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in 2012 with funding from
University of North Carolina at Chapel Hill
http://archive.org/details/systemdermusikwiOOIogi
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SYSTEM
DER
OM^WaiiH'
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UND DER
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MIT INBEGRIFF DESSEN
WAS
GEWÖHNLICH UNTER DEM AUSDRUCKE
GENERAL -BASS
VERSTANDEN WIRB.
VON
JJ* B» IbdX&QlBIRo
BERLIN,
tm förinricft aüolplj JraäiUjtlm logier.
1827.
GEDRUCKT BEI TKOWirZSOI V7\l> SOHN IN EF.KLIN.
SEINER MAJESTÄT
DEM
KÖNIGE VON PREUSSEN
FRIEDRICH WILHELM III.
i/Cl
Allerdurchlauchtigster Grofsmächtigster König,
Aller gnädigst er König und Herr!
D<
'er erhabenen Gesinnung, in welcher Ew. Königliche Majestät
zum Heil Ihres Volkes, ja zum Wohl aller gebildeten Nationen
die Wissenschaften und Künste beschirmen, verdanken meine ge-
ringen Bestrebungen, die Methode des musikalischen Unterrichtes
zu vereinfachen und folgerechter zu machen, den schönsten Lohn,
dessen sie theilhaftig werden konnten.
Auf Ew. Königlichen Majestät Befehl wurden die Grundsätze
meines Verfahrens in Allerhöchstdero Residenz der unpartheiischen
Prüfung Sachkundiger Männer unterworfen und die Billigung,
welche sie erfuhren, sicherte ihnen allgemeineren Eingang.
Nur nach diesem Erfolge durfte ich es wagen, was ich bis-
her im mündlichen Vortrage gelehrt, auch in schriftliche Ord-
nung zu fassen und der Welt mit Hoffnung auf eine geneigte
Beachtung öffentlich vorzulegen.
Wenn ich mich daher erdreiste, Ew. Königlichen Majestät
das Werk, welches unter Allerhöchstdero Schutze entstanden ist,
in dankbarer Verehrung zu Füfsen zu legen, so wollen Allerhöchst-
dieselben geruhen, darin den Ausdruck der Huldigung zu erken-
nen, welche die Kunst, deren Dienst und deren Verbreitung ich
mein Leben gewidmet habe, ihrem erhabenen Beschützer dar-
bringt. Dafs es mir vergönnt wurde, diesen Gefühlen des Dankes
und der Huldigung Worte zu geben, macht das Glück meines
Lebens aus.
In tiefster Ehrfurcht
Ew. Königlichen Majestät
t i 10,,, im • 4aan unterthäiu'gster Diener
London, am v2'en Mai 1827. 6t- . , .:..
Johann Bernhard Logier.
Einleitung.
Ein jedes Glied der Gesellschaft hat die Verpflichtung, zur Vervollkomm-
nung derjenigen Kunst oder Wissenschaft, der es sich gewidmet, nach
seinen besten Kräften beizutragen; und wenn gleich ihm dabei Hinder-
uisse und Widerstand begegnen, wie sie sich allen denen, die die gewohnte
Bahn verlassen, nur zu oft entgegen stellen, so soll ihn dies doch nicht
abschrecken von einer steten Verfolgung seines Gegenstandes, noch ihn
zurückhalten, dem Antriebe einer achtbaren Neigung zu folgen.
Es ist oftmals beklagt worden, dafs Bücher zum Unterricht wissen-
schaftlicher Gegenstände, in Ausdrücken abgefafst zu werden pflegen, die
für den Uneingeweihten nicht hinlänglich verständlich sind. Sollte es dem
Verfasser gegenwärtigen Werks geglückt seyn, den interessanten Gegenstand
der Musik -Wissenschaft in durchaus fasslicher Sprache vorgetragen zu haben,
so würde er jede darauf verwendete Bemühung reichlich vergolten erachten.
Eine Schwierigkeit mufs indefs Jeder erfahren, der sich über ähnliche
Gegenstände schriftlich aufsert. — Bei mündlicher Lehrmethode ist der
Lehrer in den Stand gesetzt, seinen Vortrag sowohl, wie die erläuternden
Beispiele, der Fassungskraft und den Fähigkeiten seiner Schüler gemafs
einzurichten; bei schriftlicher Mittheilung hingegen ist er dieses Vortheils
beraubt, und mufs sich für alle seine Leser ein und desselben Ausdrucks
bedienen; es kann daher bei möglichst angewandter Sorgfalt dennoch der
Fall eintreten, dafs er von dem Einen grofser Weitläufigkeit beschuldigt,
und von dem Andern wegen seiner Kürze getadelt wird.
Das System des Verfassers umfafst drei verschiedene Zweige, — ,..die
Kunst, das Pianoforte zu spielen' (zu dem ersten Elementar -Unterricht
hierin, ward der Chiroplast erfunden) — „die Harmonie und Composition",
und — ,,das Eigentümliche der Lehrmethode im Unterrichte selbst."
Ueber Erstere ist dem Publikum bereits die Ansicht des Autors vorgelegt
in der „Anleitung zum Pianofortespielen" Buch 1, 2 und Fortsetzung. *)
*) Note des Herausgebers. — Der Grad der Zufriedenheit, mit welchem Herrn Lo-
giers Elementar -Werke aufgenommen, ist am besten aus der einfachen Thatsache zu ersehen,
dafs gegen 70000 Exemplare allein in dem Königreich Grofsbrittanien verkauft worden.
IV
Einleitung
&•
Es war seine Absicht, die noch bleibenden zwei Theile in diesem
Werke zu verbinden; allein bei reiferer Ueberlegung und nach dem Rathe
mehrerer Freunde, zu deren Urtheil er ein unbedingtes Vertrauen hatte,
wurden beide Gegenstände getrennt, und der letzte unter dem Titel : „Hand-
buch" zur Benutzung für diejenigen herausgegeben, die mit der Methode
des Unterrichts naher bekannt zu werden beabsichtigen; sie werden finden,
dafs die darin enthaltenen Anweisungen sich dem in den Akademien an-
genommenen mündlichen Vortrage so viel als möglich nähern.
Gegenwärtiges Werk mufs, diesem zufolge, nur als auf Musik als
Wissenschaft sich beziehend, angesehn werden, und als Anweisung, wie
diese Wissenschaft auf praktische Composition anzuwenden.
Es ist keine Art der Vorkenntnifs erforderlich, um mit diesem Werke
das Studium der Musik -Wissenschaft begännen zu können, als die Bekannt-
Schaft mit den ersten einleitenden Gegenständen, welche im ersten Buche
der „Anleitung" bereits erklärt sind, sich auch in jedem gewöhnlichen Lehr-
buche finden; als da sind Liniensystem, Vorzeichnung, Eintheilung u. s. w.
Eben so wenig ist es nothwendig, dafs, wie man gewöhnlich annimmt,
der Schüler mit besonderer Fähigkeit und grofsem Talente für Musik be-
gabt seyn müsse. Alle Regeln ■ entspringen von Anfang an so natürlich
wie folgerecht eine aus der andern, dafs sie der Fassungskraft des selbst
geistesschwachen Kindes verständlich werden, und auch dieses wird bei
ihrer Anwendeung stets angenehme Effekte durch richtige Harmonie her-
vor bringen.
Es wird vor dem Durchlesen des Werks nicht ohne Interesse seyn,
die allgemeine Uebersicht des Plans zu erhalten, den der Verfasser da-
bei befolgt.
Zuerst wird (Seite 1) der Schüler mit der diatonischen Tonleiter
bekannt gemacht; — nach der bisher üblichen Methode sollte der Unter-
richt mit den verschiedenen Intervallen und ihren Abänderungen in grofse,
übermäfsige, kleine und verminderte, beginnen, so wie mit der Lehre der
dur-, moll- und unvollkommenen Akkorde — welches aber mehr dazu
geeignet scheint, den Gegenstand zu verwirren, als aufzuklären. Sodann
folgt (5) die Belehrung, wie die zu einer Tonart gehörigen Kreutze und Been
auf eine leichte Weise zu finden, und dem Gedächtnisse fest einzuprä-
gen sind. Nachdem (12) der Dreiklang gebildet, wird (16) die bestimmte
R.egel gegeben, nach welcher zu einfacher Melodie der Bass zu setzen ist.
Durch Hinzufügung der Dreiklänge (20)? entsteht eine liebliche natürliche
E i u 1 e i t u
n
Harmonie, welche in der ersten Zeit nie verfehlt, ein Interesse zu erwek-
ken, dafs durch die Bildung der Variationen (27) noch gesteigert wird.
Die, durch die drei Grundbässe hervorgebrachte, Harmonie besteht
allein aus Dreiklängen, und bereitet das Ohr auf die Verschiedenheit der
Wirkungen, welche unmittelbar folgen, angenehm vor.
Das Vermeiden der aufeinander folgenden Quinten und Oktaven (21)
führt ein neues Intervall, die Hauptseptime, ein; hiedurch entsteht der Haupt-
septimen-Akkord, dessen Auflösung unmittelbar folgt. (29 bis 33) Die
Harmonie erhält einen höhern Grad von Interesse, da die Hauptseptime,
welche bisher allein auf der 7ten Stufe der Tonleiter erschien, nun auch
in andere Lagen eingeführt wird (37)- Melodien werden mit hinzugefüg-
ter Septime in Harmonien ausgesetzt, und dadurch neue Wirkungen her-
vorgebracht (38)- Die einfachen Regeln, nach welchen einige Intervallen
der Tonleiter, ohne irgend einen Zusatz zu der Zahl der Basse, verschie-
dentlich begleitet werden können (41 bis 47)? smd berechnet, einen wei-
teren Spielraum zu geben. Ein neues ausgedehnteres Feld eröffnet sich
dem Schüler, indem er mit der Modulation bekannt gemacht wird (ßO)-
Bei der Einführung in diesem wichtigen Theile der Harmonie ist dem
Schüler die ursprüngliche Quelle, aus welcher die Grundsätze der diatoni-
schen Tonleiter entspringen, gezeigt (54)-
Der Verfasser hat es nicht für nothwendig erachtet, eine Abhandlung
über die Akustik zu schreiben, da dieser Gegenstand hinreichend von meh-
reren berühmten Autoren bearbeitet ist. Sich selbst hat er indefs genug-
sam von Allem überzeugt, was der Erklärung und Aufstellung der Regeln
zum Grunde liegt, auf welchen sein System beruht.
Zunächst wird nun der Schüler mit den Dissonanzen bekannt gemacht,
(70) diese geben der Harmonie einen höhern Grad von Licht und Schat-
ten, welcher schon mit Einführung der Hauptseptime fühlbar ward.
Bis hieher waren alle Ausarbeitungen nur mit Grundbässen begleitet,
gegenwärtig soll der Bass aus den Intervallen der Akkorde entnommen
werden (82 bis H0)5 und Theil erbalten an der allgemeinen Abwechse-
lung und Vertauschung des Charakters der Stimmen; hiedurch können nun
alle vier Stimmen sich in fliefsender angenehmer Melodie bewegen (125)-
Doppelter Contrapunkt ist auch, durch ein ganz einfaches Verfahren, im
Alt und Tenor hervorgebracht; neue und auffallende Wirkungen sind die
Folge (132).
Bis zu diesem Punkte ist das Werk vorgeschritten ohne Abweichung
vi Einleitung.
von den uns durch die Natur, in der Schwingung der Saite, vorgeschrie-
benen Grundgesetzen; der Schüler ist jetzt vorbereitet und fähig, der Ein-
führung dessen, was wir mehr der Kunst verdanken, zu folgen. Die be-
deutendste Abweichung von dem bisher gefolgten Pfade findet sich in der
Molltonleiter (136)»' die angenehme Abwechselung, welche in der Verbin-
dung der Moll- und Dur -Akkorde liegt, verbunden mit der Erscheinung
eines neuen Akkords, des Akkords der kleinen None mit seinen vier Ver-
setzungen, giebt der nun folgenden Harmonie einen eigenen, auffallenden
Charakter (139 °is 152)- Der gröfste Theil der bisher angewandten Me-
lodien, kann mit neuen Harmonien begleitet werden, sobald die Vorzeich-
nung aus dur in moll umgeändert wird, und viele schöne effektvolle Mo-
dulationen werden aus dem Akkorde der kleinen None entspringen.
Die nun folgende Modulation vermittelst der Intervallen der Melo-
dien eröffnet ein noch weiteres Feld neuer Combination und Wirkung
der Harmonie; es darf behauptet werden, dafs die Regeln hierüber einen
unendlichen Reichthum musikalischer Schönheit nnd Abwechselung enthal-
ten (152 bis 165)- Seite Ißß ist der Akkord der grofsen Sechste, und
Seite 169 der zusammengesetzte grofse Sechsten -Akkord eingeführt; durch
beide werden die Mittel, auffallende Wirkungen hervorzubringen, noch be-
deutend vermehrt, wie aus den zunächst folgenden Moll -Themas zu erse-
hen ist.
Nachdem der Schüler nun belehrt worden, wie die Melodie im Alt
und Tenor verlegt, zu bearbeiten (ISO)? wird gezeigt, wie die Melodie
mit Harmonien zu begleiten, wenn sie im Bass gestellt ist; dies wird
hauptsächlich von grofsem Nutzen für diejenigen seyn, welche wünschen,
sich eine Fertigkeit im Spielen der bezifferten Bässe zu verschaffen.
Nun sind wir zu einem neuen bedeutenden Theile des Gegenstandes
gelangt; den durchgehenden und Hülfs -Noten (auch Verschönerungsnoten
genannt) und den Nebenharmonien (189)- Werden diese Noten zu den
einfachen Noten der Melodie hinzugefügt, so fängt damit ein höherer Grad
der verfeinernden Kunst an; zur Uebune hierin können frühere Bei-
spiele wieder mit Wirkung benutzt werden. Der Schüler wird nun (208)
unterwiesen, wie er seine bisher erworbenen Kenntnisse anzuwenden habe,
um Variationen für das Pianoforte zu schreiben, welches als höchst beleh-
rende uud angenehme Uebung anzusehen ist.
Die Akkorde der Eilfte und Dreizehnte sind erklärt, und beide wer-
Einleitung. vu
den demnach, in Aufgaben für das Pianoforte eingerichtet, angewendet
(218 bis 225)-
Die Veränderungen der Kadenz, welche nun vom Beispiele 276 an
folgen, die Fortschreitungen der Harmonien Beisp. 326» so yyie die Ver-
meidung der Quinten und Oktaven Beisp. 227» scheinen aufser Verbindung
mit den bisherigen Lehrsätzen; — sie mögen deshalb als gesonderte Theile
der Abhandlung betrachtet werden, die nur hinzugefügt wurden, weil es
die Gelegenheit ergab.
Modulation, dieser interressante, auf so vielfache Weise in diesem Werke
abgehandelte Gegenstand, wird nun in den Beispielen 295 bis 304 mit
der zweifelhaften, betrü glichen und zurückhaltenden Modulation beschlossen.
So auffallend auch die Behauptung erscheinen mag, so wahr ist sie
dennoch, dafs alle Verschiedenheit der Harmonie, welche bis jetzt hervor-
gebracht wurde, ihren Ursprung allein in den zwei Grundbässen, Tonika und
Dominant, hatte. (Beisp. 64 *)• Der Schüler mufs jedoch nun auch mit
Bässen bekannt gemacht werden, die nicht in der Schwingung der Saite
beruhen, und durch deren Einführung die Harmonie der Tonleiter einen
Grad von Abänderung erleidet. Mit Hülfe dieser Bässe ist der Schüler in
den Stand gesetzt, die Einförmigkeit des Eindrucks zu vermeiden, der be-
sonders in der Durtonart liegt (Beisp. 305)-
Sequenzen von Septimen folgen nun, diese grofse Quelle, aus welcher
die älteren Kirchen- Componisten ihre Thema für Fuge und Imitation schöpf-
ten. Diese Sequenzen machen den Eindruck des Kühnen, Erhabenen, und
da sie aller Modulation grade entgegen stehen, so ist ihre Anwendung auf
starke Effecte berechnet; jedoch wollen sie verständig, mit sanfterer Har-
monie untermischt, eingeführt werden.
Als Vorbereitung zur Bildung der Melodie, wird der Schüler in den
Beispielen 332 bis 360 mit der verschiedenen Beschaffenheit der Zeitmaafse,
so wie mit Rhythmus und musikalischem Periodenbau, bekannt gemacht.
Ein einfaches Verfahren beim Entwurf der Grundlage einer Melodie
wird im Beisp. 3ßl angegeben. Die Beispiele bis 378 werden hinreichend
sein, um die vielen Hülfsmittel der Kunst hierbei darzuthun. Jetzt bietet
sich in Wahrheit dem Schüler eine unerschöpfliche Quelle der reichsten
Mannichfaltigkeit dar.
Bemerkungen über die Werke älterer und neuerer Componisten, wo-
*) Der Subdominant ist in der That nur Tonika einer eigenen Tonleiter (Beisp. 67.)
vin Einleitung.
durch die grofse Schönheit und Vortrefflichkeit dieser Compositionen, so-
wohl in Hinsicht ihrer freien Erfindung, als ihrer eigenthümlichen Behand-
lung des Gegenstandes, anschaulich gemacht und erklärt werden, machen
den Schlufs.
Indem der Autor dieses Werk dem Publikum übergiebt, will er sich
keinesweges die Erfindung neuer Grundsätze der Harmonie anmafsen *),
sein Bestreben war allein dahin gerichtet, eine einfache und gründliche
Methode, zum leichteren Verstehen der bisher befolgten Grundsätze, und
zur wirksameren Anwendung derselben, zu entwickeln.
Die Folge, in welcher der Verfasser seit so vielen Jahren die Musik-
Wissenschaft vorgetragen, ist hier getreu beobachtet, und da ein einziges
Beispiel oft vortheilhafter wirkt, als viele Seiten weitläuftiger Auseinander-
setzung, so hat er diese zur Erläuterung seines Gegenstandes nicht gespart.
Dafs der Verfasser die Schriften früherer Autoren über denselben »Ge-
genstand nicht angeführt hat, ist in Wahrheit nicht dem Mangel der Ach-
tung für dieselben zuzuschreiben, der Leser wird finden, dafs es bei dem
Plan dieses Werks nicht zulässig war.
Zum Schlufs sei ihm die Bemerkung erlaubt, dafs er nicht die Absicht
hatte, als Schriftsteller sich durch Eleganz der Schreibart geltend zu machen,
die auch mit der Natur des behandelten Gegenstandes wenig vereinbar
gewesen wäre; sein einziger Zweck war, seine Gedanken in einfacher und
verständlicher Sprache niederzulegen, um denjenigen, welche die Wissen-
schaft der Musik zu erlernen wünschen, nützlich zu werden.
Möge das Publikum sein Werk gütig aufnehmen, und seinen Bestre-
bungen Gerechtigkeit widerfahren lassen.
*) Wie dies aus seinen „theoretisch -praktischen Studien" zu ersehen ist, worin die Werke
älterer und neuerer Meister, den angeführten Grundsätzen gemäfs, zergliedert sind.
I n h
1 t.
Belsp
1.
10.
12.
14.
18.
19.
20.
21.
26.
2S.
29.
30.
31.
31.
32.
33.
35.
37.
39.
42.
44.
47.
49.
53.
55.
58.
59.
Einleitung.
Die diatonische Tonleiter.
Chromatische Tonleiter.
Zahl und Ordnung der Kreuze,
sodann der Been, wie sie in jeder Tonart
erforderlich.
Leichte Methode, sie im Gedächtnifs zu
behalten.
Enharmonische Verwechselung der Ton-
leiter.
Q uinten - Zirkel.
Bildung des Dreiklangs.
Bass des Dreiklangs.
Die drei Lagen des Dreiklangs.
Melodie und Harmonie.
Grundbässe der Tonleiter.
Vorzeichnung.
Grundbässe zu einer Melodie.
Akkorde zu den Grundbässen.
Harmonie in vier Stimmen ausgesetzt.
Quinten- und Oktavenfolge erklärt.
Vermeidung der Oktavenfolge.
Vermeidung der Quintenfolge.
Hauptseptime.
Auflösung des Akkords der Hauptseptime.
Zergliederung des Dreiklangs.
Variationen zu einer in Harmonie gesetz-
ten Melodie.
Bassbezifferung.
Auflösung des Septimen - Akkords.
Kreisfolge von Dominant -Akkorden.
Harmonie in vier Stimmen.
Einführung der Hauptseptime in der Har-
monie.
Zweite Piegel für Begleitung der Tonleiter.
Dritte — — — — —
Vierte — — — — —
Charakteristik der vier Stimmen der Har-
monie.
Grofser und kleiner Dreiklang.
durch alle Dur - und
Beisp.
61. Fortschreitungen
Moll -Töne.
62. Figurirung einer Melodie.
Ursprung der Harmonie.
63. Mitklingende Töne.
64. Tonleiter aus den mitklingenden Tönen.
66. Tonleiter aus drei Tönen.
67. Fortsetzung dieser Tonleiter.
68. Prüfung der diatonischen Tonleiter.
69. Harmonische Fortschreitung.
70. Modulation.
71. Modulation vermittelst der Intervallen des
Akkords.
75. Modulation vermittelst eingeschobener Do-
minant - Akkorde.
76. Modulation durch ganze Töne.
79. Nutzen des enharmonischen Tonwechsels.
80. Modulation vermittelst der erniedrigten
Terz.
81. Modulation durch steigende halbe Töne.
82. Modulation durch die Quinte des Domi-
nants.
83. Modulation nach der grofsen und kleinen
Terz aufwärts.
85. Modulation nach dem halben Ton abwärts.
S6. — nach der grofsen Quarte aufwärts.
88. Anweisung, kleine Variationen aus dem
Stegereife zu bilden.
89. Consonanz und Dissonanz.
90. Dissonanzen.
93. Vorbereitung der Dissonanzen und ihre
Auflösung.
94. Die Quarte als Vorhalt der Terz.
95. Die None als Vorhalt der Oktave.
96. Die steigende Tonleiter mit Dissonanzen.
98. Die fallende — — —
99. Die Septime hinzugefügt.
101. Verbundene Dissonanzen.
102. Anwendung der verbundenen Dissonanzen.
103. Die Einführung der Dissonanz durch die
Fortschreitung des Basses geregelt.
Inhalt.
Beisp.
106. Der aus den Intervallen der Akkorde
entnommene Bass.
107. Bezifferung dieses Basses.
108. Modulation, vermittelst der ersten Ver-
setzung des Dominant-Akkords.
111. Modulation, vermittelst der zweiten Ver-
setzung des Dominant-Akkords.
112. Modulation, vermittelst der dritten Ver-
setzung des Dominant-Akkords.
1 14. Freiheit bei figurirter Ausführung.
115. Schlußformel oder Kadenz.
117. Akkord der hinzugefügten oder addirten
Sechste.
Anleitung, Aufgaben zu entwerfen.
119. Uebung mit Kadenzen.
120. Veränderung des Takts eines Uebungs-
stücks.
121. Verschiedene Begleitung auf demselben
Bass.
122. Einführung der Dissonanzen in die Mo-
dulation.
Die Bezifferung der Basse bei Disso-
nanzen.
124. Ueber die Auswahl der Basse.
125. Erste Regel hierüber.
126. Zweite Regel hierüber.
127. Dritte und vierte Regel.
12S. Vertauschung der Intervallen.
130. Freie Einführung der Septime.
131. Steigende Tonleiter mit den aus denlnter-
vallen entnommenen Bässen begleitet.
132. Verdoppelung der Intervallen eines Ak-
kords.
134. Tonleiter mit Dissonanzen.
140. Beispiele.
143. Verschiedenheit der Wirkung.
149. Ausgedehnte Harmonie.
Doppelter Contrapunkt.
152. Theilweise Ausdehnung der Harmonie-
Verwandte Molltonart.
154. Mollionleiter.
158. Akkord der kleinen None.
160. Die None. Vorbereitung der Sechste.
162. Versetzungen des kleinen Nonen-Akkords.
167. Auflösung der kleinen None auf demsel-
ben Bass.
170. Modulation vermittelst des kleinen No-
nen-Akkords.
Beisp.
171.
172.
173.
175.
177.
ISO.
181.
183.
186.
188.
190.
197.
202.
205.
208.
210.
212.
215.
218.
219.
220.
233.
237.
241.
244.
245.
247.
250-
254.
255.
257.
258.
262.
267.
270.
273.
275.
Uebungen in Variationsformen.
Die Sechste der Tonleiter fallend.
Molltonleitern mit Harmonien begleitet.
Moll -Thema.
Modulation vermittelst der Intervallen ei-
ner Melodie.
Erste Regel hierüber.
Zweite — —
Dritte — —
Vierte — —
Fünfte — —
Sechste — —
Akkord der grofsen Sechste.
Zusammengesetzter grofser Sechsten -Ak-
kord.
Einführung dieser Akkorde in dem Moll-
Thema.
Das Kreuzen der Stimmen.
Die verschiedene Schreibart der Moll-
Tonleiter.
Grofse None.
Die Melodie im Alt gelegt.
Die Melodie im Tenor gelegt.
Die Melodie im Bass gelegt.
Uebungen mit bezifferter und unbeziffcr-
ter Bass -Melodie.
Durchgehende Noten.
Accentuirte und unaccentuirte durchge-
hende Noten.
Durchgehende Noten, als Noten der Me-
lodie benutzt.
Hülfsnoten.
Nachahmungen (Imitationen).
Ausgedehnte, durchgehende und Hülfs-
noten.
Nebenharmonien.
Nebenharmonien mit durchgehenden und
Hülfsnoten.
Nebenharmonien mit Dissonanzen.
Ein für das Pianoforte geschriebenes Bei-
spiel.
Variationen mit Verschönerungsnoten.
Steigende Dissonanzen oder Retardationen.
Der Akkord von der Ute.
Vorbereitet und unvorbereitet..
Der Akkord von der 13te.
Die Akkorde der Ute und 13te ange-
wendet.
Inhalt.
XI
Eeisp.
276. Verschiedene Kadenzen.
280. Die Anwendung dieser verschiedenen Ka-
denzen.
2S1. Die unvollkommene Kadenz.
282. Die falsche Kadenz.
286. Die unterbrochene Kadenz.
287. Die unregelmäfsige Kadenz.
288. Die aufgehaltene Kadenz.
289. Die grofse Kadenz.
290. Der zweifelhafte Akkord.
29i. Zweifelhafte Modulation.
293. Zweifelhafte Modulation durch den zu-
sammengesetzten grofsen Sechsten-Akkord.
295. Betrügliche Modulation.
299. Zurückhaltende Modulation.
302. Modulation mit steigender chromatischer
Tonleiter im Bass.
303. Modulation mit fallender chromatischer
Tonleiter im Bass.
304. Vermischte Modulation.
305- Modificirte Bässe.
311. Sequenzen von Septimen.
318. Wie zu entdecken, ob eine Melodie Se-
quenzen zuläfst.
319. Uebung an einer Bass -Melodie.
320. Dieselbe Melodie verschieden behandelt.
323. Sequenzen von Sechsten, die 5 — 6 u. 7 — 6.
Beisp.
326. Drei Fortschreitungen der Harmonie.
327. Quinten- und Oktavenfolgen.
328. Versteckte Quinten- und Oktavenfolgen.
332. Vorbereitung zur Bildung der Melodie,
333. Accente.
334. Die verschiedenen Zeitmaafse.
344. Rhythmus.
345. Die Bildung der Perioden.
347. Die halben Perioden.
349. Der Einschnitt.
356. Unregelmäfsiger Periodenbau.
361. Entwurf einer Melodie.
362. — mit Grundbass.
363. — mit ausgewähltem Bass.
364. — einer Melodie im Sopran.
365. — mit vierstimmiger Harmonie.
366. Verändertes Zeitmaafs.
367. Die Tonart in Moll verändert.
369. Mit durchgehenden Noten.
371. Mit neuen Bässen.
372. Der Grundrifs anders ausgefüllt.
373. Mehrere Umrisse.
377. Ausdehnung der Melodie.
378. Daraus entstehende Imitationen.
380. Strenger und freier Styl.
Erklärungen.
Druckfehler.
Beispiel 62 steht Takt 3 im Alt a, Takt 4 f, statt dessen soll Takt 3 im Alt g, und Takt 4, a stehen
— 99 -
110
121
135
146
147
152
185
189
- 3 - - e, und im Tenor c, st. d. soll im Alt c, im Tenor a stehen.
6, im Bass c, st. d. soll im Bass eis stehen.
- 6 in der Melodie (Zeile c) h, a, a, st. d. soll in der Melodie (Zeile c)
d, c, c stehen.
- 4 im Disc. die 2te halbe Note g, st. d. soll im Disc. die 2te halbe Note e sein,
im Auftakt im Discant e, st. d. soll im Discant die erste Note d sein.
Takt 3 der Grundbass c, st. d. soll der Grundbass a stehen.
5 im Tenor g, im Bass e, st. d. soll im Tenor h und im Bass
1 das 4te Viertel im Tenor e, st. d. soll im Tenor f sein.
3 das 2te Viertel im Bass a, st. d. soll das 2te Viertel h sein.
Auch steht Seite 133 Zeile 3, Quinte und Quarte, — soll heifsen Quarte und Quinte.
stehen.
Verzeichnis der von dem Verfasser dieses Systems in Beziehung auf dasselbe
und seine Methode des Unterrichts im Klavierspiel herausgegebenen Werke.
System der Musikwissenschaft und des musika-
lischen Unterrichts. Buch I. Enthält die Be-
schreibung der Erfindung des Chiroplast's,
dessen Nutzen und Gebrauch mit einer An-
zahl Lektionen, -welche für die Fähigkeiten
der jüngsten Schüler fortschreitend angewandt
werden.
Dasselbe Werk. Buch II. Enthält eine Anzahl
fortschreitender Lektionen verschiedenenStyls,
auf die Lektionen des Ersten Buches ange-
wandt, und so eingerichtet, dafs sie zugleich
mit denen des vorigen Buches zusammen ge-
spielt werden können.
Dasselbe Werk. Buch III. Enthält eine Anzahl
fortschreitender neuer Lektionen, welche de-
nen des Ersten Buches gleich, aber haupt-
sächlich in Molltonarten geschrieben sind.
Es dient dazu, die Schüler mit den Wirkun-
gen, welche durch die musikalischen Zeichen
und Kunstausdrücke hervorgebracht werden,
bekannt zu machen. Die diatonische Ton-
leiter jeder Tonart in dur und moll, auf-
und abwärts, nebst chromatischer Tonleiter
einfach und in Oktaven.
Dasselbe Werk. Buch IV". Bestehend aus Lektio-
nen, welche mit denen des dritten zusammen-
gespielt, oder einzeln betrachtet werden kön-
nen. Es erläutert den verschiedenartigen Sinn
der Variationen, welche über gegebene Har-
monien des dritten Buches gemacht sind.
Vier und dreifsig kleine Lektionen f. d. Piano-
forte, als Begleit, des I. und III. Buches des
Systems des musikalischen Unterrichts, wel-
che auch als quatre mains gespielt werden
können.
Theoretisch praktische Studien für das Piano-
forte, enthaltend eine Anzahl von Werken
berühmter klassischer Componisten alter und
neuer Zeit, die mittelst der untergelegten
Grund- und umgekehrten Bässe zergliedert
und mit der Fingersetzung durchaus bezeich-
net sind, als Fortsetzung des Systems des mu-
sikalischen Unterrichts. 14 Bücher.
Davon enthalten:
Buch I. II. Corelli 2 Concerto. I, D dur.
II, G moll.
— III. Händeis Occasional - Ouvertüre.
D dur.
— IV. Händeis Ouvertüre zu Esther. Bdur.
— V. VI. Haydns Symphonien in D.
— * VII. Mozart's Ouvertüre zur Zauber-
flöte. Es dur.
Buch *VIII. Desselben Ouvertüre zu Fiearo
D dur.
— *IX. Clementi's Sonate in D.
— *X. Scarlatti, Katzfuge. G moll.
— XI. XII. Beethovens Trio für 2 Klaviere
arrangirt in Es.
— XIII. XIV. Kalkbrenner, 2 Sonaten in
C. mit besonderer Begleitung und be-
ziffertem Bass.
Uebungen f. d. Pianoforte durch alle Tonarten
und Modulationen, als Vorbereitung zu den
Cramer'schen und Kalkbrenner'schen Studien,
hauptsächlich für diejenigen, welche von Na-
tur schwache oder ungeschickte Finger haben,
und dennoch eine Fertigkeit im Pianoforte-
spiel erlangen wollen; dem Fräulein Ouse-
ley gewidmet.
Pieces militaires a 4 mains Cah. I. dediees ä.
Lady Flora Hastings. Op. 20.
Pieces militaires, Cah. II. Op. 21. dediees a
Lady Emily et Mary Paget.
Trio No. i in Es pour ß mains et 2 Pianofor-
tes. Op. 16. Dediee a Madam la Marqnise
d'Anglesea.
Trio No. II. in A pour 6 mains et 2 Piano-
fortes. Üuvre 17. Dediee ä Monsieur le
Major P. Hawker. Die Solo's der dritten
Stimme sind mit kleinerer Notenschrift in den
beiden ersten Stimmen angedeutet, so dafs
beide Trio's auch vierhändig ausgeführt wer-
den können.)
Grand Concert in Es pour le Pianoforte avec
Accompagn. d'un grand Orchester. Oeuvre 13.
Dedie a Son Altesse Pioyale Monseigneur le
Prince Piegent d' Angleterre.
Dasselbe in der Klavierstimme allein.
Leichte Sonate in D, mit Thema und Varia-
tionen und Flötebegleitung. Oeuvr.e 8.
Introduction fugue et 2 Canons a 4 mains.
Oeuvre 18. Dediees ä Son Altesse Monseig-
neur le Prince Antoine Badziwil.
Introduction et grande Marche pour le Piano-
forte a 4 mains. Dediees ä Lady Georgiana
et Lady Agnes Paget.
Grande Sonate in C moll pour le Pianoforte a
4 mains. Dediee asaMajesteleRoi de Prusse.
Admiral Benbow. Eine englische Arie mit Va-
riationen fürs Pianoforte.
Sonatine in B für das Pianoforte.
Sonate mit Begleitung der Flöte. Op. 7. in B dur.
Vorstehende Werke, wie auch der Chiroplast, sind in der Buchhandlung von W. Logier in Berlin
zu bekommen.
I .
■
-
Theorie
der
musikalischen Romposition.
Die Tonleiter, oder das musikalische Alphabet.
JVL
usik ist als eine Sprache anzusehen, deren Alphabet nur aus sieben Tö-
nen besteht, durch deren verschiedene Kombinationen alle musikalischen Wir-
kungen hervorgebracht werden. Wenn man diese sieben Töne in folgender
Ordnung zusammenstellt, so heifsen sie
Tonleiter.
Beispiel 1.
-ö-
:Oi
_^_0_ _____ _,
c P E
Der achte Ton (die Octave) hat denselben Namen wie der erste, und
ist als eine blofse Wiederholung desselben anzusehen. Auf gleiche Weise würde,
wenn wir immer höher in der Tonleiter hinaufstiegen, der neunte Ton eine
Wiederholung des zweiten, der zehnte eine Wiederholung des dritten —
und so könnten wir das musikalische Alphabet immer weiter wiederholen.
Dies wird vielleicht klarer eingesehen, wenn wir bedenken, dafs wir auch
im Buchstaben -Alphabet jeden Buchstaben, er mag grofs oder klein, A, A, a
oder a geschrieben sein, als Zeichen ein und desselben Lautes betrachten; so
ist im nachfolgenden Beispiel geschehen, in welchem die Noten die weifsen
(Unter-) Tasten auf dem Fortepiano bezeichnen.
[i]
2
Die Tonleiter.
Fortlaufende Wiederholung der ersten sieben Töne.
C^SS»
Untersuchen wir jetzt das erste Beispiel genauer, das den Namen
diatonische Tonleiter
führt.
Wenn wir die Tasten auf dem Fortepiano betrachten, so stofsen wir zwi-
schen dem ersten Tone, C, und dem zweiten, D, auf eine schwarze (Ober-)
Taste, welche Cis genannt wird.
Wir wollen nun C—D einen ganzen Ton nennen, weil Cis zwischen
ihnen in der Mitte liegt.
D — E bildet ebenfalls einen ganzen Ton; denn zwischen ihnen steht Dis.
E — F bildet nur einen halben Ton, denn es findet sich zwischen beiden
keine Taste.
F — G ist ein ganzer Ton —
und so die folgenden, aufser H — C, das nur einen halben Ton ausmacht.
Um dies anschaulich zu machen, wollen wir noch einmal die Tonleiter
niederschreiben und, wo wir einen ganzen Ton finden, den dazwischen liegen-
den einfügen; dies stellt sich in der untern Zeile des folgenden Beispiels dar,
welche die aufsteigende chromatische Tonleiter enthält.
3
ü
S
:0~
iS^O:
:0=30:
W=sä=o=9ä=M
Wollte man unsere Erklärung haben: „was ist die diatonische Tonleiter?"
so würden wir sie so beschreiben: —
Diatonische Tonleiter. 8
Die diatonische Tonleiter besteht aus sieben Tönen und einem
achten* welcher nichts anders, als die Wiederholung des ersten ist.
Diese Töne folgen einander in Schritten von ganzen und halben
Tönen und die letztern finden wir vom dritten zum vierten * und
vom siebenten zum achten Tone.
Auf gleiche Weise werden alle diatonischen Tonleitern gebildet, von wel-
chem Tone sie auch anfangen mögen.
Setzen wir einmal den Fall, die Tonleiter finge bei D an.
:J2_
_. _. . . . ;■ .
4.
-o — © — °:
Wenn wir die Tasten auf dem Pianoforte betrachten, so sehen wir, dafs
in der obigen Tonleiter, wie sie hier dargestellt ist, die halben Töne nicht
da vorkommen, wo sie sollten, um mit der Regel und dem obigen Vorbilde
übereinzustimmen. Wir finden sie hier in dem Schritte vom zweiten zum
dritten und vom sechsten zum siebenten Tone, wie die Bogen zeigen.
Es ist daher nöthig, F und C um einen halben Ton zu erhöhen, indem wir
jedem dieser Töne ein Erhöhungszeichen, ein Kreuz (#) vorsetzen. Durch diese
Berichtigung erhalten wir
Die diatonische Tonleiter von D.
■-$
:#0=©=E°£
-IfO:
-o — e
E — F war zuvor (im vierten Beispiele) nur ein halber Ton. Allein vom
zweiten zum dritten Tone der Tonleiter soll ein Schritt von einem
ganzen Tone sein. Indem wir deshalb dem F ein Kreuz vorsetzen und es
um einen halben Ton erhöhen, haben wir in E — Fis einen ganzen Ton ge-
wonnen, und dieser Theil der Tonleiter ist nun berichtigt.
Bei H — C begegnen wir demselben Umstände und behandeln ihn genau in
derselben Manier.
Nun begreift sich, warum in der Tonleiter von D zwei Kreuze gebraucht
werden.
Sie sind nöthig um die ordentliche Folge und Vorzeichnung der
diatonischen Tonleiter zu erhalten.
[1*]
4 Tonart.
Auf die hier beschriebene Weise mufs der Schüler in der richtigen Bildung
der Tonleitern fortfahren, von G* As E und H anfangend, von denen jede
eine verschiedene Anzahl von Kreuzen erfodern wird.
Der erste Ton in jeder Tonart keifst Grundton.
So ist im letzten Beispiele D der Grundton, und alle übrigen Töne dieser
Tonart werden nach dem Anfangstone D bestimmt.
Wenn wir bei der Lehre von der diatonischen Tonleiter auf das dritte
Beispiel zurückkehren, so werden wir finden, dafs die untere Zeile desselben
zwölf Töne *) (mit Ausschlufs des letzten, der nur eine Wiederholung des er-
sten ist) enthält.
Ein jeder dieser zwölf Töne kann als Anfangston zur Bildung einer andern
Tonleiter angewendet werden.
Wir wollen zum Beispiel Fis nehmen.
Von Fis zu G ist nur ein halber Ton; da aber das Gesetz der diatoni-
schen Tonleiter erfodert, dafs von ihrem ersten zum zweiten Ton ein Schritt
von einem ganzen Tone geschehe, so müssen wir G erhöhen, indem wir ein
Kreuz davorsetzen.
Aus demselben Grunde müssen wir auch vor Aj C, D und E Kreuze setzen.
Wir bemerken hier, dafs E durch seine Erhöhung um einen halben Ton
auf dem Fortepiano ein und derselbe Ton mit F**) wird; .Fmufs in dieser Ton-
leiter ebenfalls erhöht sein, wodurch wir denn das gehörige Intervall eines hal-
ben Tones vom siebenten zum achten Ton in der Tonleiter erhalten.
Dasselbe findet bei der Bildung der Tonleiter von Cis statt, wo man H
erhöht und damit denselben Ton bekommt, der auf dem Fortepiano C heifst.
Zur Uebung wollen wir noch weiter gehn und Tonleitern bilden, die Dop-
pelkreuze nöthig haben; zum Beispiel in der Tonleiter von Gis bedürfen wir
eines Doppelkreuzes vor F***). In der Tonleiter von Dis brauchen wir sowohl
vor F als C Doppelkreuze.
*) Diese Tonfolge, die in lauter Schritten von halben Tönen besteht, heifst chromatische
Tonleiter.
**) Dies nennt man enharmonischen Tonwechsel. Man sehe das zweite Beispiel.
***) Um jede Irrung zu vermeiden, wenn man zwei Kreuze schriebe, bedient man sich dieses
Zeichens (x) als Doppelkreuz.
Kreuze. S
Methode _, c?e/re Gedächtnisse die Zahl der Kreuze einzuprägen * welche
jeder Tonleiter gebühren.
Die stets gegenwärtige Erinnerung der Vorzeichnung, die eine jede Tonart
erfodert, wird allen weitern Fortschritten bedeutend förderlich werden.
Die folgende Methode, diesen Zweck nach Wunsch zu erreichen, wird hof-
fentlich um ihrer Einfachheit willen nicht weniger annehmlich sein; die Er-
fahrung hat bewiesen, dafs sie jede Schwierigkeit beseitigt, ja dafs sie vielmehr
ein Gegenstand angenehmer Unterhaltung selbst für Kinder ist.
Die linke Hand werde offen, mit der Flache gegen das Gesicht gehalten;
der Ellbogen soll den Namen C bekommen. Der Daumen oder
erste Finger soll G
zweite Finger - D
dritte Finger - A
vierte Finger - E
fünfte Finger - H heifsen.
Der fünfte' Finger der rechten Hand (um den Kreislauf zu vollenden), soll
F heilsen.
Indem wir den Daumen (G) allein emporhalten, werden wir erinnert, dafs
die Tonleiter von G nur ein Kreuz erfodert.
Halten wir den zweiten Finger (D) empor, ohne den Daumen zurückzu-
ziehen, so erinnern wir uns, dafs in der Todeiter von D zwei Kreuze sind.
Wenn der dritte Finger (A) mit emporgehalten wird, so sehen wir drei
Finger und die Tonleitet von A hat drei Kreuze.
Wieviel Kreuze sind in der Tonleiter von El Wir erheben den vierten
Finger; das macht mit den drei vorigen vier, und wir antworten: vier.
Wieviel Kreuze sind in der Tonleiter von Hl Fünf.
Die Reihenfolge _, in. der sich die Töne , welche Kreuze erfoder/ij in
jeder Tonleiter darbieten.
In dem oben für die Reihenfolge der Kreuze beschriebenen Kreis-
laufe durch die Finger, beginnen wir bei dem kleinen Finger der rechten Hand
(F), dann folgt der linke Ellbogen (C), dann der Daumen, der zweite, dritte,
vierte, fünfte Finger; zum Beispiele:
Wenn nur ein Kreuz nöthig ist, So mufs das Fis sein — der kleine Fin-
ger der rechten Hand.
6 Hinabsteigende Tonleiter.
Zwei Kreuze müssen Fis und Cis sein.
Die Tonleiter von A erfodert drei Kreuze, Fis, Cis und Gis.
Die Tonleiter von Fis hat sechs Kreuze, Fis, Cis, Gis, Dis, Ais 3 Eis.
So gehen wir rund im Kreise herum.
Setzen wir vor den Anfangston einer Tonleiter ein Kreuz, so fü-
gen wir den zu dieser Tonleiter gehörigen Kreuzen noch sieben zu ; zum Bei-
spiel, die Tonleiter von G hat ein Kreuz — die Tonleiter von Gis erfodert
deren sieben mehr, das heifst acht Kreuze *).
Nach der vorstehenden Methode, uns der zu jeder Tonleiter nöthigen Er-
höhungen zu erinnern, sind wir in den Stand gesetzt, die diatonischen Tonlei-
tern schneller zu bilden, indem wir die Kreuze zusetzen, wie sie sich selbst an
den Fingern darbieten, ohne dafs es einer Prüfung der Tonentfernungen bedarf.
Untersuchung der diatonischen hinabsteigenden Tonleiter.
Wir wollen jetzt die hinabsteigende Tonleiter von C hinschreiben und fort-
fahren, sie in derselben Weise zu untersuchen, wie die aufsteigende Tonleiter.
Von C zu H ist ein halber, von H zu A ein ganzer Ton, weil zwischen
beiden eine schwarze Taste liegt; diese schwarze Taste wird, da sie einen halben
Ton unter H liegt, das erniedrigte H (Hes oder B) genannt; dieselbe Taste hiefs
in der aufsteigenden Tonleiter Ais, da sie sich einen halben Ton über A fand.
Von A zu G ist ein ganzer Ton. Die schwarze Taste, welche wir zwi-
schen beiden Noten finden, heifst hier As und nicht Gis* wie vorher in der
aufsteigenden Tonleiter; und so verhält es sich mit dem Reste.
*) Da die diatonische Tonleiter nur sieben Töne enthält, so müssen einige derselben, wenn
mehr als sieben Kreuze angewendet werden sollen, deren zwei, oder (wie man es nennt) ein
Doppelkreuz bekommen. Die Doppelkreuze folgen in derselben Ordnung, wie die einfachen.
Zum Beispiel in der Tonleiter von D sind zwei Kreuze, Fis und Cis; in der Tonleiter von Dis
sind neun Kreuze, und die Töne, welche Doppelkreuze erfodern, sind F und C.
Erniedrungszeichen. 7
Aus dieser Untersuchung sehen wir die hinabsteigende chromatische Ton-
leiter entstehen, in welcher Erniedrigungszeichen (Bee, b) angewendet werden.
Mit Bezug auf das dritte Beispiel bemerken wir, dafs bei derselben Tonleiter
im Hinaufsteigen Kreuze angewendet worden waren.
Jeder Ton in der obigen hinabsteigenden chromatischen Tonleiter kann als
Anfangston angenommen werden. Nehmen wir z. B. das erniedrigte E (JS>).
-Q O °-
-%e-
Wie weit ist Es von i7 entfernt? Einen ganzen Ton.
Ist dies richtig? Ja.
Warum? Weil von dem ersten zum zweiten Tone der Tonleiter
ein ganzer Ton sein soll.
Von E zu G? Ein ganzer Ton.
Ist dies recht? Ja.
Von G zu A? Ein ganzer Ton. Das ist nicht recht, denn vom dritten
zum vierten Tone der Tonleiter soll nur ein halber Ton sein.
Wie sollen wir dies (G A) zu einem halben Ton vermindern? Dadurch,
dafs wir ein Erniedrigungszeichen vor A setzen; von G zu As ist nur ein hal-
ber Ton, und so ist es richtig — man sehe das folgende Beispiel.
Von As zu H? Das ist eine Entfernung von drei halben Tönen.
Was soll vom vierten zum fünften Tone der Tonleiter für ein Intervall
statt finden? Nur von zwei halben Tönen, oder, mit andern Worten, von
einem ganzen Tone.
Wie können wir dies (As* //,) auf einen ganzen Ton zurückbringen? In-
dem wir vor H ein Erniedrigungszeichen setzen. Von As zu Hes ist nun ein
ganzer Ton, und dies ist richtig.
Wie weit ist nun Hes von C? Einen ganzen Ton und dies ist recht.
Von C zu D? Dasselbe.
Von D zu E? Ein ganzer Ton. Dies ist unrichtig, denn von der sieben-
ten zur achten Stufe soll sich nur ein halber Ton finden.
Wie ist dies zu berichtigen? Dadurch, dafs wir vor E ein Erniedrigungs-
zeichen setzen; so bekommen wir denselben Ton, wie den eisten, und haben
die vollständige
Erniedrung-szeichen.
Tonleiter von Es.
s- ffi — "L :m ^—hä=^a — m
-feO — o
Wenn der entgegengesetzte Effekt der Erhöhungs- und Erniedrigungszei-
chen — als die Grundlage, auf der die diatonische Tonleiter gebaut ist — f klar
begriffen worden: so kann es unmöglich noch eine Schwierigkeit haben, auf
jedem gegebenen Anfangston eine Tonleiter zu errichten, und es wird eine
nützliche Uebung sein, Tonleitern zu achreiben, die Doppel -Erniedrigungen
(Doppelbee) erfodern. Zum Beispiel
, ^~ 8
i 7±==ss± tiprrjüm:
f " • " ^Ä^i^cg^^6^^
Warum ist das Doppel-Z? vor H gesetzt? Weil es nöthig war, //um zwei
halbe Töne zu erniedrigen; denn von As zu H sind drei halbe Töne und
von dem dritten zum vierten Tone der Tonleiter soll nur ein hal-
ber sein.
Methode j sich mittels der Finger die Erniedrigungszeichen zu merken,
die in jeder Tonleiter _, und die Ordnung y in der sie 'vorkommen.
Die Erniedrigungszeichen folgen in umgekehrter Ordnung, wie die Kreuze.
Bei dem Kreislaufe durch die Finger begannen wir vorher bei C (das wir
die natürliche Tonleiter nannten, weil es weder Erhöhungs- noch Erniedrigungs-
zeichen nöthig hat), schritten zuerst zum Daumen, G, fort, wo ein Kreuz nö-
thig ist, dann zum zweiten Finger D, mit zwei Kreuzen u. s. w.
Bei den Tonleitern mit Erniedrigungszeichen befolgen wir nun die umge-
kebrte Ordnung; wir beginnen, wie zuvor, mit C, gehen aber dann zuerst zu
dem fünften Finger der rechten Hand und sagen: F erfodert ein Erniedri-
gungszeichen. Dann kommen wir zum fünften Finger der linken Hand (H),
welches, weil es nun folgt, erniedrigt werden mufs. So bestimmen wir denn
für die Tonleiter von Hes zwei, für Es drei, für As vier, für Des fünf, für
Ges sechs und für Ces sieben Erniedrigungszeichen.
Bei dem Kreisläufe durch die Finger haben wir gefunden, dafs die erste
Note mit einem Kreuze F ist, der fünfte Finger der rechten Hand; die zweite
Note C, die dritte G u. s. w.
Die
En harmonischer Tonwechsel. 9
Die Reihenfolge der Erniedrigungszeichen fangen wir mit dem fünften Finger
der linken Hand (H) an.
Soll nur ein Ton erniedrigt werden, so mufs es H sein; sollen zwei er-
niedrigt werden, Hes und Es; drei, Hes, Es und As; und so fahren wir fort,
den Weg umgekehrt durch den Zirkel nehmend. Dies kann man so üben.
Wieviel Erniedrigungszeichen sind zu der Tonleiter von Des erforderlich?
Mau hebe den fünften Finger der rechten Hand auf; dann
- fünften
\> der linken Hand.
dritten
- zweiten (Z)) -
Diese fünf Finger zeigen an, dafs zu der Tonleiter von Des fünf Erniedrigun-
gen gehören.
Welche Töne werden erniedrigt? (Wir beginnen bei dem fünften Finger
der linken Hand, machen denselben Kreislauf und antworten:) Hes, Es, As,
Des und Ges.
Doppelbee werden in derselben Weise, wie Doppelkreuze, gefunden.
Die Tonleiter von F erfordert ein Erniedrigungszeichen;
Die Tonleiter von Fes bedarf deren sieben mehr, das heifst acht.
Die Tonleiter von Es erfordert drei Bee,
Die von Eses deren zehn.
Die erste Note also, die ein einfaches Erniedrigungszeichen hat, erhält
auch das erste doppelte; und in dieser Folge gehet es rings durch den Kreis
der Finger und Töne.
Enharmonischer Tonwechsel.
Man wird schon bei der Erläuterung der aufsteigenden (Seite 1.) und ab-
steigenden (S. 6.) diatonischen Tonleiter bemerkt haben, dafs jeder Ton auf
dem Pianoforte zwei verschiedene Benennungen führt; z. B. die schwarze Taste
zwischen G und A kann Gis genannt werden, weil sie einen halben Ton über
G liegt, und As, als halber Ton, unter A.
Dies nennt man enharmonischen Tonwechsel. So wird Fis durch enhar-
monischen Tonwechsel zu Ges, Ais zu Hes, Des zu Cis und As zu Gis. Auf
gleiche Weise verwandelt sich His enharmonisch in C und nach derselben Re-
gel mufs Fes derselbe Ton, wie E, sein. Zur Uebung können ganze Tonlei-
[2]
10
Enharmonische Tonleiter.
tern enharmonisch verwandelt werden. So wird die Tonleiter von Dis durch
enharmonische Verwandlung zu der Tonleiter von Es.
{
K
30:
-#o-
:#Oi
J©:
10.
to-
"#©-
Z&OI
±c
-%©-
:Oi
ÜO
3?©-
Wir wollen hier die Gelegenheit wahrnehmen, zu zeigen, auf welche Weise
die enharmonischen Tonwechselungen, wenn sie nach der chromatischen Ton-
leiter zusammengestellt werden, eine enharmonische Tonleiter bilden, ein Ver-
fahren, worauf wir in der Folge zurückkommen werden, wenn es auch für den
Augenblick noch keinen praktischen Nutzen gewährt.
, <j 7 _
11.
:0:
:©
:o:
_J 9-
5#C
-m^t
-OSO:
"O"
©#©= — c#o-
p^^^ö^o^te^o^o^gjgi
©#e*otfC#obo*©E
Es wird dem Gedächtnisse nachhelfen und zugleich eine unterhaltende Uebung
gewähren, wenn wir bemerken, dafs jede Tonart mit einer Vorzeichnung von
Kreuzen bei enharmonischer Tonwechselung so viel Bee erfodert, dafs ihre Zahl
mit der der Kreuze 12 ausmacht, und umgekehrt ; also: die Tonleiter Cis hat
sieben Kreuze ; enharmonisch in Des verwandelt, mufs sie folglich fünf Bee erhalten.
Die Tonleiter von As hat vier Bee; enharmonisch in Gis verwandelt, mufs
sie acht Kreuze erhalten u. s. w.
Um diese Sache noch aus einem andern Gesichtspunkte zu zeigen, wollen
wir einen Zirkel in 12 gleiche Theile (die die 12 Tonarten vorstellen sollen)
folgendergestalt theilen :
Die Nummern von 1 bis 6 zur rechten Hand zeigen die Tonarten mit
Kreuzen, und die zur linken die Tonarten, in welchen Bee vorgezeichnet wer-
den; beide Reihen fangen bei der Tonart C3 mit Null bezeichnet — weil in
ihr weder Kreuze noch Bee vorgezeichnet sind — an.
Quintenzirkel.
11
Bei diesem Kreislaufe der Tonarten von C aus zur Rechten nehmen wir
wahr, dafs die Tonart von G ein Kreuz, D zwei Kreuze, A drei Kreuze hat.
Schreiten wir zur Linken fort, so finden wir die Tonart F mit einem Be,
Hes mit zwei, Es mit drei Been u. s. w.
In diesem Zirkel der Tonarten sehen wir die auf den entgegengesetzten
Wegen fortlaufenden Ziffern in 6 zusammen treffen; hier findet von selbst eine
enharmonische Verwechselung zwischen der Tonart statt, die 6 Kreuze und der
die 6 Bee hat, welche auf dem Pianoforte derselbe Ton sind.
yd
O
c"
12.
Eb
« 3
Wollten wir nichts desto weniger, statt bei 6 einen enharmonischen Ton-
wechsel eintreten zu lassen, unsern Weg rund um durch den Zirkel (wie bei
Figur 13.) fortsetzen, so würden wir alle Tonarten mit Doppelkreuzen und Dop-
pelbeen durchwandern.
h &
13.
E!» ö\9d*
«S:5Hfö
[2*]
12
Bildung des Dreiklanges.
Dieses Verfahren macht uns auch die enharmonische Verwechselung jeder
Tonart anschaulich. Zum Beispiel:
Die Tonart Ah hat 10 Kreuze; ihr entspricht in enharmonischer Verwech-
selung fies, welches 2 Bee hat u. s. w.
Bildung des Dreiklanges.
Haben wir zuvor den Inbegriff der Töne in der Musik mit dem Alphabet
verglichen, so wollen wir jetzt einen Akkord als ein Wort ansehen.
Eine Verbindung von Buchstaben bildet ein Wort.
Eine Verbindung von Tönen bildet einen Akkord.
Wir wollen eine diatonische Tonleiter aufzeichnen, den. ersten, dritten und
fünften Ton ausziehen, und einen über den andern schreiben — welches die
Art und Weise ist, mehrere Töne, die zusammenklingend gehört werden sol-
len, zu notiren.
Der Dreiklang j gezogen aus der Tonleiter.
*p
'JZ£
:0:
:0:
r-^- — O" — ^~
I £ »
Welchen Dreiklang wir auch aufschreiben lassen (das mufs wohl gemerkt
werden), so wollen wir immer zuerst die Tonleiter desselben Tones mit den
erforderlichen Kreuzen und Been hinschreiben, alsdann den ersten, dritten und
fünften Ton ausziehen und diese über einander setzen, wie zuvor.
Der Dreiklang auf A, gezogen aus der Tonleiter von A.
Einer solchen Zusammensetzung kann jederzeit der achte Ton (die Oktave)
zugefügt werden, der nichts ist, als eine Wiederholung des ersten.
Dreiklang 'von Es.
Bässe der Dreiklänge.
13
Nach einer hinlänglichen Uebung in diesem Ausziehen der Dreiklänge aus
den verschiedenen Tonleitern, kann man aufhören, diese jederzeit erst aufzu-
schreiben, und statt dessen unbedenklich gleich den Akkord hinsetzen. Wenn
zum Beispiel der Akkord auf E verlangt wird, so schreibt man den ersten,
dritten und fünften Ton einen über den andern und erhält so E, G und H.
Da aber die Tonart von E vier Erhöhungen (Eis, Cisj Gis und Dis) hat,
und G in dem aus dieser Tonleiter genommenen Akkorde erhöht ist, so mufs
der Akkord von E also berichtigt werden. E, Gis und H*).
TT a— >T
17.
ifcggs:
tt
-fli
Bässe der Dreiklänge.
Jeder Akkord, nehmen wir an, hat einen Bafs, auf dem er gegründet ist **).
Dieser Bafston, der auch Grundbafs genannt wird, ist jederzeit auch der
erste Ton der Tonleiter, aus der der Akkord genommen; so ist z. B. der
Bafs (Grundbafs) des Akkordes von C, C, der Grundbafs des D- Akkordes ist
D u. s. w. Von nun an wollen wir die Bafsnoten der Akkorde auf eine be-
sondere untere Linie schreiben; auf diese Art.
16.
{
$
m
35k
-CS8-
fee
an
-J?c
:0:
-fe©-
fl
Wir betrachten jederzeit die Bafsnote als die erste, von der alle andern
ausgehen, und die nächste tiefe Note des Akkordes, die wir zuvor mit 1. be-
zeichnet haben, wird jetzt zur Oktave der Bafsnote. Wir wollen sie künftig
stets mit 8 bezeichnen, wie in dem letzten Akkorde des vorigen Beispiels.
Es wird als Uebung empfohlen, zuerst in der Bafslinie eine Anzahl von
Noten aufzuzeichnen und darauf (in der nächsten oder oberen Notenzeile) den
*) Es ist für manches spätere nützliche Vorhaben sehr zu empfehlen, dafs man bei dem Nen-
nen der Töne eines Akkordes jederzeit einen bestimmten Nachdruck auf das Wort „und" lege.
**) Dies wird weiterhin genauer erklärt werden.
14 Drei Lagen des Dreiklanges, — Harmonie.
jedem Tone eigentümlichen Akkord in der oben beobachteten "Weise und mit
Beibehaltung der Tonfolge 3 zuzufügen.
Die drei Lagen des Dreiklanges.
So wie bisher der Dreiklang geschrieben -worden, ist der fünfte Ton der
Tonleiter (die Quinte) jederzeit als höchster Ton erschienen. Nun können aber
die drei Töne dieses Akkordes ihre Stellen wechseln, das heifst: der dritte,
fünfte und achte Ton der Tonleiter (die Terz, Quinte und Oktave) mögen nach-
einander an der obersten, untersten und mittlem Stelle in Akkorde erscheinen.
19. )
0h:
M
5-8-,
."O:
Ä
Bi
Ä
jO:
TT
Merken wir uns: wenn der dritte Ton (die Terz) zu oberst steht, so nen-
nen wir das die erste Lage des Akkordes.
Wenn der fünfte Ton (die Quinte) zu oberst steht, so ist dies die zweite
— und wenn die Oktave der höchste Ton, so ist dies die dritte Lage des
Akkordes *).
Melodie und Harmonie.
Melodie ist eine Folge verschiedener einzelner Töne.
:0=tP:
■5 Q I P
5
3- -P ~ — rs-e-hf
-tSr
20.
P
Harmonie ist eine Folge von verbundenen Tönen, — von Akkorden.
21.
-JD—pr.
--Cr-
=t
:Ct=t
iCtletc.
*) Der Grund dieser Ordnung wird sich weiterhin bei dem 69sten Beispiel ergeben.
Grundbässe der Tonleiter.
15
Solch eine Akkordfolge ist ähnlich einem Satz in der Sprache, der eine
Folge von Worten ist; und wie unter den Worten eines Satzes ein gewisser
Zusammenhang sein mufs, um einen Sinn zu geben: so ist eben so nothwendig,
dafs eine Akkordfolge auf gleiche Weise in sich zusammenhänge. Die Verbin-
dung erfordert in diesem Falle, dafs sich jederzeit wenigstens ein Ton, welcher
es auch sei, in dem vorhergehenden Akkorde finde, und in den unmittelbar
folgenden Akkord übergehe, wie dies in dem vorstehenden Beispiele durch Bo-
gen angezeigt ist.
Eine Melodie nennen wir harmonisirt (in harmonischen Zusammenhang ge-
bracht), wenn sie passend mit Akkorden begleitet ist. Bevor wir aber die pas-
senden Akkorde erkennen können, ist vor allem nöthig
Die Grundbässe der Tonleitern aufzufinden.
Wir wollen die Tonleiter als eine Melodie annehmen, die harmonisch be-
gleitet werden soll; behufs der Art und Weise, die Grundbässe zu finden, wol-
len wir über die Noten wiederholt die Ziffern 8, 5, 3 schreiben, wie im fol-
genden Exempel
22.
:0:
8
-©-
5
-O-
3
.o.
Da die Ziffer 8 über der ersten Note steht, so mufs der achte Ton (die
Oktave) unten als Bafs hingeschrieben werden.
Die 5 über D zeigt an, dafs die fünfte Note unten in den Bafs gesetzt
werde. Dafs man dies im Anfange richtig ausführe, fange man bei dem Tone
(d) selbst an, zähle ihn für 1 und fahre so fort durch 2, 3, 4, 5 beim fünften
Tone unter D ( dieser ist dann G) aufhörend. Dieses G schreibt man dann un-
ter D unten in die Bafszeile. So werden die übrigen Töne behandelt, wie in
diesem Beispiele vollständig ausgeführt ist.
IG
Tonika — Ober- und Unter dominant
23.
{
[
:Cn
SS . -Q-., , . -Q- , M,
Bz:
ICE
TS~
"O"
:cc
:0:
Dies sind nun die Grundbässe zur Tonleiter.
Es ist wohl zu bemerken, dafs als Grundbässe nur drei verschiedene Töne
vorkommen. C ist viermal, G zweimal und F ebenfalls zweimal gebraucht
worden.
Jeder dieser drei Grundbässe hat seinen besondern Namen*
Der erste heifst Tonika, und ist allemal derselbe Ton, welcher der Ton-
art ihren Namen giebt; so hatten wir im obigen Beispiele die Tonleiter von C,
folglich mufs die Tonika in dieser Tonleiter C seyn.
Der zweite Fundamentalbafs heifst Dominante, weil er alle Fortschrei-
tungen der Modulation dominirt (beherrscht); die Dominante ist aber nichts
anders, als der fünfte Ton in der aufsteigenden Tonleiter; und man kann sich
seiner daran erinnern, dafs er der zweite Ton ist, der bei der Benennung des
Dreiklanges jederzeit nach dem stark betonten Wort „und" genannt werden soll.
So sage man, wenn die Dominante der Tonart C gefunden werden soll,
den Akkord von C, nämlich C, E und G — her; da ergiebt sich, dafs G die
Dominante ist.
Der dritte Fundamentalbafs heifst Unterdominante*). Er findet sich in
der Tonleiter unmittelbar unter der Dominante, oder — wenn man dies
leichter fafst: er liegt einen ganzen Ton unter der Dominante,
In der Tonart von C (im vorigen Beispiele), ist F die Unterdominante,
weil F der ganze Ton unter der Dominante G ist.
Die Grundbässe zu den andern Tonleitern sind auf dieselbe Weise zu fin-
den (und das wird., oder ist eine guteUebung), wobei man stets die im Beispiel 21.
gefundenen Bässe im Auge behalten mufs. Wir wollen jetzt die Stufen der
Ton-
fr) Unterdominante ; wie man denn zum Gegensatze derselben die Dominante auch Oberdo-
minante nennt.
Tonleiter mit Grundbässen.
17
Tonleiter nach ihrer ordentlichen Pieihenfolge mit 1 — 2 — 3 — 4 — 5 — 6 — 7 — 8
bezeichnen und nun sehen, welche Töne von der Tonika, Dominante und Un-
terdominante begleitet werden.
i
Ton. Domin. Ton. Unt.-Dom. T. Unt.-D
D.
:Qi
T.
Bi:
:0=J
:0:
:Oi
Hier sind die Bässe angewendet, die wir im 21sten Beispiele aufgefunden
haben und bei näherer Betrachtung finden wir,
dafs der lste, 3te, 5te und 8te Ton der Tonleiter von der Tonika
- 2te - 7te - - - - Dominante
- 4te - 6ste - - - - Unterdomiuante
begleitet sind.
Die Grundbässe für andere Tonleitern sollen von nun an nur auf diese
Weise gefunden werden, und wir geben den Gebrauch der zuerst angewendeten
Ziffern 8, 5, 3, jetzt auf.
Wir wollen zum Beispiel die Tonart A vornehmen.
Da müssen wir zuerst untersuchen, welches die drei zu dieser Tonleiter
gehörigen Bafsnoten sind.
Die Tonleiter ist die von A\ so mufs A auch die Tonika sein.
Der Akkord von A heilst A, Cis und E; folglich ist E die Dominante.
Einen ganzen Ton unter E, steht D; folglich ist D die Unterdominante.
Haben wir die Tonart A in der obern Zeile aufgeschrieben, so schreiben
wir nun zur Aufzeichnung der Bässe, indem wir sie so bestimmen:
A, der erste Ton der Tonleiter ist begleitet von der Tonika A
H, - zweite - - - - - Dominante E
Cis, - dritte - - - - - Tonika A
i), - vierte - - - - - Unterdominante. . D
. E, - fünfte - - - - - Tonika A
Eis, - sechste - - - - - - Unterdominante . . D
[3 ]
18
Vorzeichnung.
Gis , der siebente Ton der Tonleiter ist begleitet von der Dominante . . . E
A, - achte - - - - - Tonika A
Dies sind die für die Tonart A erforderlichen festzustellenden Bässe:
:#C
-#Q— fc40
m
:0:
25.
<
D.
Unt.-D.
Unt.-D.
D.
T.
~S-
ICE
:Q:
:Q— :
In gleicher Weise sind die Bässe der andern Tonleitern aufzuzeichnen.
Ehe "wir zu andern Melodien fortgehen, wollen wir, um uns bei ihnen die
Sache zu erleichtern, hier erklären, was man unter
T^orzeichnung
versteht.
Yorzeichnung ist das Zeichen, an welchem die Tonart erkannt wird. Sie
besteht aus den für die Tonart erforderlichen Kreuzen oder Been, die, statt vor
jede Note im Laufe des Tonstückes (was für Komposition und Ausführung man-
cherlei Unbequemlichkeit haben würde), zu Anfang jeder Zeile aufgezeichnet
werden.
Wenn wir nun künftig eine Melodie in der Tonart G schreiben (in wel-
cher jedes F erhöht werden mufs), so wollen wir — statt vor alle F, so oft
uns deren im Laufe der Melodie vorkommen, Kreuze zu setzen — nur zu An-
fange jeder Zeile ein Kreuz setzen, welches dazu dienen soll, jedes F, das sich
in derselben findet, zu erhöhen. Geht also die Melodie aus Hes, so werden wir
vor den Anfang der ersten Zeile zwei Bee setzen müssen, nämlich eines auf die
dritte Linie, wo H geschrieben wird, das andre über die vierte Linie, wo E
steht. Auf gleiche Weise wird mit den übrigen Tonleitern verfahren und man
mufs darauf sehen, die Kreuze oder Bee in derselben Folge aufzuschreiben, in
der sie an den Fingern erscheinen; also
±ü±*=*
±=
-Jsi
:fc
Grundbässe zu andern Melodien.
19
Aufsuchung der Grundbässe zu andern Melodien.
Bisher haben wir nur die aufsteigende Tonleiter als das Thema betrachtet,
zu dem Bässe aufzusuchen wären; jede andere Tonfolge mufs genau auf die-
selbe Weise behandelt werden.
Wenn keine andern Töne vorkommen, als die zu der gegebenen Tonleiter
oder Tonart gehörigen, so sagt man, die Melodie sei in dieser Tonart geschrie-
ben. Zum Beispiel in dem folgenden Notensatze kommen keine andern Töne
vor, als die zur Tonleiter von C gehören; folglich sagen wir, dafs die Melodie
aus der Tonart C geht.
Wir erkennen dies auch daran, dafs zu Anfang der Zeile weder Kreuze
noch Bee vorgezeichnet sind — was das natürliche Kennzeichen der Tonart
von C ist *).
Sobald wir über die Tonart vergewissert sind, müssen wir uns die in ihr
vorkommenden drei Grundbässe zurückrufen.
In der Tonart C
ist C die Tonika, welche zur Begleitung des ersten, dritten, fünften und ach-
ten Tones,
G ist die Dominante, welche zur Begleitung des zweiten und siebenten,
F - Unterdominante, welche zur Begleitung des vierten und sechsten
Tones der Tonleiter angewendet worden ist.
Haben wir die Aufgabe, eine gegebene Melodie harmonisch zu begleiten,
so müssen wir sie Ton für Ton durchgehen und bei jedem bemerken, der wie-
vielste er in der Tonleiter ist. Sobald wir das wissen, haben wir auch, nach
der Anweisung zum 22sten Beispiel, den für jeden Ton erforderlichen Bafs auf-
gefunden.
=zy=c=t=:=o=i
Der erste Ton, C, ist der erste oder achte der Tonleiter und erfordert
die Tonika als Bafs.
*) Eine Bemerkung, die hier zu machen wäre, sei auf einen gelegenern Ort verspart.
[3*]
20
Akkorde zu den' Grundbässen.
Der folgende Ton, Ht ist der siebente in der Tonleiter und erfordert die
Dominante; u. s. w. *)
Hat man sich erst durch hinlängliche Uebung eine Fertigkeit erworben,
aufzufassen, welcher Theil der Tonleiter jeder Ton ist: so mag die Bezifferung
der Melodie unterbleiben t und ohne Weiteres der Bafs unter jede Note ge-
setzt werden,, während wir die Töne selbst untersuchen — nämlich:
f
cp&
t=C
hrS,
sss
ICE
:PPE
%-.
'Pß-
t
%
-O-
27.<
e=Eä
S
et
-O^
Wir bemerken: diese Melodie steht in der Tonart von F, mit einem Be
als Vorzeichnung. Die erste Note F ist die Oktave in der Tonleiter und ver-
langt die Tonika F zum Basse.
Die zweite Note G ist die Sekunde (zweite Note der Tonleiter) und fordert
die Dominante zum Basse.
Die dritte Note F ist die Oktave und fordert zu ihrem Basse die Tonika.
E ist die siebente Stufe der Tonleiter und verlängt die Dominante etc. etc.
Die Akkorde zu den Grundbässen zu schreiben..
Haben wir die Grundbässe zu einer Melodie aufgefunden, so bestimmen sie
uns die Akkorde, mit denen jeder Ton begleitet werden mufs.
Der Akkord jedes Bafstones mufs unter die Note der Melodie geschrieben
werden,, welche selbst eines der Intervalle im Akkorde ist.
Um dies zu üben, wollen wir noch einmal die Tonleiter von C hinschrei-
ben, dann den Bafs, wie zuvor, darunter setzen, und hierauf die Akkorde hin-
zufügen : also
2.8-.
Sä s-25 — + r
3
8.
i-A— +
8
5 ii
'-FH
:F
m
-©-
s
jO=I.
=C-
:©:
*_; Eine Ariwlil verschiedener Melodien,, zur Uebung dieser und künftiger Grundbässe, wird
im Anhange mitgotheilt zum Gebrauch beim Selbstunterricht und um Lehrern den Zeitverlust;, liir
jeden. Schüler Beispiele- zu schreiben', zw ersparen.!
Quinten- und Oktavenfolge. 21
Der erste Bafston ist C, folglich mufs der Akkord C, E und G keifsen.
Da die Oktave bereits in der Melodie steht, fügen wir die Terz E und die
Quinte G zu und so ist der Akkord vollständig; jederzeit finden wir die Me-
lodie in der höchsten Note, und schreiben die andern Noten so nahe wie mög-
lich darunter.
Es ist rathsam, die Akkordtöne in der Ordnung unterzuschreiben, in wel-
cher wir gewöhnt worden sind, sie auszusprechen. So mufs beim zweiten BaU-
tone G der Akkord heifsen G., //"und D; wir schreiben zuerst G, dann H —
das D liegt bereits in der Melodie.
Auf diese Weise übe man sich an verschiedenen heraufsteigenden Tonlei-
tern und auch an den zu diesen Endzweck geschriebenen Melodien *). Es
wird empfohlen, die Erinnerung an die drei Lagen des Grundakkordes (die Seile
14. erklart worden sind) oft aufzufrischen, und im Laufe der Uebungen anzu-
merken, in welcher Lage jeder Akkord geschrieben wird.
Quinten- und Oktavenfolge:
Jetzt wollen wir insbesondere die Verkettung der Akkorde im obigen Bei-
spiele (28.) untersuchen, welche mit Bogen bezeichnet ist.
Wir bemerken, dafs das G im ersten Akkorde einen Theil des zweiten
Akkordes ausmacht und ebenfalls in den dritten Akkord übergeht. C in die-
sem dritten Akkorde ist das Verbindungsglied desselben mit dem vierten u. s. w.
Aber keine Verbindung findet sich zwischen dem sechsten und siebenten
Akkorde; Hier ist nach unserer obigen Erklärung der Zusammenhang des Satzes
unterbrochen, und wenn man ihn spielt, so wird man ihm dies auch anempfin-
den. Der Fehler liegt darin, daCs hier eine Quinten- und Oktavenfolge statt
hat. Für jetzt können sie in den Uebungen über die Tonleitern auf diesem
Punkte stehen bleiben; die Stelle, wo sie uns aufstofsen, soll mit einem x be-
zeichnet werden.
Wir wollen jetzt diesen Fehler, und die Art ihn zu vermeiden, erklären.
Gehn wir zu dem letzten Beispiele zurück und nehmen an, dafs vier Per-
sonen diese harmonische Fortschreitune singen.
Die erste Person bat alle höchsten Noten der Akkorde (die in diesem
Beispiel aus der Tonart C herrorgehn) zu singen, Diese Tonfolge soll die erste
Stimme lieifsen.
*) Man sehe die Uebungen, erste Klasse.
22
Die vier Stimmen.
Die zweite Stimme übernimmt die Reihe der zunächst unter den obersten
belegenen Noten.
Die dritte Partie besteht aus der zunächst über dem Basse befindlichen
Tonreihe. —
Die vierte Partie endlich ist der Bafs, oder die letzte Notenreihe, die in
dem benannten Beispiel auf die abgesonderte Bafszeile *) geschrieben ist.
Nun soll einmal jede dieser Partien wirklich als eine solche auf eine be-
sondere Linie geschrieben werden, diejenigen Noten, die zugleich gesungen
werden, eine über die andere; das heifst: der Akkord jeder Bafsnote soll stets
genau über ihr zu stehen kommen. Jetzt stellt sich das 28ste Beispiel so dar
Sopran
Alt
29.
Tenor
Bass * Q : :
Dies ist nichts anders als eine Ausdehnung desselben Beispiels nach einem
grofsern Maafsstabe.
Um die Uebersicht der über jede Bafsnote geschriebenen Akkorde zu er-
leichtern, haben wir quer durch die Linien Taktstriche gezogen; wenn die ver-
schiedenen Stimmen eines Tonsatzes so auf besondere Zeilen gesetzt sind, sagt
man, die Musik sei in Partitur gesetzt.
In welcher Weise wir "nun auch die künftigen Beispiele abgefafst finden,
*) Die erste oder oberste Partie heifst bald Oberstimme, bald Sopran, bald Diskant,
zweite obere - - Alt (auch zweiter Sopran),
dritte - - Tenor,
vierte oder unterste - - Bafs.
Vermeidung der Oktavenfolge.
23
stets wollen wir die Ansicht festhalten, dafs jede besondere Notenreihe
eine besondere Partie (Stimme) ist, und ihre eigene besondere
Fortschreitung beobachtet. Und es mag hier auch bemerkt werden, dafs
jede besondere Stimme, da sie eine Folge von einzelnen Tönen ist, Melodie
genannt werden darf.
Wenden wir uns zu dem obigen Beispiel (29.) zurück, und zwar zur sechsten
Note der Tonleiter, so finden wir im Alt (in der zweiten Partie) ein F, welches
mit 8 bezeichnet worden, weil es die Oktave der Bafsnote ist; in derselben
Stimme ist die unmittelbar darauf folgende Note wiederum die Oktave
vom Bafstone. Hier haben wir eine Oktaven folge.
Im Tenor (der dritten Stimme) finden wir ein C, welches die Quinte des
Bafstones ist; und in derselben Partie ist der unmittelbar darauf fol-
gende Ton wiederum die Quinte des Bafstones. Dies ist eine Quintenfolge.
Man merke sich : obwohl Oktave und Quinte im Zusammenhang eines
Tonsatzes in jedem Akkorde gebraucht werden mögen, so darf doch keins
dieser Intervalle in denselben Stimmen zweimal unmittelbar hinter ein-
ander vorkommen.
Im obigen Beispiele (29.) entdeckten wir die fehlerhafte Oktavenfolge in
der zweiten Stimme, und die fehlerhafte Quintenfolge in der dritten.
Es ist zu merken, dafs diese Fehler jederzeit vorfallen, sobald der Bafs mit
der Oberstimme eine Stufe hinauf oder hinab fortschreitet.
Nachdem wir erklärt haben, worin der Fehler besteht, wollen wir ihn auch
sofort vermeiden lernen.
Vermeidung der Oktaven folge.
Man behalte den Ton, der im ersten Akkorde eine Oktave war, im zwei-
ten bei, wo er denn zu einer Septime (dem siebenten T'öne) wird.
30.,
i
-8-<=>-
:0:s:
m
:Oi
iO:
24
Vermeidung der Quin tehfo Ige.:
Hier ist die Oktavenfolge vermieden, weil dem F nicht gestattet worden,
nach G fortzuschreiten, wie zuvor. Dafs dieses deutlicher in die Augen falle,
ist die Tenorpartie in diesem Beispiele ausgelassen. Warum wir die Septime
haben im zweiten Akkorde hören lassen, wenn dieser jetzt eintritt, soll erklärt
werden, sobald wir
Die Vermeidung der Quintenfolge
gezeigt haben.
Zu dem Zweck befolge man diese Regel: wenn der Bafs eine Stufe hin-
aufsteigt, mufs jederzeit die Quinte eine Stufe hinabsteigen.
Im Beispiel 29. steigt der Bafs bei dem Fortschreiten der Tonleiter vom fünf-
ten zum sechsten Ton eine Stufe; in dem Tenor sehen wir aber die Quinte
(C), die nach D hinaufsteigt. Lassen wir sie statt dessen eine Stufe hinab-
steigen nach H, und der Fehler wird verbessert sein, wie in dem folgenden
Beispiele, in dem wir übrigens., aus dem schon oben angeführten Grunde die
Altpartie ausgelassen haben.
(_jGl ■& !£■ O.
>,{
E>iz=3:
:0:
-Oii
ms===;
b
-O-
0==:,
.jO.
m
c
:©:
253-
Haben wir aber hier die Quinte im Alt dn die Terz hinabsteigen lassen, so
sind wir nicht gehalten, die ganze Zeit durch, in der der Akkord auf G er-
klingt, auf dieser zu verweilen. Ein H finden wir ohnedem schon in der Ober-
stimme und so .mögen wir wieder- zur lelzten Note des Akkordes (der Quinte,
wie bei b *) hinaufsteigen..
So ist die Quituenfolge — und beides., die Oktaven- und Qüintenfolge in
einem Beispiele., wie bei c **) vermieden.
Man bemerke., dafs wir in den drei vorstehenden Fällen den letzten Ak-
kord .nicht .ausgefüllt lieben;', die Ursacli wird sich finden,, wenn wir von
Der wesentlichen oder üawptseptime
Hau
dein.
Un-
*) Man sehe hierbei auch das 40ste Beispiel.
**j Man sehe die Unterrichtsmethode.
Dominant -Akkord — dessen Auflösung. 25
Unsere Harmonien haben bisher allein aus Dreiklängen bestanden (das
heifst aus Akkorden, die nur aus den Intervallen Terz, Quinte und Oktave mit
ihrem Grundtone gebildet sind), bis wir bei der Vermeidung der Quinten- und
Oktavenfolge ein neues Intervall eingeführt haben; die Septime nämlich, die
so genannt wird, weil sie der siebente Ton vom Bafstone aus ist. Wir müs-
sen aber dabei wohl bemerken, dafs diese Septime, die wir die wesentliche oder
Hauptseptime nennen, nicht der siebente Ton der Tonleiter ist, sondern sich
stets einen ganzen Ton unter der Oktave ihres Basses *) findet.
Dieses Intervall heifst herrschende (dominirende) Septime, oder Do-
minante; wenn es in einem Akkord eingeführt ist, so heifst dieser kurzweg
Dominant - Akkord und mufs zur Tonika fortschreiten.
Bisweilen heifst diese Septime auch die zugefügte Septime, weil sie ei-
nem vollständigen Dreiklange zugefügt wird, wie wir sie zuvor hergeleitet haben.
So haben wir in den Beispielen 30. und 31. c zu dem Akkorde auf G die
Hauptseptime F zugefügt, die sich einen ganzen Ton unter der Oktave des
Basses findet.
So wird der Akkord auf G durch Zufügung der Hauptseptime zu einem
Dominant-Akkorde und schreitet zur Tonika C, dem nächsten Akkorde fort.
Bei der Fortschreitung zur Tonika ist das Eigne, dafs jedes Intervall des
Akkordes auf der Hauptseptime (des Dominant -Akkordes) seinen eignen und
bestimmteu Gang hat; dies nennt man die Auflösung.
Eine befriedigende Erklärung dieses Umstandes wird sich am schicklichen Orte
ergeben; für unsern gegenwärtigen Zweck genügt uns an der einfachen B.egel zur
Auflösung des Hauptseptimen- Alikordes.
Die Septime des Akkordes mufs eine Stufe hinabsteigen,
- Quinte -----
- Terz - - . _ - hinaufsteigen.
Nach dem was hier in Betreff der Septime gesagt ist, kann man nun ein-
sehen, warum wir dieselbe im Beispiel 30. eine Stufe haben hinunter, zum E
im folgenden Akkorde, schreiten lassen.
Wenden wir uns zum Beispiel 31. c zurück.
Der Akkord auf G ist durch die Einführung der Septime zum Dominant-Ak-
korde geworden und mufs als solcher in den Akkord der Tonika C fortschreiten.
*) Die gründliche Erklärung findet sich bei der Anleitung zur Modulation.
[4]
26 Zergliederung der Dreiklänge.
Die Terz soll eine Stufe hinaufsteigen. H zu oberst des Akkordes ist
die Terz und mufs als solche eine Stufe, nach C, hinaufsteigen.
Die Septime soll eine Stufe hinabsteigen. F ist diese Septime; sie mag
also eine Stufe, nach E im folgenden Akkorde, hinabgehen. Dieser Akkord ist im
Beispiel 31. nicht ausgefüllt worden; wir wollen also liier die Auflösung vollenden.
So ist alles richtig. H, die Terz, steigt nach C hinauf,
F, die Septime, fällt nach E hinab,
und D, die Quinte, fällt nach C *) hinab.
Der letzte Theil dieses Vortrages wird später kurz wiederholt werden. Dem
Lernenden aber empfehlen wir, alles, was er bisher gelernt hat, in vielfachen Uebun-
gen, in denen Quinten- und Oktavenfolgen vorkommen müssen, und zum Beispiel
der Bafs eine Stufe steigt, sich anzueignen und dem Gedächtnisse einzuprägen. Die
drei letzten Töne der verschiedenen Tonleitern werden zu diesem Zwecke dienen.
Diese Fehler nun müssen künftig sorgfaltig vermieden Averden, ayo sie sich
in der harmonischen Begleitung einer Melodie, wie bei dem Beispiel So. a finden»
Zergliederung der Dreilüange.
Im Laufe dieser Uebungen wird es uns einige Unterhaltung gewähren, wenn
wir hier die mannigfaltigen Gestaltungen aulweisen, die blos durch die Arer-
schiedene Art, ein und denselben Akkord zu spielen, hervorgebracht werden.
In einem Worte von drei Silben wird jede Silbe besonders ausgesprochen —
nichts desto weniger bleibt es immer noch ein Wort.
Eben so kann jeder der drei Töne/eines Dreiklanges besonders angegeben
werden, ohne claCs im Geringsten die Natur des Akkordes**) verändert würde.
So in diesem Beispiele
*•) Wir bemerken, dafs die herabsteigende Septime und Quinte den Scblufsakkord unvermeid-
lich ohne Quinte lassen
**) Diese erläuternde Vergleichung darf natürlich nicht weiter durchgeführt werden , da die
Silben eines Wortes nicht, wie die Töne eines Akkordes, Versetzung zulassen.
33.
7! . .
Zergliederung der Dreiklänge.
-es—* — I-,- — l-i-* — t>-# — I \-ä * 1 1-
-ä *:
27
-m — i— * 1-3—» — ^-» — i -
?^T-0:
Ein aus drei verschiedenen Tönen bestehender Akkord kann in sechs ver-
schiedenen Tongruppen dargestellt werden, wenn man die Ziffern, womit wir
die Intervalle bezeichnen, in dieser Reihe 85385 einander folgen läfst. Um die
erste Gruppe von drei Tönen zu bilden, schreibe man zuerst die Oktave, dann
die Quinte und endlich die Terz des Akkordes. Man verbinde diese miteinan-
der und gehe dann weiter zur Bildung einer andern Gruppe von drei Tönen,
die mit der Quinte anfangt.; also
die erste Gruppe zeigt 8,5,3,
- zweite - - 5,3,8,
- dritte
3,8.
a.
Behufs der folgenden drei Gruppen kehre man die obige Folge um, be-
ginne bei der letzten Ziffer, 5, und gehe von der rechten zur linken Hand
fort, zu der 8 und zuletzt zur 3. In dieser Weise verfahren wir bei der Zer-
gliederung des Akkordes auf C, zu unterst den Grundbafs schreibend, darüber
den Akkord, der auf jenen gebaut ist, und in die oberste Zeile die sechs Ver-
änderungen; und da dieses Verfahren in jeder der drei Lagen des Akkordes
seine Anwendung findet, so wollen wir es ganz hier ausführen.
jgt gff rN -X r""i Ihl
In dieser Weise werden nun, wenn eine Tonleiter, oder eine andere Me-
lodie harmonisch zu begleiten ist, die Akkorde, in ihre Bestandteile zergliedert,
angewendet, indem man irgend eine Zergliederungsart als Vorbild nimmt und
nach ihr den ganzen Uebungssatz durch verführt, jede Gruppe von Töne so oft,
[4*]
I
28
Fi. gurirung.
als die Dauer des Akkordes erlaubt, wiederholend. Wir wollen hier Beispiels-
weise eine Melodie in zergliederter Harmonie darstellen und dazu die tiefste,
dann die mittelste , zuletzt die höchste Note jedes Akkordes an einander reihen.
35./
t==t
ÖEtdEÖ
J-<
Jetzt wollen wir die Tonleiter von C nehmen und mehrere Veränderungen
darüber schreiben.
*-*-*-*!
*) Dieses Zeichen dient zur Abkürzung des Schreibens und bedeutet, daß die vorige Noten-
gruppe wiederholt werden soll.
'«
Bafsbeziferung für die Hauptseptime. 29
Es werden nun andere Tonleitern und Melodien zur Uebung in solcher
Figurirung genommen; dies verspricht uns in Kurzem grofsen Vortheil, da es
schon so früh eine Vorstellung giebt, wie Variationen geschrieben werden.
Da diese Anweisung zu figuriren hier zunächst nur zum Vergnügen, um
einige Abwechselung in die Uebungen zu bringen, eingeführt ist: so dürfen
wir durch ihre weitere Fortsetzung den Fortgang des Hauptvortrages nicht lan-
ger unterbrechen.
Wir wollen uns daher zurückwenden zu dem was über den Akkord auf
der Hauptseptime Seite 25 und 26. gesagt worden ist; — nachdem wir dies
nochmals durchgenommen haben, gehen wir dann, wie folgt, weiter.
Fortsetzung der Lehre über die Hauptseptime. — Bafsbezifferung.
Es ist schon zuvor erwähnt worden, dafs diese Septime einen ganzen Ton
unter der Oktave gefunden wird, und jedem Dreiklange zugefügt werden kann.
Nur wollen wir hier anmerken, dafs, wo wir diese Zufügung der Septime un-
ternehmen, die Bafsnote mit der Ziffer 7 *) bezeichnet wird.
Die unbezifferte Bafsnote weiset uns nur auf den Dreiklang, mit Oktave,
Ouinte und Terz, der darüber geschrieben werden sollte; die Bezifferung des
Basses mit 7 belehrt uns, dafs die Septime noch zugefügt werden mufs.
Diese Ziffer mufs die Stelle der Note in jeder Beziehung vertreten; so dafs,
wenn die Note ein Erniedrigungszeichen erfordert, auch vor die Ziffer ein sol-
ches gesetzt werden mufs u. s. w. , wie in den folgenden Beispielen zu sehen ist.
Es bedarf kaum der Bemerkung, dafs die Septime dem Dreiklange zuge-
fügt werden kann, in welcher Lage dieser auch geschrieben sei, wie in dem
folgenden Beispiele:
Hier erblicken wir (bei a) dafs vor die Ziffer 7 ein Erniedrigungszeichen
*) Es ist gleichgültig, ob diese Ziffer über oder unter die Bafsnote geschrieben wird.
30 Auflösung des Septimen -Akkordes.
gesetzt ist; deswegen nämlich, weil die Hauptseptime in diesem Akkorde ein
solches erfordert, damit sie einen ganzen Ton unter der Oktave stehe. Alle an-
dern Intervalle des Akkordes sind mit Ziffern bezeichnet, nur nicht über dem
Basse angeschrieben, weil keines von ihnen ein Kreuz oder B erfordert; dies
ist nun überall so zu nehmen, dafs die Terz, Quinte und Oktave über jeder
Bafsnote gespielt werden sollen.
Bei (b) bemerken wir die Notwendigkeit, den Bafs mit einem Erniedri-
gungszeichen vor der 5 zu beziffern, weil die Quinte im Akkorde ein solches
fordert. Diese Bezeichnung mufs deshalb den Bafsnoten zucrefüet werden, weil
sie durch dieses Mittel so verständlich werden, rlafs wir, wenn der Akkord wirk-
lich weggenommen wäre, uns im Stande befänden, ihn vollkommen richtig
blos nach der Bafsbezifferung wieder aufzuschreiben.
Wenn sonach die Quinte eines Akkordes ein B erfordert, so setzen wir
über die Bafsnote eine 5 mit einem B davor. Erfordert die Terz ein Erniedri-
gungszeichen, so ist es genug, dafs wir das b über den Bafs schreiben; denn
unter allen Musikern ist angenommen, dafs ein über die Bafsnote gesetztes zu-
fälliges *) Erhöhungs- oder Erniedrigungszeichen stets als auf die Terz des Ak-
kordes Bezug habend angesehen werden soll.
Sind bei Bezifferungen Kreuze anzuwenden, so machen wir blos, statt sie
vor die Ziffer zu setzen, einen Strich durch dieselbe — dies sehen Avir im Nach-
stehenden angewendet.
38
i
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Auflösung des Septimen- Akkordes.
Es ist schon zuvor bemerkt worden, dafs ein Dreiklang durch Zufügung de*-
Septime zum Dominant - Akkorde ^\ird und dafs wir, wenn wir ihn hören,
ein unwiderstehliches Verlangen fühlen, zur Harmonie der Tonika fortzu-
schreiten.
*) Zi;f;'il!ig heifsen die vorkommenden und nicht zur Tonart gehörigen ßee oder Kreuze.
Auflösung des Septimeu - Akkordes.
31
Wir -werden uns an diesem Orte nicht in eine philosophische Untersuchung
über den Urgrund dieses Verlangens vertiefen;, genug, es ist eine Thatsache und
um dieses Verlangen nicht unbefriedigt zu lassen, sehen wir es als ein Gesetz
für harmonische Fortschreitung an, dafs der Hauptseptimen -Akkord so aufge-
löset werde:
Die Terz des Akkordes hat ein offenbares Verlangen
einen halben Ton zu steigen (B. 39a).
Die Septime des Akkordes hat ein gleiches Verlangen,
einen halben Ton zu fallen (B. 39£).
Die Oktave ist keiner Bewegung zugeneigt
und bleibt an ihrer Stelle (B. 39c).
Die Quinte ist ebenfalls unentschieden und mag entweder fallen (Beispiel
40 d) oder steigen (40 e). Im Allgemeinen wird es für das Beste befunden, sie
hinabsteigen zu lassen.
Lassen wir nun diesen Akkord fortschreiten, wie er es selbst zu verlangen
scheint, so werden wir als folgenden Akkord jederzeit den Dreiklang auf der
Tonika finden, wie in dem folgenden Beispiele bei F.
(dj
(e)
40.
|*zrr©s:
, — 5
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BiEE^EEE:
1-7
\7
:Q:
C ist die Dominante von F, dem Grundtone des folgenden Akkordes, und
ü diesen löst sich der Dominant- Akkord auf C auf.
32 Kreisfolge von Dominant -Akkorden.
Beispiel von Auflösungen des Dominant- Akkordes in seinen verschiedenen
Lagen.
Bei der Auflösung des Dominant -Akkordes bestimme man zuerst über die
Terz in demselben; der Ton, zu welchem sie fortschreitet, wird jederzeit die
Oktave der Tonika sein, deren Akkord folgen mufs.
Die Tonika wird leicht gefunden, wenn man bedenkt, dafs ihre Tonleiter
ein Kreuz weniger, oder ein B mehr hat, als die auf der Dominante errich-
tete Tonleiter.
Es ist von gröfster Wichtigkeit, dafs wir in dem Gebrauch und der Auf-
lösung des Dominant -Akkordes vollkommen geübt sind. Beginnen wir die Reihe
der Uebungen bei C; fügen die Septime zu und gehen (wie wir müssen) nach
F. Fügen wir eine Septime zu diesem Akkorde, so bringt uns dieser nach
Hes; so gehen wir fort durch alle Tonarten.
42.
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feto:
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ts
-fe©-
H
-fec
17
J?
b
bb7
fcCzzzfeOz:
' bb7
b5 b5
b b
-*©-
S©1
b5
l)
fefe©-
b
fcb'5 fct£
b fe
tl
DL
fet?
Man
Harmonie in vier Stimmen.
33
Man gebe wohl acht, die Bafsnoten richtig zu beziffern; da aber keine Vor-
zeichnung gesetzt ist, so mufs jedes zufällige Kreuz oder B, dessen wir bedür-
fen, besonders vor die Note, also vor die Ziffer, welche die Note vertritt, ge-
schrieben werden.
Als Uebung in der Vorzeichnung der Kreuze wollen wir denselben Weg,
wie im vorigen Beispiele, noch einmal machen und zwar bei His beginnend.
Mit der Einführung der Hauptseptime nimmt die Harmoniefolge einen be-
stimmtem Karakter an und gewinnt in der That einen Gegensatz von Licht
und Schatten, der bei einer Folge von blofsen Dreiklängen nicht erreichbar ist.
Die Wichtigkeit, diesen Akkord vollkommen zu verstehen, kann nicht stark
genug ausgesprochen werden; aber es ist unnöthig, die Beispiele hier aufzuhäu-
fen. Dennoch wird dringend empfohlen, recht häufig die Akkorde zu spielen
— mit und ohne Septime, bei welcher Beschäftigung das Ohr sich bald gewöh-
nen wird, die verschiedenen Wirkungen inne zu werden und zu vergleichen.
Harmonie in vier Stimmen.
Ein Beispiel hiervon ist schon zuvor im Notensatz 29. zu sehen gewesen,
welches wir dort in Partitur geschrieben genannt haben. Bei dieser Ver-
theilung auf abgesonderte Notenzeilen ist die Fortschreitung in jeder
der vier Stimmen deutlicher zu unterscheiden, als wenn die Harmonien in zwei
Notenzeilen zusammengedrängt werden, wie wir sie bisher zu schreiben
pflegten und wie sie stets für das Pianoforte geschrieben werden.
[5]
s
34
Harmonie in vier Stimmen.
Obwohl wir uns bei unsern Bemerkungen zu dem oben erwähnten Beispiele
ein wenig über die Art, in vier Stimmen zu schreiben, ausgelassen haben: so
wollen wir, damit dies ganz gefafst werde, es hier noch aus einem ganz andern
Gesichtspunkte darstellen.
Hier sind die Harmonien in der obersten Notenzeile zusammengedrängt.
Jetzt lassen wir die Melodie allein dastehen und versetzen die übrigen Stim-
men, jede auf eine besondere Zeile in der ihnen eigen gebührenden Stellung —
das heilst: jede Note immerfort ihre Stelle gerade unter der Melodie (unter der
Note der Melodie, die sie begleiten soll) behaltend:
0-3 -0-3
Sopran.
Ah
45.
: enor
Bass
T— S3-
:Oa:
;— :=Ob:
»5-
=}:t:z±z:;:
m
"Q~
-I — imr
^arrrrz
:::=©=-
_ ö-
Zweite Art, Quinten zu vermeiden.
35
Die Punkte, die jetzt in der obersten Zei]e erscheinen, bezeichnen die Stel-
len, aus denen wir die Noten, die die andern Stimmen ausmachen, genommen
haben.
Der eigentliche Name, unter dem jede dieser Stimmen bekannt, ist am
Piande vorgeschrieben.
Zur Uebung müssen nun noch viele andere Tonleitern genommen und in
Partitur harmonisirt werden. So sind bereits auch einige Melodien angewendet
worden *).
Die unzuläfsige Fortschreitung in Quinten und Oktaven mufs natürlich stets
vermieden werden. Jene Intervalle dürfen (wie wir bereits erklärt haben) nie-
mals zweimal hinter einander in unmittelbarer Folge in denselben Stimmen er-
scheinen; — darum werden sie stets unter einander die Plätze wechseln; jede
Stimme wird sich als besondere Melodie mit eigenthümlicher Wirkung darstel-
len, und die Vereinigung dieser verschiedenen Melodien ist es, welche die voll-
kommene Harmonie hervorbringt.
Nachstehendes ist eine Melodie, in vier Stimmen harmonisirt.
«Ua_**-&JLi_
Jn diesem Beispiel (im siebenten Takte) haben wir eine andere Weise, die
Quintenfortschreitung zu vermeiden, angewendet: wir haben den Alt und Tenor
die Plätze wechseln lassen. Wäre Hes im Tenor nach C fortgeschritten, so
würden zwei Quinten in unmittelbarer Folge in denselben Stimmen erschienen
sein; dies ist auf obige Weise vermieden.
*) Man nimmt liier auf die erste Klasse der Uebungen im Harmonisiren Bezug.
[5*]
36 Einführung der Septime in Harmonie.
Diese Methode werde in unsern künftigen Uebungeh, wo es gelegen ist,
angewendet, ohne dafs wir uns hier in weitere Erörterung darüber einlassen *).
Einführung der Hauptseptime in vierstimmiger Harmonie. Zu welchen
Akkorden die Septime in harmonischer Fortschreitung gesetzt werden
kann.
Es ist schon zuvor bemerkt, dafs wir die Septime in jeden Akkord einfüh-
ren können; das heifst aber, wenn wir als folgenden Akkord den Dreiklang auf
der Tonika nehmen können, zur gehörigen Auflösung der Septime **). Es ist
deshalb wohl zu merken, dafs wir die Septime nicht in einen Akkord einführen
dürfen, dessen Grundton nicht die Dominante zu dem unmittelbar folgenden
Akkorde ist.
„Wenn der Bafs von der Dominante zur Tonika schreitet, können wir
die Septime in dem Akkord auf der Dominante einführen."
Diese Piegel wird, wenn die Fortschreitung des Basses bestimmt ist, stets
ein sicherer Führer sein und leidet keine Abänderung,
Wenn wir die Septime einzuführen wünschen, haben wir nur zu untersuchen,
ob der Bafston die Dominante des unmittelbar folgenden Bafsaones ist; wo sich
das findet, mögen wir die Septime in den Akkord einführen.. So können wir
im Beispiele 44. eine Septime im Akkorde haben, weil der Bafston G die Do-
minante vom nachfolgenden C ist.
Nun wissen wir also, in welchem Akkord es uns freisteht, eine Septime
einzuführen. Jetzt wollen wir untersuchen:
In welche der drei Stimmen über dem Basse mufs die Septime geschrieben
werden ?
— „Die Septime mufs in die Stimme gelegt werden, in welcher sich
die Auflösung findet."
Wenn nun- die Septime stets in die Terz des folgenden Akkordes hinab-
steigt, so brauchen wir nur vorwärts auf den nächsten Akkord zu blicken; in
der Partie, wo die Terz desselben steht, wird auch die Septime geschrieben
werden, müssen».
*) Dieser Gegenstand ist in einem besondern Artikel vollständig abgehandelt.
**) Ein Mehreres über diesen Gegenstand, kün&ig.
In welcher Stimme sie einzuführen.
37
So ist in der nachstehenden Harmonisirung der Tonleiter von As (Takt 3.)
die Septime in die Tenorstimme geschrieben, weil die Terz des folgenden Ak-
kordes sich in derselben befindet.
In dem letzten Takt ist die Septime eingeführt worden, um verbotene Quin-
ten- und Oktavenfolge nach unserer zweiten Methode zu vermeiden; jedoch sie
findet sich in derselben Stimme, in der die Terz des folgenden Akkordes steht.
""" Cbf
Sopran
Ah
47.
Tenor
Bass
Wenn wir einem Akkorde eine Septime zufügen, so kann uns nicht ver-
borgen bleiben, dafs, wenn unsere Harmonie jetzt nur aus vier Stimmen be-
steht, und wir eine Septime dazu nehmen, irgend eine der vorigen Noten weg-
bleiben mufs. So ist im obigen Beispiel (47., Takt 3.) im Tenor die Quinte
weggelassen und ihre Stelle mit einem Punkte bezeichnet worden.
Diesemnach mufs jedes Intervall, was sich eben unmittelbar vor der Terz
des Dreiklanges auf der Tonika findet, ausgeworfen werden, um der Septime
Platz zu machen.
Wieder auf den dritten Takt zurückzukommen : — wenn uns verstattet wird,
zwei Töne in einer Stimme zu nehmen, so können wir beide anbringen, und
die Zeit, die wir bei diesem Takte verweilen, unter ihnen theilen, wie bei (b),
obwohl hier zu bemerken, dafs eigentlich keine Quinte vorhanden ist, sobald
man die Septime hört.
Untersuchen wir jetzt die Bässe im obigen Beispiel (4X),
Können wir zu dem ersten Basse, As, eine Septime nehmen? Nein, weil
As nicht die Dominante des nächsten Tones ist.
Können wir zu dem nächsten- Basse, Es-, eine Septime nehmen? Ja. Denn
Es ist die Dominante von As, welches hier folgt.
s
38
Einführung der Hauptseptime.
In welcher Stimme soll die Septime eingeführt werden? Sie müfste in der
Oberstimme eintreten, weil in dieser die Terz des folgenden Akkordes ist.
Das ist ganz richtig; wenn wir aber die Septime hier einführten, und folg-
lich die in dieser Stimme liegende Note auswürfen : so würden wir die uns zur
Uebung gegebene Melodie verändern. Dies ist uns aber (für jetzt) nicht ver-
stattet; wir sind daher in solchem Falle gedrungen, die Septime gänzlich weg-
zulassen, obwohl die Bafsfortschreitung sie wohl zugelassen hätte.
Im fünften Takte stöfst uns ein ähnlicher Fall auf; da die Terz des fol-
genden Akkordes in der Hauptmelodie zu stehen kommt, so können wir die
Septime nicht einführen, obgleich die Bafsfortschreitung es zulafst.
Hier übe man sich nun an den Scalen anderer Tonleitern, vermeide nach
den zwei verschiedenen Methoden Quinten und Oktaven, und führe gelegentlich
die Septime ein, wie im Beispiele 47. b.
Mehrere Melodien mögen zu dieser Uebung genommen werden, indem man
in der Art und Weise, die bereits gelehrt ist, immer fortfährt. Also:
Zuerst schreibe man die Bässe ; — darauf die Dreiklänge ; — vermeide Quin-
ten- und Oktavenfolgen \ — endlich führe man die Septimen ein, genau prü-
fend, wo die Bafsfortschreitung sie zulafst, indem man den Bafs sorgfältig be-
ziffert und darauf sieht, dafs die verschiedenen Intervalle des Dominant- Akkor-
des nach ihrer eigenthümlichen Bestimmung fortschreiten.
Beispiel einer 3 in vier besondern Stimmen mit Zufügung der Hauptseptime
zu harmonisirenden Melodie.
Sopran
Einführung der Hauptseptime. 39
Dem Schüler wird empfohlen, das vorstehende Beispiel sorgfältig zu un-
tersuchen; zuerst seine eigenen Bemerkungen über alles, was in jedem Takte
vorkommt, genau zu machen und sodann jene mit den nachfolgenden Beobach-
tungen zu vergleichen.
Im ersten Takte haben wir, obwohl der erste Bafston die Dominante des
zweiten ist, die Septime nicht eingeführt, weil die Terz des folgenden Akkor-
des im Soprane liegt. Ueberdem ist es nicht gebräuchlich, mit einem Septimen-
Akkorde anzufangen, obgleich auch kein absolutes Gesetz entgegensteht*).
In diesem Takte, wo der BaCs eine Stufe steigt, ist verbotene Quinten-
und Oktavenfolge nach der zweiten Methode — das heilst; dadurch, dafs die
Stimmen sich kreuzen — vermieden worden.
Im zweiten Takt erscheinen im Alte zwei Oktaven in unmittelbarer Folge.
Warum hat dies geschehen dürfen? Weil diese Stimme und der Bafs in ent-
gegengesetzter Richtung fortschreiten; — in diesem Falle allein ist es zu-
läfsig **).
Im fünften Takte scheinen zwei Akkorde über einer Bafsnote zu stehen;
es ist aber derselbe Akkord, nur in zwei Lagen.
Im siebenten Takte ist die 7 nur über die erste Bafsnote gesetzt- Hier ist
anzumerken: dafs ein Strich, der von einer Ziffer über andere Bafsnoten gezo-
gen ist, bedeutet: dafs das von jener Ziffer dargestellte Intervall zu allen Ak-
korden fortdauern soll, über die der Strich sich ausdehnt.
Im dritten Takte ist in den Dreiklang auf C eine Septime eingeführt und
gleichwohl steigt die Terz des Akkordes nicht hinauf. Dies scheint eine Ab-
weichung von der Regel zu sein; wenn die Septime eingeführt ist, mufs die
Terz eine Stufe hinaufsteigen. Der Grund ist im gegenwärtigen lalle, dafs,
wenn man E (die Terz) nach F hinaufsteigen lassen wollte, dies bei der Forl-
schreitung zum folgenden Akkorde Gelegenheit zu verbotenen Oktavenfolgen
mit dem Basse gäbe.
Diesem ist nun, wie es nur immer geschehen kann, zuvorzukommen, ent-
weder dadurch, dafs man den Bafs von F nach C hinaufsteigen und entge-
gengesetzte Bewegung eintreten läfst, oder dadurch, dafs man dem E, der
*) Wünschten wir aber die Septime in den ersten Akkord eines Thema einzuführen, so wird
es besser sein, denselben erst als blofsen Üreiklang hören und die Septime nur zu seinem letzten
Theile zutreten zu lassen , wie im ersten Takte der Beispiele 57 und 54.
*'"_) Weitere Beobachtungen hierüber werden sich künftig Enden.
40 Entgegengesetzte Bewegung.
Terz des Akkordes, gestattet., erst nach F hinauf und unmittelbar darnach in
demselben Akkorde nach C wieder hinabzusteigen *).
Haben wir bei der obigen Durchgehung des Beispiels 48. der entgegenge-
setzten Bewegung erwähnt, so ist dies hier zu erklären. Entgegengesetzte Be-
wegung findet zwischen zwei Stimmen statt, wenn die eine von ihnen hinauf-,
die andere hinabsteigt; es ist wohl zu beachten, dafs bei entgegengesetzter
Bewegung der Stimmen unmöglich eine unerlaubte Fortschreitung entstehen
kann. t
jetzt halte der Schüler inne und überdenke die Fortschritte, die er bis hier-
her gemacht und die Wirkungen, welche er im Stande ist., durch die Anwen-
dung der Materialien die wir ihm bis jetzt zugeführt haben, hervorzubringen.
Dies ist ein Verfahren, welches den besten Erfolg hat und nicht zu früh, oder
zu häufig geübt werden kann.
In dem bisherigen Abschnitte sind wir in den Stand gesetzt worden, einzig
durch die Anwendung von drei Grundbässen Melodien zu harmonisiren. Es
wird erspriefslich und angenehm sein, den Weg zurückzublicken, auf welchem
wir bis zu diesem Punkte gelangt sind.
Nachdem wir Melodie und Harmonie erklärt hatten (Seite 12.) gingen wir
daran, die Grundbässe zu entdecken, indem wir über die Tonleiter die Ziffern
8 — 5 — 3 setzten; hierbei fanden wir denn: dafs
Terz, Quinte und Oktave der Tonleiter von der Tonika,
Sekunde und Septime ~ - Dominante
Quarte und Sexte <- - - Unterdominante
begleitet werden —
und dies nannten wir die erste Regel., die Tonleiter zu begleiten.
Mit dieser Regel wurden wir in den Stand gesetzt, die Grundbässe zu ei-
ner gegebenen Melodie zuschreiben (Beispiel 26, 27.). Die Akkorde wurden
zugesetzt (Beispiel 28.) welche eine Harmonie in vier Stimmen hervorbrachten
(Beispiel 29.).
Bei der Vermeidung unzulässiger Qktavenfolge wurden wir auf ein neues
Intervall, die Hauptseptiuie aufmerksam (Beispiel 30.), welche wir auf unterschied-
liche Art anwendeten, um neue Wirkungen hervorzubringen und das Eintönige
zu vermeiden, das aus einer zu häufigen Folge von Dreiklängen entsteht.
— — - -- * — Haben
*) Man sehe Beispiel 52, Takt 2 und 3.
Zweite Regel für Begleitung der Tonleiter. 41
Haben wir uns nun selbst zu alle den Wirkungen Yerholfen, welche durch
die Anwendung der drei Grundbässe hervorgebracht werden: so wollen wir jetzt
sehen ob wir nicht mit einiger Veränderung in der Anwendung eine noch
gröfsere Verschiedenheit der "Wirkung hervorbringen können.
Eine Gelegenheit bietet sich von selbst dar; sie geht aus der Einführung
der Hauptseptime hervor, mit der der Schüler schon bekannt gemacht ist.
Wir finden, wenn wir es untersuchen, dafs in jeder Tonleiter die Quarte
nichts anders, als die Hauptseptime auf der Dominante ist: folglich können
wir ja die Quarte der Tonleiter mit der Dominante im Basse begleiten, und in
dieser einen Note von der ersten Regel abweichen. Dies nennen wir
Die zweite Regel für die Begleitung der Tonleiter.
Wenn die Quarte der Tonleiter eine Stufe hinabsteigt, so mag sie mit
der Dominante begleitet werden.
So kann denn die Quarte der Tonleiter im Hinabsteigen künftig mit
zwei Grundbässen begleitet werden, um zu einer erwünschten Mannigfaltigkeit
zu führen,
§EgEP_E p-p-"
-1=
£:
:Q~1 O:
:Cfc=t=Ct
Diese Regel ist im folgenden Beispiele verdeutlicht.
[6]
42
Zweite Regel —
Wenn wir die Harmonien bei (a) schreiben, so sind wir gezwungen, den
Schlufsakkord unvollständig zu lassen , weil die Terz im Dominantakkorde hin-
aufsteigen mufs. Es ist daher besser, die Quinte im Dominantakkorde (wie
bei b *) auszulassen.
Im ersten Takte dieses Beispiels (b) fällt im Tenor die Oktave zu demsel-
ben Basse in die Quinte; dies ist nur ein Beispiel, wo eine Stimme zwei Töne
der Harmonie nimmt; als eine Sache des Geschmacks mag hier beobachtet wer-
den, dafs es eine bessere Wirkung thut, wenn man dem Bafs und Tenor nicht
erlaubt, auf einmal von C zu G zu schreiten, selbst wenn Gegenbewegung ei-
nen unmittelbaren Verstofs gegen die Regel über Oktavenfolge vermeiden läfst.
Das Beispiel (c) ist zugesetzt, um zu zeigen, dafs die Quarte der Tonlei-
ter, wenn sie hinaufsteigt, nicht mit der Dominante begleitet werden kann,
weil in solchem Falle die Septime unrichtiger Weise aufwärts aufge-
löst werden würde.
Man erinnere sich, dafs diese zweite Regel nur eingeführt ist, um Mannig-
faltigkeit zu erzeugen, und dafs sie nicht zu oft ausgeübt werden darf.
Wenn die herabsteigende Quarte, im Lauf einer Melodie oft vorkommt,
so mag sie abwechselnd bald mit der Dominante (wie im folgenden Beispiel
bei a), bald mit der Unterdominante, wie bei (£), begleitet werden.
S=©=?
a
7
:2r
t~
CT
-O-
±z3=±=q=±=
j-©-
:Q:
=d=d— ?■
■©— S— ö
ffitz::
±=&
-GL
:d=:
q=qr
:C=Ö
zta==ä
ä=r-
:a=©t
— 3 —
=t
— I — o— E
-©-—
Wenn die Quarte der Tonleiter, nachdem sie mehrere Male wiederholt
*) Eine andere Ursache wird sich finden, wenn wir von dem besondern Karakter jeder der
vier Stimmen handeln.
Dritte Regel für Begleitung der Tonleiter.
ist, zuletzt hinabsteigt: so kann die letzte Note mit der Dominante begleitet
werden , wenn gleich die eben vorhergegangene mit der Unterdominante beglei-
tet worden ist — wie bei (a) im folgenden Beispiele
a b
52.
In
cl
i^c
-=y-
«—»+-©
^
— 4-8-7 — 3
:c:
-7-8 —
^-6=^=0
a--&
3'
q
■Q.®
«
Auf gleiche Weise schliefsen wir weiter: ist in der Melodie, wie bei (a),
eine ganze Taktnote statt zweier halben Taktnoten geschrieben, so können ihr
jederzeit (wie bei b) zwei Bässe gegeben werden, die sich in die Geltung (die
Dauer der Note) theilen.
Ein anderer Fall, wo die Geltung der halben Taktnote in zwei Viertel ge-
theilt ist, findet sich bei (c).
Gebrauchten wir aus Irrthum die Dominante zuerst und darnach die Unter-
dominante, so würden wir finden, dafs die Septime (wie bei d) unaufgelost bliebe.
Bei der Uebung, sich die Mannigfaltigkeit, welche blos durch Einfüh-
rung der zweiten Piegel gewonnen wird, ganz anzueignen , mag der Schüler die
Quarte der hinabsteigenden Tonleiter abwechselnd nach beiden Regeln harmo-
nisiren und genau den Wechsel bemerken, der in den Mittelstimmen statt findet.
Melodien, in welchen die Quarte der Tonleiter oft hinabsteigt*) zur Uebung
nach dieser Regel eingerichtet, müssen in hinlänglicher Mannigfaltigkeit har-
monisirt werden, ehe man weiter geht.
Dritte Regel für die Begleitung der Tonleiter.
„Die Oktave der Tonleiter kann mit der Unterdominante begleitet
werden. "
*) Finden sieb in der zweiten Klasse der Uebungeu.
[C
44
Dritte Regel —
Diese Regel bringt uns, eben so. wohl, wie die vorige, neue Abwechselung
Sie mufs aber sparsam und nur zur Vermannigfaltigung des Effekts angewen-
det werden.
Wenn die Oktave der Tonleiter zu oft gebraucht wird, so mufs die be-
ständige Wiederholung derselben Harmonie eintönig werden; in solchem Falle
nun wird die gelegentliche Anwendung dieser Regel eine angenehme Schatti-
rung in jenes Einerlei bringen; wie bei («) im folgenden Beispiele.
53. f
{
*mmm
&=&
t:
ß-ß
y-rt
jfc
T
tr-
a=
Nehmen wir an, dafs die zwei ersten Viertel als eine halbe Note geschrie-
ben wären, so könnten dennoch (wie bei £) zwei Bässe gesetzt werden. Dies
ist ein ähnlicher Fall wie der bei (c) im letzten Beispiele (52.).
Ja, diese dritte Regel kann man gelegentlich anwenden, auch wenn die
Oktave, wie bei (c), nicht wiederholt ist; nur dann darf sie nicht ausgeübt
werden, wenn die Melodie es verbietet — wie in den zwei Fällen bei (d), wo
sonst offenbare verbotene Quintenfolge eintreten würde.
Femer kann sie nicht zum harmonischen Schlufs einer Melodie mit der
Unterdominante dienen.
Bei diesen Regeln ist zu bemerken, wie wir immer mehr in den Stand ge-
setzt worden sind, uns mit dem mächtigen Einflufse der Hauptseptime zu hel-
fen und die wohlthuende Mannigfaltigkeit immer anschaulicher zu machen, wel-
che der Harmonie durch tdie verschiedenartige Anwendung der Grundbässe ge-
geben wird.
Man harmonisire einmal die Melodie des folgenden Beispiels nur nach der
ersten Regel und vergleiche sie dann mit der Art, Avie sie liier erscheint
Vierte Regel für Begleitung der Tonleiter. 4
io
q=^q:
,--^-
©*"-
=F
iü
€*-*--'
afcTt
-O-
$±3=2r*
3
B
3
d:
L::^J:
-5
»
•©-#
3
54.
*feä
;*
e^tt^
iß —
zqr.
q=g
57
-3 —
©^
-f-^-
K7
^
:4
ES;
Q^
7 7
ä=#i
iptf
■+—
:£
Im ersten Takt ist die Septime im Alt eingeführt, weil die Auflösung in
dieser Stimme erfolgt; und zwar tritt sie nur im letzten Theile des Akkordes
ein — nach der Regel, die in der Note, Seite 39. *) empfohlen .ist, mit einem
Dreiklang anzufangen.
Im fünften Takte ist sie zu Anfange des Akkordes im Alt eingeführt.
Im dritten Takte ist die zweite R,egel für die Begleitung der Tonleiter an-
gewendet.
„Wenn unmittelbar hinter einem Dominantakkorde ein anderer Dominant-
Akkord folgt, so ist die Terz des erstem genö-thigt, nicht zu steigen, sondern
zu fallen 'y sie wird dann die Septime des folgenden Akkordes, wie Takt 4
und 5."
Man lasse den Schüler jetzt sich an Melodien üben, die zur Anwendung
dieser Regeln eingerichtet sind **).
Trierte Regel für die Begleitung der Tonleiter.
„Die Quinte der Tonleiter kann mit der Dominante begleitet werden."
Bisher haben wir die Quinte der Tonleiter mit der Tonika begleitet; diese
letzte Regel ist, gleich den andern, nur gebildet, um Mannigfaltigkeit in die
*) Die Batsnote ist hier zuerst m'n 5, dann mit 7 beziffert. Die» ist so zu verstehen , dafs zu
dem Basse zwei verschiedene Akkorde geset/.l werden sollen; der erste von ihnen ist der Drei-
klang mit Terz und Quinte — da die Oktave bereits vorhanden ist. Aehnlkne Fälle kommen
im dritten- und vierten Takte vor,
**) Dritte Klasse der Hebungen;.
'4b Vereinigung aller vier Regeln.
Harmonie zu bringen, vornehmlich dann, wenn die Quinte der Tonleiter sich
in der Melodie oft, oder in' langen Noten hören läfst — wie im folgenden
Beispiele.
zt-jrtA
»-0y+^ß4^-f'O^Crr^fWWW^
•B »■■pa-#
öifcjttrfe
prp-
©=P= :0=*^q=ltD:
:C£*
3£
m-ß-
~i — |-^
e.-s
Zuerst übe man sich an Melodien, die eigends für die Anwendung dieser
Regel eingerichtet sind*), und dann wende man mit Ueberlegung alle vier
Regeln zusammen an; so z. B.
(a) die vierte Regel, (£) die zweite Regel, (c) die dritte und (d) die erste.
Bei x und y vergleiche man dieselbe Fortschreitung in der Melodie, verschie-
den begleitet.
Die vier, oben für die Begleitung der Tonleiter gegebenen Regeln mögen
mit den wenigen an sie geknüpften Bemerkungen sicher auf sich beruhen. Sie
reichen hin, in allen vorkommenden Fällen die Wahl zu lenken. Soll eine
Melodie harmonisirt werden, so mufs man bei jedem Intervall prüfen, wel-
chen von zwei Bässen es zuläfst; und darnach, welcher von ihnen am wirksam-
*J Vierte Klasse der Uebungen.
Vereinigung der vier Regeln.
47
sten ist. Das folgende ist ein kurzes Beispiel und ein weiterer Führer in die-
ser eigenen Sache.
Die zweite Note in der Melodie ist Des, der vierte Ton (die Quarte) der
Tonleiter und kann entweder mit der Unterdominante, oder (weil sie hinab-
steigt) mit der Dominante begleitet werden. Im gegenwärtigen Falle ziehen wir
das letztere vor; denn Des liegt wiederum im zweiten Takte in der Melodie
und zwar hier steigend; wir haben folglich keine Wahl, es mufs in diesem.
Falle von der Unterdominante begleitet werden. So haben wir, indem wir auf
fünf Noten vorausblickten, für angenehme Abwechselung gesorgt.
So lange nur eine Regel für die Begleitung bekannt war, bedurfte es keiner
weitläuftigen Ueberlegung; jetzt hingegen sind wir angewiesen, über die Fol-
gen jedes Schrittes , den wir thun , nachzudenken. Die Melodie mufs jetzt ge-
nau untersucht werden, Ueberlegung und Umsicht brauchen wir zu der Bil-
dung eines Planes für die Folge der verschiedenen Bässe — und gute Beurthei-
lung mufs bei ihrer Auswahl aufgeboten werden, damit sie die beste Wirkung
hervorbringen.
Ein Gedanke ist hier wahrhaft beruhigend: der nämlich, dafs wir, wenn
wir auch in einer blofsen Geschmackssache irren sollten, doch sicher sind, im
Allgemeinen korrekt zu schreiben; und dafs eine mäfsige Sorgfalt in der An-
wendung der bisher gegebenen Piegeln Erfolge zeigen wird, die etwas weiter
gehen möchten, als diejenigen erwarten werden, die die Harmonie nach einer
andern Methode studirt haben.
• I
48
Karakteristik d e r vier Stimme n.
Karakteristik der vier Stimmen in der Harmonie.
Sopran, Alt, Tenor und Bafs bieten jedes eine Melodie von besonderm Ef-
fekt, der vornehmlich aus dem Akkorde auf der Hauptseptime entsteht.
Die verschiedenen Intervalle dieses Akkordes haben in ihrer Fortschreitung
jedes eine sprechende Eigenthümlichkeit; und da wir jedes derselben im Allge-
meinen an eine besondere Stimme gebunden linden, so giebt dies jeder Stimme
einen ihr eigentümlichen Karakter. Auf diese Weise sind wir in Stand ge-
setzt, sie klar zu unterscheiden und zu bezeichnen.
Die Fortschreitung des Sopranes geht geradezu zur Oktave der fol-
genden Tonika, sie mag darauf zur Terz empor-, oder zur Quinte hinab-
steigen.
Der Alt (oder zweite Sopran) bleibt an seiner Stelle und wird zur
Quinte.
Der Tenor schreitet geradezu nach der Ter/., welche dann zur Sep-
time hinab-; oder zur Quinte hinaufsteigt.
Die Bafsfortschreitung geschieht dergestalt, dafs sie eine Quarte hin-
auf-, oder eine Quinte hinabsteigt — oder mit andern Worten: sie be-
wegt sich unmittelbar aus der Dominante zu der Tonika.
Sopran
Tenor.
Harmoniert man eine Melodie nach der ersten Regel, so sind alle diese
Fortschreitungen an ihrer rechten Stelle^ jede der vier Partien behält durchgän-
gig ihren karakteristischen Schlufs.
Bei der Anwendung der andern Regeln werden mannigfache Effekte durch
eine Uebertragung dieser Schlufsart der Stimmen von einer auf die andere her-
vorgebracht. Dies ist bei einer genauen Untersuchung an dem Beispiel 50. b
Takt 1 und 2 zu beobachten.
Diese Vertausehung des Schlufsfalles wird wohl deutlicher erkennbar, wenn
mau die Aufmerksamkeit besonders auf die Stimme richtet, io der sich die
Septime findet.
Im
Grofser und kleiner Dreiklang. 49
Im eben erwähnten Beispiele zeigt sich der karakteristische Schlufsfall des
Tenors (der durch die Fortschreitung der Terz zur Tonika ausge-
sprochen ist) in der Sopranpartie.
Der karakteristische Schlufsfall des Soprans (in der Fortschreitung zur
Oktave kennbar) ist dem Alt zugefallen.
Den Schlufsfall der Altstimme (die an ihrer Stelle bleibt) hat der Tenor.
Der Bafs hat seinen eigenthümlichen Gang beibehalten.
Wir werden künftig wohl Gelegenheit haben, diese karakteristischen Ver-
schiedenheit der vier Stimmen mehr und umständlicher zu beobachten; dies
wird uns oft über unsern Gegenstand Licht geben. Für jetzt wollen wir nur
noch eine Bemerkung machen, und zwar an demselben Beispiel 50. (bei c):
die Ungeschicklichkeit in der Anordnung der Stimmen entspringt, wie die fol-
gende Auseinandersetzung zeigt, aus der Verwechselung der Schlufsfälle.
Die Sopranpartie hat den Schlufsfall des Tenors,
Altpartie - - - - Soprans,
Tenorpartie - - - - Soprans.
Der Altschlufs ist gänzlich ausgefallen.
In der Anlage der Stimmen bei (b) im selbigen Beispiele (50.) sind die
vier Schlüfse insgesammt beibehalten. Nun leuchtet die Zweckmäfsigkeit -des
früher ertheilten Rathes ein: die Quinte auszulassen, wenn die Quarte der
Tonleiter im Hinabsteigen von der Dominante begleitet wird.
Grofser und kleiner Dreiklang.
Diese Ausdrücke beziehen sich nur auf die Terz des Akkordes, welche
grofs oder klein ist, je nachdem sie die gröfsere oder kleinere Anzahl
von halben Tönen enthält.
Alle bisher geschriebenen Dreiklänge waren grofse, deren Terz fünf halbe
Töne enthält, wenn man nämlich bei dem Grundtone anfängt zu zählen und
ihn eins nennt (Beispiel 59 #.).
Der kleine Dreiklang hat eine Terz, die nur vier halbe Töne enthält;
sie ist mithin kleiner als die grofse Terz, und daher der Name kleine Terz
und kleiner Dreiklang.
[ 7]
50
Bildung des kleinen Dreiklanges.
a grofser.
59.
t~W~t^'
kleiner.
tn
~ä — HEU"
II
a±
Ä
-O-
Alle Dreiklänge werden als grofse vorausgesetzt, wenn es nicht anders be-
zeichnet oder ausdrücklich bestimmt ist. Wird also der Dreiklang auf C ver-
langt, so ist die Antwort: O, E und G. Der kleine Dreiklang auf C ist C,
Es und G. Benannten wir bisher einen Dreiklang, so ergab das jederzeit einen
grofsen; um daraus einen kleinen zu bilden, haben wir nichts nöthig, als die
Terz einen halben Ton zu erniedrigen, indem wir ein b vor sie setzen, oder
ein Kreuz (wenn es vor ihr gestanden) Avegnehmen. .
Der Dreiklang auf G heilst G, H und D,
der kleine
der
- kleine
der
- kleine
Wo ein kleiner Dreiklang geschrieben werden soll, mufs über der Bafsnote sorg-
fältig das Versetzungszeichen vermerkt werden, das zu seiner Bildung erfoder-
lich ist.
grofser. kleiner. grofser. kleiner. grofser. kleiner.
G -
G, Hes -
D,
D
D, Eis -
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D -
D, F -
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Hes,
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Es, Ges -
Hes.
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kleiner. grofser. kleiner.
Parallel - Tonleiter.
51
Um das Ohr an die Unterscheidung der verschiedenen Wirkung zu gewöhnen,
mufs derselbe Dreiklang oft abwechselnd als grofser und kleiner angegeben wer-
den. Als weitere Uebung mag eine fortlaufende Folge abwechselnd grofser und
kleiner Dreiklänge geschrieben und gespielt werden. Man beginnt mit dem
grofsen Dreiklang auf C, steigt eine kleine Terz herab zu dem kleinen
Dreiklang auf A, dann eine grofse Terz zu dem grofsen Dreiklang auf F,
und so stets abwechselnd weiter.
Es ist zu bemerken, dafs das vorstehende Beispiel sich mit Erniedrigungs-
zeichen rund durch den Zirkel der Tonarten bewegt, bei jeder Gelegenheit ei-
nen kleinen Dreiklang einschiebend, der der verwandte kleine Dreiklang
des vorhergegangenen grofsen genannt wird; dies soll weiterhin erklärt werden.
Bei dem enharmonischen Tonwechsel (bei a) geht der Lauf wieder zurück
nach C, von wo er begonnen hat.
Obgleich wir späterhin auf diesen Gegenstand zurückkommen werden, so
mag doch an dieser Stelle vorauserwähnt werden, dafs jede Molltonleiter
stets dieselbe Zahl von Kreuzen oder Been hat, wie die ihr verwandte
Durtonieiter ).
Um die Zahl der Kreuze oder Bee zu linden, die eine Molltonleiter er-
fodert, mufs die Terz des kleinen Dreiklanges auf ihrer Tonika aufgesucht wer-
den; soviel Kreuze oder Bee die Durtonleiter dieser Terz erfodert (was wir an
den Fingern ausfindig machen gelernt) soviel sind zu der Molltonleiter nothwen-
dig. Zum Beispiele:
*) Daher man solche Tonleitern Paralleltonleitern nennt.
[ <*]
52 Rückblick.
Der kleine Dreiklang auf C heifst C, Es und G.
Die Terz dieses Akkordes ist Es.
Die Durtonleiter auf Es erfodert drei Bee; folglich
fodert auch die Molltonleiter von C drei Bee.
Hier ist einer von den in der Einleitung angekündigten Ruhepunkten, wo
man eine Zeitlang inne halten kann; und damit der Studirende sich ohne An-
stofs den weitern Fortschritten widmen möge, wird es nützlich sein, dafs er
selbst sich vollkommen überzeuge, alles Vorausgegangene verstanden zu haben.
Für die Folge werden wir vom Bisherigen unbeschränkten Gebrauch machen,
und unsere Betrachtungen hauptsächlich auf die neuen Gegenstände richten,
die uns aufstofsen.
Nachdem wir uns durch eine solche Wiederholung den festen Besitz aller
bisher vorgekommenen Gegenstände gesichert haben, können wir nun daran
gehn, das Erlernte nach einem ausgedehntem Maafsstabe anzuwenden und uns
einen weitern Spielraum im angenehmen Gebiete der Harmonie zu eröffnen.
Zuerst liegt uns aber ob, mit einigen Vorausschickungen zu beweisen, dafs wir
bei der Annahme dieses Verfahrens nicht mehr gethan haben, als den einfachen
Vorschriften der Natur folgen.
Wir würden gern jede gründlichere Untersuchung aufgeschoben haben, bis
der Schüler sich erst praktisch mehr mit der Sache bekannt gemacht hätte; da
aber die folgenden Beobachtungen die zweckmäfsigste Einleitung zur Modulations-
lehre abgeben und zugleich eine Entwickelung der Grundsätze enthalten, nach
denen wir vorgeschritten, so mag sich nirgends eine geeignetere Stelle dazu
finden. Da gleichwohl diese Bemerkungen auf eine tiefer eindringende Unter-
suchung und einen gereiften Geist berechnet sind, so rathen wir Jüngern
Studierenden, einstweilen darüber hin zu der Erklärung von Modulation und
Fortschreitung (die bei Beispiel 69. folgt) fortzugehen und wenn sie eine Strecke
weiter vorgedrungen sind, zu dem Ueberschlagenen zurückzukehren, das sie
dann fähiger sein werden, zu verstehen.
Um der Kürze willen werden die Uebungen in diesem ganzen Werke durch-
gängig so gedrängt wie möglich geschrieben werden; dem Schüler aber wird
empfohlen, mit Figurirungen oft abzuwechseln und die Beispiele damit zu ver-
ändern.
Ursprung der Melodie und Harmonie.
53
Die folgenden Beispiele genügen, die grofse Anzahl verschiedener Effekte zu
zeigen, welche durch die Umbildung einer in einfachen Akkorden geschriebe-
nen Uebung, wie Beispiel 6L, gewonnen werden.
Einer besondern Regel bedarf es hier bei dieser blofsen Geschmackssache
nicht; man wird finden, dafs es weniger die Aufmerksamkeit von der Fort-
schreitung der Harmonie abzieht, wenn der Ausführende irgend eine Art der
Figurirung auswählt und dieselbe die ganze Uebung hindurch fortsetzt.
Einige Proben von Figurirung j welche zur Umgestaltung des Beispiels 61.
und zu andern Harmoniefolgen angewendet werden können.
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Ursprung der Melodie und Harmonie j Erklärung der diatonischen Ton-
leiter und Entdeckung der Grundbässe.
Wenn eine Saite in Schwingung gesetzt ist, könnten wir meinen, nur ei-
nen Ton zu vernehin en. Hören wir aber aufmerksam, so entdecken wir, be-
u
Mitklingende Töne.
sonders bei den tiefen Tönen auf einem Fortepiano, dafs der Hauptton ganz
leise von andern begleitet ist, die wir „harmonisch mitklingende" nennen. '
Bei hell tönenden Körpern, Glocken zum Beispiele, scheinen der Haupt-
ton und die mitklingenden Töne alle zugleich zu entstehen und auf einmal ge-
hört zu -werden; in Blasinstrumenten dagegen, zum Beispiel im Waldhorn, in
der Trompete u. s. w. , treten sie abgesondert hervor, so dafs man sie genau
unterscheiden kann — und zwar zeigen sie sich genau in derselben Folge und
demselben Verhältnisse, wie sie durch die schwingende Saite hervorgebracht
werden.
So bringt ein angeblasenes Rohr, oder eine Saite, deren tiefster Ton C ist,
folgende
hervor.
mitklingende Töne
Diese hier niedergeschriebenen Töne sind der Hauptton mit den mitklin-
genden und zwar in der Ordnung, wie sie wirklich auf dem Waldhorn u. s. w.
hervorgebracht werden.
Den tiefsten Ton nennen wir den Grundton und Erzeuger aller übrigen,
welche seine mitklingenden Töne genannt werden, und (wie wohl zu merken
ist) regelmäfsige Theile oder Bruchtheile des Erzeugers sind.
Die nächste Note über dem Erzeuger, welches die Oktave von C ist, ist
als die Hälfte des ganzen Rohres anzusehen; in der That wird ein halb so
langes Rohr genau diesen letzten Ton, die richtige Oktave von C angeben.
Desgleichen würde G durch ein Rohr angegeben werden, das den dritten
Theil so lang ist, als das erste; so verhält es sich mit den übrigen Tönen, de-
ren Verhältnisse im vorstehenden Beispiel angemerkt sind.
Um dies weiter zu erläutern, wollen wir eine Saite über zwei Stege span-
nen und so lange anziehen, bis ihr tiefster Ton dasselbe C ist, welches zuvor
von dem obigen Rohrinstrumente angegeben worden ist. Bringt man dann
Tonleiter aus mitklingenden Tönen.
oo
einen andern Steg unter die Mitte der Saite, so wird jede ihrer Hiilften die
Oktave des Tons der ganzen Saite hervorbringen.
Theilt man dieselbe Saite in drei gleiche Theile, so wird jeder Theil
ein G hören lassen — und so mit den übrigen Verhältnissen.
Mit Bezug auf die Stufenfolge der mitklingenden Töne ist zu bemerken,
dafs sie in stufenweis abnehmenden Entfernungen von einander erscheinen, bis
sie in einer Folge von ganzen Tönen, einer wirklich diatonischen Folge, enden.
Somit ist:
der erste über dem Erzeuger erscheinende Ton die Oktave
der nächste darüber die Quinte,
- - - - Quarte,
- - - grofse Terz u. s. w.
Bis zum letzten E im vorigen Beispiele sind alle Töne bestimmt- aber der
gleich folgende ist in Dunkelheit gehüllt; wir lassen unentschieden, ob F oder
Fis folgen wird *); für jetzt mufs unsere Aufmerksamkeit auf einen andern
Umstand dabei gerichtet sein, der sich uns selbst zum Wegweiser hier darbietet.
Nehmen wir die letzten drei hervorgekommenen Töne als eine Tonleiter
oder Melodie, die harmonisirt werden soll; — was haben wir zu thun? — Wir
müssen die Grundbässe entdecken. — Auf welche Weise? — Wir wollen dazu
die drei ersten durch dasselbe B,ohr erklingenden Töne nehmen und unser
Zweck ist erreicht.
64.
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Nachdem der Grundbafs aufgefunden ist, setzen wir die Akkorde zu
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*) Dem Spieler von Blasinstrumenten ist dies wohl bekannt.
56
Erweiterung derselben auf sechs Töne.
Kehren wir jetzt zu dem Beispiel 63. zurück und bemerken da, dafs unter
den Schwingungen oder Tonfolgen auf C, der siebente Ton ein Hes ist.
Dies ist allerdings nicht der siebente Ton in der Tonleiter von C, wohl
aber die Hauptseptime, da es sich einen ganzen Ton unter der Oktave findet.
Wenn der Dreiklang auf C mit dieser zugefügten Septime gehört wird,
nimmt er sofort den Karakter des Dominant-Akkordes an und bringt eine un-
widerstehliche Neigung hervor, zur Tonika fortzuschreiten *). Das Ohr erkennt
in der Septime ein bestimmtes Verlangen, hinabzusteigen, und in der Terz ein glei-
ches Verlangen, zu dem nächsten Tone des folgenden Akkordes hinaufzugehen.
Haben wir (wie im letzten Beispiele) die aus den mitklingenden Tönen
auf C hervorgegangene Tonleiter harmonisirt, so wollen wir eingedenk sein,
dafs die Hauptseptime jetzt unter den harmonisch mitklingenden Tönen auf der
letzten Bafsnote C wirklich hervorgebracht worden ist. Wollten wir diese Sep-
time alsobald anbringen und in die Harmonie schreiben, so würden wir unwi-
derstehlich gezwungen sein, zunächst nach dem Dreiklang auf F **) fortzu-
schreiten. Sind wir daher nun veranlafst, die Tonleiter über die drei Töne,
welche die Natur uns gegeben, hinaus auszudehnen: so ist der nächste uns
angewiesene Ton natürlich F.
Nachdem wir uns vergewissert haben, dafs unser nächster Bafston F sein
mufs, so wollen wir ihn als einen neuen Erzeuger annehmen und gerade so
verfahren, wie bei dem ersten C.
Wir müssen uns diesen neuen Erzeuger als ein Rohr- oder Blasinstrument
von geringerer Gröfse vorstellen; dies giebt uns unter den mitklingenden Tö-
nen die Tonfolge FjGjA;zvl diesen wollen wir die Bässe schreiben wie bei
dem vorigen Falle, und so haben wir eine Tonleiter von sechs Tönen gebil-
det und angemessen harmonisirt ***).
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-8-
So
*; Siehe Seite 25.
**) Beispiel 40. f,
***) Man bemerke, dafs zu der ersten Note der Tonleiter sich die tiefere Oktave, zu der zwei-
Fortsetzung dreitoniger Tonleitern. 57
So haben wir zwei Tonleitern von je drei Tönen vereinigt, deren erste
durch das Rohr C, die zweite durch das Rohr F hervorgebracht ist.
Diese zwei Tonleitern sind in dem Intervall eines halben Tones mit ein-
ander verbunden worden, wie der Bogen im letzten Beispiele andeutet, so auch
in Beispiel 3, 11 u. s. w. *).
Wir haben nun 6 Töne und noch begehren wir die Tonleiter weiter aus-
zudehnen. Zu welchem Tone müssen wir zunächst fortschreiten? Zu Hes etwa?
Um dies zu beantworten, wenden wir dieselbe Betrachtung an, die uns bei
der Entdeckung des zweiten Erzeugers geleitet hat.
Da der Erzeuger der letzten Reihe von drei Tönen F ist, so wollen wir
dem letzten Dreiklange die Septime zufügen; F, das nun zur Dominante wird,
führt uns zu Hes und wir gewinnen eine dritte Reihe von drei Noten, Hes, C
und -D, wie im folgenden Beispiele 67, Fig. 3.
Eine andere Septime mag dem Hes zugefügt werden, und uns nach der
Tonleiter von Es führen; und so können wir immer weiter verfahren und bis
ins Unendliche **) Tonleitern von drei Tönen zu setzen.
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3SS+4,ii SSE— L^+_i=>
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Aus dieser Erörterung geht klar hervor, dafs eine Tonleiter natürlicher
ten Note die Quinte als Bafs gefunden hat u. s. w. ; dies erläutert, warum wir dieselben Bässe
bei der ersten Aufsuchung der Grundbässe Seite Iß. so beziffert haben.
*) Hier zeigt sich der Grund, warum der dritte und vierte Ton der Tonleiter nur einen
halben Ton von einander entfernt liegen: weil die Terz des Dominant-Akkordes einen hal-
ben Ton in die Oktave steigt.
**) Eine solche Folge hat gleichwohl, als eine unaufhörliche Reihe von Ausweichungen, für
das Ohr etwas Ermüdendes und mufs stets in gewissen Schränken gehalten werden.
[8]
58
Modulation.
Weise aus mehr als drei Tönen bestehen kann, zu denen denn nur zwei
Grundbässe erfoderlich sind, nämlich Tonika und Dominante. Die Unterdo-
minante, die wir früher gebraucht haben, erscheint uns jetzt eigentlich als ein
Erzeuger, oder die Tonika einer andern Tonleiter.
Der Schüler wird nun die Natur und den Ursprung der Modulation klar
begreifen, welche kürzlich in den folgenden Regeln zusammengefafst werden
sollen.
„Wenn wir eine Septime anwenden und so zu einer neuen Ton-
leiter übergehen, so moduliren wir nach dieser Tonleiter."
Im obigen Notensatze zum Beispiel fand eine Modulation (Ausweichung)
statt, indem wir von der Tonleiter von C nach der von F gingen; eine andere,
derselben Regel zufolge, indem wir aus der Tonleiter von F in die von Hes
gingen u. s. w.
Wenden wir diese Bemerkung bei einer
Prüfung der diatonischen Tonleiter (was man gewöhnlich so nennt)
an.
Die ersten drei Töne (wie im Beispiel 68. unten) gehören zu der Tonleiter
von C. Hier erfolgt eine Ausweichung nach der Tonleiter von F, zu welcher
die drei unmittelbar folgenden Töne gehören.
Wollten wir so immer weiter gehn, wie im Beispiel 67., so wurden wir
immer mehr von dem Punkte, von dem wir ausgegangen sind, abkommen,
und das Ohr würde durch die stete Folge solcher Fortschreitungen beleidigt
werden, da wir bereits einen Hang fühlen, zu der ersten Tonleiter zurückzu-
kehren. Wie wir nun aus einer in die andere Tonleiter ausgewichen sind, so
können wir nur durch dasselbe Mittel zurückkehren, das heifst, durch eine
Modulation, welche uns zwingt, den Dreiklang auf G, der Dominante von C,
einzufuhren, dergestalt, dafs wir mit dem letztern Akkorde (auf C) schliefsen.
Harmonische Fortschreitung. 59
So füllen wir die Tonleiter von 8 Tönen aus, und es zeigt sich hier, dafs
der siebente Ton in dieser Tonleiter nicht Hes sein kann, wie im Beispiel 67.
Er mufs vielmehr H sein, da der nothwendig hier eingeführte Dreiklang
auf G: G, H und D heifst. Dieses H nun mufs, als Terz im Dominant -Ak-
korde, einen halben Ton zu C hinaufsteigen; daher kommt es, dafs der halbe
Ton in dieser Tonleiter von der Septime zur Oktave erscheint, da er naturge-
mäfs, wie im Beispiel 7., vom sechsten zum siebenten Tone eintreten würde.
Diese nothgedrungene Abweichung von der Ordnung, die die Natur selbst uns
geboten zu haben scheint, ist es, welche uns in so mannichfache Schwierigkei-
ten hinsichts der Quinten- und Oktavenfolgen zwischen dem sechsten und sie-
benten Ton der Tonleiter verwickelt; wären wir der Fortschreitung gefolgt, die
die Natur uns vorgezeichnet hat, so würden uns diese Schwierigkeiten nicht
aufgestofsen sein.
Um noch besser zu erklären, was Modulation ist, und um diesen Gegen-
stand in ein immer helleres Licht zu setzen, wollen wir unterscheiden, was
wir unter
harmonischer Fortschreitung
verstehen.
Wir bezeichnen damit eine Folge von Akkorden, in welcher die Haupt-
septime nicht angewendet, folglich keine Ausweichung erfolgt ist.
Die folgenden Fälle werden dies erläutern.
Bei (a) haben wir nur nur Dreiklänge gebraucht, die der Tonleiter von
C ejgenthümlich angehören. — Dies ist eine blofse Fortschreitung.
Bei {h) sind einige Akkorde eingeführt, die nicht zur Haupttonleiter (C)
gehören; dennoch ist es eine blofse Fortschreitung, da keine Ausweichung durch
Anwendung der Hauptseptime erfolgt ist.
Bei (c) bleibt die Harmonie in der Haupttonleiter bis zu dem dritten Takte,
[8*]
I
60
Regel für Modulation.
in welchem die Hauptseptime eingeführt ist und eine Ausweichung nach F *)
statt gefunden hat.
Hier scheint sich nun die Harmonie selbst in zwei Zweige zu theilen, Fort-
schreitung und Modulation, deren eigentümliche Karaktere vollkommen un-
terschieden sein wollen, wenn wir weitergehn. Im Beispiel 67. hat sich ausge-
wiesen, dafs die Natur uns die Art und Weise vorzeichnet, auf welcher wir
von einer Tonleiter in die andere übergehen; dies giebt uns
die Regel für Modulation.
„Bei dem Uebergange von einer Tonleiter zu einer andern miik die
Dominante der Tonleiter, in welcher wir ausweichen, unmittelbar
zuvor angebracht werden."
Wir werden finden, dafs die Natur uns in den Intervallen des Drei-
klanges in der Tonika mit den Dominanten versieht, um in diejenigen Ton-
leitern auszuweichen, die den wohlthuendsten Eindruck hervorbringen.
70.
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Zu a: Wenn wir aus dem Dreiklang auf der Tonika die Oktave nehmen
und sie als Dominante gebrauchen, so führt das zur ersten von der
Natur uns angewiesenen Ausweichung (welche im Beispiel 67. ge-
zeigt ist); eine ausgedehnte Uebung dieser Ausweichung findet sich
unten im Beispiel 71.
Zu b: Wenn wir die Terz des Dreiklanges auf der Tonika als Dominante
annehmen, so weichen wir damit nach der Parallel - Molltonleiter
(die Note Seite 51.) aus. Man sehe das Beispiel 72.
Zu c: Die Quinte auf der Tonika kann als deren eigene Dominante keine
*) In der That hätten wir hier als Beispiel die ersten vier Töne der Tonleiter, die die Na-
tur uns bietet, geben können, zu welchen die drei ersten Akkorde sich in blofser Fortschreitung
bewegen, eine Ausweichung aber vom dritten zum vierten Tone eintritt.
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Ausweichung.
61
Ausweichung aus der Tonart bewirken und dient dazu, uns nach
jeder Ausweichung zur ersten Tonart zurückzubringen.
Fahren wir fort, die Oktave jeder Tonart, nach der wir gelangt sind,
als Dominante zu gebrauchen, so moduliren wir rings durch alle Tonarten mit
Been; und lassen wir bei Ges einen enharmonischen Tonwechsel eintreten, so
kehren wir durch die Tonarten mit Kreuzen wiederum nach C zurück.
71.,
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Ausw. nach F.
nach Hes.
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nach As. nach Des. *" nach Ges. Enharmonischer Tonwechsel.
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Wenden wir fortwährend die Terz jeder Tonart, zu der wir gelangt
sind, als Dominante an, so führt uns dies durch denselben Kreis der Tonar-
ten — wo bei jeder Gelegenheit eine Ausweichung nach der jedesmaligen Pa-
rallel - Molltonart eingeschoben wird.
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Nehmen wir nun die Töne des Dreiklanges auf der Dominante G und se-
hen, was diese uns für Ausweichungen zubringen.
62
Ausweichung.
Zu d: D (die Quinte) bringt uns die Ausweichung nach G.
Zu e: H (die Terz) führt uns nach E, der Parallel -Molltonleiter von G.
Zu f: G (die Oktave) bringt uns nach unserer ersten Tonart, C, zurück.
Indem wir uns der Intervalle der Dreiklänge auf Tonika und Dominante
bedienen, finden wir, dafs wir damit nach vier neuen Tonarten ausweichen
können; wenn wir auf gleiche Weise die Intervalle des Dreiklanges auf der
Unterdominante dazu nehmen, so erhalten wir zwei Ausweichungen mehr.
Zu g: F (die Oktave) führt uns zu der Tonart Hes.
Zu h: A (die Terz) führt uns in die Tonart D moll.
Aus den obigen Beispielen ergiebt sich, dafs die nächst gelegenen Tonar-
ten zu jeder gegebenen:
die Parallel -Molltonart,
die Tonart auf der Dominante und deren Parallel -Molltonart,
die Tonart auf der Unterdominante und deren Parallel - Molltonart *)
sind.
Es ist keinesweges nothwendig, dafs wir uns bei unsern Modulationen auf
diejenigen Tonarten beschränken, welche im nahen Zusammenhange mit der
Tonart, von der wir ausgegangen sind, stehen. Gelegentlich können wir mit
*) Die Hauptseptime und deren Parallel -Molltonart sind tu weit entfernt, als dafs wir von
ihnen liier Notiz nehmen könnten.
Modulation durch ganze Töne.
grofser Wirkung in entferntere Tonarten, die wir fremde Töne nennen, aus-
weichen; wobei wir jedoch immer sorgfältig darauf halten müssen, dafs zwi-
schen allen Akkorden ein gehöriger Zusammenhang statt finde *).
In den vorstehenden Uebungen haben wir unsere Ausweichungen durch die
Mittel bewirkt, welche die Dominante uns darbot; jetzt wollen wir zuerst die
Tonart bestimmen, nach der wir auszuweichen wünschen und dann die dazu
gehörige Dominante zufügen.
In die Bafszeile wollen wir (indem wir eine obere Zeile darüber leer lassen)
eine Bafsnote schreiben, z. B. C, von der wir ausgehen.
Haben wir beschlossen nach D auszuweichen, so schreiben wir ein D hin,
lassen aber davor einen leeren Raum zur Einsetzung der Dominante.
Da A die Dominante von D ist, so mufs es in dieser Lücke eingeschoben
werden.
Beschliefsen wir nun weiter nach E zu gehen, so wird die Bafsnote E hin-
geschrieben, davor ein Raum für dessen Dominante H gelassen und diese dann
eingesetzt; so geht es dann nach Gefallen weiter.
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ecc.
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Die gehörigen Dominanten werden solchergestalt vor ihre Toniken gesetzt
und mit 7 beziffert. Nun werden die Dreiklänge in die obere Zeile**) geschrie-
ben, die Septimen, mit denen der Bafs beziffert ist, werden zugefügt und so
ist die Uebung, wie nachstehend, vollendet.
^Enh.
76.
*) Siehe Seite 15.
**) Die obern Noten der einander folgenden Dreiklänge müssen so nahe wie möglich an ein-
ander geschlossen und die Intervalle der Dominant- Akkorde gehörig aufgelöset werden.
64 Modulation, durch Verwandlung der Dreiklänge befördert.
Das Vorstehende ist eine aufwärts fortschreitende Modulation durch ganze
Töne.
Bei Fis tritt ein enharmonischer Tonwechsel ein und statt nach Gis wei-
ter fortzuschreiten, gehen wir wieder nach C zurück.
Auf gleiche Weise können wir durch ganze Töne abwärts steigend modu-
liren, wie hier:
f
77.
° r P
3 %
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— s—
17
— e —
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's 1
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f-bfee —
bS
;— bO — :
■p fer
i e£c.
^^
— fe© —
bQ ■ -
e£c.
Zu jeder Zeit können wir, wie im vorstehenden Beispiele, den grofsen
Dreiklang in einen kleinen verwandeln und umgekehrt; dies wird uns öf-
ters eine bessere Verbindung mit der nachfolgenden Dominante geben und die
Härte, welche sonst eine Ausweichung in fremde Töne haben kann, mildern;
wie im nachstehenden Beispiel.
*Ļ3i=
9=^=^m
i — tf-
7
:SO:
'-#;o
2f^^z
Zu <?: Die grofse Terz ist in eine kleine verwandelt, weil wir in Tonarten
mit Been ausweichen wollen; der so veränderte Akkord hat nun ei-
nen zwiefachen Zusammenhang mit dem nächsten.
Zu b: Die kleine Terz ist in eine grofse verwandelt, weil wir aus einer
Tonleiter mit Been in eine mit Kreuzen übergehen.
Zu c: Hier würde nur eine Verbindung mit dem folgenden Akkorde sein,
wenn wir nicht diese Verwechselung vorgenommen hätten.
Das
Gebrauch enharmonischen Tonwechsels. 65
Das folgende Beispiel zeigt, wie nutzbar die enharmonischen Tonwechse-
lungen für Modulation sind.
I. Hier fangen wir in der Tonart von Ces an; den Dreiklang auf Ces sind
wir genöthigt enharmonisch zu verwandeln, ehe wir gerade nach E ausweichen
können.
II. Hier sind wir in Cis, welches durch enharmonische Verwechselung in
Des uns in den Stand setzt, auf einmal nach Ges überzugehen.
Im Beispiel 72. wählten wir, um eine neue Dominante zu bilden, die Terz
des Dreiklanges auf der Tonika und zwar die grofse Terz. Da uns frei steht,
aus diesem Dreiklang einen kleinen Dreiklang zu machen, so wollen wir die
kleine Terz als neue Dominante annehmen.
Untersuchen wir jetzt die Wirkung der Modulation nach jeder Stufe durch
grofse halbe Töne *) aufwärts.
81. <
IM
fe,©c
=bü
ffs-
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etc.
6 t.
3 l
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*_h
etc.
*) Man sehe die Erklärung von großen und kleinen halben Tönen.
[9 J
66
Modulation nach der grofsen Terz.
Zu Takt 1. Der Dreiklang ist in einen kleinen verwandelt, weil wir im
Begriffe sind, nach Tonleitern mit ßeen zu gehen.
Zu Takt 3. Der Dreiklang auf Des ist zu einem kleinen gemacht und en-
harmonisch verwandelt, damit wir nicht gezwungen sind, nach
Eses zu gehen.
Und so fahren wir fort, durch grofse halbe Töne aufwärts zu steigen, bis
wir wieder nach C zurückkommen.
Jetzt wollen wir die Quinte auf der Dominante jeder Tonart, zu der
wir fortschreiten, auswählen, und zu der Tonart auf der Quinte darunter, oder
(was dasselbe ist) auf der Quarte darüber, übergehen.
Da im obigen Beispiele der Bafs eine Stufe hinaufsteigt, mufs der Schüler
nicht die Regel zur Vermeidung von Quinten- und Oktavenfolgen vergessen; in
solchen Fällen mufs die Quinte eine Stufe fallen.
Wir wollen jetzt eine grofse Terz abwärts moduliren; bei diesem Un-
ternehmen werden wir aber finden, dafs zwischen der eingesetzten Dominante
und dem vorigen Akkord keine Verbindung ist.
In solchem Falle müssen wir einen Akkord anzubringen suchen, wo die
Kette der Harmonie unterbrochen ist, indem wir auf diese Weise in den Lauf
der Modulation Zusammenhang bringen.
N. B. Gemeinlich werden wir finden, dafs der Dreiklang auf der kleinen
Terz darunter oder auf der grofsen Terz darüber dieser Absicht entspricht; hier,
wo wir von C nach E moduliren wollen , können wir es mit beiden versuchen.
A-j
a
:=d:
:d.
St:
7
m
:::=0:
S
Q=:::
t=:::
7
Modul, nach kleiner Terz hinauf, einen kleinen Ton abwärts etc. 67
Die mit © bezeichneten Akkorde sind eingeschoben.
Eben so verhält es sich bei der Modulation nach der kleinen Terz darüber.
(
84.
Bei der Ausweichung nach dem halben Tone darunter scheint zwar die
Terz der Tonika eine Verbindung mit der Septime auf der Dominante zu bil-
den; gleichwohl ist die Beziehung zwischen diesen beiden Tonarten so entfernt,
dafs die Ausweichung kaum zugelassen werden kann; die Wirkung einer sol-
chen Folge ist aufserordentlich hart und unangenehm, wie in dem folgenden
Beispiele bei (a):
Ein weit besserer Effekt wird durch die Einschiebung eines Akkordes, wie
bei (b) und ein noch besserer durch die bei (c), hervorgebracht.
Weichen wir jetzt in die entfernteste Tonart aus, das heifst; in die er-
höhte Quarte, oder (was dasselbe ist) in die erniedrigte Qtiinte darüber.
86. <J
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5
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5-
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[9*]
68
Uebung für alle diese Lehren.
Bei (<a) zeigt sich keine Verbindung zwischen beiden Akkorden.
Bei (b), der Dreiklang der grofsen Terz darüber ist eingeschoben.
Bei (c), hier ist es der auf der kleinen Terz darunter.
Nach den vorstehenden Regeln zur Aufsuchung der Dominanten leuchtet
ein, dafs wir aus jeder gegebenen Tonart in sechs andere übergehen können.
Wir müssen hier noch ausdrücklich bemerken, dafs wenn wir in irgend
eine neue Tonart übergegangen sind, wir uns nun in derselben Lage sehen, als
fingen wir bei dieser an; wir können daher auf dieselbe Weise, wie zuvor, je-
des der Intervalle auf der Tonika, Ober- und Unterdominante dieser Tonart
behufs weiterer Modulation anwenden.
Uebung für alle vorstehenden Regeln.
1 2 3 4 5 6
©- — I-
Zu Takt 1. : Wir haben die Terz von der Tonika genommen und nach der
Parallel - Molltonart modulirt.
Zu Takt 3. : Wir haben die Oktave gewählt und nach D moll modulirt. Wir
befinden uns nun in D moll, deren Unterdominante wir (Takt C.)
nehmen und damit (Takt 7.) nach Cmoll ausweichen.
Zu Takt 8. : Hier in C moll nehmen wir die Terz der Unterdominante, wel-
che nach Des führt.
Zu Takt 10.: Wir sind in Des, nehmen die Quinte auf dessen Dominante und
gehen nach As.
Zu Takt 12.: In As nehmen wir die Terz auf dessen Dominante und modu-
liren nach C moll.
Uebung für alle diese Lehren. 69
Das vorstehende Beispiel wird die unerschöpfliche Mannigfaltigkeit in Aus-
weichungen hinlänglich zeigen, die wir durch die Anwendung der vorhergehen-
den einfachen Regeln gewinnen; uud diese — das wollen wir nicht vergessen,
haben ihre Entstehung in den ursprünglichen drei Grundbässen.
Der Schüler wird nicht ermangeln, die ausgedehnte Gewalt der Modulation,
die ihm nach obigem zu Gebote steht, zu nutzen, bei jeder Gelegenheit
in' der Auswahl der verschiedenen Intervalle abzuwechseln und stets neue und
die besten Effekte hervorzubringen; da alle harte und fremde Modulationen
durch die Anwendung dieser Regeln gänzlich ausgeschlossen werden.
Es wird dringend empfohlen, die Modulationen, die man geschrieben hat,
stets zu spielen und sie, um mannigfaltiger Wirkung willen, auf verschiedene Weise
zu bearbeiten, wozu wir im folgenden Beispiel einige Proben gegeben haben.
Dies giebt denn auch eine Elementaranleitung, aus dem Stegreife zu spie-
len (zu fantasieren) und in verschiedenen Weisen die Begleitung einzurichten.
Beispiel 88.
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70
Konsonanz und Dissonanz.
Harmonie in zwei Zweige j Konsonanz- und Dissonanzakkorde j getheilt.
Der Dreiklang ist ein konsonirender Akkord und die in ihm enthaltenen
Intervalle (die Terz, Quinte und Oktave) heifsen Konsonanzen.
"Wenn ein konsonirender Akkord gehört wird, so ist der Eindruck auf das
Ohr angenehm und an sich selbst befriedigend. Man kann diese Klänge ein-
ander allmählig folgen lassen, ohne dafs sie das Gefühl der Erwartung oder
Spannung auf andere, die nachfolgen sollen, erregen.
Nimmt man nun einen von den Tönen, die den Konsonanzakkord bilden,
weg und setzt einen andern an dessen Stelle, so wird der entgegengesetzte Ein-
druck von einem Konsonanzakkorde hervorgebracht.
Der Ton, welcher diese veränderte Wirkung hervorbringt, heifst Disso-
nanz; und
ein Akkord, in welchem eine Dissonanz gehört wird, heifst dissoniren-
der Akkord.
Die beständige Folge von Konsonanzen übersättigt das Ohr.
Eine einsichtsvolle Untermischung von Dissonanzen bringt mehr Interesse
hervor, führt angenehme Abwechselung herbei und verleiht in der That den
Harmonien Licht und Schatten.
Wenn man die folgende hinabsteigende Melodie mit ihren Grundbässen
(wie bei a) spielt, so wird das Ohr vollkommene Befriedigung empfinden.
Jetzt lasse man aber den Ton G in der Melodie im folgenden Takte fort-
klingen (wie im obigen Beispiele Z»), ohne den Bafs zu verändern, und sogleich
wird das Ohr eine gewisse Beunruhigung empfinden, das Verlangen, den Ton
F zu hören.
Wenn ein Intervall in einer Melodie auf solche Weise im Hinabstei-
gen zurückgehalten ist, so nennt man das Vorhalt. Zum Beispiel
G ist Vorhalt von F
F - - - E
Dissonanz durch Vorhalt.
71
. . E ist Vorhalt von D — oder mit andern Worten
die None (der neunte Ton) ist Vorhalt von der Oktave,
- Quarte ist Vorhalt von der Terz,
- Quinte - - - Sexte.
So sind alle Dissonanzen durch Vorhalte zu fassen.
Dreiklang mit dissonirender Quarte als Vorhalt der Terz.
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Dreiklang mit dissonirender None als Vorhalt der Oktave
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Dreiklang mit dissonirender Sexte als Vorhalt der Quinte.
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Diss.
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Diss.
An den vorstehenden Beispielen ist ersichtlich, daCs diejenigen Töne, wel-
che dissonirende Akkorde hervorbringen, sich in hinabsteigender Folge nach der
Natur zuerst als Konsonanzen, und darauf als Dissonanzen darstellen;
aus diesem Umstände nehmen wir die ganz naturgemäfse und sehr wichtige
Regel, dafs:
jjalle Dissonanzen als Konsonanzen eingeführt: werden müssen,
oder mit andern Worten, dafs _,jder Ton, welcher zur Disso-
72
Vorbereitung der Dissonanzen.
nanz wird ^ zuvor im 'vorhergehenden Akkorde als Konsonanz ge-
hört werden mufs." Dies nennt man in der Kunstsprache Vorberei-
tung der Dissonanzen,, oder schlechtweg Vorbereitung; und dann: jjti
welcher Stimme die Dissonanz eingeführt werden soll, im Sopran,
Alt u. s. w. in dieser Stimme mufs sie auch vorbereitet sein.'',
Diese Regel von der Vorbereitung der Dissonanzen kann als überflüssig
aufgegeben werden, wenn wir die Vorhalte nur bei hinabsteigender Melodie
einführen; ist dies aber nicht der Fall, so mufs die Vorbereitung genau beob-
achtet werden.
N. B. Bei dem Beispiel 89. b ist zu bemerken, dafs die Dissonanz stets
eine Stufe nach der folgenden Konsonanz hinabsteigt.
Da wir jetzt beschäftigt sind, eine gehörige Vorstellung von der Vorbe-
reitung der dissonirenden Vorhalte zu geben, so wollen wir, statt dazu die
hinabgehende Tonleiter zu nehmen, von der hinaufsteigenden Gebrauch
machen, in welcher sich die Dissonanzen nicht von Natur vorbereitet finden.
Bei (a) im folgenden Beispiele sind alle Akkorde konsonirende.
Bei (b) ist die dissonirende Quarte im Alt eingeführt, weil die Auflösung
(die Terz) in dieser Stimme erfolgt. Sie ist, wie man hier sieht, nicht vor-
bereitet.
Bei (c) ist sie es dagegen, und zwar in derselben Stimme, dadurch, dafs
wir die Quinte (G) im vorangehenden Akkorde in zwei halbe Taktnoten thei-
len und die letztere nach C (der Oktave desselben Akkordes) hinaufgehen las-
sen; dies ist die gehörige Vorbereitung der folgenden Quarte.
Alle
Quarte als Vorhalt der Terz.
73
Alle obigen Bemerkungen, über Vorbereitung u, s. w., finden auf die an-
dern Dissonanzen ebenfalls Anwendung.
Wenn wir eine Melodie harmonisirt, oder anderwärts her eine Harmonien-
folge erhalten haben und erkennen wollen, in welchen Akkorden wir Disso-
nanzen einführen können, so müssen wir die Fortschreitung des Grundbasses
untersuchen und dabei folgende Regel beobachten.
„Wenn der Grundbafs eine Quinte *) steigt, so können wir die
Quarte als Dissonanz, die sich in die Terz auflöset, ein-
führen,"
wie das folgende Beispiel zeigt.
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Man bemerke, dafs in Takt 2, 3 und 6. die Dissonanzen bereits in der-
selben Stimme vorbereitet sind, in welcher ihre Auflösung erfolgt, weil näm-
lich die Melodie hinabsteigt. Im Takt 5. ist der Fall anders; die Melodie
geht hinauf und wir sind verpflichtet, hinaufzusteigen, um zur Vorbereitung
der Dissonanz zu gelangen.
N. B. Der Schüler mag einige von den Melodien nehmen, die er bisher
harmonisirt hat, und sie als Hebungen zu der vorigen, oder den folgenden Re-
geln benutzen.
„Wenn der Grundbafs eine Quarte steigt,**) so können wir die
None, die sich in die Oktave auflöset, dissonirend einführen."
Wir wenden uns zu dem 91sten Beispiel zurück und bemerken, dafs der
Bafs eine Quarte hinaufsteigt. In dem Akkorde, zu welchem er hinauf-
*) Dies ist dasselbe, als wäre sie eine Quarte ab wärts'gef allen.
**) Oder, was dasselbe ist, eine Quinte füllt.
[ 10 ]
74
None als Vorhalt der Oktave.
schreitet, ist die None eingeführt, durch die vorhergehende Quinte vorbereitet;
dies ist der Grund der obigen Regel und dazu ist das Folgende ein Beispiel in
Partitur.
Zu a: Die None ist im Alt eingeführt, weil die Oktave sich daselbst be-
findet; es ist zu bemerken, dafs sie nicht in dieser Stimme vorbe-
reitet ist.
Zu b: Die None ist vorbereitet, indem die Terz des vorhergehenden Ak-
kordes zur Quinte hinaufgestiegen ist.
O- b
95.
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Wir wollen nun die hinaufsteigende Tonleiter liarmonisiren und sowohl
die Quarte in die Terz, als die None in die Oktave *) einführen.
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-© — w
*) Einige spätere Bemerkungen über strengen und freien Styl werden auf dieses Beispiel zu
beziehen sein.
Harmonisirung der hinabsteigenden diatonischen Tonleiter. 75
Zu Takt 2. Der Bals ist eine Quarte gefallen (oder, was gleich viel ist,
eine Quinte gestiegen) folglich können wir hier die Quarte
haben, die sich in die Terz auflöset. Da die Terz im Alt ist,
mufs sich die Quarte auch daselbst belinden. Da die Quarte
aber nicht in dieser Stimme vorbereitet war, so steigt der
*
Alt zu diesem Zweck nach G, der Oktave im ersten Takte.
Zu Takt 3. Die None erfodert, dafs der Alt, behufs ihrer Vorbereitung,
im zweiten Takte wieder aufwärts gehe.
Zu Takt 4. Der Alt steigt nach C hinauf, um die Quarte im folgenden
Takte vorzubereiten.
Es ist zu bemerken, dafs in diesem vierten Takte der Bafs eine Quinte
gefallen ist; wir hätten daher nach der obigen Regel die None vor der Oktave
einführen können. Warum ist dies nicht geschehen?
Weil die Oktave im Diskant liegt; da die None eben daselbst angebracht
werden müfste, so können wir in diesem Falle die Dissonanz nicht zulassen,
ohne die Melodie wesentlich zu verändern.
Zu Takt 7. Die Quinten- und Oktavenfolge ist nach der zweiten Methode
vermieden.
Auf diese Weise mag der Schüler sich an den Tonleitern verschiedener Ton-
arten üben, diese zwei Dissonanzen *) einzuführen, dann die Harmonie zu
vollenden und die Verschiedenheit der Wirkung mit den Beispielen 45 und 47.
zu vergleichen.
Harmonisirung der hinabsteigen den diatonischen Tonleiter.
Betrachtet man die diatonische Tonleiter als eine Melodie, so bleibt sie
im Hinauf- und Hinabsteigen dieselbe. Allein es linden sich mancherlei Gründe,
sie verschieden zu harmonisiren.
Bei der Einleitung zur Modulation haben wir erklärt, in wiefern die noth-
gedrungene Konstruktion der Tonleiter zwischen der sechsten und siebenten
Stufe Quinten- und Oktavenfolgen zu Wege bringt; wir haben auch bereits
zwei Methoden, sie in der hinaufsteigenden Tonleiter zu vermeiden, kennen
gelernt — aber diese können bei der hinabsteigenden Tonleiter nicht angewen-
det werden. Statt daher den Bafs von der Dominante auf die Unterdominante
*) Die Sexte, die zur Quinte wird, findet sich im Beispiel 101; angeführt.
[ 10* ]
Hinabsteigende Tonleiter mit Vorhalten.
fallen zu lassen (wie im folgenden Beispiel a) läfst man ihn ein*e Stufe hinauf-
steigen (wie bei b) und durch die Einführung dieser entgegengesetzten Bewe-
gung zu den übrigen Stimmen ist die Oktaven- und Quintenfolge vermieden *).
Das folgende ist ein Beispiel der hinabsteigenden diatonischen Tonleiter,
in vier Stimmen, wobei die Quarte, die sich in die Terz, und die None, die
sich in die Oktave **) auflöset, dissonirend eingeführt sind.
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*) Hier wird in der Tonleiter ein kleiner Dreiklang eingeführt, welcher bei der Abhandlung
der hinaufsteigenden Tonleiter nicht zu erklären gewesen wäre. Dies rechtfertigt uns über den
langen Aufschub der Uebungen über hinabsteigende Tonleiter.
**) Die Dissonanzen, die hier im Sopran erscheinen, können nicht als eine wesentliche Ver-
änderung der Melodie angesehn werden, da diese mir in ihrem Fortschreiten aufgehalten wird.
Hinabsteigende Tonleiter mit Vorhalten. 77
Zu Takt 2. Warum lassen wir die Quarte im Sopran und im siebenten Takt
im Alt erscheinen? Weil die Auflösung da erfolgt.
Warum können wir die Quarte in diesem Akkorde einführen? Weil der
Bafs eine Quinte hinaufgestiegen ist.
Zu Takt 3. Warum ist der Bafs eine Stufe hinaufgestiegen? Um Quinten
und Oktaven zu vermeiden.
Kein Intervall kann durch einen Vorhalt aufgehalten und zu glei-
cher Zeit (in einer andern Stimme) gehört werden.
Wir wollen uns daher vorsehen, dafs wenn wir die None zum Beispiel in
einer Stimme einführen, die Oktave nicht in einer andern erscheine. Diese
Erinnerung ist auch auf die andern Dissonanzen anzuwenden.
Sind wir nun im Begriff, die Hauptseptime in Verbindung mit den oben
erklärten Dissonanzen anzuwenden, so wollen wir hier die Gelegenheit wahr-
nehmen, einige bemerkenswerte Eigenthümlichkeiten zu erklären.
Erstens: die Dissonanzen durch Vorhalte sind stets vorzubereiten.
Die Septime wird ohne Vorbereitung eingeführt.
Zweitens: die dissonirenden Vorhalte werden über demselben Basse aufgelöst.
Die Septime wird auf dem folgenden Bafs erst aufgelöst.
So scheint also die Septime an der Natur der Konsonanzen Theil zu ha-
ben — insofern sie keine Vorbereitung erfodert; und an der Natur der Disso-
nanzen — insofern sie aufgelöst sein will.
Ein anderer Unterschied ist noch in. der Wirkung wahrzunehmen.
Eine Dissonanz durch Vorhalt hat die Neigung, sich über demselben Basse
aufzulösen, die Septime hingegen treibt uns vorwärts zu einem andern Akkorde.
Die hinabsteigende diatonische Tonleiter
mit der Quarte, die sich in die Terz, der None, die sich in die Oktave auf-
löset und der Hauptseptime.
-*4 — m — B
78
Hinabsteigende Tonleiter mit Vorhalten.
Aus der Fortschreitung des Basses erhellt, dafs wir im obigen Beispiele die
Hauptseptime nur in zwei Akkorden einführen können.
Zu Takt 3. Nachdem fehlerhafter Fortschreitung vorgebeugt ist, steigt der
Bafs in die Unterdominante, den ursprünglichen Bafs der Ton-
leiter, hinab; dadurch gewinnen wir noch gröfsere Abwechselung.
Zu Takt 4. Die Terz des Dominantakkordes fällt zu demselben Basse in
die Oktave hinab , um die None im folgenden Akkorde zulässig
zu machen; denn wäre die Terz bis zu Ende des Taktes beibe-
halten worden, so hätte sie sich zur Oktave des folgenden Ak-
kordes erheben müssen und dann wären Oktave und None
zu gleicher Zeit gehört worden.
N. B. Diese Methode mufs beobachtet werden, sobald der Bafs von der
Dominante zur Tonika schreitet und die None im letzten Akkord eingeführt
wird.
Das folgende Beispiel ist eine harmonisirte Melodie in Partitur, zu der ge-
legentlich die bisher erklärten Dissonanzen eingeführt werden; sie bei al-
len Gelegenheiten, die die Bafsfortschreitung darbietet, einzuführen, würde die
Uebung erschwert und den Ausdruck der Melodie *) oft gestört haben.
Zu Takt 6. Zwei Grundbässe sind bei dem sechsten Tone der Tonleiter an-
gewendet, wie im Beispiel 99. Takt 3.
*) Es sei im Vorbeigehn bemerkt, dafs unser Augenmerk hieT nicht darauf gerichtet ist,
Punkte zu erörtern, die weiterhin berührt werden; unsere Absicht ist einzig und allein, den Schü-
ler in dem, was er bereits gelernt hat, zu üben.
Vereinigte Dissonanzen.
79
Bei dem Schlufse dieses Beispiels erscheint die Altfortschreitung im Sopran
und es findet sich hier beiläufig eine Verwechselung des Karakters in den an-
dern Stimmen. Es ist nicht gebräuchlich, so zu schliefsen; nur um verschie-
dene Effekte hervor zu bringen, findet es statt.
Vereinigte Dissonanzen — zwei Dissonanzen zugleich über demselben Bafs
eingeführt.
Wir haben gesehen, dafs -wir, wenn der Bafs eine Quinte steigt, die dis-
sonirende Quarte vor der Terz — und
Wenn der Bafs eben so fortschreitet, wir auch die Sexte vor der Quinte
haben können.
Dieser beiden Freiheiten mag man sich entweder jeder einzeln, oder bei-
der zugleich bedienen, wie in dem folgenden Beispiel (bei a).
Wenn der Bafs eine Quarte steigt, haben wir bis jetzt gefunden, dafs wir
die None vor der Oktave nehmen können.
Wir können gleichfalls die durch die Septime vorbereitete Quarte als
Vorhalt der Terz haben; vorausgesetzt, dafs die Harmonie den Gebrauch einer
Septime im vorhergehenden Akkorde zuläfst (wie im obigen Beispiele bei b);
demnach
Kann die Quarte als Vorhalt der Terz verbunden werden mit der None
als Vorhalt der Oktave (wie bei c).
Die folgende Uebung hat die Melodie des Beispiels 100., für das Pianoforte
arrangirt; hierbei kann der Schüler die verschiedene Wirkung zu beobachten
anfangen, die so hervorgebracht wird. Die Harmonie ist streng vierstimmig
und dieselbe, wie im Beispiel 100., nur dafs die verbundenen Dissonanzen, die
im Beispiel 101. erläutert worden, zugesetzt sind.
80 Einführung der Dissonanzen nachdem Basse geregelt.
102.
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Im Takt 2 und 4, ist der verbundene Vorhalt der Quarte und Sexte ange-
wendet.
Im Takt 3 und 8. ist die Quarte mit der None verbunden.
Im Takt 6 und 7. ist die None durch die Terz vorbereitet (dies wird im
nächsten Beispiel 103. erklärt werden).
Die Melodie des vorstehenden Beispiels ist eingerichtet, mit einer Tenor-
schlufs klau sei zu enden, die einen besonders weichen Ausdruck hat; man
vergleiche dies mit derselben Melodie im Beispiel 100.; es dient dazu, den Aus-
druck der hier zugefügten Dissonanzen auffallender zu machen,
N. B. Hinabsteigende Tonleitern können hier zu IJebungen benutzt werden.
Die Einführung der Dissonanzen, ist durch die Fortschreitung des Basses
geregelt.
Die zwei vornehmsten Bafsfortschreitungen sind bereits gezeigt,, und wir
haben jetzt nur die Uebrigen zu erklären; da alles, was Vorbereitung erfodert
schon gelehrt ist , wird nun leicht alles übrige verstanden werden.
Wenn der Bafs eine'Y C ■">.. -iU . .. "} f . . , . .n,,
1 die None durch die lerz vorbereitet M wie im Beisp. 10.».
- Quarte » - Quinte » j| - (a).
Sekunde steigt, kön-
nen wir einführen
Wenn der Bafs eine
Terz steigt,
Sexte
Oktave
Wenn
Uebung zur Einführung der Dissonanzen.
Wenn der Bafs eine Sexte hinaufgeht, können wir keine Dissonanz haben.
Wenn der Bafs eine"\ die Quarte, durch die Terz vorbereitet (c),
Septime hinaufgeht, L - None - - Oktave - (d),
können wir haben - Sexte - - Quinte*) - (e).
81
Um Gewandtheit In der Einführung der Dissonanzen zu erlangen, verfahre
man so.
Man nehme eine Reihe von Grundbässen (zum Beispiel die folgende).
104.
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.1511
Man schreibe die Akkorde in eine obere, zu dem Zweck leer gelassene Zeile
über den Bafs, und vermeide alle unnöthigen Sprünge in der Melodie.
Man beziffere jede Bafsnote mit allen Dissonanzen, welche ihre besondere
Fortschreitung zuläßt.
Man führe in die Harmonien diejenigen Dissonanzen ein, die nach unserm
Geschmack rathsam sind, oder durch die Umstände bedingt werden; denn (wie
wir schon .zuvor bemerkt haben) man soll sie nicht bei jeder Gelegenheit alle
anwenden. Endlich
sorge man dafür, dafs alle eingeführten Dissonanzen richtig vorbereitet und
aufgelöset werden,
Der Schüler kann sich leicht selbst mit Uebungen von beliebiger Ausdeh-
nung für das hier beschriebene Verfahren versehen, indem er die Bässe von
irgend einer bisher geschriebenen Modttlationsfolge nimmt, oder sich selbst nach
den Anweisungen im Beispiel 87. Bässe schreibt.
*) Es wird besser sein, die Anwendung dieser zwei letzten Dissonanzen bei dieser Fortschrei-
tung des Basses auszusetzen, bis die Leiire von der Umkehrung eingeführt ist.
[ 11 J
82
Umgekehrte Bässe.
Wir wollen diese Abhandlung mit einem Beispiel schliefsen, in welchem
die Harmonie im erstem Theile vollständig ist, indem wir da die vollen Ak-
korde zuerst über die Bässe geschrieben und dann die Dissonanzen eingeführt
haben. Die letztere Hälfte des Beispiels ist dagegen unausgeführt, die Akkorde
sind nicht zuerst hingeschrieben, wie in der erstem Hälfte, sondern die Disso-
nanzen allein sind mit ihren Vorbereitungen und Auflösungen eingeführt; die
übrigen Noten mögen der Harmonie später zugefügt werden.
Die letztere Behandlungsweise häufig auszuüben, wird vorteilhaft befun-
den werden, und es zeigt eine vollkommnere Bekanntschaft mit der Sache.
105.
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Umgekehrte Bässe.
Man mufs wahrgenommen haben, dafs die Grundbässe sich im Allgemeinen
in grofsen Intervallen, in Quinten, Quarten u. s. w. , bewegen; dies ist der ei-
gentümliche Charakter der Bafsmelodie, welcher eben diesen verschiedenen
Effekt hervorbringt im Gegensatz zu der Melodie der anderen Stimmen.
In dieser Fortschreitung des Basses scheint jedoch von Natur etwas zu Be-
stimmtes und Entscheidendes zu liegen, das sich mit der glatten und ebenmäfsi-
gen Fortschreitung in den andern Stimmen nicht genugsam verschmelzen läfst.
Dies hat eine gewisse Plumpheit des Ausdrucks zur Folge, die wir gegen eine
sanftere und gefälligere Ausdrucksweise auszutauschen wünschen.
Die Art dies zu bewerkstelligen ist, aus der Harmonie einige andere Inter-
valle statt solcher, die der Grundbafs hat, 211 entnehmen und daraus eine Bafs-
melodie zu bilden, die, obwohl sie ihren ursprünglichen Karakter beibehält,
doch sich an die Melodie der übrigen Stimmen so anschliefst, dafs keine vorherr-
schend befunden wird, sondern vielmehr alle zusammengenommen eine ange-
nehme und fliefsende Harmonie bilden.
Jedes in dem Akkord enthaltene Intervall kann genommen und in den Bafs
geschrieben werden; dies nennt mau denn Umkehrungen des Basses und unter
Drei Umkehrungen.
83
diese, mufs angenommen werden, bleibt der Grundbafs der Leiter und Beherr-
scher alles darüber Erbauten.
Dieser Grundbafs, noch auf eine besondere Linie darunter geschrieben, muls
aber nicht als eine fünfte Stimme angesehen werden, da er, nachdem die Um-
kehrungen ausgeführt sind, gänzlich wegfällt. Um aus einem Akkorde In-
tervalle für umgekehrten Bafs auszuwählen, wollen wir den Dominant -Akkord
nehmen. Dieser Akkord hat (neben dem Grundbasse) drei Intervalle; folg-
lich können wir drei Umkehrungen haben.
Unter Umkehrung ist daher ein Akkord zu verstehen, in dem die in den
Bafs geschriebene Note nicht der wirkliche Grundbafs, sondern eine andere zur
Harmonie gehörige Note ist. Wenn wir nun als Bafs die erste Note des Ak-
kordes über dem Grundbasse nehmen, so heifst das die erste Umkehrung.
Wenn wir die zweite Note über dem Grundbafse nehmen, so ist dies die
zweite Umkehrung und so fort.
Benutzen wir auf diese Art jede besondere Stimme für den Bafs, so müs-
sen wir aufser dem aus der Harmonie entlehnten Ton auch noch den nehmen,
zu dem jener fortschreitet. Um dies im folgenden Beispiel zu zeigen, ist die
Stimme, welche man für den Bafs ausgezogen hat, mit kleinen Noten ange-
zeichnet.
106.
Welche von diesen Intervallen wir auch in den Bafs geschrieben haben,
sie müssen genau auf dieselbe Weise fortschreiten, wie an ihrer eigenen Stelle,
und wir müssen daher dem Basse den besondern Karakter der Stimme über-
tragen, aus welcher wir jene entlehnt haben.
Wenn nun die Akkorde nicht aufgeschrieben sind, wie können wir er-
kennen, ob der Bafs ein Grundbafs, oder ein umgekehrter ist?
r 11*]
84
Drei Umkehrungen.
Den Grundbafs der Hauptseptime haben wir bereits mit 7 beziffert. Wir
wollen dies ferner thun und wenn wir eine Umkehrung sehen, wollen wir von
der entlehnten Bafsnote aufwärts nach den verschiedenen Intervallen des
Akkordes zählen und die betreffenden Ziffern über die Bafsnote setzen; das
heifst nichts anders, als die Töne mit Ziffern, anstatt mit Noten auf eine Zeile
schreiben *).
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2. Umkehrung.
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feO.
3. Umkehrunf
Der Schüler mufs jedoch stets auf den Grundbafs sehen, um den Akkord
zu erklären, und den umgekehrten Bafs nur als die letzte von vier Melodien
betrachten, wobei wir auch alle Intervalle fortwährend wie bisher benennen,
indem wir sie vom Grundton abzählen. So im obigen Beispiele.
Zu («). Dies ist die erste Umkehrung des Dominant- Akkordes, in dem die
Septime mit einer 5 bezeichnet ist; demungeachtet behalten wir
den Namen Septime dafür bei.
Bei dieser Umkehrung sagen wir nach derselben Regel, dafs
die Terz im Basse, die Quinte im Tenor, die Septime im Alt und
die Oktave im Sopran ist; das Gleiche ist bei den übrigen Umkeh-
rungen zu bemerken.
Bei diesem Verfahren wird die Sache sehr vereinfacht, wenn
unsere Aufmerksamkeit sich blos auf die Intervalle des Dominant-
Akkordes richtet.
*) Man könnte dies die musikalische Geschwindsclireibekunst nennen, sie ist aber in der Tliat
von sehr geringem Nutzen. Es sind indessen noch mehrere werth volle, wenig bekannte Musik-
stücke vorhanden, deren Harmonie allein durch die Kenntnifs des bezifferten Basses gefunden
werden kann, uftd da diese kenntnifs so leicht zu erlangen ist, wende ich sie in diesem Werke an.
**) Die Terz wird bei der Bezifferung dieser Umkehrung in der Regel ausgelassen.
Modulation mit dem Quintsexten - Akkorde. 85
Zu (b). Dies ist die zweite Umkehrung desselben Akkordes (die Quinte liegt
im Basse) welche der Terzquartsexten - Akkord heißt.
Zu (c). Dies ist die dritte Umkehrung (die Septime liegt im Basse) welche
Sekundquartsexten-Akkord heifst.
Modulation mit der ersten Umkehrung des Dominant- Akkordes , oder mit
dem Quintsexten- Akkorde (5).
Als eine Uebung, zum Versuche, ob dies recht verstanden ist, wollen wir
eine Folge von Modulationen nehmen, zum Beispiel die aus dem Beispiel 76.,
die einen ganzen Ton hinaufführt ; zwischen dem Grundbafs und den Akkorden
wollen wir eine ganze Zeile leer lassen, auf die nachmals der umgekehrte Bafs
geschrieben werden soll.
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Haben wir die Uebung wie hier vorbereitet, so schreiben wir auf die leer-
gelassene Zeile zuerst den Grundbafs des ersten Akkordes. Dann nehmen wir
vom nächsten Akkorde, der ein Dominant- Akkord ist, die Terz und setzen sie
unten hin — und so fahren wir fort, aus jedem Dominant-Akkorde die ganze
Uebung hindurch die Terz auszuwählen — in dieser Art:
86 Modulation mit dem Quintsexten-Akkorde.
Bei der Anfertigung dieser Uebung hat der Schüler folgendes zu erwägen.
Takt 1. Wir fangen mit C, dem Grundbasse, an, weil es üblich ist, mit
ihm zu beginnen.
Takt 2. Im Dominant -Akkorde ist Cis die Terz und mufs hinaufsteigen.
Man schreibe dieses Cis in den Bafs und nehme es aus dem Ak-
korde weg (was hier mit Durchstreichen der Note bezeichnet ist).
Dann beziffere man die Bafsnote mit einer 5 und 6 (welches die
erste Umkehr ung des Dominant -Akkordes ist).
Takt 3. Die letzte Note, hier nämlich Cis, steigt nach D hinauf. In die-
sem Falle kann D in der Melodie beibehalten werden, weil E (die
Quinte in dieser Stimme) nach demselben hinabgestiegen ist. Das-
selbe findet im Takt 5 und 9. statt.
Takt 4. Hier ist Dis, als Terz im Dominant-Akkorde, gewählt, und schrei-
tet genau eben so fort, wie im vorigen Fall (im Takt 2.).
Hier ist in der Bafsbezifferung ohne Anwendung einer Ziffer
für die Terz ein Kreuz hingezeichnet, weil die Terz (Fis) eine
zufällige Erhöhung erhält, die niemals ausgelassen Averden darf.
Takt 5. C ist der Grundbafs und mufs als solcher beziffert werden; es wird
ein Kreuz darüber gesetzt, weil die Terz erhöht ist.
Tak 6. In dieser ersten Umkehrung des Dominant-Akkordes erfodert die
Sexte gleichfalls ein Erhöhungszeichen und daher ist die Ziffer 6
durchstrichen.
Das Uebrige gleicht dem Vorhergehenden und erklärt sich selbst
zur Genüge.
N. B. In diesem Beispiel haben wir nur mit der ersten Um-
kehrung modulirt.
Auf gleiche Weise wollen wir nun durch alle Dur- und Molltonarten mo-
duliren, wie im Beispiel 72.
Der Schüler mufs wie zuvor verfahren und die Uebung auf drei Zeilen
schreiben; damit wir aber vermeiden, gröfsern Raum, als nöthig ist, in diesem
Werke einzunehmen, wollen wir, so oft es sich thun läfst , den Grundbafs
nur mit Punkten bezeichnen und den umgekehrten Bafs deutlich hinstellen.
Der Schüler indefs mufs nicht allein die Grundbässe schreiben, sondern sie
auch sorgfältig beziffern.
Modulation mit dem Terzquartsexten-Akkorde. 87
n IM i j | j
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6
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=p
le/'c.
In diesem Beispiel ist zu bemerken, dafö wir, -wie im frühern Falle, bei
allen Gelegenheiten nur die erste Umkehrung des Dominant -Akkordes erwählt
haben, ohne auf die Bildung einer guten Melodie Rücksicht zu nehmen. Dies
dient, den Schüler mit der ersten Umkehrung vollkommen bekannt zu ma-
chen und wir wollen nun weiter gehen, die andern auf gleiche Weise anzu-
wenden.
1.
i
Modulation mit der zweiten Umkehrung des Dominant- Akkordes s oder
mit dem Terz-Quart-Sexten- Akkorde (4)
durch alle Dur- und Molltonarten, wie im letzten Beispiele.
vrf-
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U.B..
:i
w=n
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Bt
G.-B. ~
6
4
3
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f6—
— r — <—> — rbi
etc.
5
4
3
::— ©:
- <*zr--f>tf!,
Takt 2. Das im Basse genommene H ist die Quinte des eigentlichen Grund-
basses, folglich die zweite Umkehrung. Dies giebt, so gut wie die
erste Umkehrung, dem Bafs eine Sopranfortschreitung. Dieses H
ist aus dem obern Akkorde weggenommen, aber die Note, zu wel-
cher es fortschreitet, hat man zurückgelassen, weil die Terz zu ihr
hinaufsteigen mufsj dasselbe zeigt sich im Takt 4 und 5.
Takt 6 und 7. Die Note selbst und die, zu welcher sie fortschreitet, sind
beide weggelassen; ohnedem würden fehlerhafte Oktaven mit dem
Basse erfolgt sein.
88 Modulation mit dem Sekund-Quart-Sexten-Akkorde.
Modulation mit der dritten Umkehrung _, oder dem Sekund -Quart- Sexten-
Akkorde j durch die Dur- und Molltonleitern.
112.
:0:
-S — +
-O-
:ö:
'-%
'.'.'.etc.
U.B.
3i
6
JA
— ©-
:e£c.
G.-B. -
Takt 2. -D im Basse, die Septime im Akkord von E, ist die dritte Umkeh-
rung und giebt eine Tenorfortschreitung. Die Note selbst und also
auch ihre Auflösung ist oben aus dem Akkorde weggenommen, um
Oktavenfolgen zu vermeiden.
Takt 3. D, die Septime, ist hier gehörig in C, der Terz des Dreiklanges
auf der Tonika, aufgelöset. Da dies nicht der Grundbafs, sondern
die erste Umkehrung ist, so mufs es mit 6 *) beziffert werden.
Da wir bisher die drei Umkehrungen abgesondert gebraucht haben, so wol-
len wir jetzt dieselbe Modulation durch alle Dur- und Molltonleitern zur An-
wendung aller Umkehrungen in demselben Uebungsstücke nehmen. Hierzu be-
darf es keiner neuen Regel; wenn man alles, was bisher gelernt ist, anwendet,
ist es unmöglich, fehl zu greifen.
Da in andern Fällen Mannigfaltigkeit des Effekts unser Hauptgegenstand
gewesen ist, so soll er es auch hier. sein und es wird nur erinnert, beim Auf-
schreiben der Akkorde Sprünge zu vermeiden, wie bereits angemerkt ist.
Einiire Akkorde zum Anfanee mögen als Probe dienen.
113. )
G.-B. 7
— - N. B.
*) Diese erste Umkehrung des Dreiklanges ist mit der G über der Bafsnote hinlänglich be-
7e!chnet; der dieser Ziffer entsprechende Ton ist eigentlich die Oktave des Grundbasses.
Freiheit bei figurirt er Ausführung.
89
N, B. Wenn wir zur Uebung Veränderungen schreiben, so können wir,
um der Einförmigkeit in der Figur, nach der wir aussetzen, vorzubeugen , uns
gestatten, ein wenig von der in Betreff der Quinten- und Oktavenfolge gegebe-
nen Regel nachzulassen; bei der Auflösung des Dominant- Akkordes im Sekund-
quartsexten-Akkorde ist dies blos nöthig, wenn die dritte Umkehrung dieses
Akkordes angewendet wird. Beläge für diese Nachlassung von der Regel fin-
den sich im folgenden Beispiele, wo
im Takt 6. die Quinte nach der Quinte im Takt 7. hinaufsteigt,
- 12 und 13. die Quinte nach der Quinte und die Oktave in die
Oktave hinaufsteigt,
- 14. die Quinte steigt und die Terz des folgenden Akkordes
verdoppelt — was jedoch sparsam anzuwenden ist.
Beispiel von Variation in der Ausfuhrung eines Uebungsstückes.
114.
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3
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3-
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4*
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t
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[ 12]
90
Uebung über die vorstehenden Regeln.
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X~-
\
X
:Ct
:t:
7
~Q"
Im Vorstehenden ist dieselbe Modulation, wie im Beispiele 88., welche
— wie wir uns erinnern — sich allein durch die Auswahl des Do-
minanten aus den Intervallen der Dreiklänge ergab.
In dem gegenwärtigen Beispiel ist zu bemerken , dafs die umgekehrten Bässe
nach demselben leichten Verfahren aus den Intervallen der Akkorde ausgezogen
worden sind. Nach diesem mufs — wie man wohl einsieht — der Schüler
nothwendig vorzügliche Wirkungen in der Modulation hervorbringen und zwar
sogleich ohne weitere Anweisung, blos durch Anwendung der. bisher gegebenen
einfachen E.egeln.
Nehmen wir an, ein bis hierher vorgedrungener Schüler wollte für sich
selbst eine Modulationsübung ausarbeiten.
Zuerst mufs er die Tonart bestimmen, von der er ausgehen will. Hierauf
mufs er sich selbst fragen:
Wie will ich zuerst moduliren?
Ich will die Terz des letzten Akkordes nehmen , als Dominante gebrau-
chen und finde, dafs sie mich leitet nach —
Wie will ich zunächst moduliren?
Ich will nun die Oktave des gegenwärtigen Akkordes als Dominante neh-
men, welche mich nach — bringt; dies soll aber zur Abwechselung ein kleiner
Dreiklang *) sein.
*) Als einen nützlichen Wink erwähnen wir, dafs diegrolse Terz, als Dominante genom-
men, zu einer Tonleiter führt, die drei Kreuze — die kleine Terz aber zu einer Tonleiter, die
vier Bee mehr hat.
Vollkommner Schlufs.
91
Nun will ich ein Intervall aus dem Dreiklang auf der Unterdominante die-
ser letzten Tonart nehmen, etwa die Oktave, welche mich bringt nach —
Indem ich die Terz aus der Unterdominante wähle, leitet mich diese nach —
Hier will ich die Quinte von der Dominante dieser letzten Tonart neh-
men, die mich nach — leitet.
Hier wünsche ich das Uebungsstück zu schlielsen und nehme daher
die kleine Terz des Dominanten des letzten Akkordes, welche die erfo-
derliche Dominante ist — und nun
kann ich in der Tonart schliefsen, in der ich angefangen habe.
In welcher Tonart der Schüler seine Uebung auch anfange, wenn er dieses
Verfahren genau beobachtet, wird er wieder zu derselben Tonart zurückkehren,
welches die Probe über die Richtigkeit der Uebung ist. Diese darf gleichwohl
weiter ausgedehnt, oder zu jeder Zeit in jeder Tonart, durch Anwendung der
Dominante derselben zum Schlufs gebracht werden. Sollte sich zwischen der hier
anzuwendenden Dominante und dem vorangehenden Akkorde kein Zusammenhang
finden, so schiebt man nach Anleitung des Beispiels 83. einen andern Akkord ein.
Es ist unnöthig, auszurechnen, wie weit ein solches Uebungsstück ausge-
dehnt werden kann. Bei der unendlichen Mannigfaltigkeit in der Ausführung
werden sich unaufhörlich neue Effekte darbieten und nicht zwei Ausarbeitun-
gen können je einander ganz gleich sein. Es ist durchaus nicht nöthig, die-
selbe Folge in der Wahl der Dominant- Akkorde zu beobachten, immer ergiebt
sich dasselbe Resultat von den genannten Zusammenhang dieser Akkorde.
N. B. Der Schüler mufs fleifsig Variationen zu seinen Uebungen schrei-
ben, zu welchem Zweck das obige Beispiel 114. als ein Vorbild dient.
Schlüf se in der Modulation.
Wenn der Hauptseptimen- oder Dominant-Akkord unmittelbar vor der
Tonika vorhergeht, so nennt man dies „einen vollkommenen Schlufs," wie bei
a im folgenden Beispiel.
[ 12* ]
92 Schlüfse in der Modulation.
Man mufs bemerkt haben, dafs wir bei einer fortgesetzten Modulation von
Tonart zu Tonart in den Zustand einer beständigen Erregung gesetzt worden
sind, der sich einem peinlichen Gefühl näherte, so dafs das Ohr ein Verlangen
nach Ruhe empfand. Wenn wir daher einige Zeit modulirt haben, wird es uns
nöthig, entweder zu der Tonart zurückzukehren, von welcher wir ausgegangen
sindr und daselbst zu schliefsen; oder wenn wir weiter gehn wollen, zuerst ei-
nen Schlufs in der Tonart zu machen, zu der wir gelangt sind, und, nachdem
wir eine Zeit lang weiter modulirt haben, endlich zum Endschlufse zu kommen.
Gleichwohl müssen wir nicht zu schnell auf der nächsten Tonika anhalten
(wie bei b im obigen Beispiel), weil — wie es die wichtige Bestimmung eines
Schlufses ist, das Ohr in den Stand der Ruhe zu bringen — ein abgerissener
Schliifs den vorgesetzten Zweck zerstören mufs. Man könnte annehmen, dafs
der oben beschriebene vollkommene Schlufs zur Erreichung jenes Vorhabens
genügte; gleichwohl finden wir, dafs dies in der That nicht der Fall ist. So
viel ist gewifs, dafs wenn man vom Dominant -Akkorde geradezu nach dem
Dreiklang auf der Tonika fortschreitet, dies einen vollkommenen Schlufs bil-
det, an dem das Ohr hinlänglich befriedigt wird, wenn nicht neuerdings Mo-
dulationen eintreten (wie bei c im obigen Beispiel), obwohl ein zu häufiges
Eintreten dieser Art in einer Reihe von Modulationen, den entscheidenden und
abschliefsenden Effekt, der unter andern Umständen nothwendig hervortreten
müfste, mindert, wenn es ihn auch nicht zerstört. Wenn wir daher zu der
Tonika einer Tonart kommen, nach der wir hin modulirt haben, und zu
einem entscheidenden und befriedigenden Schlüfse zu gelangen wünschen, so
mufs das Ohr allmählig durch die Einführung einiger Akkorde in Ruhe ge-
wiegt werden; diese Akkorde müssen aber so eingerichtet sein, dafs sie nicht
nur die Absicht erfüllen, das Ohr in den Stand der Ruhe zu bringen, sondern
sie müssen auch darauf berechnet sein, einen festen Eindruck von der Tonart
zu machen, in der man beabsichtigt, den Schlufs statt linden zu lassen.
Zu diesem Zweck sind die Akkorde auf der Dominante und Unterdomi-
nante am geeignetsten, weil ihre Intervalle (mit Einschlufs derer des Dreiklangs
auf der Tonika) die ganze diatonische Tonleiter enthalten; so dafs wir in der
That, wenn wir diese drei Akkorde zum Schlufs einer Modulation hören, ei-
nen Eindruck von jedem Intervall in der Tonart, in der wir schliefsen, erhal-
ten. Man vergleiche d im folgenden Beispiele.
Freiheit bei S c h 1 u f s f o r m e 1 n (Kadenz). 93
"7
Gleichwohl würde ein oftmaliges Zurückgehen auf die einfachen Akkorde,
aus welchen die Schlußformel (die man auch Kadenz nennt) zusammengesetzt ist,
eine ärmliche und sehr monotone Wirkung haben. Diesem wird schon durch
die Einführung der dissonirenden Quarte auf der Dominante als Vorhalt sehr
abgeholfen , wie bei e.
Bei dem häufigen vorkommen der Kadenzen haben die Komponisten eine
möglichst grofse Mannigfaltigkeit hervorzubringen gesucht und grofse Freihei-
ten sind zu dem Ende gestattet worden. Die Quarte, welche im letzten Bei-
spiel (bei <?) erseheint, war gehörig vorbereitet^ aufserdem wird aber bisweilen
eine Sexte- eingeführt, welche — was wohl zu merken ist, nicht vorbereitet
werden kann und als eine genommene Freiheit angesehen werden- mufs, wie
bei/.
Ferner nimmt man sich eine andere Freiheit mit dem Dreiklang auf der
Unterdominante in dieser Schlufsformel, indem man ihm eine Sexte zufügt
und ihn dann den Dreiklang mit zugefügter Sexte nennt,, wie im folgenden
Beispiel bei g.
N. B. Die Quinte in diesem Akkorde ist vorbereitet, als wäre sie eine
Dissonanz, und die Oktave mufs bei vierstimmigem Satze ausgelassen werden.-
Dieser Akkord wird bisweilen im freien Styl wie bei H gesehrieben.- Dies
mufs als eine genommene Freiheit betrachtet werden und ist, streng genommen,
94
Freiheit bei Kadenzen.
unrichtig; die Oktave steigt, statt dafs sie wie im Beispiel 115. b an ihrem
Platze bleiben sollte.
Bisweilen ist die Quinte des Dreiklanges auf der Unterdominante ganz aus-
gelassen und die zugefügte Sexte verdoppelt, wie bei i im folgenden Beispiel;
bisweilen ist die Oktave an die Stelle der Quinte getreten, wie bei A", /, m *).
6 6
6 4 7 ■#■ 6 4 7
N. B. Auf diesen Theil unsers Vortrages werden wir weiterhin zurück-
kommen.
Man lasse nun den Schüler eine Uebung schreiben, bei der er sich in
Obigem zu üben Gelegenheit hat; man lasse ihn Schritt für Schritt vorwärts
gehen, genau, wie nachgehends angewiesen ist, und darauf das, was sich er-
geben haben wird, mit dem ausgeführten Uebungsstücke im Beispiel 119. ver-
gleichen.
Man nehme drei Notenzeilen zusammen; die Oberste für die Akkorde, die
Mittlere für den umgekehrten und die Unterste für den Grundbafs.
Man ziehe Taktstriche durch sie und nummerire jeden Takt.
In den ersten Takt „schreibe man den Dreiklang auf C in der dritten Lage,
vier Viertel in den Takt," auf welche Weise in jedem Takte, das ganze
Uebungstück hindurch, fortgefahren wird.
Die erste Bafsnote wird C sein.
Man mache eine Kadenz mit dem Quartsext-Akkord (f) auf der Dominante.
Der Dreiklang auf der Unterdominante nimmt den zweiten Takt ein ; die Do-
*) Wir dürfen nicht annehmen, dafs, wenn der Dreiklang auf der Unierdominante eintritt,
wie im obigen Beispiele, er die erste Umkehrung des kleinen Dreiklanges auf D ist, obwohl
es davon den Anschein hat. Wenn wir uns die Mühe nehmen, die Schlufsformel durch ihre
verschiedenen Lagen hindurch zu verfolgen, wird es einleuchten, dafs die Sexte über der Unter-
dominante von dem Dreiklange mit zugefügter Sexte abzuleiten ist.
Freiheit bei Kadenzen,
95
minante den dritten Takt, in der ersten Hälfte mit l, in der Zweiten mit der
Septime, die sich im vierten Takte in C auflöst.
„Man modulire mit der zweiten Umkehrung nach der Parallelmolltonart,"
dies nimmt 2 Takte ein. Man modulire nach F bei der zweiten Umkehrung,
man modulire nach der verwandten Molltonart von F mit der zweiten Umkehrung.
In dieser Tonart mache man einen Schlufs, der uns zu dem zwölften Takte bringt.
„Man modulire mit der dritten Umkehrung nach Hes" und mache in die-
ser Tonart einen Schlufs.
„Man mache in Hes eine andere Kadenz mit zugefügter Sexte."
„Man modulire mittels der zweiten Umkehrung zu dem Parallelmolltone
der letzten Tonart."
„Man modulire mittels der zweiten Umkehrung nach Es und mache in die-
ser Tonart mit \ auf der Dominante eine Kadenz."
„Man modulire mit der zweiten Umkehrung nach C und so fort, nach Gefallen."
Das folgende Beispiel wird der vorstehenden Anleitung entsprechend be-
funden werden.
Von keinem Gewicht ist es, wenn sich finden sollte, dafs der Schüler ei-
nigen Akkorden, die hier nur einen halben Takt einnehmen, die Geltung ei-
nes ganzen Taktes gegeben hätte; der Grundsatz bleibt derselbe und was die
Wirkung betrifft, so mag er zeitig beginnen, seinen eigenen Geschmack zu üben.
Kadenz. 3
-l-^^-t-J^-^-^-l-^-^t-j-J-j-J.
C-\Z-".'—ß-ß-ß-ß-
±±±ztz
iqzq=a:
*_9_» — ß-a-«>-4—
96
Freiheit bei Kadenzen.
12
13
14 Kadenz. 15
16 Kadenz. IT
<
j_j_j_H_-J_4_U-
-4,-4,-*-*-
-i— J-J^J-J-j— Xi-j-4-j — i-rt-j-j-i — i — i — 1 — 1 — |
16
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17
1,8
**
Tr.7
3L_#-,_,_,-: -±ß-*-ß-?
±±±±
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-ß-ß-p-ß-
:p=t:±=t:
zpp
Ofp:
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:p=rfzp:
18
19
M-.U— U— U-
1-1-i r^-€rr«-^-
20 Kadenz. 21
22
±w=w-i-t-
tw=r-i-£
hß_*_ß_ß_
23
-ß-ß-ß-ß-
%
4
ß-*—ß-0
fazzpzpr-
15
ztzbafcat:
3
b7
-b4-4-4-4—
\>5
"I
±jnw=ß.-ß
±±±±
-ß-ß-ß-m-
ipzpzpzp:
Um unsern Tonsätzen das Ansehen von Perioden und durch Regelmäfsig-
keit Effekt zu geben, seien die Schliifse nach einer geraden Zahl von Takten
(wie 8, IG, 12 u. s. w.) eingeführet.
Dieselbe Modulation in einer verschiedenen Lage zu wiederholen, ist oft
von guter Wirkung.
Zur Veränderung mufs eine Modulation bisweilen in der Hälfte des Taktes
(wie in Takt 18 und 19. des obigen Beispiels) ihre Stelle finden, und allmählig
zu Unterscheidung der Perioden führen.
Auch durch Veränderung der Taktart kann eine Abwechselung des Effekts
in die Uebungsstücke gebracht werden.
Man nehme zum Beispiel an, das letzte Uebungsstück im Viervierteltakt
solle in den Dreivierteltakt umgesetzt werden (dreiviertel in jedem Takte), so
kann die Ausführung keine Schwierigkeit haben, wenn in jeden Takt nur ein
Akkord kommt ; sollten aber zwei verschiedene Akkorde in denselben Takt kom-
men (wie in Takt 18, 19 und 20 ), so lasse man der ersten Hälfte des Taktes
die Geltung von zwei Vierteln, der zweiten blos die Geltung von einem Vier-
tel geben, wie bei a im folgenden Beispiel 120.
Dasselbe Stück kann in Sechsachteltakt umgesehrieben werden, indem man
das zweite und vierte Viertel in Achtel verwandelt, wie bei b.
Da
Taktveränderung an einem
Uebungsstücke.
Da der Neunachteltäkt wieder eine ungerade Takteintheilung ist, so mufs
gröfsere Hälfte (wie bei a) wieder auf den ersten Akkord gelegt werden;
daher gehören denn zwei punktirte Viertel zum ersten, und nur eines zum
letzten Akkorde, wie bei c.
seine
120. a . | I
0E3
-LCl
6
4
3
-9
:p:
SS
Das folgende Beispiel soll mehreren nützlichen Zwecken dienen.
Es soll erläutern, was eben jetzt gesagt war über Veränderung der Takt-
art die bei jeder Harmoniefolge eintreten kann.
Es soll allmählig einige Vorstellungen vom Rythmus und Periodenbau ge-
ben und den Sinn offnen für die verschiedenen Schreibarten die bei Verän-
derung der Akkorde in der Begleitung üblich.
Es besteht in Proben verschiedenartiger Umbildungen derselben Harmo-
niefolge, die nicht allesammt zugleich gespielt werden sollen, wie sie hier ge-
schrieben erscheinen, sondern in -verschiedenen Weisen nach einander, was
folgendermafsen zu verstehen ist.
Zuerst merke man sich bei jeder Umbildung dieser Uebung, dafs die Be-
gleitungsart, die man einmal auserlesen hat, durchgängig beibehalten wer-
den mufs. Angenommen, der Schüler hätte die ersten vier Takte, wie bei a
und b, zu schreiben angefangen, und auf jeden Takt gemessene vier Viertel
gespielt, so mufs er diese Begleitungsart bis zu Ende der Uebung fortsetzen
und nicht etwa, wenn er bis zu IL gekommen ist, ändern.
Er mag mit der Veränderung in Triolen, wie bei II., anfangen, lind durch
die ganze Uebung in derselben Weise fortfahren, oder er mag mit irgend ei-
ner der verschiedenen Variationen oder Begleitungsarten anfangen und fortfah-
ren, welche in den beiden untersten Notenzeilen eingeführt und mit I. bis XJI,
bezeichnet sind.
Jede dieser Begleitungsarten mag ausgeführt werden, während ein Anderer
eine der Melodien bei c, d oder e, oder eine ähnliche spielt, die der Schüler spä-
[ 13]
98
Verschiedene Begleitungsweisen und
ter über dieselbe Harmoniefolge zu schreiben hat. Es mufs nur in der Takt-
einrichtung der Begleitung nach obiger Anweisung darauf gesehen werden, dafs
sie der in der Melodie erwählten entspricht.
121. nModerato. — v '-m»! 4-#v ^-
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Verschiedene Melodien zu demselben Basse. 99
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100 Verschiedene Begleitungsweisen und
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Verschiedene Melodien zu demselben Basse. 103
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104 Verschiedene Begleitungsweisen und
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Einführung der Dissonanzen.
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Einführung der Dissonanzen in die Modulation.
Hierher ist nichts Neues zu bemerken; wir haben nur die Fortschreitung
des Grundbasses zu berathen und die Regeln von den Beispielen 103., 104., 105.
zu beobachten.
t
Das folgende Beispiel (122. a) ist eine Folge von Modulationen mit umge-
kehrten Bässen. Der Scbüler nehme dieses, und wenn er alle Dissonanzen ein-
geführt hat, welche der Grundbafs zuläfst, so vergleiche er das, was sich dar-
aus ergiebt, mit dem ausgeführten Uebungsstücke unten bei b.
; H i
Einführung der Dissonanzen.
345 6 7 8 9 10
Prüfung des obigen, Beispiels.
Takt 2. Wie ist der Grundbafs hier fortgeschritten?
Er ist eine Terz gestiegen.
Welche Dissonanzen können wir einführen? nctä\- '
Die Sexte als Vorhalt der Quinte, vorbereitet durch die Terz?
In welcher Stimme wollen wir die Sexte einführen?
In den umgekehrten Bafs, weil die Quinte (ihre Auflösung)
dort steht. Deshalb mufs Ht die Quinte im umgekehrten Basse,
ein wenig nach der Rechten gerückt, und als halbe Taktnote
geschrieben, und C, die Sexte, davor gestellt werden.
N. B. Für jetzt nimmt man keine Rücksicht auf Figurirung.
Takt 3. Der Grundbafs ist hier eine Quarte gestiegen; welche Dissonan-
zen können wir einführen?
Die Quarte, vorbereitet durch die Septime.
In welche Stimme mufs die Quarte geschrieben werden?
In den Sopran, woselbst die Terz (ihre Auflösung) liegt.
Takt 4. Hier ist keine Dissonanz durch Vorhalt anzuwenden.
Takt 5. Da im vorigen Akkorde die Hauptseptime angebracht war, so be-
Einführung der Dissonanzen. 107
reitet diese Septime die Quarte in diesem Takte vor, die im Alt
eingeführt ist, wo die Terz steht.
Takt 6. Der Grundbafs ist eine Stufe gestiegen, und die Quarte, die sich
in die Terz auflöset, ist im Sopran eingeführt.
Takt 7. Die Quarte als Vorhalt der Terz ist im umgekehrten Basse einge-
führt, vorbereitet durch die vorhergehende Septime in dieser Stimme.
Takt 8. Hier ist keine Dissonanz angebracht.
Takt 9. Der Grundbafs steigt eine Quarte und die None ist im umgekehr-
ten Bafs eingeführt, weil die Oktave in demselben steht.
Takt 10. Nur die Septime ist eingeführt, welche die Quarte in die Terz
Takt 11. vorbereitet, wo auch die None als Vorhalt der Oktave gleichzeitig
angewendet ist, da der Grundbafs eine Quarte steigt.
Takt 12. Der Grundbafs steigt eine Stufe und es ist die Quarte als Vorhalt
der Terz im Sopran eingeführt, desgleichen die Septime, welche
die Quarte im folgenden Takte vorbereitet.s
So ist die Uebung vollendet und das ganze Verfahren erklärt.
Wir wollen jetzt etwas mehr sagen über die
Bezifferung umgekehrter Bässe* wenn Dissonanzen eingeführt sind.
Man mufs jederzeit eingedenk sein, dafs der umgekehrte Bafs nichts anders
ist, als eine aus den Harmonien zum Grundbasse ausgezogene Melodie, in de-
ren Fortgange die Grundbässe selbst oft mit angewendet sind, wie im obigen
Beispiel Takt 1., 3., 5., 11., 12., 13.
Was bereits über die Bezifferung der Grundbässe gesagt worden , ist hinrei-
chend, ich verweise auf die Beispiele 37., 60., 89. und die folgenden.
Nachden Uebungen, die wir über diesen Abschnitt gearbeitet, dürfen wir
voraussetzen^ in der Bezifferung der Umkehrungen des Dreiklanges und Septi-
men-Akkordes (Beispiel 107. u. s. w.) uns hinlänglich unterrichtet zu haben.
Wenn dies der Fall ist, haben wir wenig mehr zu lernen. Die Einführung ei-
ner Dissonanz, zum Beispiel der Quarte als Vorhalt der Terz, ist nichts an-
ders, als ein Anbringen der Quarte vor der Terz; soll daher bei der Beziffe-
rung eines umgekehrten Basses die dissonirende Quarte in den Akkord einge-
führt werden, so setze man die Ziffer, welche die Quarte andeuten soll, vor
die, welche die Terz bezeichnet; dies ist die ganze Arbeit.
[14*]
108 Einführung der Dissonanzen.
Um dies zu erklären, wollen wir zum letzten Beispiel zurückkehren. In
Takt 6. der Oberstimme (a) ist die Bafsnote mit * beziffert, weil die dritte Um-
kehrung des Akkordes auf der Hauptseptime daselbst ist. Dies ist kein Vor-
halt; die Bafsnote ist die wirkliche Septime.
Welche Ziffer stellt die Oktave dar?
Die 2 bezeichnet die eigentliche Oktave, und daher wird die 3 die None
bezeichnen ^ wenn wir folglich die dissonirende None in den Akkord eingeführt
haben wollen, müssen wir die Ziffer 3 vor die Ziffer 2 setzen — in dieser Art
* und um zu zeigen, dafs die Quarte und Sexte gespielt werden soll, wenn die
Terz angeschlagen wird, mögen Linien von ihnen zurück bis über die Terz
gezogen werden — in dieser Art nämlich — «.
Blicken wir nochmals auf denselben sechsten Takt zurück: — wie die Zif-
fer 2 die eigentliche Oktave, so bezeichnet die 4 die eigentliche Terz des Ak-
keudes; und so mufs die Ziffer 5 die eigentliche Quarte vorstellen. Wollen
wir daher in einem Akkorde die dissonirende Quarte als Vorhalt der Terz ein-
führen, so müssen wir eine 5 vor die 4 setzen (in dieser Art * *'), und aus dem
oben angegebenen Grunde von den andern Ziffern Linien rückwärts ziehen, so:
T*; dies iindet sich in demselben Takte ausgeführt, in der unten stehenden
Zeile, Beispiel b.
Bei dem ersten Blick auf diese Bezifferung gewahren wir die Natur des
Akkordes. Die 4 unterrichtet uns, dafs die dritte Umkehrung des Dominant-
Akkordes vorhanden ist und 5, die wir vor 4 gesetzt haben, weiset aus, dafs
hier ein Vorhalt angewendet ist. Bei einiger Uebung erkennen wir sogleich,
welche Dissonanz es ist.
Diese Erörterung mag auf alle andern Fälle übertragen werden. Man nehme
zum Beispiel an, wir stiefsen auf diese Bezifferung —it', die t$ unterrichtet uns,
dafs wir die erste Umkehrung des Dominant-Akkordes vor uns haben und dafs
hier ein Vorhalt ist.
Welches Intervall hat nun die 6 hier vorzustellen?
Die ursprüngliche Oktave; folglich ist die Dissonanz die None, als Vorhalt
der Oktave; die von der 5 ausgezogene Linie zeigt uns, dafs die Hauptseptime
zu Anfange des Akkordes gespielt werden mufs. Ist es aber so gemeint, [daTs
die Hauptseptime nicht gehört werden soll, bis die Dissonanz aufgelöset war,
so mufs die von der 5 aus gezogene Linie ausgelassen werden; nämlich so £s.
Es ist unnöthig, die Beispiele zu häufen, wie diese Regel auf alle andern
Einführung der Dissonanzen. 109
Fülle anzuwenden ist. Wir wollen zum Beispiel zu Takt 2. (b) des letzten
Notenbeispiels zurückkehren. Die 4 über H zeigt uns die zweite Umkehrung
des Akkordes auf E mit der Hauptseptime, und die von allen Ziffern über die
vorangegangene Note C gezogene Linie unterrichtet uns, dafs derselbe Akkord
genau mit dem Ton C gespielt werden mufs. Bei einer Prüfung werden wir
linden, dafs dies nichts ist, als die dissonirende Sexte, als Vorhalt der Quinte,
über dem umgekehrten Basse eingeführt.
Zu Takt 7. ; die Ziffer 6 über E stehend, bezeichnet die erste Umkehrung von
C und die rückwärts über F gezogene Linie deutet an, dafs E
die eigentliche Grundnote des Akkordes und F nichts als ein
Vorhalt ist, und in der That ist es die Quarte als Vorhalt der Terz.
Zu Takt 9.; | sind über A geschrieben, um den Dreiklang zu bezeichnen,
und die Linien bedeuten uns, dafs der Dreiklang auf A bereits
zu H gespielt werden mufs, welches anzeigt, dafs wir hier die
None als Vorhalt der Oktave, über den umgekehrten Bafs ge-
sell rieben, A'or uns haben.
Diese Bezifferungsweise wird man bei einiger Uebung so ungemein einfach
finden, dafs es Zeitverschwendung wäre, mehr über diesen Gegenstand zu sa-
gen. Sollte noch etwas vorkommen, was bemerkt zu werden verdiente, so soll
es später an seinem Orte berücksichtigt werden; wir dürfen aber nicht verges-
sen, dafs diese Art, den Bafs zu beziffern, nichts weiter ist, als eine Art Bezeich-
nung der Harmonie durch abgekürzte Schreibart, wobei man sich der Ziffern
statt der Noten bedient, welche jetzt gröfstentheils überflüssig wird. Da wir nun
gesehen, dafs die Ziffern keine andere Bestimmung haben, als die Noten vor-
zustellen, die gespielt werden sollen, so reichen die Winke, die wir bereits ge-
geben haben, sicher aus, den Schüler in den Stand zu setzen, was er beabsich-
tigt so aufzuschreiben, dafs er klar verstanden wird.
Kehren wir jetzt zurück zu der Lehre von der
Einführung der Dissonanzen
Betrachten wir das Beispiel 122., Takt 9. (£), so linden wir, dafs die None
im Bafs eingeführt ist, weil die Oktave in dieser Partie ist. Hätten wir nun
den Bafs, wie im Takt 8 und 9. (bei a), liegen lassen und die None im Alt
eingeführt, so würden Oktavenfolgen entstanden sein, wie im folgenden Bei-
spiele bei a,
Einführung der Dissonanzen.
12C
G.-B. ^
Gleichwohl könnte die Dissonanz auf diese Weise in den Alt eingeführt
werden, wenn man es begehrte, sobald wir nur den Bafs die Quinte aufgeben
und die Terz nehmen lassen, wie bei b, wo alles richtig ist.
Es ist rathsam, dafs der Schüler einige der vorhergehenden Modulations-
übungen in vier Stimmen aussetze und Dissonanzen zufüge, worüber es gewifs
unnöthig ist, noch irgend fernere Beispiele zu geben.
TJeber die Anwendung umgekehrter Bässe bei harmonisirten Melodien.
Der Schüler ist nun mit allen wesentlichen Erfordernissen, die hierzu
nothwendig, versehen; wir haben ihn jetzt dahin zu leiten, dafs er unvermerkt
zu einer ausgedehntem und höhern Anwendung gebracht wird.
Im Beispiel 58. erläuterten wir den eigenthümlichen Karakter jeder der
vier Stimmen in der Harmonie, die unter einander verwechselt werden kön-
nen, und eine angenehme Mannigfaltigkeit des Effekts durch die Anwendung
der vier Regeln zur Begleitung der Scala hervorbringen.
Der Bafs, welcher dort nur auf die Bewegungen der Grundfortschreitung be-
schränkt war, kann jetzt nach der Einführung der Umkehrung an dieser Man-
nigfaltigkeit Theil nehmen, und auch ihm ist erlanbt Theil zu haben an der
Vertauschung des Karakters,, wodurch eine angenehme fliefsende Melodie und
Harmonie hervorgebracht wird.
In den folgenden Beispielen harmonisirter Melodien darf die Oberstimme,
weil sie das zur Uebung gegebene Thema ist, nicht verändert werden; daher
wird sich finden, dafs der Bafs häufig von Alt und Tenor entlehnt, obgleich er
im Allgemeinen seinen eigenthümlichen Karakter bis zur Schlufsformel beibe-
hält. Es ist dabei wiederum nöthig, dafs der Schüler jedes ausgearbeitete
Uebungsstück höre, um über die Verschiedenheit der Wirkung urtheilen zu
lernen, was durch Worte nicht gelehrt werden kann.
Nehmen wir jetzt eine Melodie vor, harmonisiren sie nur mit Grundbäs-
Umgekehrte, Bässe zu den Melodien.
111
sen, schreiben die Akkorde auf die Oberlinie und lassen eine Zeile für den
umgekehrten Bafs leer.
Wir wollen zu den Dreiklängen auf der Dominante Septimen zufügen und
dafür sorgen, dafs sie gehörig aufgelöst werden; nämlich:
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U. B.
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Haben wir nun die Melodie so vorbereitet, so ist es unsere Aufgabe, aus
der Harmonie einige Intervalle auszuwählen, mit denen eine effektvolle Melo-
die für den umgekehrten Bafs gebildet wird. Wir wollen suchen, einige we-
nige Winke als Regeln zu geben, um die Wahl zu leiten, dabei haben wir die
Aufmerksamkeit blos auf die Dominant - Akkorde zu richten, da wir fin-
den werden, dafs die übrigen sich von selbst übereinstimmend anschliefsen.
Ueber die Auswahl umgekehrter Bässe.
Erste Regel.
„Wenn die Quinte des Dominant -Akkordes in der Melodie ist, so wird
empfohlen, die Terz für den umgekehrten Bafs zu nehmen."
Daraus wird die erste Umkehrung \ und giebt dem Basse die Sopranfort-
schreitung.
Mit dieser Regel wollen wir zu der Auswahl einer Bafsmelodie für die leere
Zeile im obigen Beispiel 124. schreiten und für jetzt uns des Grundbasses be-
dienen, wo diese erste Regel nicht angewendet werden kann.
Takt 1. Erste Note. Kein Dominant -Akkord. Man nehme also den
Grundbafs.
Zweite Note. Welches Intervall ist in der Melodie? Die Quinte; folg-
lich ist die Terz in den Bafs zu nehmen. Man ziehe H} die Terz des Akkordes,
llü
Umgekehrte Bässe zu den Melodien.
aus, und schreibe sie in die leere Bafszeile; diese mufs folglich nach C im fol-
genden Akkorde steigen.
So ist mit dem Uebrigen zu verfahren, und wenn es ausgeführt ist, wird
das Beispiel sich, wie nachfolgend, darstellen. Die für den umgekehrten Bafs
ausgewählten und dazu aus dem Akkorde weggenommenen Noten sind mit ei-
nem Strich bezeichnet.
Der Bafs hat nun seine Eintönigkeit verloren., indem er die Sopranfort-
schreitung angenommen hat, wo er mit (J) bezeichnet ist; in jeder andern Hin-
sicht ist er genau geblieben, wie zuvor.
Man lasse den Schüler wohl auf die allmählige Verwebung der Stimmen,
die nun beginnt, acht haben, welche zuletzt den Bafs zu einer vollständigen
Theiluahme an allen verschiedenen Bewegungen führt.
Zweite Regel.
„Wenn die Terz des Dominant -Akkordes in der Melodie ist, nehme man
die Septime für den ungekehrten Bafs."'
Wird dieses Intervall als Bafs genommen, so mufs es der Regel nach fal-
len ; dies giebt eine Tenorfortschreitung und wird als dritte Umkehrung so
* beziffert.
2
Der Sopran und Bafs, als äufserste Stimmen in der Harmonie, sind am
meisten hervorstechend und es müssen dalier in ihnen die Intervallen gesetzt
werden, von welchen die beste Wirkung zu erwarten ist, nämlich die Terz
und Septime ; hierauf ist diese Piegel gegründet.
Wir wollen nun eine andere Melodie nehmen, bei welcher der Schüler
genau wie zuvor verfahren mufs, die erste Piegel in allen sie zulassenden Fäl-
len anwenden, und dann die zweite einführen kann; dabei ist bei jeder Gele-
genheit die Wirkung zu beobachten.
126.
Zweite und dritte Regel.
113
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Zu (w), die Terz ist in der Melodie und die Septime wird in den Bafs
genommen.
- (n), die Quinte ist in der Melodie und die Terz im Bafs.
- (/?), die erste Umkehrung des Dreiklanges ist, im Basse, mit 6 bezif-
fert als Folge der Auflösung der vorhergegangenen Septime.
Takt 4. Die Septime ist nicht eher als in der letzten Hälfte des Taktes
eingeführt, da das Ohr einen gewissen Grad von Puihe fordert auf
dem vierten Takte — was späterhin bei der Abhandlung der
Perioden u. s. w., weiter erklärt werden soll. Die Einführung der
Septime flöfst jederzeit ein Verlangen, fortzuschreiten, ein, und
ist folglich für den Anfang dieses Taktes unpassend; aus demsel-
ben Grunde hat die Septime eine gute Wirkung, wenn die Be-
wegung wieder anfängt.
Takt 5. Die Einführung der Septime über der Dominante so nahe bei der
■ Schlufsklausel schwächt die volle Wirkung, die diese Klausel her-
vorbringen soll; dies ist indefs eine blofse Geschmackssache, und
wir lassen es hier nur um der Uebung willen zu.
Takt 7. bei y. Die Terz ist in der Melodie, gleichwohl kann die Septime
nicht füglieh im Basse gebraucht werden, da dies die entschei-
dende Wirkung der Schlufsformel zerstören würde; folglich ist
der Grundbafs angewendet und hierauf gründet sich die nächste
B.egel.
Dritte Regel.
„Wenn die Terz in der Melodie ist und die Septime nicht als umgekehr-
ter Bafs genommen werden kann, so behalte man den Grundbafs bei."
[15]
114
Vierte Regel.
N. B. Diese Regel ist auf alle Dreiklänge anzuwenden, wenn gleich sie
nicht Dominant -Akkorde sind.
Die vorgeschriebenen drei Regeln können auch umgekehrt werden; das
heifst: die Intervalle des Basses und der Melodie können ihre Stellen wechseln;
wenn daher im ersten Beispiele die Quinte in der Melodie ist, konnte die
Terz als Bafs genommen werden; wenn dagegen die Terz in der Melodie ist,
kann die Quinte als Bafs genommen werden u. s. w.
Vierte Regel.
Die folgende Regel ist abgesondert hingestellt und obwohl sie nicht so gut
ist, wie die vorigen, so darf sie doch bisweilen angewendet werden, um Man-
nigfaltigkeit hervorzubringen.
„Wenn die Septime in der Melodie ist, nehme man die Quinte zum um-
gekehrten Basse," und so umgekehrt: „Wenn die Quinte in der Melodie ist,
kann die Septime zum umgekehrten Bafs genommen werden."
Das folgende Beispiel zeigt die Anwendung auf einen Blick
127.
(täte Regel.) (Umgekehrt.) (2te Regel.) (Umgekelirt.) (3. R.) (Umg.) (4tc Regel.) (Umgekehrt.)
das Ganze kann nun so zusammengestellt werden :
Intervalle in der Melodie:
wir können als umgekehrte Bässe :
3 —
5
— 7
7 8 5
A
3 7
m
385
- s,
haben.
Nach dieser Anschauung begreifen wir, dafs, wenn die Terz in der Melodie
ist, wir zum umgekehrten Basse die Septime wählen sollen; der nächst vorzüg-
liche Bafs ist die Oktave; der letzte aber die Quinte u. s. w.
Im folgenden Beispiel linden sich zu derselben Melodie zwei unterschie-
dene Baßstimmen, in denen alle vorerwähnte Arten, umgekehrte Bässe auszuzie-
hen, angewendet sind. Eine Vergleichung der verschiedenen Wirkungen, die
Vertauschung der Intervalle.
115
sie hervorbringen, wird dazu dienen, den Geschmack zu bilden. Es ist wohl
unnöthig anzumerken, dafs diese zwei umgekehrten Bässe zwei unterschiedene
Beispiele sind und nicht beide zu gleicher Zeit angewendet werden können;
jeder von ihnen dient als besondere Uebung zu der man dieselbe Melodie
nimmt und die beiden andern Stimmen der Harmonie hinzusetzt.
12S.<
1. U. Bass.
llli
§Eg±ÖE^E£feÖ^E|§
2. U. Bass.
G.-Bass
Die Buchstaben beziehen sich auf Beispiel 127. und zeigen an, welche B_e-
gel befolgt ist.
Uebersehen wir die zweite Bafspartie, so ist zu erkennen, dafs das Gis im
letzten Theil des zweiten Taktes, wenn es bis zu Ende desselben behalten
worden wäre, nach A hätte hinaufsteigen müssen; statt dessen ist es zuvor
nach der Quinte desselben Akkordes gestiegen, von wo es nach A Fällt.
Zugleich hat die Quinte in der Melodie *) sich in zwei Noten getheilt;
anstatt nach A im nächsten Akkorde zu fallen, nimmt die Melodie zuvor
die Terz auf, welche der Bafs aufgiebt, und steigt dann eine Stufe (wie die
Terz thun soll) nach A hinauf.
Die gelegentliche Anwendung dieser Vertauschung der Intervalle verleiht
*) Man erinnere sich, dafs diese Intervalle stets vom Grundbafs aus berechnet sind.
[ 15*]
116
Vertauschung der Intervalle.
jeder Stimme eine schönere Melodie *) wie man in den folgenden Beispielen
wahrnehmen kann.
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Zur Uebung für die obigen Regeln können die bisher blos mit Grund-
bässen harmonisirten Melodien genommen werden ; bei einer Vergleichung
der verschiedenen Wirkungen wird sich dann die steigende Veredlung aus-
weisen.
Nehmen wir als Melodie die ersten vier Töne der Tonleiter, so finden wir
bei der zweiten Note den Akkord auf der Dominante, dessen Quinte in der
Melodie steht, und zu der Terz der folgenden Tonika aufsteigt.
Sollte nun die Septime eingeführt werden, wo die Terz ist und wir gleich-
wohl die Melodie nicht abändern können, so ist aus den frühern Regeln ein-
leuchtend, dafs in einem solchen Falle, wie dieser, wir gänzlich auf die Sep-
time verzichten müssen, wofern wir nicht eine andere Stelle finden, sie einzu-
führen.
Die durch die Hauptseptime hervorgebrachte Wirkung ist gleichwohl von
zu grofser Bedeutung, als dafs wir sie so leicht aufgeben sollten; daher führen
wir die Septime ohne Weiteres im Tenor ein (was wir eine Freiheit nennen),
wie im folgenden Beispiel 130. Takt 2.
Durch die Auflösung der Septime wird die Terz zur folgenden Tonika
nothwendig verdoppelt; dieses Intervall mag indefs unmittelbar in die Quinte
zu demselben Bäte aufsteigen, nachdem die Septime aufgelöst ist,, wie bei_
Takt 3.
*) Es ist zu bemerken, dafs solche Vertauschung der Intervalle während der Dauer eines
und desselben Akkordes eintritt und die verschiedenen Intervalle, wo sie sich auch finden mögen,
wenn die Harmonie fortschreitet, jedes nach seiner eigentümlichen Weise sich auflöset.
Einführung der freien Septime. 117
Freie Einführung der Septime bei aufsteigender Quinte.
4 5 6 7 8 ' 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20
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Im Takt 2. Hier ist eine freie Septime eingeführt, welche in den dritten Takt
fällt, wodurch die Terz im Dreiklang auf der Tonika verdoppelt
wird; gleich nach der Auflösung der Septime steigt aber der Te-
nor in demselben Takte in die Quinte, dadurch werden die Ok-
taven vermieden, welche sonst zwischen Tenor und Sopran er-
scheinen würden. Jedes Zweifelhafte wird jedoch bei dieser Reihe
im Takt 7. vermieden, wo die Quinte wiederum nach E steigt,
statt, wie im vorigen Falle, zu derselben Note abwärts zu gehen,
zu der die Terz hinschreiten mufste, wenn sie bis zu Ende des
Taktes fortgehalten wird. Obwohl in diesem Falle (Takt 8.) die
Terz ebenfalls im Basse erscheint, so ist es doch im Allgemeinen
. sicherer,, in aufsteigender Melodie die Quinte so fortschreiten zu
lassen.
Takt 4 und 8. Man vergleiche die beiden Arten der Fortschreitung im Tenor.
Takt 10. Die freie Septime löset sich in Takt 11. in die Terz auf, wie zu-
vor, und steigt unmittelbar nach der Hauptseptime hinauf.
Takt 14, Die Terz ist für den umgekehrten Bafs gewählt; statt aber
• zu steigen, fällt sie in die Hauptseptime des folgenden Akkor-
118 Steigende Tonleiter mit umgekehrten Bässen.
des; dies kann jederzeit geschehen, wenn ein Dominant-Akkord
dem andern folgt.
Aufsteigende Tonleiter mit umgekehrten Bässen harmonisirt.
Man schreibe die Tonleiter mit den Grundbässen auf einer fünften Zeile
darunter. Dann schreibe man, wie bisher, die Harmonien auf die Alt- und
Tenorzeile, ohne die Quinten- und Oktavenfolgen zu verbessern.
Man fähre die Septimen, so wie auch die erlaubten, frei eintretenden Sep-
timen ein; dann gehe man an die Auswahl der umgekehrten Bässe, wie sie an-
geratben sind und schreibe dieselben in die zu dem Zweck leer gelassene Zeile,
indem man die für den Bafs entlehnten Noten, in der Stimme, wo sie sich be-
finden, ausstreicht, und eine andere zur Harmonie gehörige Note an ihre
Stelle setzt.
Das Nachstehende ist ein Beispiel einer so harmonisirten Tonleiter (nur
nicht in Partitur geschrieben) und die für die Bässe auserwählten Noten sind
durchstrichen.
131.
t
£
Si::rgr.:q
Br
S
6
5
-S'
-p
I 6
4
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SSXS.
m — &
c
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6
5
6
4
3
r.
4
2
-e-t
6
-Ol
I
*.■'-*■ * .
Die drei letzten Noten (bei c) sind wiederum gegeben um zu zeigen, dafs,
wenn wir die Septime zum umgekehrten Bafs nehmen, indem die Terz in der
Melodie ist, wir mit einer Umkehrung schliefsen müssen, was nicht füglich zu
gestatten ist; es ist besser, als eine allgemeine B_egel anzusehen, dafs jede Kom-
position mit einem Dreiklang auf dem Grundbasse anfangen und schliefsen mufs.
I
Verdoppelung der Intervalle eines Akkordes.
Da unsere Akkorde oftmals nur aus drei Noten bestehen, so mufs eine von
diesen nothwendig verdoppelt werden, wenn wir vierstimmig schreiben; oder
mit andern Worten: dasselbe Intervall mufs zu gleicher Zeit in zwei Stimmen
erscheinen.
Verdoppelung der Intervalle.
119
132
[
i — G — * — | — * — * —
ff Cr"
^EE?=£fe
tzn
:£
~t
f=>
=£
:£
:d:
=P=
:©:
±=pzz±:
Zu 1. Die Terz ist verdoppelt; dies ist erlaubt, wenn eine von ihnen nach-
mals fällt. Doch empfehlen wir, die Terz nicht zu verdoppeln,
wenn es auf gute Art vermieden werden kann.
Uebrigens ist die Verdoppelung der kleinen Terz in ihrer Wir-
kung nicht so auffallend, wie die der grofsen.
Zu 2. Die Quinte ist verdopdelt, um eine melodische Fortschreitung und
Gegenbevvegung zu gewinnen.
Zu 3. Die Oktave ist verdoppelt.
Fallende Tonleiter mit umgekehrten Bässen.
Man behandle sie in eben der Art, wie für die aufsteigende Tonleiter vor-
geschrieben ist, nur mit dem Unterschiede, dafs die Quinten und Oktaven fol-
gen, zuvor verbessert werden müssen.
(
133. <J
:g=^z:::=0=:
-O— I— S
3
|=::iÄiC=^:
-s-
Sigzr
:0=:
t'l
5
:0=::=©:
Hiernach können die aufsteigenden und absteigenden Tonleitern mit um-
gekehrten Bässen harmonisirt und die Dissonanzen eingeführt werden und zwar
auf folgende Weise :
Zuerst harmonisire man die Tonleiter ohne Dissonanzen und wähle die
umgekehrten Bässe aus.
Sind die Grundbässe auf eine besondere Zeile geschrieben, so setze man
die Bezifferung darüber, welche die Dissonanzen bezeichnet, die eingeführt werden
können, und die aus ihrer Fortschreitung sich ergiebt; man führe sie dann den ge-
120 Tonleitern mit Dissonanzen u. umgekehrten Bässen.
gebenen Regeln gemäfs ein — wie im folgenden Beispiele, welches um der
Kürze willen in zwei Zeilen zusammengedrängt und mit ausgelassener Beziffe-
rung des Grundbasses geschrieben ist.
Aufsteigende Tonleiter mit Dissonanzen.
134 , l a 1 2
f
Takt 2. Die dissonirende Quarte erscheint in der Bafsstimme, wo ihre Auf-
lösung gefunden wird.
Takt 4. Dieselbe Dissonanz steht aus demselben Grunde im Tenor, und so
mit dem Uebrigen.
Takt 3. Die Septime ist im Tenor eingeführt, um die Quarte im folgenden
Takte vorzubereiten. Dafs die Dissonanzen so abwechselnd in den
verschiedenen Stimmen erscheinen, bringt Mannigfaltigkeit der Wir-
kung hervor.
Hätten wir in diesem Takte die Septime in den Bafs genom-
men, so wären in derselben Stimme zwei Dissonanzen auf einander
gefolgt. Eine noch gröfsere Mannigfaltigkeit würde durch die Ein-
führung der None als Vorhalt der Oktave im Alt (in Takt 3. b)
hervorgebracht worden sein.
Fallende Tonleiter mit Dissonanzen.
135
{
©-^y
öS*
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im©,-»,:
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4 3 ZZI§
C-gb:
:|:
-p^&
9 8
Es
Bemerkungen.
121
Es ist zu bemerken, dafs in den Alt keine Dissonanz eingeführt werden
kann, aufser im Takt 7., wo die dissonirende Quarte in dieser Stimme, statt
im Basse, eingeführt werden mag.
„Die Dissonanz und die Note, welche von jener aufgehalten wird, darf
nicht zu gleicher Zeit gehört werden. "
Obgleich diese Regel schon genugsam eingeprägt und ohne Unterlaf's in
Ausübung ist, so ist doch bei der Anwendung der Umkehrungen ein Irrthum
in diesem Falle so leicht begangen, dafs wir es nöthig finden, sie aus Vorsicht
hier zu wiederholen; besonders wenn, wie bei (a) im folgenden Beispiel, die
Septime frei eingeführt ist; oder wenn die Septime in den umgekehrten Bafs
gestellt und die Oktave verdoppelt ist, wie bei (£) — in beiden Fällen zeigt
sich der Irrthum.
— TC + 8©-
7*fvÄ-1*-;'-
-+9©-
136..
Im folgenden Beispiel (im Takt 1.) ist die Quinte des Dominant-Akkordes,
die in der Melodie fällt, von der steigenden Quinte im umgekehrten Basse
begleitet , wodurch Gegenbewegung und eine
wird
nelodischere Wirkung erreicht
Im Takt 3 und 6. Die Quinte in der Melodie steigt und die im Basse
fällt, mit hinzugefügter freier Septime.
Im Takt 5. derselbe Fall, jedoch ohne Septime.
Kadenz. Ex. („)
4 -*■_},_
:stfc=
[ 16 ]
122
Bemerkungen.
Wir nehmen hier Gelegenheit, einige Bemerkungen in Bezug auf die zweite
und vierte Regel bei Anwendung der Grundbässe hinzuzufügen.
Es ist bekannt, dafs wenn der vierte Ton der Tonleiter eine Stufe fällt
und von der Dominante begleitet ist, der Dominant- Akkord hervorgebracht wird.
Wir fügen jetzt noch hinzu, dafs der vierte Ton der Tonleiter, wenn er auch
nicht, wie früher vorausgesetzt wurde, eine Stufe fällt, dennoch mit der Dominante
begleitet werden kann, sobald er nur vor der Auflösung zu irgend einem an-
dern Intervalle des Akkordes fortschreitet — wie im folgenden Beispiele:
(
138. (J
f p-^
o
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3
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5
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2
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— ■»)
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f v
• O"- '"
4
***■>
w
—
Wird der fünfte Ton der Tonleiter von der Dominante begleitet, wenn er
unmittelbar nach der Terz der folgenden Tonika fortschreitet, wie bei (a) im
folgenden Beispiele, und will man bei dieser Dominante die Septime anbrin-
gen, so müssen wir diese im Sopran (wie bei £) einführen; denn wollten wir
dies in irgend einer andern Stimme thun, so würde das entweder verborgene
Oktaven zwischen Sopran und Tenor (wie bei d) oder Zusammentreffen des
Soprans und Alts im Einklänge (wie bei c) hervorbringen.
Jetzt wollen wir, was wir über diesen Punkt erhalten haben, wiederholen,
und die gewonnenen Kenntnisse in Anwendung bringen. Künftig mufs nun Vie-
les dem reifenden Urtheil und dem Ermessen des Schülers überlassen bleiben.
Die bisher ertheilten Rathschläge über die Wahl umgekehrter Bässe, werden
Uebung zur Wiederholung. 123
sich vollkommen hinreichend beweisen. Man darf nicht erwarten , über alle
möglicherweise vorkommenden Fälle bestimmte und unabänderliche Regeln nie-
dergelegt zu finden; ein solches Unternehmen, wenn es ja ausführbar wäre,
würde nur die Einbildungskraft fesseln und die Kunst selbst herabsetzen.
yf^iederholung.
Nehmen wir nun eine Melodie und versuchen, was wir blos mittels der
Anwendung der bisher gegebenen einfachen Regeln mit ihr ausrichten können.
Angenommen, es wäre uns eine Arie zur Harmonisirung gegeben.
Wir wissen, dafs dies auf unterschiedliche Weise geschehen kann.
Erstens durch Anwendung der vier Regeln von den Grundbässen. Ge-
braucht man diese Regeln nur mit dem mindesten Unheil, oder mit ganz ge-
wöhnlicher Aufmerksamkeit, so bringen sie allein schon eine ungemeine Man-
nigfaltigkeit zu Wege.
Jede Stimme, mit Ausnahme des Soprans, bringt durch die verschiedene
Anwendung jener Regeln immer eine verschiedene Wirkung hervor. Selbst
der Sopran bleibt bei dieser Abwechselung nicht gänzlich dem Einilufs entzo-
gen; denn obwohl diese Stimme selbst nicht verändert wird, so erscheint
uns doch vermöge der verschiedenen zur Anwendung gebrachten Regeln der
Ton, der einmal etwa als Oktave gehört worden ist, ein andermal als Septime,
oder Quinte, und bringt so in seiner Beziehung zu den andern Stimmen eine
verschiedene Wirkung hervor.
Zweitens durch Anwendung der umgekehrten Bässe.
Hier vertauschen wiederum die verschiedenen Stimmen ihren Karakter;
denn durch Einführung eines umgekehrten Basses wird nothwendig eine Verän-
derung in die Bafsmelodie gebracht, und dabei mnfs eine entsprechende Aende-
rung gleichfalls in der Stimme oder Melodie eintreten, aus welcher man den
umgekehrten Bafs ausgezogen hat.
Drittens durch Anwendung der Dissonanzen, in denen ein weites Feld
zur Erzeugung einer grofsen Abwechselung von Licht und Schatten sich eröff-
net. An einer Stelle führen wir die dissonirende Quarte ein, vorbereitet durch
die Septime, Oktave, oder Quinte, an einer andern die None, vorbereitet durch
die Terz, Oktave, oder Quinte; wieder an einer andern die Septime oder Sexte;
eben so wenden wir sie in Verbindung mit einander an, dann wieder bringen
wir in den -verschiedenen Stimmen Nachahmungen durch sie hervor.
[ 16*]
124 Wiederholungen.
Mit einem Wort, es ist erstaunlich, welche Mannigfaltigkeit durch Mittel
hervorgebracht werden kann, die sich jeden Augenblick in so einfacher und
fafslicher Form darbieten, dafs nur ganz gewöhnliches Nachdenken und Fleifs
erfodert wird, um die angenehmsten und überraschendsten Wirkungen zu er-
zeugen.
In Betreff der Umkehrungen, so ist ihr wichtiger Zweck die Hervorbrin-
gung einer angenehmen und fliefsenden Melodie der Bafsstimme, in der
Art, dafs sie sich inniger mit den andern Stimmen vermische und so ein rei-
zendes Ganze hervorbringe.
Man vergesse jedoch nicht, dafs dies keinesweges die Fortschreitung ist, wel-
che die Natur uns vorzeichnet (man sehe die Einleitung zur Modulation Seite 54.).
Jede der vier Stimmen unterscheidet sich durch ihren besondern Karakter (man
sehe Seite 48.), welcher sorgfältig im Auge behalten werden mufs, wenn wir im
Begriff sind, Umkehrungen in eine Melodie anzubringen.
Wir wollen demnach, ehe wir fortfahren, die gegebene Melodie zu har-
monisiren, noch mehr das dabei anzuwendende Verfahren zu erläutern suchen.
Erstens schreibe man nach Anleitung der vier Piegeln Grundbässe auf
eine fünfte untere Linie *).
Zweitens, man schreibe die Dreiklänge in Partitur, füge
Drittens die Septimen hinzu, und löse sie auf.
N. B. Quinten und Oktaven zu vermeiden ist unnöthig; die zweite oder
dritte Umkehrung erfüllt dies schon \on selbst.
Viertens, man wähle umgekehrte Bässe aus.
Fünftens, man führe Dissonanzen ein.
Angenommen, die nachfolgende Melodie wäre gegeben und auf die vorste-
hende Weise behandelt worden , so würde folgender ausgeführter Satz sich
bilden, in welchem nur die Dissonanzen ausgelassen sind.-
*) Sie sind in unsern Beispielen nur mit Punkten angedeutet, um so viel als möglich die
Ausdehnung des Werkes zu vermeiden.
Wiederholungen.
123
4 4 4 4 4
Wir wollen nun dieselbe Melodie nehmen mit denselben Grund- und um-
gekehrten Bässen, und die Dissonanzen hinzufügen.
Sopran.
rs
{
3v— rärPfs^P
— kz^==:
N. B. Wenn die Quarte als Vorhalt im letzten Takte eingeführt ist, mufe
die Quinte des Akkordes niemals ausgelassen werden.
Hier folgt dieselbe Melodie mit denselben Grundbässen, aber mit: andern'
umgekehrten Bässen und einigen ausgewählten Dissonanzen.
12ü
Wiederholungen.
142
Vergleichen wir die umgekehrten Bässe und die Mittelstimmen der zwei
vorstehenden Beispiele, so ilndeu wir eine beständige Vertauschung des Ka-
f akters ; so zum Beispiel die Sopranfortschreitung, welche im Beispiel 141.,
Takt 1., im Basse sich findet, liegt Beispiel 142. im Alt.
Der umgekehrte Bafs in demselben Takte, Beispiel 142., hat die Fortschrei-
tung des Tenors, der Tenor dagegen die des Alt's. Dies mufs hinreichend er-
örtert , und die Verschiedenheit der daraus entstehenden Effekte verglichen
werden.
Die Melodie der vorhergehenden Beispiele war zu demselben Grundbafs
in Harmonie gesetzt, alle Veränderung des Ausdrucks war allein durch die Um-
kehrung der Bässe, und durch Einführung der Dissonanzen hervorgebracht.
Wir nehmen nun eine andere Melodie, welche wir .auf zwei verschiedene
Weisen in Harmonie setzen, wozu wir aber nur andere Umkehrungen desselben
Basses anwenden , und den Grundbafs nach den vier Regeln verändern wollen.
Die folgenden drei Beispiele sind zu diesem Zwecke hier eingeführt, jede
Melodie ist mit zwei verschiedenen Umkehrungen des Basses niedergeschrieben,
und soll mit einer jeden derselben in vollständiger Harmonie ausgesetzt wer-
den; Dissonanzen mögen hinzugefügt werden nach Gefallen: — nachmals mag
der Schüler sich bemühen, eine gröfsere Verschiedenheit nocli hervorzubringen
Verschiedenheit des Effekts.
127
durch die Wahl anderer Grundbässe, und durch Umkehrungen nach den fest-
gestellten Regeln angewandt.
So auch mag dieselbe Melodie zur Uebung in mehreren Tonarten transpo-
nirt werden.
Gewählt sind die Grundbässe in diesen drei Beispielen
bei (b) nach der zweiten Regel,
(c) nach der dritten Regel,
(d) nach der vierten Regel,
Die erste Regel ist nicht angeführt, da sie überall befolgt wird wo keine
Anmerkung statt findet.
le.
ss.
SS.
':fc#=PÄ
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mrß^zßzB
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4
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123
Verschiedener Effekt.
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Bass.
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6 5
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6
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2 6
t=tzgE
XX
t=h
El
Im Beispiel 145., im ersten Takt Bafs No. L, haben wir die Quinte des
Akkordes als umgekehrten Bafs genommen, und dadurch den \ Akkord, die
zweite Versetzung des Dreiklangs erhalten.
Das Einförmige zwischen Bafs und Sopran wird hier durch den Reichthum
der innern Stimmen aufgehoben.
Die unendliche Mannigfaltigkeit, die allein durch die Anwendung der vor-
hergehenden Regeln schon hervorgebracht wird, zu zeigen, wollen wir hier die
zwei ersten Takte des letzten Beispiels nehmen, und sie als ein Thema an-
sehen: in sich selbst so unbedeutend als möglich, da es nur zwei Töne enthält.
146.
Dissonanzen hinzugefügt.
129
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Ff
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3
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F ' F1 7" ' F
i 1 i 1 1
Der dritte und vierte Takt desselben Beispiels mögen eben so in Harmo-
nie ausgesetzt werden.
147.
Qi«sp-— :_^ — l — p_
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F
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F
1
Dasselbe Thema mit gelegentlich eingeführten Dissonanzen
ran.
Alt.
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Et
©
j— 1 — 1 —
CX
6
4
3 43
:^t-£=|E=g
[ 17]
Ausgedehnte Harmonien.
N. B. In diesem Beispiele dienen die angemerkten Buchstaben allein zur
Bezeichnung derjenigen Stelleu, die gelegentlich in andere Takte übertragen sind.
Wir wollen diesen Gegenstand für jetzt nicht weiter verfolgen, ich glaube
voraussetzen zu dürfen, dafs genugsam angedeutet ist, zu welcher Mannigfaltig-
keit dies führen kann.
Der Schüler darf nicht nachlassen fleifsig zu arbeiten, damit er die feste
Ueberzeugung sich verschaffe, alles klar verstanden zu haben, ehe er hier
weiter fortschreitet. Auf das Ernstlichste sei ihm empfohlen, die Beispiele, die
er früher geschrieben, jetzt vollendeter auszuführen, um die Wirkungen zu hö-
ren und zu vergleichen von jeder neu hinzugekommenen Veränderung. Durch
diese Uebung • wird sein Geschmack wie auch sein Urtheil nachgerade reifer
werden, und sein Auge sich unmerklich gewöhnen, Noten in Partitur zu über-
sehen.
Ausgedehnte oder offene Harmonie.
Bis jetzt war unsere Harmonie so geschrieben, dafs zwischen Sopran, Alt
und Tenor kein Raum gelassen war zu Einführung noch einer Stimme. Die
so beschaffene Harmonie (welche aus der ursprünglichen Lage, in der die Ak-
korde geschrieben werden, entsteht), nennen wir gedrängte oder enge Harmonie.
Nun soll gezeigt werden, wie aus der engen Harmonie die ausgedehnte ent-
steht, aus welcher neue und schöne Effekte hervorgehen.
Ausgedehnte Harmonie.
131
Wenn wir die drei verschiedenen Lagen des Akkordes untersuchen, so fin-
den wir, dafs in der zweiten Lage die Terz unter die Quinte zu liegen kömmt;
in der dritten Lage die Quinte unter die Oktave; in der ersten Lage die Ok-
tave unter die Terz (wie bei a).
Nehmen wir in der zweiten Lage des Akkordes die Terz heraus und schrei-
ben sie eine Oktave tiefer (wie bei b), so sehen wir, dafs Alt und Tenor ihre
Stelle verwechselt haben.
Wenn wir aus dem Akkord in der dritten Lage die Quinte herausnehmen,
und stellen sie eine Oktave tiefer, so findet wieder dieselbe Verwechselung der-
selben Stimme statt.
Endlich, aus dem Akkord in der ersten Aage, die Oktave in gleicher Art
versetzt, giebt nochmals dieselbe Verwechselung eben dieser zwei Stimmen.
Das folgende Beispiel (150. a) ist in enger Harmonie geschrieben, wie ge-
wöhnlich, der Alt ist sodann (bei b) eine Oktave tiefer gestellt, und auf die
Notenzeile des Tenors eingerückt, dagegen nimmt der Tenor die Zeile des
Alts ein.
Die Zahlen 2 und 3 bezeichnen die Stimmen welche vertauscht sind, und
in denen die ausgedehnte Harmonie eingeführt ist.
Die Wirkung dieser ausgedehnten Harmonie wird am meisten fühlbar wer-
den, wenn man den Alt und Tenor allein spielt, zuerst wie bei (a), sodann
wie bei (b). Auch werden die Schüler mehr Vergnügen am Spielen finden bei
der ausgedehnt geschriebenen Harmonie, da diese oft zu weit zu greifen für
einen Schüler, als Duett auf dem Pianoforte angenehm auszuführen ist.
[17*]
Ausgedehnte Harmonie.
Da der Alt, mit dem Tenor versetzt, gewöhnlich zu tief gegen den Bafs zu
stehen scheint, so ist es rathsam ihn für jetzt, um diese tiefe Linien zu ver-
meiden, im Bafsschlüsses zu schreiben. Wenn wir nachmals den Schüler mit
Alt- und Tenorschlüssel bekannt gemacht haben, wird diese unsere Zuflucht
zum Bafsschlüssel von selbst als unnütz wegfallen.
Die aufserordentliche Verschiedenheit des Effekts der beiden Arten, die-
selbe Harmonie niederzuschreiben, liegt nicht allein darin, dafs zwei Stimmen
Theil weise Ausdehnung der Harmonie. 133
in größerer Entfernung zu einander gestellt werden, als vielmehr, dafs sie ihre
Stellung gegen einander vertauscht haben, demzufolge nun die Stimmen, die
in enger Harmonie sich als Terz, Quinte und Quarte zur andern Stimme ver-
hielten, in ausgedehnter Harmonie als Sexte, Quinte und Quarte gehört werden.
Zum Beweis diene folgende Gegeneinanderstellung.
Der Einklang wird zur Oktave^
-2 - - 7,
- 3 - - 6, Bemerk. Wenn zwei Stimmen
- 4 - 5, so verwechselt werden können,
- 5 - - 4, nennt man dieses den doppel-
- 6 - 3, ten Contrapunkt in der Oktave.
-7 - - 2,
die Oktave wird zum Einklang.
Hiernach wird es klar sein, dafs in enger Harmonie keine Fortschreitung
auf einander folgender Quarten erlaubt sein kann, in den Stimmen, die
in ausgedehnter Harmonie mit einander vertauscht werden sollen.
Da sie bei Umwechselung ibrer Lage, zu aufeinander folgenden Quin-
ten werden.
Sollten also Quartenfolgen in enger Harmonie vorkommen, so mufs mit
Bedacht eine Veränderung in den Stimmen vorgenommen werden, ehe die Ver-
wechselung geschieht.
Auch muts die folgende Regel beobachtet werden:
Die Bafsstimme darf nie dem Alt näher als eine Oktave treten, sonst wird
der Alt, der in der ausgedehnten Harmonie die Stelle des Tenors einnimmt,
tiefer zu stehen kommen, als der umgekehrte Bafs.
In dem folgenden Beispiele (a) ist der Bafs näher denn eine Oktave zu
dem Alt gerückt, dem zufolge wird, wenn die Harmonie ausgedehnt geschrie-
ben, der Tenor unter dem Bafs befunden werden (wie bei £).
134 T li eil weise Ausdehnung der Harmoni
1 e.
151.<
Wenn die Melodie bei grofsen Intervallen steigt oder fällt, so wird eine
theilweise Ausdehnung der Harmonie oft nothwendig, um den fliefsenden an-
genehmen Gang in den innern Stimmen zu erhalten, der sonst gestört sein
würde. Eine gelegentliche Ausdehnung der Harmonie ist; also oft anzuwen-
den, um den schlechten Eindruck zu vermeiden, den viele in gleicher Bewe-
gung fortschreitende Stimmen auf uns machen.
Bei (a), im folgenden Beispiele, steigt der Sopran eine Quinte, und da in
enger Harmonie, Alt und Tenor, mit ihm steigen müssen, ist eine gleiche
Fortschreitung in dreien Stimmen die Folge.
152.
Dies ist vermieden durch die theilweise angebrachte Ausdehnung der Har-
monie (in b), wo der Alt, statt mit dem Tenor gleichzeitig zu steigen, auf sei-
ner Stelle verbleibt und der Tenor in einfachen Stufen fällt.
Ist die Harmonie schon ausgedehnt geschrieben wie bei C, und es fällt der
Die Molltonart.
13f
Sopran in grofsen Intervallen, so mufs dagegen ein theilweises Zusammendran-
gen der Harmonie angewendet werden wie bei (d).
Wenn in enger Harmonie geschrieben, der Sopran bei grofsen Intervallen
fällt, so kann zu Zeiten der Alt über dem Sopran erscheinen, wie in dem fol-
genden Beispiel 153. bei («), welches anders auch wie bei (b) geschrieben wer-
den könnte.
153.<
t-=t-
l=J=^
■e — e-
4
2
9i
^=pg=j=pZ3;
— &-
"©*
-T=3=
■CP
:t:
:C:
Dur- und Molltonart.
Jede Durtonart hat eine ihr verwandte Molltonart, welche wir eine kleine
Terz tiefer finden *).
Die Terz des Akkordes bestimmt ob die Tonart Dur oder Moll ist.
Kein Moll -Akkord wird uns durch die Natur gegeben, denn der Akkord,
der uns durch die Schwingung der Saite gegeben ist, der ist Dur — die Erklä-
rung findet sich Seite 54., die Bildung der Molltonleiter ist also künstlich.
Bei der Bildung der Molltonleiter Avollen wir also, so viel als möglich, unsere
Beweggründe aus der Zusammenstellung mit der Durtonleiter entnehmen **).
Wenn wir unsere Tonleiter aus drei Tönen betrachten, so finden wir, dafs
der dritte Ton denselben Akkord giebt wie der erste ursprüngliche Grundton,
wie folgendes Beispiel zeigt (a).
*) Siehe Beispiel 61 und 62., woselbst Uebungen in regelmäfsiger Fortschreitung der Dur-
und ihrer verwandten Molltonarten sich finden.
**) Hierüber haben wir uns ausgesprochen, Einführung zur Modulation Seite 55.
136
Die Molltonleiter.
154
\
a
2
3
:0:
:a:
b
-2-
:o:
:Cü
:0:
"O"
:□:
Der Akkord auf dem Grundton hat eine Durterz, und es ist der Zwischen-
raum von dem ersten zum dritten Tone der Tonleiter, eine Durterz.
Haben wir auf dem Akkord der Tonika eine Mollterz, so wird die Entfer-
nung von dem ersten zum dritten Tone auch eine Mollterz sein (wie bei b).
N. B. Den ersten Akkord jeder Scala nennen wir Grund-Akkord.
Nun wollen wir fortfahren, die Molltonleiter zu bilden; wir verfolgen den-
selben Grundsatz der uns geleitet bei Zusammensetzung der Durtonleiter, das
heilst, wir nehmen und verbinden zwei Tonleitern, jede aus drei Tönen bestehend.
Im folgenden Beispiele, bei I., ist die Durtonleiter wie wir sie zuerst auf-
gefunden haben *), in welcher alle Akkorde Durterzen hatten. Bei II. hinge-
gen finden sich alle Akkorde mit der Mollterz, welches eine gänzliche Abwei-
chung von der Natur ist, wodurch auch die Wirkung auf das Gehör durchaus
widerwärtig wird.
*} Siehe Seite 55.
Wir
Die Molltonleiter.
137
Wir können indefs Natur und Kunst verbinden, so dafs wir den Eindruck
der Molltonart beibehalten, und doch uns um vieles dem einmal angenomme-
nen Grundsatz nahern, indem wir die Molltonleiter so treu als möglich der
Durtonleiter nachbilden.
Dies wird erreicht, wenn wir den einen der drei Mollakkorde (bei No. II.
im vorhergehenden Beispiele) in Dur verwandeln, da der erste und dritte Ak-
kord Moll bleiben müssen, nach dem auf der letzten Seite angegebenen Grunde,
so kann der zweite Akkord allein verändert und Dur gemacht werden; das Bei-
spiel wird nun wie bei (a) stehen.
a
156./
:o:
:S2:
«r-
— 03-
zO:
BE
O:
"O"
-©-
Es mufs bemerkt werden, dafs dieser zweite Akkord der Dominant-Akkord
der Tonart ist, und deshalb ein Dur-Akkord sein mufs.
Nachdem wir die Harmonie der ersten Tonleiter (von drei Tönen) ausge-
setzt haben (siehe a), fahren wir fort, genau auf dieselbe Weise die Zweite zu
behandeln (siehe b).
Haben wir nun die beiden Scalen, jede aus drei Noten bestehend, zusam-
mengefügt, so wollen wir die beiden noch fehlenden Töne, um die diatonische
Molltonleiter von A zu vollenden, auf folgende Art hinschreiben.
157.
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In dem vorstehenden Beispiele hat keine eigentliche Modulation von ^moll
nach D moll (dem vierten Akkorde), statt gefunden, da der Akkord auf der vor-
[13]
138 Der Akkord der kleinen None.
hergehenden Dominante bei k keine Durterz hatte, folglich keine Hauptseptime
haben konnte. Unmittelbar danach (bei x) tritt dagegen eine wirkliche Mo-
dulation ein, der Akkord mit der Durterz erlaubt die Hauptseptime hinzuzu-
fügen, und wir moduliren somit hier nach D; nothwendig müssen wir aber nun
nach ^moll zurück moduliren, und deshalb vor Gj der siebenten Stufe der
Tonleiter, ein Kreuz stellen, um den Dominant -Akkord mit der Durterz zu
erhalten.
Hiedurch entsteht zwischen der sechsten und siebenten Stufe der Tonleiter
ein Zwischenraum von drei halben Tönen, wodurch der, die Molltonleiter
so auffallend unterscheidende Karakter festgestellt wird.
Wenn wir die vorhergehende Tonleiter (Beispiel 157.) betrachten, so sehen
wir, dafs die zweite, fünfte und siebente Stufe mit Dur- Akkorden begleitet
sind, alle anderen, finden wir, sind Moll -Akkorde.
Hinsichtlich des fünften Tones der Tonleiter bemerken wir jedoch, dafs er
zwar mit einem Dur-Akkord begleitet ist, aber mehrere Ausnahmen zuläfsr, die
später erklärt werden sollen. Der zweite und dritte aber müssen allezeit mit
Durterzen eingeführt werden, denen die Hauptseptime beigefügt sein kann.
Akkord der kleinen None.
Wir wollen nun sorgfältig die Dominant -Akkorde des vorhergegangenen
Beispiels 157. untersuchen, wir sehen dafs die Hauptseptime, welche bisher
stets einen halben Ton gefallen war, hier einen ganzen Ton fällt; dies ent-
steht, weil der darauf folgende Akkord die kleine Terz hat. Die übereinstim-
mende Fortschreitung der beiden Haupt -Intervalle des Dominant- Akkordes (die
Terz steigt, die Septime fällt einen halben Ton), ist hier zerstört. — Die
Erwartung, die durch die Einführung der Hauptseptime erregt wurde, bleibt
unbefriedigt bei dieser Auflösung, da das Ohr nur vorbereitet war auf die Folge
des Dur -Akkordes, nicht aber des Moll -Akkordes. Hierdurch werden wir ver-
anlafst zu versuchen, ob wir nicht auf andere Weise das Ohr zu der Erwartung
des Moll -Akkordes hinleiten können.
Unser Zweck wird erreicht werden, wenn wir aus dem Dominant- Akkorde
die Oktave wegstreichen, und in ihrer Stelle den Ton einrücken, der einen
grofsen halben Ton über der Oktave liegt, mit andern Worten, die kleine None
vom Grundbafs aus, einführen: die Septime verbleibt an ihrer Stelle im Akkord.
Akkord der kleinen None.
139
Die kleine None fällt einen halben Ton in die Quinte der folgenden
Tonika.
Im Dominant- Akkorde tritt die kleine None, gleich der Hauptseptime,
unvorbereitet ein; dieser Umstand ist hinreichend, sie von der None zu unter-
scheiden, die als Vorhalt der Oktave stets vorbereitet sein mufs.
Bei (a) ist die Oktave durchstrichen, zum Zeichen dafs sie ausfallen soll.
Bei (b) ist die kleine None in ihre Stelle eingerückt.
Bei (c) ist die kleine None aufgelöst, indem sie einen halben Ton in die
Quinte fällt.
Bei (d) derselbe Fall in andern Tonarten und andern Lagen des Akkordes
geschrieben.
Bei (e) wird die kleine None aufgegeben und es übernimmt die Oktave
desselben Akkordes ihre Stelle.
Dies kann erlaubt werden, da die None einmal gehört, unser Ohr auf den
nun folgenden Moll -Akkord vorbereitet hat.
Hinsichtlich dieses nützlichen und höchst wirksamen Intervalles sei noch
hinzugefügt, dafs wenn wir vermittelst seiner Anwendung eine Molltonart ein-
geführt haben, keine Notwendigkeit weiter vorhanden ist, auf jeden vorkom-
menden Dominant -Akkord die None wieder zu gebrauchen; hier ist eine ge-
wisse Behutsamkeit besonders zu empfehlen. «»
Eben so mufs man darauf achten, dafs wenn die None ünfer der Quinte
geschrieben wird, wie (bei a) im folgenden Beispiele, auf einander folgende
Quinten entstehen, weshalb man die Quinte steigen läfst (wie bei £).
[ 13*]
140
Die None - Vorbereitung der Sexte.
Viele neuere Komponisten haben es zwar mit dieser Regel eben nicht
streng genommen, denn die Fortschreitung ist oft geschrieben, wie wir sie
bei (c*) sehen, hingegen wenn die None unter die Oktave gestellt wird, kann
keine unrichtige Folge vorkommen (siehe d).
Durch die Einführung der None entsteht uns eine neue Vorbereitung für
die dissonirende Sexte. Die Regel ist,
Wenn der Grundbafs eine Quarte steigt, kann die Sexte als Dissonanz ein-
geführt werden, vorbereitet durch die None, wie im folgenden Beispiele (bei a).
160.
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Da bei derselben Fortschreitung des Grundbasses wir die Quarte vorberei-
tet durch die Septime, so wie die None vorbereitet durch die Quinte haben
können, so mögen diese Dissonanzen verbunden werden (wie bei b und c im
letzten Beispiel).
Zur Uebung mögen wir nun durch alle Moll- und Durtonarten mit Grund-
bässen moduliren, und zwar jederzeit nach der Molltonart mit dem kleinen
Nonen- Akkord, in dem die Septime gleichzeitig angewendet wird; wie im Bei-
spiel 161.
*) Siehe Beispiel 173. Takt 13 und 14.
Versetzungen des kleinen Nonen-Akkordes. 141
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Umkehrung des Akkordes der kleinen None.
In dem Akkord der Hauptseptime haben wir drei Umkehrungen, in dem
Akkord der kleinen None" hingegen vier, da wir, den Grundbafs ungerechnet,
in ihn Ader Intervalle haben.
Der Hauptseptimen -Akkord wird verwandelt in den kleinen Nonen- Akkord,
wenn wir die Oktave herausnehmen und die None dagegen einführen. Schrei-
ben wir nun die Versetzungen des Nonen-Akkordes, so brauchen wir nur streng
eben so zu verfahren wie bei dem ursprünglichen Septimen -Akkord. Wir mö-
gen, von welcher Versetzung des Hauptseptimen -Akkordes wir wollen, die Ok-
tave herausstreichen und das Intervall hinschreiben, welches einen grofsen hal-
ben Ton über diese Oktave liegt, so erhalten wir eine Versetzung des kleinen
Nonen-Akkordes.
Alle andern Intervalle bleiben genau dieselben wie früher, und werden auch
behandelt als wäre der Akkord gar nicht verändert.
Takt 1. steht der Grund- Akkord, die Oktave ist durchstrichen, dies zeigt
an, dafs sie fortbleiben und die None an ihre Stelle geschrieben werden soll,
diese löst sich auf, indem sie einen kleinen halben Ton fällt, in die Quinte
des folgenden Akkordes (Takt 2.), alle übrige Intervalle behalten ihre Fort-
schreitung wie im Hauptseptimen -Akkorde.
142 Versetzungen des kleinen Nonen- Akkordes.
Im Takt 3. erscheint der Akkord der kleinen None in seiner ersten Ver-
setzung, wir haben die 6 durchstrichen, da sie hier die ursprüngliche Oktave
des Grundbasses ist, dagegen den grofsen halben Ton darüber eingerückt, wel-
cher Ton die Septime des gegenwärtigen Basses (Fis) ist, da aber diese Sep-
time um einen halben Ton tiefer liegt als die Hauptseptime, wird sie die ver-
minderte Septime werden. Demzufolge wird diese erste Versetzung des kleinen
Nonen -Akkordes, der verminderte Septimen- Akkord genannt. Wäre die None
nicht eingeführt, würde es der § Akkord gewesen sein.
> Wie die Hauptintervalle des Septimen- Akkordes, die Terz und Septime wa-
ren, so sind im Nonen -Akkorde die bedeutendsten Intervalle die Terz und die
None.
In der Bezifferung einer jeden Versetzung des Nonen -Akkordes dürfen wir
in Zukunft nur die Zahlen stellen, die auf diese zwei Intervalle Bezug haben.
Zum Beispiel, im dritten Takt des letzten Beispiels steht die wirkliche Terz im
Bafs, so wird es allein nöthig, die Septime über diesen Bafs zu schreiben, da
sie die None bezeichnet. Hat irgend ein Intervall des Akkords ein zufälliges
Zeichen, als #, fc oder fc), so versteht sich von selbst, dafs dies angezeigt wer-
den mufs.
Im Takt 5. ist die zweite Versetzung des Nonen -Akkordes, und daher der
Bafs k§ beziffert, die 6 bezeichnet uns die ursprüngliche Terz des Akkords, und
die 5b die None.
Wäre die None nicht eingeführt, so würde es der 4 Akkord gewesen sein.
Im Takt 7. ist die dritte Versetzung des Akkordes und mit j.f beziffert; die
4 bezeichnet die ursprüngliche Terz, und die t3 die kleine None.
Ohne hinzugefügte None hätten wir den 4 Akkord gehabt.
Im Takt 9. ist die vierte Versetzung des Akkords, die None liegt im Bafs,
wir sind also blos genöthiget, die ursprüngliche Terz zu bezeichnen, dies ge-
schieht durch die Ziffer 3.
Beispiel für die erste Versetzung des kleinen Nonen -Akkordes.
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163.
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Versetzungen des kleinen Nonen- Akkordes. 143
In folgendem Beispiele (die zweite Versetzung des kleinen Nonen- Akkordes),
sehen wir den umgekehrten Bafs allezeit steigen — damit die sonst vorkom-
mende Quintenfolge vermieden werde.
164.
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Beispiel für die dritte Versetzung des kleinen Nonen -Akkordes,
165.
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Beispiel für die vierte Versetzung des kleinen Nonen -Akkordes, oder, wie
er auch genannt wird , Akkord der scharfen Sekunde.
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Im Takt 1. ist die None der umgekehrte Bafs, sie löst in die Quinte des
folgenden Akkordes, daher die mit .% bezifferte zweite Versetzung dieses Ak-
kordes folgt *).
*) Der gewöhnliche Dreiklang hat nur zwei Intervalle aufser seinem Grundbafs, kann daher
auch nur zwei Versetzungen haben, nämlich den Sexten -Akkord (6) und den Quart -Sexten-
Akkord («).
144 Auflösung der kleinen None auf demselben Basse.
Der Schüler bemerkt vielleicht einige Aehnlichkeit in der Bezifferung des
Hauptseptimen -Akkordes, und der des kleinen Nonen-Akkordes.
Die Zahlen, die die erste Versetzung des Hauptseptimen-Akkordes bezeichnen
sind f, und die der zweiten Versetzung des kleinen Nonen-Akkordes auch gi ; die
Ziffern sind zwar dieselben, jedoch diese, welche die Versetzung des Nonen-Ak-
kordes uns angeben, sind kenntlich dadurch, dafs die zufälligen Erhöhungs- und
Erniedrigungszeichen an ihnen gerade entgegengesetzter Natur sind, das heifst,
die Sexte hat ein $ und die Quinte ein b vorgeschrieben *).
Dieses Zusammentreffen, zweier entgegengesetzter zufälliger Zeichen, wel-
ches dasselbe bleibt in allen Versetzungen des kleinen Nonen-Akkordes, kann
nie in einer Versetzung des Hauptseptimen -Akkordes sich finden; und somit
auch keine Schwierigkeit eintreten bei der Unterscheidung beider Akkorde.
Die kleine None auf demselben Basse in die Oktave gelöst, mit den ver-
schiedenen Versetzungen.
Im Beispiele 166. Takt 2. war der Akkord der scharfen Sekunde (3) im
dritten Takt gelöst in den % Akkord.
Diese Auflösung macht unter Allen den. ungenügendsten Eindruck, den
Eindruck einer unaufgelösten Dissonanz.
Dies läfst sich auf verschiedene Weise vermeiden; zuerst, indem wir die
None in die Oktave fallen lassen wie (bei a) im letzten Beispiele, oder zwei-
tens wie (bei b und c) im folgenden Beispiele, wo der Jj Akkord, in welchem
die None löst, nicht als Versetzung angenommen wird, sondern als zusammen-
gesetzte Dissonanz, und dem gemäfs aufgelöset wird,
168
*) Die Note, vor welcher das $ gestellt wird, ist die ursprüngliche Terz des Grund -Ak-
kordes, und das b steht vor der ursprünglichen Noae.
Auflösung der kleinen None.
145
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Bei (<2 und e) sind noch zwei andere Arten angegeben, wie dieser Fall zu
behandeln. —
Bas folgende Beispiel ist eine Uebung für die vier Versetzungen des klei-
nen Nonen- Akkordes, in vier Stimmen geschrieben.
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[19]
146
Modulation durch alle Töne.
um
Im Takt 8., 10., 12., 15.- steigt im Alt die Septime, 4tes geschieht nur,
die Verwechselung mit der None im Bafs zu erhalten, welches einen ei-
genen schönen Effekt hervorbringt.
Wir wollen nun durch alle Dur- und Molltonarten moduliren, mit Um-
kehrungen und in ausgedehnter Harmonie, wie folgt.
170.
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Die Erfindungskraft des Schülers mufs häufig in Thätigkeit gesetzt werden,
durch Veränderungen in den Fortschreitungen der Harmonie, durch Abwech-
selungen in den praktischen Uebungen auF dem Pianoforte, wie die folgende.
Abwechselung in der Begleitung.
147
171.
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Die Variationen im Takt 1., 3. und 5., sind nur Veränderungen desselben
Akkordes, steigend und fallend, in abwechselnder Lage. Dieses Uebungsstück kann
[ 19* ]
148 Die sechste Stufe der Tonleiter, fallend.
regelmäfsig fortgeführt werden durch alle Dur- und Molltonarten, oder auch
durch andere Modulationen, die schicklich gewählt werden müssen.
Ehe wir fortfahren, die Molltonleiter und Mollthema in Harmonie zu setzen,
ist die Einführung nothwendig.
Der fünften und letzten Regel für Anwendung des Grundbasses.
Wenn die sechste der Tonleiter eine Stufe fällt, kann sie mit dem
Dominant begleitet werden, zu dem sie als None erscheint.
N. B. Es mufs erinnert werden an die zweite Regel für Anwendung des
Grundbasses; wenn die vierte der Tonleiter eine Stufe fällt, kann sie mit dem
Dominant begleitet werden.
Aus den hier angeführten zwei Regeln entspringt nun die Abänderung für
die Quinte der Moll-Scala (begleitet mit der Durterz), die schon Seite 138. an-
gedeutet wurde, — nämlich wenn die Sexte der Molltonleiter fällt, und mit
dem Dominant begleitet wird, nach obiger Regel, so mufs die Quinte der Ton-
leiter, folgend, so wie auch, wenn sie vorhergehet, stets ein Moll-Akkord sein
(wie bei a und b im nächsten Beispiel).
In gleicher Art, wenn dte Quarte der Tonleiter fallend mit dem Dominant
begleitet wird, mufs die fünfte Stufe, wenn sie unmittelbar davor steht, eben-
falls den Moll- Akkord haben (wie bei c*).
Wenn verschiedene Intervallen desselben Akkordes der Tonika als Melodie
nach einander folgen (wie oben bei^), so müssen alle mit Moll-Akkorden be-
gleitet werden, und es würde fehlerhaft sein, die Quinte mit der Durterz zu
schreiben (wie bei e).
*) Es ist kaum nöthig zu bemerken, dafs wenn die fünfte der Tonleiter die Melodie eines
Themas anlängt oder schliefst, sie auch den Moll -Akkord haben mufs.
Die fünfte und letzte Regel über Anwendung des Grundbasses. 149
Hieraus folgt, dafs wenn die Quinte der Tonleiter fallend mit einem Moll-
Akkord begleitet wird, die sechste und vierte Stufe, sowohl mit Dominant als
Subdominant geschrieben werden können; dagegen, ist die fünfte Stufe als
Dur -Akkord angewendet, so darf die sechste wie die vierte Stufe nur mit dem
Unterdominant geschrieben werden.
Um sich von dem Verhältnifs der Molltonleiter eine klare zusammenhän-
gende Uebersicht zu verschaffen, wird dem Schüler empfohlen, hier zurück zu
gehen auf Seite 135., und das dort angemerkte weiter zu verfolgen bis Seite
138., — alsdann mag er fortfahren, die steigende und fallende Molltonleiter
vierstimmig auszusetzen, sowohl in enger als in ausgedehnter Harmonie, mit
Einführung der kleinen None etc.
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173. {
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Prüfung des vorsiehenden Beispiels.
Es wird von grofsem Nutzen befunden v/erden, jedes Beispiel, wenn es
vollständig ausgeführt ist, einer strengen Prüfung zu unterwerfen, und bei je-
dem einzelnen Punkt der Ausarbeitung zu verweilen, und sich Rechenschaft über
ihn zu geben, wie folgt —
Ist dies ein Dur- oder Mollthema?
Es ist ein Mollthema, weil der erste, oder Grund-Akkord > ein Moll-Ak-
kord ist.
Woher kömmt das Gis im zweiten Takt?
150 Prüfung des vorhergegangenen Beispiels.
Es ist die Durterz zu E, weil die zweite der Tonleiter mit einem Dur-
Akkord begleitet sein mufs.
Wie kommen wir zu dem F im Alt?
Es ist die kleine None, die wir einführen konnten da es ein Dominant-
Akkord war.
Ist nicht A im dritten Takt Dominant -Akkord des folgenden Basses,
weshalb ist hier die None und Septime nicht eingeführt?
Weil dies ein Moll - Akkord ist, und uns bei Moll -Akkorden nicht erlaubt
ist, diese Intervalle hinzuzufügen.
Woher kömmt das lies im Alt in den fünften Takt?
Es ist die kleine None, die fünfte der Tonleiter war hier mit dem Dur-
Akkord begleitet.
Wie ist die sechste der Tonleiter im eilften Takt begleitet?
Mit dem Dominant.
Weshalb ist die fünfte der Tonleiter, im zwölften Takt, mit einem
Moll -Akkord geschrieben?
Weil die sechste Stufe der Tonleiter fallend mit dem Dominant begleitet war.
Wie ist die vierte Stufe, Takt 13., begleitet?
Mit dem Dominant.
Konnte der Subdominant angewendet werden? etc.
Was die auf einander folgenden Quinten, in Alt und Tenor, Takt 13 und
14., betrifft, so sehe man die Bemerkung zu dem Beispiel 159. nach.
(Die vorhergehende fallende Tonleiter war in ausgedehnter Harmonie ge-
schrieben.)
Es ist unläugbar, dafs die Molltonleiter viel mehr Abwechselung darbietet
als die Durtonleiter, da ihre Harmonie abwechselnd aus Moll- und Dur-Akkor-
den zusammengesetzt ist, und sie mit der Einführung der kleinen None, selbst
ein Intervall mehr zu unserem Gebrauch stellt , als wir in der Durtonleiter
haben.
Ein auffallendes bemerkenswertes Zusammentreffen zeigt sich uns in der
Molltonleiter, wenn wir sie in Harmonie ausgesetzt haben; nämlich, die sie
begleitende vollständige Durtonleiter im Tenor; und zwar ist es die, dieser
Molltonart verwandte Durtonleiter.
Die Molltonleiter mit ihrer Harmonie ausgesetzt. 151
-£©-+-©-+— q— I— -=— t +~ -t H-
174. (
Moll-
Dur-
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3r=i
Tonleiter.
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Tonleiter.
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-O-
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7
:Oi
-Q-
:0:
Wir wollen nun einige Themas in Molltonarten arbeiten, das folgende Bei-
spiel 175. ist in ^moll, die Grundbässe so wie die Umkehrungen sind diesel-
ben, als wären wir in Ad\ir. Aenderten wir die Vorzeichnung (in drei Kreuze
um) könnte es auch in der That in Adar gespielt werden.
175.
Wir sehen, einige Dissonanzen sind gelegentlich eingeführt.
Im folgenden Beispiele sind die ersten vier Takte der Melodie dieselben,
wie in dem vorhergehenden, doch sind im dritten Takte verschiedene Bässe an-
gewendet, die vierte Stufe der Tonleiter ist erst mit dem Unterdominant, und
sodann mit dem Dominant begleitet. Im Takt 6. ist die sechste Stufe der Ton-
n
leiter ebenfalls erst mit dem Sub-Dominant und danach mit dem Dominant be-
gleitet; hier wird es klar werden, warum die vorhergehende fünfte mit dem
Dur-Akkord begleitet wird, und die darauf folgende mit dem Moll - Akkord *).
*) Siehe die Bemerkungen Seite 149.
152 Melodien in Molltonarten in Harmonie gesetzt.
176.
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=1=
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eres.
N. B. Ueber den Gegenstand der Molltonart wird noch einmal verhandelt
Beispiel 207.
Regeln für die Anwendung der Intervalle der Akkorde 4 zu dem Zwecke
der Modulation.
Was früher über die Schwingung der Saite gesagt worden, belehrt uns, dafs
in Wahrheit, eine Tonleiter nur aus drei Tönen besteht; begleitet von zwei
Grundbässen, Tonika und Dominant. Die Septime des Dominant -Akkordes mit
inbegriffen, haben wir in allen nur sechs Töne in diesen Akkorden. (Siehe
das folgende Beispiel 177., a.)
Wenn nur diese sechs Töne in einer Melodie angewendet, und keine an-
dere Grundbässe gebraucht werden, als die vorher erwähnten — Tonika und
Dominant — - so bleiben Melodie und Harmonie in der Tonart, in welcher das
Stück begonnen, und keine Ausweichung kann möglicher Weise statt haben
(siehe b).
t=i=t
eae
p-f
ß—0-
-O-
u.^. — _j — — j — i — j — 1_
■ß=ß~-
*—ß
ä~\ — ä-
±z
Nach dem vorstehenden Beispiele ist es einleuchtend, dafs kein Kreuz oder
B hätte eingeführt werden können, ohne die natürliche Ordnung der ursprüng-
lichen Tonleiter zu zerstören. Folglich ist, sobald wir irgend ein zufälliges
Kreuz, B, oder Wiederrufungszeichen vor einem Intervall der Melodie gestellt
sehen,
Die Note der Modulation in der Melodie-Stimme.
153
sehen, ein, der Tonart fremder Ton eingeführt, und dieser zeigt an, dafs
eine Modulation nach einer andern Tonart hier geschehen.
Angenommen, wir sollen ein Thema in Harmonie aussetzen, welches in der
Tonart C gegeben ist, und wir finden ein F mit einem Kreuz? — Es ist klar
dafs dieses Fis kein Theil der Tonleiter von C ist, wir dürfen es daher mit
keinem der 3 Bässe begleiten, wir können aber, da Fis zur Tonart G ge-
hörig *), nach der Oktave G einen halben Ton steigen würde, auf eine Aus-
weichung nach dieser Tonart schliefsen. Demzufolge, wenn ein zufälliges # **)
vor einer Note befunden wird, die einen halben Ton steigt, so mufs diese Note
(für jetzt,) als die Terz des Dominant -Akkords der Tonart angesehen werden,
nach welcher modulirt werden soll.
Ist ein Ton der Melodiestimme auf diese Art zufällig erhöht, so nennen
wir ihn Ton, oder Note der Modulation.
Nachdem eine Modulation statt gefunden hat, wird jeder nun folgende Ton,
als zu der Tonart gehörig betrachtet, nach welcher modulirt worden ist, und
mufs dem gemäfs begleitet werden, bis in eine andere Tonart ausgewichen wird,
entweder durch ein neu hinzukommendes zufälliges Erhöhungszeichen, oder
auch auf andere Art, wie wir dies nachmals weiter ausführen werden.
N. B. Die im folgenden Beispiele, unter dem Grundbass gestellte Bafsnote,
belehrt uns über den Erzeuger der Tonart in welcher wir uns befinden. Und
der Dominant mit (p bezeichnet, mufs als die Thür angesehen werden, durch
welche wir in die neue Tonart eingeführt werden.
*) Da Fis das erste Kreuz in der Vorzeichnung erhält, so kann es angesehn werden, als
Leitton von G, der Tonart die nur dies Kreuz vorgezeichnet hat.
) In den Tonarten mit Been vorgezeichnet, besagt ein Wiederrufungszeichen dasselbe.
[20]
154
Die Note der Modnlation in der Melodie-Stimme.
Es ist eine allgemeine Regel, dafs ein Musikstück in der Tonart schlie-
fsen mufs, in der es begonnen. Es ist demnach nothwendig dafs , wenn wir
modulirt haben, wir zurückkehren .müssen zu dem Grundton des Stücks.
In dem vorstehenden Beispiele war die Ausweichung nach G, durch den
Dominant D geschehen; es mufs also die Modulation nach C zurück, auch durch
den Dominant von C, den Accord von G geschehen (siehe das nachfolgende
Beispiel).
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Die vorstehende Melodie bleibt in der Tonart C bis sie im 3ten Takte
nach G ausweicht, und bleibt wiederum in G bis zum 2ten Viertel des 6ten
Taktes, wo sie zurck nach C modulirt.
Die zufälligen Kreuze, Been, oder Wiederrufungszeichen sind in Wahrheit
die besten Merkmale, aus denen wir die Modulationen ersehen können (siehe
das vorhergehende Beispiel); es findet aber auch oft eine Modulation statt, ohne
dafs eines dieser Zeichen in der Melodie gestellt ist: Wir müssen also noth-
wendig erforschen, durch welche Mittel sie in solchen Fallen bewirkt wird.
Wir wissen dafs jede Ausweichung vermittelst des Dominant -Akkords ge-
schieht, hieraus folgt für uns, dafs jeder Ton in der Melodie, der fortschreitet
wie ein Intervall des Dominant-»Akkords fortschreiten würde, für
den Zweck der Modulation, von uns benutzt werden kann. Die entschiedenste
Wirkung auf unser Gehör machen jedoch die, in halben Tönen steigende
oder fallende Intervallen.
i
Erste u. zweite Regel für Modulation, vermittelst der etc. 155
Modulationen^ vermittelst der Intervallen einer Melodie.
Erste Regel.
Der Ton der Modulation, der einen halben Ton steigt, modulirt entweder
„nach der Tonart, die einen halben Ton unmittelbar über ihn steht
(gleichviel ob dies eine Dur- oder Molltonart ist), oder,
„nach der Paralleltonart der vorerwähnten Durtonart."
Im ersten Falle liegt der Dominant der Tonart, nach welcher wir moduli-
ren, eine grofse Terz unter der Note der Modulation; und im zweiten Falle
liegt er eine Quinte darunter.
180.
r • #»-
Im Isten, 3ten und 5ten Takt des vorstehenden Beispiels benutzen wir die
Note der Modulation zur Ausweichung nach einer Durtonart ; dagegen im
2ten und 4ten Takt, wenden wir dieselbe Note der Modulation an, um
nach der verwandten Molltonart dieser Durtonart zu moduliren.
Zweite Regel.
Die Note der Modulation die einen halben Ton fällt, modulirt, entweder
„nach der Tonart, welche zu dem nun gefallenen Ton die grofse
Terz ist; oder
„zu der verwandten Molltonart dieser Durtonart."
Im ersten Falle, (wie aus dem nächsten Beispiele bei a zu ersehen) wird
die Note der Modulation zur Hauptseptime des Basses, der der Dominant
des folgenden Accords sein mufs.
Im zweiten Falle, wird die Note der Modulation die None des Grund-
basses, der gleichfalls Dominant des nachfolgenden Accords sein mufs (siehe b).
[ 20* ]
156 Dritte Piegel für Modulation, vermittelst der Intervallen etc.
Im 2ten Takt des Beispiels 182., Tonart C dur, wird durch die Note
der Modulation nach der verwandten Molltonart ausgewichen, in welcher
die Melodie bis zum 4ten Takt verbleibt, hier findet durch das Hest welches
einen halben Ton fällt, eine neue Modulation nach F statt: im 5ten Takt führt
uns H, (nach der ersten Piegel, für die Modulation vermittelst der Intervallen
der Melodie) zu der ursprünglichen Tonart des Stücks zurück.
182.
Dritte Fe e g e l.
„Die Note der Modulation* welche einen ganzen Ton fallt, modu-
lirt entweder',
„unmittelbar nach der Ton-art die diesen ganzen Ton anter
ihr liegt; (Beispiel 183. ä) oder,-
„nach der verwandten Molltonart dieser Durtonart (siehe b).
„Im ersten Falle liegt der Dominant eine Quinte unter der Note der
• Modulation; im zweiten wird die Note der Modulation die Septime
dieses Dominant -Akkords."
Dritte Regel für Modulation,, vermittelst der Intervallen etc. 157
133.
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Die folgende Melodie bleibt in G moll bis zu Ende des 2ten Takts; Zu
Anfang des 3ten Takts fällt die Noter der Modulation einen ganzen Ton, und
modulirt so zu der verwandten Durtonart von G moll. Im siebentert Takt mo-
dulirt eben diese Note der Modulation wieder nach G moll zurück..
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Im folgenden Beispiele bei a, fallen die Intervalle in ganzen Tönen, und
moduliren alle, ohne Ausnahme nach Durtonarten.
Dagegen mod-uliren dieselben Noten bei Z>, überall nach den verwandten
Molltonarten, der vorhergehenden DtfrtonarEenv
158 Vierte R.egel für Modulation, vermittelst der Intervallen etc.
185.
5C
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b b5
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Vierte Regel.
„Die Note der Modulation, die einen ganzen Ton steigt, kann nur
moduliren nach
„Einer Tonart, von welcher der gestiegene Ton eine grofse
Terz ist (Beispiel 186. o).
„Der Dominant liegt eine Quinte unter der Note der Modulation
(siehe das Beispiel 168.).
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Diese Regel mufs jedoch mit einiger Vorsicht in Anwendung gebracht wer-
den, sonst könnte sie uns leicht von der ursprünglichen Tonart zu weit ab-
führen. Die Gefahr hier Mifsgriffe zu thun, dürfen wir weniger fürchten, wenn
wir aus einer Molltonart in ihre verwandte Durtonart moduliren (wie im vor-
Vierte Reeel für Modulation vermittelst der Intervallen etc. 159
hergehenden Beispiele bei a); oder nach irgend einer Tonart ausweichen, die
nur 1 S mehr, oder 1 b -weniger zählt, (wie bei b). Eine Modulation aber zu
machen nach Tonarten, die 2 # weniger, oder 2 b mehr vorgezeichnet er-
halten, ist durchaus nicht rathsam (siehe im Beispiel bei c).
Im folgenden Beispiel 187 , bleibt die Melodie in G dur bis zu Ende des
oten Takts. Im 6ten Takt steigt die Note E einen ganzen Ton, sie modulirt
nach D dur, worin der lste Theil schliefst.
Im 9ten Takte wird in eben der Art nach G zrrück modulirt.
Im 14ten Takte findet eine Ausweichung statt, nach C, worauf das Beispiel
mit einer unregelmüfsigen Kadenz schliefst.
Unregelmäl's. Kadenz.
160 Fünfte Regel für Modulation, vermittelst der Intervallen etc.
188.
'-Jh$
Fünfte Regel.
„Wenn ein Intervall wiederholt geschrieben ist, so können wir es zur
Modulation benutzen, nach
„der Tonart zu welcher es eine Quinte ist.
„Der Dominant liegt bei dieser Ausweichung eine Oktave unter der
Note der Modulation (siehe das folgende Beispiel)."
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Im öten Takte verbleibt die Note i7 in ihrer Stelle, und modulirt nach E moll
Im 9ten «-- — — -*r 4- Z> — __ _. _ — _- — G dur.
Im 13ten — — _ — — H ■*- — ^- — -*- — — E moll.
Alle diese Regeln finden wir vereinigt angewendet im folgenden Beispiele.
189.
Sechste Regel für Modulation verm
^^ /^-S *S*>
b ab
ittelst der Intervallen etc. 161
ab a b a c de e d
_fl J | | l-t-J — ! I l_1_J_J_J_J-+_J_J_J_J-+_J I | 1H
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Bei a ist in der Melodie ein Ton mehrmals wiederholt; wir können ihn
also zur Modulation benutzen, nach? —
Bei b steigt eine Note in der Melodie um einen ganzen Ton; nach wel-
cher Tonart können wir nun moduliren? —
Bei c steigt die Melodie um einen halben Ton; wir können also mo-
duliren nach? —
Bei d fällt eine Note der Melodie um einen halben Ton; demnach ste-
hen uns die Ausweichungen frei, nach? —
Bei e fällt in der Melodie eine Note einen ganzen Ton; welche Modu-
lationen können hier folgen? —
Sechste Regel.
Die Note der Modulation, welche eine reine Quarte steigt, oder, was
dasselbe ist, eine reine Quinte fallt, modulirt unmittelbar nach
„der Tonart, zu welcher sie dann die Oktave wird," oder
„nach der Tonart, in welcher sie dann die Quinte wird."
Im ersten Falle liegt der Dominant eine Oktave unter der Note der
Modulation, im Zweiten, liegt er eine Quinte darunter. In beiden Fällen
kann sowohl nach der Dur, als nach der Molltonart ausgewichen werden.
f c
102 Sechste Regel für Modulation vermittelst der Intervallen etc.
Im folgenden Beispiele modulirt die Note der Modulation nach der Tonart
in welcher sie dann die Oktave wird.
Bei a> im Beispiele 191., macht die Note der Modulation die Ausweichung
nach der Tonart, in welcher sie (eine Quarte steigend, oder eine Quinte fal-
lend) dann zur Quinte wird.
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In den Modulationen des vorstehenden Beispiels werden durchgängig ver-
deckte Quinten und Oktaven entstehen, wenn man sie nicht mit Umsicht ver-
meidet.
Bei a im Beispiel 191. Takt 2 und 3. sehen wir diese verdeckten Quinten
zwischen Sopran und Alt.
Bei b stehen verdeckte Oktaven in eben diesen Stimmen.
In Fällen der Noth erlaubt man wohl einmal, dafs die Terz des Dominant-
Akkordes fallen darf, wie im zweiten Takt des folgenden Beispiels, wodurch diese
Quinten- und Oktavenfehler vermieden sind, die wir noch im dritttenTakt sehen*).
*) Diese verdeckten Quinten sind indefs zu erlauben, und werden in den Werken der größ-
ten classischen Meister gefunden.
Sechste Regel für Modulation vermittelst der Intervallen etc. 163
192. <j
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X
Wenn die Melodie eine Quinte fällt, könnten wir vielleicht die erste
Versetzung des Akkordes der dritten vorziehen, weil alsdann die äufseren
Stimmen die Gegenbewegung erhalten; wie im vierten und fünften Takte 191. bei a.
Wir müssen aber aus diesem Grunde allein, die dritte Versetzung nicht verwer-
fen, denn wenn gleich die äufseren Stimmen hier in gerader Bewegung fort-
schreiten, so ist, sobald wir nur die verdeckten Quinten- und Oktavenfolgen
vermeiden, der Effekt gar nicht übel. (Siehe das folgende Beispiel bei a.)
Wenn dagegen die Melodie eine Quarte steigt, so ist die erste Versetzung
nicht so gut, weil in den äufseren Stimmen verdeckte Oktaven entstehen (siehe «£).
a
193. <J
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a,
Das folgende Beispiel ist eine Uebung in den vorhergehenden Regeln; bei
modulirt die Note der Modulation nach einer Tonart, zu welcher sie die
Quinte, und bei b nach einer Tonart, zu welcher sie die Oktave wird.
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bß 16 b6
pcpzE-Zf:
:p=rife=C
[21*]
41
2
I »
164 Modulation vermittelst der Intervallen der Melodie.
In der folgenden Melodie finden wir jene Regeln alle nochmals mit Bei-
spielen belegt.
Andante. , , *,
"fr^i i it — 1 — 1 — it~i — ^~4i~* — I — I — r
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Ci-
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Im zweiten Takte steigt die Note F eine Quarte, modulirt hier aber nicht,
da wir in derselben Tonart verbleiben.
Im vierten Takte fällt dies F eine Quinte, modulirt nach Hes.
Im neunten Takte steigt die Note G eine Quarte, und modulirt nach Cmoll.
Im elften Takte steigt das G wiederum eine Quarte, und modulirt dadurch
nach F moll.
Das F in demselben Takt steigt ebenfalls eine Quarte, und modulirt so
zurück nach Es, dies fällt sodann eine Quinte, und modulirt im zwölften Takt
nach As.
Modulation vermittelst der Intervallen der Melodie. 165
Das folgende Beispiel ist zur Anwendung der ersten Regel gegeben; „die
Note der Modulation, die einen halben Ton steigt, führt nach der p. Moll-
tonart u. s. w."
Moderato
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Im fünften Takte modulirt die Note Cis nach H moll, derselbe Fall wieder-
holt sich Takt 13.; und im fünfzehnten Takte modulirt das Fes nach E moll. Bei
a haben wir uns die Freiheit erlaubt, die Terz des Dominant -Akkords in die
Quinte fallen zu lassen; dies geschah, um die Harmonie des nächsten Akkor-
des vierstimmig zu erhalten. Bei b ist eine andere Freiheit genommen, hier
ist der Septime erlaubt worden zu steigen.
Mit den letzten Regeln für die Modulation vermittelst der Melodie, ist uns
eine so grofse Freiheit gegeben, dafs wir höchst vorsichtig bei der Anwendung
sein müssen, um nicht den Grundton des Stücks aus dem Auge zu verlieren;
166
Der Akkord der grol'sen Sechste.
wir können sonst leicht nach fremden Tonarten uns verirren, das heirst, nach
Tonarten, die zu entfernt liegen, um noch mit dem Grundton in einem schö-
nen Zusammenhang zu bleiben.
Wenn die vorhergehenden Regeln mit Aufmerksamkeit von dem Schüler
durchgearbeitet sind , so rnufs er eine gründliche Kenntnifs erlangt haben von
der verschiedenen Art und Weise, wie man eine Melodie behandeln kann; und
es wird vor seinem Blick sich ein weites Feld für Modulation eröffnen, in den
engen Grenzen eines kurzen Themas zusammengedrängt.
Neue Melodien entspringen aus diesen Modulationen wieder im Alt, Tenor
und Bat's; sie können zu neuen Themas benutzt, und mit andern Harmonien
begleitet werden.
Der Akkord der grqfsen Sechste.
Wir wissen, dafs, wenn wir eine Modulation durch die zweite Umkehrung
des Dominant-Akkordes machen, im Bat's die Quinte zu stehen kömmt (4 be-
ziffert). Erniedrigen wir diese Quinte im Bats um einen kleinen halben Ton,
so erhalten wir den Akkord der grol'sen Sechste.
Bei a ist in der gewöhnlichen Art von D nach H durch die zweite Um-
kehrung 4 modulirt; bei b ist dieser Bals-^im einen kleinen halben Ton er-
niedrigt, wodurch der Zwischenraum von der Bafsnote zu der Note, welche
durch die 6 bezeichnet ist, um einen halben Ton gröfser, und demzufolge diese
Note die grofse Sechste geworden ist: die natürliche Sechste wäre a nicht ais.
Wenn wir den Akkord der grol'sen Sechste, wie er bei b steht, zerlegen, so
linden wir, dal's er die Haupt -Intervallen von zwei verschiedenen Grundsepti-
men-Akkorden in sich vereinigt (siehe c und d). Der erste Akkord leitet un-
Der Akkord der grofsen Sechste.
Ib7
ser Ohr nach H, der Zweite nach G. — Hören wir nun den Akkord mit die-
sen zusammen verbundenen Tönen, wie er bei b steht, so macht er auf unser
Ohr den Eindruck von etwas Unklarem, Gemischtem,
Hiervon kann sich jedermann überzeugen durch das Anschlagen des Akkordes.
Um dies zu vermeiden, müssen wir ein Intervall fortlassen aus dem Ak-
kord; die Frage ist nur welches? — Die Note ais kann nicht entbehrt wer-
den, sie ist die Terz des Dominant- Akkordes, der Leitton, also Hauptintervall:
E kann nicht ausgestrichen werden, denn es ist die Hauptseptime. Das einzige
Intervall, was entnommen werden kann, ist das Fis, die Oktave des Grundbas-
ses. Nehmen wir demnach diese Oktave heraus und verdoppeln die Septime,
wie bei e, damit wir den Satz vierstimmig erhalten, so wird alles vollkommen
richtig sein.
Ist der Akkord in der Lage, wie bei e geschrieben, so mufs die Septime
im Sopran fallen» und die im Tenor steigen. Ist die Septime im Alt und Te-
nor auf einer Note verdoppelt, so mufs die Septime im Alt steigen, die im
Tenor aber fallen, wie im folgenden Beispiele bei F.
Ist dagegen die Septime in Oktaven verdoppelt, wie bei g, so mufs die
Septime im Alt fallen, und die im Tenor steigen.
Dieser Akkord ist oft geschrieben, wie wir ihn bei h und i sehen, beson-
ders in dem altern Kirchenstyl , und ist da von grofser Wirkung, obgleich er
in falschen Quinten fortschreitet. Am schönsten klingt der grofse Sechsten-
Akkord, wenn er in der Molltonart da eingeführt wird, wo wir nach dem Do-
minant zu moduliren wünschen. Man sehe das folgende Beispiel.
168
Der Akkord der grofsen Sechste.
199.
iO=::
30:
-fce
::=bss:
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e^E-:
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6
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IQ!
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^6
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Wir können aber auch mit diesem Akkord nach andern Tonarten auswei-
chen, wie folgt.
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8i=-z=::-J=t
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©-
-©-©-
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6
irr
-O —
Der grofse Sechsten -Akkord hat den außerordentlichen Nutzen, dafs wir
mit ihm unmittelbar nach der Tonart moduliren können, die einen grofsen
halben Ton unter ihm liegt, ohne eines verbindenden Zwischen-Akkords zu
bedürfen, obgleich die Einführung eines so verwandten Akkords ebenfalls mit
Effekt verbunden sein kann.
Zur Üebung wollen wir durch die fallende chromatische Tonleiter modu-
liren, indem wir bei grofsen halben Tönen fortschreiten.
201
Enh.
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.etc.'.
Warum haben wir nicht im dritten Takte sogleich nach //<?,$ modulirt,
statt nach ^w?
Weil ife nicht einen grofsen halben Ton unter H liegt.
Wes-
Der zusammengesetzte grofse Sechsten- Akkord. 169
Weshalb ist ein enharmonischer Tonwechsel in demselben Takt vorge-
nommen ?
Weil der grofse halbe Ton unter Ais Doppel -Gis wäre, und uns dies in
Tonarten mit so vielen Kreuzen führen würde.
N. B. Es ist zu bemerken, dafs der Akkord, welcher nach der grofsen
Sechste folgt, stets ein Dur- Akkord sein m\a&.
Der Akkord der grofsen Sechste mit hinzugefügter kleinen None; diesen
nennen wir den zusammengesetzten grofsen Sechsten- oder ^ten- Akkord.
Es ist schon erklärt, dafs, um vier Stimmen in dem grofsen Sechsten -Ak-
kord zu erhalten, die Hauptseptime verdoppelt werden mufs. Wenn wir aber,
statt diese Septime zu verdoppeln, die kleine None einführen ( wie im nächsten
Beispiele bei b), so haben wir nicht allein die vierte Stimme erhalten, sondern
einen Akkord gewonnen, der bei Ausübungen der Modulation von der grofs-
ten Wichtigkeit ist.
202.
Dieser Akkord, wie wir aus dem Grundbafs ersehen, ist die zweite Ver-
setzung des kleinen Nonen- Akkords, in dem die Quinte, die im Bafs liegt, um
einen kleinen halben Ton erniedrigt wird.
Bei a sehen wir die grofse Sechste wie bisher.
Bei b ist die kleine None eingeführt in die Stelle der zweiten Septime.
Es mufs wohl beachtet werden, dafs, da der Bafs ii\ diesem Akkorde ge-
zwungen ist, einen Grad zu fallen, und die None, durch die zweite Umkeh-
rung des Akkords zur Quinte geworden, ebenfalls einen Grad fallen mufs, wir
natürlich Quintenfolgen erhalten.
Wir haben zwei Wege, auf denen wir diese unzuläfsige Fortschreitung ver-
meiden können.
Erstens, wenn wir die None in demselben Akkord in die Septime fallen
[22 ]
170 Der zusammengesetzte grofse Sechsten-Akkord.
lassen (wie bei a im folgenden Beispiele), wodurch wir die Verdoppelung der
Septime herstellen, wie im Beispiel 198.
Zweitens, mit Zurückhaltung der folgenden Quinte, durch Vorhalt der
Sechste (wie bei b, c, d). Haydn hat die Quinten auf diese Art vermieden;
späterhin werden wir hierauf zurückkommen.
-O-
*%©W
<-M
J-
SÜS
4-
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-to-
5
li6 .5
4 3
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b6 5
4 3
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-fe©-
6 .<;
4 3
Eine Uebung zur Anwendung des zusammengesetzten Akkords der gro-
fsen Sechste.
204.
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Im zweiten Takte des vorhergehenden Beispiels, ist die Quinte Z?.s., statt
im dritten Takte in die Quinte zu fallen, als Sechste vorgehalten, diese Sechste
ist aber hier erhöht, was einen schönen Effekt hervorbringt.
Melodien in Molltonarten.
171
Im siebenten Takt erfolgt die Auflösung der Sechste Es* wie gewöhnlich,
in JDj der Quinte des Grundbasses. Statt hier die Modulation zu beenden,
wird die Hauptseptime F (dritte Umkehrung des Akkords) im Bafs gestellt, und
so eine Ausweichung nach C moll eingeführt für den achten Takt. Dies Ver-
fahren macht einen angenehmen Eindruck, und wird eine verzögerte Modula-
tion genannt, "welcher wir späterhin noch erwähnen werden,
Melodien in Molltonarten s mit Hinzufügung des zusammengesetzten
grofsen Sechsten- Akkords. Fortsetzung der im Beispiel 176. angefan-
genen Aufgaben.
Da die folgende Melodie mit der fallenden fünften Stufe der Tonleiter an-
fängt, so mufs diese Fünfe mit dem Moll -Akkord begleitet werden; unmittelbar
darauf ist sie mit dem Dur -Akkord gesetzt, um eine Modulation nach G moll
zu machen.
Siehe Akkord v. <t. Ute.
I
205.
<• r r
Im zweiten Takte ist wieder nach D zurück modulirt; im dritten ist die
Melodie dieselbe, wie im ersten Takte, doch folgt die vierte Stufe fallend gleich
danach, und ist hier mit dem Dominant begleitet; deshalb mufs die vorher-
gehende fünfte Stufe den Moll-Akkord beibehalten.
Das folgende Beispiel ist theilweise in ausgedehnter Harmonie, theilweise
in enger Harmonie geschrieben.
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Akkord von der lltc.
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Uebungen.
Das folgende Beispiel ist in vier Stimmen ausgesetzt.
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Kadenz.
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Die sich benutzenden Mittelstimmen. 273
Im zwölften und fünfzehnten Takt des vorhergehenden Beispiels ist bemer-
kenswerth, dafs die Stimmen im Alt und Tenor sich kreuzen.
Dafs dies geschehen dürfe, haben wir schon früher erwähnt, wir wollen
hier aber die Gelegenheit benulzen, noch einige Bemerkungen hinzuzufügen,
die früherhin vielleicht nicht ganz verstanden worden wären.
In enger Harmonie ist die Bewegung der verschiedenen Stimmen sehr be-
schränkt. — Nehmen wir an, dafs ein gewisses Maafs von Bewegung nur ge-
geben ist, zur Vertheilung unter das Ganze; bemächtigt sich nun eine der vier
Stimmen eines verhältnifsmäfsig zu grofsen Theiles, so müssen alle anderen
darunter leiden. Ist dagegen eine Stimme eintönig, so werden die andern Stim-
men um so melodiereicher erscheinen.
Da der Sopran und der Bafs, als die äufseren Stimmen der Harmonie, am
meisten bemerkbar werden, so sind wir versucht, oft unter diesen zweien die
Bewegung hauptsächlich zu vertheilen, und so den Antheil der andern Stimmen
zu schmälern. In solchen Fällen fühlen wir uns verleitet, die Grenzen der in-
nern Stimmen zu überschreiten, wenigstens in so weit als diese uns selbst die
Mittel dazu bieten; indem wir nämlich dem Alt und Tenor erlauben, ihre Stel-
-len zu verwechseln, gewinnen wir mehr Raum für beide, und diese Ausdeh-
nung ihrer Grenzen setzt uns in den Stand, ihnen eine angenehmere Melodie
zu geben.
Als allgemeine Regel müssen wir nur hierbei beobachten, dafs das Kreuzen
der Stimmen mit einiger Vorsicht eingeführt werden Siufs, und dafs es nur in
den Mittelstimmen erlaubt sein kann; wollten wir den Alt und Sopran, oder
den Tenor mit dem Bafs sich kreuzen lassen, so würde eine Veränderung in
den beiden Hauptmelodien die Folge sein.
Im nächsten Beispiel, welches nur die zwei ersten Takte des vorhergehen-
den enthält, sehen wir, wie grofse Verschiedenheit wir hervorzubringen im
Stande sind durch eben diese Ausdehnung, oder das Kreuzen der Stimmen.
Auch finden wir hier Beispiele zur Belehrung, wie die fünfte der Tonleiter zu
behandeln ist, wenn sie zur sechsten steigt, und diese wiederum zur fünften
fällt.
Bei a ist die enge Harmonie genommen.
Bei b haben sich die innern Stimmen gekreuzt, dadurch sind angenehmere
Melodien entstanden, deren jede allein mit dem Basse gespielt werden mufs,
um sie mit der bei at vergleichen zu können.
274
U e b u n g e n.
Bei c ist die Harmonie ausgedehnt, hieraus entspringen viele neue Melodien.
Bei d sind wieder ganz verschiedene Harmonien aus der Begleitung ent-
standen, die wir gewählt für die Quinte die zur Sechste steigt, und nachmals
wieder in die Quinte fällt.
Bei fj fmdet nur eine theilweise Verwechselung statt.
Bei fj sind dagegen die zwei Stimmen durch das ganze Beispiel hindurch
verwechselt.
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Hier folgt eine Aufgabe zur Uebung in dem eben abgehandelten Gegenstand.
Die Verschiedenheit der Molltonleiter. 275
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Viele Schriftsteller nehmen an, dafs die steigende Molltonleiter verschieden
sei von der fallenden; sie erhöhen im Steigen die sechste der Tonleiter um ei-
nen kleinen halben Ton, und erniedrigen dagegen im Fallen die siebente Stufe
um einen kleinen halben Ton: dies geschieht, um die Fortschreitung der schar-
fen Sekunde zwischen der siebenten und sechsten Stufe zu vermeiden (wie im
Beispiel zu sehen).
210.
"O"
-55 — C
=5— O-
6,7 7 6
o=e===
176 Die sechste Stufe der Durtonleiter, begleitet mit d. Dominant.
Es kann zugestanden werden, dafs diese Freiheit genommen wird in schnel-
len auf- und absteigenden Läufen, wo diese Töne nur als durchgehende Noten
erscheinen, wie im folgenden Beispiele.
211.
, , O
Doch, wenn die Tonleiter in Harmonie ausgesetzt werden soll, wird ange-
nommen, dafs keine Veränderung eingeführt werden darf, denn die eigenthüm-
liche Schönheit, das Karakteristische der Molltonleiter, beruht eben grofsen-
theils auf dieser Fortschreitung mit der scharfen Sekunde, sowohl im Steigen
als im Fallen.
Die sechste der Tonleiter in der Durtonart, begleitet mit dem Dominant.
Bei Einführung der kleinen None wurde uns frei gegeben, in der Mollton-
art die sechste Stufe fallend mit dem Dominant zu begleiten. Dies war un-
sere „fünfte Regel für die Begleitung mit den Grundbässen" *).
Wir wollen nun feststellen, dafs diese Regel auch in Zukunft auf die Dur-
tonart ihre Anwendung findet: in welchem Fall die sechste der Tonleiter die
grofse None (vom Grundbafs gerechnet) wird. Diese grofse None liegt einen
ganzen Ton über der Oktave (siehe folgendes Beispiel bei a), da hingegen die
kleine None nur einen halben Ton darüber liegt (siehe b).
Wenn die sechste Stufe der Durtonleiter mit dem Dominant begleitet wird,
und so der grofse Nonen -Akkord entsteht, mufs dieser in jeder Beziehung eben
so behandelt weiden, wie der Akkord der kleinen None.
Da nun dieser grofse Nonen -Akkord überall angewendet werden kann, wie
hier bei der fallenden sechsten Stufe, so wollen wir nur die Bemerkung noch
hinzufügen, dafs er den besten Effekt macht, wenn die None in die Oberstimme
gestellt wird (wie bei a), dafs die erste Versetzung (bei c) oder die dritte (bei e)
vorzugsweise zu brauchen sind, vor der zweiten (bei d) die vierte Versetzung
aber nur selten in Anwendung kommen darf.
212
*) Siehe Seite 148.
Grofse None,
177
2i2.<
N. B. Bei dem Gebrauch dieses Akkords vermeide man sorgfältig die Terz
über die None zu stellen; einige Erfahrung und Aufmerksamkeit wird die Zweck-
mäßigkeit dieser und der vorhergehenden Bemerkungen hinlänglich darthun.
Das Folgende ist ein Beispiel zu der Anwendung der grofsen None.
Bei ßj und <£, ist die Sechste der Tonieiter mit dem Dominant begleitet,
und der Akkord der grofsen None ist in der dritten Versetzung.
Bei b ist er in der ersten Versetzung, und
Bei c in der zweiten.
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Die grofse None, Note der Modulation.
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Dieses Intervall der grol'sen None betrachten wir von nun an als einen
Theil des Dominant- Akkords, und benutzen sie als Note der Modulation
in der Melodie.
Da dieses Intervall einen ganzen Ton fällt, können wir zu der dritten
Regel für Modulation vermittelst der Intervallen der Melodie (Bei-
spiel 183.) den Zusatz machen —
„Die Note in der Melodie, welche einen ganzen Ton fällt, kann
nach der Tonart moduliren, die eine Quinte unter der Note liegt,
in welcher sie gefallen."
Im folgenden Beispiel, Takt 3., fällt die Note E einen ganzen Ton (nach
D), und modulirt somit nach G. Das letzte Viertel des vierten Taktes, A,
ebenfalls einen ganzen Ton fallend (nach G), modulirt zurück nach C.
Die Melodie im Alt.
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Methode , wie die Harmonie zu setzen zu einer Melodie, wenn sie im
Alt, Tenor oder Bafs gegeben ist.
Bis jetzt haben wir unsere Melodien nur im Diskant geschrieben , und un-
ter diesem die Harmonie gestellt: sollten wir es aber angemessen linden, ein
Thema zuerst in eine der anderen Stimmen zu schreiben, so können wir in
eben der Art fortfahren , es in Harmonie auszusetzen wie bisher; nur müssen
wir beachten, dafs eine jede der übrigen Stimmen der Harmonie auf der ihr
zugehörigen Stelle auch zu stehen komme.
Alle vorhergehenden Piegeln sind auf diesen Fall eben sowohl anzuwenden.
Nehmen wir an, wir hätten es vorgezogen das Thema im Alt zu schreiben,
so stellen wir es auf die Zeile, die der Alt einnimmt, und schreiben danach
den Bafs, mit den Umkehrungen die wir gewählt haben, auf der gehörigen Bafs-
zeile. (Man sehe das folgende Beispiel bei <z).
215.
lÜäl
[23*]
180
Die Melodie im Alt.
Es fehlen zu diesem nun noch zwei Stimmen, der Tenor und Sopran, die bei
b in enger Harmonie zu der gegebenen Melodie so nah als möglich gestellt sind.
Bei c haben wir sie in ausgedehnter Harmonie hingeschrieben. Vergleichen
wir die beiden Fälle im Beispiel, so sehen wir, dafs der Sopran und Tenor
ihre Stellen verwechselt haben bei Cj es sind hier beide Stimmen um eine
Oktave versetzt *), während der Alt und Bafs ruhig ihren Gang verfolgen wie
im Früheren.
Wir dürfen uns hier keine Bemerkung erlauben, hinsichtlich des Contra-
punkts in der Oktave; sondern die Aufmerksamkeit des Schülers mufs allein
dahin gelenkt werden, die Verschiedenheit der Melodie zu verfolgen, und die
grofse Mannigfaltigkeit des Effekts zu würdigen, die eben hieraus entspringt.
Das nächste Beispiel ist eine Melodie, im Alt gegeben, mit enger Harmo-
nie begleitet.
Im dritten Takte sehen wir den zusammengesetzten grofsen Sechsten -Ak-
kord angewendet.
Im sechsten Takte ist eine falsche Kadenz gemacht, (diese wird späterhin
erklärt werden).
Im vierzehnten Takte kreuzen sich Sopran und Alt, dies geschieht, um
eine schönere Melodie und Gegenbewegung in den Stimmen zu erhalten.
N. B. Eine jede Note, die wir in diesen Beispielen nicht zu einem Akkord
gehörig sehen, wollen wir als durchgehende Note betrachten, (über diese durch-
gehenden Noten finden wir weiterhin eine besondere Abhandlung).
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*) Wenn wir wünschen die Stimmen so zu verwechseln, müssen wir sorgfältig wachen, dafs
Die Melodie im Alt.
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Hier folgt dasselbe Thema noch einmal im Ah geschrieben, aber in aus-
gedehnter Harmonie; Sopran und Tenor haben gewechselt mit ihrer Stellung,
der Erste ist eine Oktave tiefer geschrieben, und der Letzte eine Oktave höher.
217.
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Früher Tenor.
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der Bafs zu Anlang gleich nicht näher zum Sopran gestellt werde als eine Oktave, (wie bei b)
siehe Beispiel 132.
182
Die Melodie im Tenor.
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Im folgenden Beispiele sehen "wir dieselbe Melodie im Tenor verlegt; die
Aufgabe ist nur angefangen, damit dem Schüler die Ausführung überlassen bleibe.
218.
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Friiherhin der Tenor im Beispiel 216
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Subject im Tenor, früher im Alt.
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Die Melodie im Bafs.
183
Wenn eine Melodie im Bafs gegeben ist, so wird sie ganz eben so behan-
delt wie eine Diskantmelodie, mit der einzigen Ausnahme, dafs die fünfte
Stufe der Tonleiter, wie die vierte, fallend immer mit dem Dominant beglei-
tet werden mufs.
Haben wir ein Thema geschrieben, wie das folgende bei a_, so stellen wir
zunächst die Grundbässe darunter, wie bei b* beziffern sodann die Noten der
Bafsmelodie mit den Zahlen, die sie, als das im Bafs versetzte Intervall
des Akkords, bezeichnen, und bilden danach erst eine Gegenmelodie im Dis-
kant; wie bei c
Um diese Gegenmelodie zu bilden, brauchen wir nur die Regeln zu befol-
gen, die gegeben wurden für die Auswahl der Bässe bei den Umkelirungen der
Akkorde *). Zum Beispiel:
Im ersten Takte des vorhergehenden Themas, bei c _, ist die Terz im Bafs
geschrieben, deshalb nehmen wir die Quinte in der Melodie.
Im zweiten Takte steht die Terz abermals im Bafs, wir nehmen jetzt die
Septime in der Melodie.
Im dritten Takte haben wir die Septime im Bafs, dagegen stellen wir nun
die Terz in der Melodie *).
Die folgende Aufgabe enthält dieselbe Melodie des vorhergehenden Bei-
spiels, nur mit hinzugefügter Harmonie. Der Grundbafs ist beziffert mit allen
Dissonanzen, welche bei seiner Fortschreitung erlaubt waren; der Schüler mag
nach Gefallen einige davon auswählen, und einführen.
*) Man sehe nach, Seite 111.
*) Die Anwendung der Gegen- und Seitenbewegung ist hier besonders zu empfehlen. Man
Endet weiterhin diesen Gegenstand besonders behandelt.
184
Die Melodie im B afs.
220.
Harmonie.
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Die hier folgenden Bafsmelodien sollen zur Uebung dienen in den bisher
gegebenen Regeln.
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Die Melodie im Bafs.
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In dem folgenden Bafsthema ist die Harmonie ausgedehnt, ausgenommen
im sechsten Takt, wo sie, um eine gute Melodie zu erhalten, zusammenge-
drängt wurde.
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Indem wir die Harmonie zu der vorstehenden Melodie aussetzten, haben
wir die Regeln für die Modulation vermittelst der Intervallen der
Melodie, die uns von Seite 152 an gegeben sind, in Anwendung gebracht.
Im vierten Takte fällt Cj die Note der Modulation, einen ganzen Ton,
und modulirt nach Hes.
Im fünften Takte steigt das letzte Viertel, D , einen halben Ton; hier fin-
det eine Ausweichung statt nach Es.
Im sechsten Takte fällt die zweite Note Es einen halben Ton, und modu-
lirt somit nach Hes zurück.
Im folgenden Beispiele, bei a„ sehen wir den letzten Theil der zweiten
Regel für Modulation, Seite 155, in Ausübung gebracht, hier entsteht daraus
[24]
186
Die Melodie im Bafs.
der Akkord der scharfen Sekunde, welcher nothwendig im % Akkord auflösen
mufs
D;i aber dieser % Akkord gar viel von der Natur des dissonirenden £ Ak-
kords hat, so wird der Eindruck unbefriedigend. Diesem zufolge mufs die Aus-
übung dieser Regel in der Bafsmelodie unterbleiben, es sei denn, dafs dem
% Akkord unmittelbar die Intervalle folgen, die wir hier angewendet finden bei
Cj woselbst dieser <j Akkord als Dissonanz behandelt, und dem gemäfs aufge-
Iöset ist: oder, wie bei b * wo die Note der Modulation (hier die None) in ih-
ren eigenen Grundbafs füllt. —
225./
f\ a b c
6
4
BFjSEP^m^l
-h-f-
4t
3
*m.
:p-
6
H
e
~ß— ß-
In folgendem Beispiele linden wir zwei Anwendungen \on der sechsten
Regel der Modulation. „Wenn die Melodie eine Quarte steigt."
Da dies die eigentliche Fortschreitung des Basses ist, welche seinen eigen-
thümliehen Knrakter ausspricht, so müssen wir sie als Grundbafs annehmen
(siehe a), und nicht als Intervall eines Akkords (siehe b); auch macht dies
Letztere einen harten unharmonischen Eindruck.
226
Zu der folgenden Bafsmelodie ist der Sopran hinzugefügt.
Unbezifferte Bafsmelodie.
187
Fft* — ms — r~r -— *-- 1— < h— '-
h-r -ffc I— I- -g-h- fc#- -*-#-i —
Die nachfolgenden Bafsmelodien mag der Schüler zur Uebung benutzen,
und sie vierstimmig in Harmonie aussetzen. Unter der ersten Aufgabe sind die
Grundbässe angegeben, es bleibt dem Schüler überlassen, die Basse, aus den
Versetzungen der Akkorde entnommen, selbst zu beziffern. In der zweiten Auf-
gabe sind dagegen diese Bässe beziffert, und der Schüler soll hier die Grund-
bässe auffinden.
228.
B5S
— fc-t-t—
EE^prf£±ö
— P i — -©=
^P-\lO-h9-
-4—p ^_ :
:q=3=i
I
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P >
^=::=q:
i
-ß-r-bf~{-J-ß (-•
r l *■
pp
-#
Falsche Kad. 5
^3=34^=raÄ
-i 1 t_
■ß-
*) Siehe Trugmodulation.
[24*]
1S8
Bezifferte Bafsmelodien.
229.
IBzzifc
ÖS^=
4#
65.
^z::zpzzp:
J L-
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T 6
-ß-
-r-
±±±±z
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6
H5- 4)
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4
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7 6
B 5
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4 #
78
43
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L-p-feQ-i
_k — c_t_t_t_:
--P — --
-■~l~ r~l —
• r * * d-
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=F t— :
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Falsche K.ad.
6-
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5
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7 7
6 S fei
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6
4
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5 6
3 t5
SPS
mi — m
Falsche Kad.
b7
— fe— h- —
6 fcj 7
6
6 4
.^_p__1:._+qi3_*_::
fast
5& 6 — 7 —
3- 4 — « —
■0-0-0-0
=£
- -#w-s-=-
s
4
Unvollkommene Falsche Rad.
Es mufs noch erwähnt -werden, dafs wenn wir eine Note in der Bafsmelo-
die als grofse Sechste annehmen wollen, wir den ersten Theil der dritten B_e-
gel (für Modulation vermittelst der Int. u. s. w.) in Anwendung bringen müs-
sen *); mit dem Unterschiede, dafs in diesem Falle die Note der Modulation
nicht einen ganzen Ton, sondern nur einen halben Ton, fällt, wie im 13ren,
17ten und 26sten Takt des Beispiels 229. zu sehen.
In der hier folgenden Aufgabe ist der Bafs nur theilweise beziffert.
230. »p=
Od
.32
P~
L.
6
4 5 7
_?_+. 2 6 3
I — P—+-0—0-
— ;"-[ — f-^jy" — f—
l
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3fcf£±3fc
B
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4 Jt
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6
4
7 2 V
-^ — j — i — - -4
6
4 6
iza:
^pMST
>-F-r-|—
*) Siehe Seite 156.
Durchgehende Noten.
Die nun folgenden Beispiele sind alle unbeziffert *).
189
231.
232.
aܧ
-de
a
Sffzffi^#
:p=tzt:
£:
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— \—\-—r^-ß~m
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3fcCZ
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-0-i»i- Zj-P-P-t-
£
-S^£*-
3fc=t=ä
SU
zet±ä
-©-©-
:Q:
Durchgehende Noten.
Eine Melodie ist entweder einfach, oder ausgeschmückt, verschönert. Die
einfache Melodie besteht allein aus den Intervallen der Akkorde; alle Melodien,
die wir bisher in Harmonie ausgesetzt, waren nur einfache. Wird in der Me-
lodie irgend eine Note eingeführt, die nicht zu den Akkorden gehört, aus de-
nen die Melodie gebildet ist, so nennt man dies eine verzierte, oder ausgeschmückte
Melodie; diese so eingeführte Noten heifsen durchgehende Noten.
Im folgenden Beispiel bei a steigen und fallen die Intervallen in Terzen,
zwischen diesen Intervallen können durchgehende Noten eingeführt werden,
wie wir sie mit Punkten angegeben finden bei h. Bei c sehen wir diese durch-
gehende Noten wie sie gewöhnlich geschrieben werden.
Das Zeitmaafs der Noten der ursprünglichen Melodie ist in zwei Theile
getheilt, die zweite Hälfte wird von der. durchgehenden Note ausgefüllt. Da-
mit wir die wesentlichen Noten der einfachen Melodie unterscheiden, wollen
wir sie für einige Zeit noch bezeichnen, wie im Beispiele bei c.
*) Mehrere Beispiele, zur ferneren Ueb'ung, in diesem Theile des Gegenstandes, finden sieh
Nr. 75. und den folgenden Nummern meines Buchs der Uebungen (Boofc of Exerciscs).
190
Durchgehende Noten.
Die durchgehenden Noten im Beispiel 233. nennt man unaccentuirte
weil sie nach den wesentlichen Noten der Harmonie eingeführt sind. Werden
aber durchgehende Noten vor den eigentlichen Noten der Harmonie gestellt,
so heifgen diese accentuirte. Im letzten Falle nimmt die durchgehende Note
die erste Hälfte der Zeit ein, die der ursprünglichen Note der Melodie zu-
kömmt; wie im Beispiel 234. e., wo das f eine unaccentuirte durchgehende
Note ist, und es c, und a* accentuirte sind.
In folgendem Beispiele, bei a, haben wir eine einfache Melodie genom-
men, die nur in Terzen fortschreitet, da diese uns die beste Gelegenheit bieten,
durchgehende Noten einzuführen.
Bei b sind einige unaccentuirte Noten eingeschoben, welche hier eine
liebliche Melodie bilden, und einigen Stellen einen eigenthümlichen Karakter
geben.
Bei d sehen wir den einfachen Bafs, wie er aus den Umkehrungen der
Akkorde entnommen ist.
Bei c ist derselbe Bafs, nur mit durchgehenden Noten verziert.
a
235.
d
P6?E&
t±±it
£
%--
if
m
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30
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6
-6 5 7
x
O:
6
6 5
:z:
-4-0
P5 P
~6j-7-
:t
Nehmen wir nun vorstehende Melodie mit den durchgehenden Noten, wie
bei b, und setzen sie vierstimmig in Harmonie aus- wir behalten dieselben
Grundbässe, mit den geringen, aus den Umkehrungen der Akkorde entstehen-
den Veränderungen. Wir müssen bemerken, wie sich der eigenthümliche Ka-
rakter einer Stimme, in der andern wieder findet, und so auch in der dritten
wiederholt u. s. w. Es durchdringt nun derselbe Gedanke das Ganze.
Accentuirte und unaccentuirte durchgehende Noten. 191
ff
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236. C
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-e- -e- *
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Im ersten Takte ist die Melodie im Sopran mit durchgehenden Noten ver-
ziert, welche der Alt im zweiten Takte nachahmt.
Im dritten Takte hat der Tenor dieselbe Passage, vom Sopran in Terzen
begleitet; welche« man zusammengesetzte durchgehende Noten nennen kann *).
Der Tenor im vierten Takte ist im fünften in der Gegenbewegung vom
Sopran nachgeahmt.
Wir werden finden, dafs die unaocenluirten durchgehenden Noten weniger
dissonirend klingen, als die accentuirten , weil sie nicht eher gehört werden,
als nachdem des, die Melodie begleitende Akkord angeschlagen ist; da hinge-
gen die accentuirten durchgehenden Noten mit dem Akkord selbst angeschla-
gen werden, und dadurch ganz den Eindruck von unvorbereiteten Dissonanzen
mache«. Wir wollen hier die verschiedenen Effekte vergleichen. — *
237.
*) Diese zusammengesetzte durchgehende Noten können jedoch nur angebracht werden, wo
zwei Stimmen in Terzen- oder Sechsten -Gängen mit einander fortschreiten.
192 Accentuirte und unaccentuirte durchgehende Noten.
Bei a ist die einfache Melodie mit ihrem Bafs.
Bei b sind unaccentuirte durchgehende Noten eingeführt.
Bei c accentuirte durchgehende Noten.
In folgendem Beispiele sind, sowohl im Sopran als im Bafs, durchgehende
Noten eingeführt.
238.
Bei ßj unaccentuirte durchgehende Noten im Sopran und Bafs.
Bei £, unaccentuirte durchgehende Noten im Sopran; diese Passage wird
in der Gegenbewegung mit durchgehenden accentuirten Noten im Bafs be-
antwortet.
Bei c, hat der Bafs unaccentuirte durchgehende Noten, und wird durch
den Sopran mit accentuirten durchgehenden Noten in der Gegenbewegung
beantwortet.
In folgendem Beispiele sind andere Intervallen für den Bafs aus den Ak-
korden entnommen; die Melodie, die im vorhergehenden Beispiele bei c im
Basse lag, sehen wir hier im Alt verlegt.
Bei e haben Tenor und Alt ihwe Stellen verwechselt; die durchgehenden
Noten sind abwechselnd im Sopran und Tenor, und Tenor und Alt verlegt.
Wir müssen es nicht unbeachtet lassen, dals die accentuirten durchgehen-
den
Die durchgehende Note, als Note der Modulation benutzt. 193
den Noten einen bessern Effekt im Sopran bewirken (im Beispiel bei e), als
im Bafs (im Beispiel bei b); obwohl das Letztere eben so richtig ist. Wir se-
hen, dafs alle Wirkungen, die durch diese einfache Melodie hervorgebracht
werden, Folgen der hier eingeführten durchgehenden Noten sind.
Wenn die Melodie in dem Intervall einer Sekunde fortschreitet, und diese
Sekunde ein ganzer Ton ist, so wird die durchgehende Note dazwischen ein
kleiner halber Ton werden; diese durchgehende Note, wenn unaccentuirt,
soll nicht angewendet werden, sobald die Note der Melodie, zu welcher sie
gehört, die grofse Terz des Grundbasses ist. Das folgende Beispiel ist die dia-
tonische Tonleiter von C> mit durchgehenden Noten.
240. <
Um zu zeigen, wie die halben Töne steigender durchgehender Noten in
Noten der Modulation umgewandelt werden, wollen wir die Sopranstimme des
oberen Beispiels als Melodie annehmen, und sie, nach den ersten E_egeln
für Modulation, in Harmonie aussetzen; sie wird alsdann, wie folgt, er-
scheinen.
Das Beispiel 242. ist eine Aufgabe zur Einführung der in halben Tönen
durchgehenden Noten.
[25]
194
242
l
Aufgaben zur Uebung.
Ä&Ö
g j* * x x ^ *
=Q:
¥m^^£:
Bei « sehen wir, sind alle durchgehenden Noten unaccentuirt.
Bei b sind sie accentuirt.
Bei c sind sie als .Noten der Modulation behandelt.
Das folgende Thema giebt uns Gelegenheit, durchgehende Noten in ganzen
und halben Tönen einzuführen, und kann zugleich als Beispiel dienen, wie die
vorhergehenden Regeln anzuwenden sind.
242
Andante.
Söfcfcgzg:
-P ß n
-r-
-ffl — ,
j j n n
r ß — c
f— «p- — -L
4 7
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s-
5 6 6
3 3
— 1 1-
6
5
-#T-f"
-e-
Die Hülfsnoten.
195
3Ft-E — w tf — -Jrr-j — Ä- — ^rt^-* — #--* — "ö* = * — * — * — * — — — S~
m^m
±3eM
=^=i_CL
*#
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4 — 3 5
5 6
3 5
6
5
Öfc
6
4
7 S
4 3
Bizfc
zkfczf
Bei « ist die Melodie ohne Verzierung hingeschrieben.
Bei b ist dieselbe Melodie mit durchgehenden Noten.
N. B. Im vierten Takt lassen wir den Tenor mit dem Alt sich kreuzen,
um verdeckte Quinten zwischen dem Sopran und Alt zu vermeiden.
Hülfsnoten.
Die Hülfsnoten vertreten die Stelle der durchgehenden Noten in allen den
Fällen, wo die Melodie diese nicht zuläfst. Die Hülfsnoten können über oder
unter die Note der Melodie gestellt werden, und können auch accentuirt oder
unaccentuirt sein.
Bei a steht die Hülfsnote unter der Note der Melodie.
(N. B. Die tiefer liegende Hülfsnote mufs einen halben Ton unter
der Note genommen werden.)
Bei b steht die Hülfsnote über der Note der Melodie.
(N. B. Diese können sowohl einen halben, als auch einen ganzen
*) Akkord von der Ute. Siehe Beispiel 264.
[25*]
196
Die Nachahmungen.
Ton über der Note gewählt werden; je nachdem die Melodie uns
bestimmt.)
Bei a und b sind die Hülfsnoten unaccentuirt.
Bei c und d sind sie accentuirt.
Bei e accentuirte Noten über und unter der Note; untermischt.
Bei f sind alle hier genannte Hülfsnoten angewendet.
Mit Einführung der durchgehenden Noten hatten wir nicht allein eine flie-
l'sendere und angenehmere Melodie erhalten, wir hatten auch die Möglichkeit
gewonnen, der einfachsten Folge von Tönen, einen so ausgezeichneten Karak-
ter zu geben, dafs sie sogleich bei dem Wiedervorkommen in einer andern Stimme
erkannt werden mufste.
Jede kurze Folge von Noten, (sie möge aus durchgehenden Noten gebil-
det, oder aus Hülfsnoten entstanden sein) nennt man eine Passage. Wenn auf
einer solchen Passage eine ähnliche in einer der vier Stimmen folgt, so heifst dies
eine Nachahmung; diese Nachahmungen können statt haben im Einklang, in
der Sekunde, in der Terz, wie in jedem Intervalle der Tonleiter.
Die Nachahmungen im folgenden Beispiele (welches zu diesem Zwecke
ganz einfach aus einem Akkord besteht), sollen den Nutzen der Hülfsnoten
anschaulich machen, die wir anwenden müssen, um einen ausdrucksvollem Ka-
rakter auch in denen Stellen zu legen, wo keine durchgehende Noten anzu-
bringen sind.
Die Nachahmungen.
197
Bei a ist eine einfache, nur aus zwei Intervallen des Akkords bestehende
Melodie. Die Fortschreitung dieser Melodie in Terzen, gestattet uns, durch-
gehende Noten einzuführen; aus diesen ist die Passage bei b gebildet.
Wir wünschen diese Passage im Alt nachzuahmen, finden aber in dieser
Stimme (siehe c) nur eine Wiederholung derselben Note; durchgehende Noten
sind hier nicht anzubringen. Da wir aber unsere Zuflucht zu den Hülfsnoten
nehmen dürfen , so wird eine Nachahmung in gleicher Bewegung möglich
(siehe d).
Angenommen, es wäre unsere Absicht, die Nachahmung, statt im Alt, im
Tenor einzuführen, so sehen wir hier nur eine halbe Note (siehe e). — Es
steht uns aber frei, diese halbe Note in vier Achtel zu theilen (siehe/), so
können wir auch Hülfsnoten anwenden, und die Nachahmung bewirken (sieheg);
diese ist, der Abwechselung wegen, in der Gegenbewegung geschrieben (in Be-
ziehung auf die Passage bei b). Dies konnte geschehen, da wir die Passage
nur mit der höher liegenden Hülfsnote anzufangen brauchten,
N. B. Hätten wir sie mit der tiefer liegenden Hülfsnote angefangen, so er-
hielten wir wieder die deiche Beweeunc
<-' Do
Bei h ist die Nachahmung im Basse in gleicher Bewegung eingeführt.
Es ist schon im Beispiele "236. gezeigt, dafs verbundene durchgehende No-
ten angewendet werden können, wo zwei Stimmen in Terzen oder Sechsten
fortschreiten. Verbundene Hülfsnoten können in derselben Art angebracht wer-
den; wir linden, dafs im vorhergehenden Beispiele Tenor und Alt Terzen ge-
198
Die Nachahmungen.
gen einander bilden, Hülfsnoten können demnach in beiden Stimmen zu glei-
cher Zeit eingeführt werden (man sehe bei i>).
Derselbe Fall findet statt im Tenor und Bafs (bei k).
Aus dem Vorhergehenden erklärt sich, wie auch eine einzelne Note, mit
Anwendung der Hülfsnoten, zu einem Subjekt werden kann, welches Nachah-
mungen zuläfst. Im folgenden Beispiele sehen wir dies in der steigenden, in
Harmonie ausgesetzten Tonleiter; ein einziges Intervall des ersten Akkords ist
zu einer Passage umgebildet, welche nach und nach von allen Stimmen nach-
geahmt wird.
Wenn die Intervallen einer Melodie in weiter Entfernung von einander lie-
gen, so können gleichfalls durchgehende und Hülfsnoten angewendet werden,
in welchem Falle man sie ausgedehnte Hülfs- oder Durchgangsnoten nennt.
Ausgedehnte Durchgangs- und Hülfsnoten. 199
Ausgedehnte Durchgangs- und Hülfsnoten.
Im folgenden Beispiele bei I. ist eine einfache, auf die Einführung dieser
Verschönerungsnoten berechnete Melodie hingeschrieben.
Die Ausführung bei II. und III. macht das Gesagte anschaulich.
247. JL Ü
Bei a sehen wir nur ausgedehnte durchgehende Noten.
Bei b sind nur ausgedehnte Hülfsnoten von unten,
Bei c sind nur ausgedehnte Hülfsnoten, von oben genommen.
Bei d gewöhnliche durchgehende Noten.
N. B. Diese Verschönerungsnoten können, wie in allen früheren Fällen,
so auch in diesem, sowohl accentuirte als auch unaccentuirte sein. Im vor-
stehenden Beispiele sind alle unaccentuirt.
200 Ausgedehnte Durchgangs- und Hülfsnoten.
Aus dem folgenden Beispiele können wir ersehen, wie bei einer ganz ein-
fachen Melodie (so wie bei I.) alle nachfolgende Verzierungen einzuführen sind.
248.
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mm .
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2 6 3
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U-
Bei a sind oberhalb liegende ausgedehnte accentuirte Hülfsnoten eingeführt.
Bei b sind .ausgedehnte accentuirte durchgehende Noten.
Ausgedehnte Durchgangs- und Hülfsnoten können unmittelbar auf einander
folgen, wie
Bei C, die zweite Note ist eine ausgedehnte, unaccentuirte Durchgangsnote,
die dritte ist eine ausgedehnte accentuirte Hülfsnote.
Bei dy dasselbe wie bei c _, untermischt bei es mit gewöhnlichen accen-
tuirten Durchgangsnoten.
Bei f folgen zwei ausgedehnte Hülfsnoten unmittelbar auf einander.
Bei g ist eine Passage aus Haydn's „Schöpfung" angeführt, in welcher
der Komponist ausgedehnte accentuirte Hülfsnoten angewendet hat.
Im folgenden Beispiele (der fallenden Tonleiter) sind alle die verschiede-
nen Verzierungsnoten im Basse angewendet.
249.
Im Bafs.
201
a
249.
b
-O-
-T Jj 6 6 /- 4 6 i3f==: = ziiz —
^E£m
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+>*-# — I — 4j — I — w^-4— «-
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#*-^-SV~-
-3- -*- -a- .3.
Die Bässe bei a und £ sind beide aus der Harmonie desselben Grundbasses
entnommen , jedoch anders ausgeschmückt, damit wir an ihnen mit einem Blicke
übersehen können, wie verschiedene Effekte durch eine zweckmäßige Anwen-
dung der durchgehenden und Hülfsnoten zu bewirken sind.
Bei a sind gewöhnliche accentuirte und unaccentuirte durchgehende Noten
eingeführt.
Bei b ausgedehnte Durchgangs- und Hülfsnoten.
N. B. Um diese bei b einführen zu können, haben wir angenommen, dafs
der bei c geschriebene Bafs der Ursprüngliche war. Dieser ist durch Anwen-
dung der Neben-Harmonien entstanden, von denen wir hiernächst die ausführ-
liche Erklärung folgen lassen.
[ 26]
202
Neben - Harmonie.
Neben - Harmonie.
Man kann die vierstimmige Harmonie so einrichten, dafs sie fünf-, auch
sechsstimmig erscheint *), indem man einige der Intervallen des Akkords gleich-
zeitig in mehr als einer Stimme hören läfst. Dies wird deutlicher durch das
Beispiel werden.
Bei a ist die Harmonie vierstimmig.
Bei b wird der Eindruck von fünfstimmiger Harmonie dadurch hervorge-
bracht, dafs der Sopran im ersten Takt nach g* und im zweiten Takt nach
/ steigt.
Bei c erscheint die Harmonie sechsstimmig. Dem Schüler wird dies klarer
werden, wenn er die Harmonie bei d damit vergleicht; denn obgleich nicht
alle Stimmen, die hier über einander gestellt sind, zugleich angeschlagen wer-
den bei Cj so werden sie doch fast den gleichen Eindruck auf unser Gehör
machen.
Um die fehlerhaften Fortschreitungen, die durch die Einführung der Neben-
Harmonien entstehen, zu vermeiden, braucht man nur die Intervallen der Ne-
ben- Harmonie in der Gegenbewegung zu den ursprünglichen Intervallen des
Akkords fortschreiten zu lassen.
Das folgende Beispiel enthält die steigende diatonische Tonleiter im Bafs.
Bei e ist die einfache vierstimmige Harmonie.
Bei f ist die Neben -Harmonie im Sopran eingeführt;
Bei g im Alt.
*) Der mehr als vierstimmige Satz wird anderweitig abgehandelt werden.
Neben - Harmonie.
203
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In Folge der Veränderung der Melodie, die aus der Einführung der Neben-
Harmonien hervorgegangen ist, sehen wir uns in den Stand gesetzt, ausgedehnte
Hülfsnoten anbringen zu können. Man sehe das folgende Beispiel bei 77 und i.
Wenden wir die Neben -Harmonien nach oben an, statt nach unten, so
können ausgedehnte durchgehende Noten eingeführt werden, wie bei k.
Die Neben -Harmonien erscheinen bei h im Sopran, bei i im Alt.
Im Beispiele 253., bei 1 * sind sie im Alt und Tenor, und bei m* in den
Bafs gelegt.
f
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252. h
Ttrp- f r =f Ujr f
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fcP=S:
iO=3
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iO:
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ff'i4ij.iiii.iii^
-O:
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— 3-
[26*]
:Oi
-@~
204
Neben - Harmonie mit Durchgangs- und Hülfsnoten.
vi
Jid"J3-icL J+O^J-
Bei rij im folgenden Beispiele, liegt die steigende diatonische Tonleiter im
Bafs, mit derselben Neben-Harmonie, wie in den ersten vier Takten bei m*
(im vorhergehenden Beispiele) ausgeschmückt, zu welcher nun noch durchge-
gehende und Hülfsnoten hinzugefügt sind.
Bei o sehen wir die weitere Folge der Tonleiter im Alt verlegt, die Neben-
Harmonien sind in derselben Art fortgesetzt, (wie im Basse bei m3 vom vierten
Takte an.) Auf die durchgehenden und Hülfsnoten, die hier eingeführt sind,
ist die Nachahmung zwischen dem Bafs bei n* und dem Alt bei o, begründet.
254./
\
l
d— fa— f*~ -z-w-f—T -=r
O- — g*i
:±fe£z:
-y
:-&i
±
Dissonanzen und Neben -Harmonien.
205
111 ' I I i
Smorzando.
r\
Die Dissonanzen mit Neben -Harmonien.
Bei Anwendung der Neben -Harmonien haben wir gesehen, dafs die Conso-
nanzen zu einer andern Note des Akkords fortschreiten können; eben sowohl
können die Dissonanzen (welche allezeit nur in der Stelle der Gonsonanz stehen)
in gleicher Art, zu einein Intervall der Harmonie fortschreiten, bevor ihre
wirkliche Auflösung erfolgt.
So haben wir in dem folgenden Beispiele bei a die Neben -Harmonie im
Tenor eingeführt, und bei b im Sopran, ohne Dissonanzen. Aus der Fort-
schreitung des Basses bei a ersehen wir jedoch, dafs wir die dissonirende Quarte,
und bei b die dissonirende None anwenden können.
Bei c und d sind diese Dissonanzen eingeführt, und schreiten erst nach
einer andern Note der Harmonie fort, ehe ihre gehörige Auflösung erfolgt.
255.
4^3
9 8
In dem vorhergehenden Beispiele fällt die Dissonanz vor ihrer Auflösung
nach einem andern Intervall des Akkords, eben sowohl ist ihr erlaubt, nach
einer ausgedehnten Hülfsnote zu fallen; wie wir dies im folgenden Beispiele bei
III. sehen.
N. B. Einfache Hülfs- und Durchgangsnoten können in den anderen Stim-
men angewendet werden, und gleichzeitig in Verbindung mit diesen Neben-
2Qb
Dissonanzen und Neben -Harmonien.
Harmonien fortschreiten; es mögen Dissonanzen eingeführt sein oder nicht.
(Siehe IV.)
, 256. -
m
:Q:
43
43
:t:
43
:Q—:
98
©-
6
5
— I-
et
-i+J—
6
5
•ffl
5 +ö-
X:
Bei I. seilen wir Dissonanzen in der Harmonie eingeführt.
Bei IL schreitet, vor ihrer Auflösung, die Dissonanz nach einer Note der
Neben -Harmonie fort.
Bei III. sind ausgedehnte Hülfsnoten angewendet.
Bei IV. einfache Hülftnoten, untermischt und verbunden mit ausgedehnten*).
Es darf vorausgesetzt werden , dafs das bisher Gesagte, durch die Beispiele
hinlänglich erläutert worden ist, um verstanden zu werden. Es würde unnütz
*) Warum die Hülfsnote Eis im siebenten Takt, so wie Ais im neunten Takte nicht eine
führt werden dürfen, ist gesagt Seite 193.
Dissonanzen und Neben -Harmonien. 207
sein, mehrere Regeln zur Anwendung dieser Verschönerungsnoten hier zu häu-
fen; der beste Rath, der gegeben werden kann, ist der, die Werke klassischer
Meister zur Hand zu nehmen, und in ihnen aufmerksam zu verfolgen, wie in
den verschiedenen Fällen, grofse Meister diese Noten angewendet haben.
Bei den hierher gehörigen Uebungen wird dem Schüler dringend em-
pfohlen, jede Aufgabe zuerst vierstimmig zu schreiben, ehe er eine einzige
Dissonanz oder durchgehende und Hülfsnote in der Harmonie einfühlt. Nur
die strenge Befolgung dieses Rathes kann ihn vor mancherlei Verwirrungen be-
wahren.
Um den Schüler in den Stand zu setzen, leichter in vorkommenden Fallen
die verschiedenen Durchgangs- und Hülfsnoten unterscheiden zu können, wol-
len wir eine ganz einfache Melodie, wie wir sie in den früheren Uebungen an-
gewendet haben, nehmen; diese wollen wir für das Pianoforte einrichten, und
sodann die erwähnten Verschönerungsnoten, mit all' den üblichen Zeichen des
Ausdrucks, den Pausen, und Punkten u. s. w. einführen; damit wir Karakter
und Effekt hervorbringen *).
Es ist wohl zweckmäfsig, hier darauf aufmerksam zu machen, dafs, wenn
für das Pianoforte geschrieben wird, der Komponist sich oft genöthiget sieht
(wenn er einen kräftigen, erhabenen Ausdruck hervorbringen will), Intervallen
der Harmonie zu verdoppeln; in welchem Falle die Regel über Oktavenfolge
nicht immer beobachtet werden kann. Wir sehen oft, dafs die linke Hand
mit verdoppelten Oktaven fortschreitet, dies wird nicht als Oktavenfolge ange-
sehn, da diese Verdoppelung nur eine Verstärkung des Basses ist. Die Regel
aber, die sich auf die Quintenfolge bezieht, mufs in ihrer ganzen Strenge fort-
bestehen.
Im folgenden Beispiele stehen bei as auf der Oberzeile, die einfache Me-
lodie, und bei d, auf der vierten Zeile, der Grundbafs dazu. Zwischen beiden
(bei b und c) steht die für das Pianoforte eingerichtete Aufgabe; wir wollen
nun die Melodie bei b untersuchen, und sehen, vermöge welcher Zeichen, dein
Ausdruck, der Verzierung zugehörig, diese Melodie aus den eigentlichen Noten
bei a entstanden ist.
Im ersten Takte, bei as ist die zweite, eine halbe Note, diese ist bei b in
*) Dies giebt einer Komposition oft das Ansehen, von etwas höchst Schwierigem, Verwickel-
tem; wo sie in der That nur den einfachen, schon erklärten Zusammenhang hat.
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Neben - Harmonien.
einem Viertel umgeändert, die übrige Zeit aber mit einer Pause u.- s. w. aus-
gefüllt. Hierdurch erhält die Melodie einen höhern Grad von Ausdruck; eben
so wird ein ausgezeichneterer Karakter, durch die schnelle Fortschreitung des
Sechszehntheils, nach dem nächsten Ton des folgenden Takts, gegeben. Der ver-
schiedene Effekt mufs auffallen, wenn die Melodie bei a damit verglichen wird.
Im dritten Takte ist auf der letzten Hälfte eine ausgedehnte Hülfsnote ein-
geführt.
Im vierten Takte ist, während die Melodiestimme (oder rechte Hand) pau-
sirt, eine Passage in die linke Hand gelegt. Dies soll die Theilnahme wach
erhalten, und einen sanften Uebergang vom Dominant zur Tonika bilden.
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Piano/orte.
Grund-
Bass.
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Cres.
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Die vorhergehende einfache Melodie, bei a3 ist im folgenden Beispiele bei-
behalten , und aus den innern Stimmen der Harmonie ist die Variation dazu
gemacht.
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[27]
210
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Für das Pianoforte geschrieben.
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211
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Dem Basse ein höheres Interesse beizulegen, (da die Melodie in diesem Bei-
spiele so aufs erordentlich einfach ist), sind Neben-Harmonien in ihm angebracht,
wie wir dies sehen in den Takten 1., 2., 3., 4., 5. u. s. w. , wo der ganze Ak-
kord, in Viertel eingetheilt, nach einander angeschlagen gehört wird. Im neun-
ten Takte sind die Noten für die rechte Hand auf der Bafszeile geschrieben,
zur Vermeidung der tiefen Linien.
4 In der Melodie der folgenden Variation sind durchgehende Noten einge-
führt , und werden von der rechten Hand in Oktaven gespielt. Die innern
Stimmen, mit den hinzugefügten Neben-Harmonien, werden von der linken
Hand gespielt.
259.
[27*]
212
Füf das Piaaoforte geschrieben.
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Ein ausgezeichneter Effekt wird in der folgenden Variation durch die ge-
legentlich eingeführten ausgedehnten Durchgangs- und Hülfsnoten bewirkt, wel-
che abwechselnd in der rechten und linken Hand verlegt sind.
Für das Pianoforte geschrieben.
Con Anima. — Staccato.
213
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Auf dasselbe Thema enthält das folgende Beifpiel in kurzer Andeutung,
eine andere Art Variation, in welcher die Durchgehenden und Hülfsnoten von
der rechten Hand mit Oktaven genommen werden, während die linke Hand
die Harmonie in gebrochenen Akkorden angiebt.
Für das Pianoforte geschrieben.
Legato. j
261.
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I
Der Schüler mag vorstehendes Beifpiel vollständig ausführen. Zur mehre-
ren Ausbildung mufs er aber nicht allein neue Variations- Formen in verschie-
denen Stylen über dieses Thema versuchen, sondern auch andere Aufgaben in
ähnliche Art bearbeiten.
Nichts ist geeigneter ihn auf eine leichte Art die vollständige Kenntnifs
von dem Gebrauch, wie von der Wichtigkeit der Verschönerungs-Noten zu ge-
ben, als diese eben hier empfohlene Übung in Bildung der Variationen über
einfache Themas.
Es würde uns zu weit über die, diesem Werke nothwendig vorgeschriebene
Grenze führen, wenn wir uns weitläuftiger in der so dankbaren als interessan-
ten Aufgabe, für das Pianoforte zu schreiben, einlassen wollten. Indessen wer-
den wir, so oft die Gelegenheit sich darbietet, die folgenden Beispiele so ein-
richten, dafs sie, indem sie die vollen Akkorde angeben, zugleich nützliche An-
deutungen enthalten sollen, hinsichtlich der verschiedenen Art das Erlernte
auch auf Composition für das Pianoforte anwenden zu können *).
*) Der Autor dieses Werks ist damit beschäftiget, ein Ideines Werk im Druck zu geben, wel-
ches er eigens als Leitfaden für diejenigen bestimmt hat, die ihre theoretischen Kenntnisse der
Musik der Composition für das Pianoforte widmen wollen. Es werden in diesem Werke Bei-
spiele von den Gompositionen der. ersten Meister, die für dieses Instrument geschrieben haben,
angeführt, und diese bis auf die Compositionen unserer Tage fortgeführt werden.
I
Steigende Dissonanzen, Retardationen. 215
Steigende Dissonanzen _, oder Retardationen.
Wenn in der Fortschreitung des Hauptseptimen -Akkords, die Terz, statt
unmittelbar nach der Oktave zu steigen, auf dem folgenden Basse liegen bleibt,
wird sie zur Dissonanz, welche nachmals in die Oktave steigt ; (man sehe im
Beispiel bei a, die 7). Diefs wird eine steigende Dissonanz genannt, und, da
durch sie die folgende Consonanz verzögert oder zurückgehalten wird, so müs-
sen wir sie eine Retardation oder zurückhaltende Dissonanz nennen.
'
d
8 &
Bei b sind die übrigen Noten des Akkords hinzugefügt; die Terz des Do-
minants lassen wir fortbestehen auf den Akkord der Tonika, sie bildet hier
den grofsen Septimen- Akkord, (gewöhnlich der Akkord der scharfen Septime
genannt).
Wenn in einer steigenden Melodie die Quinte des Dominant- Akkords,
bei seiner Fortschreitung nach der Tonika, in dieser noch beibehalten wird,
216
Retardationen.
so erhalten wir die Dissonanz der Sekunde (steigend nach der Terz -wie bei
c) ; werden beide Dissonanzen von a und c verbunden angewendet, so entsteht
der Akkord der g (wie bei d).
Fällt die Melodie, so wird die Note, welche bei c, eine zurückhaltende
Dissonanz war (die 2 in die 3), zu einem dissonirenden Vorhalt werden, (die
9 in die 8) wie bei e. Um demnach gewifs zu sein ob diese Dissonanz die 2,
oder die 9 ist, wird es nothwendig ihre Fortschreitung zu untersuchen. Steigt
die Dissonanz so ist sie die 2, fällt sie, so ist sie die 9.
Die zwei vorzüglichsten zurückhaltenden Dissonanzen sind hiermit be-
stimmt, es bleibt uns nur noch die Letzte, das heifst die Quarte in die Quinte,
anzuführen. Diese Dissonanz ist nicht befriedigend für das Ohr wie die zwei
vorerwähnten, dies beruht wohl auf eine Art Ungewifsheit des Eindrucks den
wir erhalten (siehe f), da wir nicht vor der Auflösung entscheiden können, ob
diese Quarte Vorhalt oder Zuriihhaltung ist, so wird es zweifelhaft für unser
Gefühl, ob wir nicht die Dissonanz gleichzeitig mit ihrer Auflösung hören,
(wie bei g).
Damit diese Ungewifsheit gehoben werde, dürfen wir nur die Dissonanz
einen halben Ton erhöhen, wie im folgenden Beispiele (bei a) wodurch sogleich
ihre steigende Auflösung im voraus bestimmt, und aller Zweifel über ihre ei-
gentliche Beschaffenheit gelöfet ist.
In derselben Art kann auch die Sekunde einen halben Ton erhöht werden,
die gleiche Ungewifsheit wird auch hier dadurch gehoben; denn die dissoni-
rende Sekunde, wenn sie nicht mit der Quarte verbunden als Vorhalt ange-
wendet wird *), kann für die None gehalten werden, bis ihre Auflösung statt
findet, und es wird die Harmonie so lang ihres schönsten Intervalles, der Terz,
beraubt erscheinen (wie bei b). Doch erhöhen wir die 2 um einen halben Ton
(wie bei c) so ist augenblicklich alles Zweifelhafte beseitiget.
Die-
*) Hierdurch entsteht der Akkord der Ute.
Retardationen.
217
Dieselbe Regel welche für die dissonirenden Vorhalte gegeben worden,
„dafs die Dissonanz nie gleichzeitig mit der Consonanz, in welcher sie sich
auflöset erscheinen darf," gilt eben sowohl für die dissonirenden Retardationen.
Das Cis im 2ten Takte des folgenden Beispiels, hält das D zurück (da es die 4
in die 5 ist). Das D, welches im Tenor erscheint (und die 5 ist) kann dem-
nach nicht erlaubt werden.
264.
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Derselbe Irthum der im 2ten Takte hier obwaltet, erscheint abermals im
folgenden 3ten, wo die Terz des Akkords sich im Tenor vorfindet, während
dasselbe Intervall im Sopran zurückgehalten ist: beide Fehler sind bei b vermieden.
Das Folgende ist eine Übung in der die diatonische Tonleiter in drei Stim-
men ausgesetzt *), mit steigenden Dissonanzen, und durchgehenden und Hülfs-
noten untermischt ist.
*) Die Belehrung wie die Harmonien für mehr oder weniger als 4 Stimmen zu setzen, wird
weiterhin in einem besondern Abschnitt folgen.
[28]
218 Retardationen mit durchgehenden und Hülfsnoten.
Das vorhergehende Beispiel folgt hier in 4 Stimmen geschrieben.
Allcgro.
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ipS^frcij
Damit der Schüler besser unterscheiden möge, wo diese Dissonanzen (un-
termischt mit durchgehenden und Hülfsnoten) eingeführt sind, wird ihm em-
pfohlen, zuerst die einfache Tonleiter in zerstreuter Harmonie niederzuschrei-
ben wie sie hier zum Grunde liegt, und alsdann die Dissonanzen und andere
Verzierung* -Noten, den gegebenen Regeln gemäfs erst hinzuzufügen.
In dem vorstehenden Beispiele ist zu bemerken, wie die diatonische Ton-
leiter durch die ersten 3 Takte hindurch im Sopran gestellt ist, in den dann
folgenden 3 Takten übernimmt der Alt die Fortsetzung, hieraus ist eine Nach-
ahmung zwischen diesen beiden Stimmen entstanden. Der Schlufs der diatoni-
schen Tonleiter liegt für die zwei letzten Takte wieder im Sopran.
Akkord von der Eilfte.
Wenn alle Intervallen des Hauptseptimen -Akkords beibehalten werden auf
den Bafs der darauf folgenden Tonika, so werden die zurück- und vorhalten-
den Dissonanzen verbunden.
Bei a im folgenden Beispiele sind zwei Vorhalte (die 9 in die 8 aufgelöst,
und die 4 in die 3); und eine zurückhaltende Dissonanz (die 7 in die 8).
Bei b sind zwei zurückhaltende Dissonanzen (die 7 in -die 8, und die 2 in
die 3); und ein Vorhalt (die 4 in die 3).
Bei c linden wir zwei vorhaltende und zwei zurückhaltende Dissonanzen.
Der Akkord von der Ute.
219
Indem wir unter dem Dominant-Akkord bei a, als Bafs feine Tonika stellen
(wie bei b im folgenden Beispiele 268), werden die Intervallen ihre Namen ver-
ändern; das heifst, die ursprüngliche 3 wird zur 7, und die ursprüngliche 7 zur
Ute, es ist von dem letzteren Intervall, dafs der Akkord seinen Namen erhält.
268.
N. B. Das Intervall der 11 ist stets durch die 4 bezeichnet, da die Zahlen
über die 9 hinaus selten, oder nimmer in der Harmonie angegeben werden.
Im folgendem Beispiele ist bemerkenswerth , dafs die diatonische Tonleiter
mit den gewöhnlichen Grundbässen und Harmonien begleitet ist, nur die To-
nika *) (der Erzeuger) steht auf der untersten Zeile, wodurch der Akkord von
der Ute, bei a, entsteht.
21
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269.
Erzeuger
Vergleichen wir die Beispiele 267 und 269, so finden wir dafs der Akkord
von der Ute zwei ganz verschiedene Charaktere hat; zuerst als Vorbereiteter,
und sodann als Unvorbereiteter.
*) Hier sehen wir dafs die Schwingung der Saite den Akkord von der Ute angiefat.
[28*]
220
Der Akkord von der Ute.
Der Dominant- Akkord wissen wir, mufs in seiner Tonika sich auflösen-
statt dessen sehen wir Beispiel 267 den ganzen Dominant-Akkord über dem
Bafs der Tonika fortgeführt, und die Intervallen dadurch in ihrer Fortschrei-
tung aufgehalten.
Im 2ten Falle ist der Dominant-Akkord sogleich über den Bafs der Tonika
gestellt, ohne vorher angeschlagen worden zu sein; wir sehen hier nur die Fort-
schreitung des Hauptseptimen- Akkords , der mit dem Bafs seiner Tonika, statt mit
dem eigenen Grundbafs begleitet ist, welcher Letztere ganz übergangen worden.
Um diese beiden Charaktere gehörig zu unterscheiden, ist nöthig sich zu
vergewissern oh die Harmonie des Dominant -Akkords, vor dem Akkord der
Ute vorhergegangen, war dies der Fall, so ist er vorbereitet, und mufs auf
dem accentuirten Takttheile fallen; war diefs aber nicht der Fall, so ist er un-
vorbereitet und wird nur (wie schon eben bemerkt) als eine Fortschreitung
des Dominant- Akkords angesehn, der mit der Tonika, statt mit dem eige-
nen Grundbafs begleitet ist.
Bei I. im folgendem Beispiele ist die Melodie mit der gewöhnlichen Har-
monie begleitet.
Bei IL ist der Akkord von der Ute eingeführt, unvorbereitet bei b, und
vorbereitet bei c.
270,
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Der Akkord von der Ute.
221
In dem Akkord der Ute kann die Hauptseptime steigen, wie im letzten
Beispiele II. Takt 5 und 6 zu sehen. Wenn der Akkord der Ute unvorbe-
reitet eintritt, mufs der Grund-Akkord von der Tonika vorhergehen, in wel-
cher er auch nachmals sich auflöset. In diesem Falle, können denn auch die,
bei dieser Fortschreitung des Basses erlaubten Dissonanzen genommen werden.
Im nachfolgendem Beispiele bei «, sind die 6 in die 5, und bei b, die 4
in die 3 eingeführt.
271
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Der Akkord von der 13te.
Es erscheint der Akkord von der Ute bei a, unvorbereitet mit der
dissonirenden Sexte in die Quinte; bei b, unvorbereitet mit der Quartein
die Terz; und bei c, vorbereitet.
Bei d, ist der Akkord von der Ute auf der falschen Kadenz eingeführt,
welches verglichen werden mufs, mit dem Akkord wie er im 6ten Takte steht.
Der Akkord von der Dreizehnte.
Die Construction des Akkords von der 13te, ist ganz ähnlich der, des Ak-
kords von der Ute; denn indem der Dominant -Akkord mit hinzugefügter gro-
fsen oder kleinen None über den Bafs der Tonika gestellt wird, entsteht der
Akkord der 13te.
Im folgenden Beispiele bei a, ist der Akkord der grofsen None, und bei b,
der Akkord der kleinen None geschrieben.
273.
N. B. Es ist zu bemerken, dafs indem der Nonen- Akkord über den Bafs
der Tonika gestellt wird, dafs Intervalle der 9 zu einer 13 wird, wodurch der
Akkord sein Namen erhalten.
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In dem vorstehenden Beispiele bei c sind 2 Vorhalte, %, und 2 Retarda-
tionen oder verzögernde Dissonanzen, die 7^.
Der Akkord von der 13te.
223
Bei d sind 3 Vorhalte g, und eine Retardation, die 7.
Bei e wieder 3 Vorhalte §, und zwei Retardationen, die Z.
Wenn dem Akkord der 13te, der Dominant -Akkord vorhergeht, so ist er
vorbereitet (im vorstehenden Beispiele ist er durchgängig vorbereitet).
Geht aber der Dominant -Akkord nicht vorher, so ist er (wie dies schon
bei dem Akkord der Ute gesagt) nicht vorbereitet, und wird ganz eben so
behandelt wie dieser letzt genannte Akkord.
Im folgenden Beispiele, welches die diatonische Moll -Tonleiter mit beglei-
tenden Harmonien enthält, erscheint der Akkord der 13 unvorbereitet.
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Die Dissonanzen der Sechste und Quarte mögen ebenfalls hinzugefügt wer-
den wie im Beispiel 271.
Das folgende Beispiel, (welches für das Pianoforte gesetzt ist) zeigt uns die
Akkorde von der Ute, und der 13te in verschiedenen Lagen,
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275. )
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224 Die Akkorde von der Ute und 13te angewendet.
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Akkord von der Ute und 13te.
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Bei <z im vorhergehenden Beispiele erscheint der Akkord der 13te vier-,
auch mehrmals fünfstimmig unvorbereitet.
Bei b fünfstimmig unvorbereitet, mit hinzugefügtem Vorhalt der Quarte.
Bei c ist er vorbereitet.
Bei d ist der zusammengesetzte grofse Sechsten -Akkord, auf welchem un-
mittelbar (bei c) der Akkord der 13te, hier vorbereitet, folgt.
Bei e steht der Akkord der Ute unvorbereitet.
Bei f der Akkord der Ute unvorbereitet, mit hinzugefügtem Vorhalt
der Quarte.
Bei g ist gezeigt wie der Akkord der 13te aus dem Akkord der grofsen
None entsteht, auf dem folgendem Viertel ist er in dem Akkord der Ute um-
geändert, wonach der Akkord der 13te wiedererscheint, (bei h) entspringend
aus dem kleinen Nonen- Akkord.
Bei i sehen wir den Akkord der 13te unvorbereitet, mit der dissoniren-
den 6te hinzugefügt.
N. B. Die dissonirende 6te wird hier einen viel schneidendem Eindruck
auf das Gehör machen, als die Quarte bei b.
Zum Beschlufs müssen wir noch anmerken, dafs die 4 und 7 die vorzüg-
lichsten Intervallen in dem Akkord der Ute; — die 4, 6 und 7 aber, die vorzüg-
lichsten Intervallen in dem Akkord der 13te sind; keines dieser Intervallen
darf in dem Akkord ausgelassen werden, doch die Übrigen können fortbleiben,
und benutzt werden nach Gefallen,
[ 29 ]
226 Verschiedenheit der Kadenzen.
Verschiedenheit der Schlafs- und andern Kadenzen.
Bevor der Leser hier fortfährt, wird ihm dringend empfohlen zu durchle-
sen was zu Anfang über diesen Gegenstand gesagt ist, Seite 91 bis 96, Wovon
dieses als Fortsetzung angesehen werden mufs. ,
Um die Eintönigkeit in den Schlufs- und andern Kadenzen zu vermeiden hat
man einige gelegentlich eingeführt die minder vollkommen sind als die schon
beschriebenen; zum Beispiel: der Akkord des Sub-Dominant wird zu Zeiten
übergangen, indem der § oder % Akkord auf dem Dominant angenommen
wird, wie im folgendem Beispiel bei I.
&
h M
^z~ O — ^~ : — t=t=z: —
Bei IL finden wir ist der % Akkord auf dem Dominant nicht gebraucht da-
gegen der Sub-Dominant mit addirter Sechste behalten.
Bei III. ist die Sechste allein auf dem Sub-Dominant genommen.
Verschiedenheit der Kadenzen. 227
Zu Zeiten wird die Kadenz wie bei IV. geschrieben, mit der ersten Ver-
setzung des kleinen Nonen- Akkords (dem verminderten Septimen -Akkord).
Oder wie bei V. wo die 2te Versetzung desselben Akkords angewendet ist.
Auch wie bei VI. wo der zusammengesetzte grofse Sechsten -Akkord ge-
nommen ist |,^.
Wir werden finden, wenn wir auf den Grundbafs zurückgehn, dafs die 3
letzten Kadenzen sich auf einer verzögerten Modulation beziehen *).
Es trifft sich oftmals, dafs eine Kadenz gemacht wird in einer Tonart, die
ganz verschieden ist von der Tonart, in welcher wir uns zur Zeit befinden; in
diesem Falle nennen wir sie eine
Unregebnäfsige Kadenz.
*) Späterhin die Erklärung.
[ 29 * ]
228
Verschiedenheit der Kadenzen.
D moll.
X.
f
i
Kad. in J"dur.
_-_ I
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P
^=
*
■fe©=
D moll.
Kad. in A moll.
Z)moll.
Kad. in Hes.
m. vorstehenden Beispiele
Bei VII. sind wir in der Tonart Ddur; die Kadenz ist aber in A dur, der
Tonart des Dominants gemacht.
Bei VIII. sind wir in der Tonart -Fmoll, machen aber die Kadenz in As,
der verwandten Durtonart.
Bei IX. sind wir in der Tonart As; doch unsre Kadenz ist in der ver-
wandten Molltonart F, gemacht.
Bei X. sind wir in D moll, die Kadenz ist aber in der verwandten Durtönart F.
Bei XI. haben wir Draoll, und machen eine Kadenz in A moll.
Bei XII. wieder Dmoll, die Kadenz aber in Hes.
Es wird häufig auch, statt unmittelbar von Tonika nach Sub -Dominant
fortzuschreiten, ein kleiner Dreiklang vorher eingeführt, welche Bafsnote (wenn
wir in einer Durtonart schreiben) eine kleine Terz unter dem Bafs der To-
nika liegt (siehe XIII. a).
Anwendung der verschiedenen Kadenzen.
229
Dahingegen wenn wir in einer Molltonart uns befinden, diese Baisnote
eine grofse Terz unter der Tonika liegt, und der Akkord ein Dur- Akkord
sein mufs (siehe XIV. b).
Wenn eine Kadenz in einer Molltonart gemacht ist, kann die addirte 6te
auch zu einer kleinen Sechste gemacht werden (siehe XV. c).
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fortgelassen.
N. B. Da dieser Akkord mit der kleinen Sechste, darauf berechnet ist, das
Gefühl des tiefsten Schmerzes auszudrücken, so dürfen wir ihn nur höchst sel-
ten anwenden.
In dem folgenden Beispiele der Modulation, sind die meisten der hier au-
geführten Kadenzen benutzt, und mit den früheren Nummern bezeichnet.
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Anwendung der verschiedenen Kadenzen.
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Kadenzen.
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Unvollkommene Kadenz.
Die Schlufs- Kadenz mufs bei öfterer Wiederholung nothwendig von ihrer
Wirkung verlieren, das Ohr an ihrer regelmäßigen Folge gewöhnt, vorempfin-
det diesen Schlufs, und daraus entsteht eine Art Gleichgültigkeit. Deshalb kön-
nen wir, statt den ^ Akkord in dem Grundbafs des Septimen -Akkords aufzulö-
sen, die dritte Versetzung des Septimen -Akkords folgen lassen, wodurch das Ohr
in seiner Erwartung getäuscht, und ein neues höheres Interresse erweckt wird.
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Falsche Kadenz.
Dem ohngeachtet wird bei oftmaliger Wiederholung, das Ohr auch an diese
Art von Täuschung sich gewöhnen, und vorbereitet sein auf eine solche
Folge, es mag also eine neue Gattung dieser Trug-Kadenzen in Ausübung
kommen. Zum Beispiel wir wollen das Ohr ganz ruhig bis zu dein Hauptsep-
timen-Akkord leiten, nach welchem keine Täuschung mehr zu fürchten scheint,
und die Schlufs -Kadenz nothwendig folgen mufs; doch, statt diesen Grundsep-
timen-Akkord in seiner Tonika aufzulösen, kann ein anderer Akkord plötzlich
eingeführt werden, diefs wird die ermattende Aufmerksamkeit der Zuhörer so-
2S2
Kadenzen.
gleich ermuntern; und obwohl keine Unterbrechung der natürlichen Folge der
Haupt -Intervallen des Dominant-Akkords statt gefunden hat, (denn sie lösen
alle wie gewöhnlich in Consonanzen), so ist dennoch da die Bafsnote unerwar-
tet eintritt, eine angenehme Überraschung erreicht; wohl berechnet auf den
früher angedeuteten Zweck. Dies müssen wir eine falsche Kadenz nennen.
Im vorhergehenden Beispiele bei a, steigt der Dominant, statt nach seiner
Tonika fortzuschreiten, einen ganzen Ton nach A, welches ein Moll -Akkord
werden mufsj nothwendig hier zu merken ist, dafs die falsche Kadenz in der
der Bafs einen ganzen Ton steigt, nur in einer Dur-Tonart angewendet wer-
den kann. Bei b und c sind Dissonanzen eingeführt.
Sollte diese letzte falsche Kadenz bei öfterer Wiederholung gleichfalls ihre
Wirkung verlieren, so mögen wir den Bafs des Dominant, statt des ganzen To-
nes, auch einen halben Ton steigen lassen, wie bei a. In diesem Falle mufs
jedoch der Schlufs -Akkord der falschen Kadenz ein Dur- Akkord sein.
' „Wenn wir in einer Dur-Tonart sind, mag die falsche Kadenz durch das
Steigen des Basses um einen ganzen oder halben Ton bewirkt werden;" —
dagegen
„Wenn wir in einer Molltonart sind, kann der Bafs nur einen halben
Ton steigen" (b).
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283. {
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Die
Falsche Kadenzen.
233
Die falsche Kadenz kann eingeführt werden, ohne dafs Sub- Dominant noch
5 Akkord vorhergegangen sind (c).
Nach der Einführung der falschen Kadenz können 'wir auf zweierlei Art
verfahren.
Erstens können wir sogleich nach der falschen Kadenz in der Tonart
schliefsen, in der wir zu Anfang es beabsichtigten.
Zweitens können wir annehmen, dafs wir wirklich nach der Tonart modu-
lirt haben, in der Avir durch die falsche Kadenz gelangt sind; in diesem Falle
müssen wir, vermittelst des grofsen Sechsten -Akkords (siehe a im folgenden
Beispiele) oder durch den ^ Akkord (Z>) oder auch mit dem. verminderten Sep-
timen-Akkord (c) zuerst nach dem Dominant zurück moduliren welcher der
falschen Kadenz vorangegangen, und sodann mit diesem nach dem Grundtone
zurückkehren.
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eingeführt.
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234
Die falschen Kadenzen eingeführt.
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Die unterbrochene Kadenz.
235
Die unterbrochene Kadenz.
Auch können wir statt eine Schlufs- oder falsche Kadenz einzuführen, auf
dem Dominant plötzlich inne halten, und in die Stelle der Tonika eine Pause
folgen lassen (wie im folgenden Beispiele bei a); nach welcher wir fortfahren
können wie bei b, oder wie im Beispiele 284. bereits gezeigt ist.
286.
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Unregelmäfsige falsche Kadenz.
In den früher angeführten falschen Kadenzen schreiten alle Intervallen nach
Consonanzen fort; es kann aber eine falsche Kadenz so construirt werden, dafs
ihre Intervallen, (obwohl ihre Fortschreitung dieselbe bleibt,) sich nicht in
Consonanzen auflösen.
Wir müssen uns erinnern, dafs in den bisherigen falschen Kadenzen, der Bafs
(einen ganzen oder halben Ton) unmittelbar nach einem Grundbafs steigt.
[30*]
236
Kadenzen.
Im folgendem Beispiele fällt der Bafs einen grofsen halben Ton, und zwar
nicht in dem Grund bass, sondern in der ersten Versetzung des kleinen
Nonen - Akkords.
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Bei a, im vorstehenden Beispiele, steigen und fallen die vorzüglichsten In-
tervallen des Dominant -Akkords zwar nach der Regel, jedoch ihre
Auflösung erfolgt nicht in Consonanzen, da die Terz nach der
Haupt-Septime, und die Septime nach der kleinen None fortge-
schritten. Dem zu Folge müssen wir dies eine unregelmäfsige
falsche Kadenz nennen.
Bei h, steigt die Quinte, wodurch die None verdoppelt wird.
Bei c, ist der Terz erlaubt worden zu fallen, damit der folgende Akkord
vollständiger werde.
N. B. Die beste Art diesen Akkord zu schreiben ist die bei a.
Die 'verzögerte Kadenz.
Wenn anstatt unmittelbar vom Dominant zur Tonika fortzuschreiten, wir
zuvor noch einige aufhaltende Modulationen anbringen, und dann erst schliefsen,
so wird diefs eine verzögerte Kadenz genannt.
2S8.
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Die grofse Kadenz.
In der vollkommenen Schlufs - Kadenz, geht der Tonika jederzeit
der Dominant voraus, in der grofsen Kadenz dagegen, geht der Tonika
der Sub -Dominant voraus.
Zweifelhafte Modulation.
237
Diese Kadenz wird bei feierlichen geistlichen Musiken angewendet zu dem
Worte Amen! sie macht einen grofsen, erhabenen Eindruck, und ist darauf be-
rechnet das Gemiith zu dem Gefühl der Ehrfurcht und Anbetung zu erheben.
Zweifelhafte Modulation.
Um einen deutlichen und richtigen Begriff von dem Grundsatze zu geben
nach welchem diese Modulation festgestellt worden, sind vielleicht einige vor-
laufige Bemerkungen nothwendig. Es ist oftmals schon erwähnt, dafs die zwei
vorzüglichsten Intervallen des Dominant-Septimen-Akkords unmerklich das Ohr
bestimmen, die Fortschreitung nach der Tonika zu erwarten, (durch die Nei-
gung der Septime zu fallen, und der Terz zu steigen.)
Die unwiderstehliche Neigung dieser beiden Intervallen, so fortzuschreiten,
wird bei näherer Untersuchung vorzüglich (wenn nicht allein) darauf beruhend
befunden werden, daTs die Terz des Akkords grofs ist, denn sobald wir sie in
eine kleine umändern, verschwindet diese Neigung, wie sich dies aus dem fol-
genden Beispiele klar ergiebt.
238
Akkorde von zweifelhafter Bedeutung.
Die Akkorde bei I., IL, III., haben kleine Terzen, und obwohl jeder dieser
Akkorde eine Hauptseptime enthält, so wird doch keine Erwartung in dem
Gemüth erregt clafs diese Terz steigen mufs. Das Ohr erlaubt ohne den ge-
ringsten AViderwillen dieser Terz sich in eine Septime bei der Fortschreitung
zu verwandeln. Bei IV. dagegen ist der Fall sehr verschieden, denn die Terz
(G) ist grofs, es erwartet daher das Ohr dafs diefe Terz steigen, und der Ak-
kord der Tonika {As) folgen soll: So auch der Akkord der kleinen None bei
V. mufs nothwendig in dem Akkorde der Tonika {A) sich auflösen, da die
Terz grofs ist: bei VI. in D moll; und bei VII. in G moll. Wir wollen uns
aber daran erinnern, dafs dieses so bedeutende Intervall, nur eine grofse Terz
zu dem Grundbass bildet, nehmen wir diesen hinweg, so findet sich keine
grofse Terz mehr im ganzen Akkord, die unser Ohr leiten oder bestimmen
könnte. Man sehe VIII., IX., X. Wir sind in diesem Fall in gänzlicher Un-
gewifsheit gelassen, wohin der Akkord sich auflösen wird; da die bestehenden
Intervallen (nachdem der Grundbass hinweg genommen) nur Mollterzen,
und keine derselben eine eigentümliche Kraft oder Eigenschaft besitzet, das
Ohr zu leiten. Jedoch wenn wir eines der vier Intervallen der Akkorde bei VIII.,
IX., X., einen halben Ton erniedrigen, so erhalten wir dadurch die grofse
Terz, welche sogleich der Folge der Modulation die entscheidende Bichtung
giebt (die zuvor zweifelhaft war). Das so erniedrigte Intervall wird Dominant
der Tonart, nach welcher wir moduliren, und da ein jedes der vier Intervallen
einen halben Ton erniedrigt werden kann, so folgt natürlich, dafs ein solcher
zweifelhafter Akkord von uns als Dominant von vier verschiedenen Tonarten
benutzt werden kann. Die drei übrigen Intervallen des Akkords bleiben unver-
ändert, es sei denn, dafs ein enharmonischer Tonwechsel durch die Bestimmung
des Dominants nothwendig geworden, eine Veränderung herbeiführt.
291. {
Akkorde von zweifelhafter Bedeutung. 239
Bei 1 ist der verminderte Septimen -Akkord geschrieben, dieser erhält nur
seinen entschiedenen Charakter durch den darunter gestellten Grund-
bass, welcher die Modulation nach D moll bestimmt.
Der ausgewählte Bass Cis bei 2 ist bei 3 einen halben Ton ernie-
drigt, zu diesem C ist nun E (welches bei 2 die kleine Terz war) die
grofse Terz, und da C Dominant von F ist, so moduliren wir bei- 4
nach dieser Tonart.
N. B. Es verbleiben die übrigen Intervallen wie zuvor.
Wir ersehen hieraus, dafs durch die Erniedrigung eines einzigen Intervalls
des verminderten Septimen -Accords, wir in den Stand gesetzt werden, statt nach
D moll, nach F zu moduliren.
Bei 5 sehen wir den Akkord abermals geschrieben wie ursprünglich bei 1;
aber bei 6 ist das E um einen halben Ton erniedrigt (Es bildet nun
eine grofse Terz zu G), dies Es ist Dominant von As, wir moduliren
somit (bei 7) nach der Tonart As, statt nach D moll.
N. B. Die übrigen Intervallen bleiben dieselben als zuvor, nur das
Cis mufs enharmonisch verwechselt werden in Desj weil die Haupt-
septime von Es nicht Cisj, sondern Des ist.
Bei 8 steht der Akkord wieder wie bei 1 ; das G ist bei 9 einen halben Ton
erniedrigt, dieses Ges ist Dominant zu Ces, wir moduliren also (bei 10)
nach dieser Tonart, satt nach D moll.
N. B. Hier müssen zwei Intervallen enharmonisch verwechselt wer-
den, E in Fesj und Cis in Des. Der Grund ist einleuchtend.
Bei 11 ist keine Veränderung der Modulation eingetreten, denn indem wir
Hes in A verwandeln, erhalten wir denselben Grundbass wie bei 1, der
alleinige Unterschied, der entsteht, ist der: dafs, da die kleine None
aus dem Akkord entnommen, wir nach einer Durtonart ausweichen,
statt nach der Molltonart.
N. B. Es kann jede Versetzung des kleinen Nonen - Akkords in
gleicher Art benutzt werden, wie der verminderte Septimen -Afckord;
Beispiele hierüber sind im Folgenden enthalten.
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Anwendung dieser zweifelhaften Akkorde
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Bei 2 im vorstehenden Beispiele ist durch die 3te Versetzung des kleinen No-
nen-Akkords eine Modulation nach D moll angedeutet, da aber die Note
G, im Bass bei 3, einen halben Ton erniedrigt, nun Eis geworden ist,
so bewirken wir dadurch eine Modulation nach H moll. (Siehe 4.)
Bei 5 ist die Modulation nach A moll durch die Iste Versetzung des kleinen
Nonen- Akkords eingeleitet; das H ist aber bei 6 um einen halben
Ton erniedrigt, Hes führt uns nach Es.
Bei 8 ist die Modulation nach .Fmoll durch die 2te Versetzung des kleinen
Nonen -Akkords angegeben, da aber Hes bei 9 einen halben Ton er-
niedrigt, zu sl geworden, löst sich die Modulation nach D moll auf.
Bei 11 ist eine Modulation nach C moll angefangen, das H ist aber bei 12
einen halben Ton erniedrigt, Hes führt uns nach Es. (Siehe 13.)
Obwohl beim Spielen auf dem Pianoforte das Ohr nicht unterschei-
det, dafs eine Veränderung mit den Akkorden bei 14 und 15 vorgenom-
men ist, so mufs, wenn wir die Grundbässe dieser zwei Takte unter-
suchen, es sogleich einleuchten, dafs, um bei 16 nach G moll moduliren
[ 31* ]
244 Zweifelhafte Modulation durch den gb Akkord.
zu können, die Verwandlung des Akkords nothwendig war, da der Do-
minant von G, D ist, und nicht F, wir also nicht unmittelbar von dem
Akkord, wie er bei 13 steht, nach G moll bei 16 ausweichen konnten;
wenn wir nicht fehlerhafte Modulation (ohne Dominant) einführen wollten.
Bei 20 ist der Anfang einer Modulation nach H gemacht, diese wird aber nicht
ausgeführt, dafs Ais* bei 21 um einen halben Ton erniedrigt, also A*
leitet eine Modulation nach D ein, jedoch auch diese Folge ist wieder
aufgegeben; der Dominant Fis (siehe 20) wird wieder aufgenommen
und eine Modulation nach H scheint beabsichtiget, statt dessen aber
sehen wir das Cis (siehe 21), erniedrigt zu C werden, welches nun
eine Modulation nach F bewirkt.
Das vorhergehende, für das Pianoforte geschriebene Beispiel enthält nicht
allein vielfache Nebenharmonien, Ausgedehnte-, Durchgehende- und Hülfsnoten,
sondern ist auch darauf berechnet, einige von den Kunstgriffen anschaulich zu
machen, welche in der Composition eingeführt sind, und durch deren Anwen-
dung die Modulation und Fortschreitung oft an Anmuth und Interesse gewinnt.
Zum Beispiel von Anfang bis zu Ende des 12ten Takts spielt die rechte Hand
Variationen, die auf Nebenharmonien gegründet, und mit ausgedehnten Hülfs-
und Durchgehenden -Noten untermischt sind, während die linke Hand diese in
einfachen Akkorden begleitet* Um eine gröTsere Abwechselung hervorzubringen,
nimmt die rechte Hand vom 13ten bis 25sten Takt die ganz einfache Melodie
ohne die geringste Verschönerungsnote, während die linke Hand eine Variation,
auf die Intervallen der Akkorde gegründet, spielt. Takt 26 nimmt die rechte
Hand wiederum die Variation auf, und die linke Hand begleitet wie zuvor. Das
Beispiel schliest mit einer Kadenz, welche im Takt 28 anfängt, und in welcher
die kleine Sechste eingeführt ist.
Zweifelhafte Modulation, durch den zusammengesetzten grofsen Scchsten-
Akkord, $.
Dieser Akkord ist ein zweites mächtiges Hülfsmittel, welches mit gröfster
Wirkung zu einer zweifelhaften Modulation benutzt werden kann.
Wenn wir den Bass des kleinen Nonen - Akkords, es sei von welcher Ver-
setzung es wolle, einen kleinen halben Ton erniedrigen, so erhalten wir den
tf Akkord, mit welchem wir moduliren können, wie es in den Beispielen 202
bis 204 bereits gelehrt ist.
Zweifelhafte Modulation durch den £t Akkord. 245
N. B. Wir müssen wohl beachten, dafs dieser Akkord nicht verwechselt
werden darf mit einem der vorerwähnten im Beispiel 291 ; die Note, welche dort
erniedrigt im Bass steht, wurde Dominant der folgenden Tonart, da hingegen
sie in diesem Falle zur kleinen Quinte, und somit zweite Versetzung des
Dominant- Akkords wird.
Im folgenden Beispiele Takt 2 steht die erste Versetzung des kleinen No-
nen- Akkords; erniedrigen wir den Bass, wie in Takt 3, um einen kleinen hal-
ben Ton, so entsteht der ^ Akkord und statt nach A moll, moduliren wir Takt
4, nach Fis dur.
12 3 4
293.
oder
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Das folgende Beispiel wird diese Anwendung des Akkords anschaulich ma-
chen; unmittelbar nach der unvollständigen falschen Kadenz eingeführt, ist er
besonders von grofsem Effekt.
246
Zweifelhafte Modulation durch den ^ Akkord.
10
11
12
Takt 2 wird eine unregelmäfsige falsche Kadenz auf die erste Versetzung des
kleinen Nonen -Akkords eingeführt; der Bass Fis ist Takt 3 einen
halben Ton erniedrigt ; F mit g beziffert, scheint anzudeuten, dafs wir
nach E moduliren wollen, statt dessen machen wir E zum Dominant,
der uns nach A leiten soll: (denn im Takt 4 haben wir die regel-
mäfsige Kadenz bereits in dieser Tonart angefangen;) jedoch auch hier,
statt nach der Tonika fortzuschreiten, fällt der Dominant -Akkord
(Takt 5), bei 6, wiederum einen grofsen halben Ton, (wie im Takt 2,)
und die unregelmäfsige Kadenz tritt wieder auf den verminderten Sep-
timen-Akkord ein. Dasselbe Verfahren wird in den nun folgenden
4 Takten beobachtet, und sofort, bis wir in die Tonart zurückgelangt,
von welcher wir ausgegangen sind.
Betrügliche Modulation.
247
Betrügliche Modulation, in welcher die Hauptseptime sich in die Oktave
auflöset.
Nicht oft genug kann es dem Schüler wiederholt werden, dafs unser Ohr
die Neigung des Hauptseptimen -Akkords, sich in dem Akkord seiner Tonika
aufzulösen, mitempfindet; wenn demnach die Haupt -Intervallen des Dominant-
Akkords (d. h. Septime und Terz) nicht dem gemäfs fortschreiten, so wind, wenn
gleich sie sich in Contonanzen auflösen, doch eine Art Betrug fühlbar.
Die Septime des Grundbasses (g) fällt im folgenden Beispiele bei 1, wie
immer, jedoch nicht in die Terz der Tonika (c) sondern Takt 2, in die Ok-
tave des folgenden Dominant -Akkords.
Die Terz, statt nach der Oktave zu steigen, bleibt liegen und wird
zur Quinte,
Die Quinte bleibt ebenfalls liegen und wird zur Septime. Der Bass schrei-
tet nicht nach seiner Tonika (c) fort, sondern steigt einen kleinen halben Ton
und bildet die grofse Terz *). So rnoduliren wir nun nach A moll, statt nach
C dur.
295.
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N. B. Es können alle Versetzungen des Hauptseptimen -Akkords hier an-
gewendet werden; indefs machen die erste und dritte den besten Effekt.
Der Eindruck, den diese betrügliche Modulation hervorbringt, wird besser
durch das folgende kurze Beispiel, eines Recitatives, verstanden werden.
*) Dies kann jedoch nur, als auf dem, aus dem Akkorde entnommenen Bass sich beziehend,
verstanden werden, denn der Grundbass fällt in diesem Fall stets eine kleine Terz.
248
Betrügliche Modulation.
296.
Recitativ.
Betrügliche Modulation.
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Tremulando.
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Betrügliche Modulation
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Betrübliche Modulation.
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5
Betrügliche Modulation j in -welcher die Hauptseptime sich in die Quinte auflöset.
In dem folgenden Beispiele steigt der Dominaut (g) einen ganzen Ton,
statt nach seiner Tonika (c) fortzuschreiten, und wird (wie im vorhergehenden
Beispiele) Dominant einer andern Tonart; zu welcher letzteren wir vorzugsweise
die Molltonart wählen, da sie verwandte Molltonart des Sub -Dominanten der
erwarteten Tonart C ist.
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Betrügliche Modulation.
249
In dieser betrüglichen Modulation fällt die Septime in die Quinte des
neuen Dominant-Akkords, die Terz steigt in die Terz, und die Ok-
tave verbleibt in ihrer Stelle und bereitet die Septime des neuen Dominant-
Akkords vor. Die verschiedenen Versetzungen dieses Akkords sind angeführt
bei b und c.
Im folgenden Beispiele ist die Anwendung zu finden.
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298.
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Es ist zu bemerken, dafs das Subject, welches in den zwei ersten Takten
im Tenor liegt, als Nachahmung im 3ten und 4ten Takt im Bass erscheint;
im 5ten und 6ten Takt im Alt; im 7ten und 8ten wiederum im Tenor; und
Takt 8 und 9 im Diskant.
Zurückhaltende Modulation.
Wenn die Terz des Dominant-Akkords nicht nach der Oktave steigt,
sondern einen kleinen halben Ton fallend in die Septime des folgenden Do-
[ 32 ]
250
Zurückhaltende Modulation.
minant- Akkords sich auflöset, so werden a und f Akkorde mit einander abwech-
selnd, eine Kette unaufgelöster Dominant -Akkorde bilden, in welcher die er-
wartete Tonika übergangen, und der Schlufs der Modulation verzögert oder zu-
rückgehalten ist, wie aus dem folgenden Beispiele zu ersehen.
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Bei £ sind Dissonanzen eingeführt, durch welche die Nachahmungen,
welche aus dieser Modulation ganz natürlich entspringen, mehr heraus-
gehoben werden.
Das folgende Beispiel ist eine zurückhaltende Modulation mit hinzugefüg-
tem kleinen Nonen- Akkorde.
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300.
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Zurückhaltende Modulation.
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Bei a ist eine Modulation eingeführt, wie sie im Beisp. 293 (b) angeführt ist.
Bei b ist die unvollkommene falsche Kadenz genommen, die Beispiel 294 ge-
zeigt worden.
Das folgende Beispiel enthält noch eine andere Art der zurückhaltenden
Modulation, bei welcher der Bass fallend in halben Tönen die ganze Oktave
durchlaufen kann.
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Bei 3 steht die erste Versetzung des kleinen Nonen- Akkords.
[32*]
252
Die Hauptseptime in die kleine None umgewandelt,
Bei 4 ist die Bassnote um einen kleinen halben Ton erniedrigt *) und dadurch
der zusammengesetzte grofse Sechsten -Akkord entstanden.
Bei 5 ist die Auflösung des % Akkords übergangen, die Fortschreitung aber
dieselbe geblieben, als ob diese Auflösung
§hj£ erfolgt wäre.
Bei 6 der verminderte Septimen -Akkord.
Bei 7 der zusammengesetzte grofse Sechsten -Akkord.
Bei 8 die Auflösung des § Akkords wiederum übergangen.
Bei 9 der verminderte Septimen -Akkord.
Bei 10 die None des vorhergehenden Akkords in die Septime verwandelt,
(siehe Beisp. 303.)
Im folgenden Beispiele ist die Hauptseptime in die kleine None umgewan-
delt, wobei der Bass in halben Tönen steigt.
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Die eben angeführte Modulation nähert sich scheinbar um vieles der im
Beispiel 295 gelehrten, jedoch löset sich die Septime hier nicht in die Oktave,
sondern wird in die None umgeändert, welches sich bei II und III wiederholt.
Mit dieser Art Modulation können wir wieder steigend die ganze chromatische
Tonleiter durchlaufen.
Im vorhergehenden Beispiele war die Hauptseptime in die kleine None um-
gewandelt: im folgenden Beispiel dagegen ist die kleine None in die Septime
verändert: der Bass fällt dabei in halben Tönen.
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') Siehe Beispiel 293.
Bei zurückhaltender Modulation.
253
Das Beisp. 304 dient eine Andeutung zu geben, wie die verschiedenen Ver-
setzungen des kleinen Nonen- Akkords mit dem meisten Effekt anzuwenden sind.
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254 Modificirte Bässe.
Die ersten fünf Takte finden wir mit dem Akkord der kleinen None allein
ausgefüllt. Der Bass fängt an mit dem Intervall der kleinen None selbst, fällt
danach in die Septime, Quinte und Terz; die übrigen Stimmen verwechseln in-
defs auch ihre Stellen, der Alt schreitet von der Septime zur None fort, der
Tenor von der Quinte zur Septime und der Sopran von der Terz zur Quinte.
Dasselbe wiederholt sich mehrmals in diesem Beispiele. Von Anfang bis zu
Ende des 5ten Takts ist unser Ohr dahin geleitet, die Tonart Cmoll zu erwar-
ten, da aber im 6ten Takte die Terz H einen halben Ton erniedrigt Hes ge-
worden, so moduliren wir im 7ten Takt nach Es *). Von hier bis zum 12ten
Takt ist der kleine Nonen -Akkord auf/" beibehalten, und hierdurch zum Schein
die Erwartung erregt nach Hes moll ausweichen zu wollen, indefs durch die
Einführung des f Akkord im 14ten Takte wird die Modulation nach g entschie-
den, und sodann in C moll geschlossen.
Modißzirte Bässe.
Die alleinigen Grundbässe, welche wir bis jetzt angewendet haben, waren
Tonika, Dominant, und Sub-Dominant. Mit diesen Bässen, ihren Har-
monien und Versetzungen, den gelegentlich eingeführten Modulationen, Disso-
nanzen, Durchgangs- und Hülfs -Noten, waren wir in den Stand gesetzt, bei
hinlänglicher Abwechselung bis hieher vorzuschreiten. Nun wollen wir jedoch
versuchen, noch andere Bässe aufzufinden, mit deren Anwendung uns eine grö-
fsere Mannichfaltigkeit des Effekts zu Gebote stehen wird.
Es ist bereits festgestellt, dafs die natürliche Tonleiter nur aus 3 Tö-
nen besteht, und dafs unsere neuere diatonische Tonleiter aus zweien dieser
Tonleitern zusammengesetzt ist, so wie auch, dafs wenn diese aus 3 Tönen be-
stehende Tonleitern in steter Folge an einander gereiht werden, wir bis ins
Unendliche fort moduliren können; es trat daher die Nothwendigkeit ein,
nach dem 6ten Tone abzubrechen und zurück zu moduliren nach dem ersten
Tone, wodurch die Quinten- und Oktavenfolgen entstanden. Wir wollen nun
(statt nach dem 6 ten Tone zurück zu moduliren) die Tonleiter fortsetzen, ohne
irgend Rücksicht auf die halben Töne zu nehmen, die immer zwischen diesen,
aus drei Tönen bestehenden Tonleitern, eintreten werden. Fahren wir fort, die
Zahlen 8, 5, 3 auf einander folgend immer wiederholt über die Intervallen die-
*) Siehe Beispiel 291.
Modificirte Bässe.
255
ser Tonleiter zu schreiben, und setzen sodann die Grundbässe darunter, die da-
durch bezeichnet sind, so finden wir, dafs die Intervallen, die nach den ersten
2 Tonleitern folgen, nicht mit Tonika, Dominant und Sub -Dominant
begleitet werden, sondern andere Bässe erhalten, deren Akkorde alle nur kleine
oder unvollkommene *) sind, (die ausgenommen, welche wieder aus den
Grundbässen entspringen.)
Theilen wir diese fortgesetzte Tonleiter in Tonleitern von 3 Tönen ein,
und stellen unter einer jeden ihren Erzeuger (ihre Tonika) so erhalten wir eine
Fortschreitung der Harmonie, deren Bässe sich immer in steigenden Quarten
und fallenden Quinten bewegen.
305.
Wenn wir fortfahren, die Tonleiter zu begleiten, wie wir mit dem 3ten
Takte angefangen haben, so ist es unleugbar, dafs wir den Pfad verlassen, den
uns die Natur angedeutet hat; auch sehen wir, dafs die hieraus entspringenden
Harmonien, etwas Hartes, Finsteres erhalten: benutzen -wir indefs mit Urtheil
diese trüberen Harmonien, und wenden sie, untermischt mit den drei Grundbäs-
sen, an, so können wir grofsen Gewinn für Licht und Schatten aus ihnen ziehen.
Dies vorausgeschickt, wollen wir die nähere Untersuchung der diatonischen
Tonleiter in dieser Beziehung vornehmen, und sehen wie die Akkorde zu jedem
Intervalle aus dem letzten Beispiele entnommen, in unsern künftigen Ausarbei-
tungen anzuwenden sind.
Der erste Ton der Tonleiter, wissen wir, wird mit 2 Bässen begleitet,
*) Der unvollkommene Dreiklang hat eine kleine Terz und Quinte; der unvollkommene
Dreiklang von h ist, h d und f.
256
Modificirte Basse.
der Tonika, (welche die Oktave) und den S üb -Dominant, *) (welcher die
Quinte darunter liegt.) Nehmen wir nun die kleine Terz darunter, wie im fol-
genden Beispiele, so ist dies ein neuer Bass, denn er gehört nicht zu den drei
Grundbässen, ist auch nicht Dominant, durch welchen wir moduliren können:
wir wollen ihn deshalb zur Unterscheidung modificirten Bass nennen.
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Die Anwendung dieser Bässe zu zeigen, und den Schüler in den Stand zu
setzen, ein Urtheil über ihre Wirkung zu fällen, steht die Begleitung der Me-
lodie bei b, c, d zur Vergleichung mit der bei e, f und g.
Bei b ist die erste der Tonleiter nach der dritten Regel (der Begleitung mit
Grundbässen) begleitet.
Bei c nach der zweiten Regel der Modulation (v. d. I. der Melodie). **)
Bei d sind beide Regeln verbunden.
Bei e modificirter Bass und dritte Regel der Begleitung der Tonleiter,
Bei f modificirter Bass und zweite Regel (d. M. v. d. I. der Melodie.)
Bei g modificirter Bass mit nachfolgendem grofsen Sechsten -Akkorde,
Bei h sehen wir, dafs wenn die Tonart moll ist, der Akkord des modificirten
Basses zu der ersten Stufe der Tonleiter ein Dur- Akkord wird.
Der zweite Ton der Tonleiter hat, wie wir wissen, nur einen Grundbass,
*) Dritte Regel der Begleitung mit Gruadbäs^en, Seite 43.
**) Seite 155.
die
Modifieirte Bässe.
257
die Quinte darunter, demnach kann dieser mit 2 modificirten Bässen begleitet
werden, der Oktave und der Terz darunter (siehe a im folgenden Beispiele).
307.
Es mufs bemerkt werden, dafs der erste modifieirte Bass, welcher die Ok-
tave darunter liegt, eine bessere Wirkung hervorbringt, als der zweite, und des-
halb den Vorzug verdient; der Grund liegt darin, dafs der modifieirte Bass der
kleinen Terz die falsche Quinte hat. Diese falsche Quinte und die Oktave
zugleich gehört, machen auf unser Ohr denselben Eindruck, wie die zwei vor-
züglichsten Intervallen des Hauptseptimen -Akkords; (mit welchem, in seiner
ersten Versetzung dieser unvollkommene Dreiklang die gröfste Ähnlichkeit hat.)
Wenn nun diese falsche Quinte steigt (wie bei d), dagegen die Oktave fällt
(wie bei c), so bleibt unser Gehör unbefriedigt, wie bei steigender Septime und
fallender Terz. Vorzüglich widerwärtig klingt er in seiner ursprünglichen Ge-
stalt (siehe c), minder empfindlich ist der Eindruck, wird er in seiner ersten
Versetzung angewendet (siehe d~), da hier die Verdoppelung der Oktave wegfällt.
Die dritte der Tonleiter hat nur einen ursprünglichen Grundbass, kann
deshalb zwei modifieirte Bässe erhalten, die Quinte und Oktave darunter; die
Quinte giebt den Akkord der verwandten Moll -Tonart des Grundtons, und macht
daher den besten Effekt, (siehe a im folgenden Beispiel).
a
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258
Modificirte Bässe.
Die vierte der Tonleiter kann zwei modificirte Bässe erhalten, die Terz
und Quinte darunter (b) die Erstere ist vorzuziehen, da die Letztere wieder den
unvollkommenen Dreiklang giebt.
Die fünfte der Tonleiter hat nur einen modificirten Bass, die unter Terz (c).
Die Anwendung der hier erwähnten modificirten Bässe findet sich bei d.
Die sechste der Tonleiter hat zwei modificirte Bässe, Quinte und Oktave
darunter, beide sind gut (siehe a im folgenden Beispiele.)
309.
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Die siebente der Tonleiter hat 2 znodificirte Bässe, Quinte und Oktave
darunter, davon die Letztere wieder den unvollkommenen Dreiklang bildet.
Es ist wohl zu beachten, dafs die Einführung der modificirten Bässe mit
greisem Bedacht und vieler Umsicht geschehen mufs, denn bei ihrer Anwen-
dung entstehen leicht Mifsverständnisse, die in keinen andern Fällen vorkom-
men können; diese sind jedoch zu vermeiden, wenn der Schüler mit Aufmerk-
samkeit die nachfolgenden Bemerkungen beherziget.
Erstens, die modificirten Bässe müssen nur sparsam angewendet werden,
da die Melodie auf ursprüngliche Grundbässe beruht, und diese durch die Natur
gegeben, auch die Wohlklingendsten und Befriedigendsten sind, so müssen sie
vorzugsweise gebraucht werden. Wenden wir dagegen zuviel modificirte Bässe
an, so wird die Schönheit der natürlichen Begleitung einer einfachen Melodie
verdunkelt, und es entstehen Härten, die wir vermeiden sollen.
Zweitens, der verminderte Dreiklang werde nur sehr selten in seiner
Grundgestalt angewendet, gegen seine erste Versetzung ist nichts einzuwenden.
Drittens, diejenigen modificirten Bässe, welche die verwandte Moll-
tonart der Tonika, oder des Sub -Dominant uns geben, müssen wir vor-
zugsweise wählen, hauptsächlich im Grund -Akkord angewendet sind sie von
grofser Wirkung.
Viertens dürfen nie modificirte Bässe eingeführt werden, bevor nicht die
Melodie, nach den Regeln der Grundbässe, so wie der Modulation, einfach in
Harmonie ausgesetzt ist; erst danach mögen wir versuchen, ob mit gutem Er-
folge einige modificirte Bässe zweckmäfsig anzubringen sind.
Modificirte Bässe.
259
Die Anwendung dieser Bässe noch näher zu zeigen, und zugleich eine Idee
von dem Effekt den sie hervorbringen, zu geben, ist nachfolgende Melodie bei 1,
(die sich nur im Umfang einer Sechste bewegt) auf verschiedene Weise in Har-
monie ausgesetzt.
Einfache Melodie.
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Mit ursprünglichem Grundbass, und einiger Modulation untermischt, in Har-
monie ausgesetzt.
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260 Modificirte Bässe.
Modificirte Bässe untermischt mit Modulation.
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Bei III. ist eine betrügliche Modulation, die Hauptseptime löst in die Oktave
sich auf.
Bei V. ist der Terz des Dominant -Akkords (beiß) erlaubt worden zu fallen,
diese Freiheit wird oft von Gomponisten genommen, um die vollstim-
mige Harmonie zu erhalten.
1
Sequenzen von Septimen.
261
Sequenzen 'von Septimen.
Bis hieher haben wir nur Septimen angewendet, die keiner Vorbereitung
bedurften, nun wollen wir die Septimen einführen, die vorbereitet werden
müssen.
Wenn wir auf das Beispiel 305 zurücksehen, so finden wir, dafs die Erzeu-
ger (oder Tonika), welche unter einer jeden Tonleiter von 3 Tönen gestellt
sind, nur eine stete Progression steigender Quarten oder fallender Quinten bil-
den; diese Einförmigkeit der Fortschreitung nennen wir Sequenzen. Wenn
solche Bässe nur mit Dreiklängen begleitet werden (wie im vorerwähnten Bei-
spiele), so sind dies „Sequenzen von Dreiklängen"; da aber die Fortschrei-
tung steigender Quarten, und fallender Quinten im Bass, eben die des Dominant
zur Tonika ist, so können natürlich Septimen überall eingeführt werden; sodann
heifsen diese Folgen: „Sequenzen von Septimen." *)
Wenn diese Septimen zu kleinen oder unvollkommenen Dreiklängen
gesetzt werden, so isE die Wirkung stark dissonirend, darum müssen diese Sep-
timen vorbereitet seyn. Damit der Schüler die Natur der Sequenzen besser ver-
stehen lerne, wollen wir eine solche Folge von Bässen steigender Quarten und
fallender Quinten herschreiben (siehe a im folgenden Beisp.), und alsdann die
einfache Melodie hinzusetzen (siehe b).
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7 8
tt^E-
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^ZztEzEEpt; -'■
EE=z±EE=
7 7
* ) In diesen Fortschreitungen der Sequenzen ist die bewunderungswürdige Symetri das Be-
merkenswerthe ; sie waren die grofse Quelle, aus welcher die älteren Componisten ihre Thema für
die Fugen entnahmen, und der Grund, auf welchem großen Tbeils ihre Kirchenmusiken beruhten.
2b2
Sequenzen von Septimen.
Wenn wir die Terz (bei a und b) im vorhergehenden Beispiele nicht stei-
gen, sondern in ihrer Stelle verbleiben lassen, so entsteht eine Folge, jedesmal
durch die Terz vorbereitet eintretender Septimen (siehe c); hier ist
jedoch nur abwechselnd die Septime genommen. Fügen wir indefs noch eine
Stimme hinzu (wie bei d), so erhalten wir die ununterbrochene Folge von Sep-
timen (siehe e); durch die einförmige Fortschreitung des Basses sind wir in
den Stand gesetzt, auch die Terz der neu hinzu gekommenen Stimme (siehe /),
eben so zu behandeln, wie die bei c.
Diese Sequenzen von Septimen haben sehr viel von dem Charakter unauf-
gelöster Retardationen, man sehe bei f* wo die retardirende 7 sich regelmäfsig
aufwärts löst.
Wird die vorhergehende Aufgabe vierstimmig ausgeschrieben, wie bei a_,
im folgenden Beispiele, so erhalten die Akkorde abwechselnd Oktave oder Quinte,
— d. h. die Oktave verbleibt in ihrer Stelle und wird durch die Fortschreitune
des Basses im nächsten Akkord die Quinte. (So wie das in den aufeinander
folgenden Hauptseptimen -Akkorden geschieht.)
Bei b ist dieselbe Aufgabe fünfstimmig, und die Umwandlung der Oktave
in die Quinte erfolgt abwechselnd im Alt und Tenor.
Zu beachten ist noch, dafs die Vorbereitung der Septime durch alle Inter-
vallen des Dreiklangs geschehen kann. Bei c ist die Septime durch die Terz,
bei d durch die Quinte, und bei e durch die Oktave vorbereitet.
Sequenzen von Septimen.
263
Die charakteristische Verschiedenheit des Hauptseptimen-Akkords, von dem
Akkord der Septime in dem Sequenz, beruht darauf, dafs,
Der Akkord der Haupt - oder wesentlichen Sep-
time uns durch die Natur gegeben ist *).
Der Akkord der Haupt- Septime steht zwischen
Consonanz und Dissonanz, da er keiner Vorbe-
reitung bedarf, wohl aber aufgelöst seyn will.
Der Akkord der Septime im Sequenz durch die
Kunst entstanden ist.
Der Akkord der Septime im Sequenz ist durch-
aus dissonirender Akkord, und mufs deshalb
vorbereitet seyn.
Durch Anwendung des Akkords der Hauptsep- Alle Modulation wird durch Anwendung der
time wird alle Modulation bewirkt. Septime in den Sequenzen vermieden.
Der Septimen -Akkord im Sequenz hat gleiche Versetzungen mit dem Haupt-
septimen- Akkorde.
a
313.
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-*• f f f -P-
Bei ö, erste Versetzung; bei b* zweite Versetzung; bei c, dritte Versetzung.
Im vorstehenden Beispiele sind in dem Sequenz von Septimen abwechselnd
Dreiklänge eingeführt, welches einen besseren Eindruck macht, als die unun-
terbrochene Folge der Septimen.
Vermischung der Hauptseptimen- Akkorde mit den Septimen der Sequenzen.
Wenn die Septime im Sequenz einen halben Ton höher liegt als die Haupt-
septime, so wird der Akkord ein Dur-Akkord seyn (siehe «.).
314.
Ist die Septime im Sequenz einen ganzen Ton unter der Oktave (wie die
*) Siehe Beispiel 63.
264
Sequenzen von Septimen.
Hauptseptime), so wird sie entweder einen Moll- Akkord (siehe b), oder einen
verminderten Akkord (siehe c) haben.
Wenn demnach im ersten Fall, bei a* die Septime einen halben Ton er-
niedrigt wird, wie bei d3 oder der Akkord aus moll in dur umgeändert, siehe e3
oder der unvollkommene Dreiklang in einen reinen verwandelt wird, wie bei
/_, so ist der Hauptseptimen -Akkord hergestellt.
Sobald wir im Laufe der Sequenzen v. S. irgend einen Akkord in einen Domi-
nant-Akkord umwandeln, so ist augenblicklich die Modulation nach der nächsten
Tonika bewirkt, auf welcher wir eine Kadenz, wenn auch nicht Schlufskadenz,
machen können ; oder wenn wir es vorziehen, mögen wir auf dieser letzten Tonika
eine neue Folge von Sequenzen anfangen, und in ähnlicher Art fortfahren.
Zu bemerken ist, dafs kein ä noch \> in einem Sequenz eingeführt werden
darf, das nicht zur Tonart gehört, in welcher diese Fortschreitungen begonnen;
denn eine Modulation nach einer andern Tonart wäre die unmittelbare Folge,
wie wir aus dem folgenden Beispiele ersehen.
12 3 4 5
315.
P -r
Die Sequenzen sind bis 3 fortgesetzt, bei 4 ist der Akkord in einen Dur-
Akkord umgeändert, somit die Modulation nach ^moll, bei 5 geschehen, und
sodann mit einer Kadenz geschlossen. Diese Fortschreitung der Sequenzen kann
untermischt mit Dominant -Akkorden von grofser Wirkung seyn, siehe wie folgt.
1 2 3 4 5 6
Sequenzen untermischt mit Hauptseptimen-Akkorden. 265
Im vorstehenden Beisp. ist dieselbe Fortschreitung des Basses durchgängig bei-
behalten; doch nach den drei ersten Ak. haben wir statt Sequenzen, Dominant- Ak-
korde gewählt, und durch sie eine verzögerte Modulation bei 4, 5 u. 6 eingeführt.
Das folgende Beispiel zeigt wie, untermischt mit Dominant-Akkorden, die Se-
quenzen Vortrefflich zu benutzen sind für Imitation und Abwechselung des Effekts.
12 3 4 5 6 7
-4
itCt
-O-
:t:
±:
-©*■
{
l
3 9 10 11 12 13 14
15 * 16
17
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ei
1-.7 b7
— — F
17
"17 b5
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18
19 20
17
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-■fee-
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21
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3:
T
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JL
13-
7
-&-
4-4
9
-I-
F
"©— G.
:Ct
*•
[34
266
Sequenzen von Septimen.
Der Sopran beginnt bei 1 und 2, mit einem kurzen Subjecte, welches auf
den zwei ersten Akkorden eines Sequenzen beruht; um diesem Subjecte mehr
Ausdruck zu geben, sind noch 2 Noten der Nebenharmonie hinzugesetzt.
Bei 2 hat der Alt eine Imitation begonnen, welche bis 6 fortgeführt ist,
hier übernimmt der Tenor das Subject mit einer leichten Veränderung, und
verfolgt es bis 10, wo abermals der Alt es wiederholt, und sodann alle übrigen
Stimmen es abwechselnd vortragen.
Der Bass bei 1 und 2 hat ebenfalls ein kurzes Subject aus den zwei Grund-
bässen und der ersten Versetzung bestehend. Dies Subject ist beantwortet bei
11 durch den Tenor, und bei 14 wiederum leicht hin durch den Bass; dieser
nimmt bei 15 das Subject des Soprans auf, welches er bis 19 durchführt.
Bis 7 waren die Sequenzen fortgeführt, und demzufolge wir in der ur-
sprünglichen Tonart verblieben.
Bei 8 fängt eine zurückhaltende Modulation an *)> welche in der Tonart
Es endet; bei 11 ist die Modulation in ihrer Fortschreitung aufgehalten durch
die Einführung von Sequenzen, welche bis 14 ausgedehnt sind.
Bei 15 fängt ein Gemisch zurückkaltender und bezüglicher Modulation **)
an, wodurch wir zu der Grundtonart zurück geführt werden.
Um uns zu vergewissern ob eine Bass -Melodie, die in Harmonien ausge-
setzt werden soll, Sequenzen zuläfst, dürfen wir nur untersuchen, ob eine der
hier nachfolgenden Fortschreitungen in ihr enthalten ist.
7 7
-M. t _ 7 ' 7 7 -
318.
m
n-6:
£=<E=P:
£
6
5
:p:
^=p-
ä
x
o=:
a
le
4
2
4
2
:P=P
4
2
6
5
6
4
3
6
4
3
±:
fe£
6
4
3
ip=t:
IC
Bei a, ist die Fortschreitung des Grundbasses selbst;
Bei b, die Fortschreitung der Terz;
Bei c, die Fortschreitung der Septime; da dieses Intervall allezeit vorbe-
reitet seyn mufs, so ist es leicht von jedem anderen zu unterscheiden, indem zwei
*) Seite 248. **) Seite 247.
Sequenzen von Septimen.
26".
gleichbenannte Noten gebunden erscheinen; die Erste dieser zwei Noten ist die
Vorbereitung, die Zweite ist die Septime selbst, und die darauf folgende Note
ist die Auflösung.
Obwohl die Fortschreitung der Quinte ähnlich der der Septime ist (siehe
d), so ist doch der Eindruck weniger gut, und deshalb mufs diese seltener an-
gewendet werden.
Gesetzt die folgende Bass -Melodie sey gegeben um in Harmonie ausge-
setzt zu werden: —
319.
3iö
=Cc
p—0-
:Q=P
X
&.
atp
I
J*fV— T«V
s
-ß-bß-
4-^4
t=TF-w
-4—4-
•f-f-f-^
P
3
p6#-
m
tat
--O-
Es ist augenscheinlich, bei der Fortschreitung der Intervallen des obigen
Thema, dafs der gröfste Theil desselben aus drei verschiedenen Gesichtspunk-
ten angesehen werden kann: —
Zuerst kann es als eine Fortschreitung von Sequenzen behandelt werden,
wie folgend: —
Bi±u
6EE£
4
-ß ß-
5
7
JL-JL
-fe-tr
Zweitens als eine Fortschreitung von Dominant -Septimen -Akkorden, und
dem gemäfs können wir moduliren: —
Bhu
7
| fcz_
b7
" 2 .,
5
3
'S
3
7
1
-H
5=
Drittens als ein Gemisch von Beiden: —
=5r
7
Ü sz
3D-
-p ^ ar-
H t7
£
:t=P
[ 34* ]
268 Baas-Melodie mit Sequenzen.
In dem folgenden Beispiele bei ö, ist die Bass-Melodie der Aufgabe 319
durchaus mit Sequenzen in Harmonie gesetzt, ausgenommen wo dies die Fort-
schreitung der Intervallen unausführbar machte. . .
320.
PS
d:
Ä
f?
-1-
-«— *
3£
Äteana
Andante.
aizt
^ j rJrrJ VjjSUJ
rrrrrT^Sf
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I
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6Ep=E
^=t=p:
£
-CL
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7 »7
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3
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:Q:
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4
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±3czirf=E
4 6 4
2 2 6
-JEE
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f
«
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±i
i
*>7 p 4
#— »— I ?
J_J_J_rH_
Das Folgende ist die Melodie und Harmonie des vorhergehenden Beispiels,
nur sind durchgehende und Hülfsnoten, wie auch Neben-Harmonien eingeführt,
wodurch die Imitationen (die ganz natürlich aus der Fortschreitung der Se-
quenzen entspringen) bestimmter hervortreten.
f
j
.
ES$
Bass-Melodie mit Sequenzen.
j"T3
269
Semper legati.
m
dt»fc±ü££
fff:"r*liflff;f:f
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Ä£E=p£=£
4 6 7 6
{
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7
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4
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6
■
r-
6
§ 2 « 7 ^ J6 ||6 7 f
7 "T
e7 t5 4 t
N. B. Die Quinten bei c, zwischen Sopran und Tenor sind bei entgegen-
gesetzter Bewegung, zu erlauben *).
*) Siehe Beispiel 327 (./).
270
Sequenzen und Dominant-Akkörde.
Die Bässe, welche im vorhergehenden Beispiele als Sequenzen behandelt
waren, sind im folgenden zum Theil als Dominanten angewendet, auch sind die
Regeln der „Modulation vermitteltst der Intervallen einer Melodie" ebenfalls
benutzt; der durchaus verschiedene Effekt der hieraus entstanden, ist so grofs,
dafs man nicht leicht im ersten Augenblick dieselbe Bass- Melodie, in diesem
und dem vorhergehenden Beispiele, als Grundlage annehmen würde.
321.<
Andante semper legati
u
fflltoÄi
hl \j. m
calan-do.
Mos.
T?*£
4
v2
'/ u
4
6 2
4
■**-■
z
6 t3 4 3
bZ ß$* t
iL
b?
±=j:
3
*C
4=fc
■Kj^J1
*
ÖYa »"* *IIM ■ MMH M » MMMIH.j
Im zweiten Takte finden wir eine betrügliche Modulation *).
Dem Schüler wird empfohlen die verschiedenen Wirkungen der Harmonien
in den Beispielen wohl zu vergleichen.
Die Melodie des Beispiels 320, welche über die Bass -Melodie 319 entstan-
den war, ist im Folgenden nochmals mit andern Bässen, nach den fünf Regeln
„der Anwendung der Grundbässe" so wie auch, „der Modulation vermittelst
der Intervallen der Melodie", in Harmonie gesetzt.
*) Siehe Beispiel 298.
'
Sequenzen und Dominant-Akkorde.
271
u m
Vergleichen wir Bass und Harmonie dieses letzten Beispiels mit denen der zwei
vorhergehenden, so mufs uns auffallen, dafs eine grofse Verschiedenheit unter ih-
nen statt findet; diejenigen Schüler welche Neigung haben Composition zu studie-
ren, können hier reichhaltigen Stoff aus wenigen Aufgaben entnehmen. Die gege-
benen Beispiele werden hinlänglich gezeigt haben, wie die Septimen der Sequen-
a) s. Freiheit in Auflösung der Dissonanzen, Beisp. 382. (£) s. Beisp. 255. (c) s. Beisp. 223/ (d) s. Beisp 268.
272
Sequenzen von Sechsten-Akkorden, 6 — 5, 7 — 6.
zen mit guter Wirkung anzuwenden sind. Durch ihre Einführung vermeidet »an
nicht allein zu viele Modulation, und präget dem Gehör die Tonart, in der man
sich befindet, schärfer ein; sondern man giebt auch der Harmonie mehr Kraft und
Nachdruck : sie dienen überdiefs wesentlich dazu, die verschiedenen Einschnitte
(Sectionen) aus denen die Perioden bestehen *) mit einander zu verbinden und
der ganzen Composition einen gröTseren Zusammenhang zu geben.
Sequenzen von Sechsten , 6 — 5 und 7 — 6.
Aus der Fortschreitung der Sequenzen von Dreiklängen, bei a, entspringen
die bei b und c.
{
w^wymm^^tr^
£ÖO:=®
-ö-
6 6
6 6
:8=£
:p:
*) Siehe Perioden, Beispiel 345.
Bei
Sequenzen von 6ten, 6 — 5 und 7 — 6.
273
Bei Anwendung der Fortschreitung welche in dem letzten Beispiel gezeigt,
ist es vielleicht besser die Sechste auf dem accentuirten Takt-Theil erschei-
nen zu lassen (wie bei b)} weil die Quinte in dieser Lage sonst gewissermafsen
den Eindruck der Quinten -Folge hervorbringt: diese Bemerkung bezieht sich
jedoch nur auf die Schreibart, die man den strengen Styl *) nennt.
Indem wir in der Fortschreitung bei c den Akkord des Dreiklangs über-
gehen, erhalten wir bei d den Sequenz von Sechsten- Akkorde, wenn dieser
mit einiger Beurtheilung angewendet wird, so ist der Eindruck sehr schön.
Aus der Fortschreitung der fallenden Sechsten bei e, ist die bei f entstanden ;
welche aber in Wahrheit nichts anderes, als die dissonirende None in die
Oktave aufgelöst, ist; in diesem Falle jedoch mufs das Intervall der None
(welches hier als Septime steht) im Sopran gestellt werden. Sollten wir diese
Septime im Alt schreiben wie bei g, so erhallen wir Quinten- Folgen, da die
zwischenstehende Dissonanz die falsche Fortschreitung nicht aufhebt.
Dieses ist gezeigt bei gg wo die Dissonanz fortgelassen ist; sollten wir in-
dess den Grundbass zu dieser Fortschreitung so annehmen wie er bei h ge-
schrieben steht, so entspringt die 6 — 7 aus einem Sequenze von Septimen, und
alsdann können diese 2 Intervallen im Alt stehen. Es ist wohl zu bemerken dafs
ein Sequenz von Sechsten mehr berechnet ist auf dreistimmige, als auf vier-
stimmige Harmonie; weil durch die Vermeidung der Quinten -Folge bei /, der
Tenor gezwungen ist in grofsen Intervallen fortzuschreiten (siehe i, A), wodurch
der angenehme iliefsende Gang der Fortschreitung zerstört wird, durch welchen
sich eben diese Sechsten -Gänge auszeichnen.
Wie bewundernswürdig Haydn diese hier bezeichnete Fortschreitung der
Sequenzen behandelt hat, ist aus nachfolgendem zu ersehen, welches ein Aus-
zug aus einem seiner Quartette ist.
3 7
fet
324. ?
Haydn.
^=P
3
-0-
7
-ß-
~fag=£=|=
3
-0-
7
-0-
t=fr=£4=F
r±F=P=
etc.
- - etc.
etc.
*) Siehe strenger und freier Slyl
274
Sequenzen von 6ten, 6 — 5 und 7 — 6.
Die folgende Aufgabe welche für das Pianoforte geschrieben ist, enthält alle
vorher angeführte Sequenzen in ihren verschiedenen Gestaltungen, steigend und
fallend; sie sind hauptsächlich dreistimmig geschrieben, um klarer die Wirkung
darzuthun, die sie eben so geschrieben hervor bringen, wenn als Gegensatz die
übrige Harmonie so vollständig als irgend möglich ausgesetzt ist.
jUleqro moderato
ab±=s§=ae
gl— 6--R-
r
"O"
TfcZ
jj J,~> IN ?
r T +
:*=3=*
f lr
^=J=J=
J-J-H
*) Siehe Beispiel 304.
Sequenzen von 6 1 e n , 6 — 5 und 7 — 6.
275
_J-
4-
IX
— * Piffr — Va— F* *
, ^_ ^ ^?_u_/ +_^__ ______
n 1 7
276 Die drei verschiedenen Bewegungen in der Harmonie.
Die drei verschiedenen Bewegungen in der Harmonie.
Wenn zwei, oder mehrere Stimmen mit einander steigen, oder fallen, so
nennt man diefs, in gleicher Bewegung fortschreiten.
frrr
Wenn eine Stimme steigt oder fällt, während eine andere in ihrer Stelle
verbleibt, so wird dadurch die Seitenbewegung hervorgebracht (siehe b).
Wenn eine Stimme steigt, während eine Andere fällt, so entsteht da-
durch die Gegenbewegung (siehe c).
Diese verschiedene Bewegungen oder Fortschreitungen können mehr oder
weniger verbunden sein; — zum Beispiel: zwei Stimmen können in glei-
cher oder Gegenbewegung fortschreiten und die dritte in ihrer Stelle
verbleiben.
Bei d, schreiten Sopran und Alt in gleicher Bewegung fort, und der
Bass bleibt liegen, wir haben also gleichzeitig, die gleiche und die
Seitenbewegung.
Quinten und Oktaven-Folgen.
277
Bei e, schreiten Sopran und Bass in Gegenbewegung fort, der Alt
aber verbleibt in seiner Stelle, dadurch entsteht gleichzeitig die Ge-
gen- und Seitenbewegung.
Bei /l fallen Sopran und Alt miteinander während Bass und Tenor
zusammen steigen, hierdurch entsteht gleichzeitig, die gleiche und
Gegenbewegung; bei g ist die Seitenbewegung noch hinzugefügt.
Bei h, sind alle diese verschiedenen Bewegungen angeführt in der Fort-
schreitung des Dominant-Septimen-Akkords zu seiner Tonika.
Quinten- und Oktaven -Folgen.
Es ist schon früher gelehrt worden, wie diese verbotene Fortschreitungen
auf mehrfache Weise vermieden werden können *); wir dürfen uns über die-
sen Gegenstand jetzt noch etwas weiter aussprechen, und einige Beispiele aus
den Werken der am meisten klassischen Meister anführen um zu zeigen wie
diese in ähnlichen Fällen verfahren. Die allgemeinste Regel, diese störende
Fortschreitungen zu umgehen, bleibt immer die Gegen- oder Seitenbewegung
anzuwenden. ^^^^ ^^^^ ^^^ ^^
a b c d
327.
i
'jtp.Q big (Ha7dn0
r— f-- -,— P-f~r- ■#-a»-rd-J*s
*=
p^
-iT
/
•-fe-b— 53-
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0-0-0
CV~_+
■-W-W-ß-
£3j TffX*»
=t
:Cfe^=t:^
Ho.*
Et
-b-
-0-is.
-=v*
*zä-*-**-
Bei a, Quinten- und Oktaven -Folgen;
Bei bf sind diese durch die Gegenbewegung vermieden;
Bei c, Quinten- und Oktaven -Folgen;
-0-0-0— <**-]—
zzRzpf
*) Siehe Seite 23 und 24.
•278
Verdeckte Quinten und Oktaven-Folgen.
Bei d, die Oktaven - Folge durch Gegeilbewegung, und die Quinten-Folo-e
durch Seitenbewegung vermieden.
Quinten und Oktaven dürfen in derselben Stimme aufeinander folgen , so-
bald sie in Gegenbewegung fortschreiten.
Bei e, Oktaven zwischen Discant und Bass;
Bei f, Quinten zwischen Tenor und Bass;
Bei g, sehen wir wie es hier geschrieben steht, Quinten zwischen Tenor
und Bass, der Componist läfst jedoch die 2te Violine mit dem Tenor sich
kreuzen, und vermeidet dadurch diese Quinten *).
Verdeckte Quinten und Oktaven.
Wenn zwei Stimmen in gleicher Bewegung mit einander fortschreiten und
sich diese Fortschreitung auf Oktaven endiget, so sagt man, dafs verdeckte Ok-
taven dazwischen liegen, wie bei a. Denn wäre der Raum zwischen diesen In-
tervallen ausgeführt wie bei b, so würden augenscheinlich Oktaven-Folgen einr.
getreten sein; da jedoch diese Noten nicht eingeführt sind, so erscheinen diese
Oktaven lediglich in der Einbildung: sie sind leicht durch Gegenbewegung zu
vermeiden, wie bei c.
b
Verdeckte Oktaven.
Ssübe
Vermieden durch
Gegenbewegung
Verd. Oktaven.
:hO:
Q±:££=:
Vermieden durch
Gegenbewegung.
D=3=4
:Q:
Dieselbe Bemerkung findet Anwendung auf verdeckte Quinten, siehe d.
Verdeckte Quinten und Oktaven, die in beiden Stimmen durch Fortschrei-
tung in Sprüngen hervorgebracht werden, wie bei e, sind schlimmer als die vor-
erwähnten, und sollen mit Vorsicht vermieden werden.
*) Siehe Seite 35.
Verdeckte Quinten und Oktaven-Folgen.
179
{
Verdeckte
Quinten.
Oi=p:
=t=
:Ö:
Vermieden durch.
Geg enb eweguiig.
&
T=Q:
:t=
-.©-
*2
T--
-©-
t-
Die kleine oder falsche Quinte soll nicht (streng genommen) vor der rei-
nen vorhergehen, weil eine reine verdeckte Quinte dazwischen liegt (s. /"*),
dagegen darf die reine Quinte vor der kleinen gechrieben werden (siehe g).
Verdeckte Quinten und Oktaven sind indefs wohl zu erlauben, und finden sich
selbst in den Werken der klassischen Meister überall; in den äufseren Stim-
men jedoch ist es rathsam sie stets zu vermeiden. Obwohl auch in diesen,
Haydn, und andere Meister, sie ohne Bedenken angebracht haben (siehe a im
folgenden Beispiel).
c
329.
Die Quintenfolge, welche durch die Fortschreitung des § Akkords bei a,
hervorgebracht war, ist bei b durch Zurückhaltung vermieden, Cherubini hat
dagegen diese Quintenfolge bei c **), sich mehr als einmal in seinen letzten
Kirchen - Compositionen erlaubt.
Quintenfolgen, welche aus durchgehenden Noten entstehen, sind erlaubt,
da die durchgehenden Noten nicht zu der wesentlichen Harmonie gehören.
B±=^=r=ß~
=b— p
±:
-0-
-ß-
±:
-fc-fr
^^m
*) Diese Regel wird nicht sehr beachtet von den neueren Componisten.
**) Siehe Seite 169.
280
Verdeckte Quinten und Oktaven-Folgen.
Durch Brechung der Akkorde können unerlaubte Fortschreitungen nicht
vermieden werden; denn, ob die Intervallen des Akkords nacheinander wie bei
a% oder verbunden wie bei b angeschlagen werden, der Eindruck (hinsichtlich
der unrichtigen Fortschreitungen) bleibt derselbe.
331. <
Eben so wenig können Quinten- und Oktavenfolgen durch die Einführung
von Pausen vermieden werden (siehe c).
Warum, da die Fortschreitung in Terzen erlaubt ist, ist die Quinten- und
Oktavenfortschreitung unerlaubt? —
Die Natur scheint sie verworfen zu haben! —
Wir finden in der Harmonie, die in der Schwingung der Saite uns gege-
ben ist, wohl Terzen-, aber keine Quinten- und Oktavenfolge *). Die Natur
hat in ihrer Entwicklung sehr bestimmt die einfache ununterbrochene, eng mit
einander verbundene Folge der Harmonie uns vorgeschrieben. Verdeckte, (oder
mit andern Worten, eingebildete) Quinten und Oktaven finden sich wohl darin,
aber keine Wirklichen. Eben so wenig sehen wir andere zwei gleichbenannte
*) Siehe Seite 57.
In-
Die Bildung der Melodie. 281
Intervallen unmittelbar nach einander erscheinen, ausgenommen Terzenfolgen,
doch auch diese nur von verschiedener Gröfse.
Die stete Abwechselung der Intervallen, welche uns in der Harmonie der
Tonleiter durch die Natur angegeben, mufs für uns ein Vorbild der Verschie-
denheit und Regelmäfsigkeit zugleich werden, welche Beide so unerläßliche
Bedingungen in der musikalischen Composition sind. Mit einem Wort, diefs
ist die Quelle aus welcher der Strom reiner Harmonie zuerst entsprungen, die-
ser mufs auch so rein in seinem Fortgange erhalten werden, als die Quelle der
er entflossen, es war.
Die Notwendigkeit der Regel „dafs Quinten und Oktaven-Folgen vermie-
den werden müssen" ist demnach einleuchtend durch sich selbst, und wir mö-
gen fest überzeugt seyn, dafs wenn die Folge dieser unerlaubten Fortschreitun-
gen zugestanden wird, diefs stets auf Kosten der besseren Melodie und Harmo-
nie nur geschiehet.
Vorbereitungen zur Bildung der Melodie.
Die 'verschiedenen Zeitmaafse j der Rhytmus u. s. w.
Bis hieher hat der Schüler, die ihm vorgeschriebenen Melodien, in Harmo-
nie ausgesetzt; nun soll ihm gelehrt werden die Melodie selbst zu bilden.
Der erste Schritt zu Erreichung dieses Zwecks ist, ihm mit der Construc-
tion des einzelnen Taktes sowohl, als mit der verschiedenen Beschaffenheit der
Zeitmaafse, in welchen eine Composition geschrieben werden kann, bekannt zu
machen.
Um es deutlich zu machen was unter dem verschiedenen Zeitmaafse ver-
standen wird, wollen wir annehmen, „die Noten des folgenden Beispiels wür-
den durchgängig mit einem gleichen Grad von Stärke angegeben," in' diesem
Falle können sie uns keine besondere Empfindung, noch einen Ausdruck mit-
theilen, als der durch ihr Steigen und Fallen entsteht; sie sind unbelebt:
(dieser bildliche Ausdruck sei mir erlaubt), und wenn gleich Harmonie, Mo-
dulation, Dissonanzen u. s. w. dazu beitragen können sie mehr und mehr
ins Leben zu rufen, so werden sie immer einer Beschaffenheit von gewaltigem
Einflüsse ermangeln, des rhytmischen Verhältnisses oder der rhytmischen Form.
332. fe-0=g--^=^0=g=g^O=0^--g=g=g
[ 36 ]
*,
282
Die verschiedenen Zeitmaafse.
von
Um die rhytmische Form zu erhalten, wollen wir die obere Folge
Noten trennen, indem wir je zwei und zwei zusammenstellen, wie im folgenden
Beispiele.
3 4 5 6 7 —== 8
333.
■CrOi-O^
^--O:
Si©i
ZOlO;
Solche Zusammenstellungen nennen wir Takte (sie sind bestimmt getrennt
durch die Linien, welche das System durchschneiden). Die Theilung giebt uns hier
8 Takte; wenn wir während der Ausübung zählen — eins, zwei, drei u. s. w.
bis acht, so werden wir unbewufst auf der ersten Note, das heifst, der ersten
halben Note eines jeden Taktes, einen Nachdruck legen, nie auf der zweiten
halben; dies nennen wir Accent, es ist der Anfang des Rhytmus.
Von der ersten Eintheilung der zwei Noten in einem Takt, ist die Regel
hergeleitet, dafs, „wenn ein Takt zwei Noten von gleichem Werthe enthält
(mögen sie ganze, halbe, oder Viertel-Noten sein) so ist die Erste davon ac-
centuirt, die Zweite aber unaccentuirt."
Diese Eintheilung der Zeit müssen wir für jetzt durch die Zahl 2 zu An-
fang der Linie bezeichnen: -f- für zwei ganze Noten in einem Takt; -§" ßü"
zwei halbe, und -§■< für zwei Viertel *) ; und da jeder Takt aus zwei Noten von
gleichem Werthe (oder deren Equivalent) besteht, so benennen wir dies, den
gleichen oder gewöhnlichen Takt **).
334.
*) Die obere Ziffer bezeichnet die Zahl, die untere den Werth der Noten, die zu einem
jeden Takte (hinsichtlich der Zeit) gehören sollen.
**) In neuern Compositionen ist dieses Zeitmaals durchgängig so (^ bezeichnet, es wäre in-
defs rathsam die oben angeführte einfache Bezeichnung einzuführen, da sie darauf berechnet ist,
den wesentlichen Unterschied zwischen den hier angeführten Jj- Takt, und den noch später zu
erwähnenden J5- Takt, anschaulich zu machen.
Der Rhytmus.
283
Wenn wir zwei Takte von den vorstehenden in einem verbunden schrei-
ben, so erhalten wir eine Takt-Eintheilung von vier: -f- -f- \ \.
ac.
Da von den letzten Takten ein jeder aus der Verbindung von zweien der
früheren entsteht, so folgt, dafs diese letzteren Takte nothwendig auch
zwei Accente erhalten müssen, dafs heifst auf dem ersten und dritten
Takttheil; mit dem Unterschied jedoch, dafs der zweite Accent (hier mit ei-
nem kleinen a bezeichnet) nicht so stark ausgedrückt wird, als der erste.
Dieses Zeitmaafs entspringt aus vier Noten von gleichem Werthe wir
benennen es, langen gewöhnlichen Takt.
N. B. Der Unterschied zwischen dem Zeitmaafs, von -f-tel und -f-tel mufs
sehr genau beachtet werden.
Wenn der gleiche Takt oder die Eintheilung der Zeit, deren wir zuerst
erwähnten, dadurch verändert wird, dafs wir den Werth des ersten Takttheils
verdoppeln, (wie bei a im folgenden Beispiel) oder dadurch, dafs wir den
zweiten Takttheil um den halben Werth verringern (wie bei b) so entsteht
ein neues Zeitmaafs, aus 3 Noten von gleichem Werthe in jedem Takt
(hinsichtlich der Zeit); dies ist dreitheiliger oder ungleicher Takt, und wird,
wie folgt, bezeichnet -~r -f- -f-.
336.
ac.
ac.
■ p -B-
jf y>. p °
W—2,
■*%
m
ac
-O-
ac.
:*
[ 36
284
Die verschiedenen Zeitmaafse.
Da die angegebene Eintheilung in drei, aus dem -f-tel Takt entsteht, wel-
cher in dem Beispiel 334 beschrieben ist, so mufs folglich nur ein Accent
seyn, dieser fällt, versteht sich, auf dem ersten Takttheil.
Es mufs jedoch bemerkt werden, dafs es noch eine andere Art des drei-
theiligen Taktes giebt, die aus der ursprünglichen Verbindung von
drei Noten gleichen Werthes entspringt, welche öfters alle drei mit
gleichem Accent belegt werden.
337. {
:Q:
t-
-C-
:t:
-&~
z3r
:\:=t—.
4=
:C:
*=
:D:
:^
=:j=p:
:f:
Die charakteristische Unterscheidung zwischen diesen beiden Arten des
dreitheiligen Zeitmaafses, ist wohl genugsam bestimmt, um dafs es nicht mifs-
verstanden werden kann: es ist z. B. einleuchtend, dafs das dreitheilige Zeit-
maafs bei (c) im folgenden Beispiel aus dem Takt von 2 entsteht; während
dafs bei (d) aus der ursprünglichen Zusammenstellung von drei Noten von
gleichem Werthe herzuleiten ist. Der Accent des ersten Zeitmaafses ist
keinem Zweifel unterworfen, da hingegen der im letzteren unentsshicden ist. ,
338.
9 . (S
C*tC.
ac.
ac.
ac.
M h Q.
p
._
!
fo-h-i,^
9 .
©
%® E — f*
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B .
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Haydn.
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Jil J
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■"v. -*-
zT----—-=l—.:--l
Ö
HK
-^
Mozart.
fe
EggÖ
— i — _>n*^°!~t j"*j ~fn i — i — m—
Der Rhytmus.
285
Wenn in einem 2theiligen Takte, der halbe Werth einer dieser Noten, zu ei-
ner jeden Note hinzugefügt wird, so entsteht eine neue Art Zeitmaafs, welches
wir den zusammengesetzten gewöhnlichen Takt benennen, und -f- -§- bezeichnen.
330.
ac.
-R--
=p:
ac
ac.
-s-#-P-
E==p=t=
£=J=
-ß-
4-p-ß-M-
_f_ — | — | — | —
•— (fc=~
:[=Ö
Da diese Eintheilung der Zeit aus dem Stheiligen Takte entspringt, so folgt
natürlich, dafs wir nur einen Accent haben können, und wir müssen ihn den
kurzen zusammengesetzten Takt nennen.
Wenn zwei 3thei!ige Takte verbunden werden, welche aus dem Stheiligen
Takt entsprungen waren, so erhalten wir langen zusammengesetzten gewöhn-
lichen Takt.
f]
ae.
ac.
p
-©-
M V.
o
*P 3
340. «k^
#
Da dieses Zeitmaafs aus dem 4theiligen Takte entspringt, so mufs noth wen-
dig jeder Takt zwei Accente haben, wie im Beispiel 335; dieser lange zusam-
mengesetzte gewöhnliche Takt, welcher aus dem 4theiligen entsteht, wird oft
verwechselt mit dem aus dem 2theiligen entsprungenen. Der Unterschied wird je-
286
Die verschiedenen Zeitmaafse.
doch augenblicklich einleuchten, so bald wir den kurzen zusammengesetzten
Takt bei b, mit dem langen *) bei c im folgenden Beispiele, vergleichen.
341.
— &■ s 9- 1 — P £-i s- i — p- f- H —
— -^ ß. 1 — i — *- — f i i
& — rt-=ß^=ß
&
9-
-ß—ß-f-ß-f-
■l — i — l-
jß- —
{
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T-
Ac.
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t*
ac.
-ß-
Ac
:t:
:t:
Ac.
Ac
^=r^=Ök=°
m
-ß—ß-
T-
ßfß-
4-t-
£==t
Verbinden wir 2 Takte von diesem kurzen -f- Takt mit einander, so er-
halten wir ^, und da dieses Zeitmaafs aus den 4theiligen entsteht, so folgt
nothw endig dafs zwei Accente in jeden Takt fallen müssen.
'
ac.
*) Siehe desgleichen Beispiel 348.
Der Rhytmus.
287
Fügen wir zu einer jeden Note des 3theiligen Takts den halben Werth
der Note hinzu, so entsteht der zusammengesetzte 3theilige Takt -f-;
343.
3t
-O-
£:
ac.
£:
:p
i
:t:
t-O-
:t
i
«:
-/-
_pi_p_,_^.
Ob der Accent auf der ersten Note, ob er auf dreien vertheilt werden
soll, hängt von der ursprünglichen Takteintheilung, aus welcher er herzuleiten
ist, ab.
Die Verschiedenheit des Effekts, welche durch die Veränderung der
rhythmischen Form, selbst bei der einfachsten Melodie möglich wird, anschau-
lich zu machen, und um zu zeigen, dafs ohne alle Abweichung von der ur-
sprünglichen Fortschreitung der Noten der Melodie, diese Mannichfal-
tigkeit lediglich durch Veränderung des Zeitmaafses bewirkt wird, (indem Ab-
kürzungen und Verlängerungen des Werths einiger Noten, Punkte und Pausen
u. s. w. angewendet sind), folgt das Beispiel 344 hier, vielleicht dienet es den
Gegenstand schneller begreiflich zu machen, als viele Seiten der Erläuterung.
Mit dem Versuche, die verschiedensten Gefühle und Leidenschaften durch
dieselbe Folge von Noten auszudrücken, indem nur die rhytmische Form ver-
ändert wurde, bezweckte ich, die Wichtigkeit und den grofsen Eiiiflufs des
Rhytmus in der musikalischen Gomposition fühlbar zu machen; da in Wahr-
heit der Rhytmus die Seele der Musik ist, und unsere höchste Aufmerksamkeit
fordert.
288
Die verschiedenen Zeitmaafse.
344.
Unbelebt.
Unempfmdlichkeit,
Trägheit,
Verzagtheit.
Etwas beseelter.
Ermunternd.
Leidenschaftlich
Stürmische
Heftigkeit.
Sorge und Schmerz.
-»— m
+=r=!=!=j=S=?=M=£===£=
Moderato.
feü
Moderato.
-p—ß
S==Mr=
_o.
:t:
m
ß F
-p-ß-ß-
£E
■ß—ß-\ — i — -bj-
JtfBE
t:
v^//o. Moderato.
-ß-ß-ß
r§^^&
F#-P
-p-#-F-t--
#*-
Wtf^
3?±i3£±
Allo. con Spirito.
ß-ß
w*
ff
Allo. Agitato.
-#*
2#-#
:F=£:
-*££L©-
rP
SE^fe*=Ö^iÖgg
-l — i — I—
■knb
*
Aeitato.
Furcht, Zittern. l^g^^tÖl^gg^
W
i#-f^-F
p^sp^i
Heftige
Gemüt'hsbewegung
Eutschlossenheit,
Entschiedenheit.
Demuth,
Sanftmuth,
Bitte.
Es
Q-
rinf.
-P-P-
:"s^Ffe
üt:
rinf.
rpz£
Maestoso.
ßß-ß'ß
roacE-pzpz
±3tfc
Staccato.
Moderato. ^"
ȧ-
sf.
-©-
zt:
*/•
se
-i f >.r ir . «-
^ig
top — F
:=K-t=bz::it:
=P=
Liebreich,
einschmeichelnd.
Gratiös.
Anmuthig.
Stolz,
herrschsüchtig.
Munterkeit,
Fröhlichkeit.
Zufriedenheit.
K-indlich,
scherzhaft.
Der R h y t m u s.
Moderato. ^^p___ ^^mmmt
289
*** dol.
Pomposo.
nposo.
rinf. rinf.
rretto. -y
Scherzando.
j-jir^J^-/ — j.-zzz=.-zz£T
1
** mez. Vac.a
mez. Voce
Die Bildung der Perioden* oder musikalischen Phrasen.
In den vorhergehenden Beispielen ist gezeigt, dafs die Takte, durch Zusam-
menstellung einer Folge von Noten in gewisse Abtheilungen, entstehen. Verfah-
ren wir in eben der Art mit einer Folge von Takten, so entstehen daraus
Perioden, oder Phrasen. Die Verbindung mehrerer dieser Perioden macht
eine Compositum. Da das natürlichste Zeitmaafs aus der gleichen Zahl von
Takten entsteht, -f- ~
*) Siehe Beispiel 334.
*) so sind die Perioden welche aus 2, 4, 8, 10, oder ir-
[ 37 ]
290
Die Perioden.
gend einer gleichen Zahl von Takten bestehn, die einfachsten und angenehm-
sten ; deshalb nennen wir sie regelmäfsige Perioden. Das Ende einer Pe-
riode in der Musik, ist dem Schlüsse eines Redesatzes zu vergleichen; und soll
dem zu Folge mit einer Kadenz schliefsen.
Das folgende Beispiel ist eine Periode von 4 Takten, die Schlufs- Kadenz
mit inbegriffen.
Moderato. ~===~r- *. i ,-^
345.
6 tj 6 R 7
Da zu Ende dieser Periode das Ohr durch die Schlufs -Kadenz in den
Stand der vollkommensten Ruhe versetzt ist, so nennen wir diese eine voll-
kommene Periode.
Es ist nicht durchaus nothwendig, dafs alle Perioden, in derselben Ton-
art enden in welcher sie begonnen.
(
346.
~b ==l — J — -1— t-J — H r-J — P^— I r
--T-
-+-<**-
r-rr
eL±-
:t
--F:
±:
JP
--0=ß-
±— t
^*-
66 666 66 6798
4 444 4 # 7 3
2 3 3 4
Hier hat die Periode in der Tonart Hes angefangen, und endet in der ver-
wandten Moll-Tonart: es versteht sich aber von selbst, dafs die Melodie so
nicht schliefsen kann, es mufs etwas folgen, was zu der ursprünglichen Tonart
uns zurück führt.
Wenn wir eine Periode von 8 Takten anfangen , und wir sind bis
zum 4ten Takt gekommen, fühlen wir uns unwillkührlich zu der Harmonie
des Dominanten hingeleitet, und empfinden das Verlangen auf diesem Punkt
zu einem Grad der Ruhe zu gelangen. Wenn dem zufolge wir, sey es durch
Fortschreitung oder Modulation im 4ten Takt die Harmonie des Domi-
Die Perioden.
291
nant *) eingeführt haben, so nennen wir dies eine halbe Periode; durch Mo-
dulation dahin zu gelangen, ist indefs vorzuziehn. Die Periode in dem fol-
genden Beispiele besteht aus 8 Takten, die Eintheilung der halben Periode ist
durch Modulation geschlossen bei a.
347
{
$
j£4
-1
:Q3
i
Haydn.
aEfcS:
Uä
(a)
-fe-
2
:t:
j£Ml
-O
s*>-
■M
-i — h-
— r
Wäre im obigen Beispiele die Harmonie des 3ten, und 4ten Taktes wie
bei b geschrieben, so würde die Periode durch Fortschreitung geendet haben.
Wenn die Melodie in langem gewöhnlichen, oder langem zusam-
mengesetzten Takt geschrieben ist, so wird meistens die Periode nur aus 4
Takten bestehend), befunden werden: in diesem Falle wird die halbe Periode
auf den 2ten Takt schliefsen.
348.
%.
-^$
:&
£H_0LAJ3Lr*
Haydn
:q-£d^£iP bz==Ää# ^jfffejg ^*5*
*3:
«^
^
5*0*=*
«3fc*3=Ä
^=^3=*g^
p-p
k U
$=wfr
*) Obwohl die Harmonie des Dominant hier die natürlichste ist, so ist doch der Abwechse-
lung wegen, eine Modulation nach der verwandten Moll -Tonart, ^>der ihrem Dominant, Sub-
Dominant u. s. w., nicht zu verwerfen; wie sogleich gezeigt werden wird.
[ 37* ]
292
Die Perioden.
Eine Periode oder halbe Periode, kann ebenfalls noch in kleinere
Theile getheilt werden, welche man „Einschnitte" (Sectionen) nennt; auch diese
können durch Fortschreitung oder Modulation gebildet seyn. Wenn ein Ein-
schnitt durch Modulation, auf dem accentuirten Takttheile entsteht, so
nennen wir ihn accentuirten Einschnitt durch Modulation, und ist
er auf dem unaccentuirten Takttheil gefallen, so wird er unaccentuirter
Einschnitt durch Modulation genannt: der Eindruck des Letzteren wird
jedoch immer, im Vergleich zu dem Ersteren, sanfter und gefälliger erscheinen.
Diese Gegenstände werden klarer erscheinen, und richtiger verstanden werden,
wenn man die nachfolgende Melodie mit Aufmerksamkeit prüft; sie besteht er-
stens aus 16 Takten, sodann ist sie in 2 Theile getheilt, diese Theile bilden
ganze Perioden; die erste Periode ist durch Modulation nach dem Dominant,
bei a, im 4ten Takt, wiederum in zwei halbe getheilt; bei b sind accen-
tuirte Einschnitte durch Modulation, und bei c, unaccentuirte gemacht.
Andante. -
Die Perioden.
293
Wenn dieselbe Melodie, geschrieben und in Harmonie ausgesetzt wäre, wie
im folgenden Beispiele, so würden Einschnitte und halbe Perioden durch
Fortschreitung, statt durch Modulation bewirkt worden seyn.
350. "" "~ = ~" ~ ' ™~~~ ~~ ' " — "—
f
£±=g
■£
O:
-*-c*
Halbe Periode durch Fortschreituns.
fcrx
*
ä:
-g— o-
-etc
-© +
t
"-&:
:Ö:
Oizfc
:t=:
±:
:t:
3Öt
Einschnitt durch. Fortschreitung.
ebenfalls.
Die Noten welche die Schlufs- Kadenz bilden, können selbst als Periode
behandelt werden, wie im folgenden Beispiel; da jedoch der Effekt welcher
durch solche kurze Perioden hervorgebracht wird, nur eintönig und klein-
lich ist, (besonders wenn sie ohne Modulation unmittelbar auf einander folgen)
so müssen sie vermieden werden.
Eingeführt mit Modulation können diese kurzen Perioden jedoch auch ge-
fällig und interessant erscheinen,
Periode,
352-^J
mm
as=3
*3S*:
Periode.
ß.
im
--£.-*-
r
e— ß-
t—r
ps
Periode.
9ß ß
ß-v-m-
:t
t-rrh\
-t:
7
6 *
-0-ß-
r
#
-=*«-
*:£=£
t=P
7 7
-=l Hfß
Wt
16
4
t=P
■**-
294
Die Perioden.
Bei einer sorgfältigen Untersuchung des Vorstehenden wird man finden-
erstens, dafs die Einförmigkeit die in der 2ten Periode des Beispiels 351
herrschte, durch die Modulation nach E moll hier vermieden ist; zweitens dafs
die letzten 4 Takte welche 351 als zwei Perioden erschienen, hier durch
Einführung der Modulation nach //"moll im 6ten Takte, in einer vereinigt sind.
Es ist zu bemerken dafs die Modulation, durch welche eine Vereinigung
der verschiedenen Perioden in dem vorstehenden Beispiele bewirkt wurde, auf
den unaccentuirten Takttheil statt hatte. Verändern wir den Rhytmus dieser
Takte, so erhält das ganze Subject dadurch einen neuen mehr auffallende-
ren Charakter. Z. B.
353.
3if3
:^-'P
f.
6 7
-a
7
8
-ß-ß-
6 7
rinf. ' [ I | I I rinf.
rinf. m
±:
:0:
6
5
,-p-P=:
"-P
7 7
t!7
:pzt:
& —
4 7
Es ist unläugbar dafs der Rhytmus nicht so natürlich und fliefsend erscheint
als im Beispiel 341, doch kann er mit richtiger Beurtheilung eingeführt, vor-
treffliche Wirkung hervorbringen.
N. B. Es ist nicht nothwendig dafs die Kadenz, welche eine Periode schliefst,
jederzeit so vollständig seyn mufs, wie im vorhergehenden Beispiele; die blofse
Fortschreitung des Akkords der Grundseptime zu der Tonika wird oft genügen
das Gehör zu befriedigen, und es zu einem gewissen Grad der Ruhe zu leiten.
Das Volkslied, „God save the King" enthält zwei Perioden, die erstere
aus 6, die letztere aus 8 Takten bestehend, diese sind durchgängig in Ein-
schnitte von 2 Takten eingetheilt.
354.
~Jh~ß ß r
-ß--p—p-
T 9 T"
t rr
r-r-f--
ß-£-ß-ß m-
-i — L=-i — T— ß-
-1 y~-\ —
i^z^itczz
W —
!
- — V— u
1 r
r. ■ * U-Jf^
c
Die Perioden.
295
Das folgende Beispiel enthält eine Periode von 6 Takten, in Einschnitten
von 3 Takten eingetheilt.
355.
Es ist schon gesagt, dafs Perioden welche aus einer gleichen Anzahl von
Takten bestehn, die natürlichsten und angenehmsten sind; indessen haben meh-
rere Componisten, um einen ausgezeichneteren Effekt hervorzubringen, kein Be-
denken getragen, sich von diesem angenommenen Grundsatz zu entfernen. Die
im folgenden Beispiele enthaltene Periode besteht aus 9 Takten, 4 Takte bil-
den die erste, und 5 Takte die zweite halbe Periode.
356.
Wenn wir diese ungleiche Takt-Zahl zuerst hören, macht sie einen son-
derbaren Eindruck, der siebente Takt, erscheint unerwartet, und als wäre er
verfälscht. Spielt man jedoch diese reizende Melodie, nur einigemal hinterein-
ander, so wird man überzeugt, dafs in Wahrheit eben dieser hinzugefügte
Takt, die gröfste Schönheit ist.
296
Die Perioden.
Das folgende Beispiel zeigt uns, mit -welchem Effekte Mozart, Perioden von
3 und 5 Takten eingeführt hat.
357.
-I h-l 1— -m Jt-
in-. iiT
(a)
-O'-
»
~-3—**—ß.
±z
Eins.
Eins.
Eins.
Eins.
ffa-irfif^ß-^
f-t~\ l-f-r-
iFNeH
t
■ß —
:t
ß-r
Q)
-%™t
£-£-p$ß--ß-ß-
fK±^
5 Takte bilden die erste, 4 Takte in Einschnitte eingetheilt, die zweite
halbe Periode, und die letzte besteht nur aus 3 Takten.
Wenn die vorhergehende Aufgabe wie im folgenden Beispiel geschrieben
worden wäre, so, hätten alle Perioden die gleiche Zahl von Takten erhalten,
das heifst — die erste halbe Periode würde 4 Takte statt 5, so auch die letzte
4 statt 3 zählen; aber alsdann wäre auch der geistvolle und kräftige Ausdruck
worauf die ungleiche Eintheilung der Takte berechnet war (bei a und b) auf-
geopfert (siehe c und d).
12 3 4
N. B. Perioden welche aus einer ungleichen Zahl von Takten bestehn,
werden unregelmäfsige Perioden genannt.
Es ist nicht nothwendig, dafs eine Periode stets mit dem accentuirten Takt-
Theil anfange, sie kann eben so wohl mit einem Theil des unaccentuirten,
oder dem vollen unaccentuirten Takt-Theil beginnen, in welchem Falle
nur der Werth der Note zu Ende der Periode, (wird er hinzugerechnet zu
dem Werth der Note mit welcher angefangen,) den Inhalt des ganzen Takts
herstellen mufs.
In
Die Perioden.
297
In dem folgenden Beispiele fangen die Perioden bei er, und bt mit dem
unaccentuirten Takttheil, so wie bei c, mit 3 Achtel, und bei d, mit der Hälfte
desselben an.
Allegro, (ö)
259.
Mozart.
ifcfc^
=#
^Äfe
^F
^U3=:
:p=*
3==!^
±i
I
(4)
ses
-*-»■ -.
(c)
era
f^t
PC
SSC
fc£±
Wir finden oft dafs zwei unmittelbar auf einander folgende Perioden, so
construiret sind, dafs der letzte Takt der Ersteren zugleich der Anfang der
Zweiten ist.
360.
Mozart,
<
-P-
m
P-
++
ß—ß—*~
5feBfet=t=l=
£
•*-*-
=5=*=*
:^-b-
?=E=R=*g
teEE
ÜEgg^E
333=5==
<
Sfe-tT-L
•or
^Ö^_jl i».
^Stit-tzit:
SiS&c^S3
S
=ep
-_p_
4=E
*=J
£
— f-yf — +— rft —
I
Obgleich eine derartige Verbindung der Perioden sehr ausdrucksvoll seyn
kann, so mufs sie doch als eine Freiheit angesehn werden, die man sich nicht
zu oft erlauben darf.
*) Ende der ersten Periode, und Anfang der Zweiten.
[ 3S ]
298
Die Bildung oder Construction der Melodie.
Wenn die erwartete Schlufsklausel , durch eine unvollkommene, oder fal-
sche Kadenz, unterbrochen wird, so nennen wir eine solche Periode „eine
unvollkommene."
Die Bildung der Melodie.
Der Schüler mufs nun erlernen die Melodie selbst zu bilden, (zu construi-
ren); er kann dabei auf folgende Weise verfahren: — Zuerst entscheidet er
sich in welcher Tonart, und welchem Zeitmaafse er schreiben will, (wir wol-
len hier annehmen er habe C dur, und kurzen -f-tel Takt gewählt) , sodann
theilt er die Notenzeile in 8 Takte ein; in dem ersten und letzten von diesen
schreibt er die Tonika, und im 4ten den Dominant *). Diese einfache Ein-
teilung mag als erster Entwurf oder Umrifs der ganzen Periode angesehn
werden, welche in der Mitte in zwei halbe getheilt wurde.
361.
Ganze Periode.
Die unbeschriebenen Takte können nun mit verschiedenen Grundbässen
ausgefüllt werden, wie im folgenden Beispiele.
12345678
362. <J
m
m
-©—• J-
iO=.
-©"
:0=r
!E6:
Halbe Periode.
Ganze Periode.
Wir nehmen an der Schüler habe den Dominant für den 2ten Takt aus-
gewählt, die Tonika für den 3ten, und somit die halbe Periode durch Fort-
schreitung erreicht; sodann ist wiederum Tonika, Sub-Dominant, und zuletzt
der Dominant genommen.
*) Siehe die Note zu Seite 291.
Die Bildung oder Construction der Melodie.
299
Sind die Grundbässe in dieser Art bestimmt, so müssen aus der Harmonie
dieser Grundbässe nun, die Bässe für die Bass - Melodie entnommen werden *).
363.
I
(
m
6=o-
6
5 4
4 2 6
4-
«•-
r
6
6 5 4
4 3 2 6
c££»-
6
t:
£=P
6
6 4 7
O p
EEE:
:0=
7 —
4 3
6 7
4
~ Halbe Periode.
b7
5 6
3 -
6
4 7
Ganze Periode.
Aus dieser Bass-Melodie mufs nun wiederum die Gegen-Melodie für So-
pran, oder Discant entstehen * *).
364.
Ganze Periode.
Zu diesen mag nun der Schüler Alt und Tenor-Stimme schreiben, so wird
er eine einfache vierstimmig in Harmonie gesetzte Melodie erhalten, zu der er,
wenn es geschehen soll, Dissonanzen, durchgehende Noten u. s. w. nach der
früher hierüber ertheilten Belehrung, (von Seite 70 an), hinzufügen kann.
*) Dem Schüler wird sehr empfohlen, das über diesen Gegenstand Gesagte (von Seite 111.
an), nochmals zu durchlesen.
**) Siehe Beispiel 219.
[38*]
300
Die Bildung oder Construction der Melodie.
Ganze Periode.
Das hier niedergeschriebene Schema ist der Einfachheit wegen im gewöhn-
lichen -|-tel Takt abgefafst, kann jedoch mit sehr guter Wirkung in jedem an-
dern Zeitmaafse übertragen werden, nach den bereits hierüber ausgesprochenen
und mit Beispielen (332 bis 342) belegten Grundsätzen.
Im folgenden Beispiele ist dieselbe Melodie, in kurzen zusammengesetzten
gewöhnlichen -§* *) Takt umgeändert.
Keine Veränderung der Harmonie hat irgend statt gefunden (ausgenommen
dafs sie ausgedehnt worden) wie sich dies aus der näheren Untersuchung der
Grund bässe sowohl, als der Bässe ergeben wird.
Das folgende Beispiel enthält die Ursprüngliche Melodie (Beispiel 365) in
der Molltonart übertragen, und demgemäfs in Harmonie ausgesetzt. Dissonan-
*) Siehe Beispiel 339.
■\) Accentuirte durchgehende Noten, siehe Beispiel 238 (c).
Die Bildung oder Gonstruction der Melodie.
301
zenj Durchgehende und Hülfsnoten sind hinzugefügt, und die Harmonie ist aus-
gedehnt geschrieben. Bei a ist die zweite Versetzung des Akkords statt des
Grundbasses gewählt.
(
l
3SZ £? h — ±—ß-\
QfiT Jlnr1nnhf> ( n\ ! J
<jCy»-
■f ^.-a-*
tr»g#
367. Andante, («) !
-e- _ 1 '
j i i i
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-e- "-=- -4-e-
1 , v
*2z
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i
1
r^P
P=P=
6 5 ^4 6-b7 6 9 8 6 6 7
4 tj 3 43 5-43 4
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RiW
ep?
6 7 04 6
9 8
4 3
4-9-
-feiV
+ — e-
"3f Halbe Periode
Ganze Periode.
Dieselbe Melodie ist hier nachfolgend, für das Pianoforte in Variations-
Form geschrieben.
rinf.
Z3
:^-J»i:fcg^fc»frfcg- ±»t*-t»t»±* r'Tgrß- -* — * — £~~* _^ 0—0-0-
{
■J-
-r~
...|_-
r-^
T
302
Die Bildung oder Construction der Melodie.
Im zweiten Takte des folgenden Beispiels, ist eine leichte Veränderung* mit
dem, (aus den Intervallen entnommenen) Basse vorgenommen, die sich dem
Discante mittheilt. Die durchgehenden und Hülfsnoten sind hier im Bass al-
lein eingeführt. Es wird dem Schüler empfohlen den einfachen Bass bei «, mit
dem ausgeschmückten bei b, zu vergleichen; beide sind anzuwenden.
369. Andante Fxp.
n . i*h . . .
<
Sib
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•M-+-+-H
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-iil I — I l i L, l i. faJUl Z*^L.L
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3i±:
N
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■V-
V--tr#
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6-- 7
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1
-^ — i — i — t —
-4449
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5
7 tj4 "6
2
6 6
4
PS
9
4
8 6
3 -
ei±:
7
n
±E
Halbe Periode.
Ganze Periode.
Das folgende Beispiel enthält nochmals die frühere Melodie, aber in lan-
gem gewöhnlichen Takt *) geschrieben.
Moderato.
r<s
P>!
-*-*-*—**
*H
370.
"CT
4 — n
aht
-fe-b
5
— i-
etc.
etc.
etc.
Halbe Periode.
*) Siehe Beispiel 335.
Composition. 303
Die Melodie 367, ist im folgenden Beispiele in allen Stimmen zerstreut;
und zeigt, wie ohne die geringste Veränderung der ursprünglichen Grund- Har-
monie, Nachahmungen anzubringen sind.
Von 1 bis 4 liegt die Melodie in der 2ten Violine *), bei 5 und 6 in der
Bratsche, bei 7 wieder in der 2ten Violine, und bei 8, 9 und 10 in der lsten
Violine. Die zwei ersten Takte der Melodie (wie sie in der 2ten Violine ste-
hen) sind im 3ten und 4ten Takt durch den Bass nachgeahmt.
Dem Schüler wird sehr empfohlen diese Aufgabe mit Sorgfalt und Auf-
merksamkeit zu studieren, da sie nicht aHein belehrend, sondern auch unter-
haltend für ihn seyn kann.
-371. Andante Exp.
Ganze Periode.
*) Diefs Beispiel ist für 2 Violinen, Bratsche und Violoncello hier ausgesetzt, um den Schü-
ler zu zeigen, dafs die Harmonie ganz dieselbe bleibt, ob für diese Instrumente, oder für Discant,
Alt, Tenor und Bass geschrieben wird.
304 Composition.
Es ist anzunehmen, dafs der Schüler schon jetzt eine ziemlich richtige
Vorstellung von der Bildung der Perioden erlangt hat, und somit sich, von der
Verschiedenheit, welche, ohne irgend eine Veränderung des Basses, durch An-
wendung der Durchgehenden, Hülfs-Noten, Dissonanzen u. s. w. so wie zuletzt
durch Umänderung des Rhytmus, (des Zeitmaafses worin ursprünglich die Me-
lodie geschrieben war) hervorzubringen ist, überzeugt hat.
Alle Verschiedenheit des Effekts, welche durch die letzten 9 Beispiele ge-
herrscht hat, war auf demselben Entwurf (oder Umrifs) 362 entstanden;
kein anderer Grund-Bass, noch Bass waren angewendet, als die im Bei-
spiel 364 gefunden werden *). Wenn der Schüler nun bedenkt, wie mannichfaltige
Veränderungen der Melodie im Bass ihm auf demselben Grund-Basse noch frei ste-
hen, und dafs hieraus wiederum neue diesen entsprechende Melodien, im Sopran
und den Mittelstimmen hervorgehen müssen, so wird ej leicht übersehen dafs
in dem vorstehenden Beispiele (so einfach der Entwurf der Grundlage war) das
Subject bei weitem nicht erschöpft wurde, dafs viel, viel mehr damit zu errei-
chen ist! — Diese Thatsache mag den Schüler antreiben, die eigene Schaffungs-
kraft in Erfindung neuer Bass-Melodien auf demselben Grund-Basse, zu üben;
sollten zu Anfang einige Schwierigkeiten sich ihm in Verfolg seines Wunsches
entgegen stellen, so wird er bei geringer Ausdauer sich bald überzeugen dafs
sie mehr in seiner Einbildung, als in der Wirklichkeit bestanden. Wenn dem-
zufolge so viel Abwechselung, mit so einfachen Hülfsmitteln als wir im Bei-
spiel 362 angewendet haben, zu erreichen ist; wie viel mehr können wir er-
halten, wenn wir den ersten Umrifs 361 mit verschiedenen Fortschreitungen
verschiedener Grund -Bässe ausfüllen.
Das folgende Beispiel macht auf einen Blick anschaulich, wie mannichfal-
tig der ursprüngliche Umrifs (Beispiel 361) mit Fortschreitungen von Grund -
Bässen auszufüllen ist.
Bei IL erreichen wir die halbe Periode durch Modulation, und schreiten
sodann durch eine Modulation nach C und von da nach D moll fort.
N. B. ^ und D, Takt 1 und 2, sind modifieirte Bässe.
Bei III. ist die halbe Periode auch durch Modulation geschlossen, vorher
aber ist im 2ten Takt noch eine Modulation nach der verwandten Moll- Ton-
art gemacht.
*\
*) Der eine Fall wo die 2te Versetzung des Akkords statt des Grund -Basses gewählt war,
verdient wohl kaum der Erwähnung.
Bei
Composition.
305
Bei IV. wiederum die halbe Periode durch Modulation, Takt 3 war die
falsche Kadenz vorhergegangen.
Bei V. ist die halbe Periode durch Fortschreitung erreicht, wonach eine
Modulation nach der verwandten Moll -Tonart erfolgt.
Bei VI. schliefst die halbe Periode durch Modulation, welche schon im
2ten Takte vorher begonnen.
Bei VII. bedarf es weiter keiner Erklärung.
372.
VII.
VI.
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Haibe Periode.
Ganze Periode.
Der Schüler mag nun eine der folgenden Bass- Melodien nehmen, und da-
mit verfahren wie es bereits gezeigt ist (von Beisp. 364 an).
Beispiel 373, ist der Dominant der verwandten Moll-Tonart gewählt,
um die halbe Periode mit ihn zu schliefsen.
[ 39 ]
306
C o m p o s i t i o n.
Bei II. wird die halbe Periode durch Fortschreitung erreicht, nachdem
eine Modulation nach der verwandten Moll -Tonart selbst, im 2ten Takte vor-
hergegangen war.
Bei III. endet die halbe Periode durch Modulation.
373. § 6 Ä a « f . 6 ■ . 6 1,7 ^ 7
III.
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Ganze Periode.
Hier folgt ein Beispiel in dem die halbe Periode auf der verwandten Moll-
Tonart des Sub -Dominanten schliefst.
374.
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Im folgenden Entwurf endet die halbe Periode in der verwandten Moll-Tonart.
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Ganze Periode.
Alle Entwürfe bestanden bisher nur aus einer Periode, einem Theilej die
jetzt folgenden Beispiele werden nun 2 Theile enthalten.
Beim Entwurf des Umrisses der ersten Periode, war nichts bestimmtes fest-
gestellt, hinsichtlich der Tonart in welcher die halbe Periode zu beenden ist;
*) Siehe Beispiel 278 («).
Composition.
307
diese Bestimmungen sollen künftig dem Urtheile und dem Geschmacke des
Schülers überlassen bleiben: wir wollen allein das Verfahren welches er dabei
zu beobachten hat, andeuten.
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375.
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Erste ganze Periode, oder l&tcr Tlieil.
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Zweite ganze Periode oder 2ter Tlieil.
*) Zurückhaltende Modulation, Beispiel 302. **) Betrügliche Modulation, Beispiel 297.
***) Betrügliche Modulation, Beispiel 295. f) Zurückhaltende Modulation, Beispiel 299.
[ 39* ]
308
C o m p o s i t i o n.
Bei a, haben wir nach der verwandten Moll- Tonart modulirt.
Bei b, — — nach dem Dominant der verwandten Moll-Tonart modulirt.
Bei c, — — nach dem Dominant der ursprünglichen Tonart modulirt;
welches Letztere jedoch eine sehr eintönige Wirkung macht, da dieselbe Mo-
dulation sich im 8ten Takte schon wiederholt.
Im 2ten Theile ist die halbe Periode auf dem Dominant der ur-
sprünglichen Tonart geschlossen; dies wurde nothwendig, weil so viele
Modulationen nach der ersten halben Periode eingeführt sind, dafs das Ohr
unmerklich von der ersten Tonart ganz abgeleitet war: der Dominant im
12ten Takte ist demnach darauf berechnet unser Gehör auf das wieder Ein-
treten des Grundtons vorzubereiten.
Auch hatten wir bisher nur Perioden von 8 Takten, da jedoch die fal-
sche Kadenz bei a, und die unregelmäfsige Kadenz bei b, die Schlufs-
klausel des 8ten Takts zurückgehalten haben, so sind dadurch diese Perioden
auf 10 Takte verlängert.
376.
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Halbe Periode.
Ganze Periode.
Sehr natürlich dringen sich die nachfolgende Fragen, bei dieser Gelegen-
heit, von selbst uns auf.
Angenommen die Tonart ist bestimmt, in welcher ich schreiben will, in
welcher Tonart soll ich meine erste Periode schliefsen, und meine zweite
anfangen u. s. w. ? In Erwiederung auf diese Fragen, will ich die nachfol-
genden Winke als allgemeine Rathschlage hier noch hinzufügen.
Ich setze z. B. voraus die Melodie ist auf 16 Takte bestimmt, in 2 Theile,
einen jeden zu 8 Takte eingetheilt; und,
Die Tonart Cdur, so kann der erste Theil enden:
Gomposition. 309
Erstens in der Tonika C; 2tens in dem Dominant G; 3tens in der verwandten Moll-Ton-
art A; 4tens in dem Dominant der verwandten Moll - Tonart E.
Ist die Tonart eine Moll-Tonart; Cmoll, so kann die lste Periode
enden :
Erstens in der Tonika C; 2tens in dem Dominant G; 3tens in Gmoll (der Quinte der ur-
sprünglichen Tonart); 4tens in der verwandten Dur-Tonart des Grundtons in Es.
Erster Fall.
So kann die halbe Periode enden,
lstens, durch Modulation nach dem Dominant G.
2tens, durch Modulation nach dem Sub-Domi-
Wenn die Tonart eine Dur-Tonart ist, und 1 nant F.
der erste Theil schliefst in der Tonika . . C? \ 3tens, in der verwandten Moll -Tonart des Sub-
Dominant D.
4tens, in der verwandten Moll-Tonart des Grund-
Tons A.
Ist in dieser Art über den ersten Tlieil bestimmt, so kann der zweite
Theil anfangen, mit
/ Die halbe Periode mag dann enden,
— . , . „„■,,. ,, i lstens, mit der verwandten Moll -Tonart . A.
dem Dominant, oder einer Modulation nach dem J • j r» • . j i **/i n
_ . ; . ' _ < 2tens, mit dem Dominant der verwandten Moll-
Dominant . .' G. ] rp, T, j
I Tonart E dur.
V 3tens, mit dem Dominant des Grund -Tons G.
Oder:
Es kann der zweite Theil mit dem Dorai- ( In diesem Falle mag die halbe Periode enden
nant der verwandten Moll -Tonart anfangen, < lstens, mit der verwandten Moll -Tonart A.
mit £ dur. ( 2tens, mit dem Dominant des Grund -Tons G.
Oder:
Wenn der zweite Theil mit dem Dominant (
der verwandten Moll-Tonart des Sub-Dominan- k»™ d,e halbe Peri°de «Hießen , der
ten, mit A dur anfängt, ( Schuler maß dies selbst bestimmen.
Zweiter Fall.
Wenn der erste Theil mit dem Dominant ( kann man die halbe Periode schließe*
P ,. < lstens, in dem Dominant durch Fortschreitung;
( 2tens, in der verwandten Moll -Tonart.
Ist über den ersten Theil in dieser Art bestimmt, so kann der zweite
Theil anfangen,
lstens, mit dem Dominant G. I Hier mag der Schüler wiederum die Ton-
2tens, mit einer Modulation nach der verwand- < art selbst wählen, mit der die halbe Periode
ten Moll -Tonart A. ( zu schliefsen ist.
310
Compoaition.
Das Ende der halben Periode, mag der
Schüler wieder nach seinem eigenen Urtheil
bestimmen.
Dritter Fall.
, mag die halbe Periode
Wenn der erste Theil mit der verwandten \ lstens, mit dem Dominant durch Fortschreitiang
Moll - Tonart endet, \ oder Modulation schließen.
V 2tens, mit dem Sub - Dominant.
Der zweite Theil mag in diesem Falle anfangen,
lstens, mit der verwandten Moll -Tonart . A.
2tens, mit einer Modulation nach dem Sub-Do-
minant F.
Stens, mit dem Dominant der verwandten Moll-
Tonart E dur.
4tens, mit einer Modulation nach der verwand- j
ten Moll -Tonart A.
Eine Melodie welche ursprünglich nur aus 8 Takten besteht, kann bis zu
10r 12, 16, oder, einer noch gröfseren Zahl ausgedehnt werden, durch die Wie-
derholung einiger Einschnitte von 2, 4, 6 oder jeder beliebigen gleichen Zahl
von Takten.
Die hier folgende Melodie besteht aus 8 Takten. Bei b ist sie bis zu 10
ausgedehnt, durch zweimalige Wiederholung des letzten Viertels des 4ten Takts
und. der 3 unmittelbar darauf folgenden Noten. — Bei Cist dieselbe Melodie aus-
gedehnt zu 16 Takten, durch Wiederholung der letzten 6, die wir bei b sehen.
Alle diese hinzugefügten Takte sind jedoch nicht bestimmt im Sopran al-
lein eingeführt zu werden; einige davon können eben so wohl abwechselnd im
Alt, Tenor oder Bass gestellt werden. Da diese Stimmen demzufolge nothwen-
dig ihre Stellen verwechseln müssen, so wird eine Folge von Nachahmungen
entstehen.
Um die Nützlickeit dieser Ausdehnungen in der Ausübung zu zeigen, wol-
len wir die vorhergehende Melodie vierstimmig in Harmonie aussetzen, dies
wird anschaulich machen, wie diese Wiederholungen der Einschnitte, durch
Cömposition.
311
welche wir im letzten Beispiele nur einen eintönigen Eindruck erhielten, hier
als Nachahmungen angewendet, angenehm und zweckmäfsig werden.
378. <
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Composition.
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Die Buchstaben a, b, c sind hinzugesetzt, um die Verwechselungen der
Stimmen, (durch welche die Nachahmungen hervorgebracht sind) leichter be-
merkbar zu machen.
Bei 5 ist der Einschnitt der Imitation, ursprünglich im Sopran, und mit a
bezeichnet geschrieben. Bei 6 ist er eine Oktave tiefer durch den Alt nach-
geahmt, und bei 7 durch den Bass. Während Alt und Bass nacheinander den
Sopran imitiren, ahmt dieser wiederum bei 6 den Bass (£) und sodann den Alt
(c) nach.
Bei 7 imitirt ebenfalls der Tenor theilweise den Bass (b); und von 10 bis
16 folgen mit noch mehrerer Abwechselung Imitationen in allen Stimmen; die
Einschnitte im Sopran und Bass bei 5 erscheinen bei 11 im Tenor und Bass,
und sind bei 12 durch Sopran und Alt nachgeahmt. Während bei 13 die Ein-
schnitte a, b, noch einmal im Bass und Tenor, (jedoch umgekehrt *) wieder-
holt werden, imitirt zugleich der Sopran wiederum eine Oktave höher den Alt
(c). Auch mufs noch bemerkt werden, dafs die Melodie im Tenor vom 7ten
bis lOten Takt, bei 13 dem Alt übertragen wurde.
Bis hieher sind die Nachahmungen stets auf denselben Takttheil ein-
getreten, wie das S üb je et selbst. Im folgenden Beispiele dagegen ist der Fall
ver-
*) Wodurch die beiden ursprünglichen Stimmen Takt 5, sich im „doppelten Contrapunkt
in der Oktave" bewegen. Siehe Beispiel 150.
Composition.
313
verändert; die Subjecte der Imitation (welche hier im Sopran und Alt stehen)
sollen auf dem Zweiten Viertel des unaccentuirten Takttheils anfangen,
wie im vorhergehenden Beispiele, allein sie sind hier nicht in demselben Zeit-
maafse vom Tenor und Bass beantwortet wie früher, sondern auf dem Zweiten
Viertel des accentuirten Takttheils. So ist ein gemischter Rhytmus entstan-
den, durch welchen ein neuer und auffallenderer Eindruck hervorgebracht wird.
1
Die Figur welche bei 1 im Sopran und Alt geschrieben war, ist hier im Tenor
und Bass verlegt, die gegenseitige Verwechselung aller Stimmen ist dadurch bewirkt.
[ 40 ]
314
Com position.
Der Alt und Tenor bei II, haben hier wiederum ihre Stellung vertauscht;
der Erstere ist eine Oktave tiefer, der Letztere eine Oktave höher geschrieben:
Sopran und Bass sind dagegen unverändert geblieben.
Es kann nicht leicht einen Gegenstand geben, der durch seinen Reichthum
mehr Veranlassung zu einer ausführlicheren Behandlung darböte, als der so
eben hier vorgetragene. Wenn der Schüler indefs nur einigen Fleifs mit Aus-
dauer anwendet, so wird er gewifs linden, dafs das Gesagte hinreichend ist, um
ihn im Verfolg seiner Studien zu leiten , und Vergnügen und Nutzen linden
zu lassen.
Dem Schüler wird angerathen, die mit 377 anfangenden Aufgaben, mit
Aufmerkfamkeit zu prüfen und zu vergleichen; er wird daraus erlernen, mit
wie wenigem Stoffe *) bei einigem Erlindungsvermögen, mannichfaltige und an-
genehme Wirkungen hervor zu bringen sind. Diese Wahrheit wird sich ihm
noch mehr bestätigen, wenn wir einige Werke unserer besten klassischen Mei-
ster analysirt haben, was wir nun thun wollen.
*) Aus diesen wenigen Noten waren alle vorhergebenden Imitationen und Effekte entsprungen.
b-ft \~
1 fr 1
Siehe Beispiel 377, Takt 5.
Composition.
315
Als Vorbereitung hiezu müssen jedoch einige Andeutungen gegeben -wer-
den, was unter „freiem und strengen Styl" in der Musik verstanden wird.
In dem wahrhaft strengen Styl, giebt es nur 4 verschiedene Arten der
Noten (hinsicbtlich ibrer Dauer); dafs beifst, wenn die längste eine ganze
Takt -Note ist, so kann die kürzeste nur ein Viertel seyn, welches Letztere
nur als durchgehende Note angewendet werden darf.
Alle Dissonanzen, in welchen die Haupt - oder wesentliche Septime mit
inbegriffen ist, müssen auf dem unaccentuirten Takttheil vorbereitet seyn, und
mit dem accentuirten eintreten. Keine Oktaven oder Quinten, wie sie im Bei-
spiele 323 (k) aufgezeichnet, dürfen auf dem accentuirten Takttheil vorkom-
men, noch auf diese Weise vermieden werden. Die Note der Vorbereitung der
Dissonanz darf nicht von geringerer Dauer seyn als die Dissonanz selbst; und
um diesem Styl noch mehr Ernst und Würde zu geben, können nur dissonirende
Vorhalte *) angewendet werden. Aufeinander folgende grofse Terzen, sowohl
in diatonischer Fortschreitung, als in Sprüngen sind, so wie alle fremde aufser-
ordentliche Modulationen und Fortschreitungen **) verboten.
Im Beispiele 380 folgt bei 1 unmittelbar auf die Note C im Alt, die Note
Cis im Bass; dies ist nicht erlaubt, und wird „ein Querstand" genannt: Ein
solcher Querstand findet sicli bei 2 zwischen G im Tenor und Gis im Bass;
bei 3 zwischen Es im Sopran und E im Bass.
380.
Dies sind einige der Haupt- Grundzüge, welche das Eigenthümliche des
strengen Styls bezeichnen können.
Im freien Style sind dagegen Freiheiten erlaubt worden, welche ganz
unzulässig im strengen Style wären. Z. B. die Einführung unvorbereiteter Dis-
sonanzen, auf accentuirten und unaccentuirten Takttheilen; u. s. w.
*) Die Fortschreitungen der Sequenzen sind dem zu Folge vorzüglich geeignet für den
strengen Styl, siehe Beispiel 315 bis 322.
**) Siehe Beispiel 85, 86
[40*]
316
Composition.
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Diese Dissonanzen werden so eingeführt oft wie bei (ß), geschrieben, und
wie bei b ausgeführt; alsdann nennt man sie Vorschläge (Appogiaturen).
Es ist schon gesagt, dafs jede Dissonanz auf demselben Grundbasse aufge-
löfst werden mufs, auf welchem sie gehört wird *).
Im freien Styl können jedoch Dissonanzen auch auf einen anderen
Bass sich auflösen, wenn nur die Intervallen der aufzulösenden Dissonanz, ei-
nen Dreiklang, Hauptseptimen- oder Nonen-Akkord, auf der neuen
Bassnote bilden. So dafs in Wahrheit der Bass auf welchem die Dissonanzen
hätten aufgelöfst werden müssen, übergangen, und ein neuer in seiner Stelle
gesetzt wird. Das folgende Beispiel wird dies noch deutlicher machen, bei I
ist die Auflösung der Dissonanzen wie gewöhnlich, bei IL erfolgt sie auf einen
neuen Bass. Dies kann als „erlaubte Auflösung der Dissonanzen" zu Zeiten
mit grofser Wirkung angewendet werden.
*) Seite 77.
Analysatio
n.
317
ui n a l y s a t i o n.
Es ist sowohl unterhaltend als belehrend, die stufenweise Entwickelung
und Veränderung, welche in den Werken der ausgezeichnetesten Componisten,
von Corelli bis auf die neuere Zeit bemerkbar, zu verfolgen; und zu sehen, wie
mit fast demselben Stoffe der eine Autor Werke hervorgebracht hat, die
sowohl hinsichtlich ihres allgemeinen Styls als auch ihrer Wirkung so ganz
von denen anderer Meister verschieden sind, dafs man nicht leicht ihren Ur-
sprung aus ein und denselben Quellen herleiten würde.
Mit der Vortrelflichkeit, und dem Eigenthümlichen der Werke dieser groisen
Meister, mag der Schüler sich nun selbst bekannt machen; da dies jedoch nur
durch ein gründliches Verstehen derselben, (durch die Analyse *) geschehen kann,
so wollen wir ihn hier noch eine Anleitung geben, wie er dabei verfahren mufs.
Um Regelmäfsigkeit und Methode in diesem Zweig des Studiums zu erhal-
ten, mag das Ganze in folgender Ordnung eingetheilt werden.
Zuerst bestimmen wir die Tonart, ob Dur oder Moll.
Sodann das Zeitmaafs.
— die Grund -Bässe.
— die Modulationen und Hauptseptimen -Akkorde.
— die Dissonanzen.
— die Durchgehenden- und Hülfs-Noten, und die Neben -Harmonien.
— die Perioden.
— die Einschnitte und Imitationen.
Alle diese verschiedenen Theile werden im Fortgange der Erklärung be-
rührt werden.
Die Composition welche zu dieser Erklärung von mir ausgewählt wurde
ist das Erste Concert von Corelli, und fangt in D dur an.
*) Der Schüler wird in diesen Studien sich sehr unterstützt finden, wenn er das Werk
„Praktische und Theoretische Studien" durchliefst, da es eine Auswahl der Werke von Corelli,
Handel, Haydn, Mozart, Beethoven, Clementi u. s. w. enthält, die von dem Verfasser dieses Werks
für das Pianoforte eingerichtet und zugleich erkläret sind.
318
Analysation.
Frage. Woher kann man wissen dafs es eben diese Tonart ist?
Antwort. Weil D dur zwei Kreuze vorgezeichnet hat.
Frage. Es hat die verwandte Moll -Tonart H, gleichfalls 2 Kreuze, kann
es nicht ebensowohl diese Letztere seyn?
Antwort. Nein — der erste Akkord würde sonst Hmoll gewesen seyn,
da er der Akkord der Tonika ist *); zwischen der 7ten und 8ten Stufe der
Tonleiter liegt ein halber Ton, wäre die Tonart H moll gewesen, so könnte
die Note A, als 7te der Tonleiter nicht eingeführt werden, es mufste Ais ste-
hen **), da dies nicht der Fall war, wissen wir bestimmt dafs es D dur ist.
Das Zeitmaafs ist langer gewöhnlicher Takt ***).
Jetzt wrollen wir fortfahren und die Grund-Bässe aufsuchen, damit der
Grund, auf welchem der noch übrige obere Bau des Gegenwärtigen Gebäudes
beruhen soll, nun auch völlig festgestellt werde.
12 3 4 5 6
lste Violine.
2te Violine.
Bratsche.
Bass.
Grund. Bass,
Ö:^ptpt^g=3t±:
6 5
4 3
7
8
9 8
13
U§ 8
P7 -
v4 3
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1-
6 S
4 3
-Q-
Die Composition fängt mit dem Dreiklang auf D an, demzufolge ist der
Grundbass welchen wir unter den Akkord stellen D.
N. B. Die Noten E und G in beiden Violinstimmen, sind accentuirte
durchgehende Noten -f).
*) Siehe ßeisp. 173. **) Siehe ßeisp. 157. ***) Siehe Beisp. 335. f) Siehe Beisp. 234.
Analysation.
319
8
9
10
11 12 13
14
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Wenn wir bei (2) in den 4 Stimmen die Noten untersuchen, so finden wir
dafs sie insgesamt den Akkord von A angehören; wir schreiben also die Note
A als Grundbass darunter.
C im Bass als Terz des Akkords, wird mit der 6 bezeichnet.
N. B. Die Note //, in der ersten Violine ist eine accentuirte durchge-
hende Note.
Bei 3 entsteht der Akkord Hmoll aus einem modificirten Bass *) auf
der dritten der Tonleiter, welcher hier als Grundbass benutzt ist **). Der zweite
Akkord bei 3, ist der Hauptseptimen -Akkord von E; die Septime liegt in der
ersten Violine, die Quinte in der zweiten Violine, die Oktave in der Bratsche
und die Terz im Bass; dies giebt den g Akkord. Die Note E ist somit wie-
derum als Grundbass unter der Harmonie zu schreiben, (wie wir es im Beispiele
sehen).
N. B. Die Note A im Bass ist eine unaccentuirte durchgehende Note; das
E im Basse sowohl, als das E und H in der lsten Violine sind dagegen aus
der Neben- Harmonie ***) entsprungene Noten.
*) Siehe Beispiel 306.
**) Siehe die Bemerkungen über modificirte Bässe „die dritte der Tonleiter." Seite 257.
***) Siehe Beispiel 250.
320
Analysation.
16 17 18
Wir wollen in derselben Art weiter fortfahren die Grundbässe aufzusuchen;
D ist bei 5 Grundbass; E bei 7; und Fis bei 9.
Der Bass E bei 10 ist erste Versetzung eines modiiicirten Basses, der den
unvollkommenen Dreiklang (mit falscher Quinte) hat, mithin ein Sechsten-Ak-
kord *). Von 29 bis 35 entsteht die Harmonie aus einer Fortschreitung von
Sequenzen **). Dafs es Sequenzen sind, schliefsen wir aus der ununterbroche-
nen, mit Imitationen regelmäfsig steigenden Fortschreitung in der lsten und
2ten Violine.
N. B. Die Noten G und H im Bass bei 23, sind unaccentuirte Hülfs- No-
ten, und C bei 24 ist eine accentuirte Hülfs -Note.
Die Harmonie 49 bis 52 entspringt aus der Fortschreitung eines Sequenzen
von Septimen; wir folgern dies aus der regelmäfsigen und gleichförmigen Folge
steigender Quarten und fallender Quinten des Grundbasses, welche Fortschrei-
tung sich sogleich wie im folgenden Beispiele ***) darstellt, sobald wir den Bass
von allen Hülfs -Noten entblöfsen.
*) Siehe Beisp. 307, sowie auch Seite 258. **) Siehe Beisp. 323. ***) Siehe Beisp. 311 (e).
Analysation.
321
Allegro
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Wenn wir die Harmonie, welche die Fortschreitung des Grundbasses bei
(a), zuläfst, hinzufügen, und alsdann die Harmonie der lsten und 2ten Violine
im Original damit vergleichen, so wird die Uebereinstimmung augenblicklich
hervortreten; wir nehmen an, die Achtel-Pause in der lsten Violine, steht
in der Stelle der Septime, und diese Septime schreitet, vor ihrer Auflösung,
nach einem andern Intervall des Akkords fort (zufolge angewandter Neben -
Harmonie) (b); somit wäre jeder Zweifel an die Echtheit des Grundbasses der
Sequenzen von 48 bis 52 beseitigt. Man sehe Beispiel 255.
j, J . 3! 71 31 , ?) 31
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322
Analysation.
29
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4 3
7
9 8
Si%
9 8
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Der Schüler mag nun die Grundbässe in der bisherigen Art weiter aufsu-
chen, und sie unter der Harmonie schreiben, wie dies im Beispiele geschehen ist.
Wir wollen die eingeführten Modulationen jetzt näher untersuchen.
Das Concert fängt in D dur an, in welcher Tonart es bis 3 verbleibt,
wo eine Modulation nach dem Dominanten eintritt, die uns durch das Gis
im Bass, welches einen halben Ton nach A fällt *), angedeutet wird. E ist
eine Note der Neben- Harmonie.
Bei 5 wird eine Modulation nach D durch das G \ (bei 4) im Bass ange-
zeigt **). Bei 6 ist eine Modulation nach G durch das C \ in der lsten Violine
bezeichnet. Bei 8 haben wir eine Modulation nach A, und bei 10, nach der
verwandten Moll -Tonart, beide letztere Modulationen sind aus dem Basse zu
folgern.
Von 12 zu 17 sind wieder mehrere Ausweichungen, die jedoch der Schü-
ler leicht selbst zu erkennen vermag.
*) Siehe Beispiel 180.
**) Siehe Beispiel 181.
Dissonanzen *).
Da der Grundbass von 3 zu 4, 5 zu 6, 7 zu 8 u. s. w. in Quarten steigt,
oder in Quinten fällt, so können wir die Dissonanzen der None und Quarte
einführen.
Frage. Welche Dissonanz hat der Componist angewendet.3
Antwort. Die None.
Frage. Wie, und wo ist diese vorbereitet?
Antwort. Sie ist bei 3 durch die Quinte in der 2ten Violine vorbereitet,
woselbst auch ihre Auflösung in die Oktave erfolgt.
Sehr natürlich stellt sich uns hier die Frage auf, warum der Componist
nicht abwechselnd die Quarte und die None eingeführt hat, da die Fort-
schreitung des Grund-Basses beide Dissonanzen zuläfst? z. B. so wie folgt.
{
iö
t3t
3:
^ö^e
3:
5
4
HiE
6
ß—ß—0-
*—*-r—P — I
ü
*
-ß-ß-
9
-0—ß-
*) Siehe Beispiel 95, 101.
[41*]
324
Analysation.
37 38
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3 — y* — ^ — 3 — :ps — -| | — »— J — g
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7
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H f-
7
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-f-
9 8
7
-d h
-e-
Die Einförmigkeit, welche aus der steten Wiederholung ein und derselben
Dissonanz, natürlich entspringen mufste, würde dadurch vermieden worden seyn.
Oder auch durch Anwendung beider Dissonanzen zugleich, wie z. B.
9
4
3ife=.
J=£
-»— P— ,
3=
ss
etc.
etc.
Es würde mehr Abwechselung und Interesse daraus entstanden seyn. In
diesem Falle jedoch hätten müssen die Imitationen zwischen der lsten und 2ten
Violine von 5 zu 17, unterbleiben.
N. B. Die Untersuchung der Fortschreitung des Grundbasses in Bezug auf die
Einführung der Dissonanzen mufs der Schüler nun bis zu Ende allein fortsetzen.
Dafs der Componist den Bafs bei 32 mit der Bezifferung der Dissonanz der
None versehen hat, ohne diese nachmals einzuführen, kann seltsam erscheinen,
— das Auslassen dieser Dissonanz wird indefs später erklärt werden, wenn wir
zu den Imitationen kommen: für jetzt müssen wir die Achtel -Pause in der
Analy&ation.
325
2ten Violine als an der Stelle der Dissonanz stehend, betrachten; (wie wir
dies bereits durch kleine Noten angedeutet haben, bei Gelegenheit der Auffin-
dung der Grundbässe).
Derselbe Fall trifft wieder zu, bei 33, 49, 50, 51 u. s. w. Bei 33 ist die
None durch die Terz vorbereitet, bei 34 durch die Quinte, aber in die Terz
aufgelöset *). Bei 11 steigt der Grundbass eine Quinte **) , die Dissonanzen
von % sind demgemäfs eingeführt.
Frage. Wie und wo sind diese Dissonanzen vorbereitet?
Antwort. Die Quarte ist in der 2ten Violine durch die Oktave, und die
Sechste in der lsten Violine durch die Terz vorbereitet.
Perioden.
Von 1 zu 4 enthält eine halbe Periode durch Modulation ***). Von 5 zu
6, 7 zu 8, 9 zu 10, sind Einschnitte durch Modulation f). Die Periode be-
steht aus 6 Takten, und schliefst bei 12 in die verwandte Moll -Tonart des
Siehe Beisp. 182 (ö).
*) S. Beisp. 101. ***) S. Beisp. 347, 348. f) S. Beisp. 348 (c).
32b
Analysation.
ÖT
7
eil
S*=3=
±-
Grundtons. Von 13 zu 20 sind Einschnitte durch Modulation, ähnlich den
Vorhergehenden: Von 13 zu 22 ist eine halbe Periode durch Modulation.
Um der halben Periode mehr Würde und Schlufs zu geben, fügte hier der
Componist noch einen aufserordentlichen Takt hinzu: mit welchem sie nun 5
Takte enthält.
Von 23 bis 37, ist eine halbe Periode durch Modulation und Fortschrei-
tung in mehrere Einschnitte getheilt. Von 24 zu 25, 26 zu 27, sind Einschnitte
durch Modulation, von 30 zu 31, 32 zu 33 u. s. w., sind kurze Einschnitte
durch Fortschreitung, durch welche zuletzt die halbe Periode bei 37 auch ge-
schlossen wird. Von 39 bis 42 ist eine kurze Periode welche in Fis moll en-
diget. Von 43 zu 48 u. s. w. finden sich Einschnitte durch Modulation, von
da bis zu 53 Einschnitte durch Fortschreitung.
Imitation e n.
Das Subject in der lsten Violine bei 5 und 6, ist bei 7, 8, 9 und 10, von
derselben Stimme, einige Zeit einen ganzen Ton höher *), wiederholt. Wäre
*) Eine gleiche Fortschreitung von Sequenzen, steigend in ganzen Tönen, findet sich in
Händeis Hallelujah, im Chor zu den Worten „König der Könige."
Analysation.
327
Xr.
-* — 4 — *-
FiSSSi
6 7
BDOKIS^ ^HHHK» 1 W—\ 1 ■■KUH^M
Bf#:
-#*-
statt dessen 7 und 8 in der 2ten Violine, und 9 und 10 in der Bratsche ge-
schrieben, so würde weniger Einförmigkeit herrschen, und mehr Imitation ent-
standen seyn.
Bei 23 beginnt die lste Violine ein kurzes Subject auf dem accentuirten
Takttheil, welches auf dem unaccentuirten Takttheil von der 2ten Violine nach-
geahmt oder beantwortet wird. Diese strenge Imitationen gehen ununterbrochen
bis zum 30sten Takte fort; von wo, so weit es der Pihytmus gestattet, sie noch
immer fortdauern, jedoch sind die Fortschreitungen der Intervallen verschieden
von denen der lsten Violine. Hier war es nothwendig, um die Imitationen in
rhytmischer Ordnung fortsetzen zu können, dafs die Dissonanzen bei 32 und
33 ausgelassen wurden (der Fall dessen wir erwähnten) die Imitation von 42
zu 48 ist der von 23 zu 34 beschriebenen ähnlich.
Es mag seltsam erscheinen dafs die Terz des Dominant bei 41 in der lsten
Violine, statt nach der Oktave fortzuschreiten, eine None steigt; dies war aber
unerläfslich um das Subject der Nachahmung mit dieser Stimme wieder anfan-
gen zu lassen. Man wrird finden dafs die Terz des Akkords der Tonika bei
42 fortgelassen ist, solches Fortlassen der Terz, ist jedoch sehr häufig in
328
Analysation.
54 55 56
den Werken der älteren Meister zu entdecken, hauptsächlich bei dem Schlufs
der Moll -Tonarten.
Die Stimmen kreuzen sich untereinander oft ganz unverantwortlich: Bei
1 und 39 sehen wir die 2te Violine und Bratsche ohne irgend einen scheinba-
ren Grund über die lste Violine geschrieben.
Weshalb hat der Componist der Bratsche bei 59 erlaubt über die lste
Violine zu erscheinen? — Wäre diese Stimme eine Oktave tiefer geschrieben,
würde sie sich in ihrer natürlichen Stellung befinden.
Die Quinten -Folgen, zwischen der 2ten Violine und Bratsche bei 56, und
der isten Violine und Bratsche bei 58, in der Auflösung des verminderten Sep-
timen-Akkords zu vermeiden (da in beiden Fällen die None des Grundbasses
über der Quinte steht) hat der Componist die Stimme der "Bratsche in die
Quinte des folgenden Basses, statt in die Oktave fallen lassen. Wäre die dis-
sonirende Quarte nicht eingeführt, so würde die Quinte nach der Terz ge-
stiegen seyn *).
Zu
*) Siehe Beispiel 159.
Analysation.
329
Zu Anfang haben wir die Grundbässe mit allen Dissonanzen, die bei ihrer
Fortschreitung zulässig waren, beziffert; dem Schüler wird empfohlen die fer-
nere Bezifferung nun selbst darüber zu schreiben, er wird daraus ersehen, wie
viel mehr zu der Harmonie noch hinzuzusetzen gewesen wäre.
Musik ist als eine Sprache anzusehen, in der jede Leidenschaft, jedes Ge-
fühl deren das menschliche Gemüth fähig ist, ausgedrückt werden kann; da
nun eine Composition welche einigen Anspruch auf Vortrefflichkeit machen
will, die Macht besitzen mufs, wenigstens einige dieser Gefühle in uns zu er-
wecken, so müssen wir auch in dieser Beziehung noch den Eindruck der vor-
stehenden Composition würdigen.
Die Einleitung ist in einem majestätisch- edlen Styl geschrieben, die von
der lsten Violine vorgetragene Melodie drückt Freundlichkeit und Leutselig-
keit aus; der feste gehaltene Schritt des Basses spricht Selbstvertrauen und
Würde aus.
Die 2te Violine und Bratsche spielen eine mehr untergeordnete Rolle, wäh-
rend erstere nur in demüthiger Wiederholung dem Gefühle eines Oberen zum
Echo dient, macht Letztere einige Anstrengungen die Aufmerksamkeit (durch
kleine dissonirende Einschnitte) für sich zu gewinnen. So geht die Einleitung
[ 42 ]
330
Analysat
1 o n.
mit einem gewissen Ernst der an Feierlichkeit gränzt, bis 23 fort; hier ändert
die Scene sich indefe, das Allegro welches nun beginnt ist heiter und scherz-
haft; die 2te Violine scheint neckend die lste zu reizen, während der Bass al-
ler Strenge, aller Förmlichkeit entbunden, für den selbst auferlegten Zwang
sich schadlos zu halten scheint, und nun selbst guten Humor und Spafs ver-
anlafst. Vergleichen wir diefs mit seinem früheren zurückhaltenden feierlichen
Gange so erscheint es wahrhaft komisch.
Die Passage im Bass, (da er fortwährend steigt) verleitet uns durch hier
Wirkung, zu glauben, dafs er an Geschwindigkeit zunimmt. Der Tenor, der
während der 4 Takte ein ruhiger Zuhörer gewesen, nimmt bei 31 wieder Theil
an der Bewegung. Die Fortsetzung bis zu Ende der halben Periode bei 37, ist
nun darauf berechnet, alle Stimmen mit einander hohe Freude und Entzücken
ausdrücken zu lassen.
Hier jedoch scheinen alle Theile für einen Augenblick zu einer Art von
Ueberlegung zu kommen; die Bewegung des Adagio, mit den vorhergehenden
Pausen, machen diesen Eindruck ganz gewifs auf unser Gemüth. Der Zu-
stand des Nachdenkens ist indefs nicht von langer Dauer; die frühere fröhliche
lustige Stimmung beginnt von neuem bei 42 und dauert nun ununterbrochen
fort bis 53.
Hayd'n.
sldagio Sostenuto.
lste Violine.
2te Violine.
Bratsche.
Bass.
Grund -Bass
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J^Jztz^-JtJz
I — f--- m — m — ±-+ — i"^-
SMS
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ff
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5
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LzarEzt:
H=P
Noch eine Composition wollen wir in derselben Art analysiren, und zwar
ein Adagio aus einem Haydn'schen Quartette. Es ist ein reizendes, höchst vol-
lendetes Musikstück; und enthält, wie alle Werke dieses grofsen Meisters, so
unendlich viel Stoff zu Betrachtungen für Musikstudirende. Einfachheit und Man-
nichfaltigkeit sind hier so glücklich vermischt, dafs es schwer zu entscheiden
ist, welches mehr Bewunderung verdient. Damit der Schüler in den Stand ge-
setzt werde, die Schönheit und die Vortrefflichkeit dieser Composition zu wür-
digen, wollen wir, ehe wir zu dem Einzelnen der Theile übergehen, eine all-
gemeine Erklärung des Plans und eine Uebersicht des Ganzen geben.
Wir finden, dafs es drei Subjecte enthält: das erste, in angenehmer sang-
[ 42' ]
: -« ; ■ ^^zlzfrl^^-f-z
barer Bewegung, besteht aus einer Periode von 8 Takten, welche in zwei halbe
bei 4 getheilt ist. Dieses Subject wird, mit geringer Veränderung, eine Oktave
höher bei 9 wiederholt, und endet mit einer Kadenz bei 16. Auf diesen letz-
ten Takt fängt eine Folge von Einschnitten durch Modulation an, in welchen
das 2te Subject im Bass bei 16 eingeführt, und nachher fortgesetzt wird. Dies
Subject ist in 2 Takten enthalten, und in 2 Stimmen verlegt, davon der
lsten Violine bei 17 der zweite Theil zugetheilt ist. Durch diese Vertheilung
*) Siehe Beispiel 173 sowohl als 210, 212.
#^«18^
3^ — -^5~:~'~o#^~f::?::^Vf"'g~ytp~
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Bz
wird eine Art von Gespräch bis 20 unterhalten. Hier verwechseln diese Stim-
men ihre Subjecte, worauf die Unterhaltung bei 22 endet.
Die iste Violine fahrt nun allein mit Passagien fort, in welchen das Sub-
ject aus dem Basse sowohl, als aus der lsten Violine, so schwach angedeutet
sind, dafs wir sie kaum zu erkennen vermögen *).
*) Die Regelmäfsigkeit der Zurückhaltung der Terz bei 17, 19 und 21, in der Bratsche,
während die Terz selbst in der lsten Violine, erscheint, mochte wohl einigem Zweifel unterwor-
fen seyn. Dieses Uebersehen (wenn anders dieser Ausdruck Anwendung finden kann, auf Werke
eines so grofsen Meisters) ist bei 41 bis 45 verbessert.
334
A n a 1 y s a t i o n.
25
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3 3
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Bei 25 fängt das dritte Subject an und schliefst nach mannichfaltigen Mo-
dulationen bei 33 auf dem Dominanten der ursprünglichen Tonart. Hier hat
der Componist, statt das erste Subject zu wiederholen, mit aufserordentlichem
Scharfsinne ein Subject eingeführt, welches die strengste Gleichheit, (hinsichtlich
der rhytmischen Form) mit dem ersten zwar enthalt, in Wahrheit aber nur
darauf berechnet ist, dieses in unser Gedächtnifs zurück zu rufen. Trotz die-
ser bewundernswürdigen Erfindung, bleibt alles Neue oder Fremde ausgeschlos-
sen, Einheit und Mannichfaltigkeit sind erhalten; denn so wie eine längere
Analysation.
335
Wiederholung des ursprünglichen Subjects im Dominanten eintönig geworden
seyn würde, eben sowohl mufste ein ganz neues Subject auf die Einfachheit
des Ganzen störend einwirken. Bis 40 ist dieses Subject fortgesetzt, wo es mit
einer Kadenz schliefst.
Hier wird das 2te Subject vom Bass und der lsten Violine im Dominant
der ursprünglichen Tonart wieder aufgenommen, und endet bei 44, woselbst
336
Analysation.
36 37. 38
eine Reihe von Nachahmungen in allen Stimmen heginnen, welche bis 47 fort-
gesetzt sind. Es mufs bemerkt werden, dafs die Passagie welche der Compo-
nist für die Imitation ausgewählt,, kein neues Thema enthalten sollte; es ist
auch in der That nur der letzte halbe Takt des zweiten Subjects bei 43.
So ist die Einheit des Ganzen bewahrt, ohne irgend die Mannichfaltigkeit
aufzuopfern.
Da die Passagien welche in der lsten und 2ten Violine, nach den Imita-
tionen bei 47 und 48, folgen, auf dem Dominant der Grund-Tonart ge-
schrie-
Analysation.
337
43
b#-^-!=b1^ — -m— *— I — i i i ! —
#«£^
_^ _J 1 1 — jp. . 1] — J 1 — 1Z_J(3^'_-__j_Z]
schrieben sind, so ist die Erwartung dieser Tonart vorläufig, vor ihrem Wieder-
eintreten erregt, welches bei 49 *) wirklich erfolgt, wo zum Schlüsse der erste
Theil des zweiten Subjects abermals von der lsten Violine und dem Basis auf-
genommen wird, mit dem Unterschiede jedoch, dafs statt des Basses die 1 ste
Violine das Subject anfängt, und dieser es im Dominant beantwortet. Bei 55.
*) Siehe Takt 1 bis 8.
C «
.A n a 1 y s a t i o n.
47
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7
F-i-
— ^—
sehen wir das dritte Subject, welches eilf Takte ausfüllte, mit einigen Abände-
rungen in der allgemeinen Zusammenstellung, abermals eingeführt: sodann folgt
noch einmal zuletzt das erste Subject.
Eine Reihe von Imitationen, auf die Passagien der Isten Violine bei
22 gegründet, beginnt nun zwischen der Isten Violine, der Bratsche und dem
Basse, und dauert fort bis zum Schlüsse des Ganzen.
Dies kann als der Allgemeine Plan der Composition angesehen werden:
nun wollen wir sorfültiger auf die Prüfung der einzelnen Theile uns einlassen.
Analysation.
54 55
;«9
w=*=^hi=3=*-«<-
3d
1 1 — ^,*^ 1 &--* — 'km — i — I
2le Violine.
jg^^^j^jaillliliilli^^liill
■
Die Tonart ist C dur. — Eine falsche Kadenz ist bei 2 zu 3 gemacht, nach
welcher die Modulation nach D moll eintritt, durch das C/'s*) in der 1 sten
Violine angedeutet **).
*) Siehe Beispiel 180.
**) Es scheint hier dafs die Hauptseptime in der Bratsche nach der Quinte gestiegen ist,
statt in die Terz zu fallen; im gegenwärtigen Falle darf man jedoch nur diesen Akkord nicht als
den Hauptsepümen Akkord, sondern als die erste Versetzung des unvollkommenen Dreiklangs
[43*]
340
Analysation.
61
62
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63
I
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m
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«= - ..-m. — -
Bei 3 heginnen 2 Sequenzen von 6 ten, aufweichen eine Modulation nach der
Grundtonart folgt. Bei 5 ist der erste Takt des Subjects wiederholt, jedoch
mit anderer Harmonie versehen ; denn im 2 teil Takte war A moll durch Fort-
schreitung, hier dagegen durch Modulation eingeführt *).
ansehen (siebe Beispiel 307 (d).) derselbe Fall wird wiederholt, in allen Werken dieses Meisters
sowohl, als auch anderer Meister befunden werden.
*) Siehe Beispiel 183.
Analysation.
66 67
341
68
±
■■*-
=ä=
3=£=?:
E=a
— i-
Bei 7 ist eine Modulation nach F gemacht, und danach mit einer unre-
gelmäßigen Kadenz *) wieder in die ursprüngliche Tonart zurfikgekehrt, und
hiemit diese Periode von 8 Takten geschlossen, von welcher die halbe Periode
durch Fortschreitung beendet war. Von 9 zu 12 ist die erste halbe Periode
wiederholt, mit beinahe derselben Harmonie, wie die frühere. Bei 13 ist ein
modificirter Bass auf der 4ten Stufe der Tonleiter in der Grundgestalt angewen-
det **). Hier ist die Demonstration einer Modulation nach D moll gemacht,
welche Modulation jedoch durch die falsche Kadenz bei 14 verhindert wird;
eine Modulation nach F ist danach eingefidirt, auf welche der zusammenge-
setzte grofse Sechsten Akkord gt folgt, die Auflösung von diesem ist zurückgehal-
ten ***) und eine Schlufskadenz endigt die Periode.
Auf dem löten Takt, den letzten Takt dieser Periode, fängt das 2te Sub-
ject im Basse an, es ist auf die hier stehende einfache Melodie gegründet,,
Bass. Violine.
Si
Pt.
-- welche durch Einführung ausgedehnter Hülfs-
Noten bei (16) und durch die einfachen Durchgehenden- und Hülfs- Noten bei
*) Siehe Beispiel 277. **) Siehe Beispiel 308 (A). ***) Siehe Beispiel 1% (3).
O-i".
A n a 1 y s a t i o n.
(17) eben so characteristiseh als interessant gemacht ist. Bei (16) findet eine
Modulation nacli G statt, und von da nach D moli; der Abwechselung wegen
schreitet der Componist nach dem Dominant der letzten Tonart durch Fort-
schreitung fort; derselbe Fall wiederholt sich bei 20 zu 22, wo die erste Violine
und der Bass die Subjecte verwechseln.
Bei 24 ist eine Modulation nach der ursprünglichen Tonart gemacht, die
Note A in der 2ten Hälfte dieses Taktes ist ein modihcirter Bass zu der er-
sten Stufe der Tonleiter, und Gis in der 2ten Violine eine durchgehende Note*).
Bei 25 ist das 3te Subject . auf dem Dominant Septimen -Akkord während
der Modulation nach G angefangen, das Gis bei 27 in der lsten Violine ist eine
steigende Dissonanz, die Zurückhaltung der 5 durch die 4**). Bei 28 • findet
eine Modulation nach G moll statt, und bei 29 nach Es. In demselben Takt
ist eine Modulation nach G (dem Dominanten der ursprünglichen Tonart) mit
dem zusammengesetzten grofsen Sechsten -Akkord ffc eingeleitet, die Auflösung
wird jedoch von 30 bis 32 ***) zurückgehalten, tmd erfolgt erst bei 33 mir ei-
ner Schlufs -Klausel. Man könnte sagen, dafs die Composition hiermit kräftig
beschlossen ist, denn was nun folgt, (nehmen wir das erste Subject verändert
wie es von 33 bis 40 erscheint davon aus) wird im wesentlichen nur Wieder-
holungen in veränderter Form, und Nachahmungen von dem enthalten, was be-
reits angeführt worden, und wovon wir voraussetzen, dafs es dem Schüler genug-
sam bekannt ist. Wir dürfen demzufolge also wohl fortfahren, und schliefslich ei-
nige allgemeine Bemerkungen über ein jedes dieser 3 hauptsächlichen Subjecte
machen, indem wir uns bestreben die Gefühle zu enträthseln, welche sie ein-
zuflöfsen berechnet waren.
Die Melodie, Harmonie und Modulation des ersten Subjects von 1 zu 8
ist liebkosend und sanft, und drückt den ruhigen glücklichen Zustand einer
nur Einigkeit athmenden Familie aus, welche auf dem Strome des Lebens ohne
Sorge ohne Angst dahin gleitet. Dieses freundliche zärtliche Gefühl wird vor-
züglich bemerkbar in den ersten 8 Takten. Vergleichen wir den Eindruck
dieser Takte mit dem, der unmittelbar darauf folgenden, welche eine Oktave
höher geschrieben sind, so finden wir das letztere einen leichten Anstrich von
gereizter Empfindlichkeit verrathen, diese Beizbarkeit wird von 13 an noch
mehr ausgedrückt durch das schnelle Folgen der Modulationen, welche mit dem
Siehe Beispiel 240. **) Siehe Beispiel 263. ***) Siehe Beispiel 204-
Analysation. 343
zusammengesetzten grofsen Sechsten- Akkord §7 enden. Dieser Zustand scheint
mit dem Eintreten des zweiten Subjects von 16 bis 24 noch gesteigert; hier
glauben wir Widerspruch, Streiten zwischen 2 Personen zu hören, wahrend die
Begleitung in der 2ten Violine und Bratsche Angst und Furcht ausdrückt. Bei
22 scheint die lste Violine triumphirend allein fortzufahren, sie hat, so mufs
man glauben ihren Widersacher, den Bass, überwunden, welcher sich nun der
Begleitung der 2ten Violine und Bratsche anschliefst.
Bei 25 fangt das dritte Subject an; schon allein durch seine rhytmische
Form, wird ein Zustand der Besorgnifs, Angst und Furcht, der Bekümmernifs,
Herzklopfen und schwer Athmen uns angedeutet.
Bei 28, wo die Modulation nach Ms anfangt, ist das Gemüth in dem Zu-
stand der äufsersten Seelenangst, die an Verzweiflung grenzt, versetzt: Bei 30
scheint es sich über diese schrecklichst Gefühle zu erheben und nach und nach
den früheren ruhigen Zustand wieder zu erringen; dies wird durch die besänf-
tigenden Harmonien welche bei 33 folgen, ausgedrückt.
Die hier angeführten Versuche, Compositionen zu analysiren, werden hinrei-
chend zeigen, wie der Schüler in ähnlichen Fällen zu verfahren hat. Zum
Schlüsse erlaubt sich der Autor dieses Werks noch die folgenden Bernei}-
kungen.
Es geschieht oftmals, dafs der Anfänger den entschiedenen Willen hat, ein
wissenschaftliches Werk mit Aufmerksamkeit und Ausdauer zu studieren, jedoch
im Verfolg seines Vorschreitens beschleunigt er seine Schritte, und übersieht
daher jene scheinbar unbedeutenden Punkte, die als verbindendes Glied so uner-
läßlich zum Verständnifs des Ganzen gehören. Mag nun diese schädliche Eile
in der zu grofsen Begierde des Lernens, oder in dem Selbstvertrauen des Schü-
'lers auf eigene schnelle Fassungskraft, oder auch in natürlicher Ungeduld ihren
Grund haben, jeden Fall's kann der Schüler nicht vorsichtig genug dagegen an-
kämpfen. Hat er wirklich Lust, sich die vollständige Kenntnifs dieses Werks
zu verschaffen, so wird er ohne Zweifel, sich in Anwendung der Regeln, die
ihm in ruhiger Folge gegeben wurden, geübt haben; hat er dies gethan, so
mufs er bemerkt haben.
Erstens, dafs sie von Anfang bis zu Ende eng verbunden, eine stete Schlufs-
folge von Ursach und Wirkung bilden, so dafs sie nicht flüchtig aus dem Zu-
sammenhange getrennt, gefafst werden können.
z
314 Analysation.
ZweiteÄ. dafs Schritt vor Schritt verfolgt, sich seiner eigenen Beobach-
tung stets neue und interressante Gegenstände darbieten, die seine Ansichten
erweitern und ihn aufmuntern werden, weiter fortzufahren.
Drittens, wird er selbst Entdeckungen machen, ohne mit dem Vorsatz um-
zugehen, sie zu suchen.
Hat der Schüler in dieser Art seine Studien mit zurückgehaltener Eile
vollbracht, so wird ihm dringend empfohlen, einige Versuche zu machen, selbst
zu componiren. Alle Erkenntnifs ist zunehmend, nur Stufenweise ist Vollkom-
menheit zu erreichen. Um mit Tüchtigkeit zu componiren, ist Uebung noth-
wendie.
Wenn gefragt wird, ob, um Compönist zu seyn, man Talent und Genie
haben mufs, so antworte ich, ja, um ein grofser Compönist zu werden, sind
diese Gaben allerdings erforderlich, doch sind sie es gleichfalls um grofser
Poet, Maler oder Baumeister u. s. w. zu werden; soll aber darum sich niemand
mit Dichtkunst, Malerei und Musik beschäftigen, als die so hochbegabten? es
wird niemand behaupten wollen, dafs die unendlich vielen Componisten, die
seit der frühesten Zeit gelebt haben, und noch leben, alle im Besitze dieser
grofseji Gaben waren, oder sind! sollen wir keine Häuser bauen, weil uns nicht
das Genie, die Mittel, gegeben waren Palläste zu construiren ! ist es denn durch-
aus nothwendig die Fantasie eines Gluck, Haendel, Mozart oder Beethoven zu
haben um eine gute Composition zu liefern? Soll niemand schreiben als der
eine grofse Symphonie, Oper oder ein Oratorium componiren kann? wird nicht
Vergnügen und Nutzen selbst, aus der Composition kleiner Lieder, Sonaten,
Rondos, Variationen u. s. w. für uns entstehen? Machen wir doch den Ver-
such. Bisher war nur immer der grofse Stein des Anstofses; wie soll ich es
anfangen? Womit soll ich beginnen? dies sind, wir können es nicht läugnen
sehr natürliche und vernünftige Fragen; hat der Schüler jedoch mit Aufmerk-
samkeit die Lehre über Construction der Perioden und Melodien in
diesem Werke verfolgt, so besteht die Nothwendigkeit dieser Fragen nicht län-
ger; denn was kann einfacher seyn, als das angewiesene Verfahren? oder wel-
cher Weg sicherer als der ihm von Beispiel 361 an vorgeschriebene? Bedarf
es denn mehr, als dafs der Schüler mit einer Linie den äufsern Umrifs der
vorhabenden Composition nur bestimme, diesen mit Grundbässe ausfülle, aus
diesen wiederum die Bässe entnehme, nun eine Gegen melo die im Sopran
bilde, (die ja nach den Regeln grofsentheils von selbst entsteht). Mittelstim-
men,
Analysation. 345
men, Dissonanzen, Durchgehende und Hülfs- Noten hinzufüge? Alles dieses ist
ohne Schwierigkeit zu vollbringen, da es durch Regeln bestimmt wird, und
nichts dem Zufalle überlassen bleibt. Bei diesem Verfahren ist weder beson-
deres musikalisches Gefühl noch Genie, keine Fantasie, kein feines kritisches
musikalisches Ohr erforderlich *).
Mäfsiges Talent, mit ein wenig Geduld und Nachdenken gepaart, reichen
hin, um Compositionen hervorzubringen welche den Schüler ermuntern, und
zu höheren Leistungen anreizen können **). Unbewufst werden unter seiner
Hand neue Stoffe während der Arbeit sich entwickeln; Subjecte, welche als
unbedeutend im Anfang von ihm nicht geschätzt werden, können nach und
nach durch kleine Kunstgriffe (welche, versteht sich nur nach den Regeln ange-
wendet werden dürfen) höchst interessant und lieblich werden.
Zur Erläuterung des hier Gesagten, und um den Schüler zu ermuntern, in
der Composition sich nun zu versuchen, müssen wir ihn die stufenweise Ent-
wickelung , die nach und nach erfolgende Veränderungen der einfachsten Me-
lodie und Harmonie, welche aus dem ersten Umrisse entstanden, recht an-
schaulich zu machen suchen, und alsdann ihm zeigen, durch welch ein leichtes
Verfahren mit den Grundmaterialien wir anderweitig wiederum im Stande
sind, diese in neue Stoffe (in ihrer Verschiedenheit und Wirkung unbe-
rechenbar), umzuwandeln.
Setzen wir für einen Augenblick voraus, die Melodie sey gebildet, die Har-
monie dazu gesetzt, alles nach den Regeln von Beispiel 361 an, so werden die
innern Stimmen, mit geringer Veränderung, neue Melodien geben, welche wie-
derum in Harmonie auf ganz verschiedene Weise zu setzen sind, indem nur
zu Zeiten der ursprüngliche Grundbass oder Bass verändert wird.
Zweitens, setzen wir neue Harmonie zu der Grund-Melodie, mit hinzufü-
gung einiger modificirten Bässe, so geben hier wiederum die innern Stimmen
ganz neue Melodien. Eben dies ist der Fall
Drittens, wenn wir die ursprüngliche Melodie nach den Regeln des Bei-
spiels 180 in Harmonie aussetzen, oder
*) Ein deutschar Autor sagt: „Eine Theorie der Kunst ist Schönheit ohne Gefühl und Fan-
tasie" wie wahr!
**) Die stufenweise Ervreitorang de« Umrisse« der Melodie, Beispiel 361 bis 371 m^g a)s
Beweiis dienen.
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346 Analysatiön.
Viertens, zu der so in Harmonie gesetzten Melodie einige modificirte
Bässe hinzufügen.
Wir müssen uns erinnern, dafs mit jeder Veränderung der Harmonie eine
übereinstimmende Veränderung der Dissonanzen und durchgehenden Noten u. s. w.
ebenfalls eintritt.
Bis jetzt haben wir allein beachtet, was durch die Veränderung der Harmo-
nien erreicht werden kann; was sollen wir aber sagen, wenn
Fünftens, wir gleichfalls das Zeitmaafs und den Rhjtmus des ursprünglichen
Subjects, oder derer die daraus entsprungen waren, verändern? in Wahrheit
die Mannichfaltigkeit ist so grofs, dafs die erste Quelle, aus welcher alle diese
Harmonien entsprungen waren, nicht immer aufzufinden bleibt.
Sechsten s, durch Verwechselung der innern Stimmen.
Siebentens zuletzt, durch Ausdehnung der Perioden, so wie durch Nachah-
mungen in den verschiedenen Stimmen.
Nun, da alle Mannichfaltigkeit des Effekts, welche aus einem einfa-
chen Grundrisse, wie wir ihn beschrieben haben, entspringen mufs, nicht ab-
zuleugnen ist, wo ist die Schwierigkeit welche den Schüler abhalten soll, sich
in der Composilion zu versuchen? Das hier vorgeschriebene einfache Verfahren
ist zugleich so unterhaltend, dafs es nur eines Willens bedarf und die Sache
ist vollbracht! Der Autor wiederholt noch einmal, dafs wenn der Schüler nur
den Versuch wagt, nur die Regeln welche in diesem Werke enthalten sind, mit
Geduld und Ausdauer befolgt, er nicht allein keinen Grund zur Unzufrieden-
heit in seinen Gompositionen finden wird, sondern eine Quelle des Vergnügens,
von dem er ohne eigenen Versuch keine Vorstellung haben kann.
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