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©inlettung ■ ■ 5
S)a§ religiöfe (SmpftnbungSIebeu 7
3)a§ religiöfe SSorftellen 17
©orfgott^eiten 22
©itüaitifd^e ©ottöetten 25
23i[c^nuitifd)e (Sollseiten 32
S^emjjellrabilionen 37
@eelen= unb SBellüorflettungen 42
5)ie religiöfe Seiftung 44
XmptU unb geflbienft 45
®a§ ®ebet 56
Solengebräuc^e • . 57
t)er5ei(^ni6 bev Qlbbilbungen.
1. STitelbilb: ^eiliger 3;eic^ in ^umbafonam.
2. ^eiliger SBettler 16
3. S)te ©Dttin Ääli 23
4. ©ine beliebte ©arftellung @iitia§ 26
5. ©iwa§ ©D^n &ant\a 29
6. 8itbramania, ber inbif(^e ^riegggott 31
7. ^Sifcfinu 34
8. ©ittia = 5ßagobe mit Sem^jelteic^ bei Sc^iäü 38
9. §ain be§ S)ämon SUjenär mit 33otiü))ierben au» Jon 41
10. ®ö§enfcf)rein an ber Sonbftraije 49
11. ©in »erbienftüc^eö iBert ber §inbu§ 53
12. Sei^e auf bem (Scheiterhaufen 58
^Einleitung*
vvAenn lüit bon tatnuüfi^er „SSoIfSreligion" reben, fo meinen tülx
^»^"öa^ im ©egenfa^ jur p§iIofopI^ifd)en Dieligion be§ £amulenlanbe§
unb Snbien§ überhaupt. 2)ie p^ilofop^ifd^e ^Religion Snbien§ ift in
Seutfci^Ianb burc^ eine gro^e 3a^I gelehrter SBerfe — teils Übergebungen,
teilg ^Bearbeitungen — befannt geworben, ©ie ift in ^nbien ober nur
bie ^Religion ber „oberen 3e^ntaujenb", nämlid^ ber pfjilofop^ifi^ ©e^
bilbetetn. ®a§ inbifc^e SSoI! öere^rt biefe p^ilofop^ifc^e 9teIigion ober
religioje ^^itofopl^ie nur gleid^jam au§ ber (Entfernung, o^ne fie eigentlich
5U berfte^en. 9?ur einige SteblingSibeen ber ^o^eren 9teIigion§form leben,
mel^r ober tt)eniger öerftanben, auc§ im SSoIfe, tttenigfteng in feinen
^ij^eren @cf)ic^ten, unb finb ba ^ineingetooben in bie mannigfa^e, bunte
(Sebanfennpelt, bie §ur eigentli(i)en 9teIigion be§ $ßoIfe§ gehört. ®ie
''-ßl^ilofop^en i^rerfeitg galten bie 9teIigion be§ SSoI!e§ für eine niebere
9teIigion§form, bei ber man hü§ S3oIf aber belaffen muffe, njeil i§m
für ^ö^ereS bie Üieife fef)Ie. @ie ne!§men oud^ felbft on ben ßeremos
nien ber SßoI!§reIigion teil unb berteibigen beren ©ötterlegenben al§
(Sinfleibungen pf;iIofopf}ifd§er SSa^r^eiten.
Sßet un§ in SJeutfd^Ianb nun ift offenbar "ök 9teIigion be§ inbif(i)en
SSoI!e§ nur njenig befannt; unb bod^ fc^eint un§ bie S3e!anntjd)aft mit
i^r 5U einer njtrflic^en Kenntnis be§ inbifd^en ®eifle§ burc^auS erforber*
lid^ §u fein. St^ §obe barum berfuc^t, ai§> einen Seitrag gur 2)arfteU
lung ber inbifd^en SSoIfSreligion ba§ äujammensufteHen, tt)a§ \6) in
einem 20 jährigen Seben unter bem Samulenbolte <Sübinbien§ bon ins
bif(i)en religiöfen Seben !ennen gelernt ^obe.
SKein Urteil über "Oa^ bargeftettte religiöfe Seben ^ah^ idE) ge«
meint an ben entfc^eibenben ©teilen nic^t berfd^tueigen ju foUen.
2lu§erbem lag e§ no|e, bie tamulifd^e S3olf§reIlgion mit bem bis
blifd^en d^riftentum einerfeit§ unb mit ber p^ilofop^ifc^en Üieligion ^n*
bieng anberfeitg in SSerglei^ 5U fleüen. 5Iu§ biefer 23ergteid^ung ergab
fid§ immer mieber ein tief gegenfä^lid^e§ 58er^ältui§ ber tamulifd^en
SSoIfSreligion gum G^riftentum unb ein SSer^öItniS innerer SSernjanbts
fd^aft unb gegenfeitiger ©inlüirfung jmifd^en ber ^oiU-- unb ^f)iIo=
jopfienreligion ©übinbienS.
a grölic^.
5)aö religiöfe ^Änp^nbungsleben,
„^ie 9^ad^t i[t !eine§ SKenfcfien gi^eunb." 'J)q§ un§ umgebenbe
2)unfel erregt gurc^t unb ®rauen unb tüirtt feine ^eitere unb freubtge
©timmung. SBir [üf)Ien alle ben ®runb, loarum So§flnne§ „Sic^t" unb
„Seben" §ufamnienftent unb babet mit „Seben" etiDa§ meint, n)a§ bem
beutfc^en S3egriff &lnd nic^t fern liegt. S)cr freubige Sebengmut unb
bie !§eitere reine Seben§freube , tok fie un§ in Sut^er unb ^aul
©erwarbt entgegentreten, finb Sic^tnjir!ungen ber fittlid)*religiöfen SSa^r*
]§eit, in ber fie lebten.
^eitere, reine SebenSfreubigfeit — ba§ füljrt un§ auf eine
anbere 2ic!^tu»irtung : ^ofianneS unb ^aulu§ !^aben un§ lüieberl^olt
barauf aufmertfam gemocht, ba§ ba§ Sidtit — aud^ jc^on tas, natiir*
lid^e — eine „ftrafenbe" SBirfung §at. ®aburc§, ta^ unjer S3er^alten
in§ Si(^t gefteUt tttirb, ermäc^ft un§ eine fittlic^e ©dtjeu. jDa§ Sid^t
entäie§t unfer SSer^atten ber 33erborgen^eit unb ber (Sinfamfett unb
legt e§ offen für bie fittlid)e S3eurteilung öon feiten unferer Um*
gebung. SDarjer bie <Scf)eu. 5lIIe§ nid^t SBo^Ianftänbige, alle§ Unred^te
unb Unreine f(^eut fc^on ha§ notürlic^e Sic^t. ®a§ ift eine fittlid^
mertöolle gu^^c^t ober ©d)eu im Qiegenfa^ ju ber fittlict) \vnU
lofen gurc£)t ober Söeengung, bie ba§ S)untel mirft.
Grftere ift „ber Einfang ber SBei§(jcit". ®enn fie marf)t un§
empfäng(idC) für ben „ftrafenben" ©inftu^ fittlii^er ^erfönüd) feiten
unb — auf einem (jö^eren ®ebiet — für bie überfü^renbe 9Kacf)t
be§ perfDnUc^sfittii<j§eii S^uflniffeS, bo§ im SfJeuen Seftament borliegt.
Unb njer fic^ baöon ^at beugen loffen, ber finbet im Dienen 3:eftament
ben SSater be§ 2idt)t§ burct; Sefu§ öon S^ajaret^, ben ©efreu^igten unb
Gr^D^ten. Unb bie unenoartete, munberbare üergebenbe (Snabe unb
©Ute be§ SSater§ gibt it)m bie „Sebensfreubigfeit" im t)öd^ften ©inne,
bie t)eilige unb Ijeiligenbe greube.
S8on ber 2id)treligion be§ 9?euen ^teftamentg gilt 't>a§> SSort:
„5(n i|ren giüdjten foUt it;r fie erfcnnen." ®iefe§ SBort barf utib
mu^ bann aber auct) auf bie 9tcIigiou Snt)icn§ ongeluonbt loerben.
SBenn n)ir fittüc^ mertlofe gurdjtenipfinbungcn beim ^Inbu n)at)r-
ne^men, benen er nict)t trol^ feiner 9{eligion, fonbern burd^ biefclbe
unternjorfen ift, fo muffen lüir barauS eifennen, ba^ fie in einem
loefentlic^en ©egenfalj jur 2ic^treIigion be§ Svenen SteftamentS flet)t.
Unb eben baö ift bie 2öafjrnet)mung, bie mir in einem 20 jäfjvigen
Seben unter bem inbtfrf)cn 33olfc beflänbig gemadjt ^aben.
— 8 —
2)a§ fübinbifc^e SSoI! fürd^tet unb toeref)rt 5unä(f)ft eine 9tei^e
bön Untergott^eiten ober ÜDämonen, bie in bem 9tufe flehen, me^r
geneigt gu jein, ben a??enjd)en Üble§ at§ @ute§ ju tun. ©old^e ©ott-
Reiten finb gum 33eifpiel bie ^übäri, bie Sali (e^oteragottin), ber
©tjenär, bie äanni (Sungfrauen), bie Wläxi ober EJ^äriommen (^ocfen*
göttin), bie Ulac^otlcäl (SSeltmutter), ber Saruppen (©c^lüarse), ber
SRaburei SSiren (^elb bon SRabura), bie 5ße^tfcJ)t, bie Sätteri, ber
Sattahjoräien unb anbere SBirer (^e(ben) unb Wluni (SBeife). ©ie
werben ^toax öon ben SSro^münen öerädjtlii^ ©orfgötter genannt,
aber alle Saften, felbft Söra^manen, beten fie an unb fuct)en fie burc^
mand)erlei ©aben ju bejänftigen ober günftig ju ftimmen, befonber§ in
Sranf§eit§äeiten. (S§arafteriftijc^ ift bieSiu^erung eine§^ra()monen: „^c^
fuc^e bie ®unft be§ Sanbrat§ ju gewinnen, aber ic^ jaljie aucf) Sribut
an bie ©tebeSfafte; benn tt)a§ nü|t mir bie greunbjcE)aft be§ erfteren,
njenn bie S)iebe meine Dc^fen fteE)ten'?" S)er Sanbrat fte^t für einen
ber Dbergötter, <Bi\va ober SBifd^nu, unb bie ®iebe finb bie ©orfgötter.
21I§ id^ eines StageS in ein ®orf !am, in bem bie SSorbereitungen
5U einem ^übärifefte getroffen würben, unb bie Seute über ben SSer=
lauf ber beborfle^enben geier ausfragte, erhielt ic^ einen lebhaften
einbrud baöon, weld^en ©c^retfen biefe ©ott^eiten einäuflö^en öer»
mögen. äWan erjäpe mir, offenbar in fefter Überzeugung, ba^ man
unbebingt fterben muffe, wenn man bei bem näcf)tlict)en Umjug bem
Sßilbe ber ©ottin begegnen würbe.
S3ei 6§oIeraepibemien ifl e§ bie allgemeine 2:obe§furc|t, we(d)e
bie ©eftatt ber Sälifurd^t annimmt unb ju näc^tüdöen Umzügen mit
godelbegleitung Sßeranlaffung gibt. 2)a§felbe gilt bon ber ^ocfengöttin
Tläxi, wenn bie 58Iattern ^errfd^en.
5Iuc^ ber glurgott eijenär, beffen gotjlreic^e Sempel an ben gur
örfüHung eineS ®elübbe§ geftifteten tönernen ^ferben fenntlic| finb,
bie in 9teit)en üor bem Sempeleingang fielen, wirb fef)r gefürd^tet.
S8on i^m wirb behauptet, er erfcftrecfe bie Seute, bie bei 9?ad)t in bie
$«ö^e feines Stempels lömen, burc^ einen Ston ober ein ®efid)t, fo
hü^ fie fterben müßten. 2tu(^ bei feinen nächtlichen ©c^u^ritten um
bie ®orffIur bürfe man i§m nid^t begegnen. 5i^nlic^e ©c^recfen fotten
audf) bon ben obengenannten „Jungfrauen" ausgeben. 9}?anc^er 2;ob
burd§ ^erjfctjlag ober bergt, mag biefen ©Ottern fc^on jugefc^rieben
fein. Jc^ ^alte eS auct) für mogtic^, ba^ manct)er 2:obeSfaa tatfäctilic^
auf ben abergläubifd^en ©c^recfen jurürfjufü^ren ift, ber bon biefen
gurd)tgebilben auSge^t.
(gc^on bie jumeifl auS Son ^ergefteHten ©eftalten biefer ®orf-
gott^eiten unb i^rer Trabanten mit i^ren martialifd^en ®efidt)tern unb
mannigfachen 3)?orbwaffen finb offenbar auf <Sc|recfwtrfung berecf)net.
ßuweilen Wirb biefe SBirtung nocf) baburdt) berftärft, ha^ bie Stugen
burc^ eine geheime S3orrict)tung bre^ar gemacht finb, fo ta^ fie fic^
bei jebem Suft^ug ju bewegen f^etnen. ^lö^licfieS Sterben Heiner
— 9 —
^inber mirb ben „Jungfrauen" äugefcf)neben, bie i§nen „ben §al§
umgebre^t" ^aben foüen.
Sieben biefen ©öttern ftnb aucf) nod^ anbere übermenfc^Iic^e SSefen
gefürchtet, bk a(§ ^^ej ober ^tfäfu {bö']t ©eifler ober Seufel) be-
5eic!§net werben unb aui^ toie ©ijenär unb bie anberen 5)änionen
2obe§fc^recfen öerurfacf)en, ober burrf) ben gauber eme§ böfen 9?Qcf)bar§
„aufge^e^t", bie Seute bur^ näd)tli(^e§ ©teinett^erfen unb auf anbere
SBeije ängften. «Sie joHen ga^lreid) unb bon f(^recEIicf)er grüner ©eftatt
mit teHergro^en 5Iugen fein.
(gine befonbere 5(uBerung be§ ®ämonen= unb ®eiftergtauben§
ift ba§^ in Jn^^en allgemein berbreitete SSorfommen bon „53efeffen§eit".
Sabon werben wir fpöter nocf) nie()r ju reben ^aben. ,^ier, wo e§
fic§ um 'oa^ ®mpfinbung§Ieben f;anbe{t, foll nur auf ba§ offenbar au§
©rauen unb unt)eimlic^er D^eugierbe gemifc^te ®efü^I f)ingewiefen
werben, mit bem ba§ SSoIt auf bie tu^erungen ber S3efeffenen laufest.
@{e gelten al§ birefte 5Iu§jprü^e be§ ®otte§ ober ®eifte§, ber ben
Sßetreffenben „ergriffen" fjat.
5(ber ber inbifcf)e ®ötterfrei§ f)at bod) au^er biefen bämonifd^en
unb gefpenflerljoften ©eftaltcn Quct) Ijö^ere (Sötter. SSermiJgen nic^t
biefe bie et^ifi) wertboHe gurc^t einsuflögen, bon ber im SDämonen=
glauben nic^t bie 9tebe fein fann? Jd) !ann nur feflftellen, ta^ mir
ein S3eifpiel bafür ni^t be!onnt ift.
9hir in einem niobernen fiiüaitifdicn „Äatcdii§mu§" antirf)riftltcf)er S^enbenj,
ber ben ©iinaiSmuS ct)riftlicl) = fittlid) uerbrämt, fanb id) SSorte tuie: „S3etracl)tet
eö ftet§ aU eure öonte^mfte Sorge, [tet§ md) ©irca§ (jeiligen Oeboten ju
roanbeln" imb ein ®ebet: „Grgreife Sefi^ üon un§, ia^ wir nid)t fünbigen."
^Begrünbet wirb jene örmalinung mit bem ®efe^ üon ber „^Ibbüfeung" ber
Sünben, alfo mit bem fataliftijd^en ßarmagefe^, bon bem mir gleich me^t
boren merben.
9?ur einer ©c^eu, bor ben ©i^ttern „unrein" ju erfd)einen, bin
id) begegnet. SIber biefe Unreinfjeit war burc^au§ nur rituell gebadet,
©ic beftanb in bem 9}iangel eine§ rituellen Jöabe§. ®arum ift auc^
ben „unreinen" ^aria unb ßuropäern ber Qutritt jum Jnnern ber
grtJ^eren 2:empel berbotcn. 3luf bie grage, ob auc^ ber ßoi^n ""i>
anbere fünblid)e ^eräenSregungen nad) ifjrer SSorfteüung eine SSerun-
reinigung jur golge Ijölten, würbe mir auSbrüdlic^ mit nein geont=
wortet. ®ie fpätere SSeljonblung wirb seigen, ha'^ e§ in ber 9Jatur
ber Sßoiftellung liegt, bie fid) ber Jnber auc^ bon ben ^öf^eren ®i3ttern
mac^t, ba^ bon iijr feine fittlid^ wertboUe Suvd)t au§ge()en tann.
2)ieie ®ötter fielen eben wefcntltd) „fenfeitä bon ®ut unb Sijfe".
ßfjarafteriftifc^ ift folgenbe, einem ^inbuiftifd)en, „bie Ükc^folge be§
©ri Irif^na" betitelten Söuc^e entnommene ©teile: „gür un§ finb
S^ugenb unb Safter relatibe ^Begriffe, uuD fie fönnen auf ba§ atlert;i3c^fte
SSefen nic^t angewenbet werben. ai>{an fteUe fic^ einen SOfenfc^en bor,
ber fic^ aufs äu^erfte anftrengt, ba§ Safter ju flieljen unb bem ®uten
nad)5ujagen, unb einen anberen, für ben Stugenb unb Saflcr gleid)=
— 10 -
bebeutenb finb, unb man tuirb 5U9eben muffen, ba^ ber (entere un*
enbttd^ öDHEommener ift qI§ jener."
SDie 2:atfad)e, bo^ ber atKjergebrac^te unftttlic^e Seben§tt)anbel ber
„bem ®otte bermät)Iten" Sempeltänjerinnen ober „®otte§bienerinnen",
bie bei ben Stempeln gerabe ber ()ö^eren ©ötter angefteUt ftnb, offen-
bar bem 33oI!§beit)uBtfein burc^ all bie goljr^nberte Ijinburc^ nii^t al§
mit bem SempelDienfl unüereinbar erfc^ienen ift, geigt boc^ aui^, mie fern
eine fittlid§ geartete ®otte§furd^t ber inbifc^en ©ötterberelirung liegt.
2tu(i) bie ouf «Siföa ober SSifcl)nu gerichtete ml)ftifd)4il)i(DfDpI)iid)e
©otteSöere^rung (^-^afti), bie in ben feinen tamulifc^en ^t)mnen ber
©tifter beiber ^auptfeften beei ^inbui§mu§ (im ©etuärom, 2;irutt)äfac^am
unb SRäläjiram) i§ren flaffifctjen Slufbrurf gefunben ^aben, ift anf=
faüenberraeife bei aller ®(ut nn)ftif(i)=religiöfer $8egeifterung fittlid)
inbifferenter 5lrt. S)ie inbifc^en gjJtjftifer fprec^en e§ gerabeju
aug, ha^ bie Ijöd^fte ©tufe ber grommigfeit eine 5lrt „SoKljeit"
fei, in ber ber @Dttberaufci)te für feine ^anblungen, gute raie bofe,
ebenforoenig öerantmortUd) fei, wie ein SBa^nfinniger für bie feinen.
Wan bergleii^e im ©egenfo^ ba^u, raa§ ^aulu§ 9?Dm. 12 über ben
„vernünftigen @otte»bienft" fc^reibt.
Semerfengroert ift in btefem 3ufanimenl)ang no(^, bo^ bie inbifcbe
9Kt)fti! fe^r oft öoH berou&t crotifd) gefärbt erfc^eint. 3al)lreic^e, ber
finnlic^en Siebe entnommene 33ilber finb in ben ^eiligen Siebern jum
5tu§brucf ber ©olteSliebe ber ©änger gebraucht unb geigen bie natur=
^afte, raufc^ä{)nlicl)e ?lrt ber 58l)a!ti. 2Öir !önnen l)ier, lüo mir öon
inbifc^er SSol!§religion banbeln, auf biefen ^unlt nicl)t nä|er eingeben,
möd^ten nur ^eröorl)eben, ba^ e§ un§ im Unterfcfiieb öon biefem S^a*
rafter ber inbifc^en SQhjftifer in Ijo^em ©rabe beacl)ten§mert erfc^eint,
baB e§ fic^ in ben ©teilen be§ Sllten unb Svenen 2eftament§, in benen
ha§^ 5öilb be§ S3rout^ unb (£§eftanbcö auf bie ©ottesbegteljung ange=
iranbt ift, um bie fittlid)e Sßegie^ung gn^ifdien ©ott unb ber ©emeinbe
l^anbelt, unb ba§ auct) in ber ©teUe 9iöm. 7, mo bie ^öejieljung
gwifcfien ©Ott unb ber (Singelfeele unter feneS 93üb geftellt mirb, natur*
^afte Siebe Quägcfcf)tDffen ift. ^^'i)^x, bem ber ©eift ber 33ibel nic^t
fremb ift, mirb gugeben, ha^ ein berartiger einfct)(ag in ba§ religiijfe
(£mpfinbung§(ebcn gegen ben ©eift ber S3ibcl ift.
SBir fommen nun gu einem anbern fe^r cl)arafteriftifcf)en Kapitel
inbifc^er gteligiöfitöt, gum gatalt§mur). (£» befielt nur eine lofe
SSerbinbung §mifc^en bem ©c^icffoisglauben unb ben ©ötteröorftellungen,
Sie 9heberfrf)rift be§ nac^ ben Seiflungen früherer ©eburten beftimmten
Seben§frf)icffal§ auf ber ©djäbelbccfe be§ eingelnen, mobei bie 9^ä§te
ber ©c^abelfnDcl)en al§ ©c^rtftjeictien gelten, foll burd) ben fonft nic^t
üere^rten bxitten ber oberflen ©ötter, S3räl)mä, gefd)e^en fein, ^ä) gebe
einige ^ttuftrationen jum ©djicffalsglauben : ,(£tne 9J?iJfionorin, gröulein
*) @(^ictjal-3glau6en.
— 11 —
SSilfon ßarmic^ael, trirb bon einer erblinbeten ^inbufmu gefragt, ob
fie i§r bie 5(ugen öffnen fönne. ®ie i^xan ^at i^ren 9L)Zann unb oüe
i§re Äinber üerloren unb fic^ barüber bucj)ftäbli(^ bie ^ugen blinb
geroeint. ®urc^ Snxüi^ ber Ümflebenben lüirb bie grau geroa^r, wie
fe^r bie äJiiffionarin öon biefem (S(enb ergriffen ift. ®a fagte fie:
„^efümmern ©ie fid) nicf)t meinetmegen, benn roirflic^, ic^ bin'g nic^t
toert. ^c^ leibe für meine in früheren ©eburten begangenen (Sünben.
greube unb «Sc^merj finb ein roüenbe» 9?ab; wer !ann e§ aufhalten?
SSer tann §inbern, ma» gefc^e^en muB? ®a§ Scfilcffal, ha^ un§ auf»
^aupt gefdEirieben ift, ift ^max öom ^aupt^aar berbecEt, aber e§ ift
gefc^rieben! SSer fann e§ änbern? @y ift mein ©c^icffal, mein Schief fal!"
@tn anbcre§ c^arafteriftifc^eS ^eifpiel erlebte id) auf einer %a^xt im
©efpräd^ mit bem ^utfc^er meines 'i)3ont}!arren§. @r tüar mit feinem
gegenwärtigen 53eruf gar nic^t aufrieben unb er5ät)Ue üon bem ^li^-
gefc^id, ba§ i§n ge^roungen f)atte, fein früf)ere» §anbel§gefd)äft auf»
§ugeben. ©abei fd)lug er fid^ mit ber flachen ^anb auf ben «Scheitel
unb fagte: „^ie e§ auf bem ^opf gefc^rieben ift, fo mu^ man leiben;
fo muB ic^ fe^t S?arrentretber fein!" 2J[(in(id) f)ört man auc| fonft
5Irbeiter unb 33auern flogen, e§ fet iör ©c^idfal, ba^ fie burc^ (Säde=
tragen ein paar Pfennige berbieneii ober burd) (Scbarbcitcn ta^^ Seben
ftiften müßten. Söei befonberen Unglüdsfällen t)eiBt e§: „®a§ mar t)a?>
©djidfal auf feinem ©Gleitet I" Stud) ©(üdsfätte werben bucc^ ha^
©d)idial ober bod) burd) befonbere in früheren ©eburten erworbene
S?erbienfte ertlärt. ©o [)M man öfters bie Seute aufrufen: ..^Sa»
§obe id) für ein SSerbienft getan, baß mir ba§ ®lüd juteil wirb, @ie
|ier äu treffen!" Stber biet häufiger werben ©lüdSfäÖe auf @IüdS =
jetten jurüdgefiifjrt. 2)aS gefcl^ief)t gerabe^u fpric^wörtüc^. ©in fein=
gebilbeter Samule fragte mid^ einmal, um meine tamulifd^en @prac^=
fenntniffe auf bie ^robe ju fteüen: „SSie fogt eine 2;od)ter ^u ibrer
9J?utter in ber Studie, wenn biefe einen Sopf jerbridit, unb fie i^rer
greube barüber 5lu§brüd geben will, hai^ fie e§ nid)t gewefen ift?"
@r war mit feinem meiner S3orf(^(äge aufrieben unb gob fc^tießtic^
at§ einzig richtige tamudfcfie SSenbung an: „®ute ßeit war e§! id)
Ijabe ben Slopf nid)t angerüt^rt/' „@ute g^^^en" unb „gute Soge"
fpielen eine große 3fiolIe im tamulifd)en 53oU^Ieben. ^n aßen (5c^id)ten
bc§ 93o[feS werben für öodjjeiten, 9teifen unb anbere wichtige Unter=
ne^mungen forgföltig burd) ben ^riefter ober ben Sterntunbtgen „gute"
jtoge ausgewählt, t?» gibt auc^ nic^t nur Soge, bie für bcflimmte
Unterncbmungen „böfe" finb, fonbern aucl) einen gingen UnglüdSmonot.
es ift ber letzte bcS tomulifc^en Sat)reS, öon iOiitte ©ejember bis
9JJitte Januar, in bem burdi befonbere ßci^cmonien aütäglid) bem böfen
(Jinftuß ber '^dt gewehrt werben muß, inbcm mnn üor. ber |>iiu^tür
mit weif5er (Jrbe funftoolle gigui^en auf ben 5Seg ftreut unb biefe mit
fiürbiSblüten ober onberen iölumen belegt. !5n einem anbereu 3)Jonat
barf fein ßinb geboren werben.
— 12 —
Wlit biefetn „'ZaQtw'di^kn" ifl bie ©ternbeutung eng öerbunben,
in beren (Sinjel^eiten tc§ ni^t eingettjeil^t bin. (Sbenfo Jüie btefe tft
au(^ bie Sßorgeic^enfunbe eine umfangreiche „2öifjenfd)aft". ©in bö|e§
SSor^eic^en ifl e§ 5. 33., ttJenn man jemanb niefen f)ijrt, n)enn man
beim SSerlaffen be§ §aufe§ einen 53ra()mänen ober jtcei @ubra ober
eine 2öitn}e fie^t, ober trenn eine ^a|e über ben 2öeg läuft. (Sin be?
fonbereS Kapitel ber SSorgeicfienfunbe ifl bie fog. „©ibec^fenroiffenfc^afl",
bie für aüe möglichen %'diit 'Hab ©djualjen ber ©tbed^fe auflegt ^a^
man in inbif(f)en Käufern ofl {jörl. Slud) au§ ben Sinien ber ^anb^
f(äcf)e toirb ha^ ©c^icffal bon ßunbigen obgelefen. 5(n aße berartige
53or5eic^en glaubt ha§> SSolf mit großer 3ä§i9^eit.
Überblirfen mir bie§ gonse ©ebiet be§ ©(^icffalSglaubenS, be§
2;agemä§Ien§ unb ber (Stern* unb ß^ii^enbeutung, fo roerben mir
fagen muffen, bo^ ba§ „abfolute SIbt)ängig!eit8gefü§l" ber inbifc^en
S3o(f§reIigion ba§ ©egenteti be§ bibiifd)en 58orfe§ung§g(auben§ ifl.
Qrüüx begegnet man üereinjelt einem tamulifc^en ©pric^mort, ba§ einen
3fiefl natürltcf)en Sßcrfef)ung§gtauben§ au§brü(ft „®em ^ilflofen f)ilft
®ott." SIber biefer 9lefl ifl offenbar ganj übermuctjert öon bem anbern
©tauben on ein öoUig unerbittliche^, ein für aüemal „gefcf)riebene§"
©c^icffat, bo§ alö ha^ (SrgebniS ber üötlig unbefannten Scalen früherer
Oeburten gilt, ^n bem 2)unfel biefe§ <Sc!^icEfaI§gebanfen§ Ilammert
man fi(^ an ben Irobitionellen 5lberglauben öon B^^en, ßeiten unb
©lernen, ber bem nücf)ternen S)enfen fo unbegreiflich ifl. ©r l^ol eben
mit nüchternem 3)enfen nirfjlS gu tun unb flammt au§ einem im
S)unfel ber ^^-urc^t öor bem ©c^icffal fcf)mer abmeisboren @emüt§=
bcbürfni§.
Sejeic^nenb hierfür ifl ber llmftanb, ta^ naä) bem B^ugniS einer
90iitarbeiterin, bie feit Satiren fafl täglid^ mit §inbufrauen in beren
Käufern umgebt, nii^t^ einen fo großen, überrofcfjenben Ginbrucf auf biefe
mac^t al§ bie ctjrifllid^e ^elle ®Iauben§= unb §eiI§gemiB§eit, bie mit
®ott rebet bon ^erfon ^u ^erfon, unb aucf) über ben Job ^inauSreid^t.
jDenn bie Job es furcht ifl neben ber ©ölter- unb ©c^icffalS*
furcht ta^, britte S;unfel, ba§ auf bem §inbuöoIte taflet, ©ie ifl
ja etmo§ allgemein äJ(enfc|l{ct)e§. Gigenortig inbifc^, be^ietjungämeife
onimiflifd^ *) aber ifl bie gurc^t öor ben Stoten, bie bei un§ boc§
nur bereinjelt al§ ©cfpenflerglaube auftritt unb nicf)t für religiös
gilt, fonbern für oberglöubifct). ^n ^nbien mirb bie gurc^l bor ben
Stolen §um ®runbe einer Steige bon religiofen rituellen ^anbtungen**J,
meiere bie Söieberfei^r ber türjüc^ SSerflorbenen in§ ©terbe^au§ unb
fpäter it)ren Unmillen abme^ren follen.
ä)2it bem DJ^angel einer gellen, ha§i ß^ntrum be§ 3)?enfc]^en, bie
^erfönliclfeit, er^ebenben unb |eiligenben ©laubenSgeraiB^eit ^ängt flet§,
unb fo ouc^ in Snbien, ber 33fangel eine§ guten ©emiffen§ im ®e*
*) S«r ^Religion ber Sotenanbetung gehörig. **) geremonien.
— 13 —
6rauc§ irbifc§er ©üter gufammen, ber e§ ^u feiner reinen Se6en§= unb
9?Qturfreube fommen Iä§t, fonbern jur 5l§!ef e*) fü^rt ober bocf) n)enig=
[ten§ ^u a§fetifc§en ^bealen, menn bie (Snergie ju eigener 3t§fefe fe^It.
5:;er Segriff be§ inbtfc^en SoIfe§ öon ..^eiligfeit" ift burd^aug oSfetifcf).
©0 wirb in bem SBaßfafjrtgorte 9JJailam has, &xab eine§ (Sanniafi
(iö?öncf)e§) Dere§rt, oon bem ba^ SSoIf erjäfjÜ, er ^abz bort auf bem
!^ei^en S^Uenberge einfam unb o^ne Reibung gelebt unb fiif) bon Unrat
unb bem ©oft ber bort h)ilb tt)a(^fenben ^afteen genä(;rt. 2lm ®rabe
biefeg 21§feten erwartet man Söunber^eilungen.
3eigt fid) tm aSfetijc^en ^beal ber 3Q?angeI eineg guten ©eroiffenS,
fo bringt anbererfeit§ ba§ böje ©eroiffen bie gurc^t öor f(f)Iimmcn
gotgen ber ©ünbe mit fic^. @te ^at ju ben §at)lreicf)en religiöfen
„Sab efeften" geführt, bei benen burd) Saben in ^eiligen t^Iüffen unb
Seidien ober am 2JJeere§ufer „bie <Sünbe fortgeben" fofl. ßö bcr^ält
fic^ babci, mie auä) bei ben Sotengebräud)en, offenbar fo, ba^ inijt
burc^ ®en.nffen§furd)t bie S^eUgion bertieft, fonbern umgefe^rt burc^
ta§> eigentlid) 9?e(igtöfe bie fittlic^e SBirfung ber ®eintffen§furd)t para*
l^fiert ttjorben ift.
3ur ®Dtter=, ©c^ictfol^^ 3:obe§= unb entwerteten ®en)iffen§furd)t
fommt enblid) nod^ bie 2)ienf(^enfurd)t, unb 5War in mannigfad^er
©eftalt. 2)enn au^er ifjrer allgemein menfd)(i(j^en j^orm f)ot fie fic^
in Snbien auc^ noc^ al§ 5-urd)t bor bem böfen Stirf, bor böfem ßflu^er
unb gtudjwort unb al§ Saftenfurd)t geftaltet. 9Jian !önnte ja bejroei^
fein, ob t)a§ affe§ nod) jur „9ie[igion" geijört. 5lber bei nätjerem Qiu
fe§en wirb e§ boc^ unberfennbar, baB einerfeitg bie Safte mit ber
^ieligion unzertrennbar berbunben ift, unb ha^ anbererfeitS bie gurd)t
bor böfem Süd unb ßauber ein 2^eU be§ animiftifc^=religiöfen ©in*
fc^(ag§ ift, ben bie inbifc^e SSoItSreligion an me'^reren ©teilen jeigt.
SSir fpradjen bereits bon ber gurc^t bor bo§t)aften SBirfungcn ber ab--
gefc^iebencn ©eeten; böfcr Süd unb ßauberwort aber finb SBirhmgen
bon noc| im Seibe befinblic^en ©eelen. G§ !ann nic^t SSunber neljmen,
ta'^ fie gerabe ai§ burd^ Slid unb Sßort gefcftebenb gcbad)t werben.
Xenn Slid unb SSort finb ja jwei befonber» auffatlenbe SliiBerungen
be§ ©ee(enlebcn§. ®a e§ fid) aber immerijin bei biefen fingen um ein
(?!iren§gebiet (jonbelt, ba§ über ben fonftigen Sereic^ be§ religiöfen
£eben§ ^inau§reid)t, fo wollen wir biefe§ ©ebiet I;ier gleid) abfc^Iießenb
be^anbeln ftatt wie fonft haS' SorftetIung§s unb SetötigungSteben bom
t£mpfinbung§(eben getrennt ju Ijatten. ^
5lderbQu unb $ou§bau, Sunft, ^anbwert unb Sie^jud^t, §od§=
^eitSfeiern unb Sinberpflege Ijoben fiimtlic^ unter ben Söirtungcn be§
böfen 5Iuge§ ju leiben unb muffen bngegcn gcfc^ü^t werben. Scjonber§
ber neibifc^e SUd ber 5(rmeren ober weniger ®lüd(id)cn wirb gefürchtet.
jDer Sauer ober ©artenbcfi^er fteüt einen weißgetünc^len 2opf ober
*) ßafteiung, 9)llinc^eiei.
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aud) eine 5umetlen obijöne Sonftgur ober eine 5lrt SSogelfc^eudie mitten
in§ gelb ober in ben (Sorten. ®iefer ouffaHenbe ©egenflanb fott bie
iSIicfe auf fic^ gießen unb fo öom ©etreibe ober ©emüfe ablenfen. ^c^
I)örte aüii) bie 9]^einung auSfpred^en, bo^ ber in biefer SSeije angegogene
Oöfe SÖIicE in ben betreffenben ©egenflanb (jineinfa^re unb baburc^ un»
fc^äblic^ gemad^t toerbe. ®ie ©arten, in benen man bie beliebte 5Betet=
pflanse anbaut, toerben jum ©d^u^ gegen ben böfen S3Iicf mit einer
SSanb au§ ^almenmebeln umgeben. 5Iu^ beim §au§bju fud^t man bie
Surfe ber SSorüberge^enben öom Sau ab^ulenfen, inbem man auffattenbe
©egenflänbe am S^eubau anbringt, ©än^er führen §eiferfeit auf böfen
surf äurürf unb fud^en bem ©c^aben Wc^ 5lnäünben üon Dampfer öor
if)rem ^oufe ju begegnen. 'üJtaUjc malen an eine (£rfe ifjre§ ®emälbe§
eine ^ö^Iic^e gigur, bie ben Slirf neibijc^er Sen)unberer ouf ficf) sieben
unb fo für bk SoIIenbung beg ®emälbe§ unfrf)äblic^ mod^en fott. Se=
fommt ein ^anbm_ej:!er etwa an ber §ünb ein ®efrf)roür, fo meint
er, e§ fei bur^'^fen Surf berurfac^t, ber i^ wegen ber gefc^irften
5lrbeit ober megen be§ gu ertt)artenben $8erbienfte§ beneibet i)at (£r
furf)t folc^en ©c^aben burc^ 2{jnu^le,tte absume^ren, bie er am Slrm
ober an ber ^üftfc^nur feflbinbet. (£ä finb ba§> fleine ^apier= ober
9J?effingrotIen, mit ^eiligen Sudtiftaben ober ßöu&e^^fo^nieln befrf)rieben,
bie in fleine bleiftiftbirfe Sled^fapfeln gefterft unb fo umgebunben merben.
Ober e§ lüerben ßau^erformeln mie bie fjeiligen fünf Siui^itai^en na,
ma, si, wa, ya („8ob bem ©ima") in J^eilige Slfc^e gefc^rieben, hit
mon bann in einer SIed^!opfe( oI§ 5tmulett trägt, ©olc^e Simulette follen
audt) gegen S:eufel f)elfen unb fonft glürfbringenb fein. ®egen r^eumatifd^e
©d^mer^en im 9trm, bie audf) bem böfcn SlidE jugefd^rieben merben,
malt fi(^ ber .gtanbmerfer auf bie fd^mer^enbe ©teile \d)toax^t unb rote
fünfte, mit benen er fid[) bann öffentltd^ jeigt, Siudf) ber S3ie^äüdf)tex
mu^ feine ^ü^e gegen Slirffc^aben fd^ü^en. ®r tut e§, inbem er fie
^eimli(^ öor 2;oge§anbrud^ melft, ober bei etttja fc^on eingetretenem
©d^aben Dampfer öor if)nen anjünbet. Sei ^od^äeitgfeiern fud^t mon
nad^ bem Umbtnben be§ ©i^egeidfienS unb noc^ bem Umjug ber Sraut-
leute biefe boburd^ §u fd^ü^en, bo^ man in einem ©efö^ Stampfer mit
Pfeffer onjünbet, ba§felbe um bie ^opfe be§ ^ooreS frfjroenft unb bann
auf bie ©tro^e fteHt. Dber man fterft in brei |)äuflein geforf)ten
9teife§, bon benen 5mei fdlimorj bejm. gelb gefärbt finb, brei üeine
mit SE)odt)t umtoirfelte ©töbd^en, legt bie ^öuflein in ein ®efä§, günbet
bie ^od§te an, fd^luingt ha^ ©on^e breimol um hü§ Sroutpoor unb
fe^t e§ bann auf bie ©tra|e. SefonberS ift ber böfe Slirf fleinen
^inbern fd^öblidE). ^ft ba§ neugeborne ^inb ^ellforbig unb fc^ön, fo
fdgen bie'befurfienben grauen: „©e^t ha^ J^inb nii^t ben Surfen onberer
au§, e§ mürbe ©droben leiben." ®ie ©Item antworten bonn etmo mit
ber gormel: „D, mie öiele perlengleid^e ^inber gibt e§ auf ber SBelt,
tüorum follte gerabe auf biefe§ ^ö^üc^e Sinb ein Slirffc^oben faüen!"
Seibet ba§ kleine etmo einmal an 5Ippetit(ofigfeit, ober mirb e§ fonft
— 15 —
!ranf, fo mu§ jemanb ein böfe§ Sluge auf ba§felbe geiüorfen ^aben.
äRan fammelt bann etraa§ «Staub, ben ber Söetreffenbc betreten ^at, tut
Pfeffer unb (S0I5 boju, fcf)raenft e§ um be§ ^inbe§ ß'opf unb rotrft e§
in ein geuer, ha§ mit befonberen ^öl^ern genährt ift. ®ie 2lfc^e mirb
mögüc^ft öffentlid) auf bie ©trole gefcf)üttet. (Sin anbere§ ÜKtttel be*
flet)t barin, ba^ man auf gtü^enb gemachte eiferne ga^reifen etn)o§ ge=
focf)ten 9tei§ legt, ben man äuüor um be§ ^inbe§ Stopf gefc^roenft ^at.
S)a§ fnacfenbe ©eräufd), ha§ beim 23erfof)Ien be§ 9iei)e§ entftef)t, foll
ben 53licficf)aben vertreiben. 3luc^ getbidimer^en ber ^inber I)ält man
für tk siöirfung eine§ böfen 2tuge§, ha§ il)nen bie 9ia{)rung nic^t ge=
gönnt ^at. Tian gibt borum jumeilen benen, bie bei ber 9'?at)rung§s
aufnähme be§ ^inbeg gugegen finb, ttma^ ju effen, nm etroaigen SfJeib
ju bömpfen. Slucf) gegen i^ieber unb ^opffd^mer^en be§ ^inbe^ jünbet
man Ä'ampfer Dor bem ^aufe an, meil man aud) fold)e Seiben bem
böfen S3Iicf 5ufd)reibt. ®iefe gurd)t ift feine§lüeg§ auf bie Ungebilbeten
befc^ränft. ©§ fann fefir tdo^i borfommen, bo^ ein äliann, ber eine
t)D§ere englifd)e (£r§ie^ung genoffen unb einen ofabemifc^en ©rab er=
morben Iiat, ein Sopfgefc^mür borauf jurücffüfjrt, ha'ß jemanb feinen ,
fdjönen Sturban neibifd) angefef)en l)at. "^
5Iuc^ ber ©laube on 3 «üb er ei ift fe§r ftarf unb meit Verbreitet (
2)ie gau^ei'^ei ift mie bie ßeic^enbeutung eine gange „SBiffenfc^aft". ^c^
^abe nic^t näheren (ginblid in fie getan unb miH be§^oIb nur ertüä^nen,
lüaS ic^ boöon gefe^en unb gef)ört i}abt. ©in ©artenpäc^ter Perfid)erte
mir, baB in feinen ^ac^tungen feine grüc^te geflößten mürben, med
bie Seute müßten, ha^ er ber ßouberfunft mächtig fei unb baburc^ ieben
'^kb töten fönne. Gin anbermal erfu£)r id), ba^ femanb in ber ^ütte
feines geinbeS ein mit 3fl»&erfc^rift befc^riebeneS ^led)plätt^en ^eim*
lic^ vergraben l^atte, um i^n ju üerberben. ^i\ einer ©tröffe ju TOabroö
beobodjtete ic^ mpt)rere 3)?orgen nad)einanber, mie ein ßou^erer feine
ßunben mit tieinen S3Iottbufc^eIn be§ 9!Kargofobaume§ be^anbelte, inbem
er bie 33üfc^el bor i^ren Slugen lange ßeit int Greife ^erumfc^menfte.
@§ gefc^ai) offenbar gum ßmec! ber Teilung Von ^ranftjeiten. (£S gibt
natürlich mancherlei Zauberformeln. 9Jfan nannte mir au^er bem oben
ermäf;nten „günfbu(^ftaben"-ßauber einen (Sanefa-, einen §anuman*
unb einen ©ubramaniensßauber, bie nad) brei beliebten ©öttern ge*
nonnt finb, burc^ beren 10 bi§ 20moI mieber^olteS 2lu§fprec|en man
Brautzeiten, ©c^langenbi^ unb ^öerrenfungen l^eilen tonne, 2Ber bie
ajfac^t biefer gauber bttommen moUe, muffe im SSaffer fteljenb ^unbert^
mal bie i^m Voriger Vom Sefjrer Uorgefagte gormel auSmenbig fier-
fagen. 2)aburd) betommt er „ben ®ott in feine ©ernalt". 'J)urc^ Saubcx-
formein fann mau auc^ !Jeufel gegen einen geinb ouf^eljen. ^ft aber
ber j}einb burd) eine ftürfere gormel feft, fo ift bie <Bati)z für ben
5lngreifer gefä^rlid).
S3ermanbt bem ßauber ift 't>a§i glucken. (SS ift fe^r im ®ebraud).
SKon fann rco§l mel)r al§ 100 5^u<^formcln aufjäljlen, mit benen bem
16
l^einbe ober feinen Angehörigen Sob unb SSerberben getüunfdit lüirb.
®ie SSirffamteit foli^er glüdie lüirb fe^r gefürcfitet.
SBir ^aben auc^ öon „haften furcht" gefproi^en unb meinten hü'
mit bie gurd)t, bie ^afte ober bie ^aftenrein(;eit 5U üerlieren. ©old^eS
^eiliger Bettler.
fann j. 93. burc^ ben Übertritt §um ®()riftentum, burc§ 53erü^rung mit
einem „Unreinen" ober aucf) burd) SSerle^ung ber religiöfen ^aflen=
fitte gefc^e^en. ®enn bie ^aflen[itte ift religiös, nt^t nur infofern bie
^afte (©ippc) einen ber bieten Untergötter §u i^rem „gamiliengott"
tiat, 5U beffen gemeinfamer S3ere^rung bie ^aftengenoffen iäfjrlic^ n)enig=
fteng einmal jufammenfommen muffen, fonbern aud) infofern, at§ bie
— 17 —
^aflenfitte mxtiiä^ religiös geroertet mivb. '^ijx^ S5er(e|3ung unb 53e-
flecEung ber S?Qflentein[)eit ift ©ünbe (päpa). Snbejug auf grauen prt
man e§ gerabeju aussprechen: ,,(£iner grau Üieligion ift bie ^afte, i[)r j,
®ott ifl i^r SKann." ®te Seibenfc^aft be§ aBiöenS 5ur ß'afle ift ö{el=
fac^ tatfäc^lid^ religiös, b. f;. fie ift eine ßni'rgie, rate fie ben ^öc^ften
religiöS^fittlic^en ©ütern gegenüber am ^Iol3e ift. ^ene DJfiffionartn,
bie un§ i^r ®efpräc^ mit ber Minben grau über ba§ ©c^icffal erjä^tt
^at, ^at einmot einen fjod^gebilbeten ^inbu gefragt, ob e§ benn nic^t
möglici) fei, ha^ in ^inbufamilten folc^en 5lngeiprigen, bie au§ ©e-
tt)iffen§grünben 6;§r{ften merben ttjottten, ®ett)iffen§freiijeit geiüö^rt irerbe,
fü ta'^ fie aurf) al§ ©f)riften bei ben S^i^isen bleiben bürften. ©eine
SIntroort lautete: „®en)iffen§freifjeit?! 5llö Sljriften ba^eim?! ©§ gibt
abfolut nicf)t§, ba§ ratr nic^t tun rrürben, um fo etiüag gu öerfjinbern!"
Unb eben jene blinbe grau ()at bei einem fpöteren ^öcfuc^, al§ bie
ÜWiffionarin it)r üon G^rifto fprac^, gefagt: „Siebe grau, ic^ ^abe nur
noc| eins. SBotten ©ie mirÜic^ mir jumuten, hav einjige ju üerberben,
tt)a§ ic^ no(^ l^abe, meine ^ofte?!" ^c^ Ijobe mefjrere geugniffe bofur,
bafe 5Diütter ben Übertritt ermad)fener tinber jum S^riftentum um
beS bamit gegebenen Jftaftenöerlufteä mitlen mit einem fo leibenfc^aft=
Ii(!^en ©c^merj beüagt ^oben, alS ob fie geftorben lüären. ©(^on bei
fleinen ^inbern ^abt i^ beobaditet, wie fie bie Serüf)rung üon ^aria=
finbern forgföltig mieben mit ber auSbrücflic^en ©rtlärung, ba^ fie
fonft bie „^aria=Unreinbeit" befommen mürben. SlnbrerfeitS ^abe ic^
auc^ bei ben ^aria unjö^lige Wük ein ^aftengefü^l getroffen, ha^» fie
treibt, \\<i) bon ben nocf) tiefer ftetjenben Seberarbeitern abjufd^IieBen ;
unb auc^ bei if)nen i)ab^ xd) immer mieber Oteligion unb ^afle eng
öerbunben gefeljen. 9ieligion ift eben überall in ^nbien ni^tS meniger
als ^riüatfac^e; fie ift ^ aft enf ad) e. 2)ie ^afte ift bie Srägerin ber
9teligion, fomeit fie nic^t felbft gerabeju on bie ©teile ber üteligion
tritt. S)ie ^afte, unb nic^t baS ®en)iffen beS einzelnen ift baS ®nt=
fd^eibenbe, bor beffen SSerletjung man fid) am meiften fdjeut. ©o ift
auc^ tjier on bie ©teile ber fittUd) n)ertüollen ©otteSfurc^t ein gurc^t=
empfinben getreten, baS beS fittlic^en SBerteS entbeljrt.
2^as rcligiöfe OorftcUcn.
SBir roenben unS nun bem religiöfen S3orfteUen ju, baS ja ^w
tjleid) ber DH^rbobcn ber religiöfen ^Ijontafie unb bie (Srunblage beS
religiöfen 5)en!enS ift.
SSaS ift bie 2Bir!ung ber ^Dunfel^cit auf baS SSorftettungSleben?
©ie ift mie beim (SmpfinbungSleben eine jmicfad^e:
2)er im ^unfein Sebenbe, ber 53linbc, mu^. bcfonberS menn
nic^t eine ^eriobe beS Siebtes unb beS ©el^enS in feinem ßeben Por-
angegangen ift, in feinem S5orftclIcn notmenbig in nic^t unbebeutenbcm
2
— 18 —
9JkBe ber SSirflic^feit fremb fein, ba i^m ein tuic^tiger ©inn für
bie SBa^rneljmung ber SBirf(tc{)feit fe^lt. ©iefer iotrÜtc^feitSfrembe (S()a-
rafter lütrb ftd) bann ouc^ in feinem ®enfen unb in feiner ^^antafie
geigen. Sifjnlic^ ifl bie SBirfung eine§ geiftig öerftanbenen 2)un!el§, b. ^.
be§ 93?QngeI§ an geiftigem SSirflic^!eit§finn, eine§ 3J?angeI§, ber be-
rufen bürfte in einem im tiefften ®runbe irreligiöfen SO^angel an 6^r*
furd)t für f){florif(f)e unb natürliche objeftiöe SBirf(icf)!eit unb in einer
ebenfo irreligiöfen Überfc^ö^ung be§ fubjeftioen SSorfteüenS unb 2)enteu§.
SSon nocf) weiter greifenber 2)unfel^eit§tt)irfung ift ber geiftige
ßuflanb, föo SSorftellen, ^fiantafie unb ®enfen bem „ftrafenben" Sichte
be§ fittlic^en 33ett)uBtfein§ entzogen finb unb barum ber ernflen fitt=
liefen ßuc^t entbehren unb ber ^tnregung unb 53efrud)tung burd)
bie fittlic^e SBa^r^eit, ba§ ifl burd) bie SSelt be§ fittlic^ 2Bir!Iict)en
ober (Sd^ten, nämlic^ be§ ec^t SOienfc^Iid^en unb be§ tt)irflid§ ^eiligen.
^ebe Sieligion fiat notmenbig eine i^r eigenartige 33orfteIlung§-,
^f)antafie= unb ©ebontenroelt. 3iuc^ bie neuteftamentttcf)e ^Religion ^at
eine folc^e. ^f)X^ (Eigenart ergibt fic^ au§ bem ®runbe, au§ bem fie
geiDorben ift, nämlid^ au§ bem Dienen Seftament. 2)iefe§ ifl eine «Samms
lung perfönli(^er 3su9niffe. SBir fe^en in if)m in eine perfön-
lic^e SSirflt^feit hinein, nämlitf) in bie SBirfliC^feit be§ perfönlid^en
Seben§ feiner SSerfaffer. 2Bir lernen biefe nic^l ober !aum in i^ren
äußeren 2eben§üer^ä(tniffen tennen, tvoi^i aber in ber innerflen 2Birf=
Iid)!eit i^re§ 2Sefen§. 2)enn mir erhalten einen ©inblicf in ha§i, njoüon
i^re «Seele lebl. (Sben in bem SBorte, ba§ fie gcf (^rieben ^aben, legt
fic^ tQ§> offen bar. SRan fann fic^ natürlidj ber (Siniüirfung biefer per=
fönlid^en 2öirtlic^feit entäiet)en. S^re SBirfung ift eben perfönlid^ unb
fann barum auc^ nur perfönlic!^, alfo frei, oufgenommen merben. SBenn
man fi(^ i^rer ©inmirfung aber nidjt üerfc{)tie^t, fo ift man eben bamit
in Segie^ung getreten ju ber perfönüc^en SBirflic^feitsraelt be§ Dienen
SeflamentS, welche bie üinftlerifc^e ^(;antafie eine§ 2llbrecf)t 2)ürer §u
feinen bier neuteflamentüc^en ?IulorengeftaIten begeiflcrt ^at. (£§ bebarf
feine§n)eg§ ber ^^antafie, gefc^meige benn einer fünftlerifc^en ^^antafie,
um ©inbrücfe bon jener SSirtlic^feilsipelt gu empfongen unb feflgu^alten.
2tud^ ber ptjantafieärmfle ©eifl empfängt bie perfönlit^en (Sinbrücfe,
üon benen 2. Stirn. 3, 14 unb 2. ©or. 5, 11 bie 9tebe ift, unb fann
fie in perfönlic^er SBertung feft^olten. geflge^oltene (Sinbrücfe finb aber
SSorftellungen, auc^ toenn fie noc§ fo unplaftifc^ unb auc^ me^r ober
loeniger unben)u^t finb. ^ie neuteftamentUc^en 3^"9^" treten — eben
at§ SeuQm — fjinter bem ^n^alt iiireS 3eu9niffe§ fel^r gurücf. 2(ber
ganji gurücftrelen fönnen fie nict)t. ©ine (Slut f)eitiger fittlict)er 33es
geifterung unb ^eiliger j^^^eube leuchtet au§ ben paulinifc^en, petrinifd)en
unb jo^anneifc|en 93riefen unb au§ bem Einfang be§ öierten ©DangeliumS^
unb bie ©Ijnoptifer jeigen tro^ aller ß^rüd^altung i()rer obfeftiöen
'SarfledungStüeife fi^on burc^ i^r S3efenntni§ ju ^efuä al§ bem G^rift
iWlattf). 1, 1) unb §u feiner ©efc^ic^le al§ bem „(Söongelium" {'SRaxl 1, 1\
— 19 —
bofe fie öon ^erjen einflimmen in bie ^eilige greube be§ 3:äuferbefennt=
niffe§ utib be§ S3efenntniffe§ öon Säforea, oon benen fie ergäfjlen, unb
bai fie mitetgriffen finb öon ben gemaltigen ©inbrücfen be§ SSorte§
be§ „öottgefalbten", öon benen fie älJattfj. 7, 28 f., Waxl 1, 22, Suf.
4, 18—22, 32 ba§ SSoIf ergriffen jeigen. Unb biefe religiös* fittlic^e
©mpfönglic^feit, biefer fieitige ©ifer, biefe ^eilige greube, bie bie fittlic^=
religiöfe Unlebenbigfeit unfere§ aJ?otiöteben§ „flrnfen", finb bie perfön*
Iic|e Schärfe, mit ber i^r 3eu9ni§ auf ""^ einbringt, fo bo^ wir
un§ bem ©inbrucf auc^ be§ '^n^alt^ i^re§ ßeugniffeS nic^t entjiefien
fönnen, tt)enn wix un§ ni(^t obfic^tlicf) n^egmenben. 5)er ^n^o^t ifjre§
3eugniffe§ aber ift ®er, ben fie olle un§ öor bie 5lugen malen, ^efuS
öon S^ojaret^. ©r aber ift (Sbenbilb unb ^errlic^feitgabglang beffen,
öon bem ©r jeugt, be§ Sßaterf. 2)a§ ift bie ®otte§=„SSorftenung" ber
^Religion be§ Dienen Seftamenb, bie ©onne iljrer SSorfleIlung§= unb
©ebanfenrtielt.
®iefe SSorfleUungötüelt f)at alfo i^ren ©runb in einer perjönlic^en
SBirflic^Ieit, unb fie ift gugleic^ fittlic^ ecf)t, niimlic^ ein ec|t
9[)?enfc^lii)e§ unb tüirflic^ §eilige§. 2Ber in if)r lebt, tüeil er ju ben
i^r 5ugrunbe liegenben 2SirtIic|teiten in npirtlic^e $8e5ief)ung getreten ift,
ber wirb immer lieber fef)en, in wie ^o^em 50?aBe fie bie 5)3^ontafie
ju einer fittlic^ begeifternben ÜJ?ad^t ju beleben unb tas, 2)enfen an=
jujie^en unb mit i^rem 9fteic^tum gu befc^äftigen unb ben ganjen
3J?enfc^en ju ^eiligen öermag.
©ignet alfo ber neuteftamentlid^en SSelt be§ S3orfteIIen§ nac^ allen
Seiten ^in ber 2icf)tc^orofter in bem oben bur^ ben ®egenfa^ be-
flimmten ©inne, fo fragen wir nun, ob "s^a^ bei ber inbifc^en ^Religion
ebenfo ift. Unfere ^Beobachtungen laffen un§ biefe grage öerneinen. ®ie
SSorfteHungS- unb ^^ontafiewelt ber inbifdien 33olf§reIigion wie bie @e-
banfenwelt ber inbifc^=religiöfen ^f)iIofopi)ie jeigen einen wirflic^*
teit§fremben Sf)orafter unb ermangeln ber ©urc^bringung unb
^Belebung burc^ bie fittlidje SBa^rijeit.
G§ muB §unäc^ft feflgefteüt werben, ha^ fic^ im inbifc^en $SoIf§--
bewuBtfein ein 9{eft einer reineren ®otte§öorfteIIung finbet, einer SSor*
fteHung öon einer ^elfenben unb rid^tenben ®ottt)eit, bie nic^t ben
Slawen (Siwa§ ober 2Bifrf)nu§, fonbern einen allgemeinen Slawen trägt
(tamulifc^ 5. 33. „^obawul"). 5)ie beften mir befannten ßeugniffe für
biefe reinere SSorfteüung finb jwei tamulifc^e ©pric^wörter, nämlic^
aufeer bem fc^on erwöt)nten „®em ^ilflofen ^ilft ®ott", ba§ anbere
„®ie ^önigSmac^t tötet (ben ©c^ulbigen) fogleic^, bie ®ottt)eit fteljt
fliH (b. i. wartet) unb tötet (bann)". 5öemerfen§wert ift auc^ bie 3lnt=
wort einer Samulin auf bie S'^oge, weld)en „©wämi" benn if;re tür^^
lief) öerftorbene 5l^erwanbte im S^obe angerufen [jab^. 2)ie SIntwort
Iqutete: „^w Sobe ruft man bocf) nic^t einen ©wämi an; ba ruft man
jum ^abawul*)." ©wämi (^err) ift ber gemeinfome 9?ame für bie
*) SDJau ßevgleic^e aber im 3. Seit ben ?tbfd)nitt über bie Xotengcbväudjc.
2*
— 20 —
(Softer unb ^abatüul ift bie 83e5eic!§nung jener reineren ®otte§öorfteIIung.
Öfters ^ört man aui^ bie SBorte „^abatüul iruffirär", ^a§ ift ,,®er
^abattjul ift (ja bod^) ha", at§ 2(u§bru(f entmeber ber Hoffnung
auf göttltt^e ^ilfe ober ber Hoffnung auf göttlicEie ^öeftrofung eiue§
geinbeS.
SSor biefer im ^intergrunb be§ S3oIf§belüu6tfein§ öor^anbenen
reineren SSorfteKung öon ©ott fte^t nun aber bie breite 9}?affe ber
p^ontaftifc^en ©ötteröorfteKungen ber SSolfgtrabitton, tüie fie fd)riftü^
in ben „^uranaS"*) fijiert finb unb münblid§, ttiie ic^ ^örte, befonberS
Don ben Großmüttern ben Äinbern weitergegeben werben. 9?iemanb wirb
leugnen fönnen, ba'^ biefe SSorftetlungen rairfli(^teit§fremb, p^antafttfc^
finb. 'äüd) ift e§ ^anbgrelflic^, ha'Q, raü^renb jener SSorfteßung bom
!^elfenben unb ba§ Unrei^t räd)enben S'abowul eine erfennbare Spur
fittitc^en (S^arafterg an^oftet, bie p§antaftifc§en ©ötterPorfteüungen
wefentücf) fittlii^-inbifferent**) finb. S)a§ ^eigt fic| auc^ in ber
Slrt beffen, roa§ al§ öon ben Göttern ju @rwartenbe§ Porgeflellt
wirb. ®a§ ift !eine§weg§ fittlic^e §ilfe. 9Wan fürchtet ober erf)offt
ein fd^äbigenbeS ober {)elfenbe§ göttlict)e§ (Singreifen in bie irbifc^en
SebenSüer^ältniffe be§ einjelnen. 21I§ eine ^Iluftration ju biefem
für jeben ^tobaä)\ti inbifc^en 9Solt§Ieben§ unleugbaren 2)ie§feit§c^a*
rafter ber inbifc^en 23oIf§reIigion fü^re ic^ eine Siußerung eine§ Sauern
an. (£r fagte mir: „(£§ ift boc^ alle§ ein§, ^abawul ift (£iner, ben
beten wir alle an." 2Iuf meinen (Einwurf, e§ ^anble fic§ eben um
ben aöeg, gu bem einen Gott gu fommen, fu^r er fort: „Sf)r fagt,
man muffe, um ju i§m ju !ommen, bie§ onbeten, anbere fagen, man
muffe ba§ anbeten, ^c^ meine, ber befte (SJott ift ber 9?agur 5lnbowen
(ein mo^ammebanifcfier ^eiliger); benn wenn man i^m an feinem geft*
tage ein (Selübbe tut, fann man gewiß fein, baß man beim geft im
näc^flen ^a^r ein ^inb auf ben Slrmen mittragen fonn." (^tnberfegen
gu erlangen ift ber Qmzd fe^r bieler Gelübbe.) Semer!en§wert ift in
biefer Slußerung oußer bem offenbaren ®le§feit§(^arafter ber Sßorfteüung
üom „beften ®ott" bie S^atfac^e, ta^ fid) ber Wann eineg SBefenä»
unterfc|iebe§ jwifd^en ber ^abawuUSSorfteßung unb ben Gotteröorftel^
lungen nur teilweife bewußt ift, ha er bie Slnbetung ber (Spötter für
einen Sßeg anfielet, ben ^abawul anjubeten. SDiefer 5Infc^auung bin id^
fe^r oft begegnet, ©o ift bie reinere ^abawulöorfteüung üon ben
©ötteröorftettungen in ben ^intergrunb gefc^oben unb bo§ SSerftänbni§
für einen Unterf^ieb ^wifc^en einer fittlid^en unb einer fittlic|4nbifferenten
@otte§öorftelIung fct)eint ganj ju fehlen.
@ine gweite ^Uuftration entnehme id^ jenem bereite zitierten (Se=:
fpröd^ mit einem tamulifc^en ^arrentreiber. 2)er 3Kann ^atte allerlei
©c^riften gelefeji unb war in feiner Söeife gar nid^t o^ne religiofeg
9lact)benfen unb ^ntereffe. Sluf bie i^rage: „2Ber ift benn bein (5)ott"
*) Segenbenbüc^er. **) ©ittlicf):bebeutung§lü§, gleichgültig gegen
bo§ ©ütlidie.
— 21 —
nannte er al§ „öro^en ©wümi" nac^einanber ben 53auc^, ©itöa unb
bie (Sonne. „®er Sßaud) i[t ber gro^e ©tt)ämi, benn iüa§ er forbert,
mu^ man i^m geben." „2Bq§ für ©ucf) Sefu§ e^riftuS ift, ba§ ift für
un§ ©itt)a; ba§ ift aüeS einä; bn§ ^örf)fte ift übrigens nirf)t ©iroa,
fonbern ber (Sd)all" (eine Üiemtnif^enj au§ feiner Seftüre; gemeint ift
ttio^I ber mt)flifc|e Saut „£)m" , eine Üiepräfentation be§ in^ifc^=p^Uo-
fop^ifc^en (S^otteebegrip). „®ie «Sonne ift ber große ©raämi; benn
Wenn aut^ bie englifcf)e ^Regierung ßanoren auffat)ren ließe unb iljr
beföhle, fpäter aufjugefjen, fie täte e§ toä) nid)t." daneben oerfäumte
er nid)t, öor einem am SSege fte^enben ©anefatempel ben ß'arren an=
ju^nlten unb einige Pfennige m bie Dpferbücfjfe öor bem Sempel ju
«werfen, unb eiflärte auf 33efragen, ber Stempel fönne größer gebaut
werben, hjenn öiele bo§ täten, unb baburc^ entftelje bett Seuten ®ute§
(lüeil (SJanefa bieg S3erbienft belohnen raürbe burc^ allerlei trbifct)e
2ßo§(toten). (So nennt ber 90?ann miteinanber Sauc^, (Siroo, (S^riftu§,
(Sonne, ©anefo; fo beioeglic^ — aud^ in biefem (Sinne inbifferent —
ift feine ®otte§oorfteIIung.
jDer ^n^alt ber inbifc^en SSorfteüung Pom ®ött{i(i)en ift eben
nic^t ber eine, ^eilige, roeltmäc^tige SS'-iHe, fonbern oßerlei SOföc^tigeg,
SBo()Ituenbe§, 5örberlicf)c§ ober auc^ Sd)redlid)e§, fei e§ ein 9Jatur*
gebilbe ober ein ©ebilbe ber pt)antaftif(i)en ^uranatrabition. ^aben
boc^ aud^ Slüffe, ^ü^e, glömme (in ber Sampe) unb ScI)Iangen an
ber 5Inbetung be§ SSol!e§ teil, ^a, icf) bin im SSolfe be§ öfteren ber
SßorfteHung begegnet, 'Da'^ alle§, roaS mon mit ben fünf (Sinnen \vaf)U
nimmt, eine förfd)einung ®otte§ ift, ober baß aüe§, maö man für
©Ott ^ält, eben baburd) ®ott ift. Unb in biefem attumf offen ben ®otte§=
begriff ttjurbe auSbrücflid^ ouc^ ba§ ^äßtic^e unb ba§ Sd)Iec^te ein=
belogen, bomit bie „gütle" be§ ®otte§begriffe§ gemotirt bleibe.
^nbem loir ung nun onfc^idcn 5U ben föin^el^eitcn überjugefjen,
muffen tt)ir junödift ^erPortjeben, baß für febe Sippe if)r „(Sippengott"
ober „SieblingSgott" im SSorbergrunb ftct)t o(§ 9?otf)elfer, obgleid) fie
fic^ taneben entmeber §u ©ima ober ju SBtfc^nu al§ ^öc^ftem ©ott
befennt. ®abei ift 5U beai^ten, baß oucf) ^o^e ©ubrafoften al§ ©ippeus
gott bielfoe^ eine öon ben ©ott^eiten ^oben, bie „met^r geneigt finb,
t>en 2Renfd)en 58öfe§ ju tun a(§ @ute§". 2)urc^ ©elübbe in 9?otäeiten
unb burcf) jä^rlid)e rituelle Seiftungen furf)t man biefen ®ott günftig
geftimmt gu cr()a(ten ober befonbere ®unft bon ifjm gu erlangen, ^ier«
öon tnerben loir fpäter ju fpred)en fjoben. ^ict ift nur uorf) ^u he-
merfcn, boß e§ ritueüe, nic^t ftttlicf)e Seiftungen finb, lüclcf)c bie ©öfter
Hod) ber SSottgüorftellung forbern.
SBlr moHen nun einige djorofteriftifc^e 3^96 flu§ bem fester uns
überfef)baren Greife ber ©ötteröorftettungen miebergeben, mie fie un§
im SSolte entgegengetreten finb. SSir orbnen fie in bie brci ©ruppcn
ber „1)orfgottfjeitcn", ber fiiüaitifd)en unb ber Juifd)nuitifd)en
®ottf;eitcn.
09
SDorfgott^eiten.
(Sine in ©übtnbien 6efonber§ ^eröorragenbe ®or[gott^eit ift bie
SJJari. Sie ift eine ber bieten „Timmen" (tamulifc^ für „yjlutki"), b. i.
tüeiblid^en ®ottf)eiten, unb jtüar ift fie bie ®öttin ber ^ocfenfrant^eit,
bie fie im ßotn über ben 9[J?enfd^en „ausgießt" unb bann aucf) töieber ^eilt.
(Sie ift nac^ einem btelgefungenen äJJariliebe feuergeftaltig unb mvh
öon ©erlangen umfpiett. Über i^ren Urjprung gibt e§ öerfc^iebene Se=
genben. DfJac^ ber einen ift fie bie S^oc^ter eine§ S3ra^manen S3^agaU)an
unb einer ^ariafrau 3l^bi, bie aucf) roo^f q1§ ^ntarnationen öon ©iroa
unb beffen ©ema^Iin ^orraati gelten. 5ll§ fie an ben ^oden erfranft,
tt)irb fie bon i^ren (£(tern berlaffen. Sie fommt pocfenfranf in ein
SDorf, um ju betteln, ]iaü in Kleiber in SWargojalaub gefüllt. ®ie ®Drf=
leute, bie fie fe^en, fc^reien ,Maül Wfiaül" (b. ^. „^ocfen")- ®a§er
erhielt fie i^ren Sflamen unb würbe jur ^ocEengöttin.
dlad} einer anberen Segenbe ttior fie ursprünglich bie @[)efrau be§
weifen Sonata (ober noc^ Slnbern be§ ^atnötogni, be§ 5ßater§ be§ ^q*
rafurama, einer ^ntarnotion 2öifd§nu§). (Sie war fo ^eilig, bafe fie
feinen 2;opf mitjune^men brauchte, wenn fie jum g(u^ ging, SBaffer
äu f(i)öpfen. Sie broucf)te nur mit ben §änben in ben glu^fanb gu
greifen, bann formte ber fic^ bon felbft jum Sopf. ^l§ fie eine§ Sage§
tt)ieber jum gtu^ gegangen mar unb ftd^ über ha^ SSaffer beugte, fa^
fie im SSaffer ba§ Spiegelbilb bon ^immlifc^en SSefen (®^anbarben),
bie über i§r in ber Suft ^inftogen. „SSie fc^ön finb bie!" badete fie,
unb biefer (Bttanlt wav für bie ^eilige jc^on Sünbe. ®arum rann
ber gluBfanb i^r nun burc^ bie ^anb unb bilbete feinen Sopf. Sie
mufete o§ne SBaffer nac^ ^aufe fommen. ®aburc^ erfuhr i^r geftrenger
ß^e^err ha§> ©ejcfief^ene unb berbammte fie jum geuertobe. Sdjon tüor
l§r ^opf bom geuer berje^rt, al§ ber ©eftrenge burcf) feinen Soi)n
bewogen würbe, fie ju retten. (£r fe^te auf ben fopflofen Stumpf ba§
§aupt eines Unge^euerg, unb al§ er bie S3ranbnarben an i^rem ß'ijrper
fo^, beftimmte er, ta^ fie fortan ®öttin ber ^ocfen fein foHe. ^laä)
einer anberen S'Oi^nt biejer Segenbe ^at ber So^ felbft auf Sefe^I be§
SSater§ ber 50?utter ben ^opf obgefdjlagen, wofür i^m eine ®nabe im
borau§ gewährt war. (Sr erbat fic^ bann bie ®nabe, ber 90tutter ben
^opf wieber auffegen unb fie Wieber lebenbig machen 5U bürfen. 5Iu§
S3erfef;en fe^te er i§r aber einen anbern ®opf auf.
@§ gibt auc§ noc^ anbere (Srjä^iungen über ben Urfprung ber
93?ari. So foll fie mit anbern böfen ®ott()eiten burrf) ben gtuc^ ^ei=
liger 9tifd§{§ au§ ®öttern ober ^tiefen entftanben fein ober mit ber
^ali unb anberen jufammen au§ bem Si^wei^ ber ^arwati, ber ®attin
be§ SiWa.
3Kari erfc^eint nid^t nur in bem erwäbnten Siebe, fonbern ouc|
in bilblid^en SDarftettungen juweiien in SSerbinbung mit Sii)tangen.
®a§ 3}Zaribi(b eine§ berühmten SlkritempetS befte^t m einem bon
Sd;Iangen bewohnten (ober bewofjnt gewefenen) teeren Stermiten^ufen,
— 23 —
unb auä) in [teinernen 2)QrfteIIungeii erfc^eint dJlaxi manchmal bon
€tner ©erlange umrounbeu, beren ^opf übet ben ^opf ber ©btttn ^{n=
aufragt, ^n bem bei t§ren geften gefungenen langen Siebe tüirb bie
©öttin in immer neuen SBenbungen gepriefen: „^etn ®ott ifl mie bu;
5>ic (Bottin IvUi.
bu t)eirfcf)eft, mirft überall gepriefen, be[trafft beine 3?eräcl)ter." (Sie
n)irb angefleht: „^omm bon beinen Stempelroofinfi^en ju un§ ^ier^er,
erbarme bid) beiner S^inber, fiel) un§ an, quäle un§ nic^t, bergib unsere
33erge()ungen, laf? bom ßoicn unb nimm bie ^ranff^eit fort burc^ bein
äRargofatoub."
©ine anbere biefer lueiblic^cn ©ottfjciten ift bie graufame, bluN
— 24 —
bürflige üälWämmtn, bie ©öttfn ber (Spolera. (Sine britte ifl ^ü=
bari, beren boS^afte 2(rt fprtci^lüörttiti) befannt ift; benn man fagt
öon einem Spanne, ber eine fe^r bo§!^afte @{)efrau ^ot: „SDem ge§t'§,
qI§ ob er bie ^übort jelber geheiratet ^ätte." @ie fc^eint ttjefentltc^
mit ber öiel bere[)rten SeHei^^lmmen (®ren5=®öttin) ibentif(^ §u fein,
bie man burc§ blutige Opfer ju belüegen fudit, alle anbern ®ämonen
bor fid) §er au§ bem SDorf bi» an bie ©renje gu treiben, inbem fie
öon einem üPanne SBeft^ ergreift, ber einen Sopf toott 9tei§ unb Dpfer=
blut öon i^rem Sempel bi§ an bie ©orfgrenje trägt. (SoI(f)e§ „53e=
fifeergreifen" (53efeffenma(i^en) üben aud) bie unter bem Dramen ber „5
(ober 7) Jungfrauen" befannten töeiblid^en (SDttI)eiten.
SSon ben männlichen ©orfgott^eiten ift bie bebeutenbfle ber Slije*
nar, ein ©o^n be§ ©itt)a unb 2Sifrf)nu, öon benen le^terer bie ®e=
[tatt eines öertocfenben 2öeibe§ angenommen l^atte. ©r reitet bei 9^aci)t
mit feinen gelben (ben Söirern) um bie SDorfflur !^erum auf törnernen
^ferben, bie it)m ju biefem ßtrecE öon feinen SSere()rern om Sempel
aufgeftellt merben. SSer i^m auf biefem 9titt begegnet, ben fc^Iägt er
gerabe mie bie 2:eufel, gu beren 5lbn)e^r er ben 9?itt mad^t.
®er iBerüljmtefte unter ben Sßirern ift in ©übinbien ber 50? a=
burai=2Biren („§elb öon SKabura"). (£r mar nac^ ber Segenbe ein
©oljn be§ Königs öon Senare§. S3ei feiner ©eburt mürbe buri^ ta^
Jporof!op feftgcfteKt, bem Könige unb feinem O^eidie bro^e burc^ biefe&
ä'inb ber Untergang, me§^alb ber ^'önig auf ben dlat feiner SBeifen
ben Sefeljt gab, i!^n in ben SSalb §u bringen unb bort gu töten,
©iefer Sefel^I mürbe ober nic^t ausgeführt, fonbern man fe^te i^n nur
im SBalbe au§. 5Dort fuc^te ein ©c^ufter ©erbftoff für Seber, ber ha^
^(nb fonb unb aufwog, meil er ünberloS mar. 21I§ er ^örte, t>a'^ ber
ß'önig e§ erfat)ren i)ühc, flo^ er mit bem ^'inbe in ta^ Sanb äRabura.
®ort (ernte auc^ ber Junge ba§ ©d^ufterljonbmerf unb arbeitete mit
feinem ^flegeöater. 9^un mürbe biefer einft beS 9^ac^t§ al§ 2Bäc|ter
neben eine ^ütte gefteßt, in ber SSommei S'Jajai^i, bie %oä)kx eineS
®ro|grunbbefi(^er§, megen ©intrittS in i>a^ ermocf)fene 5IIter na^ Sanbe§*
fitte einige 2Bo(^en lang au^er^alb bc§ Drte§ roo()nen mu|te. 2)er
5llte mürbe !ronf unb fteHte feinen ^f(egefo§n at§ ©teHöertreter auf
hk 2öad)t. ®er öerfpottete ba§ 3)(äb(^en, bie i^n beSfialb ©c^ufter-
funge fc^alt. ®a er§ä§Ite er if)r, ma§ er öon ®eburt fei, unb über*
rebete fie, mit i£)m §u fliegen. Sll§ be§ 9}?äbc]^en§ SSater i^n berfolgte,
tötete er i§n mit eigener ^anb. @r tam nad) äJkbura unb trat bort
al§ Offizier in ben S)ienft be§ großen StbnigS Sirumala 9^üi!, bem er
im Kampfe gegen Siäuberbanben gute ®ienfle leiftete. SSegen allerlei
l^iebf^aften mit ^aloftbienerinnen mürbe er fc^lie^lid), al§ man i^n
beim 9J?auerüberfteigen abfo^te, auf 33efef)l be§ SönigS ^ingerid^tet. @r
erfc^ien aber bem Könige im 3;:roum unb fagte: „©o treu ^abz id^
bir gebient, unb nun ^afl bu mic^ megen eine§ SSeibeg töten laffen!
jDafür foUft bu nun anorbnen, \)a^ öon allen ®Dtte§bien[ten immer ber
^0
erfle mir getan tüerbe." ®er ^önig ge^orcf)te biefem S8efe§l unb feit=
bem tüurbe bie SSere^nmg be§ 3Kaburai=2ß{ren Sitte. 9}?an fie^t i^n
bnrgefteHt mit ber S3oramet 9?QJad)i an feiner (Seite unb mit bem
^opfe if)re§ S3ater§ unter feinem gu^. Seine Stbenteuer werben bi§*
»eilen bei Slijenarfeften bramatifd) bargefteüt. ©iefer Offizier be§ ^u
ftorif^en Sirumala dlaxt ift wa^rf(^einlic^ eine ^iftorifd^e ^erfönlic^*
feit, wenn er aud) nid)t gerabe ein ^önig§fo^n au§ 53enare§ gewefen
fein tt)lrb. (S§ fommt, mie ic^ beflimmt tüeiß, oft öor, ba^ 2eute, bie
eine§ geroaltfamen Sobe§ fterben, al§ SSirer ober Timmen göttlich ber*
ef)rt lüerben. — 5lu^er ben genannten gibt e§ noc^ etliche 5lmmen unb
SSirer, öon benen einige auc§ 9[Runi, b. i. 2Beife, genonnt werben, 5. 33.
bie graufame 5lngaI=2Imnien, n)elcf)e bie „Sieblingggott^ett" etlid^er
^'aufmonngs unb $anbtt)er!er!aflen ift, ben ^aruppen, ben ^aftengott
ber Diäuber unb Solbaten unb enblid) ben ajJanifam, ^ottatuiraljen,
äliananfattan, bie ^ätteri, ®argai=?lmmen, ^amotfc^i, ^etfc^i u. a.
S^re ®ef(^icf)ten finb fdiwer ju fonftatieren. ©ie beiben le^tgenannten
fdjeinen mit ber Waxi ibentifijiert ju werben; öon ben anbern gelten
einige aud^ roof;! al§ ^nfornationen be§ Siwa unb ber ^armati.
®a§ ©efagte wirb jur (J^arafteriftif biefer erften ®ruppe bon
©ott^eiten genügen. Stufmerffam mad)en möcf)te ic^ nur nod^ barauf,
ha^ eine 9ici^e bon i^nen offenbar animiftifcf)en*) UrfprungS ift,
wie fc^on angebeutet würbe. S<^ ^o6e oud) burc^ eine 9tei§e bon
3eugniffen feflfteüen fönnen, ha^ e§ in allen haften üblid^ ift, in ber
gamilie berftorbcne (S^efrauen unb 3ungfica»en fpäter bei gamilien=
feflen göttlich 5U bere^ren. Sie ^ei^en 9?abuwüfjtufart, b. i. bie im
SOiittel^aufe (wo§I nac^ bem Ort ber ?lnbetung) ober ^i^ubabaÜari, b. i.
t>it mit ^^lumen unb Stieib (nämlid^ Söeftattete, wie e§ bei @t)efrauen
unb Jungfrauen gefd)ief)t). 5lud^ „^anni-Stmmen", b. i. Jungfrau,
werben fie woijl genonnt. L.
Siwaitifd^e ©ott^eiten.
^ter muffen wir noc^ biel me^r wie bi§^er bon bornfierein gänj*
lic^ barauf berjic^ten, eine ©arfteüung be§ ganzen maffenfjaften Jn*
^alt§ ber fiwaitifd^en ©ottergefc^ic^ten unb ^eil{gen(egenben ju geben,
wie fie in ben Siwa=^urana§ unb im „^eria^^urana" **) borliegen. ©§
f)anbe(t ficf) barin um immer neue Slämpfe 5Wifc^en ©öttern unb Ütiefen
(5(fura) unb um mannigfarf)e irbifdje ©rfdjeinnngen be§ Siwa unb um
Darftellungen ber leibenfc^aftlic^en „®otte§liebe" fetner ^eiligen. Jene
kämpfe berlaufen meift fo, bo§ irgenbein 9iiefe burd) baS aufge()äufte
SSerbienft bon Opfern ober ^afteiungen übergroße äJ?ad)t erlangt, mit
ber er bie ©ötter bebro^t, unb ba^ bann bie ®ötter Siwa um §ilfe
bitten, worauf biefer — mand)mai ouc^ burd) feine Sö()nc ®anefa
unb Subramania — fie gewaltig rettet unb ben 9ticfcn bernic^tet.
*) 9(nimiC'ntuö = 'Jtnbetung bev SSeiftorbencn. **) ÖJvüfec Segenbe.
26 —
®{e inbifd^en @rfc£)einungen be§ ©iroa, 5 5ö. qI§ SSeggenoffe, qI§
mütterliche ^ebamme, a(§ öe^rer, al§ ^otäträger, ©rborbeiter, SÖettler,
'-Kinc beliebte £)air|leUung Ötivas.
Säger
iferbefjäubler, Stönig, gefrf)e^en gu bem Qwcd, bem einen ober
bem anbern SKenfd^en §Ufe ober Sele^rung ju geiuä^ren. (Sin öolfö*
tümlic|e§ 9ieHgion§buc| jagt barüber: „Dbtoo^I <BitDa immateriell*) im
*) ®ei[tig.
— 27 —
Innern ntter ®ee(en ru^t, erfd^eint er bodt) ben (Seelen, bie i^ bort
no(^ nid^t erfennen, obieftio^materiell al§ bie§ unb bQ§." ©in berartiger
„moniftifc|er" ®(nfc|Iag trilt tatfäc^ltrf) in ben ^urana§ öfter jutage unb
ift eine gen)iffe ©runbloge für bie immer n)ieber^o(te 33e^uptung in«
bifct)er ©elei^rter, ha'^ bie ^uranagefc^ic^ten ©intteibungen p^^ilofoptjifc^er
SSo^r^eiten feien, bie bem SSolfe fonft nic^t berftänblic^ mären. ®a§
„@inf(eiben" ift aber nic^t fo gu öerfte^en, ba^ bie ®efc|ic^ten nur
bilblic^ 5U nehmen finb. SSielme^r gelten fie bti ben ortf)obojen ®e=
lehrten al§ mirftic^ gefc^e^en unb bie betreffenben ©rfc^einungSformen
be§ ©ima al§ mirflic^ geitroeilig „in ©naben" um ber ©eelen mitten
angenommene materiette formen, gür bie 9teligion§roiffenfc|aft märe e§
eine intereffante 5lufgabe, gu unterfuc^en, luiemeit bie öerfc^iebenen Se^
ftanbteile ber ©troa^Sßorftettung ouf ottbramiDifc^e 9?eminif,^en5en*) einer
bämonolatrifc^en^'") Dteügion 5urücfge§en (ein ^^einame be§ ©ima ift
5. ^. „ber mit ben S^eufeln 2;an5enbe"), unb mieroeit fie arifc^en Ur-
fprung§ finb. ©iroa ^ei^t oB Stttjerftörer „ber Seic£)enbrennpla^tän5er",
meit er am (Snbe jeber SBeltjeit atte SBetten Perbrennt unb bann attein gleich«
fam auf bem 2Be(tenbrennpIa| tangt. ©o trägt er auct) ai§> ^rauj bte
©d^äbel ber ©otter, bie er bann mitüerbrennt, unb feine feuerfarbige
©eftalt ift mit Stfc^e beftrid)en. ©iroa, ber Slttjerflörer, ift ber ©ritte
in ber inbifc^en Srimurti, b. i. 2)reigeftalt. ®ie beiben anbern, 58rat)ma
(ber Slttbilbner) unb 2Sifc!^nu (ber 5lttert)oIter) finb bem ©iroaiten
aber nur ©ebilbe unb ©iener be§ ©ima. 53ei ben Söifc^nuiten ift e§
umgete^rt. €b auc^ in ber ©eftalt biefe§ att^erftörenben üe"ei^90tte§
altbramtbif(^e a^eminifjenjen ju fuc^en finb?
SIuc^ bie ^eUtgen^Segenben be§ ^eria ^urana (®ro§en ^urana)
erforbern eine eigene 58e^anb(ung. gür Pergletcf)enbe 9teIigion§forf(^ung
bieten biefe ©arftettungen leibenfc^aftlic^er S§ofti (Eingebung, ©epotion)
unb i^reS rituellen unb juraetten a§tetifc|en ®otte§bienfte§ einen ^oc^-
intereffanten (Segenfa^ ju bem „Pernünftigen" et^ifc^^fojialen ®otte§=
bienft, ben ba§ 9?eue 3:eftament 9ti3m. 12 unb fonft forbert.
Um aber menigften§ ein 53eifpiel au§ bem ©ebiet ber ©in)aPor=
ftettung ju geben, greifen mir eine ©efc^ic^te ^erau§, bie einerfeitS bie
et^ifc^e ^nbifferenj biefcg 93orftettung§freife§ ittuftrlert, unb anbercr=
feitS eine ganje 9iei^e ber Slttribute ertlärt, mit benen ©ima in ber
gemö^nlic^en ©arfteÜung al§ „Stanjenber" erfdjeintv). SBir entnef)nien
bie ©rjäljlung, ber mir im ^olfe öfterö begegnet finb, einem Polt5=
tümüdjen 58ucf)e firoaitifcf)er S^enbenj:
Sn einer früheren SBeltjeit lebien im Söalbe Saruta etlid^c Söeife
(9?{fc^i§). ©ie Permeinten burc^ i^re Opferteiftungen bie ©rlöfung cr=
*) 2llttamuliid)e övimierungcn. **^ Xcufelnnbetcnben.
t) 2)et „Sanj" be§ Sirca, feine i-^i)t{}mifd)e 33eiuegunp rber 33etntigun(],
bcbeutel in ber *4>^iloiop^ie bie n[Ie 23elt buid)bvhu]ciibe, ihm ipldenb leirtne
3lu6übung feiner „fünf iföerte", nämlid) 2d)i3pfung, (Svlialtuiig, Sfcgievuutj,
S5erl}üQung ber Seelen unb 'iöegnabigunij ber Seelen.
— 28 —
langen gu fönnen unb roaren o[)ne jebe ©otteSliebe (b^a!ti). ®a er*
barmte [id^ i^rer ©iltta unb befdito^, fie gnäbig au§ bent Irrtum i^rer
SSerfgerec^tigfeit ju befreien. @r na^m ben SSifc^nu in ®eflalt eine§
öerlocfenben 2Seibe§ mit unb erfc^ten felbft al§ 53ettler bei ben 2Bo^=
nungen ber Stifc^i. 5J)ur(^ ben füfeen ^lang feiner (Stimme unb bie
übernjölttgenbe ©d^ön^eit feiner Srfc^einung üerfü^rte er bie fieiligen
grauen ber 9?ifc^i§, njö^renb gleic^jeittg ÜBifcftnu in SSeibeSgeflalt bte
9fJifd)i§ felbft toerlocfte. 5II§ bie 9tifc^i§ i^re grouen gefc^änbet fanben,
befc^Ioffen fie fid^ ju räcEjen unb ©iroa burc^ bie ^roft eine§ Cpfer§
ju öerberben. Xa entftanb au§ i^rem Opferfeuer guerft ein gettjoüiger
2;iger mit geueraugen. 2)er ttjollte @ima gerrei^en. Slber biefer tötete
i^n, äog it)m ba§ %eU ah unb fc^tang e§ fic^ um bie ^üfte. Xann
tarti au§ bem geuer ein ^irf^. 2;er fc^rie unb brang auf ©iwa em.
?lber biefer na^m i^n auf feine linte §anb. ®ann famen öiele ©erlangen
rote eine gro§e glut unb fpten giftige glammen. Stber ©iroa bef^roor
fie unb fi^Iong fie fid^ um 5(rm, gu^ unb §üfte. SDann liefen bie
Siifc^iS i^re ßouberfprü^e in ©eftalt einer ^anbtrommel auf ©iroo ein*
flürmen, aber auc^ bie na^m er auf eine feiner Pier §änbe. 2)ie 3iif(^i§
ooll.^ogen nun PoII ßoi^n ein ^roeiteS Dpfer. SS^araug entftanb ber ^elb
lO?ula|adE)en. 2)en fd)icften fie famt bem Dpferfeuer gegen ©iroa. ^ocf)
biefer na^m "öa^ geuer auf feine britte ^anb unb trat ben SRuIoiac^en
unter feinen red)ten 5u§. 5)orauf Perftuc^ten bie Siifc^iS ©iroa. 5ll§
aber aUeS Pergebücb roar, rourben fie feine 33ere^rer unb erlangten bie
(Srlöfung. ©o bie Srgö^Iung. "^^v entfpred)enb roirb ber tan5enbe ©iroa
mit bem SigerfeH, bem ^irfc^, ben ©erlangen, ber ^onbtrommel, bem
Dpferfeuer unb bem niebergetretenen 9Jiulajac^en borgefteHt.
®ie grau be§ ©iroa ^orroati („Serggöttin"), bie in einer fe^r
häufigen ©orftellung neben i§m auf bem ^eiligen ©tier reitenb erfd^eint,
gilt in ber ^^ilofop^ie al§ eine ©eftaüung ber mannigfoc^en ©afti
(„Sraft") be§ ©iroa, burc^ bie er feine fünf SBerfe tut. ®a§ Sßol!
ibentifijiert bie ^arroatt Pielfacf) mit ^ali ober SOfari ober anbern
roeiblic^en ©ott^eiten. ^n ben Segenben erfd^eint fie ober Uma neben
©iroo auf bem ©tier, fo oft biefer unter 33lumenregen unb ^immlifc^er
9)?ufif fommt, um einen feiner SBere^rer jum So^n für feinen ®ienft
in feinen ^immel auf bem .^'ailofaberge aufzunehmen, roo bie §eere ber
f)immlifc§en ©änger unb OJZufifanten roo^nen.
SSir fommen nun ju einem ganj befonberg Piel Pererjrten firoai=
tifd^en @ott, ben ouc^ bie SSifd^nuiten mitanbeten. (£§ ift ©anefa
(„^eereS^err"). (£r ^ei^t tomulifc^ ou^ ^^ütteiar, b. i. „^rinj". (£r ift ein
©o^n be§ (Bitoa unb ber ^arroati, ift Pierarmig unb bat einen (Sie*
fantenfopf unb einen runben 53auc^. ©ein 2:empel ober 2:empelcf)en
fe^tt feiten tu einem ®orf unb finbet ficf) auc^ in ben ©trafen ber
größten ©tobte, ^ie ©efc^ic^te feineg UrfprungS roirb Perfc^ieben er=
iü^t 9Joc§ ber einen Überlieferung ift er Pon ^arroati ou§ ©taub
gebilbet, ben fie ftd^ abrieb, unb bann 5um SBäc^ter i^rer SBo^nung
— 29 -
befteöt. 2l(§ er einmal quc^ <Bima nic^t ^ineinlaffen iroUte, fc^Iug tf)m
biefer ben ^opf üb. ^arroati tüoUte nun nid^t mit <Bhva fprec^en, bi§
er feine (Seifler^eere ougfc^icfte, um bem erflen SebetDcfen, bog fie mit
©icüds öol)n (Bancfa.
bem ^opf nad) ^Korben fdjlafenb fänben, ben ^opf Qb5ut)auen unb ^er=
beizubringen. ®iefe fanben einen ©[cfontcu unb braci]ten befleu Uopl
ben bann ©ima bem ©anefa auffeile. SRad) einer anbcrn Überlieferung
Dcrior öanefa feinen urfprünglicien ftopf burd) ben 53Iicf be§ Unglücf§=
gotte§ ©ani (b. i. bcr ©tern Saturn), al» aüc ®i3tter fnmen, um
^armatig neugeborenen ©ol;n ä" je^^n. ©ani moUte fid) im ^intcr^
— 30 —
grunb galten, um bem ^inbe nic^t gu fc|aben; ober ^amati, bie nict)t
an bie UnglücfSrairfung felneg 3luge§ barf)te, fc^olt i^n unb [orberte
i^n auf heranzutreten, ©r tat e§, unb be§ Äinbe§ ®opf öerbrannte
burc^ feinen S3Iicf 5U 2lfc^e. 58rat)ma jc^iifte nun «Sani au§, um ben
^opf be§ erften S:iere§ gu bringen, ba§ er mit bem ^'opf noc^ 9?orben
liegenb fänbe. ^a§ lüor ein (älefant, befjen §aupt ©anefa aufgefegt
irturbe. ^arirati aber lüar nid^t bamit aufrieben. Um fie ju tröften,
tourbe beftimmt, ta% ©anefa immer guerft öor allen ©Ottern angebetet
ftjerben foüe, unb fo polten e§ bie SJ^enfc^en aud) ^eute noc§. 9?a(^
einer britten Überlieferung ift ©anefa plö^Iic^ in feiner je^igen ©e-
flolt geboren, ba feine Gitern ®tn:a unb ^artüati einmal (Slefanten*
geftalt angenommen Ratten, ^n §ö§erem «Sinne foE ©anefa eine ®e=
ftaltung be§ Sauteg „aum" ober „om" fein, au§ bem bie Soeben*)
entflanben. (£r §ei§t auc^ SBiffineStroro (9^ot^eIfer). — (£r liebt ®üBig=
feiten unb ßu^en. ^n einer feiner Pier ^änbe ^at er ftet§ einen
Suchen, unb aU einmol einer ber ©ötter gro^e Dpfer beranftattete,
um (Sima ju Perberben, unb ©ima ben ©anefa ausfc^icfte, um ben
Opfernben ju ^inbern, gelang e§ biefem, ben ©anefa boburi^ aufju^
galten, ha^ er i^m Suchen auf ben 2ßeg ftreute. ©anefa f)ob fie ein=
jeln auf unb üerfäumte borüber ben Stuftrag be§ SSaterS. 2)er Slnfang
eine§ tamuüfc^en ^'inberliebe§ jum greife ®anefa§ lautet: „^n Oi
gefönte Indien moflen mx mit ßucfergeug öermengen, ©ü^tartoffetn
bereiten unb ^Bananen fd)ölen unb mit ltanbi§ bir ju effeu geben, ©a*
nefa; f(atfct)e in bie §önbe, ber bu fünf ft'ofoSnüffe unb üier SKafe
@üBig!eiten unb ^örbe doli 9JJangofrü(^te in einem Slugenblid 5U Per=
je^ren bermagft!"
2tl§ ©anefa heiraten fotlte, fagte er: '^d) heirate nur eine f^rau,
bie fo fc^ön ift lüie meine älfutter. 2)orüber erjürnt, orbnete ©iroa on,
ha'iß er folange an S^eic^en unb SSrunnen flel)en folle, wo bie SSeiber
l^infommen, SBaffer ju fcf)öpfen, bi§ er ein SBeib gefunben, ba§ feinen
öertuegenen 51nfprüc6en genüge. 2)ementfpred)enb fiel)t mon auc^ ^äufig
an fol(^en ©teilen tleine ©anefatempel. ^aij einer anbern ©rjölilung
fieiratete ©anefa ouf Stnotbnung feiner (Sltern bie beiben S^öc^ter be§
33ra^ma, nomen§ ©itti unb 5öubbt)i ((Srfolg unb Slug^eit). ®nnefa ift
fe^r flug. ©inft Perfprac^ ©iroo bemjenigen feiner ©ö^ne eine golbene
9}?angofrurf)t, ber am fc^nellften einen 2auf um bie SBelt öoübringen
lüurbe. ®er Vorüber be§ ©anefo, ©ubramania, ftürmte fogleic^ babon,
um bie SSelt ju umlaufen, ©anefa aber ging rul)ig um feinen 93ater
^erum unb fagte bonn: „©ib mir bie 9}{ango, benn bu bift mir bie
SSelt!" ©r erhielt natürlich bie gruc^t.
2Iu(^ ber Vorüber be§ ®anefa ©ubramania fpielt eine nic^t
unbebeutenbe 9ioIle im fimaitifcf)en ©ötterfreife. (£r ift ein gü^rer ber
Öeere be§ ©iroa. Urfprünglic^ fc^eint er ein braiüibifc^er S3erggott ge=
roefen ju fein, ©eine berül)mteften 2;empel liegen auf ober an 33ergen.
*) Urfd)riften ber inbifc^en ^^ilofopfienreligion.
— 31 —
©r §Qt flucf) einen brairibtfdjen 9?Qmen, nämtic^ 9D?unigen, unb gehört
5U ben ®Dtif)etten, bie oft bon if)rcn SSeief^tern 33efi^ ergreifen, ^c^
^Qbe foIc|e bon ben ^Betreffenben felbfl unb bon ben ßufc^auern auf
ÜKurugen jutücfgefüfirte 33eieffenfjeit§5uflänbe tüieber^ott gefefjen. (g{n=
mal ontniortete bie 5Befeffene auf bie birelt an fie gerichtete groge:
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Qubramania, bec inbifd)c ^Rriegsßott.
„?öie fieißt bu?" mit ben SSorten: „%&^ bin 90?urugen". ©ubramania*
SKurugen tjot fec^g fti3pfe unb jraei ^^raue». eine au§ ^oljem unb eine
au§ nieberem ®efc^lerf)t, „um ju §eigen, \i^^ er aüen ft^aften gnäbig ift."
5(u|er biefen jroei <2i3f)nen flammt bon ©iroo noc^ ein 9iiefe
2Birab()abra. ©iroa bilbete i^n au§ Boi^n, alg ber Sßater ber
^arroati feine 2ocf)ter einmal eine S3ettlcr§frau gefc^oUcn ^atte, loeil
©iira juroeiten in 33ettlergcftalt erfcl)ienen ift. ©ima fcl^icftc ben 2Bira=
bijabra unb liep burc^ it)n ben ©c^iuiegcrbatcr erfcljlogen.
- 32 —
©ine ©ott^eit be§ fimaitifc^en ^reife§ tft aud) ber fliergeflattige
©Ott $J?anbi, ber jugleic^ ta§> Stetttier be§ ©titia unb fein unjer^
trennltc^er SSegteiter unb in einer befonberen ^nfarnation ber göttliche
Se'^rer einer ftrengen (Se!te öon ©iwaiten (ber SSira=@aitt)er) t[t. SDhn
fiefit (Stierbilber üor jebent ©imatempet; aber eine befonbere S3ere!^rung
be§ 9'Janbi [)Qbe iä; im Samulenlanbe nid^t beoba(f)tet. @ie jc^eint me^r
im ^anorefenlanbe üblic^ gu fein.
SSifc^nuitifc^e ®ott§citen.
SBifd^nu, ber bitterkalter, ift ein oltroebifd)er*) ®ott, föie benn
überhaupt bie mtfc^nuitifd^e 3)?^t^Dlogie n^o^I jmeifelloS mefjr arifc^en
Urfprung§ ift al§ bie fiipaitifc^e. <Sie ift nic^t weniger umfangreich al§
bie le^tere, unb njir fönnen nur bie Seile au§ i^r ^erbor[;eben, bie
un§ im SSolfe befonber§ begegnet finb.
S)a !ommt guerft ber Sn^Q^t ber beiben großen (Spen**) üiamaiana
unb 9JJa^ab§arata in 53etrac^t. 2)a§ erfte ift bie ©efc^id^te ber einen
§auptinfarnation SBifd^nuS, be§ 9tama, unb bon ben ©eftalten be§
Qnbern wirb nic§t nur ^rifc^no, bie anbere ^auptinfarnation 2öifcf)nu§,
götttid^ bere^rt, fonbern auc^ ^raupabi, bie gemeinfame ©emoljlin ber
5 ^anbamas Vorüber, unb in i^ren Stempeln finbet fid) oft auc^ ba§
S3ilb i^re§ ölteften (Sema^(§ '2)^arma. ©jenen au§ bem ütamaiona unb
au§ bem ^Oia^abJiarata werben oft im SSoIf bramatifcf) bargeftettt, unb
oft werben etliche Stbenbe f)intereinanber je ein STeil be» Dtamafana in
®efange§form öorgetragen. ®ie religiöfe SBertung ber beiben @pen, auf
beren Snt)alt wir natürlicE) nic^t eingefien fönnen, ift bejeic^nenb für
bie inbifc^e SSerwifc^ung ber ©renjünie jwifc^en ©ottUc^em unb 9J?enfcl^=
liebem. (S^ ift fo, al§ wenn wir ben ©iegfrieb oI§ eine ^nfarnationf)
be§ ©onnengotteS $8a(bur unb bie Srun^ilb al§ Soc^ter SSobanS an=
beten unb ouc^ ber ©ubrun unb ben ^egeUngen göttliche 5Sere^rung
gotten unb bon i^nen ^ilfe in ben 9?öten be§ £eben§ erwarten würben.
@§ ift ein eigentümlicher SOiangel an 2öirtUc^feit§finn, has, ®i3tt=
lid^e fo o^ne weitere^ — o^ne ganj befonbere ©rünbe — im 93?enfc^'
lid^en infarniert ju fe^en.
jDaneben mu^ un§ eine mer!würbige fittlic^e '^nbifferenj ber
wijct)nu{tifc^en grömmigfeit ouffatten. S)enn neben ben eblen bi(^terifc!^en
^tiantofiegeftalten be§ 9iamo, ber ©ito, be§ ®^arma, ^rbfuna u. a.
fte^t bie ^uranageflalt be§ ^rifc^na. ^n ber ©efd)ic^te be§ ^rifc^na
aber (im ^rifc^no=^urona unb $ö§agabota=^urano) fte^t au^er ben ©r*
jö^lungen bon feinen kämpfen mit pt)antaftif^en Ungeheuern aud^ tit
©rää^Iung öon ben biebifc^en ©pielen feiner ^ugenb unb ber Sßeric^t
über fein Siebe§ber{}ältni§ mit ben Wirtinnen. 2e^tere§ wirb bon ben
®elet)rten al§ eine S)arftettung be§ m^ftifd^en S3erf)ältniffe§ gwif^en (Sott
*) Sen Uvfcf}ritten ber §inbureligion entftammenber. **j ^elbengebidite.
T") gleifcf)« erbung.
— 33 —
unb ben «Seelen ongefe^en. Slud^ f)ier ^ctgt i\ä) alfo bie natur^aft erotijd^e
SIrt ber inbifc^en 93it)i"li!. 'ändj bie ©efc^ii^te, tttie ^rifc^na ben babenben
Wirtinnen bie Kleiber flie^It unb fi^ mit ben Kleibern auf einen Söaum
am Ufer fet^t, wirb wo^t eine nU)ftifc^e (Srflörung ftnben, bie mir ober
nic^t befannt ift. S)iefe fittli^e ^nbifferens im religiösen SSorflellen ift
um jo auffattenber, q(§ bie et^iicf)e (SrfenntniS natürlidjer SSer^ättniffe
in ben biba!tifc§en J;ei(en be§ 9J?a§ab^arata unb in ben SD^ormofaftraS
fottjie in bem berühmten et^tfcE)en Se^rgebic^t ^urat unb im ©prüc^=
tüörterfc^a^ be§ 33olfe§ oft eine überrnfc^enbe gein^eit unb S^iefe aufs
toeift. @§ ift, al§ ob taS/ et^if(^e 33ett)u^tfetn auSgefc^oItet tüirb, fobalb
c§ fic^ um ba§ eigentlich religiöfe Q^ebiet §anbelt.
S3on ben ©efc^ic^ten ber übrigen (8) ^nfarnationen be§ SSifc^nu
ift mir bie be§ DJarofingo (3}?annlötren) am meiften begegnet, ^c^
gebe fie wieber, tt)ie icf) fie ^örte: 2Sifrf)nu ^atte in feiner ©ber-^n*
!arnatiDn bie öom üiiefen ^irania!f(i)a aufgerollte unb in ba§ 9Keer öer*
fentte (Srbe mieber tieröorge^olt unb ben 9iiefen geti3tet. Slu§ Siad^e
bafür fc^affte be» ^Riefen SSruber ^irania alle 2Sifcf)nuberef;rung ab
unb befo^l §. Sß., ba^ alle 58ücf)er ftatt mit ben SSorten „^rei§ bem
;^ari"('2Bif(|nu) mit „^rei§ bem §irania" anfangen fottten. S^Jun ^atte
aber ^irania einen frommen SDt)n ^ra^alaben. 2)er loiberflanb bem
33ater unb be^arrte babei, ba^ aUe $8üc^er mit „§ari 9?amo" (^rei§
bem Söifc^nu) anfangen müßten. (S§ fam jum SBortroed^fel jlDifi^en
5oater unb ©o§n. 2)er SSater fragte mütenb: „2öo ift benn bein
SBifi^nu?" „(£r ift in ber ©üule roie im ©tro^^ntm" n?ar bie 5lntroort.
„3Iu(^ in biefer ^oläfäule?" (mit einem Fußtritt gegen eine bort
fte^enbe ©äule be§ ^aufe§). „^a!" Unb fcE)on fpringt SSifd^nu, ^Ib
93ienfc^, ^alb Söroe — alfo meber SOienfcf) noct) Sier — au» ber ©äule
^erbor unb bernic^tet ben olten Säfterer, ber bie &abQ. erlangt l^atte,
tial^ „tt)eber äRenfc^ noc^ Sier" i^ öerberben fönnten. ®ie ftanb^afte
grömmigfeit bc§ Süngling§ unb bie XarfteHung ber SlUgegenraart unb
ber alle Slug^eit be§ 23eräcf)ter§ ju f^anben mac^enben 23ei§§eit be§
(Sotte§ finb ir)o§(tuenbe 3üge in biefer 9?arafinga-@efc|id)te, bie —
roie bie 9?amagef(^ic^te — jirar pfjantaftifc^, aber nic^t ett)ifci5=inbifferent ift.
©ine ^rifc^na=®efc|i(j^te mu^ id) noc^ bringen, weil fie aHjö^rlid}
burc^ eine Siebling§feft ber Slamulen, ba§ ©ipaöali (®ipa=aöoli;
ßampenrei^e, JJ^umination) gefeiert wirb. (£§ ift bie ®efc^id)te bom
(Siege be§ Ä'rifc^na über ben Diaratafura, einen ®ömon, ber ju ^rifd)na§
geiten über ein 2anb öftlic^ üon Bengalen ^errfd^te. ©iefer 2;ämon
^atte bie Juwelen ber ©öttermutter Stbiti geftoljlen. 3)ie ©otter wanbten
fic^ an S'rifc^na, ber ben 9farafafura erfdjlug unb bie 3utt>elen jurücf*
brad)te. 9?ac^ einer anberen (Sr^iiljlung Ijalte Diarnfafura 16000 ^imm*
lifc^e Jungfrauen für feinen ^arem gefto^len unb feine '^xan §ielt fic^
me^r üor it)m fieser. 5Ule baten 2Sifc^nu, ben 2)ämon ju üer^
nickten. ?lber bei aß feinen Saftern §atte Dfarafafura ju Slnfang feiner
Saufba^n einen fo riefigen (Sc^a|j öon S3crbienft burc^ iTafteiungen unb
3
34
tt)tfd)nu.
9J?eb{tationen geiammelt, ba^ SBtfc^nu tonge feine Sßerbred^en ber^ie^,
bt§ er enblid^ bem ^nf(i)na erlaubte, t^n gu er[(^tagen. ^n feinen Ie|ten
Slugenbliden tarn S^arofafura gur SSernunft unb prie§ ben ^rifc^na.
— 35 —
ha% er über i^n gefommen jet, i^m ©rlöfung ju geben, unb bat t^n,
bo^ ber Sag feine§ 2obe§ mit geftlic^feiten begangen ttierben motzte.
Saffcf)mi ober ©ri, 2Btfrf)nu§ (SemabHn, bie (Göttin be§ @Iü(f§
unb be§ 9ieicf)tum§, ber Siebe unb ber ©c^ön^eit, wirb aurf) burd) ein
aüjä^rltc^eg gefl gefeiert unb auc^ fonft öiel üere^rt. ^^re S3eref)rung
foH jebem §Qu§^aIt ©lücf bringen, ^m Stomajona njirb eräö^It, mt
fie, auf einer aufgeblüf)len Sotosblume fi^enb, bem 2)?il(^meer entftieg,
al§ bie ©ötter unb 9?iefen ba§ iKReer butterten mit bem 9}?eruberge
al§ S3utterflQnge unb ber Urfi^Iange al§ barumgettjunbenem ©trief.
„2luf flutete in i^rem SotoSbett eine DJZaib, fc^ön unb 5artäugig, im
jungen ©lonje ifjrer ftolgen ©c^ön^eit." ®a erfc^ien ber @ange§ i§r
§um SSabe, bie ©lefi^anten ber Suft goffen au§ golbenen <Bä)akn reine§
SSaffer über fie, ta^i 9JfiIcf)meer gab i^r einen nie melfenben ^ranj
unb bie ^ünfKer ber ©ötter fdjenften i§r ^umelen unb ©c^niucf. (^n
ber mt^ftifc^en ^^üofop^ie gilt Saffc^mi al§ ha^, mobur^ bie @r-
fenntni§ SBifcf)nu§ üermittelt lüirb, „ipie loir ben SSater nur burrf) bie
SKutter fennen tonnen, bie un§ fagt: „jDa§ ift bein SSoter".) 2Bir
fe^en üu6) ^ier, i>a^ bie ^^antafiegebtlbe be§ SBif(i)nui§mu§ eine i^eiterere
garbe tragen al§ im oügemeinen bie be§ ©itt)ai§mu§.
©0 ift e§ auc^ mit bem ©o^ne 2öif(^nu§, ^ama, bem ®ott ber
2itbt, ber lüie SImor ben Sogen füf)rt. ®ie ©e^ne feinet SogenS
befte^t au§ einer 9iei§e üon Söienen unb feine Pfeile au§ 53Iumen.
31I§ er einmal auf eintrieb anberer ®ötter ben ©iroa, feinen ©d^roieger-
bater, in einer ÜJJebitatlon ju flöten trachtete, ^atte er jlrar ba§ Unglüc!,
burcf) einen Sölicf au§ ©ttt)a§ ©tirnauge öerbrannt ju werben, aber auf
Söitten ber SToditer (9tat£)i) gibt ©iwa i^r alljährlich einmal ben (Satten
mieber. §luc^ biefe ©efc^icfete wirb bur(^ ein jät)rlic^e§ (^eft gefeiert.
©in ßieblingg^ ober haften =®ott be§ 2Bifct)nuittfct)en S?reife§ ift
^anuman, and) 3lnbfcf)anejen unb SSenfatefa genannt, ber affengeftal''
tige ©Ott. iKan finbet feine Stempel gar nid^t feiten, ^u meinem
legten Sßo^nort get)Drten i^m öon 20 Sempein ^mei. S)ie (Sefc^tc^te
be§ ^anunmn ift neben ber ©efc^i^te ber ^üJilc^meerbutterung eine ber
milbeften inbifc|en ^^Ijantofiegebilbe. @r ift ein ©o^n be§ SBinbgotteS.
Siil§> feine SOJutter i^n ollein gclaffen, mit bem S3erfprec^en, grüdjte für
i^n au§ bem SSalbe ju ^olen, f)ält er bie aufgel^enbe ©onne für eine
ber berfprocf)enen grüc^te unb l)üpft auf fie. S)ie fpielt mit i^m unb
üerbrennt ifjn nic^t. Sa fommen gerabe bie beiben SJiefen 3tagu unb
^^etu, um bie ©onne ju öngften (©onnenfinfterni§). ©ie fürchten fic^
Dor bem lleinen |)anuman unb rufen ^nbra ju ^ilfe. Ser fommt auf
feinem meifjen (Slefonten. .^onuman Ijält ben auf bie ©tirn be§ (Siefanten
gemalten ftreig für eine anbere 5rud)t unb fpringt auf ben (Jlefanten.
^nbra fc^lägt i^n, ba^ er o^nmäi^tig wirb. ®er SBinbgott ^olt
feinen ©ol)n, öerbirgt ibn in einer öimalaia=|)ü^le unb lö^t im &voü
feinen SBinb me^r auf (£rben roeljen. ^n ber baburc^ entftanbenen $Wot
fommen hk ®ötter gur |)ö^le, werfen ben .^anuman auf unb geben il)m,
3*
— 36 —
um ben S3ater ju öerfö^nen, gro^e ©oben ber ^(ug^eit unb ber Un=
bertüunbbarfeit. ®aburd) übermütig geJuorben, fängt ^anuman an, bte
Dpfer ber 9til"c^t§ ju ftören, fommt ober 5ur SBernunft, aU Mefe t^n
berflud^en. 9^un lernt er bon ber «Sonne bie SSiffenfdjaften, inbem er
mit Ü^r rennt unb t^re Sef)re l^ört.
®{e D^Qturgrunblage biejeä 9)h)tf)u§, bie ^lugtjett ber 5lffen unb
i^r fd)nelle§ (Springen bon 5ift ju 5(ft, ha§ man in ^nbien oft beob=
ad^ten fann, tritt njo^l in allem beutttd^ l^crbor. ^m Stamajona |tlft
^anuman mit feinen 5lffenl^eeren bem 9?ama, inbem er 5. S. au§ Sel§=
blöcEen, bie er bom ^inmlnja fjer burd) bie Suft (jerbeifc^affen lä^t,
bie „SIbamSbrücEe" bon ^nbien nacf) (Jet)(on baut.
@nblid§ mu^ au§ bem njifcfinuittfd^en $8orfteüung§!reife noc^ bie
2;ulafi ^erborgefioben ttierben, weil fie — befonberS bon grauen —
fe^r biet beref)rt mirb. Stulafi ift ber inbifc^e 9Jame für ba§ ber Solbei
ä^nlid^e Söofilienfraut. 'A)iefe§ ^raut war urfprünglidb ein SKäbd^en.
©§ erftrebte burd^ langbauernbe Söüfjungen (b. i. iTafteiungen jum Qwsd
be§ SSerbienfteS) has, ®Iücf, SBifc^nu§ ®attin ju werben. 5lber Sadfc^mi
mer!te ba§ unb berroanbelte burd§ i^ren glud^ bie Xulaft in ein ^raut,
SKifi^nu aber, gerül)rt burd^ bie frommen Söemüfjungen be§ SQMbc^eng,
berfprad), i^r in i^rer ^^flanjengeflalt nafje ju bleiben. (Sine anbere
©rjöfjlung bringt ben Urfprung ber Sulafi mit ber 93ft(d)meerbutterung
in ßufammen^ang. (£§ war einft «Streit 5Wifd)en ©Ottern unb 9tiefen.
®ie ütiefen ^inberten bie Opfer unb ©Übungen, mit benen bie ©otter
if)re ^i)iad)t ju mehren trachteten. 5llg fid^ bie ©ötter barüber bei
SSif(^nu befc^wcrten, befc^ieb biefer oHe ©otter unb OJtefen 5U fid^ unb
fprac^ 5U i^nen: ^c^ Witt ha§> 3)?iIdE)meer buttern; bann wirb barau»
al§ ^Butter bie (Sötterfpeife 5Imbrofia entfle.^en. ®ic Witt ic^ eud) atten
5U effen geben. Sie wirb eud^ grofee ^raft jum ft'ämpfen geben, unb
wir motten fe§en, Wer fiegt. So fproc^ SBifc^nu bott Sift. hierauf
natjm er ben i)o^en 9J?eruberg al§ 53utterftange unb wanb al§ <Strid
bie (Sefd|a=Sd^iange l^erum, fo ha^ i^re (Snben ^erab^ingen, unb lie^
auf ber einen Seite bie ®i3tter unb auf ber anbern bie 9iiefen biefen
Sd^Iangenflrid ergreifen unb abwed^fetnb gießen, fo ba& ber ÜJieruberg
im äKtlc^meer ()in unb Ijer quirlte, ^a entftanb au§ bem 9J?eere juerft
ein furd^tbare§ ©ift. SSäre babon ein Sropfen auf bie ©rbe gefatten,
fo wäre bie ganje (Srbe berbronnt. Sarum fprang ber gro|e ®ott
(Siwa fjerju, fo^te ta^^ (Sift mit ber ^anb unb uerfc^Iang e§. SSifc^nu
aber, um ben Siwa ju retten, fuljr mit ber §anb an feine ^e^le unb
brücfte bog ®ift bort feft, efje e§ f)inuntergefc^(udt war. SiWo§ ^e^Ie
würbe unb blieb babon blau. 9?un Würbe weitergebuttert. ®o famen
ou§ bem 3)Zild^meer noc§ atterlei wunberbare SDinge ^erbor, unb enblid^
tauchte Sßifdjuu felbft in (Seftalt eineg 2tr5te§ auf unb trug in einem
@efä^ bon lauterem ©olb bie (Sötterfpeife. Sogleic^ entbrannte um
i^ren 35efi|j ber Streit 5Wifc§en (Göttern unb 9tiefen. SBifd)nu aber
na^m grauengeftalt an, um atte Solide auf.fic^ 5U jie^en, unb rief:
- 37 —
„^c^ toxä bQ§ SImbrofia nn eud) alle Qu§te{(en; ober id) bin boS einzige
SSeib unter fo öielen $D?ännern, barum niü^t i^r alle bie Slugen ju«
mad)en, bamit ic^ nicf)t öemirrt ttjerbe, unb mü^t bie ^änbe au§=
flrecfen, ha^ iä) euc^ ta^ Slmbrofio hineinlege. (So gefc^al) e§ benn aud^.
SIber 2öif(^nu gob nur ben ®i3ttern 2lmbro[ia, bie Siiefen überging er.
®ie ©Otter, lüunberbar geftär!t, überroäUigten nun bte 9tie[en mit
ßeid^tigteit. ®ann erfc^ienen [ie alle bor 2öifcf)nu unb banften \i)m unb
priefen feinen 9?amen. ®urc^ ben gemeini'omen 2obprei§ ber (Sötter
rourbe SSifc^nu fo gerührt, ta^ SBounetränen au§ feinen klugen auf
bie (£rbe fielen. 2)a fpro^te überall, iro biefe S^rünen bie ©rbe be=
rührten, ein luunberbareS ßrout Ijeröor, haSi Stulafifraut. 2Sifcf)nu fa§
e§ unb fcf)mücfte fid) bamit ha§ ^auptfjaar unb öerfproc^ überall ta
5u njo^nen, tt)o bie§ Jl'räuttein njürf)fe. 5)ie SBorftettung üon ber rel{=
giöjen S8ebeutung be§ jlulafifrauteg ift auS^ bem üblichen Sulafigebet
erfirf)tUc|: „^c^ bete an bie Sulafi, in beren SSurjeln alle ^eiligen
SBallfa^rtSorte ru^en, in beren ©tamm ade ©ötter motjnen unb in
beren ß^^eigen alle ^eiligen SBeben gegenlDörtig finb".
S^empeltrabitionen.
SBir muffen nun nocf) einen S3IicE in bie befonberen 3SorfteIIung§s
freife tun, bie in ben einzelnen 2:empeItrabitionen öorliegen. ®enn e^
gibt neben ben großen ^uranen unb 9Zebenpuranen nod) unge^ö^lte
„€rt§puranen" unb Sempeüegenben. (£§ ift tool)! !aum einer unter hm
bieten Staufenben oon Sempein unb Sempelc^en, bie jebe inbifc^e
^Jroüinj enthält, ber nic^t einen menigfteng münblic^ überlieferten S3ericf)t
über feinen llrfprung unb feine 93ebeutung t)ätte. 5lu§ ber ungeheuren
äKaffe fönnen toir nur gan^ öereinjelte 53eifpiele t)erau§greifen.
^m alten 3;anbfci^aurlanbe, bem reichen SDeltagebiet be§ ^aH)eri=
fluffeS, ba§ Pon allen ^roöin^en ©übinbieng bie meiften großen 2:empel
entt)ölt, liegen unter uielen anberen bie Ijetligen 2:empeIorte 3;irufabeiur,
9}?ajatüeram, Sirumarur, ©c^ialt, Sirunjengabu, $öait^i§lüaren!oil unb
Stirumabi. ^tjre Segenben ^aben folgenben Sn()oIt:
Sirulabeiur:(£in frommer ©irooit fafteite ficf)5u (S^ren be§ ©ima,
um einen ©o^n ju erlangen, tiefer erf^ien ibm unb fteUte ifjm frei, fid) öon
5tt)ci ®aben eine ju n3ät)Ien, entmeber einen bummen ©ofjn, ber fefjr alt
JDÜrbe, ober einen fingen unb frommen, ber mit 16 Satiren ftürbe. (£r wäfjlte
bie smeite <Siabz. 2)er ©o^n mürbe if)m geboren unb lernte fd)on atg ^^inb
mit munberbarer ©eiftesfraft bie fjeitigen ©c^riftcn. 5llg bie für feinen Job
beflimmte geit ^erannat)te, ging er in ©ilüaS Sempel. ©er Job fam l)crein,
aber ber Jüngling, SlJarfanben mit 9Jamen, Hämmerte fid) an 8ima§
5ßilb im Sempel. 2II§ ber Sob ifjn baöon Io§rcif3cn moÜte, rcrftc ©iiua
au§ bem 58ilbc feine §anb ^erPor unb erfc^lug ben Stob, ©ine ä)teile
lang lag ber 2eid)nam be§ XobeggottcS auf ber Grbc. C£-rft al§ bie
(Srbgöttin fic^ fpäter befdjiuerte, bafj il)r ber 9)cenfd)en ju uicl mürben,
meil niemanb me^r ftürbe, ermedte 8ima hcn 2;ob mieber.
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9}?aiatr)eram (^fauenftabt): ©ilüa bertüanbelte feine ©ottin ^ar*
öati in eine ^fau^enne, tüeil fie i^m nic^t ge^otd^te. ©rfl qI§ fie im
^eiligen SSaffer bon S^kjatreram 6abete unb ©iroa bere^rte, erhielt fie
i^re frühere ©efldt §urücf. — Slttjä^rlid^ im §erbft tritt bie f)ei(ige
®anga (ber @ange§) in ben ^ameri bei SlJfaiafteram, um fi(^ nad§
(SitüQS SSeifung burd^ ein $ßab in biefem gluffe öon allen S3eflecfungen
5U reinigen, bie i§r bie 9JZenfd)en angetan ^oben.
@ttüa = Pagobc mit vCcmpclteict> bei ©4>talt.
S;irumarur: ©er §imme(§fönig ^nbra rief in einem Kampfe
mit ben ^Riefen ben ^önig ÜJiufutunba bon Siruiüarur gu §üfe, inbem
er i^m al§ ßo^n alle§ berfprac^, tt)a§ er bitten töiirbe. 9Kufufunba
erbat fic^ ta^ ®ö|enbUb ©imaS, has, ^nbra felbfi anbete. (£r erljielt
e§. S)a§ ift ba§ Silb im 2:imarur=2:empel. SittJarur ift fo ^eilig, bo|
mit iebem ©d^ritt, ben mon tut, um bat) in gu pilgern, Staufenbe bon
©ünben gebüßt tt)erben. ©ein ^eiliger Seid^ rourbe bon einem ®ott
gegroben.
(Sd^iali: Siner ber 4 SSäter be§ (Simai»mu§, SCirunianafam-
b^anber würbe al§ ©äugting einmal bon feinem SSater am Ufer be§
2;empeltet(f)e§ in ©c^iali gelaffen, tüä^renb biefer im Steid^e babete.
®a§ ^tnb mürbe hungrig unb fcfirie. ®a erfd^ien ^arbati unb tränfte
e§. 9II§ ber SSater bann fam unb merfte, bafe \)a^ ®inb getrunfen
§otte, unb berraunbert fragte, mer i^m 9[)HId^ gegeben ijaU, fang ber
©äugling bie erfte ber beiligen ^t)mnen ber ®emaram*©ammlung.
Siruiüengabu: (Sin 9fttefe trieb ben ^n^i^a au§ ^em §immel
unb berfolgte i^n bi§ Stirumengabu. ©ima§ ©tier, ber göttlid^e ^an'öi,
— 39 —
tarn, ^ter bem ^nbra 5U §ilfe, irurbe ober fc^Umm oerlüunbet. ®a griff
©itoa felbft ein unb erfd)Iug ben Dtiefen.
SSait^i§lDarenfoiI: (Subramania, @ilüa§ ©o^n, tüurbe ^ier öon
einem 9iiefen ^art bebrängt. ®a !am ©ima, feilte bie SBunben feiner
Kämpfer unb ^df i^m fo bie ©c|Iac^t geminnen. (SSait^ismara b. i. Slrät*
^err.)
SiruttJabi: ©in ^nabe lüurbe, n?ä^renb er ben ®ott öon Siru*
ttjQbi anbetete, öon ^ama, bcm Sobe§gott, erfc^lagen. darauf tötete
ber ©Ott ben Sama unb belebte i^n nur unter ber Sebingung trieber,
ba^ er niemanben im Sotenreic^ beläftigen bürfe, ber in Stiruraabi
ober im ©diauen be§ SSei[}rau(ibampfe§, ber öom bortigen Sempel
auffteigt, fterbe. Sturf) tt)urbe ©tn)a§ göttlicher ©tier bei Siruraabi öer=
heiratet, unb bie ^oc^seitSprojeffion befuc^te 7 ^eilige Orte im Um*
freife. 3um 5tnbenfen baran ttjirb aüjä^rtic^ eine ©ölenprojeffion burc^
btefe 7 Orte getragen.
Sin ber (Srenje be§ SanbfcfjaurlonbeS, bei Sritfc^inopoli, n)o ba§
^araeribelta anfängt, fle^t ouf einer großen ^n\d bie)e§ gfuffe^ ber
größte SBif^nutempel Snbien§. ®iefe Snfel t)eiBt ©rirangam, unb
ber bortige SBifc^nutempel ift fo ^eilig, bo^ „atte bie i§n befuc^en, bie
nur für wenige ©efunben bort bleiben, ja bie i^n nur fe^en, ni(^t
nur öon ber ^öüe (ber SSo^nung Sa"ia§) frei bleiben, fonbern aud§
im Sobe öon Sobeänot öerfc|ont löerben unb auc^ nic^t öor ber geit
fterben.
3Iuf biefer Snfel ip auc^ ein großer ©iwatempel. ®a§ in i^m
aufgefteUte ©imabilb ^at bie nac^ einer ^uranatrabition übliche ^^ottuS*
geflalt. 2)oc^ (jabe id) gefunben, 'i>ü'^ biefe Sebeutung ber ©eftalt nic|t
nur öon ©ebilbeten beftritten unb für eine fpätere ©rfinbung ertlärt
töirb, fonbern auc^ im SSol! öielfac^ unbefannt ift. ®iefe ©eftolt ^at
immer ben allgemeinen 9?amen „Singam". Wan jä^tt nad^ ben 5 Ele-
menten 5 befonber§ beriif)mte ©ima=Singam§ auf, bie in ben 5 ^eilig-
ften ©ilüatempeln fte^en. ®er ©rirangam^Singam ift ber 2Baffer=2ingam
(einige meinen, treil bei ber alliä^rlicf)en glut im ^atreri ta§ SBaffer
bi§ an ben Singam tritt). ®er berüf)mtefte ift ber „5let()erlingam" in
©ibambaram, ein buntler, gan§ leerer 3iaum im ^nnerften be§ bortigen
Tempels. 2)er „geuerlingam" öon Jiruroannamalei befielt in einem
mäc{)tigen geuer, tas» auf ber ©pi^e be§ bortigen ^od^ragenben, 5 beutfc^e
9)kilen meit fid^tboren ^egelbergeS aüfä^rlic^ am 2;empelfefttage ange=
äünbet irirb. 53ei ben großen 2;empeln fjörte id) au(^ bie ®opura§,
bie (4) 3;empeltortürme, al§ eine 2Irt ©rfc^einung be§ ®otte§ bejeic^nen.
SSer öon ber ©tra^e ober (Stfenba^n au§ bie Sürme fiet;t, ergebt bie
^önbe mit ber ©efte ber 5tnbetung.
Sei ber SluSmabt ber ^lä^e für bie Sempelbauten fd^eincn
übrigen^ in einer Steige öon götten animiftifcf)e SSorftellungcn mitgcwirft
ju t)aben. ®enn ic^ ^örte öon öerfd)iebenen ©eiten ganj beftimmt, ba&
fic^ im innerften Heiligtum einiger großer 2;empel (4 mürben mir ge=
- 40 -
nannl) au^er bem ®otte§btIb ein §eiligengra5 befinbet. Um biefe
©räber |erum fd^einen bie Stempel angelegt ju fein, 'am üarften
mürbe mir bie ®ac|e erjä^It inbegug auf ben ©ubramaniatempel auf
bem Söerge bei SKaitam. 2Bir fprac^en f(^on tion bem 2l§feten, ber
bort gelebt ^aben foH. '^aö) feinem Stöbe nun, fo wirb erjö^It, erfd^ien
über feinem ®rabe auf bem S3erge oömä^Iid^ ein Sii^tfd^ein. diu
©ubramonias^tnbeter im na^en 3J?oiIam mürbe baburc^ bemogen, bei
bem (SJrabe SBo^nung ju nehmen. Sßeit e§ itjm aber befc^n)erli(^ mar,
äur täglichen SSere^rung feine§ ®otte§ (Subramonia in ba§ ®orf ^in*
unterjuge^en, brachte er ben ®ott auf ben S3erg unb baute if)m bort
einen Sempel bon ben ©aben ber ^tlger, bie ta^ ^eiligengrab be=
fuct)ten, unb öere^rte nun beibe, ben ®ott unb ben ^eiligen. Unb fo
tun noc^ ^eute bie 9}?ailam=^ilger.
Sßei ben fleinen 2;empelc^en ber Sorfgötter fd^eint bie (nur münb*
lic^ borbanbene) Srabition in ben meiften gilüen gu befagen, \)a% bie
betreff enbe ©ott^eit einen i^rer SSere^rer „befeffen" unb burc^ beffen
3D?unb erflärt ^aht: „§ier l)aU id) mici) niebergelaffen, i)ier ruft
mic§ an."
S)ie fteinernen, tönernen ober metallenen ©ötterbilber gelten üb=
rigen§ nad^ ber SSolfSüorfteHung erft bann für göttlich (für bom ®ott be=
feett), roenn fie gemeint finb^). 5öei ben umfangreichen Zeremonien ber
2Seit)e fpielt eine mic^tige a^oHe has, „mah". 5)a§ ift eine JJJetaüpIatte
mit ^eiligen SBurf)flaben, bie unter bog ®otte§biIb gelegt mirb unb
i^m ^rof't berleibt. ©o follen im ©imatempel bon 2Bait^i§marenfoil
je^t nic^t mef)r fo biele ^eitmunber gefc^e^en, meil bei einer 9f{eparatur
im Heiligtum bo§ 9tab nic^t ganj richtig mieber unter ben ®ott ge=
legt morben fei. ®otte§biIber, bie im freien flehen, roerben baburc^
gemeifjt, ba| man §ü^nerbUit auf i^re ©tirn unb Stugen ftreic^t unb
i^nen fo „bie S(ugen öffnet" (b. i. fie belebt).
5tu(^ geroiffe 33äume, (Sct)Iangen unb g^üffe gelten ber S5olf§=
borfteEung al§ göttlic^. ®er ^ipalbaum (ficus religiosa) unb ber
gjJargofabaum merben äufornmengepflangt („ber^eiratet") unb oft Öurd^
feierlicf)e§ Umfdjreiten bereljrt. ®ie beiben 33äume gelten bann al§
burc^brungen bom SBefen bc§ ©ima unb ber ^arbati bjm. beg
SSijdinu unb ber SaffcJ)mi. ?luc^ ber 3«ari ift ber äRargofobaum IjzU
lig unb gilt biSmeilen al§ bon ibr bemo^nt. Sin ben SBuraeln biefer
„ber^eirateten" S3äume fie^t man meift einige ©cblongenfteine, b. ^.
länglid)e fc^male Steinplatten mit einem ro^en 3ielief bon 5mei ber=
fc^lungenen ©erlangen. 2)iefe ©teine finb bon grauen nacf) ber (Geburt
eines S'inbeS geftiftet, ba§ fie einem ©elübbe an ben ??age§roora
(©c|langen= §errn) gu berbanfen meinen. S)ie SSorfletlung bon ber
©cl)lange ol§ einer tinberfegen berleit)enben ©ott^eit finbet fic| biel=
fac^. Sraljmanen unb ^ö^ere ©ubra = haften ftetten 9?ei§, (£ier unb
') 9?ur gana llnge6übete galten bie eJöttevbilber o[}ne iüeitere§ für ©ötter.
— 41 —
anbere§ in ben ©arten für bie ^o6rQ[(i)lQnge unb ^offen burd^ bie§
Opfer ^'inberfegen 5U erf)alten.
SSon ben gfüffen tt)irb in ©übinbien ber ^araeri nm mciften
öere^rt. ©r gilt al§ iDciblid^e ©ottljeit (ftniueri^^Imma b. i. 9Jhitter
Ä^aroeri). 2)ie Slaiüeri=3{mmn \mx uifprüng(icf) ein 9[)Jäbd)en, bie Xod)kx
eines fettigen in Sfurg, bem Cucaenlanbc biefeS gluffeä. ^iefe§
— 42 —
SJZäbd^en tüünfd^te fi^, ba^ fie §um S3eften ber 9J?enfd^^eit Qt§ glu^
ttjiebergeboren lüerben möi^te, unb biefer SSiinfd) ging in (Srfüttung.
3ti>ar heiratete fie ben großen ©ele^rten SIgaflia, ober fie machte ha-
bei bie $8ebingung, bo^ er fie nie allein laffen bürfe. 5I(§ i§r Wann
nun einmal in ben Steic^ baben ging unb fie im ^aufe allein Iie§,
flürjte ^an^eri i^m fofort nad) in ben Seic^ unb !am al§ glu^ tt)iebet
!^erau§. S3ergeben§ berfud^te 9(goftia ben gluB einjubämmen, aber feine
SSerjmeiflung bemog bie ^on)eri=S(mma, fid^ in gujei ^älften §u teilen,
fo ta'Q eine ^iilfte »ieber 2lgaflia§ ^^xan ttjurbe unb bie anbere ber
^atDerifluB blieb.
(Seelen? unb SSeltborftellungen.
9^ad^bem loir ia^ ©ebiet ber mannigfod^en allgemeinen unb fpe=
gieHen ©ötterborfteHungen burc^monbert t)aben, bürfen tüir auc^ nid^t
borbeige^en an ben im SSoÜe lebenben SSorflettungen öon ben (Seelen
unb bon ber SBelt. Sf)nen fommt eine befonbere Söebeutung ju, info*
fern fie bie 2Iu§gang§punfte unb ba§ SOIaterial ber bur(^au§ religiös
gefärbten unb religiös gemeinten inbifc^en ^^itofop^ie finb, raö^renb ber
Sn^alt ber ©ötterborfteHungen ben inbifc^en ^^ilofop^en nur a(§ mannig^
fac^e niebere ©rfc^einungSform ber ©ott^eit für bie „Unreifen" gilt, al§>
fold^e aber aud) jum größten Seil feftge^alten unb berteibigt wirb.
SSenn lüir §ier bon „SSeltborfteUungen" reben, fo meinen njir
nid^t bie p^antaftifc^en SSorfteüungen be§ 33olfe§ unb ber ^uranen
bon ben berfd^iebenen oberen (^immel§=), mittleren ((£rb*) unb unteren
(§öIten=)SBeIten, auf bie e§ fidt) tt)o!§I nic^t ein^uge^en berlo^nt. 2Bir
meinen bielme^r bie im S3olf bor^anbene unb meitberbreitete SSorfteHung
bon ber materiellen SSelt — ber materielle Seib unb feine materiellen
(Sinne finb babei eingefc^loffen — , al§ bem „Unmo^rcn" (meil Uns
beflönbigen), „Unreinen" (meil jur Betätigung unb baburc^ gu immer
neuem (SIenb SSerlocEenben) unb (SIenben (elenb 9?kd^enben). S)ie
inbifct)e ^]31)ilofop()ie enthält blefelbe SSorfteHung in auägeorbeiteter, fljfte:
motifiecter ©eftalt unb ftellt i^r ganj fonfequent eine «Seelen^ unb
®otte§borftelIung gegenüber, bie ber genaue föegenfa^ ju jener Söelt-
borfleHung ift. ^m ©egenfa^ gum „unreinen" unb „unma^ren" materi^
eÜen Seibe ift i^r bie Seele (ba§ „(Selbft", Atman) ba§ reine unb
ewige ©eiftige (cit). Slud^ ba§, was bie (Seele in ber materiellen Seib*
lid^feit feft^ölt, bie „Unmiffen^eit" ober tü§ Urbunfel unb bie gtpei
Söetötigungen (Sünbe unb Sßerbienft — t)a§ Karma^, gehört gum Un*
reinen (Mala) unb I)ot feinen ®runb feinegföegS in ber (Seele felbft.
S)ie ®ott§eit aber ift im ©egenfa^ §ur „unwahren," „unreinen", elenben
materiellen SSelt ha^ SBa^re (©lüige), ©eiflige, (Selige (Sat-cit-ananda).
®a nac^ biefer SSorflellung atteS Unreine au^er^alb be§ Selbft
liegt, fo ift 5Inertennung etgentIidE)er (S^ulb unb SSeranraortlid^feit unb
bamit tüirflic^e fittlic^e grei^eit be§ 9L)?enfd)en in biefem SSorfteHungSi
Iceife au§gefd)loffen. ^onfequenteriDeife gilt bie Seele, folonge fie im
— 43 —
unerlöften 3uf^a"^ if^' o^^ »efentüd^ ganj naturl^aft abhängig öom
„Unreinen" unb im 3uftQnbe ber (Srlöjung (mukti) al§ tüefentUcf) ganj
natur^aft abhängig öon ber ©otf^eit. ®te (Srlö^ung felbfl aber erfolgt
ebenfo fonfequent baburc§, ba^ bie (Seele, burd^ eine notur^aft lüirtenbe
göttticfje ©nabenfroft erleuchtet, i^re SSefenSoerfc^ieben^ett bon ollem
„Unreinen" (aud^ öon i^ren ^anblungen, beren ©ubjeft fie in 2Birf(icft=
feit eben nic^t i[t) erfennt unb in fot^er ©rfenntniS ficf) pt)Uo«
fop^{fc^=ml)fttfi in ba§ rein geiflige göttliche SSefen derfenft (oergt. bo§
unter 2 über bie S^afti @e)agte).
9Iud) in ben SSorfleüungen über bie ©efd^id^te ber unerlöften
SJJenfc^enfeele bor unb naö) bem gegenwärtigem ?eben fte^en SSoIfgreligion
unb ^^ilofopr^ie tm ©inftang miteinanber. Xk p^ilofpp^ifcfce ©ogmattt ift
in biefem <Stüd bie SluSarbeitung einer 53orftettung, bie fic^ oucf) im SSolf
allgemein tief eingettjurjelt finbet, nämlic^ bie SSorflellung bon ber
©eetenttjonberung. SBir faben fc^on, mie biefe Sßorftellung au^ bom
S3oIfe gur ©rflärung be§ ©c^icffalS gebraud^t roirb. 2tu^erbem f)ai)t i<i)
au§ bem SSolfgmunbe folgenbe Sinterungen über bie ©eelennjanberung:
1. SBenn e§ einem gut ge^t: „ba§ ift fein SBerbienft in einer früheren
©eburt". 2. Söeim Stnblicf eine« ©felS: „SSa§ mag ber in feiner früheren
©eburt für (Sünbe getan fjoben? Db er roo^I feine ©c^ulben ni^t
be^a^tt ober Betrügereien berübt bat?" 3. $8eim Xobe eine§ Sinbe§:
„3n n)el(f)er gamilte mog nun mein ^tnb geboren werben?"
©0 oft freilief), al§ man nac^ ber p^ilofop^ifd^en ©ogmatif an*
gunel^men genötigt fein möchte, begegnet man im S3oI! bem ®ebonfen
an bie (Seelenwanberung boc^ mo^l nic^t. D^iemanb be^meifelt fie,. fie
ift allgemein angenommene§ S)ogma. ^(f) meine aber fagen ju fönnen,
ha^ man nic^t fo oft unb biel an fie benft, al§ erwartet werben fönnte.
S)a§ mag au^er mit religiöfer ©leicbgültigfeit auc^ bamit jufammen^
:^ängen, ta^ im SSoIfe auc^ nod^ anbere, wo^l ältere SSorftellungen
über bie ©eelengefcbic^te leben, bie nur gum 2^eil mit bem (Seelen=
WanberungSbogma berfi^molsen finb. S«^ meine bie SSorfteltungen bon
einer gortbauer ber «Seelen in ben ^immeln ober Rotten unb bie
SSorftetlung bon i^rem S3er bleiben auf Grben al§ Dämonen in
gäüen gewaltfamen 3:obe§. Sie erftere SSorflellung ift jwar mit ber
(Seelenwanberung§t^eorie berfdbmol^en (bolIenbS in ber ^^ilofopl)ie)
burc^ bie Slnna^me einer 9tücftef)r au§ ^immeln ober ^ötle in ben
^rei§ ber Geburten, ^ber bie aUjälirlicfien geremonien jur iöefriebtgung
ber berftorbenen SSorfo^rcn (aud) bie SInbetung ber unberwitwet ber=
ftorbenen grauen) Weifen boc^ wo^l auf eine gewiffe (Selbftänbigteit
ber SSorfteüung einer jenfeitigen gortbauer ber (Seelen l)in, bie t)iftorif(^
burc^ if)r größeres Sllter begrünbet fein wirb. 5)ie weit berbreitete SSor=
fteüung bom $öerbleiben ber Seelen gcwaltfam ©eftorbcner auf (Srben
(al§ Xämoncn) aber fällt wefcntlirf) au§ ber Seelenwnnberung^=, b. i.
®eburtentrei§lauf§t^eorie ^erau§, "ba e§ fid)nic^tum cineSBicbergcburt
al§ Siämonen ^anbelt.
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^ebenfalls aber bleibt bie 'S:at'\a(!t)t befielen, ha^ bie ©ee(en=
roanberungSt^eorie bon feinem ^inbu beflritten irirb. ©ie fc[)Iie6t aber
eine n^efentlidie SSern)ifcf)ung be§ Unterjc^iebeS gn^ifc^en 93?enf(t)en= unb
2:terfee(e in ficf), ta biefelbe <SeeIe in buntem Söec^fei balb in einem
9}?enfct)en=, balb in einem Sierleibe leben fann. S)amit treffen n)ir
aber auc§ öon biefer (Seite lieber auf bie allgemein inbif(^e Seug*
nung ber fittlirfjen grei^eit be§ 3!}?enf(^en, bie i^n njefentlicf) üom
Jier unterf(i)eibet. ®ie inbifd)e ^tjilofop^ie fennt nur grabuelle Unter*
fct)iebe §tt)ifc^en 9J?enfc]^en, Sieren unb ^flanjen, bie in öerfrfjiebenen (Sroben
öon (£rfenntni§fäbigfeit, bejtt). in berfd^iebener 3^^^^ ^^r ©inne befte^en.
SBie bemna(f) ben inbifc^en (Sötteroorftellungen ber Sßirflic^feitäfinn
unb bie fittlit^ erbebenbe ^raft abgebt, jo fe^tt ben inbifct)en (Seelen*
unb SSeltborfleKungen bie SSorauSfe^ung be§ fittli^en 5)enfen§, bie
^bee ber gretl^eit.
T)u religiöfe ieiftung.
^a§ britte Seben§gebiet, bem wir un§ nun sutoenben, ifi ta§
mit ben beiben bi§f)er be^anbelten organifd) öerbunbene ®ebiet be§ reli-
giöfen 2öoHen§ unb 2Bir!en§.
®en beiben frühem Kapiteln entfprec^enb beginnen n^ir auc^ ^ier mit
bergrage, tt)elc^en@influ^ im natürlic^enSeben bie„'S)unfeI^eit"
auf ba§ Sßirfen au§übt. (£r ift offenbar ein boppelter, ein ^emmenber
unb ein öerbecfenber. SDuntel^eit ^emmt ba§ SBirfcn, fie ^inbert un§ an ber
3Irbeit. SOian braucht Sid^t gur Slrbeit im pu§Ii(^en unb Dffentlirf)en
S3eruf. gür folctje fügial ttjertöoHe Seiftung ift 2ic!^t ein elementoreS
S3ebürfni§, ha fein 2KangeI un§ p^t)fif£^ foäufagen auf un§ felber
ifoliert. gerner wirb eine im ® unfein derfuc^te 2:ätigfeit bem eigenen
Siuge burrf) bie 2)unfel^eit berbecft. 5IRan fie^t im ©unfein nic^t, n)a§
man tut, unb fann be§§alb bie eigene Stätigfeit aud^ nid^t redf)t beurteilen.
S3erftef)en n^ir aber ha§> SDunfel geiftig ai§i einen Bufi^n^- '^o "öa^
SSoüen bem Sicf)te eine§ fittIicf) = religiDfen S3en)uBtfein§ entsogen ift,
fo tt)irb ou§ ber plji^fifd^en ^emmung unb SSerbecfung eine innerlicfie,
inbem erfteng ba§ ajjotiüleben ifoliert toxxt gegen bk ©inluirfung
ber ^DC^ften SJ^otiöe, bie bem SBoHen bie mirflid^ et^ifd^e fogiale 9iidl)*
tung geben unb ben 93knf^en n^irfUc^ über ba§ (Selbft ergeben fönnen,
unb 5um anbern aÜe§ SBirfen für bie eigene Beurteilung öerbedt h)irb,
unb barum gegen falfcl)e eigene ^Beurteilung nid^t gefd^ütjt ift.
SÖIicfen wir nun auf ha^, SBoßen unb Sßirfen, bo§ ber neu=
teftamentlicf)en Ü^eligion eigenartig ift, olfo auf baSjenige SBoIIen unb
SBirfen, ha§i au§ i^r um fo mebr l^erborgeljen mu§, ie me^r man fic^
i^r §ingibt. 2)ie ebenfo lebenSfreubige mie fittlidt) ernfte ^er^enSber*
faffung unb ber fittlic^e Sic^tct)arafter be§ S3orfteIIung§* unb ^^antafie=
lebeng, bie biefer 9teIigion al§ ein (Srgebnig ber wirflic^en, burc^ fie
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bermittelten @otte§gemein|(^aft eignen, muffen bem SSiüen eine 9tid^=
tung auf ftttlic§ unb fojial lüertboUeS SBtrfen geben unb, je mel^r fie
Staum geroinnen, 5U folgern SBirfen g-reubigfeit unb Segeifterung ber*
leiten. Unb ba§ „ftrafenbe" 2id)t be§ neuteftamentli(i)en 2Borte§ mu^,
je me^r man in baSfetbe ^ineintritt, alle ©elbfltäufdjung über ben
SBert ber eigenen Seiflung äerftöten.
3)ic roefentüc^ anberSartige 6mpfinbung§- unb SSorflellunggroelt
ber inbifd^en Skligion bagegen mu^ roefentlic^ onberSartig auf ba§
SSoIIen unb feine ^Beurteilung roirfen, nömlic^ l^emmenb unb üerbecfenb
roie ba§ ®unfel. Unb groar muß aud) |ier biefe SBirfung um fo entfd^ie^
bener eintreten, je meljr fic^ ber einjelne feiner 9^eIigion Eingibt.
SlucE) roir galten ben ©a^ für rid^tig, ba^ ber ^inbu ebenfo im aH=
gemeinen beffer ift al§ feine Oieligion, roie ber ®f)rift ftetS §inter
feiner 9teIigton jurücfbleibt.
SBir geben nun eine ßufammenfteHung beffen, roa§ roir in ^nbien
bon fpeäififd) religiöfer Seiflung beoba(i)tet ^aben. 9bd§ bem ©a^e „an
i{)ren grüd^ten fottt i^r fie erfennen" roirb man l^ieran noc^ einmal
bie Sitc^tigfeit be§ 9iefultat§ nad^prüfen fönnen, ju bem roir bei ber
33etrac^tung ber inbif(J)=religiDfen $ßorfteIIung§=, ®ebanfen= unb (Sefü§l§=
roelt famen.
Stempels unb geftbienfl.
2Bir betrachten guerft bie eigentlich) gotteSbienfllid^en Seiflungen
im Stempels unb geflbienfl unb beginnen auc^ §ier mit bem ©ienft
ber ©orfgötler.
SDiefen roerben im Unterfc^ieb bon ben anbern ©Ottern aui^ blutige
Opfer, befonber» $üf)ner, ©c^ofe unb SieO^n, bargebrai^t. ^ei ben
Sempelfeflen größerer SOJariammenlempel 5. ^, roerben ^unberte bon
^ütjuern unb 3'egen bon roeit ^er gebracht unb gefc^Iarf)tet al§ 53e-
^atjlung bon ©elübben, roelctje bie einjelnen geflbefud^er im Saufe be§
Sol)re§ biefem roeiblic^en ®ämon getan §aben. S)a§ Opfern gefcf)ie§l
burd) 2Ib^auen be§ ^opfe§. 2)en 9iumpf nimmt ber Dpfevnbe roieber
mit §eim. S8on einer 9}?ariamntenanbetung im kleinen fann ic^ al§
5tugen5euge foIgeuDeä erjätjten: 2ln einer Strome fiel mir ein mann§=
' ^of)er Stermiten^aufen auf, ber on ber SSorberfcite teilroeife mit roter
garbe begoffen roar, unb bor bem ein eiferner ©reijac! ftanb. ^ct) trat
l^eran unb fof), baf? an bem Raufen eine ^2ln5a()( glöferner 3Irmringe,
roie fie ba§ SSolf biet trägt, augetlebt roaren, unb ba^ an bem ©rei^
jacf oben nod^ me^r t)ingen. 3>üifc^en bem Srei^ad unb bem Stermiten*
laufen aber ftanb sroifdjen einigen ^iegelfleinen ein f (einer fdiroar^er
aJZariammenfopf. S)a§ ®on,^e roar alfo ein i^r geroei()ter Opferplo|j unb
bie Siinge rooren 2öeif}gcfc|enfc, bie a(§ 93e,^a()(ung bon ßiclübben ge=
ftiftet ronren. 5)a fam eine grau mit einem fleincn Jlinbc auf ber $üfte.
©ie legte jucrfl hai ftinb bor bem 9Jcaribilbe platt auf bie Grbe, t)ielt
bann feine ^önbc^en jufammen unb fagte: „5öetc if)n an, ben ©roami!"
2)ann legte fie fic^ felbft platt auf bie (Srbe unb ^ielt ftumm bie
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eigenen ^änbe anbetenb äufammen. (Snblic^ ftanb fie auf unb ging mit
nochmaliger anbetenber ©ebärbe i^re§ 2Sege§.
®ie ßeremonie be§ Ä'arac^am, b. i. be§ SopftragenS ju (S^ren
ber SJJnriammen, öon ber ic^ öfter gehört unb bie i(i) aud§ 5um Seil
jelbft g"efe£)en 1)al)e, l^at folgenben 33erlauf: ©in Jüngling tt)ei§t \iä)
^unäc^ft burc!^ gaften unb Söaben unb burc^ Umbinben einer gelben
©c^nur um taS» ^anbgelen! 5e^n Sage lang für ba§ geft. 2(m be*
ftimmten Sage trägt er bann auf bem ^bpfe in feierlicher ^rogeffion
einen Sopf mit SSaffer burd^ bie ©trafen. S)er Sopf tft oben mit
SKangos unb ä)iargofabIöttern bebedt. Slucf) hü§> SJJaribilb ift mit im
3uge; ifjm folgt ein ©änger mit |)onbtrommel unb gu^i^eüen unb
fingt ein Soblieb auf bie 9J?ari. äRanc^mal lüirb auc^ ein flac^e§ Son*
gefäfe mit glü^enben ^o^Ien auf ber flachen ^anb „in ^raft ber
ÜKari" mitgetragen, eine ^ofteiung, bie roo^I immer auf einem ®elübbe
berufit.
51I§ ©elübbebeja^lung tt)urbe mir auc^ t)a§ geuertreten be§ei(^net.
SBenn eö ju ß^ren ber Diari gefc^ie^t, trägt ber 5Betreffenbe einen
Sopf, ber burc§ gouberformeln mit bem ©eifte ber ä)?ari infpiriert
ift, auf bem ^opfe über eine etlicf)e gu^ breite ©cbic^t glü^enber J^o^Ien
am SKoritempel. ©eine ^^üfse finb babei nacft. Sie ^ari im Sempel
foü babei auf bie Wlaxi im Sopf einroirten. ^c^ ^aht ta^ geuertreten
felbft gefeben unb oft uon i|m get)ört.
®ie SSorbereitung ju bem gefte einer anberen Stmmen, nämüc^ ber
^ibari= ober ^ellei^ Timmen, ^abe icf) felbft erlebt, ^m Orte maren
9 ©tra^enecfeu mit gefalbten ©teinen bejeic^net, neben benen auf einem
gefegten ^la^e üon IV2 Sufe in^ ®et»iert ein einfac^e§ SOiufter au§
braunroten ßinien gemalt mar. Sin biefen ©teinen mu§ abenb§ beim
§eft bie ^ibari auf i^rem SraggefteCt oorbeigetragen werben. S3or bem
©eftell ^er gel)en bann 2 burc^ Umbinben einer gelben ©ct)nur um
ba§ ^anbgelen! gett)eil)te ^aria mit langen, ^oct)gel)obenen ©(^roertern
unb mit Sölumenfrän§eu um ben ^al§. S" einem anberen ®orfe, öon
bem ic^ ^örte, finb e§ nid)t Sölumenfrän^e, fonbern bie ©ebärme be§
£)pfertier§. (£iner trägt eine ^anbtrommel. ©o fa§en roir fie auc| bei
bem üorbereitenben Umjug, ber mittag§ abgebalten mürbe. S)a gingen
fie üor bem ^ibaribilb erft um ben tleinen Sempel l^erum unb bann
burcl) ben Ort. !öei bem abenblic^en Um^ug roirb auc^ ein Sopf mit
geföntem 9tei§ mit l)erumgetragen. ^lad) bem Umjug fc^lägt man öor
bem Sempel mit einem ber ©c^merter einer ßiege ben Ä^opf ab unb
fängt ta^ S3lut auf, um e§ mit bem 9iei§ im Sopf 5U oermengen.
3)iefen trägt bann einer ber beiben ^aria, ben man für befeffen öon
ber ^ibari Ijält, fcl)reienb sroeimal um ben Sempel unb bann au§ bem
SDorf l)inauÄ an bie glurgrenje, mo er i§n au§fcl)üttet, tt)äl)renb ber
aubere trommelt. S)ann mu^ er o^ne fic^ urnjuietien in ha§> ®orf 5urüc£.
©iet)t er fiel) um, fo mu^ er fterben unb ebenfo jeber, ber bem Um*
äug mit bem Sopf begegnet. Se^terer wirb öon ber ^ibari, erfterer
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öon ben ®ei[tern erfc^Iagen, bie fte öertrieben ^at. ®enn ble Sbee beS
gefte§ ifl, tal^ bie ^tbari bie anbern ©ämonen bor fiii) ^er qu§ bem
®orfe big an bie (Srenge treibt, tt)o fie bleiben unb fic^ mit bem
blutigen $Hei§ begnügen muffen. SSeim ^D^ittaggumpg ging aurf) ein
Sßra^mane mit. ©r betet jmar bie „©orfgöttin" ^ibari nic^t on, ober
er jünbet bor i§r beim Umäug Dampfer an unb nimmt ©oben ent^
gegen.
Sn e^olerajeiten tt)irb bie (S^oIero=^mmen, ^ali, burcf) Umsüge
bere^rt. Söi^meilen erüärt fie auc^ burc| einen iöefeffenen, e§ fei eine
feinbüc^e tali au§ einem anbern ®orf eingebrungen. 'Donn nehmen
bie 33auern, wie id) felbft gefe^en i)ahz, fcf)mere, biete unb mit bem
2öifcf)nuäeid)en bemalte 9fiei§ftöBer über bie ©d)ulter, juweilen auc^ ein
©diroert, unb giefien mit bem fortgefe^ten Üiufe: „®obinba!" (^iamt
^'rifc^na^Sßifc^nuS) big on bie ©orfgrenje, um bie ^oti über biefe
§inau§5uiagen. ^ommt tro| biefer geier bocf) nocf) ein 6:t)oIerafaIt bor,
fo tt)irb er bamit erflärt, ba^ bie ©öttin fid) noc^ über bie ®orf=
beiro^ner ju beüogen (jot.
5tucJ) eine ©albung ber ^ali erlebte ic^. «Sie gefd)af) mo^I jur
SSeja^lung eine§ n)äl)renb ber ©fiolerajeit getanen ©elübbeg. 2)a§ S^alt^
bilb raar eine im freien fte^enbe einfache eteinplotte. ^u§ 33?effing*
gefä^en mürbe über biefen ©tein 5öoffer, äRild) unb Dl auggegoffen.
®ie ausgaben für biefe ©olbung trug ber ®orffc|ul5e unb einige al§
grauen berfletbete ÜJfänner, bie in ber ^auptftra^e ber no^en ©tabt
einen Umsug mit Sang aufgeführt unb ©aben für biefen ßroed ein^
gefammelt l)otten.
SBieber^olt traf id) auc^ auf bie SSere^rung ber öiangai=5Immen
(93?utter ©onge§). ^n einer ^orfflur mar t^r ein Dpferpla^ ge-
fliftet, ber au§ brei oufrec^t in bie (£rbe gefteüten ßtegelfteinen beftanb.
„^ier muB man flel)en unb ber ©anga ©elübbe tun", fagte mon mir.
(Sine onbere ®elübbeleiftung ift ba§ 9? ab elfte c^en. S" i>en ganzen
Seib merben biele lange filberne 9?abeln geftod)en, jumeilen au^ eine
burc^ bie 3unge ober buri bie 93ade. ©o mallfa^rtet man gum 2:empel
ober §iel)t bettelnb mit 3:rommelfd)lag burd) bie ©tobt. ®er (Srtrag
mirb bem Slmmentempel gegeben. (£ine unferer ©djraeftern, bie einen
folc^en SSettelumjug gefe^en ^at, bei bem an ©teile ber ^iabel ein
^oI§pf(ocf burc^ bie JBade eine§ ^'naben gefto^en mar, l)at barüber ein
©efpröc^ mit einer ^inbufrau gel)abt. ®ie ^inbufrau meinte, e§ tomme
öfter bor, baß man einem ®ö^en in ^rantl^eitSgeiten ein (Selübbe tue
unb i^m to!o§nüffe, ®olb ober ^uroelen berfpred)e. 'iJlrme Seute ge--
lobten tt)of)l aud) einen Sag betteln ju geljen unb ben Ertrag gu opfern.
Sei fc^mcren trant^eitSfätlen gelobe man mo^l aud), fid) eine filberne
9?abel burd) bie red)te ober linte 33arfe ober burc^ bie 3"»9e 5" ftfc^cn,
unb fo äu betteln, um ben ©rtrag ber 6ii3ttin ju opfern. ®ie 9c'abeln
merben bann bor bem ®ö^en ^erauggejogen unb i()m geopfert. ®ie
SBunbe fdiliefee fid) fofort, unb ©djmerjen fü^le man nid)t. ?luf bie
— 48 —
grage, ob ber ®ott aud) iuirfüc^ ^elfe, antwortete fte: „0 \a, Juenn
ha^ ©elübbe au§ einem au[n(i)tigen ^erjen fommt, ober tüenn man
e§ im Sempel tut unb gebabet, ungege^fen unb mit reinen Kleibern
bor tf)m erjc^eint, !ann man ber (är^örung gemi^ fein. 9lur muB man
nacfi^er auc^ ba§ getane (S^elübbe erfüllen, ©onft trifft ®otte§ 3di^"
ben ßügner unb er mu^ elenb umfommen unb t)at noc§ in ber näc^ften
Geburt biet ^u leiben." Sll§ ein 53eifpiel für bie ©r^örung folc^er
®elübbe führte fie ben ©öl^en bon ©rirangam an unb fagte: „3Barum
ifl ber fo ungeheuer reid^? ®dc^ nur tbeil i§m fo biel geopfert wirb.
Unb warum wirb i§m fobiel ®elb unb (Sut geopfert? Sßeil er fo biet
erkort unb ^tlft; man ^at SSertrauen ^u i^m."
SSon einem anbern ^orfgötterbienft, einem Opfer bon ©ü^igs
feiten, berbunben mit einer ©atbung, ergä^It eine anbere ©c^wefler.
S3or bem Söaum auf einer fleinen ©r^o^ung ftanb haS^ 33tlb ber ©öttin.
2)er ^riefter, (jier fein SSra^mane, fonbern wie foft alle beteiligten ein
ber ^aufmanngfofte ange^öriger SO^ann, war eifrig befd^äftigt, ^ofo§-
nüffe auf 5uf erlagen, ©rett Ieucf)tete ha^ gabelförmige SSift^nu^etc^en auf
feiner (Stirn unb feine klugen glühten. (Sine dlu^ crwie§ fic^ al§
fc^Iec^t, unb er warf fie mit entrüfteter (Sebörbe unter bie Seute mit
ben SSorten: „SSie fönnt i^r e§ wagen, ber ©öttin eine fc^lec^te 9?uft
gu opfern, eine anbere f)er!" Unb fcf)nell jerbrac^ er bie le^te unb
go^ auc^ bereu '^n^ait in eine bereits fertige ÜKoffe, bie au§ Söananen,
3ucfer, SOiilc^ unb §onig beftonb, unb ju ber al§ fünftel eben noc^
Sl'ofo§miI(i) fam. 9tac^bem biefe fünf ^ngrebienjicn gehörig burci)ein=
anber gemifd)t waren, flricf) er fie auf einen breiecfig geformten fc^war^en
(Stein, ber ju gü^en be§ ©ot^enbilbeS au§ ber (£rbe §erborragte, unb
legte §ur SSottenbung einige Slumen barauf. 9^un würbe mit 3Ka^t
eine ^anbglocfe geläutet, ba§ Süä)<in jur Slnbetung. Sitte erhoben bie
gufommcngelegten ^änbe unb berneigten fid), jum Steil mit großer 5ln*
bad)t, bor bem ©ö^enbilb. 9?ac^bem fo ha§: Opfer bargebraci^t war,
Würbe ber Srei mit großer Sorgfalt wieber bom Stein l)erunter unb
in ein ©efäfj getan, um an atte bie berteilt 5U werben, bie eine Saft
bon Bananen, 9J?il(^ u. a. l)erbeigetragen Ratten. Sie ließen e§ fi(^
aber atte in ein ©efäß geben, offen fa^ man feinen. 9?un fam nod) bie
wichtigere Salbung mit Sanbel^olj. 5lu§ bem verriebenen Sanbel^olj
wirb 5U biefem gwecf ein bider, gelber SBrei gubereitet, gerabefo wie
e§ in ^ocE)5eit§l)äufern üblic^ ift. liefen 58re{ ftrid^ ber ^riefter auf
ben fc^worjen (Stein, nac^bem er i^n mit biel Slufwanb bon SSaffer
Wieber abgewafd^en ^atte. 9ltte fal)en bei biefem Stft gefpannt gu, unb
al§ burc^ Sluflegen bon 53lumen bie Salbung bottenbet war unb bie
(Slode ertönte, warfen fie fi^ nieber unb beteten an.
®er ©orfgötterbienft ift teine§weg§ auf bie ©örfer befdirönft.
SBir erwöljnten f(^on, ta"^ ouc^ ^o^e Subrafaften folc^e ©orfgötter al§
i^re SieblingSgötter anbeten, unb in einer Stabt bon 16000 @in=
wo^nern gä^lte id) unter 20 2:empeln 8 ben Sjorfgöttern geweifte.
49
baöon 6 in ben ©ubroflrolen. 5Kier öon ben le^teren i)attm ©ubra=
prieftet, lüclc^e bie ©elübbegaben ber S3ere^rer, 5. X. für i^ren eigenen
Unterhalt, cntgegenna()men. ®ie Reiben anbeten f)Qtten leine bejonberen
^riefter. Slucf) ber 9?eubau ober bie Üieparatuc öon Sempein geid)ie|t
oft auf ®runb öon ©elübben.
(Botjenfcbrcin an ber ilanb|li\:pc.
®ie ©elübbe an ^lijenar beftef)en fef;r oft in neuen Sonfiguven,
bie man öor feinem 2:empet ouf^ufteüen gelobt. (Jg finb ^^ferbe ober
©lefanten, bie xi)m in ber 5iod}t al§ 9tcittiere bienen foüen. 9JJanct)mal
merben auc^ gro^e 20 unb mel)r ^ufe ^of)e ^^ferbegcftatten au§ 3iegel=
fteinen gelobt unb gcftiftet. ?luC^ Sizilien Pon tleinen ftinbern iperbcn
i^m Pon ftmberlofen gelobt unb nac^ erfolgter (St^örung gefliftct. SSer
am 5lrm ober 33ein traut ijt, gelobt bcm Slijcnar hü» betteffenbe ©lieb.
4
— 50 —
SDer Dpferbienfl im S:empel be§ Slijenar ifl berfcf){eben. 5In ötelen
Orten inerben t^m nur unblutige Opfer bargebrac^t, an anberen feboc^
aud§ blutige.
Quraeilen forbern bie SDorfgott^eiteu au(^ beftimmte ©aben ober
ßeiftungen burc^ ben SKunb öon 5IRebien. 2(uc£) fragt man tt)o§I in
^ronf^eitäjeiten fol^e Sefeffene, tr)a§ ber ®runb ber ß'ranfl)eit fei unb
tr)a§ man tun folle. Sü§ Slntlüort barauf wirb etma bie 9?ic^teinioItung
eine§ ©elübbeS angegeben unb bie gorberung baran gefnüpft, im Sempel
für bk ®enefung be§ Traufen ein ^u^n ju opfern. (Stirbt ber ©ranfe
bennoc^, fo ^et^t e§, gegen \)a§ auf be§ Traufen ^aupt gefcJ)riebene
©c^idfal fei ni(i)t§ ju tun.
©nblicf) mu§ ^ter noc^ bie ©onnenonbetung, bie gluBanbetung
unb hk SSeretjrung be§ ^ipotbaumeS unb be§ Sulafifrauteg genannt
tt)erben. 3)iefe ßeremonien finb fömtlitf) aud) bei ber Sßral^manen!afte
gebräud^Iid).
2)ie «Sonnenanbetung rairb befonber§ an einem ber fübinbif(f)en
^auptfefte, bem ^ongelfefte, geübt, „^ongel" f^ei^t ^oc^en. ©emeint ift
ba§ StufmaHen be§ erften 3ieife§ nac^ ber (£rnte im Januar, ber in
einem neuen Stopf getodEjt wirb, tt)a§ einen §auptbeftanbteil biefe§
gefte§ bitbet. „®er gefod)te 9tei§ mit ßucfer unb 9JJiI(^ iütrb bem
(Sonnengott bargeboten, um i§n günftig ju ftimmen. ©iefer njirb im
^ofe iebe§ ^aufe§ angebetet, nad§bem man auf bie (Srbe rote giguren
gemolt i)üt, meiere bie Sonne unb ben 5D?onb barfteHen." (So fct)reibt
ber bra^monif^e (Sc^riftfteller S^atefo (Saftri über ha§ ^ongelfeft in
einer Sd^rift über bie i^a^tm, gefte unb Qe^^niouien ber ^inbu. (£r
fäi)rt bann fort: „5Im näct)ften Stage lüerben bie 9tinber fein gemafc^en
unb gefdjmücft. 9tuc^ betet man fie an unb gibt i^nen gefocfjten 9ftei§.
®ie ^örner ber Siinber unb bie SSagen merben bemalt, worauf man
mit bem 9?uf „^ongelo, gonget!" burc^ bie Strafen be§ Orte§ fä^rt."
SDiefer jmeite geiertag ^ei^t ba§ JRinberpongel.
Über eine Slnbetung ber „5D?utter ^oineri", bie ofliä^rlid^ an
einem beflimmten S^age bei $:ritfc!^inopoli unb an anbern Orten ges
fc^ie^t, ergäfilt eine S^raefter: „3Bir begaben un§ ^unöi^ft ju ber großen
^rüde, bie STritfc^inopoIi mit Srirangom berbinbet. S)od) fonnten inir
üon ^ier au§ nid)t§ fe^en; benu ^unberte öon ä)?enfc^en fafeen unb
lehnten ouf bem Sörüdengelönber unb beobact)teten haS» SSaffer, ba§ al§
ungeheure gelbe SOJaffe trag ba^inftrijmte. SBo man "Da^i Ufer nic^t burd^
Stufenbauten eingebömmt ^atte, war bo§ SSaffer weit ausgetreten unb
bebecfte weithin hk gelber, um fpäter Wie ber SiJil auf i^nen einen
fruc!^tbaren S(^Iamm jurüd^uloffen. SBir bröngten un§ auf einer engen
®affe §um eigentlichen geftpla^, an bem bie Reiben bie ^ameriammal
anbeten unb i§r an btefem Sage i^re Opfer barbringen, ßunöd^ft baben
fie unb wafcf)en i^re Kleiber im gtu^, befonber§ bie 5D(änner. ®ann
beginnen bie SSorbereitungen gum Opfern. Sie nehmen Pon 'bem ©d^Iomm
be§ gluffeS unb ma(^en barouS jwei fleiue etwa 10— 15 cm f;o§e ®ö^en,
— 51 —
bor benen.fie SSet^raucf) anjünben unb if)re Dpfergaben nieberlegen.
^n einem ^orbe bringen fie eine gro^e Portion guten Steig mit, ber
im S'Iuffe folange geroafc^en mirb, 6i§ er rt)eic£) gequollen ift. 2)ann
mi|'cf)t man i^n mit braunem Qudn unb fü^en ©rbfen. 9Iuc^ §ierbon
lüirb bem (5(i)Iammgö^en auf einem grünen SSananenblatt eine §anb»
bott öorgeiegt nebft einer Siti^one, einer ^ofo§nu§ unb S3Iumen. 2)ie
grauen weisen bem ®ö^en i^re ^unieien unb oft au(^ i§re neuen
Kleiber unb faKen juIetU bor i^m gur (Srbe nieber unb beten an, in*
bem fie mit i^ren (Stirnen bie @rbe berühren. 9?a(^bem fie ()ierauf bie
Dpfergaben in ben glu^ geworfen — ni^t feiten auct) fleine ®elb=
mün5en — bie ^umelen unb Kleiber aber tüieber angelegt l^aben, bes
ginnt ein frDf)I{(i)e§ ©c^maufen. ®er fü^e D^ieiS mirb berje^rt, baju
ou(j§ biele grüc^te unb ©ü^igfeiten.
S3on Qdt 5u 3eit fa^en roir auc^ teure J^ränje bon gema(^ten
unb natürlidjen 53Iumen ben giu^ ^inobfcfjmimmen, bie man ber ©öttin
gemeint f)otte. SluSrufe lüie: „©e^t bie Wladjt ber ^aweriammal",
„©tar! ift bie ^an^eriammol" lüurben laut. @§ mar ein gro|e§ (Sie-
mü^I mie auf einem ^a^rmarft. grüc^te, Qüäzxtotxt, ©ebäcf unb roo§
fonf^ ein 3:;amulen^erä erfreut, mürbe in großen 9}?engen feilgeboten."
®en ^ipalbaum betet man an, inbem man i|n mit gufammens
gefegten ^änben umfc^reitet. ®ie SSere^rung be§ 2:ulafi!raute§ gefd^ie^t
im ^aufe. '^m innern §of mirb e§ auf einen altarä^ntic^ er^öfjten
5j3lolj gepflonjt, unb bie Dteligion bon ^unberttaufenben inbifct)er grauen
betätigt fic^ barin, hafy fie um biefe§ ^eilige S?raut t)erumge^en, e§ an=
beten unb i^m Dpfergaben barbringen. (Sin^unbertac^t Wai um iaä
^raut fierum^uge^en ift ein gro^e§ S3erbienft, burc^ bo§ bie ^inbufrau
bie Erfüllung i^re§ ^auptmunfcf)e§, nämürf) bie ©eburt eine§ ©o§ne5,
5u berbienen §offt. ^eben Woxqm, fobalb fie aufgeftanben ift, mufs fie
einen 33(icf auf ba§ Stulafifrout richten. 9tac^bem fie fic^ bann bie
3ä^ne gepu|t unb ^änbe unb gü§e gemafc^en §at, mu^ fie in einem
SKeffingtopf SBaffer bringen unb ta^ Uiaut bamit begießen. (£t)e baä
SSaffer ganj eingefidert ift, taucht fie bie ginger f)inein unb befprengt
fid) ben ^opf. ®reimol täglirf) betet fie ba§ Ä'raut an.
2Bir ge()en nun über gu bem fimaitifc^en ©otterbienft. ^n
ben größeren unb Heineren ©imatempeln gefc^ie^t ein täglicf)er SDienft
burc^ bie bra^anifc^en ^riefter mitßrän5en, 33Iumen, äJtufif, Dampfer
ufm. unb jumeiien aud) mit ®efang unb mit jtanj ber SSajaberen.
5)ie mid)tigfte geier ift bo§ „Sör^geft". „2er" fieifet im Samulenlanbe
ber ©öttermagen, ibie i^n jeber grt)ßere Xempet ()ot. (£r befielt au§
einem pljramibenförmigen .^oljbau, ber meift bon oben bi§ unten mit
Öül5fct)ni|jcreien bebecft ift. ^n ber SOtittc born ift ein ^la^ für ben
©Ott. Xiefe Söagen ru^en auf 4 aii^ mäcf)tigen $oIäfc|eiben beftef)cn=
ben Stöbern unb werben an langen Sauen bon 9JJcnfd)cn um ben
Stempel ^erumgejogen. ©ie finb jumeilen fo ^od) mie me^rftödige
^äufer. 2(u§ ben Käufern, an bencn fie borbeitommen, bringt man
— 52 —
®aben für ben ®ott. Siner meiner ©eljilfen au§ fjo^erer ^afte er=
ää^Ite mir babon folgenbeg: „^(^ fi|e am legten Ser'Hmjugstage auf
ber 5ßeranba etne§ firoaitiidjen Sraf)manen. ®a fommt ber Xex mtt
Siroa unb ^arlDoti. SDer 53ra^mane fle^t auf unb ruft {n§ ^au«: „^er
©IDomi tommt, ifl aüz§> bereit?" Stuf bie beja[)enbe ^ntiüort 5iel)t er
fic| jurücf. @in junger 2Rann bringt auf einer ^iatte au§ bem ^aufe
eine in 2 §älften §erfc^Iagene ^o!o§nu^, einige 33onanen unb etroaS
Dampfer. ®a§ gibt er bem ^riefter oor bem Ser. 2)er jünbet ben
^ompfer an unb beroegt i^n öor bem @otte auf unb ab. S8on ben
grüd^ten nimmt er bie §älfte, bie anbere gibt er jurücE al§ „^eilige
•Speife". SDaju gibt er au§ einem ®efö^ am Ser nod^ tt\va§ ^eilige
Slfc^e in bie ^anb be§ jungen 3}?anne§ unb (egt noc^ me§r auf bie
platte für bie ^^rauen be§ ^oufe§. Sluf Söefragen erflärt ber §ou§^
f)err mir nad^^er, er ^ahc fic^ jurürfgejogen, raeil er nic^t gebabet unb
geroiffe ßeremonien nic^t berric^tet §abe, unb beS^atb nid^t rein ge=
roefen fei."
©ine ©ituabere^rung ift auc^ bie SBoUfa^rt gu ben großen
©imatempeln bei Gelegenheit ber Sempelfefte, §. 58. nad^ Sliruioannäs
malai, tüenn bort ber „geuerlingam" ange^ünbet unb angebetet lüirb.
SSon 'Dzn gu ^aufe 23erbliebenen toerben an bem S^age Sampen §u
beiben ©eiten ber ^auStür angejünbet.
W.^ @itt)aberef)rung gilt au^er ber 5lnbetung ber ©itüafigur — be§
©iwalingam im Stempel ober auf bem 5er — auc§ bie S3ere[;rung be§
„®uru", b. i. be§ priefterlic^en Se^rer§, unb ber ©iroenabiär, b. i.
ber „Siiüafnec^te". 2II§ foli^e f(^einen im allgemeinen auc^ fc^on oüe
religiöfen SSettler 5u gelten, bie im orfcrgelben ©etüanbe bon Ort gu
Drt gießen, menn fie bie „©ima-Slbäeic^en" tragen, nämlid^ bie Slfc^e
auf ber (Stirn unb ben 9tubräffcf)a*9iofenfranä.
SSon ©elübben, bie bem @ttt)a felbft geton merben, ift mir nur
bie ©^enfung fleiner Wdt^m an ben Sempel be!annt. ©ie werben
bon i^ren ©Item für ben Sajaberenbienft beftimmt unb bem Sem^
übergeben. (£§ I)ei^t bann bon i^nen, fie feien bem ©iiua ber^eiratet. ®ie
großen ©iroatempel f)aben jum Seil mächtigen Sanbbefi^. SSon ben
Erträgen ber gelber lüerben bem @otte grof3e 9J?engen 9tei§ geopfert
unb bann berteilt.
®em ©ubramania ober SJJurugen werben biete ©etübbe ge
tan, bie befonberS getegentlid§ ber großen bei feinen Stempeln ge^at*
tenen gefte getöft werben, wie 5. 33. in ^atni unb in 3J?ailam. ©old^e
®elübbeteiftungen für ©ubramania finb: Sßattfa^rt mit bem Üä-
wabi, einem auf ben ©c^ultern getragenen ©efteE, an bem S;öpfe mit
äRilc^ unb ä^ntic^em l)ängen. Sei biefem Hawabitragen treten oft Se*
feffenl3eit§5uftänbe ein. gerner ta§> ^erumr ollen be§ eigenen ^ör=
per§ im ©taube ber @tra|e um ben Sempel, Stabelftec^en burc^ bie
Seiten ober am ganjen Äörper ober burc^ bie QmxQZ. 33ei bem 3}?ai=
lamfefte werben bem ©ubramanio aud^ biele § aar Opfer gebrad^t.
— 05
2>Q§ gefc^.ief)t, {nbem man ficf) ha^i langgeJnac^fene ^aar öor bem Sem*
peleingong bon einem 33nrbier obfcfineiben läfet. tiefer behält ba§ ^aor
unb öetfauft e§ jum gabenbre^en ober äum 5{u§flopfen üon grauen^
jöpfen. S3erraa(i)[ene§ ^aax (Söeicfjfetjopf) gilt übrigen^ qI§ öon einem
beflimmten ©ott gegeben, bem e§ bann quc^ geopfert ttierben mu§.
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1)er Stempelbicnft beg öieloere^rten 03nnö[n befielt in Ö(ung,
Söetränjung unb iöefleibung feiner "f^iQui unb in Cpfern Uon !ftotü§=
niiffen unb anberen grüdjtcn. 'ilüd) neue fleine 2^empc( luerben ifjm
geftiftet. SSor einem folc^en fo^ irf) eine ©ammelbücljfe für öabcn ju
feiner ©rmeiterung. 'Der 53eginn iebe§ Unternef^menä gefd)ief)t mit 3In=
— 54 —
rufung be§ ©anefa, fo ber ©d^ulanfong, ba§> «Schreiben eineS 33u(i^e§,
^oc^^eiten unb ^rojeffe. (Sin alter ße^rer gab mir fo(genbe§ Sei=
fpiel: „(Sin Wllann gef)t am Tloxqm jum ©erid^t. S)a tritt er gunäci^ft
an ben (Sanefatempel unb mad)t neun Kniebeugen mit freu5n3ei§ an=
gefaxten Ohrläppchen unb mit Klopfen auf bie Söacfen unb auf ben
Kopf. ®a§ ift eine 9lrt ^ßü^ung für etwa begangene SSerfe^en. 9?acf)
breimaligem ®ang um ben Stempel fteHt er fic^ anbetenb öor ben
©Ott unb fpric^t: ,®anefo! ic^ ge§e ^eute in einer 51ngelegenl)eit ju
®eri^t. SBenn fie ju einem guten (Snbe fommt, merbe ic!^ bir 2 Kos
fo§nüffe ober ©ü^erbfen ober ein neueg Senbentu(i) geben !' ©ann märtet
er mo^l noc^ eine ß^i^^ang unb fogt bann: ,(Sroami! bu antmorteft
ntd^t?^ unb ift erfreut, menn eine (gibed^fe girpt. ®enn ba§ ift be§
©otte§ gnäbige Slntmort. ^ilber menn audt) feine foldje ^Intmort er*
folgt, fpri(^t ber 5lnbetenbe gum 9Ibf(i)ieb: ,©tt)ämi! ici) gef)e im Sßer=
trauen auf bid^!' ©elDinnt er feinen ^roje^, fo löuft er fofort jur
aKarftftra^e unb lauft für ben ®ott, ma§ er gelobt tjat. ©eminnt er
nicl)t, fo fc^ilt er i^n: ,§aft bu benn feine Slugen?^"
Sn einem fleinen ©onefatempel in meiner 9?ad^barfc^aft opferte
täglidt) ein bra^manifctier ^riefter gefoc^ten 9iei§ mit aJZild^, aucf) mo^l
mit ßucEererbfen unb grücf)ten, unb jünbete 2Sei§raucl) ober Kampfer
an. ©er 9tei§ mürbe bem ©anefa gejeigt unb bann Pom ^riefter ober
bon anberen üer5e^rt. Gin alliäl)rlid)e§ Ktnberfeft ju (£^ren be§ ©a=
nefa berläuft in ber ?$orm eine§ Ser^UmjugeS. ®obet bient aber al§
^er ein fleineS ©eftett auf ÜioUcn, an bem bie Kinber t)a§ ©eljen
lernen, 2)a§ mirb an biefcm STage al» Züx gefcfjmürft unb auf i^n ein
fleine§ Sonbilb be§ ©anefa, ha^ man im Saben biEig faufen fann, ge-
ftellt. S)ann gießen i^n bie Kinber fingenb in ben ©trogen uni§er,
mobei man öor i^m KofoSnüffe al§ Dpfcr 5erfd)lägt unb Kampfer an=
jünbet. 5Iu(^ burc^ 'iJluffagen feiner 108 DZamen unb bur(^ S3emerfen mit
S31umen mirb ber ©ott geehrt. 51m 91benb beö britten 2;age§ irirb
nad^ nod^maliger 51nbetung haS^ Sonbilb in einen glu^ ober Seid!) gemorfen.
Sßifdt)nuitifdl)er ©otteSbienft. S)er ©ienft in ben großen
SBifd§nutempeln ift bem in ben großen ©imatempeln ö^nlid^. ©ie ^aben
aud^ i^re gefttage mit STeDUmjug, iljre 5)3riefter unb 5öajaberen, unb werben
äum Seil Pon Pielen 2:aufenben Pon SBaUfa^rern befudljt. ®ie $öefuc^er
be§ großen SBifd^nutempelS in Sirupoti opfern bort i^r ^aupt^aor bem
SBifc^nu unb geben einige Pfennige baju al§ Dpfergabe. Sei ber §eims
fel)r fie^t man fie oft familienlneife roanbern ober in ber (£ifenbaf)n
fahren, aüe mit glattabrafiertem Kopf unb mit rofenfranjäljulid^en Ketten
au§ fleinen ^oljfügelclien, bie au§ ben ^ol^igen 2;eilen be§ ^tulafis
frouteS berfertigt merben. ^n bem nic^t fe^r großen SSif(i)nutempel
meines 2So^nort§ opferte töglid^ am 93Jittag ein bra^monifc^er ^riefter
gefoc^ten 9tei§, grüdi)te, Kofo§nüffe unb Kampfer, ^n mand)en 2;empeln
ift ber ©ienft öiel umfongreitt^er unb umfafät etlid^e ajfafjljeiten unb Säber
be§ ©D^en, fomie fein 5iuffteljen, 51nfleiben, ©d^lafenge^en ufm. —
— 00 —
©ine SSifd^nuöere^rung ift aud^ bie tägliche Erneuerung be§ SBifc^nu*
5eiii)en§ (be§ „9?ämQm") auf ber ©tirn morgenS nac^ bem Söab bor
bem grü^flücf.
3u e^ren ber Saffdimi tütrb am grettag ber untere 3:etl ber
äußeren Sürpfoften mit etroaS roter unb gelber garbe au§ S'rofuS unb
©affran beftric^en. Stm Satfc^mifeft rairb ta^ 33ilb ber Göttin im $oufe
auf ein 30?effing= ober ©upfergefä^ unter einem SBIätterbalbai^in geftettt.
®er bra^manifc^e ^riefter re5itiert bie gormel ber '^Inbetung, unb bie
ältefte grau be§ ^aufeg, bie ben ganjen Zqq gefaftet ^at, opfert balb
nac^ (Sonnenuntergang ber ©öttin 9iei§, Sßlumen, ^ubbing unb ©üBig=
feiten. 2)er ^riefter cr^iKt bann feine 53eIo^nung, unb bie geopferten
©peifen raerben öon ben S?inbern berjetjvt.
'äüä) 'öü^ j^eft ber „2Serfäeug = 9lnbetung", n^ie e§ bie "Jamulen
meift nennen, gilt ber Saffcf)mi (unb ber ^anoati) mit, obgleid) e§ ju*
nädE)ft ein geft ber ©araSmati ift, ber ©öttin ber (Sele^rfamfeit unb
Q^attin be§ ni(j^t angebeteten Sra^ma. Xer bereits erroö^nte 9?atefa
©aftri berict)tet über biefe§ geft: „5lIIe ©pielfacf)en beS §aufe§ roerben
im ^auptraume mit einer bon biefen 3 ®i3ttinnen in ber 9}?itte auf=
gefleitt. Wlan benft babet on hk ©elbftfafteiung ber Göttinnen, 5. $ö.
ber ^arnjati, bie fie unternal^m, um ©iraa al§ Giemo^I ju erlangen.
Sie Sluffteüung ber ®öttin im ipaufe foll biefe i^re ©elbftfafteiung
barfteßen. grauen unb ^inber finben gro^e§ S3ergnügen baran, fo biel
©pielfadjen raie möglich bei biefer ®elegen^eit 5ufammen5ubringen. 5(tt=
obenblic^ n^irb an ben neun Sagen biefer geier ber ^rei§ ber ©öttinnen
gefungen, morauf 33etelblätter, ^IrC'fanüffe unb ©ü^igfeiten Perteilt merben.
9feben biefe 5Iu§flellung öon ©pietfac^en — bem Drte ber göttlichen
(^egeniuart — werben aucf) alle S3üc^er, bie im §aufe finb, gelegt,
unb bie ©öttin ©aragioati tt)irb öor ben S3üc^ern angebetet. 9}fittag§
om legten 3:age filjt ber SSater boPor unb Perric^tet bie Slnbetung, unb
ade ^inber Perfammeln fic| um iljn. 33i§ bie 5(nbetung Porüber ift,
luirb ftrenge§ gaften geljalten. Slluä) tleine ^inber, benen bie (Sltern
bo§ ß-ffcn erlauben mürben, pflegen nid)t§ anjurü^ren, bamit bie ®öttin
©araSroatt ntqt böfe mirb. ®ann fielen aÜe auf unb fingen ha§ Sob
ber ©öttin. ^Darauf folgt ha^ gefteffen. 2)er $öral)mone betet fo feine
^üc^er an (,.worsliips liis books^' fd)reibt 9latefa ©aftri) unb ber
Öanbmcrter feine SSert^euge, inbem er bie ©ara§n)ati=5lnbetung „2öerf=
5eug=2{nbetung" nennt. Ser lanbläufigc ©laube ift, 'öa'^ ein jeber feine
gtuecfe burc^ biefe 5tnbetung erreicht, njie einft bie Stönigin ©uraöbi
burcf) i^re neuntägige 5lnbctung ber ©urgos^armati e§ erreid^te, bafj
i^r SOfnnn gefunb mürbe, unb bafj fie einen ©ol^n bcfam, ber ta^
Sionigreic^ miebergcroann."
2tuc^ ba§ 2)ip;ioali = geft, beffen geftgeic^ic^te mir fcf)on ermäljnten,
gehört ^um roifct)nuitifcl)en ftreifc. 3)ie geier befte^t in einem €lbab öor
©onncnaufgang, im einlegen neuer illeiber, in gegenfcitigen ^'^auSbe«
fucljcn unb im 'i)(bbrcnncn fleincr gcucnncrt§törper burcl) bie Minbcr.
— 56 —
®ie Verbrennung be§ .^ämen, be§ @o§ne§ 2öifc^nu§, öon ber
h)ir fprac^en, mirb am ^ämenfeft gefeiert, ba§ 4 bi§ 5 ^tage lang um
bie Qdt be§ gcü^iaf)rl}DlImonb§ gefjdten lüirb. 9J?an fie^t in biejen
Sagen auf ben ©trafen unter !(einen 531ätterbalbad)inen je ein 53ünbel
au§ (Schilf unb baneben etlüa nod^ 2 bemalte Söpfe mit SSaffer unb
äRargöfablättern, jutneifen auc^ Stonbilber be§ tarnen unb ber 9iatt)i.
S^Jatefa ©oftri fc^reibt barüber, biefe S3ünbel, bie „©oulen be§ ^ämen"
mürben bere^rt („worshipped'') mit ßiebegtiebern unb anberen ©cEierjen
(„frolics") unb am SSoümonbStoge berbrannt.
^em ^anuman mirb in feinen stempeln mit täglichen Opfern toon
9tei§ u. a. m. unb mit ©elübbeopfern gebient.
(SnbH(^ muffen qI§ bem mifdjnuitifc^en Greife ange^örig nocf) bie
®raupabi=5efte genannt merben. ©ie befte^en in juroeilen je^ntiigigen
bramatifc^en ^luffü^rungen Pon ©tücfen au§ bem 9}?a^Qb^arato unb im
Überfc^reiten einer mit glii^enben ^o^Ien bebedften glöc^e. 2el^tere§
gefd)ie{)t in (Erinnerung baran, ba| ©raupabi, bie mit febem i()rer
5 9)?önner je ein ^a^r lang lebte, am (Snbe jebe§ Sa^re§ fic^ baburc^
reinigte, ba^ fie bur^§ geuer ging.
Gine eigenartige ©rgänjung be» 2empelbienfte§ ^abe ic^ in ber
(Segenb be§ ^enneif(uffe§ beobachtet, ^ort merben an einem bestimmten
jTagc Slnfang Januar aHe (Sö^enbitber au§ ben Sempeln ju beiben
©eiten be§ gluffeS feierlid^ an ba§ Ufer getragen unb gebobet. SSiele
50fenf(f)en baben mit. @§ gefcf)e^e ba^, mürbe mir gefagt, meil on bem
Stage ber ®ange§ Pom ©immel gefommen unb barum ta^ 53aben bonn
befonberS mirffam fei. 't)a moüten bie ©ötter ben 90?enfc^en ein 23or=
bilb geben, ha^ fie auc^ baben füllten. 3Iuc^ foüe ben unteren haften,
benen ha^ ^Betreten be§ ^rneren ber Stempel Perboten ift, einmal ®e=
legen^eit gegeben merben, ®ott ju fc^auen. SIuc^ bei bem großen
Sabefeft in 9J?ajomeram fa§ ic^ ©ö^enbilber an ben Steici^ tragen.
3)a§ ®ebet.
SSir fommen nun ^u einer anberen ßauptform religiöfer 53e»
tätigung, gum ®ebet. ®iefe§ ift in ^nbien entmeber gormel^ ober
©elübbegebet.
'J)a§ gormelgebet befielt, abgefe^en Pon bem ®efang ber alt=
^eiligen mpftifcf)en ^l)mnen, entmeber in mand^mal oft mieber^olten
furjen 2öorten mie „^rei§ bem ©ima" (©imätja nama) ober im 2Iuä=
fpre(i§en Pon (Sötternamen mie „©ima=©ima" ober „9?äma*9täma=9trima"
ober „(SöPinba", le|tere§ Pon mifct)nuitifc^en pilgern alle 9}Jinuten,
aud^ in ber Gifenbo^n, mieberl;olt, ober im 5luffagen Pieler 9?amen
etne§ (SotteS (9lamafangirtana) ober, bei 53ra^manen, in ber (Sätiatris
formet. Sediere lautet: „Safet un§ belraci^ten ben göttlichen (Slan^ be§
©DunengotteS, be§ (Seber§ Pon ©egen an alle, ba§ er un§ alle Slrten
Pon ®lüc£ in allen Söelten gebe." ®{efe gormel, bie etgentlicf) je
32 mal morgeng, mittagg unb abenbS unb 1008 mol am jä^rlicf)en
— 57 —
2;age ber Erneuerung ber 53raf)manenfd^nur n)ieber^o(t tüerben mu§,
tüirb p^Uofop^ifd^ auf boS „göttliche Std^t" belogen, ba§ ba§ „'^lä^U
ttjiffen'! unb feine Sorgen jerftört.
®em (Selübbegebet [inb ttjir im borange^enben [a frfjon immer«
fort begegnet. Sllle ^'afteiungen unb bie Opfer, bie burc^ ben ^riefter
ober bireft ben @öttern bargebroc^t lüerben, auc^ bie 3:empelbauten,
ftnb in ber 9tege( 93eäa^Iungen öon ©elübben. S)a§ ©elübbegebet ift
bie ftänbige gorm bei S3erfe§r§ mit ben ©öttern. (Selübbe tut man
gu ben ^ö^eren ©öttern mie 5U ben ©orfgöttern. ®er bei roeitem
bäufigfte ßmecf ber (Selübbe ift, ^Befreiung öon Sl'ranf^eit ju erlangen.
®ie ft\an!en ober anbere für fie öerfprec^en, jum ®anf für erhoffte
(Senefung geraiffe ^afteiungen ju ©firen be§ @otte§ öorne^men ober
gettjiffe ©oben i§m barbringen 5U lüolien.
Sotengebräuc^e,
®a§ le^te öiebiet religiöfer Seiftungen, ba§ irir berühren muffen,
finb bie Slotengebräuc^e. «Sie finb bierfacf): 1. bie umfangreichen ®e=
bröu^e am Sterbetage unb unmittelbar nac|f)er; 2. ha^ monatlidie
S'ieumonbSfaften; 3. ba§ jä^rlic^e gro^e goften an einem befonberen
SfJeumonbgtage; 4. ta^ iäl)xii<ijt 5Um ofengeben am ©terbetoge.
2Bir ffi55ieren junöd^ft bie (Sebrciuc^e ber ^Bra^manentafte nac^
ber 2)arfteIIung be§ 9?atefa ©aftri. 3uerfl Serben bon bem ©terbenben
©efc^enfe für ben bratptantfd^en ^riefter gegeben; eine brennenbe Sampe,
ein ®efä^ mit £)(, eine ÜJJilc^fu^ mit i^rem ^albe ober tt)enigften§
einige 9iupien, ®aben, bie „äu^erft n)ir!fam finb jur Sitgung ber
©ünben be§ ©terbenben". 2)ann folgen bie „^äiüeriböber", b. ^. ©aben
an S3ra^manen in ber ^ö^e bon ^itva 50 ^fg. für ein 53ab, bie bafür
bie borgefc^riebenen SBafc^ungen in ©teübertretung be§ SSerftorbenen
boUjie^en foHen. 5)ann wirb bie 2eic{)e auf ben Örennpla^ getragen
unb ber ©djeiter^aufen bom (Sofjne ongejünbet. ®tn ^at) ber 53e=
teiligten fc^lie^t bie 3ei^emonien be§ erften £age§. 9Im folgenben Stage
lüirb bie Slfc^e mit ^lild} unb ^'ofo^moffer begoffen „gegen ben ®urft
be§ Sßerftorbenen". ®ann Werben 12 StnQe lang bor Ü)?ittng geiuiffe
Sitten boü^ogen, bie bamit enben, bo^ je ein 9teisbatt bor einem (Stein
in ber ^augecfe niebergelegt n^lrb. ©iefe SSöüe fotten bem SSerftorbenen
ben Seib bilben, ben er für ba§ ^enfeitS nötig ijat. 5t(Ie 12 58öüe
werben fc^tiepc^ in§ SSaffer geworfen. 3;otenmaf)l5eiten finben auf
Soften ber ^Berwanbten täglic^ ftatt. Sluc^ monatli^e 9Jeumonbgfaften,
[a eigentlid) fogar täg(i(^c Spenben bon ©efam unb SSaffer, unb iä^r=
Iicf)e Sllmofenberteilung om Sterbetage gefc^efjen jum 53cften ber 33er*
ftorbenen. jDa§ grofjc gaften am „93?af)ri(oi)a = 5(mabafai" (bem 9ieu=
monbsitage) gefc^ie()t für oUe berftotbenen S3ürfa()ren, bie um biefe Qdt
„au§ ber Stotenmelt tommen" unb 14 jtage lang im |)oufe ber DJac^*
fommen auf ben SSoüjug ber SO^atjritaljasßcremonien warten. Söerben
biefe nicf)t boü^ogen, fo fe^ren bie 5ßorfal)rcn C^itri^) etjürnt in bie
— 58 —
Sotentoelt gurücf, inbem fie i^re dlaä^tommtn üerftuc^en. SBenn jemanb
btefe ©ebräuc^e öernac^Iäffigt, irirb er eine böje ßeit mit ben alten
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©amen in feinem §aufe ^aben, fcf)rei5t dlateja ©aftd. Sitte biefe ®e=
brauche, befonbers bie bei i^nen remitierten ©ansirittejte, [tnb aber öer*
fc^ieben, ie na(f)bem bie gamilie bem ©märtarituat*) ober einem 5lgama»
rituül*) anfiängt.
*) 8Serfcf)ieöene Orbnungen religiöfer geremonien.
— 59 —
®te bei ben ^aiia übli(f)en ©ebräuc^e ^abt ic^ mir in brei
berfcf)iebenen Dörfern genau auffc^reiben loffeu. ©ie tüaren öonein=
anber .etlüaS berfc^ieben. 3c§ gebe bie ©runbjüge. SBenn bie 5ln5etc^en
bc§ SobeS bemerfbar werben, bringt man eine ^n^ unb i^r ^alb unb
ruft ben ®uru. SSor ber Suf) tt)trb Dampfer angebronnt unb ber ®uru
betommt auf einer platte 5BeteI, 33onanen, ^otoSnüffe, ein ©c^ultertuc^,
ein Senbentuc^ unb (Selb. 5)ann wirb ber (Sterbenbe aufgefeilt unb
mu§ an ben ©c^roänsen ber ^u^ unb be§ ^albe§ mit ber §anb f;er=
uuterflreic^en unb bie ^ui) mit bem ^albe bem @uru fd^enfen. 2tuc^
etroaige ©ofumente, auf benen Sonb für ben Stempel öerfc^rieben ift,
werben i^m, befonber§ bei SBifcf)nuiten, in bie §anb gelegt unb
bann bem ®uru gegeben. ®lefe ganje 3eremonie ijeifet ^'öbänam {^u^'
gäbe). SBirflic^ eine Äu^ unb i]anö tonnen natürlid) nur 2Bot)It)abenbere
fc^enfen, bie anbern begnügen fic^ mit ben genannten geringeren ©oben.
SDurct) biefe „ge^en bie ©ünben be§ (Sterbenben unb fetner SSorfa^ren
fort". S)er ®uru fpricf)t barauf bie gormel: „®e^e ein in t>a§: älJotfcf)a,
welc^e^ fiei^t ©älöga, ©amipo, «Sarupa unb ©atjucd^ia!" 9Jacf) bem
S^obe wirb in einem neuen 3:opf Söaffcr geholt unb auf ben Soten
gegoffen, unb wenn e§ fid) um einen ^unggefeüen ober eine Jungfrau
l^anbelt, bie i}eid)e befranst. Joanbelt eö fid) um eine @()efrau, fo folgt
eine ß^ic^nionie, bie bie Stuflöfung ber (£t)e bebeutet. ®onn wirb bie
£eict)e auf eine 5ßo[)re gelegt unb t)inau§getragen. 4"'i"^*^>^ ^^^ 'birb an
ber ^augtür ein 2;opf öoU ^uf^bünger jerfc^mettert, bamit ber Sote
nic^t wieberfommt unb ©c^aben anrict)tet. SBer bieg beforgt ^at, mu^
oijne fic^ um^ufe^en in§ ^aug jurudfge^en. 2Bie burc^ biefeS S^opf*
gcrjc^iagen fud)t man oui^ burrf) ta^^ |)inflreuen öon 53etel, 9tei§ unb
ötjulic^em tjinter ber Seiche auf bem ganjcn SBcge jum 33rennpla^ bie
9tücfte^r be» abgefcf)iebenen ©eifteS in§ §au§ gu binbern. Söeim Sluf-
lefen folt i§m bie 3eit ^ingeijen unb er t)ü^ §au§ Dergeffen. Stuf bem
Sörennplat^ t)at ber ältefte @o^n bie mit allerlei Sörennftoffen bebecfte
£eid)e anpjünbcn. Quüor wirb au§ einem mitgebrachten gebrannten
Sopf 3Saffer auf bie iieic^e gefprengt, inbem man breimal um fie Ijcrum-
fc^reitet. ©in ungebrannter Sopf [tef)t bereit, um fpiiter bie ^'noc^en=
überrefte fortzutragen. SSenn bog gcuer brennt, fallen aüe jüngeren
Seute nieber unb rufen mit anbetenb erf;obencn A^änbcn : „^c{)üte un§
Por ^ranfijeit unb 5cot!" gür biefe animiftifdje 3lnrufung be§ 33er=
ftorbenen ^abi \ö) 5Wci juPertäffige ^cugen, bie fie felbft geijört ^aben.
Xann folgt 33aben im glu^ unb ^eimte^r. S3or bem Srauerl^aufe
fprengt fic^ jeber noc^ SSaffer auf ben ^'oüf unb tritt bann ein, betet
bie bort brennenbe Sampe an unb fef)rt ^eim. ^m brüten Sage Wirb
bie üeicbenafdje aufgel)äuft unb 5D?ild) barauf gefprengt. 5)er ©d)äbel
wirb mit Öl unb ©affran beftrid)en unb mit lUiilc^ gewafc^cn. ^ann
werben bie Slnodjen mit einem Pfennig in ben Üopf getan unb biefer
mit einem ^tud) jugebunben. ®er ältefte <So^n nimmt i^n auf bie
©c^ulter unb fpri^t brcimal Porwärt» unb rürfwärt§ fdjreitenb: „^dj
— 60 --
ge^e nad) ^ä[i (33enäre§), ic^ ge^e noc^ 9?ome§n)aram." ©iner flü^t
{§n, inbem er ben 'äxm um i^n legt. @o ge§t er Qn§ SSaffer unb
toirft bie ^noc^en hinein. Sitte baben bann unb begeben fic^ md) einer
ÜJfa^(§eit im irauer^aufe nac^ ^aufe. 58i§ jum geinten Soge brennt
nachts eine Sompe am ©terbeplo^. S" ^ei^ ^adit pm fed)§ef)nten
5:age iüac^en otle unb bie SBeiber umfaffen [ic^, im Greife fi^enb, unb
fingen bie iotenüage. S[Rorgen§ fommt ber ®uru unb reinigt bog ^au§
unb bie S3en)o^ner burrf) S3efprengung. 2)onn ge^en bie 9Jfänner an§
SBaffer mit etlichen Slörben öott grüc^ten unb betreibe für bie ^riefler.
5tm SBoffer wirb ein „^au§" gebaut, b. §. e§ njerben bier üeine (£cb=
raötte aufgefjäuft unb bier Öffnungen a(§ Store barin gelaffen. Sin bie
bier (Scfen unb in bie 9}?itte biefeS ^aufe§ merben %öp]z mit 9fiei§
unb ®elb geflellt. S3or ben Stopf in ber SKitte lommt ein ^ofjlem
becfen, in welchem mit fünf berfc^iebenen ^oljarten, Dampfer unb Dl
ein geuer unterhalten wirb. $Bor Ie|tere§ ttjirb eine SiRe^lpuppe gelegt.
3}?an ge^t nun um ha§ ^an§> ^erum unb §ält an jebem 2^or ein ©es
fpröc^: „2öa§ ift ba§ für ein 2;or? fotten lüir i^n ta hineinbringen?
5)a ge^t'g ju ben ^öttenfcf)langen, jum ^öttenfeuer; bo^inein barf man
i^n nict)t bringen. ®i6t'§ nod) ein anbereS Stör? Sfomm! 2öa§ ift ba§
für ein 5;or? SDa ge^t'g jum ^immel; ba ift (Sott unb bie ®onb^ar=
rooS; ta ift Seligteit; bo^inein motten ttiir tl)n bringen." S^bem
l)ierauf ber @of)n SSaffer mit 9^übfamen in ba§ geuer fprengt, fpric^t
er folgenbe i^m bom ®uru borgefagte SSorte: „(£g meirf)en bie geiler
ber 7 SSoc^entage, bie ba Ijei^en äRontag uftt). unb ber 12 äKonate,
ber 27 ©ternseiten unb ber 60 ^a^re, b. §. bie ©ünben, bie ber SSer=
ftorbene §u irgenbeiner 3^^^ begangen, unb e» trete ha^ berftorbene
öeben in ben bierten .^immel ein. ©ie^e, bie bier Sore ^aben mir
ummanbelt, Ütübfamen unb SBaffer ^aben mir gefprengt. ®a§ ber=»
ftorbene Seben ge^e in ©ima§ (SSifcf)nu§) ^immel!" St>ann wirb ein
ajiufc^el^orn geblafen unb eine 23Jetattfc^eibe gefcf)lagen jum ßeid)^" ^^^
(SingangS in ben §immel, ber nun gefc^e^en fott. (Snblic^ wirft man
bie äJJe^Ipuppe in§ SSaffer unb berteilt bie ®aben an bie ^riefter unb
il)re Sltnber, bie fid^ in einer 9iei^e auffteüen. Slm SP^Jatjälatja^Stage
finbet bei ben $aria eine SSerfommlung bei i§rem ^riefter ftatt. SDiefer
befommt einen ^orb bott @efd)enfe an 9ie{§, grüc^ten unb ®elb; er
befprengt §öufer unb 9[Renfc^en mit Äömiam ober ^onmgam, b. i). mo§
bon ber ^u^ fommt. ^m UnterlaffungSfatte fommt Unglücf burc^ bie
SSorfa^ren.
Sn ben mittleren haften, bie meift bra^manifc^e ^auSpriefter
^aben, merben bie ®ebräucf)e nid^t fe^r berfc^ieben fein bon benen,
bie 9?atefa ©aftri fcf)ilbert. ®ie 3eremonie be§ „^aufe§" mit ben bier
Stören finbet fid), fobiel ic^ gebort i)abt, bei i^nen nic^t. S£)a§ ©efom*
unb Söafferfprengen fpielt offenbar aud) bei iljnen eine gro^e 5Kotte
unb gilt alio 9}?ittel, burd) taS: ber SSerftorbene „3)Joffc|a" erlangt.
Slu^erbem fanb id) bon Seuten ber mittleren Saften bie „ü)?offd)a*
— 61 —
tampe" ertoä^nt, unb §tt)ar in jroeifac^em ©tnne. ©ntiueber l^et^t fo
bie Sampe, bie 8 Stage lang am ©terbepla^ brennen mu|, bamtt ber
3:obe§engeI, ber 33ote ^ama§, mc!^t lüiebertommt, um nod^ ein Seben
abju^olen. Ober e§ ift folgenber ®ebrauc^ gemeint: 5lbenb§ nad^ ber
?Rüdffef}r bom 58rennpla^ §ünbet ber ^tiefter auf einem flachen 9)Zetatt*
teuer drva^ Dampfer an unb tritt bamit in bie §au§tür. ^ft bort
ber Slicf ;um ^immel etma burd^ ein S3Iötterborba(f) berbedt, fo madjt
er eine Öffnung in bem SSovbai^, bamit ber 53Ii(f nad^ oben frei lüirb.
2)ann fagt er: „9?. 9c. ^at unter bem unb bem ©tern bie ^immelSroelt
erlangt, ^e^t gei^t er ben Sluljfc^iüanj feft^attenb in bie Ü)?o!fd^aUieIt
ein. (5e{)et alle unb betet on." ®ann machen alle bie ©eborbe ber 5tnbetung,
inbem fie bie gtamme onje^en. ®a§ monatli^e S'ieumonbSfaften für ben ber=
ftorbenen Sßater unb ba§ jät)rl{c^e ^ümofengeben am Sterbetage, fomie
tk 93?af)ä(at)a=3eremonien für bie SSorfafjren finb in aüen haften üblid^.
53Iiden wir auf ba§ gefamte ©ebiet ber religiöfen Seiftungen
§urücE, fo ergibt fid^ un§ ^meifelloS, ba§ burdt) all biefe S3etötigungen
ba§ eigentlich et^if(^e unb etijtfc^? joviale SBirfen nidi)t geförbert, fon*
bern ge^inbert iDirb.
®enn jum erften ift boc£) in aU biefen fingen bie religiöfe
(Snergie mißleitet. SSa§ tt)ir bamit meinen, lüirb !(ar fein, wenn
man im Si^te be§ 2Borte§ „SBa§ i()r getan ^abt einem unter biefen
meinen geringfteu SSrübern, ba§ f)abt i^r mir getan" bie §inbulflifc£)e
Slpologie be§ StempelbienfteS ertt)ägt: Wlan miH ®ott bienen; ba
man it;n aber nic^t fefien fann, bient man feinen Sßitbern. Unb gum
anbern fann bod§ alle biefe ^inbuiftifdtje religiöfe Seiftung feine fitt=
lic^e (Sr^ebung geben; n)o{)l ober f)ilft fie boju, aEe natürlidj-fittlid^e
Betätigung innerlid)ft ju berberben burcf) ben „S3erbienft" =S3es
griff, ben fie bem SSoIfe einübt. ®er religiöfe Sßerbienftgebanfe burd^*
bringt in ^nbien atteS. (Schreibt man bod) aüeS ®Iüd unb SBo^Ier*
ge^en gan§ naiP feinen S3erbienften — ett^a in früheren Geburten —
äu. „SSenn 16) ein ©üuber möre," fagte mir ein S3ra^mane, „njürbe
mid) bie «Sonne nid)t befc^cinen." (£§ ift mir immer n:erf würbig er=
fc^ienen, wie felbft bie a§tetifd)en Seiftungen ber ®ötter in ben ^uranen
ganj felbftüerflänbüd^ 5u bem ßmed gefd)et)en, größere Wad)t ober bie
©rfuüung beftimmter Söünfc^e gu befommen. ©benfo ift e§ fd)on bei
ben webifc^en Opfern ber SOJenfd^en. S8emerfeu§wert ift in biefer .^in=
fic^t aud^, mo§ 9tatefa ©aftri über "ba^^ gaflen am elften Sage be§
5une^menben ober be§ abnetjmenben 9)ionbe§ fd)reibt: „©in fo((^e§ gaften
mit ®ebenfeu an ftrifc^no ift fo berbienftlid) wie 60000 Sat)re Äaftei*
ungen ober wie ein ©efdjent Pon 1000 Sü{)en unb bieten 9{dern Sanb
an bie 58ra(jmanen. ®er gaftenbc erreicht oüe feine S^ck unb cwige§
©lud in ben ^immetn. ©icfcg g-aftcn ift biet Perbicnftooüer alö \)k
Speifung ber(;ungcrnber ü)?enfd)cn, bcnu e» ift ber Sag, ber bem ftfifc^ua
ber ^eiligfle ift."
S)a§ SSerbienen be§ §immel§ burd) rcliglLiic Seiftungen ift bem
— 62 —
23oIfe eine unjraeifel^afte 93?ögticl)teit. ®ie öerf(f)iebenen (Stufen ber
Seiftungen öerbienen öerjc!^iebene ©tufen be§ .§immel§. 2:einpelbienft
unb 5lifeje*) berbienen ben (Samipa^^intnieL ®ie nteberen Seiftungen
öerbienen ben ©älöga^^immel. 2)ie au§ bicfen öimmeln QüiMq^^
lehrten aber erftierben burd) |)öga unb ®näna bie I)Dc^ften ^immel ©ärüpa
unb (Sät)uc(^ia. 2tu§ ben nieberen ^immeln fe^rt man jurücf, nac^bem
man bie öerbiente ©eligfeit „abgenoffen" I)at. Sll§ „niebere Seiflungen"
»erben in einem $IRertfpruc{)e neben Stiftung t)on Stempellampen,
SBoKfofjrt, 33ab, S3eftreic^ung mit ©ö^enafc^e, einlegen be§ 9tofentronäe§,
@efcf)enfen an $öra^manen, S;oten5cremonien, Sln^ören bon ^uränen unb
Siebern enblic^ auc| „atferlei Stugenben" genannt. e§arafteriftifc^ ift
blefe ßufammenflellung unb bie SSerbtenftroertung ber „3;ugenben".
2Iuc| bie Seic^tigfeit, mit ber ben im ^ameri unb anberen SBaffern
Söabenben unb ben pilgern nac^ ()eiligen Drten ha^ „SSegge^en" ifirer
©ünben in 5tuäfic^t geftettt wirb (bergt, aud^ bo§ (Sntfprec^enbe in
ben Sotengebröuiien), fann ein tiefere§ fittUd^»reItgiöfe§ Seben nur
l^inbern.
SBa§ bie groge betrifft, ob all biefe Seiflungen an fic^, al§ opus
operatum, für fo wertboÜ getten, ober nur al§ ?lu§brucf ber St;afti,
fo bin id) im a3olfe beiben 5tnfc^auungen begegnet. (£§ gibt ®efcl^idE)ten,
5. 58. über bie in bem ernjö^nten ÜWer!fpruc§ genannten einäelnen
Seiftungen, bie bie ttjeitge^enbfle ^nbifferenj be§ Seiftenben 5ulaffen.
©0 tt)irb 5um a)?er!roDrt „2:empe(lompe" ersätjlt, eine Üiatte, bie bom
Öl ber Sempellampe nafcf)te, l)ahz babei ben ®od§t ettt)a§ ^erau§*
gebogen unb baburc^ ba§ sierlöfc^en ber Sampe bereutet; bafür tjobe
fie ©Ott fofort in ben ^immel aufgenommen. 3Inbererfeit§ gibt e§ in
ben finjaitif^en ^eiligenlegenben eine ©rjä^Iung, nac^ ber bie rituell
berfe^rteften Seiflungen eine§ grommen, ber unter anberem SBaffer jur
33efprengung be§ ©ima-Singamg im SJ^unbe Ijerbeitrögt, ttjegen feiner
^erjenSb^afti bem ©ilüa im ^öc^ften ®rabe mo^tgefaüen. 5Iber n^ä^renb
fo bie religiöfe ^nbifferenj in biefem ^ö^eren ml)ftifc^en ^inbui§mu§
feinen ^lo^ ^at, flecft bie fittlic^e Snblfferenä, luie mir fa^en, in feiner
mtjflifc^en Sö^afti felbft.
2Bo§ ba§ ©elübbeioefen betrifft, fo finbet fid) ja auc| in ber
altteflamentlidien 3ieIigion bet ^Bitten um irbifc^e ©oben unb ^ilfe
bie aud) burc^ ha§> mofaifd)e ©efe^ georbnete «Sitte, lik Sitte baburc^
bringtic^er §u macf)en, ba^ man getobt, ®ott ju (£f)ren etroaS ju tun,
menn er bie 53itte erhört. Slber bie ^nerfennung be§ inbifd^en &z=
Iübbett)efen§ al§ einer bem Sitten Seftament äl;nlic^en religiöfen SSor*
flufe mirb unmöglid) gemad^t burc^ bie p^antaflifc§e unb fittlid) in=
bifferente Slrt ber „®ötter", bie in ^nbien mit ©elübben bere^rt
raerben. ©§ fe^lt aufeerbem bem inbifd)en ©elübbemefen bie ßuc^t be§
propfjetifclen @eifle§, ber im Sitten Seftament (^f. 40; 50; 51; 69, 30ff.;
*j ^afteiung.
— 63 —
Sef. 1) ben ®efQf)ren be§ ®elübbelüefen§ entgegentritt, bie barin
befte^en, ha^ burc^ baSfelbe bie eigentlid^e gorberung ®otte§ üerbedt
unb .ber gelobten ßeiftnng ein anberer SBert beigelegt n^irb al§ ber,
ber i^r al§ einem 2tu§brucf ber bringenben 93ttte unb be§ freubtgen
©onfeg äufommcn fann. (5|5f. 66, 12 — 15; 116, 16—19.)
®ie fritiflofe Diaiöität aber, mit ber mon in ^nbfen an einen
fo !^o!^en religiösen SSert aller ber genannten Seiflungen gloubt, ift bie
ätüeite öon ben Söirfungen ber „©unfel^eit", öon benen n)ir im (gin-
gang hk^zS 2;eil§ fpradjen. SBir muffen bie gefomte bort angebeutete
^ritif aufrec§t galten.
3n bemielben 23erlage ftnb erji^ienen:
6. Zebmc: Die £ef)re üon ber SeeIentDanbe=
rung in i^rer ^Bebeulung für bas religiös=fittli(^e
ßeben bes Tsnbers ^reis: 9JI —.30
S. Zebmc: Die lamulifd)e Singprebigt. äR— .30
H. ©cbring: Qanh urtb 33oI! ber Xamulen unb
bie ^JZiffionsarbeit unter bemjelben. Sllit 16 Sil-
bern unb 1 i^arte. 64 S m —.50
H. Gebring: SartF)oIomäus3iegenbaIg. 104 S.
2R— .80
X Kabis: Hnler bem Sjepter bes 5Kab[^a.
Silber aus bem ßanbe ber Hanarejen. W\i
11 Silbern. 56 S m —.40
"Cb. Mcyncr: Die gegentoärtigen Unruhen in
3nbien unb i^re Sebeutung für bie 50ii[=
fion 9J?— .10
R.r)andTnann:Das9JU[iions3ieI ber (Erbauung
einer eüang.=Itit^. ^soI!s!ir(f)e im Xamulen=
lanbe SR —.20
3m 33crlage oon 3- ^- §inri(^5, £etp3ig:
R. Randmann: Die (£DangeIi[(^ = Iutf)erif(^e
XamuIen=9Jii[[ion in ber 3ett i^rer 91eu=
begrün bung. mit 22 ^^orträts, 1 Silb unb
2 i^arten. 478 S. ^reis: aH 4.80, geb. 3)1 5.80.
Sruct Don «foeic^cl & 2rcptc in Scipiip.
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3\S'
H ^fi^
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