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Full text of "Tacitus' Germania"

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i^l'lfl'2^ 



^nxbava College ^tbrarg 

THE GllfT OP 

STEPHEN SALISBURY, 
OF WORCESTER, MASS. 

(OlBH of 101T.I 

7 Mau ^ix'^i. 



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q: 



TACITUS' 



G E R M A N I A. 



ERELlRT 



VON 



U. ZEBNIAL. 



MIT EINER KARTE VON H. KIEPERT. 



*, 



BEBLIN, 

WEIDMANNSCHE BDOHHANDLUNG. 

1890. 



<£^l'4?l- 





^' 



VOfiWORT. 

Der Haupt- und Sauppeschen Sammlung vod griecbiscben 
und lateiniscben Klassiker-Ausgaben feblte bisber eine solcbe 
YOD Tacitus'GermaDia. Die Herau$gabe einer so bedeutenden 
Scbrift zu ttbernebmen konnte eiDen Freund des Tacitus wie 
des deutscben Altertumes nur locken, docb mufste er der 
grofsen Scbwierigkeiten bei derselben sicb wobl bewufst sein, 
an welcbe niemals jemand dringender gemabnt bat als der eine 
GrtlDder dieser Sammlung, wenn er ftlr die Kritik der Germania 
den Hauptgrundsatz aufstellte: „Von der Ermittelung des Ver- 
sUndnisses ist metbodisch zu trennen die ganz verscbiedene 
Frage, ob das, was Tacitus erzdblt, ricbtig ist.^ 

Icb boffe wenigstens nicbt, dafs man mir vorwerfen wird 
etwas von dem, was die Litteratur an Wicbtigem fttr das sacb- 
liche wie sprachiicbe Versldndnis dieses „libelius aureus^S wie 
es der erste Herausgeber bekanntlicb benannte, in frQberen 
Oder den ietzten Jabren zu Tage gefdrdert bat, unberQcksicb- 
tigt gelassen zu baben. RObs' ausfObriiche Erlduterungen zur 
Germania, Job. v. Gruber, tiber Plan und Zweck der Germania 
(v. d. Hagen Germania. 1839), Zacbers eingebender Kommentar 
in Erscb und Grubers Encyklopadie (Sect. 1. P. 61. p. 211 
— 388 u. d. W. Germania), Scberers Recension von Baumstarks 
verscbiedenen Ausgaben der Germania im Anzeiger fttr deut- 
scbes Altertum. IV, 97. ff und Asbacbs ^Cornelius Tacitus^ in 
Raumers bistoriscbem Tascbenbuche, 1886. S. 57 ff. baben sorg- 
faltige Beacbtung gefunden. Von besonderem Werte waren 
mir ferner M. Haupts Obersetzung der ersten secbzehn Kapitel 
der Germania (abgedruckt in der Berliner philol. Wocbenscbrift. 
1886. Nr. 33 u. 34. S. 1034 ff. u. 1066 ff.); sodann der zweite 
Band von Mttllenboffs deutscher Altertumskunde, dessen grofs- 
artige Auffassung, verbunden mit grttndbcber Wissenscbaftlich- 
keit, mir einen vorzQglichen Anbalt fUr die ErklSirung vieler 
Stellen gewdbrt bal. Auch die eben erschienene fttnfte Auf- 
lage von Schweizer-Sidlers Germania ist mir fttr die sachliche 
Erklarung von gleicbem Nutzen gewesen wie die frttheren. — 



IV VORWORT. 



Far die Beobacbtuog und BeurteiluDg des Taciteischen Sprach* 
gebraucbes waren for micb von grdfster Bedeutuog das Gerber- 
Greefscbe Lexikon, soweit es vollendet ist, A. Eufsners Bericht 
tlber Deuere Litteratur zu Tacilus' Germania in den Blattera 
far das Bayeriscbe Gymnasialscbulwesen, Jabrg. XXII, S. 120fr., 
der aucb far die Einleitung eiDflufsreicb geworden ist, und 
die Ausgabe von Job. MtMfer, welebe durcb Heranzieben von 
bisber weniger beacbteten ScbriftsteUern einen erweiterten Ge- 
siebtspunkt far die Eritik vertritt. 

Aucb Mommsens Bericb't in der' Berlitrer Akademie der 
Wissenscbaft^n, 21. Jannar 1886 (IV. S. 40^46) ist mir nicht 
entgangen, ab^r seiner Ansicbt Ober die Etatstebnng der Ger- 
mania micb an^Kuschlrefsen und den von ibm empfohleneti Titel 
de arigine et mt>ribu8 Germanoruin anzunebmen, dazu konnte 
icb mich nicbt biBwegen lassen. Eber wUrde icb' mit' Jordan 
(Quaestiones criticae. Regimontfi. 1886) nacb den codd. Va- 
ticanis 1862 u. 1518 sowie dem- Neapolitanus de arigiii$ et situ 
Germanorum als geeigneten Titel anseben, da aber unbedingte 
Sicberbeit Ober d^n Titel tlberhaupt nicbt berrscbt und in 
dieser Hinsicbt auf die Handscbriften nicbt viel zu geben ist, 
so babe icb mit Halm einfacb gescbrieben : de Germania liber. 

Die dieser Ausgabe beigegebene Kart6 ist von Herrn Prof. 
H. Kiepert entworfen, dem icb biermit meinen aufricbtigen 
Dank fUr dieselbe gern aussprecbe. Zu grunde gelegt ist der- 
selben Tafi^l U der Mallenboffscben Altertumskunde, Bd. 2, nur 
ist die Ausdebnung nacb Osten mebr bescbr^nkt, nacb Westen 
mehr erweitert. 

Icb sprecbe aufserdem den w^rmsten Dank aus meinem 
Koliegen G.Andre sen zu Berlin, durcb dessen persdnlicbes 
Interesse fUr den Tacitus und durcb dessen sicberen Bat 
mir mancbe far ddn Text wie ftir denKommentar wicbtige 
Bemei^kung zu teil gew6rden ist; fern^r aucb Herrn Prof. 
A. Eufsner zu Wttrzburg, mit welcbem icb namentlicb in 
betreff der Anlage der Arbeit und in bezug auf einzelne Stellen 
in briefKchem Verkebi*e gestanden babe, und der micb eben- 
falls mit Wissen und Rat treu unterstAtzt bat. 

Berlin, 1. Januar 1890. 

U. Zernial. 



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EINLEITUNG. 

Der rOmische Kaiser Domitian kam aufden Thron 81 n.Chr. 
UDd ward ermordet 96; ihm folgte auf 2 Jahre INerva, und daDD 
regierte bis 117 Trajan, bis 138 Hadrian. In diesen Zeitraum 
fallt die schriftstellerische Thatigkeit des grofsen Geschichtschrei- 
bers Cornelius Tacitus. Aber nur wenige Einzelheiten, 
die seine PersOnlicbkeit und sein Leben betreffen, kennen wir 
unbedingt sicher. Uusicher ist sein Vorname ; nur wahrschein- 
lich ist es, dafs er im Jabre 54 geboren ist und einer ritterlichen 
Familie entstammt. Seine Jugend fallt in die Regierungszeit 
Vespasians, und Aufserungen des Tacitus selberwie des jiingeren 
Plinius, seines Freundes, lassen darilber keinen Zweifel, dafs 
er die Rechte und die Beredsamkeit mit Eifer studiert hat, urn 
den Weg zu den hOchsten politischen Amtern sicb zu bahnen; 
auch beweist der wahrscheinlich bald nach 80 erscbienene d i a - 
logusdeoratoribus, die ErstlingsschrifL des Tacitus, einer* 
seits das grofse Interesse fUr die rednerischen Studien, denen er 
im Verkehre mit bedeutenden M^nnern oblag, anderseits ISlfst 
uns diese Scbrift in seinen Bildungsgang einen klaren Einblick 
gewinnen, indem far seine ersten rednerischen Studien die 
gewandte Sprache Ciceros als Grundlage und Ausgangspunkt 
erscheint, aber auch der besondere Geschmack seiner Zeit zu 
seinem Rechte kommt, bis dann in den dem dialogus spSiter 
folgenden Schriften immer mehr die EigentQmlichkeiten des 
Stiles sich entwickeln, durch welche derselbe schliefslich in 
seiner Art einzig dasteht. 

Zwischen der ersten und zweiten Scbrift des Tacitus liegt 
eine Pause von etwa 17 Jahren. Er war inzwischen ein ange- 
sehener Rechtsanwalt und auch der Schwiegersohn des Konsuls 
Gn. JuHus Agricola geworden, der im Jahre 77 den Statthalter- 
posten von Britannien antral. W£[hrend der siebenjahrigen Ab- 
wesenheit desselben bekleidete Tacitus die QuSlstur, die Adilitat 
Oder das Tribunat, die PrStur und ward auch in den Senatoren- 
stand sowie in das Kollegium der XVviri aufgenommen, denen die 
Sorge for die Sibyllinischen BUcher anvertraut war. Nach der 

Tacitus' Germania. 1 



2 EINLEITUN6. 

ROckkebr des Agricola, dem die geschickte friedfertige Behand- 
lung der ProviDZ BritaDoien von Domitian so wenig gelohnt 
wurde, dafs er sich ins Privatleben zurQckzog, hat Tacitus wahr- 
scheinlich im Jabre 90 auf vier Jahre Rom verlassen, um als^ 
Legal eine Legion am Niederrheine zii befehligen oder die 
kaiserliche Provinz Belgica zu verwalten. In diese Abwesen- 
beit von Rom fallt der Tod des Agricola (93), und im Jabre 94 
ist Tacitus nach Rom zurttckgekebrt, um zunSlchst dem dfifent- 
lichen Leben fernzubleiben , nach Domitians Ermordung aber 
und der mit dessen Tode endenden Scbreckenszeit am Staats- 
leben sich wieder zu beteiligen. Unter Nerva bekleidete er im 
Jahre 98 das Konsulat und zu Anfange desselben Jahres liefs 
er die Biograpbie des Agricola erscbeinen, in welcber er den 
unbestrittenen Verdiensten seines Scbwiegervaters ein monu- 
mentum aere perennius setzt: sie werden bleiben „in animis. 
hominum, in aeternitate temporum, in fama rerum^. 

Am Ende des dritten Kapitels des Agricola weist nun Tacitus 
auf seine spflteren grOfseren bistorischen Schriften, zunflcbst die 
Historien mit den Worten bin, dafs es ibn nicbt verdriefsen solle 
ein Denkmal der frUberen Knecbtscbaft und ein Zeugnis de& 
gegenwdrtigen GlQckes zu verfassen. Indes, ebe er an dieses 
grOfsere Werk Hand anlegte, sollte aufser dem Agricola noch eine 
andere Scbrift und zwar durcb die augenblicklicben politiscben 
VerbdUnisse in Rom ins Leben gerufen werden. Der gute, milde 
Kaiser Nerva starb am 27. Januar 98, und sein Adoptivsohn 
Trajan war berufen den Tbron zu besleigen. Dieser aber be- 
fand sich nicbt in Rom, sondern in Germanien als Legat, we 
es tlberall gait die deutschen Grenzen zu sicbern und den seit 
84 und 93 n. Chr. mebrfach aufgeregten deutschen Stdmmen 
nachdrQcklicb entgegenzutreten. Auch nach der durcb seinen 
Vetter Hadrian ibm tlberbracbten Kunde von Nervas Tode unter- 
brach der neue Kaiser seine bOcbst wichtige defensive Tb£ilig- 
keit durcbaus nicbt. Sein Ziel war bauptsdchlich darauf ge- 
richtet in den sicheren Besitz des Grcnzlandes sich zu setzen und 
so die von Domitian begonnene Belestigung der neuen Grenz- 
linie weiter durchzufubren, bei welcber der nOrdlicbe Teil der 
Verscbanzungen von der unteren Lahn bis zum Main und weiter 
stldlicb ausgefobrt, ein nambafter Teil der Gebirge im stldwest- 
lichen Deutscbland schon in den Bereich dieser Schanzen ge- 
zogen und die Linie bestimmt worden war, welche sp^ter die 
seit der Claudianiscben Zeit starker besetzte obere Donau mit 
ihren Festungen erreicben sollte. Und noch andere SchOpfungen 



EINLEITCNG. 3 

kamen binzu: erweitert wurde der keltische Platz LupoduDum, 
das beutige Ladenburg am Neckar, der spdter als rOmiscbe 
Stadt den Namen Civitas Ulpia erhielt; angesiedelt wurde bei 
den Scbwarzwaldthermen Aquae Aureliae, das beutige Baden- 
Baden; angelegt wurde ferner eine neue starke Festung am 
Niederrbeine an Stelle des von dem Bataver Julius Civilis zer- 
stdrten Castra Vetera, die spdter Colonia Trajana biek und 
eine rOmiscbe Meile unterbalb der Ruinen des alten Vetera 
lag, wShrend das eigentlicbe Kastell ndrdlich von dem jetzigen 
Xanten auf beiden Seiten der Strafse nacb Rleve stand ; endlicb 
wurde im Winter 98/99 eine Rekognoscierungsreise nacb den 
DonaulSlndern unternommen, urn die Verbindung zwiscben Ger- 
manien und diesen Provinzen sicber zu stellen. Von bier aus 
hielt denn Trajan aucb seinen Einzug in Rom, wo man ibn 
mit Sebnsucht erwartete, im Spdtsommer oder Herbsle 99, also 
mindestens IV2 Jabr nacb dem Tode Nervas. 

Er wurde mit lautem Jubel begrQfst. Denn die grofse Mebr- 
zabl wQnscbte den neuen Kaiser nun endlicb in der Hauptstadt 
selber an der Spitze der Staatsverwaltung zu seben, weil sie von 
seinem klaren und scbarfen Verstande, seiner Gewandtbeit und 
seinem praktiscben Takte, seiner ecbt fQrstlichen Milde, seiner 
strengen Recbtsliebe und seinem redlicben Woblwollen den bal- 
digen Sieg Uber die scblimmen Scbaden der Domitianiscben Re- 
gierung namentlicb auf dem Gebiete des wirtscbafllicben Lebens 
zuversicbtlicb erwartete. Einsicbtigere aber batten an Trajans 
Erscbeinen wie Handeln aucb nocb ein tieferes Interesse. 
Tacitus, der selber als Offizier am Rbeine tbfltig gewesen war, 
batte damit aucb mebr als viele andere die von den germaniscben 
Stflmmen drohende Gefabr durcbscbaut und so zun&cbst als 
praktischer Soldat die Wicbtigkeit der Vollendung der festen Or- 
ganisation des recbtsrbeiniscben Landes erkannt, zugleicb aber 
sab er als klarer Politiker das Verbangnis des rOmischen Staates 
eben von Norden ber ndber rtlcken (vgl. G. c. 33) und den Ver- 
fall des Reicbes unabwendbar sich vollzieben: tam diu, sagt 
er c. 37, Germania vincitur, aber ein Abscblufs des Besiegens 
war nicht zu seben. Far ibn wie Gleicbgesinnte und Gleicb- 
gebildete war demnacb jene Organisation, die der tbatkrdftige 
Trajan vornabm, das bOcbste Interesse des Tages, aber Tacitus 
woUte aucb weitere Kreise auf die bobe Bcdeutsamkeit von des 
Kaisers Handeln binweisen^), und darum scbrieb er die Ger- 



1) Mommsen, Ber. der Berliner Akad. der Wiss. 1886. IV. S. 40 ff. 

1* 



4 EINLEITUNG. 

mania, welche entweder im Winter 98/99 oder zu Anfang 99, 
ohne Zweifel vor Trajans Ankunft in Rom erschien und die 
wir demnach als ein Stuck Tageslitteratur hdherer Art zu be- 
tracbten baben, das, schnell und gleicbzeitig mit den Ereignissen 
selber verOffentlicbt, das rdmiscbe Publikum tlber das Wicbtigste 
belehren und aufl(l£(ren sollte, wie es Monograpbieen aller Art 
beutigen Tages auch bei uns tbunJ) 

Es ist nicbt unwabrscheinlicb, dafs der Zweck der Abhand- 
lung ursprQnglicb ein anderer gewesen ist. Von den Historien, 
auf welche Tacitus, wie oben erw£ibnt, binweist, spielt ein be- 
trfilchtlicber Teil auf dem Boden Germaniens. Wenn nun damals 
manche rOmiscbe Schriftsteller wie ihre griecbiscben Vorbilder 
oft mit der eigentlicben Erz£(blung nur lose oder gar nicbt ver- 
kntlpfte geograpbiscbe Abschnitte in ibre bistorischen Schriften 
einscboben, wie Sallust der Abhandlung tlber den jugurlbini- 
schen Krieg einen Exkurs (Iber Afrika, wie Tacitus selber dem 
Agricola einen solcben (Iber Britannien einfQgt und sogar im 
5. Buchc der Historien einige Kapitel der Beschreibung Judaeas 
widmete, so batte ja Tacitus auch Uber Germanien einen Ab- 
scbnitt in die Historien einscbalten kdnnen, aber er bandelte 
in diesem Falle anders. Das Interesse der Rdmer im allgemeinen 
war ohne Zweifel fUr die nahe wobnenden Germanen grOfser 
als fttr die entfernteren Britannier und ^uden, namentlich aber 
das des Tacitus selber, der in seiner Stellung, welche es auch 
gewesen sein mag, Germaniens Land und Leute nSiher kennen 
gelernt bat, mag er nun den Boden des Landes wirklicb selber 
betreten baben und so ein Augenzeuge oder nur ein vierjahriger 
Beobachter von jenseits des Rheines gewesen sein. Schon hier- 
durch wuchs auch die FttUe des Stofifes, welche dem Schrift- 
steller zu Gebote stand, aber in dieser Beziehung kam nocb 
ein anderer wesentlicher Punkt hinzu. Tacitus batte ganz neue 
Nacbricbten *) (Iber die Volker des Nordens erbalten und nament- 
lich Uber die drei g;*ofsen Ostlichen und ndrdlichen Nacbbar- 
stamme der Germanen, von denen selbst Plinius nocb niemand 
als die Venedi oder Venedae zu nennen wufste. Diese Nach- 
richten batte er aus dem Munde kundiger Germanen gewonnen, 
von denen zu erfabren um so leichter war, als der direkte 
Bernsteinhandel zwischen der samUndischen KUste und Rom 
seit der 2. Halfte des 1. Jabrbunderts n. Chr. ins Leben gerufen 



1) Eafsner, Blatter fQr das bayer. Gymnasialschalw. XXII. S. 126 f. 

2) Mallenhoff, deut. Altertumsk. II. S. 4. 



EINLEITDNG. . j5 

war und seitdem immer stetiger betrieben wurde. Lenkte nun 
diese Kunde den Blick der ROmer in bis dahin kaum ge- 
ahnte Fernen, so war es dem Tacitus sogar mOglich das ger- 
maniscbe Land als gleichsam unbegrenzt und ins Unendliche 
ausgedehnt darzustellen, solange die theoretische oder wissen- 
schaftliche Einsicht in alien etbnologischen Fragen noch eine 
so unvoUkommene war wie damals in Rom, wo vor allem die 
Sprache der Volker far die Unterscheidung und Bestimmung 
der Nationalitdten und ibrer Verzweigungen sowie der daraus 
far die Forschung sich ergebende metbodische Grundsatz nocb 
nicbt in ibrer Wicbtigkeit erkannt waren. Und so verfuhr er 
denn auch. Er verOffenllichte eine eingehende Studie aber 
Germanien und konnte dies selbstverst^ndlicb nur darum so 
rasch und plOtzlich ausfabren, wie wir uns denken, weil er 
Vorstudien zu der Arbeit gemacbt und den Stoff voUstandig 
gesammelt und wohl geordnet hatte, welcben er nun, durch die 
augenblicklichen politiscben VerbftUnisse gedrangt, blofs nocb 
zu einem zusammenbdngenden Ganzen abzurunden braucbte. 
Dann aber flossen eben um dieser politiscben Situation willen 
aus der Feder des von glahendem Patriotismus erfuUten Ge- 
schicbtschreibers in die geographisch-ethnograpbische Abband- 
lung aucb Gedanken von bestimmter politiscber Tendenz und 
zwar um so leicbter und natarlicber in dem augenblicklicbcn 
Zeitpunkte, wo Roms Blicke durcb dieTbdtigkeit des Kaisers nach 
Germanien gericbtet waren : da gait eszunSichst dasgespannte 
Publikum sowohl aber den neuen, nicbt ungef^brlichen Gegner 
sowie Uber die bis dabin unbekannten, neuen Kriegsschau- 
platze aufzuklaren und namentlicb aucb durcb die Scbilderung 
eines weitbin sich erstreckenden Landes seinen rOmiscben Zeit- 
genossen, die in arglosem Leicbtsinne dahinleblen, ein Memento 
zuzurufen. Um dieser oberfldchlicben Menscben wegen trieb 
ibn auch die eigene „hochsittlicbe und aber die politiscben und 
moraliscben Gebrechen seines Volkes trauernde Natur zu aus- 
gesprocbenen oder stummen Parallelen zwiscben Rom und Ger- 
mania, bSufig auch zu Kritiken des rOmiscben Wesens oder 
Unwesens^, deren im 1. geographiscb-etbischen Teile innerbalb 
der Kapitel 6 — 27 22 sich be6nden/) Sodann mufste auch 

1) e* 6* nulla cultus iactatio, — c. 7. nee illae (matres et conioges 
GermaDorom) numerare aut exigere plagas pavent — o« 8. (feminas) 
complures alias Tenerati sunt, noo adulatione nee tamquam facerent 
deas. — 6* 9* nee cohibere parietibus deos neque in nUam hutnani oris 
speeiem assimulare ex magnitudine caelestium arbitrantur. — 0. 10. illud 



6 EINLEITUNG. 

die ganze Thatigkeit und das ganze Auftreten Trajans fiber- 
haupt einen warmen VaterlaDdsfreuDd wie Tacitus mil neuer 
Hoffnung und mit persOolicber Verehrung erfOlleD, und wenn 
er demnach die Unermefslicbkeit der germanischen Lender einer- 
seits, anderseits die TOcbtigkeit der Germanen selber in mancher 
Beziehung den Landsleuten vor Augen stellte, so recbtfertigte 
er zugleich die Politik Trajans, welcbe aus Scbeu vor der Offen- 
sive gegen die zahllosen Heerscbaren der unermefslicben Lander 
mit einer Grenzregulierung sicb begntlgte, ja diese dem An- 
griffskriege vorzuzieben unbedingt sicb verpflichtet erachtete. 
Wenn es im vorstebenden gelungen ist die Entstebung 
der Taciteiscben Germania zu begrUnden und sie als eine der 
Bescbreibung Germaniens gewidmete Monograpbie binzustellen, 
welcbe politiscber BeweggrQnde balber von den Historien ab- 
gesondert und diesen selbst vorausgescbickt wurde, so darf 
weiterbin nicbt tiberseben werden, erstens dafs eine solche 
Monograpbie im Altertume nicbt weiter existiert, diese Germania 
somit eine in ibrer Erscbeinung einzige Scbrift ist; sodann 
dafs Tacitus bei der Bearbeitung dieses StofTes auf einem anderen 
Boden sicb bewegt als in seinen tlbrigen, der Hauptsacbe nacb 
rein gescbichtlicben Werken und so die Quell en for den In- 
halt seiner Scbrift ebenso wie die Vorbilder far seine Form 
eine besondere Berilcksicbtigung erfordern: Tacitus bewabrt 
seine Originalitflt im Denken wie im Forscben, im Stile und in der 
Komposition, aber er bat aucb aus mannigfacben Quellen seinen 



etiam hie notum avium voces volatusque interrogare. — e* 16. qaaedam 
loca diligentias illinunt terra ita pura ac splendente, ut picturam ac 
lineamenta colorum imitetur. — c« 18t severa illic matrimonia. — 
€• 18* doteiD non uxor marito, sed uxori maritus offert. — e* 18» munera 
probant non ad deUciat muUebres quaesita. — 6« 19. UtUrarum seereta 
viri pariter ac feminae ignorant. — e« 19. nemo illic viHa ridet nee 
corrumpi et corrumpere taeculum vocatar. — e- 19* plus ibi honi mores 
valent quam alibi honae leges, — c. 20* nee ancillis aot nutricihiu (infantes) 
delegantor. — Ot 20. nullum testamentum, — e* 20. nee ulla orhitatis 
pretia. — c. 22. gens non astuta nee callida aperit adhuc seereta pectoris 
licentia ioci. — e« 23. sine apparatu, sine blandimentis expellunt famem. 
— c. 24t genus spectaculorum unum atqae in omni coetu idem, — 
e* 25. verberare servum ac vinculis et opere coercere rarum. — c. 26* 
faenus agilare et in usuras extendere ignotum. — €# 27. funerum 
nulla ambitio, — e* 27* feminis lugere honestum, viris meminisse. 
Aufserdem spielt auf rdmische Yerhaltnisse an e. 46 : beatius arbitrantur 
(Fenni) quam ingemere agris, inlaborare domibus, soas alienasque for- 
tunas spe metuque versare: securi adversus homines, securi adversus 
deo8 rem difficillimaro adsecuti sunt, ut illis ne voto quidem opus esset. 



EINLEITDNG. 7 

Stoff geschOpft, und er ist auch ein Kind seiner Zeit, in deren 
allgemeinen Gedanken and Lebensanscbauungen er lebt, deren 
Vorbilder ftlr ibn gelten, und deren Stil mit seinen gesteigerten 
AnsprUcben und Manieren den seinigen nicht unbertthrt lafst. 
1. Zu den allgemeinen Gedanken, welcbe einereflek- 
tierende nacb Effekten und Pointen hascbende Zeit erzeugen 
mochte, und mit denen sie dann aucb ihre Litteraturerzeug- 
nisse zu scbmUcken liebte'), zdhle icb in der Germania: c. 5. 
argentum et aurum propitiine an irati di negaverint dubito; 
c. 9. deorum nominibus appellant secretum illud, quod sola 
reverentia vident; c. 12. diversitas supplicii illuc respicit tam- 
quam scelera ostendi oporteat, dum puniuntur, flagitia abscon- 
di; c. 19. nee corrumpere et corrumpi saeculum vocatur und 
plus ibi boni mores valent quam alibi bonae leges; c. 20. nee 
ulla orbitatis pretia; c. 22. deliberant, dum fingere nesciunt, 
constituunt, dum errare non possunt; c. 23. baud minus fa- 
cile vitiis quam armis vincentur; c. 27. feminis lugere hones- 
tum est, viris meminisse ; c. 30. fortunam inter dubia, virtutem 
inter certa numerare und velocitas iusta formidinem, cunctatio 
propior constantiae est; c. 31. seque tum demum pretia nas- 
cendi rettulisse dignosque patria ac parentibus ferunt; c. 37. 
tarn diu Germania vincitur; c. 40. arcanus bine terror sane- 
taque ignprantia, quid sit illud, quod tan tum perituri vident; 
c. 43. primi in omnibus proeliis oculi vincuntur; c. 44. non 
modo a libertate, sed etiam a servitute degenerant; c. 46. 
rem difScillimam adsecuti sunt, ut illis ne voto quidem opus 
esset. Von diesen Stellen sind secbs vorher auch zu den Pa- 
rallelen zwischen Rom und Germanien gerechnet worden; eben- 
falls zu sechs — c. 9; c 19; c. 20; c. 23; c. 27 und c. 
46 — sind im Kommentare ahnliche aUgemeine Gedanken und 
zwar drei aus Seneca, drei aus Justin, je eine aus Plinius und 
Uoraz als Parallelen daneben gestellt; im ttbrigen aber ist auch 
das beachtenswert, dafs Tacitus, bestrebt einen bestimmten^ 
ktlrzer oder linger behandelten Gegenstand in einer ganz be- 
sonders rhetoriscben Form abzuschliefsen , unter diesen sieb- 
zehn Stellen elf (dem Sinne nach auch c. 27 und 46) als 
wichtige Gedanken von allgemeinem Interesse dafUr auswfthlt. 



1) Mommsen geht zn weit, wenn er (B. G. V. 154) too einer schil- 
lemden und in der Gedaokenschablone des sinkenden Altertumes be- 
fangenen, die entscheidenden Momente oft verschweigenden Darstellang 
in der Germania spricht. 



6 EINLEITUNG. 

2. Unter deo Vorbildero fQr die Form sioddiesti- 
listischen von den phraseologischen zu untersclieideo. 
Wie Cilsar bei seinem gallischen Kriege den Leser ohoe Ein- 
leituog sofort in medias res fllhrt, begiont auch Tacitus sofort 
mit der Sacbe selber und bedieot sich sogar desselben Wort- 
lautes wie der summus auctorum divus lulius (c. 28), dort 
Gallia J bier Germania omnts. Der kurze, plotzliche Schlufs der 
Scbrift bingegen ist nacb Sallust gebilJet, den er ann. Ill, 
30, 6 einen renim Romanarum florentissimum auctorem nennt. 
Dieser scbliefst Cat. 19, 6 den Bericbt Qber Pisos Tod mit den 
Worten: Nos earn rein iii lAedio relihquemus. De superiors 
coniuratione satis dictum, und wie diese so baben aucb andere 
Scblufsformeln , so Cat. 22, 4 ea[ res pro magnitudinejpiarum 
comperta est und Jug. 19, 8 de Africa satis dictum auf Tacitus 
c. 27 und 46 eingewirkt; aucb expedire brauchen beide Schritt- 
steller bei der propositio tb^matis Jug. 5, 3 und c. 2!7; ygl. 
aucb Vergil Aen. 11, 314 und Mela, prooein. 2. — Im Qbrigen 
sind im kommeiitare aus C d s a r noch 3 , aus Sallust 
(f 35 vor Cbr.) iiocb 23 ^tellen citiert, in denen Pbrasen 
Oder einzelne Ausdrttcke oder Konstruktionen an „den 
ersten Kubstler in Roins Historiographies erinnern,. der ibm 
scbon deshalb ein bocbgeschdtztes, Vorbild *) war, weil derselbe 
seiiien StofT „in ein ecbt altrOmiscbes, dem Inbalte wohlsteben- 
des Gewand gekleidet batte'^, und weil er Nacbbildungeii aus 
der Darstellung desselben dein Cbarakter der eigenen Geschicht- 
scbreibung fQr angemessen eracbtete.') Insbesondere war Sal- 
lusts Scbilderung des Scbwarzen Meeres, de situ Pontico, im 
Alterlume berOhmt, mit welcbe;: er bei den KSimpfen zwiscben 
den ROmern und dem Ktfnige Miibridates die Macbt und Hilfs- 
mittel des letzteren zeigen wollte. Da nun aber aucb zwei 
Stellen in den Fragmenteh von Sallusts Historien bezeugen, 
dafs derselbe von den Gerinanen gehandelt bat: 18 (III, 57, 
Eritz) Germani cetera intectum renonibus corpus tegunt und 
19 (lit, 58) vestes de pellibus renones vocantur, Stellen, welcbe 
unzweifelbaft an G. 17, 2 cetera ihtecti und 17, 4 gerunt 
et ferarum pelles erinnern, so ist um so tnebr anzunehmen. 



1) Vgl. Schdnfeld, de Taciti studiis Sallustianis. Leipzig, 1884. 

2) Vffl. Wiedemann und Manitius, Forschungen zur deutschen Ge- 
schichte IV, 171 if. und XXII, 417 ff., wo auch die Ahnlichkeit des Aus- 
druckes zwischen Tacitus' Germania und Vergils Georgica so wie zwischen 
ihr und Horaz' carm. Ill, 24 nachgewiesen wird. 



EINLEITUNG. 9 

dafs Sallusts Darstellung far Tacitus das Hauptvorbild gewesen 
ist, und dafs er der tlberlieferutig desselben auch der Form nach 
sich anzuschliefsen liebt. — Aber atich anderen Schriftstellern 
folgt er als seinen Quelled im Wortlaute und in der ganzen 
Slufseren Passiing. Ei^ sind daher auch noch fblgeiide Stellen 
in bezug auf die Abhlichkeit der Form angefUhrt worden aus 
frOberen oder gleichzeitigen Schriftstellern: aus VergiP) (f 19 
V. Chr.) 15, aus Ovid (f 17 n. Ctr.) 8, aus lloraz (f 8 n. Chr.) 
7, aus Livius*) (t 17 n. Chr.) 23, aiis Justin historiae 
phijippica6, nach Pompeius Trogus (zur Zeit des Augustus) 1, 
aiis CurtiusRufiis de gestis Aleiandri Magni^), (unter Clau- 
ditis) 2, aus L. Ann^eusSenecas philosophischen Schriften 
und Briefed (f 65 n. Chr.) 3, aus des alter en Plinius Natur- 
g^eschichte (f 79 n. Chi*.) 10, aus des jUngereh Plinius 
Briefed und Panegyriciis (f 113 n. Chr.) 5; aus des Pompo- 
niusMelade chorographia (um 40 n.. Chr.) 14; far besondere 
AusdrQcke sind aus Cicero 8, aiis Sue tons yitae, verfalst 
120 n. Chr., 7 Beispiele citiert. 

3. Unter den Q u e 1 1 e n , welche Tacitus benutzt hat, stehen 
im Vordergrunde Cdsar, Mela und der Siltere Plinius. So wenig 
Cdsar und Tacitus in der pbraseologischen Form des Ausdruckes 
sich berUhren, so zahlreich sind die Hinweise auf das, was der 
grbfse VorgSlnger tlber die Cermanen geaufsert hatte: 39 Paral- 
lelstellen sind far den Inhalt der Germania aus Cdsar citiert, 
aber es wird nicht ohne Interesse sein den Wortlaut von einigen 
derselben miit den Worten des Tacitus zu vergleichen, denn so 
sind wir im stande die eigenen Studien des letzteren zu er- 
kennen und zu sehen, in welcher Weise er Fremdes sich an- 
geeignet hat. Casar kannte selbstverstandiich die GaUier und 
ihre Sitten genauer als die der Gernianen; von diesen kannte 
er eigentlich wieder nur die id unsteter Wanderung begriffenen 
Scharen des Aridvist, und er woUte endlich keine Monographie 
tlber die Germanen schreiben, denen er nur 4 Kapitel widmet, 
wabrend die gallischen Sitten in 10 geschildert werden. Der 
erste charakteristische Unterschied demnach, v^elcher bei dem 



1) H. Schmaus, Tacitus ein Nachahmer Vergils. Bamberg, 1887. 

2} Manches Ricbtige, wenn auch wenig Neues findet man in der 
Konigsberger Diss. 1888 : Petzke, dicendi genus Tacitinum quatenus dif- 
ferat a Liviano. 

3) Walter, Studien zu Tacitus und Gurtius. Progr. v. Munchen. 
1886/87. 



10 EINLEITUNG. 

Vergleiche beider Berichte eotgegentritt, ist der grOfserer Ge- 
nauigkeit und Vielseitigkeit. Druiden haben die GermaoeD aller- 
diogs nicht gebabt (C. b. g. VI, 21,1), d.h. keinen gescblossenen 
PriesterstaDd, dennoch haben Priester und PriesterinDen bei 
ihnen grofseD Einflufs gebabt nach T. G.8, 6ff.; 10, 5 und 11, 10. 
— Wenn C. VI, 21, 1 sagt: neque sacrificiis student, so hat er 
unbedingt Recbt, denn ein Opferdienst wie in Rom war bei den 
Germanen unbekannt, T. aber spricht ein gauzes Kapitel (10) 
hindurch yon den yerscbiedenen Auspicien, und dafs Opfer, 
selbst Menschenopfer yorkommen, beweist der Anfang yon c. 9 
und 39. — Nach C. VI, 21, 2 yerehren die Germanen nur solche 
Wesen als Gotter, welche sie sehen und durch deren Krdfte 
sie offenkundig unterstUtzt werden, die Sonne, das Feuer und 
den Mond, so dafs sie also einen blofsen Naturdienst in der 
Personifikation jener Krdfte haben wOrden. Tacitus' Bericht- 
erstatter aber haben ihm yon so bestimmten gOttlichen Wesen 
erzilhlt, dafs er sie (c. 9) dem Merkur, dem Herkules und dem 
Mars yergleicht, auch yon der Isis spricht und es fQr nOtig 
halt Gotterbilder for sie zu leugnen, hingegen eine geheim- 
nisyolle Gotteryerehrung in Hainen und auf Waldtriften anzu- 
nehmen; yon Gottern spricht er, wenn er auch wie natUrlich 
ihre germanischen Namen nicht kennt undnennt, auch 2, 14; 
7, 6, 39, 10 und yor allem 40 10 und 15. — Was C. VI, 21, 4 
mit den Worten bezeichnet: qui diutissime impuberes perman- 
serunt, maximam inter suos ferunt laudem, fQhrt T. eingehender 
aus in dem Urteile ttber die Strenge der Ehe (seyera illic 
matrimonia, 18 in.), Uber die ernste AufTassung derselben mit 
ihren einfachen, an die harten Aufgaben des Lebens mahnen- 
den Geschenken (18 bis zum Ende), Ober die Reinheit der 
Sitten (19), und wenn C. nach jenen Worten fortf^hrt: hoc 
alt siaturam, alt vires nervosque confirmari putant, so schildert 
T. c. 20 die Folge des unyerdorbenen Lebens, indem er das- 
selbe mit den Worten beginnt: in omni domo nudi ac sor- 
didi in hos artus, in haec corpora, quae miramur, excrescunt, 
urn daran noch einige Bemerkungen Qber Erziehung und Fa- 
milienleben zu knQpfen. — Gelegentlich der kraftigen Korper 
der Germanen erwilhnt C. (VI, 21, 5), dafs sie sowohl ohne 
Unterschied des Geschlechtes im offenen Flusse baden, als 
auch dafs sie pelhbus aut panris rhenonum tegimentis utuntur 
magna corporis parte nuda, und zwar bezeichnet er diese Stoffe 
als einzige KleidungsstQcke aller ohne Unterschied. T. knttpft 
an das Schlufswort yon 17 in bezug auf die Frauen und ihre 



EINLEITUNG. 11 

KleiduDg: sed et proxima pars pectoris patet jene oben er- 
wfthnten Besprechungen von c. 18, 19 und 20, widmet aber 
im tIbngeD vorher das gaoze c. 17 der Kleidung und spricht 
dabei von einem sagum als der Bedeckung aller, von besonders 
hervorragenden GewSindern der Reicheren, auch von Fellen, 
vergifst nicht, dafs sie aufser dem sagum cetera intecti totos 
dies iuxta focum atque ignem agunt und verbindet mit der Er- 
zSihlung von dem Baden einen Bericht von ihrem geselligen 
Verkehre und ibrer Freude an Gelagen. Im Anscblusse hieran 
werden in dem ganzen Kapitel 23 bei T. Getrdnke und Speisen 
besprochen, die CSisar (22, 1) in einer Zeile erledigt. T. Isifst 
es sowohl in 22 wie 23 sich nicht entgehen an die Gewohn- 
heiten der Germanen charakteristische ZOge nach der guten 
wie schlechten Seite bin anzukntkpfen: er sucht und findet Qber- 
all ein ethisches Moment. — Wenn C. Vi, 23, 9 in den Worten: 
hospitem violare fas non putant: qui quaque de causa ad eos 
venerunt, ab iniuria prohibent, sanctos habent, bisque omnium 
domus patent victusque cbmmunicatur, so betont auch er hier 
ein sittliches Moment, das der Heiligkeit und Unverletzlichkeit; 
T. charakterisiert die Stellung des Wirtes zum Gaste in mehr 
als einem halben Kapitel, doch tritt die Heiligkeit des Gastes 
for ihn weniger in den Vordergrund — er sagt nur: quem- 
cumque mortalium arcere tecto nefas habetur — als die un- 
begrenzte Freigebigkeit. — So fassen zwei grofse Schrift- 
steller des Altertumes bei einer schOnen Tugend unserer Vor- 
fahren zwei verschiedene Gesicbtspunkte ins Auge, erkannt 
wird aber sein (Iberhaupt durch den Vergleich dieser wenn auch 
kleinen Anzahl von Worten des Cdsar und des Tacitus, was 
erkannt werden soUte, dafs letzterer die ihm zu Gebote stehen- 
den Quellen mit Sorgfalt und Eifer benutzt hat, aber auch 
an eigener Arbeit es nicht hat fehlen lassen, um nach MOg- 
lichkeit Uber seinen Stoff die Wahrheit zu ergrQnden, und so 
gern er, wie wir gesehen, im Wortlaute an Vorbilder, die er 
sich gewShlt, sich anzuschliefsen liebte, so beschrSnkte er sich 
in betreff der Thatsachen doch nicht auf das von anderen ihm 
Gebotene, sondern suchte selbstdndig weiter zu forschen. — 
Nilchst dem Cflsar sind Mela und der Siltere Plinius diejenigen 
Schriftsteller, welche inhaltlich die meiste BerUhrung mit der 
Germania boten: aus Mela sind 13, aus Plinius 15 Stellen 
citiert. Aufserdem stimmen sachlich Uberein mit dem jUn- 
geren Plinius 1 Stelle, mit Velleius Paterculus, histo- 
riae romanae (um 30 nach Chr.) 2, mit Livius 2, mit 



12 EINLEITUNG. 

Plautus 1. — Es ist ferner kein Zweifel darOber, dafs die 
Quellen des Tacitus zahlreicher gewesen siod, als wir sie ken- 
neD. Dafs Sail us t in seinen Historien mit den Germanen 
sich beschaftigt hat, ist bereits aogedeutet, uod dafs auch der 
Siltere Plinius die Kriege der ROmer mit den Germanen 
alle beschrieben hat, bezeugt Tacitus selber Ann. 1, 69, 6 
(s. Kommentar zu c. 3, 15), und zwar sind es 20 BOcher ge- 
wesen. Aber auch ein gewisser L. Antistius Vetus wird 
von ebendemselben Plinius als Quelle fUr germanische Verhalt- 
nisse genannt (ind. hbr. ill — VI). Er war 50 nach Chr. Kon- 
sul, 55 Befehlshaber in Germanien und hat als solcher seine 
dortigen Erlebnisse beschrieben ; da aber Tacitus grofses Inter- 
esse fUr ihn zeigt und ihn als tUchtigen Befehlshaber lobt 
(Ann. Xin, 53) , namentlich wegen seines grofsartigen Planes 
Mosel und Saone durch einen Kanal zu verbinden, sodafs die 
Gestade des Westens und Nordens durch die Schiffahrt mit- 
einander verbunden wtirden, so ist es nur wahrscheinUch, 
dafs wie Plinius, so auch Tacitus ihn als Quelle benutzt hat.^ 

Endlich aber ist bier auch das Verhaltnis des Tacitus zu 
Ammianus Marcellinus") rerum gestarum hbri zu er- 
wahnen. Ammian, geb. 330 nach Chr. zu Antiochia, schrieb 
sein Werk um 390, das von Nerva bis zum Tode des Valens 
reicht, also eine Fortsetzung des Tacitus ist, der ihm tiber- 
haupt als Vorbild vorschwebt. So spiegelt sich denn in seinem 
Werke manche Thatsache wieder, welche in der Germania ihren 
Ausgangs- oder Ankntipfungspunkt bat. 

Die auf den letzten Seiten angestellte Betrachtung hat die 
reiche Folle von Beziehungen dargethan, welche die Tacitei- 
scbe Germania mit dlterer wie gleichzeitiger Litteratur ver- 
binden : es hat sich dabei die Gelegenheit geboten den Spuren 
der Studien des Tacitus nachzugehen, seine Vorbilder und 
Quellen zu ermitteln und ihn in vielen allgemeinen Lebens- 
anschauungen mit seinen Zeitgenossen in Cbereinstimmung zu 
finden, aber ebensowohl den Tacitus in der Werkstatt seines 
Schaffens als selbstandigen Schriftsteller und grUndlichen Kri- 
tiker sebr wohl zu erkennen und eingehend zu wQrdigen. Es 
ofifenbart sich uns, wenn auch die Germania stilislisch noch nicht 
so fehlerfrei ist wie die Historien, nach ihrem Gesamtcharakter 

1) Vgl. Wdlfflin in Bursians Jahresbericht 1874/75. 11. 772. 

2) Schleusner, quae ratio inter Tacili Gerroaniam ac ceteros primi 
saeculi libros Latinofi, in quibus Gernoani tangantur, intercedere videator. 
Progr. Barmen. 1885. S. 24 if. 



iEINLEITUNG. 13 

auch Doch nicht so vollendet reif und vod so schOnem Eben- 
mafse ist wie die Annalen, doch auch in ihr des Schriftstellers 
und des Meuschen ureigeues Wesen in jeder Beziehung: im 
Forschen und im Denken, im Stile und in der Komposition. 
Je klarer das Angeeignete von dem Eigenen sich scheidet, 
desto deutlicher offenbart sich, wie er den ihm vorliegenden 
Stoif selbstandig verarbeitet und wie er zielbewufst den Plan 
seiner wohl geschlossenen und abgeruudeten Darstellung von 
Anfang bis zu Ende durchgefuhrt hat. Daftlr spricht auch die 
sorgsame, strenge Disposition der Gedanken, nicht minder die 
gewifs eigenartige Komposition des Ganzen aus zwei Teilen, 
einem geographischen und einem ethnographischen. 
Mit dieser wohltlberlegten Gliederung und Einteilung verbindet 
sich aber die grOfste kttnstlerische Eigenschaft des Schriftstellers 
Tacitus, in dem rohen Stoife das allgemein Menschliche in seiner 
Bedeutsamkeit Uberall hervorzuheben, ethische Gesichtspunkte 
zum Mittelpunkte der vereinzelten Zoge zu erheben und die- 
selben zu einem Gesamtbilde zu vereinigen/) Wenn somit die 
Germania einerseits zu der Hohe schriftstellerischer Kunst sich 
erhebt, so bleibt sie andererseits nach einem RQckblicke ilber 
alles, was vorgebracht ist in bezug auf den Zweck und die 
Art ihrer Entstehung wie in betreff der Eigentdmlichkeit ihres 
Wesens, zwar eine in ihrer Erscheinung einzige Schrift, doch 
aber eine solche, die durchaus naturgemafs einrQckt in den 
wahren historischen Zusammenhang der Litteraturbewegung, 
aus welcher sie hervorgegangen ist: sie steht nicht isoliert da, 
sondern durchaus auf dem Boden ihrer Zeit. 



An den Schlufs der Einleitung mOchte ich einige l^lngere 
und doch unvermeidliche Erklarungen stellen, um den Kom- 
mentar von denselben zu entlasten: 

1, 1. Germania omnis wird bei Tacitus seinem geogra- 
phischen Begriffe nach bestimmt durch Galli, die Bewohner 
der rOmischen Provinz Gallien einschliefslich Helvetiens und 
des Obrigen Galliens; durch Raeti, die Bewohner vom oberen 
Inn- und Rheinthale sowie von Bayern am Iller, Lech, Isar 
und Inn, von Tirol und Steiermark, also genau Raetier und 
Yindelicier; durch Pannonii, die Bewohner des nOrdlichen 
Illyricum, nOrdlich und Ostlich von der Donau, westlich von 
Noricum begrenzt, nach Silden zu die Thaler der Drau und 

1) S. 0. S. 10 und 11 und Wiedemann und Manitius a. a. 0. S. 8. 



14 EINLEITUNG. 

Sau umfassend; durch Sarmatae, n. lazyges, die Grofseo, 
zwischen Donau und Theifs; durch Daci, eine thrakisch- 
getische Vdlkerschaft in SiebeDbOrgeD. 

2, 19. ob metum. Dieses EiDflOfsen der Furcht und des 
Schreckens, meiot Tacitus, haue der Sieger dadurch erreicheu 
wollen, dafs er seinen eigenen Namen auf das grofse Volk, 
den ganzen Volksstamm des Rheines anwendete und sich so 
als einen Teil desselben darstellte. ,,Tacitus aber und seine 
Gelebrten verstanden es noch nicht, aus der Sprache des Na- 
mens fUr die Unterscheidung und Bestimmung der Nationali- 
t^ten und ihrer Verzweigungen Gewinn zu Ziehen.'^ In Wirk- 
lichkeit verschwand der Name Germanen auf dem linken Ufer, 
je mehr die dort wobnenden keltischen Germanen an die Rultur 
ihrer sQdwestlichen Volksgenossen sich anschlossen, w^h- 
rend er gleichzeitig auf dem rechten Ufer emporkam — nicht 
am wenigsten infolge regen Handelsverkehres, der nach dem 
Einbruche der Kimbern und Teutonen von sUdlichen Handlern 
und Kaufleuten mit den Transrhenanen ins Leben gerufen wurde 
— und so an dem Volke haflen blieb, dessen Sprache er seinem 
Ursprunge nach eigentUch fremd war, fQr welches aber beide 
Erklarungcn „Rufer im Slreite^^ wie „Nachbaren^^ durchaus 
pafsten. „Der Name blieb Beiname und Kollektivum'^ 

18, 9. armorum aliquid. Bei einem schwabischen Ver- 
lObnisse (nach einer Hdschr. des 13. Jhrh. aus Augsburg) Uber- 
gibt der freie Schwabe der freien Schwdbin 7 Handschuhe 
zum Zeichen des Pfandes fUr Ausziehen und Ablegen der in 
dem zu jedem der Handschuhe ausgesprochenen Gelobnisse ihr 
versprochenen GOter, in denen er das widem, d. h. das ganze 
Eigen des Mannes, soweit es nicht rechtlich ausgeschlossen war, 
der Frau verschrieb. Dann Uberreicht der voget, sonst gewOhn- 
lich der muntwalt, der Vormund, genannt (wenn es auch der 
Vater ist), die Braut, seine Muntadele (Bevormundete) „cum om- 
nibus rebus mobiUbus et immobilibus seu familiis quae ad earn 
per legem pertinent'^ dem Brautigam „ad legitimam uxorem a d 
habendum", ferner ein Schwert als Symbol der Gewalt Uber 
Leben und Tod und aufserdem Symbole der Tradition : einen 
Ring, einen Pfenning, einen Mantel, einen Hut, einen Ring 
am Hefte des Schwertes zum Zeichen, dafs sie beim Bruche 
der Treue, zu welcher sie durch den Ring verpflichtet, das 
Leben verliere, und nach einigen zur Treue und zur gnddigen 
Behandlung den Mann mahnenden Worten schliefst er: „86 
enph^het er si, unde babe sime". 



DES 



CORNELIUS TACITUS SCHRIFT 



tBER 



GERMANIEN. 



CORNEUI TACITI 

DE GERMANIA 

LIBEB. 

1. Germaoia omnis a Gallis Raetisque et Pannoniis Rheno et 
Danuvio fluminibus, a Sarmatis Dacisque mutuo metu aut mon- 
tibus separatur: cetera Oceanus ambit, latos sinus et insularum 



A. Land und Volk im all- 
gemeinen. 1—27. 

I. Naturliche Beschaffen- 
heit des Landes und seiner 
Bewohner. (1—5). 

1. Begrenzung desLandes, 
in welchem die Germanen wohnen (1). 

I9 1. Germania omnU wie Gaes. 
b. G. 1, 1 = G. insgesamt und zwar 
G. magna oder barbara, das freie 
im Gegensatze zu den linksrhei- 
nischen romischen Provinzen G. su- 
perior und inferior. Weiteres s. 
Einl. S. 13. — Raetisque et Panno- 
niis schliefst sich stilistisch als 
durch gleicbstellendes et gekenn- 
zeichnetesDoppelglied zueinem ein- 
fachen Satzgliede zusammen und an 
das einfache GalHs an, entsprecbend 
dem in der zweiten Satzbalfte fol- 
genden Dacisque; sacblicb aberfeblt 
die dritte Provinz im Suden, c. 5. 
und hist. 1, 11, 9; 70, 16. JSoricum, 
ann. II, 63, 3 provincia Norica ge- 
nannt, die von Augustus gewonnene 
Donauprovinz, zwiscbenRaetienund 
Pannonien, Yom Inn bis zam Wiener 
Walde (m. Getius), ndrdlich von 
der Donau, s&dlicb yon den kar- 
niscben Alpen begrenzt. — Rhenus 
(der Flufs) und Danuvius (der 
Rasche) siud keltisGh-romische Na- 
men, wabrend der letztere tbrakisch- 
griecbiscb "largos beifst. 

Tacitus' Germania. 



2. mutuo metu aut montibus: die 
Berge sind die grofsen und kleinen 
Karpaten mit ihren Auslaufern, 
welche von Waizen als deip sud- 
licbsten Punkte aus, bei dem die 
Donau eine grofse Biegung nach 
Suden macbt, nordostlicb bis zur 
Weicbsel bin die Ostgrenze Ger- 
maniens bilden, und die Furcbt 
lag mr T. wohl in der Wildbeit 
der Gegner begrundet, vor allem 
jedoch lag ibm daran „durch die 
Zusammenstellung der verscbieden- 
artigen Beffriffe das individuelle Ge- 
prage una die Lebendigkeit des 
Ausdruckes zu erboben**. Zur Zu- 
sammenstellung von metus und 
montes vgl. 7, 14; hist. II, 4, 11 pro- 
fligaverat helium ludaeicum Yespa- 
sianus duro magis et arduo opere 
ob ingenium montis et pervicaciam 
supers titionis; vgl. Sail. Gat. 6, 3 
res civibus moribus agris aucta; 
51, 9 craore atque Inctu omnia 
compleri; Ammian. XVII, 12, 12 
Sarmatis locorum confiniis et feri- 
tate iunctissimis; zur AUitteration 
27, 6 und 40, 2. 

3. cetera Oceanus (Sordi- und Ost- 
see) ambit ist insofern ungenau, als 
nach der Abgrenzung Germaniens 
durch Sarmaten und Daker noch 
ein grofser Teil der Ostgrenze bis 
zur Ostsee offen blieb. T. glaubte 

2 



18 



jCORNELU taciti 



inmensa spatia complectens, ouper cognitis quibusdam geotibus 
5 ac regibus, quos bellum aperuit. Rheous, Raeticarum Alpium 
inaccesso ac praecipiti vertice ortus, modico filexu in occidentem 
versus septeotrionali Oceano miscetur. Danuvius molli et cle- 
menter edito montis Abnobae iugo effusus pluris populos adit, 



keine bestimmte Grenze angeben zu 
kdnnen, wie man aus den letzten Ka- 
piteln ersiebt, und woUte, nament- 
lichbei dem politiscbenZwecke 
seiner Schrift, Germanien als gleich- 
sam unbegrenzt und ins Unendliche 
ausgedebnt darstellen. — sintis, n. 
terrarum, bauschig hervortretende 
Landerstrecken, wie Plinius von der 
chersonesns Gimbrica n. h. U, 67, 
167 sagt: Germaniam classe circum- 
vecta ad Gimbrorum promuntorium; 
ebenso IV, 13, 97 und Mela III, 3, 4 
mare curvans se subinde longo 
supercilio inflexum est ; in eo sunt 
Gimbri et Teutoni : ultra ultimi Ger- 
nianiae Hermiones. — insularum, 
Danemark nebst Inseln und Skan- 
dinavien. 

4. cognitis — regibus, absolutes, 
aoristisch gebraucbtes Participium, 
angescblossen an eine im Prasens 
stebende geographiscbe Notiz ohne 
RQcksicbt auf Zeitfolge, aber einen 
wicbtigen Nebenumstand der £r- 
zahlung enthaltend ; deutsch: „nach 
der neuerdings gewonnenen Kennt- 
nis von". — geniibus ac regibut 
Volkerschaften m i t und ohne 
Kdnige. 

5. bellum, seit den Expeditionen 
des Drusus (12—9 v. Gbr.) bis auf 
den Krieg des Bomitiau mit den 
Ghatten (84). — aperuit, erschlos- 
sen hat, vgl. Agr. 22, 1 tertius 
expeditionum annus novas gentis 
aperuit, Mela III, 6, 4 Britanniam 
ciausam aperit ecce principum maxi- 
mus und Liv. X, 24, 5 Fabium ape- 
ruisse Giminiam silvam. — Rhenus 
— Danuvius, T. kommt auf die 
beiden wichtigsten Grenzscheiden 
noch einmal zuruck, da diese Flusse 
als am bekanntesten am besten orien* 



tieren konnten. Ubrigens stimmen 
die hier gemachten Angaben nicht 
mit 28, 29 und 43, wonach Germanen 
auch in Gallien jenseits und Gallier 
in Germanien jenseits des Rheines 
und selbst der Bonau, diesseits der 
Bonau auch nocb Pannonier wohn* 
ten, und nur die romische Provinz 
Raetia bis an den Flufs reichte. — 
Raeticarum Alpium, siereichen von 
der Ortlesspitze bis zum Adula {ir 
T<f IdBovXeL 0Q81, Strabo geogr. IV, 
3, 3.), dem St. Gotthard; Mela III, 
2, 8, sagt allgemeiner Alpibus deci- 
dens; Ammian. XV, 4, 2-^5 inter 
montium celsorum anfractus im- 
mani pulsu Rhenus extenditur. — 
modico, von der Quelle an bis zur 
Mundung mit leiser Biegung nach 
V\r. vgl. Mela III, 1, 7 u. 8, 8 mo- 
dico flexu und Ammian. XVI, 1, 5 
pacatisque rigentis Rheni meatibus. 

7. versus, nachdem er sich ge- 
wendet. — miscetur,y9\t ann. II, 6, 16 
donee (Rhenus) Oceano misceatur. — 
mollis, sanft ansteigend. Vgl. Gaes. 
b. g.V, 9, 1 in litore molli, und b. c. 
II, 10, 3 molli fastigio wie b. g. 
VII, 46, 2 und Liv. XXI, 1 7 mollire cli- 
vum. — clementer edito, gemach an- 
steigend ; clementer in eigentlicher, 
lokaler Bedeutung erst in der sil- 
bernen Latinitat. vgl. ann. XIII, 38, 
13 coUes clementer adsurgentes; 
ahnlich ann. XII, 33, 8 (saxa) si qua 
clementer accedi poterant und hist. 
UI, 52, 2 si qua Apennini iuga cle* 
menter adirentur. 

8. montis Abnobae (auch ein rd- 
misch-keltischer Name), der Teil 
Yom Schwarzwalde, in welchem die 
Donau entspringt; vgl. Piin. n.h. IV, 
12, 79 ortus hie (Hister) in Germania 
iugis montis Abnobae. 



DE GERMANIA LIBER. 1. 2. 



19 



donee in Ponticum mare sex meatibus erumpat: septimum os 
paludibus hauritur. 

2* Ipsos Gerinanos indigenas crediderim minimeque alia- 
rum gentium adventibus et hospitiis mixtos, quia nee terra olim, 
sed classibus advehebantur, qui mutare sedes quaerebant, et in- 
mensus ultra utque sie dixerim adversus Oeeanus raris ab orbe 
nostro navibus aditur. quis porro, praeter periculum horridi et 
ignoti maris, Asia aut Afriea aut Italia relicta Germaniam peteret, 



10 



9. donee c. coni. praes. aufser 
37, 21 and 45, 15 QberaU in der Ger- 
mania, sowohl mil finaler Neben- 
bedeatoDg, wie 31, 14 absolvat, als 
aucb zum Ausdrucke der Tbatsache. 

— Ponticum mare wie ann. XIII, 
39, 2 ond Mela 11,1, 5; sonst Pontus 
mit Oder ohne Euxinus; vgl. auch 
45, 6 Suebici maris. — meatibus «=» 
ostiis. Vgl. Mela III, 1, 2 tantis mea- 
tibus and PHd. n. h. Ill, 1, 5 Oeeanus 
avido meatu terras demergens. — 
erumpat wie Plin. n. h. VI, 22, 86 
duos amnis erumpere, Mela I, 19, 
12 Pbasis erumpit, U, 2, 9 Strymon 
maiore alveo erumpit. — teptimum 
OS, wie Mela II, 1, 8 totidem quot 
Nilus ostiis, sed tribus tenuibus, re- 
liquis navigabilibus effluit, Am- 
mian. XXII, 8, 44—45 omnis vero 
DanuTius septem ostiis erumpit in 
mare; quorum primum est Petiee 
insula dicta — septimum segnius et 
palustri specie nigrum und Ovid. 
Trist. II, 2, 189 septempiicis Histri, 
wahrend Plin. n. h. IV, 12, 79 in Pon- 
tum vastis sex fluminibus evoiyitur. 

\0, paludibus hauritur: wird von 
Sumpfen verschlungen , wie ann. 
II, 8, 13 bausti sunt n. aquis u. 5. 

— Ungenauer ist die Grenzbestim- 
mung Germaniens bei Mela III, 3, 
1 G. bine ripis eius (Rheni) usque 
ad Alpes, a meridie ipsis Alpibus, 
ab oriente Sarmaticarum confinio 
gentium, qua septentrionem spectat, 
Oceano litore obdncta est. 

2. Herkunft der Bewobner. 
(2-4). 

2, 1. ipsos bildet den Gegensatz 
zu den geographischen Grenzen des 



Landes und so den Ubergang zu den 
nun folgenden Bemerkungen uber 
die Herkunft der Bewobner, welche 
T. ffir einreines Autochthonen- 
Y 1 k erklart a. (e r s t e r Grund) i n- 
folge der geograpbischen 
Lage und zwar aa. weil das nor- 
dische Meer fur Kolonisation nicbt 
zuganglicb und bb» (porro) weil das 
Land fur Fremde nicbt lockend sei. 
So legt sich T. die Sacbe znrecht, 
wenn auch die tbatsachlichen Ver- 
haltnisse seine einseitige Auffassung 
beweisen. 

2. oHm^ T. bekampft die von litte- 
rarisch gebildetenRdmern oderGrie- 
chen aufgestellte Behauptung, dafs 
in den alten beroischen Zeiten Zuge 
und Niederlassungen vom Mittel- 
meere aus nach Germanien ge- 
gangen seien. 

3. quaerebant c. inf. bei T. nur 
bier, nicbt selten bei Vergil, Horaz, 
Ovid und Plinius. 

4. ultra, weiter nacb Norden zu. 
— ut sic dixerim, wie ann. XIV, 
53, 14; dial. 34, 8; 40, 19 und ut 
ita dixerim Agr. 3, 13 statt des 
klassischen ut ita dicam ; beides auch 
bei Plin. epp. II, 5, 6 und panegyr. 
42, med. — adversus, entgegenlie- 
gend dem noster orbis, unserer sud- 
lichen V^elt. Vgl. Agric. 12, 9 die- 
rum spatia ultra nostri orbis men- 
suram (sunt). — ab orbe nostro, 
attributiv zwischen raris und navibus 
gestellt, B= die nur sp§rlich aus un- 
serer Welt kommenden. Vgl. 8, 3 ; 
22, 7 ; 37, 10. 

5. praeter wie 44, 1: zu ge- 
«chweigen. 

2* 



20 



GORNEUI TAGITI 



informem terris, asperam caelo, tristem cuitu aspectuque, nisi 
cui patria sit? 

Celebrant carmiaibus antiquis, quod unum apud illos me- 

10 moriae et annalium genus est, Tuistonem deum terra editum et 
filium Mannum originem gentis conditoresque. Manno tris filios 
adsignant, e quorum nominibus proximi Oceano Ingaevones, 
medii Herminones, ceteri Istaevones vocentur. quidam, ut in 
licentia yetustatis, pluris deo ortos plurisque gentis appellationes, 

15 Marsos Gambrivios Suebos Vandilios adfirmant eaque vera et anti- 
qua nomina; ceterum Germaniae vocabulum recens et nuper 



7. informem terris, ungestaltes 
Landes. — atperam eaelo, raohes 
Himmels, Klimas ; vgL ann. II, 24, 1 
tniculentia caeli praestat Germania. 

— tristem cultu aspectuqtie, finster 
nach Anbau und Anblick. 

9. Celebrant, n,Germm: 6. z wel- 
ter Grund fur Autochthonie: die 
einheimische Uberlieferung 
nebst abweichenden Annah- 
m en (2 u. 3). — celebrant wie Mela 
I, 11, 3 rei celebratae carminibus 
und III, 6, 9 Thule nostris celebrata 
carminibas. — memoriae et anna- 
Uum^ geschicbtlicher Cberlieferung 
und Darstellung ; annalet bedeuten 
jede geschichtfiche Barstellung wie 
ann. II, 88, 16 Graecorum annali- 
bus ignotus. 

1 0. Tuistonem kommt nur hier vor. 

1 1. Mannum f von Wurzel man, der 
Strebende, Denkende, der Mensch, 
griech. Mivcoe. — conditoresque 
wie Verg. Aen.1,33. condere gentem. 

— tris filios: Ingv, Ermn (ahd. 
Irmin), Istv, die drei Stammeshel- 
den der Germanen nach Beinamen 
der drei Gotter Freyr, Tiu und 
WAdan. 

13. ceteris nach Plin. n. h. lY, 
28, 100 proximi Rheno. — vocen- 
tur, der Konjunktiv, weil aus dem 
Sinne derer, qui assignant. — qui- 
dam, romische Antiquare und Ge- 
lehrte, deren Hypothesen bis in das 
folgende Kapitel hineinreichen. — 
ut in licentia vetustatis, wie natfir- 
lich bei der Freiheit des Spielraumes 
infolge der grauen Vorzeit ; vgl. Liv. 



II, 4, 2 memoria vetustate abiit ; tU 
weist auf etwas Bekanntes bin wie 

22, 5; 39, 6; 44,4; 45, 15; 46, 

23. — deo von einem beliebigen 
aaderen Gotte. 

14. appellationes ^= Tubmen; no- 
men, cognomentum, vocabulum (s. 
34, 3), appeliatio braucht T. gleich- 
bedeutend ; vgl. ann. Ill, 56, 3 id 
summi fastigii vocabulum Augustus 
repperit, ne regis aut dictatoris no- 
men adsumeret ac tamen appellatlone 
aliqua cetera imperia praemineret. 

lb, Marsos, „die Schlimmen'' nach 
Scherer, zwischen Ruhr und Lippe, 
vernichtet durch Germanicus nach 
ann. II, 25, zu Tacitus' Zeit also 
schon verschwunden. — Gambri- 
vios, von Strabo YII, 1, 3 mit Ghe- 
ruskern, Chatten und Ghattuariern 
genannt; gambar (wie in Sogambri) 
bedeutet tuchtig im Thun. — Suebos, 
vielleicht „die Lassigen, Sitzen- 
bleibenden**; sie sindderGrundstock 
der Oberdeutschen , gehoren aber 
sowohl zu den Herminonen wie zu 
den Ingavonen. Tacitus' spatere Ein- 
teilung (c. 28, 35, 38) in Sueben 
und Nichtsueben ist willkurlich und 
mehr geo- als ethnographisch. — 
Fandilii, ^die Beweglichen** nach 
Scherer, im Osten und Nordosten, 
spater aber meist aus Germanien 
ausgezogen. — eaque vera etantiqua 
nomina, n. esse adfirmant ; vera steht 
im Gegensatze zu dem invento no- 
mine am Ende des Kapitels, anti- 
qua zu dem gleich folgenden nuper, 

16. ceterum bildet den tJbergang 



DE GERMANIA LIBER. 2. 3. 



21 



additum, quoniam qui primi Rhenum transgress! Gallos expulerint 
ac nunc Tungri, tunc German! vocat! s!nt: ita nationis nomen, 
non genUs evaluisse paulatim, ut omnes pnmum a y!ctore ob 
metum, mox etiam a se !ps!s invento nomine German! vocarentur. 20 

3* Fuisse apud eos et Herculem memorant primumque 
omnium virorum fortium itur! in proelia canunt. sunt iUis haec 



zu dem historiscben Gesamtnamen 
im Gegensatze zu den sagenhaften 
einzelnen. — recens et nuper addi- 
tum, D. esse. — tmper bezeichnet 
bier etwa 180 Jahre, well die Namen 
Germani uod Germania, keltische 
Wortermit lateinischerEndung, erst 
kurz Yor dem Sklavenkriege 73—71, 
(ygl. Gaes. b. g. I, 40, 5) bei den 
Rdmern aufgekommensind^wahrend 
frfiher nach griechischem Gebrauche 
Gallier nnd Germanen mit dem Ge- 
samtnamen Gallier amfafst wurden. 
Caesar fandjedoch den Namen scbon 
im Gebraucbe yor: b. g. I, 31, 10 
n. 35, 2 Ariovistns, rex Germano- 
ram. Die Bedentang des Namens 
aber ist entweder „0oriv dya&oi'* 
Rufer im Streite oder Nachbaren nach 
Zeufs, gramm. Geltica', 773 : ut cum 
adiectivo cian ^a remotns bene qua- 
drat nomen Cenomani (extremi ual- 
lornm cisalpinorum ad orientem ver- 
sus), ita nomen Germani cum voca- 
bulo cambrico^er et hibernico vetere 
gair aa yicinus quadrabit, ut gair- 
mans sive Germani sint ^vicini". 

17. qui primi — expulerint, wie 
^ei Gaes. b. g. II, 4, 1 sic reperiebat 
plerosque Belgas esse ortos ab 
GermaniSy Rbenumque antiquitus 
traductos — Gallos, qui ea loca in- 
colerent, expulisse und ibid. 10: 
Gondrusos, Eburones, Gaeroesos, 
Paemanos, qui uno nomine Ger^ 
mani appellantur, arbitrari ad XI 
milia. Von den letztgenannten 
wohnten die Eburones, durch Caesar 
53 besiegt, dort, wo das heutige 
Tongern (fruher Aduatuca Tungro- 
rum) ndrdlich yon Lfittich auf die 
Tungri hinweist, welche das ehe- 
mals eburonische Gebiet westiich 
der Maas bis zu den Nerviern inne- 



hatten (nunc, wozu yocentur zu er- 
ganzen ist). 

18. vocati tint, erzahlendes hi- 
storisches Tempos, yom Stand- 
punkte der Gegenwart aus ; T. kann 
nicht meinen, dafs das Yolk da- 
mals namenlos nach Gallien ge- 
kommen und erst da yon den Gal- 
liern Germanen benannt sei, sondern 
auch auf dem link en Rheinufer 
an der Arduenna safsen Germanen 
und zwar belgische d. i. kel- 
tische Germanen, also zu beiden 
Seiten des Rheines, nur durch den 
Flufs geschieden, zwei Voiker yer- 
schiedenen Stammes, aber gleichen 
Namens. — nationis, wie c. 38, 1 fL 
zur Bezeichnung des engeren und 
genMa des weiteren Begriffes, Ydl- 
kerschaft und Volkerstamm. 

19. evaluisse wie hist. 1, 80,7 adfec- 
tatio quietis in tumultum eyaiuit. — a 
victore, n. yon den s i e g r e i c h uber 
den Rhein yordringenden Germanen. 

— ob metum, in der Absicht den 
Galliem Furcht einzuflofsen nnd sie 
zu schrecken. Weiteres s. Einl. S. 14. 

20. mox, nachher, spater; ygl. 
34, 10. — a se ipsis ist unrichtig, 
denn Germanen haben dieDeutschen 
sich nie genannt, hdchstens im Yer- 
kehre mit Rdmern und lateinisch 
Redenden. — invento, mit dem fur 
die Transrhenanen neu erfundenen 
nnd neu angewandten Namen. 

3) 1. memorant, n. quidam 2, 12. 

— Herculem wie ann. II, 12, 3 sil- 
yam Herculi sacram; H. entspricht 
interpretatione romana (43, 13) dem 
dentschen Thunar (Donar, nord. 
Th6r), dem Sohne des hdchsten 
Gottes W6dan. — primumque, als 
den ersten. 

2. canuni, doch ist kiermit nicht 



22 



CORNELU TACITI 



quoque carmina, quorum relatu, quern barditum vocant, accen- 
dunt animos futuraeque puguae fortunam ipso cantu augu- 

5 rautur; terrent eniin trepidantve, prout soouit acies, nee tain 
vocis ille quam virtutis coucentus videtur. adfectatur praecipue 
asperitas soni et fractum murmur, obiectis ad os scutis, quo 
plenior et gravior vox repercussu iotumescat. ceterum et Ulixen 
quidam opinautur longo illo et fabuloso errore in hunc Ocea- 

10 num delatum adisse Germaniae terras, Asciburgiumque, quod in 
ripa Rheni situm hodieque incolitur , ab illo constitutum nomi- 

natumque ; aram quin etiam Ulixi consecratam, adiecto 

LaSrtae patris nomine , eodem loco olim repertam , monumenta- 
que et tumulos quosdam Graecis litteris inscriptos io confinio 

15 Germaniae Raetiaeque adhuc extare. quae neque confirmare ar- 



gesagt, dafs a 1 i e Germanen in g^lei- 
cher Weise den Hercules in dieser 
Weise besungen haben; vielleicht 
ist eine solche Verherrlicbung durch 
das Lied den quidam (2, 12) bekannt 
geworden in betreff der Gherusker 
und der anderen Nationen, welche, 
ehe sie bei Idistaviso kampften, 
sich in dem oben genannten Haine 
des Hercules versammelt batten. 
— haec, dergleicben; aber sollte 
man nicht alia statt haec setzen? 

3. barditum f Bartrede, bier der 
Kampfer, die in Bart und Schild 
hineinsingen, wie sonst die des Got- 
tes Donar, der, wenn er zurnt, in 
seinen roten Bart blast, worauf ein 
(Jnwetter kommt und Donner durch 
die Wolken scballt. T. erwahnt 
diesen Schlachtgesang auch als hi- 
storiscbe Quelle, denn sonst wurde 
die Bescbreibung desselben besser 
in c. 6 Oder 7 steben, aber auch 
Ammian. XXXI, 7, 11 berichtet : bar- 
bari (Gothi) maiorum laudes stri- 
debant carminibus inconditis inter- 
que varios sermonis dissoni strepi- 
tus leviora proelia temptabantur. 

5. trepidant^ zagen. — sontdt 
acies wie hist. IV, 18, 17 ut viro- 
rum cantu, feminarum ululatu sonuit 
acies, nequaquam par a legionibus 
cohortibttsque redditur clamor. 

8. gravior f tiefer, dumpfer. — 
ceterum^ kehrt zurOck zu memorant 



3, 1 und celebrant 2, 1. — UUxen, 
„ein keltischer Name Uloboxsis liefs 
romische Gelehrte den Ulixes am 
Niederrheine entdecken, um so leich- 
ter, wenn daneben noch ein Name 
sich fand, welcher an den Laertes 
erinnerte.** 

10. Asciburgium, deutsch a» 
Schiffsstatte , Schiifslager, gelegen 
in dem zu Caesars Zeit (b. g. IV, 4) 
menapischen, nachher von Gugerni 
(hist IV, 26, 15) bewohnten Ge- 
biete, vielleicht Asburg bei Mdrs; 
bei Ammian. XVUI, 2, 4 Quadri- 
burgium, eine von sieben am Rheine 
gelegenen Stadten. 

11. situm J n. est — nominatum' 
que, wie, fehlt; der gallische, vor- 
germanische Name des Ortes ist 
ausgefallen, welcher entweder ua* 
mittelbar auf den Ulixes fuhrte oder 
sonst aus der Sage oder doch a us dem 
Griechischen zu stammen schien. 

12. quinetiam, nachgestellt; vgL 
14, 16. — Ulixi, dat 

14. Graecis, genauer mit nord- 
etruskischen , allerdings wohl aus 
einem griechischen Alphabete her- 
vorgegangenen Buchstaben. Vgl. 
Solin. 25 Ulixem Galidoniae appul- 
sum manifestat ara Graecis Uteris 
inscripta voto. 

15. adhuc extare, was T. aus 
Plinius' verlorenen, aber durch Ta- 
citus selbst (ann. 1, 69^ 6) bezeugten 



DE GERMANIA LIBER. 3-5. 



28 



gumentis neqiie refellere in animo est : ex ingenio suo quisque 
demat vel addat fidem. 

4. Ipse eorum opinion! accedo, qui Germaniae populos 
nullis aliarum nationum conubiis infectos propriam et sinceram 
et tantum sui similem gentem extitisse arbitrantur. unde habitus 
quoque corporum , quamquam in tan to hominum numero , idem 
omnibus : truces et caerulei oculi, rutilae comae , magna corpora 5 
et tantum ad impetum valida: laboris atque operum non eadem 
patientia, minimeque sitim aestumque tolerare, frigora atque 
inediam caelo solove adsueverunt. 

5. Terra etsi aliquanto specie differt , in universum tamen 
aut silns horrida aut paludibus foeda, umidior qua Gallias, ven- 



20 Buchern bellorum GerraaDicorum 
wufste; s. £iDl. S. 12. 

16. ex ingenio suo, nach seiner 
Geistesart, wie hist. I, 82, 14 ex suo 
quisque ingenio mitius aut horri- 
dius. ex zur Bezeichnung des Mafs- 
stabes wie 7, 1 ; 9, 7; 12, 2; 34, 3. 

17. fidem detnere, Glauben ent- 
ziehen, wie hist. II, 50, 8 volgatis 
traditisque fidem demere non ausim 
und ann. IV, 9, 5 Tiberius vero et 
honesto fidem dempsit; fidem ad- 
derey Glauben beimessen, wie hist. 
in, 39, 3 addidit facinori fidem. 

4. c. d r i 1 1 e r Grund fur Autoch- 
thonie: der Nationaltypus (4). 

2. infectosy angemacht, dem Zu- 
sammenhange nach mit etwas Bosem, 
daher verfalscht, vergiftet, wie ann. 
II, 2, 7 regem hostium artibus in- 
fectum. — sinceram^ unvermischt, 
wie hist IV, 64, 21 sincerus et in- 
teger populus, Suet. Aug. 40, 18 
sincerum atque et omni colluvione 
peregrini ac senilis sanguinis in- 
corruptum populum. 

3. habitus, die aufsereBeschaffen- 
heit, wie Agr. 1 1^ 2 habitus corporum 
(Britannorum) varii und lb. 11,9 po- 
sitlo caeli corporibus habitum dedit. 

5. truces, trotzig, wahrend Gaes. 
b. g. I, 39, 1 von acies oculorum 
spricht. — caerulei, blau. Vgl. Hor. 
epod. 16, 7 nee fera caerulea do- 
muit Germania pube. — rutilae, rot- 
lich, wie A§[r. 11, 2 rutilae Galedo- 



niam habitantium comae vgl. Am- 
mian. XXVII, 2, 2 videbat quosdam 
rutilantes comas ex more. 

6. impetum, ungestume That, wie 
30, 8 und ann. II, 14, 14 corpus 
(Germanis) ad brevem impetum vali- 
dum. — non eadem, das zweite 
Glied des Vergleiches fehlt wie 23, 
5; 35,13 u. 45,1. 

7. sitim wie 22, 5 und 23, 4. 

8. caelo solove, abl. causae, in- 
folge des (kalten) Klimas oder des 
(unfruchtbaren) Bodens. Vgl. Gaes. 
b. g. IV, 1, 10 und Mela UI, 3, 2 
(Germani) exercent corpora ad con- 
suetudinem laborum, maxime fri- 
goris. — adsueverunt, n. tolerare, 
welches and xotvov erst sitim 
aestumque, dann die asyndetisch 
entgegengestellten frigora atque in- 
ediam regiert; deutsch »wohl aber 
Kalte und Mangel an Essen*. 

3.NaturlicheBe8chaffenheit 
und Produkte des Landes (5). 
Die Schilderung ist vom Standpunkte 
des Sudlanders aus zu beurteilen. 

5, 1 etsi — differt, obgleich das 
Land dem Ansehen nach in einem 
ziemlichen Grade verschieden ist, 
zieralich viel wechselt. — in 
universum wie 6,12; vgl. 27,8. 

2. silvis, paludibus; Mela sagt 
ni, 3, 3 terra ipsa multis impedita 
fluminibus, multis montibus aspera 
et magna ex parte silvis ac palu- 
dibus invia. 



24 



GORNELH TAGITI 



tosior qua Noricum ac PaDDoniam aspicit; satis ferax, frugifera- 
rum arborum inpatieus , pecorum fecunda , sed plerumque im- 

5 procera. ne armentis quidem suus honor aut gloria frontis: 
numero gaudent, eaeque solae et gratissimae opes sunt, argen- 
tum et aurum propitiine an irati di negaverint dubito. nee 
tamen adfirmaverim nuUam Germaniae venam argentum aurumve 
gignere: quis enim scrutatus est? possessione et usu baud per- 

10 inde adficiuntur. est videre apud illos argentea vasa, legatis et 
principibus eorum muneri data , non in alia vilitate quam quae 
humo finguntur; quamquam proximi ob usum commerciorum 
aurum et argentum in pretio habent formasque quasdam nostrae 
pecuniae adgnoscunt atque eligunt: interiores simplicius et anti- 



3. taiit, abl. plur., n. ,Hafer, 
Gerste, Weizen, im N. vielleicht 
auch Roggen; dazu Flachs and 
einiges Gemuse^. — frugiferarum 
a., D. edeles Obst tragende B. vgl. 
23, 3 uud 26, 6. 

4. inpatiens, nicht geeignet zu 
tragen; das Gegenteil patiens fru- 
gum Agr. 12, 16 UDd PIId. epp. V, 
60, 4 caelum lauram patitnr. — 
pecorum, d. Binder, Schafe, Pferde 
und besonders auch Schweine. — 
plerumque, nicht zum wenig^sten, 
gar oft, wie 13, 12. — inprocerap 
n. ea pecora sunt, eine wegen des 
wechselnden Subjektes hochst auf- 
fallige Konstruktion. 

5. suus, ihnen (nach romischer 
Anschauung) zukommend. — honor 
vlM gloria, beide ubertragen » das, 
was Ehre und Buhm bringt, S t a tt - 
lichkeit (saproceritas) und der 
Stirne Zier. Vgl. Hor. carm. I, 
17, 16 copia runs honorum opu- 
lenta; sat. U, 5, 12 poma et cultus 
honores. 

6. gaudent wie 15, 8; 21, 12; 46, 
10 u. Agr. 44, 11; opes, vgl. Gaes. 
b. g. VI, 35, 6 pecoris cupidissimi. 

8. nullum — venam; dieselbe An- 
sicht ann. XI, 20, 11 Bufus in agro 
Mattiaco (sudl. v. Taunus im Bhein- 
und Maingau) recluseratspecus quae- 
rendis venis argent!, unde tenuis 
fructus nee in longum fuit. Spater, 
Tom 5. Jahrh. ab, fehlt es an Gold- 



w&sche in den Fiflssen nicht, na- 
mentlich nicht im Bhein, und in 
der Sage spielt das Goid schon noch 
frflher seine BoUe. 

9. haud perinde »r ovx Ofioiofe, 
nicht in dem Mafse, wie man er- 
warten sollte, nicht sonderlich. Vgl. 
34, 2 und ann. If, 88, 17 (Arminius) 
Bomanis haud perinde Celebris, dum 
Vetera extolUmus recentium incu- 
riosi; ebenso Suet. Tib. 52, 1 Tibe- 
rius ne mortuG quidem Druse per- 
inde adfectus est 

10. adficiuntur^ n. animis, ^fflhlen 
sie sich angezogen** wie nachher 
(Z. 17) nulla adfectione animi, ohne 
irgend welche Vorliebe. — est videre, 
^orw tBeXv wie ann. XVI, 34, 4 ut 
coniectare erat intentione vultus. 

11. principibus, in alien drei 
Bedeutungen zu fassen: Konige, 
Grafen, Gefolgsherren ; vgl. 15, 7. 
— non in aUa vilitate, nicht in 
anderer, also eben derselben Ge- 
ringschatzung. 

12. proximi, n. Bheno et Dann- 
Tio wie 1 7, 5 und 23, 2 ripae. — 
usus commerciorum, haufiger Han- 
delsverkehr (Plur.). Obrigens geht 
aus ann. II, 62, 9 hervor, dafs schon 
im Jahre 18 n. Ghr. romische lixae 
und negotiatores in Germanien sich 
niedergelassen batten. 

13. formas, gewisse Sorten un- 
seres Geldes. 

14. adgnoscunt, erkennen, n. als 



DE 6ERMANIA LIBER. 5. 6. 



25 



quius permutatione mercium utuntur. pecuniam probant vete- 15 
rem et diu notaro, serratos bigatosque. argentum quoque magis 
quam auriim sequunitur, nulla adfectione animi, sed quia numerus 
argenteorum faciiior usui est promiscua ac vilia mercantibus. 

6. Ne ferrum quidem superest, sicut ex geuere telorum 
colligitur. rari gladiis aut maioribus lanceis utuntur: bastas vel 
ipsorum vocabulo frameas gerunt angusto et brevi ferro, sed ita 
acri et ad usum habili, ut eodemtelo, prout ratio poscit, vel 
comminus vel eminus pugnent. et eques quidem scuto framea- 5 
que contentus est, pedites et missilia spargunt, pluraque singuli, 
atque in inmensum vibrant, nudi aut sagulo leves. nulla cultus 
iactatio; scuta tantum lectissimis coloribus distingunt. paucis 



das, was es wert ist, wie Agr. 32, 18 
adgnoscentBritannisuam causam. — 
atque eligunt^ and suchen sie sogar 
vorzngsweise gem heraus, bevor- 
zngen sie. — inieriores, wie Mela 
I, 18, 4 inieriores iDCultins etiam 
secuntor vagi pecora. 

15. pecuniam steht voran als 
Haaptbegriif, mit dem der Obergang 
zum Gelde gemacht wird : als oder 
von Geld. 

16. serratos bigatosque, n. dena- 
rios, D. mit gezahntem Rande und 
mit einer ein Zweigespann, biga 
(oder auch eine quadriga) lenken- 
den Victoria auf der einen Seite; 
beide Munzen waren in der besten 
Zeit der Republik silberhaltiger als 
in der Kaiserzeit. — argentum quo- 
que: anch das ist eine Eigentum- 
lichkeit der Germanen (ebenso wie 
das Schatzen des alien Geldes), 
dafs sie Silber n. s. w. 

18. faciiior, bequemer. — pro^ 
miscua ac vilia, allerband nnd nur 
wohlfeile Dinge; vgl. 44, 8. 

n. Siiten und Gebrauche. 
(6—27). 

1. Das offentliche Leben 
(6—16). 

a. Das Kriegswesen (6 — 8): 
Waifen undfibrige AusrQsiang, Krieg 
und Kriegsgewalt, Einflofs der reli- 

fiosen Ideeen, hohe Bedeuinng der 
rauen. 

6, 1. ferrum bildei den Uber- 
gang von den edlen Metallen zn 



dem, aus welchem die Waifen ge- 
schmiedei werden, und so aucb, 
eiwas gekunsteli, zu dem Kriegs- 
wesen. — superest, isi im Uber- 
flusse vorbanden wie 26, 5; hisi. 
I, 59, 9 viri , arma , equi ad usum 
ei ad decus supererant; ebenso hist. 
I, 83, 10 und ann. XIV, 54, 12. — 
telorum, der Angriifswaffen. 

2. rari, nur vereinzelt, wie 2, 4 
raris navibus. — lanceis, mit brei- 
tem Eisen. 

3. frameas, Framjen, „zu alid. 
adv. fram, vorwaris oder in der 
Ferne«. Mullenhoff. 

6. spargunt, poetisch sinnlicher 
Ausdruck wie Verg. Aen. 7, 686 
pars maxima glandes plumbiliveniis 
spargit; ebenda 8, 695 und 12, 50; 
vgl. auch 17, 7. 

7. nudi wie 24, 2, nudi iuvenes 
und hist. II, 22, 6 cohories Germa- 
norum cantu truci et more patrio 
nudis corporibus super umeros scuta 
quatientium. — sagulo leves ^ nur 
leicht bekieidet mit einem dem 
romischen sagum ahnlichen Kriegs- 
mantel. — nulla cultus iactatio, 
kein Prahlen mit Schmuck, wie bei 
manchen Rdmern und auch nament- 
lich den Galliern nach Liv. VII, 10,7 
versicolor! veste pictisque et auro 
caelatis refulgens armis; ebenso 
Verg. Aen. 8, 659 If. 

8. lectissimis coloribus, mit den 
erlesensten, nach ihrem Geschmacke 
schonsten Farben. Die ^Itesten ger- 



26 



CORNEUI TACUTI 



loricae, vix uni alterive cassis aut galea, equi non forma, non 
10 velocitate conspicui. sed nee variare gyros in morem nostrum 
docentur: in rectum aut uno flexu dextros agunt, ita coniuncto 
orbe, ut nemo posterior sit. in universum aestimanti plus penes 
peditem roboris; eoque mixti proeliantur, apta et congruente ad 
equestrem pugnam velocitate peditum , quos ex omni iuventute 
15 delectos ante aciem locant. definitur et numerus: centeni ex 
singulis pagis sunt, idque ipsum inter suos vocantur, et quod 



manischen Dichtungen, auch die 
aQgelsachsischen erwahnen gemalte 
Schilde nicht, aber das GudruDlied 
spricht einmal (Str. 173) von schil- 
den leht und wolgevar; auch Tac. 
selber erwahnt 43, 18 ausdnicklich 
nigra scuta der Harier und erzahit 
ann. 11, 14, 12, dafs die G. statt 
Schilde haben viminum textus vel 
tenuis et fucatas colore tabulas, 
und da auch 16, 9 mineralische 
Farben genannt werden, deren sie 
sich zum Bemalen der Wande be- 
dient haben, so ist ein Farben der 
Schilde wohl denkbar, um so mehr 
als das an Metallen an und fur sich 
und von Spanien nnd Britannien 
her reiche Gallien wie mit Erz, so 
mit anderem Schmucke sie ver- 
sorgte, namentlich auch der Farber- 
rote, von der Plin. n. h. XXII, 2, 3 sagt: 
infici vestis scimus admirabili fuco. 
— paucis, vix uni alterive, noch 
starker ann. II, 14, 10 non loricam 
Germano, non galeam, ne scuta 
quidem ferro nervove firmata. 

9. cassis ist eigentiich ein Metall- 
helm, galea ein Lederhelm, aber 
in der alteren Zeit uberwogen bei 
den Germauen ohue Zweifel die 
Lederhelme, wahrend Metallhelme, 
Yon aufsen her erkauft oder er- 
beutet oder geschenkt, nur von ein- 
zelnen getragen wurden, namentlich 
wohl den Vornehmen. — forma, 
velocitate, als tuchtige Reiter nennt 
T. 32,3dieTencteri,imubrigenaber 
stimmt das Urteil uber die Pferde 
mit Caes. b. g. lY, 2, 2 iumenta 
(Reit-, Zug- und Lastpferde), quae 
sunt apud Germanos nata, parva 



atque deformia, haec cotidiana exer- 
citatione summi ut sint laboris effi- 
ciunt. 

10. variare gyros, mannigfache 
Kreisbewegungen machen. 

11. uno flexu, nur mit einer 
Schwenkung. 

12. posterior, n. als der andere ; 
da sie im Kreise hinter einander 
reiten, ist jeder dem Nachsten hinter 
ihm Yoraus, keiner der letzte. — 
in universum aestimanti: dieser 
Dativ, im Griech. besonders bei 
Lokalangaben gebraucht, findet sich 
zur BezeichnuDg eines Urteiis zu- 
erst bei Livius, X, 30, 4 vero stanti, 
XXXIV, 27, 1 und XXXVII, .58, 8 
Yere aestimanti, bei Tac. ebenso 
wie hier Agr. 11, 9, aufserdem hist 
U, 50, 12, III, 8, 6 und IV, 17, 16 
reputantibus und V, 11, 18 intuen- 
tibus; in universum wie 5, 1. 

13. roboris, nach Ausdruck und 
sachlich wie 30, 11 und Agr. 12, 1 
von den Britanniern inpedite robur^ 
— eoque, und deshalb. — mixti, 
wie bei Caes. b. g. I, 48, 5 ff. pe- 
dites, quos ex omni copia singuli 
singulos suae salutis causa delege- 
rant; Ygl. VII, 65, 4, VIII, 13, 2 unb 
36, 2; auch Ammian. XVI, 12. 

15. definitur et numerus, n. de- 
lectorum. — centeni, n. pedites. 

16. idque ipsum, und mit eben 
diesem Begriffe , centeni, die Hon- 
dertmanner, fur welche es naturlich 
ein deutschesWortgegeben hat, wer- 
densie bezeichnet: „s o eben heifsen 
sie**. T., dem einerseits die urspriing- 
liche Stellung der romischen centuria 
zur legio vorschwebte, der ander- 



DE GERMANIA UBER. 6. 7. 



27 



primo Dumerus fuit , iam nomen et honor est. acies per cuneos 
componitur. cedere loco, dummodo rursus instes, consilii quam 
formidinis arbitrantur. corpora suorum etiam in dubiis proeliis 
referunt. scutum reliquisse praecipuum flagitium, nee aut sacris 
adesse aut concilium inire ignominioso fas; multique superstites 
bellorum infamiam laqueo finierunt. 

7. Reges ex nobilitate, duces ex virtute sumunt. nee regi- 
bus infinita aut libera potestas, et duces exemplo potius quam 



seits aber erfuhr, dafs aach die Ger- 
manen wie alle „Vdlker, die in den 
Anfangen der Entwickelung stehen, 
eine Neignng zeigten bestimmte 
Zahlverhaltnisse walten zu lassen", 
dafs ferner das Hundert fQr die Giie- 
derung der Volkerschaften bei den 
Germanen zu Gronde lag, und eine 
Verbindung nacb Hunderten eine 
grofseBedeutang hatte, liefs nun gar 
100 Fufssoldaten aus jedem pagus, 
d. h. der Landschaft als der Unter- 
abteilung der Yolkerschaft aus- 
wahien. Nach Gasar aber, der so- 
wohl b. g, I, 48, 5 wie VUI, 36, 2 
von pedites velocissimi et fortissimi 
und summae velocitatis homines 
spricht, waren diese mil den Rei- 
tern kampfenden Fufssoldaten eine 
besondere Art Streiter, die als de- 
lecti und ante aciem locati nomen 
et honor bekamen. 

17. iam, nunmehr. — per cuneos, 
keilfonnig, wie auch hist. IV, 16, 9, 
V, 16, 4 und 18, 4, wo aus Germanen 
gebiidete Keile erwahnt werden, 
welche aus einzelnen Haufen be- 
standen, alle aber zu einem grofsen 
Keile, der die Form eines Eber- 
kopfes hatte, sich wieder zusam- 
menffigten. Diese Heeresstellung in 
Form eines Ebers ist fiberhaupt 
indogermanischer Herkunft und lebt 
auch spater noch lange fort: Am- 
mian. XXVII, 1, 1 cuneatim egressa 
multitudo (Alamannorum) und 2, 4 
in tertium cuneum propere castra 
commovit. 

18. instes, vordringen ; vgl. tueare 
14, 1 1. — consilii, n. potius esse, eine 
bei T. nicht seltene Ellipse, so ann. I, 
58, 6 pacem quam bellum parabant. 



19. corpora, die Leichen. 

20. praecipuum, der allergr5f8te. 

21. concilium, der Landesthing; 
vgl. 12, 1. — ignominioso, der 
Schimpf bestand im Ausschlusse 
von aUen Versammlungen und im 
Ausweichen bei der Begegnung. — 
multique schliefst ab «=» und so, 
womit auch das die Angaben fiber 
das Benehmen der Germanen im 
Kriege beendigende Perfektum uber- 
einstimmt. — superstes verbindet 
T. meist mit dem Genetiv, mit dem 
Dativ 14, 3 und ann.Y, 8, 12 Pom- 
ponius Tiberio superstes fuit. 

7, 1. ex wie 3, 16. — reges, 
ahd. chuninc von chuni, got. kuni, 
yevos, also ein Mann von edelem 
Geschlechte, daher im angelsach- 
sischen Beowulf und im altsach- 
sischen Heliand, cyning sedelum 

Sod, genere nobilis und adalkuning, 
er Edelkonig. Manches Kdnigs> 
geschlecht gait sogar als heilig und 
ward an die Gotter angeknupft wie 
bei den Angelsachsen an den Gott 
Woden seiber. Vgl. auch 42, 6 Ma- 
robodui nobile genus. Bei grofseren 
Heeresmassen waren oft zwei oder 
mehrere reges zusammen, so in der 
Alamannenschlacht vor Strafsburg 
sieben; vgl. Ammian. XVI, 12, 1, 
wo die 7 Namen genannt werden. 

— duces, Herzoge, ahd. herizoho, also 
auch aus blofs f r e i e m Geschlechte. 

— sumunt, nehmen sie, wie hist. 
1, 56, 19 nee minore discrimine prin- 
cipem sumi quam quaeri und Verg. 
Aen. 4, 234 quae prima exordia su- 
mat? 

2. infinita aut (oder gar) Hbera 
wie 43, 24; 44, 6 und ann. XIII, 



28 



CORNELII TACITI 



imperio, si prompti, si conspicui, si ante aciem agant, admira- 
tione praesunt. ceterum neque animadvertere neque vincire, 
5 ne verberare quidem nisi sacerdotibus permissum, non quasi in 
poenam nee ducis iussu, sed velut deo imperante, quern adesse 
bellantibus credunt. efiigiesque et signa quaedam detracta lucis 



54, 5 Id quantum Germani regnan- 
tur. — T., dem der Absolutismus 
des romischen imperium wie des 
orientalischen regnum (vgl. 37, 12 
Arsacis regno) als ein Schreckbild 
immer vor Augen steht, kann nicht 
oft und kraftig genug die allseitige 
Beschrankung des Konigtums durch 
die Voiksfreiheit, die die Freiheit 
nicht beschrankende, sondern vor- 
aussetzende Gewalt der deutschen 
Konige hervorheben. — potius quam 
imperio J was T. auch 11^13 be- 
sonders bemerkt. 

3. si mit KoDJ. praes. zur Be- 
zeichnung der wiederhoUen Hand- 
lung wie 10, 4. — admiratione, durch 
das Be wnndert w e r d e n (vgl. Nae- 
gelsb. Stil. S. 160), abl. instrum. 
wie exemplo und imperio, der aber 
eine durch das Asyndeton beson- 
ders erkennbare Steigerung enthalt. 

4. praesunt, stehen an der Spitze, 
gebieten. — eeterum beschrankt so- 
fort das praesunt. — animadver- 
tere i. e. morte multare wie hist. 
1,46,26; 68, 15; 85,3; IV, 49, 26, 
nur dafs in den letzten vier Bei- 
spielen die Konstr. keine absolute, 
sondern die bestrafte Person durch 
die Praposition in mit dem Ace. 
beigeffigt ist 

5. ne verberare quidem, selbst 
nicht zu schlagen, was bei den 
Romern so gewohnlich war; vg). 
Liv. Epit. 57: quem Scipio apud 
Numantiam militem extra ordinem 
deprehendit, si Romanus esset, vi- 
tibus, si extraneus, fustibus cecidit. 
— quasi gehort zu in poenam und 
zu ducis iussu. — in poenam, 
nicht eigentlich als Strafe, namlich 
als eine, die nicht auf mensch- 
lichen Wunsch und Befehl voll- 
zogen wurde, sondern auf Befehl 



der Gottheit durch die Priester^ 
welcbe als die oberste Staatsgewalt 
im Kriege, wahrend die gewohuliche 
Gerichtsgewalt des Konigs oderGra* 
fen suspendiert sein mochte, Heer- 
frieden geboten und dann dem alt- 
deutschen Leben fiir gewdbnlich 
vollig fremde Strafen verhaugten 
und fiberhaupt wohl strenger und 
schwerer bestraften als sonst. 

6. deOi ganz allgemein der Gott, 
welcher gerade jedem Yolksstamme 
der liebste war und von dem er 
Heiligtiimer besafs, die er auch mit 
in die Schlacht nahm. — adesse, 
die Gottheit war der oberste Rich ter; 
vgl. 10, 4. 

7. effigiesque — lucis \ die eff, 
werden erklart durch hist. IV, 22, 1 1 
depromptae silvis lucisque ferarum 
imagines: so die Schlange und der 
Wolf, welche den WAdan (Merkur), 
der Bar und der Ziegenbock, welche 
den Thunar, derWidder, welcher 
vielleicht den Tin (Mars), der Stier 
und der Eber (vgl. 45, 9), welche 
den Fr6 (Freyr) und seine Sch wester 
Frouwa (Freyja) symbolisch dar- 
stellten ; die signa aber sind einer- 
seits die sogenannten Attribute der 
Gotter: die Lanze des W6dan, der 
Hammer des Thunar, das Schwert 
des Tiu, der Bogen und Pfeil viel- 
leicht des Balder, anderseits die 
Waffen, welche von den Priestern 
an den Baumen der Haine und Wil- 
der, namentlich an den dem Wddan 
heiligen Eichen aufgehangt waren 
(vgl. H. v. Kleist, die Hermanns- 
schlacht III, 5). Gearbeitet waren 
die Gegenstande von den Germanen 
selber, denn die Schmiedekunst in 
Eisen und Gold blClhte schon da- 
mals als Kunst; daher die Sage vom 
Schmied Wieland, dem Vulkan und 



DE GERMANIA LIBER. 7. 8. 



29 



in proelium ferunt; quodque praecipuum fortitudinis incitamen- 
tum est, non casus nee fortuita conglobatio turmam aut cuneum 
facit, sed familiae et propinquitates; et in proximo pignora, unde 10 
feminarum ululatus audiri, unde vagitus infantium. hi cuique 
sanctissimi testes, hi maximi laudatores: ad matres, ad coniuges 
Yulnera feruut; nee illae numerare aut exigere plagas pavent, 
cibosque et hortamina pugnantibus gestant. 

8. Memoriae proditur quasdam acies inclinatas iam et la- 



Daedalus der Germanen; daher auch 
der eherne Stier der Kimbern (Pint. 
Mar. 23 extr.) 

8. quodque, appositioDalerRelativ- 
satz, der aber dem Satze vorausgeht, 
zu dem die Apposition gehorU — 
praecipuum incitamentum,deT vor- 
zuglichste Sporn ; vgl. 6, 20 u. 14, 5. 

9. conglobatio, vgl. 13, 8, und 
Ammian. XXYIl, 2, 2 ad aUerias 
globi (AlamaDnorum) perniciem du- 
cens ; XXVIII, 5, 6 stetere mox con- 
globati (Saxones). — cuneum bier 
s» Abteilung FufssoldateD, imGegen- 
satze zu turroa. 

10. familiae, daher Gaes. b. g. 
I, 51, 2 G. copias generatim con- 
stituerunt. — propinquitates, Sipp- 
scbaften. — pignora wie Agr. 38, 6 
frangi aspectu pignorum suorum, 
ebenso anu. XII, 2, 4 proxima suis 
pignora; XV, 36, 14 und 57, 14. 
Zur Sache hist. IV, 18, 12 Givilis 
militi matrem suam sororesque, si- 
mul omnium coniuges parvosque 
liberos a tergo consistere inbet, hor- 
tamenta victoriae vel pulsis pudo- 
rem; und besonders Strabo 7, 2 
med. Tcav Kifi^Qtov rais yvvaiSlv 
avTcSv avarqaxevovcais na^xa- 
Xovd'ovv n^/idvTBts iiQsiat jtoXiO' 
r^iX^e, Xsvxsi/ioves, xa^naaivas 
itpantlBas iTtiTtsTtOQTtrj/isvai tc5a- 
fia x^^icovv IJi^ovca* yvfivoTtooBi, 

iUululatus, vgl. Ammian. XXVIII, 
5, 6 ululantibus lugubre harbaris 
(Saxonibus). — audiri, vielleicht 
schwebte dem T. aus Verg. Aen. 
7, 15 hinc exaudiri gemitus vor. 

12. ferunt, bringen bin, um zu 
zeigen. — exigere wie Cic. in Verr. 



U, 1, 51, 133 ad perpendiculnm co- 
Inmnas exigere, Liv. IV, 6, 4 aedi- 
libus velut publicum exigentibus 
opus (Gebaude) und Liv. XXIX, 37$ 2 
sarta tecta exigere (Gensorenamt) «» 
genau nntersuchen die Grofse 
und Tiefe der Wunden, jim so mehr 
ais die Frauen zugleich Arzte waren, 
wie dies bei vielen Naturvolkern 
der Fall gewesen ist. Sie waren 
mit den Geheimnissen der Natur 
und mit den ArzneimitteIn ver- 
traut. „Da8 germanische Frauen- 
ideal bezog sich auf geheimesWissen 
(das runische) und auf Schlacht und 
Kampf(daskriegerische)''. Scherer. 
— nee — pavent, schrecken nicht 
davor zuruck wie die zimperlichen 
Romerinnen jener Zeit. Vgl. Plut. 
Mar. 19, s. f. al ywaixe£ — uai 
TQavfiwia xai SiaxoTfas vnofiivov' 
a€U /Aix^i TeXevrijs ai^Trijroi rols 
&vftolls; der Infin. wie nach vereri; 
vgl. Ovid. Met. 1, 388 pavetque lae- 
dere iactatis maternas ossibus um- 
bras. 

14. cibosque et h., Konkretes und 
Abstraktes verbunden wie 1,2 metu 
aut montibus; hortamina poetisch 
statt hortamenta. — gestant, immer 
wieder, so oft es not tut 

89 1. memoriae proditur fubrt 
einen geschichtlichen Bericht ein, 
der zu unterscheiden ist von den 
Ergebnissen durch Forschungen wie 
2,15; 3,1 und 9; 4, 1; 39,2.— mc&- 
natas et L, zum Weichen gebrachte 
und schwankende; dazu Plut. Mar. 
XIX, 8. f . al yvvdixes rjfivvovzo rovS 
q>avyovTae ojuoitos ocai rove BkO' 
xovra£, rotfS fUv ws nQodoxas, xovi 



80 



CORNEUI TACITI 



bantes a feminis restitutas constantia precum et obiectu pecto- 
rum et monstrata comminus captivitate, quam longe impatientius 
feminarum suarum nomine timent, adeo ut ef&cacius obligentur 

5 animi civitatum, quibus inter obsides puellae quoque nobiles im- 
perantur. inesse quin etiam sanctum aliquid et providum putant, 
nee aut consilia earum aspernantur aut responsa neglegunt. 
vidimus sub divo Vespasiano Velaedam diu apud plerosque nu- 
minis loco habitam; sed et olim Albrunam et compluris alias 

10 venerati sunt, non adulatione nee tamquam facerent deas. 



8i €06 TtoXa/iiove und ebenda 27, 
in. in bezug auf die Kimbernschlacht : 
ini rdop aua^Sv /uXaveifiovee i<pa' 
mciifai rovs re ^aiyovras Skrei' 
vov, at fiiv avS^aG, at Si aSeXtpovs, 
ai oi TtareQaSy xai rot vrima anay- 
Xovaai rais x^^^'^ i^^inxovv vjto 
Tovs T^o;i<ot ff xal rovff noSai rrnv 
vno^vyiofv, avras 8i aniofpaTTOv, 

2. obiectu p,, indem sie sich sel- 
ber preisgaben; pectorum phraseo- 
logisch me animus, sachlich vgl. 
Gaes. b. g. 1, 51, 3 mulieres in proe- 
Ham proficiscentes passis manibus 
flantes implorabant, ne se in ser- 
yitutem Romania traderent. 

3. monstrata, mit Hand and Wort. 
— comminus, zwischen Verbum und 
Subst. gestellt, nimmt den Sinn des 
Adj. nahe an, vgl. 2, 4; 22, 7; 
37, 10; — impatientius, n. die Man- 
ner und zwar mehr als aus Ruck- 
sicht ffir ihre eigene Person. 

4. feminarum suarum wie 7, 11 
und 0. Z. 2, nicht blofs uxorum. — 
adeo ut, der Sinn ist, so dafs 
auch, ein zweites Moment fCir die 
hobe Bedeutung der Frauen, wozu 
das dritte in dem folgenden quin 
etiam tritt 

5. civitatum, der grdfseren poli- 
tischen Einheiten, der Gemeinwesen 
unter einander. — puellae quoque 
nobiles, auch vornehme M ad ch en, 
denn andere als vornehme Gei- 
seln wurden nicht gestellt. Vgl. 
hist. IV, 28, 2 Givilem Germania ex- 
tollebat, societate nobilissimis ob- 
sidum firmata und 79, 2 Agrippinen- 
ses offerebant uxorem ac sororem 



Givilis et filiam Glassici, relicta sibi 
pignora societatis. 

6. providum a., etwas Prophe- 
tisches, vgl. Gaes. b. G. 1, 50, 4 apud 
G. ea consuetndo erat, ut matres- 
familiae eorum sortibus et vatici- 
nationibns declararent, utrum proe- 
lium committti ex usu esset necne 
und hist. IV, 61, 10 Velaeda virgo 
nationis Bructerae late imperitabat, 
vetere apud G. more, quo plerasque 
feminarum fatidicas et augescente 
superstitione arbitrantur deas. 

8. vidimus, wir haben gesehen, 
n. zu Rom, auch Tacitus selber, der 
sich des etwa im 15. Lebensjahre 
gesehenen Triumphes fiber die Ba- 
taver sehr w'ohl erinnern konnte. 
— Felaedam, hist. IV, 65, 16; V, 
22, 20 und 24, 5 ; sie wurde gefangen 
nach Rom gebracht: Stat. Silv. I, 
4, 89 f. non vacat arctoas acies 
Rhenumque rebellem captivaeque 
preces Velaedae pandere. — ple- 
rosque, gar manche, wie 14, 7; 
22,1. 

10. non adulatione, nicht aus 
kriechender Schmeichelei. — tam- 
quam, mit t. ffigt T. hier den Grund 
an, welchen er dem Handeln der 
Germanen unterlegt; ebenso 20, 1 1 ; 
22, 9; 28, 14. — deas, wie es zur 
Kaiserzelt in Rom geschah. Vgl. 
Suet Galig. 24, 10 nee umquam 
(Galigula) nisi per numen Drusillae 
(sororis) deieravit; ann. XVI, 21, 11 
deum honores Poppaeae (a Nerone) 
decernuntur und 22, 17 eiusdem 
animi est Poppaeam divam non cre- 
dere, cuius in acta divi August! et 



DE GERMANIA UBER. 8. 9. 



81 



9. Deorum maxime Mercurium colunt, cui certis diebiis 
humanis quoque hostiis litare fas habent. Herculem ac Martem 
coDcessis animalibus placant. pars Sueborum et Isidi sacrificat: 
unde causa et origo peregrino sacro parum comperi, nisi quod 5 
signum ipsum in modum liburnae figuratum docet advectam reli- 
gionem. ceterum nee cohibere parietibus deos neque in ullam 



divi lull Don iurare. In dem face- 
rent liegt der Gegensatz zu dem 
aus hist. IV, 61,10 citierten arbi- 
trantur deas. — Diese Bemer- 
knngen fiber denEinflursderPriester 
und gottbegeisterten Franen machen 
einen naturlichen Obergang zu dem 
nachsten Telle, dem sie selbst anch 
angehoren. 

b. Religion and religiose 
Gebranche (9 und 10). 

9) 1. Mit dem Worte deorum 
macht T. von dem facerent deat, 
der falschen Gotterrerehning, den 
tJbergang zu der wahren. — Mer- 
curium issW6dan : der ihm geweihte 
Tagistder altn Odhinsdagr, ag8.W6- 
densdaeg, engl. Wednesday, schwed. 
u. dan. Onsdag; west^lisch noch 
Godensdag. Den Juppiter erwahnt 
T. nicht, ebensowenig wie Caesar 
bei den Galliern, der aber b. g. VI, 
17, 1 sagt: Deum maxime Mercu- 
rium colunt (Galli), und aus diesen 
Worten Caesars siebt man, warum 
T. den M. und den W6dan ver- 
gleicht: auch W. war der Wissende 
(inventor artium), fuhr auch wind- 
schnell durch die Lilfte (viarum at- 
que itinerum dux), lehrte Runen und 
Wurfelspiel(quae8tu8 pecuniae mer- 
caturaeque) ; einen Hut trugW.wie M. 
den Peta8us,eine goldene Rnte ( Wfln- 
schelrute) trug W. wie M. den cadn- 
cens, und W6dan mit den Walkflren 
erinnerte an den *Fvxonofi7t6e. — 
certis, so namentlich an den Sonn- 
wendfesten, und zwar wurden be- 
sonders Gefangene geopfert. Vgl. 
ann. I, 61, 12 lucis propinquis bar- 
barae arae, aput quas tribunos ac 
primorum ordinum centnriones mac- 
UiTerant (in der Varusschlacht) u. 
Xni, 57, 11. Nach Strabo 7, 2 



schlachteten die Priesterinnen die 
Gefangenen und weissagten aus dem 
in einem Mischkruge aufgefangenen 
Blute; nach Jordanes 64, 17: Mar- 
tem Gothi semper asperrima pla- 
cavere cultura, nam victimae eius 
mortes fuere captorum, opinantes 
bellorum praesulem aptius human! 
sanguinis effusione placandum. Nach 
39, 4 und 40, 16 werden aber auch 
dem Tin (Ztu) und der Nerthus Men- 
schenopfer dargebracht. 

2. Herculem ac Martem =« Thu- 
nar und Tin ; Hist. IV, 64, 5 nennen 
die Tencteri den Mars praecipuum 
Deorum; die ihnen geweihten Tage 
der Woche sind: Donnerstag, altn. 
Th6rsdagr, ags. Thursdseg, engL 
Thursday und Dienstag, altn. Tys- 
dagr, ags. Tiwesdseg, engl. Tuesday, 
frz. Mardi. 

3. concerns, n. Pferden, Rindern, 
Bdcken, Ebern und Ferkeln, die als 
reines Opfer, als Ziefer galten 
(ahd. zebar, mhd. ziber, ags. tiber) 
im Gegensatze zum Ungeziefer -■ 
Untier. — Sueborum, derer, welche 
an der Donau wohnten. — Isidi, 
der Name ist von der agyptisch-ro- 
mischen Gottheit, der Gemahlin und 
Schwester des Sonnengottes Osiris, 
auf Frigg, die Gemahlin W6dans, 
flbertragen ; warum, wissen wir nicht, 
nur wird einiges, was die Sueben 
von ihrer Gottin erzahlten, an die 
Isis erinnert haben. 

5. signum ipsum, schon das (auf- 
sere, wie ein Schiff gestaltete) Bild ; 
ygl. 13, 12. — Hbuma, ein kleines, 
ursprunglich von den illyrischen Li- 
bumern gebautes Schiff, einSchnell- 
segler; vgl. Agr. 28, 5 libumicas 
ascendere. — religionem, Kultus. 

6. ceterum, Obergang von der 



32 



GORNELn TAGITI 



humani oris speciem adsimulare ex magQitudioe caelestium arbi- 
trantur: lucos ac oemora consecrant deorumque nomiDibus ap- 
pellant secretum illud, quod sola reverentia vident. 

10. Auspicia sortesque ut qui maxime observant, sortium 
consuetudo simplex, virgam frugiferae arbori decisam in sur- 
culos amputant eosque notis quibusdam discretos super candidam 
vestem temere ac fortuito spargunt. mox, si publice consultetur, 



VerehruDg einer e i n z e 1 n e n Gott- 
heit durch ein Bild zu der Ver- 
ehrung der Gotter ohne Bilder im 
allgeraeincD, wie sie be! den Ariern 
uberhaupt Brauch gewesen ist, aber 
denDoch ist nicht zu bezweifelD, 
dafs esauch beivielen germanischen 
Yolkerscharten Gotterbilder gegeben 
hat, namentlich als sie im Laufe der 
Zeit solche kfinstlich herzustellen 
gelernt batten. 

7. adsimulare, heranbilden zu 
einer Ahnlichkeit mit menschiichem 
AntUtze. — ex wie 3, 16 und 7, 1. 

8. lucos wie 39, 5 und 40, 8, 
ann. IV, 73, 22 lucum, quem Badu- 
hennae vocant und II, 12, 3 silvam 
Herculi sa'cram. Solch ein Hain 
hiefs ahd. paro, der Pries ter para- 
wari Oder baruc und harugari. 
— nemora, Waldtriften. — deo- 
rumquey die gesamte Art der Yer- 
ehrung wird, nachdem der Bilder- 
kultus geleugnet, nun auch noch 
positivals eine nur auf der geistigen, 
nicht sinnlichen Auffassung be- 
rubende charakterisiert. 

9. secretum iUud, nicht die Haine 
und Triften, sondern in ubersinn- 
licherBedeutungdasgebeimnisYoUe, 
dem sinnlichen Auge verborgene 
Wesen der Gottbeit, wie Seneca 
epp. 41 sagt: si tibi occurrit ve- 
tustis arboribus et solitam altitu- 
dinem egressis frequens lucus, ilia 
proceritas siivae et secretum loci 
et admiratio umbrae fidemnumi- 
ni s facit. — sola reverentia^ nur 
aus ehrfurchtsvoUer Scheu in der 
Phantasie, nicht mit sinnlichem Auge 
im Bilde. Vgl. hist. V, 5, 17 Aegyptii 
pleraque animalia effigiesque com- 
positas venerantur, ludaei mente 



sola unumque numen intellegunt, 
aber auch des Givilis Worte zu den 
Germanen and Batavern: Rhennm 
et Germaniae deos in aspectu (esse), 
wo T. Yom romischen Standpunkte 
aus spricht. 

IO9 1. ui quit n* observant ut ii 
qui maxime obs.aBwie nur einer. 

2. frug. arb. widerspricht nicht 
5, 4; Holunder, Wacholder, Eiche 
und besonders Buche sind gebraucht 
worden. Vgl. Buch, Buchstabe, 
lesen. 

3. amputant^ Ausdruck der Gart- 
ner und Arzte: zurecht schneiden, 
so dafs das Schadhafte oder Cber- 
flussige wegkommt. — notis qui' 
busdam, Runenzeichen. 

4. vestem wie 40, 8 und 15 «» 
Laken. — temere ac fortuito, aufs 
geratewohl und wie es der Zufail 
fugt. — si wie 7, 3. — mox wie 11,11; 
13, IGssnachher, dann. — saeerdos 
civitatis beweist, dafs „ein naher 
Zusammenhang zwischen weltlicher 
und geistlicher Gewalt bestanden 
hat. Der Priester hatte wie der 
altn. logsaga (vgl. fries, ftsega), 
Gesetzsprecher, Prasidialrechte im 
Thing. Wo das Volk als Ganzes 
versammelt ist, sind die Gotter 
gegenwartig, die Priester wahren 
den gottlichen Frieden, und so sah 
man die Voikseinheit in gottlicher 
Hut. Der Ruhestorer im Thing ist 
wie der Brecher der Disciplin im 
Kriege strafwilrdig. Die Priester 
haben das Strafamt, sie sind wie 
die Bewahrer, so die Hiiter des gott- 
lichen Gesetzes, des Rechtes. Leicht 
legte sich aber infolge solcherWQrde 
in ihre Hand die Einheit der civi- 
tas, und da mit verband sich weiter- 



DE 6ERMANIA LIBER. 9. 10. 



83 



sacerdos civitatis, sio privatim, ipse pater familiae, precatus deos 5 
caelumque suspiciens ter singulos tollit, sublatos secundum im- 
pressam ante notam interpretatur. si probibuerunt, nulla de 
eadem re in eundem diem consultatio; sin permissum, auspicio- 
rum adbuc fides exigitur. et illud quidem etiam bic notum avium 
voces volatusque interrogare: proprium gentis equorum quoque 10 
praesagia ac monitus experiri. publice aluntur isdem nemoribus 
ac lucis, candidi et nullo mortali opere contacti; quos presses 
sacro curru sacerdos ac rex vel princeps civitatis comitantur bin- 
nitusque ac fremitus observant, nee ulli auspicio maior fides 
non solum apud plebem, sed apud proceres; sacerdotes enim 15 



hin auch die Einheit des Stammes 
und der Stammeskulte, ond endlich 
beeioflufste diese religiose Einheit 
oft die politische: gemeinsamer 
Kultas wies anf gemeiDsame Stamm- 
verwandtschaft". Scherer. 

6. ter bestaligt darch Gaes. b. g. 
1, 53, 7 G. Valerius Procillas se prae- 
sente de se ter sortibus coDSultum 
dicebat, utrum igDi statim necare- 
tor an in aliud tempus reservare- 
tar: sortium beneficio se esse in- 
columem. 

7. interpretatur nach der jeder 
Rune iDnewohnenden Bedeutung. 
— nulla — consultatio, wahreud 
man in Rom durch neue Opfer die 
Gotter so fort neu zu erforschen 
SQchte. 

8. auspiciorunij hiermit geht er 
nach dem Brauche der Lose zu 
zweit zu den Auspicien fiber, die 
er am Anfange des Kap. vorange- 
stellt hatte. 

9. adhuc, obendrein wie 19, 9 
u. 29, 11. — avium, besonders Adler, 
Rabe, Kuckuck, Schwalbe, Rotkehl- 
chen, Meise, Specht, Zaunkonig, 
Krahe, Hahn. Beim Fluge kam es 
auf den Angang von rechts an. — 
fides, Bestatigung, wie Liv. X, 34, 14 
dictis captivorum fides exstitit. 

10. equorum, was nach Herod. 
I, 1S9, 1 rofv r«s i^£v innav tcov 
XnnccLV und HI, 86, 1 6 Jaqsiov 
tnnos — ixqsfidrtas den Persern, 

Tacitus* Germania. 



nach Horn. II. 7405 (Achills Rofs) 
tlfivcs naQfiari ' naoa Si xa/Tiy ^«v- 
yXrjs i^SQ^novaa na^a ^vybv ov9ae 
ixavar auch den Griechen, nicht 
aber den Rdmern bekannt war. 

11. isdem, in ebendenselben, 
welche 9, 8 erwahnt sind ; derselbe 
abl. loci ohne in bei isdem Agr. 25, 7 
castris, hist. I, 55, 10 hibemis; II, 
45, 12 tentoriis; HI, 13, 16 campis. 

12. candidi, die weifse Farbe als 
die des Lichtes und der Reinheit 
spielte bei den religidsen Gebrau- 
chen der Germanen eine wichtige 
Rolle ; vgl. o. Z. 3 und die Stelie ans 
Strabo zu 7, 10. Auch schneeweibe 
Sauen sind heiUg. — et nullo statt 
neque uUo mit stark betonter Ne- 
gation in der Germania noch zwei- 
mal 20, 13 und 28, 5, in den ubrigen 
Werken noch 20 mal. — mortaU, 
die Menschen im Gegensatze zu den 
Gottem betreffend, „irdisch". — 
contacti, beriihrt, im Sinne von ent- 
weiht, wie dial. 12, 8 (eloquentia) 
casta et nullis contacta vitiis pec- 
tora influxit. — pressos wie Ovid, 
met. 1, 124 pressique iugo gemuere 
iuvenci und 7^ 211 collum pressi- 
stis aratro; vgl. ebenda 1, 124 und 
12, 77. 

13. ac, (einerseits) der Priester 
„und aufserdem". — princeps civi- 
tatis (nicht gentis) „der Furst oder 
Graf**, (in Staaten ohne Kdnige) also 
uberhaupt nur in offentlichen Ange- 
legenheiten. 

3 



34 



OORNELII TAQTI 



nrioistros deorum , illos conscios putaot est et alia obserratio 
auspicionHn, qua graviam bellomm eTentns exploraoL eius 
genlis, cum qua belliun est, captivnin quoquo modo interceptum 
ciiin electo popolarium guoram, patriis quemque armis, commit- 

20 tUDt: ▼ictoria baius vel illius pro praeiudicio accipitor. 

11* De minoribas rebus principes coosaltant, de maioribus 
omnes, ita tameo, nt ea qvoqae, quomm peoes plebera arbitrium 
est, apud principes pertracteDtiir. co^uot, nisi quod fortuitum 
et subkuiB incidit, certis diebus, cum aut inchoatur luna aut im- 

5 pletur; nam agendis rebus boc avspicatissimum initiom creduat. 
nee dierum numernm at nos, sed noctium computant, sic con- 



16. putant, D. plebeg (die grofse 
Masse des Volkes) et proeeres (der 
Adel nnd die weliliehen Beanten), 
welche sis die Vertreler des VolkM 
Oder Staales, als die welche ein 
besonderes Interease an dem babeD, 
was der Ratsehlofo der O^tter rer- 
hangt, die Priester fAr Diener der 
G5tter ond fflr Vernrittler iwischen 
deo Gdttem nnd Meosclieii ansefaen, 
die Pferde aber (iUos) fiBr die allei- 
irigen Mitwisser der gdUlidien 6e- 
heimnisse. 

19. eommiOunt, ans der Spracfae 
der Wetikftmpfe in der Arena Ton 
Menschen oder Tieren, bifufig bei 
Sneton, so Ang. 45, 31 pugiies Lati- 
nos committere cnmGraecis solebat 

20. pro praeiudicio f „9l\9 Ver- 
entscheidang, die gfinstigen Aus- 

ging des Krieges als efgentliche 
nlscheidnnff hoffen Kefs. Dem 
Kriege der Vfilker wie dem Kampfe 
zweier stand die Gottheit alsoberster 
Richter vor.* Grimn). 

c, Staatsgewalten und 
Rechtspflege (11 u. 12). 

11, 1. minoribtu^ n. Wehrhffft- 
machong, Landiffbertragang, Frei- 
lasso ng. — principes bedeutet hier 
die Beamten in ^taaten mit and 
ohne K5nige, welche die alle Be- 
zirke des Stanraies betrefTenden 
Fragen miteinander beraten, Beiirks- 
oder Gaugrafen, welche die minder 
wichtigen Sachen allein eriedigen. 
— maioribus^ n. Krieg nnd Frieden, 
BOndnisse und Vertrage, schwere 



Vergeben. — omnes, n. Edele and 
Freie. 

2. ea — quomm,, sind wieder die 
res maiores. — plebem^ n. die grofoe 
Masae des Volkea wie 10, 16. 
- 3. periraeteniurj erst grundlieh 
dnrchberaten and dann dem Landes- 
tbing vortragen. — nisi quid f,, 
es gab also aach auCserordentlicbe 
Yersammlangen. — cerlis diebus, 
«in bestimmten Frisien, d. h. da zwi- 
scben jedem Vollmond and Nea- 
licht 14 Nachle liegen, wahrscbein- 
licb alle 14 Tage**. Grimm. 

4. oum — impletur, om die Zeit 
des Neu- oder Vollmondes; wach- 
sender und scbwindender Mond gait 
fdr ungfinstig. 

5. auspicatissimum f darcb die 
besten Aaspicien bestimmt, der ver^ 
beiisungSToUste , gfinstigste. Vgl. 
Gaes. b. g. 1, 50, 5 non esse fas Ger- 
manos superare, si ante novam 
Ian am proelio contendissent. 

6. noctium ebenfalls wie bei Gaes. 
b. g. VI, 18, 2 spatia omnis tem- 
poris non namero diernm^ed noc- 
tiam finiant. ErhaKen hat sicb 
dieserBraudh In den deutscbenFest- 
bezeichnnngen: 'Weibnaehten , die 
zwdlf^acbte, Fastnacbt, in den eng- 
lischen Wdrtem a senai|(ht, sieben 
Nachte oder eine Woche, a fort- 
night, Tierzeffan Nacbte oder zwei 
Wodhen. — consHtuuni, eondieunt, 
jnristisoh fomelhaffe Ansdriloke: 
Vertrige schlieisen and (sich ver- 
pfiicbtend) zasagen. 



DE GERMANIA LIBER. 10^12. 



35 



stituunt, sic condicunt: nox ducere diem videlur. illud ex liber- 
tate vitium, quod non simul nee ut iussi conveniuDt, sed et alter 
et tertius dies cunclatione co6untiuin absumitur. ut turbae pla- 
cuit, considunt armati. silentium per sacerdotes, quibus turn et 10 
coiircendi ius est, imperalur. mox rex vel princeps, prput aetas 
cuique, prout nobilitas, prout decus bellorum, prout facundia est, 
audiuntur, auctoritate suadendi magis quam iubendi potestate. 
si displicuit scntentia , fremitu aspernantur; sin placuit, frameas 
concutiunt: bonoratissimum adsensus genus est armis laudare. 15 
ISf Licet apud concilium accusare quoque et discrimen 



7. nox ducere me der Winter 
bei den Germanen an der Spitze 
des Jahres stand. Vgl. 26, 9 hiems 
et ver et aeslas. 

8. yt iussi, als sei es ihnen ge* 
boten; „die Gerichtsversammlungen 
zerfielcn in gebotene, zn denen 
notwendig nur solche, die etwas 
zu verhandeln batten, ?u kommen 
brauchten, obgleich auch andere 
Freie, wenn sie wollten, sich dazu 
einfinden durften, und in unge- 
b 1 e n e , zu denen alle Freie ein-, 
zweir Oder dreimal jahrlicb zusam- 
menkaroen, meist im Fruhling und 
Herbst zur Zeit der grofsen Jahres- 
und Opferfeste; es bedqrfte keiner 
vorganglgen Ansagung. Jeder aus- 
bleibende Thingpfiicbtige aber fiel 
in Bufse". Grimni. Dennoch aber 
wahrten sie sicb gem auch den 
Schein der Freiheit; vgl. hist. IV, 
76, 9 Germanos non iuberi, non 
regi, sed cuncta ex libidine agere* 

9. ut turbae placuit, sobald es 

Sefallt, n. d/er in voliem Gefuhle 
erFreibeitfUach Gutdilnken, binnen 
1 Oder 2 oder 3 Tageu langsam zu- 
sammengekommenenMenge erstall- 
inahlich considere, und dann wird 
silentium geboteo, „Thing- oder Ge- 
ricbtsfrieden gebannt". 

10. tunf, n. in) Landestbing. 

11. coercendij zu strafen wie 
25, 5; im Gegensatze zu 7, 5, 
wo sie den Heerfrieden geboten, 
wabrend sie bier deu Tbingrrie4en 
Bchtitzen; ^in der La n des versa mm- 
lung herrscht ein besonders bei- 



liger Friede, denn die Tbingstatte 
tragt auch den Opferaltar und mit 
Opfer und heiligen Handlungen wird 
die Sitzung durcb die Priester feier- 
licherdfrnet'.Dabn.— moo; wie 10,4. 

12. cuique kann sich sprachlich 
auf den rex vel princeps beziehen, 
sachlich aber nur auf den princeps, 
denn der rex besitzt ja selbstver- 
standlich nobilitas, und bei ibno kann 
es auf aetas, decus b. , facundia 
nicht ankommen. Der Ausdruck ist 
ungenau, denn bei dem Freiheits- 
sinne der Germanen ist keineswegs 
zu glauben, dafs in solch einer Yer- 
sammtung nur Konige oder Grafen 
batten sprechen durfen. — decus 
bellorum, Kriegsrubm wie 32, 3. 
— auctoritate — potestate, abl. 
modi, sie werden angebort mehr 
mit dem personlicben Gewichte des 
Ratens als mit der Gewalt des Be- 
feblens. Diese Worte bezeichnen 
die Seibstbestimmung der turba und 
steben daher dem coercendi ius der 
sacerdotes entgegen. 

15. concutiunt, wie bist. V, 17, 13 
ubi sono arraorpm tripudiisque (ita 
Germanis mos) adprobata sunt dicta 
und von den Galliern Caes. b. g. 
VII, 21, 1 conclamat omnis muUi- 
tudo et 6190 more armis concrepat. 

12, 1. Licet — quoque , die Be- 
sprechung der Staalsgewalten bat 
T. zu dem lianidesihing, (dem con- 
cilium wie hist. IV, 64, 2 Agrippi- 
nensium) gefCihrl, und nun zeigt er, 
welclie Befugnisse demselben zu- 
steben. Zunachst ist er dieGe- 



36 



GORNGLU TAGITI 



capitis intendere. distinctio poenarum ex delicto, proditores et 
transfugas arboribus suspcndunt, ignavos et imbelles et corpore 
infames caeno ac palude, ioiecta insuper crate, mergunt. diver- 
5 sitas supplicii illuc respicit, tamquam scelera ostendi oporteat,dum 
puoiuntur, flagitia abscondi. sed et ievioribus delictis pro mode 
poena : equorum pecorumque numero convicti multantur. pars 



richtsbehdrde, bei weicher man a u c h 
a n k 1 a ff e n durf te, aber nur schwe- 
rerer Yerbrechen halber, welche 
gegeD die Gesamtbeit, das Volk, 
den Staat gerichtet waren, die als 
besonders schimpflich und eniehrend 
galten, und welche alle mit Lebens- 
strafen belegt waren. — discrimen 
capitis intendere, eineD Prozefs 
wegen Kapitalvergehens anstrengeo, 
eine Redensart, erweitert au8 inten- 
dere litem alicoi (Gic. de oral. I, 
10, 42) und crimen in aliquem (Liv. 
IX, 26, 11). 

2. distinctio poenarum ex de- 
HciOy allerdings bestatigen ahd. ref- 
san, verberare, punire und ags. wite, 
ahd. wlzi, suppiicium das alte Prin- 
zip der offentlichen, obrigkeitlichen 
Strafe, aber neben ihm wohnte be- 
reits urgermanischem Strafrechte 
das der Friedlosigkeit inne, wel- 
ches jedoch T. hier unbeachlet lafst: 
skr. varki, got. gawargjan dau^au, 
capitis damnare, altn. vargr i veum, 
der Yogelfreie Mann, ags. wearg oder 
spater geradezu wuif, und weald- 
genge, qui per silvas vadit, hd. 
Werwolf bezeichnen den „wurgen- 
den Wolf Waldganger"* als den, 
der ausgestofsen aus der Friedens- 

Senossenschaft und verwiesen aus 
em Schirme des Rechtes die ode 
Wildnis zu suchen hat, um nicht 
bufslos erschlagen zu werden wie der 
friedlose, gemeingefahrliche Wolf. 
— ex wie 7, 1. — proditores et 
transfugas, n. Leute, die sich los- 
sagten von dem Heere und somit 
auch von der Volksgemeinschaft, 
der sie angehorlen. 

3. suspendunty n. an bestimmten 
laublosen Baumen an bestimmten 
Stellen oder wenn diese ausstarben, 



an eingerammten Stammen und 
Pfahlen. — ignavos et imbelles wie 
31, 6, Feiglinge (im Kampfe) und 
Heerfluchtige, die dem Kriegsdienste 
Qberhaupt oder auch bei bestimmter 
Gelegenheit dem Kampfe sich zu 
entziehen suchten. — corpore in- 
fames, die ihren Leib durch un- 
zuchtige Handlungen geschandet 
haben. Vgl. ann. 1, 73, 7 Gassium 
quendam, mimum corpore infamem 
und XV, 49, 14 Quintianus mollitia 
corporis infamis. Bestatigt bei den 
Batavern durch hist. IV, 14, 6. 

4. caeno ac palude, Schmutz und 
Sumpf. Noch schimpflicher nach 
Fischarts Fiohbaz 36: »denn wei- 
cher slirbet gleich vor schrecken, 
den sol man mit kukac bedecken**; 
und in Boners Fabeln «begraben in 
mel*, n. Kehricht. — craief Fiecht- 
werk von Ruten und Holzern, eine 
Strafart, welche Livius I, 51, 9 ein 
(fiir die historische Zeit) novum 
genus leti nennt: ul Turnus delec- 
tus ad caput aquae Ferentinae crate 
superne iniecta saxisque congestis 
mergeretur ; vgl. Liv. lY, 50, 4 quos 
necari sub crate iussit. Ebendie- 
selbe Silte bei den Puniem nach 
Plant Poen. V, 2, 66 sub cratim 
uti iubeas sese supponi atque eo 
lapides imponi multos, ut sese 
neces. 

5. iUuc respicit, tamquam; U 
bezeichnet die Auffassung der be- 
treffenden Personen, also bb in der 
Auffassung, dafs; ebenso 39, 9. — 
scelera, Yergehen gegen andere, 
flagitia, sittliche Yergehen gegen 
sich, wie sie vorher genannt sind. 

6. pro modo, n. delicti. 

7. numero, bald hoch, bald nie- 
drig. 



DE GERMANIA UBER. 12. 



37 



multae regi vel civitati, pars ipsi, qui vindicatur, vel propinquis 
eius exsolvitur. eligUDtur in isdem cftnciliis et principes, qui c 
iura per pagos vicosque reddunt; ceoteni singulis ex plebe co- 10 
mites consilium simul et auctoritas adsunt. nihil autem neque 
publicae neque privatae rei nisi armati agunt. sed arma sumere 
Don ante cuiquam moris, quam civitas suffecturum probaverit. 
tum in ipso concilio vel principum aliquis vel pater vel propinqui 

8. muUae, der Bofse. — regi vel 
civitati, dem Konlge als oberstem 
Richter oder wo kein Konig ist, dem 
Stamme als der politischen Einheit 
des Gemeinwesens , und zwar fur 
den Bruch des Friedens. — pro- 
pinquis, deQ Sippegenossen, wenn 
der ZQ Rachende selber getotet war. 

9. eb'guntur — principes , die 
zweite Befagnis des Landesthings 
istdieWahl der Grafen (spater 
vom Konige ernannt, oft mit erb- 
licher Wiirde), deren Haupiaufgabe 
im Frieden die Gerichtsleitung war. 

10. iura — reddunt^ „die necht- 
sprechoDg leiten", indem T. sie in 
rdmischer Weise als Richter thatig 
denkt. — per pagos vicosque, beides 
sind politische UnierabteilungeD der 
civitas, des Stammes, n. pagus der 
Bezirk oder Gau and vicus eine 
Gruppe von Wohnnngen, Hofen, 
landlichen Siedelangen ; ahnlich ann. 
I, 56, 14 Ghatti omissis pagis vicis- 
que in silvas disperguntur und Caes. 
D. g. YI, 23, 5 in pace nullus est 
communis magistratus, sed prin- 
cipes regionum atque pagorvm mter 
suos ius dicunt controversiasque 
minuunt, wo nur regiones wieder 
noch grofsere Abteilungen bezeich- 
nen als pagi, wahrscheinlicb grofsere 
oder kleinere Verbande. — centeni 
— eomites, die Zahl hnndert kehrt 
wieder wie 6, 16, wenn auch der 
nrsprtingliche Zahlbegriff iangst zu- 
rficKgetreten und es fur den fremden 
Schriftsteller nicht klar war, warum 
sie so hiefsen. Gemeint sind die 
vollberechiiglen Mitglieder der Ge- 
meinde, welche Beisitzer der Richter 
bei Leitung der Gerichtsversamm- 
lung waren und ^einen den spa- 



teren Schoffen abnlichen Ausschafs 
aus der gesamten Volksgemeinde 
bildeten, der den Grafen bei der 
Rechtspflege unterstutzte'*. Dabn. 

11. consiliumsimul et auctoritas, 
als Rat und gewichtige Stimme. — 
nihil autem, die Germanen ihun 
nichts Offentliches oder Privates, 
ohne die Waffen dabei in die Hand 
zu nehmen. An diese wichtige Be- 
rn erkung schliefst sich die dritte 
Befugnis des Landesthings, namlich 
die, dem feierlichen Akte der Aus - 
rustung des Junglings mit 
Schild und Lanze beizuwohnen: 
dieseWehrhaftmachung hatte die po- 
litische Bedeutung den Waffenfahi- 
gen zu einem selbstandigen GUede 
des Staates zu machen. Biese JQng- 
lingsweihen waren meist jahrlich 
mit bestimmten Festen verbunden: 
den Festversammlungen und denen 
des Landesthings, zu denen alle 
Gaue sich vereinigten. 

12. armali, „man schwort bei 
den Waffen; Schwert oder Lanze 
bezeichnet den Mann**. Waitz; vgl. 
22, 4; 27, 3; 44, 8; hist. IV, 64, 9, 
wo es von den Tencterern heifst: 
viris ad arma natis. — sumere wie 
togam virilem bei den Romern. 

13. morfV wie 21, 12, ann. 1, 56, 17, 
Agr. 33, 1 ; 39, 2 ; 42, 19 sUtt des 
gewohnlichen mos est. — civitas, 
in gleichem Sinne wie 8, 5; 10, 
13. — probaverit^ coni. perf. 
zum Ausdrucke der wiederholten 
Handlung wie ann. XV, 74, 17 
deum honor princi pi non ante habe- 
tur quam agere inter homines de- 
sierit. 

14. ipso, nu r in dem (dffentlichen) 
Landesthing selber. — principum 



38 



GORNELIl TACm 



15 scuto frameaque iuvenem ornant: haec apud illos toga, hie pri- 
mus iuventae honos; ante hoc domus pars videntur, moK rei 
publicae. 

13. Insignis nobilitas aut magna patrum merita prineipis 
dignationem etiam adulescentulis adsignant: ceteris robustio- 
ribus ae iam pridem probatis adgregantur, nee rubor inter co- 
mites adspici. gradus quin etiam ipse comitatus habet, iudicio 

5 eius quern sectantur; magnaque et comitum aemulatio, quibus 



a., also in grofser Versammlung 
(bat es einer der Grafen, die nicht 
nor richt«r1iche Befugnisse batten, 
sondern denen auch das Recbt zu- 
stand mit einem Gefolge sich zu 
umgeben. 

1 6. hofiosy Ebrengabe, -schmuGk ; 
vgl. 15, 8. Hierin ist die spatere 
Schwertleite zu erkennen; diese 
Auszeichnang konntedem Junglinge 
«chon mit 15 Jahren zu teil werden, 
ibn also wobl noch nicht immer 
mfindig machen. Darnach ist die 
Wehrbaftmacbung von det Feier der 
Mannbarkeit und der Befreiung von 
der vaterlichen Gewalt als ein Drit- 
tes zu unterscbeiden. — moTy abn- 
lich wie 10, 4 und 11, 11, darauf, 
fortan. — rei publicae, in gleicbem 
Sinne wie sonst eivitatis, obne 
dafs eben mit der Wehrbaftmacbung 
die Mundigkeit, also aucb die Be- 
rechtigung an dem Thing teilzu- 
nehmen und vdllige Befreiung aus 
der vaterlichen Gewalt verbanden 
zu sein brauchte; erstere erfolgte 
scbon mit 13, 14 Jahren, letztere 
sogar scbon im 12., ja 10. Jahre. 
V5llig freie und gleiehberechtigte 
Stellung in Thing und Heer scheint 
ohne Grundbe«itz nicht moglich ge- 
wesen zu sein. 

18, 1. aut — merita, Oder, n. 
abgesehen von adeliger Herkunft, 
auch groClse Verdienste nichtadeli- 
ger Vater. — prineipis dignationem, 
eine Wdrdigung, Auszeichnung von 
seiten des Gefolgsfdhrers , n. „die 
Webrhaftmachung durch die und 
be! der damit verbundenen Auf- 
-nabme ins Gefolge vor der ge- 



wohnlichen Altersstufe, in welcber 
jene erfolgt". Ranke. 

2. etiam, sogar JQnglingen; etiam 
verbindet diesen Satz durch den 
Gegensatz zu iuvenem (Z. 15) und 
iuventae (Z. 16) mit dem vorigen. 
— ceteris, n. iuvenibus robustio- 
ribus (an Jahren und Korperkraft 
reiferen) ac iam pridem probatis 
(s. 0. Z. 13 probaverit). 

3. adgregantur, sie werden zu- 
gezablt, angereiht, n. von den Ge- 
folgsfuhrern. — rubor, der Grund zur 
Scham, wie Gic. de rep. 6, 6 cen- 
soris indicium ruborem affert; Li v. 
IV, 35, 1 1 minorem ruborem fore 
in iuris iniquitate; Ovid a. a. HI, 167 
nee rubor est und hist. 30, 9 rubor 
ac dedecus. — comites, Gefoigsleute. 
So bildet sich durch das mit der 
Wehrbaftmacbung verbundene Her- 
austreten des jungen Mannes aus 
dem Hause in den Staat und den 
Anschlufs an einen GefolgsfQhrer 
Oder -herren das Gefolgswesen. 

4. gradus, Untefscbeidungen, Ab- 
stufungen, welche der Gefolgsfuhrer 
bestimmte und die auf seinem Ur- 
telle foeruhten, je nacbdem er den 
einzelnen sich n§her stelite, wab- 
rend die Gefabrten wetteiferten den 
ersten Platz einzunebmen, der durch 
seine Gunst gewonnen ward. — 
comitatus, das Gefolge. 

5. quibus — Comites, n. sit und 
sint; der Konj. fehlt bei T. erstens 
in ind. Frage am Ende der Periode 
und in der Mitte, wo kein Mifs- 
verstandnis moglich ist; zweitens 
nach tamquam und dum in or. obi. 
wie 39,9; drlttens dann, wenn ein 



D£ GERMANIA LIBER. 12—14. 



39 



primus apud principem suum locus , et principum , cui plurimi 
et acerrimi comites: haec dignitas, hae vires; niagoo semper elec- 
torum iuTenum globo circvmdari in pace decus, in bello prae- 
sidium. nee solum in sua gente cuique , sed apud finitimas quo- 
qne ciTitates id nomen, ea gloria est, si nmnero ac virtute 10 
comitatus emineat; expetuntur enim legationibus et mnneribus 
ornantur et ipsa plerumque fama bella profligant. 

14. Cum ventum in aciem, turpe principi virtute vinci, turpe 
comitatui virtutem principis non adaequare. iam vero infame in 
omnem vitam ac probrosum superstitem principi suo ex acie 
recessisse : ilium defendere, tueri, sua quoque fortia facta gloriae 
eius adsignare praecipuum sacramentum est ; principes pro vie- 5 
toria pugnant, comites pro principe. 

Si civilas, in qua orti sunt, longa pace et otio torpeat, pleri- 



anderer in demselben Abhangigkeits- 
verhaltnisse stehender Konj. fo]gt 
wie 19, 12. Vgl. Nipperdey zu Ann. 
1,7. 

7. magno — praendium, begrtln- 
dend zu dignitas und vires. 

8. globo, vgl. 7, 9. 

9. cuique Ton sua getrennt 

10. nomen wie 45, IGsaein guter 
Name. — emineat n. quisque. 

11. expetuntur, sie werden nm- 
worben, n. die Grafen als Gefolgs- 
herren von anderen Stammen und 
Vol kern. 

12. plerumque wie 5, 4. — ipsa 
fama, schon durch den blofsen Ruf 
von der Tapferkeit des Gefolgs- 
herren und seines Gefolges; ipsa 
wie 9, 5 und 43, 19. — b, pro- 
fligant as debellant wie hist. II, 4, 1 1 
profligaverat bellnm ludaeicum Ve- 
spasianus. 

14, 1. turpe principi, wie Nib. 
1957 (Fr.): Dem hohen Trost der 
Volker, sprach Hagen, ziemi* es 
recht, Dafs zuvorderst stflnden die 
Herren im Gefechi, So wie Ton 
meinen Herren hier jeder thiit'. 

2. iam vero, ToUends aber. 

3. superstitem, Tgl. 6, 21; zur 
Sache Ammian. XYl, 12, 60 co- 
mites Ghnodonarii flagitium arbi- 
trati post regem Tivere Tel pro rege 



non mori, si tulerit casus, tradidere 
se Tinciendos und im angelsachsi- 
schen Epos, zunachst dem Beowulf 
T. 2880 ff. : Zu wenig der Beschutzer 
drangen um den K5nig, als die Be- 
drangnis kam. Des Landbesitzes 
mufs der Manner jeder aus der Mag- 
schaft nun Terlustig wandern, wenn 
derLeate Kinder fernhin eureFlucht 
erfahren werden, die treulose That 
Der Tod ist besser fur der Leute je- 
den denn ein Leben Toiler Schmach ; 
sodann in dem Volksliede auf Byrht- 
noths Fall (991) t. 251: Nicht 
durfen mir die Helden Torwerfen 
nit Worten, nun mein Freund sank, 
dafs ich herrenlos heim wan- 
dere. 

4. tueri, asyndetisch steigernd, 
sogar schutzend im Auge naben. 
— gloriae eius assignare wie Nib. 
1735 (S.): Hagen und Der Ton Spa- 
nien traten mancben Pfad, Da sie hier 
bei Etzeln thaten manche That Dem 
Konig zu Liebe; Tgl. Agric. 8, 10 
ad aactorem ac ducem Agricola ut 
minister fortunam referebat. 

5. praeoivuum s,, ist der wesent* 
lichste Punkt des Fahneneides; Tgl. 
6, 20, 7, 8 und 35, 9. 

7. si wie 7, 3 und 10, 4. — 
dvitas, der Stamm als Staat. — 
orti sunt, n. die comites, unter 



40 



CORNELII TACITI 



que Dobilium adulescentium petunt ultro eas natioDes, quae turn 
bellum aliquod gerunt, quia et iugrata genti quies et facilius 

10 inter ancipitia clarescunt magnumque comitatum non nisi vi 

belloque tueare : exigunt enim a principis sui liberalitate ilium 

^ bellatorem equum , illam cruentam victricemque frameam ; nam 

epulae et quamquam incompti, largi tamen apparatus pro stipen- 

dio cedunt. materia munificentiae per bella et raptus. nee arare 

15 terram aut exspectare annum tam facile persuaseris quam vocare 



denen hier die gleich erwahnten 
nobiles adulescentes za verstehen 
sind. — pace et otio, in Ruhe uod 
Frieden; rhetorisch verbundene Sy- 
nonyma. — torpeat, von den con- 
silia der Menschen auch bei LIt. 
I, 41, 3 und VI, 23, 6 (frigere ac 
torpere) gebraucht as starr, gelahmt 
sein. — plerique wie 8,8. 

8. uUrOy aus eigenem Antriebe, 
vgl. Mela 111,3,2 causas bellonim 
ex libidine accessunt 

9. ingratOy n. est. 

10. inter ancipitia^ inmitten der 
Wechselfalle des Krieges; ebenso 
hist. Ill, 40, It ntnimque consiliam 
aspernatnr, quod inter ancipitia de- 
terrimum est und ann XI, 26, 12 
scelns i. a. probaturo. 

11. tueare wie 6, 18 instes. — 
exigunty n. die nobiles adulescentes 
als comites, so dafs das Subjekt aus 
dem vorhergehenden comitatam zu 
entnehmen ist. — liberalitate, von 
der altdeutschen milte, der Frei- 
gebigkeit, die neben der Tapfer- 
kei t die Kardinaltugend der Ronige 
war. Auf die erstere weisen bin 
die Ausdriicke Schatzegeber, Ring- 
geber im ags. Epos Beowulf und 
im alts. Heliand. — ilium — illatny 
das bestimmte, gewiinschte; daher 
auch die poetischen AusdrQcke bel- 
latorem und cruentam victricemque, 
das Streitrofs und die Framje, wel- 
che blntig werden und den Sieg 
bringen solUe , wie sie z. B. Beo- 
wulf V. 1020 erhalt: dem Beowulf 
gab der Geborene des Healfdene 
ein gfildenes Zeichen zur Yergel- 



tung des Sieges, ein herrlich ge- 
schmticktes Kampfkleinod , Helm 
und Brunne und ein hehres Kleinod- 
schwert. 

12. bellatorem wie 39, 9 regnator. 
Das Subst auf tor in attributivem 
Sinne (Nageisbach, Stil. § 54,4) zur 
Bezeiclinung einer dauernden Be- 
stimmung oder Eigenschaft einmal 
bei Gic. pro Mil. 19,50 ille latro- 
num occulta tor et receptor locus, 
dann bei Sallust Gat. 5, 4 animus 
cuius rei lubet simulator ac dissi- 
mulator und lug. 64, 1 contemptor 
animus, ebenso bei Vergil mehrfach 
und bei T. selber noch ann. Ill, 6, 5 
imperatori populo und XY, 64, 17 
lovi liberatori. — nam, denn als 
Sold erhalten sie Speise und Trank, 
Rofs aber und Lanze sind Geschenke, 
welche per bella raptusque gewon* 
nen wurden und vielleicht nach dem 
Tode des Kriegers an den Kdnig 
zuruckfielen. — cedere pro, haufig 
bei T. mit in c. ace. zur Bezeich- 
nung der Person, welcher etwas 
zufallt, wie u. a. ann. VI, 43, 2 
omnes nationes in unum cedebant; 
pro -M als. 

14. materia, Mittel. 

15. annum, metaphorisch statt 
der Ertrag des Jahres wie Agr.31,5 
ager atque annus in frumentum con- 
teruntur und bei nachklassischen 
Dicbtern. — persuaseris, n. comi- 
tibus; der blofse Iniin. nur hier. 
— vocare = provocare wie ann. 
VI, 34, 2 vocare ad pugnam und 
hist. IV, 80, 10 neque ipse deerat 
adrogantia vocare offensas. 



D£ GERMAMIA UBER. 14. 15. 



41 



hostem et vulnera mereri. pigrum quin immo et iners videtur 
sudore adquirere quod possis sanguine parare. 

15. Quotiens bella non ineunt, non muitum venatibus, plus 
per otiuai transigunt, dediti somno ciboque, fortissimus quisque 
ac bellicosissimus nihil agens, delegata domus et penatium et 
agrorum cura feminis senibusque et infirmissimo cuique ex 
familia: ipsi hebent, mira diversitate naturae, cum idem homines 5 
sic ament inertiam et oderint quietem. mos est civitatibus ultro 
ac viritim conferre principibus vel armentorum vel frugum, quod 
pro honore acceptum etiam necessitatibus subvenit. gaudent 
praecipue finitimarum gentium donis, quae non a singulis, sed 
et publice mittuntur, electi equi, magna arma, phalerae torques- 10 
que ; iam et pecuniam accipere docuimus. 



16. mereri tAs wirklicheo Lohn fQr 
die bewiesencTapferkeit.— pigrtim, 
vgl. Gaes. b. g. VI, 23, 6 latrocinia 
nallam habent infamiam, quae extra 
fines cuiasque civitatis fiunt, atqoe 
ea iuvenlQtis exercendae ac desidiae 
mioaendae causa fieri praedicant — 
quin immo, oachgesiellt ; vg]. 3, 12. 

17. iudore — sanguine, allitte- 
rierende Antithese am Schlusse des 
Kapiiels. 

e, Friedliche Beschafti- 
gung und Lebensunterhalt 
der freien Germaoen iiber- 
hanpt, zu denen T. von dem Ge- 
folge Abergeht (15). 

169 1. ineunt^ d. die comites und 
weiterhin alle Freie. — non mui- 
tum venatibus, da our die Freien 
gemeint sind, ist kein Widerspruch 
zu Gaes. b. g. VI, 21, 3 vita omnia 
in venationibus consistit Torban- 
den. 

2. plus transigunt, n. aetatis wie 
Sail. lug. 2, 4 aetatem agunt. — 
dediti sommo ciboque wie Sail. 
Gat. 2, 8 dediti yentri ac somno und 
lug. 2, 4 dediti corporis gaudiis per 
luxum et ignaviam. 

3. delegata wie 20, 3. — domus, 
Wirtscbaft, wie 25, 4. — penatium, 
mit r5mi8cher metonymischer Be- 
zeichnung das innere Hauswesen, 
der heimische Herd; Tgl. 25, 1; 
32,6; 46,12. 



4. feminis, sodafs sie Herrinnen 
des Hauses sind. 

5. familia, hier der Hausstand, 
einscbliefslicb der Knechte. — ipsi, 
die Herren des Hauses. — hebent^ 
stumpf, gleicbgiltig sein, vgl. tor- 
peat 14, 7. — diversitate n,, in- 
folge eines Widerspruches im Gha- 
rakter. 

6. ament, haufig bei T. f0r dili- 
gant ; vgl. 40, 14. — inertiam, das 
Nichtsthun. — mos est — docuimus, 
T. setzt auseinander, wie die freien 
6. es ermoglichen Lebensunterhalt 
fur sicb, ihre Familie und ihr Ge- 
folge zu schaffen. — ultro wie 14, 8. 

7. vel armentorum vel frugum, 
Gaben an Kornoder Vieh; der gen. 
ist abhangig von einem zu erganzen- 
den aliquid wie 18, 9. 

8. honore, Ehrengabe, wie die 
&£uiOT8s der homerischen Konige; 
vgl. 12, 16. — gaudent, wie 5,5. 

9. sed et »s sed etiam, wie aufser- 
dem noch 35, 6, hist. 1, 15, 15 non 
meae tantum necessiludines, sed 
et tuae und ann. XIV, 39, 4 non 
modo inter legatum procuratorem- 
que concordiam gigni, sed et rebel- 
les barbarum animos pace componi. 

10. phalerae torquesque, beides 
Ordensschmuck verdienter Soldaten, 
erstere inMedaillonform meistens aus 
Silberblech mit getriebener Arbeit 
verfertigt und uber dem Brusthar- 



42 



CORNELU TACITI 



16. NuUas GermaDorum populis urbes habitari satis notum 
est, ne pati quidem inter se iunctas sedes. colunt discreti ac 
diversi, ut fons, ut campus, ut nemus placuit. yicos locant non 
in nostrum morem conexis et cohaerentibus aediliciis: suam 
quisque domum spatio circumdat , sive adversus casus ignis re* 
medium sive inscitia aedificandi. ne caementorum quidem apud 
illos aut tegularum usus: materia ad omnia utuntur informi et 
citra speciem aut delectationem. quaedam loca ditigentius inli- 



nische befestigt, lelztere Schmuck- 
ketten, Ringe, sowohlHals- als Arm- 
ringe; vgl. Beowalf 1194 ff.: Arm- 
schmacke zwei, der Halsreife grofs- 
ter, Heliand 554: wuDdan gold und 
Hildebrandslied y.26 wontaDe bouga. 
11. docuimus, vgl. 5, 15 und 42, 
8, besooders aber hist. IV, 76, 10 
pecuniam ac dona quts soMs cor- 
rumpantar (Germani), maiora (esse) 
apud Romanes und ann. XI, 16, 6 
igitur Caesar (Giaudins) auclum pe- 
cunia (Italicum) hortatur gentile de- 
cus magno animo accipere. 

2. Das Privatleben (16—27). 
a, Wohnsitzeund Wohnun- 

gen (16). 

I69 1. populis, der Dativ beim 
Passiv statt des Urhebers mit ab 
wie 31, 1 nnd 34, 5. — urbes, 
prachtige Stadte, wie sie der Rdmer 
kannte, mit Wall und Mauern urn- 
geben, die sie als mnnimenta ser- 
vitii ansahen(hist.iy,64, 12); denn- 
noch spricht Gasar von offenen 
Stadten, oppida, Gaesar b. g. 1, 5, 2 
and IV, 19, 2 und T. selber erzahlt, 
dafs von Germanicos niedergebrannt 
sei Mattium gentis Chattorum co' 
put (ann. I, 56, 15) und ebenfalls 
von Marohodui regia eastelhtmque 
iuxta situm (ann. 1, 62, 8). 

3. diversi, immer jeder von dem 
anderen abgewendet, in verschie- 
denen Richtungen. — vleos, wie 
12,10 aus einzelnen Hdfen (Ein- 
dden) vereinigteDorfer. Vgl. die£n- 
dungen -weiler und -hofen, nament- 
lich in sikddeutschen Ortschaften. 

4. suam — domum, Jeder hat 
also ein bestimmtes Eigentum. 



5. spatio, n. mit einem freien 
Raume, der, ans Land bestehend, za- 
sammen mit dem umgebenen Hanse 
den Namen got. gards, ahd. garto, 
Umhegtes, (gr. ;^o^TOfi, lat. hortus, 
umhegter Raum) erhielt. In Wirk- 
lichkeit lagen ubrigens aueh in der 
alteren Zeit die Hofe in solcher 
Weise getrennt nur in einzelnen 
Gegenden Deutschlands, n. in einem 
Teile Westfalens und in den Ge- 
birgen des Sudens, infolge beson- 
derer Bodenverhaltnisse oder infolge 
der Gewohnheit, namentlich derFrei- 
heitsliebe einzelner Volkerschaften. 

— sive — - refnedium, finale Appo- 
sition zum Gedanken ss damit ge- 
wonnen wird ein Mittel. 

6. sive — aedificandi, beide GrAnde 
legt T. sich von seinem Standpunkte 
aus zurecht, die richtigen sind eben 
genannt. — inscitia, Ungeschick- 
lichkeit; vgl. Agr. 28, 12 regendi. 

— aedificandi bildet in seiner si- 
gnifikanten Stellung am Ende des 
Satzes den Obergang zn den Wohn- 
hausern und somit auch za dem 
eigentlichen Privatleben. — cae^ 
mentorum, Bausteine, tegularum, 
Ziegel, materia, Bauholz ; die deut- 
schen Worter Gement und Ziegel 
sind romischen Ursprnngs, die dent- 
schen Hauser waren zum Teil aos 
Holz, zum Teil aus Flechtwerk and 
Lehm gefertigt, wie man sie anf 
D5rfern noch heute sieht. 

7. informi, nnschdn. 

8. citra oa ohne, in der silbernea 
Latinitat und bei T. in den kleineren 
Schriften gebrauchlich wie dial. 
41, 27 bono saeculi sni quisqae 



DC GERMANIA UBCR 16. 17. 



48 



nunt ita terra pura ac spiendente, ut picluram ac liniamenta 
colorum imitetur. solent et subterraneos speciis aperire eosque 10 
multo insuper litno onerant, suffugium hiemis et receptaculum 
frugibus, quia rigorem frigorum eius modi loci molliunt, et si 
quando hostis advenit, aperta populalur, abdita et defossa aut 
ignorantur aut eo ipso fallunt, quod quaerenda sunt. 

17. Tegunien omnibus sagum fibula aut, si desit, spina con- 
sertum; cetera intecti totos dies iuxta focum atque ignem aguot. 



citra obtrectationem alterius atatur, 

— ciira speciem et delectaiionetn, 
nach aufsen ohne Schonheit uod 
Reiz. — quaedam loca^ aus- und 
inwendig. 

9. terrOy haaptsacblich Kalk, so- 
dafs die weifse Tiinche entstand, 
mit der in Tielen Teflen Deutsche 
lands noch heate die Dorfhanser 
angestrichen sind; vgl. ubrigens 
6, 8. — picturam ac liniamenta 
colorum, wie sie in den romischen 
Haasern in feinster und kostbarster 
Weise zo finden waren, die (feinsten) 
Malereieu und farbigen Umrisse. 

10. imitetur, n. terra inlita, nach- 
ahmend ersetzen. — specusy eig. 
Gruben,Mardellen genannt, trichter- 
fdrmig und in zwei Abteilungen ge- 
baut, deren untere zur Anfbewah- 
rung des Getreides diente, wahrend 
in der oberen gearbeitet wurde; 
daher Plin. n. h. XIX, 1, 2 in Ger- 
mania defossi atque sub terra id 
opus (lina texandi) agunt. 

11. insitpery obendrein, wie 31, 7 
und 45, 4; es steht bei T. immer 
enkliUsch. — fimo, einer ^MischuDg 
▼on Moos, Laub, Slroh mit Erde, 
Lehm und Rinder- oder Pferdekot", 
genannt tunc, dung, was eine 
Schlettstadter Glosse erklart: hie- 
mails zeta (diaeta). — hiemis wie 46, 
15 und ann. IV, 66, 11 quod unum 
urguentium malorum suffugium erat. 

— molliunt, ertraglicher machen. 
13. advenit f Perf. — aperta po- 

pulatury wie ann. I, 56, 16 im Ge- 
biete der Ghatten Gaesar (Germa'- 
nlcus) aperta populatus vertit ad 
Rhenum. 



14. eo ipso fallunt, quod quae-- 
renda sunt, eine rhetorisch gefarbte 
Ausdrucks weise; zwei Grunde sind 
dafur vorhanden, dafs die Dinge 
▼erborgen bieiben, entweder weifs 
man iiberhaupt nichts von ihnen, 
Oder man weifs nicht, wo sie sind, 
und sucht sie auch vergebens. 

b. Kleidung (17). 

17, 1. tegtimen, Bedeckung, Klei- 
dung. — omnibus, ffir arm und 
reich. — sagum, vgl. Mela IN, 3, 2 
viri sagis velantur und 6, 7; das 
Oberkleid, der Mantel, aus Wolle, 
wie die romische Toga uber die 
Schultern getragen, aber des Stof- 
fes und der dunklen Farbe wegen 
dem sagum der romischen^ Solda ten, 
Bauern und Reisenden verglichen. 
— fibula, mhd. nOschel, nhd. Nestel 
oder auch mhd. dorn oder spange 
genannt. — si desit, wie 7, 3; 10, 
4; 14, 7. — spina consertum wie 
Verg. Aen. 3, 594 tegumen spina 
consertum. 

2. cetera, ace. der Beziehung 
wie 29, 1 1 =» sonst, n. aufser dem 
Mantel. — irUecti, n. die freien 
Germanen — „ein Biid des in die 
Barenbaut gehflllten, sonst nackten 
Kriegers*. Grimm; vgl. 14 a. Ende 
und 15, 1. Vgl. Caes. b. g. IV, 1, 10 
in eam se consuetudinem adduxe- 
runt, Qt locfs frigidissimis neque 
▼estitus praeter pellis haberent 
qutcquam, quarum propter exigui- 
tatem magna est corporis pars aperta 
et layarentur in fluminibus und VI, 
21, 5 pellibns aut parvis renonnm 
tegimentis utuntur, magna corporis 
parte nuda. 



44 



CORNEUI TACITI 



locupletissimi veste distiDguntur, non fluitante, sicut Sarmatae ac 
Parthi , sed stricta et singulos artus exprimente. gerunt et fera- 

5 rum pelles, proximi ripae neglegenter, ulteriores exquisitius, ut 
quibus nullus per commercia cultus. eligunt feras et detracta 
yelamina spargunt maculis pellibusque beluarum , quas exterior 
Ocean us atque ignotum mare gignit. nee alius feminis quam 
viris habitus, nisi quod feminae saepius lineis amictibus velaotur 

10 eosque purpura variant, partemque vestitus superioris in manicas 
non extendunt, nudae brachia et lacertos; sed et proxima pars 
pectoris patet. 

18. Quamquam severa illic matrimonia , nee uUam morum 



3. veste, n. durch den Stoff des 
Uotergewandes, das wie die romi- 
sche tunica a lie trugen, nur die 
Reichen von besserem Stoffe; go<. 
paida; vastja; ad. rok. — fluitante^ 
bauscbig wallend; auch die ost- 
lichen Germanen trugen weitere Ge- 
wander als die rheinischen. 

4. ferarum pelles, Pelze, die sie 
als vestes, aU Unterkleider zum 
Schutze gegen die Kaite trugen. 

5. ripae, n. des Rbeines und der 
Donau wie 5, 12. — neglegenter, 
gleicbgiitig, weil sie auch fremden 
Scbmuck und fremde Kleidung ken- 
nen und vorziehen. — ulteriores, 
Tgl. 5, 12 und Gaes. b. g. VI, 2, 2, 
die ferner Wohnenden. 

6. commercia wie 5, 12. — cul- 
tus wie 6, 7. — eligunt wie 5, 14. 

7. velamina, n. pelles; poetisch 
statt velamenta. — spargunt wie 
yet%, Aen. 7, 191 fecit avem Girce 
sparsitque coloribus alas: sprenkeln, 
bunt besetzen ; vgl. 6, 6. — maculis 
pellibusque, mit gefleckten Pelz- 
stucken. — beluarum, vielleicht See- 
hunde oder Zobel wie Nib. 354: 
von seltner Fische Hauten Bezuge 
wohlgethan. — exterior Oceanus 
atque ignotum mare »» die Ostsee 
in weitester dstlicher Ausdehnung. 
Jedenfalls ist das Alter des nordi- 
schen Pelzhandels und des Qber- 
seeischen Verkehres des sQdlichea 
Festlandes mit Skandinavien durch 
diese Stelle bezeugt, wenn auch T. 



Skandinavien ebenso wenig nennt 
wie die Weichsel, deren Mundungen 
es als Insel gegen Qberliegend ge- 
dacht wurde; die c. 44 genannten 
Suiones sind die Bewohner. Zum 
Handel schreibt Jordan. Getica 3, 21 
Suehans in usibus Romanorum sap- 
pherinas pelles commercio inter- 
veniente per alias innumeras gentes 
transmittunt, famosi pellium decora 
nigridine. 

10. habitus, Tracht wie 31, 9 
und Agr. 31, 9 inde etiam habitus 
nostri honor et frequens toga. — 
lineU, vgl. Plin. n. h. XiX, 2, 8 vela 
(e lino) texunt iam quidem et trans- 
rhenani hostes nee pulcbriorem 
aliam vestem eorum feminae noveie 
und 16, 10. 

11. purpura variant,^s^ mit rotem 
Saume besetzen, wodurch eben die 
Mannigfaltigkeit der Farben hervor- 
gebracht wird; purpura, die Farber- 
rote, vgl. 6, 8. — p. vestitus su^ 
perioris, den Teil der oberen vestis, 
des here n Untergewandes, wel- 
chen die romischen Franen in Armel 
auslaufen lassen. 

12. brachia ac lacertos, Unter- 
und Oberarm. 

c. Ehe und eheliches Leben 
(18 und 19). 

I89 1. quamquam, und doch, 
wenn die Frauen auch nur leicht 
bekleidet sind; ,,qu. im Hanptsatze 
bei T. nur hier und zweimal im 
dial, de orat." Drager. 



D£ GERMANIA LIBER. 17. 18. 



45 



partem magis laudaveris. nam prope soli barbarorum singulis 
uxoribus content! sunt, exceptis admodum paucis, qui non libi- 
dine, sed ob nobilitatem plurimis nuptiis ambiuntur. dotem non 
uxor marito, sed uxori maritus offert. intersunt parentes et pro- 5 
pinqui ac probant munera non ad delicias muliebres quaesita 
nee quibus nova nupta comatur, sed boTes et frenatum equum 
et scutum cum framea gladioque. in haec munera uxor accipitur, 
atque invicem ipsa armorum aliquid viro affert: hoc maximum 
vinculum, haec arcana sacra, hos coniugales deos arbitrantur. ne 10 
se mulier extra virtutum cogitationes extraque bellorum casus 
putet, ipsis incipientis matrimonii auspiciis admonetur venire se 
laborum periculorumque sociam, idem in pace, idem in proelio 
passuram ausuramque : hoc iuncti boves, hoc paratus equus, hoc 
data arma denuntiant sic vivendum , sic pereundum : accipere 15 
se quae liberis inviolata ac digna reddat, quae nurus accipiant 
rursusque ad nepotes referantur. 



2. barbarorum, namentlich im 
Suden and Westen. 

Z.exceptUadm. p,, so hatteAriovist 
zwei Frauen nach Gaes. b. g. 1, 53, 4 
duae faenint Afiovisti uxores, una 
Sueba natione, quam domo secnm 
daxerat, altera Norica, regis Voc- 
cionis soror, quam in Gallia daxerat, 
a fratre missam. 

4. ob nobilitatem^ Konige oder an- 
dere angesehene Manner aus edelen 
Geschlechtern. — nuptiis ambiun- 
tur^ umworben werden, wie Verg. 
Aen. 7, 333 neu conabiis ambire 
Latinam Aeneadae possint; nuptiis 
ist ebenso abl. wie hist IV, 51, 5 
magnificum laetumque tantis socio- 
ram auxiliis ambiri neque indigere. 

5. offert, n. bei der Verlobung. 
— parentes ac propinqui^ „aber 
auch offentlich im Kreise der freien 
Genossenschaft wurde die Verlobung 
erklart and gefestigt.* Grimm. 

6. probant^ mustern, prdfen. — 
ad delicias muUebres fur die weib- 
liche Puizsucht. 

7. boves — gladioque, n.nicht als 
Mitgift, soadern als Kaufpreis ; ahd. 
mieta, mnnas. 

8. in — munera, anf — bin. 

9. armorum aliquid, irgend eine 
Waffengabe, namentlich ein Sch wert, 



mit dem der Vater oder der Stellver- 
treter den Brautigam umgiirtete, um 
nundieEheschliefsnng undden 
Ubergang der Braut in die Gewalt 
des Mannes anzuerkennen, aber auch 
um dem Brautigam ein zu seinemVor- 
teile gereichendes Gegengescbenk zu 
geben. Weiteres s. Einl. S. 14. 

10. haec— arbitrantur, im Gegen- 
satze zu der romischen hochst feier- 
lichen confarreatio und der grofsen 
Zahl der bei der romischen Ehe- 
schliefsung angerufenen Gottheiten. 
— arcana sacra, die geheimnisvolle 
Weihe. 

11. extra virtutum cogitationes, 
aufserhalb des Gedankenkreises 
mannlicher Pflichten. 

12. auspieiis,dureh dieGebniuche 
der Eroffnung, der Weihe. — venire, 
n. in das Haas des Mannes. 

14. passuram ausuramque wie 
40, 18: bereit zo. 

lb, denuntiant, dti8 woiien sagen, 
daraaf deuten fiin. — accipere — 
accipiant , absichtlich wiederholt 
wegen der sich fortpflanzenden 
gleichen Verpflichtung. 

16. quae, nicht sowohl die vorher 
genannten Geschenke als die mit 
denselben erwachsenden Pflichten. 

17. rursusque, und ihrerseits 



46 



CORNELII TACITI 



19. Ergo saepta pudicitia agunt, nuUis spectaculorum in- 
lecebris, nullis coDviviorum irritationibus corruptae. litterarum 
secreta viri pariter ac femioae ignorant, paucissima in tam 
numerosa gente adulteria, quorum poena praesens et maritis per- 

5 missa: abscisis crinibus nudatam coram propinquis expellit domo 
maritus. ac per omnem vicum verbere agit. publicatae enimvero 
pudicitiae nulla venia : non forma, non aetale, non opibus mari- 
tum invenerit nemo enim illic vilia ridet, nee corriimpere et 
corrumpi eaeculum vocatur. melius quidem adhuc eae civitates, 

10 in quibufi tautum virgines nubunt et cum spe votoque uxoris 
semel transigitur. sic unum accipiunt maritum quo modo unum 
corpus unamque vitam, ne uUa cogitatio ultra, ne longior cupi- 
ditas, ne tamquam maritum, sed tamquam matrimonium ament. 
numerum liberorum finire aut quemquam ex adgnatis necare 



wiederum. — referaniur, n. quae, 
als Subjckt aus dem vorhergehen- 
den Objekte quae entnommen. 

19^ L Ergo, n. infolge solchen 
Pflichtgefiihlee und soLcher SchUeht- 
heii und Reiuheii der Sitten. 

2. litterarum secreta, g«faeicne 
Briefe und zwar Liebeebriefe. 

4. praeseru n. est, sie tritt sofort 
ein ohne weitere fjbeiiegung und 
Beratuog. 
5. abseisU, denn }ang«8 Haar warein 
Sehmu^k der Jongfrauen. — coram 
propinqmsy Eum Zeiefaen, dafs dieee 
desMannes Handlungsweise billigen. 

6. verbere koUektiv, aber der 
Sing, klingi gerade wuchtig geaug. 

— publicatae, von den verheirateien 
Frauen gebt T. yber zu den un- 
Tcrheiratetea : aber voUends fOr 
die preisgegebene Keoschbeit fiber- 
baupt, ohne dafs «s ein Ehebruch ist. 

7. forma, aetate, opibus, abl. des 
Grundes «■ trotc; forma, Sohonheit 
wie 38, 10. 

8. invenerit, n. ^das Madeheci, wel- 
ches seine KeHSchheii preisgeg«ben 
hat. *— nemo — voeatur wie m Aon. 

— enim, der Sa4!z giebt die ab- 
sehliefseMle Erklaning zu den vor- 
hergehenden Wortcn^ «rhebt sicfa 
fl)»er aach eu dem allgeaieiaeB Ge- 
daoken, dftfs im GegeBsetse zu Rom 
die ^aaze Auffassung Ton der ger- 
manisehen Ebe eine reine und un- 



Terdorbene ist, woran denn in den 
folgenden Worten (melius quidem 
n. agunt) eine weitere Steigerung 
in der hohen und strengen Ansicht 
von derselben sich knupft. 

Q.saeeulum, 1. Generation, 2.Cha- 
rakter der Generation, Geist der 
Zett. — melius, n. agunt. — ndhue 
wie 10, 9 und 29, 11 »> obendrein, 
aber a. vertritt hier einen Satz: 
„wa8 aufserdem noch vorkommf; 
vgl. 36, 3. 

1 0. etim spe votoque, mit A» Hoif- 
nung auf die Ehe und dem Gel5b- 
nisse sie treu zu wahren^ 

11. semel, einmaleeein fur alle- 
raal. — transigitur, wird abge<- 
Bchlossen, ein Ende gemacht mit, 
wie Agr. 34, 13 transigite cum ex- 
peditionibus. — sie, unter dem Ge- 
sichtspunkte, dafs nicht. 

12. ne, n. sit wie 13, 5. — ultra, 
n. fiber eine Ebe hinaus. — oupi- 
ditas, n. mariti. 

13. tamquam, bier «* so zu sagen; 
der Gedanke an weoiger reine Sitt- 
licbkeit iaRom verleiletden warmen 
Pairioten T. zu einer idealistieeheren 
Farbung der Darstellung, als sic in 
Wirklichkeit berechiigt wr, wenn 
a«icb eine zweite Verlieifatung der 
Frau bei manchen Siaamen mit 
grdfseren reditliehen Schwierig- 
keiten verknApft war als die erste. 

14. finire, auf eine besUmmie 



DE GERMANIA UBEB. 19. 20. 



47 



flagitium habetur, plusque ibi boni mores valent quam alibi 15 
booae leges. 

20. In omni domo Dudi ac sordid! in hos artus, in haec 
corpora , quae miramur, excrescunt. sua quemque mater uberi- 
bus alit, nee anciUis aut nutricibus deleganUir. dominum ac 
servufiQ nullis educationis deliciis dignoscas: inter eadem pecora, 
in eadem humo degunt, donee aetas separet ingenues, virtus ad- 5 
gnoscat. sera iuvenum venus, eoque inexhausta pubertas. nee 



Zahl beschranken. — adgnatis, den 
Nachgeborenen, d.b. den nacheinem 
bereits Torbandenen Erben Gebo- 
renen; vgl. Cic. pro Gaec. 25, 72 
ciii filins adgnatos sit, eias testa- 
raentam esse ruptmn. Ubrigens 
brancht T. denselben Ansdruck voo 
den Juden hist. V, 5, 3 necare quem- 
quam ex adgnatis nelas. — necare, 
in Wirklichkeit batte der Yater 
Reeht Ciber Tod und Leben ties 
Kindes, evn Toten oder Aussetzen 
desselben inrd aber seltener vor- 
gekommen sein als in Ron. 

15. flagitium wie 12, 5 »« nefas, 
ein sittUches Vergehen, eine Sfinde. 

16. leges, Julia und Papia Pop- 
paea (9 u. €hr.) bestimrot^n Be- 
lobnuogen fur Ehe und Kinderreich- 
tum, Strafen fur Ehelosigkeit. Der 

Sleiche Gedanke kehrt wieder bei 
or. carm. Ill, 24, 35 quid leges 
sine moribus vanae proficiunt?, bei 
Justin. II, 2, 15 tanto plus in illis 
proficit vitioium ignoratio quam in 
his cogaitio i^irtutis, endlicn bei T. 
selber ann. Ill, 26, 1 v^tustissimi 
morialium nulla adhuc mala libi- 
•dine sine probro, scelere eoque sine 
poena ant coercitionibus agebant. 

d. ETziehujag und recht- 
licheStellungderKinder(20). 

2O9 1. Der letzte G^idanke vod 
d£r boben Achtung der Kinder fubrt 
binuber zu der Erziehung derselben 
und ihier reohtlichen Stellung im 
Leben. 

1. in omni domo, n. bei booh 
und niedrig. — nudi ac sordidi, n. 
die kleinen Kinder, welcbe halb- 
nackt umherliefen und darum auch 



am Kdrper niobt so sauber sein 
mochten wie feine romische Kinder; 
Tgl. Mela III, 3, 2 nudi agunt, ante- 
quam puberes sunt et longissima 
spud eos pueritia est. — in hos 
artus, in haec corpora, ygl. 4, 5 
und Gberuscorum procera membra 
(ann. I, 64, 7), Batavi forma con- 
spicui (hist. IV, 14, 6), inmensis cor- 
poribus (hi8t.V, 18, 2), ingenti magni- 
tudine corporum Germanos esse 
(Caes. b. g. I, 39, 1). 

2. quae — miramur, bier in Rom, 
wo sie als Soldaten oder Sklaven 
taglich zu sehen sind. — excre- 
scunt, sich auswachsen mit dem Ge- 
danken an ein weites Mafs; vgl. 
22, 1 — sua — delegantur n. in- 
fantes, konstruiert wie 18, 17; Tom 
damaligen Rom berichlet dial. 29, 1 
natus infans ddlegaturGraeculae ali- 
cui anciiiae, wahrend es im fruheren 
Rom auch besser damit gestanden 
batte nach dial. 28, 13; vom 6. 
Jahrh. ab begann es aber auch in 
Germanien anders zu werden ; dele- 
gare wie 15, 3. 

4. deliciis, Feinbeiten. — peeora, 
Mensch und Tier wohnten unter 
einem Dache. 

5. ofitas, vgl. 13 in, ^^adgnoscat 
als wirkliche ingenuos anerkennen 
lafst. 

6. sera, vgl. vorber Mela HI, 3, 2 
und Caes. b. g. Yl, 21, 4 qui diutis- 
sime impuberes perjnanserunt,.maxi- 
mam inter suos ferunt laudem : hoc 
ali staturam, ali vires nervosque 
confirmariputant Intra annum vero 
vicesimum feminae notitiam ha- 
buiese in turpissimis habent rebus. 



48 



CORNELII TAGITI 



virgioes festinaotur; eadem iuventa, similis proceritas: pares 
validaeque miscentur, ac robora parentum liberi referuDt. soro- 
rum filiis idem apud avunculum qui apud patrem honor, quidam 

10 sanctiorem artioremque huDC nexutn sanguinis arbitrantur et in 
accipiendis obsidibus magis exigunt, tamquam et animum firmius 
et domum latius teneant. heredes tamen successoresque sui cui- 
que liberi, et nullum testamentum. si liberi non sunt, proximus 
gradus in possessione fratres, patrui, avunculi. quanto plus pro- 

15 pinquorum, quanto maior adiinium numerus, tanto gratiosior 
senectus; nee uUa orbitatis pretia. 



7. festinantur, werden eilig ver- 
heiratet; vgl. Sail. b. lug. 64, 6 
aDimo CQpienti nihil satis festina- 
tur; Gic. maturare; vgl. auch 30, 8 
vallare, 45, 12 laborare. Die Yer- 
heiratang geschah nicht vor dem 
15. Jahre. — pares validaeque^ 
Madchen, kdrperlich gleich ent- 
wickelt uad gleich kraftig. 

8. miscenlur, Hom. fiiyrjvat, — 
referunt, bringen wieder zatn Vor- 
schein, spiegeln wieder. 

9. avunculus, der Matter Bru- 
der war der Witwe und ihrer Kin- 
der Schutz und Schirm ; vgl. Gunther 
im Nibelungenliede an Yaters Stelle 
fiir die Jungfrau wie fur die Witwe 
Kriemhild; ebenf. Waltharius 846: 
soror hunc germana Haganonis pro- 
tulit ad lucem. 

10. h, nexum «., diese Bande des 
Blutes. 

11. exigunt, n. nexum, geltend 
machen. — tamquam, wie 8, 10; 
22, 9 und 28, 14. — animum, n. 
dessen, welcher die Geisein giebt. 

12. latius, in weiterem Umfange, 
insofern auch Neffen und Nichten 
zum Hause gehoren. — teneant, 
verpflichten, n. die Sohne der Sch we- 
ster. — tamen, wenn auch die Schwe- 
stersohne Tie! gelten, so sind doch 
Erben und Nachfolger nur die Kin- 
der and zwar die S6hne allein, die 
TSchter erben nicht, — successores, 
n. als Haupter der Familie. 

13. et nullum wie 10, 12 n. 28, 
5. — testamentum wie in Rom, 



wo in Testamenten sehr willkurlich 
verfahren wurde; in Germanien 
wurden Testamente erst beim re- 
geren Yerkehre mit den Rdmern 
bekannt. Blutsverwandtschaftaliein 
war die Grnndlage des natOrlichen 
Rechtes. — proximus gradus, also 
nicht die Witwe, welche anfser dem 
notwendigen Lebensunterhalte nur 
den friiher fur sie gezahlten Kauf- 
preis und die ihr gemachten Ge- 
schenke behielt. 

XA.possessio von possido, Besitz- 
nahme. — propinqui, Blutsver- 
wandte, ad fines, Yerschwagerte. 

15. t gratiosior, in desto hoherer 
Gunst steht. 

16. pretia, insofern in Rom von 
Erbschleichern den Kinderlosen im 
hochsten Grade geschmeichelt wurde 
mit Worten und Geschenken. Ygl. 
Plin. epp. lY, 15, 3 nostro saeculo 
plerisque etiam singulos filios orbi- 
tatis praemia graves facinnt, Senec. 
ad Marc cons. 19, 13 in civitate 
nostra plus gratiae orbitas confert 

3uam eripit, ferner bei T. selber 
ial. 6, 7 idque scire non pecuniae, 
non orbitati dari, ann. Xlil, 42, 18 
Romae testamenta et orbos velut 
indagine eius capi; 52, 7 SiWanus 
valuit pecuniosa orbitate, XY, 19, 7 
satis pretii esse orbis, quod gra- 
tiam honores cuncta prompta et 
obvia haberent. Die grofse Zahl 
der Stellen beweist, welch eine 
Rolle in Rom diese Erbschleicherei 
spielte. 



D£ GERMAMA UBm. 20-22. 



49 



21* Suscipere tain inimicitias seu patris seu propinqui 
quam aimcitias neccsse est; nee inplacabilis durant: luitur enim 
etiain homicidium certo armentorum ac pecorum numero reci- 
pitque satisfactionem universa doiuus, utiliter in publicum, quia 
periculosiores sunt ioimicitiae iuxta Ubertateo). coovictibus et 5 
hospitiis noD alia gens effusius indulget. quemcumque mortalium 
arcere tecto nefas habetur; pro fortuna quisque apparatis epulis 
exeipit. cum defecere, qui modo bospes Cuerat, monstrator 
hospitii et comes; proximam domum non invitati adeunt. nee 
interest: pari humanitate accipiuntur; notum ignotumque quan- 10 
turn ad ius hospitis nemo discernit. abeunti, si quid poposcerit, 
concedere moris; et poscendi invicem eadem facilitas. gaudent 
muueribus, sed nee data imputant nee acceptis obligantur. [victus 
inter bospites comis.] 

32. Statim e somno , quern plerumque in diem extrahunt, 



e. Feindschaft undFreund- 
schaft (21). 

21, 1. Es erbt vor aliem die Blut- 
rache fort. 

2. necesse est, es liegt Id den Ge- 
setzen der Natur. — nee, and doch 
nicht. 

3. homicidium, Mord wie Tod- 
schlag mufste von den Verwandten 
des Toten offen durch Bint geracht 
werden, ahd. fehida, Fehde, aber 
auch scbon zu Tacitus' Zeit gab es 
einen milderen Weg der Bufse 
durchVieb, das ja anGeldes Statt gait. 

4. satisfactionem, genugende Ent- 
schadigqng, ahd. wera gelt, Wer- 
geld, Manngeld. Dennoch kam die 
Sache biermit mancbmal nicbt zum 
Abschlusse, sondern trotz Wergeld 
und sicb anschliefsendem Gelob- 
nisse begann die Febde von neaem. 

— domus, Haus im Sinne von Fa- 
milie. — in publicumy vgl. 27, 8. 

5. iuxta Ubertatem, neben, za- 
gieich mit ungebundener Freiheit. 

— conuictibus, gastfreundlicherVer- 
kehr mit Bekannten. 

6. hospitiis, Verkehr mit Frem- 
den; zor Sache aufser in den Hel- 
denliedern bei Gaes. b. g. VI, 23, 9 
hospitem violare fas non putant; 
qui quaque de causa ad eos vene- 

Tacitus* Germania. 



runt, ab iniuria prohibent sanctos- 
que putant und Mela ill, 3, 2 tantum 
hospitibus boni, supplicibus mites. 
— effusius, ruckhaltloser. 

7. pro fortuna, nach seinen Yer- 
haitnissen. — apparatis, wohl zu- 
bereitet ; vgl. Mela III, 9, 2 adpara- 
tis epulis, Liv. XXIll, 4, 3 adparatis 
accipere epulis, Justin. I, 6, 2 appa- 
ratis epulis invitat. 

8. monstrator, n. fit. 

10. quantum ad wie Agr. 44, 7 
quantum ad gloriam longissimum 
aevum peregit, und hist. V, 10, 8 
proximus annus, quantum adiudaeos, 
per otium transiit. — abeunti, „ehe 
der Gast aufbrach, ward ihm noch 
Imbifs und Trunk gereicht, und alte 
Sitte wolite, dafs der Wirt seinem 
Gaste ein Gastgeschenk gab, das 
dieser aber auch wohl forderte^. 
Weinhold. 

12. moris wie 13, 13. — invicem, 
auch ihrerseits. — facilitas, Unbe- 
fangenheit — gaudent wie 5, 5. 

13. imputant, eig. ins Kerbbolz 
einschneiden, anrechnen. 

f, Hausliches Leben: Ge- 
lage, Speise und Trank (22 
und 23). 

22, X. plerumque, wie 5, 4; 13, 12 
und 45, 20. — extrahunt, wie 20, 2. 

4 



50 



GORNELU TAGITI 



lavantur , saepius calida , ut apud quos plurimum hiems occupat. 
lauti cibum capiunt: separatae singulis sedes et sua cuique meusa* 
turn ad negotia nee minus saepe ad conviyia procedunt armati. 

5 diem noctemque continuare potando nuUi probrum. crebrae, ut 
inter yinolentos, rixae raro conviciis, saepius caede et vulneribus 
transiguntur. sed et de reconciliandis invicem inimicis et iun- 
gendis adfinitatibus et asciscendis principibus, de pace denique 
ac bello plerumque in conviviis consultant, tamquam nullo magis 

10 tempore aut ad simpiices cogitationes pateat animus aut ad 
magnas incalescat. gens non astuta nee callida aperit adhuc 



2. saepius, n. qnam frigid a. — 
calida, n. aqaa ; von kaltem Wasser 
spricht Gaes. IV, 1, 10 ut Suebi la- 
varentur in fluminibus und VI, 21, 5 
Germani in fluminibus perluuntnr, 
was naturlich sehr wohl neben der 
anderen Art gelten kann : sie schwim- 
men auch nach Mela III, 3, 2 nandi 
non patientia tantum illis studium 
etiam est. tJbrigens beziehen sich 
alle Angaben des T. auf die ingenui 
wie 15 und 17. — ut wie 2, 13. — 
plurimum^ n. anni. 

3. singulis — cuique, n. jedem der 
Hausherren. — mensa^ Tisch vom 
lat. discus, das Schiissel in Gestalt 
einer Scheibe und dann auch Tisch 
bedeutete. 

4. negotia — convivia, unwich- 
tigere und wichtigere Geschafte, Ge- 
lage um heiteren oder traurigen 
Anlasses wilien. „Bei den alien 
Gennanen endigten sich die Volks- 
versammlungen durch Fest und 
Trinkgelag; und diese Sitte hat sich 
bis in spate Zeiten auf den unge- 
botenen Landgerichten und Mark- 
gedingen im Schwange erhalten.* 
Grimm. — procedunt, n. aus dem 
Hause in die Offentlichkeit ; klass. 
in publicum prodire. 

5. diem noctemque continuare 
potando, eig. Tag und Nacht durch 
Zechen zu einer zusammenhangen- 
den Zeit machen, vom Tage in die 
Macht hinein zechen. — ut wie 2, 13. 

6. conviciis, die man fflr unmann- 
lich hielt, wie Dietrich von Bern 
im Mibelungenliede sagt Str. 2282 : 



Nicht Held en ziemt es je, dafs sie 
wie alte Weiber sich thun mitWor- 
ten weh. — caede et vulneribus, 
namentlich wenn Gedanken derBlnt- 
racbe sich einmischten. 

7. iransiguntur c. abl. instr., 
wahrend 19, 11 das womit ein Ende 
gemacht wird, durch cum angeffigt 
ist. — invicem, attributiv gestelit 
ss gegenseitig, wie 37, 10. 

8. adfinitatibus, Verschwagerun- 
gen durch Heiraten; der Abschlufs 
der Ehen war eine Sache von ernster 
Wichtigkeit, mehr als ein blofsea 
Rechtsgeschift und wie fiber po- 
Htische Angelegenheiten wurde in 
festlicher Versammlung darfiber be- 
raten. — de adseiscendis principi^ 
bus, fiber das Gewinnen, fiber die 
Aufnahme von Grafen ins Gefoige 
oder als Gefolgsherren, wobei man 
sich dann haufig noch zu dem 13, 11 
genannten expetere legationibus et 
muneribus ornare entschlossen ha- 
ben mag. — de pace ac bello, wie 
es von Givilis heifst hist. IV, 14, 9 
primores Batavorum gentis et prom- 
ptissimos vuigi specie epuiarum sa- 
crum in nemus vocatos, ubi nocte 
ac laetitia incaluisse videt, a iaude 
gioriaque orsus iniurias et raptus 
et cetera servitii mala enumerat. 

9. tamquam wie 8, 10. 

10. simpiices, schlichte, offen- 
herzige, magnas, bedeutsame. 

11. incalescat wie in der eben 
erwahnten Stelie der hist : sich er- 
wirmen, begeistern. Beim Mahle 
undTrunke machte man dem Herzen 



DE GERMANIA USER. 22. 23. 



51 



secreta pectoris licentia ioci; ergo detecta et nuda omDium mens, 
postera die retractatur, et salva utriusque temporis ratio est: de- 
liberant, dum fingere nesciunt, constituunt, dum errare non 
possuot 15 

23* Potui humor ex hordeo aut irumento, in quandam simi- 
litudiDem vini corruptus: proximi ripae et vinum mercantur. 
cibi simplices: agrestia poma, recens fera aut lac concretum; 
sine apparatu, sine blandimentis expellunt famem. adversus sitim 
non eadem temperentia. si indulseris ebrietati suggerendo 5 



Lufl. — non astuta: dafs es den 
Germanen in der Notwehr ihren 
Unterdrflckern gegenaber nicht an 
Yeretellung gefehlt hat, widerstreitet 
dem Gesamturteile nicht; vgl. ann. 
I, 71,3 Segimeri filius Qointilii Van 
corpus inlosisse dicebatnr; Veil. Pa- 
terc II, 118, 1 illi (Germani), qnod 
nisi expertus yix credat, in sinnma 
feritate versatissimi natumque men- 
dacio genus ; auch Gaes. b. g. IV, 13, 4 
perfidia et simulatione usi Germani. 
— adhue, ^bis auf den heutigen 
Tag**, erzahlt T.; daher das Pra- 
sens aperit; ygl. 38, 3. 

12. licentia ioci wie 2, 13. ss 
in der Ungebundenheit des Sch., 
im zwanglosen Scherze. — mens^ 
Herz. 

13. retractatur y es wird wieder 
verba ndelt. — talva — ratio^ unge- 
stort ist die Biicksicht auf d. h. sie 
haben noch freie Hand gegenuber 
dem Gestern und dem Morgen. 

14. dum, solange sie am ersten 
Tage beim Gelage sich nicht ver- 
stellen und am folgenden Tage, nach- 
dem die Aufregung verflogen, sich 
nicht irren konnen. 

28, 1. potui^ n. est — frumenio^ 
Weizen; auch Hafer erwahnt Plin. 
n. h. XVllI, 17, 44 cum Germaniae 
populi serant avenam, neqne alia 
pulte vivant. — in — corruptus, 
in eine Art Wein durch Galurung 
Terwandelt, also Met oderBier; in 
wie 45, 27 und 46, 6. 

2. proximi ripae, n. des Bheines 
und der Donau, vgl. 5, 12. 

4. et vinum, vgl. Gaes. b. g. H, 



15, 4 nihil pati (Nervios) vini reliqua- 
rumque rerum ad luxuriam pertinen- 
tium inferri; IV, 2, 6 vinum Suebi 
ad se omnino importari non sinunt 

3. agrestia poma, wildes Obst 
aller Art, Beeren, NQsse und Gemiise 
wie Spargel und Buben. — recens 
fera, frisches Fleisch, auch Wild- 
bret und Fische ; vgl. Mela HI, 3, 2 
victu ita asperi incultique (sunt 
Germani), ut cruda etiam came ve- 
scantur aut recenti. — lac concre- 
tum, geronnene Milch. Vgl. Gaes. 
b. g.l V, 1, 8 maximam partem (Suebi) 
lacte atque pecore vivunt multum- 
que sunt in venationibus ; VI, 22, 1 
(Germanorum) maior pars victus in 
lacte, caseo, came consistit. „Auch 
Pferdemilch und -fleisch wurde da- 
mals nicht verschmaht^. Grimm. 

4. sine apparatu, ohne besonders 
feine Zubereitung. — sine blandi- 
mentis, ohne besondere Beizmittel; 
vgl. Sail. lug. 79, 7 irritamenta gu- 
lae. Den Germanen fehlte es von 
vornherein an den notwendigen Ge- 
wfirzen aufser Salz, das ihnen aber 
sogar heilig war ; vgl. ann. XlII, 57, 1 
inter Hermunduros Ghattosque cer- 
tatum, dum flumen gignendo sale 
fecundum vi trahunt, ib. 5 indul- 
gentia numinum ilio in amne illis- 
que silvis salem provenire und Am- 
mian.XXVni,5, 11 dein quod sali- 
narum finiumque causa Alamannis 
saepe iurgabant (Burgundii). — ex- 
pellunt, n. Germani. — adversus, 
gegenuber. — sitim, vgl. 4, 7. 

5. non eadem , wie 4, 6. — in- 
dulseris, Vorschub leisten. 

4* 



52 



GORNEUI TAGITI 



quantum concupiscunt, baud minus facile vitiis quam annis 
vincentur. 

24* Genus spectaculorum unum atque in omni coetu idem, 
uudi iuvenes, quibus id ludicrum est, inter gladios se atque in- 
festas frameas saltu iaciunt. exercitatio artem paravit, ars deco- 
rem, non in quaestum tamen aut mercedem : quamvis audacis 
5 lasciyiae pretium est voluptas spectantium. aleam , quod mirere, 
sobrii inter seria excercent, tanta lucrandi perdendive temeritate, 
ut, cum omnia defecerunt, extremo ac novissimo iactu de liber- 
tate ac de corpore contendant. victus voluntariam servitutem 
adit: quamvis iuvenior, quamvis robustior adligari se ac venire 



6. hand minus facile^ nach T.' 
Worten37,9: tarn diu Germania vin- 
citur als Litotes aufznfasseo »« 
nicbt schwieriger, leichter. — viHU 
(ebrietati), wie lustin. I, 8,7 prias 
Scythae ebrietate qaam bello vin- 
caatur. 

f. Spiele (24), Schwerter- 
tanz uDd Wurfelspiel. 

24, 1. unum, wahrend es Id Rom 
die mannigfaltigsten sceniscben und 
mimiscben DarstelluDgen gab. — 
idem gehort za in omni coetu, die 
Aufffihrung des Spieles ist immer 
die gleiche, braucbt aber nicht bei 
jeder Yereinigung vor sich zu ge- 
hen. Gemeint ist der Schwerter- 
tanz, der, ursprunglicb gewifs 
nicht ohneBeziehang auf den Kultus 
der Gotter, besonders des Kriegs- 
gottes „yon iuvenes, jungen Mannem 
(nicht adulescentes) aus der Mitte 
des Volkes yon freiem Stande auf- 
gefuhrt wurde. Nur s o 1 c b e batten 
die Auffuhrong und fflbrten dieses 
Spiel aus (quibus id ludicrum est) : 
sie legten das Oberkleid, den Mantel 
ab, erschienen also nudi wie im 
Kampfe (6, 7) mit Schwertern oder 
Framjen in den Handen und tum- 
melten, indem sie sie zuckten und 
wie zum Angriff richteten (infestas 
gehort auch zu gladios), darunter 
in Sprun^en umber. ** Mullenboff. 
Spuren dieses Tanzes haben sich 
in einer ganzen Anzahl spaterer 
Zeugnisse wiedergefunden. 



3. taltu se iacere ist ein plasti- 
scherer Ausdrnck als saltare. — ar- 
tem, Gewandtheit, decorem, Schon- 
heit. 

4. in quaestum, zum Zwecke des 
G., wie 38, 11. — audacis Uuciviae, 
des kecken Mutwillens. 

6. inter seria mitten zwiscben 
ernsten Geschaften, anders als in 
Rom, wo man nur bei Tische zum 
Scherze und an den Saturnalien 
wurfelle. — tem^eritate^ mit so 
blinder Leidenschaft fiir Gewinn 
Oder Verlust, indem T. statt des 
allgemeinen ludendi die beiden Ex- 
treme specialisiert. 

7. defecerunt, bin sein. 

8. corpore, um die Person, denn 
der Sieger bekam Gewalt fiber Leben 
und Tod des Besiegten. — volun- 
tariam, ohne dafs man ihn an seine 
Verpflichtung zu erinnem braucbt; 
nach ann. IV, 72, Frisii primo bores, 
mox agros postremo corpora con- 
iugum aut liberorum servitio tra- 
debant. 

9. quamvis iuvenior, robusHory 
wenn er auch ein noch jiingerer, 
noch kraftigerer Mann ist, n. als 
dafs man Fesseln zu ertragen von 
ihm erwarten soUte; iuvenior st 
iunior wie Plin. epp. IV, 8, 5. — 
adUgari vom Sklaven gesagt wie 
dial. 13, 15 quod adligati canina 
adulatione nee imperantibus um- 
quam satis servi videntur nee nobis 
satis liberi? 



DE GERMANIA USER. 23-25. 



53 



patitur. ea est in re praya pervicacia ; ipsi fidein Yocant. servos to 
condicionis huius per commercia tradunt, ut se quoque pudore 
victoriae exsol?ant. 

25. Ceteris servis non in nostrum morem, discriptis per 
familiam ministeriis, utuntur: suam quisque sedem, suos penates 
regit, frumenti modum dominus aut pecoris aut Testis ut colono 
iniungit, et servus hactenus paret; cetera domus officia uxor ac 
liberi exsequuntur. verberare servum ac vinculis et opere co^r- 5 



10. in re prava, bei etwas Un- 
sittlichem. 

1 1. condicionis huius, aus solchem 
Verhaltnisse; vgl. ann.1, 16, 12 quae- 
nam post Augustum militiae con- 
dicio (sit) ambigentes, hist. II, 72, 
10 a domino noscebatar condicione 
fu^tivus, nomine Geta and Gic in 
Gat. ni, 1, 2 nascendi incerta con- 
dicio. — per commercia tradunt^ n. 
aliis, ubergebep sie auf dem Wege 
des HandelsTerkehrs be verhandeln 
sie. Vgl. 5, 12 und 17, 6 ebenso Agr. 
28, 14 per commercia venumdatos 
n. 39,4 emptis per commercia. — 
se quoque, n. auch sich Ton der 
Scham wegen des Sieges, wie der, 
welcher seine Freiheit verspielt hat. 
Ton dem pudor cladis sich befreien 
mochte. -— pudore — exsolvant 
wie hist. Ill, 61, 15 donee Priscus et 
Alfenns desertis castris ad Yitellium 
regressi pudore proditionis cunctos 
exsolTerent und ann. VI,44, 20 donee 
Tiridates cum paucisin Suriam re* 
Tectus pudore proditionis omnes 
exsolTit — an alien drei SteUen 
schliefst dieselbe Phrase ein Kapitel. 

f, SklaTen und Freigelas- 
sene (25). 

25 9 1. Ceteris servis, Ton den 
dureh WOrfelspiel zu SklaTen ge- 
wordenen und Terhandelten Freien 
geht T. uber zu denen, welche in 
Unfreiheit geraten waren durch Ge- 
fangenschaft — selbst nach dem 
Strandrechte, Agr. 28, 12 (Usipi) 
circumTecti Britanniam, amissis per 
inscitiam agendi navibus,pro praedo- 
nibus habiti, primum a Suebis, mox 
a Frisiis intercepti sunt -^ durch Ge- 
hurt Ton unfreien El tern, durch Ver- 



schulduDg oder endlich durch Yer- 
heiratung mit einer Unfreien. Diese 
den Worten nach strenge Leibeigen- 
schaft ward aber in der Wirklich- 
keit bald gemildert durch die Stel- 
lung der liti oder lati (lazzi), die 
zwar auch keine politischen Rechte, 
auch keinen freien Besitz batten, 
auch nicht mit einer Freien sich 
vermahlen durften, aber doch Ton 
einem Herren Land erhielten, fur 
das sie Abgaben zu entrichten Ter- 
pflichtet waren. Von diesen spricht 
T. bier Torzugsweise und verwech- 
selt sie mehrfach mit den Knechten. 

— discriptis per familiam mini- 
steriis, indem die Terschiedenen 
Yerrichtungen je nach dem Gesinde 
Terteilt waren, wie im romischen 
Hause die SklaTen nach ihren Be- 
schaftigungen in Abteilungen ge- 
schieden waren. 

3. regit, also wie ein eigener 
Herr. — vestis, Zeug zu Kleidung, 
das er selbst gearbeitet hat. — 
colono, T. Tergleicht den germani- 
schen Horigen mit dem rdmischen 
Kolonisten, der Grundbesitz in erb- 
licher Pacht hatte. 

4. servus hactenus paret, und nur 
insoweit, namlich in bezug auf die 
obengenannten Tribute gehorcht der 
Knecht, bei welchem aber dem T. 
bier ohne Zweifel wieder der Horige 
Torschwebt; zu hactenus vgl. 35, 1. 

— cetera domus offida, die ubri- 
gen Dienstleistungen im Hause des 
Herren, welche der Sklave nicht 
leistet. — uxor et liberi, n. des 
Herren wie 15, 5. 

5. verberare — eotreere im Gegen- 
satze zu der Strenge des Verfahrens 



54 



GORNELU TAGITI 



cere rarum ; occidere solent, non disciplina ac severitate, sed im- 
petu et ira, ut inimicum, nisi quod impune est. liberti non 
multum supra servos sunt, raro aliquod momentum in domo, 
numquam in civitate, exceptis dumtaxat iis gentibus quae regnan- 
10 tur. ibi enim et super ingenuos et super nobiles ascendunt: 
apud ceteros impares ]ibertini libertatis argumentum sunt. 

26. Faenus agitare et in usuras extendere ignotum , idque 
magis servatur quam si vetitum esset. agri pro numero cultorum 
ab universis vicis occupantur, quos mox inter se secundum digna- 
tionem partiuntur; facilitatem partiendi camporum spatia prae- 



gegen die Sklaven in Rom, wo dem 
Schuldigen Arbeitshaus und Hand- 
muhle vor allem drohte. Hier hat 
T. die eigentlichen Knechte (Sklaven) 
im Auge. — coifrcere wie 11, 11. 

6. disciplina et severitate; vgi. 
hist. 1, 51, 6 diu asperam miiitiam 
toieraverant severitate disciplinae. 
— impetu ei ira, in Aufwallang 
und zwar zorniger. 

1, impune, fur den getoteten eige- 
nen Sklaven wird kein Wergeld be- 
zahlt. '— liberHf die Freigeiassenen 
(dem Herren gegenuber), die Hori- 
gen Oder Liten, von denen T. schon 
mehrere charakteristische Zuge an- 
gegeben hat, die er nun aber den 
ingenui einerseits und den servi 
anderseits gegendberstellt; inWirk- 
lichkeit stehen sie den letzteren 
naher als den ersteren, denn poll- 
tiscbe Bedeutung d. h. vor aliem 
das Recht am Landesthing teilzu- 
nehmen haben die Hdrigen auch 
nicbt gehabt. 

8. aUquod momentum^ ein irgend- 
wie entscheidendes Gewicht. 

9. in civitate^ anders in Rom 
unter Nero, der den Freigeiassenen 
Polyclitus absendet, um Eintracht 
zwischen den rdmischen Beamten 
und mit den rebellischen Britanniern 
herzustellen, aber ietztere verspot- 
ten ihn, well flagrante etiam turn 
apud eos libertate nondum cognita 
libertinorum potentia erat (ann. XlV, 
39, 8). — quae regnantur, weii es 
auf den Konig, in dessen Person 



der Schwerpunkt des Staates lag, 
ankam, ob er Freigelassene, ja Un- 
freie, denen er ein Amt, Gunst, Ein- 
flufs, Reicbtum verlieh, Qber die 
Freien und Adeligen hinaussteigen 
lassen und emporheben wollte ; vgl. 
43, 23 und ann. XIII, 54, 6 in quan- 
tum German! regnantur. 

11. Ceteros, n. qui non regnantur. 

— impares libertini, die Konstruk- 
tion nach ann. Ill, 9, 12 ceiebritate 
nihil occultum (Nipp.) => der Urn- 
stand, dafs die libertini impares 
sind, d. h. mit den anderen beiden 
Standen, den ingenui und den no- 
biles nicht auf einer Stufe stehen* 

— libertatis, politischer Freiheit; 
vgl. 7, 2. 

^.GeldgeschafteundPfiege 
des Ackers (26), die T., aus- 
gehend von rdmischen Verhaltnis- 
sen, als Privatsache ansieht. 

269 1. faenus, ann. VI, 16,5 ge- 
nannt sane vetus urbi funebre ma- 
lum; agitare, Geldgeschafte auf 
Wucher betreiben; ebenda 16, 9 
cum antea ex libidine locupletium 
agitaretur. — extendere wie 20,2 
und 22, 1. — idque, n. faenus non 
agitare et extendere. 

3. vicis wie 12, 10. — occupantur, 
„sei es dafs ein neues Gebiet erobert 
und in Anbau genommen, oder ein bis 
dahin odes Land Bewohner erhielt, 
die den Wald lichteten und das Feld 
urbar machten**. Waitz. — mow, wie 
10, 4. — secundum dignationem, 
well unter den cultores alle drei 



DE 6ERMANIA LIBER. 25—27.3 



55 



stant. arva per annos mutant, et superest ager. nee enim cum 
ubertate et amplitudine soli labore contendunt, ut pomaria con- 
serant et prata separent et hortos rigent: sola terrae seges im- 
peratur. unde annum quoque ipsum non in totidem digerunt 
species: hiems et ver et aestas intellectum ac vocabula habent, 
autumnr perinde nomen ac bona ignorantur. 

27. Funerum nulla ambitio: id solum observatur, ut cor- 
pora clarorum virorum certis lignis crementur. struem rogi nee 



10 



Stande sind: Adelige, Freie, Horige, 
der darch ihren Stand ihnen za teil 
grewordenen Anerkennung gemafs. 

5. arva per annos mutant^ sie, 
D. jeder, der so and so yiei Acker 
in fiesitz genommen hat, um sich 
darauf anznsiedeln, wechselt mit 
den Saatfeldern jahrlich, d. h. be- 
bant oicht immer alles Land, son- 
dern lafst einen Teil bracb liegen. 
— et superest ager^ es bleibt fur 
jeden eiozeinen von dem Lande, 
das ihm za teil geworden, ein Teil 
unbebaut abrig, so dafs er nicht 
za kurz kommt. 

6. nee — labore contendunt, sie 
ringen nicht darch Arbeit mit,ringen 
nicht einem reichen Boden ah ( wie die 
Romer ihrem fruchtbaren Boden). 

7. separent, von dem ubrigen 
Lande die Wiesen trennen, also be- 
sonderes Weideland anlegen. — sola 
seges, nnr Saatkorn. 

8. annum quoque ipsum non ^a 
ne annnm qnidem. — totidem wie 
die Romer. — digerunt, zerteilen. 

9. species, eig. Erscheinnngen, 
Formen. — intellectum, Begriff. 
UrsprungUch haben die Germanen 
DOT zwei Jabreszeiten gerechnet, den 
Winter, got. vintnis und den Som- 
mer, ahd. samar; vgl. Hildebrands- 
lied T. 49: ,Ich wallte der Som- 
mer und Winter sechzig^, wo die 
30 Winter und die 30 Sommer zu- 
sammen als 60 Jabreszeiten, aber 
30 Jahre gerechnet werden; ob zu 
dritt die griech. iaq, lat. ver, ahd. 
lengizo, ^derLangere^Cin betreff der 
Tage) Oder die von uQnri, Sichel, 
erst ahd. herpist, aitn. haust, ags. 



hearfest genannte Zeit hinzugekom- 
men ist, steht dahin. 

10. bona, edeles Obst und Wein, 
beides erst vom 3. Jahrh. n. Ghr. 
in Deutschland angepflanzt. 

h. Leichenbestattung. 

27, 1. Als Epilog zu dem Leben 
des Germanen fugt T. die Art der 
Bestattung desselben hinzu. am- 
bitio, n.est, die Leichenbestattungen 
sind kein Gegenstand der Prunk- 
sucht wie in Rom und nach Gasars 
Berichte (b. g. VI, 19, 4 funera sunt 
pro culttt Gallorum magnifica et 
sumptuosa) auch in Gallien, aber 
wenn auch so prachtvoUe Leichen- 
feiern, wie sie das angelsachsische 
Epos aus dem 7. Jahrh. ▼. 3135 fi^ 
Ton Beowulf berichtet, in Germa- 
nien nicht bald allgemein Qblich ge- 
worden sind, so wird doch auch hier 
gerade in bezug auf die Bestattung 
herrorragender Manner aus Treue 
and Anhanglichkeit allerlei Prunk 
sich bald eingeburgert haben. Ubri- 
gens ist die alteste Form der Be- 
stattung der Germanen die in Felsen- 
grabern gewesen, dann folgtedieVer- 
brennung, und diese beseitigte seit 
Karl dem Grofsen das Christen turn. 

2. eertiSy wahrscheinlich Eichen- 
oder Buchenholz, das dann mit 
ailerhand Dornbuschen umwunden 
wurde. — struem rogi, den Baa 
des Scheiterhaufens »» den hoch- 
gebauten Scheiterhaafen ; rogi ist 
ein die Art der strues bestimmender 
Genetiv. — nee vestibus nee odo- 
ribus, weder durch Teppiche noch 
darch Wohlgeruche ; ygl. ann. lU, 2, 
wo in den Kolonieen, durch welche 






56 



CORNEUI TACm 



yestibns Dec odoribus cumulant: sua cmqae arma, qnorundam 
igni et equus adicitur. sepulcrum caespes erigit : monumeotonim 
5 arduum et operosum bonorem ut gravem defunctis aspernaotur. 
lamenta ac lacrimas cito, dolorem et tristitiam tarde ponunt. 
feminis lugere bonestom est, viris memrnisse. 

Haec in commune de omnium Germanorum origine ac mo- 
ribus accepimus: nunc singularum gentium instituta ritusque 
10 quatenus differant quaeque nationes e Germania in Gallias com- 
migraverint, expediam. 

28. Validiores olim Gallorum res fuisse summus auctorum 



die Asche des Germanicus hindurch- 
getragen wird, die atrata plebes, tra- 
beati eqoites yestem odoresque alia- 
qae fonenim sollemDia cremabant. 

3. cumulant wie Cart. Y, 3, 20 
(altaria) omnibus odoribus cumula- 
verat. — arma, namentlich die 
Framjen. 

4. igni, es kam aoch vor, dafs 
die Gattin sich mit ins Feuer sturzte 
und Knechte am Grabe des Herrn 
getdtet wurden. — equus, ursprung- 
lich, um stolz in Walball einzu- 
reiten; die Goten begruben den 
Alarich „mit der Rustung auf dem 
Pferde"; auch treue Hun'le wur- 
den mitbegraben. — sepulcrum c, 
6., das Grabmai ricbtet Rasen auf, 
nicht Stein; derselbe dichteriscbe 
Ausdrufik bei Seneca epp. 8 banc 
domum utrum caespes erexerit an 
xfarios lapis gentis alie nae, nihil 
interest. — monumentorum — ho- 
norem^ der Genetiv bestimmt den 
Inhalt des Ebrenschmuckes wie Agr. 
40, 1 inlustris statuae bonorem. 

6. lamenta ac lacrimas, Allitte- 
ration wie 1, 2 und 40, 2. — ponunt 
wie Gic. Tusc. Ill, 28, 66 ad ponen- 
dum dolorem. 

7. Itigere gebt immer auf die 
aufsere Trauer ; vgl. Agr. 46, 4 nosque 
ab muliebribus lamentis ad cootem- 
plationem virtutum tuarum voces, 
qoas neque lugeri neque plangi fas 
est und Seneca epp. 99, 24 prudens 
vir meminisse perseyeret, logere 
deslnat. 



8. in commune wie 38, 4 und 
40, 6; vgl. 5, 1 und 6, 12 in uni- 
versum und 21, 4 in publicum. 

9. gentium — naitones, bier ohne 
Onterschied «> V51kerschaften. — 
ritus^ religidse Gebrauche wie 45, 7. 

11. ecopediam, klar legen; ebenso 
hist. 1, 51, 1 ; IV, 12, 4; 48, 1; ann. 
IV, 1,6; Sail. lug. 5,3 rei initium 
expedio; Verg. Aen. It, 314 quae 
sit dubiae sententia menti expediam 
und Mela prooem. 2 quae sit forma 
expediam. 

B. Einzelne Volker Germa- 
niens. 28—46. 

Dieser Teil zerfailt in 4 Abscbnitte, 
in deren erstem T., um die Ordnung 
der nachfolgenden StQcke nicht zu 
unterbrechen , das vorwegnimmt, 
was fiber die Nationen zu sagen 
war, welche aus Gerroanien in Gal- 
lien eingewandert waren. Dem- 
nach: 

I. Eingewanderte Fremde 
(28 u. 29): 1. die gailischen Helvetier 
und Bojer; 2. die vielieicbt panno- 
nischen Oser; 3. die iinksrheiniscben 
Treverer und Nervier neben anderen 
wichtigen Vdlkersehaften , welche 
ursprflnglicb germaniseben Stammes 
siod, namentlich die Ubier und Ba- 
taver; 4. die rechtsrheiniscben Mat- 
tiaker; und 5. die Bewohner des 
Zehntlandes, ein nicht germanisches 
Mischlingsvolk. 

28, 1. validiores, o. als der Ger- 
manen; auch im Agr. 11, 17 spricht 
T. von ^amissa virtute pariter ae 
libertate (Gallorum)" und Caes. sagt 



DE GEBMANIA UBER. 27. 28. 



57 



diYus lalius tradit; eoque credibile est etiam Gallos in Ger- 
maniam transgresses : quantulum enim amnis obstabat quo minus, 
ut quaeque gens evaluerat, occuparet permutaretque sedes {mto- 
miscoas adhuc et nulla regnorum potentia divisas? igitur inter 5 
Hercyniam silvam Rhenumque et Moenum amnes Helyetii, ul- 
teriora Boii, Gallica utraque gens, tenuere. manet adhuc Boi- 
haemi nomen significatque loci veterem memoriam quamvis 
mutatis cultoribus. sed utrum Aravisci in Pannoniam ab Osis 
(Germanorum naUone) an Osi ab Arayiscis in Germaniam commi- 10 
graverint, cum eodem adhuc sermone institutis moribus utantur, 
incertum est, quia pari olim inopia ac libertate eadem utriusque 
ripae bona malaque erant. Treveri et Nervii circa adfectationem 



b. g. VI, 24, 1 ac fdit antea tern- 
pns, cam Germanos Gall! yirtate 
anperarent. — summzu, n. weil so 
zuTerlassig. 

3. transgressos widerspricbt den 
allgemeinen Grenzangaben von c. 1 ; 
auf beiden Seiten des Rheines hat 
es Gallier gegeben, sie sind also 
nieht hinubergegangen, soDdern ia 
Germanien sitzen gebheben. 

4. ut quuque, immer wenn einer, 
zur BezeichnuDg der wiederholteD 
Handlung. 

5. et nulla wie 10, 12 nnd 20, 13. 
— igitur, also, wie im Deutschen, 
wenn der Schriftsteller sich an- 
flchickt anf das Torher angekandigte 
Thema emzugeheo, wie Sail. lug. 
86, 4 und 96, 1. 

6. Hereynia sitoa, s. das Namen- 
Terzeiehnis. — uUeriara^ das eigeni- 
Hche Bdhmen and Telle von Bayern. 

7. Galliea — gens wie hist. 1, 67, 2 
HeWetii, Gallica gens und Gaes. b. g. 
1, 1, 4 Helyetii reliquos Gallos yir- 
tnte praecedont. — manet, dauert 
an, lebt. — Boikaemi d. h. der 
Biijer Heimat (balms). 

8. significat, beslatigi wie durch 
ein Siegel. 

9. Aravisci, eine pannonische, am 
rechten Donaiinfer unter dem Bake- 
nyerwalde zwischen Arrabo (Raab) 
and Donan in der Stuhlweifsen- 
burger Gespanschaft wohnende Vol- 
kerschaft. — OH, eine pannonische, 



nordlich am linken Ufer der Donau 
und an der Eipel (Cusns), in den 
ungarischen Bonier und Neograder 
Gespanschaften wohnende Volker- 
schaft. Hat T. den Zusatz Germa- 
norum natione, der seinen Worten 
in 43, 3 widerspricbt, wirklich ge- 
macht, 80 bat eben ihr Wohnsitz 
innerhalb der Grenzen Germaniens 
und die Nahe der in Mahren woh- 
nenden Germanen ihn dazu yerleitet. 

11. eodem, beide die gleiche 
Spracbe, wie kurz daranf eadem, 

12. inopia ac libertate, n., da auf 
beiden Ufern der Donau etwas Gutes 
and etwas Schlechtes (in chiasti- 
scher Wortstellung) zu finden war, 
so ist kein Grund yorhanden, wes- 
halb die einen oder die andern auf 
das andere Ufer hinQbergegangen 
sein soUten. 

13. Treveri, auf beiden Seiten 
der unteren und mittleren Mosel. 
— Nervii, zwischen Schelde und 
Maas im Hennegau. — eirca^ in der 
silbernen Latinitat bei Adjektiven 
in flbertragener Bedeutung »» inbe- 
treff, hinsichtlich, wieann. XVI, 8, 1 1 
circa scelera distentus, dial. 22, 12 
otiosus circa excessas. — adfec- 
tationem, das geflissentliche 6e- 
mUhen um, Haschen nach, wie hist. 
I, 80, 7 adfectatio quietis, die ge- 
flissentliche Stille (Wolff), die Ab- 
sichtlichkeit in der Wahl der Rube 
(Heraens). 



58 



GORNEUI TAGITI 



Germanicae originis ultro ambitiosi sunt, tamquam per banc glo- 
16 riam sanguinis a similitudine et inertia GaUorum separentur. 
ipsam Rheni ripam baud dubie Germanorum populi colunt. Van- 
giones, Triboci, Nemetes. ne Ubii quidem, quamquam Romana 
colonia esse meruerint ac libentius Agrippinenses conditoris sui 
nomine vocentur, origine erubescunt, transgressi olim et experi- 
20 men to fidei super ipsam Rheni ripam collocati, ut arcerent, non 
ut custodirentur. 

29. Omnium harum gentium virtute praecipui Batavi non 



14. ultro, sie gehen noch einen 
Schritt welter =s Rogar, wie Agric. 
19, 16 emere ultro frumenta. — 
tamquam wie 8, 10. 

15. et inertia, ^and zwar darch^; 
die similitudo bestehtin der inertia ; 
ygrl. Agr. 11, 16 segnitia cam otio 
intravit. 

16. haud dubie G. p.acVdlker, 
die, was uazweifelhaft ist, germa- 
nische sind; das Adverbium vertritt 
einen Attribativsatz; ygi. 19,9. T. 
zweifelt noch an der germanischen 
Abkunft der Treverer und Nerner. 

17. FangioneSf die Bewohner Ton 
Ebenen, got. vaggs, ahd., alts., ags. 
wang, Haaptort keltisch Borbeto- 
magus, Worms ; Triboci (Gaes. b. g. 
I, 51, 2 Triboces, IV, 10, 3 Triboci) 
■B die ^Hugelbewohner** langs dem 
Wasgenwalde, Hauptort keltisch 
Breucomagus, Brumath im Eisafs; 
Nemetes keltisch si die Bewohner 
der (heiligen) Waldtrift, (St. nem 
in nemus), Hauptort Noviomagus, 
Speier; vgl. Ammian. XV, 11, 8 und 
XVI, 2, 12. Diese drei Vdlker- 
schaften, schon frQh auf das linke 
Rheinufer hinubergegangen, schios- 
sen sich auch frdb an die fiomer 
an und bildeten den Hauptstamm 
von Germania superior. — Ubii, 
nach Mailenhoff ,die Uppigen, Rei- 
chen Oder Kecken**, Hauptort Koln, 
genannt entweder Ubiorum ara ann. 
I, 39, 1 ; 57, 8 ; oder oppidom I, 36, 
3; XII, 27, 2, oder civitas I, 37, 6; 
71, 3; XllI, 57, 13. ~ quamquam 
bei T. in der Regel mit dem Koig., 
nur 18mal mit dem Ind. (Drager), 



auch einmal in der Germania, 46,4. 
— Romana colonia seit 51 n. Ghr.; 
vgl. ann. XII, 27, 3 Agrippina in op- 
pidum Ubiorum coioniam deduci im- 
perat; A. war des Germanicus Toch- 
ter, des Kaisers Glaudius Gemahlin ; 
nach ihr hiefs Koln rdmisch colonia 
Agrippinensis (im Mittelalter Grip- 
pigenland), die Bewohner Agrippi- 
nenses; vgl. hist. IV, 28, 5 actae 
utrobique praedae, infestius in 
Ubiis, quod gens Germanicae ori- 
ginis eiurata patria Agrippinenses 
vocarentur; Ammian. XV, 8, 19 Go- 
lonia Agrippina, XVI, 3, 1 Agrippina 
und Golonia. 

18. meruerint, vom romischen 
Standpunkte aus, well sie schon 
mit Gasar befreundet waren; me- 
reri mit nachfolgendem Infinitiv 
auch ann. XIV, 48, 15 quidquid no- 
cens pati mereretur; XV,67, 7dum 
amari meruisti, und Ovid, trist. V, 
11, 16 quae merui vitio perdere 
cuncta meo. — • conditoris sui, das 
Masknlinum steht ohne RficksichI 
auf das wirkliche Geschlecht; viel- 
leicht weil „nach strengem Rechte 
eine Fran kein politisches Gemein- 
wesen gr&nden kann.** Bergk. 

19. experimento, abl. causae, 
wegen des gegebenen Beweises der 
Treue. 

20. super, in eigentlicher Be^ 
deutung „oben auf das Ufer selber", 
von wo sie am beaten ausschauen 
konnten, um abzuwehren. 

29, 1. Batavi von der Wurzel 
bat, got bats, ahd. baz bezziro«« 
die TQchtigen; Hauptorte keltisch 



DE GERMANIA LIBER. 28. 29. 



59 



multum ex npa, sed insulam Rheni amnis colunt, Chattorum 
quondam populus et seditione domestica in eas sedes transgressu9, 
in quibus pars Romani imperii fierent. roanet honos et antiquae 
societatis insigne ; nam nee tributis contemnuntur nee publieanus 5 
atterit; exempli oneribus et collationibus et tantum in usum 
proeliorum sepositi, velut tela atque arma, bellis reservantur. est 
in eodem obsequio et Mattiaconim gens; protulit enim magni- 
tude populi Romani ultra Rhenum ultraque veteres terminos im- 
perii reverentiam. ita sede finibusque in sua ripa, raente animo- 10 
que nobiscum agunt, cetera similes Ratavis, nisi quod ipso adhuc 
terrae suae solo et caelo acrius animantur. 



beoannt Lagdunum (Leyden) und 
Traiectam (Utrecht). — non muUum 
ex ripa, sed insulam Bhem, nicht 
viel « nar einen geringen Teil vom 
Ufer, sondern die ganze Insel, welche 
der Rhein bildet, ygl. hist. IV, 12, 6 
Batavi extrema Gallicae ora vacaa 
cultoribas simalqoe insulamiuxta 
si ta m occupaTere,qiiain mare Ocea- 
nus a fronte, Rhenus amnis tergnm 
ac latera circaminit. 

2. Chattorum, diese auch hist. 
lY, 12, 6 (BataTi, donee trans Rhe- 
num agebant, pars Ghattomm) aus- 
gesprochene Ansicht von der Ab- 
stammnng der B. ist eine irrige. 

3. quondam, „zur Zeit des Py- 
tbeas (350 — 325) war das ganze 
Niederland und Rheindelta noch 
nicht im Besitze von Germanen*. 
MOllenhoff. 

4. ftereni, werden soil ten durch 
das (leschick oder mnfsten durch 
die Yerhaltnisse. — et ant, socie^ 
tails insigne ssss unA zwar; et ver- 
bindet den allgemeinen und den be- 
sonderen Ausdruclc, denn die Ehre 
ist das besondere Kennzeichen der 
alten Bundesgenossenschaft. 

5. eontemnuntur statt eines all- 
gemeineren Begriffes ein engerer, 
welcber fiber die besprochene That- 
sache ein ethisches Urteil fallt: sie 
werden nicht durch wiilkQrliche, 
hohe Abgaben wie Besiegte yer- 
achtiich behandelt 

6. atterit, n. eos; Wechsel des 
Snbjekts: reibt sie allmahlich auf; 



▼gl. atierere ehentdWs von Personen, 
aber in milit&rischem Sinne Sail, 
lug. 79, 4 alteri alteros aliquantom 
attriverant; ahnlieh ebenda 85, 46 
pars exerdtus attrita est — oneri' 
bus, regelmarsig zu leistende Ab- 
gaben, wie hist. IV, 6, 19 ne provin- 
ciae novis oneribus turbarentur. — 
eollationibus , freiwitlige Beitrage. 

7. sepositi, als etwas Besonderes 
aufgehoben, wie Agric 31, 21 osten- 
damus, qnos sibi Caledonia Tiros 
seposuerit. — velut tela atque arma, 
wie Trutz- und Schutzwaffen. 

8. obsequio, AbhSngigkeitsver- 
haltnis. — MatHacorum gens, ein 
Zweig der Chatten, der sudiich vom 
Taunus im Main- und Rheingau 
wohnte; vgl. Ammian. XXXIX, 4, 3 
Mattiacas aquas ; s. das Namenver- 
zeichnis. 

^. ultra Rhenum, n. auf das rechte 
Rheinufer. — veteres, n. Rhein und 
Donau. — imperii, gen. obiect zu 
reverentiam : Respekt vor dem rdm. 
Regiment. 

10. in sua ripa, n. auf dem rech- 
ten, das nicht rdmisch war, n agunt, 
leben sie. 

1 1. nobiscum agunt, sie verkehren 
mit uns; dafs aber ihr Herz und Mut 
germanisch blieb, lehrte der Aufstand 
des Givilis unter Vespasian, denn den 
Grund zu ihrer Abhangigkeit von der 
romischen Macht hot nur die drtliche 
Lage dar. — cetera wie 17,2 und 14, 
13. — ipso adhuc terrae solo, adhuc 
gehort zu ipso, wie es bei T. meist 



60 



CORNEUI TACm 



Nod Damerayerim inter GermaDiae popiilos,qaainqiiain trans 

Rbenum Dannviumqiie coDsederint, eos qui decnmates agros 

15 exercent: levissimos qoisqne Gallonim et inopia andax dnbiae 

powesftionis solum occupavere; mox limite acto promotisque 

praesidiis sinus imperii et pars pro?inciae babentnr. 



munittelbar Tor oder fainter dem 
Worte steht, auf das es zn beziehen 
ist OB obeDdrein sebon durch den 
Boden nod das Klima ihres Landes, 
abgesebeD etwa too Einflfissen der 
Gfaarakteranlage. 

12. acriuM animantur^ feoriger 
begeistert, wilder and Qogezahm- 
ter sind als die Bataver, wie denn 
anch oach hist IV, 37, 12 die Matr 
tiaker mit Ghatteo nnd Usipera 
am BataTeraufstande sich beteiligt 
batten. 

14. decumatet agros^ das Gebiet 
der decnmani; s. das NamenTer- 
zeicbnis. Dieses Land im sfidiicheD 
Baden nnd in WOrttemberg, zwi- 
schen dem oberen Laufe der Donan 
nnd des Rbeines entstand nach den 
limites seit Drasns und Germani- 
cus, wnrde noch unter Domitian 
dem rdmiscben Reiehe einverleibt 
nnd erbielt dann als vermessenes 
Land den Namen agri decnmates: 
es war die alte helvetische Einode, 
weiche zunSchst nur sparlich yon 
keliischen Ansiedlem beydlkert 
wnrde, spater aber war das Land 
beydlkert, bltihte durch Kunst, 
Handel uud Gewerbe, und anch 
rdmische Trnppen waren darin sta- 
tioniert. 

15. exercent drflckt wie Z. 5. 
contemnnntor statt des weiteren Be- 
ffriffes arbeiten einen eogeren aus, 
der fiber die Art der Arbeit ein Ur- 
teil fallt: mfihsam sich abqnalen 
auf; vgl. ann. XIII, 54, 7 und Agr. 
31, 13 arya, metalla, portus, ann. 
XI, 7, 6 agros, ann. XII, 43, 13 Afri- 
cam. — - dubiae possesHaniSy well 
den Angriffen der Feinde bestandig 
ansgesetzt. 

16. limite aoto, als der Grenz* 
wall fertig gesogen war, was erst 



outer Hadrian (117—138) geschah, 
(daher yallom Hadriannm oder limes 
Hadriani) nachdem das Werk schon 
onter Domitian nod Trajan begonnen 
war. Der limes, zerfalleod io den 
traosrhenanns nod in den raetieaa 
oder transdanuTianos, welcher letz- 
tere Tom Volke anch dieTeufels- 
mauer genannt wird, ^weil der 
Tenfel damit seine Grenze abschlie* 
isen woUe**, reicfate yon der Mdn- 
dnng der Laho in den Rhein nnd 
yon Pfahlbronn ih der Nahe des 
Hohenstanfens bis zor M nndung der 
Altmfihl in die Donau bei Kehlheim, 
schnitt damit den Winkel ab and 
aching einen grofsen Teil yon Ober- 
deutschland noch znm rdmiscben 
Reiehe. Gegen 200 Jahre wurde 
er Ton den Romem mit Erfolg be- 
haoptet — quisque — audax statt 
des klassischen aodacissimns , ygl. 
15, 2. — limitem agere, einen Grenz- 
graben Ziehen, einen Pfad bahnen, 
ygl. Vergil Aen. 10, 514 latumque 
per agmen ardens limitem agit ferro. 
Dieser limes war also 98/99 bei 
Heransgabe der Germania fertig. 

17. praesidiis, die Kastelle mit 
den Grenzwachen. — sinus in eigent* 
lichster Bedeotong eine Einbiegung 
des rdmiscben Reicbes nach Ger- 
manien hinein. — provineiae, n. 
teils yon Germania superior, teils 
yon Raetia und Vindelicia. — kaben^ 
tur, n. ei qui decnmates agros exer^ 
cent, aber logisches Subjekt sind 
die Landerstdcke, weiche sie be- 
wohnen. — habentur^^ sie sind, wie 
ann. U, 55, 24 Piso eo usque cor- 
ruptionis proyectus est, ut sermone 
yulgi parens legionum baberetur 
■B perhiberetur, esset. 

if. Die nicht-suebischen 
y oik erschaf ten des Wes tens 



DE GERMANIA UBER. 29. 30. 



61 



SO* Ultra bos Chatti: initium sedis ab Hercynio saltu in- 
cboant, non ita effusis ac palustribus locis ut ceterae civitates, 
JD quas Germania patescit; durant, siquidem coUes paulatim ra- 
rescunt; et Chattos suos saltus Hercynius prosequitur simul at- 
que deponit. duriora genti corpora, stricti artus, minax vultus 
et maior animi vigor, multum, ut inter Germanos, rationis ac 
sollertiae: praeponere electos, audire praeposkos, nosse ordines, 



und Nordwestens von Germa- 
nien (30—37). 

1. Die rechtsrheinischen 
Ydlker nebst ihreo nachsten Nach- 
baren (30—34), die c. 35 in. als der 
West en Germaniens zusammen- 
gefafst werden. 

3O9 1. ultra hosj n. populos. — 
Chatti ( ^ Hessen), in Hessen-Nassaa 
und Oberhessen; ^^sie wolintenschon 
fruh 80, dafs ihre Wohnsitze ein 
Dreieck bildeten, dessen eine Spitce 
um den Taunus an den Rbein reicht, 
die zweite im oberen Werrathale 

— wo sie mil den Hermunduren 
grenzen — liegt, und die dritte 
unter der Diemel bei den Ghamaven 
und Cberuskern endet*. Zenfs. — 
initium inchoare, ein bei T. aicht 
seltener Pleonasmus ; initio orto bist 
1, 39, 11 u. 0. ; initium eoeptum hist. 
II, 79, 1 ; Tgl. auch ann. XllI, 10, 5 
quamquam censnissent patres, ut 
principium anni inciperet mense De- 
cembri. — Hercyruus saltus, was 
28, 6 H. silva genannt wurde, aber 
doch ist bier nur an einen Teil des 
ganzen HercynischenHohenzuges zn 
denken : Spessart, Rhdn, Thuringer 
Wald. 

2. palustribus, Tgl. 5, 2. 

3. durajU, n. Ghatti. — siquidem 

— rareseunt, kausal «> indem die 
Hugel ja spariicher werden, also an 
den Auslaufern. Die Bescbreibung 
in 3 Gliedern ist sehr klar: beim 
Here. Walde beginnt das Gebiet 
der Gbatten, an den Auslaufern bin 
setzt es sicb fort, und wo der 
Wald anfbdrt, bort es auch auf. 

4. suos^^iXt durch den langen 
Zusammenbang, so zu sagen, sein 
eigen gewordenen. — simul ac „in 



Tacitus' gehobener Darstellung, be- 
sonders in den fruberen Schriften 
statt des einfachen et — et.* Halm. 

5. deponit, setzt sie — ebenfalls 
in freundlicber Weise — wohl be- 
gleitet und behQtet nieder. In Wirk- 
licbkeit reicbte Qbrigens das hes- 
sische Land nicht ganz bis an die 
norddeutsche Tiefebene. — strieti, 
straff, stramm; vgl. 17, 4. 

6. et, und tiberhaupt; et vor dem 
lierten Giiede scbliefst sicb an drei 
unverbundene Giieder in veraii- 
gemeinemdem Sinne an, wie ann. 
XQ, 56, 8 spatium amplexus ad vim 
remigii, gubemantium artes, im- 
petus navium et proelio solita ; Tgl. 
hist. IV, 32, 16 qnod praemium ex- 
spectatis nisi ingratam militiam, im- 
mortaiia tributa, virgas, secures et 
dominorum ingenia? (nach Tier 
asyndetischen Gliedern). — vigor, 
iebendige Frische, wie Liv. IX, 10, 
12 Papirius Gnrsor, non animi solum 
Tigore sed etiam corporis viribus 
excellens; im folgenden wird sie 
naber erklart : dem Romer erscbien 
der Gbatte gebildeter als die ubrigen 
Germanen, well er in mancher Be- 
ziebungrdmiscben Anspruchen raebr 
genOgte ; namentlich kannte er Offi- 
ziere und Disziplin. — ut inter G,, 
fdr Germanen; Tgl. 2, 13; 22, 5. — 
rationis, Berecbnung, Methode, sot* 
lertiae, Geschiek : worin beides be- 
stebt, ist in den folgenden Infini- 
tiTen ausgedrdckt. 

7. electos, nur solcbe, die sie aus- 
erlesen baben. — nosse ordines 
wie LiT. XXUl, 35, 6 ut tirones 
assuescerent signa sequi et in acie 
agnoscere ordines suos. Sail. lug. 
80, 2 ordines habere, signa sequi, 



62 



GORNEUl TAGITI 



intellegere occasiones, differre impetus, disponere diem, vallare 
noctem, fortunam inter dubia, virtutem inter certa numerate, 

10 quodque rarissimum nee nisi Romanae disciplinae concessum, 
plus reponere in duce quam in exercitu. omne robur in pedite, 
quem super arma ferramentis quoque et copiis onerant: alios ad 
proeliuni ire videas, Chattos ad bellum. rari excursus et fortuita 
pugna. equestrium sane virium id proprium cito parare victo- 

15 riam, cito cedere: velocitas iuxta formidinem, cunctatio propior 
constantiae est. 



imperinm observare, item alia mili- 
teria facere, also Reih' und Glied 
halten, nicht extra ordinem pugnare. 
8« intellegere occasiones j d. rei 
gerendae, den rechten Augenblick 
erkennen ; ebenso Agric. 14, 14 terga 
occasioni patefecit Liv. IV, 31, 2 
aperaenint ad occasionem locum 
bosti ; IX, 27, 2 si qui motus occa- 
sionem aperiret — differre impetus, 
also nicht blind darauf losstflrmen. 
Tgl. 4, 6. — disponere diem, den 
Tag richtig einteilen, wie Suet. Tib. 
11, 3 in disponendo die mane prae- 
dixerat, Piin. epp. IX, 36, 1 quae- 
ris quemadmodum in Tuscis diem 
aestate disponam, Senec. cons, ad 
Poiyb. 25, 4 nee licet tuo arbitrio 
diem disponere. — vaUare noctem 
Ki noctem vallis tutam reddere; die 
Art und Weise ist Hauptbegriff ge- 
worden; vgl. 20, 7 nee virgines 
festinantur nnd 45, 12 frumenta 
laborant. 

9. fortunam inter dubia — nu- 
merare wie Liv. XXII, 25, 14 ut ho- 
mines sciant bono imperatore baud 
magni fortunam momenti esse, men- 
tem rationemque dominari. 

10. eoncessum sagt der Rdmer 
mit Stolz, da seiner Ansicht nach 
andere Vdlker so zuyerlassige Offi- 
ziere nicht aufweisen kdnnen; vgl. 
Liv. 11.39,2 quam spem Gn. Mar- 
cius nequaquam fefellit, ut facile 
appareret ducibus validiorem quam 
exercitu rem Roma nam esse. 

11. reponere wie Gic. ad Q. fra- 
trem I, 3 omnes in mea vita partem 
aliquam tuae vitae repositam esse 



dicebant, Liv. II, 39, 1 in quo ali- 
quanto plus spei repositnm, lustin. 
aXIY, 8, 2 plus in deo quam in viri- 
bus reponentes. — robur in pedite, 
wie 6, 13 und Agric. 12, 1. 

12. super arma, obendrein aufser 
d.W. ; „B praeter, Agric.l7, 10 super 
virtutem hostium locorum quoque 
difficultates eluctatus, hist. 1, 8 super 
memoriam Vindicis, ann. I, 59, 3 
super insitam violentiam, III, 63. 67. 
lY, 1 1 ; h&ufig bei Livius ". Draeger. 
— ferramentis, Eisengerat wie 
Schaufeln, Spaten, Hacken, Beile, 
Sagen wie sie auch Gaes. b. g. Y, 
42, 3 erwahnt. — copiis, Mundvor- 
rat, wie Agr. 22, 9 adversus moras 
obsidionis annuls copiis firmabantur. 

13. ad bellum, jn welchen zu 
Ziehen besonnene Uberlegung er- 
fordert — excursus, plotzliche Aus- 
falle, wie Agr. 20, 7 nihil interim 
apud hostis quietum pati, quominus 
snbitis excursibus popnlaretur. — 
el fortuita pugna, n. rara est; die 
Schnelligkeit beim Angreifeo oder 
Weichen macht ein Reitertreffen zu 
einem mehr vom Zufalle bestimmten 
als ein Infanteriegefecht. 

14. equestrium sane, asynd.expl., 
denn freilich; ein Gedanke des T. 
Qber das Reitertreffen im allgemei- 
nen. 

15. velocitas, asynd. ad vers., a b er 
bei den Ghalten, deren Starke auf 
der Infanterie berubt, etc. — iuata 
mit esse verbuoden nimmt adjekti- 
vische Bedeutung an => steht nahe, 
grenzt nahe an. Dieselbe Zusam- 
menstellung mit propior ann. YI, 



DE GERMANIA LIBER. 30.31. 



68 



81. Et aliis Germanorum populis usurpatuo) raro et privata 
cuiusque audentia apud Chattos in consensuin vertit, ut primum 
adoleverint, cnnem barbamque submittere, nee nisi hoste caeso 
exuere votivum obligatumque virtuti oris habitum. super san- 
guinem et spolia revelant frontem seque turn demum pretia 5 
nascendi rettulisse dignosque patria ac parentibus fenint : ignavis 
et imbellibus manet squalor, fortissimus quisque ferreum insuper 



42, 8 popali imperium iuxta liber- 
tatem, paucorum dominaiio regiae 
libidini propior est. — cunctatio, 
beding^t. durch inehrere der vorher 
anfgezahlten militarischen Yorzfige; 
ebenso hist. Ill, 20, 4 militibas capi- 
dinem pagnandi coDTenire,dace8pro- 
yidendo, consultando , eunctatione 
saepias qaam temeritate prodesse. 
81, 1 .popuHs wie 16, 1 ; 34, 5 und 
45, 15. — tuurpatum, part perf. als 
Snbjekt statt eines Relativsatzes 
wie hist. 1, 18, 3 observatmn id anti- 
qnitns doh terrait Galbam (vgl. als 
Apposition Agr. 1, 2 antiquitus usi- 
tatum) OB was bei anderen germa- 
nischen Volkern selten in Anwen- 
dung kommt, ein seltener Branch 
ist; die folgenden Infinitive sub- 
mittere nnd exuere sind die Appo- 
sition zu usnrpatum und audentia. 

— et privata cuiusque audentia, 
abl. causae zu usurpatum : und zwar 
nur infolge der Kdhnheit jedes ein- 
zelnen; audentia in der silbernen 
Latinitat ata audacia wie 34, 9 und 
ann. XV, 53, 9. 

2. in consensuin vertit, es ist 
ubereinstimmende, allgemeine Sitte 
geworden, wie hist. IV, 65, 15 vetu- 
state in consuetudinem yertuntur. 

— submittere, von unten nach oben 
d. h. nach aufsen bin frei wachsen 
lassen; ebenso Suet. Galig. 47, 5 
comam, Gaes. 67, a. E. und Seneca 
cons, ad Polyb. 36, p. m. barbam et 
capillum. 

3. nee nisi hoste caeso exuere; 
so erzahlt Suet. Ton Gasar a. a. 0. 
diligebat adso milites, ut audita 
clade Tituriana barbam eapillumque 
submiserit nee ante dempserit quam 



Tindicasset; T. von Givilis hist. IV, 
61, 1 barbaro voto post coepta ad- 
versus Romanos arma propexum ru- 
tilatumque crimen patrata demum 
caede legionem deposuit; Paulas 
Diac. hist. 111,7 von 6000 Sachsen: 
devoTerunt se neqne barbam neque 
capillos rasuros, nisi se de Suebis 
hostibus ulciscerentur. 

4. obtigatumque virtuti oris ha- 
bitum, den dem Heldentume ge- 
weihten Schmuck desGesichtes d. h. 
Haar und Bart. — super sanguinem 
et spolia, oben auf Blut u. B., wenn 
das Opfer zu ihren Ffifsen liegt und 
sie dardber hinausragen, schneiden 
sie als Gelubde das Haar ah; Tgl. 
die schone Anslegung dieser Sitte 
bei Grimm GDS. 570 u. 571. 

5. revelant, indem sie Haar und 
Bart abschneiden. — pretia nas- 
cendi rettulisse^ n. patriae ac paren- 
tibus, den Lohn und Dank fur das 
Geborensein abgestattet, vergolten 
zu haben: dann ist ihnen das Da- 
sein erst des Lebens wert. 

6. ignavis et imbellibus wie 12, 
3 ; diese Worte bilden den Schlufs 
dieser Betrachtung: den Feiglingen 
a her (asynd. advers.) 

7. squalor, hier der wfiste Haar- 
wuchs. — ferreum insuper anulum, 
nWahrscheinlich um den Arm, durch 
welchen der nicht zahiungsfahige 
Schuldner als Knecht gekennzeich- 
net wurde und der Krieger sym- 
bolisch dem Kriegsgotte sich weihte, 
gleich als sei er ein einer Schuld 
verfallener und dem Gotteverpflich- 
teter Knecht*. MQllenhoff. Grimm 
erinnert an die Halfter oder die Leder- 
binde, welche die alten Makedonier 



64 



GORNELU TAQTl 



anulum (ignofniniosam id genti) velut vinculum gestat, donee 
se caede bostis absolvat. plurimis Chattorum hie placet habitus, 

10 iamque canent insignes et hostibus simul suisque manstrati. 
omnium penes hos initia pugnarum ; haec prima semper acies, 
visu nova: nam ne in pace quidem cultu mitiore mansuescunt. 
nulii domus aut ager aut aliqua cura: prout ad quemque venere, 
aluntur, prodigi alieni, contemptores sui, donee exsanguis senec* 

15 tus tam durae virtuti impares facial. 

32. Proximi Chattis eertum iam alveo Rhenum quique 
terminus esse sufficiat, Usipi acTencteri aceolunt. Teneteri super 



anlegten nach Aristot. polit. 7, 2 
i^y vofios %w /ifj8ep^ anaxTaHora 
nokifitov avB^a Tteqia^mod'cu xtjv 
fpoQ^sMVf vgl. auch Kleist, die Her- 
mannsschlacht IV, 1 du (Marbod) 
hattest ein Gelubd' gethan aad 
mfifstegt an dem Arm den Ring von 
Eisen tragen, solang' ein rom'scher 
Mann in Deutschland sei. — insuperf 
JL auTser dem Gelubde des Haares 
und Bartes; vgi. 16,11. 

9. absolvat, n. von der Schande 
durch den Ring ffir unfrei za gelten. 

— plurimia, gar viclen. — habitus 
wie 17, 10, bezieht sicb aber hier 
sowobl aaf das Haupt- und Bart- 
haar wie aaf den Ring. 

10. canent, sind schon grau und 
doch noch u. s. w. — insignes, 
kenntlich durch die beiden Ab- 
zeichen; insignes steht voUig ab- 
solut. — monstrati, mit Staunen 
gezeigt, „ein Gegenstand der offent- 
lichen Aufmerksamkeit'*, wie hist. 
I, 88, 3 Dolabella vetusto nomine 
et propinquitate Galbae monstratus, 
III, 73, 14 consulem umbra honoris 
et suamet vanitate monstratum, Agr. 
XUI, 13, 15 monstratus fatis Yespa- 
sianus. 

11. haec as a us diesen besteht. 

12. nova, ungewohnt, wie 43, 21. 

— cultu, Aussehen. — mansues- 
cunt^ werden sie sanfter gewohnt, 
machen einen sanfteren Eindruck. 

13. aliqua, fOr irgend etwas. — 
prodigi — sui wie hist. I, 49, 12 
pecuniae alienae non adpetens, suae 



parens und Sail. Gat. 5, 4 alieni 
adpetens, sui profusus. — exsan- 
guis, poetisch statt imbeeilla wie 
Lucan. Phars. 1, 343. — virtuti, 
Heldentum, wie Z. 4; infolge dessen 
trieben sie sich durch den Schein 
der Schmach zu immer neuen and 
grofseren Tapferkeitsproben an. 

82, 1. Certutn iam alveo, im 
Gegensatze zum Oberrheine; vgi. 
ann. 11, 6, 13. Rhenus udo alveo 
continuus und Mela III, 2, 8 Rhenus 
Aipibus decidens mox diu solidas 
et certo alveo lapsus. 

2. sufficiat, ein so breiter Flufs 
ist mehr als ailes andere eine wirk- 
liche Grenze. — Usipi, auch Usipii 
und in keltischer Form Usipetes, 
so bei Gaes. b. g. IV, 1, 1; 4, 1; 
16, 2 und ann. I, 51, 7, wobnbaft 
von Yssel bis Ruhr. — Teneteri, 
wohnhaft von Ruhr bis Lahn. „Die 
Usiper und Tencterer hatten zu 
Casars Zeit am Niederrhein, von der 
Lippe bis zum rechten Rheinanne 
sich niedergelassen. Hier triift sie 
noch Drusus. Als aber Tiberius 
nach Drusus' Tode die Regalierung 
der neuen Provinz in die Hand 
nahm, mufs er sie nebst den Tu- 
banten (ann. XIII, 55, 13; 56, 15) 
gendtigt haben sQdiich fiber die 
Lippe in das Land der Sugambero, 
die er total aufhob, hinaufzuziehen. 
Hier saCsen sie im ersten Jabrhun- 
dert an der Ruhr und Sieg, viel- 
leicht selbst noch uber den Wester- 
wald hinstus, wo ehemals ubisches 
Gebiet vakant war.'' MaUeohoff. 



DE GERMANIA UBER. 32. 33. 



65 



solitum bellorum decus equestris disciplinae arte praeceliuot; 
nee maior apud Chattos peditum laus quam TeDcteris equitum. 
sie instituere maiores : posteri imitantur. hi lusus infantium, haec 
iuvenum aemulatio, perseverant senes. inter familiam et penates 
et iura successionum equi traduntur: excipit filius, non ut cetera, 
maximus natu, sed prout ferox bello et melior. 

33. iuxta Tencteros Bructeri olim occurrebant : nunc Cha- 
mavos et Angrivarios immigrasse narratur, pulsis Bructeris ac 



3. bellorum decus, wie 11, 12. 
— equestris disciplinae arte, durch 
ihre fortgesetzte Schulung and die 
dadurch erworbene Geschicklichkeit 
in der Reitkanst. 

4. apud Chattos — Tencteris, 
T. liebt den Wechsel der Konstruk- 
tion, etc. die GieichmaTsigkeit. 

5. hi, haec, derartig, n. schon fur 
die Kinder gilt das Reiten als Spiel, 
iind die jungen Manner veranstalten 
Wettrennen zu Pferde. 

6. perseverant, n. in ecmitando; 
„sitzen noch im Sattel*'. Wolff. — 
inter, auch als ein Teil. — fami- 
Ham et penates wie 15, 3 und 5. 

7. et iura successionum^ und 
uberhaupt aliem, was den verschie- 
denenBestimmungen des Erbrechtes 
unterliegt. — equi, „die Streitrosse 
nebst Schwert und Kriegsgewand, 
eiu Teil des hergewate**. Grimm, 
R. A. 568. — excipit, n. equos, er 
bekommt sie und z war als Nachfolger 
seines Yorgangers, sodafs die uber- 
tragene Bedeutung „sich anschlie- 
fsen, unmittelbar folgen" durch- 
blickt; vgl. 34, 3 und Agr. 14, 10 
Didium Yeranius excepit. 

8. ferox bello et melior^ bello 
gehort zu beidem; ferox wie hist. 
1, 51, 2 ferox praeda gloriaque exer 
ciius, ebenso III, 77, 21 und Y, 15, 13 
-a» geneigt zu Krieg und melior 
bello tuchliger im Kriege, n. als 
seine Bruder. 

889 1. Iuxta Tencteros, genau 
genommeu sind es die Usiper. — 
Bructeri^ zwischen Ruhr, Lippe und 
Ems, nach Strabo und Ptolemaeus 
geschiedeu in grofsere und kleinere; 

Tacitus* Germania. 



unter den ersteren versteht MuUen- 
hoff dieChamaven, welche west- 
lich an die Yssel, ostlich an die 
Ghasuarier grenzten. Ygl. ann. XIII, 
55, 12 und Ammian. XYIl, 8, 5 
Ghamavos (Inlianus) partim cecidit; 
ibid. 9,2. ..Ghamavi, vomStamme 
himan decken, hamo Ge wand, Hama- 
land ein Landstrich auf frankisch- 
sachsischer Grenze im heutigen 
MUnsterlande.'' Schweizer-Sidier. 
Bructeri, „ von peraht,ag8.beorht, 
die Glanzenden**. Grimm. Sie batten 
bei der Yarianischen Niederlage den 
Adler der 21. Legion erbeutet und 
bei dem Rachezuge der Romer quan- 
tum Amisiam et Lupiam inter vasta- 
tum (ann. 1, 60, 12 if.); spater betei- 
ligten sie sich am Bataveraufstande 
unter Civilis (hist. lY, 21, 12), und 
von der Seherin Yelaeda, deren 
Turm unfern der Lippe stand, ist 
oben bei c. 8 die Rede gewesen. 
— occurebant, man sliefs auf. 

2. Angrivarios, „yon angar. Anger 
und varja -— , verteidigend, wahrend, 
bewohnend**, Schweizer-Sidler; die 
Engern, im N. an die Ghauken, im 
0. an die Langobarden, im S.W. und 
S. an die Gherusker und Ghasu- 
arier grenzend. „A.msivarii und An- 
grivarii sind im Grunde dasselbe 
Yolk. Angrivarii ist der rein geo- 
graphische Name der Anwohner der 
Weser oberhalb der Ghauken oder 
spateren Friesen, und Amsivarii nur 
eine speziellere, wie es scbeint, 
gleichfallsgeographischeBenennung 
fQr eine Abteilung des Yolkes." 
MQllenhoff. — immigrasse, wenn 
die Ghamaven, wie oben bemerkt, 

5 



66 



CORNELII TACIT! 



penitus excisis vicioaniin consensu adtioniun, seu superbiae odia 
seu pira«dae dulcedioe seu iavore q^odam erga nos deorum ; naoi 
5 ne spectaculo quidem proelii invidere. super sexaginta milia noo 
armis telisque Romanis, sed quod magnificeQiius est^ oUectationi 
oculisque cecideruut. maneat, quaeso^ duretquQ gen^tibus si non 
amor nostri, at certe odium sui, quaodo urgentibus imperii fatis 
nibii iam praestare fortuoa maius potest quam.lip8tium.discordiam. 
34* Angrivarios ei Ghamavos a tergo Dulgubnii et Chasuarii 
cludunt aliaeque geutes baud perinde memoratae, a fronte Frisii 
excipiunt. maioribus miuoribusque Frisiis vocabulum est ex 
modo virium. utraeque nationes usque ad Oceaoum Rbeoo prae- 



die grpfseren Brukterer siod, 
wenn ferner Brukterer auch spater 
noch an derselben St«lle vorkom- 
men, (Grimm GDS. 531) so kann 
voD einer eigentlichen Einwander- 
uog in das Gebiet der letzteren 
nicht die Rede sein, wenn auch 
ein bluliges Gemetzel stattgefunden 
bM, welches nach Plin. epp. II, 7, 2 
dadujrch entstand, dafs der rdmische 
Feldberr Vestricius Spurinna „Bruc- 
terum regem vi et armis induxit 
in regnum'', womitdie benachbarten 
Volkerschaften nicht einverstanden 
waren. — narratur, „mit ace. c. inf. 
erst im silbernen Lateia wie Plio. 
n. h. XXXV, 11, 121 aves tunc 
siluisse narratur^. Draegerhi8t.Synt. 
II, 432. 

3. excisis wie hist. II, 38, 4 sub- 
acto orbe et aemulis urbibus regi- 
busve excisis. — consensu , durch 
das einmutige Handein. 

5. spectaculo, dat. wie ann. XIII, 
53, 12 invidit operi Aelius Gracilis 
u. XV, 63, 10 non invidebo exemplo. 

6. oblectationi oculisque, zur Er- 
gotzung und zwar fur die der Augen, 
zur Augenweide fur uns; que wie 
29,4 et insigne. 

8. quando => quandoquidem zur 
Angabe des faktisch Torhandenen 
Grundes wie Sal). lug. 102, 9 quando 
per illam licet, fesUna, 110, 7 id 
omitto, quando vobis ita placets — 
urgentibus imperii fads, „bei dem 
unaufhaltsam drangenden Schick- 
sale des Reiches'', Wolff; ebenso 



Lly. V, 36, 6 iam urgentibus Roma- 
nam urbem fatis und ohne Objekt 
Liv.V,22, 8 iam fatoquoqueurgente. 
Emste Romer sahen infolge der 
grofsen Sittenverderbnis den Unter- 
gang Roms voraus und zwar gerade 
durch die Volker des Nordens. 

3^9 1. a tergo. — a fronte, von» 
Standpunkte des am Rheine stehen- 
den Romers. — Dulgubnii, an der 
AUer bei Gelle und Gifhorn bis zur 
Ems und Lippe; vielUicht „die 
Schadiger, die Krieger*^ von ags. 
dolg, ahd. tolc, Wunde und dem 
Suffix ubnja, Grimm; Chasuarii, 
die Anwohner der Base. 

2. cludunt, diese ¥erengte Form 
findet sich bei T. im ganzen sieben- 
mal, zweimal noch G. 45, 2 und 21 
neben dreimaligem claudo, 40,13; 
43, 2 und 44, 8. — futud perinde 
wie c. 5, 9 ««« nicht eben, nicht 
sonderlich. — memoratae^ erwahnt, 
well erwahneofiwert. — Frisii, ags. 
Frisa und Fresa vom adj. frise, 
crispus, comatus, also »» mit ge- 
schmiicktem Baare. T. erwahnt sie 
besonders hist. IV, 79, 8 und ann. 
IV, 74, 11, XI, 19, 3 und XUI,54, 3. 

3. excipiunt ^^ nebmen sie auf, 
schliefsen sich an; vgl. 32, 7. — vo- 
cabulum^^novaeUf namlich maiores 
und minores, vgl. 2, lA.^—ex wie 
3, 16. 

4. utraeque nationes, der Plural 
statt des korrekteren Singulars; auch 
ann. XVI, 11, 11 ilia utrosque in- 
tuens (aviam et patrem); ebenso 



DE GERMANIA UBER. 33. 34. 



67 



texnntur ambiuntqae immeosos insuper lacus et Romaois classi- 5 
bus navigatos. ipsum quin etiam Oceanum ilia temptavimus; 
et superesse adhuc H€rculis columnas fama vulgavit, sive adiit 
Hercules, sen quidquid ubique magnificum est, in claritatem eius 
referre consensimus. nee defuit audentia Druso Germanico, sed 
obstitit Oceanus in se simul atque in Herculem inquiri. mox 10 



Sail. Gat. 30, 4 ntriqae ad urbem 
imperatores erant (Marius et Metel- 
Iqb); Verg. Aen. 6, 685 ntrasqae 
palmas tetendit; ofters beiLivitis. — 
praetexuniur, die werden darch den 
Rhein wie durch einen Seum vorn 
angewoben: der Rhein schlangelt 
sich also Torn an den Friesen wie ein 
SaoDi bin und bildet 80 die Grenze; 
ebenso Plin. n. h. VI, 25, 112 montes 
omnes eas gentes praetexnnt. — Die 
Friesen heifsen hist. IV, 15, 12 eine 
transrhenana gens und ann. IV, 72, 1 
transrhenanas popnlns. 

5. ambiunt, hier »> nmwohnen 
wie Mela I, 2, 4 sinnm populi am- 
biunt. — insuper, iiberdieB, oben- 
drein wie 31, 7; aofser dem Was- 
ser des Rheines beruhren sie anch 
wasserreiche Seeen. — lactis, aacb 
die Anfange des Zuydersees (des 
Flevo B. des Flutenden, Mela III, 
2, 24 und Plin. n. h. fV, 15, 101) 
mogen schon dagewesen sein, der 
1287 in seiner ganzen jetzigen Aus- 
dehnung durch einen l^inbruch des 
Meeres entstand. — Botnanis clas- 
sibus wie 16, 1 ; 31, 1 und 45, 15; 
geineint sind die Schiffe des Drnsus 
und des Germanicus. 

6. ilia n. parte wie hist. Ill, 8, 10 
ne pervium ilia Germanicis exer- 
citibus foret und V, 18, 9 solidam 
ilia n. esse. — temptavimus wie 
weiter unten mit persdnlicher Vor- 
stellung des Oceanus «. zur Er- 
forschung auf die Probe stellen, 
zur Erforschnng befahren ; die wich- 
tigstenFahrtenerwahntT.ann.1, 70; 
n, 23 und 24. 

7. HercuUt columnas ^ wie im 
SAden Gibraltar scheint auch Tm 
Norden irgend ein Pnnkt dagewesen 
zn sein, der wegen seiner Gestalt 



oder a us irgend einer anderen Ur- 
sache durch die Sage mit dem 
romisehen Herkules in Verbindung 
gebracht werden konnte. — siv9 
— seUf ^diese Variation findet sich 
nur bei ungleich gebauten Siitzen 
Oder Satzteilen**. Wdlfflin. 

8. in claritatem eius referre^ Gic. 
setzt ad statt in wie Phil. X, 10, 20 
ut omnia consilia atque facta ad di- 
gnitatem et ad virttttem referremus; 
S3 auf seine Verherrlichung bezie- 
hen, seiner Verherrlichung weihen. 

9. cofisenshnus, wir Romer sind 
darin ilbereingekommen. — auden- 
tia wie 31, 1. — Druso Germa- 
nico, Nero Claudius Drusus, Stief- 
sohn des Augustus, geb. 38 und 
gest. 9 V. Chr., ebenso benannt Hist. 
V, 19, 7 diruit molem a Druso Ger- 
manico factam, n. die moles oder 
den agger Drusi bei Gleve zur Regu- 
lierung der Rheinausflusse (vgl. ann. 
XIII, 53, 5 Paulinus Pompeius in- 
choatum ante tres et sexaginta an- 
nos a Druso aggerem coercendo 
Rheno absolvit). Dio Cassius 54, 32 
berichtet i'e is rbv (oxeavov 8ia 
Tov ^Pfivov xaranXevcas rovs ra 
0Qtitfiovi (j^xsnoaaro Mtd is r-^v 
XavniSa Bia xrfi lifivrjs d/i/SaXcbv 
ixivdvvevas^ rdiv 7th>i<ov vno rrjs 
rov iOHeavov naXt^^oias ini tov 
irjQov ysvofievofr; und Suet. Claud. 
1, 11 Drusus Germanici belli Ocea- 
num septentrionalem primus Ro- 
manorum ducum nayigarit. Im 
monum. Ancyr. rerum gestarura Divi 
Angusti c. XXVI ist handschriftlich 
sicher nur : ab ostio Rheni ad soils 
orientis regionem . . . quo neque 
terra neque mari quisquam Roma- 
nus ante id tempos adit. 

10. obstitit mit folgendem ace. c. 

5* 



68 



CORNELII TACITI 



uemo temptavit, sanctiusque ac reverentius visum de actis deorum 
credere quam scire. 

35. Hactenus in occidentem Germaniam novimus; in sep- 

tentrionem ingenti ffexu recedit. ac primo statim Cbaucorum 

gens, quamquam incipiat a Frisiis ac partem litoris occupet, 

omnium quas exposui gentium lateribus optenditur, donee in 

5 Cbattos usque sinuetur. tarn immensum terrarum spatium non 



inf. als analoge Erweiterung der- 
selben KoDStruktion nach prohibere 
hist. I, 62, 12 Gaesarem se appellari 
etiam victor prohibuit und ann. 
I, 69, 3 ac ni Agrippina inpositum 
Rheno pontem solvi prohibuisset. 
— in se, wieder mit personlicher 
Auffassung des Oceanus. — inquiri 
in, zum Ausdrucke der eindring- 
lichen Forschung. — mox wie 2, 20. 

11. sanctius reverentiusque, pie- 
tat- und ehrfurchtsvoUer. — actis 
mit besonderer Beziehung auf das 
vorhergehende adiit wie magnifi' 
cum, worin das^Thun der Gottheit 
sich offenbart. Ubrigens wird man 
in diesem frommen Schlufsworte 
neben der Entschuldigung fur seine 
Vorfahren doch auch das Bedauern 
des Forschers T. wegen des Nicht- 
wissens deutiich genug erkennen. 

2. Die nordwestiichen Ydl- 
kerschaften von der jutischen Halb- 
insel an langs und unfern der Nord- 
seekiiste (35—37). 

35^ 1. hactenus wie 25, 4 und 
Agr. 10, 18 dispecta est et Thule, 

Suia hactenus iussum, in der lokalen 
edeutung „bis zu diesem Punkte**; 
da aber die Homer Westgermanien 
am besten kannten, kann der Sinn 
nur sein : soviel von dem wobl be- 
kannten Weslen Germaniens. Die- 
selbe Cbergangsform bei Mela 111, 
1, S hactenus ad occidentem versa 
litora pertinent, deinde ad septen- 
triones. 

2. irtgenti flexu recedit, das Land 
weicht in ge wal tiger Biegung (n. der 
jutischen oder cimbrischen Halb- 
insei) zuruck, n. in das Meer im Ver- 
haltnisse zu der ubrigen, mehr oder 
minder geraden Kuste. Derselbe 



Ausdruck bei Mela III, 1, 7 ab his 
promontoriis in illam partem quae 
recessit, ingens flexas aperitur. — 
Ckauci, got. hauhai, „die Hohen'', 
(s. Z. 10 superiores); ags. heifsen sie 
im Beowulf Hugas und ihr KonigHy- 
gel&c, frankisch Ghochilaichus; sie 
wohnten zwischen Ems und Elbe. 
Plin. n. h. XVI, 1, 2 .scheidet die 
Ghauken in grofse und kleine und 
schildert sie, die Bewohner dieser 
Kustengegend, aufs anschaulichste, 
mit Einzelzugen, welche noch genau 
furdiejenigenderheutigendeutschen 
Nordseeanwohner zutreffen , die 
gleich den Ghauken des Altertums 
ohne Deichschiitz gegen die Flut- 
welle ihr Obdach auf kiinstlichen 
Erdaufwurfen suchen mussen: die 
Halligleute*". Kirchhoif. 

3. quamquam c. coni. wie 28, 17. 

4. omnium — gentium, seit c. 30, 
sicher aber sind die Usiper und 
Tencterer nicht mitzurechnen. — 
optenditur ahnlich wie ann. II, 56,2 
Armeniorum gens nostris provinclis 
late praetenta penitus adMedos por- 
rigitur, sich vor den Pr. her span- 
nend; genau ebenso Agr. 10, 7 Bri- 
tannia in occidentem Hispaniae ob- 
tenditur und Plin. n. h. V, 20, 77 
Antilibanus obtenditur, zieht sich 
gegeniiber entlang. 

5. in Chattos usque, es mufsten 
darnach Ghauken die Weser hinauf 
gewohnt ha ben; sicherer ist, dafs 
die sogenannten k 1 e i n e n und 
g r o r s e n Ghauken von einander 
durch die Weser getrennt waren; 

Vgl. PtoL II, 11 KaVXOU Ol fAlKQOl 

(liXQ^ Tov OviGovQyiov nora/AOv' 
air a Xavxoi oi fiei^ovs fie'x^i tov 
'!/4Xfii06 noxafiov. 



DE 6ERMANIA LIBER. 34—36. 



69 



tenent tantum Chauci, sed et implent, populus inter Germanos 
nobilissimus quique magnitudiaem suam malit iustitia tueri. sine 
cupiditate, sine impoteDtia, quieti secretique nulla provocant 
beila, nullis raptibus aut latrociniis populantur. id praecipuum 
virtutis ac virium argumeDtum est, quod , ut superiores agaut, 10 
non per iniurias adsequuutur; prompta tamen omnibus arma ac, 
si res poscat, plurimun) virorum equorumque; et quiescentibus 
eadem fama. 

36. In latere Chaucorum Chattorumque Cherusci nimiam 
ac marcentem diu pacem inlacessiti nutrierunt. idque iucundiu^^ 



6. sed et = sed etiam wie 15, 9. 

7. maHt n. quam vi et iniaria; 
Tgl. 4, 6 and weiter anten Z. 13. 
— iustitia; aach Yell. II, 106, 2 lobt 
die Tuchtigkeit: receptae Caucho- 
rum (Chaucorum) nationes; omnis 
eorum inventus, infinita numero, 
immeosa corporibus, situ locorum 
tutissima; s. f. Z. quieti secreti- 
que, 

8. cupiditate, Leidenschaftlich- 
keit; impotenUa, axQaretaj Mafs-, 
Zugellosigkeit, namentlich im Herr- 
schen fiber andere; ebeuso ann. 
IV, 57, 13 traditur matris inpotentia 
Tiberium urbe esse extrusum, quam 
dominationis sociam aspernabatur 
und I, 4, 17 nnd XIJ, 57, 10 mulie- 
bris inpotentia. — secreti, von an- 
deren abgetrennt und um die Ange- 
legenheiten anderer unbekummert. 
Vgl. oben Yell, situ locorum tutis- 
sima. — pravocare bella wie Plin. 
paneg. 16, 1 non times bella nee 
provocas, wie ebenda 49, 5 non 
provocas reddisque sermones? and 
Plin. n. h. XIX, 1, 4 tot modis pro- 
vocari mortem. 

9. praecipuum wie 6, 20; 7, 8 
und 14, 5: der wesentlichste, der 
beste. 

10. superiores^ n.als dieCberlcge- 
nen; dazupafstdieBezeichnung ,,die 
Hohen*. — agant wie Agr. 5, 8 
anxius et intentus agere, sich be- 
nehmen, dastehen als. 

12. quiescentibus^ wenn sie ruhig 
im Frieden leben. 

13. eadem fama n. wie im Kriege ; 



man sieht sie eben als superio- 
res an; vgl. 4,6. 

36) 1. Cherusci, von den Ghauken, 
von denen ein Teil zu den Ghatten 
sich hinaufbiegt (sinuetur 35, 5) 
geht T. fiber zu den Cherusci, einem 
Voike, das er zwar als schon zu 
seiner Zeit sehr heruntergekommen 
schildert, das er aber doch nicht 
unerwahnt lassen darf wegen be- 
deutsamer Berfihrungen, welche zwi- 
schen ihm und den Romern statt- 
gefunden batten. Der Gherusker 
Arminiushatte den Varus geschlagen 
im J. 9 n. Ghr., so dars T. ihn 
liberator baud dubie Germaniae 
nennt, aber im J. 19 regnum adfectans 
— dolo propinquorum cecidit (ann. 
11,88, 11), und von da ab verschwin- 
det das Volk allmahlich aus der Ge- 
schichte; „denn die Erwahnungen 
bei Panegyrikern und Poeten schei- 
nen blofse Phrase zu sein, und auf 
der rdmischen Karte figurierte es 
nur noch als AntiquitSt". Mullen- 
hoff. Sie wohnten zwischen Elbe 
und Weser und nach ann. II, 19, 8 
trennte sie ein latus agger von den 
Angrivarii; bei Gaes. b. g. VI, 10, 5 
trennt sie die silva quae appellatur 
Bacenis (Harz oderThfiringerWald) 
von den Sueben. Das Wort be- 
deutet ^Schwertmanner** von cheru, 
got. hairus, Schwert. 

2. marcentem, bier aktiv >k „ent- 
nervend', wahrend hist. HI, 36, 7 
Vitellium desidemet marcentem pro- 
ditio Bassi perculit passiv «» „ent- 
nervt, kraftlos". Demzufolge heifst 



70 



CORNELII TACITI 



quam tutius fuit, quia inter inpotentes et validos falso quiescas: 
ubi manu agitur, modestia acprobitas nomina superions sunt. 
5 ita qui olim boni aequique Cherusci, nunc ioertes ac stulti vo- 
cantur: Chattis victoribus fortuna in sapientiam cessit. tract! 
ruina Cheruscorum et Fosi, contermina gens, adversarum rerum 
ex aequo socii sunt, cum in secnndis minores fuisseot. 

37. Eundem Germaniae sinum proximi Oceano Cimbri te- 



es ann. XI, 16, 2 eodem anno (47 
n. Ghr.) Cheruscorum gens regem 
Roma petivit, aniissis per interna 
bella nobilibuB und XII, 28, 6 vom 
Jahre 50 Cherusci, cum quis (Chatti) 
aeternum discordant: infolge der 
inneren Schwache waren also — 
schon 50 Jahre vorhcr — innere po- 
litische Streitigkeiten und aufsere 
Kampfe mit den Ghatten entstanden. 
— inlacestiti, wahrend sie ron 
den Romern dereinst herausgefor- 
dert waren. — nutrierunt, n. das 
Nahren und Pflegen des allzu langen 
und lange entnervenden Friedens 
machte sie schlaff. 

3. tutius y Schutz ge wahrend ; anch 
Agr. 30, 6 proelium atque arma, 
quae fortibus honesta, eadem etiam 
ignavis tutigsima sunt. — impo- 
tentes'wie 35, 8: mafs- und zugel- 
lose Menschen. — faUo, in dem 
Adv. liegt der Schwerpunkt des 
Oedankens : es ist irrig zu glauhen, 
dafs man — ; vgl. 19, 9 und 29, 11. 

4. nomina tuperioris, sind Titel 
des Uberlegenen (vgl. 35, 10), des 
Siegers, wahrend sie diesem eigent- 
lich haufiggar nichtzukomroen, aber 
der Besiegte hat immer Unrecht, 
auch schon nach den wenig ehren- 
Tollen Namen, die ihm zuteil wer- 
den. Obrigens ist diese psycholo- 
gische Motivierung fur und diese 
besondere Nutzanwendung auf die 
Cherusker rhetorisch kiinstlich und 
absichtlich genug. 

5. qui olim, n. vocati sunt. — 
boni aequique^ n. gerade wegen 
ihrcr Friedensliebe. — inertes ac 
stulti vocantur, von wem? Haben 
wirklich Germanen dem T. dies er- 



zahlt, oder bricht hier Qberhaupt 
bei dem romischen Patrioten ein 
Gefuhl des Hohnes durch uber die 
einst Braven, welche vormals den 
Varus aufs Haupt geschlagen, jetzt 
aber trage und stumpf geworden? 
Vgl. auch 33, 6 oblectationi ocu- 
lisque und if. 

6. cessit, schlug ans in, brachte 
ihnen den Ruf der Weisheit ein, wie 
hist. II, 59, 20 nimins honos inter 
secnnda rebus adversis in solatium 
cessit und ann. XIV, 54, 14 hoc 
quoque in gloria m tuam cedet eos 
ad snmnia vexisse ; aufserdem Curt. 
Ill, 6, 16 temeritas in gloriam ces- 
serat und nach Walter, a. a. 0. auch 
in einem Orleaner Palimpsestfrgm. 
des Sallust: id illi in sapientiam 
cesserat. Vgl. auch 31, 2 in oonsen- 
sum vertit. — tpacii ruina wie hist. 
Ill, 29, 6 ballista pinnas ac snmma 
valli ruina sua traxit. 

7. Fosi, wahrscheinltch sQdlich 
von der Aller nach Burgdorf zu; bei 
Gelle mflndet in die Aller ein kleiner 
Flufs, die Fuse. 

8. ex aequo, in gleichem Mafse^ 
wie hist. II, 77, 10 discrimen ac 
pericula ex aequo patiemur, ann. 
XIII, 2, 3 rectores imperatoriae in- 
ventae ex aequo poliebant XV, 13, 
15 pacem ex aequo utilem. — mino^ 
res^ Gegensatz zu ex aequo, in un- 
gdnstigerer Lage. 

37, 1. Nach dieser Abschweifong 
fiber das fur die Romer einstmals 
historisch wichtige Binnenvolk der 
Cherusker, zu der ihn aufserlich der 
ZusammenhangderChauken mit den 
Ghatten und wieder der der Ghatten 
mit den Cheruskern gefDhrt hat, 



DE GERAIANU UBER. 36. 37. 



71 



nent, parva nunc civitas, sed gloria ingens. Teterisque famae 
lata vestigia manent, utraque lipa castra ac spatia, quorum 
ambitu nusc quoque metiaris molem manusque gentis et tarn 
ffiagoi exitus fidem. sescentesiinum et quadragesimum anDum 5 
urbs nostra agebat, cum primum Cimbrorum audita sunt anna, 
€a«ciHo Metelk) et Papirio Carbcme consulibus. ex quo si ad 
alt^rum imperatoris Traiani consulatum computemus, duoeoti 



kefart T. mit den WorteD eundem 
Germaniae sinum za den Anfangs* 
worten von 35 : ^Germania in sep- 
tentrionem ingenti flezv recedif* 
zaruck. Aber aucfa die Kimbera 
behanddt er hier aus einetn be^ 
aonderenGesichtspunkte. Die, parva 
nunc civitas" hatte einst far Rom 
eine grofse Bedentung, jetat aber 
gilt f&r dieselbe, was MQllenbeff 
sagt: „Nur durch den offisiellen 
Spracbgebraoch erhielten sich die 
sebon yerschollenen Namen fur die 
Volker der kimbrischen Halbinsel 
aach noch bei den Scbriftstelleni 
des ersten Jabrhunderts**. Ein ein- 
zelnes Volk der Gimbri gab es dort 
nicbt mebr, ansgezogen sind sie 113 
▼on der mittleren Elbe, vestigia 
derselben blieben im Suden am 
Bhein, T. aber schiebt einen kurzen 
geschtchtlicben Exkurs ein, nm zu- 
gleicb anf die Gefabrlicbkeit der 
germanischen Kriege hinzuweisen. 
— Cimbri, Tielleicht zn ags. cempa, 
ahd. chempho und nach Pint. Mar. 
XI med. xifijS^iws inovofm^ova^ 
FBQfiavoi TOv£ li^ras as^Rauber 
oderzuag8.ciniban,geschmuckt8ein, 
camb, der Kamm, pecten und crista, 
also crista ti, die mit einem be- 
conders gekammten Haarschmucke 
Versehenen. Ihr Wohnort wird 
ganz allgemein angegeben, denn 
nach Ptol. II, 11, 12 sind sie ndv- 
ratv dmezMOjreQOi und nach Plin. 
n. h. IV, 13, 96 mons Saevo im- 
manem ad Cimbrorum usque pro- 
muntoriom efficit sinum. 

2. gloria ist Ablativ. 

3. utraque ripa, am rechten und 
linken Ufer des Rheines ; abl. loci 



ohne in. — castra ae spaiia, ein 
Lager und zwarweite Ranme des- 
selben, wie hist IV, 18 ilia castro- 
ram spatia ; ygl. 25, 6 disciplina et 
seyeritate. 

4. molem manusque, die grofee 
Masse und infolge dessen die massen- 
haften Hande des Volkes; manus 
ebenso ann. I, 61 , 7 prima Van 
castra la to ambitu et dimensis prin- 
cipiis trium legionnm manus osten- 
tabant, wiesen auf die Arbeit dreier 
Legionen. 

5. exitusy Auszug aus der Heimat 
bis zum Po. — fidem Glaubwurdig- 
keit, wie 39, 2. — sescentesimum 
et quadragesimum wie nachher du- 
centi ferme et decern sind beides 
runde Zahlen fur 641 a. u. c. oder 
113 a. Ghr. n. und 211 oder 851 
a. u. c oder 98 p. Ghr. n.; s. die 
Einl. S. 3. 

6. Cimbrorum, Veil. 11, 8, 3 
Gimbri et Teuton! transoendere Rhe- 
num multis mox nostris suisque cla- 
dibus nobiles; Ammian. XXXI, 5, 12 
inundarunt Italiam ex abditis oceani 
partibus Teutones repente cum Gim- 
bris. T. nennt die Teuton! oder 
Teutones (die altgallische Bezeich- 
nung fur die gormanischen Nord- 
seevolker) nicht, wohl aber war der 
kimbrische Schrecken auch zu seiner 
Zeit noch bekannt, und an dteser 
Stelle liest man zwiscben den Zeilen 
des Schriftstellers Bewunderung fur 
dengermanischenVolksstamm. Wir 
aber denken daran, dass 1887 unser 
Volk seit 2000 Jahren in die W«lt- 
geschichte eingetreten war. 

8. alterum Traiani consulatum, n. 
im Jahre 98 nach Ghr. 



72 



CORNELII TACITI 



ferine et decern anni colliguntur: tarn diu Germania vincitur. 

10 medio tam longi aevi spatio multa invicem damna. non Samnis, 
Don Poeni, non Hispaniae Galliaeve, ne Parthi quidem saepius 
admonuere: quippe regno Arsacis acrior est Germanorum liber- 
tas. quid enim aliud nobis quam caedem Crassi, amisso et ipse 
Pacoro, infra Venlidium deiectus Oriens obiecerit? at Germani 

15 Carbone et Cassio et Scauro Aurelio et Servilio Caepione Gnaeo- 



9. colUguntur, sammeln sich, 
^kommen im ganzen heraus**, wie 
Dial. 17, 16 centum et viginti anni 
ab interitu Giceronis in hunc diem 
colliguntnr. — tam diu G. vincitur, 
es wird immer noch besiegt, ist 
es aber noch nicht so, dafs man 
Ton Besiegten sprechen kann. 

10. multa invicem damna n. 
accepta sunt; invicem ist attributiv 
zu verstehen == gegenseitige; vgl. 
2,4; 8,3; 22,7 und 44, 1. — Samnis 
etc., der Wechsel des Numems ist 
dichterisch, findet sich aber auch 
scbon bei Livius; die Anaphora mit 
non pafst dazu. 

12. admonuere, sie haben ge- 
mahnt; absichtlich wie nur skizzen- 
haft ohne irgend welche nahere Be- 
stimmnng, obgleich der Ausdruck 
„6efahr" nahe genug lag; vgl. Liv. 
11, 36, 6 tunc enimvero deorum ira 
admonuit. — Arsacis, altpersisch 
Arsaka, Grfinder des parthischen 
Reiches 256 v. Cbr., der Eigen- 
wurde aber spater Gattungsname, 
so dafs Arsacis regno die von Ar- 
saces Oder sonst einem Farther- 
konige gefuhrte Tyrannenherrschaft 
bezeichnet. — acrior, thatkraftiger, 
wie hist. II, 76, 12 non ad versus 
divi Angusti acerrimam mentem and 
ann. XIII, 50, 8 vectigalium socie- 
tales a consulibus et tribunis plebei 
constitutas acri etiam tum populi 
Romani libertate. 

13. caedem Crassi\, im J. 53 v. 
Ghr. bei Garrhae gegen die Farther. 
— et ipse, der (zu oriens) apposi- 
tive Nominativ tritt in den passivi- 
schen abl. abs., durch die Konstruk* 
lion unbertihrt ; ebenso Agr. 25, 20 
ne circumiretur, diviso et ipse in 



tris partes exercitu incessit und ann. 
XIV, 26, 2 praemisso legato atque 
ipse legionibus citis Tiridaten spem 
belli amittere snbegit. 

14. Pacorus,Sohn des parthischen 
Konigs Orodes; von ihm heifst es 
hist, y, 9, 4 mox civil! inter nos 
bello (a. 40 a. Ghr. n.), postquam 
in dicionem M. Antonii provinciae 
cesserant, rex Farthorum Facorus 
ludaea potitus interfectusque a Ven- 
tidio (a. 38 a. Ghr. n.), et Farthi 
trans Euphraten redacti. — infra 
Fentidium, n. „anter einen Men- 
schen wie Ventidius". F. Ventidius 
Bassus aus Ficenum, aus niedriger 
Familie, kam als Kind im Marsischen 
Kriege als Gefangener nach Rom, er- 
warb sich sein Brot durch Kaufen 
und "Verkaufen von Maultieren, 
wurde aber in Gallien mit Gasar be- 
kannt und bekleidete schliefslich 
als Senator alle hoheren Amter, 44 
durch den Einflufs der Triumvim 
sogar das Konsulat Gellius in den 
noctes atticae XV, 4, 3 teilt Spott- 
verse auf diese Erhebung mit, welche 
in Roms Gassen gesungen wurden : 

Gonci^rrite omnes augures, harus- 

pices. 

port6ntum invisitatum conflatum 

^st recens: 

nam mulas qui fricibat, consul 

factus est. — 
deiectus, in verachtlicbem Sinne 
„vom Gipfel der Macht herabge- 
sturzt und unter die Forse des V. 
gebeugf. 

15. Carbone, Gn. Fapirius, 113 
V. Ghr. bei Noreja in Karnten von 
den Kimbern besiegt. — Cassio, 
L. G. Longinus, wurde wahrschein- 
lich nicht von den Kimbern, sondern 



DE GERMANIA LIBER 37. 



73 



que Mallio fusis vel captis quinque simul consularis exercitus 
populo Romano, Varum trisque cum eo legiones etiam Caesari 
abstulerunt ; nee impune C. Marius in Italia, divus lulius in Gallia, 
Drusus ac Nero et Gcrmanicus in suis eos sedibus perculerunt. 
iDox ingentes Gai Caesaris minae in ludibrium versae. inde 20 



von helvetischen Mannschaften der 
Tougener und Tigoriner unter Divi- 
C08 Fuhrung im Gebiete der Nitio- 
broger (um Agen an der Garonne) 
geschlagen und mit seinem Legaten 
nnd dero grofsten Theile der Sol- 
daten getdtet, 107 v. Chr. — Scauro 
Avrelio, M., Konsular im J. 105 
und als solcher yon dem kim- 
brischen Konige Boiorix geschlagen, 
gefangen nnd bei der stolzen War- 
Dung sicb ntcht mit seinem Heere 
nach Italien zu wagen niederge- 
stofsen; das cognomen ist vor das 
nomen gentile gestcllt. — Servtlio 
Caepione, Q., befehligte als Procon- 
snl gegen den Kimbrer Boiorix am 
recbten, der Konsul Gnaeus Mallitu 
am linken Rboneufer. Infolge des 
beftigstcn ZerwQrfnisses , in wel- 
cbem beide Fuhrer lebten, warden 
sie im J. 105 beide bei Arausio 
(b. Orange) vollstandig gescblagen. 
^Es war eine Katasfrophe, die ma- 
teriell nnd moraliscb den Tag Ton 
Kannae weit fiberbot." Mommsen. 

16. nmuly binnen knrzem in 
einem Kriege zagleich. 

17. populo Romano, znr Zeit der 
Bepnblik, im Gegensatze zu Caesari, 
dem Kaiser mit seinem kaiserlichen 
Heere. Der grofse Gasar heifst bei 
ihm in der Germania diTus Inlins 
wie bist I, 42, 6, 86, 4; ann. XI, 
23, 16; Agr. 13, 4 nnd in der nach- 
sten Zeile sowie 28, 2; sonst aucb 
dictator Gaesar ann. YI, 16, 2 u. 
bist III, 68, 5 Oder blofs Gaesar hist 
III, 66, 16. Unter Caesari verstebt 
sicb Augustus bier von selber, denn 
an einen andem Kaiser zu denken, 
dazu war das Ereignis nocb zu neu, 
wenn aucb keiner der Leser der 
Germania es miterlebt batte. 

18. in Italia, n. perculerunt, im 



J. 101 auf den Raudiscben Feldern 
bei Vercellae ; Marius batte nacb den 
durcb die Kimbern erlittenen Nieder- 
lagen die Aufgabe „durch strenge 
Mannszucht das ihm anvertraute 
Heer zu disciplinieren und durcb 
Marsche und ausgedehnte Schanz- 
arbeiten die Soldaten fur die emstere 
Kriegsarbeit tucbtig zu machen." 
Mommsen. — in Gallia n. percule- 
runt, Ton 58—53 ; aber seine beiden 
RhelnQbergange waren obne beson- 
deren Erfolg. 

19. Drusus hat vier Feldzuge 
gegen Deutschland gefuhrt Ton 12 
—9 T. Chr. und zwar drang er bis 
an die Elbe, aber er kehrte dann 
eilends um und starb auf dem RQck- 

~ zuge ; Nero, n. Tiberius Nero, der 
spatere Kaiser, gewann grofsere Er- 
folge sowohl durcb Waffen wie 
durcb kluge Unterhandlungen, aber 
sein letzter Feldzug im J. 11 war 
auch ziemlich erfolglos; Germani- 
eus machte ebenfalls drei Feldzuge 
Ton 14 — 16 nach Chr., siegte auch 
bei IdistaTiso, wurde dann aber, ehe 
er sein ruhmToU begonnenes Werk 
Tollenden konnte, zurClckberufen. 
Sicher ist, dafs die Germanen sicb 
gegen die Romer tapfer wehrten, 
und dafs es denselben nicht leicht 
ward das in Deutschland Gewonnene 
zu behaupten; daher gilt mit Recht 
fur alle T.* Wort nee impune, 

20. mox wie 2,20. — in ludi- 
brium versae^ Ton T. selber ahn- 
licb hist IV, 15,9 Gaianarum expe- 
ditionum ludibrium genannt und 
aufserdem Agr. 13, 11 kritisiert in 
den Worten: ni (Gai Caesaris) ad- 
Tersus Germaniam conatus frustra 
fuissent Die conatus und das ludi- 
brium schildert Sueton in Caligulas 
Leben von c. 43—47: gewaltige 



74 



GORNELII TAGITI 



otium , donee occasione discordiae nostrae et civilium armorum 
expugnatis legioDum hiberois etiam Gallias adfectavere; ac rursus 
inde pulsi proximis temporibus triumphati magis quam victi sunt. 
88. Nunc de Suebis dicendum est, quorum non una ut Ghat* 
torum Tencterorumve gens; maiorem €nim Germaniae partem 



RustaDgen, ein Scheinangriff, indem 
einige a us seiner Leibwache fiber 
den Rbein gehen und sich dort ver- 
bergen mufsten, Gefangennahme und 
Zuruckfuhrung derselben in Ketten 
und ein erbeuchelter Triumphzug 
war das Thdrichtste, was er defi- 
ciente belli materia vornahm. 

21. otium, n. fuit, „ruhige Zei- 
ten''. — donec^ mit deni Indie, zum 
Ausdrucke derThatsache wie 45, 16. 
— discordiae n, et civ, armorum, 
n. infolge der Kampfe zwischen den 
Kaisern Otho und Yitellius, Vitellius 
und Yespasianus : das Verhaltnis der 
beiden Begriffe ist derartig, dafs die 
discordia in den civilia arma sich zu 
erkennen giebt, wie oben Z. 3 castra 
ac spatia, Z. 4 moiem manusque. 

22. adfectavere, n. Gernnani, zu 
gewinnen suchen, trachten, wie 2S, 
13 adfeciatio und Agr. 7, 6 Agricola 
nuntio adfectati a Yespasiano im- 
perii deprehensus est; vgl. auch 
die gewohnliche Phrase regnum ad- 
fectare. Gemeint ist hiermit der Auf- 
stand der Bataver unter Julius Gt- 
vilis, der ein selbstandiges Reich 
zu grunden beabsichtigte. 

23. proximis temporibus, in der 
allerjungsten Zeit, n. unler Domi- 
tian, von dem Gas&ius Dio 57, 41 
erzahlt : eisaroataians 8^ eie Fe^- 
fiavlav xal /ti7]o* ico^aouoe tioo noXd- 
fiiov inav^xe, — triumphati sunt, 
personliches Passivum wie Hor. 
carm. HI, 3, 43, Yerg. Aen. 6, 837 
triurophata Gorintho, Ovid fast. 3, 
732 und Plin. n. h. Y, 5, 5 omnia 
armis superata et triumphata. Sach- 
lich ist wieder Domitian gemeint: 
nach Suet. 6, med. und 13 s. f.: 
de Ghattis triumphum egit, Germa- 
nici cognomine assumptO) und T. 
selber erzahlt Agr. 39, 3 inerat (Do- 



mi tia no) conscientia derisui fuisse 
nuper falsum e Germania trium- 
phum, emptis per commercia quo- 
rum habitus et crines in captivo- 
rum speciem formarentur. 

III. Die snebischen Yolker- 
schaften (38—45). 

1. Allgemeine Gharakte- 
ristik der Sueben und dann Be- 
bandhing der Sueben in den von 
Rom aus entlegeneren Teilen (41, 1 
secretiora), im Herzen Germa- 
niens (38—40). 

389 1. nunc, macht den Ubergang 
zu dem dritten Hauptteile der Taci- 
teischen Ethnographie. Doch ist 
Tacitus' Einteilung der Sueben be- 
reits zu 2, 15 beurteilt, nach wekher 
es denn f&r ihn unmdglich ist die- 
selben als e 1 n e gens, e i n e n Yolks- 
stamm anzusehen, nach welcher 
vielmehr mehrere Yolkerschaften 
(nationes) zu ihnen gehoren mussea 
und zwar ost- wie westsuebi- 
sche. So halt T. die Sueben fOreinen 
von den flbrigen (rermanen wesent- 
lich verschiedenen Stamm und zwar 
fur den grofsten, wahrend er 2, 13 
die Stammeinteilung der Germanen 
als ganz unsicher verworfen hat. 
Obne Zweifel aber sind die Sueben 
einst wirklich ein Hauptstamm der 
Germanen gewesen, und zwar sind 
sie wie die ebenfalls dort als ein 
Hauptvolksstamm bezeichneten Mar- 
sen wahrscheinlich als ein solcher 
betrachtet, seitdem sie zur Yermeh- 
rung ihres Ansehens einen eigenen 
Stammgott sich beigelegt batten. 

2. maiorem G.p., nordostlich der 
Elbe und langs der Ostsee bis zur 
Weichsel, und zwischen Elbe und 
Weichsei sudwarts hinauf bis zur 
Donau; danach gehoren zu ihnen 
sowohl Herminonen wie Ingavonen. 



DE GERMANIA UBER. 37—39. 



75 



optinent, propriis adhuc Dationibus nominibusque discreti, quam- 
quam in commune Suebi Yocentnr. insigne mentis obliquare 
crinem nod^oque substriogere: sic Suebi a ceteris Germanis^ sic 5 
Sueborum ingenui a servis separantur; in aliis gentibus seu 
cognatione aliqua Sueborum sen, quod saepe accidit, imitatione 
rarum et intra iuventae spatium: apud Suebos usque ad cani- 
tiem barren tern capiflum retorquent ac saepe in ipso vertice 
religant; principes et omatiorem habent. ea cura formae, sed 10 
innoxia; neque enim ut ament amenturve, in altitudinem quan- 
dam et terrorem adituri bella comptius bostium oculis ornantur. 
39. Vetustissimos se nobilissimosque Sueborum Semnones 



„6ei Gasar sind die Sueben watn^ 
scheinlich die Chatten, aber dieselbe 
Bezeichnung kam sicher zu Gasars 
Zeit und noch viel spater aucb jedem 
andem deutschen Stamme zu, der 
als ein regelmafsig wandernder be- 
zeichnet werden konnte'. Momm- 
sen. Und vie Gasar, so mifsTer- 
stand auch T. eine blofs appellative 
BezeicbnuDg. 

3. adhuc ^ bis auf den bentigen 
Tag, (daher anch das Prasens vo- 
centnr) n. nacb den in dieser Be^ 
ziebung freilich ungenaoen Angaben 
der Berichterstatter des T.; Tgl. 
22, 11. 

4. in commune, wie 27, 8 und 
40, 6. — irmgne, ein besanderes 
Kennzeichen wie 4^, 26. »Snebische 
Knechte trugen kurzgeschnittenes, 
Freie und Edele langes Haar, letz- 
iere noch sorgsamer aufgeschmiiok- 
tes 80 wie die frankischen Edelen 
und K5nige. '^ Grimm. Langes, 
iockiges Haar war bei den Ger- 
manen Qberbaupt ein aufseres Kenn- 
zeichen des Freiea, Tacitus' An- 
gabe ist also wahrscheinlich falsch. 
— obliqtiare, gegen die gewohn- 
liche gerade Richtung lenken, so 
O^d met 7, 412 obliquantem con- 
traqoe diem radiosque Gerberon; 
hier „gegen den Strich kammen^ 

5. nodoque substringere, in einen 
Knoten von unten nach oben zu- 
samraenziehen und -binden. 

6. in aliis gentibus, T. beschrankt 
das Yorhergehende a ceteris G, 



8. rarum^ n. est, es kommt zwar 
auch, aber doch nur selten vor, n. 
das obliquare crinem nodoque sub*- 
stringere. — caniHem wie 31, 10. 

9. horrentem, struppig. — capil- 
lum retorquent ac saepe in ipso 
vertice religant, sie binden das Haar 
mitten auf dem Scheitel zuruck oder 
hocb, wahrend andere den Knoten 
vielleicht mehr nach hinten trugen. 
Vgl. luT. 14, 164 caerula quis stu- 
puit German! lumina, flavam cae- 
sariem et madido torquentem cirro 
und Hor. carm. H, 1 1, 23 incomptam 
Lacaenae more comam religata nodo. 

10. principes wie 5,11; 10,13; 
11,11; 13, Iund6undl5,7 die Edel- 
sten der Geschlechler, die Konige, 
Grafen, Gefolgsherren. — ea, nur 
darin besteht. — formae wie 19, 7 
Schonbeit. 

11. innoxia, n. ohne lasterhafte, 
verfuhrerische Absicht — ut ament 
amenturve, n. ornantur. — in al- 
titudinem quandam et terrorem, 
Asyndeton adversativum =s son- 
dern bis zu einer gewissen Hohe 
und zwar um damit Schrecken zu 
erregen ; in wie 24, 4 und Agr. 8, 8 
in experimentum ; et wie oben Z. 8 
et intra, 31, 1 et privata, 33, 7 
oblectationi oculisque. 

12. hostium im Gegensatze zu 
den Romern, qui amant amanturve. 

39, 1 . Semnones, „ein hieratischer 
Name ^s diejenigen, welche dem 
Gotte zu dienen sich binden, fes- 
seln^. Mullenhoif. Sie wohnten 



76 



CORNELII TACITl 



memorant; fides antiquitatis religione firmatur. stato tempore in 
silvam augnriis patruno et prisca formidine sacrara omnes eiusdem 
sanguinis populi legationibus co^unt caesoque publice homine 
5 celebrant barbari ritus horrenda primordia. est et alia luco 
reverentia: nemo nisi vinculo ligatus ingreditur, ut minor et 
potestatem numinis prae se ferens. si forte prolapsus est, attoUi 
et insurgere baud licitum: per humum CTolvuntur. eoque omnis 
superstitio respicit, tamquam inde initia gentis, ibi regnator 



60, dafs wohl der Flaming und die 
Niederlausitz bis gegen die Oder 
bin und nordlicber beraof der Sitz 
dieses machtigen Volkes war. Spa- 
ter baben sie zwiscben Neckar und 
Lecb sicb niedergelassen , und so 
sind sie die Abnberren der beutigen 
Schwaben. 

2. memoranty n. die antiquari- 
scben Forscber wie 3, 1 und 43, 
14. — fidet, die Glaubwurdigkeit 
— antiquitatis entspricbt dem eben 
genannten vettistissimot , was T. 
nun zunacbst genauer beweisen 
will. — religione, durcb einen bei- 

, iigen Braucb. — stato tempore^ in 
feststebender, also imnier wieder- 
kebrender Zeit und zwar wabr- 
scbeinlicb im Herbste wie tl,8. 

3. silvam^ genannt Semana, Ptol. 
JSrifiavi vAiy, worunter entweder 
der Tburinger- oder der Spree wald 
zu versteben ist ~ auguriis, durcb 
beilige Gebraucbe; die Worte von 
auguriis bis sacram sind einer von 
den in der Mitte eines Satzes stehen- 
den und eng verbun dene Worte um- 
fassenden Hexametern, wie sie noch 
ann. Ill, 44, t2; XV, 9, 3 und Agr. 
10,13 vorkommen; der bekanntesle 
ann. 1, 1, 1 „ist jedenfalls absicbtlicb 
gesetzt Oder steben gelassen". Nipp. 
-- /ormt</i>te, beilige Furcbt, Scbeu, 
wie sonst religio und wie Z. 6 
und 9, 10 reverentia. — eiusdem 
sanguinis^ wenn aucb nicbt zu einer 
gens (38, 1) geborig, alle aber 
kamen in das Gebiet der macbtigen 
Semnonen, in welcbem der Wald 

lag. 

4. legationibus, abl. instr., durcb 



Gesandtscbaften. — homine, n. ein 
Gefangener; vgl. 9,2. 

5. primordia y die Weiben, der 
weihevolle Braucb. Die ganze Aus- 
drucksweise ist bier poetisch: so 
spricbt T. zunacbst statt einfach von 
barbarum ritnm von ^barbari ritus 
primordia" celebrare, um zu sagen, 
dafs dieser scbreckliche, barbariscbe 
Braucb obneZweifel aus der altesten 
Vorzeitstamme und leider nocb fest- 
gebalten werde; sodann erinnert 
Kritz-Hirscbfelder an die abnlichen 
Worte Vergils Aen. 7, 170 tectum 
borrendum silvis et religione pa- 
rentum und 8, 597 lucus religione 
patrum late sacer. 

6. vinculo ligatus, von dieser 
Bemerkung gebt MQllenboffs oben 
angefubrte Erklarung des Namens 
aus, denn simo bedeutet im alt- 
sacbsiscben Heliand (v. 5168, 5356, 
5587 und 5661) einen S trick. — 
ut wie 2, 13. — minor, n. als die 
Gottbeit. 

7. potestatem, n. die hobe Gewalt. 
9. superstitio gebraucbt T. im- 

mer von fremden Knlten, so vom 
cbristlicben ann. XY, 44, 13 repres- 
saque in praesens exitiabilis super- 
stitio rursum erumpebat, vom jOdi- 
scben bist II, 4, 3 pervicaciam 
superstitionis und hist. V, 13, 2 gens 
superstitioni obnoxia, religionibns 
adversa, wo also s. sogar dem Worte 
religio gegenQberstebt; deutscb  
Fanatismus, fanatischer Braucb. — 
respicit tamquam, dieselbe Kon- 
struktion wie 12, 5. — tamquam — 
parentia, n. sint wie 13, 5. — initia 
gentis, da bei Amm. Marc. XVII, 6, 1 



D£ GERMANIA LIBER. 39. 40. 



77 



omDium deus, cetera subiecta atque parentia. adicit auctoritatem 10 
fortuna Semnonum: centum pagis habitant magnoque corpore 
efficitur, ut se Sueborum caput credant. 

40* Contra Langobardos paucitas nobilitat: plurimis ac ya- 
lentissimis nationibus cincti non per obsequium , sed proeliis ac 
periclitando tuti sunt. Reudigni deinde et Aviones et Anglii 



suebische luthungi genannt wer- 
den, „die weiter im Osten wohoten 
und derenEiDfalle in Ratiea und Ita- 
Uen die Geschichte keont (Jordan Ge- 
tica, 55,281 Procop. b. got 1, 12)% 
80 hat MuUenhoff im Anschlusse an 
Grimm, GDS. 349, der in dem Namen 
das altn. iod, proles erkennt, Jod- 
hOngr als Sprofslinge des regnator 
omnium dens erklart; daher Tacitus' 
initio, — regnator, wie 14, 12 bel- 
lator. 

10. deusy n. Tiu (Ziu), da die aus 
den Semnonen hervorgegangenen 
Schwaben auch „Ziuwari := qui 
Martem colunt, tuentur genannt 
werden'*. Grimm, GDS. 355; 426; 
542. A. Da aber Ermn ein Beiname 
des Gottes Tiu (Ziu) gewesen ist 
(s. 2, 11), so hat man in den hier 
gemachten Angaben des T. eine 
Beschreibung nicht nur des Tiu- 
Kultes, sondern auch des Ermn 
(Irmin)-Kultes und somit auch des- 
jenigen des ganzen Stammes der 
Herminonen zu sehen, an dessen 
Spitze die Semnonen in politischen 
wie religiosen Angelegenheiten ge- 
standen haben. Vgl. c. 40 die Reu- 
digni und den Ingv-Kult. 

10. adieit auctoritatem^ nun be- 
weist T. zweitens das oben er- 
wahnte nobilissimos^ das ihnen zu 
der anti(]juitas, quae religione firma- 
tur, die fortuna, die glucldiche Lage 
der S., infolge der auctoritas, der 
hochangesehenen, wurdevollen Stel- 
lung, hinzufugt. 

11. centum pagis habitant, n. 
die Semnonen; bei Gasar b. g. I, 
37, 3 und lY, 1, 4 haben a 11 e Sueben 
centum pagos inne. — corpore, Ror- 
perschaft, wie hist. IV, 64, 3 redisse 
Tos in corpus nomenque Germaniae 



deis et praecipno deorum Marti 
grates agimus. 

40, 1. Langobardos, bestimmt 
weist auf ihren Wohnsitz bin das 
heutige, von Luneburg eine halbe 
Meile entfernte Dorf Bardowieck, 
der Rest der von Heinrich dem 
Lowen zerstorten („vestigia Leo- 
nis vor dem Dome**) grofsen Han- 
delsstadt Bardanwic im BardangA 
(Bardangauwi) ; sie wohnten am 
linken IJfer der unteren Elbe. Im 
Beowulf, V. 2032, 2037 und 2067 
sowie im ags. Widsidiiede v. 49 
heifsensieHeadobeardan, diekampf- 
geubten Barden, im letzteren v. 32 
u. 80 auch Longbeardan, wahr- 
scheinlich es die Langbarte. Vgl. 
den My thus daruber bei Paul. Diac. 
1,8. — paucitas im Gegensatze 
zu dem magnum corpus der Sem- 
nonen, wie nobilitat dem nobiUssi- 
mos und auctoritatem entspricht. 

2. proeliis ac periclitando, Allit- 
teration wie 1, 2; 27, 6. VelL II, 
106, 2 erzahlt: fracti Langobardi 
gens etiam Germana feritate fero- 
cior; periclitari ^s Gefahren auf- 
suchen. 

3. tuii, der Gedanke erinnert an 
36, 2 idque iucundius quam tutius 
fuit, quia u. s. w. — Reudigni, nach 
Grimm und MuUenhoff von reud, 
got. riuds, oe/iv6s und der latei- 
nischen Endung igni (deutsch ingi) 
durch welche gern die priesterlichen 
Adelsgeschlechter bezeichnet wur- 
den, so dafs wie die Semnonen fur 
den Stammkultus des Ermn, so die 
Reudigni fur den deslngv als das die 
Oberleitunguberdenselbenfuhrende 
Volk anzusehen sind ; sie wohnten 
an dem rechten Ufer der Elbmun- 
dung etwa von Hamburg an. — 



78 



CORNEUI TACITI 



et VariDi et Eudoses et Saardones et Noitbones flumiDibus aut 
6 sUtis rouDiUDtur. nee quicquani notabile in siDgulis, nisi quod 
in commune Kerthum , id est Terram matrem, colunt eamque 
intervenire rebus bominum , invebi populis arbilrantur. est in 
insula Oceani castum nemus, dicatumqae in eo yehiculum , veste 
con tectum; attingere uni sacerdeti concessum. is adesse peoe- 



deinde, in raamlicher Bedeutang, d. 
nach Nordeo und Osten ; vgl. 42, 1 
QDd 43, 25. — Aviones, tod oawa, 
aQwa, Wasserland, a]80 «» Inselbe- 
wohner, n. derlnseln, welche vor 
der Eibmnndnng ond westlich von 
Schleswig-Holstein lageo; PHd. n. 
h. IV, 13, 97 tres et yigioti iosulae 
RomaDorum armis cognitae. — 
AngUiy <» Winkelbewohner, ags. 
Engle (cf. Beda, hist. 1, 15 de Anglis 
hoc est de ilia patria, quae Angulas 
dicitur), im SO. von Sehleswig, Ton 
Flensburg his zar Eider, was mil 
der Angabe im ags. Widsldliede v. 35 
and 43 ff. uber den Wohositz des 
Angelnkdnigs Offa dbereinstimmt. 
4. f^ariniyXm nordlichen Schleswig 
und sCidlichen Jfitland. — Eudoses, 
die spateren JCiten, ags. Eotas, Geo- 
tas. — Suardonesy im Lauenburgi- 
schen. — Nuitkonet, yielleicht in 
Mecklenburg. 

6. in commune wie 38, 4; diese 
7 Vdlker siod innerlich geeinigt 
durch den Nerthus-Kalt. — Ner- 
thus, altn. Njdrdr, dessen Kinder 
Freyr und Freyja waren, wahrend 
Nerthus des T. weiblich ist, der 
Fre^a gleicht und naeh MfiUenhoff 
„dle machtbabende'* bedeutet, oder 
„den Vegetationsgenius, die Personi- 
fikation derZeugungskraftdesFrab- 
lings, dessen kraftiger warmer Hauch 
das Wachstnm von Pflanzen und 
Tieren bewirkt und zu diesem Be- 
hnfe in Wind, Regen und Sonnen- 
schein seine Gegenwart spQren 
lafst.'* Mannhardt. — id est, n. 
nach rdmischer Auffassnng wie 9, Iff. 
und 43, 13. — Terram matrem, 
n. Cybcle. 

7. intervenire rebus hominum, 
sicb unter der Mensehen Treiben 



mischen ;die8elbe Kon8tniktion,aber 
in bosem Sinne hisL IV, 85, 11 Do- 
mitianom alienae gloriae interven- 
turum (esse), storend in den Weg^ 
treten. — invefu populis, hinein- 
fahren in, einziehen bei; dieselbe 
Konstruktion, aber in bosem Sinne 
Liv. XLIV, 2, 2 praetorem dare 
operam, ut classis quoque invehatar 
hostiom litoribns und ebenso I, 59, 
10 invecta corpori patris nefando 
Tehicnlo filia (Tullia). Da ubrigens 
eine Umfahrt darch alle 7 Volker- 
schaften undenkbar ist, well sie 
etwa ein Vierieljahr gedauert ha ben 
wurde, so ist populis allein so zu 
erklaren, dafs daranter die zur 
Festfeier in dem Hauplorte des uber 
den Knltus wachenden Volkes (viel- 
leicht der Reudigni) versaramelten 
Genossen aus jedem der 7 Vdlker 
gemeint sind. 

8. insula, .Tielleicht Alsen mitdem 
heiligen Walde Hellewith und dem 
heiligen See Helleso*. Michelsen, 
vorchristliche Kultusstatten. Wie 
der Wagen von der Insel auf das 
Festland kara, sagt T. nicht. — 
castum, n. nicht von Mensehen be- 
treten und entweiht, um so weniger 
als auf einer Insel gelegen. — diea- 
tumque in eo vehiculum, ein ge- 
weihtes Gefahrt, das da war, wenn 
die Procession begann. — veste, 
Laken und zwar wahrscheinlich 
weifse, worauf altere und nock jetzt 
in Deutschland bestehende Ge- 
brauche hinweisen; vgl. 10, 4. 

9. uni sacerdoti, es war ein 
Priester, der den Kultus der Gottin 
besorgte, wie umgekehrt den Wagen 
des Freyr eine Jungfrau begleiCete ; 
aufserdem ist infolge der u. Z. 16 
genannten servi die firlaubnis der 



DE GEBMANIA UBER 40.41. 



79 



trali deam inlellegit yectamque bubus feminis multa cum vene- 10 
ratione prosequitur, laeti tuac dies, festa loca , quaecumque ad- 
Yentu hospiiioque digoatur. nou beila ineuut, nou arma suraunl; 
clausum omne ferrum; pax et quies tuuc tantum nota, tunc 
amata, donee idem aacerdos satiatam conversatione mortalium 
deam templo reddat. mox vehiculimi et vestis ei, si credere velis, 15 
ttttiDen ipfium secreto lacu abluitur. senri ministrant, quos statim 
idem lacus baurit. arcanus hinc terror sanctaque ignorautia, quid 
sit illud^ quod tantum perituri vident. 

41* Et baec quidem pars Sueborum in secretiora Germaniae 



Berahraog stillscbweigetid auch auf 
diese aasgedehot za denkea, die 
mehr mit der aafserea Leitung des 
Wagens ais mit der eigentlichen 
religiosen GerimoDie zu tbun batten. 

— peneirali, u. Z. 15 templo ge- 
Daimt, also beiligerWald und Wagen. 

10. deam, ein Gotterbild war es 
nicbt (vgl. 9, 7 ff.), wohl aber mag 
es ein Symbol der Gottbeit gewesen 
sein, Yielleicht ein Maibaum. -— 
ifUellegity er m e r k t aas bestimmten 
Anzeiehen, dafs „ihre Eracheioung 
eingetreten iat, dafs das numen zum 
Heiligtume kommt*", in Wald und 
Wagen sich befindet(ades8e). — voc- 
taniy aoristiscb. Drager, Synt. S. 70 ; 
die Fahrt geschah zur Fruhlingszeit. 

— bubus feminis, anders 10, 12, wo 
heilige, weifse Rosse genannt wer- 
den, aber „im Gottesdienste and 
Hofbrauche dauerten die Ochsen 
oder die Kuhe fftr die Gdttin auch 
dann noch fort, als sie langst von 
feurigen Rossen auf alien hoheren 
Lebensgebieten ersetzt waren. Noch 
die merowiogischen Konige fuhren 
mit Rindergespann." Mannhardt. — 
veneraHonef untervielemfeierlichen 
Gebete. 

11. laeti,d.\e Orte schmuckten sich 
zum Feste, das mehrere Tagedauerte. 

— adveniu hospitioque^ der Ankunft 
und zwar als willkommener gast- 
licher Einkebr; man mag die Orte 
▼erstehen, in denen sie auf ihrer 
Strafse von der Insel zum Haupt- 
festorte blofs ankommt und durch- 
fahrt, wie den letzteren, in dem sie 



als lieber Gast bleibt. — tunc amata, 
ja sogar geliebt. 

15. templo, 8. 0. penetrali, dem 
Allerheiligsten des Waldes. — mox 
wie 2, 20. 

16. numen ipsum, das Symbol der 
Gottbeit. — secreto lacu, in einem 
einsamen, Ton den Wohnungen der 
Menschen abgelegenen See der 
Insel. — abluitur, auch Ammian. 
XXIll, 3, 7 berichtet von einem am 
28. Marz zu Ehren der Gottermutter 
in Rom von Rindern durcb die Stadt 
gezogenen Wagen : carpentum quo 
vehitur simulacrum Almonis undis 
ablui perhibetur; der Almo mundete 
dicht vor der Porta Gapena in die 
Tiber, der Tag biefs dies lavationis. 

17. haurit, das Hineinwerfen der 
Diener in den See war ein Teil der 
Gerimonie, mochten sie nun wurklich 
ertrinken oder auch wieder heraus- 
gezogen werden. — arcanus wie IS, 
10. — sancta, fromm, gottergeben. 

18. perituri, zu sterben bereit, wie 
18,14. — vident, sie sehen daslnnere 
des Wagens mit dem numen. Zum 
ganzeo Gedanken vgl. 9 a. E. 

2» Die Sueben im Sfi d e n , welche 
das linke Donauufer entlang die 
Grenzfront Germaniens gegen das 
roraische Reich bilden (41 und 42). 

41,^1. Et haec quidem etc. bildet 
den Obergang zu eioer zweiten 
Klasse von Sueben, die nicht so 
sehr in den secretiora, vom romi- 
scben Standpunkte im Herzen Ger- 
maniens, sondern (propior) den Ro* 
mern naher wohnen. — secretiora, 



80 



CORNELU TAQTI 



porrigitur: propior, ut, quo modo paulo ante Rbenum, sic nunc 
DaDUvium sequar, Hermundurorum civitas, fida Romanis; eoque 

5 soils Germanorum non in ripa commercium , sed penitus atque 
in splendidissima Raetiae provinciae colonia. passim sine custode 
transeunt; et cum ceteris gentibus arma modo castraque nostra 
ostendamus, his domos villasque patefecimus non concupiscent!- 
bus. in Hermunduris Albis oritur, flumen inclutum et notum 

lu olim; nunc tantum auditur. 

42* luxta Hermunduros Varisti ac deinde Marcomani et 
Quadi agunt. praecipua Marcomanorum gloria viresque, atque 



Plural des substantivierten Kompa- 
ralivs verbuDdeD mil einem Genetiv 
>vie bei Sallast, Livius und hist. II, 22, 
3 altiora murorum, IV, 77, 8 ulteriora 
coloniae Y, 2, 13 propiora Suriae. 
2. quomodo = ut im Verglei- 
chungssatze wie Agr. 34, 6 ; bei Gic. 
nur in der Frage. — paulo ante 
Rhenunif u. in 32, 33, 34. 

4. Hermundurorum, benannt zu- 
nachst nach dem Gotle Ermn (Irmin) 
und St. dura, kiihn, also „die grofsen 
Duren** ; nachher, seit dem 5. Jahrh. 
Thuringi mit palronymischer Endung 
zu dem zweiten Bestandteile dura. 
Sie wohnten von der thfiringischen 
Saale und dem oberen Maine bis zur 
mittleren Elbe, die sie von den Sem- 
noneu trennte. 

5. in ripa, n. der Donau, die sie 
ubrigens in Wirklichkeit gar nicht 
beriihrten; gaoz klar und genau 
hat T. den Wohnsitz dieses Volkes 
nicht gekannt; s. u. Z. 9. — non 
in ripa, nicht blofs am Ufer. — 
haetiae, vgl. 1, 1 ; 1, 5 und 3, 15. 

6. colonia y n. Augusta Vindeli- 
corum, Augsburg, unter Augustus 
gegriindet als romische Ansiedelung, 
wenn diese auch kein ius coloniae 
romanae besafs.— /lamTTi, allerorten ; 
vgl. 46, 14 und ann. ¥1,50,22 ceteri 
passim dispergi, uberali hin. — 
Mine custode ^ wahrend die Tencteri 
hist. IV, 64, 9 sich daruber beklagen, 
dafs sie mit den Bewohnern von 
colonia Agrippinensis nur inermes 
ac prope nudi tub custode et pretio 
zusammen kommen durfen. 



8. non concupiscentibus J ohne 
dafs sie den Wunsch aussprechen, 
aber da die Rome r sie auffordern 
und einladen, so kommen sie schliefs- 
lich doch. 

9. Albis, die Elbe, got. Albi, Al- 
bia, altn. Elfr, norwegisch und 
schwedisch elv oder elf, gebrauch- 
lich fiir jeden Flufs oder Strom, ur- 
spriinglich „der weifse, weifisliche, 
lichle Flufs'', also ein echt deutsches 
Wort. T. irrt aber (s. o.), denn er 
meint wahrscheinlich einen Neben- 
flufs der Elbe, die thuringische Saale. 
— inclutum et notum olim be- 
ruhmt und durch eigenes Anschauen 
bekannt. T. spielt an auf die Ex> 
pedilionen des Drusus im J. 9 v. 
Ghr., des Tiberius im J. 5 n. Ghr. 
und des L. Domilius Ahenobarbus, 
der sogar die Elbe uberschritt (ann. 
IV, 44, 8). 

10. auditur, was T. nach den 
fruheren Yersuchen das Land Ger- 
manien zu unterwerfen bedauert. 

42, 1. Faristi, „Superlativ vom 
St. vara, die Kriegerischen, eine Ab- 
teilung der Markomanen, die bei 
deren Auszuge nach Bohmeu am 
Fichtelgebirge zuruckblieb.** Mul- 
lenhoff. — deinde^ raumlich wie 
40, 3 und 43, 25. 

2. Marcomani, „Bewohner der 
Marke, des Grenzlandes, also Grenz- 
manner"; von der mittleren Elbe 
an den mittleren und oberen Main 
gezogen, wurden sie durch Maro- 
boduus zu An fang unserer Zeit< 
rechnung nach Bohmen gefQhrt, von 



DE GERMANIA UBER. 41-45. 



81 



ipsa etiam sedes pulsis olim Boiis virtute parts, nee Varisti Qua- 
dive degenerant. eaque Gerpnaniae velut froas est, qoatenus 
Danuvio praeeingitur. Marcomanis Quadisque usque ad nostrain & 
memoriam reges mauseruDt ex gente ipsorum, nobile Marobodui 
et Tudri genus: iam et externos patiuntur, sed vis et potentia 
regibus ex auctoritate Romana. raro armis nostris, saepius pe« 
cunia iuvantur, nee minus yaient. 

48* Retro Harsigni, Cotini, Osi, Buri terga Marccmianorum 



wo die Bojer gegen das Jahr 60 
T. Ghr. nach Pannonien uod Nori- 
«am hinfibergegaogen warea. Sie 
geben noch durch ihren Namen 
Zengois daTon, dafs ihr Volk erst 
innerbalb der grofsen Markim Sfidea 
der Hercynischen Waldungen sich 
gebildet hat. — Qtuuii, in Mahren 
nnd sfidUch bis zur Donau im west« 
lichen Ungarn. 

3. pulsis ist nnrichtig, denn die 
Boii waren schon aus Boihaemum 
ansgezogen oder verdrangt, als die 
Markomanen noch am Maine safisen. 

4. degenerant, sle schlagen aus 
der Art, n. der Markomanen und 
somit audi der Sueben uberhanpt; 
Tgl. Ammian. XXIX, 6, 1 Quado- 
ram natio, pamm nunc formidanda, 
set immensum quantum ante bac bel- 
latrix et potens. — frons, die Stirn, 
die Grenzfront, von Rom ansgesehen. 

5. praeeingitur f es wird Torn 
durch die Donau wie durch einen 
Gurtel begrenzt, so dars also die vor 
den genannten Volkern fliefsende 
Donau die Grenze bildet 

6. reges f Tgl. Ammian. XYII, 12, 
21 regalis Vitrodorus Viduari filius 
regis et Agilimundus subregulos (a. 
358 p. Ghr. n.) ; id. XUI, 5,3 Ga- 
binius rex (a. 375 p. Ghr. n.) — 
Marobodui, «= „Meripato, ^Inno- 
/iaX06\ Mullenhoff; ann. U, 63, 1 
wendet er sich besiegt an den Ti- 
berius und bittet um Gnade, der 
Kaiser aber sagt vor dem Senate: 
son Philippum Atheniensibus, non 
Pyrrum ant Antiochum perinde me- 
tuendos foisse. Er besaEs ^auf dem 
€ipfel seiner Macht 70 000 Mann 

Tacitus* Germania, 



zu Furs and 4000 Reiter*'. Kaafnaim; 
daher o. Z. viresque, 

7. iam, in neuester Zeit ; iam et wie 
16, 11. — extemos, im Gegensatze 
zu ex gente ipsorum, also nament- 
lich von den Romern eingesetzte 
Fursten, daher auch ex auctoritate 
Romana, denn die Quelle ihrer Macht 
ist einzig und allein die romische 
Oberhoheit — vis et potentia, 
Gewalt durch aufsere Mittel und 
durch Ansehen; so hist. Ill, 11, 15 
vis ac potestas, ebenso Dial. 19, 24 
vi et potestate, non lure aut legi- 
bus und Dial. 5, 24 sogar potentia ac 
potestas. 

8. pecuniae vgl. 15, 11. 

9. iuvantur, n. reges. — nee 
minus valent, n. als wenn sie mit 
Waffen unterstutzt wurden. 

3. Die Sueben im Osten und 
Nordosten Ton den MarkcHnanen 
und Quaden an bis zur Ostsee (43 
—45). 

43* 1. Retro, n. nach Osten und 
Nordosten. — Marsigni wie 40, 3 
Reudigni mit der Endung igni (ingi) 
gebildet, also Tielleicht auch zur Be- 
zeichnung des adeligen Geschlechtes 
einer anderen Volkerschaft, die 
Marsihiefs; sie wohnten am nord- 
lichen Abhange des Asciburgion- 
oder Riesengebirges. — Cotini, zu- 
ruckgebliebene Kelten, welche in 
Ungarn an der oberen Gran in den 
Borscher und Soler Gespanschaften 
wohnten. — Osi, Tgl. 28, 9. — 
Buri, unterhalb des Jablunkapasses 
in den oberen Thalem der Wag; 
Tgl. Plin. n. h. lY , 1 2, 8 1 a versa tenent 
Basternae aliique inde Germani. 

6 



82 



GORNEUI TAGITI 



Quadorumque claudunt. e quibus Harsigni et Buri sermone cul- 
tuque Suebog referunt: Cotinos Gallica, Osos Pannonica lingua 

^ coarguit non esse Germanos et quod tributa patiuntur. partem 
tributorum Sannatae, partem Quadi ut alienigeDis imponunt: 
Cotini, quo magis pudeat, et ferrum effodiunt. omuesque hi po- 
puli pauca campestrium , ceterum saltus et vertices montium in- 
sederuDt. dirimit enim scinditque Suebiam continuum montium 

10 iugum, ultra quod plurimae gentes agunt, ex quibus latissime 
patet Lugiorum nomen in plures civitates diffusum. valentissimas 
nominasse sufficiet, Harios, Helvaeonas, Hanimos, Helisios, Naha- 
narvalos. apud Nahanarvalos antiquae religionis lucus ostenditur. 
praesidet sacerdos muliebri ornatu, sed deos interpretatione Ro- 

^ mana Castorem PoUucemque memorant. ea vis numini, nomen 
Alcis. nulla simulacra, nullum peregrinae superstitionis vesti- 



3. referunt wie 20 , 8 : spiegeln 
wieder die echten Sueben, erweisen 
8ich als echte Saeben ; Tgl. Verg. Aen. 
4, 329 panrulus Aeneas, qui te tamen 
ore referret — /'annontca,ygl. 28, 9. 

4. quod — patiuntur^ der Satz 
ist zweites Subjekt zu coargait, 
parallel mit lingua, 

5. Sarmatae, vgl. 1, 2. 

6. quo magis pudeat, derFinalsatz 
bezeichaet die Wirkung: damit sie 
nnr noch mehr sich schamen mfissen, 
um ihre Stellung nar noch be- 
schamender zu machen. — ferrum, 
die CidrjQOfQvxBia des Ptolemaeus, 
die bedeutendsten und namhaftesten 
Eisenbergwerke in den Landschaf- 
ten dber der Donau, sind wahr- 
scheinlich auch diejenigen, auf 
welcbe T. bier hinweist. 

7. ceterum, im Gegensatze zu 
pauca „im ubrigen nur.^' 

8. Continuum montium iugum, 
Sudeten und Riesengebirge, 

9. ultra quod, in Schlesien und 
Polen. — agunt, leben, wie 29, 11 
und 46, 4. 

1 1. Nahanarvalos, vielleicht „die 
Totenkampfer, Totenbedranger ** 
Detter, Haupts Zeitschr. XXXI, 207 ; 
f&r die anderen Volkernamen ist 
bis jetzt gar keine befriegende ety- 
mologische Erklarung vorhanden. 

13. religionii wie 9, 5 Kultus. 



14. praesidet, n. religioni. — 
muliebri ornatu, nach Mfillenhoflf 
nur auf den Haarschmuck zu be- 
Ziehen, denn «der Priester war 
einer a us dem Geschlechte der Haz- 
dinge und dieses der Name eines 
Tandalischen Kdnigsgeschlechtes, 
(die Yandalen und Burgunden gingen 
spater aus diesen Lugiern bervor) 
derbedeutet: Manner mit weib- 
licher Haartracht." — inter- 
pretatione Romana, was T. an 
dieser Stelle selber hinzusetzt, hat 
zum Yerstandnisse mancher anderen 
hinzugefugt werden mussen. 

15. memorant wie 3, 1 und 39, 2. 
— numini, der Gottheit als eine 
gefaCst. 

16. Jlcis, dat. plur. wie ann. II, 
8, 2 fossam, cui Drusianae nomen; 
Ygl. auch 34, 3 maioribas minori- 
busque. Nach Scherer mag man 
in Erinnerung an die altindischen 
Dioskuren, genannt die A^vins (von 
A(va, das Pferd), auch in den deut- 
schen Dioskuren namentlich im 
Lenken der Rosse tQchtige gottliche 
BrQder und in den Nahanarvalen, 
den Ahnen der spateren Yandalen, 
ein besonders tficbtiges Reitervolk 
erkennen; die Namen sind vielleicht 
Baldr und sein Bruder Yali. Im 
altindogermanischen Mythus aber 
kampfen sie, um ein Weib wieder- 



DE GERMANIA UBER. 43. 



83 



gium ; ut fratres tamen , ut iuvenes venerantur. ceterum Harii 
super vires, quibus enumeratos pauIo ante populos anteceduDt, 
truces insitae feritati arte ac tempore lenocinantur: nigra scuta, 
tincta corpora; atras ad proelia noctes legunt ipsaque formidine 20 
atque umbra feralis exercitus terrorem iuferunt, nuUo hostium 
sustineute novum ac velut infernum adspectum ; nam primi in 
omnibus proeliis oculi vincuntur. 

Trans Lugios Gotones regnantur, paulo iam adductius quam 
ceterae Germanorum gentes, nondum tamen supra libertatem. 25 
protinus deinde ab Oceano Rugii etLemovii; omniumque harum 



zQgewiDDen, das ihnen entfuhrt wor- 
den ist, d. h. ihre eigene Schwester 
Helena. — pere^nae svpersti- 
tionis, n. im Gegensatze zn der 
eigenen germanischen superstitiOy 
welches Wort jede Vergleichang mit 
dem romischen Knltns ausschliefst; 
vgl. 39, 9. 

17. tamen, obgleich ohne Bilder. 
— Harii, ■=■ got. harj6s, Tielleicht 
nur appellatiTisch Kriegsleute, Le- 
gionen, n. der lugischen Yolker; 
sie wohnten an der oberen Oder. 

18. super — truces, gehort za- 
sammen: sie pochen, trotzen aof 
ihre Kraft und daraus ergiebt sich 
die intita feritas, — enumeratos 
paulo ante, n. die Lugischen; 
enumeratos statt RelatiTsatzes bei 
Gic- 

19. lenocinantur, nachhelfen, d. 
dem Eindrucke der aufseren Er- 
scheinung, damit sie eindrncksYoller 
wird, wie Dial. 6, 24 ipsa soUicitudo 
lenocinatur Toloptati. 

20. tincta, bemalt. — atras — 
legunt, darin besteht das tempus; 
atras, n. hier die naturliche dunkei 
schwarze Farbe; Tgl. hist. V, 22, 4 
(a Germanis) electa nox atra nnbi- 
bus. — ipsaque, schon durch die 
blofse, wie 9, 5 und 13, 12. — formi- 
dine atque umbra, konkret «= «die 
Furcht erregende, schattenhafte Er- 
scheinung;^ daher nachher novum 
ae V. inf, aspectum, — nigra — cor- 
pora, darin besteht die ars; nigra, 
n. hier die kunstiiche schwarze Farbe. 

21. feralis wie hist. I, 37, 10 



horror animum subit, quotiens re- 
cordor feralem introitum (Galbae), 
„Einzug uber ein Leichenfeld* und 
ann. 11, 31, 3 feralibus iam sibi tene- 
bris, in der fur ihn schon grabahn- 
lichen Finsternis, in der Grabesfin- 
stemis; also hierasGespenster- oder 
Totenheer. Grimm, Myth. 902. — 
nuUo hostium = nulio hoste. Gic. ; 
YgL 44, 5. 

22. novum wie 31, 12. — velut 
infernum, gleichsam aus der Unter- 
welt Oder Holle »» hollisch. 

24. Gotones, die Goten, zu Taci- 
tus' Zeit am rechten Ufer der un- 
teren Weichsel Ton der Einmundnng 
des Bug mit Narew etwa bis zu 
ihrer Mundung gegen das frische 
Haif bis zum J^egel, vom 3. Jahrh. 
ab am Schwarzen Meere. — regnan- 
tur, kurz fur: sie wohnen jenseit 
der L. und werden von Konigen 
beherrscht ; vgl. 25, 9. — adductius, 
mit strafier angezogenem Zugel: 
dieses Bild liegt dem adducere za 
grunde, ebenso hist. Ill, 7, 5 prae- 
fectus castrorum adductius quam 
ciWli hello imperitabat, aber das 
Adj. in gleichem Sinne ann. XIV, 
4, 17 modo familiaritate iuvenili 
Nero adductus, quasi seria conso- 
ciaret und Sneton. Tib. 68, 6 Ti- 
berius incedebat adducto fere vultu, 
plerumque tacitus; habenas adducere 
und remittere hat Gic. Lael. 13, 45. 

25. supra, iiher die Freiheit 
hinaus, so dafs dieselbe unter dem 
koniglichen Regimente litte. 

26. protinus ab, raumlich : gleich 

6* 



84 



GORNEUI TAail 



gentium insigne rotunda scuta , breves gladii et erga reges ob- 
sequium. 

44« Suionum hinc cmtates, ipso in Oceano, praeter viros 
armaque classibus valent forma navium eo differt, quod utrim* 
que prora paratam semper adpulsui frontem agit. nee velis mini- 
strant nee remos in ordinem lateribus adiungunt: solutum, ut in 
6 quibusdam fluminum, et mutabile, ut res poscit, bine vel illinc 
remigium. est apud illos et opibus honos, eoque unus imperitat, 
nullis iam exceptionibus, non precario iure imperandi. nee 



vora 0. her, unmittelbar am 0. — 
Rugii, die BewohDer tod West- 
preufsen (PommerelleD) uDd Pom- 
mern an der Oetsee i wiscben Weich- 
sel UDd Oder; aach hat die Insel 
R6gen ibren NameD yon ibnen er- 
halten. — Lemavii^ westlich yon 
deD Rag^i in Hinterpommern an 
der Ostsee. ^- deinde, ranmlicb wie 
40, 3 nnd 42, 1. 

27. iruigne wie 38, 4. — et 
erga reges obsequium, et nach zwei 
asyndetischen Begriffen, yon denen 
die ersten beiden konkrete, der 
dritte ein sittiicher ist (ygl. 1, 2), 
hebt den letzteren besonders her- 
yor: und aach noch. 

44^ 1. Suionum, die Bewobner 
yon Scandinayia, die Snehans des 
Jordanes, altnord. Syiar, ags. SyeoB, 
die Schweden, deren Land altnord. 
Sk^neg, ags. Scedenig biers. — hxne, 
yon hier ans, namlich yon der Sud- 
kiiste des Oceans ans, wo die RugU 
nnd Lemoyii wohnten, weiter. — 
ipMo, mitten im 0., weil das Land 
als etne insel oder eine Grnppe yon 
Inseln angeseben wurde. — prater 
wie 2, 5. — utrimque prora, n. das 
an beiden Seitea yorn wie hinten 
befindlicbe Yorderteil, so daCs also 
ancb das Hinterteil als Yorderteil 
angeseben werden konnte ; utrimque 
gehort attributiyiscb zu prora; ygl. 
2,4; 8,3; 22,7 und 37, 10. 

^.paratam — frontem agit, eine 
znm Landen geeignete Yorderseite 
Oder Front ffibrt, bat ; ygl. bist III, 
47, 18 camarae inter undas volynn- 
tar, pari ntrimqiie prora et muta- 
bili remigio, qnando bine yel illinc 



appellere indiscretum et innoxiara 
est and ann. II, 6, 6 plnres nayes pro- 
peratae adpositis utrimqoe gnber- 
nacnlis, conyerso at repente remigio 
bine yel illinc adpellerent. — velis 
minitirant, n. nayes, bedienen, wie 
Yerg. Aen. 6, 302 ipse (Charon) 
ratem conto snbigit yelisque mini- 
strat. 

4. in ordinem, so dafs man eine 
bestimmte Reihenfolge erkennen 
kam, in geordneter Reihenfolge. 
— ut wit 1, 13. 

5. quibusdam fluminum  qn. 
fluminibns. Gic. ; ygl. 43, 20. — ut 
res poseit wie 6, 4 prout ratio 
poscit uod 35, 12 si res poscst. 

6. et opibus, sogar Geld, wabrend 
nacb c. 5 die Germanen ans dem- 
selben sicb wenig machen. Ber- 
selbe Aasdruck wenn auch mit Gen. 
statt Datiy Agr. 21, 9 inde etiam 
babitas nostri honor. — eoque, and 
nur desbalb, nnr am dieses Geldes 
willen bat einer zn befeblen, ist 
also AUeinberrscber. 

7. nullis iam exeeptionibus^ mit 
keinen Ansnabmen and Bescbran- 
kongen mebr, wie sie nacb c. 7, 2 
and 11,13 bei manchen germaniscben 
Yolkerschaften bestanden. — non 
precario iure imperandi, nicbt mit 
dem nar aaf Bitten benibenden, 
nor mit Yorbehalt gegebenen, daher 
widerruflichem Recbte za befeblen ; 
precarias in gleichem Sinne hist 1,52, 
19 precarinm seni imperium et breri 
transitnrara and adverbial Agr. 16,21 
Trebellias, faga ac latebris yitata 
exercitas ira indecoras atqae bomi- 
lis, precario mox praefait. 



DE GERMANIA UBEB. 43. 44. 



85 



arma, ut apud ceteros Germanos, in promiscuo, sed clansa sub 
custode, et quidem servo, quia subitos hostium incursus prohibet 
Oceanus, otiosae porro armatorum manus facile lascmunt : enim- 10 
vero Deque nobilem neque iDgenuum,ne libertinum quidem armis 
praeponere regia utilitas est. Suionibus Sitonum gentes conti- 
nuaotur. cetera similes uno difTerunt, quod femina dominatur: 
in tantum non modo a libertate, sed etiam a servitute degenerant 



8. in promiscuo, ^Id jedermaDDS 
Handen^ 

9. ei quidem servo, parenthetisch 
gesagt, denn der Satz mil quia be- 
gruoidet clauea, „Dafe Edele und 
Fr«ie nicht zu H&tern der Waf- 
fen slch hergaben, ist deutscher 
Sitte aDgemessen'*. Grimm, GDS. 
516. 

10. porro wie 2, 5 «» zudem. — 
enimvero, and allerdiDgs, in der 
That, wie 19, 6. 

1 2. regia, fdr Konige. ^Diese {kber- 
triebene VorsteUnng von der Macht 
des altschwedischen Einwaldshof- 
dingi Oder EinwaldkSnigs, dem der 
reiche Uppsalstempel mit allem Zn- 
behor and allea Gerechtsamen ge- 
horte, in dessen Umkreise unter 
seiner Leitangnnd Obhatdas hdchste 
Fest des Landes zur bestimmten 
Zeit begangen wurde and Einhei- 
mische and Frerode Ton nah and 
fern zngleich zn friedlichem Markt^ 
und HandelsTerkehre sich versam- 
melten, kann nar bei fremden Sfid- 
germanen entstanden sein, die ihn 
allein in seiner festlichen Herrlicb- 
keit and ais Yerwalter und Schirmer 
des Fesifriedens kennen lernten, and 
ans deren Mande anch — nicht 
aas dem rdmischer Handler — Ta- 
citas' Nachrichten fiber den skan- 
dinayischenNorden geschSpft sind.** 
Mallenhoff. -^ Sitonum gentes ; in 
Sitones «scheint ein Appellativ mifs- 
verstandlich als Name aafgefafst 
za sein, got. sitans, die Sitzenden, 
yieUeicht damals als berichtet wurde, 
dars die jenseit der Suiones Sitzen- 
den Yon einer Frau beherrscht wfir- 
den.** Gemeint sind die ehedem 
ndrdlich von den Schweden nm den 



Bottnischen Busen aasgebreiteten 
Finnen, die von karelischer Abkunft 
im Gegensatze zn den im Gebirge 
hansenden Lappen mit heimischem 
Namen Kainulaiset d. i. Nieder- oder 
Flachlander hiefsen, woraus die Ger- 
manen altnord. Kyenir oder Kvaenir, 
ags. Cw^nas (K. Alfr. Orosins I, 1) 
machten und weiter die Fabel yon 
einemFranenreiche,Gw^naland (Oro- 
sius 1,1) sich entspann, da got 
qino, ags. cw^n (neaengl. queen) 
altnord. Kyena (Kona) ywri, Frau 
und K5nigin bedeutete. Solch eine 
Fabel konnte wieder nur durch mirs- 
yerstandene Berichte von Sfldger- 
manen an Tacitus gelangt sein, sonst 
wfirde er die Sitones nicht zu den 
Sueben gerechnet haben, da ihre 
Nationalitat unbedingt keine germa- 
nische ist. — eontinuantur, medial 
zn fassen -» sie reihen sich an ; yg). 
Gic. de nat. deorum I, 20, 54 cohae- 
rescunt inter se (atomi) et aliae alias 
apprehendentes continuantur. „T. 
hat bei der Aufstellung dergerma- 
nischen Ostydlker yon den Donau- 
sueben an (o. 41 u. 42) bis zu den 
Suiones durchaus die Bichtung yon 
Sfiden nach Norden innegehalten und 
dabei in der Beihenfolge der V51ker 
von Snden nach Norden eine Stei- 
gerung der koniglichen Gewalt er- 
kennen woUen.** 

13. cetera wie 17, 2 und 29, 11. 

14. in tantum, bis za einem sol- 
chen Grade. — non modo — degene^ 
rant, T. spielt mit den Worten: 
wer nberhaupt einem Kdnige dient, 
ist unfrei, ein Knecht; wer aber 
einer Frau als Konigin dient, ist 
noch in eine besondere Abart von 
Knechtschaft geraten. 



86 



GORNELU TAGITI 



45* Trans Sitonas aliud mare, pigrum ac prope inmotum, 
quo cingi cludique terrarum orbem hinc fides, quod extremus 
cadentis iam solis fulgor in ortum edurat, adeo clarus, ut sidera 
hebetet; sonum insuper emergentis audiri formasque equorum 



45* 1. aUud mare, n, als der in 
44 drter genannte Oceanus. — pi- 
grum ae prope immotumy wie Agr. 
10, 19 pigrum et grave remigan- 
tibas. JNach dem beruhmten For- 
schangsreisendeQ Pytheas von Mas- 
salia (um 330 v. Ghr. ) ist es &dXaaaa 
nsTtfjyvia (Strabo t,4), nach einem 
orphischen Dichter d'aXacaa vex^, 
nach Plin. n. h. IV, 16, 104 und 
XXX Vn, 2, 35 mare concretum, das 
geronnenedickgewordeneMeer, kel- 
tisch Morimarusa, das tote JMeer, 
(Plin. n. h. IV, 13, 95), deutsch nach 
einem Isidorischen Glossare des 
XI. Jahrh. lebirmere und mere ge- 
liber6t in' demo wentilmere weste- 
r6t (Meregarto, Mdll. und Scberer, 
Denkm.^ S. 71) genannt. £8 ist dar- 
unter die elf Meilen breite Strecke 
zwischen den Orkneys und Shet- 
land zu verstehen, welche seit jener 
Zeit bis auf den beutigen Tag we- 
gen ihrer Windstillen und Seenebel 
berfichtigt ist. T., an Pytheas' wie 
an seines Schwiegervaters Bericht 
sich anschliefsend, bewahrt die Vor- 
stellung von dem geronnenen Meere, 
nimmt aber den Norden von Bri- 
tannien, das Agr. 33, 27 ipse ter- 
rarum ac naturae finis heifst und 
yon dem ebenda 12, 9 fi*. gesagt wird, 
dafs die Nacht dort schon so kurz 
sei, dafs man Ende und Anfang des 
Tages nur bis auf einen geringen 
Unterschied auseinander kenne, als 
den Norden oder Nordwesten von 
Skandinavien. 

2. cludi wie 34, 2 und u. Z. 21. 
— hinc fides, n. est, findet aus 
demUmstande, dadurch Bestatigung, 
dafs. 

3. in ortum edurat, dauert an 
bis zum Sonnenaufgange (am an- 
dern Morgen). Genan genommen 
aber geschiebt das nur wahrend der 
Sommersonnenwende ; vgl. Plin. n. 



h. II, 57 in Thyle per solstitiam 
nullae noctes sunt. 

4. hebetei, erbleichen macht, blen- 
det. — emergentii, n. solis e mari 
im Gegensatze zu cadentis. — so- 
num audiri, „ Strabo nach Posi- 
donios II, 3, 1 fteU^a) Bvvetv rov 
tjXiov iv rfj naQotxeavlTtBi fiera 
yfo^av na^ajtXrjaiafe , (ooavei aC^ 
^ovToe rav naXayovi xard opifr&v 
avrov 8uL to ifinlnrBiv sie rov 
fivd'ov; nach Albrecht von Scfaarffen- 
bergs Titurel (um 1270) Qbertreffea 
„die s&fsen Tone der anfgehenden 
Sonne Saitenspiel und Vogelsang 
wie Gold das Kupfer" ; Wuotan als 
stQrmender W6ma gedacht ist ein 
Schauem der Natur, wie es anch 
beim Anbruche des Tages sich zeigt, 
wo frisches Wehen durch die Wol- 
ken dringt; niederd. de krik vam 
dage,dieMorgendammernng, gleich- 
sam das Schrillen des Tages, wie 
das zirpende Tierchen, das Heim- 
chen kriek heifst (engl. cricket); 
hochd. anbrechen, engl. the break, 
the rush (Ranschen) of day erinnert 
an das dem Sonnenaufgange vor- 
hergehende Zittern und ErschQttern 
der Luft, von empfindiicher Kuhle 
begleitet. Die Spanier sagen auch : 
et alva se rie (lacht) und die Araber : 
der Morgen niest.<* Grimm. — in- 
super y obendrein, wie 16, 11 und 
31, 7. — formasque •— capitis, es 
mag die romische Vorstellnng vom 
Sonnengottemit strahlendem Haupte 
und Sonnenrossen mitgewirkt haben, 
aber nach nordischer Vorstellnng 
hatte „die Sonne auch einen Wagen 
mit zwei Rossen und die Verglei- 
chung der Gdtter mit strahlenden 
Gestirnen leitet zu einem Strahien- 
kranze, blonde Locken leuchten wie 
Strahlen; um Th6rs Haapt wird, 
wenigstens spater, ein Kranz von 
Sternen angenommen." Grimm. 



DE GERMANIA LIBER. 45. 



87 



et radios capitis adspici persuasio adicit. illuc usque, et fama 5 
vera, tantum natura. ergo iam dextro Suebici maris litore Aestio- 
rum gentes adluuntur, quibus ritus habitusque Sueborum, lingua 
Britannicae propior. Matrem deum venerantur. iusigne super- 
stitionis formas aprorum gestant: id pro armis omnique tutela 
securum deae cultorem etiam inter hostis praestat. rams ferri, 10 



5. pernuutOf »der Glaube.'' — et 
fama vera, und die Kunde ist wahr, 
die T., der den Nordea tod Bri- 
tannien mit Skandinavien yerwech- 
selte, durch die Expedition des Agri- 
cola mit der rdmischen Flotte nach 
Thule im J. 84 erhalten zu haben 
glanbte. 

6. tantum, so weit, n. and nicht 
weiter. — natura, n. est, reicht 
die Natur, die Schopfung der Welt: 
hier also hat die Welt ein Ende; 
Tgl. Agricolas Worte (33, 27) zu 
seinen Soldaten Tor dem Kampfe 
gegen die Briten: nee inglorium 
foerit in ipso terrarnm ac naturae 
fine cecidisse. — ergo, n. weil dort 
die Welt ein Ende hat, kehre ich 
also zuruck — und zwar kehrt T. 
znruck znr Weichselmundung und 
schlagt nnn,wje das Wort c^ortro an- 
dentet, statt der bisher nordlichen 
Richtang die ostliche ein. — Suebici 
marit, nor hier wird die Ostsee so 
genannt. — Aestiorum gentes, die 
Aestii sind neben den Yeneti nnd 
Fenni der ganze, ans in drei Hanpt- 
abteilnngen bekannte, in sich aber 
seinem Urspmnge nach einheitliche 
Sprach- nnd Yolksstamm der alten 
Preufsen (Prnzzi), Littauer nnd Let- 
ten; =3 Aisteis oder Aistjus yon got. 
aistan, aestimare, ,die Achtbaren, 
Ehrenwerten**, erhalten in Esthland, 
auf welches sich der Name nbertrug, 
obgleich die Esthen keine Littauer, 
Bondem Finnen sind. 

7. riUu habitusque, Gebrauche, 
Lebensformen und Aussehen. 

8. Britannicae, die littauische 
Sprache mufs den Romem, die Ta- 
citus' Gewahrsmanner waren, wie 
britannisch-keltisch geklungen ha- 
ben. Diese Bemerkung ist bedeut- 



sam, weil sie nur yon Augen- und 
Ohrenzengen stammen kann, die 
wohl der Bemsteinhandel in das 
Land der Aestier fflhrte, und weil T., 
der doch Agr. 11, 12 sagt, dafs zu 
beiden Ufern des Kanals sermo 
haud multum divertus sei, hier yon 
einer Britannica, c. 28 yon einer 
Gallica lingua spricht, obgleich doch 
auch hier eine Yergleichung mit der 
gaUischen Sprache unbedingt naher 
gelegen hatte. — Matrem deum, 
nach romischer Auffassung, die aber 
in diesem Falle nur yon den Eber- 
bildern ausging, denn in Rom kenn- 
zeichneten bildliche Anhangsel und 
Amulete die Anhanger und Yer- 
ehrer der grofsen G5ttermutter; ygl. 
Preller, rdm. Myth.^ 450: ,den Got- 
tesdienst der grofsen Mutter besorg- 
ten ein Priester und eine Priesterin 
phrygischen Ursprungs, welche mit 
ihrem Anhange jahrlich einen Um- 
zug durch die Stadt hielten, wobei 
sie nach herkommlicher Weise kleine 
Bilder an der Brust hangen batten**. 
— superstitionii wie 39, 9 und 
43, 15. 

9. formas aprorum, Eberbilder 
BUS Holz oder Teig. Wie in der alt- 
germanischen Sage und Dichtung 
der Held selber dem Eber yerglichen 
wird, so ist das Tier auch ein Sym- 
bol der Tapferkeit, welches den Hel- 
den schmuckt und ziert, aber auch 
schutzt; so Beow. 304: Eber- 
bilder schienen hell; es hielt mit 
Gold geschmflcket fiber der Helden 
Wange schimmernd und feuerhart 
ein Schwein die Wache. — omni- 
que, nicht blofs im Kriege, sondern 
auch als Schutzmittel in jeder be- 
liebigen anderen Lage. 

10. rarus ferri, frequens fusUum 



88 



GORNEUI TAGITI 



frequens fustittm usus. fnunenta ceterosque fructus patientius 
quam pro solita Germanoram inertia laborant. sed et mare scru- 
tantur ac aoli omnium sucinum, quod ipsi glaesum vocant, inter 
vada atqoe in ipso litore legunt. nee quae natura quaeye ratio 

15 gignat, utbarbaris quaesitum compertumre; diu quin etiam inter 
cetera eiectamenta maris iacebat, donee luxuria nostra dedit 
nomen. ipsis in nuUo usu : rude legitur, informe perfertur, pre- 
tiumque mirantes accipiunt. sucum tamen arborum esse io- 
tellegas, quia terrena quaedam atque etiam volucria animalia 

20 plerumque interlucent, quae implioata humore mox durescente 
materia cluduntur. fecundiora igitur nemora lucosque sicut 
Orientis secretis, ubi tura balsamaque sudantur, ita Occidentis 
insulis terrisque inesse crediderim, quae vicini solis radiisexpressa 



usus palst sehlecbt zu den eben er- 
wahnten Eberbildern and ist doch 
wohl flberhanpt nnwahncheinlich. 
Will T. dnrch dieaen and durch 
andere ZAm die Aestfer als weniger 
kriegeriach als die Gennanen hin- 
atellen? Oder ist ihm von einem 
Krammholie beriehtet, wie es die 
Littauer noch im 14. Jahrh. fflhr- 
ten, ja wie die littauiachen and 
preursischen Dorfschulzen noch 
hente die kriwii^le, den Kraromstab, 
als Abzeichen ihrerWflrde tragen? 

12. inertia wie 14, 16; 15, 6; 
26, 6. — laborant, dicbteriach mit 
dem AkkaaatiT konatruiert wie Hor. 
epod. 5, 60 qaale non perfectina 
meae laborarint manna; Tgl. 30, 8 
valJare noctem. 

13. omnium, n. Germanoram. — 
glaesum, diesen Namen fOr den 
Bernstein lernten die Rdmer Ton 
den Germanen der Nordsee kennen; 
Tgl. Plin. n. h. lY, 16, 103 insnlae 
in Germanicum mare aparaae Glae- 
aariae, qnas Electridaa Graeei recen- 
tiores appellaTere, qnod ibi electrnm 
naaceretur and XX X VII, 3. 42,T. aber 
flbertrng ihn anch auf die Ostaee- 
bewohner, die preursischen Aestier, 
obwohl der Bernstein preufls. gen- 
tara, litt. gent^ras hiefs. 

14. quae natura ratiove, natflr- 
liche Kraft oder natflrlicher Vorgang. 

15. ut wie 2, 13. — barharis, 



Dat. beim PassiT wie 16, 1 ; 31, t 
and 34, 5. — donee wie 37, 21. — 
eieetammita, dies Wort hier and 
bei Apul. apol. 35 allein. 

16. huBuria nostra dedit nainen, 
rftnusche fifppigkeit brachte ihn in 
Raf infolge Ton Mode oder Ueb- 
baberei; der Bematanhandel war 
damala noch jung, denn der r5- 
mische Bitter, Ton dem Pliniua 
(n. h. XXXVli, 3, 45) achreibt, dafs 
er Ton Pannonien ans ongefihr 600 
rSmiache (ungefthr 120 deataehe) 
Meilen weit gereiat aei, die Kfiste 
Germaniena erkandet and ein Stfick 
Ton 13 Pfond mitgebracht habe, 
reiate anter Nero urns Jahr 60. 

17. rude — perfertur, roh wird 
er gefonden, ungestaltet oder nn- 
bearbeitet ausgefflhrt. 

18. mirantes, aach ein Bewela 
fOr die damalige Jogend dee Bern- 
steinhandels. — tamen, wenn sie 
aoch aonat nicht Tiel daTon wissen. 

19. terrena — animab'a, Inaekten 
aller Art, kriechende and geflfigelte. 

20. plerumque wie 5, 4 and 13, 
12. — mox, wie 2, 20. 

21. cluduntur wie (Obertr.) dial. 
30, 28 oratoria Tia et facultaa bre- 
Tibas terminia claditor; Tgl. o. Z. 2. 

22. seeretis n. inesae credo, in 
den abgelegenen Gegenden. 

23. quae -» exundant ist Sab- 
jektaakkasatiT za inesse, Stoffe, 



DE GERfllANIA UBEfL 45. 46. 



89 



atque liquentia in proximam mare labuntur ac vi tempestatum in. 
adTersa litora exandant. si naturam sucini admoto igne temptes, 25 
in modnm taedae accenditur alitque flammam pinguem et olentem } 
mox ut in picem resinamve lentescit. 

4C» Hie Snebiae finis. Pencinorum Venedorumqne et Fen- 
norum nataones Germaais an Sarmatis adscribam dnbito, quam* 



die . . . T. will mit diesen Wortea 
eine Erklarang geben far die natura 
nnd die ratio, welche den Bernstein 
eraeogen, was dieBarbaren wa er- 
fcNsehen sieh niebt bemObeo. -<- 
vicinif n. im Somnier. 

24. labuntur, rinnen. 

25. adversa, den Flnten gegen- 
flberliegend, die gerade darcb die 
Gewalt der SiOrme getroffen wer- 
den, wozo Wolff citiert apttni^^ 
anftal ans Soph. Antig. 588. — 
exundant, fluten hinaos, warden 
Ton dea Flnten binansgeworfen, 
wie (fibertr.) ann. lU, 72, 5 exnn- 
dantis opes, die (ans der Stadt) 
berausstrftmenden Schatxe. — tut- 
turam, das nattirliehe Wesen, den 
Stoff. 

26. in modum taedae aceendi' 
tuTy es UOst sieh in Brand sleeken 
wie eine Peehfackel ; dentseh Bern- 
stein statt Brennstein. — pinguem, 
fettig nud daher wie brennendcs 
Fett sehwelend, qnalmend. 

27. mox wie Z. 20. — tn picem 
resinamve, sodafs es gewiasermafeen 
Pecb Oder Han sn sein scheint; in 
wie 23, 1 nnd 46, 5. — lenieteit, 
wird biegsam, geschmeidig, wie 
Yerg. Georg. 12, 250 tellns picis in 
morem ad digitos lentescit habendo; 
Ton der salix Golnm. 11,2, 92; Ton 
einerin Wein umgewendeten gemma 
Plin. n. b. XXXVII, 10, 70. 

IV. Nicht rein gebliebene 
nnd geradesn nicht-germa- 
niscbe nebst einigen fabel- 
haften Vdlkerschaften. (46). 

46, 1. Ac Suebiae finis, hier ist 
das Ende des Snebenlandes, das Ton 
c. 38 an behandelt worden ist — 
Peucini, ursprQnglich die Bewohner 
der Donaninsel Uevrnj, Fiehteninsel, 



dann Ton der Donaumfindung bis 
znm D^jestr; sie sind entschieden 
Germanen ebenso wie die Bastarner, 
mitdenen sie beiT. snsammenfallen, 
wahrend die letzteren eigentlich 
den groGsen Volksstamm bilden, zu 
dem die ersteren als ein einselnes 
Yolk gehdren. Die B. wohnten von 
den Lugiem an im Osten der Ksr- 
paten bis zn den Donanmandnngen; 
nachdem Pytheas nm 330 t. Ghr. 
an der RfaeinmAndung Germanen ge- 
fnnden, sind sie die nschsten, 
welche in der Gesehichte genannt 
werden, denn 182 Tor Ghr. aehiekte 
Phiiipp III vonMakedonienGesandte 
an sie, um HilfsT61ker Ton ihnen 
gegen die R5mer zn gewinnen, und 
70000 Mann waren far ihn bereit — 
Fenedorumque, sind die Wenden 
Oder Slawen Tom rechten Weichsel* 
nfer bis nsch Polen hin. — Fenni, die 
Finnen nnd zwar nnr anf dem Fest- 
lande, (von solchen in SkandinaTien 
weifs T. nichts) am Saume und in 
den Niederungen der Ostseekflste 
bis nach Nordmfsland ; ags. Finnas, 
finna ■» penna, also ol nsrssjtfoi, 
die Geflfigelten infolge ihrer Schnee- 
schnhe, mit denen sie ihre FQfBe 
beflflgeln; daher auch Skridiflnnen 
(ags. Scridefinnas, Oros. 1) gensunt, 
Ton skrida fahren, gleiten, ahd. scri- 
tiscuoh, Fliegschuh, Schrittschuh, 
slso eigentlich die fliegend Ge- 
flfigelten. 

2. Sarmatis, nicht blofs die 1, 2 
gensnnten Jazyges, sondern der 
ganze grSfsere, oberhalb des Schwas 
zen Meeres in SAdrursland woh- 
nende Yolksstamm, Skythen. — 
quamquam, T. beschrankt seine 
Zwetfel znn&chst in betreff der 
Penciner. 



90 



GORNELn TAGITI 



quam Peucini, quos quidam Bastarnas vocant, sennone cultu, sede 
ac domiciliis ut Germani agunt sordes omnium ac torpor: ora 

5 procerum conubiis mixtis nonnihil in Sarmatarum habitum foe- 
dantur. Venedi multum ex moribus traxerunt; nam quidquid 
inter Peucinos Fennosque silvarum ac montium erigitur latro- 
ciniis pererrant. hi tamen inter Germanos potius referuntur, 
quia et domos flgunt et scuta gestant et pedum usu et pernicitate 

10 gaudent: quae omnia diversa Sarmatis sunt in plaustro equoque 
viventibus. Fennis mira feritas, foeda paupertas: non arma, non 
equi, non penates; victui herba, vestitui pelles, cubile humus; 
solae in sagittis opes, quas inopia ferri ossibus asperant. idemque 
venatus viros pariter ac feminas alit; passim enim comitantur 



3. sermone, viel wufste T. wohl 
nicht flber die Sprache, sonst wflrde 
er die Bastarner eher als echte 
GermaDen hingestellt haben als vor- 
her die Aestier; von der Sprache 
der Veneter und Fennen wufote er 
und sagt er sogar gar nichts. — 
euliu, Sitte. — sede ac domicitiU^ 
nach der Art sich anzusiedeln und 
ihre Hauser zu banen. 

4. agunt wie 29, 11 und 43, 9. 

— omnium, n. propriae sunt — ac, 
und aufserdem. — torpor , Stumpf- 
sinn, wie 14, 7 torpere otio. ^ 

5. mixtis^ zwischen Peucinen und 
Sarmaten. — in wie 23, 1 und 45, 27 
B» sodafs sie das Aussehen, den 
Typus Ton Sarmaten bekommen. 

— foedantur, werden sie verun- 
staltet zu dem hafslichen Aussehen 
von Sarmaten. 

6. muUum steigert nonnihil. — 
ex moribus, n. Sarmatarum; dieses 
Annehmen der Sitten ist fflr T. be- 
deutungsvoUer als das des Aufseren. 

7. latrociniii wie das Wagen- 
und Reitervolk der Sarmaten. Vgl. 
hist. I, 79, 10 nihil ad pedestrem 
pugnam tam ignavum (quam Sar- 
matae) : ubi per turmas advenere, vix 
ulla acies oDStiterit 

8. tamen, trotz mancher Unter^ 
schiede. 

9. domoi figunty im Gegensatze 
zum unsteten Nomadenleben der Sar- 
maten; vgL ann. XllI, 54, 6 iamque 



Frisii fixerant domos. — pedum per- 
nieitate wie hist. I, 79, 9 equomm 
pernicitate Sarmatarum. 

10. gaudent wie 5, 6. — di- 
versa c. dat. statt a c abl., bei 
Dichtern und spateren Prosaikern, 
so Hor. epp. I, 18, 5 est huic di- 
versum vitio vitium prope maius. 

— Sarmatis brachylogisch beim 
Yergleiche fQr Sarmatarum moribus. 

— plaustro, vgl. Ammian. XXII, 
8, 42 Scythis caritates et habita- 
cula vilesque supeliectiies plaustrU 
impositae sunt corticibus intextis 
et cum placnerit, sine obstaculo 
migrant, eodem carpenta quo 11- 
buerit convolventes, XXXI, 2, 18 
Halani absumptis pabulis velut ear- 
pentis civitates impositas vehunt 
und XXXI, 2, 10 Hunni in earpentis 
habitant. — non equi, zu jenen 
Zeiten war in Skandinavien oboe 
Zweifel nur das Renntier zu finden. 

12. non penates, keine Hauswirt- 
schaft, wie 15, 3; hier im Gegen- 
satze zu den Veneti, welche domos 
figunt. — victui — humus, wenig- 
stens zur Sommerzeit. 

13. opes wie 5, 6 ■» Reichtum, 
im Gegensatze zu dem armlichen, 
nur aus herba bestehenden victus, 

— asperant, eigentlich mit Knochen 
harten und scharfen, d. h. vom mit 
Knochenspitzen versehen. 

14l. passim, flberall hin ; vgl. 41, 6. 

— comitantur, n. feminae viros. 



DE GERMANIA UBER. 46. 



91 



partemque praedaepetunt. necaliud infantibus ferarum imbrium- 15 
que suffugium, quam ut in aliquo ramorum nexu contegantur: 
hue redeunt iuvenes, hoc senum receptaculum. sed beatius arbi- 
trantur quam ingemere agris, inlaborare domibus, suas alienas- 
que fortunas spe metuque versare : securi adversus homines, securi 
adversus deos rem difficillimam adsecuti sunt, ut illis ne voto 20 
quidem opus esset. cetera iam fabulosa: Hellusios et Etionas 
ora hominum vultusque, corpora atque artus ferarum gerere: 
quod ego ut incompertum in medio relinquam. 



15. petunt^ verlangen, beanspru- 
chcD. 

16. in aliquo ramorum nexu. 
Tier bogenformige Holzer, durch 
einige Querholzer Terbunden, mil 
einer groben Tachdecke bezogen, 
bilden dasGezelt des Finnen, goatte, 
aach kola genannt 

17. beaHus arbitrantur, n. die 
eben beschriebene LebcDSweise ; 
aber daCs Finnen und Lappen da- 
mals so philosophiert batten, daran 
ist nicht za denken, sondern rhe- 
toriscbe Ansschmuckung des T., der 
idmiscbe Yerfaiiltnisse im Sinne hat. 

18. ingemere agris (dat.), stohnen 
auf, sich abqaaien mit ; — inlabo- 
rare domibus^ (abl.; das Wort 
kommt nnr hier vor), sich abm&hen 
mit (dem Bane Ton) Hausern. 

19. versare, nmtreiben, in Urn- 
laaf bringen; ahnlich wie Suet. 
Galba 9, 12 nnmmalario non ex fide 
Tersanti pecunias, umgehen mit. 
Die drei Begrifie ingemere, inlabo- 
rare, versare bilden den Gegen- 
satz zum venatus, zum ramorum 
nexus und zu der foeda paupertas, 
— securi — deos, mit Gottern und 
Menschen leben sie in sorglosem 
Frieden, Ton keinem gekrankt noch 
beneidet 



20. ut ilUs ne voto quidem opus 
estetjdit Bedurfnislosigkeit ist durch 
die umgebenden klimatischen Yer- 
haltnisse noch heute geboten ; eben- 
so erzahlt lustin. II , 2, 9 Ton den 
Skythen : haec continentia illis mo- 
rum quoque iustitiam edidit, nihil 
alienum concupiseentibus ; quippe 
ibidem divitiarnm cupido est, ubi 
et usus: auch das rhetoriscb ieb- 
haftere illis findet sich hier wie 
dort. 

21. iam fabulosa, »geh5rt bereits 
ins Reich der Fabel, z. B. daCs."* 
— Hellusios, nach MuUenhofif >» 
Riesen, Etionas, ags. eoton, altn. 
iotnn, also ebenfaUs ■» Riesen, 
eigentlich die Esser. 

22. ora — gerere, diese Auf- 
fassung mag durch Berichterstatter 
entstanden sein, denen die der Kalte 
wegen in Pelze und Haute gewickel- 
ten Menschen solch einen Eindruck 
machten; T. erwahnt ann. II, 24, 19 
unter allerleimiracula, die Tisa erant 
sive ex metu credits, ambiguas hO' 
minum et beluarum formas. 

23. in medio relinquam, a^un- 
entschieden lassen, wie Sail. Cat 
19, 8 nos earn rem in medio relin- 
quemus. 



EBITISGHEB ANHANG. 



Za Grande gelegt ist der Text der Halmschen 4. Ausgabe (Leipz., 
Teabner. 1883). Darnach sind von Bedeutnng cod. ^^ Vat. 1862, 6 -» 
Leidener, C^Vat 1518, e—^Neapolitaner. tfber den Wert der fiandschriften 
babe ieh micb eingebender aosgesprocben in der Wocbenschr. f. Idass. 
Phil. 1885. Nr. 33. S. 1040 ff. Die Abweicbangen von dem Halmschen 
Texte steben im folgenden vor den eekigen Klaramera. Unwicbtigere 
Abweichungen in der Interpunktion sind nicht angefflhrt. 

2, 8 nisi cut] nut si, Zu einem zweiten H nach nisi ist kein An- 
lafa Torhanden, bingegen antwortet cut dem vorhergehenden quit bestimmi 
und scharf ; deshalb babe ich mit Sturm (Koln, 1879. Progr. v. St. Mar- 
zellen) nisi eui geaetzt. Aoch Hanpt hat fibersetat : aufser w e m es V. ist. 

3, 12 nominatumque . . .] nominaiumque, Ich kann von Haapts 
und Maiienboffs Ansicbt, dafs bier eine LOcke anzunebmen sei, in welcher 
der galliscbe, vorgermanische Name ansgefallen, auch meinerseits nichi 
abweicben. MOllenb. D. A, II, 191, meint der Name sei vielleicbt OLisia 
Oder Ulisia, Olixia oder Ulixia gewesen. 

4, 2 nuUis aUarum naUanum conubiis] nuUis [aliis] aHarwn n, c; 
alHs hake ich fdr entatanden ans nuUis, 

11, 9 turbat^ turba, Auch die von Scbweizer^Sidler ans Liv. XXXIII, 
31, 6 und XXXIX, 30, 8 angefubrten Stellen, an denen beiden wegen des 
dabei stehenden satis die Sache wesentlich anders liegt, kdnnen mich 
nicht bewegen von der meiner Ansicbt wohl verst&ndlichen Lesart der 
fifberlieferang abzuweichen. 

12, 11 ff. Die Worts nihil autem — reipubUcae gehdren meines £r- 
achtens noch zn c 12, das de eoneiUo handelt; c. 13 handelt de prin- 
e^ibus und beginnt daber mit den Worten: insignis noMUias, 

13, 2 ceteris] ceteri. Die von Lipsius herrdhrende Konjektur ceteri 
scheint mir den Sinn zu storen. vgl. F. Dabn, die K5n!ge der Germanen. 
I, 70 und Ranke, Weltgeschichte. 1883. 3. Bd.^ 2. Abt. 278 ff. und AbU 1, 
Note, S. 40. 

13, 7 interpungiere ich oomiies: haee — > vires\ comites, haec — 



vtres, 



16, 13 babe ich das bereits von Muret eingeklammerte, das Asyn- 
deton storende und auch sonst fiberaus matte autem vor populatur ge- 
strichen. 

18, 1 — 4. Mit den Worten Quamquam — ambiuntur mufs c. 18 
beginnen, das von der Ebe und dem ehelichen Leben handelt, dessen 
allerwichtigster Gedanke aber, die Reinbeit der Monogamie, eben in jenen 
Worten von quamquam an ausgesprocben liegt. Auch lebt zu Anfaag 
von 19 in dem Worte pudidiia eben derselbe wichtige Gedanke immer 
noch welter. Die Mitgift ist also nicht das, was c. 18 so gut beginnen 
kann wie der vorhergehende Gedanke. 



KRITISGHER ANHANG. 93 

18, 6 aeprobant munera] ae munera probant, munera; ich babe 
das erste mtmera mit Haase gestricben, well ich za der Wiederholnng 
keine YeranlassoDg sehe and das Bewahren des zweiten mir als das 
Naturlichere erscheinU 

19, 6 publicatas enimvero] publieatae emim. Soil dieser Satz mit 
enim eine Erklaraog des verbere agit bedeuten, so pafst im>enerit nicht, 
deon einen Gatten bat die betreffeode Frau und von allerum steht nichts 
da; maD mufs in diesem Falle mit Kraffert (Auricb, Progr. 1883) /mi- 
verit lesen. Will man aber in dem Yerbaltoisse der Satae eine Steigening 
sehen, indem nach den Terbeiraieten Frauen Dur yod den Madcben ge- 
sproeben wird, so ist anch eine d^rartige Verbinduogspartikel ndtig. 
Icb oeige der zweiten Ansicbt zn und babe deshalb mit Madvig erUm- 
vero in den Text gesetit; ygL 44, 10. 

21, 13 [victiu inter hotpiUs comu], Ich habe mit Halm die Worte 
eingeklammert, weil ich mit den yorgeschlagenen Anderangen wie mit 
der tJberliefening nichts anzufongen wmGb. 

26, 1. Die Worte ideoque — v^tum estet baben mehrere Herans- 
geber, unter den neuesten derselben anch Muller fQr unecbt €rklart als 
eine wasserige Wiederholang der bekannten Worte vom Ende des c. 19 
pins ibi etc. Ich kann dem nicht beistiramen, schreibe aber mit Kraffert 
idque statt ideoque und bin der Ansicbt, dais T. eine von vielen trotz 
guter Gesetze in Rom bestehenden scblechten Sitten noch ganz beson- 
ders herrorbebt, was nicbt verwundern kann, wenn man bedenkt, wie 
trotz der Wuchergesetze das Wuchern in Rom betrieben wnrde. 

26, 3 ab universii vieis] ab universi* {vices], Ich habe melt als 
das handschriftlich wie sacblicb Einfachste gescbrieben. 

30, 14 parare] parere, Ich habe das handschriftliche parare mit 
EuCsner und Muller beibehalten. £s steht anch 24, 3 und dial. 36, 20 
plus Dotitiae ac nominis apnd plebem parabat; Sail. Jug. 10, 4 aBiicos 
auro parare und or. Lepidi 17 aliena bene parata prodigere. 

32, 2 accolunf] eolunt; wenn auch ann. 1, 59, 12, lust IV, 64, 17 
wie G. 28, 16. Rheni ripam eolunt steht (vgl. 29, 2 non mnltum ex 
ripa), so scheint mir doch eolere Rkenum zu kubn, als dafs ich nicht 
glaubte acealunt schreiben zu mussen; vgl. hist I, 51, 14 nee deerat 
pars Galliarum, quae Rhenum accolit; ygl. UI, 47, 5 gentes quae Pontum 
adcolunt, ann. I, 53, 3 Regini qui Siculum fretum accolunt. 

35, 12 exercittis vor plurimum habe ich mit Walch gestrichen. 

37, 16 consularit] eonsulares, Ich habe consular» mit den codd. 
und anderen Herausgebern beibehalten. 

38, 12 compUus] compH [ut]. Den zuerst von Lachmann yorge- 
schlagenen Komparativ halte ich fur notwendig, weil dieser dem vor- 
hergehendon omatiorem entspricht; es ist ja nur yon den principes 
die Rede und zwar yon denen, die und wenn sie in den Krieg ziehen. 

39, 11 poffis habitant] pagi iis habitantur, iis ist unbedingt nicht 
taciteisch, habitantur halte ich fur in gleicher Weise aus dem Aktiy ent- 
standen wie 44, 4 ministrantur aus minisirant : so habe ich mit Ernesti 
gescbrieben pagis habitant, 

40, 13 tune tantum nota, tune amatd] tune tantum nota, tunc tan- 
tum amata. Die Streicbung des zweiten, durch Dittographie entstan- 
denen tantum halte ich fQr ebenso notwendig wie Heraeus, Festschrift 
des Gymnasiums zu Hamm. 1880. S. 11. 

40, 15 Statt des unyerstandlichen Plurals habe ich auf Andresens 



94 KRITISGHER ANHANG. 

Aberzeugenden Rat vestis geschrieben; es ist das Laken g^emeint, mil 
welchem nach Z. 8 der Wagen bedeckt war (veste Gontectnin). 

43, 7 ivgumque Tor imederunt habe ich mit Acidalins gestrichen x 
es ist aas der folgeDden Zeile in den Text gekommen. 

43, 11 Helvaeonoi] Helveconat; ich habe nach Ptolemaeus' ^t>lat/' 
cUnDVBS mit MflUenhoff Helvaeonat geschriebeD ; ebenfalls Helitiot nach 
Malienhoffs Vorgange auf Grand der Handscbriften BCe, welche Helysios 
aafweisen. 

43, 23 Ich habe abweichend von Halm n. a., hingegen mit Schweizer- 
Sidler u. a. die Worte Ton Trans Lugios bis obsequium zn c. 43 ge- 
stellt, weil anf diese Weise das ganze c. 44 den Suiones and Sitones- 
aliein gewidmet ist, die Gotones aber und die fibrigen Ydlkerschaften 
des c. 43 an die Lngier gereiht werden. 

44, 7 imperandi] parendi, Parendi mCirste passive Bedeutang^ 
habenssmit dem Rechte, dafs ihnen gehorcht wird, Gehorsam zu ver- 
langen; fQr solch einen Gebrauch fehlt es an Beispielen, and ich habe 
deshalb Passows Konjektur imperandi in den Text genommen, um so 
lieber, als imperandi dem vorhergehenden imperitat entspricht. 

44, 12 Ich habe die schon von mehreren Seiten angeregte Um- 
stellang der Worte von Suionibus bis degenerant, welche der Arche- 
typas des 15. Jahrh. am Ende des c. 45 aufweist, im Texte vorgenom- 
men, aber mit Meiser (Krit. Stadien. 1871) und Mullenhoif (D. A. II,. 
7 fL) aach die Worte hie Suebiae finis mit umzastellen habe ich micb 
nicht entschliefsen konnen. Fehlen diese Worte am Anfange von c. 46, 
80 fehlt auch der Gegensatz zu.den Worten: Peucinorum etc., mit denen 
T. nun wirklich zu den Volkerschaften ubergeht, deren Abstammung 
itun zweifelhaft ist. Zudem rechnet T. die Aestier nun einmal falschlich 
za den Germanen, so wird er sie auch wie die letztgenannten Nord- 
und Ostgermanen mit zu den Sueben gezahlt haben, die er ni)n schon 
von c. 38 an behandelt, deren Behandlung er aber mit den Worten „hier 
hat nun Suebien ein Ende*' und zwar fur die nach Norden wie nach 
Osten bin dazu gerechneten Volkerschaften dann abschliefst, wenn er 
zu solchen Ydlkern gelangt, die ihm zweifelhaften Ursprunges sind. 

45, 5 Ich behalte die Lesart der Handscbriften et fama vera bei, 
weil sie als Parenthese gefafst mir vollig verstandlich und einfacher er- 
scheint als Grotius' si fama vera, das Halm und Muller aufgenommea 
haben. 

46, 12 cubile] cubili, Der Boden ist die Lagerstatte; Krauter und 
Felle dienen zum Zwecke des Lebensuntershattes und der Kleidung. 

46, 21 Etionas] Oxionas; ich habe nach Mullenhoif, D. A. 11. S. 354 
die im cod. B und b fiber dem Oxionas stehende Korrektur Etiones in 
den Text genommen, um so mehr als auch cod. G. Exionas hat. 



ZusSitze. 



S. 19, 4: zu ab orbe nostra gehort noch die Parallelstelle 44, 1. 
S. 19, 5: vor praeter ist einzuschieben: porro =» zudem, wie 44, 10. 
S. 24, 6: zu opes gehort noch die Parallelstelle 46, 13. 



MMENVEBZEICHNI8. 



AbnSba mon9l,8, eigentlich der 
Schwarzwald von seinem An- 
fange im badischen Oberlande bis 
an sein Ende bei Pforzheim ; bier 
der ndrdliche Teil, wo die Donaa 
entspringt, noch jetzt Abenauer 
Gebirge genannt. 

Aestii 45, 6, der ganze, in drei 
Hauptabteilungen bekannte , in 
sich aber seinem Ursprunge nach 
einheitliche Sprach- and Volks- 
stamm der alten Preafsen, Lit- 
taner und Letten. 

Africa 2, 6. 

Agrippinenses 28, 18, die Be- 
wohner von colonia Agrippinensis 
es Koln am Rhein. 

Albis flumen 41, 9, die Elbe; alt- 
nordisch elfr. 

Albruna 8,9, eine germanische 
Wahrsagerin. 

Alci, Alcaedii43, 15,zweiG5tter 
der Nahanarvali , entsprechend 
den rofflischen Kastor und Pollux, 
vielleicht Phol oder Paltar (altn. 
Baldf) mit einem Bruder (Vali). 

Alpes Raeticae 1, 5, die r. Al- 
pen vom St. Gotthard (Adula) bis 
zur Ortlesspitze. 

Anglii (Angli) 40, 3, eine germa- 
nisch- suebische Yolkerschaft in 
Schleswig-Holstein. 

Angrivarii 33, 2; 34, 1, die 
Engern, eine germanische Vdlker- 
schaft nordl. von den Gheruskern 
langs der Weser bis zu den 
Ghanken. 

Ara Ulixis 3, 12, ein dem Ulixes 
geweihter Altar am Rheine. 

Aravisci 28, 9 und 10, eine pan- 
nonische, am rechten Donannfer 



unter dem Bakonyerwalde in der 
Stuhlweifsenburger Gespanschaft 
wohnende Yolkerschaft. 

Asciburgium 3, 10, eine Stadt 
gegenuber der Ruhrmundung am 
linken Rheinnfer zwischen Neufs 
und Xanten. 

Asia 2, 6. 

Augustus, rdmischer Kaiser von 
37 V. Chr. — 14 n. Chr. 37, 17. 

A u r e 1 i n s Scaurus 37, 15, Legat des 
Prokonsul Gn. Ma thins Maximus, 
an der Rhone von den Gimbern 
gefangen und von dem Konige 
Bojoria erschlagen. 

Aviones 40, 3, eine germanisch- 
suebische Yolkerschaft auf den 
vor der EibmQndung und west- 
lich von Schleswig-Holstein ge- 
legenen Inseln. 

Balsamum Orient! s45,22,wohl- 
riechendes Harz aus der Balsam- 
staude, die bes. in Palastina ge- 
deiht. 

Bastarnae 46, 3, eine germa- 
nische, von den Karpaten ostlich 
am Dnjestr entlang wohnende 
Yolkerschaft. 

Batgvi 29,1 und 11, eine ursprung- 
lich zum Ghattenvoike gehorige 
Yolkerschaft, spater wohnhaft auf 
der von Rhein und Waal gebil- 
deten Insel nebst linksseitigem 
Uferstriche. Ygl. ann. II, 6, 11 
und 14 und hist. lY, 12, 5 sowie 
den Gaunamen Batua, die Land- 
schaftsnamen Over- und Neder- 
batuwe, sowie auch Batavia. 

BigatuSjSc.nummus oder denarius, 
5, 16, ein romischer Silberdenar 



96 



NAMENVERZEIGHNIS. 



mit einer tod einer Victoria ge- 

lenkteD Biga (Zweigeapann) ver- 

seheD, etwa 70 Pf. 
fioihaemom 28, 7, Name fiir das 

Land B6hmen aas Boii ond haims, 

Heimat. 
fioii 28,7; 42,3, eine keltische 

Volkerachafteralin B5hmeD, dann 

in den AlpenlSndern and Ober- 

italien. 
firitannica lingua 45,8, briUach- 

kelUsehe Sprache. 
BrnctSri 33, 1, eine germaniBche 

Ydlkerschaft zwischen Lippe und 

Ems. 
Buri 43, 1, eine saebische Ydlker- 

sebaft, Dorddatlich von den Qna- 

den in den Tb&lern der Wag nnter- 

halb des Jablunkapasaet. 

Caeciliua Metellus 37,7, Amta- 
genosae des Papirios Garbo, 113 
V. Chr. 

Caligula, s. Gains Gaeaar. 

L. G a 8 8 i u 8 Longious 37, 1 5, Konsul 
107 y. Chr., von den Helyetiern, 
vielleicht auch Germanen in Aqui- 
tanien geschlagen und getdtet 

Castor Polluxque 43, 14, die 
rdmischen Gottbeiten, Sdbne des 
Tyndarens und der Leda, entspre- 
chen den dentschen Alci (Alcae). 

Centeni6,15; 12,10, ursprflnglich 
die genua niscbe Hundertscbaft, 
militarisch und politisch. 

Chamayi 33, 1; 34, 1, eine ger- 
maniscbe, anfangs ostlich yon 
der Yssel und dem Zuydersee 
zwischen Friesen und Brakterern, 
spater an der Lippe ond Ruhr 
wohnende V6iker8chaft 

Cba8narii34,l, eine germanische, 
an der Base wohnende Vdlker- 
schaft 

Chatti'(Hessen)29,2; 30,1 und 4; 
31, 2; 32, lund3; 35,5; 36,1; 
38, 1, eine germanische, im heuti- 
geuHessen-Nassao undOberbessen 
wohnende Ydlkerschaft, im Ge- 
biete der Folda, Werra, Schwalm, 
Eder, Lahn und frankischen Saale 
bis zum Main und Rhein. 



Ghauci 35, 2; 36, 1, eine germa- 
nische Ydlkerschaft zwischen der 
unteren Elbe und Weser und den 
MOndnngen von Weser und Ems. 

C h S r us c i 36, 1, eine germanische 
Ydlkerschaft zwischen Elbe and 
Weser, nordSstlich von den Ghat- 
ten. 

Gimbri 37, 1 und 6, eine germa- 
nische Ydlkerschaft ursprt&nglich 
auf der danischen Halbinsel, der 

G 1 i n i (Gotini) 43, 1, eine keltische 
Ydlkerschaft in Ungarn an der 
oberen Gran in den Borscher und 
Soler Gespanschaften. 

M. Grassus 37, 13, der Triumyir 
mit Gasar und Pompejus, weicher 
53 y. Chr. gegen die Parther bei 
Carrbae flel. 

Dsci 1,2, eine thrakische Ydlker- 
schaft im sfldlichen Ungarn, in 
SiebenbQrgen ond Rumanien. 

DSniiyius 1, 2 nod 7; 29, 14; 
41, 4; 42, 5, die Donan, ela 
keltisch-rdmischer Name -■ der 
Rasche , thrakisch - griechisch 

DSciimates agri29, 14, zuerst das 
Zehntland; „decnmas hat dne 
Analogic mit infernas und super- 
nas;^ die Ostgrenze yon Ger- 
mania superior und die Nord- 
grenzeyon Raetia bildend, schlofs 
es das Dreieck zwischen Rhein 
und Donau ab. Marquardt. 

Drusus, M. Drusus Nero Germa- 
nicus 34, 9; 37, 19, Stiefsohn des 
Augustus, Bruder des Tiberius, 
bekiannt darch seine FeldzQge 
gegen die Germanen (12 — 9 y. 
Chr.). Er starb auf der Heim- 
kehr yon einer Expedition nach 
der Elbe infolge eines Sturzes mit 
dem Pferde, 9 y. Chr. 

Dnlgubnii34,l eine germanische, 
zwischen Langobarden und Ghe- 
ruskern an der Aller (AlSra) bei 
Celle nod Gifbom wohnende Ydl- 
kerschaft. Ptolein. 11, lUXlAay- 
yofid^Ba$j vf^ ovc JovXyovgnvioi 



NAMENVERZEIGHNIS. 



97 



EtiSnes 46,21, eine sagenhafte 

Vdlkerschaft im Nordosten Eu- 

ropas. 
Eu doses 40, 4, eine germaDisch- 

suebische Vdlkerschaft, die spa- 

teren Jfiten. 

Fenni 46, 1, die heutigen Finnen, 
Dach Tacitus noch in den Nie- 
derungen langs der Ostseekfiste 
bis nach Nordrufsland. 

Fosi 36, 7, eine germanische, sfld- 
lich Yon der Aller wohnende Vdl- 
kerschaft, sonst nicht genannt 

Fr i si i 34, 3 ; 35, 3, die Friesen, ge- 
teilt in grofsere nnd kleinere, die 
Anwohner der Nordsee an der 
Rheiomundung und der dort be- 
findlichen weiten Seeen und Buch- 
ten, in nordwestlicher Richtnng 
zwischen den MQndungen des 
Rheines und der Ems, nnd yon 
der Schelde bis gegen Jutland 
nebst den nahegelegenen Inseln 
des Meeres. 

Gaius Gasar Caligula 37, 20, Sohn 
des Germanicus, romischer Kaiser 
von 37 — 41. £r rfistet gegen die 
Briten undGermanen und bringt 
Terkleidete Gallier als Gefangene 
zum Triumphe mit nach Rom 
(hist. IV, 15,9 Gaianarum expedi- 
tionum Indibrium). 

G a 1 1 i a 37, 18, die romische Provinz ; 
nach seinen drei Teilen bezeich- 
net als Galliae 5, 2; 27, 10 ; 37, 11. 

G ail i 1, 1, die Bewohner des ge- 
samten Galliens, nach 2, 17 teil- 
weise von Germanen vertrieben^ 
nach 28, 1 und 29, 15 einst mach- 
tiger als sie und vielieicht nach 
Germania hinubergegangen. 

Gam brivii 2, 15, eine germanische, 
an der Ruhr wohnende Vdlker- 
schaft. 

Oermania, seine Grenzen 1,1; 
sein Name 2, 18; sein Klima 2, 7; 
seine Beschaifenbeit 5, Iff. Aufser- 
dem genannt 27, 10 ; 28,2 nnd 10; 
29, 13; 30,3; 37, 1 und 9; 38,2; 
42,4. 

Tacitus* Germania. 



Germani, die Stammsage dersel- 
ben 2, 9ff; Autocbthonen 2, 1 ff.; 
Anwohner des Rheines 28, 1 6 ; ihre 
langen Kriege mit den Romern 
37,9; in Italien besiegt 37, 18. — 
DasWohnhans 16, 5 ; die Frauen 7 ; 
8;17,8— 19,als Wahrsagerinnen 
8,6;dieMitgiftl8,4;dieEhel8; 
Ehebruch 19, 3; die Erziehung 20, 
1 ff.; die Sippe 7, 10; 20, 14; 22, 
8 ; Waffen 6, 1 ff. ; 13, 1 ff ; Kriegs- 
liebe 14,16; Kdrpergestalt 4,3; 
Gefolgschaft 13; Gotter 9; 2, 14; 

10, 5; 18, 10; Gotterbilder 7, 7; 
9, 8; 40, 8; Priester 7, 6; 10, 
5; 11, 10; Stande 12; 13; 14; 
Sklaven 25; Horige 25, 7; Wahl 
der Beamten 12, 9; Beratnngen 

11, Iff.; Gewalt der Konige und 
Herzoge 2 ; 7 ; Wandernngen 28, 2 ; 
Verschiedenfieit der Strafen 12, 2; 
Spiele 24, 1 ; Kleidung 17; Lieder 
3, 1 ff.; Erbschaft 20, 12; Geld 
5, 15; Mahlzeiten 22,3; Bader 
22, 1 ff.; Speise und Trank 23; « 
Gelage 22,5; Unmafsigkeit im . 
Trinken 23, 5; Irene 14, 1 ff.; 

24, 10; Freigebigkeit 15, 7; Gast- 
freundschaft, 21, 5; Menschen- 
opfer 9, 1 ; 39, 4; Blntrache 21, 
Iff.; Tapferkeit 6, 20; 7, 8; 8, 
Iff.; 12,12; 14, Iff.; Freiheits- 
liebe 11, 8; Wahrheitsliebe 22, 
11; freie Verfassung 25, 11; 37, 
12; Begrabnis und Leichenbe- 
gangnis 27. 

Germanicus 37, 19, Sohn des 
Drnsus, der den Teutoburger 
Sieg an den Germanen rachte 
(16 n. Ghr.) und 19 in Syrien 
starb. 

G la e s n m 45, 13, angels, glss, Glas, 
Bernstein. 

Gotter, s. Germani. 

G 5 tones 43, 23, ein germanisches 
Volk am rechten Ufer der un- 
teren Weichsel vom frischen Haff 
bis zum Pregel (Guttalus) bin. 

GriechischeBuchstaben,3,14,auf 
Monumente und Grabh&gel ein- 
gezeichnet, vielieicht germanische 
Runenzeicben. 



98 



NAMENVERZEIGHNIS. 



Harii 43, 11, eine germanisch-Bne- 
biscbe in oberen Odergebiete 
wohnende Vdlkerschaft. 

HeliBii 48, 11, eioe germanisch- 
flnebiscbe zwischen der oberen 
Oder nnd derWeichsel wohnende 
Vdlkerschaft. 

Hellusii 46,21, eine sagenhafte 
Vdlkerschaft im Nordosten Eu- 
ropas. 

HelvaeSnes 43,11, eine germa- 
nisch-suebiscbe Vdlkerschaft zwi- 
schen Weiohsel nnd Oder. 

HelTetii 28, 6, nach T. wie die 
fioii gallischen Ursprnnges, nr- 
sprfinglich sfidlich vom Maine, 
nachher durch die Hermnnduren 
in die Schweiz gedrSngt. 

Hercules 3, 1; 9, 2; 34, 7, grie- 
chisch-roDiische Bezeichnung far 
den germanischen Thdr (Donar), 
den Gott des Welters, der den 
Steinhammer wie der griechisch- 
rdmische Gott dieKeule schwingt. 

Hercnlis columnae 34, 7, die 
Meerenge von Gibraltar. 

Hercynia silva 28,6 und 

Hereynins saltns 30, 4, scbon 
bei Aristoteles \4Q9€vvia o^ ge- 
nannt, vom keltischen erchynu, 
erheben, erbdhen, ercyn, Hdhe, 
also eigentlich ganz allgemein 
„Hdhen% nmfafste den Schwarz- 
wald, den Thuringer, den Bdhmer 
Wald mit dem Fichtelgebirge, 
Aberhaupt alle die sudiiche Halfte 
Deutschlands durchkreuzenden 
Gebirgshdhen und Hochebenen, 
als deren Bewohner suebische 
Stimme genannt werden, und an 
welche von der Nord- und West- 
seite andere nachtige Vdlker 
grenzten. 

Hermindnes 2, 13, die germani- 
schen Vdlkerschaften des Binnen- 
landes, besonders Oberdeutsch- 
lands. 

Hermundnri 41, 4; 42, 1 „die 
grofsen Duri*^, eine germanische, 
von der mittleren Elbe nach Sfld- 
westen vorgedrungene Vdlker- 
schaft, die von der thfiringischen 



Saale und dem oberen Maine bi» 
anr Donan hin wohnte. 
H i s p a n i a e 37, 1 1, Gesamtspanien 
mit seinen beiden Teilen citerior 
oder Tarraconensis (ndrdlich nnd 
am Ebro) und ulterior oder Bae- 
tica (Andalusien). 

Ingaevones 2,12, die germanl- 
sehen Vdlkerschaften der Nord- 
seekiiste von den Batavem bis- 
sur d&nischen Halbinsel. 

Isis 9, 4, &gyptische Bezeichnung 
fCir eine suebische weibltohe Gott- 
heit 

Istaevones 2,13, die germani- 
schen Vdlkerschaften in den Rhein- 
ISndern. 

Italia 2, 6. 

Jnlius G§sar 28,2; 87,18, der 
grofse GIsar, der G«llien zur rd- 
mischen Provinz machte, den 
Ariovist besiegte (58 — 57) nnd 
die Sitten und Zustande der Ger- 
manen schildert in seinem b. g» 
IV,. 1-3 und VI, 21—28. 

Laertes 3, 13, Vater des Ulixes. 

Langobardi 40, 1, eine germa- 
nissh- suebische Vdlkerschaft an- 
faings norddstlich von den Ghe- 
ru8Kem, spater zwischen Elbe 
und Oder. 

LemoTii 43,25, eine germanische 
Vdlkerschaft in Hinterpommem. 

Lngii 43, 10 und 23, eine Anzahl 
germanisoh-suebischer Vdlker- 
schaften im Gebiete der Oder^ 
Warthe und Weichsel. 

Gn. Mallius 37, 15, Konsul 105^ 
T. Ghr. , bei Arausio an der Rhone 
Yon den Gimbem besiegt, dann 
seines Amtes entsetzt and aus- 
dem Senate gestofsen. 

Manimi 43, 11, eine germanisch- 
snebische Vdlkerschaft zwischea 
Oder und Weichsel. 

M a n n u s 2, 1 1 , ein Sohn des Gottes 
Tuisto. 

MarcQmSni 42, 1; 43,1, eine ger- 
manische Vdlkerschaft, welche 



NAMENVERZEIGHNIS. 



99 



anfangs sQdlich vom Maia bis 
znr Donau wohnte, Ton Marbod 
aber nach Bohmen, dem Lande 
der Bojer, gefuhrt wurde. 
Mare Ponticum 1, 9, das schwarze 
Meer. 

— ignotum 17 ^ 8, die Ostsee in 
weitester ostlicher Ausdehnung. 

— trans SitOnas 45, 1, der bott- 
nische Meerbusen. 

— Saebicnm 45, 6, die Ostsee. 
G. Marins 37, 18, der Besieger der 

Kimbern und Teutonen 102 und 
101 ▼. Ghr. 

Maroboduus 42, 6, Kdnig der 
Markomanen ; sein vornebmes 
Gescblecht 42, 6. 

Mars 9,2, romische Bezeiebnong 
for den germanischen Kriegagott 
Ziu; ebenso bei Tac. hist. IV, 
64, 5 u. ann. XIH 57, 11. 

M a r si 2, 15, eine germanische Vol- 
kerschaft, die einst am rechten 
Rheinufer um Lippe und Rubr 
wohnte, zu Tacitus' Zeit aber 
schon verschwunden war. 

Mar8igni43, 1, eine germanisch- 
suebiscbe Volkerschaft in Schle- 
sien am Nordabhange des Riesen- 
gebirges. 

Mater deum 45, 8. 

Mattiaci 29,8, ein Zweig des 
Gbattenstammes mit keltischem 
Namen, der sQdlich vom Taunus 
im Main- und Rheingau wobnte; 
die Quelleu Ton Wiesbaden heifsen 
aquae Mattiacae Ammian. XXIX, 
4, 3 Oder fontes Mattiaci Piin. 
n. h. XXXI, 17; Tgl. auch ann. 
XI, 20, 1 1 ager Mattiacus. 

Mercurius9, 1, romische Bezeich- 
nung fur den germanischen Gott 
Wodan, d en Wanderer nndSchutz- 
gott der Wanderer (cf. ywxo^ofi' 
nog); ebenso bei Tac. ann* XUI, 
57, 11. 

Moenus amnis 28, 6, der Main 
(keltischer Name). 

Nahanarvali 43, 12, eine sue- 
biscb- germanische Vdlkerschaft 
zwischen Oder und Weichsel. 



Ne metes 28, 17, eine germanische 
Volkerschaft am linken Rheinufer 
im Speiergau. 

Nertbus dea 40, 6, eine yon den 
Germanen der Nord- und Ostsee 
Terehrte Gottin. 

Nervii 28,13, eine belgiscbe Vdl- 
kerschaft zwischen Schelde und 
Maas im heutigen Hennegau. 

Nsricum 5, 3, die DonauproTinz, 
welche Tom Inn bis zum Wiener 
Waide reicht und im N. Ton der 
Donau, im S. Ton den karnischen 
Alpen begrenzt wird. 

NuithOnes40,4, eine germanisch- 
suebiscbe Volkerschaft auf der 
kimbrischen HalbinseL 

c e a n u s septentrionalis 1, 3 ; 2, 4 
2, 12; 3, 9; 34, 4 die Nordsee 
40, 8; 44, 25 die OsUee; 2, 3 die 
Mord- und Ostsee. 
— exterior 17, 7, der dstiichste 
Teil der Ostsee. 

Osi 28, 9 und 10; 43, 1 und 3, eine 
pannonische im Gebiete der Eipei 
(Gusus) im heutigen Ungarn, in 
denHonterundNeograder Gespan- 
schaften wohnende Volkerschaft. 

Pa cSrus 37, 14, Sohn des Parther- 
konigs Orodes, der, Terbiindet 
mit Brutus und Gassius, ilber den 
Euphrat zieht und den Legaten 
des Antonius besiegt und totet. 

Pannonia 5, 3; 28, 9, der ndrd- 
liche Teil Ton lUyrieum, im S. 
die Thiiler der Drau und Sau nm- 
fassend, im W. an Noricum, im N. 
u. 0. an die Donau grenzend. 

Pa nn 5 nil 1, 1, die Bewohner Ton 
Pannonia, deren Sprache auch 
die Osi sprechen 43, 3. 

Pa pi ri us Carbo 37, 7; als Konsul 
113 T. Ghr. Ton den Kimbern bei 
Noreja in Karnten geschlagen 
37, 15. 

P a r t h i 1 7, 4 ; 37, 1 1, ein iranisches, 
also auch arisches Volk, das 
seine Herrschaft bis zum Eu- 
pkirat und uber Armenien aus- 
dehnte, 20 t. Ghr. Ton Augustus 

1* 



100 



NAMENVERZEIGBNIS. 



znrClckgedringt wnrde, doch aber 

seine Angrifie im 0. immer wie- 

derholte. 
PeuclDi 46, 1: ein Teil der Ba- 

fltarnae, wohnhaft aof der Donan- 

iDsel IlavMfj and im nmliegenden 

Gebiete. 
Poeni 37, 11, die PnDier, bes. die 

Karthager. 
Pollux, 8. Castor. 
Ponticum mare s. mare. 

QuSdi 42,5; 43,5, eine germani- 
sche Vdlkerscbaft in M&hren und 
sQdlicb bis zur Donan. 

Quintilius Yarns 37, 17, Feldberr 
des Augostos, besiegt von Ar- 
minius im Teutoburger Walde 
i. J. 9 n. Ghr. 

Raetia 3, 15 nnd 41, 6, rSmische 
Provinz seit 15 v. Ghr., nmfassend 
GraubQndten, Tirol und Bavern bis 
zur Donau und westlich bis zum 
Lech. 

Raeti 1, 1, die Bewohner von 
Raetia. 

R e u d i g n i 40, 3, eine germanisch- 
suebische Vdlkerscbaft am rech- 
ten Ufer der Elbemundung. 

Rhenus, der Rbein, keltiscber 
Name i» der Flufs, trennt die 
Germanen von den Galliern 1,1; 
sein Lauf 1, 5ff.; 32, 1 ; seine An- 
wohner 28, 6 ; die Grenze des rd- 
mischen Reiches 29, 9 und 32, 2. 
Aufserdem erwahnt 2, 17; 29, 9; 
34, 4; 41, 3. 

R om a n i , ihr Ansehen bei den Her- 
munduren 41, 4; bei den Marko> 
manen und Quaden 42, 5; das 
Volk 29,9; 37,17; das Reich 29, 4; 
eine Kolonie 28, 17; die Disciplin 
30, 1 ; die Watfen 33, 6 ; die Flotte 
34,5; rdmische Auffassung 43, 13. 

Rugii 43,25, eine germaniscbe 
Vdlkerschaft in Westpreufsen 
(Pommerellen) und Pommern an 
der Ostsee. 

Samnis 37, 10, ein Samnite aus 
Samnium, der italischen Vdlker- 



scbaft im 0. Ton Latium nnd Gam- 
panien, welche in blotigen Kriegen 
Ton 343—272 mit dennomem um 
die Herrscbaft in Italien rang. 

SarmStae 1,2 im allgemeinen 
die alten Skytben; ihre Kleidnng 
17,3; ibr Aurseres 46,5; ihre 
Lebensweise 46,10; ibre Stellung 
zu anderen V51kern 43, 5. Die 
Sarmatae Jazyges (1, 2) wohnten 
zwischen Donau und TheiTs, die 
Qbrigen (46, 5 ff.) oberhalb des 
scbwarzen Meeres in Rufsland. 

Semn5nes39, 1 eine germaniscb- 
suebische Vdlkerscbaft zwischen 
Elbe und Oder an der Spree. 

Serratus 5, 16 ein rdmiscber Sll- 
berdenar mit gezahntem Rande. 

SerTilius Gaepio 37, 15, Prokon- 
sul mit Gn. Mallius Maximus, 105 
bei Arausio Ton den Gimbern ge- 
schlagen , spater seines • Amtes 
entsetzt nnd aus dem Senate ge- 
stofsen. 

Sitsnes 44, 12; 45, 1, eine kare- 
liscbe Vdlkerscbaft, die frfiher 
ndrdlich Ton den Schweden um 
bottnischen Meerbusen ausge- 
breiteten Finnen. 

So lis sonus 45,4, das sagenhafte 
Klingen der Sonne beim Aufgange 
derselben. 

Suardones 40, 4, eine germa- 
nisch-suebiscbe Vdlkerscbaft zwi- 
scben Elb- und OdermQndung, in 
Mecklenburg. 

Suebi 38—43; ibr Name 2,15; ihr 
Kultus der Isis 9, 4: das Suebi- 
sche Meer 45, 6. 

Suebi a 43, 8; 46, 1, das Land der 
Sueben am linken Donauufer ent- 
lang Ton der mittleren Elbe iiber 
die Oder hinaus bis zur K&ste 
der Ostsee. 

Sttiones, 44,1; 45, 12, eine ger- 
maniscbe Vdlkerscbaft im sQd- 
lichen SkandinaTien, die Schwe- 
den. 

Tencteri 32, 2; 33, 1; 38, 2, eine 
germaniscbe Vdlkerscbaft zwi- 
schen Lahn- und Rubrmflndung. 



NAMENVEBZEIGHNIS. 



101 



TiberiDS Nero Imperator 37, 19, 
rdmischer Kaiser von 14—37 
D. Ghr. 

T r a i a n u 8 37, 8, romischer Kaiser 
von 98—117 D. Chr. 

TrevSri 28, 13, eine germanische 
Volkerscbaft auf beiden Seiten 
der unteren und mittleren Mosel 
(colonia Trcverorum »= Trier). 

Trib6ci 28, 17, eine germaniscbe 
Yolkerschaft am linken Rhein- 
nfer in den Vogesen bis nach 
Strafsbnrg. 

Tnder 42,7, ein sonst unbekann- 
ter Kdnig der Quaden. 

Tuisto 2, 10, der erdentsprossene 
Gott und Stammvater der Ger- 
man en. 

Tnngri 2, 18, eine germaniscbe in 
Belgien eingewanderte V5lker- 
scbaft zwischen Maas nnd Scheide 
(Tongern). 

Ubii 28, 17, eine germanische Vol- 
kerscbaft, die durch Agrippa 39 
T. Ghr. Yom rechten Rheinufer 
auf das linke Qbergesiedelt wnr- 
de; das oppidum Ubiorum beilst 
seit Kaiser Glaodius von dessen 
dort geborener Gemablin Agrip- 
pina colonia Agrippinensis (Koln) 
ann. XII, 27, 1. 

Ulixes 3,12. 

Usipi 32,2, eine germaniscbe 
Yolkerschaft am rechten Ufer des 
Rheines unterbalb der Ruhrmfin- 
dung. 



Va n d i 1 i i 2, 15, eine germanische 
Volkerscbaft im Nordosten zwi- 
schen Oder und WeichseL 

VangiQnes 28,16, eine germa- 
nische Yolkerschaft am linken 
Ufer des Oberrbeines bei Worms. 

Yarini 40, 4, eine germanisch- 
suebische Yolkerschaft im nord- 
lichen Schleswig und sudlicben 
Jutland. 

Yaristi 42, If., eine germanische 
Yolkerschaft, eine Abteilung der 
Markomanen, welche nach Boh- 
men nicht mitging, sondern am 
Fichtelgebirge blieb. 

Yarns s. Quintilius. 

Yglaeda 8, 8, eine beruhmte ger- 
manische Wahrsageriu der Bruk- 
terer, welche bei dem Aufstande 
des Batavers Givilis gefangen nnd 
in Rom im Triumphe aufgef&hrt 
ward. 

YenSti (Yenedae) 46, 1 und 6, die 
slawischen Wenden ostlich yon 
der mittleren Weichsel; auch all- 
gemeine Bezeichnung fur die ost- 
lichen Slawenstamme. 

P. Yentidius Bassus 37, 14, ge- 
biirtig aus einer vomehmen pi- 
cenischen Familie; 43 v. Ghr. 
Konsul, siegt 38 als Legat des M. 
Antonius fiber die Farther unter 
Pacorus. 

Yespasianus, T. Flavius, 8,8, 
romischer Kaiser von 69 — 79 n. 
Gbr.^Yater des Titus. 



Dnick Ton J. B. Hirschf eld in Leipzig. 



*? 




IVeidinamtscke Bu 




iclkhandhm^ , Berlin. . 



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