142. n. 44. — 
Verz. S. XXXL. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, I. Taf. 46, 
Taf. 47. Fig. 1. S. 473. — XI. S. 178. 


Nacht-Busch, gemeine Nachteule, die rote Varietät: rote oder Feuereule. 


In der Sammlung des Naturhistorischen Vereins zu Augs- 
burg steht ein junges Exemplar, welches am Bauche rein weils, 
ohne alle Flecken ist. 

In allen unseren Waldungen, vorzüglich im alten Laubholz 
und in gemischten Beständen ein ziemlich gewöhnlicher Stand- 
und Strichvogel, mit dem Niederschlagen der alten hohlen Eichen 
jedoch seltener werdend. In Ruinen und alten hohen Gebäuden 
sieht man den Waldkauz seltener, öfter in Scheuern nahe am 
Walde gelegener Weiler, sogar in einzelnen Walddörfern und auf 
niedrigen Jägerhäusern mitten im Forste. So sah ich im Steiger- 
walde bei Kloster Ebrach ein graues Exemplar im Schlote des 
Waldhauses Dianenlust sitzend, wo es seinen ständigen Aufent- 
halt hatte. Sie bewohnt sowohl das Gebirge, wie das Flachland 
und erscheint in mäusereichen Jahren mit anderen Geschlechts- 
verwandten in auffallender Menge. Über die Nützlichkeit oder 
Schädlichkeit dieser Eule gehen die Meinungen weit auseinander, 
indem sie nach den einen zu den entschieden nützlichen Vögeln 
gehört, welche unbedingt zu schützen sind, während sie nach 
anderen entschieden schädlich ist und es jedermann jederzeit er- 
laubt sein soll, sie zu töten und ihre Bruten zu vernichten. Von 


3. Familie. Eulen. 65 


ihren Gewöllen habe ich mir nur 133 Stücke verschaffen können, 
in denen ich folgende Tiere fand: 5 Maulwürfe, 7 Wasser-, 
12 gemeine-, 4 Zwerg- und 28 weilszähnige Spitzmäuse, 7 Wander- 
ratten, 23 Haus- und Waldmäuse, ein kleines Wiesel, an Wühl- 
mäusen 8 Arvicola amphibius, 4 glareolus, 9 agrestis und 139 ar- 
valis, einen unbestimmbaren Vogel, einen Kuckuck, verschiedene 
Grolskäfer (Carabus, Melolontha, Geotrupes, Ergates faber), Panzer- 
stücke kleiner, in den Mägen verzehrter Frösche, die er sehr liebt, 
in seinen Magen gelangter Käfer, Ohrwürmer, ferner selbst- 
gefangene Grolsschmetterlinge, Raupen von Schmetterlingen 
(Noctua fimbria), Hornwespen (Cimbex betulae) und Maulwurfs- 
grillen. Dagegen untersuchten Leu und ich eine grolse Zahl 
geschossener Käuze und deren Nesthöhlen zur Zeit, als sie Junge 
hatten, und fanden allerdings in den meisten Fällen nichts als 
Mäuse, von denen oft die Mägen strotzten, selten Spitzmäuse, da- 
gegen öfter Insekten, besonders Maikäfer und Maulwurfsgrillen 
und Frösche, in den Nesthöhlen aber Wiedehopfe, Blauracken, 
Amseln und Finken. Nicht genug. Ich schnitt aus einem Wald- 
kauz den Vorderfuls eines etwa 2 Monate alten Hasen, erhielt 
Anfang Mai ein Weibchen mit grofsem Brutfleck und völlig leerem 
Kropf und Magen, welches nachmittags 4's Uhr bei schwach 
umwölktem Himmel eine von ihr auf freiem Felde überraschte 
Haustaube geschlagen hatte und eben kröpfen wollte. In dem 
ungewöhnlich harten Winter 1879/80 holte sich ein Waldkauz in 
der Nähe eines hiesigen grolsen Steinbruchs mehrere Rebhühner 
aus ihrem Nachtlager im Schnee heraus. Kaum war die Kette 
zur Ruhe, so hörte man das Angstgeschrei der überfallenen Hühner 
und sah die Eule mit der Beute in den Fängen. Nach v. Riesen- 
thal fällt auch das Steinkäuzchen dem Appetit des Waldkauzes 
zum Opfer. Laut einer Mitteilung der Monatsschrift für das 
Forst- und Jagdwesen von Professor Frz. Bauer in Hohenheim 
über die Bedeutung der Eulen für die Forst- und Landwirtschaft 
warf der Finanzaccessist ©. Klingenhöffer am 19. April 1859 
aus einer hohlen Pappel, nachdem er den alten männlichen Kauz 
in der Asthöhlung erschossen hatte, zuerst diesen, hierauf die vier 
weilswolligen Jungen und zuletzt 12 Staare, 2 Buchfinken, 2 Feld- 
sperlinge, 1 Goldammer, 1 Kohlmeise und schliefslich 4 Feld- 
mäuse herunter, alles noch ganz frisch und, wie es schien, 
der Überrest der letzten Mahlzeit der saubern Familie. Ich habe 
keine Ursache, an der Wahrheit dieser Angaben zu zweifeln, und 
Jäckel, Die Vögel Bayerns. 5 


66 Ordnung I. Rapaces. Raubvögel. 


bin überzeugt, dals dem Waldkauz kein Unrecht geschieht, wenn 
ihm Übles nachgeredet wird. Wenn er Junge hat und im harten 
Winter wird er gewils, wahrscheinlich überwiegend schädlich ; 
im allgemeinen dürfte sich bei ihm Nutzen und Schaden das 
Gleichgewicht halten. 

Ein Paar nistete in der Scheuer eines steigerwäldischen 
Försters, brütete aulser seinen 4 eigenen 2 ihm untergelegte 
Hühnereier aus und scheute das Ab- und Zugehen des Stroh 
und Heu holenden Dienstpersonals nicht. 


Genus 16. Aegolius Keys. et Blas. 
34. EGOLIUS OTUS L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 143 n. 45. — 
Verz. S. XXXI. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, I. Taf. 45. Fig. 1. 
S. 451. — XII. Nachträge S. 176. 


Kleiner Uhu, Ohr-, Horn-, Hörnleinseule. 


In Nadelwaldungen und Feldhölzern ein gemeiner Strich- und 
Zugvogel, in mäusereichen Jahren ungemein häufig, öfters in Ge- 
sellschaften von 20 und mehr Stücken beisammen. Die bei uns 
überwinternden Waldohreulen halte ich grölstenteils für nordische 
Zuzügler; die bei uns brütenden ziehen wohl bis auf wenige alle fort. 
Doch sind das Verhältnisse, in welche niemals völlige Klarheit 
kommen wird. In dem grimmig kalten, schneereichen Winter 
1844/45 waren sie sehr zahlreich vorhanden und wegen der vielen 
Mäuse jederzeit sehr fett. Fehlen diese, so leiden sie grolse Not, 
magern ab und verhungern. Ein bei grolser Kälte und tiefem 
Schnee zum Gerippe abgemagertes Weibchen wurde bei Tage über 
dem Versuche, in einen Taubenschlag einzudringen, erschlagen, 
und ich schnitt aus seinem Magen 5 Weizenkörner, 1 Gerstenkorn 
und 2 Linsen.') 

Sie ist einer unserer allernützlichsten Vögel. Leu stopfte 
von 1870 bis 1577: 235 Waldohreulen, welche mit Ausnahme 
einer einzigen, bei der sich zwei junge Baumpieper (Anthus arboreus) 
vorfanden, die Kröpfe und Mägen voll von Mäusen hatten. Auch 


!) Unnatürliche Nahrungsmittel findet man hier und da bei Eulen. Nach 
Landbeck hatte ein bei Mergentheim erlegter Uhu Holzbirnen und Kartoffeln 
im Magen. 


3. Familie. Eulen. 67 


Hanf fand in ihnen und ihren Gewöllen nie etwas anderes als 
Mäuse. Ich selbst untersuchte 939 Gewölle und entwickelte da- 
raus folgende Tiere: 26 Maulwürfe, 19 Spitzmäuse, 1 Wasser-, 
16 gemeine Wald- und 2 Zwergspitzmäuse, 135 Waldmäuse (Mus 
sylvaticus), 905 Wühlmäuse — 9 Articola amphibius, 17 glareolus, 
95 agrestis und 788 arvalıs — 36 Vögel, darunter ein Buchfink, 
die übrigen nicht sicher zu bestimmen, wahrscheinlich Feld- 
sperlinge, Meisen, Staare, Heide- und Feldlerchen, Goldammer, 
Rotkehlchen und ein rotrückiger Würger, ferner 8 Frösche, 
9 Maikäfer, 16 Rolskäfer, 27 Maulwurfsgrillen, 7 Feldheimchen, 
etliche grölsere und kleinere Laufkäfer, Blattkäfer und 3 Säbel- 
heuschrecken. Bei tiefem Schnee und starkem Frost überfällt sie, 
wie nicht geleugnet werden kann, Rebhühner in ihren Nacht- 
lagern und erwürgt sie. Es sind das Frevel, zu denen sie in 
aulserordentlichen Notzeiten der quälende Hunger treibt, und die 
sie wieder unterlälst, sobald mildere Witterung eintritt und sie 
wieder dem Mäusefang obliegen kann. 

Landbeck machte im bayerischen Schwaben (Klingenbad) 
zweimal die interessante Wahrnehmung, dafs diese Eule, wie die 
Katzen und auch der Uhu zu thun pflegen, bei Gefahr ihre Jungen 
fortträgt. 


35. ZEGOLIUS BRACHYOTUS Forster 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 143. n. 46. — 
Verz. S. XXXI. 


Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, I. Taf. 45. Fig. 2. 
S.459. — Nachträge XII. S. 177. — Fortsetzung der Nachtr. S. 36. 


Die Sumpfeule führt ein Zigeunerleben, kommt in mäuse- 
armen Jahren nur selten, dagegen in mäusereichen in grolser 
Menge, sehr selten schon im August (frühester Termin: 7., 15., 
26.) und in den ersten Tagen des September, gewöhnlich erst 
um die Mitte letzteren Monats, und im Oktober zu uns, bleibt 
den ganzen Winter bis zum Frühjahr (März und April) da und 
ist bei reichlicher Nahrung selbst zur Zeit grolser Kälte sehr 
wohlgenährt. So war es in dem ungemein kalten und schnee- 
reichen Winter 1844/45, wo das Haar- und Federwild fast aus- 
starb, die Sumpfeulen aber alle sehr gut bei Leibe und fett waren. 
Im Herbst trifft man sie gern in ehemaligen, ausgetrockneten, 
mit Binsen und Riedgras hoch bewachsenen Weihern, auf nassen, 


y 


68 Ordnung I. Rapaces. Raubvögel. 


mit derlei Gräsern bestandenen Waldschlägen, in Torflöchern 
grölserer Stichflächen und auf Kartoffeläckern, wo sie zur Zeit 
der Hühnerjagd vor dem stöbernden Hunde oft aufsteht und in 
kleinen Gesellschaften von 6 bis 12 Stücken herumstreift. Brütend 
hat man sie schon hier und da (Regensburg, Aschaffenburg), doch 
nicht regelmälsig und nur in Mäusejahren gefunden. Leu erhielt 
von der Lechhausener Aue bei Augsburg ein Weibchen mit einem 
grolsen Brutflecke am Bauche. Auch auf dem Memminger Ried 
traf sie einer meiner Freunde ziemlich gemein mitten im Sommer 
zwischen Grashoppen auf der Erde sitzend an. 


Gleich ihrer nahen Verwandten, der Waldohreule, ist sie in 
hohem Grade nützlich. Blas. Hanf fand in ihr nur einmal Reste 
einer Feldlerche, sonst immer nur Mäuse, ich selbst nie etwas 
anderes als Feldmäuse, mehrmals 8 Stücke in einem Exemplar, 
und Leu, der im November und Dezember 1866, wo sie bei Augs- 
burg sehr häufig waren, 30 Sumpfeulen, im ganzen an 300 stopfte, 
ebenfalls fast ausschlielslich nur Mäuse, in etlichen Fällen Vögel, 
2 kleinere, 2 Staare und 1 Feldlerche. Ein sehr voller Magen 
enthielt nur Maikäfer. 


Genus 17. Nyctale Brehm. 
36. NYCTALE TENGMALMI J. Fr. Gmel. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 143. n. 47. — 
Verz. S. XXXIIL 


Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, I. Taf. Fig. 2. 3. 
S. 500. — Nachträge XII. S. 190. 


Ein ziemlich seltener Standvogel, über welchen ich nähere 
statistische Nachweise seines Vorkommens in Bayern für angezeigt 
halte. Er kommt ebensowohl in den Vorbergen unserer Alpen, 
als auch in diesen selbst und in den Nadelwaldungen unserer 
Mittelgebirge und der Ebene vor, im oberbayerischen Gebirgs- 
lande z. B. bei Schliersee und im Algäu bei Fülsen, Pfronten, 
Niedersonthofen, Lindau, nordwärts im Kemptener Walde, bei 
Memmingen, in der Augsburger Gegend in Schwaben, wie im 
nahen Oberbayern (Petersdorf bei Affıing), im Frankenwalde bei 
Hof, nicht selten im Fichtelgebirge am Ausgang der Waldungen, 
im Frankenjura und der fränkischen Schweiz, bei Kelheim in 
Niederbayern, in den Thälern bei Feulersdorf (Wonsees) bei 


3. Familie. Eulen. 69 


Aufsees, Wüstenstein, im Steigerwalde bei Kloster Ebrach in Ober- 
franken, im oberpfälzischen Hügellande bei Wernberg an der Naab, 
bei Rampsbau am Regen, bei Regensburg, in Mittelfranken im 
Reichswald bei Nürnberg Forstamts Sct. Sebaldi und Laurenzi 
(Dormitz, Feucht, Hammer), bei Fürth, Roisstall, Ansbach in der 
Feuchtlach (Höfstetten), Schalkhausen, in der Fasanerie bei Eich- 
stätt und in den geschlossenen Forsten Unterfrankens. 

Aus der Gegend von Buckenhof bei Erlangen sah ich Anfang 
Juni 1844 einen lebenden Nestvogel bei dem Professor Rosen- 
hauer. Am 27. Mai 1808 erhielt Professor Wolf in Nürnberg ein 
Weibchen, welches aus dem Neste im Loche einer Tanne bei 
Rolsstall genommen wurde und ein vollendetes Gelege von 2 Eiern 
hatte. Bei Fülsen und Pfronten wurden Exemplare in den 
Sommermonaten Mai und Juni erlegt und brüteten ohne Zweifel 
dort. Nach v. Riesenthal ist es nicht beobachtet, ob der Rauch- 
fulskauz gleichwie der Steinkauz bewohnten Gebäuden sich 
nähert. Ich sah ein prächtiges Exemplar, das bei Hof in Ober- 
kotzau in einer Scheuer lebend gefangen wurde, in der Sammlung 
eines Pfarrers. 

Leu und andere fanden immer nur Mäuse im Magen dieses 
Kauzes. Dafs er auch auf Vögel Jagd macht, beweist ein im 
Herbst 1818 auf einem Vogelherde im Nürnberger Reichswalde 
bei Feucht gefangenes Exemplar. 

(Jäckel teilt im Jahresbericht pro 1884 mit, dals am 12. No- 
vember dieses Jahres ein altes Weibchen in Schwaben bei Nörd- 
lingen erlegt sei. — Nach Link wurde im Spätherbste 1888 ein 
männliches Exemplar bei Staffelstein in Oberfranken gefangen 
und nach Andr. Wiedemann am 15. November 1885 ein toter 
Rauchfulskauz bei Diedorf aufgefunden und in Augsburg prä- 
pariert. — J. Hellerer schreibt mir, dafs am 23. Januar 1888 
bei Ludwigsfeld ein 5, am 14. September 1890 bei Aumeister 
ein & juv. und am 16. September 1890 bei Erding ein 2 ge- 
schossen sei. — R. Bl.) 


70 Ordnung I. Rapaces. Raubvögel. 


Genus I8. Surnia Dum. 
37. SURNIA NOCTUA Retz. 


Keyserling u Blasius, Die Wirbeltiere Europas. I. S. 144 n. 48. 
— Verz. S. XXXI. 


Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands. I. Taf. 48 
Fig. 1. S 493. — Nachträge XIII. S. 189. 


In Steinbrüchen, auf alten Bauwerken, Türmen, Stadtmauern, 
in Kasematten, in alten hohen Obstbäumen, Linden, Kastanien 
u.s. w. städtischer Anlagen, in Alleen, grolsen Baumgärten und 
alten Kopfweiden an Bächen ist das » Käuzlein, Steinkäuzlein, 
der Totenkauz, der Totenvogel oder die Klagmutter«, wie es im 
Volksmunde heifst, ein im Winter die Städel, Ziegeleien und 
Torfmagazine der Mäuse wegen besuchender gemeiner Standvogel. 
Ein Exemplar mit sehr vielem Weils im Gefieder sah ich in 
einer Privatsammlung aus dem Voigtland (Oberkotzau bei Hof). 

Dals der Steinkauz meist niedrig lebt, sich an heiteren 
sonnigen Tagen ruhig in seiner Höhle aufhält, und an trüben 
Tagen sich erst vor Sonnenuntergang nicht gar selten munter 
zeigt und auf die Jagd geht, ist im allgemeinen richtig, unterliegt 
aber auch vielfachen Ausnahmen. Ich sah ihn bei bedecktem 
Himmel schon mittags 12 Uhr auf den hohen Nebengebäuden 
eines weitläufigen, von 8 Türmen flankierten, mittelalterlichen 
Schlosses sich umhertreiben, in hiesiger Stadt auf einem hohen 
Mauerturm bei wolkenlosem Himmel eines herrlichen Junitages 
früh vor 9 Uhr auf einen Dachvorsprung fliegen und neugierig 
auf mich herabäugen, auf einem leeren Kleebock mitten im Felde 
bei hellem Sonnenschein und leichtem Gewölk nachmittags 5 Uhr 
auf Mäuse lauern, und Anfang November, gleichfalls bei Sonnen- 
schein, nachmittags 2 Uhr in den Wallgärten nach Raub ausfliegen. 

Nach dem fast einstimmigen Urteil unserer ornithologischen 
Autoritäten jagt der Steinkauz vor allem andern die verschie- 
denen Arten und Gattungen von Mäusen und grölseren Insekten, 
namentlich Käfer und seltener kleine Vögel. Er soll auch Fleder- 
mäuse fangen und nach Naumann auf den Taubenschlägen keinen 
andern Schaden anrichten, als dals er durch sein nächtliches 
Aus- und Einfliegen die furchtsamen Bewohner derselben an- 
fänglich, ehe sie ihn gewohnt werden, in Furcht und Schrecken 
versetzt. Herr Leu untersuchte 35 Steinkäuze, von denen die 


3 Familie. Eulen. Fa 


im Winter erlegten fast ausschlielslich Feldmäuse, ein einziger 
einen kleinen Vogel, die Sommervögel aber Insekten in den 
Mägen hatten. Nach Apotheker Link in Burgpreppach raubt 
der Steinkauz alljährlich an den Fenstern und auf den Gesimsen 
sitzende ausgeflogene Rotschwänzchen an seinem Hause und 
beunruhigte öfter in der Nacht seine vor den Fenstern hängenden 
Singvögel, verletzte sogar eine im Käfig befindliche Feldlerche ziem- 
lich stark. Graf von der Mühle schols in Griechenland manches 
ihre Jungen fütternde Weibchen der südlichen Steinkauzform 
und fand in den geöffneten stets Insekten, ebenso Baron v. Frey- 
berg, der auf den Festungswällen von Nauplia viele Gewölle 
sammelte und darin ausschlielslich nur Mäuse und grölsere In- 
sekten, Maulwurfsgrillen und Mantis- Arten vorfand. Ich selbst 
habe viele junge und alte Steinkäuze auf den Mageninhalt unter- 
sucht und meistens Mäusereste, sehr selten einen verzehrten Vogel 
konstatiert, aus 241 Gewöllen aber 6 Mus sylvaticus, 103 Arvicola 
arvalis, 1 glareolus, 1 Sorex leucodon, 2 Brustbeine unbestimm- 
barer kleiner Vögel, aus den Sommergewöllen aulser Mäusen vor- 
herrschend nur Insekten, in grolser Menge Geotrupes stercorarius, 
Carabus cancellatus, catenulatus, convexus, granulatus, sonst noch 
Pterostichus, Harpalus und grölsere Staphylinus-Arten, von kleineren 
Käfern nur einzelne aus den Gattungen Aphodius und Silpha, 
von Kaukerfen eine Menge von Zangen der Forficula auricularıa 
und Köpfe von @Gryllus campestris entwickelt. Auffallend war 
mir daher das Urteil des Baron v. Droste in seinem Referate 
‘über die Vogelschutzfrage, dals der Steinkauz mit besonderer 
Vorliebe keineswegs die Mäuse verfolge, sondern die kleinen 
Vögel (was entschieden unrichtig ist), ja sogar erwachsene Feld- 
hühner, dabei aber allerdings eine grolse Menge von Mäusen 
und ebenso Maikäfer verzehre, weswegen er vielleicht für vor- 
wiegend nützlich erkannt werden dürfte. In seinem Schluls- 
urteil läfst er die Frage über die grölsere Nützlichkeit oder 
Schädlichkeit des Kauzes unentschieden. Im Winter 1870/71 
hörte ich zwar mehrmals, dals kleine Eulen in Taubenschläge 
hiesiger Stadt sogar bei Tage eingedrungen seien, dals man in 
denselben erwürgte und befressene Tauben gefunden habe, und 
ein grolser Flug aus Schrecken über den mörderischen Überfall 
zwei Tage lang nicht mehr in den Schlag zurückgebracht werden 
konnte. Ich behauptete die Unschuld des Steinkauzes, wie der 
gleichfalls verdächtigen Schleiereule um so mehr, weil ich in 


12 Ordnung I. Rapaces. Raubvögel. 


demselben Winter ein verhungertes Steinkäuzchen in der Höhlung 
eines nahen Steinbruches fand und 7 andere mir teils lebend, 
teils tot gebracht wurden, von denen eines in einer hölzernen, 
auf Iltisse gestellten Klappfalle gefangen worden war. Alle hatten 
leere Mägen. Zur nämlichen Zeit erhielt Leu 4 Exemplare, 3 mit 
leeren Mägen, während der Magen des vierten voll war von Gras 
und anderen unkenntlichen Vegetabilien !). Ich glaubte, schlieisen 
zu dürfen, dafs ein Vogel, welcher bei der Möglichkeit, in Tauben- 
schläge zu dringen, zu den unnatürlichsten Nahrungsmitteln greift 
oder hungert, selbst verhungert, nicht geeigenschaftet sein möchte, 
viel grölsere und stärkere Vögel, Tauben und Rebhühner, zu 
töten. Da brachte man mir im sehr kalten Winter 1879/50 am 
22. Dezember ein in dem Taubenschlage einer hiesigen Mühle 
gefangenes lebendiges Steinkäuzchen und 2 tote, an der Brust- 
muskulatur bis tief in die Brusthöhle hinein befressene weilse 
Tauben mit abgerissenen Köpfen. Dals das Eulchen wirklich 
der Mörder war, bewies das in der nächsten Nacht in einem 
Käfig, worin ich es gesetzt hatte, ausgeworfene Gewölle, worin 
ich aulser etlichen weilsen Federn einen Taubenschnabel, ein 
grölseres Stück der Schädelknochendecke und verschiedene Ge- 
treidekörner und Unkrautsämereien vorfand, ganz dieselben, wie 
sie noch in der Tiefe der Kröpfe der getöteten Tauben vorhanden 
waren. Wenige Tage danach sah ich bei heftiger Kälte und ein- 
brechender Dunkelheit einen Steinkauz von dem verschlossenen 
Taubenschlage eines Nachbars abstreichen und hörte, dals in 
einer Brauerei eine kleine Eule eine Taube bei Tage im Schlag 
erwürgt habe. Am 2. Februar endlich fand ich in meinem eigenen 
stets offenen Schlage zwei getötete Tauben mit abgerissenen 
Köpfen, am Halse, Rücken und in den Brustteilen angefressen, 
liefs den Faller herab, hatte in der nächsten Nacht keinen Ver- 
lust, öffnete den Schlag am andern Morgen absichtlich wieder, 
ohne ihn abends zu schliefsen, und siehe da! — am 4. d. Mts. 
war die dritte Taube erwürgt und ganz in der nämlichen Weise 
wie die früheren zerfleischt; nur der abgerissene Kopf lag neben 
der Leiche?). Gegen 5 Uhr abends bei noch scheinender Sonne 


) Ein am 12. Oktober des nassen Jahres 1882 erlegter Steinkauz hatte 
aufser spärlichen Insektenresten und einigen Federn eines Kleinvogels eben- 
falls eine Menge Pflanzenfasern und ein mir unbekanntes Samenkorn im Magen. 

2?) Über einen ganz ähnlichen Fall berichtet V. H. Göppinger im 
»Zoologischen Garten« (1870) S. 358. 


3. Familie. Eulen. 2@ 


schlofs ich, in der Meinung, das Käuzchen dürfte bereits darinnen 
sein, den Schlag mit grölster Vorsicht; es sals aber leider un- 
gesehen von mir erst auf dem Laufbrett vor dem Faller und 
strich bei der ersten Bewegung der Zugleine auf ein gegenüber- 
stehendes Haus, wo es in einer Entfernung von etwa 20 Schritt 
in einer Dachlucke sich niederliels und, wie um mich zu ver- 
höhnen, die bekannten Bücklinge machte. Nunmehr hatte ich 
volle Gewilsheit und sperrte meine Tauben ein, bis bei Eintritt 
gelinden Wetters und Abgangs des tiefen Schnees auf das Vor- 
handensein von Mäusenahrung wieder zu rechnen war. Dann 
liefs ich unbedenklich den Schlag Tag und Nacht über wie früher 
offen und hatte keinen Verlust mehr. Auffallend war mir, dafs 
meine Tauben durch die mörderische Eule nicht beunruhigt 
wurden; sie salsen so vertraut in ihrem Daheim angesichts ihrer 
toten Kameraden, als wäre nichts vorgegangen. Die Tauben des 
hiesigen Müllers aber waren nicht mehr in ihren Schlag zu 
bringen und bezogen einen andern, worauf die Mordstätte ge- 
schlossen wurde. 

Ich halte den Steinkauz wegen seiner vorwiegenden Mäuse- 
liebhaberei gleichwohl für sehr nützlich; was er durch Insekten- 
vertilgung leistet, ist in landwirtschaftlicher und jeder andern 
Beziehung bedeutungslos, der Schaden, den er durch den Raub 
kleiner Vögel anrichtet, von keinem besondern Belang und die 
nur ausnahmsweise bei tiefem Schnee vorkommenden Räubereien 
an Haustauben durch die bitterste Not entschuldbar, bezw. durch 
Schliefsen der Taubenschläge leicht zu verhüten. 

Nach v. Riesenthal schlägt der Hühnerhabicht den Stein- 
kauz, wo er seiner nur habhaft werden kann; ich fand die Reste 
desselben, Schädel mit Schnäbeln, dreimal im Gewölle der 
Schleiereule. 


38. SURNIA PASSERINA L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas. I. S. 144. n. 49. — 
Verz. S. XXXI. 


Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands. I. Taf. 43 
Fig. 1 u. 2. S.434. — XII S 174. 


Der Sperlingskauz, ein Standvogel, ist in unserm Hoch- 
gebirge, in Mittelgebirgen, hier und da auch im Hügellande nicht 
so selten, als gemeinhin angenommen wird. Leu, ich selbst, 


TA Ordnung I. Rapaces. Raubvögel. 


mehrere meiner Korrespondenten und vaterländische Sammlungen 
haben eine ziemlich grolse Anzahl erhalten aus dem ober- 
bayerischen Gebirge (Berchtesgaden, Kampenwand bei Aschau, 
Brannenburg, Miesbach, Tegernsee, Kreut, Falepp, Kaiserklause, 
Walchensee, Partenkirchen, Werdenfels), aus dem Trauchgebirge 
(Hohenschwangau, Steingaden), aus den Algäuer Alpen (Fülsen, 
Oberstdorf, Immenstadt, Obermeilselstein), aus der Landschaft 
zwischen den Alpen und der Donau (Grönenbach in Schwaben), 
aus dem bayerisch-bömischen Grenzgebirge (Passau, Thyrnau, 
Neuhaus, Waldkirchen, Kötzting, Waldmünchen), aus dem Regen- 
gebirge (Wiesent), aus dem Frankenjura (Eichstädt), aus der 
fränkischen Schweiz (Aufsees), aus dem Fichtelgebirge (Wunsiedel, 
Fichtelberg, Unterlind, Furthammer), und aus dem Spessart 
(Aschaffenburg 1847). Mehrere Nestjunge aus dem Fichtelgebirge, 
noch mit Dunen auf dem Kopfe, und die dazu gehörigen mit 
Vogelleim am Neste gefangenen alten Vögel kamen in meine 
Sammlung, in die der Dr. Dr. Sturm in Nürnberg und in vater- 
ländische Museen. 

In den Mägen der von uns untersuchten Stücke fanden wir: 
Mäusereste und ein Rotkehlchen. Ein Zwergkauz wurde im 
Fichtelgebirge in dem Augenblicke erlegt, als er einen jungen 
Buchfinken aus dem Neste holte. Geflügelt, liels er seine Beute 
bis zum Tode nicht los. In Drosselschnaiden wird er öfters in 
Dohnen gefangen, weil er die Vögel bis auf die Bögen verfolgt. 

Im Frühjahr zur Zeit der Birkhahnfalze hört man den Ruf 
dieser niedlichen Eule. 

(J. Hellerer schreibt mir, dafs am 12. März 1887 ein bei 
Erding geschossenes ? zum Ausstopfen nach München gesandt 
wurde. — R. Bl.) 


39. SURNIA FUNEREA Lath. 


Keyserling u. Plasius, Die Wirbeltiere Europas. I S. 144 n. 50. — 
Verz. S. XXXI. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands. I Taf 42 
Fig 2. XXX. 8.427. — XIO. S. 173. 


Die Fulken- oder Schnepfeneule, wie sie die Jäger in der 
Gegend von München zu nennen pflegen, kommt nur sehr selten 
auf dem Frühjahr- und Herbststrich zu der Zeit zu uns, wenn die 
Schnepfen kommen und wieder abziehen. Graf von der Mühle 


3. Familie Eulen. 75 


sah zwei bei München erlegte Exemplare im Fleisch; nach 
Forstrat Koch ist sie im Geisenfelder Forste vorgekommen; Leu 
erhielt ein Weibchen am 9. November 1855 von Petersdorf bei 
Affing in Oberbayern. Zuweilen verstreicht sie sich in die Gegend 
von Regensburg, wurde einmal in Oberfranken auf der Hühner- 
jagd bei Rauhenberg in der Gegend von Hollfeld im mittel- 
fränkischen Aischgrund unterhalb Neustadt bei Tanzenhaid im 
Frühjahr 1845, Ende Oktober 1863 bei Schweinfurt und am 
14. Oktober 1868 ein Männchen bei Augsburg erlegt. 


(Forstmeister Donle schreibt mir, dals der kürzlich ver- 
storbene Oberförster Rupprecht zu Schwand ein bei Zwiesel 
erlegtes Exemplar besessen habe. — R. Bl.) 


40. SURNIA NYCTEA L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 144. n. 51. — 
Verz. S. XXXIIL 


Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, I. Taf. 41. 
S. 417. — XOL S. 168. Fortsetzung der Nachträge 8. 35. 


Eine Bewohnerin des höchsten Nordens, erscheint die Schnee- 
eule nur als äulserst seltener Irrling im südwestlichen Deutsch- 
land und soll schon in Franken und Schwaben und im Winter 
1845 bei Passau geschossen worden sein. Ich kenne nur einen 
verbürgten Fall. Ein Exemplar wurde nämlich in der Gegend ' 
von Burglengenfeld, wo der nachmalige Forstrat Koch von 1814 
bis 1826 Oberförster war, bei Kalmünz in der Oberpfalz erlegt. 
Seitdem ist sie nicht mehr beobachtet worden. 


Genus 19. Bubo Cuv. 
41. BUBO MAXIMUS Ranz. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 145. n. 52. — 
Verz. S. XXXIIL 


Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, I. Taf. 44. S. 440. 
— Nachträge XIII. S. 14. — Fortsetzung der Nachträge S. 36. 


Der Uhu, Buhu, Schuhu, Tschuhu oder Auf, früher zahl- 
reicher vorhanden als heutzutage, obwohl er jederzeit wegen des 


76 Ordnung I. Rapaces. Raubvögel. 


grolsen Schadens, den er der Jagd zufügt, energisch verfolgt 
wurde, ist als Stand- und Strichvogel in den gebirgigen und 
waldigen Teilen Bayerns noch immer so weit verbreitet, dals ich 
es für überflüssig erachten darf, alle die Orte anzuführen, wo 
nach meinen langjährigen Erfahrungen diese mächtige Eule teils 
als Brut-, teils als Strichvogel nachgewiesen werden konnte. Ver- 
hältnismälsig am häufigsten kommt er noch im oberbayerischen 
Gebirge von Berchtesgaden bis hinüber in die Algäuer Alpen, 
weniger zahlreich in Felsengehängen verschiedener südlicher und 
nördlicher Donauzuflüsse, so bei Obergünzburg an der Günz, in 
den steilen, zerklüfteten Illerhalden bei Grönenbach, an unzugäng- 
lichen Felswänden des Lech bei Hohenfurth in der Gegend von 
Schongau in Oberbayern, in den Felsen der Donau selbst, in 
denen der Wörnitz (Harburg), der Altmühl (gelber Felsen bei 
Beilngries), am Regen (Stöfling an der Hammerspitz) und an der 
Nab vor. Der Frankenjura, besonders die fränkische Schweiz, 
mit ihren pittoresken Felsenthälern (Pottenstein, Gölsweinstein, 
Waischenfeld), die Nürnberger Schweiz (Altdorfer und Hersbrucker 
Land) und der Veldensteiner Forst (Eibenfelsen bei Plech) bietet 
ihm in seinen zerklüfteten Dolomitwänden bequeme Horstplätze, 
ebenso das untere Mainthal bei Karlstadt und Retzbach. In den 
Felsenklüften der Festung Marienberg bei Würzburg war er früher 
Standvogel. Im Bayerischen Walde, im Centralstock des Fichtel- 
gebirges, im Innern des Spessarts und der Rhön hat der Uhu 
keinen ständigen Sitz, doch wurde er schon öfter in der Gegend 
von Bayreuth, wie in allen bayerischen Kreisen, als nicht besondere 
Seltenheit im Striche, auf der oberbayerischen Hochebene bei 
München und an anderen Orten (Allach, Hirschau, Etzenhausen 
u. s. w.) auf Aufhütten geschossen. 

In den Gewöllen und Mägen erlegter fanden wir Reste von 
Waldmäusen, Ratten, Feldmäusen, jungen und alten Igeln, Hasen, 
Rehkitzen, Auer-, Birk-, Hasel- und Rebhühnern, Krähen und 
Staaren. Der Fürstlich Thurn und Taxissche Forstmeister Fr. 
Pfizenmayer in Regensburg versichert, dals beim Ausnehmen 
junger Uhue aus Felsritzen in den Waldhängen der Donau Über- 
reste von Frischlingen aus dem fürstlichen Wildparke gefunden 
worden sind. Auch den Fuchs soll der Uhu schlagen. 

Bei Neustadt a. A. wurde ein kranker Uhu geschossen, der 
im Magen ein Stück Igelschwarte hatte, deren Stacheln ziemlich 
tief in die bereits brandige Magenwand eingedrungen waren. 


3. Familie. Eulen. ar 


Genus 20. Ephialtes. 
42. EPHIALTES SCOPS L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 145. n. 54. — 
Verz. S. XXXIH. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, I. Taf. 43. Fig. 3. 
S. 466. — Nachträge XII. S. 178. 


Nach von der Mühle kommt diese südeuropäische Art in 
Süddeutschland, der Nordgrenze ihrer Verbreitung, hier und da 
einmal in unserm waldigen Hochgebirge und wahrscheinlich 
auch im Bayerischen Walde vor. In der Gegend von Passau 
will man sie vor vielen Jahren bemerkt haben, und im Winter 
1818 soll eine Zwergohreule in einem Taubenschlage zu Probst- 
ried in der Gegend von Memmingen gefangen worden sein. 

Letzteres Vorkommnis ist mir aus dem Grunde verdächtig, 
weil sie als ein südlicher Vogel bei uns nicht wohl überwintern 
kann, sondern, wie allgemein angenommen wird, im Herbst über 
das Mittelmeer nach Afrika zieht. Mir und meinen Freunden 
ist sie als bayerischer Bürger noch nicht unter die Hände ge- 
kommen; v. Tschusi führt in seinen » Vögeln Salzburgs« nur ein 
einziges im Lande erlegtes Exemplar an. Gewils ist nur, dals 
zu Ende der zwanziger Jahre eine ungemein schöne Zwergohreule 
in Regensburg des Nachts durch ein offenes Fenster in ein Zimmer 
flog, wo sie gefangen wurde. Sie steht ausgestopft im Staats- 
museum zu München. Nach Landbeck brütet sie im nahen 
Württemberg auf dem südlichen Schwarzwalde alljährlich und 
besitzt er ihr Ei aus der Gegend von Tübingen. 


Ordnung II. 
Scansores. Klettervögel. 


4. Familie: Segler. 
Genus 21. Cypselus Illiger. 
43. CYPSELUS MELBA L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas I. S. 146. n. 55. — 
Verz. S. XXXII. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, VI. S. 115. 
Taf. 147. Fig. 1. 


Der Alpensegler fehlt unserm Hochgebirge als Brutvogel. 
Koch sah und schols ihn auf seinem Herbstzuge auf der Ebene 
bei Bregenz und Lindau. Am Bodensee erscheint er Anfang 
August, aus den Schweizer Alpen kommend, streicht einige Tage 
scharenweise hoch in der Luft laut schreiend umher und ver- 
schwindet bald darauf. Im Frühjahr kommt er wieder in die 
Seegegend, gewöhnlich Anfang Mai, selten schon Ende April. 
Ein Weibchen, das am 21. April 1862 bei Schneegestöber in das 
Fenster des Sternbergschen Schlosses bei Bregenz flog und noch 
selbigen Tages starb, erhielt Leu, und ein am Starnberger See 
erlegtes Exemplar sah ich in einer Privatsammlung. 


44. CYPSELUS APUS L. 
Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 146. n. 56. — 
Verz. S. XXXII. 
Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, VI. S. 123. 
Taf. 147. Fie. 2 
Turm-, Mauer-, Steinschwalbe, Mauersteuerle. 


Ein allgemein verbreiteter Soemmervogel, dessen Quartiermacher 
selten schon kurz nach der zweiten Hälfte (17. bis 21.), gewöhnlich 


4 Familie Seeler. 19 


erst in den letzten Tagen des April oder Anfang Mai bei uns an- 
kommen, worauf in wenigen Tagen der Hauptzug vorüber ist. Dieser 
fällt nur hier und da noch in den April, gewöhnlich in die ersten 
Tage des Mai. Wenn in hiesiger Gegend Muscari botryoides, Tulipa 
sylvestris, Anemone pulsatilla et nemorensis, die Gagea-Arten und 
Aprikosenbäume in voller Blüte stehen, Adonis vernalis seine ersten 
leuchtenden Sterne entfaltet, der Weilsdorn grünt und die ersten 
Pflaumen-, Sülskirschen- und Frühbirnbäume zu blühen beginnen, 
kann die Ankunft des Seglers erwartet werden. Er brütet in 
Löchern der Stadtmauern, Kirchen, Türme, Ruinen und alten 
hohen Gebäuden, in ausgefaulten Gesimsen, Felsenritzen, hohlen 
Ästen alter Föhren und Eichen und sehr gern in hoch hängenden 
Staarenkobeln 21 bis 22 Tage und hat öfters noch am 17. und 
24. Juli flaumbedeckte Junge, deren Schwingen noch in den 
stachelichten, kurzen, grauen Scheiden stecken, während die 
Steuerfedern eben anfangen, pinselartig aus den Scheiden hervor- 
zubrechen. Dann bleiben die Alten, um ihre Nachkommenschaft 
grols zu ziehen, noch bis zu 3 Wochen nach dem Abzuge ihrer 
Artverwandten da, bis sie endlich als späte Nachzügler ihnen 
folgen können. In Franken ist der jährlich fast immer auf den 
Tag zutreffende Abzugstermin des Gros der bei uns brütenden 
»Segler« der 26. Juli. Einzelne nordische Durchzügler, auch 
grölsere und kleinere Gesellschaften, gewöhnlich sehr schweigsam 
im Fluge, trifft man bis in die letzten Tage des August, ganz 
vereinzelte noch im ersten Drittel des September an. So sah 
ich am 2. September 1878 einen Segler in hiesiger Stadt; am 
7. September 1856 trieb sich ein solcher hoch über dem Gipfel 
des Moritzberges im Nürnberger Reichswalde bei herrlichem Wetter 
umher; einen dritten erhielt Leu in Augsburg noch am 10. Sep- 
tember 1860. 

Aus dem Magen eines jungen Seglers schnitt einer meiner 
Freunde 5 Schmetterlinge der Noctua persicariae. 


80 Ordnung II. Scansores. Klettervögel. 


5. Familie: Nachtschwalben. 
Genus 22. Caprimulgus L. 
45. CAPRIMULGUS EUROPAUS L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 146. n. 57. — 
Verz. S. XXXIL. 


Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, VI. S. 141. 
Taf. 148. 


Ziegenmelker, Frosch-, Kröten-, Hütschenmaul, Hexenfihrer, Nacht- 
schatten, Nachtpatscher, Nachtklatsche, Nachtfalter, Wegflagge, 
Wegflaggerer, Nachtschwalbe. 


Ein allerwärts auf lichten, sonnigen Waldblölsen, Heideflächen, 
in lichten Krüppelbeständen dürftiger Föhrenwaldungen u. s. w. 
nicht ungewöhnlicher und, wie die vielen bayerischen Benen- 
nungen zeigen, wohl bekannter Zugvogel. Er kommt in der 
letzten Aprilwoche und im ersten Drittel des Mai und zieht von 
Ende August bis Ende Oktober wieder weg. Einzeln kommt er 
noch in den ersten Tagen des Novembers vor. Am 26. Ok- 
tober 1852 wurde in einem Garten Augsburgs vor der Stadt ein 
junger Ziegenmelker erlegt, dessen Schwanz noch sehr kurz und 
dessen grolse Federn noch Blutkiele waren. Vom 18. bis 21. Ok- 
tober 1859 sals eine Nachtschwalbe jeden Nachmittag auf einem 
Geländer im Weidengebüsche an der Wertach im Sonnenschein, 
immer an derselben Stelle. Am 22. Oktober ging Leu wieder hin, 
um sie zu schielsen, traf sie aber nicht mehr an. Sie hatte sich 
jedesmal bis auf einige Schritte nahe kommen lassen, ehe sie ab- 
flog. Landbeck traf sie ebenfalls im Oktober zwei Jahre hinter- 
einander bei Klingenbad auf einem lichten sonnigen Schlage immer 
an der gleichen Stelle an. Sie schläft am Tage manchmal so 
fest, dals ein Jagdhund eine lebende gesunde Nachtschwalbe aus 
einem Weidenbusche dicht am Eisenbahndamm bei Augsburg 
apportieren konnte. In den Mägen erlegter fanden wir viele 
Mai-, Sonnwend-, Rofs- und Mistkäfer (Melolontha, Rhizotrogus, 
Geotropes und Aphodius-Arten), einzelne Schnellkäfer (later), Forst- 
nachtfalter und Spinnen. 

Einen vollständigen Caprimulgus-Schädel entnahm ich aus 
Schleiereulengewölle. 


6. Familie. Kuckucke. sl 


6. Familie: Kuckucke. 


Genus 23. Cuculus L. 
46. CUCULUS CANORUS L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 147. n. 60. — 
Verz. S: XXXIV. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, V. S. 196. 
VAR 1270. 128,0.,1209: 


Der Kuckuck, Guckguck, Gucker, Gugetzer ist ein weit ver- 
breiteter, wenigstens durch seinen Frühlingsruf allgemein be- 
kannter, nach seiner äulseren Erscheinung aber, besonders in der 
bei uns nicht seltenen roten Färbung gewöhnlich für ein Hächt- 
lein (Sperber oder Turmfalke) gehaltener Zugvogel. Ankuntt: 
selten schon in der ersten Woche bis gegen die Mitte des Monats, 
gewöhnlich erst in den Tagen vom 15. bis 21. April, in den 
mittleren Gebirgslagen Anfang, in den rauheren Mitte Mai. Ab- 
zug: Ende August und im September, einzelne junge Vögel erst 
Anfang Oktober. Frühester Ankunftstermin, den ich in einem 
Zeitraum von mehr denn 40 Jahren notiert habe: 6. April. Er 
bewohnt die Nadel- und Laubwaldungen sowohl im höheren als 
im niederen Gebirge, im Hügel- und Flachlande. In den Mägen 
erlegter Kuckucke fanden wir die Raupen der Aporia crataegi, 
auch viele Puppen dieses schädlichen Weilslings, von Sphin« 
euphorbiae, pinastri, Porthesia chrysorrhoea, Ocneria monacha, Gastro- 
pacha potatoria, rubt, Phalera bucephala, Diloba coeruleocephala, 
aulserdem Raupen verschiedener, nicht mehr näher zu bestim- 
mender Bombyx-, Noctua- und Geometra-Arten, allerlei Käfer, 
Carabida, sehr viele Maikäfer, einmal 27 Larven des gemeinen 
Blattkäfers Lina popuk, Feldgrillen, Maulwurfsgrillen, Ohrwürmer 
(Forficula auricularia), geflügelte grolse Ameisen, zwei kleine 
Schneckengehäuse (Helix) und Beerenkerne. Aus einem zwei- 
jährigen roten Weibchen schnitt ich 98 Stücke der Porthesia 
chrysorrhoea und aus einem jungen Männchen aulser 13 Erd- 
raupen (entweder Agrotis segetum oder graminis) einen 6 cm langen 
wirren Bündel einer Grasstaude mit ihren Wurzeln. Der Magen 
eines bei Tückelhausen erlegten Vogels enthielt Zina populi-Larven, 
einen Maikäfer und 27 Raupen von Gastropacha rubi. 


Jäckel, Die Vögel Bayerns. 6 


82 Ordnung OU. Scansores. Klettervögel. 


7. Familie: Spechte. 
Genus 24. Jynx L. 
47. JYNX TORQUILLA L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 147. n. 63. — 
Verz. 8. XXXIV. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, V. S. 356. 
Tar 138, Fig. 7022. 


Wende-, Drehhals, Ottermännchen, Gü/s-, Giefsvogel. 


Ein überall im Lande in Baumgärten, Baumfeldern, Parks, 
Feldhölzern an Waldrändern nirgends seltener, in hiesiger Gegend 
gemeiner Zugvogel. Er kommt manchmal schon in den ersten 
Tagen bis Mitte April (ein in meinen Notizen oftmals wieder- 
kehrender Termin ist der 14. April), gewöhnlich erst in der 
zweiten Hälfte des Monats bis Anfang Mai bei uns an und zieht 
Ende August und den September hindurch wieder ab. 

Am 16. Juni 1860 wurden bei Diedorf in Schwaben 8 junge 
Wendehälse in einem Neste gefunden, das in einer Sandwand in 
ein verlassenes Eisvogelnest gebaut war. 


Genus 25. Picus L. 
a) Gecinus Bote. 


48. GECINUS VIRIDIS L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 147. n.. 64. — 
Verz. S. XXXIV. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, V. S. 270. 
Taf 132° Big: 1. ur 2. 


Grünspecht, grüner Baumhacker. 


In allen Feldhölzern und kleineren Waldungen, nicht im 
geschlossenen Walde sowohl im Laub- als Nadelholz der Ebene 
und des Gebirges, in unseren Alpen bis zu 1500 m Höhe, ein 
ziemlich zahlreicher Stand- und Strichvogel. In kalten Wintern 
kommt er in die Obstgärten der Dörfer, sogar in dieselben und 
in grolse Ortschaften, um am Holzwerke, an Kirchtürmen und 
Scheuern, an Schindel- und Strohdächern, am losen Mauerverputz 
u.s. w. nach Nahrung zu suchen. In dem sehr kalten Winter 
1544/45 erhielt ich bei sehr tiefem Schnee von Markt Erlbach 


7. Familie. Spechte. s3 


kurz hintereinander 3 Grünspechte, die alle von der Kirchhof- 
mauer weggeschossen worden waren. In den Mägen dieser sehr 
wohl genährten Vögel fanden sich sehr viele aus ihren Winter- 
quartieren hervorgeholte Fliegen, in einem Magen wenigstens 
100 Stücke. Im Winter gräbt er sich selbst durch tiefen Schnee 
Gänge nach ihm bekannten Ameisenhaufen, wird bei dem Heraus- 
kommen aus denselben manchmal erschlagen und bei vorge- 
hängten Vogelbeeren nicht selten in der Drosselschnaide gefangen. 
Professor W olf fand einst im Nürnberger Reichswalde ein Waben- 
stück der Hornisse (Vespa crabro), das ein Grünspecht aus einer 
hohlen Föhre geworfen. 


49. GECINUS CANUS Gmel. L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 147. n. 65. — 
Verz. S. XXXIV. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, V. 8. 286. 
Par asas Kiel ur 2. 

Ein nicht seltener Stand- und Strichvogel mehr in alten Laub- 
waldungen und gewöhnlich nicht so zahlreich, da und dort (Augs- 
burg) aber auch nicht blols ebenso häufig, sondern sogar noch 
häufiger als der Grünspecht, sowohl in der Ebene, als auch im 
Gebirge des oberbayerischen und schwäbischen Alpenzuges. In 
25 Jahren erhielt Leu aus Augsburgs Umgebung 102 Grauspechte, 
darunter 3 sehr alte Weibchen mit beginnender Hahnenfedrigkeit. 
Sie hatten nämlich ein jedes etliche rote Federn auf dem Scheitel. 
Mit dem Verschwinden der alten Stämme aus unseren Waldungen 
wird er seltener. Aus den Mägen erlegter Grauspechte schnitt 
ich gewöhnlich viele Ameisen (Formica rufa et signata), Fliegen 
und Kleinkäfer (Coceinella). Bei dem Graben eines mit 7 Jungen 
bevölkerten Fuchsbaues fand ich einen alten Grauspecht als 
Beutestück. Wahrscheinlich hatte ihn Meister Reinecke in allzu 
emsiger Thätigkeit auf einem Ameisenhaufen überrascht. Im 
Winter kommt er ebenfalls wie der vorige in die Dorfgärten und 
an die Häuser. In dem v. Crailsheimschen Schlosse Neuhaus 
bei Höchstadt a. A., einem vollständigen Viereck, kam er einmal 
in den grolsen Hofraum, gelangte durch die offenen hohen Fenster 
in den weiten Rittersaal und flog, als er denselben auf der ent- 
gegengesetzten Seite verlassen wollte, mit solcher Gewalt an dem 
starken Doppelglase der geschlossenen Aulsenfenster an, dals er 
tot herabfiel. In dem dortigen gutsherrlichen Walde, der Braut 
der Gegend, ist er viel seltener als der Grünspecht. 


6* 


84 Ordnung OD. Scansores. Klettervögel. 


b) Dryocopus Bote. 
50. DRYOCOPUS MARTIUS L. 


Keyserling u. Blasius. Die Wirbeltiere Europas, I. S. 148. n. 66. — 
Verz. 8. XXXIV. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, V. S. 253. Taf. 
131. Fig. 1.2. 

Einzeln in allen grofsen und alten, mit Eichen und Buchen 
durchwachsenen Nadelhölzern, auch im Laubwalde sowohl der 
Ebene wie der Mittelgebirge und des Hügellandes, mit dem Ver- 
schwinden der alten überständigen Stämme aus unseren Waldungen 
immer seltener werdend, am zahlreichsten noch in den Alpen, im 
Kemptener und Bayerischen Walde, im Fichtelgebirge, Franken- 
walde, Spessart, Steigerwalde, in der Rhön, in den Halsbergen und 
vielen grölseren Wäldern Frankens, Schwabens und Altbayerns. 
Stand- und Strichvogel. Da und dort brütet er in reinem Laub- 
Hochwald, in alten aus Eichen, Buchen, Fichten und Tannen 
gemischten Beständen in kernfaulen Rotbuchen. 


c) Picus. 
51. PICUS LEUCONOTUS Bechst. 


Keyserling u. Blasius. Die Wirbelthiete Europas, I. S. 148. N. 67. — 
Verz. 8. XXXIV. 

Naumann. Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, V. ©. 313. 

Taf. 135. Fig. 1. 2. — Fortsetzuug der Nachträge XII. S. 201. 
Der Wei/sspecht ist in den Vorwaldungen unseres Hoch- 
gebirges ein nicht ungewöhnlicher Stand- und Strichvogel. Sein 
Verbreitungsbezirk erstreckt sich von den Algäuer Alpen, wo er 
am Grünten nicht gar selten ist und von Obergeometer Stark 
viermal bei Immenstadt erlegt wurde, weit hinüber in das ober- 
bayerische Gebirge, wahrscheinlich bis Berchtesgaden, da er im 
angrenzenden Salzburg wieder, doch ganz vereinzelt vorkommt. 
Er wurde bei Murnau, in der Vorderrils, bei Kreuth (Glashütte), 
Tegernsee, Anfang März 1883 in einer Innaue nächst Rosen- 
heim und auf dem Striche schon öfter bei München, zwei alte 
Männchen im Oktober 1822 und im Herbst 1825 von Dr. Micha- 
helles und ein drittes im Winter 1826 von Prof. Dr. Wagler 
erlegt. Zwei in der Vorderrifs und bei Glashütte geschossene 
Weifsspechte, Männchen und Weibchen, waren durch auffallend 


7, Familie. Spechte. 85 


geringe Grölse ausgezeichnet (Zoologischer Garten 1875. S. 110.) 
Ob er im bayerisch-böhmischen Waldgebirge bei uns vorkommt, 
ist fraglich ; auf der böhmischen Seite wurde er 1873 bei Krummau 
erlegt. 


52. PICUS MAJOR L. 


Keyserling u. Blasius. Die Wirbeltiere Europas, I. S. 148. n. 68. — 
Verz. 8. XXXV. 

Naumann. Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, V. S. 298. 
Taf. 134. Fig. 1—3. 

Bunt-, Rotspecht, gro/ser Buntspecht, gro/ser roter Baumhacker, 
oder Baumpicker, Hötzenspecht. Der häufigste Specht im Gebiet; 
Stand- und Strichvogel des Nadel-Hochwaldes, doch auch der 
mit Laubholz, namentlich mit Eichen gemischten Waldungen. 
Nach Schrank stand 1788 im Naturalienkabinett des ehemaligen 
regulierten Chorherrnstiftes Beyerberg ein grolser männlicher 
Buntspecht, bei welchem die Kehle, die ganze Brust, der Bauch 
und die Stirne rötlich weils war. Im Jahre 1856 hatte sich ein 
Rotspecht in dem Garten eines schwäbischen Landstädtchens 
einen an einer Hopfenstange über einem Baume angebrachten 
Staarenkobel zu seinem Nachtquartier ausersehen. Nachdem er 
sich auf dem vor dem Einflugloche befindlichen Stänglein um- 
geschaut hatte, schlüpfte er ein und kam an diesem Abende nicht 
mehr hervor. 

In den Mägen Erlegter fanden wir, aulser Fichten- und 
Föhrensamen, Stückchen von Äpfeln, Haselnüssen, Käfern (Bo- 
strichus, Eccoptogaster, Lema vitelline), Baumwanzen, Spinnen 
und Schaumeikaden (Cercopis spumaria) auch Ameisen. Letztere 
und deren Puppen soll er niemals fressen, eine Behauptung, die 
durch eine Beobachtung Glogers widerlegt ist, der den Magen 
eines geschossenen und untersuchten Buntspechtes fast ganz mit 
sgrofsen Waldameisen gefüllt fand. Ameisenpuppen vermochte 
ich allerdings nicht nachzuweisen, Ameisen selbst aber mehrmals 
in Menge. 

Von Helminthen fand ich in ihm Taenia crateriformis. 

Der geh. Oberforstrath Dr. Judeich hat den Buntspecht als argen Feind 
des Scolytus Ratzeburgii kennen gelernt. Er sah eine durch den Specht 
längs des Stammes fast ganz entrindete Birke, welche stark mit der Brut 


dieses Kerfs besetzt gewesen war (Dr. Lorey und Dr. Lehr, allgem. Forst- 
und Jagdzeitung 1881. S. 234). 


86 Ordnung II. Scansores. Klettervögel. 


53. PICUS MEDIUS L. 


Keyserling u. Blasius. Die Wirbeltiere Europas, I. S. 148. n. 69. — 
Verz. $S. XXXV. 

Naumann. Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, V. S. 320. Taf, 
136. Big, 2: 

In reinen Laub- oder gemischten Waldungen, gern in alten 
Eichenwäldern und Flufsauen, meistens entschieden seltener als 
der vorige, hier und da aber auch in vorwiegender Anzahl vor- 
handen. Stand- und Strichvogel. Auch in ihm fand ich die 
Taenia crateriformis. 


54. PICUS MINOR L. 


Keyserling u. Blasius. Die Wirbeltiere Europas, I. S. 148. n. 70. — 
Verz. S XXXV. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, V. S. 334. 
Taf. 136. Fig. 3. 4. 


Ein nirgends zahlreicher Stand-, und in manchen Gegenden 
nur selten vorkommender Strichvogel. Im Sommer am liebsten 
im Laubwalde, kommt er im Herbst und Winter in die Gärten 
auf die Obstbäume, auf die Pappeln der Parks und Chausseen 
und die Hopfenstangen-Koppeln der Felder, um die unter der 
Rinde verborgenen Kerfe hervorzuholen. Nahrung suchend, 
klettert er dann die kleinsten Zweiglein ab, sucht in den Raupen- 
nestern die zarten Räupchen und ist im Winter da und dort 
eine nicht sehr ungewöhnliche Erscheinung. Bei München ist er 
nach von der Mühle in sparsam stehenden krüppeligen Eichen- 
beständen auf trockenen Mösern der Umgegend (Ismaning, 
Moosach, Allach) eben nicht selten. 


d) Apternus Swainson. 
55. APTERNUS TRIDACTYLUS L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 149 n. 71. — 

Verz. 8. XXXV. 
Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, V. S. 346. 
Taf. 137. Fig. 1. 2. — XIII. Fortsetzung der Nachträge S. 202. 
Der Dreizehenspecht ist durch das ganze oberbayerische und 
oberschwäbische Hochgebirge als ein, wenn auch nicht seltener, 
doch auch lange nicht gemeiner Stand- und Strichvogel ver- 


7. Familie. Spechte. 87 


breitet. Am liebsten hält er sich auf mittelhohen Gebirgsrücken 
von 4- bis 6000' Höhe auf, ist dort das ganze Jahr hindurch 
anzutreffen und hämmert an den halbdürren Weilstannen und 
Fichten. Forstrat Koch erhielt ihn aus dem Hochgebirge des 
Algäu mehrmals auf dem Revier Immenstadt, wo er von ihm 
nur auf dem Immenstädter Horn beobachtet wurde. Er brütet 
übrigens dort auch am Hochtänneberg, am Grünten, in den 
Hindelanger, Sonthofener, Fischener und Oberstdorfer Bergen, 
weiter bei Füssen, dann in Oberbayern bei Hohenschwangau, 
Benediktbeuren, Benediktenwand, Tölz, in der Vorderrils bei 
Kreuth (Hohlenstein), Glashütte, Falepp, Kaiserklause, Tegernsee, 
Kampenwand, Reit im Winkel, Ruhpolding. Wenn er, die Gebirgs- 
forste verlassend, sich herab in das Flachland in die Gegend von 
Memmingen (Woringen, Lauben) und Augsburg (Breitenbrunn 
im Zusammthale) und in Oberbayern herab gegen München in 
die Gegenden am Starnberger See (Seeshaupt, St. Heinrich), von 
Schäftlarn, Grünwald und Forstenried begibt (hier überall ist der 
Dreizehenspecht schon geschossen worden), so ist er als Unglücks- 
bote zu betrachten, der durch sein Erscheinen allerdings nicht 
das beginnende Auftreten, sondern das bereits bedrohliche Vor- 
handensein des Borkenkäfers ankündigt. Dieser scheint seine 
vorzügliche Nahrung auszumachen, da etwa 25 untersuchte Mägen 
nur Borkenkäfer und deren Larven enthielten. Zuweilen, wiewohl 
sehr selten, verstreicht er sich bis in die Gegend von Regensburg, 
in die Staufer Berge und den Pacher Forst (Wiesent). Ein bei 
Rebdorf bei Eichstätt erlegtes Exemplar sah ich in der Herzoglich 
Leuchtenbergschen Sammlung; 1819 wurde ein Dreizehenspecht 
im Steigerwalde bei Kloster Ebrach in Oberfranken geschossen, 
und die Sammlung des Zoologisch -mineralogischen Vereins zu 
Regensburg besitzt aulser einem Exemplar von dem Revier Wiesent 
ein zweites aus dem bayerisch-böhmischen Grenzbezirke von Wald- 
münchen in der Oberpfalz, so dals dieser schöne Specht wohl 
auch als Standvogel des Böhmerwaldes vermutet werden darf. 
Sollte er nicht auch, fragt Dr. Leydig (in seiner Abhandlung 
über Verbreitung der Tiere im Rhöngebirge und Mainthal im 
Hinblick auf Eifel und Rheinthal) in der Rhön und im Spessart 
vorkommen ? 


ss Ordnung II. Scansores. Klettervögel. 


8. Familie: Eisvögel. 
Genus 26. Alcedo L. 
56. ALCEDO ISPIDA L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. 8. 149 n. 73. — 
Verz. 8. XXXV. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, V. S. 480. 
Taf. 144. Fig. 1. 2. 


Der Eisvogel, ein nirgends seltener, allgemein bekannter 
Stand- und Strichvogel, lebt an flielsenden, klaren Gewässern, 
nistet an steilen Sandufern fischreicher Bäche und Flüsse, auch 
in Sandgruben, die nicht weit vom Wasser abliegen, und streicht 
im Winter weit umher. Am 31. Juli 1851 wurde einer in einem 
. Garten zu Thannhausen an der Mindel in Schwaben tot gefunden ; 
er war verhungert, weil er infolge einer Überschwemmung in 
dem trüben Wasser nicht mehr hatte fischen können. Ein anderer 
safs morgens lebend vor Landbecks Hausthür in Klingenbad 
und wurde ihm mit dem vorigen gebracht. In dem sehr kalten 
Winter 1844— 1845 fand man tote Eisvögel auf dem Eise der 
Flüsse und des Donau-Mainkanals in Franken. Prof. Dr. Wolf 
erhielt am 17. Januar 1802 einen, dem der Kot am After in 
der Grölse einer Flintenkugel angefroren war. Im harten Winter 
legt er sein menschenscheues Wesen ab, und ich sah ihn an die 
Quelle des hart an den ersten Häusern, zum Teil in der ersten 
Hofrait des hiesigen Dorfes Wiebelsheim entspringenden Baches 
kommen. Am 14. August 1844 flog ein unverfolgter Eisvogel 
laut schreiend und von einem grolsen, freien Platze der Stadt 
Erlangen kommend, niedrigen Fluges durch die Stralsen, ohne 
dals ich über den Grund dieses seltsamen Abstechers habe ins 
klare kommen und wahrnehmen können, wohin nach dem Ein- 
biegen in die nächste Querstralse die weitere Irrfahrt ging. 


Tauber in Tückelhausen bei Ochsenfurt erhielt bereits am 
20. Mai 1881 einen mehr als halb gewachsenen jungen Eisvogel, 
der am ganzen Körper mit langen, stachelartigen Federscheiden 
bedeckt war, durch welche jedoch bereits das Grün, Blau und 
Rostrot der einzelnen Federpartien durchschimmerte. Aus den 
Scheiden der Schwungfedern traten eben kurze Federpinsel hervor. 
Der Schnabel war vom Mundwinkel bis zur Spitze 2's cm lang; 
Ober- und Unterkiefer gleich lang. Sonst bei Tückelhausen ein 


8. Familie. Eisvögel. 89 


gewöhnlicher Brutvogel, nimmt er, seitdem die Anlage von Forellen- 
teichen kultiviert wird und man ihn eifrig verfolgt, zusehends ab. 
1881 wurden von den dortigen Fischzüchtern fünf Bruten ver- 
nichtet. 

Nach Dr. Leydig besuchte der Eisvogel im Sommer 1878 
einen Tümpel, der von grolsen Larven der Knoblauchkröte 
(Pelobates fuscus) wimmelte, eine ganze Zeit lang, um auf die 
Larven zu stolsen. 


Genus 27. Merops L. 
57. MEROPS APIASTER L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 149 n. 75. — 
Verz. S.XXXV. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, V. S. 462, 
Taf. 143. Fig. 1. 2. 

Der Bienenfresser hat sich schon mehrfach in gröfseren und 
kleineren Scharen zu uns verflogen, und sogar wiederholt im 
Gebiete gebrütet. Bei München wurde er in den zwanziger Jahren 
geschossen (Wagler) und bei Regensburg auf dem Zuge wahr- 
genommen (Koch). Im Mai 1781 liefs sich ein auf 30 Stück 
geschätzter Trupp dieser Vögel, die von Süden nach Norden 
strichen, in Niederbayern zu Gern bei Eggenfelden sehen und 
wurden zwei davon mit einem Schusse erlegt (Schrank, bayerische 
Reise S. 271). Ebenso erschien er häufig in den neunziger Jahren 
des vorigen Jahrhunderts im Ansbachischen. Im Jahre 1825 be- 
obachtete Prof. Wagler bei Schniegling zwischen Nürnberg und 
Fürth an der Regnitz drei Bienenfresser und fehlte im Beisein 
des + Dr. W. Sturm, dem ich die Notiz verdanke, den einen 
davon im Sitzen zweimal. Im Sommer 1830 hielten sich wieder 
sechs Stücke eine Stunde von Nürnberg auf der Feldflur des 
Dorfes Wetzendorf auf. Abermals erschienen sie 1843 wiederum 
bei Schniegling, und ein Paar brütete daselbst, dessen Junge von 
Knaben ausgenommen und an Sammler verkauft wurden. Eines 
derselben sah ich in der Sammlung des vormaligen Bleistift- 
fabrikanten L. Ziegler in Nürnberg. In Unterfranken hat man 
den Bienenfresser im Sommer mehrmals in der Nähe von Aschaffen- 
burg (Damm) geschossen, und im Sommer 1854 brütete ein Paar 
zu Randersacker bei Würzburg. Das Nest wurde ausgenommen 
und ein Junges kam in das zoologische Museum in Würzburg, 


90 Ordnung II. Scansores. Klettervögel. 


ein zweites in den Besitz des Seminar-Inspektors Blank daselbst. 
Vier Jahre später brütete abermals ein Paar in derselben Gegend 
bei Heidingsfeld.. Am 18. Mai 1855 endlich wurden im Algäu 
sieben Stücke bei Betzigau in der Nähe von Kempten gesehen 
und zwei davon geschossen. 

Auch im nahen Württemberg brüteten ein Paar Bienenfresser 
im Jahre 1834 bei Munderkingen am Donauufer und wurden die 
Jungen samt den Alten gefangen (Landbeck). In Baden machte 
sich sogar neuerdings eine Kolonie bei Bickensohl in der jähen 
Wandung eines verlassenen Doleritbruches ansässig, wurde aber 
leider auch so lange verfolst, bis das letzte Stück der prächtigen 
Fremdlinge der Schielswut und Gewinnsucht zum Opfer gefallen 
war (v. Schilling). 

(A. Wiedemann schreibt: »1856, im Monat Mai, fand in 
Wollmetshausen bei Fischach eine feierliche Prozession um die 
Felder statt. Als das Volk auf einem Fahrwege zwischen Getreide- 
feldern dahinschritt, flog plötzlich ein prachtvolles altes Männchen 
des Bienenfressers vor dem Zuge her und liefs sich auf einem 
an dem Wege stehenden hölzernen Feldkreuze so lange nieder, 
bis ein Teil der Wallfahrer bei dem Kreuze angekommen war. 
Diese Erscheinung rief bei dem Volke, das noch nie einen so 
schönen Vogel gesehen hatte, nicht wenig Erstaunen und Ver- 
wunderung hervor.<— NachDr. W. Medicus wurden Bienenfresser 
1876 in einem Berggarten bei Kaiserslautern beobachtet. — R. Bl.). 


Genus 28. Coracias L. 
58. CORACIAS GARRULA L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 150 n. 76. — Verz. 
8. XXXV, 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, 1I. S. 158. Taf. 60. 
Fie.1. 2. 

Blau-, Birk-, Mandelhäher, Mandelkrähe, Racke. In unseren 
ebenen, sandigen Waldungen, besonders in den alten Föhren- 
wäldern ein nicht seltener Sommervogel, der Ende April und 
Anfang Mai zu uns kommt und im August und September uns 
wieder verläfst. Unsere moderne Forstwirtschaft ist keine Lieb- 
haberin anbrüchiger hohler Stämme, wie sie Eulen, Spechte, 
Dohlen, Racken, Tauben und andere Höhlenbrüter benötigen. 
Wo die alten Hölzer überhaupt und die hohlen Bäume in den 


8. Familie. Eisvögel. 91 


Junghölzern verschwinden, dort verschwindet auch die Blauracke 
und kann in einer Gegend, in der sie sonst sogar häufig war, 
so selten werden, dafs ein auf dem Durchzuge erlegtes Stück als 
ausländischer Vogel angestaunt wird. Ende der vierziger Jahre 
brütete sie jährlich in der Gegend von München (Nymphenburg, 
Allach, Schleiflsheim), in der fränkischen Keuperlandschaft im 
Nürnberger Reichswalde St. Laurenzi (Maiach, Eibach, Wendel- 
stein, Kornburg, Röthenbach bei St. Wolfgang, Sperbersloh, 
Leerstetten, Schwand, Cammerstein bei Schwabach, Altenfurth, 
Fischbach, Feucht, Unterferrieden), weiter in der Oberpfalz bei 
Bayerisch-Hembach, Pyrbaum, Neumarkt, Amberg im Hirschwald, 
bei Loisnitz u.s. w. Auch im Forstamte Nürnberg St. Sebaldi bei 
Herrnhütte, Erlenstegen, Kraftshof, in der Gegend von Erlangen 
(Atzelsberg) und bei Neustadt a. A. brütete sie in alten Föhren- 
wäldern in hohlen Föhren und einzelnen Birken, öfters in Gesell- 
schaft von Dohlen, mit denen sie sich im Frühjahr um die Nest- . 
höhlen stritten. Bei Wendelstein habe ich damals viele Eier 
gesammelt und alte Racken an den Nestern in Schlingen ge- 
fangen. Hohen Naturgenuls gewährte es, zur Zeit des Herbst- 
striches Flüge von acht bis zehn Stücken dieses farbenprächtigen, 
geschwätzigen, höchst unruhigen Vogels sich in den hohen Baum- 
kronen eines Feldholzes und über den anstolsenden Stoppel- und 
Tabakfeldern unter Schreien, Zanken und unaufhörlichem Necken 
herumtreiben zu sehen. Leu erhielt bis in die neueste Zeit viele 
Blauracken aus der Gegend von Öttingen, Dillingen, Donauwörth, 
Neuburg a. D. (Rennertshofen), von Ingolstadt (Vohburg, Woln- 
zach, Schrobenhausen, Stammham), von Abensberg (Biburg) in 
Niederbayern, wo sie noch brüten. Ein Exemplar kam ihm aus 
dem Algäu von Füssen am 24. Juli 1870 zu. In den Hafsbergen 
brütete sie 1875 bei Burgpreppach und Ende der füniziger Jahre 
in Oberfranken bei Kloster Banz. 

Am Kopf und Hals dieses Vogels fand ich mehrmals Zecken 
(Ixodes), in seinen Eingeweiden, in der Bauchhöhle und herauf 
bis in den Hals, in die Ohrgegend und in die Augenhöhlen sehr 
viele Eingeweidewürmer, Filarien, in den Mägen aber meistens 
Rolskäfer (Geotrupes stercorarius et sylvaticus), viele Aphodius, 
Carabus, grolse Säbelheuschrecken (Locusta viridissima et verruci- 
vora), Feldheimchen und Ameisen (Formica rufa). 

Aus einem am 2. Juni 1878 von Stammham bei Ingolstadt 
erhaltenen alten Weibchen und einem Flaumjungen des Wald- 


92 Ordnung II, Scansores. Klettervögel. 


kauzes (Strix aluco) schnitt Leu Reste einer Racke. Die Alte 
hatte einige Federn, das Junge Kopf, Fülse und Federn des un- 
glücklichen Opfers in Kropf und Magen. Die Eule hatte wohl 
bei Nacht die Racke in ihrer Baumhöhle zu überraschen gewulst 
und sie ihren Jungen zugetragen. So schwer erklärlich die Art 
und Weise dieses Raubes sein mag, so gewils ist die Thatsache. 


9. Familie: Wiedehopfe. 
Genus 29. Upupa L. 
59, UBUPA »ERORS I. 


. Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 150 n. 77. — 
Verz. 8. XXXV. 
Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, V. S. 487. 
Taf. 142. Fig. 1. 2. 

Der Wiedehopf, Wiedhopp, Wieshopf, bewohnt unsere ge- 
birgigen und ebenen Vorwälder, Laub- und gemischte Bestände, 
in der Nähe von Wiesen und Weideplätzen, alte als Vieh- und 
Schaftriebe benutzte Eichenwaldungen, geht im Gebirge hoch 
hinauf (Watzmann), kommt selten schon in den letzten Tagen 
des März, gewöhnlich erst im April und zieht im August bis Ende 
September wieder weg. In Siggertshofen bei Schwabhausen in 
Oberbayern brütete ein Paar in einem wegen des zu weiten 
Fluglochs von Staaren nicht besetzten Kasten und im Jahre 1856 
ein anderes in einem Loche unter dem Dache des einem un- 
bewohnten Hause im Weiler Siefenwang in Schwaben angebauten 
Backofens. Lehrer Wiedemann nahm die acht Eier weg, worauf 
wieder acht, und als auch diese weggenommen waren, nochmals 
sieben nachgelegt wurden, aus denen die Jungen aufkamen, eine 
Eierzahl, die wie ein Märlein klingt. Ich kann mich für die 
Thatsache verbürgen. Der genannte Weiler ist von Wald um- 
geben. Auch Leu erhielt aus einem Neste sieben Eier, aus einem 
andern sieben Junge. 

In den Mägen fanden wir gewöhnlich Käfer und deren 
Larven, Mai- und Laufkäfer (Amara, Poecilus), Maulwurfs- und 
Feldgrillen, unbestimmbare nackte Raupenbälge, viele grolse 
schwarze Waldameisen und Formica rufa et fusca. 


Ordnung III. 


OÖscines. Singvögel. 


10. Familie: Lerchen. 


Genus 30. Alauda L. 
60. ALAUDA CRISTATA L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 151. n. 79. — 
Verz. S. XXXVL 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, IV. S. 134. 
Far 99..n. 1, 


Hauben-, Häubleins, Schopf-, Schöppleins-, Kot-, Dreck-, Hoppen-, 
Mistlerche. 


In der Nähe der Dörfer und Städte an vielen Orten ein recht 
gemeiner, anderwärts aber auch entweder ganz fehlender oder 
nur im Winter, bzw. nur auf dem Herbststriche von Ende 
September bis in den November vorkommender Stand-, Winter- 
oder Strichvogel. Sie liebt allerdings den Sand, ist aber auf dem 
schweren, fruchtbaren Boden des schwarzen Gaues bei Winds- 
heim ebenso gemein, wie auf dem Keupersande bei Nürnberg 
und Fürth, und gehört zu den wenigen Vögeln, deren Verbreitung 
durch die Fortschritte der Kultur, durch Chausseen- und Eisen- 
bahnbau, gefördert wird. Im Jahre 1810 sah man sie in Nürnbergs 
Umgebung im September und Oktober als seltenen Wintervogel 
sich einfinden (Meyer und Wolf), 1814 brütete sie, nach hand- 
schriftlichen Aufzeichnungen des letztgenannten Gelehrten, schon 
einzeln auf der Bärenschanze, wurde immer häufiger, war bereits 
1826 ein gemeiner und seit 1830 bei Nürnberg, Fürth und Er- 
langen einer der gemeinsten Standvögel. Aus der Nürnberger 
Gegend drang sie über Schwabach nach Roth am Sand vor, wo 


94 Ordnung III. Oscines. Singvögel. 


ich sie zuerst 1846 einzeln brütend fand; bei Fürth reichte ihr 
Verbreitungsbezirk westwärts im Jahre 1851 in einzelnen Paaren 
bis Zirndorf; dort schnitt ihre Grenze ab, und sie kam z. B. im 
Biebertgrunde bei Ammerndorf im Sommer nicht vor; erst 1852 
sah ich sie in dem eine Stunde entfernten Cadolzburg in wenigen 
Paaren sich einstellen. In den Reichswaldorten Wendelstein und 
Kornburg bei Nürnberg kannte ich sie bis 1847/48 nur als Winter- 
vögel, und siedelten sich die ersten Standvögel auf beiden Fluren 
1849 an. Um Neustadt a. A. war die Haubenlerche 1839/40 noch 
unbekannt, und erregten die ersten Ankömmlinge mit ihren 
artigen Häubchen als »fremde Vögel« die Aufmerksamkeit des 
gemeinen Mannes. Von da an mehrten sie sich schnell, drangen 
flufsauf- und abwärts weiter vor, fehlten Ende der vierziger Jahre 
noch bei Windsheim und Burgbernheim im schwarzen Gau völlig, 
rückten 1850 ein und gehören zur Zeit weithin in der Gegend 
zu den verbreitetsten Standvögeln. Im unteren Aischgrunde zeigten 
sich die ersten Brutvögel 1860 bei Adelsdorf-Aisch, während ich 
in dem eine halbe Stunde davon entfernten Neuhaus nicht einmal 
im Winter ein Stück zu sehen bekam. Auch bei Markt Erlbach 
und Ansbach fehlten sie früher und erregten auch hier, als man die 
ersten Wintergäste und Brutpaare auf den Chauseen im Jahre 
1850, bei Triefsdorf, Sommersdorf und Arberg 1867, umherlaufen 
sah, die Aufmerksamkeit von jung und alt. Ähnlich war es bei 
Regensburg, wo sie Mitte der vierziger Jahre noch seltene Strich- 
vögel waren; 1849 aber brütete das erste Paar bei Zeitlarn. Bei 
Augsburg sah man noch 1854 nur sehr selten im Winter eine 
Haubenlerche; 1860/61 wurde sie häufiger und in den nächsten 
Jahren nahm ihre Zahl in der Nähe des Eisenbahnhofes noch 
mehr zu; 1872 brütete das erste Paar bei Dinkelscherben und 1873 
das erste bei Augsburg selbst. Jetzt (1880) ist sie dort zahlreich. 

In gebirgigen und waldreichen Teilen Bayerns, im Sumpf- 
und Weiherlande fehlt sie. 


61. ALAUDA ARBOREA L. 


Keyserling u Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 151 n. 30. — Verz. 
Ss. XXXVI 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, IV. S. 192. 
Taf, 100. Fig. 2. XIIL — Fortsetzung der Nachräge S. 164. 


Auf Waldschlägen mit einzelnen übergehaltenen Samen- 
bäumen, nie im geschlossenen Hochwalde, bis hoch hinauf in 


10. Familie. Lerchen. 95 


das Gebirge einer der bekanntesten Zugvögel. Die Heidelerche, 
ein beliebter Stubenvogel, kommt im Februar und März bei uns 
an und verstreicht im September und Oktober, einzeln erst im 
November und bei eintretendem ernsten Schneefall. 


62. ALAUDA ARVENSIS L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 151 n. 81. — Verz. 
S. XXXVI 
Naumann, Die Vögel Deutschlands, IV. S. 156. Taf. 100. Fig. 1. 

Die Feld- oder Kornlerche, einer unserer gemeinsten Zug- 
vögel, bewohnt die freien Felder unserer getreidereichen Ebenen, 
seltener Wiesen, noch seltener Getreidefelder innerhalb der Wal- 
dungen, äulserst selten grofse Waldblölsen und junge weitgedehnte 
Forstkulturen. Im Nürnberger Reichswalde traf ich in den Jahren 
1849 und 1850 einige Paare auf zwei sehr grolsen, zum Teil 
schon aufgeforsteten, mit Heidekraut, hohem Schmerlenkraut etc. 
bewachsenen Jungschlägen mitten in dieser grolsen Waldung, fern 
von menschlichen Siedelungen und Fruchtfeldern an. Raupenfrals 
und Waldbrand hatten dort Hunderte von Tagwerken verwüstet. 
Dafs die Lerche an’ solchen Örtlichkeiten wieder verschwindet, 
sobald sich die jungen Kulturen einigermalsen zu schlielsen be- 
ginnen, ist selbstverständlich. Sie kommt bei uns mit Eintritt 
milderer Frühlingswitterung und Tauwetters, selten schon im 
Januar, gewöhnlich in der ersten Hälfte des Februar an und 
fängt Ende September wieder zu streichen an. Am wärmsten ist 
der Herbstzug im Oktober, dauert aber, immer mehr abnehmend, 
bis in den November und je nach der Witterung bis tief in den 
Dezember hinein. Nicht wenige halten noch die ersten Schnee- 
fälle aus und ziehen erst südlich, wenn strenge Kälte eintritt, ja 
in Franken bleiben in milden Wintern ganze Scharen bei uns 
vollständig da. Tritt nach ihrer Ankunft im Frühjahr noch 
strenge Kälte und tiefer Schnee ein, so schlagen sie sich zu Ge- 
sellschaften von vielen Hunderten zusammen, wie dies wieder 

Mitte Februar 1881 der Fall war. 


Bei einem so gemeinen Vogel, wie die Feldlerche, kommen 
gar nicht so selten allerlei Farbenvarietäten vor; vollständig weilse, 
mit Ausnahme einiger grauer Federn auf dem Rücken, sonst 
weilse, mehr oder weniger weils gescheckte und chamoisfarbene. 
Leu erhielt eine Deformität, eine Lerche, deren Unterschnabel 


96 Ordnung IH. Oscines. Singvögel. 


nochmal so lang als der obere war, und eine noch nicht flugbare, 
kranke junge, welche drei grolse lebende Fliegenmaden im Kopfe 
hatte. Wie er vermutete, dürfte eine Schmeilsfliege dem Nest- 
vogel Eier an die Nasenlöcher gelegt haben, durch welche die 
ausgekrochenen Maden in den Kopf des Vögleins gedrungen sein 
könnten. 

Im Magen einer Feldlerche fand ich die Ringe des gemeinen 
Vielfulses (Julus terrestris). 

In Memmingen wurden 1774 mit Netzen 18573 Lerchen 
gefangen, ohne was die Nachsteller bekamen. Man kaufte 12 Stücke 
um 8 Kreuzer (22,6 Pfennige). Die Reichsstadt Schweinfurt betrieb 
noch im letzten Jahrzehnt ihrer Reichsunmittelbarkeit (1803) 
den Lerchenfang. Alle Einwohner von Oberndorf waren dem 
städtischen Forstamt zum Lerchentreiben verpflichtet, so lange 
es dauerte. 

(Nach A. Wiedemann dauerte der Lerchenfang bis in die 
40 er Jahre unseres Jahrhunderts fort bei Schwabmünchen, Mindel- 
heim, Memmingen, Türkheim und an vielen anderen Orten. — 
RNBR) 


Genus 3l. Phileremos Brehm. 
63. PHILEREMOS ALPESTRIS L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 152. n. 84. — Verz. 
S. XXXVI. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, IV. S. 150. 
Taf. 99. Fig. 2. 3. — XII Fortsetzung der Nachträge S. 161. 

Am 15. Februar 1831 wurde ein sehr schönes Männchen der 
Schneelerche im Garne mit Feldlerchen bei Nürnberg gefangen, 
welches ich in der L. Zieglerschen Sammlung daselbst sah. Auch 
im Bayreuthischen und in Unterfranken ist diese Lerche nach 
älteren Autoren vorgekommen. 

(J. Hellerer schreibt mir: »Im Winter 1885/86 wurden im 
bayrischen Walde 3 Exemplare geschossen, wovon ich zwei 
(& und 2) ausgestopft besitze. — R. Bl.) 

Nach v. Reider und Hahn wurde in der Nähe von Nürnberg je eine 
Kalanderlerche (Melanocorypha calandra L.) und eine Mohrenlerche (Melano — 
corypha tatarica Pall.) gefangen. Die Möglichkeit dieser Vorkommnisse ist 
nicht zu bezweifeln, führt doch Landbe ck letztere auch für Württemberg als 
verirrten Wanderer auf. Da ich jedoch über den Verbleib so grofser Selten- 
heiten nichts erfahren konnte und die Dr. Dr. Friedrich und Wilhelm Sturm 


10. Familie. Finken. 97 


ebensowenig als andere Zeitgenossen des f Dr. Hahn davon Wissenschaft 
hatten, ‘so sind diese Angaben mit Vorsicht aufzunehmen. In der mehrer- 
wähnten Zieglerschen Sammlung, wohin sie gekommen sein sollen, fand ich 
sie nicht. 


11. Familie: Finken. 
Erste Gruppe. Ammern. 
Genus 32. Plectrophanes Meyer. 


64. PLECTROPHANES NIVALIS L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 154. n. 88. — Verz. 
S.XXXVIH. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, IV. S. 297, 
Taf. 106. Fig. 1—4. Taf. 107. Fig. 1. 2. 


Ein sehr seltener, hochnordischer Wintervogel, der nach 
von der Mühle alle Jahre, was ich bezweifle, in der Gegend von 
München im Jugend- sowohl als im Winterkleide erscheint. Nach 
meinen Erfahrungen kommen alte Vögel nur selten zu uns, junge 
sehen wir öfter, doch nur in manchen Jahren. Prof. Dr. Wolf 
kaufte einen jungen am 16. Februar 1815 auf dem Vogelmarkte 
in Nürnberg, ich ein junges Weibchen ebenda am 23. März 1849. 
Im letztgenannten Winter, dann wieder 1846/47, 1849/50 und im 
Februar 1853 wurden kleine Gesellschaften und Flüge bis zu 
30 Stücken, darunter sehr schöne weilse Exemplare, bei tiefem 
Schnee nahe bei Nürnberg (Steinbühl) gesehen und einzelne davon 
erlegt. In vaterländischen öffentlichen und Privatsammlungen 
sah ich Schneeammer, welche bei Eichstädt (1843), bei Kempten, 
Memmingen (1828), bei Regensburg, Burglengenfeld, Wernberg, 
bei Würzburg (1829 und 1845), in Oberfranken bei Lichtenfels 
(Buch am Forst) etc. erlegt waren, und am 18. Februar 1855 bei 
Höchstadt a. A. (Gremsdorf) eine kleine Schar, welche bei tiefem 
Schnee und scharfem Schneetreiben an einem Raine an Gras-, 
Wegerich- und Schafgarbenstengeln Nahrung suchte. 

(Fr. Hofmann schreibt mir aus Regensburg, dals er im Winter 
1888/89 gegen Weihnachten bei tiefem Schneefalle grolse Scharen 
von Schneeammern am Futterplatze am Fenster seiner Garten- 
wohnung beobachtet habe. — Nach A. Wiedemann erschien am 
15. Februar 18389 ein kleiner Flug dieser Vögel und wurde ein 
schöner alter bei Langerringen geschossen und in Augsburg aus- 

Jäckel, Die Vögel Bayerns. ‘ 


98 Ordnung III. ÖOseines. Singvögel. 


gestopft. — Nach J. Hellerer wurde am 20. Januar 1888 bei 
Dachau ein Exemplar von Dr. Barls geschossen. — R. Bl.) 


65. PLECTROPHANES LAPPONICA L. 


Keyserling u. Biasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 154. n. 89. — 
Verz. 8. XXX VIIL 
Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, IV. S. 319. 
Taf. 108. Fig. 1-3. — XIH. Fortsetzung der Nachträge. S. 187. 
Erscheint in sehr schneereichen, kalten Wintern mit Schnee- 
spornern und Lerchen einzeln im Fichtelgebirge und in der Gegend 
von Nürnberg als äulserste Seltenheit. Anfang Dezember 1856 
kaufte ich ein bei Nürnberg auf dem Gleishammer im Lerchen- 
garn gefangenes junges Weibchen auf dem Vogelmarkt. In Bayreuth 
sah ich in einer Privatsammlung ein Stück aus der Gegend von 
Wunsiedel. 


Genus 33: Emberiza L. 
66. EMBERIZA MELANOCEPHALA Scop. 


Kayserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 154. n. 90. — 
Verz. 8. XXX VII. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, IV. S. 227. 
Taf. 101. n. 2. — XIII. Fortsetzung der Nachträge S. 165. 

Nach v. Reider und Hahn ist ein altes Männchen dieses 
südlichen Ammers in Gesellschaft von Goldammern im Oktober 
1831 auf einem Vogelherde bei Nürnberg gefangen worden. Ich 
sah das Exemplar in der L. Zieglerschen Sammlung; gestehe 
aber, dals mir die Fangzeit bedenklich vorkommt, da der Kappen- 
ammer seine südlichen Wohnplätze, z. B. Griechenland, schon im 
August wieder verlälst. Spuren ausgehaltener Gefangenschaft 
hatte der Vogel nicht an sich; gleichwohl könnte es ein aus dem 
Käfig entwichenes Individuum gewesen sein. 


67. EMBERIZA HORTULANA IL. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 155. n. 92. — 
Verz. S. XXXVIIH. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, IV. S. 258. 
Taf. 103. Fig. 1—3. — XIII. Nachträge S. 171, 


Der Ortolan gehört zu den wenig beobachteten Vögeln des 
Gebiets und scheint überall selten zu sein. Nach von der Mühle 


11. Familie. Finken. 99 


wurde er an der Amper bei Esting und Emmering, nach Koch 
bei Regensburg ebenfalls nur sehr selten auf dem Zuge wahr- 
genommen; Landbeck erhielt am 1. Mai 1848 ein schönes altes 
Männchen bei Klingenbad in Schwaben, woselbst einzelne Stücke 
auch bei Augsburg, Grönenbach und Memmingen erlegt wurden. 
In Franken scheint er schon seit mehr denn einem Jahrhundert 
zu den Seltenheiten zu gehören. In den Beizregistern des Mark- 
grafen Carl Friedrich Wilhelm von Brandenburg-Ansbach (1730 bis 
1755) findet sich nur ein einziger Ortolan aufgeführt, ein Be- 
weis, dals der Vogel damals der Jägerei noch bekannt war, 
während er heutzutage kaum mehr von dem einen oder andern 
unserer Jagdbeflissenen gekannt sein dürfte. So lange noch die 
Vogelherde bei Nürnberg bestanden, wurden die wenigen dort 
gefangenen Ortolane von den Vogelfängern als „fremde Ammer- 
linge“ verkauft. Auf einem dieser Herde im Schübelsgarten am 
Judenbühl wurden 1349 und am 2. Mai 1851 drei Ortolane ge. 
fangen, von denen die Dr. Dr. Sturm zwei schöne Männchen 
erwarben und lange, den einen 12 Jahre lang, im Käfig hielten. 
Prof. Dr. Wolf schofs am 4. Mai 1800 ein Männchen, welches 
auf einer Eiche sang, hinter dem Dorfe Layh zwischen Nürnberg 
und Fürth; im Mai 1801 erhielt er aus der Umgebung der Stadt 
ein Männchen und ein Weibchen und endlich am 28. April und 
3. September 1802 je ein Weibchen. Mir selbst ist der Ortolan 
nur ein einziges Mal in Mittelfranken vorgekommen: am 24. April 
1870 sah ich ein Männchen auf einem Apfelbaume an hiesiger 
Stadt sitzen. In Eichstädt zeigte mir und meinem Freunde Leu 
der Konservator der Herzoglich von Leuchtenbergschen Samm- 
lung, Dr. Frischmann, die Stelle, wo je ein Ortolanpaar 1850 und 
1852 im Hofgarten gebrütet hatte. Das Nest stand das eine 
Mal in einer Hecke, das andere Mal in einer Laube und wurden 
die Eier jedesmal von Knaben oder Raubtieren weggenommen. 
Am 30. April 1855 schols Förster Jägerhuber auf einem Brach- 
acker bei Arberg in Mittelfranken ein schönes Männchen aus einem 
Fluge von 6 Stücken und am 25. April 1869 Gottlieb v. Koch 
im südlichen Oberfranken bei Höchstadt a.A. (Buch) vor den 
Moorweihern ein Exemplar auf einem Acker. In Unterfranken soll 
er vorkommen und bei Würzburg (Schernau) erlegt worden sein. 

(Nach A. Wiedemann fing am 20. April 1889 ein Vogelsteller 
inseinem Garten zu Lechhausen bei Augsburg ein Männchen und drei 
Weibchen, die er wieder an Vogelliebhaber verkaufte. — R. Bl.) 


7® 


100 Ordnung IH. Oseines. Singvögel. 


68. EMBERIZA CIRLUS L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 155. n. 9. — 
Verz. S. XXXVIH. 
Nauwann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, IV. 8. 251. 
Taf. 102, Fig. 3. 4. — XIH. Fortsetzung der Nachträge S. 171. 
Nach von der Mühle befindet sich der Zaunammer alle 
Jahre auf dem Herbstzuge an den Flufsufern der Allach nicht weit 
von München... Leu erhielt ein Männchen von Dillingen in 
Schwaben am 28. März 1861, Wolf eines aus der Umgebung von 
Nürnberg; ich traf diesen seltenen Ammer am 14. Oktober 1854 
in den Moorweihern bei Höchstadt a./A. an einem tiefen Wasser- 
graben. Sonst soll er in der Gegend von Memmingen (Trunkels- 
berg) gefangen worden sein und um Würzburg vom Frühjahr 
bis zum Herbst hier und da in der Gegend, doch ziemlich selten 
vorkommen, was der Bestätigung bedarf. Nach Koch ist er am 
Bodensee gemein, anderswo entweder gar nicht oder selten. Leu 
erhielt nie ein Stück von Lindau. Landbeck und Walchner 
wissen von seinem Vorkommen in der Seegegend nichts und 
E. Schütt kennt ihn nicht aus dem badischen Oberlande. 


69. EMBERIZA CITRINELLA L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 155. n. 94. — 
Verz. S XXXIX. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, IV. S. 254. 
Tas 1027 Pie TE 2% 


Emmerling, Ammerling, Hammerling. Ein gemeiner, jedem 
Kinde bekannter Stand- und Strichvogel. 


70. EMBERIZA MILIARIA L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 155. n. 95. — 
Verz. S. XXXIX. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, IV. S. 213. Taf. 
101. Eig,,i, 


Der Grau- oder Gerstenammer, das Wahrzeichen einer land- 
wirtschaftlich hochstehenden Gegend, findet sich in unseren frucht- 
reichen, mit üppigen Wiesen- und Getreideländereien abwechselnden 
Flufsthälern und grölseren Seitenthälern als ein weit verbreiteter, 
da und dort geradezu gemeiner Zugvogel. In Franken ist er in 
allen wohlgebauten Strichen, im Rednitz-, Pegnitz-, Regnitz- und 


11. Familie. Finken. 101 


Maingrunde, im Gollach- und Taubergau, im Aisch- und Rannach- 
grunde bei Windsheim einer der gemeinsten Sommervögel, dessen 
monotone Strophe von niederen und mittelhohen Stralsenbäumen, 
von Weidenbüschen und Telegraphenleitungen herab allenthalben 
ertönt. Wie bei der Haubenlerche kann man auch bei dem 
Gerstenammer ein der zunehmenden Kultur nachfolgendes Vor- 
dringen in Gegenden wahrnehmen, in denen er früher nicht 
wohnte. Wie jene den neu eröffneten Verkehrswegen folgt, so 
dieser den Fortschritten des Wiesenbaues, wovon ich mich Anfang 
der 50er Jahre durch Augenschein überzeugen konnte. Damals 
. konnte ich nur in dem sehr fruchtbaren Pegnitzthale hinab gegen 
Fürth, dann im Rednitzgrunde unter der alten Feste bei Fürth- 
Zirndorf ihn als Brutvogel auzutreffen sicher sein. Im Frühjahre 
drang er aus diesem durch Schöpfräder bewässerten sehr futter- 
reichen Thale in das Biebertgründchen ein und siedelte sich da 
in verschiedenen Paaren auf der Strecke Zirndorf-Ammerndorf 
an, wo ich ihn während der drei vorausgegangenen Jahre nicht 
einmal auf dem Striche gesehen hatte. Ähnliche Beobachtungen 
machte ich im unteren Aischgrunde. In der Gegend von Regens- 
burg nistet er nicht selten inden Weinbergen bei Donaustauf(K och). 

Er kommt bei uns Mitte bis Ende März und im April an 
und zieht Ende Oktober bis in den November, wo sich die letzten 
verlieren, wieder ab. Die bei uns brütenden gehen wohl alle 
nach dem Süden, während die wenigen Gerstenammer, welche 
hier und da im Winter bei uns angetroffen werden und sich unter 
Finken und Ammerlingen herumtreiben, nordische Einwanderer 
sein dürften. Mir sind in mehr den 40 Jahren nur 5 Vorkomm- 
nisse und 8 Exemplare solcher Wintervögel bekannt geworden; 
ich selbst sah nie einen. 

An einem Grauammer sah ich eine merkwürdige Monstrosität 
des Schnabels. Der Oberkiefer besteht aus zwei stark aufwärts 
gekrümmten, über einander stehenden Teilen, welche dadurch 
gebildet sind, dafs der Höcker des Gaumens sich in eine Spitze 
verlängert, die weit aus dem Kiefer herausgewachsen ist und 
diesen aufwärts gedrängt hat. Der hypertrophische Höcker ist an 
seinem quer abgestumpften Ende 2 mm breit, glatt abgerundet 
und mit dem aufgestülpten Oberschnabel bis auf 5 mm ver- 
wachsen. Vom Mundwinkel bis an das Ende des Höckers sind 
26 mm, bis an das Ende des Oberschnabels 20 mm. Der Unter- 
kiefer ist normal. 


102 Ordnung III. ÖOscines. Singvögel. 


71. EMBERIZA CIA L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 156. n. 99. — 
Verz, S. XXXIX. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, IV. S. 270. 
Taf. 104. Fig. 1. 2. 


Bisher nur sehr selten auf dem Frühjahr- und Herbstzuge 
beobachtet. In der Gegend von Nürnberg wurde der Zippammer, 
soweit mir bekannt ist, erst zweimal gefangen, ein Männchen 
mit Goldammern am 22. December 1801 bei Schnee und mälsiger 
Kälte bei Eibach (Prof. Dr. Wolf), ein zweites auf einem Vogel- 
herde bei Wöhrd im September 1851. Ein am 12. März 1857 
im Illergriese bei Fellheim in der Gegend von Memmingen ge- 
fangenes Männchen hielt der Zeichenlehrer Johannes Büchele 
längere Zeit im Käfige lebendig und fütterte es mit Hirse und 
Kanariensamen, auch mit Reis und geschrotenem Haber. Hanf-, 
Mohn- und Leinsamen berührte es nicht. Sonst wurde dieser 
Ammer bei Regensburg und in Franken bei Aschbach im Steiger- 
walde wahrgenommen. 

(F. Förster konstatierte das Vorkommen bei Herscheim (siehe 
J. £. 0. 1887, pag. 311), am 9. Juni 1887 hörten Förster und 
R. Lauterborn dort seinen Gesang. — R. Bl.) 


72. EMBERIZA SCH(ENICLUS L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas. I. 8. 156 n. 101. — 
Verz. $. XXXIX. 
Naumann, Die Vögel Deutschlands. IV. 8.280 Taf. 105 Fig. 1—4. 


Rohr-, Röhrleins-, Mosspatz, das Weibchen Sandspatz. 


Allenthalben an Seen, Teichen, Flulsufern und in Flulsauen im 
Geröhricht und Weidengebüsch ein vieler Orten ziemlich gewöhn- 
licher, auch häufiger Zugvogel. Er kommt selten schon Anfang 
der zweiten Februarhälfte, gewöhnlich erst im März und April, 
brütet an geeigneten Orten, streicht im September umher und 
verlälst uns im Oktober und November wieder, die letzten im 
Falle guter Herbstwitterung im ersten Drittel des Dezembers. 
Einzelne überwintern sogar bei uns und wurden solche noch 
Mitte Januar an der Donau bei Regensburg und von mir in der 
Weiherlandschaft des südlichen Oberfrankens auf Stoppeläckern 
angetroffen oder gefangen. 


11. Familie. Finken. 103 


Zweite Gruppe: Finken. 
Genus 34. Passer Pall. 
73. PASSER MONTANUS L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas. I. S. 157 n. 103. — 
Verz. 8. XXXIX. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands. IV. S. 480. 
Table Biel, 2 


Feld-, IRingelspatz, Fingelsperk, Baum-, Hirsspatz, Hürse- 
spätzlein. 


Ein gemeiner Standvogel. Ein weilses Exemplar stand in 
der Würzburger Sammlung. 

Am 27. Juni 1874 erhielt ich einen aus dem Neste gefallenen 
jungen Feldsperling von der Grölse eines abgeflogenen Vogels 
dieser Art. Derselbe hatte sehr verkümmerte Flügel, von denen 
der rechte vom Bug bis zur Schwingenspitze 5,3 cm lang war 
und fünf Schwungfedern erster und ebenso viele zweiter Reihe 
besals, während der linke vom Bug bis zur Spitze 4 cm lang 
und nur mit fünf Schwungfedern zweiter Reihe versehen war. 
Er konnte weder fliegen noch sitzen und lag einen Tag lang, 
bis ich ihn tötete, entweder auf der Seite oder, mit den Flügelchen, 
zitternd, auf dem Rücken, unfähig, eine andere Lage einzunehmen, 
so oft er es auch versuchte. Bei der Sektion fand ich, dals am 
linken Flügel nur ein kurzer, 14mm langer Stummel vom Ober- 
arın vorhanden war, und der Unterarm, die Mittelhand und die 
Finger fehlten, Rechts war aulser dem 12mm langen Oberarm 
der sehr verkümmerte, nur 9mm lange Unterarm, Radius und 
Ulna, die ebenfalls stark verkümmerte 6 mm lange Mittelhand 
und ein Finger vorhanden. Am Ellbogen war der Ober- und 
Unterarm steif verwachsen, so zwar, dafs die Handwurzel senk- 
recht nach unten stand, die Mittelhand und der einzige Finger 
aber die gewöhnliche Stellung einnahmen. Sonst war der Vogel 
innerlich und äulserlich normal gebildet, und ich vermochte den 
Grund nicht einzusehen, warum er immer auf dem Rücken oder 
auf der Seite lag. Vielleicht hat er durch den Sturz aus der 
Nesthöhle oder dadurch innerlich Schaden genommen, dals er 
von den Knaben, die ihn fanden und sein Flugvermögen prüfen 
wollten, öfters in die Höhe geworfen wurde und zu Boden fiel, 
Im Gehirn war ein Extravasat nicht vorhanden. 


104 Ordnung II. Oseines. Singvögel. 


Im Juni 1853 hatte sich ein Feldsperlingspaar in einer 
Sandgrube bei Hameln in Schwaben in einer von der Uler- 
schwalbe hergestellten Höhlung häuslich eingerichtet. 


74. PASSER DOMESTICUS L 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas. I. S. 157 n. 104. — 
Verz. S. XL. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands. IV. S. 253 
Tat, 1192 Fig. 1, 2. 


Sperk, Spatz, Hausspatz. 


Varietäten dieses gemeinen Vogels sind nicht besonders selten, 
am seltensten rein weilse oder fast ganz weilse mit schwach an- 
gedeutetem Kinnfleck oder mit etwas Grau auf dem Rücken. 
Gewöhnlicher sind Schecken oder Weilslinge, an denen alle 
Farben blasser als im normalen Kleide, aber deutlich, die Schwung- 
und Schwanzfedern grau-gelblichweils, Fülse und Schnabel hell- 
gelb erscheinen. Ebenso oft als die weilsbunten beobachtet man 
gelbliche, blofs chamoisfarbene oder gelb-braune Spielarten, an 
deren ganzem Gefieder nicht ein dunkleres Strichelchen zu sehen 
ist; am seltensten sind Melanismen, oben fast ganz schwarz, nur 
mit etwas bräunlichen Rändern der Flügelfedern, unten dunkel 
aschgrau. 

Auf dem Markte in Nürnberg fing ich ein Spatzenweibchen 
mit merkwürdig monströsem Schnabel. Die obere Kinnlade milst 
im Bogen 2cm, ist stark abwärts gebogen und läuft von der 
Basis bis zu dem quer abgeschnittenen Ende in fast gleicher 
Breite; am Ende 4mm breit. Die normale Schnabelform ist von 
dem monströsen Teil, welcher gröfstenteils horngelblich ist, durch 
schwärzlich graue Färbung abschattiert. Die untere, ebenfalls 
monströse Kinnlade ist um die Hälfte kürzer, bogenförmig ab- 
wärts gekrümmt, an der vorderen Hälfte in zwei Teile gespalten, 
die 4mm weit auseinander stehen. Der Unterschnabel schlielst 
nur teilweise mit dem oberen notdürftig zusammen. Eine ähn- 
liche Monstrosität sah ich 1847 an einem in einer Hecke sitzenden 
Sperling bei Nürnberg. 

Gemeinster Standvogel. Er baut sich bei uns hier und da 
unförmlich grofse Nester in die dichten Auswüchse hoher lom- 
bardischer Pappeln an und in Dörfern, auch in Gärten auf Obst- 
bäume, um darinnen während des Winters zu übernachten 


11. Familie. Finken. 105 


und auch, um zu brüten. Ein Paar hatte sein Nest in dem 
sich beständig bewegenden Ganggewicht (Uhrkübel) einer Dorf- 
turmuhr und brachte darinnen zwei Bruten aus; ein anderes, 
welches in meinem Garten das Staarenhäuschen auf einem starken 
Birnbaum occupiert hatte und von den rechtmälsigen Besitzern 
vertrieben worden war, baute sich sofort in einer Astgabel unter- 
halb des Häuschens ein Nest und brütete da. 

Als Freiherr Richard v. König-Warthausen am 25. August 
1554 München passierte, zu einer Zeit, wo die Cholera gerade 
am heftigsten war, wurde ihm von mehreren Seiten erzählt, dafs 
Sperlinge tot aus der Luft gefallen seien, die jungen Schwalben 
in den Nestern stürben und alle Dohlen die Stadt gänzlich ver- 
lassen hätten !). 


Genus 35. Pyrrhula Briss. 
a) Pyrrhula auct. 


75. PYRRHULA RUBICILLA Pall. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas. I. S. 158 n. 6. — 
Verz. S. XL. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands. IV. S. 383. 
Taf. 11i. Fig. 1—3. 


Gimpel, Rotgimpel, Blutfink, Dompfaff, Haile, Goll, Golm. 


Einen ganz weilsen Gimpel sah ich in der Würzburger 
Sammlung. In den hügeligen und gebirgigen Laub- und ge- 
mischten Waldungen bis hinauf in das Hochgebirge ein gewöhn- 
licher Stand- und Strichvogel; in manchen Jahren zur Winters- 
zeit in Gärten und Anlagen überaus zahlreich, in anderen wieder 
seltener. Er frilst bekanntlich gern die Blütenknospen der Süls- 
kirschenbäume, wodurch er schädlich wird. Während des Nach- 
winters 1853 verursachte er sehr bedeutenden Schaden an den 
Reineclaude-Bäumen einer grolsen mittelfränkischen Obstplantage, 
indem er die Blütenknospen, welche während des vorausgegangenen 
Dezember und Januar stark angetrieben hatten, dermalsen 

1) Siehe über diesen Gegenstand den Aufsatz: Über auffallende Vor- 
kommnisse in der Vogelwelt zur Zeit von Cholera-Epidemien von Pfarrer 


Jäckel in Windsheim im »Zoologischen Garten«. Frankfurt a. M. 1873. n. 9 
S. 328. 


106 Ordnung III. Oscines. Singvögel. 


abnagte, dals es unter den beschädigten Bäumen von den Knospen- 
abfällen aussah, als hätte man Heublumen, zarte Heuabfälle und 
Grassamen hingesiebt. Zwetschgenbäume und etwa 30 andere 
Arten Steinfruchtbäume beschädigte er nicht. Früher aber hatte 
man bemerkt, dafs er auch grolsknospige Pflaumen- (Maschen-) 
und Aprikosenbäume nicht verschonte. 

Am 5. September 1853 erhielt ich von Cadolzburg einen 
eben erst ausgeflogenen jungen, vollständig flüggen Gimpel, der 
bei einem heftigen Gewitter vor dem Fenster eines Gebäudes 
mitten im Orte Schutz gesucht hatte und mit der Hand ergriffen 
worden war. 


b) Corythus Owvier. 
76. CORYTHUS ENUCLEATOR L: 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas. I. S. 159 n. 108. — 
Verz 78. XL. 
Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands. IV. S. 403 
Taf. 112. Fig. 1, 2. — XIH. Fortsetzung der Nachträge S. 19%. 
Ein sehr seltener Wintergast aus dem Norden. Koch hielt 
einen in der Oberpfalz gefangenen jungen Herbstvogel ein ganzes 
Jahr im Käfig. Aus der Gegend von Nürnberg erhielten die 
Brüder Dr. Dr. Fr. und W. Sturm ein Pärchen Ende November 
1821 und ein einzelnes Exemplar im November 1829; in der 
Staatssammlung zu München steht ein schönes Pärchen aus der 
dortigen Gegend, und 1852 sah ich bei Dr. Max Gemminger 
ein im benachbarten Schwaben gefangenes, auf dem Wildprett- 
markte in München erkauftes junges Männchen. 


c) Dryospiza. 
77. DRYOSPIZA SERINUS L. 


Keyserling u Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 160. n. 112. — 
Verz. 8. XL. f 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, V. S. 114. 
Taf. 123. Fig. 1-3. — XII. Fortsetzung der Nachträge. S. 198. 


® 


Hirngrill, Hurngrillerl. 


Der Girlitz soll zu den Vögeln gehören, die, früher selten, 
ja unbekannt, immer mehr über Deutschland sich ausbreiten, 


11. Familie. Finken., 107 


was von anderen mit der Behauptung geleugnet wird, dals 
der Vogel in den Gegenden, in welche er erst in der neueren 
Zeit eingewandert sein soll, auch schon früher gelebt habe, aber 
übersehen worden sei. Für die letztere Ansicht sprechen aller- 
dings gewichtige Gründe, doch ist seine allmähliche, noch immer 
von dem Süden nach dem Norden fortschreitende Ausbreitung 
eine so vielseitig und sicher beobachtete Thatsache, dafs nicht 
mehr der mindeste Zweifel daran aufkommen kann. Um Nürn- 
berg war der Girlitz noch im Jahre 1852 den Vogelfängern so 
wenig bekannt, dals ich einmal auf dem Vogelmarkte sechs Gir- 
litze vorfand, welche für Zeisigweibchen gehalten, getötet und 
mit anderen gemeinen Speisevögeln, Bergfinken, Ammerlingen, 
Ringelspatzen und anderen, das Spielslein um fünf Kreuzer ver- 
kauft wurden. Und doch brütete der Girlitz schon zu Professor 
Wolfs Zeiten bei Nürnberg, wie ein Nest seiner Sammlung be- 
weist, welches später in die Sturmsche Sammlung überging. 
Auch fand ich in Wolfs handschriftlichem Nachlafls einen Mitte 
März 1802 in der Nähe der Stadt gefangenen Girlitz verzeichnet. 
In den vierziger Jahren wurde ich zuerst bei Nürnberg durch 
das schwirrende Gesängchen auf den Vogel aufmerksam, den ich 
in verschiedenen Paaren auf hohen Bäumen der Alleewiese und 
in den Gärten bei St. Johannis antraf, wo er sich bald so ver- 
mehrte, dals er in den Jahren 1852 und 1853 allerorten in 
Gärten, Anlagen und besonders im Stadtgraben eingebürgert war. 
Am 21. April 1845 sah ich zum ersten Male nach fast vierjährigem 
Aufenthalt in Erlangen zwei singende, einander verfolgende Girlitz- 
männchen in der Nähe des städtischen Schielshauses am Burg- 
berge auf Obstbäumen und am Rande eines Eichenwäldchens 
und glaubte, in Bezug auf die Verbreitung des interessanten 
Sängers eine wichtige Beobachtung gemacht zu haben, ersah 
aber aus der »Isis« von Oken, dals ihn der alte Brehm schon 
Anfang Mai 1830 in einem Garten Erlangens singen hörte. Seit 
1850 belebt er die dortigen schönen Umgebungen und den Schlofs- 
garten zahlreich. In Augsburg wurde der Girlitz zuGessners und 
Aldrovands Zeit häufig verkauft, jetzt ist er dort so selten, dals 
Leuin den letzten 25 Jahren von den Vogelfängern Lechhausens 
nur vier Stücke erwerben konnte. Neuerdings erhielt von dort ein 
Augsburger Ausstopfer ein altes Männchen am 21. Oktober 1880, 
und das Jahr darauf zwei Weibchen am 19. November. Noch 
1540 führt Koch den Girlitz nicht einmal als Strichvogel für 


108 Ordnung II. Oscines. Singvögel. 


Regensburg auf, später wurden daselbst in jedem Winter einzelne 
Stücke gefangen (von der Mühle), 1849 blieben etliche Paare im 
Frühling da, nisteten in den Alleen um die Stadt und wenige 
Jahre danach war das liebe Vögelchen in den Anlagen zahlreich 
vorhanden. 

Sonst wurden Girlitze von mir und anderen in den Sommer- 
monaten in den Schlolsgärten zu Ansbach und Würzburg und 
in den Anlagen bei Aschaffenburg, in der Strichzeit im oberen 
(Windsheim) und unteren Aischgrunde (Neuhaus), im Ansbachi- 
schen bei Sommersdorf, endlich bei Eichstätt und Passau wahr- 
genommen. Ob sie bei München brüten, vermag ich nicht an- 
zugeben; gewils ist, dals Freiherr v. König-Warthausen am 
16. Juli 1855 bei Giesing einen Girlitz auf einem Baume an der 
Landstrafse sitzen sah. Sie kommen bei uns im März und April 
an, ziehen im Oktober und November bis tief in den Dezember 
hinein wieder weg, werden öfters noch Mitte Januar gefangen 
und überwintern in den unteren Maingegenden selbst bei einer 
20° übersteigenden Kälte. Zur Zeit der Reife des Salat-, Kohl-, 
Kohlrabi-, Senfreps- und Rettigsamens fallen sie familienweise 
und in Flügen zu 12 und 15 Stücken auf denselben und thun 
Schaden. 


Genus 36. Fringilla L. 
A. Acanthis. 
78. ACANTHIS SPINUS L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 160. n. 113. — 
Verz. S. XLI. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, V. S. 155. Taf. 125. 
Fig. 1—3. 


Zeisig, Zeising, Zeislein, Kohlzeisle. 


In den grolsen Nadelholzwäldern, namentlich unserer Wald- 
gebirge (Fichtelgebirge, Fränkischer und Bayerischer Wald), doch 
auch der Ebene (Nürnberger Reichswald), hier aber seltener; ein 
allgemein gekannter und beliebter Stand- und Strichvogel. Von 
Mitte Juli an streift er in den Flulsauen u. s. w. umher und ist 
in manchen Jahren im Herbst und Winter in grolsen Scharen 
bis Ende März vorhanden. 


11. Familie. Finken. 109 


79. ACANTHIS CARDUELIS L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 161. n. 114. — 
Verz. S.XLI. | 
Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, V. 8.126. Taf. 124. 

1 a a 


Der Stieglitz, Distelvogel, Distelfink oder Gelbflügel, auch das 
Zusammscharricht.*) 


Ein gewöhnlicher Stand- und Strichvogel. Im Jahre 1822 
wurde in einem Garten zu Windsheim ein blendend weilser männ- 
licher Stieglitz aus dem Neste genommen. Die Augen waren 
rot, eine Pupille nicht bemerkbar, der ganze Kopf orangegelb und 
in jedem Flügel befanden sich drei schwefelgelbe Schwungfedern. 
Er war mit noch drei Jungen von der gewöhnlichen Färbung aus- 
gebrütet worden. Als er sich sein Futter selbst suchen konnte, 
geschah es mehrere Monate hindurch mit schiefer Richtung des 
Kopfes, später konnte er dasselbe bei normaler Haltung des 
Kopfes finden. Einen Schwarzdistelfinken, der in einem Garten 
von Herzogenaurach angeblich von einem schwarzen Elternpaare 
ausgebrütet worden war, sah ich bei einem Vogelliebhaber im 
Jahre 1858. Der ganze Kopf war tief schwarz, die Brustseiten 
düster braun. Auch in Oberfranken (Wonsees) wurde diese Spielart 
im Herbst unter gewöhnlich gefärbten Stieglitzen gefangen. 

Einmal fand ich ein Stieglitznest auf einem Birnbaum meines 
Gartens, das von dem Gespinste der damals äulserst häufigen 
Tinea cognatella grolsenteils überzogen war, ohne jedoch die Eier 
zu bedecken. Nachdem ich das Gespinst entfernt hatte, brüteten die 
Stieglitze weiter und fütterten ihre Jungen grols. Dagegen fand ich 
ein mit Eiern belegtes Nest verlassen, weil eine zahlreiche Gesell- 
schaft des Ringelspinners (Bombyx neustria) ihr Wohngespinst auf 
dem Neste und der dasselbe tragenden Astgabel angebracht hatte. 

Am 17. September 1870 erhielt Leu einen jungen, gerade 
flugbaren Vogel zweiter Brut. 

Aulser Distel- und Skorzonersamen sah ich ihn die Samen 
von Leontodon taraxacum, Sangwisorba officinalis und Cichorium in- 
tybus verzehren. 


t) Als der Schöpfer sämtliche Vögel, die er geschaffen, mit Farben schön 
bemalt hatte, und nur noch der Stieglitz eines Schmuckes wartete, scharrte 
Gott die noch vorhandenen Farbenreste auf der Palette zusammen und malte 
sein buntscheckiges Kleid. Bekannte Fabel. 


r 


110 Ordnung III. Oscines. Singvögel. 


80. ACANTHIS LINARIA L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 161. n. 115. — 


Verz. S. XLI 
Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, V. 8. 173. 
Fig. 1—3. 


Meerzeisig, Meerzeisle, Zitscher, Zitscherle, Rotplättele. 


Aus dem Norden kommt er nicht regelmäfsig in jedem 
Winter zu uns; denn in manchen Jahren sieht man ihn gar nicht 
und in anderen nur in kleinen Flügen, bis er nach mehrjähriger 
Zwischenzeit wieder einmal massenhaft erscheint. Im Februar 
1853 gab es im Mittelfränkischen Flüge von vielen Hunderten. 
Einer meiner Freunde schofs damals auf zwei Schüsse 37, dann 
26 Stücke. Zur selben Zeit wurden auf einem Vogelherde bei 
Nürnberg an einem Tage etwas über 300 Stücke, auf den ersten 
Zug 105, dann 87, hierauf 27 u. s. w. gefangen. Im November 
und Dezember zuvor zeigten sich überall in Franken, Altbayern 
und Schwaben gewaltige Meerzeisig-Scharen. 

Selten kommen sie schon im Oktober, gewöhnlich erst im 
November und verlassen uns wieder im März und April. Am 
18. April 1856 sah der k. Förster Jägerhuber in Arberg bei 
Gunzenhausen in der dortigen Gegend die letzten. An Sommer- 
vögeln waren bereits da der Kuckuck, Wiedehopf, Wendehals, 
Meisenmünch und Trauerfliegenschnäpper, von nordischen Gästen 
noch anwesend die Rotdrosseln und Bergfinken. Ein Männchen 
sah und hörte Landbeck noch im Mai 1848 in einem Tannen- 
wäldchen bei Klingenbad in Bayerisch-Schwaben, Leu erhielt 
eines am 2. Mai 1863. 


B. Fringilla auct. 
a. Bluthänflinge: Linota Bonap. 


81. LINOTA CANNABINA L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 161. n. 117. — 
Verz. S. XLI. 
Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, V. S. 50. Taf. 
121. Fig. 1-4. 
Hänfling, Vinelle, die jährigen Männchen ‚das Lerchengeschoss, 
das Lerchengschöfsle‘‘; die alten „das Blutgeschössle“. 
Durch das ganze Gebiet verbreiteter Stand- und Strichvogel. In 
der Sammlung zu Augsburg steht eine Varietät mit scheckigem Kopfe. 


11. Familie. Finken. 11 


8. LINOTA FLAVIROSTRIS L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, L S. 162. n. 118. — 
Verz. 8. XLI. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, V. S. 103, 
Taf. 122. Fig. 1-3. — XII. Fortsetzung der Nachträge S. 197, 


Steimhänfling, Greinerlein. In Jahren, in welchen viele Meer- 
zeisige zu uns kommen, pflegt sich auch dieser Fink nicht ganz 
selten bei uns einzustellen, wahrscheinlich häufiger, als dies bis- 
her beobachtet ist. Nach von der Mühle wird er mit dem Hänf- 
ling und Meerzeisig verwechselt und wird in der Umgegend 
Münchens alle Winter auf dem Vogelherde gefangen. In der 
Gegend von Nürnberg wurde er wiederholt beobachtet. Prof. 
Wolf erhielt ein Exemplar im Februar 1309, die Dr. Dr. Sturm 
einige (am 26. Februar 1826 und in den beiden folgenden Wintern), 
ich selbst eins im Winter 1847/48. Im letztgenannten Jahre 
zeigten sich in der Gegend der Stadt kleine Gesellschaften des 
seltenen Vogels, und wurden auf einem Herde hinter Wöhrd 
zwei Weibchen und ein Männchen gefangen, von denen ich 
letzteres erhielt und mehrere Jahre lang im Käfige hatte. Auch 
im Winter 1859/60 zeigten sich wieder kleine Flüge, und wurden 
etliche Stücke gefangen. Nach der Behauptung der Nürnberger 
Vogelfänger kommt das „Greinerlein“ früher als der „Zitscher“ 
bei uns an. 


b. Grünhänflinge: Chlorospiza Bonap. 
83. CHLOROSPIZA CITRINELLA L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 162. n. 119. — 
Verz. S. XLI. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, V. S. 148. 
Taf. 124, Fig. 3. 4 — XIO. Fortsetzung der Nachträge S. 198. 


Der Citronenzeisig bewohnt unsere Alpen vom Algäu an bis 
hinüber in das Berchtesgadensche als ein nirgends zahlreicher 
Zugvogel. Schon Koch führt ihn als nicht selten im Bezirk 
von Nesselwang, besonders bei Immenstadt an, und Leu erhielt 
ihn von Sonthofen. Graf Hofmannsegg beobachtete ihn im 
oberbayerischen Gebirge, wenn ich nicht irre, bei Partenkirchen. 
Er kommt im März und Anfang April, brütet im Nadelwald des 
Hochlandes und verläfst uns wieder im Oktober und November. 


112 Ordnung III. Oseines. Singvögel. 


Auf dem Zuge wird er, doch sehr selten, im Flachlande gesehen 
und wurde bei Memmingen einige Male mit Zeisigen gefangen. 
Prof. Wolf hielt verschiedene Citronenfinken im Käfige, von 
denen einer am 3. Oktober 1798 auf einem Vogelherde bei 
Nürnberg gefangen wurde. Auch die anderen waren aus der 
Umgebung der Stadt. 


84. CHLOROSPIZA CHLORIS L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 162. n. 120. — 
Verz. S. XLIL. 


Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, V. S. 62. Taf. 
120. Fig. 1—3. 


Grünling, @Grünfink, Wonitz. Ein häufiger Stand- und Strich- 
vogel, der im Winter mit Buch- und Bergfinken und Krammets- 
vögeln auf die Vogelbeerbäume in die Gärten, Anlagen und 
Promenaden kommt. Man fand auf ihm die gemeinen Zecker 
(Ixcodes). 


c) Steinspatz: Pyrgita. 
85. PYRGITA PETRONIA L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 163. n. 122. — 
Verz. S. XL. 
Naumann, Die Vögel Deutschlands, IV. S. 497. Taf. 116. Fig. 3 u. 4. 


Der sporadisch lebende Steinspatz wurde bisher nur sehr 
selten wahrgenommen. Ein sehr schönes Männchen wurde 1847 
in München unter anderen auf den Markt gebrachten Kleinvögeln 
entdeckt und kam in die Sammlung des Freiherrn Reichlin. Im 
Jahre 1815 soll er bei Probstried-Kempten in Menge (?) vor- 
gekommen sein. Bei Regensburg ist er nach Koch äulserst selten 
auf dem Strich; Schrank sah, wie er in den »Landshutischen 
Nebenstunden« angibt, ein dort (R.) erlegtes Exemplar in einer 
Privatsammlung. In der Gegend von Nürnberg wurde er etliche 
Male bei Mögeldorf gefangen; Wolf kaufte am 14. und 24. Ok- 
tober 1806 zwei, am 17. Januar 1808 wieder zwei und am 13. 
März 1821 ein Exemplar auf dem Vogelmarkt in Nürnberg, und 
auch die Dr. Dr. Sturm erhielten ihn von da mehrmals lebend, 
‘ein Männchen am 2. November 1836. Einzelne wurden bei 
Aschaffenburg gefangen und in der Würzburger Sammlung sah ich 


11. Familie. Finken. 115 


zwei unterfränkische Steinspatzen. Im Ochsenfurter Gau sollen schon 
Scharen zu etlichen Hunderten gesehen worden sein. (Dr. Leydig.) 

(J.A. Link schreibt mir, dafs ihm Dr. Baldamus aus Coburg 
versichert habe, dafs er im Sommer 1888 den Steinsperling als 
Brutvogel auf der Ruine Altenstein beobachtet habe. Ich selbst 
sah dort mehrere zu Pfingsten 1890 gelegentlich eines Besuches, 
den ich Link in Burgpreppach abstattete. — R. Bl.) 


d) Finken: Fringilla 8. str. 
86. FRINGILLA COELEBS L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 163. n. 123. — 
Verz. S. XLII. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, V.S. 13. Taf 118. 
Big, 1.2. 

Allenthalben ein gemeiner Stand- und Strich-, bzw. Zug- 
vogel. Viele Männchen bleiben den Winter über bei uns, 
während die Weibchen wegziehen. Im März 1855 gab es ın 
Franken eine solche Menge von Finken, wie ich dies weder 
vorher noch nachher gesehen habe. Tausende dieser Vögel kamen 
durch die Gärten und Feldhölzer. Auch um Ostern 1796, wo 
noch ein grofser Schnee gefallen war, kamen grolse Scharen in 
die Waldgegenden bei Nördlingen. Im südlichen Oberfranken 
hörte ich einst einen Vogel, ohne ihn sehen zu können, einen 
rätselhaften Gesang vortragen, so schlecht, dals von Gesang 
eigentlich keine Rede mehr war. Ratlos, welchem befiederten 
Geschöpfe ich dieses Gestümper zuschreiben sollte, ging ich den 
Tönen nach und gewahrte auf dem Dache einer Dorfscheuer einen 
alten Buchfinken. Da war nicht mehr der leiseste Anklang an 
den Cantus Firmus der Art. In Nürnberg schätzte man vor 40 
und mehr Jahren als gute Schläge den einfachen Reiter, den 
Reitspatzier der Bewohner unseres Frankenwaldes, den doppelten 
oder glöckelnden Reiter, den Würzburger. Schlechte Gesänge 
waren der Petschinger, die Luzia, die Putzschere, der Kehrwisch 
und die Graupe, ein erborgtes Gemisch aus verschiedenen Sanges- 
weisen. Dem besten Gesange durfte das Amen nicht fehlen, ein 
wie Witt klingender Schlufston; auch verminderte es den Wert 
eines sonst guten Schlägers bedenklich, wenn er öfters stecken 
blieb und den Gesang unvollendet liefs.. Wenn der Fink im 
Frühjahr leise singt, so dichtet er. 

Jäckel, Die Vögel Bayerns.. fo) 


114 Ordnung III. Oscines. Singvögel. 


Bei Memmingen baute ein Fink sein Nest auf den obersten 
Sprossen einer Hopfenleiter, vielmehr auf das Querholz, in welches 
die bewegliche Richt- oder Stellstange eingezapft war. Die Leiter 
lehnte an einer Hopfenstange und das Nestehen wurde von den 
Rebenzweigen, den sogenannten Hopfenarmen, schützend umrankt. 
Die Brut wurde von dem Gartenbesitzer nicht gestört. Auf einem 
schwäbischen Gottesacker baute ein Buchfink sein Nest in einen 
Weihwasserkessel eines eisernen Grabkreuzes. Als Regen eintrat 
und das Gefäls voll Wasser wurde, baute er auf einen nahen 
Baum. Farbenvarietäten sind bei einem so gemeinen Vogel, wie 
unser Fink ist, nichts besonders Seltenes. Ich sah reinweilse 
mit roten Augen, fast reinweilse mit leicht durchscheinender 
Zeichnung, chamoisfarbene und scheckige mit grölseren oder 
kleineren weilsen Flecken im normal gefärbten Gefieder. 


87. FRINGILLA MONTIFRINGILLA L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 163. n. 124. — 
Verz. S. XLI. 


Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, V. S. 44. Taf. 119. 
Fig. 13. 


Gakler, Gäkler, Gaugler, Quäker, Ickwitz, Ingwitz, Nikwitz, böh- 
mischer Fink, Böhmack, BDöheimer, Böhemer, Böhemmer, Tann-, 
Tanmen-, Bergfink. 


Er kommt alljährlich selten schon einzeln in den letzten 
Tagen des September, gewöhnlich erst Anfang Oktober, die 
Hauptmasse, die sogenannten harten Gägler unserer Vogelfänger, 
erst im Vorwinter mit Schnee und Eis, in Buchenmastjahren oft 
in ungeheuren Scharen, die so dicht und stark sind, dals da- 
durch das Sonnenlicht geschwächt wird. In der Rheinpfalz (Berg- 
zabern) werden sie zu solcher Zeit bei dem Scheine von Kien- 
fackeln des Nachts im Schlafe von den Zweigen und Ästen der 
Bäume, auf denen sie sich dicht neben einander niedergelassen 
haben, mit Blasrohren und Thonkugeln herabgeschossen. 1413 
kam eine unbeschreibliche Schar Vögel, wie die Buchfinken ge- 
staltet, nach Schwaben, deren Flug sich auf eine Stunde weit 
erstreckte und die Luft verfinsterte.e Man konnte sie zur Nacht 
bei dem Lichte haufenweise fangen. 1634 waren sie in unglaub- 


11. Familie. Finken. 115 


licher Menge bei Neustadt a. S. Ganze Körbe voll wurden zu 
Markte gebracht. 1657/58 zeigten sie sich in ebenso grolsen 
Massen bei Schweinfurt; um Ostern 1796 kamen ganze Scharen 
von Berg- und Buchfinken in die Waldgegenden von Nördlingen; 
im Herbst 1818 und im März 1819 waren die Bergfinken bei 
Rolsbach im Rhöngebirge in unzählbarer Menge vorhanden, so 
dals auf zwei Schüsse deren 56 erlegt wurden und bei dem Auf- 
stehen der Flüge die Luft im eigentlichen Sinne sich verdunkelte. 
Der bekannte Jagdschriftsteller Dietrich aus dem Winckell 
sah eine Schar auf dem Fortzuge, welcher über eine halbe Stunde 
weit sich ausdehnte. Ebenso häufig waren sie im Januar jenes 
Jahres bei Würzburg, Bamberg und Erlangen. Ende des ge- 
nannten Monats lieisen sich im Weigelsberge bei Decheldorf in 
der Gegend von Höchstadt a. A. 14 Tage lang jedesinal in der 
Abenddämmerung Bergfinken in unglaublicher Anzahl, angeblich 
zu Millionen, nieder. Manche ihrer Züge, deren oft 32 bis 40 
gezählt wurden, verfinsterten die Luft. Das Gesumse und Ge- 
zwitscher im Walde, sagt der Nürnberger Korrespondent von 
und für Deutschland 1819 Nr. 34 S. 41, machte einen solchen 
Lärm, dals man glaubte, einen Hagelschlag niederprasseln zu 
hören. Am Morgen gegen 7 Uhr erhoben sie sich wieder in 
einem ununterbrochenen Zuge, der etwa die Breite eines Hauses 
hatte und 4 Stunden dauerte, über die Stralse nach Burgebrach 
(Steigerwald) hin. Am Abend kamen sie regelmälsig wieder 
zurück. Die Bucheckern waren damals vorzüglich geraten. Bei 
Augsburg gab es 1855 unzählig viele Bergfinken, und im Januar 1857 
im südlichen Oberfranken solche Scharen, dals man sie in einiger 
Entfernung für Wolken hätte halten können. 

Im März ziehen sie von uns wieder nach dem Norden zurück; 
einzelne sieht man auch noch Anfang und bis in die zweite 
Hälfte des April hinein, ja 1856 wurde ein Männchen im Hoch- 
zeitkleide noch am 11. Juni im Wolfszahn, einer schönen Flufsaue 
zwischen dem Lech und der Wertach, geschossen. Auch Land- 
beck traf in Württemberg ein Paar während der Brutzeit in einem 
Kiefernwäldchen bei Mölsingen an. 


116 Ordnung III. Oscines. Singvögel. 


e) Schneefink: Orites. 
88. ORITES NIVALIS Briss. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S 165. n 125. — 
Verz. S. XLH. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, V. S. 4. Taf. 117. 
Fig. 1. 2. — XII. Fortsetzung der Nachträge. S. 19. 

In unserem Hochgebirge ein nicht eben seltener Stand- und 
Strichvogel. Baron R. v. König-Warthausen bemerkte ihn 
am 20. August 1854 und am 31. Juli 1855 am Schinder bei Kreuth, 
Oberförster Donle erhielt ihn von Schliersee, und der kgl. Ober- 
post- und Bahnamts-Spezialkassier Scheller kaufte ihn während 
eines 16jährigen Aufenthaltes in Passau einmal aus dem Grenz- 
gebiete des Bayerisch- Böhmischen Waldes im Jahre 1355 von 
einem Wildpretthändler. Nach Diezel soll er bisweilen in schnee- 
reichen und kalten Wintern in Unterfranken vorgekommen sein 
(Dr. Leydig). 


Genus 37. Coccothraustes Briss. 


89. COCCOTHRAUSTES VULGARIS Pall. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. 8. 164. n. 127. — 
Verz. 8. XLII. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, IV. S. 435. 
Taf. 114. Fig. 1—3. 


Kernbeifser, Kirschfink, Kürschenknöller, Kirschen- oder Griesbeer- 
schneller, Kirschenknipper, Kirschenknapper. 


In gebirgigen und ebenen, mit Rotbuchen bestandenen Laub- 
waldungen ein gar nicht seltener Stand- und Strichvogel, in vielen 
Gegenden nur auf dem Striche vom September und Oktober an. 
Wenn die Bucheckern gediehen sind, erscheint er in den Buchen- 
waldungen in grolsen Scharen und treibt sich da den ganzen 
Winter umher. Auch auf die Elsbeerbäume in unseren Wäldern 
kommt er, um zur Zeit der Fruchtreife zu plündern, und neuer- 
dings hat man wahrgenommen, dafs er im September und Oktober 
scharenweise sich in Buchenorte begibt, um die kleinen Gallen 
der Buchengallmücke (Cecidomyia fagi) zu durchbeilsen und ihres 
Inhaltes zu berauben, wobei er unbeweglich still sitzt und unter 
fortwährendem Knacken die Reste der Gallen in Menge zu Boden 


11. Familie. Finken. 117 


fallen lälst (Dr. Frz. Bauer, Forstwissenschaftliches Centralblatt I. 
1879. 8. 466). Im Winter besucht er auch die vom Schnee ent- 
blöfsten Stellen unter den Kirschbäumen und sucht da die noch 
vorfindlichen Kerne. 


Genus 38. Loxia L. 
90. LOXIA PITYOPSITTACUS Bechst. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 164. n. 128. — 
Verz. S.XLII. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, IV. S. 339. 
Taf. 109. Fig. 1-3. 

Ein ziemlich seltener Brut- und Strichvogel unserer grofsen 
Waldungen der Ebene wie des Gebirges, viel seltener als der 
kleinere Fichtenkreuzschnabel. Seine Wohnplätze sind nicht an 
bestimmte Gegenden und Waldungen- gebunden, da er, abhängig 
von dem Gedeihen des Nadelholzsamens, im Lande umherzigeunert 
und seine Wohnung für kürzere oder längere Zeit da aufschlägt, 
wo reichliche Nahrung für ihn vorhanden ist. Deswegen ver- 
schwindet er aus einer Gegend oft auf Jahre hinaus. Um das 
Jahr 1808 war er im Reichswalde bei Nürnberg nicht selten, und 
erhielt damals Prof. Wolf ein Nest. Im Juni 1846 zeigte er sich 
dort wieder und ich sah ein herrliches Männchen aus jener Zeit 
in der Sturmschen Sammlung. Um Augsburg und sonst in 
Schwaben, in den Thälern der Mindel und Kamlach, war er 1852/53 
vorhanden, verschwand im Januar 1854, kehrte aber Mitte März 
wieder und wurde ziemlich zahlreich erlest. 


91. LOXIA CURVIROSTRA L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 164. n. 129, — 
Verz. S. XLI. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, IV. 8. 356. 
Taf. 110. Fig. 1-3. 


Krumm- und Kreuzschnabel, Kreuzvogel. 


In den grofsen Fichten- und Tannenwaldungen der Ebene und 
des Gebirges (bayerisches Hochland, Böhmerwald, Regengebirge, 
Fichtelgebirge, Frankenwald u.s. w.) ein unregelmäfsig bald da, bald 
dort brütender und aulser der Brutzeit weit umherstreifender 
Vogel. In den Jahren 1366 und 1867 wurde, wie in Westfalen, im 


118 Ordnung III. Oscines. Singvögel. 


Teutoburger Walde, im Vorarlberg und in der Schweiz, so auch in 
Mittelfranken in der Gegend von Ansbach ein scharenweises 
Auftreten des Fichtenkreuzschnabels in den Monaten Juni und 
Juli beobachtet. Sie kamen in die Gärten und lasen von den 
Obstbäumen die in grolser Menge vorhandenen Blattläuse ab. 
In den »Forst- und Jagddenkwürdigkeiten« des Jahres 1321 aus 
dem südlichen Deutschland, insbesondere aus der Rheingegend 
im »Sylvan« 1822 S. 133 fand ich erwähnt, dals im Juli 1821 
grolse Flüge des Kiefernkreuzschnabels (Z. pityopsittacus), wahr- 
scheinlich durch Nahrungsmangel getrieben in die Kiefernwal- 
dungen der Ebene zogen und sogar häufig in die Gärten von 
Karlsruhe kamen. 

Am 4. Juli 1855 traf ©. Jäger eine Gesellschaft von ca. 
50 Stück Fichtenkreuzschnäbeln auf den Pappeln am Stadtgraben 
zwischen dem Nürnberger- und Steinheimerthore bei Hanau an, 
welche fleilsig die auf diesen Bäumen in Menge sich findenden 
Kapseln ausklaubten. Es waren meistens junge Vögel. Wenige 
Tage nachher zeigten sie sich auch bei Hochstadt und Bischofs- 
heim und am 21. August gewahrte er einen kleinen Flug auf 
einigen Rüstern bei letztgenanntem Orte. Auf den Pappeln ver- 
zehrten sie die Pappel-Gallenlaus (Pemphigus bursarius), auf den 
Rüstern entweder die Rüster-Haargallenlaus (Schizoneura lanugi- 
nosa) oder die Blattlaus der kleinen Rüstergalle (Tetraneura 
ulmi). 

Dem Kreuzschnabel wird im Fichtelgebirge von dem ärmeren 
Teile der Bevölkerung mit Vorliebe nachgestellt. Wenn er aus- 
nahmsweise massenhaft erscheint, wird er in grolser Menge ge- 
fangen und dann der weitaus grölste Teil davon von den Leuten 
verzehrt; allein in gewöhnlichen Jahrgängen mag etwa nur die 
Hälfte der erbeuteten Tiere, deren Fleisch einen sehr angenehmen 
Geschmack haben soll, auf den Tisch kommen. Die älteren 
werden nur so weit, als sie nicht zu Lockvögeln und zur Frö- 
nung des Aberglaubens zu verwerten sind, getötet. Die „rechts- 
beschlagenen“ Kreuzschnäbel, d. h. diejenigen, deren obere 
Schnabelspitze rechtsseitig über den Unterkiefer abwärts gebogen 
ist und unter diesen wieder jene, welche am Peters- oder Johannis- 
tage eingefangen worden sind, werden in der Gegend als Schutz- 
mittel gegen Krankheiten hoch geschätzt und deshalb häufig 
gelangen gehalten. Es wird ihnen die Eigenschaft zugeschrieben 
das „Hauskreuz‘“ mitzutragen, die Krankheiten der Leute, nament- 


11. Familie. Finken. 119 


lich die Gicht und das Unkraut, Kinderfraisen, an sich zu ziehen. 
Die Kreuzschnäbel bilden auch einen auf die Gegend beschränkten 
Handelsartikel und werden tot a Stück etwa mit drei und im 
lebenden Zustande mit zehn Pfennigen bezahlt; doch kosten von 
den unverletzten besonders schöne Exemplare und solche, die 
am Petri- oder Johannistage eingefangen werden, auch mehr. 
(Der deutsche Jäger II. 1850. Nr. 10. S. 78). 


92. LOXIA LEUCOPTERA Gm. L. (L. bifasciata Brenn). 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 164.‘ n. 150. — 
Verz. 8. XLH. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, IV. S. 364. 
Taf. 110. Fig. 4. — XII. Fortsetzung der Nachträge. S. 188. Taf. 
385. Fig. 1—8. 


Dieser äulserst seltene Wintergast erschien in dem durch 
den Besuch der Hakenginpel für Deutschland denkwürdig ge- 
wordenen Jahre 1826/27 sowohl in den Gebirgswaldungen Frankens 
als auch in den Wäldern der oberbayerischen Hochebene. Pro- 
fessor Wagler schofs damals ein Exemplar bei München. Im 
Jahre 1830/31 wiederholte sich der interessante Besuch und er- 
warben die Dr. Dr. Sturm am 29. Januar ein schönes Exemplar 
auf dem Vogelmarkte in Nürnberg. Abermaliger Besuch 1845/46, 
wobei von der Mühle in den Besitz eines lebenden, im bayeri- 
schen Hochgebirge gefangenen jungen Männchens kam und 
einzelne Exemplare auch bei Nürnberg gefangen wurden. Für 
Regensburg führt ihn Koch als sehr selten auf, und 1851 sollen 
nach der Versicherung erfahrener Vogelsteller zugleich mit dem 
in zahlreichen Flügen vorhandenen Fichtenkreuzschnabel ver- 
einzelte zweibindige im Frankenwalde bei Nordhalben gefangen 
worden sein. 


(A. Wiedemann schreibt über den weilsbindigen Kreuz- 
schnabel aus Augsburg: „In unserem Regierungsbezirke traf ein 
kleiner Flug dieser seltenen Gäste, von denen 2 & und 22 gefangen 
wurden, das erste Mal im Monat September 18589 bei Lechhausen 
ein. Am 17. Oktober des gleichen Jahres zeigte sich ein kleiner 
Schwarm, von welchem 3 & einem Schrotschusse erlagen, bei 
Öttingen im Ries. Ende Oktober fielen im Garten der Villa 
Eppmer bei der Aktienziegelei in Augsburg ca. 20 weilsbindige 
Kreuzschnäbel auf den dort befindlichen Sonnenblumen ein, 


120 Ordnung II. Oscines. Singvögel. 


deren Sonnen diese Vögel so anlockten, dals es dem Gärtner 
daselbst gelang, drei Stück davon zu fangen. Ferner später, im 
Monat November gerieten bei Lechhausen etwa ein Dutzend dieser 
Vögel, die sich dort in Gesellschaft von Fichtenkreuzschnäbeln 
eingefunden hatten, in Gefangenschaft. — J. Hellerer teilt mir 
Folgendes mit: »Sie heifsen hier Finkenkreuzschnäbel und sind 
aulserordentlich selten; im Winter 1889/90 trieben sich einige 
auf den Innauen bei Altötting und Mühldorf herum, wovon drei 
Exemplare gefangen und wohl einige geschossen wurden.« — R. Bl.) 


12. Familie: Häher. 
Erste Gruppe: Meisen. 
Genus 39. Aegithalus Vig. 

93. AEGITHALUS PENDULINUS L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 165. n. 131. — 
Verz. S. XLII. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, IV. S. 113. 
Taf. 97. Fig. 1—8. 

Die Beutelmeise verfliegt sich aus dem Südosten die Donau 
herauf nur höchst selten zu uns. Im Winter 1821 wurde ein 
Weibchen am Ufer der Altmühl unweit Kelheim geschossen. 

(J. Hellerer schreibt mir, dafs im Jahre 1850 und 1551 
Fasanmeister Weifs und Buchhalter Baader in Hartmannshofen 
auf dem Gabelzweige eines Kirschbäumchens ein Nest mit Jungen 
gefunden hätten, seitdem sei weder eine Beutelmeise noch deren 
Brut in Altbayern beobachtet. — Es ist mir sehr auffallend, 
dals Jäckel diesen merkwürdigen Fund nicht erwähnt! — R. Bl.) 


Genus 40. Calamophilus Leach. 
94. CALAMOPHILUS BARBATUS Briss. r 
Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 165. n. 132. — 
Verz. S. XLIII. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, IV. S. 98. Taf. 

96. Fig. 1-3. — XIII. Fortsetzung der Nachträge. S. 155. 
Die Bartmeise verfliegt sich sehr selten, doch öfters als die 
vorige Art, das Donauthal oder den Rhein herauf nach Bayern 


12. Familie. Häher. De 


und wurde am Bodensee und sonst in Schwaben (Füssen etc.) 
und auch in Franken öfters beobachtet oder gefangen. In den 
30er Jahren erhielt ein Augsburger Ausstopfer, Mühlenarzt Hof- 
gärtner, eine bei Augsburg erlegte Bartmeise, die noch in einer 
dortigen Privatsammlung steht. Am 14. Oktober 1854 wurde 
daselbst in einem Garten vor der Stadt ein Flug von 10 Stücken 
gesehen und Anfang Dezember 1852 in einem Garten zu Fricken- 
hausen bei Memmingen fünf Stücke bemerkt, von denen zwei 
Männchen gefangen und von meinem verstorbenen Freunde Jo- 
hannes Büchele in Memmingen ein paar Jahre lebend im Käfige 
gehalten wurden. In der Würzburger Universitäts- Sammlung 
sah ich sechs Stücke aus Franken. 

(A. Wiedemann schreibt: „Am 14. Oktober 1854 konnte 
Augsburg in der Churschen Fabrik eine kleine Gesellschaft 
dieser Vögel einige Zeit beobachtet werden. Es gelang nicht, 
einen derselben zu fangen oder zu erlegen.“ Dann teilt er mir 
brieflich mit, dals Herr Expeditor Benz in Neuoffingen an der 
Donau im Frühjahr 1890 längere Zeit ein Pärchen im Schilfe 
des dortigen Donaualtwassers beobachtet habe. — R. Bl.) 


Genus 41. Parus L. 
a) Mecistura Leach. 


95. MECISTURA CAUDATA L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 165. n. 153. — 
Verz. S. XLIIl. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, IV. S. 82. Taf. 
95. Fig. 4—6. 


Schwanz-, Schmeemeise, Pfannenstiel, Pfannenstielmeise, Stielmeise. 


Überall in ebenen und gebirgigen, gemischten Waldungen ein 
gewöhnlicher, nirgends seltener Stand- und Strichvogel; im Winter 
in Dorf- und Stadtgärten in kleinen Gesellschaften umherstreifend. 

Nach Eduard Tauber kommen in der Gegend von Tückel- 
hausen bei Ochsenfurt beide Formen der Schwanzmeise mit 
schwarzen Streifen an den Seiten des Kopfes und mit rein 
weilsem Kopf zu allen Jahreszeiten vor. Von einem gepaarten 
Paare seiner Sammlung hat das eine Individuum den gestreiften, 
das andere den rein weilsen Kopf (Journal für Ornithologie von 
Dr. Cabanis. 1880. 8. 421). 


122 Ordnung III. Oscines. Singvögel 


b) Parus auct. 


9%. PARUS COERULEUS L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 165. n. 135. — 
Verz. S. XLII, 

Naumann. Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, IV, S. 62. 
Taf. 95. Fig. 1. 2. 


Blau-, Blobmeise, Blaumeisle, Blöbling, Pimpelmeise. 


Gemeiner Stand-, Strich- und zum Teil auch Zugvogel. Im 
Juni 1878 kam eine zahlreiche Familie häufig in meinen Garten, 
um die Blattläuse abzulesen, welche die Kehrseite der Blätter 
der Äpfel und Zwetschgenbäume massenhaft bedeckten. Leu 
erhielt eine junge Blaumeise, deren Schnabel wie bei Loxia curvi- 
rostra gekreuzt ist. 


Nach v. Reider und Hahn wurde eine männliche Lasurmeise, 
Parus cyaneus Pall., zu Schney bei Lichtenfels gefangen, und nach von 
der Mühle eine bei Nürnberg geschossen, über welch letztere An- 
gabe ich Näheres nicht erfahren konnte. Die Dr. Dr. Sturm haben 
mich jedoch versichert, dass Ende Dezember 1852 eine solche Meise 
ganz nahe an Nürnberg in einem Garten zu Steinbühl von einem voll- 
kommen verlässigen Vogelkenner beobachtet worden sei, und Dr. Gottlieb 
v. Koch schrieb mir, dafs einer seiner Arbeiter, ein voigtländischer 
Weber, in der Gegend von Hof bei Naila ein Stück gefangen und längere 
Zeit im Käfig gehalten habe. Er selbst zwar habe den Vogel nicht gesehen, 
doch sei die Thatsache ganz sicher. Nach v. Droste mufs die Lasurmeise 
aus der Liste der deutschen Vögel gestrichen werden. Naumann habe sich 
berechtigt gefühlt, diese Art als deutschen Vogel aufzuführen, weil ein alter 
erfahrener Jäger einst ein Pärchen, welches drei Stunden von Naumanns 
Wohnort eine Weidenpflanzung durchzog, dafür erkannt haben wolle. Nach 
diesem Vorgehen hätten Dilettanten an allen Ecken Lasurmeisen gesehen und 
den höchst seltenen Sibirier ihren Vogelverzeichnissen angefügt. Kjärbölling 
habe Naumann noch übertreffen zu müssen geglaubt und lasse gleich ab 
und zu kleine Gesellschaften gesehen werden. Mit solchem Urtheile geht 
v.Droste doch zu weit. Naumann, dem nach seinem Tode viel am Zeuge 
geflickt wird, hat P. cyaneus unter die deutschen Vögel aufgenommen, weil sie 
nach ihm einzeln bis nach Preufsen, Schlesien und Sachsen kommt, jene 
angefochtene Beobachtung dagegen hat er seiner Beschreibung am Schlusse 
im Kleindruck beigefügt und damit offenbar jedermann freistellen wollen, 
darüber nach Belieben zu urteilen. Das kais. Museum in Wien besitzt zwei 
Lasurmeisen aus Österreich, von denen die eine im Prater, die andere 1838 
in der Brigittenau bei Wien (Verhandlungen der k.k. zoologisch-botanischen 
zesellschaft in Wien 1871, S. 700) erlest worden ist. Wenn nun eine sibi- 
rische Meise nach Deutsch-Österreich bis Wien hat kommen können, so ist 
nicht einzusehen, warum sie nicht auch nach Deutschland und Bayern soll 


12. Familie. Häher. 123 


gelangen können. Verfliegen sich doch auch andere Sibirier zu uns und steht 
es doch unwidersprechlich fest, dafs die Lasurmeise nicht weit von Bayerns 
Grenze bei Ohrdruff in der Nähe von Coburg (Dr. Hellmann), ebenso früher 
schon auf einer Meisenhütte in Sachsen im Herbste unter anderen Meisen 
gefangen und abermals in Bayerns Nachbarschaft in Böhmen am 3. Novem- 
ber 1873 bei Prag und Wohrad (Frauenberg) in fünf Exemplaren geschossen 
oder gefangen und im Museum zu Prag aufgestellt worden ist. Dafs der 
k. k. Oberförster v. Koch nach v. Tschusi an einem regnerischen Tage im 
April 1575 hart an Bayerns Grenze bei Hallein drei Lasurmeisen beobach- 
tete, erwähne ich nur nebenbei, nicht als Beweis, da keine davon erlegt 
wurde. Strenge Kritik ist dem Dilettantentum gegenüber gewils nötig, und 
ziehe ich es vor, die Lasurmeise nur als wahrscheinlich bayerischen Gast 
mit Reserve und deshalb ohne Nummer aufzuführen. Altums Meinung, dafs 
die gelbe Farbe im Gefieder der Blaumeise, wenn sie sich auf schneeigem 
Terrain umhertreibe, dem geblendeten Auge scheinbar verloren gehe und 
vollkommen weifs erscheine und man leicht zu der Annahme verleitet werden 
könne, eine Lasurmeise vor sich zu haben, während es in Wahrheit die 
gemeine Blaumeise sei, hat etwas für sich, und können vielleicht einzelne 
Täuschungen untergelaufen sein. Doch habe ich bei blendendem Sonnenscheine, 
schneebedecktem Boden und starkem Schneeanhang an den Bäumen Proben 
auf Altums Erklärung gemacht, lebende Blaumeisen im Freien beobachtet 
und ausgestopfte auf den frischgefallenen Schnee gestellt und regelmäfsig die 
gelbe Farbe sehr deutlich gesehen, obwohl meine Augen nicht zu den scharfen 
gehören. Die Augen anderer sehen vielleicht kein Gelb, möglicherweise auch 
kein Grün des Rückens, und dann ist allerdings die deutsche Dilettanten- 
Lasurmeise, freilich ein recht kleines Exemplar, in der Einbildung fertig. 


97. PARUS MAJOR L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I 8.166. n. 136. — 
Verz. 8. XLHI. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, IV. S.9. Taf 94. 
Fig. 1. 


Kohl-, Spiegel-, Finkmeise, die Meise. 


Allenthalben in den Waldungen und in grofsen Gärten ein 
gemeiner Stand- und Striehvogel. Nester fand ich in Mauer- 
ritzen von Kirchen mitten in Städten, von Burgruinen tief im 
Walde, unter Dächern von Gartenhäusern, in Felsenlöchern der 
Steinbrüche, eines in dem Schutzhäuschen des Blitzableiters am 
Pfarrhause zu Sommersdorf bei Ansbach. 


Im Winter kam eine Kohlmeise durch ein zerbrochenes 
Fenster in den Saal eines Dorfwirtshauses und nährte sich da 
von einem auf dem Tische liegenden Schmeerlaibe, brachte auch 
dort, ohne sich von übernachtenden Reisenden inkommodieren zu 


124 Ordnung III. Oscines. Singvögel. 


lassen, auf dem Drahte eines Glockenzuges während der kalten 
Jahreszeit regelmälsig auch die Nächte zu. Im nächsten Winter 
kam wahrscheinlich dieselbe Kohlmeise wieder in den Saal und 
verspeiste die dort aufbewahrten Gurkenkerne. In einem andern 
Dorfe schlüpfte eine Kohlmeise, der ausströmenden Wärme nach- 
gehend, in das Luftloch der Wohnstube eines Bauernhauses, bis 
sie einmal durch Zustopfen des Loches von aufsen in das Zim- 
mer getrieben und gefangen wurde. Nach etlichen Tagen ver- 
schenkte sie der Besitzer an einen Ortsnachbar, dem sie aber 
bald durch die geöffnete Thür wieder entkam, worauf sie sofort 
allabendlich wieder ihr behagliches Nachtquartier im Ventilations- 
loche aufsuchte. Eine frei in meinem Arbeitszimmer umher- 
fliegende Meise schlüpfte zum Übernachten in meine Stiefel und 
Schuhe ein. Auf einem von Waldmäusen (Mus sylvaticus) be- 
drohten Bienenstande fing ich in einer mit Speck beköderten 
Mausfalle (Klappfalle) eine Meise, die eine bitter kalte Nacht in 
der Falle zubringen mulste. Morgens war sie vollständig munter, 
wurde freigelassen, stimmte auf dem nächsten Baume ihren fröh- 
lichen Gesang an und zwei Tage danach sals das leichtsinnige 
Geschöpf wieder in derselben Falle. 

Büchele in Memmingen erhielt 1858 eine »Spiegelmeise«, 
die einen gekreuzten Schnabel hatte. Beide Schnabelenden bil- 
deten auf- und abwärts starke Haken, hinderten jedoch den Vogel 
nicht am Fressen. 

Im November 1873 wurde in Kelheim (Niederbayern) eine 
überaus grofse, glänzendfarbige alte Kohlmeise gefangen, welche 
eine grolse glänzend schwarze Breithaube, ähnlich wie bei einer 
Taube, quer über den Hinterkopf hatte, im übrigen aber ganz 
normal gefärbt war (Zoolog. Garten 1874. S. 31). 


98. PARUS ATER L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 166. n. 137. — 
Verz. S. XLIN. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, IV. S. 34. Taf. 94, 
Fig. 2. — XII. Fortsetzung der Nachträge S. 146. 


Tannen-, Wald-, Pech-, Stockmeise, Tomeisle. 


Gemeiner Stand- und Strich-, zum Teil auch Zugvogel. Sie 
ist noch immer so zahlreich, dafs ein Vogelfänger bei Nürnberg 
im Herbst 1858 an einem Vormittage 118 Stück Tomeisle auf 


12. Familie, Häher. 125 


Leimruten im Laurenzer Walde fing, die sämtlich getötet und 
unter der Hand für die Küche verkauft wurden. Vor Zeiten 
wurde namentlich die Tannenmeise auf dem Nürnberger Reichs- 
walde und auch bei Regensburg massenhaft gefangen. Der be- 
kannte Freiherr v. Hohberg erzählt in seiner »Georgica curiosa«, 
dals er zugesehen, wie ein Regensburger Meisenfänger an man- 
chem Tage über 500, gegen 1000 und noch mehr kleine Meisen, 
wie auch Kohl- und anderer Art Meisen gefangen. Auch im 
Reichswalde wurden noch Anfang dieses Jahrhunderts auf man- 
cher Meisenhütte in drei bis fünf Tagen 1000 bis 1600 Meisen ge- 
fangen. 1538 führten die Nürnberger mit dem Markgrafen Georg 
von Ansbach den Meisen-, auch Kraut- und Rübenkrieg, spott- 
weise so genannt, weil der Markgraf die nürnbergischen Vogel- 
herde und Meisenhütten einreilsen liels, und seine Soldaten Helden- 
thaten an den wehrlosen Krautköpfen verrichteten und die weilsen 
Rüben auf den Stoppeläckern sich schmecken liefsen. Die Meisen- 
hütten waren in leidenschaftlichem Betriebe von Bartholomäi 
bis Ende September. Nach dem Übergange Nürnbergs an Bayern 
wurde am 4. August 1809, dem Jahre der Organisation der beiden - 
Forstämter Laurenzi und Sebaldi zu Nürnberg, aller Vogelfang 
auf dem Reichswalde untersagt und mulsten alle Meisenhütten 
und die zahlreichen Waldhäuschen der Vogelherdbesitzer ab- 
gebrochen werden. 

Eine fast ganz schwarze Tannenmeise sah ich vor Jahren 
bei einem Ausstopfer in Fürth. Die Flügel waren durchaus 
schwarz; es fehlten die zwei weilsen Binden derselben und der 
weilse Nackenfleck gänzlich; die Bäckchen waren wenig weils, 
der Bauch — und die unteren Schwanzdeckfedern schwarz, ersterer 
mit schwärzlichgrauer Färbung in der Mitte, letzterer mit Grau 
gemischt; der Schwanz selbst auch schwarz. 


99. PARUS PALUSTRIS L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 166. n. 138. — 
Verz. S. XLIII. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, IV. S. 50. Taf. 94. 
Fig. 4. 


Pfaff-, Koth-, Platt-, Pimeise, Piepmeisle. 
Ein mehr oder minder gewöhnlicher, in manchen Gegenden 
aber ziemlich seltener Stand- und Strichvogel. 


126 Ordnung II. Oscines. Singvögel. 


100. PARUS CRISTATUS L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 166. n. 140. — 
Verz. S. XLIV. 
Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, IV. S.42. Taf 94. 
Fig. 3 
Bischofs-, Husaren-, Schopf-, Hopp-, Struwelmeise, Koppenmeisle.: 
In grofsen Nadelwaldungen ein gewöhnlicher Stand- und 
Strichvogel. Ein Paar baute sein Nest an einem einzelnstehen- 
den Wirtshause des Nürnberger Reichswaldes in einem kernfaulen, 
zum Anbinden von Pferden eingerammten, etwa mannshohen 
Pfahle. Trotz dem starken Verkehre mit dem nahen Steinbruch 
und dem fast täglichen Besuch der Stadtbewohner hielt das Pär- 
chen lange Zeit bei seinen Eiern aus, verliefs aber endlich das 
Nest, als es von den zahlreichen Besuchern des Vergnügungs- 
platzes aus Neugierde zu oft herausgejagt wurde. In verlassenen 
Eichhorn-Nestern brütet diese Meise gern. 


Genus 42. Sitta L. 


101. SITTA EUROPA L. 


Keyserling u. Blasius, die Wirbeltiere Europas, I. S. 167. n. 143. — 
Verz. S. XLIV. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, V. 8. 377, 
Ta 133Hle2 Pur 


Blauspecht, Baumpicker, Trottler, Kotschletter, Klauber. 

In gemischten Waldungen, Parken, grofsen Anlagen, Alleen 
lieber als im reinen Nadel- oder Laubholz einer unserer gewöhn- 
lichsten Stand- und Strichvögel; im Winter auch in grofsen 
Gärten der Städte. 


Zweite Gruppe: Seidenschwänze. 
Genus 43. Bombyeilla Briss. 
102. BOMBYCILLA GARRULA L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 167. n. 145. — 
Verz. S. XLIV. 
Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, I. S. 143. 
Taf. 59. Fig. 1. 2. — XIH. Fortsetzung der Nachträge S. 45. 
Pest-, Pfeffervogel, Pfeffervögelein, Seidenschwanz, Seidenwedel, 
Seidenvogel, Haubendrossel. 
Der Seidenschwanz kommt nicht, wie gewöhnlich geglaubt 
wird, nur als periodischer Wintergast alle 6 bis 7 Jahre zu uns, 


12. Familie. Häher. 127 


sondern fast alljährlich, wenn auch nur in mälsiger Anzahl und 
in manchen Strichen, wie im Voigtlande, Fichtelgebirge, im Böhmer- 
walde und anderwärts. In manchen Jahren dagegen überschwemmt 
der schöne nordische Fremdling ganz Franken, Schwaben und 
Bayern, wird zu Tausenden gefangen, und, wie die Krammets- 
vögel, massenhaft zu Markt gebracht, so 1806/7, 1813/14, 1821/22, 
1828/29, 1834/35, 1844/45, 1847/48, 1859/60 und 1866/67. Er 
erscheint gewöhnlich Anfang November und Dezember und bleibt 
bis Ende Februar, auch bis Mitte März, sehr selten bis Anfang 
‘ April. Im Jahre 1822 war er nach Hofrat Dr. Meyer noch am 
12. April in den unteren Maingegenden (Frankfurt) ziemlich 
häufig und 1859 wurde ein Weibchen bei München noch am 
1. Mai geschossen, während drei andere Stücke, in deren Gesell- 
schaft es war, entkamen. Im letztgenannten Jahre sah man auch 
noch am 26. März und das Jahr darauf noch am 2. April 
12 Stücke im Steigerwald. 

Er ist so gesellig, dafs ein von einem Geistlichen in Nürn- 
berg lebend gehaltener Seidenschwanz auf einen im Zimmer be- 
findlichen ausgestopften Vogel derselben Art zuflog und ihn 
liebkoste. 

(Jäckel teilte im Deutschen Jahresberichte für 1884 mit, dafs 
sich in den Bahnhofsanlagen bei Kaufbeuren in Schwaben am 
28. Dezember eine Schar von ca. 200 gezeigt habe. — R. Bl.) 


Dritte Gruppe: Raben. 
Genus 44. Garrulus Briss. 
103. GARRULUS GLANDARIUS L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 168. n. 147. — 
Verz. S.XLV. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, II. S. 122. Taf. 58. 
Kot; 


Hüäher, Eichel-, Holz-, Nufshäher, Nusser, Nu/sjäck, Holzschreier, 
blauflügel. 

Ein mit Ausnahme der blauen Schmuckfedern des Flügels 
weilser Nulshäher wurde bei München, zwei gleichfalls weilse 
mit normalen Schmuckfedern, mit schwärzlicher Zeichnung der 
äulseren Schwanz- und hinteren Schwungfedern in Unterfranken, 
ein weilser mit normalen Schmuck- und schwarzen Schwanz- und 


128 Ordnung III. Oseines. Singvögel. 


Schwungfedern bei Eichstädt, und ein ganz blasser, wie mit Mehl 
bestaubter, in Schwaben geschossen. Landbeck fing ein altes 
Weibchen im Dohnensteig, bei welchem der normale Oberschnabel 
nur halb so lang als der untere hypertrophische war. 

Am 19. Januar 1856 sah ich bei Neuhaus im südlichen Ober- 
franken Häher, Elstern und Grünspechte bei Tauwetter auf Schnee- 
feldern und dem schmelzenden Eise ungemein emsig Nahrung 
suchen. Es krochen nämlich auf Schnee und Eis eine grolse 
Menge zolllanger und kleiner sammetschwarzer Kantharidenlarven, 
kleine Spinnen (Pachygnatha Listeri, Clubiona holosericea, Lycosa 
alacris und Thomisus calicinus), Caraben und Staphylinen (Argutor 
vernalis, Pterostichus strenuus, Philonthus ebeninus, Lathrobium ter- 
minatum, Quedius attenuatus, Cryptobium fracticorne, einzelne My- 
riapoden (Lithobius forficatus), Raupen von Agrotis segetum, Regen- 
würmer, Crustaceen (Asellus vulgaris und Porcellio laevis) umher. 
Am 21. Januar taute es stärker und gab es noch mehr Insekten 
und Tiere der genannten Arten. Die Mägen erlegter.Häher waren 
damals mit Bestandteilen obigen Speisezettels regelmälsig an- 
gefüllt. In kalten Wintern kommen sie bei Schnee mit Saatraben, 
Nebelkrähen, Elstern u. s. w. auf Plätze, wo in Dorfgärten und 
Peunten Schweine gestochen, gesengt und gebrüht, wo Blut und 
Abgänge ausgeschüttet werden. Die schwächeren Häher werden 
aber gewöhnlich von den stärkeren Gattungsverwandten weg- 
gebissen. 

Sonst fanden wir in erlegten die Reste kleiner Vögel und 
deren Nestjunge, Getreidekörner und ganze Weizenähren, Eicheln, 
Haselnulskerne, Fliegen, Spinnen, Heuschrecken, Lauf-, Mai- und 
Rüsselkäfer (Phytonomus punctatus), im Gefieder Ornithomyia avı- 
cularia und in den Eingeweiden verschiedene Parasiten (Spiroptera 
anthuris und Taenia serpentula): 

Auf dem Schmausenbuck bei Nürnberg fing ich Anfang der 
40er Jahre viele Häher auf dem Reisbaum mittels einer lebenden 
oder ausgestopften Eule, mit dem Häherwildruf, einem Eulenruf 
(Wichtel) und mit Leimruten. In den Reisbaum, eine Fichte, 
wurden links und rechts einen Schuh lange, am Ende durchlochte, 
starke Eisenstäbe eingeschraubt, um darauf schnell und sicher 
auf- und absteigen zu können. Zwei bis drei Schuh unterhalb 
der Äste der Fichte war an den Stamm eine sieben Schuh lange 
frische Fichtenstange von einem Zoll im Durchmesser und einen 
Schuh tiefer, mit der oberen sich kreuzend, eine zweite Stange 


12. Familie. Häher. 129 


quer angenagelt, in welche beide drei Reihen Leimruten gesteckt 
wurden, eine gerade aufwärts, die zwei anderen im halben rechten 
Winkel rechts und links nach aufsen. Stand nur eine ausgestopfte 
Eule zu Dienst, so war sie so präpariert, dafs ein durch ihren 
Leib gehender Stab, vermittelst dessen der Kopf der Eule gedreht 
werden konnte, in die Hütte am Fufse des Reisbaums reichte. 
Zögerten die Häher, auf das Kreuz einzufallen, so bewegte man 
den Kopf der ihnen verhalsten Eule; war diese aber eine lebende, 
so zog man an der in die Hütte gehenden Schnur, womit sie 
befestigt war, um sie zu nötigen, Lebenszeichen durch Flügel- 
schlagen etc. von sich zu geben. Die ersten gefangenen Häher 
wurden in einem gestrickten Sacke in der Hütte aufgehängt und 
dieser in schwingende Bewegung gesetzt, worauf die Gefangenen 
ein Geschrei erhoben, als ob sie am Spielse stäken, wodurch der 
Hafs der auf den Bäumen versammelten Häher gegen die Eule 
bis zur Wut gesteigert wurde Nun stürzten sie unter wüstem 
Geschrei herab auf das Kreuz und lagen in demselben Moment 
gefangen am Boden. Ergötzliche Scenen setzte es da manchmal 
ab, wenn aus der Hütte heraus die Schreckensgestalt eines der 
Häherfänger trat, um die Beute zu sammeln, und ein nur leicht 
gefangener Häher zu Fuls Reilsaus in mächtigen Sätzen nahm, 
hinter ihm her der mit dem bereit gehaltenen Fichtenwedel nach 
dem Flüchtling fehlschlagende Verfolger, wobei es vorkommen 
konnte, dafs dieser stürzte und der Häher das rettende Dickicht 
erreichte. Die Beute wurde an den Fülsen und Schnäbeln oder 
Hälsen ergriffen, gestreckt und jedem Stück der Schädel einge- 
bissen. Das Wildbret dieser Vögel ist im Herbst recht gut. 


Genus 45. Nucifraga Briss. 
104. NUCIFRAGA CARYOCATACTES L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 168. n. 148. — 
Verz. S.XLV. 
Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands. II. S. 130. Taf. 58. 
Fig. 2. — XIH. Nachträge S.212.— Fortsetzung der Nachträge S. 44. 
Tannen-, Stein-, Schwarzhäher, schwarzer Nu/shäher, schwarzer 
Nufsjäck, Nufsknacker, Nu/skratscher, Zirbelkrähe, Zirbm- oder Zirbl- 
krah, schwarzer Nusser. 
Ein Exemplar der Augsburger Sammlung hat einen Kreuz- 
schnabel, der angeboren gewesen zu sein scheint, denn der Vogel 
ist auffallend klein und verkümmert. 


Jäckel, Die Vögel Bayerns. I 


130 Ordnung III. Oseines. Singvögel. 


Der Tannenhäher, ein Stand- und Strichvogel, liebt stille 
Bergwaldungen, und soll für sein ständiges Vorkommen die Zirbe 
(Pinus cembra) malsgebend sein, eine Behauptung, der nicht bei- 
gepflichtet werden kann. Allerdings zieht er sich im Herbst nach 
jenen Gegenden hin, wo die edle Zirbe steht, um die Zapfen zu 
plündern, deren Nüsse seine Lieblingsspeise sind. Allein dieser 
König unserer Waldbäume fehlt in weiten Strecken des bayerischen 
Hochgebirges, im Tegernseeschen, im Algäu fast gänzlich und 
kommt nur in den höchsten Alpen vor; die schönsten Bestände 
auf dem Hochplateau des Funtensees und im Steinernen Meer 
im Berchtesgadener Gebiete und in den erhabenen Einöden des 
Wettersteingebirges bei Partenkirchen (Schachenalpe, Wetterstein- 
alpe, Zirmeskopf, Kämikopf), während der Tannenhäher nicht 
nur den ganzen oberbayerischen und schwäbischen Alpenzug, 
sondern auch aulserhalb des Hochgebirges verschiedene Gegenden 
des Hügellandes als Brutvogel bewohnt, wo nie eine Zirbe stand 
und keine Kultur sie emporzubringen im stande wäre, ihre Stelle 
aber für die Bedürfnisse des Vogels durch die Haselnulsstaude 
vollständig ersetzt wird. 

Im Bayerischen Walde brütet der Tannenhäher gewils nach 
von der Mühle, während ihn v. Tschusi gegen die Mitte des 
Juni 1870 auf dem Arber und Lusen zu einer Zeit, wo noch viel 
Schnee lag, nicht bemerkt hat. 

Nach dem alten Brehm (»Isis« von Oken 1833. S. 972) wurde 
von einem jungen Manne, welcher den Prof. Dr. Hornschuch auf 
einer Reise nach Tirol begleitete, ein Tannenhäher in der Nähe 
von Regensburg in einem Fichtenwalde geschossen, wo ein Paar 
dieser Vögel im Mai 1826 herumflog. Auch im Pacherforst bei 
Regensburg wurde er in neuester Zeit in einigen Paaren als Stand- 
und Strichvogel beobachtet und geschossen. Die zoologisch- 
mineralogische Vereinssammlung besitzt ein bei Wiesent am 
4. April erlegtes gepaartes Paar. Im Nürnberger Gebirgslande 
bei Hersbruck brütet er nach Prof. Wolf. Derselbe erhielt am 
30. April 1799 von dort einen jungen, erst seine Federn erhal- 
tenden Tannenhäher, an dessen Befiederung noch die Wollhaare 
hingen. Er war ein erstaunlicher Fresser. Kaum hatte er den 
ersten grolsen Brocken hinuntergeschluckt, so schrie er schon 
nach dem zweiten, und stak auch dieser und der dritte in seinem 
Schlunde, so schien er doch mehr um deswillen einigermalsen 
befriedigt, weil er nichts mehr in den Schlund hinunterbringen 


12. Familie. Häher. 131 


konnte, als weil seine Freisbegierde gestillt worden wäre. Er war 
zahm und lief seinem Herrn bettelnd allenthalben nach. Er hatte 
ein unangenehmes heiseres Geschrei und konnte gut picken, 
betrug sich aber etwas ungeschickt und lernte lange Zeit nicht 
allein fressen. Im Frankenwalde brütet er, nach dem Land- 
gerichtsarzt Dr. Franz von Paula Brandt früher zu Nordhalben. 
Am Tschirner Waldhause, einem rings von Waldungen umgebenen 
einzelnen Häuschen am Vereinigungspunkte der Reviere Tschirn, 
Nurn und Effelten, sah ein Forstbediensteter am 22. Mai 1850 
zwei Tannenhäher, deren einer in der Zeit zum 11. Juni seinen 
Tod durch einen Raubvogel gefunden hatte. Am 28. Juni traf 
Brandt an derselben Stelle einen alten Tannenhäher an, der mit 
zwei kürzlich ausgeflogenen Jungen sich in den 20- bis 30jährigen 
Fichtenbeständen umhertrieb. Endlich habe ich Nachrichten, 
dafs er in der Landschaft zwischen den Alpen und der Donau 
in den Bergwaldungen des Kimrathshofer Forstes und Kemptener 
Waldes in Schwaben brütet. Das Flachland besucht er nur in 
manchen Jahren, dann aber in so grolser Anzahl, dafs er als 
häufiger Vogel auch in Gegenden gelangt, wo man sonst nie 
einen sah. Gewöhnlich sind es Langschnäbel (Nucifraga macro- 
rhynchus BREHM), wie bei der Invasion von 1844, wo sich im 
Spessart, in der Rhön, im Voigtland und Fichtelgebirge, im Franken- 
und Steigerwalde, überhaupt in Franken und Schwaben eine er- 
staunliche Menge derselben einfand. Nur zwei Exemplare erhielt 
ich aus der Gegend von Nürnberg, von denen das eine, wiewohl 
auch ein Langschnabel, zu Nucifraga hamata Breum gehörte, das 
andere zweideutig zwischen N. macrorhynchus und brachyrhymehus 
Brenm stand. Auch 1850 war wieder eine Menge von Lang- 
schnäbeln in Franken und der Oberpfalz vorhanden, und befand 
sich unter den mir gelieferten Stücken nur eine einzige N. brachy- 
rhynchus Breum. Gewöhnlich erscheint er im Striche Ende 
August und Anfang September und im Oktober und verläfst uns 
bald wieder, da er frühzeitig an sein Fortpflanzungsgeschäft 
geht. 

Wolf erhielt 1804 den 12. September einen lebenden Tannen- 
häher, den er eine Zeit lang im Käfig erhielt und mit Milch und 
Brot fütterte. Dann gab er ihm Hanf, den der Vogel sehr begierig 
frafs, wie er denn ein starker Fresser war. Der Hanf war ihm 
zu hitzig und zog ihm den Tod zu. Der Unrat wurde hart, der 


Vogel bekam Stöcken und in der Luftröhre hörte man ein Röcheln. 
2 


132 Ordnung III. Oscines. Singvögel. 


Haselnüsse zerklopfte er sehr, konnte sie aber nicht öffnen. Birnen 
und Eicheln frals er nicht, letztere vielleicht deswegen nicht, weil 
sie nicht ganz reif waren. Am 26. Oktober 1804 erhielt Wolf 
wieder einen lebenden Tannenhäher, dem er einen lebendigen Zeisig 
in den Käfig gab. Sobald ihn der Häher sah, fuhr er äulserst 
gierig auf sein Opfer zu, packte den Zeisig, zerknickte ihm den 
Kopf und rupfte die Federn aus, wobei er die starken umbog 
und auf diese Art auszuziehen suchte Dann rils er Stücke 
herunter und frals sie, während er mit dem einen Fuls den Zeisig 
hielt. Auch dem Vogelfänger frals er auf dem Herde einen 
-Zeisig. Sein Geschrei kräk, kräk, kräk liels er besonders hören, 
wenn im Zimmer ein Geräusch gemacht wurde. In einem kreuz- 
schnäbeligen Tannenhäher vom Schwarzwalde fand Dr. A. Günther 
eine Maus. In den Kröpfen und Mägen erlegter fanden wir 
Haselnüsse, manchmal zehn bis zwölf unversehrte verschiedene 
Insekten, Diptera, Caraben, @Geotrupes stercorarius et sylvaticus, 
Helops, Curculioniden (Brachyderes incanus), Bostrichinen (Aylurgus 
piniperda), Spinnen, Torficula auricularia, Locusta viridissima, 
25 grüne, einen Zoll lange, unbestimmbare Schmetterlings- 
raupen. 

(Aulser den oben erwähnten Wanderzügen von Tannenhäher 
im Jahre 1844 und 1850 sind solche in Bayern noch beobachtet 
1802, 1803, 1804, 1807, 1814, 1821, 1835, 1849, 1851, 1861, 
1868, 1875 und 1885/86. Zahlreich wurden sie in diesem Winter 
beobachtet, so in der Nähe von Augsburg, bei Diedorf, im Mindel- 
thale, bei Lauingen, Wellenburg, Dinkelscherben, Türkheim, 
Schönebach, Gersthofen, Langenneufnach, Öttingen, Sulz bei Rain, 
Schwendi, Lechhausen, Obergriesbach, Thorhaus Aurora bei Essel- 
bach im Spessart, Bayreuth, Burgpreppach, Ebrach im oberfrän- 
kischen Steigerwalde, Aschbach, Mönchherresdorf, Koppenwied 
und bei München. Der grölsere Teil der erlegten Exemplare 
gehörte der langschnäbligen Form an, Nucifraga caryocatactes (L.) 
leptorhynchus, R. Blas., die von Sibirien her in Europa einzu- 
wandern pflegt. Die in den bayerischen Bergen brütende Form 
ist die diekschnäblige Nucrfraga caryocatactes (L.) pachyrhynchus, R. 
Blas. — R. Bl.) 


12. Familie. Häher. 133 


Genus 46. Pica Briss. 


105. PICA CAUDATA L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 168. n. 150, — 
Verz. 8. XLV. 


Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, II. S. 101. 
Taf. 56. Fig. 2. 


Elster, Alster, Aglaster, Atzel, Hatzl, Hätz, Hätzl, Gückerhätzel, 
Küäckerätz, Kägersch. 


Farbenvarietäten sind bei diesem gemeinen Vogel keine 
grolse Seltenheit. Ich sah ganz weilse, eine weilse, bei der alles 
Schwarz durch mehr oder minder dunkles, schmutziges Braun- 
gelb vertreten war, eine chamoisfarbene mit schwarzem Schnabel 
und schwarzen Fülsen. Ich besafs ferner eine Elster, deren 
Unterschnabel drei Linien länger als der obere normal lange war. 


In Vorhölzern, Feldhölzchen, Auenwaldungen und Gärten in 
der Nähe der Dörfer und Städte, sogar in den Dörfern ein gewöhn- 
licher Standvogel. So schlau und scheu die Elster ist, so dreist 
ist sie bei dem Nestbau. Im Garten eines meiner Bekannten 
suchte ein Paar mehrere Jahre nacheinander sich häuslich nieder- 
zulassen. Da er für die im Garten brütenden Singvögel fürchtete, 
lies er den begonnenen Nestbau dieser berüchtigten Eierplün- 
derer zerstören, gleichwohl wiederholten sie immer von neuem 
die Arbeit, bis sie endlich durch wiederholte Schreckschüsse ver- 
trieben wurden und sich etwa 40 Schritte von jenem Garten ent- 
fernt auf einem in einer Wiese vereinzelt stehenden ganz niedri- 
gen Erlenbäumchen ansässig machten. In einem Pfarrdorfe baute 
sich ein Paar auf einer etwa 30- bis 40jährigen lombardischen 
Pappel hart an einem alten, als Schulhaus benutzten Schlosse 
an. Als die Alte brütete, schols ein Forstbeamter in das Nest. 
ohne diese oder die Eier zu beschädigen. Das Weibchen kam 
wieder und brütete fort. Die fast flüggen Jungen liels der Orts- 
lehrer ausnehmen, aber aus Mitleid wieder zurückbringen, worauf 
sie die Alte vollends grols fütterte. Im Frühjahr darauf waren 
vom Neste nur noch spärliche Reste vorhanden; die Elstern 
bauten es wieder aus und brüteten aufs neue darinnen. In einem 
Dorfe nahe bei hiesiger Stadt brütet ein Paar in der Hofraithe 
eines grolsen Bauerngutes und Gasthauses im Gipfel einer 
Pappel. 


134 Ordnung III. Oscines. Singvögel. 


In erlegten fanden wir Körner verschiedener Getreidearten, 
Schlehensteine, Eicheln, Reste kleiner Vögel (Meisen) und Säuge- 
tiere (Mäuse), Darmstücke von geschlachteten Schweinen, allerlei 
Käfer (Carabus, Staphylinus, Curculio) und Feuerwanzen (Pyrrho- 
coris apterus), welche sie im ersten Frühjahre am Fulse von 
Mauern und alten Lindenbäumen fängt. Sie raubt ausgeflogene 
junge Staare, geht im Winter selbst Menschenkot an und fällt 
auf das Aas. Bei einem Dorfe hiesiger Gegend wurde die Leiche 
eines neugeborenen getöteten Kindes durch eine auf demselben 
sitzende Elster entdeckt. Im Oktober sah ich mehrere Elstern- 
paare in Weilskrautäckern auf den Krautköpfen sitzen, dieselben 
zerzausen, Blattstücke abreilsen, zur Seite werfen und mit den 
Schnäbeln tiefe Löcher in die Köpfe bohren. Sie suchten Herz- 
würmer, die Raupen der Kohleule (Noctua brassicae) und thaten 
damit grolsen Schaden an vielen Köpfen, so löblich auch die 
Absicht war. 


Genus 47. Corvus L. 
a) Dohlen. 
106. CORVUS MONEDULA L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 169. n. 151. — 
Verz. 8. XLV. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, I. S. 9. 
Taf. 56. Fig. 1. 


Dohle, Dähle, Dälche, Dalle, Dallig, Deilche, Dachl, Dacherl, 
Dacherle, Dulle, Gotz, Turmwvögele. 


Varietäten sind bei diesem gemeinen Vogel nicht sehr selten. 
Ich sah solche mit schneeweilsem Gefieder, blauen Augen, weilsem 
Schnabel und weilsen Fülsen. Anfang Juni 1880 wurde mir 
eine lebende, noch nicht flügge Junge mit partiellem Leucismus 
gebracht. Der Schnabel war jederseits zur Hälfte der Länge nach 
weils, die Kralle der mittleren Zehe des rechten Fulses ebenfalls 
der Länge nach einerseits weils, andererseits schwarz. Zu beiden 
Seiten der Augen am Unterrande des schwarzen Scheitels stand 
ein weilser Streif. Eine Dohle mit Kreuzschnabel besals einer 
meiner Freunde. 

Die Dohle ist Stand-, Strich- und Zugvogel. Ein grolser 
Teil der in den Städten wohnenden bleibt nämlich im Winter, 


12. Familie. Häher. 135 


selbst in dem strengsten bei uns, viele aber, nämlich die in den 
Wäldern brütenden, ziehen im Herbst mit den Saatraben gesell- 
schaftlich fort und kommen mit ihnen Mitte Januar bis spätestens 
im März wieder zurück. In sehr kalten Wintern dringen einzelne 
Dohlen in Taubenschläge ein und 1879/80 wurden sie durch die 
grolse Kälte und den vielen Schnee so in Notstand versetzt, dals 
sie 2 Futterplätze täglich besuchten, welche ich für die hungern- 
den Wintervögel auf einem Bluimengestelle vor dem Fenster 
meiner Wohnstube und auf einem Fenstergesimse zwischen dem 
inneren und dem geöffneten Vorfenster zugerichtet hatte. In 
höchster Eile kommend und wieder verschwindend, holten sie hier 
die hingelegten Speisereste. 

Sie nisten auf Kirchtürmen, hohen Gebäuden, alten Schlössern 
in Städten und Dörfern, in Felsenspalten und Höhlen der frän- 
kischen Schweiz, des Nürnberger Gebirgslandes, in den Lech- 
felsen bei Schongau, in hohlen Buchen, Eichen und Föhren, aus 
denen sie die Hohltauben vertreibt, im Spessart, Steigerwald, 
Nürnberger Reichswald etc. und in Saatkrähen-Kolonien in den 
Hohlräumen zwischen den dicht an- und übereinander gebauten 
Krähennestern. Auf einem der hiesigen Kirchtürme tragen die 
Dohlen als Liebhaberinnen farbiger Gegenstände von dem nahen 
Gottesacker das weilse, rosarote und kornblaue Seidenpapier der 
Totenkränze als Nestmaterial zu dem bunten Gemisch von 
Reisig und Kälberhaaren, Stroh, Heu und Federn. Auf einem 
Kirchturme Mittelfrankens hatten sich die Dohlen so vermehrt, 
dafs die Turmuhr durch den Mist und das Geniste in ihrem 
Gange gehindert wurde, weshalb man alle Öffnungen des Turmes 
und Langhauses mit Drahtgittern versah, und die Dohlen aus- 
wandern mulsten. Nur ein Paar blieb und siedelte sich nach 
langem Kampfe mit Konkurrenten im Turmknopfe an, der ein 
grolses Kugelloch hat, welches von den Dohlen mit vieler Mühe 
passierbar gemacht wurde. Mehrere Jahre hinter einander fanden 
Kämpfe um diesen prächtigen Wohnsitz statt. 

Auf den Türmen von Augsburg waren 1840 noch keine 
Dohlen; nur auf Türmen der nahen Dörfer nisteten sie da und 
dort. Die ersten siedelten sich auf dem St. Ulrichsturme an, 
und als dieser der angewachsenen Bevölkerung nicht mehr hin- 
reichende Nisträume bot, wanderte das junge Volk auf die Türme 
der Moritzkirche, des Doms und Rathauses u. s. w. aus. Ende 
der 60er und in den 7Ver Jahren mehrten sie sich derart, dals 


136 Ordnung III. Öscines. Singvögel. 


sie kaum einen Platz mehr zum Nisten fanden und es im Früh- 
jahre heifse Kämpfe unter sich selbst und mit den Turmfalken 
absetzte. 1874 erschien daselbst in dem Garten des Majors W. 
in der Nähe des Doms ein schwarzes Eichhörnchen und trieb 
sich längere Zeit dort und in Nachbarsgärten umher. Eines 
Tages hörte der Major ein grolses Geschrei von Dohlen und 
sah, als er der Ursache nachforschte, dals das Eichhörnchen 
von mehreren Dohlen verfolgt wurde, die stets darauf herab- 
stielsen. Es sprang von Ast zu Ast fortwährend unter den 
Schnabelhieben seiner Verfolger und sichtlich matter werdend. 
Der Herr Major holte die Flinte, um die Dohlen zu verjagen, 
sah aber, in den Garten zurückgekehrt, gerade noch, wie eine 
der Dohlen das anscheinend tote Eichhörnchen im Schnabel 
nach der Domkirche forttrug und die übrigen Dohlen dem Räuber 
folgten. 

Zur Zeit der Heuernte, der Weizen- und Dinkelreife, der 
Schnitternte, der Kirschen-, Zwetschgen- und Traubenreife schlagen 
sie sich oft zu grofsen Scharen zusammen und treiben sich, 
ohne dals auch nur ein Stück in den Städten zurückbliebe, 
wochenlang in fruchtbaren Gegenden auf Äckern und Wiesen, 
in Weinbergen und Obstländereien und des Nachts in den 
Wäldern umher, um Heuschrecken und Kerfe auf den Wiesen 
zu haschen, halbreife, in der Milch stehende Dinkel- und Weizen- 
ähren, Obst und Trauben zu naschen. Ihr Verschwinden wird 
dann, so gewöhnlich auch die Erscheinung ist, zu Zeiten von 
abergläubischen Leuten mit grofser Besorgnis bemerkt. So ver- 
schwanden Ende Juli 1848 aus Nürnberg alle Dohlen, eine Ver- 
anlassung banger Befürchtungen und der Prophezeiung von 
einer über die Stadt kommenden Pest. Anfang September kamen 
aber ‚die Dähla“ zur Freude der Besorgten wieder und blieben 
den ganzen Winter da. Dafs mit ihrem Verschwinden aus den 
grolsen Städten manchmal auch der Ausbruch einer Epidemie, 
der Cholera, zusammentrifft, ist wohl selbstverständlich; hat doch 
auch der Seidenschwanz seit dem berühmten Konzil zu Kostnitz, 
wo er auch erschien, der deutschen Leichtgläubigkeit mancherlei 
Dinge, die französische Revolution, die Schlachten bei Austerlitz 
und Jena, das grofse Frostwetter an der Berezyna und die be- 
rühmten Feuerwerke bei Leipzig und Waterloo u. s. w. richtig 
vorhergesagt (Oberforstrat Fischer im »Sylvan« 1817/18). Im 
letzten Drittel des August 1854 wurden die Dohlen in Nürnberg 


12. Familie. Häher. 131 


immer weniger, entfernten sich abends aus der Stadt und hielten 
sich des Nachts in den dichten Laubkronen sehr alter hoher 
Bäume (Linden etc.) auf der Allerwiese auf. In der letzten 
Augustwoche verlielsen sie alle die Türme der Stadt, angeblich 
aus dem Grunde, weil darin die Cholera ausgebrochen war. In 
demselben Jahre herrschte die gefürchtete Seuche auch in München 
ganz unter denselben Erscheinungen in der Vogelwelt. Die 
Wiederkehr der Dohlen wurde auch hier von der geängsteten 
Bevölkerung mit grolser Freude begrülst und beruhigte viele 
Gemüter als ein sicheres Anzeichen des Erlöschens der Seuche, 
was auch eintrat. Während der Cholerazeit 1873 waren die 
Dohlen aus München abermals verschwunden, kehrten aber gegen 
Erlöschen der Hauptepidemie des Sommers zurück und blieben 
während der viel stärker auftretenden Nachepidemie, während 
Familien und alleinstehenden Personen in die Ortschaften am 
Fulse des Gebirges und‘. an die Seen flüchteten, in der Haupt- 
stadt und umkreisten lustig schreiend die Frauentürme. Ober- 
ingenieur Jul. Müllern berichtet über das nämliche Phänomen 
während der Choleraepidemie zu Przemysl in Galizien (26. Sep- 
tember bis Ende November 1872). Die Dohlen verlielsen etliche 
Tage vor Ausbruch der Seuche die Stadt und Umgegend und 
kehrten am 30. November an ihre Wohnstätten zurück, worauf kein 
neuer Sterbefall mehr vorkam. (Zoologischer Garten 1873. S. 32). 

Da sich im Sommer 1818, dem ersten Weinjahre nach 1811, 
die Dohlen und Staare in Franken in angewachsener Ueberzahl 
vermehrt hatten und in verschiedenen Gegenden den Feldfrüchten . 
und später zur Weinbeerreifezeit in den Weinbergen grolsen 
Schaden thaten, so wurden unterm 20. Juli 1818 die Polizei- 
behörden des damaligen Unter-Mainkreises ermächtigt, für jede 
Ortsgemarkung, in deren Umfang sich dieses Übel der über- 
srolsen Menge dieser Vögel zeigte, einige rechtschaffene und 
verlässige Männer aus der Gemeinde aufzustellen, welche, mit 
eigenen Polizeikarten versehen, mit Flinten zum Wegschielsen 
dieser Vögel umhergehen durften. Auch dem kgl. Fortstpersonal 
wurde zur verlälsigeren Erreichung einer bedeutenden Verminde- 
rung ein besonderes Schulsgeld angewiesen und den Jagdpächtern 
gegenüber der Wunch ausgesprochen, dals auch sie sorgfältig 
hierzu mitwirken möchten. 

In der Gegend von Gräfenberg (Ober-, Mittel- und Unter- 
rüsselbach) kamen einst viele Hunderte von Dohlen zur Zeit der 


138 Ordnung III. Öscines. Singvögel. 


Kirschenreife an, plünderten die Bäume und wurden nur mit 
vieler Mühe endlich durch fortgesetztes Schielsen vertrieben. 

1872 und 1878 (zwei ausgezeichnete Zwetschgenjahre) thaten 
sie und in ihrer Gesellschaft Staare in den hiesigen Gärten Schaden 
an den reifen Zwetschgen. Auch zur Nistzeit im April richten 
sie an Reineclauden- und Zwetschgenbäumen durch das Auffulsen 
auf den teilweise schon blühenden, teilweise stark knospenden 
Trieben, durch Abbrechen derselben zum Nestbau und durch 
das Schlagen mit den Flügeln während des auf schwankendem 
Reise vorgenommenen Abbrechens Schaden an. 

Einer meiner Freunde zog als hiesiger Lateinschüler eine 
junge Dohle auf und liels sie nach ihrem Belieben frei umher- 
fliegen. Grols geworden, mischte sie sich unter ihre wilden 
Kameraden, flog aber, wenn ihr Pfleger am Rathause vorüber- 
ging und sie rief, sofort auf seinen Arm herab, blieb sitzen, bis 
er in das Schulgebäude eintrat, kam an das Fenster des Lehr- 
zimmers und klopfte an. Einmal fuhr der junge Mann sehr 
früh nach einem über zwei Wegstunden entfernten Orte; die 
Dohle folgte dem Wagen bis an das Reiseziel, verirrte sich aber in 
der Zeit bis zur Rückkehr und verunglückte wahrscheinlich; denn 
sie kehrte am Abend nicht zurück und ward nicht mehr gesehen. 

Ein Protokoll der Naturhistorischen Gesellschaft Nürnberg 
aus dem Jahre 1825 enthält folgende Stelle: Eine interessante 
Verhandlung bot eine am 3. Februar beobachtete ungewöhnlich 
groise Ansammlung von Dohlen (Corvus monedula) auf der 
_ Lorenzer Kirche, deren lärmende Aufführung der ganzen Lorenzer 
Stadtseite Ärger und Kopfweh verursachte. Hierbei wurde die 
wichtige Thatsache erörtert, dafs noch vor 70 Jahren diese Dohlen 
(Dacherle) in Nürnberg eine Seltenheit waren. In der „An- 
weisung, alle Arten Vögel zu fangen, Nürnberg 1754“, heilst es: 
„In Regensburg, zu Altenburg, Halle u. a. ©. brüten diese 
Dohlen in grolser Menge; hingegen in der grofsen Stadt Nürn- 
berg und anderen an Situation Regensburg gleichkommenden 
Orten sind keine oder wenige; ein gewisses Zeichen, dafs diesem 
Vogel solche Orte wegen des Frostes oder einer andern Ursache 
die man nicht weils, ganz unanständig sein müssen.“ Zugleich 
hob der gut beobachtende Referent Diac. Osterhausen her- 
vor, dals in den Monaten Juli, August und September fast alle 
Dohlen Nürnberg verlassen, um auf den entfernten, frisch ge- 
ackerten Feldern Nahrung zu suchen. 


12. Familie. Häher. 139 


b) Krähen: 
107. CORVUS CORONE Lath. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 169. n. 153. — 
Verz. 8. XLV1. 
Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, II. S. 54. Taf. 
53. Fig. 2 — XIH. Nachträge S. 203. 
Krähe, Krapp, Krack, Krache, Kroha, Krahon, Rab, Mistvogel. 

Ganz weilse, gescheckte, normal gefärbte, mit mehreren weilsen 
Schwungfedern in einem oder in beiden Flügeln, braungraue, 
auch braune mit weilslichen Flügeln und Exemplare mit Kreuz- 
schnabel-Milsbildung sind mir teils im Freien, teils in Samm- 
lungen vorgekommen. 

Ein gemeiner Stand- und Strichvogel. Krähennester fand 
ich öfter ganz in der Nähe der menschlischen Wohnungen, 
auf einem alten Birnbaume meines Hausgartens, einen Büchsen- 
schuls davon auf hohen alten Eichen, die am Damme des 
Schlofsgrabens nahe dem alten Schlosse Sommersdorf standen, 
und in der Zwiesel eines jungen Eichenstammes am dortigen 
Meiereihofe, etwa 20 Fuls hoch vom Boden. An letzterem 
Neste ging der Schaftrieb und ein nicht wenig benutzter 
Feldweg vorbei und hatte sich das brütende Weibchen so 
sehr an den Verkehr gewöhnt, dafs es zuletzt auf den Eiern 
sitzen blieb, wenn Landleute und Fuhrwerke jenseit des schmalen 
Mühlbaches höchstens zehn bis zwölf Schritt an der Eiche vor- 
beikamen. So scheu und vorsichtig die Krähe sonst ist, so kann 
sie doch auch so dreist und übermütig werden, dals sie ihr 
Leben auf das Spiel setzt, wie nachstehender Vorfall beweist. 
Anfang September 1841 besuchten Stiftsverwalter H. von Selb 
in Oberfranken und Mechanikus H. von Eckersreuth die Eckers- 
reuther Rittergutsjagd mit einem kleinen Dachshunde, den sie 
beim Durchsuchen gebrauchten. Auf den Feldern sitzende 
Krähen neckten den Hund, indem sie ihn bis auf einige Schritte 
anlaufen liefsen, dann aufstanden, nach kurzem Fluge sich wieder 
setzten und endlich anfingen, auf ihn zu stolsen. Die Dreistig- 
keit einer Krähe ging dabei so weit, sich auf den Hund in der 
Art zu stürzen, dals sie von ihm in einem kleinen 'Sprunge er- 
griffen werden konnte. Während nun dieser mit dem Erwürgen 
des vorwitzigen Vogels beschäftigt war, sammelte sich die kräch- 
zende Schar in der Luft und erhob ein heftiges Geschrei über 


140 _ Ordnung III. Oscines. Singvögel. 


den Tod ihres kühnen Gesellen, dabei sich sorgfältig in acht 
nehmend, dem Hunde, welchen sie zuvor zu verachten schienen, 
zu nahe zu kommen. (Allgem. Forst- und Jagdzeitung von Steph. 
Behlen, k. bayer. Forstmeister. 11. Jahrgang, S. 199). 

Wenn bei Flufsfischereien der Unrat (Krebskraut u. s. w.) 
aus den Schleppnetzen auf Haufen an das Land geworfen wird, 
erscheinen sofort nach dem Weggange der Fischer die Krähen, 
zerwerfen die Haufen wieder und holen die darin steckende 
Fischbrut, kleine Krebse und anderes heraus. Werden Bach- 
mühlen gestellt, sind die Bäche abgelaufen und viele Fische (Lota 
vulgaris, Gobio flwviatilis, Rhodeus amarus, Alburnus lucidus, Leu- 
ciscus rutilus, Squalius cephalus et lepusculus, Cobitis barbatula u. a.) 
auf das Trockene oder in seichte Lachen geraten, so sind alsbald 
die auf alle Vorgänge in Feld und Flur aufmerksamen Krähen 
da und machen sich selbst an ziemlich starke Fische. Bei Über- 
schwemmungen nehmen sie die durch Schwimmen sich rettenden 
Mäuse in Empfang und töten sie, durchsuchen das angetriebene 
Uferspülicht nach Käfern aller Art, fangen die in Lachen zurück- 
gelassenen Fische, tragen die auf die Wiesen und Flufsufer hinaus- 
gestolsenen Muscheln weg oder öffnen sie an Ort und Stelle mit 
kräftigen Schnabelhieben hinter die Wirbel und fressen die Schalen- 
tiere heraus. Sind im Winter die Flüsse bis auf enge Rinnsale 
in der Mitte zugefroren, so lauern sie am Rande des Eises oder 
steigen, nach Frals spähend, umher, machen einen kurzen Flug 
über das Wasser, flattern über demselben, hacken emsig im durch- 
sichtigen Eise nach einem eingefrorenen Fischlein oder grölseren 
Wasserkäfer, fahren nach eingetretenem Eisstols auf Eisschollen 
lange Strecken flulsabwärts, um etwas Genielsbares zu erspähen, 
kommen bei grolser Kälte vor die Scheuern, in denen gedroschen, 
bis an die Haustennen, wo zahmes Geflügel gefüttert wird, auf die 
Plätze, wo Schweine gestochen und gesengt, und auf die Dung- 
stätten, wohin bei dem Schlachten die Abgänge geschüttet werden. 
Im Winter 1879/80 fand ich unter den hohen Linden und 
. Kastanien der Allee am hiesigen Bahnhofe massenhaft viele Ge- 
wölle, die grölstenteils aus Schweinsborsten bestanden und seltene 
Reste von Feld-, Wald- und Hausmäusen (Arvicola arvalis, Mus 
syWwaticus et musculus) und einzelne Maulwurfsknochen bargen. 
Die Borsten waren auf den Düngerstätten von Dorf und Stadt 
aufgelesen, wohin sie mit den daran klebenden abgeschabten 
Hautteilen der Schlachttiere, deren Darminhalt und anderem 


12. Familie. Häher. 141 


Abfall geworfen worden waren. Mehrere Gewölle bestanden aus 
Borsten und Knochenringen von Luftröhren geschlachteter Gänse. 
Dafs sich die Krähen in Mäusejahren durch Vertilgung vieler 
Feldmäuse nützlich machen und auch sonst vieles schädliche 
Gewürm, Engerlinge u. dgl. verzehren, ist bekannt genug; 
der Schaden, den sie anrichten, ist aber auch nicht zu unter- 
schätzen. Leu sah einst im Winter eine Kette Rebhühner von 
zwölf Krähen verfolgt; eines wurde herabgestolsen, die andern 
entkamen. Das arme Huhn raffte sich noch einmal auf, um zu 
entfliehen, wurde aber von seinen Verfolgern eingeholt, nochmals 
zu Boden gebracht und mit den Schnäbeln bearbeitet, bis es 
liegen blieb und zerrissen und verzehrt wurde. Ein anderes Mal 
war er Zeuge, wie eine Krähe auf einer Wiese vor dem Sieben- 
tischwald einen Ämmerling verfolgte. Dieser flog, so schnell er 
vermochte, aber die Krähe holte ihn zu mehreren Malen ein, 
bis er, durch rasche Wendungen immer wieder einen kurzen Vor- 
sprung gewinnend, endlich eine Pappelallee erreichte, in deren 
dichtem Gezweige er, es war höchste Zeit, seiner Verfolgerin 
entkam. Ein anderer meiner Bekannten sah eine Krähe einen 
Wasserstaar (Cinclus aquaticus) fangen, den sie vom Wasser ab 
in das freie Feld trieb und so lange verfolgte, bis er ermattet 
niederfiel. Die jungen, noch im Neste hockenden Staare zieht 
sie aus den natürlichen Niststätten wie aus den Kobeln hervor, 
fängt die Abflüglinge, raubt frisch gesetzte junge Hasen, wobei 
die alte Häsin ihre Kinder durch mutiges Anspringen nach der 
Räuberin und durch Schlagen mit den Vorderfülsen verteidigt, 
und ist in höchstem Grade lüstern nach Vogeleiern. In grolsen 
Weiherländereien ist zur Brutzeit unter Kiebitzen und Seeschwalben 
immer grolse Aufregung, sobald eine Krähe sich zeigt; ohren- 
betäubendes Geschrei aller dieser Schreihälse ertönt, bis es den 
vereinten Bemühungen gelungen ist, den Störenfried über die 
Grenzen des Gebietes zu jagen, und doch kann man bei jedem 
Gange über die Weiherdämme zahlreiche Schalenreste ausgetrun- 
kener Eier von Rotschenkeln, Kiebitzen, schwarzen Seeschwalben, 
Blessen, grünfülsigen Rohrhühnern, . kleinen Steilsfülsen und 
Knäkenten auffinden. In Reiherständen benutzt die verschmitzte 
Krähe jeden Augenblick, wo durch irgend eine Störung das 
brütende Reiherweibchen den Horst verlassen muls, um Eier aus 
demselben wegzutragen oder den jungen Reihern Speiseüberreste 
zu stehlen. Erfüllt solch ein Anblick den Beobachter mit Wider- 


142 Ordnung III. Oscines, Singvögel. 


willen gegen dieses schwarze Diebsgesindel, so sieht man der 
Geduld mit Vergnügen zu, mit welcher die Krähe eine Walnuls 
oder eine Muschel durch oft wiederholtes Tragen in die Lüfte 
und durch Fallenlassen auf den Boden zu zerbrechen sucht, um 
zu dem leckeren Inhalte zu gelangen. 

In den Mägen erlegter fand ich aulser dem über ihren 
Speisezettel bereits Mitgeteilten noch Getreidekörner (Gerste, Hafer), 
Äpfelstücke, Eicheln, Ebereschbeeren, allerlei Insekten, Ohrwürmer, 
Lauf-, Dung-, Rofs- und Rüsselkäfer (Hylobius abietis u. a.), sam- 
metschwarze Cantharidenlarven, die sie im Spätherbst bei schon 
eingetretenem Frost und leichtem Schnee auf Stralsen und Vizinal- 
wegen fleilsig aufzulesen pflegt, und als Zerreibungsmittel zur 
Beförderung der Verdauung im Winter Stücke von Schnecken- 
gehäusen (Helix nemoralis), Backsteinstückchen bis zur Grölse 
von Meiseneiern und kleine Porzellanscherben, weilse und bemalte. 
Ob es zufällig ist, dafs letztere Gegenstände fast alle buntfarbig 
waren, bleibt dahingestellt. 


108. CORVUS CORNIX L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 169. n. 154. — 
Verz. S. XLVL 
Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, II. 8. 65. Taf. 54. 


Nebelkrähe, Nebelrabe, graue Krähe, grauer Rabe, Graukrack, Öster- 
reicher. 


Ob die Nebelkrähe die nordische Form der gemeinen schwarzen 
Krähe oder eine selbständige gute Art, konnte bis jetzt nicht 
aufgeklärt werden. 

Leu erhielt ein altes Weibchen, deren normal langer Ober- 
schnabel um ein Viertel kürzer als der hypertrophisch entartete 
Unterschnabel ist. 

Sie kommt zu uns selten schon Ende (24.) September und 
gegen die Mitte Oktober (11.), gewöhnlich erst im November, 
und verläfst uns wieder im März, spätestens in der ersten April- 
woche, bleibt aber ausnahmsweise auch den Sommer über bei 
uns und brütet im Fichtelgebirge sogar nicht selten, und zwar 
verpaart mit der schwarzen Krähe. Im Steigerwalde wurde sie 
ebenfalls, doch ganz vereinzelt, im Hochsommer, und in der Ober- 
pfalz von Koch im Jahre 1815 den ganzen Sommer hindurch 
in drei Paaren bei Schwaighausen, Schönleithen und Leonberg, 


12. Familie. Häher. 143 


immer ein graues und ein schwarzes Exemplar beisammen, an- 
getroffen, ohne dafs jedoch die Nester ausfindig gemacht werden 
konnten. Wagler schofs nicht weit von Nürnberg Ende Juni 
auf einen Schuls eine männliche Cornix und eine weibliche 
Corone beim Nest, und bei Hersbruck, im Sulzgau bei Pyrbaum 
und endlich bei Regensburg wurden zuweilen gemischte Paare 
bemerkt. Ich selbst sah einzelne Nebelkrähen bei Ansbach und 
im südlichen Oberfranken bei Neuhaus-Höchstadt a. A. in den 
Sommermonaten Mai bis Ende Juli. Um Würzburg und in ganz 
Unterfranken bis an das Hessische hat sie Winckell während 
eines achtjährigen Aufenthaltes nie bemerkt. 


109. CORVUS CORAX L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 169. n. 155. — 
Verz, S.XLVI. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, II. S. 43. Taf. 53 
Fig. 1. — XIII. Nachträge S. 202. 


Gold-, Kolk-, Kohl-, Aasrabe, gro/ser Rabe. 


In den grofsen Waldungen des Flachlandes, der Hügelregion 
und des Hochgebirges ein sparsam, doch allgemein verbreiteter 
Stand- und Strichvogel, jedes Paar in grolsen Entfernungen vom 
andern wohnend, in vielen Gegenden nur auf dem Striche eine 
sehr seltene Erscheinung. Im Winter kommt er bei Fallmeistereien 
auf das Luder. Im Reiherstande des Schufsbachs, Stadtwaldes 
von Windsheim, horstet ein Kolkrabenpaar, welches in einem 
der letzten Frühjahre, als der Wald durch Vornahme einer Holz- 
abpostung beunruhigt war, und die brütenden Reiherweibchen 
ihre Horste verlassen hatten, in kurzer Zeit vier Eier wegtrug. 
Aus den Mägen erlegter schnitt ich Reste von Feldhasen, eine 
Wanderratte und Schalenstücke von Reihereiern. Als Brutvogel 
verschwindet er mit den alten Holzbeständen aus manchen Ge- 
genden gänzlich und wird auch sonst als der niederen Jagd sehr 
schädlich nicht geduldet. Früher nistete er auch auf dem Schenken- 
turm bei Würzburg. In den fünfziger Jahren sah man einen 
gezähmten, sehr verständigen Vogel dieser Art auf dem Markte 
in Würzburg sich herumtreiben, der allgemeinen Schutz genols 
und unter dem Namen »Polizei-Krak« bekannt war, da er nachts 
im Polizeihof seine Schlafstätte hatte. Gegen Angriffe von Strafsen- 
hunden wulste er sich sehr gut zu wehren (Dr. Leydig). 


144 Ordnung III. Oscines. Singvögel. 


110. CORVUS FRUGILEGUS L.* 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 169 n. 156, — 
Verz. S. XLVI. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, II. S. 78. Taf. 55. 
— XII. Nachträge. S. 203. 


Saat-, Wurmkrähe, Nacktschnabel. 


Büchele in Memmingen erhielt eine Saatkrähe mit Kreuz- 
schnabel, die nur dadurch Nahrung aufzunehmen im stande war, 
dals sie den Kopf seitwärts bis auf den Boden drehte und mit 
dem hintersten Teile der beiden Kinnladen packte. Der Ober- 
schnabel war der Krümmung nach gemessen 6,5 cm, der Unter- 
kiefer 9,2 cm lang und ragte letzterer 3,1 cm über die Spitze des 
Oberschnabels hinaus. 

In manchen Gegenden in grofsen Kolonien brütend, findet 
sie sich in weiten Landstrichen entweder nur auf dem Striche 
oder auf dem Zuge. Die bei uns den Sommer hinbrachten, ziehen 
im Herbst, Ende Oktober gewöhnlich, in grofsen Heerhaufen bei 
prachtvollem Wetter himmelhoch unter lautem Geschrei und 
öftere Kreise beschreibend, Schar auf Schar von Ost nach West 
oder Südwest fort und kommen Ende Februar bis Mitte März, 
von West nach Ost und Nordost streichend, wieder zurück. Die 
grolse Höhe, in welcher solche Scharen fliegen, benimmt dem 
vielhundertstimmigen Gekrächz der Saatkrähen viel von seiner 
Rauheit und hören sich die verschiedenen Soprane und Bässe, 
untermischt mit dem hellen Ruf der Reisegesellschaft leistenden 
Dohlen gar nicht übel an. Die bei uns in Scharen überwinternden 
Saatkrähen sind wohl alle nordische Zuzügler, die uns im Früh- 
jahr wieder verlassen. 

Ihre Wohnplätze, insgemein Krähenhölzchen genannt, sind 
durch den Forstbetrieb vielfachem Wechsel unterworfen. Zu 
markgräflichen Zeiten waren die Rügen, so nannte man sie im 
Ansbachschen, im Mönchswalde bei Lindenbühl sehr häufig, und 
wurden alljährlich zur Zeit des bevorstehenden Abfliegens der 
Jungen grolse Jagden abgehalten. Auf manchen Fohren standen 
15 bis 20 Nester, und wurden an einem Tage 200 bis 300 Junge 
geschossen, welche von armen Leuten, nachdem sie den Vögeln 
die Haut abgezogen, in Essig gebeizt und begierig verspeist wurden. 
Durch Holzfällung von dort vertrieben, siedelten sie sich in einem 


12. Familie. Häher. 145 


den Freiherren Schenk von Geyern zu Syburg gehörigen, auch 
schon längst niedergeschlagenen und in Felder verwandelten Holze 
bei Grofsenried (Herrieden) an und erhielten dort von den Be- 
wohnern, welche die Vögel in dem bei Syburg heute noch vor- 
handenen, aber wegen des Holzhiebs von Jahr zu Jahr abneh- 
menden Krähenholze kennen lernten, den Namen »Syburgerg, 
eine Bezeichnung, welche noch jetzt älteren Männern gebräuchlich 
ist. Gegenwärtig brüten sie in Feldhölzern am Bahnhofe Triels- 
dorf und im nahen Espachhölzchen bei Weidenbach, von wo ich 
ihr wüstes Geschrei an hellen Morgen bei Ostwind auf eine viertel- 
stündige Entfernung bis herauf nach Sommersdorf vernehmen 
konnte. Es würde zu weit führen, alle mir bekannt gewordenen 
Örtlichkeiten Frankens, Schwabens und Altbayerns anzuführen, 
wo die Saatkrähen in den langen Jahren meiner Beobachtungen 
genistet haben und noch nisten; doch will ich anführen, dafs 
ich Krähenhölzchen in Unterfranken (Mainbernheim und Markt- 
steft), in Mittelfranken in der Gegend von Uffenheim (Seenheim), 
bei Rothenburg o. d. T. (Mörlbach), bei Wassertrüdingen, Weilsen- 
burg (Thalmessingen) und in Schwaben (Wemding) besucht habe. 
In der Gegend von Nürnberg war eine Brutkolonie auf den 
höchsten Fohren im Layer Wäldchen bei Fürth, woselbst Wolf 
in den Jahren 1799 und 1800 Junge und Alte schols. Auch 
Wagler erwähnt in den 30er Jahren ihr Nisten bei Nürnberg 
und dafs er dort Saatkrähen zu jeder Jahreszeit geschossen habe. 
Jetzt fehlt sie jener ganzen Gegend im Sommer gänzlich. 

Sobald die Heuernte vollendet ist, kommen im letzten Drittel 
des Juni grofse Scharen auf die Aischwiesen, wo ihnen in einer 
Unzahl von Heuschrecken und Käfern, denen sie jetzt erst nach- 
stellen können, eine reiche Tafel bereitet ist. So lange die Wiesen- 
gräser noch hoch auf dem Halme stehen, ist für sie die Kerb- 
tierjagd noch nicht offen. In der Getreide-, namentlich in der 
Weizen- und Dinkelernte fallen sie schon auf das Geschnittene, 
nicht um der Körner, sondern ebenfalls um der Insekten, Säbel- 
heuschrecken, Nacktschnecken und Regenwürmer willen. In den 
oberen Altmühlgegenden bedeckten sie zu dieser Zeit in Scharen 
zu Tausenden, mit Dohlen untermischt, die Felder, kehrten spät 
am Abend in die Krähenhölzer bei Triefsdorf-Weidenbach, in den 
Hirschpark daselbst und in den Mönchswald zurück und zogen 
am frühen Morgen, regelmälsig dieselbe Luftstralse einhaltend, 
thalaufwärts am Pfarrhause zu Sommersdorf vorbei. 

Jäckel, Die Vögel Bayerns. 10 


146 Ordnung III. Oscines. Singvögel. 


Wegen des vermeintlich höchst bedeutenden Schadens, den 
die Saatkrähen und ihre gemeinen Artverwandten und Elstern 
am Feldbau und der nicderen Jagd anrichten sollten, mufste im 
ehemaligen Fürstentum Ansbach jeder Oberförster oder Wildmeister 
jährlich 100 Paar Krähenfänge und jeder Streifer oder Grenz- 
schütze jährlich 50 Paar unentgeltlich liefern. Was an dieser 
Zahl etwa fehlte, wurde dem Betreffenden an seinem Pürschgelde 
abgezogen. Statt drei Paar Krähenfänge durfte ein Paar grolse 
Raubvögelfänge geliefert werden. Manche Förster lieferten aulser 
ihrem unentgeltlichen Deputat noch 3- bis 400 Paare a 21% Kreuzer 
ab. Wie erwünscht mögen damals den Förstern die Krähen- 
kolonien in ihren Waldungen gewesen sein! Noch in neuerer 
Zeit liefs ein Forstbeamter meiner Bekanntschaft in einem Jahre 
750 Junge aus den Nestern nehmen und erhielt 25 Gulden Prämie 
für die eingelieferten Fänge. 

In den Mägen vieler erlegter fand ich nur im Spätherbst 
spärliche Mäusereste, sonst nur Getreidekörner, Hanf, Obst (Cor- 
nelkirschen) und in vielen Hunderten von Sommergewöllen nur 
Käferpanzer und sonstige Insektenreste, nie einen Vogel oder 
jungen Hasen. Ein von den Überschwemmungen der Altmühl 
nie erreichter Wiesenkomplex, der wegen seiner Trockenheit von 
den Mäusen sehr gesucht war, der sogenannte Mäusebuck zwischen 
Sommersdorf und Thann, war einst, wie die Landleute behaupteten, 
von den Saatkrähen ganz verwüstet worden. Die Grasnarbe war 
grolsenteils vertrocknet, so dals man die dürren Stäudchen als 
Streu zusammenrechen konnte. Die Erbitterung gegen die Krähen 
war deshalb grofs; denn täglich sah man die Racker auf der 
Wiese mit dem Ausziehen der Grasstauden, mit Hacken und 
Bohren beschäftigt. Da führte ich eines Tages die männliche 
Schuljugend auf die verwüstete Stätte, liels sie ebenfalls Grasstauden 
auf absterbenden Stellen ausziehen und einige Quadratfuls Wiesen- 
landes durchwühlen, sammelte die in staunenswerter Menge vor- 
gefundenen Engerlinge und belehrte sie über die heimlichen Feinde 
des dürren Mäusebucks und über das nützliche Wirken der Krähen. 
Leider nutzen solche Belehrungen wenig oder nichts. Naumann 
fand in seiner Krähenkolonie im eigenen Walde, wo 1846 ca. 2300 
Junge erlegt werden konnten, ein Rebhühnernest am Stamme 
eines mit mehr als einem halben Dutzend Nestern besetzten Baumes; 
ein anderes Mal auf ähnlichem Standorte im Gesträuche das Nest 
der Mönchgrasmücke, und kamen die Hühner wie die Grasmücken 


12. Familie. Häher. 147 


ungestört und glücklich auf. Die Saatkrähe ist der Nichtsnutz 
nicht, als der sie aus Unkenntnis unter den Landwirten aus- 
geschrieen ist; für die Jagd vollends ist sie unschädlich, und könnte 
die Feldjagd bei Arberg-Trielsdorf unmöglich zu den besten des 
mittelfränkischen Kreises gehören, wie dies thatsächlich der Fall 
ist, wenn die dort Jahr aus Jahr ein höchst gemeinen Saatkrähen 
gefährliche Feinde der Rebhühner und Feldhasen wären. Dafs 
sie im Frühjahre, wo es ihnen an Käfern und Gewürm noch 
mangelt, Schaden an den besamten Feldern anrichten, will nicht 
in Abrede gestellt werden. 


Genus 48. Pyrrhocorax Cuv. 
111. PYRRHOCORAX ALPINUS Vieill. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 170. n. 157. — 
Verz. S. XLVI. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, I. S. 107. Taf. 57. 
Fig. 1. — XII. Nachtr. S. 211. — Fortsetzung der Nachtr. S. 41. 


Bergrabe, Berghäher. 


Er bewohnt gesellschaftlich die höchsten Felsen des bayerischen 
Hochgebirges in dessen ganzer Ausdehnung von Immenstadt bis 
Berchtesgaden als ein sehr gemeiner Stand- und Strichvogel. 
Seine Sommerwohnplätze verlälst er nur im Winter und kommt 
dann in die Thäler und Ebenen herab, kehrt aber am Abend 
jedesmal wieder in die Berge zurück. 


Nach Altum erstreckt sich der Verbreitungsbezirk der Steinkrähe (F're- 
gilus graculus L.) im Norden als Brutvogel sogar bis Oberbayern. Dort kennt 
sie nach seiner Versicherung jeder, namentlich von ihrem Aufenthalte im 
Winter auf Äckern und Wiesen der Thäler. Sie soll weniger gesellig sein 
als die Alpendohle, doch habe er einen Schwarm von 15 bis 15 Stücken ge- 
sehen. Will man dem alten Gefsner Glauben schenken, so haben allerdings 
zu dessen Zeit die Steinkrähen in Bayern gewohnt, weil er anführt, dafs man 
sie daselbst »Steintahen« (Steindohlen) nennt. Prof. Dr. Wolf und Kreis- 
forstrat Koch führen sie, der eine 1810, der andere 1816, als eine Bewohnerin 
der höchsten bayerischen Alpen auf. Nach dem Rückfall Tirols an Österreich 
wurde aber Koch ungewils, ob sie noch als bayerischer Vogel angesehen 
werden könne. Sie ist jedoch schon in Nordtirol selten und fehlte der ornitho- 
logischen Sammlung in Innsbruck noch im Jahre 1855. Auch kennt sie 
v. Tsehusi nicht als Bewohnerin der Salzburger Alpen.!) Die bayerischen 


D) AufAltums Angabe, dafs er dort auf dem Schafberge einen Schwarm 
von 15 bis 18 Stück Steindohlen sah, ist gar kein Gewicht zu legen. Es waren 
krähenartige Vögel, die ihm als »Alpenkrähen« bezeichnet wurden, nichts 


weiter als Alpendohlen. J. 
10= 


148 Ordnung III. Oscines. Singvögel. 


Naturforscher Schrank, Wagler und A. Wagner haben sie in unseren 
Hochlanden nie gesehen und konnten auch nicht einen sicher verbürgten Fall 
ihres Vorkommens erfahren. Am Bodensee soll sie zwar schon als verirrter 
Schweizer Vogel hin und wieder wenigstens im württembergischen Landanteil 
des Seegebietes sich gezeigt und nach Mitteilungen eines Tierausstopfers an 
Landbeck im Winter 1845/46 bei München erlegt worden sein, allein diese 
Angaben sind sehr suspekt. Leu hat die Steinkrähe in langen Jahren weder 
aus Oberbayern noch aus Oberschwaben erhalten, und jener Vogel, den nach 
Altum jedermann im oberbayerischen Gebirge kennt, ist ganz bestimmt nicht 
die Steinkrähe, sondern die gemeine Alpendohle. Erstere ist daher, bis bes- 
sere Nachweise ihres wirklichen Vorkommens erbracht werden, aus der Liste 
der bayerischen Vögel zu streichen. 


13. Familie: Sänger. 


Erste Gruppe: Staare. 
Genus 49. Sturnus L. 
112. STURNUS VULGARIS L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 170. n. 159. — 
Verz. S. XLVL. 


Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, OH. S. 187. 
Taf. 62. — 11. Zusätze S. 994. — XIH. Nachträge S. 225. 


Ganz weilse, gescheckte, mit weilsen Flügeln und Schwanz- 
federn bei sonst normaler Färbung versehene, silbergraue und 
sehr hell fahlgraue Staare wurden da und dort erlegt und stehen 
in vaterländischen Sammlungen. 


In Laub- und Nadelwaldungen mit alten hohlen Bäumen 
und in Städten und Dörfern, wo ihnen Nisthäuschen, Kobel, 
an Häusern und auf Bäumen angebracht sind, ganz gemeine 
Zugvögel. Sie ziehen Ende Oktober und Anfang November 
von uns fort und kommen Anfang bis Ende Februar, je 
nachdem früher oder später allgemeines Tauwetter eintritt, auch 
noch Anfang März, sehr selten schon in der zweiten Hälfte des 
Januar wieder zu uns. Einzelne oder kleine Flüge überwintern 
auch, selbst bei viel Schnee und starker Kälte, wie ich dies im 
südlichen Oberfranken, bei Nürnberg und Ansbach beobachtet 
habe. Wo viele Brunnenflüsse sind, die nicht zufrieren, bringen 
bringen sie sich alsdann recht erträglich durch die rauhe Jahreszeit 
und kann man sie auch bei ungestümer Witterung meist bei 


13. Familie. Sänger. 149 


auffallender Munterkeit antreffen, sogar an schönen Wintertagen 
sie auf Häusergiebeln ihren Gesang anstimmen hören; verweht 
ihnen aber starkes Schneetreiben bei heftiger Kälte auch ihre 
letzten Nahrungsquellen auf kürzere oder längere Zeit, so flüchten 
sie in offene Taubenschläge und nicht wenige verhungern. Aulser 
in Kobeln brüten sie in passenden»Löchern von Giebelmauern 
hoher Häuser, in Löchern an Türmen, Schlössern und Riegel- 
wänden von Scheuern, in faulen Balkenköpfen und in Dachrinnen 
wie die Sperlinge. Ein Paar nistete in meinem Taubenschlage 
oberhalb des Fallers, so dafs ich ihn nicht mehr schlielsen durfte, 
ohne das Staarennest zu gefährden, ein zweites in dem bei der 
Kohlmeise erwähnten Schutzhäuschen des Blitzableiters in meinem 
Garten, ein drittes ebenda in der Höhlung einer am Bache stehenden 
Eiche einen Fuls hoch über der Erde. Sie sollen, ehe sie einen 
Kobel beziehen, die Fluglöcher mit ihren Schnäbeln auszirkeln, 
ob sie die angemessene Weite haben, was recht artig lautet, aber 
nicht wahr ist. Sie untersuchen allerdings diese Eingänge, aber 
nicht mit dem Schnabel, sondern mit dem ganzen Leibe, und 
nehmen einen Kobel an, wenn das Flugloch nicht zu eng und 
namentlich, wenn es nicht zu weit ist. 

In meinen Gärten bemerkte ich öfter, dals die Staare gefüllte 
Leberblümehen und Hyazinthenblüten, Blütenbüschel von Reine- 
claude-Bäumen, Blätter von Birnbäumen und allerlei Grünes ab- 
rissen und in die Kobel trugen. Es geschah dies einmal am 
9. April zur Zeit des Nestbaues, dann Anfang und Mitte Mai, 
wo die Weibchen brüteten und beziehungsweise Junge im Neste 
salsen, und endlich am 29. Mai, an welchem Tage ein Staaren- 
männchen, dessen Junge wenige Tage zuvor ausgeflogen waren, 
von einer Geraniengruppe Blätter abrils und in die verlassene 
Brütstätte trug. Von dem Blumenbeete verscheucht, holte er 
junges Laub von einem Apfelbaum und trug es zu Nest. Über 
diese mir neue Gepflogenheit des Staars berichtet der Realien- 
lehrer Schuster in der Zeitschrift »Gefiederte Welt« von Dr. Ruls 
V. Jahrgang S. 421, dals er in einem Städtchen Oberhessens 
Staare Pflänzchen, Blätter und Blüten zu Nest tragen sah. Er 
habe die zu leichtem Abhängen hergerichteten Kästen abgenommen, 
und gefunden, dals die Jungen im Grünen gebettet lagen, und 
könne die Absicht des Pflanzen-Eintragens nur die gewesen sein, 
den heilslagernden Jungen Kühlung zu bereiten. Seine vier Staaren- 
familien hätten offenbar zu diesem Zwecke einen grolsen Gold- 


150 Ordnung III. Oscines. Singvögel. 


regenbaum (COytisus laburnum) vollständig seiner Blütenpracht 
beraubt. Kaum habe ein Pflänzchen im Garten aus der Erde 
hervorgeguckt, so wanderte es auch schon in das Nest der Staare. 
Nach meinen Beobachtungen erschien mir die Schustersche 
Erklärung plausibel (Zoologischer Garten 1879 8. 233 fi... H. 
Schacht in Feldrom hat hierauf in einem in der eben genannten 
Zeitschrift (1879. S. 379) veröffentlichten Artikel die Priorität für 
die von ihm bereits 1871 veröffentlichte Beobachtung reklamiert, 
dafs der Staar sein Brautgemach mit Primeln ausschmücke; nie 
aber habe er beobachtet, dals diese Vögel zu ihren brütenden 
Weibchen Blüten und Grünes in die Kobel getragen oder ihren 
Kindern damit ein kühlendes Lager bereitet hätten. Die alten 
Männchen, die alleinigen Baumeister von 25 bis 30 Paaren an 
und in seinem Hause jährlich nistender Staare, suchen nach 
seinem Bericht das Baumaterial immer in nächster Nähe auf und 
verwüsten die unter seinem Fenster gelegenen Blumenbeete oft 
gänzlich. Alle frühen Blumen, wie Primeln, Aurikeln, Stiefmüt- 
terchen, Grasnelken, Gänseblümchen u. s. w. werden abgerissen 
und zu Nest getragen. Selbst die Blüten des Traubenholunders, 
Zweige von Thuja, Apfelblüten, grünes Gras und Laub werden 
neben Stroh, Queckenwurzeln, anderen dürren Stoffen und Federn 
benutzt, so dafs das fertige Nest wohl einiges welkes Grünzeug 
enthält, sonst aber nur aus dürrem Material besteht. Ein im 
Frühjahr 1879 untersuchtes fertiges Nest bestand zu drei Vier- 
teilen aus trockenem Stroh und Queckengras, zu einem Vierteil 
aus Apfelblättern und Knospen, kleinen Zweigen von Thuja, 
grünen Baumflechten, Blüten von Vergilsmeinnicht, Grasnelken, 
Kälberkropf, Traubenholunder und Blättern von Ebereschen und 
Sauerkle. Wenn das Weibchen erst dem Brutgeschäft obliegt, 
wird kein Grünzeug mehr in das Nest getragen. In den ersten 
Tagen des Brütens kommt wohl einmal (also doch!) der aufgeregte 
Vater herbei, beilst sich ein Blatt oder eine Blüte vom Baume 
und steuert damit dem Neste zu; später aber wird auch dieses 
Treiben eingestellt. Sitzen erst Junge im Neste, dann sind die 
Alten nur auf Nahrung und Reinlichkeit bedacht. Ich habe die 
Blumenliebhaberei des Staars nur als sehr seltene Ausnahme 
währgenommen, nach Schacht scheint sie dem ganzen Geschlechte 
eigen und etwas Gewöhnliches zu sein. Schuster hat für das 
ihm auffällige Vorkommnis eine Erklärung gesucht, die sich hören 
liels, und einem so klugen Tiere, wie der Staar, wahrscheinlich 


13. Familie. Sänger. 151 


nicht zu viel Erfindungsgeist zugetraut. Schacht hätte wohl 
besser gethan, wenn er statt seines Spottes über den Schuster- 
schen Kühlungsapparat angegeben hätte, was nach seiner Meinung 
der Grund der auch nach ihm zur Brütezeit bethätigten Lieb- 
haberei sein möchte. Denn irgend welchen Grund wird ja wohl 
der Staar, irgend welchen der Wespenbussard haben, wenn er 
täglich frisches Buchenlaub in den Horst trägt, irgend welchen 
der Grauwürger, wenn er sein Nest mit Stengeln wohlriechender 
Kräuter baut. Bei Grofsenhain wird die zweite Staarenbrut »Laub- 
staar« genannt, da die Vögel hierbei ihr Nest mit grünem Laub und 
Blüten auslegen (Dr. Cabanis, Journal für Ornithologie 1378.8. 401.) 

Schuster beobachtete ferner, dals seine vier Staarenpaare 
ihren Jungen nicht blols Schnecken, Käfer, Raupen und anderes, 
sondern auch junge Vögel, Buch- und Distelfinken, Rotschwänz- 
chen u. s. w. zuschleppten, und sah mehrmals Kämpfen zwischen 
Staaren und den eben genannten Vögeln zu, wobei immer die 
letzteren den kürzeren zogen, wenn er nicht helfend einschritt. 
Auch die Gebrüder Müller, der ÖOberförster Adolph und der 
Pfarrer Carl haben Räubereien bei unserem Staar an kahlen 
Nestlingen des Hausrotschwanzes wahrgenommen, und im Juni 1879 
beschuldigte ein oberfränkisches Lokalblatt die Staare, dals sie 
zarte nackte Junge von Stieglitzen, Finken, Spöttern, Grasmücken, 
Fliegenschnäppern und Rotschwänzchen ihren eigenen Jungen 
zur Fütterung rauben, und schlols mit dem Verdikte: Fort mit 
diesen Räubern! Schacht hat gleich mir ähnliches noch nicht 
gesehen und nur ein einziges Mal ein nacktes totes Vögelchen, 
anscheinend einen Wiesenschwätzer, das am Halse verwundet 
war, auf einem Gartenbeet unterhalb seiner Staarenkästen gefunden. 
Die Sache ist aber in Richtigkeit; nur haben wir beide noch 
nichts mit eigenen Augen davon wahrgenommen und dürfen 
deshalb nicht verlangen, dals sie, um Thatsache zu werden, erst 
von uns müsse gesehen und bestätigt werden. Leu in Augsburg, 
ein feiner Kenner und Beobachter des Tierlebens, sah in den 
Jahren 1859, 1865 und 1866 vier an seinem Hause und Turme 
brütende Staarenpaare im letzten Drittel des Mai ihre Jungen 
mit grolsen und kleinen Blindschleichen füttern und fand diese 
Reptilien teils in den Kobeln, teils unter denselben auf der Erde 
liegend. Die jungen Schleichen wurden fast ganz verschluckt, 
die grolsen so lange herumgezerrt, bis sie in Trümmern waren, 
wobei manche Stücke herabfielen. Am 20. April 1867 schleppten 


152 Ordnung II. Oscines. Singvögel. 


die alten Staare sogar eine Eidechse in das Nest. Wahrscheinlich 
greifen sie im Frühjahre, wenn die Familie gesteigerte Anforde- 
rungen an sie stellt, und in futterarmer Zeit bei knapper Mai- 
käfer- und anderer Insektennahrung es ihnen schwer werden muls, 
ihren Jungen die Mäuler und Mägen zu stopfen, im Notfalle nach 
allem, was ein gewürmartiges Ansehen hat, nach Schleichen und 
nackten, noch blinden jungen Vögeln. Ein »Fort mit diesen 
. Räubern« ist deshalb nicht gerechtfertigt; der Staar ist und bleibt 
einer unserer allernützlichsten Vögel und verdient die sorgsamste 
Hege und Pflege. Um der Geschmacksverirrung einzelner in 
Notlage befindlicher Individuen oder Paare willen darf das Urteil 
der Vernichtung nicht über das ganze, sonst des besten Leumundes 
sich erfreuende Geschlecht ausgesprochen werden. 

Am 9. Juli 1876 bemerkte Bp. in einem jungen Fohrenbestande 
des Reviers Schleilsheim in Oberbayern, welches gegen Westen 
an das Dachauer Moos angrenzt, die grolse Kiefernraupe (Bombys 
pini) vorzugsweise im Raupen- und Puppenzustande so zahlreich, 
dals er sofort die genaue Revision der sämtlichen Fohrenbestände, 
sowie die entsprechenden Vertilgungsmafsregeln anzuordnen ver- 
anlalst war. Aber schon nach einigen Tagen bekam er die 
dienstliche Anzeige, dals Staare, deren Junge bereits die Brut- 
stätte verlassen hatten und, in Schwärmen abends von allen Seiten 
herstreichend, in den Schilfpartien des Dachauer Mooses über- 
nachteten, sich nach Tausenden in dem angegriffenen Bestande 
eingefunden hätten, wo sie während ca. 6 bis 5 Tagen ständig 
verblieben, bis alles, was von jenem Insekt in den verschiedenen 
Verwandlungsformen vorhanden, aufgezehrt worden war. Interessant 
war hierbei der Umstand, dafs nur sehr wenige Staare ihren Flug 
über den Forst zum Moore nahmen, weil in dieser Richtung die 
Gegend wenig bevölkert und auch von Staaren wenig besucht 
ist, dafs aber diese wenigen ihre Beobachtung an die grolse Ge- 
sellschaft im Moore mitteilten und sie zu diesem Leckermahle 
heranzogen. (Allgem. Forst- und Jagdzeitung von Prof. Dr. Gustav 
Heyer. 1876. S. 364.) 

An den Kirschen, Amarellen und Weichseln und im Herbst 
an den Zwetschgen und reifenden Trauben der Weinberge thun 
sie grolsen Schaden, wenn sie nicht durch Hüter und Schreck- 
schüsse abgehalten werden. 

Sie besitzen eine merkwürdige Gabe, die Locktöne solcher 
Tiere nachzuahmen, mit denen sie im Walde, auf Wiesen, Äckern, 


13. Familie. Sänger. 153 


in Weiherländereien und in Dorf und Stadt nachbarlich ver- 
kehren, oft so vorzüglich, dals Kenner getäuscht werden können. 
meinem Hause brütenden Staare im Frühling 1873 nach, lielsen 
es aber in den nächsten Jahren nicht mehr hören. 


An Helminthen fand ich in erlegten Ascaris crenata, auf 
jungen, noch nackten Nestlingen, die in einem vom Sturme 
herabgeschleuderten Kobel verunglückt waren, eine grolse Anzahl 
kleiner Zecken. 


Genus 50: Merula Briss. 
113. MERULA ROSEA Briss: 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 170. n. 160. — 
Verz 8. X LVI. 


Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, II. S. 206. 
Taf. 63. — VI. S. 41. — XII. Nachträge. S. 235. 


Ein sehr seltener Gast aus dem Südosten. Am 7. Juni 1794 
wurde zu Frickenhausen in Schwaben aus einem von Südwest 
nach Nordost von einem Kirschbaum zum andern gehenden 
Fluge von sieben bis neun Stück ein ausgefärbtes Männchen ge- 
schossen und noch lebend dem Pfarrer Samuel v. Wachter 
daselbst überbracht. Es war so leicht verwundet, dafs die Ver- 

® letzung geheilt, und der Vogel zehn Jahre im Käfig erhalten 
werden konnte. Aus den Notizen, welche Gottlob Tobias 
Wilhelm, 4. Diakon bei den Barfülsern in Augsburg, im II. Teil 
seiner Unterhaltungen aus der Naturgeschichte 1795 gibt, ist die 
interessanteste diese, dals der Besitzer nach Beendigung der 
Mauserzeit die innere Magenhaut des Rosenstaars im Gebauer 
liegend fand. Die Häutung hatte auf den Gesang, den Appetit 
und die Munterkeit des Vogels keinen Einfluls. Am 29. Juni 1832 
wurde ein altes Männchen in einem Garten der Plattners- 
Anlage nahe an Nürnberg erlegt, wo es mit Staaren herumflog. 
Es war aulserordentlich fett und gar nicht scheu, daher leicht 
mit der Flinte zu erlegen. Im Magen desselben befanden sich 
Pflanzenreste, ein Kirschkern und Käfer, unter welchen eine 
Amara, ein Platysma und eine Silpha reticulata zu erkennen 
waren (Dr. Sturmsche Sammlung). Bei Zell in der Nähe von 
Schweinfurt wurde im September 1853 ein ziemlich altes Männchen 


154 Ordnung III. Oscines. Singvögel. 


(Dr. ©. Stölker) und am 7. Oktober 1853 in der Gegend von 
Fürth bei Nürnberg ein altes Männchen auf einem Holunder- 
busch in der Zirndorfer Mühle geschossen. Der Vogel hatte 
sich schon am 25. September durch sein wiederholtes lautes 
Schreien in den Laubkronen der Erlen am nahen Biebertflülschen 
bemerklich gemacht und sich dann täglich auf den hohen Bäumen 
des Obstgartens am Mühlgute, bald auf dem grofsen Holzstolse 
im Hofraum, bald auf dem Holunderstrauche umhergetrieben. 
Es waren ihm die Schwungfedern des rechten Flügels ziemlich 
stark, weniger die des linken verstutzt; gleichwohl flog er gut 
und ziemlich schnell. Gefieder, Schwanz und Fülse zeigten keine 
Spur von Gefangenschaft, aus welcher der schöne Fremdling 
entkommen war. Als ich ihn erhielt, wimmelte er leider von 
Fliegenmaden und war nicht mehr zu präparieren; im Magen 
konstatierte ich Holunderbeeren und viele Zangen von Ohrwürmern 
(Forficula auricularia). Im Jahre 1855 wurden Rosenstaare mehr- 
fach in Bayern wahrgenommen; am 6. Juni nämlich wurde in 
der Gegend von Landsberg in Oberbayern aus einem Fluge von 
beiläufig 50 Stück eins geschossen und am 7. August erhielt 
Leu ein schönes Männchen, welches in Schwaben in einem 
Garten an der Stadt Günzburg erlegt wurde. Auch bei Grönen- 
bach bemerkte man einen vereinzelten Rosenstaar in einem Fluge 
gemeiner Staare und ein Stück, welches der verstorbene Hof- 
bildhauer Behrends in Coburg stopfte, wurde in der Gegend 
von Thurnau bei Peesten in Oberfranken geschossen. Am 
22. November 1856 erhielt der verlebte Zeichenlehrer Johannes 
Büchele in Memmingen em Weibchen, welches 1!/ı Stunde 
von der Stadt irn Dorfe Volkrathshofen von einem am Zehent- 
stadel stehenden Holunderbaume, dessen Früchte es verzehrte, 
heruntergeschossen wurde, und zehn bis zwölf Jahre früher 
wurde im Dorfe Pfersee bei Augsburg zur Zeit der vollen Baum- 
blüte ein Paar erlegt, welches der damalige Pfarrer ausstopfen 
liefs. Das letzte, durch den Besuch der Rosenstaare merkwürdige 
Jahr war 1875, wo sie in Italien, Österreich und Deutschland an 
vielen Orten in auffallender Anzahl auftraten, und ein altes Männ- 
chen in der Gegend von Augsburg bei Westheim am 31. Mai 
erbeutet wurde. Ein Exemplar von Untergriesbach in der Gegend 
von Wegscheid in Niederbayern, von welchem ich das Datum 
der Erlegung nicht angeben kann, steht in der Sammlung zu 
Passau, und zwei Stücke schols der Tierausstopfer N. Henseler 


13. Familie. Sänger. 155 


im Jahre 1576 am Ufer des Chiemsees, wo sich ca. zehn Rosen- 
staare unter den gewöhnlichen Staaren herumtrieben. 

(In dem Anhang I zum IV. Jahresberichte der ornithologischen 
Beobachtungsstationen im Königreich Sachsen, bearbeitet von A. 
B. Meyer und F. Helm, »Die Wanderungen der Rosenstaare nach 
Europa« werden für Bayern noch folgende Notizen gegeben: 1884 
Mitte Juni einer geschossen in Oberbayern, und 1886 am 25. Mai 
zwei geschossen in Oberdorf bei Kaufbeuren. — A. Wiedemann 
schreibt, dafs er im Monat September 1883 wiederholt einen 
Rosenstaar in der Umgebung von Augsburg in Gesellschaft von 
Staaren beobachtet habe. — Chr. Erdt aus Kaufbeuren teilt mir 
mit, dals er die beiden oben erwähnten Exemplare vom 25. Mai 1886 
präpariert habe und dieselben sich in der Sammlung der Präpa- 
randenschule in Oberdorf bei Biesenhofen befinden. — R. Bl.) 


Zweite Gruppe: Baumläufer. 
Genus 5l. Troglodytes Koch. 
114. TROGLODYTES PARVULUS Koch. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 170. n. 161. — 
Verz. S. XLVIH. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, III. S. 725. 
Taf, 83. Fig. 4. 


Zaun-, Schnee-, Mauskönig, Königlein, Zaunschlüpfer, Zaunschlüpflein. 


Leu erhielt ein Weibchen mit einem linsengrolsen weilsen 
Fleck am Hinterkopf. Allenthalben in Laub- und Nadelwaldungen 
der Ebene wie des Gebirges, in Schluchten, an Flüssen und Bächen, 
in Steinbrüchen etc. ein gemeiner Stand- und Strichvogel. Im 
Winter 1851 sah ihn Landbeck in das Wohngebäude des 
Klingenbades in Schwaben kommen, in den Hausgängen und 
Winkeln Nahrung suchen und drei Stockwerke hoch durch die 
Abtritte hinunter und wieder hinausschlüpfen. Auch in das In- 
nere der Kirchen kommt er durch zerbrochene Fensterscheiben, 
sucht das Schnitzwerk der Kanzeln, Orgeln und Altäre nach 
Mücken und Spinnen ab und entfernt sich wieder durch sein ihm 
wohlbekanntes Pförtlein. Sein Nest baut er gern in die grolsen 
herausgerissenen Erd- und Wurzelscheiben vom Sturme in den 
Wäldern umgeworfener Bäume und in den aus den knorrigen 
Stammauswüchsen der Ulmen hervorsprossenden jungen Trieben. 


156 Ordnung II. Oscines. Singvögel. 


Leu nahm aus einem Neste am 15. Juni fünf und am 9. Juli 
abermals fünf Eier und fand in mehreren Nestern Kuckuckseier; 
in einem derselben, dessen Eingangsloch sehr erweitert war, drei 
Eier vom Zaunkönig und eins vom Kuckuck, alle kalt und 
verlassen. Unter einem Neste in der Erdscheibe eines umgestürzten 
Baumes mit vier Eiern lag auf dem Boden ein Kuckucksei. 


Einst sah ich im Winter einen Zaunkönig vor meinem Fenster 
auf einem Birnbäumchen nach Nahrung suchen und eine raub- 
gierige Katze den Baum erklettern. Da flog die winzige kecke 
Kreatur der auf einem Aste unbeweglich lauernden Katze entgegen, 
hüpfte unter Bücklingen und häufigen Locktönen in den Zweigen 
umher, flog auf eine nahe Mauer, kam sogleich wieder,. um die 
Katze aufs neue zu necken, flog abermals weg an den Fuls eines 
nahen Waschhauses, hüpfte an der scharfen Kante eines der 
eichenen Eckpfeiler des Gebäudes wie eine Spechtmeise schnell 
aufwärts und kehrte nochmals zu der Katze zurück, um den 
vorigen Übermut zu erneuern. 


Genus 52. Certhia L. 
115. CERTHIA FAMILIARIS L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 171. n. 162. — 
Verz. S. XLVIL. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, V. S. 398. 
Taf. 140. — XII. Fortsetzung der Nachträge. S. 202. 


Bbaumläufer, Baumläuferlein, Baumhäckel, Baumkleber, Baumkleberer, 
Bbaumklette, Klettervogel, Rindenrutscher. 


Im ganzen Gebiete im Nadel- und gemischten Walde, in 
Parken, Baumgärten etc. ein gemeiner Stand- und Strichvogel, 
der in Lehmwänden, Rindensprüngen, Baumspalten, zwischen 
zusammengewachsenen Bäumen, in Astzwieseln, in Hopfenstangen- 
partien, die an Bäume angelehnt, und hinter abstehender Fichten- 
rinde, womit Schenklokale, Lauben u. s. w. in Wirtschaftsgärten 
verkleidet sind, sein Nestchen baut. 

Der Baumläufer tritt bei uns, wie anderwärts, in den zwei 
bekannten Varietäten der Certhia familiaris und brachydactyla 
BrEHMm auf. 


13. Familie. Sänger. 157 


Genus 53. Tichodroma Illig. 
116. TICHODROMA MURARIA L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 171. n. 163. — 
Verz. S. XLVN. 
” Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, V. S. 421. 
Taf. 141. — XIII. Fortsetzung der Nachträge. S. 206. 


Der prachtvolle Mauerspecht, ein echter Alpenvogel, bewohnt 
die nackten steilen Bergwände und senkrechten Felsenkuppen 
des schwäbischen und oberbayerischen Hochlandes als Stand- und 
Strichvogel. Auf dem Schinders, einer zwei Stunden hinter 
Tegernsee 5000‘ ü. d. M. gelegenen, schroffen Felsenwand, hat 
Wagler in kaum einer Stunde drei Exemplare geschossen und 
sah ihn auch an den kahlen, von der Sonne beschienenen Felsen- 
massen des Blankenstein in reger Emsigkeit umherklettern und 
unter Flechten kleine Insekten und Felsenschneckchen zu seiner 
Nährung aufsuchen. Im Winter kommt der schöne Vogel als 
Vorbote strenger Kälte und heftiger Schneestürme in die Vor- 
berge und Thäler, wo man ihn nicht selten in der Nähe der Ort- 
schaften und auch in diesen selbst an altem hohen Gemäuer, an 
Schlössern, Kirchen, Ruinen und an Häusern sieht. Koch er- 
hielt lebende Mauerspechte, welche durch zerbrochene Fenster- 
scheiben in das Innere eines Häuschens flogen und dort gefangen 
wurden. Aus dem Gebirge verfliegt er sich öfters herein in das 
Flachland bis nach Franken. Dr. Gemmingertrafin der Gegend 
von München im März und April 1854 bei der Menterschweige 
am hohen Isarufer zwei Stücke an; im Chore der St. Martins- 
kirche in Memmingen wurde eines gefangen und ein anderes von 
Niederhaus bei Passau steht in der dortigen Sammlung. Wieder- 
holt wurde er ferner bei Kelheim, am felsigen Ufer der Donau 
bei Weltenburg und Regensburg beobachtet, ein Pärchen, von 
welchem das Weibchen erlegt wurde, im Februar 1847 an einem 
Felsen in den Steinbrüchen zu Ebenwies bei Etterzhausen. In 
der fränkischen Schweiz (Muggendorf) wurde er gleichfalls an 
den Felsen des Puttlachthales (Anfang Januar 1854), aber auch 
früher mehrere Jahre hintereinander im Sommer an Schlössern 
und Burgruinen zu Gösweinstein und anderwärts wahrgenommen, 
woraus man schlielsen wollte, dafs er manchmal in jenen romanti- 
schen Felsenthälern nisten dürfte, was von der Mühle auch 
für die Donaufelsen der Regensburger Gegend vermutete. Bei 


158 Ordnung III. Oscines. Singvögel. 


und in Eichstädt wurden Mauerspechte an Felsen, in Steinbrüchen 
und an der Wilibaldsburg, einer im Winter 1831 an einem Turme 
der Stadtmauer im Steinbruch am Buchthaler Thore, einzelne an 
den Mauern der Festung Wülzburg bei Weilsenburg (Februar 1834), 
an der Stadtmauer bei dem Lauferthore in Nürnberg (22. No- 
vember 1850) und an der nordöstlichen Mauer im Zwinger des 
Schlosses zu Cadolzburg im Juli Ende der vierziger Jahre teils 
beobachtet, teils erlegt. Letzterer hielt sich längere Zeit am ge- 
nannten Schlosse auf, war nicht scheu und liefs den Beobachter, 
den kgl. Landrichter Freiherrn v. Ausin, nahe herankommen. 


Dritte Gruppe: Wasseramsel. 
Genus 54. Cinclus Bechst. 
117. CINCLUS AQUATICUS Biriss. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, S. 171. n. 164, — 
Verz. $S. XLVL. J 
Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, II. S. 925. 

Taf 91. 


Wasseramsel, Bachamsel, Wasserstaar. 


An allen Gebirgs- und Forellenbächen bis in das Hochgebirge 
hinauf ein einsam lebender, nicht besonders seltener Stand- und 
Strichvogel, hier und da auch an klaren Bächen der Stadtgräben 
(Augsburg, Memmingen), am liebsten an rauschenden Wassern 
und Wasserfällen, bei Mühlen ete.. Im Winter verstreicht er in 
das benachbarte Flachland und wird alsdann bei Wasserwerken, 
an Mühlwehren, Eisenhäminern, Glasschleifen ete., wo das Wasser 
nicht zufriert, nicht selten angetroffen. 


Vierte Gruppe: Bachstelzen. 
Genus 55. Anthus Bechst. 
118. ANTHUS SPINOLETTA L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 172. n. 165. — 
Verz. S. XLVINH. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, III. S. 789. 
Taf. 85. Fig. & 3. 4. — VI. Zusätze. S. 16. — XIII. Fortsetzung 
der Nachträge. S. 110. 


Gemeiner Zug- und Strichvogel. Er bewohnt die Latschen- 
region unserer Alpen und findet sich im Sommer nicht auf den 


13. Familie. Sänger. 159 


höchsten Punkten des Böhmerwaldes. Wenn es im Herbst droben 
im Gebirge zu unwirtlich wird, verlälst er seine Sommerwohn- 
plätze und kommt in die Ebenen Altbayerns, Schwabens und 
Frankens. Man trifft ihn zu dieser Zeit am Bodensee schon im 
Oktober an fliefsenden Gewässern und Quellen bis zum März 
und April an. Tritt, nachdem er. in die Berge zurückgekehrt 
ist, noch ein Nachwinter ein, so kommt er nochmals in die Vor- 
berge und Thäler herab. Bei Memmingen im Riede und an der 
Ach, bei Augsburg am Stadtgraben, am Lech, an der Wertach 
und den anderen südlichen Zuflüssen der Donau, an dieser selbst, 
an der Rednitz, Pegnitz, Aisch, Regnitz und in den Maingegenden 
ist er im Winter gar nicht selten. Wolf traf ihn während des 
ganzen Winters 1815/16 an der Pegnitz zwischen Nürnberg und 
Fürth, ich an Quellenbächen und am Abfall des Gleishammer- 
Weihers bei Nürnberg, selbst in der Stadt auf Bäumen an der 
Pegnitz sitzend, an der Biebert bei Ammerndorf und während 
grolser Kälte und tiefem Schnee bei Erlangen an. Ein im 
Januar 1850 bei Nürnberg gefangenes Männchen hatte bereits 
an der Kehle und Gurgel mehrere weinrötliche Federn des 
Sommerkleides. In den Mägen fanden wir Käfer und kleine 
Schnecken. 


119. ANTHUS PRATENSIS L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 172. n. 167. 
(A. pratensis). n. 168 (A. cervinus). — Verz. S. XLVIH. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, III. S. 774. 
Taf. 84. Fig. 3 (A. pratensis). Taf. 85. Fig. 1. (A. rufogularis). — 
VI. Zusätze. 8. 28. (A. rufogularis). — XIII. Fortsetzung der 
Nachträge. S. 97. (A. cervinus). 


Wiesen-, Wasser-, Bruchlerche, Schnitzer, Schnitzerlein, Istvögelein, 
Gimser, Riedgimser. 

Eine Monstrosität dieses Vogels wurde einst bei Memmingen 
gefangen. Im Jahre 1693 fing nämlich Severin Weinhart, 
Bäcker, beim Taglerchen im Kalcher Felde einen Gimser mit 
zwei Köpfen, den man dann auf dem Steuerhause abmalen liels. 
So besagt ein altes Gemälde, von welchem ich eine Kopie besals. 

Ein gewöhnlicher, nasses Wiesenland, sumpfige Weideplätze, 
grolse Weiherländereien, Torfimoore und Flufsinseln bewohnender 
Zugvogel. Er findet sich ebenso in der Ebene, wie im bayeri- 
schen Hochlande, im Rhöngebirge (Kreuzberg), wie auf den Lech- 


160 Ordnung III. Oscines. Singvögel. 


inseln bei Augsburg, auf unsern Mösern, wie auf den Filzen. 
Ende Februar und im März, spätestens Anfang April kommt er 
an, streicht im September in grölseren und kleineren Gesell- 
schaften auf Wiesen, Brach-, Kraut-, Rüben- und Kartoffelfeldern, 
jungen grasigen Forstkulturen und im Gebirge unter wandernden 
Viehberden umher und verlälst uns, je nachdem die Herbst- 
witterung lange freundlich bleibt oder frühzeitig rauh wird, früher 
oder später, manchmal erst tief im November und Dezember.” 
Einzelne, auch kleine Gesellschaften bleiben selbst in nicht zu 
strengen Wintern ganz da und nähren sich an kleinen, offen 
bleibenden Bächen, an warmen Quellen, Teichabstürzen, Wasser- 
tümpeln und sonnigen Rainen. 

Anthus cervinus Pan. oder rufogularıs BrEum, die nordische 
Form unseres gemeinen Wiesenpiepers, wurde in einem schönen 
Exemplare bei Immenstadt im Algäu erlegt und gelangte in die 
Sammlung des Hauptmanns Freiherrn v. Pechmann. 


120. ANTHUS ARBOREUS Bechst. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S.173. n. 169. — 
Verz. S. XLVII. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, III. S. 758. 
Taf. 84. Fig. 2. 


Baum-, Wald-, Spitz-, Spiefslerche, Waldgimser, Krautvogel. 

Auf Lichtschlägen mit Unterholz und Überständern in Nadel- 
und Laubwaldungen der Ebene, Mittelgebirge (Böhmerwald) und 
Voralpen bis über die Fichtenregion hinaus auch in Flulsauen 
ein gewöhnlicher Zugvogel. Bei Windsheim leben aufserhalb des 
Waldes mehrere Paare auf einem kleinen, eine Viertelstunde 
langen, mitten im Getreidelande liegenden Hügelzuge, dem sog. 
Weinturm, der mit Weinreben, Hopfen, Klee und Getreide be- 
baut und auf seinem Scheitel aufser mit etlichen Nufsbäumen 
mit einem kleinen geschlossenen Bestande junger Lerchen, Fohren, 
Fichten und Birken, mit Dorn- und Quittengebüsch und auf dem 
Nordabhang mit einzelnen Obstbäumen bestockt ist, einzeln im 
Baumfeld, Kraut- und Getreidelande der Ebene. 

Ed. Tauber fand aufihm einen Zecken. Er kommt selten 
schon in den letzten Tagen des März oder Anfang April, ge- 
wöhnlich erst Mitte letzteren Monats und verläfst uns wieder im 
September und Oktober; einzelne verweilen noch bis Mitte November. 


13. Familie. Sänger. 161 


121. ANTHUS CAMPESTRIS Bechst. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 173. n. 170. — 
Verz. S. XLVII. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, III. 8. 745. 
Taf. 84. Fig. 1. 

Auf Heiden, Brachäckern und südlichen dürren Anhöhen 
an Feldhölzern nicht selten. Fruchtbare Gegenden soll er meiden, 
doch finde ich ihn in dem schwarzen Gau um Windsheim, einem 
vorzüglichen Weizen-, Dinkel- und Gerstenlande, alljährlich nicht 
blofs auf dem in der Brache liegenden, sondern auch in einzelnen 
Paaren im angebauten Teile des Flures den ganzen Sommer über. 
Er kommt gewöhnlich erst Ende, sehr selten schon Anfang 
April und in der ersten Woche des Mai bei uns an; doch ver- 
zieht sich sein Eintreffen manchmal bis in die zweite Hälfte des 
Maimonats. Ende August fängt er an zu streichen und verlälst 
uns fast unmerklich wieder im September. 


122. ANTHUS RICHARDI Vieill. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 173. n. 171. — 
Verz. S. XLVII. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, XIII Fort- 
setzung der Nachträge. S. 94. Taf. 371. Fig. 3. 4. 

Nach Dr. M. Braun und Dr. J. v. Kennel (Kurze Zu- 
sammenstellung der Vögel Frankens.. Würzburg 1878. S. 10. n. 
122.) steht ein unterfränkisches Exemplar in der zoologischen 
Sammlung in Würzburg. 


Genus 56. Motacilla L. 
a) Motacilla aut. 


123. MOTACILLA ALBA L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 174. n. 172. — 
Verz. S. XLIX. 
Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, III. S. 803. 
Taf. 86. — XIII. Fortsetzung der Nachträge. S. 114. Taf. 377. Fig. 1. 
Gemeine, wei/se, blaue Bachstelze, der Bachstelz, der Bachsterz, 
weifse Wasserstelze, Klosterfräulein. 

In Sammlungen sah ich ganz weilse Varietäten und ein rein 
weilses Stück mit wenig Schwarz an den Schwanz- und Schwung- 
federn, alle aus Franken. 

Jäckel, Die Vögel Bayerns. 11 


162 Ordnung III. Oscines. Singvögel. 


In der Umgebung der Städte und Dörfer, auch in denselben, 
an Mühlen und Wasserwerken ein gemeiner Zugvogel, der in 
den Alpen bis in die Knieholzregion hinaufgeht, auch in den 
Waldungen auf Holzschlägen und zahlreich auf dem fränkischen 
Juraplateau in Orten wohnt, die kein flielsendes Wasser, blols 
eine oder die andere Hüle (Wasserreserve) haben. Je nach dem 
früheren oder späteren Eintritt des Frühlings kommt sie bald 
schon in den ersten Tagen des Februar, bald erst Mitte bis Ende 
dieses Monats, gewöhnlicher aber erst Anfang bis Mitte März 
bei uns an und bleibt bis in den Oktober hinein. Einzelne halten 
bis Mitte November aus und in gelinden Wintern bleiben manche 
ganz an Bächen und Brunnenflüssen zurück (Januar 1853 und 
1872/73), am unteren Main nach Dr. Noll in vielen Wintern 
ganze Züge weilser Bachstelzen. 

In einem Dorfe fand ich ein Nest mit Jungen auf dem Nacken 
und der Dornenkrone eines Christusbildes vor einer kleinen 
Kapelle, von oben durch ein Blechdach geschützt; andere Nester 
standen zwischen aufgeschichteten Torfstücken, unter überragen- 
den Rändern von Torfgräben, auf abgestummeiten Linden- und 
Kastanienbäumen zwischen den alten Storzen und in Felsen- 
löcherm I, 

Im Wildbade Burgbernheim sah ich im Juli 1880 eine weilse 
Bachstelze einen der dort nicht seltenen Schillerfalter (Apatura 
Iris) fangen. 

Die Varietät Motacilla Yarellii GouLp kommt zuweilen in 
Bayern vor und wurde mehrmals bei München und am 20. April 
1854 bei Augsburg erlegt. 


- 124. MOTACILLA BOARULA Penn. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 174. n. 174. — 
Verz. S. XLIX. 
Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, III. S. 824. Taf. 57. 


Einen vollständigen Albino erhielt Leu am 16. Oktober 1867 
von Ingolstadt. 

Überall an Gebirgsbächen und Flüssen, doch auch, wiewohl 
seltener, in der Ebene an Mühlgräben, Wasserwerken, Flolsbach- 
bauten und an Stadtgräben alter befestigter Städte ein gewöhn- 
licher Stand-, Strich- und Zugvogel. Sie kommt im Februar und 
März bei uns an und zieht im Oktober und November wieder 


13. Familie. Sänger. 163 


weg, bleibt aber auch, meist alte Vögel, alljährlich den ganzen 
Winter über an nicht zufrierenden Quellen und Bächen bei uns, 
kommt alsdann in die Dörfer und Städte an flielsendes Wasser 
auf Düngerstätten und an Kloakenabflüsse und ist auch bei der 
strengsten Kälte und tiefem Schnee so lebhaft und flüchtig wie 
im Sommer. Am 15. Januar 1845 trieb sich ein Stück weit von 
allem Wasser auf dem Schrannenplatze in Nürnberg umher. Bei 
Tückelhausen (Ochsenfurt) in Unterfranken hatte ein Pärchen 
schon am 19. März 1880 das erste Ei im Nest. Auf dem Franken- 
jura brütete ein Paar in einem Mauerloche hinter einem Wein- 
stock 1 m weit von der Thür einer Mühle mitten in einem 
belebten Dorfe bei Schelslitz. 


b) Budytes Ouv. 


125. BUDYTES FLAVA L. 
Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 175. n. 177. — 
Verz. S. XLRX. 
Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, III. S. 389. 
Taf. 83. — XIII. Fortsetzung der Nachträge, S. 120. Taf. 373. 


Gelbe Bachstelze, Kuh-, Schafstelze, Schafvögelein. 


Im Oktober 1851 schols Landbeck im Mindelthal ein altes 
Männchen, dessen Herbstkleid so schön war, wie das Frühlingskleid. 

Am 31. August 1881 erhielt ich von Leutershausen in Mittel- 
franken eine weilse Mot. flava. Die Brust war zart rostgelblich 
überflogen, die Bauchseiten, oberen und unteren Schwanzdeckfedern 
schwach kanariengelb, die grofsen Flügeldeckfedern und Hinter- 
schwingen mit sehr hellgelblichen Säumen. Der Schnabel blei- 
schwarz. Fülse hornbraun, Zehen hornbräunlich. 

In manchen Gegenden, z.B. bei Windsheim, Neustadt a. A., 
im Ansbachschen bei Sommersdorf und im südlichen Oberfranken 
bei Neuhaus (Höchstadt a. A.) ein ganz gemeiner Sommervogel, 
in anderen nur in den beiden Zugperioden, und selbst da nur 
sparsam. Sie bewohnt Wiesen und Fruchtfelder, kommt hier und 
da schon in der zweiten Hälfte des März (17. 28.), gewöhnlich 
erst Anfang April, die Hauptmasse Ende dieses Monats an und 
zieht im September bis spätestens Mitte Oktober wieder fort. 
Die mittelfränkischen Schäfer begrülsen ihre Ankunft und heilsen 
sie „Bützeleinshiter‘“‘, weil alsdann die Lämmer unbedenklich 


mit auf die Weide getrieben werden können. Überhaupt mag 
+17 


164 Ordnung IH. Oscines. Singvögel. 


sie der Schäfer wohl leiden, da sie sich so gern bei seiner Herde 
besonders nach der Schafschur aufhält, den Tieren die Läuse 
vom Bauche herunterfängt und sich auch zu gleichem Zwecke 
auf die Rücken derselben setzt und auf ihnen herumläuft. Die 
Schafe lieben auch die lieblichen Vögelchen, bleiben stehen und 
nehmen sich sichtlich im Fortgehen in Acht, ihre Wohlthäter 
nicht zu treten. 

Motacilla einereocapilla Savı (M. Feldeggi Mıcnan.) wird all- 
jährlich an den bayerischen Seen (Kochelsee) angetroffen und 
wurde einmal bei Tirschenreuth in der Oberpfalz erlegt (v. d. 
Mühle). 

Ob die bei uns durchziehende grauköpfige Varietät der gelben 
Bachstelze zu der südlichen Form (cinereocapilla Savı), wie dies 
Graf Mühle that, oder zu der nördlichen Form mit grau- 
schwarzem Scheitel (borealis!) SUNnDEVALL) zu ziehen ist, vermag 
ich nicht zu entscheiden. 

In den Mägen erlegter fand ich Käferchen und kleine Gras- 
hüpfer. 


Fünfte Gruppe: Drosseln. 
Genus 57. Oriolus L. 
126. ORIOLUS GALBULA L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. 175. n. 178. — 
Verz. S. L. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, I. S. 171. 
Taf. 61. — XIII. Nachträge. S. 224. 


Goldamsel, Golddrossel, Goldbrust, Pirol, Kirschpirol, Kürsch-, Bier-, 
Pfingstvogel, Wiedewalch. 

In allen Waldungen, sowohl im Laub- als im Nadelholz, wie 
im gemischten Walde ebener und hügeliger Gegenden, in Feld- 
hölzern, Parken, grofsen Baumgärten bei Dörfern und in den 
Auenwaldungen unserer Flüsse ein ziemlich gewöhnlicher Sommer- 
vogel. Das eigentliche Gebirge vermeidet er und findet sich 
daher nicht in unseren Hochalpen. Er kommt selten schon im 
April (15. 19. 21. 28.), gewöhnlich erst im Mai und verstreicht 


!) Jedenfalls zu dieser Form, die auf ihrem Durchzuge Deutschland be- 
rührt, während die vorgenannte noch niemals so weit nördlich konstatiert 
wurde. v, Tschusi. 


13. Familie. Sänger. 165 


wieder im August bis Mitte September. Leu erhielt am 18. August 
ein altes Männchen, welches aus einem Fluge von etwa 20 Stücken 
geschossen wurde, und traf auf einer Reise in das Gebirge einst 
im August zwischen Kaufbeuren und Füssen einen Flug Pirole 
von 150 bis 200 Stücken an, welche sich in der dortigen Ebene 
herumtrieben und von einem Baum zum andern flogen. Die 
Vögel waren auf der Wanderung nach dem Süden. 

In erlegten fanden wir viele Raupen von Bombyx bucephala 
und mehrere von Sphinxz ocellata oder populi. Leu erhielt einen 
jungen Vogel, dessen Magen nur Gerstenkörner (I!) enthielt. 


Genus 58. Petrocichla Vig. 
a) Petrocichla auct. 
127. PETROCICHLA SAXATILIS L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 175. n. 179. — 
Verz. 8. L. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, IH. S. 348. 
Taf-73. — XIII. Nachträge. S. 367. — Fortsetzung der Nachträge. 
8. 58. 


Schon Schrank gibt als Wohnort des Steinrötels die Um- 
gegend von Regensburg an, was Koch durch die Angabe be- 
stätigt, dals alljährlich einzelne Pärchen im Vilsthale in der 
Oberpfalz bei Hohenfels und in den Mauern der Schlofsruine 
Kalmünz brüten. Von dorther hat auch Graf v. d. Mühle ein 
Junges erhalten. In den Felsenthälern der fränkischen Schweiz 
(Muggendorf) trat der Steinrötel als Brutvogel zu Anfang dieses 
Jahrhunderts, wie mir von erfahrenen Vogelkundigen jener Zeit 
vielfach übereinstimmend versichert wurde, erst nach dem Tiroler 
Kriege (1809) ziemlich zahlreich im Wiesent-, Aufsees- und Putt- 
lachthale auf Felsen und Burgruinen bei Aufsees, Pottenstein, 
Rabeneck, Waischenfeld und Wüstenstein auf. Dr. Michahelles 
traf ein Paar, wie ich aus dessen handschriftlichem Nachlals 
bei v. d. Mühle ersah, brütend bei Pottenstein, ich selbst ein 
solches an dem grolsen Felsen unter der Burgruine von Streit- 
berg und an der Muschelquelle. Im Nürnberger Gebirgslande 
brütete er bis in die neuere Zeit, angeblich auch erst seit: dem 
Tiroler Kriege, auf dem seit 1839 entfestigten Rothenberg bei 
Schnaittach. Die Mauersteine dieser ehemaligen Festung waren 


166 Ordnung III. Oscines. Singvögel. 


von schlechter Qualität, vermochten der Witterung, namentlich 
der Kälte nicht zu widerstehen, so dafs der schadhafte Mauer- 
mantel den Steinröteln bequeme Brüteplätze bot. Im Jahre 1864 
wurden dort das letzte Mal Junge ausgenommen und an Vogel- 
liebhaber nach dem nahen Nürnberg verkauft, worauf sich die 
Alten wegzogen. Dem Rothenberg gegenüber auf dem Glatzen- 
stein bei Kersbach, an den Spielser Felsen und an anderen Punkten 
der dortigen Gegend soll der schöne Vogel gleichfalls schon ge- 
nistet haben. In dem zerklüfteten Mauerwerk der nun auch dem 
Abbruch verfallenen Festung Wülzburg bei Weilsenburg und im 
nahen Altmühlthale an der Wilibaldsburg, der einstigen Residenz 
der Fürstbischöfe von Eichstädt, heckte er gewils, wurde aber 
der Jungen so oft beraubt, dals er endlich den Platz mied. In der 
Leuchtenbergschen Sammlung sah ich noch zwei sehr schöne, 
an der genannten Burg erlegte Paare. Bei Aschaffenburg brütete 
1847 ein Paar in den Sandsteinbrüchen des Finnberges. Auf 
dem Zuge wurde der Steinrötel schon öfter in der Schneulse 
im Nürnberger Reichswalde (Engelthal) und am 11. September 
1854 ein schönes Exemplar der Sturmschen Sammlung im 
Schmausengarten bei Nürnberg zugleich mit 77 Feldsperlingen 
gefangen und als vermeintlicher junger Neuntöter mit seinen 
unglücklichen Schicksalsgenossen zum Verspeisen getötet. 


b) Petrocossyphus Boie. 
128. PETROCOSSYPHUS CYANA L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 175. n. 150. — 
Verz. S. L. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, I. S. 341. 
Taf. 72. — XII. Nachträge. S. 367. — Fortsetzung der Nachträge. 
S. 58. 


Die Blaumerle kommt nach Koch und Brehm nur sehr 
selten hier und da auf dem Striche aus dem Süden in unseren 
Alpen und in die Bodensee-Gegend. Mir und meinem Freunde 
Leu ist sie in langen Jahren nie als bayerischer Vogel zu Handen 
gekommen und haben wir einen verbürgten Fall ihres Vorhanden- 
seins nicht kennen gelernt. 


13. Familie. Sänger. 167 


Genus 59. Turdus L. 
129. TURDUS ILIACUS L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 176. n. 181. — 
Verz. S. L. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, I. S. 276. 
Taf. 67. Fig. 1. — XII. Nachträge. S. 283. Taf. 356. Fig. 1—3. 


Wein-, Rotdrossel, Dröscherl. 


Sie kommt nur in den beiden Zugperioden im Herbst und 
Frühjahr in unsere Feldhölzer und Weinberge. Der Herbststrich 
beginnt Mitte Oktober und dauert bis in den Dezember. Ein- 
zelne überwintern in unseren Waldungen und Hecken und bringen 
den Winter über kümmerlich sich durch. Anfang bis Mitte 
März kommt sie auf dem Wiederstrich in grolsen Scharen in 
die Feldhölzer, wendet da mit viel Geräusch das alte am Boden 
liegende Laub der Regenwürmer und Erdmast wegen um, be- 
sucht angrenzende Wiesen, auf denen Dünger gebreitet und an 
allerlei Dungkäfern reiche Nahrung vorhanden ist, und kehrt 
gesättigt in die Feldhölzer zurück, wo sie auf Eichen und anderen 
Bäumen am Waldsaume leise in vielstimmigem Konzerte singt. 
Ihr Zug dauert den ganzen März hindurch, und es verschwinden 
die letzten Rotdrosseln erst Mitte (13. bis 18.) April, zu einer 
Zeit, wo unsere Wälder bereits vom Gesang und den Locktönen 
der meisten Sommervögel wiederhallen. 


130. TURDUS NAUMANNI Temm. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 176. n, 182. — 
Verz.. S. L. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, II. S. 288. 
Taf. 68. Fig. 1. — XIII. Nachträge. S.;296. Taf. 358. Fig. 1. 2. 3. — 
Fortsetzung der Nachträge. S. 50. 


Sie kommt nur äulserst selten auf dem Striche in Gesell- 
schaft von Rotdrosseln oder Krammetsvögeln zu uns. Das Pracht- 
stück, welches aus der Sammlung des vormaligen Regierungs- 
und Kreisforstrats Koch durch Ankauf in die Münchener Staats- 
sammlung kam, und nach welchem, wie v. d. Mühle angibt, 
die Abbildung (?) in Goulds Werke gefertigt ist, wurde von 
Koch nach einer persönlichen Mitteilung an mich bei Burg- 
lengenfeld in der Oberpfalz geschossen, als er dort von 1814 bis 
1826 Oberförster war. 


168 Ordnung 1JI. Oscines. Singvögel. 


131. TURDUS MUSICUS L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 177. n. 183. — 
Verz. S. L. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, II. S. 262. 
Taf. 66. Fig. 2. — XIII. Nachträge. S. 271. 


Weifsdrossel, Wei/sdrostl, Weifsdroschl, Drossel, Droschel, Zipp-, 
Singdrossel, Zippe. 


Im Mai 1813 wurde auf der Revier Kaltenbrunn, Forstamts 
Weiden in der Oberpfalz aus einem Neste mit fünf Jungen eine 
ganz weilse Singdrossel mit feurig roten Augen ausgenommen, 
aufgeätzt und lange auf dem Amtszimmer des genannten Forst- 
amtes ihres Gesanges wegen unterhalten. Sie hatte einen Schnabel 
wie ein Kreuzschnabel. 

Im ganzen Gebiete in ebenen und gebirgigen Waldungen, 
namentlich im Nadelholz ein gemeiner Zugvogel. Sie kommt 
manchmal schon Mitte Februar, gewöhnlich erst Anfang bis 
Mitte März und verläfst uns wieder Ende September und im 
Oktober; doch dauert ihr Strich noch den ganzen November und 
Dezember hindurch. Einzelne bleiben auch in gelinden Wintern 
ganz da, dürften aber nordische Gäste sein. Am 4. Dezember 
1568 sang bei Arberg in Mittelfranken noch eine. Singdrossel, 
wahrscheinlich ein junges Männchen. 

Am Schnabel eines jungen Vogels fand ich einen dick 
angesogenen Zecken. 


132. TURDUS SOLITARIUS Wilson. 
(T. Pallasii Cabanis). 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. Verz. S. LI. 
Anmerkung. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands. XII. Nach- 
träge. S. 273. Taf. 355. Fig. 1. 2. 

Von dieser schönen und seltenen Kleindrossel, derselben, die 
Naumann am 2. Dezember 1825 aus dem Kleinzerbster Forste 
in Anhalt erhielt, wurde ein Exemplar, früher im Besitze des 
Grafen H. v. d. Mühle, nun des zoologisch -mineralogischen 
Vereins in Regensburg, im Jahre 1551 auf dem v. d. Mühle- 
schen Gute Leonberg in der Oberpfalz im schwarzen Berge in 
den Dohnen gefangen. Die auffallend hohen Beine dieses Vogels 


13. Familie. Sänger. 169 


geben ihm eine grolse Ahnlichkeit mit der Nachtigall, an welche 
auch die übrige Gestalt, die ganze Oberseite und der rötliche 
Schwanz so sehr erinnert, dafs Mühle sagt, die beste Beschrei- 
bung dieses Vogels sei: oben eine Nachtigall, unten eine Sing- 
drossel. Die Unterseite ist wie bei Turdus musicus. Sie wurde 
schon öfters in Süddeutschland erlegt. Nach Mühle stand ein 
schönes Exemplar davon im Naturalienkabinett zu Stralsburg, 
welches im Schwarzwalde gefangen worden war. 


133. TURDUS ATRIGULARIS Natt. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 177. n. 184. — 
Verz. 8. LI. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, I. S. 310. 
Taf. 69. XIII. — Nachträge. S. 330. Taf. 361. Fig. 1. 2. 


An einem drückend heilsen Nachmittag in der letzten Hälfte 
des Monats Juni 1853 wurde eine schwarzkehlige Drossel auf 
einem Bierkeller des Städtchens Osterhofen in Niederbayern, 
während sie, im Grase sitzend, den Schnabel aufsperrte und stark 
atmete, von einem jungen Manne mit der Mütze gefangen. Der 
Vogel hatte die Darre im höchsten Grade und Läuse in Menge 
und war so matt, dafs er keinen Fluchtversuch machte, Wasser 
begierig, Futter aber nicht mehr annahm und über Nacht starb. 
Er steht ausgestopft in der Sammlung des zoologisch-mineralogi- 
schen Vereins in Regensburg. 


134. TURDUS TORQUATUS L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 177. n. 185. — 
Verz. & UI. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, I. S. 318. 
Taf. 70. — VI Zusätze. $S.5. — XII. Nachträge. S. 363. Taf. 561. 
Fig. 3. 

Berg-, Kragen-, Kragl-, Meer-, Ring-, Schildamsel; bei Hof im 
Voigtland Pfarramsel (wegen der Ähnlichkeit des weilsen Brust- 
ringes mit den ehemaligen weilsen Halskrausen der evangelischen 
Pfarrer). 

Ein regelmälsiger Brutvogel der bayerischen Alpen und des 
Böhmerwaldes. Baron v. Tschusi traf sie vom 10. bis 13. Juni 
1870 auf dem Arber (4608) und Lusen (4352‘) in dem Krüppel- 


170 Ordnung II. Oscines. Singvögel. 


holz des Waldgürtels am häufigsten an, wo die Fichte der Stürme 
und des Schnees halber nicht mehr gut fortkommt. Sie trieb 
sich dort immer paarweise bei noch grolsen Schneemassen nahe 
an den Wegen über meist sumpfigem Boden im verkrüppelten 
alten Fichtenwald von 3 bis 4 Klafter Höhe umher und hatte 
noch keine Nester; wenigstens fand v. Tschusi keines. In 
unseren Hochalpen bewohnt sie die Latschenregion und ist allent- 
halben gemein. Im Mai 1874 kamen Ringdrosseln in grolser 
Anzahl bei vielem Schnee auf den Dunghaufen nächst den 
Stallungen in Falepp an der alten Kaiserklause bei Tegernsee, 
um Nahrung zu suchen. Im Oktober und November kommen 
sie auf dem Striche in unsere Mittelgebirge und in das bewaldete 
Hügelland, auf die hohe Rhön (der Pater Quardian des Franzis- 
kanerklosters auf dem Kreuzberg fing im Spätjahr 1815 allein 
91 Stück und einige andere Herren eine grolse Menge in Dohnen), 
in den Spessart, das Fichtelgebirg, den Franken- und Steiger- 
wald, auf die fränkische Höhe, die Altmühlalb und in die Berge 
der Oberpfalz, der Nürnberger und der fränkischen Schweiz. Im 
Frühjahre hat sie nicht sonderliche Eile, in ihre Berge zurück- 
zukehren und bleibt in der Ebene bis Mitte April. Auf dem 
Sommerkeller zu Arberg verweilte ein Paar in den dortigen 
schönen Holzbeständen noch am 9. April; ein altes Männchen 
sang noch am 18. ej. m. auf einer Eiche in einer Feldhecke bei 
dem Dorfe Buch (Höchstadt a. A.) und bei Augsburg wurde 
gleichfalls ein schönes Männchen bei starkem Hagelwetter, das 
den Vogel am Fulse verwundete, Mitte April lebendig gefangen. 


135. TURDUS PILARIS L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 177. n. 186. — 
Verz. 8. LI. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, I. S. 2%. 
Taf. 67. Fig. 2. — III. Zusätze. S. 994. — VI. Zusätze. 8. 3. 


Krammetsvogel, Krammetser, Krammeter, Grommeter, Kronwittvogel, 
Kronawitsvogel, Kronewit, Kronwitten, Kronabet. 

Er kommt in den beiden Zugperioden, in manchen Jahren 
in sehr grolsen Scharen zu uns, brütet da und dort im Gebiet, 
treibt sich aber auch nur in grölseren oder kleineren ehelosen 
Vereinen zigeunernd den Sommer über im Lande umher. Im 
Dezember 1822 erschienen sie in der Oberpfalz bei Neustadt am 


13. Familie. Sänger. 171 


Culm in ungeheurer Menge. Ganze Säcke voll der Getöteten 
wurden auf die Märkte nach Nürnberg, München und in andere 
Städte versendet. Sie kamen in die Dörfer auf die Bäume vor 
die Häuser und einem Schützen, welcher mit langer Flinte durch 
die enge Öffnung eines Hausgiebels auf einen mit Drosseln wohl 
besetzten Baum feuern wollte, flog ein Neuankömmling auf die 
Flinte, als sie eben losknallte (Sylvan auf das Jahr 1824. 8. 134.) 
1849/50 waren sie in unsäglicher Menge auf dem Franken- und 
Thüringer Wald und im Fichtelgebirge vorhanden und ein vor- 
teilhafter Handelsartikel. Bei Nürnberg waren sie damals eben- 
falls höchst zahlreich und ich traf sie sogar in der Stadt auf den 
Bäumen der Insel Schütt. 1854/55 gab es ungemein viele 
Krammetsvögel in Franken, während sie auffallender Weise und 
trotzdem, dals die Vogelbeeren sehr gut dort geraten waren, im 
bayerischen Walde nur in vereinzelten Flügen gesehen wurden. 
1858/59 gab es auf der Wartei Arberg bei Gunzenhausen in 
Mittelfranken sehr viele Elsbeeren und in Folge dessen unge- 
mein viele Krammetsvögel, während sie in der Augsburger Ge- 
gend selten waren. Im Winter 1877/78 erschienen sie auf dem 
Thüringer- und Frankenwalde so zahlreich, wie fast seit Menschen- 
gedenken nicht mehr. Auf den Promenaden hiesiger Stadt und 
in den Wallgärten nährten sie sich in grolsen Flügen mit Berg-, 
Buch- und Grünfinken von den vorhandenen Vogelbeeren, waren 
sehr fett, nach wenig Tagen aber, als die Kälte nachgelassen 
hatte, wieder verschwunden. 

Im Frühling bleiben sie oft auffallend lange bis Mitte, sogar 
bis Ende April; so 1852 im Frankenwald bei Nordhalben und 
Tschirn, 1854 eine grofse Schar im Eichenwäldchen bei Buch- 
Neuhaus in der Gegend von Höchstadt a. A. und 1855 und 1856 
kleine Flüge auf der Wartei Arberg. Kleine Gesellschaften nicht 
brütender Krammetsvögel beobachtete vor dem Jahre 1848 in 
der Gegend von Passau der damals dort lebende praktische Arzt 
Dr. Brandt, ein tüchtiger Ornithologe, und mein verstorbener 
Freund Kantor Heumann in Wonsees (Oberfranken) eine Schar 
von 17 bis 20 Stücken im Sommer 1830 bei Schirradorf in der 
Gegend von Culmbach. Er sah sie zuerst im Juni bei heilsen 
Tagen und schols drei Stück davon, die aber ganz mager waren. 
Die andern liefs er in Ruhe, beobachtete sie aber den Sommer 
über fleifsig in einem Kieferngebüsch, wo er sie ihren kauder- 
welschen Gesang oft anstimmen hörte und Zeuge ihres munteren 


172 Ordnung III. Oscines. Singvögel. 


Treibens, doch niemals eines verliebten Benehmens war, so oft 
er auch ihre Gesellschaft besuchte. Später, ehe ihre nordischen 
Kameraden wieder kamen, schols er ein Männchen und ein Weib- 
chen, die nun gut von Wildprett und fett waren. Im Juni 1848 
sah er abermals bei Schirradorf und Losau einen Flug von 200 
bis 300 Krammetsvögeln, die sehr scheu waren, immer auf einem 
Flug beisammen blieben und wohl auch Geltvögel gewesen sein 
dürften, da ein Brüteplatz nicht entdeckt werden konnte. Auf 
der Wartei Arberg blieben 1861 etwa 30 Stück Krammetsvögel 
in der Abteilung Weilsenberg bis tief in den Mai und in den 
folgenden Jahren einzelne Paare in jedem Sommer, immer in 
derselben Abteilung. In Unterfranken fand der freiherrlich 
v. Thüngen’sche Öberförster, der bekannte Jagdschriftsteller 
Georg Franz Dietrich aus dem Winckell auf seiner Revier- 
försterei Rolsbach ein Nest der Wachholderdrossel mit 5 Eiern 
in der Krone einer alten Birke und im Juni 1847 brütete ein 
Paar im Fichtelgebirg ganz nahe an Wunsiedel bei der Ziegel- 
hütte. Das am Neste geschossene Weibchen erhielt Professor 
Ott für seine Sammlung und liefs, da leider Nest und Eier zer- 
stört wurden, die zerbrochenen Eierschalen am Thatort wieder 
sammeln, wobei er in Erfahrung brachte, dafs solche Drosseln 
sich dortselbst schon seit mehreren Jahren aufhielten. Um das 
Jahr 1856 erhielt Professor Dr. Döbner in Aschaffenburg aus 
der Gegend des Ochsenkopfs im Fichtelgebirg ebenfalls ein Nest 
mit Eiern und dem am Neste geschossenen Weibchen und 1857 
das Naturalienkabinet zu Coburg von mehreren jungen Krammets- 
vögeln die bei Neuhaus im Meiningen’schen am südlichen Fulse 
des Thüringer Waldes nächst der bayerischen Grenze erlegt 
wurden, ein nicht mehr brauchbares Exemplar. In der Ober- 
pfalz brütete ein Paar im Sommer 1859 bei Haselbach zwischen 
Schwandorf und Amberg und im Juni 1880 traf der kgl. Ober- 
förster W. Donle zu Kammerstein in seinem bei Schwabach, 
Forstamts Laurenzi in Nürnberg, gelegenen Revierbezirke und 
zwar in dem Forstdistrikt Dechenwald in einem beiläufig 35- bis 
40jährigen, an eine mit Wachholderbüschen ziemlich bewachsene 
Hutfläche grenzenden Föhrenbestande vor kurzem ausgeflogene, 
noch mit kurzen Schwänzchen versehene junge Krammetsvögel 
an, um welche sich die Alten bei seiner Annäherung unter be- 
ständigem Schackern und ängstlichem Hin- und Herfliegen sehr 
annahmen. Nach einigem Suchen fand er in der Nähe der 


13. Familie. Sänger. 173 


Familien zwei Nester, die nach Art der Weilsdrosselnester auf 
die Astquirle junger, durch den Waldgärtner (Aylesinus piniperda) 
zugestutzter Föhren hart am Stamme auf ungefähr 5 Meter Höhe 
gebaut waren. Schon 5 bis 6 Jahre zuvor hatte er in demselben 
Forstdistrikt im Sommer einzelne Krammetsvögel und 3 Jahre 
später im Juli und August eine grolse Gesellschaft mehrmals 
angetroffen, die sich dort von Schwarzbeeren nährte, sehr laut 
war und sang und wahrscheinlich schon damals dort gebrütet 
hatte. Im Jahre 1848 sollen Wachholderdrosseln auch bei Burg- 
bernheim gebrütet haben. Seit den letzten 12 Jahren ist es nicht 
vorgekommen, obwohl die Gegend dazu ganz geeignet wäre. 

Im Frühjahr 1853 wurde bei Nürnberg ein anscheinend 
kränkelnder Krammetsvogel geschossen, dessen Magen von einem 
verschluckten eisernen Drahtstift durchbohrt war. Dieser war 
wellenförmig gebogen, 3 cm lang, etwa 1 mm dick, die Kopf- 
platte voran, in den Magen gelangt und hatte mit derselben die 
hintere Magenwand durchbohrt. Aufserdem enthielt der Magen 
die unverdaulichen Überreste dreier Hagebutten, 3 Butzen, die 
bekannten Haare dieser Früchte und 28 Körner. Wahrscheinlich 
hat der Vogel den Stiften für einen gefrorenen Wurm angesehen. 

(Nach Forstmeister Falcke brüteten sie 1874/75 bei Schwan- 
dorf in der Oberpfalz und 1887 bei Pyrbaum, ebendaselbst; nach 
Förster Gigglberger nisten sie in einigen Paaren bei Tanz- 
fleck, Post Freihung, Oberpfalz; nach Forstwart Wilhelm 
kommen sie bei Rothenbruck bei Neuhaus a. d. Pegnitz häufig 
vor und brüten dort auf Kiefern und Föhren; Oberförster Eigner 
fand sie einmal im Jahre 1882 brütend bei Neustadt a.D.; Apo- 
theker J. A. Link konnte sie im Sommer 1890 zum ersten Male 
als Brutvogel bei Burgpreppach constatieren. Im 1884er Jahres- 
berichte schreibt Jäckel: »Der Krammetsvogel ist bei Arberg in 
Mittelfranken ein ständiger Brutvogel geworden, dessen Nester in 
allen kleinen Feldhölzern, auch der Umgegend von Wiesethbruck, 
Heinersdorf und Lellenfeld angetroffen werden. Am 16. Juni 
1883 traf Herr Förster Jägerhuber in einem 30jährigen kleinen 
Föhrenbestand bei Arberg in ebener Lage eine sehr laute Gesell- 
schaft von diesen Vögeln an und schols Ende Juli 2 Stück von 
etwa 20 ausgeflogenen Jungen. Am 3. Juni wurde bei Sonthofen 
im Algäu ein Weibchen geschossen, das noch den Brutfleck hatte, 
die Eier aber waren gelegt, was die Untersuchung des Eierstockes 
zeigte.«e — R. Bl.) 


174 Ordnung IH. Oscines. Singvögel. 


136. TURDUS VISCIVORUS L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 177. n. 187. — 
Verz. 8. LI. 
Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, I. S. 248. 
Taf. 66. Fig. 1. 
Misteldrossel, Mistler, Schnarre, Schnärre, Schnärrer, Schneekader. 

Eine ganz weilse junge Misteldrossel wurde im Jahre 1338 
bei Schernfeld in der Eichstädter Gegend und im Jahre 1848 im 
Schmerlebacher Walde bei Aschaffenburg ebenfalls ein junges 
schneeweilses Exemplar mit roten Augen gefangen. Letzteres 
steht in der Sammlung der kgl. Forstlehr-Anstalt Aschaffenburg. 

Ein gemeiner Stand- und Strichvogel unserer Laub- und 
Nadelwälder, Flufsauen und Gebirgsforste. Nordische Durchzügler 
kommen im Oktober und November und wieder im März auf 
ihren Wanderungen zahlreich bei uns durch. Mitte Mai 1874 
fielen bei starkem Schnee Misteldrosseln in grölserer Anzahl auf 
den Dünger nächst den Stallungen des Forsthauses Falepp (817 m) 
an der alten Kaiserklause bei Tegernsee im bayerischen Hoch- 
gebirge ein, um Nahrung zu suchen. In harten Nachwintern, 
wie anfangs April 1865, gehen bei Schnee und Eis manche durch 
Hunger zu Grunde und habe ich zu solcher Zeit erfrorene Mistler 
erhalten, die in Feldhecken nahe an Dörfern tot gefunden wurden, 
Dr. Brandt entdeckte einst ein Nest, das brütende Weibchen 
auf den Eiern sitzend, auf dem Boden im Walde an einer etwas 
abschüssigen Stelle. 

Durch die Verbreitung der bei uns nicht vorkommenden 
Eichenmistel (Loranthus europaeus) wird die Misteldrossel in den 
Eichenwaldungen Österreichs schädlich und sind Stimmen laut 
geworden, dem »immensen« Schaden durch Abschielsen des 
Vogels entgegen zu wirken. 

An Helminthen fand ich in ihr Ascaris ensicaudata und Taenia 
angulata. 


137. TURDUS MERULA L. 
Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 178. n. 190. — 
Verz. S. LI. 
Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, II. S. 326. 
Taf. 71. — XIII Nachträge S. 366. 
Schwarzdrossel, Amsel, Schwarz-, Kohl-, Stockamsel. 
Farbenvarietäten sind nicht sehr selten und stehen in vater- 
ländischen Sammlungen nicht wenige sehr schöne Exemplare, 


13. Familie. Sänger. 175 


z. B. ein altes Männchen mit hellgrauem Schwanz und voll- 
ständig weilse. Der Domherr Conrad v. Maidenburg (f 1374) 
erwähnt in seinem Buch der Natur, dals er bei dem Domprobst 
v. Hainberch zu Regensburg eine weilse Amsel gesehen habe. 
An Deformitäten kenne ich ein altes Amselmännchen mit Kreuz- 
schnabel. 

Sie ist ein gemeiner Stand-, Strich- und Zugvogel unserer 
buschigen Laub-, Nadel-, gemischten und Auenwaldungen und 
seit dem Aufkommen der gegenwärtigen Geschmacksrichtung in 
der Baumgärtnerei aus der Waldeseinsamkeit immer näher heran 
an die Städte gerückt und eine Bewohnerin unserer grolsstädti- 
schen Gärten, Anlagen und Parke, ja sogar unserer durch die 
Coniferen-Mode parkähnlichen grolsen Friedhöfe geworden. Aus 
dem scheuen Waldbewohner, der sie früher war und gröfstenteils 
noch ist, hat sie die Kultur der Neuheit durch ihre auf die 
Salubrität der Städte gerichteten Bestrebungen zu einem höchst 
zutraulichen Gartenvogel, nahezu zum halben Haustier gemacht. 
Die Amsel treibt sich jetzt, dem Buchfinken gleich, in den Kur- 
gärten unserer Badeorte in der nächsten Nähe der ihren Kaffee 
im Freien trinkenden Gäste umher, lälst sich von ihnen auf den 
Spaziergängen im Walde bis auf wenige Schritte nahe kommen, 
hüpft vor und neben ihnen auf Wegen, Rasenplätzen unter Baum- 
gruppen in aller Vertrautheit umher und baut ihr Nest auf dem 
vielbesuchten, gleich einem Ziergarten gepflegten Friedhofe im 
dichten Thuja-Gebüsch, wie im Hausgarten am Spalier und auf 
Balkenvorsprüngen kleiner bewohnter Häuschen in grölseren Hof- 
räumen bei kleinen Gärtchen sogar in der Stadt. Im Spätherbst 
beginnt der Strich unserer Waldamseln und wandert ein Teil 
derselben im Winter nach dem Süden, gewöhnlich nur Weibchen 
und junge Vögel, während viele alte Männchen selbst in den 
strengsten Wintern bei uns bleiben, in Dörfern und Städten die 
Beeren von Ziersträuchern, wilden Reben und an nicht einge- 
bundenen Weinstöcken die etwa hängengebliebenen Träubchen 
suchen und an nicht zufrierenden Wasserläufen der Stadtgräben 
und in den Büschen der Anlagen sich meistens gut halten, wie 
ihr schmuckes strammes Aussehen und ihre ungetrübte Leb- 
haftigkeit kund gibt. In dem aulserordentlich kalten Winter 
1879/80 freilich erging es, wie ällen Wintervögeln, auch den 
Amseln gar traurig, so dals im Februar bei tiefem Schnee ein 
Männchen durch den Ausgulsstein in die Küche eines Hauses 


176 Ordnung III. Oscines. Singvögel. 


kroch, ein anderes auf einem Dorfkirchhofe tot vor dem Kirchen- 
fenster gefunden wurde. Unsere Gartenamseln sind ganz Stand- 
vögel geworden und bleiben Männchen wie Weibchen und Junge 
da, weil sie reichliche Nahrung finden und Vogelfreunde ihnen 
während der schlimmsten Winterzeit mildthätig Futter streuen, 
das sie bereitwillig annehmen und fleilsig wegholen. 

Dals Amseln nackte Nestjunge von Singvögeln, Finken, 
Grasmücken, Bastardnachtigallen etc. rauben und ihren Jungen 
zutragen, habe ich ebenso wenig, wie viele andere im Dienste 
der heimischen Vogelkunde ergraute Beobachter gesehen, be- 
zweifle es aber nicht. Eine Gepflogenheit des ganzen Amsel- 
geschlechtes ist es gewils nicht; sonst hätten unsere grolsen 
Ornithologen Bechstein, Naumann und Brehm auch etwas 
davon gewulst. Es scheint vielmehr, dafs die übermälsig hoch 
aufgebauschten Nesträubereien sich wie bei dem Staar auf die 
Untugend einzelner Individuen oder Paare zurückführen lassen, 
um derentwillen wir nicht nötig haben, die Amseln als schäd- 
liche Vögel aus unsern Gärten und Anlagen wieder in die frühere 
Waldeinsamkeit zu verscheuchen oder, weil dies nicht möglich 
wäre, sie abzuschielsen. An Kirschen, Aprikosen, Johannis-, 
Him- und Erdbeeren, auch zur Zeit der Traubenreife thun sie in 
Gärten und Weinbergen Schaden, so dals der Stadtmagistrat 
Würzburg in guten Weinjahren an die Pächter der städtischen 
Jagden mit Recht die Aufforderung ergehen lälst, die Amseln in 
den Weinbergen wegzuschielsen. Einem dortigen Pflanzenlieb- 
haber zerstörten zwei Amselfamilien wochenlang junge An- 
pflanzungen von Farnen, Saxifragen und anderen Alpenpflanzen 
seines Gartens durch täglich wiederholtes Herausziehen, woran 
sie sich durch Bedeckung der Pflänzlinge mit Moos nicht be- 
hindern liefsen. (Mein Amselprozels von ©. Semper, Professor 
der Zoologie in Würzburg, 8. 43.) Dr. C. Ruls ist der Meinung, 
dals die Vögel irgend welchen Larven oder Gewürm nachstellten, 
von dem die Pflanzen heimgesucht waren, was mir jedoch wenig 
wahrscheinlich scheint. Die Ursache dürfte Neugierde gewesen 
sein. Man hat beobachtet, dafs der Buntspecht bei Erbauung 
eines kleinen Jagdhauses im Walde und Anpflanzung von Laub- 
holz die ihm fremden ganz gesunden Holzarten, Eichen-, Akazien-, 
Vogelbeer- und Lindenstämmchen, aus purer Neugierde zerhackte. 
Es war, als ob sich die ganze Spechtfamilie verschworen hätte, 
den ersten über dem Attentat geschossenen Übelthäter zu rächen. 


13. Familie. Sänger. 177 


Denn war einer abgeschossen, so waren drei wieder da und zer- 
hackten die Eichenheister so, dals von unten bis oben keine 
heile Stelle blieb; auch die Zweige, die nur einen Hieb vertragen 
konnten, wurden nicht verschont. Bei Rotwild, Rehen und Hasen 
hat man die gleiche Neigung wahrgenommen, ihnen unbekannte 
Holzarten oder auch solche, die ihnen selten vorkommen, zu zer- 
schlagen oder zu verbeilsen (Prof. Dr. Altum, Forstzoologie, 
I. S. 100). Ähnliches berichtet Naumann (XIII. Nachträge. 
S. 195) von den grauen Würgern. Im Jahre 1838 griffen ihm 
dieselben im Garten ein kleines mit seltenen Pflanzen, deren 
Samen er aus Südungarn mitgebracht hatte, bestandenes Beet 
an, besonders Pflänzchen des Cytisus leucophyllos, dessen feine, 
unten weilshaarige, etwas filzig aussehende Blätter so sehr den 
Beifall der Würger gefunden hatten, dafs N. von Glück sagen 
konnte, den Unfug entdeckt zu haben, als es eben noch die 
höchste Zeit war, die letzten noch unversehrten Pflänzchen durch 
Aufstellung von Scheusalen zu retten. Früher hatten die Würger 
verschiedene Stöcke von Achilles ageratum und glomerata derart 
verbissen und beraubt, dafs dieselben eingingen. Nachdem ihnen 
die Schafgarben gewöhnlich geworden waren, gingen sie an die 
neu aufgesprolsten, ihnen unbekannten südländischen Pflänzchen 
offenbar aus Neugierde; denn boshaften Übermut wird man ihnen 
so wenig wie den Amseln, Spechten, Hirschen, Rehen und Hasen 
imputieren dürfen. 
Ed. Tauber fand auf der Amsel den Zxodes sulcatus. 


Genus 60. Accentor Bechst. 
138. ACCENTOR ALPINUS J. Fr. Gmel. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 179. n. 194. — 


Verz. S. LIII 
Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, III. S. 940. 
Taf. 92. Fig. 1. — XII Fortsetzung der Nachträge. S. 144. 


Taf. 378. Fig. 1. 


Die Alpenbraunelle bewohnt als Stand- und Strichvogel die 
hohen öden Felsen der Latschenregion unserer bayerischen und 
Algäuer-Alpen. Auf den kahlen Kuppen des Böhmerwaldes suchte 
sie v. Tschusi vergeblich, da hier wohl anscheinend für sie 
passende, doch nur beschränktere Lokalitäten sich befinden, als 
in unserem Hochgebirge und im Riesengebirge. In Oberbayern 

Jäckel, Die Vögel Bayerns. 12 


178 Ordnung III. ÖOseines. Singvögel. 


sah sie Altum erst bei 2500 m Höhe. Sie ist ein sehr be- 
kannter Vogel, heilst bei dem Volke ‚‚Steinlerche‘ und wird 
gerne im Bauer gehalten. Wenn viel Schnee im Gebirge liegt, 
kommt sie in die bewohnten Thäler bis an die Berghäuser und 


Dörfer herab. 


139. ACCENTOR MODULARIS L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 180. n. 196. — 
Verz. S. LIU. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, IH. S. 951- 
Taf. 92. Fig 3. 4 — XII Fortsetzung der Nachträge. S. 146. 


Braunelle, BDrunelle, Bleikehlein, Waldspatz, Brandvogel, Lässig. 


Ein gewöhnlicher, doch nicht häufiger Zugvogel, der unsere 
gebirgigen und hügeligen Waldungen bewohnt, im März und 
April zu uns kommt und im September und Oktober wieder weg- 
zieht. Einzelne, vielleicht nordische Zuzügler, bleiben sogar in 
strengen Wintern ganz bei uns und kommen dann in die Gärten, 
Hecken, Fichten-, Lerchen- und Weymouthskiefer-Gruppen unserer 
Anlagen. In den Lechauen, auf den Lechinseln und in den 
Waldungen der vielen schwäbischen Flulsthäler (Mindel, Kamel, 
Zusam, Schmutter) brütet sie viel häufiger, als anderwärts. 


Genus 61. Salicaria Bechst. 
140. SALICARIA TURDOIDES Meyer. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. $. 180. n. 199. — 
Verz. S. LIM. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, I. S. 597, 
Taf.) 81. Biel! 


Ein ziemlich seltener Zugvogel, der Ende April und Anfangs 
Mai bei uns ankommt, an manchen Orten brütet und Ende 
August und im September wieder wegzieht. Nach Graf von 
der Mühle brütet er auf dem Moose von Ismaning bei München; 
Schrank hatihn um Ingolstadt, Mühle bei Regensburg auf der 
Insel Oberwörth mehrere Jahre nacheinander im Frühjahr singend, 
ebenso v. Freyberg im Rohre bei Donaustauf angetroffen. Vom 
26. Juni bis 18. Juli 1868 hörte ich, in den ersten Tagen mit 
Baron v. Tschusi, einen Drosselsänger an der Altmühl nahe 


13. Familie. Sänger. 179 


‘an Sommersdorf täglich anhaltend singen und ich zweifle nicht, 
dafs dort ein Paar in dem dichten, das ganze Flulsbett ausfüllen- 
den Schilfrohr gebrütet hat. Das Nest scheint durch einen Fischer, 
der damals flulsaufwärts den gepachteten Sichelschlag ausübte 
und mit seinem Kahne längere Zeit täglich zweimal mit Mühe 
-jenes Dickicht passieren mulste, wo der Vogel sang, in den Grund 
gefahren worden zu sein. Später erfuhr ich, es seien dort von 
Knaben bräunliche junge Vögel gefangen worden, die sich sehr 
an die Finger anklammerten. Es brüteten aber in dem Geröhricht 
gemeine Rohrsänger (Salicaria arundinacea) und können jene 
Gefangenen dieser Art angehört haben. Am 11. Juni 1880 hörte 
mein Freund Ed. Tauber den Gesang der Rohrdrossel auf einer 
kleinen Rohrinsel in der Nähe von Golsmannsdorf bei Ochsen- 
furt am Main und fand am 16. ej. m. das Nest. 


Bei Würzburg, Augsburg, Diedorf, Memmingen, Kaufbeuren 
und Lindau am Bodensee wurden Rohrdrosseln im Herbst- und 
Frühjahrzuge gefangen. Ich erhielt ein Stück aus dem Nürn- 
berger Stadtgraben und hatte es längere Zeit im Käfig. 


141. SALICARIA ARUNDINACEA Briss. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 181. n. 200. — 


Verz. S. LI. 
Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, IH. S. 614. 
Taf. 81. Fig. 2. — XIH. Nachträge 8. 40. S. 444. Taf. 370. 


Fig. 1. — Fortsetzung der Nachträge S. 82. 


Der Rohrsänger oder »Schlotengatzer«, wie man diesen ge- 
meinen Vogel im Fränkischen bei Fürth heilst, ist ein Zugvogel, 
der sehr selten schon Ende April, gewöhnlich erst Anfang bis 
Mitte Mai ankommt und uns von Mitte August bis Anfang 
Oktober wieder verlälst. Einen frisch gefangenen Vogel dieser 
Art erhielt von der Mühle noch im November in München 
in gar nicht abgemagertem Zustande. 

Auf einem schmalen Damm zwischen zwei grolsen Weihern 
fand ich in einem niedrigen Busche dichten Haselnuls-, Sal- 
weiden-, Brombeer-, Zaunwinden- und Rohrgewirres ein Nest, 
welches in die dreieckige Gabel eines blühenden Solanum dulca- 
mara-Strauches eingebaut war. KRohrstengel hätten leicht als 


Träger des Nestes gewählt werden können. 
19% 


180 Ordnung II. Oscines. Singvögel. 


142. SALICARIA PALUSTRIS Bechst. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 181. n. 201. — 
Verz. S. LI. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, III. S. 630. 
Taf. SL Fi22®. 


In dichtem, mit hohem Grase, Binsen, Rohr und Nesseln 
durchwachsenen Ufergesträuch und im Weidendickicht lebt der 
» Rohrspötter«, wie der Sumpf-Rohrsänger da und dort in Schwaben 
genannt wird, und belebt die unteren Maingegenden bei Aschaffen- 
burg und die ausgedehnten Auen der oberen Donau im bayeri- 
schen Schwaben in ziemlicher Anzahl durch seinen weittönenden 
herrlichen Gesang. Er kommt im Mai bei uns an und verlälst 
uns wieder im September. Den Vogelfängern Memmingens ist 
er wohl bekannt und bewohnt wahrscheinlich die Illerufer. Im 
Mai 1839 hat Landarzt Kre/ls im Schlolsgarten zu Aschbach im 
Steigerwalde ein singendes Männchen im Gebüsche am Bache 
des Gartens geschossen. 


143. SALICARIA LOCUSTELLA Penn. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 182. n. 203. — 


Verz. S. LIV. 
Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, III. S. 701, 
Taf. 83. Fig. 2.3. — XII. Nachträge. S. 469 und Fortsetzung 


der Nachträge. S. 85. 


Ein Zugvogel, welcher Sümpfe, verschilfte, nasse Wiesen, 
üppig bewachsene Flulsinseln und Auengegenden bewohnt, im 
April und Mai bei uns ankommt und im August und September 
wieder wegzieht. Bei Augsburg brüten unterhalb der Stadt auf 
den Griesern, im Wolfszahn bei Lechhausen und im Schmutter- 
thale viele Pärchen. Ein Freund Leu’s fand auch an der Donau 
auf einer abgetriebenen Waldfläche unter einem Busch ein Nest 
mit fünf Eiern. Auf dem Zuge wird der Schwirrl im Frühjahr 
nicht selten auf Vogelherden bei München gefangen; zur selben 
Zeit schols ihn Koch am Bodensee und erhielt ihn Büchele 
von Memmingen. Im Mindelthale (Schwaben) kommt er auf dem 
Zuge öfter durch. Landbeck schols im Frühjahr 1845 ein 
Stück an der Kamlach, ein zweites in den Kartoffel- und Kraut- 
teilen im Herbst bei Schönenberg und ein drittes am 12. August 
1549 im Seggengrase einer nassen Wiese bei Klingenbad, wo 


13. Familie. Sänger. 181 


das Vögelchen durch den Hühnerhund gestanden und heraus- 
gestöbert wurde. Um Nürnberg ist der Schwirrl sehr selten. 
Wolf erhielt von dort ein Männchen am 13. Mai 1805, ein Weib- 
chen im Mai 1815 und am 7. September 1815 wieder ein Männ- 
chen. Ich selbst hörte am 9. Mai 1865 ein singendes Männchen 
in einer aus Sal-, Bruchweiden und einzelnem Rohr bestehenden 
Hecke eines Bauerngartens an einem kleinen Wiesengraben zu 
Sommersdorf bei Ansbach, wenige Schritte von den nächsten 
Häusern entfernt, und Baron Gottlieb v. Koch schols ein Stück 
im südlichen Oberfranken am 25. Juli 1869 in den Moorweihern 
bei Höchstadt a. A., woselbst der Vogel gebrütet zu haben scheint. 

In den Mägen erlegter fand Leu Räupchen, Würmchen und 
Spinnen. 


144. SALICARIA PHRAGMITIS. Bechst. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 182. n. 204. — 
Verz. 8. LIV. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, III. S. 648. 
Taf. 82. Fig. 1. 


An Seen, Teichen und Wassergräben in Sumpf- und Weiher- 
ländereien auf dem Frühjahr- und Herbstzuge, ein sehr verbor- 
genes Leben führend. Er kommt selten schon Mitte April, ge- 
wöhnlich erst Ende des Monats und Anfang Mai und wieder im 
August und September, um in der ersten Hälfte des Oktober 
wieder aus unseren Gegenden zu verschwinden. Am Bodensee, 
in den Flulsthälern Schwabens (Iller, Mindel, Kamel, Schmutter), 
an der Isar (München), Donau (Regensburg), Altmühl, Rednitz 
und Pegnitz bei Eichstädt und Nürnberg wurden Schilfsänger 
mehr oder weniger selten beobachtet und erlegt. Ich selbst habe 
sie in den Moorweihern im südlichen Oberfranken ziemlich 
zahlreich auf dem Zuge durchkommen sehen. In Sommersdorf 
erschienen mehrere Jahre hintereinander gegen Ende Mai ein- 
zelne Männchen in einem aus Flieder, Kreuzdorn, Akazie, Ost- 
heimer Weichsel, Rosen, Linde und Schneeball bestehenden 
dichten Gebüsche des Pfarrhofes, sangen da ein bis zwei Tage 
herrlich und verschwanden wieder. Dieselbe Beobachtung machte 
Landbeck im Klingenbad in Schwaben. Dort fanden sich 
auch im Laufe einiger Jahre etliche Männchen in einem Hollun- 
der- und Fliederbusch ein, ergötzten ein bis zwei Tage mit 


182 Ordnung IH. Oseines. Singvögel. 


ihrem schönen Gesang und wurden dann nicht mehr gesehen. 
Ob der Vogel im Gebiete brütet, vermag ich nicht zu sagen. 

In den Mägen erlegter fand ich kleine Ichneumonen, Schnaken 
und Käferchen, Curkulioniden und Cercyon ‚flavipes. 


145. SALICARIA AQUATICA Lath. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. 8. 182. n. 205 
(S. aquatica) und n. 206 ($. cariceti). — Verz. S. LIV. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, III. S. 668. 
Taf. 82. Fig. 2. 3. ($. cariceti) und S$. 686. Taf. 82. Fig. 4. 5. 
(S. aquatica). — XI. Fortsetzung der Nachträge. S. 81. (8. cariceti). 


Der Binsensänger kommt im Frühjahre auf unsere Seen, 
Teiche und Flüsse, die mit viel Binsen und ÖOypergräsern, Weiden 
und Erlengebüschen bewachsen sind, schon Mitte April und 
Anfang Mai. Nach Landbeck bewohnt er das ganze Donau- 
thal von Ulm bis Passau in allen geeigneten Lagen, und der 
alte Brehm versichert, dafs, als er im Mai 1830 auf einer Reise 
von Nürnberg nach Renthendorf in den Itzgrund eintrat, die 
mit Weidengebüsch bewachsenen Ufer der Itz von dem Gesang 
des Weidenschilfsängers ertönten, und er diesen Vogel nirgends 
so häufig gefunden habe, als an jenem Flusse.. Nach Dr. Noll 
erfreuen uns am Untermain von Aschaffenburg bis Kostheim die 
Rohrsänger Sal. aquatica, palustris und arundinacea den ganzen 
Sommer hindurch mit ihrem fleilsigen Gesang und heften ihre 
Nester kunstreich in das Röhricht oder an die Weiden. Wolf, 
Brehm sen. und ich beobachteten den Binsensänger auch an 
den Ufern der Pegnitz bei Nürnberg, und Sturm am Dutzend- 
teich. Im September bis Mitte October verlälst er uns wieder 
und findet sich zu dieser Zeit nicht blofs im Seggengrase der 
Wiesen und in den Binsen grolser Fischweiher, sondern auch 
in Kraut- und Kartoffeläckern. In den Moorweihern im südlichen 
Oberfranken war er in beiden Zugperioden jährlich gemein. In 
den Mägen erlegter fand ich kleine Schnecken (Planorbis hispidus) 
Schnabelkerfe (G@erris) und eine Menge kleiner Käfer: Oyclonotum 
orbieulare, Apion virens und fuscirostre, Sitones lineatus, Phythono- 
mus nigrirostris, Erirhinus acridulus, viele Phythobius quadricornis, 
Bagous lutulentus und lutosus, Lyprus eylindrus, Galleruca. nym- 
pheae, einige Rohrschenkelkäfer (Donacia) und viele Larven von 
Waffenfliegen (Stratiomys). 


13. Familie. Sänger. 153 


Der Flufsrohrsänger (Salicaria flwviatilis, Meyer et Wolf), bekanntlich in 
Niederösterreich und bei Wien auf den Donau-Auen den Sommer über lebend 
und auf dem Zuge in Böhmen an der Elbe (Karlsbad), an der Moldau und 
Eger nach Pet@nyi nicht selten, wird von Landbeck als höchst selten an 
der württembergschen Donau nnd von Dr. Küster für die Umgegend von 
Erlangen aufgeführt. Unmöglich ist es nicht, dafs sich dieser Rohrsänger 
einmal auch an der bayerischen Donau und Eger als grofse Seltenheit ein- 
gefunden, vielleicht auch die Regnitz bei Erlangen schon besucht hat, glaub- 
würdig nachgewiesen ist es jedoch nicht. 


Sechste Gruppe: Sänger. 
Genus 62. Regulus Raj. 
146. REGULUS IGNICAPILLUS Brehm. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 183. n. 212. — 
Verz. S. LV. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, III. S. 983. 
Taf. 93. Fig. 4. 5. 6. 


Das »Feuerhähnchen« oder »Feuerköpfchen« bewohnt die 
Fichtenwaldungen, besonders die Junghölzer, doch lange nicht 
so häufig, als das gemeine Goldhähnchen, ist Zugvogel, der im 
März und April bei uns ankommt und im September und Oktober 
bis Mitte November wieder wegzieht, aber auch einzeln im Winter 
bei uns bleibt. Leu hat in verschiedenen Jahren während des 
ganzen Monats Januar Exemplare erhalten. Brütend hat man 
es in allen Teilen Bayerns gefunden. 


147. REGULUS CRISTATUS Koch. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 184 n. 213. — 
Verz. S. LV. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, II. S. 968. 
Taf. 93. Fig. 1. 2. 3. 


Goldhähnchen, Goldköpfchen, Königlein, Goldvögelein. 


Ein gemeiner Stand- und Strichvogel unserer Nadelwaldungen, 
besonders der Föhrenwälder, im Herbst und Frühjahr mit Meisen 
oder nur in eigener Gesellschaft durch die Gärten streifend. 
Das Nest findet man zuweilen so niedrig an den Zweigen, dals 
man es mit der Hand erreichen kann. 


184 Ordnung III. Oscines. Singvögel. 


Genus 63. Ficedula Koch. 
148. FICEDULA HYPOLAIS L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 184. n. 215. — 
Verz. S. LVI. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, II. S. 540. 
ar 280: Biel 


Spötter, Spötterl, Spottvogel, Laubspötter, gelbe Grasmuck, gro/ser 
Wistling. 

In städtischen Anlagen, Parken, Bauerngärten und Auen- 
wäldern ein ziemlich allgemein verbreiteter, nicht seltener Zug- 
vogel. Er kommt sehr selten schon im April (frühester Termin 
20.), meist in der zweiten Woche des Mai, auch erst Ende des 
Monats an und verläfst uns wieder im September. In den ersten 
Tagen des Juni sogar kommen in die hiesigen Stadt- und Dorf- 
gärten noch einzelne Männchen, singen etliche Tage höchst 
eifrig, ziehen aber doch noch weg. Ein Spötter nistete auf dem 
Mauervorsprung eines Hauses an der nach der Strafse gekehrten 
Seite so frei, dals man den brütenden Vogel von drei Seiten 
beobachten konnte; gleichwohl brachte er seine Jungen auf. In 
demselben Jahre traf ich den Spötter in einer von der Goldafter- 
raupe (Bombyx chrysorrhoea) heimgesuchten Gegend. Alle Obst- 
bäume der Gärten und Chausseen und die Heckenreihen waren 
ganz und gar weit und breit abgefressen und standen kahl wie 
Besen da, und doch war der Spötter nicht ausgezogen, sondern 
trieb sich höchst munter und sanglustig in den trostlosen 
Gärten umher. 


149. FICEDULA SIBILATRIX Bechst. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 184. n. 216. — 
Verz. S. LVI. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, II. S. 556. Taf. 
80. Fig. 2. 


In düsteren Laub- und gemischten Waldungen, auch in 
städtischen grofsen Anlagen (Würzburg und Aschaffenburg) nicht 
seltener, aber sparsam verbreiteter Sommervogel. Er kommt 
selten in der ersten Hälfte, gewöhnlich erst gegen Ende April 
und Anfang Mai und zieht Ende August und Anfang Septem- 
ber wieder fort. 


13. Familie. Sänger. 185 


150. FICEDULA TROCHILUS L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 185. n. 217. — 
Verz. S. LVI. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, III. S. 568. 
Taf. 80. Fig. 3. 


Weidenzeisig, Weidenzeislein, Laubvögele, Wistling, Tannenspötter, 
Genggengle, Muckenvogel. 


Ein sehr gemeiner, junge Nadelhölzer, Feldhölzer und Flufs- 
auen bewohnender Zugvogel, der von der zweiten Hälfte des 
März an und im April zu uns kommt, im September und Oktober 
noch an schönen Tagen singt und uns im letztgenannten Monat 
wieder verlälst. 


Im Sommer 1851 erlegte Landbeck im Mindelthale zwei 
Männchen, welche einen von dem gewöhnlichen sehr abweichen- 
den Gesang hatten, so dals er sie nur an der Lockstimme für 
Laubvögel halten konnte. Im Äufseren unterschieden sie sich in 
nichts von der gewöhnlichen Form. 


Aus dem Steigerwalde erhielt ich 1855 und 1856 verschiedene 
Exemplare, die im Flügelbau vollkommen mit einem Evers- 
mannschen ÖOriginalexemplar der Ficedula icterina Vieill. der 
Wirbeltiere Europas von Keyserling und Blasius I. S. 185. 
n. 218. Verz. LVI. übereinstimmten und von letzterem als solche 
anerkannt, später aber als nicht verschieden von F. trochilus 
erklärt wurden. Cfr. Naumannia 1856, S. 59 und S. 510 und 
1858, 8. 312. 


Am 9. August schofs Baron Gottlieb v. Koch bei Hirsch- 
berg an der Saale einen Fitis, welcher auf dem Unterrücken 
eine Feder stehen hat, die ganz einer Schwanzfeder gleicht. 
Dieselbe ist 49 mm lang, ca. 8 mm breit und an der Spitze 
stumpf zugespitzt. wie ungefähr an einer mittleren Schwanzfeder. 
Der Schaft und die Spule ist so stark, wie bei einer Schwanz- 
feder, die Fahne auf beiden Seiten gleich breit. Die Wurzel 
dieser abnormen Feder ist von der mittleren Schwanzfeder etwas 
über 1 cm entfernt und befindet sich an einer Stelle, wo sonst 
eine gewöhnliche Deckfeder steht. Sie ist also als eine verwan- 
delte Deckfeder anzusehen (Dr. Cabanis, Journal für Ornithologie, 
1811. 8. 231). 


186 Ordnung III. Oscines. Singvögel. 


151. FICEDULA RUFA Lath. 


Keyserling u. blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 185. n. 219. — 
Verz. S. LVI. 
Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, III. S. 581. 
Taf. 80. Fig. 4+ — XIII Nachträge Taf. 369. Fig. 2. 3. 
Weidenzeisig, Weidenzeislein, Mwuckenvögelein, kleiner Wistling, 
Fifetzer, Zippzapp, Ziüzelterle. 

Bewohnt am liebsten unsere jungen Fichtendickungen, ge- 
mischte Waldungen, Schlolsgärten, Parke, Flulsauen, ist ein 
sehr gemeiner Zugvogel, kommt am frühesten unter allen gras- 
mückenartigen Vögeln, manchmal schon Anfang des zweiten 
Drittels, gewöhnlich erst im letzten Drittel des März, seltener 
erst Anfang April, singt noch an schönen Herbsttagen, doch 
auch bei trübem Wetter, Nebel und Regen sein einfaches Lied- 
chen meist stümpernd und verstreicht Ende Oktober. 

Am 22. April 1856 schofs Landarzt Kre[s in Kloster Ebrach 
an einem dortigen Weiher von zwei miteinander fliegenden Laub- 
vögeln das Weibchen, das man für Fücedula silvestris MEISSNER 
zu halten geneigt sein konnte, und das so klein war, dafs auch 
Prof. J. H. Blasius erklärte, es sei dieses Vögelchen der kleinste 
Laubvogel, den er je gesehen. Er konnte indes keine so wesent- 
lichen Abweichungen in der Grölse und im Flügelbau von Fe. 
rufa an ihm finden, dafs er eine spezifische Verschiedenheit als 
wahrscheinlich hätte ansehen können. Der Lockton war sehr 
auffallend, dem der Nachtigall sehr ähnlich, jedoch leiser, aber 
stärker, als bei dem Rotschwänzchen, wie ihn mein Freund 
ähnlich noch bei keinem Laubsänger gehört hatte. Am 10. Juni 
hörte er abermals einen solchen Vogel im Weiherholz bei Kloster 
Ebrach. Cfr. Naumannia 1856. $. 511. 


152. FICEDULA BONELLI Vieill. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 185. n. 220. — 
Verz. S. LVI. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, XIII. Nachträge 
S. 174. Taf 369. Fig. 4. 

Der Berglaubvogel wurde 1832 von Landbeck in Württem- 
berg und Bayern entdeckt. Er bewohnt nach ihm die ganze 
schwäbische Alp, Bayern, Baden, Elsals, die nördliche und süd- 
liche Schweiz und Nordtirol sehr gemein und brütet, Gewilsheit 
konnte er darüber nicht erlangen, wahrscheinlich im bayerischen 


13. Familie. Sänger. 187 


Schwaben, auch im oberen Mindelthale. Am 10. Mai 1844 zogen 
4 bis 5 Stück bei Klingenbad (zwei Stunden von Burgau und 
drei von der Donau) durch, am 16. August 1845 erlegte er dort 
von mehreren singenden Männchen ein junges, das ich besitze, 
auf den Obstbäumen seines Gartens; im Juli desselben Jahres 
hörte er während einer Hirschjagd im Ettenbeurener Forst ein 
Stück locken und bemerkte auch später noch mehrere durch- 
ziehende Nach von der Mühle gehört der Berglaubvogel in 
mehreren Gegenden Bayerns, namentlich an der oberen Donau, 
nicht zu den Seltenheiten, kommt im April und Mai,- zieht im 
September wieder weg und bewohnt im Sommer auf der Südseite 
der Berge, seltener auf deren südwestlichen oder südöstlichen 
Abdachungen die Hoch- und Mittelwaldungen, gewöhnlich reines 
Laubholz oder gemischtes, nur selten den Nadelwald, und diesen 
nur dann, wenn er Unterholz, Gebüsch und viele sonnige Blölsen 
hat, welch letztere ihm: an jedem Ort Bedürfnis sind. Nach 
Blas. Hanf hält er sich in der Umgebung von Mariahof in 
Steiermark beständig in den Kronen der Lärchen auf, welcher 
Baum dort eine Hauptbedingung seines Aufenthaltes in der 
Fortpflanzungszeit ist. Zum Brutplatze wählt er nach Hanf 
sonnige, ziemlich steile Berggehänge mit kleinen Felspartien, 
welche mit hohen Lärchen, jungen Fichten, Haselnuls- und an- 
derem Gebüsche, doch nicht zu dick bewachsen sind. Baron 
v. Tschusi bemerkt ihn jährlich im Garten seiner Villa 
Tännenhof bei Hallein, in nächster Nähe der bayerischen Grenze, 
sehr häufig auf dem Zuge Anfang bis Ende Mai und dann 
wieder Ende Juli und Anfang bis Mitte August, zur Brütezeit mehr- 
fach bei den Barbensteinen bei Hallein und dort auch auf bayeri- 
schem Gebiete. Er brütet daselbst nach diesem Forscher sicherlich. 


Genus 64. Sylvia Penn. 
153. SYLVIA CURRUCA Lath. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 187. n. 227. — 
Verz. S. LVII. 
Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, IT. S. 451. Taf. 
77. Fig. 1. 
Wei/se Grasmuck, Blauköpfle, Müllerlein, Heckenschlupfer, Liedler, 
Spötterl. j 
Ein ganz weilses Exemplar sah ich in der Leuchtenbergschen 
Sammlung in Eichstädt. 


188 Ordnung III. Oscines. Singvögel. 


Ein sehr gewöhnlicher Zug- und Brutvogel, der in den 
letzten Tagen des März, gewöhnlich erst im April ankommt und 
uns im September und Oktober wieder verlälst. Als Singvogel 
hat diese Grasmücke keinen Wert und wird deshalb nie im 
Käfig gehalten. Ende Mai 1849 kam ein Weibchen häufig in 
meinen Garten, um die sehr überhand genommenen Blattläuse 
von den Rosenstöcken fortzupicken und die auf die Erde ge- 
fallenen aufzulesen. 

Der königl. bayer. Oberst-Bergrat und Gewehrfabrik-Direktor 
v. Voith zu Amberg teilt in Okens Isis, 1831, S. 633 nachstehende 
interessante Beobachtung mit: »Die Gewehrläufe der k. Gewehr- 
fabrik zu Amberg wurden lange Zeit in einem Teile des Stadt- 
zwingers, und zwar regelmälsig jede Woche wenigstens einmal 
geprobt und dabei immer 20 bis 25 Stücke auf einmal angelegt 
und losgebrannt. Da ihre Gesamtzahl allemal über 100 war und 
jeder Lauf zweimal, jedesmal mit doppelter Ladung geprobt wird, so 
geschehen bei jeder Probe 8 bis 10 solcher gewaltsamen Ent- 
ladungen. Der Kugelfang war unter freiem Himmel gegen die 
südwestliche Mauer einer Bastion angebracht, an deren südöst- 
licher Seite eine Rebe an einem Geländer aufgezogen war. Diese 
wählte sich ungeachtet der heftigen Erschütterung und Explosion 
eine Grasmücke als Baustelle ihres Nestes. Ruhig blieb sie 
während des Probens über ihren Eiern sitzen, wohlbehalten 
brütete sie alle aus und emsig trug sie den munteren Jungen, 
unbekümmert um das Getümmel um sie her, die Nahrung zu. 
Ich muls noch bemerken, dafs bei jeder Probe ganz in der Nähe 
6 bis 8 Menschen beschäftigt waren.« Welche Grasmückenart 
es war, ist nicht angegeben. Höchst wahrscheinlich war es das 
Müllerchen. 


154. SYLVIA ATRICAPILLA Briss. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 187. n. 228. — 
Verz. S. LVI. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, II. S. 492. Taf. 77. 
Fig. 2. 3. — XIH. Nachträge S. 410. 


Meisenmünch, Schwarzplättchen, Schwarzplattl, Schwarzkopf, 
bei Nordhalben Grasmicke. 


In gebirgigen und ebenen Laub- und gemischten Waldungen 
mit viel Unterholz, in Junghölzern etc. ein gewöhnlicher Sommer- 


13. Familie. Sänger. 189 


vogel. Er kommt selten schon Anfang, gewöhnlich erst von der 
zweiten Aprilhälfte an zu uns und zieht im September und Ok- 
tober wieder weg, zu welcher Zeit er hier und da noch eine kurze 
Gesangsstrophe hören lälst. Ein Männchen sang noch munter am 
2. November 1869 auf der Südseite des Rothenbergs bei Schnaittach 
in Mittelfranken. In den Gärten frilst er Kirschen und Aprikosen 
an, plündert die frühreifen Weintrauben und geht den reifen 
Hollunderbeeren nach. 


155. SYLVIA CINEREA Briss. 
Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 188. n. 230. — 
Merz, S-1y IH. 
Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, II. S. 464, 
Taf. 78. Fig. 1. 2. — XII. Nachträge S. 409. 
Deutsche Grasmücke, Hecken -Staudenschmatzer, Heckenschlupfer. 
Spötterl, rote Grasmuck, Kupfergrasmücke, Zeilerspatz (Zeil-Hecke), 
Allenthalben in Feldhölzern, an Waldrändern, in Flulsauen, 
an Bächen und Flüssen in Hecken und Gebüschen ziemlich ge- 
meiner Sommervogel. Sie kommt selten schon Anfang, gewöhn- 
lich erst Mitte April, zieht im August und September wieder weg, 
ist ein schlechter Sänger und wird nicht im Käfig gehalten. 


156. SYLVIA HORTENSIS Penn. 


Keyserling uw. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 189. n. 231. — 
Verz. S. LVIH. 
Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, II. S. 478. 
Taf. 78. Fig. 3. — XII. Nachträge S.: 409. 
Grasmücke, welsche, graue Grasmücke. 

In Gärten, Anlagen, buschigen Feld- und Vorhölzern und 
Auen ein nicht gar seltener Sommervogel. Sie kommt Ende 
April und Anfang bis Mitte Mai und zieht im September wieder’weg. 
Büchele sah ein Nest auf einer Rolskastanie ca. 4m hoch am 
äulsersten Ende des Astes etwa 1!» m vom Stamme entfernt. 


157. SYLVIA NISORIA Bechst. 


Keyserling uw. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 189. n. 232. — 
Verz. S. LVLD. 
Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, I. S. 450. 
Taf. 76. Fig. 1. 2. — XII. Nachträge S. 408. 
Spanische Grasmücke, Edelmucke. 
Kommt bei uns nur sporadisch, doch nicht selten auf den 
Donauinseln, um Neuburg, Ingolstadt und Regensburg brütend 


190 Ordnung II. Oscines. Singvögel. 


vor, wird aber von den Vogelstellern gewöhnlich weggefangen. 
Auf der oberen Donau bei Neuburg ist sie nach Graf von der 
Mühle nicht so selten, als man gewöhnlich glaubt, und brütete 
1849 in einem Akaziendickicht des gräflichen Schlosses Bertols- 
heim nicht weit von der Donau unter Mühles Fenster. Auch 
die Ufer des Mains oberhalb und unterhalb Würzburg, z. B. den 
Stadtgraben von Ochsenfurt, soll sie bewohnen. Apotheker Link 
sah sie häufiger als anderwärts im sogenannten Bärengrunde bei 
genannter Stadt im Monat Mai 1863 und 1864, und obwohl sich 
diese Gegend durch den Reichtum an Dornbüschen auszeichnete 
und als Brüteplatz für die Sperber-Grasmücke wie geschaffen schien, 
konnte er im Juni schon kein Exemplar mehr ausfindig machen, 
so sehr er sich auch darum bemühte. Bei den fleilsigen Raupen- 
und Schmetterlingsjagden, welche er zu jener Zeit an der be- 
zeichneten Stelle betrieb, hätte er sicher den Vogel sehen müssen, 
wenn er als Brütevogel dagewesen wäre. Sie kommt Ende April 
und verlälst uns im August und September. Auf dem Zuge wird 
sie nur hie und da einmal an vereinzelten Orten wahrgenommen. 
Prof. Wolf erhielt am 23. August 1823 einen nahe bei Nürn- 
berg am Wasser gefangenen jungen Vogel; aulserdem wurden 
etliche Stücke bei Eichstädt, Passau, bei Augsburg (Lechhausen) 
und Memmingen gefangen. Bei München ist sie während des 
jährlichen Herbstzuges nicht so selten, und besals von der Mühle 
nach einander drei dort gefangene Sperbergrasmücken. 


Genus 65. Lusciola. 
a. Lusciola. 


158. LUSCIOLA PHILOMELA Bechst. 
Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 189. n. 233. — 
Verz. S. LVMI. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, I. S. 362. Taf. 74. 
Kie; 1: 
Echt ungarische Sprosser kommen auf dem Herbstzuge Ende 
August in die Auen der beiden Grenzflüsse zwischen Bayern und 
Österreich , der Salzburger Saale und der Salzach. Bei Passau, 
Regensburg, München, Memmingen (Trunkelsberg 31. August 1856) 
Nürnberg (Weigelshof Frühjahr 1849) und Eichstädt wurden schon 
hie und da Sprosser gefangen. Einen bei München gefangenen 

herrlichen Schläger besals von der Mühle. 


13. Familie. Sänger. 191 


159. LUSCIOLA LUSCINIA L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 189. n. 234. — 
Verz. LVIH. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, I; S. 373. 
Taf. 74. Fig. 2. 


In Parken, buschigen grolsen Gärten und Anlagen, in Auen- 
wäldern und Flufsthälern ein noch immer ziemlich verbreiteter 
Sommervogel. Allen dichtbewaldeten und gebirgigen Gegenden 
fehlt die Nachtigall, überhaupt sucht sie sich wärmere Lagen, 
ist aber aus vielen Gegenden, in denen sie noch vor 40 und 50 
Jahren wohnte, als Brutvogel verschwunden. Zur Zeit wird sie 
als solcher südlich der Donau meines Wissens überall vermilst 
und geht einem grolsen Teil des südlichen und östlichen Frankens 
um Eichstädt, Gunzenhausen, Ansbach, Rothenburg, Uffenheim 
Windsheim, Neustadt, Nürnberg, Erlangen, Forchheim, Bayreuth 
gänzlich ab. In den oberen Donauauen ist sie einheimisch und 
in der Ingolstädter Niederung gibt es Nachtigallen in Menge. 
Am Main von Lichtenfels abwärts über Schweinfurt, Stadt- 
Schwarzach, Gaibach, Ochsenfurt und Würzburg hinab nach 
Aschaffenburg (Schönthal und Schönbusch) ist noch ihr Haupt- 
sitz und stellt sie sich hier noch vieler Orten in Gärten, an 
Waldsäumen in Niederungen, Feldhölzern, Schlofsgärten und 
buschigen Umgebungen der Städte, z. B. im Hofgarten und auf 
dem Glacis in Würzburg ein. In einem Seitenthälchen des Main, 
dem Dürrbachthale bei Ochsenfurt, hörte ich im Sommer 1880 
zwei Paare in der Nähe der Kunstmühle in Tückelhausen singen. 
Um Augsburg gibt es in den Weidengebüschen längs des Lech 
zur Zugzeit immer Nachtigallen, die von den Lechhausener Vogel- 
fängern trotz dem Verbote weggefangen werden. Sie kommen 
selten schon Anfang (6. 10.), gewöhnlich erst im letzten Drittel 
des April und verstreichen wieder im August und September. 


Leider wird dieser herrliche Sänger allen Verboten zum Trotz 
noch immer stark weggefangen. Ich kenne einen leidenschaft- 
lichen Vogelliebhaber, der an der unterfränkischen Tauber bei 
Bieberehren und Tauberrettersheim gegen das Mergentheimsche, 
wo die Nachtigall noch immer zahlreich brütet, einmal sieben, 
ein anderes Mal zwölf Stück, nachdem er sie zuvor verhört und 
die besten Schläger sich ausersehen hatte, in Zeit von zwei 
Morgenstunden fing. Von solchen Gefangenen nehmen oft ältere 


192 Ordnung III. Oscines. Singvögel. 


Vögel absolut kein Futter an und sterben in ihrem Starrsinn 
bald dahin, auch wenn man sie mit Mehlwürmern stopft. Nur 
selten fühlt der Besitzer so menschlich, dafs er solchen, den Ver- 
lust der Freiheit nicht verwindenden, Trotzköpfen die Freiheit 
wiedergibt. 


b) Cyanecula Brehm. 
160. CYANECULA SUECICA L. (leucocyana Brehm). 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 191. n. 237. — 
Verz. S. LVII. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, II. S. 414. Taf. 
75. Fig. 3. 4.5. — XII. Nachträge S. 373. Taf. 364. Fig. 1. 2. 
(S. leucocyana) und Fig. 3. 4. ($. Wolfü). S. 377. Taf. 365. Fig. 1, 
2 (S. leucocyana) und Fig. 3. 4. (S. Wolfii.) S. 387. Taf. 366. Fig. 
1—4 (8. suecica — orientalis). 


Blaukehlchen, Blaubrüstchen, Wassernachtigall. 


Es kommen bei uns Vögel ohne weilsen Stern mit ganz 
blauer Brust (Memmingen, Augsburg, Tückelhausen) und wiewohl 
sehr selten prachtvolle, rotsternige Männchen (Nürnberg 18. Mai 
1803 und Augsburg 4. Mai 1858) neben den gewöhnlichen weils- 
sternigen vor. Das Blaukehlchen erscheint bei uns selten schon 
Mitte bis Ende März, gewöhnlich erst im April, nistet in dem 
Dickicht des Weidengebüsches am Main bei Aschaffenburg auf 
den mit Weidengestrüpp bedeckten Maininseln bei Heidingsfeld, 
in den Lechauen bei Augsburg und in der Oberpfalz im Sulz- 
gau in der Gegend von Neumarkt und verlälst uns wieder im 
September und Oktober. Im Frühling fing ich bei Nürnberg 
ein schönes weilssterniges Männchen, welchem auf dem Scheitel 
und der Wange zwei sehr stark angesogene Hundszecken salsen. 


c. Erithacus Swains. 


161. ERITHACUS RUBECULA L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 191. n. 238. — 
Verz. S. LVII. 
" Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, II. S. 397. Taf. 
1a, Eigen L. 2. 


KRotkehlcehen, Rotbrüstchen, Rotkröpfle, Backöfelchen. 
In vaterländischen Sammlungen sah ich Varietäten mit 
weilsem Schwanz und weilsen Flügeln und mit weilser Brust 
und rotem Stirnstreif. 


13. Familie. Sänger. 193 


Ein gemeiner Zugvogel, der ausnahmsweise schon in den 
Tagen vom 21. bis 28. Februar und in der ersten Hälfte des 
März, gewöhnlich erst in der zweiten Hälfte des März bei uns 
ankommt, in Laub- und Nadelwaldungen, höchst selten in grolsen 
Dorfgärten brütet und im September und Oktober wieder abzieht. 
Einzelne Nachzügler bleiben bis in den November und Dezember, 
und dauert gelinde Witterung bis in den Januar an, so über- 
wintern sie ganz bei uns. Kommt dann im Februar und März 
noch Kälte und Schnee, so flüchten sie sich in die Dörfer, 
kommen auf die warmen Düngerstätten, kriechen durch Ausguls- 
steine in die Küchen, dringen durch offene Thüren in die Woh- 
nungen und Ställe und durch zerbrochene Fenster in die Kirchen 
ein und suchen Schutz und Nahrung. Ebenso milslich ergeht 
es ihnen, wenn nach ihrer Ankunft im Frühjahr, wie im April 
1858 und im März 1881, noch tiefer Schnee fällt. Dann ist ihr 
Andrang in die Dorf- und Stadtgärten, sowie an und in die 
Häuser ein so grofser, dals Hunderte dieser lieblichen Sänger 
mit leichter Mühe gefangen werden können. Nach zwei- bis 
dreitägiger Gefangenschaft sind dann die meisten tot. 


d) Ruticilla Brehm. 
162. RUTICILLA PHOENICURUS L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 191. n. 239. — 
Verz. S. LVII. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, III. S. 510. 
Taf. 79. Fig. 1. 2 und S. 996. — VI Zusätze S. 14. 


Wald-, Gartenrotschwanz, Waldblasse, Waldblä/slein, Holzblä/sle, Rot- 
bläfsle, Waldrötele, türkischer Rotschwanz, Saulocker. 


Allenthalben in Waldungen, Baumgärten, Alleen und Anlagen 
ein gemeiner, hoch in die Alpen hinaufgehender Zugvogel, von 
Mitte März und April an bis in den September und Oktober. 
Leu fand ein Nest in einer engen Baumritze, nur zwei Fuls 
vom Boden entfernt, in einer frequenten Allee Augsburgs, wo 
täglich viele Menschen am Nistloch vorübergingen. 


Jäckel, Die Vögel Bayerns. 


194 Ordnung III. Oscines. Singvögel. 


163. RUTICILLA TITHYS Scop. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 191. n. 240. — 
Verz. S. LIX. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, III. S. 525. 
Taf. 79. Fig. 3. 4. — VI. Zusätze S. 14. 


Rotschwanz, Rotschwänzlein, Hausrötele, Wistling. 


Von Varietäten sind mir vorgekommen ein ganz weilses 
Exemplar mit roten Augen und ein Männchen mit weilsem Kopf, 
Hals und Flügeln, sonst normal gefärbt, welches 1879 in hiesiger 
Stadt mit einem gewöhnlichen Weibchen verpaart war. 


Nach Bechstein soll der Hausrötel Ende des vorigen 
Jahrhunderts in Thüringen noch selten gewesen sein, was 
Dr. Liebe bezweifelt, da die ältesten Bauern und Forstleute, die 
er vor 35 Jahren darum befragte, nichts davon wulsten, und 
der allgemein herrschende Aberglaube, dals die Störung der 
Brut des Hausrötels mit Feuersbrunst bestraft werde, kein mo- 
dernes Gepräge habe und viel eher für einen uralten Bestand, 
als für eine erst in neuerer Zeit erfolgte Einwanderung spreche. 
Und doch scheint die Angabe des alten Bechstein guten Grund 
zu haben, da auch nach Schrank unser Rötel um das Jahr 
1798 in Altbayern nur erst an einzelnen Orten und noch nicht 
allgemein in Stadt und Dorf gelebt haben dürfte. Schrank 
bemerkt nämlich, dafs er den Vogel um Falkenstein und Tegern- 
see gesehen habe, eine Angabe, die keinen Sinn hätte, wenn der 
Hausrötel damals schon in Ingolstadt, Schranks Wohnort, und 
Umgebung gelebt hätte. Als Koch 1816 seine bayerische 
Zoologie schrieb, war es anders, da er von seinem schwarz- 
bäuchigen Steinschmätzer (Saxicola tithys) sagt, dals er überall, 
wo Gebäude sind, bis in die höchsten Alpen hinauf wohne und 
gemein sei. Er kommt bei uns Mitte bis Ende März an (früheste 
Termine in 46 Jahren 7., 11., 12. März), macht zwei Bruten und 
zieht im Herbst bis Ende Oktober wieder weg. Er brütet sehr 
gern in Kirchen, auf Altären, in den Steinornamenten der 
Fenster, auf Säulenkapitälen, Balken, oftmals wenige Fuls über 
den Häuptern der Kirchenbesucher, in wüsten und bewohnten 
Gebäuden, auf Dachböden, an Rauchfängen, in Nestern der 
Rauchschwalben, in Scheuern, in Holzschuppen, gedeckten Kegel- 
bahnen, Gartenhäuschen, Musikpodien der Gesellschaftsgärten, 
in Schmiedhütten, wo die Pferde beschlagen werden, in faulen 


13. Familie. Sänger. 195 


Balken und Mauer- und Felsenritzen. Ein Nest stand im Rund- 
gewölbe einer Brücke des Donau-Main-Kanals in der seichten 
Vertiefung der Kreuzscheibe hinter dem Einhackkreuz, ein anderes 
unter dem Schutzdächlein eines Gartenbrunnens dicht an der 
Hebelstange desselben, welche neben dem Neste sich täglich oft 
auf- und abbewegte, ohne das Rotschwänzchen zu beunruhigen. 
In einer hiesigen Gipshütte brüten jährlich Rotschwänzchen und 
sah ich dort Nester, die 142 bis 21% m hoch, nahe dem Brenn- 
ofen und über den Dreschplätzen auf Balken oder in einem 
Mauerloch stehen, so dals man glauben sollte, die Hitze, der 
Rauch, der stete Menschenverkehr in der beschränkten Hütte, 
der Lärm des Handdrusches auf zwei Tennen und die den ganzen 
Tag über in ihrer Nähe geschwungenen Dreschflegel mülsten 
die Vögelchen verscheuchen. Gleichwohl bringen sie, von den 
Arbeitern gern gesehen und geschont, trotz allem ihre Jungen 
auf und kehren jährlich wieder an diesen Lieblingsplatz zurück. 
Manche Männchen ahmen täuschend die Gesänge und Locktöne 
solcher Vögel nach, die in ihrer Nähe wohnen, z. B. von .Fce- 
dula rufa, Sylvia curruca, Salicarıa arundinacea, Sturnus vulgaris, 
Emberiza citrinella, Parus major und anderen. Sie tragen diese 
Potpourris in Pausen, untermischt mit ihrem Naturgesang, am 
lautesten und fleilsigsten zur Fortpflanzungszeit, seltener und 
dann leise noch im Herbst kurz vor ihrem Abzuge vor. Am 
11. März 1880 sals ein Rotschwanzmännchen auf einem Dach- 
sparren einer offenen Lagerhalle in einem hiesigen Steinbruch 
und liefs mich auf 10 Schritt nahe kommen. Dann streckte es 
den Hals gerade vor sich hin, breitete den Schwanz fächerförmig 
aus, machte langsame Verbeugungen, drehte dabei den Kopf 
und Hals gleichfalls langsam nach links und rechts und gab 
sonderbare, fremdartige Töne von sich. Ein Weibchen war nicht 
in der Nähe und doch schien das Vögelchen von einem Liebes- 
delirium ergriffen zu sein. 

In unseren Hochbergen geht er bis über die Hochregion 
hinauf. Baron Richard v. König-Warthausen sah ihn 1855 
nicht an den Gebäuden von Bad Kreuth, wohl aber als zahl- 
reichen Nistvogel in den Felsen oberhalb der Schinderalpe. 
Sobald die Voralpen vom Schnee frei werden, begibt sich der 
Rotschwanz dahin und zieht mit zunehmender Wärme immer 
höher. Wird das Wetter wieder ungünstig und fällt Schnee in 
den Bergen, so kommt er wieder in die Thäler herunter, was 


13: 


196 Ordnung III. Oseines. Singvögel. 


auch zuweilen im Herbst der Fall ist. Einzelne trifft man nach 
Koch noch im November nicht ungewöhnlich am Bodensee an. 
Er sah im Algäu bei der allerstrengsten Kälte ein schönes, altes 
Männchen mit weilsen hinteren Schwungfedern. Prof. Dr. Wolf 
sah am 25. Dezember 1801 noch ein Weibchen im Stadtgraben 
zu Nürnberg, zu einer Zeit, wo schon mehrere Wochen tiefer 
Schnee lag und es in den letzten acht Tagen sehr kalt war. 
Ich könnte eine ganze Reihe von Fällen aufzählen, wo Rotschwänze 
in den schärfsten Wintermonaten von mir, Leu und anderen in 
Oberfranken, Mittelfranken und Schwaben beobachtet und ge- 
fangen wurden. Solchen Wintergästen geht es freilich manchmal 
recht übel, und doch sieht man sie selten anders als schmuck 
und lebhaft und hat Gelegenheit, sich über ihre Findigkeit zu 
erfreuen. Ich liels vor mehreren Jahren mitten im Winter eine 
Klafter anbrüchiges Stockholz und dürres, von Käferfrals stark 
ergriffenes Laub- und Nadelprügelholz im Pfarrhofe aufarbeiten 
und sah schon während der Arbeit einen Zaunkönig am Platze 
sich herumtreiben. Kaum waren die Holzmacher zum Frühstück 
und in der Mittagszeit weggegangen, so fand sich mit dem 
Zaunkönig ein sehr altes Rotschwanzmännchen ein, um die um- 
herliegenden Insektenlarven und Käfer aufzulesen. 


Genus 66. Saxicola Bechst. 
a. Pratincola Koch. 
164. PRATINCOLA RUBETRA L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 192. n. 242. — 
Verz. S. LIX. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, III. S. 903. 
Taf. 89. Fig. 3. 4. 


Krautvögelein, Braunkehlchen. 


Ein in vielen Gegenden auf Wiesen und Rieden, wo einzelne 
Gebüsche und Bäume stehen, auch in Flufsauen in manchen 
Jahren gemeiner, in anderen nur spärlich vorhandener Zugvogel. 
Er kommt selten schon Anfang, gewöhnlich erst in der zweiten 
Hälfte des April und Anfang Mai, fängt im August zu streichen an 
und verlälst uns wieder im September und Oktober. Bei Winds- 
heim, Uffenheim, Nördlingen im Ries und am Lech und der 
Wertach bei Augsburg ist er zu Zeiten ein gemeiner Sommervogel. 


13. Familie. Sänger. 197 


165. PRATINCOLA RUBICOLA L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 192. n. 432. — 
Netz, S EI 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, III. S. 884. 
Taf. 90. Fig. 3. 4. 5. 


Schwarzkehlchen, Steinpicker, kleiner Steinfletscher. 


In manchen Gegenden, wie auf dem Frankenjura, in den 
Thälern des Steigerwaldgebietes und in der Gegend von Fürth 
(Zirndorf und Ammerndorf) ist dieses bunte Vögelchen gemein, 
in anderen dagegen, wie um Windsheim, im Sommer nur spora- 
disch an etlichen, weit von einander gelegenen Stellen in wenigen 
Paaren vorhanden, wieder in anderen, so um Augsburg und in 
den zahlreichen südlichen Flulsthälern der schwäbischen Donau 
nur selten auf dem Durchzuge. Er kommt hier und da schon 
Anfang März, gewöhnlich erst in der zweiten Hälfte dieses 
Monats und im April bei uns an und verstreicht wieder im 
Oktober. Landarzt Kre[s beobachtete einen überwinternden 
Heideschmätzer den ganzen Winter hindurch an der reichen 
Ebrach bei Heuchelheim im Steigerwald. 


b) Sazicola. 
166. SAXICOLA OENANTHE L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 192. n. 244. 
— Verz. 8. LIX. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, III. S. 863. 
Tarr89. Big 1! 


Steinelster, Steinbei/ser, Steinfletscher, Steinschmatzer, Steinklatsche, 
Schrollenhupfer, Steinmetz. 


Ein in vielen Gegenden recht gemeiner, öde, steinige Ge- 
genden, Steinbrüche, die Umgebungen von Sand- und Kiesgruben, 
steinige Äcker etc. bewohnender, hoch in das Gebirge hinauf- 
gehender Sommervogel. Er kommt selten schon in der letzten 
Märzwoche, gewöhnlich erst im April, fängt im August an, 
umherzustreichen, und verlälst uns wieder im September und 
Anfang Oktober. Landarzt Krefs schols noch am 13. November 
1832 ein Weibchen bei Kloster Ebrach im Steigerwalde. Im 
Herbstzuge ist er auf gestürzten Äckern, in Kraut- und Rüben- 


198 Ordnung III. Oscines. Singvögel. 


ländereien, im Frühjahr auf den Steinhaufen der Stralsen eine 
gewöhnliche Erscheinung, um Augsburg und in Schwaben über- 
haupt nur sehr einzeln auf der Wanderung wahrgenommen. 

In den Mägen Erlegter fand ich Käfer (Amara, Poecilus 
cupreus et lepidus, Aphodius sordidus, Sitona tibialis, Trachyphloeus 
scabrieulus, Chrysomela cerealis), Käfer- und Schmetterlingslarven 
(Elater und Noctua) und kleine Grashüpfer. 


Genus 67. Lanius L. 
167. LANIUS EXCUBITOR L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. 8. 194. n. 250. 
— Verz. Ss. LX, 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, II. S. 7. Taf. 49. — 
XIII. Nachträge S. 193. 


Bergelster, Schütterhätz, Spatzenstecher, Finkenbei/ser. 


Ein überall bekannter Stand- und Strichvogel, auch im 
Hochgebirge. Die im Winter bei uns vorkommenden grolsen 
Würger sollen nordische Gäste sein, während die bei uns den 
Sommer über anwesenden Brutvögel im Herbst angeblich nach 
Süden ziehen, eine Behauptung, die ich weder vertreten, noch 
in Abrede stellen kann. Im Winter kommt er in die Nähe, ja 
in die Ortschaften und Städte auf Bäume, Hecken und Reisig- 
haufen, wo auch Sperlinge sich einzufinden pflegen. Ich sah 
ihm einst von meinem Wohnzimmer aus zu, wie er vor dem 
Hause eines Nachbarn auf einem Haufen unaufgearbeiteten Ast- 
holzes taubenfromm in nachläfsig geduckter Stellung unter den 
allmählich herbeigekommenen und zutraulich gewordenen Spatzen 
hockte, bis ihm einer klauengerecht sals, worauf der Duckmäuser 
die Maske abwarf und sich auf sein Opfer stürzte. Er verfolgt 
die Sperlinge bis in die Häuser, und wurde im Januar 1872 ein 
Männchen in einem Getreidespeicher zu Kelheim eingefangen, 
in welchen er durch eine Fensterlucke auf eifriger Sperlingsjagd 
eingedrungen war. 

Aus den Mägen Frlegter schnitten wir verschiedene Vögel 
(Fringilla domestica, linaria, spinus, Parus major et palustris), 
Mäuse (Arvicola arvalis), allerlei Käfer (Pterostichus striola, Poecilus 
cupreus, Agonum vidwum), Locusta verruciwora und Raupen von 
Sphinz tiliae. 


13. Familie. Sänger. 199 


Baron v. Tschusi erlegte in unserer Nachbarschaft (Villa 
Tännenhof bei Hallein) mehrfach die einbündige Form dieses 
Würgers, den Lanius major Pall., worauf ich bayerische Orni- 
thologen aufmerksam machen möchte. 


168. LANIUS MINOR Gmel. L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 194. n. 252. — 
Verz. S. LX. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, II. S. 15. Taf. 50. — 
III. Zusätze S. 993. —- XIIL Nachträge S. 194 und Fortsetzung 
der Nachträge S. 37. 


Dieser seltenste unter den bayerischen Würgern brütete 
vor 40 bis 46 Jahren als ein gewöhnlicher Sommervogel auf dem 
sogenannten Judenbühl, dem jetzigen Maxfeld bei Nürnberg, und 
in der weiteren Umgebung bei Erlenstegen, Hammer, Unterbürg 
u. s. w. Da die landschaftlichen Verhältnisse daselbst sich we- 
sentlich nicht verändert haben, so ist dies wohl noch jetzt der 
Fall. Auch bei Cadolzburg, Schwabach, Neustadt a. A., Butten- 
heim, Bamberg, Banz, in Unterfranken westlich vom Steigerwald 
bei Oberschwarzach und im Mainthal bei Ochsenfurt und Würz- 
burg wurde er von verschiedenen meiner Freunde als Sommer- 
vogel beobachtet. Nach Forstrat Koch brütet er bei Regensburg 
sehr selten, ist aber nach von der Mühle in der Oberpfalz auf 
dem Herbstzuge auf einzeln stehenden Feld-, besonders wilden 
Birnbäumen nicht selten. In Ober- und Niederbayern soll er 
vorzüglich in der Gegend von Altötting, Burghausen, Griesbach, 
Landau, Deggendorf, Vilshofen und Passau leben. In Schwaben 
ist er selten. Leu erhielt am 15. Mai 1847 von Klingenbad, 
am 14. Mai 1869 von Donauwörth und von Augsburg, am 18. 
Mai 1871 von Göggingen, am 21. April 1875 von Aystetten und 
am 20. August 1876 lauter Männchen. Bei Diedorf in Schwaben 
fand ihn Landarzt Baumeister einmal brütend und schols 
Junge und Alte bei Dietkirch unweit Gessertshausen, sah aber 
brütend seitdem keinen mehr. In der Memminger Gegend wurde 
.er bemerkt bei Zell, Ziegelberg und Aichholz. Sonst ist mir der 
kleine Würger in Franken nur selten vorgekommen. Im Mai 
1850 wurde einer bei Dombühl in der Gegend von Feuchtwangen 
von einem Schäfer bei der Herde durch einen Steinwurf getötet. 
Drei bei Ochsenfurt (Hohestadt, Königsliofen) am 9. Mai 1850 


200 Ordnung III. Oscines. Singvögel. 


erlegte Stücke, zwei Männchen und ein Weibchen, untersuchte 
ich bei meinem Freunde Ed. Tauber. Sie hatten im Magen 
Reste von Maikäfern, einen Laufkäfer und eine grolse Anzahl 
von Gliedern des gemeinen Vielfulses (Julus terrestris). 


169. LANIUS COLLURIO L. 

Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 195. n. 253. — 
Verze®. LX. 
Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, II. S. 30. Taf. 
52. — III. Zusätze S. 993. — XIII. Nachträge S. 201. 

Brauner Neumtöter, Dorndreher, Dorntreter, Dorngreil, Käferfresser. 
Ein gemeiner Zugvogel, der manchmal schon in der letzten 
Aprilwoche, gewöhnlich aber erst Anfang Mai bei uns ankommt 
und uns wieder im September und Oktober verlälst. Nach Nau- 
mann setzt er sich noch weniger als sein rotköpfiger Vetter auf 
die höchsten Spitzen der Bäume. Ich sah ihn oftmals auf der 
höchsten Spitze eines alten, sehr hohen Kirschbaumes meines 
Gartens, auf hohen Scheuerdächern, auf der Wetterfahne eines 
Schlöflschens und auf dem Kreuze einer Feldkapelle sitzen. Er 
spielst Rolskäfer (Geotrupes stercorarius), Hummeln, junge Mäuse 
und Vögel, auch Raupen auf die Dornen der Schwarzdornhecken. 
In den Mägen erlegter fand ich Cicindela campestris, andere 
Lauf- und oftmals Maikäfer, Schmetterlinge (Hepialus Tupulinus) 
und grolse Spinnen. Leu erhielt einen solchen Würger, der 
mit einem Fichtenkreuzschnabel in den Klauen geschossen worden 
war. Ich selbst war Zeuge, wie einer eine junge Waldmaus 
(Mus sylvaticus) durch das Ohr hindurch auf einen Dorn spielste- 
Nicht weit davon hatte er in einer Feldhecke aulser einer Anzahl 
von Käfern eine erwachsene Raupe von Cossus ligniperda aufgespielst. 
Leu besitzt ein altes Männchen mit Kreuzschnabelbildung, 

ich eines mit kreisförmig verkrummten Krallen. 


170. LANIUS RUFUS Briss. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, L. S. 195. n. 254. — 
Verz. 8. LX. 
Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, IH. S. 22. 
Taf. 51. — XIII. Nachträge S. 198. und Fortsetzung der Nach. 
träge 8. 38. 
Rotköpfiger Neuntöter, Rotkopf. 
Allenthalben in den Umgebungen der Dörfer, in Anlagen 
(ler Städte, in Baumgärten mit moosigen Obstbäumen, in hohem 


13. Familie. Sänger. 201 


Gebüsche der Hecken auf Feldrainen, meist etwas selten, hie 
und da so gemein, wie der vorige, sogar noch gemeiner. Auf 
dem Frühjahrszuge trifft er früher als die anderen Zugwürger, ge- 
wöhnlich schon um die Mitte bis gegen Ende April, seltener 
erst Anfang Mai ein und verlälst uns wieder Ende August und 
im September. Einzelne sah ich noch bis zum 11. Oktober. Er 
sitzt gerne auf Hopfenstangen, Kleeböcken, Telegraphenleitungen 
und lauert auf Beute. 


Genus 68. Muscicapa L. 
171. MUSCICAPA GRISOLA L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 195. n. 255. — 
Verz. 8. LX. 
Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, II. S. 216. 
Tat. 64. Fig. 1. 
Grauer Fliegenschnapper, Muckenschnapper, Kotfink. 
Allenthalben in lichten Hochwaldungen der Ebene und des 
Gebirges bis hoch hinauf in die Baumregion, in Parken, Alleen, 
Gärten, besonders gern in der Nähe der Häuser, in Dörfern und 
Städten gemein. Er kommt sehr selten schon Mitte April (14.) 
und in der ersten Maiwoche, meistens erst#Mitte Mai bei uns an 
und verläfst uns wieder im August und September. Er nistet 
gern unter Dächern, auf Spalieren, einmal dicht über dem Fenster 
des Wohnzimmers eines meiner Freunde, in Baum- und Ast- 
löchern, auf dem Gebälke von Gartenhäusern, offenen Kegel- 
bahnen, Lagerhäusern der Steinbrüche u. s. w. Ein Pärchen 
wollte sein Nestchen auf einem Anbaue meines Hauses nahe 
einem Fenster anbringen und gab den Versuch erst auf, als durch 
den dort sich verfangenden Wind die Anfänge des Nestes zum 
dritten Male von dem Balkenkopfe weggeweht worden waren. 
In der Augsburger Sammlung stehen aus dortiger Gegend zwei 
albinotische Exemplare, ein rein weilses und ein schmutzig weilses. 


172. MUSCICAPA PARVA Bechst. 
Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas I. S. 195. n. 256. — 
Verz. S. LXT. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, U. S. 241. 
Taf. 65. Fig. 3. — XIO. Nachträge S. 247. Taf. 352. Fig. 2. 3. 

und Fortsetzung der Nachträge S. 48. 
Nach Bechstein kommt der Aleine Fliegenschnäpper in 
Franken vor und nistet da. Mir selbst ist er lebend noch nicht 


202 Ordnung III. ÖOscines. Singvögel. 


zu Gesicht gekommen, wohl aber haben ihn einige meiner 
Freunde zu beobachten das Glück gehabt. Im Herbst 1819 schols 
Dr. Hahn ein Männchen bei Brunn unweit Neustadt a. A. Ein 
brütendes Pärchen fand der k. Oberförster W. Donle zu Cammer- 
stein bei Schwabach in einem nahe am Forsthause in ziemlich 
hoher Lage des Heidenbergs befindlichen, mit vielen und grolsen 
Obstbäumen besetzten und von Hecken umgebenen Garten, vor 
welchem sich, keine 30 Schritt entfernt, ein auf hügeligem 
Terrain stockender, etwa 30 Tagwerke grolser Wald von Eichen 
und Birken befindet. Das Nestchen stand auf einem Aste dicht 
am Stamme eines Zwergobstbaumes, beschattet vom Laube eines 
an einer Holzschupfe stehenden Weinstockes, und konnte Donle 
von einem in dieser Remise befindlichen Laden aus auf höchstens 
zwei Schritt Entfernung das Nest mit den fünf Eiern, die brü- 
tenden und ihre Jungen fütternden Alten und die letzteren mit 
Mulse beobachten. Die Eier waren nach seiner Schilderung un- 
gefähr von derselben Färbung, aber mehr als ein Drittel kleiner 
als die der M. grisola. Das Männchen war blalskehlig, die Farbe 
des Weibchens ging an den oberen Teilen mehr in das Graue 
oder Braungraue als bei dem Männchen, und die flüggen Jungen 
waren schmutzig bräunlich auf dem Rücken, auf der Brust gelb- 
bräunlich bespritzt, auf dem Unterleibe graulich weils. Der 
Lockton der Alten klang wie »veit veit zerrr«. Derselbe Beobachter 
traf ein Pärchen mit den Jungen im Berchtesgadenschen auf der 
Revier Schellenberg. Ganz in der Nähe auf österreichischem Ge- 
biete bei Hallein fand Baron v. Tschusi das Vögelchen eben- 
falls brütend und erlegte oder beobachtete verschiedene weils- 
kehlige Exemplare im Garten seiner Villa Tännenhof. Land- 
arzt Kre[s in Kloster Ebrach traf 1856 von Ende Mai bis zum 
24. Juni ein Männchen mit blals rostgelber Kehle in einem herr- 
lichen Buchenbestande des Steigerwaldes, welches immer auf ein 
und derselben Stelle, einem Raum von 200 Schritt, sang. Das 
Weibchen sah er nicht, weil es zweifelsohne brütete. Krels 
schols endlich auf den niedlichen Sänger, der angeschossen weg- 
flog und verendet sein mag; denn am andern Tage war sein 
Gesang verstummt. Zu Ende des Monats Mai 1860 befand sich 
ein Pärchen im Distrikte Störleinsgrund des Reviers Kloster Ebrach, 
welches sich bis Mitte Juli dort aufhielt und gewils auch brütete. 
Täglich vernahm Kre[s den schönen glockenreinen Gesang des 
Männchens und sah es häufig auf den Ästen der Rot- und Hain- 


13. Familie. Sänger. 203 


buchen nach Insekten jagen. Seiner rötlich angeflogenen Brust 
nach war es kein altes Männchen. Der Aufenthalt war immer 
an einer schattigen, feuchten Waldstelle, deren Stämme mit Aus- 
nahme- einiger Buchenüberständer eine Höhe von 40 bis 50 Fuls 
erreichten. Früh und abends, wo die Insekten der kühleren Tiem- 
peratur des dichten Waldes wegen auf den besonnten Gipfeln 
der Bäume sich aufhalten, findet man auch diesen Fliegenschnäpper 
an den bezeichneten Stellen und nur zur Mittagszeit im Schatten. 
Sein Gesang ertönt immer in Zwischenräumen von einigen Stunden, 
und zwar am meisten von Sonnenaufgang bis gegen 9 Uhr 
morgens und nachmittags von 3 bis 5 Uhr. Seinem Gesang 
liefs das Männchen im Störleinsgrund einen krächzenden, wie 
»kräck, kräck« lautenden Ton folgen, den Kre[s von dem Männ- 
chen des Jahres 1856 nicht gehört hatte. Leider konnte auch 
diesmal ein Nest nicht gefunden werden. Später wurde jener 
Walddistrikt sehr gelichtet und zogen sich die interessanten 
Vögelchen weg, 1866 aber fand sich wieder ein Paar in der Nähe 
der weitberühmten riesigen Königsbuche bei Kloster Ebrach ein. 
In ihren Manieren gleicht die M. parva nach Krels mehr einem 
Laubvogel, als einem Fliegenschnäpper. 


173. MUSCICAPA ATRICAPILLA L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas. I. S. 195 n. 257. — 
Verz. LXI. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands. II. S. 231. Taf. 64. 
Fig. 2. 3. 4. 


Schwarze Grasmücke, Flenderling, Totenvogel, Totenvögelein. 


Der schwarze Fliegenschnäpper kommt selten einige Tage 
vor Mitte April, gewöhnlich erst in der zweiten Hälfte des Monats 
und Anfang Mai bei uns an, bewohnt unsere Eichen- und Buchen- 
waldungen, Gärten und Anlagen grolser Städte, Obstbaumanlagen 
nahe an Waldungen und Auenwälder und verlälst uns wieder 
im August und September. In manchen Gegenden, wie um 
Nürnberg sieht man ihn nur selten auf dem Zuge und habe ich, 
wie auch die Brüder Dr. Dr. Sturm und Prof. Wolf, nur ein- 
zelne Frühlings- und Herbstvögel auf den in früherer Zeit vor- 
handen gewesenen Vogelherden erhalten. Im Steigerwalde aber, 
bei Würzburg, Aschaffenburg, um Ansbach, Burgbernheim, Rothen- 
burg, im Aischgrunde, bei Gunzenhausen, Eichstädt, Augsburg 


204 Ordnung III. Oscines. Singvögel. 


brütet er in allen geeigneten Lagen, als einer der gewöhnlichen 
Sommervögel. In manchen Jahren ist er auf dem Frühjahrszuge 
so zahlreich, dafs man auf kurzen Strecken an Waldrändern 
hundert und mehr dieser Vögel zugleich sehen kann. So 1853 
im Ansbachischen bei Kloster Heilsbronn, 1857 und 1861 bei 
Augsburg und Diedorf in Schwaben. 


174. MUSCICAPA ALBICOLLIS Temm. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 196. n. 258. — 
Verz. S. LXI 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, II. S. 224. Taf. 65. — 
Fig. 1. 2. — XIII. Nachträge S. 245. Taf. 352. Fig. 1. 


Professor Dr. Döbner erhielt aus dem Kahlgrunde bei 
Aschaffenburg, wo der Halsband- Fliegenschnäpper im Sommer 
lebt, ein Exemplar, welches bis auf die Schwungfedern erster 
ae und den Schwanz ganz weils war. 

Er ist ein Zugvogel, kommt in der zweiten Hälfte des April 
und Anfang Mai bei uns an, brütet in alten Eichen- und Buchen- 
waldungen des Steigerwaldes, in den grölseren Waldungen bei 
Regensburg, in der Münchener Gegend bei Schleilsheim, woher 
Leu Eier, Junge und alte Vögel bezog, wahrscheinlich auch in 
der Gegend von Kaisheim bei Donauwörth, wo am 7. Juni 1854 
ein altes Männchen lebend gefangen wurde, und angeblich bei 
Lindau. In der Gegend von Neustadt a. A. brütete er früher 
im Schauerheimer Walde, ob jetzt noch, vermag ich nicht zu 
sagen. Im August und September verlälst er uns wieder. Um 
Memmingen, Augsburg, Eichstädt, Nürnberg und Erlangen ist 
er nur auf dem Zuge sehr selten beobachtet worden, von mir 
einmal im Walde bei Neuhaus in der Gegend von Höchstadt a. A. 
in einem herrlichen alten Laubholzbestande »am Bänklein« in 
mehreren Paaren. Apotheker Link erhielt ihn einmal im April 
bei Würzburg. 

(A. Wiedemann schreibt, dafs J. Hellerer von München 
im Schlofsgarten zu Nymphenburg in den Jahren 1886 bis 1890 
den Sommer über 20 bis 30 Paare beobachtete, die alle dort 
nisteten. — J. A. Link teilt mir mit, dafs er ihn in den Hass- 
bergen bei Bramberg, Königsberg i. Fr. und Vorbach als Brut- 
vogel beobachtet und noch 1889 ein Weibchen vom Bramberge 
erhalten und gestopft habe. — R. Bl.) 


14. Familie. Schwalben. 205 
Vierzehnte Familie: Schwalben. 


Genus 69. Hirundo L. 
a. Chelidon Boie. 
175. CHELIDON URBICA. L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 196 n. 259. — 
Verz. 8. LXI. 
Naumann, Die Vögel Deutschlands, VI. S. 75. Taf. 145. Fig. 2. 


Die Hausschwalbe, gewöhnlich »Stadtschwalbe, Hausschwälble, 
Schwälmle, Steuerling, Steurle« genannt, ist allenthalben über ganz 
Bayern verbreitet, geht im Gebirge höher hinauf als die Rauch- 
schwalbe, ist jedem Kinde bekannt, hat aber in der neueren Zeit 
wenigstens in vielen Städten an Zahl sehr merklich abgenommen, 
da man ihre Nester nicht. blofs an den Prachtbauten unserer 
Grolsstädte, sondern auch am frisch getünchten Bürgerhause der 
Provinzialstadt nicht mehr duldet. 


Sie kommt selten schon in der ersten Hälfte des April 
(frühester, von mir notierter Termin: 8. April), gewöhnlich erst 
in der zweiten Hälfte und gegen Ende dieses Monats, manchmal 
erst Anfang bis Mitte und sogar erst Ende Mai bei uns an, wenn 
der Mauersegler schon zwei bis drei Wochen da ist. Tritt nach 
ihrer Ankunft im Frühling, zur Brütezeit und im Sommer länger 
andauernde kalte, unfreundliche Witterung ein, so leiden diese 
zarten Vögel wegen Futtermangels grolse Not, ermatten und er- 
starren, verschlüpfen sich und sterben. Ermattete, die man in 
warme Zimmer bringt, sind meistens schon so ausgehungert und 
kraftlos, dafs sie kein Futter mehr annehmen und, künstlich ge- 
füttert, gewöhnlich unter der Hand sterben. In dem nassen 
Sommer 1850 gingen viele junge Schwalben in den Nestern zu 
Grunde, und fielen endlich an der Wetterseite meines Hauses 
alle Nester, vom Regen erweicht, mit den toten, von Flöhen und 
Schwalbenläusen bedeckten Jungen ab. Es sind Ausnahmsjahre, 
in denen nicht ähnliche Katastrophen zu verzeichnen sind. Im 
August oder September, in manchen Jahren früher, in anderen 
später, je nach der Witterung, scharen sie sich in grolser An- 
zahl zusammen und ziehen Mitte bis Ende September ab. Doch 
sah ich einzelne Paare noch Anfang bis Mitte Oktober, ja sogar 
noch am 19. Oktober ihre Nestjungen füttern, nordische Durch- 


206 Ordnung III. Oscines. Singvögel. 


zügler noch am 24. Oktober das hiesige Rathaus umschwärmen, 
und wurde glaubwürdig berichtet, dafs mehrere Hausschwalben 
noch am 4. November 1870 in Günzburg in Schwaben bemerkt 
wurden. | 

Prof. Dr. Jeitteles sah 1875 in Reichenhall oberhalb eines 
Fensters ein von der gewöhnlichen Bauart abweichendes Nest 
der Hausschwalbe. Dasselbe stiels nach oben richt an die Ge- 
simsleiste an, sondern war nach allen Richtungen hin frei, aus- 
genommen natürlich die Fläche, mit der es an die Aufsenwand 
des Hauses angeklebt war. Es stellte eine Dreiviertelskugel dar 
und hatte den Eingang weder oben, noch an der Seite, sondern 
in der Mitte, jedoch ein klein wenig nach rechts, so ziemlich an 
dem von der Wand entferntesten Teil der Kugeloberfläche. 

Sehr gern und in Menge frilst diese Schwalbe die Wohl- 
verleih-Bohrfliege (T'rypeta arnicivora), weswegen sie im Fichtel- 
gebirge zahlreich die Gebäude umschwärmt, auf deren Böden die 
Blüten der Arnica montana lagern. 

Ganz weilse Schwalben werden hie und da als grolse Seltenheit 
bemerkt. Schrank sah eine in Amberg unter einem Haufen ge- 
wöhnlicher Artgenossen; in den Jahren 1822 bis 18283 konnte 
man fast jährlich weilse Steuerlinge über der Pegnitz an der 
Fleischbrücke in Nürnberg umherfliegen sehen; ein Stück wurde 
1578 zu Lehrberg bei Ansbach wahrgenommen und zwei unter- 
fränkische Exemplare besals die Universitätssammlungin Würzburg. 


b) Hirundo aut. 
176. HIRUNDO RUSTICA L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas. I. S. 196. n. 260. — 
Verz. S. LXI 


Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands. VI. S. 49. 
Taf. 145. Fig. 1. 


Die »Rauch-, Bauern-, Stall-, Gabel-, Spie/sschwalbe, Gabel- 
schwälble, Gäbeleinsschwälble« ist ein sehr gemeiner, in der Nähe 
der Menschen in Städten, Dörfern und Einöden wohnender Zug- 
und Sommervogel. Nach der bekannten Bauernregel: An Mariä 
Geburt (8. September) fliegen wir furt; an Mariä Verkündigung 
(25. März) kommen wir wiederum, richten sich unsere Bauern- 
schwalben zwar nicht, doch trifft der Spruch manchmal zu. 


14. Familie. Schwalben. 207 


Selten kommen sie schon im letzten Drittel des März, doch sind 
das immer nur sehr vereinzelte Quartiermacher; häufiger, aber 
auch noch nicht in grölserer Anzahl, treffen sie in der ersten 
Hälfte, gewöhnlich erst in der zweiten Hälfte des April ein, wo 
der Hauptzug ist. Sie brüten zweimal in Häusern, Ställen und 
Scheuern, vereinigen sich im September zu groflsen Scharen auf 
Häusern, Blitzableitern, Telegraphendrähten, und ziehen je nach 
der Witterung früher oder später im genannten Monat ab. An- 
fang Oktober sieht man noch wenige nordische Durchzügler, 
aber diesen ganzen Monat hindurch, selbst dann, wenn in unseren 
Weingegenden, wie es 1879 der Fall war, schon die Trauben 
erfroren sind. Bleibt der Herbst lange mild, so ziehen einzelne 
Rauchschwalben oder Familien noch in der ersten und zweiten 
Novemberwoche bei uns durch. In strengen Nachwintern oder 
bei lange anhaltendem nalskalten Wetter ergeht es ihnen oftmals 
sehr schlimm. Sie suchen dann die Schafherden, fliegen viel 
über dem Wasserspiegel der Weiher und Hochwasser, besonders 
bei starkem Wind und Wellenschlag, der manches Genielsbare, 
Käfer, Spinnen, Wasserinsekten u. s. w. an die Oberfläche bringt, 
suchen zeitweilig Schutz an Dämmen der Weiher und in anderen 
windstillen Lagen, setzen sich auf Steine am Wasser, auf den 
aus den Ställen geschafften frischen Dünger und flüchten sich, 
wenn der Landmann die Fenster schon zu öffnen wagt, in die 
mit überwinterten Fliegen noch wohl versehenen Viehställe. Im 
Juli 1855 fand man in Augsburg auf dem Wolleboden einer 
Fabrik Klumpen zusammengedrängter, teils erstarrter, teils 
toter Schwalben, und in der zweiten Juliwoche 1879 erfroren in 
München und anderwärts bei dem eisigen Luftzuge, welcher von 
den beschneiten Alpen über die bayerische Hochebene wehte, 
viele Schwalben dieser und der vorigen Art; ich selbst fand in 
einem Winkel hinter einem Hause vier tote H. rustica und zwei 
urbica. 

In einem Reichswalddorfe bei Nürnberg sah ich 1849 ein 
bewohntes Schwalbennest auf der Schwarzwälder Uhr des Gast- 
zimmers im Wirtshause. Der Aberglaube, wonach der Blitz in 
ein Haus nicht einschlägt, in dem Schwalben oder Rotschwänzchen 
brüten, und derjenige kein Glück mehr hat, der Nester, Bier 
und Junge dieser Vögel verdirbt, schützte die lieben Stuben- 
genossen, dals die jungen Schwälbchen glücklich aufkamen. In 
einem andern Kirchdorfe desselben Forstes stand 1876 ebenfalls 


208 Ordnung III. Oscines. Singvögel. 


ein Schwalbennest in der täglich sehr belebten Wirtsstube. In 
meinem eigenen Hause brütete ein Paar auf dem eisernen 
Schenkel des Glockenzuges im Vorplatze, zwei Schritt von einem 
Schranke entfernt, auf welchem dem Neste gerade gegenüber 
7 ausgestopfte grölsere Vögel standen, darunter ein mächtiger, 
sehr schön präparierter Uhu. Die zutraulichen, harmlosen Schwalben 
flogen furchtlos aus und ein, und das Männchen sang auf dem 
Glockenzuge, neben der glotzäugigen Eule sitzend, ihr fröhliches 
Lied. Leu in Augsburg sah mehrere Nester, welche auf Glocken- 
züge so gebaut waren, dals der Draht durch deren unteren Teil 
ging und bei jedesmaligem Läuten, ohne dafs die Schwalben 
dadurch sich belästigt fühlten, durch den Nestunterbau hin- und 
hergezogen wurde. 

Unter einem Neste in meinem Hause sammelte ich die vet 
lorenen Atzungsgegenstände Es waren Stuben-, Stech- und 
Schmeilsfliegen (Sarcophaga carnaria), Goldfliegen (Musca Caesar), 
Schweb- und Schnellfliegen (Syrphus und Tachinus), Brehmen 
(Tabanus bovinus et autummalis), Drohnen, Wiesenschnaken (Tipula 
oleracea et lineata), geflügelte Ameisen, Dung- und kleine Lauf- 
käfer, darunter Agonum parumpunctatum, Kleinschmetterlinge aus 
den Ordnungen Sesia, Adela, Crambus, Tortrix viridana, Tinea 
lacumana, Botys purpuralis, sogar eine Triphaena pronuba, kleine 
Orthopteren (Gryllus) und zarte Neuropteren (Libellula). Grols- 
schmetterlinge, wie die erwähnte Triphaena, fängt die Rauch- 
schwalbe wohl nur selten, doch sah ich am 7. Juli 1879, einem 
nach länger andauernder kühler Witterung, novemberhaft un- 
freundlichen Tage, wie eine hart an meinem Hause vorüber- 
fliegende Schwalbe eine an Blumen vor dem Fenster schwärmende 
Macroglossa stellatarum in dem Augenblicke wegschnappte, wo 
dieser Schwärmer seinen Saugrüssel in einen Blumenkelch gesenkt 
hatte. Am 20. August genannten Jahres kamen abends 6 Uhr 
Myriaden geflügelter Ameisen gegen den Turmhelm der Haupt- 
kirche in Windsheim wolkenartig angeflogen und thaten sich 
die Schwalben, so lange der Flug dauerte, gütlich an der un- 
verhofften Delikatesse. 

Aus einem Schwalbennest in meinem Hause fielen öfters 
Fliegenlarven auf den Boden im Vorplatze des Hauses, die ich 
sammelte und verpuppen liels, und aus denen sich Calliphora 
azurea Fall. entwickelte, deren Larven Leon Dufour unter den 
Flügeln junger Schwalben fand. 


14. Familie. Schwalben. 209 


Mir und meinem Freunde Leu sind 13 Albinismen vor- 
gekommen. Sie waren zum Teil (3 Stück) rein weils mit roten 
Augen, zun: Teil isabellfarbig, weilsgrau, hellgrau, schmutzigweils, 
mit hellbräunlichen Schatten am Halse oder rötlichem Anfluge 
an Kehle und Bauch. Mehrmals befand sich nur ein Albino 
unter einem Geheck normal gefärbter junger Schwälbchen. 


c) Cotyle Boie. 
177. COTYLE RUPESTRIS Scop. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 197. n. 262, — 
Verz. S. LXTI. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, VI. S. 91. 
Taf. 146. Fig. 1. 2. — XIII. Fortsetzung der Nachträge S. 214. 


Das einzige Exemplar, welches der Felsenschwalbe das 
deutsche Bürgerrecht erworben hat, erhielt Prof. Dr. Wolf zu 
Nürnberg aus der Oberpfalz, schon stark von Fäulnis ergriffen, 
am 21. August 1812. 


Nach der bestimmten Versicherung eines sehr erfahrenen Vogelfängers 
und Dieners am ehemaligen Herzoglich Leuchtenbergschen Naturalienkabinett 
zu Eichstädt, der die Uferschwalbe und ihr Brutgeschäft aus Erfahrung kannte, 
diese und die Felsenschwalbe in der Sammlung täglich vor Augen hatte und 
Naumanns Naturgeschichte der Vögel Deutschlands fleifsig las, hat die 
Felsenschwalbe vor langen Jahren bei Eichstädt in zwei bis drei Paaren ge- 
brütet, und zwar an der Landershofener Strafse in den Felsen des Altmühl- 
thales, wo er öfters Nester ausgenommen habe. Diese Schwalbe sei ihm und 
seinen Kameraden unter dem Namen Steinschwalbe bekannt gewesen; den 
Cypselus apus hätten sie Mauerschwalbe genannt. Da die Felsenschwalbe 
das Tiroler Innthal bewohnt, so hielt es Grat von der Mühle für sehr 
wahrscheinlich, dafs sie auch die nächstliegenden Flufsthäler besucht. 


178. COTYLE RIPARIA L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 197. n. 263. — 


Verz. S. LXT. 
Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands. VI. S. 100. Taf. 


146. Fig. 3. 4. 


Sandschwalbe, Sandschwälble, Kotschwalbe. 


Ein zärtlicher Sommervogel, der selten schon im April 
(einmal schon am 25. April 1852 am Schalkhausener Weiher bei 
Ansbach), gewöhnlich erst Anfang Mai bei uns ankommt und 


Jäckel, Die Vögel Bayerns. 14 


210 Ordnung III. Oseines. Singvögel. 


Mitte August und Anfang September, wo der Strich am leb- 
haftesten ist, wieder fortzieht. Der späteste von mir notierte 
Termin ist der 19. September, wo ich sie noch über der oberen 
Altmühl antraf. Am 8. und 9. Mai 1853 zeigte sich auf dem 
Dutzendteich bei Nürnberg eine sehr grofse Zahl von Rauch- 
und Uferschwalben, die bei starkem Winde Schutz an einem 
Damme suchten und so dicht in gesonderten Haufen salsen, dals 
ganze Stellen braungrau und schwarz erschienen. . Auf dem 
Donau-Main-Kanal und in dem weiten Weiherlande der Amts- 
gerichte Höchstadt a. A. und Herzogenaurach traf ich sie auf 
dem Zuge, immer nur in kleinen Gesellschaften, während sie im 
Schilfe der Weiher der Oberpfalz und Oberbayerns öfter in grolser 
Anzahl erscheinen und auf dem Bodensee sich zu Tausenden 
sammeln. Sie brüten meist kolonienweise in den Wänden der 
Sandgruben, an steilen Lehmwänden der Flüsse, ihrer Seiten- 
thäler und benachbarter Hohlwege, hier und da in steinernen 
Brücken und von Wasser bespülten Stadtmauern. Anfang der 
40er Jahre brütete ein einzelnes Paar mehrere Jahre lang am 
Kirchturm zu Wonsees in Oberfranken in einer Mauerritze. 
Es kam alljährlich nur das eine Paar, und war das aus Lehm 
gebaute Nest so angebracht, dals es halb innen und halb aulsen 
stand und oben offen war, wie ein flacher Futterkorb. Die Vögel 
hielten sich immer sehr hoch am Turm allein, obgleich mehrere 
Hunderte von Nestern der Hausschwalben an den Häusern des 
Ortes waren. Seit 1847 ist das Paar ausgeblieben und das Nest 
abgefallen. Baldamus vermutete, es möchte dieses Paar Hirundo 
rupestris gewesen sein. Dals es hoch oben am Turm nistete, 
erklärt sich zur Genüge daraus, dals die Uferschwalbe gern 
einsam und nicht in der Nähe der Menschen lebt, dals es sich 
immer allein hielt, aus dem Umstande, dafs sich H. riparia nicht 
unter andere Schwalben mischt, was allerdings nicht ausschlielst, 
dafs die verwandten Arten mit ihr manchmal an ein und dem- 
selben Orte zusammentreffen. Einzeln nistende Paare sind sehr 
selten. Jäger in Bischofsheim bei Hanau beobachtete einen 
solchen Fall. Ein Paar brütete bei ihm in einer Höhlung an 
einer Scheuer. Ich selbst fand ein einzelnes Paar in einer steilen 
Uferwand des kleinen Reichenbachs bei Ammerndorf in Mittel- 
franken nahe am Orte, 40 Schritt von einem stark begangenen 
und befahrenen Wege über einen Hutwasen entfernt. In vielen 
grölseren oder kleineren Kolonien brütet sie an zahlreichen Orten 


14. Familie. Schwalben. Fall 


Schwabens im Mindel-, Kamlach-, Zusam- und Schmutterthale, 
am Lech, an der Iller, Isar, an der oberen Donau, aır der Alt- 
mühl, Rezat, Regnitz, Bibert, am Main bis hinab nach Aschaffen- 
burg und in den Seitenthälern desselben. (Siehe unten Ochsen- 
furt.) Früher bewohnte sie in zahlreichen Kolonien die Almgruben 
(Sandgruben) in der Nähe Memmingens auf dem sogenannten 
Tummelplatze.. Da aber die Gruben immer mehr ausgearbeitet 
wurden, so fanden sich in der zweiten Hälfte der 50er Jahre 
nur noch wenige Paare ein und im Sommer 1857 sah man kein 
Sandschwälblein mehr. In der Nähe des Bahnhofes zu Ochsen- 
furt in Unterfranken befindet sich 1880 in einer Kiesgrube, woraus 
das Deckungsmaterial für den Bahnkörper entnommen wird, eine 
Brutkolonie von 30 bis 40 Paaren dieser niedlichen Schwalbe, 
obgleich täglich Züge den Brutplatz passieren. 


14* 


Ordnung IV. 


Gallinaceae. Hühner. 


15. Familie. "Tauben. 
Genus 70. Columba L. 
a) Columba aut. 
179. COLUMBA PALUMBUS, L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas. I. S. 197. n. 264. — 
Verz. S. LXD. 


Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands. VI. S. 168. 
Taf. 149. — 


Ringel-Holztaube, grosse Wildtaube. 


Bei Sulzbürg in der Oberpfalz wurde eine Ringeltaube ge- 
schossen, bei welcher die Nägel der beiden äusseren Vorderzehen 
sehr verlängert und spiralförmig nach aussen gewunden waren. 
In unsern Nadelwaldungen, besonders in Fichtenwäldern und in 
Gegenden, wo auf den Feldern Linsen, Wicken und Weizen 
gebaut werden, ein nicht häufiger Zugvogel. Sie kommt im Februar 
und März, fängt Ende August zu streichen an und verlälst uns 
im Oktober. Einzelne bleiben auch bis in den November. So 
scheu sie ist, so gewöhnt sie sich doch an die Nähe des Men- 
schen und brütet öfter an Orten des lebhaftesten Verkehrs, nahe 
an Ortschaften und grölseren Städten, sogar in denselben. In 
der Gegend von Spalt nistete ein Pärchen 150 Gänge von dem 
Dorfe Weingarten auf einem alten, sehr starken Birnbaum, andere 
nächst Aschaffenburg im Schönthal und in Triesdorf bei Ans- 
bach, obwohl alter Nadelwald in unmittelbarer Umgebung ist, 
auf den alten Linden nächst der Ackerbauschule und einer sehr 
belebten Gastwirtschaft. Trotz dem unter den Brutbäumen 


15. Familie. Tauben. 213 


oftmals sich entwickelnden buntesten Treiben geselligen Lebens 
und rauschender Musik heulen da die Tauben auf hohem Sitze 
im dichten Laubdache der riesigen Linden aus der Markgrafen- 
zeit, fliegen ab und zu und füttern ihre Jungen grols. . Im Juni 
1880 sah ich ein Nest nahe an der Kunstmühle in Tückelhausen 
bei Ochsenfurt im Parke meines Freundes Tauber auf einer 
jungen Fichte hart am Wege in nächster Nähe einer Laube. 
Ende Mai gibt es öfter schon ganz flügge Junge. Die zweite 
Brut wird Ende Juli, aber auch noch Ende August flügge; 1876 
wurden sogar noch zwei flügge Junge bei Augsburg auf einer 
Fichte gefunden. Den Nadelholzsaaten kann die Ringeltaube, 
wo sie in grösserer Zahl auftritt, "empfindlichen Schaden zufügen. 
Im Juni 1365 wurde auf den ausgedehnten Holzsaaten der Revier 
Anzing eine solche Taube geschossen, die in ihrem Kropfe 1702 
keimfähige Fichtensamenkörner hatte. Professor Wolf zeigte 
einst in einer Monatsversammlung der naturhistorischen Gesell- 
schaft Nürnberg verschiedene Schnecken vor, die er im Magen 
einer Ringeltaube gefunden hatte. 


180. COLUMBA OENAS. Gmel. L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 197. n. 265. — 
Verz. S. LXII. 
Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, VI. 8.213. Taf. 151. 


Hohl-Lochtaube. 


Überall in Wäldern mit alten hohlen Bäumen, doch seltener 
werdend, da letztere mehr und mehr verschwinden. Sie kommt 
Ende Februar und März, fängt im August zu streichen an und 
geht im Oktober weg. Am 2. Dezember 1868 wurde von 3 in 
der Mehringer Au bei Augsburg sich aufhaltenden Hohltauben 
ein Weibchen erlegt. Der November war sehr schneereich und 
zum Teil sehr kalt. Dr. W. Sturm sah auf dem Dutzendteich 
bei Nürnberg Hohltauben auf die Blätter der Seerose in einem 
der Weiher sich setzen und trinken. Der vormalige Lehrer 
Oechsner an der Gewerbeschule Aschaffenburg sagt in einem 
Programm von 1854, in welchem er die Käfer der dortigen Ge- 
gend zusammengestellt hat, die Entwicklung der Cetonia spe- 
ciosissima gehe in den Niederlassungen der Waldtauben, in den 
hohen, alten, hohlen Eichen vor sich, woraus ein Entomologe 


214 Ordnung IV. Gallinaceae. Hühner. 


der Nachbarschaft (Hanau) den prächtigen Käfer zu vielen Hun- 
derten entnehme. Es wäre ein Irrtum, wollte man an ein Freund- 
schaftsverhältnis zwischen diesem Goldkäfer und der Hohltaube 
denken. Ihr beiderseitiges Zusammentreffen ist ein zufälliges, 
indem die Larve des Kerfs im faulen Holz und Mulm alter 
Eichen lebt und die Taube in deren Höhlen nistet. Der Käfer 
hält sich noch einige Zeit nach seiner Entwicklung im Mulm 
auf, bis er ausfliegt, seiner Nahrung und dem Begattungsgeschäfte 
nachgeht und schlielslich seine Eier wieder in hohlen Eichen 
ablegt. 


b) Peristera Boie. 
181. PERISTERA TURTUR L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas. I. 8. 198. n. 267. — 
Verz. S. LXH. 

Naumann , Naturgeschichte der Vögel Deutschlands. VI. S. 233 
Taf. 152. 


Turtel-Hirsetaube, Hirstäubchen. 


Leu bekam ein altes, hahnenfederiges Weibchen von Gen- 
derkingen bei Donauwörth. In unseren Laub- und Nadeljung- 
hölzern, Niederwaldungen und Flufsauen nicht selten, an vielen 
Orten ein gewöhnlicher, im April und Mai ankommender und 
im September wieder fortziehender Sommervogel. Sie brütet zu- 
weilen ganz in der Nähe der Städte in grossen Anlagen und 
Gärten (Aschaffenburg im Schönthal und in der Allee nach dem 
Schönbusch). Auf den Waldsaatbeeten kann sie durch Verzehren 
des Föhren- und Tannensamens dem Forstwirt so lästig werden, 
dafs man ihrem schädlichen Treiben durch Abschiessen ein Ende 
machen muls. 


156. Familie Steppenhühner. 


Genus 71. Syrrhaptes Illig. 
182. SYRRHAPTES PARADOXA, Pall. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas. I. Verz. S. LXIII. 


A. Jäckel schreibt darüber in seinem Manuskript: 


Ob das Steppenhuhn (Syrrhaptes paradoxus Jllig.) bei seinem massen- 
haften Auftreten im Jahre 1363 auch unserem Bayerlande einen Besuch 


16. Familie. Steppenhühner. 215 


abgestattet hat, vermag ich mit Gewifsheit nicht anzugeben. Ein mir befreun- 
deter Arzt, ein tüchtiger Waidmann und Kenner unseres Jagdgeflügels, sah 
damals zwischen Ansbach und Triesdorf eine Schar ihm unbekannter, im 
Fluge an Charadrius plwvialis erinnernder Vögel. Ich vermochte aber weder 
in der reichen Syrrhaptes-Literatur, noch in der Tagespresse einen verbürgten 
Fall des wirklichen Vorkommens dieses Huhnes bei uns aufzufinden und bin 
überzeugt, dafs Bayern bei diesem wunderbaren Zuge abseits von der grofsen 
Heerstrasse liegen geblieben ist Die Wanderung ging bekanntlich von 
Süd-Ost aus den bucharischen und kirgisischen Steppen nach Nord- 
west über viele Gebiete unseres Continents bis hinüber nach England und 
in den Jahren 1864 und 1865, nachdem die Vögel da und dort gebrütet 
hatten, in umgekehrter Richtung und in sehr gelichteten Reihen wieder 
zurück. 

»Im Jahre 1888 ist das Steppenhuhn auf seinem grofsen Wan- 
derzuge aus den asiatischen Steppen nach Europa mehrfach in 
Bayern vorgekommen. Folgende Notizen liegen mir darüber vor: 
A. Wiedemann schreibt darüber: »Am 6. Mai erschien ein 
Flug von 40 Stück bei Mering unweit Augsburg, aus welchem 
ein 2 geschossen wurde. Am 12. Mai flogen ca. 35 Steppenhühner 
in westlicher Richtung über die Stadt Augsburg. Zu gleicher 
Zeit konnten 11 dieser Wanderer, die in westlicher Richtung 
weiter zogen, bei Haunstetten beobachtet werden. Am 15. Mai 
sind 9 Fausthühner bei Bannacker gesehen worden.«e — A. Link 
teilt folgendes mit: »Am 3. Mai 1883 wurden bei Stadtlauringen 
am Fulse der Hafsberge 21—22 Stück zuverlässig beobachtet. 
Am 11. December 1888 ein Stück bei Unterneuses in der Nähe 
von Burgebrach (Unterfranken) erlegt und für das Naturalien- 
kabinett in Bamberg gestopft.« — Über dies nämliche Exemplar 
schreibt mir Fr. G. Fischer, Kgl. Inspektor des Naturalien- 
kabinetts in Bamberg, dafs dasselbe ein 5 adult. gewesen und vom 
Forstgehilfen Th. Kolb geschossen sei. Der Kropfinhalt wurde 
von Prof. Dr. Harz in München untersucht. Derselbe teilte 
darüber in der Sitzung des botanischen Vereins in München am 
14. Januar 1889 (abgedruckt in der Zeitschrift des landwirtschaft- 
lichen Vereins in Bayern) mit, dafs sich in demselben 0,85 gr. 
Sand befand, dessen grölste Stücke die Durchmesser von 1,5 mm 
nicht überschritten. Die Samen- und Fruchtmasse, welche keine 
anderen Pflanzenteile (Blüthen, Knospen u. dgl.) auch keine 
tierischen Bestandteile beigemengt enthielt, setzte sich folgender- 
malsen zusammen: 


216 Ordnung IV. Gallinaceae. Hühner. 


Stück. 

1. Hordeum distichum . . 2 1.0 ı 94 
2. Mönle caradle - Tr. HEN > SU RER 
3..Delaria viriis, 5.2: 04.0 erkenne 
4. :Bromus GrDERSIS: 205 5.50 105 0 6 ee Dez l 
5. Alriplex. angusäfolka  .7. 1" um men ASD 
6. Chenopodium murdle . » 2 22... 668 
7. Polygonum lapathifolium . » 2... 21 
8. » COROOROUÄNS Fu 5 a AR 
9, Silene noctiflora x 

10.»  inflata | a 
11, Infokum Proline 1... rer 
12. Vicia sativa Se 3 
13.»  Cracca Eee a er ee 2 2 
14. Plantago lanceolata . 9 
15. Labiate oder Boraginee 1 


Summa 2637 

Hiemit ergibt sich die erfreuliche Thatsache, dals das Steppen- 
huhn auch in den ungünstigeren Wintermonaten die zu seinem 
Dasein erforderlichen Sämereien bei uns vorfindet. Stud. W. 
Heusler schreibt mir, dals 18SS bei Landau in der Pfalz drei 
Steppenhühner geschossen und ein anderes bei Dirmstein leben- 
dig gefangen worden sei. — Im 1888er Jahresberichte über die 
Beobachtungsstationen der Vögel Deutschlands erwähnt Parrot 
im Manuskript aufser den bereits genannten Fundorten noch 
folgendes: »In der näheren Umgebung von München wurde 
meines Wissens unser Vogel nicht beobachtet; ebenso wenig er- 
hielt einer der Ausstopfer ein Exemplar zur Präparation gesandt.« 

Laut Zeitungsnachrichten wurden Steppenhühner in Bayern 
beobachtet: »Bei Bamberg (bei Hallstadt) Ende Mai 16—1S Stück, 
bei Unterreichenbach (Würzburg) 18 Stück. Anfangs Juli bei 
Obersembach, bei Königsbrunn, Schwabmünchen, Buchloe, Neu- 
fahrn, Mühldorf. Bei Rotthalmünster wurde am 14. September 
ein Flug von ca. 20 hühnerartigen Vögeln beobachtet, welche 
man als Steppenhühner ansprach. Professor Dr. Hartig beob- 
achtete an Pfingsten bei Grafrath an der Amper einen Flug von 
ca. 30 Vögeln, welche, wie er mir selbst versicherte, nichts an- 
deres als Steppenhühner sein konnten.e — A. B. Meyer er- 
wähnt im Anhange zum III. Jahresberichte (1887) der ormnitho- 
logischen Beobachtungsstationen im Königreich Sachsen noch 


17. Familie. Hühner. 217 


folgende Vorkommen: 4. April bei Selb, Oberfranken, 30—40 Stück, 
15. April bei Regnitz-Losau, bayerisches Voigtland 30—40 Stück ; 
13. Mai bei Selb 40 Stück, Mitte Mai bei Schmalnau und Tabran 
in der Rhön, Ende Mai bei Unteralternheim in Unterfranken 
8S0— 100 Stück, Hegnenberg und Mühldorf 20—30 Stück, Kronach 
(Oberfranken), Anfang Juni ebenda. Reichenow gibt im Ca- 
banis Journal f. O., 1889, pag. 26 u. ff. noch weitere Notizen: 
Bei Hüll (unweit Bayreuth) im April 10 Stück, bei Rindlhütte 
bei Spiegelau am 1. Mai 3 Uhr nachmittags 25—30 Stück von 
SW. nach NO., bei Eberberg (Oberbayern) 2. Mai 50 Stück, bei 
Altötting am 5. Mai bemerkt, bei Wunsiedel am Fichtelgebirge 
am 14. April und 5. Mai ca. 40 Stück, in Schmölz bei Kronach 
20 Stück Mitte Mai, bei Augsburg 18. Mai 40 Stück, bei Sey- 
bothenreuth bei Bayreuth am 23. Mai 40—45 Stück in nordöstl. 
Richtung nachmittags 4 Uhr ziehend. 

Notizen über Vorkommen des Steppenhuhns in Bayern in 
1889 habe ich nicht gefunden. Es ist mir nicht bekannt gewor- 
den, dals die Fausthühner im Sommer 1888 in Bayern gebrütet 
hätten. « R. Blasius. 


17. Familie: Hühner. 


Erste Gruppe: Waldhühner. 
Genus 72. Lagopus Vieill. 
182. LAGOPUS ALPINUS Nilss. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 199. n, 274. — 
Verz. S. LXIII. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, VI. S. 401. 
Taf. 160 u. 161. 


In den oberbayerischen und allgäuer Alpen von Berchtes- 
gaden bis Hindelang und Oberstdorf allenthalben, aber ziemlich 
spärlich verbreitet, nicht gerade selten, doch nirgends zahlreich, 
bewohnt das Schneehuhn die Latschenregion bis hinauf in das 
höchste Gebirg, wo die Vegetation aufhört und nur Fels und 
Schnee sich findet. Man trifft es in Flügen bis zu 10 Stücken 
an. Nach von Kobell lebt es im Allgäu, um Hohenschwangau, 
Partenkirchen, Tegernsee, Schliersee, Rosenheim, Marquartstein, 
Ruhpolding, auf dem Untersberg, auf dem steinigen Gletscherfeld 


218 Ordnung IV. Gallinaceae. Hühner. 


über der Hochalpe Ramsau in Wimbachthal. An geschossenen 
Wintervögeln sah derselbe einige Male in einer gewissen Lage die 
Flaumen nach innen zu von einem blassen Rosenschimmer; an 
anderen konnte er diese Farbe nicht gewahren. Drei Exemplare, 
welche Leu im Januar von Oberstdorf erhielt, hatten die Kröpfe 
gefüllt mit Blättern von Dryas octopetala. Schneehühner werden bei 
uns selten geschossen, weil der Jäger, der ihre Region besteigt, 
gewöhnlich nur die Büchse führt und um eines Schneehuhns 
willen durch Schiefsen nicht gern das Revier beunruhigt oder 
sich die Bürsche auf einen Gamsbock oder Hirsch verderben mag. 
(v. Kobell). 


Genus 73. Tetrao L. 
183. TETRAO UROGALLUS L. 


- 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 199. n. 275. — 
Verz. 8. LXIV. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, VI. S. 277. Taf. 
154 und 155. 


Auerhahn, Auerhenne, Auerwild. 


Das Auerwild kommt fast überall in Bayern, wo grolse, 
zusammenhängende und ruhige Waldungen sind, im Gebirg, 
soweit das Hochholz hinaufreicht, doch auch längs des Alpen- 
.zuges, sowie im Hügellande und in der Ebene vor. Gute, zum 
Teil sehr gute Stände hat es vom Algäuer Hochland bis hinüber 
nach Reichenhall-Berchtesgaden, im Algäu in den Revieren Burg- 
berg, Fischen, Immenstadt, im oberbayerischen Gebirge bei Ettal, 
Partenkirchen, Rils, Altlach (Hochkopf), Hohenschwangau, 
Buching, in der Gegend des Ammersees um Dielsen, Reisting, 
Gimmenhausen und Wessobrunn, in Berchtesgaden und Ruh- 
polding, ferner in der Landschaft zwischen den Alpen und der 
Donau im Kemptener Wald (Betzigau), im Kürnacher und Kim- 
rathshofener Forst und in der Gegend von Kaufbeuren (Sachsen- 
ried, Sulzschneid). Der bayerische Wald mit den westlichen Ab- 
dachungen und Verzweigungen des Böhmerwaldes hat meistens 
gute Stände in den niederbayerischen Forstämtern Schönberg und 
Zwiesel in den Revieren Schönau, St. Oswald, Bodenmais, Raben- 
stein, Finsterau, Bischofsreuth, Duschlberg, Zwiesel und Klingen- 
brunn. Weniger zahlreich ist das Auergeflügel im oberpfälzischen 


17. Familie. Hühner. 219 


Hügelland in den Forstämtern Cham, Kemnath, Vilseck und 
Weiden, schwach vertreten in den Ämtern Amberg und Neu- 
markt. Dagegen hat es wieder gute Stände in Oberfranken, im 
Frankenwalde Forstamts Kronach (Gerlas, Lauenhain, Tettau, 
Tschirn), auf dem Fichtelgebirg in den Forstämtern Wunsiedel 
und Marktleuthen und in den Revieren Bischofsgrün, Fichtel- 
berg, Furthammer, Goldkronach, Sophienthal, Vordorf, Warmen- 
steinach, Weilsenstadt, Martinlamitz, Rehau, Sparneck und in den 
Waldungen der gräflich von Castell’schen Herrschaft Ebnath in 
den Revieren Riglasreuth und Frankenreuth, im Veldensteiner 
Forst in den Revieren Bärnheck, Horlach und Weidensees, im 
Steigerwald und seinen Ausläufern, woran Ober-, Mittel- und 
Unterfranken partizipiert, in den Forstämtern Ebrach, Eltmann 
und Forchheim in den Revieren Koppenwind, Winkelhof, Wustviel, 
Oesdorf in der Markwaldung, und in den gräflich v. Castell'schen 
Waldungen bei Rüdenhausen, Abtswind und Burghaslach. Dank 
der ihm zugewendeten Hege hat sich dieses Wild im Nürnberger 
Reichswald Forstamts Laurenzi in erfreulicher Weise gemehrt 
und wurde im Jahre 1881 fast auf jedem Revier ein Hahn ab- 
geschossen oder die Anwesenheit eines solchen konstatiert. Selbst 
in den benachbarten Bauernwaldungen steht Auerwild. Nur 
weniges aber besitzt das Forstamt Nürnberg-Sebaldi auf dem 
Revier Kraftshof. Unterfranken erfreut sich guter Stände im 
Spessart in den Ämtern Aschaffenburg und Lohr und zwar in 
den Revieren Heinrichsthal, Schöllkrippen, Langenprozelten, in 
der Rhön, Forstamts Hammelburg und Neustadt a. S. in den 
Revieren Euerdorf, Geiersnest, Neuwirthshaus, Römershag, Burg- 
wallbach, Fladungen, Schmalwasser, Steinach, Wächterswinkel 
und Melrichstadt, ferner in den fürstlich von Leiningenschen Wal- 
dungen im bayerischen Odenwald (Amorbach, Miltenberg) und end- 
lich in den Hafsbergen im Revier Zeil Forstamts Eltmann u. s. w. 
In der Rheinpfalz, wo ehemals die Auerhahnbalze um Johannis- 
kreuz berühmt war, ging der Auerwildstand seit der Mitte der 
fünfziger Jahre mit auffallender Schnelligkeit zurück und blieben 
die besten Balzplätze allmählich unbesucht. Jetzt ist es in den 
meisten Revieren ausgestorben und befinden sich nur noch schwache 
Stände in den Revieren Taubensuhl, Waldleiningen und Watten- 
heim (Haidfeld). Im Reviere Ramsen, Forstamts Winnweiler, wird 
es mit aller Sorgfalt gehegt und verspricht der Stand wieder ein 
güter zu werden. 


220 Ordnung IV. Gallinaceae. Hühner. 


Mehr als alle Feinde, und deren hat es sehr viele, schadet 
diesem der Kultur und jeder Annäherung des Menschen höchst 
abholden Wilde die jetzige intensive Bewirtschaftung unserer 
Wälder, die Führung von Kahlschlägen auf grofsen Flächen an 
Stelle der früher üblichen Plänterwirtschaft, die Erziehung gleich- 
alteriger, dicht geschlossener Bestände, das Einerlei ein und der- 
selben Holzpflanze auf weiten Kulturflächen, das Verschwinden 
der sonnigen mit Gestrüpp und Beerenkräutern bewachsenen 
lückigen Stellen, die Wegebauten, Bestandesreinigungen, Durch- 
forstungen und die damit verbundenen Beunruhigungen der Wäl- 
der. Wo viel gesäet und gepflanzt wird, verschwinden die Lieb- 
lingsplätze des Auerwildes immer mehr und mit ihnen das Wild 
selbst, während an Orten, wo wegen Ungunst der Stand- 
ortsverhältnisse die Natur noch vorherrschend wirkt und schafft, 
das Auerwild sich nicht blofs hält, sondern bei rationellem Ab- 
schluls sich sogar vermehrt und an verlassene, allmählich wieder 
in entsprechenden Bestand einwachsende Orte zurückkehrt. 

Es ist Standwild, verstreicht aber hie und da in Gegenden, 
wo es gänzlich unbekannt ist oder in langen Jahren nicht mehr 
gesehen wurde. Abgesehen von Hennen, welche verwundet, 
demnach von gefiedertem Raubzeug verfolgt, mehrfach in Stralsen 
und Hofräumen der Städte (Hof, Bayreuth, Straubing) lebend 
gefangen wurden, sind mir Fälle vorgekommen, wo ganz gesunde 
Auerhennen offenbar auf der Suche nach Gatten oder neuen 
Niederlassungen begriffen, erlegt sind: eine auf dem Judenbühl 
bei Nürnberg, die andere im dortigen Reichswalde nicht weit von 
Wendelstein. Erstere wurde von einer hohen Linde vor einem 
ländlichen Wirtshause an der Heroldsberger Staatsstralse, die 
andere von einer übergehaltenen Samenföhre von einem jungen 
Manne herabgeschossen, der ohne alle Deckung durch die nie- 
deren Büsche des Jungholzes gerade auf sie zuging, während ich 
etwa hundert Gänge davon offen auf der Stralse stehen blieb 
und, um den Vogel zu verscheuchen, dem jugendlich unbeson- 
nenen Schützen laute Abmahnungen nachrief. Die Henne war 
augenscheinlich ganz gesund und sehr gut von Wildpret. Am 
21. April 1554 Abends wurde abermals eine Henne von einem 
Schlot der im grolsartigsten Betriebe stehenden Zeltnerschen 
Ultramarin-Fabrik vor dem Spittlerthore, nahe am Staatsbahn- 
hofe in Nürnberg, herabgeschossen, nachdem sie sich Tags zuvor 
in jener äusserst belebten Gegend im Garten eines Schlölschens 


17. Familie. Hühner. 221 


zu Steinbühl herumgetrieben hatte. Bei Auerhähnen hat man 
ähnliche Beobachtungen öfter gemacht, von einer Henne aber 
ist mir ein derartiges Benehmen ganz unerklärlich. Wie der 
starke Brunfthirsch die schwächeren Hirsche bekämpft, und vom 
Brunftplatz abtreibt, so der eifersüchtige alte Auerhahn die 
jüngeren, schwächeren Nebenbuhler. Nun scheint es, dafs die 
abgekämpften Hähne wegen Nichtbefriedigung des Fortpflanzungs- 
triebes einer Störung der Seelenthätigkeit verfallen, in der sie, 
ihr menschenscheues Naturell verläugnend, die tollsten Streiche 
begehen, in den Wäldern Menschen und Tiere anfallen, ja sogar 
die Waldeseinsamkeit verlassen und sich in Dörfern und Häusern 
und in Hofräumen niederlassen, um verliebte Attentate auf Haus- 
hühner zu machen und mit deren Eheherren zu raufen. Ich 
glaube diesen Zustand als einen den Monomanien (Zrotomanie, 
Nymphomanie) bei dem Menschen analogen auffassen zu dürfen. 
Ist der gesunde Hahn zur Balzzeit an der Befriedigung des 
Geschlechtstriebes gehindert, so kann bei ihm durch die Menge 
der Samenfäden in den Samenbläschen, die einen vermehrten 
Druck auf den sympathischen Nerv ausüben, eine vermehrte Rei- 
zung eintreten. In diesem Zustand hochgradiger geschlecht- 
licher Erregung geht dann die ganze Individualität des Hahnes 
auf; sein ganzes Wollen und Streben conzentriert sich in dem 
unwiderstehlichen Drang nach Befriedigung des Geschlechtstriebes; 
sein ganzes Naturell verändert sich. Er kennt keine Scheu vor 
Menschen mehr, sucht denselben sogar auf, fällt ihn an und ist 
für jeden anderen Eindruck unempfänglich. Dieser an Bewulst- 
losigkeit grenzende Zustand wird durch alles, was die Sinne reizt, 
vermöge reflektorischer Nerventhätigkeit hervorgerufen. Je mehr 
Same in den Bläschen und je länger die Abstinenz, desto mehr 
artet der Zustand in Raserei, Manie, aus. Man kennt Fälle, dals 
einzelne solcher Hähne äulserlich zwar unbeschädigt, aber körper- 
lich herabgekommen und sehr mager waren, weil sie während 
ihrer Erotomanie wie der Brunfthirsch wenig Nahrung zu sich 
nehmen oder, wie dies auch bei geisteskranken Menschen vor- 
kommt, zuletzt alle Nahrung verschmähten. Immer ist dies 
jedoch nicht der Fall und unheilbar ist der geschilderte Zustand 
auch nicht. Vor längeren Jahren fuhr ein Knecht von Heigen- 
brücken im Spessart vor Tagesanbruch in den Wald, um Holz 
zu holen, und führte einen Hund mit sich, der sich auf dem 
Waldwege in das Gebüsch verlor, aus dem er alsbald heulend 


2232 Ordnung IV. Gallinaceae. Hühner. 


zurückkam, hinter ihm ein Auerhahn, der mit ausgebreiteten 
Flügeln den Hund verfolgte, nach ihm bifs und schlug und erst 
auf das Peitschengeknall des Knechts von der Verfolgung abliels. 
Am nächsten Tage fuhr Letzterer wieder in den Wald und fand 
an derselben Stelle, an der er das erzählte Abenteuer bestanden, 
in der Morgendämmerung auf dem Fahrwege einen dunkeln 
Gegenstand, den Auerhahn, liegen, steckte ihn in einen Futter- 
sack und brachte ihn seinem Herrn, der ihn dem damaligen 
Oberförster, jetzigen Forstrat Fröhlich, übergab. Im Zimmer 
freigelassen nahm der Hahn frische Buchenknospen, die man ihm 
bot, zu sich und wurde nach einigen Tagen von der Aktien- 
gesellschaft des zoologischen Gartens in Frankfurt a. M. erworben, 
wo er mehrere Jahre lebte (der deutsche Jäger 1881. S. 106.) 
In .einem markgräflich ansbachischen Forste überfiel anfangs der 
neunziger Jahre des vorigen Jahrhunderts in der Balzzeit ein 
Auerhahn zwei sägende Holzhauer, schlug sie heftig mit den 
Flügeln und verwundete sie mit seinem starken Schnabel, setzte 
dies auch mehrere Morgen nach einander und so lange fort, bis 
er von den hievon benachrichtigten Jägern während eines solchen 
Anfalles gefangen wurde. Im Jahre 1840 trieb sich zwei Tage 
lang in den Steigerwaldorten Koppenwind und Neudorf ein Auer- 
hahn ohne Scheu unter den Haushühnern in stetem Kampfe 
mit dem Haushahn herum, strich dann in den nahe gelegenen 
unterfränkischen Ort Wustviel ab und hielt sich dort einige Tage 
auf. Während dieses seines Aufenthaltes wurde er von den Be- 
wohnern im Dorfe herumgejagt und endlich von dem dortigen 
Revierförster von dem Dache eines Hauses herabgeschossen. Ein 
anderer wurde 1848 auf dem Revier Lichtenhof im Nürnberger 
Reichswald zur Zeit des Rechens der weilsen Streu (Schmeelen- 
gras) erlegt. Derselbe fand sich mehrere Tage nach einander 
bei den Streurechern ein, strich über sie hinweg, stellte sich 
ganz in ihrer Nähe auf Holzklafter, Streuhaufen oder die Leitern 
eines Wagens und falzte, ohne sich von den arbeitenden Land- 
leuten und einem herbeigerufenen Forstbeamten irre machen zu 
lassen. Einem Bediensteten im Schlosse zu Aschaffenburg wurde 
einst gemeldet, oben auf dem Schlolsgesimse sitze ein grolser 
schwarzer Vogel. Der Gerufene überzeugte sich sofort, dals es 
so sei und öffnete den Laden, um den Vogel an sich zu nehmen, 
als dieser vom Gesimse abstrich und sich in dem unmittelbar 
unter dem Schlosse befindlichen Gesträuche niederthat und 


® 17. Familie. Hühner, 223 


verkroch, woselbst er bei dem Scheine einer Blendlaterne, da es 
bereits dunkelte, mit Überwerfung einer Decke ergriffen wurde. 
Bei dem damaligen Garnisonswechsel des k. bayerischen Infan- 
terie-Leibregiments wurde der seltene Braten an der Festtafel 
verzehrt (der deutsche Jäger 1881. 5.106). Im bayerisch-böhmischen 
Grenzorte Hermannsreuth bei Tirschenreuth fiel einst im April 
ein junger Auerhahn regelmälsig abends auf den Dachgibeln 
ein und begann zu balzen. Jedenfalls war es auf die Haus- 
hennen abgesehen; denn in der Nähe stand ein alter Auerhahn 
ınit nur 4 Hennen. Am 17. November 1850 schols ein Bauer 
zu Sperberslohe im Nürnberger Reichswald einen Auerhahn von 
der Scheune seines Nachbars herunter. Die erschreckten Hof- 
hühner flüchteten, als der mächtige Vogel Morgens 9 Uhr daher- 
gestrichen kam, eiligst in die Häuser und in einen Backofen. 
Am 29. April 1879 nachmittags 3 Uhr spazierte ein Auerhahn 
gemütlich auf dem Dache des kgl. Oberförsters zu Eulserthal 
in der bayerischen Pfalz einher, suchte aber nach wenigen Minuten 
das Weite. Auerwild ist in dem genannten Reviere nicht, wohl 
aber in dem benachbarten Revier Taubensuhl vorhanden. Über 
einen verrückten Auerhahn berichtet d. d. Passau, Juli 1881 der 
Sekondleutnant Geilsler im 16. Infanterieregiment was folgt: 
»Der Schauplatz des nachstehend geschilderten Vorfalles ist der 
Neuburger Wald, Revier Passau I. In unmittelbarer Nähe des 
Schielsplatzes des in Passau garnisonierenden 16. Infanterie- 
Regiments fingen am 21. April d. J. nachmittags zwischen 3 und 
4 Uhr drei Soldaten einen alten Auerhahn, der, ihrer kaum an- 
sichtig geworden, auf dem Boden zu balzen anfing und ohne 
Pause fortbalzte, so dals ihn die Soldaten, ohne irgend welche 


‘Vorsicht anzuwenden und ohne ihn regelrecht anzuspringen, auf- 


nehmen konnten. Während dieses gewils seltenen Ereignisses 
feuerte zudem die Kompagnie, kaum 30 Schritte entfernt, unun- 
terbrochen fort, bis ich den glücklichen Fänger mit dem Auer- 
hahn in den Armen wahrnahm. Nachdem ich den Hahn einer 
genauen Betrachtung unterzogen und durchaus keine Verletzung 
an ihm hatte entdecken können, schenkte ich ihm wieder die 
Freiheit, worauf er, kaum 15 Schritte wegstreichend, wieder auf 
dem Boden fortfuhr zu balzen, so dafs er mit Leichtigkeit aber- 
mals hätte gefangen werden können. Einige Tage später ging 
ich mit einigen Kameraden an den Fangort und sahen wir alle 
den Hahn, wie er im Heidelbeerkraut umherrannte, fortwährend 


224 Ordnung IV. Gallinaceae. Hühner. ” 


balzte und sogar auf uns züging. Von mir verfolgt, lief er lang- 
sam davon, machte dann aber plötzlich Front gegen mich und 
erwartete mich in reizender Balzstellung, so dals er wieder nur 
aufgenommen zu werden brauchte. Später wurde er noch mehr- 
mals gefangen, jedoch immer wieder freigelassen. « 

»Dem Berichte des Sekondleutnants Geilsler dahier über 
das merkwürdige Verhalten eines Auerhahns glaube ich ergän- 
zend beifügen zu sollen, dafs der Schiefsplatz genannten Regi- 
ments auf dem höchsten Punkte der Staatswaldungen des Reviers 
Passau I, ungefähr 7 Kilometer von hier liegt und fast täglich 
von den Truppen zu Schielsübungen benutzt wird. In unmittel- 
barer Nähe befinden sich die Standorte des Auerwilds. Schon 
einige Tage vor dem 21. April hatte der Reserveleutnant Sch wert- 
feger morgens um 3!s Uhr denselben Auerhahn wahrgenommen. 
Er balzte ungefähr 10m von den ununterbrochen feuernden Truppen 
entfernt, in nicht mehr als 3 m Höhe vom Boden auf einem Aste 
sitzend und lieis den genannten Herrn sowohl, als den zufällig 
des Weges kommenden Forstgehilfen wiederholt bis unter den 
Baum sich nähern. Auch nach dem 21. April ist derselbe Hahn 
von anderen Personen wiederholt vom Boden weg ergriffen, besich- 
tigt und hierauf frei gelassen worden. Er begann jedesmal wieder 
zu balzen und zwar Angesichts der Zusehenden.« Passau im 
Juli 1881. G. (Deutscher Jäger 1881. S. 177). 

Bei den Kämpfen der Hähne geht es oft sehr hitzig her. 
Hartnäckig auf einander einstürmend raufen sie sich die Federn 
an der Brust, am Kopf und an den Flügeln aus, bringen sich 
Wunden bei und bemerken das Herannahen der Menschen nicht. 
Ende März 1859 trafen Holzarbeiter in der Louisenburg bei Wun- 
siedel zwei kämpfende Hähne, von denen einer durch ein hin-: 
geschleudertes Holzbeil getödtet wurde. Zur selben Zeit wurden 
an das Forstamt Zwiesel zwei prächtige Auerhähne lebend ein- 
geliefert, welche im Revier Zwiesler Waldhaus in erbittertstem 
Kampfe mit einander begriffen waren und, nachdem sie sich 
schwere Wunden beigebracht hatten, von hinzugekommenen Holz- 
hauern ergriffen wurden. Baron v. Eichthal aus Augsburg schols 
in der Balzzeit 1861 und Privatier Otto Forster aus Augsburg 
im Frühjahr 1875 bei Oberstdorf im Algäu, jeder zwei kämpfende 
Hähne auf einen Schuls. Im Frühjahr 1866 wurden auf einem 
unterfränkischen Forstrevier mit ausgezeichnetem Auerwildstande 
von einer Gesellschaft von drei Forstmännern zwei herrliche alte 


17. Familie. Hühner. 225 


Hähne geschossen und aufserdem zwei weitere balzende an- 
gesprungen. Während die Jäger nach Schlufs der Jagd zwischen 
5 und 6 Uhr in einem Jägerhäuschen bei warmem Kaffee salsen, 
gewahrte einer derselben auf einer circa 90m vom Häuschen 
entfernt stehenden alten Eiche zwei nahe an einander sitzende 
Auerhähne, auf welche sofort aus dem Häuschen durch das 
geöffnete Oberlicht zweimal nach einander mit Kugeln geschossen 
wurde. Beide Male bückte sich der eine Hahn, als ob er etwas 
Unbehagliches gespürt hätte, so tief er konnte, beide aber blieben 
auf dem Aste stehen. Jedenfalls sind beide Kugeln über ihr 
Ziel weggeflogen. Erst als der Schütze aus dem Häuschen heraus- 
trat, um vielleicht aus näherer Entfernung einen glücklichen 
Schrotschuls anbringen zu können, strichen beide Hähne ab. 
Sie hatten sich höchst wahrscheinlich zuvor hart bekämpft und 
schienen sich auf der Eiche zu erneutem Kampfe ausruhen zu 
wollen; wenigstens standen sie auf ein und demselben Ast sich 
gegenüber und hielten die Köpfe mit vorgestrecktem Halse 
höchstens handbreit von einander. Offenbar hatten sie in ihrer 
übertriebenen Eifersucht den Schall der Schüsse, der freilich durch 
den Raum des Zimmers, von wo die Schüsse abgefeuert wurden, 
bedeutend gemindert war, ganz überhört (Deutscher Jäger 1879, 
S. 27). Vor mehreren Jahren baumte auf dem Revier Culmbach 
gegen Ende der Balzzeit ein Auerhahn nach drei vergeblichen 
Morgenpürschen, nachdem die beiden Jäger bei bereits hellem 
Tage unter lautem Gespräch eine Cigarre angezündet hatten, 
plötzlich auf dem Gipfel einer Fichte auf, von wo aus er unver- 
rückt mit gesenktem, lang gestreckten Halse auf die beiden Weid- 
männer herunteräugte. Nach einem fehlgegangenen Kugelschuls 
blieb der Hahn in ungeänderter Stellung; ein Schrotschuls des 
anderen Schützen, von dem einige Schrotkörner auf dem dichten 
Federpolster der Brust des Vogels angegangen sein mochten, 
veranlafste ihn zum abstehen, worauf ein rasch folgender zweiter 
Schuls gelang, der den geflügelten Hahn zu Boden brachte 
(ibidem 1880. 8. 134). 

Die Balze beginnt, wiewohl sehr selten, schon im Februar 
(1877 am 22. Februar wurde auf dem Revier Taubenbach, Forst- 
amts Amberg der erste balzende Hahn geschossen), hie und da 
Ende März, gewöhnlich erst im zweiten Drittel des April und 
dauert in den Waldungen der Ebene und des Hügellandes bis 
über die erste Maiwoche hinaus. Dals ein Balzhahn noch am 

Jäckel, Die Vögel Bayerns. 15 


226 Ordnung IV. Gallinaceae. Hühner. 


11. Mai 1875 auf dem Revier Zeil am Main geschossen wurde, 
gehört zu den Seltenheiten. Im Hochgebirg und im bayerischen 
Walde balzt das Auerwild schon bei knietiefem Schnee im April, 
doch verschiebt sich die Balze auch bis in die zweite Maihälfte 
und dauert im höheren Gebirge bei Schnee bis Ende Mai und 
in den Juni. Sorgsame Jäger aulserhalb des Gebirges schielsen 
den Balzhahn nicht vor, sondern nach Georgi (24. April), weil 
um letztere Zeit die Hennen alle getreten sind und das Ver- 
gnügen des Weidwerks ohne nachteilige Folgen für die Fort- 
zucht und den guten Stand dieser Jagd genossen werden kann!). 
Junge, doch ausgewachsene Hähne balzen nicht selten an an- 
genehmen Tagen des Spätsommers und Herbstes sowohl Morgens 
als Abends so feurig, als ob der Frühling in vollem Anzug wäre, 
so dafs sie angesprungen und erlegt werden können. Auch bei 
alten Hähnen kommt so späte Balze vor und dauert bis der 
Winter ihrem Gesange ein Ende macht. Wahrscheinlich sind 
es Hähne, welche im Frühjahr nicht zur Befriedigung ihres 
Geschlechtstriebes kamen und nun den ganzen Sommer und 
Herbst hindurch von der Überfülle ihrer Kraft Kunde geben. 
Zur Zeit des Rehblatiens 1863 schofs der Graf Wolfgang zu 
Kastell-Rüdenhausen bei letztgenanntem Orte einen Auerhahn, 
der während des Blattens zu balzen anfing und nach und nach 
immer hitziger balzte, so dals sich der erlauchte Weidmann 
schlielslich veranlalst sah, den Hahn anzuspringen und herunter 
zu schielsen. Ebenso wurden bei Fladungen, Forstamts Neustadt 
a. S., vom 8. bis 22. August 1879 vier balzende Hähne erlegt, 
die keine jungen gewesen sein können; denn dafür war die Zeit 
zu früh. Oskar Horn berichtet hierzu im deutschen Jäger (1879 
S. 6), dals er in der dritten Septemberwoche 1878 auf dem Re- 
vier Langenbruck, Forstamts Vilseck, als er auf den Hirschen- 
einzug angestanden, einen alten Hahn die ganze Balzarie fort- 
während hersagen gehört, ihn auch regelrecht angesprungen, 


") Die Stift Waldsassenschen Jagd-Verordnungen von 1788 (Abt Wigand 
von Deltsch) befiehlt $ $: Da Zeit hero einige Unser Förster recht sträflichst 
die Auer- und Birkhahnen gleich bei ihrer ersten Falzzeit darnieder geschossen, 
es mögen hernach die Hühner fruchtbar geworden seyn oder nicht, so wollen 
wir dieses hirnlose Vorgehen nicht allein geantet, sondern den gemessensten 
Befehl ertheilet haben, dafs künftighin kein Förster sich mehr unterfangen 
solle, vor Georgi einen Auer- oder Birkhahn zu schiefsen. Eine gesuchte 
Ausred, als wären mehrere Hahnen auf dem nemlichen Revier gewesen, solle 


17. Familie. ' Hühner. 237 


aber aus dem Grunde nicht geschossen habe, weil er kein Freund 
davon sei, einen Auerwildstand, wie oben von Fladungen gemeldet, 
zu ruinieren. Endlich mag noch angeführt werden, dals am 
12. September 1878, morgens 5 Uhr, im Veldensteinerforst auf 
dem Revier Horlach ein fröhlich balzender Hahn angesprungen 
wurde, der sein Spiel und seine Sätzlein so anhaltend wie im 
Frühjahr hören liefs und am 20. September 1879 Abends 6 !e 
Uhr im Nürnberger Reichswalde hinter Nerreth ein im regel- 
mälsigen Falzen begriffener Hahn angesprungen und zu Schuls 
gebracht werden konnte. 

Das normale Gewicht eines Auerhahnes ist nicht unter 4, 
nicht über 4! Kilo. Ein alter Hahn, der schwerste, den Oskar 
Horn in Händen hatte, wog ausnahmsweise 7"s Kilo. (Hand- 
buch des Jagdsport). 


184. TETRAO TETRIX L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 199 n. 276. — 
Verz. 8: IXIV: ; 
Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, VI. S. 324. Taf. 157. 


Birk-, Spielhahn, Bürk-, Spielhenne, Birkwild, Birkgeflüg, Berk- 
geflügel, Spielgeflüg, Spielgeflügel. Die Schwanzfedern, »Stoss, Leier, 
Scheere,« (oberbayerisch Schaar). 

Gegen die böhmische Grenze hin wurden schon öfters ganz 
weilse oder stark weilsgefleckte Birkhühner gescholsen. Zwei 
grauweilse Hähne, deren einer in der Regensburger Sammlung 
steht, und die sonst keine anders gefärbte Feder, nur die Augen, 
Schnäbel und Kämme oberhalb der Augen von gewöhnlicher 
Färbung hatten, und ein gelblich weilser wurden 1854 in der 
Oberpfalz in dem trocken gelegten Pfrentschweiher und ebenfalls 
zwei grauweilse mit gewöhnlich gefärbtem Stols, Schnabel, Fülsen 
und Augen bei Schwarzach in Niederbayern erlegt. 


keinem Jäger zur Entschuldigung dienen. Auer-, Hasel- und Birkhühner 
(Hennen) zu schiessen, solle zu jeder Zeit, mithin durchaus und auf allen 
Gräntzen verbothen seyn. Und da wir auf bessere Fortpflanzung des Auer-, 
Hasel- und Birkhühner-Geflügels unsern vorzüglichen Bedacht tragen, so solle 
zur Brut- und Holzsperrzeit das Schwammen und Beersammeln all- und jeden 
schärfest verbothen seyn. Und da das Wachholderbeerschlagen uns schlechten 
Nutzen, wohl aber der kleinen Jagdbarkeit einen grofsen Schaden verursachet, 
so solle diese Verpachtung von nun an gänzlich abgeschaffet seyn. 

19% 


228 Ordnung IV. Gallinaceae. Hühner. 


Das Birkgeflügel ist Stand- und Strichwild, durch die Wal- 
dungen des Mittel- und Hochgebirges, wie des Flachlandes ver- 
breitet und hat unter den Waldhühnern die grölste Verbreitung, 
da es im Hochgebirg höher hinaufgeht als das Auerwild, und 
aus dem Walde heraus auch in die Möser übergeht. Lieblings- 
stände desselben sind jene auf vermagerten, trockenen und ver- 
heideten Keupersandflächen stockenden Föhren-Krüppelbestände, 
wie sie der Nürnberger Reichswald Laurenzi und die Oberpfalz 
aufzuweisen hat, grolse, durch Waldbrand, Windwurf oder Käfer- 
frafs devastiert gewesene und wieder aufgeforstete ehemalige Kahl- 
hiebsflächen, so lange die Kulturen sich noch nicht geschlossen 
haben und Beerenkräuter, Schmeelengräser und verschiedenes 
Forstunkraut wuchern können. Schliefsen sich die Jungschläge, 
so verschwindet das Birkwild und siedelt sich in anderen ihm 
zusagenden Gegenden an. Nicht minder als schlecht bestockte 
Waldungen der Keuperformation liebt es unsere mit Torfmoos 
und vereinzelten, elenden Filzkoppen (Pins pumilio) bewachsenen 
Filze (Hochmoore), sowie die mit besserem Pflanzenwuchs, hohen 
Cypergräsern, Kolbenrohr, Wäldern verkrüppelter Föhren, Zwerg- 
Sommerbirken und Wacholderbüschen bestandenen Möser, (Wie- 
senmoore). Hier und im ganzen Alpenzug, auf den Filzen von 
Weilheim, Dielsen, Rosenheim, Reichenhall, auf dem Gralsauer 
Moos bei Marquartstein kann man im Spätherbst und Winter 
oft SO bis 100 Hähne beisammen sehen. Ferner findet sich 
Birkwild im Aginger und Erdinger Moos, im Revier Kaisheim 
und Hafenreuth, Forstamts Donauwörth, um Dillingen, in der 
Oberpfalz zu Vilseck, Weiden, Bruck, häufig im Nürnberger 
Reichswald, und im übrigen Franken, im Spessart, Odenwald, 
Fichtelgebirg und auf der Rhön (von Kobell. Im Frühjahre 
streichen diese Hühner viel, weniger im Herbst umher und wer- 
den dann zufällig in Gegenden geschossen, wo man in zwei bis 
drei Jahrzehnten nicht ein Stück wahrnahm. Auf diesen Strei- 
fereien verirren sie sich hie und da und werden Raubvögeln zur 
Beute. Ein von einem Habicht verfolgter Hahn flüchtete sich 
in ein Haus des Dorfes Frickenhausen in Schwaben, ein anderer 
von der Lechhausener Aue in einen Garten an der Ostseite von 
Augsburg, wo er am Kopfe eines holzspaltenden Mannes vor- 
beisausend in der nahen Holzlege vor den Klauen seines Ver- 
folgers Zuflucht suchte. 


17. Familie. Hühner. 229 


In milden Wintern balzt der Birkhahn manchmal schon an 
schönen Vormittagen im Februar und März, gewöhnlich erst 
Ende März und den April hindurch bis in den Mai. Ich hörte 
einen Hahn bereits am 15. Februar 1848 in der Lache bei Wen- 
delstein, einen zweiten um dieselbe Zeit 1851 bei Altenfurth im 
Reichswalde. In den höheren Gebirgen des bayerischen Ober- 
landes, wo die Berghähne ihre Balzplätze meistens auf den höch- 
sten Gebirgsrücken haben, beginnt die Balze später als im Flach- 
lande und in den Vorbergen und dauert bis in den Juni hinein. 
Diese Berghähne sind stärker und haben ungleich schönere Stols- 
federn als die schwächeren Mooshähne Junge und alte Hähne 
balzen noch an heitern Herbstmorgen und, was noch häufiger, 
an schönen Herbstabenden; das Balzen besteht aber aulser der 
richtigen Zeit meistens nur im sogenannten Kollern und Gebirgs- 
jäger hören es nicht gerne, da es schlechtes Wetter bedeuten 
soll. Kobell hörte einen Spielhahn falzen, welcher der Jagd, wo 
viel auf Gemsen geschossen wurde, auf ein paar hundert Schritte 
nahe war, sich aber weder durch das Schielsen, noch durch den 
Lärm der Treiber stören liefs. Ich hörte einen Balzhahn noch 
am 27. November 1847 bei Gsteinach auf dem Revier Feucht, 
der auf das Reizen Antwort gab, und in der dritten September- 
woche 1878 hörte Oskar Horn auf dem Revier Langenbruck aus 
dem nahen Röthelweiher herüber nicht blols das Kollern, son- 
dern auch das Schleifen eines alten Spielhahns, und acht Tage 
später gleichfalls auf der Morgenpürsche in der Hammergemün- 
der Jagd wieder einen alten Spielhahn, der auch auf das Reizen 
des Jagdherrn antwortete und vor den Schützen einfiel. Die 
Hennen kümmern sich um den späten Singsang nicht mehr 
und ebenso gehören die tollen Sprünge der Bodenbalze nur dem 
Frühjahr an. Der Hahn sitzt später taubenfromm auf dem Ast, 
die Stolsfedern zusammengefaltet, und sagt schier gleichgültig 
seine »Gsetzeln«. (Der deutsche Jäger 1379. 8. 6). 

Jung aufgezogen wird das Birkwild zahm und in Schleils- 
heim gedieh einmal eine ganze Zucht, die man aufzog, und falzten 
dann im Frühjahr die Hähne gar lustig an der dortigen Schenke 
auf den Tischen inmitten zahlreicher Gäste. (v. Kobell.) 

In den Mägen und Kröpfen erlegten Birkwildes fand ich 
Stengelteile und Beeren der weilsen Mistel, Schwarzbeeren, Gras- 
sämereien, Aspen-, Haselnuls- und Birkenknospen, Erlenkätzchen, 
Föhrenzäpfchen, Fichtennadeln, Heidelbeerkraut, grüne Raupen, 


230 Ordnung IV. Gallinaceae. Hühner. 


Gryllus-Arten, verschiedene Käfer u. s. w. Seiner Nahrung geht 
es selbst auf Kartoffeläckern nach. Einer meiner Freunde schols 
am 7. September auf der Hühnerjagd zwei junge Birkhähne, die 
plötzlich vor dem Vorstehhunde aufstanden, 8 bis 10 Minuten 
vom nächsten Walde entfernt. 

An Entozoön beherbergen seine Eingeweide einen Bandwurm 
und eine Menge Sandwürmer, Nematoden, eine neue Art He- 
terasis tetraonis (v. Yvernois). 

Bei Graf Preysing zu Moos in Niederbayern wurden zwei im wilden 
Zustande erzeugte Bastarde des Birkhahns und Fasanen erlest. 

Das Rackelwild (Tetrao intermedius Langsd.), bekanntlich ein 
Bastarderzeugnis vom Birkhahn und der Auerhenne, gehört in 
Bayern, obwohl unsere Forste im Hoch- und Mittelgebirge, wie 
in der Ebene mit Auer- und Birkgeflügel noch immer verhält- 
nismälsig reich versehen sind, zu den seltensten Vorkommnissen. 
Im Jahre 1843 bekam der verstorbene Kreisforstrat Koch in 
Regensburg einen am 23. April im oberpfälzischen Anteil des 
Böhmerwaldes, in dem damals schon trockenliegenden und kul- 
tivierten, ehedem 1!/s Stunden langen und !s Stunde breiten 
Pfrentschweiher auf der Wartei Pfrentsch, Forstamts Vohenstrauls 
erlegten Rackelhahn. Während des Balzens auf dem Boden 
machte der Vogel eine Figur wie der Birkhahn und auch der 
Balzlaut wurde mir als dem des letzteren ähnlich geschildert, 
nur mit dem Unterschiede, dafs der Bastard hie und da den 
Hauptschlag des Auerhahns hören liefs und nicht so anhaltend 
balzte als der Birkhahn. Auf dem Balzplatze hatten sich bei- 
läufig 20 Birkhähne eingefunden, die den Eindringling heftig 
kämpfend verfolgten, aber nicht zu verjagen vermochten; denn 
immer wieder suchte er einen Platz unter ihnen. Ein im Besitz 
der Forstlehr-Anstalt Aschaffenburg befindliches Exemplar wurde 
im Jahre 1860 im Forstamt Vilseck geschossen. Auch im Hoch- 
gebirge ist er selten, doch sah ich in der Staatssammlung zu 
München, irre ich nicht, 5 Exemplare aus den Alpen und Vor- 
alpen, darunter zwei aus dem Forstamte Schongau von dem 
Revier Hohenschwangau und von Weilheim. Ein sehr schöner 
Hahn wurde am 9. April 1873 auf dem Revier Schongau ge- 
schossen, nachdem er mehrere Morgen vorher gehört, jedoch 
wegen seines steten Reitens, Standwechsels, nicht anzuspringen 
war. Er kam ausgestopft in den Besitz des verstorbenen kgl. 
Forstmeisters Klein in Schongau. In Oberfranken auf dem 


17. Familie. Hühner. 231 


Revier Maineck, Forstamts Culmbach, wo Auerstandwild nicht 
vorkommt, aber zur Birkhahnbalzzeit vereinzelte Auerhennen an- 
getroffen werden, wurden 1576 zwei Rackelhähne geschossen, die 
wahrscheinlich ein und derselben Brut entstammten, leider beide 
in die Küche wanderten und einen viel besseren Braten als der 
Auerhahn lieferten. Die Eigenschaften dieser beiden Blendlinge 
anlangend, schrieb mir Oberförster Zehelein, dafs ihnen das 
scheue Wesen der beiderseitigen Eltern weitaus abgegangen sei 
und sie eine Vertrautheit an den Tag legten, die sie dem Jäger 
leicht zur Beute werden liels. Einmal kam er einem der beiden 
Hähne im Herbst 1875 ohne die geringste Deckung schulsmälsig 
nahe und konnte ganz genau bemerken, dals der Rackel nach 
ihm herüber äugte und ihn lange fixierte, bis er endlich abstrich. 
Der Forstbeamte wollte nämlich den interessanten Sonderling 
nicht schielsen, um im Frühjahre seine Balze beobachten zu 
können. Wirklich fing der Hahn Ende März damit an und 
balzte während vier Morgen erst bei fast völligem Tagesanbruch, 
aber lauter als der Auerhahn. Er schleifte nicht, schreibt mein 
Berichterstatter, sondern »pappelte und schnappte« so sonderbar, 
dals man seine Balzarie treffend als ein Stottern bezeichnen 
kann. Da keine Hühner wahrzunehmen waren, wurde dem Re- 
viergehilfen die Erlaubnis zum Abschuls erteilt, welches Geschäft 
bei der Harmlosigkeit des Wildes ohne Schwierigkeit auszuführen 
war. Am 20. April 1881 wurde im Nürnberger Reichswalde von 
dem kgl. Forstamts-Assistenten Grimm auf dem Revier Forst- 
hof, Forstamts Laurenzi, ein Rackelhahn erlegt, der vom Kopf 
bis an das Ende des Stoflses 72 cm lang und 2,5 kg schwer war. 
Schnabel schwarz, ähnlich geformt wie der des Auerhahns, jedoch 
schwächer; Hals-, Brust- und Bauchfedern von metallglänzender, 
violett-rötlicher Färbung, welcher das grau Gesprenkelte des Auer- 
hahns gänzlich fehlte; Kehle bebartet; Flügel wie bei dem oben- 
genannten Hahn, die Schwungfedern zweiter Ordnung mit den 
weilsen Binden des Birkwildes und die Achselgegend weils; untere 
Flügeldeckfedern rein weils; Rücken schwarz und die Seiten- 
federn etwas grau gesprenkelt; Stols glanzlos schwarz, die oberen 
kürzeren Schwanzdeckfedern weils gerändert, die äussersten Stols- 
federn gesichelt, jedoch nicht so krumm wie bei dem Birkhahn ; 
untere Schwanzdeckfedern schwarz und grau gesprenkelt wie am 
Auerhahn. Ebenso die grauen Zehen reich mit Balzstiften besetzt, 
denen des letzteren Wildes ähnlich. Über die Erlegung dieses 


2323 Ordnung IV. Gallinaceae. Hühner. 


Rackels berichtet Gr. im deutschen Jäger (1881. S. 130) folgen- 
des: »Es war am heurigen Ostersonntage, als mehrere Fach- 
genossen und ich uns des Morgens in den Laurenzer Reichswald 
begaben, mit der Absicht, einen balzenden Birkhahn auf den 
Ruf zu schiefsen. Einen Birkhahn schossen wir an diesem Mor- 
gen freilich nicht, aber umsonst war der Gang keineswegs. Es 
war nämlich auf unser »Blasen« ein Hahn herangestrichen, der 
unser Interesse im höchsten Grade erregte. Er balzte auf dem 
Boden, machte dabei kolossale Sprünge und breitete seinen Stols 
fächerartig aus. Sein Balzton war so seltsamer Art, dals die ent- 
fernter Stehenden nicht einmal ahnten, dafs dieser Ton eine 
Balzarie vorstellen sollte. Es war ein eintöniges, tiefes »Aerr«. 
Da der Hahn uns merkte, strich er weiter. Mein College, 
v. Krempelhuber, der sich darauf von der übrigen Jagdgesell- 
schaft trennte, hörte auf seinem Heimwege plötzlich dies »Aerr« 
wieder, pürschte sofort den Hahn an und sah denselben mit zwei 
bis drei Hennen einige Male auf dem Balzplatze, einer ehema- 
ligen, mit einzelnen Föhrenbüschen bestockten Brandfläche, wie 
er in Gemeinschaft mit einem Birkhahne eifrig balzte, ohne 
jedoch in Schufsweite kommen zu können. Der Rackelhahn, 
als welchen ihn v. K. erkannte, schien viel weniger vorsichtig, 
als der Birkhahn; niemals, die viermal, die wir ihn anpürschten, 
entfernte er sich weit, sondern nahm in der nächsten Nähe wie- 
der Stand, um gleich wieder weiter zu balzen. Stieg er zu Baum, 
so nahm er jedesmal seinen Stand auf der höchsten Krone. Zu 
Schuls kamen wir an diesem Morgen nicht, aber verabredeten 
beide für den 20. April eine Jagd auf das seltene Wild. Schon 
kurz nach früh 4 Uhr dieses Tages stand der Hahn von dem 
Baume ab, auf welchem er die Nacht zugebracht hatte, und fing 
sofort zu balzen an. Es dauerte noch nahezu !« Stunde, bis 
der auf demselben Platze balzende Birkhahn sich vernehmen 
liefs. Kaum hatte der Rackelhahn diesen vernommen, so nahm 
er wieder Stand auf dem Gipfel einer Föhre und rackelte. Die 
mit Sonnenaufgang eingetretene grimmige Kälte liels seine Liebe 
wahrscheinlich erkalten; denn fast eine halbe Stunde liels er 
keinen Ton mehr hören. Endlich strich er ab nach der Sonnen- 
seite, wo der Birkhahn sich wieder hatte vernehmen lassen, und 
wir beschlossen nun, uns zu trennen und am Rande der Brand- 
fläche einander entgegen zu pürschen. Als ich kurz gegangen 
war, fing etwa 80 Schritte vor mir der Birkhahn wiederholt zu 


17. Familie. Hühner. 233 


balzen an. Kaum konnte der Rackelhahn dies vernommen haben, 
so kam er auch schon herbeigestrichen und setzte sich kampfes- 
mutig auf den Gipfel einer Föhre neben mir, um von da aus 
seinen Rivalen zu erspähen. Es war da keine grolse Kunst, ihn 
vom Baume herunterzuschiefsen.« Forstmeister Henke in Nürn- 
berg hat den Hahn dem Naturalienkabinet der k. Universität 
Erlangen übergeben. 

Ein sehr schöner Rackelhahn wurde am 29. April 1882 in 
der Gegend von Traunstein in Oberbayern auf dem Revier Mar- 
quartstein erlegt. 


Genus 74. Tetrastes. 
185. TETRASTES BONASIA. L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 200. n. 277. — 
Verz,.8. LXIV.»; 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, VI. S. 358. 
Taf. 158. 


Das Haselhuhn lebt als Stand- und Strichvogel in allen 
Gebirgswaldungen und dem höheren Hügelland Bayerns nirgends 
sehr zahlreich, am häufigsten noch in den Vorbergen unserer 
Alpen und in Niederbayern, schwächer verbreitet in der Ober- 
pfalz, noch schwächer in der Pfalz am Rhein und in Unter- 
franken. In Mittelfranken fehlt es als Standwild ganz. Die besten 
Stände hat es in den Forstämtern Partenkirchen und Tölz in 
den Revieren Garmisch, Partenkirchen, Benediktbeuren, Jachenau, 
Kleinweil, Rifs, Walchensee, ferner um Hohenschwangau, Rosen- 
heim, Reichenhall und Berchtesgaden, im Algäu bis herab in 
den Kimrathshoferforst, in Niederbayern in den Revieren Hohenau, 
Schlichtenberg, Bodenmais und Rabenstein der Forstämter Woltf- 
stein und Zwiesel, in Oberfranken auf dem Fichtelgebirg im 
Forstamt Wunsiedel und den Revieren Sophienthal und Warmen- 
steinach. Einiges Haselwild steht in den gräflich von der Mühl- 
schen Waldungen Schwarzenberg und Fischbach. In Unter- 
franken war es nach v. Winckell in den zwanziger Jahren 
dieses Jahrhunderts häufiger als das Birkgeflüg, jetzt gibt es 
noch einiges Haselwild im Forstamt Hammelburg auf den Re- 
vieren Geiersnest und Neuwirtshaus. Im eigentlichen Spessart 
kommt es nur vereinzelt, dagegen im Vorspessart in den Revieren 
Partenstein und Sailauf, wenn auch nicht zahlreich, vor, Nach 


234 Ordnung IV. Gallinaceae. Hühner. 


Dr. Wurm (Zoologischer Garten 1880 8. 205) ist es im Nürn- 
berger Reichswald relativ häufig, was ich aus meiner mehr denn 
vierzigjährigen Erfahrung nicht bestätigen kann. Mir und meinen 
Freunden, den Nürnbergern Dr. Fr. und Wilhelm Sturm, sind 
aus diesem grolsen Forste nur etliche ganz vereinzelte Fälle des 
Vorkommens dieses Waldhuhns auf den Revieren Engelthal, 
Laufamholz und Heroldsberg bekannt geworden, der letzte im 
Herbst 1845, wo ein sehr abgemagertes Stück bei Unterbürg 
erlegt wurde. In vielen Gegenden, wo es vor 200 Jahren, nach 
vorhandenen Schuls- und Fanglisten, noch vorhanden war, ist es 
heutzutage selbst auf dem Striche spurlos verschwunden. In dem 
Verzeichnisse dessen, was 1661 am markgräflichen Hofe zu Ans- 
bach consumirt wurde, sind 274 Haselhühner aufgeführt. 1669 
wurden die Wildmeister zu Ansbach, Triesdorf, Hennenbach, 
Weihenzell, Unternbibert, Dachstetten, Hirschbronn und Merken- 
dorf und der Förster zu Ansbach befehlist, so lange der Strich 
der Haselhühner dauere, wöchentlich zwei Stücke oder, weil es 
nicht überall diese Hühner gebe, zwei Schnepfen zur fürstlichen 
Hofküche einzuliefern. In den von Crailsheim’schen Waldungen 
zu Thann bei Herrieden wurden um 1654 und aus dem Neu- 
hauser Walde bei Höchstadt a. A. von den Jägern derselben 
Herrschaft einmal 21, im Jahre 1660/61 noch 19, später jährlich 
bis sechs Stücke und 1672/73 nur noch ein einziges in die freiherr- 
liche Küche geliefert. In den Wildbannsrechnungen der Reichs- 
stadt Rothenburg o. T. von 1616 bis 1668 fand ich eine jähr- 
liche Lieferung von einem bis vier und sechs Stücken. Sie wur- 
den dort vom Februar bis in den April und wieder im August 
bis anfangs Oktober gefangen. Auf dem Steiger- und Bamberger- 
Walde waren sie noch 1734 vorhanden, wie aus einem würz- 
burg’schen Jagdmandat vom 10. März jenes Jahres hervorgeht, 
welches die Schonung des Haselwildes in den genannten Wäl- 
dern, wie auch in denen der Rhön und des Spessart behufs 
Vermehrung dieser Wildgattung, sowie des Auer- und Birkwilds 
befiehlt. Die Ursache dieses Verschwindens ist aus den gewöhn- 
lich dafür geltend gemachten und oben bei dem Auerwilde an- 
gegebenen Gründen nicht recht klar. Das Haselhuhn war in 
vielen Gegenden als Strichvogel längst verschwunden, als die 
heutige Waldwirtschaft dem einstigen, unseren Waldhühnern weit 
günstigerem Betriebe ein Ende machte. Auch die Ansicht, dals 
das gegen früher grölsere Überhandnehmen des Raubzeuges die 


17 Eanie Hühner I ass 


Ursache der auffälligen Erscheinung sein möchte, dürfte nicht 
zutreffen, weil zu der Zeit, wo das Haselwild in den Gegenden, 
wo es jetzt verschwindet oder bereits seit lange verschwunden 
ist, noch als Stand- und Strichvogel vorhanden war, das Raub- 
wild ganz gewils nicht seltener, sondern zahlreicher als in un- 
sern Tagen die Forste bewohnte. Die wahre Ursache ist bis 
jetzt noch unermittelt. Das Haselhuhn streift manchmal weit 
umher und verirrt sich. Im bayerischen Voigtland wurde am 
3. April 1880 im Hausflur einer sehr frequenten Wirtschaft mitten 
in der Stadt ein Haselhahn lebendig gefangen. Im Umkreise 
von etwa sieben Kilometern ist in dortiger Gegend kein grölserer 
Wald vorhanden. In unserer Rheinpfalz findet sich Haselwild 
in den Forstämtern Dahn, Pirmasenz, Kaiserslautern und Elm- 
stein; das meiste in den beiden letzteren. Doch wurden im Jagd- 
jahr 1878/79 in der ganzen Pfalz nur 23 Stück erbeutet, wovon 
Kaiserslautern neun lieferte. Aulser im bayerischen Hochgebirge 
verlohnt sich die Jagd auf dieses edelste Federwildpret nur noch 
an der bayerisch-österreichischen Grenze von Eger-Waldsalsen 
bis herauf an die Donau. Hier kann man wenigstens mit Er- 
folg eigens darauf jagen (der deutsche Jäger 1879. S. 3). 


Zweite Gruppe: Fasane. 
Genus 75. Phasianus L. 
186. PHASIANUS COLCHICUS L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 200. n. 278. — 
Verz. S. LXTV. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, VI. S. 433. 
Tai. 162. 


Fasane kommen in Bayern aufser in den königlichen Fasanen- 
gärten in der Nähe Münchens (Hartmannshofen, Moosach, Schleils- 
heim)!), in den Donau-, Isar-, Iller- und Innauen, sowie in den 
Rheinebenen der Pfalz vor. Die freilebenden sind teils eingesetzt, 
teils verwilderte Flüchtlinge aus Fasanerien. Bei Augsburg wurde 
der Fasan vor Jahren in der Lechhausener Aue und im Wolfs- 
zahn von reichen Jagdbesitzern eingesetzt und pflanzte sich in 
nicht grofser Anzahl fort. Durch den starken Schneefall im 


N) 1881 betrug der Abschufs in diesen drei Fasanerien 802, im Jahre 
1585 879 Stücke. 


236 Ordnung IV. Gallinaceae. Hühner. 


Februar und März 1855 wurde jedoch fast der ganze Bestand 
vernichtet, so dals im Jahre darauf frische Fasanen aus Böhmen 
eingesetzt werden mulsten, deren, wenn auch nicht häufige, Nach- 
kommen sich bis auf die Gegenwart in den Lechauen erhalten 
haben. Der grölste Feind dieses Wildes sind die häufigen Über- 
schwemmungen bei Eintritt der Schneeschmelze im Hochgebirge 
zur Brutzeit der Fasanen. Welche Verheerungen diese Hoch- 
wasser anzurichten im stande sind, ist aus einem im deutschen 
Jäger (1881. S.112) veröffentlichten Auszuge aus den Schuls- 
listen des Freiherrn Konstantin v. Podewils zu Landshut in 
Niederbayern zu ersehen. Auf dessen Jagdbezirk wurden 

1860 : 105, 

1861 nach Hochwasser 58, 

1863 R 109, 

1864 nach Hochwasser 68, 

1566 : 135, 

1867 nach Hochwasser 42 Hähne erlegt und 
so kam er mit Überschwemmungen in zwei auf einander folgen- 
den Jahren im Jahre 1874 auf 15 Hähne zurück. Bei solchen 
Sommerhochwassern gehen nicht blos die Gelege und die junge 
Brut, sondern auch alte Vögel zu Grunde. Bei Landau leben 
in den Alluvionen der Isar viele Fasanen, und gab es 1880 trotz 
dem vorausgegangenen harten Winter mehr wie in den Vor- 
jahren, so dals sich ein dortiger Gutsbesitzer für 1881 ca. 150 
bis 158 abzuschielsende Fasane etatisieren konnte. Sie sind dort 
so wenig scheu, dals sie auf einem Saatacker unmittelbar am 
Bahnhof dem Dutzend nach bei hellem Tage herumlaufen. Auf 
dem fürstlich Thurn- und Taxisschen Jagdterrain auf dem rechten 
Donauufer bei Regensburg wurden in der Jagdzeit 1878 nicht 
weniger als 398, 1878/79 aber 495, und auf den gräflich 
v. Lerchenfeld-Köferingschen Jagden ebenfalls bei Regensburg 22 
Fasane erlegt. Bis 1848 waren sie in Unterfranken bei Werneck 
heimisch, wurden aber in jenem verhängnisvollen Jahre aus- 
gerottet. In den fünfziger Jahren wurde durch adelige Grund- 
besitzer dieses hocharistokratische Wild wieder eingesetzt und 
erhielt sich bis in die sechziger Jahre, worauf man, nachdem 
auch diese ihren vielen Feinden erlegen waren, eine nochmalige 
Besiedelung, doch auch vergeblich, anstrebte. In der Rheinpfalz 
wurden 1874/75 auf sämtlichen Staats- und Gemeindejagden 
275 Fasane, wozu allein das Forstamt Speyer 237 Stücke lieferte, 


17. Familie. Hühner. 237 


und 1878/79 246 geschossen. Sie leben dort zum Teil in reinem 
Laubholz-Mittelwald, im südlichen Bayern in den Fluflsauen mit 
den daran stolsenden Feldhölzern, Wiesengründen, Sümpfen und 
Äckern. 

Im Kropf einer Fasanenhenne fand man bei Thauwetter 
anfangs Januar 1879 etwas Sand, einige Grasstückchen und 145 
Gehäuseschnecken, von denen ein grolser Teil bald auf dem 
Tische umherzukriechen begann. Im Magen befanden sich zwei 
unversehrte und verschiedene schon zermalmte Schneckengehäuse, 
auch etwas Sand und Grünes. Von den im Kropfe aufgefun- 
denen Schnecken bestanden 105 Stücke — die übrigen waren 
weggekrochen — in folgenden Arten: 51 Helix arbustorum, 38 
incarnata Müll., 15 villosa Drap. und eine fruticum L. Nach 
Thomson fand man im Kropf eines Fasans 37 Eicheln, in einem 
andern Insekten neben 24 Haselnüssen , in einem dritten 1200 
Drahtwürmer (Elater segetis), als Ausnahmen Mäuse, Blind- 
schleichen etc. etc. (Forstwissenschaftliches Centralblatt von Prof. 
Dr. Baur 1879. 8.466). Ich selbst schnitt aus dem Kropf und 
Magen eines anfangs Februar 1832 in den Isarauen bei Plattling 
in Niederbayern geschossenen Fasanenhahnes aulser etlichen nicht 
sicher zu bestimmenden Früchtchen und Kernen (wahrscheinlich 
von Hippopha@ö rhammoides) eine grolse Menge Beerenkerne von 
Ligustrum vulgare, einiges Grüne, Sand, Quarzkörner, Kieselchen, 
darunter einer von 1!/s cm Länge, Smm Breite und 2 bis 3 mm 
Dicke, ein unversehrtes Helix fruticum-Gehäuse und eine Menge 
klein zerriebener Scherbehen solcher Schneckenhäuser. Nach 
Altum sind die Knollen von Ranunculus ficaria die hauptsäch- 
lichste Winternahrung der Fasanen bei schneefreiem Winter. 
Auch die kleinen flachen Eichengallen der Cynips Malpighi und 
lenticularis nehmen sie sehr gerne an (Zeitschrift für Forst- und 
Jagdwesen von Dr. Danckelmann. 1831. 8. 61). 

Bei München wurde eine hahnenfederige Fasanenhenne 
geschossen. 


238 Ordnung IV. Gallinaceae. Hühner. 


Dritte Gruppe. Feldhühner. 
Genus 76. Perdix Briss. 
187. PERDIX GRAECA Birils. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 202. n. 286. — 
Verz. S. LXV. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, VI. S. 546. 
Taf. 164. 


Das südliche Steinhuhn erreicht in Bayern die Nordgrenze 
seines Verbreitungsgebietes, bewohnt ziemlich sparsam einzelne 
Punkte der höchsten Zone des Pflanzenwuchses oberhalb der 
Baumgrenze unseres Hochgebirgs. Es findet sich im Karwendel- 
gebirg, am Miesing und Rüchl bei Bayerischzell, einzeln bei 
Tegernsee (Rilskogel, Bernau), bei Kreut und Valepp, um Ruh- 
polding, Hohenaschau am Kampen, bei Berchtesgaden und im 
Algäu bei Hindelang am Obernberg, Hirschberg und Iseler. In 
dem strengen Winter 1879/80 hat es sehr gelitten und ist seit- 
dem noch seltener, als es schon zuvor war. 


Genus 77. Starna Bonap. 
188. STARNA CINEREA Brifs. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas. I. S. 202. n. 287. — 
Verz. 8. LXV. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands. VI. S. 477. 
Taf. 163. 


Unter den Feldhühnern kommen nicht selten Spielarten, 
ganz weilse, weilse mit einzelnen bräunlichen Federn, mehr oder 
minder weilsscheckige, grauweisse und isabellgelbliche vor. Auch 
Schnabelmilsbildungen sind nicht selten. Am 28. Februar 1877 
erhielt ich ein ziemlich mageres, kleines Weibchen mit einem 
von der Mitte an aufgebogenen, mit der Spitze gerade nach oben 
stehenden Oberschnabel, während der normal gebildete Unter- 
schnabel in horizontaler Richtung mit seinem Ende von der 
oberen Kinnlade abstand. Hinter der Wurzel der letzteren befand 
sich eine gut erbsengrolse, kugelige, teigig sich anfühlende Ge- 
schwulst, mit einer hellbraunen, von Epidermisschuppen und 
einzelnen Federchen bedeckten Oberfläche. Im Innern derselben 
sah man eine gelbe, käsige Masse, deren Bestandteile sich unter 


17. Familie. Hühner. i 239 


dem Mikroskop als mehr oder weniger im Zerfall begriffene 
Epithelialzellen, freie Fettkügelchen, Detritusmassen und ge- 
schrumpfte Eiterkörperchen erwiesen. Die Geschwulst, welche in 
den hinteren und seitlichen Partieen von einer ziemlich dichten 
Membrane umschlossen wurde, war nach vorn offen und ging 
daselbst in ein unregelmälsig gestaltetes Geschwür über, das 
eine jauchige Beschaffenheit und einen stinkenden Geruch dar- 
bot, einen Teil der Schnabelwurzel zerstört und sogar einen tief- 
greifenden Defekt in der Substanz des Oberkiefers erzeugt hatte. 
Die Entstehungsursache dieser interessanten Mifsbildung ist nicht 
in einer Verletzung des Schnabels durch Schrotschuls zu suchen, 
sondern in der Vereiterung einer Balggeschwulst. Sicher ist es, 
dafs die Ursache der Milsbildung seit geraumer Zeit bestand, 
dals an keiner Stelle eine Granulation oder Narbenbildung, also 
keinerlei Einleitung eines Heilungsprozesses wahrzunehmen 
war und dals der kranke Schnabel durch das Aufpicken der 
Nahrung von der Erde immer mehr aufwärts gebogen wurde 
und endlich in der beschriebenen Aufstülpung verharrte. In 
dem damaligen aulserordentlich milden Winter konnte das Huhn 
auf den sehr üppigen Samenfeldern leicht sein Leben fristen. 
Der Magen enthielt ziemlich verdaute, nicht mehr näher zu 
bestimmende Pflanzennahrung und eine Menge Quarzsteinchen 
von der Gröfse eines Hanfkorns, auch grölsere und kleinere, und 
bin ich überzeugt, dals das Huhn seine Nahrung nicht mit seit- 
licher, sondern mit normaler Haltung des Kopfes aufgenommen 
hat. In dieser Ansicht bestärkt mich der normal gebildete 
Unterschnabel, welcher bei nicht naturgemälser Benutzung eine 
hypertrophische Verlängerung seiner Hornmasse erlitten hätte; 
ferner die vollkommen senkrechte, durch das Aufstossen auf die 
Erde entstandene Aulsenfläche des aufgestülpten Teils des Ober- 
schnabels und endlich der Umstand, dals eine Durchschneidung 
des Kopfes und Schnabels der Längenachse nach zwei völlig 
gleiche Teile ergeben hätte. In den sechziger Jahren wurde mir 
von Freunden versichert, dals sie auf den Hühnerjagden um 
Triesdorf und Arberg verschiedene Stücke mit deformen Schnä- 
beln, nämlich mit aufgelagerten Hornwucherungen auf der End- 
hälfte der oberen Kinnlade geschossen hätten. Diese Wuche- 
rungen seien meistens fest, hie und da aber auch so lose gesessen, 
dals sie sich leicht ablösen lielsen. Ich gab Auftrag und erhielt 
in Kurzem von der Triesdorfer Jagd fünf Stücke, welche zum Teil 


240 Ordnung IV. Gallinaceae. Hühner. 


verkrümmte und an ihrem Ende mit der Unterkinnlade sich 
kreuzende Oberschnäbel, zum Teil nur jene unregelmälsig gela- 
gerten, festsitzenden Hornwucherungen hatten. Das Auftreten 
dieser Deformitäten auf einer einzigen Feldflur in wahrscheinlich 
ein und derselben Kette würde zu der Vermutung einer familiären 
Krankheits-Anlage berechtigen, wenn nicht bekannt wäre, dafs 
Hornwucherungen bei Rebhühnern in nassen Jahren nicht selten 
vorkommen. Damals zeigten sie sich auf den beiden genannten, 
12 bis 2 gute Wegstunden von einander entfernten Feldfluren, 
was auf ein allgemeines ätiologisches Moment hinweist. Im Januar 
1580 wurde auf einem Futterplatze bei Wunsiedel ein verhun- 
gertes Rebhuhn gefunden, dessen Oberschnabel wie ein Raub- 
vogelschnabel hakenförmig gekrümmt über den Unterschnabel 
herabragte. An der Spitze des letzteren befand sich eine Ein- 
kerbung, ohne welche eine Öffnung des Schnabels nicht möglich 
gewesen wäre. Im Oktober 1850 wurde in der Oberpfalz ein 
junges, anscheinend völlig gesundes, doch etwas geringes Reb- 
huhn erlegt, welches über der Schnabelwurzel eine verhältnis- 
mälsig ziemlich bedeutende Balggeschwulst hatte, in welcher sich 
eine grützähnliche Masse vorfand, die sogar zum Teil die natür- 
liche Gehirnmasse zurückgedrängt hatte und dem Öberschnabel 
eine etwas verkrümmte und verschobene Stellung gegeben zu 
haben schien. Kurz darauf wurde ein zweites Stück desselben 
Volks erlegt und bei diesem ebenfalls eine, wenn auch etwas 
kleinere Balggeschwulst an der Schnabelwurzel konstatiert, wodurch 
gleichfalls eine Milsgestaltung der Oberkinnlade entstanden war. 

Das Rebhuhn lebt als ein gemeiner Stand- und Strichvogel 
in getreidereichen Ebenen auf allen Feldern und in Vorhölzern. 
Im eigentlichen Gebirg (Alpen, bayerischer Wald) fehlt es; zu- 
weilen aber verirrt sich eine Kette Hühner von Feld zu Feld 
streichend in die Gebirgsthäler. 

Gerstenkörner soll es nicht lieben und die des Roggens gänz- 
lich verschmähen. Letztere habe ich hie und da in den Mägen 
und Kröpfen gefunden, erstere aber sehr häufig und manchmal 
in grolser Menge; ausserdem Hafer, Weizen, Haidekorn, Samen 
von Panicum glabrum, Bromus mollis, Polygonum aviculare, Cen- 
taurea cyanus und Alsine media, Linsen, grüne Kleeblättchen, 
Laufkäfer, Ameisen und deren Puppen in Menge, Erdraupen, 
verschiedene Gryllus, kleine Blattwespen und Schnaken, einmal 
58 Stücke Tipula oleracea in einem Magen. 


17. Familie. Hühner. 241 


Genus 78. Ortygion. 
190. ORTYGION COTURNIX L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 202. n. 287. — 
Verz. S. LXVI. 
Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, VI. 575. Taf. 166. 


Wachtel, Kohl-, Goldwachtel. 


In sehr fruchtbaren, getreidereichen Gegenden der Ebene 
gemein. Sie kommt selten schon in den letzten Tagen des April 
und den ersten des Mai, gewöhnlich erst vom zweiten Drittel 
des Mai an bis Ende des Monats und verlälst uns wieder im 
September und Oktober. Dafs eine Wachtel, wie dies einmal 
vorgekommen, noch am 17. November geschossen wurde, darf 
als grolse Seltenheit angesehen werden, ebenso der Umstand, dafs 
Diezel eine sehr schwere Junge mitten im Walde, den sie sonst 
meidet, in hoher kalter Lage bei Kleinwallstadt im Aschaffen- 
burgschen in einer Gegend erlegte, wo sonst nirgends eine Wachtel 
schlägt oder gesehen wird. Leu bekam noch am 26. August 
und 1. September Junge im Flaumkleide. Zugvogel. 


Jäckel, Die Vögel Bayerns. 16 


Ordnung V. 


Grallatores. Sumpfvögel. 


18. Familie: Rennvögel. 


Genus 79. Glareola Briss. 
191. GLAREOLA PRATINCOLA L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 203. n. 292. — 
Verz. S. LXVI. 


Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, IX, S. 437, Taf. 
234. — XIII. Fortsetzung der Nachträge. S. 261. 


Grieshuhn. 


Die Brachschwalbe verirrt sich, die Donau heraufkommend, 
nur sehr selten bis zu uns, wurde aber schon zu verschiedenen 
Malen an den Ufern der Flüsse, Seen und Teiche, auf Süm- 
pfen und nassen Wiesen im Herbst und Frühjahr in Ober- und 
Niederbayern, bei Neuburg an der Donau, auf Mösern am Boden- 
see, und von mir im südlichen Oberfranken ein vereinzeltes 
Exemplar im Mai 1854 in den Moorweihern angetroffen, wo es 
längere Zeit auf einem Damme sitzend, sein Gefieder putzte. 
Koch vermutete sogar, dals zuweilen einzelne Pärchen am Boden- 
see brüten, weil er einmal im Monat Juni ein auf dem Fulsacher 
Moos frisch geschossenes Männchen und Weibchen erhielt. 


Der Rennvogel (Cursorius ewropaeus Lath.) soll Ende der zwanziger 
Jahre auf einem Brachfelde bei Erding in Oberbayern geschossen und auch 
in der Rheinpfalz vorgekommen sein. In unserer Nachbarschaft hat man 
ihn bei Mainz, Darmstadt, Offenbach am Main und bei Ravensburg in Würt- 
temberg beobachtet und erlegt. 


19. Familie. Trappen. 943 


19. Bamilie» Trappen. 


Genus 80. Otis L. 
192. OTIS TARDA L. 


Keyserling u. blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 204. n. 294. — 
Verz. S. LXVLI. 


Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands. VII. 8. 12. 
Taf. 167. 168. 


Der Gro/strappe, der stärkste europäische Landvogel, brütet 
in Bayern und dem übrigen Süddeutschland nicht, kommt aber, 
wenn auch selten, in harten Wintern und Frühjahren auf dem 
Striche zu uns und ist in vielen "Gegenden aller Kreise unseres 
Vaterlandes schon erlegt worden. In der Gegend von Uffenheim 
soll er noch in diesem Jahrhundert gebrütet haben, und wer die 
weiten Getreideflächen dieses fruchtbaren Gaues sieht, möchte 
dies auch glaublich finden. Und doch war es nie der Fall. Man 
erlegte Trappen bei Windsheim im Taefert, im Breitenauer Gründ- 
lein (einmal fünf Stück gesehen), bei Illesheim, Burgbernheim und 
in der Uffenheimer Gegend bei Geckenheiin, Gollachostheim, Gülchs 
heim, Adelhofen und Walmersbach; ich selbst sah zwei Stücke 
zwischen Wiebelsheim und Ergersheim noch am 6. Mai 1872, 
alle aber waren nur Durchzügler. In den Wildbahnsrechnungen 
der ehemaligen Reichsstadt Rothenburg o. T. von 1543 bis 1667 
fand ich einen einzigen, am 18. Februar 1595 bei Tauberzell 
geschossenen Trappen vorgetragen, ein Beweis, dals er bereits 
vor 200 bis 300 Jahren in genannter Gegend, wie heute noch, 
nur ein seltener Strichvogel zur Winterszeit war. Ganz so ver- 
hielt es sich vor mehr als 200 Jahren in der Gegend von Nürn- 
berg. Eine Sammlung alter Kupferstiche, seltene, in der Nähe 
dieser Stadt erlegte Vögel darstellend, enthält die Abbildung 
einer am 2. Dezember 1652 bei Almoshof geschossenen Trappen- 
henne. Dafs der Trappe in Süddeutschland seine Heimat nicht 
hat, sondern gewöhnlich nur durch milsliche Ereignisse zu uns 
verschlagen wird, beweisen die besonderen Umstände, unter denen 
er gewöhnlich bei uns angetroffen oder erlegt wird. Ein ganz 
abgezehrter Hahn wurde bei Kempten, ein anderer ganz ermattet 
bei Leonberg in der Oberpfalz an einem Weiher, andere bei 
Nördlingen und Regensburg lebendig, einer davon auf dem Eise 


eines Fischweihers, mit Händen gefangen; im Januar 1880 ein 
16 


944 Ordnung V. Grallatores. Sumpfvögel. 


Paar auf dem Eise des Bodensees geschossen, ein alter Hahn im 
Nürnberger Reichswalde bei Schwarzenbruck auf einer Wiese 
mitten im Walde, während ein achter im Januar 1876 im Dorfe 
Rednitzhembach bei Schwabach tot aus der Luft vor das Dorf- 
wirtshaus herabstürzte. Die Nähe menschlicher Wohnungen meidet 
er sonst, wie bekanntlich auch den Wald und Sumpf und die 
Weiherlandschaft; doch zwingt ihn in strengen Wintern die 
Futternot, sich selbst an grolse Städte heranzuwagen. Bei starkem 
Schneefall, Mitte Januar 1850, lielsen sich in den Gärten hinter 
der Veste nahe an Nürnberg und der Vorstadt St. Johannis zwei 
Trappen nieder und hielten sich sechs Tage auf den Feldern 
auf, wo sie furchtlos, sogar aus dem Schielshause mit Stand- 
büchsen beschossen, Winterkohl äseten. Am Abend des 19. Januar 
wurde bei dickem Schneegestöber wiederholt auf sie gefeuert, 
worauf sie wegstrichen und das leicht verwundete Weibchen in 
dem Gastwirtschaftsgarten zum weilsen Täublein am Webers- 
platz in Nürnberg einfiel, wo es gefangen und kurze Zeit lebend 
erhalten wurde. Junge Hähne wiegen 16 bis 13 Pfund; ein 
alter, bei Rattelsdorf in der Gegend von Bamberg erlegter, war 
25 Pfund schwer. In manchen Jahren kommen auffallend viele 
Trappen zu uns, ohne dals man eine Erklärung dieser auffallen- 
den Erscheinung anzugeben vermöchte. Im Jahre 1731 lielsen 
sich in Schwaben bei Memmingen, Ende der siebziger Jahre des 
vorigen Jahrhunderts in Altbayern, 1826 bei Ebrach (sieben Stück) 
und 1850 ganze Flüge bei Aschaffenburg sehen. Im eigentlichen 
Sommer wird nur höchst selten bei uns ein Trappe gesehen. 
Ein Weibchen schofls der verstorbene Jagdschriftsteller Diezel 
bei Rödlein in Unterfranken. In diesem Kreise hat man den 
Vogel nicht so ganz selten bei Würzburg, im Ochsenfurter Gau, 
bei Thüngersheim, Schweinfurt und Aschaffenburg, höchst selten 
aber in den Rhöngegenden wahrgenommen. Bei Neuburg a.D. 
wurde ein weiblicher Trappe am 26. April 1882 geschossen. 


193. OTIS TETRAX L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas. I. S. 204 n. 295. — 
Verz. S. LXVLI. 
Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, VH. S. 52, 
Taf. 169. 
Seit der denkwürdigen Einwanderung des Fausthuhns der 
asiatischen Steppen (Syrrhaptes paradoxus) im Jahre 1863 hat 


19. Familie, Trappen. 245 


wohl keine andere Thatsache die deutschen Ornithologen so sehr 
überrascht wie die, dafs sich im Herzen Deutschlands, in Thü- 
ringen, ein neuer Brutvogel, nicht etwa ein kleiner Sänger, ein 
Fink, eine Meise oder Drossel, sondern ein Grolsvogel angesiedelt 
habe und Zugvogel geworden sei, kein geringerer als die süd- 
östliche Zwergtrappe. W. Thienemann, welcher hierfür die un- 
widerleglichen Nachweise erbracht hat, glaubt, dals sie im Herbst 
kaum weiter gehen werde als bis Süddeutschland, wo sie an ge- 
schützten, den rauhen Nordwinden nicht ausgesetzten Gegenden 
den Winter verbringen dürfte. Was ich über das Vorkommen 
der Zwergtrappe in Bayern erkundet habe, ist folgendes. Es 
. wurden erlegt: 

1. im Herbst 1827 bei München ein Weibchen, welches mit 
Rebhühnern flog; 

2. am 14. November 1846 ein Weibchen, dass mit vier 
anderen Zwergtrappen beisammen war, bei Sarching in der 
Gegend von Regensburg; 

3. am 16. Dezember 1848 bei zehn Grad Kälte ein junges 
Weibchen bei Roding, Forstamts Bruck, in der Ober- 
pfalz ; 

4. ın der Weihnachtszeit 1348 ein Weibchen, das sich in 
den Schnee gedrückt hatte, ganz nahe an den Wall- 
gärten von Windsheim in Mittelfranken; 

5. im Oktober 1852 ein Weibchen kei Neuburg a.d.D.; 

6. im Mai 1853 ein Weibchen bei Freising in den Isar- 
auen; 

7. am 20. September 1857 ein junges Weibchen auf einem 
Kartoffelacker bei Haunstetten, eine Stunde von Augs- 
burg; 

8. im Frühjahr 1858 ein junges Weibchen in der Mehringer 
Aue bei Augsburg; 

9. in demselben Frühjahr ein Weibchen bei Schweinfurt in 
Unterfranken; 

10. am 7. November 1858 ein altes Weibchen in der Lech- 
hausener Aue bei Augsburg ; 

11. am 11. September 1869 ein altes Weibchen bei Ingolstadt; 

12. am 20. November 1874 ein Weibchen bei Dietmannsried 
in der Gegend von Kempten, und 

13. am 20. November 1877 ein Weibchen bei Krumbach im 
Kamlachthale im mittleren Schwaben. 


246 Ordnung V. Grallatores. Sumpfvögel. 


Die Exemplare Nr. 2 und 3 stehen in der Sammlung des 
zoologisch-mineralogischen Vereins in Regensburg, Nr. 4 in der 
meinigen, Nr. 9 in der Sammlung der Gewerbschule in Schwein- 
furt, Nr. 5, 6, 7, 8, 10, 11, 12 und 13 erhielt der Pelzhändler 
Joh. Friedr. Leu in Augsburg und stopfte sie für verschiedene 
Sammlungen und Private. Gleichfalls ein Weibchen wurde an- 
fangs der 40er Jahre vor den Thoren Augsburgs gefangen und 
ziert die. freiherrlich v. Schertelsche Sammlung zu Klingenbad 
in Schwaben. 

Nach den Jahreszeiten verteilt sich das Vorkommen der 13 
weiblichen Zwergtrappen mit drei Stücken auf den Anfang des 
Herbstes, mit sechs auf den Herbst und Spätherbst (Oktober bis zum 
16. Dezember), mit einem auf Wintersanfang, mit drei auf den 
Frühling. Das’ späteste Vorkommen im Frühjahre fiel in den 
Mai. Die Sammlung des: Vereins für württembergische Natur- 
kunde in Stuttgart besitzt ein altes Weibchen vom Bockinger 
See und ein Männchen von Oberkollwangen. 

Leu fand in den Mägen der von ihm untersuchten Exemplare 
viele grosse Heuschrecken und Ohrwürmer, ausserdem Käfer und 
allerlei Grünzeug, Kleeblättchen u. s. w. 


90. Familie: Weasserhühner. 
‚Erste Gruppe: Rallen. 
Genus 81. Crex Bechst. 


194. OREX PRATENSIS Bechst. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas. I. S. 204. n. 297. — 
Verz. S. LXVLD. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands. IX. S. 496. 
Taf. 236. 


Wachtelkönig, Grasschnepf, Nachtschreier, Wiesenschnarrer, 
Wiesenschnarcher, Wiesenschnärr, Schnarre, Schnärz, Schnärzhiühnle, 
Bruchhammel, Wiesenrall, Sensenwetzer, Mäher, Müähder, Mäher- 
vogel, Mäherhex, Knechtmäh, Schneidtsgern, Habergais, Sansknittel 
(wahrscheinlich von sans-culotte). 

In unseren Wiesenthälern, Klee- und Getreidefeldern in 


manchen Jahren auffallend selten, in anderen wieder in Menge, 
im ganzen ein gewöhnlicher Sommervogel. Er kommt im Mai, 


20. Familie. Wasserhühner. DAT 


selten schon in der ersten Woche, gewöhnlich erst Mitte und 
Ende des Monats, in kalten Frühjahren erst im Juni. Im Sep- 
tember fängt er an wegzuziehen und zieht den ganzen Oktober 
hindurch bis in den November. Mit dem Namen: Knecht mäh’! 
versinnlicht das Volk die knarrende Stimme des Vogels, womit 
er zu Beginn der Heuernte die Knechte zum Mähen auffordern 
sol. Wenn er im hohen Grase viel schreit, dann schneidet es 
gern, da ist gut mähen. Daher die Namen: Sensenwetzer, 
Schneidtsgern. Er schreit bald da, bald dort und narret (hext) 
den Neugierigen, der den geheimnisvollen Schreier gerne sehen 
möchte und doch nicht zu Gesicht bekommt, daher der Name 
Mäherhex. 

In den Mägen Erlegter fanden wir grolse und mittlere 
Heuschrecken, namentlich Acridium grossum, Spinnen (Epeira 
quadrata), Käfer (Staphylinus), Ohrwürmer (Forficula auricularia) 
und Vielfülser (Julus terrestris), Pflanzenfasern und Steinchen bis 
zu Erbsengrölse. 


Genus 82. Ortygometra Leach. 
195. ORTYGOMETRA PORZANA L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas. I. S. 204. n. 298. — 
Verz. S. LXVII. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands. IX. S. 523. 
Taf. 237, 


Wiesenstaar, Rohrhühnchen. 


Auf Torf- und Sumpfwiesen, an Seen, Teichen und Alt- 
wassern, deren Ufer dicht mit Schilf, Rohr und Seggengräsern 
bewachsen sind, gar nicht selten, in manchen Jahren gemein. 
Landbeck erlegte vom August bis November 1846 im Mindel- 
thale in Schwaben mehr denn 80 Stücke und sein Hühnerhund 
fing 10 lebendig. Das Sumpfhuhn ist Zugvogel, kommt sehr 
selten schon Ende März oder anfangs April, gewöhnlich erst in 
der zweiten Hälfte letzteren Monats und verlälst uns wieder im 
September und Oktober, spätestens in der ersten Woche des 
November. 

In den Mägen Erlegter fand ich aulser Sand und Kieselchen 
kleine Konchylien in grolser Anzahl, Libellen (Agrion forcipula), 
Phryganiden-Larven, Käfer, besonders Otiorhynchus ovatus und 


248 Ordnung V. Grallatores. Sumpfvögel. 


allerlei Sämereien: Ranunculus repens, Comarum palustre, Poly- 
gonum aviculare, Spargamium, Panicum erus galli, in den Ein- 
geweiden an Würmern das Distomum militare. 


196. ORTYGOMETRA MINUTA Pall. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas. I. S. 205. n. 299. — 
Verz. S. LXVIL. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands. IX. S. 547. 
Taf. 238. 


Ein Zugvogel, der nicht so selten sein dürfte, als gewöhn- 
lich angenommen wird, aber äulserst versteckt in ausgedehnten 
Sümpfen, Weiherländereien u. s. w. lebt und deshalb wahrschein- 
lich nur übersehen wird. Im südlichen Oberfranken in den 
Moorweihern bei Höchstadt a. A. und in den angrenzenden 
Weihern bei Buch und Neuhaus ist es wenigstens gar nicht 
selten; denn ich sah es dort im Frühjahr gewöhnlich schon in 
den Tagen vom 20. bis 25. April und erhielt acht erlegte und 
lebendig gefangene Exemplare. Sie trieben sich im dichten 
Seggengrase der Weiherränder und in den Weihern selbst auf 
dem dichten Filz des Schwadengrases und auf den Blättern der 
weilsen Seerosen umher. Gottlieb v. Koch erlegte ebenda am 
16. und 18. April 1869 und am 1. Mai 1870 drei Exemplare. 
Leu bekam in 25 Jahren vier Stücke aus der Umgebung von 
Augsburg und ein an der Donau bei Dillingen erlegtes Männchen 
schon am 26. März 1861, Büchele aus der Gegend von Mem- 
mingen zwei, eines am 27. April 1851 vom Memminger Riede, 
das andere am 12. April 1858 von der Iller; die Dr. Dr. Sturm 
eines Mitte April 1822 aus der Umgegend von Nürnberg, Land- 
arzt Krels ein im Orte Kloster Ebrach am 27. April 1851 
lebendig gefangenes, und Fabrikant Tauber ein bei Ochsenfurt 
(Erlach\) am 23. April 1880 erlegtes Exemplar. Sonst wurde das 
liebliche Sumpfhühnchen in den Sümpfen am Bodensee, im 
Mindel- und Kamlachthale (Burtenbach, Edelstetten), im Schmutter- 
thale (Diedorf) in Schwaben, auf den Donauschütten bei Ingol- 
stadt, in Unterfranken bei Würzburg und Volkach und in der 
Oberpfalz bei Wernberg erbeutet. 

Ich erwähnte die Ankunftszeiten um deswillen genau, weil 
dieses Sumpfhuhn nach Naumann zu den in Deutschland am 
spätesten wiederkehrenden gehören und nicht leicht vor Anfang, 
viel öfter erst gegen die Mitte des Mai erscheinen soll, was für 


20. Familie. Wasserhühner. 249 


Süddeutschland nicht zutrifft. Im August und September ver- 
streicht es wieder. Nach Koch nistet es bestimmt am Boden- 
see. Ich selbst habe ein Nest nie auffinden können. 


197. ORTYGOMETRA PYGMAEA Naum. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas. I. S. 205. n. 300. — 
Verz. S. LXVI. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands. IX. S. 567: 
Taf. 239. 

Das Zwergsumpfhuhn kommt im April und Mai bei uns an 
und verlälst uns wieder im September und Oktober. In den 
untersten Maingegenden bei Offenbach und Frankfurt ist es nach 
Hofrat Dr. Meyer gar nicht selten; er traf es dort alljährlich 
in Sümpfen in ziemlicher Anzahl an und schols es einige Male 
im Juli. Nach Gottlieb v. Koch wurden am 12. und 25. Juli 
1869 an den Moor- und Bucher-Weihern bei Höchstadt a. A. im 
südlichen Oberfranken zwei Stücke erlegt, deren eines er erhielt 
(Dr. Cabanis, Journal für Ornithologie 1870. 8.393). Ein altes 
Männchen wurde bereits am 1. April 1881 in der Gegend von 
Augsburg bei Bobingen an der Sinkel geschossen. 


Genus 83. Rallus L. 


198. RALLUS AQUATICUS L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas. I. S. 205. n. 301. — 
Verz. S. LXVIH. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands. IX. S. 472. 
Taf. 235. 

Eine weilse Ralle mit hellroten Flecken steht in der v.Schertel- 
schen Sammlung in Klingenbad. 

In Sümpfen, auf Rieden, an schilf-, binsen- und grasreichen 
Teichufern gar nicht selten. Sie kommt im März und April bei 
uns an und verlälst uns wieder im September und den folgenden 
Monaten bis Ende Dezember, bleibt jedoch in milden Wintern 
an offenen Stellen der Gräben, Sümpfe und Bäche ganz da. Ich 
habe Rallen im Weiherlande des südlichen Oberfrankens bei 
Höchstadt a. A. (Neuhaus) zur Brutzeit im Sommer angetroffen 
und ihren scharfen Pfiff »Huit« des Nachts oft gehört, glaube 
daher, dafs sie dort brütet, habe aber ein Nest nicht gefunden. 
Auch um Augsburg und Diedorf in Schwaben wurde der Vogel im 
Sommer zuverlässig beobachtet. Auch erhielt Leu ein Exemplar 
am 24. Juni 1856, so dals man mit aller Wahrscheinlichkeit auf 


250 Ordnung V. Grallatores. Sumpfvögel. 


sein dortiges Brüten schliefsen darf. In den Mägen Frlegter 
fand ich Potamogeton, knollige Wurzeln und Schneckchen. 


Zweite Gruppe: Blefshühner. 
Genus 84. Gallinula Brifs. 
199. GALLINULA CHLOROPUS Brils. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas. I. S. 205. n. 302. — 
Verz. S. LXVII. 


Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands. IX. S. 587. 
Taf. 240. 


Wasserhuhn, Rohrhenne, roter Bläfsling, Rotbläfsle. 

Auf stehenden Gewässern, Teichen und ruhigen Altwassern 
mit freiem Spiegel und vielem Schilf und Rohr an den Rändern, 
auf Schlofsgräben u. s. w. Im Graben eines herrschaftlichen 
Schlosses brütete ein Paar gerade unterhalb eines Abortschlauches 
an der Schlolsmauer und brachte seine Jungen durch die den 
Vögeln zulieb unterlassene Benutzung des Abortes auf. Das 
Teichhuhn kommt im März und April, verläist uns wieder im 
Oktober und November und überwintert nicht selten. Professor 
Dr. Wolf bekam ein Stück am 23. Januar 1803, welches in einem 
Graben auf der Dulnau bei Nürnberg zu einer Zeit gefangen 
wurde, wo es seit drei Wochen kalt und alle Weiher bei wenig 
Schnee zugefroren waren. Leu erhielt Überwinternde von Augs- 
burg aus den Lech-Auen, von der Wertach und Schmutter, von 
Lindau am Bodensee und von Freising an der Isar. Am 
21. April 1881 verflog sich ein ganz gesundes Teichhuhn in ein 
Haus hiesiger Stadt. 

In den Mägen Erlegter fand ich Blattreste von Potamogeton 
und Samen von Rumex maritimus, Polygonum amphibium, persicaria 
und lapathifolium, endlich von Sparganium. 


Genus 85. Fulica L. 
200. FULICA ATRA L. 
Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas. I. 8. 205. n. 303. — 
‚Verz. 8. LXVIIE 
- Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands. IX. 8. 369. 
Taf. 241. 
Blasse, Blässe, das Pläfs, Bläfs,. Bläfsling, Blafshuhn, Blafs-, 
Bläfsente, See-Ente, Plärre. 
Auf Seen und ruhigen mit Rohr und Schilf bewachsenen 
grolsen Teichen mit teilweise freiem Wasserspiegel im ganzen 


20. Familie. Wasserhühner. 251 


Gebiete gemein, in manchen Gegenden, in den grolsen Weihern 
der Oberpfalz bei Vilseck u. s. w. und im südlichen Oberfranken 
in den grolsen Weihern bei Höchstadt a. A., den Neuhäuser- und 
Moorweihern, sebr zahlreich. Sie kommen bei uns selten schon 
anfangs bis Ende Februar, gewöhnlich erst im März und anfangs 
April an. Um die Mitte dieses Monats sind sie auf den Moor- 
weihern oft massenhaft vorhanden. Der Herbststrich beginnt 
Mitte Oktober und dauert bis die Weiher zufrieren, nicht selten 
bis tief in den Dezember, worauf sie sich auf die Flüsse (Donau, 
Wertach u. s. w.) begeben. Auch auf unseren südbayerischen 
Seen und deren Ausflüssen überwintern sehr viele, z. B. auf dem 
Starnbergersee. Friert er zu, so versammeln sie sich haufen- 
weise in der Ach oder dem Ausflusse der Würm, wo ihre Er- 
legung in früherer Zeit eine fürstliche Ergötzung war. Kurfürst 
Max Emanuel erlegte einmal vom Morgen bis Mittag 224 Stücke. 

Am 24. September 1856 traf ich auf den Weihern bei Neu- 
haus noch zwei Ketten ganz kleiner rotköpfiger Dunenjungen 
mit ihren Eltern an. 

Die Blassen waren früher eine beliebte Fastenspeise und 
sind es in manchen Gegenden noch. Nach der Chiemseer Fisch- 
und Seeordnung vom 1. Dezember 1768 durfte sich der Fisch- 
meister bei schwerer Ahndung nicht unterstehen, mit Blässeln 
‘oder anderen Enten an jemand Verehrungen zu machen. Alles 
Gefangene mulste zur Hofhaltung nach München geschickt werden. 
Damit die Blässeln durch das Legen zu vieler Angeln nicht ver- 
trieben werden möchten, durften nicht mehr als 20 Eisen gelegt 
werden, und zwar dergestalt, dafs wöchentlich nur zwei Fischer 
abwechslungsweise die Eisen richten und aufheben sollten. Das 
Schielsen der Blässeln war schon seit 1732 bei 12 Reichsthaler 
Strafe verboten und wurde dieses Verbot in obengenanntem Jahre 
in der Art wiederholt, dafs der Fischmeister, welchen im Über- 
tretungsfalle die gleiche Geldstrafe bedrohte, niemand, wer es 
auch sein möchte, das Blässelschielsen weder auf noch um den 
See und in den Winkeln zu gestatten und desfalls strenge Auf- 
sicht zu halten habe. 

In den Mägen vieler Erlegter fand ich nie etwas anderes 
als groben Sand, Kieselchen und Kiesel bis zur Bohnengrölse 
und allerlei Carpologisches, namentlich Samen von Potamogeton, 
in den Eingeweiden aber einen Bandwurm (Taenia inflata). 


252 Ordnung V. Grallatores. Sumpfvögel. 


21. Familie: Kraniche. 
Genus 86. Grus Pall. 
201. GRUS CINEREA Bechst. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas. I. $. 206. n. 307. — 
Verz. S. LXIX. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands. IX. 8. 345. 
Taf. 231. 


Der Kranich brütete noch um das Jahr 1858 in beschränkter 
Anzahl auf ausgedehnten, dem Menschen schwer zugänglichen 
und gefährlichen Moorgründen, Filzen, Oberbayerns, auf dem 
Erdinger oder Ismaninger Moos, am Kochelsee bei Schleedorf, 
am Staffelsee, auf dem grofsen Filze bei Murnau, bei Rosenheim 
zwischen Aibling und Brannenburg. 

Einen stattlichen, im Eisen an letztgenanntem Orte ge- 
fangenen Kranich erwähnt v. Kobell in seinem Wildanger S. 124 
und einen von dem Herzog Max von Leuchtenberg im Jahre 
1836 auf dem Ismaninger Moos erlegten, ein sehr schönes 
Männchen, sah ich in der herzoglichen Sammlung zu Eichstädt. 
In Schleedorf wurden vor Jahren zwei junge Kraniche aufgezogen, 
die am Hornvieh, besonders am Herdochsen, ungemeine Freude 
hatten und vor demselben die possierlichsten Sprünge machten. 
Heutzutage scheint der Kranich an allen den aufgeführten Orten 
als Brutvogel verschwunden zu sein; auf dem Zuge aber erscheint 
er noch regelmälsig in der Gegend von München, Trostberg 
(Seeon) u. s. w. Am 6. August 1880 zogen elf, am 8. fünf und 
am 9. neun Stücke in südwestlicher Richtung über die Villa und 
den Garten des Baron von Freyberg zu Dielsen am Ammer- 
see morgens zwischen 9 und 10 Uhr hinweg. In der Rheinpfalz 
soll er auf dem sog. Gebrüch, dem Torfmoor bei Landstuhl 
brüten; sicher ist, dals im Jahr 1878/79 im Jagdbezirke Zwei- 
brücken zwei Kraniche erlegt wurden. Im Jahre 1853 zogen die 
Kraniche vom 10. März an durch Unterfranken und die Gegend 
von Aschaffenburg in solchen Massen ihren Sommerwohnsitzen 
zu, dafs die erfahrensten Jäger sich nie so erinnerten. Nach 
dem Wiedereintritt kalter Witterung am 16. März kamen sie auf 
einmal, durch Schnee, Eis und Nahrungslosigkeit dazu gezwungen, 
totmüde und ausgehungert wieder zurück. Viele waren nicht 
mehr im stande, sich zu erheben und wurden den Jägern leicht 


21. Familie. Kraniche. 953 


zur Beute. Einige wurden sogar gefangen, nachdem man sie in 
den: Wald gejagt hatte, wo sie nicht mehr entlaufen konnten. 
Bei Frankfurt a. M. wurden damals allein 12 Stücke geschossen, 
und würde eine wahre Niederlage unter den armen Tieren an- 
gerichtet worden sein, wenn nicht manche Jäger sich entschlossen 
hätten, keine Kraniche mehr zu schielsen. Am 19. März sah 
Diezel bei Kleinwallstadt in der Gegend von Aschaffenburg bei 
heiterem Wetter einen Flug von 71 Kranichen hoch in der Luft. 
Sie drehten sich unter Schreien in dem bekannten Kreisfluge, 
dabei weiter rückend. Am gleichen Tage sah in derselben Gegend 
ein anderer Schütze 13 dieser Vögel. Anfang April wurden bei 
Carlstadt (Eusenheim) und Partenstein einige erlegt, nachdem 
eine starke Kranichherde. bei Frammersbach erschienen war. 
Später, als man ihren Zug beendigt hielt, gewahrte man am 
9. und 10. April mehrere Züge noch nach Osten steuern. Im 
Herbst ziehen sie durch die Aschaffenburger Gegend gewöhnlich 
zwischen dem 10. bis 20. Oktober, aber auch noch Anfang No- 
vember. Dals sich Kranichherden früher schon in jener Gegend 
zur Rast niedergelassen hätten, einzelne Marodeure abgerechnet, 
erinnerten sich damals alte Weidmänner nicht, in dem genannten 
Frühjahre aber war es der Fall. Bei erlegten fand man blols 
Eicheln und wenige grüne Blätterspitzchen von Heckengewächsen 
und früh angetriebenem Strauchwerk; denn auf die Saat konnten 
sie wegen tiefen Schnees nicht gelangen. Im Herbst 1854 hörte 
Diezel zur gewöhnlichen Zugzeit nur selten ziehende Kraniche 
im Aschaffenburgschen, dagegen gab es viele Anfang November, 
und am 20. Dezember sah er bei Kleinwallstadt einen Zug laut 
rufender in hoher Luftregion dahinziehen, eine Seltenheit zu so 
später Jahreszeit. 1855 strichen sie durch Unterfranken in den 
Tagen vom 3. bis 5. März und sah man täglich bis Anfang 
April starke Züge. Im Herbst 1856 wurden wenige bemerkt, und 
18558 sah Diezel zur Zeit des Schnepfenstrichs zwei Kraniche 
auf einer Wiese bei Grafenrheinfeld (Spiefsheimer Moor bei 
Schweinfurt). Bei genannter Stadt wurden schon öfter Kraniche 
erlegt, und 1832 waren dort so grolse Scharen dieser Vögel, wie 
sich ihrer die ältesten Jäger nicht erinnern konnten. In Mittel- 
franken zeigten sich viele 1740 bei Roth am Sand; am 29. Juli 
1848 wurde in der Gegend von Erlangen bei Frauenaurach ein 
junges Männchen erlegt und flogen 12 Stücke über die Brucker 
Lache; am 2. April 1857 erschienen am Seukendorfer Weiher bei 


254 Ordnung V. Grallatores. Sumpfvögel. 


Cadolzburg zwei Flüge, einer zu 5, der andere zu 12 Stücken, 
von denen eines erlegt wurde; grölsere und kleinere Flüge sah 
man bei Kaidenzell, Nürnberg, Altenfurth, bei Wilhermsdorf im 
Zenngrund, bei Windsheim, Feuchtwangen (Dentlein), Gunzen- 
hausen und Arberg, an letzterem Orte am 20. Oktober 1868 einen 
Flug von 24 Stücken. In vielen Gegenden ist der Kranich eine 
Seltenheit: in Schwaben am Bodensee (Lindau, 12. April 1851), 
bei Bobingen, in der Oberpfalz bei Regensburg, Vilseck, in Ober- 
franken bei Goldkronach und Weilsenstadt. Hier wurden 1843 
vier Stücke an einem Weiherdamme erstarrt gefunden, von 
welchen einer meiner Freunde einen Hahn lebend und längere 
Zeit in Gefangenschaft erhielt, in der er sehr zahm wurde. Im 
südwestlichen Oberfranken wurden Kraniche bei Aschbach im 
Steigerwalde, bei Pommersfelden (9 Stücke) und Adelsdorf unter- 
halb Höchstadt a. A. beobachtet und auch erlegt. Am 26. März 
1855 stand ein Stück in den mehrerwähnten Weihern bei Buch 
und am 22. März 1856 zogen 23 Kraniche laut schreiend durch 
die benachbarten Moorweiher. Einer derselben wurde angeschossen 
und entkam, ein zweiter, ein sehr altes Männchen, wurde erlegt 
und kam in meinen Besitz. Im Magen desselben fand ich ein 
Haberkorn, zwei Buchweizenkörner, die Knochen und Federn 
einer Salicaria aquatica, Reste von Rüsselkäfern (Phytonomus 
punctatus), Schnabelkerfen und Maulwurfsgrillen, im Gefieder aber 
Docophorus rotundatus. Am 15. März 1864 hatten sich zwei, am 
24. März 1865 vier und am 15. März 1879 auf einem Felde nahe 
den Moorweihern 22 Kraniche niedergelassen, die sich sehr schlau 
benahmen und nicht zum Schusse gebracht werden konnten. 


22, Hamilie7 Regenpfeuer. 
Genus 87. Oedicnemus Temm. 


202. OEDICNEMUS CREPITANS Temn. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 206. n. 309. — 
Verz. S. LXIX, 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, VII. S. 9. 
Mat, 172, 


Der Triel bewohnt unsere Möser (Erdinger Moos bei Isma- 
ning u. s. w.), das Lechfeld, die Inseln unserer Flüsse, die 
Donauschütten, jene sandigen und kiesigen Ablagerungen, welche 


92, Familie. Regenpfeifer: 255 


sich häufig später zu Inseln bilden, die in dem höchst unregel- 
mälsigen Laufe der Donau, nachdem sich der Lech in dieselbe 
ergossen, bis nach Ingolstadt urplötzlich nach hohem Wasser- 
stande entstehen, erst nach jahrelangem Verlaufe fruchtbar 
werden und dann ebenso schnell, wie sie entstanden, durch das 
plötzlich geänderte Flussbett hinweggeschwemmt werden. Hier 
sieht man auf lehmigen, trockenen Flächen, wo nur einige 
Binsenstauden stehen, den Triei emsig umherlaufen (von der 
Mühle). Ebenso bewohnt er die Auen längs des Lech vom 
Lechfeld abwärts bis an die Einmündung desselben in die Donau 
und die Lechinseln. Dort sammelte Leu eine so grolse Anzahl 
Eier und junge Vögel im Flaumkleide, dafs er bei seinen späteren 
Exkursionen erstere liegen und letztere laufen liels, da er sie 
nicht mehr mitnehmen mochte. In Unterfranken haben ihn 
Leisler und Meyer Anfang dieses Jahrhunderts bei Alzenau 
im Aschaffenburgschen oft geschossen und auch brütend an- 
getroffen. Bei Würzburg wurde im Juli 1850 ein altes Männchen 
erlest. Sehr selten kommt er schon Anfang März (8. März 1799 
bei Nürnberg) bis Ende des Monats (29. März bei Günzburg an 
der Donau) und Anfang April (4. April 1881 bei Bayreuth), ge- 
wöhnlich erst in der zweiten Aprilhälfte bei uns an. Der Herbst- 
strich beginnt Ende September und dauert den ganzen Oktober 
hindurch bis in den November und in die ersten Tage des De- 
zember hinein. In der ersten Novemberwoche 1881 wurden in 
den Inn-Auen bei Rosenheim vier Triele bei Treibjagden geschossen. 
In den Mägen erlegter fand Leu immer nur Laufkäfer, Carabida. 
Das Fleisch der Frühjahrvögel ist, wenn auch noch so gut zu- 
bereitet, kaum geniessbar. 


Genus 88. Vanellus Briss. 
203. VANELLUS CRISTATUS Meyer u. Wolf. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas. I. S. 207. n. 311. — 
Verz. S. LXIX. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands. VII. S. 269. 
Tat 179: 


Kiebitz, Geiwitz, Gaubitz, Gaubitzl. 
Ein sehr weilsscheckiger Kiebitz wurde Ende Februar 1871 
unter einer grolsen Schar normal gefärbter bei Windsheim ge- 
sehen. 


256 Ordnung V. Grallatores. Sumpfvögel. 


Allenthalben in Bayern auf sumpfigen Wiesen, Viehweiden, 
Torfstichen, Rieden, Mösern, in grofsen Weiherländereien, in 
Flulsthälern und auf Flufsinseln ein ganz gemeiner Zug- und 
Brutvogel. Er kommt Mitte Februar und im März bei uns an, 
schlägt sich im Oktober zu Flügen von Hunderten zusammen, 
hält die ersten Winterfröste aus, streift dann noch scharenweise 
in gefischten Weihern, auf Feldern und Wiesen umher und ver- 
schwindet erst, wenn es ernsthaft zuwintert. Einzelne trifft man 
sogar noch im tiefen Winter. Am 15. Januar 1840 wurde bei 
Sugenheim in Mittelfranken ein junger Kiebitz bei einer Kälte 
von 12° R. und abends 15° geschossen und 1845/46 waren die 
Riede des Mindelthales in Schwaben bis zum Januar von 
grolsen Kiebitzscharen besucht, die wohl kaum südlich zogen, 
sondern die warme Frühlingswitterung im Donauthale vollends 
abwarteten. In der Woche vor Weihnacht 1856 wurde bei Mönch- 
herrnsdorf im Steigerwalde ein ganz munterer Kiebitz und bei 
Neuhaus unterhalb Höchstadt a. A. an Weihnacht selbst ein Paar 
gesehen. 

Auf dem Ochsenwasen bei Sommersdorf fand ein Schafknecht 
in der ersten Maiwoche 1868 in einem Neste sieben "Eier und 
überbrachte mir diese ihm in seiner Praxis und auch mir noch 
nie vorgekommene Merkwürdigkeit. Alle Eier hatten in Grölse, 
Form, Grundfarbe und Zeichnung denselben Charakter, waren 
ganz frisch und wahrscheinlich doch von zwei Weibchen zusam- 
men gelegt. Zur Lüge hatte der Mann keinen Grund; denn er 
erhielt für die Eier nicht mehr Bezahlung, als für sieben Eier 
aus zwei Nestern. 

In den Mägen erlegter fand ich Elater-Larven, Libellen, 
Käfer (Byrrhus, Parnus prolifericornis, Cyclonotum orbiculare, 
Bagous lutosus), Schlammschnecken, Planorbis hispidus und bei 
einem etwa drei Wochen alten Kiebitz in den Eingeweiden 
die Taenia variabilis, von der ich auch aus Erwachsenen eine 
grolse Anzahl entwickelte. 

Die Kiebitzeneier, eine Delikatesse selbst auf königlicher und 
fürstlicher Tafel, werden in grolsen Mengen gesammelt, unter der 
Hand verkauft und zu Markte gebracht, ohne dafs man in guten 
Kiebitzländereien eine Abnahme des Vogels konstatieren könnte, 
so dals die alten Jungfern, welche die malitiöse oberpfälzische 
Sage in die Weiher versetzt, wo sie Kiebitze hüten müssen, en 
beschwerliche Arbeit haben mögen. 


22, Familie. Regenpfeifer. >57 


Genus 89. Squatarola Cuv. 
204. SQUATAROLA HELVETICA Briss. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas. I. S. 207, n. 313. — 
Verz. S. LXX. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands. VII S. 249, 
Taf. 178. — XII. Fortsetzung der Nachträge S. 230. 


Bergmolle (am Bodensee). 


Auf seinem Herbstzuge am Bodensee, auf den kiesigen An- 
schütten der oberen Donau (Neuburg, Ingolstadt etc.), wo er in 
Gesellschaft von Kiebitzen und anderen Strandvögeln erlegt wird, 
an der Altmühl und am Main selten. In den Moorweihern bei 
Neuhaus im südlichen Oberfranken habe ich ihn nur im Herbst- 
strich wahrgenommen, und zwar alljährlich einzeln oder in kleinen 
Gesellschaften von drei bis vier Stücken oder als Anführer von 
Scharen kleiner Strandvögel, meist der Alpenstrandläufer, manch- 
mal auch in bunter Gesellschaft mit letzteren, Kampf- und dunkeln 
Wasserläufern (Tringa cinclus, Machetes pugnax und Totanus 
fuscus) beisammen, hie und da nicht eben selten. Sie trieben 
sich meist in den Weihern, gefischten und ungefischten, umher; 
einmal führten drei Kiebitzstrandläufer eine Schar von zwanzig 
Alpenstrandläufern an, denen sich auch ein Flug Kampfstrand- 
läufer und ein Totanus fuscus beigesellt hatte. Der früheste 
Termin seiner Ankunft, den ich in sieben Jahren notierte, war 
der 9. September; gewöhnlich erscheint er in der ersten Hälfte 
des Oktober; nach dem 15. dieses Monats ist er mir nicht mehr 
vorgekommen; ein mittelfränkisches Exemplar der Dr. Dr. Sturm- 
schen Sammlung in Nürnberg war am 12. Oktober 1826 erlegt. 
Koch schols ein altes Männchen mit tiefschwarzer Brust eben- 
falls im Oktober am Bodensee und Hofrat Dr. Meyer traf ihn 
fast alljährlich in kleiner Anzahl am Untermain zugleich mit 
dem Goldregenpfeifer an. Landbeck aber bekam im Mai 1833 
ein altes Männchen vom Bodensee, eine aulserordentliche Seltenheit. 

Er ist ein höchst gewandter Flieger. Ein Lerchenfalke 
verfolgte in den Moorweihern einen Flug von vier Kiebitzstrand- 
läufern und sprengte einen derselben von seinen Begleitern ab, 
vermochte ihn aber doch nicht zu stofsen und stand endlich, ich 
war Zeuge des unerwarteten Schauspiels, von seiner vergeblichen 
Mühe ab. 


Jäckel, Die Vögel Bayerns. 17 


958 Ordnung V. Grallatores. Sumpfvögel. 


Genus 90. Charadrius L. 
205. CHARADRIUS PLUVIALIS L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 207. n. 314. — 
Verz. S. LXX. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands. VII. S. 138. 
Taf. 173. — XII Fortsetzung der Nachträge S. 221. 


Brachhuhm, Brachhühnle, kleiner Brachvogel, kleiner Grillvogel. 

Der Goldregenpfeifer kommt nur auf seinem Frühjahr- und 
Herbstzuge zu uns, und zwar in beiden Perioden gewöhnlich nur 
in kleinen Gesellschaften, manchmal aber auch in Flügen zu 
40 und 60 Stücken. Man trifft ihn dann gewöhnlich in Flufs- 
thälern, auf Brachfeldern, nassen oder überschwemmten Wiesen, 
auf der Saat, in grolsen Weiherlandschaften, auf den südbaye- 
rischen Mösern, grolsen Ödungen und selbst an einsamen, wasser- 
losen Orten auf Feldern in der höchsten Lage unseres Frankenjura 
allenthalben an. Der Frühjahrzug beginnt kurz vor oder um 
die Mitte des März und dauert den April hindurch, der Herbst- 
zug Ende September und währt den Oktober und November 
hindurch bis Anfang Dezember. Auf dem Frühjahrzuge kommen 
im April bei den Männchen nicht selten Übergangskleider zum 
Sommergewand, nämlich weils und schwarz gefleckte Unterseiten. 
sehr selten reine Sommerkleider vor. Ein Männchen im voll- 
endeten Hochzeitskleid erhielten die Dr. Dr. Sturm am 25. April 
1846 von Maiach bei Nürnberg. 


Genus 91. Eudromias Boie. 
206. EUDROMIAS MORINELLUS L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas. I. S. 208. n. 315. — 
Verz. S.LXX. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands VD. S. 163. 
Taf. 174. 


Ein seltener, nur auf dem Zuge, meist in kleinen Gesell- 
schaften vorkommender Vogel. Er wurde am Bodensee, bei 
Memmingen, auf dem Ismaninger Moos bei München, bei 
Schrobenhausen, Augsburg, Donauwörth, Regensburg, Nürnberg, 
Neustadt a. A. und am Main in Unterfranken teils auf dem 
Frühjahrstrich, teils im Herbst in der Zeit vom 11. August bis 
10. September geschossen. 


22. Familie. Regenpfeifer. 259 


In den Mägen etlicher erlegter fand Leu aulser Sand und 
Steinchen nur Käfer. 


Genus 92. Aegialites Boie. 
207. AEGIALITES CANTIANUS Lath. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S.208. n. 318, — 
Verz. S. LXXI. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, VII. S. 210, 
Taf. 176. 

Der Seeregenpfeifer besucht nach Landbeck auf der Herbst- 
und Frühlingswanderung die Ufer des Bodensees (Koch hat ihn 
dort nicht bemerkt) und der Donau. Am Untermain bei Offen- 
bach hat ihn Hofrat Dr. Meyer im August 1806 ziemlich häufig 
angetroffen. Mir und meinem Freunde Leu ist ein vater- 
ländisches Exemplar dieses Vogels noch nicht zu Gesicht ge- 
kommen. 


208. AEGIALITES CURONICUS Besecke. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 208. n. 319. — 
Verz. S. LXXI 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, VII. S. 225. 
Taf. 177. — XII. Fortsetzung der Nachträge S. 229, 


Griesläufer, Strandläuferle, Ringelvogel, kleiner Sandläufer. 

Ein ziemlich gewöhnlicher, die Sand- und Kiesbänke und 
Inseln unserer grölseren Flüsse, der Donau, Iller, Wertach, des 
Lech, Main, der Rednitz, Regnitz u. s. w. bewohnender Zugvogel. 
Ich fand seine Eier bei Erlangen auf grofsen toten Flächen des 
Flulssandes. Bei Überschwemmungen gehen viele Bruten zu 
Grunde. Einmal traf ich ihn schon am 30. März an; gewöhn- 
lich kommt er im April und verstreicht Mitte Juli bis Ende 
September. 


209. AEGIALITES HIATICULA L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 209. n. 320, — 

Verz. S. LXX1. 
Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, VII. S. 191. 

Taf. 175. 
Griesläufer. 
An den grölseren Flüssen, an Seen und Teichen des Gebietes 
in beiden Zugperioden nicht sehr selten. Nach Koch und 
17° 


260 Ordnung V. Grallatores. Sumpfvögel. 


Walchner bewohnt er die Ufer des Bodenseess. Wenn seine 
Jungen flügge sind, sagt ersterer, so bilden die beiden Alten mit 
ihnen eine Gesellschaft und streichen am See hin und her, wo 
sie dann, weil sie nicht scheu sind, sehr leicht geschossen werden 
können. Im Herbst vermehrt sich ihre Zahl oft sehr ansehnlich 
durch die aus dem Norden kommenden. Sie sammeln sich zu 
dieser Zeit in gröfseren Scharen, die man noch bis in den halben 
Oktober bemerkt; alsdann aber ziehen alle südlicher. Nach 
Dr. Noll soll diese Art auch am Untermain (Aschaffenburg bis 
Kostheim) den ganzen Sommer über angetroffen werden und 
auch dort nisten. In den Moorweihern bei Höchstadt a. A. traf 
ich diesen Regenpfeifer auf dem Schlamme der gefischten Weiher 
einzeln oder in kleinen Gesellschaften entweder mit seinesgleichen 
oder im Verein mit Tringa subarguata in der Zeit vom 27. Sep- 
tember bis 15. Oktober an. Bei Memmingen, Woringen und 
Monheim (26. März 1881 mas adult.) in Schwaben, bei Regens- 
burg und Sulzbürg in der Oberpfalz, bei Nürnberg und Fürth 
wird er öfters geschossen. Professor Wolf und Dr. Dr. Sturm 
bekamen ihn vom Dutzendteich bei Nürnberg. 

In den Mägen erlegter fand ich Diptera, Agrion forcipula- 
und Sialis lutaria-Larven, kleine Konchylien (Planorbis hispidus), 
Käfer (Haliplus fulvus et impressus) und Samen von Potamogeton 
und Pilularia globulifera, 


Genus 93. Strepsilas Illig. 
210. STREPSILAS INTERPRES L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas I. S. 209. n. 321. — 
Verz. S. LXXI. 


Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, VII. S. 308, 
Taf. 180. 


An der Donau, dem Lech und Main, auch an unseren grolsen 
südbayerischen Seen sehr selten auf dem Strich. Koch schols 
im Herbst junge Vögel am Bodensee und traf sie meistens in 
Gesellschaft anderer Sumpfvögel, am Seeufer nach Insekten jagend, 
umherlaufen. Leu erhielt am 26. August 1872 einen jungen, in 
der Mehringer Au bei Augsburg geschossenen sSteinwälzer, 
Dr. Meyer ein junges Männchen am 7. Mai 1809 am Untermain 
bei Offenbach. 


23. Familie. Schnepfen. 261 


Genus 94. Haematopus L. 
211. HAEMATOPUS OSTRALEGUS L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 209. n. 322. — 
Verz. S. LXXI. 


Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, VII. S. 325. 
Faf 181. 


Der Austernfischer wurde, wiewohl sehr selten und nur in 
den beiden Zugperioden, schon einige Male auf dem Bodensee, 
am Chiemsee (1579), am Main bei Aschaffenburg (am 2. Oktober 
1854 ein junger bei Kleinostheim), 1832 bei Mühlbach oberhalb 
Karlstadt und im Frühjahr 1861 bei Schweinfurt erlegt, ein 
anderer in unserer nächsten Nachbarschaft am Untermain bei 
Offenbach am 10. August 1803, in Schwaben ein altes Männchen 
am 22. September 1880 bei Günzburg und das letzte, mir bekannt 
gewordene Exemplar in der Augsburger Gegend bei Hainberg 
am 13. Oktober 1882. 


23. Familie: Schnepfen. 
Genus 95. Recurvirostra L. 


212. RECURVIROSTRA AVOCETTA L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 209. n. 323. — 
Verz. S. LXXT. 


Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, VIII. S. 213. 
Taf. 204. — XIH. Fortsetzung der Nachträge 8. 245. 


Die Avosette erscheint, wahrscheinlich von Ungarn die Donau 
heraufkommend; nur sehr selten an unseren grolsen Seen und 
Flüssen, sowie an Teichen und im Sumpflande. Nach Franz 
von Paula Schrank (Landshutische Nebenstunden, 1. Heft 
S. 104. n. 7) wurde ein Exemplar zu sehr auffallender Jahreszeit 
im kalten Winter 1798/99 bei München geschossen. Koch er- 
hielt ein am 15. Mai auf dem Fufsacher Moos am Bodensee 
erlegtes Weibchen, welches stark herangewachsene, beinahe zum 
Legen reife Eier bei sich hatte, woraus er vermutete, dals diese 
Vogel sehr wahrscheinlich in der Gegend des Sees genistet haben 
würde. Die Brüder Dr. Dr. Sturm beobachteten im März 1827 
in der Gegend von Nürnberg auf dem Espan (sumpfige Ödung) 


262 Ordnung V. Grallatores. Sumpfvögel. 


zwischen Grofsreuth und Ziegelstein auf der Bekassinenjagd eine 
Avosette, wahrscheinlich dasselbe Tier, welches kurz darauf bei 
Erlangen (Frauenaurach) geschossen wurde. Am 9. Juni 1841 
wurde in der Gegend von Memmingen in Schwaben, auf dem 
Riede bei Beningen, ein Stück, zwei andere alte Vögel, der eine 
am 28. Mai 1865 am Main bei Aschaffenburg, der andere zu 
derselben Zeit auf dem Ludwigs-Donau-Main-Kanal bei Neumarkt 
in der Oberpfalz erlegt. Auch an der Donau und am Dutzend- 
teich bei Nürnberg soll sie wahrgenommen worden sein. In der 
unteren Maingegend bei Offenbach wurde im August 1811 ein 
altes Weibchen geschossen (Meyer). 


Genus 96. Hypsibates Nitzsch. 
213. HYPSIBATES HIMANTOPUS L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas. I. S. 209 n. 324. — 
Verz. S. LXXN. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands. VIII S. 191. 
Taf. 203. — III. Fortsetzung der Nachträge S. 244. 


Auch der Stelzenläufer kommt wahrscheinlich das Donauthal 
herauf als seltener Gast an unsere grosse Seen, Flüsse und 
Teiche, meistens nur in sehr heilsen Sommern. Schrank sah 
1788 einen jungen am Starnberger See erlegten Vogel in der 
Naturaliensammlung des ehemaligen Chorherrenstiftes Beuerberg. 
Im Mai 1834 (vom Mai bis September war es aulserordentlich 
trocken und heils) erschien eine ganze Schar bei Eibelstadt am 
Main in Unterfranken. Im Sommer 1851 wurde an der Regnitz 
bei Erlangen ein Stück erlegt und für die Naturaliensammlung 
der Universität erworben; Anfang Mai 1855 erhielt Baron Richard 
v. König-Warthausen ein auf den gräflich Pallavicini- 
schen Jagden bei Rosenheim erlegtes Exemplar und im August 
1857 zeigten sich in der Gegend von München auf dem Erdinger 
Moos zwei Strandreuter, von denen einer geschossen wurde. Ein 
durch das Erscheinen vieler dieser prächtigen Vögel merk- 
würdiges Jahr war das bekannte Kometenjahr 1858. In den 
bereits mehrfach erwähnten Moosweihern im südwestlichen Ober- 
franken, Bezirksamt Höchstadt a. A., gewahrte ich am 3. und 
4. Mai die ersten zwei Stücke in einem Weiher bei Krausen- 
bechhofen. Am 8. Mai stand ein Paar in den Poppenwinder 


23. Familie. Schnepfen. 263 


Weihern im grolsen Stöcksee und wurde das Weibchen davon 
erlegt. Das Männchen strich nicht weit weg, kam auf die Stelle 
des Anschusses, wo der Schütze eben beschäftigt war, das ge- 
flügelte Weibchen zu fangen, laut und anhaltend krächzend 
zurück, setzte sich nach kurzem Kreisfluge in denselben Weiher, 
wurde auf 45 Gänge gefehlt und strich in einen benachbarten 
grolsen See, wo es sich in solcher Entfernung vom Ufer nieder- 
liels, dals ein Schuls nicht anzubringen war. Im Herausstreichen 
schrie es dann viel, schwang sich hoch auf und verliels die 
Gegend. Rührend war die Anhänglichkeit des Gatten an sein 
Weib. Am 9. Mai stand ein einzelner, wahrscheinlich der Witwer 
vom vorhergehenden Tage, im Strittweiher und wurde von 
Weiher zu Weiher über Mechelwind, Oberlindach gegen Weilsen- 
dorf hin vergeblich verfolgt. Am 10. Mai sah ich wieder zwei 
Stücke im grolsen Stöcksee und fünf, nämlich vier alte und 
einen jungen, im Strittweiher. Durch Gräserinnen sehr be- 
unruhigt, fielen die Vögel nur da und dort auf kurze Zeit ein 
und hielten, einmal rege gemacht, eine Annäherung auf Schuls- 
weite nicht mehr aus. Ein Männchen wurde gleichwohl an- 
geschossen und Tags darauf in Abelsweiher bei Moorhof vollends 
erlegt. Gleichzeitig waren auch Strandreuter auf dem Dutzend- 
teich bei Nürnberg. Am 8. Mai spät abends sah Dr. J. W. Sturm 
daselbst das erste Pärchen am grolsen Teiche an einer Land- 
zunge, an und auf welcher ein Trupp von ungefähr 20 Larus 
ridibundus und acht Sterna nigra ihr munteres Wesen trieben, in 
Gesellschaft mehrerer Totanus bis an den Bauch im Wasser 
herumsteigen. Am 9. Mai morgens 5 Uhr traf er sie ziemlich 
an derselben Stelle, in den Nachmittagsstunden nochmals in 
Gesellschaft seines Bruders Friedrich und hatte die Freude, noch 
ein zweites Pärchen und ein einzelnes Stück dieses lieblichen 
Sumpfvogels zu entdecken. Mit guten Fernrohren versehen, 
gewahrten die Brüder, wie ein Paar den Coitus vollzog, worauf 
sich zuerst der Mann und hernach das Weib mehrmals badeten. 
Der kalte Tag (+ 9’ R.), der heftige Ostwind und öftere Regen- 
schauer mulsten den Vögeln unlieb sein; denn sie verbargen sich 
hinter den Kufen. Auch ein Pärchen der Larus ridibundus 
schnäbelte sich mehrmals am Lande und vollzog später den 
Coitus. Am 10. Mai regnete es vormittags; der Abend aber war 
sonnig und windstill, weswegen die Totanus sehr munter waren 
und laut schreiend viel umherstrichen. Ein Strandreuterpärchen 


264 Ordnung V. Grallatores. Sumpfvögel. 


war mitten unter ihnen, blieb jedoch auf der Landzunge zurück, 
wenn die Wasserläufer wegstrichen. Als es schon zu dunkeln 
anfing, salsen sie wieder in einer Gesellschaft von 12 Wasser- 
läufern und wahrscheinlich übernachteten sie auch an dieser 
Stelle. Die von mir und den Dr. Dr. Sturm beobachteten 
Strandreuter waren demnach verschiedene, nicht ein und dieselben 
Individuen, und haben sich damals ungewöhnlich viele dieser 
Bewohner des Südens und Südostens nach Franken verflogen. 
Im Jahre 1859, das sich durch tropische Sommerhitze aus- 
zeichnete und in den Moorweihern eine ziemliche Menge von 
Wanderheuschrecken (Aeridium migratorium) zur Entwickelung 
brachte, kehrten die Strandreuter daselbst wieder ein. Am 
20. April abends standen zwei Stücke am Moorweiher, strichen 
von da in die Poppenwinder und von da in der Richtung der 
grolsen Bischofsweiher bei Groflsdechsendorf und Erlangen ab. 
Auch in den späteren Jahren besuchten sie noch öfter die ihnen 
sehr zusagende Weiherlandschaft. Am 17. April 1865 kamen 
auf den grolsen Moorweiher, in den Steigsee und in den dritten 
Teil (Weiher) neun Strandreuter, von denen zwei erlegt wurden, 
am 26. April 1867 drei Stücke in den grolsen Moorweiher und 
ebendahin im heilsen Sommer 1874 dreizehn Stücke, nämlich 
ein einzelner und auf zwei Haufen fünf und sieben, welche zwei 
Tage lang verweilten, ohne dals einer hätte geschossen werden 
können. Zu derselben Zeit, am 5. Juli, erschien ein Paar auf 
der sehr stark ausgetretenen Altmühl bei Gunzenhausen zwischen 
Schlungenhof uud Altenmuhr, im sogenannten Binsenwöhr, und 
wurde der eine davon von meinem Freunde Bezirksamtsassessor 
Ferdinand Rabus erlegt. Der überlebende Gatte suchte nach 
seinem verschwundenen Gefährten etwa eine halbe Stunde lang, 
worauf er aus der Gegend verschwand. Sonst wurde der Strand- 
reuter am Bodensee, ein junger Vogel am 16. Juli 1867 bei 
Buchlo& in Schwaben und an der Donau bei Regensburg erlegt. 

In den Mägen der von mir untersuchten fand ich kleine 
Wasserkäfer und unbestimmbares kleines Gewürm, in den Ge- 
därmen eine sehr lange, interessante Taenia. 


23. Familie. Schnepfen. 265 


Genus 97. Totanus Briss. 


214. TOTANUS GLOTTIS L. 


Kayserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas. I. S. 210. n. 325. — 
Verz. 8. LXXI. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, VII. S. 145. 
Taf. 201. — XII. Fortsetzung der Nachträge. S. 243. 


Gro/ser Züger. 


Nur in beiden Zugperioden an Seen, Teichen, Flüssen und 
Strömen im allgemeinen gar nicht selten, stellenweise ziemlich 
häufig, ja sogar gemein. Nach Koch kommt er im Herbst an 
den Bodensee und ist dann nicht sehr selten, im Frühjahr wird 
er weit weniger bemerkt. Nach Naumann gehört er im Früh- 
jahr in allen deutschen Ländern unter die Seltenheiten, was 
wenigstens für die Moorweiher nicht zutrifft. Im Frühjahr 1859, 
wo der Strich dieser Wasserläufer allerdings aulserordentlich gut 
war, sah ich am 27. April 17 Stück beisammen, am 28. April 19 
und Tags darauf 15, nachmittags auf einem Haufen auf dem 
seicht unter Wasser stehenden Hutwasen am grolsen Moorweiher 
14 Stücke und 2 einzelne an kleinen Lachen, am 2. Mai 15 und 
10 Stücke auf zwei Haufen. In anderen Frühjahren beobachtete 
ich öfter fünf bis neun Exemplare beisammen und hörte während ° 
des Frühlingsstriches den nicht zu verkennenden Lockruf dieses 
schönen Vogels jeden Tag wenigstens aus etlichen Kehlen, wenn 
nicht von allen Seiten her, was oftmals»der Fall war. Aulser- 
ordentlich häufig war er wieder in diesen Weihern im Früh- 
jahr 1867, in welchem Jahre aber auch der Herbststrich ein 
ausgezeichneter war. Von der zweiten Hälfte des September an 
den ganzen Oktober hindurch wurden kleine Flüge bis zu 
30 Stücken, aber auch von 50, 80, 150, 200 bis 300 hell- und 
dunkelfarbige Wasserläufer in gemischten Haufen beisammen 
gesehen. Er kommt zu uns frühestens nach der Mitte des März 
bis Ende des Monats, gewöhnlich erst im letzten Aprildrittel und 
Anfang Mai, wo der Strich am wärmsten ist. Dieser dauert den 
ganzen Mai hindurch, sogar in einzelnen Exemplaren noch bis 
Mitte Juni. Ob der Herbststrich schon am 1. Juli, wo ich noch 
einen einzelnen, oder am 12. und 13. Juli, wo ich kleine Flüge 
bis zu vier Stücken antraf, seinen Anfang nimmt, oder ob diese 
Vögel noch auf dem Frühjahrsstriche begriffen oder Vagabunden 


266 Ordnung V. Grallatores. Sumpfvögel. 


waren, vermag ich nicht zu entscheiden. Von Mitte Juli oder 
Anfang August an waren sie in den Weihern eine täglich häufiger 
werdende Erscheinung, so dals sie Ende August und im Sep- 
tember gemein waren und in Gesellschaften bis zu 30 Exemplaren 
umherstrichen. Der Herbstzug dauerte, allmählich schwächer 
werdend, den ganzen Oktober hindurch bis in die erste November- 
woche. Hofrat Dr. Meyer traf ihn in den unteren Maingegenden 
bei Offenbach im Frühjahr sehr selten, im Spätsommer und 
Herbst ziemlich häufig, einzeln und in kleinen Herden an. 

Er fliegt manchmal mit Kampfstrandläufern, führt auch 
Alpenstrandläufer an. 

In erlegten fand ich Wasserkäfer (Ilybrus fuliginosus), Bach- 
mücken (Tipula), Seejungfern (Agrion forcipula), Schnabelkerfe 
(Notonecta glauca), Froschquappen und junge Fröschlein (kana 
esculenta) und Knochen und Gräten kleiner Fische. 


215. TOTANUS STAGNATILIS Bechst. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas. I. S. 210. u. 326. — 
Verz. S. LXXII. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands. VII. S, 171. 
Taf. 202. — XIII. Fortsetzung der Nachträge. S. 244, 


Kleiner Züger. 


Dieser dem Südosten angehörige Wasserläufer kommt nach 
Koch und Landbeck äulserst selten am Bodensee auf dem 
Zuge vor, doch gesteht der letztere Autor, den Vogel nicht selbst 
gesehen zu haben. Auf den Donauschütten bei Rain und Ingol- 
stadt, am Untermain (Offenbach am 1. Mai 1808) und am 
Sachsenrieder Weiher bei Grönenbach in Schwaben wurde er 
geschossen. 


216. TOTANUS FUSCUS Briss. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas. I. S. 210 n. 327. — 
Verz. S. LXX VI. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands. VIII S. 123. 
Taf. 200. — XIII. Fortsetzung der Nachträge. S. 242. 


Zipter. 
Während der beiden Zugperioden an unsern Flüssen, Teichen 


und Seen ein gar nicht seltener, stellenweise ziemlich gewöhn- 
licher, sogar gemeiner Wasserläufer, doch nicht so zahlreich wie 


23. Familie. Schnepfen. 267 


der hellfarbige, wiewohl ‘es auch Jahre gibt, wo er ihm an 
Häufigkeit nahezu gleichkommt. Der Herbst 1859 war durch 
sein ungewöhnlich zahlreiches Auftreten in den Moorweihern ein 
vorzüglicher. Ich sah dort Flüge von 9, 14 und 40 Stücken 
und hörte seinen Ruf »Tjuit« von allen Seiten. Noch viel besser 
war dort der Herbststrich 1867. Von Mitte September bis Ende 
Oktober schwärmten nie gesehene Scharen hell- und dunkel- 
farbiger Wasserläufer, teils jede Art für sich in kleinen Truppen 
bis zu 20 Stücken, teils in gemeinschaftlichen Vereinen von 50 
bis 80, 150 bis 200 und 300 Stücken umher. Auch 1869 war 
nach Gottlieb v. Koch (Journal für Ornithologie von Dr. J. Ca- 
banis 1870. S 393) daselbst ein sehr guter Strich sowohl im 
Frühjahr, wie auch von Ende Juli an, zu welchen Zeiten er die 
Art sehr häufig antraf. In den Weiherlandschaften der Ober- 
pfalz, bei Vilseck und Schwandorf u. s. w. ist der dunkle Wasser- 
läufer ebenso zahlreich vorhanden, auch habe ich ihn in der 
oberen Altmühlgegend oft, aber viel seltener als in den Moor- 
weihern, beobachtet. 

Der Frühjahrsstrich beginnt in der Mitte des April und 
dauert bis Anfang oder Mitte Mai, zu welcher Zeit der Vogel 
sein vollendetes Sommergewand trägt. Einzelne oder kleine 
Flüge kamen noch den ganzen Juni hindurch und Mitte Juli 
bis Ende des Monats vor, wahrscheinlich vagabundierende Indi- 
viduen, welche nicht zu ihren Brutplätzen zurückkehrten, sich 
nicht fortpflanzten und in der ihnen sehr zusagenden Weiher- 
gegend verblieben. Ich kann es wenigstens nicht wahrscheinlich 
finden, dals sie schon zu so früher Zeit von ihren weit ent- 
legenen Brutplätzen wiederum zurückgekehrt sein konnten. Der 
Herbststrich beginnt selten schon Anfang bis Mitte August, ge- 
wöhnlich in dessen zweiter Hälfte und . Anfang September, ist 
im weiteren Verlaufe dieses Monats und Anfang Oktober am 
lebhaftesten und dauert den ganzen Oktober und November 
hindurch. Nach Koch ist er am Bodensee in gewissen Jahren 
im Herbst gar nieht selten, im Frühjahr aber zeigt er sich zu- 
weilen, und es kann als eine Seltenheit angesehen werden, wenn 
alsdann einer geschossen wird. Leu bekam von der Donau und 
dem Lech in den Monaten August und Oktober eine geringe 
Anzahl junger und alter Vögel im Winterkleide. 

Ich war Zeuge, wie ein Lerchenfalke einen solchen Wasser- 
läufer stiels. In den Mägen erlegter fand ich Kaulquappen von 


268 Ordnung V. Grallatores. Sumpfvögel. 


Rana esculenta, einen weiblichen Triton ceristatus, drei Naucoris 
cimicoides und einen Stengelpartikel von Potamogeton. 


217. TOTANUS CALIDRIS L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas. I. S. 211. n. 328. — 
Verz. S. LXXIHI 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands. VIII. S. 95. 
1a2:9199. 


Rotbeiniger Wasserläufer, Züger, Rotschenkel, Rotfufs, Rotfü/schen, 
Pfeifer. 

In sumpf- und wasserreichen Gegenden ein gemeiner Zug- 
vogel, der auf allen südbayerischen Mösern und auch sonst an 
geeigneten Orten im Lande, am Bodensee, auf einer Insel im 
Wörthsee, bei Inning an einer sumpfigen Stelle, in der Gegend 
von Memmingen, auf dem Riede bei Beningen und Steinheim, 
an sumpfigen Altwassern, auf Torfstichen und Halbinseln des 
Mindelthales bei Klingenbad u. s. w. in Schwaben, in. grolser 
Anzahl auf den Lech- und Wertach-Inseln bei Augsburg, auf 
den Donau-Inseln und in den Moorweihern des südlichen Ober- 
frankens brütet. Durch die Überschwemmungen der aus den 
Alpen kommenden südlichen Nebenflüsse der Donau werden viele 
Bruten vernichtet. Mitte Mai findet man gewöhnlich schon 
Junge, Leu fing aber solche noch am 8. August 1868 im Flaum- 
kleide und sah, dals die Alten bei ihren Jungen drohender 
Gefahr sich auf die Gipfel junger Fichten setzten und grolses 
Geschrei aufschlugen. In dem feuchten Jahre 1845 brüteten die 
Rotschenkel häufig auf den Sumpfwiesen des Mindelthales; im 
trockenen Jahre 1846 kamen sie wieder, zogen aber nach kurzem 
Aufenthalt wieder ab und nur wenige heckten an den sumpfigen 
Altwassern der Mindel. Sie kommen Mitte März und Anfang 
April bei uns an und verstreichen im August und September. 
Grölsere Gesellschaften als 30 bis 40 Stücke sah ich nicht. 
Öfters fliegen sie mit Kiebitzen, Staaren, grofsen Brachvögeln 
(Numenius arquatus) und führen auch Alpenstrandläufer an. 

In den Mägen erlegter fand ich Käfer (Hyphydrus ovatus 
und Onthophagus fracticornis), Larven von Köcherjungfern und 
viele ihrer Sandumhüllung entkleidete Köcher derselben und 
Eintagsfliegen, in den Eingeweiden aber den Schmarotzer Taenia 
filum. 


23. Familie. Schnepfen. 269 


218. TOTANUS GLAREOLA L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltlere Europas. I. S. 211. n. 330. — 
Verz. S. LXXIL 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, VIIL S. 78. 
Taf. 198. 

In beiden Zugperioden an Seen, Teichen, Altwassern und 
Flüssen einzeln und in Flügen von 10 bis 40 Stücken nirgends 
selten, stellenweise gemein. Er kommt in manchen Jahren schon 
Mitte Februar (am 16. Febr. 1865 bei Augsburg), auch Ende 
März an, so frühe aber immer nur sehr selten, gewöhnlich erst 
gegen die Mitte bis Ende April. In den Moorweihern sah ich 
Bruchwasserläufer den ganzen April, Mai und Juni hindurch 
und hörte täglich ihr Jodeln. Bekanntlich hat dieser Vogel Ende 
April und Anfang Mai Eier und Anfang Juni flugbare Junge, 
so dals ich Grund zu der Vermutung hatte, er dürfte in diesem 
Weiherlande brüten. Ich fand jedoch weder Nester noch Eier 
und niemals Junge, die bekanntlich schon im Dunenkleide umher- 
laufen, konnte auch von den Alten niemals ein um ihre Jungen 
besorgtes Schreien und Umherfliegen wahrnehmen, was, ver- 
anlafst durch häufige Störungen durch Gräserinnen, Gänse und 
Hornvieh, sicherlich hätte gehört werden müssen, wenn diese 
ohnehin sehr lauten Vögel in den Weihern gebrütet hätten. Auch 
fand ich auf den Dämmen nie ein von Krähen geraubtes und 
ausgetrunkenes Ei des Bruchwasserläufers, während man aus 
solchen Resten, ohne Eiersucher zu sein, die vorhandenen Arten 
des dort brütenden Sumpf- und Wassergeflügels leicht festzustellen 
vermochte. Einzelne oder kleine Flüge zeigten sich noch bis 
Mitte oder Ende Juli, im August aber erschienen sie haufen- 
weise; überall vernahm ich ihr Gegicker, oftmals ärgerlich über 
das muntere Völklein, wenn ein seltsamer Ruf oder die bekannte 
Stimme eines seltenen Vogels aus der Ferne undeutlich über die 
weite Wasserfläche klang. 

Das Jodeln hörte ich einzeln und nicht mehr in der Voll- 
kommenheit, wie im Frühjahr, noch bis zum 20. August, ein 
eigentümlicher Gesang, welcher an das Lullen der Heidelerche 
erinnert und zur angenehmen Belebung eines grolsartigen Weiher- 
komplexes ganz entschieden beiträgt. Ende September verstreicht 
dieser Wasserläufer. Hie und da sah ich ihn mit andern nahe- 
verwandten Schnepfenvögeln fliegen, einen mit 4 Totanus glottis. 
In den Mägen Erlegter fand ich kleine Fischchen. 


270 Ordnung V, Grallatores. Sumpfvögel. 


219. TOTANUS OCHROPUSL. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas. I. S. 211 n. 330. — 
Verz. S. LXXIL. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands. VII. S. 59. 
Taf. 197. — XIII. Fortsetzung der Nachträge. S. 241. 


Auf dem Durchstrich an Bach- und Flufsufern, Altwassern, 
Seen und Teichen, an Gräben und Löchern der Torfstiche, an 
grolsen Wasserlachen in der Nähe des Waldes, selbst im Walde 
an Ufern der Waldbäche, an Wässerungs- und Entwässerungs- 
gräben nur selten in baumloser Gegend, häufiger, wo Erlen- und 
anderes Gebüsch steht. Er sucht jede Regenlache auf Wiesen, 
selbst auf Vieinalwegen im freien Felde auf. Nach Landbeck 
brütet er wie in Württemberg an den grölseren Flüssen, so auch 
in Bayern am ganzen Lauf der Donau von Ulm bis hinab nach 
Passau und nach Koch bei Regensburg. Bei Ingolstadt wurde 
er nach Schrank mitten im Sommer geschossen, ebenso im 
Steigerwald an der Ebrach, an der Iller und am Lech in Schwaben. 
Leu bekam ihn aus der Augsburger Gegend (Gersthofen, Stetten- 
hofen) am 23. Juni und 26. Juli; nach Dr. Noll lebt er den 
ganzen Sommer über in kleinen Gesellschaften am Untermain 
und ich selbst habe den Vogel in den Monaten, in welche sein 
Brutgeschäft fällt, an verschiedenen Orten Frankens wahrgenom- 
men. Ob er aber bei uns brütet, vermag ich mit Gewilsheit 
nicht anzugeben. Er kommt gewöhnlich bei uns im März, seltener 
schon in den ersten Tagen, gewöhnlich in der zweiten Hälfte 
des Monats und anfangs April an, kommt wieder im Juli und 
August und verschwindet bis auf wenige nach der Mitte des 
Oktober. Am Bodensee, wo er während der beiden Zugperioden 
nicht ungewöhnlich ist, hat ihn Koch während des ganzen 
Winters in einzelnen Exemplaren angetroffen, Leu ihn in ver- 
schiedenen Jahren einmal am 20. Dezember, fünfmal im Januar 
und dreimal vom 3. bis 16. Februar erhalten; 1842 überwinterte 
er an der Iller; am 17. Februar 1853 wurde er in der Feucht- 
lach bei Ansbach an der Silbermühle geschossen, am 16. Februar 
1883 an der alten Aisch bei Windsheim und am 19. Februar 1808 
von Hofrat Dr. Meyer in Offenbach am Untermain angetroffen. 

An dem in die Altmühl fliefsenden Mühlgraben in Som- 
mersdorf kam er öfter in meinen Garten so nahe an das Pfarr- 
haus und die nebenstehende Mühle heran, dafs ich den Silberton 


23. Familie. Schnepfen. 271 


seiner Stimme in meiner Studierstube hörte und ihn durch 
das vorsichtige Öffnen des Fensters verscheuchte, obwohl er in 
dem tief eingeschnittenen Bachbette, das mit Hasel- und Eichen- 
gebüsch, Erlen, Kirschen- und Weichselbäumchen bewachsen 
war, mich nicht sehen konnte. Die bei dem Stillestehen der 
Mühle durch das Abflieisen des Baches in seichtes Wasser 
gerathenen Flohkrebse und kleinen Fische lockten ihn an. Mehr- 
mals sah ich ihn an Teichufern auf der angetriebenen, gemähten 
Weiherstreu nach Nahrung umhersteigen. In Übereinstimmung 
mit Altum sah ich diesen Wasserläufer nie in Flügen, sondern 
nur einzeln oder in wenigen Stücken in loser Gemeinschaft an 
besonders einladenden Stellen. 


Genus 98. Actitis Boie. 
220. ACTITIS HYPOLEUCOS L. 


Keyserling u. Blasius, die Wirbeltiere Europas, I. S. 212. n. 334. — 
Verz. S. LXXIH. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, VIIL S.7. Taf 194. 
Ein an unsern Seen, Flüssen und Teichen überall vorkom- 
mender, wenn auch an vielen Orten nicht häufiger, doch nir- 
gends seltener Zugvogel, an der Donau, Wertach und dem Lech 
auf Sandbänken und Inseln ganz gemein. Bei Überschwem- 
mungen oder hohem Wasserstande gehen viele Bruten zu Grunde. 
Bei Augsburg hat Leu sehr viele Eier und Nestjunge gesam- 
meit; ich traf ihn brütend an der Wiesent bei Waischenfeld in 
der fränkischen Schweiz. Er kommt in der zweiten Hälfte des 
April, gewöhnlich erst im Mai und verlälst uns wieder, nachdem 
er gegen das Ende des Juli umherzustreichen begonnen hat, im 

September. 


Genus 99. Phalaropus Briss. 


a. Lobipes Cuwv. 


221. PHALAROPUS CINEREUS Biriss. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 212. n. 335. — 
Verz. S. LXXIII 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands. VII. S. 240. 
Taf. 205. 


Der schmalschnäbelige Wassertreter kommt einzeln aus dem 
Norden als sehr seltener Gast auf unsere Möser, Seen und Flüsse. 


>72 Ordnung V. Grallatores. Sumpfvögel. 


Er wurde am Bodensee, im Frühjahr und Spätherbst 1842 je 
ein altes Männchen am Starnberger See, im August 1847 ein 
junges Exemplar auf den Mösern der Revier Gern, in Unter- 
franken anfangs der fünfziger Jahre einer auf dem Herbstzug 
bei Königshofen und ein junger Vogel am 2. September 1805 
am Untermain geschossen. Ich selbst erhielt einen jungen, an 
einem kleinen Weiher bei Uffenheim in Mittelfranken zwischen 
Langensteinach und Reichardsroth am 18. September 1881 erlegten 
Vogel, in dessen Magen sich verschiedene, nicht mehr zu bestim- 
mende Reste von Kleinkäfern, darunter ein Curkulionide, und 
etliche Sämereien vorfanden. 


b. Phalaropus auct. 
222. PHALAROPUS RUFESCENS Briss. 


Keyserling u. Blasius, die Wirbeltiere Europas, I. S. 212 n. 336, — 
Verz. S. LXXII. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, VIII. S. 255. 
Taf. 206. 


Eine höchst seltene Erscheinung in Süddeutschland. Leu 
in Augsburg und Büchele in Memmingen erhielten am 10. Januar 
1863 und 26. November 1856 je ein Exemplar im Übergang aus 
dem Sommer- in das Wintergewand, beide von Lindau. Auch 
Walchner und Landbeck führen Herbstkleider breitschnäbe- 
lige Wassertreter vom Bodensee an. Ende Oktober 1579 wurde 
der Kopf eines solchen Vogels am Ufer des Ammersees bei 
Diefsen gefunden (Baron v. Freyberg in litt.). 


Genus 100. Limosa Briss. 
223. LIMOSA AEGOCEPHALA L. 


Keyserling u. Blasius, die Wirbeltiere Europas, I. S. n. 213. u. 338. — 
Verz. S. LXXIV. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, VIII. S. 406. 
Taf- 212 und 213. 


Die schwarzschwänzige Limose wird nur auf dem Zuge in 
Sümpfen, Teichen, an grossen Seen und Flüssen bei uns wahr- 
genommen. Am Bodensee ist sie nach Koch im Frühjahr sehr 
selten, der junge Vogel aber im Herbst öfter vorhanden. Nach 


23. Familie. Schnepfen. 2713 


Altum berührt sie auf ihrem Zuge zum Süden die Binnenlän- 
der verhältnismälsig äulserst selten, was ich in den Moorweihern 
bestätigt fand, indem sie mir dort im Herbst nicht ein einziges 
Mal zu Gesicht gekommen ist, während ich sie im Frühjahr gar 
nicht selten, in manchen Jahren sogar ziemlich häufig antraf, 
wie aus nachstehenden Tagebuch-Notizen zu ersehen sein wird: 

1854 traf ich in den Weihern am 16. April zwei Stücke, 
neben ihnen viele Kiebitze, Tags darauf eine, am 19. ej. m. zwei 
und am 20. ej. sechs beisammien an. 

1855 erschienen die ersten Limosen am 25. April und sah 
ich an diesem und den zwei folgenden Tagen nur eine einzige. 

1856. Ankunft am 10. April. Tags darauf strichen zwei 
Stücke aus den Bucherweihern in die Moorweiher. Am 17. ej. m. 
standen 2 Stücke in dem 72 Tagewerke grolsen Moorweiher im 
kurz aufgesprolsten Riedgrase und jodelten, nachdem sie sich 
erhoben hatten. Am 19., 22. und 23. ej. m. flog ein altes Männ- 
chen, wahrscheinlich immer derselbe Vogel, in Gesellschaft von 
Kampistrandläufern, Kiebitzen und Staaren ; am 27. und 28. ej. m. 
waren zuerst 5, dann 6 Stück auf einem Haufen vorhanden und 
liefsen öfter ihr Jodeln vernehmen. 

1857. Ankunft am 7. April; mehrere Exemplare am 25. dieses 
Monats gesehen. 

1858 zeigten sich die Limosen am 23. März; Tags darauf 
und bis zum 17. April war immer nur ein einziges Exemplar 
anzutreffen, am 18. und 19. April jedoch jedesmal sechs auf 
einen Flug. 

15859 kamen die ersten am 31. März und wurde ein Stück 
erlegt. Vom 4. bis zum 10. April sah ich je eine einzelne, am 
8. aber zwei und am 12. ej. m. bei sehr heftigem Winde in 
Gesellschaft einer grolsen Schar Kampfstrandläufer in einem 
Weiher zehn Limosen stehen, am 16. April wieder bei starkem 
Winde, empfindlicher Kälte und Graupelstürmen zugleich zwei 
Haufen, deren einer aus fünf, der andere aus zehn Stücken 
bestand, von denen zwei angeschossen wurden. Anderen Tages 
standen bei fortdauerndem, kalten und windigem Wetter und 
eisigen Niederschlägen achtzehn Stücke im grofsen Moorweiher 
auf einem Haufen und einzeln ein altes Männchen von aus- 
nehmender Schönheit im fertigen Sommergewand im sogenannten 
Soorweiherlein, wo es geschossen wurde. Am 18. April standen 
zwei in einem kleinen Weiher bei Biengarten und wurde, wie 

Jäckel, Die Vögel Bayerns. 15 


2T4 Ordnung V. Grallatores. Sumpfvögel. 


Tags zuvor auch geschehen, eine der angeschossenen vergeblich 
verfolgt. Am 20. April wurde von 4 Stücken ein altes Weibchen 
erlegt, am 21. ein Stück und die angeschossene, am 23. zwei 
Exemplare angetroffen und aulserdem letztere endlich erlegt. Am 
23. zeigte sich noch ein Flug von 3 Stücken und am 24. eine 
Einzelne, die letzte in diesem Frühjahr. 

1861 war ihr Strich schwach. Nur am 1. April, am 7. und 
14. Mai zogen je zwei Limosen durch. 

1862. Ankunft am 26. März; am 29. ej. m. ein Flug von 
drei, am 2. und 16. April zwei Flüge, jeder von 5 Stücken. 

1864 war ein limosenarmes Frühjahr; am 2. April sah ich 
zwei Stücke, später keines mehr. 

1865 und 1866 war der Strich ganz schlecht. Im ersteren 
Jahre stand am 21. April ein vereinzeltes Stück im Soorweiher- 


lein; in letzterem wurde auch nur ein einziges Exemplar am 
24. April bemerkt. 


1867 dagegen war der Strich sehr lebhaft und standen am 
20. April in dem ebengenannten kleinen Weiher dreizehn Stücke. 

1869 begann der Strich am 4. April und erhielt Baron 
Gottlieb v. Koch ein altes Weibchen. Es wurden während 
der Strichzeit fast täglich Pfuhlschnepfen bemerkt, einmal ein 
Trupp von 5 Stücken. 


1871 sah v. Koch vom 21. bis 23. April täglich drei bis 
vier Stücke, einmal vier prachtvolle Männchen, die sich lange 
Zeit sehr ungeniert beobachten lielsen. In den folgenden Jahren 
sind diese herrlichen Vögel noch zahlreicher geworden 


Sonst hat man Limosen an der Donau, am Main (Aschaffen- 
burg), an der Regnitz (Erlangen) und an der Zenn in Mittel- ° 
franken erlegt. Hervorzuheben ist, dals ein Stück bei Ochsen- 
furt zu ungewöhnlich früher Zeit Ende Februar 1870 und zwei 
junge Vögel am 29. Juli 1851 auf dem Steinheimer Riede bei 
Memmingen und am 18. Juli 1872 auf der Meringer Au bei 
Augsburg erlegt wurden. Auch bei Offenbach am Untermain 
traf sie Hofrat Dr. Meyer am 24. Juli 1806 einzeln auf dem 
Durchzuge an einem grolsen Sumpfe an. 


23. Familie. Schnepfen. 275 


224. LIMOSA RUFA Briss. 


Keiserling u. Blasius, die Wirbeltiere Europas, I. S. 213. n. 339. — 
Verz. S. LXXIV. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, VIII. S. 446. 
Taf. 215 und S. 428. Taf. 214. — XIII. Fortsetzung der Nachträge. 
S. 246 und 247. 


Sehr selten auf dem Durchzuge. Koch traf sie im Spät- 
herbst auf den Mösern des Bodensees ; einzelne Stücke wurden 
am 28. August 1849 auf dem Riede bei Memmingen, am 27. Sept. 
1854 ein Weibchen an der Wertach bei Augsburg, an der Donau 
bei Regensburg, am 5. September 1851 bei Erlangen, im mittleren 
Aischgrunde bei Markt Dachsbach und am Main bei Aschaffen- 
burg geschossen. Am Untermain traf sie Hofrat Dr. Meyer in 
Offenbach am 22. September 1805 einzeln auf Brachäckern. Ich 
sah in den Moorweihern eine rothe Limose am 3. Mai 1856 unter 
lautem Schreien durch jenes wasserreiche Gebiet streichen und 
nach v. Koch wurde daselbst am 13. April 1869 ein Stück 
geschossen und wurden aulserdem mehrere Exemplare in jenen 
Weihern beobachtet. 

(A. Wiedemann teilt mir mit, dals am 24. April 1884 am 
Lech bei Augsburg (Kissing) ein Männchen erlegt wurde. — R. Bl.) 


Genus 101. Machetes Cuv. 
225. MACHETES PUGNAX L. 


Keyserling u. Blasius, die Wirbeltiere Europas, I. S. 213. n. 341. — 
Verz. S. LXXV. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, VII. S. 502. 
Par. 190° 191, 392,193. 


Auf den südbayerischen Mösern, z. B. auf dem Dachauer 
Moose bei Allach soll er brüten, ebenso in der Rheinpfalz und 
zu Kochs Zeiten wurden jedes Jahr einzelne Paare auf dem 
Fufsacher Moose am Bodensee angetroffen. Sonst findet er sich 
überall nur in den beiden Zugperioden an Flüssen, Teichen und 
auf Sumpfwiesen, stellenweise z. B. in den Moorweihern als einer 
der gemeinsten Schnepfenvögel. Leu erhielt in dem gelinden 
Winter 1874 ein junges Männchen aus der Gegend von Augs- 
burg bereits am 9. Februar und nach Landbeck wurde er auch 


in Württemberg am Neckar schon im Februar 1320 erlegt. Ich 
18* 


276 Ordnung V. Grallatores. Sumpfvögel. 


sah die ersten Ankömmlinge vom 10. März an bis Ende des 
Monats; häufiger kommt er erst im April und zwar wird der 
Zug in der zweiten Aprilhälfte von Tag zu Tag belebter, so dafs 
man nicht blofs kleine Flüge von 10 bis zu 40 Stücken, sondern 
Schwärme von Hunderten junger Vögel und Weibchen wahr- 
nehmen kann. Von da an dauert der Zug in immer mehr 
abnehmender Frequenz bis Ende Mai fort und einzelne Exem- 
plare sieht man noch bis Ende Juni. Der Widerstrich beginnt 
schon in der zweiten Hälfte des Juli und dauert während der 
Monate August und September bis zum zweiten Drittel des Oktober. 
Die ersten Ankömmlinge im Frühjahr sind immer junge Weib- 
chen vom Vorjahre und junge Männchen im Frühlingskleide, 
deren weilse, schwarze, gebänderte, rostrote und rostbraune Hals- 
und Nackenkrägen weithin sichtbar sind. Solche junge Männ- 
chen trifft man mit den jungen Weibchen oftmals gemeinschaft- 
lich an, doch kann man leicht an den in der Grölse bedeutend 
abweichenden Gestalten und unterstützt durch den auffallenden 
Federschmuck der Männchen gewahr werden, dals beide Ge- 
schlechter, auch wenn sie sich zu einem Trupp vereinigen, gleich- 
wohl es lieben, sich nach dem Geschlechte zu gruppieren. 
Während die chevaleresken Männchen beisammen stehen oder 
gegenseitig hadern und in Boxerstellung auf einander losfahren, 
weiden etwas seitwärts die harmlosen Weibchen, emsig auf dem 
kurzen Wasen umhertrippelnd. Auf einmal aber etwa von einem 
Raubvogel erschreckt oder aus eigenem Antriebe, erhebt sich 
Alles und eilt in einer Schar, Männchen und Weibchen bei- 
sammen, in reilsend schnellem Fluge davon. Die alten Weib- 
chen ziehen anfangs bis Ende Mai in Flügen von 5 bis 12 Stücken 
noch bis Ende Juni durch. Der Herbststrich ist gegen den des 
Frühjahrs sehr gering; es kommen nur einzelne Vögel oder kleine 
Flüge durch und solche machen dann, was sie allerdings auch 
im Frühjahre thun, gerne die Anführer von Alpenstrandläufern. 
Grölsere Scharen sah ich im Herbst nie. In manchen Jahren 
ist der Strich sehr ärmlich und sieht man in der besten Zeit 
des Frühlings nur Flüge bis zu 20 Stücken; ganz ausgezeichnete 
Jahre waren 1856, 1857, 1859, 1865 und 1867. Männchen im 
vollendeten Sommergewand sah ich in den Moorweihern nie, 
nur Frühlingskleider, zum Teil schon mit vielen Warzen im 
Gesicht. Schon Mitte Aprils, häufiger im Mai war ich öfters 
Zeuge, dals die Männchen von dem Verlangen ergriffen wurden, 


23. Familie. Schnepfen. ZN 


mit einander zu turnieren. Zu eigentlichen Kämpfen sah ich es 
freilich nicht kommen, bemerkte auch nicht, dals sie besondere 
Kampfplätze gehabt hätten, wie dies an ihren Brutörtern der 
Fall ist. Es rannte eben an einem beliebigen Orte, wo sie zu- 
fällig eingefallen waren, plötzlich ein Männchen gegen einen 
ruhig dastehenden oder umherlaufenden Kameraden herausfor- 
dernd an. Die Partie wurde entweder nicht angenommen oder 
es kam nicht zum Ernste, indem nach kurzem grimmigen Gegen- 
überstehen der eine oder andere feig über die Mensur zurückging. 


Auch auf den Weihern der Oberpfalz findet er sich zur 
Zugzeit zahlreich ein. Prof. Dr. Wolf erhielt ihn aus der Nürn- 
berger Gegend von Lauf, die Gebrüder Dr. Dr. Sturm aus der 
Gegend von Cadolzburg, wo am 15. Mai von 15 Stücken am 
Seukendorfer Weiher ein altes Männchen erlegt wurde, und vom 
Dutzendteich bei Nürnberg. Ich sah kleine Scharen bis zu 25 
Stücken am 2. und 3. Mai 1861 an der Altmühl bei Herrieden, 
bei Sommersdorf und bei Triesdorf auf dem beiläufig 142 Tage- 
werk grofsen Moose bei Hirschlach und erhielt von da verschie- 
dene Frühlings- und Herbstvögel.e Leu und andere Freunde 
bekamen zahlreiche Exemplare vom Bodensee, Memmingen, 
Augsburg, Ingolstadt, wohin sie nach Schrank einst in grolsen 
Scharen kamen, aus Oberbayern, Niederbayern und Unterfranken 
(Aschaffenburg). 

In den Mägen Erlegter fand ich: Samen von Polygonum 
persicaria, viele Käfer (Agonum viduum, Bembidium velox, Parnus 
auriculatus, Oyclonotum orbiculare, Sitones tibialis, Pissodes motatus, 
Rohinoncus pericarpius, Philhydrus testaceus), Schwimmwanzen, 
(Naucoris cimicoides) und Köcherfliegen (Limnophilus griseus) und 
an Eingeweidewürmern die Taenia brachycephala. 


Genus 102. Calidris Illig. 
226. CALIDRIS ARENARIA L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 214. n. 342. — 
Verz. S. LXXV. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, VII. S. 353. 
Taf. 182. — XIH. Fortsetzung der Nachträge. S. 231. 


Auf dem Herbststrich nicht gar selten am Bodensee, auf der 
Donau (Donauschütten), am Lech, an der Iller, Regnitz, am Main. 


278 Ordnung V. Grallatores. Sumpfvögel. 


Aın 4. Oktober 1863 sah Leu am Lech einen kleinen Flug bei 
Prütriching in der Meringerau, wovon ein Stück erlegt wurde. 
Dr. Meyer zu Offenbach traf ihn ziemlich häufig im Mai 1806 
am Untermain, im Herbst alljährlich. Apotheker Link schols 
ihn 1850 im Herbst ebenfalls am Mainufer bei Obereisenheim 
in der Gegend von Volkach. 


Genus 103. Tringa L. 
a) mit erweitertem, geraden, langen Schnabel. 
227. TRINGA CANUTUS L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I S. 214. n. 344. — 
Verz. S. LXXVI. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, VI. S. 372. 
Taf. 183. — XIII. Fortsetzung der Nachträge $. 232. 


Auf dem Zuge sehr selten und zwar im Frühjahr noch 
seltener als im Herbst an unsern grolsen Gewässern (Bodensee, 
Lech, Main). Koch erhielt mitten im Sommer ein altes Weib- 
chen, das auf dem Fulsacher Moose (Bodensee) geschossen wurde. 
An einem kleinen Bache bei Offenbach erlegte Dr. Meyer am 
18. April 1807 zwei Stücke. 


b) mit schlankem, gebogenen, langen Schnabel. 
228. TRINGA MARITIMA Brünn. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 214. n. 345. — 
Verz. S. LXXVI. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, VII. S. 46%. 
Taf. 188. 


Der Seestrandläufer kommt nur als höchst seltener Winter- 
gast an den Bodensee u. s. w. und an unsere Flüsse. Ein am 
Lech bei Augsburg am 8. November 1869 erlegtes Weibchen 
erhielt Leu und ein am 23. Februar 1870 bei Rothenbuch im 
Spessart geschossenes Exemplar sah ich im naturhistorischen 
Museum in Wiesbaden. Über dieses Vorkommen berichtete der 
Schütze, der damalige Kandidat der Forstwissenschaft Franz 
Freiherr von Preuschen, an den Professor Dr. C. L. Kirsch- 
baum in Wiesbaden: »Die Quellen der Hafenlohr, die ziemlich 
zahlreich bei Rothenbuch entspringen, sind auch in den kältesten 


23. Familie. Schnepfen. 279 


Wintern warm genug, um den Boden der von ihnen bewässerten 
Wiesen vor dem Gefrieren zu bewahren und die Vegetation der 
darauf befindlichen Gräser und Pflanzen in Thätigkeit zu erhalten. 
Als im Januar 1870 ein anhaltender und heftiger Nordostwind 
nach vorherigem Schneefall eintrat und bis in den Februar 
dauerte, versammelten sich auf den überrieselten und darum 
offenen Stellen zahlreiche Bekassinen und Drosseln, um dort ihre 
Nahrung zu suchen. Bei Gelegenheit einer Bekassinenjagd am 
23. Februar bemerkte ich einen Vogel, der in seinem Bau Ähn- 
lichkeit mit den Bekassinen hatte, jedoch etwas kleiner war als 
dieselben und von dunklem Gefieder. Besonders fiel mir an 
demselben auf die Unverdrossenheit und Lebhaftigkeit, mit der 
er seiner Nahrung nachging, und die Geschicklichkeit, mit der 
er strich. Er watete durch das Wasser, so dafs nur der Kopf 
über der Oberfläche sichtbar war, strich auf meinen ersten Schuls 
einige Schritte weiter und begann sogleich wieder mit dem 
Schnabel im Boden zu bohren, liefs mich dann auf etwa zehn 
Schritte ankommen, ohne sich irgendwie zu verstecken oder zu 
drücken, und liefs mich auf diese Entfernung meinen zweiten 
tötlichen Schuls anbringen. — Wie es scheint, war die anhaltende 
Kälte, der aus Norden wehende Wind und die dauernde Bedeckung 
des Bodens mit Schnee die Ursache, dafs der nordische Vogel 
soweit südlich gestrichen. Im Verdauungskanal waren unkennt- 
liche Nahrungsstoffe, zwei Insektenlarven (Perla) und einige 
kleine Kieselsteinchen im Magen.« (Zoologische Mitteilungen 
von Dr. C. L. Kirschbaum in den Jahrbüchern des nassau- 
ischen Vereins für Naturkunde Jahrgang XXV und XXVI, 
Wiesbaden, 1871 und 1872. S. 4359 ff.). 


229. TRINGA SUBARQUATA Güldenstädt. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 214. n. 346. — 
Verz. S. LXXVI. 
Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, VII S. 408. 
Taf. 346. — XIII. Fortsetzung der Nachträge S. 234. 
Grofser Gropper. 

Auf dem Durchzuge einzeln oder in kleinen Flügen nicht 
besonders selten. Junge Vögel kommen jeden Herbst an die 
Ufer des Bodensees, doch erhielt Landbeck von dort auch ein 
Pärchen alter Vögel im Sommergewand. Letztere sind jedoch 
weit seltener. Einzeln, einmal in Gesellschaft mit zwei jungen 


280 Ordnung V. Grallatores. Sumpfvögel. 


Aegialites hiaticula, ein andermal drei Stücke beisammen, habe 
ich junge Vögel von Ende September bis Ende Oktober etliche 
Male in den ausgefischten Moorweihern und in den Weihern bei 
Buch angetroffen und ein Stück erhalten. Sonst wurde er in 
Oberbayern an der Amper und deren Bächen, am Lech, auf den 
Donauschütten, bei Regensburg und am Main erlegt. 

In den Mägen fanden wir Insekten, Käferlarven und 15 Larven 
der gemeinen Wasserflorfliege (Sialis lutaria). 


230. TRINGA CINCLUS L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 215. n. 347. — 
Verz. S. LXXVI. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, VII. S. 426. 
Taf. 186 und 8.453. Taf. 187. — XII. Fortsetzung der Nachträge 
S. 235. 


Gropper, Gropperle. 


Auf dem Durchzuge im Frühjahr und Herbst in allen ge- 
eigneten Lagen auf sandigen oder schlammigen Plätzen der Seen, 
Teiche und Flüsse ein ganz gewöhnlicher in Scharen von 20, 
30 und mehr Stücken vorhandener Strandläufer. Man hat ihn an 
den oberbayerischen Seen, am Bodensee, auf der Isar (München), 
am Lech (Augsburg, auf dem Wolfszahn und dem Lechfeld), an 
der Mindel, Donau, Altmühl, auf dem Mocse bei Hirschlach in 
Mittelfranken, am Dutzendteich bei Nürnberg und am Main in 
Unterfranken sehr häufig wahrgenommen und erlegt. In die 
Moosweiher kommt er auf seiner Herbstwanderung manchmal 
schon anfangs (7.) August, häufiger im weiteren Verlauf dieses 
Monats an. Der Hauptzug ist im September und Oktober, wo 
man ihn in staarähnlichen Flügen sehen kann, und dauert bis 
in die ersten Tage des November. Zur Zeit der Fischerei treiben 
sie sich in den leeren Weihern umher und traf ich einzelne oder 
kleine Flüge noch, als alle kleinen Weiher schon ganz, die grolsen 
teilweise überfroren waren. Schon am 17. und 13. März pflegen 
sie sich in manchen Jahrgängen auf den: Striche in den Weihern 
wieder einzufinden; der Haupt-Frühjahrstrich ist anfangs bis 
Mitte April und dauert bis in die zweite Hälfte des Mai. Der 
späteste von mir notierte Termin, wo ich noch zwei Stücke antraf, 
ist der 24. Mai 1855. Leu erhielt ein junges Exemplar mit 
sanz kurzen, unausgewachsenen Schwanzfedern am 11. Mai 1866 


23. Familie. Schnepfen. 281 


vom Lech. Im Frühjahr sind die Alpenstrandläufer um vieles 
seltener, als im Herbst; ich beobachtete sie da nur in kleinen 
Gesellschaften von drei bis zwölf Stücken. Am 13. April 1858 
erhielt ich aus den Moorweihern ein Männchen im Übergang 
zum Sommerkleid, am 14. Mai ej. a. und am 19. Mai 1855 zwei 
Männchen im reinsten Hochzeitskleide und am 16. Mai 1858 sah 
ich am Ufer des grolsen Hesselberger Weihers einen Flug von 
acht Männchen beisammen, welche alle letzteres Gewand voll- 
ständig trugen. Sommerkleider oder beginnende Übergänge in 
das Winterkleid sind bei uns sehr selten. Leu erhielt am 
15. Oktober 1852 ein bei Göggingen an der Wertach geschossenes 
Weibchen mit schwarzem Brustschild und Bauch. 

Auf dem Zuge gesellen sich die Alpenstrandläufer gerne zu 
anderen Sumpfvögeln (Machetes pugnax, Totanus glottis, fuscus, 
calidris, Squatarola helvetica), deren Führung sie vertrauensvoll 
folgen. | 

In den Mägen Erlegter fand ich kleine Conchylien (Vertigo 
7 dentata), unkenntliche Larven von Eintagsfliegen und Frücht- 
chen von Nymphaea alba, Polygonum persicarıa, Potamogeton und 
Ranunculus. 


c) mit schlankem, geraden, kurzen Schnabel. 
231. TRINGA MINUTA Leisl. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas. I. S. 215. n. 351. — 
Verz. S. LXX VI. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands. VII. 8. 391. 
Taf. 184, — XIII. Fortsetzung der Nachträge S. 233. 


Rajsler. 


Im Frühjahr, Mai, kommt der Zwergstrandläufer einzeln, im 
Herbst dagegen viel zahlreicher auf dem Durchzug auf unsere 
Flüsse, Teiche und Seen, auf den Bodensee nach Koch ge- 
wöhnlich Ende September oder anfangs Oktober, wo er eine 
kurze Zeit verweilt und dann weiter südlich zieht. Er ist sehr 
scheu, erhebt sich bei dem Auffliegen sehr hoch in die Luft, 
streicht weiter und setzt sich erst in grolser Entfernung nieder. 
Im Flug läfst er schwirrende, dem Rasseln der Ketten nicht un- 
ähnliche Töne hören, daher ihn auch die Jäger »Ralsler« nennen. 
Leu erhielt von Mitte August bis Ende September von Lindau, 


282 Ordnung V. Grallatores. Sumpfvögel. 


Augsburg und Althegnenberg in Oberbayern verschiedene Exem- 
plare, junge Vögel; andere wurden an der Donau (Regensburg, 
'Passau) erlegt und eines erhielt ich am 5. November 1860 aus 
der Gegend von Höchstadt a. A. Es befand sich in Gesellschaft 
zweier Alpenstrandläufer im leeren Kirchweiher zwischen Buch 
und Neuhaus und wurde mit seinen Begleitern geschossen. 


232. TRINGA TEMMINCKI Leisler. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas. I. S. 215. n. 350. — 
Verz. S. LXXVI. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deuschlands. VII. S. 485. 
Taf. 189. — XII. Fortsetzung der Nachträge S. 234. 


Grauer Rajsler. 


Auf dem Durchzug sehr selten. Koch traf ihn am Boden- 
see meistens einzeln oder in kleinen Gesellschaften und schols 
ihn nur im Herbst. Auf den Donauschütten bis Ingolstadt auf- 
wärts, bei Regensburg, am Lech (12. August), auf dem Dutzend- 
teich bei Nürnberg (4. September aus einer grölseren Gesellschaft 
drei Stücke erlegt) und am Main wurde er gleichfalls beobachtet. 


Genus 104. Limicola Koch. 
233. LIMICOLA PYGMRA Lath. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas. I. S. 216. n. 352. — 
Verz. S. LXXVL. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands. VII. S. 271. 
Taf. 207. — XUI. Fortsetzung der Nachträge. 


An den Ufern und auf den Rieden des Bodensees zur Zug- 
zeit im September sehr selten. Koch schols dort ein Männchen 
und ein Weibchen in genanntem Monat auf einen Schuls. In 
den Moorweihern und deren Nachbarschaft habe ich diesen seltenen 
Vogel mehrere Male beobachtet und einmal im Fleische erhalten. 
Den ersten sah ich am 9. Mai 1854 am Rande des grolsen Moor- 
weihers, einen zweiten am 17. Mai in einem Weiher bei Buch, 
am 20. Mai den dritten wieder in den Moorweihern und ein 
schönes altes Männchen erhielt ich am 22. Mai aus den Poppen- 
winder Weihern. Seitdem ist mir das höchst interessante Vögel- 
chen nur noch einmal am 4. Oktober 1856 in einem gefischten 


23. Familie. Schnepfen. 283 


Weiher bei genanntem Poppenwind zu Gesicht gekommen, woselbst 
es wenige Schritte von mir entfernt auf dem Schiamme umher- 
trippelte. Das harmlose Tierchen kam langsam an den Weiher- 
damm heran, auf welchem ich stand, und liels sich in nächster 
Nähe betrachten. Als ich und mein Begleiter, ein alter Förster, 
der seine letzten beiden Schüsse auf einen Kiebitz-Strandläufer 
abgegeben hatte, auf das Schnepfchen zugingen, flog es auf und 
strich so niedrig an uns vorüber, dass es ein geschickt geführter 
Peitschenhieb aus der Luft hätte herabschleudern können. Im 
nächsten morastigen Weiher fiel es nach kurzem Fluge ein und 
trieb sich wieder nur etliche Schritte vor uns furchtlos umher. 
Den Körper wagerecht, die Brust etwas höher getragen, den Hals 
eingezogen, die Schnabelspitze gegen die Brust gesenkt, trippelte 
es in seltsamer Grandezza still dahin. Im Fluge wurde der 
Schnabel, was die nahe Verwandtschaft mit den Sumpfschnepfen 
bekundete, stark abwärts gehalten. Als ich nachmittags an Ort 
und Stelle mich abermals einfand, war das Vögelchen trotz allem 
Suchen mit dem Hunde nicht mehr aufzufinden. Die anderen 
von mir beobachteten flogen ein paar Schritte vor meinen Fülsen 
aus dem Riedgrase heraus, strichen bald in weiterem, bald in 
kürzeren Bogen, wobei sie ein trillerndes »Tirrr« hören lielsen, 
weg und kamen ziemlich genau an dieselbe Stelle wieder zurück, 
waren dann aber durch Suchen und Lärmen ohne Hund nicht 
aus dem Gesümpfe herauszubringen. 

Mein gewöhnlicher Begleiter — ich selbst mulste mir die 
Führung eines Gewehres versagen — war selten zu bewegen, 
auf kleines Zeug zu schielsen. Er wollte sich die Entenjagd 
nicht verderben und meinte überdies, im Herbst gebe es von 
diesen kleinen »Betteln« ganze Haufen, so dals man auf einen 
Schuls genug erlangen könne. Es half keine Vorstellung und 
mulste ich einen Bauern von Poppenwind, der eine grolse Wasser- 
jagd in den Moorweihern besals, wiederholt ersuchen, mir eines 
der bezeichneten Strandläufer -Schnepfchen zu schielsen. Ich 
erhielt es, aber in unbrauchbarem Zustande, da es von Fliegen- 
larven bereits so erfüllt war, dafs sich das Bauch- und Hals- 
gefieder hob und senkte. In dem Magen dieses Männchens fand 
ich aulser vielen Kieskörnchen unkenntliche Reste von Wasser- 
gewürm, Wasserkäfer (Cyclonotum orbiculare, Conchylien [zwei 
Gehäuse von Planorbis hispidus]) und allerlei Carpologisches, 
Samen von Potamogeton, Polygonum und Pilularia globulifera. 


284 Ordnung V. Grallatores. Sumpfvögel. 


Ein junges Männchen wurde am 23. September 1883 bei 
Lauingen in Schwaben erlegt. 


Genus 105. Ascalopax. 
234. ASCALOPAX GALLINULA L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 216. n. 353. — 
Verz. S. LXXVI. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands. VIII S. 344. 
Taf. 210. — XUDI. Fortsetzung der Nachträge S. 246. 


Kleine Bekassine, kleiner Gräser, das Bruchböckel, Bockerle, 
Haarschnepfchen. 


Auf dem Durchzuge im Herbst (Oktober und November) 
und wieder im Frühjahr, hie und da schon Ende Februar, ge- 
wöhnlich von der zweiten Märzhälfte an und den April hindurch 
auf Mösern, an Teichen, Wassergräben und Seen seltener als die 
Bekassine, in manchen Jahren ziemlich gemein, sporadisch auch 
brütend. Ende April 1862 wurden auf dem Revier Dormitz bei 
Erlangen Forstamts Nürnberg-Sebaldi von einigen Holzhauern 
bei dem Reinigen von Gräben in tiefer nordöstlicher Lage nächst 
den sogenannten Kreuzweihern auf einer sumpfigen, früher mit 
Erlen bestockten, seit genanntem Jahre aber entwässerten, mit 
Fichten bepflanzten und an nasse Wiesen angrenzenden Fläche 
drei Nester der kleinen Bekassine gefunden, die sämtlich am 
Rande der Gräben in einer mit ziemlich hohem Grase bewach- 
senen, wahrscheinlich durch den Tritt des früher dort weidenden 
Viehes entstandenen Vertiefung angebracht und, nur leichtfertig 
mit dürrem Grase und etwas Erlenlaub ausgekleidet, blofs dem 
scharfen Auge bemerklich waren. In den drei Nestern fand der 
jetzige Oberförster W. Donle, z. Z. in Cammerstein, je vier 
Eier, die sämtlich angebrütet und zum Ausblasen nicht zu 
gebrauchen waren, und von einem vierten Neste, das D. selbst 
in einer Vertiefung bei einem Erlenstock entdeckt hatte, zer- 
sprangen von den drei darin befindlichen, noch nicht brütigen 
Eiern zwei derselben, weil er sie bei der damals ziemlich hohen 
Temperatur zu lange unausgeblasen hatte liegen gelassen. Um 
alle Zweifel zu beseitigen, erlegte er ein von dem Neste abstrei- 
chendes Schnepfchen und zwei andere, deren Nester jedenfalls 
zerstört worden waren, am Kreuzweiher. Das einzige gut aus- 


23. Familie. Schnepfen. 285 


geblasene Ei schickte ich, um ganz sicher zu gehen, an Dr. Bal- 
damus, der mir am 27. Dezember 1863 schrieb, es sei dasselbe 
sicher ein solches der Ascalopax gallinula. Wahrscheinlich brütet 
dieses Schnepfchen an manchen Orten Deutschlands, ohne bei 
seinem stillen, verborgenen Wesen beobachtet worden zu sein. 
Ich traf es oft noch sehr spät im April in den Moorweihern, 
ebenda Gottlieb v. Koch noch am 1. Mai und Förster 
Jägerhuber in Arberg noch am 6. Mai. Auch versicherte 
mir Oberförster Leykam, nun in Forsthof bei Nürnberg, dafs 
das Haarschnepfchen am Kauerlacher Weiher in der Oberpfalz 
brüte. In Pommern und Westfalen hat man neuerdings auch 
Nester und Eier dieser Art gefunden. 


235. ASCALOPAX GALLINAGO L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas. I. S. 316. n. 355. — 
Verz. 8. LXXVL. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands. VII. S. 310. 
Taf. 209. 


Bekassine, Gräser, Himmelsziege, Himmelsgäs (Gäs — Gaise), Haber- 
geis, Moosbock, Moor-, Moosschnepfe, Wasserschnepfe. 

Auf allen Moosen, grolsen Sümpfen, Morästen, Torfmooren, 
versumpften Weideplätzen, Wiesengründen und Walddistrikten 
ein gemeiner Brüte- und Zugvogel bis hinauf in die hohe Rhön. 
Im Jahre 1844 erlegte der Graf Ricciardelli auf dem Ismaninger 
Moos in zwei Tagen 96 Bekassinen. Sie kommt in den letzten 
Tagen des Februar und im März bei uns an, beginnt in der 
zweiten Hälfte des August das Umherstreichen und zieht im 
Oktober und November wieder ab. Einzelne überwintern an 
Baumquellen im Gesümpfe sogar in so harten Wintern, wie der 
von 1879/80 war, wo in Franken in vielen Kellern geheizt 
. werden mulste, damit die Kartoffeln nicht erfroren. Ich traf 
damals eine Bekassine in hiesiger Gegend mehrmals im Moose 
bei Külsheim an einem Quellenbächlein an, und erhielt endlich 
das von einem hungrigen Schützen erlegte, fast nur aus Knochen 
und Federn bestehende, selbst im Gefieder schlechte Jammerbild. 
Im Herbst trifft man sie oft auf Äckern, Krautländereien und 
jungen Nadelholzsaaten mit kleinen nassen Stellen an. Am 
20. August, 28. September und 2. Oktober hörte ich sie in den 
Moorweihern noch meckern. So ungesellig, wie Naumann sie 


286 Ordnung V. Grallatores. Sumpfvögel. 


schildert, ist sie doch nicht; denn ich sah geschlossene Züge 
von 8 bis 12 Stücken wie Staare auf einem Haufen aus einem 
Weiher in den andern streichen. 

Winckell schofls im Frühling 1821 ein Männchen dieser 
Schnepfe von dem Dache eines Fischhauses herab, auf dem es 
sich niedergelassen und sitzen geblieben war. Einer meiner 
Freunde suchte mit seinem Hühnerhunde in einem Sumpfe nach 
Bekassinen. Der Hund kam auf junge Bekassinen; die Alte 
setzte sich auf eine am Rande des Sumpfes stehende alte Föhre 
und wurde herabgeschossen. 

In den Mägen Erlegter fand ich Käfer (Hydrobius fuscipes), 
Teilchen zarter Pflanzenblätter und Samen von Alisma plantago, 
Panicum glaucum, Sceirpus, Carex und Polygonum-Arten, in den 
Eingeweiden in grolser Menge einen Bandwurm (Taenia variabilıs). 

Bekanntlich hat Prof. Altum 1855 in der »Naumannia« 
eine neue Theorie über die Entstehung des Meckerlautes der 
Bekassine aufgestellt, dafs nämlich die ausgebreiteten Schwanz- 
federn, in deren Schärfe der heftige Luftstrom des schräg und 
zitternd herabstürzenden Balzvogels fährt, das meckernde Instru- 
ment seien. Später hat er seine Theorie dahin modifiziert, dals 
nur je die äulserste Steuerfeder die tönende Zunge sei, dals man 
wenigstens mit dieser den Meckerton täuschend nachmachen 
kann, wenn man mit der an die Spitze eines Stabes oder eines 
Drahtes befestigten Feder so durch die Luft fährt, dals die Aulsen- 
fahne dieselbe scharf durchschneidet. Zuvor zweilelnde oder 
gegnerische Forstleute hat er durch das Experiment mit der 
Feder am Drabt zu einem rückhaltlosen concedo gebracht, gewisse 
Ornithologen aber nicht überzeugen können. Durch ein Erlebnis 
eines Akademikers von Neustadt-Eberswalde glaubt er nun den 
Dezennien langen Streit endlich zum völligen Abschluls, wenig- 
stens für sich und die meisten Männer der grünen Farbe, gebracht 
zu sehen. Im März 1880 schofs jener Akademiker (S.) eine 
Bekassine, welche er jedoch nur flügelte. »Er trägt dieselbe 
lebend in der Hand und zwar dem Winde entgegen. Plötzlich 
beginnt sie leise zu meckern. Der Schwanz ist starr ausgebreitet 
und der Luftzug bläst in die Schärfe der Federn und erzeugt 
einen Ton, wie er beim Blasen auf eine Messerschärfe entsteht. 
Um den meckernden Schnurrlaut zu verstärken, fährt S. mit 
dem Vogel heftiger dem Luftstrom entgegen und sieht seinen 
Zweck vollauf erreicht. Von nun an machte er sich wohl eine 


23. Familie. Schnepfen. 287 


halbe Stunde lang das Vergnügen, die ausgebreiteten Schwanz- 
federn in der angedeuteten Weise beliebig schnurren zu lassen. 
Der Ton unterschied sich in nichts von dem Meckern der frei 
balzenden Bekassine. Durch Bekanntwerden dieser Thatsache 
wird wohl der letzte Zweifel an der Entstehung des vielbesprochenen 
Lautes beseitigt sein.«e Bei dieser Hoffnung nimmt er einige 
Ornithologen, namentlich Eugen v. Homeyer, aus. Für alle 
übrigen möchte es erwiesen sein, dals erstens die Schwanzfedern 
ohne Konkurreuz der Schwingen (1873 hatte er in seiner Forst- 
zoologie II. S. 492 noch die vier äulsern Schwanzfedern als 
tönende Zungen in Anspruch genommen und auch den Flügel- 
federn einigen Anteil am Gesamtton des Meckerns zugesprochen) 
den Ton erzeugen; denn die Flügel waren ja bei obigem Vogel 
an den Körper gelegt und mit der Hand angedrückt, und dals 
zweitens auch von einer am Boden sitzenden Bekassine — in diese 
Ansicht ist Altum verrannt — bei nur mälsigem Gegenwinde 
der Meckerlaut auf die besagte Weise hervorgebracht werden 
könne. Bei einer Unterhaltung Altums mit einer Anzahl seiner 
Akademiker über diesen Gegenstand meldeten sich zwei, welche 
ebenfalls schon eine Bekassine am Boden meckern gehört hatten 
und von denen einer sich des gleichzeitigen scharfen Luftstroms 
deutlich erinnerte. »Da die vor Jahren auf der Zentrifugalscheibe 
unseres physikalischen Kabinetts angebrachte Schwanzfeder bereits 
bei einer Schnelligkeit von 14m in der Sekunde tönte, so braucht 
der Wind draufsen durchaus kein Orkan zu sein, wenn der Laut 
entstehen soll, zumal wenn man berücksichtigt, dals der freie 
Vogel den Federzungen die möglichst günstige Lage und Stellung 
zum Tönen geben wird, was von einer isolierten Feder am Rande 
der rotierenden Scheibe schwerlich behauptet werden kann.« 
(Dr. Altum in der Danckelmann’schen Zeitschrift für das 
Forst- und Jagdwesen. Berlin 1880. S. 565.) 

Die Äolsharfe auf dem Steils der Bekassine, über welches 
Instrument ich vor mehr als einem Vierteljahrhundert wahr- 
scheinlich berechtigten Spott ausgegossen habe, wäre also doch 
trotz dem Widerspruche einiger Ornithologen zur Anerkennung 
gebracht? Altum glaubt es, und was er einmal behauptet hat, 
ist richtig, steht baumfest, bombenfest. Mir drängt sich, ich 
kann es nicht verhehlen, unabweislich die Befürchtung auf, 
Altum könnte das Opfer eines Studentenwitzes geworden sein. 
Ein hochgelehrter Professor, der über ein Vierteljahrhundert 


388 Ordnung V. Grallatores. Sumpfvögel. 


unverdrossen ein und dasselbe Steckenpferd reitet, mit einer 
Bekassinenfeder an der Spitze eines Drahtes vor Zweiflern und 
Ungläubigen durch die Luft säbelt oder eine solche Feder auf 
einer Zentrifugalscheibe rasend tanzen und tönen lälst und mit 
seinen Zuhörern Jahr für Jahr die Bekassinen-Meckertheorie be- 
handelt, kann leicht, ohne es selbst zu merken, zur erheiternden, 
den jugendlichen Übermut herausfordernden Persönlichkeit werden, 
mit der sich ein Schalk gelegentlich einen ungeziemenden Witz 
erlaubt. Altum hätte über das Meckern »in der Hand« doch 
bedenklich werden und die Frage sich vorlegen sollen, ob nicht 
einer flügellahm geschossenen, vom Schmerz gequälten, von dem 
Schützen in der Hand getragenen und geängsteten Bekassine die 
Lust vergehen werde, eine halbe Stunde lang ihren Steilsfedern 
die möglichst günstige Lage und Stellung zur Windrichtung und 
zum Tönen ihrer Federzungen zu geben. Dieses Bedenken wäre 
umsomehr zu erwarten gewesen, da er in seinem Buche »der 
Vogel und sein Leben« den Beweis führt, dafs animal non agit, 
sed agitur. Mit zerschossenem Arm und gehalten von der kräftigen 
Faust des Jägers vergeht dem schneidigsten .oberbayerischen 
Wilderer das Jauchzen und Schuhplatteln ’), und ein furchtsames, 
armseliges, noch dazu wundes Schnepfchen soll einen übermensch- 
lichen Heroismus entwickeln und in der Hand seines Todfeindes 
seine Balzarie intonieren? Wollte man einwenden, nicht die 
Bekassine, sondern die dem heimkehrenden Schützen konträre 
Windrichtung habe die Schwanzfedern starr ausgebreitet und das 
Meckern ohne Zuthun des geflügelten Vogels hervorgebracht, 
so ergeben sich nach Altum für das Zustandekommen des 
berüchtigten Balzlautes zwei Möglichkeiten. Er entsteht dann 
nämlich bei ruhigem Wetter, wie bei starkem Wind, im ersten 
Falle — dies die Regel — durch kraftvolle Selbstthätigkeit der 
fliegenden Bekassine (Kreisflug und Abstürze), im zweiten durch 
ihre mitwirkende Thätigkeit im Sitzen, indem sie sich mit ihrer 
Kehrseite dem Wind entgegenstellt und entweder selbst ihren 
Federzungen die möglichst günstige Lage und Stellung zum 
Tönen gibt oder sich so lange in das Steilsgefieder blasen lälst, 
bis es in die gehörige Richtung und Starre gebracht ist. Quod 
erat demonstrandum. Nun weils aber jeder Jäger, dals die 


») Im Schuhplatteltanz ahmen unsere Hochlandsbursche mit Jauchzen, 
Schnalzen und Springen den balzenden Birkhahn nach. 


23. Familie. Schnepfen. 289 


Bekassine starken Wind halst und an stürmischen unfreundilichen 
Tagen aus dem Gesümpfe aufgejagt, sobald sie aus der Schuls- 
weite ist, sich gegen den Luftstrom wendet, um nicht aus ihrem 
schützenden Revier geschleudert zu werden. Wind im Rücken 
liebt überhaupt keiner unserer Vögel; er sucht vor ihm Deckung 
etwa am Boden, indem er ihm die Brust bietet, oder er bekämpft 
ihn im Fluge, indem er gegen ihn steuert. Das alles kennt 
Dr. Altum so gut wie jeder erfahrene Vogelkundige. Gileich- 
wohl höre ich eine Stimme: 


»Und sie meckert doch mit dem Steils|« 


236. ASCALOPAX MAJOR J. Fr. Gmel. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas. I. S. 216 n. 356. — 
Verz. S. LXX VID. 


Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands. VII. S. 291. 
Taf. 208. 


Grofser Gräser, Halbschnepfe, Mittelschnepfe, gro/se Bekassine, Wies- 
schnepfe, Doppler, Doppelbekassine. 


Auf den südbayerischen Moosen, in grolsen Sumpf- und 
Weiherländereien ziemlich selten, so dafs es schon viel ist, wenn 
man in guten Lagen bei sehr gutem Bekassinenstrich zwei bis 
drei Stücke antrifit. Sie kommt Ende März und im April zu 
uns, im Herbststrich aber anfangs August und den September 
hindurch. Ein Exemplar erhielt ich noch am 29. Oktober von 
dem Moose bei Hirschlach in der Gegend von Triesdorf in 
Mittelfranken, von wo mir im ganzen fünf Stücke zukamen, und 
Leu ein Männchen noch am 25. November von Ingolstadt. Nach 
Forstrat Koch ist sie in der Gegend von Regensburg ein seltener 
Brutvogel, und bei Augsburg wurde ein Weibchen noch am 
17. Mai erlegt. 

Bei Gunzenhausen und Windsfeld gab es im Jahre 1866 
ungewöhnlich viele »Doppler«. Eine besondere Seltenheit ist sie 
nirgends, wird auch jährlich allenthalben in Bayern in geeigneten 
Lagen geschossen, weswegen eine spezielle Anführung der mir 
bekannt gewordenen Fundorte nicht angezeigt erscheint. Nur 
das sei noch erwähnt, dafs ein Exemplar der Dr. Sturmschen 
Sammlung am 14. September 1831 in einem Kartoffelacker bei 
Poppenreuth (Nürnberg) erlegt ist. 


Jäckel, Die Vögel Bayerns. 19 


290 Ordnung V. Grallatores. Sumpfvögel. 


Genus 106. Scolopax L. 


237. SCOLOPAX RUSTICOLA L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas. I. S. 217. n. 357. — 
Verz. S. LXX VII. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands. VII. S. 361. 
dar 211. 


Waldschnepfe, der Schnepf. 

Schneeweilse und weilsgescheckte Schnepfen mit unregel- 
mälsigen weilsen Federpartien im sonst normalen Gefieder wurden 
hie und da erlegt, bei Ansbach eine solche, welche auf dem 
Rücken und den Flügeldeckfedern mit äulserst feinen, wellen- 
förmigen, grauen Strichelchen gezeichnet, sonst aber schneeweils 
war und dunkle Lichter (Augen) hatte. 

Die gemeine Waldschnepfe ist in den beiden Zugperioden 
mehr oder minder zahlreich vorhanden, so dafs ihr Strich in 
manchen Jahren sehr gut, in anderen mittelmälsig, wieder in 
anderen geradezu schlecht ist. Sie kommt, sobald es das Wetter 
erlaubt, unbekümmert um den Kalender, um die ihr unbekannten 
Schnepfensonntage und den Tag des h. Joseph, die ersten 
Eclaireurs des grolsen Zugs hie und da schon in der zweiten 
Hälfte des Februar, gewöhnlich erst im Laufe des März an. 
Selbst am oberbayerischen Gebirg und im Böhmerwald trifft sie 
schon von den ersten Märztagen bis Ende des Monats ein. Am 
6. März 1576 wurden die ersten Schnepfen bei Partenkirchen, 
1577 am Fulse des Arber, woselbst im Walde noch 10 Fuls tiefer 
Schnee lagerte, die ersten bei Bodenmais und Draxelsried am 
30. und 31. März geschossen und am 17. März die ersten bei 
Reichenhall auf dem Striche gehört. Ihre grölsere oder geringere 
Häufigkeit im Frühjahr hat ihren Grund nicht sowohl in allge- 
meinem Mangel oder Überfluls an diesen Vögeln, wiewohl sie in 
manchen Jahren durch aulserordentliche Ereignisse zu Wasser 
und Land in sehr gelichteten Reihen den deutschen Boden er- 
reichen, als vielmehr in der zur Zeit des Strichs herrschenden 
Windrichtung. Ist diese für sie besonders günstig, was auch bei 
Schneefall und rauherer Temperatur der Fall sein kann, so ziehen 
sie erfahrungsgemäls möglichst eilig über uns hinweg nach dem 
Norden, ohne sich länger aufzuhalten, als zum Ausruhen und 
Nahrungsuchen unbedingt nötig ist. Der Hauptzug ist bei uns 
beiläufig um Josephi und Tralarum, wenn die Birke Knospen 


23. Familie. Schnepfen. 291 


” 


treibt. Der Strich 1881 war sehr gut, zum Teil brillant. In der 
Gegend von Ingolstadt wurden beim Buschieren ein paarmal an 
sechs Stück geschossen und manche‘ Abende fielen bis zu 
60 Schüssen. Im Revier Grünau wurden 52, im Revier Erns- 
gaden in die 40 Stücke erlegt. Eine Waldschnepfe wurde sogar 
im Schilfe angetroffen, eine Örtlichkeit, wo man dieses Wild 
sonst nicht sucht'). 1882 dagegen war der Strich gering und 
schnell vorüber. Im Main- und Regnitzthal von Bamberg ab- 
wärts über Hafsfurt in den Spessart kamen die ersten Fouriere 
des Zuges in den Tagen vom 2. bis 6. März an und zog das 
Gros zwischen dem 11. und 13. dieses Monats durch. Von da 
an trat eine Pause bis zum 16. ein, von welchem Tage an eine 
Woche hindurch noch eine kleine Zahl von Nachzüglern bemerkt 
wurde. Dann war alles vorbei. 

Sie brütet an bruchigen, humusreichen Stellen an vielen 
Orten Bayerns, nicht blofs im Hoch-, sondern auch im Mittel- 
gebirge, auf den zahlreichen Seigen, Versumpfungen des bayeri- 
schen Waldes, in der Rhön, im Spessart, Franken- und Steiger- 
wald und in allen grölseren Waldungen der Ebene und des 
Hügellandes, in milden Jahren schon sehr früh. So wurden in 
der Pfalz am 16. März 1881 auf dem fertigen Gelege (4 Eier) 
brütende Schnepfen gefunden und im Donauthale flügge Junge 
am 26. April und 4. Mai (Oskar Horn). Nach Winckell 
sollen viele Schnepfen zwei Gehecke machen, das erste Mitte bis 
Ende März oder Anfang April, das zweite zu Ende des Juni oder 
Anfang Juli. Ich glaube an diese zweiten Bruten nicht. Solche 
werden behauptet, weil man schon Ende April und Anfang Mai 
und wieder Ende Juni und Anfang Juli flugbare junge Schnepfen 
und solche im halben Wollkleide findet und balzende, angeblich 
eine zweite Brut beginnende Schnepfen hört. Wenn nicht nach- 
gewiesen werden kann, dafs Schnepfenpaare, die schon im Früh- 
ling geheckt und ihre Jungen grolsgezogen haben, noch zu 
einer Sommerbrut schreiten — dieser Beweis dürfte nicht geführt 
werden können —, so darf man als das Wahrscheinlichere an- 
nehmen, dals jene späten Bruten von solchen Paaren gemacht 
werden, die um ihr erstes Gelege gekommen sind, und der zweite 


") Einer meiner Freunde traf eine solche weit vom Walde nahe an 
Nürnberg zur Zeit der Hühnerjagd in einem Spargelacker an, dessen dicht- 
stehende, hohe, ästige Pflanzenstengel dem Felde das Ansehen einer jungen 
Nadelholzkultur gaben und die Schnepfe anzogen. 

19% 


292 Ordnung V. Grallatores. Sumpfvögel. 


Schnepfenstrich von Abflüglingen der Frühjahrsbrut ausgeführt 
wird. Balzen doch auch die jungen Hähne unserer Waldhühner 
schon im ersten Sommer ihres Lebens, ohne dafs an ein nach- 
folgendes Brüten gedacht werden könnte. Es wird aber ein- 
gewendet, jene noch im Juli und August balzenden Schnepfen 
seien zum Teil auch alte Vögel, was unbedenklich zugegeben 
werden kann, da auch alte Auer- und Birkhähne noch im Spät- 
sommer und Herbst balzen, aber eine zweite Brut in demselben 
Jahre nicht machen. 

Die Waldschnepfe sitzt ungemein fest auf ihren Eiern. Herr 
Forstmeister Höchtlen in Ipsheim teilte mir mit, dals er auf 
dem Revier Hofstetten bei Eichstädt eine Schnepfe aus einem 
Gebüsch in dem Augenblick herausstreichen sah, als eine ge. 
fällte starke Eiche dröhnend zu Boden stürzte. Den lebhaften 
Verkehr der Forstleute und Holzhauer und den Lärm des Sägens 
und Hauens hatte sie in einer Entfernung von etwa 50 Gängen 
ruhig auf ihren Eiern ausgehalten. 

Der Herbststrich beginnt sehr selten schon Mitte September 
(1876 bei Windsheim sehr früh, schen am 3. Sept.), gewöhnlich 
erst im Oktober, wird um die Mitte dieses Monats am lebhaftesten 
und dauert meistens, bis Ende November Kälte und Schnee ein- 
tritt. Einzelne überwintern auch an offenen Stellen der Flüsse 
und Bäche, in sehr gelinden Wintern, wie 1824/25, sogar in 
ziemlich grolser Anzahl. Solche Überwinternde, gewöhnlich 
»Lagerschnepfen« genannt, sind meist ganz mager und manche 
verhungern schliefslich, wenn ein strenger Nachwinter ihnen den 
Boden zu lange verschlielst. Wahrscheinlich werden einzelne 
durch Blessuren zur Strichzeit bei uns zurückgehalten. Nach 
Oskar Horn trifft man merkwürdigerweise in besonders milden 
Wintern weniger Lagerschnepfen bei uns an, als in strengen. 
Auf seiner Jagd im Aschaffenburgischen hatte er im strengen 
Winter 1879/80 immerfort Schnepfen; ein unberufener Schütze 
schols in der grimmig kalten Weihnacht an einer Quelle mitten 
im Dorfe unweit des Waldes eine ganz gut bei Wildprett befind- 
liche Schnepfe nachts um 11 Uhr, wozu ihm der Vollmond 
leuchtete und der beschneite Rand der Quelle das Absehen er- 
leichterte. Das Jahr darauf in den milden Wintermonaten 1880/81 
fand Horn keine einzige Schnepfe, wie oft er auch mit den 
besten Hunden ihre Lieblingsplätze absuchte (Handbuch des 
Jagd-Sport von OÖ. Horn. Wien. Pest. Leipzig 1882. 8. 93.) 


23. Familie. Schnepfen. 293 


Genus 107. Numenius Briss. 
238. NUMENIUS PHAEOPUS L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas. I. S. 217. n. 358. — 
Verz. S. LXX VII. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands. VII. S. 506. 
ParI21% 


Kleiner Bracher, halbe Grieshenne, Bluderer. 

Sehr selten auf seinem Durchzuge im Frühjahr und Herbst, 
wurde er am Bodensee, an der Iller bei Kempten, am Lech bei 
Augsburg, auf dem Donaumoos bei Neuburg, an der Donau bei 
Regensburg, am Main bei Staffelstein und Aschaffenburg, an der 
Schwabach bei der Stadt gleichen Namens, in der Oberpfalz am 
19. September 1881 an der Waldnaab bei Tirschenreuth erlegt 
und von mir etliche Male im Mai, Juli und August in den 
 Moorweihern angetroffen. Am 19. Dezember 1861 sah und hörte 
ihn Förster Jägerhuber in Arberg bei Gunzenhausen über 
sich hinstreichen. 


Zwei Exemplare des Numenius tenuisrostris Vieill. sollen nach Dr. Küster 
bei Erlangen erlegt worden sein. Ich nehme aber Anstand, diesen Vogel in 
unsere Ornis aufzunehmen. Am 18. August 1574 wurde in der Gegend von 
Ochsenfurt (Tückelhausen) ein vermeintlicher N. tenwirostris erlegt, über den 
sich Dr. Cabanis im Journal für Ornithologie 1878 S. 210 also ausspricht: 
»Der Vogel erscheint bei dem ersten Anblick als N. tenwirostris, weist aber 
bei genauerer Betrachtung wesentliche Abweichungen von dieser Art auf. Die 
Schnabelform ist die von tenuirostris, aber der Oberkopf ist dichter gestrichelt, 
die charakteristischen Doppelflecke an den Weichen fehlen und endlich ist 
der Vogel bedeutend gröfser als letztere Art. Der Flügel mifst 28, der Lauf 
7,5 cm, während das gröfste Exemplar von tenwirostris im Berliner Museum 
26 cm Flügel- und 6,7 em Lauflänge zeigt. Es ist nicht wohl anzunehmen, 
dafs man es hier mit einer bisher noch übersehenen Art zu thun hat, sondern 
es ist wohl eher an eine Varietät zu denken.« Ich habe, ehe ich dieses 
Urteil kannte, den Vogel auch untersucht und erklärte ihn für einen Zwerg 
des Num. arguata aus nachgelegtem kleinen Ei eines wiederholt seines Geleges 
beraubten und dadurch ziemlich erschöpften, entweder normal grofsen oder 
vielleicht auch schon aus gleicher Ursache klein gebliebenen Elternpaares. 
Von den oberbayerischen Jägern werden die Eier des grofsen Brachvogels 
zertreten, weil er das Wild auf den Jäger aufmerksam macht. Viele Gelege 
gehen durch Überschwemmungen, durch Arbeiter in den Torfstichen und 
durch Eiersammler zu Grunde So nehmen die Altenmuhrer Fischer den 
auf den dortigen Altmühlwiesen brütenden Moosgrillen alljährlieh wiederholt 
die Eier ab und verkaufen sie zu guten Preisen in die feineren Weinhäuser 
der Kreishauptstadt Ansbach und in die Edelsitze der Umgegend. Wenn 
dann solche beraubte Vögel noch einmal zum Brüten schreiten, was in manchen 


294 Ordnung V. Grallatores. Sumpfvögel. 


Fällen immerhin geschehen wird, wenn die Eiersaison vorüber und der Gras- 
wuchs so hoch geworden ist, dafs sich das Eiersuchen von selbst verbietet, 
so werden so spät nachgelegte Eier viel kleiner ausfallen müssen, als die im 
April und Mai gelesten, und ebenso die aus solchen Eiern fällenden Vögel 
schwächer werden, als solche aus normal entwickelten. Nach Angabe des 
Besitzers des fraglichen Numenius, Herrn Fabrikanten Eduard Tauber in 
Tückelhausen, mafs der Vogel in frischem Zustande 49 cm; ich selbst habe 
folgende Mafse notirt: der Schwanz 12,5, die äufsersten Schwanzfedern 1,6 
kürzer als die mittleren, Länge der Mittelzehe 3,4 cm, des Nagels 6 mm, 
Länge der inneren Seitenzehe 2,8 cm, des Nagels 6 mm, Länge der äufseren 
Seitenzehe 3,1 cm, des Nagels 5 mm, Hinterzehe 1,1 cm, Nagel derselben 
0,4 cm; Schnabel von der Stirnbefiederung bis zur Spitze 8,8 cm, von der 
Rachenöffnung bis zur Spitze 9,2 cm, Unterschnabel kürzer als der Ober- 
schnabel 0,4 cm, Höhe des Ober- und Unterschnabels an der Basis 12 mm, 
Breite des Schnabels an der Basis 9 mm, Höhe desselben in der Mitte 5 mm. 
Der Schwanz ist nicht rein weifs zwischen den dunklen Bändern, sondern 
rostgelblich und grau. Die seitliche Befiederung des Unterkiefers reicht weiter 
als die des Oberkiefers und erstreckt sich nicht bis unter die Nasenlöcher. 
Die Sehne des Schnabelbogens weicht 6 mm von der stärksten Krümme ab. 
Die Spitze des Oberschnabels ist nicht, wie bei der Waldschnepfe, behufs 
Eingreifen des Unterschnabels unten ausgekerbt, der über den Unterschnabel 
hervorragende Teil nicht voll, wie es bei tenwirostris sein müfste, sondern 
unterseits bis zur äufsersten Spitze mit tiefer Längsfurche zwischen den 
wulstig vortretenden Mundkanten. Die mit letzteren parallel laufende jeder- 
seitige Furche des Oberkiefers reicht fast bis zur Spitze, während sie an der 
Unterkinnlade auf dem letzten Drittel der Länge verläuft. Auf der Rücken- 
partie des Gefieders herrscht die schwarze Farbe des Gefieders über die 
rostgelbe vor, während auf den kleinen Flügeldeckfedern und den hinteren 
Schwingen das Rostgelb und Braunschwarz ziemlich gleichmäfsig verteilt ist. 
Numenius tenuirostris ist es also nicht, auch keine bis jetzt übersehene Art. 
Riesen- oder Zwergwuchs (Macrosomia und Microsomia) berechtigen nicht zu 
Aufstellung neuer Arten. 


239. NUMENIUS ARQUATA L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas. I. S. 217. n. 360. — 
Verz. LXXVII. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands. VIII. S. 478. 

Taf. 216. — XIII. Fortsetzung der Nachträge. S. 248. 
Brachvogel, Brachschnepf, Bracher, grofser Bracher, Brachkreck, Moos- 
kreck, Kreck, grofse Moosgrille, Moosgrühle, Moosgrähle, Grille, Grill‘), 

Viehhaufser. 

Auf allen unsern Mösern, grofsen Sümpfen, Torfstichen und 
nassen oder mit vielen Wassergräben durchschnittenen Wiesen- 


1) Diesen bei den oberbayerischen und oberschwäbischen Jägern heute 
noch gewöhnlichen Namen finde ich schon 1651. Bei einem im Hanns Jacob 


23. Familie. Schnepfen. 295 


gründen südlich von der Donau gemein. So auf dem Donauried 
bei Leipheim, Dillingen, Höchstädt und Donauwörth, auf dem 
Donaumoos bei Ingolstadt, auf dem Lechfeld, dem Lechhausener 
und Meitinger Moos bei Augsburg, auf dem Dachauer und 
Erdinger Moos bei München u. s. w. Nördlich von der Donau 
reichen seine Nistplätze herauf bis in die Gegend von Nördlingen, 
Wemding, Gunzenhausen und Ornbau. In letzterer Gegend auf 
dem weiten Wiesengrunde des Altmühlthales bei Altenmuhr, 
Gern, Mörsach, Hirschlach brüten jährlich 10 bis 12 Paare und 
habe ich in verschiedenen Jahren fünf Gelege Eier, alle im April, 
erhalten. Von dort kamen die Bracher einzeln schon Anfang 
Juni, in Flügen von 10 bis 30 Stücken erst im Juli bis in den 
September häufig herauf gegen Sommersdorf, Thann und Her- 
rieden, wo sie sich den Tag über auf Wiesen und dem Sommers- 
dorfer Riede, dem Ochsenwasen, herumtrieben, bis sie abends 
wieder zurückstrichen. Bei Breitenbrunn in Schwaben nächst 
der Zusam nisteten sie auf feuchten Torfwiesen der Au, ver- 
schwanden aber als Brutvögel, als diese trocken gelegt wurden. 
Im oberen Mindelthale brüteten sie 1845 zahlreich auf den 
sumpfigen Wiesen, während sie im unteren bei Klingenbad jähr- 
lich nur in zwei bis drei Paaren vorhanden waren, von denen 
Landbeck am 3. April vier Eier bekam. Im trockenen Jahre 
1846 kamen die Vögel in zahlreichen Scharen wieder, zogen 
aber fast alle weiter, ohne sich lange aufzuhalten und nur wenige 
brüteten an den Altwassern der Mindel, welche allein noch 
Sümpfe bildeten. Auf dem Zuge kommen sie wohl in den meisten 
Gegenden nicht besonders selten vor, in wasserreichen aber sind 
sie gemein. In den Moorweihern waren sie 1858 selten, da durch 
den tiefen Schnee und die Kälte, womit ihre Winteraufenthalte 
im Süden (Griechenland etc.) heimgesucht waren, viele zu Grunde 
gegangen sein mochten. Im August bis Oktober des folgenden 
Jahres aber waren sie in den genannten Weihern sehr gemein, 
und ich sah Scharen von 50, 50, 80 bis 100 Stücken. Sie sind 
äufserst furchtsame Vögel. Einmal traf ich im August auf drei 
Haufen 24, 16 und 9 Bracher an, die durch einen in den Weihern 


Fuggerschen Hause zu Augsburg abgehaltenen »Pankhet« wurden 20 Grillen 
a 5 Kreuzer verzehrt, aufserdem 66 Rebhühner a 30 Kreuzer, 134 Wachteln 
ä 3 Kreuzer und 2 Rheinschwalben (Sterna hirundo oder Larus ridibundus) 
a 30 Kreuzer (Stettens Kunst, Gewerb- und Handelsgeschichte der Stadt 
Augsburg). 


296 Ordnung V. Grallatores. Sumpfvögel. 


plötzlich erschienenen Fischadler so erschreckt wurden, dafs sie 
angstvoll kreischend zu einem einzigen Fluge zusammenstrichen 
und eiligst das Weite suchten. Enten, Blassen und Rohrhühner 
fürchten sich bekanntlich nicht vor dem Fischadler. Eine andere 
hervorstechende Eigenschaft der Bracher ist ihre grolse Gesellig- 
keit, die für sie oft verhängnisvoll wird. Einer meiner Bekannten 
erlegte z. B. bei Sanspareil in Oberfranken auf einen Schuls fünf 
Stücke. 

Sie kommen zu uns selten schon Anfang und in der ersten 
Hälfte des März, häufiger in dessen zweiter Hälfte, gewöhnlich 
erstim April. Einzelne oder kleine Flüge bis zu 10 und 15 Stücken 
bleiben in den Moorweihern bis Mitte Mai und an Zahl abnehmend 
noch bis in den Juni und Juli. Im August erscheinen sie wieder 
zahlreich und verweilen bis in den Oktober und November über 
die ersten Fröste hinaus, bis der rauhe Winter die letzten von 
dannen treibt. Einen bei Thalmessingen in Mittelfranken erlegten 
grofsen Brachvogel erhielt ich am 20. Dezember 1851. 

In strengen Nachwintern gehen viele zu Grunde und wurden 
im Frühjahr 1865, wo Ende März und Anfang April tiefer 
Schnee lag, auf dem Donauried und bei Augsburg ganz abge- 
magerte und verhungerte Brachschnepfen tot gefunden. 

In den Mägen erlegter fand ich jederzeit Käfer, Lauf- und 
Rofskäfer, Feldgrillen und Larven von allerlei Wassergewürm. 


24. Familie: Sichler. 
Genus 108. Ibis Cuv. 
240. IBIS FALCINELLUS L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas. I. S. 217. n. 361. — 
Verz. S. LXXVII. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands. VII. S. 539. 
Taf. 219. — XII. Fortsetzung der Nachträge S. 253. 


Auf dem Zuge an unseren grolsen Gewässern sehr selten. 
Auf dem Memminger Riede in Schwaben, am Inn bei Passau 
(Neuhaus, Aigen), an der Donau bei Regensburg, am Kauerlacher 
Weiher bei Burggriesbach in der Oberpfalz, in Unterfranken bei 
Bimbach am Fuls des Steigerwaldes, bei Kitzingen (4. August 1800) 
und bei Aschaffenburg wurden Ibisse erlegt. Ein Exemplar meiner 
Sammlung wurde am 20. Oktober 1854 bei Gunzenhausen in dem 


25. Familie. Reiher. 297 


grolsen, etwa 70 Tagwerke haltenden, zwischen den Orten Brand 
und Laubenzedel gelegenen Gräfensteinberger Weiher, wo er nach 
der Fischerei im Schlamme herumstieg, von dem kgl. Oberförster 
Model dahier geschossen. In 4! Stunden hielt der Vogel auf 
90—100 Gänge acht Schüsse aus, immer wieder bald da bald 
dort auf der verlockenden Fläche einfallend. Erst ein einziges 
Schrotkorn des neunten Schusses tötete ihn. 

(A. Wiedemann schreibt März 1890: Das in unserer 
Vereins-Sammlung in Augsburg befindliche Exemplar ist vor 
mehreren Jahren bei Memmingen, und zwei andere sind am 
Bodensee geschossen worden. — Nach W. Heussler wurde ein 
Exemplar im Herbste 1888 bei Speyer geschossen. — R. Bl.) 


>25. Familie; Reiher. 
Genus 109. Ardea L. 
a) Ardea auct. 
241. ARDEA PURPUREA L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas. I, S. 218. n. 362. — 
Verz. S. LXXX. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands. IX. S. 363. 
Taf. 221. 


Der Purpurreiher wird sehr selten beobachtet und erlegt. 
In Schwaben am Bodensee, bei Immenstadt, Kempten (Keeserser 
Weiher bei Grönenbach), bei Augsburg, Günzburg, Lauingen, 
Dillingen, Donauwörth, Regensburg und Passau, in Oberbayern 
am Chiemsee, München und Schrobenhausen, in Mittelfranken 
an den Weihern bei Dürrnfarnbach, Cadolzburg, bei Ansbach 
(Rügland) und Rothenburg o. T., in Oberfranken bei Aschbach 
im Steigerwalde und in Unterfranken bei Kitzingen, Schwein- 
furt (Rödlein) hat man ihn mehrfach geschossen. Ob er im 
Donauthal und seinen Beithälern hier und da brütet, ist sehr 
fraglich, doch wurden alte und junge Vögel in allen sein Horsten 
wahrscheinlich machenden Frühlings- und Sommermonaten, vom 
April bis incl. Juli, erbeutet. Der Herbststrich beginnt bereits 
Anfang August und dauert bis Mitte November. Leu bekam in 
23 Jahren 13 Stücke zum Stopfen, die meisten vom Lech und 
von der Donau. Vom 7. bis 11. Mai 1882 erschienen fünf 


298 Ordnung V. Grallatores. Sumpfvögel. 


Purpurreiher in dem fürstlich Fuggerschen Jagdrevier Ottmars- 
hausen in Schwaben, von denen ein Stück von dem Freiherrn 
v. Gravenreuth und die anderen vier Stück durch den 
dortigen Revierjäger erlegt wurden. Es waren ein altes und zwei 
junge Männchen, ein altes und ein junges Weibchen, von welch’ 
letzteren das alte im Federschmuck dem alten Männchen wenig 
nachgab und nulsgrolse Eier bei sich hatte, woraus sich schliefsen 
liefs, dafs sie in der Gegend brüten wollten. Das Jahr zuvor 
wurden gleichfalls in Schwaben an der Donau bei Höchstädt und 
an der Wörnitz bei Oettingen zwei Purpurreiher geschossen, beide 
alte Männchen, ersterer am 25. August, letzterer am 25. Juni. 


242. ARDEA CINEREA L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas. I. S. 218. n. 363. — 
Verz. 8. LXXIX. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands. IX. S. 24. 
Taf..220. — XII. Fortsetzung der Nachträge. S. 259. 


Fischreiher, grauer Fischreiher, Reiher, Fischraigel, blauer Raigel, 
Raigl, Roigl. 

Die langen schwarzen Kopffedern, eine beliebte Hutzierde, 
heilsen in Bayern ReiherkrandIn, Kraneln, wahrscheinlich von 
Krone. Leu erhielt ein altes Weibchen mit fünf schönen Graneln. 
Ein allgemein bekannter, da und dort in Kolonien nistender, 
auf dem Zuge an allen Gewässern, im Winter selbst an Brunn- 
quellen vorkommender Vogel. Er überwintert gar nicht unge- 
wöhnlich bei uns, selbst in so grimmigen Wintern, wie die von 
1844/45 und 1879/80 es waren, und kommt dann, wenn die Kälte 
grols wird, auf nicht zufrierende Stellen von Bächen so nahe an 
die Dörfer heran, dafs vor mehreren Jahren ein Reiher aus einem 
der zunächst stehenden Häuser eines Dorfes hiesiger Gegend von 
der Wohnstube aus bei geöffnetem Fenster geschossen werden 
konnte. Im strengen Winter ergeht es vielen sehr schlimm. 
Stundenlang im eiskalten Wasser oder auf dem Eise stehend 
und auf kärgliche Nahrung lauernd, erfrieren sie die Zehen und 
verlieren dadurch einzelne Glieder. Prof. Dr. Wolf erhielt einen 
Reiher, dem an den drei Vorderzehen des rechten Fulses die 
letzten, an der mittleren sogar zwei Glieder und an der äulseren 
Zehe des linken Fulses das letzte Glied fehlte. Am 22. Januar 1323 
wurde ihm bei grolser Kälte ein auf dem Eise lebendig gefangener 


25. Familie. Reiher. 299 


Reiher gebracht, welcher seinen Schnabel in einem Mausloch am 
Ufer des Baches stecken hatte. Im Magen eines im Winter 
1844/45 mit den Händen lebend ergriffenen, ganz abgemagerten 
Exemplars, das nach wenig Stunden starb, fand ich merk- 
würdigerweise die Reste von Grab- oder Mordwespen (Crabro), 
von einer Wanzenart (Cimex), mehrere Rüsselkäfer (Otiorhynchus), 
Froschknochen, kleine Sämereien und fünf Samenkerne vom 
Schneeballenstrauch (Viburnum opulus). Dagegen waren andere 
Reiher, die ich in jenem berüchtigten Winter erhielt, sehr fett, 
so dals ich Mühe mit dem Abbalgen hatte und dabei eine vor- 
zügliche Stiefelschmiere gewann. 

Er kommt hie und da schon im Februar, gewöhnlich erst 
Mitte März bei uns an, verstreicht bis auf die überwinternden 
im Oktober, wo er sich in Weiherlandschaften in grolsen Flügen 
bis zu 50 und 100 Stücken in den ausgefischten Weihern wochen- 
lang herumtreibt. 

Ich erinnere mich einer ziemlichen Anzahl gröfserer und 
kleinerer Reiherkolonien in Oberbayern, Schwaben und Franken, 
von denen wohl die meisten infolge Abtriebs jener alten Hölzer, 
auf denen die Horste standen, verschwunden sein werden. Der 
grölste Reiherstand in Bayern besteht seit Jahrhunderten noch 
im Westerholz bei Landsberg, in der Gegend von Augsburg am 
rechten Lechufer, wo auf manchen Eichen fünf bis sieben und 
mehr Nester stehen und mehrere Hunderte von Reihern jedes 
Jahr beisammen sind. Die Kurfürsten von Bayern lagen dort 
noch im letzten Drittel des vorigen Jahrhunderts von dem nahen 
Jagdschlosse Lichtenberg aus der Reiherbeize ob. Eine kleinere 
Kolonie besteht in dem Windsheimschen Stadtwald Schufsbach 
bei Linden in Mittelfranken, wo etwa 80 Paare jährlich horsten; 
kleine von etwa 20 Reihern bei Breitenfurth in der Gegend von 
Eichstädt, im Revier Bischbrunn im Spessart und in den Berg- 
wäldern des Mindel- und Kamelthales in Schwaben; in letzterem 
etwa 30 Paare in einem prächtigen Fichten- und Buchenholz 
von acht bis zehn Tagwerk Fläche auf hochragenden Fichten in 
der Gegend von Krumbach bei Loppenhausen (Bezirksamts 
Mindelheim). Wo nicht grolse Flüsse und viele stehende Ge- 
wässer in der Nähe ihrer Horste sind, müssen diese Vögel die 
Deckung ihres Nahrungsbedarfs auf grolse Entfernungen hin 
suchen, so dals man zur Zeit, wo sie Junge haben, Reiher in 
Gegenden antreffen kann, wo weit und breit kein Nest sich 


300 Ordnung V. Grallatores. Sumpfvögel. 


befindet. Mit grölster Zähigkeit halten sie an ihren liebgewordenen 
Heimstätten fest. Der viele Jahre lang fortgesetzte Massenmord 
ihrer Jungen vermochte sie nicht aus dem Windsheimer Stadt- 
walde zu vertreiben, ebensowenig ein Orkan, der die mächtigen 
Waldriesen ihrer Kolonie niederwarf. Fortrückend richteten sie 
sich in den jüngeren Beständen der angrenzenden Forstorte 
wieder häuslich ein und können hier wahrscheinlich nicht eher 
vertrieben werden, als bis die letzten alten Stämme unter der 
Säge und Axt gefallen sind. 

Die Reiher lieben die wärmenden Sonnenstrahlen sehr und 
genielsen sie, auf Weiherdämmen stehend, mit geöffneten Flügeln 
oft lange. 

In den Mägen erlegter fanden wir Hechte bis zu einem halben 
Pfund, Barsche, Karpfenbrut, Grelslinge (@obio fluviatilis), Bart- 
erundeln (Cobitis barbatula, einmal acht Stücke), Wühlmäuse 
(Hypudaeus amphibius, Arvicola arvalis), Wasserspitzmäuse (Sorex 
Jodiens), Frösche, die sie namentlich im Winter in warmen Brunn- 
quellen suchen, Krebse, von denen oft der ganze Kropf und 
Magen strotzt, Wasserkäfer (Dytiscus marginalis, Ilybius fuscus) 
und deren Larven, verschiedene Netzflügler und Libellen. In 
dem sehr kalten Dezember 1879 wurde nahe an Kaufbeuren an 
einem Forellenweiher ein toter Fischreiher gefunden, der im 
Schlunde eine 400 g wiegende Forelle hatte. Ohne Zweitel ist 
derselbe an diesem für ihn offenbar zu grolsen Fische erstickt 
(Bayerische Fischerei-Zeitung 1880. S 17). Der geringe Nutzen, 
den er in Mäusejahren durch Vertilgung von Feldmäusen und 
gelegentliches Wegschnappen einzelner Fischereifeinde, wie 
der Wasserratte und Wasserspitzmaus, unleugbar stiftet, wird 
durch den grofsen Schaden, welchen er an Fischen und Krebsen 
anrichtet, weit überboten. Der unterfränkische Kreis-Fischerei- 
verein bezahlt daher für jeden erlegten Fischreiher eine Prämie 
von 60 Pfennigen und wurde diese im Jahre 1879 für 83 erlegte 
Stücke ausbezahlt. Im Kreise Schwaben und Neuburg wurden 
im Jahre 1882 für 381 erlegte Fischreiher 762 Mark Prämien 
a 2 Mark gewährt. Die Rabenkrähe und der Kolkrabe, von 
dem sich im Schufsbach ein Paar in der Reiherkolonie angesiedelt 
hat, tragen zur Verminderung dieser Fischräuber nicht unwesent- 
lich bei, indem sie jeden Augenblick, wo das brütende Reiher- 
weibchen aus irgend welcher Veranlassung den Horst verlälst, 
raubgierig wahrnehmen, um Eier aus demselben wegzutragen. 


25. Familie. Reiher. 301 


Bei einer Holzabpostung entflohen die Reiherinnen, nicht aber, 
wie man vermutet hatte, der Rabe, welcher in kurzer Zeit aus 
ein und demselben Neste zwei Eier wegtrug. Am 30. März 1881 
hatten die Reiher des Schufsbach bereits Eier und die Raben- 
krähen ihre Nestplünderungen begonnen. Am 10. 14. und 
20. Mai 1882 wurden bei Loppenhausen Jagden auf die dort 
brütenden alten und die noch im Neste sitzenden jungen Reiher, 
drei bis fünf Stück in jedem Neste, abgehalten und 178 der- 
selben erlegt. Die Alten streifen hier aus der nur zehn Minuten 
von genanntem Dorfe liegenden Kolonie zunächst nach der an 
Barben, Hechten, Dickköpfen, Rotaugen und Edelkrebsen reichen 
Kamel, dann weiter der Mindel und der Flossach zu regelmälsigen 
Tagesstunden zu, nämlich 9 Uhr morgens und 3 Uhr nach- 
mittags (Deutscher Jäger 18832. Nr. 20 8. 158). 


b) Egretta .Bonap. 
243. EGRETTA ALBA L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas. I. S. 218. n. 364. — 
Verz. 8. LXXIX. 


Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands. IX. S. 8. 
Taf. 222. — XII. Fortsetzung der Nachträge. 8. 255. 


An unsern Seen, Flüssen und Weihern während der beiden 
Zugperioden im April und Mai und wieder im September und 
Oktober sehr selten. 1842 am 11. September wurde ein Weibchen 
auf dem Steinheimer Riede bei Memmingen erlegt. 1854 strich 
ein Sülberreiher mit drei grauen Reihern am Lech bei Gersthofen 
Anfang Mai mehrere Tage umher, konnte aber nicht zu Schuls 
gebracht werden. Am 20. Oktober ej. a. zeigten sich vier Stücke 
in der Gegend von Günzburg in Schwaben, und wurden am 
26. Oktober zwei davon bei Weilsenhorn erlegt, deren eines Leu 
stopfte. 1857 trieb sich Anfang Mai ein Stück mit mehreren 
grauen Reihern bei Augsburg umher; im April 1859 wurden 
zwei bei Illertissen gesehen, Ende April 1560 einige bei Diedorf 
an der Schmutter und 1863 am 30. und 31. Mai einer unter 
grauen Reihern auf einer Lechinsel bei Gersthofen. Sonst hat 
man ihn am Bodensee, an der Donau bei Ingolstadt und Regens- 
burg, am Main bei Würzburg und Aschaffenburg und bei Nürn- 
berg am Dutzendteich beobachtet und geschossen. Ich selbst 


302 Ordnung V. Grallatores. Sumpfvögel. 


sah am 14. Oktober 1854 einen jungen Silberreiher unter 50 bis 
60 grauen Artgenossen im grolsen Moorweiher stehen. Derselbe 
hielt sich in der Umgegend bis Ende genannten Monats auf, bis 
er endlich bei Erlangen geschossen wurde und in die dortige 
Universitäts-Sammlung kam. Am 24. April 1865 stand wiederum 
ein Exemplar in den Moorweihern, und zwar im Flachsweiher, 
200 Schritte entfernt von dem Dorfe Poppenwind. Ebendort 
wurde im Frühjahr ein einzelner erlegt. 


244. EGRETTA GARZETTA L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas. I. S. 219. n. 366. — 
Verz. S. LXXIX. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands. IX. 8. 101. 
Taf. 223. — XIH, Fortsetzung der Nachträge. S. 257. 


Der Seidenreiher kommt sehr selten an unsere Seen und 
Flüsse. Am Main, an der Donau bei Regensburg (12. Juli 1882), 
bei Donauwörth (11. August 1869 mas juv.), zu derselben Zeit 
an der Isar bei Landshut und am Kochelsee bei Benediktbeuren 
wurden einzelne Stücke erlegt, an letztgenanntem Orte ein altes 
Männchen mit drei Nackenfedern. 

(Wilh. Heusler schreibt mir aus Speyer, dals im April 1888 
zwei Vögel bei der Stadt gesehen wurden. — J. Hellerer teilt 
mir mit, dafs am 12. November 1888 einer bei Moosburg an der 
Isar geschossen wurde. — R. Bl.) | 


c) Buphus Boie. 
245. BUPHUS COMATA Pall. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas. I. S. 219 n. 368. — 
Verz. S, LXXX. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands. IX. S. 120. 
Taf. 224, — XIII. Fortsetzung der Nachträge. S. 258. 


Selten auf dem Zuge, ist er während aller Frühlings- und 
Sommermonate einzeln und in kleinen Flügen bei uns vor- 
gekommen: am Bodensee, Tegernsee, an der Wertach bei Kauf- 
beuren, Augsburg, an der Isar bei München und Landshut, an 
der Donau bei Donauwörth, Neuburg, Ingolstadt und Regens- 
burg, mehrmals auf dem Kauerlacher Weiher bei Burggriesbach, 


25. Familie. Reiher. 303 


an der Altmühl bei Pappenheim, im Steigerwalde bei Neuhof, 
bei Lichtenfels in Oberfranken und äm Main bei Achaffenburg 
und bei Gemünden an der Sinn. Es ist nicht unwahrscheinlich, 
dafs er schon in den Isarauen bei Landshut etc. gebrütet hat. 
Am 6. August 1832 wurde ein junger bei Rosenheim am Inn 
erlegt, welcher an den Federspitzen des Kopfes noch die flaumigen 
Anhängsel des Dunenkleides hatte. 

(R. Lauterborn schreibt mir, dafs am 24. April 1887 bei 
Kusel ein prachtvolles 5 erlegt und nach Ludwigshafen zum 
Ausstopfen geschickt wurde. — R. Bl.) 


d) Ardeola Briss. 
246. ARDEOLA MINUTA L. 


Keyserling, u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas. I. S. 219. n. 369. — 
Verz. S. LXXX. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands. IX. S. 194. 
Taf. 227. 

Die Zwergrohrdommel ist ein gar nicht seltener Zug-, doch 
hier und da nur vorkommender Brutvogel. Während der beiden 
Wanderperioden haben ihn meine Freunde und ich selbst aus so 
vielen Gegenden und so oft erhalten, dals eine spezielle Nach- 
weisung aller uns bekannt gewordenen Fundorte als mülsig er- 
scheint. Er kommt um die Mitte April bis Ende des Monats 
und im Mai bei uns an und brütet an rohrreichen Teichen sogar 
nahe an Dörfern, an Altwassern der Donau und auf sumpfigen 
Rohrinseln des Main. Eduard Tauber fand am 16. Juni 1880 
bei Golsmannsdorf in Unterfranken ein über fünf Eiern brütendes 
Weibchen und nahm am 29. ej. m. die Dunenjungen aus. Von 
Lindau am Bodensee erhielt Dr. Stöcker am 14. Juli 1872 fünf 
lebende Junge, Leu aber 13 alte Vögel, die ihm in der Zeit von 
Anfang Mai bis Ende Juli von Illertissen an der Iller, von 
Bobingen in Schwaben, von Aichach in Oberbayern und von 
Burgkundstadt in Oberfranken zukamen, woselbst der Vogel eben- 
falls regelmälsig zu brüten scheint. 

In den Kröpfen und Mägen erlegter fand ich Barschenbrut 
(Perca fluviatilis), kleine Frösche (Rana esculenta), von Schnabel- 
kerfen den gemeinen Rückenschwimmer (Notonecta glauca), und 
Prof. Dr. Wolf im Magen eines bei Nürnberg geschossenen 
Exemplars die safranbäuchige Bergeidechse (Lacerta crocea Wolf). 


304 Ordnung V. Grallatores. Sumpfvögel. 


e) Botaurus Briss. 


247. BOTAURUS STELLARIS L. 


Keyserliug u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas. I. S. 220.n. 370. — 
Verz. S. LXXX, 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands. IX. S. 159. 
Taf. 226, 


Rohrdommel, Rohrtrommel, Rohrdummel, gro/se Mooskuh, Fluder. 


Brütend an unsern grolsen Seen und Flüssen mit rohrreichen 
sumpfigen Ausständen, Altwassern, an grolsen Teichen und 
Morästen, z. B. am Kauerlacher Weiher bei Freistadt-Burggries- 
bach in der Oberpfalz, inn Kochler Rohrsee bei Benediktbeuren '), 
in den Altwassern der Donau, des Inns, an der Isar und am 
Regen. Während der beiden Zugperioden ist sie eine ziemlich 
gewöhnliche Erscheinung allenthalben auch an kleinen Flüssen, 
Weihern, Torfgräben u. s. w. Die zunehmende Kultur hat sie 
von vielen ihrer Brutplätze vertrieben. Ältere Bewohner von 
Höfen in Weiherlandschaften wissen noch Schauerliches zu er- 
zählen von unheimlichem nächtlichen Gebrüll in Gegenden, wo 
jetzt kein Mensch mehr von solchen Tönen beängstigt wird. 
Sobald das Eis aufgebrochen ist, erscheint die Rohrdommel auf 
unsern Gewässern, gewöhnlich von Mitte März an und dauert 
der Zug den ganzen April hindurch. Ende August beginnt der 
Herbststrich, wird lebhaft im September, am wärmsten in der 
zweiten Hälfte des Oktober und dauert bis in den November 
hinein. In gelinden Wintern bleiben nicht wenige ganz da, und 
wurden solche an der Donau, dem Lech, der Iller und am Bodensee 
während der eigentlichen Wintermonate, selbst bei einer Kälte 
von — 15° R. nicht selten erlegt. 

“In den Mägen vieler von mir untersuchten Rohrdommeln 
fand ich Büschelchen nicht mehr bestimmbarer Wasserpflanzen, 
Früchtchen von Bidens tripartita, von denen sich auch viele in den 
Puderdunen-Gruppen der Befiederung angehängt hatten, ein Ge- 
treidekorn, verschiedene Säugetiere (Arvicola arvalıs und Sorex 
‚Jodiens), W asserfrösche (Rana esculenta), häufigFische (Perca flwwiatilis) 
bis zu 12cm Länge, Karpfenbrut, Squalius lepusculus, und Hechte, 
in einem Magen eine kleine Käfersammlung: Dytiscus marginalıs et 


ı) Der Rohrsee, ein früherer Teil des Kochelsees, ist jetzt ein ver- 
schlammter und beschilfter Seesumpf von 1200 Tagwerken oder 48000 Quadrat- 
metern. 


25. Familie. Reiher. 305 


circumflexus, Argutor vernalis, Omaseus nigrita, Parnus prohferi- 
cornis, Aphodius fimetarius et prodromus, Bhinoncus inconspectus, 
Erirhinus acridulus, Sitones hispidulus, Cassida margaritacea, Galeruca 
rustica, Chrysomela staphylaea und Coceinella 14 pustulata, mehrere 
Euprepia- (wahrscheinlich fuliginosa) Raupen, von deren kurzen 
Haaren die inneren Magenwandungen gleich einem Kuckucks- 
magen vollständig behaart erschienen, ferner viele Kaukerfe: 
Libellula sanguinea, Notonecta glauca, Naucoris cimicoides, Ranatra 
linearis, Spinnen (Lycosa rıparia), mehrere Mollusken (Succinea 
amphibia) und viele Rolsegel (Haemopis vorax). Die Bidens- 
Früchtehen, sogenannte Bubenläuse, kamen gewils nur zufällig, 
die vielen Kleinkäfer wahrscheinlich nur mittelbar, nämlich als 
Mageninhalt der verzehrten Frösche und das Weizenkorn im 
Maule einer verschlungenen Feldmaus in den Rohrdommel-Magen. 
Aus den Eingeweiden entwickelte ich Holostomum cornu und 
Ascaris microcephala. 


f) Scotaeus. 


248. SCOTAEUS NYCTICORAX L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas. I. 8. 220. n. 372. — 
Verz. 8. LXXX. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands. IX. S. 139. 
Taf. 225. — XII. Fortsetzung der Nachträge. S. 259. 


Der Nachtreiher brütet sehr vereinzelt in einigen Gegenden 
Bayerns. Heinrich Graf von der Mühle erhielt am 5. Juni 1847 
aus der Umgegend von Nymphenburg einen jungen, der noch 
Dunenspitzen an den Federn hatte. Dals dieser junge Vogel 
schon um diese Zeit aus den südöstlichen Donauländern sollte 
heraufgewandert sein, kann nicht angenommen werden. Auch 
Prinz Adalbert von Bayern schols im Juni 1847 einen jungen 
Nachtreiher am Main bei Aschaffenburg, der wohl auch in dortiger 
Umgegend ausgebrütet worden ist. Meistens alte Männchen und 
einige junge Nachtreiher wurden Mitte bis Ende Mai am Bodensee 
bei Lindau, bei Kempten und im Hofgarten zu Eichstädt, im 
Juli in den Isarauen bei Freising und an der Donau bei Donau- 
wörth, im April und August auf dem Zuge befindliche bei Lindau, 
Günzburg, Neuburg, Augsburg (Gersthofen), Reichertshofen, in 
Oberbayern auf dem Dachauer Moos und am Zötzelhofener Weiher, 
in Niederbayern bei Arnsdorf, Gern und Passau (Fürsteneck), in 

Jäckel, Die Vögel Bayerns. 20 


306 Ordnung V. Grallatores. Sumpfvögel. 


der Oberpfalz bei Regensburg, in Oberfranken bei Heiligenstadt, 
in Mittelfranken bei Neustadt a. A. und Nürnberg (Rosenauweiher) 
und in Unterfranken am Main bei Kloster Heidenfeld und Veits- 
höchheim erlegt. 


26. Familie: Störche. 
Genus 110. Ciconia Briss. 
249. CICONIA NIGRA L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas. I. S. 220. n. 373. — 
Verz. S. LXXX. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands. IX. S. 279. 
Taf. 229. 


Der schwarze Storch, auch Waldstorch genannt, brütete früher 
und nistet wahrscheinlich zur Zeit noch in einigen Gegenden 
Öberbayerns in den Umgebungen Münchens im Forstenrieder 
Forst, wo die alten Vögel, um sie nicht auszurotten, geschont 
werden, ferner in der Oberpfalz im Hirschwald bei Amberg und 
in Oberfranken an der pfälzischen Grenze auf dem Revier Bärn- 
heck im Forstort Buchgraben auf einer alten Buche in einer 
Höhe von 60 Fuls. An letzterem Brutplatze verschwanden die 
schwarzen Störche Ende der vierziger Jahre, ihr Brutbaum aber, 
die Storchbuche, ist noch vorhanden. Auf dem Zuge im August, 
September und Oktober und wieder im März und April wird er 
nicht eben sehr selten einzeln oder in kleinen Flügen, öfters in 
Gesellschaft grauer Reiher überall im Lande beobachtet und ge- 
schossen. Bei Vilseck in der Oberpfalz wurde am 11. Mai 1850, 
bei Landshut an der Isar in Niederbayern am 12. Juli 1867 je 
ein altes Männchen und junge Vögel am 26. Juli 1886 bei Donau- 
wörth, sowie bei Rosenheim (Öberaudorf) am Inn am 30. Juli 1882 
und am 24. Juli 1883 bei Neuburg a. D. erlegt, Vorkommnisse, 
welche auf ein Brüten in der Gegend mit hoher Wahrscheinlich- 
keit schlielsen lassen. 

Im Magen und Schlund schwarzer Störche fand ich eine 
grolse Menge kleiner und grolser Thaufrösche (Rana temporaria), 
unbestimmbare Wasserkäfer und einzelne Hechte. Ein erlegter 
gab im Verenden drei Fische von sich, einen über ein halbes 
Pfund schweren Hecht und zwei Aalruppen (Lota vulgaries). Ein 
junges Männchen, welches sich mit einem zweiten Kameraden 


26. Familie. Störche. 307 


in der Gegend von Langensteinach und Reichartsroth bei Uffen- 
heim herumgetrieben und am 19. August 1881 geschossen worden 
war, hatte 12 Thaufrösche im Magen und war von Läusen 
(Philopterus tricolor) dermalsen bedeckt, dals sie aus allen Ritzen 
der Kiste hervorkrochen, in der mir der Vogel zugesendet wurde. 


250. CICONIA ALBA Biriss. 


Keyserling und Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 220. n. 374. 
Verz. S. LXXX1I. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, IX. S. 231. 
Taf. 228. 


Der Storch ist nach Prof. Dr. Wagner in vielen Teilen 
Bayerns ganz gemein, dagegen in anderen sehr selten oder völlig 
fehlend. Dem Hochgebirge, dem Bayerischen Walde, Fichtel- 
gebirge, dem inneren Spessart und der Hohen Rhön geht er ganz 
ab, wie sich dies aus seiner Lebensweise leicht erklären lälst. 
„Dagegen fehlt er auch vielen Lokalitäten, wo man ihn wohl noch 
erwarten sollte. So wird er zwischen der Donau und dem Alpen- 
gebirge in den meisten Gegenden gänzlich vermilst oder höch- 
stens auf dem Zuge wahrgenommen; in Kempten, Kaufbeuren, 
München, Freising, Landshut, Passau ist er ganz unbekannt. 
Erst weiter abwärts bei Dachau, Pfaffenhofen, dann um Aichach 
(in Friedberg, Schrobenhausen, Hörzhausen und Weichenried), 
sowie westwärts des Lech im unteren Teile des Kreises Schwaben 
und namentlich in den dortigen Donaugegenden stellen sich die 
Störche nistend ein; in Landsberg und Althegnenberg- sind sie 
wieder verschwunden, wahrscheinlich weil sie weggeschossen 
wurden. Von der Donau an nordwärts ist in Bayern die eigent- 
liche Heimat der Störche. Schon in der Oberpfalz werden sie 
zahlreicher, dem ganzen Fichtelgebirge, selbst noch Bayreuth und 
Culmbach gehen sie ganz ab, desto häufiger sind sie im Bam- 
bergschen um Gerolzhofen und ganz Mittelfranken, wo sie 
allenthalben in Städten und Dörfern (Nürnberg, Erlangen, Baiers- 
dorf, Forchheim, Bamberg, Gunzenhausen, Ansbach u. s. w.) als 
willkommene Sommergäste sich einstellen. In Unterfranken wird 
der Storch wieder seltener und nistet z. B. nicht in der ganzen 
Umgegend von Würzburg, während er im Forstamt Aschaffen- 
burg häufig vorkommt. Dies der angebliche Stand der Ver- 


breitung des Storchs in den vierziger Jahren, in wesentlichen 
20* 


308 Ordnung V. Grallatores. Sumpfvögel. 


Punkten unrichtig schon für die damalige Zeit. Nach Walchner 
ist der Storch in Oberschwaben in Städten und Dörfern der 
Bodenseegegend ziemlich häufig, In Memmingen hat er sich 
bereits im Jahre 1600 häuslich niedergelassen und bewohnt diese 
oberschwäbische Stadt bis auf diesen Tag, hat zahlreiche Nester 
auf den Kirchen des Mindel- und Kamelthales und ist in der 
Augsburger Gegend seit langen Jahren, in der Stadt selbst seit 
1860 ansässig, zur Zeit in vier Paaren, ein fünftes im nahen Lech- 
hausen. In Boding am Regengebirge oder Bayerischen Walde 
brütet er, ebenso seit 1850 in Bayreuth, fehlt in Unterfranken 
dem ganzen Ochsenfurter Gau, bewohnt aber Würzburg, die 
Frankenebene westlich vom Steigerwalde, Schweinfurt und seit 
1845 Kissingen. Ein Paar nistet auch in Hammelburg, wo es 
bei dem grofsen Brande .1854, wo die Flammen fast das Nest er- 
reichten, dennoch diesen Aufenthalt nicht aufgab. Die Störche 
verschwinden manchmal auf kürzere oder längere Zeit von ihren 
Wohnorten und kommen erst nach Jahren wieder. Nach dem 
grofsen Brande von Windsheim 1730, der auch das Rathaus, auf 
welchem ihr Nest stand, in Asche legte, blieben sie sechs Jahre 
lang fort; erst am 13. April 1737 bezogen sie wieder die Stadt 
und siedelten sich auf einem Gefängnisturm, dem danach 
benannten Storchnest, an, wo sie bis zum Abbruch dieses 
Baues im Jahre 1777 verblieben , worauf sie die Spitalkirche 
bezogen, auf der sie noch wohnen. 1669 brannte ihnen das Nest 
ab und 1713 fiel es mit den jungen Störchlein herab; gleichwohl 
verliefsen sie die liebgewordene Gegend nicht. Die nämliche 
Wahrnehmung von treuer Anhänglichkeit an teure Heimstätten 
beobachtete ich im unteren Aischgrunde, wo ein Storchenpaar auf 
einem adeligen Schlosse sich zum dritten Male anbaute, nach- 
dem in einem Jahre das Nest verbrannt und im andern vom 
Sturme herabgeworfen worden war. Dagegen verliels ein anderes 
1865 in Weidenbach bei Triesdorf neu angesiedeltes Paar sofort 
die Gegend, als ein starker Wind das Nest mit den Eiern von 
dem Schlote des Pfarrhauses weggefegt hatte. In Nürnberg, wo 
gegenwärtig drei Nester vorhanden sind, blieben die Störche im 
vorigen Jahrhundert sieben Jahre lang alle aus, ohne dafs man 
eine Ursache dieses auffallenden Phänomens hätte finden können, 
und kamen erst zwischen dem 12. und 21. Mai 1779 wieder. Als 
sie sich 1850 in Bayreuth aufs neue einfanden, waren es gerade 
50 Jahre, dafs sie in der Stadt nicht mehr genistet hatten, und 


26. Familie. Störche. 309 


fiel es auf, dafs das neue Paar denselben Schlot zur Residenz 
wählte, auf welchem ein halbes Jahrhundert zuvor das Storch- 
nest stand. Als der alte protestantische Graf Ludwig von 
Öttingen und sein ältester Sohn Ludwig im schmalkaldischen 
Kriege, ihrer Religion wegen mit der Acht belegt, ihr Land ver- 
lassen und im Exil herumziehen mulsten, die Grafschaft aber 
den beiden katholischen Söhnen Ludwigs, Wolfgang und 
Friedrich huldigen mulste, flogen die Störche im Frühling 
1547 um das Schlofs herum, setzten sich auf die Kirche und 
verliefsen die Stadt, ohne wiederzukehren. Im Frühling 1548, 
in welchem das Interim eingeführt wurde, kamen die Störche 
wieder und flogen abermals fort. Erst am 15. April 1552 stan- 
den sie wieder auf ihren alten Nestern, blieben zum Jubel der 
Bewohner da und schauten am 4. Mai auf den Einzug des alten 
Grafen herab. Das Wegziehen der Störche galt den protestan- 
tischen Unterthanen als ein deutliches Zeichen eines auf dem 
Schlosse ruhenden Fluches; ihr Wiedererscheinen als Prophe- 
zeiung der baldigen Ankunft des vertriebenen alten Herrn. Wo 
die Gegend wesentliche, die Ernährung der Störche erschwerende 
Veränderungen erfährt, ziehen sie entweder ganz weg oder ihre 
Anzahl vermindert sich auf so viel Paare, als die Örtlichkeit 
noch zu ernähren im stande ist. So hatte Ansbach früher fünf 
Nester, 1863 noch zwei und gegenwärtig. nur noch eines, Som- 
mersdorf und das nahe Grolsenried zwei Paar Störche, von denen 
sich nach Adaptierung der dortigen Weiher zu Wiesen zuerst das 
auf dem Schlosse zu Sommersdorf nistende aus der Gegend ver- 
lor, und zuletzt auch das andere, ohne sich durch ein auf dem 
hohen Dache angebrachtes Rad zu einer Neubesiedelung bewegen 
. zu lassen. | 

Über die Ankunftstermine der Störche besitze ich für eine 
Reihe von Städten Bayerns genaue, auf lange Jahre sich er- 
streckende Aufzeichnungen, für Nürnberg vom Jahre 1764 an. 
Die Sänftenträger schrieben in ihren Mulsestunden jene Tage 
von dem genannten Jahre bis 1788 an eine weilse Wand im 
Fünferhause ; vom Anfang des gegenwärtigen Jahrhunderts bis 
1849 notierte sie ein alter Bürger in seinen Hauskalendern und 
stellte mir einen Auszug daraus zur Verfügung; ich selbst machte 
regelmälsige Aufschreibungen von 1839 bis 1845, dann die 
Dr. Dr. Sturm bis an ihren Tod und seitdem notierteich die An- 
kunftstermine durch Korrespondenz. Sehr selten kommt das 


310 Ordnung V. Grallatores. Sumpfvögel. 


Männchen und Weibchen zugleich oder binnen 24 Stunden an; 
meistenteils erscheint das Männchen zuerst und allein und hat 
auf die Ankunft der Gattin 3 bis 10, auch 20 Tage zu warten. 
Hier und da trifft er in Franken schon im Februar ein und 
habe ich folgende Termine notiert: am 19. Februar 1878 Ankunft 
in Hammelburg, 21. Februar 1863 in Windsbach bei Ansbach, 
1842 in Neustadt a. A. das Männchen am 22. Februar nach- 
mittags 3 Uhr, das Weibchen am sechsten Tage danach, in 
Schweinfurt am 26. Febr. 1868, in Memmingen am 27. Februar 
1849, in Nürnberg am gleichen Tage des Jahres 1859, am 
28. Februar 1858 in Memmingen, an demselben Tage 1863 in 
Schweinfurt, am 29. Februar 1571 in Windsheim und am 25. Febr. 
zu Buchloe in Schwaben. Meistens kommt der Storch erst im 
März, sogar noch im April und Mai, so spät aber, wie am 24. April 
1879 zu Windsheim und am 13. Mai in Nürnberg nur ausnahms- 
weise. Der Abzug erfolgt Ende August bis Anfang September. 
Am 11. Dezember 1861 traf der Förster Jägerhuber noch einen 
einzelnen Storch im Altmühlgrunde bei Gunzenhausen (Wald), 
und 1877, am 4. Januar, wurden zwei Stücke bei Augsburg ge- 
sehen. Im Jahre 1843 blieb ein Storchenpaar, beide Gatten 
waren gesund, auf der Kirche zu Balzhausen im Mindelthale 
Schwabens während des ganzen Winters da, kam regelmälsig 
auf das Nest, um gemeinschaftlich zu übernachten, und setzte 
das Überwintern fünf Jahre fort. Die in diesen fünf Jahren er- 
zeugten Jungen verlielsen dagegen zur gewöhnlichen Zeit ihre 
Geburtsstätte und wanderten aus. Im ersten nicht sehr strengen 
Winter 1843/44 brachte sich das Paar gut durch; in dem äulserst 
strengen und schneereichen Winter 1844/45 fristete es sein Leben 
in einer benachbarten Abdeckerei, wo Aas seine einzige Nahrung 
war !). Trotz dieser traurigen Erfahrung blieb das Paar auch im 
Winter 1845/46 wieder da, 1846/47 nur einer, wahrscheinlich das 


') Auch in strengen Nachwintern nimmt der Storch menschliche Hilfe 
gerne an. Ein Hausbesitzer zu Ansbach öffnete im März 1865 bei einer 
längere Zeit andauernden Temperatur in den Morgenstunden von — 5 bis 10°R. 
eine oberste Stelle seines Hausdaches und legte auf einem zwischen den 
Latten in das Freie hinausgeschobenen Brette in der Nähe des Storchnestes 
täglich eine reichliche Quantität Kaldaunen, geschnittene Lunge und Fleisch- 
abfälle nebst anderem Geeigneten und Ungeeigneten vor, was von den klugen 
Tieren bereitwilligst angenommen wurde, so dafs sie die kritische Zeit ohne 
Not überstanden. 


26. Familie. Störche. 811 


Männchen, 1848/49 aber wieder beidee Am 14. Februar jenes 
Jahres traf beide der neue Pfarrherr am Tage seines Aufzuges 
zu seiner Verwunderung auf dem Kirchdache an. Sie hatten 
sich abermals gut durch den Winter gebracht und im nahen 
Riede, in Mühlgräben und bei dem Abdecker Nahrung ge- 
funden. Bei grolsem Schneegestöber hielten sie sich in den 
benachbarten Waldungen auf und warfen, wenn sie wieder auf 
das Nest kamen, den Schnee mit den Schnäbeln heraus. Das 
Mindelthal ist einige Wochen vor der Herbstwanderung von 
vielen hundert Störchen besucht, die sich nach und nach zu- 
sammenscharen und alsdann gemeinschaftlich nach Süden ziehen, 
wobei sich die -Balzhausener Störche nicht ungesellig zeigten, 
aber abends auf ihre Nester zurückkehrten und endlich die 
Scharen abziehen lielsen, ohne ihnen zu folgen. Auch in Mittel- 
franken überwinterte in den dreilsiger Jahren ein Storch in 
Langenfeld bei Neustadt a. A., kam auf seinen Streifereien öfter 
bis Sugenheim in den Marktflecken hinein und war ein von 
Jung und Alt gern gesehener Bettler. 

Findet der Storch während des Nestbaues auf Bleich- oder 
Rasenplätzen hingelegtes feines Weilszeug, Spitzen, Garn und 
dergleichen, so trägt er es in sein Nest, weshalb die Jugend zu 
Nürnberg dem mit solchem Nestmaterial heimfliegenden Storche 
»Garndieb« nachruft. Sein häusliches und Familienleben bietet 
überraschende Züge von Elternliebe und Erkenntnis der Sach- 
lage. Bei groiser Junihitze sah ich öfter, wie die Alten ihren 
lechzend den Schnabel aufsperrenden Jungen Wasser einflölsten 
und sie durch Schütteln ihres zu diesem Zweck in einem nahen 
Weiher nals gemachten Gefieders bespritzten, sich sodann mit 
dem Rücken gegen die Sonne stellten, ihre Flügel entfalteten 
und so wie mit Sonnenschirmen ihre Kinder gegen den Sonnen- 
brand schützten. Am 9. Juni 1859 flog der Storch von dem 
Neste auf dem Amthause zu Neuhaus bei Höchstadt a. A. herab 
auf den Dorfbrunnen, der etwa 60 Schritt davon entfernt ist, 
stellte sich auf den steinernen Trog der Viehtränke und holte 
im Schnabel Wasser. Als er seine fünf Jungen verliels, waren 
diese allein; der andere Gatte blieb wahrscheinlich mit Wasser 
zu lange aus; um selbst an den nahen Teich zu fliegen, hätte 
er sich zu weit entfernen und die zarten Sprölslinge ohne alle 
Aufsicht zurücklassen müssen; so flog er denn, kurz entschlossen, 
an die Viehtränke herab, um bei der sengenden Hitze die 


312 Ordnung V. Grallatores. Sumpfvögel. 


durstenden Nesthocker erfrischen zu können. Vor Jahren wurde 
ein Hausdach in Fürth überstiegen, worauf ein Storchnest stand. 
Der Maurer, welcher gerade am First die Ziegel verstrich, neckte 
den Storch mit einem Besen, nach welchem der Vogel mit dem 
Schnabel stiels. Nach einer Weile flog dieser vom Neste, kehrte 
aber bald wieder und spritzte auf den die Neckereien wieder- 
holenden Mann eine Ladung Wasser herab. Die Thatsache ist 
verbürgt. Welch rührende Beweise von Eilternliebe sie bei 
Schadenfeuer trotz grolser Hitze und Wolken von Rauch an den 
Tag legen, ist bekannt genug. 

Gewöhnlich haben sie drei bis vier Junge, sehr selten fünf. 
Im August versuchen die jungen männlichen Störche hie und 
da schon den Coitus mit den weiblichen Familienangehörigen 
auf dem Neste, wobei jedoch die jungen Schönen, in denen der 
Naturtrieb nicht so früh erwacht, aufrecht stehen bleiben. Man 
hat hierin Anstalten zu einer zweiten Brut in demselben Jahre 
erblicken wollen, ein Irrtum, der nur auf der milsverstandenen 
Thatsache des versuchten vorzeitigen Flätterns der Storchjüng- 
linge beruht. 

Der Kinderbringer ist in Stadt und Land bei Bürger und 
Bauer ein nahezu heiliges Tier;. anders sieht ihn der Jäger an, 
der ihn nicht mit Unrecht für einen heiligen Nichtsnutz hält, 
da er junge Hasen und Rebhühner wegfängt, was nicht geleugnet 
werden kann. 


Genus Ill. Platalea L. 
251. PLATALEA LEUCERODIUS L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas. I. S, 221. n. 377. — 
Verz. S. LXXXI 


Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, IX, 8. 312. 
Taf. 230. 


Der Löffelreiher erscheint hie und da als seltener Streifer 
an unseren grolsen Seen (Bodensee, Starnberger- und Ammersee), 
an der Donau und ihren Nebenflüssen, am Main in Unterfranken 
und in grolsen Weiherlandschaften Mittel- und Oberfrankens und 
der Oberpfalz, aus Holland den Rhein, oder aus Ungarn die 
Donau heraufkommend. Am 22. September 1857 standen in den 
Moor- und benachbarten Weihern bei den Dörfern Zeckern und 


26. Familie. Störche. 313 


Heppstädt vier solche Vögel, von denen am 29. September ein 
einjähriges Männchen in einem gefischten Weiher geschossen 
und mir gebracht wurde. Ich sah sie mehrere Tage zuvor in 
der Nähe zahmer Gänse in einem Weiher. Am 18. Mai 1859 
besuchte wiederum ein Löffelreiher die Moorweiher und am 
6. Oktober 1859 spazierte bei Bächingen an der Brenz in der 
Gegend von Lauingen in Schwaben ein altes Männchen unter 
einer Gänseherde auf dem Felde herum. Der Gärtner des 
Baron v. Sülskind sah ihn, holte eine Flinte, schols aber nicht 
sogleich, weil er ein paar Hausgänse hätte mittreffen können, 
sondern ging auf den Löffler zu, bis er aufflog und herab- 
geschossen werden konnte Wie v. Frauenfeld in den Ver- 
handlungen der zoologisch-botanischen Gesellschaft in Wien 1863 
S. 63 berichtet, hat das durch hohe Temperatur und aulser- 
ordentliche Trockenheit ausgezeichnete Jahr 1863 viele auffallende 
Erscheinungen in Bezug auf grolse Verbreitung südöstlicher 
Tiere gebracht. Am 14. Mai erschien der Löffelreiher an dem 
Steinröhrner Teich auf der Grafschaft Wittingau in Böhmen in 
einem viele hundert Stücke zählenden Schwarm. Von dort kamen 
sie auf die Sandinsel am Bestrever Teiche bei Frauenberg, wo 
fünf Stücke geschossen wurden. Dann teilten sie sich in mehrere 
kleine Ketten, von welchen eine ca. 50 Stücke zählende sich 
bis Mitte Juli am Munitzer Teich bei Frauenberg aufhielt. Von 
diesen Löffelreihern ist ein grolser Flug zu uns nach Bayern 
gekommen. In der Woche vom 17. bis 23. Mai zeigten sich in 
dem über 100 Tagwerk grofsen Kauerlachweiher bei Burggries- 
bach an der oberpfälzisch-mittelfränkischen Kreisgrenze eine 
Schar von 33 Stücken, von denen ein alter und ein junger Vogel 
geschossen wurde. ‘Sämtliche Löffler waren mehr vertraut als 
scheu, hielten sich fast drei Tage an dem Weiher auf und strichen 
erst, nachdem auf sie gefeuert worden war, in der bekannten 
Pflugschleifenform, wie Gänse fiegend, weg. Nach etwa 14 Tagen 
wurden wiederum sechs Stücke auf einem anderen Weiher 
unweit Burggriesbach gesehen, die sich aber nur kurze Zeit auf- 
hielten, worauf Anfang Juli noch ein einzelner Junger erlegt 
wurde. Vom Kauerlachweiher war die grolse Schar in nord- 
westlicher Richtung fortgestrichen und kam ein Paar an die 
genau in dieser Richtung liegenden Moorweiher, woselbst am 
29. Mai spät abends das eine Stück, ein altes Männchen, erlegt 
wurde. Grolser Wassermangel in Ungarn soll diese Vögel nach 


314 Ordnung V. Grallatores. Sumpfvögel. 


Böhmen und Bayern getrieben haben. Im Juni 1866 wurde 
14 Tage lang auf den Weihern bei Leonberg in der Oberpfalz 
ein Löffelreiher gesehen, der sich besonders an dem 100 Tag- 
werk grolsen, tiefen und beinahe schilflosen Weiher bei der Öl- 
mühle aufhielt und auch bei den Weihern von Rauberweiher- 
haus nordöstlich von Bodenwöhr beobachtet wurde. Am 23. Juli 
1867 zeigten sich zwei Stücke zwischen Augsburg und Donau- 
wörth bei Oberndorf am Lech und wurde eines derselben, ein 
Männchen, erlegt. Andere wurden bei Reichertshofen in Ober- 
bayern und in Mittelfranken an der Altmühl bei Windsfeld in 
den Monaten Mai bis Juli erbeutet. 


In den Mägen erlegter fand ich viele Fischbrut und Wasser- 
wanzen (Notonecta glauca), Leu aber verschiedene Libellen. 


27. Familie: Flamingos. 
Genus Ill. Phoenicopterus L. 


252. PHOENICOPTERUS ROSEUS Pall. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas. I. S. 221. n. 378. — 
Verz. S. LXXXL 


Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands. IX. S. 408. 
Taf. 233. — XII. Fortsetzung der Nachträge. S. 260. 


In diesem und dem vorigen Jahrhundert kam der Flamingo 
als verschlagener Irrgast mehrmals nach Deutschland. 1723 im 
April erschienen die ersten, später oft ganze Züge auf dem 
Alten Rhein bei Mainz, wo sie sich auch 1795 wieder zeigten. 
Am 10. April 1728 wurde einer in Rheinhessen am Altrhein 
unfern Alsheim geschossen, ein anderer, im Museum zu Cassel 
stehender, am 8. September 1746 unweit der Edder bei Röddenau, 
sechs Stunden von Marburg, von einem Bauern gefangen. Ein 
Trupp von 27 Stücken erschien in dem heilsen Sommer des 
berühmten Kometen- und Weinjahres 1811 am Mittelrhein. 
Anfang Juni bemerkte man sie zuerst bei Kehl und am 26. Juni 
bei Gimbsheim unweit Stralsburg am Altrhein. Sechs Stücke, 
fünf Weibchen und ein Männchen, wurden davon erlegt. Vom 
14. bis 16. Juni sah man zwei Stücke bei Schierstein auf dem 


27. Familie. Flamingos. 315 


Sande an einer Rheinaue und wenige Tage nachher auch bei 
Idstein. Es waren lauter zweijährige Vögel. Am 25. Juni 1811 
zog ein Trupp von sechs Stücken jener Irrlinge über Bamberg 
und wurde einer in der Nähe des Bades Kissingen an der Saale 
geschossen. Auch am Bodensee ist damals der Flamingo ge- 
sehen worden und nach einem in meinem Besitz befindlichen 
Manuskript des verstorbenen Dr. Küster wurde ein Stück bei 
Bayreuth erlegt. 


Ordnung VI. 


Natatores. Schwimmvögel. 


28. Familie: Enten. 


Erste Gruppe: Schwimmende Enten, 
ohne Hautsaum. 


Genus 113. Cygnus Bechst. 
253. CYGNUS MUSICUS Bechst. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 222. n. 379. — 
Verz. S. LXXXII. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, XI. S. 478. 
Taf. 296. 


Der Singschwan kommt fast jährlich, besonders aber in 
strengen Wintern, meistens in kleinen Gesellschaften bis zu 
sieben, selten in Flügen von 20 bis 40 und mehr Stücken als 
keine grolse Seltenheit auf unsere Seen, Teiche und Flüsse, 
weshalb ich die grolse Zahl der Nachweise seines Vorkommens 
in allen Kreisen Bayerns übergehen kann. In manchen Wintern 
war er im Gebiete besonders häufig, so 1709 und 1740, wo in 
dem sehr kalten Januar und Februar ganze Scharen an den 
Bodensee und in die Gegenden von Memmingen, Augsburg und 
nach Franken (Roth am Sand, Windsheim, Uffenheim, Markt 
Steft und Schweinfurt) kamen. Im gegenwärtigen Jahrhundert 
waren sehr schwanenreiche Winter 1829/30, 1838, 1855 und 1858. 
Im Jahre 1855 traf ich in den Moorweihern, auf dem Brands- 


28. Familie. Enten. 317 


weiher bei Neuhaus und den Bischofsweihern bei Dechsendorf- 
Erlangen an manchem Märztage vier bis elf alte und junge 
Schwäne an, und zu derselben Zeit lagen auf dem grolsen, nun 
trocken liegenden Breitenauer See bei Bamberg zehn Stücke, 
von denen verschiedene bei Hallstadt, Bautzfeld, Neuses und 
Forchheim erlegt wurden. Die überlebenden blieben bis Mitte 
April, verschwanden aber, von Bauernschützen unablässig be- 
schossen, endlich aus der Gegend. Anfang März 1855 zeigte 
sich auch in der Gegend von Werneck in Unterfranken ein 
ansehnlicher Flug von etwa zwölf Stücken (Leydig). Auf dem 
Starnberger See stellte sich im Januar 1858 eine Schar von 
45 Schwänen ein und blieb 14 Tage dort und in der Umgebung. 
Zum Morgen- und Abendanfall kamen sie auf die Würm, abends 
meist sehr zeitig und früher als die Enten, und man hörte ihr 
Geschrei weit und fast immerwährend. Sieben Stücke wurden 
davon erlegt, darunter prächtige alte weilse Exemplare zu 21 bis 
23 Pfund. .Im Jahre 1833 hielten sich am Starnberger See drei 
dergleichen Schwäne mehrere Wochen auf und wurde den Jägern 
Befehl gegeben, sie lebendig zu fangen. Das geschah in der 
Art, dafs man sie durch Aufstreuen von Gerste an ein Ufer, wo 
sie sich öfters niederlielsen, auf einen kleinen Platz lockte und 
dann ein Tellereisen legte, dessen Feder aber nur stark genug 
schlug, um den Schwan, wenn er sich fing, festzuhalten. Zwei 
Jäger waren in etwa 500 Schritt Entfernung Tag und Nacht auf 
der Passe und erkannten an dem Flügelschlagen, wenn sich 
einer gefangen hatte, eilten dann herbei und lösten ihn aus. 
Es fingen sich so zwei, beide am Hals, und wurden nach 
Nymphenburg gebracht, wo sie sich bald an die dortigen 
zahmen Schwäne (Cygnus olor) gewöhnten und bei ihnen blieben 
(v. Kobell, Wildanger S. 419). Ein bayerisches Mandat vom 
16. Mai 1733 verbot das Schwanenschielsen, damit die schönen 
Vögel bei uns vielleicht heimisch werden möchten, was wohl 
hätte in Erfüllung gehen können, wenn die leidige Schielswut 
nicht gewesen wäre. Mitte der zwanziger Jahre blieben auf dem 
oben genannten grolsen Bischofsweiher Schwäne bis tief in den 
Mai, verliefsen aber die 130 Tagwerk grolse Wasserfläche (eine 
zweite von 100 Tagwerk grenzt an), als man ihnen unkluger- 
weise ein Bruthaus in den Weiher setzte. Im Jahre 1809 war 
der Singschwan vom Januar bis in den März nach Hofrat 
Dr. Meyer am Untermain ziemlich häufig. Ein Trupp von 


318 Ordnung VI. Natatores. Schwimmvögel. 


etwa 30 Stücken blieb in der Gegend von Geinsheim am Rhein 
auf einem überschwemmten grolsen Wiesengrunde und ein Weib- 
chen legte auf eine mit Gebüsch bewachsene sandige Erhöhung 
vier Eier, die von einer zahmen Gans, die sie ausbrüten sollte, 
gefressen wurden. Auch bei Nürnberg hielten sich damals 
während des Januar und Februar auf dem Dutzendteich und 
Königsweiher 14 Singschwäne auf. 


Anmerkung 1. Cygnus minor Pall. ist nach meiner Anschauung eine 
kleine Form des Singschwans und nicht besondere Art. Für Bayern wurde 
er zuerst von Prof. Dr. Wagler in München im Jahre 1832 nachgewiesen. 
Bei Landshut auf der Isar wurde nämlich ein in Gesellschaft von zwei 
anderen seinesgleichen betroffenes Individuum flügellahm geschossen und 
lebte auf einem Meierhofe zwei Jahre lang in bestem Einverständnisse mit 
einer Gans. Nach dieser Zeit wurde es von einem Hunde scheu gemacht 
und entfloh. Ein zweites Exemplar wurde auf dem Chiemsee flügellahm 
geschossen und befand sich längere Zeit lebend in Gesellschaft eines Schwans 
zu Nymphenburg im Besitze des damaligen Kronprinzen und späteren Königs 
Maximilian I. Andere wurden auf dem Tegernsee, am 16. November 1860 
bei Diedorf in der Gegend von Augsburg (934 Pfund schwer und 45 Zoll 
bayer. Mafses lang) und am 17. Februar 1820 auf der Altmühl bei Altenmuhr 
(4‘ 52/5“ lang, wovon der Schwanz 8!/3“ betrug, 6‘ 9/2“ breit) erleg. Am 
Main erscheint er zuweilen im Winter an Stellen, die nicht zufrieren, so bei 
Zell unterhalb Würzburg, wo er 1829/30 und 1845 beobachtet wurde. Im 
Spätjahr 1865 hielten sich drei Stücke auf dem Main bei Staffelstein einige 
Tage auf und wurden durch einen Fehlschufs verscheucht. Am 1. No- 
vember 1860 erschienen zwei kleine Schwäne in den Moorweihern, wurden 
vergeblich beschossen und strichen über die Weiher bei Biengarten in der 
Richtung gegen die Ailersbacher Weiher ab. Nächsten Tages lagen sie ganz 
nahe an meinem damaligen Pfarrorte Neuhaus mitten im Neuweiher, woselbst 
einer, der ausgestopft im Forstamte Nürnberg-Laurenzi steht, geschossen 
wurde, der andere aber über Adelsdorf und Lauf an der Aisch in den 
Pfaffenweiher bei Weppersdorf abstrich, wo er gleichfalls erlegt wurde. 
Letzterer, ein altes Weibchen, kam in meinen Besitz, war von der Schnabel- 
bis zur Schwanzspitze 41!/a“ Pariser Mafses lang und von einer Flügelspitze 
bis zur andern 68“ breit und 8 Pfund bayer. Gewichtes schwer. Er steht 
gegenwärtig in der Sammlung zu Augsburg. Der andere, ein junges Weibchen, 
war nach der Schätzung des glücklichen Schützen beiläufig 8 Pfund schwer. 
Kurz zuvor sahen die Dr. Dr. Sturm auf dem Dutzendteich bei Nürnberg 
zwei kleine Schwäne, wahrscheinlich dieselben, welche bei Neuhaus ihren 
Tod fanden. 


Anmerkung 2. Ob Cygnus olor Gm. L. in wildem Zustande je im 
Gebiete vorgekommen ist, vermag ich nicht zu sagen. 

(A. Wiedemann schreibt: »Im Jahre 1883 erschien ein 
Paar auf dem Bodensee in der Nähe von Lindau. Da man 
dasselbe möglichst ungestört lies, begann es im April 1885 zu 


2. 


28. Familie. Enten. 319 


nisten. Als die Jungen grölser geworden waren, siedelten die 
Eltern mit denselben auf den Bodensee über. Seit dieser Zeit 
oblagen diese Vögel alljährlich dem Brutgeschäft und vermehrten 
sich so, dafs im Frühjahr 1883 einmal 15 Stück vorhanden 
waren.« — J. Hellerer teilt mir mit, dals er in strengen 
Wintern zuweilen durchziehend und überwinternd an der Amper 
vorkommt. So wurde am 9. November 1890 ein junger bei 
Schrobenhausen geschossen, zwei weitere Mitte Januar 1891 bei 
Bamberg erlegt. — R. Bl.) 

Anmerkung 3. COygnopsis canadensis Briss. Eine kanadische Gans, 


sicherlich ein Parkflüchtling, wurde vor langen Jahren in der Würzburger 
Gegend bei Randersacker erlegt. 


Anmerkung 4. Anser hyperboreus Pall. Die Polargans kommt nach 
Landbeck höchst selten an den Bodensee, was der Bestätigung bedarf. In 
dem strengen Winter 1870/71 zeigte sich in hiesiger Gegend bei dem Dorfe 
Schwebheim in einem von Wildgänsen und Enten stark besuchten Wiesen- 
grund ein Flug Saatgänse und in deren Gesellschaft und bei dem Hin- und 
Herstreichen an ihrer Spitze mehrere Tage nach einander eine weilse, durch 
stärkere Statur und schwarze Flügelspitzen vor den übrigen sich auszeichnende 
Wildgans. Diese Abweichungen fielen einem Schäfer auf, der darüber an 
den Jagdpächter berichtete. Letzterer machte mir über die auch ihm merk- 
würdigen Umstände Mitteilung, vermochte aber das interessante Tier nicht 
zu erlegen, weshalb es fraglich bleibt, ob es eine Polargans war. 


(J. Hellerer schreibt mir: »Die Schneegans kommt jeden 
Winter [besonders wenn streng] an der Amper zwischen Bruck 
und Dachau, auch weiter aufwärts, vor. Heuer [1890/91] waren 
15 bis 20 Exemplare da, wovon [wie alljährlich] mehrere ge- 
schossen wurden.« — J. Sprater teilt folgendes mit: »Eine 
Schar von 30 bis 40 Schneegänsen wurde zu Weihnachten 1890 
bei Schifferstadt, %4 Stunden von Neustadt, gesehen, zwei Exem- 
plare bald danach geschossen«.. — Nach Oberförster Eigner 
wurden im Winter 1888/89 und 1889/90 in der Umgebung von 
Regensburg einige geschossen. — Nach Forstmeister Falcke 
wurde am 7. Januar 1890 bei Pyrbaum in der Pfalz ein Flug 
von 15 bis 20 Stück angetroffen. — Im November 1883 wurde 
ein Exemplar bei Wondreb geschossen, das von einem nach Süden 
streichenden Zuge von Gänsen zurückgeblieben war, nach Forst- 
meister Dolles. — R. Bl.) 


320 Ordnung VI. Natatores. Schwimmvögel. 


Genus 114. Anser Briss. 
a) Anser auct. | 


254. ANSER ALBIFRONS Pall. 
Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 223. n. 385. — Verz. 
S. LXXXTI. 
Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, XI. S. 351. 
Taf. 289. — 8. 340. Taf. 288. — 8. 365. Taf. 290. — XII. Fort- 
setzung der Nachträge 8. 293 und 29. 

Die hochnordische Blässengans kommt im Oktober und 
November und wieder im März und April entweder einzeln oder 
mit Saatgänsen, doch nur sehr selten, zu uns auf die Donau- 
schütten, die Isar, den Lech, die Altmühl, den Main u. s. w. 
Im Winter 1848 gelangte ein schönes altes Männchen auf den 
Wildpretmarkt in München; auch Leu sah sie früher, als er 
noch nicht sammelte, öfters auf dem Markte in Augsburg, erhielt 
ein Stück aus dortiger Umgegend im Winter 1851/52 und von 
einer im Gasthof zu den drei Mohren verspeisten Blässengans 
leider nur den noch ungerupften frischen Kopf. Professor Wolf 
beobachtete mehrere Stücke in der Gegend von Nürnberg und 
erhielt junge Vögel und alte Männchen mit schwarzen Flecken 
auf dem Unterleibe von der Altmühl bei Gunzenhausen von den 
dortigen Entenfängern am 29. November 1806 und 18. De- 
zember 1817. In derselben Gegend wurden Anfang der dreilsiger. 
Jahre und am 5. Dezember 1853 einzelne Exemplare, darunter 
ein Männchen, andere in den unteren Maingegenden bei Aschaffen- 
burg geschossen. Hofrat Dr. Meyer in Offenbach traf sie dort 
mehrmals im Winter an. 

Anser minutus Naum., von der ein schönes junges Stück 
1834 bei Isareck auf der Donau geschossen wurde, ist eine Zwerg- 
form von Anser albifrons. 


255. ANSER SEGETUM J. Fr. Gml. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 224. n. 356. — 
Verz. S. LXXXII. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, XI. S. 302. 
Taf. 287. — S. 277. Taf. 286. — XII. Fortsetzung der Nachträge 
S. 291 und 29. 


In einem kleinen Fluge von sieben Stücken Schnee- oder 
Saatgänsen befand sich 1864/65 nach Aussage eines Altenmuhrer 


28. Familie. Enten. a>t 


Fischers und Entenfängers eine weilsscheckige, die schon von 
Weitem auffiell. Unter Wildgänsen sind Schecken eine sehr 
grolse Seltenheit. 

Sie zieht im Herbst regelmälsig, öfters in grolsen Scharen, 
bei uns durch, überwintert auch auf den Mösern, an warmen 
Quellen und auf üppigen Wintersaaten und verlälst uns wieder 
im Frühjahr. Sie kommt gewöhnlich erst Mitte Oktober bis 
Mitte November, in manchen Jahren erst im Dezember, sehr 
selten schon Ende September. Im Februar und März ziehen 
diejenigen Gänse, welche bei uns nicht überwintern, sondern 
weiter nach Süden gewandert waren, wieder bei uns durch und 
es gehört zu den grölsten Seltenheiten, dafs ich am 25. April 1861 
im oberen Altmühlgrunde noch zwei Saatgänse nach dem Irre- 
bacher Gründlein über Sommersdorf streichen sah. Von alten 
Jägern und Entenfängern hört man Klagen über die grolse 
Abnahme der Wildgänse, eine Thatsache, die dem Landmann 
sehr zu statten kommt. Im unteren Aischthal war man noch in 
diesem Jahrhundert gezwungen, die Saatfelder hüten und die 
eingefallenen Gänsescharen verscheuchen zu lassen. Indessen 
gibt es noch immer Jahrgänge, die sich den besten Zeiten alter 
Jagdherrlichkeit würdig anreihen, aber selbst solche vorzügliche 
Jahre in die anderen, oft recht schlechten gerechnet, vermögen 
jene Klagen nicht zu entkräften. Im Jahre 1859 sah ich auf 
den Aischwiesen und Wintersaaten, auch in den Moorweihern 
Scharen von 150 bis 400 Stück, so dafs es oftmals schien, als 
hätte der Gänsehirte lauter wildfarbige Hausgänse ausgetrieben. 
Auch auf der Altmühl von Hirschlach abwärts über Altenmuhr, 
Wald, Windsfeld, Gunzenhausen u. s. w. sind sie zu Zeiten (1864/65) 
nicht nach Hunderten, sondern nach Tausenden vorhanden, ebenso 
im Ries und in der Gegend von Augsburg. Durch Unterfranken 
zogen grolse Scharen im Winter 1879/80. 


256. ANSER CINEREUS Meyer und Wolf. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 224. n. 357. — 
Verz. S. LXXXIIH. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, XI. S. 229, 
Taf, 285. 

Die Grau- oder Märzgans zieht paarweise oder in kleinen 
Flügen im August und September, Oktober und November und 
wieder Ende Februar und im März bei uns durch und hält sich 

Jäckel, Die Vögel Bayerns. 21 


322 Ordnung VI. Natatores. Schwimmvögel. 


dann in sumpfigen ebenen Gegenden an Seen und Teichen auf. 
Man hat sie am Bodensee, bei Memmingen, im Mindel- und 
Kamelthale, an der Isar (München), auf der Donau (Donauschütten 
bei Ingolstadt, Regensburg u. s. w.) und ihren Nebenflüssen 
(Altmühl ete.), in den Moorweihern und am Main im Aschaffen- 
burgischen öfters erlegt. Förster Jägerhuber sah ungewöhnlich 
bald am 2. August 1855 bei Ansbach sieben Graugänse von der 
unteren Feuchtlach über Eyb ziehen. In den Moorweihern traf 
ich ein Paar am 7. März 1859 und erhielt davon das erlegte 
Weibchen und mein Freund Diezel, der bekannte Jagdschrift- 
steller, schofs am 21. Februar 1855 aus einem Flug von fünf 
Stücken eines am Untermain. Winckell berichtet, dals bei den 
Männchen der Graugans heftige Kämpfe vorkommen. »Ab- 
geschlagene vereinzeln sich oft und fallen dann nicht selten bei 
zahmen Gänsen ein, um da den Begattungstrieb zu befriedigen. 
Ich fand einst einen solchen Ehestandskompetenten mitten in 
einem Dorfe auf einem Bach unter vielen zahmen Gänseweibchen, 
schofs im Flug darauf mit Schrot Nr. 4 und hörte auch deutlich 
die Schrote anschlagen. Die wilde Gans zog fort bis hinter das 
Dorf, wo sie auf dem nämlichen Bach wieder einfiel. Hier fand 
ich Gelegenheit, mich abermals hinanzuschleichen und gab ihr 
den zweiten Schuls, indem sie etwa 60 Schritte vor mir aufstand. 
‘ Nichts weniger als krank zog sie wieder zurück auf den ersten 
Platz und liefs sich’s gemütlich bei den zahmen Gänsen sein, 
bis sie mich gewahrte und nun zum andern Male dahinflog, wo 
ich das letzte Mal Feuer auf sie gegeben hatte. Ärgerlich ging 
ich nachhause, holte die Büchse und schols sie mit dieser im 
Sitzen endlich tot (Handbuch für Jäger etc. von George Franz 
Dietrich aus dem Winckell. 4. Auflage, bearbeitet und heraus- 
gegeben von J. J. v. Tschudi. U. Leipzig 1865. S. 175). 


b) Bernicla Briss. 
257. BERNICLA BRENTA Pall. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 224. n. 358. — 
Verz. S. LXXXIH. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, XI S. 393. 
Taf. 292. — XIII. Fortsetzung der Nachträge. S. 296. 


Die Ringelgans, eine Bewohnerin des höchsten Nordens, 
erscheint sehr selten auf dem Zuge meistens einzeln oder in 


28. Familie. Enten. 323 


kleinen Flügen, einmal ein junges Weibchen schon am 26. Sep- 
tember, gewöhnlich erst im Oktober bis in den Dezember und 
wieder Anfang März auf unseren Seen, Teichen und Flüssen. 
Ein altes Männchen, von mir und zwei Jägern lange vergeblich 
‘ verfolgt, lag am 7. und 8. März 1859 tief in dem grolsen Moor- 
weiher bei einer Schar von etwa 40 Tafelenten. Anfang dieses 
Jahrhunderts kamen nach Hofrat Dr. Meyer im Winter fünf 
Stücke auf den Untermain, welche alle, ohne dals nur eine den 
Versuch gemacht hätte, sich durch die Flucht zu retten, von 
zwei Schützen tot geschossen wurden. Sie wurde im Gebiete 
auf dem Bodensee, in Oberbayern bei Schrobenhausen, an der 
Donau (Neuburg, Regensburg, Prüfening und Weichs), an der 
Altmühl bei Eichstädt und am Main (Schweinfurt und Aschaffen- 
burg) erlegt. 


258. BERNICLA LEUCOPSIS Bechst. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 224 n. 359. — 
Verz. S. LXXXILI. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, XI. S. 378. 
Taf. 291. — XIII. Fortsetzung der Nachträge. $. 296. 


Auch die wei/swangige Gans bewohnt den höchsten Norden 
und verfliegt sich nur äulserst selten auf den Main, die Donau- 
schütten bei Ingolstadt, auf die Isar in die Umgebungen Münchens, 
wo Wagler indessen nur den jungen Vogel beobachtete, und 
auf den Bodensee. Am 5. Januar 1805 traf sie Hofrat Dr. Meyer 
in Offenbach bei Ostwind und 4° Kälte bei genannter Stadt auf 
dem Felde unweit des Mains an. 


Anmerkung 1. Bernicla ruficollis Pall. Im Winter 1843/44 kam diese 
zu den gröfsten Seltenheiten Deutschlands zählende Gans in mehreren 
Exemplaren in das südliche Deutschland und wurde am 30. Dezember 1843 
im benachbarten Württemberg ein Stück ganz nahe an der bayerischen Grenze 
bei Bopfingen im Ries und ein prachtvolles Exemplar, das nunmehr im 
Naturalien-Kabinett zu Stuttgart steht, am 1. Januar 1844 bei Eltingen, Ober- 
amts Leonberg, erlegt. 


Anmerkung 2. Chenalopex wegyptiaca L. Vor Jahren wurden in der 
Gegend von München und anderwärts im Lande vereinzelte Nilgänse erlegt, 
welche alle Flüchtlinge aus Parken oder Fasanerien waren. Der mehrgenannte 
Hofrat Dr. Meyer in Offenbach hat schon 1810 darauf hingewiesen, dafs 
diese Gans in Hanau, seiner Vaterstadt, und in Kassel in den Fasanerien 
sehr häufig gehalten wurde und er wisse, dafs oft viele im Herbst, wenn 
ihnen nicht zur rechten Zeit nach der Mauser die Schwingen abgeschnitten 


wurden, davonflogen. Die Vögel, welche Naumann sah, seien zuverlässig 
21” 


324 Ordnung VI. Natatores. Schwimmvögel. 


solche Flüchtlinge gewesen. Er führt auch das Zeugnis eines Kasselschen 
Fasanenmeisters auf, welcher ihm schrieb, dafs die Ur-Urenkel dieser Gans 
den Sitten ihrer Voreltern darin treu bleiben, dafs sie, sobald sie fliegen 
können, trotz der zahmsten Erziehung schon im Nachsommer von ‚einem 
Flufs oder Teich zum andern und im Herbst wie andere Zugvögel davon 
fliegen, wenn ihnen nicht in der zarten Jugend an dem einen Flügel das 
Gelenk im Ellenbogen abgeschnitten wurde. 


Genus 115. Vulpanser Antig. 
259. VULPANSER TADORNA L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 225. n. 392. — 
Verz. S. LXXXIV. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, XI. S. 534. 
Taf. 298. ’ 

Die gemeine Fuchsente, ein charakteristischer Brutvogel der 
Nord- und Ostsee, verfliegt sich sehr selten in strengen Wintern 
auf unsere Flüsse und Seen. Landbeck erhielt im Februar 1834 
das Weibchen eines am Bodensee erlegten Paares. Ein altes 
Männchen im Prachtkleid, in der Augsburger Sammlung stehend, 
wurde bei Nürnberg, zwei gleichfalls alte Vögel im Jahre 1364 
in der Oberpfalz und ebenda drei Stücke auf dem Herbststrich 1865 
(Dr. Franz. Baur, Monatsschrift für das Forst- und Jagdwesen 1865 
S. 221 und 1866 8. 191), ein Stück im Januar 1816 auf der 
Donau bei Regensburg geschossen. Leu erhielt ein Weibchen 
von Kloster Holzen an der Schmutter bei Biberbach in Unter- 
schwaben zu auffallender Jahreszeit am 19. Juli 1876, wahr- 


scheinlich ein Flüchtling aus einem zoologischen Garten. 
Anmerkung. Casarea rutlla Pal. Nach Landbeck kommt die 
Höhlenente in strengen Wintern vom schwarzen Meere die Donau herauf 
nach Bayern und Schwaben (Bodensee). Bestätigung ist abzuwarten. Mir 
selbst ist kein bayerisches Exemplar bekannt geworden und auch Leu hat 
sie in langen Jahren für das Gebiet nicht nachzuweisen vermocht. 


Genus 116. Anas_L. 
a) Mareca Stephens. 


260. MARECA PENELOPE L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 226. n.394. — 
Verz. S. LXXXIV. 
Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, XI. S. 724. 
Taf. 305. 
Pfeifente, Pfeifer, Kupferente, Rothals, Schmia. 
Während der beiden Wanderperioden auf allen Gewässern 
nicht selten, in manchen Gegenden, wie im Aischgrunde und in 


28. Familie. Enten. 325 


den Moorweihern, auf der Altmühl, der Donau, dem Lech, der 
Iller u. s. w. ganz gemein. Sie kommt, sobald die Gewässer 
eisfrei geworden sind und die ausgetretenen Flüsse grölsere 
Strecken bedecken, manchmal schon in der zweiten Hälfte des 
Februar, gewöhnlich erst im März, zu welcher Zeit man sie in 
den Moorweihern in Flügen von 30 bis 50 Stücken zu Hunderten 
antreffen kann. Ich sah sie dort den ganzen Mai hindurch in 
Trupps zu 16 bis 24 Stücken, im Juni und Juli teils gepaarte 
Paare, teils zur Brütezeit vereinzelte Enteriche, so dals ich mit 
ziemlicher Wahrscheinlichkeit vermuten darf, dals einzelne Paare 
auf diesen Weihern in den Jahren 1857, 1858 und 1864 gebrütet, 
die Eier aber durch Eiersucher und anderes Raubzeug verloren 
haben, weil ich niemals Ketten junger Pfeifenten entdecken 
konnte. Der Herbststrich begann dort schon im August (frühester 
Termin der 11. d. Mts.), öfters erst gegen dessen Ende, gewöhnlich 
aber erst im September. Am wärmsten wurde der Strich im 
Oktober und dauerte den November hindurch zuweilen mit 
Scharen von mehreren Hunderten. Auf der Donau und am 
Bodensee dauert der Zug bis tief in den December und in 
gelinden Wintern bleiben dort sogar nicht wenige. 

In den Mägen erlegter fand ich vorwiegend Schwadengras 
(@lyceria fluitans), Blätter von Ranunculus repens und Samen von 
Polygonum hydropiper et sparganium, in den Eingeweiden aber 
die Taenia laevıs. 


b) Oyanopterus Eyton. 
261. CYANOPTERUS QUERQUEDULA L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 226. n. 395. — 
Verz. S. LXXXIV. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, XI. S. 677. 
Taf. 303. 


Halbentlein, Mittelentlein, Wei/smergle, Ratscherle. 


Die Knäkente kommt im März und April, fängt im August 
zu streichen an, ist von Mitte dieses Monats an in grolsen 
Scharen zu 100 und mehr Stücken beisammen und verstreicht 
Ende Oktober, wo man z. B. auf der Altmühl hie und da Flüge 
von beiläufig 300 Knäkenten sehen kann. Grolse Weiher- 
landschaften belebt sie durch ihre ausgezeichnete Flugfertigkeit 
und das kastagnettenartige Ratschen der Männchen im Frühjahre 


326 Ordnung VI. Natatores. Schwimmvögel. 


in sehr angenehmer Weise. Sie brütet in vielen Gegenden in 
sumpfig verlaufenden, schilf- und binsenreichen Teichen, in deren 
Nähe in jungen Fohrendickichten, in den Moorweihern und deren 
Umgebung, an Altmühlgräben beiGunzenhausen, Altenmuhr u. s. w., 
in den oberpfälzischen Weiherdistrikten und in Torflöchern bei 
Klingenbad in Schwaben. Ich habe verschiedene Gelege dieser 
häufigen Ente, noch nicht flugbare Junge, die bei dem Mähen 
der Weiherstreu erschlagen wurden, und noch am 12. Sep- 
tember 1855 eine noch nicht ausgewachsene junge Knäkente 
erhalten. 

In den Mägen erlegter fand ich viele Schnecken (Planorbis. 
hispidus), grolse Rolsegel (Haemopis vorax), Schwimmwanzen 
(Naucoris cimicoides), zahlreiche Phryganidenlarven und sehr viele 
leere, vom Sande entblölste Köcher derselben, verschiedene Käfer 
(Parnus prolifericornis, Hydrobius fuscipes und Cyelonotum orbi- 
culare), endlich allerlei Samen von Potamogeton lucens, Sparganium 
simplex et ramosum, Seirpus, Carex, Glyceria fluitans, Juncus, 
Nymphaea alba, Polygonum persicaria, amphibium, lapathifolium et 
hydropiper, Rumex maritimus und Ranunculus aquatilis. 


c) Anas auct. 


ea) Chauliodes Swains. 


262. CHAULIODES STREPERA L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 226. n. 396. — 
Verz. S. LXXXV. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, XI. S. 639. 
Taf. 302. 


In den beiden Zugperioden im Februar und März und wieder 
vom September bis Ende Dezember einzeln oder in kleinen 
Flügen auf den Flüssen, Altwassern, Teichen und Seen des 
Gebiets eine unserer selteneren Sülswasserenten. Sie wurde auf 
dem Bodensee, auf der Iller (Memmingen), auf der Donau (Blind- 
heim, Höchstädt und Regensburg), auf der Isar (Ismaning), der 
Altmühl, wo sie auf den Entenpfuhlen bei Altenmuhr etc. 
gefangen wird, und auf dem Main (Aschaffenburg) erbeutet. 
Im unteren Aischgrund traf ich einmal auf dem Weiher hinter 
dem Schlosse Neuhaus einen Flug von zwölf Stücken an. In 
gelinden Wintern überwintern einzelne auf dem Bodensee. 


28. Familie. Enten. : 327 


ß) Dafila Leach. 


263. DAFILA ACUTA .L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 226. n. 397, — 
Verz. 8. LXXXV. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, XI.. S. 638. 
Taf. 301. 


Spiefsente, Pfeilschwanz, Spitzzackel. 


Während der beiden Strichperioden auf unseren Flüssen, 
Seen und Teichen nirgends selten, an manchen Örtlichkeiten 
gemein. Ich 'sah nie eine 'solche Menge Spielsenten, wie im 
Frühjahre 1858 auf den Moorweihern, wo ich auf einem einzigen 
Teiche mindestens 60 Paare antraf, und im März 1861 und 1867, 
wo auf der ausgetretenen Altmühl bei Sommersdorf und Alten- 
muhr Flüge von 80 bis 150 Stücken lagen. Sie kommt, wiewohl 
selten, schon im Februar auf unsere Flüsse, ihr Zug beginnt 
aber gewöhnlich erst im März, ist gegen Ende dieses Monats am 
lebhaftesten und dauert den ganzen April hindurch. In den 
Jahren 1859, 1864 und 1869 traf ich zwei Paare, auch einzelne 
Antrache, während Entinnen nicht zu sehen waren, bis zum 
25. Mai auf den Moorweihern und dürften einzelne Paare dort 
gebrütet haben. Doch bemerke ich ausdrücklich, dafs ich niemals 
Eier noch Junge dieser Ente, noch auch eine aus alten und 
jungen Spielsenten bestehende Familie gesehen habe. Sicher ist 
aber, dals schon einzelne Paare in Süddeutschland genistet haben. 
Im Sommer 1801 brütete ein Pärchen auf einem mit Schilf be- 
wachsenen kleinen See.bei Offenbach, und den 24. Juli schols 
Hofrat Dr. Meyer flügge Junge von dieser Brut. Der Herbst- 
strich ist verhältnismälsig viel geringer als der im Frühjahr, 
beginnt selten schon Anfang oder Ende September, gewöhnlich 
erst im Oktober und dauert den ganzen November hindurch bis 
in den Dezember. Am 15. Januar 1861 wurde in der Gegend 
von Augsburg (Lechhausen) und am 12. Januar 1882 bei Lau- 
ingen je ein junges Männchen geschossen, und auf dem Bodensee 
bleiben einzelne Stücke fast jeden Winter ganz da. Im April 1859 
erhielt ich vier Männchen, bei denen die Brust und der ganze 
Unterkörper an den Federrändern wahrscheinlich durch eisen- 
haltiges Wasser lebhaft rostrot gefärbt war. 


398 Ordnung VI. Natatores. Schwimmvögel. 


In den Mägen erlegter fand ich Wasserkäfer (Dytiscus), 
Wurzelknollen und Gesäme von Laichkrautarten: Potamogeton, 
Oyperaceen (Carex ampullacea), Polygonum amphibium, persicaria, 
lapathifolium et hydropiper, Rumex maritimus und von dem bo- 
tanisch höchst merkwürdigen, kryptogamischen Pillenkraut (Pilu- 
laria globulifera), welches im Bischofsweiher und im nächst daran 
grenzenden östlichen Weiher bei Dechsendorf-Erlangen seinen 
Standort hat. Zwischen den Bischofsweihern und den Moor- 
weihern wechseln alle Arten von Zugenten stark hin und her. 


y) Anas L. 
264. ANAS BOSCHAS L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 227. n. 398. — 
Verz. S. LXXXV. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, XI. S. 575. 
Taf. 300. 


Rein weilse oder isabellförmige echte Wildenten sind sehr 
selten. Am 6. Dezember 1879 erhielt ich von Aschaffenburg 
eine 2!/’s Pfund schwere männliche, ganz weilse angebliche Wild- 
ente, die am ganzen Gefieder mit jenem chamoisgelben Anflug 
bedeckt war, den man bei sehr gut genährten Hausenten be- 
merkt, welche täglich Bäche und Teiche besuchen können. Sie 
war am Main unter Wildenten angetroffen worden, flog zuerst 
auf und wurde heruntergeschossen, hatte aufgerollte Krückel- 
federn, ganz gelbroten Schnabel, plumpen Kopf und Hals, breite 
Schnabelform und die stärkeren roten Latschen (Fülse), welche 
der zahmen Hausente eigen, und war als solche unschwer zu 
erkennen. 

Auf unseren Seen, Teichen, Flüssen, Bächen und grölseren 
Altwassern ein gemeiner Stand-, Strich- und Zugvogel. In den 
Moorweihern gab es 1836/37, 1852/53 und 1855/56 Tausende von 
Enten, so dafs sich die ältesten Jäger besserer Entenjahre nicht 
erinnern konnten. Im März 1856 sah ich auf dem grolsen 
Moorweiher, nachdem bei Ostwind und Windstille in einer Nacht 
alle Weiher so überfroren waren, dafs das Eis fast einen Mann 
trug, einige Tausende von Enten auf verhältnismälsig kleinem 
Raume, den sie sich im Teiche durch beständiges nächtliches 
Umherschwimmen offengehalten hatten, dicht gedrängt liegen. 


28. Familie. Enten. 329 


Als auf sie gefeuert worden war, standen sie unter einem Brausen 
auf, als ob ein Kavallerie-Regiment ansprengte. Auf der Alt- 
mühl war der Frühjahrsstrich 1865 und auf der oberen Aisch 1881 
ein ganz vorzüglicher. Auf den grolsen Weihern der Oberpfalz 
bei Vilseck, Tirschenreuth u. s. w. bestehen ähnliche Verhältnisse 
wie in den Moorweihern und sind die Treibjagden auf junge 
Stockenten sehr ergiebig. Am 23. und 29. August und am 
4. September traf ich noch in den Weihern bei Buch, eine halbe 
Stunde von Neuhaus ob der Aisch Ketten an, deren Junge noch 
nicht flugbar waren, und war zugegen, wie sie in der Zeit vom 
12. bis 19. September abgeschossen wurden. Im Herbst ver- 
schwinden sie erst bei heftiger Kälte, überwintern aber auch 
häufig bei uns an Brunnenquellen und offenen Wassern. Was 
im Spätherbst südlich gezogen ist, kommt Ende Februar und im 
März wieder zurück. 


Auf der Altmühl traf ich öfters wilde Enteriche bei wild- 
farbigen zahmen Lockenten der dortigen Fischer, und im Früh- 
jahr 1873 hielt sich einer längere Zeit im Röttenbacher Mühlweiher 
bei Arberg (Gunzenhausen) zu einer zahmen Ente des dortigen 
Müllers, stieg mit ihr aus dem Wasser und nahm das vor- 
geworfene Futter furchtlos auf, war aber eines Tages mit seiner 
Holden verschwunden. 


In den Moorweihern war ich oftmals Zeuge, dals von 
Wanderfalken verfolgte Entenscharen wiederholten Stölsen des 
Räubers glücklich entgingen, wenn sie im Fluge fest zusammen- 
hielten. Durch den bei den blitzschnellen, von allen zugleich 
ausgeführten Schwenkungen erzeugten starken Luftdruck wurde 
der Verfolger förmlich zurückgestolsen. Die einzelne Ente, welche 
sich durch wiederholte kühne Angriffe des Feindes verwirren 
und von dem Haufen abtreiben lälst, ist verloren und verblutet 
nach wenigen Augenblicken in seinen Mordkrallen. 


Am 5. Februar 1882 wurde an der Isar eine hahnenfederige 
Stockente geschossen. Sie hatte einen grünen Kopf und an der 
Vorderseite des Halses einige den weilsen Halsring des Entvogels 
andeutende weilse Federchen,; der ganze Hals aber und die 
ganze Vorderseite, Brust und Bauch bis zum Schwanze trug das 
Kleid der Ente, während der Rücken, die Flügel und die Flügel- 
deckfedern die des Entvogels waren. Die Partien unter den 
Flügeln, die untere Partie des Rückens zeigten das Gefieder der 


330 Ordnung VI Natatores. Schwimmvögel. 


Ente und der Steils war oben wie beim Entvogel mit den schwarz- 
grünen Federn bedeckt, von denen hinwiederum die Schwanz- 
federn der Entin sonderbar abstachen. Aufgerollte Krückelfedern 
fehlten (Der deutsche Jäger 1882. S. 86). 


265. ANAS CRECCA L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 227. n. 399. — 
Verz. S. LXXXV. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, XI. S. 701. 
Taf. 304. 


Mergle, Schwarzmergle, Pfeiferle. 


Während der beiden Wanderperioden gemein, in wasser- 
reichen Gegenden zu Hunderten, nicht selten brütend. Die 
Kriekente kommt manchmal schon Mitte Februar, gewöhnlich 
erst im März und April. Der Herbststrich beginnt im September 
und dauert bis in den Dezember. Einzelne trifft man noch im 
Januar und den ganzen Winter hindurch auf offenen Flüssen. 
Am 23. August 1859 wohnte ich in den Moorweihern einer Jagd 
auf junge Kriekenten bei, die noch nicht aufstehen konnten. 
Als eines der Entchen tot im Weiher lag, strich die Alte, um 
die Gefahr von ihren Kindern abzuwenden, indem sie sich ver- 
wundet stellte, halb fliegend, halb auf dem Wasser plätschernd 
langsam in einen nahen Weiher, wohin ihr der Hühnerhund 
folgte. Als dieser abgepfiffen zurückkehrte, um das tote Entlein 
zu apportieren, kam auch die Mutter zurück und dem Hunde so 
nahe, dafs er seine Beute fallen liefs und zum zweiten Male der 
Alten nachjagte. -Auch am Untermain, auf den Weihern bei 
Vilseck in der Oberpfalz, im Mindel- und Kamelthale in Schwaben 
brütet die Kriekente. In den Altwassern der Auen bei Lech- 
hausen und Gersthofen bei Augsburg züchteten 1856 zwei Paare; 
durch die Regulierung des Lech aber ist ihnen jetzt in dieser 
Gegend die Gelegenheit dazu genommen. Im unverletzten Magen 
einer solchen Ente fand ich einmal auflser Früchtchen von 
Ranunculus agquatilis und Polygonum-Arten auch ein Hühner- 
schrotkorn, welches wahrscheinlich statt eines Kieselchens oder 
Pilularia globulifera-Früchtchens im Teichgrunde aufgeschnattert 
worden war. 


28. Familie. Enten. 331 


Genus 117. Rhynchaspis Leach. 


266. RHYNCHASPIS CLYPEATA L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 227. n. 401. — 
Verz. 8. LXXXV. 


Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands. XI. 8. 747. 
Taf. 306. — XIII. Fortsetzung der Nachträge S. 312. 


Löffelente, Breitschnabel. 


Zur Zugzeit im Frühjahr und Herbst auf unseren Seen, 
Teichen und Flüssen einzeln oder in kleinen Gesellschaften 
ziemlich selten, in manchen Jahren jedoch ziemlich zahlreich. 
In den Moorweihern traf ich einmal 30 Stücke beisammen und 
auch 1867 war der Strich sehr gut. Sie kommt selten schon vor 
Mitte März, gewöhnlich erst Ende dieses Monats bei uns an und 
im April ist der Hauptstrich. Sie hat schon hie und da in Süd- 
deutschland gebrütet: in Württemberg 1832 am Buzersee und 
1842 am Federsee, woselbst Landbeck am 26. Mai ein Nest 
mit zehn Eiern fand und das Weibchen erlegte. Auch in Bayern 
und zwar bei Aschaffenburg hat sie schon gezüchtet und wahr- 
scheinlich auch in den Moorweihern. Dort traf ich wenigstens 
1859 bis Mitte Mai verschiedene Paare, am 9. Mai bei einem 
Weibchen vier sich gegenseitig heftig bekämpfende Enteriche, 
und ein einzelnes Männchen noch im Juni und den ganzen Juli 
hindurch an. Auch die Dr. Dr. Sturm beobachteten auf dem 
Dutzendteich bei Nürnberg am 10. Mai 1869 ein Paar und 
waren der Meinung, dals es dort brütetee Junge und Flüge 
ganzer Familien habe ich in den Moorweihern, wie ich nicht 
verschweigen will, niemals gesehen. Im Herbststrich erscheinen 
die ersten Löffelenten vom letzten Drittel des August an und 
dauert der eigentliche Strich von Mitte September an den ganzen 
Oktober hindurch bis tief in den November. Einzelne bleiben auch 
im Winter auf unseren Flüssen und wurden am 5. Januar 1364 
und 12. Januar 1879 Löffelenten bei Augsburg erlegt. 


332 Ordnung VI. Natatores. Schwimmvögel. 


Zweite Gruppe: Tauchende Enten mit Hautsaum. 


Genus II8. Somateria Leach. 
267. SOMATERIA MOLLISIMA L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 228. n. 403. — 
Verz. S. LXXXVI 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, XI. S. 252. 
Taf. 321 und Taf. 322 Fig. 1. 

Eine unserer seltensten Enten, die sich jedoch aus dem. 
hohen Norden schon hie und da nicht blofs zu uns, sondern bis 
in das südliche Dalmatien verflogen hat. Junge Vögel erhielt 
Leu von der Donau bei Lauingen (9. November 1861), von 
Höchstädt (27. November 1860), eine ermattete, welche nicht 
mehr fliegen konnte und lebend ergriffen worden war, von 
Augsburg (29. Dezember 1868) und eine vierte von Donauwörth 
(11. November 1879), alle aus dem nördlichen Schwaben. Bei 
Aschaffenburg wurden am 28. Oktober 1858 zwei KEiderenten, 
ein altes Weibchen und ein jüngerer Vogel, und im Herbst 1834 
auf einem Weiher bei Dürrnfarrnbach in der Gegend von Wil- 
hermsdorf an der Zenn in Mittelfranken ein altes Männchen 
erlegt, welches sich etliche Tage auf dem Weiher allein ohne 
sonderliche Scheu vor Menschen herumgetrieben hatte. Ich 
hatte das prachtvolle Exemplar in Händen und sah es ausgestopft 
bei dem verstorbenen Herrschaftsrichter Wunder. In sehr 
kalten Wintern besucht sie nach Landbeck den Bodensee. 

(A. Wiedemann schreibt: »Am 13. November 1889 verletzte 
sich ein junges Männchen in Pfersee — wahrscheinlich geblendet 


durch die elektrische Beleuchtung — an einem Fabrikkamine, 
fiel in den dortigen Hof hinab, wurde gefangen und in Augsburg 
präpariertt. Der Magen war leere. — Nach R. Lauterborn 


wurde im November 1888 ein junger Vogel bei der Rheinau 
geschossen und in Ludwigshafen ausgestopft.) 


Genus 119. Oidemia Flem. 
268. OIDEMIA FUSCAL. 

Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 228. n. 406. — 

Verz. S LXXXVL 
Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, XH. S. 123. 

air 

Im Winter vom November und Dezember bis zum Februar 
und März auf unseren Gewässern selten, meistens junge Vögel 


28. Familie. Enten.. 333 


und Weibchen, seltener Alte. Auf dem Bodensee, dem Alpsee 
bei Immenstadt, auf dem Weiher bei dem Lettenhäuschen bei 
Memmingen, auf dem Chiemsee und Tegernsee, auf dem Lech 
bei Landsberg, auf der Isar (München, Landau), auf der Donau 
(Günzburg, Ingolstadt und Regensburg), auf der Naab (Schwan- 
dorf, Wernberg), auf der Altmühl (Eichstädt, Gunzenhausen), bei 
Nürnberg (Mögeldorf), auf dem Dutzendteich, auf der Regnitz bei 
Bayersdorf, in den Moorweihern auf einem Teiche in der 
Kraushaid bei Krausenbechhofen, auf dem Main (Schweinfurt, 
Aschaffenburg) und in der Gegend von Brückenau auf einem 
Weiher bei Weilsenbach -Detter wurden Sammtenten erlegt, 
darunter verschiedene alte Männchen. Dr. J. W. Sturm sah auf 
dem Dutzendteich bei Nürnberg eine solche Ente am 20. März 
1858 und beobachtete sie bis zum 12. Mai, weshalb er ihr 
Brüten vermutete. Emil Schütt erhielt sogar am 20. Juni 1855 
ein am Bodensee geschossenes Männchen von Radolizell (Baden) 
und vermutete gleichfalls ihr dortiges Brüten, gewils mit Unrecht, 
da es bekannt ist, dals manche Sammtenten aulserhalb ihrer 
Brütezonen den Sommer über vagabundieren. 

In den Mägen erlegter fand ich immer nur Schalenfragmente 
einer Teichmuschel (Anodonta). 


269. OIDEMIA NIGRA L. 
Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 228. n. 407. — 
Verz. S. LXXXVL 
Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, XIL S. 108. 
Taf. 312. 


Die Trauerente kommt zuweilen bereits von Ende Oktober 
an bis in den März auf unsere Gewässer und wurde auf dem 
Bodensee, auf dem Weiher von Keesers bei Dietmannsried in 
Oberschwaben, auf der Günz (Schöneck), auf der Donau (Ingol- 
stadt), auf der Salzach, dem bayerisch-österreichischen Grenzflusse, 
auf der Altmühl (Beilngries), auf einem Weiher bei Aschbach im 
Steigerwald, auf dem Main bei Aschaffenburg und in der Gegend 
von Schweinfurt auf einem kleinen Wassertümpel neben der Stralse 
dicht an dem Dorfe Schwebheim erlegt. Am 19. Februar 1807 
schofs Hofrat Dr. Meyer in Offenbach ein altes prachtvolles 
Männchen bei Südwind auf dem Untermain. 

(Nach A. Wiedemann glückte es Mitte April 1871 einem 
Fischer bei Lindau, eine dieser Enten lebend in einem Fischnetze 
zu fangen. — R. Bl.) 


334 Ordnung, VI. Natatores. Schwimmvögel. 


Genus 120. Undina. 
270. UNDINA MERSA Pall. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 229. n. 408. — 
Verz. S. LXXXVL 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, XII. S. 149. 
Taf. 315. 


Die Ruderente erscheint nach Koch und Landbeck im 
Winter einzeln und sehr selten auf dem Bodensee, was neuerdings 
E. F. v. Homeyer mit dem Bemerken bestätigt hat, dafs sie 
gar nicht so selten auf diesem See sei, wie viele Exemplare der 
Schweizer Sammlungen beweisen (Journal für Ornithologie 1878. 
8.121). Auch auf die Donau kommt sie nach Landbeck. 


Genus I2I. Glaucion. 
271. GLAUCION CLANGULA L. f 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 229. n. 409. — 
Verz. S. LXXXVL 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, X1I. S. 162. 
Taf. 316. ‘ 


Scheckente, Schecke (das Männchen), Braunkopf (das Weibchen 
und der junge Vogel). 


Die Schellente ist während des Herbst- und Frühjahrstriches 
vom zweiten Drittel des November an und wieder im Februar 
und den ganzen März hindurch auf unseren Gewässern ziemlich 
gemein. Viele überwintern auf der Donau, Iller, dem Lech und 
Bodensee, auf dem sie manchmal auch im Sommer angetroffen 
wird. Forstrat Koch teilte mir mündlich mit, dafs er ein Paar 
Schellenten im Sommer oftmals über sein Haus in Bregenz hin- 
streichen sah (er wohnte von 1807 bis 1814 unmittelbar am 
Seeufer im ehemaligen Kloster Meererau). Nach Steinmüllers 
Alpina (I. S. 299) brüteten zu Anfang dieses Jahrhunderts alle 
Jahre einzelne am Wallenstädter See und es ist daher nicht 
unwahrscheinlich, dafs dies auch am Bodensee der Fall war. In 
den Moorweihern traf ich ein altes Männchen und zwei Weibchen 
noch am 4. April 1855 an. 

In den Mägen erlegter fand ich viele Flohkrebse (Gammarus 
pulex). 


28, Fanilie. Enten. 335 


Genus 122. Harelda Leach. 
272. HARELDA GLACIALIS L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 229 n. 411. — 
Verz. S. LXXXVIL 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, XII. S. 210. 
mar 319. 


Die Eisente kommt nur selten in kleinen Flügen auf unsere 
Gewässer, gewöhnlich im Jugendkleid, seltener alte Vögel. Koch 
bekam ein Weibchen vom Bodensee, und am 7. November 1876 
wurde dort auf dem Obersee ein Pärchen und am 28. ej. m. ein 
Weibchen erlegt (Dr. Stöcker). Im Winter 1827/28 schols Baron 
v. Pflummern bei Memmingen in der Nähe der Riedmühle 
ein Stück, im Januar 1827 Prof. Wagler auf der Isar bei 
München einen jüngeren Vogel. Andere wurden auf der Donau 
bei Regensburg, auf der Nab bei Schwandorf, auf der Altmühl 
bei Gunzenhausen (mas adult) und im Winter 1852 bei Schlungen- 
hof (fem. juv.), im Dezember 1826 auf der Aisch, im März 1863 
auf dem Main bei Aschaffenburg (mas juv.) und am 28. Dezember 
1881 ein junges Männchen bei Augsburg geschossen. Hofrat 
Dr. Meyer schols junge Vögel am Untermain bei Offenbach bei 
Ost- und Nordostwind und 1 bis 2° Kälte am 5. November 1803 
und 6. Februar 1804 und traf dort fast alle Jahre kleine Herden 
junger Eisenten auf Flüssen und Teichen an. 


273. HARELDA HISTRIONICA L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 230. n. 412. — 
Verz. S. LXXXVI. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, XIL S. 199. 
Taf. 318. 


Lättentlein (am Bodensee). 


Nach Koch und Landbeck kommt sie zuweilen bei sehr 
kalten Wintern auf den Bodensee, nach letzterem auch auf die 
Donau und den Main. Nach Kre[s wurde ein Exemplar in der 
Gegend von Gerolzhofen bei Neuhof in Unterfranken erlegt. Mir 
und meinem Freunde Leu, dem Hunderte seltener Bodenseevögel 
zu Handen kamen, blieb sie als bayerischer Vogel unbekannt 
und muls sie daher im Gebiete höchst selten sein. 


336 Ordnung VI. Natatores. Schwimmvögel 
Genus 123. Fuligula Raj. 
274. FULIGULA MARILA L. 


Kayserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 230. n. 414. — 
Verz. S. LXXXVL. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, XII. S. 88. 
Taf. 311. — XIII. Fortsetzung der Nachträge S. 312. 


Schimmelente, Bergente. 


Diese hochnordische Art, bekanntlich ein Seevogel, kommt 
zur Zeit grolser Kälte und Stürme im Norden auf dem Zuge 
gewöhnlich nur sehr selten in kleinen Flügen, in anderen gar 
nicht zu uns und überwintert auf Gewässern, die nicht zufrieren. 
Hie und da einmal, wie im strengen Winter 1843/44, war sie auf 
dem Bodensee und den Weihern Oberschwabens (Memmingen) gar 
- nicht selten, meistens Weibchen oder Junge. Auch auf der Alt- 
mühl wurde damals ein altes Paar bei Eichstädt und 1816 am 
29. November bei Gunzenhausen zwei alte Männchen geschossen. 
Andere wurden in der Gegend von Augsburg am 10. November 
1874 bei Hainhofen an der Schmutter, ein altes Männchen am 
12. Februar 1855 bei Günzburg an der Donau, vier Stücke im 
Dezember 1848 in der Gegend von Schwabach auf einem Weiher 
bei Cammerstein, vereinzelte bei Regensburg, Erlangen (Dormitz) 
und in Unterfranken bei Stadtprozelten erlegt. | 


275. FULIGULA CRISTATA Ra]. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas. I. S. 230 n. 415. — 
Verz. S. LXXXVL. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands. XH. S. 64. 
Taf. 310. 


Straufsente, Kiebitzente, Reiherente, Porzellanschecke (das alte 
Männchen), Schwarztüchel (der junge Vogel und das Weibchen). 
Tiichel bedeutet Taucher. 


Die Reiherente kommt in der zweiten Hälfte des Oktober, 
im November und Dezember und wieder Ende Februar und im 
März, auch noch im April einzeln oder in kleinen Flügen zu 
sechs bis acht, selten zu 10 bis 30 Stücken als eine unserer 
häufigsten Tauchenten auf die Gewässer des Gebietes. In ver- 
schiedenen Jahren traf ich in den Moorweihern einzelne Paare 


o 


28. Familie. Enten. #331 


bis zum 13. April an; Leu erhielt vom Lech ein Stück noch am 
19. April und Dr. J. W. Sturm sah sie noch am 10. Mai 1858 
auf dem Dutzendteich bei Nürnberg. Bei letzterer Stadt erhielt 
sie Prof. Dr. Wolf einst vom Rosenau-Weiher, wo sie sich nahe 
den menschlichen Wohnungen ohne Scheu umhertrieb. 

In den Mägen erlegter fand ich Fischbrut, einen Grasfrosch 
(Rana esculenta), Muscheln (Pisidium fontinale), Larven von 
Phryganea und Ephemera, Grasspelzlein und Sämereien von Poly- 
gonum amphibium, persicaria et lapathifolium, Rumex und Potamo- 
geton. 


276. FULIGULA NYROCA Güldenst. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 230. n. 416. — 
Verz. S. LXXXVLI. 
Naumann, XI. S.41. Taf. 309. 


Braunkopf, Rotkopf, :Rotköpflein, Rotbrust, Rothals, Braun- 
entlein, Brandentlein, Brandtüchel, Brandtiüchel-Ente, -Entlein, Mier- 
Morgente, Merrer. 


Auf dem Zuge erscheint sie selten schon Ende Februar, 
gewöhnlich erst im März und April und wieder im September 
und Oktober. Nicht wenige bleiben bis in den November und 
Dezember, und in gelinden Wintern überwintern manche auf dem 
Bodensee und unseren grölsten Flüssen. Auf den dicht be- 
wachsenen Weihern bei Buch, Poppenwind, Biengarten, Krausen- 
bechhofen und in den Moorweihern bei Moorhof brüten jährlich 
sechs bis acht Paare, und habe ich dort vielen Jagden auf noch 
nicht flugbare und flügge junge Moorenten angewohnt, einer 
noch am 1. September, wobei drei Junge erlegt wurden. Am. 
2. September 1856 schols der Freiherrlich v. Crailsheimsche Guts- 
verwalter Mahr zu Neuhaus von einer in den dortigen Weihern 
ausgebrüteten Kette ein Junges, das noch ganz kleine Blutkiele 
hatte; die übrigen Jungen schofs der gutsherrliche Förster 
Steurer in der zweiten Woche des Oktober. Auch auf den 
grolsen Weiherkomplexen der Oberpfalz und dem Kauerlacher 
Weiher bei Burggriesbach brütet sie. Landarzt Krels in Kloster 
Ebrach schols sie im Sommer 1836 bei Aschbach im Steigerwald, 
und einer meiner Bekannten traf gepaarte Paare noch spät im 
Frühling und sehr junge Exemplare im Sommer auf Weihern 
der Umgegend von Neustadt a. A. an. 


Jäckel, Die Vögel Bayerns. 22 


* 


338 Ordnung VI. Natatores. Schwimmvögel. 


In den Mägen erlegter fand ich Regenwürmer, Reste kleiner 
Muscheln, grolse und kleine Libellen und Larven von solchen 
(Libellula, Agrion), Phryganiden-Larven und viele leere, entsandete 
Köcher derselben, Käfer (Sitones), Schwadengras und allerlei 
Oarpologisches (Polygomum persicaria, Potamogeton und Nymphaea 
alba). Aus noch ganz jungen Moorenten entwickelte ich Band- 
würmer (Taenia lanceolata). 


277. FULIGULA FERINA L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 230. n. 417. — 
Verz. S. LXXXVII. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, XI. S. 21. 
Taf. 308. i 


Gro/ser Rot-Braunkopf, Kohltüchel. 


Koch besals ein schönes Exemplar, das ganz wie das alte 
Männchen der Tüafelente gezeichnet war, aber einen braunen 
Unterleib hatte und zwei Zoll kleiner war, als das Männchen der 
genannten Ente. 


Sie kommt im März und April in Flügen bis zu 20 und 
25 Stücken zu uns, schlägt sich in den Gegenden, wo sie brütet, 
im September zu Scharen von 50 bis 60 und mehr Stücken zu- 
sammen und streicht umher. Am lebhaftesten wird der Herbst- 
strich im Oktober und dauert, immer mehr abnehmend, bis Ende 
November; doch bleiben in gelinden Wintern einzelne dieser 
Enten auch ganz da, so auf dem Bodensee und den grölseren 
Flüssen, dem Lech, der Iller u. s. w. Im kalten und schnee- 
reichen Dezember 1875 wurde in hiesiger Gegend eine männliche 
alte Tafelente auf der Landstralse dicht an einem Chausseebaume 
in den Schnee gedrückt angetroffen, von einem Bauer mit dem 
Fulse angestolsen und im Herausstreichen mit dem Stock 
erschlagen und mir gebracht. Sie war zuvor von einem Habicht 
oder Wanderfalken gestolsen und ihr der Hals in der Brust- 
gegend aufgerissen. 


Sie brütet auf dem Bodensee und jährlich in sechs bis acht 
Paaren in den Moorweihern und den benachbarten Weihern bei 
Buch, woselbst ich oftmals Jagden auf junge Tafelenten bei- 
gewohnt habe. Auf dem Dutzendteich bei Nürnberg sah sie 


28. Familie. Enten. 339 


Dr. W. Sturm noch am 12. Mai 1858 und Prof. Dr. Wolf am 
25. Juli 1809, so dals man mit Recht auch auf ihr dortiges 
Brüten schliefsen darf. Förster Jägerhuber in Arberg bei 
Gunzenhausen traf sie am 1. Mai 1861 auf dem KRöttenbacher 
Weiher an. 

Sie ist viel weniger scheu als andere Wildenten. Am 21. Ok- 
tober 1860 lag auf dem kleinen Thorweiher im Dorfe Neuhaus 
früh 11 Uhr ein alter Enterich der Tafelente unter meinen weilsen 
Hausenten. Nach dem Schlusse des Vormittags-Gottesdienstes 
gingen viele Personen an dem Weiher vorüber, ohne dals sie 
aufgestanden wäre. Als mehrere meiner Hausenten, von mir 
gelockt, auf mich zuschwammen, kam auch sie bis auf 15 Schritt 
heran, wendete aber wieder um, stieg, 25 Schritt von mir und 
mehreren Zuschauern entfernt, an das Land und setzte sich zu 
meinen zwei auf dem Vizinalwege nach dem Dorfe Buch stehenden 
zahmen Enterichen und putzte gleich diesen ihr Gefieder. Hier 
sals sie zwölf Schritt von dem nächsten Hause entfernt‘ lange 
Zeit, ging endlich zutraulich in den Weiher zurück und wurde 
von einem herbeigerufenen Schützen erst mit dem dritten Schusse 
erlegt. Sie war, wie die Sektion ergab, vollkommen gesund und 
blieb trotz der Beschielsung, immer nur tauchend, auf dem 
kleinen Weiher, obwohl hart am gegenüberliegenden Stralsenrand 
ein grolser Weiher angrenzte, auf dem sie nach kurzem Fluge 
sicher geborgen gewesen wäre. Am 26. Februar 1864 hielt sich 
im Stadtgraben zu Augsburg unter gezähmten Wildenten ein 
wilder Antrach der Tafelente drei Tage lang auf und wurde 
danach geschossen. Leu fütterte die gezähmten Stockenten 
einige Male; die Tafelente kam aber nie heran, sondern blieb 
immer in einer Entfernung von 15 bis 30 Schritten und sah der 
Fütterung zu. Auch am 1. Januar 1866 stand unter denselben 
zahmen Wildenten wiederum ein alter Antrach der Tafelente und 
wurde erlegt. 

In den Mägen erlegter fand ich allerlei Gesäme: Panicum 
crus galli, Glyceria fluitans, Polygonum persicaria, hydropiper und 
lapathifolium, zufällig verschluckte Früchtchen von Bidens tri- 
partita und an Eingeweidewürmern die Taenia lanceolata. 


340 Ordnung VI. Natatores. Schwimmvögel. 


278. FULIGULA RUFINA Pall. 
Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 231 n. 418. — 
wer. 8 EXIRVERT! 
Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands,. XI. 8.7. Taf. 
307. — XIH. Fortsetzung der Nachträge S. 304. 

Die Kolbente erscheint im Herbst und Frühjahr, selten im 
Sommer auf unseren Seen und Flüssen. Nach Prof. Dr. Wagler 
soll sie bei München auf der Isar gemein sein, gewöhnlich aber 
nur der alte Vogel, junge Männchen aber im Übergangskleide 
selten. Junge Weibchen sah er nicht. Am Bodensee, wo sie 
fast alle Winter anzutreffen ist, wurden im Frühjahr 1834 einige, 
im März 1872 bei Lindau zwei, andere auf den oberbayerischen 
Seen (Ammersee, Starnberger-, Tegern- und Schliersee), ein 
prachtvolles Männchen am 15. März 1872 bei Fischen im Algäu, 
am 15. März 1811 in Memmingen auf dem Stadtbach, etliche 
auf dem Grönenbacher und Buxheimer Weiher, auf der Donau, 
Ilm (Geisenfeld), auf der unteren Aisch im Dezember 1867 und 
in den Moorweihern geschossen. Auf letzteren schols ein Bauer 
am 21. Juni 1556 von vier Stücken zwei herrliche junge Männ- 
chen, welche nur noch um die Augen eine kleine elliptische Stelle 
hellgrauer Federn hatten, sonst aber das volle Hochzeitskleid 
trugen. Auch am Untermain kommt sie vor, und am 14. März 
1855 war eine männliche Kolbente auf dem Nürnberger Markte 
zum Verkauf. 

In den Mägen der zwei in den Moorweihern erlegten Kolb- 
enten fand ich nur Schwadengras. 


Dritte Gruppe: Sägetaucher. 
Genus 124. Mergus L. 
a) Merganser Briss. 
279. MERGANSER CASTOR L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 231. n. 419. — 
Verz. S. LXXXVIL. 
Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, XII. S. 356. 
Taf. 326. 
Meerohr, Meerhorn, Meerrache, Meerente, Merrich, Marrich, 
Grofser Schecke, grofse Sügente, Gro/ssäger. 


Der yro/se Sägetaucher ist in strengen Wintern vom November 
an bis in den Februar und März auf unseren Seen und Flüssen 


98. Familie. Enten. 341 


in manchen Jahren eine gewöhnliche Erscheinung, am Untermain 
nach Hofrat Dr. Meyer bei Nordost- oder Südwestwind im März 
alljährlich in groflser Menge. In der Memminger Gegend wurde 
er auf der Iller bei Bachen noch am 12. April 1558 wahr- 
genommen und hier und da brütet er auch bei uns. Koch 
bemerkte im Frühjahr 1812 in der Gegend des Klosters Mehrerau 
bei Bregenz auf dem Bodensee täglich drei Gänsesäger: zwei 
Männchen und ein Weibchen. »Die zwei Männchen waren 
meistens im Streit begriffen, und in den wenigen ruhigen Augen- 
blicken bemerkte man den Sieger bei dem Weibchen. Nach 
einiger Zeit verlor sich das eine Männchen, und nun hielt sich 
das traute Pärchen ungestört täglich an demselben Orte auf. 
Im Monat Mai verschwand auch dieses, und ich vermute, dals 
ihr damals gewählter Aufenthalt ein nahes Wäldchen war, in 
welchem ein Jäger auf einen männlichen Gänsesäger geschossen 
zu haben anzeigte Gegen das Ende des Monats Juni traf ich 
das Weibchen mit sieben Jungen von der Grölse einer "Wachtel 
auf dem Bodensee in derselben Gegend an, wo ich das Pärchen 
im Frühjahre beobachtete. Da ich den Wunsch hegte, ein Junges 
zum Ausstopfen zu erhalten, so beschlofs ich, eine Jagd darauf 
zu machen. Ich bestieg zu diesem Ende mit einem Jäger einen 
Kahn und näherte mich, in diesem liegend, den Vögeln, war 
auch so glücklich, auf einen Schuls die Mutter mit drei Jungen 
zu bekommen. Die vier entkommenen Jungen konnte ich noch 
einen Monat lang in dieser Gegend sehen, dann aber verschwanden 
sie auf einmal. Sie waren äulserst lebhaft, tauchten mit einer 
unglaublichen Geschwindigkeit unter und ebenso konnten sie 
auch mit aufserordentlicher Schnelligkeit, um der Gefahr zu 
entkommen, über das Wasser laufen. Ihre Stimme, die sie 
gewöhnlich hören liefsen, war ein weit hörbares: »Pip, Pip, Pip, 
Pip«: Am 21. Juli 1855 wurde in der Mehringer Aue bei Augs- 
burg eine Gesellschaft von 14 Gänsesägern von dem dortigen 
Professor Petry angetroffen, zwei davon erlegt und einer an- 
geschossen. Die beiden erlegten waren junge, doch erwachsene 
Vögel, der angeschossene und später gefundene das alte Weibchen. 
Die übrigen strichen den ganzen Sommer bis Ende September 
am Lech und den dortigen Bächen umher. Es waren dort zwölf 
Junge ausgebrütet worden. Auch während des Sommers 1856 
haben meine Augsburger Freunde in der Mehringer Aue solche 
Säger bemerkt. 


342 Ordnung VI. Natatores. Schwimmvögel. 


In den Mägen erlegter fanden wir einen Fuls von einem 
Lamm und Fische (Gadus lota, Alburnus lucidus, Scardinius 
erythrophthalmus, Squalius cephalus und lepusculus). 


280. MERGANSER SERRATOR L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 231. n. 420. — 
Verz. S. LXXXVII. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, XII. S. 333 
Taf. 325. — XIH. Fortsetzung der Nachträge S. 314. 


Der langschnäbelige Sägetaucher kommt im Winter viel 
seltener auf unsere Seen (Bodensee, Ammersee, Tegernsee), auf 
unsere Flüsse (Donau, Lech, Isar, Loisach, Altmühl, Main) und 
auf unsere Weiher (Keeserser Weiher in Oberschwaben, Kauer- 
lacher Weiher in der Oberpfalz), aber meistens der junge Vogel, 
der alte dagegen selten. Am Untermain traf ihn Hofrat 
Dr. Meyer ziemlich häufig im November 1809, Dr. W. Sturm 
ein sehr altes Männchen im Hochzeitskleide mehrere Tage lang 
Mitte April 1858 auf dem Dutzendteich bei Nürnberg, wo es sich 
ganz allein, entfernt von den Wildenten herumtrieb. Nach 
Dr. Stölker in St. Fiden wurde Anfang August 1876 auf dem 
Bodensee (Obersee) ein altes Weibchen des M. serrator mit sechs 
noch kleinen Dunenjungen erbeutet, ein siebentes entkam. Es 
hatte dieser Säger zweifelsohne am Ufer des Obersees, wahr- 
scheinlich im benachbarten Vorarlberg, genistet. Die ganze 
Gruppe kam in Stölkers Sammlung. 


b) Mergus L. 
281. MERGUS ALBELLUS L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 232. n. 422. — 
Verz. S. LXXxXVII. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, XII. S. 314. 
Taf. 324, — XII. Fortsetzung der Nachträge S. 313. 


Kleiner Merrer, Nonnentaucher, Zwergsäger. 


Er ist jeden Winter vom November bis Ende März und 
Anfang April auf unseren Seen, Flüssen und Teichen in kleinen 
Flügen, paarweise oder einzeln allenthalben vorhanden. In den 
Moorweihern traf ich die letzten noch am 7. April 1855 an. 


29. Familie. Pelikane. 343 


29. Familie: Pelikane. 
Genus 125. Phalacrocorax Briss. 


282. PHALACROCORAX CAREBO L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 232. n. 423. — 
Verz. S. LXXXVIL 
Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, XT. 8. 52. Taf. 279. 


Scharb, Scharbe, Scharmvogel, Scherben, Seerabe. 


Der Kormoran zieht bei uns im Herbst, Winter und Früh- 
jahr einzeln oder in kleinen Gesellschaften von 3 bis 10 Stücken 
durch und wurde in allen Teilen des Landes, auf Flüssen, Seen 
und Teichen als ein seltener Vogel wahrgenommen und erlegt. 
Im Sommer sieht man ihn sehr selten auf fischreichen Gewässern. 
Auf dem Dutzendteich bei Nürnberg hielten sich 1860 zwei Kor- 
morane vom Frühjahr bis in den Juni auf, bis der eine von einer 
alten Eiche herabgeschossen wurde, worauf der andere verschwand. 
Im Sommer .1876 verweilte einer auf der fischreichen Altmühl 
bei Kipfenberg mehrere Wochen hindurch, und am 30. Mai 1863 
zeigten sich zehn Scharben den Tag über bei Gersthofen am Lech, 
waren aber bereits am nächsten Tage wieder verschwunden. Leu 
erhielt viele vom Bodensee (Lindau), vom Hopfersee bei Füssen, 
vom Sulzbergersee bei Kempten, von Obergünzburg und Mindel- 
heim in Schwaben, von letzterem Ort ein sehr altes Männchen 
im Hochzeitkleid am 24. März 1879, andere, meistens junge Vögel, 
von Augsburg, Günzburg, Gundelfingen, Neuburg, Donauwörth 
und Ingolstadt. Ich kenne das Vorkommen des Kormorans in 
Oberbayern auf dem Ammer-, Starnberger- und. Königssee, auf 
der Isar bei München, in der Oberpfalz von Regensburg, Roding 
und Schwandorf, in Niederbayern von Deggendorf, Passau und 
Neuhaus am Inn, in Oberfranken von Höchstadt a. A. (Neuhaus), 
woselbst ich von drei Stücken, die in einem Weiher am Schlosse 
fischten, ein junges Männchen erhielt, von Bamberg, wo einer 
im Bruderwalde geschossen wurde, in Mittelfranken von Gunzen- 
hausen, Bruck bei Erlangen, von Cadolzburg (am Seukendorfer 
Weiher am 26. März 1837 von neun Stücken zwei erlegt), von 
Ansbach, wo im Oktober 1862 ein junges Männchen von einer 
hohen Pappel an der Cavalleriekaserne herabgeschossen wurde, 
in Unterfranken von Halsfurt, Kitzingen, Ochsenfurt, Marktbreit 
(am 27. November 1879 wurden auf den hohen Bäumen in der 


344 Ördnune VI. Natatores, Schwimmvögel. 


Nähe des dortigen Zollgebäudes zwei dieser Vögel bemerkt und 
einer davon erlegt) und von Aschaffenburg. Auf der mächtigen 
Fläche des Dutzendteiches bei Nürnberg erscheint er von Zeit 
zu Zeit, die letzten im Mai 1867 und Anfang September 1880, 
wo von zwei sehr scheuen Exemplaren der Reviergehilfe Teiffel 
von Forsthof das eine zu schielsen das Glück hatte. 

Die Krähenscharbe (Phalacrocorax graculus L.) soll nach Walchner 
im Winter auf dem Bodensee (Obersee) und nach Landbeck ebenda und 
auf der württembergschen Donau höchst selten erlegt worden sein. Bestätigung 
ist abzuwarten. 


(Nach Dr. Medicus ist die Krähenscharbe in der Pfalz vor- 
gekommen. — R. Bl.) 


283. PHALACROCORAX PYGMZEUS Pall. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas. I. S. 233. n. 427. — 
Verz. 8. LXXXIX. | 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands. XI. S. 112. 
Taf. 281. ’ 


Am 16. November 1856 wurde in der Gegend von Mem- 
mingen in Schwaben auf einem Altwasser der Iller bei Buxheim 
ein junges Weibchen der den Südosten bewohnenden Zwerg- 
scharbe geschossen. Es befand sich in Gesellschaft von Wild- 
enten, sals auf einem Aste und plätscherte mit dem Schwanze im 
Wasser. Es kam in die Sammlung des Zeichenlehrers Büchele 
in Memmingen und nach dessen Tode in das Augsburger Na- 
turalienkabinett. Ein altes Männchen dieser in Süddeutschland 
höchst seltenen Art besitzt die Stuttgarter Sammlung des Vereins 
für vaterländische Naturkunde in Württemberg, welches 1862 in 
unserer württembergischen Nachbarschaft auf dem abgelassenen 
Weiher bei Wurzach, Oberamts Leutkirch, gefangen wurde (Würt- 
tembergische Jahreshefte 1863 S. 8). Auch im Kanton Thurgau 
in der Schweiz bei der Karthause Ittingen wurde 1858 ein Exem- 
plar erlegt (Bruhin, Nachträge zur Wirbelthierfauna Vorarlbergs, 
des Rheinthales und des Bodensees, Jahrgang 1868 der Verhand- 
lungen der k. k. Zoologisch-botanischen Gesellschaft in Wien. 
S. 879) und sogar nach Norddeutschland verfliegt sie sich, wie 
ein bei Görlitz am Leopoldshayner Teich geschossenes Exemplar 
in der Sammlung der Görlitzer Naturforschenden Gesellschaft 
beweist (Dr. Cabanis, Journal für Ornithologie 1870. S. 231.). 


29. Familie. Pelikane. 345 


Genus 126. Pelecanus L. 


284. PELECANUS ONOCROTALUS L. 


‘ Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 234. n. 429. — 
Verz. S. LXXXIX. 
Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, IX. S. 150. 
Taf. 282. 


Der Pelikan, ein ‚ganz vorzüglicher, ausdauernder Flieger, 
kommt nur hier und da einmal als grosse Seltenheit und dann 
meistens nur in sehr heilsen Sommern auf unsere Gewässer. Im 
Jahre 1768 am 8. Juli zog eine Schar von 130 Pelikanen, vor- 
her nirgends beobachtet, hohen Fluges vom Süden her über die 
Schweizer Berge nach dem Bodensee und liefs sich in der Nähe 
von Lindau nieder, um zu fischen. Ein Stück davon, flügellahm 
geschossen, geheilt und zur Schau herumgeführt, wurde zu Augs- 
burg auf einer Kupfertafel gelungen dargestellt. Es ist dies wahr- 
scheinlich derselbe Pelikan gewesen, welchen Lindauer Fischer 
nach langem Umhertragen in Schwaben an den Fürsten Wenzel 
von Fürstenberg in Donaueschingen verkauften, woselbst er 
im Schlosse auch unter den beiden folgenden Fürsten Maria 
Benedikt und Carl lebte, dann in den Besitz eines Hofkochs 
überging und von diesem an den König Friedrich von Würt- 
temberg nach Stuttgart verkauft wurde, wo er noch mehrere Jahre 
gelebt und endlich ausgestopft im zoologischen Kabinett daselbst 
das Endziel seiner Irrfahrten gefunden hat. Um das Jahr 1786 
wurde ein Pelikan bei Ingolstadt geschossen ; 1806 erschien einer 
wieder auf dem Bodensee, wurde bei Constanz gesehen, bei Fulsach 
durch einen Schuls gelähmt und nach erfolgter Heilung zur Schau 
herumgetragen. Am 18. Mai 1811 kamen wieder einige auf den 
Bodensee, und wurde einer davon auf dem Sameistersee zwischen 
Rofshaupten und Lechbruck bei Fülsen von dem Fischermeister 
Ott auf 60 Schritt mit der Kugel geschossen. Der Vogel zeigte 
sich so wenig scheu, dals der Schütze glaubte, er hätte ihn mit 
dem Netze fangen können. Ein anderes Exemplar liels sich in 
der Nähe des Bodensees in einem benachbarten fürstlichen Hofe 
nieder und wurde gefangen. Mitte der vierziger Jahre schols der 
j Maler Christoph Ruben auf der Krautinsel im Chiemsee eine 
»Kropfgans«, welche nach Aussage der Fischer gewaltige Ver- 
heerungen unter den Fischen anrichtete, und am 31. August 1879 
wurde ein junger Pelikan, nunmehr im Besitze des Freiherrn 


346 Ordnung VI. Natatores. Schwimmvögel. 


v. Freyberg zu Sct. Georgen bei Diessen, auf dem Ammer- 
see an der Einmündung der Amper erlegt. Der Fischer, der 
ihn sah und einen Jäger herbeiholte, behauptete, dals er schon 
mehrere Male dergleichen Vögel auf dem See gesehen habe, eine 
Versicherung, die allgemein auch von den Seeanwohnern ge- 
macht wurde. Ein Exemplar des Erlanger Museums wurde nach 
Dr. A. Goldfufs (Übersicht der vorzüglichsten Merkwürdigkeiten 
des Museums der k. Friedrich Alexanders-Universität. 1813. S. 22) 
im ehemaligen Markgrafthum Bayreuth geschossen. 


30. Familie: Taucher. 
Erste Gruppe: Lappentaucher. 
Genus 127. Podiceps Lath. 

a) Sylbeocyclus Bonap. 


285. SYLBEOCYCLUS MINOR Lath. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas. I. S. 234. n. 430. — 
Verz. 8. XC. 
Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands. IX. S. 785. 
Taf. 247. 
Tauchentlein, Taucherle, Duckentchen, Duckentlein, Weiher- oder 
Wasserduckerle, Duckchen, Pflümpfle. 


Allenthalben auf beschilften Weihern, Altwassern, Sümpfen 
und Seen in geeigneten Lagen gemein, auf den Weihern der 
Oberpfalz, in den Moor-, Bucher- und Neuhäuser Weihern bei 
Höchstadt a. A. zahlreich brütend. Der kleine Stei/sfu/s ist Stand- 
und Strichvogel, überwintert auf offenen grolsen Gewässern, die 
im Winter nicht zufrieren. Hofrat Dr. Meyer traf ihn auf dem 
Untermain bei 12 bis 18 Grad Kälte, ich selbst im Nürnbergschen 
bei vielem Treibeis auf der Rednitz und Schwarzach bei Wendel- 
stein, an Weihnacht 1876 drei Stücke auf einer kleinen offenen 
Stelle eines zugefrorenen Mühlweihers unter Hausenten und erhielt 
am 6. Dezember 1879 bei einer mittleren Temperatur von —D°R. 
und vielem Schnee ein in hiesiger Stadt gefangenes Exemplar. 
Auf die Moorweiher kommt er Ausgang März und im April und 
verschwindet im Oktober und November. Am 27. August 1868 
erhielt Leu ein kleines Dunenjunge von der Gersthofener Aue 
bei Augsburg, und am 18. September 1855 Johannes Büchele, 
Zeichenlehrer in Memmingen, drei kaum einige Tage alte 


30. Familie. Taucher. 347 


Steilsfülschen, welche mit zwölf anderen zum Teil alten, zum Teil 
jungen Vögeln von demselben Jahre in einem Fischnetze ge- 
fangen worden waren. 

In erlegten fand ich Taenia multistriata. 


b) Podiceps auct. 
286. PODICEPS RECURVIROSTRIS Brehm. 


Colymbus auritus Naum. Podiceps nigricollis Brehm. Podiceps 
recurvirostra Brehm. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas. I. S. 235. n. 433. — 
Verz. 8. XC. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands. IX. 8. 768. 
Taf. 246. — XII. Fortsetzung der Nachträge S. 267. 


Ein sehr seltener Gast im März und April und wieder im 
September und Oktober auf unseren Seen (Bodensee, Tegernsee), 
auf Weihern in Schwaben bei Memmingen, Sachsenried, Keesers, 
auf der Sinkel bei Schwabmünchen (5 5. November 1880), auf den 
Weihern der Oberpfalz (Hirschau), auf der Isar (München), Donau 
bei Günzburg, Regensburg u. s. w., auf der Pegnitz und Regnitz 
(Nürnberg, Fürth, Erlangen) und auf dem Main bei Aschaffen- 
burg. Leu bekam am 2. August 1874 ein Weibchen im Hochzeit- 
kleide mit schönen Ohrenbüscheln vom Immenstädter See und 
vermuthete sein dortiges Brüten; ich selbst beobachtete auf einem 
Weiher bei Kloster Sulz in Mittelfranken ein einzelnes altes 
Männchen den ganzen Sommer über, welches indessen im Früh- 
jahr angeschossen und erst im Herbst bei dem Fischen lebend 
gefangen werden konnte. 


287. PODICEPS ARCTICUS Naum. 
Podiceps arcticus Boie. Podiceps cornutus auct. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 235. n. 434. — 
NVerzuB. ERUG! 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, IX. 8. 739. 
Taf. 244. und S. 755. Taf. 245. — XIH. Fortsetzung der Nachträge. 
S. 264. 


Ein selten durchziehender Gast, welcher auf unseren Seen 
(Bodensee, Immenstädter See, Walchensee, Tegernsee etc.), wo 
er sich gern an Legangeln fängt, auf Weihern (Memmingen, 


345 Ordnung VI. Natatores. Schwimmvögel. 


Keesers) und Flüssen, auf der Donau (Günzburg, Höchstädt, 
Regensburg, Sarching), im Bayerischen Walde (Freudensee bei 
Hauzenberg) und auf den fränkischen Gewässern (Aisch, Pegnitz, 
Main etc.) in den beiden Zugperioden vom Oktober bis in den 
Januar und wieder im März und April erlegt worden ist. Hof- 
rath Dr. Meyer schols ein altes Männchen am 30. April 1805 
am Untermain; ein anderes wurde 1849 bei Rothenbuch im 
Spessart, ein drittes in prachtvollem Kleide noch am 12. Mai 1853 
auf dem Tegernsee erbeutet. Gewöhnlich kommen nur junge 
Vögel vor, deren ich auf den Moorweihern am 14. Oktober 1854 
drei Stücke beisammen antraf. 


288. PODICEPS SUBCRISTATUS Jacaq. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 235. n. 435. — 
Verz. 8. XC. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, IX. 8. 720. 
Taf. 243. 


Rothalstaucher. 


Alte und junge Vögel kommen zur Zugzeit im März und 
April und wieder im Oktober und November auf unsere Gewässer. 
Er wurde auf dem Bodensee bei Lindau, auf der Donau bei Günz- 
burg, Donauwörth, Regensburg, auf der Aisch, dem Main und 
in den Moorweihern, wo ich einst drei Stücke beisammen antraf, 
erlest. Auf dem Bodensee soll er brüten. 

In den Mägen erlegter fand ich Reste von Käfern, nament- 
lich Cureulioniden, Bauchfedern und eine der hintersten Schwung- 
federn vom eigenen Gefieder und in den Eingeweiden einen sehr 
grolsen Wurm (Schistocephalus dimorphus). 


289. PODICEPS CRISTATUS L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 235. n. 436. — 
Verz. S.XC. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, IX. S. 656. 
Taf. 242, 


Langhals, langhalsige Ente, Langkragen, Blitzvogel, Rakau, Rug. 


Er brütet auf unseren Seen (Bodensee, Immenstädter See, Alp- 
see bei Hohenschwangau, Tegernsee, Ammersee u. s. w.), auf den 
srolsen Teichen der Oberpfalz, Mittel- und Oberfrankens. Nach 


30. Familie. Taucher. 349 


Koch ist er auf dem Bodensee, auf dem Alpsee bei Immenstadt 
und auf den kleineren Weihern im Bezirke Lindau nicht nur 
keine Seltenheit, sondern ein gewöhnlicher Brutvogel, der das 
ganze Jahr in der Seegegend bleibt. Im Sommer verlälst er den 
Bodensee gern und begibt sich in die kleineren Weiher im 
Lindauschen, wo er, weil diese nicht so hoch mit Wasser an- 
wachsen, mit mehr Sicherheit brüten kann. Im Winter, wenn 
der Alpsee und die Weiher im Lindauschen zufrieren, ist er auf 
dem Bodensee besonders häufig. Aus den in jedem Winter mit 
Eis. sich bedeckenden Moorweihern verschwindet er im September 
und Anfang Oktober und kommt in der zweiten Hälfte des März 
bis Mitte April wieder an, und zwar die Männchen gewöhnlich 
einige, auch 14 bis 18 Tage früher als die Weibchen. Am 1. April 
1854 sah ich auf dem grolsen Moorweiher 23 alte Haubentaucher 
auf einem Haufen, ein prachtvoller Anblick, der dadurch noch 
erhöht wurde, dals sie bei spiegelglatter im Sonnenschein er- 
glänzender Wasserfläche zwischen einer grolsen Menge von Blassen 
(Fulica atra) umherschwammen und von einem Rohrdickicht zum 
andern zogen. Nach Naumann sind drei Junge eine Selten- 
heit; Koch aber fand ein Nest mit vier Eiern im sogenannten 
Lindauer Rohr im Bodensee, und ich sah am 28. Juni 1855 auf 
dem: Mühl- und Angerweiher hinter Schlofs Neuhaus bei Höch- 
stadt a. A. vier Junge bei einem Haubentaucher-Paar. Auf dem 
Striche ist er auch in Franken eine gewöhnliche Erscheinung, 
so dals z.B. auf den Weihern bei Dennenlohe in der Gegend 
von Wassertrüdingen im Herbst 1872 nicht weniger als sieben 
Stücke erlegt wurden; häufiger ist er aber auf der Donau, Iller, 
Schmutter, Wertach, dem Lech und der Isar. Den im Winter 
bei uns verbleibenden Haubentauchern ergeht es manchmal, wenn 
starker Frost die Flüsse und Seen mit Eis belegt, sehr übel. Sie 
ermatten dann durch Hunger und lassen sich mit den Händen 
ergreifen. So erhielt ich vom 6. bis 10. Dezember 1849 drei junge, 
übrigens sehr fette Herbstvögel, von denen einer auf einem über- 
frornen Weiher bei Pappenheim, der andere im Garten des dortigen 
Forsthauses, der dritte in einem Hause auf der Bleiche bei Wasser- 
trüdingen mit leichter Mühe gefangen worden war. 

In den Mägen erlegter fand ich Federballen, Fischbrut, Käfer 
(Dytiscus, Donacia), Larven von Wasserjungfern und viele gemeine 
Schwimmwanzen (Naucoris cimicoides), in den Eingeweiden aber 
Taenia capillarıs. 


350 Ordnung VI. Natatores. Schwimmvögel, 


Zweite Gruppe: Seetaucher. 


Genus 128. Colymbus L. 
290. COLYMBUS ARCTICUS L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 236. n. 437, — 
Verz. S.XCI 
Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, XII. S.418. Taf. 328. 


Schnurrgans. 


Von den letzten Tagen des Oktober und vom November an 
den Winter hindurch bis zum Frühjahr ist der Polarseetaucher 
alljährlich meist im Jugendkleide auf unseren Seen, Teichen und 
Flüssen keine besondere Seltenheit. Leu erhielt 24 junge, zum 
Teil auch alte Vögel in schwarzem Kleide mit den weissen Flecken 
auf dem Rücken von 1851 bis Ende 1878 vom Bodensee (Lindau), 
Immenstädter und Bannwaldsee bei Füssen, vom Lech, der Wertach 
Isar, grofsen Paar und von der Donau. Andere wurden bei Mem- 
mingen, Kaufbeuren, auf der Günz, auf Teichen bei Kronburg, 
Grönenbach und Buxheim in Oberschwaben, auf der Donau bei 
Ingolstadt, Regensburg und Passau, bei München, Hohenlinden, 
auf dem Inn, in der Oberpfalz bei Hirschau, auf der Regnitz, 
Tauber und dem Main (Halsfurt und Aschaffenburg) erlegt, auf 
dem Starnbergersee ein junges Männchen noch am 18. Mai 1861 
und ein- alter Vogel im Hochzeitskleide am 22. Mai 1360 bei 
München lebend gefangen. Hier und da kommt er im Winter 
selbst auf Bäche und Gräben, durch Hunger sehr ermattet, so 
dals er eine leichte Beute jedes Vorübergehenden wird. Von 
zwei Exemplaren wurden Ende Oktober 1851 an der Regnitz- 
brücke von Baiersdorf bei Erlangen ein solcher Seetaucher, der 
mit seinem Kameraden ganz vertraut umherschwamm, im Beisein 
mehrerer Zuschauer von der Brücke aus erlegt. 

Koch öffnete einst einen auf dem Bodensee geschossenen 
Polarseetaucher, welcher 32 fingerlange Fische im Kropfe hatte. 


291. COLYMBUS TORQUATUS Brünn. 
Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 236. n. 438. — 
Verz. S. XCI. 
Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, XII. S. 397. Taf. 327. 
Haldenente. 


Auf unseren Seen, Weihern und Flüssen von Ende Oktober 
und dem November an den ganzen Winter hindurch ist der 


30. Familie. Taucher. 351 


junge Vogel des Eisseetauchers nicht besonders, im Übergangs- 
und im ausgefärbten Kleide des alten Vogels dagegen sehr selten. 
Leu und mehrere vaterländische Sammlungen erhielten Exem- 
plare vom Bodensee und Ammersee, vom Lech, der Wertach, 
Donau, dem Inn, von fränkischen Gewässern (Pegnitz, Regnitz, 
Baunach, Main, dem Dutzendteich bei Nürnberg) und ein uraltes 
Männchen vom Tegernsee. Prof. Dr. Wolf berichtet von einem 
solchen Taucher, der am 4. Dezember 1804 auf der Bärenschanze 
bei Nürnberg in einem Schanzgraben von einem Hühnerhunde 
ergriffen wurde, ein anderer junger, sehr abgemagerter Vogel 
wurde im unterfränkischen Steigerwalde (OÖbersteinbach) auf einem 
Wiesengrunde lebendig ergriffen, ein dritter, der sich auf freiem 
Felde in den Schnee gedrückt hatte, bei Trielsdorf geschossen. 


292. COLYMBUS SEPTENTRIONALIS L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 236. n. 439. — 
Verz. 8. XCI. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, XII. S. 434. 
Taf. 329. 


Der Nordseetaucher, die häufigste Art dieser Gattung, kommt 
fast in jedem Winter auf unsere Gewässer, meistens aber nur 
junge Vögel, während sich alte nur sehr selten so weit südlich 
verstreichen. Doch erhielt Leu ein altes Weibchen am 6. Dezem- 
ber 1866 von Lindau am Bodensee und Büchele ein altes Männ- 
chen am 26. November 1863 von Memmingen. Hier und da kommt 
er zu uns schon Mitte September bis gegen Ende Oktober, ge- 
wöhnlich erst im November und Dezember und den anderen 
Wintermonaten und verläfst uns bald wieder. Am 18. April 1380 
fischte ein solcher Taucher zwischen Kleinochsenfurt und Sommer- 
hausen auf dem Main, wo er sich bereits seit drei Tagen aufhielt, 
um diese Zeit eine Seltenheit. Sogar noch am 27. Juni 1865 wurde 
von des Prinzen Ludwig von Bayern kgl. Hoheit auf dem 
Lech bei Augsburg ein verspätetes junges Männchen im Übergangs- 
kleide geschossen. Bei Nahrungsmangel im Winter ermattet er 
gleich seinen Verwandten, und wurden verschiedene Exemplare 
auf freiem Felde, in Kiesgruben mit wenig Wasser, einer am 
21. November 1879 im Ochsenfurter Gau im Dorfe Sächsenheim 
mitten in einem Bauernhofe lebendig gefangen, andere von Schäfern 
und Landleuten erschlagen, einer am 25. Oktober 1876 auf der 


352 Ordnung VI. Natatores. Schwimmvögel. 


Landstralse am Dorfe Löpsingen im Ries ergriffen. Alle mir 
bekannt gewordenen Fundorte anzugeben, halte ich für unnötig. 
Es genüge die Anführung, dals er in allen Kreisen Bayerns viel- 
fach erbeutet worden ist, ein junges Männchen bereits am 13. Sep- 
tember 1880 bei Holzen in Schwaben. Aus den Mägen erlegter 
entwickelte ich immer Fischreste, gewöhnlich Cyprinus rutilus. 

Anmerkung 1. Lunda arctica L. Ein glaubwürdiger Mann versicherte 
den Grafen von der Mühle, 1841 einen frisch erlegten Papageitaucher in 
den Händen des Bedienten eines Kavaliers in München gesehen zu haben. 
In unserer nächsten Nachbarschaft wurde dieser Vogel bei Offenbach am Main 
und in Württemberg nach Landbeck zweimal erbeutet, nämlich einer bei 
Ludwigsburg gefangen, der andere bei Schorndorf geschossen. Nach den Ver- 
handlungen des Zool.-botanischen Vereins in Wien, Jahrgang 1857 S. 157, 
hat er sich schon bis in das südliche Dalmatien verflogen. 

(K. Hoser schreibt mir, dals er am 12. November 1890 ein 
Männchen vom Papageitaucher nachmittags 2 Uhr bei Südwest- 
wind und freundlichem Wetter in den Torfmooren an der Mindel 
bei Edelstetten erlegt habe. Im Magen fanden sich kleine Fisch- 
chen, Wasserkäfer, Fischkraut und hauptsächlich Algen. — R. Bl.) 


Anmerkung 2. Mergulus alle L. soll schon in Franken beobachtet 
worden sein. Ich bezweifle es, obwohl es nicht unmöglich erscheint, da sich 
in Landbecks Sammlung ein Exemplar befand, das lebend bei Ludwigsburg 
in Württemberg gefangen wurde. 


Anmerkung 3. Uria lomvia Brünn. Ein durch Stürme verschlagenes 
Exemplar traf Hofrat Dr. Meyer am 13. Januar 1804 auf dem Untermain bei 
Offenbach bei Südwestwind an. 


31. Familie: Sturmvögel. 


Genus 129. Thalassidroma Vigors. 


293. THALASSIDROMA PELAGICA L. 


Keyserling u, Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 238. n. 450. — 

Verz. S. XCIH. 
Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, X. S. 557. Taf. 

275. Fig.1. 

Der Sturmvogel, ein Bewohner des Atlantischen Ozeans und 
der Nordsee, wurde, durch Stürme verschlagen, schon öfter im 
Gebiet erbeutet, namentlich auf dem Bodensee, Starnberger- und 
Ammersee (1336 zwei Stücke), andere in der Nähe von Aschaffen- 
burg am Main, dann einige Stunden davon auf einem Hammer- 
werke in einer Scheuer und nach den heitigen Stürmen vom 


31. Familie. Sturmvögel. 35 


os 


2. und 3. Dezember 1863 ein Männchen zu Würzburg auf einer 
Baustelle an dem damals neu zu erbauenden Staatsbahnhof. Die 
drei letztgenannten wurden mit den Händen ergriffen. Letzteres 
Exemplar war nicht nur gut genährt, sondern fett, konnte also 
unmöglich aus Hunger ermattet sein. Die ungewohnte Umgebung 
und die mangelnde Erfahrung, die sie die Gefahren des Fest- 
landes nicht erkennen lälst, nicht Müdigkeit und Hunger, scheint 
Ursache zu sein, dals diese nordischen Irrlinge, vortreffliche und 
ausdauernde Flieger, hierzulande gewöhnlich mit den Händen 
gefangen werden (Zoolog. Garten 1833. S. 45). 

(Nach Dr. Medicus in der Pfalz vorgekommen. — R. Bl.) 


Thalassidroma Leachii Temm. soll nach der kurzen Zusammenstellung 
der Vögel Frankens von Dr. M. Braun und Dr. J. v. Kennel S.6 n. 25 nach 
einem Sturme im November 1829 bei Bischofsheim gefangen worden sein. 
Der fragliche Vogel wurde jedoch nicht bei dem unterfränkischen Bischofs- 
heim vor der Rhön, sondern in der Gegend von Frankfurt am Main zwischen 
Vilbel und Bischofsheim nach einem Sturm an dem genannten Tage von 
einem Bauern auf einem gefurchten Acker mit den Händen gefangen. Der 
Vogel steht in der Sammlung der Senckenbergschen naturforschenden Gesell. 
schaft in Frankfurt a. M. (Zoologischer Garten 1864. S. 26). 


Genus 130. Nectris Forster. 


294. NECTRIS CINEREA J. Fr. Gmel. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 239. n. 454. — 
Verz. S. XCIV. 


Durch anhaltende heftige Stürme aus Nordwest verschlagen 
wurde ein solcher Sturmvogel im Jahre 1834 von einem Herrn 
Broili zu Mühlbach bei Karlstadt am Main in Unterfranken 
geschossen und dem verlebten Professor Dr. Leiblein in Würz- 
burg im Fleische eingeschickt. Ich rekognoszierte den Vogel in 
der dortigen Universitäts-Sammlung. Pfarrer Blasius Hanf 
erhielt ein am 17. Mai 1858 bei Bruck an der Mur in Ober- 
steiermark geschossenes Männchen (Verhandlungen der k. k. zoo- 
logisch-botanischen Gesellschaft in Wien 1868: $. 970). 

Nectris puffinus Brünn. Ein altes Männchen wurde in unserer Nachbar- 
schaft 3/4 Stunden von Coburg am 2. September 1876 auf Bartelsdorfer Flur 
auf der Erde sitzend angetroffen, lebend ergriffen und neun Tage mit Fischen 


am Leben erhalten. Dasselbe steht im herzoglichen Naturalienkabinett zu 
Coburg. 


Jäckel, Die Vögel Bayerns. 23 


354 Ordnung VI. Natatores. Schwimmvögel. 


32. Familie: Seeschwalben. 
Genus 131. Lestris Illiger. 


a) mit gerade abgerundeten, mittleren Schwanzfedern. 


295. LESTRIS POMARINUS Temm. 


Keyserling u. blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 239. n. 459. — 
Verz S. XCIV. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, X. 8. 487, 
Taf. 271. 


Die breitschwänzige Raubmöve wird hie und da im Oktober, 
sehr selten schon gegen Ende August im Gebiete erlegt. Leu 
erhielt junge Vögel vom Bodensee (Lindau), von Fülsen, Gerst- 
hofen am Lech, von Augsburg und Zusmarshausen in Schwaben. 
Prof. Dr. Wagler beobachtete sie am Ammersee; ich selbst hatte 
Exemplare vom Tegernsee, von der Altmühl bei Altenmuhr und 
einen am 20. August 1835 bei Würzburg erlegten jungen Vogel 
in Händen. Die Regensburger Sammlung besitzt zwei Stücke 
vom Ammersee und eines von Fronberg in der Oberpfalz. Sonst 
hat man sie auf den Donauschütten bei Ingolstadt, auf einer 
Wiese bei Nürnberg und am Untermain beobachtet und geschossen, 
am 24. September 1882 bei Offenbach a. M. ein weibliches gut 
genährtes Exemplar in einem Kartoffelfelde mit Händen ergriffen, 
welcher Gefahr es sich nur durch Laufen zu entziehen suchte. 
Ein Exemplar wurde 1835 bei Würzburg erlegt. 


b) mit spitz verlängerten, mittleren Schwanzfedern. | 
296. LESTRIS CEPHUS Brünn. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 240 n. 460. — 
Verz. S. XCV. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, X. S. 534. 
Taf. 274. 


Nur junge Vögel der langschwänzigen Schmarotzermöve ver- 
irren sich selten zu uns. Solche wurden am Bodensee, bei 
Oberdorf und Memmingen in Oberschwaben, mehrfach bei Augs- 
burg in der Meringerau, bei Landsberg am Lech, bei München, 
Donauwörth, Rain, Nürnberg und in Unterfranken bei Aub 1832 
erlegt, alle im September und Oktober. 


32. Familie. Seeschwalben. 35 


[S}| 


297. LESTRIS PARASITA Brünn. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 240. n. 461. — 
Verz. S.XCV. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, X. S. 506. 
Taf. 272 und 273. 


Junge Vögel der kurzschwänzigen Schmarotzer - Raubmöve 
werden hie und da im Spätsommer bei uns angetroffen, öfters 
ganz ermattet, dafs sie mit Händen ergriffen werden können. 
Auf dem Bodensee wurden solche öfters in Fischernetzen gefangen, 
andere in der Oberpfalz bei Waldmünchen, Regensburg (Sünching), 
auf den Donauschütten bei Ingolstadt, in Mittelfranken bei Cadolz- 
burg, Schlols Schwarzenberg, wiederholt bei Rothenburg o. T. und 
in Unterfranken bei Aschaffenburg erlegt oder gefangen. Ich 
selbst erhielt am 21. September 1848 ein junges Männchen, 
welches sich ermattet, krank und abgezehrt im Nürnberger 
Reichswald bei Wendelstein in einem von vielen Arbeitern be- 
lebten Steinbruch bald auf einer Wasserlache, bald auf einem 
Felsen niederliels und schlielslich von dem niederen Dache der 
den ganzen Tag in ununterbrochenem Betriebe stehenden, geräusch- 
vollen Schmiedehütte herabgeschossen wurde. Der Schlund und 
Magen des Vogels war vollgepfropft mit Phryganeen (Limnophilus 
griseus et atomarius). Ein zweites junges Männchen bekam ich 
am 25. September 1862 vom Burgstall-Hofe bei Rothenburg o. T., 
woselbst es im freien Felde von einem Schäfer mit der Schippe 
tot geworfen wurde. Bei Kostheim am Untermain schofs Hofrat 
Dr. Meyer am 15. Juni 1805 bei 12° Wärme und Nordostwind 
einen alten Vogel. 


Im Katalog der älteren Blankschen Sammlung in Würzburg sind zwei 
Exemplare von Lestris catarrhactes aufgeführt, wovon das eine, ein Männchen, 
bei Ebrach, das andere, ein Weibchen, bei Hafsfurt geschossen sein soll. 
(Leiblein.) Gegenüber dieser Angabe kann ich mich eines Mifstrauens 
nicht erwehren, obwohl mir auch neuerdings von sonst wohl unterrichteter 
Seite die Nachricht zuging, dafs die grofse Raubmöve auf dem Ammersee 
erlegt worden sei. 


(Forstrat Hörmann aus Regensburg teilt unter dem 16. Januar 
1891 mit, dafs eine grofse Raubmöve vor einigen Jahren an der 
Fichtelnaab bei Riglasreuth erlegt wurde. — R. Bl.) 


356 Ordnung VI. Natatores. Schwimmvögel. 


Genus 132. Larus L. 
a) Schwanz gerade; mit wei/sen Schwingenschaften. 
298. LARUS MINUTUS Pall. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 240. n. 464. — 
Verz. S. XCV. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, X. S. 243. 
Taf. 258. — XIII. Fortsetzung der Nachträge. S. 275. 


Nur auf dem Striche und fast überall sehr selten. Sie wurde 
auf dem Bodensee, dem Lech, der Donau und dem Main und 
auch auf grolsen Teichen in Franken geschossen. Leu erhielt 
am 22. August 1869 ein junges Männchen von Gersthofen bei 
Augsburg; ein am 27. November 1827 zu Grünsberg bei Altdorf 
in Mittelfranken erlegtes Exemplar sah ich in der Sturmschen 
Sammlung zu Nürnberg, ein anderes vom unterfränkischen Main 
in der Universitäts-Sammlung zu Würzburg. Die Dr. Dr. Sturm 
beobachteten sie mehrfach auf dem Dutzendteich bei Nürnberg, 
wo diese prächtigen Mövchen im schönsten Sommerkleide im 
Mai und Juni zugleich mit Sterna leucoptera und Falco rufipes 
anwesend waren. So im Juni 1850, am 15. Mai 1857 und im 
Mai 1867, in welch letzterem Jahre sogar ziemlich viele Zwerg- 
möven während mehrerer Tage den grofsen Teich belebten und 
ein Exemplar geschossen wurde. 

(Nach Heulsler wurden sie bei Speyer von H. Disque im 
Winter 1888 auf dem Rheine beobachtet und im Jahre vorher 
daselbst ein Exemplar erlegt.) 


299. LARUS MELANOCEPHALUS Natt. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. 8.241. n. 465. — 
Verz. S. XCV. 


Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, X. S. 254. 
Taf. 259. — XII Fortsetzung der Nachträge. S. 276. 


Aus dem Südosten kommend verirrt sich die Schwarzkopf- 
möve äulserst selten bis auf den Bodensee, angeblich auch auf 
den Untermain. 

(Nach Dr. Medicus in der Pfalz vorgekommen. — R. Bl.) 


32. Familie. Seeschwalben. 357 
300. LARUS RIDIBUNDUS L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 242. n. 467. — 
Verz. 8. XCV. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, X. S. 264. 
Taf. 260. 


Möve, Fischervogel. 


Die Lachmöven brüten in grolser Anzahl an den grolsen 
Seen Südbayerns, auf den Weihern der Oberpfalz bei Hirschau, 
Kirchenthumbach, Eschenbach, Schwandorf und Rauberweiher- 
haus, in kleinen Kolonien auch auf den Lechinseln u. s. w., 
Früher nisteten sie auch in Franken, z. B. auf dem Lindleinsee 
bei Rothenburg o. T. in grolser Zahl, verschwanden aber als Brut- 
vogel, als der See grofsenteils trocken gelegt wurde. Auch in 
den Moorweihern brüteten sie bis 1811 in solcher Menge, dals sie 
der Aberglaube wegen der häufigen Angriffe auf andere Vögel 
und wegen ihres Stechens auf das in die Weiher getriebene 
Hornvieh als Vorzeichen schwerer Kriegsereignisse ansah und 
auf alle Weise Eier und Junge vernichtete, worauf die Alten 
diesen Brutplatz mieden. Im Striche sind sie dort noch immer 
häufig, namentlich zur Zeit der Herbstfischereien im Oktober und 
auch noch im November, wo sie in Flügen von 15 bis 20 Stücken 
ankommen und ich sie oft ganz vertraut unter den zahmen 
Gänsen nahe an Ortschaften umherschwimmen und dem Ufer, 
an dem ich stand, sich nähern sah, obwohl sie sonst sehr 
mifstrauisch gegen den Menschen sind. Bei dem Fischen der 
Bischofsweiher bei Erlangen umkreisen sie lüstern die Fläche, 
auf der in seichtem Wasser die feisten Karpfen näher und näher 
gegen die Schlegelgrube und die Fischer heranziehen; einzelne 
lassen sich auf das Wasser nieder, schwimmen zwischen den 
Karpfen umher, schnappen kleines Geschnälze auf und kommen 
dabei so nahe an Fischer und Zuschauer heran, dafs man wahr- 
nehmen kann, wie gut sie zwischen dem Fischer oder Bauer 
und dem Jäger zu unterscheiden wissen. Auch auf der Wertach 
versammeln sich zur Zeit des Laichens der Nase (Chondrostoma 
nasus) viele Möven an den Stellen, wo diese Fische massenhaft 
heranziehen. Angezogen und gefesselt von dem verführerischen 
Anblick und dem Geruche der Tausende von Fischen, schweben 
sie über dem Wasser, stechen nach Nahrung nieder und schwimmen 
einzeln zwischen den sich drängenden Fischmassen umher. 


358 Ordnung VI. Natatores. Schwimmvögel. 


Sie kommen, sobald der Eisstols auf unseren Flüssen erfolgt 
ist, bei uns an, selten schon zu Ende Februars, gewöhnlich erst 
im März, verlassen im Juli und August ihre Brutplätze, schwärmen 
dann im Lande umher und ziehen im Spätherbst fort. Den 
Bodensee verlassen alle alten Vögel zur gewöhnlichen Zeit, junge 
bleiben aber auch bei strenger Kälte ganz auf dem See, obwohl 
auch dies nicht gerade häufig geschieht; denn ich sah Mitte 
September auf der ganzen Linie von Lindau nach Konstanz nur 
eine einzige Lachmöve im Hafen letztgenannter Stadt. Vaga- 
bundierende trifft man in Franken selbst in der Brütezeit. 

Ehe die Jungen flügge werden, sind sie in der Oberpfalz 
eine beliebte Fastenspeise und ein Gegenstand der Jagd. Man 
fährt auf Kähnen in die Teiche, und während die Alten zu vielen 
Hunderten dicht über den Köpfen der Jagdlustigen ängstlich und 
mit Jammergeschrei umherfliegen, werden die Jungen aus den 
Nestern getrieben und im Wasser schwimmend erschlagen. Diese 
Belustigung heilst der Geierschlag und wird gewöhnlich Ende 
Juni vorgenommen. Nach der Jagd verlassen die Möven bis auf 
wenige Zurückbleibende die Weiher (v. Kobell). Seit alter Zeit 
wird jedes Jahr auf dem 1348 Tagwerke Wasserfläche grolsen 
Wörthsee in Oberbayern eine grölsere Mövenjagd von dem der- 
maligen Jagdherrn Grafen v. Törring- Seefeld abgehalten, 
nachdem schon zuvor eine bestimmte Anzahl Möveneier zur 
königlichen Hofküche gewandert ist. Auf einer kleinen. Sumpf- 
insel im See auf den Binsenkufen brüten viele Hunderte von 
Möven. Wenn die Jungen anfangen, flügge zu werden, gegen 
Mitte Juni, wird die Jagd abgehalten und fahren die Schützen 
in Kähnen nach der Insel, die sie umstellen. Auf die ersten 
Schüsse stehen dann Schwärme von Möven auf; das Feuern 
dauert einige Stunden und bestand die Beute früher oft in 
1000 bis 1800 Stücken. 1832 wurden 1300, im Jahre 1834 
sogar 1800, 1879 etwa 400, 1880 500 und 1882 am 21. Juni, 
obwohl die Jungen schon vollständig flügge waren und bei Be- 
ginn der Jagd mit den Alten in beträchtliche Höhe sich auf- 
schwangen, doch 470 Stück Möven auf dem See erlegt, auf den 
Münchener Wildpretmarkt gebracht und das Paar um 20 bis 
25 Pfennige in wenig Stunden verkauft. Von ihren Brutplätzen 
aus durchstreifen sie oft weite Strecken umliegenden Landes. 
Wer z. B. im Frühjahr den englischen Garten Münchens besucht, 
wird in der Nähe des Wasserfalls mit Vergnügen das Spiel 


32. Familie. Seeschwalben. 359 


Hunderter von Möven beobachten, wie sie in steter Bewegung 
unter betäubendem Geschrei die durch den Wasserfall an die 
Oberfläche geführten Nahrungsgegenstände fischen und sich darum 
zanken. Sie sind vom Wörthsee. Abends wandern sie zu ihrer 
schilfumränderten Heimat; kreischend überfliegt die Schar die 
rauchende Stadt und unterwegs tummeln sie sich in gemütlichem 
Spiele über die Felder und Hügel von Pasing, Alling u. s. w., 
einen sieben- bis achtstündigen Weg täglich zweimal auf bestimmter 
Luftstralse zurücklegend und dies so lange, bis das Brütgeschäft 
beginnt (Otto Grashey im deutschen Jäger. 1880. 8. 83. 
1882. 8.160. 192). 

Nach v. Kobell brüten sie auch in grolser Menge am 
Chiemsee und am 19. Mai 1866 ‚fand Leu auf einer Lechinsel 
oberhalb Siebenbrunnen eine Kolonie von Lachmöven und sam- 
melte Eier. Auf derselben Insel waren auch Nester von Sterna 
anglica et hirundo und von Totanus calidrıs. 

Auf dem 29 alte bayer. Tagwerke grolsen Harnoldweiher bei 
Fronberg in der Oberpfalz, wo noch eine Kolonie von ein paar 
Tausend Lachmöven brütet, wurden früher jährlich 1500 bis 
2000 Stücke geschossen. Jetzt lälst der Jagdinhaber Freiherr 
W.v. Künsberg Jagden nur abhalten, wenn die Jungen bereits 
gut fliegen können, und wurden im Jahre 1881 abgeschossen 
634 Stücke. 

Durch ihre Nahrung, welche hauptsächlich in Kerbtieren 
besteht, wird sie sehr nützlich. Leu fand im Frühling die 
Mägen erlegter öfters voll von Maikäfern. 


301. LARUS TRIDACTYLUS L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 242. n. 469. — 
Verz. 8. XCV. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, X. S. 322. 
Taf. 262. 

Die Dreizehen-Möve kommt im Spätherbst und Winter, in 
manchen Jahren in grolsen Scharen auf unsere Seen, Flüsse, 
Teiche und überschwemmte Wiesen, doch meistens junge, selten 
alte Vögel. Bei Eintritt strengen Frostes ermatten viele und 
werden zu Haut und Gerippe abgemagert, tot oder halbtot häufig 
gefunden. Im Winter 1848/49 erschienen sie auf dem Dutzend- 
teich bei Nürnberg, auf dem Donau-Main-Kanal, in der Gegend 
von Uffenheim und am Main in ganzen Zügen und lielsen sich 


360 Ordnung VI. Natatores. Schwimmvögel. 


viele bei Aschaffenburg so nahe an der Brücke nieder, dals die 
Leute mit Steinen nach ihnen warfen. Am 1. Januar 1851 wurde 
eine solche Möve, die mit zahmen Enten auf einem Weiherlein 
des Marktfleckens Feucht bei Nürnberg umherschwamm, im Orte 
geschossen und am 22. Februar 1879 fiel eine Ermattete in der 
Hofrait eines Bauernhofes in Wiebelsheim, eine kleine Stunde 
von bier, und an demselben Tage ein junges Männchen im Hof- 
.raum eines Metzgers in hiesiger Stadt ein und wurde ergriffen. 
Letzteres vermochte nicht mehr zu fliegen, nicht einmal mehr 
zu stehen, fiel bei Versuchen, auf die Fülse zu kommen, bald 
vorwärts, bald rückwärts, nahm aber dargereichte Fleischbrocken 
gierig an und starb nach zehn Tagen reichlicher Fütterung an 
gänzlicher Entkräftung. Damals brachte ein sehr heftiger Sturm 
aus Nordwest eine Menge Dreizehen-Möven in das Land und 
wurden viele in Unterfranken bei Höllrich und Mittelsinn, auf 
der Regnitz bei Vach, auf der Altmühl, bei Öttingen, auf der 
Donau (Günzburg) und auf dem Lech bei Augsburg teils erlegt, 
teils tot gefunden. Leu erhielt elf Stücke, worunter nur zwei 
alte Vögel. Im Januar 1803 sah Hofrat Dr. Meyer auf einer 
grolsen Eisscholle im Untermain mehrere Hunderte sitzen und 
fand Tags darauf überall am Ufer welche tot liegen. Im 
Winter 1804, 1806 und 1807 wurden ihm sehr viele am Ufer 
des Main tot Gefundene gebracht. 

Im März verlassen sie uns wieder; einzelne hat man noch 
am 8. April 1836 in der Gegend von Nürnberg (Stein) und am 
15. April 1855 bei Gutsberg geschossen oder tot gefunden. Eine 
auf dem Tegernsee erlegte hatte eine Zwergspitzmaus (Sorex 
pygmaeus) im Magen. 


Larus leucopterus Fab. soll schon mehrmals “am Starnberger See und 
bei Dachau am Amperwöhr vorgekommen sein. Im Innern Deutschlands 
wurde aber diese Möve noch nie erlegt. 


b) Schwanz gerade, mit dunkelbraunen Schwingenschaften. 


302. LARUS CANUS L. 
Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 244. n. 475. — 
Verz. 8. XCVI. | 
Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, X. S. 301 
Taf. 261. 
Fast in jedem Winter kommt die Sturmmöve bei stürmischer 
Witterung auf die bayerischen Gewässer, gewöhnlich nur junge, 


32. Familie. Seeschwalben. 361 


seltener alte Vögel. Von letzteren erhielt Leu mehrere von 
Donauwörth, Augsburg, Schongau am Lech und Lindau im 
Bodensee. Junge wurden nicht selten auf der Isar, Amper, 
Iller, Schmutter, auf dem Zötzelhofener Weiher in Oberbayern, 
auf der Altmühl, Pegnitz, Regnitz und auf dem Main teils 
geschossen, teils in Schwärmen von 20 Stück wahrgenommen 
‘ und am 6. Dezember 1855 ein junges Weibchen in der Augs- 
burger Gegend erlegt, das täglich auf einem Brückengeländer an 
der Schmutter sals und auf Fische lauerte. Aus der Gegend von 
Nürnberg erhielt Prof. Wolf drei Sturmmöven, darunter ein 
junges Weibchen vom Dutzendteich bereits am 4. September 1800. 
In den Jahren 1801, 1809 und 1810 sollen sie am Main überall 
beobachtet worden sein. 


303. LARUS ARGENTATUS Brünn. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 244. n. 476. — 
Verz. S. XCVL 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, X. 8. 379. 
Taf. 266. 


Im Spätherbst, Winter und Frühjahr kommt die Silbermöve 
als meist sehr seltener Wintergast auf unsere Seen, Teiche und 
Flüsse. Nach Koch ist sie im Spätherbst auf dem Bodensee 
nicht selten. Leu bekam ein junges Männchen vom Unterlech 
(Rain) am 28. Oktober 1856 und ein Exemplar der ehemaligen 
Herzoglich Leuchtenbergschen Sammlung in Eichstädt war 
auf dem Kauerlacher Weiher bei Burggriesbach in der Oberpfalz 
erlegt. Zuweilen erscheint sie am Untermain bei Aschaffenburg 
einzeln im Jugendkleide. 


304. LARUS FUSCUS L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 245 n. 478. — 
Verz. S. XCVLH. 


Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, X. S. 419. 
Taf. 267. 


Die Heringsmöve besucht uns im Herbst, Winter und Früh- 
jahr nicht selten meist im ersten Winterkleide Nur einmal am 
29. September 1875 bekam Leu ein Weibchen im Winterkleid 
von Ingolstadt, welches bereits den grauschwarzen Mantel, Kopf, 
Hals und Unterleib weils, am Kopf und Nacken zerstreute dunkle 


362 Ordnung VI. Natatores. Schwimmvögel. 


Flecken und .einen gelben Schnabel mit rotem Fleck an der 
Spitze der Unterkinnlade hatte. Auch Herr Eduard Tauber 
bemerkte bei Ochsenfurt am Main ungefähr 18 Stück Herings- 
möven mit schwarzen Mänteln. Die meisten der bei uns erlegten 
wurden im Oktober und November erobert, ein Stück am 28. Sep- 
tember 1878 bei Wunsiedel im Fichtelgebirge, ein junges Männ- 
chen am 19. Juli 1875 bei Lindau auf dem Bodensee. Nach 
Hofrat Dr. Meyer liefs sich am 28. Mai 1801 bei 20° Hitze und 
Nordostwind in unserer hessischen Nachbarschaft bei Hanau ein 
grolser Trupp auf einer kleinen Maininsel nieder, aus welchem 
ein Exemplar geschossen wurde. Ein Exemplar des zoologischen 
Museums in Würzburg wurde nach vorausgegangener sehr 
stürmischen Witterung bei Zellingen geschossen. 


- 305. LARUS MARINUS L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 245. n. 479. — 
Verz. S. XCVII. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, X. 8. 488. 
Taf. 268 und 269. 


Am 29. September 1877 wurde in der Gegend von Uffenheim 
in Mittelfranken eine junge Mantelmöve geschossen, welche sich 
seit dem 23. September auf einem beiläufig 1'!s Tagewerk grolsen, 
in der Nähe eines Waldes zwischen Langensteinach und Grols- 
harbach gelegenen Weiher einsam und allein aufhielt und gar 
nicht scheu war. Sie ging auf dem Felde neben ackernden 
Landleuten auf 30 Schritt einher, um Würmer, Engerlinge und 
Larven zu erhaschen, während sie auf dem Felde sitzend einen 
mit Schielsgewehr Bewaffneten höchstens bis auf 100 Schritt 
herankommen liefs. Im Wasser dagegen konnte man sie ganz 
ruhig betrachten und schien sie sich von demselben nicht erheben 
zu können, weil sie immer vor dem Abfliegen an das Ufer 
schwamm. Ihr Flug war dem eines grolsen Raubvogels ähnlich. 
Im Magen fanden sich zwei Carabus cancellatus und ein granu- 
latus, ein Geotrupes stercorarius, zwei Roggen- und sieben Weizen- 
körner, eine Menge schwarzbrauner und schwarzer Steinchen von 
Hanfkorn- bis Erbsengrölse und ein Backsteinbröckchen. Bisher 
wurden auf unseren Seen und Flüssen immer nur Jugendkleider 
der Mantelmöve im Spätherbst und Winter als grolse Seltenheit 
wahrgenommen und erlegt, so auf dem Bodensee im Winter 1829/30, 


32. Familie. Seeschwalben. 363 


auf den Seen bei Füssen (4. November 1864), auf dem Tegernsee, 
auf der Donau bei Rain (2. Februar 1875), bei Regensburg, auf 
der Nab bei Weiden und auf dem unterfränkischen Main. Im 
Spätherbst 1815 wurde nach Dietrich aus dem Winckell eine 
Mantelmöve im Gewande nach der zweiten Herbstmauser auf 
einem der höchsten Punkte der Rhön (Rolsbach bei Brückenau) 
auf dem Felde, woselbst sie sich, vom anhaltenden Fluge ent- 
kräftet, niederliels, von einem Bauer erschlagen. 


Genus 133: Sterna L. 


a) Weisse Seeschwalben mit ganzen Schwimmhäuten. 
306. STERNA CASPIA Pall. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 246, n. 480. — 
Verz. S. XCVL. = 
Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, X. 8. 18. 

Taf. 248. 

Von diesem höchst seltenen Irrling wurde im Herbst 1821 
ein junger Vogel auf dem Starnberger See und ein alter im Pracht- 
kleide am 10. August 1849 bei Kehlheim geschossen. Auch am 
Bodensee und am Main in Unterfranken soll die grolse See- 
schwalbe schon vorgekommen sein. 

(Nach J. Hellerer wurde dem Ausstopfer Korb in Mün- 
chen am 15. Dezember 1890 ein am Inn bei Wasserburg erlegtes 
Exemplar zum Ausstopfen gebracht. — R. Bl.) 


307. STERNA HIRUNDO L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 246. n. 481. — 

Verz. S. XCVIL. 
Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, X. S. 89. 

Taf. 252. 

Rheinschwalbe, Allebock (weil sie auf Alles, Menschen, Thiere 
und Nahrung bockt —= stölst). r 
Sie liebt klares, fischreiches Wasser, wie den Lech, die Iller, 
Wertach, Isar, Donau u. s. w., wenn es auch nicht tief ist. Eine 
Tiefe von vier Fuls genügt. Brütend findet sie sich in ver- 
schiedenen Gegenden auf Inseln unserer Seen, auf den Kiesinseln 
der genannten Flüsse, auf grasbewachsenen Flächen in der Meringer 
Au bei Augsburg, auf der Schiltdorfer Au unterhalb Passau. 
Einzelne Brutpaare sieht man selten, gewöhnlich nisten mehrere 


364 Ordnung VI. Natatores. Schwimmvögel. 


bis zu 20 Paaren beisammen, nachbarlich mit Larus ridibundus, 
Sterna amglica, Totanus calidris, Actitis hypoleucos, Aegialites minor 
und Vanellus cristatus. Gemein ist sie auf dem Memminger Riede, 
wo ihr Nest nicht nur wie das des Kiebitzes wohl versteckt 
zwischen den vom Rasen der Riednelke (Statice purpurea), des 
Knopf- ‚und Sumpfgrases (Schoenus nigricans et ferrugineus) ge- 
bildeten Hoppen, geschützt von den überhängenden Halmen des’ 
Knopfgrases, sondern auch in zufälligen Vertiefungen der Wiesen 
zunächst am Rande des Riedes steht. Auf den Kiesinseln liegen 
die 2 bis 3 Eier — mehr findet man nie — auf dem blolsen 
Sand und Kies. In Franken kenne ich keine Brutplätze der ge- 
meinen Seeschwalbe, doch sah ich in einer Sammlung zu Nürn- 
berg mehrere zarte Dunenjunge ausgestopft, die auf einer Sand- 
insel der Rednitz gefunden worden waren. In manchen Jahren 
werden verschiedene Inseln der rechtseitigen Donau-Zuflüsse über- 
schwemmt oder ganz fortgerissen, wodurch viele Bruten zu Grunde 
gehen. Der Lech z. B. ändert sein Bett häufig; es entstehen In- 
seln, während andere verschwinden, weshalb die Vögel mit ihren 
Nistplätzen oft zu wechseln gezwungen sind. Auf dem Zuge sieht 
man sie im ganzen Donau- und Maingebiet in den letzten Tagen 
des April und anfangs Mai und wieder von Ende Juni an den 
August hindurch paarweise oder in kleinen Flügen. 

Leu fand in Erlegten Fischlein, Käfer und Libellen. Ihr 
Fleisch wird heutzutage nicht mehr genossen, früher aber kam 
es sogar auf die Tafeln der Reichen. Bei einer Gasterei von 
47 Personen im Jahre 1561 im Fuggerschen Hause zu Augsburg 
finden sich auf dem höchst opulenten Küchenzettel aulser 1 Hirsch, 
1 Reh, 7 Spanferkeln, 6 Kälbern, 8 Lämmern, 4 Hämmeln, 
55 Kapaunen, 8 Hennen, 120 Hühnern, 23 Enten, 26 Gänsen, 
4 Pfauen, 2 alten und 4 jungen indianischen Hähnen, 66 Reb- 
hühnern, 134 Wachteln, 20 Grillen (Numenius argquata) auch 
2 Rheinschwalben. 


308. STERNA MINUTA L. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 246. n. 483. 
— Verz. $S. XCVI. 
Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, X 8. 145. 
Taf. 254. 
Die kleine Seeschwalbe brütet höchst wahrscheinlich auf den 
Lechinseln und den Donauschütten ober Ingolstadt, da in den 


32. Familie. Seeschwalben. 365 


Monaten Mai, Juni und Juli auf der Donau bei Bertoldsheim 
(von dem Grafen von der Mühle), bei Dillingen, Neuburg, am 
Lech bei Augsburg, an der Iller und Zusam bei Wertingen so 
vielfach alte Vögel erlegt worden sind, dafs man an ihrem Brüten 
nicht wohl zweifeln kann. Sonst wurde sie auf dem Zuge am 
Bodensee, bei Regensburg, unterhalb Passau in der Stadtau, auf 
den Teichen Oberfrankens, der Oberpfalz und am unterfränkischen 
Main geschossen. Förster Jägerhuber in Arberg sah sie am 
30. April und 6. Mai 1861 auf Weihern dortiger Gegend, ich selbst 
auf dem grofsen Moorweiher und ein auf dem grolsen Bischofs- 
weiher bei Erlangen-Dechsendorf erlegtes Exemplar in der kleinen 


Sammlung eines meiner Kollegen. 

Sterna cantiaca Gm. L. Nach Schrank und auf dessen Autorität hin 
auch nach Koch ist die Brandseeschwalbe bei Neuburg a. Donau, nach Land- 
beck ebenda und auf dem Bodensee, nach Anderen auch auf dem Unter- 
main vorgekommen, was durch das Zeugnis des Prof. E. A. Göldlin (Ver- 
zeichnis der im Kanton Schaffhausen vorkommenden Vögel im Journal für 
Ornithologie von Dr. Cabanis 1879 S. 383) teilweise Bestätigung durch die 
Anführung zu erhalten scheint, dafs Sterna cantiaca, leicht kenntlich an dem 
schwarzen Schnabel mit gelber Spitze, fast jährlich am Bodensee und resp. 
Untersee zu finden sei: Gleichwohl habe ich gewichtige Bedenken gegen die 
Aufnahme dieser Seeschwalbe in die bayerische Fauna. Schranks kurze Be- 
schreibung seiner Sierna columbina —= cantiaca Gm.: »Weils; am Innenwinkel 
des Auges ein Fleck, ein Fleck auf dem Kopfe und der Schnabel schwarz; 
nicht gröfser als eine Turteltaube« pafst besser auf St. anglica, als auf cantiaca. 
Erstere wird Schrank in Händen gehabt haben. Koch gibt allerdings die 
unverkennbare Beschreibung der cantiaca: »Der Scheitel schwarz, der weilse 
Schwanz sehr gabelförmig, der Schnabel schwarz, an der Spitze gelb; Augen- 
stern braun, Füfse schwarz, die Unterseite der Schwimmhaut ockergelb. 18”, 
er hat aber den Vogel nirgends selbst angetroffen und kannte ihn, wie er 
ausdrücklich erwähnt, nur aus den Beschreibungen. Ich habe selbst vor Jahren 
von einem sonst erfahrenen Kenner eine St. anglica als cantiaca und bayerischen 
Durchzugsvogel zur Beschwichtigung meiner Zweifel zugeschickt erhalten. Beide 
Vögel, ziemlich grofs und ähnlich gefärbt, können auch leicht von Unkundigen 
verwechselt werden. Naumann führt in der Synonymik bei St. cantiaca 
Schranks St. columbina der Fauna boica I. pg. 232. n. 215 und Kochs 
St. cantiaca L. in dessen bayerischer Zoologie I. S. 365. n. 227 an, sagt aber 
in der weiteren Abhandlung im Kapitel über den Aufenthalt, dafs nie eine 
Brandseeschwalbe in das Innere von Deutschland verschlagen worden und hier 
vorgekommen sei. Dem Professor Dr. Altum sind zwei Fälle ihres Vor- 
kommens für die Umgebung von Münster in Westphalen bekannt geworden, 
der letzte 1860, wo im Sommer eine solche Seeschwalbe auf der Ems ge- 
schossen wurde. Unmöglich ist es sonach nicht, dafs auch einzelne Exem- 
 plare den Rhein herauf schon auf den Bodensee und die Donau sich verflogen 
haben, dafs dies aber fast jährlich geschehen soll, das erregt gerechte Be- 
denken. 


366 Ordnung VI. Natatores. . Schwimmvögel. 


309. STERNA ANGLICA Montag. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 247. n. 486. — 
Verz. S. XCVII. 
Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, X. S. 38. Taf. 249. 


Die Lachseeschwalbe ist nach Altum für Deutschland nur 
als nicht häufiger Irrgast anzusehen, in Wirklichkeit aber bei uns 
ein gemeiner Sommervogel, dessen Brüteplätze südlich der Donau 
liegen. Dem Flufsgebiete der Isar, des Lech und der Wertach 
angehörig, wurde sie von Professor Dr. Wagler im Jahre 1827 
in Bayern entdeckt und in Jakob Sturms Deutschlands Fauna, 
II. Abtheilung, bearbeitet von F. und J. W. Sturm, 3. Heft. 
Nürnberg 1334, beschrieben. Da diese Fauna mit dem 3. Heft 
aufgehört hat, nicht in den Buchhandel gekommen und gewils 
nur in sehr wenigen Händen ist, so dürfte eine wortgetreue Wieder- 
gabe der Waglerschen Abhandlung von Interesse sein. Hier 
ist sie. | 

Die Lachseeschwalbe. 


Sterna anglica. Montagu. 
Sterna anglica Montagu. Temm. Man. d’Ornith. II. p. 744. — Sterna Aranea. 
Wils. Americ. Ornith. VII. t. 72. fig. 6. — Sterna risoria Brehm. Natur- 
geschichte der europ. Vögel II. S. 862. — Dessen Beitr. zur Vogelk. II. S. 650. 
— Ders. Sterna Schilling in Cuv. Thierr. übers. v. Schinz. 

_Der Schnabel, die Fülse mit Einschlufs der Krallen, sowie 
die ganze obere Kopfseite mit dem Nacken schwarz; Unterseite 
des Körpers weils, seine Oberseite silbergrau. 

Von der weilsgrauen Seeschwalbe (Sterna cantiaca Linn.) 
unterscheidet sich die Lachseeschwalbe augenblicklich durch ihren 
kürzeren dickeren !), an der Spitze nicht gelben Schnabel, sowie 
durch ihren weniger gespaltenen Schwanz. 

Männchen und Weibchen im Frühlingskleide. Der 
Schnabel dunkelschwarz, am Rande des Kinnwinkels bisweilen 
mit einem durchschimmernden dunkelcochenilleröten oder po- 
meranzenfärbigen Saume; der Augenstern schwärzlichbraun. Die 
Fülse schwarz mit noch schwärzeren Krallen, die Unterseite der 
Zehen mehr oder weniger cochenillerot oder pomeranzenfärbig 
schimmernd; die ganze obere Kopfseite mit Ausschluls des Nackens 
tief schwarz, etwas glänzend; die Nackenfedern etwas lang, ohne 


») In Folge dieses dicken Schnabels: bildet Fr. Boie aus ihr mit Sterna 
caspica und cantiaca die besondere Sippe: Thalasseus. (8. Isis 1822. S. 563.) 


32. Familie. Seeschwalben. 367 


jedoch eine eigentliche Haube zu bilden; ein unterer Randstreif 
der Zügel, die Wangen, unteren Flügeldeckfedern, der Flügel- 
rand und die ganze Unterseite des Körpers vom reinsten Weils; 
Genick, die ganze Rücken- und obere Flügel- und Schwanzseite 
hellsilbergrau,; der Schaft der Schwung- und Schwanzfedern weils; 
jene werden gegen die Spitze hin aschgräulich, sind innen und 
aulsen längs des Schaftes blals aschgrau, silbergrau schimmernd, 
nach innen weilslich; unten ist der gabelförmige Schwanz ganz 
weils; Rachen und Zunge fleischfarb-pomeranzenfärbig. 


Herbstkleid. Dem Vogel im Frühlingskleide ähnlich, mit 
Ausnahme der Befiederung des Kopfes. Oberkopf und Nacken 
sind hier nämlich weils, mit dunklerem Federanfluge und dunkeln 
Schäften einiger Federn; vor und hinter den Augen ein schwarzer 
Fleck; der vordere ist von fast halbmondförmiger Gestalt. 


Frühestes Jugendkleid. Dem Larus ridibundus in 
‚diesem Kleide sehr ähnlich. Alle untern Teile reinweils. Die 
Flügel oben silbergrau; die Federn des Scheitels, des Rückens, 
sowie die Scapularfedern aschgraubraun mit blafsbräunlichem 
Saum; die Schwanzfedern blofs silbergrau, unten weils, die mittlern 
mit bräunlichweilsem schmalen Endsaume, dem eine etwas dunkle 
Stelle vorangeht. Am vordern Augenrand ein schwärzlicher Fleck. 
Der Schnabel dunkelbräunlich; die äufserste Spitze, sowie der 
Unterkiefer gegen seinen Grund hin schmutzig gelblich. Die 
Fülse bräunlich mit orangegelben Stellen zwischen und auf den 
Zehen; Fulswurzel hinten gelblich überlaufen. Iris dunkelgrau- 
braun. Die Krallen bräunlich, mit schmalem gelblichen Saum; 
eine oder die untere (andere?) bisweilen gelblichweils. Die Fuls- 
wurzel gegen das Schienbein hin stark aufgetrieben, ebenso das 
Fersengelenk. Der Schwanz am Ende seicht ausgerandet. 


Flaumkleid. In diesem Kleide ist diese Seeschwalbe 
äulserst niedlich. Kopf, Hals, Flügel und Rücken sind hell- 
bräunlich, der Länge nach mit schwarzen Fleckenstreifen pardel- 
artig besetzt. Diese Fleckenstreifen sind allenthalben gleich weit 
von einander entfernt. Die ganze Unterseite des Körpers bedeckt 
ein äulserst feiner weilser Flaum, der nur an der Kehle durch 
einen bisweilen bandförmigen, schwärzlichen Anflug mehr oder 
weniger getrübt erscheint. Besonders bei den Männchen glaube 
ich diesen schwärzlichen Anflug auf der Kehle beobachtet zu 
haben. Der Schnabel ist kurz, gelblich, oben gegen die Stirne 


368 Ordnung VI. Natatores. Schwimmvögel. 


hin hornbräunlich überlaufen, an der Spitze weilslich; die Fülse 
mit Einschlufs der Krallen sind schmutziggelb; die Iris graubraun, 
die Pupille mattschwarz. 

Länge des alten Vogels von der Spitze des Schnabels bis 
ans Ende der äulsersten Schwanzfeder 15" (Pariser Maals), des 
Flügels 12”, der äulsersten Schwanzfeder 5”, des Schnabels vom 
Mundwinkel zur Spitze 2" 1"', der Fufswurzel 13!'". — Es 
gibt Stücke, die etwas grölser sind, als das hier ausgemessene. 
Auch wechselt der Schnabel in Dicke und Länge. 

Die Lachseeschwalbe bewohnt die neue und alte Welt, und 
zwar in Europa die südöstlich gelegenen Länder. In Afrika hat 
man sie in Nubien wahrgenommen und in Amerika ist sie in 
Brasilien an Sümpfen und Flüssen, in den Vereinigten Staaten 
an ähnlichen Stellen beobachtet worden.!) Das mittägige Frank- 
reich ist wohl die südlichste, die Insel Rügen die nördlichste 
Stelle, an welcher man sie bis jetzt in Europa angetroffen hat. 
In Ungarn bewohnt sie den Neusiedler- und Plattenersee in grolser 
Anzahl; an Englands Küsten erscheint sie dagegen nur selten. 
Im Jahre 1827?) hatte ich das Glück, diese Seeschwalbe in Bayern 
zu entdecken und in den darauffolgenden Jahren nachstehende 
Beobachtungen über ihre Sitten anzustellen. 

Sie gehört zu denjenigen Gattungen, welche, wie die Lach- 
möve, nur selten am Meeresufer leben und insgemein See- und 
Flulsufer bewohnen. Sie wandert in Gesellschaften von 40 bis 
100 Stücken und scheint überall ein Wandervogel zu sein. Gegen 
Mitte April, wenn die Witterung gelinde ist, oder zu Anfang des 
Monats Mai kommt sie gewöhnlich noch vor der gemeinen See- 
schwalbe (Sterna hirundo) bei uns (in der Nähe Münchens und 
Augsburgs) an und lälst sich an den flachen und steinigen Ufern 
der Isar und des Lechs nieder. Hier übernachten sie oft ziemlich 
dicht an einander gereiht, oft mehr oder weniger von einander 
entfernt. Sobald der erste Strahl der Sonne die Fläche des 
Wassers berührt, erhebt sich die kleine Schaar geräuschlos in die 
Lüfte. Unter verschiedenen, sehr leichten Schwenkungen treiben 
sie sich so lange in bedeutender Höhe umher, bis sie eine Stelle 
ausfindig gemacht haben, welche ihnen Nahrung zu versprechen 


) Die mir von daher zugekommenen Lachseeschwalben sind unsern 
europäischen durchaus ähnlich. 

2) Vor dieser Entdeckung habe ich eine kurze Nachricht in der Isis vom 
Jahre 1828. S. 1143 gegeben. 


32. Familie. Seeschwalben. . £ 369 


scheint. Willkommen ist ihnen so der ackernde Landmann, hinter 
dessen Pfiuge sie sich. dicht auf die aufgewühlte Erde mit sanftem 
Flügelschlage gegen die Larven der Maikäfer und gegen Insekten 
herabstürzen. So schwärmen sie den Tag über auf allen Äckern 
umher, welche der Landmann pflügt, und von Furche zu Furche 
führt sie ihre Lüsternheit nach dem fetten Gerichte. Bisweilen 
sah ich sie da, unserem Turmfalken ähnlich, über dem Gegen- 
stande der Nahrung minutenlange mit rüttelnden Flügeln schweben 
und dann urplötzlich auf die wohl soeben ganz unter der Erd- 
scholle hervorgekrochene Käferlarve herabstürzen und sie ergreifen. 
So wenig als der Krähe ist ihnen der Landmann ein Gegenstand 
der Furcht; denn fast vor seinen Fülsen schnappen sie die zum 
, Vorschein gekommene Nahrung hinweg; dagegen erschreckt sie 
die Nähe des Jägers, den sie schon in weiter Ferne erkennen, 
und es hat mir deshalb auch nie recht gelingen wollen, ihrer in 
der Nähe des ackernden Landmanns habhaft zu werden. Doch 
halfen mir bald zwei Mittel, sie zum Schusse zu bringen. Das 
eine war ihre Neugierde, das andere ihre Liebe für ihres Gleichen. 
Wohl unterrichtet, wo und wie sich der Haufe vom Ufer der Isar 
erheben und auf die Felder begeben würde, erwartete .ich auf 
diesen ihre Ankunft bald nach Aufgang der Sonne. Hinter einem 
Erdhaufen oder im Gebüsche verborgen war ein von mir in die 
Höhe geschleuderter, mit Blei beschwerter Balg einer Seeschwalbe 
hinreichend, den Blick dieser scharfsehenden, aus grauer Ferne 
heranwogenden Vögel auf sich zu ziehen. Arglos und keine 
Gefahr ahnend besichtigten sie den herabgefallenen Balg. Zer- 
schmetterte mein sie begrüfsender Schuls nur den Flügel von 
einer ihrer Gesellschaft, dann konnte ich ziemlich sicher sein, 
den grölsten Teil dieser in meine Gewalt zu bekommen. Je mehr 
fielen, und je mehr Verwundete von ihnen sich auf dem Felde 
mühsam fortschleppten, desto kühner und verwegener wurden 
sie, die Gefallenen und Verwundeten zu schützen. Doch wagten 
sie es nicht, wie einige andere Seeschwalben, auf den Schützen 
ganz herabzustürzen, sondern sie hielten von mir immer in einiger, 
doch solcher Entfernung, dafs sie mein Blei erreichen konnte. 
Endlich, wenn sich die Schaar zu mächtig verringert sah, ent- 
fernte sich von den Übriggebliebenen stillschweigend eine nach 
der andern und nur selten kam es einer in den Sinn, noch ein- 
mal umzukehren. In diesem Falle war jedoch die Ausdauer auf 
dem’Kampfplatze nur kurz und der Fall eines Kameraden spornte 
Jäckel, Die Vögel Bayerns. 24 


370 Ordnung VI. Natatores. Schwimmvögel. 


sie eiligst zum abermaligen Rückzuge an. Andere wendeten auf 
der Hälfte des Weges schon wieder um, indem sie sich unter 
dieser Zeit wohl eines Besseren besinnen mochten. Während ihrer 
Niederlage lielsen sie dieselbe Stimme, nur häufiger und heftiger 
ausgestolsen, erschallen, welche man sonst in ungestörter Ruhe 
von ihnen vernimmt. Diese ist bisweilen dem Lachen eines 
Menschen ähnlich und klingt besonders in einiger Entfernung 
ziemlich melodisch. Immer aber hört man dazwischen einzelne 
Töne, die wie Qwi—wick — Qui—wick klingen. Von der kräch- 
zenden Stimme der gemeinen Seeschwalbe entfernt sie sich da- 
durch gänzlich, sowie von der der Sterna cantiaca, welche sehr 
deutlich pi—rö—itt, pi—rö—itt schreit. — Der Flug ist aus- 
gezeichnet schön, nicht besonders schnell, wenn der Vogel Gefahr 
vermuthet, ziemlich hoch, aulserdem etwas nieder, leicht, schwim- 
mend und anhaltend. Ich sah sie nur an den Ufern der Isar, 
nie auf dem Felde sitzen. Hier steigen sie während der Brüte- 
zeit, in ihrer Haltung wie die Lachmöven, mit etwas eingezogenem 
Halse auf den kleinen, aus zusammengeschwemmten Steinen ge- 
bildeten Inseln umher oder sie ruhen mit steif stehenden Beinen, 
etwas eingezogenem Halse und wagrecht gestelltem Rumpfe. 
Wenn der Landmann die Felder bestellt hat, dann streifen sie 
in sehr kleinen Gesellschaften, paarweise oder einzeln allenthalben 
umher und ich habe sie zu dieser Zeit auf Mösern und in der 
Nähe von Feldhölzern beobachtet und geschossen. — Ihre Nahrung 
besteht dann aulser in Insekten und in deren Larven vorzüglich 
in Grillen und Heuschrecken, in jungen und alten Eidechsen, 
sowie in Fröschen und jungen Feldmäusen. Fische fand ich nie 
in ihrem Schlunde oder Magen. Gegen Ende des Monats Mai 
regt sich in ihnen der Begattungstrieb, sie verlassen die vom 
Wasser zu weit entfernten Orte und rotten sich auf den oben 
genannten Steininseln der Isar und des Lechs mit den gemeinen 
Seeschwalben zusammen, um mit diesen gemeinschaftlich zu 
nisten. Das Nest besteht in einer blolsen, seichten Vertiefung 
in dem Boden, mit wenig Geniste als Unterlage für die Eier. 
Ich fand darin drei, seltener vier schmutzig gelbgrünliche oder 
lettengelbe schwärzlichbraun oder dunkelbraun gefleckte, denen 
des Kiebitzes ähnliche und ihnen an Grölse fast gleichkommende 
Eier, welche von den Eltern mit grolser Sorgfalt ausgebrütet ') 


ı) Der Magen dieser Lachseeschwalbe ist grofs und liegt sehr tief; ein 
Beweis mehr, dafs die Beschaffenheit und Lage dieses Organs beim Kuckuck 


32, Familie. Seeschwalben. 371 


und beschützt werden. Dieser Schutz wird den Eiern und Jungen 
auch durch die gemeinen Seeschwalben, die anderseits wieder die 
Lachseeschwalben zu ihren Verteidigern haben. Wie lange die 
Alten über den Eiern sitzen, ist mir unbekannt. Während 
der Brütezeit schwärmen die Alten nach Nahrung für die Jungen 
einzeln allenthalben umher und bald, nachdem diese flügge sind, 
rottet sich mit ihnen der ganze Schwarm der Umgegend zu- 
sammen und zieht wieder südlich. Dies geschieht bei uns gegen 


den August hin. — An der Ostsee erscheint die Lachseeschwalbe 
im Mai, aber schon anfangs August verlälst sie sie wieder. 
Wagler. 


Die oben allegierte kurze Nachricht in der Isis 1828. S. 1143 
lautet im Auszuge: St. anglica. Im Mai des verflossenen Jahres, 
sowie heuer zu derselben Zeit schols ich mehrere Exemplare 
dieses schönen Vogels auf einem kleinen Moose unweit München. 
Sie streicht über Kornfelder und Wiesen hin, nährt sich von 
Larven der Maikäfer, von Heuschrecken, Grillen, Coceinellen, 
welche sie von den Spitzen des Getreides im Fluge abstreift. Sie 
kam, wenn ich rotfülsige Sumpfläufer (Totanus calidris) geschossen 
hatte, durch den Knall meines Gewehres angelockt, neugierig 
herbeigeflogen, um zu sehen, ob es etwas für sie absetze, was 
ihr dann gewöhnlich den Tod brachte; denn aulserdem war sie 
scheu. Schon auf einem über hundert Jahre alten Thierstücke 
eines bayerischen Künstlers, welches in der hiesigen Gemälde- 
gallerie aufbewahrt wird, ist dieser Vogel trefflich abgebildet. 

Dr. Hahn führt an, dals St. anglica Ende der zwanziger 
Jahre öfters bei München auf dem Moosacher Moose erlegt wurde, 
Dr. J. A. Wagner (Handbuch der Naturgeschichte I. 1837. 
S. 132), dafs sie mitunter nicht selten im englischen Garten bei 
München sei, Dr. J. Gistl, dals er. und der Herzog August 
von Leuchtenberg am 11. Mai 1830 unweit München 116 (l!) 
Stücke geschossen, und Graf von der Mühle, dals sie auf den 
Kiesbänken der Isar unterhalb München bei Ismaning brüte. 
Seit Mitte der vierziger Jahre ist sie nach Leu auf dem Lech 
und der Wertach sehr häufig. Die Inseln, auf denen sie dort 
brütet, sind immer von Wasser umgeben, welches wenigstens so 


nicht Ursache sein kann, dafs er seine Eier nicht selbst bebrütet. Hier liegt 
offenbar keine körperliche, sondern eine psychische, mit der Lebensweise des 
Kuckucks bedungene, wohl schwer zu ergründende Ursache. zu Grunde. 

24* 


372 Ordnung VI. Natatores. Schwimmvögel. 


tief sein muls, dafs man nicht durchwaten, sondern höchstens 
hinschwimmen kann. Niemals wird man Nester auf einer Insel 
finden, zu der man zu Fuls hingelangen kann. Die Vögel 
scheinen dies vortrefflich zu unterscheiden und sich dadurch vor 
unangenehmen Besuchen thunlichst zu sichern. Ihre Eier legen 
sie auf den blolsen Sand oder Kies ohne Vertiefung; nur um 
den Rand des Nestes sind einige wenige, dürre, von Wasser an- 
geschwemmte Halme gelegt, aber so unbedeutend, dafs der Rand 
kaum erhöht, das Nest also dem Boden ziemlich gleich ist. Oft 
liegen die 2 bis 3 Eier auf dem blolsen Kies ohne alle Vor- 
bereitung. Ein Freund Leus, Chirurg Baumeister in Diedorf, 
sammelte in fünf Jahren 565, Leu selbst 131 Eier. Ende Mai 
haben sie gewöhnlich ihre volle Eierzahl, oft trifft man aber noch 
Ende Juni Eier am Auskriechen und zarte Dunenjunge und Mitte 
Juli Junge im Halbflaumkleide. Hinter dem Pfluge, wie Wagler 
angibt, sah sie Leu nie herlaufen, so viele Hunderte er auch 
sah, und wenn auch einmal eine oder mehrere auf einem frisch 
gepflügten Acker gingen, so war das doch nicht häufig und der 
Landmann mulste weit davon sein, sonst rissen sie aus. Sie 
gehen nicht wie die Krähen hinter dem Pfluge, sondern sind viel 
vorsichtiger, behauptet mein völlig zuverläfsiger Gewährsmann 
im Widerspruch mit. Wagler und mit Naumann, der des 
Ersteren oben abgedruckte Abhandlung nicht gekannt hat, aber 
ebenfalls anführt, dafs sie bei unfreundlichem Wetter auf nahen 
Äckern dem Pfluge folgt und sich teils fliegend, teils laufend mit 
dem Auflesen der in den Furchen liegenden Regenwürmer und 
Käferlarven beschäftigt. Mich würde es wundern, wenn diese 
interessante Seeschwalbe durch die intensiven Verfolgungen ver- 
anlalst, welche sie seit ihrer Entdeckung in Bayern durch Ornitho- 
logen erfahren hat, ihre Gepflogenheiten in keinem Stücke 
modifiziert hätte. 

Um ornithologische Exkursionen auf dem Lech auszuführen, 
liefsen Leu und seine Freunde, der erwähnte Chirurg Bau- 
meister und die Kaufleute Friedr. Gscheidlen und Tischer, 
‚einen Kahn von Augsburg, später von Prütriching aus auf einem 
Wagen bis Stadelhof führen, setzten den Kahn dort in den Fluls 
und fuhren mit einem Kahnführer flulsabwärts bis auf den Ab- 
lafs, eine Strecke von sechs Stunden, um alle Inseln des Lech 
zu besuchen, die gefiederten Bewohner kennen zu lernen, alte 
und junge Vögel zu schielsen und Eier zu sammeln. Anfangs 


32. Familie. Seeschwalben. 373 


der fünfziger Jahre waren zur Zeit, als die Brütezeit schon be- 
gonnen, auf dem Lech und der Wertach bedeutende Hochwasser, 
die Alles überschwemmten, weshalb nur sehr wenige Seeschwalben 
beobachtet wurden. Das Jahr 1853 war besonders arm an solchen 
Vögeln, wenigstens in der Nähe Augsburgs, woran die Uferbauten 
zur Eindämmung des Lech und die vielen dabei beschäftigten 
Arbeiter Schuld sein mochten. 


-1855. 


1857. 
1859. 
1860. 
1861. 


1863. 


Ende Mai und anfangs Juni befand sich eine Brutkolonie 
von 40 bis 50 Paaren auf einer Insel bei Gersthofen. 
Das Wasser um dieselbe war zu tief und "reilsend und 
konnte man nicht zur Insel gelangen. Auf einen Schuls 
erhob sich die ganze Gesellschaft laut schreiend hoch in die 
Luft. Im nächsten Jahre, 1856, wo man wegen des niederen 
Wasserstandes leicht nach der Insel hinüberwaten konnte, 
nisteten sie nicht dort, sondern siedelten sich viel weiter 
unten am Lech gegen Langweid zu an. Am 2. Juni wurde 
ein Weibchen erlegt mit erbsengrolsen Eierchen am Eier- 
stocke, am 2. Juli fünf lebende Junge im Flaumkleid auf 
einer Insel der Meringer Au, am 4. Juli wieder zwei Dunen- 
junge gefangen, ein altes Weibchen geschossen und am 
21. Juli zwei noch nicht flugbare, von einer Insel fort- 
geschwemmte Junge lebendig aufgefischt. 

28. Mai. Auf einer Insel oberhalb Siebenbrunnen brüteten 
viele Lachseeschwalben in Gesellschaft mit Sterna hirundo. 
In zwei Stunden wurden 120 verschiedene Eier, wovon 
die grölsere Hälfte der Sterna anglica angehörte, der andere 
Teil von der gemeinen Flulsseeschwalbe, vom Kiebitz und 
Rotschenkel (Tot. calidrıs) war, gesammelt. 

2. Juni. Viele Lachseeschwalben auf den Inseln in der 
Meringer Au. 

2. Juni. Gefunden wurden 49 frische St. anglica-Eier. Die 
Gelege waren oft noch nicht komplet. An andern Stellen 
waren die Inseln überschwemmt gewesen und wurden die 
Eier teils weggeschwemmt, teils mit Schlamm überzogen. 
27. Mai. Gefunden wurden 91 Anglica-Eier. Am 23. Juni 
wieder viele Eier auf den Inseln, bereits etwas angebrütet, 
weshalb sie liegen gelassen wurden. Einige frisch aus- 


'gekrochene Junge wurden angetroffen. 


2. Juni. Viele Eier; am 14. Juli zwei Junge mit hervor- 
sprolsenden Federn an Flügeln und Schwanz gefangen. 


374 Ordnung VI. Natatores. Schwimmvögel. 


1364. 28. Mai. Mehrere Eier gefunden. 

1866. 19. Mai. Viele Eier. 

1867. 1. Juni. Viele unbebrütete Eier. 23. Juli. Zwei alte 
Männchen in beginnender Mauser zum Winterkleid erlegt. 
Auf der Kopfplatte einzelne weilse Federn, auf dem Rücken 
einzelne neue. 

1868. 28. Mai. Viele Vögel. Eier wurden wegen Überflusses 
für den eigenen Bedarf und Tausch von den Herren nicht 
mehr gesammelt. 

Auf dem’ Zuge kommt die Lachseeschwalbe auf den Boden- 
see, Tegernsee, Wörthsee und auch, doch sehr selten, auf die 
fränkischen Gewässer. Der k. Oberförster W. Donle schols sie 
auf dem Main zwischen Aschaffenburg und Obernau; ich erhielt 
ein herrliches altes Männchen im Hochzeitkleide, welches im 
Sommer 1848 auf dem Felde bei Wonsees in Oberfranken erlegt 
worden war. 

Leu fand im Schlund und Magen der von ihm präparierten 
Exemplare selten Fische, niemals Vögel oder deren Eier, dagegen 
gewöhnlich Eidechsen, einmal Lacerta crocea, Frösche, Mäuse, 
Libellen und viele Maikäfer; von letzteren war oftmals der ganze 
Magen angefüllt. Gistl konstatierte als Nahrungsgegenstand den 
Abax parallelus. 


b) Graue Seeschwalben, mit halben Schwimmhäuten. 
310. STERNA HYBRIDA Pall. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 248. n. 487. — 
Verz. S. XCVII. 
Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, S. 168. Taf. 255. 


Diese reizende Seeschwalbe ist auf dem Zuge in Deutschland 
nur an sehr wenigen Orten, in Norddeutschland als grolse Selten- 
heit nur einige Male, in Süddeutschland nach Naumann noch 
gar nicht beobachtet worden. Sie kommt jedoch auf die in 
weitem Umkreise teils mit Wald, teils mit Sumpfwiesen und 
spärlichem Feldbau umgebenen, eine grolsartige, einsame Wasser- 
fläche bildenden und das verschiedenartigste Sumpf- und Wasser- 
geflügel anziehenden Moorweiher, Bezirksamts Höchstadt a. A. in 
Oberfranken fast alljährlich auf dem Frühjahrstrich und brütet 
sogar in manchen Jahren auf diesen Weihern. Ich‘ habe sie 
dort vielfach beobachtet, alte und junge Vögel, und ein einziges 


32. Familie. Seeschwalben. 37 


Ei erhalten, wobei ich bemerke, dafs ich von letzteren aus dem 
Grunde nicht mehr wegnehmen liels, um die seltenen Vögel der 
Gegend zu erhalten. Am 8. Juli 1854 hielten sich fünf prächtige 
wei/sbärtige Seeschwalben im reinsten Hochzeitskleide fast den 
ganzen Nachmittag hinter dem Freiherrlich v. Crailsheimschen 
Schlosse Neuhaus auf dem grolsen Angerweiher auf und lielsen 
sich, da sie bei strömendem Regen lange Zeit auf den Blättern 
einer grolsen Partie weilser Seerosen, die Brust dem heftigen 
Winde und Unwetter zugekehrt, unbehaglich mit eingezogenen 
Köpfen oder zwischen die Schulterfedern gesteckten Schnäbeln 
dasalsen und nur manchmal einen kurzen Flug vollführten, mit 
Mulse betrachten. An ihrer im Verhältnis zur schwarzen See- 
schwalbe bedeutenderen Grölse, an den bis in den Nacken 
reichenden, tiefschwarzen Kopfplatten, an den charakteristischen 
weilsen Bärten, den blutroten Schnäbeln und ihrer selten aus- 
gestolsenen, wie: »Tschräb, tschräb« lautenden Stimme waren 
diese sämtlich alten Vögel unmöglich zu verkennen und auch im 
Fluge hätten sie nur von einem Anfänger mit Sterna nigra ver- 
wechselt werden können. Am 22. Juli strich eine einzelne über 
dem grolsen Moorweiher umher, und am 3. August fand ich 
seitlich an einem Binsenwalde im Strittweiher bei Biengarten das 
Nest, von dessen drei Eiern ich am 10. August ein einziges 
wegnehmen lieis. Die ihnen gelassenen beiden Eier bebrütete 
wechselsweise das Männchen und Weibchen; beide fütterten auch 
gemeinschaftlich acht Tage lang die Jungen, bis das Weibchen 
wahrscheinlich durch einen Raubvogel verunglückt war, worauf 
das Männchen die Pflege der Jungen bis zum 26. August mit 
grölster Sorgfalt fortsetzte, an welchem Tage ich das Nest leer, 
_ die Jungen geraubt und den Vater derselben, reichliche Nahrung 
im Schnabel tragend, noch längere Zeit an der Unglücksstätte 
verweilen, endlich hoch in die Luft aufsteigen und klagend von 
dannen ziehen sah. Zuvor flatterte das Männchen in bedeutender 
Höhe und respektvoller Entfernung angstvoll schreiend über einem 
Lerchenfalken, welcher die Teiche abrevierte und wahrscheinlich 
Mutter und Kinder geraubt hatte. Selbst die Hirten und Bauern- 
schützen erkannten diese Seeschwalben als verschieden von der 
dort gemeinen Sterna nigra und nannten sie »fremde Scheergeier«. 
Nachstehend Auszüge aus meinen Tagebüchern: 
1855. 14. Mai. . Eine weilsbärtige Seeschwalbe auf dem grolsen 
Strittweiher gesehen: 


376 . 


1857. 


1858. 


Ordnung VI. Natatores. Schwimmvögel. 


11. Juni. Ein sehr schönes altes Weibchen auf dem Stritt- 
weiher geschossen. Am Eierstrock 3 bis 4 mm grolse 
Eierchen. 

27. Mai. Ein Paar fliegt mit einem Schwarm schwarzer 
Seeschwalben über dem Strittweiher und lälst sich mit 


‘ denselben an einem grolsen Binsenfeld auf dem in voller 


1858. 


1859. 


1861. 
1862. 


1863 
1866 


1367 
1870, 


Blüte stehenden, ganze Weiherstrecken bedeckenden 
Froschkraut (Ranumculus aquatılıs) nieder. Ein herrlicher 
Anblick. 

5. Juni. Drei Paare schwärmen auf dem Strittweiher mit 
schwarzen und weilsschwingigen Seeschwalben umher. Tags 
darauf sind nur noch drei Stück vorhanden und am 
26. Juni eine einzelne auf dem grolsen Moorweiher. 

25. Mai. Eine einzelne auf dem Blätterweiher unter 
schwarzen Seeschwalben. 

19. Mai. Über dem grolsen Moorweiher fliegen drei Stücke. 
6. Mai. Ebenda drei Stücke, von denen ein Paar geblieben 
ist und auf dem Moorweiher gebrütet hat. 

und 1864 kamen weilsbärtige Seeschwalben nicht auf die 
Weiher. 

zogen mehrere Exemplare durch. 

liefs sich im Mai ein Paar sehen, brütete aber nicht. 
1871 und 1875 zogen einzelne oder kleine Gesellschaften 
durch. | 


Am 27. Mai 1858 sah Dr. Fr. Sturm vier Stücke auf dem 
Dutzendteich bei Nürnberg und Leu an demselben Tage des 
Jahres 1863 bei Augsburg einen Zug von 20 Stücken. Nach 
Landbeck kommt sie aus Ungarn, die Donau heraufwandernd, 
sehr selten auf den Bodensee. 

In den Mägen erlegter fand ich verschiedene Libellen und 
viele Rückenschwimmer (Notonecta glauca). 


311. STERNA LEUCOPTERA Meissner und Schinz. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S.248. n. 487. — 
Verz. S. XCVII. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, X. S. 215. 
Taf. 257, 


Die wei/sschwingige Seeschwalbe soll sich nach Angabe der 
namhaftesten Autoren nur selten nach Deutschland verirren, wird 


32. Familie. Seeschwalben. 377 


aber in Bayern nicht blols fast regelmälsig auf dem Frühjahr- 
striche in kleinen Flügen da und dort beobachtet, sondern brütet 
sogar an besonders geeigneten Örtlichkeiten in einzelnen Paaren. 
Meine und meines Freundes Leu Tagebücher enthalten hierüber 
Folgendes: 


1854. 


1855. 


1856. 


1857. 


1858. 


1859 


1860 
1861 


17. Mai. In den Moorweihern schwärmen unter schwarzen 
Seeschwalben 25 bis 30 weilsschwingige in Gesellschaften 
von drei bis acht Stücken über allen Weihern, setzen sich 
auf die Dämme und gewähren in ihren Hochzeitskleidern 
fliegend wie sitzend einen reizend schönen Anblick. 

Am 25. Mai kreisen ebendaselbst bei herrlichem Wetter 
acht Stücke in sehr hoher Luft, leicht kenntlich an ihren 
tiefschwarzen unteren Flügeldeckfedern, unter schwarzen 
Artverwandten, kommen auf kurze Zeit auf die Weiher 
herab und sind am nächsten Tage verschwunden. 

Zwei Stücke, wahrscheinlich ein gepaartes Paar, zogen 
Ende Mai durch die Weiher. 

20. Juni. Von drei Paaren, welche an diesem Tage die 
Weiher durchstreiften, wurde ein altes Weibchen, mit 
einzelnen schwarzen Federchen in den weilsen Achselpartien 
und sehr wenig entwickeltem Eierstocke, geschossen. 

5. Juni. Von sechs’Paaren, die mit schwarzen und weils- 
bärtigen Seeschwalben gemeinschaftlich umherstreiften, 
wurde ein Weibchen erlegt. 

sah ich die ersten am 2. Juni. Ein Paar brütete unter 
einer grolsen Schar schwarzer Seeschwalben im Blätter- 
weiher, welcher im Vorjahre trocken gelegen und nun 
durch üppigst wucherndes Schwadengras eine wahre 
Wüstenei und -der Hauptbrüteplatz der Seeschwalben ge- 
worden war. Ich habe oftmals das Nest, die darin sitzenden 
Jungen, die mit Ätzung herbeifliegenden und fütternden 
Alten, die ausgeflogenen, wimmernden und mit den Eltern - 
fliegenden Jungen gesehen und zu meinem Verdrusse zwei 
am 26. und 29. Juli erlegte Exemplare dieser Familie, die 
Mutter und ein Junges, eingeliefert erhalten. Ich hatte 
ihre Schonung gewünscht, damit sie im nächsten Jahre 
wiederkehren und abermals brüten möchten. 

fehlten sie. 

kamen Flüge zu zwei bis fünf Paaren durch die Weiher 
und brüteten zwei Paare im Strittweiher. 


378 Ordnung VI. Natatores. Schwimmvögel. 


1862. Am 2. Mai zeigten sich die ersten und zogen bis zum 
20. Mai Flüge von vier bis sieben Stücken durch. Ein 
Paar blieb da und brütete. 

1863. zeigten sich nur vereinzelte Durchzügler und brüteten sie 
nicht in der Gegend. 

1864. wurde keine dieser Seeschwalben bemerkt. 

1565. Ankunft am 11. Mai. Ein Paar hat im Blätterweiher 
gebrütet. 

1866. fehlten sie ganz. ; 

1867. brüteten im Strittweiher drei Paare. Ein Nest wurde durch 
Raubzeug geplündert; die übrigen Jungen flogen aus. 

1871. zog ein Paar durch, ohne zu bleiben. 

Seit 1872 bis inkl. 1876 waren jährlich mehrere Brutpaare - 
vorhanden. 

Auf den Lech- und Donau-Inseln brüten sie gleichfalls. Am 
13. Juni 1855 wurde von einem Paare bei Günzburg das Weibchen 
geschossen. An Hals und Brust waren einzelne weise Fleckchen; 
der Schwanz nicht rein weils, sondern die Mittelfedern silbergrau. 
Am 28. Mai 1864 sah Leu weilsschwingige Seeschwalben bei 
einer Kahnfahrt auf dem Lech an einer Insel bei Prütriching, 
und das Jahr zuvor brütete ein Paar, dem am 28. Mai die drei 
Eier genommen worden waren, worauf es verschwand, unter einer 
grolsen Schar von Sterna anglica und hirundo auf einer Lechinsel 
bei Augsburg. Auf derselben Insel beobachtete Leu am 28. Mai 
1868 gelegentlich einer Exkursion auf dem hochgehenden Lech 
unter den auf den Inseln brütenden Vögeln (Vanellus cristatus, 
Aegialites flwviatilis, Actitis hypoleucos, Sterna hirundo, anglica und 
Larus ridibundus) ein schönes altes Weibchen der St. leucoptera, 
welches Gscheidlen herabschofs.. Am 22. Mai 1870 strichen 
unter anderen Seeschwalben drei weilsschwingige umher. Der 
Lech war aber hoch und reilsend, weshalb Leu und seine Be- 
gleiter nicht zum Schuls kommen konnten. Die Vögel brüteten 
auch noch nicht, weil die Inseln vom Hochwasser noch sehr nals 
waren. 

Professor Wagler und Dr. Michahelles erlegten ver- 
schiedene Exemplare auf dem Dutzendteich bei Nürnberg, welche 
zum Teil in die Sammlungen der Dr. Dr. Sturm und des 
- Bleistiftfabrikanten Ziegler gelangten, woselbst ich sie sah. Auf 
dem ebengenannten grolsen Teiche trafen sie auch die Dr. Dr. 
Sturm in verschiedenen Jahren zugleich mit anderen seltenen 


32. Familie. _ Seeschwalben. 379 


Zugvögeln (Falco rufipes und Larus minutus), zuletzt während 
dreier Tage im Jahre 1850. 

Dals sie auf dem Bodensee und dem Untermain hier und 
da erscheint und mehrfach schon geschossen worden ist, kann 
nach obiger Darlegung nicht bezweifelt werden. 


312. STERNA NIGRA Briss. 


Keyserling u. Blasius, Die Wirbeltiere Europas, I. S. 248. n. 489. — 
Verz: S. XCVII. 

Naumann, Naturgeschichte der Vögel Deutschlands, X. 8. 189. 
Taf. 256. 


Scheergeier, Scheergeierle. 


Nistend auf den Inseln des Lech, in grolser Anzahl auf den 
Moor-, Bucher- und Neuhauser Weihern im südlichen Oberfranken 
und auf den Teichen der Oberpfalz (Vilseck, Hirschau). Forstrat 
Koch traf sie zu Hunderten brütend auf einem Mühlweiher bei 
Neumarkt. Sie kommt in der zweiten Hälfte des April und An- 
fang Mai, die bei uns Brütenden selten eher als in der ersten 
Maiwoche an. Ende Juli fangen sie an zu verstreichen und im 
August sieht man nur noch kleine Flüge; von Norden kommende 
Durchzügler nimmt man aber, immer mehr an Zahl abnehmend, 
noch bis Ende September wahr. Die schwarzen Seeschwalben 
sollen keine schwimmenden Nester, wie die Steilsfülse, sondern 
immer auf festem Boden bauen. In den Moorweihern habe ich 
viele Hunderte von Nestern gesehen, aber alle ohne Ausnahme 
waren schwimmend auf dem dichten Filz des Schwadengrases, 
auf zusammengeschwemmtem oder zusammengetragenem Wuste 
von Binsen und dergleichen angelegt. Auf Flufsinseln müssen 
die Vögel anders bauen. Auf dem Zuge kommen sie auf Seen, 
Altwasser, Morästen und Teichen des Gebiets, an manchen Orten 
nur sehr selten, an anderen als ziemlich gewöhnliche Gäste vor. 

Am 6. Juni 1869 schols v. Koch in den Moorweihern ein 
altes Weibchen, bei dem sich in der Haut des Kinns eine runde 
Öffnung von 1,5 mm Durchmesser mit etwas verdicktem Rand 
befindet. Aus dieser abnormen Öffnung ragt die Zunge hervor, 
welche an ihrer vorderen Hälfte zylindrisch und mit einer Rinne 
‘versehen ist. Als er das Tier aufhob, lebte es noch und bewegte 
die aus der erwähnten Öffnung herausgestreckte Zunge nach oben 
und unten, zog sie auch um 1 bis 2mm zurück, um sie dann 


380 Ordnung VI. Natatores. Schwimmvögel. 


wieder vorzuschnellen. Da v. Koch vermutete, es möchte die 
Öffnung durch ein früher eingedrungenes Schrot entstanden sein, 
so untersuchte er die Mundhöhle ganz genau, fand aber nichts 
Abnormes, sogar die Zunge zeigte sich,. soweit sie nicht heraus- 
gestreckt war, als ganz normal. Das Tier war gut befiedert und 
ebenso so fett und gut beleibt, wie die gleichzeitig mit ihm 
erlegten Exemplare derselben Art, mulste sich also ganz gut zu 
ernähren verstanden haben (Dr. J. Cabanis, Journal für Orni- 
thologie 1870. S. 393). 

In den Mägen erlegter fand ich Gryllus-Arten (Gomphotenke 
lineola), Libellen (Agrion, Libellula), Phryganeen (Limnophilus 
griseus), Rückenschwimmer (Notonecta glauca), Ameisen in Menge 
(Formica rufa et fusca), Spinnen (Lycosa) und allerlei Käfer 
(Poecilus, Pterostichus, Amara, Aphodius, Anisoplia horticola und 
Donakcia). | 


Nachträge. 


ad 9. FALCO VESPERTINUS L. 
Rotfufsfalke. 

C. Parrot teilt in Ornith. Monatsschr. d. Deutschen V. z. 
Schutz d. Vogelwelt .1890, S. 23 mit, dafs Anfang Mai 1839 
zwei Weibchen bei Andorf bezw. Riem und ein Männchen bei 
Schleifsheim geschossen wurden. Am 31. Mai wurde ein Männ- 
chen bei Wolfratshausen im Loisachthale erlegt. 


ad 19. AQUILA CLANGA Pall. 
Schelladler. 


Nach Heckel (1885er Jahresbericht des Ausschusses f. Be- 
öbachtungsst. d. Vögel Deutschlands) wurde Ende Januar 1885 
bei Uffenheim ein erschöpfter und halb verhungerter Schelladler 
gefunden. Jäckel bestätigte dies, nachdem ihm Kopf, Fänge und 
Flügel des getöteten Vogels eingesandt waren, durch Brief vom 
5. Juni 1885. 


ad 129. TURDUS ILIACUS L. 
Weindrossel. 

Nach Baumeister (1884er Jahresbericht) brütete die Wein- 
drossel im Jahre 1865 in den Algäuer Alpen in den sogenannten 
Illerauen, ca. 3000 Fufs über dem Meere, am Fulse des Stubinger- 
sees. Am 8. Mai enthielt das Nest 5 Eier. — Nähere Angaben 
über diesen interessanten Fund macht O. Reiser nach den 
nachgelassenen Briefen Baumeisters in Cab. J. f. O. 1889, 
S. 181 und 182. 

ad 172. MUSCICAPA PARVA Bechst. 
Zwergfliegenschnäpper. 

Nach Baumeister (1884er und 1885er Jahresbericht) ist 

der Zwergfliegenschnäpper Brutvogel im Schwarzacher Forst und 


382 Nachträge. 


Hochwalde in 3—5 Paaren, 900—1000 m über dem Meeresspiegel, 
ferner in dem ganzen bis Zwiesel und zum Böhmerwalde sich 
erstreckenden Gebiete, insofern die Waldungen noch stark 'mit 
alten Buchen gemischt sind. Bei Grendsberg nistet er Mitte Mai, 
im Hochwalde kommt 'er Anfang Mai an und zieht Ende August 
ab. Die erste Brut findet Mitte Mai statt, 1883 wurde ein Nest 
mit sechs stark bebrüteten Eiern am 29. Mai, 1884 eins mit vier 
stark bebrüteten Eiern am 12. Juli gefunden. 


ad 193. OTIS TETRAX L. 
Zwergtrappe. 

Nach Deubler (1884er Jahresbericht), Aschaffenburg, ist 
sie 1870 und 1875 vorgekommen. — Nach Hellerer (1886er 
Jahresbericht) erhielt ein Thierausstopfer in München im Jahre 
1885 ein Exemplar aus Rosenheim. 


ad 211. HAEMATOPUS OSTRALEGUS L. 
Austernfischer. 
Wiedemann (1885er Jahresbericht) erhielt 1 Exemplar am 
25. August 1885 aus Eschenbrunn bei Gundelfingen. 


ad 232. TRINGA TEMMINCKII Leisler. 
Grauer Rassler. 
Nach Wiedemann (1886er Jahresbericht) wurde am 7. April 
1886 ein Exemplar am Lech bei Augsburg erlegt. 


Rudolf Blasius. 


A. 
Aasgeier 1. 
Aasrabe 143. 
Acanthis carduelis 109. 
Acanthis linaria 110. 
Acanthis spinus 108. 
Accentor alpinus 117. 
Accentor modularis 178. 
Actitis hypoleucos 271. 
Aegialites cantianus 259. 
Aegialites curonicus 259. 
Aegialites hiaticula 259. 
Aegithalus pendulinus 120. 
Aegolius brachyotus 67. 
Aegolius Otus 66. 
Aglaster 133. 
Alauda arborea 94. 
Alauda arvensis 9. 
Alauda cristata 93. 
Alcedo ispida 88. 
Allebock 363. 
Alpenbraunelle 177. 
Alpensegler 78. 
Alpenstrandläufer 280. 
Alster 133. 
“ Ammerling 100. 
Ammern 9. 
Amsel .174. 
Anas boschas 328. 
Anas cerecca 330. 
Anser albifrons 320. 
Anser cinereus 321. 
Anser hyperboreus 319 
Anser minutus 320 
Anser segetum 320. 
Anthus arboreus 160. 
Anthus campestris 161. 
Anthus pratensis 159. 


Sachregister. 


Anthus Richardi 161. 
Anthus spinoletta 158. 
Apternus tridactylus 86. 
Agquila chrysaötos 24. 
Agwila clanga 23, 381. 
Aguila fulva 24. 
Agwila imperialis 43. 
Aguila naevia 22. 
Aqwila pennata 22. 
Ardea cinerea 298. 
Ardea purpurea 297. 
Ardeola minuta 303. 
Ascalopax gallinago 285. 
Ascalopax gallinula 284. 
Ascalopax major 289. 
Astur nisus 49. 

Astur palumbarius 47. 
Atzel 133. 

Auerhahn 218. 
Auerhenne 218. 
Auerwild 218. 

Auf 75. 

Austernfischer 261. 
Avosette 261. 


B. 
Bachamsel 158. 
Bachstelze 161. 
Bachstelze, blaue 161. 
Bachstelze, gelbe 163. 
Bachstelze, gemeine 161. 
Bachstelze, weilse 161. 
Bachsterz 161. 
Backerle 284. _ 
Backöfelchen 192. 
Bartmeise 120. 
Bauernschwalbe 206. 
Baumfalke 5. 


Baumhacker, grolser, roter 


35. 
Baumhacker, grüner 82, 
Baumhäckel 156. 
Baumkleber 156. 
Baumkleberer 156. 
Baumklette 156. 
Baumläufer 155, 156. 
Baumlerche 160. 
Baumpicker 85, 126. 
Baumspatz 103. 
Bekassine 285. 
Bekassine, grofse 289. 
Bekassine, kleine 284. 
Bergamsel 169. 
Bergelster 198. 
Bergente 336. 
Bergfink 114. 
Berghäher 147. 
Berglaubvogel 186. 
Bergmolle 257. 
Bergrabe 147. 
Bernicla brenta 322. 
Bernicla leucopsis: 323. 
Bernicla ruficollis 323. 
Beutelmeise 120. 
Bienenfresser 89. 
Bienenweih 17. 
Biervogel 164. 
Binsensänger 182. 
Birkgeflüg 227. 
Birkgeflügel 227. 
Birkhäher 90. 
Birkhahn 227. 
Birkwild 227. 
Bischofsmeise 126. 
| Bläfs 30. 
ı Blässe 250 


384 


Blässengans 320. 
Bläfsente 250. 
Bläfsling 250. 
Blasse 250. 
Blafsente 250. 
Blafshuhn 250. 
Blaubrüstehen 192. 
Blauflügel 127. 
Blaufufs 14. 
Blauhäher 90. 
Blaukehlchen 192. 
Blauköpfle 187. ' 
Blaumeise 122. 
Blaumeisle 122. 
Blaumerle 166. 
Blauspecht 126. 
Bleifalk 51. 


* Bleikehlein 178. 


Blefshühner 250. 
Blitzvogel 348. 
Blobmeise 122. 
Blöbling 122. 
Bluderer 29. 
Blutfink 105. 
Blutgeschöfsle 110. 
Bluthänflinge 110. 
Böheimer 114. 
Böhemer 114. 
Böhemmer 114. 
Böhmack 114. 
Bombyecilla garrula 126. 
' Botaurus stellaris 304. 
Bracher 294. 
Bracher, grofser 294. 
Bracher, kleiner 293. 
Brachhühnle 258. 
Brachhuhn 258. 
Brachkreck 294. 
Brachpieper 161. 
Brachschnepf 294. 
Brachvogel 294. 


Brachvogel, kleiner 258. 


Brandentlein 337. 
Brandseeschwalbe 365. 
Brandtüchel 337. 
Brandvogel 178. 
Braunelle 178. 
Braunentlein 337. 
Braunkehlehen 196. 
Braunkopf 334. 337, 
Braunkopf, grosser 338. 


Sachregister. 


Breitschnabel 331. 
Bruchböckel 284. 
Bruchhammel 246. 
Bruchlerche 159. 
Bruchwasserläufer 269. 
Brunelle 178. 

Bubo maximus 75. 
Buchfink 113. 
Budytes flava 169. 
Buhu 75. 

Buntspecht, grosser 5. 
Buntspecht, kleiner 86. 


| Buntspecht, mittlerer 86. 


Buphus comata 302. 
Buscheule. 64. 
Buteo lagopus 21. 
Buteo vulgaris 18. 


C. 


Calamophilus barbatus 120. 


Calidris arenaria 277. 


Caprimulgus europaeus 80. 


Casarca rutila 324. 
Oerthia familiaris 156. 
Ohauliodes strepera 326. 
Charadrius plwvialis 258. 
Chelidon urbica 209. 


Chenalopex aegyptiaca 923. 


Chlorospiza chloris 112. 
Chlorospiza eitrinella 111. 
Ciconia alba 307. 
Diconia nigra 306. 
Cinclus aquaticus 198. 
Oircaötos gallicus 16. 
Circus aeruginosus 99. 
Circus cineraceus 92. 
Circus cyaneus 51. 
Citronenzeisig 111. 
Coccothraustes vulgaris 
116. 
Columba oenas 213. 
Columba palumbus 212. 
Colymbus articus 350, 
Colymbus: septentrionalis ' 
351. 
Colymbus torqualus 350. 
Coracias garrula 90. 
Corvus corax 143. 
Corvus cornis 142. 
Corvus corone 139. 
Corvus frugilegus 144. 


Corvus monedula 134. 
Corythus enwucleator 106. 
Ootyle riparia 209. 
Cotyle rupestris 209. 
Orex pratensis 246. 
Cuculus canorus 81. 
Oyanecula suecica 192. 
Uyanopterus querquedula 
325. 
Oygnopsis canadensis 319. 
ÖOygnus minor 318. 
Oygnus musieus 316. 
Oygnus olor 318. 
Oypselus apus TB. 
Cypselus melba 78. 


D. 


Dacherl 134. 

Dachl 134. 

Dähle 134. 

Dälche 134. 

Dafila acuta 327. 

Dalle 154. 

Dallig 134. 

Deilche 134. 

Distelfink 109. 

Distelvogel 109. 

Dohle 134. 

Dompfaff 105. 

Doppelbekassine 289. 

Doppler 289, 

Dorndreher 200. 

Dorngreil 200. 

Dorntreter 200. 

Drecklerche 9. 

Drehhals 82. 

Dreizehenmöve 359. 

Dreizehenspecht 56. 

Dröscherl 167. 

Droschel 168. 

Drossel 164, 168. 

Drossel, einsame 168. 

Drossel, Naumanns 167. 

Drossel , schwarzkehlige 
169. 

Dryocopus martius 84. 

Dryospiza serinus 106. 

Duckchen 346. 

Duckentchen 346. 


 Duckentlein 346 
Dulle 134. 


E. 

Edelfalke, isländischer 8. 
Edelfalken 5. 
Edelmucke 189. 
Egretta alba 301. 
Egretta garzetta 302. 
Eichelhäher 127. 
Eiderente 332. 
Eisente 355. 
Eisseetaucher 350. 
Eisvogel. 88. 
Elster 133. 
‚Emberiza cia 102. 
Emberiza cirlus 100. 
Emberiza citrinella 100. 
Emberiza hortulana 98. 
Emberiza melanocephala 

98. 
Emberiza miliaria 100. 
Emberiza schoeniclus 102. 
Emmerling 100. 
Enten 316. 
Ente, langhalsige 348. 
Ephialtes scops 77, 
Erithacus rubecula 192. 
Eudromias morinellus 258. 
Eulen 54. 
Eule, rote 64. 
Eule, Tengmalms 68. 
Eule, weilse 54. 


F. 
Falco aesalon 9. 
Falco arcticus 8. 
Falco candicans 8. 
Falco cenchris 12. 
Falco gyrfalco 7. 
Falco laniarius 9. 
Falco peregrinus 6. 
Falco subbuteo 5. 
Falco tinnunculus 12. 
Falco vespertinus 10, 381. 
Falken 5. 
Falkeneule 74. 
Fasan 235. 
Feldhuhn 238. 
Feldlerche 9. 
Feldspatz 103. 


Jäckel, Die Vögel Bayerns. 


Sachregister. 


Felsenschwalbe 209. 
Feuereule 64. ' 
Feuerhähnchen 183. 
Feuerköpfchen 183. 
Ficedula Bonelli 186. 
Ficedula hypolais 184. 
Ficedula icterina 185. 
Fieedula rufa 186 
Ficedula sibilatrix 154. 
Ficedula trochilus 185. 
Fifetzer 186. 

Fink, böhmischer 114. 
Finken 97, 105, 113. 
Finkenbeifser 198. 
Finkenfalk 49. 
Finkmeise 123. 
Finkenstöfser 49. 
Fischadler 14. 
Fischervogel 3957. 


Fischgeier 14. 


Fischhacht 14. 

Fischraigel 298. 

Fischreiher 298. / 

Fischreiher, grauer, 298. 

Fischweih 14. 

Flamingo 314. 

Flenderling 203. 

Fliegenschnäpper, grauer 
201, 

Fliegenschnäpper, kleiner 
201. 

Flüfschenschwalbe 363. 

Fluder 304. 

Flufsaar 14. 

Fregilus graculus 147. 

Fringilla coelebs 113. 


Fringillamontifringillal14. 


Froschgeier 17. 
Froschmaul 80. 
Fuchsente 324. 
Fulica atra 250. 
Fuligula eristata 336 
Fuligula ferina 338. 
Fuligula marila 336. 
Fuligula nyroca 337. 
Fuligula rufina 340, 


G. 


Gabelgeier 45. 
Gabelschälble 206. 
Gabelschwalbe 206. 


385 


Gabelschwanz 49. 
Gabelweih 45. 

Gackler 114. 
Gäbeleinsschälble 206. 
Gäckerhätzel 133. 
Gäckler 114. 
Gänsegeier, gemeiner 1. 
Gallinaceae 212. 
Gallinula chloropus 250. 
Gambsgeier 4. 

Gans, kanadische 319. 
Gans, weilswangige 323. 
Garrulus glandarius 127. 
Gartenrotschwanz 193. 
Gaubitz 259. I 
Gaubitzl 255. 

Gaugler 114. 
Gebirgsbachstelze 162. 
Gecinus canus 83. 
Gecinus viridis 832. 
Geier 1. 

Geier, grauer 3. 
Geieradler 4. 

Geiwitz 255. 

Gelbflügel 109. 
Gemsgeier 4. 
Genggengle 189. 
Gerstenammer 100. 
Giefsvogel 82. 

Gimpel 109. 


_Gimser 159. 


Gir 24. 
Girlitz 106. 
Glaucion clangula 334. 
Goldadler 24. 
Goldammer 100. 
Goldamsel 164. 
Goldbrust 164. 
Golddrossel 164. 
Goldhähnchen 183. 
Goldköpfchen 183. 
Goldrabe 143. 
Goldregenpfeifer 258. 
Goldvögelein 183. 
Goldwachtel 241. 
Goll 105. 
Golm 105. 
Gorner 45. 
Gotz 134. 
Glareola pratincola 242. 
Grallatores 242. 

25 


386 


Gräser 285. 
Gräser, grofser 289. 
Gräser, kleiner 284. 


Grasmücke, deutsche 189. 


Grasmücke, graue 189. 
Grasmücke, rote 159. 


Grasmücke, schwarze 203. 
Grasmücke, spanische, 159. 


Grasmücke, welsche 189. 
Grasmuck, gelbe 184. 
Grasmuck, weilse 187. 
Grafsschnepf 246. 
Grauammer 100. 
Graugans 321. 
Graukrack 142. 
Grauspecht 83, 
Greinerlein 111. 
Griesbeerschneller 116. 
Grieshenne 2%. 
Grieshuhn 242. 
Griesläufer 259. 

“ Grillvogel, kleiner 258. 
Grille 294. 

Grommeter 170. 
Gropper 280. 

Gropper, grolser 279. 
Gropperle 280. 
Grünfink 112. 
Grofssäger 340. 
Grofstrappe 243. 
Grünhänfling 111. 
Grünling 112. 
Grünspecht 82. 

Grus cinerea 252. 
Gucker 831. 

Guckguck 81. 
Gülsvogel 82. 


 - Gugetzer 81. 


Gura 45. 

Guraar 45. 

Guro 45. 

Gypaetos barbatus 4. 
Gyps einereus 3. 
Gyr 24. 

Gyrfalke 7. 


H. 
Haarschnepfchen 284. 
Habergais 246, 285. 
Habicht 47. 
Habichtseule 62, 63. 


Sachregister. 


Hacht 47. 

Hachtl 49, 

Hächtle 49. 

Häher 120, 127. 

Haematopus ostralegus 
261, 382. 

Hänfling 110. 

Hätz 153. 

Hätzl 133. 

Haile 105. 

Halbentlein 325. 

Halbschnepfe 289. 

Haldenente 350. 

Haliaetos albicilla 44. 

Halsband-Fliegenschnäp- 
per 204. 

Hammerling. 100. 

Harelda glacialis 335. 

Harelda histrionica 339. 

Haselhuhn 233. 

Hasenstöfsel 47. . 


“| Hatzl 133. 


Häubleinslerche 93. 
Haubendrossel 126. 
Haubenlerche 9. 
Haubentaucher 348. 
Hausrötele 194. 
Hausschwälble 205. 
Hausschwalbe 205. 
Hausspatz 104. 
Heckenschlupfer 187, 189 
Heckenschmatzer 189, 
Heidelerche 94. 
Hennenhacht 47 
Hennenhack 47. 
Hennenvogel 47. 
Heringsmöve »361. 
Heuschreckenrohrsänger 
180. 
Hexenführer 80. 
Himmelsgais 285. 
Himmelsziege 285. 
Hirngrill 106. 
Hirsespätzlein 109. 
Hirsetaube 214. 
Hirsspatz 103. 
Hirstäubchen 214. 
Hirundo rustica 206. 
Hakengimpel 106. 
Höhlente 324. 
Hörnleinseule 66. 


Hötzenspecht 8. 
Hohltaube 213. 
Holzbläfsle 193. 
Holzhäher 127. 
Holzschreier 127. 
Holztaube 212. 
Honiggeier 17. 
Hoppenlerche 9. 
Hoppmeise 126. 
Horneule 66. 
Hornsteifsfuls 347. 
Hühner 212, 217. 
Hühnergeier 47. 
Hühnerhabicht 47. 
Hühnervogel 47. 
Husarenmeise 126. 
Hutschenmaul 80. 
Hypsibates himantopus 
262. 


I. 
Ibis faleinellus 296. 
Ickwitz 114. 
Ingwitz 114. 
Istvögelein 159. 
Jochgeier 4. 
Jynx torquilla 82. 


K. 
Käckerätz 133. 
Käferfresser 200. 
Kägersch 133. 
Käuzlein 70. 
Kaiseradler 43. 
Kalanderlerche 9%. 
Kampfschnepfe 275. 
Kanut 278. 
Kappenammer 9. 
Kernbeisser 116. 
Kiebitz 255. 
Kiebitzente 336. 
Kiebitzstrandläufer 257. 
Kiefernkreuzschnabel 117. 
Kircheule 54. 
Kirschenknipper 116, 
Kirschenknöller 116. 
Kirschenknopper 116. 
Kirschenschneller 116. 
Kirschfink 116. 
Kirschpirol 164. 
Kirschvogel 164. 


Klagmutter 70. 
Klauber 126. 
Klettervögel 78. 
Klettervogel 156. 
Klosterfräulein 161. 
Knäkente 325. 
Knechtmäh 246. 
Königlein 155, 183. 
Kohlamsel 174. 
Kohlmeise 123. 
Kohlrabe 143. 
‚Kohltüchel 338. 
Kohlwachtel 241. 
Kohlzeisle 108. 
Kolbente 340. 
Kolkrabe 143. 
Kappenmeisle 126. 
Kormoran 343. 
Kornlerche 9. 
Kornweih 51. 
Kotfink 201. 
Kotlerche 93. 
Kotmeise 125. 
Kotschletter 126. 
Kotschwalbe 209. 
Krache 139. 
Krack 139, 
Krähe 139. 
Krähe, graue 142. 
Kragenamsel 169. 
Kragenente 555. 
Krageneule 54. 
Kraglamsel 169. 
Krahon 139. 
Krammeter 170. 
Krammetser 170. 
Krammetsvogel 170. 
Kranich 252. 
Kranwittvogel 179. 
Krapp 139. 
Krautvögelein 196. 
Krautvogel 160. 
Kreck 294. 
Kreuzschnabel 117. 
Kreuzschnabel , zweibin- 
diger 119. 
Kreuzvogel 117. 
Krickente 330. 
Krötenmaul 80. 
Kroha 139. 
Kronabet 170, 


Sachregister. 


Kronewit 170. 
Kronwitten 170. 
Kronwittsvogel 170. 
Krummschnabel 117. 
Kuckuck 81. 
Kuhstelze 163. 
Kupferente 324. 
Kupfergrasmücke 189. 


L. 
Lachmöve 357. 
Lachseeschwalbe 366. 
Lachtaube 213. 
Lässig 178. 
Lätterlein 355. 
Lagopus alpinus 217. 
Langhals 348. 
Langkragen 348. 
Lanius collurio 200. 
Lanius excubitor 198. 
Lanius minor 19. 
Lanius rufus 200. 
Lappentaucher 346. 
Larus argentatus 361 
Larus canus 360, 
Larus fucus 361. 
Larus leucopterus 360. 
Larus marinus 362. 
Larus melanocephalus 356. 
Larus minutus 396. 
Larus ridibundus 357. 
Larus tridactylus 399. 
Lasurmeise 122. 
Laubspötter 184. 
Laubvögele 185. 
Laubvogel, schwirrender 

184. 

Lerchen 93. 
Lerchenfalke 5. 
Lerchengeier 5. 
Lerchengeschössle 110. 
Lerchengeschofs 110. 
Lerchenhäcklein 5. 
Lerchenstecher 5. 
Lerchenstöfsel 5. 
Lerchenstöfser 5. 
Lestris catarrhactes 359. 
Lestris cephus 354. 
Lestris parasita 355 
Lestris pomarinus 354. 
Liedler 187. 


387 


Limicola pygmaea 282. 
Limosa aegocephala 272. 
Limosa rufa 275. 
Limose,schwarzschwänzige 
272. 
Linota cannabina 110. 
Linota flavirostris 111. 
Löffelente 331. 
Löffelreiher 312. 
Loxia eurvirostra 117. 
Loxia leucoptera 119. 
Loxia pityopsittacus 11T. 
Lunda arctica 352. 
Lusciola luseinia 191. 
Lusciola philomela 190. 


M. 
Machetes pugnax 275. 
Mähder 246. 
Mäher 246. 
Mäherhex 246. 
Mähervogel 246, 
Märzgans 321. 
Mäusebussard 18. 
Mandelhäher %. 
Mandelkrähe 90. 
Mantelmöve 362. 
Mareca penelope 324. 
Marrich 340. 
Mauerschwalbe 78. 
Mauerspecht 157. 
Mauersteuerle 78. 
Mauser 18. 
Mausgeier 18. 
Maushack 18. 
Mauskönig 159. 
Meeistura caudata 121. 
Meeramsel 169. 
Meerente 340. 
Meerhorn 340. 
Meerohr 340. 
Meerrache 340. 
Meerzeisig 110, 
Meerzeisle 110. 
Meise 120, 123. 
Meisenmünch 188. 
Melanocorypha calandra 9%. 
Melanocorypha tatarica 96. 
Merganser castor 340. 
Merganser serrator 342. 
Mergle 330. 


2b 


388 


Mergulus alle 352. 
Mergus albellus 342. 
Merlin 10. 
Merops apiaster 89. 
Merrer 337. 
Merrer, kleiner 342. 
Merrich 340. 
Merula rosea 153. 
Mierente 337. 
Milan 45. 
Milan, schwarzer 46. 
Milone 45. 
Milvus niger 46. 
Milvus 'regalis 45. 
Misteldrossel 174. 
Mistler 174. 
Mistlerche 9. 
Mistvogel 139. 
Mittelentlein 525. 
Möve 357. 
Möventeufel 53. 
Mohrenlerche 96. 
Moorente 337. 
Moorschnepfe 285. 
Moosbock 285. 
Moosgeier 59. 
Moosgrähle 294. 
Moosgrille, grofse 294. 
Moosgrühle 294. 
Mooskreck 29. . 
Mooskuh 304. 
Moosschnepfe 285. 
Morgente 397. 
Mornellregenpfeifer 258. 
Mosspatz 102, 
Motacilla alba 161. 
Motacilla boarula 162. 
Motaeilla borealis 164. 
Motacilla cinereocapilla 
164. 
Motacilla Feldeggi 164. 
Motaeilla Yarrellii 162. 
Mückenschnapper 201. 
Mückenvögelein 186, 
Müllerlein 187. 
Muckenvogel 185. 
Muscicapa albicollis 204. 
Museicapa atricapilla 203. 
Museicapa grisola 201. 
Muscicapa parva 201, 381. 


| 


Sachregister. 


N. 
Nachteule 64. 
Nachtfalter 80. 
Nachtigall 191. 
Nachtklatsche 80. 
Nachtreiher 304. 
Nachtpatscher 80, 
Nachtschatten 80. 
Nachtschreier 240. 
Nachtschwalbe 80. 
Nacktschnabel 144. 
Natatores 316. 
Nebelgeier 21. 
Nebelkrähe 142, 
Nebelrabe 142. 
Nectris cinerea 353. 
Nectris puffinus 359. 
Neophron percnopterus 1. 
Neuntöter, brauner 200. 
Neuntöter, rotköpflger 200. 
Niekwitz 114. 
Nonne 54. 
Nonnentaucher 342. 
Nordseetaucher 351. 
Nueifraga brachyrhynchus 
131. 
Nueifraga caryocatactes 
129. 
Nucifraga hamata 131. 
Nueifraga leptorhynchus 
132. 
Nucifraga macrorhynchus 
131. 
Nuecifraga pachyrhynchus 
132. 
Numenius arguata 294. 
Numenius phaeopus 293. 
Numenius tenwirostris 293. 
Nusser 127. 
Nusser, schwarzer 129. 
Nufshäher 127. 
Nufshäher, schwarzer 129. 
Nufsjäck 127. 
Nufsjäck, schwarzer 129. 


Nufsknacker 129, 


Nufskratscher 129, 
Nyetale Tengmalmi 68. 


Oo. 
Oedienemus cerepitans 254. 
Österreicher 142. 


| Ohrensteifsfufs 347. 


Ohreule 66. 

Oidemia fusca 332. ' 
Oidemia nigra 333. 
Oriolus galbula 164. 
Orites nivalis 116. 
Ortolan 98. 

Ortygion coturnis 241. 
Ortygometra minuta 248. 
Ortygometra porzana 247. 
Ortygometra pygmaea 249. 
Oscines 93. 

Otis tarda 243, 

Otis tetrax 244, 382. 
ÖOttermännchen 82. 


P. 


Pandion haliaetos 14. 
Papageitaucher 352. 
Parus ater 124. 

Parus coeruleus 122. 
Parus eristatus 126. 
Parus cyaneus 122. 
Parus major 123. 

Parus palustris 125. 
Passer domesticus 104. 
Passer montanus 103. 
Pechmeise 124. 
Pelecanus onocrotalus 345 
Pelikane 343, 345.- 
Perdix graeca 238 
Perleule 54. 

Pernis apivorus 17. 
Peristera turtur 214. 
Pestvogel 126, 
Petroeichla saxatilis 165. 
Petrocossyphus eyana 166. 
Pfaffmeise 125. 
Pfannenstiel 121. 
Pfannenstielmeise 121. 
Pfarramsel 169. 
Pfeffervögelein 126, 
Pfeffervogel 126, 
Pfeifente 324. 

Pfeifer 268, 324. 
Pfeiferle 330. 
Pfeilschwanz 327.” 
Pfingstvogel 164. 
Pfümpfle 346. 
Phalacrocorax carbo 343. 


Phalacrocorax graculus 
344, 

Phalacrocorax pygmaeus 
344. 

Phalaropus einereus 271. 

Phalaropus rufescens' 272. 

Phasianus colehicus 235. 

Phileremos alpestris 96. 

Phoenicopterus roseus 314. 

Pica caudata 133. 

Picus leuconotus 84. 

Picus major 35. 

" Picus medius 86. 

Picus minor 86. 

Piepmeisle 125. 

Pimeise 125. 

Pimpelmeise 122. 

Pirol 164. 

Plärre 250. 

Pläfs 250. 

Platalea leucerodius 312. 

Plattmeise 125. 


Plectrophanes lapponica 98. 


Plectrophanes nivalis I. 
Podiceps arcticus 347. 
Podiceps cornutus 347. 
Podiceps cristatus 348. 
Podiceps nigricollis 347. 
Podiceps 


Podiceps subcristatus 348. 
Polargans 319. R 
Polarseetaucher 350. 
Porzellanschecke 336. 
Prantincola rubetra 196. 
Prantincola rubicola 197. 
Purpurreiher 297. 
Pyrgita petronia 112. 
Pyrrhocorax alpinus 147. 
Pyrrhula rubicilla 109. 


@. 
Quäker 114. 


R. 


Rab 139. 

Rabe, grauer 142. 
Rabe, grofser 143. 
Raben 127. 
Rakau 348. 


recurvirostra 347. 
Podiceps recurvirostris 347. 


Sachregister. 


Racke 90 
Rackelwild 230. 
Raigel, blauer 298. 
Raigl 298. 
Rallen 246. 
Rallenreiher 302. 
Rallus aquaticus 249. 
Rapaces 1. 
Rafsler 281. 
Rafsler, grauer 282. 
Ratscherle 325. 
Raubmöve, breitschwän- 
zige 354. 
Raubmöve, graue 359. 
Raubmöve, grofse 359. 
Raubvögel 1. 
Rauchfufsbussard 21. 
Rauchfufskauz 69. 
Rauchschwalbe 206. 


Recurvirostra avocetta 261. 


Regenpfeifer 254. 
Regulus eristatus 183. 
Regulus ignicapillus 183. 
Reiher 298. 

Reiherente 336. 
Rennvogel 242. 
Rheinschwalbe 363. 
Rhymnchaspis celypeata 331. 
Richardspieper 161. 
Riedgimser 159. 
Rindenrutscher 156. 
Ringamsel 169. 
Ringelfalk 51. 
Ringelgans 322. 
Ringelspatz 109. 
Ringelscherk 103. 
Ringeltaube 212 
Ringelvogel 259. 
Röhrleinsspatz 102. 
Rötelfalke 12. 
Rötelgeier 12. . 
Rötelgeierlein 12. 
Rohrammer 102. 
Rohrdommel 304. 
Rohrdrossel 178. 
Rohrdummel 304. 
Rohrgeier 53. 
Röhrhühnchen 247. 
Rohrsänger 179. 
Rohrspatz 102. 
Rohrspötter 180. - 


389 


Rohrtrommel 304. 
Rohrweih 53. 
Roigl 298. 
Rosenstaar 153. 
Rotbläfsle 193. 
Rotbrüstchen 192. 
Rotbrust 337. 
Rotdrossel. 167. 
Rotfalken 10. 
Rotfüfschen 268. 
Rotfufsfalke 10. 
Rotgimpel 105. 
Rothals 324, 337. 
Rothalstaucher 348. 
Rotkehlchen 192. 
Rotköpflein 337. 
Rotkopf, 200, 337. 
Rotkopf, grofser 338. 
Rotkröpfe 192. 
Rotpättele 110. 
Rotschenkel 268. 
Rotschwänzlein 194. 
Rotschwanz 194. 
Rotschwanz, türkischer 
193. ; 
Rotspecht 85. 
Ruderente 334. 
Rüttelgeier 12. 
Rug 348. 
Rutieilla phoenicurus 193. 
Rutieilla tithys 194. 
Rufsgeier 18. 


S. 
Saatgans 320. 
Saatkrähe 144. 
Sägente, grofse 340. 
Sägetaucher, grofser 340. 
Sägetaucher, kleiner: 342. 
Sägetaucher, langschnäbe- 

liger 342. 

Sänger 148, 183. 
Salicaria aquatica 182. 
Salicaria arundinacea 172. 
Salicaria locustella 180. 
Salicaria palustris 180. 
Salicaria phragmitis 181. 
Salicaria turdoides 178. 
Sammetente 332. 
Sandläufer, kleiner 259. 
Sandschwälble 209. 


390 


Sandschwalbe 209. 
Sandspatz 102, 
Sansknittel 246. 
Saulocker 195. 
Saxicola oenanthe 157. 
Schätterhätz 198. 
Schafstelze 163. 
Schafvögelein 163. 
Scharb 343. 
Scharmvogel 343. 
Scharbe 343. 
Schecke 334. 
Schecke, grolser 340. 
Scheckente 334. 
Scherengeier 45. 
Scheergeier 379. 
Scheergeierle 379. 
Scheerleinsgeier 49. 
Schellente 334. 
Scherben 343. - 
Schildamsel 169. 
Schilfsänger 181. 
Schimmelente 336. 
Schlangenadler 16. 
Schleiereule 54. 
Schlotengatzer 179. 
Schmarotzermöve, lang- 
schwänzige 354. 


Schmarotzermöve, kurz- 


schwänzige 359. 
Schmerlein 9. 
Schmia 324. 
Schmirrgans 350. 
Schnärre 174, 
Schnärrer 174. 
Schnärz 246. 
Schnärzhühnle 246. 
Schnarre 174, 246. 
Schnatterente 326. 
Schneeammer 97. 
Schneeeule 75. 
Schneefink 116. 
Schneegans 319. 
Schneehuhn 217. 
Schneekader 174. 
Schneekönig 155. 
Schneemeise 121. 
Schneelerche 96. 
Schneesporner 98. 
Schneidtsgern 246. 
Schnepf 2%. 


Sachregister. 


Schnepfen 261. 
Schnepfeneule 74. 
Schnitzer 159. 
Schnitzerlein 159. 
Schöppleinslerche 9. 
Schopflerche 92. 
Schopfmeise 126. 
Schreiadler, grofser 23. 
Schreiadler, kleiner 22. 
Schrollenhüpfer 197. 
Schuhu 75. 
Schwälmle 205. 
Schwalben 205. 
Schwalbenfalke 5. 
Schwalbenschwanz 45. 
Schwanzmeise 121. 
Schwarzamsel 174. 
Schwarzdrossel 174. 
Schwarzhäher 129. 
Schwarzkehlchen 197. 
Schwarzkopf 188. 
Schwarzkopfmöve 356. 
Schwarzmergle 330. 
Schwarzplättchen 188. 
Schwarzplattl 188. 
Schwarzspecht 84. 
Schwarztüchel 336. 
Schwimmvögel 316. 
Scotaeus nycticorax 309. 
Seeadler 44. 
Seeente 250. 
Seerabe 343. 
Seeregenpfeifer 259. 
Seeschwalbe, kaspische 
268. 
Seeschwalbe, kleine 364. 
Seeschwalbe, schwarze 
319. 
Seeschwalbe, weissbärtige 
37. 
Seeschwalbe, weils- 
schwingige 376. 
Seestrandläufer 278. 
Segler 78. 
Seidenreiher 302. 
Seidenschwanz 126. 
Seidenvogel 126. 
Seidenwedel 126. 
Sensenwetzer 246, 
Sichler 296. 
Silbermöve 361. 


Silberreiher 301. 
Singdrossel 168. 
Singschwan 316. 
Singvögel 93. 

Sitta europaea 126. 
Somateria mollissima 332. 
Sanderling 277. 

Spatz 104. 
Spatzenstecher 198. 
Spechte 82. 

Speck 104 

Sperber 49. 
Sperlingskauz 73. 
Spiegelmeise 123. 
Spielgeflüg 227. 
Spielgeflügel 227. 
Spielhahn 227. 
Spiefsente 327. 
Spiefslerche 160. 
Spiefsschwalbe 206. 
Spitzgrün 51. 
Spitzlerche 160. 
Spitzzackel 327. 
Spötter 184. 

Spötterl 184, 187, 189. 
Spottvogel 184. 
Sprosser 190. 
Squatarola helvetica 257. 
Staar 148. 
Stadtschwalbe 209. 
Stallschwalbe 206. 
Starna cinerea 2538. 
Staudenschmatzer 159. 
Steinadler 24. 
Steinbeilser 197, 
Steinelster 197. 
Steinfletscher 187. 
Steinfletscher, kleiner 197. 
Steinhäher 129. 
Steinhänfling 1I1. 
Steinhuhn, südliches 238. 
Steinkäuzlein 70. 
Steinklatsche 197, 
Steinkrähe 147. 
Steinmetz 197. 
Steinpicker 197. 
Steinrötel 169. 
Steinschmatzer 197, 
Steinschwalbe 78. 
Steinspatz 112. 
Steinwälzer 260. 


Stelzenläufer 262. 
Steppenhuhn 214. 
Sterna anglica 366. 
Sterna aranea 366. 
Sterna cantiaca 369. 
Sterna caspia 369. 
Sterna hirundo 363. 
Sterna hybrida 374. 
Sterna leucoptera 3716. 
Sterna minuta 364. 
Sterna nigra 379. 
Sterna risoria 366. 
Sterna: Schillingii 366. 
Steuerle 209. 
Steuerling 205. 
Stieglitz 109. 
Stielmeise 121. 
Stockamsel 174. 
Stockente 329. 
.Stockmauser 18. 
Stockmeise 124. 
Stöfser 49. 

Stöfser, blauer 9. 
Storch 307. 

Storch, schwarzer 306.. 
Strandläufer, bogen- 
schnäbliger 279. 

Strandläuferle 259. 
Straufsente 336. 
Strepsilas interpres 260. 
Strix flammea 54. 
Struwelmeise 126. 
Sturmmöve 360. 
Sturnus vulgaris 148. 
Sturmvogel 352. 
Surnia funerea 74. 
Surnia passerina 73. 
Surnia noctua TV. 
Surnia nyctea 75. 
Sumpfeule 67. 
Sumpfhuhn , 
247. 


getüpfeltes 


Sumpfhuhn, kleines 248. 


Sumpfläufer, kleiner 282. 
Sumpfvögel 242. 
Sumpfweihe 59. 


Syrrhaptes paradoxus 204. 


Sylbeocyelus minor 346. 
Sylvia atricapilla 188. - 
Sylvia cinerea 189. 
Sylvia curruca 187, 


Sachregister. 


Sylvia hortensis 189. 
Sylvia nisoria 189. 


% 
Tafelente 358. 
Tannenfink 114. 
Tannenhäher 129. 
Tannenmeise 124. 
Tannenspötter 185. 
Tannfink 114. 
Tauben 212. 
Taubenfalke 47. 
Taubengeier 47. 
Taubenhabicht 47. 
Taubenhacht 47. 
Taubenhack 47. 
Taubenvogel 47. 
Tauchentlein 346. 
Taucher 346. 
Taucherle 346. 
Teichwasserläufer 266. 
Tetrao intermedius 230. 
Tetrao tetric 227. 
Tetrao wrogallus 218. 
Tetrastes bonasia 233. 


.| Thalassidroma Leachii 552. 
Thalassidroma pelagica 399. 


Tichodroma mwuraria 157. 
Tomeisie 124. 

Totanus calidris 268. 
Totanus fuscus 266. 
Totanus glareola 269. 
Totanus glottis 269. 
Totanus ochropus 270. 
Totanus stagnatilis 266. 
Totenkauz 70. 
Totenvögelein 209. 
Totenvogel 70, 203. 
Trappen 243. 
Trauerente 333. 

Triel 254. 

Tringa canutus 278. 
Tringa cinclus 280. 
Tringa maritima 278. 
Tringa minuta 231. 
Tringa subarquata 279. 


Tringa Temminckii 282,382. 


Troglodytes parvulus 159. 
Trottler 126. 

Tschuhu 75. 

Turdus atrigularis 169. 


391 


Turdus tWiacus 167, 381. 
Turdus merula 174, 
Turdus musicus 168. 
Turdus Naumanni 167, 
Turdus pilaris 170. 
Turdus solitarius 168. 
Turdus torquatus 169. 
Turdus viscivorus 174. 
Turmfalke 12. 
Turmschwalbe 78. 
Turmsperber 12. 
Turmvögele 154. 
Turteltaube 214. 


V. 
Uferschnepfe, rostrote 275. 
Ufersanderling 278. 

Uhu 75. 

Uhu, kleiner 66. 
Ulula aluco 64. 
Ulula uralensis 62. 
Undina mersa 334. 
Uria lomvia 352. 
Upupa epops 92. 


V. 
Vanellus eristatus 55. 
Viehhauser 294. 
Vinelle 110. 
Vogelstöckel 47. 
Vultur fulvus 1. 


w. 
Wachtel 241. 
Wachtelkönig 246. 
Waldbläfslein 193. 
Waldblasse 193. 
Waldgeier 18. 
Waldgimser 160. 
Waldhühner 217. 
Waldkauz 64. 
Waldlerche 160. 
Waldmeise 124, 
Waldohreule 66. 
Waldrötele 193. 
Waldrotschwanz 193. 
Waldschnepfe 290. 
Waldspatz 178. 
Waldstorch 306. 
Waldwasserläufer 270. 
Wanderfalke 6. 


392 Sachregister. 

Wasserhühner 246. Weifsdrostl 168 Zeilerspatz 189. ® 
Wasseradler 14. Weilsmergle 325. Zeisig 108. 4 
Wasseramsel 158. Weifsspecht 84. Zeising 108. E 
Wasserduckerle 346. 'Wendehals 82. Zeislein 108. | 
Wasserhuhn, grünfüfsiges | Wespenbussard 17. Ziegenmelker 80. 

20. Wespengeier 17. Zilzelterle 186. 
Wasserläufer, dunkler 266, | Wiedehopf 92. Zippammer 102. 
Wasserläufer, heller 265. | Wiedehopp 92. Zippdrossel 168. 
Wasserläufer, rotbeiniger | Wiedewalch 164. Zippe 168. 

268. Wiesenlerche 159. Zippzapp 186. 
Wasserlerche 159. Wiesenrall 246, Zipter 266. 
Wassernachtigall 192. Wiesenschnarcher 246. Zirbelkrähe 129. 
Wasserralle 249. Wiesenschnärr 246, Zirblkrah 129. 
Wasserschnepfe 285. Wiesenschnarrer 246. Zirbmkrah 129. 
Wasserstaar 158. ‚Wiesenstaar 247. Zitscher 110. 
Wasserstelze, weilse 161. | Wiesenweihe 52. Zitscherle 110. 
Wassertreter, breit- Wieshopf 92. Züger 268. » 

schnäbeliger 272. Wiesschnepfe 28). Züger, grofser 265. 
Wassertreter, schmal- Wildente 328. Züger, kleiner 266. 

schnäbeliger 271. Wildtaube, grofse 212, Zusammscharricht 108. 
Wegflagge 80. Wistling 185, 194. Zwergadler 22. 
Wegflaggerer 80. Wistling, grofser 184. Zwerggeierlein 9 
Weidenzeisig 185, 186. Wistling, kleiner 186. Zwergmöve 356. 
Weidenzeislein 185, 186, | Wonitz 112. Zwergohreule 77. 

Weih 45. Würger, kleiner 19). Zwererohrdommel 303. 
Weihe 45. Würgfalke 9. , Zwergsäger 342. 
Weiherduckerle 346. Wurmkrähe 144. Zwergscharbe 344. 
Weindrossel 167. Zwergstrandläufer 281. 
Weifsback 5. z 2. Zwergstrandläufer, Tem- 
Weifsbäcklein 5. Zaunammer 100. mincks 282. 
Weifsbauch 14. Zaunkönig 155. Zwergsumpfhuhn 249. 
Weifsdroschl 168. Zaunschlüpfer’ 159. Zwergtrappe 249. 
Weifsdrossel 168. Zaunschlüpflein 159. Zwieselgeier 45. 
Berichtigungen. 
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