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Forschungen
zur
II
oentestaii
und
der altkirchlichen Literatur
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von
Theodor Zahn,
D. u. o. Professor der Theologie in Erlangen.
m. Theil:
©upplementum Clementiiiuin.
Bxa
ERLANGEN.
Verlag von Andreas Deiohert.
1884
Druck von Junge & Sohn in Erlangen.
Inhalt.
Seite
Einleitung 1 — 16
I.Materialien 17—103
I. Protrepticus 17
II. Paedagogus 18
III. Stromateis (Epitomae, Eclogae) 21
IV. Qiiis dives salvus 30
V. De pascha ^ 32
VI. Canon ecclesiasticus 35
yill. De continentia 37
IX. De principiis 38
X. De Providentia 39
XI. Tractatus de ieiunio et de obtrectatione 44
XII. Cohortatio ad patientiam 44
XIII. In Amosum prophetam 45
XIV. Beabsichtigte Schriften 45
XV. Citate und Fragmente ungewisser Herkunft 47
XVI. Unechte Fragmente 61
XVII. Hypoty poseis.
Griechische Fragmente 64
Adumbrationes in epistolas catholicas 79
Anmerkungen dazu 93
II. Untersuchungen 104—176
I. Das achte Buch der Stromateis 101
II. Die Hypotyposen 130
III. Zur Geschichte des Clemens 156
IV Inhalt.
Seite
Bella g e n.
V I, Kritische Fragen über den „über AnatoU de ratione
paschali'* ...."..-. , *.. ! 177
-^ II. Fragmente eines Hieronymus (jfraecas 197
y III. Nachträge zu Theophilus 198
IV. Zum Text von 1 Tim. 3, 16 277
V V. Die „Lehre der zwölf Apostel" '21S
VI. Zusätze zu Clemens 3)9
Register 322-3'29
Berichtigungen.
S. 9 Z. 8 lies gwrJ statt g(av^.
S. 19 letzte Z. „ßandini" statt „Baadini«.
S. 30 Mitte „Euagrii** statt «Enagrii».
S. 32 Z. 13 xal (vor EIq.) statt xai.
S. 37 sollte der neue Abschnitt durch „VII" statt durch „VIII" be-
zeichnet sein u. s. w.
S. 52 Z. 5 xal statt xai,
S. 122 Z. 13 lies „gefolgt" statt „gesetzt".
S. 160 Z 6 lies „frg. 28 * statt „frg. 27".
S. 198 Z 9 /Äovoyevft statt f^oyoyet.
Einleitung.
FUr die Geschichte des neutestamentlicheD Kaoons wUrden,
da wir Bibelhandschriften aus vornicäntscber Zeit nicht besitzen,
die werth vollsten und am nnmittelbarsten zn verwerthenden
Qaellen die der Auslegung der neutestamentlicfaen Schriften ge-
widmeten Schriften der Eirehenlehrei' nnd Häretiker ältester
Zeit sein. Es ist schmerzlich sich zu vergegenwärtigen, wie
wenig uns davon erbalteu ist. Die vou nnfrenndlicher Hand
herausgebrochenen BrnchstUcke der fünf BUcber des Fapias
haben mehr Zank als Nutzen gestiftet. Von dem Evangelien-
commentar des Basilides wissen wir sogut wie nichts ; von dem-
jenigen des Herakleon Über das Evangelium des Johannes hat
UD8 Origenes gerade EOviel aufbewahrt, daß uns ein schwerlicb
je zn befriedigendes Verlangen nach dem Besitz des verlorenen
Werkes quälen kann. Der Evangeliencommentar des Theophilns
von Antiochien schien in einer alten lateinischen Uebcrsctzung
erhalten zu sein ; aber der erste ernstliche Versuch , dies näher
nachzuweisen, scheint nur zur Befestigung der faerkömmlicheD
Meinung von seiner Unechtbeit dienen zn sollen. Von den
biblischen Arbeiten des Hippolytus besitzen wir Titel nnd we-
nige Bruchstücke, nnd die wenigsten derselben bezieben sich
auf das neue Testament. Kein einziger Commentar des Origenes
ist uns vollständig im Original erhalten, und auf die lieber-
Setzungen derselben ist gerade in Bezug auf die fllr die Ge-
schichte des Kanons wichtigen Auslassungen kein Verlaß. Von
dem Commentar eines gewissen Heraklit über die paulinischen
Briefe wissen wir nur, daß er vor der Zeit des Eusebius
(h. e. V, 27) geschrieben wurde. Von den ausgedehnten exe-
getischen Arbeiten des Victorinns von Fettan ist uns nur der
Commentar Über die Apokalypse einigermaßen erhalten, nämlich
in zwei Textgestalten , welche aber beide auf eine von ihrem
2 Einleitung.
Urheber sehr offen eingestandeDe und genau beschriebene Inter-
polation zurückgehen. Das einzige Werk jener Jahrhunderte,
welches die Riesenaufgabe einer Auslegung der ganzen heiligen
Schrift beider Testamente lösen sollte, die Hypotyposen des
Clemens von Alexandrien, hat ein mittleres Schicksal getroffen.
Zwar die dunkle Kunde von der Existenz eines vollständigen
Exemplars der Hypotyposen im Besitz des Patriarchen von
Alexandrien, welche Fronton le Duc brieflich an H. Savile ge-
langen ließ ^), hat sich seitdem nicht bestätigt. Aber recht zahl-
reiche kleine Fragmente haben uns die Griechen von Eusebius
an bis zu Oecumenius und vielleicht noch Jüngere wie Macarius
Chrysocephalus aufbewahrt ; und ein großes zusammenhängendes
Stück ist in einer lateinischen Uebersetzung des 6. Jahrhunderts
erhalten. Diese Trümmer vollständiger, als bisher geschehen,
zu sammeln, aber auch strenger zu sichten, besser zu ordnen
und in zuverlässigerem Text herauszugeben, war die Absicht
gegenwärtiger Arbeit. Aber aus mehr als einem Grunde war
es nothwendig, über diesen Zweck hinauszugreifen.
Die zuerst von H. Valois ^) hingeworfene Vermuthung, daß
die in der florentiner Handschrift der Stromateis diesen ange-
hängten „Epitomae ex Theodoto" und „Eclogae propheticae"
einen Theil der Hypotyposen bilden, ist eine so feststehende
Tradition geworden, daß man über die Hypotyposen nicht
handeln kann, ohne über jene Stücke ein sicheres Urtheil zu
haben und zu begründen. Im Anschluß an eine Vermuthung
des D. Heinsius ging Bunsen noch weiter und nahm außer jenen
beiden Gruppen von Excerpten auch noch das große Bruchstück,
welches als. 8. Buch der Stromateis überliefert ist, in die über-
1) Cf. Th. Ittig in der Vorrede zum Supplementum operum Clementis
Alexandrini (Lipsiae 1700) § VI nach Montacutius, orig. eccl. II, 52.
2) In der Anm. za Eus. h. e. V, 11. Er nennt da nur die Epitomae
€X Theodoto, meinte aber auch die denselben folgenden Eclogae pro-
pheticae, wie seine Berufung auf ecl. 56, wo Pantänus genannt wird,
beweist. Ihm folgten mit mehr oder weniger Zuversicht Fr. Combefis,
bibl. gr. patrum auetarium novissimum (1672) I, 194 sqq.; R. Simon,
histoire crit. des princ. comment. du N. T. (1693) p. 19; Th. Ittig,
supplem. (1700) § V ; J. A. Fabricius, bibl. gr. ed. Harles VII, 126. 132 ;
und unter vielen Neueren anch Chr. C. J. Bunsen, analecta antenjcaena
(1854) I, 159. Jakobi in Herzog's R.-E.2 III, 276 möchte die Eclogae,
aber nicht die Epitomae den Hypotyposen zuweisen. Westcott, Diction.
of ehr. biogr. I, 564 urtheilt, daß gegen die Zugehörigkeit beider Samm-
lungen zu den Hypotyposen kein gegründetes Bedenken vorliege.
Bisherige Sammlungen der Fragmente. 3
haupt mit äußerster Ktthnheit von ihm recoDStruirten Hypo-
typosen auf. Es bedarf das Verhältnis aller dieser Stücke zu
dem großen Werk der Stromateis einer erneuten Untersnchnng,
wenn unsere Kenntnis der Hypotyposen aus dem Bereich der
Vermuthungen herauskommen soll. Nach einer anderen Richtung
führte der Wunsch, die mit Sicherheit oder Wahrscheinlichkeit
den Hypotyposen beizuzählenden Fragmente zu vermehren, über
die anfänglich ins Auge gefaßten Grenzen der Untersuchung
hinaus. Es mußte zu dem Ende der ganze Wust der bereits
gesammelten und größten Theils schon häufig gedruckten Frag-
mente des Clemens untersucht werden. Den ersten Anfang zu
ihrer Sammlung machte J. Fell hinter seiner Ausgabe der Schrift
„Quis dives salvus^ (1683). Ihm folgte Tb. Ittig in dem schon
erwähnten Supplementum , besonders in der ausführlichen Vor-
rede zu demselben (1700). Was E. Grabe für sein unvollendet
gebliebenes Spicileginm gesammelt hatte, gelangte nach dessen
Tod in den Besitz J. Potter's und wurde von diesem einfach
an das von Ittig gesammelte Material angeschoben ^) ohne Be-
rücksichtigung der inzwischen von N. le Nourry veröffentlichten
Stücke^). Diese reproducirte daher J. A. Fabricius und fügte
einiges Neue hinzu ^). Alles dies findet man^ ohne daß ein
ernstlicher Versuch zu ordnen und zu prüfen erkennbar würde,
in den Ausgaben von Klotz , Migne und Dindorf zusammen-
gestellt. Seit Potter hat kein Herausgeber auch nur die ge-
druckten Werke nachgeschlagen, aus welchen Potter's Vor-
gänger die Fragmente genommen haben; und sich davon Bechen-
schaft gegeben, ob diese Quellen erschöpft seien. L. Dindorf
hat einige, wie es scheint nicht alle Bände der von Gramer
herausgegebenen Catenen aufgeschlagen, aber nicht bemerkt,
daß er dadurch nur verführt wurde, dieselben Fragmente zwei-
mal drucken zu lassen, gelegentlich auch um Solches vermehrt,
was gar nicht dem Clemens angehört. Man liest in den Aus-
gaben des Clemens, wie nachher im einzelnen gezeigt werden
muß, unter dessen Fragmenten nicht Weniges, was dem Pseudo-
.clemens von Rom, dem Philo und anderen Autoren angehört,
und, was am verwunderlichsten ist, eine stattliche Zahl von
Sätzen ; welche die Herausgeber zugleich auch an ihrem rich-
1) dementia AI. opera (1715) p. 1011—1025.
2) Apparatus ad biblioth. max. patrum (1703) I, 1334. 1335.
3) Hippolyti opera II, 66—74 (a. 1718).
A *
4 Einleitang.
tigen Platz in den vollständig erhaltenen Schriften des Clemens
haben abdrucken lassen. Daneben vermißt man Vieles, was
längst gedruckt, nur noch nicht gesammelt war und viel
größeren Anspruch darauf hat, als Fragment des einen oder
des anderen verlorenen Werks an seinen Platz gestellt zu wer-
den, als manches seit Potter ungeprüft fortgepflanzte Fragment.
Es war keine angenehme Arbeit, hier einige Ordnung zu schaf-
fen. Aber nachdem sie gethan war, soweit es mir meine äußeren
Verhältnisse und meine Kräfte gestatteten, und nachdem sich
in Drucken und Handschriften ziemlich Vieles gefunden hatte,
was gar nicht oder nicht genügend beachtet worden war, er-
schien es unrecht, dasjenige zurückzuhalten, was für die Hypo-
typosen, um die es mir anfangs allein zu thun war, ohne Belang
ist. Es ist mir unter der Hand ein „Supplementum operum
Clementis Alexandrini^ entstanden, von dem ich mir und Anderen
einigen Nutzen versprechen darf. Auch der Nachweis der Citate
aus den erhaltenen Schriften des Clemens ist nicht nur von
negativer Bedeutung als Schutz gegen angebliche Fragmente
der verlorenen Schriften. Schon in textkritischer Hinsicht ist
zumal für die auf einer einzigen Handschrift beruhenden Stroma-
teis jedes Citat von Werth. Sodann gewinnt man eine gewisse
Uebersicht über das Maß, in welchem die Schriften des Clemens
auf die kirchliche Literatur der folgenden Jahrhunderte eingewirkt
haben. In Bezug auf solche Schriften aber, wie die über das
Pascha, will man es nicht vom Zufall abhängig wissen, ob Einer,
der diese gebraucht, die Literatur der Bilderstreitigkeiten oder
die mittelalterlichen Gnomologien durchstöbert. Das Inhalts-
verzeichnis dieses Bandes wird leicht über die Anordnung orien-
tiren. Außerdem aber schien es noth wendig, über einige oft
und daher stets in abgekürzter Form citirte, gedruckte und
handschriftliche Quellen eine alphabetisch geordnete Uebersicht
vorauszuschicken.
Cat. Cord, in Luc. s. unter Cat. Nie. in Luc.
Cat. Cram. I — VIII = Catenae graecorum patrum in Novum
Testamentum. Edidit J. A. Cramer, Oxonii 1840—44:, voll. VIII.
Der erste Band, noch ohne den die ganze Sammlung um-
fassenden Titel, enthält eine Catene zu Matthaeus nach dem
Coislin. 23 mit Nachträgen aus dem Bodleianus „Auct. T. 1. 4".
Hierin finden sich 5 Citate aus Clemens, welche unten zu str.
III, 97; IV, 30; IV, 138, und unter den Frg. ungewisser Her-
Die Quellen. Catenen. 5
kunft Nr. 7. 8 angemerkt sind. Die in demselben Band ent-
haltene Gatene za Marens bietet nichts von GL, ebensowenig
vol. II zu Lucas und Johannes. — Vol. III enthält nur das zu
Str. I, 154 notirte Citat. — Vol. IV p. 163 sqq. gibt das Bruch-
stück einer Gatene zum Römerbrief nach dem Monacensis 412.
Die drei darin enthaltenen dem. Gitate habe ich mit der Hs.
verglichen und zu str. II, 42; II, 47; IV, 96 notirt. — Vol. V
gibt eine Gatene zu I Gor. nach dem Parisiensis 227; die beiden
dem. Gitate sind zu str. I, 88 notirt. Die Gatene zu II Gor. ist
mit Oecumenins nächstverwandt, insbesondere auch in Bezug
auf die beiden dem. Gitate, welche unter die Frg. der Hypo-
typosen Nr. 8. 9 aufgenommen sind. — Vol. VI enthält nichts von
Gl. — Vol. VII bringt in der zweiten dem Parisiensis 238 ent-
nommenen Gatene zum Hebräerbrief vier Gitate , welche zu
protr. 84; paed. I, 39; I, 85 und zu hypot. Nr. 14 angemerkt
sind. — Vol. VIII enthält nur das unter den Frg. ungewisser
Herkunft Nr. 13 Angemerkte.
Gat. Niceph. in Octat. = SetQct iyog xal nevtfixovta
ino(APfi(AaTt(n<Sv eig t^v dxtdi;ev%ov xal %ä tcop ßamkemv
imikeXel^ N$xfiq>6Qov iv Aeixpltjt. 2 voll. 1772. 1773. Nicephorus
benutzte zwei Hss., welche er im Privatbesitz vornehmer Grie-
chen in Eonstantinopel fand. Die nach seinem Urtheil jüngere
derselben war vom J. 1102 p. Ghr. datirt, die andere hielt er
für mindestens 100 Jahr älter. Nicephorus hat sich nun nicht
damit begnügt die Hss. abzudrucken und nach Möglichkeit die
Autoren der namenlosen Schollen zu entdecken, sondern hat
auch die Gatene aus den gedruckten Werken vervollständigt.
Diese Zuthaten sind aber sämmtlich durch doppelten Stern ge-
kennzeichnet. Darnach kommen die 54 so bezeichneten dem.
Scholien, welche der Ausgabe von Potter entlehnt sind, von
vorneherein in Abzug. Die 5 übrigbleibenden habe ich zu
Str. m, 95; V, 34 u. 35; VHI (ed. 17) und unter den Frg. der
Schrift über das Pascha ( V Nr. 8) angeführt.
Gat. Nie. in Job = Gatena graecorum patrum in b. Job
coUectore Niceta ed. P. Junius. Lond. 1637. Sie enthält den
Namen KXfjfAevTog lAXe^ardq. nur einmal p. 59 an der Spitze
eines ausführlichen Abschnitts; aber nur die ersten Sätze ge-
hören, wie schon Potter p. 10 II bemerkte, dem Gl. an und sind
zu str. IV, 160 notirt. Die Abweichung des Gitats von dem
gedruckten Text dieser Stelle im Anfang ist ein Werk des
6 Einleitung.
Nicetas; welcher auch in seinen übrigen Catenen sehr häufig
die den verschiedenartigsten Quellen entlehnten Scholien in
einen gewissen Znsammenhang mit einander zu bringen bemüht
war, und daher die Anfänge frei gestaltet und erst im Verlauf
wörtlich abgeschrieben hat. Daß in diesem Falle alles Weitere,
was auch noch Dindorf III, 490, 8 — - 491, 29 mit abdrucken
ließ, nicht dem Clemens angehört, ergibt sich erstlich daraus,
daß es sich in str. IV, 160 und überhaupt in den vorhandenen
Schriften des Cl. nicht findet; aber auch daraus, daß die Aus-
legung von Job 1, 29 hier eine der Auslegung in str. IV, 160
gerade entgegengesetzte ist. Es scheint sogar, daß mehr als
ein Autor zu dieser irrthümlich dem Cl. angehängten Compi-
lation seinen Beitrag geliefert hat. — Außerdem hatte Ittig,
Suppl. p. 156 noch ein Stück unter die Frg. des Cl. gestellt,
welches im Druck des Junius p. 502 das Lemma KvqUIov hat.
Ittig folgte hierin der lateinischen Ausgabe derselben Catene, welche
Comitolus 1587 hatte erscheinen lassen, obwohl Comitolus selbst
bemerkt hatte, daß dasselbe Scholion bei Cyrillus wiederkehre.
Cat. Nie. in Matth. = Symbol arum in Matthaeum tomus
alter, quo continetur catena patr. gr. triginta, coUectore Niceta,
interpr. B. Corderio. Tolosae 1647. In Bezug auf zwei der
dem. Citate, welche darin vorkommen, kann man zweifeln, ob
sie etwas Anderes als freie Wiedergabe von Stellen des Pädagogus
sein wollen. Ich habe sie trotzdem zugleich mit einem dritten
unter die Fragmente ungewisser Herkunft (XV Nr. 4—6) gestellt
Cat. Nic(etae) in Jo(annem), verschieden von den durch
Corderius (Antv. 1630) und Cramer (vol. II) herausgegebenen,
bisher nicht gedruckt. Ich habe für dieselbe benutzt 1) den
cod. M = Monacensis gr.»437, Pergamenths. saec. XI, am
Schluß unvollständig, abbrechend mit der Erklärung von Jo. 8, 14,
2) den cod. N = Monacensis gr. 37, Papierhs. saec. XVI, voll-
ständig erhalten. N ist nicht aus M, etwa vor dessen Ver-
stümmelung, abgeschrieben, wie schon die Vergleichung der
dem. Citate in beiden zeigt. In M sind anfangs die Seiten
gezählt bis päg. 135, deren Rückseite gar nicht beziffert ist,
von da an die Blätter, das nächstfolgende als fol. 64. Die
Lemmata sind in beiden Hss. meist deutlich. Nur ein sonder-
bares Zeichen in M, ähnlich auch in N, konnte man allenfalls
für K. AL nehmen. Die Vergleichung von M fol. 115* mit
Basil. de spir. s. 66 zeigte aber, daß es vielmehr Batrikelov
Die Quelleu. Gatenen. 7
bedeuten solle ^ wofür sonst noch drei andere, ganz unmisver-
ständliche Abkürzungen sich finden. Die in beiden Hss. vor-
kommenden dem. Citate sind von mir angemerkt zu protr. 10;
paed. I, 15; I, 24; I, 38; I, 47; I, 60; II, 61-63; H, 73. 74
und unter Frg. ungewisser Herkunft (XV Nr. 11. 12).
Cat. Nie. in Luc. B. Corderius gab (Antv. 1628) eine la-
teinische Uebersetzung einer griechischen Catene heraus nach
einer Hs. des Bessarion, welche im Katalog der Marcusbibliothek
von Zanetti nicht erwähnt wird. Sie enthält aber nur einen
Auszug aus der großen in 4 Bände (revxi) getheilten Catene
des Nicetas za Lucas. Das Proömium ist das gleiche wie in
dem Vaticanus 1611 (Mai, Script, vet. n. coli. IX, 626) und im
Goislinianus 201 (Montfaucon, bibl. Goisl. p. 251), welche diesen
Nicetas vollständig oder doch vollständiger zu enthalten scheinen.
Dahin gehört auch der Vindobonensis theol. gr. 71 (olim 42
Lambecius ed. Kollarius III, 163), über welchen Prof. Dr. A.
Vogel in Wien die große Güte gehabt hat mir genauere Nach-
richt zu geben. Er ist nicht nur zu Anfang verstümmelt, son-
dern bricht auch schon mit der Erklärung von Luc. 6, 21 ab
(= Corderius p. 190 ut apostolits testatur). Der Monacensis
473 enthält nur den 2. der 4 Theile, in welche Nicetas diese
riesengroße Catene getheilt hat, nämlich die Auslegung von
Luc. 6, 17 — 11, 26, darin nichts von Clemens. Das einzige
dem. Scholion, welches der Vindob. enthält, gebe ich nach
erneuter Collation des Herrn Prof. Vogel unter den Frg. unge-
wisser Herkunft Nr. 8; die Citate bei Corderius p. 306. 353.
386 sq. 526 s. zu paed. I, 32. 96; II, 7. 26. 28. 29. Für das
Scholion zu Luc. 16, 17 (Cord. p. 400) mußte Macarius Chryso-
cephalus nach Grabe den mir nicht zugänglichen Nicetas vertreten
s. unten XV Nr. 9.
Leontius = Aeovrlov nqeaßvxiqov xai ^Itaavvov tmv ieqmv
ßtßXlov devtegop, von Mai, Script, vet. nova coli. VII, 83 — 109
im Auszug herausgegeben, ein durch genaue oder doch genau
sein wollende Angabe seiner Quellen ausgezeichnetes theologi-
sches Florilegium. Die dem. Citate sind nach den Seitenzahlen
der Mai'schen Ausgabe zu paed. II, 46; str. IV, 141; str. VIII?
(hinter VIII, 2); unter V negl tov n&a%a Nr. 4—6 angemerkt.
Maxim US = die loci communes des Maximus Confessor
nach der Gesammtausgabe seiner Werke von Fr. Combefis,
Paris 1675, tom. II, 528 sqq. Neben dieser Ausgabe der loci
8 Einleitung.
communes bat eine selbständige Bedeutung nicbt sowohl die
griecbiscbe Ausgabe von C. Gesner (Tiguri 1546), als die gleich-
zeitig mit dieser Editio prineeps erschienene lateinische Ueber-
ßetzung des Joannes Ribittus, welche nach der von C. Gesner
nicht getreu wiedergegebenen griechischen Hs. angefertigt ist
(Sententiarum sive capitum^ theologicorum praecipue, ex sacris
et profanis libris tomi treS; per Antonium et Maximum monachos
Olim collecti etc. Tiguri 1546, p. 179—263). In Bezug auf die
ersten 8 und die Hälfte des 9. Kapitels beruht nämlich die Aus-
gabe des Combefis nicht auf einer Hs.^ sondern auf der un-
sicheren Grundlage der Prineeps, in deu Übrigen Theilen aber
auf einer anderen Hs. als der von Gesner und Ribittus benutzten.
Gf. R. Dressier^ Quaestiones criticae ad Maximi et Antonii gno-
mologias. Lips. 1869 p. 11 sq. Derselbe berichtet p. 16 sqq.
über Hss. dieses Florilegiums. Aus dem Laurentianus plut. IX
cod. 15, welcher von fol. 103 ^ an, dasselbe enthält, hat Professor
Italo Pizzi in Florenz die Güte gehabt, für mich die clemeu-
tinischen Citate abzuschreiben, welche schon von Bandini ange-
zeigt waren. In derselben Hs. fol. 25* — 103* steht das Flori-
legium des Georgidios oder Georgides, worin nach dieser Hs.,
nicht nach der Ausgabe von Boissonade, einmal Clemens citirt
wird s. unten zu paed. II, 52.
MelissaAnt. = die Melissa (Biene oder BlUthenlese) des
Mönchs Antonius, welchem man gegen seine, seiner Abschreiber
und seines ersten Herausgebers Absicht den persönlichen Bei-
namen Melissa gegeben hat cf. Fr. Ritschi, opusc. philol. I, 732 ;
Dressler 1. 1. p. 7. Ich citire nach der schon erwähnten Aus-
gabe von C. Gesner, welche außer dem lateinischen Titel, wel-
cher mit demjenigen der lateinischen Version gleichlautet, den
entsprechenden griechischen hat (Tiguri 1546). Migne, dessen
Cursus patrologicus in Jedermanns Hand ist, hat ohne Grund
seiner Ausgabe dieser Melissa (tom. 136 col. 765 — 1244) die
lateinische Uebersetzung des Ribittus und zwar nach einer nicht
durchweg correcten kleinen Sonderausgabe (Antverp. 1560) zu
Grunde gelegt und hauptsächlich dadurch einige Fehler hinein-
gebracht. Ich habe darum die beiden genannten Ausgaben
dieser Version mit der griechischen Prineeps und mit Migne
verglichen.
Melissa Monacensis = cod. Monacensis gr. 429, Papierhs.
aus dem J. 1346. Der gegen Ende schwer lesbare Titel lautet:
Die Qaellen. Florilegien. 9
d^oikv^ykoveviuattßv ix dm^oqtov noitfcäv %e xal QfiTOQfop ex ve
zcSp &vqa&ev xal r^^ xaä^ ^(itäg legäg xai q>iXo&iov naidslag
kxafTTfi (d. h. ixdtTTfi) twp ngoxeifAiponv vno&icretov o^xslmg xai
aQfioloyrag l^ovcror. Jgn. Hardt, Catal. codd. gr. Mon. tom.
IV, 321, gibt unrichtig sm oixelcov ägfioT^ovrcog cf. dagegen auch
Dressler I. 1. p. 33 sq. Es scheint ybiXiaaa ergänzt werden zu
müssen. Die Unterschrift fol. 130^ lautet: f( naqovaa fkikitrtra
iyqdfp^ iv t^ q'cnvd h;ei (i/i^pI iovkl ly nqog ifioß tov aiAaQfm-
lov Nixiiq>6Qov Ugicog xxX, In den weiter folgenden theilweise
ausradirten, theilweise rothgeschriebenen Worten findet sich noch
zweimal der Name ykiXiaaa. Diese in 56 Kapitel getheilte 6no-
mologie ist mit keiner der gedrukten Sammlungen identisch,
wohl aber, wie Dressler p. 34 zeigt, nächstverwandt mit einem
Baroccianus 143, welchen Potter p. 1020 nach Grabe's hinter-
lasseneu Papieren einmal citirt. Gf. auch Grabe, spicileg. I,
269. Bei Dressler und im Katalog von Hardt findet man die
Titel der Kapitel. Die dem. Gitate habe ich zu paed. II, 45.
49. 51. 81. 90; str. II, 145. 146; IV, 141; VI, 102; VII, 62. 82
und unter den unechten Frg. zu Nr. 1—3 und 10 notirt. Sie
sind sämmtlich auch in der einen oder anderen sonstigen Gno-
mologie erhalten. Dies gilt auch von einem Gitat aus Theophilus
Antiochenus fol. 77** = Parall. Vaticana (Jo. Dam. opp. ed.
Lequien II, 564). Zweimal wird Glemens Romanus namentlich
citirt fol. 12^ = Maximus 556, ferner fol. 63* = Glem. homil.
IV, 11 cf. Hilgenfeld, Glem. Rom. epist. (ed. 2) p. 86.
Par. V at. und Par. Rup. = Die beiden Recensionen der dem
Johannes Damascenus zugeschriebenen Gnomologie unter dem
Titel ^'leqä naqaXXfiXa nach der allein brauchbaren Ausgabe
von M. Lequien (Jo. Dam. opera, Paris 1712, tom. II, 274—790),
welcher die erstere nach einem cod. Vaticanus vollständig, die
zweite, ältere und in jeder Hinsicht werthvollere nach einem
cod. Rupefucaldinus (vom Gardinal Rochefoucauld dem Jesuiten-
coUegium zu Paris geschenkt) im Auszuge herausgab. Diese
Sammlungen sind von den Herausgebern der Werke des Gle-
mens nur flüchtig angesehen worden. Der ^ letzte Herausgeber,
welcher den Namen verdient, J. Potter,' scheint nicht im Besitz
der damals noch neuen Ausgabe von Lequien gewesen zu
sein. Daher der Mangel in den späteren Editionen des Glemens
Von unersetzlichem Werthe wären diese Gnomologien für uns,
wenn sie uns auch weiter nichts aufbewahrt hätten, als das
10 EiDleitnng.
eine griechische Frg. za 1 Jo. 2, 3, welches den lateinischeii
Adumbrationes in epistolas catholicas die clementinische Her-
kunft verbürgt.
Die am Schloß der folgenden Materiensammlang neu heraus-
gegebenen ^Adumbrationes Glementis Alexandrini in epistolas
catholicas^ hat zum ersten Mal Margarinus de la Bigne drucken
lassen in der ersten Ausgabe seiner Sacra bibliotheca sanctorum
patrum (Paris 1575) col. 625—634. lieber seine handschrift-
liche Quelle hat sich de la Bigne nicht direct geäußert; aber
aus Gründen, die sogleich in die Augen springen werden , ist
es mindestens sehr wahrscheinlich, daß er die Adumbrationes
derselben Hs. entnahm ; aus welcher er gleich hinter denselben
den Commentar des Didymus Alexandrinus über die katholischen
Briefe abdrucken ließ. Am Schluß dieses letzteren Commentars
aber (col. 676) gibt er folgende Auskunft : Hae sunt, lector hu-
manissime, qicas ex vetustissimo membranis scripto codice mtiUa
sane industria, cum lectionem literarum obscuritas plurimum
moraretur, Didt/mi in canonicas epistolas enarrationesinvenimus.
Auf dem Druck der Adumbrationes von 1575 beruhen alle fol-
genden; aber wie in so vielen anderen Fällen haben auch in
diesem die späteren Herausgeber es durchweg nicht für nöthig
befunden ; auf die Editio Princeps zurückzugreifen, sondern ha-
ben irgend einen späteren Abdruck zu Grunde gelegt. So mußte
es dazu kommen , daß neben einigen wenigen selbstverständ-
lichen Verbesserungen eine Menge willkürlicher Aenderungen
und zufällig entstandener Fehler sich fortpflanzte. Es hat kei-
nen Werth, die Genealogie dieser Fehler zu verfolgen; es ist
ja gleichgültig, ob eine der späteren Väterbibliothekeu, oder
ob J. Fell (1683), oder Th. Jttig (1700) oder J. Potter (1715)
oder R. Klotz (vol. IV, 1834) oder Chr. C. Jos. Bunsen (1854)
oder L. Dindorf (1869) zuerst stillschweigend statt des allein
urkundlich beglaubigten Textes irgend einen Einfall oder Druck-
fehler in ihre Ausgabe haben einfließen lassen. Es ist z. B. zu
1 Jo. 3, 8 schon bei Jttig und Potter statt des richtigen ex
parte diaboli zu lesen ex patre diabolo, aber daneben hat noch
Ittig richtig eademqiie, Potter eandemque^ Klotz, Bunsen, Din-
dorf eundemque. Es gentigte zur Veranschaulichung des Ver-
hältnisses dieser Vulgata zu der Princeps und zu meinem Text,
den jüngsten Abdruck von Dindorf zu vergleichen. Ich habe
Die Handschriften der Adumbrationes. 11
Überall, wo Dindorf von der Princeps abweicht, dies angegeben.
Wo D. nicht genannt ist, stimmt er also mit jener. Da aber
der sehr schlechte Abdruck von Klotz heute noch sehr verbrei-
tet ist, habe ich auch die diesem eigenthUmlichen Fehler notirt.
Endlich wurde auch Bunsen verglichen und einige Male ange-
führt, weil er hier und da mit Bewußtsein, zuweilen auch mit
Andeutung seiner Gründe von der Ueberlieferung abgewichen
ist.
Außer der Princeps konnte ich für meine Ausgabe benutzen
den Cod. 96 der öffentlichen Bibliothek zu Laon, eine Perga-
menths. in Quart, welche im Catalogue des bibl. des d6parte-
ments I, 89 beschrieben und dem saec. VIII oder IX zugeschrie-
ben ist. Letztere Angabe dürfte die richtigere sein. Der 6e-
sammttitel der Hs. auf fol. 1*^ lautet: Haec (sie) insunt ex-
positiones in epistolis canonicis apostolorum^ id est Clementis
episcopi olexandrinL didyyni et sei augustini. et ceteri. caute lege,
et intellege quia expulsi sunt de roma. Es folgt der unten über
dem Anfang meiner Textausgabe mitgetheilte Sondertitel der
Adumbrationes und diese selbst bis fol. 9^. Auf fol. 10* folgt
hanc appellationem supra regna etc. d. h. die des Anfangs be*
raubte Auslegung des Didymus zum Jacobusbrief (Migne, ser.
gr. 39 col. 1749). Auf den oberen und theilweise noch auf den
rechtsseitigen Rand dieses fol. 10* hat eine junge etwa dem
16. Jahrhundert angehörigc Hand geschrieben: Expositio Didimi
in epist, Jacobi. Jacobus dei et domini Jem Christi servus diio-
decim tribubus quae sunt in dispersione salutem. Sicut mortaletn
gloriam homines appetentes in suis conscriptionibus dighitates
quas putantur habere praeponunt, ita sancti viri in epistolis quas
scribunt ad ecclesias principaliter proferunt servos se esse domini
Jesu Christi, aestimantes hanc appellationem etc. Haec verba
quae reperiuntur in calce codicis huc transtulimus , quia initium
expositionis epistolae Sancti Jacobi videntur esse. Jetzt stehen
diese Anfangsworte des Commentars nicht mehr am Schluß der
Hs. Diese bricht fol. 68^ mit den Worten des Didymus ab:
secundo moritur eradicatus (= Migne col. 1818). Das Blatt
oder die Blätter, welche vor fol. 10* fehlen mit den Anfangs-
worten des Didymus, waren also in oder vor dem 16. Jahr-
hundert durch einen Buchbinder an den Schluß des Bandes ge-
setzt und sind jetzt mit Anderem, was der Gesammttitel angibt,
verloren gegangen. Ausgefallen sind zwischen fol. 9 und 10
12 Einleitung.
vier Blätter, die beiden mittleren Lagen des zweiten Qaaternio^).
Vom ersten Quatcrnio fehlt zwischen fol. 3 und dem jetzigen
fol. 4 ein Blatt, Es ist hier ausgefallen, was bei Dindorf III,
481, 22—482, 14 steht (ut iudicemur — interpretatus epistolam).
Auf fol. 9^ bricht der clementinische Text ab mit tmebrae
ttrarmerunt Dindorf p. 487, 10. Erhalten ist also Dind. 479,
1-481, 22 und 482, 15—487, 10. Ursprünglich hat die Hs.
genau dasselbe von den Adumbrationes enthalten, was im Druck
vorliegt. Legt man das erste ausgefallene Blatt, welches genau
30 Zeilen des Dindorfschen Drucks entspricht, der Berechnung
zu Grunde, so haben die am Schluß fehlenden II2V2 Zeilen
Dindorf 's mit Einschluß der wenigen Anfangsworte des Didymus
und einer etwas größer geschriebenen Ueberschrift gerade ge-
reicht, um 4 Blätter (4 X 30 = 120 Zeilen) zu füllen. Das
gleiche Resultat ergibt die Berechnung nach den im Druck und
in der Hs. Erhaltenen. Die irrige Angabe des Katalogs (p. 89),
daß die Hs. eine Auslegung von 1 Petri, Jacobi (muß heißen
Judae) und 1 Johannis enthalte, ist wohl aus Erinnerung an die
Nachricht des Cassiodörius entstanden, wovon später zu han-
deln ist. Die Hs. ist durchweg bequem zu lesen. Es fehlt nicht
an Correcturen, worunter einige wenige von der ersten Hand,
die meisten von einer anderen mit gelblicherer Tinte geschrie-
ben sind, welche letztere auch den größten Theil der Inter-
punction angebracht hat. Die sinnlosesten Schreibfehler hat
der Corrector stehen lassen. Es sind namentlich zahlreich ver-
kehrte Worttrennungen und dadurch veranlaßte Dittographien
z. B. ipm statt ipsi vor sicut; hinter prophetas ein sei statt et;
qui ad statt quia; nonne statt non e. Das ärgste Beispiel ist
zu 1 Jo. 2, 3 angemerkt. Dieser Text ist demnach aus einer
Hs. mit scriptio continua geflossen, und zwar ohne Dazwischen-
kunft ieines klügelnden Verbesserers. Die Vorlage des Schrei-
bers scheint auch in orthographischer Hinsicht eine vorzügliche
gewesen zu sein. Daß die Editio princeps nicht aus dieser Hs.
geflossen ist, lehren die Varianten auf jeder Seite meiner Aus-
gabe. Nur den willkürlichen Aenderungen der Vulgata gegen-
über erscheinen diese beiden alten Zeugen zuweilen als näher
verwandt.
1) Die folgenden Quaternionen 3—9 sind vollzählig; nur der moderne
Paginator hat den Fehler gemacht , fol. 65 als 66 zu beziffern.
Die Handschriften der Adumbrationes. 13
Ein dritter jüngerer Zeuge ist der cod. 1665 der jetzt im
Besitz des Rev. John Fenwick zu Chelteuham befindlichen
Bibliothek. Nähere Kenntnis derselben und eine Collation der
Adumbrationes verdanke ich dem Sohn des gegenwärtigen Be-
sitzers, Herrn T. Fity-Roy Fenwick M. A. Es ist eine Perga-
menthandschrift von 184 Blättern in Folio, nach der Tradition
der Bibliothek , auch nach Haeners Katalog col. 847 ans dem
13. Jahrhundert. Nach dem Facsimile der ersten Zeilen, wel-
ches Herr Fenwick mir freundlichst zukommen ließ, möchte
man ein etwas höheres Alter annehmen. Ueber die Herkunft
gibt Auskunft eine Bemerkung der Hs. , welche nach Auflösung
der Abkürzungen lautet: Hie liber ubicumque veniat Manae
heremi montis dei^) esse noscatur. Es ist kaum zweifelhaft, daß
es dieselbe Hs. ist,, welche J^abbe gesehen hat^). Herkunft,
Stoff und Titel sind identisch. Die Hs. ging in den Besitz des
Jesuitencolleginms zu Paris über, von da in Meermann's Biblio-
thek, worin sie die Nr. 433 erhielt, endlich als Middeshill
(Phillips) 1665 in die jetzt in Gheltenham befindliche Bibliothek.
Die Adumbrationes füllen die ersten 11 Seiten der Hs. Es folgt
mit der Ueberschrift Jwc/p/Y expositio Didimi carne cecP). Item
in epistulis canonicis derselbe Commentar des Didymns, welcher
in der Hs. von Laon in verstümmelter Gestalt an die Adum-
brationes sich anschließt. Weiter folgt (3) Bedae expositio in
acta apostolorum, (4) Retractatio eiusdem in eadem acta, (5)
Tractatus eiusdem super epistolas canonicas, (6) Epistola ad
Accam. Die. Herkunft der Hs. steht der Annahme wenigstens
nicht im Wege^ daß M. de la Bigne nach ihr den ersten Druck
sowohl der Adumbrationes als des Didymus veranstalten ließ.
Ebensowenig die Charakteristik seiner Quelle als einer sehr
alten Pergamenths. Man nahm in jener Zeit in Bezug auf
1) Ist das Mont-Dieu in den französischen Ardennen ?
2) Ich kann nur nach le Nourry appar. col. 1320 citiren: Testatum
siquidem Ldbheus facit haec se vidisse commentariola calamo exarata
in membranis codicis antiqut, qui fuit olim coenobti 8, Mariae montis
dei, übt adumbrationes inscribuntur (Labb. de Script, eccl. I, 230).
3) Hieron. v. 111. 109 : Didymus AlexandrinuSj captus a parva aetate
oculis, — Praef. ad librum Didymi de spiritu s.: Didymus vero meus,
oculum habens sponsae de cantico canticorum, Cassiod. inst. div. lit. c. 5 :
Hunc Didymum, quamvis carne caecum^ merito beatus Antonius pater
monachorum prophetali lumine vocavit videntem.
14 Einleitung.
solche Dinge den Mund gerne ein wenig voll , und unsere Hs.
mag damals 300 Jahr alt gewesen sein. Daß es sieh aber
wirklich so verhalte, scheint mir die Collation zu beweisen.
Schon die Ueberschrift des Ganzen, welche im Vergleich mit
derjenigen der Hs. von Laon nicht für ursprunglich gelten kann,
die Unter- und Ueberschriften zwischen Brief Judä und 1 Job.
sowie zwischen 1 u. 2 Joh. weisen wenigstens auf nahe Ver-
wandtschaft hin. Sie stimmen überein in den meisten offen-
baren Fehlern wie smtinet statt sustineret (1 Petri 3, 20) ; agnos-
ceret für agnoscifur (1 Petri 5, 13); eins Joseph für ex Joseph
( Judae 1 ) ; del für diei ( Jud. 6 ) ; infirma loca für infima loca
(zu 1 Jo. 1, 1), Fehler welche meistens schon von den spä-
teren Herausgebern stillschweigend verbessert sind, jetzt aber
auch durch die älteste Hs. widerlegt sind. Die Abweichungen
der Princeps von ihrer muthmaßlichen Vorlage bestehen zum
Theil in harmlosen Druckfehlern, wie wenn aus ceteris ein
centis (zu 1 Jo. 2, 1) entstanden ist, oder ein sinnloses proprer
vor opera (zu 1 Jo. 2, 3) sich einschlich oder ein unentbehr-
liches non ausfiel (Jud. 5); theils in nothwendigen oder noth-
wendig erscheinenden Verbesserungen. Ein sinnloses mutimur
(zu 1 Jo. 1, 10) wurde nicht als aus mentimur verderbt er-
kannt und daher gestrichen* Die kühne Bildung mojp^raia^w=
ivti^yatto (zu 1 Jo. 2, 1) wurde in operabatur verändert, ein
hie (Jud. 8) wurde richtig in hi verbessert. Man wird keine
Variante finden , welche sich nicht bequem auf dem einen oder
anderen der angedeuteten Wege erklären ließe. Von einer
selbständigen handschriftlichen Ueberlieferung neben der Hs.
von Cheltenham zeigt der erste Druck keine Spur. Dieser ist
nicht sorgfältiger, aber auch nicht willkürlicher als andere erste
Drucke der älteren Zeit. Trotz des mir zweifellos erscheinenden
Verhältnisses habe ich jede Abweichung meines Drucks nicht
nur von den beiden Hss., sondern auch vom ersten Druck an-
gegeben, um nicht mein Urtheil Anderen aufzudrängen.
Es sind noch einige secundäre Quellen vorhanden, aus
welchen für den Text der Adumbrationes gewiß Einiges wUrde
zu gewinnen sein; aber die Untersuchung wäre nicht ganz ein-
fach. Nach Bandini catal. codd. Latin, bibl. Laurent. I, 342
enthält plut. XVII cod. XVH, membran. in 8^ saec. XI, eine
lateinische Catene zu den katholischen Briefen mit Interlincar-
nnd Randglossen aus Beda, Clemens, Didymus und Augustinus.
Die Handschriften der Adambrationes. 15
Diese Aatorennamen bat Bandini aus dem Prolog genommeD,
der mit den Worten beginnt : Quatuor fuerunt expositores super
episiolas catholicas, scilicet Beda et Clemens et Didymus super
unam Jacobi et II (d. i. duas) Petri et I (d. i. unam) Judae,
Äugtistinus autem 111 (d. i. tres) Joannis expmiit. Leider sind,
wie mir Professor Pizzo mittbeilt, die einzelnen Glossen sämrot-
licb nicht mit Antornamen versehen. Es bedürfte also einer
Vergleichung der Hs. mit sämmtlicben genannten Autoren,
um etwaige Fragmente des Clemens herauszufinden: eine Un-
tersuchung, die ich dermalen weder selbst, noch durch einen
Anderen anstellen kann. Aehnlich scheint es sich zu verhalten
mit zwei Hss. in Oxford, welche gleichfalls Glossen zu den
katholischen Briefen aus Beda, Didymus, Clemens und Augu-
stin enthalten sollen^). Ein fluchtiger Einblick, den Westcott
in dieselben gethan, hat noch zu keinem Ergebnis geführt^).
Die nächste Aufgabe war, den von den Herausgebern seit
300 Jahren immer nur stillschweigend „verbesserten" Text
auf der Grundlage der beiden genannten Hss. wiederherzustel-
len. Es scheint dadurch die. im 6. Jahrhundert entstandene
Uebersetzung dieses ältesten zusammenhängenden Stücks ale-
xandrinischer Exegese ihrer Urgestalt ziemlich nahe gebracht
zu sein. Meinerseits habe ich nur einmal ein non in Klammern
eingefügt (zu Jud. 19), einmal (zu 1 Jo. 3, 8) ein ille in Uli
verwandelt und nach Bunsen's Vorgang einen anderen alten
Schreibfehler (zu 1 Petri 5, 13) corrigirt. Die zahlreichen gro-
ben Fehler der Hs. von Laon und die viel größere äußere
.Correctheit derjenigen von Cheltenham konnten selbstverständ-
lich nicht die Thatsache verhüllen, daß jene ältere durchweg
einen ursprünglicheren Text bewahrt hat. Auch die Ortho-
graphie derselben habe ich, soweit es anzugehen schien, be-
wahrt, habe adnuntiata, inmaculatus u. dgl. geschrieben, auch
Johannes, aber nicht DaniheL Eine gewisse Ungleichmäßigkeit
mußte freilich dadurch entstehen, daß in den dieser Hs. fehlen-
den Abschnitten die andere die Grundlage hergeben mußte.
Die von mir in den Adumbrationen angewandten Zeichen
sind: L = Hs. von Laon; M = Hs. von Middlehill-Ghelten-
1) Gatal. libr. mss. biblothec. Angliae et Hiberniae I, 68. 110.
2) Diction. of christ. biograpby I, 564 note c.
16 Einleitung.
ham; P= Editio princeps von 1575; D = Dindorf; > =omit-
tit; H- addit.
In allen Theilen meines Baches habe ich die Werke des Cle-
mens nach der Ausgabe von Dindorf mit Angabe der dort ebenso
wie bei Klotz abgetheilten Paragraphen und nicht nach der äl-
teren Eapiteleintheilung citirt, außerdem noch^ wo es nützlich
schien, nach Seiten und Zeilen Dindorf s (D. I— III).
L MatenaÜeü.
Titel: Clem. paed. I, 1 (D. I, 125, 4); str. VII, 22 (D. III,
268, 1); Eus. h. e. VI, 13, 3; praep. ev. II, 2, 64; 5, 6;
IV, 16, 12; Hieron. v. ill. 38; ep. 70, 4 ad Magnum.
Pr. 10 (D. I, 12, 3-16) (Tv de — enomevetm = Cat. Nie. in
Jo. 10; 7 (cod. N. fol. 307**) abgekürzt, ohne beachtenswerthe
Varianten.
Pr. 11-23 (D. 12, 18 — 24, 7) äSwa — TeTvxnxoTag = Eus.
praep. ev. II, 3 cf. Theodoretus gr. aflf. cur. X (opp. ed.
Schulze IV, 964); übrigens sollen die durch Eusebius vermit-
telten und nicht ausdrücklich auf Clemens zurückgeführten
Parallelstellen hier nicht angeführt werden.
Pr. 24 (D. 24, 20) Evfi^i^qov xtL cf.Arnobius adv. nationesIV,
29, s. auch die übrigen in der wiener Ausg. (1875) p. 152.
160 — 165 von Beiflferscheid unter dem Text angemerkten Pa-
rallelen aus Cl. protr.
Pr. 34 (D. 34, 22 - 35, 9) *»* — ZeSg = Eus. praep. ev. II,
6, 10.
Pr.42. 43 (D.43j7 — 45, 17) q>iQ€'—änooTQ^g>€ff&e=En8.pT2iep.
IV, 16, 12 sq.
Pr. 44. 45 (D. 47, 3—49, 10) €lx6T(og - xeipakal, §49 (D.54,
3—9) xaipop — iqacrTfip, § 49 (D. 54, 18—22) nH — »ecöp
= Eus. praep. II, 6, 1 — 9.
Pr. 44. 45 (D. 47, 9—49, 4) ovde — xex^deStr^at = Cyrillus
AI. c. Julianum X (ed. Aubert tom. VI pars 2 p. 342 sq.).
Cf. auch protr. 44. 45. 46. 52. 53. 57 mit Arnobius adv. nat.
VI, 6. 11. 16. 21—23.
Pr. 84 (D. 90, 1 — 91, 8) f*^ ovp — nmiotevxozag = Cat. Cram.
VII, 455, 7—29 {KXiifiepTog nqdg "EXXfipag) abgekürzt, und zu
Anfang umgestellt. Die Catene bestätigt die handschriftliche
Zahn, Forschnngen. HI. O
18 Citate.
und ganz richtige LA 'J^cotf^ statt ^Ii^trot (D. 91, 7) oder
IL ndtdaycoydg.
Titel: Clem. str. VI, 1 (D. III, 121, 16); Eus. h. VI, 13, 3;
Hieron. v. ill. 38 (fehlt in einigen Hss.); ep. 70, 4 ad
Magnum; Photius bibl. cod. 109. 110.
Paed. 1, 9 (a I, 132, 15—17) xaHneq — na»odnre7 = Par.
Vat. 710.
Paed. I, 15 (D. 136, 26—137, 6) nii&q ndXovg — xocfiixa und
(D. 137, 15 — 20) xal xbv — npevfAaTi = Cat. Nie. in Jo.
c. 12, 14 (cod. N. fol. 374^) eingeleitet durch die schwerlich
dem Clemens angehörigen Worte: n&lov de kiyei Tot^ öpop,
inndii b i^ i^v^v Xab^ äyviAvatTTog ^v tijg eig svcrißeiav
dyovaiig nictetag. (Cf. Theophili comm. in ev. 1, 33 Forschuu-
geu II; 61; 4). Anstatt der ausgestoßenen Worte (D. 137,
6 — 15) hat Cat. Nie Folgendes eingeschoben : äp&qcontav yäq
^vpooQlöa XQiCTog xata^ev^ccg eig ä^avaalav xaxi&ivei to
agiia, GnevdiAV nqog top &€dy TtkfjQc&aai o ^yl^aro , nqote-
QOP fiep eig ^leQovffak^fjb^ pvp de eig ovQapop ehreXotvptap,
xaXXiczop S'iafia itf natqi viog ä'idiog pix^q)6qog, — Varian-
ten in den mit D. identischen Stücken: D. 137, 1 naräqa,
Csit.nqäop (was offenbar richtig ist). D. 137; 6 xqoatpoptagy
Cat. xqofACpoprag (Schreibfehler?). D. 137, 16 änXovp, Cat.
top änXovp*
Paed. I, 24 (D. 144, 19—22) inel — »eov = Cat. Nie. in Jo.
c. 1, 29 (cod. M pag. 113, N fol. 38% in beiden das Lemma
zu hoch hinaufgerUckt. Den Uebergang zu Clemens machen
die Worte m ineiöii äqpag opofAdl^ei)» In M steht ein zwei-
tes KXfifJbepTog am RandC; wo N das oben S. 6 erwähnte Zei-
chen für Basilius hat, zu den ununterbrochen an den Satz
des Clemens sich anschließenden Worten wg nqo<yq>iqopta &v-
clap xal nqo(Tq>oqap eavxop xtf &e^vn6 (^vneq) täpafiaq-
ticop ^(läp. Sonstige Varianten: 0.144, 20 top Xoyop, Cat.
Xoyop. D. 144, 21 äp&q. yepoykepoPs so auch cod. N, dage-
gen M yepofAepop äp&q.
Paed. I, 32 (D. 151; 9—16) = Cat. Cord, in Lucam p. 306 we-
nig abgekürzt.
Paed. I; 38 (D. 156, 16-25) ya^^r« —v/rcxAtJcr«« = Cat. Nie.
in Jo. c, 6, 57 (cod. M fol. 296^ N fol. 211'). Varianten:
Protr. 84. — Paed. II, 12. 19
D. lin. 16; Cat. ^d^eff&i fiov %iiv (rdgxa xai niec&i (aov to
alfia, (ffialv 6 xvQio^, to (om. Edd.) ivaqyH ^9? nitrtswg xtL
— D. lin. 22 Iqp' ^g — nltnig, Cat. itp fig ij nlczig avv-
Paed. I, 39—51 (D. 157, 2—167, 15) nq&itoyovov — vtinCovg
= Cat. Cram. VII, 490, 25-494, 20 wenig abgekürzt Zu
Anfang KXfiikBvtog naidaYmyiwg , zum Schluß toffavta neql
ydlaxTog xal z^g lovtov dllfjYOQlag.
Paed. I; 47 D. (163, 11—18) inel — Sui^vfkCag = Cat. Nie.
in Jo. c. 6, 57 (cod. M fol.296b, N fol. 211% unmittelbar an-
schließend an das zu Paed. I, 38 CitirteJ. Abgesehen vom
Eingang {ineid^ elnsv b xigiog ot& o aQtog xtX.) nur solche
Varianten , welche durch gegenseitige Ergänzung von M und
K wieder zn beseitigen sind.
Paed. I, 60 (D. 174, 1-10) 6 de pofAog — ovde ev = Cat. Nie.
in Jo. c. 1, 17 (cod. M pag. 87, N fol. 29^) in folgender Um-
gestaltung: xalh iiev v6(Aog x^Q^^ ^^ naXaiä vno %ov Xoyov
dici Mmcriwg %ov d'eqdnovxog avtov edo&ii, dio xai nqotrxai-
qog' ^ de didiocr x^Q*^ ^^^ (^ + ^) dk'^S'eia iqyop ectiv
Tov Xoyov aiwpiop, xa§ ovxixi dCdoffd'ai läyetai, dXXa did
^Ifl(Tov XqKTTOv ylpeff&at, ov x^Q^^ i^ivero ovds ey.
Paed. I, 81 (D. 192, 2-4) xaXov — t^g vocov = Parall.Vat.
594; Melissa Ant. 22; die zweite Hälfte (von äqtctov an)
auch Parallel. Vat. 702. In allen diesen Citaten (Aerd r^v
vocov, S. auch unten zu Qnis dives § 40.
Paed. I, 85 (D. 194, 17—21) ikeyaXoötaqog — vneqano&aveXv
= Cat. Cram. VII, 426, 10—14 übrigens identisch, am Schluß
aber xai ^(awv ineqano&apetp xai t6 xaxd %ov d^avdxov ini-
del^atr&at %q6naiov. Die in den Edd. fehlenden Worte sind
vielleicht echt. Cf zum Ausdruck die freilich textkritisch noch
unsichere Stelle Clem. Rom. I Cor. 5, 5: v7vo[AOP^g ßqaßeiov
vnidei^ep {inidei^ev, edei^ev) cf. Llghtfoot, Clement of Rome,
Append. p. 407.
Paed. I, 96 (D. 204, 1-8) = Cat. Cord, in Lucam p. 353. S.
unten Fragm. ungewisser Herkunft Nr. 5.
Paed. II, 7 (D. 218, 2— 5, darauf 217,16—218,2) = Cat. Cord,
in Lucam p. 386.
Paed. II, 12 (D. 222, 25—223, 2) = Cat. in Psalmos (zu Ps.
77 [hebr. 78], 30 in cod. 14 plut. V der Laurentiana fol 11
nach Baadini, Catal. codd. graec. I, 35) unter dem Namen
2*
20 Citate.
Clemens in folgender Umgestaltang : g>€vxtiop tolwv otpa^a^
Stpov dyketqlav ^ r^y nsql töy Xaifiop fiaviap, ti^v neql ti^v
Tqofpiiv äxoXaclav xal neqi yaatiqa iiavlav, %va [i^ top vovv
iyxaT(aQt^m(i€y (sie) t^ xoiiif.
Paed. II, 24 (D. 234, 15—17) nag — xsvog = Melissa. Ant 50.
Paed. II, 26 (D. 236, 19—22) § 28 (D. 238, 3-12) § 29 (D.
239, 1-8) = Cat. Cord, in Lucam p. 526.
Paed. II, 39 (D. 249, 1) nkovtog — nevla = Mel. Ant. 38.
Paed. II, 44 (D. 252, 26 - 253, 2) «$ -xpdXXety = Par. Vat.
453.
Paed. II, 45 (D. 254, 8. 9. 15) [AifA^Xovg — nohtstag und vovg
yeXtßtonoiovg — noXitelag = Par. Vat. 564; Mel. Monac.
fol. 85» in gleichmäßiger Abweichung von den Edd., nur daß
Leqnien yaXuinoiovg, Mel. Monac. wie die Edd. YelfAnonoi-
ovg hat.
Paed. II, 46 (D. 255, 13—16) ig — ixikeX&g = Leontius 105 sq.
KXfiiieptog ix %ov d atQuifiaTog. S. ein^n ebensolchen Feh-
ler des Leontius zu str. IV, 141.
Paed. II, 49 (D. 257, 14-17) aitrxQoXortag — tQaxvTigtf =Par.
Vat. 379; Mel. Monac. fol. 77^ In beiden das von Potter
vorgeschlagene äno[jkvxTiiQi<r[itf und am Schluß ^qaavtiqif.
Paed. II, 51 (D. 258, 23—259, 2) navtii — xa»aqevtiop und
§ 52 (D. 259, 17. 18) to r^q — axocy^elv — Par. Vat. 379;
Mel. Monac. fol. 11\
Paed. II, 52 (D. 259, 18—10) %6 de - xaqzeqeJp Par. Vat. 420,
wo aber xaqzeqCa und vorher ätrxeip cm^qopeip. Letzteres
ebenso in der Gnomologie des Georgidius oder Georgides in
Laurent, cod. 15 plut. VII fol. 86^, wo der Satz gleichfalls
mit dem Lemma EXi^. vorkommt, am Schluß aber xaqveqig.
In der Ausgabe des Georgides von Boissonadc (bei Migne 117
col. 1141) hat die Sentenz das falsche Lemma zov lijg RXl-
fiaxog. Die bei Georgides weiterhin ohne neues Lemma fol-
genden Sätze (bei Boissonadc nur einer so, im Laurent, fttnf )
gehören anderen Autoren.
Paed. II, 60 (D. 266, 26. 27) xa»6Xov — oixeTog itrtiy = Par.
Vat. 657 und nochmals 725, an letzterer Stelle mit der Rand-
bemerkung n^XfifA. Rup. ix %ov ß'rov naiday^yoS. Von Fa-
bricius Hippol. opp. II, 74 und Dindorf III, 511, 18 unter die
Fragmente gestellt.
Paed. II, 12 — Strom. I, 11. 21
Paed, n, 61—63 (D. 267, 14 — 269, 10) divmai — äfkagtlag
— Cat. Nie. in Jo. c. 12, 3 (eod. N. fol. 366 •) stark abgekürzt,
ohne beaehtenswerthe VariaDten.
Paed. II, 68 (D. 273, 5-7) ov — ikvqtf = Par. Vat. 558.
Paed. II, 73. 74 (D. 277, 22 — 279, 8) dX6ri<nop — äxaqnop
= Cat. Nie. in Jo. e. 19, 1—5 (cod. N fol. 521 *') sehr abge-
kürzt. Varianten : D. 277, 23 iffteikftiyov, Cat. ifna^avmiiivoy.
D. 278, 18 dixaioy oy avtol, Cat. dixatop xahoiye oneq (sie)
avToi. D. 278, 21 %6 vniq, Cat. %q vniq. D. 278, 27 dea-
TvoTixov, Cat. tov daan. D. 279, 7 ol di, Cat. "^Eßqaloi di.
Paed. II, 81 (D. 285, 12—18) naai — dnoT€fi,po(kipoig = Ma-
ximus 615 sq. bei Combefis and fiibittus in drei, im cod.
Laurent, fol. 184* in zwei Absätzen hinter einem Citat ans
Str. IV, 141); Mel. Mönac. fol. 70** (ununterbrochen). Der
mittlere Satz (o vnpog &(Tneq teloopfig — XQ^^^^) ^^ ^^1*
Ant. 50 auch bei fiibittus p. 55, hinter einem Citat aus Philo
ohne neues Lemma.
Paed. II, 90 (D. 291, 14—19) ei r^Q — aidovg = Mel. Monae.
fol. 111% außer gleichgültigen Schreibfehlern nur: iavoikaa&r-
vat = D. lin. 18 mvoikacd'ai.
Paed. II, 118 (D. 314, 21 — 315. 3) s. unten Fragmente un-
gewisser Herkunft Nr. 6.
Paed. II cap. 10 und III cap. 11 ist nach Grabe bei Potter
p. 1020 eitirt im cod. Barocc. 155 fol. 302 u. 358 \
Paed, in, 15 sqq. cf. II, 65. Diese Stellen sind gemeint bei
Suidas s. v. Aeovtioq ftopaxog (ed. Bernhardy vol. II, pars 1
p. 527): dyayiP(aa)co[iipfig de ßlßXov KX^fieptog tov tnqtaika^
%img xal (pd-dtraptog xtßqloVy ep (f tovg ctpÖQag dpa^xcintei,
tovg etatQtxäg %dg oxpeig vnoyQdtpopzag xal ßdmopxag %dg
%Qixag x%X. Das Mönchsgespräch über diese Stelle fand statt
unter Kaiser Zeno a. 474 - 491.
III. SrQaffiaTeis-
Der Titel vollständiger Cl. str. I, 182 (D. II, 143, 13-16);
Str. III, 110 (D. III, 121, 3); Eus. h. e. VI, 13, 1 ; Photius
cod. 111 (nach einer damals alten Hs.); abgekürzt Cl.
Str. V, 10 u. 95; H, 147; Eus. h. e. V, 11, 2 und öfter;
Hieron. v. ill. 38; Photius cod. 109 und 111 etc.
Str. I, 11 (D. n, 10, 16-11, 11) = Eus. h. e. V, 11 cf. VI,
13, 8.
22 Citate.
Sti-. I, 12 (D. 11, 26-12, 1) dida(Tn(av — avuov — Par. Vat. 435.
Str. I, 70-73 (D. 57, 19-21; 58, 14—21; 60, 13— 19) = Eu8.
praep. ev. IX, 6, 2 — 5 {iv t^ nquivip (TTQtofAatet).
Str. I, 75 (D. 62, 16-63, 1) ohne wörtliches Citat Cyrillas
Alex. c. Jul. lib. VII (Opp. ed. Aubert vol. VI pars 2 p. 231).
Str. I, 75—77(0.63, 3—65, li) iatQix^p — fi^ilfiyrai—EuB.
praep. ev. X, 6, 1—14.
Str. I, 88 (D.73, 2-4; 73, 30-74, 12) nQog dvttdtainoXnv —
&€6g und änog)aTixdp — dpofidffd'ijffap = Gat. Gram. V^ 22,
21-32. Eines der hier ausgestoßenen Stücke (D. 73, 8—12)
folgt Gram. V, 25, 19—21 in nachlässiger Abkürzung. Von
den zahlreichen Varianten beachtenswerth Gram. 22, 25 €fi-
naXtp = D. 74, 4 iy n&ai.
Str. I, 101-107 (D. 84, 1—90, 12) aXqntat — nqeaßvteqog =
Eus. praep. ev. X, 12.
Auf diesen Abschnitt und insbesondere auf str. I, 101. 102 be-
zieht sich Eus. in der Vorrede zu den Ghron. can. ed. Schoene
n, 4, dessen Worte dann Pseudoeustathius in den ersten Wor-
ten seiner Schrift über das Hexaemeron (Migne 18 col. 708),
wie schon Leo Allatius zu der Stelle bemerkte, theilweise
wörtlich abschrieb. Cf. Georg. Hamart. (Migne HO col. 29).
Str. I, 112. 113 cf. Eus. Ghron. ed. Schoene I, 102 unter Be-
rufung auf den ersten Stromateus.
Str. I, 127 (D. 102, 15—22) == Ghron. pasch, ed. Paris, p. 137
(ed. Bonn, p, 255) 6 KX'^fiijg iv vcf nqdxtf <tvq, in indirecter
Rede; ebendort p. 145 (Bonn. p. 271) wörtlich Str. I, 127
(D. 102, 20 — 25). Letzteres noch eine Zeile weitergeführt in
Eus. Ghron. (ed. Schoene) I, 122.
Str. I, 139 (D. 112, 24 cf. 114, 6; 117, 7 u. 24) cf. Eus. h. e.
VI, 6.
Str. I, 150 (D. 121, 3—16) "AqitnoßovXog — ä%tixR,(ov = Eus.
praep. ev. IX, 6, 6—9.
Str. I, 154 (D. 124, 3—6) <pa(Tl — änoxtelpag =: Gat. Gram,
m, 113, 17-20, von Dindorf III, 511, 33 unter die Frag-
meute gestellt.
Str. II, 9 (D. 150, 22. 23) fAerdlfjp — nqoalqaaig = Par.
Vat. 375.
Str. n, 42 (D. 173, 16—20) ov y^q — ixoXov&noav = Gat.
Gram. IV, 369, 24-27 (cod. Monac. 412 pag. 406) zu Anfang
Strom. I, 12 — III, 30. 23
frei umgestellt, von Dindorf III, 512, 4 unter die Fragmente
. gestellt.
Str. II, 46 (D. 176, 2—6) tQiSp — yr«(r«(»c = Par. Vat 398.
Str. II, 47 (D. 176, 22—26) tiJi/ t€ 'Eßqalw — dia&^x^g =
. Cat. Cram. IV, 372, 6-9 (cod. Monac. 412 pag. 411) zu An-
fang frei umgestellt, am Schluß tbeilweise richtiger als in den
Edd. l^aonoioSvTai avv ttf XQiatfp dtä tfjg ^^eTiQag diaxoyiag.
Str. II, 60 ( D. 185, 26. 27) to — äydr^tj = Par. Vat. 520.
Str. II, 87 (D. 202, 16—19) «Va/riy — xo^ycapix^ = Par. Vat.
356 (ÄAi^ffr. ixTov ß' (ngcifi.); Mel. Änt. 3 t nnd noch einmal
in gleicher Verbindung ibid. 132.
Str. n, 101. 102 (D. 211, 15—21 u. 25. 26) tgittä — C«oi; =
Par. Vat. 356, noch einmal, ebenso abgegrenzt, aber in
. schlechterem Text ibid. 714.
Str. II, 123 (D. 225, 3) Toig rag - doxei — Mel. Ant. 119,
von Grabe (Potter p. 1021) und Dindorf UI, 500, 34 unter
die Fragmente gestellt.
Str. II, 144 (D. 239, 28 — 240, 2) to vnoneaelp — iiov^ =
Par. Vat. 600.
Str. II, 145 (D. 240, 14 - 16) Ubg — aitrxQOVQyla = Par. Vat.
379; Melissa Monac. fol. 77*^ (hier in äfi^oly, übrigens das
Ganze unmittelbar angeschlossen an die Citate aus paed. 11,
49 und 51 oben S. 20).
Str. II, 146 (D. 240, 21 — 27) avvnonvop — ohovqlav = Par.
Vat. 408; den ersten Theil bis nqinovtog citirt auch Maximus
631 (Combefis, so auch cod. Laurent, fol. 202* und Eibittus
p. 235, dagegen Gesner mit dem Lemma KvqlXXov); Melissa
Monac. fol. 130».
Str. III, 1 — 3 u. 5. Daraus hat Epiph. haer. 32, 3 — 5 Vieles
wörtlich abgeschrieben, selbst überleitende Worte wie %ai%ag
naqe^iikfiv %äg gxapdg xtX. str. III, 3 in. = Epiph. 32, 5 in.
Er nennt den Clemens erst haer. 32, 6.
Str. m, 25. 26 (D. 259, 7 — 260, 5) c^qaiap — yviaamg =
Eus. h. e. III, 29 cf. Theodoretus, fab. haer. III, 1 (Opp. ed.
Schulze IV, 340).
Str. m, 27. 28. 30 (D. 260, 6 sq.; 260, 27 — 261, 4; 262, 8 sq.)
= Theodor, haer. fab. I, 6 (vol. IV, 295) xai tovtov d^
fAaQTVQa Toy (Xvqtoikatia naqU^o^iev K^fieyra, leQOv ävdqa
xal rroXvneiQl^ anavtag dnoXtnovra, Xiyei de ovT(ag iv %&
%qi%if rduy (nQ(0(JLa%i(OP xzX.
24 Citate.
Str. m, 42 (D. 269, 10. 11) nafffig — ogsrofiivfi = Mel. Ant. 19.
Str. m, 52. 53 (D. 276, 14-19) tj xal — edtnaXig = Eus. h.
e. ni, 30, 1.
Str. III, 95 (D. 302, 27 — 303, 5) x^^^^^Q — fJi^€cx€iQilmii€9a
= Äcacius von Caesarea in Gat. Niceph. in Octat. I, 101.
Dasselbe gab nach einer jüngeren Papierhs. nur lateinisch le
Nourry, Appar. ad bibl. max. I, 1308. Aeacius leitet sein
Citat so ein: xai KX^iJ^fiQ ^^ ^^ ^^^^ telavtatotg tov vQttov
(ftQCO[iatia)g diaßdXXei tiiv %oiav%fiv do^ap^ SnifAßfi^oiJkepog
alQ€(T€ci%fi tipI diä Tovttap' xn&vag xvX.
Str. III, 97 (D. 304, 3—8) 8^ — avpamav = Cat. Cram. I.
81, 20—22 mit folgender Einleitung und Umgestaltung: KX^-
IkevTog* b Aovxäq ov fiopop (a^ g)iX€iy TOVTOvg, äXXä xal
[Aiffsip liyei xal ya(A€zag, o i(Sti „ft^ änayov^ fpfitrtv (d. h.
Clemens)^ aXoyoig OQfAatg fifide toig (Tw/aotixo?^ eO^eaiy^^.
Str. IV, 30 (D. 332, 28. 29) ftafAmpä -- xv^/ov = Cat. Cram. I,
49, 1 fiafifaväg itntp ^ (ptXaQyvqla. Es geht voran p. 48, 33 :
QeodaoQov (Aopaxov, KX^(A€P%og. Mafia^päg icnip od (Aopog o
XQVtrdg, äXXd näp eldog xdXXKXTOP täp ini y^g. Vielleicht
gehört dieser Satz dem Theodor und nur der dort folgende,
vorhin mitgetheilte dem Clemens. Doch findet sich eine
Parallele auch zu jenem str. VII, 71 (D. HI, 314, 3).
Str. IV, 35 (D. 335, 21. 22) nXovtriop — XQiatog = Par. Vat.
640 {nXovalap — o xvqiogy
Str. IV, 38 (D. 338, 4—7 und 13 — 15) iXe^fiopag ~ naQetniP
und T^g avT^g — neqiovala = Par. Vat. 480.
Str. IV, 74 (D. 359, 9. 10) eoixep — dotn^ = Par. Vat. 372.
Str. IV, 93 (D. 369, 28 — 370, 3) to de dyanap — egrop »eov
= Par. Vat. 356; Mel. Ant. 31 und noch einmal ebenda
p. 132. Varianten: D. 369, 30 xai top ätreß^, fehlt in den
Citaten. D. 370, 3 odx, die Citate xal ovx. Migne tom. 136
col. 861 B hat gegen Gesner p. 31 und die Uebersetzung des
Ribittus p. 34, ich weiß nicht woher, al(TXQ§ für t^ noi^ und
ein tov vor äp&qdnov. Das zweite Citat des Antonius hat
Migne mit dem ganzen Kapitel (lib. II c. 67) ausgestoßen s.
die Anm. col. 1162.
Str. IV, 96 (D. 371, 12-14)= Cat. Cram. IV, 291, 9-11 (cod.
Monac. 412 pag. 244 zu Rom. 8, 38) ganz freie Wiedergabe,
aber doch sicher auf diese Stelle zurückzuführen, da diese
Catene außerdem nur noch str. II, 42 und 47 und auch diese
Strom. III, 42 — V, 35. 25
Stellen sehr frei citirt (s. oben S. 22 f.). Von Dindorf HI, 511,
38 anter die Fragmente gestellt. Uebrigens ist in diesem
Gitat änoatatixä (statt änoctoltxd im cod., bei Gramer and
Dindorf) npevfiata za lesen ; . es entspricht dem äyyeloi ol
änoffzätai bei Gletnens.
Str. IV, 138 (D. 397, 15—18) %pa — äXkotB di ov = Gat Gram. I,
43, 13—15 ziemlich frei wiedergegeben.
Str. IV, 141 (D. 398, 28 — 399, 1) Stra — ^ttop = Leontias
108 (Kl^gjbeyrog ix tov a ctQdfAatog s. oben za paed. II, 46) ;
Maximas 615; Melissa Monac. fol. 70^. Alle drei Gitate
änoctaffiap = D. 399, 1 dnoctaffip.
Str. IV, 160 (D. 409, 26 — 410, 1) laiß — eiddlov = Gat. Nie.
in Job p. 59 in folgender Umgestaltang : äiXd %ä tov ^Idß
xofiipoteQOP fjbSP ovTi» POfitiop' yvfipig xaxlag xai äfAaqtiag
€og ix xoiXlaq fiijtQog ix Tijg y^g xat^ ^Qxäg dtenXda&fiP^ yvfipog
eig T^p y^p xai anelevtTOfMXi, yvikpog ov xTfifjuxTWP — tovto
yäf pixQOP T€ xai xoipop — äXXä xaxtag xai nopfiqlag xai
%ov inofAipov to2g ddixtog ßmtraffiP deidovg eiddXov, Zaerst
von Fell anter die Fragmente gestellt, bei Dindorf III, 490,
4—8. Ueber die angebliche Fortsetzang e. oben S. 5 f. anter
Gat. Nie. in Job.
Str. V, 12 (D. m, 11, 3. 4) %ö de — emt^qidp itmp = Par.
Vat. 572.
Str. V, 12 (D. 11, 12. 13) ovde — naqixeip = Par. Vat. 711.
Str. V, 25 (D. 20, 21. 22) npevfAavixdp — ika»fi%fip = Par.
Vat. 399.
Str. V, 34 (D. 27, 23 — 25) xai %o tezQayQafAfAOP — iaofACPog
= Gat. Niceph. in Octat. I, 883. Varianten: D. nach Klotz
negtixeipvo, Gat. mit Potter n€qtixei%o. D. de ^laov, Gat.
id oval cf. Potter's (p. 1031) Notizen aas drei pariser Hss. —
Dasselbe Stück zagleich mit den folgenden gab Fabricius
Bibl. gr. V, 111 (ed. Harles VII, 131) nach der Gatena in
Pentat. ed. Zephyras p. 146 lateinisch. In dieser Gestalt
ging es in die Fragmentensammlangen bei Potter p. 1025;
Klotz IV, 89; Dindorf HI, 511, 20 über, bei Dindorf überdies
anter der falschen Ueberschrift p. 509 „Fragmenta Pottero
omissa^.
Str. V, 34. 35 (D. 28, 4 — 29, 6) ^ tc Ivxpia — dnXol = Gat.
Niceph. in Octat. I, 856 abgesehen von Änslassangen genau,
die Lücken von Nicephoras in Klammern nach Potter's Aas-
26 • Citate.
gäbe ergänzt. Noch kürzer in der lateinischen Catene des
Zephyrus s. vorige Anm. Mit Niceph. bieten wesentlich glei-
chen Text die pariser Catenen bei Potter p. 1031. Varianten:
D. 28^ 5 dvfiiaviiQiov^ Gat. ^(natrxfiqlov. D. 8 17 Xvxvla^
Gat. Xv%vla. D. 19 &viiiavfiqlov vqane^a, Gat. dvciatntiqiov
^ tqanä^a, D. 20 nagad-etrig , Gat. nQo&etng. D. 21 nyev'
(jb&iooi/, Gat. ävd'qfamav. D. 29, 3 irav X*ö-> ^^t- ^^ xeq. —
D. 28; 4 äXXä dcid. 7i%iq. äfi^to kx^iy Gat. ddi, de ntiq-
Str. V, 72 (D. III, 57, 10 sqq.). Hierauf bezieht sich vielleicht
Anastasius Sin. contempl. anag. in hexaem. Hb. VII (Migne 89
col. 961, den griechischen Text gabLequien Jo. Dam. opp. I,
174), wenn er unter anderen alten Kirchenlehrern, welche das
Paradies allegorisch gedeutet haben, auch EXiififig atqtapba-
%€vg nennt. Doch kann Anastasius auch aus den Hypoty-
posen geschöpft haben.
Str. V, 89-96 (D. 69, 15 ~ 75, 22) ro (T e^iig - xQOi'oy =
Eus. praep. ev. Xni, 13, 1—17; daraus noch einmal str. V,
93-94 (D. 73, 19 — 74, 20) in Eus. praep. XI, 25 (c. 24, 12
fälschlich dem 6; Buch der Stromateis zugeschrieben).
Str. V, 98-134 (D. 77, 6 - 114, 16) ccdeXgiovg — AXn^ =
Eus. praep. ev. XIII, 13, 18 — 65.
Str. VI, 4 u. 5 (D. 123, 27—124, 18); § 16 (D. 137, 11—13);
§ 25 (D. 146, 16 - 147, 4); § 27-29 (D. 149, 11 - 151, 6)
= Eus. praep. ev. X, 2, 1—3; 5; 7; 8—15.
Str. VI, 99 (D. 199, 16—18) al xtricreig — noffoTfiza = Maxi-
mus 574; Par. Vat. 558; Mel. Ant. 37 (bei Migne col. 880
D nach dem antwerpener Nachdruck des Ribittus fol. 60 ^
aber nicht nach dem Züricher Druck p. 41 ohne Lemma).
Von Grabe (Potter 1022; Dindorf III, 502, 33) unter die
Fragmente gestellt. Max. und Ant. zu Anfang ^ x6Sp äpay
xaliAV xTfjffig xal XQV^^^> P^^- ^^ '^^^ ävayxalwy xTffceig (ohne
xai XQV^^^^)'
Str. VI, 102 (D. 201, 14—18) wg soixev — (pav^ = Maximus
531; Par. Vat. 438; Melissa Monac. fol. 16^ (hier xo^^ovaa
statt x^AetJovera).
Str. VI, 109 (D. 205, 28. 29) äya&ii — dya^oxrig avroSrrr Par.
Vat. 710.
Str. VI, 112 (D. 207, 13-17) xa&aneq — ßlov = Par. Vat. 649.
Strom. V, 34 - VII, 106. 27
Str. VI, 161 (D. 244, 1—4) o y^catnixog - diddtrxwp = Par.
Vat. 399.
Angebliche Fragmente aus str. VI s. vorhin zu str. V, 89 ; ferner
unter den Fragmenten ungewisser Herkunft Nr. 26 cf. Nr. 13
Änm. und zu ncQl nqovoiaq Nr. 5.
Str. VII, 4 (D. 253, 22—26) xal ftoi - imxexQVfifiipa = Par.
Vat. 399.
Str. VII, 33 (D. 280, 8) fifi^QonoXig — iiiovn = Par. Vat. 648,
wo das Lemma versehentlich heruntergerllckt ist.
Sir. VII, 41 (D. 287, 9—11) ämeq - Xayi,ßdve$ = Par. Vat. 399.
Str. VII, 57 (D. 301, 1—3) ^ ^lev - ßißaiog = Ant. Mel. 5
(ßeßala).
Str. Vn, 59 (D. 302, 24. 25) n&aa — xaxonqaYia = Par. Vat. 649.
Str. vn, 62 (D. 304, 25—29) ov fjbPfitrixaxei — Sirpoiw adzov
. = Par. Vat. 356, nochmals ebendort 399; Melissa Monac.
fol. 97 ^ In allen Gitaten zu Anfang ov (APficrixaxfiffei novi
Yvmtnixoq. Migne's LA %aXenavei an beiden Stellen der
Par. ist errathen aus dem Accentfebler xaXenaivel bei Le-
quien 356.
Str. VII, 62. 63 (D. 305, 7—20) ovxovy — ßlov = Jo. Damasc.
or. 3 de imag. (opp. ed. Lequien I, 382) vov aQxccioTaTov
KX^fisyroQ nqög IdXi^avdqov ix tov ißd6(A0V ßißXlov %&v
(TTQayfjbatitop, Ittig, supplem. praef ; und Andere (s. auch
Lequien z. d. St. und Fabric. bibl. ed. Harles VII, 123) wollten
nqe(Tßv%iqov IdXel^avdqelaq statt tt^o^ "AXil^avdqov.
Str. VII, 63. 64 (D. 306, 5—12) (paal — diä&etriv = Eus. h.
e. III, 30, 2.
Str. VII, 80 (D. 321, 26 — 322, 1) x^n — naqaniimovta =
Par. Vat. 506 {KXfiiievzoqj am Rand der lat. Version „Quis
dives salvus").
Str. VII, 82 (D. 323, 27) htevai — axta = Maximus 584 5 Par.
Vat. 399; Melissa Ant. 56; Melissa Monac. fol. 105 »>.
Str. VII. 99 (D. 338, 17—21) «g — dnotvtpXoviiivaq = Par.
Vat. 339 {KXfi^ievvoq (TTQcofi,, am Rand des lat. Textes „Cle-
mens ex paedagogo^). Die erste Hälfte des Satzes auch Me-
lissa Ant. 5; bei Ribittus p. 6 und im antwerpner Nachdruck
fol. 8*^ und daher bei Migne col. 781 A fehlt das Lemma.
Str. VII, 106 (D.345, 22 sqq.) cf. § 108. Hierauf gehen zurück
die ungenauen Angaben bei Malalas 1. XI ed. Bonn. p. 279 sq.;
Cedrenus ed. Bonn. I, 438 {KX^fAfig 6 (rvqiöfiaTevg) u. 439.
28 Citete.
Str. VII, 110 (D. 348, 24—29) vovtwp — evqetnp = Photius
cod. 111.
Str. VIII, 1 (D. 300, 4) = Photius cod. 111: iv %i(A 6e (sc.
aptiyqatpoiq) CtQa>fi>aT€vg Sydoog äaneq xal ol TtQO avtoC
knta iniyQdg>€Tai xal aTtcaQx^rai j^äiX ovde ol nahxha%oi
TWP KpiX6(To(p(ov^ xal i^^g.
Str. VIII, 2 (D. 351, 28 sqq.) ixdixevcci yotQ äUog tonog te xal
Sx^og tovg taqaxcideig xtX. Nur soweit von Leqnien p. 774
niitgetheilt aus Par. finpef. mit dem Lemma Klii(Aeytog ix
toi ff %äv (Ttqfoikattav.
Str. VIII, 16 (D. 363, 12 — 20) alqemg — i(Toa»iv€%av. Eine
wörtliche syrische Uebersetzung dieser Sätze findet sich im
Ms. Add. 14,533 fol. 137» des British Museum i). Das Ka-
pitel, an dessen Spitze dies Citat steht, hat den Titel "^rr txyi:r\
D'^Dirr „Was Häresie ist". Das Citat sammt Einftihrungs-
formel lautet:
•^rrTiN D'^D'nrT .N"«3?2n*i 1x^121^2 übi^ .Diö^ai^ntDö ry^thy^
NTi T'Diön '^n mbn .NTriN i^nnTan y^hrr^ .Ännri mb Nsp^n
V"i Nm^sin» .Nn''b'»b7a ünw «msD^in^a "'mrr'N p Ässbr ."iniDa
N3Db7a br)i NbN .np-^tapiDitn mnbn ib .Nn"«:?im Nm7abu)i Nnr^p
NnT^ba Nb büTa n« .«rr^^^im Nmb'^n?^ bu^a in .n^Ta "r^y^n 'oixn
Str. VIII,? Leontins 98 (hinter einem sachlich verwandten Citat
ans Kl'^fiepTog ex tov eig to ndtrxoc) ix toS f[ atQfi(JLaTog'
ovx oloy %€ inl lAiäg ipvxijg it>o ivavxiag xaxä to avto y^'
vitr^ai xipfiffeig. Dieselbe logische Regel, jedoch ohne An*
Wendung auf die Seelenbewegungen , steht str. VIII , 29 (D.
374, 17 u. 21 u. besonders lin. 25). —
Str. VIII,? Par. Vat. 643 (Klfifieptog , aber im cod. ßupef. mit
dem Zusatz ix tov ff (Ttgcifi,,)] Maximus 538 (Kli^fAeptog):
üaq&ivfov (Rup. naqd^iptf) (p&oqä Xiyetai (Rup. ylpetai xai
Xiyetai) ov fiopop noqpeia, dXla xal ^ nqo xatqov ixdocng,
otap dg einetp ädqtog (Max. ätaqog) ixdo&^ tfp apöql äq>*
(Vat. ly') iavtfig ^ xai naqa tdop yopiap* Von Grabe (Potter
1022; Dindorf UI, 501, 20), als Fragment des loyog yafAixog
angeführt.
1) W. Wright, Catalogue of Syriac Mss. p. 971 (cod. 859 Nr. 23)
machte auf die Stelle aufmerksam. Die Abschrift verdaoke ich der Güte
des Herrn Dr. B. Hörniog in London.
Strom. VII, 110 — VIII (ecl. 63). 29
Epitomae ex Theodoto.
Eclogae propheticae.
Ecl. 11 (D. III, 459, 9. 10) g>oß$i%iop — amfiavog =z Maximns
tilO; Par. Vat. 341 {KXi^fA. (ngaofA.); dasselbe, jedoch nur bis
dl' & ^ poffog in Par. Rap. 751 mit der Beiscbrift KX^fiewog
ix %ov f[ orgdfA. In gleicher UnvoUständigkeit Melissa Ant. 19.
(Migne col. 824 hat gegen Gesner p. 19 und fiibittus p. 21
auch gegen den antwerpner Druck fol. 31 ^ die Fortsetzung
aus Maximus oder Par. Vat. hinzugefügt).
Ecl. 17 (D. 461, 24—28 o »edg — j^ae^w = Leontius 88 KJL^-
fAewog ix toi f( ctquifiaTog* Dasselbe, jedoch nur bis (rd^et,
Acacius von Caesarea (im Anschluß an das Gitat aus str. III,
95 s. oben S. 24) in Gat Kiceph. in Octat. I, 101. Dasselbe
gab zuerst le Nourry, appar. in bibl. max. I, 1308 nach einem
cod. fiegius 2431. Die Herkunft erkannte zuerst Fabricius
bibl. gr. VII, 124 (ed. Harles). Acacius leitet sein Gitat so
ein: xal iv zep if (bei Nourry oydoff) de otqtAikatsl ä&erei
t^v neql tov nqoetvai tag xjJvxag do^ap, Xiyaop avtaig
Xi^effip. — F = die florentiner Hs. des Glemens, D =: Din-
dorf, L = Leontius, N^ = Nicephorus, N^ = Nourry. —
D 46 t, 24 yccg: N^ d^ | D 25 orov (angeblich nach Acacius) :
Snov FL, t6 nov N^N« | D 26 ^xaficp mit L: f^xaiiep FN^N« |
D yepiffefag mit FL: ^[lap -f- N^N^ | D ^opog aVtiog mit
FN^N^: aVtiog (lopog L 1 D 27 «5 oSp mit FL: dg N\ Sg N« |
Mit mil^et' hören N^N^ auf. Was le Nourry weiter abdrucken
ließ, gehört dem Acacius an, wie schon Nicephorus erkannte.
Ecl. 20 (D. 462, 27 — 463, 3) dyaTifi — trcotfiQiog = Par. Rupef.
753 KXfiiieptog ix tov ir[ (TTQWfAatatp.
Ecl. 28 (D. 466, 28 - 467, 9) mg — xatarmpiadiAepog = Par.
Vat. 535 {KliifA.). Anstatt D. 467, 4 äXXog deKrtömfioptap . . .
nqayfjMxtcop in Par. äXlov d€i(nda$(ioplap . . • yqanijbatmp.
Ecl. 47 (D. 471, 26 — 472, 2) anqoono&mg — nqoorta&eiag =
Par. Vat, 638 {KX^gA* (nqm(A.) änqotmad^&g xqii dioixetp t^p
xT^ffiP xal inl avikßaivopxog ttpog . . . im^Vfieip xr^cacr^a*.
t^g iikna^ovg yäq xTiitrecog (statt des sinnlosen yijg ip na&ei
naqaxT^tremg D. 472, 1) xeXevei xvqtog äg>l(yia(y&a$ xal
ndfffig nqofTna&Blag.
Hinter Ecl. 63 gibt die augsburger Excerptensammlung noch
folgendes, von Sylburg p. 386 nach Höschels Mittheilung ab-
gedruckte, von D. ni, 478 ohne Entschuldigung fortgelassene
30 Citate.
Stück: KvQie (Tcatroy %ov ßa<nXia\ tovTi<n$ top €ig ßafftlia
xBxqi(Tikivov Xaov* ov yag ikopov top Jaßld. dio mal iTtdyei*
xal indutovcop f^imp^ ip ^ ap ^[^iQff inixaXeffcifAsd-d (xe, to
apaßfipai inl t^p xagdlap to xaXop vno t^c TQcc9>^^ Xiyetai,
xal TO Pixiiaai Tfjp xaXfjp ßovXi^p.
IV, Tis aco^oixevog ütXovaiog.
Der Titel bei Eus. h. e. III, 23, 5; VI, 13, 3; Hier. v. ill. 38;
Pbotias cod. 11t, da zugleich die Anfangsworte oi
fjbep Tovg iyxwfAiaOTixovQ Xoj^ovg entsprechend der ein-
zigen vaticaniscben Hs.
Div. 1 (D. III, 381, 3-5) r^l y^Q vipovfAiptp — loyog = Me-
lissa Ant. 140, von Grabe (Potter 1022; D. IH, 501, 7) unter
die Fragmente gestellt. — D. 381, 3 äpTünQog>ög: Ant. Tia-
Qaninfjyep äyx^tTTQOtpog.
Div. 10 (D. 388, 23—28) i7i;l — äpofyei = Par. Vat. 315.
Div. 11 (D. 389, 24-390, 6) TtciXfitTop — (rviAnpfyovtrip =
Par. Vat. 502.
Div. 20 (D. 398, 29) äna&ap - crwTfjqla = Par. Vat. 570;
Melissa Ant. 149, hier mit dem Lemma „Enagrii^, so auch bei
Eibittus p. 165.
Div. 21 (D. 399, 6—8) ßovlofiipmg — (XvpeaTalfi = Par.
Vat. 684.
Div. 21 (D. 399, 10—15) ovde twp xa^evdopTfop — ^TTcifACPog
= Par. Vat. 383 und noch zweimal ibid. 612. 712. Bei
Lequien 383 ist das griechische Lemma (Klrifi. (nq^^iaT.) zu
diesem Satz ausgefallen (s. seine Errata hinter p. 925), oder
vielmehr zur folgenden Sentenz {ovx ix^i ijn&vfilap xtL)
heruntergerathen, welche am Band der lat. Uebersetzung die
Beischrift „eiusdem ex epist. 21" hat. Darauf folgt noch ein
Satz mit tov avTov. ßaaiXeiap &€ov xtX. Die Herkunft dieser
beiden Sätze kenne ich so wenig wie Lequien.
Div. 34 (D. 411, 9-15) rö ipapTlop -r- »eog = Par. Vat. 480
{top ipaprlop).
Div. 39 (D. 415, 6—8) n *« oHn^^yn — afjtaQTiifiatn = Par.
Vat. 594; Melissa Ant. 22.
Div. 39 (D. 416, 2. 3) irrtaTQixlJai — ontcrco = Par. Vat. 594.
Div. 40 (D. 416, 10—20) eV olg — nXeiopog und (D. 416, 27 -
417, 3) eCTi (k€P — xaTaQ^oüprai {xaToqd'OVTai Lequien) = Par.
Quis dives salvns. 31
«
Vat. 594; das erste Stück, aber auch dies nur bis (D. 416, 15)
yevoikiv(f auch in Par. Vat. 343 {KXiiik. (Ttqcoia., aber im cod.
^ Rupef. mit dem Zusatz i» tov a otQtofk.). Die beiden Sttlcke
aus div. 40 und noch eines aus paed. I, 81 (s. oben S. 19)
sind in einem cod. baroccianns 26 (Ronth, rel. s. II, 157)
dem großen Fragment von Hippolyt's Schrift neql r^g %ov
navToq ahlag angehängt; welches zuerst D. Höschel (Photii
bibl. p. 923—925) ohne diese fremden Zuthaten herausgab.
Auch Lagarde (Hippolyti quae feruntur graece p. 73, 4 — 17)
hat die drei clementinischen Stücke noch mitabdrucken lassen.
Diy. 42 (D. 418, 2 — 422, 10) äxovtroy — fiXenofiip^q = Eus.
. h. e. III, 23. Dasselbe aus Eusebius excerpirt und daher
fälschlich dem Irenaeus, welchen Eusebius vorher angeführt
hatte, statt dem Clemens zugeschrieben von Äntiochus mou.
hom. 122 (ed. Fronto Duc. p. 1228; Migne tom. 89 col. 813).
Ein Excerpt gibt Anastasius Sin. homil. in psalm. 6, welche
in doppelter Recension vorliegt (Combefis, Graecolat. P. bibl.
novnm auctarium [a. 1648J p. 934: rQ'^tpei yaQ KX^fM^g o
l(noQ$xdg IdXe^avdqslag nsql^Iiaapvov xtL, ebendort p. 966:
Kl^fitig (yvyyQaq>8vg neql ^Itnävpov Kp^ixlv . . . zoiomov r»
/Lfr^y neql avtov o (Totpog l(noqioyq(ig>og iv %ivl %wv avtov
<nq(o(Aatix(Sv Xoycay dieiiqxezai!). Nicht aus Eusebius stammt
die selbständige Fortpflanzung dieser Erzählung im cod. Vindob.
theol. gr. 65 (olim 49 Lombeci comm. ed. Kollar III, 190 sq.
cf. p. 193; Nessel p. 150. 192), im cod. Paris. 440, im cod.
141 coli. Corp. Christi Oxon. (Coxe, Catal. coli. Oxon. I, 55),
im cod. Florentinus Marcianus 686 und dem Yaticanus 504
(letztere beiden von Dindorf verglichen Praef. p. XXX und
vol. III, 418). In allen diesen Hss. beginnt das Fragment
Iva {de) mi&aqqfj(Tijg oder ini&aqqfjg, also etwas früher, als
das Excerpt des Eusebius, und überall, wie es scheint, ist es
verbunden mit Schriften des Dionysius Areopagita. — Kenntnis
der Erzählung des Clemens hatte auch Chrysostomus (ad
Theod. laps., ed. Montfaucon I, 30). Eine, wie die Verbin-
dung der Angabe des Irenaeus über die Lebensdauer des
Johannes mit der Berufung auf Clemens zeigt, von Eusebius
abhängige Notiz gibt das Chron. pasch, ed. Bonn. p. 470, 4—10.
Während Clemens von dem Ort der Handlung nur sagt in{
tiva Tcap ov ikaxqay noXstoi/^ ^g xal zovpofjba liyovdP epioi^
weiß dieser Chronist, daß es Smyrna ist.
32 Fragmente.
V. IIsQi rov stda/a.
1. Änatolias oder Pseudoanatolius ^) de ralione paschali c. 1 :
Verum maiores nostri Hebreorum et Grecorum librorum peritis-
simi, Isidorum et Hieronymum et dementem dico, licet dissimüia
mensium principia pro diversitate lingue senseruni, tarnen ad
unam eandemque paschae certtssimam rationenty die et luna et
tempore convenientibus , summa veneratione dominicae resurrecti-
onis consenserunt» Sed et Origenis (sie) etc.
2. Eus. h. e. VI, 13, 3 im Verzeichnis der Schriften des
Clemens to %e neql zov n6t(S%a avyYQafifAa. — Ebenda § 9 : xal
iv %^ ^oytf de avtov t^ neql tod na(T%a ixßiaa&l^yai ifiolo-
yst TtQog %&v italQüop, ag krvxe naQa t&v oiqxaloßv Ttqetrßvniqmv
äxi^xodg naqaöoa'eig ygcc^^ toig [lera zavta naqadovvag, fAigi-
pijtai de iv av%^ MeXhfovog xal Elqfivalov xal t%vtüv kviquiv^
dp xal vag difiy^ffeig xid^enag. — h. e. IV, 26, 4: toitov de
tov Xoyov (d. h. des Melito über das Pascha) fAifAPfitat KXr^fAfig
6 l^ke^avÖQevg iv idltp negi tov rtdcxa I6y(f, op äg iS ahlag
tilg TOV MellTdovog yQag)^g Kpf^trlp eavTOP (Tvptal^ai. — Von
Eusebius hängt ab Hieron. v. ill. 38, wenn er diese Schrift dort
überhaupt erwähnt hat^). Auch Photins cod. 111 erwähnt dies
Buch nur unter denjenigen, welche er theils von Clemens selbst,
theils von anderen Schriftstellern angeführt gefunden, selbst aber
nicht gelesen hat
3. Chron. pasch, ed. Paris, p. 7 (ed. Bonn. p. 14): äXXa
xal KX^fAfig, 6 oaidxavog %rig ^AXe^avdqimp ixxXijtrlag yeyoptig
leQevg^ äq%ai6%a%og xal ov fAaxqäp tdSp ano(T%oXix(ap yepofjbepog
XQOPtöP, ip t(p neql tov ndffxa X6y(f tä naqanXiiCia diddtrxet,
yqd^iap ovtiag*
1) Ich gebe den Text nach der auf neuer handschriftlicher Grund-
lage beruhenden Ausgabe von Erusch in dessen Studien zur christlich
mittelalterlichen Chronologie (1880) S. 317. Nur habe ich die Klammern
wieder beseitigt, worin Erusch die Worte Isidorum et, welche in beiden
Hss. stehen, eingeschlossen hat. In dieser Form läßt sich das kritische
Problem, welches hier vorliegt, jedenfalls nicht lösen. S« Beilage I.
2) Vallarsi (ed. 2. a. 1767) II, 877 gibt ohne kritische Note Pae-
dagogi UM tres, de pascha Über untis, so auch Sophronius. Herding in
seiner Separatausg. des liber de v. ill. (1879) p 31 hat die Worte aus-
gestoßen. Genau ist weder dort, noch p. XXIV zu sehen, wie es eigent-
lich mit der Bezeugung steht.
De pascha. 33
Tojg fiep ovv naqaXriXv&otTiv ece&i vo ^v6[1€pop nqdg
^lovdaiwv ij(T&i€i/ eogtä^cap o xvQiog naiS%a, enel de ex^QV^ev
avTog 90P 70 na<TX(Xy o äfipog tov &€ov , cSg nqoßatov inl
atpayriv äj^ofievog, avtlxa edida^e fiep totfg fia&njTag tov tvtiov
To (ivav^Qiop t^ ly, iv fi xal nvv&ävovxai avTOV, „tvov d-iXeig
eTOifiocffoüfiip (TOI TO nd(Txcc (payeip^ ^ zavti] ovv %^ ^f^^QV ^^^ ^
ayiafffiog tcäp äl^vfiatp^ xal ^ nqoetoifiaala vr^g ioQt^g iylpero, o&ep
6 ^l(adppfig ip TavTfj %fi ilfiiqff eixortag coaäp nQoetoifiaCofiipovg
ijöfi anoplxpaa&ai tovg nodag nqog tov xvqIov Tovg [la&fiTäg
dpayQa(p€i. . ninopd-ep de t^ iniovaij 6 (XcoTfiQ rfitap avTog äp
t6 naayia xaXlieQfj&eig vtvo ^lovdalonp.
xal fied^ et€Qa'
IdxoXovd'Cog äqa ttj $&, oTe xal ena&ep , eoD&ep avTOP ol
dgxieQSig xal ol yQafifiaTeig t^ TIiXaTfo nQOtrayayoPTeg ovx
eia^Xd-op eig to nganagiop, ipa fifj fiiap&cS<np, dXJ! dx(aXvT(ag
eojiiqag to Ttdaxa tpdytACt» TavTfi twp fjfieqcop tjj dxqißelff xal
ai yqa^al nätrai avi^(p(opov<j$ xal Ta evayyiXia avptjfdd. im-
fiaQTvqei de xal ^ dpd<TTa(Tig' t^ yovp tqItij äpiatii ^fiiq^,
riTig fip nqmvi twp kßdofiddtop tov d^eqKTfiov, ip fi xal to
dqdyfia pepoiiod-iTfjTo nqoo'epeyxeip top leqia.
4. Leontius et Joannes, Berum saerarum lib. II (Mai^ Script,
vet. nova coli. VII, 94): KXiniepTog ix tov eig to nd(j%a,
l^pdyxfjg eldog olfiai Ttp naqaöo^tp ixJtX^^ai xal ßidtraffd'ai
&e^ TOP apd^qmnop , op i^ avTOV crcol^ea&ai ßovXeTai, (lopag
Tag d<poqfidg naqä Ttig ipToX^g Xaßopta, ov toIpvp ßlaiog o
S-eog, ovöe difjvx^^ dlxfip dyaXfidTcop nqog tjJic e^fo&ep anlag
neqidysG&ai ^ifiig TtiP avToxlptjTOP yjvxfjv.
5. Leontius et Joannes 1. 1. 98: EXr^iepTog ix tov eig to
ndcxa.
Tä ivapTia afia t^ avTff xaTa to avTO nqog to avTO
<TVfißfipa$ ddvpaTOP. Cf. die Bemerkung zu str. VIII,? oben
S. 28.
6. LeontiuB et Joannes 1. 1. 99: KXiifiepTog ix tov eig to
ndtrxa* 'O äqa yipcio'xcop iavTOP Tonog icnl tov &eov xal
^qopog.
Dieser Satz hat auch in Par. Vat. 402 die Beischrift KX^^
(lepTog, lautet aber am Schluß so: Tonog iatl xal &q6pog tov
xvqlov.
7. Nicephorus CP., Antirrhet. adversus Constantinum Co-
pronynum lib. III, c. 26 (Mai, Nova patr. bibl. V, pars 1 p. 91):
Zahn, Forschungen III. ^
34 Fragmente.
^QffavTwg de exstv xai t^ KXrjfAeyti ixelvcjf t& HXel^aviqela^ey
ioxely iv olq neql vov vofAixov rtäo'xcc diaXa[ß,ßdp<ap (ptitrlp'
^iig eV zivog eixdv fji^ naqovzog [lev zov aQxsrvTiov xiiv
l(njv ixelvcf do^av änotpiqetai, xal naqov(Ttig t^g äXfj&eiag xata-
Idiinerai rj eixdp nqog avt^g, z^g ofioiciffsoag ixeivfig aTiodexTijg
Ikevovüfig diä ro CffiAaCyeiP Tfjv aX^&eiap.
In Bezug auf dies und viele voraDgebende Gitate aus Ba-
siliuS; Gregorius Kaz., Cyrillus AI., Dionysius sagt Nicephorus
abschließend: xal rä (lev x&v d'eofpoqcnv toiavza.
8. Catena in Oetat. ed. Nicephorus I, 1037: ^Adi^Xov. 'O
KX^lJbfig (ptitrlp elg tbv iv vcg ndaxot Xoyop ^), oti didxvtng Xinqag
€<T%lv düavel ßddicig xal noqela qevtnix'^.
9. Erwähnt muß hier schließlich noch werden ein jedenfalls
apokryphes Stück mit der Ueberschrift "^^noöei^ig KXi^fieptog
neql tov ndaxa. Aus dem Vaticanus 573 fol. 78 ^ 79*, einem
von verschiedenen Händen geschriebenen Sammelband, hat mein
Freund, der hiesige Universitätsbibliothekar Dr. M. Zucker die
große Freundlichkeit gehabt, den Text für mich abzuschreiben.
Es geht dort voran ein sachlich verwandter Tractat mit der
Ueberschrift (fol. 78*) QeotpiXov dqxieni(Tx6nov liXe^avdqlag
iv xvqiax^ nqo<T^(6vfi<ng eq(Afivevov(Ta vi^v ahlav^ di '^v icr&lo-
fiev ol XQ^^^^^^^^ Tvqov xal oodv jfj & xal t^ naqaaxevfj Tfjg
tvqiv^g. Die gleiche Zusammenstellung von Theophilus und
Clemens bietet der Vindobonensis theol. graec. 58 (Nessel) und
zwar die dnodei^ig KX'^(ievTog fol. 135^ 136*. Der handschrift-
liche Katalog der Vaticana gibt im Index auctorum et materia-
rum codd. mss. graecorum unter Clemens Alexandrinus tov
avzov neql zov ndaxa dnodei^ig. Daher stammt die Angabe
in Montfaucon, bibl. bibliothecarum p. 14. Daraufhin sollte
dies Stück trotz seiner einleuchtenden Unechtheit hier abgedruckt
werden. Zum Glück bemerkte ich noch rechtzeitig, daß Car-
dinal Pitra demselben bereits ein verborgenes Plätzchen einge-
räumt hat^j; und zweimal gedruckt zu werden verdient es
schwerlich. Es ist wahrscheinlich, daß Clemens Alexandrinus
als Verfasser gemeint ist ; denn die Ueberschrift entspricht nicht
1) Es wird zu lesen sein iv T(ß ets to nda/a Xoytp^
2) Juris eccles. graecor. historia et monum. I, 299 unter den An-
merkungen zu coDst. apost. y, 13, nach einem Vatic. 840 und einem
(Vatio.) Reginensis 22.
Canon ecciesiasticus 35
dem Inhalt, welcher gar nicht vom Pascha, sondern von der
richtigen Berechnung des Quadragesimalfastens handelt ; sie soll
daher wahrscheinlich an die Schrift des Cl. Alex, über das Pascha
erinnern und den Schein erwecken, daß derselbe darin auch
diese Materie abgehandelt habe. Ferner werden darin zweimal
apostolische Canones in wörtlicher Anführung citirt ohne jede
Andeutung, daß der Verfasser des Tractats zu diesen Canones
eine nähere Beziehung habe. Das wäre sehr unnatürlich, wenn
der römische Clemens gemeint wäre, dessen Name seit so alter
Zeit und so innig mit der Constitutionenliteratur verknüpft war ^).
Sowohl dieses Apokryphon als dasjenige, welches Pitra ihm
vorangehn läßt, als auch der Tractat des „Theophilus" beziehen
sich auf die Differenzen zwischen griechischer und armenischer
(theilweise auch römischer) Fastenordnung. Der „Theophilus"
nennt gleich zu Anfang die Armenier, der „Clemens" citirt den-
selben 66. apostolischen Kanon, auf den sich das Concilium
Quinisextum vom J. 692 in seinem Can. 55 beruft.
VI. Kavcov iimXffaiaaTiTiög rj JtQog rovg lovdai^ovTas.
1. So gibt Eus. h. e VI, 13, 3 den Titel an (6 SmyeyQafi'
/lAfVoc) und fügt demselben bei; bV ^Ale^dydQtp %(^ öedfiXtAyLevta
ini(Tx6n(f äpa%i»eixep (cf. h. e. VI, 8, 7; VI, 11; VI, 14, 8 sq.).
— Hieronymus, welcher das Buch schwerlich gesehn hat, macht
daraus (v. ill. 38): de canonibus ecclesiasticis et adversiim eos,
qui Judaeorum sequuntur errorem Über unuSy quem proprie Ale-
xandro Hierosolyynorum episcopo nqocetpdipriaev. Die griechische
Uebersefzung dieser Worte durch Sophronius kehrt beinah buch-
stäblich bei Photius wieder 2).
1) Ganz anderen Ton hat das Apokryphon mit der Inschrift KXri-
fievTos nana 'Pdfirig, welches Pitra 1. 1. 301 Anm. II aas einem Vatic.
1538 (aaec. XV) mittheilt.
2) Sophronius in Hier. opp. ed. Vallarsi II, 878: negl xavovmv
ixxlri<rtaaTixwv xul xara t(ov uxoXov&ovvtojv tj tcSy ^lovSaCfov nkdvrj
loyov^ ovriva i^ixeSg lAlB^av^Qi^ ^IsQoaolvfitov nQo<r€(f>{6vri(fe. Photius
cod. Hl hat nur das xa£ vor xard weggelassen und am Schluß gekürzt.
Daß Photias hier wie an anderen Stellen die griechische Uebersetzung
des hieronymianischen Schriftstellerkatalogs ausgeschrieben hat (s. For-
schungen 11, 8), zeigt sich auch darin, daß er statt des durch Eus. h.
c. VI, 13, 3 bezeugten Titels nSQl xarakaXidg^ wofür Hier, de ohtrectatione
3*
36 Fragmente.
2. Nicephorus CP., Antirrbet. adv. Constant. Copronymutü
inter testimonia patrum, libro III subiecta^): KXiiiievTog ngec-
ßvtigov Idle^avögeiag ix tov xata iovdctiCot^töP,
2oXo(id5v Tov Jaßld naig ip vatg ßafftleiaig iuiyga^ofiipaig
TflP Tov dli^d'ipov P€(o xaTaffxevriP (Tvpelg ov fiopop inovq&Piop
elpat xal npevfjbatixi^p^ ijäfi de xal eig tijp ffaQxa diatpiqetPy f^v efiel-
Xep oixodo[ietp o tov Jaßld vlog t€ xal xvgiog, elg te t^p avtov ^)
naqovaiap y k'pd'a xa&idgvecrd'ai xad^aneq %i äyaXfia Cfiipvxop
dieypooxsi, elg t€ xatä avpodop Ttltrcecog eyeigo^ipfip ixxl'^crlap^
xatä Xi^ip liyei* r,el alfjd^cig äqa xatoixfiaei d-eog (lezä äp&Qci-
n(OP inl trig y?e"; xatoixet dk inl r^g y^^ cdqxa neqißaXko^
fA€Pog xal (A€tä dp&QCOTtcop avT^ xaTo£xfi(ng yiperat ip t^ xaxd
Tovg dixaiovg avpd^icsL %e xal äqfiopi^, pcoop ayiop iQyal^o[Aip(p
T€ xal dpKTvdpTi. yrj ydg oi dixaioi, t^p yijp kzi n€Qtx€ifi€POi, xal
yrj (og TtQog to fiiye&og naQaßall6(jb€P0t tov xvqiöv. xavtd %ot
xal 6 (laxaQiog lliTQog ovx oxpei Xiye^p' ^xal avtol co$ Xld-oi
sagt, die RückUbersetzuDg des Sopbronias 7t€Ql xaxoXoylas gibt, und daß
er den Schlußsatz von Hier. v. ill. 38 zum Schluß seines cod. 111 macht.
Gesehen und gelesen hat Photius von Clemens Alex, nur drei Bände
(^rev/ri ßtßXltov TQta) , deren erster die Hypotyposen (cod. 109), der
zweite die Stromateis (in einzelnen Exemplaren mit „Quis dives" statt
des 8. Stromateus cod. 109. 111), der dritte den Pädagogus mit dem
Protrepticus davor (109. 110) enthielt.
1) Cf. Pitra spicil. Solesm. I praef. LXXI u. p. 336 sqq. Den griechi-
schen Titel und den Text der drei Bücher gab Mai, Nova P. bibl. V
pars 1 p. 1—144, aber ohne die nach Pitra eben hieran angehängten 80
patrifitischen Citate. Nicht verständlich ist mir, daß Mai's Ausgabe vom
J. 1849 im Spicil. Solesm I vom J. 1852 noch ignorirt und das in Frage
stehende Werk des Nicephorus unter die „opera inedita^ gestellt ist.
Es ist heute ziemlich schwierig, sich in den mancherlei Bruchstücken der
auf den Bilderstreit bezüglichen Schriften des Nicephorus zurechtzufinden.
Obiges Fragment des Clemens gab zuerst le Nourry 1. 1. 1334 heraus
nach einem cod. Reg. 1189, welchen er (a. 1703) für etwa 800 Jahr alt
hielt.. Einen anderen Reg. 1S26 erklärte er für eine Copie des ersteren.
Außerdem erwähnt er einen Colbertinus ohne Angabe der Nummer. Pitra
benutzte alle drei, der erste ist jetzt Paris. 910, die Copie daraus ist
Paris. 909; der Colbertinus (356, deinde Regius 2044) jetzt Paris. 911
(Spicil. I, 302, 336 Anm.). Abweichungen vom Druck le Nourry*s hat
Pitra offenbar nicht entdeckt, da er p. 351 unter Berufung auf jenen
nur die Anfangs- und Schlußworte abdrucken ließ. Doch schreibt er
hier Jaovl^, wo le Nourry ^aߣ^ hat.
2) le Nourry: avtog avtov ^ von Fabric. flipp. II, 73 stillschweigend
verbessert.
Canon eccles. De continentia. 37
^dSvteg oixodofisTff&e , olxog nvEVitattxoqy Uqatevika ayiov^
avepiyxoci ny€V(iaTixag d^vtrlag rag ngocröextäg %& &€(S diä
^Ifl(Tov Xqkttov^. inl de tov (TciiAatog, o xarä negiygaff^v
tonov €v&€oy iavto) xad'iiqiaaep inl y?^^), 6 xvqiog' ri^vtrate,
eine, tov vaov tovtop xal iv tqi&lv ^fAegaig iyeQoo avTov^.
Binov ^) ol ^lovdaioi ' ^^xe(y(Taqäxov%a xal e$ erecip S vaog ovtog
(pxodofAfjd'fi , xal (TV TQKTly ^(jbSqaig iyeqelg avvov^] ixelvog de
i'Xeye neql tov vaov tov (TcifbaTog avTov.
Weder au8 diesem Fragment ooch aus dem Titel des Werks
läßt sieh mit einiger Sicherheit schließen, gegen welche für
judaisirend geltende Richtung Clemens in diesem Bach den
„kirchlichen Kanon" d. h. den Inbegriff des katholischen Glau-
bens und der katholischen Lebensordnung vertreten hat. Be-
kanntlich wurde der Quartadecimanismus von den Gegnern fttr
Judaismus und z. B. von Origenes gelegentlich ^) für einen Ab-
fall zum Ebjonismus erklärt. Nourrj's Argument gegen diese
Beziehung der Schrift, daß Clemens eine besondre Schrift über
das Pascha geschrieben habe (coL 1333), ist unzutreffend.
VIII. IleQi eyngareias {rj Xdyog ya/xiKog).
Von Niemand sonst als von Clemens gelbst citirt. Paed. II,
94: xad-oXov [lev ovv yafjbtitiov ^ yafbov eig tö navTekeg xa&a-
qevxiov exerai yag l^riTi^aecog xal tovto^ cog iv Ttf neql iyxqa-
Telag fjfAiv dedfil(OTai. Da sich im Protrepticus und den vorher-
gehenden Theilen des Pädagogus nichts Entsprechendes findet,
so beruft sich Clemens hier auf eine vor diesen Büchern verfaßte
Schrift des bezeichneten Betreffs. Aus dem gleichen Grunde
wird man auf dieselbe Schrift zu beziehen haben paed. II, 52
{öteiXri(paikev de ßa&vTiqtf koya^ xtX.). Da nun Clemens in dem
Buch von der Enthaltsamkeit unter anderem auch die Alternative
von Ehe und Ehelosigkeit behandelt hat^ so ist sehr naheliegend,
eben hierauf zu beziehen paed. III, 41 : oTtcog [lev ovv (rvfAßi<a-
4) So Nourry, yctQ Dind III, 510, 19. Derselbe hat vorher gegen
Nouriy und Fabricius wohl mit Recht o (statt d) geschrieben, aber mit
den Vorgängern unterlassen, den Relativsatz hinter yijg durch Interpunction
zu schließen nnd 6 xvgios zu eins zu ziehen.
2) Fabricius u. Dind. setzen ohne Grund ow zu aus Jo. 2, 20,
Dindorf außerdem noch ein iv vor dem folgenden TQiaiy.
3) Comm. ser. in Matth. n. 76. ed. Delarue III, 895.
38 Fragmente.
Tiop äpÖQi TiiP yvpaixa xal neql avTOVQylag xal olxqvqlag xal
oixetmp XQV^^^^f nqog ds xaiTrjg ägag tov yccfbov xal o(Ta yvvail^lp
aQiioUtß ^v v^) r^fiixM die^M^ ^^oyt^' Doch kann sich das
Präsens öii^ifAev^ zumal in Anbetracht der häufigen futurischen
Bedeutung von elfii^ ebensogut auf eine nur erst beabsichtigte
künftige Ausführung beziehen z. B. auf str. III, von Anfang bis
zu Ende cf. Fabric. bibl. gr. VII, 134. — Dem Xoyog rafiixog,
von welchem demnach zweifelhaft bleibt, ob er je von Clemens
geschrieben worden ist, wenn er nicht mit dem Buch neql
iyxqaielag identisch ist, hat Grabe (bei Potter 1022; D. III,
501, 20) das zweite der oben S. 28 unter str. VIII,? gestellten
Fragmente zugewiesen. Aber der bloßen Möglichkeit^) steht
das positive Zeugnis des cod. Rupef. gegenüber, welcher hier
schon durch seinen Text als der vorzüglichste der vorhandenen
Zeugen sich erweist.
IX. IleQi d^/cov nal B^soXoyias.
Als ein von ihm verfaßtes Werk erwähnt dies Clemens
„Quis dives" 26: Gfifiaipivco fisp ovp %t xal vxpriXoTeqov ^ xccfn^Xog
dtä avep^g odov xal ted'XiiAfiiprig (p&ccpovcra top nXovaiop^ tneq
ip %fi ägxöop xal d'eoXoylag i^i^yfjO'ei iivatriqiop tov ccat^Qog
vndqxst iia&eip. Es ist aber nach den Stromateis geschrieben
worden, denn in diesen spricht er wiederholt die Absicht eines
solchen Werkes aus. Da, wo Clemens am genauesten seine
schriftstellerischen Pläne entwickelt (str. IV, 1 — 3), spricht er
von einer zwiefachen Behandlung der äqx^^ und der d^eoXoyla
und zwar, wie später gezeigt werden soll, als von Tractaten,
1) Nur möglich ist es auch, daß Origenea comm. in Mattb. XIV, 2
(Delarue III, 617) in seiner Erklärung von Matth. 18, 19. 20 den Cle-
mens im Auge hat bei den Worten-, rj^rj ^k xal aXXrjg ^irjyrjaecog d\p(6-
fjisS-a, rjv ^ksyk rig twv tiqo iqfxwv nQOTQtntov inl dyviCav xal xad-aQoxriTa
Tovg yeyaf^rjxorag, dvo yag^ ovg ßovlsTaiy (frjaCv^ 6 Xoyog GvfXiptoyuv
inl trjg yrjg, ävdqa xal yvvalxa vor\jiov ^ ix övfjLtpmvCag dnoateQovvrag
ttkXijkove ötofxaTixijg ofjukCag^ Vva öxoXdactXSt jy nqoGEvx^j ore TiQoffevxO'
fjievoi tisqI navxog ngayfJiaTog^ ov iäv ahriacoyTai , Aifi/^oirat» yiyvofi^vov
avroig jov dno xoiavirig avfjupüiylag ahtjfj.aTog^ naqd tov iv ovQavolg
naxQog ^Irjaov Xqiotov. Es folgt eine im wesentlichen zustimmende Be-
merkung desOrigenes. Wo Clemens über 1 Cor. 7, 3—5 handelt (str. III,
79. 81 sq. 97. 107) vollzieht er nicht die Combination mit Mtth. 18, 19. 20,
scheint vielmehr str. IJJ, 68 dagegen zu polemisiren.
De principiis. De Providentia. 39
welche nach Vollendang der Stromateis erscheinen sollen. Er
will erstlich; das was Hellenen und Barbaren über die Ursprünge
oder Principien an physiologischen Lehren vorgetragen haben
{zä n€Ql aQxdSv tpvffioXoyiid'iyTa) historisch und kritisch dar-
stellen, woran sich eine flüchtige Behandlung auch der (oder
ihrer) Theologie (eniögofi^ t^q &€o3ior£(xg) anschließen soll (str.
IV, 2 D. II, 315, 19—23). Er will aber zweitens auch nach
Erledigung mehrerer anderer Aufgaben in thetischer Weise die
wahre Physiologie darstellen, welche von der biblischen Kos-
mogonie ausgehn und zur Theologie aufsteigen soll (str. IV, 3
D. II, 316; 13—23). Wiederholt hat er vorher und nachher auf
die eine oder andere dieser Absichten kürzer hingewiesen,
str. III, 13: otay töv neql aQXoop diaXaybßavoaikev Xoyov^ cf.
Str. III, 16 (D.II, 325, 22); str. III, 21 (D. 356, 13), vielleicht
auch Str. IV, 89 (D. 367, 3). Speciell auf die künftige Be-
handlung der heidnischen Lehren neql dgxcoy verweist er str. V,
140; VI, 4 (D. ni, 118, 22; 123, 25). Daß es zur Ausführung
des einen oder des anderen Planes und zwar in einer selbstän-
digen Schrift gekommen ist, bezeugt nur Clemens selbst „Quis
dives" 26. Vielleicht darf man die Angaben, welche unter
den Frg. ungewisser Herkunft als Nr. 39 verzeichnet sind, auf
diese Schrift zurückführen.
X. JleQi fftQOVolas*
1. Maximus Gonfessor, tom. dogm. ad. Marinum (ed. Com-
befis II, 144): Tov ayicatdtov Kli^fiey^og nqeaßvciqov l^Xe^ap-
ÖQeiag ix tov negl nqovolaq ^).
j) Der cod. Laurentianns 8 plut. IX, vorwiegend kaDonistischen In-
halts, enthält von fol. 301^ an eine Sammlang anter dem Titel oqo^
avvTofioi dyC(ov naiiQiov nsQl ovatag xal (fvaeeog^ vnoaTaaeeSg rs xal
TtQoatonov (ßandini catal. I, 402). Darin wird mehrmals Maximus citirt,
aber nickt in Verbindung mit Citaten aus Maximus, sondern zwischen
solchen aus Gregorius Nazianzenus und Sophronius Hieros. findet sich
fol. 304» obiges Citat mit der Ueberschrift : tov fiaxaQCov KXijfjievTog
TTQsaßvTiQov Idki^avSqiiov Ix TOV 7t€Ql TiQovoiag Xoyov. Eine Abschrift
des dort dem äußeren Anschein nach viel weiter ausgedehnten Fragments
verdanke ich der Güte des Professors Pizzi in Florenz. Was aber dort
weiter ohne Zwischeneintritt eines neuen Autornamens folgt, kann aus
mehr als einem Grunde nicht dem Buch des Gl. nsQl ngovoCag ange-
hören. Erstlich ist sofort der erste Satz, welcher sich weiter anschließt,
40 Fragmente.
OvtrCa €(TtIp Snl &€ov. &€dg ^) ovffla 9sia itrvly, atöiov vi
xal äpaQxov, äffoiiAatop t$ xal dneqiYQCt(pov xal tcöv owanv
alttov. ovala icrtl ro dt oXov^) itpecrzog. (picnq iatlv ^ xwy
nqayikixwv äXtid-eia ^ %ov%(av vo ivovcnop, xatd de vovg älXovg
^ tülv eig to elvat^) TraQayepofiipiop yiveffig, xad^ higovg de
tj Tov &eov nqovQia iiinoiottra tolg yipofjiivotg to elvat xal vo
Ticog elvat.
Dies zuerst von Ittig (Suppl. praef.) hervorgesuchte Frag-
ment verglich le Noarry (col. 1335) mit einer ziemlich jungen
Papierhs. (Regius 2431), d. i. derselben Catene, woraus er die
Citate des Acacius gewann (s. oben S. 24 und S. 29). Es fehlten
dort nur die Worte ovtrla iati t6 di oXov vtpetnog^ In dieser
Hs. schlössen sich aber unmittelbar, also als Fortsetzung des
Fragments aus neql nqovoCag, folgende Sätze an, welche auch
bei Maximus ad Marinum (Combefis II, 146) nicht weit von
vorstehendem Frg. 1, aber ohne Angabe der Herkunft sich finden.
2. OvCig Xiyerai nagä t6 netpvxepai. nQcitfj ovcia iarl
näp^) xad^ eavtov v(pe(n6g^ olop Xi&og ovcla Xi^evai' devtiqa
de ovcla av^i^Tix^ xa&o aii^ei xal (p&lpei^ tö (pvxop' xqltfi de
wesentlich eine Wiederholung von schon Dagewesenem. £r lautet:
ovaCa iarl t6 J"*' oXov i(feör(bg (lies vtpiöToe) xal higov fitj diofievov
Big t6 ilvai. Zweitens ist darin eine so verworrene Menge immer neuer
zum Theil sehr sonderbarer Definitionen von ovaCa vereinigt, daß nicht
alle von demselben Autor herrühren können, wie denn auch einmal ein
xal alXiog vorkommt, welches ffogut wie ein ciXlov auf eine zweite oder
dritte Quelle hinweist. Drittens findet sich der Satz: ofxoovaiov ian
t6 fjLTiöafJibig xal anagalsinTtog iv^ekg lov higov. Unsinnig ist das freilich
auf alle Falle, aber möglich doch erst, nachdem das an sich ja alte Wort
ofjioovaiog längst und regelmäßig auf das Verhältnis des Sohnes zum
Vater angewandt worden war. Viertens folgte, wie oben im Text vor
und unter Nr. 2 gezeigt wird, in der Schrift des Cl. auf Nr. 1 unmittel-
bar oder nach geringem Zwischenraum etwas ganz anderes.
1) cod. Laurent, interpungirt knl S-eov S^sog' ovaCa, Nachher hat er
zweimal t£ (statt rt) xal und hinter dem zweiten nnEQlyQanTov,
2) So Combefis, cod. Laurent, t6 jov oXov Dindorf 497, 34 still-
schweigend und schwerlich nach dem Vaticanns 501, welcher nach Din-
dorfs Bemerkung zu lin. 32 dasselbe Frg. mit gleicher Ueberschrift ent-
halten soll.
3) To elvat cod. Laurent, (mit folgendem naqayofxkvtov) y ti sJvai
Combefis.
4) nav TO Maximus, derselbe nachher vipetfitog, olov Xi^og. SevjBQa
ovaia.
De Providentia. 41
ovffia k'fiifjvxog aic^fjtixfi , to t^ov, o innog' vetdQTij^) ovaia
Sfiipvxog aicr&fiTix^ Xoyixi^f äv&qaoTtog^)' d^ o xal eGxaxog
yiyovev 6og &v ix navrnoPy t^p xpvx^i' BXfov avXov xal %bv vovv
&€0v eixova.
3. Aus derselben Hs. gab le Nourry (eol. 1336) : Tov ay^fa-
xäxov xal [AaxaQuaTaTov KXri^evtogy nqetrßvtiqov IdXeiavdqaUtqj
TOV (TTQCOfiaTicogy ix tov negl nqovoiaq Xoyov,
Tl &€og; d-eoq iariv, mg xal 6 xvqiog Xiyei, nv€V[Aa,
nvevfia de iffti xvqliog ovcrla äccifiiarog xal äneqfyqanrog.
äadfiatop di itrrtPj o [Ati av^nXfiqomai (roofAati^ fj ov to elpai
ovx ecTTi xaxa. %6 nXatog, (i^xog xal ßd&og. äneqfyqaTtrop di
itrztp, ov ^) Tonog ovdelg zonogy %o xatä näpta ip näcip xal
ip €xdat(f oXop xal i(^ iavtov to avto,
4. Maximus Conf. *) 1. 1. p. 152. KXfi[A€PTog tov (TTqiOfia-
Ti(og ix TOV neql nqopoiag Xoyov.
QiXfiolg i(m (pvcixii dvpaiiig tov xaTa ipvatp oPTog oqex-
Ttx^. &iX^(T£g iati tpvffix^ oqs^ig t^ tov Xoyixov <pv(Tei xaTaX-
Xv^Xog. d-iXridlg icXTi ipvcrtx^ avToxqaToqog pov avTe^ovdog
xlpfiffig, ij povg neql ti avd-aiqiTwg xipovfiepog. avT€^ov(Ti6Tiig
i(TTl povg xaTa (pvcrip xipovikepog , ^ poeqa Tfjg xpvx^g xipfifftg
avTOxqaTfig.
5. Wenigstens sachlich gehört hierher das in Bezug auf
den Fundort fehlerhafte Citat des Maximus, disput. c. Pyrrho
(Combefis II, 176), wo er in Bezug auf einen Ausspruch des
Athanasius. von diesem sagt: xapopi xQ^t^^^^^ nqog tovto T(f
ovTi (ptXocofptp (piXo(T6(p(ap KXiiiispiif ip tm exTcg töop (TTqw^a-
Tioop X6y(p Tfjp fi€P d'iXricip povp eipat oqexTixop oqt(Tafji,ip(py
1) jsraQTrj emendirte Fabricias Hippel. II, 74, so auch Maximus,
^evriga Nourry.
2) 6 avS^Qonog Maximas, derselbe nachher Maxaxog, wofür die pariser
Hs. ein sinnloses exaarog. Bei Maximus fehlt Sv vor i» ndpxmv.
3) So wird doch wohl statt ov (Nourry, Fabricias, Dindorf) zu
schreiben und darnach hinter dem zweiten, statt wie bisher hinter dem
ersten Tonog zu interpungiren sein.
4) Von diesem hängt ab Jo. Damasc. de duabus volunt. 28 (Le-
quien I, 543) ; er citirt in gleicher Reihenfolge wie Maximus den Irenaeus
und den Clemens. Uebrigens ist die Verwandtschaft der Sätze des
Irenaeus (Iren. opp. ed. Harvey II, 477 sq frgm. V) verdächtig. Zu
vergl. sind auch die weiterhin bei Maximus folgenden Citate des Alexan-
der von Alexandrien, des Eustathius von Antiochien, des Athanasius und
des Gregorius von Nyssa.
42 Fragmente.
Tffy 6s ßovXfjmv silloyop oge^iy ij T^y neqi tivog d'iXfiatv, In
Str. VI findet sich das nicht, nur Anklingendes in str. IV, 117
(D. II, 384, 27—30).
6. Anastasius Sin. Quaest. 96 (Gretseri opp. XIV, pars 2,
p, 401): ^O de Uqoq xccl drtoatolixdg diddcrxaXog KX'^iifjg iv vip
Tiegl nqovoiag xal dixccioxQifflag &eov ngdttp ^oya^ toiovtop
Tt> Xiyei'
"Qaneq dvvaxov xal vvv äv&qcnnov nXaTzeiv äv&qdnovg ^)
xatä Tfjv nqotiqap %ov l^^däfA diccnXamvy ovxivt ovtta noiet dia
%o ana^ x^Q^^^^^^'^ ^^ äp&Qoino) äp^Qcinovg ysppäv^ sincop
TiQog TYiv (pvatp ^ficop To y^av^dpsa&e xal TrXfj&vpecrd'e xal
nXriQco(TaT€ yijp^, oÜt«, (pi^cTi, tj napxs^ovtrldp xal nQOPOtiTixfj
avTov dvpaiiei xal tt^p twp ffcofidtcop didXvffiP xal TsXevtijp
(pvGtxfi Tipi dxoXovd-l^ xal ndl^H Tfj vtöP (TTOixBioiP lAetaßoXfj
(fixopofAfjae ylpecrd'ai xaxd t^p ovtTtddvi amov &€oyp(a(Tlap xal
xavdXffilJtp^).
- * *
*
Nach den Fragmenten 1—4 muß Clemens in diesen, aus
mindestens zwei Büchern bestehenden, also ziemlich ausführ-
lichen, aber von keinem Schriftsteller vor dem 7. Jahrhundert
citirten Schrift sich in allerlei philosophischen Definitionen ver-
sucht haben, und eben hierauf gründete sich in den späteren
Zeiten hauptsächlich seine Berühmtheit. Es ist vielleicht erlaubt,
mit dieser Schrift eine Reihe mehr oder weniger unsicherer An-
gaben zu verbinden, welche zum Theil den Schein erwecken,
als ob Cl. eine besondere Schrift über gewisse für die Theologie
wichtige BegriflFe verfaßt hätte.
1) Der Text ist offenbar verderbt. Vielleicht ^vvarog c^v (Gott ist
ja Subject im Folgenden). Außerdem ist avS^Qaonov oder dv&Qojnovg zu
streichen.
2) Anastasius fährt fort: rjxovaa (Gretser am Band „f. rjxovaai**,
Migne richtiger „f. rjxovacts*^) (pcovrjg tsQag najQog nartQwv öiSaaxovarig,
oTiTTfQ xtX, Uebrigens will das Citat, wie die Einleitung und besonders
das (frjai hinter dem Schriftcitat zeigt, nicht buchstäblich genau sein. —
Anastasius nennt den Clemens außer an dem oben unter Nr. 6 und unter
den Fragmenten ungewisser Herkunft Nr. 4 und oben S. 26 zu str. V, 72
bezeichneten Stellen noch als eine der maßgebenden patristischen Auctori-
täten in „Viae dux" c. 3 extr. (Gretser p. 40) hinter Dionysius und
Irenaeus und vor Ambrosius und Julius, ferner „Viae dux** c. 7 (Gretser
p. 51) an gleicher Stelle: KlrifA7\g t6 jov XQiatov xlrjfia und endlich in
dem oben anhangsweise angeführten sonderbaren Zusammenhang.
De dogmatibus ecclesiasticis. 43
1. Anastasius Sin. Viae dux c. 1 (Gretser p. 17) : Jia tovzo
xai K^f^fiffg, i noXvg iv (Totpltjc xal yydicTei, nenoltixev idiat^ovttoq
OQOvg ixxliiGiatTTixdoy doyfAdtüdP cog q>onfiT^g xal ^gifAfia yviitriov
TeSp aylüov IHtqov xal IlavXov [AciXifTta %ov navcotpov xal
äxovffag avtov dnoßaklofiipov xal Xlav fivtTatTOfiiPOV xal
xa^ßqiZov%og t^v kXXrivixriv crofplav^). Nach einem kurzen
Zwischenstück folgt als Ueberschrift des cap. II oqot diäqfOQoi,
xatä naqadociv xal nl(T%iv trig aylag xa&oXtxtig ixxltfclag Xeyo-
fAeyoi^ cvXleyiPTsg dno %e KXfiyLevxog xal ogIohv naviqmv xtX.
Wesentlich dieselbe Sammlung ist auch unter den unechten
Schriften des Athanasius tiberliefert und abgedruckt in Opera
Athanasii ed. Montfaucon (Paris 1698) vol. II, 242—251. Sie
findet sich nach Bandini I; 402 auch in dem oben S. 38 Anm. 1
besprochenen cod. Laur. 8 plut. IX fol. 289** vor derjenigen
Sammlung, in welcher neql nqovoCag citirt wird. Leo Allatius
wollte sie nach anderen Hss. dem Johannes Damascenus zu-
schreiben 8. Lequien zu Jo. Dam. opp. I, 543. In der Sammlung
selbst kehrt der Name des Clemens nicht wieder, wohl dagegen
diejenigen des Basilius, Cyrillus, Gregorius Nyss., Dionysius
(Gretser p. 24. 25. 30).
2. Aus Anastasius, dessen Hodegos er unmittelbar vorher
citirt, hat Johannes Yeccus, Patriarch von Eonstantinopel a.
1274-1298, folgende Angabe 2) entlehnt: ^AUä xal KXtifMig o
(ftQdOfiavevg iv olg (Tvvi&exo diacpoqotg oqoig, äate nawog
evaeßovg ddygiatog TTQOfjyeZad^ai, avTOvg tff ßovXo[iip(f ^eoXoylay
[Atciivat, OQiZo^spog y^xl nved^ia^ xal xatä %l npevfia; xal otra-
1) Soweit und schon vorher ist identisch, was Gramer^ Anecd. Paris.
IV, 153 aus einem Etymol. (cod. Paris. 2669) s. v. najQoTrjs mittheilt.
Ueber den Begriff natgojrig handelt Anastasius c. II p. 19. Obige An-
gäbe über das geschichtliche Verhältnis des Clemens zu Paulus und Petrus
hat an str. I, 11 nur schwachen Anhalt. Es liegt wohl schon die Ver-
wechselung mit Cl. von Rom zu Grunde, welche bei Maximus Gonfessor
und Pachymeres, den Commentatoren des Areopagiten (Dionys. Areop.
opera ed. Corderius et Lansselius, Paris 1644, vol. I, 588; II, 185), und
bei Joannes Dam. zum Schluß der Auslegung des Hebräerbriefs (Le-
quien II, 258) offen daliegt.
2) Zuerst von Fabricius bibl. gr. VII, 133, darauf in Hippel, opp. II,
72 nach Leo* Allat. Graecia orthod. I, 248 angeftihrt. In der Sammlung
der Schriften des Joh Veccus (Bbxxos) bei Migne tom. 141 ist dessen
Schrift „de processione spir. s.** nach Leo All. abgedruckt col. 158—276,
obiges Gitat col. 177.
44 Homiliae de ieiunio, obtrectatione, patientia.
ävlog xul äcTXfifJi'CCTKnog ixnoQevTixri Snaq^ig^. Wörtlich so in
Anast. 1. 1. p. 19, zu vergleichen aber auch oben S. 41 das
3. Fragment aus neql Ttqovolaq,
XI. JiaXe^sig JteQi vr/arslag nat ütsQt närakaXiäs.
• So bezeichnet von Eus. h. e. VI, 13, 3. Der Mangel an
Zusammenhang zwischen den beiden genannten Gegenständen
und die Wiederholung der Präposition lehrt, daß das zwei ver-
schiedene Tractate waren. Insofern war Hieron. v. ill. 38 be-
rechtigt, die beiden Titel durch Zwischeneiuschiebung der Schrift
„Quis dives" von einander zu trennen: de ieiunio disceptatio . . .
de obtrectatione Über unus^). Aber sicherlich unrichtig ist seine
Uebersetzung von dtdle^ig, denn erstlich eignen sich die ge-
nannten Gegenstände, besonders die allgemein verabscheute
xataXahd wenig zu einer disceptatio, und sodann ist didle^ig
in der Sprache des 2. Jahrhunderts soviel wie ofiMcc, Predigt.
Iren, ad Flor, bei Eus. h. e. V, 20, 6 tag diaXe^eig Hg inoietto
nqog %b nX^d-og, lieber die dtaXi^eig dtdq>oQot des Irenäus s.
Einiges in Herzog's RE. ^ IX, 733. In Bezug auf die gleiche Be-
zeichnung der cynischen Wanderpredigten cf. J. Bernays, Lu-
cian und die Cyniker S. 14. 15. 93. Schon Philo oder Pseudo-
philo, de vita contempl. § 10 cf. § 3 nennt den einseitigen
Vortrag des Therapeutenpriesters eine didXs^ig und ein dcaXi-
yea&at. — Fragmente, welche mit Sicherheit auf eine dieser
geschriebenen Predigten zurückzuführen wären, sind nicht vor-
handen. Potter 1030 sq. (oder Grabe) und Dindorf III, 499, 17
haben das Frg. 37 ungewisser Herkunft der Predigt über die
xataXaXid zugewiesen. Zu derjenigen über das Fasten könnten
die Frg. 26—28 u. 33 unter XV gehören.
XII. 'O ütQorQefftrinos fftQOs vjto/novi^v rj :i:q6s tovc
vecoofti ßfßastriGfievovs*
Nur von Eus. h. e. VI^ 13, 3 hinter den diaXi^eig genannt,
zu deren Gattung dieser Tractat sicherlich auch gehörte. Die
LA bei Eusebius ist sicher, wenn auch Rufinus für ij et alius
gesetzt hat.
1) Daß Photius cod. dll die griechische Version des Hieronymus
abschrieb, wurde oben S. 35 Anm. 2 gezeigt.
Ueber Arnos. Beabsichtigte Schriften. 45
XIII. Eis Tov jiQo^rjrrjv 'Jlfioig.
Palladius, histor. Lausiaca ^) c. 139 erzählt von einer ster-
benden Asketin seiner Zeit: Kai dldcofri t^ iavv^g fifitgi
(TvyyQafifAa KXrnievvoq tov aTgcaiAaticog elq top nqotpiixfiv !^|lkö$
xal liyei ctvtfi * doq tovti t^ inKTxoncg t^ i^ctiQi<X(Aiv(p xai eini
avT^' y^ev^at^ neql i[AOv' oöevcD yciq nqdg tov xvqiop fAOV^, Es
seheint darnach eine selbständige Schrift von einigem Umfang,
and nicht ein Kapitel der Hypotyposen gewesen 2a sein.
XIV. Beabsichtigte Schriften.
1. Eus. h. e. VI, 13, 8: vTr^ffx^eiTat d' h avTo7g (i. e. den
Stromateis) xal sig tr^v yipscip vnofAPfniaTteiff&ai, Von einer
Aasftihrung des Plans weiß Eusebius nichts. Er hat wahr-
scheinlich die Stellen str. III, 95 (otap neql %flg dv^qdnov
y€vi(T€(ag xi^v i^fjyficnp . . . iiexaxeiqiQdiie^a) und str. VI, 168
{inav neql yeviffsiog xotTfiov diaXaihßaveiv dq^oifAed^cc) im Auge.
Nach Str. IV, 3 scheint sich dies aber nur auf die beabsichtigte
Schrift neql dqxcSy (^^vffioloylag) xal &€oXoylag zu beziehen
(s. oben unter Nr. IX); denn von der Kosmogonie wollte er
darin handeln, und daß diese von der biblischen Darstellung
der yiveaig ihren Ausgang zu nehmen habe, bezeichnet er als
selbstverständlich.
2. Wiederholt weist Clemens auf eine künftige Abhandlung
neql nqotpriTelag, Ueber Moses als Propheten wird er handeln,
bnrivixa ap neql nqo^riTelag diala[Aßdpu)fiep str. I, 158 (D. II,
127, 15). In Bezug auf die Phryger, d. h. Montanisten 2) sagt
er str. IV, 93 (D. H 369, 25): nqog ovg ep Totg neql nqotffj'
telag diale^ofie&a, Ueber den heiligen Geist und seine Ein-
wohnung im Menschen ep Toig neql nqoipfjTelag xap toig neql
xpvxijg eniäeix^fiffeTai ^fitp str. V, 88 (D. III, 69, 9). Ueber
die hier zu zweit genannte Materie s. gleich nachher unter
1) Ed. Meursias p. 147 oder Migne tom. 34 col 1236, zuerst nach-
gewiesen von le Noarry col. 1334. /
2) Ebenso nennt er sie str. VU, 108 (D. III, 347, 4). Sie wird er
auch im Sinne haben, wo er von denen redet, welche „in der Gegenwart
angeblich weissagen*' str. VI, 66 (D. III, 177, 9). Von allgemeinerer
Beziehung ist die Rüge derer, welche sich tollkühn ins Martyrium stürzen
Str. VII, 66 (D. HI, 308, 26 sqq.). .
46 Beabsichtigte Schriften.
Nr. 3 Am ausführlichsten spricht Cl. sich über diese seine
Absicht Str. IV, 2 aus. Nachdem er die oben S. 39 besprochene
Absicht einer historisch-kritischen Darstellung der heidnischen
Lehren negl ägxco^f {xal &€okoy£aq) entwickelt hat, fahrt er fort:
„Hieran dürfte sich, nach einem Abriß der Theologie, passend
anschließen eine Darlegung dessen, was über die Prophetie
überliefert ist, und zwar so, daß, nachdem wir noch die Echtheit
der Schriften, an die wir gläubig geworden sind, aus ihrem auf den
Allmächtigen selbst zurückgehenden Ursprung erwiesen haben ^),
wir durch dieselben der Reihe nach 2) fortschreiten und allen
Häresien aus denselben*) darthun, daß es ein allmächtiger
Gott und Herr ist, welcher durch Gesetz und Propheten, weiter
aber auch durch das selige Evangelium lauter gepredigt worden
ist. Dabei aber warten unser (als Aufgabe) zahlreiche Ent-
gegnungen gegen die Irrgläubigen, wenn wir versuchen ihre
Meinungen schriftlich zu widerlegen und sie, sei es auch wider
ihren Willen zu tiberzeugen, indem wir durch die Schriften
selbst den Beweis führen". Nach dieser deutlichen Darlegung
seines Plans hat man auch str. IV, 91 (^otay ^lev ovv nsgh tov
eva elvai top S'edp %bv dia pofiov xal n^otprixAv xal evayyeklov
xfiQV(T(r6fi€Pov diaXaiißdv(oiiep) auf dasselbe damals noch zu-
künftige, von den Stromateis verschiedene Werk zu beziehen.
Gl beabsichtigte also eine zusammenhängende, wie es scheint
der Ordnung der biblischen Bücher sich anschließende Dar-
legung des Inhalts der Bibel mit einer Einleitung, worin von
der Echtheit und Inspiration der hl. Schriften und, wie wir
nach anderen vorher citirten Stellen schließen müssen, vom
Wesen der Inspiration gehandelt werden sollte, dies alles nicht
ohne polemische Rücksicht auf Sonderlehren christlichen Na-
mens. Er bezeichnete dies Werk damals, ehe es geschrieben
war, a potiori ne^l nQotpriTelaq, Vielleicht hat er ihm später
bei der Ausführung den Titel vnozvTidasiq gegeben.
3. Hiervon unabhängig haben wir uns eine beabsichtigte
1) Nur dies kann der Sinn des etwas schwülstigen Ausdrucks sein:
tag xal rag y^ttq)ttg alg nsntaTSvxafjifV xvqCag ovaag ^| avS-iviilag navio-
XQOToQiXfjg inidit^aviag nQo'Uvai xrX,
2) Oder „in zusammenhängender Darstellung" = eiQfdtp cf. § 4
(D. 317, 5) xarä top elguov im Gegensatz zu vereinzelten Andeutungen
und einer hin und her springenden Behandlung.
3) iyT€€d-€V = ix TÖiV YQUiptOV.
Citate Ungewisser Herkunft. 47
Schrift TtBQl xpvx^g zu denkcD. Wenn CI. sie str. V, 88 (D. III,
69, 10) neben die nsgl n^o(pfiT€laq stellt, so unterscheidet er
sie doch durch Wiederholung der Präposition von derselben.
Die Polemik gegen die Montanisten hat eine Seite, nach
welcher sie auch in die Psychologie hineingehört. Selbständig
erscheint die beabsichtigte Abhandlung von der Seele str. III, 13
(D. II, 251, 23) cf. Str. II, 113 (D. 219, 3). Dieser Schrift,
von der wir nicht wissen, ob sie je geschrieben worden ist, hat
Grabe (Pott er p. 1020; D. III, 499, 3) 2 Fragmente zugewiesen,
welche jetzt unter den unechten stehen XVI Nr. 9. 10.
4. Als Thema eines beabsichtigten Tractats wird paed. I,
47; II, 104 (D. I, 163, 10; 302, 19) naql ävMtaamq ange-
geben. — Andere Andeutungen wie die in paed. III, 97 (über
die Pflichten der verschiedenen Kirchenämter); str. IV, 85 (über
die Seelenwanderung und über den Teufel); stn VI, 32 (über
die Engel); str. VI, 68 (über allegorische Deutung der Anthro-
pomorphismen) ; str. VII, 107. 108 (über Einheit und Erhaben-
heit der katholischen Kirche) sind zu unbestimmt, um weitere
Erwägungen veranlassen zu können.
XV. Citate und Fragmente ungewisser Herkunft.
Mehrere Citate, welche nur theilweise mit Stücken der er-
haltenen Werke des Cl. sich decken, sind trotzdem zu den be-
treflTenden Parallelstellen von mir citirt worden ^). Man kann
bei mehreren der erst hier aufgeführten Citate schwanken, ob
die mehr oder weniger starke Abweichung von ähnlich lautenden
Stellen der vollständig erhaltenen Werke nicht ebenso wie in
den vorhin genannten Fällen lediglich ein Werk der citirenden
Schriftsteller ist. Die Catenenschreiber haben sich hierin sehr
viel erlaubt 5 viel mehr als die Gnomologen. Andrerseits wird
fortgesetzte Nafjhforschung noch manches der folgenden Citate
unter die zweifellos unechten versetzen.
1) S. oben paed. I, 15; I, 24; I, 60; I, 85; II, 12; str. II, 42;
Btr. III, 97-, IV, 30; IV, 96; IV, 138; IV, 160. Außerdem sei, um
Irrungen zu vermeiden, an die auf Grund vielleicht mangelhafter Be-
zeugung zu Str. VIII S. 28 angeführten zwei Citate und an das S. 41
zu nsQl nqovoCag als Nr. 5 gestellte Citat des Maximus und die dort
anhangsweise erwähnten zweifelhaften Notizen erinnert. S. auch unten
die Vorbemerkung zu Capitel XVI.
48 Citate ungewisser Herkunft.
1. Hieronymus c. Rufinum 1, 13 (Vallarsi ed. II vol. II, 469).
Ipse Origenes et Clemens et Eusebius, atque alii complures,
qtcando de scripturis aliqua disputant et volunt approbare quod
dicuntf sie solent scribere: ,^Referebat mihi Hebraeus'^ et y^audivi
ab Hebraeo^ et y^Hebraeorum ista sententia esf-^. In den vor-
handenen Schriften des Cl. finde ich keine Unterlage hiefUr.
Doch hat Cl. in Palästina den Unterricht eines geborenen Juden
genossen (str. I, 11).
2. Cyrillus Alex. c. Juiianum lib. VI (opp. ed. Aubert vol.
VI; pars 2 p. 205) KXiiybfiq iiev yaQ äyioig anoarolotg kno^isvog
navtaxij TiXelatfjg re oo^g ilXiii^ixfjg IcTTogiag sig äxoiiv iXS-dv
iv xolg otQtafjbaTevot ^fjffl t^v 2ayx^^f'(i^ov ItTToqlav ttj t&v
Ooivlxtdv gxovfj y€yQtt(AiAii^fiv [le&aQfioffat nqdg xiip ^ElXfjPCov
ovx d&aviiaatov ini naidslif Xaxovta t^p do^av top ^loväalop
^loocCflTiop, Ofjol Toiyaqovp 6 2ayx^^''^^^^ ovtooI xalvoi zfjg
eXXfjPixijg d€i(n6at(jiOplag inliiedTog cop* „oJ yccQ naXai6%a%oi —
ä&apuTovg elpat^. Das Chat ist = Eus. praep. ev. I, 9, 29.
In den Stromateis, welche Cyrill in diesem Werk sonst richtig
citirt^), findet sich das, was Cyrill darin gelesen haben will,
nicht. Aber wir besitzen das 8. Buch derselben nur in Trümmern.
Josephus wird nur einmal str. I, 147 erwähnt. Eusebius, welcher
praep. ev. I, 9, 20 sqq. dem Porphyrius in Bezug auf die
griechische üebersetzung des Sanchuniathon folgt, scheint von
jener Meinung des Clemens nichts zu wissen').
1) S. oben S. 22 zu str. I, 75, und S. 17 ohne Angabe des Buch-
titels genau protr. 44. 45. Allerdings kann Cyrill diese Citate ans Eu-
sebius haben.
1) Die Neueren, welche über Sanchuniathon und Philo Byblius sich
geäußert haben, haben der Stelle des Cyrillus wohl nicht die gebührende
Aufmerksamkeit geschenkt. Carl Müller (Histor. gr. fragm. III, 565;
bemerkt zu dem Frg. aus Eus. praep. I, 9, 29, Cyrill citire dies von den
Worten ol naka^Tatot an „tamquam ex demente Alexandrino*'. Cyrill
beruft sich jedoch auf Cl. nur dafür, daß Josephus der Uebersetzer des
Sanchuniathon sei. Woher er aber die Worte des Sanchuniathon habe,
ob aus Cl. oder aus Eusebius oder aus dem griechischen Sanchuniathon
selbst, sagt Cyrill nicht. Lobeck im Aglaophamus p. 1267 urtheilt, Cy-
rillus habe das Ganze aus Eusebius abgeschrieben, habe auf eigene Hand
vermuthet, Eusebius möge dies aus Clemens abgeschrieben haben und
habe deshalb anstatt des Eusebius den Clemens genannt. „Et Philonem",
so schließt Lobeck, „Judaeum Sanchuniathonis interpretem facit errore
aperto". Der „offenbare Irrthum** ist aber diesmal nicht auf Seiten
Cyriirs, sondern Lobeck's; denn Cyrill nennt ja nicht Philo, sondern
Citate Ungewisser Herkunft. 49
3. Dionysius Äreop. (Opp. ed. Corderias et Lansselias. Nova
Ed. Paris 1644) I, 560: El de o q>a6(rog>o(T ä^oi Kk^fjbfig xal
ngog %i naQadefyfAaTu Xiyead-ai td iv Tötg ovciv äQXfiyixeiTeQa,
nQüaiffi fjksy od diä xvqltav xai navtaXtav xal anX&p ovoikd%mv
6 Xoyog avT^. Fabricius versichert zwar (bibl. gr. ed. Hartes
VII, 124) , dies stehe sti'. VIII p 785. Aber ich finde einiger-
maßen ähnliche Worte oder den gleichen Gedanken im ganzen
Buche nicht, auch nicht an der gemeinten Stelle str. VIII, 28.
29 Pott^r p. 931. Maximus, der au Clemens Rom. denkt, klagt
im Commentar (Dion. opp. U, 185) mit Eecht: nov de vavta
$lnep ay$og ÄAi^/iAf/g, ovx idfiXtaae.
4. Anastasius, Quaest. 14 (Gretser p. 248 KX^fieyvog ix
Tay (jtQ(id[idT(ap)\ dasselbe bis innvxjl^ ^^^' V^^* ^30 (nach
anderen Sätzen des Clemens mit %ov avvov): ^XefifiotTvpag del
nouly, o Xoyög (ffiffl, dXXä fAevd xqlaeiag xal to7g dl^loig.
&<T7ieq yäq ^) 6 yeadQydg cneiqei ovx eig anX&g yijy^), diX eig
xilP dya&fiVy Iva avv^ xaQnotpoQr^tTfj ^) , ovtoo del ajielqeiv tiiv
evnoüav eig evXaßeig^) xal nvevikaxixovg, Iva tt^g dn avx&v
evxaQ/iiag did tdoy evx(ap €7tnvxfig yiyQanTa$ yag ' j^einoltitrov
eiaeßelg ^) xal evq^(Teig dytanodoiia , xa^ ei iitf vn avtov,
dXXd naqä %t^ vipl(TT(f^.
• Dasselbe in verkürzter Gestalt und andrerseits weit über
das Citat bei Anastasius hinausgeführt in Cat. Nie. in Matth.
Josephus als Uebersetzer. Mag Cyrill sein Citat aus Sanchuniathon dem
Eusebius entlehnt haben, worüber er keine Angabe gemacht bat; jeden-
falls kann er nicht aus Easebius, welcher den Philo Byblius als Ueber-
setzer nennt, die ganz andere Behauptung geschöpft haben, daß der
Jude Josephus der Uebersetzer sei. Eben dies, und nur dies will er
aber in den Stromateis des Ol. gelesen haben. Auch in der Abb. des
Grafen Baudissin über Sanchuniathon (Studien zur semitischen Religions-
gesch. I, 22) finde ich nur die theilweise unrichtige Bemerkung wieder-
holt, daß Cyrill von Eusebius abhänge, und keine Erörterung der interes-
santen Frage, ob Clemens den griechischen Sanchuniathon gekannt habe,
und woher die sonderbare Meinung entstanden sei, daß Josephus der
Uebersetzer sei.
1) Par. xal aansg.
2) Par. Tjyy yrjv, dafür aber dyad-riv ohne ttJi/.
3) Par. xttQnoi}^ xof^iay,
4) Par. X'IQ'^Si *^^ oQipavovg, stg rovg ansQiaraTovg, Iva xiA.
5) Gretser am Rande avatßei und nachher nag* avi^. Die Stelle
ist Sir. 12, 2.
Zahn, Forschungen. III. J^
50 Gitate ungewisser Herkanft.
p. 196 sq. zu c. 5, 42, in dieser Form anter die Fragmente ge-
stellt von Ittig p. 156 (D. III, 492, 11): Hoifitiov iXeijfiocTvyag,
äXXä iksvä xqiaecog xal tolg d^loig, %va evqtnikev ävtanodofAa
naQa %ov vijjltTTOV. oval de rotg exovtn xai iv vnoxQitTH Xagä-
ßävovcgv fi dvvafjbipoig ßoti&aiv hxvtoTg xal Xaikßdveiv naq
eriqtov ßovXofAipoig. o yäq extAv xal dt! vnoxqiagv ^ äq^iap
XaiißaviAv xataxg^d-ficferat. Hieraus ist also das übrigens viel
genauere Citat des Anastasius zu vervollständigen. — Sehr an-
dere Grundsätze entwickelt Clemens, quis dives § 33. Cf. jedoch
auch Str. VII, 69 (D. III, 311, 10).
5. Cat.Nic. inMatth. p. 482 (zu Mt. 13, 31. 32 Klrifieptog) :
^O T^g tüSp ovqav&v ßaaiXeiag xavayyeJiTixdg Xoyog dgifiig fxip
ifftt xal dfixtixog xad-dneq to olvfini xal %tig X^^^^ pbB&taxgxog ^),
tovtitrti Tov dvfjkov xal %ov ^XiYfAatog diaxomixog , vovzi(n$
%ov %v(fov ' i^ ov Xoyov ^ a^q^^ vijg xpvxfjg vyleia xal ^ aCdtog
evxqatrla neQiylverai, sig %o(Tav%fiv de ail^fiv ^ ^vif tov Xoyov
nqo^X&ep, tog vö i^ avtov (pvop^) dipdqop, rov%o d' &p eitj ij
naptaxov yrjg IdqvgAipfj tov Xqtatov ixxXfjola, %a ndpva
nXfjqäffai, acte iv roig xXddoig avt'^g xaTaaxfiP&ca^ %d ne-
reipä TOV ovqapov^ äyyiXovg dfiXad^ d^elovg xal iieTemqonO'
qovg^) tpvxdg.
Bis neqiripcTai scheint dies aus paed. I, 96 (D. I, 203, 22 —
304, 8) anfangs frei, dann aber immer wörtlich genauer ge-
nommen zu sein, und dies ist um so wahrscheinlicher, als die
Gat. Cord, in Lucam p. 353, welche durchaus auf Cat. Nie. in
Lucam beruht, eben jene Stelle (D. I, 204, 1—8) größten Theils
wörtlich genau wiedergibt. Aber die zweite Hälfte obigen
Fragments, welche in den erhaltenen Werken nicht nachzuweisen
ist, trägt ganz den Charakter der Denk- und Eede weise des
Cl. und schließt sich wenigstens widerspruchslos an. Es ist
daher wahrscheinlicher, daß das Ganze so in einem anderen
Werk des Clemens gestanden hat.
1) fisitoTixog nehme ich ans paed. I, 96 (D. I, 204, 6). Der Druck
des Nicetas bat ßmxixog. P. de Lagarde, damals Boetticber genannt,
bei Bnnsen p. 316 emendirte ßiaaxixog, Bunsen hat dies Frg. ebenso
wie das vorige und das folgende dem 3. Buch der Hypotyposen zuge-
wiesen und zwar unter der falschen Quellenangabe „ex Macario Chryso-
cephalo'^
2) (fvov K\otz^ ^i/oi' Gorderius, Ittig, Potter, ^u^v Dind. IIl, 492, 22.
3) fieTeojQonoQovg wird zu schreiben sein, fiuitonoQovs Cord. Ittig,
f^sTstoQovg Potter, Dind.
Citate Ungewisser Herkunft. 51
6. Cat. Nie. in Matth. p. 492 zu Matth. 13, 46: ^'Eati
Ikotqyaqixfiq xal o diavyijg xai xa&aQcitaTog ^Ifjtrovg, ov i^
äfftgan^g z^g d-elag ^ naq^ivog iyipyfjaey. äffneg ^äq S (J^ccg-
yaQ^Tfig iv aagxl xal oGtqela^ xal iv vygoig yepofAei^og adSfAa
i'oixey elpai vyqov xal dieideg xal nvevyka%og yifjkOP, ovtm xal
aaqx(ad'€lg d^eog loyog <pcog itril poeqop dtä tfiotog xal vyqov
ixldfjkipag (TdfAaTog,
Schon Ittig suppl. p. 158 verglich paed. II, 118 (D. I,
314, 21 — 315, 3) und le Nourry appar. col. 1331 hielt dies
wie das vorige Frg. nur für freie Wiedergabe der theilweise
ähnlichen Stellen des Pädagogus.
7. Cat. Gram. I, 76, 27 zu Matth. 10, 16; "Exeipog fpqopl-
lA(og nopfiqevetai , ^(leig (pqopliJboog dya&ovqyfpcofjbep. Gf. Str. II,
56 (D. II, 183, 22) vom Teufel ^qoplfAoog nopfjqevofAepog. Die
Bibelstelle wird benutzt str. VII, 82.
8. Gat. Gram. I, 78, 23 zu Matth. 10, 23: Oeidoi %mp ädl-
xmg tpopevopTfap ini%a%x€i toig ayloig ip^iy^p' dio b [a^ <p€vy(OP
wg Qixpoxlpdvpog^) naqaxovtop zijg xvqiaxffg ^mpfjg fieiAnzatog.
9. Cat. Nie. in Lucam (God. Vindob. theol. gr. 71 [olim 42]
fol. 225 "" zu Luc. 3, 22): ovx äp&qfanlpfiP ofjkolmtrip iptavd^a
Tov &€ov 7iaq€ilrig>6tog^ äXXd z^g neqiffteqag, ort t^p dtpiletap
xal To nqäop zrig piag ini(papelag tov npevfiatog ißovleto
dei^ai %€g %fig neqiffveqag bfjkoiciiiati. Dasselbe fand Grabe (bei
Potter 1030) in Macarii Ghrysocephali or. VII in Lucam (cod.
Barocc. 211) mit der einzigen Abweichung dlla to neqitTTeqäg
eiSog. Den Text des Vindob. bestätigt nicht nur die Gat. Gord.
in Lucam p. 92, sondern auch Macarius Ghrys. selbst, welcher
or. Vni in Matth. (cod. Barocc. 156 fol. 98 *> nach Grabe bei
Potter 1019) das Fragment desGlemens in folgender erweiterter
Fassung gibt: Ovx dp&qwnipfjp ovp ofiolwaip & naqdxlfjtog
iptav&a Xa(jkßdp€i, dXld neqitTzeqäg, oti tiiP dipiXeiap xal %6
nq^op Tfjg piag initpapelag tov np€V(jbaTog ißovXevo deT^ai %<f
z^g neqioteqäg 6iioioi(Aaz&. o (abp ydq pdfiog ßaqvg ^p xal iiaxalqtjf^
xoXd^duPy ii 6k xdqig IXaqd xal Xoytf qv&fiitovtra nq^ozfizog.
zavzd zoi xal b xvqtog nqog zovg dnoffzoXovg, elnopzag ip nvql
xoXd(Tai zovg fi^ de^afjkipovg avzovg xazd zop^Xlap, j^oix oldaze,
(ffltrl, nolov npevfiazog itTze^; Ob dies alles demGlemens ange-
hört, bleibt zweifelhaft cf. Tischendorf zu Luc. 9, 55.
10. Macarius Ghrys. or. XIII in Matth. (cod. Barocc. 156
1) Vielleicht gnfßoxiv^vvtos oder ein folgendes xal.
4*
52 Citate ungeveisser Herkunft.
fol. 198» nach Grabe bei Potter 1020): Tdxa de dia tov i(oza
xal tilg xeqalaq ^ dixaiotTv^fj xixqayev avvov' iäv oQ&ol nqog
fi€ ^xijT«, x«;'« OQ&og ngog vfjbäg. iäv nkayiot noQ€Vfi(T&€^
xäyd nldyiog^ liyei xvQtog tcop dvydfiecopf Tag ininX^^Sig t&v
&(AaQTa>Xcop nlaylag aipmofiePog bdovg* 17 y^^ evd'ata xal xaxa
g>v(np<i'fjp alpiTTSzai vo mtatov ^Ifitrov, ^ dyad-coo'vpfi avtov,
^ nqog zovg 6$ vnaxoijg neniatevxotag äybetaxlvt^xog te xal
äggen^g^). ov fuj ovp naQil&rj and tov vofiov ovTe to itdia
ot'r« ^ xeqala^ TovxioTiv övxe % Tolg ev&i(n xaTaXlfflog iiiay-
yeXla ovT€ ^ To7g nlayiä^ovaiv fJTtsiXfif^ipii xolatng. dyad^vpai
yäq Toig ev&iffi xvQiog, Tovg dß ixxXlpopTag elg Totg (TtQayyaXidg
dnayei fietd t(Sp iqya^Of^ipuip t^p dpofAlap. xai (jbSTa äS^ciov
äd'doog iffTi xal (lerd (TTQeßXov diaGCQitpei xal Totg (TxoXiotg
axoXiQig bdotg dnodTiXXei. Die Genauigkeit des Citats verbürgt
die auf Nicetas beruhende Cat. Cord, in Lucam p, 400, wo nur
der letzte Satz von xal iiezd dd^ciov an fehlt.
11. Cat. Nie. in Jo. (cod. N fol. 374» zu Jo. 12, 13):
l^paCTaalov* KXi^fiePTog. To 6e tatrappd egfifipeveTai do^a
xal aipog, cog eipai toiovtop to Xeyofispop nX^Q^^ ^^^ 66^ a T€p
vli^ Jaßld^. S&€P i ayiog Aovxag wcneg eQiitipevapTo „coaappä
ip Toig ixplctoig^ dprl tovtov „do^a ip vxpltrzoig^ einep ip
T(f xax avTOP evayyeXltf. Tipig 6e to dirappd (TfjfAaipeip XiyovGi
TO ^(Tdiffop dff^. Da die benützte Stelle des Anastasius nicht
zu finden ist, in welcher vielleicht Clemens angeführt war, so
ist der Antheil des Clemens nicht zu bestimmen. Da Nicetas
gleich darauf das oben S. 18 zu paed. I, 15 notirte Citat bringt,
so darf man vielleicht an paed. I, 12 (D. I, 135, 1—4) denken :
f^coaappä T(p vl^ Jaßld^ evXoyfiiiipog igxofiepog ip opofiaTi
xvqlov^y gxSgxalöo^a xal alpog [leS'^ IxeTfjglag T(p xvql(f* tovtI
ydg iih(falpei kqytfipevoikepop kXXddi ipcap^ to doirappd, Cf. auch
das oben S. 29 hinter ecl. 63 Abgedruckte.
12. Cat. Nie. in Jo. (cod. N fol. 403^ zu Jo. 13, 2-5):
KX'^liepTog. Kai avTo de to tov kvQlov d&dl^oiafia dvpayklg icTi
xa&aQTixii tüp aybaqTiap, „ipedvo'aTO ydq (pfiGt xvqiog dvpa^ip
xal nequlwaaTo''. (Ps. 93 [LXX 92], l).
13. Arethas comm. in apoc. (hinter Oecumenii comm. ed.
F. Morellus, Paris 1631, tom II, 690 =£ Cat. Cram. VÜI,
243, 5 zu Apoc. 4, 5): Toi^g knTa Xafinddag avTog (sc. Joannes)
1) So Klotz, ttQQTinrig Potter.
Gitate ungewisser Herkunft. 53
f QfArji evtrey entä nvevfiata, iitiva ^Vo», co; 'Htratag, tä &€7a
Tov nveviiaxoq xaqltrikata (Totplaq, ic^vog, ßovXtig xal tä zoVTOig
€^^g del voeiy, ^ tag Eigi^yaiog xal KXri/.itig i (TtQoofiatevg^) tä
IcitovQyixä xal tmv äXla>y i^ixoyta tayfAatcoy. Sachlich das-
selbe gibt Andreas Comm. in apoc. ed. Sylburg p. 19, wo aber
neben Irenaeus Clemens nicht genannt wird. Dies ist also Zu-
that des Arethas. Clemens verbindet in seiner Erklärung des
siebenarmigen Leuchters str. V, 35 (D. III, 28, 12 — 18) die
Deutung der 7 Arme desselben auf die erstgeschafifenen Engel
mit der von Anderen vertretenen Deutung der 7 Augen oder
Geister in Apoc. 5, 6 auf die 7 Geistesgaben nach Jesaja 11,
1 f. Es ist also hier nicht deutlich ausgesprochen, daß er jene
Deutung von Apoc. 4, 5 vertrete und vor derjenigen nach Je-
saja 11, 1 f. bevorzuge. Ebensowenig läßt sich das aus den
anderen Stellen mit Sicherheit entnehmen, wo er von dem
siebenfachen Geist (paed. III, 87, D. I, 395, 14) oder von den
7 erstgeschafifenen Geistern redet (str. VI, 143, D. III, 229, 23;
epit. ex Theod. 10, D. III, 428, 22 - 429, 21; ecl. proph. 56.
57, D. III, 476, 11-30). S. aber unten Anm. 5 und 25 zu den
Adumbrationes.
14. Par. Vät. 307 (Kliifi. (TtQcofi.). ^O tov äna&ovg &€ov
g>6ßog äna&fig' tpoßsttai yäq r/^ ov tov &€6v y äiXä to ärto-
netrely tov d-egv, o de tovto öedioyg to toig xaxoig (TvybneiTety^
q>oßettai xal didiev tä xaxä ' 6 öeömg de to ntdSfAa, ä(p&aqtov
eavtov xal äna&lj ehai ßovXetat^).
15. Par. Vat. 341 (hinter dem oben S. 29 unter ecl. 11
angemerkten Citat mit tov avtov). Nofiog eata) xatä toSy
(T€(iyä xal &e7a ov aefAycög xal d^eonqen&g oqay ä^iovyttay xo-
Xaaiv ini(piqeiv doqao'lag.
16. Par. Vat. 393 ^). To te ßeßiatriiiyov xal atideg ta%v '
1) Ein cod. borocc. 3 bat nach Gramer hier Klij/irig h öTgtofiari
ixtioTipf was wohl heißen soll ajQtofxati exTcp,
2) Zuerst von Fabric. Hippel. II, 74 unter die Fragmente gestellt;
ebenso das oben unter Nr. 16 folgende. In Bezug auf letzteres bemerkt
er Bibl. gr. ed. Harles VII, 124 fälschlich, daß es von Jo. Damasc. als
Stück des 8. Stromateus citirt werde Lequien bezeugt das nur von
dem dort vorangehenden Citat aus ecl. 11. Auch le Nourry col. 1309
ist Unschuld ig an dem Irrthum.
3) Das Lemma Kliifi. argaifi. ist bei Lequien (s. dessen Errata hinter
p. 925) ausgefallen, daher bisher nicht unter die Fragmente aufgenommen.
Wahrscheinlich ist ts zu streichen.
54 Citatü ungewisser Herkunft.
TO de aßlaatop ovx i'x^i xoqov, aXX äel x^^ir^ xal no&(f
d'dXkei.
17. Par. Vat. 393 (toi; avtov)\ Maximus 661 {KXinkepxoi;).
MaXiüta navTHöv XqKTTiavoiq ovx ifplezai %6 nqbq ßlap inavoq-
d-Qvv %a zmv äfiagti^jidTcop malfffiata, ov yaq rovg ävdyxjj
T^g xaxlag änexofß'ipovg , äXXd tovg nqoaiqiaet (nsfpavol 6
d-eog^).
18. Par. Vat. 399 (nach einem Citat aus den Hy polypösen mit
dem Lemma Klfi^, atqtofi, |s. unten Adumbrat. zu 1 Jo. 2, 3]
und einem zweiten aus str. II, 46 [s. oben S. 23j , welches ohne
Lemma steht^ folgt dies mit tov avtov). ^O yvtoatixog ä^i^erai
TüSy xazd Xoyov xal %my xatä didvoiav xal %(av xax aiisdir^civ
xal hiqfBiav afjiaqzfifidttop. Eine ähnliche Eintheilung der
Bünden s. str. VI, 102 (D. III, 201, 13) cf. ecl. 30 (D.m, 467,
27-29); Str. VI, 97 (D. HI, 197, 25).
19. Par. Vat. 399 (hinter dem vorigen mit tov avtov).
Qeov yv«<nv Xaßeiv totg ezi vno iSv naS'doy dnayofiiroig
äövvatov.
20. Par. Vat. 399 (nach 6 anderen Citaten aus str. V, 25;
VI, 161 ; VII, 4; VII, 41; VII, 82; VII, 62, welche alle oben S.25fi.
angemerkt sind, folgt dies mit zov avtov als letztes). Tov
yvtACtixbv ovdinote to nXovteiv yfi&etp noiet, ovde to XQV(^^'
t<av dnoqstp eig tanelvoixriv äyei, trjg äqetfjg xal (TOfplag avtov
vneqvipovGVig xal vneqdvco avtcov %Gta<T&ai naqaaxeva(iov(Piigy
&g diä fieyaXoipvxiccv ivadia^oqetv to7g {jdi(T& xal dfidi<xi,
Aehnliche Gedanken finden sich bei Clemens häufig s. z. B.
Str. II, 109; III, 95; IV, 15; IV, 166; aber wo die Worte?
Sie könnten eine Anmerkung zu Jac. 1, 9 f. sein.
21. Par. Vat. 428 {KX^fACvtog). Ovx eati [liya to (fqovtl^eiv
dvöqog dtxalov, dXXä x^Q^^ Xafißdvei b xata^ioviiepog diaxo-
veiv avtfp.
22. Par. Vat, 480 {KX^^ji. (rtqa>fi.)'^ Melissa Ant. 35. Jvvatbg
1) Dies Frg. wollte Bunsen, Anal. I, 290 zu ecl. proph. 22 und da-
mit zugleich zu den Hypotyposen, für deren Bestandtheil er die Eclogae
hielt, gezogen wissen; außerdem auch noch ein bei Maximus folgendes
Citat, dessen wahre Herkunft unten bei den unechten Frg. Nr. 9 gezeigt
wird. Der in. Par. Vat. 393 folgende Satz Bia d-st^ ov ngoaeaitv hat im
Griechischen gar kein Lemma, im Lateinischen ,,Eusebii", wird aber in
derselben Sammlung p. 710 dem Irenaeus zugeschrieben.
Gitate ungewisser Herkunft. 55
^y 6 naz^Q ^) noi^trai yi^diva nipfjta ' älX ei zö evTiotäty
Tteqttiqeixo, (Tvybndaxsiv oddelg ijj/ov. pvp de ^) aiXiiXtAv evexa
xal evnoQOVfiev xal dnoQovfAep, %pa tonog yepcified'a TJ evnou'ff,
23. Par. Vat 531 {KXtiiAevzog). l4[le^&TfJQioy iv zfj xaXi^
tld^civ ri ästoq, iXavvfav dno Tcoy veoatr^v %ov Offiv, ll&oy
Toy xaXovybevoy detlx^y,
24. Par. Vat. 570; Maximus 669; Melissa Ant. 67 und noch-
mals 149. Ovx fl '^ooy ngd^ecop dnox^ dixaioi top nifftop, äiX
fj zmv ivvomv ayvela xal elXtxqlveia ^). Potter 1021 verglich
die doch nur anklingende Stelle str. VI, 103 (D. III, 201, 24).
Es folgt in Par. Vat. das oben zu „quis dives" 20 notirte Citat.
25. Par. Vat. 628 und nochmals 691; Maximus 531; Melissa
Ant. 109. ^H Tüop xaxcSp dnaXXayii (Ttottiglag dqxv*)* Aehn-
liches Str. IV, 8 (D. II, 319, 13).
26. Par. Vat. 657 (am Rande „Rup. ^x tov g err^w/ii."). Ov
[lopop evTeX^ dlanap, dXXd xal Xoyop daxfi%iop tm top dXti^lj
ßlop inapijQfifiipcf,
27. Maximus 574 {KX'^fAeptog). ^OXiyoöeiag fiep egatTval,
noXvzeXeiap de wg ^vxH xal (Tcifiatog pocop ixTQenofbepoi^),
28. Maximus 654 {KXrjiAepv,', bei Ribittus p. 245 fehlt der
ganze Satz), Melissa Ant. 60. Mp'^fjbti ^apatov ipagy^g negii-
xotpe ßgco flava' ßQWfiaTcop de ep Taneip(0(xei xonipxiap avpe^e-
xoTificap ndS'fi,
29. Melissa Ant. 3 (vor dem oben S. 27 zu str. VII, 57
citirten Satz). T6 nlatei naqaöexxop dnoXvngayiiopevTOP eipai
XQ^' fo yaQ ßa(Tapil^6(i€P0P n&g exi nenlatevtai,
30. Melissa Ant. 22 (hinter den oben S. 19. 30 zu paed. I, 81
u. quis d. 39 notirten Citaten dieses und die folgenden 31. 32).
Mexdpoia tote afiagtruAatog naptog ylpetai dTtaXeimtxfi, ozap
1) Mal ^€6g. Ebenda aXXic für aU* et.
2) ^k fehlt in Par.
3) Mal. Ant. p. 149 (wo Migne tom. 136 col. 1210 das bei Gasnar
und Ribittus 165 vorhandene Klrifievtog hat ausfallen lassen) folgt noch
dx(}at(fyrjg mit der Randbemerkung „al. jovs dxQaKpveis saquentibus
coniunctum^* , d. h. mit dem unten unter den unechten Fragmenten als
Nr. 4 gestellten. Es muß vovs dxQatcpvrjg heißen.
4) So Par. 628; amrriqla iarl ijjvxfjg Par. 681; a(oiriQCag larly uqx^
Maximus u. Mal. Ant.
5) Das bei Maximus folgende, auch in Par. Vat. und Mel. Ant. er-
haltene Citat, 1/ T(5y dvayxaCfov xrrjaig xrl. s. oben S. 26 zu str. VI, 99.
56 Gitate angewisser Herkunft.
inl Ttp y€POfjkip<f ^vx^Q a^dlfiazi ävaßoliiP fiij di^fjTai (Afjds
naQanifJbXpij tö ndd'oq eiq xqovmov didotfuj^a* ovtco yaQ ovx
€^€i xaTaXetxpai Ix^^og iv ^fiTv tq xaxov, ate äfia tcp inißr^vat,
dnotrnaG&iv dixfjif (pvtov dqxKTVcxtdxov.
31. ^'Q(Tneq ol keyoiiepoi xccqxlvoi evemxelQi^toi rvyxdvov(Tiv
diä To note iiev nqodm ßalvBiv , noze de 07ii(T&€v , ovtag xal
tpvx^ note fie»^ yeXäffa, note 6e nev^ovCa , note de rgvipcotra,
ovdkv (o^pekijffai dvvarai.
32. 'O no%k fiev neyd'mv, note de TQV(p6Sv xal yeXotdl^cop,
ofioiog eati vtS iietd aqtov top xvva T^g fpiXfjöovlag hS-dl^opTt,
og %ig nev (Tx^ftaTi rovtov d&üixet^ T(p de nqdyfiazi naqedqeveiv
tovtov nqoxqinei'
33. Melissa Ant. 38 (hinter dem oben S. 26 zu str. VI, 99
Notirten). ^Aya&ov dvayxotlov ^ oXiyocitla,
34. Melissa Ant. 57. 2o(p^ tivi ^) t«v xoXdxwv tiveg ifia-
xdqiK^ov, 6 di cptitn nqog avTOvg' el fiey tov inaiyelv fj^e nav-
(Tfi(T&ey ix %rig vfjkciv vnoxo>q'^(^ea)g (liyay ^) elvat, ifjbavtöy vevofjxa,
et de enaivovvxeg ov navefr&e^ ix tov VfACov inahov ti(v ifAaVTOv
dxa&aqaiav (Tvoxdl^OfAa^.
35. Melissa Ant. 57. ^nlnXoiüTog enatvog dli^&ovg arifio-
teqog xpoyov.
36. Melissa Ant. 125. ITiatog ev (AaXa 6 iiex eni(T%ii(ifig
eXeyxog» ove (1. oti) xal reXeioxdzri dnodei^ig evqlüxexai ^
yvcatng tcap xateyvuiaiiivtAv.
37. Melissa Ant. 134. Mridinoxe aidecS'^g top nqog ffe
xataXaXovvta y fiäXXor de Xiye* navtraiy ddeXq)i, iyd xad^
^fbiqar ;(a^£7r(»r£^a malon^ xal neig ixeivov xaxaxqipai dvva-
(Aai) dvo ydq xeqdaveTg, iv fii^ ifjknXdtTtqto^) xal (jeavxov xal
tov nXfjdlov iatrdfievog.
38. Joannes Malalas lib. X ed. Bonn. p. 242: . . . fietd to
i^eXd-eiv tov ayiov JlavXov änb It^vtioxelag ti^g fieydXtjg . . . o
llitqog and ^leqo(roXv(i(iov iv t^ avtfj ^Avtioxelff naqeyiveto
xal tov Xoyov idldaaxe, xal ixei avtov iv&qovlaagy neic&elg
to7g dno 'lovdalcov yevofiivotg XqKTtiavoig, tovg €? i&vdiv
nictovg ovx ide^ato otlte riydna^ dXX^ ovtong idtrag avtovg
i^fiX&ev ixei&ev, o de äyiog ITavXog (Aetd tavta iXS^dv iv
1) aoifov Tiva Klotz.
2) /Äiyav Klotz, Dlndorf, f^^ya Gesner.
3) Cf. Ignat. ad Polyc. 2, 1.
Citate nnge wisser Herkunft. 57
^Avtioxeifjc %fi fisydXfi xal ficc&doy tavta tisqI tov ayCov Ilitqov,
navtaxov ab axdvdaXov neqielXs xal ndvrag itrtag idi^aro xal
^ydna^ TtQOTqenofievog änavxag' xa&mq (TVV€YQd\l)ttvxa zavxa
oi (TOfpdtatoi KXfi(ifiq xal Taviarog ol xqovoyQdcpoi.
Den letzten Satz über den zweiten Besuch des Paulas in
Antiochien gibt auch das Chron. pasch, ed. Bonn. I, 436 mit
der Einleitung TovT(f reo nifiTttcp krei KXavdlov nQöx^iQOTovfj^
&€ig ITavXog siatjXd'ep dg l4[vTi6x€iay xtX. Daß Malalas nicht>
wie Harnack, Texte u. Unters. I, 230 meint, aus der Pascha-
chronik dies abgeschrieben hat, ergibt sich abgesehen davon,
daß Malalas wahrscheinlich früher geschrieben hat als der Re-
dactor der Paschachronik, mit Sicherheit daraus, daß id der
Paschachronik die anstößige Erzählung von dem durch Petrus
angerichteten Scandal fehlt, ohne welche das^ was sie über die
Beseitigung dieses Scandals durch Paulus sagt, in der Luft
schwebt. Entweder also hat die Pascbachronik hier den Malalas
oder eine andere beiden Schriftstellern zu Grunde liegende
Quelle ungeschickt excerpirt. Ducange zu Chron. paseh. ed.
Bonn. II, 314 bezog deren Angabe auf Pseudoelem. reeogn. X,
60. 61; aber am Schluß der Recognitionen ist von Paulus in
Antiochien nichts zu lesen, und am wenigsten konnte Solches
in jenem antipaulinischen Roman über Paulus gesagt werden.
Andrerseits ist auch nicht an einen anderen, vom Alexandriner
verschiedenen „Chronographen" Clemens zu denken. Wie Anä-
stasius Sinaita (oben S. 31) unsern Cl. gelegentlich den „Histo-
riker von Alexandrien" nennt, wo er eine „Historie^ desselben
mittheilt, so wurde er nicht selten „Chronograph" genannt mit
Rücksicht auf seinen chronologischen Abschnitt str. I, 101 — 147.
Aus der Vorrede des Eusebius zu seinen chron. can. (ed. Schoene
II, 4), wo Cl. vor und neben Julius Africanus wegen seiner
synchronistischen Studien ehrenvoll erwähnt war, war er allen
Späteren als „Chronograph" bekannt. Hatte er doch selbst in
jenem wiederholt von Eusebius citirten Abschnitt (s, oben S 22)
ein über das andere Mal von seiner xQovoyqag/la geredet str. I^
112. 114. 121 (D. II, 93, 8 u. 27; 99, 2). Schon bei einem
Sozomenus h. e. I, 1 zeigt sich die sonderbare Vorstellung, daß
Clemens und Hegesippus^ Africanus und Eusebius die Geschichte
der Kirche bis zu je ihrer Zeit geschrieben haben. Daß nämlich
Sozomenus hier den Cl. Alex, und nicht etwa, wie Valesius
meintC; den Cl. Rom., den Verfasser der Recognitionen, meint,
58 Der „Historiker*^ Clemens.
zeigt schon die Charakteristik des CI. und des Hegesippas:
ävdqeq ffOipdTatoi , t^ %&v dnoCToXuiv diadox^ nagattolov-
&^(rayz€g. Sie sind nicht Apostelschtiler, sondern Schüler von
solchen cf. str. I, 11. Als Kirchenhistoriker kennt sie beide
Sozomenns nur darch die Citate bei Easebius. Doch mag sich
-— und es scheint in der That so — bei späteren Schriftstellern,
welche aus dritter Hand haben, was sie geben, die mythische
Gestalt eines von unserem Cl. verschiedenen „Chronographen"
oder „Historikers" gebildet haben ^).
Obiges Citat macht schon darum, weil neben Cl. Tatian
genannt ist, den Eindruck des Apokryphen. Die Nachricht kann
aber, so wie sie bei Malalas lautet, auch darum nicht auf Cl.
zurtickgeftthrt werden, weil dieser den Kephas, welcher in An-
1 ) Sie hat sich bei den Fbilologen erhalten cf. Pauly's Rcalenc. IT,
437. C. Müller, Fragm. bist, graec. IV, 364. Wenn aber Cedrenus I,
438, wo er den Clemens als aTQojftareiJs bezeichnet und I, 439, wo er
nur den Namen gibt, offenbar auf str. VII, 106 — 108 (s. oben S. 27)
sich bezieht ( und wenn Malalas p. 280 in der Parallelstelle hierzu den
Clemens o ao^^toiajog nennt, so wird doch auch da kein andrer gemeint
sein, wo Malalas p. 34; 240; 280, und Cedrenus I, 35 den eroywTaTof
Kkijfifii citiren, oder wo Malalas p. 228; 242; 428 ihn neben anderen
christlichen Autornamen (Tatian, Theophilus, Timotbeus) unter den
aoipmuToi xQovoyQfiifpoi nennt oder ihn allein so bezeichnet p. 231. Daß
dieser „Chronograph** oder „Historiker** Clemens der Alexandriner sei,
ist bei Sozomenus noch zweifellos, und daß er ein christlicher Autor sei,
bezeugt der Inhalt fast aller auf ihn zurückgeführten Nachrichten deutlich.
Alle halbwegs zuverlässige literarische Kunde weiß aber nur von zwei
christlichen Schrifrstellern des Namens Clemens, von dem Römer und
dem Alexandriner, und versteht unter dem Namen Clemens ohne Zusatz
regelmäßig den letzteren. Es ist auch ein harmloser und nur scheinbarer
Anachronismus, wenn Malalas p 428 sich auf Clemens, Theophilus und
Timotbeus dafür beruft, daß von Adam bis zu Justinian 6497 Jahre ver-
flossen seien. Aus ihrer Zeitrechnung ergibt sich das, obwohl dieselbe
von ihnen nicht bis zu Justinian durchgeführt werden konnte. Der ein-
zige beachtenswerthe Grund für die Existenz eines späteren Historikers
Clemens, welchen Body (Proll. ad Malalam ed. Bonn. p. XLVIII) geltend
macht, wäre die Angabe des Anonymus hinter Codinus ed. Bonn. p. 186.
Darnach müßte ein gewisser Clemens über marmorne Standbilder sei es
des Constantinus Porphyrogennetus, sei es Constantin's des Großen (cf.
M. Lequien zu Jo. Damasc. I, 328) etwas gesagt haben. Aber wer mag
auf diese Bemerkung eines sehr späten Byzantiners die Existenz eines
Historikers Clemens gründen? Wird er doch von dem Anonymus nicht
einmal als Historiker bezeichnet I S. übrigens oben im Text unter Nr. 43.
Der „Historiker" Clemens. 59
tiochien Unheil gestiftet hatte, vom Apostel Petrns = Kephas
unterschieden haben wollte s. unten hypotyp. fr. 10.
39. Malalas lib. II (ed. Bonn. p. 34) = Cedrenus (ed.
Bonn. I, p. 35). 'O de 2vQog^), o vlög tov l^yfjpogog, ävfiQ Syä-
v€To (Totpog, og (TvvsyQOiXpato Ooipixixolg yqdfjkfAatn vijv äqi^'
(AfiTix'^v (piXoaoiplav' vniS'eto de äamfiaTovg elvai ^^QX^^ ^^^
(TiiifAaTa ineraßdXletr&ai xal zag tpvx^g eig ccllöjr€P^ ^^cc
eitnipai^), ovtog nQtSvog ^i&ero Tavza, mg Kl^firig S (Togxo-
zatog avveyqaxpaxo. Man sucht dies vergeblich in str. I, 75
und an ähnlichen Stellen, es könnte aber sehr wohl in der Schrift
neql ägxcoy gestanden haben s. oben S. 38 f;
40. Malalas lib. X p. 228 cf. lib. XVIII p. 428 und ein ge-
wisser Hesychius (von Hody in den Proll. zu Malalas ed. Bonn,
p. LIII und von Ducange hinter Chron. pasch, ed. Bonn. II, 116
mitgetheilt) berufen sich auf die „gelehrten (Hesych. ^€o<p&'
Ucxatoi) Chronographen Clemens, Theophilus und Timotheus"
dafür, daß Christus im 6. Jahrtausend der Welt geboren, wie
Adam am 6. Schöpfungstage geschaffen sei. Aus str. I, 145
läßt sich das nicht herauslesen. Nach der Zusammenstellung
von le Nourry col. 1359 hätte Cl. die Geburt Christi in das
J. 5538 der Welt gesetzt. — In str. VI, 141 findet Cl. nur den
Parallelismus zwischen Adams Erschaffung am 6. Tage und der
6. Stunde in der Passionsgeschichte bedeutsam.
41. Malalas lib. X p. 231 läßt den Chronographen Clemens
berichten, daß Archelaus, der Sohn Herodes des Großen, 9 Jahre
regiert und unter dem Consulat des Lamias und des Serellianus
zur Regierung gelangt sei.
42. Malalas lib. X p. 239 sq. läßt den „sehr gelehrten Cle-
mens" ober den Tod des Herodes Philippi schreiben.
43. Suidas (ed. Bernhardy vol. II pars 1 p. 289). KXfjfiTig
l(TtOQix6g' hygaipe 'Pcofca/cov ßacileig xal avTOXQCcroQag' xal
TtQÖg ^leQcipvfiop neql tcSy ^IcroxqaTixc^p (TXfHkatiov * xal äXXa,
Hier ist offenbar ein vom Alexandriner verschiedener Cl.
vorgestellt. Aber der erste Satz wird doch durch irgendwelche
Vermittlung auf str. I, 144 zurückgehen. Ueber den zweiten
Satz habe ich erstlich zu bemerken : die von den Philologen bis
2) Cedr. 4'oTvt^ 6i, derselbe nachher ^oivixotg . . vneS^^^TO ^h xaC.
3) etaiivat Gedr., > Malalas. Am Schluß Gedr. tfvveyQdtjjaTo 6
OOiptoTdiTos.
60 Der ,, Grammatiker" Clemens.
in die neueste Zeit herangezogene Behauptung Rubnken's (Praef.
in Timaei lexicon p. X sq.), Suidas vermenge hier den Gram-
matiker Gl. mit dem gleichnamigen römischen Geschichtschrei ber^
welche vielmehr zu unterscheiden seien, ist in dieser Fassung
jedenfalls unzulässig. Der „Historiker" hat schwerlich existirt,
und der „Grammatiker^ dürfte eine ebenso fragwürdige Persön-
lichkeit sein. Man hat einen „glossarom Platonicarum inter-
pretem" in drei Artikeln der alten Lexica gefunden, s. v. JaJl^i/
(Suidas ed. Bernhardy I, 2, 708; Photii lex. ed. Naber I, 244;
Etymol. magn. ed. Sylbnrg p. 407), "Sqag (Suidas I, 2, 887;
Photius I, 266), naXliißoXoq (Suidas II, 2, 26; Photius 11, 47).
Als den Verfasser dieser und vieler anderer Artikel hat Cobet
(Mnemosyne IX, 433) den bei Photius bibl. 154 als Verfasser
einer avvaycoyti li^ecoy ITlaTcopixcSp und cod. 155 als Verfasser
eines Buchs negl tdSp nagd UXdtaivi dnoQov[Aip(ov erwähnten
Boethus wiederentdeckt. Dieser Boethus ist nach Cobet 1. 1.
p. 431 ein Alexandriner und hat nach Naber, praef. in Photii
lexicon p. 62 jedenfalls erst nach dem Tode Marc Aurels (a. 180)
geschrieben. Er hat das zweitgenannte Werk (Photius cod. 155)
einem Athenagoras gewidmet. Sollte dies vielleicht der „aus
Athen stammende christliche Philosoph Athenagoras^ sein, wel-
cher i. J. 177 oder 178 die bekannte „Bittschrift für die Christen'*
geschrieben hat? Eine freilich trübe Nachricht des Philippus
vonSide (Gallandi, bibl. IX, 401) macht diesen zuerst christen-
feindlichen, dann christlichen Philosophen Athenagoras zum
ersten Vorsteher der alexandrinischen Katechetenschule und
zum Lehrer des Clemens. Doch, mag dem sein, wie ihm
wolle; wenn ein Alexandriner Boethus am Ende des 2. oder
im 3. Jahrhundert dreimal bei Erklärung platonischer Aus-
drücke einen Clemens ohne nähere Bezeichnung anführt, so
$pricht alle Wahrscheinlichkeit dafür, daß Cl. Alex, gemeint
sei ; allerdings um so mehr, wenn der Name Athenagoras an der
Spitze eines der betreflFenden Bücher des Boethus uns auf freund-
schaftliche Beziehungen desselben zu den „christlichen Philo-
sophen" gegen Ende des 2. Jahrhunderts, wenn nicht gar auf
Zugehörigkeit des Boethus zur Kirche von Alexandrien zu
schließen erlauben sollte. Zu „'Ö^ag d«ojtAor$" (Plato, republ.
p. 378 D) hat Boethus bemerkt, daß bei Pindar Hephästus es
sei, der seine Mutter Hera gefesselt habe und fährt dann fort:
Tipeg ayvotjCTaPTeg yqd(pov<Tiv vno Jidg, xa{ (patri de&ijyai
Unechte Fragmente. 61
avT^v inißovkevüaaav ^HganXei» KXfifieptog ^ IffzoQla (so bei
Photias^ KX^fAfjg ^ latoQla Suidas) xal naq ^mxfXQf'ff €v
KoofAatrtaig ^ 'H^ala'T(p. Das findet man nicht in den erhaltenen
Werken des Cl. Alex., auch nicht in den Homilien des Pseudo-
clemens Rom. Aber warum soll Jener es nicht anderwärts be-
rührt haben? Den Epicharmus citirt Clemens sehr häufig und
mehrmals mit anerkennenden Worten. Unter dem Worte Tra-
XlfißoXog bemerkt Boethus : Klrifitig. dvvatai {de xal -f- Photius)
ävtl Tov nallfißoXog (Naber emend. naXliißovXog), ipav%i6ßovXog^
ivavxiOYvd^OüP, tag xal naXlvövig opofjba (naXMfjg ovog Photius):
Man hat mit Recht an str. II, 56 (D. II, 183, 18) erinnert: %q
naXlfißoXop xal navovqyov tov öiaßoXov. Warum soll derselbe
Cl. nicht auch dies Wort einmal durch Synonyma umschrieben
haben? Endlich unter ^ajlij bemerkt Boethus: KX^/ifig. dvvatai
{^xal -f- Suidas) ^äXti %ig elvai fisydXfi avcrrgoip^ äyifiov. Das
ist meines Wissens Alles, worauf die Existenz des „Gramma-
tikers" Clemens gegründet wird, abgesehen von obigem Artikel
des Suidas, worin er mit dem „Historiker" Clemens confundirt
sein soll. Ist der „Historiker" Niemand anders, als der ale-
xandrinische Presbyter, so wird eine ganz andere Confusion
vorliegen. Der Name Hieronymus in Verbindung mit dem Namen
Isokrates weist zweifellos hin auf den Peripatetiker Hieronymus
um 300 a. Chr., dessen ziemlich ungünstige Beurtheilung des
Isokrates tiberliefert ist cf. Fr. Blaß, Attische Beredsamkeit II,
111. 136. 185 sq. Diesen citirt Clemens protr. 30; str. II, 127.
Cl. mag in irgend einer seiner verlorenen Schriften auch das
Urtbeil des Hieronymus über die rhetorischen Kunstformen des
Isokrates angeführt haben. Daher dann die verworfendTK^^-
richt bei Suidas.
XVL Unechte Fragmente.
Zehn bisher unter den Fragmenten aufgeführte^'SiitileliT^d
schon oben S. 20 ff. von mir auf die erhaltenen Schriften des Cl.
als Quelle zurückgeführt s. zu paed. II, 60; str. I, 154; 11, 42;
II, 123; IV, 96; IV, 160; V, 34. 35; VI, 99; VIII,? quis divesl.
Dazu kommen noch folgende, theilweise auch unter den Frag-
menten des Cl. sich forterbende Sätze.
1. Övx av änoi^) tig kxaiqov top xoXaxa* PotTog y^q
1) So richtig Lcquien p. 715, ef/oi p. 564, woraus Migne ^x^t macht.
62 Unechte Fragmente.
g>dlag ^ xolccxela. Par. Vat. 564 hinter einem Satz aus paed.
II, 45 ohne neues Lemma, von voaog an bei Maximus 565^),
Melissa Ant. 58, Melissa Monac. fol. 79 ^^ als clementinisch citirt,
von Grabe (Potter 1022) unter die Fragm. gestellt, auch noch
von Dindorf III, 502, 19 dort belassen, obwohl dieser richtig
bemerkt, daß der ganze vorstehende Satz in Par. Vat. 715 dem
Philo zugeschrieben, sei. Es findet sich in der That bei Philo,
leg. alleg. III, 64 ed. Mangey I, 123 dXl^ äcmeg top xolaxa xtL
2. Tag %&v ciQxovtwv eingaylag — nXetazot. Maximus 565,
Melissa Monac. fol. 79** schließen dies unmittelbar, Melissa Ant.
58 als neuen Absatz an Nr. 1 an. So auch Par. Vat. 564, hier
aber mit der Beischrift Olktapogy am Rand des lateinischen
Textes „Philo leg. ad Caium". Es findet sich bei Philo, leg.
ad Caium 21 ed. Mangey II, 566 nur ohne ol nXeitnoi am Schluß.
Grabe (Potter 1022; Dind. III, 502, 20) stellte es unter die
Fragmente.
3. Toaovxov tig fiäXüop otpelXei taneivocpqopelPy haov doxei
fAällov elvai. xaXbv yäq del Tip xqelxxovL ro xeiqov äxoXov^
d^eiv diä ߀lTico(T€(og iXnlöa, Melissa Ant. 139; Melissa Monac.
fol. 74^ cod. Barocc. 143 fol. 160 (nach Grabe, Spicil. I, 269);
nur der erste Satz bis ahac bei Maximus 650 (cf. die Anm. von
Combefis p. 729). Dieser Satz stammt, wie Grabe zeigte, aus
Clem. Rom. I Cor. 48; der zweite soll nach Cotelier zu Clem.
Rom. I Cor, 48 im cod. Ciarom. der Sacra Parall. dem Philo
zugeschrieben sein. Uebrigens hat auch Cl. Alex. str. VI, 65
(D. III, 176, 10) den ersten Satz ohne den zweiten aus Cl. Rom.
angeführt.
4. Novg dxQai^pfjg xal Xoyog xad^agog xal ßlog dxfjXlötaTOg
d'QOPog xal vaog i*TTi dXfi&ivog tov d^sov» Melissa Ant. 149
(vorne verstümmelt s. oben S. 55 Anm. 3) zwischen zwei cle-
mentinischen Sätzen, welche Par. Vat. 570 unmittelbar verbunden
sind; hier aber folgt vorstehender Satz mit der Beischrift
Jidvfiov, In der verstümmelten Form des Ant. von Grabe
(Potter 1022; Dindorf III, 501, 10) unter die Fragmente des
Cl. gestellt.
2) So auch im cod. Laurent, fol. 142^. Die dort weiter ohne neues
Lenaima folgenden Satze gehören nach der Ausgabe von Combefis und
der Tafel hinter Dreßler's Qaaest. crit. dem Plutarch.
Unechte Fragmente 63
5. Ei ßovXet yvßyai &e6v, nqoXaßdiv yy(ß&& creavTov* Ma-
ximus ^) 662, Melissa Ant. 64 Kk^fAeyrog ; dagegen Par. Vat. 402
Evayqiov, Es geht aber hier ein bei Maximas and Ant. fehlen-
des echtes Gitat aas Gl. neql tov naayia (Nr. 6, oben S. 33)
voran, welches sich im Gedanken mit dem Satz des Eaagrius
und im Aasdrnck mit Nr. 4 auf vor. S. berührt.
6. Q't{qBvovm To7g iikv ntvol %ovg Xaytaovg ol nwiiyoly %olq
de inalvoiq %ovq dvoiiTovq ol xoXaneg, Maximus 638 {Kl^fAey-
iroc); Melissa Ant. 57 (hinter zwei dement. Gitaten s. Frg. un-
gewisser Herkunft 34. 35), aber im lateinischen Maximas (Ri-
bittus p. 239) „Plutarchi"; in Stob, floril. XIV (ed. Meineke I,
269) Tov avTov nach vorangehendem Scoxqdvong, bei Georgides
(Migne 117 col. 1101) ohne Lemma hinter einer freien Wieder-
gabe von Mt. 6, 20.
7. Tov fiev Xißavfatov rotg d-eotg^ rov de enaivov to7q
dya&otg änoviikeiv xqii. Maximus 638; Melissa Ant. 57 beide
hinter dem vorigen Frg. 6, aber auch dies im lateinischen Ma-
ximus noch unter „Plutarchi".
8. ÜKTTovg tiYov xtX. Melissa Ant. 57 hinter Nr. 7, aber
Maximus 639 mit ^ItToxqccTovg, bei Ribittus p. 239 mit dem Lemma
„Socratis".
9. Ov dvvazov Tiva — iit/rixavtitTaxo b d-eog (paveqäcai
z^y exa(Tvov dia&etTiv. Maximus 661, von Grabe (Potter 1023:
D. III, 503, 16-20) unter die Fragmente gestellt; ist aus Glem.
Rom. hom. XI, 8 ed. Lagarde p. HO, 16 — 21, zu Anfang und
Ende wenig umgestaltet. S. auch oben S. 54 unter Nr. 17 Anm. 1.
10. IlavtfAV ävanpiovcai al ipvxccl — (piqovxai nqog avtov.
Maximus 656; Melissa Monac. fol. 84*, nach Grabe (bei Potter
1020; D. III, 499, 4-12) auch im Barocc. 143 fol. 183». Ist
aus Glem. Rom. homil. XVII, 10. Ebenso aus homil. XI, 11
das was nur bei Maximus an das Vorige sich anschließt: ä^ct-
va%oi nätrai al xfjvxoil — ovx exovciy, was gleichfalls seit
Grabe unter den Frg. des Alexandriners steht. Gf. Hilgenfeld,
Glem. Rom. epist. Ed. II p. 86. — Daß Epiph. haer. 26, 16 mit
dg & ayiog KX'^fjbijg elnev auf die Disputation des Glemens von
1) Im cod. Laurent, fol. 230^ folgt unmittelbar: 'HqäxXHJog vios
btv xrA., was bei Combefis und auch in der Melissa des Antonius durch
Sätze aus Antiphanes und Demostbenes davon getrennt ist.
64 üpechte Fragmente.
Rom mit AppioD inCleüi. homil IV, 16 sich bezieht, weiß man
gleichfalls schon lange.
11. ÜDter dem Titel äXlf} &€(OQla Kl^iievroQ ist aus Grabe's
Nachlaß in die Fragmentensammlüngen von Potter 1022 bis zu
D. III, 501, 12—19 ein Stück tibergegangen ohne jede Auskunft
über die Herkunft. Es ist aber ein nachlässiges Ci tat aus Clem.
Rom.hom. XVII, 7 ed. Lagarde p. 161, 34 - 162, 8.
12. Grabe (bei Potter p. 1017 — 10 1 9) gab aus Macariüs
Ghrysoceph. orat. XI in Lucam ein großes homiletisches Stück
oder vielmehr eine Compllation solcher Stücke über den ver-
lorenen Sohn heraus und Fabricius (opp. Hippolyti 11, .66—70)
begleitete dies mit lateinischer Uebersetzung. Schon Grabe zeigte,
daß jedenfalls die zweite Hälfte {ovtcog exei xal äxgtßwg ^
naqaßolri xzL Potter 1018, 40 ; Dindorf III, 506, 9) nicht von
Clemens sein könne. Es wird darin Novatus (= Novatianus)
erwähnt, und es besteht kein innerer Zusammenhang mit dem
ziemlich einheitlichen Stück, welches vorangeht. Ehe der Ur-
sprung beider Theile ermittelt ist, möchte ich nichts davon ab-
drucken lassen.
lieber angebliche Fragmente in der Catene des Nicetas zu
Job s. oben S. 5 f..
XVII. YjtOTv:7tcSaeis.
1. Eus. h. e. VI, 13, 2. ^ItrccQid^fiol ts Tovtotg (sc. totg
(TrQ(Ofji(fT€v(ny) Btülp ol iniYSYQafAfjbipoi vnotvjKatretav avxov
Xoyoi, iv olg opofiactl cog didacndXov tov Ilavcalvov iivq^o-
v^vei, ix6oxdgf€ avtov y^ag>wp^) xal naqadofreig £xu^e/*£voc^).
1) Valesius, Heinichen, Schwegler, Lämmer, Routh reT. s. I, 383
ließen nach Rufinus drucken yQttipwVy v/rs doch offenbar müßig wäre.
Das richtige y^aipoSv ergibt sich von selbst, sowie man Ix^o^^ in dem
gewöhnlichen Sinn von ,, Auffassung/ Deutung'^ nimmt. Valesins selbst
citirte dafür Orig. de princ. IV, 2 (§ 11 Delarue I, 168); Methodius bei
Epiph. haer. 64, 13 ed. Petov. p. 535; Dionys. Alex, bei Eus. h. e. VII,
25, 4. Cf. femer Clem. paed. I, 34 (ix^ix^a&ai t6 ^rfTov); Str.. II, IM
(D. 11, 231, 13); Str. IV, 8 (D. II, 319, 18 ixSixovrai tjJv /(»«yW ;
Str. VI, 108 (D. III, 205, 8. 12); str. VI, 124 (D. III, 216, 24 ix^e^a-
fityoi. . . , naQaSidovTtg . . . ^laaacfovyjes rag yQaipdg); Str. VI, 125
(D. III, 217, 11) ; epit. ex Theod. § 6.
2) Auch ixU&inat u. ixrCd^eiat ist bezeugt.
Hypotyposen Frg. 1—4. 65
2. Eus. h. e. V, 11, 2. '^Og dij xal opo/jkatnl iy alg trvvi-
ta^ey vnoxvTitüaetnv daäv dtdacxdlov tov Ilavtaipov iki^k-
v^tat ^).
3. Eus. h. e. VI) 14, 1. !Ej/ de tatg vnotvndaetTij ^vre-
Xovzct elaetv, Tvaafjg T^g ivöia&^xov yQ€ig>^g i7m€V[Afi(Aiyag
n€7ioltiTa& öifiyi^fTeig, fjttjde Tag äytiXeyofAeyag naQeX&dv, zi^v
^lovöa Xiy(o xccl rag Xomäg xad-oXixäg iniaxoXäg t^y te BaQ^
ydßa xal Tfjy nitqov Xeyoiiipfiy änoxäXvxpiy.
4. Photius, Bibl. cod. 109. Uverycaa&fj KX'^fieyrog UXelSay-
dqiwg nqeaßvxeqov tevxn ß^ßXiaay tqCcc, my to [ley Sjtiyqa^^y
eXaxey f^vnotvncitreig^, to de j^atQcoiiazevg^, to de „naidaytayog^,
al iiey ovy vnoTvncaaeig diaXafAßdyovci negl QtiTdoy TtydSy Tiig
te naXaiäg xal viag Yquip^g, coy xal xe(paXai(adäg äg^) öff^ey
i^^yHtrly t€ xal eQfjtfjyelay noietTai. xal iy tigI fiey avxC^y
ogd'c^g doxet Xiyeiy, iy ti(tI de nayreXcSg eig äaeßetg xal ftv-
d-Adeig Xoyovg ixipiqexat. vXfiy te ydq äxQoyoy xal idiag mg
äno Tiywy QfjtdSy eltrayofiiyag do^dl^ei xal toy vloy eig xxlfffAa
xatdye&. exi de iibe%eii\f)vx(i<Teig xal noXXovg ngo tov ^u4dä[i
xofffAOvg tegatevetai. xal ex tov I4dd(i tifv Eiiay ovx <»? o
ixxXfi(na(Tnxbg Xoyog ßovXetai, äXÜ attrxQ^g te xal ä&ioag
änotpalyetat, iilyyva&al te tovg dyyiXovg yvyat^l xal naido-
noiety i^ avtdoy oyeigonoXet , xal f»ij (TaQxaod'fjyai toy Xoyoy
dXXd do^ai. Xoyovg te tov natqog dvo teqatoXoymy dneXiyx^^^^y
my toy fjttoya totg äy&qoinoig eniipayfiyaiy (läXXoy de ovde
exeiyoy. ^fjffl ydq- y^Aiyevai (Aey xal o vlog Xoyog ofAOoyvfAiag
t^ natqixt^ Xoytf , dXX ovx ovtog etmy o cäq^ yeyofievog,
ovde (jkiiy o natqfaog Xoyog, dXXd dvya^jblg ttg tov &eoVy oloy
änoqqoia tov Xoyov avtov yovg yeyofieyog tag tcSy dyd-qdnmy
xaqdlag dianeg>oltfixe^. Kai tavta ndyta neiqätai dno qfjtoSy
tiycoy xataiTxeva^eiy T^g yqa^^g, xal äXXa de [ivqla q^Xvaqei
xal ßXatrqtfjiAel , elte avtog^ elte tig eteqog to avtov nqoamnoy
vnoxqi^elg, enoi^&fjffay de avttf al ßXd(Tq)fif.ioi avta$ teqato-
Xoylai iy tofioig oxtco, Xiyei de xal neql tmy avtmy noXXdxig^
xal anoqddriy xal (Tvyxexvfjbiycog &(meq e^nXvixtog naqdyei tä
1) Woher mag Bufinus seiDe darüber hinausgebende Uebersetzung
haben: Deuique ipse hie Clemens in septimo diapositionum (seine ge-
wöhnliche Uebersetzung von vnoTvntoaetov) lihro Pantaeni tamquam ma-
gistri et praeceptoris sui mentionem facit ?
2) Bunsen, Anal. Antenic. I, 164 streicht tog.
Zahn» Forschungen III. 5
66 Hypotyposen Frg. 4—7.
Qfltd. i de oXog cnonoq Affavel eqiiriveiai tvyxdvovtri %^^
reviaeaiq, z^g IS^odov, zäv WaX^i^v, zov S-elov HavXov rdSv
iniffToXcoy xal rcoy xax^oXtxcSy xal tov ^ExxXfi(na(Tvov ^). fto^f/r^g
di, eSg xal avrog yi/o*/, yiyove Havtalvov. äXXä zavza iikv
al inozvndaeiq.
5. Photius cod. 110. Ovdev de ofioioy exov(n ngog zag
vnozvndi(Teig ovzoi ol Xoyoi^)' z(av ze yäq fiazalcop xal ßXatr-
q>flfi(op änviXXayiiivQi 6o^(Sp xad'ecnvjxaai xzX,
6. Photius cod. 111. Avzti de ^ tcöv (TZQ(Ofiazi(ap ßißXog
iviaxov ovx vyidog diaXaikßavei, ov iiivzoi ye Sffneq al vnozv-
nciaeig, äXXä xal nQog noXXä zcop ixet dia^idxetai.
4. Buch.
7. Oecumenius (I, 526 zu 1 Cor. 11, 10). „z/m zovg ayyi-
Xovg^, ^O KXi^yi,fig ev zglrtf [vezaQztf]^) zäv tTtozvndffecoif '
äyyiXovg q^ficl zovg dtxaiovg xal evaqizovg, xazaxaXvnzic&fo
oiy, lya fiij eig noqvelav avzoitg cxavdaXlCfi ' ol ydq ovzuig xal
iv ovqavolg ayyeXoi xal xazaxexaXvfifiipfiv avz^y ßXinovciv^).
1) Dies ist nicht, wie Bunsen 1. 1. I, 165 meinte , eine Emendation
von Bekker, sondern Text des cod. Marcianus 450. S. die Erklärung
des Zeichens ? bei Bekker zu p. 1, 5. ixxlrjaiaaxLxov hatte Hoeschel ;
TOV xaS^olov Tofiov ixxlTjaiaOTtxov ist Bunsen's unglückliche Conjectur.
2) d. i. Pädagogus und Protrepticus.
3) Oecumenii commentaria in acta apostolorum , in omnes Pauli
epistolas, in epistolas catholicas omnes etc. ed. F. Morellus. Paris 1631.
2 voll. Die hierin enthaltenen Frg. des Gl. sind zuerst von le Nourry
col. 1330 sq. aufgesucht, von Potter p. 1014 sq. abgedruckt und in der
von diesem beliebten Form von den Nachfolgern wiederholt worden.
Gramer hat hinter seiner Gatene zu den Korintherbriefen (vol. V, 460—477)
die Gollation eines cod. Bodleianus „Auct. T. I, 7" mit dem Druck des
Morellus veröffentlicht. Ich bezeichne diesen Godex im Folgenden durch
B, den pariser Druck durch M, und wo Gramer's Gatene zu vergleichen
ist, diese durch G.
4) TQ^Ttfi M, dagegen B ovt(o KXijjÄrjs iv maQTtp vnorvntaasoiv. Diese
Zahl wird die richtige sein; übrigens scheint dies in B wie bei den
übrigen Gitaten des Oecumenius aus Glemens am Schluß des Frg. zu
stehen.
5) Da Oecumenius hierauf nicht, wie sonst regelmäßig beim Ueber-
gang zu einem anderen Ausleger oder einer anderen Auslegung ein Stück
biblischen Textes anfuhrt oder wiederholt, so könnte man geneigt sein,
auch das Folgende noch dem Glemens zuzuschreiben: il Trjg tov dvdQog
(pijfftv i^ovalag xaTa(fQov€Tg^ xav Tovg ciyyilovg aldia^ririf tva {irj avTolg
iv tatjt (ptt£vy ry i^vQrjfiipy xal olov dvTaiQovütt xuTa trjg vno &€ov Cot
Hypotyposen Frg. 8. 9. 67
8. Oecumenius (tom. I, 637 zu 2 Cor. 5, 16) = Cat. Gram. V,
385, 7 — 11 ^). „£* de xal iyycixafiey xarä (raqxa Xqi(T%ov^.
"S}a7t€Q ^fiüSy^) To xatä aaqxa ia%l %q iv ayLaqxlaiq, xal %o
e^co Tovtcop od xarä aaqxa, ovtco xal tov ^) Xqkttov to xata
adqxa %6 sixeiy zoig (pv(Tixo7q na&etn, %6 firi Btxeiv de ov xava
(Taqxa* äXX ^(Tneq, (ftjffiy, ixetpoq änfiXXdyfi, ovtoo xal ^fASig
[ovxiTi, (prialp, eiep ifiTta&fjTÖp ffaqxl]^). ovtcog xal^) o Äii}-
[Mig iv Teraqzif rcoy vnoTVTtdtTeoüp ^),
9. Oecameniuö (tom. I, 645 zu 2 Cor. 6, 11, 12) = Cat.
Cram. V, 311, 28—32'). j^H xaqäla fumv n€nXd%vuzat^ elq
%o ndyra diddl^ai v(iäg' i(jb€ig de yytttSvoxiAqeiG&e bp %otq
(TitXdfxvoig vfiäy^' , tovtiaxiv iv tjI nqog &eby dydnij^ ^ dya-
nav fjbs oipelkexe. ovziög o Klruifig iv & vnojvndcecnv.
imd-6£ai]g i^ovalag. Hierauf erst folgt ein neues Textwort. Aber mit
Recht hat Potter dies nicht dem Clemens zugerechnet. Die Auslegung
ist hier eine ganz andere, nämlich wesentlich die des Photias (Gramer V,
212» 21). Wenn dieser den Clemens wegen seiner Deutung von Gen. 6 auf
fleischlichen Verkehr der Engel mit Weibern scharf tadelt (s. oben S. 65)»
so ist doch obiges Frg. kein Beleg dafür.
1) Dind. gibt III, 493, 10 — 14 obiges Frg. nach Oecumenius und
außerdem dasselbe 493, 20—30 noch einmal in erweiterter Gestalt nach
Gramer, vol. 6 (soll heißen 5) p. 385. Aber das Plus bei Gramer (1. 1—6)
geht auch bei Oecumenius voran. Es hat gar keinen Anspruch auf
clementinische Herkunft. Bei Gramer läßt der neue Absatz (lin. 7
t5a7i€g)y bei Oecumenius die Wiederholung der biblischen Textworte er-
kennen, daß erst hier die Auslegung des Gl. beginnt. Bunsen p. 317
hat dies und das folgende Frg. gegen das Zeugnis des Oecumenius und
ohne Grundängabe dem 5. Buch zugewiesen.
2) TifAtov M: ^v C. Die Abkürzungen s. oben S. 66 Anm. 3.
3) Tov M: fehlt bei G. Im Folgenden ist die Interpunction bei M
und seinen Nachfolgern, aber auch bei G verkehrt.
4) ovxiti — aaQxi CB (hier ehv nad^jov): fehlt in M, ist sicher
echt, aber wahrscheinlich zu lesen etrjfiev na&rizoi.
5) xaC BG: fehlt in M.
6) ^y J' vnoTvn(6a€tov C.
7) Dindorflll, 494, 1—9 gibt auch hier neben dem Stück aus Oecu-
menius (D. 493, 16 — 18) dasselbe noch einmal aus Gramer mit einem
nicht dazu gehörigen Stück vorher (Gramer V, 391, 25—27). Diesmal
ist es nicht durch neuen Absatz, sondern nur durch die Wiederkehr des
Bibeltextes angezeigt, daß nur das oben Abgedruckte dem Gl. zuge-
schrieben sein soll. Ebenso bei Oecumenius, bei welchem das angeblich
erst durch Gramer Gegebene gleichfalls vorangeht.
5*
68 Hypotyposen Frg. 10.
5. Buch.
10. Eu8. h. e. I, 12, 1 u. 2. Tc^p S* ißdo[jb^xoyTa [Aad^fj-
x&v xardloyog /ticr ovdelg ovda(Afi (pigezai. Xiyezai (A€v elg
cLVT&v Baqvaßag yeyovivaij ov dia^OQCog iiev xal al nQCc^stg
%&v änoctoXbüp iiAVfilJitOvevGav y ovx fjxKrTa de xal o llavXog
FaXataig yga^coy. tqv%(ov d' slval tpaai xal 2(»(T&iyfiP toy
afiba TtavXff Koqiv&loig imateilapra, ^ d^ i(rTOQia naqct KXii-
fiepTi xaxä tf^v nifAnTf^y väy vnoTVTicicrecop , iv fi xal Kri^av^
neql ov (priffw 6 IlavXog' „ote de '^X&e Kfiq>äg etg ldvxi6%eiav,
xa%ä nqQ(T(onov avv^ äpti(TXfiv^^ epa tpfjal y^TOvivai TcSy ißdo-
fi^xopta (Aad^TcSy, o(jfi€OPV(ioy Ilitqff tvyxo^vovTa t^ anotmiXtif*
Cf, Chron. pasch, p. 224 (ed. Bonn. p. 421). Ileql de täv
nqoyeyQafifAivcop o' fiad^fittoy t<Sv fietä rovg i§t xovg ngoTeray-
fiiyovg ItTToqei KXfjfifjg 6 cvyyqayevg iy vfi nifATiTfi zciy vno-
tvnco<T€coy.
In dem Verzeichnis der 70 JUnger Chron. pasch, p. 213
(ed. Bonn. p. 400) steht an 2. und 3. Stelle: ß. Saoa&ipfig, oi
[jbifjbyjiTa^ UavXog KogiyS^ioig irciotiXXtöy, y, Ktjffäg, ofnoyvfiog
nizQOV, (p xal i[Aax^(TaTO IlavXog xaxä iovöalfffbov. Diese
beiden sind ebenso, nur in umgekehrter Ordnung zusammen*
gestellt von dem sogenannten Dorotheus (Chron. pasch, ed.
Bono. II, 126) oder Hippolytus (Hippol. opp. ed. Fabricius I,
append. p. 42). Die Unterscheidung von Petrus und Kephas
findet sich auch in den theilweise sehr alten Jiaxayal diä
KXfifieyTog^). Daß aber auch die Bemerkung über Barnabas
1) Lagarde, rel. iuris eccl. gr. p. 74, 4. 5; 76, 31; 78, 29. Ein
apokryphes Schriftcitat in GL str. I, 100, welches mit dieser Kirchen-
ordnoDg ziemlich wörtlich übereinkommt, wies Lagarde zu p. 76> 7 nach
und folgerte daraus praef. p. XIX, daß Clemens dieses Buch als hl.
Schrift gekannt habe cf. Hilgenfeld N. T. extra can. IV, 94. 95. 105.
Die sorgfältige Untersuchung von Erawutzki in der theol. Quartalschr.
1882 S.^ 359 ff hat klar gemacht, soweit sich Derartiges überhaupt be-
weisen läßt, daß eine wahrscheinlich in Egypten im 2. Jahrhundert ent-
standene, auf dem Barnabasbrief beruhende katechismusartige Schrift {al
(ft/o odol ^Toi nixQov xQtfitt?) von dem Verfasser der dtaxayal mit ka-
nonistischen Bestimmungen zu einem nothdürftig einheitlichen Ganzen
verarbeitet worden ist, und daß von diesem Redactor die Vertheilung
des Stoffs auf die Apostel herrührt, also auch die zweimalige Einführung
des von Petrus unterschiedenen Kephas. Unaufgeklärt ist aber nament*
lieh noch Art und Ursprung der älteren kanonistischen Schrift, welche
Hypotyposen Frg. 10. 11. 69
im 5. Bach der Hypotyposen stand, ist wahrscheinlich, weil in
diesem der Gaiaterbrief behandelt war, wo Barnabas dreimal
erwähnt wird. Daß er zu den 70 Jüngern gehörte, behauptet
Cl. auch Str. II, 116 (D. II, 220, 16) und Hypot. lib. VII frg. 19.
11. Joannes Moschus, Pratum spirituale c. 176^). Nal
durch den kanonistiscben Theil der iiarayaC als deren Grundlage hin-
durchblickt. Gehörte dieser kanonistischen Grundschrift die Liste der
12 Apostel oder apostolischen Männer an, welche jetzt an der Spitze der
Starayal steht (Lagarde p. 74, 4—6), aber vom Redactor nicht ge-
schaffen, sondern schon vorgefunden wurde (Erawutzki S. 397)? Dann
könnte Cl. aus dieser sehr alten Grundschrift seine Unterscheidung des
Kephaa von Petrus haben. Dagegen spricht nicht (Krawutzki S. 366
Anm.), daß Cl. den Kephas für einen der 70 Jünger und nicht für
einen Apostel hielt. Denn auch jene Liste nennt die 12 Männer nicht
Apostel, hat auch schwerlich die kühne Absicht gehabt, die biblischen
Apostel kataloge zu verdrängen. £8 hat der Verfasser wahrscheinlich ein
späteres Stadium der apostolischen Zeit sich vorgestellt, in welchem z. ß.
Jacobus Zebedäi schon nicht mehr lebte (Actor. 12, 2). Diese und
andere Lücken sind durch persönliche Jünger Jesu in dieser Liste ersetzt.
Das eine der dem Eephas in den Mund gelegten Worte Lagarde 76, 81
paßt trefflich in den Mund des Kephas Gal. 2, 11. Er warnt vor Sünden,
deren er sich selbst in Antiochien schuldig gemacht hat, vor Verursachung
von Spaltungen und vor falschem Ansehen der Person. Auch mit dem
kanonistiscben Theil der diarayaC berührt sich Cl. Alex, darin, daß er
die 24 Aeltesten der Apokalypse als Vorbild des kirchlichen Presbyterats
ansieht str. VI, 106. 107 cf. Lagarde 1. 1. 77, 30. Aber schwerlich wird
man hier weiter kommen, wenn nicht die didaxh rav dnoaroktov aus
dem cod. Constantinop. herausgegeben wird, aus welchem Bryennius uns
den ganzen römischen Clemens gegeben hat. — Die vorstehenden Sätze
gingen mir an demselben Tage zur Correctur zu, an welchem ich durch
die Theol. Literaturz. 1884 Nr. 3 die erste nähere Kunde von der so eben
erfolgten Veröffentlichung der „Apostellehre** erhielt. S. darüber am
Schluß dieses Bandes.
1) Migne tom. 87 col. 3045 nach Fronto Ducaeus. In den Auszügen
bei Cotelier, Monum. eccl. graecae II ist dies Kapitel nicht erhalten. —
In einem kurzen Tractat des „Theodoret, Bischofs von Tyrus" hinter
Chron. pasch, p. 438 (ed. Bonn. II, 144) heißt es: ivQofny ovv ly roTg
vnofivr^fjtaai rov ayCov SüOfQovlov xaX aXla fihv nlslaxa fiVfj/itjg a^ta,
nkkä /Ätjy xal tovto, ort fiovov rov ayiov IlijQov 6 xvQiog ofxeiats x^9^^^
ißanriaiv, IliTQog dh livdQiaVy xal l4vd()ittg *Iax(üßov xal *I(odvvrjVf ovrog
^k Tovg XoiTtovg naviag nnoaioXovg ^ xai ort ir^v Sianoivav r^fAtSv &€o-
roxov 'Tüfdvvrjg aijv Ttp IliTQffi Ißccjitiasv, Letzteres wird wohl nicht, wie
das Vorangehende, auf Clemens zurückzuführen sein; doch leidlich alt
mag es sein. Cf Lambec. comm. de bibl. Caes. ed. Kollarius III, 138 sq.
265. Gregorius Barhebr. zu Jo 11 (Comm. in ev. Jo. e thesauro myster.
ed. R. Schwarz p. 16) schreibt: „Meister Ephraim sagt: Nachdem er
70 Hy polypösen Frg. 11—13.
aXij&äg ißaml(T&fi(Tav , xad'dg KX^iJ^g ö atqcofiatevg iv t^
7ti(jbnT<ff TOfi^ rcop vnotvndaetov ^iiiv^tai, (pfifft yaQ, to äno-
(TtoXixöv Qfiiop i^fiyovybevoq zb Xiyov* j^evxaqiaxS , oti ovdiva
vi^coy ißamiffa^ ' *0 XQiffTog Xiyetai IHxqov iiopov fießami-
xivai, nitqoq de IdvdqiuVy ^Avdqiaq ^läxtoßop xal '/«ai^i^j/,
ixetvoi de zovg Xomovq,
12. Der Marcianus lat. class. XXI cod. 10 (saec. XIII) bat
nach ValentiDelli; Bibl. ms. ad S. Marci Venetiarura, codd. Lat.
tom. V p. 214 biDtcr der Historia scbolastica des Petras Com-
estor von anderer Hand folgendes Kapitel:
[Petrus et Paulus Romae sepulti sunt; Andreas Patrae civi-
täte Acaiae; Jacobus Zebedaei in arce Marmarica; Joannes in
Epheso; Philippus cum ßliabus suis in Hierapoli Asiae ; Bartho-
lomaeus in Albone, civitate maioris Armeniae; Thomas in Colamia
civitate Judae (!) ; Matthaeus in montibus Parthorum; Marcus
Alexandriae; Jacobus Alphaei iuxta templum; Thaddaeus et
Judas in Britio Edessenornm; Simon Cleophas qui et Judas,
post Jacobum episc, CXX annorum crucißxus est in Jerusalem,
Traiano mandante; Titus Cretae-^ Crescens in Galliis ;J Eunucus
Candacis reginae, unus ex LXX apostolis, in Arabia quae felix
est, ut , .^) Clemens in quinto libro hypotyposeon id est infor^
mationum.
13. Oecumenius (tom. I, 763 zu Gal. 5, 24). „Ol de tov
XqiffiQV %iiv ffäqxcc^, eha y %va (lij Xiyfoffi* xal xlq %av%a
noiei; (ptiffli^' oitol elffiv oi xavta noiovv%eq, olitiveg tiip aaqxa
%ov XqiffTOV, TOVtiffTi TO üixelov ffwfjba {ffäq^ yäg Xqictov %6
^lAireqop ffdifia) ifftavqtoffav xal qIop ivixqtoffap and tcov ffcofiati-
xdSy na&cdP, xal od fiopop to ffäfjba, oaop ^xep eiq %ä nd&fj, ifftav-
qcßffap, ct^^a xal avxa xä na&ti, offop ^xep etq to inneXeiffS'at,
naq avzdop efftavqtopTa^, xata TavtfiP t^p iqfMjpelap to j^de^
naqiXxetai. ij ovroog^)' xal tI Xiyoa, ^rfffip, ep xad-" ep dqetijg
(Lazarus) auferweckt worden, taufte ihn Johannes der Evangelist und
taufte seine Schwestern und die Theotokos**. Cf. auch den Hippolytus
Thebanus in Canis. lect. ant. ed. Basnage III p. 29. 37.
1) Die Puncte sollen wohl auf eine Lücke oder ein unleserliches
Wort in der Hs. hinweisen; es scheint ein refert, testatur oder dgl. aus-
gefallen zu sein. Fn Klammern habe ich gesetzt, was keinen begründeten
Anspruch auf clementinische Urheberschaft hat.
2) Potter 1015 und seine Abschreiber haben erst von hier an das
dem. Frg. mitget heilt und hiezu die bei Oekumenius gar nicht hiezu
wiederholten biblischen Textworte gestellt. Abgesehen von letzterer
Hypotyposen Frg. 13. 14 71
eldo^; eiGl yaq %iveq, ot xal iaxavqoatrav iavtov^, otTov nqog
%ä ndd'fi, xal xä nccd'fi, itrov nqoq kavxovq, xata xavtriv Tiyi/
€Qikfiv€lav od naqiXxerai %d „^i^- y>oi de tov Xqkttov'*, tov-
tiarip ovteq ^), riji/ eavTcoy aaqxa i(rtavQ(o<jai^. Ovtcog o ißli}-
fiiig iv ne(jb7tT(f vnotvnciffeoay.
14. Eu8. h. e. VI, 14, 2—4. Kai t^v nqog ^Eßqalovg de
inicxoXiiv IlavXov iiev eivai (fijtri, yeyqäfpd'at de '^Eßqäloig
kßqalxfi (poavriy Aovxäp de (piXoTificog avT^v [Aed'eqfAfjyevtTavTa
exdovvai ToZg'^EXXfitnv, o&ev tov avtov x^wra evqliXxecr&ai xatä
ttip eqfifireiay Tavrrig te tijg inKTToXrjg xal tcop üqal^eiav* [jb^
nqoyeyqafp&ai de %6 ^^TlavXog änoaxoXog^^ dxoxtog' ^lEßqaloig
yaq, yi^er/j/, ini(niXX(aVj nqoXfjifJiy eiXfjtpoiTi xa% avtov xal
vnonieifovciv avtov ^ Gvvetöig navv ovx iv dqxfi dnitqexpev avtov g
to ovofia ^elg^K eha vnoßäg iniXiyei' ^f^ötj de (log ö fiaxdqiog
eXeye Ttqeaßvteqog, inel b xvqiog änoctoXog mv tov navtoxqa-
toqog änectdXfi nqog ^Eßqaiovg, did ybetqiofqta b ITavXog, coijdv
eig td eO'Vij dnetTcaXfiivogy ovx iyyqdtpei kavtbv^Eßqaitav änO"
(TioXoVy did t€ ttjv nqog tov xvqiov tifiriv, did ,t€ to ix ne^
qiovalag xal toig ^EßqaCoig inictiXXeiv, id^vcov xi^qvxa ovta xal
dnoatoXov^^.
Das letzte Stück von inel b xvqiog auch in Cat. Cram. VII,
Willkür ist diese Abtheilung jedenfalls anmöglich ; denn darnach sollte
dem Gl. nur die zweite, für sich unverständliche Hälfte einer exegetischen
Erörterung angehören. Die Behauptung, daß nach einer gewissen Auf-
fassung das (fl nicht überflüssig und schleppend sei, fordert ja nothwen-
dig die vorangehende Behauptung, daß einer gewissen Auslegung das
(fl überflüssig sei. Eher könnte man denken, daß nur die letzten Zeilen
von dem ol ^k tov XgtaTov an, dem Gl. gehören sollen. Aber erstlich,
ist das hierauf Folgende so unerheblich, daß darum schwerlich Gl. heran-
gezogen und umständlich citirt worden wäre. Zweitens setzt das im
Text des Paulus nicht vorhandene iecvrav vor augxa voraus, daß aus-
drücklich eine andere Beziehung von (ra(»xa, nämlich die Verbindung mit
Xqiötov^ abgewiesen werden soll. Eben diese Verbindung war aber in
dem von Potter ausgelassenen Stück vollzogen, um dann durch eine
bessere Auslegung verdrängt zu werden. Also muß derselbe Autor jene
Erörterung zweier möglicher Auslegungen angestellt haben, welcher dies
iavTtov geschrieben hat. Endlich enthält alles Obige nichts dem Stil
und der Denkweise des Gl. Fremdartiges. Man wird nicht als Einwand
gelten lassen, daß Gl., soviel ich weiß, naqklxEiv in diesem Sinne immer
nur im Activ gebraucht str. VI, 133; VII, 41; VII, 51. — Bunsen p. 318
hat dies Frg. dem 6. 7. oder 8. Buch zuweisen wollen.
1) So emendirte Bunsen p. 318 das überlieferte Tovriatt nivomg.
72 Hypotyposen Frg. 15. 16.
286, 13—17 mit gleichgiltigen Abweichungen, von Dindorf III^
512, 10 als selbständiges Frg. aufgeführt. Der Catenenredaetor
schreibt direct oder indirect den Eusebius aus, welchen er p. 278,
16 hinter Theodoret's Hypothesis zum Hebräerbrief (Opp. ed.
Schulze III^ 542) citirt hat. Es lohnt sich nicht, die theils auf
Eus. h. e. VI, 14, 2 theils auf Eus. h. e. III, 38, 2 und somit
theilweise auf Clemens zurückgehenden Bemerkungen Anderer
zu erörtern z. B. Cat. Cram. VII, 115 (Severianus) ; Jo.Damasc.
ed. Lequien II, 258. Die Zugehörigkeit dieses Frg. zum 5. Buch
ist mindestens wahrscheinlich.
6. Buch.
15. Eus. h. e. VI, 14, 5—7. ^v&ig d' iv toTg avToTg 6
Klfffifig ßißXioig negl zijg td^ecag x&v evayf'isXlcop naqadoGiv
%C9P äpixa&€P nqecrßvTiQCOp Ti&eizatf xovtopexovcav top xqonov,
nQoyeyqä^&ai eXeyep tcop evayyeXioip rä neqiixovtu Tag yeysa-
Xoyfag, ro de xarä Maqxov ravzfjp icx^xivai trip oixoPOfiCap'
%ov nizQov dfiiHfOClff €P ^PcofAfi xtjQv^aPTog top Xoyop xal npev-
[Aat^ vo evayyeXiop i^einoptog^ Tovg naqopxag noXXovg optag
naqaxaXitxai top Mdqxop, (ocräp axoXovO'i^O'apta avr^ noqqto&ep
xal (ji,€(JifPfi(jbipop tcop Xexd'iptcop, äpayqdipai rä eiqtjfAipa^ noi^-
(TapTcc de to edayyiXiop (AevadoSpcci roig deofiipoig avrov* oneq
iniypopta top IHtqop nqoTQentixdog fi^ve x^XvCcci (ii^Te nqo-
Tqixpacd-ai* top iiiptoi ^Icöctppijp ecxatop (TVPidoPTa, Ott tä
(ro}[ji>atixä Sp toeg evayyeXioig ded^Xcotai, nqotqanipta vno
tcop yp(oqffi(op, nP€V[iati ^eo^poqrid'ipra , npevitatixop noi^ffai
evayyiXiop* toaavta b KXiii»>fig ^).
16. Eus. h. e. II, 15. Ovtfa 6ri ovp'^) €nidfi(ji,i^(Taptog avtoeg
toi ^elov Xoyov fj [lep tov Stfiaipog ctnicrßri xai naqaXQfjfAct (Tvp
xal t(f äpöql xataXiXvto dvpafug, toffovto d^ iniXafiipsP talg
tcop dxqoatcop tov lletQov diapolaig evffeßeiag (piyyog^ cog (i^ tfj
eiffdna^ Ixccpcog i'xeiP dqxaitr&at dxofi M^^ "^S ^VQ^W '^^^ d^elov
1) Die Zagehörigkeit dieses Frg. zum 6. Buch ergibt sieb aas der
gleich folgenden Parallele unter Nr. 16. Cf. außerdem die adumbr. zu
1 Petr. 5, 13. Nach diesen authentischen Aussagen des Gl. ist der fol-
gende Bericht des Eusebius, in dessen Verlauf sich derselbe auf Gl. und
Papias beruft, zu kritisiren. Er enthält in dem entscheidenden Haupt-
punct einen Widerspruch gegen Gl. Gf. übrigens Heinichen z. d. St.
2) varia 1. J' ovy.
Hypotyposen Frg. 16. 17. 73
xfjQvyfAOCTog didatrxalfy, naqccxXi^iTea^ ^) de navtolaig Mdqycop^
oi to evayyiXiov qiiqetai, ax6Xov9op ovra llitQOv XmaQrjtrai,
(og av xal dia yqatpi'lg vnofAPiifjbcc vijg dia Xdyov naQadod'ela'fjg
«VToJc xazaXelXf^oi didaoicaXiäg , firi TtqoteQOP re dpeevat,, ^
xaT€Qyä(ra(r&a$ xov ävdqa, xal TavTfj ah(ovg^) yevitrd'ai Tfjg
%ov XsyOfiiyov xatä Mccqxop evayyeXlov yqayfijg, yyoyTa di ro
nqax&iv tpaäi *) %qv anoatoXov AnoxoLXv\\)av%og ccvT(p zov npev-
[Aatog ifi(r9ijpa$ Tjj tcop ävdqo^p nqo&Vfjbia^ xvq&trai t€ t^v
yqa^^p eig eptev^iy zaig exxXfjfflaig {KXfjfAi^g iv exztf *) rcSv
VTtozvTtcocecöP naqaxi&eizai zriv Itrroqlav, (Tvpenifiaqzvqei 6*
atvtf xal 6 ^leqanoXhijg inl<Txonog ovoiiaxi Ilanlag)' zov de
Maqxov fiPfifjboveveip zov Ilizqov iv zfi nqoziq<f imffzoXfj, fjp
xal (Tvvzd^ai (patrlv in avzrjg T^cJ/iA^f, CfnialvSLV ze zovz avzop,
z^p noXip zqomxcizeqop BaßvXcopa nqocemopza dia zovzcop*
^äand^eza^ V(ji>äg ^ ip BaßvX&pi avpexXexzt^ xal Mäqxog o
vlog fiov'^
17. Ens. b. e. II; 1, 3. KX^(A7jg de ip exztf z&p vnozvmi^
(recop yqdfpcdp (ode naqCatijtn' Ilizqop ydq (pfi(n xaVidxwßop xal
^Icadppfip fierd z^p dpdXtiipiP zov awz^qog, cocräp xal imo zov
xvqCov nqozerifififiepovg, fifi inidixä^ec&at do^ngj dXV ^Idxtoßop
ZOP dlxaiop inltxxonop '^leqocroXvficop eXiod'ai^).
1) Von ntt()ttxXijaeai — IlanCag theilweise wörtlich wiederholt von
Victor Antiochenns im Prolog zum Commentar über Marcus mit der ge-
nauen Angabe: xai ravTa svQijffsig Evaißioy tov KaiffaQtiag iy i^
&svT^^(j) rrjg ixxkTjaiaOTtxrjg laxoQCag Xoyt^ kv x€(fiaXa£(^ n6vr£xai$exdj(^
noawg ixxt^kfxivov» Zuerst griechisch gedruckt bei Combefis, Bibl. graec.
patr. auctarium novissimum (Paris 1672) I, 436» sodann abgekürzt in
Matthäi's Ausgabe des Victor (Hoskau 177öj tom. I, 3 sq., in Cat.
Gram. I, 264, 10 — 16. Hier. v. ill. 8 reproducirt den Eusebius. Beda
im Prolog zum Marcuscommentar (Migne 92 col. 132) wiederholt die
ungenaue Uebersetzung des Rufinus, wonach Papias speciell für die auf
seinen Namen folgende Bemerkung über Marcus in 1 Petr. 5, 13 verant-
wortlich gemacht wird. Daß Papias den ersten Petrusbrief citirt hat,
bezeugt allerdiogs Eus. h. e. III, 39, 16.
2) Victor xttiJTriv aixiav. Derselbe bestätigt (nach allen angeführten
Drucken) das obige xrjg xov Isyo^hov^ daneben ist bei Eus. bezeugt tijg
XiyoiiivTig xov und xrjg ksyofidvov xov,
3) (pao£ fehlt bei Victor; derselbe nachher Tjad^rjvat fiiv. BeiMattbäi
ebenso, aber vorher yQa(piv statt nqax^iv»
4) Victor: %xx7ji . . naQaxld-sxai , , avventf^aQxvQstxat ttvxt^ Si, Bei
Matthäi und Gramer fehlt das oben Eingeklammerte.
5) Gf. Michael Glycas ed. Bonn. p. 426. — Wüßte man, ob ein Zu-
74 Hypotyposen Frg. 18.
18. Maximus Conf. ^) scholl, in Dionys. th^ol myst. e. 1.
IdvifViov de %ov%o „emd ovQapol^ xal iv %fi (TvyyeyQaiAfii^fi
l4qi(T%(ovi %(^ ITßXXaitp diaXi^ei Ilanlcrxov xal ^Idfftovog, fjp
(1. 6V) ^) KXfifiiig b ^AXe^aydqevg iv exTC^) ßißXltg toov vnoxv-
ndcBcav %6v ayiov Aovxäv (pfiaiv dvayqdxpai.
sammenhang und welcher besteht zwischen der alten Apokalypsis Petii,
welche Gl. in den Hypot. behandelt, und der arabischen Schrift gleichen
Titels, so würde auf c. 24. und 25. der letztern zu verweisen sein.
Nachdem in c. 23 die Geschichte Christi bis zur Auferstehung geführt
ist, folgt in c. 24: Quomodo dominus Jesus Petrum, Jacobum ac Johan-
nem assumpscrit iisque dederit spiritum sanctum cum potestate sanandi
morbos etc.; c. 25: Quomodo S, Petrus dominum Jesum Christum roga-
vity ut sibi patefaceret mysteria recondita. Nach Tischendorf, apocal.
apocr. d. XXII).
1) Dionysii Areop. opp. ed. Corderius. Ed. nova, Paris 1644,
vol. II, 242.
2 ) Diese nothwendige Conjectur machte Grabe Spicil. II, 130, zeigte
sich aber noch mehr geneigt zu der Annahme, daß Maximus die Worte
des Clemens falsch verstanden und wirklich fjv geschrieben habe. Aber
es läßt sich keine Vorstellung von einem Satz der Hypotyposen machen,
welcher so hätte misverstanden werden können. Clemens hat also nicht
die unsinnige Behauptung aufgestellt, daß Lucas der Verfasser des Dia-
logs „Papiscus und Jason** sei, sondern die sehr erträgliche, daß der
Jason jenes Dialogs der von Lucas Act. 17, 7*— 9 erwähnte Jason sei.
Cf. Otto, Corp. apol. IX, 350. Die Behauptung Harnack's (Texte u.
Unters. I, 1, 123; 3, 124), daß Grabe's Conjectur „einfach unerträglich** sei,
ist unüberlegt. Maximus hat nur darum gegen die ursprüngliche Form des
Titels (cf. Hamack 1, 117) den Jason hinter den Papiscus gestellt, um
an den Namen Jason die Bemerkung des CI. anzuhängen. Ferner wäre
«yayQdijfai (statt üvyyQailßai, avvraSao&ai, ygccxpai) ein befremdlicher
Ausdruck für die Abfassung einer Schrift. Und die Schrift des Aristo
mit dem Titel „ Disputation des Papiscus und des Jason** wäre doch das
Object bei der LA ^v, so daß also Stellen wie Eus. VI, 14, 6 {dvayQd-
\pai itt üqriiJLiva) gar nicht zu vergleichen sind. Wenn derselbe Maximus
(Opp. Dionysii tom. II, prol.) von Eusebius bemerkt ov%^ ijlijv navjnlvov jovg
novovg dveyQaipaTo , so will er ja nicht überflüssiger Weise verneinen,
daß Eusebius der Verfasser der Schriften desPantänus sei, sondern daß
er dieselben mit Titel und Namen angeführt habe. Das Wort ist ein
gebräuchlicher Ausdruck für die ehrenvolle Erwähnung des Namens in einer
öffentlichen Urkunde oder auf einem Monument, wie es die Apostel-
geschichte für die altkatholische Kirche war, und die Kirchengeschichte
des Eusebius für die späteren Jahrhunderte. Aehnliche Bemerkungen
zu neutestamentlichen Stellen hat Cl. in den Hypotyposen mehrfach ge-
macht (Frg. 10. IG). Endlich würde Maximus entweder seine Behaup*
tung, daß Aristo der Verfasser sei, nicht so unbedingt hingestellt, oder
Hypotyposen Frg. 19. 75
7. Buch.
19. Eu8. h. e. II, 1, 4 sq. 'O d^ avvog iv ißdoficp Tfjg
avtijg vnod'i(T€(og er« xal zavza neql aitov (pfjali^' j^Iaxdßm tcS
dixaiif xal ^Icadyvfj xal Uitqtf fAerä tifp ävactapiv naqidtaxe
tfiy yvmtnp 6 xvQiog, ovxoi volg XomoXg änotTToloig naqidtaxav,
ol de XoiTiol än6(JtoXoi rotg eßdofjb^xopra , &v elg ^p xal Baq-
vdßag ^). 8io de yeyopao'iv ^Idxcoßoi, elg o dixatog, o xarä rot
meqvyiov ßXfjS^elg xal vnb yyaqfiaig ^vX(p nXfiyelg elg ^dvarov^
exeqog de o xaqaTOfAfid^elgJ' Cf. Eus. h. e. II, 23, 3. Tov de
Tflg rod ^laxAßov TeXevtijg xqonov ^dfi fiep nqoteqov ai naqa-
ved^eiffai %ov KXfi(Aeyxog ifcaval ded^Xcoxaaiy^ and tov meqvylov
ßeßXfjff^ai, ^vX(f ze T^y ngog d-dvatov nsrtXrlxd'ai avvov itTxo-
die ganz abweichende und abenteaerliche Meinung mit Stillschweigen
übergangen haben» wenn er sie bei dem von ihm so hoch verehrten Gl.
gefunden hätte.
1) Hier hat Potter p. 1015 das Frg. geschlossen, aber aus Eus. II,
23, 3 (s. oben im Text) ergibt sich zweifellos, daß auch der folgende
Satz bis xaqajofirifhsig noch dem Gl. angehören soll. Gf. Schwegler*s
Selbstverbesserung hinter seiner Ausgabe des Eusebius p. 391. Mög-
licher Weise gehören dem Gl. auch noch die 'weiter folgenden Worte
avTOV ^ii TOV dixaiov xai 6 Ilavlog f4yriuoV€V€t yQcifptov' €T€Q0V ^h rtav
ttnoOTolfav ovx tJ^ov, ei firj *Tdx(oßov tov dSeXtfov tov xvghv. Gf. die
ähnlichen Bemerkungen in Frg. 10. 16. 18. Jedenfalls kann sich Eusebius
nicht darin geirrt haben , daß er diese Bemerkung auf Jacobns den
Bruder Jesu bezog. Gegen die Beanstandung des Ttp Sixait^ von Seiten
Gredner's s. besonders die gründliche Erörterung von Lightfoot, Galatians
(4. ed.) p. 272. Derselbe macht treffend darauf aufmerksam, daß die
Ophiten, welche das dem Gl. wohlbekannte Egypterevangelium (str. III,
45; 63-66; 92; 93) in Gebrauch hatten (Hippol. refut. V, 7 p. 136 ed.
Gotting.), gleichfalls den Jacobus, den Bruder des Herrn, als eine
Hauptquelle geheimer Tradition ansahen (Hippol. refut. V, 7 p. 134;
X, 9 p. 502). Vielleicht ist also das Egypterevangelium die Quelle des
Gl. Dem Bruder Jesu diese Rolle anzuweisen, war erträglich,, wenn
man wie Gl. die Uebertragung der Geheimtradition an ihn in die Zeit
nach der AufersteTiung Jesu verlegte, zu welcher Zeit die Brüder Jesu
bereits gläubig waren (Actor. 1, 14; evang. Hebr. bei Hilgenf. N. T.
extra can. IV, 17, 31)* Sehr zweifelhaft dagegen ist, ob Gl. str. I, 11
(D. II, 11, 7) und Str. VI, 68 (D. III, 178, 14) diesen Jacobus im Sinne
hat, wenn er ihn mit Petrus, Johannes und Paulus als Inhaber der ge-
heimsten Erkenntnisse und Hauptquelle der Tradition zusammenstellt.
Wahrscheinlich liegt dem ebenso wie der Zusammenstellung bei Tertnilian
(Scorpiace 12) die Erinnerung an Mt. 17, 1 ff. und 2 Cor. 12, 4 zu Grunde,
Gf. übrigens unten Anm. 15 zu den Adumbrat. und vorhin Frg. 17.
76 Hypötyposen Frg. 20-25.
Qfjxirog ... § 19. Tavta dia nXätovq, avv<fdä di rtf KX'^pbepvi
xal 6 ^Hy^iTiTinog. HieroD. v. ill. 2 hat in Folge nachl&ssiger
LesQDg dieses Kapitels die ganze Erzählung des Hegesippus
dem Gl. angedichtet, und überdies Josephus und Hegesippus,
die bei Eusebius scharf geschieden sind^ in unklarer Weise
combinirt.
20. Eus. h. e. 11^ 9; 2 sq. Hegl tovjov <f' i KXrigjbfi^ tov
^Jaxcißov ^) xai IffToqlap fAv^fAfi^ ß^iav iv t^ tmp inotvndffecav
ißdoftij Tcaqaxl^ettti, dcäp ix naQadoffetog xäv nqo adtoif g>d(ncü»Vf
OTi dfi eltxayay^v avtov eig dtuatrtiiqiov, ikaqzvqiitrayta idtop
avxovy xiPfj&eig tofboXoyfiaey elvai xal ttVTog iavzdv XQKTtiavop*
<rvpaTfrjx9'i}(fciy qvp äpktpia, iffiai, xal xatä %iiv idov fj^icotrey
d^e&fjptti aizi^ vrto xov ^laxdßov, o de oXfyoy (rxeipafAevog
rtsiqfivfi <To&^ sine, xal xatetpikficev aitov, xal ovxo)g dfi^dzeQoi
oibov ixaQaxofni&fjtray.
21. Oecumenius (tom. 11^ 220 zu 1 Tim. 2; 6). j^KaiQoig
tölotg^^ , (pi^ffly %ov%i(Ttiv Sxe entTiiöeiaig elxov nqog z^y nltruy
ol äy^QtöTtoi. Ovxcog b Kl^fnig iv C vriotvnwaei&y,
22. Oecumenius (II, 229 zu lTim.3, 16). ,:nq>»fi drriXoig'^'
(a fivtn'^Qti^y, (Aed^ ^(leHy eldoy ol ayyeXoi %ov Xq^tTtoy TtQoteQi^y
Qvx OQcoyteg — ovx «e zoeg äy&Qwnoig. OSzcag i KX'^fAiig iv
z^ eßd6(j>(f zcSy vnozvnciffec^y,
23. Oecumenius (U, 237 zu 1 Tim. 5, 8). „Kai (idXiCza
zmy Oixel(av^\ Tdy Idlmy xal zday oixeltav ngopoei 6 fß^ ybopov
zäy TiQOfffixoyztoy fiqovo&y^ äXXä xal avzog iavzov öia zov
ixxonzeiv zä nd&fj, Ovzcog S KXrifi^g iv eßdop^df vnozvnwffemv.
24. Oecumenius (II, 238 zu l Tim. 5, 10). ,,Ei dyltov nodag
eviipe*^, zovzi(Tv&v ei^) zag icxdzag vn^qeG(ag dvenaiffxvvzti^g
iSeziXetrev, Ovzcog 6 KXfififig iv ißdoiKf inotvncoffefov.
25. Oecumenius (11; 242 zu 1 Tiip. 5, 21). ,yXfaqlg nqoxql-
[Aazog^', olov^) ävev zov eXg zi nzaltravza ynonetretv zfj xqitrei
1) d. b. der Sohn des Zebedaus. Es gebt bei Eusebius voran ein
Citat aus Actor. 12, 1 f. Aus Rufin's Uebersetzung von Eus. h. e. 11, 9
wird auch wohl das excerpirt sein, was nach dem Catal. des bibliothcquos
des döpart. II, 72 sq, in einem cod. lat. 154 zu Troyes stehen soll: un
mot de CUment d'Alexandrie sur ces mots: Occidit quidem Jacohum
fratrem eins gladio,
2) Morellus etg.
3) So Morellus, tovrianv Potter.
Hypotypoeen Frg. 26—28* 77
Xffi t^ %^g naqaxp^g KoXdffCi. Ovtoag 6 KX^ptfig Sp ißiofMf
26* Oecamenius (II, 248 zu 1 Tim. 6, 13). ,,Tov (AaqtvQfiiTap*
zog irü IIovxlov, IliXdxov^-, ^EfiaqtvQfitTe yaq di mv enqavfevj
o%4 adrig ia%$v o XQnndg ^) o vlog tov &sov. OStiag 6 Kliq^jL^ig
iy ißd6(jf,(f vnotvnmcemp.
27. Oecumenius (II, 249 [soll sein 263] zu 2 Tim. 2, 2).
yMa nolXü^v (AaqfVQ<0y^^ TOvritTTt^ vo/jbov xal ngotp^iväif * tovvovg
yän^ 0^) dni(noX9g STtoutto (idgtvQag Tot; Idiov xfiQVf^fLarog'
OvTtog Q KX^gAfig iv ißioiAtp imnvndfremv.
28. Hieher. gehört auch^ was Maxiraus Gonfessor (de variis
diff. locis Dionysii et Giegorii ed. Oebler p. 60) von Pantänos
zu berichten weiß. Denn erstlieh wissen wir nichts von Schriften
des Pantänus, aus welchen Maximus dies hätte schöpfen können.
S. unten Theil II Kap. 3. Sodann redet Maximus nicht von
Pantänus allein. Der in der ganzen Mittheilung festgehaltene
Plural wäre unverständlich, wenn Maximus hier aus einem
Werke des Pantänus schöpfte, wenn also ol neqi Jlavtmvov
nur jene periphrastische Formel wäre Air die Bezeichnung des
einen Pantänus. Maximus muß also diese Erzählung einem
Werk entnommen haben ^ in welchem von einem Kreis von
Männern, unter welchen Pantänus die Hauptperson war, solches
erzählt war. Nun wissen wir aber von Clemens und nur von
ihm, daß er Schriftauslegungen und historische Mittheiiungen,
welche er aus dem Munde des Pantänus und anderer älterer
Lehrer gehört hat, schriftlich aufgezeichnet hat, und zwar be-
sonders in den Hypotyposen, wie das weiter unten näher nach-
zuweisen ist. Wir wissen ferner^ daß Maximus die Hypotyposen
gelesen und anderwärts citirt hat (s. oben S. 74). Auch deutet
er selbst auf seine Quelle hin, indem er den Pantänus sehr
feierlich als Lehrer des großen Stromateus einführt. Nach alle
dem dürfte es gewiß sein, daß folgende Sätze des Maximus ein
Frg. der Hypotyposen des Cl. enthalten. Im schlimmsten Fall
sind sie einem andern Werk des Cl. entnommen.
TovTovg de ovg etpfiv tovg Xoyovg b [isv ^AqBonaytvvig ayiog
Jiovvffiog ngooQKTfiovg xal &€£a ^eX^fiata xai>ei(T&ai vnb zijg
YQaq>fjg ^(Aag ixdtdäffxet, ^0[Aol(og de xal ol neql nävtaivov
1) XQiat6$ fehlt bei Klotz IV, 72 j Bansen p. 323.
2) o mit Potter, fehlt bei Morellus.
78 Hypotyposen Frg. 28. 29.
TOP yepoiAepoy xa&fiyijt^p rov atgtofiaTicog fbeydXov KX^fievrog
&e7a &eXriiiata vfi ^Qcc^fi ^iXov xaXei(rd^a£ ipaci, ''O&ep iqmtfi-
&ip%eq vno tivcöp %&v e^oa naldevtnv YavQcoy, n&g y^pwcnceip
ra ovta %ov &e6v dol^ä^ovaip ol XQKTticcpol, ineiXtitpozdap
ixelpatp, poeqcog zä porjtä xal ala&fixix&q xa ahrd-tiTct yipdtrxeip
avTop %ä opta, änexqlpapzo' (i'^ze aiffd^t^xmg %ä aic&iixä [ai^ts
po€Q(Sg vä pofjTce' od yaq elpai dvpatop top insQ tu optu
xccTcc To op%a Toip oPTmp dpTiXafbßdpea&ag, aVC cog Id^a d-eXi^-
(jbUTa yipci(rx6ip avTOP Ta ipra ^afiip, nQ0(r&iPTeg xal tov
Xoyov To evXoyop. Ei yaq d^eX'^fiaTi tu ndpra nenoltixe^ xal
ovdelg äpregei Xoyog, yipcitrxeip de to l'diop &iXfi[Aa top d^eop
evtreßig ts Xiyetp äel xal dtxaiop iarip, exaotop äs twp yByo-
poTdUP d^iXiöP nenoifjxep, uqa <og Vdia ^eX^fAUTa & d^eig tu optu
yipüiffxe^, inetöii xal S^iXtap tu optu nenoif^xep.
29. Mehr oder . weniger Wahrscheinlichkeit spricht dafür,
daß von den Frg. ungewisser Herkunft Nr. 5— 13 (oben S. 50 flf.)
den Hypotyposen angehören. Ein wörtliches Citat, welches
man übersehen konnte^ steht oben S. 65 unter Nr. 4: bei Photius.
Ein anderes griechisches Frg. s. unten bei den lateinischen
Adumbrationes zu 1 Jo. 2; 3.
Adumbrationes in I Petri 1, 1-9. 79
[Adambrationes Clenientis Alexandrini in epistolas eano-
nicas.]
Ex opere Clementis Alexandrini, cuius titulus est neql vTJcotvnoi-
(TBtov, de scriptionibus adumbratis. In epistola Petri prima catholica.
5 Benedictus dem et pater domini nostri Jem Christi, qui per I Petri 1, 3
magnam misericordiam suam regeneravit nos. 81 enim deu8
DOS grenuit ex kDateria, postea vero secundum profectam vitac
regeneravit pater domini nostri^). Per resurrectioneni Jem
Christi; secundum fidem nostram resurgit in nobis, sicut e eon-
lOtrario moritur in nobis, nostra infidelitate faciente^). Dicebat
autem iterum ^) , nunqnam reverti seeundo ad corpus animam
in hac vita, neque iustam^ quae angelica facta est, neque ma<
ligni; ne iterum occasionem peccandi per susceptionem carnis
accipiat, in resurrectione autem utramque in corpus reverti.
15Goniunguntur sibimet invicem iuxta genus proprium, secundum
conpositionem alterius se quadam congruentia coaptantes sicut
sagena vel aedificatio lapidum. Propterea Petrus inquit: et vos2, 5
ipsi sicut lapides vivi aedißcamini domus spiritalis, — Cmtodi- 1, 4
tum scilicet in caelis, locum signiiicans sedis angelicae. In vos,
20 inquit, qui in virtute dei conservamini fide ac speculatione, per-i, 5
cepturi finem fidei vestrae animarum salutetn, Hinc apparet, 1, 9
1. Adumbrationes — canonicas M (davor inciptunt) P: ^ L (über
dessen Generaltitel s. oben S. 11) | 3—4. Ex opere ~ catholica L (das
Griechische pery hipothypotyposeon [sie] , daraaf descriptionibus als ein
Wort, wie manchmal): ^ MP, letzterer daftir Clementis Alexandrini
commentarius in I D, Petri canonicam | 6. enim L: etenim MP | 8. re-
generavit pater etc. ohne Interpanction LM: regeneravit. Pater etc. P.
Die Ziffern 1 ff. weisen auf die Anmerkungen hinter dem Text der
Adnmbr. | 9. nostram LM: vestram P | resurgit L: resurgentis MP |
10. nostra LM: id nostra P | 12. iustam LM: iniustam fieri P | quae
angelica MP: quae quia elica L (erste Hand, der Gorrector machte
daraas quae que angelica) \ maligni L: malignam MP | 13. occasionem
MP: occasione L | 14. accipiat MP: accipiet wie es scheint L | utramque
MP: veramque L, utrumque Klotz | 15- coniunguntur JAP : so auch durch
Correctur erster H. in L, ursprünglich wohl coniungitur ] invicem MP:
in vitam L | 16. conpositionem L: compositionem MP | «cMP: ad L |
coaptantes MP: cogente L | 18. ipsi MP: ipsis L | spiritalis LP: spiri-
tualis M (?) D I 19. caelis L: coelis P, cocKM(?) D | 20. in L: >MP
perceptori L |
80 Adnmbrationes in I Petri i, 10 — 2, 9.
quoDiam non est naturaliter anima iDCorruptibilis, sed gratia
dei per fidem et iustitiam et intellectum periieitur incorruptibilis.
1, ioDe qua salute inquit exquisierunt et scrutaU sunt prophetae et
cetera quae sequuntur*). Declaratur per haec, cum sapientia
1, Hlocutos esse prophetas; et spiritum in eis Christi fuisse secon-5
dum possessioDcm ; inquit, et subiectionem Christi; per archan-
gelos enim et propinquos angelos, qui Christi vocantur Spiritus*),
1, 12operatur dominus. Quae nunc inquit adnimtiata sunt vobis per
eos, qui vos evangelizaverunt. Vetera^ inquit; quae per prophetas
facta sunt et plurimos latent, nunc vobis revelata sunt per cvan- 10
gelistas. Vobis enim, inquit, manifestata sunt per spiritum
sanctum^ qui missus est, hoc est paracletum, de quo dominus
Jo. 16, 7dixit: nisi ego abierOj ille non veniet. — In quem concupiscunt
inquit angeli prospicere; non angeli apostatae, sicut plurimi sus>
picantur, sed, quod verum est ac divinum, angeli qui desiderant 15
1, 19profectum perfectionis illius adipisci, Sanguine 'mqmt pretioso
sicut agni incontaminati et inmaculati. Hie tangit leviticas et
sacerdotales antiquas celebrationes ; significat autem animam
1, 20mundam per iustitiam, quae oflFertur deo. Praecogniti quidem
inquit ante constitutionem mundi; primo quippe praecognitus 20
ante omnem creaturam, quod erat Christus, manifestatus autem
1, 23**w novissimis per generatum corpus. Regenerati non ex semine
corruptibili, Corruptibilis igitur est anima, quae cum corpore
1, 25simul profunditur, ut quidem putant*). Verbum autem domini
inqnii permanet in aeternum^ tam prophetia quam divina doctrina.25
2, 9 Vos autem genus electum, regale sacerdotium, Quoniam
vero electum genus sumus dei electione, abunde darum est;
regale autem dixit, quoniam ad regnum vocati sumus et sumus
Christi ; sacerdotium autem propter oblationem quae fit orationi-
2. intellectum LM: per intellectum P | 4. cetera LM: caetera P
secuntur L | haec.L: hoc MP | 6 inquit L: > MP | 8. adnuntiata L:
annunciata MP | 9. vos L (^Bvayy^hoccfiivov vfiag): vobis MP nach der
Vulg. I 10. latent MP: latet L (vielleicht echter Gräcismus) | 11. mani-
festata LP: manifesta M (?) D | 12. paracletum LMD: paraclytum P |
16. adipisci MP: indi pici L (zwischen beiden ein verwischter Buchstabe
oder Fleck im Pergament , und vor ci ein s übergeschrieben) | praetioso
L I 17. inmaculati L: immaculati MP | 19. deo MP: dno L, aber n ra-
adirt | 21. manifestatus L: manifestati MP | 23. quae MP: quaem L {
I 24. quidem L: quidam MP | 25. tam in L erst von 2. Hand tibergeschrie-
ben I 27. abunde darum MP : abundet lasum L | 28. et sumus LMP (auch
noch Klotz richtig) : > D |
Adumbrationes in I Petri 2, 23 — 3, 22. 81
bus et doctrinis, qaibus adquiruntur anima'e, qüae offeruntur deo*
Qui cum malediceretur, inquit non maledicebat ; cum pateretur,2t 23
non comminabatur y dominus hoc titique per bonitateiü atque ; -
patientiam. Tradebat autem inquit iudicanti se iniuste'^)^ sivo
Ösemetipsuni (ut sit hyperbaton hoc modo se habens: tradebat
äatem semet ipsum secundum iniustam legem iudicantibus^ quia
inutilis erat illis, utpote iustus exsistens), sive tradebat deo
iniuste iudicanteS; id est eos, qui eum nequissime eondemnabant
et gratis neci eins instabant; ut snpplicia sumentes erudiantur.
10 Qui enim inquit vult vitam diligere et videre dies bonoSyS, 10
hoc est qui vult aeternus et incorruptibilis fieri. „Vitam" vero
dominum dicit, „dies autem bonos'' sanctos. Quia oculi inquit 3, 12
domini super iustos, et aures eins in preces eorum. Multiformem
Spiritus sancti speculalionem'*) significat. VulfuS autem domini
\^ super facientes malay hoc est sive iudicium sive ultio sive mani-
festatio. Dominum vero Christum inquit sanctificate in cordibusS, 15
vestris^). Sic habes etiam in oratione dominica: Sanctißcetur Mi 6, 9
inquit nomen tuum, ^— Christus efiim inquit semel pro peccatis nostris 3, 18
mortuus est, iustus pro iniustis, ut nos offerret deo, mortißcatus,
20 quidem carne, vivificatus autem spiritu. Haec ad fidem eorum re-
digens dicit; hoc est: in nostris vivificatus est spiritibus. Ad-
veniens inquit praedicavit eis, qui quondam erant increduli.^^ 19. 20
Speciem quidem eins non viderunt, sonitum vero vocis audi-
erunt^). Cum smtineret inquit dei longanimitas. Ita est bonus •
25deuS; ut etiam per eruditionem salutis operatur effectum. Peir
resurrectionem inquit Jesu Christi y scilicet quae per fidem in 3, 21
nobis eflfeeta est. Subiectis sibi angelis, qui sunt primus ordo3, 22
profectus; subditis etiam potestatibus, quae sunt secundi ordinis;
1. cMn L übergeschrieben | 3. atque (pacientiam) L: et MP | 4* in-
quit L: ^ MP I 86 MP: ^ L I 5. w^ sit MP: ^ L | 6. iniustam L (von
erster H. corrigirt statt urspr. iuste) MP | 7. erat illis LM : illis erat P j
sive LM: ^P, i?e? D | 9. sumentes LMP: perpetientes D | 10. inquit hier
L: Yor diligere MP | vitam in L aus viam corrigirt, ebenso 1. 11 | 11. et
incorruptibilis MP: in L erst durch Correctur aus 6«^ (?) corruptibilis
12. bonos LM: -j- hoc est P | inquit MP: in L übergeschrieben iquid
13. praeces L | 14. sancti MP: sanctis L | 17- orationem L \ 18. inquit
hier L: hinter nomen P, > MD | 23. sonitum L (das o über Ursprung*-
Hohes i übergeschrieben): sonum MP | 24. sustineret L (ans^s^^x^To):
sustinet MP | 25. operatur L {ut c. indic. au<3h zu 1 Jo. 3, 2 cf. Rönsch,
Itala u. Vulg. p. 429): operetur MP | 28. profectus L (= r^g ngoxon^s
cf. p. 79, 7 ; 80, 16 und nicht etwa an das profectus in coelum dieses
Zahn, Forschungen. III. ß
82 Adnmbrationes in I Fetri 4, 5 — 5, 13.
Bubditis qaoque virtutibus, quae ad tertinm ordinem pertinere
dedarantor.
4, 5 Qui reddent inqoit rationem ei, qui paratus est iudicare
vivos et mortuos. Hi secundum praeccdentia erudiuntur iadicia.
4, 6 0b hoc Qtiam subinngit: Propter hoc enim et mortuis evangeli-ö
zatus est, nobis videlicet qui qaondam extabamus intideles; ut
iudicemur quidem secundum hominefn inquit in carncy vivant au-'
tem secundum deum in spiritu. Qai a fide videlicet exciderunt,
dam adhae in carne sunt; iudicantur secuDdum iadicia prsiece-
dentia, at poeniteant. Idcirco etiam subnectit dicens: vivantiO
i Cot, bf b secundum deum in spiritu, Sic Paulas quoqae; nam et ip^e
Ulm. 1,20 tale aliqoid dicit, quem tradidi inquiens satanae, ut vivat spiritu.
4, 10 — Sicut boni videlicet dispensatores multiformis gratiae dei,
Hebr. 1, 1 Similiter etiam Paulus ^® ) : multifarie inquit et mtdtimodis deus oUm
4, iSlocutus est patribus nostris. — Gaudete iuquit communicantes i^
passionibus Christi; hoc est; si iusti estiS; propter iustitiam
patimini, sicut et Christus pro iustitia passus est. Beati inquit
qttoniam qui est eius honoris et virtutis dei Spiritus super vos
requiescit^^). Hie possessivnm ^^eius^' et angelicum spiritum
significat, gloria quippe dei illi sunt, per quos secundum fidem20
et iustitiam glorificatur ad gloriam honorabilem secundum pro-
fectum introductorum fidelium. Potest etiam sie intelligi : ;,spiritus
dei super nos^S hoc est; qui secundum fidem animae super venit
4, iTveluti venustas quaedam et animi pnlcritudo. Quoniam inquit
tetnpu^ iudicii inchoandi a domo domini. His ^^) enim in perse- 25
cutionibus constitutis iudicium consequetur.
5, 10 Deus autem inquit totius gratiae. „Totius gratiae" dixit.
5, 13 quoniam bonus est et omnium bonorum dator est ipse. — Marcus^
Verses ist zu denken) : ^ MF | etiam LM : et vor dem ersten suh-
ditis P I potestatihus MF: expotestatibus L | quae L: qui MF \ i. ad
LMPD: ut Klotz | 4. praeccdentia MF: praecidentia L, aber 1. 9 hat
anch L praeced,^ oder soll an beiden Stellen dnöTofia xQifAara tibersetzt
sein? I erud, iudicia LMF: iudicia erud. D | 6. videlicet hier L: hinter
quondam MF | infideles: letztes Wort auf fol. 3^ in L, dahinter fehlt ein
Blatt, der ganze Rest der Auslegung von I Fetri | 7. inquit MF: ^ Klotz |
8. qui M: quia P | 10. peniteant P | etiam M: et F \ \i, in spiritu hier
M: vor secundum P | 13. videlicet MF: > Klotz | 14. etiam TA: et F
multimodis MF: multis modis D | 17. 6« MF: > D | 19. hie MF: hoc D
24. pulcritudo MD: pulchritudo P | 28. ipse MF: salutat vos Marcus
filius meus •4- D (mit den älteren Ausgaben z. B. Ittig, Potter, Klotz,
Bansen) |
Adumbrationes in epist. Jndae ▼. 1—6. 83
Petri sectator, praedicante Petro evangeliam palam Romae coram
qaibnsdam Caesareanis equitibus et malta Christi testimonia
proferente, petitus ab eis, ut possent quae dicebantnr memoriae
commendare , scripsit ex his qaae Petro dieta sunt eyaDgelinm
5qaod secandum Mareum vocitatur^'); sicüt Lucas quoqae et
actus apostoloram stylo exsecntus agnoscitar et Pauli ad He-
braeos interpretatas epistoläm.
Explicit in epistola Petri prima.
Incipit eiasdem in epistola Jndae catholica.
10 Jndas, qui catholicam ^^) scripsit epistoläm, frater filiornm
Joseph exstans valde religiosaS; et cum sciret propinqaitatem
domini, non tarnen dicit se ipsum fratrem eins esse, sed quid
dixit? Judas servus Jesu Christi, utpote domini; frater autem^. 1
Jacobi; hoc enim verum est, frater erat ex Joseph ^*), Sub^
\f)introierunt enim quidam inqait homines impii, qui olim prae-y>^
scripti et praedestinati erant in iudicium dei nostri^ non nt fiant
impii, sed exsistentes iam impii praescripti sunt in indicinm.
Quoniam dominus deus semel poptdum inqait de terra Aegyptiy. 5
liberans, deinceps eos qui non crediderunt perdidit, ut eos vide-
20 licet per snpplicinm erudiret. In praesenti qaippe tempore
puniti sunt et perierunt propter eos qui salvantur, donec conver-
tantur ad dominum ^•). Angelos vero inquit qui non servaveruntv. 6
proprium principatum , scilicet quem acceperunt secundum pro-
fectum, sed dereüquerunt inquit suum habitaculum, coelum vide*
25 licet ac Stellas significanS; apostatae facti sunt et vocati; in
1. pälam hier MP : vor praedtcante D | 3. petitus MP (auch noch
Ittig, Bansen): penitus D (zuerst bei Potter) 4. Fetro MD: a Petro P |
6. agnoscitur Bansen: agnosceret MP | 8. explicit — prima M: explicit
dement. Alexandrini comment. in epist, Petri J P, ^ D | 9. Incipit —
catholica L, der hier wieder anfangt (das in übergeschrieben nnd wie
bei ihm manchmal aber nicht immer epistuJa) M (^ catholica): Incipit
eiusdem comment. in epistoläm Judae P, eliisdem adumbrationes in
epistoläm Judae D | 11. Josep L | e^ L: ^ MP | 12. quid MP: quidquid
L ) 14. ex L (das x über den Band geschr., aber von erster Hand):
eiits MP, eins, filius Bonsen, vielleicht zu lesen eins ex, aber nicht noth-
wendig | 15. praescripti MP: perscnpti L, ebenso 1. 17 t 16. in iudicium
hier L: vor praescripti MP | 18. Aegypti LMD: Egypti P | 19. non LMD:
> P I 24. videlicet ac LMP: scilicet et Klotz | 25. significans — vöcati
MP: significato vocet etiam apostate et facti sunt exuacari L; diesem
sinnlosen Worten liegt vielleicht die richtige LA zu Grunde. Obiger
Text befriedigt nicht |
6*
64 Adumbrationes in epist. Judae v. 7—12.
ittdicium inquit magni diei vinculis perpetüis steh caligine reser-
mviL Vieinam terris locum; hoc est caliginosam aSrem significat.
Vincula yero dicit amissionem honoris, in quo coDstiterant, et
cnpiditatem iDfirmaram rerum , cupiditate qaippe devincti propria
V. 7converti non queunt. Sicut Sodoma inquit et Gomorrha, quibusö
^*' ^AA ^\l significat dominus remissius esse et eruditos paenituisse. Simi-
V. ^liter quidem inquit et hi somniantes; hoc est qui somniant
imaginatione sua, libidines et reprobas cupiditates bonum esse
putantes; non illnd quod vere bonum est et omni bono superius.
Camem quidem inquit maculant, dominationem autem spernunt^ 10
maiestatem atUem blasphemanty hoc est solum dominum^ qui vere
dominus noster est Jesus Christus et solus laudabilis. Maiestatem
V. 9 inquit blasphemant, hoc est angelos. Quando Michael archan-
^elm cum diabolo disputans altercabatur de corpore Moysi, Hie
' . confirmat assumtionem Moysi ^''). Michael autem hie dicitur, qui 15
per propinquum nobis angelum altercabatur cum diabolo. Hi
V. \'Qautem inquit quaecunque quidem ignorant, blasphemant; quae-
cunque autem naturaliter tamquam muta animalia noverunt^ in
his corrumpuntur. Significat eos comedere ac bibere et rebus
veneriacis indulgere, et alia eos perpetrare dicit, quae sunt 20
communia cum animalibus ratione carentibus. Vae Ulis inquit
V. ii quia in via Cain abierunt. Sic etiam peccato Adae subiacemus
V. 12 secundum peccati similitudinem. Nubes inquit sine aqua, hoc est qui
verbum divinum et fecündum in se non possident. Ob hoc,
inquit, et a ventis et spiritibus violentis huiusmodi circumferuntur2b
homines. Arbores inquit autumnales infructuosae^ infideles vidc-
licet, qui nullum fructum fidelitatis apportant. Bis inquit ^^or-
tuae; semel scilicet, quando delinquendo peccarunt; secundo
1> magni LMPi magnae D | diei D: dei MP, de (mit vinculis zu
,einem Wort zusammengezogen) L | 3. dicit L: dixitUF \ constiterant MF:
constitu^rant L | 4. infirviaiumhyiP: infimarum Bunseu | 5. converti }iF*,
conueri L | gomurra L | 6. paenituisse L: poenituisse MP | 7. quidem L:
isdemM.^ iisdemF j hi LP: hicM. | 8. sua MP: sunt L (vielleicht richtig) {
.9. est MP: esse putantes wie vorher L, aber durch Puncte notirt |
11. blasphemant MP: davor nochmals spcrnunt L, aber punctirt | 13. u.
15. Michael MF: Michahel L, derselbe archangelos, aber o punctirt uud
u übergeschrieben | 14. Moysi zweimal LMP: Moysis D | 17. ignorant
MP: davor inquit y aber punctirt L | 18. tamquam L: tanquam MP {
20. veneriacis IMP : venereis D | 21. carentibus MP: currentibus L |
.22. quia MP: qui ad L \ ^4, foecundum P | ob MP: ab L | 25. inquit ^
klotz I 2iß. inquit ]> Klotz | infideles LM: et infideles P | -
Adumbrationes in epist. Jadae v. 13—24. 85
vero, quando suppliciis contradentur secandum praedestinata dei
iudicia; mors quippe reputanda est, etiam quando quisque
haereditatem non continuo promeretür. Fluctus inquit ferocisv, 13
maris. His verbis vitam gentilem significat, quorum ambitionis^®)
5 abominabilis est finis. Sidera errantta, hoc est errantes et
apostatas significat; ex huiusmodi stellis sunt, qui angelorum
cecidere de sedibus, quibus propter apostasian caligo tenebrarum
reservatiir in sempitemum, Prophetavit autem de his septimusw. 14
inquit ab Adam Enoch. His verbis prophetam comprobat ^•),
\QIsti sunt inquit «e^rejraw^es fideles a fidelibus, secundum piopriam v. 19
infidelitatem redarguti, et iterum [nonj discernentes sancta a
canibus. Animales inquit spiritum non habentes, spiritum scilicet,
qui est per fidem secundum usum iustitiae superveniens. Vos
autem inquit carissimi, superaedißcantes vosmet ipsos sanctissi^nay» 20
^bvestra fide in spiritu sancto, — Quos autem inquit salvate dev* 23. 22
igne rapientes^ quibus vero miseremini in timore^ id est ut eos,
qui in ignem cadunt, doceatis ut semet ipsos liberent. Odientes
inquit eam quae carnalis est maculatam tnnicam; animae vide-
licet tunica macula est spiritus concupiscentiis pollutus carna-
20 libus. Ei autem inquit qui potens est conservare vos sine offen- v. 24
sione et constituere ante conspectum gloriae suae inmaculatos in
laetitia: „In conspectu gloriae suae" dicit coram angelis, „in-
ma-culatos autem constitnendos" angelos factos. Cum dicit Da-
1. praedi.tinata L | dei LP: diei M | 2. iuditia L | 3. promeretür
LMP: promerereturD | 4. ambitionisMP: aw6^<^one5, von erster Hand in — is
corrigirtL | b. abominabilis JAD : abhaminahilis liP \ est finis LF: finis est
M I 6. et apostatas MF : etpostatas als ein Wort L | qui angelorum über
der Zeile nachgetragen in L | 7. apostasian L: apostasiam MF | 9. pro-
phetam L: pfophetiam MF | comprobat MF: cum probat L | 10. sunt M:
^LF I a fidelibus LMF: ab infidelibus D | 11. redarguti MF: redargui
L I [non] schlage ich vor einzuschalten cf. str. II, 7 r(oy &h äyttav fiera-
öt^ovai Toig xvaly dnayoQevsTat: ^LMF | sancta L (Über der Zeile
nachgetragen) MF: ^D | 12. canibus MF: carnibus L (wenn ich nicht
die Variante übersehen habe), so unter den Herausgebern wohl zuerst
Fotter, während Ittig noch canibus. Bunsen ohne Kenntnis von P und
den älteren Drucken wollte discernentes a carnibus animam ! \ inquit ^
Klotz I 15. quos . . . quibus L {ovg /nlu .^. ovg &^) : quosdam . . . quibus-
dam MF I 16. ut LM: > F | 17. ut semetipsos in L erst durch Correctur
hergestellt | 18. eam MF: eum L, aber das e ebenso wie auch schon das
t vorher über Rasur, und statt u ursprünglich e \ 19. concupiscentiis MF:
concupiscentis L | 21. inmac, L (wo aber — tis in laetitiae): immac.
MP, dieselbe Variante 1. 22 | 23. Danihel L
gg Adambrationes iu I Jo. 1, 1.
Diel^) de populo: et venu in conspectu dominij non hoc dicit
quoDiam vidit deum; hoc enim inpossibile est, nt quisqae dod
mnodo corde videat denm ; sed hoc dicit, quia cuncta qaaeconqae
faciebat popolaS; in coDspecta erant dei et manifesta illi con-
stabaBt; hoc est qaoniam nihil absconditum est a domino. In 5
evangelio vero secandam Marcnm interrogatos dominus a prin-
cipe sacerdotnm, si ipse esset Christus , filius dei benedicti,
^r^spondens dixit: ego sum, et videbitis filium hominis a dextris
Mr. 14, ß28edentem virtutis. „Virtntes^ autem significat angelos sanctos.
Proinde enim cum dicit a dextris dei, eosdem ipsos dicit prop-10
Lc. 22, 69ter aequalitatem et similitudinem angelicarum sanctarumque
virtutum, quae uno nominantur nomine dei. Eum ergo „sedere
in dextra^ dicit; hoc est in eminenti honore et ifoi requiescere.
Mt. 26, 63 In aliis autem evangeliis dicit dominus principi sacerdotum
Lc. 22, 67 interrogatus , si ipse esset filius dei , non e contra respondens 15
Lc. 22, 70 — sed quid dixit ? — Vos dicitis , satis bene respondens. Si
enim diceret ^^sicnt vos inteliegitis^, mentiretur utique^ non se
confitens filium dei, siquidem illi non ita de illo sentiebant.
Dicens autem „vos dicitis^ vere locutus est; quod enim non
sapiebant, verbis dicebant, hoc ille verum esse confessus est. 20
Explicit in epistola Judae apostolica.
Incipit eiusdem [in] epistola Johannis evan-
gelistae catholica primade capitulis requisitis.
1 Jo. 1» 1 Quod erat ab initio, quod audivirnus, quod vidimus oculis
nostris. Gonsequenter evangelio secundum Johannem et con-25
venienter etiam haec epistola principium spiritale continet^^).
2. inpossibile L: imp, MP | 6. Marcum MF: Marci L | 9. significat
LMP: significantD \ 10. enim L: etiam MP | 11. sanctarum quae L { 12. quae
L: qui MP | uno L: ^ MP | eumh: Cum MP | 13. dextra MP: dextera L
aber nur hier so | et ihi L: ^ MP | 14. dicit dominus L: dicitur MP |
15. interrogatus L: interroganti MP | non e MP: nonne L | respondens
L: respondisse MP | 16. dixit LP: dixerunt M | 17. intellegitis L: intelli-
gitis MP I 18. siquidem L: sicut M, ^ P | 20. verbis LMP: et verbis
Bunsen | 21. explicit — apostolica L (aber dies wie auch die folgende
Ueberschrift von 2. Hand, mit Nachahmung der altertbttmlichen Schrift
des Qeneraltitels) M (Jude apostoli), so aach P (nur Judae) \ 22. 23. in-
cipit -^ requisitis L (ohne m, von 2: Hand größten Theils über Rasur):
incipit eiusdem epistola Johannis (Joannis P) prima MP | 24. sq. Quod —
nostris L: Quod vidimus oculis nostris, quod erat ab initio, quod au-
divimtis M, quod erat ab, in,, qaod vid, o. n,, quod audivimus P
25. consequenter L: consequens MP | evangelio LM: evangelium P
convenienter L: conveniens MP | 26. spiritale LP: spirituale M (?) D
Adambrationes in I Jo. 1, 1—5. 87
Qnod ergo dicit ;,ab initio'^, hoc modo presbyter exponebat,
quod priDcipium generationis separatom ab opifiois principio
non est. Cam eDim dicit ;^qaod erat ab initio^, generationem
tangit sine principio filii cam patre simul exstantis. ;,Erat^
5 ergo yerbnm aeternitatis significativam est, non habentis initiumi
sicQt etiam verbam ipsam, hoc est filios, qaod secundam aeqaa-
litatem substantiae onum cum patre consistit, sempiternum est
et Jnfectum. Qaod semper erat yerbom; significatur dicendo tnJo. 1, 1
principio erat verbum. Quod vero dixit ^qnod vidimas ocalis
lOnostris^,. domini significat in carne praesentiam. Et manus
inqait nostrae contrectaverunt de verbo vitae; non solum carnem
eins^ sed etiam virtates einsdem filii significat, sicat radias solis
nsqae ad haec infima loca pertransiens , qui radius in carne
veniens palpabiiis factas est discipulis. Fertar ergo in traditi-
15 onibas ^^)y qaoniam Johannes ipsom corpas, qaod erat extrinsecas^
tangens manam snam in profunda misisse et dnritiam carnis
nullo modo relnctatam esse, sed locam manui praebuisse dis-
cipuli. Propter qaod etiam infcrt: et manus nostrae eofUrecta-
verunt de verbo vitae; contrectabilis atiqae factas est qui venit
20 in carne. Sic et vita^ qtuxe manifestata est. Nam et in evan- 1, 2
gelio sie dicit: Et quod factum est^ in ipso vita erat, et vita Jo. i, 4
erat lux hominum. — Et nuntiamus inqait vobis vitam aeternam, 1, 2
qtiae erat apud patrem et palam facta est nobis, Patris appel-
latione significat, qaoniam et filius semper erat sine initio^^).
25 Q^itt deus inqait lutnen est; non essen tiam divinam exprimit, 1, 5
sed declarare volens maiestatem dei, qaod melius est et excel-
lentius apud homines, proprie divinitati coaptavit; sie et Paulas 1 Tim. 6, 16
1. praeslyter L | 4. tangit läF: augit (mit übergeschriebenem u) L
5. c«« LP: > M (?) D | 6. filius quod L: fiUus dei MP | 7. consistit
LMP: subsistit Klotz | 8. infectum L (erste Hand) MP: ineffectum der
Conrector von L | semper MP: per L | 10. domini MP: dm (deum) L {
et maniis MP: emamus L | 11. nostrae MP: nostra etL\ 13. infima LD:
infirma MP | 15. Johannes L: Joannes P | 16. 6^ L (dahinter wie es
/scheint von zweiter Hand ein e mit einem andern Bachstaben zwischen-
geschrieben, aber wieder halb radirt) : et ei MP | durititiam M | 17. re-
lnctatam LP : reluctatum M | manui LMD : manum P | 18. etiam L : et MP {
infert MP: infereth | 20. sich: sicutMP \ 22. nuntiamus L: nunciamusMF \
inquit LP : > M (?) Klotz | 23. €«* LM : > P | nobis LMD : vobis P \
25. quia MP: quiL erste Hand, aber a übergeschrieben | 26. maiestatem
MP : modestatem L \ 27. proprie divinitati MP : propriae divinati L | coap-
tavit LMP: cooptavit D |
88 Adumbrationes in I Jo. 1, 7 — 2, 1.
lumen vocans inaccessibile. Sed etiam ipse Johannes in eadem
4, 16ipsa epistola: Caritas inquit deus est^ virtutes significans dei,
qüoniam Clemens est et misericors, et quia lumen^ hoc est instos
secundum profectum animi per caritatem constituit. Lumen ergo
deus, qui est inenarrabilis secundum rationem substantiae. Etb
tenebrae inquit in eo non sunt ullae, hoc est nulla iracundia,
nulla passio, nulla circa quemquam mali retentio, nullum per-
•dens^ sed cunctis salutem tribuens. Lumen autem significat vel
praecepta legis vel fidem vel doctrinam^ tenebrae vero horum
contraria. Non veluti altera via sit; una quippe via est secun- 10
dum praecepta divina. Monas namque dei opus est, dyas autem
et quidquid praeter monadam constat, ex vitae perversitate con-
1, 7tingit. Et sanguis inquit filii eins mundat nos; doctrina quippe
domini, quae valde fortis est, sanguis eins appellata est. Quodsi
1, \0 dixerimus, quod non peccavimus, mendacem facimus eum, et ver-ib
bum eins non est in nobts, doctrina eins videlicet, si mentimur;
verbum enim veritas est.
2, 1 Et si quis inquit peccaverit, consolatorem habemus apud pa-
trem Jesum Christum, Sicut enim apud patrem consolator est
pro nobis dominus, sie etiam consolator est, quem post assump- 20
tionem süam dignatus est mitte re ^^). Hae namque primitivae
virtutes ac primo creatae, inmobiles existentes secundum sub-
stantiam, cum subiectis angelis et archangelis, cum quibus vo-
cantur aequivoce, diversas operationes efficiunt. Sic etiam et
Moyse's Michagl angeli virtutem per vicinum sibi et infimum 25
angelum vocat. Similiter quoque in prophetis ceteris invenimus.
Sed Moyse quidem propinquus ac vicinus angelus apparuit;
exaudivit eum et locutus ei Moyses manifeste facie ad faciem.
Aliis autem prophetis secundum operationem angelorum motus
1 . etiam L: et MP | Johannes L: Joannes P | 2. epistu^a L hier u.p. 83, 9,
aber p. 86, 21. 22 epistola \ 6. non sunt ullae LMP: sunt nullae D |
10. contraria (tovtcjv ra ivavrCa) MP: contrariae LD | 1?. quidquid L:
quicquid MP | monadam LM (a über em geschrieben) P; monadem D |
13. inquü hier L: hinter eius MP | nos MP: vos L | 16. eius MP: ^ L |
videlicet si LMP: viz. sive Ittig, Potter, inquit sive Bansen, nur sive D |
mentimur L: mutimur M, ^ P | 17. enim L: ^ MP | 18. inquit LMP:
]> Klotz I hahemus LMD: huius P | apud LM: ad P | 21. hae MP: haec
h I 22. inmohilesh: immoh. MP | existentes IM? : et exsistentes D | 23. cum
L: et cum MP | 25. Moyses in L mit übergeschr. y \ Michahel L ]
26. ceteris LM: centis P, sanctis D | 27. Moyse LM (soll ein Dativ sein,
da Moysi als Genitiv gilt): Moysi P |
Adnmbrationes in I Jo. 2, 2—7. 89
quidam fiebat veluti audientiuni ac videntiuni. Idcirco et Boli
audiebant solique cernebant^ sicuti etiam in Samuele mani-
festatur. Eliseas etiam solus audiebat vocem, qna vocatus est.
Si autem esset manifesta et communis vox, ab omnibus prae-
ösentibus audiretur; nunc autem a solo, in quo inoperabatur
motus^ qui ab angelo fiebat, audita est. Non solum autem inqait2, 2
pro nostris peccafis dominus propitiator est, hoc est fidelinm,
sed etiam pro toto mundo, Proinde universos quidem salvat,
sed alios per supplicia convertens, alios autem spontanea ac
lOsequente voluntate et cum honoris dignitate, ut omne genu ßec- P\uh 2^ 10
tatur ei caelestium^ terrestrium et infernorum, hoc est angeli,
homines et animae quae ante adventum eius de hac vita mi-
gravere temporali. Et in hoc cognoscimus, quoniam novimus2, 3
eumy si mandata eim custodiamus.
15 'O (jL€y f^pcocTTixog ndvcMg
xccl egya inireXet xa&tixoyra '
de %ä €Qya |/ia^] inneXwv
ov ndvxoaq xal ypcoarixog
i(ntp.
Qui enim intellector est utique
et opera pcrficit, quae pertinent
ad virtutis officium; qui vero
opera perficit; non continuo
etiam intellector est. Potest
20 enim esse rectarum operatiouum , non tamen intelligibilium sa
cramentorum cognitor. Deinde sciens quaedam quidem opera
perfici timore supplicii, quaedam vero propter repromissionem
remunerationis, docefc perfectionem intellectualis hominis, per
caritatem opera complentis. Proinde subiungit ac dicit; Qui
25 vero custodit verbum eins, vere in hoc Caritas dei perfecta est; 2, 5
in hoc enim cognoscimus, quoniatn in ipso sumus secundum fidem
et secundum caritatem. Non mandatum novum scribo vobis^ sed2y 7
2. etiam L: et MF | Samuhele L | 3. Eliseus L: Heliseus M, He-
lysaeus P, Helisaeus D | etiam LD: enim MP | 5. inoperabatur LM:
operahatur P | 8. salvat MP: salve L | 9. per MP: ad L \ ac sequente
L: assequentc MP, assequentes D | 11. caelestium M: cel, L, coel. P i
infernorum MP: in L zwischen r und orum Rasur | 14. eius custodiamus
MP: in L von zweiter Hand am Rande nachgetragen und ein wenig ver-
wischt eius custodit | 15. Die griiechischen Worte aus Jo. Damasc. sacra
parall. ed. Lequien II, 398 mit dem Lemma KXrjf^. arQtafi. Die Tilgung
des u^ fordert nicht nur die lat. Uebersetzung, sondern auch der Ge-
danke. In L findet sich die sinnlose Wortabtheilung intellecto restitutique
et opera. Derselbe virtutes \ 20 operationum MP : opinionem L, derselbe
zwischen intelligihi und lium und vor sacr. Rasuren | 21 deinde L:
demum MP | quidem L: ^ MP | opera LMD : propter opera P, ti in
timore in L von zweiter üand übergeschrieben | 27. novum in L durch
Correctur hergestellt
90 Adumbrationes in I Jo. 2, 8—22.
mandatum vetus^ quod habuisiis a principio, per legem scilicet
Deut. 6, 4 et propfaetaS; ubi dicitar: imm est deies^^). Idcirco etiam infert,
qaoniam mandatum vetus est verbum^ quod audistis. Iteram
2, 8 autem dieit : Mandatum autem hoc est, quod tenebrae transierunt,
perversionis scilicet, et lumen verum ecce iam claruit, secundam 5
fidem scilicet, secundam praeparata iudicia in hominibus operans.
2, 9 Qui dicit se inquit in lumine esse; in lumine dicit in veritate ;
et fratrem inquit suum odit; fratrem videlicet dicit non solam
proximum^ sed etiam dominum. Odiunt enim enm infideles et
2, 10 non custodientes mandata eins; propter quod etiam infert: QuiiO
diligit fratrem suum inquit in lumine permanet et scandalum
in eo non est. Deinde profectus et provectiones significat ani-
2, 12marnm adbuc in carne positarum; et ßliolos quidem vocat eos,
quibus sunt remissa peccata propter nomen domini; nam multi
2, 13 solo credunt nomine; patres autem perfectos apellat eos, qui 15
intellexerunt quod erat ab initio et intelligibiliter perceperunt;
filium videlicet, de quo supra dixit, quod erat ab initio. —
2, i^Scribo inquit vobis, iuvenes^ quia vicistis malignum, lortes
iuvenes contemnentes voluptates; malignum diaboli extollentiam
2, 13 significat. Filii autem cognoscunt patrem^ ntpote qui ab idolis20
5, 19confugerunt et ad nnum deum convocati sunt. Quoniam mundus
% 16 inquit in maligno est. Nonne mundus et omnia, quae in mundo
sunt, creatura dei dicuntur, et haec valde bona? Sed concupisceniia
camis et oculorum et ambitio saeculi, quae ex vitae perversione
continguut, non est ex patre, sed ex mundo est et ex nobis. Idcirco 25
2, il et mundus pertransiet et concupisceniia eius; qui vero fecerit
2, \^voluntatem dei et mandata eius, permanet in aeternum. — Ex
nobis inquit exierunt^ sed non erant ex nobis, neque angeli apo-
stataC; neque bomines cadentes, sed ut manifestentur , quoniam
non sunt ex nobis. Cläre satis discernit genus electorum et 30
2, 20 perditorum ; et illud quidem, quod in fide permanet, unctionem
habet a sancto, quae fit secundum fidem; qui vero non permanet
2, 22 in fide, mendax est et antichristus. Qui dicit inquit quia Jesus
non est Christus. Jesus enim salvator et liberator, et Christus
2. etiam L: et MP | inferet L | 4. transierunt: hier bricht der clemen-
tlDische Text in L ab | 8. inquit hier M: hinter suum P, ^ Klotz {
9. etiam M: e^ P | 11. inquit MP: > D | 13. vocat MP: vocare Klotz |
18. inquit MP: > Klotz | 23. dicuntur MD: dicitur P | 25. nobis M:
vohis P I 26. pertransiet MP: pertransit D | 28. inquit MP: > Klotz
31. permanet MP: permanens D | 33. e* MP: ^ D |
Adttmbrationes in I Jo. 2, 23 — 3, 16. 91
rex. Qui negat filium ignorando eum , nee patrem habet neque 2, 23
eognoscit eum. Qai vero cognoscit filium et patrem secundum
scientiam novit , cum manifestattts fuerit dominus in seenndo2, 28
adventu, fiduciam habebit et non confundetur, quae confasio est
ögrande supplicium. Omnis inquit qvi facit imtitiamj ex eo2, 29
natus [est], secundum fidem scilicet renatns.
Propterea mundus non cognoscit nos, quoniam nee eum cog- 3, 1
novit. Mundum dicit saeculariter in deliciis viventes. Dilectissimis^ 2
inquit nunc ßlii dei summ, non naturali dilectione, sed quia
10 patrem deum babemus; maior quippe est Caritas^ nt, cum nullam
cognationem babeamus ad deum ^^) , diligit nos tarnen et fiüos
suos vocat. Et necdum claruit quod erimus, boc est ad qualem
perventuri sumus gloriam. Si enim munifestatus fuerit, boc est
si perfecti facti fuerimus, similes ei erimus veluti requiescentes
15 et iustificati mundi in virtute, ut ipsum vultum eius videamus,
sicuti est, comprebensibiliter. Qui vero facit iniustitiam, ea?3, 8
diabolo est, boc est ex parte diaboli eademque illi consectans
et eligens. Ab initio inquit diabolus peccat, ab initio scilicet,
a quo peccare coepit, inconvertibiliter in peccando perseverans.
20 Omnis inquit qui natus est ex deo, non peccat, quia semen eius^, 9
in eo manet, verbum eius videlicet in eo, qui secundum fidem
renatus est. Sic filios dei intelligimus , sicut et ßlios diaboli 3, 10
similia diabolo eligentes; sie etiam ex maligno esse dicitur3, 12
omnis qui odit fratreni suum, homicida est. In boc enim se-3, 15
2Ö8nndum infidelitatem Cbristus moritur; recte itaque subiungit
dicens: Et scitis quia omnis homicida et infidelis non habet
vitam aeternam in se ipso manentem. In mente quippe fideli
vivens Cbristus permanet. Ipse enim pro nobis, boc est pro 3, 16
credentibuS; animam suam posuit, boc est pro apostolis. Si
30 ergo pro apostolis animam. suam posuit, apostolos autem eius
dicit semet ipsos, tamquam si diceret: nos inquam, apostoli,
propter quos animam suam posuit, debemus pro fratribus ani-
mas ponere; salus quippe proximorum apostolorum erat gloria.
5. eo M: deo F \ Q. est F , scheint unentbehrlich: ]> M | 10. deum
MP: ]> D I 11. habeamus MF: habemus Klotz | diligit — vocat MP
B. oben zu p. 81, 25 | 14. facti M: ]> P | 17. parte diaboli MP: patre
diabolo D | eademque MP: eundemque D | illi schreibe ich {ra avra
ixs{y(p) : nie M, > P | 20. est hier M: hinter deo P | 23. esse MP: >D |
28. Christus MP: Christi D | 33. erat gloria MP: gloria erat Klotz |
92 Adumbrationes in I Jo. 3, 20 — II Jo. 11.
3, 20 Qiua maior est inquit deus corde nostro , hoc est virtus dei
conscientia quae sabsequetui^ animam; propter quod subiungit
3, 21 et dieit, quoniam cognosclt omnia, Carissimiy $i cor nostrum
non redarguat nos^ fiduciam habehit apiid deum. — In hoc
3, 2Acognoscitmis, quia manet in nobis, de spiritu quem dedit nobis,5
secundum episeopatum scilicet et providentiam futurorum.
4, 18 Perfecta inquit Caritas foras mittit timorem; perfectio nam-
que fidelis hominis Caritas est,
5; 6 Iste est inquit qui venit per aqiiam et sangiiinem, et iterum
5, 7. %quia tres sunt, qui testificantur : Spiritus, qnod est vita, et aqua^XQ
quod est regeneratio ac fides, et sanguis, quod est cognitio, et
hl tres unum sunt. In salvatore quippc istae sunt virtutes salu-
5, 14tlferae, et vita ipsa in ipso filio eins existit. Et haec est con-
fidentia, quam habenms ad eum^ quia si quid petierimus secundum
voluntatem eius^ audiet nos. Non absolute dixit „quod pctieri-15
5, IQnius'', sed „quod oportet petere''. Et mundus omnis in maligno
constitutus est, non creatura sed saeculares homines et secundum
concupiscentias viventes. Et filius dei venit et dedit nobis intel-
lectimiy secundum fidem scilicet advenientem in nos, qui etiam
Spiritus sanctus appellatur. 20
Explicit in prima epistola Johannis.
luQipit eiusdem in epistola Johannis evangelistae
secunda.
Secunda Johannis epistola, quae ad virgines scripta, est sim-
2 Jo 1 plicissima. Scripta vero est ad quandam Babyloniam, Electam 25
V. 5. 6 nomine, significat autem electionem ecclesiae sanctae ^^). Astruit
V. 7 in hac epistola perfectionem fidei extra caritatem non esse, et
V. 9ut nemo dividat Jesum Christum, sed unum credere Jesum
Christ4im venisse in carne; nam qui habet iilium in intellectu
perceptibiliter, et patrem quoque cognoscit et magnitudinem 30
V. lovirtutis eins sine initio temporis operantem intelligibiliter mente
contuetur. Si quis venit ad vos inquit et hanc doctrinam non
V. Wportat, non suscipiatis eum in domum et ave ne dixeritis ei;
qui enim dixerit ave, communicat operibus eins malignis, Tales
salutare prohibet et in hospitium suscipere; hoc enim in huius-35
modi non est inhumanum; sed nee conquirere vel coudisputare
1. inquit MP: ^ D | 2i. ad virgines MP: a virgine Bansen | est
simpl, M : est simpl, est P, simpl. est D | 27. perfectionem M : perseeutionem
P I 32. contuetur M : continetur P, continet D |
Anmerkungen zu den Adumbrationen. 93
cum talibns ammonet cos, qai non valent iDtelligiblliter divina
tractare, ne per eos tradacantur a doctrina veritatis, veri gimi-
libus indneti rationibus. Arbitror autem, qiiia et orare cum
talibus non oportet^ quoniam in oratione, quae fit in domo,
öpostquam ab orando surgitur, salutatio gaudii est et pacis
indicium^^).
Expliciunt adombrationes Clementis in epistolis canonicis.
1. ammonet MP: admonet D | co« M: J> P | 7. expliciunt etcM.:'^
P. Was in beiden weiter folgt s. oben 8. 10. 13.
Anmerkungen zu den Adumbrationen.
1. Die Edd., welche gegen die Codd. pater domini nostri mit dem
Folgenden als einen ßestandtheil des biblischen Textes verbanden, be-
dachten nicht, daß dies in 1 Petr. 1, 3 nach des CI. eigener Anführung
gar nicht verbunden ist. Cl. will die doppelte Benennung Gottes erklären.
Einen und denselben nennt Petrus Gott als unsern Schöpfer, und Vater
Christi als den, welcher uns wiedergeboren hat. Das vero ist wie hier ofc
ein bloßes dk und dies nach bekanntem Gebrauch im Nachsatz angewandt.
2. Derselbe Gedanke kehrt wieder zu 1 Petr. 3, 18 u. 21 ; 1 Jo. 3, 15.
Cf. Str. VII, 76 Ti]V iv avrtß tov xvqIov dvaaraatv &o^aC(ov,
3. Neben dem folgenden secundo, welches allein schon den Gedanken
der Rückkehr stark hervorhebt, kann Herum nicht gleichfalls zu reverti
gehören, sondern weist auf ein kurz vorher, in einem uns nicht erhaltenen
Stück der Hypotyposen redend eingeführtes Subject. Der üebersetzer
hat also den fragmentarischen Charakter des von ihm übersetzten Stückes
nicht verwischt. Gemeint kann nur sein derselbe Lehrer, dessen Aus--
legung Cl. zu 1 Jo. 1, 1 mittheilt: „der Presbyter". Man beachte die
Imperfecta dicehat, exponebat. Dieser „Alte** erklärt sich gegen die
Seelenwanderung, wie Cl. selbst str. VIII (ecl. 17 s. oben S. 29, cf. unter
den Frg. ungewisser Herkunft Nr. 39 oben S. 59). ad corpus in hac
i)ita heißt: so zu ihrem Körper, daß sie nun wieder in diesem irdischen
Leben neu zu leben anfängt. Daneben aber lehrte jener Alte, daß die
abgeschiedenen Seelen der Gerechten Engel werden, ein Gedanke, den
Cl. im Anschluß an ein Wort des Pantänus ecl. 5G. 57 ausführt. Auch
zuJudaiB V. 24. Cf. str. IV, 153 olov ayysXog ri^rj yevo/Asyog ahv XQiart^
T€ iorai xtX. Auch str. VI, 107.
4. Cl. ist wohl der erste christliche Schriftsteller, welcher sich dieser
abkürzenden Citationsweise häufiger bedient: xal rä i$^g str. II, 5; 12;
102, an diesen Stellen zugleich mit einem (cjg, aber auch ohne dies
z. B. Str. VII, 84.
5. Ueber die Lehre des Cl. daß die 7 obersten Engel der Geist Christi
seien oder in der Schrift so genannt werden s. Vorläufiges oben.S. 53
Nr. 13. Erst in den Adumbrationen und zwar nicht nur an dieser Stelle
94 AnmerkuDgen zu den Adambratio^en.
derselben wird die Behauptung des Arethas einigermaßen bestätigt.
S. aber unten Anm. 25.
6. Daß die Seele von Natur vergänglich, wird auch schon zu
1 Petri 1, 9 gelehrt. Das Folgende würde nach der LA quidam nur als
Lehre gewisser Leute bezeichnet, während doch Cl. selbst sich dieselbe
durch die Art der Anfügung angeeignet zu haben schien. Durch quidem
(big y€ otovrat) wird nur zugestanden, daß völlige Sicherheit für diese
Behauptung nicht vorhanden sei. Auch Ecl. propb. 50 wird sie als
Lehre eines der „ Alten ** vorgetragen, der auch den Schriftbeweis nicht
schuldig blieb. — Gleich darauf (oben S. 80, 25) läse man lieber dominica
statt divina; sowohl die Prophetie (= A. Testament) als die Lehre des
Herrn (•= N. Testament).
7. Cl. las also, wenn hier der Uebersetzer nicht geradezu seine Aus-
legung an die Stelle des Originals gesetzt hat: iraQ^SCSov &h np XQlyovn
aviov ad(x(og. Beide vorgeschlagene Erklärungen fordern die beiden
letzten Worte, eine sonst durch Cyprian test. IH, 39 (ed. Hartel
p. 149, 10); de bono patientiae 9 (p. 403, 22) zuerst bezeugte und auch
von Hieronymus beibehaltene LA, während ein sicheres griechisches
Zeugnis zu fehlen scheint, leider auch eine andere Anführung derselben
Stelle bei Cl. Die zweite von Cl. zur Wahl gestellte Erklärung enthält
zugleich einen Vorschlag, d^n Text zu ändern ; denn sie fordert anstatt oder
hinter t^ xQiuovri noch t6v xqCvovtvi, Die in der Wortstellung liegende
Schwierigkeit der ersten Erklärung, welche die Lateiner zum Theil be-
seitigt haben (Cypr. p. 149 se iudid iudicanti inifMtef Cypr. 403 u. cod.
Amiatinus se iudicanti iniuste), scheint den Cl. zu dem Wagnis der
zweiten gedrängt zu haben. Zu Hyperbaton cf. ecl. proph. 56 (^ivravdtt
vni^ßarov iartv) und die Bemerkung des Irenaeus (III, 7, 1 p. 182
Massuet) über die Hyperbata bei Paulus. — Zu inutilis {tivaxQn^tog) cf.
Jesaia 3, 10. — Das sumentes (81, 9), welches die späteren Heraus^
geber ohne Entschuldigung verdrängt haben, würde in einer rein lateini-
schen Schrift allerdings den Unsinn ergeben „Strafen vollstreckend". Aber
das griechische Ittfxßdveiv dCxriu^ rifKogiaVf ^rifiCav ist doppelsinnig, heißt
auch Strafe empfangen, erleiden. Beispiele fUr beides gibt Steph.
Thes. V, 66. 69.
7&. Cf. str. VI, 155 extr. ayiov xax iniaxonifv nvivfia, speculatio
Uebersetzung von intaxon^ auch S. 79, 20; episcopatus S. 9'i, 6.
8. Auch Str. IV, 46 citirt Cl. diese Stelle mit tov Xqiotov statt des
später verbreiteten t6v S-soy,
9. Das wäre eine Anspielung an Job 28, 22: ^ anoSUia xal 6 ^-
pttTog ilnav* ttxtjxoafiev cT^ avTT,g t6 xliog^ wenn nämlich Cl. str. VI, 45
wirklich diese Stelle citirte: tfrial yovv ^ ygttffv* kiyBi 6 ^^tjg ry anu>-
kiUr el^og filv aviov ovx Mofitv^ (pcDV^v ^k avrov rjxovaafASv, Dies
kehrt nun beinah wörtlich hier in den Adumbr. wieder und möchte eher
aus einem unbekannten Apokryphen genommen sein. Ea findet sich, nur
ein wenig umgestellt, auch von den Naassenern citirt bei Hippel, refut.
V, 8 p. 154, 8 ed. Gotting. und zwar in einem Zusammenhang, welcher
sehr bald an die apokryphen Schilderungen des Descensus ad inferos
Anmerkungen zu den Adnmbrationen. 95
erinnert S. das Citat aus Psalm 24, 7 1. 1. p. 156, 31. Auffallend ist
aber, daß CI. hier die Frage von der Predigt Christi im Hades nicht
berührt. In str. VI, 45 (wo D. 111, 162, 26 die Interpunction Potter's:
rl 6\ ovxl xtX, hätte beibehalten sollen) bezieht sich Gl. offenbar auf
1 Petr. 3, 19. 20, nicht aber, wie ich im „Hirten des Hermas" S. 425
behauptete, zugleich auch auf 1 Petr. 4, 6, eine Stelle, die ich überhaupt
bei Gl. nirgendwo berücksichtigt finde außer hier in den Adumbrat. S. 82, 5,
wo durch allegonsche Deutung jede Beziehung auf die Predigt im Hades
ausgeschlossen ist. Gf. übrigens den ganzen Zusammenhang von str. YI,
44-52; II, 43—47; epit. ex Theodoto 18,
10. So unbedingt hat Gl. stets den Hebräerbrief dem Paulus zuge-
schrieben s. unten zu 1 Petr. 5, 13; oben S. 71 hypot. frg. 14; str. 11, 8;
12; 136; VI, 62. Lediglich als Uebersetzer, nicht als Redactor gilt ihm
Lucas.
, 11. Gl. scheint gelesen zu haben t6 r^s So^tig ttviov xaX öwdfjtfofg
^€ov nyevfia. Ein avTov an dieser Stelle hat nach Tischendorf die
äthiopische Version, ein solches hinter dvvafiatog der Sinait. von erster
Hand.
12. Wenn diese d. h. die als Haus Gottes bezeichneten Christen in
Verfolgungen versetzt sind, so muß das Gericht bald folgen cf. 2 Thess.
1, 5 ff.
13. Dies ist nicht die Stelle, aus welcher Eus. VI, 14, 5—7 (hypot.
frg. 15) schöpft, aber sie stimmt mit jener überein und dient gleichfalls
zur Kritik der ungenauen Angabe in Eus. h. e. II, 15 (hypot. frg. 16).
Das hiesige sectator ist = dxolovS-og (frg. 16), pälam = drifioaCtf (frg. 15).
Zu Caesareanis equiUhus cf. Dio Gass. 60, 14, 1; 60, 16, 2 {vnb rtSv
ntQl TOP NaQxicaov Kataagettav) ; 60, 17, 5; 60, 31, 2. Unter der Hof-
dienerschaft, der oixi« toü KaCauQog Philipp. 4, 22, befanden sich auch
Leute, die zum Bitterstand erhoben waren cf. Friedländer, Darstell, aus
d. Sittengesch. JRoms, 2. Aufl., I, 75.
14. Dies Prädicat gibt Gl. str. IV, 97 dem Schreiben „aller Apostel"
in Act 15, 23; dem Judasbrief, der auch von Origenes oder seinem
üebersetzer (Delarue IV, 549 A) epistola cathoUca genannt wird, jeden-
falls in dem ^ übrigens auch in jenem Fall nicht ausgeschlossenen Sinn,
daß er nicht an eine einzelne Gemeinde, sondern an einen größeren
Kreis gerichtet sei.
15. Bier ist deutlich, daß Gl. die zuerst im Protevangelium Jacobi,
nachmals besonders durch Epiphanius (haer. 28, 7; 29, 3. .4; 51, 10;
66, 19; 78, 7. 8) vertretene Ansicht über die Brüder des Herrn: Judas
und Jacobus hegt. Sie sind Brüder untereinander und also auch Brüder
Jesu von Joseph her, nicht von Maria, also Söhne Josephs aus einer
früheren Ehe. Dem widerspricht aber auch nichts, was uns sonst von
Gl. über diesen Gegenstand aufbewahrt ist. Daraus, daß er (hypot.
frg. 17) Jacobus den Gerechten, den Bischof von Jerusalem, den von
Jesus selbst bevorzugten Männern Petrus, Jacobus (Zebedäi) und Jo-
. hannes gegenüberstellt, folgt nicht, daß er Jacobus den Gerechten auch
für einen Apostel hielt und mit dem Alphäisohn identificirte, also die
96 Anmerkungen zu den Adumbrationen.
Ansicht des Hieronymus theilte. Der Titel Apostel kommt hier gar nicht
vor. Ebensowenig läßt sich die Meinung des Hieronymus in bypot. frg. 19
finden. Er nennt dort Jacobus den Gerechten z\^'eimal mit diesem Bei-
namen des Bruders Jesu und stellt ihm , dem Petrus und dem Johannes
allerdings die übrigen Apostel gegenüber. Das ist aber eine so gewöhn-
liche Ungenauigkeit im Gebrauch von lomoC oder kXXol, daß Niemand
etwas darauf gründen kann, zumal in diesem Fall, wo zwei wirkliche!
Apostel Petrus und Johannes mit dem Nichtapostel zu einer Gruppe
zusammengefaßt und dieser ganzen Gruppe die übrigen Apostel gegen-
übergestellt sind. Den Alphäisohn berücksichtigt Gl. einfach nicht.
Beweisend ist namentlich auch die Art, wie Eusebius h. e. II, 1, 2 die
frg. 17 und 18 einleitet. Er spricht eben die in den Adumbr. zu Jud. v. 1
vorgetragene Ansicht über Jacobus aus, beruft sich auf die Alten, welche
ihn den Gerechten genannt und von seiner Erhebung zum Eplscopat be-
richtet, und läßt dann die Sätze des Ol. folgen. Eusebius hat also jeden-
falls den Cl. so verstanden, wie er sich zu Judae v. 1 wirklich geäußert.
Und Epiphanius, welcher die gleiche Ansicht verficht, beruft sich un-
mittelbar, nachdem er sie ausgesprochen, auf die Berichte des Eusebius,
des Clemens und Anderer haer. 29, 4. Cf. besonders Lightfoot, Galatians
(4. edit.) p. 2l\. 272, welcher mit Recht auch gegen den Verdacht einer
Interpolation durch Cassiodor geltend macht, daß dieser sicherlich eher die
Ansicht des Hieronymus hineingebracht hätte. Cl. folgt einer zu seiner
Zeit schon nicht mehr jungen Tradition. Das Protevangelium des Jacobus,
welches Origenes zu Mtth. 13, 55 (Delarue III, 462 J neben dem Petrus-
evangelium als Quelle dieser auch von ihm begünstigten Ansicht anführt,
und welches sie wirklich enthält (c. 9 Ev. apocr. ed.^ Tischend, p. 18),
ist sehr alt. Es bleibt sehr wahrscheinlich, daß schon Justinus es ge-
kannt hat (cf. dial. 78 Iv anriXaCi^ mit Protei. 18; apol. I, 3 5 das com-
binirte Citat mit Protev. 11; dial. 100 niariu xal /(^qkv Xaßovaa mit
Protev. 12). Daher hat auch das syrische Frg., welches schon dem
Justinus die Meinung des CK. über die Brüder Jesu als Söhne Josephs
aus erster Ehe zuschreibt, ein Vorurtheil der Echtheit für sich (Justini
opp ed. 3 Otto III, 2, 374). Cl. beruft sich str. VII, 93 für die unver-
letzte Jungfrauschaft der Maria auf eine Sage (cpaal), welche wir im
Protev. 19. 20 lesen.
16. Cl. las ort xvQiog 6 &€6g ana^ Xaov Ix y^g Alyvnrov atoOag xtX.,
dagegen in paed. III, 44 ort 6 &e6g äna^ ix yrjg Alyvmov Xnov amatig.
Die Stellung des ana^ ist nur im Gegensatz zu der LA der codd. ABCL
etc. (ei^orag nntt^ nuvxa oii) eine ähnliche. Cl. bezieht das Gericht,
wovon Judas redet, auf die Verwerfung des an Christus ungläubig ge-
bliebenen Israels und erinnert an die Rom. 11 entwickelte Gedanken-
reihe: Strafe Israels zum Heil der Uebrigen, aber schließliche Bekehrung
und Wiederannahme cf. str. II, 42. 43; VI, 117-120.
17. Wahrscheinlich geht auf diese avdXrjiptg Mtoüaicjg auch das zu-
rück, was Cl. Str. I, 153 (tax^v 6h xa\ iqCtov ovofxa Iv ovQtty(p fisrn
ji}v dvdXri\piv, Sg qaoiv ol ^varai^ MeXxi) und Str. VI, 132 über Moses zu
berichten weiß. Das Ansehn des Buches in der Kirche von Alexandrien
Anmerkaugen zu den Adumbrationen. 97
bezeugt noch Didymus zu dieser Stelle des Judasbriefes, indem er gegen
Solche polemisirt, welche den Brief des Judas und die „Assumtio
Moyseos" verwerfen (Migne 39 col. 1815). Für Cl. steht Michael so hoch,
daß er diesen nicht direct, sondern durch Vermittlung eines ihm unter-
geordneten, uns Menschen näher stehenden Engels mit dem Teufel streiten
läßt. S. unten Anm. 25.
18. Mit ambitio wird unten (1 Jo. 2, 16) dXa(ov€ia übersetzt, cf. Cypr.
test. III, 11, wo Vulg. superbia bat. — quot-um bezieht sich auf das in
gentilis (l&vix6g) steckende eS^vri, Sonst würde eorum schwerlich fehlen.
19. Auch bei der von mir recipirten LA. prophetam ist, wie vorher
(Anm. 17) für die Assumtio Mosis, so hier für das Buch Henoch
Judas als Zeuge angerufen. Cf. Tertull. cult. femin. I, 3. Vielleicht
hat Gassiodor, der an dieser Verherrlichung des apokryphen Buchs An*
stoß nehmen mochte, durch Tilgung eines Worts oder mehrerer den
Ausdruck dunkel gemacht. Gl. citirt ecl. 2 t^ ^Eytox ^^ cf^ijxort* xaX
Moy rag vXag naaag^ ein Gitat, welches Dillmann, Buch Henoch S. 121
mit Henoch 19, 3 identificirt. — S. 85, 19 ist gegen die Hss. wohl ma-
eülata zu lesen.
20. Weder in Daniel, noch sonstwo finde ich eine wirklich ent-
sprechende Stelle. Westcott (Dictionary of Ghr. Biogr. I, 564) hält den
ganzen Abschnitt bis zum Schluß der Erklärung des Judasbriefs für
eine einem anderen Theil des Werks angehörige Glosse. Aber der Zu-
sammenhang mit dem Gegenstand der Auslegung ante conspectum gloriae
suae = coram angelis scheint mir bis zu Ende deutlich zu bleiben. —
Bald darauf p. 86, 9 bedarf das significat keiner Aenderung ; das einzelne
Textelement virtutes (wofür aber in Anbetracht des vorangehenden
Gitats vielleicht virtutia zu lesen) wird als invariabel behandelt und zum
Subject gemacht. So z. B. zu 1 Jo. 2, 13 „malignum^ didboli extoh
lentiatn significat,
21. Das principium spiritale des Evangeliums wie der Epistel des
Johannes muß an das nvevf^aTixbv edayyiXtov hypot. frg. 15 erinnern.
S. übrigens unten Kap. 2 des II. Abschnitts.
22. Mag Gassiodor hier wieder (s. Anm. 19) einen zu seiner Zeit
verpönten Apokryphentitel verwischt haben, oder Gl. selbst so unbestimmt
auf at TTctQUi^offBig verwiesen haben, jedenfalls citirt er hier die negMoi
^liodvvov des Leucius, welche im Anfang eines erhaltenen Frg. den Jo^
hannes erzählen lassen : Zlork ßovXofiBvog toi/ ^Ftjaovv xQaTrjaai iy vho6u
Ttal na/st adfiati nQoaißaXXoVy ccXXots <f^ TidXiv ^rjXaipdSvrog fiov ctdrov
ttiiXov ^v xaX datufiarov t6 vnox€lfisvoy xal (6g firif^k oX<og ov, Cf« meine
Acta Joannis p. 219, 3 — 6 u. GXL. Zu einem maßvollen Doketismus,
hat sich Cl. auch sonst bekannt. Ohne Kritik referirt er Valentin's An-
sicht über das Essen und Trinken Jesu str. III, 59 cf. VI, 71, und das
trotz aller Polemik gegen die . eigentliche ^oxtjaig.
23. Cf. z. B. den Satz, welcher auch bei Äthan asius stehen könnte,
str. V, 1 : ov fXTjV ov^h 6 naxriQ aV€v vlov * afia yccQ J(p „TranJ^** viov ttccti^q.
24. Cf. paed. I, 49: ro avro aga xal alfi« xal ydXa toü xvglov
nd&ovg xal öiSaoxaXCag avfißoXov. Auch Adumbr. zu 1 Jo. 5, 8 S. 92,11.
Zahn, Forschungen III. '^
98 Anmerkungen za den Adambrationen.
25. Das Folgende hält Westcott (Dict. of Christ. Biogr. I, 564) für
ein darch Zufall hieher versprengtes, vielmehr zu Jud. 9 gehöriges Stück.
Doch wohl mit Unrecht. Cl. faßt Christus und den hl. Geist hier zu-
sammen als TiQtoToyovqj' ^vvttfieis xal ngtoToxitaToi, Cf. str. V, 89 inl
T^ff aoifCag lijg ngatToxtCaToy T(p S-iiß, — str. VI, 58 tov nQcoroyovov
vlov . . . (fo(fia ^h ovTog ttQTjTctt nQog a7iaVT(ov Twy 7tQO(priT(i5v cf. Str. IV,
156; epit, ex Theod. 20 (wo Cl. selbst redet): inl tov nQtojoxiiaTov
S^eov Xoyov. Das Gleiche gilt nach unserer Stelle auch vom Geist, über
welchen Cl. sonst wenig Bestimmtes lehrt, den er wie die Alten so oft
in seinen Speculationen über das Verhältnis des Logos zu Gott und zur
Welt regelmäßig übergeht z. B. str. VI, 57. 58; VII, 5-9. Hier aber
wird von diesen beiden obersten Kräften gesagt, sie unterscheiden sich
von den ihnen untergeordneten Engeln und Erzengeln durch ihre in
ihrem Wesen begründete sittliche Unveränderlichkeit. Aber sie theilen
mit diesen die Namen. Dem entspricht die Hedeweise des Cl. auch sonst,
z. B. Str. VI, 143 inra fiiv eiaiv ot . . » nQODToyovot äyyiltov «(>;jfoyr€ff,
oder epit. ex Theod. 10: aqxdyyiXoi ot ngtotoxtiaToi und sehr ausführ-
lich ecl. proph. 56. 57. Da sind überall wirkliche Engel gemeint und
besonders an der letzten Stelle ihre Entwicklungsfähigkeit und -bedürftig,-
keit besprochen. Es ist ein von Cl. manchmal vorgetragener Gedanke,
daß die Gesammtheit der mit Vernunft und Willensfreiheit begabten
Wesen' von den im Fleisch lebenden Menschen an bis zu den obersten
Engelfürsten eine in beständiger, stufenweise fortschreitender Entwicklung
begriffene Reihe bilde. Menschen werden Engel (s. Anm. B), Engel
werden Erzengel. Der Terminus für diese Entwicklung ist nQoxontj
(str. II, 75 Big vioS-iaiav xaXel trjv fisyCutriv naüwv nQoxonijy cf. ecl. 56.
57 D. III, 476, 10. 14. 21) profectus hier oben S. 79, 7; 80, 16; 81, 28;
82, 21 ; 83, 23 ; 90, 12). Gerade im schärfsten Gegensatz zu dieser
Anschauung von den Menschen und Engeln gelten ihm Christus und der
hl. Geist als immobiles secundum substantiam. Auch die Siebenzahl
jener obersten Engel (str. VI, 143) darf uns nicht verführen, sie mit der
inräg tov nvav/narog (paed. III, 87) zu identificiren. Die dem Sohn
und dem hl. Geist „untergeordneten Engel und Erzengel" werden nur
gelegentlich mit denselben Namen benannt (aequivoce vocantur, 6fi(ovv-
fxfog xaloüviai) wie jene unveränderlichen obersten Kräfte. Da auch die
Engel Geister sind und von jeher dem Sohne (und Geiste) als Mittler
jener Offenbarungen gedient haben, werden sie auch Christi Geister oder
Christi Geist genannt. Diese auf Apoc. 5, 6; 4, 5 zurückgehende An-
schauung (str. V, 35 oben S. 93 f.) verwerthet Cl. zu 1 Petri 1, 11. Der
kühne Satz des Petrus, daß die Propheten Christi Geist gehabt haben
sollen, erklärt sich ihm daraus, daß ja auch die höheren und niederen
Engel, welche so vielfach die alttestamentlichen Offenbarungen vermittelt
haben, Christi Geister (oder Geist) heißen. Doch bleibt der Unterschied
von dem eigentlichen hl. Geist, dem Parakleten, den der erhöhte Christus
sendet, vollkommen gewahrt und wird ausdrücklich hervorgehoben (S. 80, 12).
Zu 1 Petri 4 , 13 (S. 82) schwankt Cl. , ob der Geist der Herrlichkeit
und Macht Christi nur die Engel bezeichne, welche durch Beschützung
Anmerkungen zu den Adumbrationen. 99
und Leitung der Gläubigen die Verherrlichung Gottes herbeiführen, oder
den hl. Geist, welcher die Seelen der Gläubigen ziert. Ausführlich han-
delt er zu Jüdae v. 24 von der Synonymik zwischen den Ausdrücken
„zur Rechten der Kraft" und ^zur Rechten Gottes**. Die Engel werden
mit dem einen Namen Gottes benannt. Solche Substitution findet aber
auch statt zwischen den verschiedenen Rangstufen der Engel. Daß
Moses es in seinem Verkehr mit Gott mit dem Erzengel Michael zu thun
gehabt habe, scheint dem Gl. auf Grund der Assumtio Mosis selbstver-
ständlich zu sein (cf. oben S. 88, 25 mit S. 84, 15 ; 80, 7) Daß aber Moses in
seinem Pentateuch diesen Namen nicht gebraucht hat, sondern nur gelegent-
lich von einem namenlosen Engel des Herrn redet, macht ihm keine Sorge.
Es war wirklich nur ein dem Menschen nahestehender, untergeordneter
Engel, mit dem Moses von Angesicht zu Angesicht redete, wie es auch
bei. den übrigen Propheten durch Engel gewirkte Sinneswahrnehmungen
gewesen sind, durch welche sie Gottes Stimme zu hören meinten. Aber
hinter dem mit Moses verhandelnden vicinus et infimus angelus steckte
Michael arcJiangelus ; und auch bei dem Streit um Mosis Leiche soll
man sich trotz des Wortlauts von Judae 9 und der Assumtio Mosis einen
untergeordneten Engel denken, durch welchen der in höchsten Regionen
gedachte Erzengel dies Geschäft verrichtete (oben S.84, 15). Hinter Michael
aber steckt der sich offenbarende Gott d. h. der Logos. Als Engel
erschien der Logos in aktestamentlicher Zeit, bis Jener mystische Engel
als Jesus geboren wird** (paed. I, 59). Die Vergleichung von Stellen
wie Exod. 32, 34 (citirt paed. I, 58) mit 33, 14; oder 33, 9. 11 (woran
hier oben S. 88, 28 angespielt wird), mit 33, 20, oder 14, 19 mit 13, 21
legte diese Betrachtungsweise nahe. Es bleibt nur die Frage, inwiefern
die Benennung Christi als naQKxXtjTog^ welche an die gleiche Benennung
des hl. Geistes erinnerte, dem Gl. Veranlassung gab, über den speci-
fischen Unterschied und zugleich über die Synonymik dieser unveränder-
lichen Urkräfte mit den ihnen untergeordneten Engeln und Erzengeln zu
reden. Man möchte vermuthen, ihm sei nuQttxXrjTog auch als Engelname
bekannt gewesen cf. Hiob 33, 23 Targum «ü'^bp^D «"in «5Nb73. Er hat
ja einen gebornen Juden zum Lehrer gehabt.
26. Die am Rand citirte Stelle wird Gl. im Auge haben, bezieht sie
aber auf die Einheit des in beiden Testamenten redenden Gottes. Als
Hauptzweck des beabsichtigten biblischen Werks bezeichnet er schon
Str. IV, 2 'dva dsixvvt/ni S-ebv xal xvqiov TravTOXQaroQu rbv <f<a vofiov
xa\ TTQotpTjTCJV j TTQog 6k xttl Tov fXttXUQ^ov ivuyyeKov yvriaCfog xsxrjQvy^
fiivov.
27. Cf. Str. II, 74 6 S^sog $h ovösfiCav ^/ei uQog i^fiag (pvaixrjv
axifftVj s. auch § 75.
28. Das Bedürfnis, die apostolischen Briefe nach kurzen, die Be-
stimmung derselben ausdrückenden üeberschriften citiren zu können, ist
in Bezug auf die paulinischen mit Einschluß des Hebräerbriefs sehr früh
befriedigt worden. Tertullian mag nicht Unrecht haben, wenn er voraus-
setzt, daß schon Marcion das nQog ^Etfeaiovg vorgefunden habe, adv.
Marc. V, 17. Später und daher mit viel weniger allgemeinem Erfolg hat
100 Anmerkungen zu den Adumbrationen.
man auch einigen der katholischen Briefe solche Titel gegeben. Den
ersten Brief des Petrus citiren Tertuliian (Scorp. 12) und Cyprian (test. III
ed. Hartel p. 148, 18. 23; 149, 6) als Petrus ad Ponticos nach 1 Petri
1, 1. In der „Scriptura sancta secundum antiquam translationem**, wie
sie Cassiodor abschreiben ließ, führten beide Briefe des Petrus den Titel
ad gentes (Cassiod. instit. divin. liter. 14), der erste denselben auch in
Gassiodor's Complexiones in epist. apost. (Migne 70 col. 1362), bei Juni-
lius Instituta regul. I, 6 (Eihn, Theodor von Mopsuestia S. 478), im cod.
Fuldensis derVulgata (ed. Ranke p. 407), im Lect. Luxoviense (Mabillon,
Lit. Gallic. p. 166) und im Sacram. Bobiense (Mabillon, Mus. Ital. I, 2
p. 297. 313), in letzterem aber auch Jacohus ad gentes p. 283. 351,
Johannes ad gentes p. 344. Im Fuldensis wird der Jacobusbrief unter-
schrieben als epistula Sei Jacobi ad dispersos^ dagegen in dem
Codex Cassiodor's (instit. div. lit. 14) ad duodecim tribus. Diese
nicht einmal übereinstimmenden Titel der Briefe des Petrus und Ja-
cobus scheinen auf dem Boden der lateinischen Kirche entstanden
zu sein. Sie zu schaffen, kostete nicht viel Nachdenken und Kunst.
Anders möchte es sich mit der Ueberschrift ad Parthos verhalten, welche
der erste oder der zweite Brief des Johannes oder auch alle drei nach
vielfachem Zeugnis lange Zeit getragen haben. So, wie es scheint, alle
drei in Cassiodor's „antiqua translatio" (instit. div. lit. 14), der erste
Brief in Cassiodor*s Complexiones (1. 1. 1370). Letzteres ist bei den
Lateinern ziemlich gewöhnlich gewesen. Der älteste Zeuge dafür ist
Augustinus in Quaest. ev. II, 39, 1 (Ed. Bassan. 1797 vol. IV, 351).
Daher ist auch der Titel seiner zehn Tractate in epistolam Joannis ad
Parthos (vol. IV, 1091), welchen auch Possidius im Indiculus librorum
Augustini c. 9 (vol. XV, 820) so angibt, als authentisch zu betrachten.
Der Africaner Vigilius, wenn anders dieser der Verfasser der Schrift
gegen Varimadus unter dem Namen des Idacius Clarus ist, citirt nach
einer Anführung des Evangelisten Johannes die unechte Stelle 1 Jo. 5, 7
mit den Worten Item ipse ad Parthos (BibL P. Maxima V, 729 B).
Daß diese Tradition nicht auf lateinischem Boden erwachsen sei, wird
schon dadurch wahrscheinlich, daß ein lat. codex Genevensis dem Brief
die Ueberschrift gibt: Incipit epistola ad Sparthos (Sabatier zu 1 Jo.);
denn dies weist doch zweifellos auf ein durch Dittographie aus nQog
ITdQS^ovg entstandenes ttqos JSnaQ&ovg zurück. Die griechische Herkunft
der Tradition ist aber auch direct bezeugt.
In einem dem Beda zugeschriebenen Prolog zu den katholischen
Briefen (Migne 93 col. 10) heißt es; Deniqiie multi scriptorum ecclest-
asticorurriy in quihus est sanctus Athanasius, Alexandrinae praesul
ecclesiae^ primam eius (d. h. des Johannes) epistolam scriptam ad Parthos
esse testantur. Wie unsicher diese Angabe an sich ist, so gewinnt sie
I doch ein gewisses Gewicht dadurch, daß einige griechische Minuskeln dem
zweiten Brief die üeber- oder Unterschrift ^Imavvov iTnarokrj ß' tiqos
IldQ&ovg geben. So eine Hutington'sche Es. in Oxford, deren hier in
I Betracht kommender Theil dem saec. XI zugeschrieben wird, als Ueber-
I Schrift nach Mill, Nov. Test. (1707) p. CLX cf. Scrivener, Introd. (ed. 2)
Anmerkangen zu den Adurobrationen. 101
p. 225 unter Nr. 30. Ebenso eine florentiner Hs. Plut. IV, 32, geschrieben
im J. 1093 (Scrivener p. 229 unter Nr. 89). Als Unterschrift kehrt das-
selbe wieder in einer pariser Hs. aus saec. XIV (Scrivener p. 227 unter
Nr. 62, die Unterschrift bei Tischendorf, ed. 8, II, 349 ohne imarolij).
Hieraus folgt, daß dieser Titel nicht lateinischen, sondern griechischen
Ursprungs ist, und es läßt sich nichts dagegen einwenden, daß schon
Athanasius ihn gekannt. Das Alter der lateinischen Zeugnisse würde
nicht dagegen sprechen, daß er zur Zeit des Athanasius, in welcher das
Abendland so Vieles vom griechischen Orient empfangen hat, in die
lateinische Tradition tibergegangen sei. Es fragt sich aber noch immer
um Sinn und Ursprung des Titels. Eine nicht gerade übersichtliche
Sammlung verschiedener Erklärungsversuche gab Lücke, Comm. über die
joh. Sehr. 2. Aufl. III, 28—34. Der Erste, welcher meines Wissens obige
Stelle derAdumbr. heranzog, warHug, Einl. in's N. T. (3. Aufl.) II, 258.
Er fand dadurch die ältere Vermuthung bestätigt, daß ngog iräg&ove
ein ans ngos naq&ivovg entstandener Unsinn sei, und vermuthete wei-
ter, daß man die zu einem Brief an eine Frau wenig passend er-
scheinende Adresse an die barbarischen Parther lieber als Unterschrift
zum vorangehenden 1. Brief gezogen habe. Aber gibt es bei den bar-
barischen Christen keine Frauen? Und ist der Unsinn so ansteckend für
Griechen und Lateiner zugleich gewesen, daß er jede Spur des Richtigen
bis auf die jedenfalls sehr dunkle Andeutung der Adumbrationes ver-
wischt hat? Sodann erklärt Hug nicht, wie Gl. auf den Gedanken ge-
rathen ist, der 2. Brief des Johannes sei an Jungfrauen gerichtet. Und
Niemand hat, soviel ich weiß, auch nur zu erklären versucht, was den
Gl. zu gleicher Zeit auf den Einfall gebracht hat, daß die in diesem
Brief zunächst angeredete Dame eine Babylonierin gewesen sei. Es
muß doch ein Zusammenhang bestehen zwischen der Bezeichnung der
Adresse durch ad virgines und der dicht daneben stehenden ad quandam
Bahyloni im, JElectam nomine. Zunächst ergibt sich der reine Widerspruch.
Gl. hält diese Babylonierin für eine wirkliche Person und las in seinem
Text, daß sie Kinder habe. Die Hauptadressatin ist also jedenfalls keine
Jungfrau, sondern eine Frau und Mutter im alten Babylon. Daraus folgt
mir sofort, daß Gl. vielmehr ngog UccQ&ovg geschrieben, sein Uebersetzer
aber ngog nciQ&ivovg gelesen und übersetzt hat. Wollte man für die
Babylonierin und ihre Rindet einen Volksnamen in der Adresse haben
nach Analogie von jiQog rakctTag, ngog ^Eßga^ovg, so ergab sich in der
Zeit vor Entstehung des Sassanidenreichs , welche Gl. nicht mehr erlebt
hat, ganz von selbst der Name der Parther. Hiemit ist freilich nur erst
der Text des Gl. hergestellt und mit sich selbst in Einklang gebracht,
auch eine hinreichend alte Auctorität für die bei Griechen und Lateinern
seit dem 4. Jahrhundert an bezeugte Tradition gefunden. Aber es ist
noch nicht erklärt, wie Gl. zu seiner Meinung gekommen ist. Die Apostel-
traditionen wissen nichts von Beziehungen des Johannes zu Babylon und
den Parthern. So wird also die Meinung, daß die im Brief selbst ge-
nannte Adressatin eine Babylonierin gewesen, nicht aus einem alten ngog
ndgd^ovg entstanden sein, sondern umgekehrt. Nur das Bahyloniam^
102 Anmerkungen zu den Adumbrationen.
Electam nomine will erklärt sein. Es wird aber schwerlich anders zu
erklären sein als daraus, daß Cl. durch das ixXsxry xvQitic in seinem
Text an das ij iv BaßvltUvi owsxksxT^ 1 Petr. 5, 13 sich erinnern ließ.
Er muß auch hierunter zunächst eine einzelne weibliche Person verstanden
haben, woneben dann auch hier für eine allegorische Deutung auf die
Kirche doch noch Kaum blieb, und er muß diese Frau für identisch mit
der Adressatin des 2. Johannesbriefs gebalten haben. Das erscheint um
so sonderbarer, da man nach der Darstellung des Eusebius (hypot. fr. 16)
scheint annehmen zu müssen, daß Cl. wie Papias unter dem Babylon
1 Petr. 5, 13 Rom verstanden habe, und da Cl. in den Adumbr. aus
Anlaß dieser Stelle (oben S. 83, 1) von der Predigt des Petrus und der
Abfassung des Marcusevangeliums in Rom spricht. Aber es ist nicht
mehr genau auszumachen, wieviel in jenem Bericht des Eusebius auf
Cl. zurückzuführen ist (s. oben S. 72 Anm. 1, und S. 95 Anm. 13), und
nur gewiß, daß Manches darin geradezu der wirklichen Meinung des Cl.
widerspricht, wie die ausdrückliche Sanctionirung des Marcusevangeliums
durch Petrus. Ferner hat Cl. in seinen Adumbr. den Text von 1 Petr. 5, 13
gar nicht angeführt und über seine Auffassung von Babylon sich nicht
geäußert. Würde er das unterlassen haben, wenn er Babylon tqotti-
x(6t€qov verstanden hätte? Die üeberlieferung von der römischen Predigt
des Petrus und dem römischen Ursprung des Marcusevangeliums war
mächtig genug, um dieser Stütze entbehren zu können; und die bloße
Erwähnung des Marcus im Brief des Petrus war Anlaß genug, jener
üeberlieferung zu gedenken, woran sich dann die noch fernerliegende
Erinnerung an die schriftstellerischen Arbeiten des Lucas anschloß. Ich
behaupte daher, daß Cl. Babylon in 1 Petr. 5, 13 von der alten Stadt
am Euphrat verstanden hat; und finde es von einem Manne, der aller
üeberlieferung zum Trotz den Apostel Johannes mit den Parthern in
Beziehung gesetzt hat, auch begreiflich, daß er annahm, Petrus habe
entweder in Babylon seinen Brief geschrieben, oder doch, was ja auch
allenfalls genug wäre, von einer in Babylon wohnenden Christin, mit
welcher er in Correspondenz stand, einen Gruß zur Bestellung aufgetragen
bekommen.
Hiernach haftet das ad Parthos j wie auch die griechischen Hss.
des Briefs bestätigen, zunächst am 2. Brief. Ob es die Griechen je
anders gemeint haben, ist mehr als zweifelhaft. Sollte der griechische
Ausdruck: „zweiter Brief des Johannes an die Parther** besagen, daß
auch der erste an dieselben gerichtet sei, so würde doch auch vor oder
hinter dem ersten die bezügliche Angabe nicht fehlen. Bei den Lateinern
scheint umgekehrt hauptsächlich der erste Brief ad Parthos betitelt
worden zu sein. Aber das bedarf doch schwerlich einer künstlichen
Erklärung. Nur dem ersten Brief des Petrus hat man förmlich den Titel
ad gentes (ad Ponticos) gegeben; aber nur darum, weil man beim Mangel
widersprechender Judicien als selbstverständlich annahm, daß der zweite
Brief des Petrus die gleiche Adresse habe, wie das auch Cassiodor (inst,
div. lit. 14) vorauszusetzen scheint. So übertrug man die Adresse ad
Parthos wie selbstverständlich auf alle drei johanneische Briefe, wie
Anmerkungen zu den Adumbrationen. 103
dies auch Cassiodor's Meinung zu sein scheint; aber nach Analogie der
Behandlung der petrinischen Briefe wurde nur dem ersten Brief diese
Adresse förmlich beigeschrieben. So verwandelte sich die ursprünglich
auf gelehrter Reflexion des Cl., vielleicht auch Anderer vor und neben
ihm beruhende Meinung, daß der 2. Brief des Johannes an eine Frau in
Babylon gerichtet gewesen sei, in die unverständliche Tradition der La-
ieiner, daß der 1. Brief des Johannes an die Parther gerichtet sei. Nicht
die Wurzel, aber das älteste Zeugnis für die Anfänge dieser Fabel ist
die Stelle der Hypotyposen, welcher diese Anmerkung galt.
29. Tertull. de orat. 14: osculum pacis, quod est orationis sigua-
culum.
H. UntersuchuBg^en.
I. Das achte ßuch der Stromateis.
Der Protrepticps, die drei BUcher des Pädagogus und die
sieben ersten BUeher der Stromateis bilden eine unzerreißbare
Kette. Auf den Profrepticus, welcher nocli nicht die Absiebt
irgendweleher weiteren Schriftstellcrei verräth, bezieht eich Cle-
mens selbst im Eingang des Pädagogns^) als eine Vorstufe der
nunmehr in Angriff zu nehmenden Arbeit zurllck. Dort hatte es
der Logos bei seiner ersten Einladung zum Heil mit der rechten
Gesinnung im allgemeinen {lä i;>)]) als Fundament des Glaubens
zu thun, hier mit deren Anwendung im praktischen Leben
(yrea|E(5j ttü&i}). Deutlich weist er in dieser Ethik auch schon
anf die dritte mehr theoretische Aufgabe hin, welche er in den
Stromateis zu lösen versucht*), und blickt umgekehrt hier (VI, 1}
auf die drei Bücher des Pädagogus zurück. Eingangs- und
Scblaßwortc and mehrere zerstreute Sei bstanfUh rangen verbinden
auch die sieben ersten Stromateis unter einander'), und zahlreiche
zum Theil mit genauer Angabe der Bücher versehene Citatc in der
Literatur der folgenden Jahrhunderte machen es zweifellos, daß
wir die genannten 11 BUcher in wesentlich demselben Zustande be-
sitzen, in welchem sie Clemens herausgegeben hat. Eine gewisse
Unsicherheit beginnt mit dem 8. Slromateus. Der gedruckte Text,
welcher hier wie im ganzen Werk der Stromateis auf einer
einzigen Handschrift des 11. Jahrhunderts beruht*), enthält keine
1) Paed. I, 1 cf. Strom. VH, 22.
2) Paed, r, 2 n. 3 neoTQfmav avioSn; ^ntnii rrrtiärtyiayiSv, inl nrtaiv
ixMüaxBiy) cf. I, 8 extr.; II, 1; III, 97. 98.
3) Strom. I, 183; II, i ü. 147; III, HO; IV, 1-3; V, 1.10.95. 141;
VI, 1; Vir, 111.
4) Baadini, Catal. codd. mss. graec. patr. (tom, I) p. 12 sq.', Dio-
dotf praef. p. XVI sq-
Das 8. Blich der Stromateis. 105
Bezugnahme auf eins der früheren Bücher, keine im Zusammen-
hang der Rede vorkommende Selbstbezeichnung als eines der
Stromateis. Es mag ein Zufall sein oder aus dem Inhalt des
8. Buchs sich erklären, daß die Citate des Eusebius in der
Kirchengeschichte nicht über das 7.,* in der Präparatio nicht
über das 6. Buch hinausreichen; ferner, daß unter den zahl-
reichen Citaten aus Clemens, welche die Gnomologien und Ca-
tenen darbieten, nur ein einziges auf diejenige Schrift zurück-
geht, welche bisher als 8. Stromateus gedruckt worden ist^);
endlich, daß auch jüngere, die Ordnung der Bücher befolgende
Excerptensammlungen mit dem 7. Buch abbrechen ^). Zu kri-
tischen Erwägungen haben jedoch nicht diese oder ähnliche
Beobachtungen, sondern einerseits der eigenthUniliche Inhalt des
8. Buchs und andrerseits die Nachricht des Photius über den
Befund in verschiedenen Handschriften gegeben *). Nachdem
Photius (cod. 111) bemerkt, daß die Stromateis ebenso wie die
Hypotyposen aus 8 Büchern bestehen, sodann den Schluß un-
seres 7. Buchs zur Charakteristik der schriftstellerischen Art
des Werks citirt und noch aus einer „alten Handschrift" den
vollständigen Titel angeführt hat*), fährt er fort: „Doch der
erste bis zum siebenten (Stromateus) haben die gleiche Ueber-
schrift und sind von einerlei Art {ipiaioi) in allen Exemplaren ;
der achte aber ist verschieden eowohl rücksichtlich der Uebcr-
schrift als des Textes. In einigen (Handschriften) nämlich ist
er überschrieben tig o (rail^6[A€Pog nXovcFtog und fängt so an:
Ol (lep Tovg iyxcofiiacrTixovg Xoyovg und so weiter; in einigen
aber trägt er die Ueberschrift crtQODjiaTevg oydoog, wie die
sieben (Bücher) vor diesem, und beginnt: äXX^ ovds oi naXal-
1) S. oben S. 28 zu ström. VIII, 2.
2) Der cod. Reg. Neapolitanus II A 14 enthält außer dem vollstän-
digen Text des Pädagogus Excerpte aus Strom. I— VIT; dieselben Excerpte
auch cod. Ottobonianus 94 s. Dindorf praef p. XVIH sq.
3) Heinsius bei Potter p. 913; le Nourry 1. 1. 1290 nq. S. Ändere
bei Tillemont, möm. pour servir ä Thist. eccl. (a. 1695) tom. III, 651,
welcher selbst sein ürtheil zurückhält, und bei Reinkens, de Clemente
presb. Alex. (1851) p. 235, welcher die Bedenken gegen die Zugehörig-
keit des 8. Stromateus zu dem ganzen Werk ausführlich bestreitet.
4) Er stimmt abgesehen von dem Titel ngeaßvTiQov Idki^av^geCag
und der Angabe der Zahlen a — 7{ bei Photius genau mit demjenigen
bei Eus. h. e. VI, 13, 1 und stammt von Clemens selbst cf. ström. I, 182
(D. II, 143, 13-17); III, 110 (D. II, 313, 13); VI, 1 (D. III, 121, 3).
106 Das 8. Buch der Stromateis.
tatoi t&v (piXoaofpfAv und so weiter". Nicht zu der ersten,
also zu der zweiten dieser beiden Classeu von Hss. gehörte
jene „alte", in welcher Photius den Titel vollständig, d. h. nicht
in der gewöhnlichen Abkürzung gefunden hatte; denn in dieser
alten Hs. war nach der unzweideutigen Angabe das achte Buch
(TTQWfiatitav ff tiberschrieben. Es waren also irgendwelche
jüngere Handschriften, in welchen zur Zeit des Photius an Stelle
eines achten Stromateus oder als Anhang zu den nur aus
7 Büchern bestehenden Stromateis die berühmte Homilie über
Marc. 10, 17 — 27 getreten war. Es ist dies immerhin ein altes,
die vorhin bemerkten Anzeichen für eine abgesonderte Verbrei-
tung der 7 ersten Stromateis ohne den achten bestätigendes
Zeugnis ^). Aber auch weiter nichts. Daß die Schrift „über
den Reichen, der selig wird," welche schon Eusebius excerpirt
und mit ihrem Titel neben den Stromateis genannt hat(h.e.VI, 13),
nicht ein Bestandtheil der Stromateis sei, bedarf keines Be-
weises; haben doch selbst jene Schreiber, deren Arbeit Photius
in Händen hatte, nicht gewagt, sie als 8. Stromateus zu betiteln.
Aber auch das gilt heute mit Recht als ausgemacht, daß die
andere Classe der dem Photius bekannten Hss., darunter die
„alte'', als achten Stromateus dasselbe Buch enthielt, welches
in der florentiner Hs. und unseren Ausgaben diesen Titel trägt;
denn die Anfangsworte sind die gleichen. Die Uebereinstimmung
der florentiner Hs. mit der alten Hs. des Photius wird außerdem
bestätigt durch ein genaues griechisches und ein ebenso genaues
syrisches Citat aus str. Vni, 2 und 16 (oben S. 28), worüber
nachher noch zu reden ist. Die Gründe, aus welchen Heinsius
und le Nourry zu der verzweifelten Annahme griffen, daß trotz
der gleichen Ueberschrift und des gleichen Buchanfangs der
Inhalt des dem Photius vorliegenden 8. Stromateus ein durchaus
anderer gewesen sei als derjenige des gedruckten 8. Buchs,
haben Niemanden überzeugt. Die Behauptung, daß Photius ge-
rade im 8. Buch heterodoxe Lehren gefunden haben wolle,
während unser 8. Buch lediglich logisch - dialektischen Inhalt
1) Die durch Photius bezeugte Verbindung von »Quis dives" mit den
7 Büchern der Stromateis scheint einiger Maßen dadurch bestätigt, daß
nach Lequien (Opp. Jo. Dam. II, 343 Anm.) der cod. Rupefucaldinus
der Sacra Par. einmal diese Schrift als ersten, mehrmals als 8. Stroma-
teus citirt. Auch Anastasius Sinaita mit seiner freilich sehr unbestimmten
Angabe (s. oben S. 31 zu „Quis dives** § 42) möge erwähnt sein.
Das 8. Buch der Stroiuateis. 107
habe, beruhte auf einem schon von Fabrieius ^) berichtigten
Misverständnis. Photius redet dort vom ganzen Werk der Stro-
mateis. Die inneren Grlinde, welche le Noiirry gegen die Zu-
gehörigkeit unseres 8. Stromateus zu diesem Werke gellend
machte, sind von Reinkens S. 241 sqq. ausreichend widerlegt
worden. Vollends die Vermuthung von Heiusius, welche dann
Bunsen seiner ßeconstruction der Hypotyposen zu Grunde legte 2),
daß unser 8. Stromateus ein Stück der Hypotyposen sei, ent-
behrt allen Anhalts in den Mittheilungen des Photius und ist
unverträglich mit dem Charakter der Hypotyposen, wie er aus
den Nachrichten über dies Werk und den Fragmenten desselben
sich erkennen läßt. Auch die unleugbare Thatsache, daß die
7 ersten Bücher nicht selten ohne ein achtes verbreitet worden
sind, kann nicht das geringste Bedenken gegen unser 8. Buch
erregen. Daß Clemens nach Vollendung des 7. Buchs sogar
noch mehrere Bücher gleichen Titels schreiben wollte, sagt er
selbst^ j; und daß er ein achtes hinterlassen hat, bezeugen alle
die, welche seit Eusebius ein solches in Verbindung mit den 7
übrigen gelesen haben. Daß Exemplare ohne ein 8. Buch
existirt haben, kann einmal daher rühren, daß Clemens selbst
die 7 Bücher nach Vollendung des 7. in Umlauf gesetzt hat,
und sodann daher, daß mit dem 8. Buch, wie er selbst ankün-
digt und der Augenschein uns lehrt, in der That in einem Maß,
wie an keiner anderen Stelle des ganzen Werks, ein neuer An-
fang gemacht, ein zweiter Haupttheil begonnen ist. Da derselbe
ein Torso geblieben ist, begnügten sich viele mit dem allein
vollendeten und leidlich abgerundeten ersten Haupttheil, den 7
ersten Büchern.
1) Bibl. Graeca ed. Harles VII, 124 cf. Reinkens p. 240.
2) Analecta Antenic I, 159. 167—200.
3) Strom. VII, 111: xal J^ fisiti rov 'ißSofxov lovjov tjfily axQfofiaiia
Twv k^ijg (sc. ajQtafxajkfov') an aXXtjg aQ/r/g noirjaofjieS-a tov Xoyov. Es
ist mir nicht verständlich, wie Bunsen p. 162 hier die deutliche Aussage
finden konnte, daß Cl. mit dem 7. Buch das ganze Werk abschließen
und darnach ein neues Werk in Angriff nehmen wolle. Reinkens p. 251
übersetzt de eis^ quae deinceps sequuntur^ ah alio principio faciemus
disjmtationem. Aber es heißt nicht tibqI tc5v i^ijg, und Xoyov noisia^al
Ttvog heißt bekanntlich ganz etwas anderes, was hier nicht paßt. Es
kann also reSv iSr,g nicht Object sein. Die Rede, die Darstellung der fol-
genden Stromateis im Gegensatz zu dem hier beendigten 7. Buche soll
von einem anderen Anfangspunkt ausgebn.
108 Der Plan der Stromateis.
Zur vollen Ausfuhrung ist nämlich der weitschichtige Plan
nicht gelangt. Das zeigt schon der äußere Umstand ^ daß Gl.
am Schluß des 7. Buchs nicht von einem einzigen noch fehlenden,
sondern von mehreren folgenden Stromateis spricht, während
von mehr als 8 BUchern Niemand etwas gemeldet hat. Es
müßte sonderbar zugegangen sein^ wenn CL, der immer weit-
läufiger ist, als er vorher beabsichtigt, in einem einzigen Buch
das bewältigt hätte, was er in mehreren BUchern zu behandeln
gedachte; selbst wenn man annehmen wollte, daß das 8. Buch
ursprünglich sehr umfangreich gewesen sei, noch größer etwa
als das erste Buch, das längste von allen. Es erscheint noth-
wendig, hier etwas näher auf den Plan des großen Werks, seine
allmählichen Veränderungen und seine unvollkommene Ausführung
einzugehn. Die schon berührte Ankündigung des weiteren
schriftstellerischen Plans in Paed. I, 1 ließ erwarten, daß im
Gegensatz zu dem propädeutischen, auf Unbekehrte und Neu-
bekehrte ^) berechneten Charakter des Protrepticus und des
Pädagogus die Stromateis die Unterweisung der zum geistlichen
Mannesalter Gereiften bringen und im Gegensatz zu dem ethi-
schen Inhalt jener Bücher in die christliche OflFenbarungswahrheit
und Glaubenslehre einführen würden. Eine zur Aufnahme der
gnostischen Erkenntnis tüchtig gemachte Seele sollte der Pädagog
denen verschaffen, die unter die Zahl der Männer aufgenommen
werden (ström. VI, 1). Wenn uns der Eingang der Stromateis,
auf welchen Gl. dann wieder ström. VI, 1 zurückblickt, voll-
ständig erhalten wäre, würden wir dort wahrscheinlich jenem
doppelten Gegensatz zu den vorangegangenen Werken wieder
begegnen, in welchem er sich die Stromateis von Anfang an
gedacht hat. Aber was den Gegensatz zu dem propädeutischen
Zweck- der früheren Werke anlangt, so zeigt sich von Anfang
an, daß die Stromateis vielmehr überall in den Ton der Propä-
deutik zurückfallen. Glemens hat auch hier nicht am wenigsten
1) Daß für Letztere der Pädagogus bestimmt sei, zeigt deutlich
Strom. VI, 1. Man sollte aber nicht sagen, daß Clemens dort Katechu-
menen, Taufoandidaten, als Hörer oder Leser im Auge habe; denn wo
er sich über den Begriff nal^sg im geistlichen Sinne verbreitet paed. F,
12 sqq. 25 sqq. 53, zeigt sich, daß er darunter gewissermaßen alle
Gläubigen versteht, und gerade die Taufe als den entscheidenden Ein-
tritt in das christliche Kindesalter betrachtet.
Der Plan der Stromateia. 109
unbekehrte Hellenen im Sinn, welchen er ein Hellene werden
will, die er durch den schon im Namen Stromateis ausgedruckten
Mischcharakter seines Werks anziehen und „zur Aufnahme der
gnostischen Ueberlieferung zuvor reinigen" will (ström. 1, 15 — 18.
20. 28; II, 2). Und zwar immer oflfener tritt im weiteren Ver-
lauf der exoterischc und apologetische Endzweck hervor. Für
Hellenen und Juden will er eine kurze Darlegung des Schrift-
inhalts geben (str. IV, 1); gegen deren Anklagen will er die
kirchliche Wahrheit vertheidigen (VII, 89). Den Philosophen,
den Hellenen will er das Bild des wahren Gnostikers zeichnen
(VI, 1; VII, 1). Damit hängt die Verwischung des anderen
Gegensatzes zwischen Ethik und biblisch-dogmatischer Theorie
zusammen. Der Titel „Stromateis" entschuldigt^) alle Ab-
weichung vom Programm, oder wie es Cl. ansieht, das immer
wiederholte Hinausschieben der Ausführung des ursprünglichen
Plans. Sehr unbefangen spricht sich Cl. am Anfang des i. Buchs
Über die noch unerledigten Aufgaben aus. In der begonnenen
ethischen Auseinandersetzung will er fortfahren, will (1) vom
Martyrium, (2) von der Vollkommenheit und bei dieser Gelegen-
heit von der gleichmäßigen Bestimmung aller Stände und Ge-
schlechter für die Philosophie, ferner (3) vom Glauben und
Forschen, sodann (4) von der symbolischen Darstellung religiöser
Wahrheiten handeln, um dann, nach (5) rascher Erledigung der
ethischen Lehren > kurz darzuthun, (6) welchen Gewinn die
Hellenen aus der barbarischen Philosophie empfangen haben.
„Nach dieser skizzenartigen Darstellung soll (7) sowohl die an
und gegen die Griechen als auch die an und gegen die Juden
gerichtete 2) compendiarische Auslegung der heiligen Schriften
vorgetragen werden und (8) alles das, was uns, da wir noth-
gedrungen der Fülle der Gegenstände uns fügen mußten, nicht
gelungen ist in den bisherigen Stromateis zu bewältigen, während
wir nach dem Eingang des Proömiums die Absicht hatten, es in
einer einzigen Schrift zu vollenden". Unter dem einzigen
vnoiivriiia^ in welchem er anfangs gehoflft hatte, die ganze
Aufgabe zu lösen, muß er ein solches Buch verstehen, wie er
1) Strom. IV, 4; Vi, 2; VII, JlO. 111.
2) Wenn der Text in Ordnung ist (^ te nqog tovg "EXlrivag xal r)
TiQog Tovg ^Iov6a(ovg xar Iniio^tjv i(ov yQaqxov exd^saig), würde diese
beabsichtigte kurze Darstellung des Schriftinhalts eine zweitheilige sein.
110 Der Plan der Stromata»»
deren nun schon drei geschrieben hatte und ein viertes zu
schreiben anfing. Nach der anfänglichen Absicht sollte ein
ununterbrochen fortlaufendes vTtofivtifia, ein einziger atqüofia-
t€vg entstehen, statt dessen nun eine ganze Reihe von vTto^vfj-
fzata und crTQüoiAareeg entstanden sind ^). Nur bei diesem Ver-
ständnis ergibt sich der Gegensatz zwischen dem anfänglichen
Plan und Versprechen und der wirklichen Ausführung, welchen
Cl. offenbar ausdrucken will. Ein einziges Werk bilden ja auch
die verschiedenen theils schon geschriebenen ^ theils noch zu
schreibenden Stromateis. Die Aufzählung der Gegenstände,
welche im Werk der Stromateis noch behandelt werden sollen,
ist zwar hier eine summarische ^ und wir sind, da uns das
Proömium des ganzen Werks nicht vollständig erhalten ist, nicht
im Stande, genau anzugeben^ was alles außer und nach den im
einzelnen namhaft gemachten Stücken noch zur Sprache kommen
soll. Es liegt sogar nahe, bei den Worten xai otra xtL an
ziemlich Vieles zu denken. Aber andrerseits zeigt eben dieser
summarische und abschließende Ausdruck^ daß die Aufzählung
des beabsichtigten Inhalts der folgenden Bücher hiermit wirklich
abgeschlossen ist. Wenn daher Clemens in § 2 fortfahrt, von
weiteren schriftstellerischen Absichten zu reden, so bezieht sich
das alles nicht mehr auf künftige Theile des Werks der Stroma-
teis, sondern auf andere nach deren Vollendung auszuarbeitende
Abhandlungen. Eben dies ergibt sich aber auch aus dem Wort-
laut des Folgenden: ,,Darauf müssen später, nachdem die der
gegenwärtig uns vorliegenden Aufgabe gewidmete Darstellung
soweit als möglich vollendet ist ^) , die von den Hellenen und
anderen Völkern, nämlich den Barbaren, aufgestellten physio-
1) Cf. die Schlußworte und Unterschriften von str. I. IIL V, auch
VI, 1 (D. III, 121, 3; 122, 3). Gegen obige Auffassung von ström. IV, 1
wird man nicht einwenden, daß Clemens schon im Anfang des Werks
den Plural vnofivrjinajcc anwendet str. I, 11 u. 14 (D. II, 10, 17; 12, 27;
13, 15J, womit auch wieder der Singular wechselt str. 1, 14 (D. II, 13, 8).
Denn dort handelt es sich nicht wie str. IV, 1 um den Gegensatz des
?v vnofivrifia und der vielen aTQWfiaTstg.
2) Die griechischen Worte zeigen vielleicht noch deutlicher als die
deutschen, daß hier (§2) die bevorstehende Vollendung der vorher (§ 1)
nach ihrem Inhalt charakterisirten späteren Stromateis als Voraussetzung
weiterer Arbeiten bezeichnet ist: Inl roviotg varsgov ^ nXriQioS^slarig (og
%vi finkiOtn TTJg xara t« n^oxelfneva ij/nlv vnoTV7i(6ae(og xrk. Es ist eben
das, was VI, 2 ^ iioy oxqaifjiaikiav vnoxvntoaig heißt.
Die Ausführung des Planes. 111
logischen Lehren über die Prineipien, soweit deren Meinungen
uns zugekommen sind, untersucht und die hauptsächlichsten Er-
findungen dei' Philosophen erörtert werden" u. s. w. Es stehen
die in diesen und den weiter folgenden Sätzen beschriebenen
zukünftigen Arbeiten in einem inneren Zusammenhang mit den
StromateiS; so wie diese mit dem Pädagogns und dem Pro^
trepticus; es wird auch deutlich, daß Cl. erst im weiteren Verlauf
dieser zukünftigen Arbeiten endlich zu der eindringenden posi-
tiven Darlegung der Offenbarungswahrheit zu gelangen gedenkt M,
welche man von vornherein schon in den Stromateis zu erwar-
ten veranlaßt war. Aber Cl. läßt keinen Zweifel darüber, daß
nicht nur diese „dem Wahrheitskanon gnostischer Ueberliefer-
ung entsprechende Philosophie" und „Theologie", sondern auch
noch mehrere andere darauf vorbereitende Arbeiten außerhalb
der Stromateis zu stehen kommen und auf dieselben erst folgen
sollen. Dies wird endlich auch dadurch bestätigt, daß er in
der That eine dieser angekündigten Abhandlungen, nämlich die
neql uqxcop später als selbständige Schrift herausgegeben und
als solche in Quis dives § 26 citirt hat (s. oben S. 38).
Ist nun in str. IV, 1 das Programm der folgenden Stroma-
teis zwar summarisch aber vollständig enthalten, so hat man
hiermit die Ausführung zu vergleichen. Nach einigen Erörter-
ungen über Namen und Charakter der Stromateis (IV, 4 — 7)
kommt Clemens wieder zur Ethik und bald genug zu dem
ersten vorher angekündigten speciellen Thema vom Martyrium
(§ 13—104). Das zweite Thema von der Vollkommenheit und
dabei von dem gleichen Beruf der Weiber wie der Männer zur
wahren Sittlichkeit behandelt er, anfangs in Anlehnung an
Clemens von Rom § 105—172. Trotz mancher Digressionen
gegen Ende des 4. Buchs ist das Programm beim Beginn
des 5. Buchs nicht vergessen. Es folgt wirklich , ohne
gerade innerlich veranlaßt zu erscheinen, wohl im Gehorsam
gegen die Ankündigung in IV, 1 ein Kapitel vom Glauben
(V, 1—13), woran sich dann etwas über Hoffnung und Liebe
anschließt (14 sqq.), was so nicht angekündigt war. Nach
einem Uebergang, der nicht gerade durchsichtig ist, und nicht
ohne allerlei Seitensprünge läßt er § 19—88 die versprochene
Erörterung über das avfißolixöv eidog folgen ^J, und weiterhin
1) str. IV, 3: t6t6 Sri ttjv t^ oVrt yvioatixriv (pvaioXoyCav fjiiti^iv xrX,
2) So sagt er selbst str. VI, 4 im Rückblick auf str. V.
112 Die Ausführung des Planes«
(§. 89 — 141) den gleichfalls angekündigten Nachweis der Ent-
lehnungen der Hellenen aus der barbarischen Philosophie. Da
bis dahin das Programm ziemlich pünktlich ausgeführt ist, so
sollte man erwarten ^ daß nun die angekündigte kurze xar
SniTOfi^i^ yqafpoop €x&€(Tiq folgen werde. Statt dessen bezeichnet
Clemens zu Anfang des 6. Buchs als Aufgabe dieses und des
folgenden Buchs, durch eine Darstellung des Gnostikers, wje
er leibt und lebt, die ethische Lehre zu vollenden, und dann
den Philosophen zu zeigen, daß der christliche Gnostiker auch
der allein wahrhaft Fromme sei. Obwohl der Ausdruck hier
theilweise an das Programm in str. IV, 1 erinnert^), so war
doch dort von diesem Gemälde des Gnostikers noch nichts zu
ahnen. Es w^r auch ganz undeutlich geblieben, wie durch die
dort aufgezählten sehr mannigfaltigen Themata hindurch oder
neben denselben her „die ethische Lehre" zu Ende geführt wer-
den sollte. An einer viel früheren Stelle jenes Programmes
(Nr. 2 oben S. 109) stand die Frage rlg 6 %iXeioqr, und in deren
bereits längst gegebener Beantwortung (str. IV, 105 — 172) be-
gegnet uns oft genug der Name und die Gestalt des Gnostikers
(IV, 135. 161. 163. 165. 171). Aber das genügte nicht. Nun
erst soll die ausführlichste Schilderung des Gnostikers den Geist
und das Ideal christlicher Sittlichkeit verkörpert darstellen. Aber
ehe Clemens nun dies neu eingeführte Thema wirklich in An-
griff nimmt, drängt es ihn, noch ein anderes früher behandeltes
Thema wieder vorzunehmen. Den in str. V, 89 — 141 gegebenen
Nachweis des „Diebstahls der Hellenen" will er noch besonders
dadurch vervollständigen, daß er zeigt, wie ein griechischer
Schriftsteller den anderen nachgeahmt habe (VI, 4—38). Nach
einigen Erörterungen über die Unzulänglichkeit der heidnisch
philosophischen Erkenntnis gelaugt er dann zu der plastischen
Schilderung des Gnostikers (VI, 39 — 168). Der Nachweis, daß
der Gnostiker der allein wahrhaft Fromme sei^), folgt in VII,
1 — 88. Damit ist die in VI, 1 den Büchern VI und VII zuge-
wiesene Aufgabe erledigt, aber das Programm, wie es in IV, 1
verzeichnet war, ist noch immer nicht vollständig ausgeführt.
Es fehlen noch Nr. 7 und 8. Hat Gl. sie vergessen? An die
versprochene für NichtChristen bestimmte compendiarische Dar-
1) VI, l öiayQaxlfttg . . rov rjS-ixov Xoyov it^ rovrots neQcctovfievov
cf. mit str. IV, 1 roy rjO^txoy avfin€Qavdf4,evoi Xoyov,
2) Str. VI, 1 (D. III, 121, 7) cf. mit str. VII, 1 (D. p. 251, 3).
Der Zusammenhang von str. VIII, 1—33 mit str. I-— VII. 113
Stellung des Schriftinhalts (Nr. 7) erinnert er einmal vielleicht
unabsichtlich insofern, als er erklärt, die biblischen Argumente
von der Darstellung des frommen Gnostikers ausschließen zu
wollen, und dagegen auf spätere Benützung derselben verweist^).
Vielleicht darf man auch an die sehr unbestimmt gelassene
Nr. 8 des Programmes sich erinnern, wenn Cl. „die dogmatische
Theorie" ausdrücklich vertagt (VII, 59 cf. VI, 168). Aber weder
das Eine noch das Andere folgt Statt dessen gibt Cl. VII,
89—110 eine Apologie des Christenthums gegen den heidnischen
und jüdischen Vorwurf, daß die Verschiedenheit der christlichen
Schulen den Glauben an das Ghristenthum unmöglich mache.
Daß dies Stück nicht im vorgezeichneten Plane enthalten war,
bezeugt Cl. selbst, indem er sich zum Schluß auffordert, an die
Erfüllung des Versprechens zu gehen (§ 110) und nochmals den
grundsätzlichen Mangel an steifer Ordnung in seinem Werk
hervorhebt (§ 111). Die Fortführung der Stromateis steht ihm
fest; mehrere Bücher sollen noch folgen; aber an einem anderen
Ende will er die Sache nun anfassen (VII, 111). Steht nun
fest, daß Cl. unser 8. Buch auf das 7. hat folgen lassen (s. oben
S. 106 f.), so ist vor allem anzuerkennen, daß er, seinem letzten
Versprechen getreu, wirklich einen überraschend neuen Anlauf
nimmt. Er gibt eine Lehre vom Finden der Wahrheit, handelt
von Definition und Beweis, von Genus und Species, kurz er
trägt eine Erkenntnislehre vor, oder vielmehr ein Stück einer
solchen. Das ist eben die älXtj äqxri^ von welcher er in den
auf das 7. Buch folgenden Stromateis ausgehn wollte. Aber
es ist das nicht ein ihm selbst unvorbereiteter Einfall. In jenem
Programm str. IV, 1 hatte er als zweiten Pnnct neql t€ nlcTTecog
xal neql tov K^riTelp angegeben. In der Ausführung str. V,
1—13 (s. oben S. 111) wird wohl vom Glauben gehandelt, aber
sogut wie* gar nicht vom Suchen 2), d. h. von der rechten Art
des Forschens, die zum Finden der "Wahrheit, zum christlichen
Glauben und Erkennen führt. Jetzt erst str. VIII gibt Cl. die
Heuristik. „Suchet, so werdet ihr finden", ruft „die barbarische
1) str. VII, 1: Tcuy Sk ki$6(oy JÖSv 7iQ0(friTix(uy inl rov naQovtoq ovx
inifiyrjad-fjaofÄed-a f xarä Tovg knixaCQovg ronovg varsgov Talg ygatpatg
avyxQriOoiiiVoi,
2) Str. V, 11 in.; 12 in. wird der Gegenstand flüchtig berührt, in
ganz anderem Zusammenbang wieder str. VI, 121 sq.
Zahn, Forschungen III. Q
114 Der 8. Stromatens ein Fragment.
Philosophie^ and macht damit dem trostlosen Skepticismus und
der inhaltlosen Sophistik; in welche die griechische Philosophie
ausgelaufen ist, ein Ende (§ 1). Es gilt aber richtig zu suchen
und an die richtige Thür anzuklopfen. Zwar die eigentliche
Antwort auf die Fragen des wahrheitsliebenden Forschers geben
die heiligen Schriften^),- aber nicht nur an die heiligen Schrif-
ten, sondern auch an die allgemeinen Ideen muß man sich bei
dieser Forschung halten^ indem nur so das Finden zu einem
nützlichen Ziele führt^). Daher gibt es keine bessere Einleit-
ung zu der folgenden Belehrung, als die [Ai&odog Tijg evqiffetag^)^
welche nun zunächst vorgetragen wird.
Der Inhalt unseres 8. Buchs fällt nicht mehr als viele
andere, noch umfangreichere Partien der Stromateis aus dem
Rahmen des Planes heraus. Wie nun aber Cl. nach Erledigung
der dialektischen Voruntersuchung zur Erfüllung seiner vnoffxecng^
insbesondere zur Ausführung des 7. und 8. Punctes deq oben
S. 109 reproducirten Programms tibergehen wollte, und ob er
wirklich dazu gekommen ist, läßt sich nicht ohne weiteres be-
stimmen. Das, was in unseren Ausgaben als 8. Buch steht, ist
jedenfalls nur ein Bruchstück, sei es daß uns unbekannte Ver-
hältnisse dem Verfasser die Feder aus der Hand gerissen haben,
ehe er auch nur eines der Bücher, welche dem siebenten noch
folgen sollten, vollendet halte, sei es daß die von ihm selbst
noch etwas weiter geführte Fortsetzung ein noch schlim-
meres Schicksal getroffen hat, als die 7 ersten Bücher. Daß
unser 8. Stromateus nur ein Torso ist, ergibt sich schon aus
der Erwägung der Eaumverhältnisse. In der Ausgabe von Syl-
burg, die aller Anmerkungen unter dem Text entbehrt und daher
zu genauer Vergleichung des Umfangs der einzelnen Bücher
J) Dies wird str. VIII, 2 (D. III, 351, 12. 26) nur kurz berührt,
war aber schon str. VII, 92 (D. p. 332, 16) ; § 93—96 ausführlich genug
entwickelt.
2) Ich hoffe die schwierige Stelle richtig za verstehen (D. 351, 25) :
^XOfiivovs yuQ xa&^xu ov fiovov tcüv ^Qaipmv tüv d-iCtov^ dXXa xal reSv
ivvoidSv rdSy xoivcSv rag fijriJMiff noulad-aiy elg ri niqag (otpkXi^ov jrjg
ivQiaeojg xaTaXrjyovarjg. Bequemer wäre xctTtxXrjyovaag ^ von rag Cv^^^its
abhängig, so daß t^s avQiaeoog ein Genitiv der Apposition zu nigag
to(piXifiov wäre.
3) Str. VIII, 9 (D. 357, 20). Außer diesem ganzen § 9 ist beson-
ders noch § 14 zu beachten.
Der 8. Stromateus ein Fragment. 115
sich am besten eignet, beträgt der Umfang von str. I = 38 V2
Seiten, str. II = 28^2 Seiten, str. HI = 21^8 Seiten, str. IV
= 29V3 Seiten, str. V = 29V5 Seiten, str. VI = 34*/5 Seiten,
Str. VII = 29^3 Seiten. Legt man den Gesammtumfang der
7. Bticher in Sylburg's Ausgabe von p. 116 Anfang — p. 326
der Becfanung zu Grunde und rechnet den Raum, welchen S7I-
burg p. 116 freiließ, = den 16 Zeilen auf p. 326, so beträgt
der durchschnittliche Umfang eines Buchs 7 : 210 = 30 Seiten.
Das 8. Buch aber (Sylburg p. 326 Z. 17—334 Z. 40) umfaßt
8 Seiten, 21 Zeilen, beträgt also viel weniger als V3 und nicht
viel mehr als V4 des durchschnittlichen Umfangs der vorangehen-
den Bücher, und wenig mehr als ^/g des 1. Buchs ^). Nun hat
aber Gl. wesentlich mit Rücksicht auf eine ungefähre Gleich-
mäßigkeit des Umfangs der einzelnen Bücher die Eintheilung
in Bücher getroflFen. „Wegen der Länge und Menge der Kapitel"
schließt er das 2. Buch (D. II, 241, 24). Nachdem er sich
wegen seiner ungebührlich lang gerathenen Polemik gegen die
Häretiker im 3. Buch entschuldigt hat, schließt er dasselbe mit
den Worten: „Daher nimmt auch hier der 3. Stromateus sein
Ende" (D. II, 313, 14). Was könnte ihn bewogen haben, dem
8. Buch nur ^3 des gewöhnlichen Umfangs zu gönnen? Der
Stoff war ja nicht erschöpft, die vnoaxeciq nicht erfüllt. Anstatt
der mehreren Bücher, Wjßlche dem 7. folgen sollten, haben wir
vorläufig nur den kleinen Bruchtheil eines einzigen.
Es fragt sich sogar, ob dieses Bruchstück lückenlos an das
7. Buch sich anschließt, und ob es in sich lückenlos ist. Ersteres
hat Reinkens p. 239 verneint. Aber schon Photius hat in jener
zu seiner Zeit alten Hs. denselben Anfang des 8. Buchs gelesen,
wie wir. Nach der Ankündigung eines neuen Anfangs, womit
das 7. Bach schloß, hat man kein Recht, eine andere Ueber-
leitung zu verlangen. Der Anfang des 8. Buchs ist nicht ab-
rupter, als derjenige des 3. Buchs 2); und das Argument gegen
diese Analogie, welches Reinkens darin findet, daß das 2. Buch
nnr aus Rücksicht auf den äußeren Umfang abgeschlossen wor-
den sei, reicht nicht aus; denn diese Rücksicht ist überhaupt
1) Relokens p. 235 übertreibt ein wenig, wenn er dies als das Ver-
hältnis vom Str. VIII zum Durchschnitt aller übrigen Bticher angibt.
2) Ueber dkXa zu Anfang sogar ganz selbständiger Schriften cf.
Kühner, Ausf. gr. Gr.^ II, 806. 827.
8*
116 I^as syrische Citat.
fttr die Eintheilang dieses Werks in BUcher maßgebend gewesen.
Eher könnte man fragen^ ob hinter str. YIII; 16 eine Lücke sei.
Die Worte, welche die florentiner Hs. dort hat: ai %&v X/fV^ifraiAv
eg)odo& xal äqxccl nsql Tavta xal ip TovTO&g elclv könnten
darauf führen, wenn man sie als Ueberschrift des Folgenden
faßt und für das Werk eines Schreibers hält^j. Aber sie sind
vielmehr eine den vorigen Abschnitt abschließende Formel,
welche ebensogut von Gl. selbst herrühren kann, wie die folgen-
den Worte {nqoxaxTiov diy xrA.)? womit offenbar der Verfasser
selbst den Uebergang zu einem zweiten Abschnitt macht. Mehr
zu denken gibt das oben S. 28 zu str. VIII, 16 mitgetheilte
syrische Citat, Es stammt aus einem von W. Wright dem 8.
oder 9. Jahrhundert zugeschriebenen Band, welcher verschiedene
Sammlungen patristischer Zeugnisse dogmatischen Inhalts ent-
hält. Weitaus die meisten Beiträge sind griechischen Schrift-
stellern von Athanasius^) an bis zu Severus von Antiochien ent-
nommen ; wahrscheinlich sind diese aber nicht von einem Syrer
aus den Originalen oder aus syrischen Uebersetzungen der be-
treffenden Werke zusammengelesen, sondern wir haben es, wie
in den meisten ähnlichen Fällen, mit einer syrischen Uebersetz-
ung griechischer Sammlungen von Testimonia patrum zu thun.
Der jüngste Name, welcher vorkommt, ist, wenn ich nicht irre,
der des Kaisers Justinian fol. 168*. Wir haben es also wahr-
scheinlich mit dem Zeugnis eines Griechen gegen Ende des
6. Jahrhunderts zu thun. Dieser leitet sein Citat aus str. VIII, 16
mit den Worten ein: „von Clemens dem Stromateus, Ende des
achten Buchs". Die von ihm angeführte Stelle steht aber vor
der Mitte des jetzigen 8. Buchs; sie bildet den Schluß nur
jenes ersten, durch eine besondere Unterschrift abgegrenzten
Abschnitts. Wir lernen also eine dritte Gestalt der Stromateis
kennen. Es gab Exemplare, welche von diesem Werke nur
lib. I—VII; andere, welche lib. I— VIII, 16 enthielten; wieder
andere, welche wie unsere Drucke wenigstens lib. I— VIII, 33
1) So le Nourry col. 1291; Bunsen p. 184.
2) Vereinzelt wie Clemens Alex., wird einmal auch Clemens Rom.
citirt Wright p. 974^. Außerdem wird das Glaubensbekenntnis der
antiocbenischen Synode mitgetbeilt, welcher Dionysius von Rom, Diony-
sius von Alexandrien und Gregorius Thaumaturgus beigewohnt haben
sollen p. 976« cf. 977^ Nr. 8. Alles übrige gehört der Zeit nach a. 300 an.
Die Epitomae ex Theodoto. 117
enthieltcD. So die florcDtiner Hs. Diese aber gibt dies nicht
als etwas Ganzes ; sondern als ein Bruchstück. Dem 1. 2. 3.
und 5. Buch hatte Cl. selbst eine Unterschrift gegeben, dem 1.
und 3. außerdem noch der Schreiber. Nur Letzterer markirte
durch eine Unterschrift den Schluß des 4. 6. und 7. Buchs. Dem
sogenannten 8. Buch gab er keine Unterschrift. Anstatt einer
solchen folgt fol. 358» die Ueberschrift ix läv Qeodotov xal
Ttjg äpaToXixfjg xaXoviAePfjg didaaxaXlaq xaiä voig OvaXevzlvov
XQivovg iniTOfxal, und ebenso ohne trennende Unterschrift
fol. 374*^ ix Tcop nQotffiTixdoy ixXoyai. Der Schreiber der
florentiner Hs. oder irgend ein vielleicht sehr alter Vorgänger
desselben nennt keinen Verfasser dieser beiden Gruppen von
Excerpten. Undenkbar ist, daß er den in der ersten Ueber-
schrift genannten Theodotus für den Verfasser auch nur der
ersten Gruppe gehalten haben sollte; denn in diesen Excerpten
wird über Theodotus ebenso wie über die Valentiuianer von
einem Anderen im Ton des Kritikers berichtet^). Indem ein
Schreiber diese Excerpte an die Stromateis des Clemens ohne
Nennung eines anderen Verfassers anreihte, bezeugte er, daß
auch diese Stücke den Cl. zum Verfasser haben, und indem er
sie ohne eine trennende Unterschrift, wie sie keinem der vor-
angegangenen Stromateis fehlt, auf den jedenfalls unvollständigen
Anfangstheil des 8. Stromateus folgen läßt, bezeugt er, daß diese
Excerpte aus den weiteren Theilen dieses 8. Stromateus sind.
Es verhalten sich diese Excerpte der florentiner Hs. zu dem,
was in ihr vorangeht, wesentlich ebenso, wie die Excerpte aus
den 7 ersten Stromateis im cod. Neapol. zu dem dort voran-
gebenden vollständigen Text des Pädagogus und die gleichen
Excerpte im Ottobon. 94 zu den dort vorangehenden Büchern des
Protreptikus und des Pädagogus (s. oben S. 105 A. 2). Daß man
dies Verhältnis nicht erkannt hat^ scheint befremdlicher Weise auch
dadurch mit veranlaßt zu sein, daß die Epitomae und Eclogae
von den Herausgebern seit Potter durch Zwischeneinschiebung
des Buchs „Quis dives" von den Stromateis getrennt worden
1) Epit. ex Theodoto 22. 26. 30 (cu?) (prialv 6 GeoSorog, § 35 xaric
BeoSoiov cf. § 37 xnra rovg OvaksvTtvictvovs. Das zunächst allgemein
über die ganze Schule in Bezug auf das Leiden Gottes gefällte Urtbeil
Xiyovaiv aH(og § 30 wird durch ein Wort des Theodotus belegt, worin
diese Lehre ausgesprochen ist. Cf § 24 dyvoovai, Si,
118 Die Epitomae und Edogae.
sind; womit sie nach dem Zeugnis der florentiner Hs. wie nach
den Citaten bei Acacius nnd den Späteren zusammengehören.
Es ist faiebei theils vorausgesetzt, theils aber auch hie-
durch bewiesen, wenn es dafür eines Beweises überhaupt be-
darf, daß die beiden Gruppen von Aphorismen nicht etwa von
Cl. selbst ihre gegenwärtige Gestalt bekommen haben, in dieser
unzusammenhängenden Weise, etwa als Materialiensammlung
für eine zukünftige Ausarbeitung niedergeschrieben worden sind.
Dem widerspricht auch der Inhalt schlechterdings. Es sind
schriftstellerisch vollkommen abgerundete, gut stilisirte Sätze,
die wir in beiden Gruppen lesen, aber ein über das andre Mal
reißt plötzlich der Faden ab, und das Bruchstück einer neuen
ebenso gut ausgearbeiteten Gedankenreihe beginnt. Es sind
auch die Epitomae nicht Excerpte aus den in der Ueberschrift
genannten Quellen, sondern Bruchstücke einer kritischen Dar-
stellung der aus jenen Quellen geschöpften Lehren. Ebenso
sind die Eclogae nicht Auszüge aus den heiligen Schriften, son-
dern Bruchstücke einer zum Theil sehr behaglich sich ergehen-
den Auslegung ausgewählter Bibelstellen. Ist Cl. der Verfasser
dieser Stücke, so liegen sie uns doch in einer durch einen
Späteren bewirkten Verstümmelung und Abkürzung vor. Es
steht also von dieser Seite dem Zeugnis der florentiner Hs. nichts
im Wege, wonach die Epitomae und Eclogae zum 8. Buch der
Stromateis gehören. Hier wäre der Ort, von der augsburger
Hs. zu berichten, über welche und aus welcher D. Höschel dem
Fr. Sylburg mancherlei Mittheilungen hatte zukommen lassen.
Sie ist nicht wie soviele andere Schätze der augsburger Stadt-
bibliothek im J. 1806 nach München gekommen und scheint
verschollen zu sein^). Nach den dürftigen Bemerkungen von
Sylburg war es eine ziemlich ungeordnete Excerptensammlung
aus den Schriften des Cl.^). Wenn Höschel sie in seinem Katalog
der augsburger Bibliothek als „Fragmentum epitomes stromatum
j) Cf. Mezger, Geschichte der Kreis- und Stadtbibl. in Augsburg
(1842) S. 36. — Der Monacensis gr. 235 enthält fol. 15—46 und fol. 48
Excerpte von der Hand des Petrus Victorius, des ersten Herausgebers
des griechischen Clemens, aus str. I— VUI und paed. I, welche derselbe
jedenfalls vor Veröffentlichung seiner Ausgabe aus der florentiner Hs.
geschöpft hat.
2) In der Vorrede vor seiner Ausg. des Clemens und p. 353 der-
selben vor den Annotationes.
Die aagsburger Excerpta. 119
Clementis^ bezeichnet^), so ist das a potiori zu verstehen; denn
dreimal wenigstens hat Sylburg zum Pädagogas Varianten aus
dieser Hs. mitgetheilt^). Die große Masse der Varianten aller-
dings gehört den Stromateis an. Aber mit den Excerpten
hierans waren auch wenigstens einige Stücke verbanden, welche
in der florentiner Hs. als Epitomae und Eclogae aas dem 8. Stro-
mateas stehen. Die aagsb. Hs. wird von Sylbarg p. 385 zu ep.
ex Theod. § 81 and bald daraaf zweimal zu ecL proph. 28
citirt, und außerdem noch p. 386 das oben S. 29f. abgedruckte
nur in dieser Hs. erhaltene Frg. zu Psalm 20 mitgetbeilt, wel-
ches sich dort an das ebenso wie in der florentiner Hs. ab-
brechende Stück ecl. proph. 63 anschloß. Hieraus allein würde
noch nicht mit Sicherheit folgen, daß der augsb. Epitomator
aas einer anderen Quelle als der florentiner Hs. geschöpft hat;
denn es könnte diese letztere früher einmal mehr enthalten
haben, als heute und schon zur Zeit der ersten Ausgabe, welche
Petrus Victorias i. J. 1550 nach der florentiner Hs. veranstaltete.
Wohl aber ergibt sich die Verschiedenheit der Quelle des augs-
burger Epitomators von der florentiner Hs. ans der Art und
Menge der von Sylburg mitgetheilten Varianten. Ich begnüge
mich hier mit der Behauptung, bis Jemand sie anfechten wird.
Dann ist es aber von einiger Bedeutung, daß in einer zweiten
Hs. mit zählreichen, fast ausschließlich den Stromateis entlehnten
Excerpten, auch mehrere von denjenigen verbunden waren,
welche sich in der florentiner Hs. als Anhang der Stromateis
finden.
Das Zeugnis der Glemenshss. wird aber aufs schönste be-
stätigt durch eine Reihe alter Schriftsteller, welche das, was
wir in der zweiten Fragmentengruppe, den Ecl. proph. lesen,
als Stücke des 8. Buchs der Stromateis citirt haben ^). Der
1) Catal. graec. codd. (1595) p. 42 Nr. 49: Fragmentum epitomes
stromatum Clementis Alexandrini Charta quarto, Hinc quaedam resti-
tuta in nupera editione quae prodiit nova e typographeio H, Commelini
d. 1. Sylburg'8 Ausgabe. In dem Katalog der Hss. und gedruckten
Werke derselben Bibliothek vom J. 1600 p. 10 trägt die Hs. die Nr. 27.
A. Reiser's Index mss. bibl. Augustanae vom J. 1675 ist mir nicht
zur Hand.
2) p. 359b zu paed. I, 101 (D. I, 208, 12) ; p. 360» zu paed. II, 25
(D. I, 235, 4 u. 13); p. 360»> zu paed. II, 37 (D. I, 247, 6).
3) S. die Zusammenstellung oben S. 29. Die sehr unvollständigen
120 I>ie Eclogae ein Thell des 8. Stromateus.
Aelteste ist Acacius, Bischof von Cäsarea a. 340 — 365^). Daß
Dämlich von den verschiedenen Trägern dieses Namens der
Bischof von Cäsarea, der Nachfolger des Eusebius es ist, auf
welchen die umfangreichen Fragmente in verschiedenen Catenen
zum Pentateuch zurtickgehn, bezeugt der gelegentlich vorkom-
mende Zusatz Kaitraqelag ^). Als Inhaber der schönen Bibliothek
zu Cäsarea und Erbe der Bücher seines Vorgängers 3) verdient
er besondere Beachtung. Er wird dasselbe Exemplar in der
Hand gehabt haben, auf welchem die Berichte und Excerpte
des Eusebius beruhen. Unmittelbar vor den Zeilen, in welchen
er ecl. § 17 als Bestandtheil des 8. Stromateus citirt, hat er
ein Citat aus str. III, 95 mit der genau zutrefifenden Bemerkung
eingeführt, daß Clemens dies in den letzten Theilen, gegen Ende
des 3. Stromateus sage. Das Exemplar des Acacius, in welchem
der Inhalt der florentiner Eclogae Bestandtheil des 8. Stromateus
war, scheint in Ordnung gewesen zu sein. Unabhängig von
Acacius bezeugt dasselbe die Blüthenlese des Leontius und
Johannes; denn abgesehn davon, daß hierin eine ganze Reihe
von Fragmenten aus verschiedenen Schriften des Clemens sich
findet, so reicht das Citat aus Ecl. 17; welches auch bei Leontius
auf Strom. VIII zurückgeführt wird, etwas weiter als die An-
führung derselben Stelle bei Acacius (s. oben S. 29). Der dritte
Zeuge und zwar ein mehrfach redender, ist jene ältere Eecension
der dem Jo. Damascenus zugeschriebenen Sacra Parallela, welche
Lequien aus einem Cod. Rupefucaldinus herausgab und mit
guten Gründen dem Anfang des 7. Jahrhunderts zuwies. Diese
Gnomologie zeichnet sich vor der andern Recension, die ich als
Parall. Vat. bezeichnete, vor der Melissa des Antonius und an-
deren ähnlichen Sammlungen in mehr als einer Hinsicht aus.
Die Lemmata stehen hier*) nicht am Rande, wodurch Ab-
kürzungen und vielfache Verschiebungen derselben unvermeidlich
BemerkuTigen von Dindorf praef. XXXI und vol. III, 461. 462. verhüllen
den Sachverhalt.
1) Cf. über ihn Dict. of Christ. Biogr. I, il sq. Ich hatte Einiges
über ihn zu sagen im Ignatius v. Ant, S. 141 f.
2) Cat in Octat. ed. Niceph. I, 7 cf. dessen Einl. p. 10.
3) Sozom. h e. IV, 23; Hieron. ep. 34, 1 ad Marcellam (Vall. I, 151).
4) Nach Lequien's Druck, welcher hierin ebenso die Hs. wiedergeben
wird, wie sein Druck der Parall« Vat., wo die Lemmata am Rande stehn.
Die Eclogae ein Theil des 8. Stromateus. 121
worden^ sondern in der Zeile. Es werden vielfach nicht nur
die Schriftstellernamen, sondern auch die einzelnen Schriften
und deren Theile mit Namen und Zahl notirt. An Fehlem fehlt
es natürlich nicht. Aber eine bemerkenswerthe Genauigkeit
läßt sich constatiren. Von den 24 Citaten aus den Briefen des
Ignatius ^), welche der cod. Bnpef. enthält^ trägt keines den
Namen des Ignatius mit Unrecht, und von 18 Citaten, welche
einen einzelnen Brief mit Angabe der Adresse als Quelle an-
geben^ enthält nur ein einziges einen kleinen Fehler, indem mit
Sätzen des Epheserbriefs einer aus dem Smyrnäerbrief verbunden
ist, als ob er auch in jenem stunde^). Auch die Gitate aus
Clemens verdienen im allgemeinen Vertrauen ^). Es wird gerade
auch das 8. Bach der Stromateis hier einmal richtig, dem ge-
druckten Text entsprechend citirt*). In demselben 8. Buch hat
dieser Gnomolog aber auch zwei Sätze gelesen, welche wir in
ecl. § 11 und 20 gedruckt lesen. Und all' diesen Zeugnissen
für die Zugehörigkeit der Ecl. zum 8. Stromateus steht kein
einziges Zeugnis gegenüber, kein Citat aus den EcL, welches
diese einem anderen Werk des Clemens oder gar einem anderen
Schriftsteller zuwiese»
Auch innere Gründe gibt es nicht, welche das allein be-
zeugte Verhältnis zweifelhaft machen könnten. Die nächste
deutlich in str. IV, 1 gestellte und hinter str. VII zu erfüllende
Anfgsibe WSLT iJT€ nqd^Toig'EXXfipag xal ^ TVQog zovg ^lovdalovq
xa% inixoybiiv toov yQag)€ov ex&etng (s. oben S. 109 Nr. 7).
Dazu stimmt schon die Ueberschrift, welche der Epitomator der
florentiner Hs. diesen Stücken, wahrscheinlich doch im Anschluß
an einen Ausdruck des vollständigen Werks ^), gegeben hat:
1) Cf. den Abdruck in meiner Ausg. des Ignatius p. 365 — 368. Von
den dortigen 27 Nummern sind drei abzuziehen, weil sie ohne neues Lemma
an voranstehende Sätze desselben Briefes sich anschließen.
2) Cf. m. Ausg. p. 365, 21. Lequien p. 772 C erkannte die Her-
kunft des betreffenden Satzes nicht.
3) Genau und richtig Wird paed. II, 60 in Rupef. cittrt s. oben
S. 20; die unsichere Anführung von „Quis dives** in diesem Codex (s.
oben S. 106 Anm. 1) findet in dem dort besprochenen Schicksal dieser
Schrift ihre Erklärung. Es bleibt ein angeblich aus str. VI stammendes
bedenkliches Citat in Par Rupef. p. 657 s. oben S 55 Nr. 26 übrig.
4) S. oben S. 28 zu str. VIII, 2.
5) Cf. Str. VII, 84: lolg novelv i&^Xovat xccl TTQoüexnoveTv t« Joy-
ftara xai* ixloyriv rtov yqafpöiv kniTQk^vng, Ueber solche Ixloyaf,
122 I^ie Eclogae ein Tfaeil des 8. Stromatens.
ix Tcop nQo^fiTixäv ixXoyal, d. h. eben Erörterungen über aus-
gewählte Abschnitte der prophetischen Schriften. Bei Clemens
heißt das ziemlich dasselbe wie „der heiligen Schriften" über-
haupt^). Es sind in derThat durchweg Auslegungen und Aus-
spinnungen biblischer Stellen. Die Zusammenhangslosigkeit, in
der sie uns vorliegen, kommt selbstverständlich zum großen
Theil auf Rechnung des Epitomators. Aber auch Gl. selbst
hatte keinen fortlaufenden Commentar verheißen, und er wird
hier; wie in den übrigen Stromateis^ seiner unberechenbaren
Ideenassociation gefolgt sein. Ecl. 51—63 enthalten übrigens
eine fortlaufende Erklärung von Ps. 19 (hebr. 18), und nach dem
cod. Angustanus scheint darauf eine solche von Ps. 20 (hebr. 19)
gesetzt zu sein. Nicht weit davor^ in ecl. 42— 44 werden Ps. 18
(al. 17), 26. 45. 51 ausgelegt. Dazwischen ecl. 45 — 50 stehen
zwei Gruppen von Sätzen, deren Zusammenhang unter sich und
mit den Psalmauslegungen Niemand errathen wird. Stellen aus
Cant. tr. puer. werden ecl.- 1 u. 2 vorgeführt, aber diese Er-
örterung ist sichtlich veranlaßt durch Gen. 1, 1 sq., und auf dies
Kapitel beziehen sich auch Ecl. 3—8 trotz der Abschweifung
zu mehreren Stellen des Hosea. Dies wird eben die Art dieser
kurzen Darlegung des Schriftinhalts gewesen sein. So sehen
wir in ecl. 24 Gedanken aus 1 Cor. 15 mit der Geschichte vom
Zinsgroschen verquickt. Das Wort des Johannes von der Taufe
mit Feuer und Geist, gibt Anlaß, andere zerstreute Stellen vom
Feuer auszulegen ecl. 25. 26.
Sind aber die Eclogae eine Sammlung von Excerpten aus
dem 8. Stromateus , so gilt das Gleiche selbstverständlich von
den Epitomae ex Theodoto, welche in der florentiner Hs. zwischen
dem großen Anfangsstück des 8. Stromateus und der bisher
erörterten Sammlung von Excerpten stehn. Je räthselhafter die
Ueberschrift der Epitomae lautet, um so sicherer darf man an-
welche die Häretiker winkürlich gestalten, klagt Cl. str. Vif, 96. —
Melito schrieb ixkoyal ix rdSv ygacpöSy in 6 Büchem Eus. h. e. IV, 26.
Auch Eusebius schrieb 7iQo(ftjTtxal ixXoyal (ed. Gaisford 1842 cf. Eus.
h. e. I, 2, 27) als BestaDdtheil einer „allgemeinen Einleitung*'.
1) Cf. z. B. Str. IV, 2: Eine Abhandlung, welche ra negl ngo^prirslas
nuQttSsSofjiivtt darstellen soll, wird zeigen, daß die Schriften (überhaupt),
welchen die Christen glauben, echt seien. Und daß davon das Evan-
gelium nicht ausgeschlossen sei, zeigt sich gleich nachher (D. III, 316, 4).
Der Valentinianer Theodotns. 123
nebmen, daß der Epitomator sie nieht aas der Luft gegriffen,
sondern aus Woiien des ihm volIstäDdig vorliegenden 8. Stroma-
teus geformt hat. Es muß Gl. selbst dort von %ä toS QsodoTOVf
von ^ avatoXixfi naXovfjkiyti didaaxaXla, von xaica Tovg Ova^
Xev%lvov xQ^^^^g gesprochen haben. Das ist um so sicherer,
als wenigstens die beiden letzten Elemente der Ueberschrift in
den Excerpten selbst keinen erkennbaren Anhalt haben. Wer
der Theodotus sei, ist zunächst negativ zu beantworten. Jeden-
falls nicht der Theodotus von Byzanz mit dem Beinamen ,,der
Schuster*', welchen Bischof Victor von Rom excommunicirte,
und auch nicht dessen Schüler, Theodotus „der Wechsler''^);
denn diese in Rom gegen Ende des zweiten Jahrhunderts auf-
getretenen Lehrer einer ebjonisirenden Christologie haben nichts
mit der Schule Valentin's zu schaffen gehabt, wie der Theodotus
des Gl. offenbar. Dagegen ist bei diesem, soviel wir nrtheilen
können, nichts von jener Ghristologie wahrzunehmen. Er gehört
zur valentinianischen Schule, sei es als eine Lehrauctorität der*
selben aus alter Zeit, sei es als ein Jünger derselben und ein
vergleichsweise später Schriftsteller. Deutlich wird einmal aus
einer allgemein valentinianischen Lehre eine besondere Aussage
des Theodotus erklärt und ein andres Mal eine Lehre der Schule
durch einen Ausspruch des Theodotus belegt 2). Es gehen Mit-
theilungen aus und über Theodotus unvermerkt in Aussagen
über die valentinianische Lehre überhaupt über ^). In den aus-
drücklich auf Theodotus zurückgeführten Lehraussagen herrscht
unverkennbar die valentinianische Terminologie ^). Auch ist es
1) Anonym, c. Artemonitas bei Eos. h. e. V, 28, 6. 9; Hippel, refnt.
haer. Vif, 35. 36; IX, 12 (ed. Gotting. p. 458, 99); X, 23. — An den
Montanisten Theodotus (Eas V , 8, 3; 16, 14 sq ) ist noch weniger zu
decken. Vollends wird's einer Widerlegung nicht bedürfen, wenn H. Va-
lesius zu Eus. h. e. Y, 11 diesen Theodotus für einen von Clemens ver-
ehrten Lehrer, für den str. I, It erwähnten Hebräer, hielt.
2) Epit. 32: (paai (d. h. die Valentinianer) . . o9-iv Sio^orog . . .
ixtiltaev. lieber § 30 s. oben S. 117 Anm. 1.
3) Epit. 35: xaTtt Oto^orov . . . (paütv. Eine strenge Scheidung
zwischen (prjaiv und (faaCv ^ zwischen Sätzen des Theodotus und Sätzen
der Valentinianer, wie sie Bunsen p. 204 wagte, ist nicht durchzuführen.
Man beachte § 22 hinter einander ohne jede Andeutung eines Gegensatzes
oder auch nur Unterschiedes (prialv . . . (paa\p . . . Xiyovaiv.
A) Epit. 26. 35. Cf. ferner § 26, wo Theodotus citirt wird, und
§ 41 in., wo durch (prialv auf einen Einzelnen, also wohl Theodotus hin^
124 I><^ Yalentinianer Theodotns.
ein bloßer Schein, als ob § 2 die Valentinianer in einen Gegensatz
zu dem vorher redenden ^) Theodotus gesetzt würden. Wir
wissen ja nicht, was nnd wieviel der Excerptor zwischen § 1
und 2 ausgestoßen hat; und der aller Andeutung eines Gegen-
satzes entbehrende Uebergang zu § 3, wo offenbar wieder der-
selbe redet, wie in § 1, d. i. also Theodotus, beweist, daß
Theodotus als Meister oder Jünger der valentinianischen Schule
angehört. Ist er ein jüngerer Anhänger der Schule und zwar,
wie man aus der Ueberschrift der Epitomae mit Sicherheit scheint
schließen zu dürfen, ein namhafter Vertreter des orientalischen
Zweigs der Schule, so ist erstlich auffallend, daß Hippolyt als
Vertreter der orientalischen Schule Valentin's nicht den Theo-
dotus, sondern nur den Axionicus und den Ardesianes (Bardesan)
nennt 2), und daß Tertullian in einer vollständigeren Liste der
Valentinianer gleichfalls keinen Theodotus hat*). Ferner ist
die chronologische Bemerkung in der Ueberschrift, welche ja
freilieb auf alle Fälle formell ungeschickt und sonderbar lautet,
ganz unverständlich, wenn CI. die Lehre des orientalischen
Zweigs der Schule hauptsächlich nach den Schriften oder einer
Schrift eines jüngeren Gliedes der Schule dargestellt hat. Wieso
denn „zu den Zeiten Valentin's"? Jüngere Zeitgenossen des
Allmeisters waren ja alle Valentinianer, welche um 150 — 190
in der Schule etwas können zu bedeuten gehabt haben. Es
scheint vielmehr die Zeitbestimmung sagen zu wollen, daß hier
gewiesen zu sein scheint, mit § 17. 21, wo von den Valentinianern sehr
Aehnliches berichtet wird.
1) Daß dieser mit dem (priaiv § 1 (p. 424, 6) gemeint sei, ergibt
sich nicht sowohl aus der bedeutsamen Voranstellung des Theodotus in
der Ueberschrift, als vielmehr aus der Vergleichung von § 26 mit § 1
und 3.
2) Hippol. refut. VI, 35. Als Vertreter der italischen Schule nennt
er dort den Herakleon und den Ptolemäus.
3) Tert. adv. Valent. 4 nennt nach Valentin als mehr oder weniger
directe Schüler: Ptolemaeus, Herakleon, Secundas, Marcus, Theotimus,
Axionicus, wozu dann noch der Alexander in de carne Christi c. 16. 17
kommt. Cf. die Uebersicht bei Harnack, Zur Quellenkritik d. Gesch. d.
Gnostic. S. 58, wo nur dem Prodicus aus Scorpiace 15; adv. Prax. 3
schwerlich die richtige Stelle angewiesen ist. — Erst Theodoret, welcher
den Clemens kennt, nimmt den Theodotus in seine Liste der Nachfolger
Valentins auf (haer. fab. I, 8) : Secundus, Cossianus (?), Theodotus, Hera-
kleon, Ptolemaeus, Marcus.
Der Valentinianer Theodotns. 125
die ursprüngliche noch zu Lebzeiten des Meisters ausgebildete
Gestalt der Lehre dargestellt sei im Gegensatz zu späteren
Fortbildungen ^), Dazu stimmt die Bemerkung Tertullian's, daß
Axionicus in Antiochien, also nach Hippolyt eins der Häupter
der orientalischen Schule, allein noch die reine Lehre des Meisters
vertrete ^). Die dpazolixii didaaxalla ist also zugleich die be-
reits xa%ä Tovg OvaXevxivov xQ^yovg vorhandene Gestalt des
valentinianisehen Systems. Dann muß auch die dritte Bestim*
mung des Inhalts der Epitomae^ welche in dem Namen Theo*
dotus liegt, in die Anfänge der Schule zurückweisen ^). Sucht
man nun einen dazu passenden Namen, so föllt unvermeidlich
der Blick auf str. YII, 106: mtravtatg de xal OiaXevxTpov Qeodä
diax'fixaivai^) (piqovffiPy ypcigifiog d^ ovTog y€y6p€& llavXov.
Daß Qeodäg oder das häufigere @«t;dag ebensogut Abkürzung
für Qeodotog als für QeodcoQog sein kann, wird Niemand be-
zweifeln*). Und daß Clemens einmal Theodas, dort aber, wo
er zusammenhängend von dieser mythischen Größe handelt,
regelmäßig Theodotus geschrieben hat, wäre ganz unbedenklich,
auch wenn man der einzigen Hs., die uns beides aufbewahrt
hat, hierin völlig vertrauen müßte. Die Meinung ist nun nicht,
1 ) Clemens kennt ja auch die jüngere Fortbildung, welche die Lehre
im Abendland gefunden hatte. Er citirt den Herakleon ecl. proph. 25;
Str. IV, 71. Aber er nennt ihn nicht in den Epitomae.
2) Valent. 4: Solus ad hodternum Antiochiae Axionicus memoriam
Valentini integra custodia regularum eius consolatur.
3) Dem Richtigen näherte sich Combefis, Auctar. novissimum (1672)
I, 194.
4) So nach Bentley. Die Hs. hat Seo^d^t axrixoivai.
5) Cf. die Zusammenstellung bei Winer, Gramm. § 16, 4 Anm. 1.
Es bleibt möglich, daß dieser selbe Theodotus gemeint ist von Pseudo-
ignat. ad Trall. XI cf. meine Bemerkungen z. d. St. p. 192 sq., oder
Funk, Patr. ap. II, 74. Es ist das sogar das Wahrscheinlichste, da er
dort mit anderen Häretikern ältester Zeit, mit Zeitgenossen der Apostel
zusammengestellt wird cf. meine Acta Joannis p. LXIII. Auch Vigilius
Taps., Altercatio Athanasii contra Arrium et Sabellium I, 20 (Montfaucon,
opp. Äthan. II, 647) sagt von der ersten apostolischen 2^it: „nee erat
Ulla nominis discretio inter veros falsosque, sive qui Christi, sive qui
Christi, sive qui Dosithei sive Theodae sive Judae cuiusdam sive etiam
Johannis sectatores, qui se Christo credere fatebantur". Es kann sehr
wohl der Name Theodas ebenso wie derjenige des Judas auf ein bei
Häretikern umlaufendes Buch unter diesen Namen zurückgehn (Iren. ],
31, 1 Massuet p. 112).
126 Theodas und Theodotus.
daß Clemens eine Schrift von jenem Theodotus in der Hand
gehabt oder zu haben geglaubt hat; aber es ist sehr wahr*
scheinlich, daß die Valentinianer in einem besonderen Buch die
Lehrtraditionen zusammengestellt hatten, welche sie auf Theodas
oder Theodotus, das angebliche Zwischenglied zwischen Paulus
und Valentinus, zurückführten. Aehnlich verhielt sichs mit den
,, Traditionen des Matthias^^ bei den Basilidianern> welche Cl.
auch als besonderes Buch in der Hand gehabt hat ^). Aehnlich
und doch nicht ganz so; denn Matthias war selbst ein Apostel,
ein persönlicher Jünger Jesu, Theodotus sollte nicht mehr sein
als ein Schüler des spät berufenen Paulus. Daher waren in
jenem Buch der Basilidianer evangelische Traditionen enthalten,
in diesem Buch der Valentinianer dagegen bereits exegetische
Erörterungen über Worte Jesu in den kanonischen Evangelien
und Stellen der paulinischen Briefe^). Es ist nicht durchaus
gewiß, aber sehr wahrscheinlich, daß Cl., welcher ja anderwärts
Homilien und Briefe Valentin's citirt ^), auch eine valentinianiscbe
Schrift mit dem Titel QeodoTov didaaxaXla oder einem ähn-
lichen benutzt hat. Aber nur unter anderem hat er aus ihr ge-
schöpft. Fünfmal wird Theodotus in den Epitomae genannt
(§ 22. 26. 30. 32. 35), daneben neunmal die Valentinianer ohne
genauere Angabe der Quelle (§ 2. 6. 16. 17. 21. 23. 24. 25. 28),
zweimal auch die Basilidianer (§ 16. 20). Es sind ferner be-
deutende Stücke vorhanden, in welchen gar nicht von Lehren
der Häretiker die Rede ist*). In § 8 — 15 haben wir durch
fllkeiq de fpaikiv eingeleitete Erörterungen des Cl., welche nur
in ihrem ersten Anfang gegen die valentinianiscbe Behandlung
des Johanneischen . Prologs gerichtet sind und durchweg die
Denk- und Redeweise des Verfassers der Stromateis zeigen.
Das Gleiche ist mit mehr oder weniger Bestimmtheit von
epit. 18—20; 27; 66—74; 81-^6, vielleicht auch von epit.4. 5
zu behaupten. Alles aber, die eigenen Erörterungen des Cl.
wie die von ihm referirten und kritisirten valentinianischen
Sätze beziehen sich auf biblische Worte und Sachen. Sie sind
1) Str. II, 45; III, 26; {IV, 35); VII, 82; VII, 108; Hippel, ref. VII, 20.
2) Epit. 1; 3; 26 (hier Jo. 10, 7); 85 (Philipp. 2, 7).
3) Str. II, 36; II, 114; III, 59; IV, 89; VI, 52.
4) BuDsen hielt für Aeaßeruogen des Clemens selbst den letzten
Satz von § 1, ferner § 8-J5, einige Sätze aus § 17, femer § 18-20.
Die Epitomae und Eclogäe. 127
in dieser Beziehung gleichartig mit den EcL proph. Nimmt
man die beiden Gruppen von Excerpten zusammen und denkt
sieb die Lücken durch Gleichartiges ausgefüllt; so hat man jene
Str. IV^ 1 angekündigt %a% iniTOfA^p yqagt&v ex^eaig. Von
Gen. 1 bis in die Apokalypse des Johannes und in die bedenk-
lichsten Apokryphen hinein ') erstrecken sich diese biblisch
theologischen Spaziergänge. Wenn Gl. in den Epitomae mehr,
als für seinen Zweck dienlich scheint, von den Yalentinianern
redet, so werden auch in den Eclogae nicht selten Häretiker
erwähnt und deren Schriftauslegungen kritisirt^). Es ist dem
Cl. eben schon bei der kurzen Darlegung des Schriftinhalts,
welche noch ein Bestandtheil der Stromateis werden sollte, so
ergangen; wie er es für die von den Stromateis abgesonderte
biblisch theologische Darstellung voraussah, daß er sich viel mit
den verkehrten Schriftauffassungen der Häretiker zu schaffen
machen werde ^). Wenn trotzdem der Eindruck entsteht; daß in
den Epitomae in einem unverhältnismäßigen Grade Häretiker zu
Worte kommen; so ist erstlich zu bedenken, daß die vom Ex-
cerptor geschaffene Ueberschrift zur Unterschätzung der selb-
ständigen Auslassungen des Ci. in diesen Auszügen verleitet;
und zweitens, daß wir eben nur Excerpte vor uns habeU; welche
nach dem in der Ueberschrift bezeichneten Gesichtspunkt aus-
gewählt sind. Auch wenn wir die Epitomae ex Thcodoto sammt
den Eclogae proph. dem 8. Buch der Stromateis wieder zuweisen,
haben wir noch nicht das ganze Buch. Alles zusammengerechnet,
was wir davon besitzen, nimmt bei Sylburg nur 24^2 Seit^ ein,
also beinah 6 Seiten weniger; als der durchschnittliche Umfang
der einzelnen Stromateis beträgt; 14 Seiten weniger als das zu
Anfang nicht einmal vollständige erste Buch (s, oben S. 115).
Sehr Vieles kann also in dem 8. Buch noch gestanden haben,
was wir nicht besitzen, und dessen Abwesenheit uns die er-
haltenen Bruchstücke und insbesondre ihren Zusammenhaug
unter einander undeutlich macht.
Gegen diese Reconstruction des 8. StromateuS; welche in
allem Wesentlichen nur Anerkennung der bisher überhörten
1) Die 1000 Jahre ecl. 57 aus Apoc. 20, 3—6; die Apokalypse des
Petrus ecl. 41. 48. 49; die Predigt des Petrus ecl. 58; Henoch ecl. 2;
das Egypterevangeliam epit. 67 cf. str. III, 63 etc.
2) EcL proph. 25 Herakleon, § 38 Tatian, § 56 Hermogenes.
3) Str. IV; 2 8. oben S. 46.
'128 Bedenken gegen die Ueberlieferung.
üeberlieferung ist, kann man scbwerlich einwenden, daß in
diesen Bruchstücken, soweit sie sich aaf biblische Materien be-
ziehen, die Rücksicht auf Heiden und Juden fehle, welche
raan nach str* IV, 1 erwarten sollte. Aber wo wäre Gl. im
ganzen Verlauf seiner Stromateis seinen Programmen und ins-
besondere den ausgesprochenen Zweckbestimmungen treu ge-
blieben (oben S. 108 f.) ? Doch wird man anerkennen müssen, daß
diejenigen Abschnitte, in welchen Cl. selbst redet, durch ver-
gleichsweise große Einfachheit und praktische Bedeutsamkeit
für die in die Kirche erst Einzuführenden ausgezeichnet sind.
Der einzige Anknüpfungspunkt für die so lange beliebt ge-
wesene Hypothese, daß die Epitomae und Eclogae Bestandtheile
der Hypotyposen seien, liegt darin, daß ecl. 56 Pantänus ge-
nannt und ecl. 50 wahrscheinlich unter dem „Alten'^ gemeint
ist. Nun hat Eusebius gerade von den Hypotyposen zweimal
bemerkt, daß Cl. darin den Pantänus mit Nennung seines Namens
erwähne und Schriftauffassungen desselben mittheile (hypotyp. 1. 2
oben S. 64 f.), und an der ersten der beiden Stellen (h. e.
V, 11, 2), wo er dies bezeugt, hat er hinzugefügt, daß Cl.
auf denselben Pantänus wahrscheinlich str. I, 11 in der namen-
losen Aufzählung seiner Lehrer andeutend hinweise. Soll man
daraus schließen, daß Eusebius im ganzen Werk der Stromateis
nirgendwo und nur in den Hypotyposen den Namen des Pan-
tänus gefunden habe, und daß also ecl. 56 zu den Hypotyposen
gehören müsse? Jeder muß fühlen, daß den Bemerkungen des
EuseT)ius die Kraft zu diesem Beweise abgeht. Er hat nicht
einmal ausdrücklich gesagt, daß in keinem der 8 Stromateis der
Name Pantänus vorkomme. Nur das ist gewiß, Eusebius hat
an die einzige, ganz am Ende des weitläufigen Werks vorkom-
mende Erwähnung des Pantänus nicht gedacht, als er so schrieb.
Aber wer denkt jeder Zeit an Alles, was er einmal gelesen hat?
Daß die Epitomae und die Eclogae nicht zu den Hypoty-
posen gehören, ergibt sich aber nicht nur aus vorstehenden
Beweisen für ihre Zugehörigkeit zu den Stromateis, sondern
auch aus dem Charakter der Hypotyposen, wie er sich aus den
Nachrichten derer, welche sie gelesen, und aus den sicheren
Fragmenten dieses Werks zu erkennen gibt.
Anhangsweise muß hier eines Einfalls gedacht werden, der
mich vor Jahren geneckt hat und verschwiegen worden wäre,
wenn ich nicht kürzlich bemerkt hätte, daß schon Valesius ihn
Die Epitomae Theodor! bei Victorinus 129
mit großer Keckheit zu £u8. h. e; Y; II vorgetragen hat. In
dem Commentar des Victorinus zur Apokalypse wird nach beiden
RecensioneU; in welchen er vorliegt'), zur Erklärung der 4x6
Flügel der apokalyptischen Thiere am Throne Gottes und zu-
gleich der 24 Äeltesten daselbst bemerkt: Sunt atUem libri ve-
teris testamenü qui accipiuntur viginti qtuituor, quos in epitomis
Theodori invenies^). Das erklärte Valesius für ein Citat aus
den Epitomae ex Theodoto. Der Unterschied von Theodoti und
Theodori hat allerdings nichts zu bedeuten (s. oben S. 125 f.)*
Es ist auch sehr denkbar; daß Clemens in diesem letzten Theil
der Stromateis seiner kurzen Darlegung des Lehrinhalts der
Bibel eine Aufzählung der kanonischen Bücher des A. T. vorauf-
geschickt hat. Es ist ferner sehr wahrscheinlich, daß der mehr
griechisch als lateinisch gebildete Bischof von Pettau, welchen
Hieronymus^) in dem Maße von Origenes abhängig fand, daß
er ihn als Uebersetzer der exegetischen Werke des Origenes
behandelt, auch die Werke des Gl. gekannt habe. Wir kennen
auch keinen anderen Theodorus, welchen Victorinus oder sein
Interpolator hier im Auge haben könnte. Aber in unseren
Epitomae findet sich nicht, was Victorinus in den epitomae Theodori
gelesen haben will; und Victorinus nennt nicht den Gl. Sollen
wir annehmen, daß schon hundert Jahre nach Gl. dieser Theil
seiner Stromateis im Auszug verbreitet war, und daß uns dieser
Auszug nur in einer nochmals verkürzten Gestalt durch die
florentiner Hs. erhalten ist? Unmöglich ist das nicht, aber sehr
ungewiß. Hat aber Gl., wie sich unten im 3. Kapitel zeigen
wird, die Stromateis in den Jahren 200 -202 (203) geschrieben
und ist er wegen der in Alexaudrien wüthenden Ghristenver-
Ij Es kann hier' nicht über diesen dnnklen Punkt gehandelt werden.
Die mir bekannt gewordenen Erörterungen, namentlich die von Lücke,
Einl in die Ofifenbarung Joh. 2. Aufl. S. 972—982, schweben in der Luft,
weil man die Editio princeps und den Prolog des Hieronymus nicht zu
Bathe gezogen hat.
2) Die Editio princ. hinter Theophylacti enarrationes in quatuor
prophetas ed. Jo. Lonicerus, Paris 1549, fol. 105*>. Die davon unab-
hängige Ausgabe und abweichende Recension des Basilius Millanius,
Bononiae 1558, kenne ich nur aus dem Abdruck bei Gallandi IV, 52—64
w6 obige Worte p. 56 ebenso lauten, nur recipiuntur für accipiuntur.
3) contra Rufinum I, 2 (Vallarsi 11, 549) cf. epist. 84, 7 adOceanum;
ep. 61, 2 ad Vigilantiam. < . .
Zahn, Forschungen. III. Q
130 Titel der Hypotyposen.
folgung 202 (203) von dort geflüchtet, so ist es allerdings wahr-
scheinlich; daß der mit str. VIII , t beginnende zweite Hanpt-
theil der Stromateis in Folge dieser Eatastrophß unvollendet
blieb, und daß auch die überaus unsichere Ueberlieferung dessen,
was Gl. noch von diesem Theil ausgearbeitet hat, mit diesem
Ereignis in Zusammenhang steht.
II. Die Hypotyposen.
Der Titel, welchen Cl. diesem Werk gegeben hat, sagt so
gut wie nichts über den Gegenstand desselben; denn vnotvndifTeiq
bezeichnet umrißartige, skizzenhafte Darstellungen von irgend
etwas. Seine Stromateis nennt Cl. selbst mehrmals eine vno-
tvnuKTig^), weil er auf Vollständigkeit und strengen Zusammen-
hang von vorneherein verzichtet, und weil er das in den Stroma-
teis Dargebotene nur wie einen Schattenriß der ehemals von
seinen Lehrern empfangenen lebensvollen Belehrungen betrachtet
wissen will (str. I, 11—15). Der Alexandriner Theognostus um
280 schrieb ein aus 7 Büchern bestehendes Werk durchweg
dogmatischen Inhalts unter dem Titel vnoxvTKoaeiq^). Daß nach
Photius (cod. 106) Theognost im Titel als „Alexandriner und
Exeget" bezeichnet war, darf uns nicht veranlassen, an ein vor-
wiegend exegetisches Werk zu denken. Das 1. Buch bandelte
vom Vater^ das 2. vom Sohn, das 3. vom hl. Geist, das 4. von
den Engeln, das 5. und 6. von der Menschwerdung, das 7. scheint
eine Recapitulation der ganzen Dogmatik gewesen zu sein.
Sextus Empiricus, der Zeitgenosse unseres Gl., betitelte seinen
1) Str. I, 12; 15; IV, 2; VI, 2 (D. II, 11, 15; 13, 9; 315, 18; III,
122, 14). Auch paed. I, 95 bedeutet das Wort nichts Anderes, als daß
Ezech. 18 eine andeutende Skizze des christlichen Lebenswandels ent-
halte. Per alte Irrthum, daß vnoTvntoatg 1 Tim. 1, 16 cf. 2 Tim. 1, 13
Aufstellung eines Vorbildes und Unterweisung durch ein solches bedeute
(cf. dagegen Hofmann, N.. T. VI, 81 f.; 236 f.), hat vielleicht hier und
da auf den späteren kirchlichen Sprachgebrauch eingewirkt. Daher mag
es kommen, daß Rufinus, welcher das Wort regelmäßig durch diBpoBi-
tiones ungeschickt übersetzt, (h. e. II, 1. 9. 15; V, 11), einmal (h. e.
VI, 13) bemerkt vnoxvjKoaitov lihri octo, quos nos possumus informatio-
num vel dispositionum nominare, Valesius zu Bus. V, 11 eignet sich
dies infwmationes an und verdeutlicht es durch „institutiones". Die einzig
richtige Fassung vertritt Fabricius, bibl. gr. ed. Hartes V, 529, wo er von
Sextus Empiricus handelt.
2) S. die Zusammenstellung bei Routh, rel. s. (ed. 2) III, 407—422.
Allgemeiner Charakter der Hypotyposen. 131
Abriß der ekeptischen Philosophie ITvQQOopelcay vnoTVTioiffeoop
fj (TkeTTtixcSv vno[ivfj[idt(ov ßißXla zqla. Der Titel bezeichnet
eben nur die Art der Behandlung. Auskunft über den Gegen-
stand; welchen Gl. unter diesem Titel behandelt hat^ können
uns nur die Fragmente und die Beschreibungen derer geben,
welche das ganze Werk in Händen gehabt und wenigstens theil-
weise gelesen haben, das sind Eusebius und Photius^). Beide
stimmen darin überein , daß die Hypotyposen ein exegetisches
Werk gewesen seien, welches beide Testamente umfaßte. Wenn
Photius sagt, Gl. erörtere darin einige Stellen des A. und des
N. Testaments, so will das nichts anderes bedeuten, als wenn
Photius im folgenden Eelativsatz die Hypotyposen als eine
summarische Auslegung beider Testamente bezeichnet 2) , oder
wenn Eusebius kurzgefaßte Erklärungen der ganzen kanonischen
Schrift als Inhalt angibt. Allerdings leitet Eusebius diese Be-
schreibung durch ein „kurz gesagt^' ein; der nächste Eindruck
ist trotzdem, daß Eusebius zu wissen meinte und sagen wollte,
Gl. habe kein einziges Buch der Bibel gänzlich unberührt ge-
lassen« Und dies um so mehr, da Eusebius hinzufügt, Gl. habe
auch diejenigen Bücher nicht übergangen, deren Zugehörigkeit
zum Kanon zur Zeit des Eusebius von der einen oder andern
Seite noch angefochten wurde, nämlich den Brief des Judas
und die übrigen katholischen Briefe, denjenigen des Barnabas
und die dem Petrus zugeschriebene Apokalypse. Dagegen darf
es nicht zu sehr ins Gewicht fallen, was Photius am Schluß
seiner dogmatischen Kritik der Hypotyposen sagt: „Der ganze
Zweck (der Hypotyposen) sind gewissermaßen Auslegungen der
Bücher Genesis, Exodus, der Psalmen, der paulinischen und
der katholischen Briefe und des Buchs Koheleth"*). Da hie-
1) Hieronymns (v. ill. 2. 8. 38 62; ep. 70 ad Magnum) gibt in Be-
zug auf Gl. nur wieder, was er ans Eusebius weiß, und dies theilweise
recht nngenau, wovon unten im 3. Kap. dieses Abschnitts noch weiter
zu handeln ist. Die nnbestimmte Angabe oben S. 48 (XV Nr. 1) gibt
kein Recht, dem Hieronymns eigene Kenntnis der Hypotyposen beizu-
messeu. Ueber Cassiodor s. weiter unten. Die Stellen des Eusebius
und des Photius s. oben S. 64—66.
2) Oben S. 65 Nr. 4. Ich beziehe &p nicht auf ^i^iwv nvtov^ wo-
durch sich eine Tautologie ergäbe, sondern auf naXaias xai viag ygacpris,
3) So nach der LA. ixxltiataaTov , welche allein glaubwürdig ist;
denn den Namen ixxlrjaiaaTixos führte nur bei den Lateinern, nie bei
den Griechen das Buch des Jesus Siracb.
9*
132 Allgemeiner Charakter der Hypotyposen.
durch nicht der Itihalt, sondern der Hauptzweck der Hypotyposen
angegeben sein soll; so kann auch die Aufzählung der darin
behandelten biblischen Bücher nicht auf Vollständigkeit An-
spruch machen. Es fehlen wenigstens zwei von Eusebius aus-
drücklich genannte Apokrypha. Andrerseits ist auch nicht daran
zu denken ; daß Photius ein unvollständiges Exemplar gehabt
habe^). Er gibt ja die Zahl der 8 Bücher ebenso wie Eusebius
an, und die von ihm namhaft gemachten biblischen Schriften
hat Gl., wie sich zeigen wird^ theils im 1., theils im 7. Buch
der Hypotyposen behandelt. Photius wird also, wo er den
Hauptzweck der Hypotyposen angibt; diejenigen biblischen
Bücher aufgezählt haben , deren Auslegung ihm beim Durch-
lesen oder Durchblättern des Buchs am meisten in die Augen
fiel, also auch wohl den breitesten Raum einnahm.
Die Excerpte aus den Hypot., welche Eusebius mittheilt,
betreffen eben darum, weil sie der Kirchenhistoriker ausgezogen
hat, die Geschichte der apostolischen Persönlichkeiten und
Schriften, ohne daß doch irgend eine Schwierigkeit entstünde,
sie als Bestandtheile eines biblischen Gommentars zu denken
(frg. 10. 14—17. 19. 20). Das Gleiche gilt von den Lehrsätzen,
die Photius in seiner dogmatischen Kritik aufzählt, und dem
einzigen wörtlich von Photius mitgetheilten Fragment Dem
exegetischen Charakter der Hypot. widerspricht es selbstver-
ständlich auch nicht, wenn Gl. nach Eusebius (frg. 1) Schrift-
auffassungen und sonstige Ueberlieferungen seines Lehrers Pan-
taenus darin niedergelegt hat; und es ist nur aus der vorgefaßten
Meinung, daß die Epitomae ex Theodoto zu den Hypot. gehören,
zu erklären, daß R. Simon sich daraufhin von den Hypot. die
Vorstellung bildete, sie seien wesentlich nichts anderes als eine
Sammlung von Excerpten ans älteren Schriftstellern gewesen,
unter welchen einige Häretiker sich befunden*).
Sind nun die Hypot. ein kurzgefaßter Gommentar zur ge-
sammten Bibel gewesen, so kann auch kaum zweifelhaft sein,
wie sie sich zu den str. IV, 1-3 im voraus entwickelten lite-
rarischen Plänen verhalten. Sie können nicht die Erfüllung
jenes Versprechens einer xar irtnoiA^v ygafpd&y €x&€(rtg sein^
1) Zu dieser AnDahme neigte le Noorry col. 1328; zuversichtlich
sprach sie ReinkeDs, de Clem. AI. p. 266 aus.
2) Histoire des princ. commentat. du N. T. 1693 p. 18.
Die Form der Exegese. 133
welche einen Bestandtheil der Stromateis bilden sollte^) nnd
wirklich im 8. StromateoS; wir wissen nicht wie vollständig,
gegeben worden ist. Aber Gl. hatte außerdem auch noch in
Absicht; nach Vollendung der Stromateis, eine der Reihenfolge
der biblischen Bücher sich anschließende Darstellung der darin
enthaltenen Offenbarung zu geben d. i. das Buch negl nqofpfi-
veiag, wovon oben S. 45 f. gehandelt wurde. Nicht gerade dieser
mehrmals von Gl. angekündigte Titel, wohl aber die Beschreib-
ung dessen, was er unter diesem Titel zu geben beabsichtigte,
berührt sich sehr nahe mit Zweck und Inhalt der Hypot. Nur
muß man in Anschlag bringen, daß das Bild der später zu
schreibenden Bücher damals noch ein ziemlich unbestimmtes
war, und daß Gl. niemals seine Programme pünktlich ausgeführt
hat. Wenn Eusebius den Gl. richtig dahin verstanden hat, daß
er eine Auslegung der Genesis versprochen habe (s. oben S. 45),
so würde auch dies Versprechen in den Hypot. seine Erfüllung
gefunden haben.
Die Form der Auslegung kann man im allgemeinen aus
den durch Oecumenius aufbewahrten Fragmenten (frg. 7 — 9. 13.
21 — 27) erkennen. Ein einzelner Satz oder Satztheil der bib-
lischen Schriften wird vorgeführt und durch eine kurze, häufig
mit einem tovtiatty eingeleitete Bemerkung erläutert. Es sind
Scholien zu ausgewählten Sprüchen. Letzteres ergibt sich als
selbstverständlich schon aus der Vergleichung des Umfangs der
biblischen Schriften, welche Gl. in den Hypot. behandelt haben soll,
mit dem Umfang dieser selbst, wenn man sich die 8 Bücher
der Hypot. etwa ebensogroß vorstellt wie die 8 Stromateis.
Ebendies besagt aber auch der Titel „Skizzen^ und wird be-
stätigt durch die Beschreibungen des Eusebius und des Photius.
Die Hypot. waren demnach ein Gommentar nicht in der Art
derjenigen des Origenes zu Matthaeus oder Johannes, sondern
bei der ganzen schriflstellerischen Art des Gl. ist es beinah selbst-
verständlich, daß er sich auch in den Hypot. hier und da eine
weitläufigere dogmatische oder historische Erörterung oder Ab-
schweifung erlaubt hat.
Den gleichen Gharakt^r tragen aber auch die lateinischen
Adumbrationes in epistolas catholicas, deren Zugehörigkeit zu
1) Str. IV, 1, worauf Reinkens p. 267 vermuthend hinwies, s. da-
gegen oben S. 4 und 11.
134 Die Adambrationen ein Theil der Hypotyposen.
den Hypot. ebenso oft beanstandet, als behauptet worden ist^).
Sie allein können uns, wenn sie echt sind, ein anschauliches
Bild von dem ganzen Werk geben. Geht man bei deren Unter-
suchung von den oben S. 1 1 flF. besprochenen und meiner Becen-
sion des Textes zu Grunde liegenden Hss. und von den Catenen
aus, welche Bruchstücke von Cl. enthalten sollen, so wird man
sofort auf Cassiodor's Beschreibung der von ihm für die Mönche
von Vivarium beschafften exegetischen Hilfsmittel zu den katho-
lischen Briefen hingewiesen 2). Cassiodorius^) nennt zuerst die
Auslegung des Cl. zu einigen Stücken der kanonischen d. h.
katholischen Briefe, nämlich zu I Petri, I und 11 Joannis und
Jacobi. Darauf erwähnt er eine Erklärung des Jacobus von
Augustin, hierauf den Commentar des Didymus zu den 7 kano-
nischen d. h. katholischen Briefen» endlich 10 Sermone des
1) Bellarmin (de scriptor. eccl. Lugd. 1663 p. 69) hielt die Frage,
ob dies der von Cassiodorius erwähnte Commentar des CL zu den kathol.
Briefen sei, für schwierig. Sehr entschieden sprach sich gegen die Zu-
gehörigkeit der Adumbr. zu den Hypotyposen R. Simon , hist. des princ.
commentateurs :du N T. (1693) p. 18 aus. Die Gründe, durch welche
sich le Nourry col 1318—1320 bestimmen ließ, sie dem Cl. abzusprechen
und von dem durch Cassiodorius übersetzten Werk zu unterscheiden, er-
klärte Fabricius bibl. gr. VII, 131 für unerheblich, Reinkens p. 270 da-
gegen fand sie so scharfsinnig, daß ein weiterer Beweis der (Jnechtheit tiber-
flüssig zu sein schien. Fell, Ittig, Bunsen haben die Adumbrationes als
ein in Cassiodor's Auftrag übersetztes Bruchstück der Hypotyposen
drucken lassen. Westcott (Dict. of Christ. Biogr. I, 564) spricht sich
zwar für die Zugehörigkeit zu den Hypotyposen aus, vermuthet aber,
daß diese gedruckten SchoHen doch nur aus einer Catene excerpirt
seien. Eine Untersuchung der Sache vermisse ich in der mir zugäng-
lichen Literatur.
2) Cassiod. instit. div. literar. c. 8 (Opp. ed. Garetins, Rotomagi
1679, tom. II, 543). Nachdem von den Commentaren zu den paulinischen
Briefen und dem Hebräerbrief gehandelt ist, heißt es: In epistolis autem
canonicis Clemens Alexandrinus -presbyter^ qui et Stromateus vocatur^
id est in epistola sanctt Petri primae sancti Joannis prima et secunda
et Jacobi quaedam Attico sermone declaravit. übi mtdta quidem sub-
tiliter, sed aliqua incaute locutus est, quae nos ita transferri fecimus
in Latinum^ ut exclusis quibusdam offendiculis purificata doctrina eiua
securior potuisset hauriri.
3) Diese Form des Namens statt Cassiodorus scheint sich noch im-
mer nicht einbürgern zu wollen trotz der- Erinnerungen von Sc. Ma£fei in
seiner Ausgabe der Complexiones (Florentiae 1721) Proleg. p. 45 ; A.Franz,
M. Aurelius Cassiodorius Senator (Breslau 1872) S. 1 u. A.
Die Adambrationeo ein Theil der Hypotyposen 135
AugQStinas über den ersten Jobannesbrief. Dieselben drei Autoren
sind in dem Generaltitel des cod. L zusammengestellt und nur
um ein unbestimmtes et ceteri vermehrt (oben S. 11); dieselben
findet man im Prolog der äorentiner Catene (oben S. 14), und
nur der spätere Beda ist ihnen beigesellt. In L und M folgt
auf die Adnmbrationes des Gl. der Commentar des Didymus,
in M sind außerdem Schriften des Beda, darunter seine Aus-
legung der katholischen Briefe enthalten, eine Verbindung,
welche also auf dieselbe Fortbildung der durch Gassiodor be-
gründeten Tradition hinweist, wie die florentiner Catene. Gas-
siodor's Charakteristik des Didymus kehrt wörtlich wieder in
M (oben S. 13 Anm. 3); und es ist längst anerkannt, daß wir
in dem, wahrscheinlich nach M hergestellten Druck des Didy-
mus von 1Ö75 nicht irgend eine andere, sondern die in Gas-
siodor's Auftrag angefertigte lateinische Uebersetzung besitzen^).
So scheint das gleiche Urtheil über die immer nur in Verbind-
ung mit Didymus vorkommenden Adumbr. sich von selbst zu
verstehen. Den einzigen Anstoß gewährt, daß Cassiodorius den
Judas übergeht^ welcher in den Adumbr. zwischen I Petri und
1 Joannis steht und dagegen den Jacobus am Schluß beifügt,
welcher iu den bisher bekannt gewordenen Hss. der Adumbr.
fehlt und, da in diesen sofort Didymus auf die clementinische
Auslegung von 2 Joannis folgt, von jeher gefehlt zu haben
scheint. Aber die Vermuthung'^), daß Cassiodorius, welcher ja
die Uebersetzung nicht selbst angefertigt hat'), und welcher
1) Gf. Fr. Lnecke, Quaestiones ac vindiciae Didymianae, Gottingae
1829-32, abgedruckt in Migne, ser. gr. 39 col. 1731 sqq. Es lag zuweit
ab voD meinen Studien, die Hss. der Adambrationes (LM) auch für den
Commentar des Didymus zu verwerthen.
2) Schon de la Bigne setzt sie voraus, indem er die Worte Cas-
siodor's seinem Druck der Adumbr. voraufschickte. Aasgesprochen wurde
sie von Fell (bei Potter p. 1006), von Ittig in der Vorrede zum Supple-
mentum, unter den Neueren z. B. von Lightfoot, Galatians p. 201. Die
Möglichkeit bleibt dabei offen, daß Gassiodor auch eine Erklärung des
Jacobus vorfand und übersetzen ließ, welche jetzt verloren ist, und daß
er den Judasbrief zu nennen vergessen hat.
3) Cass. hat den Uebersetzer in diesem Falle nicht genannt Vorher
wird Mutianus als Uebersetzer der Homilien des Ghrysostomus über den
Hebräerbrief, nachher der Presbyter Epiphaoius als Uebersetzer des Didy-
mus genannt. Beide werden hier und Epiphanius wiederholt mit ehren-
vollen Prädicaten belegt. Der Uebersetzer des Gl. bekommt weder Namen
136 I^er Fehler in Cassiodor's Beschreibung.
auch vielleicht bei Ausarbeituug seiner Institutio nicht den be-^
treffenden Codex aufgeschlagen hat, durch einen Fehler des
Gedächtnisses oder der Feder Jacobi statt Judae geschrieben
habe, ist so einleuchtend, daß sie eben nur wiederholt zu wer-
den braucht. Man müßte sonst annehmen, was doch ganz un-«
annehmbar ist; daß Jemand aus der in Casaiodor's Auftrag an-
gefertigten Uebersetzung nachmals die Erklärung des Jacobus
beseitigt und man weiß nicht woher eine kurze Auslegung des
Judasbriefs genommen und eingeschoben hätte. Eine oberfläch-
liche Vergleichung der Adumbr. zum Judasbrief mit den übrigen
Theilen zeigt aber ganz den gleichen Charakter der Theologie,
der Auslegungs weise, des Stils. Auch die Vermuthung, daß
unsere Adumbr. nur ein Excerpt aus der cassiodorischen Version
oder eine aus Catenen geschöpfte Compilation seien ^), läßt sich
nicht halten. Was Cassiodorius tibersetzen ließ, war nach seiner
ausdrticklichen Bemerkung nicht eine zusammenhängende Aus-
legung des gesammten Textes der von ihm aufgezählten Briefe^
sondern Erklärung einzelner Stellen {quciedam) in denselben.
Wenn der Mangel an Zusammenhang hier und da ein wenig
zu arg erscheint, um das Werk, wie es vorliegt, als Uebersetz-
ung eines alten griechischen Commentars erscheinen zu lassen,
so gibt hier Cassiodorius wiederum selbst die authentische Er-
klärung. Er hat es mit diesem Commentar nicht so gemacht,
wie mit denjenigen des Origenes, an deren Rand er durch das
Wort äxqfi(na die dogmatisch gefährlichen Stellen bezeichnet
hatte finstit. div. lit. c. 1 p. 540). Vielmehr hat er dafür ge-
sorgt, daß derartige Stellen im Commentar des CI. vom Ueber-
setzer von vorneherein gar nicht in die Uebersetzung aufge-
nommen wurden. Da er nur dies sagt und nichts von einer
orthodoxen Ausfüllung der dadurch entstandenen Lücken zu
melden hat^ so ist ja selbstverständlich, daß man an mehr als
einer Stelle den Eindruck empfängt, hier sei der Faden ab-
gerissen.
Cassiodorius scheint zu keinen andern Büchern der Bibel
Auslegungen des Cl. gehabt zu haben, als zu den genannten
noch Ehrentitel. Es wird eine untergeordnete Persönlichkeit gewesen
sein» und allzngut hat er seine Sache nicht gemacht.
1) So z. B. Westcott, Dict. of Chr. Biogr. I, 564. Aehnlich scheint
sich Lücke, Joh. Sehr. (2. Aufl.) III, S. 77 die Sache gedacht zu habon.
Cassiodor's Wissen um die Hypotyposen. 137
Briefen; er deutet auch nicht an^ daß das, was er übersetzen
ließ; Bestandtheil eines größeren Werkes sei. Aber eine Kunde
von den Hypotyposen hat er doch gehabt. Nachdem er in der
Vorrede (p. 538) gesagt, daß man, soweit es einem die Sprach-
kenntnis gestatte, überall da, wo die lateinischen Ausleger die
nöthige Sorgfalt vermissen lassen, zu den griechischen Exegeten
seine Zuflucht nehmen solle, fährt er fort: lerunt itaque scrip-
turas divinas veteris novique testamenti ab ipso principio v^que
ad finem graeco sermone declarasse dementem Alexandrinum
cognomento Stromateum, et Cyrillum eittsdem civitatis episcopum
et Joannem Chrysostomum , Gregorium et Basilium necnon et
alias studiosissimos viros quos Graecia facunda concelebrat. Er
schweigt hier noch von dem aller fruchtbarsten Exegeten Origenes
und nennt statt dessen neben Cl. lauter Solche, von denen doch
mit viel weniger Recht gesagt werden konnte^ daß sie die ganze
Bibel von Anfang bis zu Ende commentirt haben. Es ist auch
kaum denkbar, daß er den Cl. an die Spitze dieser Reihe ge-
stellt haben sollte, wenn er von ihm nicht mehr gewußt hätte;
als dass er 4 der katholischen Briefe ausgelegt habe. Das
allein Wahrscheinliche ist, daß er von den Hypot. als einem
die ganze Bibel umfassenden Commentar gehört hat, und daß
seine Aussage dem zuerst genannten GL in erster Linie und in
vollem Sinne, den weiterhin Angeschlossenen nur einigermaßen
auch gelten soll. Aber nur gehört hat er davon, vielleicht durch
jenen blinden Novatianer Ensebius aus AsieU; der ihn mit vielen
bis dahin ihm unbekannten Büchern bekannt gemacht hat^).
Hätte er die Hypot. selbst gehabt; so müßte man nach der her-
vorragenden Stellung, die er dem Cl. in der Vorrede anweist,
erwarten, daß er ihn an mehreren Stellen wieder erwähnte, ber
sonders da wo er über Mangel an exegetischen Hilfsmitteln
klagt. Was er aber von Cl. gehabt und durch üebersetzung
den Lateinern zugänglich gemacht hat, kann nur ein Theil der
Hypot. sein, wenn es überhaupt von Cl. herrührt. Denn in den
Hypot. hat Cl. „die katholischen Briefe" ausgelegt, und daß
er daneben noch einen besonderen Commentar über dieselben
Briefe geschrieben haben sollte, ist nicht denkbar. Wenn Cas-
siodorius diese Stücke nicht als einen Theil der Hypot. be-
1) instit. div. lit. 5 p. 542: cuius etiam instructione commonitus
multos Codices antiquos reperi^ qui apud me habebantur incogniti.
138 I^ie Adumbrationen ein Theil der Hypotyposen.
zeichnet hat, so tritt in diese Lücke der Ueberliefernng die
älteste Hs. der Adumbr. ergänzend ein. Der Titel Ex opere
Clementis Alexandrini cuius titulm est neql vnotvnticBmv ^ de
scriptionibm adumbratis^)j kann ja nicht aus dem Titel der
jüngeren Hs. Incipiunt adumbrationes Clementis Alexandrini in
epistolas canonicas entstanden sein^ sondern nur umgekehrt. Es
ist mindestens sehr wahrscheinlich; daß jener von der Hand des
Uebersetzers selbst herrührt. Daß aber diese Ueberliefernng
eine irrige sei; wird Niemand beweisen können. Die Form der
Auslegung entspricht den griechischen Fragmenten und den
Beschreibungen. Die Uebereinstimmung der Ideen mit den
zweifellos echten Schriften des Gl. wird schon aus meinen An-
merkungen S. 93 ff. sattsam erhellen. Und, um das Beste zuletzt
zu nennen; ein unter dem Namen des Gl. auf uns gekommenes
griechisches Fragment hat sich als das Original eines Satzes
der Adumbr. herausgestellt (oben S. 89).
Es ist vielleicht überflüssig, die ITrage noch zu erörterUi
ob die uns erhaltenen griechischen und lateinischen Bruchstücke
der Hypot. sei es in orthodoxem, sei es in häretischem Sinne
interpolirt worden sind. Ersteres könnte in Gassiodor's Auftrag
den Adumbr. widerfahren sein. Aber wahrscheinlich ist das
durchaus nicht. Denn erstlich hatte Cassiodorius kein Inter-
esse , das zu verheimlichen ; und er spricht nur von Ausmerz-
ungen, nicht von Ergänzungen. Zweitens zeigen die Adumbr.
noch soviel der späteren Orthodoxie Fremdes , daß vielmehr zu
urtheilen ist; die von Gassiodorius angeordnete Säuberung sei
eine sehr wenig gründliche gewesen. Drittens ist nichts in den
Adumbr. enthalten, wovon mit einiger Sicherheit verneint wer-
den dürfte, daß Gl. es geschrieben haben könne. Am ersten
noch könnte ein kritisches Auge an den Erörterungen zu 1 Jo. 1, 1
haften. Gl. will zeigen; daß das unbestimmte o ^y an aQxn^
auf den persönlichen Logos zu beziehen, nach Ev. Jo. i, 1 zu
erklären und als Zeugnis für die Ewigkeit des Sohnes zu ver-
werthen sei. Der wichtigste Satz (p. 87j wird griechisch etwa
so gelautet haben: to yäg „^p^ Q^(J^^ ätdioTfitog itrti öiikcatnedv,
1) S. oben S. 79 nebst Anm. Die TrenDung von descriptionibus in
zwei Wörter ist ebenso UDbedenklich wie die Trennung von devinculis
p. 84, and ist nothwendig, weil ein Dativ oder Ablativ nicbt von cuius
titulus est abhängen kann. Es soll de vielmehr Uebersetzung von
ntQi sein.
Der Begriff ofjtoovatog, 139
ccQx^y ovx ixovmjg' xa&cog xal avvog o Xoyog^ Tovvitn^y 6 vlog,
og xad^ ofioiOTiita Ttjg ovtrlag ev avpvnaqxst ttp natqlj dtdiog etni
xai änoifjtog. Die Betonung der gleichen Ewigkeit des Sohnes
mit dem Vater ist dem Gl. nicht fremd ^) und wie die Behaupt-
ung der specifischen Znsammengehörigkeit von Sohn und Geist
mit dem Vater sieh mit den stärksten subordinatianischen Aus-
drücken vertrage; zeigte sich S. 98 Anm. 25. Selbst wenn statt
des von mir gewählten Ausdrucks xazd zö ofioovc&ov als Grund-
lage yon secundum aeqyalitatem substantiae^) anzunehmen wäre,
würde daraus nichts gegen die clementinische Herkunft des
Satzes folgen. Der schon von den Gnostikern oft gebrauchte
Ausdruck; ist auch dem Gl. geläufig, und indem er es als eine
blasphemische Thorheit abweist; uns Menschen als einen Theil
von Gott oder wesenseins mit Gott zu bezeichnen, da wir keine
natürliche Verwandtschaft mit Gott haben'), ist schon indirect
gesagt^ daß solches vom Sohne Gottes gesagt werden kann;
zumal wenn man den Zusammenhang erwägt; in welchem es
gesagt ist. Es handelt sich um die Herablassung des Logos
und des durch ihn sich offenbarenden Erlösergottes bis zu dem
Wort: „Was ihr Einem dieser Geringsten gethan, habt ihr mir
gethan^. Was der Mensch in natürlichem Wohlwollen und Ver-
wandtöchaftsgeftthl dem Nächsten erweist; bezieht der in Ghristus
erschienene Gott auf sich, der doch keine Verwandtschaft mit
uns hat, nicht ofioovciog mit uns ist (str. IL, 73-75). Der
1) Cf. oben S. 97 Anm. 23. Er nennt str. VII, 2 (cf. 6) den Sohn
Tfjy axQovov avaQ^ov (XQXV'^ *■* *«^ dnuQxv'^ ''^v oytcDy, während doch
diese Attribute sonst Gott zukommen str. IV, 162; V, 141.
2) Aebniich sagt er oben S. 86^ 11 von den Engeln im Verhältnis zu
Gott propter aequaUtatem et similitudinem,
3) str. II, 74 d-eog ^h ovSafjLiav ?;^£« ngog fifjias (pvüixriv (fxioiv
, , , €i fXTiJig fxkQog avTov xal ofxoovalovg ^/jiäg Ttp d-etp roit/iijcrc* Xkyuv,
Diese Stelle ist sehr bezeichnend für den ursprünglichen Sinn des Be-
griffs, worüber ich in meinem Marcellus von Ancyra S. 11—32, wie es
scheint, vergeblich gehandelt habe. Auf das apokryphe Citat aus der
Schrift des Ol. n^ql nqovoCag oben S. 39 f. Anm. 1 ist nichts zu gründen.
Wohl aber darf daran erinnert werden, daß etwa 50 Jahre nach Ab-
fassung der Hypotyposen Dionysius von Alexandrien den Ausdruck so-
fort sich aneignete, sowie er bei ihm vermißt worden war (Äthan, de
sententia Dionysii c. 18; de decr. synodi Nie. 25; de synodis c. 44
Montfaacon I, 230 255. 758). Er wurde damals in Egypten schon als
Zeichen der Orthodoxie verlangt, und Ori genes hat ihn aus freien Stücken
gebraucht (frg. in epist. ad Hebr.),
140 Rafinas» Gelasius über Clemens.
Begriff o^ioovtriog hat mit der Frage ; ob Sabordination des
SohQes zn lehren sei, von Haus aus gar nichts zu schaffen^).
Es wird also nnit Gleichmuth abzuwarten sein, ob Jemand etwas
von orthodoxen Interpolationen in den Adumbr. finden wird.
Alt aber ist die Klage, daß böse Häretiker die Werke des
ehrwürdigen alten Meisters und besonders die Hypotyposen des-
selben durch ihre Interpolationen geschändet haben. Um seine
Meinung de adulteratione librorum Origenis durch Analogien zn
bestätigen, berief sich Rufinus unter anderm auch darauf; daß
der alexandrinische Gl./ welcher sich fast in allen seinen Schriften
zu der gleich ewigen Trinität bekenne, an einigen Stellen vom
Sohne Gottes als einem Geschöpf rede 2). Diese Stellen können
nur von Häretikern interpolirt sein. Wenn die Schriften des Cl.
in dem ersten „Index librorum prohibitorum"; dem Beeret des
Gelasius^), verurtheilt worden sind, so wird sich schwerlich
ausmachen lassen, ob nur die Thatsache, welche Rufinus be-
zeugt, oder auch sein bedenklicher Erklärungsversuch die Grund-
lage des Urtheils bildete. Cassiodorius war verständig genug,
dem Cl. selbst manche unvorsichtige, der später entwickelten
Orthodoxie anstößige Bemerkung zuzutrauen, und hatte kein
Hehl daraus, daß er echte Sätze des Cl. gestrichen habe, um
die Leetüre seiner Auslegung der katholischen Briefe unanstößig
zn machen. Das genügte dem Schreiber der Hs. von Laon nicht
mehr. Da inzwischen auch Didymus in Rom wie in Eonstanti-
nopel als Origenist verdammt war *) , mußte der Leser gewarnt
1) Cf. z. B. Clem. homil. XX, 7 ofxoovatov . . . laoSvva^oy ^ ov,
2) Rufioi epilogas in apolog. Pampbili (Migne ser. gr. 17 col. 621):
Clemens qnoque aliuSf Alexandrinus preshyter et magister illius ecclesiae,
in Omnibus pene libris suis trinitatis gloriam atque aetemitatem unam
eamdemque designat, et interdum invenimus aliqua in libris eins capitula,
in quibus filium dei creaturam dicit. Numquid credibile est de tanto
virOf tarn in omnibus catholico, tarn erudito^ ut vel sibi contraria senserit,
vel ea quae de deo non dicam credere, sed vel audire quidem impium
estf scripta reliquerit? Hiegegen polemisirt Hieronymas c. Raf. II, 17
(Vallarsi II, 508).
3) Epistolae pontif. Rom. ed. A. Thiel I, 467: opuscüla alterius
dementia Alexandrini apocrypha. Das im ZusammenhaDg des Decrets
unvorbereitete alterius erinnert an Rufinus, weicher im Gegensatz zu
dem vorher erwähnten Clemens Romanus den Alexandrinus als einen
alius bezeichnet hatte.
4) Gf. Lücke bei Migne 39 col. 1736.
Heterodoxie des Clemens. 141
werden: caute lege et intellege, quia expulsi sunt de Borna. Im
Orient, wo man die Schriften des Cl. viel genauer kannte ^ er-
hielt sich sein Ansehn als eines rechtgläubigen Lehrers sehr
lange. Er war ja kein Schüler, sondern ein Lehrer des Origenes.
Seine Gelehrsamkeit und besonders seine Versuche, dogmatische
Begriffe in philosophischer Art zu definiren imponirten so sehr,
daß er noch im 7. Jahrhundert als eine fast canonisirte Aucto-
rität galt^). Aber ganz verschont konnte er nicht bleiben von
den Angriffen auf die Theologie seines großen Schülers. Die
Vertheidiger des Origenes sorgten selbst dafür, indem sie zur
Entlastung des Origenes sich unter anderem auch auf das Zeugnis,
vielleicht auch auf verwandte Lehraussagen des Cl. beriefen ^).
Es ist begreiflich, daß, wie eine räthselhafte Nachricht bei
Georgius Hamartolus lautet, einem der Väter durch Offenbarung
das Geheimnis enthüllt wurde, schon Cl. sei ein Origenist ge-
wesen^) Selbst die egyptische Kirche gewöhnte sich daran,
den Clemens mit Origenes und Arius als Ketzer zusammenstellen
zu hören *). Da nun aber daneben die seit Jahrhunderten fort-
gepflanzte Verehrung für Cl. als einen alten Zeugen der Ortho-
doxie nicht sofort aufgegeben werden konnte, so war es ver-
zeihlich^ daß Photius nach Aufzählung aller gräulichen Ketzereien,
die er in den Hypot. gefunden, schließlich die Vermuthung hin-
1) S. die Citate aas Maximas Confessor, Anastasias Sioaita anter
Nr. X S. 39 ff. Auch die Hypotyposen citirte Maximas anbedenklich
(frg. 18 S. 74 cf. frg 28 S 7/). Für die ältere Zeit ist besonders be-
merkeDSwertb , daß die Lehrer der entgegengesetzten Richtungen wie
Cyrillas and Theodoretas in seinem Lobe übereinstimmen. S die Citate
za protr. 44. 45; str. I, 75; III, 27 oben S. 17. 22. 23. Speciell auf die
Hypotyposen mag es sich beziehen, wenn Socrates h. e. II, 35 dem Aetius
den Vorwurf macht, daß er die alten Aasleger der ;^(»«rr«ay«xa loyta,
den Clemens, Africänas and Origenes nicht stadirt habe.
2) Von einer anonymen Apologie für Origenes sagt Photias cod. 117:
d dh Tov avyyQdf4,fittTog nccjijg fjtaQTvqag vnhq ^ÜQiyivovg TS xa\ rdiv
avtov doy/jidr(ov ^^ovvaiov nQoxofxl^n tov Idlilavögslag, ^ijfirJTQiov r€
xttl Kliifiivta xal iiiQovg nUlovg. Clemens hat nicht nar den jungen
Origenes anterrichtet, sondern auch noch später seinem Freunde Ale-
xander Rühmliches über ihn berichtet £us. h. e. VI, 14, 8.
3) Migne HO col. 84 KXijfirig ^k 6 ajQtofiaTSvg ^SlQiyevtaaT^g oiy, Sg
Tiyt nariQODV anexaXvcp&Ti, {i^ iv xoXaaei ^Iqvdalog. Letzteres in Gegen-
satz zu dem vorher erwähnten Josephus.
4) Das Synaxarium der coptiscben Christen, übersetzt von Wüsten-
feld 8. 67 f. Bischof Demetrius soll diese drei excommunicirt haben«
142 Heterodoxien in den Hypotyposen.
warf, es sei auch vielleicht nicht Gl. selbst, sonderD irgend ein
Anderer, der nnter seiner Maske diese zahllosen Lästerungen
niedergeschrieben habe. Photius spricht nicht von Interpola-
tionen, wie man gewöhnlich annimmt, sondern neigt offenbar
zu der Annahme, daß die Hypot. überhaupt kein echtes Werk
des Gl. seien. Von dem Ganzen spricht er verächtlich ; der
Mangel an Ordnung, die häufigen Wiederholungen, die Unvoll-
ständigkeit der Auslegung, welche sich nur auf einzelne, heraus-
gegriffene Bibelsprüche erstreckte, das alles kommt hinzu zu
den haarsträubenden Ketzereien, um die Vermuthung, daß das
Ganze nicht von dem berühmten Gl. herrühre, zu rechtfertigen.
Aber wie schüchtern und beiläufig wagt sich diese Vermuthnng
hervor! Photius selbst verkennt nicht, daß auch in den Stroma-
teis die Ordnung nicht gerade die beste, und daß auch dort
manches ,,ünge8unde" zu finden sei (cod. 111). Er weiß von
dem großen Werk nichts Rühmliches zu sagen; nur am Pä-
dagogus und Proti-epticus hat er eine ungetrübte Freude.
Es ibt befremdend, daß es daraufhin hat Tradition werden
können, Photius habe ein von Häretikern interpolirtes Exemplar
der Hypot. gehabt^). Photius zählt unter den angeblichen
Ketzereien Lehrsätze auf, welche Gl. mit vielen anderen Alten
nachweislich wirklich gelehrt hat; und wenn wir das nicht von
allen diesen „Blasphemien^ nachweisen können, so ist das ja
nicht zu verwundern. Wir besitzen eben nur Bruchstücke der
Hypot., und Zweck und Anlage der vollständig erhaltenen Schriften
des Gl. schlössen ein tieferes Eingehn auf die schwierigeren
Fragen theologischer Speculation und ein offenes Auskramen
gewagter Behauptungen aus. In den Hypot. soll nach Photius
die Ewigkeit der Materie und eine Ideenlehre aus gewissen
Bibelsprüchen entwickelt sein. Dem widerspricht es nicht, daß
Gl. die Lehre von der Unerzeugtheit der Welt ablehnt (str. VI,
,147). Die Frage, ob die Welt aus einer zu Grunde liegenden
Materie oder aus dem nichts geschaffen sei, behandelt er als
eine offene (str. 11, 74); und er freut sich der wesentlichen
Uebereinstimmung zwischen Plato und Moses in Bezug auf die
Schöpfung (str. V, 82). Auch für die platonische Ideenlehre
sucht er Anknüpfung in der Schrift, ohne sie zu corrigiren
(str. V, 73. 94 cf. IV, 155). Nach Photius soll Gl. den Sohn
1) le Nourry col. 1328; Reinkens p. 266.
Heterodoxien in den Hypotyposen. 143
zum Geschöpf herabziehen, und eben dies war fttr Rnfin der
entscheidende Grund für seine Behauptung, daß die Schriften
des C]. von Häretikern interpolirt seien. Es zeigte sich schon
oben 8. 98 Anm. 25, daß sich das wörtlich nicht nur in den
Hypot, sondern auch sonst bei Gl. findet. Gegen Seelenwan-
derung, die nach Photius in den Hypot. gelehrt sein soll, hat
sich freilich Gl. erklärt, indem er die Präexistenz der mensch-
lichen Seele bestreitet^). Aber er scheint doch die Frage sehr
der Erwägung werth gefunden zu haben (str. IV, 85 cf. VI, 35).
Wie leicht konnte jene Lehre von der fortschreitenden Meta-
morphose innerhalb der Reihe der vernunftbegabten Wesen
(oben S. 98) dahin misverstanden werden ^). Daß vor Adam
viele Welten . existirt haben, kann man in den sonstigen Schriften
des Gl. nicht beistimmt nachweisen; aber er weist doch da, wo
er von der Vielheit der Himmel nach Paulus und Plato geredet
bat, sehr bedeutsam auf die Stelle im Brief des römischen
Clemens hin, wo von einer Vielheit der Welten jenseits des
Oceans gesagt sei (str. V, 80). Wie er sich die Erschaffung
Evas aus Adam gedacht, hat er in den Stromateis nicht gesagt,
da er immer auf spätere Behandlung der Welt- und Menschen-
schöpfung verweist. Die Beziehung von Gen. 6 auf fleischliche
Vermischung von Engeln und Weibern hat Gl. wie so viele an-
dere Lehrer der alten Kirche wirklich vorgetragen *),
1) Oben S. 93 Adqi. 3.
2) Noch Fr. Nitzsch, Dogmengescb. I, 349 findet es unter Berafung
auf Str. VI p. 808 Potter wahrscheinlich, daß Cl. die Präexistenz der
Seele lehre.
3; Str. III, 59; V, 10; VII, 46 cf. Forsch. II, 301 f. Sehr be-
merkenswerth ist aber, daß Cl. 1 Cor. 11, 10 nicht darnach auslegt,
sondern unter den Engeln dort Menschen versteht. Wenn auch hypot.
frg. 7 oben S. 66 das Wort av^gag, welches z. B. Morellus in der Ueber-
setzung supplirt, im Text nicht steht, so ist es doch zweifellos zu er-
gänzen. Den wirklichen und im Himmel befindlichen Engeln werden nicht
die abtrünnigen Engel gegenübergestellt, sondern „gerechte und tugend-
hafte" Menschen, welche nur uneigentlich Engel heißen, aber zur Unzucht
verführt werden könnten. Das (pr}a( im Munde des Cl. (s. auch S. 67
vor Anm. 4) bezieht sich auf Paulus: „Engel nennt er** etc. Cf. hiezu
(Engel -Menschen) Theophilus Forsch. II, 64, 16; TertuU. adv. Jud. 9
(Oehler U, 725) und in Bezug auf Cl. selbst oben S. 98. — Eine andere
Stelle, wo Cl. über 1 Cor. 11, 10 gehandelt hätte, finde ich nicht DIb
Valentinianer in Epit. exTheod. 44 verstanden dort wirkliche „männliche
Engel**, vor denen sich auch die Sophia schamhaft verhüllt habe.
144 1^16 Logoslehre in den Hypötyposen.
Die doketische Cbristologie, welche Photius rtigt, hat auch
in dem in Cassiodor's Auftrag tibersetzten Theil der Hypot. trotz
dessen Purification ihre deutliche Spur zurtickgelassen^ und diese
ist nicht ohne Analogie in den übrigen Werken des Cl. (s. oben
S. 97 Anm. 22 J. Was endlich die Unterscheidung des Logos-
Sohnes von dem eigentlichen Logos des Vaters anlangt, welche
Photius durch ein wörtliches Citat aus den Hypot. belegt, so
ist schon der Ausdruck der Stelle echt clementinisch. Das
Xfyezat . ' . oiiovvykmq ist ganz das aequivoce vocantur oben
S. 98 Anm. 25. An sich allerdings ist der aus dem Zusammen-
hang gerissene Satz nicht sofort deutlich. Photius selbst scheint
andeuten zu wollen, daß er seines Verständnisses nicht sieher
sei, und andrerseits ist die Logoslehre desCl^ die, uns nirgend-
wo in einigermaßen zusammenhängender Darstellung vorliegt,
nicht ohne dunkele Punkte. Der Satz lautet: „Es wird aller-
dings auch der Sohn Logos genannt, mit dem gleichen Namen
wie der väterliche Logos; aber nicht dieser ist der Fleisch-
gewordene, und nicht der väterliche Logos, sondern eine Kraft
Gottes, gleichsam ein Ausfloß seines Logos, i^t Vernunft ge-
worden^) und (als solche) durch die Herzen der Menschen
hindurchgezogen^. Offenbar unrichtig urtheilte Photius, daß
hienach auch „der niedere Logos"; der Sohn -Logos nicht den
Menschen erschienen sei Das ovx oitog^ nach anderer LA od
vvv ovTog, bezieht sich selbstverständlich auf den zuletzt ge-
nannten „väterlichen Logos", und nur der Deutlichkeit wegen
wird statt eines wiederholten oiftog im Folgenden das Subject
nochmals deutlich benannt. Gl. unterscheidet also den Sohn-
Logos, welcher als allgemeine Vernunft durch die Herzen der
Menschen gezogen und dann Fleisch geworden ist,, von dem
eigentlichen Logos, der Vernunft des Vaters. Von ersterem
redet Gl. auch sonst in mehr als einer Hinsicht ebenso wie hier.
Erstens unterscheidet er stets scharf den allein unerzeugten Gott
und Vater von dem vor der übrigen Schöpfung erzeugten oder
geschaffenen Sohn und Logos ^ welcher als Verursacher und
Mittler der Weltschöpfung aus Gott hervortrat und nachmals
1) Die Attraction in Svvafxig . . . vovg y€v6fx€vog ist unänstößig,
und Bunsen's Conjectur vovg y^vofiivov (Anal, anten. I, 305) schafft
einen mir nnverständlichen Satz. Cf. übrigens die dem Gl. bekannten
Johannesacten des Leucius (m. Ausg. p. 223, 7, 8) noxh fihv koyog xa-
kflrai' . . Tioxh Sh vovg.
Die Logoslehre des Clemeos* 145
Fleisch wurde (str. VI, 16; VII, 58). Zweitens nennt er diesen
Sohn-Logos nicht selten eine göttliche Kraft (protr. IIO5 str. V, 6 ;
VII, 6). Drittens ist es einer seiner Lieblingsgedänken, daß
dieser nachmals in Christus leibhaftig erschienene Logos nicht
etwa nur der Mittler der alttestamentlichen Offenbarung, sondern
von der Schöpfung her der Mittler aller Vernünftigkeit, Erkennt-
nis und Sittlichkeit, der einzige wahre Lehrer und Erzieher der
ganzen Menschheit gewesen sei (protr. 7; str. VII, 57. 58).
Auf dieser Vorstellung beruht die ganze, vielfach schillernde
Diirstellung des naidaycoyog in dem darnach benannten Buch.
Daß die von der Schöpfung herrührende Vernunftbegabtheit des
Menschen Theilnahme an diesem Logos sei, sagt besonders
deutlich folgender Satz^): „Der, welcher uns Antheil am Sein
und Leben gegeben hat, hat uns auch Antheil an der Vernunft
(dem Logos) gegeben, da er will, daß wir zugleich vernünftig
und gut leben. Denn der Logos des Allvaters ist nicht dieses
gesprochene Wort, sondern vielmehr offenbarste Weisheit und
Güte Gottes und wiederum eine allgewaltige und wahrhaft
göttliche Kraft, auch denen, welche es nicht bekennen, wohl
wahrnehmbar, ein Wille des Allmächtigen^. Aber gerade an
dieser Stelle wird doch der als eine in der Welt wirksame
Macht vorgestellte Logos der Logos des Vaters des Alls ge-
nannt. Und wenn ül. ihn hier ein &iXfifia napTOxqaTOQixov^)
nennt, oder wenn er ihn str. V, 16 mit der platonischen Idee
der Wahrheit identificirt und diese als einen Gedanken Gottes
bezeichnet, so scheint jene scharfe Unterscheidung zwischen dem
Logos des Vaters und dem Sohn-Logos formell ausgeschlossen
1) Str. V, 6, womit protr. 7 zu vergleichen ist. In ersterer Stelle
findet man gewiß mit Unrecht (z. B. Fr. Nitzsch, Dogmeng. I, 203) eine
Verwerfung der Unterscheidung des Xoyog ivStdd^erog und nQoipoQixog.
Die Worte ov/ olxog kativ 6 nqofpogixog sind nichts Anderes als eine
Abwehr des nächstliegenden Wortsinns des zweideutigen Begriffs Xoyog,
Es handelt sich, will Gl. sagen, hier natürlich nicht um das hörbare
Wort, sondern um Logos im Sinne von Vernunft und vernünftige Kraft.
Cf. Galenus im Anfang seines nqoxQinTixog n^og rag ti/vag (opp. ed.
Kühn I, 1): ei fikv f^rj^^ okcog Xoyov /Äheart roig dloyoig Cfooig, a^ijXoy
iati, latog yag ei xal fx^ xov xccra rrjv (ponv^v, ov xal TTQotpogixov ovo-
f4d[ovaiVf ttJiXä Tov ye xard t^v V'^/»?V, ov ivSid&erov xaXovai^ fieti/ei
ndvta, TU fikv fidlXoVf ja dh ijttov,
2) d. i. d^ilrifitt TOV navroxQdroQog cf. protr. 120 (D. I, 14) Xöyog
tov S-€ov . • To S-ikrj/jia tov natgSg»
Zahn, Forschungen UI. 10
146 I^ie Logoslehre des Clemens.
zu sein. Aber doch nur formell. Was Cl. an der Stelle bei
Photius sagen will, ist doch wohl nur dies, man sollte den
Sohn; welcher den Namen Logos trägt; nicht mit der Vemunfl;
Gottes ; ohne welche Gott nicht vernünftig wäre, identificiren.
Diese Verwahrung war durch die schon vor Clemens üblich
gewordene Verwendung des Logosbegriffs wohl veranlaßt; sie
lag auch ganz in der Richtung der Theologie des Cl. auf Ver-
selbständigung der Logosvorstellung gegenüber dem einen uner*
zeugten Gott Der Gedanke wird aber auch sonst von ihm
ausgesprochen^). So z. B. wenn er protr. 98, von der Er-
schaffung der Menschen nach dem Bilde Gottes handelnd, sagt:
„Ein Bild Gottes ist sein Logos und ein echter Sohn der Ver-
nunft ist der göttliche Logos, nämlich ein originales Lichtbild
des Lichtes ; ein Bild aber des Logos ist der Mensch". Das
Wort Xoyog bezeichnet hier immer den Sohn, aber dieser wird
von dem vovgy dessen Sohn und dessen Bild er ist, also von
der Vernunft Gottes selbst deutlich unterschieden. Eben diese
Vernunft Gottes aber bezeichnet CL, wenn ich recht sehe, auch
als den in Identität (sei es mit Gott, sei es mit sich selbst)
verharrenden Logos ^) und unterscheidet ihn von dem von ihm
erzeugten, zum Ebenbild des unsichtbaren Gottes, zum Erst-
geborenen der Creatur und Demiurgen gewordenen Sohn. Dieser
letztere ist ein Sohn und Kind des ersteren. Nicht erst durch
die gewöhnlich sogenannte Menschwerdung ist der Logos Sohn
geworden, auch schon jene vorweltliche Erzeugung ist dem Cl.
in gewissem Sinne ein Fieischwerden und Sohnwerden des
Logos. Das sagt er ausdrücklich zu Anfang des angeführten
Paragraphen. Es ist auch für ihn kein Widerspruch, wenn er
dicht neben einander sagt, der in Identität verharrende Logos
1) Schwerlich mit Recht führt Neander, Dogmengesch. I, 153 hiefür
Qais dives 6 an. Die Meinung ist doch wohl nur, der reiche Jüngling
habe den (fleischgewordenen) Logos um den Logos (die Lehre) des
Vaters befragt.
2) Epit. exTheod. 18, wo Gl. selbst und nicht etwa Theodotas redet.
Die Hauptstelle hat wohl J. Bernajs bei Bunsen , anal. Anten. 1 , 226
(= D. III, 433, 16) glücklich so emendirt: dogarov iihp yaQ S^eov etxoya xov
vtov Xiysi Tov loyov rov iv ravTdTijrif nQfüioroxog Sk naarjg xjiaioig
yevvrjS-elg anaS^tig^ XTtarrjg xal yeveaiagxV^ ^^f olijg iyivero xrCffstog Ti
xal ovalag. Schon vorher (D. 433, 6) heißt es Tixyoy dh rov iy xai/ro-
TijTt loyov 6 autri^ etQrjtcei,
Anordnung der Hypotyposen. 147
selbst sei im Anfang Sohn Gottes geworden und dadurch gleich-
sam Fleisch geworden, und dann zweimal, dieser Sohn sei Sohn
und Kind jenes Logos. Es hat sich eben schon damals etwas
Aehnliches begeben, wie bei der Fleischwerdung im gewöhn-
lichen Sinne des Wortes. Diese stellt Cl. auch gelegentlich als
Selbsterzeugung des Logos dar^). Den einfacheren Ausdruck
gibt die Stelle bei Photius. Der Sohn-Logos ist eine Emanation
der unveränderlich in Gott verharrenden Vernunft Gottes, des
eigentlichen Logos. Die bewußte Unterscheidung beider ist
nichts dieser Stelle Eigenthümliches , sondern ist Lehre des 01.
Die Annahme einer Interpolation der Hypotyposen durch Häre-
tiker ist überhaupt grundlos.
Für die Geschichte des Kanons wäre es von Wichtigkeit
nicht nur zu wissen, welche biblische Bücher Cl. in den Hypot«
behandelt 9 sondern auch wie er sie auf die 8 Theile seines
Werks vertheilt, oder in welcher Reihenfolge er sie vorgenommen
hat. Bei dem Versuch einer ßeconstruction der Hypot. ^) darf
man nicht außer Acht lassen, daß Gl., wie Photius bemerkt und
von Cl. gar nicht anders zu erwarten ist, in seinen Hypot. über
dieselben Gegenstände wiederholt sich geäußert und überhaupt
nicht die beste Ordnung beobachtet hat. In den Adumbrationes
sehen wir ihn Excurse in andere als die dort behandelten
Schriften und zu Gegenständen machen; welche mit den gerade
vorliegenden Texten nur durch lose Fäden verknüpft sind.
Selbst bei den Frg., welche als Citate aus einem bestimmten
Buch der Hypot. angeführt sind und auf ein bestimmtes biblisches
Buch hinzuweisen scheinen, ist manchmal noch fraglich, ob das
betreifende biblische Buch in dem bezeichneten Buch der Hypot.
commentirt war. Am sichersten gebt man da, wo eigentliche
Scholien zu einzelnen Sätzen oder Satztheilen eines biblischen
Textes vorliegen, wie bei Oecumenius.
Aus den drei ersten Büchern besitzen wir kein ausdrück-
lich auf eins derselben zurückgeführtes Frg. Zwar wird in dem
1) Str. V, 16 inena xal iavrov yevv^, orav 6 Xoyoe aag^ yivrjrai,
2) Der einzige mir bekannte Versuch, derjenige von Bunsen , kann
schon darum nicht genügen, weil dabei die sämmtlichen Trümmer des
8. Stromateus für die Hypot in Anspruch genommen, die bestimmten
Angaben des Oecumenius vollständig unberücksichtigt gelassen und
außerdem noch nach Willkür manches Frg. ungewisser Herkunft den
Hypot. und zwar immer einem bestimmten Buche zugewiesen wurden.
10*
148 Inhalt des 4. und 5. Buchs/
gedruckten Oecumenins ein Scholion zu 1 Cor. 11, 10 aus dem
3. Buch citirt, aber diejenige Hs., welche statt dessen das
4. Buch nennt, verdient den Vorzug, denn die Scholien zum
2. Korintherbrief (frg. 8. 9) gehören dem 4. Buch aU; und es
ist nicht wahrscheinlich, daß Gl. die beiden Korintherbriefe auf
zwei verschiedene Abtheilungen eines überhaupt nur aus 8 Büchern
bestehendenr Gesammtcommentars zur Bibel vertheilt haben
sollte.
Dem 5. Buch hat Oecumenius ein Scholion zu Gal. 5, 24
(frg. 13) entnommen. Dazu stimmt es, daß Gl. im 5. Buch die
Unterscheidung des Kephas in Gal. 2, 11. 14 vom Apostel Pe-
trus vorgetragen hat (frg. 10). Ebendort hat er aber auch
gesagt, daß jener Kephas einer der 70 Jünger gewesen sei ;
und wenn nicht Alles trügt, hat er diese Gelegenheit benutzt,
überhaupt sein Wissen und Wähnen über die 70 Jünger mitzu-
theilen. Den Barnabas, welchen er auch sonst dazu rechnet
(s. zu frg. 10), konnte er dabei kaum übergehn, da dieser dicht
neben Kephas und kurz vorher zweimal genannt war (Gal. 2,
1. 9. 13). Es ist ein Nachklang aus Gl., wenn Eusebius, wo
er die Ueberlieferung von Barnabas mittheilt, kurz vor der Be-
rufung auf Gl. (frg. 10), den Barnabas als denjenigen bezeichnet,
den die Apostelgeschichte verschiedentlich, nicht zum wenigsten
aber Paulus im Galaterbrief erwähne. In der That spielt ja
Barnabas in der Apostelgeschichte eine viel bedeutendere Bolle,
als im Galaterbrief. Der Ausdruck des Eusebius rührt daher,
daß er hier aus einer Auslegung des Galaterbriefs schöpfte.
Ausdrücklich aber bezeugt Eusebius, daß Gl. in diesem Zu-
sammenhang und im 5. Buch der Hypot. den Sosthenes, welcher
nicht im Galaterbrief, sondern nur 1 Gor. 1, 1 (Actor. 18, 17?)
genannt ist, als einen der 70 Jünger bezeichnet habe (frg. 10).
Hiedurch wird es dann weiter auch glaublich, daß Gl. im
5. Buch, wie uns ein unbekannter Lateiner versichert (frg. 12),
den Eunuchen der Königin Kandace (Act. 8, 27) zu den 70 Jün-
gern gerechnet habe. Jch habe oben den ganzen Passus ab-
drucken lassen , um dem Leser das Urtheil zu überlassen ; aber
schon formell betrachtet, hat nur die Notiz über den Eunuchen
Anspruch darauf, von Gl. herzurühren. Diese allerdings; denn
erstlich hat GL, wie sich zeigte, im 5. Buch auch über solche
Personen aus dem Kreis der 70 Jünger sich geäußert, welche
im Galaterbrief nicht vorkommen, und zweitens konnte der
Inhalt des 5. Buchs. 149
AnoDymus seine Angabe nicht durch Misverständnis der Kirchen-
geschichte des Eusebios oder der Uebersetzang des Rufinas
entnehmen. Allerdings kommt Eusebius in demselben Kapitel,
in welchem er nach Cl. über Barnabas, Sosthenes und Kephas
berichtet^ auch noch auf den Eunuchen der Kandace zu sprechen
(h. e. II, 1, 13) und meldet als Ueberlieferung, daß er in seiner
Heimat, dem Lande der Aethiopen, ein Prediger des Evan-
geliums geworden sei. Aber kein Wort des Anonymus ist in
diesem Bericht wiederzufinden. Eusebius nennt ihn nicht einen
Eunuchen, bezeichnet ihn nicht als einen der 70, spricht nicht
von seiner Grabesstätte, nennt nicht Arabia felix, beruft sich
nicht auf Gl.
Dem bisherigen Ergebnis scheint es zu widersprechen, daß
CL nach Johannes Moschus (frg. 11) im 5. Buch 1 Cor. 1, 14
erklärt und dabei gesagt haben soll, von wem die einzelnen
Apostel getauft seien. Es ist aber nicht nöthig, darum niikTvttf
als einen Fehter für xetaqttf anzusehn. Es kann Cl. zu irgend
einer anderen von der Taufe handelnden Stelle wie Gal. 3, 27;
Eph. 4, 5; Col. 2, 12 die Frage nach dem Getauftsein der
Apostel aufgeworfen und dabei 1 Cor. 1, 14 nochmals heran-
gezogen haben, auch wenn er im 4. Buch bereits den 1. Co-
rintherbrief erklärt hatte.
Die Auslegung des Hebräerbriefs und somit das frg. 14
auch noch dem 5. Buch zuzuweisen, veranlassen mich einerseits
die Andeutungen über den Inhalt des 6. Buchs und andrerseits
die Thatsache, daß Cl. den Hebräerbrief überall unbedingt als
ein Werk des Paulus behandelt hat (oben S. 95 Anm. 10). So
wird er ihn doch auch wohl in seiner Auslegung mit den Ge-
meindebriefen des Paulus zusammengestellt haben, und zwar am
wahrscheinlichsten im 5. Buch, denn im 4. waren die großen
Briefe (Rom.?, 1 Cor., 2 Cor.) behandelt, im 5. aber war neben
den kleinen Gemeindebriefen für den Hebräerbrief noch Raum.
Wahrscheinlich geht auch auf Alexandrien der alte Brauch zu-
rück, den Hebräerbrief zwischen 2 Cor. und Gal. oder zwischen
Gal. und Eph. zu stellen. Das Erstere gilt von der ober-
egyptischen (sahidischen oder thebanischen) üebersetzung ^),
das Zweite von der alten Hs. , aus welcher die Perikopen-
1) Cf. Lightfoot bei Scrivener, Indroduction (2. ed.) p. 352 Für
das Folgende cf. Scrivener p. 52. 68.
150 Inhalt des 6. und 7. Buchs.
abtheilung am Rande des Vaticanns und yielleicht der Text
dieser Hs. selbst stammt.
Das 6. Buch scheint^ auffallend genug, die Evangelien und
die Apostelgeschichte behandelt zu haben. Das Gitat des Ma-
ximus aus dem 6. Buch (frg. 18) kann kaum bei einer anderen
Stelle als Act. 17, 5—9 gestanden haben. Ein Citat des Eusebius
aus demselben Buch (frg. 17) wird eine Anmerkung zu einer
der Stellen der Apostelgeschichte sein, wo der Nichtapostel
Jacobus als das Haupt der Christen von Jerusalem erscheint
(Act. 12, 17; 15, 13; 21, 18). Endlich die dem 6. Buch ent-
nommene Erörterung über die Reihenfolge, in welcher die Evan-
gelien entstanden seien (frg. 15 cf. 16), scheint in eine Ein-
leitung zur Evangelienerklärung zu gehören. Zwar hat Gl. auch
zu 1 Petri 5, 13 (oben S. 83) in Kürze von der Entstehung
des Marcusevangeliums gehandelt und beiläufig auch der schrift-
stellerischen Thätigkeit des Paulusschülers Lucas gedacht. Aber
das kann natürlich nicht die Quelle von frg. 15 sein. Andrer-
seits bleibt es doch ungewiß, ob Gl. dies vor oder in seiner
Auslegung der Evangelien gesagt hat. Er kann auch die Er-
wähnung des Marcus in der Apostelgeschichte zu einer solchen
Digression benutzt haben. Da uns ferner abgesehn von den
allgemeinen Beschreibungen der Hypot. jedes bestimmte Zeugnis
dafür fehlt, daß Gl. überhaupt die Evangelien commentirt habe,
und da die Zurückstellung der Evangelien hinter die pauli-
nischen Gemeindebriefe sehr auffallend wäre ^) , so möchte die
letzterwähnte Möglichkeit sogar die wahrscheinlichere sein.
In Bezug auf das 7. Buch geben uns zunächst 6 Gitate des
Oecumenius (frg. 21—26) die Gewißheit, daß darin die beiden
Briefe an Timotheus commentirt waren. Da demnach Gl. jeden-
falls die an einzelne Personen gerichteten Briefe des Paulus
von den Gemeindebriefen desselben abgesondert hat^), so wer-
den hier auch wohl die Briefe an Titus und Philemon ihre
Stelle gefunden haben. Die beiden Gitate des Eusebius aus
dem 7. Buch (frg. 19. 20) enthalten historische Mittheilungen
über die beiden Jacobi, welche man sich, wenn nicht diese
positiven Angaben des Eusebius entgegenstünden, am ehesten
in einer Auslegung der Apostelgeschichte, also im 6. Buch ent-
1) Ganz unerhört wäre sie nicht cf. Scrivener p. 67.
2) Cf. Canon Murator. lin. 59—63; Tertull. c. Marc. V, 21.
Inhalt des 7. Buchs. 151
halten denken würde. Standen sie dagegen im 7. Buch, so
müssen, was ja auch an sich selbstverständlich sein wird, in
diesem außer den 4 kleinen Privatbriefen des Paulus noch an-
dere Schriften behandelt gewesen sein. An sich schon liegt es
am nächsten, an die katholischen Briefe zu denken als das
Nächste, was der Apostelgeschichte sich anschloß. Unter diesen
wird aber auch der Jacobusbrief seine Stelle gefunden haben.
Sogut nun Cl. zu Judae 1 eine Angabe über die Person des
Verfassers macht, welcher durch die undeutliche Art seiner
Selbstbezeichnung dazu auffordert, ebenso natürlich ist es an-
zunehmen , daß er zu Jac. 1 , 1 über diesen Jacobus , der sich
nicht deutlich genug charakterisirt hat, und über den anderen
nicht mit ihm zu verwechselnden Jacobus seine Leser in histo-
rischer Beziehung orientirt hat. Daß aber Cl. in den Hypot.
den Jacobusbrief nicht übergangen hat, muß man den beiden
einzigen Berichterstattern, welche das ganze Werk vor sich
hatten, glauben. Photius und Eusebius stimmen darin überein,
daß er „die katholischen Briefe" darin erklärt habe (frg. 3. 4).
Eusebius aber sagt ausdrücklich, daß er die ueutestamentlichen
Antilegomena nicht übergangen habe, und nennt als erstes Bei-
spiel dafür den „Brief des Judas und die übrigen katholischen
Briefe". Wenn man erwägt, daß Eusebius den Zeugnissen der
Alten für die katholischen Briefe eine bemerkenswerthe Auf-
merksamkeit geschenkt hat^), so ist es sehr unwahrscheinlich,
daß er so geschrieben haben sollte, ohne sich vergewissert zu
haben, daß alle 7 katholischen Briefe in den Hypot. ausgelegt
seien. Den Judasbrief scheint er nur besonders solcher Bezeug-
ung bedürftig gefunden zu haben. Diesen allein von den katho-
lischen nennt er auch unter den Antilegomenen, welche Gl. in
den Stromateis citire^J. Ein förmliches Citat aus dem Jacobus-
brief ist allerdings in den erhaltenen Werken des Cl. nicht zu
finden. Aber es fehlt doch nicht an Spuren seiner Kenntnis
desselben. Ein großes Gewicht ist dem Umstand nicht beizu-
legen, daß unser Cl. wie schon Clemens von Rom und viele
Väter der Folgezeit, wiederholt bemerkt, daß Abraham von Gott
1) üeber den Jacobusbrief h. e. II, 23, 25; III, 25, 3.
2) h. e. VI, 13, 6. Er wird namentlich citirt paed. III, 44. 45;
Str. in, 11, ohne Namen reproducirt str. VI, 65.
152 ^^^ Jacobiisbrief bei Clemens.
den Namen eines Gottesfreandes empfangen habe^). Denn
wenn es auch im allgemeinen recht un wahrscheinlich ist, daß
die constante Wiederkehr dieser Bemerkung auf gemeinsamer
Abhängigkeit der Kirchenväter von Philo ^) oder vom Bach der
Jubiläen^), oder von einer in der Septuaginta nicht vertretenen*)
jüdischen Ueberlieferung, oder auf Abhängigkeit aller Späteren
vom Brief des römischen Clemens beruhe, so könnte doch ge-
rade der alexandrinische Gl. aus der letztgenannten Quelle dies
geschöpft haben ; denn ihm galt der Brief seines Namensvetters
als eine quasi -apostolische Schrift , und er hat aus demselben
unter anderem auch die beiden Abschnitte reproducirt, worin die
Benennung Abrahams mit dem Titel Gottesfreund erwähnt wird.
Es läßt sich also daraufhin nicht behaupten, daß Gl. Jac. 2, 23
gelesen habe. Wichtig aber ist, daß Gl. zweimal das Wort
Jesu Mt. 5, 37 in derjenigen Umgestaltung anführt, welche
Jacobus 5, 12 doch wohl geschaffen hat^). Daß man ohne Er-
1) paed. III, 12. 42 ; str. IF, 20 und dann noch str. IV, 105 u. 106
in der Reprodaction von Clem. I Cor. 10, 1; 17, 2.
2) de sobriet. 17 Mangey I, 401 cf. Siegfried, Philo als Ausleger
S. 312.
3) c. 19, 10, 30, 21 (Rönsch, das Bach der Jubiläen S. 24. 25 cf.
S. 420 f.).
4) Jes. 41, 8; 2 Chron. 20, 7 hat nicht die LXX den Titel, wohl
aber die Vulg. amici mei (tut). Für Jacobus reicht die Kenntnis des
Grundtextes jener Stellen und die jüdische Gewohnheit, Abraham dar-
nach zu nennen, völh'g aus, aber schwerlich für Clemens Rom., wie z. B.
Hofmann, N. Test. VII, 3, 17 urtheilte. Bei Irenäus IV, 16, 2 (Massuet
p. 246) ist die Abhängigkeit von Jacobus darum kaum abzulehnen, weil
hier wie dort die Worte wie ein Anhang an Gen. 15, 6 auftreten. Für
Tertullian adv. lud. 2 ist die gleiche Abhängigkeit wahrscheinlich, weil
auch de orat. 8 kaum ohne Vorgang von Jac. 1, 13 verstanden werden
kann. Der positive Beweis für TertuUian's Unbekanntschaft mit dem
Jacobusbrief, welchen Rönsch, das N. Test. Tertullian*s S. 574 geführt
zu haben meinte, ist schon darum hinfällig, weil wir kein Recht haben,
dem Tertullian eine Verwechselung des Bruders Jesu und Briefverfassers
mit dem Zebedaussohn , welcher Scorpiace 12 cf. 15 selbstverständlich
gemeint ist, aufzubürden. Den Brief des Ersteren konnte er kennen,
ohne den Letzteren zum Schriftsteller zu machen.
5) Str. V, 99; VH, 67 (hier nicht als Wort Jesu). Aus VII, 50 ist
nichts zu entnehmen. — Es mögen hier noch einige nichts beweisende
Stellen angeführt werden: str. IV, 111 = Jac. 5, 20 — 1 Petr. 4, 8
= Clem. I Cor. 49, 5; str. III, 49 = Prov. 3, 34 = Jac. 4,6 =
1 Petr. 5,5 = Clem. I Cor. 30, 2 = Ign. Eph. 5. Unter den Spuren
Der Jacobosbrief in den Hypotyposen. 153
fDlluDg des Gebots der Nächstenliebe kein ßatnlixog werde
(str. VI, 164), ist schwerlieh ohne Einfluß von Jac. 2, 8 oder
vielmehr ohne die Voraussetzung zu verstehen, daß der Leser
sofort die Anspielung an einen classischen Ausspruch erkenne.
Endlich der Ausdruck dnoxvvi&ivteq fttr die Wiedergeburt paed.
I, 45 ist auffallend genug, um an Jac. 1, 18 zu erinnern.
Die sehr bestimmte Versicherung des Ensebius, daß Gl. in
den Hypot. alle katholischen Briefe erklärt habe, läßt sich auch
nicht auf Grund der lateinischen Adumbrationes anfechten; denn
diese sind eben nur ein Bruchstück, wie sich das gleich in den
ersten Zeilen bemerklich macht (s. S. 93 Anm. 3). Es kann
eine Auslegung des Jacobusbriefs derjenigen von 1 Petr. vor-
angegangen, oder auch derjenigen der johanneischen Briefe ge-
folgt sein. Auch eine solche von 3 Jo. wird wahrscheinlich der-
jenigen von 2 Jo. sich angeschlossen haben*). Nur das wäre
unerlaubt, zwischen die Beihe der in den Adumbrationes be-
handelten Briefe durch Hypothese etwas einzuschieben. Gas-
siodorius hat übersetzen lassen, was er vorfand, und die Beihen-
folge der Briefe in den Adumbrationes sieht nicht darnach aus,
als ob sie der Uebersetzer erst geschaffen hätte. In Gassiodor's
Gomplexiones steht Judas zwischen 3 Jo. und Jacobus; in den
ältesten Hss. der Vulgata hinter 3 Jo. am Schluß aller katho-
lischen Briefe; gleichfalls als letzter hinter Jacobus in der
„divisio scriptnrae divinae secundum Hieronymum^ nach Gassiod.
inst. div. lit. 12.
Gerade die Ordnung der Briefe in den Adumbrationes ist
aber von Wichtigkeit. Wenn in den sonstigen Schriften des
Gl. jede sichere Spur seiner Bekanntschaft mit 2 Petri fehlt ^),
der Vertrautheit des römischen Clemens mit Jacobas kann man dies an-
fahren cf. meinen Hirten des Hermas S. 477; das Gleiche gilt aber nicht
fUr den Alexandriner, denn dieser hat str. IV, 106 dieselbe Stelle genaa nach
der Form des römischen Ol. {O^^og yäg) und als Citat aas diesem wiederholt.
1) Ein Zeichen der Bekanntschaft des Cl. mit 3 Jo. finde ich nicht.
Zu paed. IF, 58 eiQijvri aoi brauchten die Edd. nicht 3 Jo. 15 zu citiren.
Aber aach 2 Jo. hat er nicht förmlich citirt (s. folgende Anm.) und doch
commentirt.
2) Nichts beweist protr. 106 t^v 6^6v r^g dlrjd-slag ifinoSl^oyjsg
cf. 2 Petri 2, 2; ebensowenig paed. III, 43 (D. I, 36'>, 6) cf. 2 Petri 2, 6.
Viel näher liegt an Judae 7 za denken, zumal gleich darauf Judas nament-
lich citirt wird. In den zertrümmerten Text von Quis dives 1 hat nur
Feirs Conjectur einen Anklang an 2 Petri 2, 22 hereingebracht. Andrer-
154 Der 2 Petrusbrief bei Clemens.
so ist doch andrerseits auch in Bezug auf diesen kein Grund
vorbanden, dem Zeugnis des Eusebius und des Photius zu mis-
trauen. Hat aber Cl. auch 2 Petri in den Hypot. behandelt,
so beweist die Absonderung desselben von 1 Petri, daß Cl. ihn
nicht mit diesem verbunden las und ihn nicht mit diesem auf
gleiche Linie gestellt haben wollte. Es spiegelt sich darin die-
selbe Sachlage wieder wie in den Worten seines Schülers
Origenes: „Petrus bat einen anerkannten Brief hinterlassen,
vielleicht auch noch einen zweiten; dieser wird nämlich ange-
zweifelt" (Eus. h. e. VI, 25, 8). Wahrscheinlich hat Cl. diesen
Brief mit seinem vorwiegend prophetischen Inhalte mit der
Apokalypse des Petrus zusammengestellt. Daß diese Apoka-
lypse, wie Eusebius bezeugt, in den Hypot. ausgelegt worden
ist, ist nicht auffällig, da Cl. ecl. proph. 41. 48. 49 dreimal
ohne jedes Bedenken Worte des Petrus aus dieser Quelle an-
führt und sie wenigstens indirect unter den Begriff der hl. Schrift
mitzubefassen scheint^). Daneben kommt bei Cl. das tiber-
seits beweist die Anführung von 1 Petri mit 6 JTijQog iv tj intatoX^
(str. III, 110; IV, 129) aueh nicht, wie noch immer in gleichem Falle
von Manchen geglaubt wird, daß Cl. nur einen Brief des Petrus gekannt
oder anerkannt habe. Diese Gitationsweise kommt bei aUen Vätern von
Irenäas an häufig genug vor, auch wo Kenntnis mehrerer Briefe desselben
Verfassers oder an dieselbe Adresse zweifellos ist. Für Cl. genügt die
Vergleichung von str. III, 32 ^Imayvrjg iv ry iniaroky und str. II, 66
^lojdvvris iv TJf (ieC^ovi iniaroX^.
1) Es bleibt trotz der Bemerkungen von Hilgenfeld N. T. extra
Canonem IV, 76 unklar, wie Cl. ecl. 41 mit ^ yQt*(p^ (prjaiv Worte ein-
führen kann, welche ecl. 48 in erweiterter und veränderter Gestalt aus
der Apokalypse des Petrus angeführt zu sein scheinen, während ecl. 41
diese Apokalypse als ein zweites bestätigendes Zeugnis neben jene ygacpi^
gestellt wird. Zu den von Grabe spicil I, 71— -77 und Hilgenfeld 1. 1.
74—78 zusammengestellten Materialien sind seitdem noch die Fragmente
bei Macarius von Magnesia (IV, 6. 7. 16 ed. Blondel p. 164. 165. 185)
hinzugekommen. Namentlich abtr müßte das Verhältnis der arabischen
Apokalypse des Petrus zu der altkirchlichen Schrift gleichen Titels unter-
sucht werden. Daß sie nichts oder sogut wie nichts mit einander zu
schaffen haben sollten, wie auch Tischendorf, Apocal. apocr. p. XX
urtheilt, ist doch sehr unwahrscheinlich. Nach Sozomenus h. e. VII, 19
wurde diese Apokalypse in palästinensischen Gemeinden seiner Zeit am
Charfreitag vorgelesen; und Jacobus a Victriaco, Bischof von Acco, er-
zählt i. J. 1219 dem Pabst Honorius III, daß syrische Christen ihm ein
arabisches Buch mit dem Titel Eevelationes heati Petri apostoU^ a dis-
cipulo eiu8 demente in uno volumine redactae gaben. Das Buch soll
Die Apokalypsen des Petras und des Johannes. 155
ragende Ansehn der johanDeischen Apokalypse darin zum Aus-
druck, daß er sie als 17 dnoxdXvilJig schlechtweg citirt^). Daß
er auch diese in den Hypot. irgendwie behandelt hat^ ist dar-
nach mindestens wahrscheinlich. Besonders hervorgehoben hat
Eusebius nur noch die Auslegung des Barnabasbriefs^). Daraus
darf man mit Sicherheit schließen, daß andere Schriften, welche
Cl. sonst als mehr oder weniger heilige oder apostolische charak-
terisirt hat, die Predigt des Petrus*), der Brief des „Apostels"
Clemens an die Korinther*), der Hirte des Hermas ^), in den
Hypot. keine Stelle gefunden haben. Es ist ohnehin Staunens-
werth, wie Vieles Cl. in diesem Werk bewältigt hat. Es war
nur möglich bei dem ganz frei auswählenden Verfahren, welches
damals sehr alt gewesen und aus einem alten Bücherschrank hervorge-
holt worden sein (D'Achery, spicil. III, 592 ed. 2). Schon die Argumenta
der arabischen Apokalypse bei Tischendorf 1. 1. nach A. Nicoll, zeigen
wohl, daß das Buch mit alten Apokryphen, besonders mit AdamsbUchern
viele sachliche Berührung hat. S. auch oben S. 73 f. zu hypot. frg. 17.
1) paed. I, 108. Daneben auch str. VI, 106 (prjaiv iv ry dnoxalvifjn
*I(oayvris.
2) Cl. nennt den Verfasser des sog. Barnabasbriefes „Apostel** str, II,
31 u. 35, einen dnoaxoUxog str. II, 116; er charakterisirt ihn als Predigt*
gehUIfen des Paulus str. V, 63; über ihn als einen der 70 Jünger s.
oben S. 68 f. Doch dürfte beachtenswerth sein, daß Cl , nachdem er
paed. II, 83 aus Barn. 10 Einiges reproducirt hat, zwar im allgemeinen
mit der allegorischen Deutung des mosaischen Verbots gewisser Thier>
gattungen sich einverstanden erklärt, aber nicht mit dieser bestimmten
Deutung, die Barnabas vorgetragen , und daß er gegen die naturwissen-
schaftlichen Fabeleien des Barnabas, natürlich ohne ihn zu nennen, sehr
kräftig protestirt (paed. II, 84 cf. auch schon Potter zu d. St.). Ander-
wärts stellt er neben eine allegorische Deutung des Barnabas über
Psalm 1, 1 eine zweite und dritte von anderen ungenannten Leuten und
scheint der dritten den Vorzug zu geben str. II, 67. 68-
3) Str. I, 182, dieselbe Stelle str. II, 68; ed. 58. Alle übrigen Citate
stehen dicht beisammen str. VI, 89—43. ^8 58. 128. Cl. behandelt das
Buch überall als glaubwürdigen Bericht.
4) Str. I, 38; IV, 105 (o dnoOToXog KJLTjfxrjs) —113; VI, 65 und
einmal unter dem falschen Namen Barnabas VI, 64.
5) Str. I, 1 in dem abgerissenen Anfang; I, 85. 181; II. 3. 43. 44;
55—57; IV, 74; VI, 46. 131. Auf einige Stellen, wo Cl. Worte und
Gedanken aus Hermas reproducirt, machte ich aufmerksam Gott. gel.
Anz. 1878 S. 60. 61. Nirgendwo bezeichnet Cl. das Buch als ygcttpij,
aber überall als einen glaubwürdigen Bericht über göttliche Offenbar-
ungen. Auch macht er str. VI, 131 eine Stelle desselben zum Gege in-
stand allegorischer Auslegung.
156 AnordDung der Hypotyposen.
uns die Adambrationes veranschaulichen. Die Auslegung von
2 Jo. ist kürzer als der biblische Text. Ueber ganze Kapitel
wie 1 Petri 5 und 1 Jo. 4 geht er mit wenigen Zeilen hinweg.
Die folgende Zusammenstellung enthält nichts, was ein
positives Zeugnis gegen sich hätte. Wo die Stelle in den Hypot.
ungewiß ist, ist ein Fragezeichen in Klammern beigefügt; wo
ein bestimmtes Zeugnis dafür fehlt, daß das Buch überhaupt in
den Hypot. behandelt war, steht der Name selbst in Klammern.
LI. I— III. Genesis. Exodus. Psalmi. Ecclesiastes (?). (Evan-
gelia).
L. IV. (Ep. ad Romanos). I Cor. II Cor.
L. V. Ep. ad Hebraeos (?). 6al. (I. H Thess. Eph.
Phil. CoL).
L. VI. (Evangelia s. L. I— III). Acta apostolorum.
L. VII. Ep. Jacobi (?). I Petri. Judae. I. 11 (III) Joannis.
I Tim. II Tim. (Titus. Philem.).
L. VIII. Barnabas (?). IL Petri (?). Apocalypsis Petri (?).
(Apocalypsis Joannis).
III. Zur Geschichte des Clemens.
Clemens hat als Vermittler älterer Tradition für uns nicht
annähernd * die gleiche Bedeutung wie Irenäus ; er war noch
kein Greis zur Zeit der Abfassung seiner Stromateis d. h. zu
einer Zeit als Irenäus wahrscheinlich nicht mehr lebte. Cl. mag
30-40 Jahre später als Irenäus geboren sein. Dazu kommt,
daß Cl. seiner ganzen Geistesrichtung nach für das Thatsäch-
liehe viel weniger Sinn hatte. Seine überaus kritiklose Stellung
zur apokryphen Literatur übertrifft Alles, was andere Kirchen-
lehrer geleistet haben. Wie unabhängig von aller Tradition er
in historischen Dingen phantasieren konnte, zeigt seine Ausleg-
ung des Briefs „an die Parther" (oben S. 101). Aber einer der
wenigen Zeugen älterer Tradition an der Wende des 2. zum 3.
Jahrhundert ist er eben doch und ist als solcher für die Ge-
schichte des Kanons von Bedeutung.
Im Eingang der Stromateis stellt Cl. seine Absicht so dar^
als ob dies ganze Werk wesentlich nichts anderes sein solle,
als eine Aufzeichnung und Verarbeitung dessen, was er einst
aus dem Munde seiner Lehrer gehört bat; ihm selbst und Anderen
Die Lehrer des Clemens. 157
ein Erinnerangsinittel, eine Medicin gegen die Vergeßlichkeit
des Greisenalters ; ein Abbild und Schattenriß jener seligen
Lehren und Lehrer, welche zu hören er gewürdigt worden ist,
und besonders des einen begnadigten Geistes unter ihnen, der
alle Anderen tiberragte (str. I, 11. 12. 14). Inwieweit dies ein
überschwänglicher Ausdruck der Bescheidenheit und der Ver-
ehrung für die älteren Lehrer ist, oder der Wirklichkeit ent-
spricht, können wir nicht mehr bestimmen. Während heidnische
und häretische Literatur in den Stromateis reichlich citirt wird,
finden wir hier nur wenige Bezugnahmen auf ältere Kirchen-
lehrer. Von einem in der Schriftauslegung kundigen Mann hat
Gl. gehört, daß in Psalm 1, 1 der „Rath der Gottlosen^ die
Heiden, „der Weg der Sünder" die Juden, „der Sitz der Spötter"
die Häresien bedeute, während ein Anderer einfacher und tref-
fender den ersten Makarismus auf diejenigen bezogen habe,
welche sich den Lehren des Abfalls von Gott nicht angeschlossen
haben, den zweiten auf Heiden und Juden, welche den breiten
Weg verlassen und sich bekehren, den Sitz der Spötter aber
auf Theater und Gerichtslocale ^). In ecl. proph. 56 beruft er
sich auf eine exegetische Regel über den Sinn der Tempora in
der Bibel, welche „unser Pantänus" vorzutragen pflegte, und
welche dann Gl. seinerseits auf Psalm 19 anwendet^). In ecl. 50
führt er von einem nicht näher bezeichneten nqecrßvTiig, die mit
biblischen Beweisen ausgestattete Behauptung an, daß das
Embryon bereits ein lebendes Wesen sei. Ohne Frage hat er
den Kreis dieser alten, zur Zeit der Abfassung der Stromateis
dahingeschiedenen Lehrer im Sinn, wo er davon spricht, daß
und warum „die Alten" sich nicht der Schriftstellerei befleissigt,
sondern dies einem Gl. und Anderen überlassen haben (ecl. 27).
Verstünde Gl. hier unter ol nqecßvTsqoi die Träger eines kirch-
lichen^ Amtes als solche, wollte er sagen, daß in früherer Zeit
die Geistlichen sich auf den mündlichen Lehrvortrag zu be-
schränken pflegten, so müßte er eben diesen Gegensatz der
Zeiten ausdrücken und stark betonen, zumal er selbst ein nqs(T'
ßvteqog Tifg ixxkricrlag^) und doch ein Schriftsteller war. Ueber-
1) Btr. II, 67. 68, über den Zusammenhang s. S. 155 Anm. 2. Die
letzte Deutung des „Sitzes der Spötter** trägt Gl. als seine eigene paed.
III, 76 vor.
2) Gf. die Bemerkangen von Routh rel. sacrae I, 380—82.
3) Diesen Ausdruck zur Bezeichnung der Träger des Presbyteramts
155 ^^® „Presbyter** des Clemens.
dies sagt er aber hier deutlich genug, daß seine schriftstellerische
Arbeit dazu dienen solle, die von den Alten ihm mündlich an-
vertraute Lehre der Nachwelt zu tiberliefern. Die Alten sind
seine persönlichen Lehrer. Der ganze Passus erinnert an str. I^
11 — 14. Hier wie dort der Gegensatz zwischen den mündlichen
Vorträgen seiner Lehrer und seiner eigenen Schriftstellerei; die-
selben Betrachtungen ober die Gefährlichkeit und doch Unent-
behrlichkeit der letzteren; dieselbe Verwahrung gegen den Ge-
danken, als ob die Aengstlichkeit und Zurückhaltung in seinen
Mittheilungen von Neid herrühre. Seine Lehrer also nennt Gl.
ol nQ€(TßvT€Qoi uud bezeichnet sie so als die ehrwürdigen Glieder
der vorangegangenen Generation^). Daß er nicht die Träger
des kirchlichen Presbyteramtes darunter versteht, wird wiederum
deutlich; wo er sie als Muster in sittlicher Beziehung hinstellt.
Ecl. 11 sagt er: „Die Alten {ol nqBcßvteqoi) verdroß es sehr,
wenn sie nicht immerzu etwas von körperlichen Leiden zu tragen
hatten, denn sie fürchteten, daß, wenn sie nicht in diesem Leben
die Folgen der Sünden empfingen, welche den im Fleisch Leben-
gebraucht Cl selbst Str. VI, 106 (D. III, 203, 22). Ziemlich selten aber
spricht Cl. von diesen und anderen Eirchenbeamten : paed. III, 97
{nqiaßvTEQoiy iTriaxonotj &idxovoi); Str. III, 90 (nQ€aßvT€Qog, &iaxovoSj
Xttixog) ; Str. VI, 107 {InCaxonot^ nQeaßvuQOt^ &tdxovot) str. VII, 3 (ngea-
ßvrsQot, &ittxovoi).
1) Es ist also ganz der gleiche Sprachgebrauch wie bei Irenauß und
Papias. Für Gl. sind „die Alten" Pantanus und dessen Altersgenossen,
für Irenäus sind es Polykarp und andere Apostelschnler, für Papias sind
es Johannes, Aristion und andere persönliche Jünger Jesu. — Gl. hat
an keiner uns erhaltenen Stelle angegeben, welches die Verbindungs-
fäden waren, wodurch seine Lehrer mit den Aposteln zusammenhingen,
tn Str. I, 11 behauptet er nur, daß es eine direct von den Aposteln
Petrus und Jacobus, Johannes und Paulus abstammende und vom Vater
auf den Sohn sich forterbende Tradition sei, welche durch seine Lehrer
schließh'ch auch bis zu ihm gelangt sei. Die Behauptung, daß unser Gl.
selbst ein Apostelschüler sei (oben S. 43 Anm. 1) konnte nicht einmal
durch Misdeutung dieser Stelle entstehen. Wahrscheinlich ist es aber
nur aus dieser Stelle herausgelesen, wenn Pamphilus in der Apologie
des Origenes (Photius cod. 118) gesagt hat, daß Pantanus nicht nur ein
Hörer von ApostelschUlem , sondern auch noch von einigen Aposteln
gewesen sei. Das Letztere ist chronologisch unmöglich cf. 6. Gave,
bist. lit. (1720) p. 50; Routh, rel. s. III, 505; Redepenning, Origenes
I, 66, auch wenn man des Pantanus Tod früher ansetzt als die Ge-
nannten 8. unten.
Die „Presbyter** und „der Presbyter". 159
den in großer Zahl unwissentlich sich anheften, sie in jenem
Leben die ganze Strafe empfangen würden; daher sie hier ge-
bessert zu werden wünschten". Dieselben „Alten" sind's auch,
deren von ihm selbst gehörte Lehren und historische Mittheil-
ungen Cl. in der Schrift vom Pascha auf Bitten seiner Freunde
aufgezeichnet hat (oben S. 32 Nr. 2), und auf welche er sich
in den Hypot. nicht selten berufen hat (frg. 15. 20). Einer aber
ragt unter diesen Lehrern so sehr hervor, daß Gl. ihn ohne
Namen als den „seligen Presbyter" einführt (frg. 14). Dieselbe
namenlose Gestalt tritt uns nun auch an mehreren Stellen der
Adumbrationes entgegen. „Der Presbyter" erklärte das an
aqxfg 1 Jo. 1, 1 so, daß der Anfang der Schöpfung vom An-
fang des Werkmeisters der Schöpfung, des Demiurgen nicht zu
trennen sei (oben S. 87). Es maß derselbe sein, dessen Lehr-
aussage gegen die Seelenwanderung im Anfang des großen
lateinischen Frg. steht (S. 79), und zwar so eingeführt, daß
man sieht, in dem vorangehenden uns nicht erhaltenen Stück
der Hypot. waren bereits Aeußerungen desselben Lehrers mit-
getheilt (oben S. 93 Anm. 3). Ebenso wie in den Hypot. „der
Alte" xav i^ox^v aus dem Kreis seiner Genossen sich hervor-
hebt, so auch in den Stromateis ein alle Anderen in Schatten
stellender Lehrer desCl. aus dem Kreis der übrigen (str. I, 11).
Auf diesen einen „begnadigten Geist" wendet er str. I, 14 die-
selben Worte an, welche er I, 11 von allen seinen Lehrern ge-
braucht hatte ^), und kein Leser konnte zweifeln, daß jener
„begnadigte Geist" derselbe sei, welchem Cl. kurz vorher in
der Aufzählung seiner Lehrer der Zeit nach den letzten, dem
Bang nach den ersten Platz angewiesen hatte. Wer dieser von
Gl. so hochgefeierte Mann war, ist längst kein Geheimnis mehr.
In Bezug auf die Hypot. haben wir die zweimalige Versicher-
ung des Eusebius, die auch Photius bestätigt 2), daß Cl. hierin
den Pantänus als seinen Lehrer erwähne und SchriftauffassuDgen
desselben und andere von ihm empfangene Ueberlieferungen
1) Str. I, 11 : Sein Buch soll sein ein sMojIov dxExvmg xal axia-
yQafpCa raiv it^agycSv xal if;i\pvx(ov ix€lvo)Vf (ov xartj^Kod-riv Xoytov re xal
dv&Q(ov fJLttxuQlfov xal t^ ovn d^toXoycov. Cf. Str. I, 14 ij fihv ovv rcSv^i
fxov täv vnofJLVriiidtfov ygatpr, daS-evrjg fihv 6v o?(f* ort naqaßaXkofikvii
TTQog 70 nvevfia ixetvo lo x^xagiTiof^^vov ^ ov xaTtj^mS-rifiev vnaxovaat
(1. inaxovcftti wie vorher u. str. Vif, 107 rov Üitgov iTii^xovcfev),
2) Oben S. 64. 65 Nr. 1. 2; S. 66 Nr. 4 fin.
160 Paotänus „der Presbyter**.
mittbeile. Durch eine ausdrückliche^ wahrscheinlich zu Anfang
des Werks angebrachte^), den Namen des Pantänus enthaltende
Bemerkung war es also vorbereitet, daß Cl. im weiteren Ver-
lauf den „Presbyter" oder den „seligen Presbyter" meist ohne
Namen redend einführte. Es ist also nicht Vermuthung, son-
dern gewiß, daß uns Cl. in den Hypot. frg. 14 (cf. frg. 27)
und Adumbr. S. 79 Worte oder doch Gedanken des Pantänus
aufbewahrt hat. In Bezug auf die Stromateis, an deren Schluß
(ecl. 56) einmal der Name Pantänus vorkommt, sprach schon
Eusebius (h. e. V, 11, 2) die Vermuthung aus, daß CL in
Str. I, IL auf Pantänus andeutend hinweise, d. h. also daß der
dort vor allen Anderen gepriesene Lehrer des Cl. kein andrer
als Pantänus sei. Nachdem sich die Identität der „Presbyter"
und der Lehrer des Cl. herausgestellt hat, ist vollends an der
Richtigkeit dieser Vermuthang des Eusebius nicht mehr zu
zweifeln. Dann steht aber auch fest, daß Pantänus nicht mehr
lebte, als Cl. seine Stromateis schrieb. Das folgt nicht aus
dem Attribut fiaxagiog^), welches in alter Zeit sehr häufig auch
Lebenden ertheilt wurde ^), wohl aber aus der Bezeichnung des
Pantänus als to nveviia ixelvo %b xexaqnmihivov. Der moderne
Gebrauch, einen lebenden Menschen einen (großen, starken,
feinen) Geist zu nennen, ist der alten Kirche völlig fremd;
,^ Geister" sind ihr, wenn überhaupt Menschen, dann immer nur
verstorbene *). Dasselbe gilt aber auch von den übrigen „Alten"
1) Ich wage nicht auf die S. 65 Anm. 1 erwähnte, über Easebins
hinausgehende Behauptung des Rufinus, daß Gl. im 7. Buch der Ilypot.
den Pantänus als seinen Lehrer erwähne, etwas zu gründen. Ist sie
richtig, so bleibt doch wahr, daß die namenlose Anführung des Pres-
byters in den Adumbrationen durch eine namentliche Anführung des
Pantänus vorbereitet gewesen sein wird; denn eben dem 7. Buch ge-
hörten die Adambrationen an und mit 1 Petri wird das Bnch nicht an-
gefangen haben.
2) hypot. frg. 14 cf. str. I, 11 von den sämmtlichen Lehrern.
3) 'O fiaxagiog vfi(ov iniaxonog ZioirjQ sagt Dionysius von Korinth
in der kmatoXri lniax6n(p rtp tots 2(OTrjqt nQoatpojvovaa Eus. h. e. IV,
23, 9. 10. Clemens selbst wird in einem Brief, dessen üeberbringer er
ist, von seinem Freund Alexander 6 finxaqiog nQsaßvreQog genannt Eus.
h. e. VI, 11, 6. Cf. Maria Castab. ad Ign. 5; Eus. h. e. V, 16, 15;
nippol. c. Noetum c. 17 ed. Lagarde p. 55, 18 und dazu Harnack Ztscbr.
f. bist. Th. 1874 S. 199. 220 ff.
4) Der altchristliche von N. T. an nachzuweisende Sprachgebranch
Pantanus aus Sicilieo. 161
des Gl. Das in allen seinen Mittheilnngen über sie beharrlich
festgehaltene Imperfectam beweist ^ daß sie damals nicht mehr
lebten und lehrten^). In Bezug auf Einige von ihnen muß man
einen ziemlich weiten Abstand zwischen der Zeit, da Gl. ihren
Unterricht empfing, und der Abfassungszeit der Stromateis an-
nehmen; denn er ist sich bewußt, daß Vieles über der Länge
der Zeit, da es ungeschrieben blieb, seinem Gedächtnis entfallen
ist (str. I, 14).
Was nun die einzelnen Persönlichkeiten anlangt, so erfahren
wir vor allem, daß Pantänus ein geborener Sieilianer war. Der
Ausdruck und besonders die Wortstellung zeigt, daß Gl. ihn
nicht etwa nur mit einer sicilianischen Biene vergleicht, als ob
er ihn ebensogut mit einer Biene vom Hymettns hätte vergleichen
können, sondern daß Pantänus nach dem Urtheil des Gl. seine
sicilianische Herkunft durch die That zur Wahrheit machte,
indem er ähnlich den wegen ihres Honigs berühmten Bienen
seiner Heimat die Blumen der prophetischen und apostolischen
Wiese aussogt) und den Seelen seiner Zuhörer einen reinen
(wachsfreien) Honig der Erkenntnis einflößte. Entscheidend für
dieses Verständnis ist namentlich auch, daß Gl. von allen anderen
Lehrern, die er hier aufzählt, sowohl das Land oder Volk, aus
welchem sie herstammten, als das Land, wo er sie kennen
lernte, angegeben hat. Ferner erfahren wir, daß Gl. den ihm
bis dahin unbekannten Pantänus am Schluß seiner Wanderjahre
in Egypten gefunden hat und dadurch bestimmt worden ist, sich
dauernd dort d. h. in Alexandrien niederzulassen^). Daraus
hat seinen Grund in dem Gedanken, welchen z. B. Iren. V, 6, 1 so aus-
drückt: neque Spiritus homo; spiritus enim et non homo vocatur,
1) Ueyev hypot hg. iA ; ecl. 56; dtccöa^ adumbr. p. 79, 10; exponebat
ib. p. 87, 1; lix^ovTo . . i(poßovvTo . . ^^iovv ecl. 11 ; ovx ^yQttipov . .
avv6X(aQovp ecl. 27; cf. str. II, 67 («xijxoa d" lywyt ao(pov rä Toiaura
av^Qos); 68 {heQos ^h xvQuoiegov lAeyfv); ecl. 50 {JH^yev nQsaßvTtjg),
2) Aehnlich metonymisch wird auch schon von den Glassikern &Qi-
nsa&ai gebraucht. Es ist stark zu interpungiren vor dem Satz : I^ixeXixrj
r^ ovTi ^ fiiliTta 7TQO(priTtxov t€ xal dnoaiokixov kei/itovog t« äyd-rj
ÖQinofJiivog äxtlgarov Ti yyojaeojg XQVH'^ "^^^S fcSv dxQotofi^vxov ivsyivvricte
^vxalg. Das richtige Verständnis dieses Satzes vertrat schon Valesius
zu Eus. h. e. V, 11 ; für den ganzen Abschnitt cf. Beinkens p. 3—10.
3) „Da ich aber einen Letzten angetroffen hatte — an Bedeutung
jedoch war er der Erste — kam ich zur Buhe, nachdem ich ihn in
Egypten, wo er versteckt war, aufgespürt hatte". Es ist merkwürdig,
Zahn, Forschungen. III. 4 4
162 Clemens kein geborener Alexandriner.
folgt allerdings, daß Cl. kein geborener Alexandriner war. Wie
sollte der berühmte Pantänns für ihn in Egypten versteckt ge-
wesen sein, wenn Alexandrien der Ausgangspunct seiner Wan-
derungen durch die christliche Welt gewesen wäre; oder wie
sollte er es verschwiegen haben, daß seine Niederlassung in
Egypten Rückkehr in die Heimat war, und daß Pantänus erst
in der Zwischenzeit sich dort niedergelassen habe! Ohnedies
verdient ja die Ueberlieferung, welche den Cl. zu einem ge-
borenen Athener macht, den Vorzug vor der anderen, daß er
von Hans aus ein Alexandriner gewesen sei^). Die Entstehung
der letzteren war fast unvermeidlich, da Gl. als Presbyter der
alexandrinischen Kirche und Leiter der dortigen katechetischen
Schule seinen Kuhm begründet hat. Für die andere Ueber-
lieferung spricht auch dies, daß Cl. Hellas als das erste Land
nennt, wo er einen christlichen Lehrer fand. Von da begab er
sich nach Großgriechenland, darauf in den Orient, insbesondere
nach Palästina^ zuletzt nach Egypten, wo er noch lebt und
wirkt, während er die Stromateis ausarbeitet. Wenn Cl. jenen
ersten Lehrer den Jonier nennt, so kann das nach Analogie
der nachfolgenden Charakteristiken nur besagen, daß derselbe
aus Jonien, von der Westküste Eleinasiens herstammte. Die
Bestimmtheit durch den Artikel^) ergibt sich nicht mit Noth-
wendigkeit; erklärt sich aber völlig aus dem Gegensatz zu den
nachhergenannten Lehrern. Dies war der Jonier unter ihnen.
In Großgriechenland, also wohl in einer Stadt Unteritaliens
lernte er zwei Lehrer kennen, von welchen Einer aus Cöle-
syrien, der Andere aus Egypten stammle'). Andere Lehrer
fand er im Orient, d. h. von Alexandrien aus angesehn etwa in
Syrien. Zwei derselben, wenn es überhaupt mehr als zwei
waren, charakterisirt er näher und zwar so, daß sie beide auch
als Orientalen von Herkunft erkennbar werden. Der Eine stammte
aus dem Lande der Assyrier*), der Andere war von Haus ans
wie oft Gl. das Bild von der Jagd gebraucht paed, ir, 114; str. II, 5;
V, 7. 23; VI, 90. 98; VII, 91; ecl. 32.
1) Epiph. haer. 32, 6 Kltjfitis t£, ov ipaaC riveg "AU^av^qia, hegot
^k uid-fjvaioy,
2) o *I(ovix6g cf. nachher 17 fiklixTa,
3) Es ist nicht mit Eusebius o cfl sondern mit der Hs. des Cl. ol
6k inl TTJg fzeydXrig *EXld6o£ zu lesen cf. Beinkens p. 8 N. 3.
4 ) So nach der einzigen Hs. der Stromateis 6 fikv Ttjs reiv jiaavqdov
Atheoagoras ein Lehrer des Clemeos? 163
ein Hebräer^). Von dem Letztgenannten wird noch gesagt,
was also wohl von dem Ersten nicht gilt, daß Gl. ihn in Palästina
kennen gelernt habe.
Diese sämmtlichen Lehrer des Gl. mit namhaften Persönlich-
keiten des 2. Jahrhunderts zu identificiren , wäre ein undurch-
führbares Unternehmen. Es wäre an sich möglich ^); daß der
verworrenen Nachricht des Philippus von Side, wonach Athe-
nagorsts ein Lehrer des Gl., freilich auch Gl. ein Lehrer des
Pantänus gewesen sein soll, etwas Richtiges zu Grunde läge, und
daß Athenagoras jener aus Jonien stammende Lehrer wäre,
welchen Gl. in Griechenland kennen lernte; denn die Ueberschrift
der Snpplicatio pro Ghristianis, worin Athenagoras als Athener
bezeichnet wird, könnte abgesehn von der Fraglichkeit ihres
Alters sehr wohl aus dem gleichen Umstand erklärt werden,
um dessentwillen Gl. regelmäßig ein Alexandriner genannt wor-
den ist. Es bleibt ferner wahrscheinlich, daß der aus Assyrien
stammende Lehrer, welchen Gl. im Orient kennen gelernt hat,
Tatian gewesen ist^). Aber ein Bedenken steht nicht nur
(sc. /cii^ac), aber auch ebenso, wenn man mit einigen Hss. des Easebius
und nach Nicephorus Call, liest 6 fiiv ng rijs t(ov jiaavqCiov. Die LA
der meisten Hss. des Eusebius {ns anstatt und ohne r^?), welche Dindorf
in den Clemens aufgenommen hat, ist ganz unwahrscheinlich. Es ist doch
nieht üblich, den Begriff „ein Hellene'' durch lav ^ElXyvav auszudrücken.
Es ist vielmehr zu vergleichen Tat. or. ad Graecos 42 yswtjS-els f^^y fv
T^ raiv ldaavQi(ov x^Q'i' — -^^ dem, was Cl. und Eusebius gemeinsam
bieten, wird nichts zn ändern sein. Reinkens p. 8 fordert TovTiav statt
ravtrig, was freilich bequemer wäre, aber doch nicht nothwendig ist.
Nachdem Cl. den Orient überhaupt als die Gegend genannt hat, wo er
den vierten und den fünften Lehrer gefunden hat, stellen sich ihm die
beiden orientalischen Länder vor Augen, das Land der Assyrer, aus
welchem der Eine stammte, und Palästina, wo der Andere nicht nur zu
Hause war, sondern auch mit Cl. zusammentraf.
1) ^EßQttlog avixad^iv. So sagt Eusebius h. e. I, 11, 9; II, 4, 3 von
Josephus und Philo, aber IV, 5, 2 auch von den jndenchristlichen Bischöfen
Jerusalems. Da es sich hier jedenfalls um einen christlichen Lehrer
handelt, so wird der Ausdruck mit Reinkens p. 8 Nr. 4 von ehemaliger
Zugehörigkeit zum jüdischen Volk und Glauben zu verstehen sein. Da-
für spricht weniger protr. 9 (D. I, 11, 23) als paed. I, 34: ow r^firiv
*Iov&ttlos (aus dem Sinn des Paulus)* 'Eßgalog yccQ ayatS-sv ^v,
2) Cf. oben S 60. Ein chronologisches Bedenken bestünde nicht.
3) Forsch. I, 12 Anm. 2. Uebrigens hat schon vor Semler Yalesius
zn £us. V, 11 dies vermutbet.
11*
IGi Die »Alten"* keine Schrifteteller.
diesen VermatbüDgen^ sondern auch den sicheren Ergebnissen
in Bezng aaf das Verhältnis des Gl. zu Pantänus im Wege.
GL redet ja von den ^Alten^ insgesammt und von dem Einen,
der aus ihrem Kreise hervorragt; durchaus als von Männern^
die nicht geschriftstellert haben. An den beiden Stellen, wo er
ein wenig ausführlicher sich über sie äußert, fühlt er das Be-
dürfnis, ihnen gegenüber seine Schriftstellerei überhaupt und
seine Aufzeichnung ihrer mündlichen Lehren insbesondere zu
rechtfertigen. Alles, was er von ihnen mittheilt; schließt durch
die Form der Anführung die Möglichkeit aus, daß Gl. dabei
aus Schriften jener Männer schöpfe ^). Daraus folgt mit Sicher-
heit, daß fruchtbare Schriftsteller wie Melito und Irenäus nicht
unter den Lehrern des Gl. zu suchen sind, wie nahe das durch
Eus. h. e. VI, 13, 8 (oben S. 32) gelegt zu sein scheint. Das
Gleiche gilt auch gegen Athenagoras, wenn anders dieser der
Verfasser der Supplicatio und der Schrift von der Auferstehung
ist Weniger hinderlich ist dieser Umstand der Vermuthung in
Bezug auf Tatian; denn wenn auch Gl. diesen ohne Bedenken
unter seinen ehemaligen Lehrern mitaufzählen konnte, zamal
er keinen einzigen bei Namen nannte, so konnte er sich doch
in seiner allgemeinen Beschreibung des Gharakters seiner Lehrer
am wenigsten durch die Erinnerung an Tatian bestimmen lassen.
Tatian war nicht nur in weiten Kreisen seiner Heterodoxien
wegen anrüchig; Gl. selbst hat ihn immer nur in polemischem
Ton und nie als Lehrauctorität angeführt (Forsch. I, 12 f. 285).
Um so genauer wird die allgemeine Gbarakteristik seiner Lehrer
auf Pantänus passen. Nun soll aber nach Eus. h. e. V, 10, 4
Pantänus, da er gegen Ende seines Lebens der Lehranstalt zu
Alexandrien vorstand, nicht nur durch mündlichen Vortrag,
sondern auch durch Schriften die Schätze der göttlichen Lehren
erläutert haben. Hieronymus, welcher auch hierüber nichts
weiß; als was er aus Eusebius herauslesen konnte, stellt darauf-
hin den Pantänus unter die christlichen Schriftsteller, bemerkt
aber vorsichtig, daß Pantänus mehr durch das lebendige Wort,
als durch seine angeblich noch vorhandenen zahlreichen Bibel-
commentare der Kirche genützt habe^). Eusebius selbst, der
1) Of. außer den Stellen S. 161 Anm. 1 noch die Schrift über das
Pascha oben S.32 Nr. 2; hypot. frg. 1. 15. 20.
2) Hieron. ep. 70 ad Magnum; v. ill. 36: Huius multi quideni in
Ob Pantänns ein Schriftsteller? 165
doch den Pantänus in warmen Worten feiert, nennt keinen ein-
zigen Titel eines Werks desselben , was Maximas Gonfessor
nicht versäumt bat zum Behuf der Vertbeidigung der Schriften
des Areopagiten geltend zu machen ^). Wenn man erwägt, wie
manchem unbertihmten und von ihm selbst nicht gerühmten
Schriftsteller Eusebius die Ehre anthut^ die Titel und Gegen*
stände seiner Werke anzuführen^); so darf man zuversichtlich
behaupten, Eusebius bat niemals ein Buch des Pantänus in der
Hand gehabt. Auch in späteren Zeiten ist keine irgend sichere
Spur von Schriften des Pantänus zu entdecken. Wenn Anastasius
Sinaita unter vielen anderen Lehrern ^ welche die Geschichte
vom Paradies allegorisch gedeutet haben, auch Pantänus den
Alexandriner und Clemens den Stromateus anführt, so kann er
den ersteren Namen in den Hypot. des Cl. gefunden haben*).
Das Gleiche gilt von dem Bericht des Maximus Gonfessor über
ein Gespräch des Pantänus mit heidnischen Philosophen sogut
wie gewiß (oben S. 77 f.). Darnach wird man jene allein in
Betracht kommende unbestimmte Aeußerung des Eusebius über
Schriften des Pantänus entweder fttr einen Irrthum erklären
oder auf ganz wenige und unbedeutende Aufzeichnungen be-
ziehen müssen, von welchen Eusebius einmal gehört zu haben
meinte. Die deutlichen Angaben des Gl. können nicht dadurch
in Frage gestellt werden.
Ein Zweites, was ein wenig sicherer, als bisher geschehen,
zu bestimmen sein möchte, ist die Ghronologie des Gl. und seiner
Schriften. Die relative Ghronologie der letzteren ist theilweise
sicher. Aus dem innigen Verhältnis der drei beinah vollständig
erhaltenen Hauptschriften (oben S. 104) ergibt sich, daß weder
zwischen Protfepticus und Pädagogus, noch zwischen Pädagogus
und Stromateis eine größere literarische Arbeit von Gl. ausgeführt
worden ist. Dann wird die Schrift neql eyxQatelag oder der
sanctam scripturam exstant commentarii, sed magis viva voce ecclesiis
profuit. Der Ausdruck erinnert außer an Eus. h. e. V, 10, 4 auch an
die Worte des Origenes bei Eus. h. e. VI, 19, J 3 rov nqo rjficSv noXlovg
(oq^eX^trayia JJavtaivov,
1) Dionys. Areop. opp. (ed. nova Paris 1644) tom. II prolog. (ohne
Paginirnng).
2) Cf. z. B. die ganze Liste h. e. V, 27 oder VI, 7.
3) S. oben S. 26 zu str. V, 72 cf. S. 128. 159.
166 Relative Chronologie.
Uyog yaiAMog noch vor dem Protrepticus geschrieben sein
(oben S. 37). Ferner fällt die in den Stromateis angekündigte
und in „Quis dives" citirte Schrift nsgl äqxoop zwischen diese
beiden erhaltenen Schriften (oben S. 38). Außerdem ist mit
Sicherheit nur noch zu sagen, daß die Hypotyposen nach den
Stromateis entstanden sind. Der Beweis dafür ist sehr einfach,
aber ausreichend. Cl. konnte in den Stromateis nicht so, wie
er es thut (oben S. 45 f. 133), von zukünftiger Behandlung der
Genesis und von einer der Reihenfolge der biblischen Schriften
nachgehenden Darstellung ihres Inhalts reden^ wenn damals die
Hypot. schon geschrieben waren, in welchen eben dies geleistet
ist. Es wäre auch nicht zu begreifen, daß er nicht eine einzige
der in den Stromateis überall sich darbietenden Gelegenheiten
benutzt hätte, sich auf seine Behandlung derselben Materien und
ßibelstellen in den Hypot. zu berufen. Die Vermuthung E. du
Pin's^), daß die Hypot. ein unreifes Jugendwerk des Cl. seien,
verdient daher keine Beachtung. Sie ist nur ausgesprochen
worden^ um die Heterodoxien begreiflich zu machen, welche in
den Hypot. deutlicher als in den übrigen Schriften des Gl. zu
Tage getreten sein müssen. In Wirklichkeit verhält es sich
vielmehr so, daß CL nirgendwo so sehr wie in dem früh ge-
schriebenen Protrepticus ein Herold des kirchlichen Gemein-
glaubens gewesen ist^ daß er auch im Pädagogus der isagogischen
Bestimmung dieses Buchs entsprechend und in den Stromateis,
bei deren Abfassung er stets auch nichtchristliohe Leser im
Auge hatte ^ seine theologischen Speculationen in den Hinter-
grund geschoben, und daß er dagegen in seinen für die Glaubens-
und Fachgenossen bestimmten Hypot. seinen Ideen freien Lauf
gelassen hat. Ob auch eine innere Entwicklung seiner Theologie
diesem Fortschritt seiner schriftstellerischen Aeaßerungen zu
Grunde lag, können wir nicht mehr entscheiden. Aber gegen
die Wahrscheinlichkeit einer solchen Annahme ließe sich nichts
sagen.
Für die absolute Chronologie bietet einen ersten Anhalt,
was der Verfasser der antimonarchianischen Schrift bei Eus. V,
28, 4 sagt. Es ist dies, wenn nicht Hippolytus, dann doch ein
ihm gleichzeitiger römischer Schriftsteller, ein jüngerer Zeit-
genosse auch noch des Cl. Dieser nennt aber unter den Schrift-
1) Noavelle bibliotb. des autenrs eccl. (2 ed. 1690) 1, 84.
Abfassungszeit des Protrepticus. 167
stellen! aas der Zeit vor Bischof Victor von Rom , welche in
ihren theils an die Heiden, theils gegen die Häresien gerichteten
Schriften Christas als Gott verherrlicht haben, neben and hinter
Jastin, Miltiades and Tatian aach den Gl. In Anbetracht der
Stellung, die er diesem anweist, und der Gharakteristik der
Gruppe, zu welcher er ihn rechnet, kann nicht der römische
Gl., sondern nur der alexandrinische verstanden werden. Eine
eigens gegen die Häretiker gerichtete Schrift unseres Gl. hat es
aber unseres Wissens nicht gegeben, und nur eine einzige,
welche als an Heiden gerichtet betrachtet werden kann, der
Protrepticus. Diese Schrift beginnt aber auch mit einem
schwungvollen Aufruf, statt den mythischen Gesängen auf die
heidnischen Götter dem neuen Liede zu lauschen, dessen Sänger
und Gegenstand zugleich der von Zion ausgegangene Logos ist
(§ 2), der Schöpfer des Menschen und die tiberweltliche Weis-
heit (§ 5), der welcher vor dem Morgenstern existirte, im An-
fang bei Gott und selber Gott, der göttliche Anfang alles Seins
von jeher war und ist (§ 6); der Einzige, welcher beides zu-
gleich, Gott und Mensch ist (§ 7), der allerbarmende Gott,
welcher seiner göttlichen Gestalt sich entäußert, der Logos,
welcher zum Gottmenschen geworden ist (§ 8). Das heißt doch
wohl ^eoXoyeip vov XqiffTov ^). Diesen Abschnitt wird der
römische Anonymus wenigstens hauptsächlich im Sinne haben,
und er meint zu wissen, daß das Buch „an die Hellenen^, wel-
ches so beginnt, vor den Zeiten des Bischofs Victor, also vor
dem Jahre 189 geschrieben sei. Wir haben keinen Grund und
keine Mittel, diese Angabe zu bestreiten. Den zweitqn Anhalts-
punct, welchen schon Eusebius h. e. VI, 6 benutzte, bietet die
Thatsache, daß Gl. in den Stromateis mehr als einmal seine
chronologischen Berechnungen mit dem Tode des Gommodus
abschließen läßt^). Daraus an sich kann man zwar nur soviel
schließen, wie Eusebius schloßt), daß dies Werk oder doch
1) Cf. außerdem noch besonders protr. 106 (t^ nad^ovTi xai ngoa-
xvyovfi^vtp ^€^ icSvTi) and protr. 110.
2} Str. I, 139 zweimal, I, 140 zweimal, T, 144 dreimal.
3) h. e. VI, 6. In der Chronik hat er zu a. Abrah 2209 = 193 p.
Chr. die Blüthe des Cl. und des Pantäuas angesetzt, und zu a. Abrah.
2220= 202 p. Chr. bemerkt: Clemens his temporibus lihros componebat
(ed. Schoene II, 174. 176). Für die Gleichung der Jahre Christi mit
Jahren Abrahams cf. Gutschmid, de temp. rat. p. 27. Eusebius wird sich
168 Abfassungszeit der Stromateis.
dessen erstes Buch nach dem J. 192 und vor dem Tode des
Septimius Severus (f 4. Februar 211) geschrieberf wurde. Aber
von ersterem Terminus muß man ziemlich weit wegrücken, da
CL bereits Schriften Anderer benutzt, in welchen gleichfalls der
Tod des Commodus als Grenze der Zeitrechnung diente^).
Andrerseits darf man den Terminus ad quem in das J. 202
oder 203 verlegen. Denn die Ausdrucksweise in str. I, 11 nöthigt
wohl zu der Annahme, daß Gl. dies noch in Alexandrien ge-
schrieben hat; wo er nach langem Wandern zur Ruhe gekommen
ist; und es berichtet uns Eusebius, daß in Folge der Verfolgung^
welche im 10. Jahr des Septimius Severus (= 202 p. Chr.) in
Alexandrien wüthete, der katechetische Unterricht daselbst
stillegestanden habe^ weil Alle d. h. doch wohl Alle, welche
sich bisher damit befaßt hatten oder dazu befähigt gewesen
wären, sich von dort geflüchtet hatten 2). Eben diese Zeit der
in Eus. VI, 1 — 5 geschilderten Verfolgung bezeichnet Eusebius
ausdrücklich als Endpunct der Schulleitung des Gl. (h. e. VI, 6).
Diesem Endtermin ist aber die Abfassung der Stromateis sehr
nahe zu rücken. Denn der Hinweis auf zahlreiche Martyrien
zur Zeit ihrer Abfassung^) setzt wenigstens Anfänge und Vor-
spiele der Verfolgung voraus, welche den Gl. von Alexandrien
vertrieben hat, setzt also auch das bekannte Edict des Severus
voraus, welches spätestens im J. 201 erlassen wurde*). Andrer-
seits war, wie sich zeigte, Pantänus nicht mehr unter den
Lebenden, als die Worte str. I, 11 geschrieben wurden. Freilich
leidet auch die Chronologie des Pantänus noch an Dunkelheiten.
Nach Eus. h. e. V, 10, 1 ist Pantänus zur Zeit des Regierungs-
antritts des Gommodus (a. 180) und des alexandrinischen Bischofs
Julianus (h. e. V, 9) bereits Vorsteher der katechetischen Schule
gewesen^), und ist es bis an sein Lebensende geblieben.
Nachdem Eusebius der philosophischen Studien des Pantänus und
10 Ermaogelung genauerer überlieferter Data an das Hauptwerk des Ol.,
die Stromateis gehalten haben, von dem er bemerkt hatte, daß es nach
dem Tode des Commodus geschrieben ist Eus. h. e. VI, 6.
1) str. 1, 147 alXoi tf^ f^^XQ^ ''V^ KofxoSov tslivjiis dQi^^fJLifaayTig
dno ^Ivd^ov xttl M(Ovaä(og ^T7j ^(prjaav ^ivead-ui jß(Ofiß' xtL
2) h. e. VI, 3, 1 cf. VI, 2, 2 ; VI, 7.
3) Str. II, 125 (D. II, 226, 1-6) cf. VI, 167.
4) Cf. Bonwetsch, Tertullians Schriften nach der Zeit ihrer Abf. S. 10.
5) Cf. Redepenning, Origenes I, 66 f. Anm. 5 gegen Guericke.
Chronologie des Pantänns. 169
seiner Miseionsreise nach ^Indien" gedacht hat; kehrt er za
dem Anfang seiner Mittheilnngen über ihn mit den Worten zu-
rück: „Nach vielen trefflichen Leistungen leitet er schließlich
(TelsvTwi^) die Schule zu Alexandrien'^ Diese Lehrwirksamkeit
ist das Letzte, was Eusebius vom Leben des Pantänus weiß.
Mit dieser Darstellung ist die Annahme^ daß die indische Reise
des Pantänus seine Lehrwirksamkeit in Alexandrien unterbrochen
habe^) ebenso unvereinbar, als die andere, daß er sich vor
seinem Lebensende von derselben zurückgezogen habe^). Ist
nun Cl., der ehemalige Schüler des Pantänus, dessen Nachfolger
im Amt gewesen'), und andrerseits des Cl. Wirken in dieser
Stellung im J. 202 oder 203 abgebrochen worden, so muß Pan-
tänus mehrere Jahre vor 203 gestorben sein. Nicht nur mit
diesen aus Gl. und Eusebius sich ergebenden Ansätzen, sondern
auch mit sich selbst würde Hieronymus in unversöhnlichem
Widerspruch stehn, wenn er mit den Schlußworten seines Ka-
pitels über Pantänus sagen wollte, daß dessen Lehrwirksamkeit
sich durch die Regierung der beiden Kaiser Severus (f 211)
und Caracalla (f 217) hindurcherstreckt habe*). Hieronymus
selbst sagt nur noch bestimmter als Eusebius, von dem er all'
sein Wissen hat, daß Cl. erst nach dem Tode des Pantänus
dessen Nachfolger geworden sei *). Er weiß auch, daß Origenes,
der Schüler des Cl., schon im nächsten Jahre nach der ins
10. Jahr des Severus gesetzten Verfolgung, also im J. 203 die
Leitung des verwaisten kateohetischen Unterrichts übernommen
habe und später vom Bischof Demetrius förmlich zum Nach-
folger des Cl. in diesem Amte bestellt worden sei ®). Hieronymus
weiß also auch, daß Pantänus einige Jahre vor dem J. 203, in
welchem sein Nachfolger Cl. bereits durch Origenes ersetzt
wurde, gestorben ist Seine Angabe über Pantänus wird also
1) So will wohl schon Hier. v. ill. 36 verstanden sein.
2) So Redepenning 1. 1. I, 67 Anm. 4.
3) Ens. h. e. VI, 6; Hieron. v. iU 38; Pamphilas in der Apologie
des Origenes nach Pbotius cod. 118.
4) V. ill. 36 docuitque sub Severo principe et Äntonino^ cognomento
Caracalla.
5) Das post eins mortem v. ill. 38 findet sich bei Easebius nicht den
Worten, nur dem Sinne nach.
6) V. ill. 54: das 10. Jahr des Severus = 17. Lebensjahr des Ori-
genes; im 18. Beginn des katechetischjen Unterrichts.
170 Hieronymus über Pantanus.
80 ZU verstehen sein, daß seine Lehrwirksamkeit mit derAlIein-
regieruDg des Severns (von 193 an), aber aneb noch mit der
Doppelregierung des Severns nnd des Garacalia (von 198 an)
gleichzeitig gewesen sei. Auch so noch ist diese Angabe in
Bezug auf den Anfang irreführend und, sofern sie etwas be-
deuten will, gegenüber der bestimmten Behauptung des Eusebius,
daß Pantanus schon i. J. 180 Schulvorsteher war, einfach zu
verwerfen. Sie erklärt sich aus den kurzen Bemerkungen in
der eusebianischen Chronik^). Ebenso werthlos ist auch die
Ausschmückung der Erzählung von der indischen Reise des
Pantanus, welche sich Hieronymus erlaubt hat ^). Damach sollte
Pantanus vom Bischof Demetrius, welcher nach Eus. h. e. V, 22
im 10. Jahr des Commodus (189 p. Chr.) sein Amt antrat, auf
Bitten einer indischen Gesandtschaft dorthin geschickt sein.
Einen Ausdruck des Eusebius, welcher wahrscheinlich nur sagen
will, daß Pantanus den Völkern des Orients als ein Herold sich
darstellte^), verstand Hieronymus nach einem allerdings ge-
wöhnlichen Sprachgebrauch so, als ob er dazu ernannt und
ordinirt worden sei; und da dies natürlich nur vom Bischof ge-
schehen konnte, Hieronymus aber aus den angegebenen Gründen
den Pantanus etwas tiefer in der Zeit herabgerückt hatte ; so
ergab sich der Name des aus der Geschichte des Origenes be-
kannten Bischofs Demetrius von selbst. Die Gesandtschaft hat
Hieronymus nach Analogie des naheliegenden Falls in Eus. VI,
19, 15 zugedichtet An unbekannte und ungenannte Quellen
des Hieronymus ist auch hier nicht zu denken.
Kehren wir zu den Quellen zurück, so bieten uns diese zur
chronologischen Bestimmung des Todes des Pantanus nur noch
eine, manchmal misverstandene Angabe. Bischof Alexander von
Jerusalem schrieb später an Origenes (Eus. VI, 14, 8): „Dies
ist auch, wie du weißt, Gottes Wille gewesen, daß die von den
Vorfahren her uns erwachsene Freundschaft unverletzt bleibe,
ja noch wärmer und fester werde. Denn als Väter kennen wir
(beide) jene Seligen, die uns vorangegangen, bei denen wir in
j) S. oben S. 167 Anm. 3.
2) V. 111. 36. In ep. 70 ad Magnum wesentlich ebenso. An der
Geschichtlichkeit der Reise selbst zu zweifeln, ist durch nichts veran-
laßt, und die Vergleichung der Vita Apollonii bei Redepenning I, 67
wenig glücklich.
3) Eus. h. e. V, 10 dva^eix^^vai.
Origenes und Alexander. 171
karzer Zeit sein werden, den Pantänas, den wahrhaft seligen
und (meinen) Herrn, and den heiligen Clemens, der mein Herr
gewesen nnd mich gefördert hat'; and wer sonst noch ihnen
gleicht; darch welche ich dich, meinen in jeder Hinsicht treff-
lichsten Herrn and Brader kennen gelernt habe^. Hieraas folgt
erstlich, daß Origenes wie Alexander den Unterricht sowohl des
Pantänus als des Clemens genossen hat^). Diese sind ihre
gemeinsamen Väter als Lehrer 2). In wiefern aber von diesen
ihren geistlichen Vätern oder Ahnherrn 3) ihre Freundschaft
herstamme, zeigt das Folgende. Darch Pantänus und Clemens
hat Alexander schon von Origenes Rühmliches gehört und ihn
schätzen gelernt, lange ehe er in Palästina in directe persönliche
Verbindung mit ihm trat. Der Ausdruck im einzelnen und der
Ton im ganzen zeigen, daß Origenes und Alexander nicht etwa
gleichzeitig Schüler des Pantänas und Clemens gewesen und
nicht als Mitschüler in Alexandrien Freundschaft geschlossen
haben. Alexander, der schon vor dem J. 211 ein Bisthum in
Kleinasien, wir wissen nicht wie lange, verwaltet hatte, muß
spätestens am 170 geboren sein, Origenes erst 185. Alexander
kann die Schule in Alexandrien besucht haben, als Origenes
ein unmündiges Kind war. Trotzdem kann er später durch
Clemens, mit welchem er sich später wieder persönlich berührt
hat, und durch Pantänus, mit dem er in brieflichem Verkehr
gestanden haben mag, über das frühreife Talent und den from-
men Eifer des Origenes gehört haben. Und so maß es sich
verhalten. Hat nun Origenes nicht nur nach dem Tode des
Pantänas den Unterricht des Cl. *), sondern auch noch den
1) Es ist also nur dem Bachstaben nach richtig, daß Niemand den
Origenes einen Schüler des Pantänus nenne, wie Reinkens p. 13 sagt.
Aas den eigenen Worten des Origenes bei Eus. VI, 19, 13 läßt sich kein
Beweis gegen das positive Zeugnis Alexanders entnehmen.
2) Str. I, 1 avTlxtt naiigag toi/s xaTrjx^ffarräg (pufisv, Cf. Potter za
d. St, auch mart. Polyc. 12, 2.
3) Das durch yuQ ausgedrückte logische Verhältnis der «beiden Sätze
verbietet die Auffassung von Redepenning I, 45 Anm. 2 cf. S. 53 f.
Anm. 3 ; S. 55 Anm. 5, welcher unter ngoyovot leibliche Ahnen und nur
unter narkqig Lehier versteht. Derselbe will S. 54 f. 436 den Origenes
nnd den Alexander zu Mitschülern im eigentlichen Sinne machen. Im
Unterricht bei Clemens (es müßte hinzugefügt werden „und Pantänus")
sollen sie sich kennen gelernt haben.
4) Eus. h. e. VI, 6 und dazu Redepenning I, 431 ff. Uebrigens
172 ClemeDS College und Nachfolger des Pantanas.
Unterricht des Pantänus genossen and durch seine Begabung
die Aufmerksamkeit des alten Lehrers sich zugezogen^ so kann
Pantänus kaum vor dem J. 200, in welchem Origenes 15 Jahr
alt wurde, gestorben sein. Es bleibt also für die selbständige
Leitung der Schule durch Cl. nur die Zeit von 200-202 oder
203. Aber darum kann Cl. doch schon manches Jahr vorher
neben dem älteren Pantänus als Lehrer an derselben thätig
gewesen sein, und eben hiefttr spricht Alles. Der Ruhm des
Cl. als theologischen Lehrers von Alexandrien fordert an sich
schon eine längere Dauer seiner Wirksamkeit in dieser Eigen-
schaft. Ebenso auch das eben erörterte Schülerverhältnis des
Origenes und des Alexander zu Pantänus und Cl.; denn wenn
auch an sich beide zuerst den Pantänus und nach dessen in-
zwischen eingetretenem Tode den Cl. gehört haben könnten, so
würden sie sich dann als gleichzeitige Besucher derselben
Schule unfehlbar schon damals persönlich kennen gelernt haben.
Da das Gegentheil bewiesen ist, so muß Alexander schon einige
Zeit vor dem Tode des Pantänus nicht nur nach Alexandrien
gekommen sein, sondern auch Alexandrien wieder verlassen
haben ; und schon damals hat er außer dem Pantänus auch den
Cl. zum Lehrer gehabt. Daß Cl. neben Pantänus an der ale-
xandrinischen Schule thätig war, wird auch durch einige aller-
dings nicht ganz deutliche Bemerkungen des Eusebius bestätigt^).
scheint mir auf die kritisch zweifelhaften Worte (In) nalSa orra nicht
viel anzukommeD.
1) £rstlich scheint Eus. dies durch die Zusammenstellung beider in
der Chronik (oben S. 167 Anm. 3) sagen zu wollen. Ferner cf Eus h. e. V,
11, 1 xaTtt TOVTOV Tttlg S-€iaig ygatfutg avvaaxovfievog in lAli^avdQilag
iyvfoQCCsTo KkrifATig. Das xata tovtov kann sich nicht (so Reinkens p. 14)
auf den seit Y, 9 nicht mehr erwähnten Commodus beziehn, sondern nur
auf Pantänus, von welchem das vorige Kapitel handelte, und zwar auf
diesen als Leiter der katechetischen Anstalt. Cf. xara j6v ^rjlovfievov
Eus. III, 16, was sich nur auf Clemens von Rom, nicht auf Domitian
(in, 14) zurückbeziehen kann; III, 22 xara rovrovg (die genannten
Bischöfe von Rom und Antiochien). Wie Eusebius sich ausdrückt, wo
er auf eine nicht unmittelbar vorher erwähnte Reglerungszeit zurückgreift,
sieht man IV, 19; V, 21, 1. Auf Pantänus bezieht sich aber auch das ifw
in awaaxovfiivog. Die den heiligen Schriften gewidmete aaxtiatg des
Pantänus bestand aber nicht in Privatstudien, sondern in der vorher von
Eusebius erwähnten Ausübung des Lehramts (cf. h. e. VI, 3, 8). Hierin
also war Cl. der Genosse des Pantänus. Auch Eus. VI, 3, 1 setzt wohl
voraus, daß vor der Auflösung der Schule im J. 202 oder 203 regelmäßig
Africaims über Clemens. 173
Dazu kommt endlich das gewichtige Zeugnis des Julius Afri-
canus, welcher nicht lange nach den hier in Betracht kommenden
Jahren, angelockt durch den Rahm des Heraklas, nach Alexan-
drien gekommen ist^). Africanus setzt die Blttte des Clemens
in Alexandrien nicht wie Ea^ebias in der Chronik in die Zeit
nach dem Tode, sondern in die Regierungszeit desCommodus^).
Alle diese Angaben vereinigen sich, wenn CK spätestens vom
J. 190 an Lehrer an der katechetischen Schule zu Alexandrien
war, und zwar die längste Zeit neben Pantänas und erst nach
dessen Tode etwa während der Jahre 200 — ^202 oder 203 als
Leiter der Schule. Seine Niederlassung in Alexandrien muß
seiner Aufnahme in das dortige Presbyterium ^) und seiner
Beauftragung mit der katechetischen Thätigkeit selbstverständlich
um einige Zeit vorangegangen sein. Der gesammte Aufenthalt,
von welchem er den Namen Alexandriner bekommen hat, mag
20 Jahre und länger gedauert haben. Durch die Verfolgung
vertrieben griflf Cl. wieder zum Wanderstabe, um nicht wieder
nach Alexandrien zurückzukehren. Das wenigstens ergibt sich
aus der in ziemlich hellem Lichte stehenden Geschichte der
katechetischen Anstalt während der folgenden Jahrzehnte, daß
Cl. nicht wieder au derselben thätig geworden ist. Um so
mehr scheint er den Drang zu schriftstellerischer Thätigkeit
gefühlt zu haben. Sind die Stromateis nach dem Tode des
Pantänus, wahrscheinlich also nach d. J. 200 begonnen, aber
mehrere Lehrer an derselben thätig waren, and das natürliche Verständnis
von Eus. VI, 3, 8 wird immer dasjenige sein, wonach die Ertheilung
des gesammten Unterrichts durch den einen Origenes ein vorübergehender
Nothstand war cf. Redepenning I, 67, Ende von Anm. 2. Unrichtig aber
ist die dort und öfter vorgetragene Meinung, daß die gleichzeitig wirken-
den Lehrer einander coordinirt gewesen, die Schule kein Haupt gehabt
habe. Wie kann dann Cl. der Nachfolger des Pantänas heißen, neben
dem er doch schon gelehrt hatte? Offenbar nur als Schulhaupt.
1) So Africanus selbst in seiner Chronik nach Eus. h. e. VI, 31, 2.
2) Das Fragment nach Cedrenus ed. Par. p. 251 bei Routh, rel. s. II,
307 und dazu ebendort II, 496. Ueber die abweichende Angabe der
Chronik des Eusebius s. oben S. 167 f. Anm. 3.
3) Als Presbyter charakterisirt er sich schon paed. I, 37: €t ye
noifJLkv^g iafikv ol rdiv ixxlriffuSv nQorjyovfisvot, Cf. Reinkens p. 17.
Dagegen wird man demselben nicht zugeben können, daß auch schon
protr. § 89 eine Andeutung von kirchlicher Amtsstellnng des Cl. vor-
liege. Dort waltet nur der Gegensatz der Christen und der Heiden, nicht
derjenige der Geistlichen und der Gemeinde ob.
174 Tod des Clemens.
noch in Alexandrien geschrieben worden^ so wird alle weitere
Scbriftstellerei des Gl. in die Zeit nach der Flacht von Alexan-
drien fallen.
Gl. war gestorben, als Alexander den vorhin besprochenen
Brief an Origenes schrieb. Das kurze Fragment genügt doch
erkennen zu lassen, daß es ein eben erst entstehendes persön-
liches Verhältnis zwischen Alexander and Origenes ist, welches
darin zam Aasdrack kommt. Der Brief wird in die Zeit des ersten
Aufenthalts des Origenes in Palästina fallen, der nicht von
langer Dauer und durch die Unruhen in Alexandrien bei Ge-
legenheit des Aufenthalts Garacalla^s daselbst im J. 215 veran-
laßt war^). Ist Alexanders Brief demnach wahrscheinlich 215
oder 216 geschrieben, so ist Gl. vor diesen Jahren gestorben,
lieber seine letzten Lebensschicksale wissen wir nur noch das
Eine, daß er in der Umgebung seines Schillers und Freundes
Alexander sich aufhielt und von diesem mit einem Brief an die
Gemeinde von Antiochien dorthin geschickt wurde (Eus. VI, 11, 6).
Genau läßt sich weder Ort noch Zeit dieser Thatsache bestim-
men, aber doch ungefähr. Alexander befand sich um des
christlichen Bekenntnisses willen im Gefängnis, als er den Brief
schrieb. Da nun seine Bewährung in der Verfolgung ein Haupt-
motiv für die jerusalemiscbe Gemeinde war, ihn zum Goadjutor
und Nachfolger des alternden Bischofs Narcissus zu machen^),
so fällt seine Gefangenschaft in die Zeit vor der Pilgerreise
nach Palästina, bei deren Gelegenheit er dort festgehalten und
zum Bischof von Jerusalem erhoben wurde. Letzteres ist aber
nach Eus. VI, 8, 7 um die Zeit des Regierungsautritts des
Caracalla (a. 2L1) geschehen. Die Angaben des Eusebius in
der Chronik sind nicht darnach angethan, statt dessen mit Be-
stimmtheit ein anderes, wenig späteres Jahr zu nennen^). Also
vor 211, möglicher Weise mehrere Jahre vorher schrieb Ale-
xander im Gefängnis jenen Brief, worin er der Gemeinde von
Antiochien dazu Glück wünscht, daß sie. in Asklepiades wieder
1) Eus. h. e. VI, 19, 16 cf. Clinton, Fasti Romani I, 224.
2) Eus. h. e. VI, 8, 7 cf. VI, 11, 1-3.
3) Schon zu a. Abr. 2219 notirt er die Confessio Alexanders,, zu
Abr. 2231 seine Erhebung zum Bischof von Jerusalem. Cf. Harnack,
Die Zeit des Ignatius S. 14. 46. Nur soviel dürfte immerhin hieraus
entnommen werden, daß Eusebius nichts von einer unmittelbaren Folge
beider Ereignisse wußte.
Clemens in Kleinasien und Antiochien. 175
einen würdigen Bischof; einen Nachfolger des Serapion empfangen
habe. Aach die Chronologie der antiochenischen Bischöfe setzt
uns nicht in den Stand, das Jahr genauer za bestimmen. Der
Abfassnngsort des Briefs ist allem Ansehein nach der Bischofs-
sitz ^ welchen Alexander vor seiner Pilgerfahrt nach Palästina
innehatte; er spricht von den Verdiensten, welche Gl. sich am
die Gemeinde seines damaligen Aufenthaltsorts erworben habe,
so als ob Gott der ihres Bischofs beraubten Gemeinde dadurch
einen Ersatz habe schaffen wollen ^). Ob aber dieser Bischofs-
sitz in Cappadocien lag*), oder ob es Flavias inCilicien war*),
wird sich nicht mehr ausmachen lassen. Nur würde Letzteres
den Brief Alexanders an die Antiochener noch natürlicher er-
scheinen lassen. Wir wissen also nur, daß Gl. vor dem J. 211
sich vorübergehend einmal in einer cilicischen oder cappado-
cischen Gemeinde aufgehalten hat und von dort aus nach An-
tiochien gereist ist. Ueber die Abfassungszeit der dem Bischof
Alexander gewidmeten Schrift gegen die Judaisten (oben S. 35)
läßt sich hieraus nichts schließen; denn Gl. kann auch von an-
derem Ort aus seinem ehemaligen Schüler, der inzwischen
Bischof geworden war, eine Schrift gewidmet und zugesandt
haben *J. Seit wann aber Alexander Bischof in Cilicien oder
Cappadocien war, wissen wir nicht.
Zum Schluß mögen die Thatsachen zusammengestellt wer-
den, welche sich einigermaßen chronologisch bestimmen lassen.
1) Bus. VI, 11,6: Tavia 6h vfiiv^ xvQioi (lov «SeXtfoC, rce ygaf^futra
dniöTSila 6ia Kki^fievrog tov fiaxaQlov nQiaßvTiqov ^ avSgog ivaQirov
xal SoxCfAov, ov Xöts xal vfiilg xaX iniyvciaiaS-s , og xal ivS-a^e nagdtv
xaia jriv ngovoiay xal iniöxonriv tov Siönorov insan^Qi^i ts xal
tiv^tjae T^v TOV xvqIov ixxlrjaCav. Das Wort kmaxom^ scheint mit einem
gewissen Doppelsinn gebraucht zu sein. Gf. Tgoatius ad Rom. 9, 1.
Uebrigens folgt aus diesem Fragment nicht, daß Gl. schon vorher der
antiochenischen Gemeinde persönlich bekannt war, eher das Gegentheil.
Sie kennen ihn dem Namen nach und werden ihn nun selbst kennen
lernen.
2) So Eus. h. e. VI, 11, 2, welchem Socrates h. e. VII, 36; Hieron.
V. ill. 62 folgen.
3) Gf. Tillemont, mßmoires III, 415; Routh, reliqu. s. II, 170.
4) Das würde seine Analogie haben, wenn die Stromateis wirklich
auch diesem Alexander gewidmet waren s. oben S. 27 zu str. VII, 62. 63.
Uebrigens bezeichnet nur Hieronymus v. ill. 38 den Alexander, welchem
die Schrift gegen die Judaisten gewidmet war, als Bischof von Jerusalem,
Eus. h. e. VI, 13, 3 nennt ihn einfach Bischof,
176 Chronologische Uebersicht.
Reisen dea ClemeDS vod Griecbenlaßd nach Unleritalien,
nacb Syrien nnd Palästina, zuletzt nach Egypten wahrscheinlich
vor 180.
Die Schrift Qber die Enthaltsamkeit; and der später als
diese verfaßte Protrepticns jedenfalls vor 189.
Lebrthätigkeit an der katechetischen Anstalt neben FantäDas
spätestens von 190 an. Um diese Zeit der Pädagogns.
Tod des Pantänus gegen 200.
Cl. Vorsteher der katechetischen Anstalt 200—200 oder 203.
In dieser Zeit Ansarbeitung der Stromateis.
Flucht von Alexandrien 202 oder 203.
Außerhalb Egyptens schreibt Cl. in den folgenden Jahren
seine Übrigen Schriften, nnter anderem Tisql ü^jcüf, später als
diese i/« 6 miiäftsvoi nXovmoi, ferner die Hypotypoaen u. s. w.
Aufenthalt bei Bischof Alexander in Cilicien oder Gappa-
docien vor 211.
Tod des Clemens vor 216.
Beilagen.
I. Kritiseke Fragen llber den „Über Anatali de ratiane pasekali^^
Die Anführung dieser Schrift unter den Zeugnissen für die
Schrift des Clemens über das Pascha oben S. 32 veranlaßt mich
einige Fragen zu stellen, auf welche ich in der vorhandenen Literatur
keine befriedigende Antwort finde. Erwünschter wäre es freilich;
zugleich ein sicheres Urtheil über den Ursprung der Schrift ab-
geben und begründen zu können, wozu mir vor allem die aus-
reichende Kenntnis der technischen Chronologie und der späteren
Osterstreitigkeiten fehlt. Daß die heute herrschende Ansicht un-
haltbar sei; läßt sich ohne diese zeigen. Aegidius Bucher, welcher
die Schrift nach einer von Sirmond ihm gegebenen Handschrift zum
ersten Mal herausgab^), that dies nicht ohne Bedenken gegen die
Echtheit, entschied sich aber doch dafür, daß wir hierin eine Ueber-
setzung der Schrift des Alexandriners Anatolius besitzen, welcher
um das J. 270 Bischof von Laodicea in Syrien wurde ; derselben
Schrift, aus welcher Eusebius h. e. VII, 32 ein großes Fragment
mitgetheilt hat. Diese Meinung blieb lange die herrschende. Tille-
mont z. B. machte in seiner Darstellung der Osterstreitigkeiten vom
Ende des 2. Jahrhunderts ausgiebigen Gebrauch von dieser vor-
eusebianischen Quelle^). Nur vereinzelt dagegen findet man bei
Neueren die Echtheit anerkannt oder vorausgesetzt^). Daß in der
1) De doctrina tempornm commentarius in Victoriam Aqaitanum etc.
(1634) p. 439— 449, wiederholt von Gallandi, bibl. III, 545-550; Migne
ser. gr. tom. 10 col. 210—222. Mit Benutzung einer kölner Hs. gab den
Text neu heraus Br. Drusch, Studien zur christlich - mittelalterlichen
Chronologie (1880) S. 316—327, über die Hss. S. 195. 203. 210. Nach
dieser Ausgabe citire ich. Die Meinung von Krusch, die Schrift „zum
zweiten Mal zum Abdruck gebracht** zu haben S. 311, ist wie gezeigt
nicht richtig. Auch hätten einige Bemerkungen von Gallandi wohl Be-
achtung verdient
2) Mömoires III, 102—110 (a. 1695); sein Urtheil über die Schrift
IV, 307 (a. 1696).
3) Dictionary of Christ. Biogr. I, 111 j IIl, 28.
Zahn, Forschungen III. j^2
178 Beilage I.
deutschen Literatur über die alten Osterstreitigkeiten die Existenz
dieser Schrift meines Wissens nicht einmal der Erwähnung werth
gefunden worden ist^), mag auf die Auctorität Ideler's zurückgehn,
welcher unter Berufung auf die umständlichen Untersuchungen van
der Hagens^), seine Verwunderung darüber aussprach; daß ein so
kenntnisreicher Mann wie Bucher sich nicht von der Unechtheit
der Schrift überzeugen konnte, deren grobe Fehler er doch selbst
richtig aufgedeckt habe^). Auch Krusch a. a. 0. S. 311 f. erklärt
es für überflüssig, über die durch Hagen endgültig bewiesene
Unechtheit ein weiteres Wort zu verlieren.
Ein Britte des 7. Jahrhunderts soll unter dem Namen des
durch die Kirchengeschichte des Eusebius und durch Hieronymus
de V. ill. 73 berühmten Alexandriners Auatolius diese Schrift im
Interesse der brittischen Ostersitte im Kampf gegen die römische
Praxis erdichtet und, um seinem Machwerk den Schein der Echt-
heit zu leihen, aus Rufln's Uebersetzung der eusebianischen Kirchen-
geschichte das große Fragment des echten Anatolius mit einigen
Modificationen in seine Arbeit aufgenommen haben*). Der Fälscher
hätte sich insofern glücklich in seiner Rolle behauptet, als er den
Gegensatz der asiatischen und der römischen Kirche, wie er im
Streit zwischen Victor und Polykrates zu Tage trat, als noch zu
seiner Zeit fortbestehend darstellt^). Er hat sich auch davor ge-
hütet, dem alten Anatolius geradezu den 84jährigen Ostercyclus
anzudichten, hat ihm vielmehr eine formelle Verurtheilung desselben
in den Mund gelegt, so daß auch die Gegner der brittischen Oster-
praxis sich auf diesen Anatolius ohne jeden Zweifel an seiner Echt-
heit beriefen. Aber um so größer war die Dummheit, die er gleich
in den ersten Zeilen seiner Schrift beging, indem er den Isidorus,
natürlich den berühmten Bischof von Sevilla, und den Hieronymus,
natürlich den berühmten Stridonensis, als seine Vorfahren nannte^).
Hagen schloß daraus, daß dieser Pseudoanatolius einige Zeit nach
1) Z. B. Hilgenfeld, der Paschastreit der alten Kirche S. 344—847.
2) Dissert. de cyclis paschalibus (1736) p. 115 sqq.
3) Ideler, Handbuch der mathemat. u. techn. Chrono!. II, 230 cf.
275. 297 f.
4) Anatolius c. 2, Krusch S. 318. 319 — Eus. h. e. Vif, 32, 14—18.
Das weiter noch bei Eusebius § 19 aus Anatolius Mitgetheilte fehlt im
lateinischen Anatolius.
5) c. 7 S. 321 : quorum exemplum sequentes usque hodie omnes
Asiae episcopi etc.
6) S. die Stelle oben S. 32.
Anatolitis über das Pascha. 179
dem Tode Isidor's von Sevilla (f 636) oder doch nach Abfassung
von dessen letztem Werk, den Origines oder Etjmologiae gearbeitet
habe. In diesem Werk findet sich ja ein größerer Abschnitt über
die Osterfrage (lib. VI c. 17), auf welchen Pseudoanatolius sich
bezogen haben müßte. Die Zumuthung, dies zu glauben, ist stark.
Ein brittischer Schriftsteller, welcher die Rolle des Alexandriners
von 270 angenommen und in mehreren Puncten ein deutliches Be-
wußtsein von dessen Zeitlage verräth, citirt den der jüngsten Ver-
gangenheit angehörigen spanischen Bischof als einen der maiores
seines Alexandriners! Und neben ihm läßt er seinen Anatolius
den Hieronymus citiren, in dessen vielgelesenem Schriftstellerkatalog
Anatolius noch lange nicht die letzte Stelle einnimmt, nicht etwa
unter den Zeitgenossen des Hieronymus, sondern nnter den Schrift-
stellern des 3. Jahrhunderts vorkommt! Und auf welche Schrift
des Hieronymus soll sich Anatolius bezogen haben ? Etwa auf den
pheudohieronymianischen Tractat ^), welcher auch unter den Briefen
des Augustinus steht?
Dazu kommt, daß, wie Krusch S. 313 nachweist, schon Colum-
ban, welcher mindestens zehn Jahre vor Abfassung von Isidor's
Origines gestorben ist, in seinem 5. wahrscheinlich an Gregor von
Kom (f 604) gerichteten Briefe, die Schrift des Anatolius citirt.
Man sollte denken^ damit wäre bewiesen, was man freilich auch
ohnedies aus den Worten des Anatolius hätte schließen sollen, daß
ein anderer Isidorus und auch ein anderer Hieronymus gemeint
seien. Aber die gelehrte Tradition in diesem Puncte zu verlassen,
hielt Krusch S. 312. 314 für so bedenklich, daß er lieber „die
Worte Isidorum et, vielleicht sogar die ganze Parenthese (also
auch die Worte Hieronymum et dementem dico) als späteren Zu-
satz zu streichen" vorschlug und erstere Worte wirklich den beiden
einzigen, recht alten Hss. zum Trotz als unecht in Klammern setzte
S. 317. Dieser Gewaltstreich ist jedenfalls nicht zu billigen, zumal
nicht einmal der Versuch gemacht wird, einen Zweck der Inter-
polation nachzuweisen. Aber gesetzt, es wären diese drei Namen
erst nach Golumban's Zeiten interpolirt worden, wer sollen denn
1) Hierouymi opp. ed Martianay V, 164 „Lectis litteris tuis" =^
August, ep. 55 (ed. Hassan. 1797, tom. II, 169). Weniger naheliegend
ist der psendohieronymianische Tractat Martianay V, 198 (auch z. B. im
cod. St. Gallensis 250 pag. 439 dem Hieronymus zugeschrieben) ^Hodie
fratres carissimi populus Israel et vere homo videns deum". Ueber einen
anderen Paschatractat unter dem Namen des Hieronymus wird weiter
unten zu reden sein.
12*
180 Beilage I.
die von dem angeblichen Anatolius als maiores nostri bezeichneten
Schriftsteller sein? Er nennt gleich darauf im Zusammenhang des
Lobs dieser tnaiores den Origenes, der Alexandriner einen Alexan-
driner. Und einen anderen Sinn kann jenes maiores nostri über-
haupt nicht haben, als daß der Alexandriner ,, Anatolius^ seine und
vielleicht seines Adressaten^) Landsleute älterer Zeit darunter ver-
steht. Er stellt die maiores nostri in Gegensatz zu anderen vor-
her genannten conputarü, welche einen 16- oder 25- oder 30- oder
84jährigen Ostercyclus aufgestellt haben und nicht zum Ziel ge-
langt seien; darunter wird der Kömer Hippolytus namentlich an-
geführt. Also kann maiores nostri nicht überhaupt Kirchensclirift-
steller älterer Zeit bedeuten, zu welchen ja auch Hippolytus und
ebenso auch die quidam Galliae partis conputarii (c. 5 S. 320)
und die quidam rimurii Africani (c. 12 S. 325) gehören, sondern
nur ältere Schriftsteller derselben Kirche oder Kirchenprovinz,
welcher der Verfasser angehört oder anzugehören sich den Schein
gibt. Er will aber der Alexandriner Anatolius sein, und zwei der
vier Namen, welche er in diesem Zusammenhang nennt, Clemens
und Origenes, sind die Namen zweier berühmter Alexandriner. Wie
kann man dann zweifeln^ daß auch die Namen Isidorus und Hiero-
nymus Alexandriner der älteren Zeit bezeichnen sollen? Isidorus
ist ein bei den egyptischen Christen alter Zeit nicht seltener Name.
Um mich auf die vornicänische Zeit zu beschränken, so darf der
Sohn des Gnostikers Basilides als Egypter gelten. Ein Märtyrer
der decianischen Verfolgung in Alexandrien wird in einem Brief des
Dionysius (Eus. h. c. VI, 41, 19) erwähnt. Von diesem ist jeden-
falls zu unterscheiden der Bruder des Pierius. wena auch vielleicht
die Verwechselung desselben mit dem Märtyrer der decianischen
Zeit alt ist (Photius cod. 118 extr. 119 init.). Der echt griechische
Name Hieronymus zeugt wenigstens nicht gegen die egyptische
Herkunft seines Trägers. In späterer Zeit schrieb Procopius von
Gaza seinen 26. Brief an einen Egypter dieses Namens.
Vorstehendes Ergebnis wird auch dadurch nicht verdunkelt,
daß Anatolius von diesen seinen „maiores" rühmt, sie seien im
Resultat ihrer Osterberechnungen genau übereingekommen, licet
dissimilia mensium principia pro diversitate linguae senserunt.
Dabei kann sich's natürlich nicht um den Unterschied lateinischer
und griechischer Sprache handeln, deren sich diese Schriftsteller
i) Die Anrede dessen, für welchen die Schrift abgefaßt ist, findet
sich c. 1 extr. S. 318; c. 13 in. S. 326 (ceterum quod tuae epistolae
suhieceras).
Anatolius über das Pascha. 181
in ihrer ganzen Darstellung bedient hatten 5 denn auch der griechisch
schreibende Autor kann die Termini des römischen Kalenders in
seiner Sprache wiedergeben^). Ein oberflächlicher Schein der Ver-
schiedenheit der Berechnung konnte nicht durch die Verschieden-
heit der Sprache der darstellenden Schriftsteller entstehen, wohl
aber dadurch, daß der Eine egyptische, der Andere macedonische,
der Dritte römische Monatsnamen und Monatsfechnung anwandte.
So ergaben sich dissimilia menstum principia^). Und hiefür war
allerdings die diversitas linguae maßgebend nicht nur insofern,
als die verschiedenen Monatsnamen verschiedenen Sprachen ange-
hörten,, sondern auch insofern, als dem geborenen Egypter, wie
z. B. Isidorus ein solcher gewesen sein mag, mit der angeerbten
Muttersprache zugleich auch die egyptischen Monatsnamen die
nächstliegenden waren*).
Ueber Echtheit oder Unechtheit der Schrift des Anatolius ist
hiemit nichts gesagt. Selbst das wäre möglich, daß die von ihm
citirten Schriften seiner angeblichen Landslente Hieronymus, Isidorus,
Clemens, Origenes nur in der Phantasie eines Pseudoanatolius
existirt haben. Aber wahrscheinlich ist das nicht. Was er über
Victor von Rom, Polykrates von Ephesus, Irenäus, Hippolytus,
über gallische und africanische Osterberechner sagt, trägt histori-
sches Gepräge. Ferner hat Clemens wirklich ein Buch über das
Pascha geschrieben. Aus einer Schrift des Origenes über den
gleichen Gegenstand theilt «unser Anatolius einen längeren Satz
mit. Was von der Echtheit dieses Fragments zu halten sei, ist
eine in zweiter Linie stehende Frage. Die Schrift^ welcher Ana-
tolius es entnommen hat, hat existirt. Cummian in seinem Brief
an Segienus von Hy*) vom J. 634 citirt eine andere Stelle des
Origenes, als Anatolius, dessen Schrift er gleichfalls kennt. Dar-
nach besteht das Vorurtheil zu Recht, daß auch die Schriften des
Hieronymus und des Isidorus über das Pascha, welche Anatolius
meint, wirklich existirt haben. Wenn aber dieser Anatolius im 6.
oder 7. Jahrhundert gearbeitet hat, so erscheint es nicht als ein hoff-
nungsloses Unternehmen, diese Schriften wieder zu suchen. Ich
1) Cf. z. B. schon Ignat. ad Rom. 10, 3.
2) Siehe das dreifache Datum bei dem echten Anatolius £us. VII,
32, 14; der 26. Phamenoth — 22 Dystros = XI kal. Aprilis.
3) Die egyptischen Basilidianer berechneten die Data der Geschichte
Jesa durchaus nach dem egyptischen Kalender Clem. str. I, 146.
4) Migne 87 col. 969—978; das Citat aus Origenes col. 971; Ana-
tolius wird genannt col. 975.
182 Beilage I.
habe auch in dieser Hinsicht nach manchem Suchen^) nur eine
Frage, welche vielleicht Andere zur Beantwortung reizt.
Vallarsi gab zum ersten Mal nach einem cod. Vaticanus 642
fol. 89 einen kurzen Tractat mit dem Titel S, Hieronymi de solem-
nitatibus paschae heraus*). Daß der berühmte Hieronymua nicht
der Verfasser sei, erklärte der Herausgeber mit Recht für selbst-
verständlich, unterließ es aber die doch nicht selbstverständliche
Voraussetzung zu begründen, daß der Verfasser für diesen Hiero-
nymus gelten wolle. Am Schluß der in die Form eines Send-
schreibens gekleideten Abhandlung wird der, auf dessen Bitte sie
geschrieben ist, zweimal venerabilis papa angeredet. Daraus schloß
Vallarsi, daß ein Psendohieronymus den Bischof Damasus als
Adressaten sich gedacht habe. Aber warum drückte dieser seine
Absicht so undeutlich aus? Ohne diese Publication von Vallarsi
zu berücksichtigen, gab Pitra denselben Tractat zum zweiten Mal
nach drei Hss« heraus, welche denselben sämmtlich ohne Angabe
eines Verfassernamens darbieten'). Pitra wollte den Tractat dem
Ende des 2. Jahrhunderts oder dem dritten zuweisen. Spirat in
eo aura quaedam apostolica. Ich erlaube mir vorläufig nur die Frage,
ob dies nicht der Hieronymus sei, auf welchen Anatolius sich be-
1) Nach MoDtfaueon, biblioth. bibliothecarum p. 1336 E enthält ein
cod. 42 S. Martini TuroneDsis folgende Paschaschriften 1) Hieronymi,
2) Cyrilli Alexandrini, 3) Proterii Alexandrini, 4) Anatolii, 5) Philippi.
Es würde sich um den Hieronymus fragen. Das von Gardthausen citirte
Buch: Dorange, Catalogue descriptif et rai^onn^ des mss. de la biblio-
theque de Tours, 1875, ist hier und in München nicht vorhanden. — Der
cod. Monac. 14456 enthält eine Osterschrift mit dem verheißungsvollen
Titel (fol. 8) compotus sei augustini. sei hieronymi, sei ysidori. sei dyo-
nisii, sei quirilli greciae et cetei'orumy aber nicht die Schriften der hier
genannten Autoren, und soviel ich weiß überhaupt nichts über „Hierony-
mus und Isidorus" Aufklärendes. Cf. Docen in Pertz, Archiv für ältere
d. Gesch. V, S. 515-519; Krusch S. 10-12. Ich selbst habe die Hs. nur
flüchtig angesehn.
2) Hieron. opp. ed. Vallarsi (Venet. 1766) I, 1114—1120 als epist 149.
3) Spicilegium Solesmense I, 9—13 cf. Proleg. p. Xf sq. Im Indiculus
codicum vor den Prolegomena werden als Quellen dieses Drucks ein
Cotonnianus (saec. IX), ein Bodleianus (saec. IX) und ein Sorbonicus
(saec. XII) genannt; im Commentar unter dem Text wird der Bodleianus
niemals angeführt. S. noch die Addenda p. 565. Pitra äußert sich nicht
näher Über das Vorhandensein und die etwaige Gestalt der üeberschrift
in den verschiedenen Hss. Sollte das Wort anonymus sich irgendwo
im Titel finden, so könnte das aus Hieronymus entstanden sein, freilich
auch umgekehrt.
Anatolius über das Pascha. 183
ruft. £r findet sich in den drei von Cardinal Pitra benutzten IIss.
mit anderen Paschaschriften, darunter auch mit Anatolius verbunden
(Spicil. I, 565). Die Anrede venerabüis papa^) weist durchaus
nicht auf einen römischen Bischof; paßt an sich auf jeden ehr-
würdigen Geistlichen und insbesondre auf den Bischof von Alexan-
drien, welcher wenigstens vom 3. Jahrhundert an besonders häufig
so genannt wurde ^). Ein alexandrinischer Bischof könnte es also
sein, auf dessen Aufforderung .ein Alexandriner dieses Gutachten
abgefaßt hat^). Die Anrede mit tua Caritas zu Anfang desselben*)
1) In dem cod. Cottonianus findet sie sich nur einmal; es fehlt dort
die Schlußformel ora pro me^ venerabüis papa.
2) Dionysius Alex, bei Eus VIF, 7, 4; Arius in der Anrede an
Bischof Alexander bei Theodoretus b. e. I, 5 ; ebenso die arianischen
Presbyter und Diakonen in der üeberschrift und im Context ihres Briefes
an denselben Alexander (Athanas. de syn. 16 ed. Montfaucon I, 729).
Neunmal hinter einander gibt Epiphanias haer. 68, 9 — 11 dem Athanasins
diesen Titel, während er daneben den Julius einfach Bischof von Rom
nennt. Hieronymus gebraucht im brieflichen Verkehr mit Damasus von
Rom und Theophilus von Alexandrien durchweg die gleiche Titulatur.
Wo überhaupt die eigentliche üeberschrift erhalten ist, lautet sie Bea-
tissimo papae Damaso ep. 36 (vol. I, 160) resp. Theophüo ep. 63 p. 353;
ep. 86 p. 585; ep. 88 p. 536; ep. 99 p. 609; ep. 114 p. 758; die An-
rede in den Briefen an beide Kirchen fürsten regelmäßig heatitudo tua ep.
15, 5 p. 41; ep.16, 2 p. 43; ep.20, 6p.68; ep. 21,1 p.68; ep. 63, i p. 353 ;
ep. 86 p. 535; ep. 88 p. 536; ep. 99, 1 p. 609. 610; ep. 114, 1. 3
p. 758. 760; einmal an Damasns ep. 36, 1 p. 160 sanctüas tua. Einmal
ep. 88 p. 537 ad Theophilum papa amantissime atque heatissime, so
auch ' in der Widmung der Evangelienübersetzung an Damasus zum
Schluß papa heatissime und ep. 102, 3 p. 633 an Augustin sancte et
venerabüis papa. Viel häufiger gebraucht Hieronymus den Titel papa^
wo er zu einem Dritten von dem Bischof von Alexandrien redet (c. Bufin.
III, 16-18 voi. II p. 545 — 548 sechsmal papa Theophilus) oder von dem
von Rom (ep. 88 vol. I p. 537; c. Rufin. IIl, 17. 20. 21. 24 vol. 11, 546.
549. 550. 553) oder- von anderen angesehenen Bischöfen wie Epiphanius
(ep. 82 vol. I, 518; c. Rufin. III, 16 vol. II, 545).
3) Aus den Worten peregrinus civi (Vallarsi p. 1120, cui und tibi
stsitt civi dieHss. bei Pitra p. 13) folgt natürlich nicht, daß Verfasser und
Adressat verschiedener Herkunft sind. Es ist uneigentlich gemeint.
4) Man vergleiche dies tuae caritatis imperio cogente etwa mit Iren. I
praef ayanrjg ^k ^^ag nQOTQsnofiivrjg und Hb. V praef. quemadmodum
postulasti a nobiSy obedientibus tuo praecepto. In späterer Zeit redet nur
der Höberstehende den unter ihm Stehenden mit Caritas tua an , z. B.
Augustinus der Bischof den Presbyter Hieronymus , welcher seinerseits
den Augustin mit beatitudo tua^ dignatio tua und beatissitnus papa titu-
184 Beilage I.
sticht merklich ab gegen das beatitudo itia oder sanctitas tua in
den Briefen des berühmten Hierr)nymus an die papae Damasus,
Augustinus und Theophilus. Von einer Bemühung des Verfassers,
für den großen lateinischen Kirchenvater zu gelten, ist nichts zu
entdecken. Ist der bis jetzt nur in der vaticanischen Hs. des
Vallarsi gefundene Name Hieronymus echt, so bezeichnet er einen
anderen und zwar einen älteren Träger dieses Namens. Es ist ein
Gutachten über die Frage, in wieweit die alttestamentlichen Ge-
setzesbestimmungen in Bezug auf Festtage und Festzeiten dem
Buchstaben nach nicht verbindlich, und in wieweit sie dem Geist
nach zu beobachten seien. Die Antwort ist aber wesentlich be-
stimmt durch den Gegensatz zu solchen, welche dem mosaischen
Gesetz viel mehr verbindliche Kraft zuschreiben als der Verfasser.
So insbesondere in Bezug auf das Pascha. Die Quartadecimaner
im eigentlichen Sinn des Namens werden von der allgemeinen
Kirche wegen ihres Judaismus verurtheilt. Die katholische Kirche
ist einig darin , daß das Pascha nach dem 14. Tage des ersten
Monats nach Eintritt des Sonntags zu feiern sei^). Dabei aber
besteht der Unterschied, daß die Einen sich daran genügen lassen,
nur nicht mit den Juden an der XIV luna selbst zu feiern, wäh-
rend die Anderen zugleich streng darauf halten, daß sie ihr Pascha
nie vor der XIV luna feiern. Letzteres ist zur Zeit des Verfassers
das in der katholischen Kirche vorwiegende, vom Verfasser wie es
scheint bevorzugte Verfahren, aber er behandelt diesen inner-
katholischen Gegensatz und somit auch alle damit zusammen-
hängenden Verschiedenheiten der Osterberechnung als ein Adia-
phoron. Veranlassung und Zweck seiner Abhandlung liegt aus-
schliesslich in dem Bedürfnis einer principiellen theologischen Recht-
fertigung der katholischen Ablehnung des eigentlichen Quartadeci-
manismus. Am Schluß heißt es ausdrücklich: Haec autem a te
postulata sunt et a me dicta propter eos, qui quum /acte Christiani
videantur, per iudaici sensus impietatem corpus Christi, id est
ecclesiam suis schismatibus scindere non metuunt (Pitra p. 13).
Wer diese Schismatiker seien, sagt der Verfasser vorher: univer-
salis ecclesia anathematizat eos qui cum Judaeis in festivitate
lirt Hier. ep. 102 103. 112. 141 p. 632-634. 737. 1065 und dagegen
Augustin ebendort ep. 116, 1 p. 761.
1) Vallarsi p. 1117 ut in primo mense post XIV, diem paschalem
festivitatem praecedente (Pitra p. 11 praecedentem) una sabbatorum cele-
brari sine ulla ämbiguitate censuerit (so auch cod. Sorbon. , censuerint
Pitra im Text).
ADatolius über das Pascha. 185
pascfudi XIV (lunam) celebrari^) definiunt et sabbata et caetera
huiusmodi umbralis^) observantiae. Das ist die Sprache eines
Hippolytus und eines Origenes gegen die Qoartadecimaner*).
Dieser Tractat ist nicht im Streit der Britten und Kömer ent-
standen, ist auch wediBr von dem berühmten Hieronymus, noch
•von einem dessen Maske tragenden Pseudohieronymus geschrieben,
vielleicht aber von einem Alexandriner des 3. Jahrhunderts. Wenn
der Verfasser von der einen Form der katholischen Osterfeier sagt :
quod nunc maxime ecclesia auctoritatem sedis apostolicae sequens
observat^ so meint er damit ohne Frage die römische Kirche; aber
er stellt nicht den Grundsatz auf, daß man ihr folgen müsse, son-
dern spricht nur die Thatsache aus, daß die Auctorität des „aposto-
lischen Stuhles" für den größeren Theil der Kirche auch in
jener untergeordneten Frage maßgebend gewesen sei, in Bezug auf
welche eine von ihm selbst sehr gleichraüthig angesehene varietas^)
im Schoß der katholischen Kirche besteht. Auch das ist vielleicht
unbedenklich, daß ein Alexandriner des 3. Jahrhunderts von der
sedes apostolica ohne Näherbestimmung, statt von der cathedra
Petri^) redet; denn nachdem die kleinasiatische Kirche mit ihrer
Berufung auf Johannes und seine Genossen für ihren Quartadecima-
nismus abgewiesen worden war, blieb die römische Kirche, welche
von Anfang an unter kräftiger Berufung auf Petrus und Paulus
an der Spitze des Kampfs gegen den Quartadecimanismus ge-
standen hatte, als die einzige hier in Betracht kommende sedes
apostolica auf dem Kampfplatz. Die alexandrinische Kirche hat
.auch in späterer Zeit für sich nur das gelehrte Wissen und Können
in diesen Angelegenheiten in Anspruch genommen*).
Die Frage, ob dieser Hieronymus . der von Anatolius rühmend
erwähnte sei, welche ich zu bejahen geneigt bin''), wird man viel-
leicht darum verneinen, weil das, was dem Anatolius die Haupt-
1) So Vallarsi p. 1117 und der Cottonianus, beide aber ohne lunam
davor; lunam exspectart Pitra p. 11 im Text.
2) Vallarsi huius umbralis.
3) Hippel, refut. VIII, 18; Paeudotertull. 22 (Oehler, corp. haeres.
I, 278); in Bezug auf Origenes s. oben S. 37 Anm. 8.
4) So ist ohne Frage mit Pitra p. 11 zn lesen, nicht mit dem Cot-
tonianus und Vallarsi p 1117 veritas, was gar keinen Sinn gibt.
5) So z. B. bei Cyprian epist. 59, 14 ed Vindob. p. 683, 10 cf die
cathedra urhis Bomae ecclesiae im Canon Muratorlanus.
6) Cf. z. B. den nur lateinisch erhaltenen Prologus Cyrilli bei Krusch
S. 338.
7) Einiges Bedenken erregt die Eleganz der Sprache.
186 Beilage I.
Sache ist, die Technik der Osterberechnung, von Hieronymus gar
nicht berührt wird. Wo dieser an den Punct kommt, wo es gälte
die Differenzen, welche nach Verwerfung des Qnartadecimanismus
in der katholischen Kirche geblieben oder entstanden sind, zu
schlichten, bricht er ab mit den Worten: Sed haec deserentes, quia
non est huius temporis per singula discuti, ad spirüalem Intel-
ligentiam mentis aciem convertamus (Pitra p. 12). Der Mann
hatte Recht ; die ihm vorgelegte theologische Frage hatte mit diesen
Differenzen nichts zu thun. Bei anderer Gelegenheit mag derselbe
Verfasser sich auch über diese schriftlich geäußert haben. Schwer-
lich ist aber auch die Anführung der vier Alexandriner bei Ana-
tolius so gemeint^ als ob sie alle schon wesentlich ebenso klug ge-
wesen seien wie er selbst. Er führt sie weiterhin nicht als Auc-
toritäten an, und nur von Origenes, den er durch sein Lob über
alle anderen stellt, gibt er ein wörtliches Citat. Für die Kritik
des Anatolius wäre noch nichts Entscheidendes, aber doch etwas
Bedeutsames gewonnen, wenn die Schriften der älteren Alexandriner,
aufweiche sich Anatolius beruft, wiedergefunden würden, und vollends
dann, wenn die wiedergefundenen Stücke als echt erkannt würden.
Daß die literargeschichtliche Seite der Frage bisher vernachlässigt
worden ist, glaube ich gezeigt zu haben. Den Dunkelheiten und
Fehlgriffen in technisch -chronologischer Hinsicht aber, welche der
liber Anatoli bietet, darf schwerlich ein so großes Gewicht bei-
gelegt werden, wie geschehen ist. Daß Eusebius und sein Nach-
treten Hieronymus von der astronomischen und mathematischen Ge-
lehrsamkeit des Anatolius mit Hochachtung reden, beweist wenig,
da der Maßstab, welchen Eusebius anlegte, jedenfalls nicht der
eines Ideler war. Sodann haben wir es mit einer lateinischen Ueber-
setzung zu thun, deren Rohheit offenbar, deren Entstehungszeit
vorläufig unbekannt, deren Treue unverbürgt, und deren Text noch
vielfach ungewiß ist.
Für die Kritik dieser, aber auch mehrerer anderer Schriften
alten Namens, welche in den Osterstreitigkeiten des 7. Jahrhunderts
und bei Beda erwähnt werden, kommt noch ein Moment in Be-
tracht, worüber ich nirgendwo befriedigende Auskunft finde. Die
zweifellos unechten Acten der Synode von Cäsarea ^) und der liber
1) Auch diese hat Krusch S 303—310 neu herausgegeben und kurz
besprochen. In der historischen Einleitung des Tractats wird die orien-
talische d. h. quartadecimaniscbe Osterpraxis unter Berufung auf die
Erzählung des Eusebius Caesariensis, also auf die Kirchengeschichte des
Ji^usebius, sicherlich nach Rufin's Uebersetzung , kurz geschildert. Der
Anatolius über das Pascha. 187
Auatüli^)^ aber auch die unechten Briefe der römischen Bischöfe
Pius und Victor in der Paschafrage können nur zu einer Zeit ge-
schrieben sein^ wo erstlich der alte Quartadecimanismus der asia-
Verfasser gibt sich also nicht den Schein besonderen Alterthams, will
auch nicht ein griechischer Orientale sein. Vor diesem Satz aber sagt
er, was er nicht aus Eusebius weiß: Nam et omnes Gallii^ quacumque
die VIIL hol, npr. fuisset, semper pascha caelehrabant dicentes; ^^quid
nöbis est a XIV. luna compotum cum Judaeis facere pascha 9 sed staut est
domini natalis, quocumque die evenerit VIIL kal, tan., ita et VIIL kal,
apr.f quando traditur Christi resurrectiOf debemus pascha tenere**. So
soll es seit der ersten EirchengründuDg in Gallien gewesen sein, und hie -
gegen wie gegen den orientalischen Quartadecimanismus soll nun die
auf Pabst Victor's Beirieb gehaltene Synode zu Cäsarea sich erklärt
haben. Die erste größere Hälfte der Acten (Erusch S. 307 Z. 6 v. u.
bis S. 311 Z. 5 V. u.) gibt nur Beweise dafür, daß das Pascha unter
allen UmstaDden an einem Sonntag gefeiert werden müsse. — Das Datum
VIIL kal. apr. (25. März) hat schon Tertallian adv. Jud. 8 für den Tod
(nicht die Auferstehung) Jesu cf. den römischen Verfasser der Qaaest.
ex vet. et novo test. nr. 55 u. 84 (August. XVI, 386. 424 ed. Bassan.).
Die Comblnation mit dem festen Datum der Geburt Christi VIII kal. ian
(25. December) findet sich auch in dem von Routh rel. s. II, 178 nach
Muratori anecd. III, 148 wiederholten und besprochenen unechten Frag-
ment des Alexander von Jerusalem. Cf. Clem. Alex. str. I, 146.
1) Nach der Kritik dessen, was quidam Galliae partis conputarii
adfirmant (c. 5. 6 S. 320 f. das scheint aber nichts anderes zu sein, als
eine gelehrte Vertheidigung der in den Acta Caes. deutlich bezeichneten
Osterfeier am 25. März) fährt Anatolius in gereiztem Tone fort (c. 7
p. 321): Sed Ulis nihil ardui fuity quibus licitum erat omnibus diebus,
quando XIV luna advenisset post aequinoctium ^ pascha caelebrare,
Quorum exemplum sequentes usque hodie omnes Asiae episcopi^ quippe
qui et ipsi ab auctore inrepraehensibile ^ Johanne scilicet evangelista et
pectoris domini accubitore, doctrinarum sine dubio spiritalium potatore,
regulam susciperant^ indubitanter omnibus annis, quando XIV luna ad-
fuisset t et agnus apud Judaeos immoletur, aequinoctio transacto pascha
caelebraverunt etc. Es folgt dann eine stark an Eus. h. e. V, 24 er-
innernde kurze Geschichte des Osterstreits zwischen Victor und Polykrates.
Beachtet man den Unterschied der Tempora adfirmant (c. 5) und licitum
erat (c. 7), so muß man dies doch wohl so verstehen, daß jene Gallier
vormals eigentliche Quartadecimaner gewesen, daß sie als solche dem
von den Zeiten Victors bis in die Gegenwart des Verfassers fortgesetzten
Widerstand des kleinasiatischen Quartadecimanismus Vorschub geleistet,
und daß sie vom Quartadecimanismus aus zu ihrer ebenso verwerflichen
gegenwärtigen Osterfeier gelangt seien. Weniger deutlich ist, ob es nun
jene Gallier oder die kleiuasiatischen Quartadecimaner sind, gegen welche
sich Anatolius nach dem geschichtlichen Rückblick mit den Worten
wendet (c. 8): Illud autem^ quod modo nobis inponunt etc.
188 Beilage I.
tischen Kirchen noch eine im frischen Gedächtnis lebende feind-
liche Macht war, und zweitens in einigen Theilen der gallischen
Kirche eine mit dem Qnartadecimanismus in einem wesentlichen
Princip übereinstimmende Ostersitte herrschte, nämlich die, das
Pascha abgesehen vom Wochentage an einem festen Monatsdatum
zu feiern, freilich mit dem sehr wesentlichen Unterschied, daß die
Gallier einen bestimmten Monatstag des julianischen Sonnenjahrs,
den 25. März, die asiatischen Quartadecimaner einen bestimmten
Monatstag des jüdischen Mondjahrs, den 14. Nisan, als Ostertag
feierten. Die Thatsache dieser gallischen Osterfeier wird auch in
der theils dem Athanasius, theils dem Martinus von Bracara zu-
geschriebenen, aber auch anonym vorhandenen Schrift über das
Pascha^) einleitungsweise berührt, aber als eine bereits völlig der
Vergangenheit angehörige. Es wird nicht mehr nöthig gefunden,
ein Wort der Polemik darüber zu verlieren, sondern bereits als
selbstverständlich vorausgesetzt, daß das Pascha nur am Sonntag
gefeiert werden könne. Man sieht nicht recht ein, warum hier
jener bereits vor längerer Zeit erloschenen gallischen Ostersitte
überhaupt gedacht wird 2). Sie ist zur Antiquität geworden. Das
1) Den Namen des Athänasius trägt sie in dem cod. Ambrosianus
H. 150 Inf. (Krusch S. 206: saec IX), worin sie Murafori zuerst fand und
wonach sie Montfaucon zuerst herausgab (Athanasii opp. II, 741). Die-
selbe Schrift mit abweichendem Anfang und Schluß und in einer wie
es scheint ursprünglicheren Recension enthält ein cod. 83 II der kölner
Dombibliothek, welchen Erusch für seine Ausgabe benutzte S. 195. 328 fif.
Es ist diesem neuesten Herausgeber des Tractats ebenso wie dem ersten,
Montfaucon, und den Herausgebern der Schriften des Martinus von Bracara
und dem gelehrten Monographen über diesen Martinas entgangen, daß
der Tractat des Martinus de pascha (Migne 72 col. 49—52) identisch ist
mit demjenigen des Athänasius in der kölner Recension, worin er keinen
Autornamen trägt. Ueber die Ausgaben des Tractats unter dem Namen
Martinus und die zwei oder drei Hss. , aus welchen sie geflossen s. F.
Caspari, Martin von Bracara's Schrift de correctione rusticorum (Christiania
1883) p. XLVII Anm. 2 cf. p XXVIII A. 1; XXX A. 2. Caspari tritt
für die Abfassung der Schrift durch Martinus ein p. XLVI — L und S. 13
Anm. 13.
2) Der Text nach Erusch S. 329 (ohne sachlich wichtige Abweich-
ungen der beiden von ihm benutzten Hss. und des Textes unter dem
Namen des Martinus) : Scio autem multos scrupulosius interrogare soUtoSj
quare secundum morem Judaeorum ad lunae conputationem diversis tem-
porihus pascha celebremus ^ dicentes rectius sihi videri, ut^ si dominicae
passionis commemoratio agatur^ unum anniversarium natalem (bX. talem,
al. natalis^ al natales) diem ohservemus sicut a plerisque Gallicanis
Anaiolius über das Pascha. 189
gerade Gegentheil gilt von den vorher genannten Schrifiten. Sie
eifern dagegen mit allen Mitteln, unter anderem auch mit dem
Mittel gefälschter Urkunden. Aber auch falsche Urkunden sind
Urkunden. Die Thatsache jener gallischen Ostersitte kann ja nicht
erfunden sein, da wir Schriften besitzen, welche theils gar keinen
anderen denkbaren Zweck haben, als jene Sitte zu bestreiten, theils
diesen Zweck neben anderen mit Nachdruck verfolgen. Letzteres
gilt von den Acten der casareensischen Synode und dem liber
Anatoli. Zu welchem Zweck sollten die Verfasser dieser beiden
Schriften, wenn sie gegen Ende des 6. oder im Lauf des 7. Jahr-
hunderts geschrieben haben, der alten gallischen Kirche zur Zeit
des Victor und des Anatolius diesen Schimpf angehängt und sie zu
Mitschuldigen der kleinasiatischen Quartadecimaner gemacht haben ?
Und warum wird diesen Galliern gegenüber vor allem das einge-
schärft, daß das christliche Pascha nur am Sonntag gefeiert wer-
den dürfe, wenn der damit bekämpfte Brauch, das Pascha an jedem
beliebigen Wochentage . aber an einem festen Monatstag zu feiern,
nicht in Gallien zur Zeit der Entstehung dieser Schriften existirt
bat? Dieselben Fragen ergeben sich bei Lesung eines unechten
Briefs des Pius und zweier oder dreier ebensolcher Briefe des
Victor von liom in derselben Angelegenheit*). Es kann doch nicht
zufällig sein, daß zwei gegen den Quartadecimanismus ankämpfende
Briefe Victors an zwei angebliche Bischöfe von Vienne gerichtet
sind, und daß dem Pius, dessen Paschabrief an alle Kirchen ge-
richtet ist, außerdem gerade auch zwei Briefe an einen Bischof
Justus von Vienne angedichtet worden sind. Die einzige Bestimm-
episcopis usque ante non multum temporis custoditum est, ut semper
VIII. kalendarum aprilium diem paschae celebraverimus (a\. celebrarent)^
in quo die facta resurrectio Christi traditur. Die Worte sicut a pleris-
que custoditum est fehlen nur im cod. Ambrosianas, in der überhaupt
verderbten Recension, welche allein den Namen Athanasius tragt.
1) Der Paschabrief des Pius bei Maosi coli, coocil. I, 672 ; die Briefe
desselben an Justus von Vienne ebendort col. 677. 678. Auf den erst-
genannten Brief und das darin enthaltene Gebot, das Pascha immer nur
am Sonntag zu feiern, beruft sich Pseudovictor (Mansi I, 701) in seinem
Schreiben an Theophilus von Alexandrien (sollte heißen Caesarea) cf.
auch den Liber pontif. unter Victor. In den beiden an die Bischöfe
Desiderius (oder Dionysius) und Paracodas von Vienne gerichteten Briefen
(Mansi I, 704—706) behandelt dieser oder ein anderer Pseudovictor die
Paschafrage so, als ob in Gallien der Quartadecimanismus herrschte, d. h.
dieser Pseudovictor weiß nichts mehr von der wirklichen gallischen Praxis,
gegen welche Pseudopius polemisirt hatte, und misversteht daher die
ältere Fälschung.
190 Beilage I.
ung aber, um derentwillen der Paschabrief des Pius erdichtet sein
kann^ ist die, daß das Pascha am Sonntag gefeiert werden müsse ^).
Nach den Andeutungen der Pabstbriefe und nach den ausdrück-
lichen Angaben der Acta Caesar., des liber Anatoli und der Schrift;
des Martinus von Bracara kann nicht zweifelhaft sein, daß die
Leute, weldurch cheu diese Schriften eingeschärft werden sollte,
daß Ostern durchaus am Sonntag gefeiert werden müsse, in Gallien
zu suchen sind. Als alte gallische Sitte ist dfe unveränderliche
Osterfeier am 25. März auch bezeugt durch ein Calendarium^
welches Mabillon in einer von ihm (a. 1685) auf ein Alter von
1000 Jahren geschätzten, also dem 7. Jahrhundert zugeschriebenen
corbeier Handschrift fand 2). In demselben Zusammenhang machte
Mabillon auf den Bericht Gregorys von Tours über Perpetuus, den
6. Bischof von Tours (von 461 an) aufmerksam. Unter den Festen,
für welche dieser Bischof in der zweiten Hälfte des 5. Jahrhunderts
Vigilien anordnete, werden hinter einander genannt : VI kal. Apr.
resurrectione domini nostri Jesu Christi ad bdsilicam domini
Martini* Pascha in ecclesia^)* Wir haben hier neben einander
ein auf ein festes Datum angesetztes Fest der Auferstehung Christi
und ein des festen Datums entbehrendes, also bewegliches Pascha.
Je widersinniger dies erscheint, um so gewisser ist es*); und es
ist dies nur daraus zu begreifen, daß man nach dem Siege der
römischen Osterpraxis neben dieser doch auch der provincialen
Ostersitte einen Platz glaubte einräumen zu müssen. Es ist das
ein Beweis dafür, wie mächtig die letztere einst in Gallien ge-
wesen war. Die unbewegliche Osterfeier am 25. März ist nicht
auf Gallien beschränkt geblieben. Zur Zeit des Epiphanius fand
1) Of. meinen Hirten des Hermas S. 24 ff. Die schwer begreifliche
Wiederholung des Irrthums, daß dieser Brief auf die bl'ittisch - römischen
Osterstreitigkeiteu Bezug habe, von Seiten Harnack's habe ich Gott,
gel. Ang. 1878 S. 55 beleuchtet und ebendort S. 53 f. nochmals über
das Verhältnis des ältesten Pabstbucbs von 354 zu dem Brief des Pius
gehandelt.
2) Mabillon, De liturgia Gallicana p. 104.
3) Gregor. Turon. bist. Franc. X, 31 (Biblioth. maxima tom. XI, 813).
Mabillon 1. 1. p. 103 gibt an „V kal Aprilis**. Der Abdruck der mir nicht
zur Verfügung stehenden Ruinart'schen Ausgabe bei Migne 71 col. 566
gibt sexto (al. quinto) ohne kritische Note. Das ursprüngliche wird wohl
VIII kal. Apr. sein.
4) Eine treffende Analogie bietet, was Socrates h. e. V, 21 von
dem Novatianer Sabbatius erzählt cf. Hilgenfeld, der Paschastreit S. 388
-394.
Anatolius Über das Pascha. 191
sie sich bei gewissen kleinasiatischen Christen; welche sich dafür
auf die Acten des Pilatus beriefen, worin der Tod Jesu auf VIII
kal. Apr. angesetzt sei^). Wenn Epiphanius sie als eine Abart
der Quartadecimaner behandelt/ so bestätigt er dadurch die Dar-
stellung des Anatolius, welcher nicht nur eine innere Verwandt-
Schaft, sondern auch einen äußeren geschichtlichen Zusammenhang
zwischen dieser Ostersitte und dem Quartadecimanismus behauptet.
Derselben Osterfeier am festen Datum des 25. März gedenkt auch
Cyrillus von Alexandrien 2) , ohne geradezu zu sagen, ob sie noch
zu seiner Zeit irgendwo bestehe, und wo sie bestanden habe. Er
meint, die Vertreter dieser Praxis seien durch die Mangelhaftig-
keit des 84jährigen und 16jährigen Ostercyclus und durch die
davon unzertreunlichen endlosen Streitigkeiten zu ihrer unvernünf-
tigen unveränderlichen Osterfeier am 25. März gedrängt worden.
Cyrillus weiß also, daß diese Osterfeier im Bereich der Herrschaft
jener Ostercyklen d. i. im Abendland aufgekommen sei. Damit
ist auch die Zeit, in welcher sich Cyrillus diese Praxis entstanden
denkt, einigermaßen bestimmt. Der 16 jährige oder (7 X 16)
112 jährige Cyklus ist derjenige des Hippolytus vom J. 222, der
84 jährige Cyklus ist noch im dritten Jahrhundert in Gebrauch
gekommen 3). Auch der Fortgang der Darstellung in CyrilFs Prolog
zeigt deutlich, daß er die Osterfeier am 25. März für vornicänisch
hält*). Dies würde weiter bestätigt werden durch die Schrift des
Petrus von Alexandrien (f 311) an und gegen Tricentius, wenn
wir sicher wüßten, daß dieser IVicentius eine vom Mondlauf völlig
unabhängige Paschafeier gefordert habe^). In der That wird die
1) Epiphan. haer. 50, 1 cf. Acta Pilati in Tischendorfs Evang.
apocr. ed. 2 p. 212 und oben S. 186 f. Anm. 1.
2) In seiuem nur lateluisch erhaltenen Prologus bei Erusch S. 338.
3) Cf. Krasch S. 4. 19 f. Wenn also Anatolius c. 1 (Krusch S. 317)
unter anderem auch dieses Cyklus gedenkt, so fallt er Dicht aus der Rolle
eines Schriftstellers um 270.
4) c. 2. Cum his igitur atque huiusmudi dissensionihus per Uni-
versum orbem paschalis regula turharetur, sanctorum totiua orbis sinodi
consultatione decretum est, ut etc. Damit ist das nicanische Concil ge-
meint.
5) Chron. pascji. ed. Bonn. p. 4 sqq. cf. Hilgenfeld, Der Paschastreit
der alten Kirche S. 352. Nach dem Ton zu urtheilen, in welchem Tri-
centius von der Christianisirung der Egypter redet p. 7. 8, scheint er
selbst kein Egypter gewesen zu sein. Auch sein Name weist eher ins
Abendland. Sollte er, wie Duchesne (Bevue des qnestions historiqaes
XXYIII p. 31 Note 1) vermuthet, identisch sein mit dem Crescentiua
192 Beilage I.
unveränderliche Osterfeier am 25. März überall, wo sie in späterer
Zeit bezeugt oder bestritten worden ist, als ein stehengebliebener
Rest oder als nachhinkende Folge vornicänischer Zustände zu be-
trachten sein.
Was insbesondre Gallien anlangt, so ist es kaum denkbar, daß
diese Praxis dort erst nach dem großen Concil von Arles a. 314
entstanden sei und in weiteren Kreisen der katholischen Kirche
sich verbreitet habe. Als einen ersten hochwichtigen Gegenstand
seiner Berathungen bezeichnete dies Concil die Herbeiführung einer
gleichmäßigen Osterfeier an dem gleichen Tage, und bestimmte,
daß der römische Bischof nach einer bereits bestehenden Gepflogen-
heit den Ostertag überallhin bekannt geben solle'). Wären wir
über die Verhandlungen, welche zu diesem Beschluß führten, näher
unterrichtet, so würden wir auch über den damaligen Stand der
Osterfeier in Gallien unterrichtet sein. Nicht auf Veranlassung
des Kaisers, welcher nur die donatistische Streitfrage in Arles ge-
schlichtet haben wollte, sondern aus eigener Erwägung dessen, was
zur Einheit der nach Rom gravitirendeu abendländischen Landes-
kirchen sonst noch fehle, machte man die Osterfeier zum Gegen-
stand der Berathung. Wenn nach der in Arles getroffenen Ent-
scheidung die durchaus antirömische Osterfeier am 25. März doch
noch in vielen gallischen Kirchen bestanden hat, so ist das nur
einer der vielen Beweise dafür, wie groß der Abstand zwischen
dem officiell und generell Geltenden und der Wirklichkeit und
Mannigfaltigkeit des kirchlichen Lebens in den Provinzen war.
Es fragt sich nur, seit wann und bis wann die Besonderheit der
gallischen Osterfeier am 25. März bestanden hat. Ist der Brief
des Pseudopius bereits von dem Chronographen von 354 benutzt
worden, so ist er vor der Mitte des 4. Jahrhunderts geschrieben.
Er ist jedenfalls zu einer Zeit entstanden, als der Name Hermas,
des Verfassers des Hirten, noch mk einem gewissen Nimbus pro-
phetischer Auctorität umgeben war^). Die Erdichtung von Pabst-
briefen zum Zweck der Bekämpfung der gallischen Ostersitte lag
nahe, seitdem die Beschlüsse von Arles zu Recht bestanden. In
bei Epiph. haer. 70, 9, mit welchem Alexander von Alexandiien eine lite-
rarische Fehde über das Pascha geführt hat, so dürfte man aus dem Zu-
sammenhang bei Epiphanius wohl folgern, daß Tricentius vom Quarta-
decimanismns aus zu seinem Standpunct gelangt sei.
1) Das erste Schreiben der Synode bei Mansi If, 469 > die Canones
nach der besseren Recension bei Hefele, Conciliengesch. (2. Aufl.) I, 205.
2) S. oben S. 189 Anm. 1; S. 190 Anm. 1.
Anatolins über das Pascha. 193
etwas spätere Zeit weisen uns die Acta Gaesareensia. Die
Gründe ; welche die darin bekämpften Gallier für ihre Oster^-
feier geltend machten, setzen voraus, daß die Feier des Weihnachts-
festes am 25. December eine wenigstens im Abendland allgemein
verbreitete war^). Das war sie aber frühstens in der zweiten
Hälfte des 4. Jahrhunderts. Hat ferner der Verfasser dieser Acten
die Kirchengeschichte des Eusebius wahrscheinlich nicht im Original^
sondern in Rufiu's Uebersetzung als Quelle benutzt und citirt, so
schrieb er erst im 5. Jahrhundert. Aber auch nicht später. Die
oben S. 190 angeführten Verordnungen des Perpetuus von Tours
zeigen, daß die römische Paschasitte im l^auf des 5. Jahrhunderts
in Gallien siegreich durchgedrungen war, wenn auch daneben die
provinciale Ostersitte ein gewisses Leben fristete^). Hätte sie im
6. Jahrhundert noch fortexistirt, so müßte ihrer auf der 4. Synode
zu Orleans im J. 541 gedacht worden sein , deren erster Kanon
die Beobachtung der Osterregel des Victorius einschärfte und für
die zweifelhaften Fälle die Entscheidung in die Hände des römi-
schen Bischofs legte. Hat wirklich Martinus von Bracara die auch
dem Athanasius zugeschriebene Paschaschrift um 570 verfaßt, so
dürfen wir seine Angabe, daß bis vor nicht langer Zeit jene gal-
lische Sitte bestanden habe, unbedenklich so verstehen^ daß sie
schon vor dem 6. Jahrhundert ausgestorben war.
Für die Kritik des Anatolius wäre es vor allem wichtig, noch ge-
nauer, als bereits geschehen ist, festzustellen, wann und wie diese gal-
. tische Osterfeier entstanden i$t Ungeschichtlich ist die Vorstellung des
Verfassers der Acta Gaesareensia, daß diese Sitte schon zu Bischof
Victor's Zeiten in Gallien die herrschende gewesen, und daß unter
anderem hiegegen die Synode der palästinensischen Bischöfe Beschluß
gefaßt habe. Wir müssen es dem bestimmten Zeugnis des Eusebius
glauben, daß Irenäus als Wortführer der gallischen Gemeinden in dem
Streit zwischen Victor und Polykrates insofern mit dem römischen
Bischof übereinstimmte, daß er erklärte, nur am Sonntag solle das
christliche Pascha gefeiert werden '). Eben dies bestätigt ein sy-
1) Auch der Januarias, auf dessen inquisitiones Augustinus in ep. 54
und 55 Antwort ertheilt, hatte gefragt, warum man das Pascha Dicht
ebenso wie das Fest der Geburt Christi an einem festen Jahrestag feiere.
Aug. ep. 55 (ed. Bassan. tom. II, 169).
2) Ein Zeitgenosse des Perpetuus von Tours scheint jener von Gen-
nadius v. ill. 69 erwähnte Paulinus gewesen zu sein (cf. Cave bist. lit.
[1720] p. 290), welcher unter anderem einige tractatus de initio quadra-
gestmae und auch einen de dominico paschae geschrieben hat. Sie sind
leider verloren.
3) Eus. h. e. V; 24, 11. Daraus, daß Irenäus an den römischen
Zahn, Forschungen. III. -^ß
194 Beilage L
risches Excerpt aus einem Sendschreiben des Irenäus an einen
Alexandriner „darüber daß es Recht ist, daß wir das Fest der
Auferstehung am Sonntag feiern^)". Weil Eusebius dies wußte
und außerdem gewiß auch die Kanones des Concils von Arelate
kannte ^)y konnte es ihm so erscheinen, als ob alle abendländischen
Kirchen zur Zeit des nicänischen Concils in allem, wesentlichen
.mit der römischen und alexandrinischen Kirche einig gewesen
seien 3). Aber zwischen der Zeit Victors und den Concilien im
Anfang des 4. Jahrhunderts liegt die Entstehung des unveränder-
lichen Osterfestes in Gallien. Durch die Nachrichten über Ireqäus
und durch das Concil von Arles sind die Grenzen bestimmt, |ind
in die Zwischenzeit, in das 3. Jahrhundert verlegt Cyrillus (oben
S. 191) mit Recht die Entstehung jener Osterpraxis. Was aber als
wirklich nachgewiesen ist, wird sich auch als möglich begreifen
lassen. Wenn Irenäus ein treuer Zeuge des .Geistes der jungen
gallischen Kirche war, und wenn wir annehmen dürfen, daß seine
Grundsätze dort von Einfluß geblieben sind, so ist die fragliche
Entwicklung wohl begreiflich. "Irenäus behauptete in dem Oster-
Quartadecimaner Blastus eine Warnung vor Kirchenspaltung richtete (Eas.
h. e. y, 20 cf. Pseudotert. de haer. 22 Oehler, corp. haeres. 1, 278), kann
man nichts über die Stellung desirenäas in materieller Hinsicht schließen.
1) Fragm. XXVII ed. Harvey II, 456 cf. meinen Artikel über Irenäus
Herzoges RE. VII, 133 gegen Harvey. Es kehrt dort der Aasdruck aus
Eus. V, 24, 11 To rijs tov xvqIov dvaOTatfeoig fxvffr^Qiop für die Oster-
feier wieder.
2) Cf. Eus. h. e. X, 5, 23.
3) Eus. de pasch, c. 8 (Mai, Nova P. bibl. IV, 214). Cf. Constant.
epist. bei Eus. vifa Const. III, 19, 1, wo Gallien genannt, aber freilich
nicht unterschieden wird die schon vor dem Concil bestandene und die
durch dasselbe entstandene Uebereinstimmung. Im Schreiben des Concils
an die Alexandriner Socr. h. e. I, 9 werden einander gegenübergestellt
alle Brüder im Orient, welche vormals mit den Juden das Pascha feier-
ten, einerseits und die Römer sammt den Vätern des Concils und den-
jenigen, welche von altersher so wie diese es mit der Osterfeier gehalten
haben, andrerseits. Mit der schon einmal S 191 Anm. 5 citirten Abhand-
lung von Duchesne kann ich hier nicht versuchen, mich beiläufig aus-
einanderzusetzen. Es wird darin mit vielen anderen, meines Erachtens
schon durch Hilgenfeld und Schürer widerlegten Irrtbümern die unhalt-
bare Hypothese verbunden, daß das nicänische Concil es gar nicht mehr
mit dem zwischen Victor und Polykrates verhandelten Gegensatz zu thun
gehabt habe. Duchesne scheint zu meinen, daß er sich durch diese Hypo-
these nur mit einer Tradition moderner Gelehrter in Widerspruch setze,
was doch ein großer Irrthum wäre.
Anatolins über das Pascha. 195
streit der rofnischen Kirche mit der kleinäsiatischen noch deutlicher
als in der montanistischen Bewegung einen Standpunct zwischen
den streitenden Parteien und damit über denselben. Er zeigt sich
grnndsHtzlich frei von der Snperstition, welche sich damals und in
clen folgenden Jahrhunderten auf beiden Seiten und wahrlich nicht
am wenigsten auf der römisch - alexandrinischen zeigte. Wenn er
der römischen Osterpraxis den Vorzug gab, so können ihn dazu
nur Gründe der größeren kirchlichen Schicklichkeit bestimmt haben,
und nicht die Meinung, daß diese Praxis im Gegensatz zu irgend
welcher anderen de iure divino bestehe. Es hängt mit seiner be-
kannten Anschauung vom Abendmahl zusammen, daß Irenaeus für
die große Jahresfeier des Abendmahls, welche den Kern der ganzen
altchristlichen Paschafeier bildete, ebenso wie für jede andere
Abend mahlsfei er den Festtag der Auferstehung Christi, den Sonntag
als die angemessenste Zeit ansah. Eine Nachwirkung dieser An-
schauung des Irenäus wird man darin zu erkennen haben, daß die
Gallier der Folgezeit das überlieferte Datum des Todes Jesu, den
25. März, als Zeitpunct der Auferstehung Jesu festhielten, und
nicht wie jene Asiaten bei Epiphanius und vielleicht auch Tricen-
tius den Tod , sondern die Auferstehung Jesu am 25. März feier-
ten ^). Es ist ferner als eine Bethätigung der dem Irenäus nachzu-
rühmenden Freisinnigkeit und Friedfertigkeit zu würdigen 2), daß man
im Interesse der kirchlichen Zweckmäßigkeit eine Aenderung der
Ostersitte vornahm, nachdem die bisherige sich als eine Quelle
endloser und unfruchtbarer Zänkereien erwiesen hatte. Die Dar-
stellung des Gjrillus ist in dieser Hinsicht durchaus wahrschein-
lich. Aber auch das ist nicht bloß ein Beweis für den Unverstand
der Häreseologen ^), daß man diese gallische Osterfeier am 25. März
in eine verwandtschaftliche Verbindung mit dem Quartadecimanis-
mus der Asiaten gebracht hat. Anatolius ist kein Häreseolog, und
Sozomenus bezeugt, daß eine wesentlich gleichartige Osterpraxis
bei Montanisten oder Pepuziten in Kleinasien sich fand, welche
1) S. oben S. 186 f. Anm. 1; S. 188 f. Anm. 2 (der dies natalis in
uneigentlichem Sinne ist der Anferstehungstag, woneben aber als neben-
sächliches Moment das Gedächtnis der Passion festgehalten wird); S. 190
Anm. 2. 3. Für diese fast aasschließliche Betonung der Auferstehung
cf. auch Eucherius instract. II, 8 iMigne 50 col. 818). Andrerseits cf.
S. 186 f. Anm. 1 am Ende; S. 191 Anm. 1.
2) Bezeichnend für den Geist der gallischen Kirche im 5. Jahrhundert
in dieser Beziehung ist die Erzählung des sogenannten Praedestinatns
c. 29.
3) So Hilgenfeld a. a. S. 375 in Bezug auf Epiphanius.
13 *
196 Beilage I: Anatolius über das Pascha.
jedenfalls vom Quartadecimanismns ausgegangen waren ^). Aus der
Haltung des Irenäus im Osterstreit folgt wahrlich nicht ^ daß es
zu seiner Zeit dem Quartadecimanismus ganz an Boden und Sym-
pathien in Gallien fehlte. Bei der Innigkeit der Beziehungen zwi-
schen der gallischen und der kleinasiatischeu Kirche müssen wir
das Gegentheil annehmen; und solange man den Grundsätzen des
Irenäus treu blieb, war kein Grund vorhanden so, wie es Uippo-
lytus und die Alexandriner thaten, über die quartadeci manische
Kirche Kleinasiens als eine halb häretische und ganz schismatische
zu urtheilen. Der Verkehr zwischen Kleinasien und Galliien wird
nngeschwächt fortbestanden haben. Dann kann man aber auch die
gallische Osterfeier am 25. März als eine Art vonCompromiß zwischen
Quartadecimanismus und römischer Ostersitte verstehen. Man wollte
nichts wissen von den künstlichen Berechnungen und den damit
gegebenen Zänkereien, welche auf römisch - alexandrinischer Seite
unvermeidlich schienen ; man wollte auch nicht einfach zurückkehren
zu der quartadecimanischen Praxis der asiatischen Mutterkirche;
aber man wollte wie diese unbeirrt durch das wechselnde Monatsdatum
der Wochentage alljährlich an einem bestimmten Kalendertag das
Fest der neu testamentlichen Erlösung feiern. Man entging dem
Vorwurf des Judaismus, unter welchem der Quartadecimanismus
unaufhörlich zu leiden hatte; indem man statt des jüdischen 14.
Nisan den römischen 25. März wählte, an welchem nach einer für
glaubwürdig geltenden Ueb erlief erung Jesus gestorben oder, wie
es nun bald in Gallien hieß, auferstanden sein sollte.
Von diesem Versuch der Erklärung ist die Thatsache völlig
unabhängig, daß das unbewejgliche Osterfest der Gallier etwa um
die Mitte des 3. Jahrhunderts aufgekommen, auch nach dem Goncil
von Arles noch ein volles Jahrhundert lang ein Gegenstand leb-
hafter Bestreitung geblieben ist und bis zum Ausgang des 5. Jahr-
hunderts ein gewisses Leben gefristet hat. Der liber Anatoli kann
nicht nach den Zeiten eines Perpetuus von Tours geschrieben sein,
wohl aber um 270, wenn es nämlich gelingt, die technisch-chrono-
logischen Absurditäten , welche die Kenner darin gefunden haben,
in befriedigender Weise zu erklären oder sie einem unwissenden
Uebersetzer des 5. Jahrhunderts aufzubürden.
1) Sozomenus b. e. VII, 18 extr. Sie feierten ihr Pascha stets VIII
id. April (6. April), auch wenn dies ein Sonntag war. Für die letzteren,
von Hilgenfeld S. 396 Anm. richtig verstandenen Worte ist eine bequeme
Parallelstelle im Praedestinatas c. 29.
Beilage II: Hieronymus Graecas. 197
II. Fragmente eines lieronymus Graecns.
Hat es vor der Zeit des Anatolius in Alexandrien einen theo-
logischen Schriftsteller Hieronymus gegeben, so gewinnt dadurch
alles Griechische; was unter dem Namen eines Hieronymus erhalten
ist, ein erhöhtes Interesse. Zwar von denjenigen Stücken, welche
Fabricius bibl. gr. ed. Harles IX, 295 s<][q. besprochen hat, und
welche man bei Migne tom. 40, 845 — 866 zuzammengestellt findet,
scheint nichts jenem alten Alexandriner anzugehören. Dagegen
zeigen einige meines Wissens bisher nicht gedruckte Fragmente
unter dem Namen Hieronymus, welche ich aus dem Goislinianus 10
und dem Goislinianus 187 excerpirt habe, das Gepräge einer alter-
thümlichen Theologie und verdienen wohl gedruckt zu werden. Der
Göslin. 10, von mir als A bezeichnet, nach Montfaucon, bibl.
Goisl. p. 57 aus saec. X, enthält eine Psalmencatene ; der Goisl.
187, welchen ich B nenne, nach Montfaucon 1. 1. 244 saec. XI vel X,
ist ein Psalterium mit spärlichen Scholien am Rande. Drei Scholien
in B fol. 22». 38». 146 »> haben die Beischrift 7«^« WjiiOi; ') ngeff-
ßvrigov, davor an der ersten Stelle noch (TxoXiop» In A steht vier-
mal fol. 101». 262». 263». 341^ ein bloßes 7€^covt;|ti0t; am Rande.
Die Scholien in A und B sind nur theilweise identisch.
1. B zu Psalm 33, 16 (LXX otp^aX^kol xvgiov inl dixalovg
xtX): o vlog xal ro nveviia %6 ayiov. iXog de oq>&aX(ß,og i(n$p
dg %ä napta iq>OQtop,
2. A und B zu Psalm 44, 7 (LXX o &Q6pog (Tov o &edg
xtI,): &q6vog inl &€ov ^ ßatnlela avtov eXq'qTai, qdßdog de ^)
3. A zu Psalm 98, 1 (LXX o xad'fjfAevog ini tcSp x^Q^^ß^f*
xtX, ) : xa&idqap Xiyei to kdqdtov xal ndy$op xal dffdXevTOP
T^$ ovclag adzov xa) i^ovfflag.
4. A zu Psalm 98,5 (LXX nqotTxvpehe t^ vnonodiif xrA.):
vftonodiop &€ov fj näca %rig xTlcremg vnoxayti elqtixai* xipeg fiep
xe^aXfjP Xq$(Jtov zifp ^eoTfixa Xiyovtnp, vnonodiop de t^p (loq-
fp^p TOV dovXoVj ^p SpedvffaTO' . oi ydq nodeg %iip dovXeiap
crfi(Jbalpov(T$p.
5. A und B^) zu Psalm 119, 73 (LXX al x^^Q^^ ^^^ inol^-
1) Zweimal ^ligovvjuiov geschrieben.
2) Statt ^aßdog ik in B ein auf dies Wort im Psalmtext verweisendes
Zeichen.
3) In B finden sich alle diese Sätze außer dem oben im Text ein-
geklammerten Schluß, aber in anderer Ordnung, nämlich zuerst /£i(»€c
(ohne 6k) d^eov — votiUov^ darauf äXXri' olog Sk 6 S-ebg — Siegevray,
endlich nach einem trennenden Strich: ro dwatixov — iv€Qystav4
198 Beilage 11 u. III.
(Tay fie xal mlaaap fjL€ ttrl.): To ayvtnixop f^g ipeqyBlag av-
Toß CTfiiialyei xal dfniioVQYixijP it^iQyeiap. olog^) niv yaq o ^eog
XbIq iatiy Ag tä navva duqevvcavy x^^Q^^ ^^ S'cov 6 vlig xal
TO Syiov nveviia, d$' dp vd navxa, /juiXiCTa de tov äy&Qanov
idtiiiiotQyficrev. xal %d (lip^) i^inol^trev^^ yo^treig xal inl %^g
tpvxfig ^^^ ^^^ <7oofAa%ogy noiijfAa yäq d'eov äfAq>6t€Qa, to de
„CT^ao»!/'' inl toi trdiiatog vofiTiov. \tä *) xäq aXXa ndvxa
Xoyif dfifjtiovQy^ffag, inl zov äv&qfinov g>ij(rl' noi^troofiev äp&qai-
nop, Xiy(OP vltf %tp (jbOPoyeT xal npevfiati ayl(f, ovg pvp ixdXstre
Xtitqag, xeltai de tovto xal naq^lAß %d q^xop^ Xiyei de lo fj^ep
,sinoiil(rap^^ inl tfJvxiigy ^o de „enXaaap*^ inl vov (nifiatog].
Daß vorstellende Sätze nicht etwa aus einem verlorenen Werk
des Hieronymus Stridonensis excerpirt und ins Griechische über-
setzt sindy wird keines Beweises bedürfen. Dagegen ist es wahr-
scheinlich, daß wir Bruchstücke eines alexandrinischen Werks des
3. Jahrhunderts vor uns haben. Es braucht nicht gerade ein
Psalmencommentar gewesen zu sein. Die Sätze 1 und 5 erinnern
lebhaft an bekannte Stellen des Irenäus ^).
III. Nachlräge zu Theophilag.
Seit dem Erscheinen des zweiten Theils dieser Forschungen
hat A. Harnack ^) in die Untersuchung des Gegenstandes, mit wel-
chem sich vor mir Niemand ernstlich beschäftigt hatte, ein neues
Element eingeführt, welches aller Beachtung werth ist. Was mir
trotz manchen Suchens zu finden nicht gelungen war, ist ihm durch
einen beneidenswerthen Zufall in die Hände gerathen: eine alte
lls. des Evangeliencommentars, welcher uns bisher als ein Werk
1) So B, oXiog A.
2^ fi^p fehlt in B, ebenso das rijg vor ^ffvx^g, und d-sov vor dfnpoje^a.
3) Das von hier an Folgende Ist in A, wo es allein erhalten ist,
durch das die verschiedenen Schoiieo von einander trennende Zeichen
vom Vorigen getrennt. Ein Aatorname ist nicht beigeschrieben. Die
innere Verwandtschaft mit dem Schollen des Hieronymus springt in die
Augen.
4) cf. Iren. V, 6, 1; IV, 20, 1 p. 253. 299 Massuet (Sohn und Geist
die Hände und Werkzeuge Gottes bei der Menschenschöpfung), und
andrerseits Iren, f, 12, 1; II, 13,9 p. IBO. 131 Massuet (Gott ganz Auge,
Ohr u. 8. w).
5) Texte und Untersuchungen I, 4 (1883) S. 97—175 cf. Theol. Ute-
raturi. 1883 col. 487.
Nachträge zu Theophüns. 199
des Theopbilus Überliefert war. Weder der siegesgewisse Ton, in
welchem diese £ntdecknng der Welt verkündigt worden ist, noch
die wunderlichen Redewendungen, welche sich Harnack auch dies-
mal wieder meiner Person gegenüber gestattet hat; werden^ denke
ich, der Kaltblütigkeit meiner Prüfung des Neuen, was er bringt,
Eintrag gethan haben. Wenn allerdings der ehemalige Freund
trotz aller freundschaftlichen Andeutungen, an welchen es von An-
fang an nicht gefehlt hat, und trotz so wohlbegründeter Warnungen,
wie sie ihm schon sein Amtsvorgänger Keim ertheilen mußte, noch
immer nicht lernen will, ein wenig maßvoller über Andere und
vor allem Über sich selbst zu urtheilen, so kann es im Interesse
der öffentlichen Sicherheit bald einmal geboten erscheinen, die
Mittel und die Leistungen, durch welche dieser Recensent von Pro-
fession so groß geworden ist, einer öffentlichen und gründlichen
Prüfung zu unterziehen. Für heute beschränke ich mich in dieser
Hinsicht auf wenige für die sachliche Würdigung der Harnack'schen
Arbeit lehrreiche Bemerkungen. Im Jahre 1876 kündigte ich ge-
legentlich^) eine Abhandlung an, in welcher bewiesen werden
sollte, daß der unter dem Namen des Theophilus von Antiochien
oftmals gedruckte Commentar Uebersetzung eines griechischen Ori-
ginals, und daß diese Uebersetzung schon von Hieronymus, Am-
brosius und anderen Lateinern gelesen worden sei. Da auf dem
Generaltitel jenes Werks Hariiack's Name über dem meinigen
steht, so ist wohl anzunehmen , daß ihm jene kühne Behaup-
tung nicht ganz unbekannt geblieben ist. Nachdem ich mir
i. J. 1881 erlaubt hatte, die Ankündigung zu wiederholen ^),
erklärte Harnack, mit Rücksicht auf meine Absicht seinerseits
auf eine Besprechung des Commentars verzichtet zu haben, und
ließ dabei das Urtheil fallen, daß das Werk des Theophilus hier
besten ITallcs in einer Umarbeitung des 5. Jahrhunderts vorliege ^).
Am 16. März 1883 hatte Harnack, wie ich urkundlich beweisen
kann, den ersten Abschnitt des 2. Theils der Forschungen (S.l— 28);
welcher das ganze Geheimnis enthüllt, bereits gelesen und hatte „das
beste Zutrauen^ zu meiner „Hj'pothese*)." Vor dem 19. Mai 1883
1) Ignatii et Polycarpi epistolae etc. (Lipsiae 1876) p. 329.
2) Forsch. I, 8 Anm. cf. S. 10 f.
3; Texte u. Unt. I, 1. 2 S. 289. Die Vorrede des Doppelheftes ist
im November 1881 geschrieben.
4) Texte I, 4 S. 157 ist diese Thatsache nur noch in sehr abge-
schwächter Gestalt ausgesprochen. Der Misbrauch des Worts ,,Hypoihese'*
kehrt in diesem Hefte mebrmals und auch in der Literaturz. 1883 col.
200 Beilage III.
war, wie uns Harnack (Texte I, 4, .159) versichert, das ebendort
S. 99 — 158 gedruckte Todesurtheil über meine Arbeit bereits nie-
dergeschrieben. Wer wird nicht die Schnelligkeit bewundern, mit
welcher Harnack zu lernen , umzulernen und zum Lehren des
eben Gelernten überzugehen weiß. Es möchte aber doch für den
Fortschritt der Wissenschaft nützlich sein, daß andere Leute ein
wenig schwerfälliger sind.
Nicht eine Hypothese hatte ich aufgestellt, sondern die damals
allein vorliegende, durch dieEditio priueeps von 1575 ^) vertretene
Ueberlieferung hatte ich gegen eine bis dahin der ausreichenden Be-
gründung ermangelnde Hypothese vertheidigt, und zwar mit Grün-
den, welche dadurch nicht verächtlich geworden sind, daß Harnack
sie zum weitaus größten Theil mit dem Stillschweigen der Ver-
achtung straft. Wenn er meine Beweise mehrfach als exegetische
zu discreditiren sucht; so berührt er damit allerdings einen wich-
tigen Gegensatz der Methode. Irre ich mich nicht, so habe ich
mir Harnack's Zorn hauptsächlich dadurch zugezogen, daß ich ihn
seit Jähren manchmal in schonendster Form auf Fehler in der
I^ritik aufmerksam gemacht habe, welche theils daher rühren^ daß
ihm das für einen Patristiker nun einmal unerläßliche Maß von Kennt-
nis des Griechischen abgeht^ theils daher, daß er aus Mangel an
exegetischer Neigung und Uebuug die Gedanken der alten Autoren
nicht in ihrer Eigenthümlichkeit und im Zusammeuhang ihrer Ge-
sammtanschaunng zu erfassen versteht ^). Aber es bleibt, doch
489 wieder. Durch solche BegriffsverwirruDg wird man den Thatbestand,
wie ich ihn in den Forsch. II, 17 ff. darstellte, nicht verdunkeln. Auch
die Darstellung der früher herrschenden Meinung bei Harnack S. 99 ist
unrichtig.
1) So und nicht 1576, wie ich Forsch. II, 14, 17 angab. Sämmtliche
8 Bände der ersten Auflage von de la Bigne's Sacra bibliotheca sancto-
ram patrum tragen die Zahl 1575. Im J. 1576 erschien , gleichfalls in
Paris, ein zweiter Druck. Bei nochmaliger Vergleichung meiner Aus-
gabe mit der wirklichen Princeps bemerkte ich abgesehen von drei
Druckfehlern der Princeps (redineret p. 33, 7 m. Ausg., credenitum p.
36, 5; contingerit p. 5t, 8) und von deu Druckfehlern bei mir (p. 55, 8
soll heißen tertiae; 81,1 spiritales; 81, 15 An m. ^m statt quia) folgende
fehlerhafte Angaben über den Text der Princeps : Sie hat p. 43, 4 ahitei-
amus, nicht obiciamu9*y p. 53, 16 decem ohne milia; p. 76, 8 ac statt id
est\ p. 76, 10 adventu,
2 ) Ich bitte mich nicht so zu verstehen, als ob dies eine Aufzählung
der Puncte sein solle, in welchen ich. von H.'s „Methode** grundsätzlich
abzuweichen mich bemühe. Es wäre dann vor allem zu nennen. H.'s
Nachträge zu Theopbilas. 201
wahr, daß in Sachen der historischen Kritik nicht die brutale Ge-
walt unverstandener Thatsachen^ sondern das Zeugnis der richtig
ausgelegten Quellen entscheidet. Wir irren alle; aber ein schlimmster
Fehler wäre es, die persönliche Unfähigkeit zu einer Kegel für
Andere zu machen. Ist das Ergebnis meiner Untersuchung durch
das unerwartete Auftauchen eines damals unbekannten Factors als
irrig erwiesen , so werde ich nicht der Letzte sein, der dies ein-
sieht, und wüßte nicht, was mich abhalten sollte, es auszusprechen.
Wenigstens habe ich durch meine bisherigen Arbeiten Niemandem
das Becht gegeben, mir den Aberglauben an meine „Unfehlbarkeit'^
beizumessen. Wenn nur die Sache so einfach läge, wie Harnack
uns glauben machen will ! Die Frage ist verwickelter geworden,
aber entschieden ist sie nicht.
I. Die brüsselerHs. 9850 — 52, welche Harnack zuerst für das
vorliegende Problem verwerthet hat *) , enthält in ihrem letzten
Theil unseren Commentar. Es gehen voran 1) Yitae patrum, 2) Ho-
miliae Caesarii, 2) eine Vorbemerkung zu dem Decretum Gelasii
de recip. libris, 4) statt des hiemit angekündigten Stücks auf 4,
an Stelle von 3 ausgerissenen Blättern »päter eingesetzten Blättern,
Chronologie des kirchlichen Denkens und Sprecbgebrauchs. Wahrheiten,
wie sie H. Beuter Ztschr. f. Eircheng. IV, 509 vorgetragen hat, kennt H.
gar nicht, obwohl ich ihm selbst wesentlich dieselben gelegentlich auch
schon sehr dringend ans Herz gelegt habe z. B. Gott. gel. Aug. 1876 S.
1435. Ein classisches Beispiel der Früchte seiner dogmenhistorischen Chro-
nologie gibt H. Texte I, 3, 14 Anm. 29: Daß in einer Schrift die von
Clemens AI. und Origenes aus dem Protev. Jacobi entnommene und gie-
billigte Lehre von der unverletzten Jungfrauschaft Maria's (oben S. 96
Anm. 15) vorkommt, ist fUr H. ein entscheidender Grund gegen die Ab-
fasBung der Schrift vor dem Anfang des 5. Jahrhunderts. Dazu kommt
noch, daß H. 1. 1. 46 denselben Origenes, welcher jene Lehre gebilligt
hat (Delarue III, 463), durch Misverstand einer anderen Stelle (III, 947)
als Zeugen dagegen anführt. Weitere Beispiele kommen weiter unten
zur Sprache.
1) S. die theils auf Autopsie, theils auf dem Bericht des Herrn
Delisle beruhenden Mittheilungen in den Texten u. UnterB. I, 4, 159 - 1 67.
Ich bezeichne im Folgenden die brüsseler Hs. nach Hamack's Vorgang
durch M, die Editio Princeps wie früher durch P, meine Textausgabe
und den Commentar selbst durch T, den ganzen 2. Theil meiner Forsch-
ungen durch F. II, meinen Kritiker durch H., den Hieronymus durch Hi.
Die Väter sind nach den F. II, 30 verzeichneten Ausgaben citirt, der
nachher oft zu citirende Augustinus nach der sogen. Editio Veneta tertia,
Bassani 1797— 1807 (letztere Zahl trägt der 1. Bd. tndnös Exemplars,
Bd. II— XVIII dagegen 1797).
202 Beilage III.
noch eine Homilia Oaesarii. Die hierauf folgenden Blätter (fol. 144
— 176), welche den T enthalten, gehören nach dem ürtheil Delisle's
dem Bande ursprünglich an, sind aber nicht von derselben Hand
geschrieben wie Nr. 1 — 3. Der Titel der Hs., wonach ein Abt
Nomedius von Soissons um 700 sie hat schreiben lassen, bezieht
sich nur auf Nr. 1 und 2. Es ist also ungewiß, ob auch die Ab-
schrift von T im Auftrag und zu Lebzeiten jenes Nomedius ange-
fertigt worden ist. Die Aehnlichkeit der Schriffcztige und der
Malereien mag ungefähre Gleichzeitigkeit beweisen; es können aber
auch leergebliebene Blätter später von einem Unberufenen ausge-
füllt sein. T trägt hier keinen Verfassernamen an der Stirne.
Zwar könnte ein solcher auf dem letzten jener 3 Blätter gestanden
haben, welche vor fol. 144 ausgerissen sind; und gewiß hat H.
darin Recht, daß vor den Worten Incipit prologtts, womit fol. 144»
beginnt, ein Titel gestanden haben wird ; aber es ist sehr fraglich,
ob sich der Verfasser dort genannt hat ^). Für uns ist es ein
Anonymus, welcher in einem bisher unbekannten Prolog gewissen
ungenannten Freunden mittheilt, daß er^ ihrer Aufforderung folgend,
eine geistliche Evangelienerklärung, eine Blüthenlese aus älteren
Auslegern zusammengestellt habe. Angesichts dieses ehrlichen
Selbstzengnisses bleibt mir nach H. 169 nur „der verzweifelte Aus-
weg übrig, den Prolog Mr ein durch Zufall hieher verschlagenes
Stück zu erklären." H. scheint nicht zu bedenken, daß es auch
unechte Prologe gibt, und zwar recht viele und recht alte. In der
Fuldaer Hs. der Vulgata, welche a. 546 im Auftrag und unter der
speciellen Aufsicht des gelehrten Bischofs Victor von Capua geschrie-
ben wurde, steht vor den katholischen Briefen ein Prolog (ed. Ranke
1) Der Beweis für die völlige Anonymität des Werks, welchen H.
162 f. aus der Anonymität der Unterschriften der einzelnen Theile und des
Ganzen entnimmt, ist wohl nicht ganz sicher s. oben S. 83. 86. 92 die
Unterschriften der Adumbrationes ; die Ueberschriften haben dort aller
dings ein eiuadem.
2) Die wenigen Sätze mögen hier nach H. 166 f. wiederholt werden :
Incipit prölogus: Apis fauos de omnigenis floribus aperatur eosque melle
lapso caelitus replet et in fraglantibus ceris fetus edit ore secundOf haut
ego famulus dei hortantibus vobis In evangelii interpretatione tractatoribus
defloratis opusculum spiriiale composui, quod ecclesiasticum gignat exa-
Wien, invidorum amara conloquia velut gryneas taxos effugiens, Nectar
quoque in eo est divina adspiratione dulcissimum. Hoc si quis audebit
reprehendere^ spicula sentiet propriis operata vulneribus, quia obtrectans
propositi sui potest affectum prodere , non tarnen sttidium devotionis
auferre.
Nachträge zu Theophilus. 203
J>. 399), welcher, wie schon der Name Eustochion zeigt, von Hi.
verfaßt sein^ will, obwohl er den Namen des Hi. nicht trägt. Dieser
Prolog stammt weder von Hi., noch paßt er zu der Fuldaer Hs. ;
denn er ereifert sich für die drei himmlischen Zeugen in 1 Jo. 5,7,
welche Hi. noch nicht gekannt hat, und welche die Fuldaer Hs.
p. 426 nicht enthält. Dieser Prolog ist mit Absicht dahin gestellt,
wo er steht, und paßt doch zu dem nachfolgenden Text wie die
Faust aufs Auge. Es wurde oben S. 129 der Prolog des „Hiero-
nymus" zum Commentar des Yictorinus über die Apokalypse er-
wähnt. Darin beschreibt dieser Hi. genau, wie er bei der Inter-
polation des alten Oommentars verfahren sei. Der Prolog ist auch
von stattlichem. Alter. Ambrosius Ansbertus und Alcuinus haben
ihn gelesen. Ohne meine Ansicht hier zu entwickeln, möchte ich
nur wissen, ob H. diesem Prolog glaubt, und ob er ihn für ein
Werk des Hi. hält, wofür er sich unzweideutig ausgiebt. Die von
H. (Texte I, 3 S. 15 — 44) wieder herausgegebene „Altercatib Si-
monis et Theophili^ beginnt nach den»beiden einzigen jetzt nach-
weisbaren Hss. mit einer kurzen Zuschrift, welche in der Editio
princeps fehlt; und dieser kleine Prolog hat in der einen dieser
Hss. außerdem noch eine förmliche Adresse. War es nun wohl
ein Act der Verzweiflung, daß H. (I, 3, 88 cf. S. 15) diesen Prolog
sammt den Namen in der Adresse als eine unechte Zuthat aus-
schied und zwar "hauptsächlich darum, weil „die Einleitung gar
nicht mit dem Inhalt der Schrift selbst zusammenstimmt^? Wie,
wenn es sich mit dem brüsseler Prolog ähnlich verhielte?
Die Brüsseler Hs. ist von respectablem Alter, und H. mag nicht
soweit am Ziel vorbeigeschossen haben, .wenn er den Prolog um
500 entstanden denkt (S.170. 174). Die Sprache ist eine inschwülstige
Prosa aufgelöste Poesie. Man wird an die Prosa der gallischen Dichter
des 5. und 6. Jahrh. erinnert. Wäre der Prolog im 6. Jahrb. entstan-
den, so wäre er doch immerhin 3 Jahrhunderte jünger als die ersten
Spuren vom Vorhandensein des T, welche ich nachgewiesen zu
haben meinte. Es ist aber auch heute noch erlaubt zu fragen, ob
meine Beweisführung nicht zu einem im wesentlichen richtigen Ziele
igeführt hat ; denn M stellt nur einen Zweig der Ueberlieferung dar,
dem eine andere durch die Editio princeps und deren handschrift-
Grundlage (P) vertretene Ueberlieferung widerspricht. Mag der Prolog
in M von Haus aus anonym gewesen sein oder nicht, den Namen
Theophilus, welchen P statt des Prologs darbietet, kann, wie sogleich
näher zu zeigen ist, der Prolog nicht getragen haben. Es hängt
von den sogenannten iQneren Gründen ab, ob man dem namenlosen
Prolog; oder dem ohne den Prolog überlieferten Namen Theophilus
204 Beilage III.
zu glauben hat. H. faßt seine negativen Ergebnisse in den Satz:
„Mit dem Evangeliencommentar des Theophilus, dessen Existenz
nur durch Hi. bezeugt ist, hat das abendländische Sammelwerk
sehlechterdings gar nichts zu thun".^) Die Sache ist zu wichtig,
als daß ich meine gegentheilige Ueberzeugung und manche Gründe
für dieselbe^ w eiche erneutes Nachdenken und fortgesetztes Studium
an die Hand gegeben haben, verschweigen dürfte.
n. T theilt mit dem durch Hi. bezeugten Evangeliencom-
mentar nach einer, wir wissen noch nicht, wie alten Ueberlieferung
außer der Species literarischer Production den Namen des Ver-
fassers. Nun wäre es ja an sich möglich, daß irgend ein anderer
Theophilus späterer Zeit gleichfalls einen Pjvangeliencommentar
gesrhrieben ^) und auch den brüsseler Prolog verfaßt hätte. Es
wäre auch möglich, daß ein Gallier um 500 den Namen Theophilus
im Sinn einer harmlosen Allegorie sich beigelegt hätte. Salvian
schrieb unter dem angenommenen Namen Timotheus ein umfang-
reiches Werk und vertheidjgte sich gegen den Verdacht apokry-
phischer Fiction durch Berufung auf das Beispiel des Lucas, dessen
Theophilus auch keine wirkliche Person, sondern die Liebe zu Gott
bezeichne.^) Ein Gallier Vincentius schrieb unter dem Namen
„Peregrinus'' gegen die Häretiker.*) Sehr unwahrscheinlich aber
ist diese Möglichkeit schon darum, weil T den Namen Theophilus
da trägt, wo der Prolog fehlt, und weil diesef Name wenigstens
thatsächlich da fehlt, wo der Prolog steht. Namen und Prolog
scheinen ihre Unverträglichkeit selbst zu bezeugen. Ausgeschlossen
aber ist jede ähnliche Annahme dadurch, daß T jenen großen Ab-
schnitt vollständig enthält, welchen Hi. im Brief an Algasia aus
dem Commentar des Theophilus von Anjbiochieu mitgetheilt hat.
Auf der richtigen Erkenntnis, daß dies nicht ein zufälliges Zusammen-
treffen sein könne, beruhte die von mir bekämpfte Hypothese, daß
ein Schriftsteller etwa des 5. Jahrhunderts jenen Abschnitt aus Hi.
abgeschrieben und gleichzeitig seinem wesentlich compilatorischen
Werk den Namen Theophilus gegeben habe, um dasselbe für den
1) Th. LZ. col.488. In den „Texten** S. 138 fehlen noch die Worte:
„schlechterdings gar**.
2) Diese Möglichkeit deutet Th. Kihn an in der Liter. Bundschau
1883 col. 754: „Die 4 Bücher des Theophilus, sei es eines wirklichen,
fingirten oder vermeintlichen **.
3) Salviani ad eccles libri quatuor 1, 1 cf. ep. IX besonders § 17^20
ad. Vindob p. 217» 222, 224. Erinnert sei auch an die fingirte Person
des Theophilus in der Altercatio des Euagrius.
4) Gennadius de vlris ill. 65. . ^
Nachträge za Theopbilas. 305
,voh Hi. rtihmlicb erwähnten Commentar auszugeben. Diese Hypo-
these scheint Niemand mehr vertheidigen zu wollen. T soll ein
Cento ') sein, eine barmlose Compilation, deren Entstehungsweise
der Verfasser in seinem blumenreichen Prolog unverblümt
bekannt gegeben hat; erst ein halbgelehrter Schreiber des Mittel-
alters soll den Namen Theophilus vorgesetzt haben, weil er den
betreffenden Abschnitt im Brief des Hi. wiederfand und daher
meinte oder vorgab^ die Quelle des Hi. in Händen zu haben. ^)
Aber bedenklich muß gegen diese neue Hypothese doch schon der
.Umstand machen^ daß, wie ich F. H, 18 f nachwies und auch H.
nicht bestreitet,, die in P erhaltene Ueberlieferung den l'heophilus
nicht als Antiochenus, sondern als Alexandrinus bezeichnet. Ein
Schreiber, der aus dem Brief an Algasia, worin Theophilus so
feierlich wie möglich als Antiochenae ecclesiae septimus post Pe-
trum apostolum episcopm eingeführt wird, sein Wissen schöpfte
und durch die Identität des dortigen Excerpts mit dem Schlußstttck
seines Buchs sich veranlaßt sah, dasselbe dem Theophilus zuzu-
schreiben, konnte gar nicht auf den Gedanken kommen, daß dies
der archieplscopus Alexandrinus sei. 3) Ferner bleibt ganz un
aufgeklärt, wie der halbgelehrte Schreiber einer so leichtfertigen
Vermuthung Ausdruck geben konnte, wenn der Prolog ursprüng-
lich vor dem Commentar stand und also von dem Schreiber vor-
gefunden wurde. Ein Commentar, welcher sich so offen als Com-
1 Lipsius im Liter. Centralblatt 1883 Nr. 21 col. 74 bedient sich
dieses Ausdrucks in der Beschreibung der vor mir herrschenden Hy-
pothese, gibt aber damit vielmehr seiner eigenen Auffassung einen Aus-
drack, welcher meines Wissens von den Vertretern jener Hypothese nie
gebraucht worden ist.
2) H. 158. 173 cf. S. 130. An letzterer Stelle wird daneben als
möglich angenommen, daß der Schreiber durch Hi. nur überhaupt von
einem Evangeliencommentar des Theophilus wußte, oder gar nur eine
unbestimmte Kunde von exegetischen Arbeiten eines Theophilus hatte.
Dann ergibt sich ja der unbegreifliche Zufall , daß in einer Compilation,
welche von irgend einem Schreiber auf gut Glück dem oder einem Theo-
philus zugeschrieben worden , gerade auch jener große Abschnitt buch-
stäblich wiederkehrt, welchen Hi. aus einem Commentar des Theophilns
Antioch. ezcerpirt hat.
3) Der Fall liegt also ganz anders als der mit jenem oben S. 189
Anm. 1 angeführten unechten Brief des Victor von Born, wo der Theo-
philus von Caesarea statt dessen Alexandrinus heißt, (cf. üb. pontif.
unter Victor), oder mit dem Theophilus in der Altercatio des Euagrius,
welchen spätere Abschreiber gleichfalls zum „episcopus Alexandrinus"
machten (Cf. Texte und Unters. I, 3, 7).
206 Beilage III.
pilation za erkennen g^bt, konnte doch nicht das alte von Hi.
excerpirte Werk des Theophilns sein. Endlich aber^ wenn
der halbgelehrte Schreiber wirklich solcher Thorheit fähig war^ warum
schrieb er den Prolog, wenn er ihn mit dem Namen Theophilns
für vereinbar hielt; nicht mit ab? Warum findet sich dieser nicht
in P? Doch wohl darum nicht ^ weil der Prolog sich zu diesem
Namen wie Wasser zum Feuer verhält. Ist der Prolog echt und
der Name Theophilns unecht, so ist von Harmlosigkeit oder Dumm-
heit dessen, welcher jenen durch diesen ersetzt und dadurch den
M. de la Bigne, den R. Simon und andere Leute ,,dupirt^ hat,
keine Bede mehr. Er ist ein mit klarer Ueberlegung verfahrender
Fälscher. Aber welchen Zweck verfolgte er? H. hat hier keine
gute Probe von der Ordnung des geistigen Haushalts gegeben,
deren Mangel bei mir er sich, wahrscheinlich nach Act. 26, 24,
aus meiner „profunden Gelehrsamkeit'' erklärt. Die Tradition in
P erklärt sich sehr einfach, wenn das Buch nicht in Folge ge-
lehrter Berücksichtigung des Hi., sondern von Haus aus den Namen
Theophilns ohne Zusatz trug. Ein späterer Schreiber, welcher von
dem antiochenischen Bischof nichts, wohl aber etwa aus der Pascha-
literatur von dem „archiepiscopus Alexandrinus^ etwas wußte, be-
friedigte ein im Mittelalter so oft empfundenes und so oftmals un-
glücklich befriedigtes Bedürfnis, indem er dem echten Namen diesen
falschen Titel zusetzte. Dann wäre der Prolog unecht. Er könnte
zu einer Zeit entstanden sein, wo der bloße Name Theophilus nicht
viel bedeutete, oder, als allegorische Verkleidung eines Anonymus
angesehen werden konnte (s. vorher S. 204). Der Oommentar konnte
auch, wie die exegetischen Arbeiten des sogenannten Ambrosiastor
schon im Jahrhundert ihrer Abfassung ^ in manchen Exemplaren
seinen für die Sache gleichgültigen Namen verloren haben. Jn
jedem dieser möglichen Fälle konnte ein Mann, welcher die Com-
mentare eines Ambrosius und Hieronymus einigermaßen kannte, das
Werk für eine Blüthenlese aus diesen halten und diesem Eindruck
durch seinen Prolog Ausdruck geben. Vielleicht ergibt sich am
Schluß dieser Erörterungen eine noch einfachere Erklärung.
Die schwülstige Sprache des Prologs ist nicht diejenige des T.
Sehen wir von einigen später zu .besprechenden Abschnitten ab,
so ist freilich T keineswegs überall leicht zu verstehen; aber die
Schwierigkeit des Verständnisses liegt nicht in der Ueberladung mit
Bildern, sondern in der gedrängten Kürze des Ausdrucks, in dem
'Mangel an überleitenden Gedanken. Ist T ein Compilator, so hat
er es meisterhaft verstanden, seinem Flickwerk auch in stilistischer
Hinsicht ein einheitliches Gepräge zu geben, und dies ist nicht ^as-
Nachträge zu Theophilus. 207
jeniga des Prologs, eher das eines Schriftstellers aus den Anfangs-
zeiten der exegetischen Literatur.
III. Ein zweites Band zwischen T und dem Theophilus des
Hi. ist die beinah buchstäbliche Identität von T p. 77, 23—79,
19 resp. — 80, 1, mit dem Citat im Brief an Algasia. Wie das
Verhältnis der beiden Stellen sich darstelle unter der Voraussetzung,
daß wir in T den von Hi. wiederholt erwähnten Commentar des
Theophilus besitzen, suchte ich F. II, 97 — 100 cf. S. 16 zu zeigen.
-Welche Vorstellung sich unter der entgegengesetzten Voraussetzung
ergibt, hat H. 120 — 131 entwickelt. Der harmlose Oompilator hat
diesen Abschnitt aus Hi. abgeschrieben, hat zur Vervollständigung
der Erklärung der Parabel auch Solches aus Hi. beigefügt, was
dieser nicht aus seinem Theophilus, sondern aus eigenen Mitteln
über Luc. 16, 10 — 12 seiner Correspondentin Algasia vorgetragen
hatte. T that dies in der Meinung, daß auch dies dem Theophilus
angehöre. Endlich hat T dadurch, daß er die Erklärung der Pe-
rikope mit einen Satz abschloß, welchen er schon einmal bei einer
früheren Erklärung derselben Perikope geschrieben hatte, ^) „seine
L6ser in plumper Weise an diese (frühere) Deutung erinnert, um
das AufPallende der Doublette zu verdecken" (H. 122). Das ist
freilich „überaus verdächtig", zumal sich ein solches Verfahren nur
an der einzigen Stelle zeigt, „die ein Zeugnis des Alterthums fiU*
ihren Ursprung von Theophilus besitzt" (H. 122). „Er hat
die Erklärung, welche er bei Hi. gelesen, in den Umfang seines
Buches — welches er für das des Theophilus ausgeben
.wollte^) — einfach aufgenommen." Zur Strafe aber für diese böse
„Absicht" (H. 122) „ist ihm das Misgeschick passirt, ein paar
Sätze aus Hi. selbst mitaufzunehmen, die ihn verrathen" (H. 129).
Dies Misgeschick endlich wird durch die Hypothese erklärt, daß
T nicht den ganzen Brief des Hi., sondern ein Excerpt aus dem-
demselben vor sich gehabt habe, in welchem bereits so, wie bei
T jene Sätze des Hi. über Lc. 16, 10 — 12 dem Citat aus Theo-
1) T p. 80, 1 = 74, 18. In M (H. 165) steht an der späteren Stelle
eine viel vollständigere Wiederholung der ersten Erklärung. Dadurch
ist also eine Doublette nicht, wie H. sich ausdrückt, verdeckt, sondern
ge 8 c h a f f e n. In P ist eine solche höchstens angedeutet. Versteht H. unter
Doublette das Vorkommen zweier ganz verschiedener Erklärungen der-
selben Perikope, so ist das ein Misbrauch der Sprache, der nur dadurch
überboten wird, daß er einen Hinweis auf die frühere Erklärung ein
„verdecken** der Thatsache einer doppelten Erklärung nennt.
2) H. 121 f. Die gesperrte Schrift stammt von H.
208 Beilage 111.
philns angehängt waren (H. 129. 123). Dagegen wäre Folgende«
zu bemerken.
1. Für die zuletzt erwähnte Hypothese sucht H. in dem von
mir (F. n, 16 f. 114) ihm dargebotenen und von ihm nicht einmal
verstandenen Material vergeblich eine Stütze. Es ist nicht ein will-
,knrlich gemodeltes Excerpt, sondern der ganze Brief an Algasia,
welchen Notker als exegetisches Hilfsmittel empfahl. Die mir be-
kannt gewordenen Excerpte aus demselben aber zeigen nichts von
jener verwirrenden Umstellung. Dasjenige von Monte Cassino be-
ginnt mit dem Citat aus Theophilus und enthält gar nicht die
Worte des Hi., durch deren Mitaufnahme der Plagiator sich ver-
rathen haben soll. Das florentiner Excerpt enthält jene Sätze zwar;
denn es umfaßt die ganze 6. Quaestio des Briefes an Algasia^ gibt
diese aber in ihrer ursprünglichen Ordnung. ^) Ein aus einem
dieser Excerpte schöpfender Plagiator hätte höchstens zu dem Irr-
thum verführt werden können , die dem Citat aus Theophilus fol-
genden Worte des Hi., welche in beiden Excerpten gleichfalls
folgen, mit aufzunehmen. Zacharias von Chrjsopolis hat ein ähn-
liches Excerpt; nicht die Epistola ad Alg. selbst vor sich gehabt;
denn er citirt: Hieronymm in homilia de villico iniquitatis^y
Diesen Titel führten aber solche Excerpte im Mittelalter. Die Hss.
1) Das 'Excerpt beginnt mit Quaestiunculam proposuisti (Vallarsi I,
863 Z. 14 V. u.) und erstreckt sieb zunächst bis quasi incertis praeponen-
tes (Vallarsi 866 G). Aber unmittelbar daran {statim sagt Bandini} ohne
neue Ueberschrift schließt sich das an, was auch be! Hl. unmittel-
bar folgt: Theophilus Antiochenae ecclesiae etc. und erstreckt sich bis
metamus henedtctionem (Vallarsi 868 Z. 17 v. o.).
2) Maxima bibl. vet. patr. (Lugd. 1677) XIX, 742 B. An sich wäre
es ja sehr wohl möglich, daß Zacharias durch den Brief an Algasia oder
ein Excerpt aus demselben auf den Gommentar des Theophilus aufmerk-
sam geworden wäre und sich diesen selbst verschafift und neben dem Excerpt
benutzt hätte. Ein Buch, das im 8. Jahrb. abgeschrieben wurde, und
von welchem man im 16. und im 19. Jahrh. Abschriften gefunden hat,
wird im 12. Jahrhundert nicht schwer zu finden gewesen sein. Es möge
beiläufig die Frage aufgeworfen werden, ob nicht Odo von Gambrai, ein
Zeitgenosse des Zacharias , den T gekannt hat. In seiner homilia de
villico iniquitatis (Märt^ne-Durand, Thes. nov. anecd. V, 853 sqq.) gibt
er eine von T völlig abweichende Erklärung der Parabel; aber es er-
innert doch an T 79, 1 (cf. F. II, 172), wenn ein Ausleger gerade diese
Parabel bemerkt (p. 869 E): Pluribus in lods testantur scripturae sacrae
tractatoreSy quinquagen avium numerum secundum carnem peccantium cor-
rectionem et poenitentiam designare, Odo wiederholt 869 B die Deutung
der dreierlei Frucht T II, 3 und p. 860 B—D die allegorische Zusammen-
Nachträge zu Theophilus. 209
von Monte Cassino und Florenz sind Homiliensammlungen. ^) Wird
nun Zacharias jene „homilia'^ in der von H. vermutheten; von den
beiden vorhandenen Exemplaren völlig abweichenden, auf einer
sehr künstlichen Manipulation beruhenden Gestalt vor sich gehabt
haben? Das Gegentheil ergibt sich, wie H. schon aus meinen An-
deutungen (F. II, 16 f.) oder^ wenn er diesen mistraute^ aus Za-
charias selbst hätte sehen können, aus der Composition von dessen
Auslegung der Parabel. Soweit ich dieselbe ohne allzu große Mühe
herstellen konnte^ verhält es sich damit so : Zach. 854 E — 855 F gibt
zu Lc. 16, 1 a) zwei Zeilen, worin kurz zusammengefaßt ist, was
Hi. ad Alg. 864 B C ausführlich entwickelt, b) 6 Zeilen (villicus
— signißcat) ziemlich wörtlich aus Hi. 864 D, c) 4 Zeilen wahr-
scheinlich eigener Fabrik; zu Lc. v. 2 vier Zeilen, deren Herkunft
ich nicht kenne; zu Lc. 3. 4 a) ablata — mendicabat aus Beda
(Migne 92, 529 D — 530 A), b) 2 Zeilen mir unbekannter Herkunft;
zu Lc. 5— 7 a) 3 Zeilen eigenes Flickwerk, b) cadus — quintas
aus Beda 530 B [mit wenigen Zuthaten*); zu Lc. 8 a) cuius quis-
qm — tmebrarum abgekürzt aus Beda 530 C. D (necnon — etfilius)^
b) de quibus Salomon — prudentes aus Beda 530 (vor dem vor-
angehenden Plagiat des Zach, und ohne dessen Irrthum, daß das
Salomo gesagt habe), c) in hoc dispensatore — capitulo abgekürzt
aus Beda 629 BC (in villico — conferenduB est) ^); d) ü ergo — mi-
sericordes fuerint mit geringen Aenderungen aus Hi. 865 DE; zu
Lc. 9 a) unde sequitur — - collectae sint aus Hi. 865 E. 866 A, b)
unde vulgata — mansiones wahrscheinlich eigenes Fabrikat, c) vel
ita — comparemus soll nach der Beischrift aus Alcuinus sein, d)
hoc quidam — patris soll aus Gregor genommen sein, stammt aber
schließlich aus August, sermo 113 (vol. VII, 568); zu Lc. 10 in
minimo — . tribuet aus Beda 531 AB; zu Lc. 11 divitiae — possumus
Stellung der drei Auferweckten T II, 8. Dies alles in einer Abhandlung
über eine Perikopc, deren Deutung in T durch Hi. eine gewisse Berühmt-
heit erlangt hatte.
1) Die erstere (Bibl. Casin. II, 403) ist ein Homiliarium de tempore'
Auch die den Gommentaren des Hi. und Anderer entnommenen Stücke
sind hier als omiliae bezeichnet. Ebenso in der florentiner Hs.
2) Das mittlere Hauptstiick dieses Passus hat Beda seinerseits aus
August, quaest. ev. II, Nr. 34 (vol. IV, 246 sq.) abgeschrieben. Daß
aber Zach, nicht ans Aug., sondern aus Beda schöpft, beweist die wesent-
liche Identität der Einrahmung der augnstinischen Satze bei Beda und
Zach.
3) Auch dies hat Beda ziemlich wörtlich aus August, quaest, ev. 11,
34 genommen cf. vorige Anm.
Zahn , Forschungen. III. |4
210 Beilage III.
aus August, senno 113 (vol. VII^ 570 B.D); zu Lc. 12 a) secuK
— divitiae eius soll aus Alcuinus sein, b) demus ergo — metet
aus Hi. 868 B. Hiemit ist die ganze Parabel nebst ihrer Moral
vollständig ausgelegt. Es folgt eine zweite Auslegnng der Parabel,
welche sich nur über Lc. 16, 1 — 10 erstreckt und folgendermaßen
zusammengesetzt ist: zu Lc. 1 — 8 Tkeophilm — perdiderunt aus
Hi. 866 C— 867 E: zu Lc. 9 si autem — levabit aus Hi. 866 A;
zu Lc. 10 a) quamobrem — dividat aus Hi. 866 AB, b) in minimo
— magnitudo nach der Randbeischrift aus Augustinus (?).
Ergibt sich nun etwa, daß Zach, eine Recension der „Homilia
Hieronymi" vor sich hatte, in welcher die Stücke derselben, welche
er derselben entlehnt, in derselben Reihenfolge standen, in welcher
er sie vorführt? Die Annahme ist schon darum absurd, weil man
eine ebensolche Redaction des Beda'schen Commentars annehmen
müßte ; denn auch in dessen Benutzung springt Zach, hin und her.
Die 6 Plagiate aus Beda stehen bei diesem selbst, wenn man sie
nach der Reihenfolge bei Zach, beziffert, in folgender Ordnung:
2, 3, 5, 4, 1, 6. Und welches Bild würde nun die von H. ange-
nommene Recension der Homilia Hieronymi geben ^ wenn wir sie
aus der Anordnung ihrer Elemente bei Zach, reconstruiren ? Diese
Recension wäre folgendermaßen zusammengesetzt: 1) zu Lc. l~9a
des Hi. eigene Auslegung (Vall. 864 B— 866 Z. 1 d. h. bis zur Er-
klärung des Wortes Mammon), 2) zu Lc. 1 — 8 die Auslegung des
Theophilus (Vall. 866 kurz vor D — 867 letzte Z.), 3) die ab-
schließende Nutzanwendung des Hi, (Vall. 868 D dantes aliena —
metet), 4) zu Lc. 9b (die Aufnahme in die ewigen Hütten) und
Lc. 10 die Auslegung des Hi.. (Vall. 866 AB).
Zu der Hypothese, die zu solchen Absurditäten führt, und
welche die wirklichen Beispiele selbständiger Verbreitung, der ,,Ho-
milia de villico" gegen sich hat, glaubt H. 128 genöthigt zu sein,
weil sonst Zach, durch einen unbegreiflichen Zufall dazu gekommen
wäre, zum Theil dieselben Sätze des Hi. dem Citat aus Theophilus
anzuhängen, welche wir auch in T angehängt finden. Aber es
handelt sich erstlich nur um 4 (nach M um etwa 5) von den 10
Zeilen, welche bei T 79, 16 — 80, 1 mit solchen Sätzen des Hi.
identisch sind, welche dieser nicht ausdrücklich auf seinen Theo-
philus zurückgeführt hat. Sodann ist von Zufall zu reden gar kein
Anlaß vorhanden (F. II, 17). Zach, ist erst nach Abschluß seiner
Auslegung der ganzen Perikope zu der völlig abweichenden des
Theophilus übergegangen und hat sie soweit mitgetheilt, als die
„Homilia'^ des Hi. sie darbot. Da aber das dortige Citat aus
Theophilus keine Auslegung der ganzen Perikope enthielt und sehr
Nachträge zu Theophilus. 211
ungeschickt mit einem Urtheil über die Juden im Gegensatz zu
Paulus abbrach, so suchte ihr Zach, einen passenden Schluß zu
geben. Dazu konnte er aber nur eine solche Auslegung von Lc.
16, 9. 10 gebrauchen, in welcher ebenso wie bei Theophilus das
dem Haushalter anvertraute Gut seines Herrn als gegensätzliches
Bild der den Aposteln anvertrauten Lehren {leXy sermo divinus^
doctrina domini) aufgefaßt war. Das war der Fall in den vor-
angehenden von ihm nicht benutzten Sätzen des Hi.über Lc.l6, 9. 10.
Indem er diese Sätze jetzt zum Schluß der zweiten Auslegung
machte, hat er weder selbst geglaubt, noch seine Leser glauben
machen können, daß dies Worte des Theophilus seien. Hat er
doch auch gleich darauf am Schluß seines ganzen Kapitels ohne
jede Andeutung eines üebergangs zu Neuem Worte wieder eines
andern Autors sich angeeignet. Oder sollen etwa auch die Schluß-
worte des Zach, in jener fabelhaften Eecension der „Homilia Hi.
de villico^ gestanden haben V Wenn aber das nicht, so liegen ja
wohl die Karten auf dem Tisch, aus welchen H. sein Häuschen
sich gebaut hat. Ein wunderbarer Zufall würde nur dann ob-
walten, wenn zwei Plagiatoren unabhängig von einander^) ein
immerhin ähnliches Verfahren eingeschlagen hätten. Aber dem ist
eben nicht so. T ist kein Plagiator; und ein sehr begreifliches
Verfahren, welches von gerade so viel Verstand zeugt, als man von
einem leidlichen Compilator beanspruchen kann^ hat den Zach, ver-
anlaßt, einige von den Sätzen, welche sich Hi. stillschweigend aus
Theophilus angeeignet hatte, aber keineswegs alle diese Sätze mit
dem Citat aus Theopilus zu verbinden, mit welchem sie ursprüng-
lich zusammengehörten.
In welche Widersprüche aber hat sich H. hier wieder ver-
wickelt? Wo bleibt denn der harmlose Compilator, der unser T
schon vor der Entdeckung der brüsseler Hs. sein sollte (H. 130)?
und vollends wo bleibt der ehrliche Verfasser des brüsseler Prologs,
der ja offen eingesteht, daß seine ganze Arbeit eine Compilation
sei? Selbst wenn die Charakteristik des Compilators als eines
Fälschers und Pseudotheophilus (H. 12 L 129) nur eine hypothe-
tische Stilübung sein sollte, was Niemand den Worten ansehn kann,
es bleibt die verdächtige Absicht des Plagiators, sein Plagiat zu
verdecken ; es bleibt das verdächtige Bemühen, durch buchstäbliche
Erinnerung an seine frühere Erklärung die aus Hi. entlehnte zweite
Auslegung als ein Werk desselben Verfassers erscheinen zu lassen,
1) Dies hält H. 127 für möglich, wenn auch für weniger wahrschein-
lich! als seine ganz unmögliche Hypothese.
14*
212 Beilage III.
welcher die erste Auslegung gegeben hatte. Und eben in diesem
Verhältnis soll der Beweis liegen ^ daß Hi. das Original; T der
Plagiator sei. „Also ist die Sache evident" (H. 127); d. h. es ent-
hüllt sich eine Confasion in der Argumentation H.'s^ welche jeden-
falls nicht Folge „profunder Gelehrsamkeit" ist. Klarer war doch
die alte Hypothese ^ mit der ich's früher zu thun hatte. Gegen
diese aber meine ich Gründe vorgetragen zu haben^ welche H. zum
kleineren Theil acceptirt, zum grösseren Theil aber d. h. soweit
auch er davon getroffen wird; unwiderlegt gelassen hat.
2. Der Text des in T und bei Hi. identischen Stücks ist nach
M demjenigen des Hi. in manchen Einzelheiten ähnlicher als nach
F; und vielleicht hat M in allen diesen Fällen das Ursprüngliche
bewährt^). Dadurch kommen selbstverständlich einige meiner frü-
heren Bemerkungen, welche auf dem damals allein bekannten Text
beruhten; in Wegfall; aber diejenigen Differenzen, auf welche ich
hauptsächlich Gewicht gelegt habe, sind geblieben. Wenn H. 121
zugibt; daß die Te vt vergleich ung nicht einmal einen Anhalt für die
Hypothese der Priorität des Hi. vor T darbiete, so möchte ich
gerne die zahlreiehen Anhaltspunkte; auf welche ich mich für meine
gegentheilige Behauptung gsstützt habe; von ihm beseitigt sehn.
Ohne die übrigen als bedeutungslos preiszugeben; erinnere ich noch
einmal an drei dieser Punkte. H. selbst S. 120 findet es beach-
tenswerth; daß T gegen alle lateinische Tradition pabulum schreibt^),
wo Hi. das ihm und allen Lateinern gewöhnliche trüicutn (Lc. 16; 7)
bietet. Der zweite Punkt wird deutlicher; wenn man mit der muth-
maßlichen Gestalt des griechischen Originals die lateinischen Texte
bei Hi. und T vergleicht, Tovtov (sc. tov d-eov) oixopofiog iatlv
6 JlavXog, og yyuaqä xovq nodaq FafiaXi'^l^^ (Act. 22, 3) tcc leqä
yQd(i[iaTa (la&cip (discens T, didicit et Hi.); zov vofAOV %ov &€0v
i'Xaße xiiv oixoPO(ilap^), Die in Parenthese eingefügte Variante
ist die einzige; welche nach M zwischen T und Hi. besteht. Da-
raus folgt zunächst; daß entweder Hi. unsern lateinischen T; und
nicht etwa dessen griechisches Original vor sich gehabt, oder daß T
den Hi. ausgeschrieben hat. Aber wie käme in letzterem Fall der
Compilator zu seiner dem Buchstaben des Originals enger sich an-
schließenden Uebersetzung ? und wie kommt er zu dem sachlich
ungeschickten Ausdruck; welcher es so erscheinen läßt; als ob das
1) Mehreres hatte ich schon auf Grund des Hi. in den Text aufge-
nommen p. 79, 4 nutntus; p. 79, 9 austeritatem.
2) T 79, 3cf. 46, 21 und F. II, 97.
3) Cf. Epb. 3, 2; Col. 1, 25; 1 Cor. 9, 17.
Nachträge zu Theophilas. 213
Lernen des Paulus mit seiner Beauftragung als Gesetzeslehrer zu-
sammenfiele? Die Sache ist einfach^ wenn Hi. der Abschreiber ist.
Der Uebersetzer T macht den in der lateinischen Uebersetzungs-
literatur sehr gewöhnlichen und bei dem Mangel eines activen Par-
ticipium Perfecti (Aoristi) im Lateinischen so begreiflichen Fehler^
daß er (la^toy so wiedergab^ als ob iiavd'dvünv dastünde.^) Da-
gegen ist die Aenderung des Hi. eine stilistische Correctur, zu
welcher er eines griechischen Originals nicht bedurfte. — Der
dritte Punkt liegt in den Worten bei Hi. „Mendicare erubesco^^,
ut qui doctor fueram Judaeorumy cogar a gentibus et a discipulo
Änania salutis ac ßdei mendicare doctrinam, Aeußerlich fließt
das, wie bei Hi. gewöhnlich^ glatt dahin. Aber mag man a gen-
tibtis — Anania zu cogar ziehen *), oder zu mendicare, es ergibt
sich beidemale der baare Unsinn; nämlich entweder dies^ daß
Paulus bei seiner Bekehrung von den Heiden und von Ananias
gezwungen worden sei, um die Heilswahrheit (bei wem ?) zu bettehi ;
oder daß er (von Gott?) gezw^ungen worden sei^ die Heiden und
den Ananias um die Heilswahrheit anzubetteln. Das kann ein
griechischer Autor älterer Zeit; das kann der Theophilus des Hi.
nicht geschrieben haben^ und auch Hi. nur, wenn er, wie so manch-
mal, durch irgend etwas irritirt, der Form den Gedanken opferte.
Was nun beide Hss. des T im wesentlichen übereinstimmend statt
dessen bieten, cogar ad gentes per Ananiam disdpulum salutis
ac ßdei mendicare doctrinam^) ist noch nicht befriedigend. Nur
soviel ist klar : es soll gesagt werden, 1) Paulus, welcher bis dahin
ein Lehrer der Juden war, werde jetzt genöthigt zu den Heiden
zu gehn, und 2) Paulus, welcher selbst vorher ein Lehrer war,
müsse jetzt um die rechte Lehre Andere, welche sie besitzen, an-
betteln. Ob meine Conjectur ire et statt per^) glücklich ist, ist
ganz nebensächlich; aber man sollte sie nicht tadeln, wenn man
den offenbar beabsichtigten Gedanken nicht durch ein besseres
Mittel zu retten weiß, und man sollte nicht von Originalität des
Hi. reden, solange man nicht bestreiten kanu; daß erst der angeb-
1 ) Cf. die Beispiele aus T in F. II, 163.
2) So interpuDgirte Vallarsi, das entgegengesetzte Verständnis ver-
trat Zacharias. Dieser entfernte aber den handgreiflichen Unsinn, indem
er die Heiden einfach beseitigte und p. 855 D schrieb: ut qui doctor
fueram Judaeorumy nunc incipiam doctrinam salutis mendicare ah
Anania.
3) T 78, 9 nebst Anm. cf F. II, 99. 163, und in Bezug auf M cf.
H. 165 Anm. 41.
4) Cf T 43, 7. Vielleicht ist nur et vor per ausgefallen.
214 Beilage III.
liehe Compilator zwar einen etwas dnnkelen Ausdruck^ aber einen
erträglichen Sinn, ja einen kühnen, mit Gal. 1, 12 anscheinend
streitenden Gedanken geschaffen hat.
3. Die Originalität von T gegenüber Hi. erhellt auch aus
der Einheitlichkeit des Abschnitts T III; 20. Die von Hi. abge-
schriebenen; aber nicht so wie das Uebrige dem Theophilus zuge-
schriebenen Sätze T p. 79, 16 — 80, 1 schliessen sich an das Vor-
angehende an, ohne daß eine klaffende Fuge oder ein Widerspruch
offenbar würde. Daß Lc. 16, 9 in T ohne Erklärung bleibt, ent-
spricht dem eklektischen Verfahren in allen Theilen von T. Ge-
rade ein Compilator, welcher aus dem Brief an Algasia das Theo-
philuscitat abschrieb und dies durch die eigene Auslegung des Hi.
vervollständigen wollte, würde das ganze deutlich abgegrenzte Stück ^)
abgeschrieben haben, worin Hi. die von Jesus beigefügte Moral
erklärt, also auch die Erklärung von Lc. 16, 9. Die Deutung von
Lc. 16, 10 — 12 konnte natürlich nicht eine geradlinige Fortsetzung
der Parabeldeutung sein, sowenig wie dieser Text, die von Jesus
selbst angeschlossene Nutzanwendung, ein Theil der Parabel oder
auch nur eine formelle Deutung derselben ist. Aber einen guten
Zusammenhang hält T fest. Das Vermögen des Herrn, welches
der Haushalter zu verwalten bekommen hat und dann im eigenen
Interesse und ' in Milde gegen die Schuldner seines Herrn ver-
schwendet hat, ist innerhalb der Deutung auf Paulus die lex dei
T 77, 25, deren Forderung an die Judenchristen Paulus ebenso
für erloschen erklärt hat (T 78, 12—15; 79, 3—7), wie er den
Heiden Erlaß ihrer Schuld, ihrer Nichterfüllung des Gesetzes ver-
kündigte (78, 16 — 79, 2), nachdem er selbst von der Strenge des
Gesetzes zur Milde des Evangeliums bekehrt war (79, 8 — 10). In
der Deutung der Nutzanwendung ist das Geringe und Fremde
irdisches Geld und Gut, das Größere und Eigene aber, was den
Jüngern anvertraut werden soll, ist eine pecunia spiritalis, genauer
coelestis doctrina und nach M doctrina domini. Diese Auslegung
wird erstlich dem zweifellosen Sinn der Nutzanwendung Jesu ge-
recht, wonach das Geld in der Parabel zwar eigentlich gemeint,
aber zugleich als ein gegensätzliches Bild höherer Güter bezeichnet
ist, deren Verwaltung den Aposteln anvertraut werden soll. Ein
Widerspruch würde sich nur dann ergeben, wenn man dem Theo-
1) Hi. 865: Denique post paraholani intülit. Dagegen fällt die
Fortsetzung des T 79, 16 {Qui fidelis etc ) mitten in einen Satz des Hi.
866: Quamobrem sequitur: Qui fidelis etc.
Nachträge zu Tbeophilus. 215
philus des Hi. den abentheuerlichen Gedanken beimessen wollte,
darum weil er in der Parabel eine weissagende Yorausdarstellnng
der Geschichte des Paulus erkenne, könne auch Jesus in dieser
Parabel den Jüngern keinerlei Lehren für ihr Verhalten haben
geben wollen. Aber er las ja eine solche Moral in seinem Evan-
gelientext als Wort Jesu der Parabel beigefügt. Er muß also seine
Deutung der Parabel mit dieser Moral verträglich gefunden haben.
Er hat auch die Moral in möglichst engem Anschluß an seine Pa-
rabeldeutung behandelt. Der üebergang zur Deutung der Nutzan-
wendung schließt sich nämlich bei T insofern besonders bequem
an seine Deutung der Parabel an, als in dieser das Geld auch
schon Bild eines geistigen Gutes, einer zum Zweck der Verkün-
digung anvertrauten Offenbarungswahrheit war, nämlich Bild des
Gesetzes, also eines im Vergleich zum Evangelium, zur apostolischen
Predigt geringeren Gutes. Daß die Deutung von Lc. 16, 10—12
von demselben Verfasser herrührt, wie die Deutung von Lc. 16,
1 — 8, zeigt sich auch äußerlich darin^ daß die Worte in spiritali
pecunia dividenda 79, 19 und nach M gleich darauf noch einmal
doctrinam domini dividebat (lies dividat) auf das Bibelcitat')
in T 79, 11 zurückweisen und nur von da aus verständlich sind.
Bei Hi. 866 B schweben jene Ausdrücke in der Luft, weil er ihre
biblische Grundlage erst sehr viel später 867 E in dem Excerpt
aus Tlieophilus bringt.
Aber auch das ist nichts weniger als ungeschickt, daß T 80, 1
die ganze Auslegung mit den Worten schließt: Sciendum est autem
hanc comparationem salvaforem nostrum episcopis posuisse. So
nach P. Man würde dann eine kurze Antwort auf die naheliegende
Frage haben, wem in der Gegenwart des Verfassers die zunächst
den 12 Aposteln gegebene Anweisung Jesu gelte, das irdische Gut
ohne Geiz den Dürftigen zuzuwenden und das geistliche Gut der
evangelischen Lehre ohne Ansehn der Person weise auszutheilen.
Das gilt in der Gegenwart den Bischöfen, welche Haushalter
Gottes und Christi sind, wie es in erster Linie und zu ihrer Zeit
die Apostel waren. 2) Nach M hat hier ein längerer Satz ge-
standen^) des Inhalts, daß die Bischöfe, in der Führung ihres Ver-
1) S. darüber weiter unten S. 220.
2) Mt 24, 45-51; 25, 14-30; Lc. 19, 12—27 (dazu Till, 6); 1 Cor.
4, 1; 9, 17; Eph. 3, 2; Col. 1, 25; Tit. 1, 7; Ign. Eph. 6, 1; Eus. h. e.
IV, 4
3) S. oben S. 207, Anm. 1. Ich sehe hier noch davon ab, daß
wesentlich das Gleiche schon einmal bei T 47, 17—25 vorkam.
216 Beilage II r.
waltcramts ebenso, wie der ungerechte Haashalter in dem seinigen,
gegen die Schuldner ihres Herrn d. h. die Sünder in der Gemeinde
Milde üben sollen. T nimmt hier nicht auf die Nutzanwendung
Jesu Rücksicht; sondern greift noch einmal auf die Parabel selbst
zurück und sagt daher auch nicht haec dominum dixhse, sondern
hanc comparaiionem s, n. episc, posuisse, Ist dies nun etwa, wie
H. uns einreden will^ eine mit der ersten Paraboldeutung unver-
trägliche zweite Deutung ^) ? Es ist ja vielmehr eine neue Nutz-
anwendung der Parabel, welche neben diejenige tritt, die Jesus
selbst gegeben hat. Diese neue Nutzanwendung pa£t aber trefflich
zu der Deutung der Parabel. Auch Paulus in der Gestalt des
ungerechten Haushalters hat Milde geübt gegen die schwer vor
Gott verschuldeten Heiden und gegen die noch schwerer verschul-
deten Juden, indem er ihnen Gottes sündenvergebende Gnade unter
der einzigen Bedingung des Glaubens an die Auferstehung Christi
verkündigte (78, 16 — 79, 8). So sollen es die Bischöfe gegenüber
den in Sünden gerathenen Gliedern ihrer Gemeinden machen. Sie
sollen die dementia evangelii walten lassen.
IV. Besitzen wir an T III, 20 ein echtes Stück des dem Hi. be-
kannten Evangeliencommentars des Theophilus, was in Bezug auf
T p. 77, 23 — 79, 16 Niemand bestreiten kann, und in Bezug auf
T p. 79, 16 — 80, 2 nur mit den vorhin wiederlegten Gründen be-
stritten worden ist, so haben wir hieran einen freilich nicht aus-
reichenden, aber sichern Maßstab der Beurtheilung für alles Andere,
was sich uns als Bestandtheil desselben Commentnrs darbietet.
Logt man diesen Maßstab von T an, so ergibt sich Einiges, was
ich erst jetzt bestimmter hervorhebe.
1. Den Schluß von T III, 20 bildet, wie schon bemerkt, nach
M eine wenig veränderte und abgekürzte Wiederholung von T. III,
11, nach P eine kürzere, aber doch unzweideutige Erinnerung an
jene früheren Bemerkungen über dieselbe Parabel. Gleiche oder
ähnliche Fälle finden sich aber in T vielfach ^). Mag in einzel-
nen Fällen z. B. T. I, 25 = III, 3, trotz des Zeugnisses beider IIss.
1) Gesetzt, es läge hier wirklich eine zweite Deutung derselben Pa-
rabel vor, was nicht der Fall ist, so würde auch das nicht gegen die
Identität des Urhebers beider Deutungen mit dem Verfasser des ganzen
Buchs beweisen. Er verbindet z. B. T 55, 7 durch sive zwei total ver-
schiedene Deutungen des Hauptstücks der Parabel in Mt. 20, 1—16.
Cf auch p. 35, 14 mit 39, 1 und alle die sive oder vel p. 85, 8; 36, 6j
39, 2; 53, 28; 58, 4; 61, 10; 68,28; 69, 14.
2) H. 115—118 cf. S. 122 hat die Doubletten zusammengestellt.
Nachträge zu Theophilus. 217
die Vermuthung naheliegen, daß eine vielleicht bis in die Ent-
stehungszeit des Buchs hinaufreichende Verwirrung vorliege; in
den meisten Fällen ist durch die erheblichen Variationen des Ge-
dankens und des Wortlauts diese Annahme ausgeschlossen. Aber
auch eine besondere Absicht des Verfassers ist bei diesen Wieder-
holungen nicht zu entdecken. Daß der hier vorliegenden Wieder-
holung eine betrügerische Absicht des Gompilators zu Grunde liege,
wie H. in Widerspruch mit sich selbst behauptet, wurde widerlegt.
Auch die mattherzige Vermuthung, zu welcher H. (165 Anm. 40
a. E.) schließlich in seiner Verlegenheit greift, daß T an jene
^^Deutung'^ noch einmal habe erinnern wollen, weil sie ihm werth-
voller erschienen sei, als die aus Hi. geschöpfte „Erklärung'', ist
schon darum unhaltbar, weil T der angeblich aus Hi. genommenen
Erklärung einen mehr als viermal so großen Kaum gegönnt hat,
als der früheren. Es ist überhaupt ein Verstoß gegen alle Methode,
für einen einzigen von etwa 12 Fällen solcher Wiederholung Mo-
tive in Anspruch zu nehmen, welche auf die übrigen 11 Fälle
schlechterdings nicht anwendbar sind. Ist nun aber erwiesen, daß
die zweimalige Application der Parabel auf die Bischöfe sich an die
von Hi. excerpirte Deutung der Parabel trefflich anschließt, ja aus
deren wesentlichsten Gedanken erwachsen ist, so folgt, daß derselbe
Schriftsteller, und zwar derselbe Bischof (F. II, 135), welcher
T in, 11 geschrieben hat, auch T III, 20 in seinem ganzen Um-
fang verfaßt und nach seiner Gewohnheit, sich zu wiederholen,
am Schluß noch einmal auf seinen früheren Gedanken zurückge-
griffen hat.
2. Lipsius hat trotz meiner Anmerkung zu T 75, 5 behauptet,
das durch Hi. aufbewahrte Fragment (= T 77, 23-79, 16) falle
völlig aus dem Charakter der übrigen Allegorien des T heraus ^).
Aber je fremdartiger die Deutung vom ,, ungerechten Haushalter ^
ist, um so mehr überrascht die völlige Uebereinstimmung der Me-
thode mit der Deutung der Parabel vom „ungerechten Richter"
T III, 13. Schon die Parabeln selbst sind einander ähnlich sowohl
durch den Umstand, daß in beiden die Hauptperson das Attribut
Tijg ddixlag erhält, als auch dadurch, daß beidemnle der Zweck
einer moralischen Belehrung der Jünger deutlich im Text ausge-
sprochen ist^J. Trotzdem deutet T beide Parabeln als weissagende
1) Liter. Centralbl 1883 Nr. 21. — H. 127 findet, ohne Gründe an-
zugeben , die Parallele „nicht in jeder Hinsicht schlagend", d. h, er will
nicht zugestehen, daß sie seiner Hypothese ins Gesicht schlage.
2) Lc. 16, 9—12; 18, 1. Es lassen sich also diese Parabeln nicht
218 Beilage III.
Vorausdarstellungen neutestamentlicber Gescbichtsthatsachen , dort
auf Pilatus im Proceß Jesu, hier auf Paulus vor und nach seiner
Bekehrung. Wer die exegetische Literatur der alten Kirche besser
kennt; als ich, nenne mir eine analoge Deutung solcher Parabeln.
Ich weiß auch heute nur bei Iren aus und Hippolytus ^) eine entfernt
vergleichbare Deutung des ungerechten Richters auf den Antichrist;
und etwa noch bei T p. 73, 3 die Deutung des Mannes ohne hoch-
zeitliches Kleid auf Judas als Parallelen anzuführen. Es scheint
sich zu ergeben, daß der Verfasser von T III, 13 ebenso wie der
von T III, 11 identisch ist mit demjenigen von T III, 20 d. h.
mit dem Theophilus des Hi., und daß dieser einer sehr frühen Ent-
wicklungsstufe der kirchlichen Exegese angehört.
3. Der Theophilus des Hi. wagt es beliebige, von jeder An-
deutung einer allegorischen Bedeutung entblößte Zahlen, welche
sein Text ihm bietet, auf bestimmte Gegenstände und Begriffe alle-
gorisch zu deuten (T 78, 18—79, 8). Die Zahl 100 drückt die
Völligkeit aus, 50 weist auf den Schulderlaß hin, 8 auf die Auf-
erstehung Christi am 8. Tage, dem Sonntag, 10 auf den Dekalog '^)
und daher 8X10^80 auf den Uebergang der sich bekehrenden
Juden von dem im Dekalog (10) gebotenen Sabbath (7) zum christ-
lichen Sonntag vermöge des Glaubens an die Auferstehung • Christi
am Sonntag (8). Dieselbe Methode izeigt aber T von Anfang bis
zu Ende. Beinah keine Zehnzahl läßt er vorübergehn, ohne sie
auf den Dekalog zu deuten ^) ; die Zahl 8 bedeutet auch 77, 8. 14
die Auferstehung Christi, und wie Theophilus durch die Multipli-
cation 8X10, so gewinnt T 77, 6—8 durch die Addition 8-f-lO
vergleichen mit denjenigen, welche eine Deutung auf vergangene oder zu-
künftige Gescbichtsthatsachen nabelegen oder geradezu fordern, wie Mt.
21, 28-22, 14.
1) S Anm. zu T75, 5 und zu derselben Stelle F. II, 302 unter den
Addenda. Vielleicht geht die Bezeichnung des Paulus als homo inimicus
Clem. recogn. I, 70 auf Mt. 13, 24 — 30 zurück. Es wäre das auch ein
Beispiel stattlichen Alters für diese Interpretationsweise; aber dort liegt
eine offenbar die zukünftige Entwicklung der Kirche darstellende Parabel
vor cf. Mt. 13, 36—43.
2) Das ist hier, weil es schon so oft vorkam, nur kurz angedeutet
durch mandata dei p. 79, 4 und decadibus p. 79, 7. Nur durch den
Mittelbegriff „Dekalog^' mit seinem Sabbatbgebot (cf. p. 58, 3; 71, 23)
kommt Theophilus auf den Sabbath, dessen Zahl (7) in der Parabel gar
nicht vorkommt. Cf. zur Sache Ign. ad Magn. 9, 1 mit meinen Noten.
3) p. 37, 19j 53,16-18; 60,13; 67, 16; 77, 7u.l4; 81, 21; 84, 13.
Nachträge zu Tbeopbilus. 219
einen religiösen Gedanken^ und zwar beide einen wenigstens ver-
wandten Gedanken ^), Die Zahl 100 bedeutet auch T 65^ 26 die
Stufe höchster Vollkommenheit. Nur zu der Deutung von 50 findet
sich in T keine Parallele; es findet sich aber keine widersprechende
Deutung derselben Zahl. Ist es nun wohl ein Zufall, daß der Theo-
philus des Hi. die Deutung der Zahlen 8; 10, 100 wie selbstver-
ständlich vorträgt oder geradezu voraussetzt; dagegen die Deutung
der Zahl 50 durch zwei biblische Belege umständlich rechtfertigt?
Er scheint doch vielmehr einen Unterschied zu machen zwischen
den schon früher und theil weise mehrmals vorgetragenen Deutungen
und der einen , welche hier zum ersten Mal vorkommt; d. h. der
TheophiluS;. dessen Worte uns durch Hi. erhalten sind, ist identisch
mit dem Verfasser des Buchs.
4. Es ist kein eben gewöhnlicher Gedanke des hieronymiani-
schen Theophilus, daß die Heiden in wesentlich gleicher Weise wie
die Juden Gotte gegenüber verschuldet seien. Die gleiche Zahl 100
drückt das Maß der Schuld beider aus; nur der Unterschied von
Gel und Weizen in der Parabel soll andeuten, daß die Juden das
von Gott anvertraute Gesetz inniger sich angeeignet haben. Der
Weizen wird täglich gegessen , mit dem Gel salbt man sich nur..
Beiden gegenüber aber läßt dann Paulus die Milde des Evangeliums
an die Stelle der Strenge des Gesetzes treten. Ist es denn wieder-
um ein Zufall^ daß nach T 53; 18 cf. 58, 2 alle Menschen durch
Uebei'tretung des Dekalogs Gotte gegenüber Schuldner geworden
sind, und daß diese Anschauung gerade der Auffassung des mo-
saischen Gesetzes bei Theophilus von Antiochien entspricht (F. II;
140—149)?
5. Es finden sich in T mehrere durchaus nicht geläufige Aus-
drücke wieder; welche bei dem Theophilus desHi. vorkommen : mutari
p. 79, 10=51, 12 für die Bekehrung zum Christenglauben ; pabu-
lum p. 79; 3 = 46, 21 vom Worte Gottes als Nahrungsmittel ; spiri-
talis pecunia ^) 79, 19 = 67, 20. 26. 31; coelestis doctrina 79, 21
= 61, 9. Der Ausdruck für die Abolition des Gesetzes durch die
apostolische Predigt wird 78, 7 (cf. lin. 14) ebenso wie 67, 27 aus
Lei 6; 16 entnommen. An Rom. 15,9 wird, wo von Bekehrung der
Heiden die Rede ist; sowohl 78; 18 wie 69; 30 angespielt (cf.F.II, 99.)
Das merkwürdigste Zusammentreffen sei zuletzt erwähnt. Der
Theophilus des Hi. sagt von dem noch unbekehrten Paulus in einer
1) AebDliche Rechenkünste p. 81, 16 sqq. 84, 12 sqq.
2) Dies und das Folgende in dem von H. aDgefocbtenen Theil.
220 Beilage IIL
aus Gen. 4, 7 entlehnten Form ^) : f,licet bene offerebat, non bene
tarnen dividebat^', credens quidem inpatrem, sed filium persequens,
Habens deum omnipotentemj sed sanctum spiritum negans^). Was
also nicht getrennt werden (dividi) soll und darf, ist Vater, Sohn
und Geist d. h. nach der Sprache des Theophilus von Antiochien
(ad Autol. II, 14) ^ tqidg^). Von da aus wird es verständlich,
daß T 44, 22 schreibt: „Margarita pretiosa'^ est trinitas sancta,
quae dividi non potest, nam in unitate consistit. Es verhält sich
auch nicht etwa so, daß dies in speculativem Sinne, jenes aber im
praktischen Sinne des Heilsglaubens an den dreieinigen Gott ge-
sagt wäre. . Auch p. 44 handelt es sich, wie unmittelbar vorher
bei dem Schatz im Acker, um das kostbare Heilsgut, -welches zu
erwerben, der Mensch Alles hingeben soll.
Die Behauptung, daß T mit dem Theophilus des Hi. schlech-
terdings gar nichts zu schaflten habe, möchte nach vorstehenden
Ausführungen (II — IV) doch einiger Einschränkung bedürftig er-
scheinen.
V. Ein entscheidender Beweis gegen die Identität beider Werke
soll aber in dem Widerspruch zwischen der Beschaffenheit des T
und der Beschreibung des Hi. liegen (H. 103 — 114). Ich bin
.ganz damit einverstanden, daß man es mit den Worten des Hi.
genau nehme, und habe in diesem Falle nicht einmal Anlaß da-
ran zu erinnern, daß Hi. selbst es mit seinen Worten gewöhnlich
nicht sehr genau nimmt. Ich muß in Kürze wiederholen (cf. F.
n, 9 — 14), daß man aus der dreifachen Erwähnung des fraglichen
Evangeliencommentars bei Hi. folgende Sätze zu entnehmen hat:
1) Theophilus hat nicht, wie man früher vielfach annahm, erstens
eine Evangelienharmonie verfaßt und zweitens über diese einen
Commentar geschrieben *), sondern er hat in seinem Commentar
1) T 79, 11 dazu die Addenda S. 302.
2) Nur nebenbenbei sei bemerkt, daß die letztere weder durch die
Apostelgeschichte noch durch die Selbstbekenntnisse des Paulus nahegelegte
Bemerkung, daß Paulus nicht nur Christus verfolgt, soDdern auch den
Geist geleugnet habe, merkwürdig zusammentrifft mit T 49, 13, wo nach
dem ZusammenbaDg gesagt ist, daß Paulus nicht nur den Menschensohn,
sondern aacb den hl. Geist gelästert habe.
3) Auch T p. 72, 1 u. 2 gebraucht dicht neben einander den volks-
thümlich breiten und den theologisch knappen Ausdruck.
4) Es genügt nicht, daß H. J06 widerwillig zugibt, hierin möge ich
Recht haben, statt sich zu freuen, daß ein eingerosteter Irrthum durch
mich beseitigt worden ist. Der Brief an Algasia läßt keinen Zweifel
darüber zu, daß eben die „commentarii*^ des Th. das „unum opus'* sind.
Nachträge zu Theophilas. 221
„das Evangelium^ d. h. nach dem Sprachgebrauch des Hi. die
kirchliche Evangeliensammlung ausgelegt. 2) Theopbilus hat es
nicht 80 gemacht, wie die übrigen dem Hi. bekannten Evangelien-
ausleger ^), daß er über die verschiedenen Evangelien verschiedene
Commentare schrieb, sondern er hat den Inhalt der vier Evangelien
in ein einziges Werk zusammengedrängt. 3) Der etwas affectirto
Ausdruck quatuor evangelistarum in unum corpus dicta compiu"
gens^) scheint anzudeuten, daß Theophil us ,,in ungewöhnlicher, viel-
leicht auch ungeordneter Weise die evangelischen Texte gemischt^
hatte; denn das Zusammendrängen und Hineinstopfen sonst geson-
dert gehaltener Massen in ein einziges vergleichsweise enges Be-
hältnis, pflegt zur Folge zu haben, daß die Dinge unfreiwillige Ver-
bindungen eingehn und in Unordnung gerathen. Dieser Beschrei-
bung des Hi. und auch dem 3. Punct derselben entspricht aber,
wie ich F. H, 18 — 21 gezeigt habe, und jeder Leser des Commen-
tars sehen kann, unser T in einem Maße, wie kein anderes Werk
der exegetischen Literatur der alten griechischen und lateinischen
Kirche. Mit H., welcher wie gezeigt die Worte des Hi. trotz mei-
ner richtigen Uebersetzungen und deutlichen Erklärungen falsch
verstanden hat, über alle Einzelnheiten zu streiten, halte ich für
überflüssig ^).
welches man fälschlich für eine Evangelienbarmonie gehalten bat, während
Hi. auch im Schriftstellerkatalog und in der Vorrede zum Matthaeuscora-
mentar nur von den „commentarii*^ spricht.
1) Hi. erwähnt als solche gleich darauf (Vallarsi I, 868) den Am-
brosins, den Origenes und den Didymus.
2) H. j06 übersetzt die ,,klaren Worte*' des Hi. einfach falsch: „zu
einem Werke verbunden.*' Bei Georges (6. Aufl.), welchen ich H. zu
lieb aufschlage, finde ich nur folgende Beispiele für die vorliegende
Wortverbindung: compingere in carcerem — Apuliam — tecta Gallo-
rum — iudicia et contiunculas — pristrinum — oculos. Auf keius die-
ser Beispiele paßt H.'s Uebersetzang. Sie steht auch im Widerspruch
mit seinem S. 220 Anm. 4 erwähnten Zugeständnis, denn nach seiner Ueber-
setzang wäre das fragliche Werk gar kein Gommentar, soDdern eine
Evangelienharmonie.
3) Drei Beispiele mögen sein Verfahren charakterisiren. H. 107—109
ereifert sich für die wesentliche Echtheit der Ueberschriften von libll— IV
in P, welche durch M keine Bestätigung erfahren haben. Zugleich be-
zweifelt er die Echtheit der in diesen Ueberschriften enthaltenen Worte
liber secundus, tertius, quartus und macht mir einen Vorwarf daraus^
dafi ich T 64, 14; 68, 22; 80, 4 die Worte secundum Marcum etc. in
Klammem gesetzt habe, zeigt aber weder, wie diese Worte sich mit
Über secundus vertragen, noch wie der Genetiv allegoriarum ohne diese
222 Beilage III.
VI, Wenn nun aus den früher vorgetragenen, von H. nicht
widerlegten Gründen und nach manchen neuen Beobachtungen sich
zu ergeben scheint, daß 1\ mögen auch einzelne Veränderungen
im Laufe der Jahrhunderte ihm widerfahren sein, im Wesentlichen
der von H. beschriebene, citirte und stillschweigend ausgebeutete
Evangeliencommentar sei, so wird auch noch einmal die Frage auf-
geworfen werden dürfen , ob dieser Gommentar ein Werk des
antiochenischen Bischofs aus der Zeit von 170—185 sei. Der
Zweifel hieran, welchen Hi. einmal in einer seiner flüchtigsten Schrif-
ten andeutet oder anzudeuten scheint ^), wird weit überwogen durch
die pomphafte Art, in welcher Hi. den Commentar in zwei anderen
Fällen anfuhrt, in welchen er das Buch vor sich hatte und be-
nutzte. Da H. meine diesbezüglichen Nachweisungen ^) nicht wider-
legt, sondern nur im allgemeinen unter sein Verdammungsurtheil be-
schlossen hat (H. 14, 1), so warten sie eben noch der^iderlegung.
Ich hoffe in den folgenden Nachträgen jede unnöthige Wiederholung
vermieden zu haben.
1. Ich hatte die Vermuthung gewagt (F. II, 273), daß die
Ordnung der Evangelien in dem Druck von 1575 (Matthaeus,
Marcus, Lucas, Johannes) nicht die ursprüngliche sei, daß T selbst
vielmehr die Ordnung Matthaeus, Marcus, Johannes, Lucas gehabt
habe. Dies ist nun durch die alte brtisseler Hs. bestätigt (H. 163).
T hat nicht nur in seiner Vorbemerkung über die Evangelisten,
sondern auch in der Auslegung der Evangelien und der Einrich-
von ihm verdächtigten Worte erträglich sei. — Das erste deutliche Bei-
spiel einer TextmiscbaDg T 33, 6 schafft sich H. 111 durch den Einfall
vom Halse , daß T ein Wortspiel zwischen panis und pannis beabsich-
tigt habe. Aber erstlich wäre die Textmiscbung darum nicht weniger ;
thatsächlich. Sodann verstößt H. gegen die wichtige exgetische Regel,
daß man einem Autor keine Albernheit andichten darf, die er nicht be-
gangen hat. Auf den Ruhm, sie entdeckt oder vielmehr erfunden zu
haben (H. 133), verzichte ich gerne. Der Gegensatz zwischen dem vom
Himmel gestiegenen Lebensbrot und dem in Windeln liegenden Menschen-
kind, und dann wieder zwischen den „Windelein so schlecht** und den
reichen Gaben der Magier nachher, wäre, dächte ich, Grund genug für
die Stellung von T 33, 6 in seiner Umgebung. — Endlich wagt H. 111
die Behauptung, daß ich T 47, 1 ohne Grund Jo. 2, 2 statt Ht. 22, 2 an j
den Rand gesetzt habe. Wenn H. den dort angegebenen Grand nicht
begreifen oder nicht widerlegen kann, so ist's doch darum ein Grund.
Aber vom „Beweisen*^ hält H. nicht viel.
1) V. ill. 2b cf F. II, 10. Mehr kann man trotz H. 104 nicht be-
haupten.
2) F. II, 132- 156. 159. 231 f. 255 f. 273 f.
Nachträge zu theophilus. 223
tung seines Buchs diejenige Ordnung der Evangelien befolgt , für
welche im ganzen Bereich der griechischen und lateinischen Kirche
kein Beispiel beigebracht worden ist, und welche dagegen durch
den Syrus Curetoniauus als die Ordnung der Evangelien in der
syrischen Kirche ältester Zeit bekannt geworden ist. Nach H. 175
muß dies jetzt „als zufällig beurtheilt werden," Aber welcher
denkende Forscher wird sich dabei beruhigen? In welcher Ord-
nung man zu der Zeit des angeblichen Gompilators die Evangelien
las und insbesondere auch im kirchlichen Unterricht in Gallien
die Thiersymbole der Evangelisten erklärte^ wissen wir aus Euche-
rius von Lyon und aus den Liturgien ^). Es ist diejenige des Hi.
Wenn's nicht zugleich sehr traurig zu sehen wäre, müßte H/s Ver-
such; nun doch für ,,dies Unicum im Abendland" Analoga beizu-
bringen, Heiterkeit erregen. Meine bescheidenen Bemerkungen
(F. II, 274) über jenen Arnobius iunior, welcher eine kleine Samm-
lung von Scholien über die Ew. des Johannes, Matthaeus und Lu-
cas in dieser Ordnung hinterlassen hat, werden von H. zu diesem
Zweck misbraucht. Aber es leuchtet doch wohl ein, daß nur wenn
anerkannt wird, was H. leugnet, daß nämlich jener ,, Arnobius" ein
bloßes Excerpt aus T ist, ein Anlaß vorliegt, die Evangelienord-
nung beider zu vergleichen, und daß sich dann einigermaßen er-
klären läßt, wie Arnobius aus der ursprünglichen Ordnung des T
seine davon völlig abweichende gewonnen hat. Wenn aber H. da-
ran erinnert, daß auch Origenes einmal in seiner einleitenden Ho-
milie zu Lucas die Evangelienordnung des T befolge, so wird er
doch wohl damit nicht ernstlich behaupten wollen, daß Origenes
oder die alexandrinische Kirche die Evangelien in dieser Ordnung
gelesen oder abgeschrieben habe ^). Ich warte darauf, ehe ich
gründlich antworte. Nur dem exegetischen Unwermögen H.'s in
Bezug auf diese eine Stelle ^) will ich abhelfen. Origenes nennt
1) Aus dem Sacrament. Bobiense bei Mabillon, Mus. Ital. tom. I
pars 2 p. 311 (die Hs. etwa um d. J. 700 geschrieben nach Mabillon p. 275»
der Inhalt meist viel älter) und aus dem Missale Gallicauum vetos bei Ma-
billion, Liturgia Gallic. p. 343. — Eucherius, instruct. 1, 2 Migne 50 col. 796.
2) Und was wäre gewonnen, wenn dies ebenso richtig wäre, als es
falsch ist? Ein Beispiel aas der griechischen Kirche des 3. Jahrhunderts,
also doch wohl kein Beleg für das Verfahren eines gallischen Compila*
tors um 500.
3) Delarue III, 933; das griechische Original ebendort p. 932, aber
auch in manchen Compendien : MaT&aTog yaQ ovx inexslgtiaeVt «Ar eyga^
iffsv i^ dyiov xiyovfiivog nvevficcTog^ öfjtoitog xal Magxog xal ^Iwavvrjg'
naganlrialfog Sh xai Aovxag,
224 Beilage III.
die drei Evangelisteo , auf welche Jemand die Charakteristik der
noXloi im Prolog des Lucas beziehen könnte, auf welche sie aber
nicht bezogen werden soll. Er nennt sie in der Keihenfolge,
welche sich nach Ausschluß des selbstrerständlich hier nicht in
Betracht kommenden Lucas selbst aus der gewöhnlichen, auch dem
Origenes geläufigen Ordnung ergibt (Matthaeus, Marens, [Lucas],
Johannes). Nachträglich aber fugt er hinzu, daß man ähnlich auch
über Lucas selbst zu urtheilen habe. Auch indirect hat dieser nicht
sein eigenes Unternehmen als ein unberechtigtes Unternehmen cha-
rakterisirty indem er sich mit jenen noiXoi zusammenstellte. — Das
Käthsel der Evangelienordnung in T wird bestehen, bis man ein>
sieht, daß die Ueberlieferung , welche dies Werk einen antioche-
nischen Bischof von 170—185 zuschreibt, im wesentlichen Recht
hat. Mag das Buch durch den Uebersetzer oder auch einen spä-
teren Bearbeiter Veränderungen erfahren haben: Der Grundstock
und die Anordnung des Buches ist geblieben.
2. Keiner meiner Kritiker hat zu bestreiten versucht, daß in
T III, 6 wesensentlich die gleiche Deutung der Geschichte vom
barmherzigen Samariter vorgetragen ist, welche Origenes in einer
Predigt als diejenige eines älteren Auslegers nicht ohne einige
kritische Andeutungen reproducirt hat ^). Vergegenwärtigt man
sich, daß es unseres Wissens vor Origenes keinen kirchlichen Evan-
geliencommentar ^) gegeben hat , wenn nicht Theophilus von Anti-
ochien. einen solchen geschrieben hat, so entsteht ein ziemlich hoher
Grad von Wahrscheinlichkeit dafür, daß Origenes unter seinem
„Alten" eben den Theophilus versteht. Nun könnte ja trotzdem
ein Compilator diese Auslegung anderswoher, allenfalls aus Augusti-
nus, worüber nachher zu reden ist, oder aus der hieronymianischen
Uebersetznng der Homilie des Origenes genommen haben, wogegen
aber gute Gründe vorliegen (F. II, 130). Das Beweisende liegt
1) F. I, 170 Anm. und S. 129 ff.
2) Das Werk des Papias kann hier schwerlich in Betracht kommen.
Sehr gering war auch vor der Zeit des Origenes sicherlich die Zahl der
literarisch verbreiteten Homilien, in deren einer dieser Text hätte erklärt
werden können. Jedenfalls konnte in einer solchen nicht die schollen-
artige, unerbaulich kurze und doch vollständige Auslegung stehen, wie
sie Origenes referirt, und T sie enthält. Die Deutung der Parabel in der
Predigt des Clemens über den Reichen, der selig wird (§ 29) kann das
veranschaulichen. Sie ist auch materiell wesentlich verschieden: Die
Bäuber = die Geister der Finsternis; die Wunden = sündliche Leiden-
schaften; der Samariter = Christus; der Wein = Blut Christi;' das
Oel = Barmherzigkeit des Vaters ; der Wirth = die guten Engel.
Nachträge za Theophilus. 225
erst in dem ZuBammentreffen der beiden Umstände , daß eine von
Origenes wahrscheinlich dem Commentar des Theophilus von Anti-
ochien entnommene Auslegung einer ganzen Parabel gerade in
einem solchen Commentar sich wiederfindet , welcher durch eine
beachtenswerthe Ueberlieferung demselben Theophilus zugeschrieben
wird. Ist auch dies ^als Zufall zu beurtheilon^^ so stelle man es
auch unter die Räthsel, die man nicht zu lösen vermag.
3. Der Coislinianus 20^ eine Pergamenths. des 10. oder 11.
Jahrhunderts ^), enthält einen vollständigen Text der vier Evange-
lien^ um welchen herum dieselbe Hand, welche den Text schrieb^
auf allen 4 Kändern mit kleiner zierlicher Schrift einen sehr aus-
führlichen Commentar geschrieben hat. Dieser Commentar ist keine
Catene im strengeren Sinn dieses Wortes, sondern eine catenen-
artige Compilation aus einer großen Menge griechischer Väter,
unter welchen Auastasius von Antiochien der Jüngste ist. Die Er-
klärung zu Marcus (fol. 148^) ist der sogenannte Victor« Aehn-
licher Anlage sind auch die Erklärungen zu den übrigen Evan-
gelien. Das aus den verschiedensten Quellen geschöpfte Material
ist zu einer gewissen Einheit verarbeitet. Kein einziger Satz ist
auf einen einzelnen Exegeten zurückgeführt; es scheint auch sehr
Weniges buchstäblich genau aus den Quellen abgeschrieben zu
sein. Auf fol. 507^. 508^ liest man nämlich Folgendes^): rilog
T&v (TXoXiwv Tov xatä ^Icadppfiv evayyeXlov äno di,a(p6q(AV ^),
ndvTBq ol (piXonovmq ivrvyx^^^^'^^^ '^fl 'tovöe tov evayyeliov
(fvyyqatp^ xal noXXiiv xiiv w^iXetav ix tijg t£v novfi&ivtmv
f^lkip äno dia^OQOsy igf^fiyacop ffvpaytoy^g äqv(Tai»,evoi , evxetT&e
Ineq tov (piXonoviaq äno noiiX&v ßlßXmv tavTa ovvaYfXYOvroq xal
cvyyeyQag>6Tog xal (fwagfioffat/Tog ' xal yciQ ix noXXmv xal dia^o-
gmp ov iiopov ayiiAv naTiquiv, dXXä xal ddoxifiwp alqetiM&v avTfi
^ ßißXog iffxediatTTai, Xiyos Sri ^I(advpov imaxonov KfAvaTavTivov-
noXetaq tov Xqvaotnoyiov, KvqlXXov iniaxonov IdXe^apdqelag xal
TItov iniaxonov BotrTQoop, Evaeßlov xal 2evfiqov xal Gsodcoqov
MoxpoveCTlaq xal QeodU qov^HqaxXelaq^^AnoXivaqlov ts xal^SIqi-
yivovq xal BlxToqog, OeotplXov tb xal KvqlXXov ^leqoaoXv-
1) MontfaucoD, bibl. Coislin. p. 63 sagt: saec. X; die neutestament-
liehen Textkritiker, bei welchen diese Hs. nminusc 36'' heißt, schreiben
sie dem saec. XI zu: Scholz N. T. voll p. 41 ; Tischendorf, Proll. Edit.
VII p. 198; Scrivener, Introd. ed. 2. p. 169.
2) Der Abdruck bei Montfaucon, bibl. Coisl. p. 64 ist ziemlich genau.
Wo der meinige abweicht, folgte ich der Hs.
3) Wesentlich dieselbe Schlußformel schon einmal vorher fol. 506 s.
Zabni Forschungen. III. J^r^
226 Beilage III.
fiav xal lAt&apafflovldXe^avdQelaq, iviote di xaiBaffiXeiov tov
fieyälov xal FQfjyoQlov %ov &€oX6yov xai FQfiyoQlov Nvfftrfj^ xal
^laidwqoVy ^ni(pavBlov re Kvnqov »cel Me&odlov Hatäqmv^
lAvatnaaiov lArttoxelaq xa$ JidvfAOV tov TVtpXov xai kxiqmv
noiXtöv, äv zd ovoikaza ovx evQfj^ai ' ix tovftnv xolwv ctnav-
Tfov rqi/ ßißXov tavTtjp iqaviadiievoq ^ ovdkv t(3p ädoxifiwg xai
xaxoaxoXtoq iv zoiq tößv aiqecixdäv (TxoXloiq elQfjfkipaoy ip&e£g,
ätrve (Afi dv%l xqfi<nov xai vyteipov (paqfidxov diiXi^T^qioy xav-
aqtvffavTeg oXid^qtop top tfjg dtdaaxaXlag iqya<T<6(A€&a XoyoVy
diX Sffa dva(ig>iß6X(ag n&ai tolg ayioig na%qd(Tiv edo^ep, tavza
xai ^(A€7g dqaqoTOkg zij ipiXonoptg fieXlofffi (Aifu^ffdfiepoi ix noX-
Xäp »al diaifoqwp dp^itop %ov Tijg yqacpfjg Xoyixov Xeifiäpog
dqeifjdfAepoi xtX.
Wenn nnter den für diese Compilation verwertheten Schrift-
stellern und zwar vor dem iplove de xai, welches die Aufzählung
einiger nur ganz nebensächlich benutzter Väter einleitet, aber andrer-
seits doch erst gegen Ende der Aufzählung der Hauptautoren ein Theo-
philus genannt wird^ so ist man zu der Erwartung berechtigt^ daß
hier und dort Spuren der Benutzung einer für die Evangelienerklärung
in Betracht kommenden Schrift eines Theophilus sich zeigen werden.
Ob der Alexandriner oder der Antiochener gemeint sei^ kann mau
aus der Stellung des Namens nicht erkennen. Er steht zwischen
dem antiochenischen Presbyter Victor und dem jerusalemischen
Bischof Cjrillus. Auch chronologisch ist die Aufzählung nicht ge-
ordnet. Sollten sich aber in dieser Compilation Sätze finden^ welche
bei keinem der sonst vom Gompilator genannten Schriftsteller , so-
weit sie uns erhalten sind^ wohl aber in dem^ dem Theophilus von
Antiochien zugeschriebenen Evangeliencommentar mehr oder weniger
genau sich nachweisen lassen, so ist bewiesen, daß T Uebersetzung
eines griechischen Werks unter dem Namen des Theophilus ist.
Dieser Fall liegt in der That vor. Wie sehr es zu beklagen ist,
daß die vorhin beschriebene Art und Einrichtung der Evangelien-
erklärung im Coislinianus 20 den Beweis verdunkelt, so ist dieser
doch zu führen. Ich theile die Stücke, welche mir besonders be-
achtenswerth erschienen sind, nach der Reihenfolge im Coislinianus
mit, welche zugleich auch diejenige der Parallelen in T ist.
A) Coisl. fol. 13»» (cf. T 32,13-33, 1): gietd Tifp ikPf^ateiap
cvXXaiJbßdpei , %pa do^fi i^ avtov xexvtjxipai xai axfj xfidefiopa
ix %aig imßovXaig, xai %pa [i^ ip t^) olxtf züp yopicop tovto
na&ovaa xtpdvpevCfj' äXXtog te ovx inl dfiPfjCTevtov iyi-
psvo T^g naq&äpov ^ (TvXXfixjJig did rb ffvpeffxiafffii-
Ptog yspiff^at z^p yippfjffip, ipa Xd&fi top äqxopta zov
Nachträge zu Theophilus. 227
xoGfkOV tovTov^ yevveo^it^ov tov xataXv trawog avtov * ei yäq
firi ovTtog iyiifßTO, iniaTfitrep av %^ t^c yeviaewg xaiPo%fii;i xat
ivxeavqazevcaTO- naqä r^i/ äga^ ovv tcov %ov ydiAOV 7iQay(iaTfav
ka&op %d nyevfia xal top äpTixeiiievov xal top 'Itjuüiifp inX^Qmffep
Tovg Tov raßQiijl Xoyovg. %av%a de ovtoog (^xopofifiS'fi , %pa xal
%ovq ^lovdalovg Xcc&ij xvotpoQOVfASPog xal Tixtofiepog o Xqi<rt6g,
fiefAPi^CTeviiipfig oiicijg vrig äylag naqd'ipov.
Diese nicht eben geordnete Zusammenstellung von Gründen
für das Verlöbnis Maria's vor der Empfängnis ist in ihrem erstell
Theil biß xipdvpevtTij offenbar von Theodorus Herakleota abhängig,
dessen Erklärung ich F. II^ 32 f. unter dem Text mittheilte und
F. II; 128 besprach. Unser Compilator hat diesen Theodor unter
seinen Quellen genannt, und dessen Worte sind es, welche er hier
wiederklingen läßt: tlpog €P€X€p fietä Tf^p (iPfioteiap CVPiXaßep
^ naq&ipog . . . t^ ze doxeip nätrip e^ ^lasa^^ yepi(r&a$ v^p
xvfiatp ... ezi xal ttp xrideikopa e%eip xal didxopov ip Talg
n€QiOtd(T€OiP» Man sieht an diesem Beispiel, wie frei der Compi-
lator seine Vorlagen reproducirt hat. Die nur theilweise von ihm
wiederholte Erklärung Theodors entspricht den drei ersten Gründen
des T. Ist es nun ein Zufall, da£ der Compilator mit äiXmg %€
zu einem anderen, von Theodor nicht ausgesprochenen Erklärungs-
grund übergeht, welcher bei T als vierter Grund an jene drei sich
schließt? Man kann sich durch diesen zweiten Absatz [aXXtog —
xaTaXvoapvog avTOp) auch an Ignatius ad Ephes. 19 oder an jene
Stelle des Basilius erinnern lassen, wovon ich F. IT, 127 f. cf. S.
103 zu handeln hatte. Aber abgesehen davon, daß Ignatius gar
nicht vom Verlöbnis der Maria geredet hat, so hat der Compilator
den Ignatius auch nicht einmal unter den sporadisch von ihm be-
rücksichtigten Vätern genannt, und Basilius nennt selbst als Urheber
jenes vierten Erklärungsgrundes für Maria's Verlöbnis „Einen der
Alten", also einen griechischen Theologen, welcher mindestens
100 Jahre vor Basilius geschrieben haben muß. Nun findet sich
in den Worten des T ut partus eius faileret diabolum der Ge-
danke genau wieder, welchen die obigen Worte des Coislinianus
%pa Xd&fi (sc. ^ yippfj(Ti,g) top äqxopra tov xofffAOV tovtov aus-
drücken; und dieser Compilator bekennt, unter anderen auch aus
einem Theophilus geschöpft zu haben. Es ist daher sehr wahr-
scheinlich, daß er dies gerade auch hier gethan hat, und daß unser
T dieser Theophilus ist.
B) Coisl. fol. 16 a (cf. T p. 33, 4—6): eitel de BTi»Xeefi
eqgjiffipeveTai olxog äqzov, ixet äqa yeppäzai 6 äqTog 6 ^äp o
ix TOV ovqapov xaTaßdg xptl Zm'^p didovg TCp xotTfUf. Es be-
15*
228 Beilage lU.
darf keiner weiteren Ausführung, daß hierdurch die Wahrscheinlich-
keit der Identität des T mit dem Theophilus des Compilators um
ein beträchtliches wächst. Außer den Bemerkungen in F. II, 137
kommt auch der Umstand in Betracht, daß diese zweite Parallele
in T unmittelbar an die erste sich anschließt. Ebenso unmittelbar
folgt im Text des T eine dritte.
C) Coisl. fol. 16 b (cf. T p. 33, 8—34, 1) heißt es von den
Magiern: nQO(T(piqovGiP a (piqovfftv XQ^^^^ ^^ ßaCiXei^ Xißa-
vov (og d'Ctfy cFiivqvap (og (Aa&opteg änd BaXaäyk neqi avvov %d
,,xa%axli&elg äyanavaetai (og Xiwp, zig iyeqei avtov" diiXovv
ttVTOv t^p Taq>iiv xai zrip ix vexQCüp ävatnaaiv.
Der Gedanke findet sich mehr oder weniger ähnlich bei vielen
griechischen und lateinischen Vätern (F. II, 33 Anm. cf. S. 103.
120. 124), aber bei keinem in einer so genau mit dem Coislinianas
übereinstimmenden Form wie bei T ^). Auch hier hat der Compilator
eigene oder anderwärtsher entlehnte Gedanken mit der zunächst
erkennbaren Vorlage verbunden. Es sind drei solcher Zuthaten zu
unterscheiden. Er preßt den im biblischen Text vorliegenden Be-
griff nqoffiivSY*^^ f ^^ führt die Erkenntnis der Magier auf Bileam
zurück, und er fügt zum Begräbnis die Auferstehung hinzu. Letzteres
ist eine offenbare Geschmacklosigkeit, zu welcher der Compilator
durch das von ihm eipgeflickte Citat aus Num. 24, 9 sich ver-
leiten ließ. Die Erwähnung des Bileam hatte er, einer anderen
Quelle folgend, vorbereitet. Schon fol. 15^ schrieb er tovTOVg
de Xiyoval ziveg tov yipovg elvai, tov BaXadfA. Das wird nun
hier an sebr passender Stelle verwerthet. Endlich die Betonung
des nqo<Tq>iq€iP im Sinn von „opfern" lag jedem Griechen nahe,
welcher dies Wort in seiner Vorlage fand, und T hatte es bewahrt.
Uebersetzen wir den T ins Griechische zurück, so haben wir den
von den gekannten Zuthaten gereinigten Text des Goislinianus :
nqoafiveyxav avt(p ol fidyoi ddaqa, XQ^<^^^ ^C ßcctriXei, Xißavov
&g &€(f, (Tfivqpav dog dv&qdjKf etg Taq)^p.
Auch hieraus wieder glaube ich folgern zu dürfen, daß der
Theophilus des Coisl. uns in dem lateinischen T erhalten ist. Eine
noch sorgfältigere Untersuchung des Coisl., als sie mir möglich war,
wird vermuthlich noch andere Beweisstücke zu Tage fördern 2).
1) Am nächsten steht die zweite Deutung in Ephraemi expos. ev.
conc. p. 81. Aber dies Werk war den Griechen unbekannt, und Ephraem
gehört nicht zu den Autoren des Coisl.
2) Ich stelle hier noch einige Sätze zusammen, welche theils an sich,
theils als Parallelen zu T von Interesse sein werden. Coisl. fol. 19^
(cf. T p. 64, 23): xal y aroXi] xal i) jQotpfi tov 'Itadvvov aivlyfuiri idijlov
Nachträge zu Theophilus. 229
4. Chr. F. Matthäi bemerkt in seiner Ausgabe des Victor von
Antiochien, daß eine der von ihm hiefür benutzten Hss. der mos-
kauer Synodalbibliothok (damals Nr. 48, später und heute noch
Nr. 47) in ihrem das Matthäusevangelium betreffenden ersten Theile
unter anderem auch Scholien des Irenäus, des Gregorius Thauma-
turgus, des Theophilus enthalte'). Es findet sich in dieser Hs.
nur ein einziges Scholion auf fol. 179 mit der Beischrift QeofpiXov,
welches Herr Dr. A. Pawloff, Professor des kanonischen Rechts zu
Moskau, die große Freundlichkeit gehabt hat, für mich abzuschreiben.
Es lautet folgender Maßen:
"Avd^q(an6q rig eixe dvo vlotg' xal o (lii^ TTQCOTog itrtl xä e&vviy
ovg 6 d^eog b xoivoq natriq nq&toq^) ixaketre' top ydq didaxtop
xal (pv(Tix6v voiiov raig diavolaiq hYxaxaanilqag edtoxe xriqvxag
la oQ(o(A€Pa • all* § t^g xpvxrig avTCoy evxal^la avvexv^fi inl ^vXa
xal Xl&ovg" eine y^Q ^^ ?i5i«* natfiq (lov el (tv , dio ovx
TlvitTxovio x(olv6fi€yoi' einov yaq' ovx olöaiiev top xvqiov
ovToi ovp iieiaiieXfi&ivreg v<jt€qop änfjl&op sig top äikneXäpa.
Dies Theophilusfragment ist zunächst darum von Bedeutung,
weil es, wio jeder zugeben wird, ganz darnach aussieht, einem Com-
rr^v axoktoTrjTa xal axagniav tov roxe laov. Das von mir beanstandete
et cihum im Text des T ist vielleicht festzuhalten. — Coisl. fol. 20» (cf.
T p. 35, 11) i XiS^ovg Toiig i&vtxoifs X^ycav &ia tov (sie) Xtjd-£vi]V (l. >L*-
^^vfiv) txiiv itaqdCav. — Coisl. fol. 40» (cf. T p. 40, 2 nebst Anm.) :
xvvag xttXil rovg daeßtag C^vrag IJToi roifg algetixovg, x^Cgovg Sh lovg iv
dxoldatq) ßi(p Sidyovxag xaX iv T(p T^g dfiagiCag ßogßogq) iyxalivSov fikvovg
(sie) xal ovx dvaxElvovTag eig d-sov tov vovv^ olg ov Set tov evayyektxov
Xoyov laXilv. — Coisl. fol. 54 1^ findet sich in breiter Ausführung die phy-
siologische Deutung von Matth. 10, 16 cf T p 42, 16 sqq. nebst Anm. —
Coil. fol. 72i> (cf T p. 65 24): iOTiov ^k, oti ol t« ixaTop eiatv ol iy
daxrjasi axgcf ^r]aavTsg xal ol dfikfiTiTfog IsgaTSvaayTSg • ot Sk tu i^ijxovTte
olTfjg /afiaiTTSTovg dnoaxofiBVoi diaytoyrjg (fiX07i6v(ag ^ta^cüvTSg xaltJTTOvg
Tüiv TTJv d'xQttV dgSTtjv daxovVTfov ot ^k r« TQtdxovra ol ydf^tp ofiiXrjaav-
«?, Tf^v (T^ dQfTtjv nnaav xaTSQycc^ofxsvot, — Coisl. fol. 502** (cf T p. SU
12 — 18) : aiyiTTSTai ^k 6 fihv ixaxov t(op ix^vcov dgid-fiog tov t^Xsiov tov
l| id-vaiv Xnov niOTevOaVTa xal tov TsXeCoig Se^dfxevov dvS^Qfonov tov €vay-
yeXixov Xoyov tov Otioqov* 6 6k t(ov v dgtd-f^og driXol Tovg i^ ^lovSaltav
niaT€vaavTag ^ fisXXovTag iriaTiviiv T(p €vayy€X£(p tov XgtffTov , t6 i^
^JffgariX xar ixXoytjv atoS-kv yivog' 6 6k Twy tqicSv dgi&fibg t6 Tijg TQwSog
nagCöTTiai xrJQvyfAUf cft' rjg t6 d-iJQa/xa ysyoyev.
1) BixTbDQog 7iQ€(rßvTiQov IdVTiox^Cag . . . i^jjyrioig fig to x«r« Mdgxov
evayyiXtov, Mosquae 1775, vol. II, 143. Matthaei schreibt die Hs. dem
saec. XI. zu.
2) Ob 7iQ(OT<oi oder ngcjTovg zu lesen?
230 Beilage III.
meiitar^ also einem Evangeliencomraentar entnoramen zu sein. Nach
Form und Inhalt des Fragments ist nicht wohl vorzustellen, daß es
dem antiorigenistischen Werk oder einer der kirchlichen Gelegen-
heitsschriften des Theophilus Alexandrinus^) engehören sollte. Es
wird vielmehr aus dem Evangeliencommentar stammen, welcher dem
Hieronymus als ein Werk des Theophilus Antiochenus hekannt
war; und unser Fragment enthält keinen Gedanken^ welcher in
einem Werk dieses alten Apologeten befremden könnte. In Bezug
auf die Anschauung vom Gesetz cf. F. II, 144 ff., in Bezug auf
den Götzendienst ad Autol. I, 1, in Bezug auf die Predigt der
sichtbaren Werke Gottes und deren Verkennung durch die Heiden
ad Autol. I, 6. 7. Aber sehr merkwürdig ist das Verhältnis dieses
Bruchstücks einer Auslegung von Matth. 21, 28 — 31 zu der kurzen
Auslegung im lateinischen T^). Es besteht Uebereinstimmung in
der Hauptsache und vielen Einzelheiten, und das will bei dieser
textkritisch unsicheren und von jeher sehr mannigfaltig ausgelegten
Stelle viel sagen. Beide befolgen in Bezug auf die Reihenfolge
der Söhne und die dadurch bedingte LA ngdSvog in Mtth. 21, 31
unseren Textus receptus\ beide haben hinter äv&Qmnoq ein riq
imd stellen ovo vor riicvcc. Beide deuten ohne alles Bedenken
den Sohn, welcher Nein sagt und nachher dennoch den Willen des
Vaters thut, auf die Heiden. Beide finden die Aufforderung des
Vaters an diesen Sohn iu dem allgemeinen, der ganzen Menschheit
gegebenen Sittengesetz. Dies drückt T so aus: Vinea vero lex
accipienda est, ad cuius praecepta omnes homines invitantur.
Aber ein genau entsprechendes Original unseres lateinischen T ist
in dem moskauer Fragment nicht gefunden. Ist T nur ein Excerpt
oder eine excerpirendo Uebersetzung? Oder hat der Redactor der
griechischen Catene das, was er in seinem Theophilus gefunden,
sehr frei gestaltet und erweitert? Oder schöpfte er gar nicht mehr
direct aus Theophilus, sondern aus einem exegetischen Werke,
worin unter Berufung auf Theophilus jene Deutung des anfangs
ungehorsamen Sohnes vorgetragen war? Da Theophilus nur ein
einziges Mal in der ganzen Catene genannt wird, so ist Letzteres
das Wahrscheinliche. Die Erinnerung an die Schicksale des ebenso
1) Cf. F. II, 234 cf. S. 9. In Bezug auf das Werk gegen Origenes
ist noch zu beachten Cassiodorius, instit. divin lit. c. 1 : Theophilus autem
Alexandrinae ecclesiae ponlifex triginta quinque sensus eins (sc. des
Origenes) haeretica pravttate distortos cathoUca veritate convicit
1) T p. 55, 12—56, 2 nebst Anna., dazu F. U, 204 und F.
1, 185.
Nachträge zu Theophilus. 231
vereinzelten Theopbilusfragments zum Hobenliede (F. II, 239 — 256)
mahnt zur Zurückhaltung. Mein ürtheil über T findet in dem
moskauer Fragment eher eine indirecte Bestätigung, als eine directe
Widerlegung.
VII. Aber die Anachronismen , die sich nun ergeben! H.
131 — 142 bat sich in dieser Hinsicht damit begnügt, die von mir
je an ihrem Orte historisch beleuchteten Vorkommnisse in extenso
abdrucken zu lassen, damit jeder Besitzer eines Compendiums der
Kirchen- und Dogmengeschichte sich sofort mit Grausen abwende,
und diese bimmelschreienden Thatsacben dann noch mit einigen
Uebertreibungen der Wirklichkeit und mit Exclamationen über meine
angebliche Forderung einer Umkehr der Wissenschaft zu begleiten.
Alle dabei abfallenden Liebenswürdigkeiten würele ich mit Ver-
gnügen hinnehmen, wenn H. mir nur durch den Nachweis von
Fehlern, die ich gemacht, oder durch Mittheilung eigener neuer
Beobachtungen Gelegenheit gegeben hätte, etwas zu lernen. Einigen
Bemerkungen über Antikes und Modernes in T, welche ich den
früheren Ausführungen zur Ergänzung hier folgen lasse, schicke ich
die nochmalige Erinnerung voraus, daß wir in T nicht das Original,
sondern eine wie es schien vor 250 entstandene Uebersctzung vor
uns haben, und daß die Textüberlieferung nicht die Möglichkeit
späterer Interpolationen ausschließt (F. II, 160 f.). Gerade die brüs-
seler Hs., mag sie meist das Ursprüngliche bewahrt haben oder nicht,
zeigt, daß man diesen Text nicht eben pietätsvoll tradirt hat. Be-
deutende Umstellungen kleinerer Abschnitte, Auslassungen oder
Zusätze von je 5 — 20 Zeilen sind constatirt, und auch H. wagt
nicht überall den Text von M gegen den von P in Schutz zu
nehmen^). Es ist also möglich, daß in T einige Sätze oder auch
Abschnitte enthalten sind, welche auch der Uebersetzer noch nicht
geschrieben hat.
1. Das Urtheil H. Kihn's^), daß die Art, wie in T die
Lehre von der Trinität betont werde, in die nachnicänische Zeit
weise, müßte doch wohl richtiger dahin lauten, daß das relativ
häufige, nämlich fünfmalige Vorkommen des Wortes trinitas (F. II,
143) bei einem Schriftsteller um 170—185 auffällig sei. Irgend
welche Lehre von der Trinität wird aber hier nicht vorgetragen:
Gegensätze in der Auffassung dieser Lehre, wie sie vom Ende des
zweiten Jahrhunderts an und während des ganzen dritten in Rom
1) S. die Zusammenstellungen bei H. 164. 165 Anm. 39—41.
2) Lit. Rundschau 1883 col. 745.
232 Beilage III.
und Africa, dann in Alexandrien und in AntiocLien zur Sprache
kamen , werden in T nicht berührt. Daß aber ein Schriftsteller,
welcher in einer für Heiden berechneten Schrift einmal das Wort
^ TQiag als Bezeichnung von Vater, Sohn und Geist gebraucht, in
einem für Glaubens- und Amtsgenossen bestimmten Commentar das-
selbe Wort fünfmal gebraucht, hat doch nichts auffalliges. Man
wird doch die unhistorische Vorstellung nicht zum Axiom erheben
wollen, daß ein Wort immer erst einige Zeit nach demjenigen Mo-
ment häufiger gebraucht sein könne, für welchen wir in den Trüm-
mern der alten Literatur sein Vorkommen nachweisen können.
Ueberdies fragt es sich noch, ob die Bücher an Autoljcus in Bezug
auf das Wort TQtdg diesen Moment bezeichnen. Wenn die Valen-
lentinianer alter- Schule ^) im Gegensatz zu den drei bei der Taufe
ausgesprochenen Namen Vater Sohn und Geist von einer Trias des
Verderbens reden, von welcher der Mensch durch die Taufe befreit
werde, so muß ihnen die Bezeichnung jener drei Namen der Tauf-
formel als Trias ganz geläufig gewesen sein. Clemens, welcher zu
Schriftstellern anfing, als Theophilus aufhörte, behandelt die Trias
als längst geläufige Formel für eine christliche Glaubenswahrheit,
auf welche schon Plato angespielt haben soll, 2) und hierin war
schon Justinus dem Clemens vorangegangen (dial. 60). Derselbe
Cl. setzt auch sonst die symbolische und religiöse Bedeutsamkeit
der Dreizahl voraus (str. VI, 87) ; und nur unter der Voraussetzung,
daß r TQidg eine ganz 'gewöhnliche Bezeichnung für Vater, Sohn
und Geist war, ist verständlich, was er über jene zwei oder drei
Beter Mt. 18, 20 sagt: <^ nQoeiQrigjiii^fi tqidqy [lax^ coi^ ^ nttveni-
crxonog tov d'Cov övpafjtig äfieqcog fiegiof^ (str. III, 69). Letzterer
Ausdruck ist zu verstehen nach dem, was Cl. vorher (§ 68) über
dieselben Beter gesagt hat: es sei nicht etwa nur der Schöpfer
bei ihnen, und dagegen der Heiland bei den einsamen Asketen,
sondern mit beiden sei Gott durch den Solm. Eben dies heißt hier
(§ 69) die „ungetheilt getheilte Gotteskraft", also die göttliche Trias,
welche jener betenden menschlichen Trias beiwohnt. Wenn H.^)
seinen Lesern mittheilt, daß nach meiner Darstellung „die Trinität,
ihre Einheit und Untheilbarkeit, eine geläufige Formel in der an-
1) Epit. ex. Theod. § 80. Die Stelle gehört nicht zu den eigenen
Auslassungen des Clemens s. oben S. 126. lieber das Alter dieser Valen-
tiniana ß. oben S. 125.
2) Str. VI, 103 (nicht 104, wie F. II, 143 citirt wird) ; ebenso ist dort
Tert. Prax. 3 statt 4 zu lesen.
3) H. 100 f. 133. 142; Theol. LZ. 1883 col. 487.
Nachträge zu Theopbilus. 233
tiochenischen Gemeinde um d. J. 170 gewesen ist", so richtet sich
diese Uebertreibung selbst. Au einer einzigen Stelle (T 44, 23) lesen
wir trinitas sancta, quae dividi non potestj nam in unitate con-
sistit. Nun hat sich aber gezeigt (oben S. 220. 215), daß der Theo-
pbilus des Hi. eben diesen Gedanken ausspricht; und wenn dieser
dort statt des Wortes trinitas die Namen Vater, Sohn und Geist
gebraucht, so ist ja eben dieses ein Terminus des Theopbilus von
Antiochien. Es hat sich ferner gezeigt, daß in T sowenig als bei
dem Theopbilus des Hi. die Behauptung der Untheilbarkeit der
Trinität in speculativem Sinne gemeint sei, sondern lediglich zum
Ausdruck des religiösen Gedankens diene, daß das Heil, um dessent-
willen der Menseb Alles verkaufen oder Alles für Kotb achten
müsse, in dem dreieinigen bott des kirchlichen Bekenntnisses liege
und durch den Glauben an diesen erworben werde. Aber gesetzt,
es wäre nicht so; gesetzt es wäre hier die Lehre von der Untheil-
barkeit und Einheit der Trinität um ihrer selbst willen vorgetragen,
80 würde doch nicht folgen, daß dies erst etwa zur Zeit der Dionyse
von Rom und Alexandrien ^) und nicht schon 80 Jahre früher ge-
schrieben sei. So eben zeigte sich schon, daß Clemens in Bezug
auf den Unterschied der Hypostasen von der „ungetheilt getheilten"
Gottheit redet. Bei Tertnllian lesen wir solche speculative Aeußer-
rungen doch wahrscheinlicb nicht als Mittlieilung seiner persönlicheu
Entdeckungen 2) ; es ist bereits eine feste, auf griechischem Sprach-
gebiet entstandene Terminologie darüber vorhanden (oixoPOfAiaf
[lOvaQxicc). Wenn ferner H. meinem Wink (F. H, 302) folgend
den Athenagoras aufgeschlagen hätte, so hätte er bei diesem viel-
leicht sogar älteren Zeitgenossen des Theopbilus lesen können, daß
die Christen um 170 — 180 selbst zu den Heiden über Vater, Sohn
und Geist so redeten, daß sie deren „Kraft (Wesen) in der Ein-
heit und ihren Unterschied in der Rangordnung" (c. 10 p. 48 Otto) oder
„ihre Einheit und zugleich die Trennung der Geeinten" (c. 12 p. 56;
c. 24 p. 124); oder das durch den Geist vermittelte Ineinssein des
Vaters und des Sohnes (c. 10 p. 46) oder die Untrennbarkeit des
Sobnes vom Vater lehrten (c. 18 p. 84). Wer angesichts dieser
1) Cf. die Zusammenstellang bei Routh, rel. s. (2. Aufl.) Ilf, 373
— 403, z. B. folgende Ausdücke: ^laiQovvng t^v dytav fioyti^a (374,
3 cf. lin. 10; 373,6), fjis^iQtafiivag (373, 8; 397 fin.), xarafjisQC^nv i^ll,
4), TQiag (374, 6. 14 ; 377, 1 » ; 387 bis), sig rriv TQiaSa tiJ v fiovaSa nXa-
Tvvofxev aSialQeiov (395 fin.).
2) adv. Prax. 3. Es sind die einfältigen Laien, von welchen gesagt
wird: dispositionem trinitatis divisionem praesumunt unitatis.
234 Beilage III.
Thatsaclien und trotz aller vorangegangenen Belehrungen seinen
Euhm als Kritiker dadurch zu wahren meint, daß er jene Stelle
des T ein über das andere Mal an die Spitze der Beweise dafür
stellt, daß dies Buch frühstens um 470 geschrieben sein könne,
der wird es bald dahin bringen, daß man es sich zur Ehre rechnet,
von ihm (S. 141) „kritiklos" genannt zu werden.
2. Nach H. 141 ist T zu einer Zeit entstanden, „in welcher
die augustinischo Terminologie im Abendland bereits vulgär ge-
worden war". Dies gründet sich auf das einmal vorkommende
originale peccatiim T p. 82, 12, welches H. immer wieder seinem
Publikum vor Augen führt ^), ohne auch nur einen Versuch zu
macheu, meine bezüglichen Nachweisungen (F. ü, 152 f.) über das
Alter des Begriffs überhaupt und seine Begründung, in der Theo-
logie des Theophilus von Antiochien insbesondere als irrig zu er-
weisen. Die Behauptung, daß etwas einmal Vorkommendes zu
gleicher Zeit vulgär gewesen sein müsse, ist an sich widersinnig;
und den Beweis dafür, daß oHginale peccatum etwa so wie unsere
sehr ungenaue Uebersetzung „Erbsünde" von vorneherein ein dog-
matischer Kunstausdruck sei, welchen Augustin geschaffen, wird H.
für immer schuldig bleiben. 2) Neben jenen vereinzelten Ausdruck
stellt H. 135 Nr. 25 eine Stelle aus T III, 10 p. 74, 12, zu
welcher ich F. II, 124 Anm. 2 eine treffende Parallele aus Ire-
naeus anführte. Bei Tertullian , welcher nicht nur in der Bestim-
mung des Grundgedankens der Parabel vom verlorenen Sohn, son-
dern auch in manchen Einzelheiten der Deutung derselben mit T
zusammentrifft,^) findet man statt der einfachen Deutung des ge-
schlachteten Kalbes bei Irenaeus und T auf den Opfertod Christi
eine Deutung desselben auf die Eucharistie. Daraus würde sich
nach H/s dogmenhistorischer Methode ergeben, daß Tertullian
1) H. 107. 135; Th. LZ. col 487.
2) Für die Bedeutung von original^ ist der Gebrauch bei Tertullian
lehrreich. Originales personae (monog. 7 cf apolog. 21) sind die Männer
der Urzeit von Adam bis Moses, griechisch aQx^^oi clvdq^g. Es ist ein
gleichgültiger Zufall, daß er originis vitium (anima 41) statt originale
Vitium sagt.
3) Tert. pudic. 9. Es kennt Tertullian bereits zahlreiche Ausleger
dieser und anderer Parabeln. Mit T p.^74, 3-9; 13—15 cf. Tertull. 1. 1.
nie eum praefeeit porcis (ut familiäre id daemonum pecus pasceret), ubi
nee nie compos esset vitalis escae .... Vestem pristinam recipit^ statum
scilicet eum^ quem Adam transgressus amiserat. Annulum quoque aceepit
tunc primum , quo fidei pactionem interrogatus ohsignat — Judaei . .
invidentes nationibus salutem.
Nachträge zu Theophilus. 235
wenigstens ein Jahrhundert jünger als T und Irenaeus sei. Wenn
endlich auf Stellen hingewiesen wird, in welchen T gegen den De-
terminismus polemisirt'), so wird doch nicht behauptet sein wollen,
daß die kirchlichen Theologen des 2. Jahrhunderts die Bibelstellen,
welche jene Lehre zu enthalten scheinen, noch nicht im entgegen-
gesetzten Sinne zurechtzulegen sich bemüht hätten.*)
3. Ein sehr gelehrter und geschätzter Freund schrieb mir
nach erster Einsicht in F. II, das Herz drehe sich ihm im Leibe
herum bei dem Gedanken, daß dieser in den ausgefahrenen Ge-
leisen kirchlicher Allegoristik sich bevy^egende Commenlar ein Werk
des alten antiöchenischen Bischofs sei. Bei Anderen scheint gerade
auch Antiochien als Heimat des Buches Bedenken erregt zu haben.
Selbst ein so tüchtiger Kenner der antiöchenischen Schule, wie
Kilin, nennt ^n diesem Zusammenhang den Theophilus einen Lehrer
derselben Schule, welcher Chrysostomus angehörte, so daß Unbe-
kanntschaft des Letzteren mit einem Commentar des Ersteren un-
wahrscheinlich sein soll. Aber gehören denn die Aniiochener Ig-
natius^) und Theophilus wirckl Ich der „antiöchenischen Schule" an?
Sind sie irgend wie als Vorläufer der Richtung eines Lucianus,
eines Diodorus, eines Theodorus zu betrachten ? Vielleicht verdiente
doch die mit Bedacht niedergeschriebene Vorrede zu F. II ein
wenig Beachtung. Allegorisirende Exegese ist ja nicht eine all-
mählig von der alexandrinischen Schule des 2. und 3. Jahrhunderts
aus über die Kirche sich verbreitende Entartung, sondern tritt uns,
bis zur äußersten Geschmacklosigkeit entwickelt, als älteste Me-
thode schon bei Barnabas, Justinus und dem Apologeten Theophilus
(F. U, 149 f.) entgegen. Welche Fülle bereits traditionell gewor-
dener Auslegung dieser Art setzt schon Clemens überall voraus!
besonders da, wo er sich auf die historischen Theile der Bibel ein
läßt. Diese und nicht die Lehrschriften, im N. T. also die Evan-
gelien und nicht die Briefe sind selbstverständlich das Hauptobjekt
der allegorisirenden Auslegung. Was aber den T von den Aus-
legern der Folgezeit unterscheidet, ist die volle Naivität seines Ver-
fahrens, die völlige Abwesenheit jener schon bei Clemens beginnen-
1) H. 165. 170 legt besonderes Gewicht auf ein nur in M enthaltened
StUck. Dazu wäre zu stellen T III,. 4, worüber aber weiter unten neue
Aufschlüsse zu geben sind, und als Gegenstück T IV, 10 cf. F. II, 108 f.
2) Besonders nahe liegt mir die Bemerkung des Clemens zu Judae
v. 4 oben S. 83.
3) Von diesem scheint Chrysostomus auch keine Silbe gelesen zu
haben cf. meinen Ignatius v. Ant. S. 34 f.
236 Beilage III.
den, von Origenes zur Theorie entwickelten, von den abendländi-
schen Commentatoren in ermüdender Häufigkeit wiederholten Re-
flexionen über Recht und Nothwendigkeit, Art und Grenzen der
allegorischen Auslegung. Besonders auffallig ist in T die starke
Anwendung der Zahlensymbolik. Aber gerade diese ist auch dem
Theophilus des Hi. geläufig (oben S. 218 f.), und gerade sie ist ja
uralt. Die Zahlendeutungen des T schließen sich ebenbürtig an
das an, was ein Barnabas (c. 9) über die Zahl 318, ein Justinus
über das Mysterium der Zahlen 8, 12, 3 (dial. 23. 24. 42. 60),
die Valentinianer und andere Gnostikcr über alle möglichen Zahlen
gesagt hatten (Iren. I, 16 p. 81 Mass.). Aus mehreren Abschnitten
des Clemens (str. VI, 84 — 87; 138 — 145) sieht man, daß diese
heilige Arithmetik zwar nicht, wie Gl. meinte, auf ^braham zurück-
geht, aber doch ein seit langer Zeit in der Kirche cultivirter
Studien gegenständ war. In Bezug auf Einiges herrschte Ueberein-
stimmung; über Anderes waren die verschiedensten Meinungen in
Umlauf. Auch jene künstlichen progressiven Additionen, wie wir
sie bei T antreffen, waren bei Häretikern und Kirchenlehrern des
2. Jahrhunderts beliebt.^) In den Zeiten und Ländern, in welche
H. unseren T verweisen will, waren diese Spiele, wohl ihrer Künst-
lichkeit wegen, aus der Mode gekommen. Eucherius von Lugdu-
rum in seinem Kapitel „de numeris" erwähnt nichts mehr davon 2);
und in Isidor's von Sevilla umfangreichem Buch gleichen Titels^)
finde ich nur ein einzigps Beispiei ; dies ist aber aus T genommen,
oder vielmehr, wie unten sich zeigen wird, aus Augustinus. Wie
fremdartig diese Methode der späteren Zeit geworden war, sieht
man auch daran, daß während T und Clemens im Bewußtsein der
Gewöhnlichkeit und der anerkannten Legitimität ihres Verfahrens
den Lesern die Ausrechnung überlassen und dagegen den resulti-
renden Gedanken entwickeln, Isidor in jenem Falle eine 9 Zeilen
umfassende Ausrechnung vorträgt, ohne irgend deutlich zu sagen,
was für ein Gedanke dadurch gewonnen wer:le. Beiläufig sei er-
wähnt, daß die F. II, 172 f. von mir besprochene Deutung der
1) Die Markosier bei Iren. I, 16, I (p. 80 sq. Mass.): 1 bis 4 d. h.
14-2+3+4=10, genau ebenso T 81, 20. Mit T 84, 15 (Addition von
1 bis 17=153) cf. Clem. str. VI, 84: von 1 bis 15 d h. 1+2+3+4 . . .
15=120.
2) Liber formularum spiritalis intelligentiae c. 11 (Migne 50 col. 769
bis 772).
3) Opp. ed. Arevalo V, 220—248. Die Berechnung der 153 Fische
am Schluß p. 247 sq.
Nachträge zu Theophiluß. 237
Zahl 50 bei dem Theophilus des Hi. auch dem Clemens^) bekannt
und bei diesem von einem Hinweis auf die kirchliche Pentekoste
begleitet ist. So wird auch T diese Zahl nicht in dem Siane eine
für die Pönitenten passende nennen, als ob sie die Dauer einer
Bußzeit ausdrückte ; sie ist ihm vielmehr Symbol des Schul derlasses
für diejenigen, welche vorher Buße gethan haben.
4. Nach einem Buch von Göbl belehrt uns H. 147 f. theil-
weise in gesperrter Schrift darüber, daß der katechetische Gebrauch
der 8 Seligpreisungen erst in der zweiten Hälfte des Mittelalters
vorkomme, und erinnert daran, daß sie mit dem Dekalog verknüpft
zu werden pflegten. Wenn nun bei T p. 77, 8, einer Stelle, auf
welche H. schon S. 140 sehr nachdrücklich hinweist, die 8 Selig-
preisungen mit dem Dekalog in Verbindung gesetzt sind, so sollte
man nach H.'s Methode erwarten, daß er unseren T in die zweite
Hälfte des Mittelalters setzen werde; hatte er sich doch schon S.
107 ausdrücklich die Möglichkeit offen gehalten , daß T gar erst
im 16. Jahrhundert entstanden sei. Wer weiß, wohin wir noch
mit dieser Methode gerathen wären, wenn nicht die brüsseler Hs.
von ca. 700 p. Chr. dazwischen gekommen wäre! Nun ist es viel-
mehr sehr interessant (H. 175), daß das, was nach H.'s Methode
erst in der zweiten Hälfte des Mittelalters vorkommen darf, schon
vor 700, ja genauer um 470—529 (H. 170) vorgekommen ist.
Aber die Anwendung der vielgerühmten Methode ist hier ebenso
wenig veranlaßt, als ihre erfreuliche Verleugnung. Nicht durrh
eine Einrichtung des kirchlichen Volksunterrichts seiner Zeit, son-
dern durch die in seinem evangelischen Text vorkommende Zahl
18 ist T veranlaßt worden, neben einander vom Dekalog und von
den Makarismen zu reden. Da die Zahl 18 an sich keine sym-
bolische Bedeutung hat, wird sie in die Zahlen 10 und 8 zerlegt.
l)»8tr, VI, 87: Einige deuten die BOO als Symbol des Kreuzes, Tovg
v' dh trig iXnidog xalrrig tt(pia€iog Trjg xaTa ttjv nevrrjxoaTtjv, Bekanntlich
hat schon Irenaeus (frg. gr. 7 Harvey II, 479), wie dann bald darauf
Tertullian (de orat. 23 al. 18; corona 3; idolol. 14) letzteres Wort von
der christlichen Freudenzeit zwischen Ostern und Pfingsten gebraucht —
Hippolyttts hypoth. in psalmos § 4 (ed. Lagarde p. 190^ 8) behauptet unter
Berufung auf die 50 zahl im Evangelium und das Jubeljahr, daß man
nicht anders als im 50. (hebr. 51.) Psalm Vergebung finde cf. auch § 3
p. 189. Hätten wir Gewißheit über die Paschaschrift „des Hieronymus'*
(oben S. 182 ff.), so wäre vor allem auf diese zu verweisen, worin unter
anderen bei T vorkommenden Zahlendeutungen auch diese sich findet
(Hier. opp. ed. Vallarsi I, 1117 sq.).
238 Beilage IIL
erstere wiö überall (oben S. 218) zweimal auf den Dekalog^ letztere
zweimal, wie auch von dem Theophilus des Hi. (T 79, 6), auf
die Auferstehung Christi gedeutet (77, 7. 8. 14). Von der Aufer-
stehung Christi sagt T sodann, daß in ihr die 8 Makarismen ent-
halten seien, d. h. daß die Erfüllung der Verheißungen in Mt.
5, 3 — 10 in der Auferstehung Christi verbürgt sei, und somit für
die Christen mit ihrer Auferstehung eintrete. Von katechetischem
Gebrauch der Makarismen ist hier also ebenso wenig eine
Spur vorhanden, als von einem solchen Gebrauch des Dekalogs
(F. II, 145 Anm. 3). Daß aber T die Makarismen richtig zählt,
soll doch wohl nicht ein Zeichen des früheren oder des späteren
Mittelalters sein. Um weitere Entdeckungen dieser Art zu ver-
hüten, erinnere ich an Bekanntes. Von Chromatius, dem Freunde
des Ambrosius und des Hi. , besitzen wir eine Jahrmarktspredigt
über die octo beatitudines (Gallandi VIII, 333 sqq.). Hi. markirt
die octava beatitudo als den Schluß der Gruppe (Vallarsi VII, 24).
Augustin ergeht sich nach seiner Auslegung der 8 Sätze ausführ-
lich über den Organismus der darin beschlossenen Gedanken und
bringt sie in Parallele mit der 7 fachen Wirkung des Geistes nach
Jesaja 11, 2^). Nach H. 148 sollen auch die 7 Geistesgaben
(T 47, 3) und selbst „die Berücksichtigung der 5 Sinne" (T 45,
11; 58, 28; 67, 24; 85, 12) an die mittelalterliche Katechetik er-
innern. Schade nur, daß T die Gaben des Geistes oder, wie er
es vielmehr vorstellt, Kinder des Geistes und der Seele, gar nicht
zählt, und daß sie auch ganz andere sind, als die aus Jesaja
stammenden 7 Geistesgaben bei Augustin und in der mittelalter-
lichen Katechetik.^) Schade auch, daß die Eeflexionen über den
Spiritus septiformis^) schon bei Irenaeus und Clemens sich finden,
und daß selbst die Combination der Zehnzahl resp. des Dekalogs
mit 'der Füufzahl der Sinne, welche sich bei T nicht findet, von
Clemens bereits beliebt worden ist.*) Dann werden auch wohl die
1) de serm. dorn, in monte I § JO. 11 vol. IV, 221 sq.
2) Cf. V. Zezschwitz, System der Katechetik 2 II, 1, 208.
3) T 34, 18; 45, 14; 84, 14. Cf. F. II, 139 Anm. 2 und hier oben
S. 53.
4) Str. VI, 134, wo die fünf Sinne, wie bei T mehrmals, einzeln be-
nannt werden-, cf. str. II, 50. 51. In str. V, 33 (D. III, 27, 4—11) werden
die 5 Sinne in Verbindung gebracht mit der Speisung der 5000 durch
5 Brode cf. T 45, 9—13 nebst Anmerkung. — Wenn T p. 58, 28 sqq.
die in 2 Hälften getheilte Zehnzahl der Jungfrauen auf die fünf Sinne
bezogen wird, so ist ähnliches schon bei den Valentinianern nachzuweisen.
Ncahträge zu Theophilus. 239
6 Werke der Barmherzigkeit, welche übrigens der für Zahlen
schwärmende T 59, 13 wiederum nicht zählt, mit jener kateche-
tischen Praxis nichts y.n schaffen haben, die man vom 13. Jahr-
hundert an nachweisen kann. T und Augustin ^) haben in ihrer
Auslegung der Parabel Mt. 25, 1 — 11 die erforderlichen guten
Werke zum Theil nach der naheliegenden Stelle Mt. 25, 35. 3G
beschrieben« Aus dieser nahmen sie Speisung, Beherbergung, Be-
kleidung, Krankenbesuch, schlössen an letzteren sehr passend die
in der alten Kirche sehr wichtige Todtenbestattung an und schoben
aus eigenen Mitteln die Versöhnung der Streitenden ein. Das sind
nun zwar 6 Werke, aber sie sind nur zum Theil identisch mit
den 6 Barmherzigkeits werken der mittelalterlichen Katechetik ^),
Besteht gleichwohl ein Zusammenhang, so kann er selbstverständ-
lich nur darin begründet sein, daß Augustinus Predigt oder unser
Commentar direct oder indirect auf jene Praxis des späteren Mit-
telalters einwirkten. Ich darf bemerken, daß in dem hier schließen-
den Absatz 4 die sämmtlichen neuen Beiträge H's zur historischen
Beleuchtung des T beleuchtet sind.
5. Unser Commentar ist sehr formlos, charakteristisch aber ist für
ihn das eklektische Verfahren. Wo nicht gerade eine nur in ihrer Tota-
lität verständliche Parabel, wo einfache Geschichten und wo Reden vor-
liegen, greift T willkürlich einzelne Sätze heraus, während er andere
ebenso wichtige völlig übergeht, d. h. weder abschreibt noch deutet. Das
ist aber die älteste Form kirchlicher Exegese gewesen, wie man sie aus
den einzigen zusammenhängend erhaltenen Resten kirchlicher Exegese
aus der Zeit vor Origenes, aus den Adumbrationen des Clemens, einiger-
maßen auch noch aus den Scholien des Victorinus kennen lernt.
Wenn diese Methode bei T noch gröber und geradezu verletzend
uns entgegentritt, so wird das auf eine noch frühere Zeit hinweisen.
Seit Origenes, welcher selbst noch die ältere Form der exegetischen
Arbeiten neben der zuerst bei ihm zu findenden Form vollständiger
Nach Tertull. de anima c. 18 haben diese die 5 thörichten Jungfrauen
auf die körperlichen Sinne, die 5 klugen auf die höheren geistigen Kräfte
gedeutet. Man sieht, was es auf sieb hat, wenn H. 139 es schon an sich
bedeutsam findet, daß T sieh mit den 5 Sinnen viel zu schaffen mache.
1) sermo 93 8 5 vol. VIF, 502.
2) Cf. V. Zezscbwitza. a. 0. S. 211. Es fehlt das concordare litigiosos,
statt dessen ist die Tränkung neben die Speisung gestellt; es fehlt ferner
das sepeltre mortuos^ welches erst später als siebentes Werk hinzukam,
und fehlt dagegen bei T und Angustin das „redimere captivos/
240 Beilage III.
Commentation cultivirt hat ^), ist jene Stufe kirchlicher Exegese im
allgemeinen überwunden gewesen, und vollends bei den Compilato-
reU; mit welchen T zusammengestellt wird, bei einem Beda, Rabanus
und A. findet sicli keine Spur mehr davon 2). Wer nach Origenes
nicht Lust oder Kraft spürte, ganze biblische Bücher zu commen-
tiren und doch seine Meinung über einzelne Stellen verbreiten
wollte, schrieb l^fiTrjfiatcc xai Xvcreig, quaestionesevangeliorumu. drgl.,
oder er publicirte seine Predigten über ausgewählte Perikopen.
Ich bitte ferner nochmals (F. II, 27), mir zu erklären, wie ein
Compilator, dem Hi., Cyprianus, Uilarius, Ambrosius, Augustinus
zu Gebote standen, über die von den Exegeten bevorzugtesten
Stücke der Evangelien und so auch über die ihm angeblich so
wichtigen 8 Seligpreisungen nichts der Aneignung Werthes gefunden
haben sollte. Man kann das nicht daraus erklären, daß T nur
„Allegorien" habe geben wollen; denn abgesehn von der Zweifel-
haftigkeit dieses Titels in P und des Prologs in M, welcher des-
selbe anzudeuten scheinen könnte, werden ja doch einige Reden ^)
und Geschichten ^) mit allegorisirenden Deutung verschont. Also
bleibt nur wieder ein räthselhaftes Uebereiukommen des Compilators
von 500 mit den ältesten Formen kirchlicher Exegese«
6. Die Streitfrage, ob T eine Compilation von J. 500, oder
ein um 170 — 180 geschriebenes, um 230 übersetztes Werk sei, läßt
sich nicht dadurch entscheiden, daß man einige Worte und Sachen
hervorhebt, welche nach unserer beschränkten Kenntnis der kirch-
lichen Zustände jener beiden Epochen besser zu der einen als
zu der anderen zu passen scheinen. Es unterliegt keiner Frage,
daß in T eine große Zahl von Einzelauslegungen steckt, welche
älter als Origenes sind ^). Ein Compilator ziemlich später Zeit kann
1) Cf. RedepenniDg, Origenes 1, 375 ff.
2) Es soll wohl nur ein Scherz sein, wenn H. 171 die ällegoriae des
Isidorus als das von allen Commentaren mit T ähnlichste Werk bezeich-
net. Die ganze Aehnlichkeit besteht darin, daß Isidorus aus T wie aus
anderen Commentaren viele seiner Allegorien excerpirt hat. Sein Buch
ist gar kein Commentar zu einem biblischen Bach oder zu mehreren.
Eher ließen sich die Schollen des Arnobius vergleichen, aber sie sind
nur ein Excerpt aus T.
3) T 48, 21-49, 15; 56, 9-12; 80, 6—17. Andere Stücke wie 69,
16-32; 76, 15-28; 82, 4-9; 83, 19-25; 84, 19-85, 8 darf ich aus
später zu entwickelnden Gründen nicht mit anführen.
4) T 31, 14-33, 2; 41, 1-4; 74, 26-75, 4.
5) Cf. F. II, 124. 127—132. Dazu mehreres unter den Addenda S.
301 f., welche H. nicht eines Blickes gewürdigt zu haben scheint. Unter
seinen Beweisen später Abschaffungszeit figurirt unter anderem S. 134
Nachträge za Theophilus. 241
Solches aus zweiter uud dritter Hand bekommen haben. Auch
Veraltetes wird wohl noch eiiie Zeit lang mit fortgeschleppt. Ich
will daher kein allzu großes Gewicht auf alle Einzelheiten legen,
die früher von mir hervorgehoben wurden, und so auch nicht auf
eine kleine neue Beobachtung, die ich jetzt nur darum mittheile,
weil sie an sich ein gewisses Interesse gewährt. Nachdem T I, 34
über den Abendmahlskelch gesprochen und den Kelch im Gebet
Jesu daneben gestellt hat, bemerkt er: fragilitatem in se dO'
minus praefigurabat humanam, qui sine labore patiendi liberari
se cupiebat a corporis nexu; ob hoc calicem pro pmsione aiL
Der Kelch ist ihm nicht bloß, wie er dann weiterhin zeigt, als
Behälter des Weins (Blutes) ein Bild des Körpers überhaupt, son-
dern ein Symbol von dessen Zerb rechlick ei t und der damit zu-
sammenhängenden menschlichen Schwäche. In der Anschauung des
T ist also der Kelch des Herrn selbstverständlich ein gläserner.
So war es im 2. Jahrhundert. Der Gnostiker Marcus gebrauchte
beim Abendmahl einen durchsichtigen, also gläsernen Kelch '). Ter-
tnllian spricht von dem mit der Gestalt des guten Hirten bemalten
Abendmahlskelüh der Katholiken so, daß er dessen Zerbrechlichkeit
als selbstverständlich voraussetzt ^). Die gleiche Sitte muß voraus-
gesetzt sein, wenn Clemens allen Gebrauch goldener und silberner
Trinkgefäße verwirft und daran erinnert, daß Jesus kein silbernes
Waschbecken vom Himmel mitgebracht und auch beim Mahle sich
keiner silbernen und goldenen Geräthe bedient habe'). Aber das
wurde bald anders. In einem Protokoll des J. 303, welches theil-
weise in einem Protokoll des J. 320 uns erhalten ist, werden als
Inventarstücke einer afrikanischen Gemeinde 2 goldene und 6 silberne
Kelche genannt *). Der Bischof Perpetuus von Tours vermacht
in seinem Testament unter anderem zwei silberne Kelche ^). Nach
auch Eachel = ecclesia (T 34, 12), was sich beiJustinus dial. 134 und Ire-
naeus IV, 21, 3 p. ?53 Mass. findet. Zu der ganz auf gleicher Linie
liegenden Deutung der Söhne der Rebeck a T 46, 25 cf. auch schon
Barnab. epist. 18.
1) Iren I, 13, 2 p. 60 Mass. cf. Hippol. ref. VI, 39. Dieseu Beleg
und fast alle folgenden verdanke ich meinem verehrten CoUegen Hauck.
2) pudic. 10: pastor^ quem in calice depingis . , . ,, c?c quo nihil
libentius lihas^ quam ovem poenitentiae secundae. At ego eius pastoris
scripturas hauriOf qui non potest frangi.
3) paedag. II, 35 u. 38.
4) August, c. Cresconium III, 29 § 33 vol. XII, 570.
5) Migne vol. 71 col. 1151. Ein goldener Kelch bei Gregor von
Tours bist. Franc. VII, 24.
Zahn , Forschungen. III. \Q
242 Beilage III,
dem Liber pontificalis hat Pabst Urban (a. 222 — 230) statt der
gläsernen Abendmahlsgeräthe, welche noch unter Zephyrin erwShnt
werden, silberne angeschafft. Das mag ungefähr die Zeit bezeich-
nen, wo die Kirche von der einen zur anderen Form überging.
Woher hat der gallische Compilator um 500 die Vorstellung, daß
der Kelch des Herrn selbstverständlich ein zerbrechliches Gefäß
sei? Bei den uns bekannten Commentatoren , aus welchen er sein
Buch compilirt haben soll, fand er Derartiges nicht.
7. Viel beweiskräftiger als solche Einzelheiten ist natürlich
die Gesammtheit von Aussagen über irgend ein Lebensgebiet, auf
welchem in einem bekannten, chronologisch bestimmten Moment
ein völliger Umschwung der Verhältnisse sich vollzogen hat. Ein
solches Gebiet ist z. B. das Verhältnis der Christen zur Obrigkeit
und zur heidnischen Gesellschaft. H. hat es seinen Lesern ver-
schwiegen, daß er gegen meinen daher entnommenen Beweis für
die vorconstantinische Abfassung des Commentars (F. II, 166 f.)
nichts vorzubringen weiß, und hat dagegen S. 137 f. unter Verzicht
auf alle Exegese der zum Theil schwierigen, von mir nicht ohne
Sorgfalt erörterten Zusammenhänge einige Sätze herausgerissen und
zusammengestellt, in welchen nichts von dem friedlichen Verhältnis
zwischen Kaiser und Kirche zu erkennen ist, welches seit Con-
stantin*, nur etwa vorübergehend durch ganz andersartige Reibungen
unterbrochen, bestanden hat. Zur Ergänzung des früher Gesagten
habe ich zweierlei nachzutragen. Ich hatte nicht bemerkt, daß T
65, 2 per locustas Judaeos (significat), qui non militantes deo
sine rege sunt ut loctistae auf Prov. 30, 27 beruht (regem locusta
non habet et egredifur universa per turmas succs vulg.) Von da
aus lag es nahe, die Juden, das ehemals priesterliche Königreich
und selbst königliche Volk, welches seit Verwerfung des wahren
Königs überhaupt keinen König mehr hat (cf. T 62, 19—63, 3),
unter den Heuschrecken zu verstehen. Von derselben Bibelstelle
aus ergab sich aber auch eine andere Erklärung der Heuschrecken
T 35, 6, wonach sie die populos agrestes bezeichnen sollen , die
ungebildeten Völker, d. h. die außerhalb des römischen Reichs und
ohne ordentliche Staatsverfassung lebenden Horden, welche in der
That den Heuschreckenschwärmen und jener Schilderung in Prov.
30, 27 ähnlich sind. Daß auch diese ungebildeten Völker der
Heilspredigt gläubig zufallen, ist dem T wie einem Justinus (dial.
117 Otto p. 421) und einem Irenaeus (I, 10, 2; III, 4, 1 Mass.
p. 49. 178) eine bedeutsame Thatsache. H. 145 findet dagegen,
daß dies populi agrestes beweise, daß zur Zeit des Compilators
„die Heiden bei den uncultivirten Völkern zu finden waren", und
Nachträge zu Theophilus. 243
eben deshalb habe er den angeblich bei Arnobius von ihm bereits
vorgefundenen Ausdruck populi multi so geändert. Aber seit wann
heißt denn populi multi Heiden? und populi agrestes Heiden,
welche zugleich uncultivirte Völker sind? Und woher hat der
Verf. des Opus imperf. an derselben Stolle, wie H. von mir lernen
konnte, wenn er etwas weniger Eile hatte, seine unreife Weisheit
zu Markt zu bringen, woher hat dieser griechische Exeget von etwa
400 seine gentes agrestes? Etwa auch aus Arnobius iunior?
Und warum genügt dem Interpolator von 470 — 529 nicht mehr der
Ausdruck, welchen um 460 Arnobius gebraucht hatte? Sind denn
in der Zeit zwischen 460 und 470 plötzlich die Verhältnisse zwischen
Cultur und Heidenthum auf den Kopf gestellt worden? Ich bin
gespannt auf die Antwort. Inzwischen aber ist festzuhalten, daß
T hier nicht von Heiden als solchen im Gegensatz zu Juden oder
Christen redet^ sondern von uncultivirten, nomadisch lebenden Völ-
kern im Gegenzatz zu den Bewohnern der griechisch-römischen
Culturwelt. Erst in einer zweiten deutlich davon unterschiedenen
Auslegung, welche 1' 35, 8 gleichfalls für zulässig hält, werden
die Heuschrecken als Heiden (gentes) y der Honig als Juden ge-
deutet. Darnach ist meine frühere Ausführung F. 11^ 178 in einem
untergeordneten Punct zu corrigiren.
Sodann habe ich eine dort nur angedeutete und daher für
meinen bequemen Kecensenten nicht vorhandene Vergleichung
zwischen dem, was T I, 28, und dem was die Exegeten der nach-
constantinischen Zeit über Mt. 22, 21 sagen, hier weiter auszu-
führen. T. sagt: Christus gebietet, daß man zur Zeit einer Ver-
folgung dem Kaiser den Leib hingeben müsse, über welchen allein
derselbe Gewalt habe, Gotte aber sei man die Standhaftigkeit des
Geistes und der Seele schuldig. Hilarius col. 721 bewundert zu
dieser Stelle die Weisheit Christi, welcher die richtige Mitte zwischen
der erforderlichen Weltverachtung und der zu meidenden Belei-
digung des Kaisers getroffen und dadurch die gottergebenen Seelen
von allen Sorgen und Pflichten entbunden habe. Wer nämlich
nichts mehr hat, was dem Kaiser gehört, kommt gar nicht in die
Lage, ihm etwas geben zu müssen; wer dagegen in der Welt lebt
und sich wie ein Lohuabeiter (d. h. Beamter, Soldat u, s. w ) unter
die Vormundschaft des Kaisers begibt, hat sich auch nicht darüber
zu beschweren, wenn er dem Kaiser das Seinige geben soll. Auf
alle Fälle aber müssen wir Gott das Seinige geben, nämlich corpus,
animam, voluntatem. Man sieht, der Kaiser fordert den Christen
das leibliche lieben nicht mehr ab, sondern nur noch Dienste und
Steuern, denen sich der weltflüchtige und nichtsbesitzende Fromme
16*
244 Beilage IH.
entziehen kann. Ambrosius col. 1052 kommt nach allerlei Seiten-
sprüngen zu der Moral: Willst du dem Kaiser nicht verpflichtet
sein, so verleugne Welt und Besitz, wenn nicht in der That, so
doch mit dem Herzen, und nicht bloß mit Worten wie in der
Renuntiation bei der Taufe. Hi. 179 sagt in rein „historischer
Interpretation", ohne jede Bezugnahme auf seine Gegenwart : Jesus
hat den Pharisäern gesagt, daß sie dem Kaiser die Steuern und
Gotte die Opfergaben geben sollen. Augustin ^) : Caesari nummoSy
deo VOS ipsos, Ersteres wiederholt er regelmäßig, den Gegensatz
aber drückt er manchmal so aus ^) : Gott will sein Bild und seine
Aehnlichkeit durch Wiedergeburt und Heiligung am Menschen aus-
geprägt sehn. Lehrreich ist auch seine Ausführung über Rom. 13 :
Dem Kaiser sind wir allerdings Steuern, Ehrerbietung und Gehor-
sam in bürgerlichen Dingen schuldig, aber nicht Unterwerfung in
Glaubenssacben ^). Er reflectirt dann zu Rom. 13, 3 darüber, wie
doch in den früheren Zeiten der Verfolgung dies Wort des Paulus
anwendbar gewesen sei. Ein Beda weiß schon gar nichts Eigenes
mehr zu sagen. Er schreibt zuerst den Hi. aus, und wiederholt
dann den Hauptgedanken des Augustin ^). Die Folgerung liegt
auf der Hand. Auch die Ausflucht ist abgeschnitten, daß an dieser
einen Stelle T einen Exegeten der Verfolgungszeit, etwa den Victori-
nus, ausgeschrieben habe^ denn erstlich bliebe doch unbegreiflich,
warum unter den Compilatoren nurT eine solche seiner Zeit nicht
entsprechende Auswahl getrofl'en hätte ; sodann aber müßte doch
bei irgend einer der vielen Gelegenheiten, wo er diese Verhält-
nisse berührt, wenigstens das jüngere Alter seiner l^uellen, wenn
nicht die Verhältnisse seiner eigenen Gegenwart zu Tage treten.
Aber wo immer T von Heidenthum, Götzendienst und Götzenopfer-
fleisch, von Verfolgung und Martyrium redet, spricht er die Sprache
der alten Verfolgungszeiten.
8. Unter den Worten und Begriffen, welche in die Zeiten nach
470 weisen sollen, nennt H. 138 f. auch die Wörter saecularis und
spiritaliSy besonders wo sie substantivirt sind, und bringt beides
1) tract. 41 in Jo. vol. IV, 753.
2) epist. 127, 6 (vol. 11, 491) *, enarr. in ps. 5 (vol. V,19); in ps. 88
(vol. VI, 291).
3) proposit. ex epist. ad Rom. c. 72 (vol. IV, 1218J. Aehnlicbes in
Grameres Catene I, 181 ; bei dem Pseudoignatius des 4. Jahrhunderts cf.
meinen Ignatius S. 130.
4) Zu Lucas Migne 92 col. 579; wesentlich dasselbe zu Marcus col.
253 und stark abgekürzt zu Matthaeus col. 97.
Nachträge zu Theophilus. 245
in den Gegensatz: ^ Weltchristen : Geistliche, Mönche." In diesem
Gegensatz kommen die Worte nun bei T nicht vor, was schon der
„Methode" wegen anzumerken ist. Jedes dieser Worte für sich
aber gehört so, wie sie T gebraucht, der Kirchensprache des zweiten
Jahrhunderts, wesentlich ebenso auch schon dem N. T. an ^).
1) H. 133 hat die Kühnheit, trotz meiner Nachweisungen F. II, 177
zu sagen, daß Worte wie gentiUtas, saeculum^ saeculans als Uebersetzungen
aus dem Griechischen nicht begreiflich seien. Aber sind denn die bib-
lische Vulgata^ die beiden Recensionen des lateinischen Hermas, die la-
teinische Vita Antonti keine Uebersetzungen ? Ich stelle einige Beispiele
zusammen, die Bibelstellen aus der Vulgata: a) saeculum == xöafiog Jo.
12, 25 (bei Cypr. test III, 16; ad Fortuu. 5; dagegen vulg. mundus) ;
Herrn, vis. lY, 3, 2 u. 3 u. 4 (versio palat., dagegen vulg. mundus) und
vis. III, 3, 5 (vulg., wo pal. mundus) \ saeculum = al(6v Rom. 12, 2;
1 Cor. 1, 20; 2, 6—8; 3, 18; Gal. 1, 4; Eph. 2, 2; 2 Tim. 4, 10; Herrn,
vis. [, 1, 8; III, 6, 5; mand. IX, 4; X, 1, 4; XI, 8 (beide Versionen);
saeculum = ß(og Clem. adumbr. zu 1 Job. 2, 16. b) saecularis = xoa-
ftixog Tit. 2, 12; Hebr. 9, 1; saecularis = ai(6viog 2 Tim. 1,9; Tit. 1,2;
saecularis = ßnorixog 1 Cor. 6, 3. 4; 2 Tim. 1,9; 2, 4 (tou ߣov);
Herm. (^beide Versionen) vis. I, 3, 2; III, 11, 3. Was endlich gentiUtas an-
langt, so kann dies jedenfalls nichts dagegen beweisen, daß das ganze Werk,
worin es vorkommt, aus dem Griechischen übersetzt sei; denn es findet
sich ja (F. II, 177 Anm 3) in der lateinischen Uebersetzung der Vita An-
tonii durch Euagrius; und in des Hi. Uebersetzung des Buchs Judith 14, 6
steht: relicto gentilitatis ritu deo credidit. Wenn in letzterem Fall das
Original (LXX Judith 14, 10 iniarevaev Ttp &€^ affo^Qa vetus lat. cre-
didit deo valde) kein Aequivalent bietet, so hört darum das hieronymi-
anische Buch Judith doch nicht auf eine Uebersetzung zu sein , und es
folgt nicht, daß in vielen anderen Fällen dem lat. gentiUtas nicht ein
griechischer Ausdruck zu Grunde liege. Wenn Euagrius tcc TcÜt/ 'ElXijviov
fiavTsTa durch gentiUtas wiedergibt, so konnte doch erst recht das ein-
fachere 'ElXtiviOfiog im Sinn von Heidenthum so tibersetzt werden. Dies
griechische Wort liegt aber sicher T 58, 2 zu Grunde, da den Gegensatz
^lovSaCüfiog bildet. Ich möchte überhaupt wissen , wie ein Lateiner ^Ek-
Xrjviafiog (Heidenthum) besser hätte tibersetzen sollen, seitdem man
wußte, was doch nicht erst Hi. entdeckt hat, dsiß''EXlrjv in jüdischer und
christlicher Sprache auch den Heiden bezeichne (Hi. zu Gal. 3, 28 Val-
larsi VII, 445), und seitdem man sich gewöhnt hatte, „Heidnisch, Heide«*
durch gentilis auszudrucken, was ja schon sehr früh geschehen ist (F. II,
177 Anm. 1 cf. Mr. 7, 26; Act. 19, 17; Gal. 2, 3 vulg.; 2 Macc. 4, 10
[vetus lat.] iXXrjvixov ;^ap«xri7(>a gentilem ritum). Das Wort gentiUtas
ist ja classisch. Warum sollen es die Christen nicht entsprechend der
Bedeutung, welche für sie ^en^{7i^ gewonnen hatte, gebrauchen? Hat man
doch sogar statt des gräcisirenden Christianismus (Tertull. adv. Marc. IV,
33 Oehler 11, 246) auch Christianitas gebildet (Pseudocypr. de singul.
246 Beilage IIL
Saeculum bedeutet bei T, wo es nicht die Zeitdauer des Welt-
laufs ausdrückt, die gottentfremdete Welt im Gegensatz zu Christus,
Kirche und Seligkeit, insbesondere das Heidenthum, in welches der
zu Christus bekehrte Heide nicht wieder zurückfallen darf^). Der
verlorene Sohn d, h. die von Gott abgefallene Menscheit hat sich
in die Welt verirrt (p. 74, 3) und lag vor der Ankunft Christi
wie schlafend in der Nacht der Welt (p. 82, 20). Christus hat
zwar seiner Absicht nach die Menschen von der Welt, welche nach
T wie nach dem Apolegeten Theophilus durch das Meer symbolisirt
wird, erlöst^), aber die Sorge der Welt hält die Menschen ab, an
Christus gläubig zu werden (p. 72, 20). Die Christen, welche in
dieser Welt leben, müssen dieselbe als etwas ihnen Fremdes ver-
leugnen, von sich abthun und nur so gebrauchen, daß sie ihre
innere Weltfreiheit dabei bewahren (p. 50, 16; 58, 25; 79, 23).
Das sind lauter biblische und zum Theil im wörtlichen Anschluß
an Bibelstellen entwickelte Gedanken. Auch der Begriff saecularis
pecunia T p. 67, 32 geht dem Inhalt nach nicht über Jac. 2, 5;
1 Jo, 3, 17; Herrn, vis. HI, 6, 5 sq., der Form nach nicht über
Tit. 2, 12 hinaus. Das substantivirte saeculares aber bezeichnet
T p. 74, 14 dem Zusammenhang nach zweifellos die Heiden, deren
cleric. 7) und auch in Uebersetzungen angewandt, wo nur Xqtaxiaviaiios
zu Grunde liegen kann (Orig. interpr. lat. in Matth. Delarue II T, 857 F).
Der alte Uebersetzer von 2 Macc. 4, 13 hat nur darum ilXrjviafjiog xal
äXXotpvXiafjLoq durch gentilis et alienigena conversatio umschriebeD, statt
ersteres durch gentilitas za übersetzen, weil für das zweite Wort kein
entsprechendes Substantiv im Lat. existirte. Für gentilitas = Heiden-
thum cf. noch Lact inst. II, 13, 13. — üeber paganus möchte ich jetzt
nur meinem Zweifel an der F. II, 178 gutmtithig hingenommenen Deu-
tung des Orosius Ausdruck geben.
1) Tp. 34, 3 cf. 2 Tim. 4, 10 vulg. Demos enim me reliquit, diligens
hoc saeculum. Für die Synonymik von Welt und Heidenthum cf. Herrn,
maud. IV, 1, 9 (palat.^ kominibus huius saeculi, quos et ethn'cos voca-
mus Umschreibung von jolg t^vsaiv. Und wie oft heißt bei Tertullian
saecularis heidnisch (z. B. de Corona 7), saeculum die heidnische Welt (z. B.
pudic. 1 Oehler I, 793). Daß sich hiefür mundus nicbt eignete, empfand
man cf. Tert. ad. mart 2 : segregati estis ab ipso mundo, quanto magis a
saeculo eiusque rebus. Die Harnack'sche Chronologie wird besonders gut
beleuchtet durch Cypr. tesf. III, 11 (üeberschrift) ^mw, quifidem consecutus
est^ exposito priore homine caelestia tantum et spiritalia cogitare debere
nee adtendere ad saeculum, cui iam renuntiavit.
2) T p. 51,29 cf. 84, 10; 51, 1; 65, 28 und F. II, 150 Anm. 4, auch
Clemens hier oben S. 85, 4.
Nachträge zu Tbeophilus. 247
specifische Speisen die Actor. 15, 29 verpönten sind ^). An der
einzigen anderen Stelle p. 34, 7 bezeichnet saectdares nicht welt-
formig lebende Christen im Gegensatz zu asketisch^ geistlich^ mönchisch
lebenden, sondern^ wie Jeder dort lesen kann, Solche, welche
wegen Mangels an Glauben sich von der Verehrung Gottes abwen-
den. Dieser Begriff der Weltlichkeit und Weltliebe ist paulinisch
und johanneisch; und das Wort ol xofffAtxol in diesem Sinne ist
dem Clemens ganz geläufig ^). Wichtig soll es aber sein (H. 139),
daß T zwischen gewöhnlichen Christen und homines spiritales
unterscheidet. Aber für Paulus sind auch nicht alle getauften
Christen, sondern die %iXBiOi unter ihnen TtvevfiaTtxol (1 Cor.
2, 13 — 3, 2); und die Kirchenlehrer des 2. Jahrhunderts haben
sich^ wie jeder auf diesem Gebiet nicht ganz Unwissende weiß^
durch den Misbrauch, welchen die Gnostiker seit den Tagen des
Judasbriefs mit diesem paulinischen Begriff getrieben haben, nicht
abhalten lassen, ihn in gutem Sinne immer wieder anzuwenden.
U. lese doch, was Irenäus über den homo per/ectus und spiritalis
homo oder über den discipulm spiritalis oder über den spiritalis
vere qui est geschrieben hat^). Hat er den Muth, die F. II, 150
Anm. 5 nachgewiesene Uebereinstimmung der besonders verdäch-
tigten Stelle (T p. 50, 1 ~ 10) gerade mit einer Deutung des
Tbeophilus von Antiochien „als Zufälligkeit zu beurtheilen^, so
lese er^ was Clemens über dieselben Vögel des Himmels sagt, aber
mit Beachtung des ganzen Zusammenhangs *). Der ,,geistliche
Mensch'' heißt bei Clemens bekanntlich gewöhnlich „der Gnostiker" *).
Zu dessen Bild gehört aber alles das, worin H. Spuren des mittel-
alterlichen Mönchthums sielit. Nur ist der Unterschied zu beachten,
1) Cf. T p. 59, 11. Tobias 1, 12 ex cibis gentilium , . . in esds
eorum
'.>) Cf. außer der völlig zutreffenden Parallele in F. II, 178 Anm. 1 cf.
oben S 92 zu 1 Jo. 5, 19 saeculares homines et secundum concupiscentias
viventes als Erklärung von 6 xoOfiog, Dasselbe Wort erklärt Gl. zu 1 Jo.
3, 1 (oben 8. 91) durch saeculariter in delictis viventes. Ferner str. III.
31—3.), wo unter den Begriff ot xoöfitxol, womit zunächst die Helden
bezeichnet sind, auch die Gnostiker befaßt werden, sofern sie „nach den
Wegen der Heiden wandeln" cf. Herrn, siin. VIII, 9, 3.
3) Iren. V, 6, 1 u. 2; V, 8, 1 ; IV, 33, 1 sqq. u. § 14 Massuet p.299
300. 301. 270 sq. 274.
4j Str. IV, 30—32, besonders dort D. II, 333, 9; ferner oben S. 50
Nr. 5, wo dieselben Vögel auf „die Engel und die hoch in den Lüften
schwebenden Seelen" gedeutet werden.
5) Str. V, 25. 26. Cf. auch oben S. 49 Nr. 4 evatßeis xal nviv/xan-
xovg.
248 Beilage III.
daß T sich an jener Stelle in den biblischen Schranken hält,
während Clemens in seinen Schilderungen des idealen Christen be-
sonders nach Seiten seiner Erhabenheit über alles Irdische oft alles
Maß überschreitet, und vor allem der Unterschied, daß T sich
hütet, so wie es Cl, thut, von den dem Ideal weniger entsprechen-
den Christen als bloß Gläubigen zu reden. T kennt keine doppelte
Moral^ eine für die Weltleute und eine andere für die Devoten^).
Unbarmherzig fordert er von allen Christen, daß sie Alles verkaufen,
was sie in der Welt haben 2). Die völlige Hingebung, deren
Mangel die Gebote schwer macht, ist Bedingung der Seligkeit
(58, 5 cf. 50, 11). Alle, die überhaupt gerettet werden wollen,
müssen „geistliche Menschen" sein (84, 16). Die „Geistlichen" sind
aber identisch mit den „Heiligen" (84, 12. 14), und so heißen
Alle, welche selig werden mit Einschluß der alttestamentlichen
Frommen ^). Im Gegensatz zum alten oder zum natürlichen Men-
schen heißt geistlich der, welcher sich in Wort und Werk als
geistlich gesinnt erweist*). Dagegen gilt dem T der Unterschied
der größeren äußeren Zurückgezogenheit vom Weltleben und der
lebhafteren Betheiligung an demselben als ein f\ir die moralische
und religiöse Betrachtung absolut gleichgültiger (58, 18—27). So
1 ) devotus kommt bei T nicht vor, wohl aber indevotus 50, 11; devo-
tio 58, 5; 59, 3; 76, 3. Wie geläufig devotus der kirchlichen Volks-
sprache des dritten Jahrh. war, in welchem T übersetzt wurde, zeigt
Ludwig's Index zu Commodian's Instructionen, cf. Cypr. test. III praef.
2) p. 50, 15; 75, 23—26. So ist auch nach dem Theophilus des Hi.
(T. 79, 22) Alles, was der Welt angehört, für den Christen ein Fremdes
cf. F. II, 178 Anm. 1.
3) T 36, 11; 47, 18; 53, 27; 61, 1; 64, 20. [83, 9; 85, 3].
4) T 41, 19—21; 49, 6—9. Daher ist es auch vielleicht nur ein
Schein, als obT81, 1 durch das Atinbut spiritales die Ehelosen als höhere
Classe über die Eheleute erhoben werden sollten, ein Gedanke, der ja
an sich dem T und den Christen des 2. Jahrhunderts geläufig genug ist
cf F. II, 182. Fs fragt aber, ob er p. 81, 1 ausgesprochen ist. Das
ist nicht nur darum unwahrscheinlich, weil der sonstige Gebranch von
spiritdlis dazu nicht paßt, sondern vor allem darum, weil die Trinität,
durch deren Wirkung die Betreffenden so geworden sein sollen, überall
von T als der über die Frage der Seligkeit entscheidende Glaubensbesitz
angesehen wird. Er ist auf die Unterscheidung an dieser Stelle gekom-
men, weil er die beiden Zahlen 2 und 3, welche der Text ihm bot, deu-
ten wollte. — Ueber pahulum spiritäle^ womit auch esca spiritalis p. 66,
25 wechselt, und über pecunia spiritalis s. schon oben S. 219. Wenn
die Anführung dieser Worte bei H. 139 überhaupt einen Sinn haben
soll, so muß er hierunter „ Mönchsessen ** und „ Mönchsgeld " verstehen.
Nachträge zu Theophilns. 249
denkt und schreibt nicht ein Mönch vom J. 500, sondern ein über
diesen Gegensätzen, soweit sie überhaupt schon im Entstehen be-
griffen waren, stehender Bischof oder „Priester".
9. Auch auf das zweimal hinter einander vorkommende sacer»
do8 *) wird als auf ein Zeichen später Abfassung Gewicht gelegt
(H. 101. 138; LZ. col. 478). H. scheint vergessen zu haben, daß
TertuUian da, wo er im vollen Ernst vom Gegensatz der Laien
und der Geistlichen und von den Stufen des geistlichen Amtes
redet, den Bischof summus sacerdos nennt (bapt. 17), daß derselbe
den römischen Bischof im Spott pontifex maximus nennt (pud. 1),
und daß Hippolytus, um sich als Bischof zu charakterisiren, sich
selbst die hohepriesterliche Würde beimißt (refut. I prooem.). Und
zu der Zeit, als Hippolytus und Tertullianus Jünglinge waren, soll
ein Schriftsteller die Geistlichen mit Einschluß des Bischofs nicht
einfach Priester haben nennen können ! Wer die Erörterungen
des Tertullianus ^) über das allgemeine Priesterthum der Laien im
Gegensatz zum „ordo sacerdotalis^ und zum „officium sacerdotale'^
mit einigem geschichtlichen Verständnis liest, sieht daraus, daß die
Bezeichnung der Geistlichen als sacerdotes seit langer Zeit im ge-
meinen Sprachgebrauch der Kirche eingebürgert war. Wie sollte
das auch vermieden werden, seitdem man gewisse Handlungen, welche
regelmäßig nur durch die Amtsträger vollzogen wurden, als Opfer
bezeichnete ? Und wer kann sich verbergen, daß die Parallelisirung
der alttestamentlichen Priesterordnung mit der Abstufung des kirch-
lichen Amtes sowie der dortigen Scheidung zwischen Priestern und
Volk mit -dem analogen Verhältnis innerhalb der Kirche schon
bei Clemens von Rom (I Cor. 40) in aller Harmlosigkeit sich zu
zeigen beginnt? Vielleicht wird H. in dieser Beziehung aus der
eben ans Licht getretenen „Apostellehre" etwas lernen. Darin wird
geboten, den christlichen Propheten (und Lehrern) von Kelter und
Tenne, von Kühen und Schafen die Erstlinge zu geben, weil sie
die Hohenpriester der Christen sind; und an einer anderen Stelle
die Ermahnung, für die Bischöfe und Diakonen zu sorgen, damit
begründet, daß diese den gleichen heiligen Dienst wie die Pro-
1) T 46| 15. 17. Dazu käme nach M (H. 165) ooch ein Fall in der
Doublette zu T III, 11, wo statt dessen episcopi steht. Eben dies ist
beacbtenswerth, daß sacerdos noch nicht, wie bei TertuUian, Bezeichnung
einer bestimmten Stufe in der Hierarchie ist, sondern nur überhaupt des
kirchlichen Amtes im Gegensatz zum laos T 46, 17. 19.
2) de monog. 12; exhort castitatis 7 cf. virg. vel. 9; de orat. 23
(al 28).
250 Beilage TIL
pbeten und Lehrer haben ^). — Doch, ich müßte ein Lexicon der
griechisch -lateinischen Kirchensprache schreiben, wenn ich alles
das, was H. mir entgegenhält, dahin führen wollte, wohin es ge-
hört. Wie vollständig dies Lexicon sein müßte, zeige schließlich
noch ein Beispiel. Sanctm als Attribut eines Apostels ^) wird (H. 137)
mit gesperrter Schrift gedruckt. Dann wird wohl der paulinische
Epheserbrief (3, 5) im 6. Jahrhundert geschrieben sein. Wann
aber ein sanctissimus apostoltis geschrieben werden durfte, ist gar
nicht abzusehen ^). Wenn endlich H. zugeben zu wollen scheint, daß
für so ziemlich Alles, was ihm in T anstößig ist, irgend eine versteckte
Belegstelle in der Literatur des 2. Jahrhunderts sich beibringen
lasse (H. 141), daß aber dennoch das Ensemble dieser Dinge in
T unerklärt bleibe, so wäre erstlich zu erwidern, daß ich weder
hier noch in F. II mit Vorliebe nach Verborgenem gesucht, sondern
für die zum Theil ganz vereinzelten Vorkommnisse in T zahlreiche Be-
lege aus den wenigen allbekannten Schriftstellern beigebracht habe.
Sodann ist zu bedenken, daß das Jahrhundert, in dessen Mitte der
Verfasser der nach dem Tode Marc Aureis geschriebenen Apo-
logie steht, an dessen Literatur also ein demselben zugeschriebenes
Werk zu messen ist, nicht „das 2. Jahrhundert" unserer Aera, son-
dern etwa die Zeit von 125 — 225 p. Chr. ist. Drittens übersieht
1) Ji^ax^i rcSv dnoaioltov c. 13. 15 ed. Bryennios, GonstantiD. 1883
p. 47 sq. 51.
2) T p. 53, 25 (Doablette davon p. 69, 11). Ein etwas exegetisch
gestimmter Leser würde merken, daß das Attribut, welches Petrus nur hier
erhält, wo sein Unglaube getadelt wird, nicht ein zur Formel gewordenes
Epitheton ornans ist. Einmal p. 37, 1 wo davon die Rede ist, daß Jesus den
Petrus Satan genannt hat, nennt ihn T wiederum des Contrastes wegen
fteaiws; ohne Attribut wird er genannt p. 46, 10; 51, 3; 61,6; 65, 10; 84, 7.
Man sieht, wie geistvoll die Betonung dieses sanctus wsly^ zumal unter
der Ueberschrift „Sacrament und Eaoon'^ (H. 136). Da wäre doch eher
das zweimalige sanctus Paulus vor paulioischen Citaten p. 49, 30; 58, 17
bemerkenswerth neben dem bloßen Paulus p. 49, 13; 61, 6; 77, 24;
79, 13. Aber H hat nun einmal den armen Petrus auf dem Strich. Die
Lorbeeren protestantischer Wissenschaftlichkeit, welche H. dabei gepflückt
(cf. Forsch. I, 243 ff.; 11, 290 f.), lassen ihn noch immer nicht schlafen.
Die Erwähnung der kircheoregimentlichen Stellung des Petrus T p. 65, 10
wird unter der Ueberschrift „Kirche*' von H. 134 notirt. Mich wundert
nur, daß H. es nicht wieder ,, wichtig'^ findet, daß Isidor von Sevilla in
seiner Nachahmung dieser Stelle (Arevalo V, 138) die Gewalt des Petrus
auf einen Theil der Gläubigen einschränkt, und dann daraus nach seiner
Methode schließt, T habe 200 Jahre nach Isidor geschrieben.
3) Tertull. de baptismo c. 17.
Nachträge zu Theophilus. 251
H., daß wir, von den Trümmern der Hypotyposen abgesehn, nichts
der gleichen Literatlirgattung Angehöriges aus dieser Zeit besitzen.
Endlich möchte ich bitten, mir ein mit Clemens ungefähr gleich-
zeitiges Buch zu nennen, in welchem das Ensemble der in den
Fragmenten der Hypotyposen enthaltenen Ideen und Begriffe sich
wiederfindet.
Vn. Es erübrigt noch die Prioritätsfrage . in Bezug auf T
und die anderen Autoren, mit welchen er sich mehr oder weniger
genau in Gedanken und Ausdruck berührt. Wer sich der Ver-
handlungen über das gegenseitige Verhältnis der synoptischen Evan-
gelien oder der verschiedeneu liecensionen des Clemensromanes er-
innert, weiß, daß man über solche Fragen endlos streiten kann.
Der wird aber auch die Leichtigkeit bewundern, mit welcher H.
142 — 155 die vorliegende Frage behandelt, ohne auch nur die
aufs neue von mir angeregte allgemeine Frage nach dem Maß der
Originalität, welches den lateinischen Kirchenvätern überhaupt und
den exegetischen Arbeiten des Hi. insbesondere zuerkannt werden
darf, in Erwägung zu ziehen. Wenn H. 174 bemerkt, daß „auch
Ambrosius, Hilarius, ja selb st Hi. als Exegeten Plagiatoren" seien,
so beweist diese Steigerung, daß H. jedenfalls den Hilarius und
den Hi. als Exegeten überhaupt nicht kennt und nicht einmal
meine diesbezüglichen Bemerkungen (F. n,86 — 91; 118; 275—281)
sich zu Nutze gemacht hat. Auch das Lob H.'s, daß ich mit einer
einzigen Ausnahme Alles, was zur Lösung des hier vorliegenden
Räthsels irgend herangezogen werden könne, beigebracht habe^),
muß ich durchaus ablehnen. Wie es nur Einer aussprechen kann,
der von den Schranken seines Wissens gar keine Ahnung hat, so
wird es völlig illudirt durch das Bekenntnis H/s (154. 175), daß
er eine genauere Untersuchung der Quellen des angeblichen Com-
pilators für überflüssig gehalten habe. Ich dächte, das wäre eben
die Frage, ob T überhaupt Quellen gehabt, welches diese sind,
und wie er sie verwerthet hat. Schon meine Addenda (F. H, 301 f.)
hätten einen gewissenhaften Kritiker auf Wichtiges aufmerksam
machen müssen. Außer Isidor, welchen H. unter der „einzigen
Ausnahme" versteht (H. 99. 170 ff.), sind in meinem Handexemplar
schon vor dem Erscheinen von H.'s Elaborat sehr viel wichtigere
Autoren notirt, die ich gar nicht oder nicht genügend zu Rathe ge-
zogen hatte. Eine sehr gelehrte Predigt eines Benedictiners über
den Jüngling zu Nain, die ich in München hörte, machte mich
1) H. 99. Lipsios im Gentralbl. 1883 col. 721 übertreibt ähnlich.
252 Beilage III.
erst darauf aufmerksam, daß nächst Hi. vor allem Augustiu in
Betracht komme, den ich nur ganz sporadisch ohne nennenswerthen
Erfolg herangezogen hatte. H. stellt auf Orund einer statistischen
Uebersicht über das wörtliche Zusammentreffen des T in seinen
ersten Kapiteln mit andern Autoren eine Wahrscheinlichkeitsrech-
nung an, wonach die Wahrscheinlichkeit meiner „Hypothese" auf
Viioo herabsinkt /S. 149. 150). Wenn ich auch gerne annehme,
daß die Fehler in dieser spaßhaften Rechnung auf Gedankenlosig-
keit beruhen, so muß ich doch constatiren, daß letztere sehr groß
ist. H. vergleicht Schriftsteller, wie die hier in Betracht kommen-
den Plagiatoren, mit einem Menschen, welcher zweimal nach ein-
ander blindlings aus einer Urne eine beträchtliche, aber beide Male
verschiedene Zahl von Kugeln herausgreift. Aber wir haben es
mit Schriftstellern zu thun, die bei aller Gedankenlosigkeit doch
nach ihrem individuellen Geschmack Stücke auswählen, und welche
dieselben nicht aus einer verschlossenen Urne oder einem Spruch-
kasten, sondern aus einem aufgeschlagenen Buch , das sie genau
studirt haben, herausholen. Ferner ist es doch wohl selbstver-
ständlich, daß Hi. als Erklärer des Matthaeus, Ambrosius als Er-
klärer des Lucas, Augustin als Erklärer des Johannes auf je einen
anderen Theil des Gesammtcommentars T wenigstens ganz vor-
wiegend angewiesen waren und daher verhältnismäßig selten sich
begegnen. Sodann kommt es gerade hier auf möglichste Vollstän-
digkeit der Sammlung und Treue in der Verwerthung derselben
an. H. aber zeigt sich in seiner statistischen Tabelle nicht nur
völlig abhängig von meiner auf solchen Misbrauch allerdings nicht
berechneten Sammlung, sondern unterdrückt auch stillschweigend
sehr Wesentliches. Ueberall setzt er voraus, was erst bewiesen
werden müßte, was aber nicht Voraussetzung meiner Hypothese
war und ist. Wenn bewiesen wäre, daß T Compilator ist, so könnte
man aus der Art, wie er den Hi., den Ambrosius und den Arno-
bius gelegentlich ausbeutet, vielleicht schliessen, daß die minder
äugenfölligen Berührungen mit Irenaeus, Origenes, Hilarius, mit den
„Exegeten" bei Chrysostomus, mit dem „Opus imperfectum" u. A.
zufällige seien, und daß diese Autoreu nicht zu den directen
Quellen des Compilators gehören. Bei meiner Hypothese dagegen,
welche doch nur durch das, was von ihr selbst aus sich ergibt,
lächerlich gemacht werden kann, bleiben alle jene Parallelen in
Kraft, und die Verschiedenartigkeit des Verhältnisses von T zu
Hi. und Arnobius einerseits und zu einem Hilarius u. A. andrer-
seits, erklärt sich daraus, daß z. B. Hi. sein Buch über Matthaeus
in unglaublicher Raschheit und nachgewiesener Maßen mit rohester
Nachträge za Theopbilas. 253
Aneignung fremden Gutes zusammengeschrieben^ Hilarius dagegen
in dem seinigen sich als denselben nachdenkenden und anständigen
Mann bewiesen hat; der er immer war. Endlich aber muß der
Arnobius iunior unter Voraussetzung meiner „Hypothese" fiir diese
Frage völlig aus dem Spiel gelassen werden. Ist T das Original
des Ainobius^ so sind dessen Scholien bis auf wenige Sätze nichts
Anderes als ein Excerpt aus T und also nicht zusammenzustellen
mit Evangelien commentaren oder Predigtsammlungeu , deren Ver-
fasser unter anderem auch aus T einige Gedanken und Worte sich
angeeignet haben^ oder angeeignet haben können. Was hat es denn
Wunderbares , daß Arnobius mit den vielgelesenen Commentaren
des Hi. zu Matthaeus und des Ambrosius zu Lucas vertraut war,
und daher aus T vorwiegend Solches auswählte, was diesem eigen-
thümlich war^). Streicht man bei H. 149 f. die Stellen aus Arno-
bius; so bleibt von der ganzen Wahrscheinlichkeitsrechnung nichts
mehr übrig , als eine bedauerliche Unwahrheit. H. hat es z. B.
seineu Lesern verschwiegen, daß Ambrosius zu T 32, 15 und 33, 1
mit Hi. in der Benutzung des T zusammentrifft und in einem cha-
rakteristischen Wort sogar genauer als Hi. seine Abhängigkeit
von T bekundet ^). Ich müßte meinen Oommentar hier wieder ab-
schreiben und überdies bedeutend vervollständigen, um zu zeigen,
wie oft der gleiche Fall sich wiederholt. Ist's also mit dieser Sta-
tistik nichts, so kommt es auf verständige Vergleichung der in Ge-
danken und Wortlaut zusammentreffenden Schriftsteller an bei der
Frage, wo das Original und wo die Copie sich finde. Ohne irgend
etwas wesentliches von den früher geltend gemachten Ausführungen
widerrufen zu müssen, habe ich in dieser Beziehung einige Nach-
träge zu liefern, und nur beiläufig früher Gesagtes gegen die Mis-
deutungen H.'s sicher zu stellen.
1. Daß der sogen. Arnobius iunior von T abhängig sei, soll
ich nach dem Urtheil von Lipsius^) „glaubhaft bewiesen" haben.
H. dagegen feiert auch hier seinen Triumph ohne Kampf mit
meinen Beweisen. Nur einem allerdings allein schon entscheiden-
den Beweisgrund gönnt H. ein bescheidenes Plätzchen am Ende
einer langen Anmerkung, welche sich selbst als ein überflüssiges
1) Der gleiche Fall liegt bei Isidor vor 8. unten.
2) S. den Schluß meiner Anm. zu T 32, 16 auf S. 33. Ebendort zu
33, 8 ist es völlig willkürlich, wenn H. nur den Arnobius und nicht den
Ambrosius oder beide zugleich und alle die anderen dort citirten Autoren
als Quellen oder Plagiatoren des T anführt u. s. w.
3) Liter. Centralbl. 1883 col. 723.
254 Beilage III.
gutes Werk einfuhrt (H. 151). Die auch hiebe! von H. beliebte
Methode, den von mir nachgewiesenen Sachverhalt dem Leser nur
soweit mitzutheilen, als H. glaubt ihn unschädlich machen zu können,
nöthigt mich, noch einmal darauf zurückzukommen. T I, 28
deutet die 7 Männer in Mt. 22, 25 auf „die 7 Bücher des A.
Testaments^, das Weib auf die jüdische Gemeinde und daneben
die 7 Männer nochmals auf die Patriarchen, welche mit der jüdi-
schen Gemeinde in einer leider unfruchtbaren Ehe gestanden haben.
Was das bedeuten soll, machen die weiter folgenden Worte völlig
deutlich: die innige Vertrautheit der Synagoge mit den alttestament-
lichen Schriften, hat bei ihr nicht die Entwicklung der Samen-
körner christlichen Glaubens zur Folge gehabt, welche die durch
jene Schriften auf die Synagoge einwirkenden Frommen und Pro-
pheten des alten Bundes^) gesät, der Synagoge eingeflößt haben.
Einen Sinn hat dieser Satz selbstverständlich nur, wenn dem Ver-
fasser feststeht, daß das A. Testament gerade 7 Bücher habe. Nur
unter dieser Voraussetzung -konnte sein Gedanke überhaupt ent-
stehn. Diese Voraussetzung läßt sich aber auch sonst bei ihm nach-
weisen. Daß Moses fünf Bücher und nicht mehr hinterlassen hat,
bekommt man unendlich oft von ihm zu hören ^); darum sind ihm
auch die 5 Männer der Samariterin sofort die 5 Bücher Mosis, auf
welche sich die hl. Schrift der Samariter beschränkt. Die jüdische
Synagoge aber hat 7 Bücher. T stellt p. 48, 4 die sämmtlichen
prophetischen Bücher als ein 6. Buch neben die 5 Bücher Mosis.
Darnach bilden das 7. Buch selbstverständlich die Kethubim, welche
neben Thorah und Nebiim noch übrig bleiben, wie dies schon Beda
(F. II, 112) richtig aus T herausgelesen hat. Ob uns das gefällt
1) Durch den Zusammenhang der Stelle und durch die Vergleichung
von T 69, 22, wogegen p. 55, 9 natürlich nicht spricht, ist sicher, daß
patriarchae in dem weiteren Sinne gemeint ist, wonach es die sämmt-
lichen hervorragenden Personen der alttestam entlichen Gemeinde, die
Frommen des alten Bundes bezeichnet. £s mag das den Vätern des
2. Jahrhunderts geläufige n^onarogeg zu Grunde liegen (Ir^^n. frg. gr.
XX Harvey II, 489; Clem.str. I, 31; Theoph. ad Autol. III, 27). Diesen
Namen giebt aber Theophilus zweimal den alttestamentlichen Frommen
überhaupt ad Autol. III, 20. 21 und schreibt an ersterer Stelle: ol
*EßQatot . ., oV xal ngondToges i^/ndiv, dtp' (uv xccl rag tegag ßCßXovg e^ofiev.
Das Zusammentreffen des T mit Theophilus in solcher Zusammenstellung
der Ahnherrn und der hl. Schriften wird auch wohl wieder ein Zufall
sein.
2) T 45,9; 48, 3; 50, 18; 60, 12; 67, 3; 67, 23; 72, 24; Öl, 6 u. 9.
85, 12.
Nachträge zu Tbeopbilns. 255
oder sonst nachzuweisen ist^ ist ganz gleichgültig. T hat diese
Zählung, und darauf beruht seine Deutung der 7 Männer. Ar
nobius macht nun zu derselben Stelle die Bemerkung : Septem qU08
dixit fratres patriarchas Septem demonstrant, qui sunt Septem
libri Moysi. Vxor autem eorum synagoga est, cumque ea Septem
patriarchae coeuntes seinen nominis Christi infuderuntj et fidem
nunqtmm concepit. Was für 7 Biicher Mosis sind dies? H. ant-
wortet keck: außer dem Pentateuch die diad'^xfi Mtavtriag und
dpaXfillJig Mavtricog, welche in der Stichometrie des Nicephorus
unter den Apokryphen genannt sind. Aber gesetzt; es wäre wahr-
scheinlich, daß Arnobius diese beiden Apokryphen gekannt habe,
was wenigstens in Bezug auf das erstere äußerst unwahrscheinlich
ist; und gesetzt, es wäre denkbar, daß daraufhin Jemand, als ob
sich das von selbst verstünde, von 7 statt von 5 Büchern Mosis
geredet habe, so könnte doch nur ein völlig Verstandloser darauf-
hin gesagt haben, der Pentateuch mit Einschluß jener zwei Apokrypha,
das seien die hl. Schriften gewesen, welche das jüdische Volk auf
den christlichen Glauben haben vorbereiten sollen. Also nicht die
Propheten? und nicht die Psalmen? Und wer sollen die 7 Patriar-
chen sein, welche Arnobius mit den 7 Büchern Mosis identificirt
und ebenso wie diese mit der Synagoge ehelichen Umgang pflegen
läßt? Man weiß wohl von ^drei, auch von 12 Patriarchen^); aber
sieben? Und nun denke man sich nach H.'s Hypothese den T als
den Compilator, welchem ciiescr Unsinn vorlag! Er hat nicht nur
in diese sinnlose Stelle seiner Vorlage einen guten Verstand ge-
bracht, wie vorhin gezeigt wurde, sondern er hat auch in weiser
Voraussicht dieser später zu erwartenden schwierigen Aufgabe schon
p. 48, 4 eine ganz eigenthümliche Zählungsweise der biblischen
Bücher ersonnen ! In Wircklichkeit liegt die Sache höchst einfach.
Arnobius konnte sich nicht in die 7 Bücher des A. Ts. finden,
wußte auch nicht, wer die Patriarchen seien. Er verstand darunter
nach dem vorherrschenden Sprachgebrauch die sogen. Erzväter der
Genesis, glaubte schon deshalb auf die Bücher Mosis sich beschrän-
ken zu müssen, und schrieb nun, da er ungeschickter Weise die
7 Männer unmittelbar auf die Patriarchen und erst mittelbar auf
gewisse Bücher gedeutet hatte, und für beide die Siebenzahl im
Text vorgeschrieben war, don haaren Unsinn nieder.
Ich darf wohl unter Hinweis auf F, H, 106 — 113 und die
1) Es gab ein Buch „der drei Patriarchen" const. apost. VI, 16 und
bekanntlich auch „Testamente der 12 Patriarchen."
256 Beilage III.
Anmerkung unter dem Text von T in dem Bewußtsein weitergehen,
hiednrch aufs Neue ^glaubhaft bewiesen^ zu haben , daß die
Schollen des Arnobius ein nicht eben geistreiches Excerpt aus T
sind. Der Gegenbeweis, welchen H. 142 ff. unter Umgehung meiner
Argumenta sowohl in Bezug auf Arnobius als Hi. zu führen sucht,
besteht in der wiederholten Frage, ob nicht T durch seine Ab-
weichungen von jenen eine merklich jüngere Entwickelungsstufe
der kirchlichen Anschauungen zeige. Der Werth dieser Ar-
gumentation erhellt schon daraus, daß Arnobius, mag er jener gal-
lische Schriftsteller um 460 sein oder nicht ^), nach H. 153 jeden-
falls etwa dieser Zeit angehört, und daß T nach H. (170. 158)
um 470 — 529 entstanden ist. Die beiden Schriftsteller sind also
ungefähre Zeitgenossen. Wie kann dann T sich tiberall durch
seine Aendernngen als Vertreter einer jüngeren kirchlichen und
theologischen Entwickelung verrathen? Nach derjenigen Ordnung
des geschichtlichen Wissens, welche H. glücklicher Weise bei mir
vermißt,^), war es z. B. um 460 in Gallien verpönt, mit den Juden
über das Gesetz zu disputiren, und dagegen um 500, mit den
simpliciores eben dartiber zu disputiren. Es wird wohl wieder ein
Zufall sein, daß der Compilator dabei auf einen Ausdruck gerathen
ist, welcher jeden Kenner an die Kirchensprache des „2. Jahrhun-
derts" erinnert*); und ebenso ein Zeichen geistreicher Originalität,
daß Arnobius durch das Gesetz sofort an die Juden erinnert wird,
deren man sich, wie es scheint, im 5. und 6. Jahrhundert in Gallien
vielfach zu erwehren Anlaß hatte.*) Aehnliche Früchte hat H.'s
Ij Es läßt sich in der That nicht viel dafür, aber noch weniger da-
gegen sagen, daß jener Gallier Arnobius um 460 diese Scbolien ge-
schrieben habe cf. F. II, 105 f. 108 f. Wenn H. letztere Stelle berück-
sichtigt hätte, würde er uns wohl die Bemerkung über Originale pecca-
tum S. 144 erspart haben Das Verhältnis der Scbolien zu T paßt in
die Zeit; schon damals haben in Gallien Männer von Ansehn ihren Namen
auf bloße Excerptensammlungen gesetzt. Eucheriiis (um 450) bat eine
Epitome der Schriften des Gassianns herausgegeben (Gennadius v. ill.
64; Migne 50 col. 867-894). Seine hermeneutischen Schriften sind auch
ausgesprochener Maßen Compilationen (Migne 50 col. 727—822, s. be-
sonders col. 773 A; 812 B, und dagegen das meo nomine in der Vorrede
des 2. Bachs col. 811 C). Es war die Zeit, in welcher auch bei den
Griechen die Catenenliteratur begann cf. F. II, 254.
2) Eine Probe aus Arnobius s. schon oben S. 243.
3) Iren. I prooem. 8implici.ores = ttx^guioi, Tert. adv. Prax. 3. Bei
Origenes öfter dnlovaTegoi cf, F. II, 174 A. 2.
4) Gennad. v. ill. 51 ; Eucherius, instr. I (Migne 50 col. 782) ; Hefele
Nachü'äge zu Theophilas. 257
dogmeDhistorische Chronologie bei Gelegenheit der flüchtigen Be-
sprechung des Verhältnisses von T und Hi. getragen. Zwei Bei-
spiele werden genügen. Nach Hi. bedeutet die Axt Mt. 3; 10 die
evangelische Predigt, welche ein zweischneidiges Schwert sei; nach
T p. 35, 14 bedeutet diese Axt die Predigt des göttlichen Worts
überhaupt, welches die z-wei Schneiden des A. und des N. Testa-
ments hat. Wenn H. 145 Letzteres als moderne Zuthat ansieht,
so kann er sich aus F. II, 301 darüber belehren, daß Tertullian
wörtlich mit T zusammeutfiiFt. Bei einiger Neigung zur Exegese
d. h. zu nicht ganz flüchtigem Le^en der Quellen würde man wohl
finden, daß Tertullian und T passend an diese zwei Seiten des
göttlichen Wortes erinnert haben, wo es sich um das vom Täufer
verkündigte und durch Christus zu vollstreckende Gericht handelt,
daß dagegen Hi. eine zu dieser Bibelstelle schlechthin nicht passende
Phrase über die Predigt des Evangeliums an die Stelle gesetzt
hat. Ferner bemerkt Hi. zu Mt 7, 6, man solle den noch nicht
glaubenden Menschen nicht bald die evangelische Perle geben;
T dagegen, man solle denselben nicht die mystischen Geheimnisse
des Glaubens preisgeben. Wenn H. 145 urtheilt, dem Hi. sei
„die Perle einfach das Evangelium", T dagegen habe einen ver-
dächtigen, modernen Gedanken an die Stelle gesetzt, so hat er 1)
übersehen, daß in dem auszulegenden Text nicht von der Perle,
sondern von den Perlen die Rede ist, so daß die singularische
Deutung des Hi. ebenso unpassend, als die pluralische des T
passend erscheint. Er hat 2) aus Unkenntnis der allergewöhnlich-
sten Ausdrücke der Kirchensprache dem Hi. den Gedanken auf-
gebürdet, man solle mit der Verkündigung des Evangeliums an die
Heiden nicht zu eilig sein. Margaritum evangelicum (sie) heißt,
wie ich doch wohl nicht durch Beispiele zu belegen habe, die be-
kannte Perle im Evangelium d. h. diejenige in Mt. 13, 46. H. ist
3) an dem von mir (F. U, 95 f.) in Bezug auf zahlreiche Fälle ge-
würdigten Umstand harmlos vorübergegangen, daß Hi. hier aus-
drücklich sagt, daß er eine fremde Erklärung reproducire. Endlich
4) bleibt uns H. den Beweis schuldig, daß der Grundsatz, die Ge-
heimnisse des Glaubens und des Gottesdienstes den Heiden vorzu-
enthalten, der Kirche um 170 — 180 fremd gewesen sei. Vielleicht
Conciliengeschichte, 2. Aufl. II, 594 (Nr. 12); 655 (Nr. 34); 656 (Nr.
40); 683 (Nr. 15); 758 (Nr. 49); 762 (Nr. 8); 776 (Nr. 13); 783 (Nr.
30, besonders aber Nr. 31). Cf. auch das Gebet im Missale Gallicanum
bei Mabillon, de liturgia Gallic. p. 352.
Zahn, ForücbuDgen. III. ]^J
258 Beilage III.
dient die neu entdeckte Apostellehre ^) dazu, ihn zu lehren, was
wir Anderen schon längst wußten.
2. Nicht ganz so gewiß, als daß Hi. und Arnobius unseren
T ausgebeutet haben, aber doch höchst wahrscheiulich ist, daß Isi-
dor von Sevilla manche seiner „Allegoriae sacrae scripturae" 2) aus
T geschöpft hat. H. hat das Verdienst S. 171 ff., hierauf aufmerk-
sam gemacht und besonders das Verhältnis Isidor's zum Prolog des
T betont zu haben. Vieles, worin Isidor mit T in der Sache über-
einkommt, hat er vielmehr aus Augustin, Einiges auch aus Hi.
Aber es bleiben außer dem Prolog einige Stellen übrig, in Bezug
auf welche diese oder eine ähnliche Annahme nicht bewiesen oder
auch nur wahrscheinlich gemacht werden kann. 3) Ziemlich sicher
bleibt es auch, daß Beda und Gregor der Große den T gelesen
haben.*) Es scheint, daß T bis ins 8. Jahrhundert hinein, an
1) Ji^axrj Tav S(66exa ctnoatoXfov c. 9 ed. Bryennios, Gonstantinopel
1883 p. 36.
2) Isidori opp. ed. Arevalo V, 115—151, der neutestamentliche Theil
p. 136 sqq. Leider hat Isidor hier nicht, wie bei seinen nur auf das
A. T. bezüglichen ^Secretorüm expositiones sacramentorum**, seine
Quellen angegeben. Da nennt er (Arevalo V, 260 sq) Origenes, Victo-
rinus, Ambrosius, Hieronymus, Augustinus, Fulgentius, Cassianus und
seinen älteren Zeitgenossen Gregor von Rom.
3) Ich nenne die Stellen, welche ich so ansehn zu müssen glaube:
Isidor S 454 = T p. 51, 11. 23; Js. 155 = T 65, 9—11,; Js. 161 = T
46, 25—28-, Js. 166 = T 50, 5 (dies em Beispiel, woran H. sehen kann,
daß ein jüngerer Autor tilgte, was H. als modern verdächtigt); Js. 168
= T 50, 15; Js. 169. 170 = T 45, 9-46, 4; Js. 175 = T 53, 16-22;
Js, 176 (cf. Js. quaest. § 48 Arevalo V, 257) = T 54, 2—7; Js. 199—
201 = T 60, 12—20; Js. 210 = T 71, 14—18 cf. F. II, 210 zu Lc. 12,
20; Js. 229. 230 = T 67, 20-23; Js. 233 = T 81, 13 cf. 80, 18. Ei-
nige Anklänge an T in Isidors Buch de numeris gehen vielmehr auf Au-
gustin zurück z. B. § 97 p. 244; § 109. 111 p. 247 sq. Daß Isidor den
Augnstin hier benutzt hat, zeigt z. B. de num. § 85 p. 241 = August,
quaest. 37 in Judic. 7 (vol. III, 797).
4) Einige von den F. II, 110 ff. Belegen kommen in Wegfall in Folge
der unten folgenden Vergleichung mit Augustin. In Bezug auf Beda
lege ich aber Gewicht 1) auf den vorhin S. 254 erwähnten Fall cf. F. II,
112 Anm. 1, 2) auf F. II, 112 Anm. 2 u. 3, denn August, sermo 95 (vol.
VII, 508) kommt nicht in Betracht ; 3) auf Anm. 5 1. 1. Ich weiß we-
nigstens keinen lateinischen Ausleger aufzutreiben, welcher das Jota so
gedeutet hätte, wie Beda und T. Augustin z. B. weist jede allegorische
Erklärung ab (de serm. domini I, 20 vol. IV, 227) und hat auch retract.
I, 19, 3 in dieser Hinsicht nichts zu widerrufen. Hilarius und Hi. haben
nichts davon.
Nachträge zu Theophilns. 259
dessen Anfang die brüsseler Hs. geschrieben wurde, in den ver-
schiedensten Ländern des Abendlandes ein ziemlich beliebtes Buch
war. Die ersten Spuren seines Vorhandenseins in Spanien zeigen
sich bei Juvencus, in Africa schon 80 Jahre früher bei Cyprian
und Commodian.^)
3. Da H/s Schweigen in der Regel ein Zeichen davon ist,
daß die verschwiegene Sache ihm unbequem, und daß sie von
Wichtigkeit ist, so führe ich hier aus, was ich F. II, 301 f. nur
noch unter den Addeuda durch Anführung einiger Stellen aus
Commodian andeuten konnte. Wie im Mittelalter die christlichen
Epiker nicht nur aus der Bibel, sondern daneben auch aus Hilfs-
büchern ihren Stoff und , ihre Auffassung desselben geschöpft haben,
so auch schon die altkirchlichen Dichter Juvencus (F. II, 120 f.)
und Commodianus. Daß Letzterer Cyprian's Testimonia benutzt
hat, ist durch B. Dombart bewiesen.^) Ein anderes jener Hilfs-
bücher ist, wenn nicht Alles trügt, T gewesen. Die Beweise sind
folgende :
Commod. apol. 237.
(nach Beschreibung der W^under-
thaten Christi) talia videntes
turbabantur mente JudaeL
T 81, 11 sq.
populus iudaictts . . ita turbattcs
est eins videndo miracula, sicut
aqua per angelum movebatur.
Die gleichlautende Beschreibung des Eindrucks der Wunder Jesu
auf die Juden ist an sich schon sehr auffällig, zumal wenn man
den Unterschied der metrischen und der prosaischen Kede bedenkt.
Wie aber ist der Ausdruck entstanden ? Bei T und in nicht weniger
als fünfmaliger Wiederkehr bei Augustin, ^) aus der allegorischen
Deutung der Bewegung des Wassern in Jo. 5, 4. Bei Commodian
fehlt jede Beziehung zu dieser Bibelstelle. Also stammt sein Aus-
druck aus einer Schrift, worin diese Stelle so gedeutet war, wie
bei T und bei Augustin. Da nun Augustin 150 — 180 Jahre nach
Commodian geschrieben hat, so ist T die Quelle Commodians ; denn
die Annahme, daß ein dritter lateinischer Exeget die Stelle ebenso
wie T und Augustin erklärt und dabei dasselbe turbari fiir den-
selben Gedanken gebraucht habe, wäre um so abenteuerlicher, als
wir von einem lateinischen Evangelicncommentar, welcher älter als
1) Zeitschr. f. wiss. Th. Bd. XXII S. 374-389, ebenda S. 385 über
Benutzung von Cyprian's Buch de hab. virg. in Gommodian's Instrnct.
2) Darüber nachher S. 264f. cf. übrigens F. II, 174.
17*
260 • Beilage m.
Commodian wäre, nicht die dunkelste Kunde haben. Dann gewinnt
aber eine ganze Anzahl von Parallelen zwischen Commodian und
T Bedeutung. Beachtet man die Aufzählung von Beispielen der
vornehmsten Wunderthaten Christi apolog. 635 — 653, so ist erstlich
zu bemerken, daß hier nur solche genannt werden, welche auch in
T exegetiseh behandelt sind,^) und daß fast alle von T bespro-
chenen dort von Commodian aufgezählt werden. Ferner werden
von Comm. wie von T I, 12 die beiden Speisungen der 5000 nnd
der 4000 zusammengestellt und zwar von beiden so, daß auf das
Verhältnis der Zahlen der Gespeisten und der Brode aufmerksam
gemacht wird. Drittens stellt Comm. ebenso wie T II, 8 die drei
Todtenerweckungen zusammen und macht wie dieser aufmerksam
auf den Unterschied des Grades^ in welchem, und der Zeit, seit
welcher die drei dem Tod verfallen waren. Auch hat Comm. mit
T statt des bei den Lateinern Lc. 7, 14 gebräuchlicheren „adoles-
cens" iuvenis gebraucht (cf. F. 11, 209). Die Reihenfolge der drei
Todten ist bei Comm. die gerade umgekehrte, aber abgesehen von
der Umkehrung eben die gleiche wie bei T; und das fallt umso-
mehr ins Gewicht, als auch die bei Comm. nächstfolgende Heilung
des Taubstummen bei T vorangeht. Wir haben also die gleiche
Keihe von 4 Wunderthaten bei beiden, von welchen doch jedenfalls
die eine, bei T erste, bei Comm. vierte mit den drei anderen durch
kein ideelles Band verbunden ist. Bei T ist die Anknüpfung
durchsichtig. Das letzte der Wunderwerke, welche er nach Marcus
vorführt, gibt ihm Anlaß, über die auf dem Gebiete der Natur sich
bewegenden Thaten Jesu überhaupt und ihr Verhältnis zu den
hauptsächlich auf dem Gebiet des geistigen Lebens sich bewegen-
den Großthaten der Apostel zu sprechen. Daran knüpfte sich dann
sehr natürlich die Besprechung der drei Todtenerweckungen Christi
als Symbole geistiger Wiederbelebung, Comm. wiederholt nicht diese
theologische Reflexion; aber seine ganze Zusammenstellung dürfte
beweisen, daß er mit T sehr genau vertraut war. Es ist ein merk-
würdiger Gedanke, welchen T p. 55, 2 {vinea vero obedientia legis
est) und p. 56, 1, {vinea vero lex est accipienda) ausspricht; er be-
rührt sich nahe mit einem Gedanken des Theophilus von Antiochien
(F. il, 148 f.); aber er kehrt auch wieder bei Comm. instr. II, 14,
5: Lex ager nobis est, qui fecerit bonum in illa etc. In T p.
1) Comm. 635-640 = T II, 8 (cf. I, 9; III, 5; IV, 7); Comm. 641
= T II, 7; Comm. 642 = T IV, 6; Comm. 643 sq. = T IV, 4; Comm.
645 = T I, 9 (II, 4); Comm. 646 sq. = T I, 12 (I, 19; IL 5); Comm.
647-653 = T IV, 2.
Nachträge zu Theophilus. 261
72, 2 wird in Bezug auf die Zeit des Antichrists gesagt: Tunc
sanctt confessuri sunt trinüatem. Ist es nicht höchst merkwürdig,
daß Commodian, dessen Mangel an Neigung zu trinitarischer Spe-
culation bekannt ist; in einem eschatologischen Zusammenhang
(apolog. 795) sagt: Quisque tribus credit et sensit unum adesse,
hie erit perpetuus in aeterna saecla renatus? Es ist wenigstens
bemerkenswerth , daß Comm. apol. 222 ebenso wie T ^) von den
Juden sagt, Johannem decoUant, während er natürlich weiß, daß
das nicht vom Volk, sondern von Herodes Antipas verübt worden
ist cf. apolog. 512. Wenn man sich erinnert, daß die Schweine in
der Regel als Bild der Renegaten und die Hunde als Bild der
Heiden genommen worden sind^), so hat es etwas auf sich, daß
Comm. apol. 19 u. 751 wie T p. 40, 3 die Schweine vielmehr
als Bild für die Heiden gebraucht. Erwähnt' muß auch werden, daß
Commod. apöl. 183. 314. 685. 695 den Teufel und seine Diener
latrones nennt cf. T p. 71, 1, und daß er instruct. I, 39, 1 — 6
Lea als Typus der Synagoge, Rahel als Typus der Kirche und
auch die Söhne der Rebekka als ebensolche gegensätzliche Typen
auffasst cf. T p. 34, 12; 46, 25 s. oben S. 240 Anm. 5. Sind die
drei oder vier zuerst genannten Parallelen evident, so wird man
durch die nachher angeführten an sich nicht beweiskräftigen Ueber-
einstimmungen in der Ueberzeugung bestärkt werden , daß
T um die Mitte des 3. Jahrhunderts in Africa ein auch von Laien
gebrauchtes Handbüchlein zur Evangelienerklärung war. Durch
seine Kürze, durch seinen oft sententiösen Ausdruck, durch seine
dem Geschmack der Zeit zusagende Allegoristik eignete sich T vor-
züglich dazu. Sollte schon Tertullian, was ich nicht zu behaupten
wage^) den T gekannt haben, so doch wahrscheinlich im griechi-
schen Original. Es läge dann nahe, anzunehmen, daß die Ueber-
setzung in Africa um 200— 240 entstanden sei. Ein genauer Kenner
des Buchs ist Augustinus*).
1) p. 56, 7: ex quihus unum decollaverunt Joannem. Daß ein an-
derer, wahrscheinlich auch afrikanischer Schriftsteller ebenso redet
(Pseudoeypr. c. Jud. 2 ed. Hartel append. p. 135 cf. meine Acta Jo. p.
CXIX Anm.) kann die Thatsache nicht abschwächen. Das Wort decollare
stammt aus Mt. 14, 10; Mr. 6, 27.
2) Cf meine Anm. zu T p 40, 2, aber auch Hi. selbst vor den dort
abgedruckten Sätzen. Auch Augustin kommt der Sache nach auf die
gewöhnliche Erklärung: die Hunde sind offene Feinde, die Schweine Ver-
ächter der Wahrheit (de serm. dorn. II, § 68). Die Gründe der vorherr-
schenden Tradition liegen in Mt. 15, 26 einerseits und 2 Petri 2, 22 andererseits.
3) S. oben S. 234. 257 und im allgemeinen F. II, 125.
4) Ich hatte Augustin nur zuweilen angeführt zu F. II, 38, 1 ; 39, 3*
262 Beilage III.
4. Auch die Geistvollsten unter den abendländischen Kirchen-
lehrern, Tertullian und Augustin^ sind nicht in dem Grade origi-
nell, wie wir in jedem einzelnen Fall immer wieder zu meinen ge-
neigt sind, bis das Gegentheil bewiesen ist. In Bezug auf Ter-
tullian hat man sich mehr und mehr davon überzeugt, d^ß er un-
beschadet seiner persönlichen Geistreichigkeit ' einen großen Thei
der „Materien", wie er es nennt (adv, Valent. 5), d. h. ganze
Reihen von zurecht gemachten Beweismitteln älteren Autoren ent-
lehnt hat. Wenn wir seine Quellen vollständiger besäßen^ würden
wir seine Fähigkeit der Aneignung fremden Gutes gewiß noch viel
bedeutender finden. Dasselbe wird von Augustin gelten. An der
Hand der guten Indices der Benedictiner kann man sich leicht da-
von überzeugen, daß Aug. besonders in seinen Predigten und sei-
nen aus Predigten erwachsenen Commentaren über gewisse Bibel-
stellen und andere Gegenstände sich sehr häufig fast gleichlautend
zu äußern pflegte. Es sieht manchmal so aus, als ob er sich selbst
abgeschrieben hätte, was doch zumal bei den extemporirten Pre-
digten nicht der Fall ist. Er weiß seine eigenen einmal formulir-
ten Gedanken, auswendig. Wie er sich in dieser Beziehung zu den
Schriften Anderer verhalte, wird immer schwer zu sagen bleiben,
weil wir seine Bibliothek nicht kennen. Nicht selten spricht Aug.
von älteren „scripturarum tractatores". Gelegentlich kritisirt er ver-
schiedene Auslegungen einer Stelle, hat über schwierige Stellen Vieles
gelesen, was ihn alles nicht recht befriedigt. ^) Die griechischen Exege-
ten, mit welchen Hi. groß that, hat Augustin nicht gekannt*), obwohl
42, 16flf. S. 106 Anm. 2. Auf ^Vollständigkeit macht auch die fol-
gende Yergleichung keinen Anspruch, und ich protestire im Voraus da-
gegen, (laß diese meine Zusammenstellung von einem Kritiker, der sich^s
bequem macht, ebenso misbraucht werde, wie die früheren. Nur das
Charakteristische hoffe ich herausgefunden zu haben. Einige Einzelheiten
mögen nur hier erwähnt werden: tract. XV, 11 in Jo. fvol. IV, 544) fidem
ipsius mulieris sitiebat = T 85, 10; ibid § 18 und 19 col. 547 in brei-
tester Ausführung = T 85, 11; § 21 col. 548 (cf. die Anm. der Bene-
dictiner) Erörterung der beiden Erklärungen in T 85, 12; tract. VII in
Jo. S 9 col. 474 = T 80, 13—17 (daß hier T nicht von Aug. abhängt,
beweisen schon die 7 statt 6 Krüge mit ihrer Deutung bei T) ; quaest.
evang. I, 25 (vol IV, 322) = T 53, 16; de virg. § 46 (vol. XI, 360)
cf. quaest. ev. I, 9 (vol. IV, 320), wo unter anderem auch die Deutung
in T 65, 24 sqq. erwogen wird.
2) Quaest. diversae nr. 59 (vol. XI, 344. 347); de serm. dorn, in
monte I, 31 ; II, 6 sq. (vol. IV, 233 sq. 266 sq.).
2) Epist. 82 ad Hieron. (vol. II, 262 sq ).
Nachträge zu Theophilus. 263
es ihm nicht an der nöthigen Sprachkenntnis dazu fehlte, ein griechisches
Buch zu lesen und einzelne Stellen darin sicher aufzufassen, wenn es
darauf ankam ^). VonOrigenes, dessen von der Kirche verworfene Mein-
ungen er öfters bespricht, scheint er außer „de principiis'' ^) nichts
selbst gelesen zu haben. Von exegetischen Arbeiten der Lateiner
citirt er einige Male den Lucascommentar des Ambrosius ^), den
Psalmencommentar des Hilarius *)^ als ein Werk desselben Hilarius
den sogenannten Ambrosiaster zu den paulinischen Briefen ^); er
schweigt völlig von den Commmentaren des Bischofs Victorinus und
des Rhetors Marius Victorinus ®). Unter den nicht von ihm ge-
nannten Evangeliencommentaren ; die er kannte, kann sich T be-
funden haben, und es dürfte uns nicht wundern, wenn sich zumal
in den formloseren Predigten Aug.'s gelegentlich sehr wörtliche üeber-
einstimmungen finden sollten. Am Schluß seiner Homelitik, worin
er nicht sich selbst, sondern sein Ideal eines Predigers beschrieben
haben will, empfiehlt und vertheidigt Aug. ausfiihrlich die wört-
liche Benutzung der Predigten und Schriften Anderer ''). Wie
selbständig und zusammenhängend Aug. über dogmatische und
speculative Gegenstände zu denken versteht, als Exeget ist er wenig
originell; er ist es auch da nicht, wo er den Zweck wissenschaft-
licher Belehrung verfolgt. Vergleicht man z. B. seine Auslegung
-1) Cf. H, Renter Ztschr. für Kircheng. V, 366 ff.
2) Selbst dies geht aus civit. dei XI, 23, 1 (vol. IX, 379) nicht mit
Sicherheit hervor cf. übrigens epist. 40 ad Hieron. (vol. II, 185).
3) de nat. et gratia § 74. 75 ; c. Julian. I § 10 (vol. XIII, 197. 620).
4) c. Julian. I § 9; II § 26 (vol. XIII, 619 672 sq). Den Matthäus-
commentar desselben scheint Angustin selbst nicht zu kennen de nat. et
gratia § 72 (vol. XIII, 196).
5) c. duas epist. Pelag. IV § 7 (vol. XIII, 584) cf. Jos. Langen, de
commeot. in epist. Pauli, qui Ambrosii nomine ferantur, Bonnae 1880 p. 5.
6) Von den abendländischen Autoren nennt Augustin häufig nur
den Cyprian, zuweilen den Tertullian (ein förmliches Citat z B. de Ge-
nesi ad lit.X,25 vol. III, 359), einmal denLactanz (de civit. XVIII, 23,2
vol. IX, 665), einmal denirenaeus (c. Julian. I § 5 vol. XIII, 618), nie-
mals den Hippolytus.
7) de doctr. chri8t.IV,31 (vol. III, 120); ^rher (c. 29 col. 118 sq.):
Sunt sane quidam, qui bene pronuntiare possunt, quid autem pronuntient
excogitare non possunt. Quodsi ab aliis sumant eloquenter sapienterque
conscriptum memoriaeque commendent atque ad populum proferant, si
eam personam gerant, non improbe faciunt etc. — Interessante Beispiele
von Plagiaten, wie man sie nicht annähernd so wörtlich vermuthen
konnte, gibt neuerdings Loserth, Bus und Wiclif (1884) S. 161 ff., beson-
ders S. 225. 242 ff.
264 Beilage III.
von Luc. 10, 30-35 in den Quaeet. ev. 11, 19 (vol. IV, 386) mit
derjenigen von T. III, 6, ferner mit dem dazu abgedruckten Re-
ferat des Origenes über eine ältere Auslegung, mit derjenigen des
Ambrosius (p. 950 — 53) und mit derjenigen des Titus von Bostra,
so bleiben sebr wenige Gedanken und Sätze als wirkliebes Eigen-
tbum Aug/s übrig; er befolgt viel strenger, als z. B. Ambrosius,
aucb in der Form die durch Origenes als uralt bezeugte Tradition.
Dreimal finde ich bei Aug. wesentlich dieselbe Deutung der
153 Fische ^) wie in T 84, 12—18. Hätte T dieselbe aus Aug. ent-
lehnt, so müßte man seine Reproduktion ein Meisterstück in der Kunst
des Excerpirens nennen; in wenigen markigen Worten und in der
oben S. 236 als die ältelteste Art dieser Zahlenspiele nachgewiesenen
knappen Form hätte der Compilator eine Gedankenreihe wieder-
gegeben, welche Aug. dreimal durch umständliche Ausrechnung
seinen Zuhörern und Lesern verständlich zu machen sucht. Andrer-
seits hätte T einen dem Aug. sehr wichtigen, dreimal entwickelten
Gedanken unterschlagen, daß dieser Fischzug im Unterschied von
anderen eschatologisch zu fassen sei. Aug. erweist sich hiednrch,
sowie durch mannigfaltige andere Argumente für seine Deutung
als einen Schriftsteller, welcher fremde Gedanken nicht ohne
selbständige Arbeit sich aneignet. Was eiu Compilator aus diesen
Sätzen Aug.*s gemacht haben würde und wirklich gemacht hat,
zeigt uns Isidor^),
Nicht weniger als sechsmal entwickelt Aug. eine mit T IV, 4
wesentlich identische Auslegung von Jo. 5, 1 — 8. Unter diesen
Stellen ist keine einzige, aus welcher ein Compilator, wie T einer
wäre, wenn dem Hi. und dem Arnobius die Priorität vor ihm ge-
1) tract. 122 in Jo. (vol. IV, 1074); epist. 55 § 31 (vol. H, 186);
enarr. in ps. 49 (vol. V, 596). Dazu kommt noch die kurze Erörtenmg
in doctr. christ. II § 25 (vol. HI, 39), wo aber nur die in epist. 55 neben
der Hauptdeutnng gegebene Berechnung (3'X 50 + 3) vorgetragen wird.
2) de numeris § 111 (Arevalo V, 247 sq). Dass Isidor nicht ans
T, den er auch kennt (s. oben S. 258), sondern aus Aug. schöpft und
zwar sehr mechanisch dadei verfährt, ergibt sich zweifellos, wenn man
§ 109. 110 mit Aug. ep. 55, 31 vergleicht. Die dort im Vordergrund
stehende Berechnung (3 >( 50 + 3) gibt Isidor zuerst § 109, fügt dann
in einer ganz unverständlichen Weise ein Citat aus Psalm 17 hinzu,
welchen Aug. der Zahl 17 wegen citirt hatte, welche die Grenze der
progressiven Addition (1—17 -= 153) bezeichnet, und giebt schließlich
§ 111, wahrscheinlich nach enarr. in ps. 49 jene progressive Addition in
aller Breite ohne jede Andeutung einer daraus resultirenden Idee. So
machen's die Compilatoren. Die geistvollen Compilatoren sind eine noch
mythischere Menschenklasse als die berufenen geistvollen Fälscher«
Nachträge za Theophilns. 265
bahrte; jene knrze rasch fortschreitende Deutung hätte gewinnen
können. Daß Aug. ^) hier überall ein durch die Tradition ihm dar-
gebotenes Material verarbeitet, zeigt sich vor allem in der Deutung
der Zahlen. Daß die Zahl 40 die vollkommene Gerechtigkeit be-
deute, ist ihm eine unentbehrliche Behauptung; weil er nur von da
aus zu einer Deutung der 38 Jahre der Krankheit zu kommen
weiß. Aber es quält ihn^ daß er jenes Axiom nicht recht begrün-
den kann. Das 40 tägige Fasten des MoseS; des Elias und Christi ^);
das kirchliche Quadragesimalfasten , die 40 Tage nach der Auf-
erstehung , wozu dann noch 10 hinzukommen ^ um die Pentekoste
voll zu machen ; die Multiplication von 10 (Dekalog) X 4 (Him-
melsgegenden) : alles das befriedigt ihn nicht. Verzweifelnd
schließt er: Sive ergo illa^ sive isla causa, sive alia aliqua
probabiliore^ quae nos tatet, doctiores non tatet, certum est
tarnen quadragenario numero signißcari quamdam perfectionetn
in operibus bonis* Woher ist denn dies gewiß, wenn Aug. doch
den Grund davon nicht recht zu wissen bekennt? Und warum
gründet er auf dies nicht von ihm selbst stammende Axiom seine
Deutung der 38 Jahre, daß sie nämlich besagen wollen, dem unter
dem Gesetz (= 5 Hallen) krank darniederliegenden Kranken fehlen
zur vollkommenen Gerechtigkeit (40) die beiden Gebote der Got-
tes- und Nächstenliebe (40 — 2 = 38) ? Aug. verarbeitet hier
fremde Gedanken, deren Ergebnis ihm sehr willkommen ist, deren
Begründung ihm aber nicht genügt. Daß er hier einen anders-
woher stammenden, einigermaßen wiederstrebenden Stoff verar-
beitet, zeigt sich auch in der Unsicherheit seiner Deutung der tur-
batio aquae. Während er tract. 17, 3 in Jo. (vol. IV, 561) ganz
wie T erklärt: venu unus Christm ad poputum Judaeorum et
faciendo magna, docendo utitia, turbavit peccatores, tiirbavit
aquam praesentia sua und nur noch anhängt, et excitavit ad pas-
sionem suam, betont er diesen letzteren Gedanken an den übrigen
Stellen ^), ohne daß er es zu einer durchsichtigen Verbindung der
1) Die Haupstellen sind tract. 17 in Jo. (IV, 561); sermo 125 (VH,
605—613); daneben cf. sermo 124 (VIT, 604); enarr. in ps. 70 (V, 971);
in ps. 8a (Vr, 109) ; in ps. 102 (VI, 423).
2) Dies auch bei T 81, 18, damit aber verbanden die künstliche,
und doch gedankenreiche Berechnung; die progressive Addition von
1 (Gott) bis 4 = 10 (Dekalog) und die Multiplication von 10 (Dekalog)
X 4 (Evangelien) = 40 (vollkommene Gerechtigkeit) Letzteres ist ein
Grandgedanke von T. Erst durch das Evangelium, erst in den Christ-
gläubigen kommt es zur wahren ErfüHang des Gesetzes cf. F. II, 147.
3) sermo 124 nur diesen; wesentlich ebnso enarr. in ps. 70.
266 Beilage III.
beiden sehr verschiedenen Gedanken bringt *). Aug. hat in
«einem Text Jo. 5, 8, wie besonders aus der hätiflgeti Wieder*
holung in tract. 17 in Jo. (vol. IV, 564 — 566) hervorgeht, die
allen Lateinern gemeinsamen Worte gehabt et ambula* Aber in
sermo 125 (vol. VII, 612) sagt er: et dixit Uli ut ferret grabatum
suum et iret in domum suant. Dabei versichert er, Jesus habe
ebenso auch zu dem Gichtbrüchigen (Mr. 2, 11. Mt. 9, 6) gesprochen,
und deutet den Vers wesentlich so wie T 81, 27 — 82, 3, wo gleich-
falls jene apokryphische Textgestalt vorliegt ^), »Soll man nun
annehmen, daß T gerade diese Predigt ausgebeutet habe und da-
her zu seinem Text nebst Auslegung gekommen sei ? Das ist erst-
lich darum unmöglich, weil nicht in dieser Predigt, sondern viel-
mehr tract. 17 in Jo. jene Deutung der turbatio aquae einiger-
maßen sich findet, welche bei T sich wiederfindet. Also dieser
tract. 17 in Jo. müßte das Original des Compilators sein, und nicht
sermo 125. Sodann aber stünde man wieder vor dem räthselhaften
Zufall, daß ein abendländischer Compilator um 500, welchen
eine gewisse Tradition vielmehr für einen syrischen Bischof von
180 erklärt, auf dem Wege unerklärlicher Irrthümer zu einem evan-
gelischen Texte gekommen wäre, welcher abgesehen von einer
einzigen griechischen Minuskel nur als ältester syrischer Text be-
kannt ist cf. F. II, 216. Die Sache verhält sich also umgekehrt.
Aug. war daran gewöhnt, an dem Leitfaden, welchen ihmT bot, in
das Labyrinth jener Perikope einzudringen. Er entwickelt dabei
auch eigene Gedanken, insbesondere hat er im Interesse seiner
Grundlehro mehrmals den Gedanken stark betont und breit aus-
geführt, daß das Gesetz nicht zu Gerechtigkeit und Leben ver-
helfen konnte, sondern nur die heilende Gnade Christi, aber die
Spuren seiner Abhängigkeit hat er nicht verwischt.
Augustin ist nicht der Erfinder seiner mit T. p. 41, 4 — 8
wesentlich identischen Deutung von Mt. 8, 20 ') ; denn der Haupt-
gedanke, daß Jesus im Herzen des Schriftgelehrten wegen dessen
fuchs- und vögelartigen Inhalts keine Ruhestätte finde, ist von
griechischen Auslegern, welche entweder älter als Aug. oder
doch mit seinen Predigten unbekannt waren, vielfach entwickelt
1) Er versucht es ennarr. in ps. 83 u. 102 und sermo 125.
2) Cf, mit der analogen Deutung des Bettes in Mr. 2, 11 T 65, 21
Aug. enarr. in ps. 100 (vol. VI, 372) und F. U, 255.
3) enarr. in ps. 90, vol. VI. 228 cf. auch die vielleicht nicht dem
Aug. gehörigen quaest. in ev. Matth. nr. 5 vol. IV, 365, wo die Berührung
mit T jedoch viel ungewisser ist.
Nachträge zu Theophilas. 267
worden ^). Es fragt sich also nur, von wem Aug. dies gelernt hat«
OflFenbar vonT, mit welchem allein er in der Sache vollständig tiber-
einstimmt. Oder ist es etwa wahrscheinlicher, daß ein. späterer Com-
pilator eine in einer Psalmauslegnng versteckte Erörterung dieser
evangelischen Stelle glücklich herausgefischt und in stilistisch ganz
selbständiger Form sich angeeignet habe? Die Benedictiner hatten
damals ihre Indices noch nicht geschrieben. — Man vergleiche
ferner Aug.'s zweimalige^) Deutung des Stators in Mt. 17 mit T
p. 51, 28 — 62 y 4 und erkläre, wie diese in jeder Hinsicht dünkte
Darstellung au s den einfachen Sätzen Aug.'s habe entstehen können.
Dreimal ^) vollzieht Aug. dieselbe Znsammenstellung und alle-
gorische Deutung der drei von Jesus auferweckten Todten, womit
T sein 2. Buch schließt. Hier müßte man wieder die Kunst des
Compilators bewundern, welcher in vier ungezwungen dahinfließende
Sätze zusammengefaßt hätte, was Aug. in theilweise 20 fach brei-
terer Ausführung mit Unterbrechung durch ganz andere Gedanken-
reihen vorträgt. Es ist ferner bezeichnend, daß auch in diesem
Fall nicht die sorgfältiger ausgearbeiteten tract. in Jo., sondern der
sermo 98 sich am nächsten mitT berührt. Aber auch hier ist das
Verhältnis ein viel zu freies, als daß T einem diese Predigt vor
sich habenden Compilator zuzutrauen wäre. Das Verhältnis ist
nämlich ein ähnliches wie das zwischen den mehrfachen Wieder-
holungen derselben Gedankenreihen bei Aug. selbst. Von einem
Compilator, der sich aus Aug. über diese Auferweckungsgcschichten
belehrt hätte, sollte man auch erwarten, daß er in der Deutung
dieser selbst sich mit Aug. berührte. Aber es fehlt T IV, 7 der
Lieblingsgedanke Ang.'s, daß das Losbinden der Leichentücher
die kirchliche Absolution bedeute *), und es fehlt T DI, 5 die in
der hauptsächlich zu vergleichenden Predigt Aug.'s vorgetragene
Deutung der Mutter auf die Kirche ^).
1) Orig. in Possini Catena in Matth. p. 114; Greg. Nyss. in Corderii
Cat. in Matth. p. 311 ; Isidorus ebenda p.310; Cyrillus (Migne 72 col. 644;
Corderii Cat. in Lucam p. 264 sq.). Hi. 46 streift den Gedanken nur;
Hilarius p. 643 und Ambrosius p.938 entwickeln nur verwandte Gedanken.
2) enarr. in ps. 138 vol. VI, 963; sermo 155 vol. VII, 745.
3) tract. 49 in Jo. (IV, 819 sqq. 829); sermo 98 (VII 517-520);
sermo 128 (VII, 632 sq.); einzelne Züge noch enarr. in ps. 101 (VI,
396); sermo 67 (VII, 374). Aus Aug. und nicht aus T (F. II, 111)
hat Beda das Seinige, wie genauere Vergleichung zeigt.
4) vol. IV, 831; VI, 396; VII, 374; VII, 520.
5) sermo 98 vol. VII, 519.
268
Beilage III.
Fünfmal ^) bat Aug. eine überall im Gedanken, tbeilweise aucb
im Wortlaut mit T I, 30 sich nabe berübrende Auslegung der Pa-
rabel von den 10 Jungfrauen vorgetragen. Einmal bemerkt er,
daß er Manches darüber gelesen, aber keine widerspruchslose Er-
klärung gefunden habe ^). Darnach müßte ihm T unbekannt ge-
wesen sein, wenn er vollständig mit diesem übereinstimmte. Aber
in zwei Puncten unterscheidet sich Aug/s Auslegung charakteristisch
von T. Während dieser p. 60, 10 in voller dogmatischer Unbe-
fangenheit sagt, daß nur das Diesseits und nicht der Tag der Pa-
rusio eine Zeit der Barmherzigkeit sei, betont Aug. im Interesse
seiner Grundlehre mehrmals, daß auch im Gericht nur von Gottes
Barmherzigkeit Gutes zu hoffen sei^). Während T59, 22 die Nai-
vetät besitzt, das obdormierunt omnes auf die thö richten Jungfrauen
zu beschränken und dies Wagnis zu begründen, erklärt Aug. dies
überall vom leiblichen Sterben der Klugen wie der Thörichten *).
Ich bitte zu erklären, wie ein Compilator um 500 gegen die Auc-
torität nicht nur des hier von ihm ausgeschriebenen Aug., sondern
auch der sonst von ihm geplünderten Ausleger Hi, und Hilarius
diese Abweichung von der Tradition, diese Verhöhnung des Textes
sich erlauben konnte. Ich bitte auch, mir unter den übrigen Com-
pilatoreu des Mittelalters einen zu nennen, der das hier oder Aehn-
liches sonst gewagt hätte. Um über das Verhältnis des Wortlauts
bei Aug. und T ein Urtheil zu gewinnen, muß man vor allem auch
Aug. mit sich selbst vergleichen. Ein Beispiel wird zur Noth ge-
nügen.
Aug. II, 588
irridentium
quippe responsio
mihi videtur
(vorher über die
adulatores).
Aug. VI, 1127
ah irridentibm
enim dicitur, non
ab invidentibtts
(vorher über die
adulatores).
T p. 60, 7
hoc respon-
sum dedere
irridentes,
non consu-
lentes, ut
irent ad
Aug. XI, 346
non consilium
dedisse putandae
sunt .... vendunt
enim oleum adu-
latores*
adulatores.
Wenn nur diese Parallelen vorhanden wären, so würde wohl
1) epist. 140 (II, 588); enarr. in ps. 49 (V, 595 die Paginirung ist
da in Unordnung); in ps. 147 (VI, 1126); sermo 93 (VII, 501); quäest.
div. nr. 59 (XI, 344).
2) quaest. div. vol. XI, 314; auch am Schluß col. 347 kommt er
wieder auf andere Erklärungen zurück.
8) ep. 140 (11, 588-592); enarr. in ps. 147 (VI, 1127).
4) So auch Hilarius p. 735 von der mors temporaria universorum;
ebenso Hi. 203; cf. Cramer Cat. I, 206; Gord. Cat. in Matth. p. 731.
Nachträge zu Theopbilas. 269
Jeder, einsehn , daß dem Gedächtnis Ang.'s zweimal das eine und
einmal das andere der in T vereinigten Elemente sich dargeboten
hat. An der 4. Stelle Aug.'s (V, 595) findet sich nichts Ent-
sprechendes. An der 5. aber, in sermo 93 (VII, 504) lesen wir
non consulmtium, sed irridmtium est isla responsio. Hier ist
also wie bei T vereinigt, was sonst bei Aug. zerstreut vorkommt.
Dieser sermo 93 zeigt überhaupt den vollständigsten Parallelismus
mit T. Soll man nun annehmen, diese Predigt sei die Grundform,
welche Aug. selbst im Gedächtnis behalten und in Bezug auf das
genannte Beispiel dreimal bruchstückweise reproduzirt hätte, und eben
dieser sermo 93 sei die Vorlage fürT gewesen? Aber so sonder-
bar wie das Erste wäre, so unmöglich ist das Zweite; denn die von
Aug. dreimal wie von T mit jenem Satz verbundene Bezeichnung
der Oelverkäufer als Schmeichler findet sich gerade in sermo 93
nicht damit verbunden, sondern erst nachher in breitestester Um-
schreibung versteckt (VII, 505). Also ist nicht sermo 93 die Quelle
von T, sondern es bleibt das umgekehrte Verhältnis, welches an
den übrigen Parallelen zu T I, 30 evident wurde, auch hier das
allein mögliche. Und wiederum ist es bezeichnend , daß es nicht
eine gelehrte Abhandlung wie epist. 140 oder quaest. div. 59, son-
dern eine Predigt ist, in welcher Aug. sich am engsten an T an-
schließt. Aber auch hier behauptet Aug. seine Selbständigkeit in
der Deutung des Einschlafens Aller ^) und entwickelt eine Menge
von Gedanken, von welchen bei T keine Spur sich findet.
Wesentlich ebenso liegt der letzte in Betracht zu ziehende
Fall. Viermal 2) erklärt Aug. die drei Paare der auf dem Acker,
an der Mühle und auf dem Bett Angetroffenen und berührt sich
jedesmal sehr nahe mit T p. 58, 15 — 27. An keiner dieser Stelleu
findet sich innerhalb der Erklärung das verdächtige Wort monachi
(T58, 19); aber an einer Stelle (vol. VI, 900), und das ist zugleich
die einzige, wo Aug. in der Ordnung der drei Paare mit T über-
einstimmt, wird er zu dieser Erörterung veranlaßt durch den son-
1) Gerade in dieser Predigt polemisirt Aug. gegen die Auffassung
dieses Schlafs als sittlicher Entartung, also gegen das Fundament der
Auslegung des T; und zugleich berührt sich Aug. auch wieder mit dem
Ausdruck der von ihm verworfenen Erklärung (T p. 54, 21 cf. Aug.
col. 503 perseveraverunt usque in finem). Es ist auch zu beachten, daß
Aug. ebendort (§8 col. 503) beiläufig wieder von quidam tractatores
polemisch redet.
2) quaest. ev. 11, 44 (IV, 356 Bett, Mühle, Acker); enarr. in ps. 36
(V, 342 Acker, Mühle, Bett); in ps. 99 (VI, 363 die Ordnung wie vorher)}
in pa. 132 (VI, 900 Acker, Bett, Mühle).
270 Beilage IIL
derbaren Einfall; daß der Name monachus ans Psalm 132 (hebr. 133),
1 stamme; weil dem in unum angeblich ei^ fioPov zu Grunde liege *),
und dieses gleichsam zu einem Herzen und einer Seele gewordene
Brüder, d. h. Mönche bezeichne. Ehe aber Aug. den angekündig-
Beweis hiefür liefert, vertheidigt er den Mönchstand der Katho-
liken gegen donatistische Polemik. Er ist ebensowenig wie der Stand
der Geistlichen und derjenige der Laien darum verächtlich, weil
sich Unwürdige darin finden. So kommt Aug. auf jene Deutung
der drei Paare, welche wir bei T wiederfinden. Wäre Aug. der
Erfinder und T der Plagiator, so müßte diese Psalmenauslegung
Aug.'s die Quelle für T gewesen sein ; denn mit dieser Stelle Aug.'s
berührt sich T im Ausdruck viel genauer, als mit den drei ande-
ren, wo Aug. dieselbe Auslegung vorträgt, und nur durch den Zu-
sammenhang dieser Predigt konnte T veranlaßt werden, das Wort
monachif welches Aug. übrigens auch hier nicht in der Auslegung
der evangelischen Worte gebraucht, in dieselbe einzutragen. Aber
es wäre wiederum räthselhaft, wie ein compilirender Evangelieu-
erklärer eine in einer Psalmenpredigt Aug.'s versteckte Digression
über Mt. 24, 40 f. herausgefischt hätte. Beda ^) hat den gleichen
Stofi* nicht aus dieser oder einer anderen der drei Psalmenpredigten
Aug.'s, sondern aus dessen quaest. evang. genommen, also aus einem
Buch, dessen Benutzung einem compilirenden Evangelieuerklärer
schon durch seinen Titel sich nahelegte. Es wird demnach auch
hier zu urtheilen sein: Aug. hat überall, wo er auf jene Worte
Jesu zu reden kommt, unseren T im Gedächtnis, aber nicht in den
quaest ev., wo er den Gegenstand wissenschaftlich zu behandeln be-
absichtigt, sondern in einer Predigt, wo er ganz gelegentlich und
sichtlich ohne vorangehende sorgfaltige Vorbereitung zu dem Gegen-
stand abschweift, verfallt er ganz in den Wortlaut von T, zugleich
1) LXX hat hier inl to avro,
2) Im Commentar zu Lucas Migne 92 col. 648 sq. Beda hat nicht,
wie ichF. II, 111 annahm, ausT, sondern aus Aug. und zwar aus dessen
quaest, ev. geschöpft ; denn 1) befelgt Beda die nur hier, und weder
sonst bei Aug. noch bei T vorkommende Ordnung der drei Paare,
2) stimmt er im Wortlaut nur mit dieser Stelle Aug's in entscheidenden
Puncten überein z. B qui otium et quietem eltgunt -^ significata est u. s. w.
mit Unterbrechungen, 3) hat Beda nicht den Namen monachi; nur in der
kürzeren Ausführung zu Matthaeus col 105, welche aus dem Lucasoom-
mentar excerpirt zu sein scheint, ist in die Worte Aug*s ein Anklang
daran angeschlossen: qui otium et quietem monasterialis vitae eligunt,
Aug. selbst redet einmal in solchem Zusammenheng von sanctimoniales
(VI, 364).
Nachträge zu Theophilus. 271
aber auch in eigene Ausführuagen, welche er- bei anderer Gelegen-
heit hieran angeschlossen hatte ^). Man möchte nur fragen, ob
Aug. schon im Text von T das Wort fnonachos gelesen hat, dessen
Wiederholung zu seinem Zweck in der Predigt über Psalm 132
trefflich gepaßt hätte. Oder hat vielleicht hier in T wie in den
beiden parallelen Sätzen desselben (T p. 60; 17. 21) statt des
jetzigen monachos nur eos oder gar nichts gestanden? Das führt
auf eine letzte Frage von allgemeinerer Bedeutung.
VIII. Von Anfang an habe ich nicht nur an die Möglichkeit
erinnert y sondern auch unter Hinweis auf bestimmte Stellen es
wahrscheinlich zu machen gesucht, daß es in T nicht ganz an In-
terpolationen fehle, welche vielleicht theilweise schon auf Rechnung
des Uebersetzers kommen mögen, zum Theil aber auch späteren Ur-
sprungs seien ^). Jetzt erst bin ich in der Lage^ in Bezug auf
eine beträchtliche Zahl von Stücken den, wie ich denke, zwingen-
den Beweis zu führen, daß sie erst nach der Mitte des 5. Jahr*
hundert« in T interpolirt worden sind. Eucherius von Lugdunum
(-f- um 450) gehört schon zu den Schriftstellern, welche sich da-
mit begnügen, die biblischen Forschungen der Vorfahren in com-
pilatorischer und compendiarischer Form fortzupflanzen (oben S. 256
Anm. 1). Es wäre an sich nicht zu verwundern, wenn er etwa
um dieselbe Zeit wie jener Arnobius iunior den T für seine Zwecke
ausgebeutet hätte. Die erste seiner evangelischen Quästionen ^)
berührt sich nahe genug mit dem Prolog, aber schon wegen der Reihen-
folge der Evangelien noch näher mit Hi. ; ebenso die zweite Quästio
mitTp. 32, aber genauer mitHi. 11. Also Hi. ist hier die Quelle
des Eucherius. Ganz anders liegt die Sache in anderen 10 Fällen,
den einzigen, die überhaupt noch in Betracht kommen. Da han-
delt es sich nicht um Anklänge und sachliche Uebereinstimmungcn^
sondern 10 ganze Abschnitte von T kehren nahezu buchstäblich
bei Eucherius wieder *). Nach der Ordnung bei Eucherius sind
es folgende: 1) Euch. (Migne) 797 D cum dicat — magis da-
1) Cf. z. B. das über Ezech. 14, 14 sowohl vol. IV 356 als VI, 901
Gesagte.
2) F. II, 21. 157 f. 160 f. 180. 193. 233 und hier oben S. 231.
3) Instruct. I, 2 (Migne 50 col. 796) cf. T p. 31, 4—13; Hi. vol.
Vir, 6.
4) Anders verhält es sich mit dem nur in M vorhandenen Stück
(H. 164 Anm. 40), welches dort zwischen TIV,14 n. 15, also in nächster
Nähe von drei eucherlanischen Stücken (den Nr. 2. 4. 9 nach obiger
Aufzählung) steht. Es ist nur im Gedanken sehr verwandt mit Euch,
instr. I, 1 (Migne col. 785 A B).
272 Beilage Hl.
reat = T 69, 16 -32; 2) Euch. 797 D. 798 A in evangelio —
futurorum = T 84, 19—24; 3) Euch 800 A. B in parabola —
quietem = T 82, 22 — 83,16; 4) Euch. 800 C quomodo acctpien-
dum — sanctorum suorum = T 84, 24—85, 3 ; 5) Euch. 800 C. D
quomodo in Luca — noscendum est = T63, 20 — 25 (nicht ganz
genau) ; 6) Euch. 801 A quomodo salvator — plenitudo = T 76,
15—25; 7) Euch. 801 B qualiter — divinitatis = T 76, 25—28
(abgekürzt); 8) Euch. 801 D qualiter sentiendum — visitaverat =
T82, 4—9 ; 9) Euch. 802 B quomodo accip. — spiritu = T 85, 4—8 ;
10) Euch. 802 D quomodo salvator — patebit = T83, 19-25.
Daß Euch, diese Abschnitte nicht aus T abgeschrieben hat, ist
leicht einzusehen. Erstlich ^väre nicht zu verstehen, daß Euch.,
welcher die Gedanken eines Hi. in ganz freier Form reproducirt,
den T so streckenweise ganz buchstäblich abgeschrieben haben
sollte. Zweitens will Euch, in diesem Buche Fragen des Salonius
beantworten, soweit er sich derselben aus früheren Gesprächen er-
innert^). Nun aber liegen vier seiner Fragen und die dazu ge-
hörigen Antworten auch bei T in der Form von Frage und Ant-
wort vor (Nr. 2. 5. 6. 10). In zwei anderen Fällen ist die Ursprüng-
lichkeit der Frageform auch bei T noch deutlich zu erkennen ^).
Es wird schwerlich Jemand dem Urtheil widersprechen: T d. h.
der durch die beiden Hss. M und P im wesentlichen gleichmäßig
repräsentirte Text unseres Commentars enthält- zehn Abschnitte,
welche beinah wörtlich aus den Instructionen des Euch, abgeschrie-
ben sind. Aber dieser T ist nicht der Verfasser oder üebersetzer
unseres Commentars; er wäre es auch dann nicht, wenn der Ver-
fasser nur ein Compilator des 6. Jahrhunderts wäre. Es ist viel-
mehr der Interpolator, welcher die Abschnitte eingeschoben hat, deut-
lich von dem Verfasser des Buches zu unterscheiden. Denn 1) das
Verhältnis dieser 10 Stücke zu Euch, ist ein durchaus anderes,
als das Verhältnis des T zu Hi. und Augustin, zu Ambrosius und
Hilarius. Von diesen Auctoritäten ersten Ranges kehren kaum ein
Paar Sätze ohne mehr oder weniger wesentliche Aenderungen, Um-
stellungen, Kürzungen, Erweiterungen bei T wieder. In wichtigen
Puucten steht T in vollem sachlichen Widerspruch mit denselben
Stellen jener Väter, welche doch auch wieder wörtlich mit ihm
1) Instr. I praef. col. 773. Die Ausnahmefälle, die er dort erwähnt,
(daß er nämlich auch aus eigener Initiative einige Fragen stellen und
beantworten werde) beziehen sich auf lib. II, welches fürT nicht in Be-
tracht kommt.
2) Nr. 1. 3 (inquirendum est T 82, 29).
Nachträge zu Tbeophilus. 273
zusammenklingen. Von den Parallelen mit Hi. ließe Bicb höchstens
die zu T 32, 6 — 16, von denjenigen mit Ambrosius nur die zu T
76, 30 — 77, 15, von denjenigen mit Augustin keine einzige mit
dem Verhältnis vergleichen, welches zwischen Euch, und jenen 10
Abschnitten in T besteht. Der Interpolator hat sich nicht einmal
die Mühe gegeben, überall die Katechismusform seines Originals abzu-
streifen oder durch überleitende Formen die Grenzen zu verwischen.
Selbst das Verhältnis zwischen T und Arnobius ist durchweg ein viel
freieres. Es ist aber undenkbar, daß der Verfasser des ganzen Buchs ge-
genüber der verhältnismäßig jungen Auctorität des Euch, eine sklavische
Abhängigkeit bewiesen haben sollte, von welcher er sich einem
Hi. und Augustin gegenüber durchaus frei gezeigt hätte, wenn er
ein Compilator wäre. 2) Den längsten von allen eucherianischen
Abschnitten leitet T 82, 28 durch ein item aliter ein. Es ist dies
das gewöhnliche aliter (ceJUcog, aXkov) der Catenenschreiber. Es
kehrt im ganzen Buch nicht wieder. Also ist der Schreiber dieses
Abschnitts nicht der Verfasser des Buchs, und dieser letztere ist
kein Catenenschreiber. 3) Es sind die Orte zu beachten, an
welchen die eucherianischen Stücke sich finden. Nur Nr. 5 steht
in T Hb. I; Nr. 1. 6. 7. in lib. DI (nach M lib.IV); die übrigen
6 Nummern in lib. IV (nach M. lib. III). Ihre Einschaltung scheint
zum Theil dem Zweck zu dienen^ die gar zu mager gerathene Er-
klärung des Lucas und des Johannes ein wenig völliger zu machen.
Aber wie sind diese Lückenbüßer angebracht? Nr. 5 ist noch leid-
lich in einen Zusammenhang von Bemerkungen zur Leidensgeschichte
hineingestellt, und Nr. 1 konnte im Lucascommentar stehn, weil
dies Stück sich theilweise auf eine auch bei Lucas zu findende
Stelle bezog. Aber Nr. 6. 7 sind Reflexionen über johanneische
Stellen, welche weder durch ein inneres, noch durch ein äußeres
Band mit den vorher und nachher behandelten Lucasstellen zu-
sammenhängen. Nr. 8. 9. 10 passen insofern an ihren Platz, als
sie sich auf johanneische Stellen beziehen. Das gilt aber nicht
von Nr. 2. 3. 4. Es ist z. B. Nr. 3 nur durch die Gleichnamig-
keit der beiden Lazari dahingezogen, bei Nr. 2. 4 fehlt selbst ein
so äußerliches Band. Die durch diese Interpolationen veranlaßte
Unordnung ist nicht zu vergleichen mit den Textraischungen, welche
im übrigen Buch vorliegen *). 4) Diese 10 eucherianischen Ab-
schnitte unterscheiden sich auch dem Inhalt und der Gedanken-
1) Cf. F. II, 20 f. Einige dort angeführte Beispiele kommen jetzt im
Wegfall, aber nicht die wichtigeren. S. auch hier oben S. 221 f. Anm. 3.
Zahn Forschungen, lil. ^g
274 Beilage III.
form nach sehr weseDtlich von der Masse des. Buchs. Es sind
lauter nüchterne, zum Theil sehr umständliche Betrachtungen meist
über dogmatische Probleme, Die Christologie betreffen Nr. 6. 7.
10, einigermaßen auch Nr. 5. 8^ auf die Prädestination bezieht sich
Nr. 1, auf die Eschatologie Nr. 3; einem bestimmten Kapitel der
Dogmatik lassen sich die übrigens ganz gleichartigen Nr. 2. 4. 9
nicht zuweisen. Man wird in T vergeblich nach einigermaßen
ebenso umfangreichen Stücken gleichen Charakters suchen. In
diesen eucherianischen Stücken dagegen fehlt jede Spur von der
den biblischen Text Stück für Stück vorführenden, mit kurzen Sehe-
lien begleitenden und allegorisirenden Auslegung , welche für T
charakteristisch ist. Auch ein Unterschied des dogmatischen Stand-
punkts läßt sich erkennen ; und dies ist ein Punkt, in welchem meine
frühere Darstellung der Berichtigung bedarf. Es entspricht ja ohne
Frage der theologischen Sprache eines Melito, eines Irenäus und
Clemens (s. oben S. 167), wenn T manchmal das Gott- und Mensch-
sein Christi neben einander betont (F. U, 155. 169 f.). Schwerlich
aber paßt es in die Zeit des Theophilus, sondern vielmehr in die
Zeit des Eucherius (Nr. 6), der es auch geschrieben hat, was wir
jetzt bei T 76, 22 lesen: idem est ergo dem ethomo, id est Christus
una persona est. Auch Nr. 10 (T 83, 19—25) setzt eine Aus-
drücklichkeit der Reflexion über die sätnmtlichen für Gleichheit
oder Ungleichheit des Sohnes mit dem Vater in Betracht kommen-
den Bibelstellen voraus, wie sie doch erst nach den Kämpfen des
4. Jahrhunderts veranlaßt war. 5) Ein Blick in meinen Apparat
unter dem Text dieser 10 eucherianischen Stücke und die Ver-
gleichung der oben S. 258.262 — 271 angeführten Parallelen aus Isidor
und Augustin zeigt, daß bis heute keins dieser Stücke auch nur den
geringsten Schatten eines Zeugnisses für sich aufzuweisen hat außer
der brüsseler Hs. und der Editio princeps. Weder Amobius,
welcher gerade den das Johannesevangelium betreffenden Theil von
T sehr stark ausgebeutet hat, noch Augustin, welcher mit diesem
Theil besonders häufig sich zu berühren veranlaßt war, noch Isidor,
der zweifellos jünger ist als T, berühren sich irgendwo mit einem
dieser 10 Abschnitte.
Ist hiemit bewiesen, daß T seine gegenwärtige Gestalt erst
nach der Mitte des 5. Jahrhunderts .erhalten hat, und zwar durch
beinah unveränderte Aufnahme von 10 Stücken aus Eucherius, so
eröffnet sich freilich die Möglichkeit, daß gleichzeitig noch andere
Stücke interpolirt worden sind ; und es fehlt uns wie bei so manchen
mangelhaft überlieferten Schriftwerken des kirchlichen Alterthums
die wünschenswerthe Sicherheit in Bezug auf alle Einzelheiten.
Nachträge zu Theophilus. 275
Aber einen Maßstab der Beurtheilung gewähren uns eben diese
Interpolationen aus Eucherius. Eine gewisse Aehnlichkeit mit die-
sen Stücken zeigt jenes oben S. 271 Anm. 4 erwähnte Stück;
welches nur die brüsseler Hs. enthält. Es beschäftigt sich auch
mit der Prädestinationsfrage in dem gleichen antiprädestinatianischen
Sinn wie das eucherianische Stück Nr. 1, erinnert auch an einen
anderen Abschnitt der Instructionen des Eucherius und enthält auch
eine dogmatische Frage nebst Antwort. Aus welchem Schriftsteller
wahrscheinlich derselben Zeit und Gegend es abgeschrieben sei^
weiß ich nicht. Ferner sind die schon F. U, 161 von mir ge-
äußerten Bedenken gegen das Kapitel über die Zählung der drei
Tage zwischen Tod und Auferstehung Jesu T I, 36 nunmehr ge-
wachsen. Zwar die Frage ist alt und auch bei den Syrern^ soweit
wir deren Theologie ins Alterthum zurückverfolgen können; viel
ventilirt^). Aber schon die Form; die förmliche Fragestellung mit
umständlicher sehulmäßiger Antwort ist verdächtigt). Sodann geht
unmittelbar vorher die eucherianische Interpolation Nr. 5, und wir
sehen; daß der Interpolater seine Einschiebsel meist dicht hinter
einander gestellt hat. Nr. 2. 4. 9 und Nr. 6. 7 bilden zwei
Gruppen, deren Bestandtheile durch nichts von einander getrennt
sind ; Nr. 8. 3. 10 stehen dicht bei einander ; und vor Nr. 1 steht
eine zwecklose Doublette. (T DI; 3 = 1, 25); welche man lieber
dem Ungeschick eines Redactors als dem ersten Verfasser zuschrei-
ben möchte (cf. oben S. 216). Unmittelbar nachT I; 36 folgt ein
kurzes Schlußkapitel des ersten Buchs ; welches ganz den echten
Scholiencharakter der übrigen Masse des Buchs zeigt. Woher aber
das wahrscheinlich interpolirte Kapitel T I; 36 stammt, kann ich
wiederum nicht angeben. Es fehlen vorläufig die Mittel; um mit
annähernder Sicherheit noch andere Stücke oder einzelne Sätze und
Sütztheile auszuscheiden. Es ist möglich; daß die wirklichen An-
stöße*), welche der Annahme der Abfassung des T durch Theo-
philus im Wege stehen, sämmtlich verschwinden würden, wenn wir
1) Aphraates ed. Wright p. 222; Ephraemi comm. in evang. conc.
p. 267 cf. Hi. in Jonam (Vallarsl VI, 405); in Matthaeum (VIT, 83);
August, oona. ev. III §66 (vol. IV, 177), quäest. ev. I, 7 (IV, 319), sermo
de symb. ad catech. § 6 (VIII, 1634)i de trinit. IV § 10 (XI, 80).
2) Frage und Antwort findet sich abgesehen von den eucher. Inter-
polationen und den oben beanstandeten Stücken nur noch T p. 32, 6 u.
13. Aber wie knapp und kurz schreitet in diesen beiden Fällen die Ant-
wort fort!
3) Ich berufe mich nochmals auf F. II, 160 f. u. hier oben S. 271.
18*
276 Beilage III.
einen Text fanden^ welcher mit den nachgewiesenen Interpolationen
verschont geblieben wäre. Gerade nach Ausscheidang der bezeich-
neten 10 resp. 12 Abschnitte, ist die wesentliche Einheitlichkeit der
theologischen Denkweise und der exegetischen Methode des übrigen
Buchs nm so unbestreitbarer. Der Interpolator hat den Grnndcha-
rakter des Buchs nicht geändert. Wie er die Vorbemerkung über
die Evangelisten und ihre Symbole und die damit zusammenhän-
gende Anordnung der Evangelienerklärung unberührt gelassen hat,
so hat er auch das Gepräge alterthuml icher Theologie, naiver Alle-
goristiky voller Selbständigkeit gegenüber von Traditionen^ welche
zur Zeit des Interpolators schon alt waren ^ nicht verwischt. Die
7 Krüge von Kana^), die 7 Bücher des A. Testaments ^ die nie-
mals eingeschlafenen klugen Jungfrauen, der gläserne Kelch des
Herrn ; der das Blut der Christen fordernde Kaiser, dies und
Anderes sind starke Anzeichen davon , daß der Interpolator nicht
eine durchgreifende Umarbeitung vorgenommen, sondern nur eine
um einige Kapitel aus jüngeren Schriftstellern und wenige eigene
Zuthaten vermehrte neue Auflage des alten Handbüchleins der
Evangelienerklärung besorgt hat. Nach der Zeit des Eucherius
und vor der Anfertigung der brüsseler Hs. ist das geschehen,
zwischen 450 und 700. In diese Zeit scheint aber auch der
brüsseler Prolog zu fallen (oben S. 202 f.). Es ist die Annahme
kaum zu umgehn, daß der Interpolator^ oder freundlicher ausge-
drückt, der Veranstalter der neuen vermehrten Ausgabe auch der
Verfasser jenes Prologs sei. Er hat dann freilich den Mund etwas
voll genommen, aber dem entspricht seine gespreizte Sprache. Er
drückt in seiner kurzen Vorrede mit sonderbar vielen Worten die
Besorgnis aus, daß neidische Gegner seine Arbeit schlecht machen
werden. Woher diese Besorgnis und die Bescheidenheit der Hoff-
nung, womit er sich im Voraus tröstet, daß man wenigstens seine
fromme Absicht ihm nicht werde abstreiten können? Das thue ich
auch nicht, finde aber, daß dieser Unbekannte des 6. oder 7. Jahr-
hunderts sich mit seiner sehr unerheblichen Arbeit ungebührlich
breit gemacht und durch die Abfassung dieses Prologs und die
gleichzeitige Beseitigung des ursprünglichen Verfassernamens seiner
Eitelkeit ein wenig ehrenvolles Denkmal gesetzt hat. Er hat wohl
daran gethan, seineu Namen niclit darauf zu schreiben. Auffallend
ist, aber doch durchaus nicht unbegreiflich, daß daneben die alte
Tradition nur so sich erhalten hat, daß sie den Prolog verschmähte,
1) F. II, 108. 215; die übrigen Stücke sind alle hier oben besprochen.
IV. Beilage. Zum Text von 1 Tim. 3, 16. 277
den Namen des l'heophilus festfaielt, zugleich aber die Interpolatio-
nen des neuen Heransgebers wen intens größten Theils sicli
aneignete.
Es kommt mir jetzt so wenig wie im vorigen Jahr (F. H, 233)
in den Sinn, daß ich ilber altes Einzelne in dieser Frage das letzte
Wort gesprochen habe. Ich wußte scheu damals, daß ich ein Pa-
radoxon vertrete, dem es an Anfechtung nicht fehlen werde ; nnd
es war vielleicht unbeGcheiden zn hoffen, daß meine Kritiker mir
durch Mittheilungeu aus den Schätzen ihres Wissens und durch
scharfsichtigere Betrachtung des Gegenstandes zu größerer Klarheit
und, wenn es nbtliig sein sollte, zu wesentlichen Modificatiouen
meines ürtheils verhelfen werden. Was in diesen beiden Bezieh-
uDgen gewonnen wurde, verdanlie ich nicht meinen Kritikern ; und
ich darf bei aller Hochschätzung der brüsseler Hs. angesichts des
bisherigen Widerspruchs mit den Worten des Clemens schließen :
oi'x ol/tat yÖQ ttva oStws evTvx^ y^agi^y ^yetff9at, ^ fitiieli
avTCQtT, aiX ixelv^f evXoyov vofuu^iov, ^
äyxeqet.
IV. Zsm Text m 1 Tim. 3, 18.
Im egyptischem Museum des Louvre findet sie
ein Courert, welches mehrere kleine Pergaments tücke enthlllt, da-
runter zwei BrnchstUcke einer Hb. der paulinischen Briefe oder
des N. Testaments. Ohne dem Urtheil Geübterer vorangreifeu, wage
ich vorläufig zu behaupten, daß die Hs. , von welcher uns diese
kummerlichen Reste erbalten sind, zu den ältesten gehört, die wir
besitzen, daß sie aus dem IV.— VI. Jahrhundert stammt. Änf
einem dieser Fetzen las ich die Worte: . . XttfißafOfievoi . ■ didaaxe
xcti necqaxaXei ans 1 Tim. €, 2. Der andere Fetzen ist viel besser
erhalten und auf der einen Seite, abgesehen von wenigen Buch-
staben am rechten Rand der Columne, bequem zu lesen. Mau liest
darauf folgende Worte'} aus 1 Tim. 3, 15. 16: #w %,wvTOi atv-
Aos*) I *ai edQmafia Ttj^ al^ \ 9sta^ xat op^Xoyoviie \ vteg
f*eya atniv lo rij.*) | evasßeiaz livmije . . . I *» cyavepM&ij
e I *at eä . . . ■
Das <a in der vorletzten Zeile bedeutet sicherlich nichts anderes
1) Das Bade der Zeiten bezeichne ich durch senkrechten Strich.
2) Das ; nicht ganz erbalten.
3) Schon das i) halb zerstört.
278 Beilage V.
als S. Diese bisher nur durch die Lateiner ; durch andere
zweideutige oder zweifelhafte Zeugen und wahrscheinlich durch die
erste griechische Hand des Claromontanus vertretene LA hat hie-
durch ein sehr altes , echt griechisches Zeugnis für sich gewonnen.
Das xa£ der letzten Zeile ist meines Wissens beispiellos.
T. Die „lehre der zw9lf Apostel'^
Die vor wenigen Monaten durch Bryennios ans Licht gezogene
Jidaxfi Tcov dcodexa änootolaav ist von so erheblicher Bedeutung
auch für die Geschichte des Kanons, daß ich den dritten und vor-
läufig letzten Theil dieser Forschungen nicht ohne einen Versuch,
dem neuen Fund seine Stelle in der beschichte der christlichen
Literatur anzuweisen, hinausgeben mag.
I. Der verdienstvolle erste Herausgeber hat Jedem, der ihm
nacharbeiten will, die Mühe erspart, erst noch zu beweisen, daß
wir jetzt die „Apostellehre" besitzen, über deren kirchliches An-
sehn uns Athanasius in seinem 39. Festbrief Nachricht gibt.^) In
der alexandrinischen Kirche des 4. Jahrhunderts wurde die „Apostel-
lehre" ebenso, wie der Hirt des Hermes und die vorchristlichen
Bücher: Weisheit Salomos, Jesus Sirach, Esther, Judith und Tobias,
zwar nicht zum Kanon gerechnet, aber in Folge einer Bestimmung
der „Väter", also seit alter Zeit den neu zur Kirche Hinzutreten-
den und Unterricht in der christlichen Lehre Begehrenden, also
den Katechumenen vorgelesen. Ob dies Buch damals oder auch
jemals in einem anderen Theile der Kirche ein gleiches Ansehn
genoß oder gleiche Verwendung fand, wissen wir vorläufig nicht.
Das Ansehn der alexandrinischen Kirche war groß genug, um es
uns begreiflich erscheinen zu lassen, wie Eusebius und spätere
Schriftenverzeichnisse der „Apostellehre" gedenken. Eusebius^) stellt
sie in die zweite der beiden Olassen, in welche er die Antilegomena
d. h. die zwar von altersher in der Kirche oder in einigen Theilen
der Kirche mit einem gewissen Ansehn der Heiligkeit bekleideten,
von Manchen geradezu als heilige Schrift behandelten, aber nicht
von Allen zum Kanon gerechneten Schriften eintheilt. Die zweite
Classe der Antilegomena bilden solche Schriften, von welchen Eu-
sebius urtheilt, daß sie ihren Verfassernamen mit Unrecht tragen
1) Athanasii opp. ed. Montfaucon I, 963.
2) Eas. h. e. III, 25. Ich verzichte auf alle Polemik gegen die nicht
enden wollenden Misdeutungen dieser Stelle.
Die Lehre der zwölf Apostel. 279
{pod-ot) und daher nicht zum Kanon gerechnet werden sollen {ovie
ivdwd^HKOi), Diese Classe umfaßt die Acten des Paulus ; den
Hirten des Hertnas, die Apokalypse des Petrus und %^v dnoatoXfav
al X^yoitisvai didaxctl, endlich eventuell noch die Apokalypse des
Johannes und das Hebräerevangelium. Die Anführungen in der
Stichometrie des Nicephorus ^), im Kanon des Anastasius Sinaita^);
in der sogenannten Synopse des Athanasius^) beweisen eher gegen
als für einen officiellen kirclilichen Gebrauch der ^ Apostellehre ^
zur Zeit der Abfassung dieser Register. Der erste sichere Zeuge
für einen solchen Gebrauch ist Clemens Alexandrinus. Das oben
S. 68 angeführte Schriftcitat in str. I; 100 findet sich in Doctr.
c. 3 ebenso genau wieder ; wie viele Schriftcitate des Clemens in
unseren Bibeln. Es lautet sammt der Einleitung, welche Clemens
ihm gibt; und mit den Varianten der Doctr. ^) in Parenthese so:
xpsvdofAepog T^y äXii&Eiav ovTog xlinzfig vno r^g YQ^V^Q €l'qfi%a^*
q>fial yovy' „vU {tixpop /üoi;), (a^ yipov rpevtrvfig' bd^ysi yäq
{ensid^ odfjyet) to tpevafAa nqog (eig) t'^p xXonrip^^ Darnach ist
auch nicht zu bezweifeln ^ daß Clemens unter dem Einfiuss dieser
selben „hl. Schrift" steht, wenn er naiver Weise versichert, der
mosaische Dekalog enthalte unter anderem auch das Gebot oi
nai3og>d^OQfi(T€ig (paed. III, 89), und wenn er in unverkennbarer
Erinnerung an den Dekalog den Moses sagen läßt (paed. H^ 89):
od noQP€v(T€ig, ov iioiXBV(T€ig , ov naidog>d'OQ^(T€ig, und ander-
wärts (protr. 109) wieder: tlpeg ei&lv ol pofjboi', ov g>op€V(Xeig,
od iioxBvaBig^ ov naidotp&oqiicetg, ov xXixpeig xzX^). Denn in
Doctr. c. 2 findet sich letztere Reihenfolge, nur noch vermehrt um
1) Nicephori opnscnla ed. C. de Boor (1880) p. 135: unter den Apo-
krypha des N. T. hinter dem TbomasevaDgelinm Sidax^i dnoaioltav
orCxtoy ^' Bryennios proll. p. 22 bemerkt, daß diese Stichenzahl (200)
sehr genau dem Umfang des Buchs in der Hs. von Konstantinopel eut-
spricht, wo dasselbe 203 Zeilen füllt.
2) Patr. apost. ed. Cotelerius— Glericus I, 197 (über die sonstigen
Drucke cf. Hilgenfeld, £in1. S. 139). Hier werden unter dem Titel der
Deutest. Apokryphen hinter der Apokalypse des Petrus sehr verschieden-
artige Schriften zusammengefaßt als nsgloSoi xal SiSaxal rdHy anoaxoktov,
3) Athanasii opp. ed. Montfaucon II, 202 : Si^axr^ änoatoXtav zwischen
dem Tbomasevangelium und den dementia.
4) So citire ich im Folgenden die Apostellehre. Die öiatayal Sta
KXijfievTos (Lagarde, rel. imis eccl. gr. p. 76, 7) geben obigen Satz mit
Ttxvov ohne fiov, und inl rriy xXoni^v.
5) Bryennios zu Doctr. 2 hat bereits auf die meisten angeführten
Stellen des Gl. hingewiesen.
280 Beilage V.
ein vor oi xXiipsig eingeschobenes ov noqT€V(T€ig, welches Cle-
mens an der zweitgenannten Stelle nicht vergessen hat. Die christ-
liche Umgestaltung und Erweiterung, welche die Doctr. dem Deka-
log gegeben hat^); beherrscht das Gedächtnis des alexandrinischen
Presbyters am Ausgang des 2. Jahrhunderts; und dieser Umstand
mag mit dazu beigetragen haben, daß es dem Clemens gelegent-
lich nicht gelungen ist^ die heilige Zehnzahl der Gebote wirklich
herauszubringen^). Bryennios hat auch bereits zu Doctr. c. 9 p.
35 auf die Stelle hingewiesen, wo Clemens Christum den heiligen
Weinstock Davids nennt ^). Je dunkler der Ursprung dieser Be-
zeichnung ist^), um so sicherer erscheint es, daß Clemens nicht
unabhängig von der ihm als heilige Schrift geltenden Doctr. darauf
gekommen ist. Die „Väter'^, welche nach Athanasins die kateche-
tische Verwendung der Doctr. in der alexandrinischen Kirche an-
geordnet haben, gehören demnach der Zeit vor Clemens an.
Ein hohes Ansehn des Buches bezeugt auch jenes interessanteste
der von Pfaff herausgegebene Irenäusfragmente^). Daß dasselbe
nicht den Irenäus zum Verfasser habe, halte ich für ausgemacht
und zwar aus dem schon oft vorgebrachten und noch nie wider-
legten Grunde, weil dieser Fragmentist den Hebräerbrief unzwei-
deutig als paulinisch citirt. Ist andrerseits das Fragment offenbar
von hoher Alterthümlichkeit, so legt eben diese Behandlung des
Hebräerbriefs es nahe, an einen Alexandriner als Verfasser zu
denken*). Dazu paßt seine pietätsvolle Stellung zur Doctr., welche
1) Sehr abweichend von derjenigen des Theopbilus cf. F. II, 145,
nur darin übereinstimmend, daß das Sabbatbgebot rücksichtslos ge-
strichen ist.
2) Str. VI, 137 -148 cf. v. Zezschwitz, System der Katechetik II,
1, 254 f.
3) Qais dives § 26 (Dind. III, 406, 22).
4) Daß Jesus (Jo 15, Iff ), und daß die Weisheit (Sirach 24, 17)
mit einem Weinstock verglichen werden, ist gewiß zu beachten, und be-
sonders die letztere Stelle, in ihrem ganzen Zusammenhang betrachtet,
konnte zu einer Deutung auf das Abendmahl verlocken. Clemens paed.
I, 15 citirt Gen. 49, 11, wo er den Wein des Weinstocks als allegorische
Bezeichnung für das Blut des Logos auffaßt cf. Jast dial. 53; Hippol.
ed. Lagarde p. 129 sq. Darnach sollte man aber eher afineloi ^lovda
erwarten. Ist der Ausdruck vielleicht nach Analogie von Apoc. 5, 5;
22, 16 auf Grund von Jes. 11, 1; Zach. 3, 8—10; 6, 12 entstanden?
5) Iren. frg. graec. 36 ed. Harvey II, 500.
6) Auf die Gefahr bin, darüber verspottet zu werden, möchte ich
eine Vermuthang aussprechen, welche vielleicht zur Wiederauffindung der
Die Lehre der zwölf Apostel. 281
wir durch Clemens und Athanasius als eine halb heilige Schrift
gerade der alexandrinischen Kirche kennen. Der Fragmentist citirt
keine Schrift, welche apostolische Verordnungen enthält; aber er
setzt eine solche voraus , indem er sagt : ^Diejenigen, welche den
zweiten Verordnungen der Apostel (als Schüler) sich angeschlossen
haben, wissen, daß der Herr ein neues Opfer im neuen Bunde ge-
stiftet hat", wofür dann Mal. 1, 11 citirt wird. Zweite Verord-
nungen der Apostel nennt er diejenigen, welche er meint, im
Gegensatz zu denjenigen diaTd^eig vdop änoatoXwPf welche in den
allgemein anerkannten Schriften der Apostel enthalten sind^). Daß
ihm jene ebenso wie diese in bestimmter Form vorgelegen haben,
kann man nicht mehr bezweifeln, seitdem man in der Doctr. c. 14
lesen kann: „Wenn ihr euch am Sonntag des Herrn versammelt,
so brecht das Brot und danksaget, indem ihr dabei eure Fehl-
tritte bekennet, damit euer Opfer rein sei. Jeder aber, der mit
seinem Genossen in Streit ist, nehme nicht Theil an eurer Ver-
sammlung, bis sie sich versöhnt haben, damit euer Opfer nicht ent-
weiht werde. Denn dies ist (das Opfer), von welchem der Herr
gesagt hat: an jedem Ort und (zu aller) Zeit mir ein reines Opfer
zu bringen; denn ein großer König bin ich, spricht der Herr, und
mein Name ist angestaunt unter den Heidenvölkern". Daß die
prophetische Stelle Mal. 1, 11. 14 hier sehr frei, von dem Frag-
mentisten dagegen genau angeführt wird, mindert die Evidenz der
Bezugnahme des Fragmentisten auf die Doctr. nicht 2). Denn, wie
gesagt, der Fragmentist citirt nicht die „Apostellehre" oder gar
ein Buch unter dem Titel „zweite Verordnungen der Apostel", son-
dern sagt nur, daß der, welcher jenen nachträglichen apostolischen
Pfaff'schen Fragmente behülflich werden könnte. Steht fest, daß Pfaft
die Fragmente bona fide nach turiner Hss. als Sätze des Irenaeus her*
ausgegeben hat, und andrerseits auch, daß Irenaas nicht ihr Verfasser
ist, so will der Schr^'ibfehler der betreffenden Hs. oder der Lesefehler
Pfaff's erklärt sein. Denken wir uns den Namen Irenaeus abgekürzt,
etwa EIP mit irgend welchen Schnörkeln , so bedarf es nur einer Um-
Stellung, so hat man lEP d. h. *l€Q(avvfiov. Vielleicht ist ein Anderer,
der in griechischen Catenen nach letzterem Namen sucht, glücklicher als
ich s. oben S. 197 f.
1) 1 Cor. 7, 17; 11,34; 16, 1; Tit. 1, 5; Ignat. ad Trall. 3, 3; 7, 1;
ad Rom. 4, 3 cf. ad Ephes. 3, i ; Iren. frg. graec. 37 Harvey II, 505.
2) An sich würde die gleiche Anwendung der Maleachistelle nichts
beweisen cf. Just. dial. 41. 116. 117 cf. c. 28. 29; Iren. IV, 17, 5 p. 249
M'aasuet zweimal; an der zweiten Stelle folgt Apoc. 5, 8 wie im Pfaff^-
schen Fragment.
282 Beilage V.
Verfügungen ein folgsames Obr leihe, dorther von dem durch den
Propheten geweissagten neutestam entlichen Opfer wisse. Der Frag-
mentist nimmt auch seinerseits keineswegs eine kritische Stellung
zu der Schrift ein, worin jene Verfügungen zu lesen sind; er selbst
gehört vielmehr zu ihren folgsamen Schülern; er stellt sie den
kanonischen Apostel ci taten voran, welche zwar auch von neutesta-
mentlichen Opfern reden, aber nicht so unumwunden wie die Doctr.
die Eucharistie ein Opfer nennen. Dabei deutet er aber an, daß
diese zweiten Verordnungen der Apostel nicht allen Christen eine
Auctorität sind, wie ihm selbst und seiner Kirche.
n. Die halbkanonische Geltung und der officielle Gebrauch
der Doctr. in der alexandrinischen Kirche von der Zeit vor Cle-
mens bis zu der des Athanasius bürgt uns mit ziemlicher Sicherheit da-
für^ daß das Buch in dieser Kirche während des bezeichneten Zeit-
raums im wesentlichen unverändert geblieben ist. Aber in anderen
kirchlichen Kreisen ist es überarbeitet^ in mannigfaltiger Weise mit
anderem Material ins Eins verarbeitet und zu anderen Zwecken
verwendet worden. In dieser Beziehung hat Bryennios Anderen
das Meiste zu thun übrig gelassen. Wer Gelegenheit genommen
hat, sich mit der Literatur der „apostolischen Constitutionen^ im
weiteren Sinne dieses Namens ein wenig genauer zu beschäftigen,
wird zwar die hierauf bezüglichen Textabdrücke bei Bryennios
proll. p. 37 sqq. gerne als Hilfsmittel zur Orientirung benutzen,
aber gewiß nicht den Eindruck empfangen, daß Bryennios seine
Schlußfolgerungen begründet habe. Sicher ist, daß der Verfasser
von const. VII den größten Theil der Doctr. sich angeeignet hat.
Dagegen reichen die von Bryennios p. 51 sqq. angeführten Paralle-
len aus const. I — VI nicht entfernt dazu aus, ein analoges Ver-
hältnis dieser Bücher zur Doctr. zu begründen. Die Ausfiihruugen
hierüber schweben schon darum in der Luft, weil Bryennios auf die
Differenzen zwischen der syrisch erhaltenen Didascalia und dem
griechischen Text von const. I — VI keinerlei Rücksicht genommen
hat. Vollends das Endergebnis (proll. p. 68), daß der ganze cle-
mentinische Oktateuch ein einheitliches Werk aus der Zeit von
320 — 340 sei, entbehrt aller sicheren Grundlage. Es wird wohl
im wesentlichen dabei bleiben, daß const. I — VI ein Werk für sich
bilden, welches uns durch die syrische Didascalia in relativ reiner
Gestalt erhalten ist, während der griechische und in den iibrigen
üebersetzungen erhaltene Text dieser 6 Bücher das Werk eines
systematisch verfahrenden Interpolators ist, und daß wahrscheinlich
nicht dieser Interpol&tor, sondern ein etwas Späterer const. VII und
VIII hinzugefügt hat. Der älteste Zeuge für die interpoliite Re-
Die Lehre der zwölf Apostel. 283
cension von const. I — VI ist Pseudoignatius um 360 — 380 (cf.
meisen Ignatins S. 145 — 158) ; der älteste Zeuge für den ganzen
Oktäteuch ist der Verfasser des sog. Opus imperfectum in Matthaeum^)
um 400.
Ebensowenig wird man sich bei dem Ürtheil des Bryennios
(proll. p. 69) über die ötaTayal diä KXinibevToq , oder wie die
Schrift sonst noch genannt werden mag, beruhigen können. Das
merkwürdige Schriftstück, welches Lagard e, Hilgenfeld u. A. für
die von Clemens Alex, citirte heilige Schrift gehalten haben, soll
nun eine zwecklose, zum Spaß angefertigte Compilation aus 6ar-
iiabas, Aposteilehre; apostol. Constitutionen und wer weiß was für
alten ayokryphen und nicht apokryphen Urkunden sein. Aber wer
wird sich denn zum bloßen Spaß so seltsame kirchliche Verhält-
nisse ausdenken, wie sie der zweite kanonistische Theil dieser Schrift
voraussetzt 2)! Dieser zweite Theil der Schrift hebt sich deut-
lich vom ersten ab 1) dadurch, daß hier die Reihe der Apostel
zum zweiten Mal von von vorne anfangt redend aufzutreten, 2)
dadurch, daß erst hier das eigentliche diaTdfftxeiy im gewöhnlichen,
die Kirchenordnung betreffenden Sinne beginnt (Lagarde p. 77, 15;
79, 16); 3) dadurch, daß hier keine Spur von Nachbildung der
Doctr. sich zeigt, so daß der Abdruck auch dieses Theils der jün-
geren Schrift bei Bryennios p. 78 — 83 zwecklos erscheint. Auch
dieser zweite, kanonistische Theil scheint aber eine alte, wahr-
scheinlich schon vor Clemens vorhandene Grundlage zu haben
(oben S. 68 f.). Erst wenn wir zu der didaxfl ^«v aTiocftolcav,
die wir nun besitzen, auch noch dtazayal %&v dnoOtoXcoy höheren
Alters geschenkt bekämen, würden wir vielleicht die beiden Haupt-
wurzeln der aus moralisch-religiösen und kirchenrechtlichen Ele-
menten so sonderbar gemischten Literatur besitzen, von welcher die
diavayal did KX^^fieyrog ein immerhin noch ziemlich alterthüm-
liches Beispiel sind. Ich sehe keinen Grund, mein früheres gegen
Lagarde und Hilgenfeld gerichtetes ürtheil über diese Schrift^),
welches man überhört hat, zu modificiren. Die damals aiisgespro-
1) Ohrysostomi opp. ed. Montfaacon VI, appendix p. 74 A (hom. 13
zu Matth. 6, 3); p. 221 A (bom. 53 zu Matth. 25, 17). Der nächstfolgende
Zeuge wird Euthalius sein (Zacagni, collectanea p. 420 cf. p. 415), wo
es in Bezug auf Actor. 20, 35 heißt ix tcSv SiardU^ov cf. const. apost.
IV, 3.
2) Ed. Lagarde p. 77, 14—79, 33 oder Hilgenfeld Nov. T extra can.
IV, 101, 6—105, 3 cf. Krawutzki, Theol. Quartalschr. 1882 S. 400ff.
3) Iguatins vod Antiocbien (1873) S. 583.
284 Beilage V.
chene Vermuthung; daß Clemens die von ihm als Yi^vh ^^^^^^^
Stelle, welche sich in den di^ax. dia KXfui* wiederfindet, nicht
diesen selbst, sondern einer älteren, darin verarbeiteten Schrift ent-
nommen habe, ist durch die Publication der Doctr. zur Gewißheit
erhoben. Die andere, gleichzeitig vorgetragene Yermuthung, daß
die diax» dia KXriik, doch ziemlich alt, vielleicht nicht jünger als
Origenes seien, ist durch die an der Oberfläche sich haltenden Be-
merkungen von Bryennicis nicht widerlegt.
Nicht unsere Doctr. selbst, sondern eine Umarbeitung derselben
wird es sein, welche die unter Cyprian's Namen überlieferte Schrift
„de aleatoribus" ') mit den Worten citirt: £^ in doctrinis upostolo-
rum : „si quis frater delinquit in ecclesia et non paret legij hie
nee colligatur, donec paenitentiam agat, et non recipiatur, ne
inquinetur et impediatur oratio vestra.*^ Das ist kein Citat aus
der Doctr., erinnert aber doch an zwei oder drei Stellen derselben. 2)
Es fragt sich daher, ob nicht der Phiralis doctrinae auf eine er-
weiternde Bearbeitung unserer Doctr. hinweist, welche sich selbst
in ihrem doppelten Titel singularisch bezeichnet und von Athana-
sitts, Pseudoathanasius und Nicephorus ebenso betitelt wird. Die
pluralische Bezeichnung bei Eusebius und im Verzeichnis des Ana-
stasius (oben S. 279) kann nicht beweisen, daß unsere Doctr.
jemals öidajipti statt didax^ t&v änoCtoXcop genannt worden sei.
Denn, wie im Verzeichnis des Anastasius offenbar mehrere Schriften
unter einem Titel zusammengefaßt sind ^), so wird es auch bei Eu-
1) Cypr. opp. ed. Hartel, append. p. 96, 13. Die Schrift ist eine zu
Anfang verstümmelte Synodalrede eines lateinischen Bischofs. Die
Schriftcitate in derselben sind sehr merkwürdig. In c. 2 p. 93, 16—94,2
wird Hermas, simil. IX, 31 citirt; es folgt p. 94, 5 ein Citat unbekannter
Herkunft; c. 8 p 95, 1—3 wird als Wort Jesu ein Spruch citirt, welcher
theilweise mitEphes. 4, 30 zusammenfallt; c. 4 p. 95, 19-96, 7 wird ein
Couvolut von Sätzen aus den beiden Timotheusbriefen gegeben, deren
Fundstätten in der wiener Ausgabe nicht genau angegeben sind. Zwischen
der Anführung von 1 Gor. 5, 11 p. 96, 7 und dem Citat aus den „ Apostel-
lehren ** p. 96, 13 steht ein Apokryphon, welches auf Paulus zurückge-
führt zu sein scheint. Apokrypha stehen auch noch c. 9 p. 102, 4—7.
Das erste {nolite extendere manus vestras iniuste^ ne exacerbetis me et
non sinam vos diu permanere super terram) erinnert nur in seinem ersten
Anfang entfernt an Doctr. 4 p. 19: f^ri ylvov ttqos (ihv ro Xaßelv ixreCytov
tag ;|fft^«f xtL
2) Cf. Doctr. c 14 p. 49 (die oben S. 281 tibersetzte Stelle) ; c. 10
p. 38; c. 15 p. 51 estr.
3) Oben S. 279 Anm. 2. Wie der Ausdruck tkqMoi anoaroliov,
auch wenn sie eine Nummer ftir sich bildeten, mehrere selbständige
Die Lehre der zwölf Apostel. 285
sebius der Fall sein. Es bat ja auch eine didaxil oder didaCxaXla
nixqov gegeben, welche Origenes citirt^), also Eusebius sicherlich
wenigstens dem Namen nach gekannt hat. Aus der Berücksich-
tigung mehrerer solcher didax^ij worunter die didax'^ %&p dcidexa
dnotFtoXcay sich befunden haben wird^ erklärt sich sehr einfach der
Ausdruck des Eusebius. Das Citat aber des Pseudocyprian macht
es vermöge seines Wortlauts und seiner Einführungsformel sehr
wahrscheinlich, dflß diese dida^ai zu einem Buche zusammenge-
faßt, oder daß mehrere derselben, darunter auch unsere Doctr. zu
einem Ganzen verarbeitet waren. Auch jenes von Cotelier mitge-
theilte Fragment mit dem Titel ix tcov dno(TToXixcap didayfiävmv
weist auf ein Buch, in welchem mehrere Bücher gleicher Gattung
zusammengefaßt waren (Grabe, spicil. I, 54).
Es erübrigt noch der räthselhafte Titel bei Rufinus^): dtme
viae vel iudicium Petru Daß so nicht die dta%, dia Kkink. heißen
konnten, liegt am Tage. Diese Schrift beginnt zwar mit einer
Schilderung zweier Wege, aber nicht Petrus, sondern Johannes er-
öffnet die Reihe der redend auftretenden Apostel; und von einem
Urtheil, von einer Entscheidung des Petrus über eine strittige
Frage ist überhaupt nichts drin zu lesen. Noch weniger kann
unsere Doctr. diesen Titel gefuhrt haben; denn sie enthält den
Namen des Petrus gar nicht, und von einem Ausspruch, der als
iudicium irgend eines Apostels betrachtet werden könnte, ist hier
vollends nichts zu entdecken. So, wie es Bryennios sich gedacht
hat, entstehen keine Büchertitel. Weil in der „Lehre der Apostel^
immer nur Einer zu reden scheint, indem die Anrede Überall „mein
Kind" und nicht „unsere Kinder" lautet, und weil im N. T. Petrus
öfter im Namen aller Apostel redet, soll man dem Büchlein seinen
ursprünglichen Titel geraubt und den neuen Titel „Entscheidung
des Petrus" gegeben haben ! Hat es überhaupt ein Buch unter dem
Schriften umfaßt, so auch SiSaxnl rtSg dnoatoktov. Und nun sind diese
beiden Gruppen sogar zu einer einzigen zusammengefaßt.
1) De princ. praef. Delarue I, 47; cf. Jo. Damasc. Sacra Par. ed.
Lequien If, 336 u. 475 ; letzteres Citat theilweise auch bei Gregor. Nazianz.
or. XIV (ed. Maur. 1778) tom. I p. 274 cf. auch p. 259. Die Identität
der „Lehre des Petrus** mit der berühmten „Predigt des Petrus** ist ganz
ungewiß, um nicht zu sagen, unwahrscheinlich cf. meinen Ignatius
S. 601 f
2) Expositio symboli c. 38 hinter Cypr. opp. ed. Bened Paris 1726
p. CGXXIV : Libellus qui dicitur Fastoris sive Bermetis , qui appellatur
duae viae vel iudicium Petri, lieber die Conjecturen in Bezug auf
qui s. meinen Hirten des Hermes S. 21 Anm. 4. Ferner ist statt iudi-
cium P. auch secundum P. und iudicium secundum Petrum tiberliefert.
286 Beilage V.
Titel iudiciam Petri gegeben, was man dem Hieronymus (v. ill. 1)
und dem Rufinus wohl glauben muß, und hat dasselbe außerdem
den Titel duae viae geführt, was bei der TextbeschafiPenheit jener
Stelle des Eufinus äußerst zweifelhaft ist, so müßte dasselbe aller-
dings mit unsrer Doctr., welche mit der Schilderung der zwei Wege
beginnt, und außerdem mit apokryphen Petrustraditionen in einem
gewissen Zusammenhang stehen. Aber es wäre verlorene Mühe,
die Möglichkeiten zu erwägen, die sich auf Grund so unsicherer
Voraussetzungen denken lassen.
III. Die Doctr. ist schon im zweiten Jahrhundert und noch
in der zweiten Hälfte des 4. zwar keineswegs „der Katechismus^
der alexandrinischen Kirche, aber doch eines der ziemlich zahl-
reichen Lesebücher gewesen, welche man bei dem auf die Taufe
vorbereitenden Unterricht gebrauchte^). Eine derartige Verwen-
dung wenigstens eines Theils seiner Schrift scheint der Verfasser
selbst im Auge gehabt zu haben. Nachdem er den guten und den
bösen Weg beschrieben und dem noch einige Ermahnungen ange-
häugt hat (c. 1 — 6), geht er zu einem zweiten Theil mit den
Worten über: „Was aber die Taufe anbelangt, so sollt ihr also
taufen: nachdem ihr dies alles vorher gesagt habt, sollt ihr taufen
auf den Namen des Vaters und des Sohnes' und des hl. Geistes^
u. s. w. Es soll also der Inhalt von c. 1 — 6 den Taufkandidaten
vor der Taufe mitgetheilt werden. Nur auf diesen ersten Theil
kann sich auch der zweite Titel beziehen, welchen das Büchlein in
der Hs. trägt „Lehre des Herrn durch die 12 Apostel an (für) die
Heiden"; denn von c. 7 an werden nicht die Heiden oder Kate-
chumenen angeredet, sondern die Gemeinde der Gläubigen, welche
die Sakramente verwaltet, Kirchenzucht übt, ihre Geistlichen wählt
u. 8. w. Nur im ersten Theil findet sich die Anrede „mein Kind" *).
So wird auch nur dieser Theil in der durch Athanasius bezeugten
Weise den Katechumenen zum Zweck der Belehrung und Erbauung
vorgelesen worden sein. Auch aus manchem anderen der dort von
Athanasius genannten Bücher können nur ausgewählte Abschnitte
solche Verwendung gefunden haben. In Bezug auf den Hirten
haben wir an Athanasius selbst einen Zeugen dafür, daß der mittlere
1) Cf. das Urtbeil Mancher bei Eus. b. e. III, 3, 6, daß der Hirt des
Hermas für diesen Zweck sehr nothwendig sei. Auch die an sich un-
deutlichere Bezeichnung des Hirten als eines „sehr nützlichen Buchs" bei
Origenes und Athanasius weist auf die angegebene praktische Yerwerth-
ung dieser Bücher.
2) c. 3 fünfmal, c. 4 einmal, dazu noch rixva c. 6.
Die Lehre der zwölf Apostel. 287
Theil derselben, die Mandatei als eine selbständige Schrift ange-
sehn nnd behandelt wurde ^). Eben sie allein eigneten sich zu
katechetischem Gebrauch. Es entsprach aber solche Verwendung
des 2. Buchs des Hirten und des ersten Theils der Doctr. der all-
gemeinen Anschauung und Uebung der alten Kirche, wonach ein
gewisses Maß von moralischer Unterweisung und Erziehung die
Voraussetzung der Einführung in die christlichen Glaubenswahr-
heiten bilden sollte. Der ganze stufenmäßige Aufbau der drei
Hauptwerke des Clemens beruht auf dieser Anschauung ^).
Für den schriftstellerischen Bildungsgrad des Verfassers der
Doctr. ist es bezeichnend, wie er von dem ersten fiir die Katechn-
menen bestimmten Theil zu dem zweiten an die Gemeinde der Ge-
tauften gerichteten Theil tibergeht ; nämlich dies, daß er diesen
Unterschied der Bestimmung und der Adresse nur in der ange-
gebenen Weise ausdrückt, und daß er dem zweiten Theil nicht ein-
mal eine neue Ueberschrift gibt, nachdem doch die Geltung der
ersten erloschen ist. Es ist sehr fraglich, ob er seinem Buch einen
Gesammttitel gegeben hat, oder ob nicht vielmehr, wie Bryennios
urtheilt, der jetzt in der Hs. zu lesende erste Titel „Lehre der
12 Apostel^ eine aus dem Bedürfnis nach einem Generaltitel ent-
standene spätere Znthat, ein Excerpt aus dem vom Verfasser selbst
herrührenden Sondertitel des 1. Theils ist. Der jetzige Generaltitel
ist auch von keinem anderen Schriftsteller, der das Buch erwähnt,
genau so angeführt worden. Doch entspricht derselbe ebenso wie
die noch einfachere Form didax^ tAv anodtoXtdv gewiß den Ab«
sichten des Verfassers. Der Leser sollte sich selbst sagen, daß das
von c. 7 an Folgende zwar nicht mehr an die Heiden und Katechu-
menen, sondern an die Gemeinde der Getauften gerichtet sei, daß
es aber nicht weniger als der 1. Theil eine „Lehre des Herrn
durch die 12 Apostel" sei. Man erinnert sich bei diesem Ausdruck
an den noch prägnanteren in 2 Petri 3, 2 ^ t&v dnocTToltay VficSp
ipToXfj %ov xvqiov xal (TtorfiQog. Uebrigens drückt dieser Titel keinen
höheren Anspruch aus, als wenn heute Jemand einem von ihm ver-
faßten Keligionslehrbuch den Titel „Christlich -apostolische Lehre"
geben würde. Bryennios (proll. p. 3) macht mit Recht darauf auf-
1) Cf. meinen Hirten des Hermas S. 88 Anm. 3 und Haruack, Proll.
zu Hermas p. LIX, wo jedoch „Anfang** statt „Anhang" zu lesen und
der letzte Satz der Anmerkung als gegenstandslos zu streichen ist —
Uebrigens stammen auch alle Hermascitate des Athanasins selbst ans den
Mandaten.
2) Oben S. 104. 108 cf. Orig. c. Gelsnm IH» 59. 60.
288 Beilage V.
merksam; daß weder Jesus noch die Apostel in diesem Bach als
direct zum Leser redende Subjecte auftreten. In dritter Person
wird über den Herrn geredet; und daß nicht, wie man nach dem
Titel denken möchte, das CoUeginm der Apostel^ sondern ein Ein-
zelher, nämlich der namenlose Verfasser redet, zeigt schon die
wiederholt vorkommende Anrede ,,mein Rind^. Das ist aber von
Wichtigkeit füs die Würdigung der kirchlichen Geltung der Doctr.
in Alexandrien. Die Kirche bat nicht nur wie in anderen Fällen
in einem guten Glauben gehandelt, den übrigens Niemand zu thei-
len verpflichtet ist ; sondern es war in der That eine änXaatog
YQCC^iit welche man zu so hohen Ehren kommen ließ. Wenn auch
die, welche sie hochschätzten, wie ein Athanasius, sie „die soge-
nannte Apostellehre" nannten, so war das nicht Ablehnung eines
weitergehenden Anspruchs, den die Schrift selbst erhoben hätte,
sondern ein genauer^ gleichsam wissenschaftlicher Ausdruck statt
des populären, misverständlichen Titels; es war ähnlich gemeint,
wie wenn wir von dem ^^sogenannten apostolischen Symbolum" reden.
Harmlos ist auch das doidexa im Titel. Es ist dabei ebensowenig
wie etwa 1 Cor. 15, 5 oder Apoc. 21, 14 auf Judas oder Matthias
reflectirt, oder auch Paulus ausdrücklich ausgeschlossen. Sind doch
die Briefe des Letzteren nicht ohne deutlichen Einfluß auf die
Doctr. geblieben. Aber Späteren gab der Titel des Buchs Anlaß,
wie ja ganz Aehnliches dem „apostolischen" Symbolum widerfahren
ist, den Inhalt dieser Apostellehre auf einzelne Apostel zu ver-
theilen und direct auf die Apostel zurückzuführen ^).
IV. Es fehlt dieser apostolischen Herrenlehre nicht an einer
gewissen Abrundung und anscheinenden Vollständigkeit. Da sie
mit der Moral für die Katechumcnen beginnt und mit der Wieder-
kunft des Herrn schließt, so ist zu erwarten, daß eine gewisse
Ansicht vom nachapostolischen und altkatholischen Christenthum in
dieser alten Urkunde eine neue Stütze suchen wird. Ein wenig
Moral ^ einige liturgische Formen und Formeln und ein bischen
Eschatologio : das ist Alles. Nicht einmal soviel wie bei Hermas
hört man hier von dem Glauben an den einen Gott und an den
Sohn Gottes und von der grundlegenden Bedeutung dieses Glau-
bens für alles christliche Tugendleben und für die ewige Lebendigkeit.
Das an die Spitze gestellte Gebot der Gottesliebe wird gar nicht
entwickelt. Die Regeln für das Leben des Einzelnen und der Ge-
meinde werden ohne alle tiefere Begründung kurz hingestellt. Da
1) So die SiaTayal Sia KXyjfi, mit ihrem wunderlichen Apostelver-
zeichnis oben S 69 Cf. auch const. apost VIII, 4 sqq.
Die Lehre der zwölf Apostel. 289
ist nichts zu spüren von der mystischen Gluth eines IgnatiuS; von
der pietistischen Breite eines Hermas, von dem pastoralen Pathos
eines Clemens. Aber andrerseits wird es auch aus dem bewußten
Zweck des Verfassers zu erklären sein, daß er uns nicht entwickelt,
was es ihm bedeutet, daß „der heilige Vater seinen Namen in den
Herzen der Gläubigen hat wohnen lassen", oder was er versteht
unter „der Erkenntnis und dem Glauben und der Unsterblichkeit,
welche Gott durch seinen Knecht Jesus uns (den Christen) kund-
gethan hat" (c. 10) ; daß er es unterlassen hat, uns die Taufformel
(c. 7) zu erklären, oder anzudeuten, in welcher Weise die rechten
Lehrer zur Förderung nicht nur der Gerechtigkeit, sondern auch
der „Erkenntnis des Herrn" beizutragen pflegten (c. 11 p. 41).
Die Doctr. will keine irgend vollständige Beschreibung des Christen-
thums und des kirchlichen Lebens sein , sondern nur ein neben
anderen Quellen der Belehrung und Erbauung zu benutzendes
praktisches Hilfsbüchlein. Vor allem ist. nicht zu vergessen, daß
das Buch selbst mehr als einmal auf „das Evangelium" als die
Quelle und Norm seiner kurzen Kegeln hinweist (c. 8. 11. 15).
Ein Bild des Ganzen gibt folgende Inhaltsübersicht, welche
neben derjenigen des Bryennios und den Anmerkungen desselben
nicht überflüssig sein möchte.
L Theil c. 1 — 6. Lehre des Herrn durch diel2Apo8tel
an die Heiden: die zwei Wege des Lebens und des
Todes.
1. Den Weg des Lebens zeigen die zwei Gebote der Gottes-
und Nächstenliebe nebst der populären Umbildung von Matth. 7, 12
ins Negative ^). Die lehrhafte Ausführung {dtdaxil) hievon, genau
genommen aber nur von der Nächstenliebe wird nach der Berg-
predigt gegeben (c. 1). Als zweites Gebot in dieser Belehrung 2)
werden die Verbote des Mordes, des Ehebruchs, des Diebstahls u. s. w.
in Anlehnung an den Dekalog vorgetragen (c. 2). Hieran schließt
sich eine Warnung hauptsächlich vor solchen Gesinnungen und
1) Dies ist das älteste Beispiel der apokryphischen Umgestaltung
dieses Herrenwprts cf. F. II, 140 f. 199. Es ist bezeichnend, daß die
(f f«r. 6ia Kl^fi. Lagarde p. 74, 29 gerade Matthäus dies Wort sprechen
lassen.
2) Feh verstehe nicht, wie Bryennios p. 10 Anm. 1 hierin eine Aus-
legung des Gebots der Nächstenliebe finden kann. Dies ist ja in c. 1
entfaltet worden. Jetzt dagegen folgen lauter Verbote, also eine Aus-
führung des dritten der an die Spitze des Ganzen gestellten Sätze : nävra
^k, oaa luv d^eXtifSijq fiij yivsad-ai aoi, xa\ ah akJnp /^^ noiet p. 5. Der
erste von der Gottesliebe wird eben nicht durch eine SiSaxr} entwickelt.
Zahn, Forschungen. III. j^o
290 Beilage V.
Handlungsweisen; welche in ihrer Entwicklung zu den vorher ge-
nannten groben Thatsünden führen (c. 3 bis p. 17 Zeile 3). £s
folgt eine ziemlich bunte Keihe theils positiver ^ theils negativer
Ermahnungen; unter anderem in Bezug auf die Wahl des Umgangs^
das Verhalten in Krankheitsfällen^ das Benehmen gegen die Lehrer,
die Armen, die Rinder^ die Sklaven (c, 3 Schluß und c. 4).
2. Der Weg des Todes wird durch ein Kegister von Sün»
den und Sündern charakterisirt (c. 5).
3. Den Schluß des ersten Theils bilden die drei Hegeln:
a) Hüte dich vor Lehrern ; welche anders lehren ; als in c. 1 — ^5
geschehen ist. b) Kannst du nicht sofort das ganze Joch des
Herrn tragen ^ so thue^ soviel du kannst, c) Insbesondere in Be-
zug auf die Nahrung (Fasten) enthalte dich wenigstens des Götzen-
opferfleisches (c. 6).
n. Theil c, 7 — 10. [An die Gemeinde der Getauften:
über die Cultusakte].
1. Taufe auf den Namen des Dreieinigen, der Kegel nach
Untertauchung in fließendem Wasser^ ausnahmsweise auch in stehen-
dem und selbst warmem, im Nothfall auch dreimalige Uebergießung
des Hauptes nait Wasser. Täufer und Täufling (dieser 1 — 2 Tage),
wo möglich noch andere Gemeindeglieder sollen vor der Taufe
fasten (c. 7).
2. Fasten am Mittwoch und Freitag, Beten dreimal am Tage,
insbesondere Anwendung des Vaterunsers (c. 8).
3. Eucharistie: a) Dankgebet für den Kelch ; b) Dankgebet
für das Brod; c) Beschränkung der Theilnahme an diesem Mahle
auf die Getauften (c. 9). d) Nach der Sättigung ^) neues Dank-
und Bittgebet, e) Im Gegensatz zu den vorstehenden liturgischen
Formularen soll den Propheten gestattet sein, „dankzusagen soviel
sie wollen" (c. 10).
HL Theil c. 11—16. [Gleichfalls an die Gemeinde: über
Propheten, Apostel, Lehrer^ Bischöfe und Diakonen].
1. Ohne auf die Unterschiede zwischen den verschiedenen Arten
lehrender Persönlichkeiten einzugehen wird der allgemeine Grund-
satz aufgestellt : Wer als Lehrer auftritt und alles in Theil I und
II Enthaltene ^) lehrt, soll aufgenommen, und wenn er zur Förde-
rung von Gerechtigkeit und Erkenntnis etwas beizutragen versteht.
1) Hierüber und über den Inhalt der Gebete s. weiter unten.
2) Das ravra navta ia nQoBiqrifikvtt c. 1 1 cf. c. 7 in. wird nicht nur
auf den IL Theil, sondern vor allem auch auf den I. Theil zu beziehen
sein.
Die Lehre der zwölf Apostel. 291
wie der Herr selbst aufgenommen werden. Der in entgegensetztem
Sinn Lehrende soll nicht angehört werden (c. 11 bis p. 41 Zeile 4).
2. Gegen Apostel und Propheten soll man sich nach dem
Gebot des Evangeliums verhalten, a) Die Apostel (Wander-
prediger) sollen einen oder zwei Tage Gastfreundschaft genießen
und Wegzehrung für die Wanderung bis zum nächsten Nacht-
quartier empfangen ^J. Ein längeres Bleiben oder Fordern von
Geld würde sie als Pseudopropheten charakterisiren. — b) Den
Propheten soll man nicht ohne triftigen Grund auf die Probe
stellen oder kritisiren. Zeigt er sich aber bei der Ausübung seiner
prophetischen Gabe genußsüchtig oder gewinnsüchtige oder lebt er
nicht seiner Lehre gemäß, so gilt er als Pseudoprophet (c. 11). —
c) Anhangsweise werden in Bezug auf alle zuwandernden
Christen Bestimmungen getroffen : Für zwei oder drei Tage sollen
sie Gastfreundschaft genießen; wenn sie sich niederlassen wollen,
zur Betreibung eines Gewerbes angehalten; oder, wenn sie ein
solches nicht verstehen, sonst angemessen beschäftigt werden. Kein
Christ darf müßig leben (c. 12). — d) Von jedem Propheten,
der sich in der Gemeinde niederlassen will, gilt die Re-
gel, daß er seines Lebensunterhaltes werth sei. Ebenso von jedem
wahrhaftigen Lehrer. Für den Unterhalt dieser Propheten (und
Lehrer) sollen die Christen dadurch sorgen, daß sie ihnen als den
nentestamentlichen Hohenpriestern die Erstlinge geben vom Wein*
und Ackerbau, von der Viehzucht, von jedem einzelnen Gastmahl,
das man veranstaltet *), vom einzelnen Oel- oder Weinkrug, den
man anbricht, von Geld, Kleidern und allem Besitz. Dies alles
„nach dem Gebot^, aber in Bezug auf die Quantität nach Gut-
dünken. Hat man keinen Propheten, so kommen diese Abgaben
den Armen zu (c. 13).
3. An jedem Sonntag soll in der Gemeindeversammlung die
Eucharistie gefeiert werden, verbunden mit Sündenbekenntnis und
Versöhnung der Entzweiten, damit das neutestamentliche Opfer
rein sei (c. 14).
4. Zu Bischöfen und Diakonen sollen die Gemeinden
1) Es ist dies das neutestamentliche ngonkfinsiv 3 Jo. 6 f.; Tit. 3, 13 f.
2) lav airlap {ausCav) noi^s wird wohl nichts Anderes bedeuten cf.
auch aCrriaig. Es ist dasselbe wie ^oxn Luc. 14, 13; const. apost. II, 28 ;
Pseudoignatins ad Smyrn. 8 extr. Clemens io seiner Polemik gegen
misbräuchlich so genannte ayanat paed. 11, 4 sagt: ^unvaqia xaX
ttQtüxa itiil f^ox^tg . . . ras roiavtag ^k iattdcetg 6 xvQtog ayanag ov
xixXrixsv.
19*
292 Beilage V.
fromme, tugendhafte und bewährte Männer wählen ; denn diese Be-
amten leisten der Gemeinde denselben gemeinnützigen und heiligen
Dienst wie die Propheten und Lehrer, und sollen daher auch ebenso
wie jene dadurch geehrt werden, daß man für ihren Unterhalt
sorgt (c. 15 erste Hälfte).
5. Die Sittenzucht soll mit Sanftmuth geübt, aber der,
welcher sich am Bruder versündigt, vom Verkehr ausgeschlossen
werden. Für dies wie für die Gebete, die Armenpflege, und alles
übrige Handeln besitzen die Christen im Evangelium die nöthige
Norm (c. 15 zweite Hälfte).
6. Schlußermahnüng unter Hinweis auf die Wiederkunft
des Herrn und ihre Vorzeichen hauptsächlich nach Matt. 24 (c. 16).
V. Ueber die Abfassungszeit einer christlichen Schrift, welche
Clemens als heilige Schrift citirt hat, ein subjektiv befriedigendes
Urtheil zu gewinnen, ist nicht eben schwer für den, welcher über
die übrigen christlichen Schriften aus der Zeit vor Clemens ein
sicheres Urtheil zu besitzen meint. Um so schwerer ist es, ein
bestimmtes Urtheil über den neuen Fund heutzutage zur Anerkenn-
ung zu bringen, und zwar nicht bloß darum, weil über die meisten
Schriften, in deren Reihe die Stelle für das neue Glied zu bestim-
men ist, die allerverschiedensten Meinungen für erlaubt gelten, sondern
namentlich auch darum, weil Viele, die auf die öffentliche Meinung in
diesen Dingen einwirken, eingestandener Maßen über allerwichtigste
Schriften dieser Zeit, welche seit 17 — 18 Jahrhunderten studirt werden
konnten, gar kein bestimmtes, ihnen selbst feststehend es Urtheil haben.
Dazu kommt dann weiter und hängt damit zusammen die bunteste
Mannigfaltigkeit der Anschauungen von der Entwicklung der kirch-
lichen Zustände bis zum Ausgang des zweiten Jahrhunderts. Die
Geschichte des altkirchlichen Cultus ist noch nicht geschrieben;
und eine Geschichte der Kirchenverfassung der bezeichneten Periode
scheint noch in sehr weitem Felde zu liegen, wenn man die Apho-
rismen ansieht, welche während des letzten Jahrzehnts wieder hier-
über veröffentlicht sind. Selbst bei Schriften, welche eine genaue und
starke Tradition für ihre Entstehungszeit aufzuweisen haben, pflegt
man sich sehr ungenirt in dem fehlerhaften Cirkel zu drehen, indem
man zuerst die Entstehungszeit der Schriften nach der angeblich be-
kannten Entwicklung der Verhältnisse beurtheilt^ und dann wieder
diese Entwicklung nach seinem Urtheil über einzelne Schriften be-
schreibt. Sehr übel kommt daher jeder Versuch zu stehen, die
Entstehungszeit einer Schrift zu bestimmen, von welcher wir durch
die Tradition nur wissen, daß sie älter ist als Clemens von Alexan-
drien. Was die für diese Untersuchung zunächst in Betracht
Die Lehre der zwölf Apostel. 293
kommenden Schriften anlangt^ so kann ich hier nur constatiren,
daß mir und einigen Anderen die Abfassung des 1. Korintherbriefs
des Clemens um 96^ des Hirten des Hermas ^) um 97 — 100, der
Iguatiusbriefe um 110 feststeht, und die Abfassung des Barnabas-
briefs um 120 — 125 überwiegend wahrscheinlich ist.
VI. In Doctr. c. 9/10 cf. c. 14 sind uns Bruchstücke einer
Abendmahlsliturgie erhalten, welche, abgesehen von den neutesta-
mentlichen Andeutungen, älter sind als alles bisher Vorhandene.
Sie werden den Liturgikern reichen Stoff zum Studium, vielleicht
auch zu Streitverhandlungen bieten. Es sei einem Laien auf diesem
Gebiete gestattet, einige Fragen anzuregen, was am wirksamsten
dadurch zu geschehen pflegt, daß der, welcher sie aufwirft, sofort
eine bestimmte Antwort zu geben wagt.
Was heißt fiera to i(A7tlfi(rd'^pai c. 10 in.? Der Bearbeiter
dieses Stücks in const. apost. Vif, 26 paraphrasirt fjbctcc 6e t^p
(AetaXfiipiP^ versteht also hierunter den Empfang des Sakraments ^),
und Bryennios zu der Stelle und proll. p. 91 hat sich bei dieser
Erklärung beruhigt. Darnach enthielte c. 9 Gebete vor der Com-
munion, c. 10 Gebete nach der Communion, und dazwischen fiele
Spendung und Empfang des Sakraments. Nach const. apost. VH, 26
ist dies zweifellos der Hergang. Aber beruht diese Auffassung
und Darstellung nicht auf einem Misverständnis ? Meine Gründe
sind folgende: 1) iiATtX'qtTd'rivai wäre ein höchst sonderbarer Aus-
druck für den Empfang des Sakraments. Es bezeichnet doch sehr
kräftig die leibliche Sättigung ^), kann dann selbstverständlich auch
bildlicher Ausdruck für eine rein geistliche Erquickung sein *).
Hier aber handelt sich's um ein Essen von Brod und Trinken von
Wein und darnach ist das iybnXtitrd'rvai von Befriedigung des
Hungers und Durstes zu verstehen. — 2) Den Schluß desjenigen
Gebetes, welches nach der von mir beanstandeten Auffassung eine
Danksagung für das empfangene Sakrament sein soll, bildet die
1) Außer auf mein Buch über den Hirten (1868) beziehe ich mich
auf die Nachträge im Ignatias (1873) S. 616—621 und auf die gegen
Hamack, Behm u. A. gerichteten ausführlichen Erörterungen GÖtt. gel.
Anz. 187S Stück 2. Als im wesentlichen zustimmende Urtheile von Ge-
wicht darf ich anführen diejenigen von Caspari, Quellen zu Gesch. des
Taufsymbols III, 298 ; von Bonwetsch, Gesch. des Montanismus S. 200 —210 ;
von Salmon, Dictionary of Christ, biography II, 912—921.
2) Just apol. I, 67 i) didSoaig xal ?j fxeTaXrnpis dno töüv svxfXQiartj-
d^ivTOiV axdar(p yCvBrai,
3) Jo. 6, 12; Luc. 1, 53; 6, 25; Act. 14, 17.
4) Rom. 15, 24; Clem. paed. II, 9 (D. I, 219, 24).
294 Beilage V.
Einladung an den^ welcher heilig ist, zu kommen, und die Mahnung
an den, welcher es nicht ist, Buße zu thun^). Wohin soll jener
kommen^ wenn er das Sakrament schon empfangen hat? Was soll
überhaupt die Einladung; wenn sie nicht bedeutet, daß der, welcher
reines Gewissens ist^ nun zum Empfang des Sakraments heran<
treten soll? Ist ferner das (Aerayoehta ebenso wie das iqxitr&m
eine ernstliche, sofort zu erfüllende Forderung, so kann es doch
nur entweder eine warnende Abweisung des unwürdig zum Sakra-
ment Kommenden sein, oder, was weniger wahrscheinlich ist, eine
Aufforderung jetzt noch im letzten Augenblick seine Sünde zu be-
kennen ^) und dann erst zu kommen. Beides aber hat selbstver-
ständlich nur vor dem Empfang des Sakraments einen Sinn. — 3) Das
dieser doppelten Aufforderung vorangehende „Hosianna dem Sohne
Davids^ geht nach aller liturgischen Tradition der Anstheilung des
Sakraments voran, und zwar ursprünglich ohne Frage unmittel-
bar voran ')• Es ist eine Begrüßung des im Sakrament zu seiner
Gemeinde kommenden Christus von Seiten der ihm entgegenkom-
menden Gemeinde. In diesem Zusammenhang kann dann auch das
unmittelbar folgende Maranatha nur den Sinn haben: „Der Herr
kommt im Sakrament''^ oder „er ist gekommen, jetzt ist er da^)^.
Dies oder Aehnliches findet sich nun meines Wisssens in keiner
1) Die in allen ihren Tbeilen sogleich zu erwägenden Sclußsätze
c. 10: (oaavvä T(ß vltß (die Hs. ^f^) Jaßid\ et ris aytog iaxiv, ^Qx^ff^ot'
€l Tf$ ovx lern, fieiavoiCjoi, fiagavad-ä, dfiiiv,
2) Auch c. 14 wird Bekenntnis der Sünde als ein mit der Feier der
Eucharistie verbundenes ihr unmittelbar vorangebendes Thun gefordert.
Lehrreich ist dem. str. I, 5: y xal rffv evxaQiarlav tivkg &iav€ifiavTsg
(og tid-og avToy ^tj 'ixaaxoy toxi Xaov Xaßelv ttjv fxoiQUV knnQknovOiy*
aQCarri yuQ ngog Trjv axQtßrj atgeaiv re xal (fvyijv ij avveCSrjfng.
3) So const. apost. VIII, 12 ed. Lagarde p. 259, 17. In const. apost.
II, 57 p. 87, 27 steht an derselben Stelle aöüaov (f^ t6v laoy aov^ was nur
Uebersetzung des Hosianna ist s. oben-S. 52. In der sogen. Liturgie des
Jakobus (Daniel, God liturg. IV, 128) und in derjenigen des Cbrysosto-
mas (Daniel IV, 369) steht unmittelbar vor der Distribution das mit dem
Hosianna zusammengehörige tvXoyri/jiivog 6 ig/ofÄCvog iv ovofiari xvqCov.
Gf. auch die Stellung des eigentlichen Hosianna in den Liturgien des
Jakobus und des Basilius (Daniel IV, 109.427) und^für die alten lateini-
schen Liturgien die comparative Zusammenstellung bei Daniel IV, 80. 81.
4) Dem widerspricht es natürlich nicht, daß kurz vorher an das zu-
künftige Königreich und an das Verschwinden dieser Welt erinnert wor-
den ist. Nach altkircblicher Anschauung, wie sie von Jo. 6 an, beson-
ders bei Ignatius und Irenäus sich nachweisen läßt, hat das Abendmahl
nächste Beziehungen zur zukünftigen Welt der Verklärung.
Die Lehre der zwölf Apostel. 295
alten Liturgie als Bestandtheil der Postcommunion. — 4) Das
Dank- nnd Bittgebet in c. 10 enthält aueh sonst keine Anzeichen
davon; daß es Danksagung für das empfangene Sakrament sein
soll. Für das Geschenk der geistlichen Speise und des geistlichen
Tranks und des ewigen Lebens wird nur in demselben Sinne ge-
dankt; wie für das Geschenk der leiblichen Nahrung. Wie Gott
diese der Menschheit durch die Schöpfung geschenkt hat, so jene
der Christenheit durch die Stiftung des Abendmahls. Die Ver-
bindung dieser beiden Gegenstände der Danksagung und über-
haupt die Erwähnung der Gaben der natürlichen Schöpfung in den
Abendmahlsgebeten erkennt' man mehr oder weniger deutlich aus
allen ältesten Nachrichten ^). Diese eucharistischen Gebete gehen
aber der Austheilung des Sakraments voran sowohl nach Justinus
(apol. I; 66. 67); als nach dem PfafiTschen Fragment unter dem
falschen Namen des Irenaens (Harvey II, 502). Auch das in Doctr.
c. 10 hinzutretende Gebet für die gesammte Kirche ((jbP^<T9'i^&,
xvQiC, TtrX.) gehört nach aller mir bekannten liturgischen Tradition
vor die Communion. Aus diesen Gründen ergibt sich, daß Doctr. 10
die der Austheilung des Sakraments unmittelbar vorangehenden
liturgischen Formeln enthält.
Das Mis Verständnis des Verfassers vom Const. VII ist leicht
begreiflich. Jene Anweisung am Schluß von Doctr. c. 9, daß nur
Getaufte an der Feier des Eucharistie Theil nehmen sollen, und
das damit verbundene Wort Jesu: „Gebt nicht das Heilige den
Hunden" erinnerte den Schriftseller des vorgerückten 4. Jahrhun-
derts an die liturgische Formel tä äy$a roig ayloig, welche zu
seiner Zeit der Austheilung unmittelbar voranzugehen pflegte ^ ).
Wenn nun hierauf die Worte folgten iksvä de zö i(Anlfi(Td^vcci,
so schien das nur heißen zu können: „nachdem inzwischen die
Abendmahlsgäste durch das Sakrament gespeist worden." Der
Bearbeiter bedachte nur nicht, daß die Abweisung der Unheiligen
am Ende von Doctr. 10 wiederkehrt und genauer angesehen erst
hier sich findet. Denn nur hier handelt es sich wie bei dem %ä
&y$a To7g äyCoig der späteren Liturgien um unwürdige Gemeinde-
1) Just apol. I, 13; dial. 41; Iren. IV, 17, 5; 18, 4 und 6 Massuet
p. 249. 251 ; fragm. gr. 36 flarvey 11, 502. Besonders dies PfaflPsche Frag-
ment, dessen Verfasser sich als einen Kenner der Doctr. erwiesen hat und
wahrscheiDlich wie diese der alexandrinischen Kirche angehört (oben
S. 280 f.)f verdient genau verglichen zu werden.
2) Gf. die Liturgien des Jakobus und Basilius (Daniel lY, 1?5. 437)
undHammond, ancientlit. ofAntiocb. (Oxford 1875) p. 17 mit den Belegen
aus Chrysostomus.
296 Beilage V.
glieder, welche uoch im letzten Augenblick gewarnt werden sollen.
Und nur hier findet eich ein Aeqnivalent der späteren liturgischen
Formel als Bestandtheil der alten Liturgie, dagegen in Doctr. e. 9
nur eine lehrhafte Zwischenbemerkung des Verfassers zur Begrün-
dung der Regel, daß nur Getaufte au der ganzen eucharistischen
Feier Theil nehmen sollen.
Aber wie ist nun das fjberä rb iiAnlijad'^pai zu verstehen,
nachdem sich gezeigt hat, daß die hiedurch eingeleiteten liturgischen
Formeln der Spendung des Sakraments nicht folgen, sondern un-
mittelbar vorangehn? Es folgt eben hieraus, daß der Spendung
des Sakraments eine' Mahlzeit voranging, bei welcher man sich
satt aß ^), das ist die sogenannte Agape. Diese Mahlzeit selbst
wird ebensowenig beschrieben wie die ihr folgende Communion^ aber
von der Agape wird doch wenigstens das Ergebnis genannt und das
zeitliche Verhältnis der eucharistischen Gebete zu derselben ange-
geben. Die Gebete in Doctr. c, 10 bilden den Uebergang von der
Agape zum eigentlichen Sakrament. Man wird vielleicht entgegnen,
daß dann die auf Kelch und Brod bezüglichen Gebete in c. 9
sonderbar vorangestellt seien. Aber es ergibt sich eben ans dem
Gesagten sofort, daß die Gebete in c. 9 nicht unmittelbar zum
Sakrament gehören. Sie passen auch inhaltlich nicht dazu. Erst-
lich entspricht ihnen meines Wissens nichts in den ältesten litur-
gischen Traditionen von Justinus an. Zweitens wird hier der
Kelch zuerst, dann erst das gebrochene oder zu brechende Brod
genannt. Ist es denkbar, daß man in kirchlichen Kreisen, wo
das Matthäusevangelium und der 1. Korintherbrief in Ansehn stau-
den *^), im Widerspruch mit diesen und allen neutestamentlichen
Urkunden und abweichend von aller uns bekannten Tradition bei
der Abendmahlsfeier selbst den Kelch vor dem Brod gesegnet und
dargereicht hätte? Dazu kommt, daß die Doctr. selbst in den der
Sakramentsfeier unmittelbar vorangehenden Gebeten fc. 10) zwei-
mal zuerst die Speise und dann den Trank nennt, also in diesem
Punct mit aller sonstigen Tradition übereinstimmt.'^ Also gehören
1) Es ist hiebe! selbstverständlich als Regel vorausgesetzt, daß die
von Paulus 1 Cor. II, 20 f. 33 f. gerügten üebelstände vermieden werden.
2) In Bezug auf die Doctr. wird dies von Niemand bezweifelt wer-
den. Im Stellen register des Bryennios p. 57 vermisse ich 1 Cor. 16,
22 = Doctr. c. 10 p. 38 fj,ccQttva&d, vielleicht ist auch zu c. 10 p. 37
(TtvevfÄttTixrjv TQoifrfV xal noTov) an 1 Cor. 10, 3 f. zu erinnern.
3) Matth. 26, 26 f.; 1 Cor. 11, 24 f. cf. Mr. 14, 22 f ; Luc. 22, 19 f.;
Just, apost. I, 66; dial. 70.
Die Lehre der zwölf Apostel. 297
auch die Gebete in c. 9 nicht zur Abendmahlsfeier selbst, sondern
beziehen sich auf die vorangehende Agape und leiten diese ein *).
Sucht man für diese liturgischen Formen im N. T. eine Anknüpfung,
so bietet sich jener Kelch, welchen Jesus nach Luc. 22, 17 f. vor
der Abendmahlsstiftung gereicht hat. Es wird auch nicht zufällig
sein, daß Jesus in Bezug auf diesen Kelch vor dem Abendmahl
vom „Gewächs des Weinstocks" und „vom Kommen seines Keiches"
geredet hat (Luc. 22, 18), und daß die Doctr. eben hier zuerst
von „dem heiligen Weinstock Davids*' (p. 35) und zum Schluß
von der Sammlung der Christenheit in Gottes Reich (p. 36) spricht.
Dem Paschamahl, welches Jesus mit seinen Jüngern zu halten ein
Verlangen getragen hatte, und in dessen Verlauf er das Mahl des
neuen Bundes stiftete, entspricht die Agape, welche in der eigent-
lichen Abendmahlsfeier gipfelte und dieser regelmäßig voranging.
Auch die Zwischenbemerkung c. 9 extr. ist nun nicht mehr stö-
rend. Der ganze Abschnitt c. 9. 10 handelt negl tfjg evxctqKT-
riag, und dies Wort ist noch in lebendigem Gefühl für seinem
ursprünglichen Sinn gebraucht. Der Abschnitt beschreibt nämlich
nicht die Handlung oder die Handlungen, welche übertragener
Weise evxaqitrxla genannt worden sind, sondern er gibt die bei
dieser Gelegenheit zu sprechenden „Danksagungen." Wie nun an
das zweite Stück dieses Abschnitts eine Bemerkung über die litur-
gische Ungebundenheit der Propheten sich anschließt (c. 10 p. 39),
so steht am Schluß des ersten Stücks eine Bemerkung über die
Personen, welche allein an der Feier Theil nehmen sollen (c. 9
p. 36). Der Ausschluß der Ungetauften bezieht sich nach der
Stelle, welche diese Bemerkung gefunden hat, nicht auf die Abend-
mahlsfeier für sich, sondern auf diese mit Einschluß der voran-
gehenden Agape. Es versteht sich ja auch von selbst, daß da,
wo das Abendmahl regelmäßig mit einer Agape verbunden war,
zu dieser nur zugelassen werden konnte, wer auch zu jenem be-
rechtigt war. Man wende nicht ein, daß hier c. 9 extr. das, wovon
die Nichtgetauften ausgeschlossen werden, ^ evxaqi<Ttia Vfiäp
heiße, und daß dies Wort hier nicht im Sinne von Danksagung,
sondern im Sinne von Abendmahlsfeier oder gar von Abendmahls-
brod 2) und -wein gefaßt werden müsse, somit auch nicht die
Agape mitumfassen könne. Aber diese Unterscheidung wäre eine
1) Man darf daraas nicht schließen, daß der Kelch und das Brod,
worauf sich die bei der Agape gesprochenen Gebete beziehen, äußerlich
verschieden gewesen wären von Kelch und Brod der nachfolgenden
Abendmahlsfeier.
2) Ignatius ad Smyrn. 8, 1; Pbilad. 4; Just. apol. I, 66.
298 Beilage V.
anachronistische Fiction ; es hieße einen Sprachgebrauch ^ welcher
sich erst nach der Trennung von Agape und Abendmahl ausprägen
konnte, für die dieser Trennung vorangehende Periode fordern.
Wie Ignatius Agape und Abendmahl unter dem einen Wort äjrünvj
befaßt*), so die Doctr. beides unter dem einen Wort «tJ/ageor/a.
So auch in c. 14, woraus wir erfahren, daß die in das Abend-
mahlsopfer auslaufende eucharistische Versammlung an jedem Sonntag
stattfinden sollte.
Es stellt sich uns hier dasselbe Stadium in der Entwicklung
des Gottesdienstes vor Augen, wie in dem berühmten Brief des
Plinius an Trajan und in den Briefen des Ignatius, ein Stadium,
welches zur Zeit Justin's des Märtyrers nicht in dieser oder jener
Gemeinde, sondern wie es scheint allgemein überschritten war und
jener späteren Einrichtung Platz gemacht hatte, daß das Abendmahl
von der Agape getrennt und in den morgendlichen Hauptgottes-
dienst verlegt wurde ^). Die Doctr, ist älter als die Schriften
Justin's, sie ist vor der Mitte des 2. Jahrhunderts geschrieben. Das
ergibt sich auch aus dem dritten Theil der Schrift.
VIT. Unter den in der Gemeinde hervorragenden Persönlich-
keiten nehmen nach der Doctr. unverkennbar die Propheten
die erste Stelle ein. Sie werden das eine Mal mit Aposteln zu-
sammengestellt (c. 11 p.4:l), anderwärts mit Lehrern (c. 13 p. 47 ; c. 15
p. 51) : aber von beiden werden sie doch deutlich unterschieden. Unter
aTiOtTToXoi versteht der Verfasser wandernde Evangelisten. Wenn
man jedem zuwandernden Christen 2 oder höchstens 3 Tage Gast-
freundschaft gewähren soll (c. 12 p. 46), den Aposteln aber nur 1 Tag
oder höchstens zwei *) ; und wenn bei diesen gar nicht, wie bei anderen
1) Ignatitts ad Rom. 7, 3; Smyrn. 7, 1; 8, 2 cf. meinen Ignatias
V. Ant. S. 341—354; 587 Nr. 6 und meine Anmerkungen zu Ign. et Pol.
epist. p. 89 sqq. In Bezug auf den Sprachgebrauch besteht zwischen
Ignatius und Doctr. der Unterschied , daß Ignatius neben dydnri auch
€v)^aQtajta, die Doctr. aber neben letzterem nicht auch ersteres gebraucht.
Sie stimmen femer überein im Gebrauch des alterthümlichen „Brod-
brechens ** Doctr. 14 xXdaate «qtov, c 9 p. 35 u. 36 xlatSfia cf. meine
Zusammenstellung Acta Joannis, Einleitung p. GL n. 4.
2) Cf. meine Ausführungen im Ignatius 8.351.586; Ignatii et Polyc.
epist. proll. p. X n. p. 90. 91. Acta Joannis, proll. p. CLL
3) c. 11p. 41 gibt Bryennios nach derHs. ov fievtt 6k rifii^av fiCatf
idv 6k y XQ^^'^i ^"^ ^V^ ällriv. Nach c. 12 p. 46 läge es nahe, wie auch
schon geschehen ist, vor r^fiiQav ein ü fi^ durch Conjectur zu ergänzen.
Aber man sollte dann wie dort Voranstellung des in diesem Falle betonten
Zahlworts erwarten. Auch der zweite Satz mit iecv sieht nicht darnach
Die Lehre der zwölf Apostel. 299
Christen und auch z. B. bei den Propheten, der Fall ins Auge
gefaßt wird, daß sie sich dauernd in einer Gemeide niederlassen
wollen, der sie bisher nicht angehörten (c. 12 p. 46; c. 13 p. 47),
so erkennt man daraus, daß es zum Begriff des dnotTtoXog gehört,
ein beständiges Wanderleben zu führen. Wenn ein Solcher an
Orten, wo bereits eine christliche Gemeinde vorhanden ist ^), feste
Station machen oder deren Gastfreundschaft auch nur für 3 Tage
in Anspruch' nehmen wollte, hätte er nicht nur aufgehört ein Apostel
zu sein oder das Hecht verloren, sich so zu nennen und behandeln
zu lassen, sondern hätte damit bewiesen, daß er ein Pseudoprophet
sei. Es scheint hier ein aus der Erfahrung geschöpftes Mistrauen
gegen die Missionare zum Ausdruck zu kommen. Jener Diotrephes
(3 Joh. 9. 10) würde es wahrscheinlich deutlicher ausgesprochen
haben, wenn wir ihn hätten reden hören können. Für die Apostel
der eigentlich apostolischen Zeit wären die Schranken viel zu enge
gewesen, welche die Doctr. den Aposteln ihrer Zeit im Verhältnis
zu den bestehenden Gemeinden zieht; und ein Mann wie Justin,
welcher gar manchmal den Ort gewechselt und als peripatetischer
Lehrer Juden und Heiden zu bekehren gesucht hat, fällt schon
nicht mehr unter diesen Begriff der Apostel. Dagegen wird man
außer an 3 Joh. 5 — 8 vor allem an jenes auf die Zeit Trajan's
bezügliche, zwischen die Berichte über Ignatius (h. e. 111, 35) und
über Papias (HI, 39) gestellte Kapitel des Eusebius erinnert,
welchem der Kirchenbistoriker selbst die üeberschrift gegeben hat :
TißQi Tcop eicrhi %6t€ dianqanovTUiv evayyshtnäp. Damit will
Eusebius sagen: Bald darauf hörte dies auf. Vielleicht hatte er
Kecht damit.
Was das Verhältnis zur Ortsgemeinde betrifft, so bilden den
äussersten Gegensatz zu den änotTvoXoi die diödtrxaXoi. Der
Fall, daß ein „Lehrer" von außen komme, wird gar nicht gesetzt;
und nicht von der Pflicht der Gastfreundschaft gegen sie wird ge-
aos, als ob ein negativer Satz vorangegangen wäre. Vielleicht ist also
nur die Accentuation und Interpunction zu ändern und zu schreiben
ou lAivil (oder fiivH) 6i, rifikQav {jiCav. „Wo er einkehrt, thue er es für
einen Tag, wenns aber nöthig ist, auch noch für den folgenden Tag". —
Es will übrigens bei allen diesen Stellen bedacht sein, daß-^/yei)' {jingd
tiyif TiQog Tiva oder absolut) nicht einfach „wohnen** heißt, sondern „lo-
giren, als Gast sich aufhalten." Daneben bezeichnet die Doctr. die dauernde
Niederlassung durch xK^Cacci, denn so oder allenfalls xaS^ija^ai muß
doch geschrieben werden, wo Bryennios xaS-rjatti gibt p. 46. 47.
1) Diese Einschränkung ergibt sich von selbst daraus, daß die Doctr,
an Christen gerichtet ist.
300 Beilage V.
redet, sondern einfach gesagt: Der wahrhaftige Lehrer ist ebenso-
gut wie der. Arbeiter seiner Nahrung werth d, b, mit anderen
Worten, die Gemeinde soll ihm als Aequivalent seiner Leistungen
als Lehrer seinen Lebensunterhalt geben. Die Lehrer sind somit
als ortsansässige Gemeindeglieder gedacht *).
In dieser äußerlichen Beziehung nimmt eine mittlere Stellung
zwischen Aposteln und Lehrern der Prophet ein. In Bezug
auf diesen wird der Fall gesetzt, daß er sich in einer Gemeinde
niederlassen will (c. 13 p. 47), und auch der andere Fall, daß es
in einer Gemeinde keinen Propheten gibt (c. 13 p. 48). Hat sich
e'n Prophet in der Gemeinde niedergelassen, so hat die Gemeinde
ihn zn unterhalten, wie die ständigen Lehrer; ja es gilt dies Rechts-
und Pflichtverhältnis für den Propheten in so hervorragendem Maße,
daß da, wo nun die Art der Beschaffung des Unterhalts beschrieben
wird, welchen man den Lehrern wie den Propheten schuldig ist, dem
Wortlaut nach doch nur vom Propheten geredet wird (c. 13).
Die einfachen Lehrer verschwinden hier hinter dem Propheten, ob-
wohl jene nach dem Eingang des Kapitels und nach c. 15 zweifel-
los mitgemeint sind. Auch in c. 11 sollte man nach der allgemeinen
Einleitung über die, welche lehrend auftreten, erwarten, daß neben
den Aposteln und Propheten doch auch diejenigen besonders ge-
nannt würden, welche vom Lehren ihren Namen haben. Aber sie
werden nicht erwähnt. Nur noch einmal c. 15 werden sie beiläufig
mit den Propheten zusammen als solche genannt, welche zum Lohn
ihres der Gemeinde gewidmeten Dienstes geehrt und unterhalten wer-
den sollen. Wir sehen hieraus erstlich, daß die Grenze zwischen den
drei Arten lehrender Persönlichkeiten, insbesondere zwischen Propheten
und Lehrern eine einigermaßen fließende ist ^), zweitens aber auch
1) c. 13 p. 47. Dagegen kann man nicht c. 11 p. 40 sq. anführen;
denn da ist nicht von den SidaaxaXoi im engeren Sinn die Bede, welche
c. 13 als eine besondere Glasse neben den Propheten stehen, sondern es
handelt sich ganz allgemein um alle diejenigen, welche mit irgend welcher
Lehre an die Gemeinde herantreten, und dies wird dann so specialisirt,
daß zunächst von Propheten und Aposteln geredet wird. Auch dürfte
zu beachten sein, daß unmittelbar vorher von den Propheten im Ge-
meindegottesdienst die Rede war c. 10 p. 39. Ebenso allgemein wie
c. 11 in. ist auch c. 4 in von dem geredet, welcher einem das Wort
Gottes sagt (cf. Hobr. 13, 7; Gal. 6, 6). Bedenkt man, daß dort die
Katechumenen angeredet sind, so kann man an die „Apostel'^, aber auch
an die ortsansässigen „Lehrer**, am wenigsten an die Propheten denken.
2) Man denke an Actor. 13, 1, wo man dann auch die «noaroloi
Barnabas und Saulus in nächster Nähe hat, welche vor ihrer Aussendung,
Die Lehre der zwölf Apoatel. 301
daß der Verfasser ein ganz überwiegendes Interesse für diejenigen
Lehrer hat, welche er Propheten nennt. Nur von diesen wird ge-
sagt, daß sie die Hohenpriester der Christen sind (c. 13). Ihnen
allein wird ausdrücklich das Recht gewahrt, im Gottesdienste auch
andere Gebete als die in der Doctr. vorgeschriebenen zu sprechen
(c. 10 extr. ). Ausführlich wird davon gehandelt, woran man den
wahren Propheten im Unterschied vom falschen erkenne, und wie
mau ihm zu begegnen habe (c. 11. 13). Der Prophet unterschei-
det sich von anderen lehrenden Persönlichkeiten nicht durch eine
materielle Besonderheit seiner Aussagen. Wie er ausnahmsweise
als Vorbeter (c. 10 p. 39) fungirt, so lehrt er auch (c. 11 p. 43).
Das Charakteristische des Propheten ist, daß er „im Geist redet",
daher auch vor einer vorschnellen Kritik des Propheten als vor der
Sünde gegen den hl. Geist gewarnt wird (c. 11 p. 42. 43). Er
begleitet gelegentlich die prophetische Rede in der Weise der
„alten Propheten" durch symbolische Handlungen, welche unter
Umständen unerbaulich aussehn. Gott allein ist er dafür vt^rant-
wortlich. Aber der unmittelbar moralischen Kritik der Gemeinde
unterliegt er ebensowohl rücksichtlich seiner prophetischen Rede,
als seines Lebenswandels. Zu diesen c. 11 p. 42 — 44 entwickelten
Grundsätzen darf und muß man hinzunehmen, was vorher p. 40.
41 über die Lehrenden überhaupt gesagt ist, daß sie auch der re-
ligiösen oder dogmatischen Kritik der Gemeinde unterliegen. Aber
es ist doch bezeichnend, daß da, wo recht eigens von den Pro-
pheten gehandelt wird, diese Seite nicht hervortritt, daß die Mög-
lichkeit einer Einmischung fleischlichen Irrthums in die Rede und
Lehre des vom Geist ergriflPenen Propheten nicht ins Auge gefaßt
wird. Allerdings „ist nicht Jeder, der im Geiste redet, ein (wahrer)
Prophet". Aber die Kritik, wodurch hierüber entschieden werden
soll, wird auf das Moralische beschränkt. Das Zutrauen der Doctr.
zu den Propheten ist ofiPenbar sehr groß. Das Ueberraschendste
ist, daß durch die Hand des Propheten nicht selten auch die Armen-
pflege geübt wird. Eine Bemerkung c. 11 p. 45 könnte sich auf
vereinzelte Fälle beziehen, in welchen der Prophet dazu auffordert,
der Armen, oder bestimmter Armen zu gedenken. Aber aus c. 13
sieht man, daß dies etwas sehr gewöhnliches war. Wenn man
dem Propheten Erstlinge von Allem geben, und diese Abgabeu
nur in dem Fall, daß kein Prophet vorhanden ist, unmittelbar den
die sie zu Apostel machte, Propheten und Lehrer der Gemeinde waren. —
Zu beachten ist auch, daß der unechte Apostel Doctr. c. 11 p. 42 nicht
y/tväaTroaroXosi sondern zweimal \lftv6onQo(p^xrig genannt wird.
302 Beilage V.
Armen zuwenden soll; so scheint es fast so, als ob die Armenpflege
in den Gemeinden, wo es einen Propheten gab, regelmäßig in
dessen Hand gelegen habe. Wenn in der weiteren AusfUhrnug
dieser Regel (c. 13 p. 48) der Prophet nicht mehr ausdrücklich
genannt wird, so muü doch er zunächst als Empfönger der Ab-
gaben gemeint sein, darunter auch der Abgaben von Geld und an-
derem Vermögen. Geld aber darf der Prophet nach c. 11 p. 44
für sich nicht fordern, also doch wohl auch nicht annehmen.
Alles dies fließt also durch des Propheten Hand den Armen zu.
Wenn die allerdings vielfach an populärer Ungenauigkeit leidende
Darstellung der Doctr. hier nicht trügt, so thuen die Propheten in
denjenigen Gemeinden, wo es überhaupt solche gibt, das, was die
Apostel nach Act. 6, 2fF. den 7 Männern übertragen hatten, und
was nach den nachapostolischen Urkunden dem Bischof mit seinen
Diakonen obliegt. Obwohl das Charakteristische des Propheten
das „Reden (Lehren, Danksagen) im Geiste" ist, so greift er doch
über in das Gebiet der Gemeindeverwaltung.^)
Vni. Aber es gibt doch auch ständige Aemter der Ge-
meindeverwaltung: das der in£(Txo7roi und das der didxopoi
(c. 15). Wenn es von diesen heißt: vfup yoiq X8itovQyov(T$ xai avvoi
t^y XenovQylccp %&v nqo(pfit6iv xal didatrxaXmv, so darf das nicht
allzu buchstäblich verstanden werden; denn die Bischöfe und Dia-
konen sollen gewählt werden, Prophet aber wird man nicht durch
Wahl, sondern durch Geist, und auch Lehrer vor allem durch per-
sönliches Talent. ^) Es wird also nur ein starker Ausdruck für den
Gedanken vorliegen, daß die Bischöfe einen gleichartigen, ebenso
wichtigen und helligen Dienst an der Gemeinde verrichten. Durch
diese Vergleichung wird erstens begründet {y&q) , daß man zu Bi-
schöfen und Diakonen nur „des Herrn würdige, sanftmüthige, vom
Geiz freie, wahrhaftige und bewährte Männer" wählen solle, und
zweitens wird hieraus gefolgert {ovv)y daß man „sie nicht über-
sehen" soll. Daß letzteres ein kurzer Ausdruck für die Gewährung
des ganzen Lebensunterhaltes ist, wird dadurch evident, daß eben
diese zweite Forderung nochmals durch den Satz begründet wird:
1) Man erinnert sich an Judas und Silas, welche zagleich avSqsg
^yovfisvoi iv Tolg dSsXifolg und 7iQo(ffjrai waren Act. 1 5, 22. 32 cf. Hebr. 13,7,
an Stephanas, den geisterfüllten Prediger, der doch zugleich am Tisch
der milden Gaben angestellt ist, oder an die ähnliche, wenn auch nicht
ebenso gleichzeitige Duplicität in der Tbätigkeit des Philippus.
2) Cf. Barnabas c. 9, 9: oUsv 6 t^v ifjKpvrov ^(oqskv rrjq ^i^^x^g
avTov d-ifXEVog iv ijfilv.
Die Lehre der zwölf Apostel. 303
,idenn sie (die Bischöfe und Diakonen ) sind eure Geehrten sammt
den Propheten und Lehrern^^ Es heißt fjbevä toop, nicht fterä
Tovg. Es wird kein förmlicher Rangunterschied zwischen den bei-
den Gruppen, zwischen den Trägern des Geistes und der Lehre
einerseits und dbn Trägern des Gemeindeamtes andrerseits herge-
stellt; aber es ist doch unverkennbar, daß nach der Doctr. die
Propheten und Lehrer in erster Linie der Ehre werth sind und
thatsächlich in der Gemeinde Ehre genießen, so daß es eine Aus-
zeichnung für die eigentlichen Gemeindebeamten ist, wenn man
von ihnen sagt, sie haben einen wichtigen und heiligen Dienst so-
gut wie jene, und sollen daher geehrt werden wie jene. Man
kann es im Sinne der Doctr. nicht auch umkehren. Die Forderung
der Ehre und der Versorgung für die Propheten und Lehrer wird
selbständig begründet und nirgendwo aus der Analogie mit der
Stellung der Gemeindebeamten hergeleitet. „Sie sind eure Hohen-
priester" (c. 13). „Du sollst dessen, der dir das Wort Gottes
sagt, Tag und Nacht gedenken, sollst ihn ehren wie den Herrn". ^)
Wer durch sein Lehren die Gerechtigkeit und die Erkenntnis
des Herrn fordert^ den soll man „aufnehmen wie den Herrn (c. 11).
Man muß hoch ins kirchliche Alterthum zurückgreifen, um
für diese Ueberordnung der Propheten und Lehrer über die Ge-
meindebeamten Analogien zu finden. Paulus stellt gleich hinter
die Apostel an zweite Stelle die Propheten, an dritte Stelle die
Lehrer j und erst hinter den wunderthätigen Kräften gibt er den
kirchlichen Dienstleistungen und Verwaltun'gsgeschäften, also in
concreto den Diakonen und Bischöfen (oder Presbytern) ihren
Platz. ^) Aber das mag doch in dem Anlaß dieser Aufzählung
begründet sein, daß Paulus die auf unmittelbarer göttlicher Be-
1) c. 4. Das folgende o^iv yag xvgtorrig kaXelrai^ ixet xvgtos iariv
macht Schwierigkeiten. Der Bearbeiter in const. YIIi d ersetzt o&sv
durch onov und versteht: »wo von dem Herrn geredet wird, da ist der
Herr."
2) 1 Cor. 12y 28. Vergleichbar, aber doch anderer Art ist die Auf-
zählung £pb. 4,11. Es werden da zuerst diejenigen genannt, deren Be-
ruf seinem Wesen nach nicht an eine Einzelgemeinde gebunden ist:
Apostel, Propheten, Evangelisten (Apostel zweiten Ranges), sodann die-
jenigen, welche ihren Beruf an der Einzelgemeinde haben: Hirten und
Lehrer. Da die Apostel der Doctr. ganz andere Leute sind, als die
Apostel des N. T.'s, so kann man die Zusammenstellung von Aposteln
und Propheten Doctr. 11 p. 41 nicht mit der zweimaligen Zusammen-
stellung derselben bei Paulus vergleichen. Allenfalls ein äußerlicher
Einfluß der Erinnerung an jene paulinischen Stellen wäre möglich.
304 Beilage V.
rufung und auf wunderbarer Ausstattung beruhenden Berufsarten
und Thätigkeiten voranstellt. Es handelt sich um die. Charismata.
— Aus dem Brief des Clemens an die Korinther sehen wir, daß
um d. J. 96 in Korinth der Antagonismus zwischen individuellem
Talent und Gemeindeamt zu einer förmlichen Revolution gefuhrt
hatte, und daß die römische Gemeinde das letztere gegen ersteres
in Schutz nahm. Dabei fehlt aber jede Andeutung davon, daß die
begabten Männer in Korinth, welche die im Gemeindeamt ergrauten
Presbyter (oder Episkopeu) verdrängen wollten, gerade prophetische
Begabung besaßen, im Geist redeten. Nur Erkenntnis, Fähigkeit,
sie vorzutragen, etwa noch das Talent zur Ehelosigkeit erscheint
als die Grundlage des Anspruchs und Ansehns der Empörer in
Korinth. In Ignatius sehen wir den durchreisenden Bischof zu-
gleich Auch als prophetischen Redner auftreten *). Nur bei Hermas
begegnet uns der im Geist redende Prophet als eine nicht unge-
wöhnliche Erscheinung im Gemeindegottesdienst (mand. XI) ; welches
aber sein Verhältnis zu den Trägern der Gemeindeämter sei, ist
nicht zu erkennen. Man kann höchstens sagen, der Prophet bei
Hermas scheint mit Gemeindeverwaltung, Kirchenzucht u. dergl.
nichts zu schaffen zu haben.
Im Vergleich mit den genannten nachapostolischen Schriften
macht die Doctr. durch ihre Schilderung der Propheten und ihres
üebergewichts über die Träger des Gemeindeamts den Eindruck
höherer Alterthümlichkeit. Daraus folgt aber nicht, daß die Doctr.
älter sei, als der Brief des Clemens, der Hirt des Hermas und die
Briefe des Ignatius. Wie die Organisation der Gemeindeämter zur
Zeit Trajans in den asiatischen Gemeinden auf einer anderen Stufe
angelangt war, als in den europäischen, so kann auch die Bedeu-
tung der Gemeindeämter überhaupt im Verhältnis zu den 'Inhabern
der prophetischen Begabung und des Lehrtalents sich in Alexan-
drien, wo wahrscheinlich die Doctr. geschrieben ist, viel langsamer
entwickelt haben als in Rom und Korinth. Nur soviel ergibt sich
doch wohl mit Sicherheit, daß wir die Abfassungszeit der Doctr.
nicht mit Bryenuios durch die Zahlen 120 — 160, sondern eher
durch 80 — 130 ausdrücken dürfen.
IX. Es fragt sich weiter um die Gemeindeämter selbst. Wel-
ches die Obliegenheiten der Bischöfe und Diakonen seien, wird
nicht gesagt. Was den ersten Lesern selbstverständlich gewesen
sein wird, haben wir aus dürftigen Andeutungen zu erschließen.
Wenn die Gemeinde für den Lebensunterhalt dieser Beamten zu
1) Ignat. ad Philad. VII cf. meinen Ignatius S. 267 ff.
Die Lehre der zwölf Apostel. 305
sorgen hat, (ob S. 302 f.), so sind sie nicht Träger von Ehrenämtern
mit nur gelegentlicher Beschäftigung im Interesse der Gemeinde,
sondern ihre XeiTOVQyta ist ein sie vollauf beschäftigender Lebens-
beruf. Worin er bestanden habe, ist theilweise aus der zweiten
Hälfte von c. 15 zu erkennen ; denn die Stellung dieses Abschnittes
wäre unbegreiflich^ wenn es sich hier nicht um gemeindliches Thun
handelte, fUr welches Bischöfe und Diakonen etwas zu bedeuten
haben. Wenn unmittelbar hinter der einmaligen Erwähnung der
Bischöfe und Diakonen von der Sitten- oder Kirc henzucht
die Rede ist, so wird eben diese vornehmlich den Episkopen ob-
liegen; und es kann nicht zufällig sein, daß die erste der bei der
Wahl von Gemeindebeamten in Betracht zu ziehenden speciellen
Eigenschaften die Sanftmuth ist (p. 51 Z. 2 ävdqaq nqaetg), und
daß die erste Regel in Bezug auf die Sittenzucht lautet iibti iv OQyij
(p. 51 Z. 8). Hiegegen spricht nicht der Umstand, daß die Sit-
tenzucht hier als gegenseitiges Thun innerhalb der Gemeinde be-
zeichnet wird. Im ganzen 11. und III. Theil der Schrift ist die
Gemeinde der Getauften angeredet, ohne daß der Organe gedacht
würde, durch welche die einzelnen Handlungen vollzogen werden
sollen. Es heißt: Taufet, lehret die zu Taufenden (c. 7), dank-
saget so und so (c. 9. 10), brechet das Brot (c. 13) u. s. w.
Es war tiberflüssig zu sagen, daß dies nicht alle Gemeindeglieder
zugleich und nicht ohne Unterschied thun können; und es ist für
uns ebenso selbstverständlich als für die ersten Leser, daß, wo es
überhaupt Amtsträger mit einer leitovqyia an der Gemeinde als
Lebensberuf gibt, eben diese die regelmäßigen Organe des gemeind-
lichen Thuns sein müssen. Nun haben allerdings nicht nur die
Episkopen und Diakonen, sondern auch die Propheten und Lehrer
eine XeiTOVQylcc. Es kann daher in Bezug auf Einzelnes zweifel-
haft sein, welches die Organe des betreffenden gemeindlichen Thuns
waren; und auch ob etwas überhaupt eine Sache der Gemeinde
war. Aber die kurzen Andeutungen in c. 15 ^ bewähren sich an
den sonstigen Angaben des Buchs und an der Natur der Sache.
Das Zweite, was nach der Sittenzucht genannt wird, sind die
Gebete. Die Episkopen (und Diakonen) werden darnach die
regelmäßigen Leiter des Gottesdienstes, die Vorbeter und die Ver-
walter der Sakramente sein. Das bestätigt sich an c. 10. Wenn
nämlich nach Mittheilung der zu Agape und Abendmahl gehörigen
Formeln der Danksagung bemerkt wird: „Den Propheten aber ge-
stattet, dankzusagen soviel (was immer) sie wollen", so folgt, daß
in der Regel Solche, die nicht Propheten sind, die eucharistischen
Gebete u. drgl. sprechen. Denn die voranstehenden Formeln, an
Zahn Forschungen. III. 20
306 Beilage V;
welche die Propheten durchaus nicht gebunden sein sollen ^ welche
also nur für Nichtpropheten bestimmt sind*), sind selbstverständ-
lich nicht für wenige Ausnahmefalle berechnet, sondern sollen regel-
mäßig zur Anwendung kommen. Dann ist also das „Danksagen'' von
Propheten die Ausnahme, als Kegel aber ist vorausgesetzt, daß
andere Personen als die Propheten die Liturgie leiten, und zwar
solche Personen, von welchen sich das in dem Maße von selbst
versteht, daß der Verfasser eine Bemerkung darüber völlig über-
flüssig flndet. Fragt man aber, welche von den in der Doctr. als
hervorragend bezeichneten Personen als die regelmäßigen und selbst-
verständlichen Liturgen oder Vorbeter gemeint sein können, so
bleiben, da die Propheten hier durch den Gegensatz ausdrücklich
ausgeschlossen sind, Lehrer und Apostel aber vermöge ihrer Be-
rufpthätigkeit an sich mit dem Cultus nichts zu schaffen haben, nur
die Episkopen übrig. Das ev^^^icrr^iV; welches ihnen regelmäßig
obliegt, ist zunächst das Aussprechen der Dank- und Bittgebete
bei Agape und Abendmahl, sowie der zum Sakrament einladenden,
respective davon abwehrenden Zurufe an die communicirende Ge-
meinde. Diese liturgischen Worte sind aber von der liturgischen Hand-
lung gar nicht getrennt zu denken. Die Episkopen sind also überhaupt
^Is regelmäßige Verwalter und Spender des Abendmahls und Leiter
der ganzen CultushandluDg anzusehn. Aber sie sollen etwa vor-
handenen Propheten Kaum gewahren^ sollen den Geist nicht dämpfen.
Wenn man einem Propheten gestattet, die liturgischen Gebete beim
Abendmahl zu sprechen , so gestattet man ihm eben damit ^ das
Sakrament zu verwalten; und es versteht sich von selbst, daß die-
jenigen, welchen regelmäßig dies Recht . zusteht, d. h. also, daß die
Episkopen es auch sind; welche ausnahmsweise den Propheten dies
Recht einräumen, auf sie ihre amtliche 01)liegenheit übertragen.
Das inixqinece ist thatsächlich an die Gemeindebeamten gerichtet
zu denken. Das ist nun ein Zustand, fiir welchen Ignatius: grund-
sätzlich noch Raum hat ^), von welchem aber Justinus nichts mehr
zu wissen scheint«
1) Auch für diese werden die vorgeschriebenen Formalare schwer-
lich als schlechthin verbindlich gemeint sein. Es sind eben Vorschriften,
Paradigmata , welche dem gewöhnlichen Liturgen einen Anhalt geben
mochten, dessen der „im Geist redende'^ Prophet nicht bedurfte.
2) Ignat. ad Smyrn. 8, 1: ixsCvri ßeßaCa evxtxQiaUa ijye/cr^oi rj vno
Toy inldxonov ovaa, rj ^ av avxog InixQixptj, Wem nach der Ansicht des
Ignatius der Bischof diese und andere Functionen übertragen kann, weiß
man nicht; was ich gegen meinen Ignatius S. 324 bemerken muß.
Die Lehre der zwölf Apostel. 307
Das dritte Stück neben der Sittenzucht und ^den Gebeten^
sind c. 15 dieAlmolseny also die Armenpflege. Dem entspricht
es zunächst^ daß unter den bßi Wahl der Episkopen und Diakonen
)zu berücksichtigenden Eigenschaften auch die Freiheit von Geldgier
genannt ist. Aber es widerspricht auch liichts der hiedurch ge-
botenen Annahme, daß die Armenpflege in der Regel Sache der
Episkopen und Diakonen war. Es zeigte sich auch in diesem
Punkt ein üebergreifen der Propheten in die Functionen, welche
nach aller sonstigen Tradition den eigentlichen Gemeindebeamten
oblagen (c. 11 u. 13 s. oben S. 301 f.). Wie aber dann, wenn es
keine Propheten in der Gemeinde gab? Gerade in dieser Be-
ziehung wird ja der Fall gesetzt und verordnet: „Wenn ihr aber
keinen Propheten habt, so gebt es den Armen" (c. 13 p. 48).
'Das kann doch nicht heißen sollen, daß in diesem Falle jeder Ein-
eeine nach Belieben einzelnen Armen geben soll ^), mit anderen
Worten, daß es keine gemeindliche Armenpflege gegeben habe.
Aus den Ermahnungen zur Wohlthätigkeit in c. 1 und 4, welche
nicht an die Gemeinde gerichtet sind, sondern in dem Sittenspiegel
ftir die Katechumenen stehen , läßt sich natürlich auch nicht eine
derartige Abweichung von allör uns bekannten Sitte der ältesten
Kirche beweisen. Es wird vielmehr auch hier wie in Bezug auf
die Sakramentsverwaltung und die Sittenzucht als selbstverständlich
vorausgesetzt sein, daß die Gemeinde für alles gemeindliche Thun,
wozu auch Armenpflege gehörte, regelmäßig fungirende Organe
hatte ; und das sind nach dem Zusammenhang von c. 15 die Epis-
kopen und Diakonen. Dabei bleibt es ein Zug von überraschender
Alterthümlichkeit, daß es doch keineswegs als ein seltener Aus-
nahmefall, sondern als etwas Gewöhnliches, nach der Meinung des
Verfassers auch wohl Wünschenswerthes erscheint, daß man die Ver-
fügung über die milden Gaben den Propheten überließ. Traiite
man ihnen als den Geistbegabten eine besondere Fähigkeit zu, die
Würdigen von den Unwürdigen unter den Bedürftigen zu unter-
scheiden ?
Zu den drei genannten Stücken tritt c. 15 p. 52 zum Schluß
noch der unbestimmte Ausdruck xai Ttdffag tag ngd^eig. Es wird
auch hier gemeindliches Handeln gemeint ^) und z. B. an die Uebung
1) Es dürfte der Wechsel von Joicrf i^ — (F6t£ — ^6e (letzteres dreimal)
in c. 13 zu beachten sein. Der Singular wird constant angewandt, wo
es sich um die Gaben an die Propheten handelt, der Plural in der An-
weisimg in Bezug auf die Armen. Für diese sorgt die Gemeinde.
2) Gf. das häufige nQaaanv bei IgnatiasMagn 6, 1^ 7, 1 ; Trall. 7,2;
20*
308 Beilage V.
der kircblicbeo Oastft'enndscfaaft gegen Apostel und andere znreisende
oder durchreisende Christen (c. 11 p. 41. 42; c 12) zu denken
sein. Aber es fehlt uns jeder breitere Anhalt , um genau zu be-
stimmen, wie Tiele der im U. und III. Theil der Gemeinde zur
Pflicht gemachten Thätigkeiten durch die regelmäßigen Gemeinde-
beamten oder unter ihrer Leitung ausgeübt wurden. Nur das Eine
wird noch behauptet werden dürfen: Da es angestellte „Lehrer^
gabf welche nicht mit den Episkopen identisch sind, so wird nicht
den Episkopen, sondern den Lehrern die c. 7 anbefohlene Unter-
weisung der Taufkandidaten obgelegen haben, ohne daß ihnen da-
rum auch die Taufhandluug zugestanden zu haben braucht. Als
regelmäßige Functionen der Episkopen (und Diakonen) hat sich
herausgestellt die Handhabung oder Leitung 1) der Sittenzucht
2) des Gultus (insbesondere der Abendmahlsfeier) 3) der Armen-
pflege. Aber wie auf allen diesen Puncten die leitende Stellung
der Gemeindebeamten sehr wenig hervortritt und gar nicht betont
wird, so zeigte sich besonders im 2. und 3. Punkt ein so bedeut-
sames, wenn nicht regelmäßiges Eingreifen der Propheten, daß das
Bewußtsein von der Wichtigkeit des eigentlichen Gemeindeamtes
nur ein sehr unentwickeltes gewesen sein kann.
Als Gemeindebeamte werden nur inlaxonoi xal dtaxovoi ge-
nannt. Da in der ganzen Schrift niemals auf eine Mehrheit von
Gemeinden Bezug genommen wird, so ist auch nicht zu bezweifeln,
daß es in der Einzelgemeinde eine Mehrheit von Episkopen und
eine Mehrheit von Diakonen gab, sonst aber keine irgend wie mit
diesen vergleichbaren Leiter des Gemeindelebens. Das Gewicht der
Thatsachen, daß im ganzen Buch das Wort nqecßvteQOi nicht vor-
kommt, und daß auch nicht von einem inltnconog in der Einzahl
die Kede ist, kann nicht dadurch abgeschwächt werden, daß nur
an dieser einen Stelle c. 15 von Gemeindebeamten die Rede ist,
oder dadurch, daß der Unterschied von nQecßvtSQOi und inlcxonot
in großen Theilen der Kirche lange ein fließender gewesen zu sein
scheint. Denn wir haben eine Stelle vor uns, in welcher ausdrück-
liche Anweisung darüber gegeben wird, daß Gemeindebeamten, und
was für Leute zu Gemeindebeamten, und zu was für Stellungen
solche gewählt werden sollen. Hätte es daneben noch andere Ge-
meindebeamten gegeben, oder überhaupt Leute, welche mit der
Leitung des Gemeindelebens nach irgend einer Seite (Disciplin,
Gultus, Armenpflege oder drgl.) betraut waren, sei es auch solche,
Smyrn. 8, 1 (da wird das unbestimmte Object genauer «bestimmt rl wv
Die Lehre der zwölf Apostel. 309
die solche Functionen gar nicht durch Wahl übertragen bekommen
hatten ; so konnten sie hier nicht mit Stillschweigen übergangen
werden. Als Verwalter einer regelmäßigen Xeizovqyla an der Ge-
meinde kennt die Doctr. nur Episkopen und Diakonen einerseits^
Propheten und Lehrer andrerseits. Die dreigliedrige Abstufung
des Gemeindeamts, wie sie für die Gemeinden Syriens und Klein-
asiens deutlich zuerst durch die ignatianischen Brief um 110, nach
Anderen um 140 oder noch später bezeugt ist, existirte am Ge-
burtsort der Doctr., wahrscheinlich in Alexandrien^ zur Zeit ihrer
Abfassung noch nicht. Dagegen finden wir bekanntlich dieselben
zwei Gemeindeämter der Episkopen und Diakonen, und zwar ebenso
wie in der Doctr. ohne daß unmittelbar daneben eines dritten Ge-
meindeamtes gedacht würde, auch in Philipp. 1, 1 ; 1 Tim. 3, 1 — 13 ;
Giern. I Cor. 42 ; Herm. vis. IH , 5 , 1 ; sim. IX , 26 , 2 ; 27 , 2.
Wenn nun in diesen Schriften, abgesehen vom Philipperbrief, außer-
dem auch von Gemeindevorstehern unter dem Namen TtQ€(Tßv€€Qoi
die Rede ist ^), so müssen diese mit den inicnonoi identisch sein.
Das ergibt sich erstens gerade daraus, daß die nqsoßvtsqot nicht
in Verbindung mit den enlffxonot xal dtdxovoi d. h. nicht da
genannt werden, wo offenbar die mit der Leitung und dem Dienst
der Gemeinde betrauten Personen vollständig aufgezählt werden.
In ausführlichen Classificationen , wie sie Hermas vis III , sim. IX
gibt, konnten die Presbyter, die er als Vorsteher der Gemeinde
(vis. n, 4, 4), als Inhaber der ersten Sitze (vis. 10,9, 7) bezeichnet,
und als die Seelsorger der Gemeindeglieder beschreibt (vis. III, 9, 10),
unmöglich fehlen. Sie würden aber fehlen, wenn sie nicht mit den
inlffxonoi (vis. III, 5, 1 ; sim. IX, 27, 2) identisch wären. Diese Identität
ergibt sich zweitens daraus, daß in einer Schrift ungefähr derselben
Zeit^) nqetrßvxeqoi und didxopoi als einzige Gemeindebeamte und
zwar mit wesentlich denselben Functionen betraut erscheinen, welche
da, wo nur von enlanoTCOi xal diaxovoi die Rede ist, diesen zuge-
wiesen werden. Die thatsächliche Identität der Episkopen und der
Presbyter ergibt sich aber drittens auch direct aus sehr deutlichen
Stellen. Die Anweisung zur Bestellung von TiQSCßvTSQOi wird
Tit. 1, 5—7 in der Form gegeben, daß die erforderlichen Eigen-
schaften eines inlc^onnq aufgezählt werden. Die ephesinischen
Presbyter vom J. 58 werden i7rC(Txonoi genannt Act. 20, 17. 28.
Um die angefochtene Auctorität der von den Aposteln eingesetzten
1) 1 Tim. 4, 14; 5, 17; Tit. 1, 5; Clem. I Cor. 44, 5 ; 47, 6; 54, 2;
57, 1; Herm. vis. II, 4, 2 u. 4; (vis. 111, 9, 7).
2) Polyc. ad Philipp. 5, 2. 3 cf. 11, 1 nebst meinen Anm. dazu p. 110.
118. 120 und meinen Ignatius S. 297 ff. 323. 535.
310 Beilage V.
alten Presbyter (vorige Seite A. 1) in Korintb zu stützen, beruft
sich Clemens darauf, daß die Apostel Episkopen und Diakonen
eingesetzt haben (I Gor. 42, 4. 5)^ daß dieselben in Voraussicht
künftigen Streites über die en$ffk07ii^ für eine Fortsetzung dieses
Amtes Sorge getragen haben (c. 44, 1); und er nennt das Amt,
welches man den korinthischen Presbytern nehmen wollte oder ge-
nommen hatte, e7ti(Txon^ (c. 44, 4).
Wann die dreigliedrige Organisation des Gemeindeamtes in
denjenigen Tbeilen der Kirche Eingang gefunden hat, welche noch
um 90 — 120 nur eine zweigliedrige hatten, wie die Gemeinden von
Philipp! , Korinth und Rom, wird man nicht auf Jahr und Tag
bestimmen können, und noch weniger wird ein Verständiger das
Jahrzehnt angeben wollen, seit welchem die alexandrinische Kirche,
von deren älterer Geschichte wir nfchts wissen, die zur Zeit des Cle-
mens Alex, vorhandene Aemterordnung besass (oben S. 157 f. A. 3).
Aber soviel darf man doch nach Analogie der Entwicklung in den
europäischen Gemeinden behaupten: eine Schrift, welche von die-
ser dreigliedrigen Hierarchie noch keine Spur zeigt, kann nicht
wohl nach 130 geschrieben sein. Ergibt sich nun auch aus allen
übrigen unter Nr. VI — IX vorgetragenen Beobachtungen^ daß der
geschichtliche Inhalt der Doctr. in eine noch merklich frühere Zeit
weist, so wird die Frage eine brennende, wie sich^ literarisch be-
trachtet, die Doctrina zu anderen nachapostolischen Schriften, insbe-
sondere zum Barnabasbrief und zum Hirten des Hermas verhalte.
X. Unter der Ueberschrift „Quellen der Apostellehre" hat
Bryennios proll. p. 84 — 90 einige Abschnitte aus Barnabas und
Hermas mit Angabe der Parallelstellen der Doctr. abdrucken las-^
sen, dabei aber die Frage gar nicht aufgeworfen, auf welcher Seite
das Original zu ünden sei, sondern ohne weiteres vorausgesetzt,
dass die „apostolischen Väter" die Quellen der Doctr. seien. Nur
die eine Bemerkung, daß die Doctr. Alles, was sie mit jenen ge-
mein hat, in einfacherer Form darbiete (Bryennios proll. p. 84),
zeugt von theilweise richtiger Empfindung. In Bezug auf Barna-
bas wird jede ernsthafte Vergleichung das ürtheil bestätigen, und
der Gedanke liegt nahe, daß das Einfache auch das Ursprüngliche
sei. Wie einfach und bei allem schriftstellerischen Ungeschick doch
durchsichtig der Gedankengang der Doctr. 'sei; wird schon die obige
Skizze (S. 289 flP.) darthun. Vom Barnabasbrief hat Aehnliches wohl
noch Niemand behauptet. Ich gebe eine Uebersicht der Parallelen,
bei welcher die Doctr. zu Grunde gelegt und die Parallelen des
Barnabas nach Seiten und Zeilen der Ausgabe von Gebhardt-Har-
nack angemerkt sind. D ist Doctrina. B = Barnabas.
Die Lehre der zwölf Apostel. 311
D c. 1 p. 3 idol dio — dvo bd&p = B e. 18 p. 72, 11—
13; folgt eine Zuthat über Engel Gottes und Satans.
D c. 1 p. 4 ^ liev ovv — noi^travta = B c. 19 p. 74, 4—7.
D c. 1 p. 4— 8 dsvr^Qoy — ir/y* d<fg fehlt in B ; denn die
Anspielung, welche Bryennios in B c. 19 p, 74, 6 findet,
ist mehr als zweifelhaft.
D c. 2 p. 10 ov ikoixeiiTSig — noQPevtretg = B 74, 14.
D c. 2 p. 11 ov q)Ovav<Taig tixpop — änonrepeig = B 76, 2,
ovn ini&V(ßf^ff€ig — nkfi<r(oy =^ B 76, 4.
avn mtOQxi^aeig = B 74, 18 frei,
D c. 2 p. 12 ov xpevdofA. ov xaxoL fehlt in B.
ov (APfjtrtxaxfjtreig = B 74, 17. .
ovx icff di^Püi^€ap — diyXmffcltt = B 76, 8 u. 15, wenn
nämlich, mit Sinait* und Const. der Zusatz der griechi-
schen Vulg. zu 76, 8 zu streichen ist. Andernfalls
stünde schon hier eine freie Umgestaltung und Z. 15
eine wörtliche Wiederholung.
odx e(nai — nQoi^ei fehlt in B.
ovx eofi Ttleoyixtfig = B 76, 5.
D c. 2 p. 13 ov li^ipfi — nX^ciov <rov = B 74, 12.
ov fii(Tri(retg nivta ävd'qfanop fehlt in B, wenn man
nicht in B 78, 6 slg tikog fAia^ffeig %dy (al. %o) no-
yflQOy das gerade Gegentheil finden will.
äXXä ovg fiey — ngocev^ti fehlt in B;
ovg de dyam^treig — '^vx^y <fov = B 76, 1 verallge-
meinert.
D c. 3 p. 13 — n tixpoy — yeyyäyrai fehlt in B.
D c. 3 p. 17 Itr&t de nQaiig — ijxovtrag = B 74, 16.
ovx iipciaeig aeavtoy = B 74, 11.
ovde — »Qcctrog = B 74, 13.
ov xoXXfiS'iiffetai — ylvetat, = B 76, 5 — 8.
D c. 4 p. 18 sq. tixvoi^ — Xoyoig avTcSy = B 76, 17 — 78, 4.
D c. 4 p. 19 ov no&fjoetg — fjtaxofiiyovg = B 78, 7.
xQiyetg dixaloog = B 78, 6.
ov Xfiipfi — nagantoofiaciy = B 74, 15.
ov di\pvxii<Teig — ^ ov = B 74, 18.
Ikii yipov — avcTtcoy = B 76, 16.
D c. 4 p. 20 d^ä t&y x* — &fiaq%my (Tov = B 78, 3.
ov diotäaeig — ävxanoöoTfig = B 78, 4.
oifx änoGtqotq). %, iydeofieyoy fehlt in B.
D c. 4 p. 21 (rvyxoiyay^(Tetg — d-yi^voig = B 76, 13. 14.
ovx aqeig — q)6ßoy %ov d'eov = B 76, 3. 4.
312 Beilage V.
D e. 4 p. 22 ovxr enna^ag — ^volfiacep = B 76, 9 — 12.
VfAßtg de — voßff = B 76, 9,
(AKr^tretg — xvqIov = B 74, 9 — 11.
^vXä^eig — äg>aiq6iv = B 78, 5. 6.
h ixicUfftrl^ — (p. 23) t^^g = B 78, 7-9.
D c. 5 p. 23 — 25 ^ de %ov &aydtov — nav&aikciq%vi%ot> =
B c. 20 p. 78, 10—80, 4 mit unerheblichen Umstellungen und
Erweiterungen.
D c. 5 extr. c. 6 in. p. 25 ^vad'eiffle — didaaxei fehlt in B.
D c. 6 p. 26 ei fiep yäg — ßacxatrov cf. B c. 19 p. 76, 15
(nur im Gedanken ähnlich : S<Tov dvvaffai ineq Xfig tjwx^g
cov äyvevffeig).
D c. 6 extr. — c. 16 in. p. 26—53 Z. 1 dnö de tov etäm-
Xo&vrov — 6 xvQiog eqxevai fohlt in ß.
D c. 16 p. 53 nvxpßg — vgicSp cf. B c. 4 p. 18, 4, od y^Q
— zeXeim&^Te cf. B c. 4 p. 16, 14 - 16.
Hätte dem Verf. der Doctr. der Barnabas vorgelegen, so hätte
er den Inhalt von dessen c. 18 — 20 in unvergleichlich künstlicher
Weise verarbeitet. Er hätte ihn in 32 oder 33 kleine Stücke zer-
legt und hätte ihn mit Einfligung von 7 eigenen, zum Theil nur
halben Sätzen wieder zu einem Ganzen (Doctr. c. 1 — 6) zusam-
mengesetzt, und hätte außerdem noch einige Sätze aus Barn« c. 4
in seinem c. 16 angebracht. Das in diesem letzten Fall zu beob-
achtende Verfahren, daß nämlich die aus Barnabas herausgeris-
senen Stücke in der Doctr. in umgekehrter Ordnung gestellt sind,
wiederholt sich, wie das Verzeichnis zeigt, sehr häufig. Liest man
aber nach solcher Analyse wieder Doctr. c. 1—6, so erscheint es
undenkbar, dass dieser Abschnitt auf so künstlichem Wege ent-
standen sein sollte. Der erste Eindruck eines einfach geordneten
Gedankengangs kehrt wieder, und daß dies Resultat durch das
oben beschriebene raffinirte Verfahren erzielt worden sein sollte,
erscheint um so unglaublicher, als die ganze Doctr. von einem
Manne praktischen Geistes und geringer literarischer Gewandtheit
geschrieben ist. Dadurch ist auch schon dem Einwand die Spitze
abgebrochen, daß, wenn die Doctr. die Quelle des Barnabas wäre,
Barnabas in ähnlich künstlicher Weise den Abschnitt Doctr. c. 1 — 6
und einige Sätze aus Doctr. 4 verarbeitet haben mlißte. Der Bar-
uabasbrief ist eben nicht in diesen Partien (c. 18—20), sondern
von Anfang bis zu Ende nach Anlage und Stil ein Überaus künst-
liches Schriftstück, das Werk eines unsäglich selbstgefölligen , mit
seiner Gelehrsamkeit und Weisheit prunkenden Schriftstellers. Bar-
nabas hat in einem Maß, wie im Verhältnis zum Umfang seiner
Die Lehre der zwölf Apostel. 313
literarischen Hinterlassenschaft nicht einmal Clemens AI. kanoni-
sche und apokryphe; uns bekannte und unbekannte ^ schriftliche
und mündliche Traditionen verarbeitet. Gerade ihm ist zuzutrauen^
was für den Verfasser der Doctr. eine Unmöglichkeit gewesen wäre.
Ein zweiter Beweis für die Priorität der Doctr. liegt darin ; daß
noch Niemand in Barn. c. 18. 19 einen geordneten, geschweige
denn einfachen Gedankengang hat nachweisen können ^). Die Un-
ordnung wird die Folge davon sein, daß er nicht einfach abschrieb,
oder paraphrasirte , sondern vor allem auch durch andere Grup-
pirung seine Selbständigkeit beweisen wollte. Drittens läßt Barna-
bas selbst merken, daß er mit c. 18 zu einem ihm fremden Stoff
übergeht« Mit c. 17 ist er eigentlich amJßnde, denn er blickt auf
sein vollbrachtes Werk mit der Hoffnung zurück, nichts von den
zum Heil gehörigen Dingen ausgelassen zu haben (c. 17, 1). Man
findet keine Antwort auf die Frage, ob denn die nun folgende Be-
schreibung der beiden Wege des Lichts und der Finsternis nichts
mit dem Seelenheil zu schaffen habe. Den Uebergang zu einem
1) Cf. zuletzt Erawutzki 1. 1. 372—375. Die dort weiter folgende
Hypothese, daß die Schilderung des Lebensweges in den Siarayal Sia
KlrifA. eine mit dem bewußten Streben nach besserer Ordnung vorge-
nommene Umarbeitung der entsprechenden Abschnitte des Barn, sei, war
an sich schon nicht unbedenklich. Auf unsere kunstlose, naive Doctr.
hn Verhältnis zu Barn, ist sie ganz unanwendbar. Die beiden Stellen,
an welchen nach Erawutzki S. 379 ff. 390 f. die Diatagai mit Bewußtsein
die Anstößigkeiten des Barn, geglättet haben sollen, finden sich auch
in Doctr. c. 2 p. 13 ; c. 4 p. 18. Was aber die erste Stelle anlangt, so
ist es durchaus fraglich, ob der Satz des Barn. c. 19 p. 78, 6: „Du
sollst den Bösen (oder das Böse) bis ans Ende hassen^ wirklich eine
Parallele ist zu dem Safz der Doctr. c. 2 „Hassen sollst du keinen Men-
schen**. Merkwürdiger ist die zweite Stelle Doctr. c. 4 p. 18 = Diät. ed.
Lagarde p. 76, 18—22 = Barn. c. 19 p. 76, 17—78, 4. Wenn hier die
Doctr. ermahnt, den Lehrer oder Bekehrer zu „ehren wie den Herrn",
Barn, aber, ihn zu „lieben wie den Augapfel", so mag das ursprünglich
auf einer unabsichtlichen Variante {xvqiop = xoqtiv) beruhen. Wenn
aber Barn, hier schreibt: „Du sollst des Gerichtstages gedenken Tag
und Nacht und an jedem Tage die Angesichter der Heiligen aufsuchen",
statt daß die Doctr. in Bezug auf den Lehrer sagt: „Du sollst seiner
Tag und Nacht gedenken", und dann spater „Du sollst täglich die An-
gesichter der Heiligen aufsuchen", so ist doch wohl offenbar, daß die
Erinnerung an den Gerichtstag in diesem Zusammenhang unpassend ist.
Der Verfasser der Diatagai aber, welchem ja zweifellos sowohl die Doctr.
als Barn, vorlag, hat hier die Doctr. zu Grunde gelegt, und im ganzen
verständig paraphrasirt , zugleich aber das ayanr^ang tog xoQrjv otpS^aX-
fiov aov aus Barn, aufgenommen.
314 Beilage V.
neuen Abschnitt bilden die Worte: „Laßt uns auch noch übergehen
zu einer anderen Erkenntnis und Lehre. Es gibt zwei Wege von
Lehre und Obrigkeit^), den des Lichts und den der Finsternis."
Je ungeschickter und affectirter der zweite Satz, insbesondere die
Wiederholung des Worts didax^ in demselben ist, um so näher
liegt die Vermuthung, daß dem Barn, der Titel seiner Quelle di-
daxfl im Sinne lag, vielleicht auch der Satz Doctr. c. 6 oga (iti
xiq (re nXavi^Cfi ano ravTijg t^g adov %^g didaxfiq. Ferner ist
nicht zu übersehen, daß dem Barn, schon lange vorher, ehe er
die Lehre von den zwei Wegen vorträgt, diese als bekannte Größen
vorschweben. Schon c. 5, 4 stellt er den Weg der Gerechtigkeit
und den Weg der Finsternis einander gegenüber. Von den übri-
gen Stellen, wo Barn, sonst noch des einen oder des anderen We-
ges gedenkt, steht die eine ^) mitten zwischen den beiden oben
S. 312 angeführten Parallelen zu Doctr. 16. Barn, schöpft eben
aus einem Buch, welches an der Beschreibung der beiden Wege
seinen charakteristischen Anfang hatte.
Vielleicht wird der Versuch erneuert werden, die Einheit un-
seres Barnabasbriefs zu bestreiten. Man könnte geneigt sein die
Einheit des Ganzen preiszugeben, um die Priorität eines purificir-
ten Barnabasbriefs vor der Doctr. zu retten. Wäre nämlich Barn,
c. 1^17, worauf die alte lateinische üebersetzung sich beschränkt,
der ganze Brief, so blieben nur die zwei Parallelen zwischen Doctr.
16 und Barn. 4 übrig , welche nicht geeignet sind, die Priorität
der Doctr. zu beweisen. Aber die Gründe für die Integrität des
Barn, bleiben unüberwindlich. Das Zeugnis der griechischen Hbs«,
darunter des Sinaiticus und der Hs, von Konstantinopel , welche
uns jetzt auch die Doctr. geschenkt hat, überwiegt das Zeugnis
der in einer einzigen Hs. erhaltenen lat. Version. Dieses wird
völlig entwerthet dadurch, daß das in ihr gleichfalls fehlende c. 21
sichtlich von demselben Verfasser herrührt, wie c. 1 — 17, und auch
schon von Clemens str. II, 84 (Dind. II, 200, 14) als Werk des Barn,
citirt wird. Aber es bleibt etwas Wahres daran, daß die Kapitel
18 --20 in stilistischer Beziehung aus dem Charakter des Ganzen
herausfallen ^). Sie sind entlehntes Gut. Wir wissen jetzt, woher
1) l^ovaCa muß nach der folgenden Ausführung verstanden werden.
Es gibt zwei entgegengesetzte geistige Gewalten, unter deren Herrschaft
die beiden Wege stehen, die Engel Gottes und die Engel Satans. Cf.
Col. 1, 13. 16; Ephes. 2, 2; 3, 10; 6, 12.
2) Barn. 4, 10 fiiOr^atofAEV releiws lä t^Qya t^g novtiqag dJeu.
3) Cf. J. G. Müller, der Bamabasbrief S. 345.
r
bie Lehre der zwölf Apostel. 315.
es stammt. Ist nun der sogenannte Barnabasbrief unter Hädrian
geschrieben (oben S. 293), so wird die Abfassung der Doctr, noch
unter Trajan zu setzen sein, was allen vorher aufgezeigten Merk-
malen vorzüglich entsprechen würde.
£s fragt sich, ob sich durch Vergleichung mit dem Hirten
des Hermas unter der Voraussetzung, daß dessen Abfassungszeit
feststeht (oben S. 293) eine noch genauere Bestimmung gewinnen
läßt. Von den Stellen des Hirten, welche Bryennios proll. p. 89 sq.
als Paralellen zur Doctr. hat abdrucken lassen, ist zunächst rnahd.
XI = Doctr. c. 11 zu streichen. Das Zusammentreffen der beiden
Darstellungen beschränkt sich nämlich darauf, daß beide Verfasser
aus der lebendigen Anscbaung von prophetischem Reden im Gottes-
dienst schöpfen, daß beide die Anweisungen Jesu (Mt. 7, 15-0 20)
für die Uuterschei düng der wahren und falschen Propheten befolgen,
und daß beide besonders die Geldgier als Merkmal des falschen
Propheten hervorheben. Dabei geht jeder ganz seinen eigenen
Weg. Hermas hat es zunächst mit dem falschen, die Doctr. zu»
nächst mit dem wahren Propheten zu thun. Die interessantesten
Züge im Bild dea falschen Propheten bei Hermas fehlen in der
Doctr., und ebenso bei Hermas die merkwürdigsten Züge des
wahren Propheten nach der Schilderung der Doctrina. Ein
Verhältnis von Original und Kopie besteht hier schlechterdings
nicht. Noch weniger kann die Vergleichung des guten und des
bösen Genius in mand. VI, 2 mit der Schilderung des Todeswegs
in Doctr. 5 beweisen, daß ein Autor unter, dem Einfluß des
andern gestanden habe. Ein nq&tov ndvtmy, worauf beide Ver-
schiedenes folgen lassen, ist Alles, worin sie übereinstimmen, man
müßte denn auch die Bekanntschaft mit dem Gegensatz von Gut
und Bös auf literarische Studien, statt auf Adam und Eva zurück-
führen.
Etwas anders verhält sichs schon mit jenem in der altkirch-
lichen Literatur Öfter vorkommenden Ausspruch Doctr. c. 4 od
d$ipvx'^(T€tg, noveQOP €ata§ ^ ov, Barn. c. 19, 5 ov [i^ dixlwx^<Tfig^
noteqov Mtnai ^ ov , Hermas vis HI^ 4, 3 diä tovg dixlJvxovg,
Tovg diaXoyiCofAipovg ip ratg xaqöiceig avx&v^ ei äqa ecrny tavxa
^ ovx eativ. Bei Barnabas und in der Doctr. steht das Wort
ohne jede deutliche Beziehung. Weder vorher noch nachher ist
von Gebet oder Weissagung die Rede. Die Bearbeiter der Doctr.,
sowohl der ältere (Lagarde rel. p. 76, 34; 77, 1) als der jüngere
(const. apost. VII, 11} schaffen einen Untergrund durch Einschie-
bung eines iy nqocevx^ (Tav* Die Beziehung auf die Weissagung,
welche das Wort bei Hermas zu haben scheint, kehrt bei Hippo^
316
Beilage V.
Ijtus *) deutlich wieder. Aber eine literarhistorische Behauptung
wird man auf diese Vorkommnisse nicht gründen dürfen. Wichtig
ist erst folgende Zusammenstellung:
Herrn, mand. TI ed. Gebhardt-
Harnack p. 74, 1 — 7:
näaip voTßQovfAipoig öldov
anXcog, fiii diatoS^cay, tivt dtfq ^
tIvi fA^ dtpg. nSitTiv dldov* näci
yäq S &€dg dldotrd^ai d-iXei^
ix T&v idlcöp dcoQfi^ataiv.
ol ovv Xa^ßäpoPTSg änodd-
covctv Xoyov t^ &€^j öiä
xleXaßov xal elq xi* ol
fAsy ydq XafjbßdpoPTSg d-Xt-
ßofievoiov dixa(Td'^(ToyTa$,
ol ÖS iv vnoxqlcei Xafißd-
vovxeq tlffovtn dlxfjp, 6
ovp dtdovg d&tpog hcTip*
wg yäq eXaßep naget tov xvqiov
xiip dianoplap vßXetrat, ocTTXcug
avTfiP etiXeaep^ (ifi&ep diaxql-
p(op, tIpi d(f ^ fi^ dtp.
Daß ein literarischer Zusammenhang bestehe, muß einleuchten;
wer aber der abhängige sei, ergibt sich noch nicht aus der bloßen
Zusammenstellung der Sätze. Es wäre auch unerlaubt in dem
xazd T^p ipToX^p derDoctr.^) einen Hinweis auf die zweite evroil^
des Hermas zu finden; denn die Doctr. gibt hier eine Ausführung
der als Thema vorangestellten Gebote Gottes und Christi. Aber
es ist zu beachten, daß diese Ausführung aus lauter mehr oder
weniger genauen Schriftcitaten besteht und unter diesen auch die
mit Hermas parallelen Sätze sich finden. Es wäre eine dem Ge-
sammtcharakter dieses Theils der Doctr, widersprechende Digressiou,
wenn der Verfasser vorstehende Sätze ganz aus eigenen, Mitteln ge-
schaffen und nicht einer ihm irgendwie heiligen Schrift entlehnt
oder nachgebildet hätte. Diese Schrift könnte dann nur der Hirt
sein, welcher als eine auf Offenbarungen beruhende Schrift bekannt-
lich auch in der alten alexandrinischen Kirche hohes Ansehn ge-
Doctr. c. 1 p. 7 sq. (cf. const.
apost. IV, 3):
naptl tqj ahovpxl (Te dtdov
xal fA^ änahei" näai yccg
&iXet dido(T&ai o na%iiQ
ix ttap idloüp xaqttTikdTfiöP'
(jkaxaQiög b öidovg xaxd t^p
ipToXriP' dd'äog ydq icttp*
oval ntg XafjkßdpoPTi' ei
(jb€P ydg xqelap exaap XafA-
ßdpei Tig, äScoog etrtai.
de (Ati xqeiap exfop ddcet
dlxfiPy IpavC sXaße xal eig
%C xtX* Gf. Doctr. c. 4 p. 20
(cf. Barn. c. 19, 11; Hermas
sira. IX, 24, 2): ov diatdo'eig
dovpai ovde dtdovg yoyyvtreig.
1 ) Ed. Lagarde p. 172 sq. V^a ovv ^ij ns Svanianqai^ inl rotg stgri-
fjiiuoig^ €i aga ^arai tj ov xrl.
2) Der Ausdruck kehrt wieder c. 13 p. 48 (zweimal) cf. Ignatius ad
Magn. 4.
Die Lehre der zwölf Apostel. 317
noß» Andrerseits findet sich im ganzen Hirten kein einziger Bibel-
spruch auch nur annähernd so wörtlich reproducirt; wie hier eine
Stelle der Doctr. reproducirt wäre, wenn der Hirt von der Doctr.
abhinge. Mag der Hirt um 97 — 100 oder um 140 geschrieben
sein, es wäre unbegreiflich, daß der römische Verfasser dieses
Buchs unsere Doctr, so auffällig vor allen biblischen Büchern
bevorzugt hätte.
Die völlige Unmöglichkeit aber der Annahme, daß Herraas
ein verehrungsvoller Leser der Doctr. gewesen sei, ergibt sich aus
folgender Erwägung. In Doctr. c. 8 wird geboten, daß die Christen
nicht wie die Heuchler, d. h. die Juden und besonders die Phari-
säer, am Montag und Donnerstag^), sondern am Mittwoch und
Freitag fasten sollen ^). Dies wird ohne alle Einschränkung und
innere Begründung in einem Büchlein geboten, welches die Namen
1) Neben Epiph. haer. 16, 1 und dem Wenigen, was der alte Light-
foot, horae hebr. ed. Carpzov 1675 p. 866 cf. Meuschen Nov. T. e Tal-
mude illustr. p. 1051 ; SchUrer, Nentestl. Zeitgesch. 505 zu Luc. 18, 12 be-
merkt, verdienen vielleicht folgende Sätze beachtet zu werden, welche ich
kürzlich aus einer pariser Miscellanhandschrlft (Coislin. 296 fol. 62^) ab-
schrieb: (ffff ti ol ^lovSaloi Tfiv ^evjigav (sie) TtSv aaßßdrtov xttl ry
n^fjLnjrji vtiarevovoiv; ffevi^ga aaßßarov hvyxoyev etvai ^ ot€ 6 vaog vno
Tov NttßovxodovoOoQ 10 ngoregov ivengi^ad-ri, nifimri J^, o« vno tov
TCtov 10 ^BvuQov tnad^i, nevd^ovaiv ovv inl ry ifingi^ati tov vaov xaia
ravrag Tag ^vo rifx^Qag xara näv aaßßarov xa\ ^lie rovro vrjOTSvovatv, Es
folgt hierauf ein Excerpt aus const. apost YIIl, 32 ed. Lagarde p. 269,
20—270, 5. Einen Namen des Excerptors und Zweck der Excerpten-
sammlung weiß ich nicht anzugeben.
2) Die bisher ältesten Zeugen für diese Sitte waren Clemens str.
VII, 75 (als Gegenstand mystischer Deutung für den Gnostiker) ; Tertull.
de ieiun. 2. 10. 14; Orig. c. Cels. VIII, 22; hom. VI, 2 in Jesaiam (an
beiden Stellen nur Freitag); Victorinos von Pettau, de fabrica mundi bei
Routh rel. III, 456. 457; Petrus Alex, bei Lagarde, rel. iuris p. 73, 18.
Nur die Alexandriner unter diesen vornicänischen Schriftstellern bezeugen
ausdrücklich, daß es so feste kirchliche Regel sei. Noch zu TertuUians
Zeit wollten die Katholiken des Abendlands nicht geltend lassen, daß
dies Fasten am Mittwoch und Freitag verbindlich sei (de ieiun. 10). Ter-
tullian selbst in seiner katholischen Periode bezeugt ausdrücklich, daß
es außer dem jährlichen Paschafasten kein allgemein verbindliches Fasten
gab de erat. 14 (al. 19) und lehrt uns ebendort , daß die nach privatem
Belieben gewählten Stationstage gar nicht an bestimmte Wochentage ge-
bunden waren cf. meine Geschichte des Sonntags S. 62 f. Ganz Irriges
bemerkt Harnack zu Herrn, sim. V, 1, indem er nicht einmal statio und
ieunium unterscheidet. — Die frühzeitige Fixirung des Fastens am Mitt-
woch und Freitag in Alexandrien bestätigt die alexandrinische Herkunft
der Doctr.
318 Beilage V.
Christi und seiner 12 Apostel als der intellectuellen Urheber sei-
nes Inhalts an der Stirne trägt , nnd ferner in einem so kleinen
Büchlein^ daß Keinem, der es mit einiger Aiifmersamkeit nnd Hoch-
achtung gelesen hatte ^ dies Fastengebot unbekannt geblieben sein
konnte. Nun erzählt uns Hermas sim. V; 1, 1 Folgendes: „Fastend
und auf einem Berge sitzend und dem Herrn dankend für Alles^
was er an mir gethan y erblicke ich den Hirten , der neben mir
sitzt nnd zu mir sagt: Warum bist du so früh am Tage hieher
gekommen ? Herr^ sage ich, weil ich Station habe. Er sagt : Wad
ist Station? Ich antworte: Ich faste , Herr. Er spricht: Was
ist dies aber für ein Fasten, das ihr haltet? Ich sage: Wie ich's
gewohnt war, Herr, so faste ich." Es folgt hierauf eine scharfe Ver-
urtheilung alles gewohnheitsmäßigen Fastens. Die Erfüllung der
Gebote Oottes soll das wahre Fasten sein. Wenn aber Einer ein-
mal außer der Erfüllung der Gebote noch ein Uebriges leisten ^ will,
so muß das Fasten anders eingerichtet werden, als es in Rom zur
Zeit des Hermas an jenen Stationstagen geübt wurde. Hier-aus
ergibt sicli, daß alles regelmäßige Fasten an bestimmten Tagen in
Rom selbst damals noch eine ziemlich junge Sitte war. Sonst
wäre die schroffe Verurtheilung derselben durch „den Hirtän" und
die Frage „Was ist Station"? unbegreiflich. Ferner ergibt sich,
was für noch spätere ^eit Tertullian bezeugt (vorige S. Anm.2), daß
es damals in Rom noch keine Stationen^ d. h. Halbfasttage, also
selbstverständlich auch noch keine vollen Fasttage (ieiunia) für
die ganze Gemeinde gab, sondern daß der Einzelne nach freier
Wahl solche Regeln sich auferlegte. Hermas sagt nicht: „wir
haben", sondern: „ich habe Station, ich faste." Es ist nicht eine
kirchliche Regel, sondern seine individuelle Gewohnheit, die er
befolgt«
Hieraus würde an sich nicht folgen, daß der Hirt früher ge-
schrieben sei; als die Doctr.; denn es kann sich in Alexandrien
eine feste Regel des Fastens viele Jahrzehnte früher entwickelt
haben, als im Abendland; und es verhält sich, wie gezeigt, in
der That so. Aber mit Sicherheit ergibt sich, daß Hermas und
die römische Kirche seiner Zeit nicht ein Buch gekannt und an^
erkannt haben können ^ in welchem Christus durch seine Apostel
die Forderung des Fastens am Mittwoch und Freitag als ein ge-
meingültiges und unbedingtes Gebot hinstellt. Ist nun vorhin er-
wiesen, daß zwischen dem Hirten und der Doctr. ein literarisches
Abhängigkeitsverhältnis besteht, so bleibt nur übrig, daß der Ver-
fasser der Doctr, den Hirten gelesen hat. Man kann meinen Be^
weis nicht umkehren und es für undenkbar erklären, daß der Ver-
r
VI. Beilage. Zusätze zu Clemens. 319
fasser der Doctr. sieb an den Hirten angelehnt habe^ in welcbem
eine von seinen Grundsätzen so abweichend e Ansiebt über das
Fasten vorgetragen ist. Denn erstens ist der Hirt ein dickes Bucb,
dessen gesammter Inhalt nicht gleichmäßig allen Gliedern eines
kirchlichen Kreises^ in welchem es in Ansehn st-and, bekannt und
geiiehm zu sein brauchte. Sodann aber enthält die Doctr. keine
formelle Verurthcilung der im Hirten vorgetragenen Anschauung
vom Fasten und Anweisungen über das Fasten. Dagegen aber würde
Hermas durch sein 5. Gleichnis ein zwar sonderbar indirectes, aber
formell ganz unbedingtes und bewußtes Verdammungsurtheil über
das Fastengebot in Doctr. c. 8 gefällt und in der Kirche verbreitet
haben y wenn er die Doctr. gekannt hätte. Dann wäre aber unbe-
.greiflich, wie derselbe Hermas anderwärts (mand. U) von dersel-
ben Doctr. so sehr wie von keiner biblischen Schrift in Gedanke
und Ausdruck sich konnte bestimmen lassen.
Wenn die Untersuchung der in der Doctr. zu Tage tretenden
Zustände des Gottesdienstes uns des Gemeindelebens sowie die Ver-
gleichüng mit Barnabas uns einen Terminus ad quem lieferten^
so die Vergleichung mit Hermas einen terminus a quo. Ist der
Hirt um 97 — 100 in Rom geschrieben, und ist er unmittelbar nach
seiner Abfassung durch den römischen Gemeindevorsteher Clemens
an die auswärtigen Gemeinden versandt worden ^), so hat es nichts
befremdendes, daß ein wahrscheinlich alexandrinischer Christ um
110 sich mit dem Inhalt des Hirten vertraut zeigt« Es ist hier
nur noch deutlicher, was in Bezug auf die damaligen Bischöfe von
.Antiochien und Smyrna wenigstens wahrscheinlich zu machen war ^).
Hat es sich andrerseits als unthunlich herausgestellt, die Abfassung
der Doctr. in die Zeit nach 120 zu verlegen^ so hat sich unver-
hoffter Weise ein neuer Beweis für die von mir vertretene Ansicht
über die Abfassungszeit des Hirten ergeben. Die Bedeutung der
"Doctr. für die Geschichte des Kanons kann und soll nicht hier,
sondern, im 1. Theil der Geschichte des Kanons nachgewiesen
werden.
TL Zusätze zu Clemens.
Da dieser Band zur Hälfte gedruckt war, ehe es mir möglich
wurde, die Pariser Bibliothek zu besuchen, so kann ich erst hier
1) Vis. II, 4, 3 cf. meinen Hirten des Hermas S. 75 f. und Göttinger
gel. Anz. 1878 S. 49 f.
2) Cf. meinen Ignatins S. 616-621.
320 Beilage VI.
einige Kleinigkeiten mittbeilen, welche auf den ersten Bogen ihren
richtigen Platz gefunden haben würden.
1. Zu S. 24 (str. III, 95) und S. 29 (ecl. 17). Das Frag-
ment des Acacius mit den beiden Citaten ans Clemens findet sich
auch in dem Coislinianus 113 (nach Montfaucon saec. X) fol. 312^,
unter vielen anderen Excerpten, welche in eine eben hiedurch sehr
erweiterte Ausgabe von QeodcoQ^tov eig %ä änoqa «r^c d'siag yQCC'
(pfig Kai' exXoy^v (fol. 287^) eingeschaltet sind. Sachlich sind die
Abweichungen dieser alten Hs. ziemlich gleichgültig. Ich notire
aus diesem Coislin« zu S. 24 xal o KX'^fJbfjg de , , • t^p (ohne
%oiav%fiv) do^av, zu S. 29 oydoff (ausgeschrieben). Im Frag-
ment des Clemens selbst weicht der Cuislin. von Dindorfs Text
(vol. III, 461, 24 sqq.) in Folgendem ab: d'eog (ohne 6) • . . •
nQO(öPTag . . . idevai fjfiag tov (sie) nov eifiey €& nqoeifjbep . • .
fixofisp . . . yepeaecog fjficov aixiog fjbopog o &€og,
2. Za S. 24 (str. III, 97). Das nach Cramer aus Coislin. 23
gegebene Citat findet sich buchstäblich gleichlautend in dem
Coislin. 195 fol. 54^.
3. Zu S. 24 (str. IV, 30). In dem Coislinianus 195 fol. 34*
sind die beiden Sätze über den Mammon deutlich geschieden. Wie
ich oben vermuthete, gehört dem Clemens nur an (lafjkUipäg ifftiv
^ ^iXccQyvqlUy das Uebrige dem Theodorus monachns.
4. Zu S. 25 (str. V, 34. 35). Die dort in der Catene des
Nicephoras nachgewiesenen clementinischen Excerpte finden sich auch
in dem vorhin charakterisirten Coislin. 113 fol. 368^; und zwar
nach der Reihenfolge bei Clemens. Die vier Stücke (Dind. III,
27, 23-25; 28, 4—11; 28, 18—21; 28,25—29, 6) bilden äußer-
lich ein ungeschiedenes Ganze. Zur Vervollständigung der obigen
Collatiou mögen die Lesarten des Coislin. zu den Seiten und Zeilen
Dindorfs angemerkt werden : p. 27, 23 sq. nSQtexeiPto (wie Din-
dorf); lin. 25 laove; ibid. fehlt 6 vor eaoiievog, p. 28, 5 d-vct'
atrtfiQiOV, lin. 7 sxns^vxaat , lin. 19 d'VtriaoTfjQiov 17 tQaneCcc
Bixep, lin. 20 nqo&eciVy p. 29, 1 tovg Jvo, 1. 7 a^jKpOTeqa.
5. Zu S. 49 f. Nr. 4. Der größte Theil der nur in der Ca-
tene des Nicetas, nicht aber bei Auastasius und in den Parall. Vatic.
dem Clemens zugeschriebenen Worte, nämlich von oval de totg
exovai *'bis ßovXofiipoig, wird const. apost. iV, 3 (ed. Lagarde p. 115,
8 — 10) als Wort Jesu angeführt. Es gehören dazu vielleicht auch
noch die in eonst. apost. folgenden Worte iicäT€Qog yaQ dnoädtrei
Xoyop Kvqlif %(f &eff iv ^^eq^ xqltreoag. Es geht aber voran das
außerevangelische Herrenwort Act. 20, 35. Wober aber haben die
Constitutionen jenes außerkanonische Wort Jesu? Die oben S. 316
ZuBÜtze zu ClemeoB. 331
angeflilirto Ste)l(i des Hermas mand. U, 5 ist keine ausreichende
Grundlage, zumal da nicht „der Herr" der Redende ist. Auch die
Parallelstelle Doclr. Aposf. c. 1 p. 7 sq. ist doch nur entfernt ähn-
lich. BeachlenswertU ist allerdings, daß dem freien Citat der Consti-
tutionen aus Act. 20, 35 nach Stellung und Sbn einigermaßen
entspricht, was die Doct. dem oval vorangehen läßt: itaxägtog u
didoiig xoiT« T^c it^ol^v ml. — Clemens Alex, ist för alles dies
nicht verantwortlich zu machen. Nicetae hat vielmehr in seiner
Weise das von Anastasius vollständiger aufbewahrte Wort des Cle-
mens AI, abgekürzt, nnd hat dann sicherlich aus Versehn ein
wiederum abgekürztes Citat aus dem clomentini scheu Oktatench
unmittelbar angeschlossen. Auch der bei Nicetas zum Schluß fol-
gende Satz o ex<*>y — xaTaMqtS^aerai findet sich in etwas erwei-
terter Gestalt const. apost IV, 3 p. 115, 19—22. Bryennios, durch
dcsseii Bemerkung prol). p. 65 n. 4 ich auf mein Uebersehn auf-
merksam wurde, schüttet das Kind mit dem Bade aus, indem er
auch das dem Clemens Alex, abspricht, was außer Nicetas auch
Anastasius nnd die Parall. Vat. ihm zuschreiben.
6. Zu S. 51 Nr. 7 und 8. Beide Citate finden sich wörtlich
so, wie sie oben nach Cramer wiederholt sind, auch im Coislin. 195
fül. 52» und 52^ Cf. vorige S. unter Nr. 2 und 3.
7. Zu S. 51 Nr. 9, Die pariser Hs. des Nicetas in Lucam,
Coislin. 201 fol. 104» stimmt buchstäblich mit der wiener Ha. überein.
8. Zu S. 51 f. Nr, 10. Die eben genannte Hs. des Nicetas gibt
fol. 418» auch dies, oben nnr nach Macarius gegebene Fragment
mit der Boischrift EXriftevro^ Ttatdaytoyov. Die einzige Variante
ist ein sinnloses stav^^eia des pariser Nicetas statt xatä tpioiv
oben S. 52 Z. 8 f. Das «ß^fTi^; Z. 8 ist dort so gcsclirieben.
9. Zu S. 76 Nr. 22. Statt w fivOTtj^tof wird nicht, wie Tischen-
dürf N. T. ed. 8 vol. 11, 851 vorschlägt tö, sondern 3 {kVtn^^iQV
zu schreiben sein cf. oben S. 271 f.
Register
über Theil I— III der Forschungen.
I. Namen nnd Sachen.
Abendmahl III, 290. 291. 293—298.
Abgar I, 49. 350 ff. II, 102.
AcaciasCaes. III, 24. 29. 120. 320.
Addai, Lehre des I, 90 ff. 216. 350
—382.
Africanus I, 89. 333. 352. II, 31.
III, 57. 173.
Agape III, 296 ff.
Aggai I, 375. 381.
Alexander y. Jerusalem III, 35. 169.
174 f.
Allegorische Auslegung I, 55. II, 94.
131. 149. III, 235.
Altes Testament, Eintheilung und
Zählung der Bücher II , 45. 48.
56 f. 108. 112. III, 129. 254 f.,
populäre Benennung 1, 91. II, 144
155. III, 94.
Amapobius (Ampullianus) II, 106.
Ambrosiaster II, 25. III, 263.
Ambrosius 1,10. II, 14. 87 f. 115 ff.
259. 266. III, 244. 263.
Ammonius, sein Diatessaron I, 1.
31-34. 99. 293, mit Tatian ver-
wechselt I, 101. 299, angeblich
Interpolator des Tatian I, 102—
104, falsches Citat I, 303, der
jüngere Amm. I, 34.
Amphilochius II, 235.
Anastasius Sinaita I, 34. II, 260.
III, 26. 42 f. 49.
Anatolius III, 32. 177-196.
Antiochien , Sprach Verhältnisse I,
40 f. II, 135, Sekten I, 288. II,
169, theol. Schule II Vorrede,
III, 235.
Antiochien am Chrysoroas I, 33 1 1.
Antonius, Vita des II, 190. 192.
Antonius, Verfasser der Melissa
III, 8.
Antichrist II, 58. 148. 175.
Aphraates I, 72-89. 92. 262. 312.
376. II, 188. 231-285. III, 275,
ein anderer I, 41. II, 282.
Apokryphen I, 17. 25. III, 94. 96.
154 f. 284.
Apokryphe evangelische Traditionen
I, 67. 88. 97 (cf. Ephraemi opp.
gr. II, 397a). 125. 171. 179. 182.
196 f. 212. 216. 219. 240-243.
373. II, 108. 140 f. 199. 302. III,
69. 87. 289. 320 f.
Apostel, die zwölf II, 155. III, 283,
= Missionare III, 298 f., „Lehre der
A." III, 69. 249. 278-319, Apo-
Steldekret II, 141. 199.
Apostelgeschichte I, 17. 91. 93.
95. III, 74.
Begister.
323
Apostolische Constitutionen 1, 236 f.
Iir, 282 f. 320 f.
Arianismus I, 48. 376.
Amobius iunior II, 104—109. 149.
274. III, 223. 253-2'6.
Athanasins III, 278. 286, Synopse
desselben II, 261. 111,279, andere
unechte Schriften III, 43. 188.
Athenagoras III, 60. 163. 233.
Augustinus II, 261. 265. 270. III,
244. 262-271.
Bar-Abba T, 105. 108.
Barbaren, barbarisch I, 270. II, 294.
297 cf. III. 242 f.
Bardesan I, 47. 269. 270 291. 379.
Barhebraeus I, 102. 379 f.
Barnabas III, 68. 148, Brief des B.
Iir, 155. 293. 310-315.
Barses I, 48 f.
Basilides II, 14.
Basilius II, 127.
Beda 11,110—113.261. 11,258.270.
Berengaudus II, 262.
Beronike (Veronica) I, 368 f.
Bischöfe I, 3«0. II, 134. 171. III,
302 ff., zugleich Aebte II, 284,
Priester und Hohepriester III, 249.
Carpus und Papylus I, 279.
Cassianus der Ketzer I, 7. 13. 14.
285.
Cassiodorius 1, 5. 312, III, 134—138.
Catenen II, 237 ff. 269 f. III, 4—7.
15. 19 f. 197. 225-230, Anfänge
dieser Literatur II, 254. III, 256.
freie Verarbeitung der Quellen
II, 242. III, 47. 225. 321.
Christus, Geburtstag I, 56. III, 187,
Geburtsjahr I, 362 f., am Ende
der Zeit erschienen II, 109. 171.
302, Genealogien I, 264 f. II, 31.
115, auch heidnischer Herkunft
II, 239. 355, Dauer seines Wir-
kens I, 68 261. 321, letztes
Pascha I, 261, Zeit zwischen Tod
und Auferstehung III, 275, Bilder
Christi I, 366—370. II, 41.
Chromatius III, 238.
Chrysostomus I, 27. 40 f. 11, 37.
129. III, 31. 235, opus imperfec-
tum II, 25. 31. 33. 34 35. 64. 128.
145. III, 213- 283.
Clemens AI, Herkunft III, 162, seine
Lehrer 157. 165, Chronologie 1.65
— 176 , Heterodoxien 1 40 - 147,
Schriften s. Inhaltsverz. von III,
Zusammenhang der drei Haupt-
werke IH, 104. 108, Plan der
Stromateis 108-114, Cl. über
Tatian I, 12 f. 285. II, 295, über
Askese II, 186. 192, Cl. der Hi-
storiker und Grammatiker III,
57 - 61.
Clemens Romanus mit Alex, ver-
wechselt III, 62, Brief an die Ko-
rinther III, 249. 293. 304. 309 f.,
Homilien und Becognitionen I,
237. II, 45. III, 63.
Commodianus II, 301 f. III. 259—
262.
Crescens der Cyniker I, 274 f. 279.
Cyprianus H, 122 f. III, 259. 263,
unechte Schriften II, 153. 111,284.
Cyprianus von Antiochien II, 300.
Cyrillus Hieros. I, 371. 373.
Cyrillus Alex. I, 371. III, 48. 191.
Dekalog H, 144 ff. III, 236. 279. 290.
Diatessaron s. unter Ammonius,
Tatianus, Victor Cap., Evange-
lienharmonie und im griech. Wör-
terverzeichnis.
Didymus II, 10. 88. IH. 11. 13. 135.
Diodorus I, 27 f.
Doketen I, 7. 13. II, 169.
Dolmetscher I, 19 cf. Epiphan. ex-
pos. fidei § 20.
Donatus der Grammatiker II, 102.
21*
324
Register.
Ebed Jesa I, 100 f.
Edessa, Gründung der Kirche I, 90.
282. 350 — 382, erste Bischöfe
375. 377 ff., von Christus geseg-
net 359 ff., politische Zugehörig-
keit 375, theologische Schule 54.
Eleutherius von Tyana II, 236.
Eleutheropolis I, 378.
Elias von Salamia I, 99.. 100. 293.
Enkratiten I, 7. 17. 36. 285 ff. 333 f.
345 f.
Ephraem I, 44 ff. 360. II, 266. III,
228. 275.
Epiphanias I, 20 ff. 281 ff II, 253.
Erbsünde II, 152 ff. HI, 234.
Eucherius II, 258 III, 236 271 ff.
Eulogius I, 49.
Eunuch der Kandace III, 70. 148.
Eusebius über Tatian I, 1 f. 14 ff.
274 f., über Theophilus U, 1—8,
über Addai I, 352 ff., über die
Hypotyposen III, 131 ff , Behand-
lung der Quellen I, 359, über
Mönche II, 187 f.. über die Mär-
tyrer r, 19, Theophanie I, 89,
über Widersprüche der Ew. II,
91, über Jesaja II, 88, Einleitung
ir, 2; an Earpianus I, 7. 31 ff.
99, an Constantia I, 367.
Eusebius von Vercelli I, 345.
Eusebius von Gremona II, 89.
Eusebius, ein Novatianer III, 137.
Eusebius, Verf. einer Catene II, 238.
245. 252 ff.
Evangelien, Ursprung der I, 54. III,
72. 73. 83, Ordnung der Ew. I,
57. II, 138. 259. 271 ff. III, 72.
222 ff, Symbole der Evangelisten
I, 56. II, 31. 254-275, Evange-
lientext im 2. Jahrh. I, 243—248.
II, 232, die 4 Ew. neben dem
Diatessaron I, 43. 56 ff., „das
Evangelium" I, 56. 57. 63.74.91.
94. 95. 107.238. II, 12 f. 14. 155.
162, Ev. der Gemischten und der
Getrennten I, 93 f. 103- 109, der
Egypter I, 14. 17. III, 75, der
Hebräer I, 20 ff. 124. 171. 173
346 f., Codices evv. Cantabrigien-
sis I, 237. 248. II, 298, Fuldenais
I, 1—5. 298 ff. , Monacensis (X)
I, 340 B. auch unter Latein, und
Syrische Evangelien Übersetzung.
Evangelienharmonie, keine bei den
Lateinern I, 4—12, keine von
Theophilus I, 8. II, 13. III, 220,
keine bei den Griechen I, 30 f.
236, eine arabische I, 294—298,
eine syrische der Leidensge-
schichte I, 294, die Otfrid's I,
222. 325, der deutsche Tatian I, 3.
222. 299, die 0. NachtigalVs I,
313—328 s. Übrigens unter Am-
moiüus, Tatian, Victor von Capna.
Fasten II, 173 f. III, 265. 290. 317 f.
Florilegien II, 235 ff. III, 7-10.
116. 120 f.
Fortunatianus II, 11.
(üelasius, Dekret des I, 5. III. 140.
201.
Gesetz, Lehre vom G. II, 144—148.
III, 260, s. unter Dekalog.
Gregor d. Grosse II, 110. III, 258.
Gregor von Nyssa II, 5. 241 ff.
Griechisch bei den Syrern I, 41 ff ,
bei Ephräm („der Grieche*') I,
59. 6 1 f. 270, in Palästina I, 336,
Tatian's ürtheil über das Gr. I,
271 f. II, 296, Griechische Wörter
im Syrischen und umgekehrt I,
271 f.
Hebräerbrief I, 93. III, 71. 83. 95.
280.
Hebräische Lehrer der Kirchenväter
II, 89 III, 48. UX
Hebräische Wörter erklärt II, 95.
110. 135-138.
Hegesippus I, 348.
Begister.
325
Helena I, 371-374.
Henoch III, 97.
Hcraklit der Exeget llf, 1.
Hermas III, 155. 192. 286. 293. 304.
315-319.
Hesychius Hieros. I, 30, der Kriti-
ker I, 6, ein anderer III, 59.
Hieronymus Stridonensis , über Ta-
tian und Ammonias I, 6 ff. 32.
34, über Theophilus 1,8. II, 3.
9-14. III, 220. 257, über Pan-
tänus und Clemens III, 164. 169 f.,
über die lateinischen Exegeten
II, 86—89, über die Symbole der
Ew. II, 267. 271, seine Abhängig-
keit von den Griechen IF, 10 f.
88-104. 275-281. III, 251, sein
Katalog II, 9 f., griechische
Uebersetzang desselben II, 8. III,
35, Brief an Algaria II, 13. 16.
77. 97. 114. m, 205. 207 ff,
Mönchsgeschichten II, 189. 190.
191 , unechte Schriften und Pro-
loge II, 26. 259. 272. III, 203.
Hieronymus Alexandrinus III, 32.
180. 182-185. 197(?). 281 A. (?).
Hieronymus der Perlpatetiker III, 61.
Hilarius II, 10. 86 f. 116. 118-120.
261. III, 243. 263.
Hippolytus (resp. der Anonymus in
Bus. h. e. V, 28) I, 8. 286. 379.
II, 10 f. 45. 58. 61. 71. 75. 293.
III, 31. 166 f. 180.
Jacobus, Bruder Jesu I, 373. III,
73 ff. 95 f, Brief des J. III, 152.
Jacobus Zebedaei III, 76 cf. I,
164 f.
Jacobus Alphaei = Levi I, 1 30. 308.
Jacobi Protevangelium I, 265. III,
95 f.
Jacobus Nisibenns 1, 282.312 11,283.
Jason und Papiscus II, 142. 111,74.
Ignatius II, 32. 66. II, 101 ff. 12S.
HI, 293. 304. 306 f. 309.
Johannes der Täufer I, 242. II, 56.
m, 261.
Johannes der Apostel, virgo I, 242.
II, 182, schickt von Ephesns die
Apostelgeschichte 1, 9 1 , in Smyrna
III, 31, tauft die Maria III, 69,
Lebensende II, 56, Acten des
Leucius III, 97, sein Evangelium
I, 54. III, 72. 97, in Hebräische
übersetzt I, 346, seine Briefe I,
92. HI, 100. 152, Apokalypse I,
92. II, 71. 139. 260. III, 155.
Johannes Galybita I, 338.
Johannes Veccus III, 43.
Joseph -von Tiberias I, 345 f.
Irenaeus über Tatian I, 8.281.284,
verglichen mit Theophilus II, 33.
35. 50. 58. 123 f. 262 f. III, 218,
über die Genealogieen Christi I,
265, über die kirchliche Bewah-
rung der hl. Bücher I, 245 f.,
über die 4 Ew. II, 257. 262 ff,
über das Pascha III, 193 f., über
Asketen II, 285 f., von Augustin
citirt in, 263 cf. II, 153, die
Pfaff'schen Fragmente III, 280 f.
295.
Isidbrus Alexandrinus III, 32. 180.
Isidorus von Cyrrhus I, 38.
Isidorus von Sevilla III, 178 f. 236.
258. 264.
Judas, nicht beim Abendmahl 1, 75.
204, sein Lebensende I, 212-
Judas, Bischof von Jerusalem I, 372.
Juden, Judenthum I, 263 ff. II, 147 f.
174 ff. III, 242. 256. 261.
Junilius I, 311.
Juvencus I, 6. II, 33. 103. 120 f.
259.
Justinus Martyr, Chronologie I,
275 ff., Verhältnis der beiden
Apologien I, 279 f., über Her-
kunft Christi I, 265, über Elias
II, 302, syrisches Fragment III,
96.
326
Register.
Kanon der syrischen Kirche I, 91 ff.
110. 223 f., des Theophilüs IE,
138—140. 151 f., des Clemens III,
131 f. 147-156.
Katholische Briefe I, 92, üeber-
schriften derselben III, 100.
Kankab (Kokaba) I, 331. 333—336,
Kelch von Glas oder Metall HF,
241, ob vor dem Brod III, 296 f.
Laodiccnerbrief I, 300.
Lateinische Evangelienübersetzung I,
218. 290. II, 194-230.
Leontius und Johannes II, 236. III, 7.
Leontins ein Mönch III, 21.
Leontius Bischof von Arelatelf, 105.
Logoslehre II, 155. III, 144 ff. 167.
Lucas , Antiochener I, 5 1 f., üeb^r-
setzer des Hebräerhriefs III, 83,
ob Verfasser von Jason und Pa-
piscus III, 74.
Lucianas v. Antiochien I, 6. II Vor-
rede.
Lucianus von Samosata I, 268 f.
II, 297.
3lacedonius der Arianer I, 48, der
Mönch I, 40.
Makarius von Magnesia I, 287. 369.
Malalas II, 6. III, 57-59.
Malchus II, 137, der Mönch II, 189.
Mamertus II, 274 f.
Mani I, 47.
Marcion 1,47. 58. 1 53 f. 379 II, 2. 192.
Maria Davididin I, 88. 265. II, 32,
121, ob Levitin I, 89, verwechselt
mit M. Magdalena I, 217.
Martinuis von Tours II, 285.
Martinus von Bracara III, 188.
Märtyrer II, 166 f. 18*:.
Martyrologium, altes syrisches 1, 330.
Maximus Confessor III, 7. 39 ff. 74. 77.
Melissa III, 8,
Menschensohn If, 49. 58. 170,
Millenium I, 92. III, 127.
Minucins Felix II, 126.
Mönchthum II, 183-193. 284 ff.
III, 270.
Moses, assumtio III, 96. 255.
Muratorisches Fragm. I, 9 f. II, 46.
263. 299.
Nana II, 290.
Nicephorus CP. III, 33 f. 36.
Nisibis I, 282.
Novatianus II, 125. 300. III, 61.
Notker II, 114.
Origenes über Tatian I, 13. 2*^5,
Quelle des Hierönymus II, 11.
275 -28 1 , anderer Lateiner I, 86 f.,
verglichen mit Theophilns II, 38.
41. 45. 53 54. 55. 67. 70. 103.
129-132, III, 224, Verhältnis zu
Clemens III, 38 (?j. 141, 171,
über das Pascha III, 32. 37- 181,
über Petrus II, 291, über Ordnung
Ew. III, 223, von Augustin er-
wähnt III, 263.
Osterfeier und Streit darüber I, 211 f.
262.380. m, 32 ff 37. 177-196.
Palut I, 375. 377 f. 381. "
Paneas I, 367. 369. II, 41.
Pantaenus III, 64 ff. 77 f. 128.
157. 161.
Papias If, 56. III, 73. 178.
Paradies II, 150 f. III, 26 s. auch
Paulus, Benjaminit I, 56, seine Briefe
I, 6f. 16. 17. 91. 93. 291. III, 1.
148 f., Bilder des P. I, 367 f.
Pelagius II, 26 f.
Peregrinus I, 278.
Perikopen I, 330. 337 ff.
Perpetuus III, 190. 193. 241.
Petrus in Antiochien III, 57. 68, in
Rom III, 72. 83. 100, schickt von
Rom die Briefe des Paulus I, 9 1 ,
gekreuzigt!, 56. 242, das Funda-
ment der Kirche I, 163 f. 243 f.
II, 391t III, 250, zweiter Brief II,
Register.
327
154. III, 153 f., Apokalypse III,
127, die arabische III, 74. 155 f.,
Predigt des Petras III, 155, Lehre
des P. und ürtheil desP. III, 285.
Philo von Carpasiam 11, 240.
Photius II, 8. III, 35. 65. 105 - 107. 131.
Pias, unechte Briefe IH, 187, 189 f,
192.
Polychronius II, 254.
Presbyter III, 93. 157— 160. 308 f.
Priester I, 380. II, 134.:i82. III, 249.
Procopius II, 239. 253.
Propheten III, 291. 300 flf.
Babanas II, 113.
Rabbula I, 105. II, 190.
Rahel II, 95. 123. III. 241. 261.
Rhodon I, 280. 286.
Rufinus I, 2. III, 65. im 140.
Sabbathgebot II, 145. 148. III, 280.
Sanchuniathon III, 48,
Scythopolis I, 19. 336. 345. 316 f.
Sedulins I, 6. II, 258. 260.
Seligpreisungen III, 237.
Serapion von Antiochien I, 377.
II, 169.
Severus von Antiochien I, 26. 125.
Severianer I, 27. 287.
Siebenfacher Geist II, 139. III, 53.
93. 98. 238.
Siebenzig Jünger I, 148. 352 366.
III, 68 148.
Sinne, die fünf II, 45. 58 f. III, 238.
Symmachus II, 191.
Syrer und Syrisches im Abendland
I, 310-313, Syrisch (aramäisch)
in Palästina I, 18 f. 336 f. 339.
346. II, 294 f., bei Antiochien I,
40 f., Cyrrhus I, 39. 42 f., Zeugma
I, 43, Samosata II, 297.
Syrische Evangelienübersetzungen I,
220 flf. 235, Syrus Curet. I, 106 f.
223. 248. 292. II, 232. 273, Peschitta
I, 63flF. 208.221. 223 f. 229 f. 339,
Heracleensis I, 46. 60. 294, Evan-
geliarium Hieros. I, 329—345,
jüdisch - aramäische Uebersetz-
ungen I, 345 ff.
Tatian, syrischer Herkunft I. 268
—272. II, 293-298, Lebensgang
I, 272—284, Ketzer und Sekten-
stifter I, 7. 8. 17. 35 f. 98. 276 f.
284 ff., als orthodox angesehn I,
9. 38. 282. 288. II, 293, ob Lehrer
des Clemens I, 12. 281. III, 163.
seine Griechenrede I, 6. 8, 12. 16.
270. 274 ff., die evangel. Citate
darin I, 290 cf. I, 13, über die
Thiere I, 274, die Probleme I, 9.
281. 286. 289. II, 293, von der
christl. Vollkommenheit I, 13.
284, sein Diatessaron, ein syrisches
Buch I, 17 f. 39 ff. 70. 238. II,
292 II, 298 f., von Ephräm
commentirt I, 44 f. 11, 287, in
Edeasa gebraucht I, 44—72. 94 f.
222 f., bei Cyrrhus I, 35 ff., von
Aphraates 1, 72—89, den Griechen
und L<iteinern fast unbekannt I,
5—31. 236 f. 298, seine Geschichte
bei den Syrern I, HO, Varianten
I, 76, Verhältnis zu Syrus Cur. I,
222 f. 225 ff. 232 ff. 232 ff, zum
griech. Text I, 230 f. 232. 236.
248. 290, Abfassungszeit I, 284,
dogmatischer Charakter I, 38.
70 ff. 263-267, Defecte I, 70 f.
84. 243, Anordnung I, 249-263,
kirchlicher Zweck 1, 5. 238, Tatian -s
Bearbeitung der paulinischcn
Briefe I, 7. 16. 291.
Taufe III, 290. 308.
Tertullianus II, 125. 301. III, 152.
234. 257. 262. 263 (A. 6). 317.
Thaddaeus (s. Addai) I, 49. 366.
Theodas III, 125.
Theodoret I, 35-44. 264. 285. 320.
Theodorus von Heraclea II 10. 32,
128. III, 227.
328
Register.
Theodor! epitomae III, 129.
Theodotus der Valentinianer III, 117.
123.
Theognostus III, 130.
Theopbiliis Antioch., als Heide ge-
boren II, 33, Zeit II, 122 f., die
Bücher an Autolykus II, 1. 123.
235, das 3. Bach selbständig II, 8,
verglichen mit dem Evangelien-
commentarll, 132—156. 159. 164.
181. 199. 220. 230. 233, Schrift
gegen Hermogenes II, 1. 125. 139,
gegen Marcion II, 2. 124, de
historiis II, 6 (III, 58. 59), über
das Hohelied IF , 7. 239 flf., über
Proverbien II, 10. 256, Evangelien-
commentar II, 10—233. III, 198
— 277, andere Schriften im Abend-
land II, 8 f. 123-126.
Theophilas Alex. 11, 7. 9. 18. 64.
235 ff. Iir, 205. 230.
Theophilus Caesar. If, 234. III, 205.
Theophilas des Lucas III, 204.
Theophilus, ein vorchristlicher II, 6.
Titus von Bostra II, 70. 72.
Tricentius III, 191.
Trinität s. unter TQtäg,
Valentinianer II, 36. 37. 142. III, 11 7.
123 ff. 236. 238.
Victor von Rom III, 167. 187.
Victor von Gapua I, 1—5. 222.
298 ff.
Victorinus vonPettauII, 13. 21.87.
268 f. 274. III, 129. 203. 258
(A. 2). 263.
Virginität IF, 182. 185.
Zacharias von Chrysopolis I, 299.
II, 16. Iir, 208-211.
Zahlensymbolik II, 143. 145 f. 160.
ni, 218. 236. 264 f.
Zephyrinus von Rom I, 377.
Zinsen II, 183.
IL Griechische Wörter.
dßßä I, 41.
ayyelog = Maleachi II, 71.
(ivaygdq^eiv III, 74.
dgx^tog II, 153.
aQxsta I, 354.
daxrjifjg II, 185 f.
daijyxvToi II, 166.
uiaavQla^ IdrovgCa^ Waavqiog 1, 268 f.
BriH^fx II, 33. 110. 137. III,
227.
ßtog, ßi(0Tix6g II, 177. IIF, 245.
roußäg I, 40.
^idU^ig in, 44.
Ji« nivTS I, 2. 22.
J/a naadgiov I, 2. 33. 94. 98 f.
104. 239. II, 299.
Sitt(f>oQog II, 1.
öCSqaxfioVy SiSqayfia II, 51 f.
lyxQdT£ia II, 186.
ix^ox^j III, 64.
iniaxonri III, 94. 175.
EvvovxCa II, 186.
evxttQiorCa III, 297.
xa^oktxog II, 173. III, 95.
xaTTjX^lv, xaTTixv^txog II, 2 — 5.
xüOfxixog II, 178. III, 245.
fxttxdgtog III, 160.
fiagavitd^d III, 294.
f^tratpQttCe^y I, 291.
fJ.iT€a}Q07l6QOg III, 50.
f^i^oßdgßagog I, 41.
fioyd^Eiv II, 192.
[iovttxo9 II, 187—193. III, 270 f.
ofxoovatoi I, 376. III, 40. 139.
6vof4aC6fji€vog = X^yofiBVog I, 24.
ovx o?J* onujg I, 14 f.
TtttQttdnaog I, 214. II, 136.
nagdSoaig II, 162.
naQaxaXstad^ai I, 78 f. 132 177.
TiaQiXxsiv III, 71.
ndaxtx II, 60. 136.
nevjtixoinr, III, 237.
Kegister.
:129
11,6.
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222.
.8/.
2oS
Ttyiv^a =r verstorbener Mensch III,
160.
7ivevfjnij6(fOQog II, 139 f.
TiQsaßvTSQos II, 129. Iir, 157 ff.
TTQOnaiOQfS III, 25 J.
aaßßaiov II, 135.
aiTCa III, 291.
aotfiüTTig I, 273.
aToi/ii(6^r}g 11, 2.
-^V-eo? I, 12. 40. 43. 269. II, 294-
297.
avyaya)yij I, 151. 335. 372. II, 164 f.
xaxvÖQOfAog I, 363.
TSTQKBvayykliov I, 104.
TQtdg II, 143. ni, 220. 231-23«.
261.
ivnog II, 150.
vTTOTvntoatg III, 130.
yftjff ix (foJTog I, 376.
/Qiajtavog, XQiartavixog II, 181.
/toQSTiCaxonot I, 42.
o)(y«vr« III, 52. 294.
III. Lateinische Wörter.
devotus III, 248.
dispensator 11, 161. 230.
evangelicus III, 257.
gentilis, gentilitas II, 176 f. III, 245 f.
inoperari III, 14.
mendicare II, 78. III, 213.
originale peccatum II, 153. III, 246.
ovile II, 223.
paganus II, 17S ff. III, 246.
papa III, 183.
sacerdos II, 134. 182. III, 249.
saecnlnin. saecularis II, 177. III, 245 f.
sanctus III, 250.
septiformis Spiritus U, 139.
simpliciores IN, 256.
spiritalis III, 244. 247 f.
tabellariiis, tabalarius I, 364.
uxorata II, 101.
> f ^ /
Im gleichen Verlage ist ferner erschienen:
Acta Joannis
unter
" Benutzung von C. v. Tisohendorf s Nachlass
bearbeitet
von
Theodor Zahn.
gr. 8. 1880. (CLXXII u. 264 S.) 10 Mk.
Forschungen
zur
Geschichte des nentestamentlichen Kanons
und
der altkircMiclien Literatur
von
Theodor Zahn.
I. Theil: Tatian's Diatessaron.
gr. 8. 1881. (VI u. 386 8.) 9 Mk.
n. Theil: Der Eyangeliencommentar des TheopMlns von
Antioebien.
gr. 8. 1883. CVI u. 302 S.) 8 Mk.
Oyprian von Antiochien
und
die deotsche Faastsage
von
Theodor Zahn.
8. 1882. (rV u. 153 S.) 3 Mk.
System
der
christlichen Sittlichkeit
von
Dr. Fr. H. K. Frank,
ordentlicher Professor der Theologie in Erlangen.
I. Hälfte, gr. 8. J884. (Vlll u. 448 S,) 7 Mk.
Druck von Junge & Sohn in Erlangen.
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