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Full text of "Tamulische Volksreligion : ein Beitrag zu ihrer Darstellung und Kritik"

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ttamultfc^e  Dolf  öieltgion 


IC  in  Beitrag 
5U  tl)rcr  ^arftellung  unt)  Sritif 


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Ut(i>ar&   St^ölid) 


MTifficnai* 


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t>cvlag  bcr  ^  t>an  g. '  lu  t  b.  »IT  i  f  f  t  Ott 

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3nl)i^lt6V>eir5«d>niö. 


©inlettung ■     ■  5 

S)a§  religiöfe  (SmpftnbungSIebeu 7 

3)a§  religiöfe  SSorftellen 17 

©orfgott^eiten 22 

©itüaitifd^e  ©ottöetten 25 

23i[c^nuitifd)e  (Sollseiten 32 

S^emjjellrabilionen 37 

@eelen=  unb  SBellüorflettungen 42 

5)ie  religiöfe  Seiftung 44 

XmptU  unb  geflbienft 45 

®a§  ®ebet 56 

Solengebräuc^e •     .  57 


t)er5ei(^ni6  bev  Qlbbilbungen. 

1.  STitelbilb:  ^eiliger  3;eic^  in  ^umbafonam. 

2.  ^eiliger  SBettler 16 

3.  S)te  ©Dttin  Ääli 23 

4.  ©ine  beliebte  ©arftellung  @iitia§ 26 

5.  ©iwa§  ©D^n  &ant\a 29 

6.  8itbramania,  ber  inbif(^e  ^riegggott 31 

7.  ^Sifcfinu 34 

8.  ©ittia  =  5ßagobe  mit  Sem^jelteic^  bei  Sc^iäü 38 

9.  §ain  be§  S)ämon  SUjenär  mit  33otiü))ierben  au»  Jon 41 

10.  ®ö§enfcf)rein  an  ber  Sonbftraije 49 

11.  ©in  »erbienftüc^eö  iBert  ber  §inbu§ 53 

12.  Sei^e  auf  bem  (Scheiterhaufen 58 


^Einleitung* 


vvAenn  lüit  bon  tatnuüfi^er  „SSoIfSreligion"  reben,  fo  meinen  tülx 
^»^"öa^  im  ©egenfa^  jur  p§iIofopI^ifd)en  Dieligion  be§  £amulenlanbe§ 
unb  Snbien§  überhaupt.  2)ie  p^ilofop^ifd^e  ^Religion  Snbien§  ift  in 
Seutfci^Ianb  burc^  eine  gro^e  3a^I  gelehrter  SBerfe  —  teils  Übergebungen, 
teilg  ^Bearbeitungen  —  befannt  geworben,  ©ie  ift  in  ^nbien  ober  nur 
bie  ^Religion  ber  „oberen  3e^ntaujenb",  nämlid^  ber  pfjilofop^ifi^  ©e^ 
bilbetetn.  ®a§  inbifc^e  SSoI!  öere^rt  biefe  p^ilofop^ifc^e  9teIigion  ober 
religioje  ^^itofopl^ie  nur  gleid^jam  au§  ber  (Entfernung,  o^ne  fie  eigentlich 
5U  berfte^en.  9?ur  einige  SteblingSibeen  ber  ^o^eren  9teIigion§form  leben, 
mel^r  ober  tt)eniger  öerftanben,  auc§  im  SSoIfe,  tttenigfteng  in  feinen 
^ij^eren  @cf)ic^ten,  unb  finb  ba  ^ineingetooben  in  bie  mannigfa^e,  bunte 
(Sebanfennpelt,  bie  §ur  eigentli(i)en  9teIigion  be§  $ßoIfe§  gehört.  ®ie 
''-ßl^ilofop^en  i^rerfeitg  galten  bie  9teIigion  be§  SSoI!e§  für  eine  niebere 
9teIigion§form,  bei  ber  man  hü§  S3oIf  aber  belaffen  muffe,  njeil  i§m 
für  ^ö^ereS  bie  Üieife  fef)Ie.  @ie  ne!§men  oud^  felbft  on  ben  ßeremos 
nien  ber  SßoI!§reIigion  teil  unb  berteibigen  beren  ©ötterlegenben  al§ 
(Sinfleibungen  pf;iIofopf}ifd§er  SSa^r^eiten. 

Sßet  un§  in  SJeutfd^Ianb  nun  ift  offenbar  "ök  9teIigion  be§  inbif(i)en 
SSoI!e§  nur  njenig  befannt;  unb  bod^  fc^eint  un§  bie  S3e!anntjd)aft  mit 
i^r  5U  einer  njtrflic^en  Kenntnis  be§  inbifd^en  ®eifle§  burc^auS  erforber* 
lid^  §u  fein.  St^  §obe  barum  berfuc^t,  ai§>  einen  Seitrag  gur  2)arfteU 
lung  ber  inbifd^en  SSoIfSreligion  ba§  äujammensufteHen,  tt)a§  \6)  in 
einem  20  jährigen  Seben  unter  bem  Samulenbolte  <Sübinbien§  bon  ins 
bif(i)en  religiöfen  Seben  !ennen  gelernt  ^obe. 

SKein  Urteil  über  "Oa^  bargeftettte  religiöfe  Seben  ^ah^  idE)  ge« 
meint  an  ben  entfc^eibenben  ©teilen  nic^t  berfd^tueigen  ju  foUen. 

2lu§erbem  lag  e§  no|e,  bie  tamulifd^e  S3olf§reIlgion  mit  bem  bis 
blifd^en  d^riftentum  einerfeit§  unb  mit  ber  p^ilofop^ifc^en  Üieligion  ^n* 
bieng  anberfeitg  in  SSerglei^  5U  fleüen.  5Iu§  biefer  23ergteid^ung  ergab 
fid§  immer  mieber  ein  tief  gegenfä^lid^e§  58er^ältui§  ber  tamulifd^en 
SSoIfSreligion  gum  G^riftentum  unb  ein  SSer^öItniS  innerer  SSernjanbts 
fd^aft  unb  gegenfeitiger  ©inlüirfung  jmifd^en  ber  ^oiU--  unb  ^f)iIo= 
jopfienreligion  ©übinbienS. 

a  grölic^. 


5)aö  religiöfe  ^Änp^nbungsleben, 

„^ie  9^ad^t  i[t  !eine§  SKenfcfien  gi^eunb."  'J)q§  un§  umgebenbe 
2)unfel  erregt  gurc^t  unb  ®rauen  unb  tüirtt  feine  ^eitere  unb  freubtge 
©timmung.  SBir  [üf)Ien  alle  ben  ®runb,  loarum  So§flnne§  „Sic^t"  unb 
„Seben"  §ufamnienftent  unb  babet  mit  „Seben"  etiDa§  meint,  n)a§  bem 
beutfc^en  S3egriff  &lnd  nic^t  fern  liegt.  S)cr  freubige  Sebengmut  unb 
bie  !§eitere  reine  Seben§freube ,  tok  fie  un§  in  Sut^er  unb  ^aul 
©erwarbt  entgegentreten,  finb  Sic^tnjir!ungen  ber  fittlid)*religiöfen  SSa^r* 
]§eit,  in  ber  fie  lebten. 

^eitere,  reine  SebenSfreubigfeit  —  ba§  füljrt  un§  auf  eine 
anbere  2ic!^tu»irtung :  ^ofianneS  unb  ^aulu§  !^aben  un§  lüieberl^olt 
barauf  aufmertfam  gemocht,  ba§  ba§  Sidtit  —  aud^  jc^on  tas,  natiir* 
lid^e  —  eine  „ftrafenbe"  SBirfung  §at.  ®aburc§,  ta^  unjer  S3er^alten 
in§  Si(^t  gefteUt  tttirb,  ermäc^ft  un§  eine  fittlic^e  ©dtjeu.  jDa§  Sid^t 
entäie§t  unfer  SSer^atten  ber  33erborgen^eit  unb  ber  (Sinfamfett  unb 
legt  e§  offen  für  bie  fittlid)e  S3eurteilung  öon  feiten  unferer  Um* 
gebung.  SDarjer  bie  <Scf)eu.  5lIIe§  nid^t  SBo^Ianftänbige,  alle§  Unred^te 
unb  Unreine  f(^eut  fc^on  ha§  notürlic^e  Sic^t.  ®a§  ift  eine  fittlid^ 
mertöolle  gu^^c^t  ober  ©d)eu  im  Qiegenfa^  ju  ber  fittlict)  \vnU 
lofen  gurc£)t  ober  Söeengung,  bie  ba§  S)untel  mirft. 

Grftere  ift  „ber  Einfang  ber  SBei§(jcit".  ®enn  fie  marf)t  un§ 
empfäng(idC)  für  ben  „ftrafenben"  ©inftu^  fittlii^er  ^erfönüd) feiten 
unb  —  auf  einem  (jö^eren  ®ebiet  —  für  bie  überfü^renbe  9Kacf)t 
be§  perfDnUc^sfittii<j§eii  S^uflniffeS,  bo§  im  SfJeuen  Seftament  borliegt. 
Unb  njer  fic^  baöon  ^at  beugen  loffen,  ber  finbet  im  Dienen  3:eftament 
ben  SSater  be§  2idt)t§  burct;  Sefu§  öon  S^ajaret^,  ben  ©efreu^igten  unb 
Gr^D^ten.  Unb  bie  unenoartete,  munberbare  üergebenbe  (Snabe  unb 
©Ute  be§  SSater§  gibt  it)m  bie  „Sebensfreubigfeit"  im  t)öd^ften  ©inne, 
bie  t)eilige  unb  Ijeiligenbe  greube. 

S8on  ber  2id)treligion  be§  9?euen  ^teftamentg  gilt  't>a§>  SSort: 
„5(n  i|ren  giüdjten  foUt  it;r  fie  erfcnnen."  ®iefe§  SBort  barf  utib 
mu^  bann  aber  auct)  auf  bie  9tcIigiou  Snt)icn§  ongeluonbt  loerben. 
SBenn  n)ir  fittüc^  mertlofe  gurdjtenipfinbungcn  beim  ^Inbu  n)at)r- 
ne^men,  benen  er  nict)t  trol^  feiner  9{eligion,  fonbern  burd^  biefclbe 
unternjorfen  ift,  fo  muffen  lüir  barauS  eifennen,  ba^  fie  in  einem 
loefentlic^en  ©egenfalj  jur  2ic^treIigion  be§  Svenen  SteftamentS  flet)t. 
Unb  eben  baö  ift  bie  2öafjrnet)mung,  bie  mir  in  einem  20  jäfjvigen 
Seben  unter  bem  inbtfrf)cn  33olfc  beflänbig  gemadjt  ^aben. 


—     8     — 

2)a§  fübinbifc^e  SSoI!  fürd^tet  unb  toeref)rt  5unä(f)ft  eine  9tei^e 
bön  Untergott^eiten  ober  ÜDämonen,  bie  in  bem  9tufe  flehen,  me^r 
geneigt  gu  jein,  ben  a??enjd)en  Üble§  at§  @ute§  ju  tun.  ©old^e  ©ott- 
Reiten  finb  gum  33eifpiel  bie  ^übäri,  bie  Sali  (e^oteragottin),  ber 
©tjenär,  bie  äanni  (Sungfrauen),  bie  Wläxi  ober  EJ^äriommen  (^ocfen* 
göttin),  bie  Ulac^otlcäl  (SSeltmutter),  ber  Saruppen  (©c^lüarse),  ber 
SRaburei  SSiren  (^elb  bon  SRabura),  bie  5ße^tfcJ)t,  bie  Sätteri,  ber 
Sattahjoräien  unb  anbere  SBirer  (^e(ben)  unb  Wluni  (SBeife).  ©ie 
werben  ^toax  öon  ben  SSro^münen  öerädjtlii^  ©orfgötter  genannt, 
aber  alle  Saften,  felbft  Söra^manen,  beten  fie  an  unb  fuct)en  fie  burc^ 
mand)erlei  ©aben  ju  bejänftigen  ober  günftig  ju  ftimmen,  befonber§  in 
Sranf§eit§äeiten.  (S§arafteriftijc^  ift  bieSiu^erung  eine§^ra()monen:  „^c^ 
fuc^e  bie  ®unft  be§  Sanbrat§  ju  gewinnen,  aber  ic^  jaljie  aucf)  Sribut 
an  bie  ©tebeSfafte;  benn  tt)a§  nü|t  mir  bie  greunbjcE)aft  be§  erfteren, 
njenn  bie  S)iebe  meine  Dc^fen  fteE)ten'?"  S)er  Sanbrat  fte^t  für  einen 
ber  Dbergötter,  <Bi\va  ober  SBifd^nu,  unb  bie  ®iebe  finb  bie  ©orfgötter. 

21I§  id^  eines  StageS  in  ein  ®orf  !am,  in  bem  bie  SSorbereitungen 
5U  einem  ^übärifefte  getroffen  würben,  unb  bie  Seute  über  ben  SSer= 
lauf  ber  beborfle^enben  geier  ausfragte,  erhielt  ic^  einen  lebhaften 
einbrud  baöon,  weld^en  ©c^retfen  biefe  ©ott^eiten  einäuflö^en  öer» 
mögen.  äWan  erjäpe  mir,  offenbar  in  fefter  Überzeugung,  ba^  man 
unbebingt  fterben  muffe,  wenn  man  bei  bem  näcf)tlict)en  Umjug  bem 
Sßilbe  ber  ©ottin  begegnen  würbe. 

S3ei  6§oIeraepibemien  ifl  e§  bie  allgemeine  2:obe§furc|t,  we(d)e 
bie  ©eftatt  ber  Sälifurd^t  annimmt  unb  ju  näc^tüdöen  Umzügen  mit 
godelbegleitung  Sßeranlaffung  gibt.  2)a§felbe  gilt  bon  ber  ^ocfengöttin 
Tläxi,  wenn  bie  58Iattern  ^errfd^en. 

5Iuc^  ber  glurgott  eijenär,  beffen  gotjlreic^e  Sempel  an  ben  gur 
örfüHung  eineS  ®elübbe§  geftifteten  tönernen  ^ferben  fenntlic|  finb, 
bie  in  9teit)en  üor  bem  Sempeleingang  fielen,  wirb  fef)r  gefürd^tet. 
S8on  i^m  wirb  behauptet,  er  erfcftrecfe  bie  Seute,  bie  bei  9?ad)t  in  bie 
$«ö^e  feines  Stempels  lömen,  burc^  einen  Ston  ober  ein  ®efid)t,  fo 
hü^  fie  fterben  müßten.  2tu(^  bei  feinen  nächtlichen  ©c^u^ritten  um 
bie  ®orffIur  bürfe  man  i§m  nid^t  begegnen.  5i^nlic^e  ©c^recfen  fotten 
audf)  bon  ben  obengenannten  „Jungfrauen"  ausgeben.  9}?anc^er  2;ob 
burd§  ^erjfctjlag  ober  bergt,  mag  biefen  ©Ottern  fc^on  jugefc^rieben 
fein.  Jc^  ^alte  eS  auct)  für  mogtic^,  ba^  manct)er  2:obeSfaa  tatfäctilic^ 
auf  ben  abergläubifd^en  ©c^recfen  jurürfjufü^ren  ift,  ber  bon  biefen 
gurd)tgebilben  auSge^t. 

(gc^on  bie  jumeifl  auS  Son  ^ergefteHten  ©eftalten  biefer  ®orf- 
gott^eiten  unb  i^rer  Trabanten  mit  i^ren  martialifd^en  ®efidt)tern  unb 
mannigfachen  3)?orbwaffen  finb  offenbar  auf  <Sc|recfwtrfung  berecf)net. 
ßuweilen  Wirb  biefe  SBirtung  nocf)  baburdt)  berftärft,  ha^  bie  Stugen 
burc^  eine  geheime  S3orrict)tung  bre^ar  gemacht  finb,  fo  ta^  fie  fic^ 
bei   jebem  Suft^ug   ju   bewegen   f^etnen.   ^lö^licfieS   Sterben  Heiner 


—     9     — 

^inber  mirb  ben  „Jungfrauen"  äugefcf)neben,  bie  i§nen  „ben  §al§ 
umgebre^t"  ^aben  foüen. 

Sieben  biefen  ©öttern  ftnb  aucf)  nod^  anbere  übermenfc^Iic^e  SSefen 
gefürchtet,  bk  a(§  ^^ej  ober  ^tfäfu  {bö']t  ©eifler  ober  Seufel)  be- 
5eic!§net  werben  unb  aui^  toie  ©ijenär  unb  bie  anberen  5)änionen 
2obe§fc^recfen  öerurfacf)en,  ober  burrf)  ben  gauber  eme§  böfen  9?Qcf)bar§ 
„aufge^e^t",  bie  Seute  bur^  näd)tli(^e§  ©teinett^erfen  unb  auf  anbere 
SBeije  ängften.  «Sie  joHen  ga^lreid)  unb  bon  f(^recEIicf)er  grüner  ©eftatt 
mit  teHergro^en  5Iugen  fein. 

(gine  befonbere  5(uBerung  be§  ®ämonen=  unb  ®eiftergtauben§ 
ift  ba§^  in  Jn^^en  allgemein  berbreitete  SSorfommen  bon  „53efeffen§eit". 
Sabon  werben  wir  fpöter  nocf)  nie()r  ju  reben  ^aben.  ,^ier,  wo  e§ 
fic§  um  'oa^  ®mpfinbung§Ieben  f;anbe{t,  foll  nur  auf  ba§  offenbar  au§ 
©rauen  unb  unt)eimlic^er  D^eugierbe  gemifc^te  ®efü^I  f)ingewiefen 
werben,  mit  bem  ba§  SSoIt  auf  bie  tu^erungen  ber  S3efeffenen  laufest. 
@{e  gelten  al§  birefte  5Iu§jprü^e  be§  ®otte§  ober  ®eifte§,  ber  ben 
Sßetreffenben  „ergriffen"  fjat. 

5(ber  ber  inbifcf)e  ®ötterfrei§  f)at  bod)  au^er  biefen  bämonifd^en 
unb  gefpenflerljoften  ©eftaltcn  Quct)  Ijö^ere  (Sötter.  SSermiJgen  nic^t 
biefe  bie  et^ifi)  wertboHe  gurc^t  einsuflögen,  bon  ber  im  SDämonen= 
glauben  nic^t  bie  9tebe  fein  fann?  Jd)  !ann  nur  feflftellen,  ta^  mir 
ein  S3eifpiel  bafür  ni^t  be!onnt  ift. 

9hir  in  einem  niobernen  fiiüaitifdicn  „Äatcdii§mu§"  antirf)riftltcf)er  S^enbenj, 
ber  ben  ©iinaiSmuS  ct)riftlicl)  =  fittlid)  uerbrämt,  fanb  id)  SSorte  tuie:  „S3etracl)tet 
eö  ftet§  aU  eure  öonte^mfte  Sorge,  [tet§  md)  ©irca§  (jeiligen  Oeboten  ju 
roanbeln"  imb  ein  ®ebet:  „Grgreife  Sefi^  üon  un§,  ia^  wir  nid)t  fünbigen." 
^Begrünbet  wirb  jene  örmalinung  mit  bem  ®efe^  üon  ber  „^Ibbüfeung"  ber 
Sünben,  alfo  mit  bem  fataliftijd^en  ßarmagefe^,  bon  bem  mir  gleich  me^t 
boren  merben. 

9?ur  einer  ©c^eu,  bor  ben  ©i^ttern  „unrein"  ju  erfd)einen,  bin 
id)  begegnet.  SIber  biefe  Unreinfjeit  war  burc^au§  nur  rituell  gebadet, 
©ic  beftanb  in  bem  9}iangel  eine§  rituellen  Jöabe§.  ®arum  ift  auc^ 
ben  „unreinen"  ^aria  unb  ßuropäern  ber  Qutritt  jum  Jnnern  ber 
grtJ^eren  2:empel  berbotcn.  3luf  bie  grage,  ob  auc^  ber  ßoi^n  ""i> 
anbere  fünblid)e  ^eräenSregungen  nad)  ifjrer  SSorfteüung  eine  SSerun- 
reinigung  jur  golge  Ijölten,  würbe  mir  auSbrüdlic^  mit  nein  geont= 
wortet.  ®ie  fpätere  SSeljonblung  wirb  seigen,  ha'^  e§  in  ber  9Jatur 
ber  Sßoiftellung  liegt,  bie  fid)  ber  Jnber  auc^  bon  ben  ^öf^eren  ®i3ttern 
mac^t,  ba^  bon  iijr  feine  fittlid^  wertboUe  Suvd)t  au§ge()en  tann. 
2)ieie  ®ötter  fielen  eben  wefcntltd)  „fenfeitä  bon  ®ut  unb  Sijfe". 
ßfjarafteriftifc^  ift  folgenbe,  einem  ^inbuiftifd)en,  „bie  Ükc^folge  be§ 
©ri  Irif^na"  betitelten  Söuc^e  entnommene  ©teile:  „gür  un§  finb 
S^ugenb  unb  Safter  relatibe  ^Begriffe,  uuD  fie  fönnen  auf  ba§  atlert;i3c^fte 
SSefen  nic^t  angewenbet  werben.  ai>{an  fteUe  fic^  einen  SOfenfc^en  bor, 
ber  fic^  aufs  äu^erfte  anftrengt,  ba§  Safter  ju  flieljen  unb  bem  ®uten 
nad)5ujagen,  unb  einen   anberen,  für  ben  Stugenb   unb  Saflcr  gleid)= 


—     10     - 

bebeutenb  finb,  unb   man  tuirb  5U9eben  muffen,  ba^  ber  (entere  un* 
enbttd^  öDHEommener  ift  qI§  jener." 

SDie  2:atfad)e,  bo^  ber  atKjergebrac^te  unftttlic^e  Seben§tt)anbel  ber 
„bem  ®otte  bermät)Iten"  Sempeltänjerinnen  ober  „®otte§bienerinnen", 
bie  bei  ben  Stempeln  gerabe  ber  ()ö^eren  ©ötter  angefteUt  ftnb,  offen- 
bar bem  33oI!§beit)uBtfein  burc^  all  bie  goljr^nberte  Ijinburc^  nii^t  al§ 
mit  bem  SempelDienfl  unüereinbar  erfc^ienen  ift,  geigt  boc^  aui^,  mie  fern 
eine  fittlid§   geartete  ®otte§furd^t  ber  inbifc^en  ©ötterberelirung  liegt. 

2tu(i)  bie  ouf  «Siföa  ober  SSifcl)nu  gerichtete  ml)ftifd)4il)i(DfDpI)iid)e 
©otteSöere^rung  (^-^afti),  bie  in  ben  feinen  tamulifc^en  ^t)mnen  ber 
©tifter  beiber  ^auptfeften  beei  ^inbui§mu§  (im  ©etuärom,  2;irutt)äfac^am 
unb  SRäläjiram)  i§ren  flaffifctjen  Slufbrurf  gefunben  ^aben,  ift  anf= 
faüenberraeife  bei  aller  ®(ut  nn)ftif(i)=religiöfer  $8egeifterung  fittlid) 
inbifferenter  5lrt.  S)ie  inbifc^en  gjJtjftifer  fprec^en  e§  gerabeju 
aug,  ha^  bie  Ijöd^fte  ©tufe  ber  grommigfeit  eine  5lrt  „SoKljeit" 
fei,  in  ber  ber  @Dttberaufci)te  für  feine  ^anblungen,  gute  raie  bofe, 
ebenforoenig  öerantmortUd)  fei,  wie  ein  SBa^nfinniger  für  bie  feinen. 
Wan  bergleii^e  im  ©egenfo^  ba^u,  raa§  ^aulu§  9?Dm.  12  über  ben 
„vernünftigen  @otte»bienft"  fc^reibt. 

Semerfengroert  ift  in  btefem  3ufanimenl)ang  no(^,  bo^  bie  inbifcbe 
9Kt)fti!  fe^r  oft  öoH  berou&t  crotifd)  gefärbt  erfc^eint.  3al)lreic^e,  ber 
finnlic^en  Siebe  entnommene  33ilber  finb  in  ben  ^eiligen  Siebern  jum 
5tu§brucf  ber  ©olteSliebe  ber  ©änger  gebraucht  unb  geigen  bie  natur= 
^afte,  raufc^ä{)nlicl)e  ?lrt  ber  58l)a!ti.  2Öir  !önnen  l)ier,  lüo  mir  öon 
inbifc^er  SSol!§religion  banbeln,  auf  biefen  ^unlt  nicl)t  nä|er  eingeben, 
möd^ten  nur  ^eröorl)eben,  ba^  e§  un§  im  Unterfcfiieb  öon  biefem  S^a* 
rafter  ber  inbifc^en  SQhjftifer  in  Ijo^em  ©rabe  beacl)ten§mert  erfc^eint, 
baB  e§  fic^  in  ben  ©teilen  be§  Sllten  unb  Svenen  2eftament§,  in  benen 
ha§^  5öilb  be§  S3rout^  unb  (£§eftanbcö  auf  bie  ©ottesbegteljung  ange= 
iranbt  ift,  um  bie  fittlid)e  Sßegie^ung  gn^ifdien  ©ott  unb  ber  ©emeinbe 
l^anbelt,  unb  ba§  auct)  in  ber  ©teUe  9iöm.  7,  mo  bie  ^öejieljung 
gwifcfien  ©Ott  unb  ber  (Singelfeele  unter  feneS  93üb  geftellt  mirb,  natur* 
^afte  Siebe  Quägcfcf)tDffen  ift.  ^^'i)^x,  bem  ber  ©eift  ber  33ibel  nic^t 
fremb  ift,  mirb  gugeben,  ha^  ein  berartiger  einfct)(ag  in  ba§  religiijfe 
(£mpfinbung§(ebcn  gegen  ben  ©eift  ber  S3ibcl  ift. 

SBir  fommen  nun  gu  einem  anbern  fe^r  cl)arafteriftifcf)en  Kapitel 
inbifc^er  gteligiöfitöt,  gum  gatalt§mur).  (£»  befielt  nur  eine  lofe 
SSerbinbung  §mifc^en  bem  ©c^icffoisglauben  unb  ben  ©ötteröorftellungen, 
Sie  9heberfrf)rift  be§  nac^  ben  Seiflungen  früherer  ©eburten  beftimmten 
Seben§frf)icffal§  auf  ber  ©djäbelbccfe  be§  eingelnen,  mobei  bie  9^ä§te 
ber  ©c^abelfnDcl)en  al§  ©c^rtftjeictien  gelten,  foll  burd)  ben  fonft  nic^t 
üere^rten  bxitten  ber  oberflen  ©ötter,  S3räl)mä,  gefd)e^en  fein,  ^ä)  gebe 
einige  ^ttuftrationen  jum  ©djicffalsglauben :  ,(£tne  9J?iJfionorin,  gröulein 


*)  @(^ictjal-3glau6en. 


—    11    — 

SSilfon  ßarmic^ael,  trirb  bon  einer  erblinbeten  ^inbufmu  gefragt,  ob 

fie  i§r  bie  5(ugen  öffnen  fönne.    ®ie  i^xan  ^at  i^ren  9L)Zann  unb  oüe 

i§re  Äinber  üerloren  unb  fic^  barüber  bucj)ftäbli(^  bie  ^ugen    blinb 

geroeint.    ®urc^  Snxüi^  ber  Ümflebenben  lüirb  bie  grau  geroa^r,  wie 

fe^r    bie  äJiiffionarin    öon  biefem   (S(enb   ergriffen  ift.    ®a   fagte   fie: 

„^efümmern  ©ie  fid)  nicf)t  meinetmegen,  benn  roirflic^,  ic^  bin'g  nic^t 

toert.  ^c^  leibe  für  meine  in  früheren  ©eburten  begangenen  (Sünben. 

greube  unb  «Sc^merj  finb  ein  roüenbe»  9?ab;  wer  !ann  e§  aufhalten? 

SSer  tann  §inbern,  ma»  gefc^e^en  muB?  ®a§  Scfilcffal,  ha^  un§  auf» 

^aupt  gefdEirieben  ift,   ift  ^max  öom  ^aupt^aar  berbecEt,   aber  e§  ift 

gefc^rieben!  SSer  fann  e§  änbern?  @y  ift  mein  ©c^icffal,  mein  Schief fal!" 

@tn  anbcre§  c^arafteriftifc^eS  ^eifpiel   erlebte  id)  auf  einer  %a^xt  im 

©efpräd^   mit  bem  ^utfc^er  meines  'i)3ont}!arren§.  @r  tüar  mit  feinem 

gegenwärtigen  53eruf  gar  nic^t  aufrieben  unb  er5ät)Ue  üon  bem  ^li^- 

gefc^id,  ba§  i§n  ge^roungen  f)atte,   fein  früf)ere»  §anbel§gefd)äft   auf» 

§ugeben.    ©abei  fd)lug  er  fid^  mit  ber  flachen  ^anb  auf  ben  «Scheitel 

unb  fagte:  „^ie  e§  auf  bem  ^opf  gefc^rieben  ift,  fo  mu^  man  leiben; 

fo  muB    ic^    fe^t  S?arrentretber  fein!"    2J[(in(id)   f)ört  man  auc|   fonft 

5Irbeiter  unb  33auern  flogen,  e§  fet  iör  ©c^idfal,  ba^  fie  burc^  (Säde= 

tragen  ein  paar  Pfennige  berbieneii  ober  burd)  (Scbarbcitcn  ta^^  Seben 

ftiften  müßten.  Söei  befonberen  Unglüdsfällen  t)eiBt  e§:   „®a§  mar  t)a?> 

©djidfal    auf   feinem   ©Gleitet I"    Stud)   ©(üdsfätte  werben  bucc^   ha^ 

©d)idial   ober  bod)  burd)  befonbere  in  früheren  ©eburten   erworbene 

S?erbienfte    ertlärt.    ©o    [)M  man  öfters  bie  Seute   aufrufen:    ..^Sa» 

§obe  id)  für  ein  SSerbienft  getan,  baß  mir  ba§  ®lüd  juteil  wirb,  @ie 

|ier  äu  treffen!"   Stber  biet  häufiger  werben  ©lüdSfäÖe  auf  @IüdS  = 

jetten  jurüdgefiifjrt.  2)aS  gefcl^ief)t  gerabe^u  fpric^wörtüc^.   ©in  fein= 

gebilbeter  Samule  fragte   mid^  einmal,   um  meine  tamulifd^en  @prac^= 

fenntniffe  auf  bie  ^robe  ju  fteüen:   „SSie  fogt  eine  2;od)ter  ^u  ibrer 

9J?utter  in  ber  Studie,  wenn   biefe  einen  Sopf  jerbridit,  unb  fie  i^rer 

greube  barüber  5lu§brüd  geben  will,  hai^  fie  e§   nid)t  gewefen  ift?" 

@r  war  mit  feinem  meiner  S3orf(^(äge  aufrieben  unb   gob   fc^tießtic^ 

at§  einzig  richtige  tamudfcfie   SSenbung  an:    „®ute  ßeit  war  e§!   id) 

Ijabe    ben    Slopf   nid)t    angerüt^rt/'    „@ute    g^^^en"  unb   „gute  Soge" 

fpielen  eine  große  3fiolIe  im  tamulifd)en  53oU^Ieben.  ^n  aßen  (5c^id)ten 

bc§  93o[feS  werben  für  öodjjeiten,  9teifen  unb  anbere  wichtige  Unter= 

ne^mungen  forgföltig  burd)  ben  ^riefter  ober  ben  Sterntunbtgen  „gute" 

jtoge    ausgewählt,    t?»  gibt  auc^   nic^t  nur  Soge,    bie   für   bcflimmte 

Unterncbmungen  „böfe"  finb,  fonbern  aucl)  einen  gingen  UnglüdSmonot. 

es  ift   ber  letzte  bcS  tomulifc^en   Sat)reS,   öon   iOiitte  ©ejember   bis 

9JJitte  Januar,  in  bem  burdi  befonbere  ßci^cmonien  aütäglid)  bem  böfen 

(Jinftuß  ber  '^dt  gewehrt  werben  muß,   inbcm   mnn  üor.  ber  |>iiu^tür 

mit  weif5er  (Jrbe  funftoolle  gigui^en  auf  ben  5Seg  ftreut  unb  biefe  mit 

fiürbiSblüten  ober  onberen  iölumen  belegt.    !5n  einem  anbereu  3)Jonat 

barf  fein  ßinb  geboren  werben. 


—     12     — 

Wlit  biefetn  „'ZaQtw'di^kn"  ifl  bie  ©ternbeutung  eng  öerbunben, 
in  beren  (Sinjel^eiten  tc§  ni^t  eingettjeil^t  bin.  (Sbenfo  Jüie  btefe  tft 
au(^  bie  Sßorgeic^enfunbe  eine  umfangreiche  „2öifjenfd)aft".  ©in  bö|e§ 
SSor^eic^en  ifl  e§  5.  33.,  ttJenn  man  jemanb  niefen  f)ijrt,  n)enn  man 
beim  SSerlaffen  be§  §aufe§  einen  53ra()mänen  ober  jtcei  @ubra  ober 
eine  2öitn}e  fie^t,  ober  trenn  eine  ^a|e  über  ben  2öeg  läuft.  (Sin  be? 
fonbereS  Kapitel  ber  SSorgeicfienfunbe  ifl  bie  fog.  „©ibec^fenroiffenfc^afl", 
bie  für  aüe  möglichen  %'diit  'Hab  ©djualjen  ber  ©tbed^fe  auflegt  ^a^ 
man  in  inbif(f)en  Käufern  ofl  {jörl.  Slud)  au§  ben  Sinien  ber  ^anb^ 
f(äcf)e  toirb  ha^  ©c^icffal  bon  ßunbigen  obgelefen.  5(n  aße  berartige 
53or5eic^en  glaubt  ha§>  SSolf  mit  großer  3ä§i9^eit. 

Überblirfen  mir  bie§  gonse  ©ebiet  be§  ©(^icffalSglaubenS,  be§ 
2;agemä§Ien§  unb  ber  (Stern*  unb  ß^ii^enbeutung,  fo  roerben  mir 
fagen  muffen,  bo^  ba§  „abfolute  SIbt)ängig!eit8gefü§l"  ber  inbifc^en 
S3o(f§reIigion  ba§  ©egenteti  be§  bibiifd)en  58orfe§ung§g(auben§  ifl. 
Qrüüx  begegnet  man  üereinjelt  einem  tamulifc^en  ©pric^mort,  ba§  einen 
3fiefl  natürltcf)en  Sßcrfef)ung§gtauben§  au§brü(ft  „®em  ^ilflofen  f)ilft 
®ott."  SIber  biefer  9lefl  ifl  offenbar  ganj  übermuctjert  öon  bem  anbern 
©tauben  on  ein  öoUig  unerbittliche^,  ein  für  aüemal  „gefcf)riebene§" 
©c^icffat,  bo§  alö  ha^  (SrgebniS  ber  üötlig  unbefannten  Scalen  früherer 
Oeburten  gilt,  ^n  bem  2)unfel  biefe§  <Sc!^icEfaI§gebanfen§  Ilammert 
man  fi(^  an  ben  Irobitionellen  5lberglauben  öon  B^^en,  ßeiten  unb 
©lernen,  ber  bem  nücf)ternen  S)enfen  fo  unbegreiflich  ifl.  ©r  l^ol  eben 
mit  nüchternem  3)enfen  nirfjlS  gu  tun  unb  flammt  au§  einem  im 
S)unfel  ber  ^^-urc^t  öor  bem  ©c^icffal  fcf)mer  abmeisboren  @emüt§= 
bcbürfni§. 

Sejeic^nenb  hierfür  ifl  ber  llmftanb,  ta^  naä)  bem  B^ugniS  einer 
90iitarbeiterin,  bie  feit  Satiren  fafl  täglid^  mit  §inbufrauen  in  beren 
Käufern  umgebt,  nii^t^  einen  fo  großen,  überrofcfjenben  Ginbrucf  auf  biefe 
mac^t  al§  bie  ctjrifllid^e  ^elle  ®Iauben§=  unb  §eiI§gemiB§eit,  bie  mit 
®ott  rebet  bon  ^erfon  ^u  ^erfon,  unb  aucf)  über  ben  Job  ^inauSreid^t. 

jDenn  bie  Job  es  furcht  ifl  neben  ber  ©ölter-  unb  ©c^icffalS* 
furcht  ta^,  britte  S;unfel,  ba§  auf  bem  §inbuöoIte  taflet,  ©ie  ifl 
ja  etmo§  allgemein  äJ(enfc|l{ct)e§.  Gigenortig  inbifc^,  be^ietjungämeife 
onimiflifd^ *)  aber  ifl  bie  gurc^t  öor  ben  Stoten,  bie  bei  un§  boc§ 
nur  bereinjelt  al§  ©cfpenflerglaube  auftritt  unb  nicf)t  für  religiös 
gilt,  fonbern  für  oberglöubifct).  ^n  ^nbien  mirb  bie  gurc^l  bor  ben 
Stolen  §um  ®runbe  einer  Steige  bon  religiofen  rituellen  ^anbtungen**J, 
meiere  bie  Söieberfei^r  ber  türjüc^  SSerflorbenen  in§  ©terbe^au§  unb 
fpäter  it)ren  Unmillen  abme^ren  follen. 

ä)2it  bem  DJ^angel  einer  gellen,  ha§i  ß^ntrum  be§  3)?enfc]^en,  bie 
^erfönliclfeit,  er^ebenben  unb  |eiligenben  ©laubenSgeraiB^eit  ^ängt  flet§, 
unb  fo   ouc^  in  Snbien,   ber  33fangel  eine§  guten  ©emiffen§  im  ®e* 


*)  S«r  ^Religion  ber  Sotenanbetung  gehörig.  **)  geremonien. 


—     13     — 

6rauc§  irbifc§er  ©üter  gufammen,  ber  e§  ^u  feiner  reinen  Se6en§=  unb 
9?Qturfreube  fommen  Iä§t,  fonbern  jur  5l§!ef  e*)  fü^rt  ober  bocf)  n)enig= 
[ten§  ^u  a§fetifc§en  ^bealen,  menn  bie  (Snergie  ju  eigener  3t§fefe  fe^It. 
5:;er  Segriff  be§  inbtfc^en  SoIfe§  öon  ..^eiligfeit"  ift  burd^aug  oSfetifcf). 
©0  wirb  in  bem  SBaßfafjrtgorte  9JJailam  has,  &xab  eine§  (Sanniafi 
(iö?öncf)e§)  Dere§rt,  oon  bem  ba^  SSoIf  erjäfjÜ,  er  ^abz  bort  auf  bem 
!^ei^en  S^Uenberge  einfam  unb  o^ne  Reibung  gelebt  unb  fiif)  bon  Unrat 
unb  bem  ©oft  ber  bort  h)ilb  tt)a(^fenben  ^afteen  genä(;rt.  2lm  ®rabe 
biefeg  21§feten  erwartet  man  Söunber^eilungen. 

3eigt  fid)  tm  aSfetijc^en  ^beal  ber  3Q?angeI  eineg  guten  ©eroiffenS, 
fo  bringt  anbererfeit§  ba§  böje  ©eroiffen  bie  gurc^t  öor  f(f)Iimmcn 
gotgen  ber  ©ünbe  mit  fic^.  @te  ^at  ju  ben  §at)lreicf)en  religiöfen 
„Sab efeften"  geführt,  bei  benen  burd)  Saben  in  ^eiligen  t^Iüffen  unb 
Seidien  ober  am  2JJeere§ufer  „bie  <Sünbe  fortgeben"  fofl.  ßö  bcr^ält 
fic^  babci,  mie  auä)  bei  ben  Sotengebräud)en,  offenbar  fo,  ba^  inijt 
burc^  ®en.nffen§furd)t  bie  S^eUgion  bertieft,  fonbern  umgefe^rt  burc^ 
ta§>  eigentlid)  9?e(igtöfe  bie  fittlic^e  SBirfung  ber  ®eintffen§furd)t  para* 
l^fiert  ttjorben  ift. 

3ur  ®Dtter=,  ©c^ictfol^^  3:obe§=  unb  entwerteten  ®en)iffen§furd)t 
fommt  enblid)  nod^  bie  2)ienf(^enfurd)t,  unb  5War  in  mannigfad^er 
©eftalt.  2)enn  au^er  ifjrer  allgemein  menfd)(i(j^en  j^orm  f)ot  fie  fic^ 
in  Snbien  auc^  noc^  al§  5-urd)t  bor  bem  böfen  Stirf,  bor  böfem  ßflu^er 
unb  gtudjwort  unb  al§  Saftenfurd)t  geftaltet.  9Jian  !önnte  ja  bejroei^ 
fein,  ob  t)a§  affe§  nod)  jur  „9ie[igion"  geijört.  5lber  bei  nätjerem  Qiu 
fe§en  wirb  e§  boc^  unberfennbar,  baB  einerfeitg  bie  Safte  mit  ber 
^ieligion  unzertrennbar  berbunben  ift,  unb  ha^  anbererfeitS  bie  gurd)t 
bor  böfem  Süd  unb  ßauber  ein  2^eU  be§  animiftifc^=religiöfen  ©in* 
fc^(ag§  ift,  ben  bie  inbifc^e  SSoItSreligion  an  me'^reren  ©teilen  jeigt. 
SSir  fpradjen  bereits  bon  ber  gurc^t  bor  bo§t)aften  SBirfungcn  ber  ab-- 
gefc^iebencn  ©eeten;  böfcr  Süd  unb  ßauberwort  aber  finb  SBirhmgen 
bon  noc|  im  Seibe  befinblic^en  ©eelen.  G§  !ann  nic^t  SSunber  neljmen, 
ta'^  fie  gerabe  ai§  burd^  Slid  unb  Sßort  gefcftebenb  gcbad)t  werben. 
Xenn  Slid  unb  SSort  finb  ja  jwei  befonber»  auffatlenbe  SliiBerungen 
be§  ©ee(enlebcn§.  ®a  e§  fid)  aber  immerijin  bei  biefen  fingen  um  ein 
(?!iren§gebiet  (jonbelt,  ba§  über  ben  fonftigen  Sereic^  be§  religiöfen 
£eben§  ^inau§reid)t,  fo  wollen  wir  biefe§  ©ebiet  I;ier  gleid)  abfc^Iießenb 
be^anbeln  ftatt  wie  fonft  haS'  SorftetIung§s  unb  SetötigungSteben  bom 
t£mpfinbung§(eben  getrennt  ju  Ijatten.  ^ 

5lderbQu  unb  $ou§bau,  Sunft,  ^anbwert  unb  Sie^jud^t,  §od§= 
^eitSfeiern  unb  Sinberpflege  Ijoben  fiimtlic^  unter  ben  Söirtungcn  be§ 
böfen  5Iuge§  ju  leiben  unb  muffen  bngegcn  gcfc^ü^t  werben.  Scjonber§ 
ber  neibifc^e  SUd  ber  5(rmeren  ober  weniger  ®lüd(id)cn  wirb  gefürchtet. 
jDer  Sauer  ober  ©artenbcfi^er  fteüt  einen  weißgetünc^len  2opf  ober 


*)  ßafteiung,  9)llinc^eiei. 


—     14     — 

aud)  eine  5umetlen  obijöne  Sonftgur  ober  eine  5lrt  SSogelfc^eudie  mitten 

in§  gelb  ober  in  ben  (Sorten.  ®iefer  ouffaHenbe  ©egenflanb  fott  bie 

iSIicfe  auf  fic^  gießen  unb  fo  öom  ©etreibe  ober  ©emüfe  ablenfen.  ^c^ 

I)örte  aüii)  bie  9]^einung  auSfpred^en,  bo^  ber  in  biefer  SSeije  angegogene 

Oöfe  SÖIicE  in  ben  betreffenben  ©egenflanb  (jineinfa^re  unb  baburc^  un» 

fc^äblic^  gemad^t  toerbe.  ®ie  ©arten,  in  benen  man  bie  beliebte  5Betet= 

pflanse  anbaut,  toerben  jum  ©d^u^  gegen  ben  böfen  S3Iicf  mit  einer 

SSanb  au§  ^almenmebeln  umgeben.  5Iu^  beim  §au§bju  fud^t  man  bie 

Surfe  ber  SSorüberge^enben  öom  Sau  ab^ulenfen,  inbem  man  auffattenbe 

©egenflänbe  am  S^eubau  anbringt,  ©än^er  führen  §eiferfeit  auf  böfen 

surf  äurürf  unb  fud^en  bem  ©c^aben  Wc^  5lnäünben  üon  Dampfer  öor 

if)rem  ^oufe  ju  begegnen.  'üJtaUjc  malen  an  eine  (£rfe  ifjre§  ®emälbe§ 

eine  ^ö^Iic^e  gigur,  bie  ben  Slirf  neibijc^er  Sen)unberer  ouf  ficf)  sieben 

unb  fo  für  bk  SoIIenbung  beg  ®emälbe§  unfrf)äblic^  mod^en  fott.  Se= 

fommt  ein  ^anbm_ej:!er  etwa  an  ber  §ünb  ein  ®efrf)roür,  fo  meint 

er,  e§  fei  bur^'^fen  Surf  berurfac^t,  ber  i^  wegen  ber  gefc^irften 

5lrbeit  ober  megen  be§  gu  ertt)artenben  $8erbienfte§  beneibet  i)at   (£r 

furf)t  folc^en  ©c^aben  burc^  2{jnu^le,tte  absume^ren,  bie  er  am  Slrm 

ober  an   ber  ^üftfc^nur  feflbinbet.    (£ä   finb  ba§>  fleine  ^apier=   ober 

9J?effingrotIen,  mit  ^eiligen  Sudtiftaben  ober  ßöu&e^^fo^nieln  befrf)rieben, 

bie  in  fleine  bleiftiftbirfe  Sled^fapfeln  gefterft  unb  fo  umgebunben  merben. 

Ober  e§  lüerben  ßau^erformeln  mie  bie  fjeiligen  fünf  Siui^itai^en  na, 

ma,  si,  wa,  ya  („8ob  bem   ©ima")   in  J^eilige  Slfc^e  gefc^rieben,  hit 

mon  bann  in  einer  SIed^!opfe(  oI§  5tmulett  trägt,  ©olc^e  Simulette  follen 

audt)  gegen  S:eufel  f)elfen  unb  fonft  glürfbringenb  fein.  ®egen  r^eumatifd^e 

©d^mer^en  im  9trm,  bie  audf)  bem   böfcn  SlidE  jugefd^rieben  merben, 

malt  fi(^  ber  .gtanbmerfer  auf  bie  fd^mer^enbe  ©teile  \d)toax^t  unb  rote 

fünfte,  mit  benen  er  fid[)  bann  öffentltd^  jeigt,  Siudf)  ber  S3ie^äüdf)tex 

mu^  feine  ^ü^e   gegen  Slirffc^aben  fd^ü^en.   ®r  tut  e§,  inbem  er  fie 

^eimli(^  öor  2;oge§anbrud^  melft,   ober  bei  etttja  fc^on   eingetretenem 

©d^aben  Dampfer  öor  if)nen  anjünbet.  Sei  ^od^äeitgfeiern  fud^t  mon 

nad^  bem  Umbtnben  be§  ©i^egeidfienS  unb  noc^  bem  Umjug  ber  Sraut- 

leute  biefe  boburd^  §u  fd^ü^en,  bo^  man  in  einem  ©efö^  Stampfer  mit 

Pfeffer  onjünbet,  ba§felbe  um  bie  ^opfe  be§  ^ooreS  frfjroenft  unb  bann 

auf   bie  ©tro^e    fteHt.    Dber   man    fterft    in  brei  |)äuflein  geforf)ten 

9teife§,  bon  benen  5mei  fdlimorj  bejm.  gelb  gefärbt  finb,  brei  üeine 

mit  SE)odt)t  umtoirfelte  ©töbd^en,  legt  bie  ^öuflein  in  ein  ®efä§,  günbet 

bie  ^od§te  an,  fd^luingt  ha^  ©on^e  breimol  um  hü§  Sroutpoor  unb 

fe^t  e§    bann   auf  bie  ©tra|e.    SefonberS  ift  ber  böfe    Slirf  fleinen 

^inbern  fd^öblidE).  ^ft  ba§  neugeborne  ^inb  ^ellforbig  unb  fc^ön,  fo 

fdgen  bie'befurfienben  grauen:  „©e^t  ha^  J^inb  nii^t  ben  Surfen  onberer 

au§,  e§  mürbe  ©droben  leiben."  ®ie  ©Item  antworten  bonn  etmo  mit 

ber  gormel:  „D,  mie  öiele  perlengleid^e  ^inber  gibt  e§  auf  ber  SBelt, 

tüorum  follte  gerabe  auf  biefe§  ^ö^üc^e  Sinb  ein  Slirffc^oben  faüen!" 

Seibet  ba§  kleine  etmo  einmal  an  5Ippetit(ofigfeit,  ober  mirb  e§  fonft 


—     15     — 

!ranf,  fo  mu§  jemanb  ein  böfe§  Sluge  auf  ba§felbe  geiüorfen  ^aben. 
äRan  fammelt  bann  etraa§  «Staub,  ben  ber  Söetreffenbc  betreten  ^at,  tut 
Pfeffer  unb  (S0I5  boju,  fcf)raenft  e§  um  be§  ^inbe§  ß'opf  unb  rotrft  e§ 
in  ein  geuer,  ha§  mit  befonberen  ^öl^ern  genährt  ift.  ®ie  2lfc^e  mirb 
mögüc^ft  öffentlid)  auf  bie  ©trole  gefcf)üttet.  (Sin  anbere§  ÜKtttel  be* 
flet)t  barin,  ba^  man  auf  gtü^enb  gemachte  eiferne  ga^reifen  etn)o§  ge= 
focf)ten  9tei§  legt,  ben  man  äuüor  um  be§  ^inbe§  Stopf  gefc^roenft  ^at. 
S)a§  fnacfenbe  ©eräufd),  ha§  beim  23erfof)Ien  be§  9iei)e§  entftef)t,  foll 
ben  53licficf)aben  vertreiben.  3luc^  getbidimer^en  ber  ^inber  I)ält  man 
für  tk  siöirfung  eine§  böfen  2tuge§,  ha§  il)nen  bie  9ia{)rung  nic^t  ge= 
gönnt  ^at.  Tian  gibt  borum  jumeilen  benen,  bie  bei  ber  9'?at)rung§s 
aufnähme  be§  ^inbeg  gugegen  finb,  ttma^  ju  effen,  nm  etroaigen  SfJeib 
ju  bömpfen.  Slucf)  gegen  i^ieber  unb  ^opffd^mer^en  be§  ^inbe^  jünbet 
man  Ä'ampfer  Dor  bem  ^aufe  an,  meil  man  aud)  fold)e  Seiben  bem 
böfen  S3Iicf  5ufd)reibt.  ®iefe  gurd)t  ift  feine§lüeg§  auf  bie  Ungebilbeten 
befc^ränft.  ©§  fann  fefir  tdo^i  borfommen,  bo^  ein  äliann,  ber  eine 
t)D§ere  englifd)e  (£r§ie^ung  genoffen  unb  einen  ofabemifc^en  ©rab  er= 
morben  Iiat,  ein  Sopfgefc^mür  borauf  jurücffüfjrt,  ha'ß  jemanb  feinen  , 
fdjönen  Sturban  neibifd)  angefef)en  l)at.  "^ 

5Iuc^  ber  ©laube  on  3  «üb  er  ei  ift  fe§r  ftarf  unb  meit  Verbreitet  ( 
2)ie  gau^ei'^ei  ift  mie  bie  ßeic^enbeutung  eine  gange  „SBiffenfc^aft".  ^c^ 
^abe  nic^t  näheren  (ginblid  in  fie  getan  unb  miH  be§^oIb  nur  ertüä^nen, 
lüaS  ic^  boöon  gefe^en  unb  gef)ört  i}abt.  ©in  ©artenpäc^ter  Perfid)erte 
mir,  baB  in  feinen  ^ac^tungen  feine  grüc^te  geflößten  mürben,  med 
bie  Seute  müßten,  ha^  er  ber  ßouberfunft  mächtig  fei  unb  baburc^  ieben 
'^kb  töten  fönne.  Gin  anbermal  erfu£)r  id),  ba^  femanb  in  ber  ^ütte 
feines  geinbeS  ein  mit  3fl»&erfc^rift  befc^riebeneS  ^led)plätt^en  ^eim* 
lic^  vergraben  l^atte,  um  i^n  ju  üerberben.  ^i\  einer  ©tröffe  ju  TOabroö 
beobodjtete  ic^  mpt)rere  3)?orgen  nad)einanber,  mie  ein  ßou^erer  feine 
ßunben  mit  tieinen  S3Iottbufc^eIn  be§  9!Kargofobaume§  be^anbelte,  inbem 
er  bie  33üfc^el  bor  i^ren  Slugen  lange  ßeit  int  Greife  ^erumfc^menfte. 
@§  gefc^ai)  offenbar  gum  ßmec!  ber  Teilung  Von  ^ranftjeiten.  (£S  gibt 
natürlich  mancherlei  Zauberformeln.  9Jfan  nannte  mir  au^er  bem  oben 
ermäf;nten  „günfbu(^ftaben"-ßauber  einen  (Sanefa-,  einen  §anuman* 
unb  einen  ©ubramaniensßauber,  bie  nad)  brei  beliebten  ©öttern  ge* 
nonnt  finb,  burc^  beren  10  bi§  20moI  mieber^olteS  2lu§fprec|en  man 
Brautzeiten,  ©c^langenbi^  unb  ^öerrenfungen  l^eilen  tonne,  2Ber  bie 
ajfac^t  biefer  gauber  bttommen  moUe,  muffe  im  SSaffer  fteljenb  ^unbert^ 
mal  bie  i^m  Voriger  Vom  Sefjrer  Uorgefagte  gormel  auSmenbig  fier- 
fagen.  2)aburd)  betommt  er  „ben  ®ott  in  feine  ©ernalt".  'J)urc^  Saubcx- 
formein  fann  mau  auc^  !Jeufel  gegen  einen  geinb  ouf^eljen.  ^ft  aber 
ber  j}einb  burd)  eine  ftürfere  gormel  feft,  fo  ift  bie  <Bati)z  für  ben 
5lngreifer  gefä^rlid). 

S3ermanbt  bem  ßauber  ift  't>a§i  glucken.  (SS  ift  fe^r  im  ®ebraud). 
SKon  fann  rco§l  mel)r  al§  100  5^u<^formcln  aufjäljlen,  mit  benen  bem 


16 


l^einbe  ober  feinen  Angehörigen  Sob  unb  SSerberben  getüunfdit  lüirb. 
®ie  SSirffamteit  foli^er  glüdie  lüirb  fe^r  gefürcfitet. 

SBir  ^aben  auc^  öon  „haften furcht"  gefproi^en  unb  meinten  hü' 
mit  bie  gurd)t,  bie  ^afte  ober  bie  ^aftenrein(;eit  5U  üerlieren.  ©old^eS 


^eiliger  Bettler. 

fann  j.  93.  burc^  ben  Übertritt  §um  ®()riftentum,  burc§  53erü^rung  mit 
einem  „Unreinen"  ober  aucf)  burd)  SSerle^ung  ber  religiöfen  ^aflen= 
fitte  gefc^e^en.  ®enn  bie  ^aflen[itte  ift  religiös,  nt^t  nur  infofern  bie 
^afte  (©ippc)  einen  ber  bieten  Untergötter  §u  i^rem  „gamiliengott" 
tiat,  5U  beffen  gemeinfamer  S3ere^rung  bie  ^aftengenoffen  iäfjrlic^  n)enig= 
fteng  einmal  jufammenfommen  muffen,  fonbern   aud)  infofern,  at§  bie 


—     17     — 

^aflenfitte  mxtiiä^  religiös  geroertet  mivb.  '^ijx^  S5er(e|3ung  unb  53e- 
flecEung  ber  S?Qflentein[)eit  ift  ©ünbe  (päpa).  Snbejug  auf  grauen  prt 
man  e§  gerabeju  aussprechen:  ,,(£iner  grau  Üieligion  ift  bie  ^afte,  i[)r  j, 
®ott  ifl  i^r  SKann."  ®te  Seibenfc^aft  be§  aBiöenS  5ur  ß'afle  ift  ö{el= 
fac^  tatfäc^lid^  religiös,  b.  f;.  fie  ift  eine  ßni'rgie,  rate  fie  ben  ^öc^ften 
religiöS^fittlic^en  ©ütern  gegenüber  am  ^Iol3e  ift.  ^ene  DJfiffionartn, 
bie  un§  i^r  ®efpräc^  mit  ber  Minben  grau  über  ba§  ©c^icffal  erjä^tt 
^at,  ^at  einmot  einen  fjod^gebilbeten  ^inbu  gefragt,  ob  e§  benn  nic^t 
möglici)  fei,  ha^  in  ^inbufamilten  folc^en  5lngeiprigen,  bie  au§  ©e- 
tt)iffen§grünben  6;§r{ften  merben  ttjottten,  ®ett)iffen§freiijeit  geiüö^rt  irerbe, 
fü  ta'^  fie  aurf)  al§  ©f)riften  bei  ben  S^i^isen  bleiben  bürften.  ©eine 
SIntroort  lautete:  „®en)iffen§freifjeit?!  5llö  Sljriften  ba^eim?!  ©§  gibt 
abfolut  nicf)t§,  ba§  ratr  nic^t  tun  rrürben,  um  fo  etiüag  gu  öerfjinbern!" 
Unb  eben  jene  blinbe  grau  ()at  bei  einem  fpöteren  ^öcfuc^,  al§  bie 
ÜWiffionarin  it)r  üon  G^rifto  fprac^,  gefagt:  „Siebe  grau,  ic^  ^abe  nur 
noc|  eins.  SBotten  ©ie  mirÜic^  mir  jumuten,  hav  einjige  ju  üerberben, 
tt)a§  ic^  no(^  l^abe,  meine  ^ofte?!"  ^c^  Ijobe  mefjrere  geugniffe  bofur, 
bafe  5Diütter  ben  Übertritt  ermad)fener  tinber  jum  S^riftentum  um 
beS  bamit  gegebenen  Jftaftenöerlufteä  mitlen  mit  einem  fo  leibenfc^aft= 
Ii(!^en  ©c^merj  beüagt  ^oben,  alS  ob  fie  geftorben  lüären.  ©(^on  bei 
fleinen  ^inbern  ^abt  i^  beobaditet,  wie  fie  bie  Serüf)rung  üon  ^aria= 
finbern  forgföltig  mieben  mit  ber  auSbrücflic^en  ©rtlärung,  ba^  fie 
fonft  bie  „^aria=Unreinbeit"  befommen  mürben.  SlnbrerfeitS  ^abe  ic^ 
auc^  bei  ben  ^aria  unjö^lige  Wük  ein  ^aftengefü^l  getroffen,  ha^»  fie 
treibt,  \\<i)  bon  ben  nocf)  tiefer  ftetjenben  Seberarbeitern  abjufd^IieBen ; 
unb  auc^  bei  if)nen  i)ab^  xd)  immer  mieber  Oteligion  unb  ^afle  eng 
öerbunben  gefeljen.  9ieligion  ift  eben  überall  in  ^nbien  ni^tS  meniger 
als  ^riüatfac^e;  fie  ift  ^ aft enf ad) e.  2)ie  ^afte  ift  bie  Srägerin  ber 
9teligion,  fomeit  fie  nic^t  felbft  gerabeju  on  bie  ©teile  ber  üteligion 
tritt.  S)ie  ^afte,  unb  nic^t  baS  ®en)iffen  beS  einzelnen  ift  baS  ®nt= 
fd^eibenbe,  bor  beffen  SSerletjung  man  fid)  am  meiften  fdjeut.  ©o  ift 
auc^  tjier  on  bie  ©teile  ber  fittUd)  n)ertüollen  ©otteSfurc^t  ein  gurc^t= 
empfinben  getreten,  baS  beS  fittlic^en  SBerteS  entbeljrt. 


2^as   rcligiöfe  OorftcUcn. 

SBir  roenben  unS  nun  bem  religiöfen  S3orfteUen  ju,  baS  ja  ^w 
tjleid)  ber  DH^rbobcn  ber  religiöfen  ^Ijontafie  unb  bie  (Srunblage  beS 
religiöfen  5)en!enS  ift. 

SSaS  ift  bie  2Bir!ung  ber  ^Dunfel^cit  auf  baS  SSorftettungSleben? 
©ie   ift  mie   beim  (SmpfinbungSleben   eine  jmicfad^e: 

2)er  im  ^unfein  Sebenbe,  ber  53linbc,  mu^.  bcfonberS  menn 
nic^t  eine  ^eriobe  beS  Siebtes  unb  beS  ©el^enS  in  feinem  ßeben  Por- 
angegangen ift,  in  feinem  S5orftclIcn  notmenbig  in  nic^t  unbebeutenbcm 

2 


—     18     — 

9JkBe  ber  SSirflic^feit  fremb  fein,  ba  i^m  ein  tuic^tiger  ©inn  für 
bie  SBa^rneljmung  ber  SBirf(tc{)feit  fe^lt.  ©iefer  iotrÜtc^feitSfrembe  (S()a- 
rafter  lütrb  ftd)  bann  ouc^  in  feinem  ®enfen  unb  in  feiner  ^^antafie 
geigen.  Sifjnlic^  ifl  bie  SBirfung  eine§  geiftig  öerftanbenen  2)un!el§,  b.  ^. 
be§  93?QngeI§  an  geiftigem  SSirflic^!eit§finn,  eine§  3J?angeI§,  ber  be- 
rufen bürfte  in  einem  im  tiefften  ®runbe  irreligiöfen  SO^angel  an  6^r* 
furd)t  für  f){florif(f)e  unb  natürliche  objeftiöe  SBirf(icf)!eit  unb  in  einer 
ebenfo  irreligiöfen  Überfc^ö^ung  be§  fubjeftioen  SSorfteüenS  unb  2)enteu§. 

SSon  nocf)  weiter  greifenber  2)unfel^eit§tt)irfung  ift  ber  geiftige 
ßuflanb,  föo  SSorftellen,  ^fiantafie  unb  ®enfen  bem  „ftrafenben"  Sichte 
be§  fittlic^en  33ett)uBtfein§  entzogen  finb  unb  barum  ber  ernflen  fitt= 
liefen  ßuc^t  entbehren  unb  ber  ^tnregung  unb  53efrud)tung  burd) 
bie  fittlic^e  SBa^r^eit,  ba§  ifl  burd)  bie  SSelt  be§  fittlic^  2Bir!Iict)en 
ober  (Sd^ten,  nämlic^  be§  ec^t  SOienfc^Iid^en  unb  be§  tt)irflid§  ^eiligen. 

^ebe  Sieligion  fiat  notmenbig  eine  i^r  eigenartige  33orfteIlung§-, 
^f)antafie=  unb  ©ebontenroelt.  3iuc^  bie  neuteftamentttcf)e  ^Religion  ^at 
eine  folc^e.  ^f)X^  (Eigenart  ergibt  fic^  au§  bem  ®runbe,  au§  bem  fie 
geiDorben  ift,  nämlid^  au§  bem  Dienen  Seftament.  2)iefe§  ifl  eine  «Samms 
lung  perfönli(^er  3su9niffe.  SBir  fe^en  in  if)m  in  eine  perfön- 
lic^e  SSirflt^feit  hinein,  nämlitf)  in  bie  SBirfliC^feit  be§  perfönlid^en 
Seben§  feiner  SSerfaffer.  2Bir  lernen  biefe  nic^l  ober  !aum  in  i^ren 
äußeren  2eben§üer^ä(tniffen  tennen,  tvoi^i  aber  in  ber  innerflen  2Birf= 
Iid)!eit  i^re§  2Sefen§.  2)enn  mir  erhalten  einen  ©inblicf  in  ha§i,  njoüon 
i^re  «Seele  lebl.  (Sben  in  bem  SBorte,  ba§  fie  gcf (^rieben  ^aben,  legt 
fic^  tQ§>  offen  bar.  SRan  fann  fic^  natürlidj  ber  (Siniüirfung  biefer  per= 
fönlid^en  2öirtlic^feit  entäiet)en.  S^re  SBirfung  ift  eben  perfönlid^  unb 
fann  barum  auc^  nur  perfönlic!^,  alfo  frei,  oufgenommen  merben.  SBenn 
man  fi(^  i^rer  ©inmirfung  aber  nidjt  üerfc{)tie^t,  fo  ift  man  eben  bamit 
in  Segie^ung  getreten  ju  ber  perfönüc^en  SBirflic^feitsraelt  be§  Dienen 
SeflamentS,  welche  bie  üinftlerifc^e  ^(;antafie  eine§  2llbrecf)t  2)ürer  §u 
feinen  bier  neuteflamentüc^en  ?IulorengeftaIten  begeiflcrt  ^at.  (£§  bebarf 
feine§n)eg§  ber  ^^antafie,  gefc^meige  benn  einer  fünftlerifc^en  ^^antafie, 
um  ©inbrücfe  bon  jener  SSirtlic^feilsipelt  gu  empfongen  unb  feflgu^alten. 
2tud^  ber  ptjantafieärmfle  ©eifl  empfängt  bie  perfönlit^en  (Sinbrücfe, 
üon  benen  2.  Stirn.  3,  14  unb  2.  ©or.  5,  11  bie  9tebe  ift,  unb  fann 
fie  in  perfönlic^er  SBertung  feft^olten.  geflge^oltene  (Sinbrücfe  finb  aber 
SSorftellungen,  auc^  toenn  fie  noc§  fo  unplaftifc^  unb  auc^  me^r  ober 
loeniger  unben)u^t  finb.  ^ie  neuteftamentUc^en  3^"9^"  treten  —  eben 
at§  SeuQm  —  fjinter  bem  ^n^alt  iiireS  3eu9niffe§  fel^r  gurücf.  2(ber 
ganji  gurücftrelen  fönnen  fie  nict)t.  ©ine  (Slut  f)eitiger  fittlict)er  33es 
geifterung  unb  ^eiliger  j^^^eube  leuchtet  au§  ben  paulinifc^en,  petrinifd)en 
unb  jo^anneifc|en  93riefen  unb  au§  bem  Einfang  be§  öierten  ©DangeliumS^ 
unb  bie  ©Ijnoptifer  jeigen  tro^  aller  ß^rüd^altung  i()rer  obfeftiöen 
'SarfledungStüeife  fi^on  burc^  i^r  S3efenntni§  ju  ^efuä  al§  bem  G^rift 
iWlattf).  1, 1)  unb  §u  feiner  ©efc^ic^le  al§  bem  „(Söongelium"  {'SRaxl  1, 1\ 


—     19     — 

bofe  fie  öon  ^erjen  einflimmen  in  bie  ^eilige  greube  be§  3:äuferbefennt= 
niffe§  utib  be§  S3efenntniffe§  öon  Säforea,  oon  benen  fie  ergäfjlen,  unb 
bai  fie  mitetgriffen  finb  öon  ben  gemaltigen  ©inbrücfen  be§  SSorte§ 
be§  „öottgefalbten",  öon  benen  fie  älJattfj.  7,  28  f.,  Waxl  1,  22,  Suf. 
4,  18—22,  32  ba§  SSoIf  ergriffen  jeigen.  Unb  biefe  religiös* fittlic^e 
©mpfönglic^feit,  biefer  fieitige  ©ifer,  biefe  ^eilige  greube,  bie  bie  fittlic^= 
religiöfe  Unlebenbigfeit  unfere§  aJ?otiöteben§  „flrnfen",  finb  bie  perfön* 
Iic|e  Schärfe,  mit  ber  i^r  3eu9ni§  auf  ""^  einbringt,  fo  bo^  wir 
un§  bem  ©inbrucf  auc^  be§  '^n^alt^  i^re§  ßeugniffeS  nic^t  entjiefien 
fönnen,  tt)enn  wix  un§  ni(^t  obfic^tlicf)  n^egmenben.  5)er  ^n^o^t  ifjre§ 
3eugniffe§  aber  ift  ®er,  ben  fie  olle  un§  öor  bie  5lugen  malen,  ^efuS 
öon  S^ojaret^.  ©r  aber  ift  (Sbenbilb  unb  ^errlic^feitgabglang  beffen, 
öon  bem  ©r  jeugt,  be§  Sßaterf.  2)a§  ift  bie  ®otte§=„SSorftenung"  ber 
^Religion  be§  Dienen  Seftamenb,  bie  ©onne  iljrer  SSorfleIlung§=  unb 
©ebanfenrtielt. 

®iefe  SSorfleUungötüelt  f)at  alfo  i^ren  ©runb  in  einer  perjönlic^en 
SBirflic^Ieit,  unb  fie  ift  gugleic^  fittlic^  ecf)t,  niimlic^  ein  ec|t 
9[)?enfc^lii)e§  unb  tüirflic^  §eilige§.  2Ber  in  if)r  lebt,  tüeil  er  ju  ben 
i^r  5ugrunbe  liegenben  2SirtIic|teiten  in  npirtlic^e  $8e5ief)ung  getreten  ift, 
ber  wirb  immer  lieber  fef)en,  in  wie  ^o^em  50?aBe  fie  bie  5)3^ontafie 
ju  einer  fittlic^  begeifternben  ÜJ?ad^t  ju  beleben  unb  tas,  2)enfen  an= 
jujie^en  unb  mit  i^rem  9fteic^tum  gu  befc^äftigen  unb  ben  ganjen 
3J?enfc^en  ju  ^eiligen  öermag. 

©ignet  alfo  ber  neuteftamentlid^en  SSelt  be§  S3orfteIIen§  nac^  allen 
Seiten  ^in  ber  2icf)tc^orofter  in  bem  oben  bur^  ben  ®egenfa^  be- 
flimmten  ©inne,  fo  fragen  wir  nun,  ob  "s^a^  bei  ber  inbifc^en  ^Religion 
ebenfo  ift.  Unfere  ^Beobachtungen  laffen  un§  biefe  grage  öerneinen.  ®ie 
SSorfteHungS-  unb  ^^ontafiewelt  ber  inbifdien  33olf§reIigion  wie  bie  @e- 
banfenwelt  ber  inbifc^=religiöfen  ^f)iIofopi)ie  jeigen  einen  wirflic^* 
teit§fremben  Sf)orafter  unb  ermangeln  ber  ©urc^bringung  unb 
^Belebung  burc^  bie  fittlidje  SBa^rijeit. 

G§  muB  §unäc^ft  feflgefteüt  werben,  ha^  fic^  im  inbifc^en  $SoIf§-- 
bewuBtfein  ein  9{eft  einer  reineren  ®otte§öorfteIIung  finbet,  einer  SSor* 
fteHung  öon  einer  ^elfenben  unb  rid^tenben  ®ottt)eit,  bie  nic^t  ben 
Slawen  (Siwa§  ober  2Bifrf)nu§,  fonbern  einen  allgemeinen  Slawen  trägt 
(tamulifc^  5.  33.  „^obawul").  5)ie  beften  mir  befannten  ßeugniffe  für 
biefe  reinere  SSorfteüung  finb  jwei  tamulifc^e  ©pric^wörter,  nämlic^ 
aufeer  bem  fc^on  erwöt)nten  „®em  ^ilflofen  ^ilft  ®ott",  ba§  anbere 
„®ie  ^önigSmac^t  tötet  (ben  ©c^ulbigen)  fogleic^,  bie  ®ottt)eit  fteljt 
fliH  (b.  i.  wartet)  unb  tötet  (bann)".  5öemerfen§wert  ift  auc^  bie  3lnt= 
wort  einer  Samulin  auf  bie  S'^oge,  weld)en  „©wämi"  benn  if;re  tür^^ 
lief)  öerftorbene  5l^erwanbte  im  S^obe  angerufen  [jab^.  2)ie  SIntwort 
Iqutete:  „^w  Sobe  ruft  man  bocf)  nic^t  einen  ©wämi  an;  ba  ruft  man 
jum  ^abawul*)."    ©wämi  (^err)   ift  ber  gemeinfome  9?ame  für  bie 

*)  SDJau  ßevgleic^e  aber  im  3.  Seit  ben  ?tbfd)nitt  über  bie  Xotengcbväudjc. 

2* 


—     20     — 

(Softer  unb  ^abatüul  ift  bie  83e5eic!§nung  jener  reineren  ®otte§öorfteIIung. 
Öfters  ^ört  man  aui^  bie  SBorte  „^abatüul  iruffirär",  ^a§  ift  ,,®er 
^abattjul  ift  (ja  bod^)  ha",  at§  2(u§bru(f  entmeber  ber  Hoffnung 
auf  göttltt^e  ^ilfe  ober  ber  Hoffnung  auf  göttlicEie  ^öeftrofung  eiue§ 
geinbeS. 

SSor  biefer   im    ^intergrunb    be§   S3oIf§belüu6tfein§  öor^anbenen 
reineren  SSorfteKung  öon  ©ott  fte^t  nun  aber  bie  breite  9}?affe  ber 
p^ontaftifc^en  ©ötteröorfteKungen  ber  SSolfgtrabitton,  tüie  fie  fd)riftü^ 
in  ben  „^uranaS"*)  fijiert  finb  unb  münblid§,  ttiie  ic^  ^örte,  befonberS 
Don  ben  Großmüttern  ben  Äinbern  weitergegeben  werben.  9?iemanb  wirb 
leugnen  fönnen,  ba'^  biefe  SSorftetlungen  rairfli(^teit§fremb,  p^antafttfc^ 
finb.   'äüd)  ift  e§  ^anbgrelflic^,   ha'Q,  raü^renb  jener  SSorfteßung  bom 
!^elfenben  unb  ba§  Unrei^t  räd)enben  S'abowul  eine  erfennbare  Spur 
fittitc^en    (S^arafterg    an^oftet,    bie    p§antaftifc§en    ©ötterPorfteüungen 
wefentücf)   fittlii^-inbifferent**)  finb.    S)a§  ^eigt  fic|   auc^  in  ber 
Slrt   beffen,    roa§    al§    öon    ben    Göttern    ju    @rwartenbe§    Porgeflellt 
wirb.    ®a§    ift    !eine§weg§    fittlic^e    §ilfe.  9Wan   fürchtet  ober  erf)offt 
ein  fd^äbigenbeS   ober  {)elfenbe§  göttlict)e§  (Singreifen    in    bie  irbifc^en 
SebenSüer^ältniffe    be§    einjelnen.     21I§    eine    ^Iluftration    ju    biefem 
für  jeben    ^tobaä)\ti  inbifc^en  9Solt§Ieben§  unleugbaren   2)ie§feit§c^a* 
rafter  ber  inbifc^en  23oIf§reIigion  fü^re  ic^  eine  Siußerung  eine§  Sauern 
an.    (£r    fagte    mir:    „(£§   ift  boc^  alle§  ein§,  ^abawul  ift  (£iner,  ben 
beten    wir    alle    an."    2Iuf  meinen  (Einwurf,    e§    ^anble  fic§  eben  um 
ben  aöeg,  gu  bem  einen  Gott  gu  fommen,  fu^r  er  fort:  „Sf)r  fagt, 
man  muffe,  um  ju  i§m  ju  !ommen,  bie§  onbeten,  anbere  fagen,  man 
muffe  ba§  anbeten,  ^c^  meine,  ber  befte  (SJott  ift  ber  9?agur  5lnbowen 
(ein  mo^ammebanifcfier  ^eiliger);  benn  wenn  man  i^m  an  feinem  geft* 
tage  ein  (Selübbe  tut,   fann  man  gewiß  fein,  baß  man  beim  geft  im 
näc^flen  ^a^r  ein  ^inb  auf  ben  Slrmen  mittragen  fonn."  (^tnberfegen 
gu  erlangen  ift  ber  Qmzd  fe^r  bieler  Gelübbe.)   Semer!en§wert  ift  in 
biefer  Slußerung  oußer  bem  offenbaren  ®le§feit§(^arafter  ber  Sßorfteüung 
üom    „beften  ®ott"    bie  S^atfac^e,    ta^  fid)  ber  Wann  eineg  SBefenä» 
unterfc|iebe§  jwifd^en  ber  ^abawuUSSorfteßung  unb  ben  Gotteröorftel^ 
lungen  nur  teilweife  bewußt  ift,   ha  er  bie  Slnbetung  ber  (Spötter  für 
einen  Sßeg  anfielet,  ben  ^abawul  anjubeten.  SDiefer  5Infc^auung  bin  id^ 
fe^r    oft    begegnet,    ©o    ift   bie  reinere  ^abawulöorfteüung    üon  ben 
©ötteröorftettungen  in  ben  ^intergrunb  gefc^oben  unb  bo§  SSerftänbni§ 
für  einen  Unterf^ieb  ^wifc^en  einer  fittlid^en  unb  einer  fittlic|4nbifferenten 
@otte§öorftelIung  fct)eint  ganj  ju  fehlen. 

@ine  gweite  ^Uuftration  entnehme  id^  jenem  bereite  zitierten  (Se=: 
fpröd^  mit  einem  tamulifc^en  ^arrentreiber.  2)er  3Kann  ^atte  allerlei 
©c^riften  gelefeji  unb  war  in  feiner  Söeife  gar  nid^t  o^ne  religiofeg 
9lact)benfen  unb  ^ntereffe.  Sluf  bie  i^rage:   „2Ber  ift  benn  bein  (5)ott" 

*)  Segenbenbüc^er.  **)  ©ittlicf):bebeutung§lü§,  gleichgültig  gegen 

bo§  ©ütlidie. 


—     21     — 

nannte  er  al§  „öro^en  ©wümi"  nac^einanber  ben  53auc^,  ©itöa  unb 
bie  (Sonne.  „®er  Sßaud)  i[t  ber  gro^e  ©tt)ämi,  benn  iüa§  er  forbert, 
mu^  man  i^m  geben."  „2Bq§  für  ©ucf)  Sefu§  e^riftuS  ift,  ba§  ift  für 
un§  ©itt)a;  ba§  ift  aüeS  einä;  bn§  ^örf)fte  ift  übrigens  nirf)t  ©iroa, 
fonbern  ber  (Sd)all"  (eine  Üiemtnif^enj  au§  feiner  Seftüre;  gemeint  ift 
ttio^I  ber  mt)flifc|e  Saut  „£)m" ,  eine  Üiepräfentation  be§  in^ifc^=p^Uo- 
fop^ifc^en  (S^otteebegrip).  „®ie  «Sonne  ift  ber  große  ©raämi;  benn 
Wenn  aut^  bie  englifcf)e  ^Regierung  ßanoren  auffat)ren  ließe  unb  iljr 
beföhle,  fpäter  aufjugefjen,  fie  täte  e§  toä)  nid)t."  daneben  oerfäumte 
er  nid)t,  öor  einem  am  SSege  fte^enben  ©anefatempel  ben  ß'arren  an= 
ju^nlten  unb  einige  Pfennige  m  bie  Dpferbücfjfe  öor  bem  Sempel  ju 
«werfen,  unb  eiflärte  auf  33efragen,  ber  Stempel  fönne  größer  gebaut 
werben,  hjenn  öiele  bo§  täten,  unb  baburc^  entftelje  bett  Seuten  ®ute§ 
(lüeil  (SJanefa  bieg  S3erbienft  belohnen  raürbe  burc^  allerlei  trbifct)e 
2ßo§(toten).  (So  nennt  ber  90?ann  miteinanber  Sauc^,  (Siroo,  (S^riftu§, 
(Sonne,  ©anefo;  fo  beioeglic^  —  aud^  in  biefem  (Sinne  inbifferent  — 
ift  feine  ®otte§oorfteIIung. 

jDer  ^n^alt  ber  inbifc^en  SSorfteüung  Pom  ®ött{i(i)en  ift  eben 
nic^t  ber  eine,  ^eilige,  roeltmäc^tige  SS'-iHe,  fonbern  oßerlei  SOföc^tigeg, 
SBo()Ituenbe§,  5örberlicf)c§  ober  auc^  Sd)redlid)e§,  fei  e§  ein  9Jatur* 
gebilbe  ober  ein  ©ebilbe  ber  pt)antaftif(i)en  ^uranatrabition.  ^aben 
boc^  aud^  Slüffe,  ^ü^e,  glömme  (in  ber  Sampe)  unb  ScI)Iangen  an 
ber  5Inbetung  be§  SSol!e§  teil,  ^a,  icf)  bin  im  SSolfe  be§  öfteren  ber 
SßorfteHung  begegnet,  'Da'^  alle§,  roaS  mon  mit  ben  fünf  (Sinnen  \vaf)U 
nimmt,  eine  förfd)einung  ®otte§  ift,  ober  baß  aüe§,  maö  man  für 
©Ott  ^ält,  eben  baburd)  ®ott  ift.  Unb  in  biefem  attumf  offen  ben  ®otte§= 
begriff  ttjurbe  auSbrücflid^  ouc^  ba§  ^äßtic^e  unb  ba§  Sd)Iec^te  ein= 
belogen,  bomit  bie  „gütle"  be§  ®otte§begriffe§  gemotirt  bleibe. 

^nbem  loir  ung  nun  onfc^idcn  5U  ben  föin^el^eitcn  überjugefjen, 
muffen  tt)ir  junödift  ^erPortjeben,  baß  für  febe  Sippe  if)r  „(Sippengott" 
ober  „SieblingSgott"  im  SSorbergrunb  ftct)t  o(§  9?otf)elfer,  obgleid)  fie 
fic^  taneben  entmeber  §u  ©ima  ober  ju  SBtfc^nu  al§  ^öc^ftem  ©ott 
befennt.  ®abei  ift  5U  beai^ten,  baß  oucf)  ^o^e  ©ubrafoften  al§  ©ippeus 
gott  bielfoe^  eine  öon  ben  ©ott^eiten  ^oben,  bie  „met^r  geneigt  finb, 
t>en  2Renfd)en  58öfe§  ju  tun  a(§  @ute§".  2)urc^  ©elübbe  in  9?otäeiten 
unb  burcf)  jä^rlid)e  rituelle  Seiftungen  furf)t  man  biefen  ®ott  günftig 
geftimmt  gu  cr()a(ten  ober  befonbere  ®unft  bon  ifjm  gu  erlangen,  ^ier« 
öon  tnerben  loir  fpäter  ju  fpred)en  fjoben.  ^ict  ift  nur  uorf)  ^u  he- 
merfcn,  boß  e§  ritueüe,  nic^t  ftttlicf)e  Seiftungen  finb,  lüclcf)c  bie  ©öfter 
Hod)  ber  SSottgüorftellung  forbern. 

SBlr  moHen  nun  einige  djorofteriftifc^e  3^96  flu§  bem  fester  uns 
überfef)baren  Greife  ber  ©ötteröorftettungen  miebergeben,  mie  fie  un§ 
im  SSolte  entgegengetreten  finb.  SSir  orbnen  fie  in  bie  brci  ©ruppcn 
ber  „1)orfgottfjeitcn",  ber  fiiüaitifd)en  unb  ber  Juifd)nuitifd)en 
®ottf;eitcn. 


09 


SDorfgott^eiten. 

(Sine  in  ©übtnbien  6efonber§  ^eröorragenbe  ®or[gott^eit  ift  bie 
SJJari.  Sie  ift  eine  ber  bieten  „Timmen"  (tamulifc^  für  „yjlutki"),  b.  i. 
tüeiblid^en  ®ottf)eiten,  unb  jtüar  ift  fie  bie  ®öttin  ber  ^ocfenfrant^eit, 
bie  fie  im  ßotn  über  ben  9[J?enfd^en  „ausgießt"  unb  bann  aucf)  töieber  ^eilt. 
(Sie  ift  nac^  einem  btelgefungenen  äJJariliebe  feuergeftaltig  unb  mvh 
öon  ©erlangen  umfpiett.  Über  i^ren  Urjprung  gibt  e§  öerfc^iebene  Se= 
genben.  DfJac^  ber  einen  ift  fie  bie  S^oc^ter  eine§  S3ra^manen  S3^agaU)an 
unb  einer  ^ariafrau  3l^bi,  bie  aucf)  roo^f  q1§  ^ntarnationen  öon  ©iroa 
unb  beffen  ©ema^Iin  ^orraati  gelten.  5ll§  fie  an  ben  ^oden  erfranft, 
tt)irb  fie  bon  i^ren  (£(tern  berlaffen.  Sie  fommt  pocfenfranf  in  ein 
SDorf,  um  ju  betteln,  ]iaü  in  Kleiber  in  SWargojalaub  gefüllt.  ®ie  ®Drf= 
leute,  bie  fie  fe^en,  fc^reien  ,Maül  Wfiaül"  (b.  ^.  „^ocfen")-  ®a§er 
erhielt  fie  i^ren  Sflamen  unb  würbe  jur  ^ocEengöttin. 

dlad}  einer  anberen  Segenbe  ttior  fie  ursprünglich  bie  @[)efrau  be§ 
weifen  Sonata  (ober  noc^  Slnbern  be§  ^atnötogni,  be§  5ßater§  be§  ^q* 
rafurama,  einer  ^ntarnotion  2öifd§nu§).  (Sie  war  fo  ^eilig,  bafe  fie 
feinen  2;opf  mitjune^men  brauchte,  wenn  fie  jum  g(u^  ging,  SBaffer 
äu  f(i)öpfen.  Sie  broucf)te  nur  mit  ben  §änben  in  ben  glu^fanb  gu 
greifen,  bann  formte  ber  fic^  bon  felbft  jum  Sopf.  ^l§  fie  eine§  Sage§ 
tt)ieber  jum  gtu^  gegangen  mar  unb  ftd^  über  ha^  SSaffer  beugte,  fa^ 
fie  im  SSaffer  ba§  Spiegelbilb  bon  ^immlifc^en  SSefen  (®^anbarben), 
bie  über  i§r  in  ber  Suft  ^inftogen.  „SSie  fc^ön  finb  bie!"  badete  fie, 
unb  biefer  (Bttanlt  wav  für  bie  ^eilige  jc^on  Sünbe.  ®arum  rann 
ber  gluBfanb  i^r  nun  burc^  bie  ^anb  unb  bilbete  feinen  Sopf.  Sie 
mufete  o§ne  SBaffer  nac^  ^aufe  fommen.  ®aburc^  erfuhr  i^r  geftrenger 
ß^e^err  ha§>  ©ejcfief^ene  unb  berbammte  fie  jum  geuertobe.  Sdjon  tüor 
l§r  ^opf  bom  geuer  berje^rt,  al§  ber  ©eftrenge  burcf)  feinen  Soi)n 
bewogen  würbe,  fie  ju  retten.  (£r  fe^te  auf  ben  fopflofen  Stumpf  ba§ 
§aupt  eines  Unge^euerg,  unb  al§  er  bie  S3ranbnarben  an  i^rem  ß'ijrper 
fo^,  beftimmte  er,  ta^  fie  fortan  ®öttin  ber  ^ocfen  fein  foHe.  ^laä) 
einer  anberen  S'Oi^nt  biejer  Segenbe  ^at  ber  So^  felbft  auf  Sefe^I  be§ 
SSater§  ber  50?utter  ben  ^opf  obgefdjlagen,  wofür  i^m  eine  ®nabe  im 
borau§  gewährt  war.  (Sr  erbat  fic^  bann  bie  ®nabe,  ber  90tutter  ben 
^opf  wieber  auffegen  unb  fie  Wieber  lebenbig  machen  5U  bürfen.  5Iu§ 
S3erfef;en  fe^te  er  i§r  aber  einen  anbern  ®opf  auf. 

@§  gibt  auc§  noc^  anbere  (Srjä^iungen  über  ben  Urfprung  ber 
93?ari.  So  foll  fie  mit  anbern  böfen  ®ott()eiten  burrf)  ben  gtuc^  ^ei= 
liger  9tifd§{§  au§  ®öttern  ober  ^tiefen  entftanben  fein  ober  mit  ber 
^ali  unb  anberen  jufammen  au§  bem  Si^wei^  ber  ^arwati,  ber  ®attin 
be§  SiWa. 

3Kari  erfc^eint  nid^t  nur  in  bem  erwäbnten  Siebe,  fonbern  ouc| 
in  bilblid^en  SDarftettungen  juweiien  in  SSerbinbung  mit  Sii)tangen. 
®a§  3}Zaribi(b  eine§  berühmten  SlkritempetS  befte^t  m  einem  bon 
Sd;Iangen   bewohnten  (ober  bewofjnt  gewefenen)  teeren  Stermiten^ufen, 


—     23     — 

unb  auä)  in  [teinernen  2)QrfteIIungeii  erfc^eint  dJlaxi  manchmal  bon 
€tner  ©erlange  umrounbeu,  beren  ^opf  übet  ben  ^opf  ber  ©btttn  ^{n= 
aufragt,  ^n  bem  bei  t§ren  geften  gefungenen  langen  Siebe  tüirb  bie 
©öttin  in  immer  neuen  SBenbungen  gepriefen:  „^etn  ®ott  ifl  mie  bu; 


5>ic  (Bottin  IvUi. 

bu  t)eirfcf)eft,  mirft  überall  gepriefen,  be[trafft  beine  3?eräcl)ter."  (Sie 
n)irb  angefleht:  „^omm  bon  beinen  Stempelroofinfi^en  ju  un§  ^ier^er, 
erbarme  bid)  beiner  S^inber,  fiel)  un§  an,  quäle  un§  nic^t,  bergib  unsere 
33erge()ungen,  laf?  bom  ßoicn  unb  nimm  bie  ^ranff^eit  fort  burc^  bein 
äRargofatoub." 

©ine  anbere  biefer  lueiblic^cn  ©ottfjciten  ift  bie  graufame,   bluN 


—     24     — 

bürflige  üälWämmtn,  bie  ©öttfn  ber  (Spolera.  (Sine  britte  ifl  ^ü= 
bari,  beren  boS^afte  2(rt  fprtci^lüörttiti)  befannt  ift;  benn  man  fagt 
öon  einem  Spanne,  ber  eine  fe^r  bo§!^afte  @{)efrau  ^ot:  „SDem  ge§t'§, 
qI§  ob  er  bie  ^übort  jelber  geheiratet  ^ätte."  @ie  fc^eint  ttjefentltc^ 
mit  ber  öiel  bere[)rten  SeHei^^lmmen  (®ren5=®öttin)  ibentif(^  §u  fein, 
bie  man  burc§  blutige  Opfer  ju  belüegen  fudit,  alle  anbern  ®ämonen 
bor  fid)  §er  au§  bem  SDorf  bi»  an  bie  ©renje  gu  treiben,  inbem  fie 
öon  einem  üPanne  SBeft^  ergreift,  ber  einen  Sopf  toott  9tei§  unb  Dpfer= 
blut  öon  i^rem  Sempel  bi§  an  bie  ©orfgrenje  trägt.  (SoI(f)e§  „53e= 
fifeergreifen"  (53efeffenma(i^en)  üben  aud)  bie  unter  bem  Dramen  ber  „5 
(ober  7)  Jungfrauen"  befannten  töeiblid^en  (SDttI)eiten. 

SSon  ben  männlichen  ©orfgott^eiten  ift  bie  bebeutenbfle  ber  Slije* 
nar,  ein  ©o^n  be§  ©itt)a  unb  2Sifrf)nu,  öon  benen  le^terer  bie  ®e= 
[tatt  eines  öertocfenben  2öeibe§  angenommen  l^atte.  ©r  reitet  bei  9^aci)t 
mit  feinen  gelben  (ben  Söirern)  um  bie  SDorfflur  !^erum  auf  törnernen 
^ferben,  bie  it)m  ju  biefem  ßtrecE  öon  feinen  SSere()rern  om  Sempel 
aufgeftellt  merben.  SSer  i^m  auf  biefem  9titt  begegnet,  ben  fc^Iägt  er 
gerabe  mie  bie  2:eufel,  gu  beren  5lbn)e^r  er  ben  9?itt  mad^t. 

®er  iBerüljmtefte  unter  ben  Sßirern  ift  in  ©übinbien  ber  50?  a= 
burai=2Biren  („§elb  öon  SKabura").  (£r  mar  nac^  ber  Segenbe  ein 
©oljn  be§  Königs  öon  Senare§.  S3ei  feiner  ©eburt  mürbe  buri^  ta^ 
Jporof!op  feftgcfteKt,  bem  Könige  unb  feinem  O^eidie  bro^e  burc^  biefe& 
ä'inb  ber  Untergang,  me§^alb  ber  ^'önig  auf  ben  dlat  feiner  SBeifen 
ben  Sefeljt  gab,  i!^n  in  ben  SSalb  §u  bringen  unb  bort  gu  töten, 
©iefer  Sefel^I  mürbe  ober  nic^t  ausgeführt,  fonbern  man  fe^te  i^n  nur 
im  SBalbe  au§.  5Dort  fuc^te  ein  ©c^ufter  ©erbftoff  für  Seber,  ber  ha^ 
^(nb  fonb  unb  aufwog,  meil  er  ünberloS  mar.  21I§  er  ^örte,  t>a'^  ber 
ß'önig  e§  erfat)ren  i)ühc,  flo^  er  mit  bem  ^'inbe  in  ta^  Sanb  äRabura. 
®ort  (ernte  auc^  ber  Junge  ba§  ©d^ufterljonbmerf  unb  arbeitete  mit 
feinem  ^flegeöater.  9^un  mürbe  biefer  einft  beS  9^ac^t§  al§  2Bäc|ter 
neben  eine  ^ütte  gefteßt,  in  ber  SSommei  S'Jajai^i,  bie  %oä)kx  eineS 
®ro|grunbbefi(^er§,  megen  ©intrittS  in  i>a^  ermocf)fene  5IIter  na^  Sanbe§* 
fitte  einige  2Bo(^en  lang  au^er^alb  bc§  Drte§  roo()nen  mu|te.  2)er 
5llte  mürbe  !ronf  unb  fteHte  feinen  ^f(egefo§n  at§  ©teHöertreter  auf 
hk  2öad)t.  ®er  öerfpottete  ba§  3)(äb(^en,  bie  i^n  beSfialb  ©c^ufter- 
funge  fc^alt.  ®a  er§ä§Ite  er  if)r,  ma§  er  öon  ®eburt  fei,  unb  über* 
rebete  fie,  mit  i£)m  §u  fliegen.  Sll§  be§  9}?äbc]^en§  SSater  i^n  berfolgte, 
tötete  er  i§n  mit  eigener  ^anb.  @r  tam  nad)  äJkbura  unb  trat  bort 
al§  Offizier  in  ben  S)ienft  be§  großen  StbnigS  Sirumala  9^üi!,  bem  er 
im  Kampfe  gegen  Siäuberbanben  gute  ®ienfle  leiftete.  SSegen  allerlei 
l^iebf^aften  mit  ^aloftbienerinnen  mürbe  er  fc^lie^lid),  al§  man  i^n 
beim  9J?auerüberfteigen  abfo^te,  auf  33efef)l  be§  SönigS  ^ingerid^tet.  @r 
erfc^ien  aber  bem  Könige  im  3;:roum  unb  fagte:  „©o  treu  ^abz  id^ 
bir  gebient,  unb  nun  ^afl  bu  mic^  megen  eine§  SSeibeg  töten  laffen! 
jDafür  foUft  bu  nun  anorbnen,  \)a^  öon  allen  ®Dtte§bien[ten  immer  ber 


^0 


erfle  mir  getan  tüerbe."  ®er  ^önig  ge^orcf)te  biefem  S8efe§l  unb  feit= 
bem  tüurbe  bie  SSere^nmg  be§  3Kaburai=2ß{ren  Sitte.  9}?an  fie^t  i^n 
bnrgefteHt  mit  ber  S3oramet  9?QJad)i  an  feiner  (Seite  unb  mit  bem 
^opfe  if)re§  S3ater§  unter  feinem  gu^.  Seine  Stbenteuer  werben  bi§* 
»eilen  bei  Slijenarfeften  bramatifd)  bargefteüt.  ©iefer  Offizier  be§  ^u 
ftorif^en  Sirumala  dlaxt  ift  wa^rf(^einlic^  eine  ^iftorifd^e  ^erfönlic^* 
feit,  wenn  er  aud)  nid)t  gerabe  ein  ^önig§fo^n  au§  53enare§  gewefen 
fein  tt)lrb.  (S§  fommt,  mie  ic^  beflimmt  tüeiß,  oft  öor,  ba^  2eute,  bie 
eine§  geroaltfamen  Sobe§  fterben,  al§  SSirer  ober  Timmen  göttlich  ber* 
ef)rt  lüerben.  —  5lu^er  ben  genannten  gibt  e§  noc^  etliche  5lmmen  unb 
SSirer,  öon  benen  einige  auc§  9[Runi,  b.  i.  2Beife,  genonnt  werben,  5.  33. 
bie  graufame  5lngaI=2Imnien,  n)elcf)e  bie  „Sieblingggott^ett"  etlid^er 
^'aufmonngs  unb  $anbtt)er!er!aflen  ift,  ben  ^aruppen,  ben  ^aftengott 
ber  Diäuber  unb  Solbaten  unb  enblid)  ben  ajJanifam,  ^ottatuiraljen, 
äliananfattan,  bie  ^ätteri,  ®argai=?lmmen,  ^amotfc^i,  ^etfc^i  u.  a. 
S^re  ®ef(^icf)ten  finb  fdiwer  ju  fonftatieren.  ©ie  beiben  le^tgenannten 
fdjeinen  mit  ber  Waxi  ibentifijiert  ju  werben;  öon  ben  anbern  gelten 
einige  aud^  roof;!  al§  ^nfornationen  be§  Siwa  unb  ber  ^armati. 

®a§  ©efagte  wirb  jur  (J^arafteriftif  biefer  erften  ®ruppe  bon 
©ott^eiten  genügen.  Stufmerffam  mad)en  möcf)te  ic^  nur  nod^  barauf, 
ha^  eine  9ici^e  bon  i^nen  offenbar  animiftifcf)en*)  UrfprungS  ift, 
wie  fc^on  angebeutet  würbe.  S<^  ^o6e  oud)  burc^  eine  9tei§e  bon 
3eugniffen  feflfteüen  fönnen,  ha^  e§  in  allen  haften  üblid^  ift,  in  ber 
gamilie  berftorbcne  (S^efrauen  unb  3ungfica»en  fpäter  bei  gamilien= 
feflen  göttlich  5U  bere^ren.  Sie  ^ei^en  9?abuwüfjtufart,  b.  i.  bie  im 
SOiittel^aufe  (wo§I  nac^  bem  Ort  ber  ?lnbetung)  ober  ^i^ubabaÜari,  b.  i. 
t>it  mit  ^^lumen  unb  Stieib  (nämlid^  Söeftattete,  wie  e§  bei  @t)efrauen 
unb  Jungfrauen  gefd)ief)t).  5lud^  „^anni-Stmmen",  b.  i.  Jungfrau, 
werben  fie  woijl  genonnt.  L. 

Siwaitifd^e  ©ott^eiten. 
^ter  muffen  wir  noc^  biel  me^r  wie  bi§^er  bon  bornfierein  gänj* 
lic^  barauf  berjic^ten,  eine  ©arfteüung  be§  ganzen  maffenfjaften  Jn* 
^alt§  ber  fiwaitifd^en  ©ottergefc^ic^ten  unb  ^eil{gen(egenben  ju  geben, 
wie  fie  in  ben  Siwa=^urana§  unb  im  „^eria^^urana"  **)  borliegen.  ©§ 
f)anbe(t  ficf)  barin  um  immer  neue  Slämpfe  5Wifc^en  ©öttern  unb  Ütiefen 
(5(fura)  unb  um  mannigfarf)e  irbifdje  ©rfdjeinnngen  be§  Siwa  unb  um 
Darftellungen  ber  leibenfc^aftlic^en  „®otte§liebe"  fetner  ^eiligen.  Jene 
kämpfe  berlaufen  meift  fo,  bo§  irgenbein  9iiefe  burd)  baS  aufge()äufte 
SSerbienft  bon  Opfern  ober  ^afteiungen  übergroße  äJ?ad)t  erlangt,  mit 
ber  er  bie  ©ötter  bebro^t,  unb  ba^  bann  bie  ®ötter  Siwa  um  §ilfe 
bitten,  worauf  biefer  —  mand)mai  ouc^  burd)  feine  Sö()nc  ®anefa 
unb    Subramania   —  fie    gewaltig    rettet  unb   ben  9ticfcn  bernic^tet. 


*)  9(nimiC'ntuö  =  'Jtnbetung  bev  SSeiftorbencn.  **)  ÖJvüfec  Segenbe. 


26     — 


®{e  inbifd^en  @rfc£)einungen  be§  ©iroa,  5   5ö.  qI§  SSeggenoffe,  qI§ 
mütterliche  ^ebamme,  a(§  öe^rer,  al§  ^otäträger,  ©rborbeiter,  SÖettler, 


'-Kinc  beliebte  £)air|leUung  Ötivas. 


Säger 


iferbefjäubler,  Stönig,  gefrf)e^en  gu  bem  Qwcd,  bem  einen  ober 
bem  anbern  SKenfd^en  §Ufe  ober  Sele^rung  ju  geiuä^ren.  (Sin  öolfö* 
tümlic|e§  9ieHgion§buc|  jagt  barüber:  „Dbtoo^I  <BitDa  immateriell*)  im 


*)  ®ei[tig. 


—     27     — 

Innern  ntter  ®ee(en  ru^t,  erfd^eint  er  bodt)  ben  (Seelen,  bie  i^  bort 
no(^  nid^t  erfennen,  obieftio^materiell  al§  bie§  unb  bQ§."  ©in  berartiger 
„moniftifc|er"  ®(nfc|Iag  trilt  tatfäc^ltrf)  in  ben  ^urana§  öfter  jutage  unb 
ift  eine  gen)iffe  ©runbloge  für  bie  immer  n)ieber^o(te  33e^uptung  in« 
bifct)er  ©elei^rter,  ha'^  bie  ^uranagefc^ic^ten  ©intteibungen  p^^ilofoptjifc^er 
SSo^r^eiten  feien,  bie  bem  SSolfe  fonft  nic^t  berftänblic^  mären.  ®a§ 
„@inf(eiben"  ift  aber  nic^t  fo  gu  öerfte^en,  ba^  bie  ®efc|ic^ten  nur 
bilblic^  5U  nehmen  finb.  SSielme^r  gelten  fie  bti  ben  ortf)obojen  ®e= 
lehrten  al§  mirftic^  gefc^e^en  unb  bie  betreffenben  ©rfc^einungSformen 
be§  ©ima  al§  mirflic^  geitroeilig  „in  ©naben"  um  ber  ©eelen  mitten 
angenommene  materiette  formen,  gür  bie  9teligion§roiffenfc|aft  märe  e§ 
eine  intereffante  5lufgabe,  gu  unterfuc^en,  luiemeit  bie  öerfc^iebenen  Se^ 
ftanbteile  ber  ©troa^Sßorftettung  ouf  ottbramiDifc^e  9?eminif,^en5en*)  einer 
bämonolatrifc^en^'")  Dteügion  5urücfge§en  (ein  ^^einame  be§  ©ima  ift 
5.  ^.  „ber  mit  ben  S^eufeln  2;an5enbe"),  unb  mieroeit  fie  arifc^en  Ur- 
fprung§  finb.  ©iroa  ^ei^t  oB  Stttjerftörer  „ber  Seic£)enbrennpla^tän5er", 
meit  er  am  (Snbe  jeber  SBeltjeit  atte  SBetten  Perbrennt  unb  bann  attein  gleich« 
fam  auf  bem  2Be(tenbrennpIa|  tangt.  ©o  trägt  er  auct)  ai§>  ^rauj  bte 
©d^äbel  ber  ©otter,  bie  er  bann  mitüerbrennt,  unb  feine  feuerfarbige 
©eftalt  ift  mit  Stfc^e  beftrid)en.  ©iroa,  ber  Slttjerflörer,  ift  ber  ©ritte 
in  ber  inbifc^en  Srimurti,  b.  i.  2)reigeftalt.  ®ie  beiben  anbern,  58rat)ma 
(ber  Slttbilbner)  unb  2Sifc!^nu  (ber  5lttert)oIter)  finb  bem  ©iroaiten 
aber  nur  ©ebilbe  unb  ©iener  be§  ©ima.  53ei  ben  Söifc^nuiten  ift  e§ 
umgete^rt.  €b  auc^  in  ber  ©eftalt  biefe§  att^erftörenben  üe"ei^90tte§ 
altbramtbif(^e  a^eminifjenjen  ju  fuc^en  finb? 

SIuc^  bie  ^eUtgen^Segenben  be§  ^eria  ^urana  (®ro§en  ^urana) 
erforbern  eine  eigene  58e^anb(ung.  gür  Pergletcf)enbe  9teIigion§forf(^ung 
bieten  biefe  ©arftettungen  leibenfc^aftlic^er  S§ofti  (Eingebung,  ©epotion) 
unb  i^reS  rituellen  unb  juraetten  a§tetifc|en  ®otte§bienfte§  einen  ^oc^- 
intereffanten  (Segenfa^  ju  bem  „Pernünftigen"  et^ifc^^fojialen  ®otte§= 
bienft,  ben  ba§  9?eue  3:eftament  9ti3m.  12  unb  fonft  forbert. 

Um  aber  menigften§  ein  53eifpiel  au§  bem  ©ebiet  ber  ©in)aPor= 
ftettung  ju  geben,  greifen  mir  eine  ©efc^ic^te  ^erau§,  bie  einerfeitS  bie 
et^ifc^e  ^nbifferenj  biefcg  93orftettung§freife§  ittuftrlert,  unb  anbercr= 
feitS  eine  ganje  9iei^e  ber  Slttribute  ertlärt,  mit  benen  ©ima  in  ber 
gemö^nlic^en  ©arfteÜung  al§  „Stanjenber"  erfdjeintv).  SBir  entnef)nien 
bie  ©rjäljlung,  ber  mir  im  ^olfe  öfterö  begegnet  finb,  einem  Polt5= 
tümüdjen  58ucf)e  firoaitifcf)er  S^enbenj: 

Sn  einer  früheren  SBeltjeit  lebien  im  Söalbe  Saruta  etlid^c  Söeife 
(9?{fc^i§).  ©ie  Permeinten  burc^  i^re  Opferteiftungen  bie  ©rlöfung    cr= 


*)  2llttamuliid)e  övimierungcn.  **^  Xcufelnnbetcnben. 

t)  2)et  „Sanj"  be§  Sirca,  feine  i-^i)t{}mifd)e  33eiuegunp  rber  33etntigun(], 
bcbeutel  in  ber  *4>^iloiop^ie  bie  n[Ie  23elt  buid)bvhu]ciibe,  ihm  ipldenb  leirtne 
3lu6übung  feiner  „fünf  iföerte",  nämlid)  2d)i3pfung,  (Svlialtuiig,  Sfcgievuutj, 
S5erl}üQung  ber  Seelen  unb  'iöegnabigunij  ber  Seelen. 


—     28     — 

langen  gu  fönnen  unb  roaren  o[)ne  jebe  ©otteSliebe  (b^a!ti).  ®a  er* 
barmte  [id^  i^rer  ©iltta  unb  befdito^,  fie  gnäbig  au§  bent  Irrtum  i^rer 
SSerfgerec^tigfeit  ju  befreien.  @r  na^m  ben  SSifc^nu  in  ®eflalt  eine§ 
öerlocfenben  2Seibe§  mit  unb  erfc^ten  felbft  al§  53ettler  bei  ben  2Bo^= 
nungen  ber  Stifc^i.  5J)ur(^  ben  füfeen  ^lang  feiner  (Stimme  unb  bie 
übernjölttgenbe  ©d^ön^eit  feiner  Srfc^einung  üerfü^rte  er  bie  fieiligen 
grauen  ber  9?ifc^i§,  njö^renb  gleic^jeittg  ÜBifcftnu  in  SSeibeSgeflalt  bte 
9fJifd)i§  felbft  toerlocfte.  5II§  bie  9tifc^i§  i^re  grouen  gefc^änbet  fanben, 
befc^Ioffen  fie  fid^  ju  räcEjen  unb  ©iroa  burc^  bie  ^roft  eine§  Cpfer§ 
ju  öerberben.  Xa  entftanb  au§  i^rem  Opferfeuer  guerft  ein  gettjoüiger 
2;iger  mit  geueraugen.  2)er  ttjollte  @ima  gerrei^en.  Slber  biefer  tötete 
i^n,  äog  it)m  ba§  %eU  ah  unb  fc^tang  e§  fic^  um  bie  ^üfte.  Xann 
tarti  au§  bem  geuer  ein  ^irf^.  2;er  fc^rie  unb  brang  auf  ©iwa  em. 
?lber  biefer  na^m  i^n  auf  feine  linte  §anb.  ®ann  famen  öiele  ©erlangen 
rote  eine  gro§e  glut  unb  fpten  giftige  glammen.  Stber  ©iroa  bef^roor 
fie  unb  fi^Iong  fie  fid^  um  5(rm,  gu^  unb  §üfte.  SDann  liefen  bie 
Siifc^iS  i^re  ßouberfprü^e  in  ©eftalt  einer  ^anbtrommel  auf  ©iroo  ein* 
flürmen,  aber  auc^  bie  na^m  er  auf  eine  feiner  Pier  §änbe.  2)ie  3iif(^i§ 
ooll.^ogen  nun  PoII  ßoi^n  ein  ^roeiteS  Dpfer.  SS^araug  entftanb  ber  ^elb 
lO?ula|adE)en.  2)en  fd)icften  fie  famt  bem  Dpferfeuer  gegen  ©iroa.  ^ocf) 
biefer  na^m  "öa^  geuer  auf  feine  britte  ^anb  unb  trat  ben  SRuIoiac^en 
unter  feinen  red)ten  5u§.  5)orauf  Perftuc^ten  bie  Siifc^iS  ©iroa.  5ll§ 
aber  aUeS  Pergebücb  roar,  rourben  fie  feine  33ere^rer  unb  erlangten  bie 
(Srlöfung.  ©o  bie  Srgö^Iung.  "^^v  entfpred)enb  roirb  ber  tan5enbe  ©iroa 
mit  bem  SigerfeH,  bem  ^irfc^,  ben  ©erlangen,  ber  ^onbtrommel,  bem 
Dpferfeuer  unb  bem  niebergetretenen  9Jiulajac^en  borgefteHt. 

®ie  grau  be§  ©iroa  ^orroati  („Serggöttin"),  bie  in  einer  fe^r 
häufigen  ©orftellung  neben  i§m  auf  bem  ^eiligen  ©tier  reitenb  erfd^eint, 
gilt  in  ber  ^^ilofop^ie  al§  eine  ©eftaüung  ber  mannigfoc^en  ©afti 
(„Sraft")  be§  ©iroa,  burc^  bie  er  feine  fünf  SBerfe  tut.  ®a§  Sßol! 
ibentifijiert  bie  ^arroatt  Pielfacf)  mit  ^ali  ober  SOfari  ober  anbern 
roeiblic^en  ©ott^eiten.  ^n  ben  Segenben  erfd^eint  fie  ober  Uma  neben 
©iroo  auf  bem  ©tier,  fo  oft  biefer  unter  33lumenregen  unb  ^immlifc^er 
9)?ufif  fommt,  um  einen  feiner  SBere^rer  jum  So^n  für  feinen  ®ienft 
in  feinen  ^immel  auf  bem  .^'ailofaberge  aufzunehmen,  roo  bie  §eere  ber 
f)immlifc§en  ©änger  unb  OJZufifanten  roo^nen. 

SSir  fommen  nun  ju  einem  ganj  befonberg  Piel  Pererjrten  firoai= 
tifd^en  @ott,  ben  ouc^  bie  SSifd^nuiten  mitanbeten.  (£§  ift  ©anefa 
(„^eereS^err").  (£r  ^ei^t  tomulifc^  ou^  ^^ütteiar,  b.  i.  „^rinj".  (£r  ift  ein 
©o^n  be§  (Bitoa  unb  ber  ^arroati,  ift  Pierarmig  unb  bat  einen  (Sie* 
fantenfopf  unb  einen  runben  53auc^.  ©ein  2:empel  ober  2:empelcf)en 
fe^tt  feiten  tu  einem  ®orf  unb  finbet  ficf)  auc^  in  ben  ©trafen  ber 
größten  ©tobte,  ^ie  ©efc^ic^te  feineg  UrfprungS  roirb  Perfc^ieben  er= 
iü^t  9Joc§  ber  einen  Überlieferung  ift  er  Pon  ^arroati  ou§  ©taub 
gebilbet,  ben  fie  ftd^  abrieb,  unb  bann  5um   SBäc^ter  i^rer  SBo^nung 


—     29     - 


befteöt.  2l(§  er  einmal  quc^  <Bima  nic^t  ^ineinlaffen  iroUte,  fc^Iug  tf)m 
biefer  ben  ^opf  üb.  ^arroati  tüoUte  nun  nid^t  mit  <Bhva  fprec^en,  bi§ 
er  feine  (Seifler^eere  ougfc^icfte,  um  bem  erflen  SebetDcfen,  bog  fie  mit 


©icüds  öol)n  (Bancfa. 

bem  ^opf  nad)  ^Korben  fdjlafenb  fänben,  ben  ^opf  Qb5ut)auen  unb  ^er= 
beizubringen.  ®iefe  fanben  einen  ©[cfontcu  unb  braci]ten  befleu  Uopl 
ben  bann  ©ima  bem  ©anefa  auffeile.  SRad)  einer  anbcrn  Überlieferung 
Dcrior  öanefa  feinen  urfprünglicien  ftopf  burd)  ben  53Iicf  be§  Unglücf§= 
gotte§  ©ani  (b.  i.  bcr  ©tern  Saturn),  al»  aüc  ®i3tter  fnmen,  um 
^armatig  neugeborenen  ©ol;n  ä"  je^^n.  ©ani  moUte  fid)   im   ^intcr^ 


—     30     — 

grunb  galten,  um  bem  ^inbe  nic^t  gu  fc|aben;  ober  ^amati,  bie  nict)t 
an  bie  UnglücfSrairfung  felneg  3luge§  barf)te,  fc^olt  i^n  unb  [orberte 
i^n  auf  heranzutreten,  ©r  tat  e§,  unb  be§  Äinbe§  ®opf  öerbrannte 
burc^  feinen  S3Iicf  5U  2lfc^e.  58rat)ma  jc^iifte  nun  «Sani  au§,  um  ben 
^opf  be§  erften  S:iere§  gu  bringen,  ba§  er  mit  bem  ^'opf  noc^  9?orben 
liegenb  fänbe.  ^a§  lüor  ein  (älefant,  befjen  §aupt  ©anefa  aufgefegt 
irturbe.  ^arirati  aber  lüar  nid^t  bamit  aufrieben.  Um  fie  ju  tröften, 
tourbe  beftimmt,  ta%  ©anefa  immer  guerft  öor  allen  ©Ottern  angebetet 
ftjerben  foüe,  unb  fo  polten  e§  bie  SJ^enfc^en  aud)  ^eute  noc§.  9?a(^ 
einer  britten  Überlieferung  ift  ©anefa  plö^Iic^  in  feiner  je^igen  ©e- 
flolt  geboren,  ba  feine  Gitern  ®tn:a  unb  ^artüati  einmal  (Slefanten* 
geftalt  angenommen  Ratten,  ^n  §ö§erem  «Sinne  foE  ©anefa  eine  ®e= 
ftaltung  be§  Sauteg  „aum"  ober  „om"  fein,  au§  bem  bie  Soeben*) 
entflanben.  (£r  §ei§t  auc^  SBiffineStroro  (9^ot^eIfer).  —  (£r  liebt  ®üBig= 
feiten  unb  ßu^en.  ^n  einer  feiner  Pier  ^änbe  ^at  er  ftet§  einen 
Suchen,  unb  aU  einmol  einer  ber  ©ötter  gro^e  Dpfer  beranftattete, 
um  (Sima  ju  Perberben,  unb  ©ima  ben  ©anefa  ausfc^icfte,  um  ben 
Opfernben  ju  ^inbern,  gelang  e§  biefem,  ben  ©anefa  boburi^  aufju^ 
galten,  ha^  er  i^m  Suchen  auf  ben  2ßeg  ftreute.  ©anefa  f)ob  fie  ein= 
jeln  auf  unb  üerfäumte  borüber  ben  Stuftrag  be§  SSaterS.  2)er  Slnfang 
eine§  tamuüfc^en  ^'inberliebe§  jum  greife  ®anefa§  lautet:  „^n  Oi 
gefönte  Indien  moflen  mx  mit  ßucfergeug  öermengen,  ©ü^tartoffetn 
bereiten  unb  ^Bananen  fd)ölen  unb  mit  ltanbi§  bir  ju  effeu  geben,  ©a* 
nefa;  f(atfct)e  in  bie  §önbe,  ber  bu  fünf  ft'ofoSnüffe  unb  üier  SKafe 
@üBig!eiten  unb  ^örbe  doli  9JJangofrü(^te  in  einem  Slugenblid  5U  Per= 
je^ren  bermagft!" 

2tl§  ©anefa  heiraten  fotlte,  fagte  er:  '^d)  heirate  nur  eine  f^rau, 
bie  fo  fc^ön  ift  lüie  meine  älfutter.  2)orüber  erjürnt,  orbnete  ©iroa  on, 
ha'iß  er  folange  an  S^eic^en  unb  SSrunnen  flel)en  folle,  wo  bie  SSeiber 
l^infommen,  SBaffer  ju  fcf)öpfen,  bi§  er  ein  SBeib  gefunben,  ba§  feinen 
öertuegenen  51nfprüc6en  genüge.  2)ementfpred)enb  fiel)t  mon  auc^  ^äufig 
an  fol(^en  ©teilen  tleine  ©anefatempel.  ^aij  einer  anbern  ©rjölilung 
fieiratete  ©anefa  ouf  Stnotbnung  feiner  (Sltern  bie  beiben  S^öc^ter  be§ 
33ra^ma,  nomen§  ©itti  unb  5öubbt)i  ((Srfolg  unb  Slug^eit).  ®nnefa  ift 
fe^r  flug.  ©inft  Perfprac^  ©iroo  bemjenigen  feiner  ©ö^ne  eine  golbene 
9}?angofrurf)t,  ber  am  fc^nellften  einen  2auf  um  bie  SBelt  öoübringen 
lüurbe.  ®er  Vorüber  be§  ©anefo,  ©ubramania,  ftürmte  fogleic^  babon, 
um  bie  SSelt  ju  umlaufen,  ©anefa  aber  ging  rul)ig  um  feinen  93ater 
^erum  unb  fagte  bonn:  „©ib  mir  bie  9}{ango,  benn  bu  bift  mir  bie 
SSelt!"  ©r  erhielt  natürlich  bie  gruc^t. 

2Iu(^  ber  Vorüber  be§  ®anefa  ©ubramania  fpielt  eine  nic^t 
unbebeutenbe  9ioIle  im  fimaitifcf)en  ©ötterfreife.  (£r  ift  ein  gü^rer  ber 
Öeere  be§  ©iroa.  Urfprünglic^  fc^eint  er  ein  braiüibifc^er  S3erggott  ge= 
roefen  ju  fein,  ©eine  berül)mteften  2;empel  liegen  auf  ober  an  33ergen. 

*)  Urfd)riften  ber  inbifc^en  ^^ilofopfienreligion. 


—     31     — 


©r  §Qt  flucf)  einen  brairibtfdjen  9?Qmen,  nämtic^  9D?unigen,  unb  gehört 
5U  ben  ®Dtif)etten,  bie  oft  bon  if)rcn  SSeief^tern  33efi^  ergreifen,  ^c^ 
^Qbe  foIc|e  bon  ben  ^Betreffenben  felbfl  unb  bon  ben  ßufc^auern  auf 
ÜKurugen  jutücfgefüfirte  33eieffenfjeit§5uflänbe  tüieber^ott  gefefjen.  (g{n= 
mal  ontniortete  bie  5Befeffene  auf  bie  birelt  an  fie  gerichtete  groge: 


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Qubramania,  bec  inbifd)c  ^Rriegsßott. 

„?öie  fieißt  bu?"  mit  ben  SSorten:  „%&^  bin  90?urugen".  ©ubramania* 
SKurugen  tjot  fec^g  fti3pfe  unb  jraei  ^^raue».  eine  au§  ^oljem  unb  eine 
au§  nieberem  ®efc^lerf)t,  „um  ju  §eigen,  \i^^  er  aüen  ft^aften  gnäbig  ift." 
5(u|er  biefen  jroei  <2i3f)nen  flammt  bon  ©iroo  noc^  ein  9iiefe 
2Birab()abra.  ©iroa  bilbete  i^n  au§  Boi^n,  alg  ber  Sßater  ber 
^arroati  feine  2ocf)ter  einmal  eine  S3ettlcr§frau  gefc^oUcn  ^atte,  loeil 
©iira  juroeiten  in  33ettlergcftalt  erfcl)ienen  ift.  ©ima  fcl^icftc  ben  2Bira= 
bijabra  unb  liep  burc^  it)n  ben  ©c^iuiegcrbatcr  erfcljlogen. 


-     32     — 

©ine  ©ott^eit  be§  fimaitifc^en  ^reife§  tft  aud)  ber  fliergeflattige 
©Ott  $J?anbi,  ber  jugleic^  ta§>  Stetttier  be§  ©titia  unb  fein  unjer^ 
trennltc^er  SSegteiter  unb  in  einer  befonberen  ^nfarnation  ber  göttliche 
Se'^rer  einer  ftrengen  (Se!te  öon  ©iwaiten  (ber  SSira=@aitt)er)  t[t.  SDhn 
fiefit  (Stierbilber  üor  jebent  ©imatempet;  aber  eine  befonbere  S3ere!^rung 
be§  9'Janbi  [)Qbe  iä;  im  Samulenlanbe  nid^t  beoba(f)tet.  @ie  jc^eint  me^r 
im  ^anorefenlanbe  üblic^  gu  fein. 

SSifc^nuitifc^e  ®ott§citen. 

SBifd^nu,  ber  bitterkalter,  ift  ein  oltroebifd)er*)  ®ott,  föie  benn 
überhaupt  bie  mtfc^nuitifd^e  3)?^t^Dlogie  n^o^I  jmeifelloS  mefjr  arifc^en 
Urfprung§  ift  al§  bie  fiipaitifc^e.  <Sie  ift  nic^t  weniger  umfangreich  al§ 
bie  le^tere,  unb  njir  fönnen  nur  bie  Seile  au§  i^r  ^erbor[;eben,  bie 
un§  im  SSolfe  befonber§  begegnet  finb. 

S)a  !ommt  guerft  ber  Sn^Q^t  ber  beiben  großen  (Spen**)  üiamaiana 
unb  9JJa^ab§arata  in  53etrac^t.  2)a§  erfte  ift  bie  ©efc^id^te  ber  einen 
§auptinfarnation  SBifd^nuS,  be§  9tama,  unb  bon  ben  ©eftalten  be§ 
Qnbern  wirb  nic§t  nur  ^rifc^no,  bie  anbere  ^auptinfarnation  2öifcf)nu§, 
götttid^  bere^rt,  fonbern  auc^  ^raupabi,  bie  gemeinfame  ©emoljlin  ber 
5  ^anbamas Vorüber,  unb  in  i^ren  Stempeln  finbet  fid)  oft  auc^  ba§ 
S3ilb  i^re§  ölteften  (Sema^(§  '2)^arma.  ©jenen  au§  bem  ütamaiona  unb 
au§  bem  ^Oia^abJiarata  werben  oft  im  SSoIf  bramatifcf)  bargeftettt,  unb 
oft  werben  etliche  Stbenbe  f)intereinanber  je  ein  STeil  be»  Dtamafana  in 
®efange§form  öorgetragen.  ®ie  religiöfe  SBertung  ber  beiben  @pen,  auf 
beren  Snt)alt  wir  natürlicE)  nic^t  eingefien  fönnen,  ift  bejeic^nenb  für 
bie  inbifc^e  SSerwifc^ung  ber  ©renjünie  jwifc^en  ©ottUc^em  unb  9J?enfcl^= 
liebem.  (S^  ift  fo,  al§  wenn  wir  ben  ©iegfrieb  oI§  eine  ^nfarnationf) 
be§  ©onnengotteS  $8a(bur  unb  bie  Srun^ilb  al§  Soc^ter  SSobanS  an= 
beten  unb  ouc^  ber  ©ubrun  unb  ben  ^egeUngen  göttliche  5Sere^rung 
gotten  unb  bon  i^nen  ^ilfe  in  ben  9?öten  be§  £eben§  erwarten  würben. 

@§  ift  ein  eigentümlicher  SOiangel  an  2öirtUc^feit§finn,  has,  ®i3tt= 
lid^e  fo  o^ne  weitere^  —  o^ne  ganj  befonbere  ©rünbe  —  im  93?enfc^' 
lid^en  infarniert  ju  fe^en. 

jDaneben  mu^  un§  eine  mer!würbige  fittlic^e  '^nbifferenj  ber 
wijct)nu{tifc^en  grömmigfeit  ouffatten.  S)enn  neben  ben  eblen  bi(^terifc!^en 
^tiantofiegeftalten  be§  9iamo,  ber  ©ito,  be§  ®^arma,  ^rbfuna  u.  a. 
fte^t  bie  ^uranageflalt  be§  ^rifc^na.  ^n  ber  ©efd)ic^te  be§  ^rifc^na 
aber  (im  ^rifc^no=^urona  unb  $ö§agabota=^urano)  fte^t  au^er  ben  ©r* 
jö^lungen  bon  feinen  kämpfen  mit  pt)antaftif^en  Ungeheuern  aud^  tit 
©rää^Iung  öon  ben  biebifc^en  ©pielen  feiner  ^ugenb  unb  ber  Sßeric^t 
über  fein  Siebe§ber{}ältni§  mit  ben  Wirtinnen.  2e^tere§  wirb  bon  ben 
®elet)rten  al§  eine  S)arftettung  be§  m^ftifd^en  S3erf)ältniffe§  gwif^en  (Sott 


*)  Sen  Uvfcf}ritten  ber  §inbureligion  entftammenber.    **j  ^elbengebidite. 
T")  gleifcf)« erbung. 


—     33     — 

unb  ben  «Seelen  ongefe^en.  Slud^  f)ier  ^ctgt  i\ä)  alfo  bie  natur^aft  erotijd^e 
SIrt  ber  inbifc^en  93it)i"li!.  'ändj  bie  ©efc^ii^te,  tttie  ^rifc^na  ben  babenben 
Wirtinnen  bie  Kleiber  flie^It  unb  fi^  mit  ben  Kleibern  auf  einen  Söaum 
am  Ufer  fet^t,  wirb  wo^t  eine  nU)ftifc^e  (Srflörung  ftnben,  bie  mir  ober 
nic^t  befannt  ift.  S)iefe  fittli^e  ^nbifferens  im  religiösen  SSorflellen  ift 
um  jo  auffattenber,  q(§  bie  et^iicf)e  (SrfenntniS  natürlidjer  SSer^ättniffe 
in  ben  biba!tifc§en  J;ei(en  be§  9J?a§ab^arata  unb  in  ben  SD^ormofaftraS 
fottjie  in  bem  berühmten  et^tfcE)en  Se^rgebic^t  ^urat  unb  im  ©prüc^= 
tüörterfc^a^  be§  33olfe§  oft  eine  überrnfc^enbe  gein^eit  unb  S^iefe  aufs 
toeift.  @§  ift,  al§  ob  taS/  et^if(^e  33ett)u^tfetn  auSgefc^oItet  tüirb,  fobalb 
c§  fic^  um  ba§  eigentlich  religiöfe  Q^ebiet  §anbelt. 

S3on  ben  ©efc^ic^ten  ber  übrigen  (8)  ^nfarnationen  be§  SSifc^nu 
ift  mir  bie  be§  DJarofingo  (3}?annlötren)  am  meiften  begegnet,  ^c^ 
gebe  fie  wieber,  tt)ie  icf)  fie  ^örte:  2Sifrf)nu  ^atte  in  feiner  ©ber-^n* 
!arnatiDn  bie  öom  üiiefen  ^irania!f(i)a  aufgerollte  unb  in  ba§  9Keer  öer* 
fentte  (Srbe  mieber  tieröorge^olt  unb  ben  9iiefen  geti3tet.  Slu§  Siad^e 
bafür  fc^affte  be»  ^Riefen  SSruber  ^irania  alle  2Sifcf)nuberef;rung  ab 
unb  befo^l  §.  Sß.,  ba^  alle  58ücf)er  ftatt  mit  ben  SSorten  „^rei§  bem 
;^ari"('2Bif(|nu)  mit  „^rei§  bem  §irania"  anfangen  fottten.  S^Jun  ^atte 
aber  ^irania  einen  frommen  SDt)n  ^ra^alaben.  2)er  loiberflanb  bem 
33ater  unb  be^arrte  babei,  ba^  aUe  $8üc^er  mit  „§ari  9?amo"  (^rei§ 
bem  Söifc^nu)  anfangen  müßten.  (S§  fam  jum  SBortroed^fel  jlDifi^en 
5oater  unb  ©o§n.  2)er  SSater  fragte  mütenb:  „2öo  ift  benn  bein 
SBifi^nu?"  „(£r  ift  in  ber  ©üule  roie  im  ©tro^^ntm"  n?ar  bie  5lntroort. 
„3Iu(^  in  biefer  ^oläfäule?"  (mit  einem  Fußtritt  gegen  eine  bort 
fte^enbe  ©äule  be§  ^aufe§).  „^a!"  Unb  fcE)on  fpringt  SSifd^nu,  ^Ib 
93ienfc^,  ^alb  Söroe  —  alfo  meber  SOienfcf)  noct)  Sier  —  au»  ber  ©äule 
^erbor  unb  bernic^tet  ben  olten  Säfterer,  ber  bie  &abQ.  erlangt  l^atte, 
tial^  „tt)eber  äRenfc^  noc^  Sier"  i^  öerberben  fönnten.  ®ie  ftanb^afte 
grömmigfeit  bc§  Süngling§  unb  bie  XarfteHung  ber  SlUgegenraart  unb 
ber  alle  Slug^eit  be§  23eräcf)ter§  ju  f^anben  mac^enben  23ei§§eit  be§ 
(Sotte§  finb  ir)o§(tuenbe  3üge  in  biefer  9?arafinga-@efc|id)te,  bie  — 
roie  bie  9?amagef(^ic^te  —  jirar  pfjantaftifc^,  aber  nic^t  ett)ifci5=inbifferent  ift. 

©ine  ^rifc^na=®efc|i(j^te  mu^  id)  noc^  bringen,  weil  fie  aHjö^rlid} 
burc^  eine  Siebling§feft  ber  Slamulen,  ba§  ©ipaöali  (®ipa=aöoli; 
ßampenrei^e,  JJ^umination)  gefeiert  wirb.  (£§  ift  bie  ®efc^id)te  bom 
(Siege  be§  Ä'rifc^na  über  ben  Diaratafura,  einen  ®ömon,  ber  ju  ^rifd)na§ 
geiten  über  ein  2anb  öftlic^  üon  Bengalen  ^errfd^te.  ©iefer  2;ämon 
^atte  bie  Juwelen  ber  ©öttermutter  Stbiti  geftoljlen.  3)ie  ©otter  wanbten 
fic^  an  S'rifc^na,  ber  ben  9farafafura  erfdjlug  unb  bie  3utt>elen  jurücf* 
brad)te.  9?ac^  einer  anberen  (Sr^iiljlung  Ijalte  Diarnfafura  16000  ^imm* 
lifc^e  Jungfrauen  für  feinen  ^arem  gefto^len  unb  feine  '^xan  §ielt  fic^ 
me^r  üor  it)m  fieser.  5Ule  baten  2Sifc^nu,  ben  2)ämon  ju  üer^ 
nickten.  ?lber  bei  aß  feinen  Saftern  §atte  Dfarafafura  ju  Slnfang  feiner 
Saufba^n  einen  fo  riefigen  (Sc^a|j  öon  S3crbienft  burc^  iTafteiungen  unb 

3 


34 


tt)tfd)nu. 


9J?eb{tationen  geiammelt,  ba^  SBtfc^nu  tonge  feine  Sßerbred^en  ber^ie^, 
bt§  er  enblid^  bem  ^nf(i)na  erlaubte,  t^n  gu  er[(^tagen.  ^n  feinen  Ie|ten 
Slugenbliden  tarn  S^arofafura  gur  SSernunft  unb  prie§  ben  ^rifc^na. 


—     35     — 

ha%  er  über  i^n  gefommen  jet,  i^m  ©rlöfung  ju  geben,  unb  bat  t^n, 
bo^  ber  Sag  feine§  2obe§  mit  geftlic^feiten  begangen  ttierben  motzte. 

Saffcf)mi  ober  ©ri,  2Btfrf)nu§  (SemabHn,  bie  (Göttin  be§  @Iü(f§ 
unb  be§  9ieicf)tum§,  ber  Siebe  unb  ber  ©c^ön^eit,  wirb  aurf)  burd)  ein 
aüjä^rltc^eg  gefl  gefeiert  unb  auc^  fonft  öiel  üere^rt.  ^^re  S3eref)rung 
foH  jebem  §Qu§^aIt  ©lücf  bringen,  ^m  Stomajona  njirb  eräö^It,  mt 
fie,  auf  einer  aufgeblüf)len  Sotosblume  fi^enb,  bem  2)?il(^meer  entftieg, 
al§  bie  ©ötter  unb  9?iefen  ba§  iKReer  butterten  mit  bem  9}?eruberge 
al§  S3utterflQnge  unb  ber  Urfi^Iange  al§  barumgettjunbenem  ©trief. 
„2luf  flutete  in  i^rem  SotoSbett  eine  DJZaib,  fc^ön  unb  5artäugig,  im 
jungen  ©lonje  ifjrer  ftolgen  ©c^ön^eit."  ®a  erfc^ien  ber  @ange§  i§r 
§um  SSabe,  bie  ©lefi^anten  ber  Suft  goffen  au§  golbenen  <Bä)akn  reine§ 
SSaffer  über  fie,  ta^i  9JfiIcf)meer  gab  i^r  einen  nie  melfenben  ^ranj 
unb  bie  ^ünfKer  ber  ©ötter  fdjenften  i§r  ^umelen  unb  ©c^niucf.  (^n 
ber  mt^ftifc^en  ^^üofop^ie  gilt  Saffc^mi  al§  ha^,  mobur^  bie  @r- 
fenntni§  SBifcf)nu§  üermittelt  lüirb,  „ipie  loir  ben  SSater  nur  burrf)  bie 
SKutter  fennen  tonnen,  bie  un§  fagt:  „jDa§  ift  bein  SSoter".)  2Bir 
fe^en  üu6)  ^ier,  i>a^  bie  ^^antafiegebtlbe  be§  SBif(i)nui§mu§  eine  i^eiterere 
garbe  tragen  al§  im  oügemeinen  bie  be§  ©itt)ai§mu§. 

©0  ift  e§  auc^  mit  bem  ©o^ne  2öif(^nu§,  ^ama,  bem  ®ott  ber 
2itbt,  ber  lüie  SImor  ben  Sogen  füf)rt.  ®ie  ©e^ne  feinet  SogenS 
befte^t  au§  einer  9iei§e  üon  Söienen  unb  feine  Pfeile  au§  53Iumen. 
31I§  er  einmal  auf  eintrieb  anberer  ®ötter  ben  ©iroa,  feinen  ©d^roieger- 
bater,  in  einer  ÜJJebitatlon  ju  flöten  trachtete,  ^atte  er  jlrar  ba§  Unglüc!, 
burcf)  einen  Sölicf  au§  ©ttt)a§  ©tirnauge  öerbrannt  ju  werben,  aber  auf 
Söitten  ber  SToditer  (9tat£)i)  gibt  ©iwa  i^r  alljährlich  einmal  ben  (Satten 
mieber.  §luc^   biefe  ©efc^icfete    wirb   bur(^   ein  jät)rlic^e§  (^eft  gefeiert. 

©in  ßieblingg^  ober  haften =®ott  be§  2Bifct)nuittfct)en  S?reife§  ift 
^anuman,  and)  3lnbfcf)anejen  unb  SSenfatefa  genannt,  ber  affengeftal'' 
tige  ©Ott.  iKan  finbet  feine  Stempel  gar  nid^t  feiten,  ^u  meinem 
legten  Sßo^nort  get)Drten  i^m  öon  20  Sempein  ^mei.  S)ie  (Sefc^tc^te 
be§  ^anunmn  ift  neben  ber  ©efc^i^te  ber  ^üJilc^meerbutterung  eine  ber 
milbeften  inbifc|en  ^^Ijantofiegebilbe.  @r  ift  ein  ©o^n  be§  SBinbgotteS. 
Siil§>  feine  SOJutter  i^n  ollein  gclaffen,  mit  bem  S3erfprec^en,  grüdjte  für 
i^n  au§  bem  SSalbe  ju  ^olen,  f)ält  er  bie  aufgel^enbe  ©onne  für  eine 
ber  berfprocf)enen  grüc^te  unb  l)üpft  auf  fie.  S)ie  fpielt  mit  i^m  unb 
üerbrennt  ifjn  nic^t.  Sa  fommen  gerabe  bie  beiben  SJiefen  3tagu  unb 
^^etu,  um  bie  ©onne  ju  öngften  (©onnenfinfterni§).  ©ie  fürchten  fic^ 
Dor  bem  lleinen  |)anuman  unb  rufen  ^nbra  ju  ^ilfe.  Ser  fommt  auf 
feinem  meifjen  (Slefonten.  .^onuman  Ijält  ben  auf  bie  ©tirn  be§  (Siefanten 
gemalten  ftreig  für  eine  anbere  5rud)t  unb  fpringt  auf  ben  (Jlefanten. 
^nbra  fc^lägt  i^n,  ba^  er  o^nmäi^tig  wirb.  ®er  SBinbgott  ^olt 
feinen  ©ol)n,  öerbirgt  ibn  in  einer  öimalaia=|)ü^le  unb  lö^t  im  &voü 
feinen  SBinb  me^r  auf  (£rben  roeljen.  ^n  ber  baburc^  entftanbenen  $Wot 
fommen  hk  ®ötter  gur  |)ö^le,  werfen  ben  .^anuman  auf  unb  geben  il)m, 

3* 


—     36     — 

um  ben  S3ater  ju  öerfö^nen,  gro^e  ©oben  ber  ^(ug^eit  unb  ber  Un= 
bertüunbbarfeit.  ®aburd)  übermütig  geJuorben,  fängt  ^anuman  an,  bte 
Dpfer  ber  9til"c^t§  ju  ftören,  fommt  ober  5ur  SBernunft,  aU  Mefe  t^n 
berflud^en.  9^un  lernt  er  bon  ber  «Sonne  bie  SSiffenfdjaften,  inbem  er 
mit  Ü^r  rennt  unb  t^re  Sef)re  l^ört. 

®{e  D^Qturgrunblage  biejeä  9)h)tf)u§,  bie  ^lugtjett  ber  5lffen  unb 
i^r  fd)nelle§  (Springen  bon  5ift  ju  5(ft,  ha§  man  in  ^nbien  oft  beob= 
ad^ten  fann,  tritt  njo^l  in  allem  beutttd^  l^crbor.  ^m  Stamajona  |tlft 
^anuman  mit  feinen  5lffenl^eeren  bem  9?ama,  inbem  er  5.  S.  au§  Sel§= 
blöcEen,  bie  er  bom  ^inmlnja  fjer  burd)  bie  Suft  (jerbeifc^affen  lä^t, 
bie  „SIbamSbrücEe"  bon  ^nbien  nacf)  (Jet)(on  baut. 

@nblid§  mu^  au§  bem  njifcfinuittfd^en  $8orfteüung§!reife  noc^  bie 
2;ulafi  ^erborgefioben  ttierben,  weil  fie  —  befonberS  bon  grauen  — 
fe^r  biet  beref)rt  mirb.  Stulafi  ift  ber  inbifc^e  9Jame  für  ba§  ber  Solbei 
ä^nlid^e  Söofilienfraut.  'A)iefe§  ^raut  war  urfprünglidb  ein  SKäbd^en. 
©§  erftrebte  burd^  langbauernbe  Söüfjungen  (b.  i.  iTafteiungen  jum  Qwsd 
be§  SSerbienfteS)  has,  ®Iücf,  SBifc^nu§  ®attin  ju  werben.  5lber  Sadfc^mi 
mer!te  ba§  unb  berroanbelte  burd§  i^ren  glud^  bie  Xulaft  in  ein  ^raut, 
SKifi^nu  aber,  gerül)rt  burd^  bie  frommen  Söemüfjungen  be§  SQMbc^eng, 
berfprad),  i^r  in  i^rer  ^^flanjengeflalt  nafje  ju  bleiben.  (Sine  anbere 
©rjöfjlung  bringt  ben  Urfprung  ber  Sulafi  mit  ber  93ft(d)meerbutterung 
in  ßufammen^ang.  (£§  war  einft  «Streit  5Wifd)en  ©Ottern  unb  9tiefen. 
®ie  ütiefen  ^inberten  bie  Opfer  unb  ©Übungen,  mit  benen  bie  ©otter 
if)re  ^i)iad)t  ju  mehren  trachteten.  5llg  fid^  bie  ©ötter  barüber  bei 
SSif(^nu  befc^wcrten,  befc^ieb  biefer  oHe  ©otter  unb  OJtefen  5U  fid^  unb 
fprac^  5U  i^nen:  ^c^  Witt  ha§>  3)?iIdE)meer  buttern;  bann  wirb  barau» 
al§  ^Butter  bie  (Sötterfpeife  5Imbrofia  entfle.^en.  ®ic  Witt  ic^  eud)  atten 
5U  effen  geben.  Sie  wirb  eud^  grofee  ^raft  jum  ft'ämpfen  geben,  unb 
wir  motten  fe§en,  Wer  fiegt.  So  fproc^  SBifc^nu  bott  Sift.  hierauf 
natjm  er  ben  i)o^en  9J?eruberg  al§  53utterftange  unb  wanb  al§  <Strid 
bie  (Sefd|a=Sd^iange  l^erum,  fo  ha^  i^re  (Snben  ^erab^ingen,  unb  lie^ 
auf  ber  einen  Seite  bie  ®i3tter  unb  auf  ber  anbern  bie  9iiefen  biefen 
Sd^Iangenflrid  ergreifen  unb  abwed^fetnb  gießen,  fo  ba&  ber  ÜJieruberg 
im  äKtlc^meer  ()in  unb  Ijer  quirlte,  ^a  entftanb  au§  bem  9J?eere  juerft 
ein  furd^tbare§  ©ift.  SSäre  babon  ein  Sropfen  auf  bie  ©rbe  gefatten, 
fo  wäre  bie  ganje  (Srbe  berbronnt.  Sarum  fprang  ber  gro|e  ®ott 
(Siwa  fjerju,  fo^te  ta^^  (Sift  mit  ber  ^anb  unb  uerfc^Iang  e§.  SSifc^nu 
aber,  um  ben  Siwa  ju  retten,  fuljr  mit  ber  §anb  an  feine  ^e^le  unb 
brücfte  bog  ®ift  bort  feft,  efje  e§  f)inuntergefc^(udt  war.  SiWo§  ^e^Ie 
würbe  unb  blieb  babon  blau.  9?un  Würbe  weitergebuttert.  ®o  famen 
ou§  bem  3)Zild^meer  noc§  atterlei  wunberbare  SDinge  ^erbor,  unb  enblid^ 
tauchte  Sßifdjuu  felbft  in  (Seftalt  eineg  2tr5te§  auf  unb  trug  in  einem 
@efä^  bon  lauterem  ©olb  bie  (Sötterfpeife.  Sogleic^  entbrannte  um 
i^ren  35efi|j  ber  Streit  5Wifc§en  (Göttern  unb  9tiefen.  SBifd)nu  aber 
na^m  grauengeftalt  an,  um  atte  Solide  auf.fic^  5U  jie^en,  unb  rief: 


-     37     — 

„^c^  toxä  bQ§  SImbrofia  nn  eud)  alle  Qu§te{(en;  ober  id)  bin  boS  einzige 
SSeib  unter  fo  öielen  $D?ännern,  barum  niü^t  i^r  alle  bie  Slugen  ju« 
mad)en,  bamit  ic^  nicf)t  öemirrt  ttjerbe,  unb  mü^t  bie  ^änbe  au§= 
flrecfen,  ha^  iä)  euc^  ta^  Slmbrofio  hineinlege.  (So  gefc^al)  e§  benn  aud^. 
SIber  2öif(^nu  gob  nur  ben  ®i3ttern  2lmbro[ia,  bie  Siiefen  überging  er. 
®ie  ©Otter,  lüunberbar  geftär!t,  überroäUigten  nun  bte  9tie[en  mit 
ßeid^tigteit.  ®ann  erfc^ienen  [ie  alle  bor  2öifcf)nu  unb  banften  \i)m  unb 
priefen  feinen  9?amen.  ®urc^  ben  gemeini'omen  2obprei§  ber  (Sötter 
rourbe  SSifc^nu  fo  gerührt,  ta^  SBounetränen  au§  feinen  klugen  auf 
bie  (£rbe  fielen.  2)a  fpro^te  überall,  iro  biefe  S^rünen  bie  ©rbe  be= 
rührten,  ein  luunberbareS  ßrout  Ijeröor,  haSi  Stulafifraut.  2Sifcf)nu  fa§ 
e§  unb  fcf)mücfte  fid)  bamit  ha§  ^auptfjaar  unb  öerfproc^  überall  ta 
5u  njo^nen,  tt)o  bie§  Jl'räuttein  njürf)fe.  5)ie  SBorftettung  üon  ber  rel{= 
giöjen  S8ebeutung  be§  jlulafifrauteg  ift  auS^  bem  üblichen  Sulafigebet 
erfirf)tUc|:  „^c^  bete  an  bie  Sulafi,  in  beren  SSurjeln  alle  ^eiligen 
SBallfa^rtSorte  ru^en,  in  beren  ©tamm  ade  ©ötter  motjnen  unb  in 
beren  ß^^eigen  alle  ^eiligen  SBeben  gegenlDörtig  finb". 

S^empeltrabitionen. 

SBir  muffen  nun  nocf)  einen  S3IicE  in  bie  befonberen  3SorfteIIung§s 
freife  tun,  bie  in  ben  einzelnen  2:empeItrabitionen  öorliegen.  ®enn  e^ 
gibt  neben  ben  großen  ^uranen  unb  9Zebenpuranen  nod)  unge^ö^lte 
„€rt§puranen"  unb  Sempeüegenben.  (£§  ift  tool)!  !aum  einer  unter  hm 
bieten  Staufenben  oon  Sempein  unb  Sempelc^en,  bie  jebe  inbifc^e 
^Jroüinj  enthält,  ber  nic^t  einen  menigfteng  münblic^  überlieferten  S3ericf)t 
über  feinen  llrfprung  unb  feine  93ebeutung  t)ätte.  5lu§  ber  ungeheuren 
äKaffe  fönnen  toir  nur  gan^  öereinjelte  53eifpiele  t)erau§greifen. 

^m  alten  3;anbfci^aurlanbe,  bem  reichen  SDeltagebiet  be§  ^aH)eri= 
fluffeS,  ba§  Pon  allen  ^roöin^en  ©übinbieng  bie  meiften  großen  2:empel 
entt)ölt,  liegen  unter  uielen  anberen  bie  Ijetligen  2:empeIorte  3;irufabeiur, 
9}?ajatüeram,  Sirumarur,  ©c^ialt,  Sirunjengabu,  $öait^i§lüaren!oil  unb 
Stirumabi.  ^tjre  Segenben  ^aben  folgenben  Sn()oIt: 

Sirulabeiur:(£in  frommer  ©irooit  fafteite  ficf)5u  (S^ren  be§  ©ima, 
um  einen  ©o^n  ju  erlangen,  tiefer  erf^ien  ibm  unb  fteUte  ifjm  frei,  fid)  öon 
5tt)ci  ®aben  eine  ju  n3ät)Ien,  entmeber  einen  bummen  ©ofjn,  ber  fefjr  alt 
JDÜrbe,  ober  einen  fingen  unb  frommen,  ber  mit  16  Satiren  ftürbe.  (£r  wäfjlte 
bie  smeite  <Siabz.  2)er  ©o^n  mürbe  if)m  geboren  unb  lernte  fd)on  atg  ^^inb 
mit  munberbarer  ©eiftesfraft  bie  fjeitigen  ©c^riftcn.  5llg  bie  für  feinen  Job 
beflimmte  geit  ^erannat)te,  ging  er  in  ©ilüaS  Sempel.  ©er  Job  fam  l)crein, 
aber  ber  Jüngling,  SlJarfanben  mit  9Jamen,  Hämmerte  fid)  an  8ima§ 
5ßilb  im  Sempel.  2II§  ber  Sob  ifjn  baöon  Io§rcif3cn  moÜte,  rcrftc  ©iiua 
au§  bem  58ilbc  feine  §anb  ^erPor  unb  erfc^lug  ben  Stob,  ©ine  ä)teile 
lang  lag  ber  2eid)nam  be§  XobeggottcS  auf  ber  Grbc.  C£-rft  al§  bie 
(Srbgöttin  fic^  fpäter  befdjiuerte,  bafj  il)r  ber  9)cenfd)en  ju  uicl  mürben, 
meil  niemanb  me^r  ftürbe,  ermedte  8ima  hcn  2;ob  mieber. 


38 


9}?aiatr)eram  (^fauenftabt):  ©ilüa  bertüanbelte  feine  ©ottin  ^ar* 
öati  in  eine  ^fau^enne,  tüeil  fie  i^m  nic^t  ge^otd^te.  ©rfl  qI§  fie  im 
^eiligen  SSaffer  bon  S^kjatreram  6abete  unb  ©iroa  bere^rte,  erhielt  fie 
i^re  frühere  ©efldt  §urücf.  —  Slttjä^rlid^  im  §erbft  tritt  bie  f)ei(ige 
®anga  (ber  @ange§)  in  ben  ^ameri  bei  SlJfaiafteram,  um  fi(^  nad§ 
(SitüQS  SSeifung  burd^  ein  $ßab  in  biefem  gluffe  öon  allen  S3eflecfungen 
5U  reinigen,  bie  i§r  bie  9JZenfd)en  angetan  ^oben. 


@ttüa  =  Pagobc  mit  vCcmpclteict>  bei  ©4>talt. 

S;irumarur:  ©er  §imme(§fönig  ^nbra  rief  in  einem  Kampfe 
mit  ben  ^Riefen  ben  ^önig  ÜJiufutunba  bon  Siruiüarur  gu  §üfe,  inbem 
er  i^m  al§  ßo^n  alle§  berfprac^,  tt)a§  er  bitten  töiirbe.  9Kufufunba 
erbat  fic^  ta^  ®ö|enbUb  ©imaS,  has,  ^nbra  felbfi  anbete.  (£r  erljielt 
e§.  S)a§  ift  ba§  Silb  im  2:imarur=2:empel.  SittJarur  ift  fo  ^eilig,  bo| 
mit  iebem  ©d^ritt,  ben  mon  tut,  um  bat) in  gu  pilgern,  Staufenbe  bon 
©ünben  gebüßt  tt)erben.  ©ein  ^eiliger  Seid^  rourbe  bon  einem  ®ott 
gegroben. 

(Sd^iali:  Siner  ber  4  SSäter  be§  (Simai»mu§,  SCirunianafam- 
b^anber  würbe  al§  ©äugting  einmal  bon  feinem  SSater  am  Ufer  be§ 
2;empeltet(f)e§  in  ©c^iali  gelaffen,  tüä^renb  biefer  im  Steid^e  babete. 
®a§  ^tnb  mürbe  hungrig  unb  fcfirie.  ®a  erfd^ien  ^arbati  unb  tränfte 
e§.  9II§  ber  SSater  bann  fam  unb  merfte,  bafe  \)a^  ®inb  getrunfen 
§otte,  unb  berraunbert  fragte,  mer  i^m  9[)HId^  gegeben  ijaU,  fang  ber 
©äugling  bie  erfte  ber  beiligen  ^t)mnen  ber  ®emaram*©ammlung. 

Siruiüengabu:  (Sin  9fttefe  trieb  ben  ^n^i^a  au§  ^em  §immel 
unb  berfolgte  i^n  bi§  Stirumengabu.  ©ima§  ©tier,  ber  göttlid^e  ^an'öi, 


—     39     — 

tarn,  ^ter  bem  ^nbra  5U  §ilfe,  irurbe  ober  fc^Umm  oerlüunbet.  ®a  griff 
©itoa  felbft  ein  unb  erfd)Iug  ben  Dtiefen. 

SSait^i§lDarenfoiI:  (Subramania,  @ilüa§  ©o^n,  tüurbe  ^ier  öon 
einem  9iiefen  ^art  bebrängt.  ®a  !am  ©ima,  feilte  bie  SBunben  feiner 
Kämpfer  unb  ^df  i^m  fo  bie  ©c|Iac^t  geminnen.  (SSait^ismara  b.  i.  Slrät* 
^err.) 

SiruttJabi:  ©in  ^nabe  lüurbe,  n?ä^renb  er  ben  ®ott  öon  Siru* 
ttjQbi  anbetete,  öon  ^ama,  bcm  Sobe§gott,  erfc^lagen.  darauf  tötete 
ber  ©Ott  ben  Sama  unb  belebte  i^n  nur  unter  ber  Sebingung  trieber, 
ba^  er  niemanben  im  Sotenreic^  beläftigen  bürfe,  ber  in  Stiruraabi 
ober  im  ©diauen  be§  SSei[}rau(ibampfe§,  ber  öom  bortigen  Sempel 
auffteigt,  fterbe.  Sturf)  tt)urbe  ©tn)a§  göttlicher  ©tier  bei  Siruraabi  öer= 
heiratet,  unb  bie  ^oc^seitSprojeffion  befuc^te  7  ^eilige  Orte  im  Um* 
freife.  3um  5tnbenfen  baran  ttjirb  aüjä^rtic^  eine  ©ölenprojeffion  burc^ 
btefe  7  Orte  getragen. 

Sin  ber  (Srenje  be§  SanbfcfjaurlonbeS,  bei  Sritfc^inopoli,  n)o  ba§ 
^araeribelta  anfängt,  fle^t  ouf  einer  großen  ^n\d  bie)e§  gfuffe^  ber 
größte  SBif^nutempel  Snbien§.  ®iefe  Snfel  t)eiBt  ©rirangam,  unb 
ber  bortige  SBifc^nutempel  ift  fo  ^eilig,  bo^  „atte  bie  i§n  befuc^en,  bie 
nur  für  wenige  ©efunben  bort  bleiben,  ja  bie  i^n  nur  fe^en,  ni(^t 
nur  öon  ber  ^öüe  (ber  SSo^nung  Sa"ia§)  frei  bleiben,  fonbern  aud§ 
im  Sobe  öon  Sobeänot  öerfc|ont  löerben  unb  auc^  nic^t  öor  ber  geit 
fterben. 

3Iuf  biefer  Snfel  ip  auc^  ein  großer  ©iwatempel.  ®a§  in  i^m 
aufgefteUte  ©imabilb  ^at  bie  nac^  einer  ^uranatrabition  übliche  ^^ottuS* 
geflalt.  2)oc^  (jabe  id)  gefunben,  'i>ü'^  biefe  Sebeutung  ber  ©eftalt  nic|t 
nur  öon  ©ebilbeten  beftritten  unb  für  eine  fpätere  ©rfinbung  ertlärt 
töirb,  fonbern  auc^  im  SSol!  öielfac^  unbefannt  ift.  ®iefe  ©eftolt  ^at 
immer  ben  allgemeinen  9?amen  „Singam".  Wan  jä^tt  nad^  ben  5  Ele- 
menten 5  befonber§  beriif)mte  ©ima=Singam§  auf,  bie  in  ben  5  ^eilig- 
ften  ©ilüatempeln  fte^en.  ®er  ©rirangam^Singam  ift  ber  2Baffer=2ingam 
(einige  meinen,  treil  bei  ber  alliä^rlicf)en  glut  im  ^atreri  ta§  SBaffer 
bi§  an  ben  Singam  tritt).  ®er  berüf)mtefte  ift  ber  „5let()erlingam"  in 
©ibambaram,  ein  buntler,  gan§  leerer  3iaum  im  ^nnerften be§  bortigen 
Tempels.  2)er  „geuerlingam"  öon  Jiruroannamalei  befielt  in  einem 
mäc{)tigen  geuer,  tas»  auf  ber  ©pi^e  be§  bortigen  ^od^ragenben,  5  beutfc^e 
9)kilen  meit  fid^tboren  ^egelbergeS  aüfä^rlic^  am  2;empelfefttage  ange= 
äünbet  irirb.  53ei  ben  großen  2;empeln  fjörte  id)  au(^  bie  ®opura§, 
bie  (4)  3;empeltortürme,  al§  eine  2Irt  ©rfc^einung  be§  ®otte§  bejeic^nen. 
SSer  öon  ber  ©tra^e  ober  (Stfenba^n  au§  bie  Sürme  fiet;t,  ergebt  bie 
^önbe  mit  ber  ©efte  ber  5tnbetung. 

Sei  ber  SluSmabt  ber  ^lä^e  für  bie  Sempelbauten  fd^eincn 
übrigen^  in  einer  Steige  öon  götten  animiftifcf)e  SSorftellungcn  mitgcwirft 
ju  t)aben.  ®enn  ic^  ^örte  öon  öerfd)iebenen  ©eiten  ganj  beftimmt,  ba& 
fic^  im    innerften  Heiligtum  einiger  großer  2;empel  (4  mürben  mir  ge= 


-     40     - 

nannl)  au^er  bem  ®otte§btIb  ein  §eiligengra5  befinbet.  Um  biefe 
©räber  |erum  fd^einen  bie  Stempel  angelegt  ju  fein,  'am  üarften 
mürbe  mir  bie  ®ac|e  erjä^It  inbegug  auf  ben  ©ubramaniatempel  auf 
bem  Söerge  bei  SKaitam.  2Bir  fprac^en  f(^on  tion  bem  2l§feten,  ber 
bort  gelebt  ^aben  foH.  '^aö)  feinem  Stöbe  nun,  fo  wirb  erjö^It,  erfd^ien 
über  feinem  ®rabe  auf  bem  S3erge  oömä^Iid^  ein  Sii^tfd^ein.  diu 
©ubramonias^tnbeter  im  na^en  3J?oiIam  mürbe  baburc^  bemogen,  bei 
bem  (SJrabe  SBo^nung  ju  nehmen.  Sßeit  e§  itjm  aber  befc^n)erli(^  mar, 
äur  täglichen  SSere^rung  feine§  ®otte§  (Subramonia  in  ba§  ®orf  ^in* 
unterjuge^en,  brachte  er  ben  ®ott  auf  ben  S3erg  unb  baute  if)m  bort 
einen  Sempel  bon  ben  ©aben  ber  ^tlger,  bie  ta^  ^eiligengrab  be= 
fuct)ten,  unb  öere^rte  nun  beibe,  ben  ®ott  unb  ben  ^eiligen.  Unb  fo 
tun  noc^  ^eute  bie  9}?ailam=^ilger. 

Sßei  ben  fleinen  2;empelc^en  ber  Sorfgötter  fd^eint  bie  (nur  münb* 
lic^  borbanbene)  Srabition  in  ben  meiften  gilüen  gu  befagen,  \)a%  bie 
betreff enbe  ©ott^eit  einen  i^rer  SSere^rer  „befeffen"  unb  burc^  beffen 
3D?unb  erflärt  ^aht:  „§ier  l)aU  id)  mici)  niebergelaffen,  i)ier  ruft 
mic§  an." 

S)ie  fteinernen,  tönernen  ober  metallenen  ©ötterbilber  gelten  üb= 
rigen§  nad^  ber  SSolfSüorfteHung  erft  bann  für  göttlich  (für  bom  ®ott  be= 
feett),  roenn  fie  gemeint  finb^).  5öei  ben  umfangreichen  Zeremonien  ber 
2Seit)e  fpielt  eine  mic^tige  a^oHe  has,  „mah".  5)a§  ift  eine  JJJetaüpIatte 
mit  ^eiligen  SBurf)flaben,  bie  unter  bog  ®otte§biIb  gelegt  mirb  unb 
i^m  ^rof't  berleibt.  ©o  follen  im  ©imatempel  bon  2Bait^i§marenfoil 
je^t  nic^t  mef)r  fo  biele  ^eitmunber  gefc^e^en,  meil  bei  einer  9f{eparatur 
im  Heiligtum  bo§  9tab  nic^t  ganj  richtig  mieber  unter  ben  ®ott  ge= 
legt  morben  fei.  ®otte§biIber,  bie  im  freien  flehen,  roerben  baburc^ 
gemeifjt,  ba|  man  §ü^nerbUit  auf  i^re  ©tirn  unb  Stugen  ftreic^t  unb 
i^nen  fo  „bie  S(ugen  öffnet"   (b.  i.  fie  belebt). 

5tu(^  geroiffe  33äume,  (Sct)Iangen  unb  g^üffe  gelten  ber  S5olf§= 
borfteEung  al§  göttlic^.  ®er  ^ipalbaum  (ficus  religiosa)  unb  ber 
gjJargofabaum  merben  äufornmengepflangt  („ber^eiratet")  unb  oft  Öurd^ 
feierlicf)e§  Umfdjreiten  bereljrt.  ®ie  beiben  33äume  gelten  bann  al§ 
burc^brungen  bom  SBefen  bc§  ©ima  unb  ber  ^arbati  bjm.  beg 
SSijdinu  unb  ber  SaffcJ)mi.  ?luc^  ber  3«ari  ift  ber  äRargofobaum  IjzU 
lig  unb  gilt  biSmeilen  al§  bon  ibr  bemo^nt.  Sin  ben  SBuraeln  biefer 
„ber^eirateten"  S3äume  fie^t  man  meift  einige  ©cblongenfteine,  b.  ^. 
länglid)e  fc^male  Steinplatten  mit  einem  ro^en  3ielief  bon  5mei  ber= 
fc^lungenen  ©erlangen.  2)iefe  ©teine  finb  bon  grauen  nacf)  ber  (Geburt 
eines  S'inbeS  geftiftet,  ba§  fie  einem  ©elübbe  an  ben  ??age§roora 
(©c|langen=  §errn)  gu  berbanfen  meinen.  S)ie  SSorfletlung  bon  ber 
©cl)lange  ol§  einer  tinberfegen  berleit)enben  ©ott^eit  finbet  fic|  biel= 
fac^.    Sraljmanen   unb    ^ö^ere  ©ubra  =  haften    ftetten  9?ei§,   (£ier   unb 


')  9?ur  gana  llnge6übete  galten  bie  eJöttevbilber  o[}ne  iüeitere§  für  ©ötter. 


—     41     — 

anbere§  in  ben  ©arten  für  bie  ^o6rQ[(i)lQnge  unb   ^offen  burd^   bie§ 
Opfer  ^'inberfegen  5U  erf)alten. 


SSon  ben  gfüffen  tt)irb  in  ©übinbien  ber  ^araeri  nm  mciften 
öere^rt.  ©r  gilt  al§  iDciblid^e  ©ottljeit  (ftniueri^^Imma  b.  i.  9Jhitter 
Ä^aroeri).  2)ie  Slaiüeri=3{mmn  \mx  uifprüng(icf)  ein  9[)Jäbd)en,  bie  Xod)kx 
eines    fettigen    in    Sfurg,    bem    Cucaenlanbc    biefeS    gluffeä.    ^iefe§ 


—     42     — 

SJZäbd^en  tüünfd^te  fi^,  ba^  fie  §um  S3eften  ber  9J?enfd^^eit  Qt§  glu^ 
ttjiebergeboren  lüerben  möi^te,  unb  biefer  SSiinfd)  ging  in  (Srfüttung. 
3ti>ar  heiratete  fie  ben  großen  ©ele^rten  SIgaflia,  ober  fie  machte  ha- 
bei  bie  $8ebingung,  bo^  er  fie  nie  allein  laffen  bürfe.  5I(§  i§r  Wann 
nun  einmal  in  ben  Steic^  baben  ging  unb  fie  im  ^aufe  allein  Iie§, 
flürjte  ^an^eri  i^m  fofort  nad)  in  ben  Seic^  unb  !am  al§  glu^  tt)iebet 
!^erau§.  S3ergeben§  berfud^te  9(goftia  ben  gluB  einjubämmen,  aber  feine 
SSerjmeiflung  bemog  bie  ^on)eri=S(mma,  fid^  in  gujei  ^älften  §u  teilen, 
fo  ta'Q  eine  ^iilfte  »ieber  2lgaflia§  ^^xan  ttjurbe  unb  bie  anbere  ber 
^atDerifluB  blieb. 

(Seelen?  unb  SSeltborftellungen. 

9^ad^bem  loir  ia^  ©ebiet  ber  mannigfod^en  allgemeinen  unb  fpe= 
gieHen  ©ötterborfteHungen  burc^monbert  t)aben,  bürfen  tüir  auc^  nid^t 
borbeige^en  an  ben  im  SSoÜe  lebenben  SSorflettungen  öon  ben  (Seelen 
unb  bon  ber  SBelt.  Sf)nen  fommt  eine  befonbere  Söebeutung  ju,  info* 
fern  fie  bie  2Iu§gang§punfte  unb  ba§  SOIaterial  ber  bur(^au§  religiös 
gefärbten  unb  religiös  gemeinten  inbifc^en  ^^itofop^ie  finb,  raö^renb  ber 
Sn^alt  ber  ©ötterborfteHungen  ben  inbifc^en  ^^ilofop^en  nur  a(§  mannig^ 
fac^e  niebere  ©rfc^einungSform  ber  ©ott^eit  für  bie  „Unreifen"  gilt,  al§> 
fold^e  aber  aud)  jum  größten  Seil  feftge^alten  unb  berteibigt  wirb. 

SSenn  lüir  §ier  bon  „SSeltborfteUungen"  reben,  fo  meinen  njir 
nid^t  bie  p^antaftifc^en  SSorfteüungen  be§  33olfe§  unb  ber  ^uranen 
bon  ben  berfd^iebenen  oberen  (^immel§=),  mittleren  ((£rb*)  unb  unteren 
(§öIten=)SBeIten,  auf  bie  e§  fidt)  tt)o!§I  nic^t  ein^uge^en  berlo^nt.  2Bir 
meinen  bielme^r  bie  im  S3olf  bor^anbene  unb  meitberbreitete  SSorfteHung 
bon  ber  materiellen  SSelt  —  ber  materielle  Seib  unb  feine  materiellen 
(Sinne  finb  babei  eingefc^loffen  — ,  al§  bem  „Unmo^rcn"  (meil  Uns 
beflönbigen),  „Unreinen"  (meil  jur  Betätigung  unb  baburc^  gu  immer 
neuem  (SIenb  SSerlocEenben)  unb  (SIenben  (elenb  9?kd^enben).  S)ie 
inbifct)e  ^]31)ilofop()ie  enthält  blefelbe  SSorfteHung  in  auägeorbeiteter,  fljfte: 
motifiecter  ©eftalt  unb  ftellt  i^r  ganj  fonfequent  eine  «Seelen^  unb 
®otte§borftelIung  gegenüber,  bie  ber  genaue  föegenfa^  ju  jener  Söelt- 
borfleHung  ift.  ^m  ©egenfa^  gum  „unreinen"  unb  „unma^ren"  materi^ 
eÜen  Seibe  ift  i^r  bie  Seele  (ba§  „(Selbft",  Atman)  ba§  reine  unb 
ewige  ©eiftige  (cit).  Slud^  ba§,  was  bie  (Seele  in  ber  materiellen  Seib* 
lid^feit  feft^ölt,  bie  „Unmiffen^eit"  ober  tü§  Urbunfel  unb  bie  gtpei 
Söetötigungen  (Sünbe  unb  Sßerbienft  —  t)a§  Karma^,  gehört  gum  Un* 
reinen  (Mala)  unb  I)ot  feinen  ®runb  feinegföegS  in  ber  (Seele  felbft. 
S)ie  ®ott§eit  aber  ift  im  ©egenfa^  §ur  „unwahren,"  „unreinen",  elenben 
materiellen  SSelt  ha^  SBa^re  (©lüige),  ©eiflige,  (Selige  (Sat-cit-ananda). 

®a  nac^  biefer  SSorflellung  atteS  Unreine  au^er^alb  be§  Selbft 
liegt,  fo  ift  5Inertennung  etgentIidE)er  (S^ulb  unb  SSeranraortlid^feit  unb 
bamit  tüirflic^e  fittlic^e  grei^eit  be§  9L)?enfd)en  in  biefem  SSorfteHungSi 
Iceife  au§gefd)loffen.   ^onfequenteriDeife  gilt  bie  Seele,  folonge  fie  im 


—     43     — 

unerlöften  3uf^a"^  if^'  o^^  »efentüd^  ganj  naturl^aft  abhängig  öom 
„Unreinen"  unb  im  3uftQnbe  ber  (Srlöjung  (mukti)  al§  tüefentUcf)  ganj 
natur^aft  abhängig  öon  ber  ©otf^eit.  ®te  (Srlö^ung  felbfl  aber  erfolgt 
ebenfo  fonfequent  baburc§,  ba^  bie  (Seele,  burd^  eine  notur^aft  lüirtenbe 
göttticfje  ©nabenfroft  erleuchtet,  i^re  SSefenSoerfc^ieben^ett  bon  ollem 
„Unreinen"  (aud^  öon  i^ren  ^anblungen,  beren  ©ubjeft  fie  in  2Birf(icft= 
feit  eben  nic^t  i[t)  erfennt  unb  in  fot^er  ©rfenntniS  ficf)  pt)Uo« 
fop^{fc^=ml)fttfi  in  ba§  rein  geiflige  göttliche  SSefen  derfenft  (oergt.  bo§ 
unter  2  über  bie  S^afti  @e)agte). 

9Iud)  in  ben  SSorfleüungen  über  bie  ©efd^id^te  ber  unerlöften 
SJJenfc^enfeele  bor  unb  naö)  bem  gegenwärtigem  ?eben  fte^en  SSoIfgreligion 
unb  ^^ilofopr^ie  tm  ©inftang  miteinanber.  Xk  p^ilofpp^ifcfce  ©ogmattt  ift 
in  biefem  <Stüd  bie  SluSarbeitung  einer  53orftettung,  bie  fic^  oucf)  im  SSolf 
allgemein  tief  eingettjurjelt  finbet,  nämlic^  bie  SSorflellung  bon  ber 
©eetenttjonberung.  SBir  faben  fc^on,  mie  biefe  Sßorftellung  au^  bom 
S3oIfe  gur  ©rflärung  be§  ©c^icffalS  gebraud^t  roirb.  2tu^erbem  f)ai)t  i<i) 
au§  bem  SSolfgmunbe  folgenbe  Sinterungen  über  bie  ©eelennjanberung: 
1.  SBenn  e§  einem  gut  ge^t:  „ba§  ift  fein  SBerbienft  in  einer  früheren 
©eburt".  2.  Söeim  Stnblicf  eine«  ©felS:  „SSa§  mag  ber  in  feiner  früheren 
©eburt  für  (Sünbe  getan  fjoben?  Db  er  roo^I  feine  ©c^ulben  ni^t 
be^a^tt  ober  Betrügereien  berübt  bat?"  3.  $8eim  Xobe  eine§  Sinbe§: 
„3n  n)el(f)er  gamilte  mog  nun  mein  ^tnb  geboren  werben?" 

©0  oft  freilief),  al§  man  nac^  ber  p^ilofop^ifd^en  ©ogmatif  an* 
gunel^men  genötigt  fein  möchte,  begegnet  man  im  S3oI!  bem  ®ebonfen 
an  bie  (Seelenwanberung  boc^  mo^l  nic^t.  D^iemanb  be^meifelt  fie,.  fie 
ift  allgemein  angenommene§  S)ogma.  ^(f)  meine  aber  fagen  ju  fönnen, 
ha^  man  nic^t  fo  oft  unb  biel  an  fie  benft,  al§  erwartet  werben  fönnte. 
S)a§  mag  au^er  mit  religiöfer  ©leicbgültigfeit  auc^  bamit  jufammen^ 
:^ängen,  ta^  im  SSoIfe  auc^  nod^  anbere,  wo^l  ältere  SSorftellungen 
über  bie  ©eelengefcbic^te  leben,  bie  nur  gum  2^eil  mit  bem  (Seelen= 
WanberungSbogma  berfi^molsen  finb.  S«^  meine  bie  SSorfteltungen  bon 
einer  gortbauer  ber  «Seelen  in  ben  ^immeln  ober  Rotten  unb  bie 
SSorftetlung  bon  i^rem  S3er bleiben  auf  Grben  al§  Dämonen  in 
gäüen  gewaltfamen  3:obe§.  Sie  erftere  SSorflellung  ift  jwar  mit  ber 
(Seelenwanberung§t^eorie  berfdbmol^en  (bolIenbS  in  ber  ^^ilofopl)ie) 
burc^  bie  Slnna^me  einer  9tücftef)r  au§  ^immeln  ober  ^ötle  in  ben 
^rei§  ber  Geburten,  ^ber  bie  aUjälirlicfien  geremonien  jur  iöefriebtgung 
ber  berftorbenen  SSorfo^rcn  (aud)  bie  SInbetung  ber  unberwitwet  ber= 
ftorbenen  grauen)  Weifen  boc^  wo^l  auf  eine  gewiffe  (Selbftänbigteit 
ber  SSorfteüung  einer  jenfeitigen  gortbauer  ber  (Seelen  l)in,  bie  t)iftorif(^ 
burc^  if)r  größeres  Sllter  begrünbet  fein  wirb.  5)ie  weit  berbreitete  SSor= 
fteüung  bom  $öerbleiben  ber  Seelen  gcwaltfam  ©eftorbcner  auf  (Srben 
(al§  Xämoncn)  aber  fällt  wefcntlirf)  au§  ber  Seelenwnnberung^=,  b.  i. 
®eburtentrei§lauf§t^eorie  ^erau§,  "ba  e§  fid)nic^tum  cineSBicbergcburt 
al§  Siämonen  ^anbelt. 


—     44     — 

^ebenfalls  aber  bleibt  bie  'S:at'\a(!t)t  befielen,  ha^  bie  ©ee(en= 
roanberungSt^eorie  bon  feinem  ^inbu  beflritten  irirb.  ©ie  fc[)Iie6t  aber 
eine  n^efentlidie  SSern)ifcf)ung  be§  Unterjc^iebeS  gn^ifc^en  93?enf(t)en=  unb 
2:terfee(e  in  ficf),  ta  biefelbe  <SeeIe  in  buntem  Söec^fei  balb  in  einem 
9}?enfct)en=,  balb  in  einem  Sierleibe  leben  fann.  S)amit  treffen  n)ir 
aber  auc§  öon  biefer  (Seite  lieber  auf  bie  allgemein  inbif(^e  Seug* 
nung  ber  fittlirfjen  grei^eit  be§  3!}?enf(^en,  bie  i^n  njefentlicf)  üom 
Jier  unterf(i)eibet.  ®ie  inbifd)e  ^tjilofop^ie  fennt  nur  grabuelle  Unter* 
fct)iebe  §tt)ifc^en  9J?enfc]^en,  Sieren  unb  ^flanjen,  bie  in  öerfrfjiebenen  (Sroben 
öon  (£rfenntni§fäbigfeit,  bejtt).  in  berfd^iebener  3^^^^  ^^r  ©inne  befte^en. 

SBie  bemna(f)  ben  inbifc^en  (Sötteroorftellungen  ber  Sßirflic^feitäfinn 
unb  bie  fittlit^  erbebenbe  ^raft  abgebt,  jo  fe^tt  ben  inbifct)en  (Seelen* 
unb  SSeltborfleKungen  bie  SSorauSfe^ung  be§  fittli^en  5)enfen§,  bie 
^bee  ber  gretl^eit. 


T)u  religiöfe  ieiftung. 

^a§  britte  Seben§gebiet,  bem  wir  un§  nun  sutoenben,  ifi  ta§ 
mit  ben  beiben  bi§f)er  be^anbelten  organifd)  öerbunbene  ®ebiet  be§  reli- 
giöfen  2öoHen§  unb  2Bir!en§. 

®en  beiben  frühem  Kapiteln  entfprec^enb  beginnen  n^ir  auc^  ^ier  mit 
bergrage, tt)elc^en@influ^  im  natürlic^enSeben  bie„'S)unfeI^eit" 
auf  ba§  Sßirfen  au§übt.  (£r  ift  offenbar  ein  boppelter,  ein  ^emmenber 
unb  ein  öerbecfenber.  SDuntel^eit  ^emmt  ba§  SBirfcn,  fie  ^inbert  un§  an  ber 
3Irbeit.  SOian  braucht  Sid^t  gur  Slrbeit  im  pu§Ii(^en  unb  Dffentlirf)en 
S3eruf.  gür  folctje  fügial  ttjertöoHe  Seiftung  ift  2ic!^t  ein  elementoreS 
S3ebürfni§,  ha  fein  2KangeI  un§  p^t)fif£^  foäufagen  auf  un§  felber 
ifoliert.  gerner  wirb  eine  im  ® unfein  derfuc^te  2:ätigfeit  bem  eigenen 
Siuge  burrf)  bie  2)unfel^eit  berbecft.  5IRan  fie^t  im  ©unfein  nic^t,  n)a§ 
man  tut,  unb  fann  be§§alb  bie  eigene  Stätigfeit  aud^  nid^t  redf)t  beurteilen. 

S3erftef)en  n^ir  aber  ha§>  SDunfel  geiftig  ai§i  einen  Bufi^n^-  '^o  "öa^ 
SSoüen  bem  Sicf)te  eine§  fittIicf)  =  religiDfen  S3en)uBtfein§  entsogen  ift, 
fo  tt)irb  ou§  ber  plji^fifd^en  ^emmung  unb  SSerbecfung  eine  innerlicfie, 
inbem  erfteng  ba§  ajjotiüleben  ifoliert  toxxt  gegen  bk  ©inluirfung 
ber  ^DC^ften  SJ^otiöe,  bie  bem  SBoHen  bie  mirflid^  et^ifd^e  fogiale  9iidl)* 
tung  geben  unb  ben  93knf^en  n^irfUc^  über  ba§  (Selbft  ergeben  fönnen, 
unb  5um  anbern  aÜe§  SBirfen  für  bie  eigene  Beurteilung  öerbedt  h)irb, 
unb  barum  gegen  falfcl)e  eigene  ^Beurteilung  nid^t  gefd^ütjt  ift. 

SÖIicfen  wir  nun  auf  ha^,  SBoßen  unb  Sßirfen,  bo§  ber  neu= 
teftamentlicf)en  Ü^eligion  eigenartig  ift,  olfo  auf  baSjenige  SBoIIen  unb 
SBirfen,  ha§i  au§  i^r  um  fo  mebr  l^erborgeljen  mu§,  ie  me^r  man  fic^ 
i^r  §ingibt.  2)ie  ebenfo  lebenSfreubige  mie  fittlidt)  ernfte  ^er^enSber* 
faffung  unb  ber  fittlic^e  Sic^tct)arafter  be§  S3orfteIIung§*  unb  ^^antafie= 
lebeng,  bie  biefer  9teIigion  al§  ein  (Srgebnig  ber  wirflic^en,  burc^  fie 


—     45     — 

bermittelten  @otte§gemein|(^aft  eignen,  muffen  bem  SSiüen  eine  9tid^= 
tung  auf  ftttlic§  unb  fojial  lüertboUeS  SBtrfen  geben  unb,  je  mel^r  fie 
Staum  geroinnen,  5U  folgern  SBirfen  g-reubigfeit  unb  Segeifterung  ber* 
leiten.  Unb  ba§  „ftrafenbe"  2id)t  be§  neuteftamentli(i)en  2Borte§  mu^, 
je  me^r  man  in  baSfetbe  ^ineintritt,  alle  ©elbfltäufdjung  über  ben 
SBert  ber  eigenen  Seiflung  äerftöten. 

3)ic  roefentüc^  anberSartige  6mpfinbung§-  unb  SSorflellunggroelt 
ber  inbifd^en  Skligion  bagegen  mu^  roefentlic^  onberSartig  auf  ba§ 
SSoIIen  unb  feine  ^Beurteilung  roirfen,  nömlic^  l^emmenb  unb  üerbecfenb 
roie  ba§  ®unfel.  Unb  groar  muß  aud)  |ier  biefe  SBirfung  um  fo  entfd^ie^ 
bener  eintreten,  je  meljr  fic^  ber  einjelne  feiner  9^eIigion  Eingibt. 
SlucE)  roir  galten  ben  ©a^  für  rid^tig,  ba^  ber  ^inbu  ebenfo  im  aH= 
gemeinen  beffer  ift  al§  feine  Oieligion,  roie  ber  ®f)rift  ftetS  §inter 
feiner  9teIigton  jurücfbleibt. 

SBir  geben  nun  eine  ßufammenfteHung  beffen,  roa§  roir  in  ^nbien 
bon  fpeäififd)  religiöfer  Seiflung  beoba(i)tet  ^aben.  9bd§  bem  ©a^e  „an 
i{)ren  grüd^ten  fottt  i^r  fie  erfennen"  roirb  man  l^ieran  noc^  einmal 
bie  Sitc^tigfeit  be§  9iefultat§  nad^prüfen  fönnen,  ju  bem  roir  bei  ber 
33etrac^tung  ber  inbif(J)=religiDfen  $ßorfteIIung§=,  ®ebanfen=  unb  (Sefü§l§= 
roelt  famen. 

Stempels  unb  geftbienfl. 

2Bir  betrachten  guerft  bie  eigentlich)  gotteSbienfllid^en  Seiflungen 
im  Stempels  unb  geflbienfl  unb  beginnen  auc^  §ier  mit  bem  ©ienft 
ber  ©orfgötler. 

SDiefen  roerben  im  Unterfc^ieb  bon  ben  anbern  ©Ottern  aui^  blutige 
Opfer,  befonber»  $üf)ner,  ©c^ofe  unb  SieO^n,  bargebrai^t.  ^ei  ben 
Sempelfeflen  größerer  SOJariammenlempel  5.  ^,  roerben  ^unberte  bon 
^ütjuern  unb  3'egen  bon  roeit  ^er  gebracht  unb  gefc^Iarf)tet  al§  53e- 
^atjlung  bon  ©elübben,  roelctje  bie  einjelnen  geflbefud^er  im  Saufe  be§ 
Sol)re§  biefem  roeiblic^en  ®ämon  getan  §aben.  S)a§  Opfern  gefcf)ie§l 
burd)  2Ib^auen  be§  ^opfe§.  2)en  9iumpf  nimmt  ber  Dpfevnbe  roieber 
mit  §eim.  S8on  einer  9}?ariamntenanbetung  im  kleinen  fann  ic^  al§ 
5tugen5euge  foIgeuDeä  erjätjten:  2ln  einer  Strome  fiel  mir  ein  mann§= 
'  ^of)er  Stermiten^aufen  auf,  ber  on  ber  SSorberfcite  teilroeife  mit  roter 
garbe  begoffen  roar,  unb  bor  bem  ein  eiferner  ©reijac!  ftanb.  ^ct)  trat 
l^eran  unb  fof),  baf?  an  bem  Raufen  eine  ^2ln5a()(  glöferner  3Irmringe, 
roie  fie  ba§  SSolf  biet  trägt,  augetlebt  roaren,  unb  ba^  an  bem  ©rei^ 
jacf  oben  nod^  me^r  t)ingen.  3>üifc^en  bem  Srei^ad  unb  bem  Stermiten* 
laufen  aber  ftanb  sroifdjen  einigen  ^iegelfleinen  ein  f (einer  fdiroar^er 
aJZariammenfopf.  S)a§  ®on,^e  roar  alfo  ein  i^r  geroei()ter  Opferplo|j  unb 
bie  Siinge  rooren  2öeif}gcfc|enfc,  bie  a(§  93e,^a()(ung  bon  ßiclübben  ge= 
ftiftet  ronren.  5)a  fam  eine  grau  mit  einem  fleincn  Jlinbc  auf  ber  $üfte. 
©ie  legte  jucrfl  hai  ftinb  bor  bem  9Jcaribilbe  platt  auf  bie  Grbe,  t)ielt 
bann  feine  ^önbc^en  jufammen  unb  fagte:  „5öetc  if)n  an,  ben  ©roami!" 
2)ann  legte  fie  fic^   felbft  platt   auf  bie   (Srbe    unb   ^ielt    ftumm   bie 


—     46     — 

eigenen  ^änbe  anbetenb  äufammen.  (Snblic^  ftanb  fie  auf  unb  ging  mit 
nochmaliger  anbetenber  ©ebärbe  i^re§  2Sege§. 

®ie  ßeremonie  be§  Ä'arac^am,  b.  i.  be§  SopftragenS  ju  (S^ren 
ber  SJJnriammen,  öon  ber  ic^  öfter  gehört  unb  bie  i(i)  aud§  5um  Seil 
jelbft  g"efe£)en  1)al)e,  l^at  folgenben  33erlauf:  ©in  Jüngling  tt)ei§t  \iä) 
^unäc^ft  burc!^  gaften  unb  Söaben  unb  burc^  Umbinben  einer  gelben 
©c^nur  um  taS»  ^anbgelen!  5e^n  Sage  lang  für  ba§  geft.  2(m  be* 
ftimmten  Sage  trägt  er  bann  auf  bem  ^bpfe  in  feierlicher  ^rogeffion 
einen  Sopf  mit  SSaffer  burd^  bie  ©trafen.  S)er  Sopf  tft  oben  mit 
SKangos  unb  ä)iargofabIöttern  bebedt.  Slucf)  hü§>  SJJaribilb  ift  mit  im 
3uge;  ifjm  folgt  ein  ©änger  mit  |)onbtrommel  unb  gu^i^eüen  unb 
fingt  ein  Soblieb  auf  bie  9J?ari.  äRanc^mal  lüirb  auc^  ein  flac^e§  Son* 
gefäfe  mit  glü^enben  ^o^Ien  auf  ber  flachen  ^anb  „in  ^raft  ber 
ÜKari"  mitgetragen,  eine  ^ofteiung,  bie  roo^I  immer  auf  einem  ®elübbe 
berufit. 

51I§  ©elübbebeja^lung  tt)urbe  mir  auc^  t)a§  geuertreten  be§ei(^net. 
SBenn  eö  ju  ß^ren  ber  Diari  gefc^ie^t,  trägt  ber  5Betreffenbe  einen 
Sopf,  ber  burc§  gouberformeln  mit  bem  ©eifte  ber  ä)?ari  infpiriert 
ift,  auf  bem  ^opfe  über  eine  etlicf)e  gu^  breite  ©cbic^t  glü^enber  J^o^Ien 
am  SKoritempel.  ©eine  ^^üfse  finb  babei  nacft.  Sie  ^ari  im  Sempel 
foü  babei  auf  bie  Wlaxi  im  Sopf  einroirten.  ^c^  ^aht  ta^  geuertreten 
felbft  gefeben  unb  oft  uon  i|m  get)ört. 

®ie  SSorbereitung  ju  bem  gefte  einer  anberen  Stmmen,  nämüc^  ber 
^ibari=  ober  ^ellei^ Timmen,  ^abe  icf)  felbft  erlebt,  ^m  Orte  maren 
9  ©tra^enecfeu  mit  gefalbten  ©teinen  bejeic^net,  neben  benen  auf  einem 
gefegten  ^la^e  üon  IV2  Sufe  in^  ®et»iert  ein  einfac^e§  SOiufter  au§ 
braunroten  ßinien  gemalt  mar.  Sin  biefen  ©teinen  mu§  abenb§  beim 
§eft  bie  ^ibari  auf  i^rem  SraggefteCt  oorbeigetragen  werben.  S3or  bem 
©eftell  ^er  gel)en  bann  2  burc^  Umbinben  einer  gelben  ©ct)nur  um 
ba§  ^anbgelen!  gett)eil)te  ^aria  mit  langen,  ^oct)gel)obenen  ©(^roertern 
unb  mit  Sölumenfrän§eu  um  ben  ^al§.  S"  einem  anberen  ®orfe,  öon 
bem  ic^  ^örte,  finb  e§  nid)t  Sölumenfrän^e,  fonbern  bie  ©ebärme  be§ 
£)pfertier§.  (£iner  trägt  eine  ^anbtrommel.  ©o  fa§en  roir  fie  auc|  bei 
bem  üorbereitenben  Umjug,  ber  mittag§  abgebalten  mürbe.  S)a  gingen 
fie  üor  bem  ^ibaribilb  erft  um  ben  tleinen  Sempel  l^erum  unb  bann 
burcl)  ben  Ort.  !öei  bem  abenblic^en  Um^ug  roirb  auc^  ein  Sopf  mit 
geföntem  9tei§  mit  l)erumgetragen.  ^lad)  bem  Umjug  fc^lägt  man  öor 
bem  Sempel  mit  einem  ber  ©c^merter  einer  ßiege  ben  Ä^opf  ab  unb 
fängt  ta^  S3lut  auf,  um  e§  mit  bem  9iei§  im  Sopf  5U  oermengen. 
3)iefen  trägt  bann  einer  ber  beiben  ^aria,  ben  man  für  befeffen  öon 
ber  ^ibari  Ijält,  fcl)reienb  sroeimal  um  ben  Sempel  unb  bann  au§  bem 
SDorf  l)inauÄ  an  bie  glurgrenje,  mo  er  i§n  au§fcl)üttet,  tt)äl)renb  ber 
aubere  trommelt.  S)ann  mu^  er  o^ne  fic^  urnjuietien  in  ha§>  ®orf  5urüc£. 
©iet)t  er  fiel)  um,  fo  mu^  er  fterben  unb  ebenfo  jeber,  ber  bem  Um* 
äug  mit  bem  Sopf  begegnet.  Se^terer  wirb  öon  ber  ^ibari,   erfterer 


—     47     — 

öon  ben  ®ei[tern  erfc^Iagen,  bie  fte  öertrieben  ^at.  ®enn  ble  Sbee  beS 
gefte§  ifl,  tal^  bie  ^tbari  bie  anbern  ©ämonen  bor  fiii)  ^er  qu§  bem 
®orfe  big  an  bie  (Srenge  treibt,  tt)o  fie  bleiben  unb  fic^  mit  bem 
blutigen  $Hei§  begnügen  muffen.  SSeim  ^D^ittaggumpg  ging  aurf)  ein 
Sßra^mane  mit.  ©r  betet  jmar  bie  „©orfgöttin"  ^ibari  nic^t  on,  ober 
er  jünbet  bor  i§r  beim  Umäug  Dampfer  an  unb  nimmt  ©oben  ent^ 
gegen. 

Sn  e^olerajeiten  tt)irb  bie  (S^oIero=^mmen,  ^ali,  burcf)  Umsüge 
bere^rt.  Söi^meilen  erüärt  fie  auc^  burc|  einen  iöefeffenen,  e§  fei  eine 
feinbüc^e  tali  au§  einem  anbern  ®orf  eingebrungen.  'Donn  nehmen 
bie  33auern,  wie  id)  felbft  gefe^en  i)ahz,  fcf)mere,  biete  unb  mit  bem 
2öifcf)nuäeid)en  bemalte  9fiei§ftöBer  über  bie  ©d)ulter,  juweilen  auc^  ein 
©diroert,  unb  giefien  mit  bem  fortgefe^ten  Üiufe:  „®obinba!"  (^iamt 
^'rifc^na^Sßifc^nuS)  big  on  bie  ©orfgrenje,  um  bie  ^oti  über  biefe 
§inau§5uiagen.  ^ommt  tro|  biefer  geier  bocf)  nocf)  ein  6:t)oIerafaIt  bor, 
fo  tt)irb  er  bamit  erflärt,  ba^  bie  ©öttin  fid)  noc^  über  bie  ®orf= 
beiro^ner  ju  beüogen  (jot. 

5tucJ)  eine  ©albung  ber  ^ali  erlebte  ic^.  «Sie  gefd)af)  mo^I  jur 
SSeja^lung  eine§  n)äl)renb  ber  ©fiolerajeit  getanen  ©elübbeg.  2)a§  S^alt^ 
bilb  raar  eine  im  freien  fte^enbe  einfache  eteinplotte.  ^u§  33?effing* 
gefä^en  mürbe  über  biefen  ©tein  5öoffer,  äRild)  unb  Dl  auggegoffen. 
®ie  ausgaben  für  biefe  ©olbung  trug  ber  ®orffc|ul5e  unb  einige  al§ 
grauen  berfletbete  ÜJfänner,  bie  in  ber  ^auptftra^e  ber  no^en  ©tabt 
einen  Umsug  mit  Sang  aufgeführt  unb  ©aben  für  biefen  ßroed  ein^ 
gefammelt  l)otten. 

SBieber^olt  traf  id)  auc^  auf  bie  SSere^rung  ber  öiangai=5Immen 
(93?utter  ©onge§).  ^n  einer  ^orfflur  mar  t^r  ein  Dpferpla^  ge- 
fliftet,  ber  au§  brei  oufrec^t  in  bie  (£rbe  gefteüten  ßtegelfteinen  beftanb. 
„^ier  muB  man  flel)en  unb  ber  ©anga  ©elübbe  tun",  fagte  mon  mir. 

(Sine  onbere  ®elübbeleiftung  ift  ba§  9? ab  elfte c^en.  S"  i>en  ganzen 
Seib  merben  biele  lange  filberne  9?abeln  geftod)en,  jumeilen  au^  eine 
burc^  bie  3unge  ober  buri  bie  93ade.  ©o  mallfa^rtet  man  gum  2:empel 
ober  §iel)t  bettelnb  mit  3:rommelfd)lag  burd)  bie  ©tobt.  ®er  (Srtrag 
mirb  bem  Slmmentempel  gegeben.  (£ine  unferer  ©djraeftern,  bie  einen 
folc^en  SSettelumjug  gefe^en  ^at,  bei  bem  an  ©teile  ber  ^iabel  ein 
^oI§pf(ocf  burc^  bie  JBade  eine§  ^'naben  gefto^en  mar,  l)at  barüber  ein 
©efpröc^  mit  einer  ^inbufrau  gel)abt.  ®ie  ^inbufrau  meinte,  e§  tomme 
öfter  bor,  baß  man  einem  ®ö^en  in  ^rantl^eitSgeiten  ein  (Selübbe  tue 
unb  i^m  to!o§nüffe,  ®olb  ober  ^uroelen  berfpred)e.  'iJlrme  Seute  ge-- 
lobten  tt)of)l  aud)  einen  Sag  betteln  ju  geljen  unb  ben  Ertrag  gu  opfern. 
Sei  fc^mcren  trant^eitSfätlen  gelobe  man  mo^l  aud),  fid)  eine  filberne 
9?abel  burd)  bie  red)te  ober  linte  33arfe  ober  burc^  bie  3"»9e  5"  ftfc^cn, 
unb  fo  äu  betteln,  um  ben  ©rtrag  ber  6ii3ttin  ju  opfern.  ®ie  9c'abeln 
merben  bann  bor  bem  ®ö^en  ^erauggejogen  unb  i()m  geopfert.  ®ie 
SBunbe  fdiliefee  fid)  fofort,  unb  ©djmerjen   fü^le  man  nid)t.   ?luf  bie 


—     48     — 

grage,  ob  ber  ®ott  aud)  iuirfüc^  ^elfe,  antwortete  fte:  „0  \a,  Juenn 
ha^  ©elübbe  au§  einem  au[n(i)tigen  ^erjen  fommt,  ober  tüenn  man 
e§  im  Sempel  tut  unb  gebabet,  ungege^fen  unb  mit  reinen  Kleibern 
bor  tf)m  erjc^eint,  !ann  man  ber  (är^örung  gemi^  fein.  9lur  muB  man 
nacfi^er  auc^  ba§  getane  (S^elübbe  erfüllen,  ©onft  trifft  ®otte§  3di^" 
ben  ßügner  unb  er  mu^  elenb  umfommen  unb  t)at  noc§  in  ber  näc^ften 
Geburt  biet  ^u  leiben."  Sll§  ein  53eifpiel  für  bie  ©r^örung  folc^er 
®elübbe  führte  fie  ben  ©öl^en  bon  ©rirangam  an  unb  fagte:  „3Barum 
ifl  ber  fo  ungeheuer  reid^?  ®dc^  nur  tbeil  i§m  fo  biel  geopfert  wirb. 
Unb  warum  wirb  i§m  fobiel  ®elb  unb  (Sut  geopfert?  Sßeil  er  fo  biet 
erkort  unb  ^tlft;  man  ^at  SSertrauen  ^u  i^m." 

SSon  einem  anbern  ^orfgötterbienft,  einem  Opfer  bon  ©ü^igs 
feiten,  berbunben  mit  einer  ©atbung,  ergä^It  eine  anbere  ©c^wefler. 
S3or  bem  Söaum  auf  einer  fleinen  ©r^o^ung  ftanb  haS^  33tlb  ber  ©öttin. 
2)er  ^riefter,  (jier  fein  SSra^mane,  fonbern  wie  foft  alle  beteiligten  ein 
ber  ^aufmanngfofte  ange^öriger  SO^ann,  war  eifrig  befd^äftigt,  ^ofo§- 
nüffe  auf 5uf erlagen,  ©rett  Ieucf)tete  ha^  gabelförmige  SSift^nu^etc^en  auf 
feiner  (Stirn  unb  feine  klugen  glühten.  (Sine  dlu^  crwie§  fic^  al§ 
fc^Iec^t,  unb  er  warf  fie  mit  entrüfteter  (Sebörbe  unter  bie  Seute  mit 
ben  SSorten:  „SSie  fönnt  i^r  e§  wagen,  ber  ©öttin  eine  fc^lec^te  9?uft 
gu  opfern,  eine  anbere  f)er!"  Unb  fcf)nell  jerbrac^  er  bie  le^te  unb 
go^  auc^  bereu  '^n^ait  in  eine  bereits  fertige  ÜKoffe,  bie  au§  Söananen, 
3ucfer,  SOiilc^  unb  §onig  beftonb,  unb  ju  ber  al§  fünftel  eben  noc^ 
Sl'ofo§miI(i)  fam.  9tac^bem  biefe  fünf  ^ngrebienjicn  gehörig  burci)ein= 
anber  gemifd)t  waren,  flricf)  er  fie  auf  einen  breiecfig  geformten  fc^war^en 
(Stein,  ber  ju  gü^en  be§  ©ot^enbilbeS  au§  ber  (£rbe  §erborragte,  unb 
legte  §ur  SSottenbung  einige  Slumen  barauf.  9^un  würbe  mit  3Ka^t 
eine  ^anbglocfe  geläutet,  ba§  Süä)<in  jur  Slnbetung.  Sitte  erhoben  bie 
gufommcngelegten  ^änbe  unb  berneigten  fid),  jum  Steil  mit  großer  5ln* 
bad)t,  bor  bem  ©ö^enbilb.  9?ac^bem  fo  ha§:  Opfer  bargebraci^t  war, 
Würbe  ber  Srei  mit  großer  Sorgfalt  wieber  bom  Stein  l)erunter  unb 
in  ein  ©efäfj  getan,  um  an  atte  bie  berteilt  5U  werben,  bie  eine  Saft 
bon  Bananen,  9J?il(^  u.  a.  l)erbeigetragen  Ratten.  Sie  ließen  e§  fi(^ 
aber  atte  in  ein  ©efäß  geben,  offen  fa^  man  feinen.  9?un  fam  nod)  bie 
wichtigere  Salbung  mit  Sanbel^olj.  5lu§  bem  verriebenen  Sanbel^olj 
wirb  5U  biefem  gwecf  ein  bider,  gelber  SBrei  gubereitet,  gerabefo  wie 
e§  in  ^ocE)5eit§l)äufern  üblic^  ift.  liefen  58re{  ftrid^  ber  ^riefter  auf 
ben  fc^worjen  (Stein,  nac^bem  er  i^n  mit  biel  Slufwanb  bon  SSaffer 
Wieber  abgewafd^en  ^atte.  9ltte  fal)en  bei  biefem  Stft  gefpannt  gu,  unb 
al§  burc^  Sluflegen  bon  53lumen  bie  Salbung  bottenbet  war  unb  bie 
(Slode  ertönte,  warfen  fie  fi^  nieber  unb  beteten  an. 

®er  ©orfgötterbienft  ift  teine§weg§  auf  bie  ©örfer  befdirönft. 
SBir  erwöljnten  f(^on,  ta"^  ouc^  ^o^e  Subrafaften  folc^e  ©orfgötter  al§ 
i^re  SieblingSgötter  anbeten,  unb  in  einer  Stabt  bon  16000  @in= 
wo^nern    gä^lte    id)    unter  20  2:empeln  8  ben  Sjorfgöttern    geweifte. 


49 


baöon  6  in  ben  ©ubroflrolen.  5Kier  öon  ben  le^teren  i)attm  ©ubra= 
prieftet,  lüclc^e  bie  ©elübbegaben  ber  S3ere^rer,  5.  X.  für  i^ren  eigenen 
Unterhalt,  cntgegenna()men.  ®ie  Reiben  anbeten  f)Qtten  leine  bejonberen 
^riefter.  Slucf)  ber  9?eubau  ober  bie  Üieparatuc  öon  Sempein  geid)ie|t 
oft  auf  ®runb  öon  ©elübben. 


(Botjenfcbrcin  an  ber  ilanb|li\:pc. 


®ie  ©elübbe  an  ^lijenar  beftef)en  fef;r  oft  in  neuen  Sonfiguven, 
bie  man  öor  feinem  2:empet  ouf^ufteüen  gelobt.  (Jg  finb  ^^ferbe  ober 
©lefanten,  bie  xi)m  in  ber  5iod}t  al§  9tcittiere  bienen  foüen.  9JJanct)mal 
merben  auc^  gro^e  20  unb  mel)r  ^ufe  ^of)e  ^^ferbegcftatten  au§  3iegel= 
fteinen  gelobt  unb  gcftiftet.  ?luC^  Sizilien  Pon  tleinen  ftinbern  iperbcn 
i^m  Pon  ftmberlofen  gelobt  unb  nac^  erfolgter  (St^örung  gefliftct.  SSer 
am  5lrm  ober  33ein  traut  ijt,  gelobt  bcm  Slijcnar  hü»  betteffenbe  ©lieb. 

4 


—     50     — 

SDer  Dpferbienfl  im  S:empel  be§  Slijenar  ifl  berfcf){eben.  5In  ötelen 
Orten  inerben  t^m  nur  unblutige  Opfer  bargebrac^t,  an  anberen  feboc^ 
aud§  blutige. 

Quraeilen  forbern  bie  SDorfgott^eiteu  au(^  beftimmte  ©aben  ober 
ßeiftungen  burc^  ben  SKunb  öon  5IRebien.  2(uc£)  fragt  man  tt)o§I  in 
^ronf^eitäjeiten  fol^e  Sefeffene,  tr)a§  ber  ®runb  ber  ß'ranfl)eit  fei  unb 
tr)a§  man  tun  folle.  Sü§  Slntlüort  barauf  wirb  etma  bie  9?ic^teinioItung 
eine§  ©elübbeS  angegeben  unb  bie  gorberung  baran  gefnüpft,  im  Sempel 
für  bk  ®enefung  be§  Traufen  ein  ^u^n  ju  opfern.  (Stirbt  ber  ©ranfe 
bennoc^,  fo  ^et^t  e§,  gegen  \)a§  auf  be§  Traufen  ^aupt  gefcJ)riebene 
©c^idfal  fei  ni(i)t§  ju  tun. 

©nblicf)  mu§  ^ter  noc^  bie  ©onnenonbetung,  bie  gluBanbetung 
unb  hk  SSeretjrung  be§  ^ipotbaumeS  unb  be§  Sulafifrauteg  genannt 
tt)erben.  3)iefe  ßeremonien  finb  fömtlitf)  aud)  bei  ber  Sßral^manen!afte 
gebräud^Iid). 

2)ie  «Sonnenanbetung  rairb  befonber§  an  einem  ber  fübinbif(f)en 
^auptfefte,  bem  ^ongelfefte,  geübt,  „^ongel"  f^ei^t  ^oc^en.  ©emeint  ift 
ba§  StufmaHen  be§  erften  3ieife§  nac^  ber  (£rnte  im  Januar,  ber  in 
einem  neuen  Stopf  getodEjt  wirb,  tt)a§  einen  §auptbeftanbteil  biefe§ 
gefte§  bitbet.  „®er  gefod)te  9tei§  mit  ßucfer  unb  9JJiI(^  iütrb  bem 
(Sonnengott  bargeboten,  um  i§n  günftig  ju  ftimmen.  ©iefer  njirb  im 
^ofe  iebe§  ^aufe§  angebetet,  nad§bem  man  auf  bie  (Srbe  rote  giguren 
gemolt  i)üt,  meiere  bie  Sonne  unb  ben  5D?onb  barfteHen."  (So  fct)reibt 
ber  bra^monif^e  (Sc^riftfteller  S^atefo  (Saftri  über  ha§  ^ongelfeft  in 
einer  Sd^rift  über  bie  i^a^tm,  gefte  unb  Qe^^niouien  ber  ^inbu.  (£r 
fäi)rt  bann  fort:  „5Im  näct)ften  Stage  lüerben  bie  9tinber  fein  gemafc^en 
unb  gefdjmücft.  9tuc^  betet  man  fie  an  unb  gibt  i^nen  gefocfjten  9ftei§. 
®ie  ^örner  ber  Siinber  unb  bie  SSagen  merben  bemalt,  worauf  man 
mit  bem  9?uf  „^ongelo,  gonget!"  burc^  bie  Strafen  be§  Orte§  fä^rt." 
SDiefer  jmeite  geiertag  ^ei^t  ba§  JRinberpongel. 

Über  eine  Slnbetung  ber  „5D?utter  ^oineri",  bie  ofliä^rlid^  an 
einem  beflimmten  S^age  bei  $:ritfc!^inopoli  unb  an  anbern  Orten  ges 
fc^ie^t,  ergäfilt  eine  S^raefter:  „3Bir  begaben  un§  ^unöi^ft  ju  ber  großen 
^rüde,  bie  STritfc^inopoIi  mit  Srirangom  berbinbet.  S)od)  fonnten  inir 
üon  ^ier  au§  nid)t§  fe^en;  benu  ^unberte  öon  ä)?enfc^en  fafeen  unb 
lehnten  ouf  bem  Sörüdengelönber  unb  beobact)teten  haS»  SSaffer,  ba§  al§ 
ungeheure  gelbe  SOJaffe  trag  ba^inftrijmte.  SBo  man  "Da^i  Ufer  nic^t  burd^ 
Stufenbauten  eingebömmt  ^atte,  war  bo§  SSaffer  weit  ausgetreten  unb 
bebecfte  weithin  hk  gelber,  um  fpäter  Wie  ber  SiJil  auf  i^nen  einen 
fruc!^tbaren  S(^Iamm  jurüd^uloffen.  SBir  bröngten  un§  auf  einer  engen 
®affe  §um  eigentlichen  geftpla^,  an  bem  bie  Reiben  bie  ^ameriammal 
anbeten  unb  i§r  an  btefem  Sage  i^re  Opfer  barbringen,  ßunöd^ft  baben 
fie  unb  wafcf)en  i^re  Kleiber  im  gtu^,  befonber§  bie  5D(änner.  ®ann 
beginnen  bie  SSorbereitungen  gum  Opfern.  Sie  nehmen  Pon  'bem  ©d^Iomm 
be§  gluffeS  unb  ma(^en  barouS  jwei  fleiue  etwa  10— 15  cm  f;o§e  ®ö^en, 


—     51     — 

bor  benen.fie  SSet^raucf)  anjünben  unb  if)re  Dpfergaben  nieberlegen. 
^n  einem  ^orbe  bringen  fie  eine  gro^e  Portion  guten  Steig  mit,  ber 
im  S'Iuffe  folange  geroafc^en  mirb,  6i§  er  rt)eic£)  gequollen  ift.  2)ann 
mi|'cf)t  man  i^n  mit  braunem  Qudn  unb  fü^en  ©rbfen.  9Iuc^  §ierbon 
lüirb  bem  (5(i)Iammgö^en  auf  einem  grünen  SSananenblatt  eine  §anb» 
bott  öorgeiegt  nebft  einer  Siti^one,  einer  ^ofo§nu§  unb  S3Iumen.  2)ie 
grauen  weisen  bem  ®ö^en  i^re  ^unieien  unb  oft  au(^  i§re  neuen 
Kleiber  unb  faKen  juIetU  bor  i^m  gur  (Srbe  nieber  unb  beten  an,  in* 
bem  fie  mit  i^ren  (Stirnen  bie  @rbe  berühren.  9?a(^bem  fie  ()ierauf  bie 
Dpfergaben  in  ben  glu^  geworfen  —  ni^t  feiten  auct)  fleine  ®elb= 
mün5en  —  bie  ^umelen  unb  Kleiber  aber  tüieber  angelegt  l^aben,  bes 
ginnt  ein  frDf)I{(i)e§  ©c^maufen.  ®er  fü^e  D^ieiS  mirb  berje^rt,  baju 
ou(j§  biele  grüc^te  unb  ©ü^igfeiten. 

S3on  Qdt  5u  3eit  fa^en  roir  auc^  teure  J^ränje  bon  gema(^ten 
unb  natürlidjen  53Iumen  ben  giu^  ^inobfcfjmimmen,  bie  man  ber  ©öttin 
gemeint  f)otte.  SluSrufe  lüie:  „©e^t  bie  Wladjt  ber  ^aweriammal", 
„©tar!  ift  bie  ^an^eriammol"  lüurben  laut.  @§  mar  ein  gro|e§  (Sie- 
mü^I  mie  auf  einem  ^a^rmarft.  grüc^te,  Qüäzxtotxt,  ©ebäcf  unb  roo§ 
fonf^  ein  3:;amulen^erä  erfreut,  mürbe  in  großen  9}?engen  feilgeboten." 

®en  ^ipalbaum  betet  man  an,  inbem  man  i|n  mit  gufammens 
gefegten  ^änben  umfc^reitet.  ®ie  SSere^rung  be§  2:ulafi!raute§  gefd^ie^t 
im  ^aufe.  '^m  innern  §of  mirb  e§  auf  einen  altarä^ntic^  er^öfjten 
5j3lolj  gepflonjt,  unb  bie  Dteligion  bon  ^unberttaufenben  inbifct)er  grauen 
betätigt  fic^  barin,  hafy  fie  um  biefe§  ^eilige  S?raut  t)erumge^en,  e§  an= 
beten  unb  i^m  Dpfergaben  barbringen.  (Sin^unbertac^t  Wai  um  iaä 
^raut  fierum^uge^en  ift  ein  gro^e§  S3erbienft,  burc^  bo§  bie  ^inbufrau 
bie  Erfüllung  i^re§  ^auptmunfcf)e§,  nämürf)  bie  ©eburt  eine§  ©o§ne5, 
5u  berbienen  §offt.  ^eben  Woxqm,  fobalb  fie  aufgeftanben  ift,  mufs  fie 
einen  33(icf  auf  ba§  Stulafifrout  richten.  9tac^bem  fie  fic^  bann  bie 
3ä^ne  gepu|t  unb  ^änbe  unb  gü§e  gemafc^en  §at,  mu^  fie  in  einem 
SKeffingtopf  SBaffer  bringen  unb  ta^  Uiaut  bamit  begießen.  (£t)e  baä 
SSaffer  ganj  eingefidert  ift,  taucht  fie  bie  ginger  f)inein  unb  befprengt 
fid)  ben  ^opf.  ®reimol  täglirf)  betet  fie  ba§  Ä'raut  an. 

2Bir  ge()en  nun  über  gu  bem  fimaitifc^en  ©otterbienft.  ^n 
ben  größeren  unb  Heineren  ©imatempeln  gefc^ie^t  ein  täglicf)er  SDienft 
burc^  bie  bra^anifc^en  ^riefter  mitßrän5en,  33Iumen,  äJtufif,  Dampfer 
ufm.  unb  jumeiien  aud)  mit  ®efang  unb  mit  jtanj  ber  SSajaberen. 
5)ie  mid)tigfte  geier  ift  bo§  „Sör^geft".  „2er"  fieifet  im  Samulenlanbe 
ber  ©öttermagen,  ibie  i^n  jeber  grt)ßere  Xempet  ()ot.  (£r  befielt  au§ 
einem  pljramibenförmigen  .^oljbau,  ber  meift  bon  oben  bi§  unten  mit 
Öül5fct)ni|jcreien  bebecft  ift.  ^n  ber  SOtittc  born  ift  ein  ^la^  für  ben 
©Ott.  Xiefe  Söagen  ru^en  auf  4  aii^  mäcf)tigen  $oIäfc|eiben  beftef)cn= 
ben  Stöbern  unb  werben  an  langen  Sauen  bon  9JJcnfd)cn  um  ben 
Stempel  ^erumgejogen.  ©ie  finb  jumeilen  fo  ^od)  mie  me^rftödige 
^äufer.    2(u§  ben  Käufern,   an  bencn   fie  borbeitommen,   bringt  man 


—     52     — 

®aben  für  ben  ®ott.  Siner  meiner  ©eljilfen  au§  fjo^erer  ^afte  er= 
ää^Ite  mir  babon  folgenbeg:  „^(^  fi|e  am  legten  Ser'Hmjugstage  auf 
ber  5ßeranba  etne§  firoaitiidjen  Sraf)manen.  ®a  fommt  ber  Xex  mtt 
Siroa  unb  ^arlDoti.  SDer  53ra^mane  fle^t  auf  unb  ruft  {n§  ^au«:  „^er 
©IDomi  tommt,  ifl  aüz§>  bereit?"  Stuf  bie  beja[)enbe  ^ntiüort  5iel)t  er 
fic|  jurücf.  @in  junger  2Rann  bringt  auf  einer  ^iatte  au§  bem  ^aufe 
eine  in  2  §älften  §erfc^Iagene  ^o!o§nu^,  einige  33onanen  unb  etroaS 
Dampfer.  ®a§  gibt  er  bem  ^riefter  oor  bem  Ser.  2)er  jünbet  ben 
^ompfer  an  unb  beroegt  i^n  öor  bem  @otte  auf  unb  ab.  S8on  ben 
grüd^ten  nimmt  er  bie  §älfte,  bie  anbere  gibt  er  jurücE  al§  „^eilige 
•Speife".  SDaju  gibt  er  au§  einem  ®efö^  am  Ser  nod^  tt\va§  ^eilige 
Slfc^e  in  bie  ^anb  be§  jungen  3}?anne§  unb  (egt  noc^  me§r  auf  bie 
platte  für  bie  ^^rauen  be§  ^oufe§.  Sluf  Söefragen  erflärt  ber  §ou§^ 
f)err  mir  nad^^er,  er  ^ahc  fic^  jurürfgejogen,  raeil  er  nic^t  gebabet  unb 
geroiffe  ßeremonien  nic^t  berric^tet  §abe,  unb  beS^atb  nid^t  rein  ge= 
roefen  fei." 

©ine  ©ituabere^rung  ift  auc^  bie  SBoUfa^rt  gu  ben  großen 
©imatempeln  bei  Gelegenheit  ber  Sempelfefte,  §.  58.  nad^  Sliruioannäs 
malai,  tüenn  bort  ber  „geuerlingam"  ange^ünbet  unb  angebetet  lüirb. 
SSon  'Dzn  gu  ^aufe  23erbliebenen  toerben  an  bem  S^age  Sampen  §u 
beiben  ©eiten  ber  ^auStür  angejünbet. 

W.^  @itt)aberef)rung  gilt  au^er  ber  5lnbetung  ber  ©itüafigur  —  be§ 
©iwalingam  im  Stempel  ober  auf  bem  5er  —  auc§  bie  S3ere[;rung  be§ 
„®uru",  b.  i.  be§  priefterlic^en  Se^rer§,  unb  ber  ©iroenabiär,  b.  i. 
ber  „Siiüafnec^te".  2II§  foli^e  f(^einen  im  allgemeinen  auc^  fc^on  oüe 
religiöfen  SSettler  5u  gelten,  bie  im  orfcrgelben  ©etüanbe  bon  Ort  gu 
Drt  gießen,  menn  fie  bie  „©ima-Slbäeic^en"  tragen,  nämlid^  bie  Slfc^e 
auf  ber  (Stirn  unb  ben  9tubräffcf)a*9iofenfranä. 

SSon  ©elübben,  bie  bem  @ttt)a  felbft  geton  merben,  ift  mir  nur 
bie  ©^enfung  fleiner  Wdt^m  an  ben  Sempel  be!annt.  ©ie  werben 
bon  i^ren  ©Item  für  ben  Sajaberenbienft  beftimmt  unb  bem  Sem^ 
übergeben.  (£§  I)ei^t  bann  bon  i^nen,  fie  feien  bem  ©iiua  ber^eiratet.  ®ie 
großen  ©iroatempel  f)aben  jum  Seil  mächtigen  Sanbbefi^.  SSon  ben 
Erträgen  ber  gelber  lüerben  bem  @otte  grof3e  9J?engen  9tei§  geopfert 
unb  bann  berteilt. 

®em  ©ubramania  ober  SJJurugen  werben  biete  ©etübbe  ge 
tan,  bie  befonberS  getegentlid§  ber  großen  bei  feinen  Stempeln  ge^at* 
tenen  gefte  getöft  werben,  wie  5.  33.  in  ^atni  unb  in  3J?ailam.  ©old^e 
®elübbeteiftungen  für  ©ubramania  finb:  Sßattfa^rt  mit  bem  Üä- 
wabi,  einem  auf  ben  ©c^ultern  getragenen  ©efteE,  an  bem  S;öpfe  mit 
äRilc^  unb  ä^ntic^em  l)ängen.  Sei  biefem  Hawabitragen  treten  oft  Se* 
feffenl3eit§5uftänbe  ein.  gerner  ta§>  ^erumr ollen  be§  eigenen  ^ör= 
per§  im  ©taube  ber  @tra|e  um  ben  Sempel,  Stabelftec^en  burc^  bie 
Seiten  ober  am  ganjen  Äörper  ober  burc^  bie  QmxQZ.  33ei  bem  3}?ai= 
lamfefte  werben   bem   ©ubramanio    aud^    biele    §  aar  Opfer    gebrad^t. 


—      05 


2>Q§  gefc^.ief)t,  {nbem  man  ficf)  ha^i  langgeJnac^fene  ^aar  öor  bem  Sem* 
peleingong  bon  einem  33nrbier  obfcfineiben  läfet.  tiefer  behält  ba§  ^aor 
unb  öetfauft  e§  jum  gabenbre^en  ober  äum  5{u§flopfen  üon  grauen^ 
jöpfen.  S3erraa(i)[ene§  ^aax  (Söeicfjfetjopf)  gilt  übrigen^  qI§  öon  einem 
beflimmten  ©ott  gegeben,  bem  e§  bann  quc^  geopfert  ttierben  mu§. 


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1)er  Stempelbicnft  beg  öieloere^rten  03nnö[n  befielt  in  Ö(ung, 
Söetränjung  unb  iöefleibung  feiner  "f^iQui  unb  in  Cpfern  Uon  !ftotü§= 
niiffen  unb  anberen  grüdjtcn.  'ilüd)  neue  fleine  2^empc(  luerben  ifjm 
geftiftet.  SSor  einem  folc^en  fo^  irf)  eine  ©ammelbücljfe  für  öabcn  ju 
feiner  ©rmeiterung.  'Der  53eginn  iebe§  Unternef^menä  gefd)ief)t  mit  3In= 


—     54     — 

rufung  be§  ©anefa,  fo  ber  ©d^ulanfong,  ba§>  «Schreiben  eineS  33u(i^e§, 
^oc^^eiten  unb  ^rojeffe.  (Sin  alter  ße^rer  gab  mir  fo(genbe§  Sei= 
fpiel:  „(Sin  Wllann  gef)t  am  Tloxqm  jum  ©erid^t.  S)a  tritt  er  gunäci^ft 
an  ben  (Sanefatempel  unb  mad)t  neun  Kniebeugen  mit  freu5n3ei§  an= 
gefaxten  Ohrläppchen  unb  mit  Klopfen  auf  bie  Söacfen  unb  auf  ben 
Kopf.  ®a§  ift  eine  9lrt  ^ßü^ung  für  etwa  begangene  SSerfe^en.  9?acf) 
breimaligem  ®ang  um  ben  Stempel  fteHt  er  fic^  anbetenb  öor  ben 
©Ott  unb  fpric^t:  ,®anefo!  ic^  ge§e  ^eute  in  einer  51ngelegenl)eit  ju 
®eri^t.  SBenn  fie  ju  einem  guten  (Snbe  fommt,  merbe  ic!^  bir  2  Kos 
fo§nüffe  ober  ©ü^erbfen  ober  ein  neueg  Senbentu(i)  geben !'  ©ann  märtet 
er  mo^l  noc^  eine  ß^i^^ang  unb  fogt  bann:  ,(Sroami!  bu  antmorteft 
ntd^t?^  unb  ift  erfreut,  menn  eine  (gibed^fe  girpt.  ®enn  ba§  ift  be§ 
©otte§  gnäbige  Slntmort.  ^ilber  menn  audt)  feine  foldje  ^Intmort  er* 
folgt,  fpri(^t  ber  5lnbetenbe  gum  9Ibf(i)ieb:  ,©tt)ämi!  ici)  gef)e  im  Sßer= 
trauen  auf  bid^!'  ©elDinnt  er  feinen  ^roje^,  fo  löuft  er  fofort  jur 
aKarftftra^e  unb  lauft  für  ben  ®ott,  ma§  er  gelobt  tjat.  ©eminnt  er 
nicl)t,  fo  fc^ilt  er  i^n:  ,§aft  bu  benn  feine  Slugen?^" 

Sn  einem  fleinen  ©onefatempel  in  meiner  9?ad^barfc^aft  opferte 
täglidt)  ein  bra^manifctier  ^riefter  gefoc^ten  9iei§  mit  aJZild^,  aucf)  mo^l 
mit  ßucEererbfen  unb  grücf)ten,  unb  jünbete  2Sei§raucl)  ober  Kampfer 
an.  ©er  9tei§  mürbe  bem  ©anefa  gejeigt  unb  bann  Pom  ^riefter  ober 
bon  anberen  üer5e^rt.  Gin  alliäl)rlid)e§  Ktnberfeft  ju  (£^ren  be§  ©a= 
nefa  berläuft  in  ber  ?$orm  eine§  Ser^UmjugeS.  ®obet  bient  aber  al§ 
^er  ein  fleineS  ©eftett  auf  ÜioUcn,  an  bem  bie  Kinber  t)a§  ©eljen 
lernen,  2)a§  mirb  an  biefcm  STage  al»  Züx  gefcfjmürft  unb  auf  i^n  ein 
fleine§  Sonbilb  be§  ©anefa,  ha^  man  im  Saben  biEig  faufen  fann,  ge- 
ftellt.  S)ann  gießen  i^n  bie  Kinber  fingenb  in  ben  ©trogen  uni§er, 
mobei  man  öor  i^m  KofoSnüffe  al§  Dpfcr  5erfd)lägt  unb  Kampfer  an= 
jünbet.  5Iu(^  burc^  'iJluffagen  feiner  108  DZamen  unb  bur(^  S3emerfen  mit 
S31umen  mirb  ber  ©ott  geehrt.  51m  91benb  beö  britten  2;age§  irirb 
nad^  nod^maliger  51nbetung  haS^  Sonbilb  in  einen  glu^  ober  Seid!)  gemorfen. 

Sßifdt)nuitifdl)er  ©otteSbienft.  S)er  ©ienft  in  ben  großen 
SBifd§nutempeln  ift  bem  in  ben  großen  ©imatempeln  ö^nlid^.  ©ie  ^aben 
aud^  i^re  gefttage  mit  STeDUmjug,  iljre  5)3riefter  unb  5öajaberen,  unb  werben 
äum  Seil  Pon  Pielen  2:aufenben  Pon  SBaUfa^rern  befudljt.  ®ie  $öefuc^er 
be§  großen  SBifd^nutempelS  in  Sirupoti  opfern  bort  i^r  ^aupt^aor  bem 
SBifc^nu  unb  geben  einige  Pfennige  baju  al§  Dpfergabe.  Sei  ber  §eims 
fel)r  fie^t  man  fie  oft  familienlneife  roanbern  ober  in  ber  (£ifenbaf)n 
fahren,  aüe  mit  glattabrafiertem  Kopf  unb  mit  rofenfranjäljulid^en  Ketten 
au§  fleinen  ^oljfügelclien,  bie  au§  ben  ^ol^igen  2;eilen  be§  ^tulafis 
frouteS  berfertigt  merben.  ^n  bem  nic^t  fe^r  großen  SSif(i)nutempel 
meines  2So^nort§  opferte  töglid^  am  93Jittag  ein  bra^monifc^er  ^riefter 
gefoc^ten  9tei§,  grüdi)te,  Kofo§nüffe  unb  Kampfer,  ^n  mand)en  2;empeln 
ift  ber  ©ienft  öiel  umfongreitt^er  unb  umfafät  etlid^e  ajfafjljeiten  unb  Säber 
be§  ©D^en,    fomie  fein  5iuffteljen,  51nfleiben,    ©d^lafenge^en  ufm.  — 


—       00       — 

©ine  SSifd^nuöere^rung  ift  aud^  bie  tägliche  Erneuerung  be§  SBifc^nu* 
5eiii)en§  (be§  „9?ämQm")  auf  ber  ©tirn  morgenS  nac^  bem  Söab  bor 
bem  grü^flücf. 

3u  e^ren  ber  Saffdimi  tütrb  am  grettag  ber  untere  3:etl  ber 
äußeren  Sürpfoften  mit  etroaS  roter  unb  gelber  garbe  au§  S'rofuS  unb 
©affran  beftric^en.  Stm  Satfc^mifeft  rairb  ta^  33ilb  ber  Göttin  im  $oufe 
auf  ein  30?effing=  ober  ©upfergefä^  unter  einem  SBIätterbalbai^in  geftettt. 
®er  bra^manifc^e  ^riefter  re5itiert  bie  gormel  ber  '^Inbetung,  unb  bie 
ältefte  grau  be§  ^aufeg,  bie  ben  ganjen  Zqq  gefaftet  ^at,  opfert  balb 
nac^  (Sonnenuntergang  ber  ©öttin  9iei§,  Sßlumen,  ^ubbing  unb  ©üBig= 
feiten.  2)er  ^riefter  cr^iKt  bann  feine  53eIo^nung,  unb  bie  geopferten 
©peifen  raerben  öon  ben  S?inbern  berjetjvt. 

'äüä)  'öü^  j^eft  ber  „2Serfäeug  =  9lnbetung",  n^ie  e§  bie  "Jamulen 
meift  nennen,  gilt  ber  Saffcf)mi  (unb  ber  ^anoati)  mit,  obgleid)  e§  ju* 
nädE)ft  ein  geft  ber  ©araSmati  ift,  ber  ©öttin  ber  (Sele^rfamfeit  unb 
Q^attin  be§  ni(j^t  angebeteten  Sra^ma.  Xer  bereits  erroö^nte  9?atefa 
©aftri  berict)tet  über  biefe§  geft:  „5lIIe  ©pielfacf)en  beS  §aufe§  roerben 
im  ^auptraume  mit  einer  bon  biefen  3  ®i3ttinnen  in  ber  9}?itte  auf= 
gefleitt.  Wlan  benft  babet  on  hk  ©elbftfafteiung  ber  Göttinnen,  5.  $ö. 
ber  ^arnjati,  bie  fie  unternal^m,  um  ©iraa  al§  Giemo^I  ju  erlangen. 
Sie  Sluffteüung  ber  ®öttin  im  ipaufe  foll  biefe  i^re  ©elbftfafteiung 
barfteßen.  grauen  unb  ^inber  finben  gro^e§  S3ergnügen  baran,  fo  biel 
©pielfadjen  raie  möglich  bei  biefer  ®elegen^eit  5ufammen5ubringen.  5(tt= 
obenblic^  n^irb  an  ben  neun  Sagen  biefer  geier  ber  ^rei§  ber  ©öttinnen 
gefungen,  morauf  33etelblätter,  ^IrC'fanüffe  unb  ©ü^igfeiten  Perteilt  merben. 
9feben  biefe  5Iu§flellung  öon  ©pietfac^en  —  bem  Drte  ber  göttlichen 
(^egeniuart  —  werben  aucf)  alle  S3üc^er,  bie  im  §aufe  finb,  gelegt, 
unb  bie  ©öttin  ©aragioati  tt)irb  öor  ben  S3üc^ern  angebetet.  9}fittag§ 
om  legten  3:age  filjt  ber  SSater  boPor  unb  Perric^tet  bie  Slnbetung,  unb 
ade  ^inber  Perfammeln  fic|  um  iljn.  33i§  bie  5(nbetung  Porüber  ift, 
luirb  ftrenge§  gaften  geljalten.  Slluä)  tleine  ^inber,  benen  bie  (Sltern 
bo§  ß-ffcn  erlauben  mürben,  pflegen  nid)t§  anjurü^ren,  bamit  bie  ®öttin 
©araSroatt  ntqt  böfe  mirb.  ®ann  fielen  aÜe  auf  unb  fingen  ha§  Sob 
ber  ©öttin.  ^Darauf  folgt  ha^  gefteffen.  2)er  $öral)mone  betet  fo  feine 
^üc^er  an  (,.worsliips  liis  books^'  fd)reibt  9latefa  ©aftri)  unb  ber 
Öanbmcrter  feine  SSert^euge,  inbem  er  bie  ©ara§n)ati=5lnbetung  „2öerf= 
5eug=2{nbetung"  nennt.  Ser  lanbläufigc  ©laube  ift,  'öa'^  ein  jeber  feine 
gtuecfe  burc^  biefe  5tnbetung  erreicht,  njie  einft  bie  Stönigin  ©uraöbi 
burcf)  i^re  neuntägige  5lnbctung  ber  ©urgos^armati  e§  erreid^te,  bafj 
i^r  SOfnnn  gefunb  mürbe,  unb  bafj  fie  einen  ©ol^n  bcfam,  ber  ta^ 
Sionigreic^  miebergcroann." 

2tuc^  ba§  2)ip;ioali  =  geft,  beffen  geftgeic^ic^te  mir  fcf)on  ermäljnten, 
gehört  ^um  roifct)nuitifcl)en  ftreifc.  3)ie  geier  befte^t  in  einem  €lbab  öor 
©onncnaufgang,  im  einlegen  neuer  illeiber,  in  gegenfcitigen  ^'^auSbe« 
fucljcn  unb  im  'i)(bbrcnncn  fleincr  gcucnncrt§törper  burcl)  bie  Minbcr. 


—     56     — 

®ie  Verbrennung  be§  .^ämen,  be§  @o§ne§  2öifc^nu§,  öon  ber 
h)ir  fprac^en,  mirb  am  ^ämenfeft  gefeiert,  ba§  4  bi§  5  ^tage  lang  um 
bie  Qdt  be§  gcü^iaf)rl}DlImonb§  gefjdten  lüirb.  9J?an  fie^t  in  biejen 
Sagen  auf  ben  ©trafen  unter  !(einen  531ätterbalbad)inen  je  ein  53ünbel 
au§  (Schilf  unb  baneben  etlüa  nod^  2  bemalte  Söpfe  mit  SSaffer  unb 
äRargöfablättern,  jutneifen  auc^  Stonbilber  be§  tarnen  unb  ber  9iatt)i. 
S^Jatefa  ©oftri  fc^reibt  barüber,  biefe  S3ünbel,  bie  „©oulen  be§  ^ämen" 
mürben  bere^rt  („worshipped'')  mit  ßiebegtiebern  unb  anberen  ©cEierjen 
(„frolics")  unb  am  SSoümonbStoge  berbrannt. 

^em  ^anuman  mirb  in  feinen  stempeln  mit  täglichen  Opfern  toon 
9tei§  u.  a.  m.  unb  mit  ©elübbeopfern  gebient. 

(SnbH(^  muffen  qI§  bem  mifdjnuitifc^en  Greife  ange^örig  nocf)  bie 
®raupabi=5efte  genannt  merben.  ©ie  befte^en  in  juroeilen  je^ntiigigen 
bramatifc^en  ^luffü^rungen  Pon  ©tücfen  au§  bem  9}?a^Qb^arato  unb  im 
Überfc^reiten  einer  mit  glii^enben  ^o^Ien  bebedften  glöc^e.  2el^tere§ 
gefd)ie{)t  in  (Erinnerung  baran,  ba|  ©raupabi,  bie  mit  febem  i()rer 
5  9)?önner  je  ein  ^a^r  lang  lebte,  am  (Snbe  jebe§  Sa^re§  fic^  baburc^ 
reinigte,  ba^  fie  bur^§  geuer  ging. 

Gine  eigenartige  ©rgänjung  be»  2empelbienfte§  ^abe  ic^  in  ber 
(Segenb  be§  ^enneif(uffe§  beobachtet,  ^ort  merben  an  einem  bestimmten 
jTagc  Slnfang  Januar  aHe  (Sö^enbitber  au§  ben  Sempeln  ju  beiben 
©eiten  be§  gluffeS  feierlid^  an  ba§  Ufer  getragen  unb  gebobet.  SSiele 
50fenf(f)en  baben  mit.  @§  gefcf)e^e  ba^,  mürbe  mir  gefagt,  meil  on  bem 
Stage  ber  ®ange§  Pom  ©immel  gefommen  unb  barum  ta^  53aben  bonn 
befonberS  mirffam  fei.  't)a  moüten  bie  ©ötter  ben  90?enfc^en  ein  23or= 
bilb  geben,  ha^  fie  auc^  baben  füllten.  3Iuc^  foüe  ben  unteren  haften, 
benen  ha^  ^Betreten  be§  ^rneren  ber  Stempel  Perboten  ift,  einmal  ®e= 
legen^eit  gegeben  merben,  ®ott  ju  fc^auen.  SIuc^  bei  bem  großen 
Sabefeft  in  9J?ajomeram  fa§  ic^  ©ö^enbilber  an  ben  Steici^  tragen. 

3)a§  ®ebet. 

SSir  fommen  nun  ^u  einer  anberen  ßauptform  religiöfer  53e» 
tätigung,  gum  ®ebet.  ®iefe§  ift  in  ^nbien  entmeber  gormel^  ober 
©elübbegebet. 

'J)a§  gormelgebet  befielt,  abgefe^en  Pon  bem  ®efang  ber  alt= 
^eiligen  mpftifcf)en  ^l)mnen,  entmeber  in  mand^mal  oft  mieber^olten 
furjen  2öorten  mie  „^rei§  bem  ©ima"  (©imätja  nama)  ober  im  2Iuä= 
fpre(i§en  Pon  (Sötternamen  mie  „©ima=©ima"  ober  „9?äma*9täma=9trima" 
ober  „(SöPinba",  le|tere§  Pon  mifct)nuitifc^en  pilgern  alle  9}Jinuten, 
aud^  in  ber  Gifenbo^n,  mieberl;olt,  ober  im  5luffagen  Pieler  9?amen 
etne§  (SotteS  (9lamafangirtana)  ober,  bei  53ra^manen,  in  ber  (Sätiatris 
formet.  Sediere  lautet:  „Safet  un§  belraci^ten  ben  göttlichen  (Slan^  be§ 
©DunengotteS,  be§  (Seber§  Pon  ©egen  an  alle,  ba§  er  un§  alle  Slrten 
Pon  ®lüc£  in  allen  Söelten  gebe."  ®{efe  gormel,  bie  etgentlicf)  je 
32  mal  morgeng,  mittagg  unb   abenbS  unb    1008  mol    am  jä^rlicf)en 


—     57     — 

2;age  ber  Erneuerung  ber  53raf)manenfd^nur  n)ieber^o(t  tüerben  mu§, 
tüirb  p^Uofop^ifd^  auf  boS  „göttliche  Std^t"  belogen,  ba§  ba§  „'^lä^U 
ttjiffen'!  unb  feine  Sorgen  jerftört. 

®em  (Selübbegebet  [inb  ttjir  im  borange^enben  [a  frfjon  immer« 
fort  begegnet.  Sllle  ^'afteiungen  unb  bie  Opfer,  bie  burc^  ben  ^riefter 
ober  bireft  ben  @öttern  bargebroc^t  lüerben,  auc^  bie  3:empelbauten, 
ftnb  in  ber  9tege(  93eäa^Iungen  öon  ©elübben.  S)a§  ©elübbegebet  ift 
bie  ftänbige  gorm  bei  S3erfe§r§  mit  ben  ©öttern.  (Selübbe  tut  man 
gu  ben  ^ö^eren  ©öttern  mie  5U  ben  ©orfgöttern.  ®er  bei  roeitem 
bäufigfte  ßmecf  ber  (Selübbe  ift,  ^Befreiung  öon  Sl'ranf^eit  ju  erlangen. 
®ie  ft\an!en  ober  anbere  für  fie  öerfprec^en,  jum  ®anf  für  erhoffte 
(Senefung  geraiffe  ^afteiungen  ju  ©firen  be§  @otte§  öorne^men  ober 
gettjiffe  ©oben  i§m  barbringen  5U  lüolien. 

Sotengebräuc^e, 

®a§  le^te  öiebiet  religiöfer  Seiftungen,  ba§  irir  berühren  muffen, 
finb  bie  Slotengebräuc^e.  «Sie  finb  bierfacf):  1.  bie  umfangreichen  ®e= 
bröu^e  am  Sterbetage  unb  unmittelbar  nac|f)er;  2.  ha^  monatlidie 
S'ieumonbSfaften;  3.  ba§  jä^rlic^e  gro^e  goften  an  einem  befonberen 
SfJeumonbgtage;    4.  ta^  iäl)xii<ijt  5Um  ofengeben  am  ©terbetoge. 

2Bir  ffi55ieren  junöd^ft  bie  (Sebrciuc^e  ber  ^Bra^manentafte  nac^ 
ber  2)arfteIIung  be§  9?atefa  ©aftri.  3uerfl  Serben  bon  bem  ©terbenben 
©efc^enfe  für  ben  bratptantfd^en  ^riefter  gegeben;  eine  brennenbe  Sampe, 
ein  ®efä^  mit  £)(,  eine  ÜJJilc^fu^  mit  i^rem  ^albe  ober  tt)enigften§ 
einige  9iupien,  ®aben,  bie  „äu^erft  n)ir!fam  finb  jur  Sitgung  ber 
©ünben  be§  ©terbenben".  2)ann  folgen  bie  „^äiüeriböber",  b.  ^.  ©aben 
an  S3ra^manen  in  ber  ^ö^e  bon  ^itva  50  ^fg.  für  ein  53ab,  bie  bafür 
bie  borgefc^riebenen  SBafc^ungen  in  ©teübertretung  be§  SSerftorbenen 
boUjie^en  foHen.  5)ann  wirb  bie  2eic{)e  auf  ben  Örennpla^  getragen 
unb  ber  ©djeiter^aufen  bom  (Sofjne  ongejünbet.  ®tn  ^at)  ber  53e= 
teiligten  fc^lie^t  bie  3ei^emonien  be§  erften  £age§.  9Im  folgenben  Stage 
lüirb  bie  Slfc^e  mit  ^lild}  unb  ^'ofo^moffer  begoffen  „gegen  ben  ®urft 
be§  Sßerftorbenen".  ®ann  Werben  12  StnQe  lang  bor  Ü)?ittng  geiuiffe 
Sitten  boü^ogen,  bie  bamit  enben,  bo^  je  ein  9teisbatt  bor  einem  (Stein 
in  ber  ^augecfe  niebergelegt  n^lrb.  ©iefe  SSöüe  fotten  bem  SSerftorbenen 
ben  Seib  bilben,  ben  er  für  ba§  ^enfeitS  nötig  ijat.  5t(Ie  12  58öüe 
werben  fc^tiepc^  in§  SSaffer  geworfen.  3;otenmaf)l5eiten  finben  auf 
Soften  ber  ^Berwanbten  täglic^  ftatt.  Sluc^  monatli^e  9Jeumonbgfaften, 
[a  eigentlid)  fogar  täg(i(^c  Spenben  bon  ©efam  unb  SSaffer,  unb  iä^r= 
Iicf)e  Sllmofenberteilung  om  Sterbetage  gefc^efjen  jum  53cften  ber  33er* 
ftorbenen.  jDa§  grofjc  gaften  am  „93?af)ri(oi)a  =  5(mabafai"  (bem  9ieu= 
monbsitage)  gefc^ie()t  für  oUe  berftotbenen  S3ürfa()ren,  bie  um  biefe  Qdt 
„au§  ber  Stotenmelt  tommen"  unb  14  jtage  lang  im  |)oufe  ber  DJac^* 
fommen  auf  ben  SSoüjug  ber  SO^atjritaljasßcremonien  warten.  Söerben 
biefe  nicf)t  boü^ogen,  fo  fe^ren  bie  5ßorfal)rcn  C^itri^)  etjürnt  in  bie 


—     58     — 

Sotentoelt  gurücf,  inbem  fie  i^re  dlaä^tommtn  üerftuc^en.  SBenn  jemanb 
btefe  ©ebräuc^e   öernac^Iäffigt,  irirb   er  eine  böje  ßeit  mit  ben  alten 


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©amen  in  feinem  §aufe  ^aben,  fcf)rei5t  dlateja  ©aftd.  Sitte  biefe  ®e= 
brauche,  befonbers  bie  bei  i^nen  remitierten  ©ansirittejte,  [tnb  aber  öer* 
fc^ieben,  ie  na(f)bem  bie  gamilie  bem  ©märtarituat*)  ober  einem  5lgama» 
rituül*)  anfiängt. 


*)  8Serfcf)ieöene  Orbnungen  religiöfer  geremonien. 


—     59     — 

®te  bei  ben  ^aiia  übli(f)en  ©ebräuc^e  ^abt  ic^  mir  in  brei 
berfcf)iebenen  Dörfern  genau  auffc^reiben  loffeu.  ©ie  tüaren  öonein= 
anber  .etlüaS  berfc^ieben.  3c§  gebe  bie  ©runbjüge.  SBenn  bie  5ln5etc^en 
bc§  SobeS  bemerfbar  werben,  bringt  man  eine  ^n^  unb  i^r  ^alb  unb 
ruft  ben  ®uru.  SSor  ber  Suf)  tt)trb  Dampfer  angebronnt  unb  ber  ®uru 
betommt  auf  einer  platte  5BeteI,  33onanen,  ^otoSnüffe,  ein  ©c^ultertuc^, 
ein  Senbentuc^  unb  (Selb.  5)ann  wirb  ber  (Sterbenbe  aufgefeilt  unb 
mu§  an  ben  ©c^roänsen  ber  ^u^  unb  be§  ^albe§  mit  ber  §anb  f;er= 
uuterflreic^en  unb  bie  ^ui)  mit  bem  ^albe  bem  @uru  fd^enfen.  2tuc^ 
etroaige  ©ofumente,  auf  benen  Sonb  für  ben  Stempel  öerfc^rieben  ift, 
werben  i^m,  befonber§  bei  SBifcf)nuiten,  in  bie  §anb  gelegt  unb 
bann  bem  ®uru  gegeben.  ®lefe  ganje  3eremonie  ijeifet  ^'öbänam  {^u^' 
gäbe).  SBirflic^  eine  Äu^  unb  i]anö  tonnen  natürlid)  nur  2Bot)It)abenbere 
fc^enfen,  bie  anbern  begnügen  fic^  mit  ben  genannten  geringeren  ©oben. 
SDurct)  biefe  „ge^en  bie  ©ünben  be§  (Sterbenben  unb  fetner  SSorfa^ren 
fort".  S)er  ®uru  fpricf)t  barauf  bie  gormel:  „®e^e  ein  in  t>a§:  älJotfcf)a, 
welc^e^  fiei^t  ©älöga,  ©amipo,  «Sarupa  unb  ©atjucd^ia!"  9Jacf)  bem 
S^obe  wirb  in  einem  neuen  3:opf  Söaffcr  geholt  unb  auf  ben  Soten 
gegoffen,  unb  wenn  e§  fid)  um  einen  ^unggefeüen  ober  eine  Jungfrau 
l^anbelt,  bie  i}eid)e  befranst.  Joanbelt  eö  fid)  um  eine  @()efrau,  fo  folgt 
eine  ß^ic^nionie,  bie  bie  Stuflöfung  ber  (£t)e  bebeutet.  ®onn  wirb  bie 
£eict)e  auf  eine  5ßo[)re  gelegt  unb  t)inau§getragen.  4"'i"^*^>^  ^^^  'birb  an 
ber  ^augtür  ein  2;opf  öoU  ^uf^bünger  jerfc^mettert,  bamit  ber  Sote 
nic^t  wieberfommt  unb  ©c^aben  anrict)tet.  SBer  bieg  beforgt  ^at,  mu^ 
oijne  fic^  um^ufe^en  in§  ^aug  jurudfge^en.  2Bie  burc^  biefeS  S^opf* 
gcrjc^iagen  fud)t  man  oui^  burrf)  ta^^  |)inflreuen  öon  53etel,  9tei§  unb 
ötjulic^em  tjinter  ber  Seiche  auf  bem  ganjcn  SBcge  jum  33rennpla^  bie 
9tücfte^r  be»  abgefcf)iebenen  ©eifteS  in§  §au§  gu  binbern.  Söeim  Sluf- 
lefen  folt  i§m  bie  3eit  ^ingeijen  unb  er  t)ü^  §au§  Dergeffen.  Stuf  bem 
Sörennplat^  t)at  ber  ältefte  @o^n  bie  mit  allerlei  Sörennftoffen  bebecfte 
£eid)e  anpjünbcn.  Quüor  wirb  au§  einem  mitgebrachten  gebrannten 
Sopf  3Saffer  auf  bie  iieic^e  gefprengt,  inbem  man  breimal  um  fie  Ijcrum- 
fc^reitet.  ©in  ungebrannter  Sopf  [tef)t  bereit,  um  fpiiter  bie  ^'noc^en= 
überrefte  fortzutragen.  SSenn  bog  gcuer  brennt,  fallen  aüe  jüngeren 
Seute  nieber  unb  rufen  mit  anbetenb  erf;obencn  A^änbcn :  „^c{)üte  un§ 
Por  ^ranfijeit  unb  5cot!"  gür  biefe  animiftifdje  3lnrufung  be§  33er= 
ftorbenen  ^abi  \ö)  5Wci  juPertäffige  ^cugen,  bie  fie  felbft  geijört  ^aben. 
Xann  folgt  33aben  im  glu^  unb  ^eimte^r.  S3or  bem  Srauerl^aufe 
fprengt  fic^  jeber  noc^  SSaffer  auf  ben  ^'oüf  unb  tritt  bann  ein,  betet 
bie  bort  brennenbe  Sampe  an  unb  fef)rt  ^eim.  ^m  brüten  Sage  Wirb 
bie  üeicbenafdje  aufgel)äuft  unb  5D?ild)  barauf  gefprengt.  5)er  ©d)äbel 
wirb  mit  Öl  unb  ©affran  beftrid)en  unb  mit  lUiilc^  gewafc^cn.  ^ann 
werben  bie  Slnodjen  mit  einem  Pfennig  in  ben  Üopf  getan  unb  biefer 
mit  einem  ^tud)  jugebunben.  ®er  ältefte  <So^n  nimmt  i^n  auf  bie 
©c^ulter  unb  fpri^t  brcimal  Porwärt»  unb  rürfwärt§  fdjreitenb:  „^dj 


—      60     -- 

ge^e  nad)  ^ä[i  (33enäre§),  ic^  ge^e  noc^  9?ome§n)aram."  ©iner  flü^t 
{§n,  inbem  er  ben  'äxm  um  i^n  legt.  @o  ge§t  er  Qn§  SSaffer  unb 
toirft  bie  ^noc^en  hinein.  Sitte  baben  bann  unb  begeben  fic^  md)  einer 
ÜJfa^(§eit  im  irauer^aufe  nac^  ^aufe.  58i§  jum  geinten  Soge  brennt 
nachts  eine  Sompe  am  ©terbeplo^.  S"  ^ei^  ^adit  pm  fed)§ef)nten 
5:age  iüac^en  otle  unb  bie  SBeiber  umfaffen  [ic^,  im  Greife  fi^enb,  unb 
fingen  bie  iotenüage.  S[Rorgen§  fommt  ber  ®uru  unb  reinigt  bog  ^au§ 
unb  bie  S3en)o^ner  burrf)  S3efprengung.  2)onn  ge^en  bie  9Jfänner  an§ 
SBaffer  mit  etlichen  Slörben  öott  grüc^ten  unb  betreibe  für  bie  ^riefler. 
5tm  SBoffer  wirb  ein  „^au§"  gebaut,  b.  §.  e§  njerben  bier  üeine  (£cb= 
raötte  aufgefjäuft  unb  bier  Öffnungen  a(§  Store  barin  gelaffen.  Sin  bie 
bier  (Scfen  unb  in  bie  9}?itte  biefeS  ^aufe§  merben  %öp]z  mit  9fiei§ 
unb  ®elb  geflellt.  S3or  ben  Stopf  in  ber  SKitte  lommt  ein  ^ofjlem 
becfen,  in  welchem  mit  fünf  berfc^iebenen  ^oljarten,  Dampfer  unb  Dl 
ein  geuer  unterhalten  wirb.  $Bor  Ie|tere§  ttjirb  eine  SiRe^lpuppe  gelegt. 
3}?an  ge^t  nun  um  ha§  ^an§>  ^erum  unb  §ält  an  jebem  2^or  ein  ©es 
fpröc^:  „2öa§  ift  ba§  für  ein  2;or?  fotten  lüir  i^n  ta  hineinbringen? 
5)a  ge^t'g  ju  ben  ^öttenfcf)langen,  jum  ^öttenfeuer;  bo^inein  barf  man 
i^n  nict)t  bringen.  ®i6t'§  nod)  ein  anbereS  Stör?  Sfomm!  2öa§  ift  ba§ 
für  ein  5;or?  SDa  ge^t'g  jum  ^immel;  ba  ift  (Sott  unb  bie  ®onb^ar= 
rooS;  ta  ift  Seligteit;  bo^inein  motten  ttiir  tl)n  bringen."  S^bem 
l)ierauf  ber  @of)n  SSaffer  mit  9^übfamen  in  ba§  geuer  fprengt,  fpric^t 
er  folgenbe  i^m  bom  ®uru  borgefagte  SSorte:  „(£g  meirf)en  bie  geiler 
ber  7  SSoc^entage,  bie  ba  Ijei^en  äRontag  uftt).  unb  ber  12  äKonate, 
ber  27  ©ternseiten  unb  ber  60  ^a^re,  b.  §.  bie  ©ünben,  bie  ber  SSer= 
ftorbene  §u  irgenbeiner  3^^^  begangen,  unb  e»  trete  ha^  berftorbene 
öeben  in  ben  bierten  .^immel  ein.  ©ie^e,  bie  bier  Sore  ^aben  mir 
ummanbelt,  Ütübfamen  unb  SBaffer  ^aben  mir  gefprengt.  ®a§  ber=» 
ftorbene  Seben  ge^e  in  ©ima§  (SSifcf)nu§)  ^immel!"  St>ann  wirb  ein 
ajiufc^el^orn  geblafen  unb  eine  23Jetattfc^eibe  gefcf)lagen  jum  ßeid)^"  ^^^ 
(SingangS  in  ben  §immel,  ber  nun  gefc^e^en  fott.  (Snblic^  wirft  man 
bie  äJJe^Ipuppe  in§  SSaffer  unb  berteilt  bie  ®aben  an  bie  ^riefter  unb 
il)re  Sltnber,  bie  fid^  in  einer  9iei^e  auffteüen.  Slm  SP^Jatjälatja^Stage 
finbet  bei  ben  $aria  eine  SSerfommlung  bei  i§rem  ^riefter  ftatt.  SDiefer 
befommt  einen  ^orb  bott  @efd)enfe  an  9ie{§,  grüc^ten  unb  ®elb;  er 
befprengt  §öufer  unb  9[Renfc^en  mit  Äömiam  ober  ^onmgam,  b.  i).  mo§ 
bon  ber  ^u^  fommt.  ^m  UnterlaffungSfatte  fommt  Unglücf  burc^  bie 
SSorfa^ren. 

Sn  ben  mittleren  haften,  bie  meift  bra^manifc^e  ^auSpriefter 
^aben,  merben  bie  ®ebräucf)e  nid^t  fe^r  berfc^ieben  fein  bon  benen, 
bie  9?atefa  ©aftri  fcf)ilbert.  ®ie  3eremonie  be§  „^aufe§"  mit  ben  bier 
Stören  finbet  fid),  fobiel  ic^  gebort  i)abt,  bei  i^nen  nic^t.  S£)a§  ©efom* 
unb  Söafferfprengen  fpielt  offenbar  aud)  bei  iljnen  eine  gro^e  5Kotte 
unb  gilt  alio  9}?ittel,  burd)  taS:  ber  SSerftorbene  „3)Joffc|a"  erlangt. 
Slu^erbem    fanb    id)   bon  Seuten  ber  mittleren   Saften   bie   „ü)?offd)a* 


—    61     — 

tampe"  ertoä^nt,  unb  §tt)ar  in  jroeifac^em  ©tnne.  ©ntiueber  l^et^t  fo 
bie  Sampe,  bie  8  Stage  lang  am  ©terbepla^  brennen  mu|,  bamtt  ber 
3:obe§engeI,  ber  33ote  ^ama§,  mc!^t  lüiebertommt,  um  nod^  ein  Seben 
abju^olen.  Ober  e§  ift  folgenber  ®ebrauc^  gemeint:  5lbenb§  nad^  ber 
?Rüdffef}r  bom  58rennpla^  §ünbet  ber  ^tiefter  auf  einem  flachen  9)Zetatt* 
teuer  drva^  Dampfer  an  unb  tritt  bamit  in  bie  §au§tür.  ^ft  bort 
ber  Slicf  ;um  ^immel  etma  burd^  ein  S3Iötterborba(f)  berbedt,  fo  madjt 
er  eine  Öffnung  in  bem  SSovbai^,  bamit  ber  53Ii(f  nad^  oben  frei  lüirb. 
2)ann  fagt  er:  „9?.  9c.  ^at  unter  bem  unb  bem  ©tern  bie  ^immelSroelt 
erlangt,  ^e^t  gei^t  er  ben  Sluljfc^iüanj  feft^attenb  in  bie  Ü)?o!fd^aUieIt 
ein.  (5e{)et  alle  unb  betet  on."  ®ann  machen  alle  bie  ©eborbe  ber  5tnbetung, 
inbem  fie  bie  gtamme  onje^en.  ®a§  monatli^e  S'ieumonbSfaften  für  ben  ber= 
ftorbenen  Sßater  unb  ba§  jät)rl{c^e  ^ümofengeben  am  Sterbetage,  fomie 
tk  93?af)ä(at)a=3eremonien  für  bie  SSorfafjren  finb  in  aüen  haften  üblid^. 

53Iiden  wir  auf  ba§  gefamte  ©ebiet  ber  religiöfen  Seiftungen 
§urücE,  fo  ergibt  fid^  un§  ^meifelloS,  ba§  burdt)  all  biefe  S3etötigungen 
ba§  eigentlich  et^if(^e  unb  etijtfc^? joviale  SBirfen  nidi)t  geförbert,  fon* 
bern  ge^inbert  iDirb. 

®enn  jum  erften  ift  boc£)  in  aU  biefen  fingen  bie  religiöfe 
(Snergie  mißleitet.  SSa§  tt)ir  bamit  meinen,  lüirb  !(ar  fein,  wenn 
man  im  Si^te  be§  2Borte§  „SBa§  i()r  getan  ^abt  einem  unter  biefen 
meinen  geringfteu  SSrübern,  ba§  f)abt  i^r  mir  getan"  bie  §inbulflifc£)e 
Slpologie  be§  StempelbienfteS  ertt)ägt:  Wlan  miH  ®ott  bienen;  ba 
man  it;n  aber  nic^t  fefien  fann,  bient  man  feinen  Sßitbern.  Unb  gum 
anbern  fann  bod§  alle  biefe  ^inbuiftifdtje  religiöfe  Seiftung  feine  fitt= 
lic^e  (Sr^ebung  geben;  n)o{)l  ober  f)ilft  fie  boju,  aEe  natürlidj-fittlid^e 
Betätigung  innerlid)ft  ju  berberben  burcf)  ben  „S3erbienft"  =S3es 
griff,  ben  fie  bem  SSoIfe  einübt.  ®er  religiöfe  Sßerbienftgebanfe  burd^* 
bringt  in  ^nbien  atteS.  (Schreibt  man  bod)  aüeS  ®Iüd  unb  SBo^Ier* 
ge^en  gan§  naiP  feinen  S3erbienften  —  ett^a  in  früheren  Geburten  — 
äu.  „SSenn  16)  ein  ©üuber  möre,"  fagte  mir  ein  S3ra^mane,  „njürbe 
mid)  bie  «Sonne  nid)t  befc^cinen."  (£§  ift  mir  immer  n:erf würbig  er= 
fc^ienen,  wie  felbft  bie  a§tetifd)en  Seiftungen  ber  ®ötter  in  ben  ^uranen 
ganj  felbftüerflänbüd^  5u  bem  ßmed  gefd)et)en,  größere  Wad)t  ober  bie 
©rfuüung  beftimmter  Söünfc^e  gu  befommen.  ©benfo  ift  e§  fd)on  bei 
ben  webifc^en  Opfern  ber  SOJenfd^en.  S8emerfeu§wert  ift  in  biefer  .^in= 
fic^t  aud^,  mo§  9tatefa  ©aftri  über  "ba^^  gaflen  am  elften  Sage  be§ 
5une^menben  ober  be§  abnetjmenben  9)ionbe§  fd)reibt:  „©in  fo((^e§  gaften 
mit  ®ebenfeu  an  ftrifc^no  ift  fo  berbienftlid)  wie  60000  Sat)re  Äaftei* 
ungen  ober  wie  ein  ©efdjent  Pon  1000  Sü{)en  unb  bieten  9{dern  Sanb 
an  bie  58ra(jmanen.  ®er  gaftenbc  erreicht  oüe  feine  S^ck  unb  cwige§ 
©lud  in  ben  ^immetn.  ©icfcg  g-aftcn  ift  biet  Perbicnftooüer  alö  \)k 
Speifung  ber(;ungcrnber  ü)?enfd)cn,  bcnu  e»  ift  ber  Sag,  ber  bem  ftfifc^ua 
ber  ^eiligfle  ift." 

S)a§  SSerbienen  be§  §immel§  burd)  rcliglLiic  Seiftungen  ift  bem 


—     62     — 

23oIfe  eine  unjraeifel^afte  93?ögticl)teit.  ®ie  öerf(f)iebenen  (Stufen  ber 
Seiftungen  öerbienen  öerjc!^iebene  ©tufen  be§  .§immel§.  2:einpelbienft 
unb  5lifeje*)  berbienen  ben  (Samipa^^intnieL  ®ie  nteberen  Seiftungen 
öerbienen  ben  ©älöga^^immel.  2)ie  au§  bicfen  öimmeln  QüiMq^^ 
lehrten  aber  erftierben  burd)  |)öga  unb  ®näna  bie  I)Dc^ften  ^immel  ©ärüpa 
unb  (Sät)uc(^ia.  2tu§  ben  nieberen  ^immeln  fe^rt  man  jurücf,  nac^bem 
man  bie  öerbiente  ©eligfeit  „abgenoffen"  I)at.  Sll§  „niebere  Seiflungen" 
»erben  in  einem  $IRertfpruc{)e  neben  Stiftung  t)on  Stempellampen, 
SBoKfofjrt,  33ab,  S3eftreic^ung  mit  ©ö^enafc^e,  einlegen  be§  9tofentronäe§, 
@efcf)enfen  an  $öra^manen,  S;oten5cremonien,  Sln^ören  bon  ^uränen  unb 
Siebern  enblic^  auc|  „atferlei  Stugenben"  genannt.  e§arafteriftifc^  ift 
blefe  ßufammenflellung  unb  bie  SSerbtenftroertung  ber  „3;ugenben". 
2Iuc|  bie  Seic^tigfeit,  mit  ber  ben  im  ^ameri  unb  anberen  SBaffern 
Söabenben  unb  ben  pilgern  nac^  ()eiligen  Drten  ha^  „SSegge^en"  ifirer 
©ünben  in  5tuäfic^t  geftettt  wirb  (bergt,  aud^  bo§  (Sntfprec^enbe  in 
ben  Sotengebröuiien),  fann  ein  tiefere§  fittUd^»reItgiöfe§  Seben  nur 
l^inbern. 

SBa§  bie  groge  betrifft,  ob  all  biefe  Seiflungen  an  fic^,  al§  opus 
operatum,  für  fo  wertboÜ  getten,  ober  nur  al§  ?lu§brucf  ber  St;afti, 
fo  bin  id)  im  a3olfe  beiben  5tnfc^auungen  begegnet.  (£§  gibt  ®efcl^idE)ten, 
5.  58.  über  bie  in  bem  ernjö^nten  ÜWer!fpruc§  genannten  einäelnen 
Seiftungen,  bie  bie  ttjeitge^enbfle  ^nbifferenj  be§  Seiftenben  5ulaffen. 
©0  tt)irb  5um  a)?er!roDrt  „2:empe(lompe"  ersätjlt,  eine  Üiatte,  bie  bom 
Öl  ber  Sempellampe  nafcf)te,  l)ahz  babei  ben  ®od§t  ettt)a§  ^erau§* 
gebogen  unb  baburc^  ba§  sierlöfc^en  ber  Sampe  bereutet;  bafür  tjobe 
fie  ©Ott  fofort  in  ben  ^immel  aufgenommen.  3Inbererfeit§  gibt  e§  in 
ben  finjaitif^en  ^eiligenlegenben  eine  ©rjä^Iung,  nac^  ber  bie  rituell 
berfe^rteften  Seiflungen  eine§  grommen,  ber  unter  anberem  SBaffer  jur 
33efprengung  be§  ©ima-Singamg  im  SJ^unbe  Ijerbeitrögt,  ttjegen  feiner 
^erjenSb^afti  bem  ©ilüa  im  ^öc^ften  ®rabe  mo^tgefaüen.  5Iber  n^ä^renb 
fo  bie  religiöfe  ^nbifferenj  in  biefem  ^ö^eren  ml)ftifc^en  ^inbui§mu§ 
feinen  ^lo^  ^at,  flecft  bie  fittlic^e  Snblfferenä,  luie  mir  fa^en,  in  feiner 
mtjflifc^en  Sö^afti  felbft. 

2Bo§  ba§  ©elübbeioefen  betrifft,  fo  finbet  fid)  ja  auc|  in  ber 
altteflamentlidien  3ieIigion  bet  ^Bitten  um  irbifc^e  ©oben  unb  ^ilfe 
bie  aud)  burc^  ha§>  mofaifd)e  ©efe^  georbnete  «Sitte,  lik  Sitte  baburc^ 
bringtic^er  §u  macf)en,  ba^  man  getobt,  ®ott  ju  (£f)ren  etroaS  ju  tun, 
menn  er  bie  53itte  erhört.  Slber  bie  ^nerfennung  be§  inbifd^en  &z= 
Iübbett)efen§  al§  einer  bem  Sitten  Seftament  äl;nlic^en  religiöfen  SSor* 
flufe  mirb  unmöglid)  gemad^t  burc^  bie  p^antaflifc§e  unb  fittlid)  in= 
bifferente  Slrt  ber  „®ötter",  bie  in  ^nbien  mit  ©elübben  bere^rt 
raerben.  ©§  fe^lt  aufeerbem  bem  inbifd)en  ©elübbemefen  bie  ßuc^t  be§ 
propfjetifclen  @eifle§,  ber  im  Sitten  Seftament  (^f.  40;  50;  51;  69,  30ff.; 


*j  ^afteiung. 


—     63     — 

Sef.  1)  ben  ®efQf)ren  be§  ®elübbelüefen§  entgegentritt,  bie  barin 
befte^en,  ha^  burc^  baSfelbe  bie  eigentlid^e  gorberung  ®otte§  üerbedt 
unb  .ber  gelobten  ßeiftnng  ein  anberer  SBert  beigelegt  n^irb  al§  ber, 
ber  i^r  al§  einem  2tu§brucf  ber  bringenben  93ttte  unb  be§  freubtgen 
©onfeg  äufommcn  fann.  (5|5f.  66,  12  —  15;  116,  16—19.) 

®ie  fritiflofe  Diaiöität  aber,  mit  ber  mon  in  ^nbfen  an  einen 
fo  !^o!^en  religiösen  SSert  aller  ber  genannten  Seiflungen  gloubt,  ift  bie 
ätüeite  öon  ben  Söirfungen  ber  „©unfel^eit",  öon  benen  n)ir  im  (gin- 
gang hk^zS  2;eil§  fpradjen.  SBir  muffen  bie  gefomte  bort  angebeutete 
^ritif  aufrec§t  galten. 


3n  bemielben  23erlage  ftnb  erji^ienen: 

6.  Zebmc:  Die  £ef)re  üon  ber  SeeIentDanbe= 
rung  in  i^rer  ^Bebeulung  für  bas  religiös=fittli(^e 
ßeben  bes  Tsnbers ^reis:  9JI  —.30 

S. Zebmc:  Die  lamulifd)e  Singprebigt.  äR— .30 

H.  ©cbring:  Qanh  urtb  33oI!  ber  Xamulen  unb 
bie  ^JZiffionsarbeit  unter  bemjelben.  Sllit  16  Sil- 
bern  unb  1  i^arte.  64  S m  —.50 

H. Gebring:  SartF)oIomäus3iegenbaIg.  104  S. 

2R— .80 

X  Kabis:  Hnler  bem  Sjepter  bes  5Kab[^a. 
Silber  aus  bem  ßanbe  ber  Hanarejen.  W\i 
11  Silbern.  56  S m  —.40 

"Cb.  Mcyncr:  Die  gegentoärtigen  Unruhen  in 
3nbien  unb  i^re  Sebeutung  für  bie  50ii[= 
fion 9J?— .10 

R.r)andTnann:Das9JU[iions3ieI  ber  (Erbauung 
einer  eüang.=Itit^.  ^soI!s!ir(f)e  im  Xamulen= 
lanbe SR —.20 


3m  33crlage  oon  3-  ^-  §inri(^5,  £etp3ig: 

R.   Randmann:    Die  (£DangeIi[(^  =  Iutf)erif(^e 

XamuIen=9Jii[[ion  in  ber  3ett  i^rer  91eu= 

begrün bung.   mit  22  ^^orträts,   1   Silb   unb 

2  i^arten.  478  S.  ^reis:  aH  4.80,  geb.  3)1  5.80. 


Sruct  Don  «foeic^cl  &  2rcptc  in  Scipiip. 


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3\S' 


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