£iebfyabev=2lusg;aben
%nn$lt%Wmts$xwß%wn
J>n DcrMncuma. mit 2ln6ern herausgegeben
von
1). itnariifug
VIII
f&mwvs trn* Jün#m
Btelefclt» unb Tz\y\\a
Der lag pon Dclfyagcn & Klafing
1901
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entere 5er jüngere
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JCbDlf liofenftcrg
llltt 79 2lMnl6uiu3cn »on Cemäfoen unb ^Amm^cn
3u)dtc Aufrage.
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Dcrlag uon Delfyagcn & Kiafing
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Nb
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MfTou bcr cvftcu Auflage biefes tOciFos ift für £icbb<abcr unb Jficunbc
(y^Fbcfonbcrs lururiös ausgeftatteter Bädjet auf er bei- oorliegeubcu
Ausgabe
eine numerierte gtu^ggfac
rcranftaltct, von bei* nur \oo (Eremplarc auf <£rtra=Kunftbrncf"papicr
bcrgcftellt finb. 3cbcs £remplar ift in bev Preffe forgfältig numeriert
(von \ — uro) unb in einen reidjen (Saitjlcbcrbanb gebunbeu. Per
preis eines foldjen €rcmplars beträgt 20 HI. <£in Hadjbrucf biefer
Ausgabe, auf tpelrfjc jcbe Bucf/rfanblung Bcftellnngen annimmt, ruirb
nidjt rcranftaltct.
®ic 3^erlags'ganbluii0*
^iirtibnirfcrci ^uliu-> MlintliarM, HtiWtfl.
2)aotb Senier« ber jüngere.
Mad) bem öemölbe oon s45eter Ztmi gcftodien 0011 üuca« Sorftcrman bcm 3üngeren.
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©amü €mm% ber Jüngere
ffjSflS ber Shtnffcgetft be3 ütämifdjen 9Solfg=
^- ftamme3 in bem ©Raffen be§ grofkn
sInttoerüencr 9Jletfter§, ber mit ben gemaltigen
Offen Gärungen feiner ®raft gleicf) 9Jcid)e(-
angelo fein 3<*b^l)unbert be^errfrfite, ben
fjöd)ften Sluffdjmung nafjm, reifte ein be-
fcr)eibcne§ ^flängdjen, ba3 big baljin faft im
Verborgenen üegetiert t)atte, feiner öotlen
Vlütenürad)t entgegen. %la<$) einem Sd)faf
üon $djrf)unberten mar bie (Genremalerei,
nad)bem bie Vorüber Oan ßfyct in ber Wad)*
aljmung ber 9tatur baä f)öd)fte $iel fünft*
lerifcb,en Strebend erlannt unb iljren ®unft-
genoffen bie Stugen für ib,re Umgebung ge-
öffnet Ratten, in ben 9Jiebertanben mieber
ju neuem öeben ermaßt. SSenn bie ®ünftter
bie (Geftatten ber ^eiligen (Gefd)id)te üor-
führen wollten, r)ie(ten fie fidj ntctjt met)r
an bie Überlieferung, fonbern fie fab,en fief)
unter if)re3gteicb,en um, bie boeb, nad) ben
SBorten ber Schrift aud) ©benbitber (Gotte3
waren. So gemannen bie Silber, bie frommer
Sinn jum Sdjmud ber Stltäre in ®ird)en
unb Kapellen, ju 5tnbad)t unb Anbetung
ftiftete, mit benen, bie baüor nieberfnieten,
enge güljtung, unb mie au<3 ben auf ben
großen Slltarbitbem angebrachten Vilbniffen
ber Stifter bie ^orträtmalerei im reatiftifdjen
Sinne entftanb, fo erwudjä au§ ber @cr)ilbe^
rung ber Votfgmaffen, bie ben Söunberttmten
be3£etfanb§ aufbauten, feiner Setjre taufd)ten,
feine Äreujtragung begleiteten ober bie brei
®reuje auf (Gotgatfja umftanben, bie moberne
(Genremalerei ober, mie man je|3t beffer,
menn and) nidjt üöllig erfd)öofenb, mit einem
beutf cb,en Söorte fagt: ba3 Sittenbilb.
Ereiltet) bauerte e§ nad) bem £obe %an
oan @t)d§ nod) einige ^afyv^ntt , bi3 ftcf»
bie au§ bem Seben ber Qtit gegriffenen
Figuren fo üöllig üon ben SDcotiöen au§ ber
bibtifdjen (Gcfd)id)te lo§löften, bajj ba§ Sittcn-
bilb al§ eine befonbere (Gattung bcr Malerei
barau§ tjeroorgeben tonnte, ©inen ber erften
Sdiritte ba^u Ijat, foweit unfere ®enntni§
reidit, ber pljantafieüolle SDJeifter §ieront)mu§
Vofd) getfjan, ber um 1460 geboren Würbe
unb 1516 ftarb. @igentticb,e Sittenbilber l)at
er nod) rtiefit gematt. 5tber er geigte boeb,
ber (Genremalerei einen 9tid)tweg, inbem er
einige Vorwürfe au§ ber bibtifdjen (Gefd)id)te
unb au§ ber ^eiligenlegenbe mit einer big
bal)in nod) nidjt gefcf)enen $reib,eit bei)anbelte.
Von ber richtigen Beobachtung au§geb,cnb,
bafj man am elften 2(u§fid)t Ijat, bie ÜJttenfdjcu
ju beffern, menn man ifjnen grünblid) bie
£)ö(Ie tjeifj madjt, malte er gern £>arftellungen
be§ jüngften (Gerid)t3. SJcit einer ^31)antafie,
bie (Grauen unb @ntfe|en gefcfjtdt mit grote§ter
$omif 3u oermifdjen mußte, fdjitberte er in
breiter Vef)agtid)feit all' bie gräßlichen Star-
tern, bie bie oom 2Beltenrid)ter Verworfenen
im |)öllenüfub,t ju gewärtigen Ratten, unb
bag §eer bcr (Gehilfen Satans, benen bie
VoIIftredung be§ b,öd)ften Urteils anoertraut
War. ^ierontjmuS Vofcb, ift ber (Srfinber
be§ |)öllenfpuf§, ber länger aU ein 3<*b,r-
l)unbert Ijinburd) bie nieberlänbifdjen Segen-
ben- unb (Genremaler ju immer neuen (£r-
finbungen reifte. 5(uf ib^n gef)en aueb; jene
5)arfte(Iungen ber Verfügungen be§ ^eiligen
StntoniuS bureb, allerlei b,öttifcb,e Srugbilber
unb Sdiredgefüenfter jurücf, bieS)aüib£enier§
ju l)öcf)fter Vollenbung bringen fottte, inbem
er fie jugleid) mit ben feinften fotoriftifdjen
Weisen umgab.
3)a3 Sittenbilb im eigentlichen Sinne
fanb erft gegen @nbc be§ XV. 3al)rb,unbert§
unb in ben erften 2)egennien be§ XVI. burdj
gloei 9Kaler eine Pflege, bie al§ Vertreter
ber üerfcf)iebenartigen 9tid)tungen be§ nieber-
länbifctjen Volfg- unb ihtnftgeifteS gelten
tonnen, ^m Süben mar c§ ber s31nttt)erpener
1*
4
Cuiutcn 8Kaffbj8, ber au3 bcm $oif»fcbeu
bcr rcidjcn ,s>anbcl3ftabt jene ©cftaltcn uon
2Bed)3fern, ©olbmägcrn, ^aufteilten unb
2Bud)crcrn tjerau^griff, bie er bann bei iürcr
Arbeit fyinter ben 3af)ltifd)cn in l)albcu
Brigitten barftclltc. (Sä waren äReifterftüdfe
cingchcnbcr, cuergifd)er (Xljarafteriftif unb
großer malerifdjcr .Straft jugleidj, bic aud)
Dtodjaftmer iuberfolgcnbeußknerationfauben.
s-i>olfv>tümtid)cr nod) Würbe biefe neue (Gattung
3tf<S bann bie ©uerjt, ben itafienifdjen
ÜDlctftern nad)5ualjmen, bic niebcrlänbifd)cn
Stünftler lote eine anftedenbe Stranfljeit er*
griff unb ü)rc nationale (Eigenart oötlig ju
erftideu brotjte, aU ber ^talianismuä 5u(c^t
nod) burd) bic fircüttdje Steaftion 3ur SSicbcr*
()crftctlung ber 8ltteüu)errfd)aft beä Stattjoliciä*
mu3 geförbert Würbe, fd)ien eä, als fottte
bcr eben aufgeblühten Sittenmalcrci fdntell
bcr ®arau§ gemnd)t werben. Stber gcrabc
9(b&. i. Gin ©clefirtcr. Sit bcr ffialetie Sd)ön&orn ju SBicn.
ber Sftatcrei burd) ben ^weiten üjrer 'Öc-
grünber, burd) 8nca£ uan L'ct)ben, ber fid)
für feine üttcnbilbtidjcn 2cf)ilberungcn bc3
.St noferftid)* bebiente unb mit feiner £ntfc
in bic breiten Waffen bc* SBolfeS eiubrang.
Xaburd) faßte bas Sittcnbilb im Shtttft« unb
EBott&teben bcr uörblid)cu Wicbcrlanbc tiefere
SSur^ctn, als es tro| bei Vorgang* uon
Cuiutcn äRofftyB in ben füblid)en gefdiab.
2ri)on auf üuea*' .Stuufcrftid)cn fiubeu wir
einige ieucr Figuren, bic fuätcr 311 ben Sieb*
lingstnucn bc£ jüngeren Jcnierä würben:
Cuarffatber, ^al)itbred)cr, libirurgcn, sJJiuii
fanten unb bcrglcid)cn mct)r.
in ben füblidjcn Sßieberlanben, wo bic Steffen«
rationswut am beftigften tobte, blieb unter
ben Walern bie 3d)itbcrung heimifdjen
SoßglebenS lebenbig. $>en 3ufaminenbaug
mit Quinten ÜDiafftjsi gelten in öntoerben,
bcm .vmuotüy btefet Art bon äftaletei, Bieter
Äettfen unb fein Büßtet ^oadüm ©eufelaat,
aufredit, bic 9JJarttfccucn,Mnd)cuftiirfe, SSotÖ-
bcluftigungcn, öcnemtänje u. bergt malten.
©OT allem aber fommt liier Bieter üöreugljel
bet Ältere in öetradjt, bcr ©egrönbet einet
ganzen .Stünfttcrbünaftic, bereu SBrrffamfeii
biv tief iubas XVI I. ^\al)rl)uubcrt liinciurcidn.
(ir war bcr unmittelbare sJiad)folgcr jene*
6
|)icront)mu3 Bofdj, bcffcn mcift in Jftupfcr*
ftidjen erhaltene $ompofitioncn i()n 51t ät)n*
lid)en£arfteIIungcnoon$cufel3fpuf anregten.
Tancbcn aber war er ber erfte, ber in bic
Biclgcftaltigicit be3 olämifd)en SSoIf^tcbenö
einbrang unb feine r)aib fjumorifttfdjcn, Ijalb
fatirifcfjen Beobachtungen in ®irmcßfeencn,
Bauerntänacn unb Berförpcrungcn oon
Sprichwörtern unb moralifdjen Sel)ren burd)
Bauern, Bettler, Krüppel u. bergt, funb gab.
(£r war auef) ber erfte, ber üor ber £>äfjs
lidjfeit ber ifmt begegnenben ($cftaltcn, üor
ben 91u3Wüd)fcn ber ®irmeßluft, üor (£r*
ferjeinungen, bic ba3 moberne Sd)önf)citg*
gefüfjl bisweilen aufs tieffte ocrleöen, ntcfjt
3urüdfd)rcdtc. 2Ba3 aber mit biefen (£igcn*
tümlid)feiten, gärten unb Schroffheiten feiner
®unft wieber üerföljnt, baä ift feine Siebe
jur Sftatur, bie auS feinen Sanbfdjaften unb
ben lanbfdjaftlidjen |)intergrünben feiner
Sittenbilber fprid)t. 3)iefe Siebe jur Ijei*
mifdjen Sanbfdjaft, biefeS tiefe (Einbringen
in ib,re Weiteren, fanften 9teije werben wir
fpäter audj als einen ber ^pautitoor^üge unfereS
$enierS fennen lernen.
$aüib SenierS ber jüngere War ebenfalls
ber Spröfjling einer ^ünftlerfamilie, beren
Stammbaum fid) big auf jwei (Generationen
jurüdüerfolgcn läfjt. S)er ®rofjüater unfereS
$ünftlerS war freilief) ein £>anbwerfer, ein
'Jßofamcntier, ber 1558 auS 2ttl) im .^ennegau
naefj Antwerpen gefommen war, bort juSöon,!*
ftanb gelangte unb 1580 in einem eigenen
.'paufc am .öanbfcrjocninarft einen ®ramlaben
eröffnete, ber üiel abwarf. 9lber jmei feiner
Söl)ne würben Sttaler, Julian £cnierS, ber
1572 geboren würbe, 1594 als S^eimcifter
in bie SufaSgilbe eintrat unb 1615 in feiner
Batcrftabt ftarb, unb ber um sefjn JJatjrc
iüngere Xaoib XenierS, beraurUntcrfdjcibung
oon feinem berühmten So|nc in ber ®unft=
gefcfjidjte ben Beinamen „ber filtere" trägt.
Bon Julian £enierS l)at fidj fein einiges
2Bcrf erhalten. üftur auS bem Umftanbe,
baß er üicle Sdjülcr l)attc, fd)licf?t man,
baß" er menigftenS ein Ijcrüorragcnber unb
beliebter Scljrmcifter gewefen fein inuß\
sJJacr) ber Sitte ber bamaügcu 3cit gehörte
aud) fein jüngerer Brubcr ju feinen Scfjülcrn.
Tod) fudjte fid) $)aoib SenierS nodj weiter
ju ücrüollfommencn, inbem er fidr), wie auS
ber Untcrfdjrift unter einem gcftod)cnen Bilb*
niS oon if)m t)erüorgel)t, an baS bamals gc=
rabe aufgef)cnbe neue ©eftirn ber 51ntmerpc-
ncr Sdmle, an ben jungen 9iubcnS, anfd)loß.
Xiefcr War 1598 als greimeifter in bie Witt*
Wcrpencr SufaSgilbe aufgenommen morben,
Womit er erft bie Bercd)tigung erwarb, fid)
Seljrlingc unb (Gehilfen in feiner SSerfftatt 511
galten. 2tber fcfjon im 9flai 1600 ging
SftubcnS nadj Italien, \oo er ad)t 3iib,re
blieb. Xcmnad) muß" bie Scl^ei! $)aoib
SenierS' in bie 3af)re 1598—1600 gefallen
fein. Um biefelbe 3eit wie Gubens fdjeint
auef) er nad) Italien gegangen ju fein, baS
ben Sfteiftern ber füblidjcn ^ieberlanbe nod)
m in bie Sflitte be§ XVII. ^a^rl)unbcrt§
l)inein al3 bie l)ol)e ©d)ulc ber ®unft galt.
So oiel wie 9tubcn3 braute er au§ bem
gelobten Sanbe nierjt l)eim. 51ber er empfing
bocl) einen entfe^eibenben (Sinflufj, inbem er
in 9tom bie Befanntfcfjaft be§ beutfdien,
au§ gmnffurt gebürtigen SKeifter^ 5(bam
©l^eimer macfjte. tiefer malte jumeift
üeine, forgfam burd^gef üb,rte , burc^ reiche
Färbung au§gejeicf)netc Sanbfcb^aften, bic
er mit Scenen au§ ber ^eiligen (Gefc^ic^tc
ober ber griec^ifdjen äl^t^ologic belebte. %n
feiner s21rt malte Senier^, nadjbcm er in
feine Batcrftabt gurüdgefe^rt unb bort 1601)
al§ äMfter in bie Su!a§gilbe aufgenommen
War, ebenfalls Sanbfd)aften mit m^tljologifc^en
Figuren, oon benen fid) noeb, einige mit ^sinio
unb Jupiter, mit Stymöfyen unb Satont,
mit 9Jcerfur unb Slrgu§, mit Bertumnus unb
^ßomona in ber faiferlic^en ©alcric 51t
SSien erhalten l)aben, baneben aueb^ Sanb*
fcfjaften o^ne Staffage, bie meift Wilb*
rornanifc^c Sccnerien, fclfige (Sinöben unb
.s>öl)len wiebergaben. Slud) große ^irc^cu^
bilber f)at er gemalt, bie anfangt ben ©in*
flufj ber itatienifc^en 9#ciftcrunb (Slöfjeiincrö
beutlic^ erfennen ließen, fpätcr aber meljr ber
^td)tung oon föubcnS folgten, o^ne üd) jebodi
Weber burd) bic Sfompofition nod) burd) bie
^lu^fü^ruug folc^cr $ircf)cnbilbcr befonbeve
fünftlcrifc^c BcrDieuftc 51t erwerben. ®id
oerbienftüdjer unb intcreffantcr ift bic (>kuppc
feiner Bilber, bie mit benen feines größeren
3ol)nc3 ücrwanbt finb: Spuf* unb bereit
gcfdjidb.tcn, 2BirtSftubcn unb Baucrnbc-
(uftigungen. S3ir fe()cu barauö, 'bafi £)aoib
JcnicrS ber Batcr fowobl aU Slolorift,
b. b,. alfo alä Dealer im eigentlichen Sinne,
als t)infid)tlid) ber s^l)antafie unb be8 -Heidi
tuinS ber (Jrfinbung unb ber Scbenbtgfeit
ber Äompoiition, mit feinem 2ol)itc nid)t
ücrglidicu werben fann, obwol)! biefer fein
8
Sdjülcr gemeint ift unb anftfjcincnb mit
feinem Sater, ber erft 1649 ftarb, lange
3eit jufammen gearbeitet Ijat. SluS biefcm
©runbe ift eS freilicr) fcr)tüer, bie Silber
ber beibcn Mnftler, gumal ha fie fid) gleicher
Scäeidjuungen bebienten, ftreng auScinanber
gu fjatten. @3 täfjt fid) nur im allgemeinen
fagen, bafj bie Silber bcö SaterS im £on
grauer unb minbcr fein als bie bcS SofjneS
finb, bajj aud) feine XarftcHung nidjt fo
lebcnbig ift.
Xaüib SenierS ber ältere t)atte fid) 1608
mit Xtymfna ©orneliffcn bc SBilbe, ber £od)ter
eines SdjiffSfaöitänS, öermäfytt, unb biefer
@t)c cntföroft unfer $enierS, ber am 15. $e=
jembcr 1610 in ber St. ^afobSfircfjc getauft
mürbe, bcmfetben ©otteSljaufe, mo breifjig
^aljrc föätcr berGrofjmeifter ber2lnttöeröener
Schule feine le£te 9tut)eftätte fanb. Dbtt>ot)l
bcm alten XenierS öon feiner Gattin brei
Käufer unb mehrere Renten in bie @t)c
gebracht morben maren, gereichte iljm biefe
Mitgift nicfjt jum Segen. Sdjon im nädjften
3>af)re mufjte er bie Käufer inieber ju (Mbc
machen, unb ba feiner (£lje nadjgerabe fünf
Sötjnc unb eine Xodjter erblühten, geriet er
immer tiefer in 9tot unb Sd)ulben. 3tt>ar
taufte er im ^at)re 1615 mieber brei Käufer;
aber er mar genötigt, fie balb fo fdjmer j$u
belüften, bafj er in ^ro^effe geriet, unb fcb,on
nadj menigen 3>ab,ren mufjte er bie Käufer
öeröfänben, um bareS ©clb in bie £änbe
3u bekommen. Sdjliefilid) öerüfänbete er
aud) feine Silber gegen r)ot)e ,8infen, unb
bo aßeS nid)tS f)alf, naf)m er feine gufludjt
jum Setrug, inbem er eine neue §t)öotb,et
tief), mobei er bcm $>artef)er öerfdjmieg, bafj
feine Käufer bereite überlaftct mären. $>ie
Sad)e fam an baS £id)t, unb XenierS mufjtc
inS Gefängnis manbern, luäfjrcnb fein Sefif}'
tum gerichtlich öerfteigert murbc. ^n biefer
trüben $eit erfcr)etnt ber 9came bcS jüngeren
XenicrS jum erftenmal in ben Urfunben,
einmal atS$euge Bei einer unUHdjtigen \'(n
gclegenfjeit, bann am 25. ^uli 1629 bei
einem 93efuct), ben ber 2o()n bcm Satcr im
2teen, bem Wntmeröencr Strafgefängnis, ab»
ftattetc, um üon if)tn eine Sotlmadjt gu einem
neuen £>anbel 5u erlangen, ber ben SUteit
auS feinem Werter befreien follte. Salb
barauf fcf)cint XcnicrS ber Sater mieber frci=
gefommen ju fein; benn am 17. Februar
1630 mietete er baS .fwuS ju ben brei
glommen auf ber l'ombaarbeöeft. Xann
tljaten ficf) bie 3ö()ne, öon benen aufjer
unferem Xaöib noct) amei anberc SJcaler gc=*
morben maren, ^ufammen unb fertigten fo
öiele Sööien unb Silber an, bafj it)r Satcr
bamit am 16. 3>onuar 1635 auf bie SJceffc
uon 2t. ©ermain jiel)cn tonnte, ©r machte
bort fo gute ©efdjäfte, bafj er fortan nidjtS
mefjr mit ben ©engten ju tf)un bcFam.
SiknigftenS icirb fein sJcame bis ju feinem
£obe nidjt meb,r in Serbinbung mit einem
unangenehmen Erlebnis genannt. Slucf) mag
ber macfjfenbe SBo^lftanb feiner Söfjnc, \m
befonbere bie üorteil^afte^peirat feinet @ol)nci>
Xamb, ber ^ot beä geplagten SaterS ein
©nbe gemacht Imben.
SBann ber junge Xenierä al§ üeb^rling
bei ber Sufa^gilbe angemelbct morben ift,
barüber fdjnmgen unfere Cuellen. Siellcicfjt
mar er auef) alö SOieiftcr§fof)n biefer Oförm*
lic^teit überhoben, ^^enfoßö mu| er ein
frühreifes Xalent gemefen fein, ha er fdjon
im Sitter üon aa^tjeljn ^al)rcn fo meit fertig
Joar, ba^ er ein fo tücfjtigeS, tecr)nifct) ge*
bicgencS SSert mie fein b^alblebenSgroBeS
3elbftbitbni<o juftanbe bringen tonnte, baZ
fid) frütjer in ber ©alcrie ©cfcll in SBien
befanb. Surje $dt barauf entftanb ba9
Silb in ber (Valerie Scb^önborn in SBien,
meines einen ©eleljrten in feinem ©tubiep
^immer barftellt, bem ein öon hinten burd>
bie £t)ür eintretenber Wiener ein Schrift*
ftücf überbringt (f. Slbb. 1). %n ber &{<$)*
nung ber Figuren madjt fieb noeb^ eine ge*
miffe Unbeb^olfen^cit bemerflicb^, bie an bie
21rt beS SaterS, überfjauöt an bie ältere
Generation ber Stnttüeröener SDcater erinnert.
Slber bie ©Ijarafteriftif bcS üugen ftopfeS
ift boeb^ feb^on ungemein geiftreief) unb fein,
unb in ber liebcöoffcn Xurd)fül)rung aller
©injelr)eiteii t)at ber junge XenicrS bereit*
eine Sorgfalt entmidelt, bie an bie Stoff»
maleret eines StiMebcnfünftlerS erinnert.
2tn SJcobcflen ju foldjen ©clel)rtciiftubcu
Ijat eS ib,m in Slnttocröcn, bem «'pauptime
ber gelehrten Stubien in ben fübltdjcu
^roöinjen ber 9cicbcrlanbe, bcm (icutnim
beS Surf)brurfcS unb Sucb,b,anbcl3, ntdn ß«
fel)lt, unb baß er l)ier tein s^liantajtcgebilbe
gefeb^affen, fonbem bie SSirtlicb^fcit getreu
foöiert ^at, betoeift bie f)od) oben auf bein
Süd)crfd)rantc neben anbercn^lutifcn ftcbcnbe
ucrflcincrtc Scadibilbuug ber üaofoongruööc,
bie bamalS fic^erlicb; nod) ju ben anti»
quarifd)cn Seltenheiten gehörte.
<)
üftod) eine geraume $eit l)iclt jid) bcr
junge £enier3 mit feinen $>arfte(Iungen in
ben .Streifen ber guten bürgerlichen ($efell=
fdjaft, in ber e3 freiließ oft genug ebenfo
luftig juging toie in ben Slrinfftuben ber
dauern, in benen ber ®ünftter fpäter (Sin*
fef)r |ieft. (Sine Steige oon iöilbem biefer
$Irt fdjitbert un§ folerje luftige @5efeUfcr)afteu
unter biblifdjen ober aUegortfcljen 2)eüifen:
einmal ift e§ ber oerlorene Sofyn be§ (£üan=
gelium£, ber unter Xirnen fein üäterlid)e§
(Srbe üerpraßt, tote 3. 33. auf einem $ilbe ber
fo ööttig uerfcfjuünbet, bau fic bem unbe-
fangenen iöefrfjauer gar nicf)t einmal jur
(Smpfinbung fommt, fo f)aben audj bic
^arftcflungen auä ber ®efd)id)te be§ üer-
lorenen 3ol)ne§ gan^ unb gar nict)t§ iötbti-
fdje3, jumal ba fie aud) nur üppige ®e=
läge mit gepugten kirnen fdjilbern. 9tm
@nbe biefer 9teib,e üon ©emälbcn ftcfjt ein
oon 1634 batierteS 23ilb be3 berliner
9Jlufeum3, ba3 jtoei junge s#aare bei einer
^alUjcit barftettt, bie burd) ©efang unb
SDhtpf getoürjt toirb (f. Stbb. 4). Dbmol)t
21&D. 4. ©efeUjcfiait beim Wafilc. 3m fiönigl. SJlufeum ju Berlin.
(Ilad) einer ^otograpfjie oon %t(nv3 .panfftäußl in TOündjen.)
9Jcünd)cner s$tnafotfjcf (3tbb. 2), ein anberc3
Wlai bie ^ßerförperung ber fünf Sinuc
burd) fdjmaufenbe, trinfenbe, mufijierenbe
unb einanber tarefficrenbe Ferren unb
tarnen. 3)a§ fd)önfte 93ilb biefer gmeiten
Gruppe befinbet fiel) im 9Jcufeum ju Trüffel,
ba3 für bie üert)ättni<omäf3ig geringe Summe
oon etma 30000 grancä in ben 33efi|
biefer ^utoetä gekommen ift (f. 5Ibb. 3),
mä()renb ber $ürft 2)emiboff für ein äl)n*
UcfjeS, aber fünftterifrf) nidjt auf gleicher $öije
ftef)enbe§ »üb 132000 granc§ bejaht l)at.
23ie f)ier bie 2lbfid)t atlegorifdjer £arfte(lung
l)inter bem unmittelbar au§ bem Öeben gc«
griffenen 33ilbe einer frbljlidjen ®efeltfd)aft
biefe Silber äufjertid) burd) i()ren bräun*
tid)en, nod) nidjt burd) lebhafte Sofalfarben
unterbrochenen ©efamtton nod) mit bem
alten £enier§ unb feinen 2llter3genoffen
5ufammen()ängen , enthalten fie bereits
mehrere Büge, bie auf bie fpätere @nt*
midelung be§ jungen £enier<§ beuten, gaft
auf allen biefen Silbern fiebt man §ierlic£)e
Sotognefer £ünbd)en unb vtffd)en, ba3 be*
liebte lebenbige Spielzeug ber tarnen, baS
in feinem üorncljmen §aufe ber reid)en
^anbcBftabt, bie bamalä fd)on einen leb-
haften Import oon crutifcf)en SJSffonjeit,
Sieren unb Paritäten betrieb, festen burfte.
Sing biefen Slffenftubien l)at fid) ber ^aro-
10
bift cntmitfeft, ber 3uerft in bev föunft Stffcit
als 9cad)ab,mev mcnfd)tid)ev £mnticvungen
unb Slunftfevtigteiten Povfüfyvte, oijnc bamit
eine fativifdje, für bciZ 9)cenfd)engefd)lecf)t
befdjämenbe 2lbfid)t 3U Pevbinben. Smmcv
lüivb ein 90115 befonbeveä (#eund)t auf bie
fuvgfältige SBiebevgabe bev C£fjgefd)irre, bcv
Svinlgläfev, Ärfige unb Äüdjcngeväte gelegt,
bie bisweilen 31t Stilllcbcu gruppiert loevbcn
unb buvd) if)ve faubeve £>uvd)fül)vung ben
foloviftifcfjen ©inn bes SöefdjauerS befonberS
s-öcvtin in bcv breiteten malcvifdjcn !öe*
Ijanblung nnb in bev bevbeven Gfyavattcviftif
bev ttöpfe etwas abweicht, beuuodi innerhalb
bev nur wenige %cd)\x (etwa 1630 — 1634)
umfaffenben gvüb^cit entftanben finb, ergiebt
fid) aud) aus bem Umftanbe, baft auf allen
biefctlicn ÜDlöbet, ©erate unb ©cfäfje ev*
fdieincn, befonbevS bev d)avatteviftifd)c, vunbc,
immer gfeid) gebedtc 3:ifcr), beffen gefdmit.Uev
Sufj aus üiev $)elpt)inen gebitbet ift, bev
metallene SSeinfü()Iev mit ben beiben
2IM. 5. Sic Welbmecfj^lcr. 3n ber ^ationalgalcrie ju Üonbon.
Cftad) einer Driginatpfjotograpfyic öou $)raun, Glemcnt & Gte. in Sornncfi i. ($. unb ^ariä.)
reijen. |>iev finben um* bie Seime ju ben
fpäteven Sffidjenftficfen beS SJiciftevS. ©nblid)
untcvläfjt ev cS faft niemals, an ben SBänbcn
ein Silb anzubringen, bas tvoö beS nun»
^igen $ovmatS fo fdjavf djavanevifievt ift,
baß man faft iiitmcv ben (Sd)öpfcv beS
Originals erlernten fann. Sftcift finb es
Silbev feines SßatevS, bie Jcuicvs pietätuoll
unebcvgcgcbcn t)at. (5s lüav bie cvftc Ülumg
in jenev ftunft, bie etwa fünfjcfjn ~\abvc
fpätev in ben bcvüljmtcn öalevicftüdcn ifjrc
l)öd)ftc Stute entfalten fällte.
$afo biefe 23ilbcv, obwohl bas ÜDcün*
djenev 53üb üon benen in 83vüffel unb
^lafdjen, bie feinen ucncjianifdicn ©läfev,
bie ^edctfvügc unb bie mefftngenen, mit
Viditevn befteefteu Kronleuchter. Jyüv jtoei
biefcv 33itbcv, bas äRünetjener unb bas
^Berliner, giebt es cublid) nod) eine aufjeve
Beglaubigung füv if)vc jeitlidie ^uiammen-
ge()övigteit. Beibe tragen näinlidi bie
SfcamenSbejeiäjnuug bes ftünfileri in biefer
fiovm: D. TENIER. Sie 3d)vcibavt bev
sJiamcnS of)nc S finbet fid) aber nur auf
ben Silbern ber Arülueit.
Scniers Ijat bie Ö5cfer)icf)te beS Verlorenen
2ol)ue* aud) in fpäteven ^abren nod) gern
bel)anbclt. Dann bat er aber ben 2d)au
11
p(a£ ber #anMung immer tnä gretc öer- bereits bic $M)rfcitc ber 9Jccbaüte: jenfeite
legt, um bic 33e(}ie()ungen auf bog ©IcidjniS eines gtuffeä frtict ber öcrlorcne 2iu> öor
be3 (Soangcliumg noef) bcutücfjer gu machen, einem Stfjmcinctrog.
fo 5. 33. auf einem trefflichen, öon 1644 33ei einer folgen rein genrefjaften Stuf-
batierten «übe im Üouörc 3U ^ari§, mo faffung btbüfetjer 9Jcotiöe ift c3 crf(ärtitf),
B
09
ber ücrlorcnc 2ob,n mit gmei kirnen an
einem -£ifcf)c öor ber £()ür eine§ (anbüken
2Birt3t)aufe3 fcf)(emmt, n)är)renb eine arme
$rau öergcben§ um ein Sttmofeu f)cifcf)t.
©in Wiener bringt Söeifen b,crbei, unb jtoet
SJcujifanten machen bic £afe(mufif. ^m
«pintergrunbc ber 2anbfd)aft fteljt man aber
baß man bie 23ebcutung biefer 9(rt tum
93übcrn lange $eit üöHig öerfannt f)at.
(£in frangöfifcfjer Stecher be§ 18. $af)r-
I)unbert3 ()at ba$ 23itb fogar unter beut
iitet „£>aöib £enter3 unb feine gamiüe"
geftodjen.
$ener erften Beit be3 ®ünft(er§ fcfyeint
12
aud) ba§> 93ilb ber l'onboncr 9tationalgaleric
an3ugel)ören, baS in einem nur fcfjiuadrj öon
einem I)odj angebrachten genfter beleuchteten
Gkmad) einen ÖktbroedjSler mit feiner grau
barftedt (f. 2lbb. 5). @3 tft baS alte 9Jcotiü,
oaS fyunbert 3>al)re üor SenierS burd)
Quinten 9Jcaffi)3 in bie Sttobe fam. Slber
rote f)at eS JenierS maferifd) Verfeinert!
2Bie oiel tiefer fjat er bie beiben SJcenfdjen
djarafteriftert! 28ie biet braftifdjer l)at er
bamit l)at er aud) bie Art feiner malerifdjcn
3)arftctlung gerocdjfeft. SSic ift biefer faft
ptö|ticf)e Llmfdjroung ju ertlären? 3)en
alten niebcrläubifdjen Mnftterbtograpt)en,
bie ifjre Mnftlergcfd)id)tcn aus rocnig SBaljr*
b,eit unb öiefem SHatfd) äufammenftctlten,
ift biefer Umfdjroung aud) nid)t entgangen.
©ie Ijaben fid) aber fdjnett 5U Ijelfen ge-
mußt. 2)er eine er3äl)tt, ba^ ber junge
£enierS fdjroere 9Mt)e f»atte , feine Silber
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9(bb. 7. innere* einer 2orffnei»e. 3u ber alten *ßinafott)ef in 3Jlünd)cn.
(9tatf) einer s^f)otograpf)ic «on ftremis £anfftäna,l in TOündjen.)
in bie beiben faltigen ©cfidjter bie Spuren
ber unerfättlidjen ($ier nad) ®olb einge=
graben!
5)as %cit)x 1634 bcjeid)net nid)t im
geben, aber in ber ftunft bcS ÜJJteifterS einen
Söenbepunft. 2ßät)rcnb fid) ba% ermähnte
93itb ber ©erftner (Valerie nod) üütlig in
ber alten SKanier beroegt, jcigt ein in beut*
felbcn !3af)rc gemaltes 93tlb ber äftann$etnter
(Valerie, eine ibaucrngcfellfdiaft in einem
2öirtSl)au3, ein üöllig öeränberteS (ftcfidjt.
@£ ift eine anberc 21tmofpl)äre, in bie uns
JenicrS f)icr 511m crftenmalc einfül)rt, unb
31t üerfaufen, unb baft er fid) barum ent-
fd)tof?, feine Spanier 31t änbern. anbete
beridtfen, bafj er nod) einmal bei bem genialen
$)arftcller beS ©onern- unb .Slneipcntebeus,
bei Hbriaen Summer, in bie Sefjre gegangen
unb bnrdj beffen Untcrroeifung 311 einem
üöllig neuen Stile gelangt fei. dagegen
f)aben fid) mit föcdjt nun roieber bie Ur
funbeuforfdier nnferer $eit aufgelehnt, roeil
fie aus ben Siftcn ber Wntroerpener Bufaä
gilbe nadjrocifcn tonnten, baf? SBrouroer in
bem 3afjre 1631 auf 1632 als Oteimeiftcr
aufgenommen roorben mar unb bafi bem
13
jungen £emer3 bie gleite (Sljre ein %afyv
foäter 5u teil ttmrbe. SDer 2eb,rting öon
gestern lann bodj nicfjt morgen fdmn felbft
SÄetftcr fein'? Unb bod) ift e§ fo getoefen!
Sttcm mu| nur neben ben gunftregiftem
aud) bie SBerfe ber eingetragenen SOJetfter
ftubiercn unb aujlcrbem nodj anbere litte*
rarifdje Guetten 3U State gießen.
3n ber £t)at Imt UZ plö&Kdje auf-
treten Stbriacn 23rounier3 in ber ®ünftler=
SBett gefommen ift. @r fear atfo ein staute
öon ©eburt, unb ba§ ift er a(3 SJcenfcb,
unb 9Jcater bi§ an fein frütjeä @nbe ge*
blieben, menn er fid) aud) mehrere 3al)re
in Slmfterbam unb ^martern aufgehalten ljatt
Wo er granä |>al§ in feiner btüljenben
®raft antraf unb fidj ilnn anfdjtof?. ®§
iüaren gmei burd)au<§ gteidjgcftimmtc Naturen,
bie ftc£) im äftaten unb im Jrinfen nichts
nachgaben. 2Ba3 Sörouroer in Chartern
■ m
216b. 8. ®er 3eitung8te|er. 3n ber Äaiferl. ©alerte 31t SBicn.
(s3Jac^ einer $potograpl)te uon 3- 2ött)ö in SBten.)
fdjaft 2(nttüerpen3 einen feljr ftarten unb
tiefen ©inbrud gemacht, unb nidjt blo§ bie
Äünftter, fonbern audj bie 93el)örben fjatten
mit if)m üiel ju tfjun. ©ein ®ebut in
Antwerpen mürbe baburd) einigermaf3en
getrübt. @r mar, roie mir im ^ßoligeiton
unferer £age fagen, ein fer)r unguüerläffiger
®antonift, unb für bie ®unftgefd)id)te ift
er e3 eigentlich f)eute nod). SJcan Ijatte
tön lange für einen £)oHänber, b. b,. für
einen 9liebertänber au§ ben nörblidjen ^ßro*
üinjen, gehalten, ^e£t b,at fid) aber l)erau3=
geftellt, ba$ er in einer ber füblicb,en $ro*
tunken, mab,rf djeintieb, in Oubenaerbe, gur
gelernt blatte, bradjte er nadj 2(ntmerpen.
Unb e3 mar nict)t§ ©eringe§! %n menigen
SJionaten blatte er fid) bureb, bie tjinreiftenbe
(Genialität feiner nid)t3 meniger aU gesitteten
SDarfteUungen au3 Ijottänbifdjen unb bfämi*
fdjen SBinfelfneipen unb au§ noeb, fcb/limmeren
©petunten eine geartete Stellung unter ben
Slntmerpener ^ünftlern unb ^unftfreunben
errungen, obmob,! feine Seben^meife burd)*
au3 ben Orten entfprad), au§ benen er bie
SDcotibe j$u feinen übermütigen 93itbd)enb,ofte.
Selbft ein 9ttann mie 9tuben3 üerfdjmäfjte
e§ nierjt, fidt) mit ilmt eingulaffen, unb er
laufte il)m fogar nacb, unb nacb, faft anbert-
14
e§ muf? ein „fibelcä
Qtefcingniä" gemefcu
fein — macfjte er
500 Bulben (nacf)
unf crem ®elbc 8000
9#arf!)©d)u(benfür
leine Verpflegung.
3>a§ erflärt fid) ba*
burd), bafj ficf) inner*
(jalb ber geftung eine
befonbere Säcferci,
eine Brauerei unb
— ü>a3 bic §aupt*
fadjc war! — eine
Sßcin* unb Sicr*
fneipe befanb. $((§
er bann auf i8cr-
iuenbung einfluft*
reicher ©önncr feine
greitjeit nneber er*
l)telt, muffte suerft
ein guter greunb
feine @d)utben be*
jaulen.
9(nbicfen9ftann,
ber tro|3 folcfjer üb*
ten (Srfaljrung bi§
an feinen fdjon im
3at)rc 1638 erfolg*
ten £ob ein unüer*
beffertidjer Srinfcr,
Spieler unb Sdntl
ljalb $5u6enb Silber ab, Weil ber grofje bcnmacfjer blieb, fdjlofj fid) ber junge £cnicr3
SJccifter mit ferjarfem Süd ben genialen um ba3 Sa^r 1634 an. 5ln ein totrfftdjeS
gunfen erfannte, ber au§ biefem SIbgrunbc 2el)rt>crl)ättni3 barf man babei nid)t beuten,
tieffter Seriüorfenljeit aufbiigte. 9?i<f)t lange SDenn £enier3 mar ja fd)ou felbft Sftcifter,
erfreute fict) Srouloer biefer angefeljenen fonntc alfo bei einem aubercu nid)t alö 8eljr*
Stellung. $)enn fdjon ein %afyv, nacfjbem ling eintreten. 3ubcm loärc bieä bei ber
er als SJteifter in bic i^ufaSgitbe aufgenom* mifjlidjen Scrmögenälagc Srourocrä ctlnaS
men mar, fafj er als Staatsgefangener auf fdjuncrig geroefen. $)enn fdjon feine geit»
ber 3cftung üou Slntluerpen, bie fieb, in ben genoffen eraäljltcn oon Sroumcr, baf? er feine
.fränben ber fpanifdjen Sefagung befanb. Silber meift in bcrfelben 3d)cnfc gemalt Ijättc,
2Ba3 er eigcntlicr) begangen blatte, ift noeb, bic er barauf in allen il)rcn fdpttttfeigen
nieb^t genügenb aufgeflärt morben. (Sä ift ©injeüjciten barfteHte. 3n cm^ folcbjeu
jebod) mal)rfd)ein(icl), oa$ er in jüngeren £aüerne wirb aueb, ber junge SenierS, ob»
fahren auf feiten ber .^oHänbcr gefämpft rcoljl er gemofynt war, in beffercu .Streifen
unb an ber Belagerung üon Srcba teilgc» 3U üerfefyrcn, bic Sefanntfdjaft bc3 genialen
uommen t)at. (Sin unt>orficb,tige3 SSort, üöcanncä gcmad)t Iwben, um ifym bic ®c-
t>icl(cid)t aud) eine ^raljlerci beö ftünftlerö fyeimniffc feiner ®unft al^ulcrncn, mit benen
mag bic ©panier ucranlafrt Iwbcn, iljm Sromucr felbft bie größten 9Jtciftcr ber 5lnt-
cinen flehten Xen^ettel )tt geben. Xenn merpener Schule jur föodjadjtung unb Sc*
attju ferner ift il)m bie $aft nid)t gemacht munberung gejmungen fyatte. Ta SenierS
morben. 2öäf)rcnb ber ^clm Sftonatc näm- minber genial unb felbftänbig, bafür aber
lief), bie er auf ber 3teftung jubracfjtc, — ein fdjmicgfamcrcr unb üiclfcitigcrer ®ünft*
2lbb. 9. ;Hut)cftunbe. 3m iRetcfjämufeum ju Slmfterbam.
(Wad) einer Shtfnaljme öon $. 5- Oelridjg im §aag.)
15
ter mar, gelang e§
if)m batb, }id) bie 2trt
Sörouluerg anguetg^
ncn. $on 3ta|r 5"
3afjr folgte er ber
weiteren ©ntlüide*
tung feinet SSorbtt-
be3, fo bo^ feine in
ben 3al)ren 1634 big
1638 entftanbenen
3Sirt§t)au§bilberba§
(5cf)o Sörouwcrfcfjer
ftunftfinb. ©ieäRo-
tiüe ber ®ompofiti=
onen, bie £twen ber
Figuren, ifyre üer=
fniffcnen unb bi§ gur
ftarifatitt üergerrten
^eficrjter^irjreStract)^
ten, ib,r (Gebaren,
bie tjatbbunften,
fetterartigen Zäunte,
bic barin enthaltenen
WöM, ®erätf Sof-
ten, ja bie gange,
tion £aba!3raucfr, er*
füllte 5ltmofüt)äre —
alle biefe unentbetjr*
liefen 33eftanbteilc
cine§ ÜBrouwerfdjcn
©cmätbeä fefjren auf
ben Silbern bc§ ge*
leljrigen @d)ü{er3
mieber. 2tucf) ba§
auf einen tiefen, füt)t
grauen £on gc*
ftimmte Kolorit, bie
fräftig beefenbe, malerifdje 33el)anblung unb üorfitfjtiger 9ftann flebte er nidjt fo feft am
ba§ fette $luffe£en ber fjetten Sitfjter ent* @toff, an feinen Lobelien unb ifjrer Um*
fprecfjen fo genau ben legten S^en gebung, bafj er Wie Sörouluer im ©umpf
93routoer§, bafj man fiel) nicfjt ttmnbern fteefen blieb unb unterging. @r mar immer
fann, bafj mandje ®emätbe öon SenierjB in §err feiner felbft, unb nodj lange naef)
ben Valerien ben tarnen „33rouU)er" tragen. 33routt>er3 $obe, al§ biefer tiietteitfjt fdmn
(Srft in ber neueren 3eit ift e3 bem ©cfjarf* oergeffen ober burefj ben alle übrigen 91nt*
bfief ber ©peciatforfdjer gelungen, bie Unter- merüener ($enremaler überftratjtenben 9iuf)m
fdjiebe feftguftellen, bie bie SSerfe be§ £enier§' üerbunfett morben ttmr, matte biefer
9cacfmt)mer§ öon benen feinet Sßorbitbe«? immer nodj Sftteipfcenen unb 2öirt§b,au3*
trennen. ftuben in ber Strt 83rouiüer§, tneit feine
2öa§ Sßroutuer, ben nur bie bitterfte ©önner banacl) oerlangten. (Sie tjatten einen
üftot unb ber Ijärtefte Btoang gum Scalen anberen ©efcfjmad:, at§ ber im ^erücfenftif
trieb, an ®neipenbifbem, an Stauchern unb groftgeicorbene, immer auf Steigen ftfjrci*
Srinlern ber üftadjtoelt gu menig l)inter= tenbe Sonnenfönig Submig XIV, ber ein*
laffen l)at, r)at £enier3 in feinem langen mal, al§ man if)tn foldje Sßirtgfjauslntber
Seben reidjtid) erfe^t. 3(13 mofjlergogener, üon £enierä üormieS, in bie entrüfteten
9106. 10. Ser 3Jaurf)er. 3m *)ßriöatbefitj ju ^ßariä.
(Mad) einer ßriginalöljotoarapfne öon Scann, SIement & (Sie. in Sornad) t. ©.
unb s4*ari§.)
16
Söortc auäbratf): „Otez-moi ces magots!"
„Schafft mir biefc Slffengefidjter fort!" Unb
fie fjabcn mirflidj ctwaä öon t)tn Slffcn=
menfd)en, bie bic neuefte 9laturforfcf)ung
fonftruiert f)at. ©3 finb ÜDcifjgcburten an
Störöer unb Seele, unb felbft ba3 „(Swig
SSciblidje" föielt in biefen ®neipenbitbern
oon Senierä — Srouwer wollte überhaupt
nict)t^ bauon wiffen — eine fo flägtidje
hingen, einen Weiten Iwri-jont ju gewinnen
unb ben Sinn ibrer Sefer fo über tai
Stoff ju ergeben, hci$ ber ©ebilbetc fiel)
banac^ gewöhnt l)at, jebcä ®unftwerf auä
ber Beil feinet (£ntftel)en3 , ou§ ben ba*
maligen Sitten unb geiftigen Strömungen
•ju erflären. jDarum bebürfen ioir fetner
weiteren (Sntfdjulbigung, wenn wir einige
ber 3Sirt§fjau3fcencn unfereS ®ünftler3, fo
9lbl>. 11. Sic töaudjer. 3n ber alten <ßtnarotfjet ju «miindjeit.
Cilaä) einer SßfjotograMic »on granj $anfjtäna,l in Wünrfjcn.)
SRottc, bafj e§ einem SJcenfdjenfrcunbc,
beffen Seele nur \)im eblen Gefügten bc*
l)errfd)t Wirb, nicf)t ju oerbenfen ift,
wenn er tior folgen Sdjilbcrungcn tieffter,
incnid)(id)er (Srnicbrigung trnuernb fein
•Vmnpt oerbüllt. Wber bie üftatur Ijat
bem menfdjticfjcn Öteift jum ©lud eine
Mitgift gegeben, bie audj üfttebrigfetten
unb Gemeinheiten mit einem leichten poe*
tifcfyen Schimmer oerffärt unb fie baburd)
wenigftens für bie ®unft erträglich mad)t:
ben £umor. 3" nenefter ;}cit ift e§ aueb,
t^tn Semi'tfjungen ber Siunftfjtftorifer ge-
Wic er fie gefdjaffen Ijat, in 5lbbitbungcn öor»
führen. @3 ift nur eine Heine 5lu§Wal)f;
benn $cnier3 f»at über hnnbert fold)cr Silber
gemalt, oon benen faft alle öffentlichen ($a=
lerten groben aufjuweifen l)abcn. Sine cd)t
SrouWerfdjc ©eftalt ift fajon ber Xubclfacf*
Pfeifer auf bem ÜJttündjcncr Silbe mit bem
jungen ^raffer (SIbb. 2), unb bic ber alten
üüftagb, bic mit wohlgefälligem Sdjmun^cln
eine ^Saftete auf ben 3ftfc§ ftellt, bereitet un§
nod) mcljr auf bic ®cfctlfd)aft oor, bic
fortan auf ben Silbern Xcnicrä' bic £)aupt*
rolle fpiclcn fottte. sJJäd)ft bem 9Jcannl)ctmcr
17
SBouernBübe finbcn mir ben (Sinflufj 93ron»
tt>er3 befonbcrä ftarf in einem s-öi(bc bc§
s3rabomufeum 51t Sftabrib ausgeprägt, auf
mcld)em cinc§ jener ü(ämifcf)en SßotfSfcfte bar=
geftettt ift, bei benen fiel) ba$ (ebenätuftige
ba§ 93of)ncnfcft genannt, loci! ber £aupt*
fpaft be§ $eftc§ barin beftanb, baf; in einem
großen ®urf)en, bem ®önig§fudjen, eine 93of)ne
tierbaefen mürbe. 2öer Beim Verlegen be§
Hucken» ba§ Stücf mit ber 93ot)nc erhielt,
Jcmücrament ber marmbtütigen tarnen ber
ungebunbenften Völlerei in £rinfen, &<fymavi*
fen unb $arefficrcn fyingiebt. (2166. 6). @§ ift
ba§ geft am SSorabenbe ober am 5(benbe be§
CTagc» ber ^eiligen brei Könige, ber fogc-
nannten (£m>()ania§, im $olf§munbe fur§meg
SRojenberg, Ecnicrä.
mürbe für ben Stbenb gum ®önig au3ge=
rufen, bem alle übrigen £ifcf)genoffen ge*
b,orcfjen unb fjulbigen mußten, ber aber
anbrerfeit§ meift bafür gehalten mar, bie
3ed)e ju besagten. <2o oft er baä ($tfa§
3um £runf an ben 9ftunb fefcte, erb,ob bie
2
18
Safclrunbe unter fomifdjcn ©(jrcnbcscigun*
gen ben 9iuf: „ber Völlig trinft!" uub
einen foldjen feicrlidicn Slugcnblicf f)at
JcnierS 3um ©egenftanbe feinet 53ilbc3 ge=
madjt. $cr Sdjauplajj biefeS ©clageS ift
aber nid)t, toie man e§ auf äfmlidjcn Silbern
üon J^afob ^orbaenä unb San 3teen 3U»
meift jierjt, bic gute 3tube eines lvol)U
Ijabcnbcn WirgerfjaufcS, fonbern bciZ raudjige
innere einer SBorftabtf neipe , in ber fidj
il)r getDöfynlidjcS 3tammpublifum, $anb*
merfer unb üöaucrn, in auSgelaffcncr grob/
lidtf'eit 3ufammcngcfunbcn fyabcn. 2(ber eine
fotcfjc 2ltmofpl)ärc reiste bamalS gerabe ben
malerifdjcn Sinn beS jungen JenicrS, ber
feine ganje ®raft baran fefcte, eS feinem
genialen SSorbilbc 33routr>er gteid)3utb,un,
unb in ber 2b,at ift er tfmt auf biefem
S3ilb rocmgftcnä in ber £cbcnbigfeit ber
3d)übcrung, in ber tcmperamentüoHcn 2tuf=
faffung unb in ber geiftreidjen (Sfyarafteriftif
befonberS nafye gclommen.
SSon ben übrigen SßirtStjauSfcenen unb
ätjnlicrjen ^nncnraumbarftdlungen, bic unfere
Slbbübungcn roiebergeben, fteljen ber 23rou=
merfd)en Strt am näcfjften baä innere ciner
Sorffneipe in ber 9ftünd)cner s$inafotf)ef
(f. Slbb. 7), ber geitungStefer am Stamm
in ber faifertidjen ©atcrie 3U SSien (f.
Wbb. 8), bic 9tu()eftunbc im 9ieid)3mufeum 311
Slmfterbam (f. VLbb. 9), ber SRaudjcr im
$riüatbcfi£ 3U SßariS (f. VLbb. 10) unb bic
mit ber 3ab,reS3ab,t 1650 bcjcidinetcnSRaudjcr
in ber äRfindjenex ^Sinafotljef (f. 8U>6. 11).
3o tauge nrirfte ber (Einfluß SörontnerS im
grofjcn unb gan&en nad), toenn audi im
einzelnen 3U merfen ift, ba# Semers aü*«
mäljlid) einen feineren Jon in biefe 1111
gebärbige ©cfellfd)aft 311 bringen fudjtc. Sie
it)m bas fdjliefjfid) gelang, erfeljen mir aus
bem 9?aud)foHcgium in ber ®resbencr Wa-
leric (f. 5lbb. 12), Wo fid) bereits ein fein
gearteter Jüngling unter bie loüftcn Qeä)
tumpanc gemifdjt l)at, aus ben ^ufffpiclern
üon 1641 (f. 2lbb. 13) in ber berliner
©alerte, aus ber üon 1643 batierten 2lut
merpencr SBirtsfjausftubc in ber 9Jcüiui)cnev
$inafotl)ef (f. Wbb. 14), in ber bereits tro^i
jrunl unb (Spiel milbc Sitten rjerrfdicit,
bic nur einer im ^orbergrunbe burd) eine
plumpe $Bertraulid)fcit gegen bie bebieneube
ättagb 3U ftören fud)t, aus einer SBirtsftubc
im berliner $riüatbeft£ (f. 2tbb. 15) unb
aus bem 1645 gemalten 23auerntan3 in einer
SBJtrtsftube, bic fid) ebenfalls in ber an
Sßerfen bes äfteifters befonbers reichen 2Rfin
d)encr $inafott)ef befinbet (f. 2lbb. 16). »lud)
eine 3eid)nung bes SDresbener ®upfcrftid)'
«b6. 13. Tic t«ufffptcler. 3n ber »önifll. «emälberfalerte ju »crliii.
19
l. SJlämifdjc gedjftuOe. 3" ocx alten ^inatotfjcf äu 3Jtünd)en.
OJJadft einer ^tiotogra^^ic von gran^ Jpanfftängl in Wunden.)
fafctnettö, auf ber ein auf einer Tonne
ftebenber T)ubetfacfföieler ben SDcittclpunft
ber $omöofition bitbet (f. 2lbb. 17), fdjeint
eine Sorftubie gu einem fotetjer Silber in
ber Sroumerfdjen 2lrt §u fein.
$)afj Tenier§ biefe Sdjitbcrungen bc§
ScbcmB unb Treibens? in ben Söinfetfneiöen
bc§ ^afenS, ber f)albtänbficf)en Sorftäbtc
nnb ber Slntmerpcn benachbarten Dörfer
nid)t etwa Srouu)erfcf)en Silbern abgeben
ober, wie bic Später unferer 3eit fpottenb
ju fagen pflegen, „au§ ber Tiefe be3 (Ge-
müts" gefdjöüft, fonbern bafj er biefcä
$neiöenleben mit feiner urmüctjfigen Suftig-
feit unb allen barau§ entfbringenben 9tüpe*
leien au§ eigener 2lnfcf)auung fennen gelernt
bat, bafür tjat er un§ fetbft in einem öon
1646 batierten Silbe ber T>re3bener (Materie
ein flaffifdjeä $eugni§ tunterlaffen (2lbb. 18).
3m Sorbergrunbe einer SBirtsiftube, au§ ber
man noef) in einen jmeiten Staum mit
(Mafien bor bem Flamin blicft, fi£t ber SCReiftcr
fclbft, ba§ mit SSein gefüllte Ißafsgtaä in
ber Steckten, einen bauchigen .Ipenleffrug in
ber Sinfen, unb e§ ficfjt gar nicfjt fo au§,
al§ oh er nur gu turpem Sermeilen einge-
leimt fei ober al§ ob er fidj in ber ®efett-
fdjaft um ifjn Ijerum unbetjaglicf) füljte. T)er
Sauer, ber neben il)m tjtnter bem aU Tifd)
bienenben gaffe ftetjt unb feine pfeife ftoöft,
öerrät nietjt ba§ gcringfte (Srftaunen über
ben fein gefteibeten gedjgenoffen. T)arnad)
muffen folcfje ®äfte leine ungemöljntictjen (£r*
fcfjeinungcn in ben oäucrtidjen 2BtrtSt)äufcm
gemefen fein.
SSenn mir biefc ganaeßhmböc öon Silbern
betrauten, finben mir, abgefetjen öon ben
überall micber!eb,renben Tt)pen, gemiffe $üge,
gemiffe äfterfmafe, bie allen gemeinfam finb.
gaft immer fällt oa$ Sictjt öon tinlä buref)
ein fjoefj oben unter ber ®ecfenmölbung an-
gebrachte» genfter in bm Ijatbbunflen fetter-
artigen SRaum. Oft b tieft ein Sauer ober
eine Säuerin neugierig burefj ba3 offene
genfter auf ba§ luftige Treiben tjerab, ober
ein ®rug ftetjt eintabenb auf ber genfter-
brüftung. 2öa§ biefe 9iäume an Tifctjen,
Si^getegcnljeiten, SBeinfäff ern , Siertonnen,
20
JrittfgefäBen, glafdjcn, ftiidicttgcräten unb
fouftigenÜUcobilicn enthalten, ift mit jener fdjon
bei ben (h'ftltngviocrfen beä ftiinftlcr* gc-
riit)mten Sorgfalt gemalt, ber fein (Negern
ftanb 3u gering ift, nm nid)t eine licbeuoClc
Gfyaraftcriftif 31t oerbienen. Unb meint
Jcnier* nnrf) gerabc ntdjt, mie eine Wncfbotc
uon 2>ou erjäf)!!, an einem Scfett brei Jage
lang gemalt f)at, fo barf er fid) bod) in
ber "Husfülnmng aller biefer Sllcinigfcitcn mit
ben beften Stilllebenmalern meffen. Selbft
feiner alten Neigung, bie Sßänbe feiner
^snnenräume mit Slunftmcrfcn ju fcrjmücfcn,
üergifjt er ttidjt, menn er fief) aud), in
Übeveinftintmung mit bem ganjen Söefen
biefer Stätten ber Völlerei, barauf be*
fdjränfen muft, f)ier unb ba eine 3eicf)nung
ober einen $upferftid) an bie Söanb ju
heften. $ott ber £etfe baumeln, mie
man e3 nod) Ijeute in ben Sdnffcrfncipen
finbet, getroefnetc $ifd)e Pott feltfatmpfjam
taftifdjer Qkftalt fyerab, unb C5 ift um
fdjmcr, in if)ttcu bie Elemente ju erfenneu,
aus benett fid) fpäter ber £>öllenfpuf auf
ben SBerfudjungen be§ ^eiligen Antonius
entmidclte.
$5aJ3 ber enge 3ufammcnt)ang jloifdjen
Sbrouloer unb SenierS nidjt ctloa erft fünft»
lief) burefj bie funftgcfdf)ict)tlicr)e gorfefjung
unferer Jage fonftruiert roorben ift, fonberu
baft SemerS mit oollcm Söejnttfjtfein ein
sJixad)af)tncr Sroumcrs uutr, ergiebt fid) am
mehreren Sbatfadjcu. 3n alten ©ilberöer
3cid)ttiffen, bie nod) bei Jeniers' SePjeiten
aufgeteilt maren, toerben Silber au3 jener
$eit be3 ÜDceifter*, mo er fid) an üöroumer
angefcf)loffcn l)atte, nod) foefonberS burd) ben
Snfaj} „tu ber s,Urt bes 53roumcr" itätjcr
gefcnti3eid)net, ein 93ett)et3, bau bie ßcit-
genoffen mußten, in metcfjcm 33ert)äftni3 ber
^(bl)äugigfcit Jenicr* 31t Söroumer geftanben
Ijatte. S)ann finben fid) ©entälbe tum JenicrS,
auf benen ein3elnc Figuren au§ Söroumer*
fcf)en Silbern unmittelbar fopiert morben
finb, loa§ nid)t Joeiter überrafd)en fauit,
ba in jener $cit ber begriff be3 geiftigeu
unb fünftlerifd)cn (Sigentum§ etttmeber gar
nid)t oorbanben ober bod) nod) lauge ntdjt
fo fein au^gebilbet mar, mie in nnferen
Sagen. (Snblid) l)at ScnierS alle Stoffgebiete
beljanbelt, bie ©routoer geläufig maren.
5tu£er ben 2Birt§l)au§feencn maren e£ 6e*
fonberS 33abcrftuben, in benen Söaucrn einer
Operation untersogen ober nad) einer Sdjtä«
gerei üerbunben mürben. 'SaS mar aud)
etmaä nadj 2enier§' ®efd)tnad, nur ~ba}) er
fold)e Sarftettungen nad) feiner 2trt lücl
mannigfaltiger gcftaltete. @3 mar nod) bie
9lbb. 15. SBirtSftubc. 3m 93cfiöe bc3 verrn (Xarl JpoHitfcfoer in Berti».
21
2(bb. 16. SSauerntattä in einer SBirtSftube. 3n ber alten Sßinafotljcf }H IRfindjen.
(Mai) einer $i)otoorapf)ie oon Sfranj Jpaniftäna.1 in 9}iüncf)en.)
(jiürflt(f)c 3ctt, Wo ba§ ärgtltcfic ©ewerbc
in üotlcr grcibeit betrieben werben burfte,
Wo jcber Guatf falber, jcber (Etjarfatan
ob,ne eigene ®efaf)r am Seibe be§ lieben
ÜJcäcfjften naef) §ergen3fttft tjerumfuriereu
fonnte unb bafür feinen Sof)n einljeimfte.
Soldj ein ©tjarlatan fdjcint ber Qcfyn*
argt in ber (Materie ju Raffet gu fein
(f. 5tbb. 19), ber, üon feinen SBücfjfcn,
Orlaftfjcn, Salbcntöpfen unb djirurgifdjen gn*
ftrumenten umgeben, mit triumpljierenbem
Sädjeln ben Söacfensaljn öormeift, ben er
bem ungtütftidjen Jüngling im £)intergrimb
au^geriffen l)at. Mad) feiner eleganten, faft
ftutjerfjaften SHcibung ju fdjtiefjen, fdjeint
il)m feine ftuuft fdjon meb)r eingebracht gu
I)aben at§ feinem Kollegen, bem SWrfarjt
in ber Materie gu Trüffel, (f. KU. 20),
ber in einem gar ärmtidicn Staunte, ber p\*
gleid) otö 2I^»otr)efe bient, ben Söefutf) einer
S3äuerin, einer ed)t s-8rouWerfcf)cn ©eftatt,
empfängt. «Sie fmt ifjm ber Q3cqucmtid)feit
falber ba3 Uringtaä eineä tränten mit*
gebracht, ber nitf)t gur Stelle gefdjafft
werben fann, ein abgefülltem SSerfatjren,
ba^ übrigen^, wie bie Sage gefjt, noeb)
in unferer $eit auf bem flachen Sanbe,
Wo eine Weit jerftreute Seüölferung jpofjnt,
üblid) fein fotl. ^w Skrgteid) gu biefem
kannte ift bie 93aberftube in ber (Valerie
5u Gaffel (f. 2tbb. 21) beinahe üppig au3*
geftattet. 2Benigfteu3 ift fie in -jwei 2lb=
teitungen gefdjieben, in beren öorberer
bie Vornehmeren ®efd)äfte ber Gtjirurgie
betrieben werben, Wätjrenb im £nnter=
grunbe ber Söartrratjer feinet 5lmte3
Waltet. Übcrflüffigen SujuS burfte man
freilief) in oen bamaligen 33arbterftuben
nidjt erwarten, unb mit ber 9teinlitf)feit
Wirb e3 aueb) nid)t befonbers» Wob)l beftellt
gewefen fein. Setbft eine§ ber notWenbig*
ften 5lu3rüftung3ftücfe einer Sarbierftube,
einen Spiegel, fud)t man »ergebend. 2)afür
fefjlt e3 nicfjt an einer Sftenge tum Sücfjfen,
$tafd)en, köpfen unb Siegeln, bie aller*
b)anb unfehlbare Heilmittel enthalten, unb
auf einer «Stange fjoeft eine (Sute, bie an
biefer Stelle öiefletdjt al§ ein Symbol
ärjtlicb)er 28ei3f)eit auf jufaffen ift. Sei ber
großen ©enauigfeit unb Sdjörfe, mit ber
alle (Singetljciten wiebergegeben finb, bürfen
Wir ftetjer fein, bajj wir fiter ein getreue^
22
Mbbilb ber $8irflicf)fcit uor un§ (jaden, ein
jucrtuolIcS $ofument cinc3 3eitgcnoffen, ba§
un3 einen (Sinblitf in ben ft'ulturjuftanb
einer grofjen klaffe ber norbifdjen Seüöl*
ferung im gtoeiten drittel be3 XVII. $aln>
t)unbcrt3 geftattet. tiefer (Gruppe uon Sil-
ber« reiben mir nod) ben alten 2)ubcffad*
Pfeifer im Sudingtjam^ßalaft in Sonbon
(f. 2lbb. 22) an. $fticf)t gerabc er, aber
botf) ber t)inter ifjm fict)tbarc, fefenbc Sauer
mit feinem aufgebunfenen, üerfniffenen
3d)naü§gefid)t ift luicbcr eine cd)t Sroutuer»
ftf)c ©cftalt.
$n atten Sluftionäfatalogen lieft man,
baß Sroutuer audj Slldjemiften unb Ser*
fud)ungcn bc3 tjciligen 2lntoniu3 gemalt f)abc.
(£rf)atten fdjeint fid) feinet biefer Silber gu
l)abcn. 5lber il)ren SKeflej; fefjen mir in einer
3tcil)c üon Silbern unfcre3 Üfteifter3, ber ge=
rabc biefe beiben Stoffe mit befonberem (Sifcr
befjanbeftc. konnte er bod) Ijier feiner ^ßt)an=
tafie freien Sauf laffen unb bem alten £>ang
feiner Sotfägcnoffcn juSpuffjaftem unb 5lben=
tcuertidjem nad) ^er^en^luft frönen. $)ie
9iieberlanbe maren fdjon im XIV. unb XV.
3>af)rf)unbert einer ber §auütfi|e ber Sltdjemic
gemefen, b. 1). jener 2öiffenfd)aft, bie bie
Sorläufcrin bcr heutigen (£t)emic ift. Won
ben ÜNicbcrfanbcn ift aud) ba§ aldjemiftifdjc
Problem, 'ötn „Stein ber SScifen" ju fudjen,
ber emigejS 2eben unb alle ®ütcr ber Srbe
Derteitjen follte, ausgegangen, unb fclbft gc*
lehrte sKv$c ücrfdjmätjtcn e3 nidjt, fief) mit
biefer Sßiffenfdjaft abzugeben, bie freilief) erft
im Saufe be§ XVI. ^al)rf)unbert§ iljrcn
fdjminbcttjaften, betrügerifcfjen Gljaraftcr au*
naf)m. 55ie 311d)emiften, bie unS JenierS
üorfüfjrt, fachten nidjt gu biefer Sorte üon
Sdjminbtern ju gehören, ^n htm Sabora*
torium be3 einen in ber ©atcric im £)aag,
(f. 2lbb. 23) fiefjt e§ fogar ganj miffenfdjaft*
fidj, gar nid)t naef) einem (£lmrlatan au3,
unb Jcnierso fjat beim aud) mit ber ©rünb*
lidjfeit, bie ftrenger, miffcnfdjaftlid)cr aov
fdjung gebüljrt, ben eigentümlid) fonftruierten
£>erb, bie aafylreidjen Retorten unb ©dunel^*
tiegel, bie SÖüdjfen unb glafd^en mit ben
geljeimniäüollen ^ngrebienjien, ben (Slirjcren,
9JJi£turen unb metallhaltigen (Sefteinen mic-
bergegeben. 9?ur ein an ber SBanb au;^
gehängter Ißferbefdjäbet erinnert an ben 3ou=
ber, hm ber altgermanifdje GMaube mit beut
Stoffe üerbanb. üftod) weniger fdjeint ein
^weiter s-?l(a^emift, ber in feiner SBerfftatt
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SUib. 17. Set Eubclfacfpfcifcr. 8e'dl"ung im «tipfcrftic^tabtnctt ju Xrcdbcn.
^todj tincr Oriflinotphotogropfiic ton ©raun, öldmcnt & ßk. in Sornacf) i. 8. unb i{att8.)
23
auf einem Silbe ber $>re<§bener Valerie bor*
«cftcttt ift (f. Slbfc. 24), Urfaaje ju Ijaben,
fein treiben bor ber £>ffent(id)feit geheim
ju galten. @r mad)t ganj ben ©inbrud
eine3 nmrbigcn ®eleb,rten, eine§ Uniöerfitätio*
profeffor§, ber fid) ben SupS geftotten fann,
fdjon mit jjmei ©efjilfen gu arbeiten. 2ludj
ber Sttann, ber im öintergruube am Sifdje
fi§t unb bem neben ifjm ©i^enben ein
gfläfdjdjen anbietet, fd)eint ein gamutu§ be§
tonnte nidjt3 bagegen Ijaben, locnn einmal
ein ®ünftler feiner groteäfen Saune attju fefjr
bie Bügel fdjiefjen tieft, unb für bie Saien
mar eine fötale ©üufgefdndjte ein gar töft*
lieber 2(ugenfd)mau§. 2)a3 9ftotiö fdjetnt un*
fterblid) ju fein. ©3 ift befonberS audj in ber
franjöfifdjen Malerei be§ 19. ^al)rt)unbert§
gepflegt toorben. Stber ganj im ®egenfa|
5u ben ehrbaren 9?iebertänbern Ijaben bie
mobernen granjofen ifjre ©tärfe barin ge*
2166. 18. <S e 1 6 f 1 6 1 1 fa n t § be§ ftünftlerä im SBirtSljauä (1646). 3n ber Sönigl. Gkmälbegalerie S" Bresben.
(9lacf) einer $f)otograpf)te Oon 3ränj .'panfftcingl in 9Mncf>en.)
9#agifter§ ju fein. £>er Sauer, ber feinen
Äopf burd) ein offene^ genfter ftedt unb
auf bie (Gruppe am £ifdj fyerabbtidt, l)at
mieber ein ecf)t Sroumerfd)e3 ($efid)t.
2öa§ £enier3 in ben Saboratorien ber
9ttd)emiften gefeljen unb gelernt b,atte, tonnte
er gum Seil auf ben Silbern üermerten, bie
bie Serfudjung be3 tjeiligen 2lntoniu§ bar*
ftellen. ©obalb bie niebertänbifdje ®enre*
maierei ifjre ©Urningen §u regen begann,
teurbe biefe§ 9Jlotiü ein SieblingSgegenftanb
ber 9ftater. ®ie $eifttid)feit, mit ber bie
Siünftler fdjon au§ gefdjäfttidjen ©rünben
ein gute§ (Sinüerneljmen bewahren mußten,
fudjt, burd) pKenlofe Entfaltung meiblidp
®örperfd)önb,eiten nidjt btofc ben armen ©in*
fiebler in Serfud)ung gu führen, fonbern
nod) tuet mef)r bie ©inne ber Seute §u reiben,
bie an folgen Silbern greube Ijaben. $ie
praftifdjen 9ftebertänber gingen bagegen öon
'Dtm ®runbfa| au§, bafc bie Kleiber erft bie
Seute madjen. Unb barum ift bie ©djöne, bie
ber aU Kupplerin üerfleibete, aber an ben
unter ber £aube Ijerüorblidenben Römern
mof)t tenntlidje (Satan bem fjeitigen, auf§
äufjerfte erfdjrotfencn 9Kanne jufüfjrt, immer
mit ©ammet* unb ©eibengeiüänbern, mit
©pi&enfragen unb *tafd)entüd)era reidjtid)
24
2lbb. 19. $et 3at)natbt. 3n bcr ©alerie ju
ausgcftattet. SD^tt liebücfjcm CSrnft Bietet fie
bem fettigen ein ®las Üftjeintoein, un-
bcfümmert um ben tollen Spul, bcr fie beibc
umtobt. 2)ie getroefneten $tfdje, bic (Störe
unb ®abliaus, bic fonft in ben SBirtsftubcn
unb Laboratorien an 33inbfäben üon ber
Xccfc fjerabbaumetn, ftnb f)icr (ebenbig gc=
roorben. 3>m herein mit gtebermäufen unb
(Sufen fliegen fie in ber Suft fjerum, unb 5U*
meift bienen fie gröfdjen unb SRicfenfäfcrn, bic
mit langen Sanken einen 3rocifampf auf Xob
unb Seben ausfegten, als Leittiere. (Si-
bcdjfcn, Schlangen, ^eufdjrecfen unb natttr*
gefcfjicfjtticb, nid)t beftimmbare Sabeltücfcn
frieden auf bem (Srbboben unb fdjtängctn
fid) immer bidjter an ben Scbrängten fjeran.
£a$u üottfüljren ©nomen mit £icrfcf)äbcln
auf Bibeln unb flöten eine fyöHifdje SD^ufif.
$er Sdjauplafc ift immer eine ^etfengrotte,
oon ber man einen Slusblicf auf ein Wc-
birgstfjat genießt. Unter ben XarftcUungcu
biefcö SDtotiücä ftnb bic fünft*
lerifef) bebeutfamften bic in
bcr 2)rcsbener ©alcric (f.
Wbb. 26) unb bic oon 1647
batierte im ^Berliner SKufcum
(f. 8K&. 26). Stuf bem
j&rcsbencr Silbe ftnb in bcr
©rotten lanbfdjaft jjtüei jeit*
lief) auSeinanber ücgcnbe
Vorgänge bargeftettt. 3m
äftittefgrunbe redjts ftefjt man
ben ^eiligen im ®efpräd) mit
einem benachbarten (Sutfteb*
ler, bem ^eiligen Paulus,
ber bor feinem -Ipäusdjcn
fifct. S)cn £>auptteit bcr
®ompofition nimmt aber bie
eigentliche Serfurfjungsfcene
ein, gu ber ein als Sauer
üerffeibeter Satansgefjitfe
bie ÜDhtfif mad)t. (Sr unb
ber Sauer im Sorbcrgrunbe
bes berliner Sitbes finb
tüieber ©eftalten oon Srou=
ioerfdjem Sttjpus — ein Sc*
ir>ei§, tüte nact)f)altig bie (Sin*
brücfe getoefen finb, bie
Xcniers üon bem genialen
äöüftling empfangen fjat.
Sotdjc SScrfucr)ungcit bes
fjctligen Antonius in pt)an*
taftifdjen gelfcngrottcn muf-
fen luegcn bes in bcr @nt*
faltung bes Steufebäfpufs offenbarten .Jpumors
fel)r beliebt getoefen fein, ^a fie Jenicrs fetjr
t)äufig gemalt fjat. Rubere, immer etlua§ Der*
änberte (Sycmplare biefer SJarftcttnng befinben
fiel) in ben 3Jcufecn unb Valerien 5U Trüffel,
$openf)agen, Slmfterbam, im Louürc 3U ^Saris,
im ^rabomufeum gu ÜDcabrib, bas fogar
brei (^emptarc befi^t, in ber (Valerie ju
Gaffel, in bcr Ermitage 3U St. Petersburg,
in ber Siecfjtcnftcinfdjeu ©alcric 51t SIMcn,
im Sftufeum ju Sitte unb in anberen
großen unb flehten Sammlungen. Sd)0tt
bcr ältere £cnicrs ()at Silber biefer 2(rt
gemalt. 21 bcr auf feinen Xarftcttungcn
wirb bcr .'pctligc immer nur üon böllifclicn
Xämoncn ttnb alten Söcibcrn geplagt, unb
anfangt b,at firf) autf) bic ^fjantafic feines
Sohnes nur in biefem Greife bes gcwöt)nliri)eu
tciifliuiicn Oklidjtcrs bclüegt. (Srft fpätcr
l)at er bic Serfübrnngsfüttftc bcr spotte bttrd)
bic (Einführung oon fdjöncn iugcnblicfjen
25
^raucugcftaltcn uerftärft, über bereu Ursprung
er freilief) infofern feinen .Smcifet getaffen
t)at, a(3 er unter ben fcfjroeren Seiben* unb
Sammctgemäubern ftatt ber menfdjlidjcn
5üf?e immer bie Jeufetefralten rjerüorbticfcn
2)ie ©rfinbung groteSfer £eufcl§gcftaltcn
unb Söufgcbitbc muß £enier§ unb feinen
3citgcnoffen fooiel Söafj gematfjt fjaben,
bafe ber sKmftler and) nad) anberen $8or«
mänben fucfjtc, um Silber mit foieben
ftcllungcn biefer Sltt befinben fidj im S3cr-
liner sDcufcum unb in ber Wationalgateric
in Soubon. CSiiblicf» bat £cmcr3 aud) ofync
biblifdjen ober legcnbarifdjcn SSormanb
foldje Silber gemalt, in benen er alte |)ejcn
in ifjren £öf)tcn barftcllte, bie öon eines
gaubertranfö bebürftigen Sftcnfdjen aufgc*
fueftt unb bei if)rcm Eintritte ju ib,rcm
tjöcfjften Sdjrccfcn üon allerbanb Ungetümen
umringt werben.
Xic fdjönen ^rauengeftattcu, bie Settierä
2lb&. 20. ®cr Sorfotät. 3m TOufeum p SBrüffcl.
Scfjöüfungcu feiner ^fjantafic anjufütlen.
(Sin befonbcr3 geeignetes SJcotiü baju lieferte
if)m ba.% 2ufa<§eöangelium in ber ©rgäljlung
üon ber Starter be§ Neidjen im Fegefeuer,
unb bamit f'nüpftc er unmittelbar an bie
|)öHcnbilbcr oon £neront)mu3 93ofct) unb
feinen Nachfolgern an. (£in §eer oou
Scufcln unb f)ötlifd)cn Ungeheuern ftürjt
firf) auf bzn burd) ^eljmantel unb ^elj*
mütje gefcnnjcicftncten reichen 9Jlann, um
if)n in ben im |)intergrunbe gäl)ncnbcn
Jcucrfdjfunb be§ 3cgefeuer3 f)inein5uftf)iebcn,
ber jum Überfluß nodj burd) ben breüöpfigen
(Ecrberu3 betoadjt ift. £ie beften Xax*
in bie $erfud)ungcn bes> fjcitigen 21ntoniu§
einführte, finb ein neues? (Clement in ben
SBerfen be§ ®ünfttcr3. Seit ben erften
©efcllfdjaftsftütfcn au* feiner grüb^eit mar
meiblidje Stnmut unb ©djönb,eit für mehrere
$aljre au§ feinen Silbern üerjdjttmnbcn.
SSenn fie feit bem Slnfang ber öierjigcr
!3ab,re mefjr unb mtfyc in ben $orbergrunb
trat, fo erflärt fidj ba.3 au3 einer 3(nberung
inbenöerfönlid}enSSer()ältniffenbe§^ünft(cr§.
SllS äftater mar er fremben (üünftüffen
leidjt äugänglid), al§ Genfer) I)at er aber
ba§ ©pridjtoort, bafe böfe Seifpielc gute
Sitten oerberben, Sügen geftraft. 2>er Um*
26
gang mit 33roulocr, bie buuftige, ctiifcf)ldfcrnbc
9ltmofpl)ärc bcr ftncipe Ijattcn bcr anerzogenen
(il)ibarleit bcö Slnttocrpcner SMeiftcr» unb :
23ürgcrfoI)nc3 nid)t3 anzufjaben Ocrmocf)t, |
unb lucnn er aud), tote toll gefcljen fyaben, I
alten 53iograpb,cn Siedet gehabt Ijaben.
^ebenfalls mar er in bcr Sage, fid) fdjou
im $at)re 1637 einen eigenen |)au£ftanb
grünben ju fönnen.
(Seine 2fti§ermäf)tte toar 21nna $8rcugt)ct,
gcfcgcntlid) einen guten £runf nicr)t üer=
fd)tnäf)tc, fo t)at feine (£rmcrb3fät)igfcit
barunter nicf»t gelitten. 63 ift fogar mög-
lich, bafj fein ©rlocrb fid) fteigerte, feitbem
er MneU'cnbübcr in bcr 31rt 33roumcr3
malte, unb barin tocnigftcnS mögen bie
bic $od)tcr cine3 bcr l)crOorragcnbftcn 9)catcr
2lntlocrpcn§, bc3 $an Sörcugljel, bcr üon bcr
^ßradjt, mit bcr er fidj ju umgeben liebte,
ben Beinamen „8ammct'33reugl)cl" erhalten
l)atte. 3(nna Srcugfyet mar im Dftobcr
1620 in bcr 2t. ^afoböfirdjc getauft morbeu.
27
(Siner ifjrer Saufpaten loar ber (Sbclmamt
$aul öan -Ipatmate, unb biefer tüotyntc at3
3eugc aud) ifyrcr Xrauung bei, bie am
22. glitt 1637, mieberum in ber ©t. %aföb&>
firdje, üottgogen lourbe. %$m ^ur Seite
ftanben afö ^rau^eitgcn ber alte 3)aütb
Senierä unb SutnaS Sormunb — s^?etcr
s$aul SRu&enS; benn %an Sreugfjet, ber
Sater ber SBrattt, mar fdjon 1625 ge»
ftorben.
©3 ift ba§ erfte Söcat,
bafj ber üftamc bicfe§ ®roJ3=
meifterg, fotoeit bie Ur*
hmben fprcdjen, in ba$
ße&ett unfereä ®ünftter3 tritt.
Sei bem ^ntereffc, ba§ fie
beibe für Sromocr Regten,
ift e3 felbftöerftänbücr), bafj
es liiert bie erfte Begegnung
ber betben $ünftter mar,
bie, locnn aud) jeber auf
eigenem SBege, bie ütämifefie
Malerei beS XVII. 3<rfjr»
IjunbertS gur f)öd)ften ©tüte
gebracht fjaben. 2)iefe neue
Segiefyung b,at aber {eben-
falls ben Stntafj gu einer
engeren Serfnüpfung ber
beiben gamilien gegeben,
unb fie ift aud) öon (Sin«
flufj auf Xenierä' fpätcre
fünftterifdje (Sntuntfetung gc=
loorben. 2113 Mnna Sreugb,et
ifjrem hatten im Suti 1638
ba§ erfte ®inb frfjenttc, mar
9htben§' gtueite grau, bie
fd)önc Helene gourment,
s$atin. 2>ie gamitien bc*
trachteten fidj atfo als eben«
bürtig, unb e§ fdjeint htm*
nad), baJ3 ber gute 9?uf ber £enier3fdjen ga=
mitte burdj bie bebcnfüdjenBfinanjoperationen
ibreS Dberl)auptc§ nid)t gelitten f)at ober
bafc attmäf)tidj ©ra3 barüber getoadjfen ift.
3fud) in pefuniärer ^jtnfidjt machte Senierä
eine ferjr öorteitb,afte Partie. Sei bem
Serfprucb, ber jungen Scute, ber am 4. gult
1637 im £aufe ber SBitluc bc§ WakxZ
£>enbrif öan Säten ftattgefunben blatte, fonntc
£enier3, ber bi<§ baljin aHe§ für feinen
Sater geopfert fjatte, nur angeben, baf? er
afö Mitgäbe „atte§, mas> ifjm an SJcatereicn
unb bergteidjen fünfte gehörte," in bie @b,c
brächte. @r fcfjä^tc biefe§ ettüa<B imaginäre
Senatum auf 2400 ©utben, toäljrcnb fidj
bie Mitgift ber Sraut auf 7037 Bulben
betief, bie jäfjrtid) 400 ©ulben 3mfcn ein*
trugen. Slufterbcm brachte fie uodj ein öon
Gubens gemattet £oppetbilbni§ ibrer (Altern,
ein (Semälbc unb öietc 3cid)uuugcn it)rc3
Sater§ mit.
Um fo eifriger mar $enier§ barauf
bebaut, bie gemeinfame |mbe ju mel)rcn.
£a3 fonnte nur burd) eine öerboppette Sc*
VLbb. 22. 2er Subelfacfpfcifer. 3m 33ucftttgf)ampalaft 3:1 Sonbon.
triebfamfeit gcfcbeljcn, unb fo fällt benn
gerabc in ba3 ^at)r5e|nt üon 1640 bi§
1650 bie öertjä(tni!§mäJ3ig größte Safy
feiner Silber, Jöomit gtüdticb^erJoeife auc^
ber Ijödjfte Stuffcb^toung feiner ^unft öer=
bunben mar. Salb nacb; bem £obe Srou»
mer§ öerbtafet beffen ©inftu^, fotoeit ba§
Kolorit in Setradjt fommt, in Seniers'
Silbern. 2tn bie Stelle be^ bräunlichen
©efamtton§ tritt ein marmer ©otbton, bie
Sofatfarben merben reicher, teudjtenber unb
blüb,enber, fo ba^ manche Silber tüte ein
garbenbouquet Joirfcn, unb bie meift fetjr
figurenreidjen ^ompofitionen erfüllt ein bra«
28
matifd)c3 Sebcu, ba» man bi§ bat)in nur
feiten auf ©übern bc3 Hünft(er3 angetroffen
liat. sMan erflärt mol)l mit 9ted)t btefeti
llmfdjioung au3 beut (Siufluft, beit jefct Mu*
Ben§ auf £enier£ auszuüben begann, .statte
bü(^ ber grojjc sD£eiftcr fefbft im legten
^aljrjefint feinet SebcnS allmäfjlid) feine
foforiftifdjc Wugbrucföroeifc geänbert. Bon
ber feurigen ©tut, bem majeftätifdjen Sßomp
feiner großen ftirdjcnftütfe, feiner mt)tf)o*
logifdjen unb gcfdjtdjtiidjen Ökmälbc mar er
511 einer intimeren Stuffafjung unb Slnäübung
feiner $unft getaugt. (Sr mifdjtc nid)t mein*,
mic man früher gefagt fiatte, Blut unter
feine Sorben, er beöorjugte nidjt mcl)r bie
ftarfen, breiten ilontraftc, foubern er neigte
fid) mct)r unb met)r einem blonbcn Jone,
einer ftärferen SStrfung ber ^ofatfarben 5m
9(ud) ber ÜDcafjftab feiner Bitber iimrbc
fteiner, unb je metjr er fid) auf feinem
8d)loffe Steen in bie ©infamfeit be§ Öanb*
lebend »ergrub, befto größeres» ^ntcreffc
nat)m er an ben arbeiten unb Bctuftigungen
be3 Sanbüotfe3, an ben ibrjlTifdjcn Steigen
ber üftatur. ®erabc in ben (eftten ^afjrcn
feinet £ebcn§ malte er eine Reifte öon
^anbfdjaftcn, meift au3 ber Umgebung öon
9)icdjcln, bie er mit pflügenben, mäljenben
ober öon ber (Statte Ijeimfeljreubcn ßanb-
teuten belebte, unb bamals entftaubeu aud)
feine beiben berühmten ©anerntanje im
^ouöre ju ^ari§ unb im ^3rabomufeum ju
sDcabrib. @3 finb bie öottenbctften Sdnl-
berungen jener unbänbigen SebenSluft, beren
ungeftüme Steuerungen mir nod) fycute, menu
fie fid) irgenbmo bei uns ju £anbc geigen,
„ulämifd)" nennen, moberne Bacdjanalien,
bie alle Sdjranfen be3 ®efe£c3 unb ber
guten Sitte rücffidjtäloS burdjbrcdjen. —
£enierä fat) mol)l ein, haft er auf biciem
Söcgc bem großen (Genius ntefit folgen tonnte.
-Öattc biefer feine dauern unb Bäuerinnen
31t l)erfulifd)en unb üppigen sJ>rad)tgcftalteu
nad) itaticnifcfycr 2trt ibeatifiert, fo tjiett
fid) SenierS nad) feiner SBeife getreulid)
an bie 3Birftid)fcit, an bie Ökftalten unb
bie £ract)tcn, bie er öor Wugcn fat), an
bie länblicrjcn Sirtätjäufer , in benen fid)
an %mv* unb föirmefttagen bie Vergnügungen
ber Dörfler, it)re (Spiele, itjre $tfy unb
(Sjjgclage unb öornel)mlid) il)rc Sän^c,
CSin^cl^ unb Reigentänze, abfpielten. 153
l)crrfdjt immer cinfrcunblid)c§,I)c(tc* Sonnen*
locttcr, meift in ber gleid)mäf*igcn Beleuch-
tung eines fdjöncu Spätfommcrtagc», unb
öor ben £)öfen unb Borptä|en ber SSStrtä
KM, s.i. Ter Sllrficmift. ,ln t>cr Äimigl. ('Kilevic im .$aaß.
29
fjciufer gemefjt man ftets einen 93(ict auf
bie ©äffe unb bie Käufer be3 Xorfc», auf
ftattücfje SBaumgruppen, auf na§e liegeubc
£errenuße. 2tit ber <2piftc biefer Silber
ftetjt ein üon 1640 batierter Söauerntanj
Dor einem bcfdjeibcncn 28irts()aufe im
berliner ÜDhifeum, bas in fo fern ein 6e*
fonbercs ^litci-cffc getuötjrt, otö es ba§ erftc
ber mit einer ^ji-'c^al)! ücrfefjencn Silber
©atcric ben i}inter.gvuub eines luftigen
®irmeßtrcibens bitbet (2lbb. 28). £>icfe
förmefj im „£)atbmonb" ift eines ber
sDtoftcrtDcrfe bes Mnfttcrs, trofc be§ gruften
5arbenreid)tums noct) uon einem fräftigen ©e*
famtton, ber bie bunten Sauerntradjten unb
bie faitbfdjaftudje Umgebung ju (jarmüniftfjen
2(ecorben sufammenjtoingt. 2)cr ©crjaufclaß
bei luftigen SreibcnS ift ein Sorf bietjt
Ubb. 24. 2: er 2Ud)emift. 3n ber Stönigl. öemälbegalcrie ju Sreebcn.
(Waä) einer $fiotogra£f)ie uon fyrans §aitfftängl in Wimtfjeu.)
bei Mnftlers ift, in bem Gubens' ©inftuf?
fd)on uöllig jum £urct)brucf) gefommen ift
(sMh. 27). 3« übrigen ftettt es nur ein
einfaches, improüifiertes ©ünntagsüergnügcn
bar, mobei ein S)rc()orgcIfpieler unb ein
STnabc mit einem Jrianget bie befcf)eibcnc
Janpiufif ftetten. £a3 2BirtSf)aus trägt
tfvax and) einen ^atbmonb als Beiden;
aber es ift nidjt gu üerh.icd)fetn mit bem
ftatttitf)en 2Birtsf)auS 511m £albmonb üor
ben Sljoren 51ntnicrpcnS, bas 3. 93. auf
einem 1641 gematten Silbe bei* "SreSbcner
öor ben Sporen ber «Stabt; im ^intergrunbe
linfs fielet man bie djaraneriftifdjc ©fcijjc
bes Sturmes ber Stnttoerpener Statt)ebrale.
(Sine öorncljmc ÖkfeHftfjaft Ijat fict) baS
Vergnügen gemalt, ben Setuftigungen beS
Golfes 3U3ufef)en, unb bie Säuern ttnffen
biefe ©unft gu iuürbigen, inbem fie bie feinen
<2tabtbamcn junt ^änjdjen eintaben. S)tc
junge ®amc, bie öor ben ftürmifcfyen 93e-
iuerbungen iljrcS tänbtitfjcn SerefyrerS Schutt
auf bem ©rbboben gefucfjt I)at, ol)ne babei
jeboef) ben Sciftanb iijrcr Stanbcsgenoffcn
30
5ii finbcn, fträubt fid) nodj ein menig.
5lber ber länblidjc ßourmacfjer f)ätt fo
rcfpcftüoll bic SQiü^c in ber £anb, bafc
ftc fdjlteftlid) bodj gute SCRicnc 511m böfen
«Spiele machen toirb.
ebenfalls bn§ $cict)en be§ ^attmtonbeS jloi'
fdjen jtoei öftcrreict)ifc{)en 2öappenfct)ilben
trägt, ©oltfje ®irmeffe Ratten urfprünglid)
mit bem ®irdjroeif)feftc nid)t3 ju tlmn. (Srft
fpäter t)at man fie bamit in Bufammcnljang
3- W
S c-
ä6 p
2 j*
3 c
fp es
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Äf
2 w
2Öic eine mirfüdi utämifd)c Minnen
au«fier)t, jeigt um audj ein in ben Diesiger
3al)ren entftanbene« 23ilb ber faifertidjen
Valerie ju SBien (f. Slbb. 29), mo bas
2öirtsf)auss, oon beffen @McDel eine ftatjnc
mit bem Silbe be§ ^eiligen SCRirfjacl, bce>
SrfjufcpatronS be3 Oftokrfcftcg, fjcratujängt,
gebracht, um ifjncn ein fird)Ud)e3 ©epräge
511 gclien, ttmS atterbingS nur fetten gelang.
@3 waren CSrntcbanffefte, bic in it)ren Us-
fprüngen auf IjcibnifdjcCpfcrfcftc jurncfgcfycn,
unb ,,f)eibnifd)" ift eS, trojj aller gortfdjrittc
ber Kultur, öcm jcf)cr auf biefen ®irmcffen
zugegangen. £)an" fief» bic Flamen gan$
6
%\
r, w
32
befonbcrg babci fjcroortrjaten, liegt tief ht
ibrer Stammesnatur begrünbet. 2(n köderet
im <3cb,maufen unb Jrinfcn, an loiiber
üiuft beim £ang unb in anberen Wus*
fdjmctfungcn ftntrbe ©rflctfiicrjcs gefeiftet,
unb bie Sftaler trugen fein S-Pcbcnfcn, alle
biefe @jt;ceffe nad) bem ©runbfafcc ..Naturalia
non sunt turpia" („btö ^otürüc^c ift nierjt
fdjänbficf)") getreutief) gur Slnfdjauung gu
bringen. Jcniers mar nod) einer bergarjmften
unter btefen ©ittenfcfulbcrern. sän ben
fdjtimmften fingen ging er enttoeber gang
unb Tanten, bie bem luftigen JreiBen gu*
fdjaucn motten, fei aus Neugier, fei es, roeif
bie ©utsrjcrridjaft bie ^crpflidüung fiiljlt,
bem (Srntcfeft inmitten ber dauern unb
©utsangcljürigcn bciguroorjncn. Xabei fommt
es bistocücn oor, bafj fidj ein ©au« 6ei
ber 2Iufforbcrung ginn Jang einer üor=
nehmen ®amc gegenüber eine nietjt faüalier-
mäßige Bubringücrjr'cit erlaubt. (Sin Wady
ftang biefes atten 53raudjs bcftef)t nod) f)cutc
bei ©rntefeften im gangen germanifdjen
Sorben (Europas unb gum Seil aueb, in
2U>b. 27.
lauer ntanj oor einem 2ötrt3^auTc. 3m ftönißl. OTufcum jn Berlin.
(Wart) einer <]ßf)otoorar>f)ie öon ^raitä ^onfftängl in 9Mncrjen.)
oorüber ober er f)attc bod) fo Diel gein*
gefügt, fte in ben ^intergrunb, in eine
bunflc (Scfc gu oerlocifen.
3tucf) auf bem SBiener S3ifbe loirb troö
ber allgemeinen tfröt)lid)feit unb ber berben
Umgangsform ber Slnftanb gcmabjrt. (£s
ift in ber ®ompofition ttipifdj für bie üon
Xenicrs gemalten .Stirmeftfcftc: eine fuftige
©efcttfdjaft, meift behäbige Scanner unb
Jyraucn in gefegtem SHter, bie fief) gum
Sdjmaufen unb ßedjcn um eine Xafef grup*
piert fyabcn, bann bas junge £*oif, bas in
paaren fangt ober fid) im Steigen ftf)loingt,
ber Xubetfadpfeifcr auf einer Xonnc unb
eine ©efcttfdjaft öorncf)in gefteibeter Ferren
granfreiefj, ioo ber (Srojsfnecfit bas 9tcd)t
f)at, bie ©utäfjcrrtn gum erften Jangc gu
führen, unb ber ®utsrjcrr mit ber (Sfcofj*
magb bas gtocite ^oar bifbet.
2tuf einem anberen 93übc biefer (Gruppe,
bas fidj im IJSrabomufcum gu Sßabrib bc*
fiübet (f. 5tbb. 30), ficl)t man bie oornebmeu
©efudjet uoef) im .\Mutcrgrunbc, auf bem
$la$e oor ber Sirene, märjrcnb oorn ein
X'lbgeianbtcr, ber mit bem Söirt ipridü, bas
Xcrrain gu fonbieren fdjeint, um iid) gu
pergemiffern, bafj ber Xeufel bas ^ölfdicu
nodj nidjt beim fragen bat. Slttf einem
oon 1652 Datierten JBilbc (f. Ä&5. 31),
bas bie ©atcric gu Trüffel für ben enormen
Sofcnbcrg, Xcnicti
3*
a
40
s$rei3 Dort 125000 grancS angcfauft b,at,
geftattct fidj bic Slnfunft ber ©utsljerrfdjaft
fogar ju einem feierlichen (Sin^ugc, burtfj
beut jüngften Sltnbc mit ber ^(mmc einge*
funben ()at, fief)t freiließ etttms; fteif unb
gelungen au£. @§ finb aber offenbar
ben fidj bie dauern freutet) in iljrem fangen, j SStlbittffe, bie ber ®ünftter in biefer ®mp"
>5d)maufen unb Äareffieren nid)t ftören öierung öictteidtjt guerft allein gemalt unb
taffen. 3>m engeren Greife, auf einem ^ß(a|c | bann nacfjträglidj in ba3 S3itb fjineingefe^t
üor ber SJcaucr beä fycrrfcfjafttidjen <3cfjfoffc3,
fpiett bie SBaucrnbctuftigung, bic ein SBUb
oon 1645 im Söurfingfmmpataft ju fionbon
Gilbert (f. 2lbb. 32). @3 ift eines ber
fcfyönften in biefer SfteUje, befonberS folocit
bie Üanbfdjaft in $8etrad)t fommt. $)ic 51t*
fdjanenbe £>crrfcf)aft, bie fiefj üottjätjüg nebft
l)at. 9Sicttctcf)t ift biefe fteifc ^urntfljaltung
and) mit Stbfidjt gcn.iäl)tt morben, bamit ber
Untcrfcfjicb jtüifdjen ®nt3b,crrftf)aft unb
93ancrnöo(f befto ftärfcv jnm ^ennifttfcin
fam, rocnigftcnä in ber fi'tnftterifdjcn 2)ar»
ftettung. %n Sßirffidjfeit liefen fidt) bic
Sauern burrf) biefe Söürbc unb |)bl)c in
41
ifjrer Sertraufidjfeit nirfjt ftören. SIncf» auf
bem S3ilbc im SBucfingfjampatafte greift ein
Sauer fecf nad) ber äftcften £od)ter ber
|)errfd)aft, um fie 3um Sänge 5U führen.
Stuf einem prächtigen Silbe im 9tetd)3mufeum
ju Slmftcrbam (f. 316B. 33) finb bie dauern
lüieber gang unter ficfj. ®ein öorneljmcr
3ufcfjauer mirb burd) bie ungenierten 2luf*
trittc oerte^t, bie fidj an mehreren Orten
bc§ 2öirt3l)au3b,ofe§ in öotter Setjagtidjfeit
aufbieten.
Sauernbctuftigungen in Weincrem ®ti(
ge6en 'unfere Slbbitbungen 34 — 36 mieber:
unb Sctjürgcn ifjrer Sängerinnen, feef Ijeröor*
Mijjen läftt, ob aud) ber beiuötftc £>immc(
ein trübet ©cfidjt bagu mad)t unb bie ©onnc
nur müfjfam einige Straften I)inter ber
(Gruppe grofjer Säume im SJiittefgrunbc
fjcrau§fd)icf3t.
Sttit ber Slnfammtung einer fo großen
$afy oon giguren auf einem ücrljältniämäfjig
befctjränften 9toum mar aber bie Sciftungä*
fät)igfeit be§ SJceifterS nod) fcincäroegä er»
fdjöpft. 9(uf bem fdjou genannten $trmeJ3»=
fefte ber SBicner ®ateric (f. s#bb. 36) gäfylt
man etloa tjunbert Figuren. Xa§> fpäter gu
Wbb. 36. Sanjenbc »auern. 3n ber Äatjcrl. ©alerte ju SSien.
(ilaä) einer ^fyotograpfytc »on 3. Sörnrj in SSten.)
ein 93ilb in ber ©rmitagc gu @t. ^cter§=
bürg, ber Sorpta| eine§ länblidjen, auf
einer £>öf)e gelegenen 2Birt3f)aufe§, oon bem
man einen ©tief auf ein fruchtbarem, tion
meibenbem 9ünboief) belebtet Sfjat geniest,
mit fcfjmaufenbcn unb gedjenben dauern unb
groei im Sorbeigetjen einfprecfjenben Südjfen*
fd)ü£cn, bann ein ffeine§, üon 1651 batierte§
Sangüergnügcn, anfdjeinenb eine ©pifobe au§
einer Saucrntjodjgeit, in ber äJcündjener
Pnafottjet unb gule|t ein etma3 früher ent*
ftanbencr Saucrntang in ber faiferüctieu
(Merie gu SBien, auf bem fidj an öter§tg
sßaare im Zeigen fdjmenfen. @3 ift ein gar
luftige^ Sitb, in jener Strt be§ ®ünftter§
gematt, bie bie Solatfarben, tjier bie roten
9ttüt$cn ber Sauern unb bie meinen Rauben
ermäfjnenbe Sogetfcfjiefjen in Srüffet enthält
über 470, unb nod) bcträdjtticfier fdrjeint
bie ftafyl ber Figuren auf bem größten aller
®irmcfjfeftc gu fein, bie Jenicr§ gematt t)at,
auf einem merfttmrbigen Silbe ber 9Jlün=
ebener ^inafotfjef (f. »M. 37). ©3 fdjaut
gang anbcr§ au§, at3 bie geiüöfjntictjen ölä*
mifd)en Sauernfefte unb ®irmeffe, unb menn
e§ nidjt fd)on bie Steige fanft gcfdjttmngener
Serge im ^intergrunbc ttjäte, mürbe un§ bie
2trtf)itcftur belehren, ba$ mir ptö^tid) in ein
anbereS Sanb geraten finb. Sie Äirctje mit
bem ifotierten ©toefenturme baneben, bie bem
gangen Sitbc itjren (£b,araftcr giebt, unb bie
@cfe eine§ £urme3 ober gar eine§ gangen
$atafte3 im tru^igen S3efeftigung§ftitc be§
SlJcittelatterä tjaben ein burcfjauS itatienifct)e§
~>
«'
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g
Gepräge. Slber Senterä tft, im ©egenfafc
3it uiefen feiner Sotfögcnoffcn, ntdjt in Italien
gemefen. ßur $eit, als er heranreifte, ftanb
bie ^talienmanie bei feinen matenbeu nnb
bifbenben ©euoffen 3mar nod) in üotlfter
©tüte; aber er f»attc fidj fdmn fo tief in
l)a§ ülämifd)e Solfätum uerfenft, bafi er feine
Suft nact) bem Sßunbertanbc ber ®unft üer*
fpürte, ba§> il)m, bem Sittcnmaler, ol)nef)in
nur menig bieten tonnte. ®Iüdtid)crmcife
ift bie ßöfung be3 9tätfel3, ba§ un§ biefe§
Sifb aufgiebt, nid)t fdjtocr. SBir braudjen
45
tage, bem 18. Dftobcr, auf bem s}Slafte üor
b« .Stirdje 3anta SRarta bell' ^mprunata
abgehalten mürbe. 9t6er tro^ ber unbe
fangenen Sermertung eiuc§ fremben ätfotiüg,
bie mir l)eute al§ unfünfttcrifd) fabeln, Diel
teid)t aud) als nicf)t anftäubig öcrurteileu
mürben, I)at £enier§ (SrftauntidjeS gefeiftet.
2)em &npferftcd)er unb 9tabiercr, ber mit
bem 3tid)el unb ber Wabel I)antiert unb
einen nicf)t geringen Seil ber Arbeit bem
%tüaffcr überlädt, tonnte es rtidjt fdjmcr
fallen, auf einer Statte eine unübcrfeljbarc
866. 4o. 2er Hünftlcr mit feiner 3nmilte. 3m Jtöutgl. TOufeum ju Berlin.
ijaju feine Steife be§ ®ünftler§ nad) Italien
311 fonftruieren; beim er fjat t)icr einmal
mieber, unb jmar nod) mcl)r aU bei feinen
9ladjal)mungcn Sroumerfcfjer Silber, mit
frembem ftalb gepflügt. Sein @emälbe ift
nicfjts anbere§ afs bie maferifdjc Überfettung
eine§ ®upferftid)e3 be3 genialen ^acqueä
dallot, beffen Blätter aud) oon ^lorenj,
Wo er in bem ©rofjljei^og (Sofimo II. einen
ebelmütigen ^roteftor gefunbeu fjatte, nad)
bem Sorben gelangten. (Sin ftorentinifd)c§
Sotfsfeft ftellt nämlid) ber ß'upfcrftid) bar,
ben ©allot im ^afjre 1620 öollenbct unb
feinem fjofjen ©önner gemibmet fjattc, ben
großen ^aljrmarft, ber jäfjrfid) am 2t. Sufas*
Stenge Hon tfiguren unterzubringen, bie er
nur in ben Umriffcn 311 frieren Ijatte.
(Sie 3U üollcr pfaftifdjer (Srfcfjeinung unb
3u ftarfer foloriftifdjer SSirfung 3U ergeben,
tonnte nur einem Sttann mie Hemers! ge=
fingen, bem bie iUcinmaferei im fjödjften
®rabe geläufig mar. (£r t)atte fidj atfmäf)lid)
fo baran gemöfjnt, mit bem <Spi&pinfel 311
arbeiten, ba$ er üjn mie einen treibe* ober
$eidjenftift f)anbl)aben fonnte, etma mie
2)ürer feinen üüftarberpinfef, mit bem er jebeä
Öaupt* unb Sartljaar einzeln malen fonnte.
3n biefer malerifdjen Sßirtuofität tiegt bas
fünftferifcf)e Serbienft, ba§ £enier3 an biefem
Silbe gebüfjrt. ©3 fjat nur feiber burdj eine
46
ftfjlimme s-8efjanbtung arg gelitten. 2)er
(Sefamtton be§ s-8Ubc§ ift je£t flau unb un*
erfreulich, unb bie safytreidjen Figuren fommen
fommt öor^ugätoeifc ba§ ^ntercffe am Stoffe
in 93etratf)t, unb babei giebt e3 fo biet gu
feljen, bafc mir nur auf einige ©in^e^eiten
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and) einäetn nicr)t jur (Rettung, weit eine (nntueifcn motten: auf bie fid) beut ®irrf)en*
graufame SSerpufeung ober Reinigung ifyncn portal im ^intergrunbe nätjcrnbc ^ro^cffion,
ben Scfjmelj, ben frbfjüdjen 9kij ber für j bie bem gcfte menigftcnä einen £aud) oon
fid) (eud)tenben färben geraubt fyat. ^e^t ' gotteSbienftlidKm (Sfyaraftcr giebt, auf bie
48
Söü^nc mit ben Sd)langcnäaubcrcrn im
Sorbergrunbc tinfS, auf ttn SerfaufStifd)
mit üenegianifctjen ©laSgegenftänbcn auf bcr
anbcren Seite, auf ttn folgen im Mittel*
grunbe rcd)tS, an bem ein Übeltljätcr auf
unb nieber „gewippt" wirb, unb auf bie üor*
netjmen (Squipagcn unb fänbtidjen gufjrwcrfe,
bie elegant gefattelten Leittiere unb bie
berben Sauerngäufe, woraus man ficfjt, bafi
fjier ein ed)teS SSoIf^feft gefeiert Wirb, an
t>zm Ijod) unb niebrig gleid) lebhaften Sin*
teil nimmt, Sogar Krüppel unb ©reife
werben auf fettfamen ©efätjrtcn Ijerange*
fd)teppt, um öon bem allgemeinen Vergnügen
audj etWaS ;$u fjaben, baS freilidj t)ier nietjt
burdjweg bm (Sljarafter eines ülämifdjen
ÖtelageS an fid) trägt, menngfeidj in einem
Srinfsett in ber SQlitte watfer gerauft
wirb.
Sin ein itaficnifdjeS Sorbitb möd)te man
aud) bei bem SDZeereSljafen in ber Ermitage
■m St. Petersburg benfen (f. Slbb. 38), ber
auf ber rechten Seite üon einem bemalbeten,
meit in baS Sfteer t)inauSgefd)obenen, Sor*
gebirge abgefdjloffen wirb, beffen getSbit*
bungen an bie burd) foldje ÖtebirgSjüge
gefd)ü|ten £äfen an ber üftorbweftfüfte
Italiens erinnern, etwa an Spe5ia ober
IHüorno, baS bamals ber oerfet)r^retct)fte
|>afenptat} 3tolien§ mar. $>ie ftotje 5re=
gatte, bie in ber Sudjt oor Sinter liegt,
ift freilieft, nieberlänbifdjcr §erfunft. $enn
bie gtagge am Sorbermaft trägt baS SBappcn
ber ^ßrooinj Seelanb.
Sofdjer |)afen* unb Stranbbitber t)at
XenierS nodj mehrere gemalt. ^n bcr
Slbfidjt, 5U jeigen, hak il)m fein ©cbiet
ber Malerei fremb mar, metteiferte er ge=
tegentfid) aud) mit ben Malern, bie fid)
bie Sd)ilberung ber See ju^einer Spezialität
erforen Ijattcn. SSie trefflid) er fid) babei
auf bie SSiebergabe beS SJJeereS bei nafjcn*
bem Unmetter oerftanb, toie fein er bie
nnenbtidje 9ttannigfaltigfeit bcr £uft= unb
^idjterfdjeinungcn über bem aufgeregten
Speere unb bem Stranbe bcobadjtet Ijatte,
^eigt fid) bcfonberS glänjcnb in einer Stranb*
lanbfct)aft bcr $5rcSbener Valerie, in ber
fid) bei bem fernere Sßctterwolfen l)cran=
treibenben ©türme ein lebhaftes treiben
entfaltet f)at (f. Slbb. 39). Son allen
Seiten flüchten fid) bie Ofifdjcrb arten an
ben rettenben Stranb. SluS ber üorberften
fd)(eppen Männer in l)of)cn SBaficrfticfefn
bie gefangenen gifdjc in Bulben unb körben
an baS Ufer, unb im Sttittclgrunbe lirdi,
unterhalb ber 2)ünenl)ügcf, auf benen üom
bie ®irtf)c beS Dorfes, weiter Ijinten ber
geuerturm ftet)t, merben Ißferbc in bie See
getrieben, um eine befonberS gcfät)rbetc
Sarfe auf ben Sanb 3U jietjen. $ie SCRetfter=
fdjaft in ber Sdjilberung ber bewegten See
unb beS broljenben 28olfent)immelS ift fo
grofj, bah wan eine 3eitlang nur bie Fi-
guren als eine Slrbeit unfereS SfteiftcrS
gelten laffen wollte unb alles Übrige bem
berütjmteften ber bamaligen Slntwerpencr
äftarinemaler, bem Sonaüentura ^ßeetcrS
(1614 — 1652) jufdjrtcb. Slber eine genaue
Prüfung fyat erwiefen, bafs baS gange
Süb öon einer §anb gematt ift unb bafe
biefe §anb bie unfereS SJJeifterS ift, ber
ba§ 93ilb aud) mit feinen Initialen gc*
jeidjnet l)at. SbenfoWenig Wie er fid) bie
„Stitlteben" in feinen Silbern üon ben
Spesialiften biefer Gattung l)at t)ineinmalen
laffen, toa$ aud) t)ier unb "ba behauptet
Wirb, t)at er fid) für feine aierlidjen ^om^
öofitionen bie tanbfd)aftlid)en |)intcrgrünbc
t>on anberen SMnfttern malen laffen. llm^
gefet)rt I)at er nid)t fetten fertige £anb=
fct)aften befreunbeter ^ünftter mit Figuren
ftaffiert. 2)ann täfet fid) aber ber Slnteil
eines %tbtn fd)arf unterfd)eiben. @in be^
3eid)nenbeS Söetfptet bafür befi^t baS Srüffeter
SCRufeum in einer baumreid)en ^fodjtanb-
fd)aft, in beren Sorbergrunbe Säuern Oor
einer £)üttc befd)äftigt finb, einen SSagen
äu belaben. ©ine jweite 2anbfd)aft öon
ÖufaS öan Üben, bie JcnierS ftaffiert ßat,
befinbet fiel) im berliner Sftufeum. .pter
^at SenierS brei 3igcimcrinncn barge=
ftellt, üon benen bie eine einem Sauern
watjrfagt.
3u Hemers' |erüorragenbften Äirme|=
barftetlungen get)ört aud) ein Sitb bcr £on*
boner Sktionatgalerie, auf bem ebenfalls,
Wie auf bem ^^ntarft ju glorcnj, eine
retigiöfe geicr ju einem aögemeinen SoltS
üergnügen geworben ift. ^n einem Xorfc
bei Slntwerpen, jcnfeitS ber Scheibe, fjat
fid) eine grofee, auS allen Stänbcn gcmifd)tc
SotfSmenge cingefunben, um einen $ua, üon
SBallfaljrern ju empfangen, natürtid) nad)
olämifd)er Slrt. %n Erwartung bcS Sd)au
fpictS ftärtt man fidb, mit Spcife unb Sranf,
Wäl)renb Sauern bamit befdjäftigt finb, in
großen fupfernen S'effetn Suppe ju tod)en
49
imb bie nötigen Raffer Söier für bie (Säfte I ©ot)nc, ber ein SBinbfpiet an ber Seine
bereit ju ftetten. Um bic Stimmung %u
fräftigen nnb auf ber §öf)c ber nötigen
füt)rt.
®iefc§ SBüb ift 1643 gematt morben,
Wnbadjt au erfjatten, trollt fid) in ber Stenge j unb um biefe Seit ober bodj nur menig
ein 2Jlann Ijerum, ber 2BaIlfaf)rt§fäf)ncf)en i fpätcr War £enier§ mirflidj bereite tn ber
öerfauft. SmSorbcrgrunbcHt man Hemers Sage, alle biefe ©cenen getüifferma&en att
fctfcft mit feiner jungen grau unb feinem | ®ranb Seigneur au§ unmittelbarer mi)t
4
Siofenfcerg, leuterä.
50
ju ftubieren. Schneller, als er es üielteidjt
felbft gehofft, mar er $u einem ber $iete
feinet ©IjrgeijeS gelangt. @r fonnte es
SRubenS gleid) tfmn unb fieb, einen #anbfi£
in tytvd, gmifdjen SBilöoorbe unb äftedjeln,
erwerben, alfo in berfelben ®egenb, mo
ÜtubenS' Scfjlof? Steen log. 55a Gubens
1640 geftorben mar, b/itte SenierS freitief»
nicf)t met)r bie ®enugtl)uung, itjn als ®utS*
nacfjbarn ju begrüben. ®afür Ijatte er aber
baS Bemujjtfein, bafj ü)n nunmehr fein
©röterer in feiner -ftätje überftrafjtte unb
bafj ftd) alle iperrengunft nun üon Sdjtoß
3)rrj stören ($5rei stürme) auf bie bäuerliche
Umgebung ergoß. Sftan barf fidj freilief)
üon SenierS' „Sdjlofj" feine übertriebene
Sßorftetlung madjen. (SS ift nämlid) nod)
jutn großen STeite ermatten unb täfjt er*
fennen, bafj ein einfacher 83auerf)of burd)
brei ftattlidje, öieredige £ürme ju einem
fdjlofjartigen SluSfetjen aufgeftu^t morben ift.
•ftidjtsbeftomeniger lief? eS fieb, SenierS
in biefem Sanbfi^e motjl ergeben, unb mit
leibenfcrjaftlidjer Siebe tnng er an feinen
Steigen. S)enn er t)at ilm oft unb öon allen
Seiten gefdulbert. SSotjt bie früfjefte biefer
3)arftetlungen ift ein 93ilb im berliner
2ttufeum (f. 2lbb. 40), baS ben Mnftler
unb feine gamitie auf ber ju einem SBeifjer
tjerabfütjrcnben ^erraffe feines SdjloffeS
fi£enb barftellt. %n öorneb,me fpanifdje
Sradjt gef leibet, fuielt er baS ßello jur
Begleitung beS ®efangS, ben bie neben if)m
am runben Sifdj fitjenbe ©attin 5tnna unb
fein f)inter beiben fteljenber ältefter Sotjn
ausführen. Wnna 93reugb,el mirb in il)rem
<$efange burd) ben ©intritt eines ^agen
unterbrochen, ber ein Brett mit einem ©lafe
unb einer ®anne Ijerbcibringt. Slnbcre
Sabung in (Seftatt zweier inljattreidjen gla*
fdjen f)arrt in einem metallenen ®üljler beS
($enuffeS. Sluf einer Sdjuljmauer l)intcr
bem mufifalifdjen Xrio treibt ein Stffc fein
SSefen, unb über ben Sßkiljer l)inmeg blieft
man auf baS 2)orf s$erd unb feine ®ird)e.
silu« bem Filter ber bargeftellten ^erfonen
barf man fcf)lief?en, baf? baS Bitb etwa um
1645 gemalt morben ift. So fdjnell mar
alfo ber arme Mnftter, ber bei feiner £od)-
^cit nidjtS meiter mitgebracht fyatte als eine
silnsaf)t unüerfaufter Bilber unb bie ÄnÄ-
Hcfjten auf feine fünfttcrifdjc $ufunft, 3"
2Bof)lftanb gelangt!
9Jcan f)at in bem sJJ?anne, ber in ber
Xl)ür ftefjt, einen älteren Brubcr beS 9fteifterS,
in bem Knaben, ber ben SBein bringt, feinen
jüngften Bruber $lbrab,am erfennen motten,
ber fpäter ebenfalls 9Jialer, oorneljmlidj aber
®unftb,änbler mürbe, ber bie Söerfe feines
berühmten BruberS üertrieb. 2)aß le^tere
5luffaffung irrig ift, befoeift ein Sitb ber
Sonboner 9cationatgaferic (f. Slbb. 41), auf
bem tüir benfelben Knaben in bienftetfrtaa-
Haltung mit bem |)utc in ber £>anb tjinter
feiner £>crrfdjaft feljen.. (SS ift einer jener
s^agcn, bie bamalS in feinem borncfjmen
.^auSljalt fehlten, unb baf? JcnicrS ein @utS=
l)err in grofjem ©tile mar, bemeift aud) ber
gifdjteicl), ben er an ber Seite feiner (Gattin
einer Siame geigt. Sin alter gifdjer nal)t
ficlj if;m mit entblößtem Raupte unb metft
if)m einen eben gefangenen |>ecrjt, mä^renb
feine StrbeitSgcnoffen in bem ftadjen SSaffer
baS 9?e^ gießen. Stuf einem britten Silbe,
baS fiel; im Sudingljampataft in Sonbon
befinbet, feljen mir JenierS unb feine ®attin
im $ßerfel)r mit iljrem (Gärtner (5lbb. 42),
unb ein Silb ber SRiind)cner ^inafotl)cf
bietet unS eine ©efamtanfid)t beS Sa^loffeS
3u ben brei türmen, über bem fidj ©emitter'
motfen bei greller Seleudjtung jufammen^
geballt traben.
Um biefetöe 3^it ungefähr, mo er fein
Sdjlof; ermarb, mar fein 2lnfel)en in ber
StntmerpenerÄünftlerfdjaft fd)on fo l)oef) ge
fliegen, bafj er auf baS 3al)r 1644/45 jum
®efan ber SufaSgilbe crmäl)lt mürbe. 83c*
rcitS jmei 3>atn;e üorljcr mar il)m aud) eine
für einen Sftann feines 5lltcrS au§ergemöl)n^
licfje (Sprung ju teil gemorben. Sie @anct
©eorgSgilbe, eine ber älteften S3ogenfd)ül3eu-
gefellfdjaftenSlntmerpenS, erteilte ilnnnämlid)
ben Sluftrag, §ur ©riunerung an bie ?vciev
beS Jubiläums il)reS SDcfanS ©obcoaavt
©ntjberS ein figurcnrcid)eS 83ilb ju malen,
auf bem bie feierliche Begrüßung ber ntS
bem 9tatl)aufe getretenen SftagiftratSmitg lieber
burd) bie 5ßorftcl)er ber©ilbc bargeftctlt fein
follte. Sic Ijabeu eben it)r ©ilbef)auS Der*
laffen, baS in ber redjtS in baS ©ift hinein«
get)cnben Braucrftraße (rue des braasean)
lag, unb machen il)rc Komplimente, hinter
itjncn ift ber Fahnenträger aufgcftellt, unb
bie beibeu alten Wiener ber Wilbc, bereu
3Bämfcr mit filbernen platten gefd^müdt
finb, bringen auf filbernen Jetlern Stauten
mit Söein unb golbeue ^ofale 3um 33e*
grüßungStrunf. An ber ^cicrlidjfcit Ijobcit
52
aud) onberc (Silben, bnvuntcr bie ber Söüdjfen*
fcfjü^en, teilgenommen, bic faft ben ganzen
$la§ einnehmen, unb auä alten genfteru
Miefen Sctjautuftigc auf ba§ feftfidje treiben
l)erab. SBaren bod) biefe (Silben, bie fidj
mit einem 8d)immer öon Ütittertidjfeit unb
S3el)rljaftigfcit zu umgeben mußten, ber Stolz
aller reichen flanbrifdjcn Stäbte! S)en |rinter-
grunb bilbet bic prädjtigc gaffabe bc§ Stabt*
fyaufeä, i>a% in einer üftifdje be3 OJicbelä bie
Statue ber SDcabonna, barunter bie Stanb-
Ijauptete fid) bort fetbft neben einem au3*
gezeichneten SBcrfc öon 9tuben3, ber 93cfräm
31mg bc3 9Jcar§ burd) $enu3. Leiber ift
biefc3 9#eiftcrmerf bc3 SünftterS (f. Slbb. 43)
feiner SBaterftabt ntdjt ermatten geblieben.
Sdjon im Satjre 1746 brot)te it)m eine ©c*
fatjr. 2113 ^ubmig XV. nad) ber (Eroberung
ber Stabt burd) bie ^ranjofen feinen Ginzug
t)iett, erregte haä iöilb feine Slufmerffamfctt.
$>ie ®eorg3gilbe glaubte, bem SJtädjtigen
einen ©efalien gu t()un, inbem fie i()m ba§
9U)D. 45. CStjriftus mit dornen gefrönt. $n bcx Sitblcrifialcric ju fionboii.
bilber ber 2Sei3f)cit unb ®ered)tigfcit unb
Ztoifdjen biefen in 9Jcaterci baä fpanifd)e
SSappen zeigt, ©igenttid) ein §ol)n auf bic
Xrümmer bürgerlicher $rcit)eit, bic fid) bort
unten gar pomphaft breit mad)t! ScnicrS,
ber ®teim unb gcinmaler, mar ber rcd)tc
Wann baju, um einen fotdjen Auftrag ju
allicitiger ^ufricbcntjeit aufzuführen. @3
galt, nicfjt meniger alä 45 Porträts barauf
anzubringen, unb alle biefe 3ttänncr in ifjrcn
cf)araftcriftifcf)en (Sigcntl)ümlid)fcitcn ju er»
faffen, mar feine Iftleinigfcit, ba bie Figuren
im SSorbergrunb nur 25 Zentimeter grofj
fein burften. S)a3 93ilb crl)iclt benn aud)
feinen ©brcnpla^ in ber ©itbeftube unb bc*
©üb anbot. Slber ber ftünig, ber in 53ezug
auf $cnicr§ ben ($cfct)matf feinet Urgrofv
öaterä geteilt 51t fyaben fdjcint, lehnte ei ab.
£>rei ^ai)xt barauf mar bic (Mbc fo tief in
Sdjulbcn geraten, bafj fie fid) zum Sßerfauf
ber beiben Silber öon 9iuben§ unb Xcnier*
cntfcMiejjcn mufttc. Sic mürben burd) ®o»
pien erfefct, unb bie Originale gingen für
5000 (Bulben nad) bem .fraag, mo fie fpäter
öon bem fturfürften 0011 .s>effou .Staffel am
gefauft mürben. $)a3 SBilb uon ÜKubciiS be-
fiitbct fid) nod) in Gaffel; ba$ $cmälbc öon
Jcnicrä ift bagegen bis in bic (Ermitage in
St. ^ßetcräburg öcrfd) lagen morben. sJ)ian
meifj jmar, bafr JenierS auf biefem 93ilbc
53
ctud) bie fjerüorragenbften ÜDMer 5tnt=
luerpens?, barunter fidj fetbft unb feinen $8ater,
porträtiert I)at, bei ber ®tein()eit bergiguren
be3 breifcigiätjrigen Striegel nicfjt unmittet*
bar ju leiben b,atte, brang ber SBaffentärm
bocr; aucf» oft genug in ba3 friebticfje
ift c§ aber fdjtner, bie einzelnen SUbniffe
5« ibentifijieren. —
Dbtootjt sInttr>eröen unter ber fyanifcfr/
öfterreidn'fcfjen £errfcfjaft öon ben ©türmen
Seben ber betriebfatnen |mnbet§ftabt. <Spa=
nifdje unb öfterreicrjifcfje ©ölbner, bie
nacfr, bem toeiten Sltiegätfyeater gcfanbt
ttmrben, fammelten fidj in ben |>auptftäbten
54
2160. 47. 2lötaf)am3 ffianfopfcr, 3n bcr Saiferl. ©alerte gu 2Bten.
(jftadj einer ^r)otograpf)ie t>on S- Sorot) in SBien.)
ber fpanifdjen Iftiebcrlanbc ober burcf)=
gogen fie auf betn SBege nadj bem ©üben,
unb ba gab e3 benn für ein ®ünftter*
äuge üiel 511 fet)en. 2)ie Erinnerung
an bie Vtutgeridjte 9tlba3, an bie eblen
SKärttjrer (Sgmonb unb |>oorn, mar
längft ertofcfjen. SJcan fjatte ficfj in bem
tatfiolifdien ober mit ©ematt fatfjotifd) ge=
machten Seit ber ÜJcicbertanbc mit ben be*
ftetjenben 93ert)ältniffen fdjneH öerföf)nt, unb
luxe mcnig fict) baä üfämifcfje SSotf in feinem
unüerwüfttidjen 3ro()ftnn burd) bie gremb-
fjerrfdiaft ftören tiefe, l)aben mir auä ben
Vauernbetuftigungcn, ben Sncipftuben unb
^m großen ^irmc&fcftcn unfereö $ünftler3
fennen gelernt. SBic fid) baä fpanifdje
Söappen mit bem öfterrcidjifdjcn Poppet»
ablcr üertrug, fo harmonierte audj baä
olämifdje Voff mit ben fpanifdien unb
öfterreidufdjen ©ofbtruppen. @rft im 19.
3at)rt)unbert, als» eine Gontrercüotution bie
fatt)otifd)en ^iebcrtanbc öon bem proteftan*
tifdjen |>ottanb losriß, mürbe ba3 Ökbäditniä
berer, bie bem ^enferbcÜ
ber ©panier gum Opfer
gefallen maren, mieber 511
@i)ren gebraut
£enier§ unb alle feine
®unftgenoffen famen alfo-
nidjt in bie Verlegenheit,
fict) in politifdie 2)cnum-
ftrationen einjulaffen. ©ic
mochten fid) mot)t and) ev
innern, mie fajledit fie cinft
bem Sftcnommiften 93rou*
mer befommen maren. 9Zur
allein ber malerifdje Sfteij
bemog £enier3, fein 3»*
tereffe aud) bem treiben
ber ©otbate^fa azurnen
ben, bie er freilief) gumeift
bei einer fricblidjen ©e
fcfjäftigung, bei ifjren Ver-
gnügungen in ben 3Sad)t
ftuben, barftellte. ©djon
biefe feflerartigen, gemölb*
ten Sftäume boten iljm bie
fd)önfte (Megentjeit, ju
geigen, bafe er e§ in ber
foforiftifdjen SBefjanbfung
be3 |>atbbunfef3 mit ben
beften ^ottänbern aufnet)
men fonnte. SDcan mad)t
überhaupt bieVeobacfjtuna,,
bafj trofj bcr potitifdjen Trennung ber nörb
lidjen unb fübtidjen -ftieberfanbe bie Öknrc
maierei beiber £anbe3teite in engem 3ufam*
menljang blieb, mätjrenb fief» bie religiöfc
SJcaterci großen ©tilg im Sorben unb ©üben
— unter bem (Sinftuffc ber berfctjiebcncu 83c
fenntniffe — entgcgcngcfc^tcn^ietengumanbtc.
(Sin ^Srad)tbitb mic £enier3' SBacfjtftube im
3tcid)^mufeum ju Stmfterbam (öon 1641 ba
tiert, f. 2lbb. 44) bleibt hinter feinem ber
fjollänbifdjcn ^cinmaler, $>ou mit inbegriffen,
gurüd. SJcan bcadjtc nur bie £>arnifd)c, bie
©turml)auben unb anbere 9tüftung3teilc, bie
trommeln, Raufen unb Sßaffcn, bie im
Vorbcrgrunbc 31t gcfdjitft fomponierten ©tili
leben aufgebaut morben finb, bie non ber
Tcrfc ()crabt)ängenbc Satcrnc unb ben anberen
Mlcinfram 5mifdicn ben ©ruppen ber ©ol
baten! 3n ifjrcr Vefdjäftigung untcrfdjcibcn
fic ftd) nid)t üon bem, ma^ bie 93aucrn unb
fictiicn «'panbmerfer in iliren ©dienfen t()int:
fie fpielcn harten, fie trinfen, raudjcn unb
märmen fict) am Staminfeucr, über bem aud)
55
ber befannte ©crjmud: ber 93routüerfd)en unb
Tenier3fd)en 2Birt3ftuben, ber an bie Sßanb
-genagelte ßuöferftid) mit einem ®oöf ntdjt
ben Ijofjcn Torbogen in ba3 £atbbunfe( ber
gewölbten 9täume fättt.
£iefe SSBacrjtftuben . fanben, öorneljmlitf)
feljtt. 9ftit ganj befonberer ÜDleijierfdjaft ift
X)ter aber nocfj bie boööelte SBirfung be§
Sic^teg miebergegeben, ba§ öon tinfö burcf)
«in geöffnete^ genfter, öon recfjtg f)er burtf)
tooljl wegen iljreä reiben ftoffUdr)en $ntereffe3,
baä fie ber 2tugentuft boten, fotdjen S3eifaH,
bafi fie Senierä fyäufig nneberljoten mufjte.
Stuf einem ber fctjönften btefer ©ruööe öon
56
Silbern, bcr 1642 gematten Söadjtftube in
bcr Ermitage ju @t ^ßeter^burg, f)at ba3
folbatifdjc ©tilttebcn fogar einen rriegeri*
fdjen fnntergrunb erhalten. $)urd) ben
abgegeben roerben. 5tber bie fricgcrifdjc
Slction ift bodj nur nebenfäd)lidj beljanbclt.
$)a3 £auptintcreffe beanfprudjen bie ©eftattcit
ber Porten tyietenben, trinfenben unb raudjen*
2(bt>. 49. £er ^ eil ige
,y> ic r oiii) m Kl in bcr Häufte. 3"t Stäbclfcfjeu Munftinftitut in ffrnntfurt o. SR.
(SRadj einer $f)otogrnpf)ie Don ff. Sönicfmann in TOünd)cit.)
£f)orbogcn, beffen Sßorfjang in bie $öt)c
gebogen ift, bücft man auf eine weite (Sbenc.
3n ber Sftitte liegt eine ©tabt, bie öon
einer Scftung oerteibigt luirb, Don bereu
2öäüen ftanoncnfrf)üffc auf betagernbe ^cinbc
ben ©olbaten, i^rc materifdjen $rad)tcn, \fyct
SBaffeu unb Lüftungen, üon benen nod) ein
rcidjlirfjcr SSorrat im SSorbcrgrunbc Unfä an-
gehäuft ift unb aud) an ben Söänbcn fycviim
(jängt. @3 ift lcirf)t crfidjtlid), baß bcr
57
$ünftter nur burd) bic
$reube om materifdjen 31t
biefer 2(nt)äufung öon alter-
fjanb ©cmaffcn gereift
morben ift, gang lote c§
fein (Sdjmtcgcrüater getrau
f)atte, iüenn er bie <Scf)miebc
be§ SSutfan matte. S)a
auf allen SBadjtftuBen, bte
£enter3 gemalt l)at, immer
biefelben SSaffen, gähnen,
Lüftungen, Mufiftnftru-
mente, Sättel u. bgl. öor=
fommen, tiegt bie $er-
mutung natje, baf? £enier§
fclbft eine (Sammlung fol-
djer mititärtfetjen 9lu3rü-
ftungggegcnftänbe befeffen
l)at, bie er in immer neuen
5lnorbnungen immer ttrieber
anbrachte. (Sin runber
orientatifcfjer «Sdnlb, eine
noltftänbige (Sifenrüftung,
uue fic im breifjigiäljrigen
Kriege bie^üraffiere trugen,
ein paar 9?eiterpiftolen in
Sattettafcfjen, eine grofte
Trommel unb ein pväd)*
tiger SReitfattel finb bie
|)auötftücfe, bic auf alten
3öad)tftubenbitbern be3
fommen.
23i3toeiten fjat £enier3 aud) öerfudjt,
biefer (Gattung üon Silbern einen tieferen
Sinn unterzulegen unb bamit neben ber
greube am malerifdjen unb abenteuerlichen
aud) ben gorberungen genügt, bie ernfter
geftimmte Slunftfreube an ein ®unftft>ert
fteltcn. SBie bie alten flanbrifdjen Meiftcr
be§ 15. ^at)r[)unbert§ für bie (Geftatten be§
atten unb neuen £eftament3 in iljrer naitien
Sluffaffung bie SOJenfctjcn itjrer $ett nad)
Äörperbilbung unb £rad)t gu Muftern nah-
men, bie fte mit peinlicher (Geroiffenljaftigfeit
miebergaben, fo rjat audj £enier§ fein 93e=
benfen getragen, feine 2Bactjtftubenbebeutung§-
Wolter ju macfjen, tnbem er retigiöfe 23or-
gänge in baä (Getümmel ber Solbaten
öerroob. $>ie (Gefangennahme (£t)rifti unb
bie bamit in 3ufamment)ang ftetjenben ©r-
cigniffe Boten it)tn bie fdjönften StRotiöe.
Stuf einem 23ilbe ber 2)ubtet)galerie in
öonbon (StbB. 45) fiijt ber gefangene ^eitanb
felbft im SSorbergrunbe einer SBadjtftube,
mt>. 00.
SöübniS einc^ alten 9J?anne3. %n ber ®aiferl. ©alerte ju SBten-
(9Jadj einer ^otoflraptjtc oon 3. Sorot) in SBien.)
®ünftter3 öor*
oon Sotbatcn umringt, bereu einer ifjm bie
©ornenfrone auffegt, mätjrenb ein anberer,
311m §of)tt üor ifjm fnieenb, iljm einen bürren
3tueig at3 Sceüter überreizt, ©in anbere§
Mal ift eine fotdje Söacfjtftubc ber Ort,
mo 'petruä, ber Mitgefangene, feinen |)errn
üerteugnet (im Souüre ju SßariS), unb auf
einem britten Söitbe (in ber SDre^bener
(Galerie, 3tbb. 46) ferjen mir, mie ber (Snget
ben im (Gefängnis fdjtafenben $etru§ raetft,
um tfjn in bie greitjeit ju fütjren. Man
barf au§ biefer genrefjaften !öet)anbtung
biblifdjer Motiüe niefit etioa fd^ttejsert, haft
e3 $enter3 an retigiöfer (Gefinnung ober
gar an 2ld)tung üor bem ^eitigften gebrad).
@r legte fiefj t^tn nur bie bibtifcfjen Vor-
gänge nad) feiner Strt, in ben (Grenzen
feiner Begabung unb feiner Shtnft jurecfjt,
meit er ftug genug mar, um einjufetjen,
ba$ er e§ mit ben (Gro^mciftern ber reit*
giöfen Malerei, mit ^ubeng, oan SD^d,
^orbaenS, be (£rat)er u. a. nicfjt aufnehmen
tonnte. Setbft menn er fief) enger an eine§
biefer Vorbitber anfcf)foJ3, mie j. S3. an
58
SRii&enä in einem Silbe in ber ©djmerincr
(Valerie „Daniel in ber Sömengrube", ging
er getieft allen ©djmierigfeiten au3 bem
2Sege, bie ju dergleichen Ratten fyerauä*
f orbern tonnen, bie für ü)n nachteilig ge*
mefen mären. 9iod) mcfjr aU e3 Ütubenä
getfjan, rücftc er ben Sßroötjcten in ben
£)intergrunb unb machte bie Sötten jur
|)auötfad)e, freiließ otme ü)nen bie maje-
ftätifdje Söilbljeit mitzugeben, bie 9tuben§'
Sömen unb Siger gu gurd)t unb Gmtfc^en
erregenben ®efd)ö>fen ftemoett.
orten 9Jad)ab,mer, unb fdjtiefjtid) l)örte
eine ®unftfamm(ung ober tod) ein Gemälbe»
fabinett ju ben unumgänglichen Stennseidjen
eines ©ranb ©eigneur, ber feine 9tolle im
Seoen mürbig ausfüllen mottle, ©o tarn
bie Vorliebe für bie fogenannten „Kabinetts»
ftüde", b. 1). für bie Söerle ber ®leinmalcr,
auf, unb nad)bem nun einmal ber malerifdjc
©inn gemedt mar, mürbe ber ©egenftanb
eine§ SBitbeä gule^t gleichgültig. $iclleid)t
gab eS fdjon bamals ©ammler, bie barauf
crpidjt maren, öon bem ötämifdjen Söauerm
mb.
51. {Räuber plünbern ein S5orf. 3n ber Äaiferl. ©alerte ju
(Mad) einer ^IjotOQropfjte öon 3. Sorot) in SBten.)
$8ietleid)t t)at gerabc bie eigenartige Stuf»
faffung, mit ber £enicr3 biblifdie SKotiöe be=
Ijanbelte, feine fyoljen Gönner befonberS ge-
reift. 9#an mar mit ber $eit ber großen
ftirdjcnbilber mübe gcroorben, unb man
erfreute fid) an ber Sermenf d)tidb,ung , mit
ber JenierS öcrefjrnngämürbigc ©eftaltcn
bem ©emüt bes SSefdjauerS näf)er brachte
unb öerftänblidjer machte. $ann fam audj
bciZ rein malcrifdjc ^ntcreffe f)in,$u. ©3
mar bie 3cit, mo ber Sammeleifer and) bie
großen Ferren in ben föanifdjcn lieber*
lanben ergriffen Ijatte. $)a3 Seiföiel, baä
cinerfeitö ftaifer SRubolf II, anberfeitö ®önig
Äart oon (Snglanb gegeben fjatte, fanb aller*
mater, ber ju altem bereit mar, audj ein
93ilb biblifdjen $nl)alt3 3U befi&cn. £>arau3
erflärt eS fid), bafj bie Qafyl ber biblifdjen
Silber unfcreS ®ünftlcr3 nidjt unbcträd)t(id)
ift. (£ineS ber öollcnbetften unb to(oriftifri)
anjieljcnbftcn ift bas 1653 entftanbene Döfer
2tbrat)am3 in ber faifcrlidjen Galerie 5U
SBicn (f. Vlbü. 47), mo fid) bie Figuren mit
ber lanbfdjaftlidjcn Umgebung 311 fd)önem
©inflang aufammenftimmen. (Sine 9ftcil)c öon
fünfjeljn 2)arftetlungen ans bem Scben ber
Gottesmutter befifct bie Galerie 5U ©djlcifc
fyeim bei 9)cund)cn, eine SluSftcttung (Sljrifti
öor bem Sßolf bie Galerie ju Staffel, eine
£arfteHung (Jljrifti an ber äßarterfäute ba$
59
s$rabomufeum 51t
SJcabrib , ben mit
feinen £öcf)tera
gedjenben Soll) bie
alte ^inafotfjef gu
äjtüncjfen. ®te fcf»on
crtoa^nte harter beS
Sfteitfjen im Fege-
feuer unb bie fieben
SBerfe ber 93arm*
tjcrgigfeit, bie %t*
nierS metjrerematim
Statinen einer ®om*
pofition bargefteKt
f)at — ein ©jcmölar
Befinbet fid) im
youttrep^ariS, ein
anbreSinbcr (Valerie
3tecngrad)t 311 2tnt*
loeröen (üon 1644)
— bürfen mir aud)
gu ben Silbern reti*
giöfen ^ntjattS red)*
nen, bo baS äftotiü
bagu auS ben (Süan*
gelien gefd)öüft ift.
3)aS bie fieben Söerfc
ber 33orm^ergig!eit
barftettenbc 23itb im
Öouüre (Slbb. 48) ift
ebenfalls in ber
SJJitte ber üiergiger
^al)re, alfo in ber
beften 3eit beS 9Jcei=
fterS, entftanben.
dJlan mufc genau
gufeljen, um bie
einzelnen Vorgänge
in ber reicfj auS*
gebilbetenSanbfdmft
gu erfennen unb fie itjrem ©inne nad) gu
beuten; benn bie ®arftettung Ijat an unb für
fidj nichts, baS an ©innbilber benfett läfct.
(£in toof){f)abettbeS (£I)eüaar l)at bie 3lrmen
unb 23ebürftigen eines $5örfeS geloben, um
fie gu Reifen, gu tränfen unb iljre Sölöfje
gu BeWeiben. 2)er Wlann teilt bie 93rote
au§, ein ^ßage giefct SBein in eine @cf)a(e,
bie ü)m eine junge Sttutter reicht, bie üjren
3äugting im ©djofje b,ält, unb bie grau
beS reichen Cannes, üon iljrem ©ofjne
unterftü^t, reicht ben Warften ioärmenbe
Kleiber. „ hungrige Reifen, SDurftige tränf en,
sJ?adte f leiben." $>ie üierte (5§riftenüflicfjt,
9lbb. 52. Slmoretten in
inftihtt ju g?ranlfurt a. 9K.
einer 3lldjemtftenh)ct!ftatt. %m Stäbelfcrjen Äunft-
(9latr) einer ^Ijotograpfjic öon %. 33rucfmann in 9Mntf)en.)
mübe Söanberer gu beherbergen, erfüllt ber
Söirt, ber redjtS üor ber £t)ür feines Kaufes
ftefjt unb giuet grembtinge gur (Sinfeljr
labet. ®aS ®ebäube im |rintergrunbe mit
bem runben £urm in ber SJlitte ift ©efängniS
unb ®ranfenf)auS gugleid). 21uS ber Xfyüv
tritt ber (befangene IjerauS, bem bie grei=
Ijett miebergegeben mirb, unb an einem
genfter beS oberen (StodS ift ein tränier
fid)tbar, üon bem SIrgte unb einem SBärter
umgeben. (Sang im £>intergrunbc rechts
ioirb bie le|te ber ^ßflicfjten ber d)riftüdjen
9läd)ftenliebe erfüllt: unter feierlichem Geleit
tüirb ein £oter beftattet.
60
2)er ®opf beä ©retfeg im Sorbergrunbc
bcä Silbeä, ber bie §anb nad) ben Sroten
au§ftrerft, fommt Ijäufig auf ben ©etnätben
be3 ®ünftler3 üor. Sßie Senierä fid) felbft
in bem jungen Wann an ber linlen «Seite,
neben ber alten grau, bargeftellt l)at, fo
f)at er in bem ©reife ein Sttbniä feinet um
biefe 3eit etroa brei* ober üicrunbfed)sig*
jäl)rigen Sater3 gegeben. Sienfetben ©reifen*
fopf iocrben toir fpäter auf einem ber fdjönften
$üd)enbilber beä ®ünftler3 fetjen, unb mit
befonberer geinfjeit unb Siebe ift er auf
einem Silbe ber Stäbetfcfjen ©entälbefamm*
lung in granffurt a. 9Jc\, ba§ ben Zeitigen
§ieronl)mu3 in ber SBüftc barfteUt (Slbb. 49),
unb auf bem Silbe üon 3lbraf)am3 2)anfopfer
in SBien burd)gefüb,rt.
3ftan f)at an £enier§ biäloeiten getabelt,
baB namenttid) feine dauern meljr ttjpifd) al§
inbiüibuelt gcftattet feien, unb barauS ge-
fdjtoffen, bafe er fie nid)t fo grünblid) jte-
biert Ijabe, toie bie kleinen §anbtoerfer ber
Stabt, bie s$erfonen feiner t)äu3tid)en Um*
gebung, bie 9lotabititäten üon 5lnttoerpen
unb bie üornel)tnen Ferren, mit benen er
fpäter in Srüffel üerfctjrte. 2Benn biefe 93e=
Ijauptung richtig ift, fo erftärt fie fid) metjt
etma au3 ben ©renken feiner Begabung.
%u§ ben S)arftettungen au§ feiner £>äu3tidj*
feit, au3 bem großen Slnttoerpener Sd)ü£en*
bifbe fjaben mir gefeljen, bafa $enier3, menn
er tooHte, aud) ein großer Sitbnigmater im
flehten fein fonnte. ©igenttidje Silbniffe
fdjcint er freilief), foioeit bie nodj üorljanbenen
Silber feiner £mnb, bie fidjerlid) ben roeit»
au§ größten Seit feinet Sd)affen3 bar*
fteUcn, ein Urteil geftatten, nur fetten ge=
malt ju Ijaben. ©in S)oppelbilbni3 gar,
mie btö be§ (5r5bifd)of3 üon ©ent, 2lntoinc
trieft, eineä loarmen greunbeä ber Shntft
unb ber Sünftter, unb feinet SruberS, beä
.Stapu(ynerpater§ (Sugen (in ber Ermitage
p St. Petersburg) ift eine gang ücreinjeltc
(£rfd)cinung unter feinen Sßcrfen. Sein
ganzes fünftlerifdjeä Naturell liefe itjn nid)t
lange am (Sinjelloefen fjaften, fonbern e3
brängte if)n jur SBiebergabe einer ÜDZengc
üon ^nbioibualitäten, bie fid) in befdjau*
Ucf>er 9tut)e unb bcl)aglid)cm ©cnufe ya.»
fammengefunben fjatten ober bie fid) ju
l)öd)fter Sctl)ätigung be§ Gebens in Zan^
unb bacd)antifd)cr Suft angeregt füllten, ©r
l)at uns nid)t einmal ein Selbftporträt im
l)crgebrad)ten SitbniSftile fnntertaffen. 3öo
er fid) auf ©enrebilbern felbft bargeftellt t)at,
crfdjcint er immer nur als einer unter mel)re*
ren. 6in SRepräfentationSbilbniS unfereS
MnftterS l)at Bieter $f)t)§ (1616—1678)
gemalt, ber fid) gern ben „f leinen üan$)t)d"
nennen liefe. SenierS felbft mufe btö 33itb,
bciZ fid) je|t in ber alten $inafotb,ef ju
9Jiünd)en befinbet, aU njofjtgelungen be*
trad)tet l)aben, ba er eö burd) Sucaä
Sorfterman ben jüngeren in Tupfer fted^en
liefe (f. ba§ Sitetbitb). 2)afe Senier§ gleid)*
mol)t eingefjcnbe Silbni^ftubien nad) ber
9^atur — für feine 3n)cde — gemadjt
tjat, bemeift aufeer bem au§brud»üotIen
Slopfe Slbraljamg unb üieten anberen bilb*
ni^mäfeigen köpfen auf feinen Silbern
aud) *ba$ Porträt eine3 meifefjaarigen unb
^bärtigen SRanneö in ber faifertidjen ©a*
lerie gu SBien (f. Slbb. 50). SBenn man
biefe§ Profil cingel)enb betrachtet unb gett)al)r
rairb, mie jebe gälte ber §aut, jebc Stundet,
jebe§ Söär^a^en unb jebe§ §aupt* unb Sart-
l)aar miebergegeben ift, entbedt man bie
Quelle, au§ ber ein f)atbe§ ^at)rl)unbcrt
fpäter S3altl)afar 2)enner gefdjöpft Ijat.
Btoeimal |at Senier^ aud) friegerifdje
ober bod) ioenigfteng bramatifd)e ©reigniffc
au§ bem Solbatenleben bargeftellt. 2)a§ eine
biefer Silber (in ber faifertidjen ©alerie ju
SBien, f. 2lbb. 51) trägt bie bcbcutungsoollt
^afyvt^afyi 1648, unb mit biefem testen
^aljre be§ grofeen ^riege^, ber gan$ (Suropa
erfd)üttert t)atte, fdjeint audj ber ^n^ait bee
Silbe«? im 3tifc»nmenl)ange gu flehen. Sein
Sitet tautet im amttid)cn Katalog gloar nur
ganj allgemein: „9täuber ptünbern ein5)orf".
Slber bag ptanmäfeigc Sorgcl)en biefer 9täu*
ber beutet tod) barauf f)in, bafe toir SRaro
beure be§ grofeen ®riege3 öor un§ l^abcn,
bie aud) nad) bem gricbcn§fd)luffc nod) lange
nid)t üon if)rcm jügeHofen Sebcn laffen tonn
ten unb %at)xt l)inburd) eine gcfürd)tetc
s-ßtage aller cinfam gelegenen Dörfer loarcn.
(£§ ift, at§ blatten toir in bem JcnierSfdjcn
Silbe eine ^Huftration p Sd)iHer^ „ Räubern "
üor un§, bereu ^anbtung alter ©etuob,ub,cit
nad) in bie 3cit unmittelbar nad) Secubigung
beä breifeigiäf)rigcn Shricgcsi üerlegt toirb, im
befonberen eine ^ttufl^tion ju ber Stropl)c
be§ Räuber liebet:
2)o3 SBeljgefjeut ßefcfjlagncr Sßäter,
3)er bangen 2flütter Älaggeseter,
5)a^ SBtnfeln ber üerlaffnen 33caut
3ft <&d)mau$ für unfere 2rommelf)aut!
61
2)a3 giüette biefer triegertfdjen Söitber
e3 Befinbet ficf» im Sftufeum gu 3lnt-
merüen — fdjitbert ben (£ntfa£ ber btm ben
grangofen belagerten, bamatä nodj gu ben
^teberfanben get)örenbcn ©tobt $atencienne3
burdj bic ©panier unter 35on S"on b'Sluftria,
ber bei biefer Gietegenfieit ben großen £u=
renne junt SiücEjug attmng. (§3 ift freiließ
fein ©d)tad)tenbilb im mobernen ©inne, fon=
bem mefjr ein Panorama ber ©tabt, auf
bem bie Söetoegungen ber feinbtidjen Armeen
bie Farben burdjfdnmmcrt. 3toei in ber
Soft fdjmebenbe @nget tragen baä ©afra»
ment, baä ®ottüater hinter einem Ärujiftjr
in einer gotifdjen Kapelle ttjronenb geigt,
unb unten fietjt man bie ©ubulatirdje in
Trüffel. @3 ift (eiber nidjt betannt, für
melden feiner ©önner Senierö biefeä foft*
bare, unter feinen SBerfen ganj einzig bc
ftctjenbc 23itb gemalt l)at.
SDiefe anmutigen (Snge(3geftalten finb
eng oermanbt mit ben feiften pausibärfigeu
SlDb. 53. Sie Äüdje. 3m ftönifll. TOufeum im §aa<&.
nur eine uutergeorbnete 9totte fielen. SSiel
bebeutfamer finb bie allegorif djen unb fonftigen
3utf)aten, bie Umrahmung be3 ©tabtbilbe§
mit Söaffen, üiüftungen unb anberen £ro=
pfjäen unb bie ^Serfonifüation ber ©tabt
23atencienne!§ unter bem ©d)u|e ber 9Jla»
bonna bon 93rüffcl. $)amit ift bermuttid)
btö ©alrament ber Söunber ber tjeitigen*
®ubula, ber ©d)u|batronin ber ®atf)ebratc
öon Trüffel, gemeint, ba§ £enier§ auf einem
feiner feltfamften Silber bargeftellt l)at.
£>icfe§ in ber berliner Valerie befinblidje
33üb ift nämlicfj auf meifjem Sftarmor ge*
malt, fo bafj \>a% ®orn be§ 9ftarmor<§ burd)
Amoretten, bie (auf einem S3ilbe be§ ©täbel=
fdjen ®unftinftitut§ in granffurt a. M.r
Stbb. 52) in einer Sttdjemiftenwertftatt if)r
SSefen treiben. 2Ba§ ben loeifen Scannern,
bie mir oben in iljren Saboratorien fennen
gelernt fmben, rticfjt gelingen mottle, fjaben
bie lleinen geflügelten ^ejenmeifter $u ftanbe
gebracht. 3Bäf)renb §mei mit brolligem (Sifer
am ©djmetaofen befdjäftigt finb, prüft ber
britte an einem £ifd)e im SSorbergrunbe,
bem oft oon £enier3 üerroerteten 9Jlöbet mit
bem au§ 2)etpt)inen gebilbeten ^ufje, an
einem Sßrobierftein bie ©rgebniffe i()re3
@djaffen3: btanfe ©olbftüde, üon benenf djon
62
ftatttidjc Häuflein auf ber $ifd)betfe liegen, in alle (SinjeHieiten be3 länblidjen £eben§
Selten fyat ber ®ünftler einen fo feinen, unb ber Iänb(ict)en Slrbeit eingebrungen ju
liebenänntrbigen §umor gegeigt hrie auf | fein. |)otte er fid) Bio baljin mcfjr um
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biefem überaus gart unb buftig au
führten Silbe.
bie öorftäbtifdjcn unb länblidjen SBirtS*
fyäufer unb um bie 93aucrnbc(uftigungen im
9?ad)bem ber ftünftfer 3d)(of$b,err ge« | freien gefümmert, fo teerte er jefct mcfyr
morben mar, fdjeint er nod) tiefer alä früher j in bie inneren Slrbeitäftättcn, in baä eigene
ftdje betriebe ber tcinbtidjen Söirtfc^aft ein.
£>b e3 bei ü)tn felbft fo l)odj hergegangen
ift, mie e3 bie 1644 gematte fjerrfdmfttidje
®ürf)e im aJcufeum be3 £>aag (f. 5lbb. 53)
überaus torfenb t>eranfct)auticf)t, miffen mir
nictjt, ift aber fetjr ma^rfdjeinlirf). ©in
greunb guten SebenS unb öornetjmer §auS=
Gattung mar ber SJKann, bem eS in feiner
^ugenb bismeiten ttägtid) ergangen mar,
63
ifjr ättefter Soljn. (£3 fjanbelt fidj offenbar
um ein grofceS ®aftmat)t. 9Jät befriedigtem
«Stotj haftet bciZ Stuge ber Hausfrau auf
bem neben ü)r auf einem £ifd)e orangenben
^auötftücf ber Safet, bem in ber üotten
^Srad)t feine§ ®efieber£ aufgetakelten ©djioan.
$m XV. unb XVI. ^at)rf)unbert mürben
8d)mäne, Steiger unb ärjnttcfje ©djiüimm*
üögcl, bie mir fjeute mcgen if)re§ jatjen,
9(66. 55. Sie SBurftmactjerin. 3n ber fiaifert. ©alerte 51t SSien.
(Wart) einer s$f)Otogra})f)ie üon 3. Sorot) in SBien.)
fidjerticf). 2)a3 t)aben mir frfjon au§
bem Silbe gefefjcn, bciZ ifjn unb bie
Seinigen auf ber ^erraffe feines <3d)toffe3
barfteflt, unb bort fjaben mir aud) ^
metallenen 2öeintüt)ter mit ben beiben bicf=
bauchigen gtafdjen fennen gelernt, bem
mir im $orbergrunbe ber |)errfdjaft§füd)e
mieber begegnen. £>ic £mu§frau fctbft der*
fd)mät)t e§ nidjt, bie |)anb mit anzulegen.
(£3 ift mieber grau 2(nna 33reugt)et, unb
ber ®nabe, ber iljr bie ©Rüffel fyätt, in
bie fie bie gehalten sÜöfet nicbertegt, ift
tfjranig fctnnecfenben gteifdjeS öerabfrf)euen,
nod) gegcffen, unb banaclj fjatte fid) nocf)
im XVII. ^af)rt)unbert bie ©itte ermatten,
menigftenS bie @d)ft)äne ab§ £afeljier ^u
benutzen. @ie mürben gu einer 5lrt üon
3tttrapc, bie gemöt)nttd) eine fdnnacf*
t)afte ^Saftete in iljrem inneren barg, unb
oertraten fo bie (Stelle ber fitbernen £afet*
auffä&e, bie bamatS nod) nid)t gu jebem
bürgerlichen fmuSfdjafj gehörten, 3>m SSor*
bergrunbe be§ |mager ^üdjenbitbeS ift atteS
ausgebreitet, beffen ber ®ocf) jur Verrichtung
64
bcr 9Jiaf)l3eit nod) fonft bcbarf: gifdjc, ®c=
finget, Sßilböret, ®alb3feutcn u. f. tu. 9flan
barf babei nid)t an unfcre mobcrnen Einers
bcnfcn, bei bencn e£ f)auötfäd)lid) barauf
anfommt, um (Daumen ju reiben, olme ben
9Jcagcn ju überlabcn. £ic alten Flamen
ucrlangte nad) einer fcfjr berben ®oft, unb
bafj fie fid) niefit fo leicht überfättigten, er*
fetjen n»ir ju unferem (Staunen auS öiclcn
erhaltenen 3>ohunenten über grofee unb ftei*
nerc ©aftmäfjlcr, bei bencn gan^ unglaubliche
bafj lüir in biefer ®üd)e baS loirtlidje Slbbitb-
ber £enierSfd)en ©djtoftfüdjc in ^jSerd üor
unS Ijabcn. ^ebenfalls fyat ftcf) ber SMnftter
fctbft in ber Öteftalt beS ftattlidjen $<m$*
b,ofmeifterS bargeftcllt, ber im üoHen 33c*
loufitfein feiner SBürbe linfs auf einer (Sftrabe
ftetjt, einen galten auf bcr gauft unb im
Segriff jur %aa)) hn Qt§cn, ujk ^tn öor
il)m auf bem förbboben ausgebreiteten S3or*
rat an 2Sitb nod) gu ücrmcfjrcn. (Sitten
?(ugenblid bleibt er nod) fteljen. SDenu
Mb. 56. lex ftufiftall. 3n ber Jtetfetl. ®alerie ju SBien.
(9tarf) einer ^fjoiogriipljie toon 3. Sorot) in SBien.)
SJcengcn öon Spcifen unb (Sctränfen üer*
tilgt mürben. j£)af? fid) aud) eine $auä*
frau au§ bem mot)tf)abenben ÜDcittclftanbe
auf eine ftarfc (Sfjluft ifyrer ©äfte gefaxt
mad)en mufote, letjrt uns ein S3lid auf hen
Mamin bcr .fraagcv ,Stüd)c, üor bem ein ®od)
bcfd)äftigt ift, brei Steigen oon (hänfen, (Sntcn
unb |>itf)nern am Söiefje ju breljen unb
gehörig mit Söutter ju beträufeln.
(Sine Xarftcllnng einer nod) geräumigeren
unb nod) rcid)cr mit Vorräten öcrfeljencn,
l)crrfd)aftlid)cn .Stüdjc, bie bic ^jaljreSaaljl
1646 trägt, beftfct bic (Ermitage ju <3t.
Petersburg (ÄM>. 54 i. 55er Katalog biefer
Sammlung ftcllt cS als marjndietnlid) rjin,
einer bcr .Stödjc fül)rt it)m einen alten
blinben giferjer 3U, ber einen fcltcncn gang
getrau tmt unb biefen bem aUgcmaltigcu
33etjerrfd)cr beS ®üdjcnbepartcmcnt$ (ytm
®aufc anbieten ttntt. 9Iud) biefer ©reis ift,
mie fd)on in alten Katalogen bomcvft mirb,
ein SilbniS, baS beS SSatcrö beS M imitier*,
ben mir nun fd)on aus einer ganzen Weibe
Don Silbern fennen.
(£in länblidjcS ©eitenfti'td 311 ben $err
fd)aftsfüd)cnbitbctbersBirtfd)aftSranin,uuniu
eine Söäucriu nad) bem grofjcu 2d)iucinc-
fdjladjtcn bem undjtigcn ©efebäft beS Sßurft=
mad)cny obliegt (in ber faifcrtid)cn ©alaic
3u SBien, f. s2lbb. 56 1. sBie auf ben meiften
65
Silbern be§ üftnftferä ift and) fjier bie
Leitung be§ Sdjaupta|e8 in jtoet SRciume
burtfjgefüljrt inorbcn: im borbcrcn füllt bie
$au8frau bie 2>ärme mit ber gteifdjmaffe,
unb im Hinteren Slbtcit fi£en unb ftetjen
SRänncr unb grauen an einem Sifcfj, bicf)t
am tobcrnben geuer be§ ®amin§, an beffen
SRantet ber farifierte Sauernfopf, bie <Stg=
natur 93rouiuer§ unb feinet !ftact)af)mer<§
£cnier§, angeheftet ift. £ro|bem, bafj biefe
(Einteilung faft auf alten anteriores be3
gehalten luurbe. Solcher ©eftatt finb and)
bie Sßiefjftälle, bie £enier3 gematt fjat. (Einen
®uf)ftatt unb einen $icgenftatt bcfi|t bie
faifertidje (Materie in 2öien (f. 2lbb. 56, unb
57). Seibe finb gteict) augge^eic^net in ber
feinen 2)arftettung beö §ettbun!et§ unb in
ber fotoriftif<f)cn Sefjanblung. Stuf bem
„Shifjftatt" bilbet baZ lueifee £>emb be<§ auf
feinen ©tat» geftütjten @d)aft)irten, ber ber
SMferin bei ifjrer Arbeit aufiefjt, ben §auöt=
accent, bem fief) alte übrigen Sofattöne unter*
316b. 57. Ser Biege nftaü. 3n ber Äoiferl. ©alerte ju ÜBien.
(%i<f) einer ^fjotograpf)ie üon 3- 2ott>r> in 3Bicn.)
9fteifter§ iüicbcrfcljrt, toirb man finben, bafj
ber Äünftter immer beftiffen ift, fie mbglidjft
mannigfattig 31t geftatten. @3 ift barin
üietleicf)t and) feine Spanier, feine öäffigfeit
unb S3equemti(f)feit in ber 2(rt be3 ®om*
öoniereng p ttbtidm. Stenterä fatj eben nur
fötale ^Räume üor fid). ©ic finb ttyöifd)
für ba§ nieberlänbifdje 33auernt)au§, ttorin
bie für Sßirtfcfmftä* unb 2M)nsir>ecfe be*
ftimmten $äume urförüngtid) nict)t burd)
3nrifd)enräume getrennt toaren, fonbern ein
einf)eittid)c3, meift aber lounbertid) inein*
anber gefdjadjtctteä ©an^cä bitbeten, baä
nur burd) ba<§ gemeinfame $>adj jufatnnten*
9Jofen6crg, Xcnier§.
orbnen, unb auf bem ätoeücn Sitbe ift e3
bie (Gruppe ber Riegen, auf bie fidf» öoffe§
öidjt ergießt, lüätjrenb bie übrigen giguren
unb ©egenftänbe im ^atbbunfet üerfdjlüinben.
3tn geinf)eit be§ £on3 unb an fünft«
Dotter öidjtfütjrung »erben bie Sßiener
Silber nod) burd) ein länbtid)e3 Interieur
übertroffen, ba% man geiüötjntid) al£ „©tili-
leben" flaf fixiert, obirot)! fid) and) jtoei
lebenbe Söefen in bem Staunte befinben: ein
Sauer, ber mit einem ®ruge in ber §anb,
fid) burd) bie £f)ür im ^intergrunbe ent*
fernt, unb ein £>unb, ben ber Sauer al§
2Bäd)ter gurüdgetaffen fjat (f. 2tbb. 58).
5
66
grcilid) wirb baS £)auöttntereffe beS 93e=
fdjauerS burd) baS im Sßorbergrunbc in
materif djem 3)urd)cinanber jufammengetjäuf te
©erat unb ©erümpel in Slnförudj genommen,
baS öon breiten Sintfluten umfielt wirb.
2tber mit nid)t geringerer Sfteifterfdjaft ift
ber äufammengelouerte £mnb bargefteHt,
beffen btijjenbe Slugen mit einer ftauncnS*
teerten materifdjen Sirtuofität Wiebergegeben
finb. @S ift beSf)alb nidt)t öerWunbertid),
bafj ber gegenwärtige 93efi^er beS SitbeS,
baS fid) früher in ber Sammlung Sdjubart
9taffaets berühmte ÜDiabonna aus bem -öaufe
Orleans in berfelbcn Serfteigerung mit
einiger Sftülje nur auf 150000 granc^ ge=
trieben würbe.
^nbem es SenierS öerftanb, bei ber
©arftellung foldjer bäuertidjen ^nnenräumc
eine gewiffe (Sinförmigfeit in ber Stnorbnung
burd) häufigen 2öedt)fet beS Kolorits unb
ber ^Beleuchtung ju überwinben, würben
aud) feine Sewunberer nidjt mübe, immer
neue SBerfe feiner fleißigen |>anb ju er*
Werben unb gange Kabinette bamit ju füllen.
j. 58. ©ttllle&en. 3m SScftfc bc$ Dr- »on 3iittcr in 9Mud)cn. (3früt)er in ber ©ammluitß Srfjubart.
in SJlüncgen befanb, bei ber Serfteigerung
biefer (Sammlung (im Dt tober 1899)
10800 Tlaxt bafür bejaht tjat. Soldjc
greife für Silber beS SfteifterS gehören
übrigens fcineSWegS ju ben «Seltenheiten.
Sei ber SSerfteigcrung ber Sammlung Söfd)
in SBien im 3>at)re 1885 mürbe eine
Sanbfdjaft öon 1645 mit Sauern, bie fieg
mit Sogenfdjieften öergnügen, auf 16000
(Bulben getrieben, unb bei ber Serftcigcrung
ber ©alerie SDeleffert in s#ariS im äftära
1869 ift eS fogar öorgefommcn, ba$ ein
gifdjmarft öon Hemers, freilieg eine feiner
fetteneren 2)arftetlungen , ben ungeheuren
^reis öon 159000 3f*ancS errang, wäl)renb
£>er eifrigfte feiner Sewunbercr unb ju-
gteidj fein ftets jur £l)at bereiter Sefd)ü£er
War ber Sftann, aus beffen Sefijj jene
beiben Stallinterieurs unb öicrjcljn anberc
Silber öon SenierS, meift Sd)ööfungen erften
9taugcS, in bie faiferlidjc (Materie ju 2Bieu
gefötnmen finb: (Sqljeraog Seopolb SSifljelm
\)on Öfterreitf). tiefer funftfinnige Tvürft
War im %af)xt 1647 511m Statthalter ber
föanifdjen üfticbertanbc ernannt worben, unb
nadjbem er am 13. Slpril biefcS SaljreS
feinen (Singug in Srüffcf gehalten Ijattc,
Würbe fein £>of balb ber SJiittclpunft aller
fünftterifdjen ^ntcreffen. ©iner ber erften,
ber bie Öhmft bcS (Sr^erjogs gewann, War
67
£enier§. 9?od) SRubeng' £obe mar er un=
beftritten ber erfte äfteifter ber Slntmeroener
Sdjute. ®cr einzige, ber ifmt btefen 9hif
fjätte ftreitig madjen tonnen, mar $afob
!yorbaen3. @r üafjte ober nad) feinem
ganzen 2Befen nidjt in bie f)öftf(f»e Suft
()inein, unb obmofjt ber ©rgfjersog aud) ein
93ilb üon ibm, ein SöofjnenfönigSfeft, für
feine (Sammlung ermarb, f)ielt fief» ^orbaeng
bem Sörüffeter $ofe fern, üielleid)t au3
religiöfen ®rünben, ba er um bie $eit,
audj jum SDlitglieb feinet |)offtaate3, mobei
er ben Sitet ,Ayuda de camara' (Sommer*
biener) erhielt. 2>a3 märe nad) unferer Stuf*
faffung eljer eine 93eteibigung als eine Slu3*
äeidjnung; aber man barf fief» nidjt an ba§
2Sort galten. Slud) $an tian @i)d, ber $of-
maler s,ßt)itiüto§ be3 ®uten üon 23urgunb,
fyatte biefen £itet geführt, nnb e§ fetjeint,
faft, at£ tjätte er bamatg bie Söebeutung ge-
habt mie etma bleute ber £itel „Kammer-
I)err". (Srjfjeräog £coüofb 2Bitt)etm be*
2lt>&. 59. etäfjcräog Seoöolb SBilfietm auf ber Ketljerjagb. 3m ßouöte ju $ari8.
(sJJad) einer ßriginalfcfiotograr'fjic öon SBraun, Element & (Sie. in Sornad) t. <S. unb $ari3.)
alz Seoüolb 2Bitljetm bie @tattf)atterfd)aft
führte, 5ur reformierten ®ird)e übertrat.
2)er gefdjmeibige, glatte, jebem Stuftrag
geneigte £enicr3 brauste atfo feinen SRiüaten
3u fürchten, unb er benu^te feinen Vorteil
fo gut, bafc er fid) batb bem (Srgtjergog un=
entbcfjrtidj gemalt tjatte. ^wrncr häufiger
mufjte er üon Stntmerücn nad) Trüffel fom*
men, unb fo entfdjloB er ftdj enbtidj, ganj
nad) ber ^auütftabt überjufiebetn, mo er im
~sa()rc 1651 in ber yiafyt ber er^erjogüc^en
9tefibenä ein §au§ für ben ju bamatiger
3eit fetjr anfefjntidjen ^al)re§äin§ üon 525
©utben mietete. 3)er @r^er5og ernannte
ifm gu feinem Hofmaler unb machte ifjn
fdjenfte £enier§ audj mit einer gotbenen
isette, an ber eine Sftebaitle mit feinem
93übni3 t)ing — t§ ift biefetbe, bie mir auf
unferem ^orträt be3 SfteifterS fefjen — unb
a(3 Slnna Sreugtjet im %ai)vt 1653 sunt
fünftenmate mit einem ®ot)ne nieberfam,
mürbe bem ©fjeoaar bie (5f)re ju teil, bafj
$on %mn be $Beta3co, ®raf üon ©atomar,
a(3 Vertreter be3 (Srjtjeräog^ $ate ftanb.
SIB offizieller Hofmaler be3 ©r^ersogä
beeiferte fid) JenierS junädjft, alle irgenb*
mie bemerfen^merten ©reigniffe im Seben
be3 <Stattf)atter3 unb feiner ©emaljtin Sfa*
betta in feiner treuen (£t)roniftenart gu fdjit*
bern. (Sro^e §auüt* unb 8taat3aftionen
5*
68
iuaren cS freilief» nid)t — juni ©lud. Senn
eine Sarftellung fo!cf»er fjättc bem 23kfen
unfercs ®ünftlers fern gelegen. @s roaren
nur alltägtidje ©rcigniffe unb frotje ^eftc,
bie er ju malen Imtre. Stuf einem Silbe
im ^ouürc begegnen mir bem (Sr^ersog, üon
^mei Skalieren begleitet, auf ber 9teil)erjagb
(f. 2tbb. 59). SBätjrenb ber eine ber Ral-
fen, bie ben 9teil)er Ijerabgetjolt tja&en, üon
ben @cr)nabeK;ic£»cn bes Sogets arg bebrängt
mirb, eilt fdjon üon redjtstjer ber Saliner
gu feiner ^Rettung Ijerbci. 3mei Silber im
SRufcum ju SJcabrib geigen btn (Srg^ergog
im Serfefjr mit bem Solle, bem er burd)
einen Sefud) ber SHrmcfjfeftc bie übliche @t)re
ermeift, bie bie Flamen üon itjrem jeweiligen
SanbeSijerra ju ermatten gerootjnt maren. (Sin
üicrtcS Sitb in ber (Valerie gu Gaffel freut
ben (Singug ber (Srg^ergogin ^fabeUa in
Srüffet bar, unb auf einem fünften Silbe,
bas berfelben ©alerie angehört, fet)en mir
bie ?"Ktrftin bes 2lbenbS bei 9Jconbenlid)t unb
Jyacfclftfjein in baS Sorf Sitüoorbe einfahren,
in beffen 9cät)c fict) Senicrs' Sanbgut befanb.
2)as intereffantefte unb guglcid) figurenreidjftc
biefer Silber befijjt bie faiferlidje Valerie
511 SSien: baS Sogetfdjtefjen gu Srüffel üom
3al)re 1652 (f. 2lbb. 60). Sas feierliche
(Srcignis, bas eine gemaltige SJccnfcrjenmenge
t)erbeigelodt t)at, üoUgie^t fict) auf bem
kleinen 3aaüelüla£ (Petit Sablon), bemfelben
tyiafyt, beffen üornetjmfte 3^r gegenloärtig
baS Stanbbitb ber beiben 9Jcärtt)rer nieber*
länbifctjer Unabhängigkeit, ber (trafen (£g*
monb unb |>oorn, bilbet. 250 JJaljre früher
metteiferten bie Sürger Srüffets miteinanber,
bem füanifd)*bfterreicr)ifcr)en Statthalter, bem
Snmbol ber Änecfjtfcrjaft, auf biefem y$la§t
it)rc £>ulbigungcn barjubringen. Sen £>inter*
grunb füllt juni größten Seile bie ®ird)e
Notre-Dame du Sablon (t)eute Notre-Dame
des Victoires). ©S mar baS l)iftorifcr)c 9ted)t
ber Srüffcler lUrmbruftfctjüijcngitbc, Ijicr il)r
Sogelfdjiefjcn abmatten unb bie ©ränge
mit bem Söget an einem ber Sürmc an*
bringen ju bürfen. Senn bie ©übe Ijattc
bie SHrcfje im %afyvt 1304 gegrünbet unb im
XV. unb XVI. ^al)rl)unbert erneuern (äffen.
Siefcr $eit gehören aud) bie t)cn (Sl)or jum
Seil üerbedenben einbauten an, bie auf
unferem Silbe fid)tbar finb, aber üor einigen
3al)ren befeitigt mürben. Sor biefen Sin*
bauten ift eine mit rotem Xud) betjängte
Xribünc errichtet, auf meldjer ber CJr^crjog,
ber einzige mit bebedtem Raupte in feiner
Umgebung, ftcl)t. üftod) l)ält er bie Slrmbruft
in ber |mnb, mit ber er tbtn ben glüdlidjen
Sd)uf} abgegeben t)at, ber btn Söget jum
gälte brachte, unb mät)renb er bie ©lud-
münfdje ber Sorftctjcr ber Sdjüjjcngilbc ent-
gegennimmt, fdjaut alles Soll nad) ber leeren
Stange hinauf. Sie jungen finb, um beffer
fel)en ju fönnen, auf bie Säume gctlettcrt,
anbere finb auf baS ®ird)enbad) geftiegen,
unb aus btn üftebengaffen brängen immer
neue Solfsmaffen I)eran. 3m Sorbergrunbe
get)t es etmaS getaffencr ju. Sa finb üor-
net)mc Samen unb Ferren in ürunfüotlcn
©eluänbern, bie eine ^eitere Unterhaltung
pflegen, jmei junge Sturer 311 ^ßferbe, eine
©ruppe graüitätifdjer 9Jcänner mit breiten
©olbbanbelieren, an benen ir)re Segen
Ijängen, unb redjts l)ält ber fdjmar^e, mit
®otb üer^ierte ©alamagen bes (SrätjeqogS.
Sie ©ruüüe baüor intcreffiert uns gan3 bc-
fonbers. Sor bem Äutfd)enfd)lag, neben bem
uns ben 9iüdcn jurelirenben 9Jcann mit bem
tjorjen grauen §ute, ftetjt nämlid) ScnierS
felbft. SCRan fietjt nur feinen mit einem
fdjmarjen §ut bebedten Soüf, ben meinen
^alsfragen unb einen lleinen Seit feiner
Sruft. 3lber biefc ^teinigfeit l)at bem
$ünftter genügt, fiel) felbft üöllig fenntlid)
^u mad)en, unb jmeifcllos finb aud) bie
übrigen Figuren bes Sorbergrunbcs Silbuiffe
ber bamatigen Mutabilitäten Srüffcls unb auS
bem Greife feiner neuen greunbe am §üf
unb in ber ©efeHfd)aft. Slber audj feiner
alten 5reunbe, bereu Sarfteltung it)n mol)l-
Ijabcnb unb bcrütmtt gcmad)t l)atte, üergaf}
er bei biefer feierlichen ©etcgentjcit nicfjt.
©an^ im Sorbergrunbe red)ts feljen mir
Seutc aus bem |>anbmcrfer* unb Sauern-
ftanbe, unb ein bct)cnbeS %aca eilt fdincllen
Kaufes an hen üorncl)men Ferren üorüber,
um nod) ctmaS üon bem großartigen 2d)au
fpict gu erf)afd)cn. (SS ift ein Kardien uou
ber Sorte, bie bie Stammgäftc $11 ben
SKirtsl)äuf cm , ben Xai^ucrguügimgeu unb
'ben großen Sirmefjfcftcn ftcllt, bie JcnierS
fo oft gemalt unb barum aud) fo grüublid)
tenneu gelernt l)at.
Scnicrs' Stellung am §ofc bes (Jrj
t)crjogs ücopolb 2öill)elm mürbe fict) üictleidn
niebt fo befeftigt t)abcn, menn er blof? Dealer,
nidjt and) .Shmftfenncr ober, mic mir tjeute
fagen, „^unftejrpcrt" gemefen märe. 25ic
miBtidjcn Scrmögcns- unb (SrmcrbSüerbält
70
niffc feines üätertidjen $anfe£ Ratten it)n
frü^ettig borauf geleitet, bureb, jeglidjcS
^Jcaltocrf (Mb ju üerbienen. ($r lernte
Silber feinet SatcrS foüicren, unb maS bie
Qualität nid)t einbrachte, mufjte bie 9)caffc
bringen. 2)arum mar er aud) füäter ein
fo gcfcfjitfter •ftacb,ab,mer SroutoerS gemorben,
bajj aud) Ijeute nodj ntcr)t §tt)tfc^en beiben
reiner $ifcb, gemacht merben fonntc, obmoljl
bie geteljrteften gorfdjer ifjren Sd)arffinn
ba^u aufgeboten tjaben. Sei biefer ®o=
üiftenarbeit Ijat SenierS gelernt, fidj aueb,
in ben Stil feiner Sorbilber einzuleben unb
ftdj ein gettnffeS Wlafc üon ®unftfcnnerfdr)aft
gu criocrben, baS gu fruchtbarer Setfjätigung
fant, als ber Gh^ljeräog feinen Stuf enthalt
in Srüffcl üornetjmlicb, baju benu^tc, fief»
eine Ökmätbefammlung anjulegen, bie fetjr
balb eine grofje 3aljl üon Sfteifterloerfen
erften langes üereinigte. Dbmot)t ber ®x%*
l)eräog, folange er in Srüffet «Statthalter mar,
XenierS' ®unft Ijodj in (£b,ren fjiett, neigte
er fidj bod) als ©ammler meb,r ben ©ro)3a
meiftern ber itatienifdjen Malerei, bc=
fonberS ben Venezianern, ju. SSaS er
mäb,renb feinet StufentljalteS in ben lieber*
lanben an ®unftmerfen aufammengebraerjt Ijat,
ift meift in ber fatferliefjen (Valerie ju SBien,
im ^ßrabomufeum ju äftabrib, in glorcnä
unb an anberen Orten erhalten geblieben.
9Jiet)r aber als alle gefdjriebenen Serjeidjniffe
biefer (Sammlungen geugen üon feinem (Sifer
unb öon feinem Sammlerglütf bie $nüen*
tarc öon £enicrS, bie Slnfidjten ber ®emätbc=
galerie beS (Sr^eraogS, bie unfer ^ünftlcr
mit einer ©enauigfeit im einjelnen nrieber*
gegeben Ijat, bau man nod) bleute auS biefen
„gemalten Silbergalerien" bie Originale ju
ben Sitbdjen, bie an bm Sßänben Ijängcn,
nadjtoeifcn fann. Qnv größeren Serbeut-
lidjung finb auf ben meiften biefer Silber
bie tarnen ber ®ünftler beigefefct, bie man
3u XenierS' 3eit für iljre Urheber l)ielt.
Sotdjer Stnftcfjtcn ber erj^erjogtierjen Valerie,
bie ber (Srjt^er^og nid)t für fief) felbft, fon-
bern ücrmutlicb, als ©cfdjenfc für feine
fürftiidjen Serloanbten unb #rcunbc l)at
malen taffen, ba immer biefclbcn |>auüt=
ftücfe, ücrmuttidj alfo bie üieblingSbilbcr
beS fjotjen Gerrit, barauf üorfommcn, giebt
cS eine ganjc SReitjc, bie teils einzelne, teils
mehrere SBänbc ber Silberfälc mit il)rcm
auSerlefcnen fünftlcrifc^en Sdjmutf barftellen.
(SineS biefer Silber, baS baS SRufcum in
Srüffel befifct, ift batiert (f. Slbb. 61). @s
ift 1651 gemalt unb gehört bereits jener
^ßcriobe in £cnierS' fünftlerifdjcm «Schaffen
an, mo ber manne ©olbton ber üicrjigcr
3al)rc einem feinen, füllen, bismeilen etlüaS
matten Sitberton gemieden mar, ber etma
ein ^al)räe^nt lang in ben (Semälben beS
ÄünftterS üortjerrfdjenb blieb. Sin einem
£ifdje in ber Sftäfje be§ Eingangs ju bem
Saale, beffen eine SSanb bem Scfcb^aucr
5ugefel)rt ift, ftetjt ber ©rätjerjog unb »ruft
bie auf bem Sifdje ausgebreiteten $ciaV
nungen. (Sine baüon l)ätt i^m ScnicrS auf-
gerollt üor Stugen. hinter bem dürften fielen
gloei ^ofbeamte, üon benen ber üorbere eine
Sronjefigur in ben £änbcn l)ält. Unter "ötn
©emätb,en linf§ oon ber Sl)ür fällt befonberS
ein Silb ber Zeitigen Margarete auf, baS
bamalS für ein SBer! 9taffaelS gehalten
lourbe, in 2Birfticb,feit aber nur öon QHulio
Romano b^errü^rt. darüber fieb^t man linlS
S:iäian§ ®anae (je^t in SSien) unb red)tS
baä unter bem 9Jamen „bie ^ilofoötjen"
befannte Silb ©iorgioneS, baS fidfj ebenfalls
in ber faiferlicbjen Valerie ju Söien befinbet.
Stuf ber anberen «Seite finb befonberS eine
^reujabnab^me üon Sintoretto, eine ©rab=
legung ßtjrifti üon bem jüngeren $atma,
eine 3tnbetung ber Könige üon ^ßaut Seroncfe
unb baneben bie Teilung einer franfen $xan
bureb, (5()riftuS üon bemfelben sHZeifter be*
mcrfenStoert. — Stuf einem Silbe ber
faifcrlidjen (Valerie gu 28ien, auf bem ein
2;eit berfelben ©emälbe miebergegeben ift,
ftet)t ber ©r^erjog, ber bieSmal mit großem
(befolge erfc^ienen ift, üor bem SilbniS
eines ^omb^errn üon (Satena. @S ift it)in
anfcfjeinenb 5um ^aufc angeboten morben,
unb JenierS ftel)t, ber (Sntfd)eibung t)arrenb,
neben bem Silbe.
üftoeb, mannigfad)er unb malcrifcb, reij
üoUer ift bie Stnorbnung auf üier Silbern
ber 9Jcundr)cner ^inafott)cf. Stuf beut erften
Silbe (f. Stbb. 62) madjeu mir bie ev
frculid)c Seobacb,tung, ba§ Seuier-5, toenn
er ein SKobetl brauchte, feine Säuern aud)
in bie ^racfjträumc ber cr^crsoglicfjcn ®a»
leric lommcn liefe, bie ib,m juglcid) alc-
Sttelicr biente. Dtjne fieb^ bur4 bie bintev
ib^m ftcl)cnbcn .^aüalicrc bcS |>ofeS ftöreu
3u taffen , matt er einen Sauern, ber in
feiner 9Ml)c, einen Xrcfdjflcgel 3nnfdjcn ben
Rauben b^altcnb, auf einem niebrigen Sdieiucl
SKobctt fi^t. (SS mochte beut Miinftlcr loot)t
71
ein SBebfirftttä fein, felbft unter fo dielen
Sftciftertoerfen aller ©tfjuten immer mieber
•ju ber üftatur, bem Urquell aller iftunft,
be<§ 33ilbc§ entfcfjiebcn Ijat. @g ift ein SSerf
beä $aoto Seronefe, ba§ im (Smpfang ber
Königin öon (Saba burd) ©alomo barftellt,
Sitrücfjufdjren. Unter ben Silbern, bie im
^Raum füllen, ift ba3 größte ^roüiforifcrj in
einer @cfe aufgeteilt, bermutlicf) meit ber
(Sr^erjog fictj norf) nidjt für ben Slnfauf
unb befinbet fiefj je£t in im Uffigien ju
gtoren^. 2)aJ3 e§ bamalä mirflid) burd) ben
(Sr^erjog angefauft iüorben ift, erfe^en mir
au3 bem gmeiten ber ÜDcündjener Silber
72
(f. W)b. 63), loo eä Bereite unter bic übrigen
©cmäfbc ber ©alerte, ebenfalls meift Söerfe
ber oenegianifd)enSd)utc, eingereiht ift. Slufjcr
gat)frcid)en Sitbniffen üon £igian, Seronefc
unb £intorctto ift befonberä t>a$ Silb über
ber £()ür bead)ten§ioert: ber gtoötf jährige
^efuäfnabc im Stempel Don jftibera genannt
Spagnotetto (jefct in ber faifcrlidjen (Materie
gu Sßien). $a3 britte 9ttünd)encr 93ilb
(f. Stbb. 64) geigt toieber eine ©de be£
großen ®aferiefaate3. Sor einem Kamine
fteljt ein Wiener, ber ein 3>nfantenp orträt
üon Sefagqucg üon ber fd)ü|jenben SDede be=
freit f)at, offenbar ber Stnfunft be§ @rg=
fjergogg gcioärtig. Sief in ber (Srfe, üor
einem mit Sfufpturen unb 3cid)nungen be*
berften Sd)ranf, fi£en §tr»ei Männer an einem
runben 3:ifdt). Stuf bem üierten 9Rüncf)cner
Silbe treffen nur toieber üen ©rgfjergog mit
feinem Hofmaler unb (Saleriebireftor. tiefer
f)at einen gang befonberS guten $ang gctf)an;
benn er l)at bie greube, feinem f)of)en ®ön=
ncr £igiang ®irfd)enmabonna gu geigen, ba3
berühmte ^ugenbtoerf be3 99tafter§, ba$
fegt eine 3ierbe ber faiferlid)cn (Materie in
Sötcn ift.
(Sin fiebenteä biefer ®a(ericbilbcr befinbet
fid) im ^ßrabomufeum gu ÜEftabrib. |)ier
geigt ber CSr^erjog, oon £enier§ begleitet,
feine Ötemäfbefammfung einem üornefjmen
Spanier, bem (trafen üon gucnfalbana, unb
ber Sftaler mufj auf biefeä ©rcignis feljr
ftolg getoefen fein; benn er fjat auf biefer
j£>arftettung feinem üftamen in fpanifd)er
Sprache ben Site! beigegeben: Pintor de la
Camara de S. A. J. (®ammermaler ©einer
£aifertid)en |)of)eit). ^ener ®raf, ebenfalls
ein eifriger föunftfammler, gehörte fctbft gu
ben ^ßroteftorcnunf eres ®ünftler3. (Sr ferjenfte
ifnn fo grofjcä Scrtraucn, bafj er Üjin und)
(fnglanb fd)irfte, um bort für if)n ©emäfbc
unb anbere ftunftiocrfe gu erwerben.
$5amit ift bic 9ieif)e biefer ($atericbitber
nod) nid)t erfd)öpft. (Sin ad)te3, oon 1653
batierteä befifct Saron üftatfjamef 9ftotf)fd)itb
in SBien, unb mehrere anbere t)at £fjeobor
oon trimmet jn feiner getjattüollcn Stubic
„Ötemafte ©aterien" aus alten Stuftionä-
fatafogen nad)getoiefen.
$ro|j irjrc25 fleinen Sftafjftabeä finb bic
Silber, mit benen SenicrS bic 28änbe feiner
„gemalten ©emälbegaferien" auetgeftattet b,at,
nid)t bfo| in if)rem allgemeinen Gfjarafter
ben Originalen entfprcdjenb, fonbem and) in
itjren (£ingclf)citen fo genau, bajj man fie mit
ben mobernen ^fjotograpfjien ber Originale
ücrgteidjen fann, ofjne baf? fie unter biefem
fd)ärfftcn aller $rüfung§mittet gu leiben
f)ätten. %n ber 9^acr)bilbung oon Ötemälben
in fleinftem Üflafjftabe blatte fid) £enier§
freilid) fd)on üon ^ugenb auf geübt. SSir
Ijaben gefeiten, ba§ bereite auf feinen
früfjeften ©cfcllfd)aftgftüden bie SBänbe mit
©emälben gefdjmücft finb, bie fid) beutlid)
aU ^ad)bilbungen üon Söerlen feinet SSatcr^
ober 93routoer§ fenngeidmen, unb roo bie
Anbringung foldjer feinen ^unftoerfe nidit
ioab,rfd)einlid) geioefen märe, mie g. 8. in
feinen 2Birt§ftuben, muf3ten es toenigftenä
Slupferftid)e unb 9tabierungen nad) Sroutoer
fein, in benen er biefe feine ©pegialität
feinet ^önncn§ beloäl)rtc. ®a^ er feine
eigene SBerfftatt fd)on al§ junger SKanu
mit ©emälben anberer SReifter au§geftattct
Ijat, mirb un§ burd) ein SBilb au§ feiner
grü^eit begeugt, ba§ fid) in ber ©aleric
be§ Stiftet ©anft Florian in Oberöfterrcid)
befinbet. Wad) ber ®d)ilberung ^rimmek>
fief)t man unter ben Silbern, bie an ben
SBänben t)ängen, eine 3Konbfd)einlanbfd)aft,
ein ^üd)enftillleben, eine Sßcrfucfjung bc^
^eiligen Antonius, eine gelfcntanbfdjaft unb
eine §eyenbefd)lrörung — lauter ©egen-
ftänbc, bie teitä für ba§ Schaffen feinet
$atcr3, teil^ für bciZ feinige begcidjncnb
finb. S)a^ biefeö Silb au3 ber erften ßeit
be§ ®ünftter3 ftammt, ergiebt fid) au§ ber
jugcnblid)en ©rfd)einung be§ üorn an ber
(Staffelei fi^enben 9Jlalcrg.
$ür bie ^arftettung ber ©emälbe auf
ben Silbern ber ergljergogtidjen ©alerie bat
2cnier§ befonber^ forgfältige Sßorftubicn
gemacht. @r b,at faft jcbe3 ©cmälbe ein-
geln im kleinen fopiert unb tanaä) feine
Sitberioänbc äufammengcftcHt. 9JJit bicien
tlcinen Kopien oerfolgtc er aber nod) einen
befonberen Q\md (£v lic§ fie einzeln nadi
unb nad) in Tupfer fted)cn, unb je nad)bcm
ein Statt fertig mar, formte man e§ oon
bem Sruber bc§ Äünftlcr^, bem 9Jialer
unb ftunftl)änblcr 2lbral)am ZtnitXi in
Antwerpen, f auflief) erhalten. %m ^alne
1658 lieft JenicrS and) ein Titelblatt
für bic gange Sammlung ftcdieu, baS mit
einem Silbniö bcö @rg()crgog§ gefd)inüdt unb
mit einer SSibmung an ben eblen ÜDcäceu
üerfcf)cn Joar, ber für feine ftunftfammlung
nid)t nur fein ganges» Scrmögen geopfert,
73
fonbcrn ficf) notf) mit Sdwlben Bctaftet^attc.
5luf biefem Sttelbtatt iüirb bic «Sammlung
„Araphitheatrum picturarum" (®emälbc=
tfyeatcr) genannt. ;Jn $8ud)form erfdjien
fpanifcfjcm unb latetntfdjcm £crt (£3 fonb
folgen S3etfoH, bafj e§ notf) -jummat (1673
unb 1684) aufgelegt raurbe. Unter ben
Stechern befanben fief) Seute wie Sßorfter*
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ba§ SBerf, ba<3 aHmätjtid) auf 229 tafeln
gebracht korben mar, aber erft 1660 im
Sertag bc§ 23ud)brucfer3 ^enbrief 2tertffen§,
mit föniglidjem ^riöiteg, unb jtoar in öier
ausgaben mitnicberlctnbifdjem, franäöfifd)em,
man ber Stttere unb ber 3ün9^re, (£.
SamoerS, (£t)nf)cmbt3 , £t). öan Reffet, bie
jum Seit notf) unter 9hiben§' 5tuffid)t unb
Anleitung gearbeitet Ratten; aber man lann
nid)t behaupten, bafj fie fyier etroa§ dufter*
74
gemöb,nlid)e3 gcteiftet Ratten. (Sine ^robc
irjrcr $unft bietet bo§ üon SucaS Sßorftcr*
man bcm jüngeren geftodjene 23itbni3 beä
9)ceifter3, beffen SKeprobuftion mir biefer
33iograpl)ie beigegeben fyaben.
Ein beträdjtlicfjer Seit ber flehten ®o»
pien, bie "ötn Stedjern aU Vorlagen bicntcn,
t)at fid) nod) ermatten. ©tma 120 baüon
befinben fid) in Sölenrjeim, bent ^atafte be§
^erjogS üon ÜDcarlborougtj. Slnbere befifct
bie (Valerie Sa Gaje im Souüre j$u ^ari§
(eine Verneinung (Xfjriftt nadj SorenäoSotto
unb eine 9Jcabonna nad) Sigian), baä
ftäbtifdje ÜDcufcum in SDcagbeburg (ein meib*
licbjeä Vilbniä unb bie Venu«? mit beut
Spiegel nad) ^ijian), bie faiferlidje (Valerie
in SBien unb anbere (Sammlungen. $n
bief en f leinen Kopien ift fretüdf» bie malerifcfje
(Eigenart unfereä Äünftlerä fo unüerfennbar,
bafj ficf) niemanb über bie Urrjeberfcfjaft
täufcbjen fönnte. Sßie fie £enier3 nad) feiner
3(rt mit feinem feinen, fpijjen Sßinfel mebjr
äcicbnerifcb, alz matcrifdj beljanbelte, üer*
anfdmuticrjt ein fetjr merfmürbige3 Vitbcfjen
ber berliner ©alerie, i>a$ groar nid)t un*
mittelbar 5U biefen Kopien gehört, aber
bocb, üon gleichem (Steift erfüllt ift. ©3
ftellt Neptun unb Stmprjitrtte auf einem
üon Seepf erben gezogenen SBagen, bie9)ceere3=
mögen burdjfdmeibenb, bar. SJcafaben, £ri*
tonen unb Amoretten bttben ben |wfftaat
be3 9fteere3beb,errfd)er3, unb aU Beiden,
bafj e§ ibjnen niemals an günftigen SBinben
feb,lt, fielet man üier auf SBotfen fdjmebenbe,
mit ^fitgeln üerfetjene unb au§ üotfen 33aden
blafenbe ®inberf öpf e , bie bie öier SBinbe
fümbotifieren (5tbb. 65). $a3 atterfmür-
bigfte an biefem fetten, farbenfrohen Vitbe
ift bie ^auptgruppe, bie genau einem großen
Silbe üon 9tuben3 „Neptun unb 2tmpl)itrite"
nadjgebifbet ift. 2113 biefcg Vilb im %al)vt
1881 au§ ber. (Valerie beä (trafen üon
Scrjönborn in SBien für ba§ ^Berliner SOcufcum
angefauft mürbe, brad) in Verlin, namentlich
in ^ünftlerfreifen, ein Sturm ber (Sntrüftung
(öS. £>ie Sünftter, bie jeben SJceiftcr am
licbftcn auf bem ^örjcpunrt feiner Steife
ftubieren, fonnten fid) fcfjledjtcrbingä mit
biefem ungewohnten Slnblid tticfjt befreunben.
9Jcan fannte bamatä nod) nidjt genügenb
bie SBerfe, bie Ütubcnä nadj feiner 9tüdfel)r
au3 Statten, unter bcm ©tnflufj be§ bort
©efef)enen unb Empfangenen, gemalt Ijattc,
Söerfe burd)au3 fdjmanfcnben (Stjaraftcrä,
bie mel)r ben uncntfcfjiebenen lilampf jrotfdjen
mehreren Strömungen atä ben naljen Sieg
ber einen über bie anbere ücranfdjauli*
cbjen. $n bem erbitterten Streit ber SDceinun*
gen ging man fogar fo weit, ba§ f rembartige
SBilb al§ eine gätfdjung bc§ XVIII. gatyc-
()unbert§ 3U branbmarfen. 9iun tonnte aber
bie b^art bebrängte ©alericüerloaltung einen
Srumpf au^fpielen, inbem fie aus il)ren
3Ragaginen bie ®opie üon StenierS b^crüor«
l)oltc unb bamit ben unlüiberleglidien 33c»
iüei3 lieferte, ba§ i>a§ angefochtene 93i(b be*
reitö im XVII. galjrlmnbert ejiftiert unb
ba§ e§ ein Stenierö, ein SJcann, ber 9tubcn3
na^c geftanben, einer Äopie für mert tx*
actjtet fjatte. S)urc§ biefe feltfame Verfettung
be§ 3ufall§ ift Stenierä in bie Sage gefom-
tuen, bem üon tt)m unb ben Seinigen fyoeb/
üeret)rten Spanne alg @ibe^l)elfer in einer
ücriüidelten Stngelegen^ett bienen 5U fönnen.
®er beftänbige SSerfeb^r mit bem fövfr*
b^ergog unb feinem |)ofe flieg julc^t unferem
Slunftler etroaS in Un ^opf. ©r ^atte gtoar
einen 3^itel unb eine golbene ®ettc; aber e3
mochte boeb^ üorfommen, ba$ il)n bie ©bleu
be§ §ofe§ ettoaä über bie Steffeln anfal)en,
toeit er boeb^ eben nur ein 9J£aler mar, ber
fein (Mb mit ber Arbeit feiner |mnbe ücr«
biente. ®a§ mu^ $enier3 getoaltig üer=
broffen b^aben, unb er fud)te mit (Sifer in
bem Stammbaum feiner Familie nacb;, um
i$u erforfeb^en, ob nidjt boeb^ irgenbmo ber
5tnfa^ cinc3 abiigen Steifet auSjufunbfcb^aftcn
wäre. ©3 fear iljm feb^on früher gelungen,
ioenigftenä eine fleinc Spur auSfinbig 5U ma-
cf)en. Einer feiner Uralmen, ber in Sltl) im
^ennegau fc^aftig getüefen toar, blatte ein
ablige^ SBappen geführt: auf golbcncm Tvclbc
einen fa^toaräen fteigenben Sären, umgeben
üon brei grünen (Sidjctn. 2>q ShtbenS unb
Pari $t)d 9titter gemefen maren, toottte Jc=
nier§ bc^felbcn Vorrccb;t§ nid)t entbebveu, unb
er nab^m of)ttc meiterc^ jcnc§ SBappen an, un
befümmert um bie Spöttereien feiner Miutft
genoffen unb ben 9kib feiner geinbe. ©inet
i)mi biefen, fein eigener Sdjloagcr, mit bcm fid)
Senicrä megen perfönlicb,er Angelegenheiten,
bie bie Familie üörcugb,cl betrafen, üerfeiubct
blatte, fpieltc tf;m aber im geeigneten 3Roment
auö 9ftad)e einen Streif. 21(3 anfällig ein
mal jmei SSappen()crolbc — e$ mar int
^afjre 1649 — in Slntmcrpcn eingetroffen
maren, mürbe Jenierä bei il)tten megen un*
berechtigter ^ü^rung cincä abiigen SBappcns
75
nngejcigt. $5ie Unterfucrjung ergab fo tocnig
©finftfgeS für £enier§, baf} ficE» biefer oer*
anlaßt fafy, ein ©efucfr, um ©eftätigung be£
SlbetS an ben (gr^eqog Seopolb SBürjetm
fjalterfdjaft be§ (S^erjogS Scopolb SBttljctm
i()r (£nbe. -iftodj in bemfetben Qdfyct würbe
2>on $uan oonÖfterreicr^etnunerjclidjer @otm
®önig «ß^iüppS IV, fein «Jtodjfolger. 8H3
»
5
.5 »
9 §■
^ ,5.
S 33-
ju richten. ($3 Hieb unbeantwortet, üiet*
leicfjt toeü man ben bertnegenen ^ünftter
für feine (Sigcnmäcfjtigfeit ftrafen wollte,
üftacb, biefem erften äftifjerfotg rjiett £enier3
einige $eit 9M)e.
Sm ^at)re 1656 erreichte bie Statt-
ttuger Wlann bot £enier3 fofort alle feine
Gräfte auf, um audj beffen ®unft gu ge=
Winncn, unb e§ gtücftc ifjm tüte faft affe3, WaS
er angriff. Stuf bem Sitelbtatte ber 2lu§=
gäbe feinet ©aterieioerfeä üon 1660 nennt
er fidj „HJlater unb ®ammerbiener be§ (Srj-
76
IjcrjogS Seopolb unb beS S)on ^uan öon
Dfterreia)." tiefer mufj it)n atfo in feinen
SBürbcn bestätigt tjaben, menn eS audj feine
(Valerie metjr ju beauffid>tigen gab. S(n fürft-
liefen (Gönnern fehlte eS üjm aud) meiter
niajt. Sönig $l)ilipp IV üon Spanien er-
marb nadj unb nadj fo öiete SBerfe öon
feiner |>anb, bafj er einen ganzen Sorribor
feinet $atafteS in 9ftabrib bantit füllen
tonnte, unb bie für Sötffenfdjaft unb Sunft
begeifterte Königin ©r)rtfttne öon ©djtoeben,
bie Softer ©uftaö SlbotfS, bie iljm 1654
in 93rüffet, mo fie im Ißatafte beS. ©rjljeraogS
Seopolb 28ilf)etm jur fattjolifdjen Sirdje über-
trat, fennen gelernt Imtte, fdjenfte if)m eben*
faUS ib,re ©unft. 211S fict)tbare§ 3eitf)en
öercljrtc aud) fie ifjm eine gotbene Seite
mit itjrem 23itbniS. ^n ber Unterfdjrift
unter einem öon $eter be ^obe geftod)cnen
Porträt beS SJceifterS mirb aud) ermähnt,
bafi ^rinj 2Sitt)eIm t)on Dranien unb 2tn-
toine trieft, ber ©rjbifc^of öon ©ent, ein
bekannter Sunftmäcen, ber fd)on mit SRubenS
unb üan St)d in $erbinbung geftonben Ijatte,
ebenfalls ju ben (Gönnern gehörten, für bie
ber Sünftler gematt tjat. (Sin SöilbniS beS
SrabifdjofS befi^t, mie mir miffen, bie (Sr-
mitage in ©t. Petersburg.
®erabe als SenierS auf ber |>öt)e feines
stfnfef)enS unb feiner Erfolge angelangt mar,
traf ib,n ein fernerer ©djtag. %m gebruar
1655 mar 5tnna SBreugfjel mit ifjrem fie=
beuten Sinbe niebergefommen, unb feitbem
ftedjte fie unaufljaltfam baljin. SenierS
moctjte fie ober ftäj über ifjren Buftanb
tauften; benn nod) im Wläx?> 1656 laufte
er für 5500 ©utben ein ©runbftücf in ber
Sobeftrafee in Sörüffet, auf bem er ftfjnell
mit bem S3au eines ftattlidjen |mufeS be-
gann. Stber fd)on am 3. äftai machte Stnna
23reugb,el if)r Seftament, morin fie it)ren
(hatten jum alleinigen Erben unb S3ormunb
über bie fünf noct) lebenben Sinber ein-
fefcte, jebem Sinbe aber als mütterliches
Erbe nod) 3000 Bulben unb einen Seit
il)rcr 3utoe(en öcrmadjte. 2lm 11. SOcai
fdjlofe fie bie Stugcn. $>rci Sage, nadjbcm
SenierS' (Gönner, ©r^er^og Seopolb SBitfjclm,
t)on ber ©tatttjatterfdjaft in ben fpanifdjen
9cicbertanben jurücfgetretcn mar. ijmei
frfjtöere Schläge alfo auf einmal!
Unter großem $omp fanb bie 53eifc£ung
ftatt, über beren Einäctfjeiten mir burdj bie
nod) öorfyanbenen SRedjnungen unterrichtet
merben. 21m Sage nad) bem Sobe mnrbe
bie Seiche unter ftatttidjcm Geleite öon ©etft-
liefen unb Stofterteutcu mit brennenben
Tadeln aus bem mit Srauerflor begangenen
Sterbeb^aufe nac^ ber Soubenbcrgtirc^e ge-
tragen. 5)er ©arg t)atte 30 (Bulben ge-
loftet, bie Sirenen unb Siöfter erhielten
177 ©ulben 12 ©tüber, für 115 Bulben
15 8tüber mürben 2Bact)§(tcr)te öerbraudjt,
unb für baS 93at)rtuct) unb für Srauerfleiber
mürben 149 ®utben 6 ©tüber be^atjtt. Sin
bie Firmen mürben für 44 (Bulben 10 ©tu-
ber Sorot öerteilt, unb nadjrjer mürben nod)
fec^Sb.unbert ©eelenmeffen für 180 (Bulben
gelefen. Q\dü Monate barauf ftarb aud)
baS Sinb, beffen ©eburt ben Seim beS So-
beS in bie SSJiutter gelegt l)atte.
SCftan follte nun glauben, bafj ber fdjloer
getroffene SJiann längerer 3eit beburft t)ättc,
um ben Sßerluft feiner fdjönen unb eblen
SebenSgefä^rtin ju öernnnben. Slber ebenfo
fd)nell, mie er eS öerftanben r)atte , fict) in
ber ©unft beS neuen ©tatttjalterS Son ^uan
feft^ufelen, mu^te er fieb^ auetj über ben Sob
ber (Gattin $u tröften. SBir motten anncl)-
men, bafj ib^n bie ©orge um feine tttnbcr,
öon benen gtöei noct) in jartem Sllter ftanben,
baju trieb, feb^on im SobeSjaljre feiner erften
grau 5um ätücitenmatc in ben Sfieftanb
gu treten. 2luf 3"9cnb fat) er babei nid)t;
benn feine SluSerlüäb^lte, ^fabella be gren,
bie Softer beS ©efretärS beS 9tateS öon
Trabant StnbrieS bc gren, mit ber er am
21. Oftober 1656 in berfelben Sirdjc ge-
traut mürbe, in ber feine erfte (Gattin be-
graben lag, mar 32 ^ab^re alt. Um fo
fyöljer maren bie äuBcrcu Vorteile biefer 93er
binbung anäufc^lagen, unb baS erfte, maS er
tt)at, maren neue ©abritte, um ben 51bel 31t
erlangen, meil er Ijinter feiner abiigen fixem
uicfjt 3urüdfteb,en mochte. Über bie $orüer
l)anblungen, bie juerft nötig luarcn, erfaßten
mir auS ben Urfunben l)öd)ft (JrgötUiri)ev.
S)a man auf fein Söappcn nid)t-ö gegeben
f)atte, fudjte SenierS nad^jumeifen, ba^ aud)
ein SSorfaf)r mütterlic^erfeitS abiig gciocfcn
mar. 3U biefem 3^ccfc manbte er fid) an
ben äftagiftrat ber Stabt Stnttücrpcn mit bem
®efudje, ba^ brei äRänner gcridjtlid) uer
nommen merben foHten, bie bejeugen mürben,
ba^ ber Sßater feiner SDtutter, ber im Ein-
gänge unferer Sarftcllung (©. 6) ermähnte
S'apitän eines ©ctjelbcfc^iffcS, Stbmiral eineo
föniglic^ fpanifetjen Drlogfa^iffeS gelöcfen
77
toäre. @3 War itjm gelungen, brei alte
©cefeute aufzutreiben, üon benen einer fdjon
Ijunbert $ab,re alt War, unb biefe legten
iaä gewünfd)te 3eugni§ ab. Um ber 2tn*
cjetcgcnb,eit ein nocfj ftärlereä Ö5eiütc£)t p
Spraye abgefaßten 93tttgefuc^ bc§ MnftlerS,
ber fidj babei befonbcrä auf 9tuben3 unb
üan 2)t)d: berief, an ben ®önig üon Spa=
nien nad) SDiabrib gefanbt. £ro| be3 3Sot)l=
mottend, ba§ ber Stönig für $enier3 tjegte,
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geben, würbe füäter ein üierter ,8euge, ein
üenfionierter Kapitän ©einer S^afeftät, Ijer*
beigefcfjafft, ber nodf Sftäubergefdjtdjten üon
©eifteägcgentoart unb Saüferfeit jum beften
gab. Stile biefe geugniffe tourben in3 @üa*
nifdje überfe^t unb nebft bem in franjöfifc^er
genehmigte er fein ®efud) ofjne weitere^
utcrjt. @r befcrjieb ü)n üietmef)r bab,in, bafj
er iljm wobt ben SlbelSbrief erteilen Würbe;
aber guüor müßte ftd) ber ®ünftler üer*
üflidjten, Weber mel)r für (Mb ju malen,
nodj feine Silber, wie e3 bamals fdjon Sitte
78
mar, um Käufer fjeranniloden, 511 äuge*
meiner Söefidjtigung in feiner Sßerfftatt auS-
aufteilen, $)amit märe bem ültteifter ber
OucII feines 2Sot)lftanbeS öerfto^ft morben,
unb er faßte fidj baljer einige $eit in ®e*
bulb, bis er am 10. Januar 1663 fein
®efudj abermals erneuerte. (5S fdjeint, ba$
er je&t einen befferen (Srfofg erhielte; benn
er fütjrte fein SSaüüen big 3U feinem £obe,
unb eS finbet ficrj audj auf bem ®rabftein
feiner gmeiten grau in ber ®ircfje ju ^erd
eingemeißelt. Aud) ift ein geugniS beS
SöaüüenfönigS üon SBrüffel üom 30. 9ftai
1680 üorljanben, morin ou^brücfUcr) erflärt
mirb, baß bie ÖefugniS, baS SBaüüen gu
fuhren, bem ®ünftter üom Könige üon ©üa*
nien beftätigt morben fei. 2)er äftefte ©of)n
beS SMfterS, ber im !Juti 1638 geborene
jDaoib Hemers, mürbe auefj mit bem £itel
eines „(SbelmamteS ber Artillerie gum^ienft
©einer 9Jcajeftät,/ ausgezeichnet, obmofjl er
ebenfalls nur SJcater mar.
tiefer ©ob,n f)at bem Sßater in ben
legten 3»af)ren feines SebenS nidjt nur burefj
^ro^effe um baS mütterticfje (Srbe mannen
Sßerbruß bereitet, fonbern aueb, bie 33io=
grapfjie beS Sitten in Sßermirrung gebraut.
Sßater unb ©ob,n finb oon \)tn ©efdjidjtS-
f Treibern unb Söiograpljenüermecfjfeit morben,
unb auS biefen SkrmedjStungen bjaben bie
Anefbotenerääljter Kapital gefdjtagen. £>aüib
SenierS II, ber §etb unferer SebenSbefctjrei*
bung, t)at, üermutficfj meit er mit feinem
SSater juf ammenarbeitete , niemals feinem
tarnen ein „junior" hinzugefügt, unb fo
tann baS einzige unS befannte S3ilb, baS
bie Segeidinung „2>aüib JenierS junior"
trägt, ntct)t üon ifnn, fonbern nur oon feinem
gleichnamigen ©orjne tjerrürjren. ©S ift eine
liarftcHung beS Oor ber äftabonna mit bem
ftinbc fnieenben ^eiligen XominicuS, bie fidj
nod) je^t in ber Xorffircfje ju $erd befinbet.
£)bmof)l eS bie ^atjreSaaljt 1666 trägt, fann
es feb,r mol)t bie Arbeit eines frühreifen Süng-
lingS fein. |)at bodj üan £rjd fetjon mit acfjt-
jefjn 3>at)ren umfangreiche Altarbilbcr gemalt,
bie feinen großen äReifter jur Semunberung
jmangen! ©onft ift üon biefem britten 35a*
üib JcnierS nid)t üiel met)r ju fagen, als
bie befannte ©rabfdjrift eines bunflcn Un»
befannten metbet: „(£r lebte, nafjm ein 28eib
unb ftarb." 8Sermät)tt Ijat er fidj fdjon im
3at)re 1671 in ber |>auütnrd)e ju iUcnber*
monbc, 1675 ließ er fid) in bie SufaSgitbe
ju SBrüffel aufnehmen, ber er einen üer-
golbeten ©ilberüofal mit feinem sJcameu
fpenbete, unb im Februar 1685 fdjieb er
bereits aus bem Seben. ©r mürbe in ber
®oubenbergürd)e beigefe^t, mo feine SDcutter
ü)re le£te ^ub/ftätte gefunben l)atte. @r
hinterließ einen @ol)n, ber gleichfalls 9Jcaler
murbc. tiefer Saüib SenierS IV Ijat frül)*
zeitig bie Sftieberlanbe üertaffen unb ift in
Siffabon geftorben — glüdlidjermeifc. ©0
Ijat er menigftenS nicfjt metjr baju beige-
tragen, bie ®onfufion, bie bie Siograüljen
Zmifdjen feinen brei ÜJcamenSüorgängern an-
gerichtet b^aben, gu üermet)ren.
Sm SJcai 1685 erfdjien in ben bamaligcn
nieberlänbifc^en 3eitungen eine Anjcige, nad)
ber im |)aufe beS üerftorbenen XenierS beS
jüngeren, in ber |>oogftraat 5U Trüffel, am
4. ^uni unb ben folgenben Jagen mehrere
ausgezeichnete Silber, jum Jeil fotcb,e ber
itatienifdjen ©c^ule, jum Seil eigne ar-
beiten beS SSerftorbenen, 93ücr)er mit Qtidy
nungen unb S^uüf erfticfjen , Söanbteüpia^c,
SKöbel u. bergt, m. üerfteigert merben follten.
(Sin @£emütar biefer Slnjeige ift in einer
Kummer beS „^aartemferjen Mourant" üom
22. Wai 1685 ermatten morben. 2tuS biefer
Anzeige, bie fidj, mic bie Urfunben ergeben
l)aben, auf 2)aüib SenierS III bejiclu; —
benn unfer ^ünftler mob^nte in einer anberen
©traße — fyabtn ficr) bie 3tf)mäf)fucf)t unb
Anefbotenjagb beS XVII. unb XVIII. galjt-
b^unbertS eine boshafte ©efdjicrjte juredjt gc*
mad)t. £enierS foßte, üon ©ctbnot mtb
©ei^ getrieben, auf ben (SinfaU gefommeu
fein, fief» für tot auszugeben, um burrf) bie
Sßerfteigerung feines fünfttcrifdjen 9lac^Iaffe3
unb feines Mobiliars eine fjö^ere ©ummc
3u errieten, als cS bem Scbenben möglid)
gemefen märe.
Aber ein ®örnd)cn Söaljrbeit ift aud)
im unfinnigften Älatfd) üorl)anben. JenierÄ
lebte mit ber 93rüffctcr yufaSgilbe nicfjt in
gutem (£inüerncb,mcn. Als Hofmaler ber
©tattt)a!tcr mar er nid)t ocroflidjtct, fid)
burd) (Eintritt in bie ©itbc bie burc^ feine
3unftfajjungen befd)ränftc S^eif^eit beS Sr-
merbS ju fiebern. ÜberbicS mar er fdum
SKitglieb ber Antmerpener SUcatergilbc, unb
bamit glaubte er, baS ©einige für bie Stuuft
genoffen getfjan ju f)abcn. Xarum maren
bie iörüffcler SRaler ib^m, bem (Smüorge-
ftiegenen unb üor allen Söegünftigtcn, nidn
grün. Sie fudjtcn ib^m allerlei ^)inberniffc
79
in ben 2Beg ju legen, unb mit einem ge=
miffen Stecht. ®er 9)caler Senierä betrieb
nämlidj nebenbei nocb, einen fcb,mungf)aften
$unftfmnbet. SSietteidjt tjatte er, mätjrenb
er im auftrage feiner fitzen ©önner t)er=
nmreifte, mand)e§ 23itb auf fein eigene«?
IRtfifo gefauft, unb e§ Blieb ü)m jur Saft,
menn e§ bie Auftraggeber nidjt ermarben.
3)abei b,atte er aud) ©efdmtad: am Slunft*
Ijanbel gewonnen, ber einen leisten (Sr*
öffenttirfjc SSerfteigerungen abmatten ju bürfen.
3>m ©ommer 1683 betrieb er eine foldje in
großem SSJcafjftabe. @r lieft in 23rüffet unb
in üieten anberen niebertänbifrfjen unb be=
nadjbarten ©täbten ein ^Stafat fotgenben
^n^att§ anfdjtagen: „Sdjöne unb feltene
©emälbe gu üerlaufen! 9Jcan ujut jeber*
mann %u miffen, bafj am 19. ^uü biefeä
$at)re3 1683 im §aufe öon 9)tynt)eer %t*
nierS, Später unb ®ammerbiener öftrer £>o=
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9tDö. 65. 9Je»tun unb 2ttn»I)ttrite. 3m tönigl. TOujeum ju SBerlin.
(9tu3 bem SBerfe: $>ie ©emätbegalerie ber ®önigl. SJtufeen 31t äSerltn. Vertag Don ©. ©rote.)
merb fieberte. (Sr mar it)m um fo not*
menbiger, al3 (Sr^ersog Seoöolb 2Bitb,etm
bei feinem 9tu§jug au3 Trüffel il)m nidjt
alle Sßerbinbticb,feiten gelöft Ijatte, unb barum
öeranftaltete er öon 3eit gu Qtit öffentliche
SSerfteigerungen, bie ü)m toofjt feinen beutet
füllten, aber auf ben ©rmerb ber 23rüffeter
SJcaler fefjr nachteilig mirften. ©djon im
3al)re 1660 erf)ob bie Sörüffeter ©übe, bie
baju berechtigt mar, SHage gegen biefe 93er*
fteigerungen. Sftacb, üierjäljrigem ^rojeffieren
um il)re ütedjte mar baä (Srgebni3, bafc %t*
nicr§ bie (Srlaubni3 erhielt, aueb, fernerhin
Reiten, üerfcfjiebene fdjöne unb feltene ©e*
mätbe »erlauft merben follen, fomol)t fold)e
öon itatienifetjen unb niebertänbifdjen SJcalem
aU anbere öon öerfdjiebenen erfahrenen 3Jcei=
ftern; bagu mehrere (Stücle öon feiner £>anb,
aueb^ mehrere Kopien unb einige retoudjierte
^o^ien. 23er Neigung baju b^at ober öuft,
fie fetbft ju befieb^tigen, lann fommen gegen*
über ber erften 30Detreööe öei ber ^fa-
bellenftraBe in Trüffel."
®iefe Slntünbigung brachte bie Sörüffeler
SDZater fo gemattig in |>arnifcb„ halft fie bie
^ßtafate abriffen unb bei bem Sttagiftrate
80
hm Antrag ftetttert, es mödjte bic bem $Jtta*
(er erteilte (Erlaubnis öom 10. $uni 1664
miebcr ätirürfgenommen werben. Sie mochten
babei gettenb, bafj fotct)c Serfteigerungcn nad)
ben Sa|ungcn ber ÖHlbe nur nad) bem £obe
eines SftaterS geftattet mären. ScnierS fyatte
aber einen gemanbtcn Serteibiger. tiefer bc=
grünbete na<i) ber Slnmeifung feines Klienten
bie Sftotmenbigfeit ber Serfteigerung 3unäcr)ft
bamit, baf}£enierS baju gelungen märe, meil
i()n feine ®inber aus erfter ©b,e megen ber
(£rbfd)aftSteitung ücrflagt Ijätten. 3>aS t)atte
feine 9tid)tigfeit. 2)ann fe&te fidj aber ber
ißerteibiger auf baS I)ob,e ^Sf erb , inbem er
behauptete, bafj bie Srüffetcr äftater nidjt
ben gcringften ®runb ju einer 93efd^ir»erbe
gegen £enierS Ratten. $m Gegenteil! Sie
tonnten ifjm nur banfbar fein. 2)urd) ben
9tuf beS SftcifterS mürben bie frentben Käufer
nad) Srüffet gelorft, unb baburd) trüge %t»
nierS jur allgemeinen 931iite ber ®unft in
Srüffet bei. 3)er 9tat öon Srabant falj
biefen Äünftterftreit feljr ntitbe an, unb eS
gelang iljm aud), auf gütlichem 2ßege einen
Sergteid) 5ttrifd)en ben ftreitenben Parteien
ju ftiften.
5luS biefem Streite unb auS ber ah'
fict)tltcf)en ober unabfid)tlicb,en SermedjSlung
beS öor bem Sater geftorbenen SofjneS mit
jenem fjaben atfo bie fpätcren $ünftterbio=
graben jene oben ermähnte ^umoreSfe
äufammengefponnen, bafj SenierS fid) für
tot ausgegeben f)abe, um baburd) bei einer
Serfteigerung feines S^adjtaffeS t)öb,ere greife
ljerauSj$ufdjtagen. Dfjne triftigen Grunb
l)atte fidj StenierS übrigens nict)t ju ber
Serfteigerung entfcrjtoffen, bie iljm fo üiete
vj(rgerniffe bereiten foHte. ©ein anmalt
f»atte üor Geridjt angegeben, ba$ er baju
megen feiner ®inber auS erfter (Slje ge=
jroungen morben märe, bie Ü)n megen
Verausgabe iljreS müttcrlidjen (Erbteils öer*
flogt fjätten. 55iefe Bmiftigfeitcn mit feinen
Stinbern muffen für SenierS um fo fyärter
gemefen fein, als er itjnen gegenüber burdj*
auS (otyal gcfjanbelt blatte. Um aud) nidjt
in ben Sdjein $u geraten, fic burd) feine
jtneite Beirat übcrüorteiten ju motten, tjatte
er batb nad) ber (Geburt feines erften $inbeS
auS jmeitcr (£l)c Schritte jur Leitung feines
SemögenSmitbenftinbernbcrs2lnnaSreugt)c(
getrau. ®r manbte fid) am 22. SDcaembcr
1657 an ben ÜUiagiftrat öon Slntmcrpen mit
bem ©efud), feinen Vorüber Julian unb feinen
Sdjmager 2tbral)am Srcugl)el ju 9flitüor~
münbern über feine Äinber gu beftellen, unb>
nadjbem biefeS Gefudj genehmigt morben mar,,
mürbe SenierS' gcfamteS Vermögen, feine
SluSftänbe unb feine etmaigen Serpflidjtungcn
genau aufgenommen. (SS ergab fict) babei
ein Kapital öon 32160 ©utben, moöon
feinen Äinbern auS erfter (£l)c 8381 Gulbcu
äugefprodjen mürben. ®iefe ^8ermögenSauf*
nab^me, bie nitfjt bie geringfte Älciniglett
überfab^, bietet aud) einiges !ünftterifd)e»
^ntereffe. Sßir erfahren barauS u. a., bafj
^enierS bamalS bem (Statthalter £on 3uan
öon Öfterreicb, für 8000 Bulben Silber
jum Stnfauf angeboten unb ber ®unftb,änbler
@rnft SBolanSfi in 9Jiabrib Silber für
5401 (Bulben jum Serfauf übernommen
fjatte. Som ©r^ljeräog i^eopolb SBilljclm
l)atte er nod) 2400 (Bulben 51t erhalten;
aber bafür mu^te er „®unftbüdjcr mit
italtenifcrjen Äupferftictjen" (^cmplare feines
(SaleriemerfS) liefern. (Snblic^ — unb baS
ift ber roidjtigfte S^eil biefeS SofumcntS —
l)atte er noi^ 600 (Bulben öom ©rj^er^og
empfangen, mofür er jebod) „Patronen für
Saöeten", b. 1). Kartons ober Sorbilber
für (SobetinS, anfertigen mufjte.
Solche (Gobelins finb uns nodj febr
3al)lrei(^ in fürfttidjen @d)löffern, in ^riöat-
fammlungen unb felbft in öornel)men Käufern
^eutfc^lanbS, 5^nnfrci(^S unb ber lieber-
lanbe erhalten. Sie geben jinnetft in ^m
befannten üpöigen Umrahmungen ber Sarorf
^ctt ober in Slumcnguirlanben biefelben
Sauernbeluftigungen,2BirtSl)auSfcenen,-?an(^
üergnügungen unb ftirmefjfcftc mieber, bic
bie !>auötmotiüc ber größten Gruppe Sc
nierSfdjer ©emälbe bilben. 2Bäl)renb man
bisher geglaubt f>atte, ba^ bic Srüffclcr unb
Slntmerpcner Jcppic^meber bic ÜenittSfdjen
Xarfteüungcn frei für il)re Qtotät benu^t
l)ätten, erfahren mir jc^t, ba^ fid) Ztnkvi
aud) biefe Gelegenheit niri)t entheben lief?,
mit Gubens, (Cornelius Sd)ut, 2lbral)am öan
Ticpcnbcccf unb anberen ®ro§lttetftem ber
5lntmerpencr Schule (yt metteifern. 3$re
meift auf Rapier ober auf bünner Öciumanb
gemalten Sovlagcn, bic in ben .'pänbcn ber
Jopiudnoirfcr blieben, ()attcn bis um bic
9J?ittc beS XVII. ^af)rl)unbcrty l)incin allein
ben ©cfd)marf bcl)crrfd)t, bis cS Zmkvt,
nac^bem er erft mit ben ?eppid)mivferii
SvüffelS, ben tieften in gan;, Alanbcvn unb
Srabant, ?yül)luug gemonnen, cnblid) gelang,
81
neben bicfcn ©rofjmciftcrn burdjjubringen
unb ben nad) feinen Vorlagen gemirtten
®okltn§ in ben fpanifdjen unb bfterreidji*
fdjen @c^(ö(fern benfelben @b,renüfa| ju er*
ringen, ben feine f leinen 93ouernftücfe unb
2anbfd)aften mit Figuren fängft befafsen. —
21ud) über SenierS' jroeite |>eirat fjat
fidj ein ©emirr üon böSmitligem ^latfcf»
gebreitet, baS nur fdjmer gu töfen ift, ja
ben 23iograpt)en faft rattoS madjt. @S
wirb erjagt, bafj ber Sftcifter nadj bem
2obc Slnna 23reugf)e(S gelungen mar, fein
ftcllungen feines Sanbfi^eS, bafj ScnicrS
fdjon mit Slnna 93reugt)et feit ber üflittc
ber üicrjiger %ai)xt in $>rt) £oren bie
Sommerszeit jjugebradjt tjat. Ober foHte
er nur s.J$äd)ter ober Bieter getoefen fein?
S)enn bie gtoeite Urfunbc befagt, bafj 3>
nierS im $af)re 1662 üon bitter %an 93aü=
tift öan 33roecff)ooen unb feiner (Gattin
■Helene gourment, Gubens' gmeiter grau,
„einen in $errf gelegenen §of" gefauft Ijat,
„befteljenb aus einem ©djlöfjcfjen, ,de Drij
Torens', mit feinen Sänbereien, SBeiben,
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2166. 66. S&ttbltdje Sceuc. 3m ;Retrf)»ntufcum 311 2lmfterbant.
3d)tof} £rt) £oren, an bem er mit ganzer
©eete t)ing, gu oerfaufen, unb ha eS in ben
SBefiß beS s;RatSfefretariuS StnbrieS be gren
gefommen mar, tjättc fidj JcnterS mofjt
ober übet entfcfiüc^en muffen, beffen Softer
51t fjeiraten, um fdjnetl mieber ©djloflfjerr
üon ®rt) Soren gu merben. ÜJftan tonnte
biefeS ©erebe !urg in baS Gebiet ber gäbet
üerioeifen, menn nidjt jtoei Urfunben ftörenb
bagtüifcrjenträten. ^n ber oben ermähnten
SßermögenSaufnaljme üon 1657 merben näm*
üct) bie Käufer, bie SenierS bamalS befaft,
genau bejcidjnct; üon bem Sanbgut 2)rt)
£orcn ift aber nidjt bie 9tebe. Unb bod)
miffen mir auS ben oben ermahnten £>ar=
iKoienöcrfl, Icnict^.
33aumgärten, Triften, ©djeunen unb ©tat*
tungen üon einem Slreat üon 35 §eftaren.w
S3ei htn freunbfdjafttidjen Sesietjungen ber
gamitien 93reugf)et unb 9?ubenS ift eS nidjt
auSgefdjtoffen, bafy SenierS baS ©ütdjen
bei Sebgeiten Stnna SreugljetS nur als
Bieter bemofjnt ^at. ©ottte er aber fd)on
bamalS Sefi^cr gemefen fein, fo bleibt an*
gefidjtS be§ ®aufüertrag§ feine anbere So*
fung beS 9tätfel§ übrig, als bis auf meiterc
llrfunbcnfunbc ben böfen 3un9en infofern
!Recr)t ju geben, bafj SenierS erft nac§ feiner
jmeiten SSermäljlung mieber in ben S3efi£
üon „Srt) Xoren" gelangt ift. S)a feine
Smcitc grau eine reidje SJlttgift erhalten
6
82
Ijctttc (über 3000 ©ulbcn on barem ®elb,
SHeibcrn unb Juwelen unb (Sinfüufte
auä Käufern unb 1'änberctcn), mag ifnn
biefc gur SSicbcrcrlangung ober 311m lutrf-
ticken (SrWcrb üon 2)rt) Sorcn bef)i(flid)
gcwcfcn fein.
^fabetta be $rcn fdjenfte iljrew (hatten
üier $inber. 93ci bew brüten, einem Ana«
Ben, ber am 17. Februar 1(5(52 in bei
Stoubenbergfirdjc getauft Würbe, ftanb 3)on
£>erjcn unb feiner £)ciwat3ticbe gur tjödjftcn
(ifyrc gcrcidjt, wenn fic aud) nidjt ben Segen
geftiftet I)at, ben £cnier§ baüon erwartet
I)attc. Über Antwerpen mar feit bem 2Jn*
fang ber üier^iger %a\)xi ein langfawes
Sicdjtum b,ereingebrod)cn. Slttgewad) famen
bod) bic 9?acb,Wef)cn, cinerfeitä üon ben tan*
gen Kriegen gmifdjen ben nörblidjen unb
fübtidjcn ^roüin^en, anbererfeit3 Don bem
großen SBettfricge im bergen ©uro»a§, unb
WA. ii'. iianbfcfjaft mit iöauernliäitfern. on ber Wnlerk ;u ftoffel.
3uan be DiiDa $ate, im Slawen be§ Sew
nor £ui§ be3 23enaüibe§, darttto unb £0*
tcbo, äftarqute be gronifta unb be t£ara*
cena. tiefer I)ot)e £crr wit bew langen
Site! War ber neue (Statthalter ber fpani-
fd)en sJliebertanbc, ber üftadjfotger bc§ 3)on
3uan üon Dftcrretcr). $enier§ Iwtte e3 alfo
üerftanben, fid) aud) wit bew brüten Statt*
fyattcr fa^neH in ein gnteS ©inücriictjmcn ju
fetten.
Uw biefe $eit wodjtc fein 2(nfcl)en unb
fein (Sinfluft aw ()öd)ften geftiegen fein, unb
ba er fid) beffen unzweifelhaft bcwnftf War,
cntfdjtofc er fiefj $u einer Jfmt, bie feinem
Wäljrenb Raubet unb SBJanbcf, SBiffenfdjaften
unb fünfte unter bew Sdjitjje bev ©eifieS
unb ©cuüffen3freit)eit in ben nörbüdjen f$ro*
üinjen aufblühten, fanf bie fiofye ftönigin
ber Scheibe üon ^a()r 3U ^sal)r immer tiefet
üon ber £>öb,c itjrcr äftatfjt Ijcrab. Wm
fdjwcrften litten bic fünfte baruntcr, bie
im Verlauf üon anbcrtbalb ^afjrfjunberten
ununterbrochener ©ntmidcluug ju einem II111-
fang unb einer ^ietfeitigfeit gebieben waren,
benen feine jmeite bawaligc STnnftftabt etwas?
@Heid)c§ an bic Seite )u [efcen hatte. ^hnen
in ber allgemeinen Notlage ber ;{cit auf*
gnljclfcit, war Jenicrs' $icl. Cr glaubte
83
ober, bafj bcr Verfall bcr Shmft ntcfjt bcn
mirtfd)aft{id)cn 3Sert)ältniffcn gugufdjreibcn
märe, fonbcrn bem 9tütfgang bcr fünft(ertfcrjcn
Gräfte, unb um biefc fnftematifd) gu tjcben,
bcfdjtoft er bie Gkünbung einer Shmftafabcmic
nad) bem Sftuftcr bcr in 9tom unb ^ßartS
beftetjenben. 2)a fie natürlich nur mit £>itfc
bcr ihifaägübe gu erreichen mar, feijte er fid)
gunädjft mit bem Hauptmann bcr ©übe, bem
bamatigen Öürgermeiftcr Oon Slntmcrpcn,
fyaat oan ^pamalc, in ^erbiubung, unb 2lm
fang 10(52 mar ber 'plan fo meit gcbieljcn,
üafc an bie Sefdjaffuug ber nötigen ©etb=
mittet gebadjt merben tonnte, ma§ natürüd)
bie .'pauptfadjc mar. S3are§ ©clb inufe ba*
matä fo fnapp gemefen fein, bafj ber %i>
baute, ctma bcn $önig öon «Spanien ober
ben SRagtftrat oon 5tntinerpen barum am
guge^en, gar nidjt in (Srmägung gefommen
51t fein fdjcint. Seuicr» t)attc aud} ein an*
berc-ö, für bie bamatige Sage in ben fpa*
nifdjcn ^roüinjen t)öd)ft be^eicrjuenbe'S sMttet
in 23crcitfd)aft. Sic Xefanc ber SufaSgilbe
ocrfafjten auf feinen 9tat eine 93ittfd)rift an
\>tn $önig, morin fie für gmötf ^erfonen
Freibriefe oon allen abgaben erbaten. ®iefc
fottten bann uerfteigert unb au§ it)rem @r-
iöS bie erften, für bic(£tnrid)tnugbcr9lfabemic
nötigen Soften beftritten merben. 9?ad)bcnt
biefc Sittfcfjrift in iörüffcl burd) einen SHoftcr*
bruber inä ©panifdjc überfc|t morben mar,
fanbte fie 5cnier3 nad) StRabrib ab. üftun
tjattc fie aber erft nod) einen langen %n*
ftaujengang burcfjjumacfjen. £)cnn bcr $önig
befretierte nidjt fo objnc mcitcreS. @r fdjitftc
bie 53ittfd)rift am 5. Sftai 1662 an feinen
Statthalter, bcn SKarquisä uon ßaracena,
unb ba biefer, mic fdjon ermähnt, mit ber
Stattfyaltcrmürbc aud) bie (£rbfd)aft bc§
^rotettorat^ über £ enicrä übernommen f)atte,
fam bie Slngetegcnfjeit attmäl)üdj in fvtuf?.
9lm 17. ^u(i 1662 befdjäftigte fie bereite
ben 9tat öon Trabant, unb am 11. Januar
1663 fam fie cor bem Sftagiftrat oon 2tnt=
merpen 3-ur 3}erhanbtung. Senn biefer mar
eigenttid) bie am nädjften beteiligte ^snftang,
ba bie ©tabt burd) ben Skrtauf oon Frei*
briefen bie größte (Sinbufk erlitt. ®er 9Ra>
giftrat befdjtofi bann aud), ben 31t ermartenben
Sdjabeu ctioa§ 3U fürjen, unb er bemiltigte
ftatt ber erbetenen gmölf Freibriefe ibjrer nur
ad)t. $um ©rfaö biefe3 2lusfatl3 moltte er
aber bie für bie Wfabcmie nötigen 9täume,
in benen geleljrt, nad) bem lebenben hobelt
9I6K 68. SSoucrnjunflcn mit einem §unbe. $n ber ®aijetl. ©alerie JU SSicn.
(Wacfi einer ^oiograpfjie öon 3- £ön>t) in SSicn.)
G*
84
gewidmet unb gemalt unb eine Keine ®e*
mälbeiammtung eingerichtet Werben foHte,
foftenfret ^ergeben.
tiefer SJefcfjlufj mürbe am 26. Januar
regung Ijeruor, bafj man fic nur burrf) gc*
matt|"ame äftittet niebcrtämüfen tonnte. 2(5
©ulben lieft btc ©übe aus ifjrcm 2ätfet
fpringen, unb mir erfahren audj Imartlein,
CS
L663 gefaxt, unb nodj am Slbcnb btefeö
Sageä tonnte Um ScnierS ben Getanen ber
öufaägilbe funb tlmn, bie im erften ©toef
be§ ÖHlbeljaufeä 3ur „Ouben Sßoetboeg" f^ur
atten Slrmbruft) ücrjammelt inaren. $)icfe
frofye 53otfd)aft rief eine fo gewaltige (Jr-
bah bafür ein Viertel SBcin unb 15 STrüge
S3ier getrunfen unb ba5u eine entfprcdjcnbc
üuantität oon Sßürftcn, "ißarmcfanfäfc unb
SSeijcnbrot üerjcljrt mürbe, tiefem improüi*
fterten 3tüctfcffen folgten aber nod) einige
Formalitäten. 2lm 19. gebruar mürbe bie
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Genehmigung bc§ Geheimen fRatä Don 33ra»
bant erteilt, am 6. ^uli bic bc§ Königs.
9cun mar c3 3eit, lieber ein gcftmal)! jU
geben, ba3 am 27. Sluguft im Gilbctofal
bei ben 2lrmbruftfd)ü£en ftattfanb. Sftadjbcm
bann nod) bic Genehmigung be3 ®önig§
burd) bie alkrobcrftc ^n[tan§ in 2anbc3»
angclcgentjcitcn, ben Geheimen 9tat üon
Trabant am 2. Dftober 1663 beftätigt
morben mar, fonnte nunmehr ber Verlauf
ber Freibriefe üor fid) geijen, ber 5240
Gulbeu einbrachte. 3e# gab aud) bie ©tabt
bie nodj üorfjanbencn Gcmätbc überfütjrt,
unb f)inter bem Vcrfammtunggfaat mürbe
ber ©aal für ben afabemifdjcn ilntcrridjt ein-
gerichtet, tiefer begann enbtid) am 26. Df-
tober 1665. $sm Sßhttcr foUtc er tägtid)
öon fcd)3 bi§ ad)t Ul)r abenbä ftattfinben,
alfo mie bie bleute nod) üutidjcu unb ftar!
bcfudjten 91benbfurfe, unb im ©ommer üon
fünf 6i3 ad)t Uljr morgen*, (hnc fel)r ver-
nünftige Zeiteinteilung, bic jebem Söefudjer
Freiheit genug liefi, um fid) neben bem
afabcmifdjen Unterricht feinem (Srmerb ober
"im.
ro. SBintcrlanbfdjaft. 3n ber ftaiferl. Valerie 51t SBtcu.
(3iarii einer 5JSt)otoßrapl)tc uon 3. isiöroi) tu äßteu.)
ba§ ücrfürodjcne ßofal im (Srbgcfdjofj ber
JBörfe tjer, unb ba bicfcS suglcidj Den SBcr*
fammtungen ber £ufa3gitbe bienen fotltc,
tonnte c§ nierjt beffer eingemeitjt merben,
als burd) bie grpjjje Gilbcmal)l5cit, bie am
IS. Dftober 1664 ftattfanb. Slucr aud)
bicfe§ britte Seftmat)! rief bic eigentliche
5tfabemie nod) nid)t in§ Sebcn. D^od) über
ein ^af)r bauerten bie Vorarbeiten jur 21u§-
fdjmücfung unb Einrichtung ber 9täumc.
gür ben Vcrfammlung§faat lieferten ^or=
bacnS unb 93oet)crman3 bic 2)ccfengcmälbc
unb ber Vilbtjaucr 21rtu§ Oucttinuä eine
Vi'tftc be3 Statthalters 9Rarqui3 üon (£ara-
cena. Stu§ bem alten Gilbctofal mürben
eigenen Stubicn ju mibmen. 2>ie jemciligcn
unb bic frütjeren SDefane ber iüufaägilbc
maren ücrpflidjtet morben, ben Unternehmt
abmcdjfclnb ju beforgeu. SÜ&er fclbft bicfc<§
grofjc ÜUcaB üon Freiheit fattt Scljrcrn unb
<3d)ü(eru balb mie ein gluang üor. ©d)on
nad) menigen Sauren mußten bic £>cfaue,
bie fiel) burd; mehrere 3mctfeffen für bie
grofjc <&ad)t begeiftert Ijattcn, burd) 2tn=
brof)ung üon ©trafen gelungen merben,
überhaupt nod) Unterrid)t j$u geben, unb
cl)c bic Stfabemic nod) eine iytütc crreid)t
battc, geriet ftc in Verfall, mie oft aud)
-Tcnicrs fpätcr nod) ben Vcrfud) mad)tc,
il)r mieber aufzuhelfen. $)afj ftc aud) in
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bem 3ctl)rf)imbert nad) feinem £obe if)r
Stofein notbürftig friftetc, ol)nc gänjlid)
cinäufdjfafen, ifi ein tod)rc3 SBunber. 2lb
unb 3U fjatf i()r ein )oot)lt)abenbcr ®ünftlcr
mit feinen ®elbmittcln ettoaä auf, unb fo
rettete fic fid) burdj eine $cit ber fdjtoercn
üftot in ba3 19. 3o^r()unbcrt fjinein. 2Ifä
bann bic 3cit fam, loo bie fübltcr)eii $ro*
Dingen fict) it)rerfcitg üon ben norbfjoltänbi*
fdjen loäriffen, ba erlebte and) bie ®rün*
bung be3 maderen £enier3 eine sßeriobc
bc3 fjödjften ©langet, ber fid) mieber auf
baf? fic 6ei ber Scfferung ber SSerljältitiffe
fofort bereit mar, ir)re Aufgabe tljatfräftig
ttricberaufjunefjmen unb bic faft erlofdjcnen
gunfen bc3 ^eiligen fitunä in ber Stabt
ioieber aufflammen ju (äffen. *
Tic ©r$äl)lung ber grofjen unb flcincn
3d)idfafe be3 ®ünftler<§, feiner großen unb
f (einen Sorgen, feiner peinlichen «Streitig*
feiten fjat un£ gelungen, für eine -Seit»
lang bie 9lufmerffamfcit be§ £cfcr3 mcb,r
bcm Sftenfdjen a(§ bem ®ünftlcr jujumen*
bcn. SIbcr \>a% 3Il*crcffe an bcm Shinftfcr
SJDt'. 71. £a$ ©aftmafjl bei* böfen Stctdjcn. 8ctrfmunfl im Souöre ju $ari$.
Cilad) einer ßriginalpf)otograpl)ie oon sörauu, ©[erneut & (Sic. in Xornad) i. ©. nnb $artä.)
bic gefamte curopäifcfje Malerei ergofj unb
Mntrocrpcn gum 2Ba(lfal)rt3ortc aller ftre-
benben ftunftjüugcr machte. 2Ba3 biefc
Sttabemic für baä Sfrmftleben in s2lnttoerpen
tro£ it)rcr geringen (Srfolgc im XVII. unb
XVIII. ^atjrfjunbcrt bennodj bebeutete, ^at
einer ber ©efd)id)t§fd)rciber ber 9lntloerpener
sJJ?alcrfd)ulc ridjtig f)erau3gcfül)lt. „s-8ticb
it)r (£influfj and) immer flein," fo fdjreibt
er am ©djtuffc feiner 93ctracr)tuitgen über
bie Sd)itffafe ber XcnicrSfdjcn (&rünbung,
„fo barf man boct) nidjt oergeffen, bafj fic
in bcn fd)led)tcn Reiten be3 XVIII. 3af)r*
l)unbcrt§ ben ftunftgeift in Antwerpen oor
gänjlidjcm (fritfdjlummcrn bematjrtc, unb
unb feinen Sßcrfcn ift nodj lange nid)t er
fdjöpft. Sluf einem feiner in Tupfer gc»
ftodjcnen ©übniffe, baS 51t einer oon ^icter
be 3»obe bcm jüngeren angefertigten unb
in ben Raubet gcbradjten (Sammlung oon
Hünftlcrporträtä gcljört unb ba3 unfercu
Denier« etwa im Slttcr oon 38 — 40 ^atjrcn
barftcllt, rcirb er in ber au3füljrlid)cn 6tu
grapl)ifd)cn Untcrfdjrift „ein fcljr dortreff«
lidjer 9ftalcr in flcincn giguren unb Sanb*
fdjaften" genannt. (£3 ift ein Urteil, baä
offenbar ber Stcdjcr fetbft, alfo ein .snuift
genoffe, abgegeben Ijat Qu JenicrS' Reiten
I)at man bemnad) neben feinen Silbern mit
flcincn Figuren feine l'anbfdjaftcu befonberä
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fyod) gcfd)ätjt, unb mit bicfcm Urteil ber
geitgenoffen ftimmt audj ba3 eines» ber beften
Kenner nieberlänbifdjer Malerei in unfercr
3cü überein, ber gerabeju erftärt, baft
Jcnicrä' eigcntüdje Begabung in feinem
lanbfdjaftticrjen Sinne gelegen Ijabe. Rieben*
foH§ I)at biefc ^Begabung feine Stunft bi3
in fein t)ob,e<§ Sitter Ijinein immer frifd) unb
tebensmatjr ermatten. (£r blieb fojufagen
in beftänbigem SScrtctjr mit ber üftatur, unb
baburef) t)ot er e* erreicht, bajj feine £anb=
fdjaften niemals an jener ©intönigfeit ber
SOcotioc leiben, Don ber biSuieiten feine
big madjt, ber balb eine gar ju fed ge*
iuorbenc öofatfarbe bämpfr, balb eine anbere
befto fetter unb tcudjtenber Ijeröortreteu
läfjt. ®abct Imftet biefem Spi^pinfct nid)t3
öon jener ^ebantcrie, öon jener peinlidjen
®leinlid)fcit an, bie nod) ba3 ftenn^cidjen
ber Sanbfdjaften be£ Sammetbreugljef, be3
Sd)tt>iegerüatcr3 unfercs SRciftcrS, waren.
Auf ber anberen Seite Imt XenierS aber
aud) nic^tö öon ber majcftätifd)en breite,
öon ber »erhaltenen garbenglut, bie ben
t>lämifd)en 2Balb* unb SBicfcngrünben be§
großen 9iuben§ eigentümlid) finb. 9Jcan
2166. 72. SBorucreituuQcn 511 einem ©rfimaufe. Scicrmung im üouure 31t l;ori§.
Cftatf) einer £rkiiualpf)otograpI)ie Bon Sörcntu, Clement & (Sie. in Sorncuf) i. G. unb s4Jarig.)
ituetpfeenen, feine Söirtstjaujobitber unb
feine Sauerntän^c nidjt frei3ufprcd)en finb.
(Sr fjat grofte unb Heine Sanbfdjaften gc=
malt, grotfe für beforatitie ,8wcde, bie biefen
gweden ebenfo gtüdtid) angcpafjt finb Wie
bie nad) feinen Vorlagen gewebten ®obe=
lin3, unb Heine intimen (£t)araftcr§, in
benen immer ein gcwiffcS £id)t*, ßuft* ober
Stimmungöprobtem mit fpiclenber Scidjtig*
feit gelöft wirb. (£3 ift ein Watjreä SScr=
gnügen, auf fotdjen llcinen Silbern ben
Sprüngen be§ äicrlid) I)in unb Ijer l)üpfen=
ben Spi|3pinfet3 gu folgen, ber tjier einem
Steinten, einem ^flän^dicn, einem S3aum=
Wipfel ein £id)td)cn auffcM, bort einen
©olb* unb Silbcrftrcifcn über eine äftauer*
ede wirft unb bamit ben toten Stein leben*
barf Jcuierg beinahe fdjon §u ben Jon-
malern in mobernem Sinn rechnen, 3U ben
®otoriften, bie alle Solalfarben einem gro=
fien ®runb= ober ©cfamtton unterorbnen,
ber bie Stimmung angiebt. %n folgen
Stimmung*tanbfct)aften, auf benen ba3 ber*
fd)leicrte Sonnenlicht btö gefamte Sanb*
fdjaftSbitb je nadj ber ®raft ber Strahlen
unb je nadj bem geud)tigfeit3gel)att ber
Suft mit golbenem ober filbrigem 3)unft
umfüllt, fommt £enicr3 ben äfyilidjcn £on*
ftüdett be§ IjoIIänbifcfjen ©rofjmeifter^ %an
öan ®ot)cn glcid), unb e§ ift barum be=
greifltdj, bafi aud) -SSütjelm üon Dranien,
ber ©ouberneur ber nörblicfjen ^ßroöingen,
ein ©önuer be§ latb.olifa^en Hofmaler»
feiner 2Biberfacb,cr mar. 2Bie fe^r aua)
88
bic 9J?alcrci großen Stils, befonbers bic
retigtöfe, unter bem C£tnftuf3 ber ücrfdjie*
benen Scfcnutniffc tn'tbcu unb brüben auS=
cinanbet gegangen mar — ©enre* unb
ÖanbfdjaftSmaler ücrlorcn iljrcu alten Statu
incSjnfammenfjang nid)t, unb fo tjielt lue*
nigftenS baS gemeinfamc nationale 33anb ber
Shtnft bie 5erriffencn iöruberftämmc etma3
311 fa muten.
2)afj ScnierS' lanbfdjaftlidje ftunft gan^
unt) gar tut üaterlänbifdjcn 33obcn luurjclte,
mag aud) luefentlic^ ju \fyctx SotfStümticb/
fett beigetragen fjaben. 2ro£ ber tmüer-
mtnbcrteu $odjfd)ägung ber (%of3mcifter ber
italicutfetjen ®unft mar man in ben lieber-
lanben ber ^taliencrei ober beS „£$taftani&
muS", bciZ fycifjt ber üftadjaljmung ber $ta=
licuer burdj bie einljeimifdjen ®ünfttcr, ju=
lc$t überbrüffig gemorben. 2öie ÜtubcnS,
ber am (Snbe feines ßebenS bic t)ödjfte 93c-
friebiguug im (Senuffe länb(ict)cr (Sinfamfcit
fanb, mögen üietc gcbad)t Ijabcn, unb nie*
manb öcrmodjtc bic ^Rcijc bcS SanblcbcnS
an^ietjcuber, ibt)Ilifd)cr unb öiclfcitigcr ju
fdjilbern als STcnierS. 9Joct) baju uolllom-
men naiü, noct) ol)ne bic empfinbfame 93ci»
gäbe, mit ber bie 1]31)ilofopl)cn beS folgeubeu
3al)rt)unbertS bic 9tüdfct)r jur 9Jatur al§
baS einzige 9tcttungSmittcl üor ben Übeln
ber gefellfd)aftlidien Fäulnis anpriefen.
Dt)nc feine Säuern tonnte fid) JenterS
aud) feine Sanbfdjaften nid)t beulen. SDZcift
braud)tc er einen fräftigeu üßorbcrgrunb
ober eine 51rt Scitcnfutiffe, uor ber fid)
ivgcnb eine länblid)e Sccuc abfpiclte, mic
5. 93. auf bem Silbe im 9teid)*muicum 31t
Slmftcrbam (f. 2tbb. 66), mo ber SKatm,
beüor er mit Sarren unb Spaten auf bic
gclbarbeit gcl)t, feiner baljetm bteibcubcu
grau bie 9}id)tung meift, mot)in er fid) be-
geben mill. 2)ie grau l)at injtötfdjctt beS
£>aufcS, ber Äi'tcfjc unb bc* ttiubc* &u
Stbti. 73. S3aucrntanj eot einem 2Birtsf)auS. 3tM)*VMQ in fcer Sllliertinn t* ■&•*»«
89
Warten, unb »enn
biefeS fiel) einmal
im Srubcl ber l)äu^
licfjcn Mngelcgcnl)ct*
ten felbft überlaffcn
bleibt, fo forgt ber
ömlftige, nm ben
Sftjpf gelegte Strang
ba* Attribut aller
f leinen ilinber, bie
man anf niebertän-
bifdjen ©emälben
be« XVI. unb XV IT.
^alirliuubcrt* jiel)t,
bafür, baft ein nn=
beaufjtdjtigter Söilb*
ling fiel) toenißftenä
ntcf)t i>cn irtopf ein*
rennt ober beim ^ol-
le« 3crirf)lägt. s2luf
einem jioetten, äb,n=
liel) tamponierten
©übe in ber ©c-
mälbegalcrie 31t
Gaffel (f. 21 bb. 67)
ift ebenfalls ein
öauer, ber einen
Sdjubfarren fäfjrt,
ber Sttittefpunft bc*
33ilbc3, auf beu ftcf)
fofort ba§ l^ntereffe
beä SßefdjaucrS richtet. sJtod) mcfjr treten
bie Figuren auf einem Silbe ber fatfcrlidicn
©alerie in SBien (f. 2Ibb. 68) in ben
SBotbcrgrunb, mo ^aucrujuugcn mit einem
|)üf)ncrl)uubc fpicleu. Wlan (jat aber bie
(£mpfinbung, aU mären bie Figuren erft
ipätcr (jin^ugefügt morbcu, um baä ©iß)
beut .St auf er gefälliger 311 madjen. (Sine
reine Sanbfdjaft im Stile einer £nrtcnibrillc
ift bagegeu baä anmutige $ilb bc<5 33rüffelcr
SRufernnS (f. %fö. 69) mit ber inclfcnbcu
.Stul)magb, mit ber ein alter Sd)aff)irt
^uneipradje fjält, beöor er mit feiner Keinen
§erbe feineä SBegeS meiter auf bie fonnigeu
f>ügcl jtefjt, bie ftdj 31t bem g(üf3cf)cn
()inabieufen, bn^ ba$ 33ilb fcfjräg burd)*
irfnicibct. (Slbenfo bie 28intertanbid)aft in
ber faifcrlid)cu ©alcric 3U SSicu (f. 3lbb.
70 1, in bereu SSorbergrunb ein Sauer feine
in ber Stabt erftanbenen Schweine l)cim*
märt* treibt, toäfjrenb in ber Scnfrtng bcö
SKittclgrunbc-s auf ber (5t*bccfc eine» %$a<fytä
mehrere anbere Stauern SBerfudje im (£i3*
2(bD. 74. @cfcllfcfjaft am ffiamin. 3cirf)tiuitfl im fiönifll. fupicntidjf abinett
51t Bettin.
lauf madjen. ÜDctt berfetben iütrtuofität,
mit ber JcnicrS bie fltmmcrnbe, tion ber
Sonne burc^gtüf)tc ßuft cine3 Sommcrabenb»
in iljren 3arten Scfjmingungcn auf bie STafct
31t bannen meiB, oerftc^t er ()ier allen Nuancen
einc3 grauen 2£intcr()immcl2> gerecht 31t toer-
ften unb felbft unter ber Sdjnccbctfe hen
eigentümlichen (Xljarafter ber meiligen ^anb=
fcfjaft 31t betonen.
(£3 ift erftaunlirf), baft ein SK'tnftler, ber
über taufenb auf $ol$, i3einmanb, .STnpfcr
unb Stein gemalte, grolle unb fleinc Silber
l)intcrtaffcn l)at, oon benen ntcf)t eines bie
Spuren oon £ylüd)tigteit 0ber 'jftacrjläffigreit
an ftcf) trägt, bie. $eit fanb, feine ®om*
pofttionen üorrjer nod) in 3cid)nungcn M*-
3ufteKcn unb aucr) @in3clftubien für feine
Silber 31t machen. %n faft allen öffentlichen
Sammlungen begegnen mir fotdjen t)äfy
nungen uon ber |)anb be§ 9tteiftcr3, bie
fief) feinc§meg§ mie etma bie genialen, aber
rol) I)ingef)aucncn $eber3eidjnungen33roumer3
mit flüchtigen 2(nbeutungen begnügen, fon*
90
bcrn BiSmeiten fogar fdjon Bilbmäfjig aB=
gcrunbet finb. (Sie finb teils mit fcfjmaraer
treibe, teils mit Steiftift fauBer unb &e»
ftimmt, faft mit ber (Schärfe einer geber*
geictjnung ausgeführt. (Sine ber intcreffan*
teften Befi&t bie (Sammlung be3 Souüre gu
$ariS, meit fie nämlicr) ein 9Jcotiü Berjan*
bett, baS mir auf feinem ber uns erhaltenen
Silber beS ®ünftterS bargcftellt finben: baS
©aftmab,! beS Böfen 9tcicf)en nad) ber ($r=
3äl)lung beS (SüangctiumS (f. 2E&&. 71).
SBärjrenb ber Ijartljcr^igc ÜÜcann in öor*
ncljmcr orientatifdjer Srad)t mit feiner grau
an reid) befe&ter Safct fcfjtcmmt, treiben
feine Wiener im £nntergrunb ben fielen
Settter öon ber (Sdjmelle beS £mufeS. (Sin
SmcitcS Statt beS Sonore (f. 2ibb. 72) füt)rt
unS in einzelnen giguren bie Sorbereitungen
gu einem großen (Scrjinaufe öor. 2fuS einer
SRcilje öon gäffern, bie auf bem (SrbBoben
lagern, mirb Sier in Slrüge üergapft, mo*
Bei bie Seltner fief) felBft nidjt üergeffen.
(StmaS meitcr tinfS ftel)t ber SStrt öor
feinen ®od)f eff ein , ber nod) einem baöon*
cilcnben Surften rafcf) eine Slnmeifung
gieBt, unb rechts oBen ift eine jener «Scenen
bargefteHt, bie öon einem folgen ©etage,
mie eS rjier öörbereitet mirb, ungertrenntid)
finb: ein in ber Srunfenbjeit gufammenge«
Brocfjener Sauer, bem feine grau aufgu*
Reifen fuc^t. (Sine mit bem Stotftift flott
unb leBenbig burdjgefürjrte ^eidntung in
ber SllBertina gu Sßicn (f. 216B. 73) ift in
it)ren figürlichen Seilen Bereits fo üöHig
aBgefcrjtoffcn, bafj fie unmittelBar auf Sein*
wanb ober ©tcfjen^ols üBertragen merben
tonnte. (SS ift ein fdjnetl improüifiertcr
Sauerntang öor ber ©iebelfeite eines 2ötrtS*
IjaufeS, mogu ein üorüBcrgierjenbcr Subelfad*
Pfeifer bie Anregung gcgcBen Bjat. 3lucf) bie
unmibcrftctjticrje SieBe gur SKuftf ift einer
ber am ftärfften Ijcrüortretenbcn Gljaraftcr*
güge ber Stauten, ber Bis auf ben Ijeutiant
Sag noefj baS gefamte gcfcllfcf)aftlid)c Sebcn
Belgiens BeB,crrfd)t. ßeinc öffcntticfje geier,
!ein 2tufgug, fein Webenftag oBmc muutalifdjc
Sluffüfjrungen unb mufifalifcfjc SBcttfämpfc
im größten Stile, moBei nur mit 9JJaffcn=
mirfungen auf freien ^läfccn gearBcitct
mirb unb bagu felBft bie ©lotfenfpictc Bc*
nadjbartcr Sircfjtürmc Bjerangegogcn merben!
SemcrS felBft mar ein eifriger greunb ber
ÜUcufif. SllS GeUiften Ijabcn mir ifjn auf
einem feiner Silber fennen gelernt. 9lucf)
mar er 93citgtieb einer l)odjangefef)cnen
©efellfdjaft, ber 9lebcrtjfSfammer ber Siolier
in Slntmerpeu, in ber Sicfjtfunft fomie
Söluftl gepflegt mürben, baneBen aBer aud)
bie Pflege ber ©cfelttgieit nic^t außer ad)t
BlieB.
3mei geidjnungen im berliner Tupfer*
fticfjfaBinett führen in bie ©efcüfcrjaft, in
ber SenierS gu leBcn gemoB,nt mar, menn
er nicfjt auf feine Sauernftubien ausging.
9)can möchte bie eine (f. 21BB. 74) für eine
3>ugcnbarBeit galten. 28ir Blicfcn in bie
öorncl)m auSgcftattetc, menn aud) ctmaS
enge ScfudjSftuBc eines mol)U)aBenbcn 2lnt<
merpener Sürgcrf)aufeS. Sor bem prajiehi"
ben Äaminfeucr, baS eine SJcagb fd)ürt, Bat
fief» eine ©cfellfcf)aft oon fecB^S ^erfonen
üerfammclt. , ©in jugenbtidje» 5ßoar in
StaatSfleibung fi^t in feierlicher Haltung
auf äroet SlrmftüB^len, bie ficrjcr(tcr) Gljrcii'
plä^c Bcbeuten. SBenn man bie Sitte un-
fern Sage in SetracB^t äicl)t, möd)tc man
an eine Srautoifttc beuten. StmaS 5tuf3cr=
gemöl)nlicf)eS mu§ eS jebcnfallS fein, ba
firf) bie leBcnSluftigen Stauten, aucB^ bie ber
oorneB.men Stänbe, im aUtäglidjen gefeftigen
Serfcl)r nid)t fo fteif geBärben mie il)re
norbljoIIänbifcB^en Srüber. Stuf bem jmeiten
Statt beS Serliner ^aBinettS (f. 21BB. 75)
tritt unS Bereits ber Hofmaler beS ei-3-
fjerjogtidjeu ^aufcS entgegen, ber fid) in
ber öornetjmen UmgeBung eBenfo fdmett in
bie ©ranbegäa ber fpanifd)en Sracfjt unb
beS fpanifdjen Zeremoniells einlebte, mie
er früher in bie berBen 3nlim^ateu beS
ütämifdjcn SanböolfeS cingebrungen mar.
(SS finb Stubien nac^ reieb^ gefteibetcu
Ferren unb Samen, bie in fcierlid)cm Srttt,
mie Bei einer ^ßrogeffion, einljcrfc^rcitcn. li->
l)anbelt fic^ t>icllcid)t um eine 2lrt oon
Scfilicrcour Oor bem Statthalter unter freiem
.^immel; benn 3nnfd)cnbic üorne^men s^aarc
finb f)icr unb ba aud) Scute auS bem Solf
gemifd)!, unb ein 9)canu l)eBt feinen M nabcu
in bie |)öl)C, meil cS ctmaS 3U frfjaucn giebt.
Um nidjt Blo^ in 9Jcalcrcien unb i)c'\d)
nungen, fonberu aud) in ber Stabteruttfl auf
ftupfer mit feinen lmHänbifd)cn 3icbcnbul)leru
ben ©trauß 3U magen, tjat fid) Seuierv
auef) mit ber ^iabievnabcl rjcrjud)!, genau
mit bcrfelBen Sirtuofität, mie mit bem
3eid)enftift. 2lBer ber ScvtricB im grof?cn
mocf)tc il)tn nid)t genitgeubeit Sobit oer<
fprod^cn BjaBen, unb fo ließ er cS Bei ciui«
91
gen JBcrfudjen 6eti>enben. (£§ gab bamalS (Sptfobe barau§, 9ftnalbo in ben gauber*
fo mcle nad) SBrot fudjenbc $upferftect)er gärten ber 5Irmiba, öon einem £>eer öon
in Trüffel unb Slnttoeröcn, bafj er tfynen Slmoretten umgeben, beljanbelt unb mit
ba§ ©efdjäft nidjt üerberben mochte. ®eift allen Weisen einer faft mobernen SRomantif
unb 2Bi£ fjättc er genug befeffen, um c3 auSgcftattet. (Sin SRomantifer, ein $oct fear
and) auf btefem (Gebiete mit feinem gefätjr* Scnierä freilief) nid)t. Söct ber ®efdjtd)te,
liebsten Nebenbuhler, bem gleichaltrigen bie £affo erjä^tt, reisten itjn nur ba§
Slbriacn Dan Dftabe, aufnehmen gu fönnen. grembartige unb abenteuerliche, bie kämpfe
* * 9tinatbo3 mit feinen ^eibmfcr)en Sßiber*
* fasern unb feine SicBeäfämpfe mit ber
£enicr3 tuar aber nid)t blofj ein Sttann fdjönen Zauberin, bie auf iljrem Söagen
uoll ©eift unb SSiö; er muB fid) audj neben im Sdjladjtgetümmet, einmal aud), wie e3
feiner mufif aüfetjen
s-8ilbunggewiffelit*
terariferje ®ennt=
niffe angeeignet l)a*
ben. SDaä SJcufeum
in SDJabrib befiöt
einTu^enbfleiner,
fet)r 5ierlict) auf
Tupfer gemalter
Silber, bie bie
|>auütfcenen au§
SaffoS „befreitem
^erufatem" bar*
ftcllcn. 8ic finb
unter 'ixtn SSerlen
be33Keiftes$einefo
aufjcrgctüötjnlidjc
(£rf Meinung , bafj
einige ^ritifer an
\fycts ©djtfjeit ge*
ätueifelt Ijabcn, ob*
moljl fic burd) bie
58egeid)nung be§
.StünftlerS at3
eigenfjänbige 2(r=
betten öon Ujtn ge*
fiebert finb. SSiet-
leidjt f)at £enier£
genug ^talienifd)
öerftanben, um fid)
unter ben ®rieg§*
unb 2icbe§aben*
teuern Stinalbos
unb 9U*miba3 gu*
red)t §u finben,
öietteidjt r)at c3
aber aud)fd)onba=
mal§eineötämifdje
Übcrfe|ungbe§($k*
bid)t§ gegeben. SBor
£enier§ r)atte bc=
reit§ t>an Qtyti eine «66. 75. gigurenftubkn. Seidjnung im WniflI. Supferfttcfjfa&inctt ju SBcrlin.
92
ber ©cmg bcr (SrÄäljtung mit fid) bringt,
in bcn lüften crfcrjeint.
2lu3 melden Iitterarifd)cn Guettcn mag
£cnier3 aber bic SJiutiüc ju feinen Riffen»
nnb Sta^cnbilbern gefef^öpft Ijabcn, auf beneu
baä kreiden ber Sftenfdjcn parobiert wirb?
3)ie ülämifdjcn Öofalforfdjcr Italien un3 auf
biefe $ragc biäbcr nod) feine Slnttoort gc*
geben, unb man ift barum auf allgemeine
Vermutungen angemiefen. Sie gabeln be3
uictmcb,r ^eljrbüdjer ber sJJaturgcfd)id)tc,
eine nid)t unbebeutenbe tHotte fpieten, tbat
ba§ Sb^igc, um aud) ben Shmfttrieb in bcr
9Jadjbitbung bcr Siere anpfpornen. ©inen
angenehmen Sßorlnanb baju bot ba* $ara*
bieg, morin jebc3 ©cticr mit bem erftcu
ÜJftcufdjenpaar cinträdjtiglid) jufammenlebte,
unb fo mürben 2>arfte(tungcn be* ^arabiefe*
bie erften Scfjauptä^c, auf benen bie ^icr
matcr guuäcrjft ifyct Gräfte erproben fonn
9U>&.
in. aiaudjcube Äffen im 8Btrt8f)aus. 3" bcr alten ^innfotfjer 51t 9Rfin$en.
(Warf) einer £ithoflrnt>l)ic oon ^ilolt) & £öt)lc in 9JJüncfien.)
s$l)abru§ gehörten 311 bcin notmeubigen
£chr= unb Sefcftoff, bcr watjrcnb bc* gan-
zen 9ftittelalter§ in bcn SHoftcrfdiulcn bar-
geboten würbe. 1)ic Jicrfabcl mar bcr
Xctfinantel für moralifdjc Untcnocifungcn,
bie firf) in bcr Wcligionölebrc nid)t unter*
bringen tieften, unb überbics bot fie bcr
fiublicrjcn ^hantafic mcllcicbt bic cinjige
Anregung unb (Srljolung in bem töblicfjen
(Einerlei bcr Wnbacfjtäübuugen unb bcr
l'atcinftuubeu. Tic ^(luftration bcr .V>aub
fd)riftcn, in bereu Wcltlidicm Seil bic )o
genannten ,,^cftiaricu", bic £ierbüd)cr ober
tcn. deiner tljat c§ fo oft mic ^au
s^rcug()cl, leuiers' Sdjttnegerfcater, un\)
ibm, beffen Sänbfdjaften, ©auentDttber unb
.Scirmcfjfccnen iidjcrlid) audj einen geteuften
GRnftuJB auf Stenicrä geübt haben, fiel ei
gclcgcutlid) ein, in bic Tierwelt im Sßara
bic-?, bic fid) immer fo frieblid) unb graui
tätifd) benahm, etwa« öcben unb vnunor
t)inciii3ubringcn. (ir malte einmal ein
Vogelfonjcrt, bei beut bic Vögel nadj Sftoten
unb unter Leitung ciucsMaoellmciftcry fingen,
unb anbere maditen ihm biefe Vogelfonjertt
in großem il'iaüftabc uad).
93
D6 barauS SenierS bte Anregungen 5U
feinen -Tierparobicn geköpft I)at ober ob
er auf ältere SJJctftcr, lote §enbrif SleS,
ber and) fdjon Affenfcenen gemalt I)at,
äurücfgegangen ift? 23ir toiffen eS nicfjt.
(£S fcljtt, foioeit unfere gegenwärtige ®ennt=
niS retd)t, an erflärenben ScrmitttungS*
gtiebern, unb barum bürfen mir bis auf
loeitere ©ntbeefungen SenierS' parobiftifcfjc
Riffen* unb Stagenbitber als Srgeugniffc
@te gel)cn öietmefjr fo ziemfitf) parallel
mit ben beften Schöpfungen feinet SftanneS*
alters auS ben ^a^cn ber ®raft öon
1640 — 1060. gür feine Siergcfettfdjaften
Ijat SxnierS faft biefetben ober boer) nur
toenig umfomponierten 9täumlicb,feiten ge*
mäfjlt, mie für feine Sauern unb ©olbaten.
6r tjat feine Affen nur etmaS pfjantaftifdjer
foftümtert, ioobei immer £üte unb 9ftü£en
mit fto^en gebern eine Hauptrolle fpieten.
Vbb. "<'<■ Slffenmo 1)1 jett in einet ftüclje. 3n ber alten ^inafot^c! ju 9ftündjen.
(iClad) einer $f)otoarapf)ie »on ^tlott) & Söfjlc in SMntfjen.)
feine§ 2öi|eS rühmen. Steines üon üjnen
ift mit einer I^atjrcSzal)! bezeichnet. Sa er
gu @nbe ber fiebriger ^Saljre feines %a\)x*
IjunbcrtS aHmä^üd) aufhörte, feinen Silbern
noefj baS ®eburtSatteft beizugeben — baS
le^te feiner batierten Silber, ein Atdjemift
in ber 9Mnd)cner ^inafotfjef, ift öon 1680
— , fo liegt bie Vermutung natje, bajg bie
£ierparobien auf baS menfdjticrje Seben,
beren (Srunbzug ber unbefangene, üon feber
perföntidjen (5mpfinbticf)feit freie £>umor
ift, erft im 28eiSf)eitSatter beS SHnftlerS
entftanben finb. Sern ift aber nidjt fo.
©ine ($efcHf(f)aft fotcfjer Affen, bie raupen
unb beS £runfeS f)arren, \)m ein Lettner
auS ben Raffern im |)intcrgrunbe zapft
(f. Abb. 76, in ber 9ftünct)encr ^inafot^ef),
t)auft in einem fjatbbunften Stellergemöfbe,
baS auf anberen Silbern baS 2Sad)tlofat
üon ©olbaten abgiebt. ®a biefe Affen
obenein nod) bemaffnet finb, ift bie (Satire
unüerlennbar. SBenn bie Affen trinfen unb
fcb,maufen motten, muffen fie and) ü)r 9ftaf)t
felber zubereiten lönnen. £>aS fefjen mir
auS ben beiben Affenfücrjen in ber 2ftün*
ebener $inafotf)ef (f. Abb. 77) unb in ber
94
Ermitage 511 St. Petersburg (f. 2lbb. 78).
iöcibe finb fo eingerichtet, baf? „ gioifcficn
£ipp' nnb ®e(d)e3ranb" fein großer 9taum
ein ücrbrieftlidjeS $inberni£ bilbet. %tbn
($aft mirb fofort t>ci bem (Eintritt in biefc
meiten fallen über ba$ ÜDcenu unterrichtet,
weil eS if)m in bic üftafc buftet. SS gel)t
bei ben 2lffen genau fo mie bei ben Dien*
fdjen I)er, crfjt „ütämifd)". 2(n ben Spiefeen
über bem ®aminfcuer werben 9tcit)en öon
(Geflügel gebraten, unb nicfjt weit bauon
finb bie Jifdjc gebedt, um all ben Segen
aufzunehmen. $n ber 9Jcünd)cner Slffen-
füdje ljotft neben bem Xifdjc ber Otiten, auf
bem eine haftete zerlegt mirb, ein Kleeblatt
flcinerer Äffen, t>a$ fid) mit einem gebratenen
Stapcam befdjäftigt, auf bem ©rbboben, unb
in ifjrer Sftäfje öffnet ein JSKtd)cnjungc
duftem, bie er auf ben 9toft legt, auf bem fie
gebaden merben follen. jDiefelben fulinari*
fdjen ©cnüffe, an benen bie 9)cenfdjen bamalS
iljre greubc Ratten, finb alfo aud) ben Äffen
öertraut. 2)ic Riffen, bie 3*enier3 gumeift ge=
malt t)at, finb 9ftecrfa|jcn, bie gäljcften, aber
audj munterften, poffierlidjftcn unb gelebrig*
ften aller Affenarten, bie, mie bereits er*
mätjnt, fd)on im XVI.^afjrfyunbert in Mengen
nad) (Suropa „über baS Wlttx" famen unb
bauon itjren tarnen erhielten. Sßegen iljrer
®clcl)rfamfeit ücrmcnbctc fie JenierS nid)t
btofc als laudier, Printer, fturtenfpieler,
geinfdjmcdcr unb Äödje, fonbern aud) als
crnftljafte 9?ad)ab,mcr I)öljerer mcnfdjlidjer
Xfjätigfcit. ^m SUiufeum gu 9)cabrib fefjen mir
einen Äffen als ffftaltx unb einen Äffen als
Sötlbfjauer, in beffen Atelier fidj unter anberen
Wcgenftänben ein ©rabmal für einen 9lffcn
befinbet, ja fogar eine ganjc Mffcnfcfmlc, unb
3mci Äfften finb es aud), bie bie mufifalifdjc
iöcglcitung 31t bem Moniert in ber SRündjener
^inafotfjct (f. Abb. 79) liefern, baS unter
bem SBorfig einer mächtigen CSuIe öon alten
unb jungen Mafien ausgeführt mirb.
ÜcnicrS' legte ücbcnSjabrc öcrlicfcn nid)t
fo ungetrübt, mie cS ber allezeit heitere
Dealer fo öicler luftigen Scencu unb fonnigen
l'anbfdjaften oerbient I)ättc. 3Bir l)abcn
ftfjon erjäljlt, ba^ feine ftinber au* erfter
(Sf)c, bic fid) in ihrem müttcrlidjcn (irbteil
üerfürjt glaubten, ihn mit «lagen bebrobten
unb bafj eS aud) ju ärgcrlidjcn ^rojeffen
fam, bie faft ein %al)x lang bauertcu. Äfl
co cnblid) ju einem SBcrglcid) gefommen
mar, l)ielt ber triebe nur wenige 2Bod)en
an. 2)ann brad)cn bic Streitigkeiten öon
neuem loa, unb nod), als Hemers längft
baS 3eitücf)e gefegnet l)atte, projeffierten bie
ftinber au* erfter unb gtueiter (£()c unter«
cinanber meitcr. 9Jcit lederen — e-5 maren
nur nod) jtoet am ücben geblieben — l)attc
ber alte £enicrs felbft nodj ÄuSeinanber*
femtugen 311 bcftel)en; benn aud) feine gmeitc
grau, SfabcHa be gren, mar üor i()m auS
bem ^eben gefd)icben. Wn i()rer Seite, im
(£bor ber j£orffird)c 311 ^3erd, fanb ber öon
feinen itinbern oerlaffene ©rei-ö feine legte
9tuf)cftätte, nacb^bem er am 25. s^lpril 1(590,
faft acfjtsigjä^rig, in Trüffel bie miibeii
Äugen gefd)loffen blatte. ®a« Saturn feines
JobeS ift auf einem Stammbaum a\\3 bem
iöefi^ ber gamilie Senicrs öerjetdjnet, ber
fid) bi^ auf unfere 3eit erhalten f)at. 3uni
Icfjtcnmalc finben mir feinen tarnen in
ben Söüdjern ber 2ufa§gilbe öon Antwerpen,
bereu SJütglicb er bis jum ©übe feines
8ebenS geblieben mar. ^n bem 9ied)nung§-
jaljrc üom 18. September 1(>89 bis 18. Sep-
tember 1690 mirb öermerft, bah bic Zottn
fd)utb, bic legte Abgabe, bie ein äRitgfteb ber
@ilbe 311 leiften l)atte, für ben ehemaligen
S)e!an S)atiib Jenierä entrichtet morbcu fei.
Jcuier-5 I)at 3mar eine sJln3at)t öon
Sd)ülcrn l)crangcbilbct; aber feiner 001t
il)nen l)at c§ 31t größerer ©ebeutung ge-
bracht, felbft fein jüngerer ©ruber Abraham
nicf)t, ber nur ein fd)mad)er Stadjafnner
feiner Slunft mar. ScnierS l)attc eben bei
feinem langen ^'eben unb bei feiner auficr-
oroeuttidjcu grud)tbarfcit baä öon il)m ge-
pflegte ©enre nad) allen 9tid)tungcn fo
grünblid) crfd)öpft, baB feiner feiner Sdiülcv
unb ^adja^iner irgenb eines feiner Stoff*
gebiete 311 erweitern, 311 öertiefen ober nod)
mannigfaltiger 3U geftaltcn ncrmodite. £ro|
bem bat feine SBirffanifeit nod] joett in
baä XVIII. 3al)rl)unbcrt binciugereidit.
Bediv ^dfyct bor ienterä' Jobe urnr in
bem bamaly nod) ulämifdicit SBatencienneä
Äntotne SBatteau geboren morbcu, ber
«ünftlcr, ber faft ber geiamteu '.l'calcrci in
ber einen $ätfte bc§ XVIU. 3Qt)rt)unbertt
bic 9tid)tung geben folltc. hieben Silbern
öon Stuben-? unb öon !£l)d maren ti fold)c
öon -tenierg, bic feinem Schaffen ben erften
ompulv gaben, unb in -tenicrS' Art malte
Watteau aud) feine erften Silber, Vaub-
96
fdjaftcn mit Vaucrn unb Vaucrntänacn unb
Scenen au§ bem Solbatcnlebcn. $)ic feine,
geiftreidje @pi|jpinfclci btefeg feinet Vor*
bilbe3 feffelte tf)n fogar berartig, bafj fie
für bic foloriftifdje 9lu3brud3roetfe in ber
3eit feiner eigenen Steife cntfdjcibenb mürbe.
Wurf) im neunzehnten 3a^^)un^crt ^at
$enier3 mit anberen 3Jceiftern fcinc3gleid)en
einen ©influfi auf bic (Sntündetung ber
Malerei geübt. 5113 in ben gmanjiger unb
breifjiger !yat)ren in 9ftünd)cn bie (Gefdjictitä*
malcrei ßorneiianifdjer 9üd)tung fo mädjtig
mar, bafi alle übrigen Bmeige ber Sftaterei
baneben nur ein ärmlid)e§ $)afcin frifteten,
Zumal bie (Genremalerei, ber (Eornetiuä nict)t
einmal einen ^(a| in feiner 5tfabemie gönnen
raollte, ba roaren e3 bie nieberlänbifdjen
(Genrebitber ber ^inafottjef, an benen fid)
baZ ^flänjcrjen ber SDcündjencr (Genremalerei
aUmäljtid) aufrichtete unb au§ benen e§
feine Sprung fog. Vrouroer unb £cnier3
ftetjen unter biefen Iftiebertänbern an ber
@pi|e, le^terer mit einem Viertetljunbert
Silbern, bie alle Seiten feiner Shmft in
üortrefftidjen Veifpiclen beranfdjautidjen. —
Sm Sa^rc 1867 l)at bie ©tobt 2lnt*
merpen itjrem großen @ot)ne ein ©enrmat
errichtet, ein nad) bem SOtobell be§ 93tlb=
l)auer§ 2)ucaju in Vron^e gegoffeneä ©tanb*
bilb, ba$ feine Slufftellung auf einem ?ßia§
ermatten t)at, ber fief» üon ber 9lüenuc be3
s2lrt§ abjmeigt. £cnier§ teilt biefe Sfjrc
nur mit fünf Sunftgenoffen, mit Quinten
9ftafft)3, Gubens, üan 2)t)d, %oxbatn% unb
£>enbrif £et)§, bem gröf3ten Slntroerpener
analer be3 XIX. 3at)rl)unbert§. Wlan l)at
fief) gefragt, ob Senierä auf "baä 9ted)t
Slnfprud) ergeben barf, ju ben (Größten
feiner ftunft gestielt 311 merben. SDie üofat*
Patrioten fjaben biefe grage mit Vcgciftcrung
bcjaljt; aber aud) eine befonnene, nur üon
nüchternen (h*mäguugcn bcl)crrfd)te Sritif,
bie einen ilünftlcr uidjt nad) räumlichem
9Jcafjftab mifjt, fonbern if)n auf $cit unb
(ümigfeit juglcid) prüft, tann 3U feinem
anberen Grgcbniä gelangen. 9Jcan beurteilt
längft nid)t mef)r einen Äünftlcr nad) ber
2Bat)l feiner (Gcgcnftänbe, nad) ber Viel*
feitigfeit ober nad) ber (Sinfeitigfcit feines
8d)affen3, fonbern man fragt nur, ob er
innerhalb bes üon il)m gemähten (Gebiete
feiner fd)öpfcrifd)cn 3t)ätigfcit ein |)öd)ftci$
erreicht f)at. 3)a3 ift XcnierS gelungen,
unb barum f)at bie $unftgefd)id)tc ein 9M)t,
il)m einen ^la§ in ber üorberften 9tcit)e ber
fd)affenbcn (Gcifter einzuräumen. 51b er mit
bem (£l)rentitcl eineä fd)öpferifd)cn (GcifteS
ift aud) ber begriff ber Originalität, ber
Urfprünglid)teit üerbunben, bie man früher
an £cnicr§ üermifjt f)at. ÜRtcmanb l)at
feine Originalität beffer üerteibigt at3 ÜJiaj
9foofe<§, ber berebtefte (Gcfd)id)t3fd)rcibcr ber
5lntmerpcncr 9Jcalcrfd)utc, ol)ne haft er ba=
rüber Stcnicrä' 3ufammcnt)ang mit feinen
Vorgängern au^er ad)t gelaffcn t)at. „Xt*
nicr§ befafs," fo fd)rcibt er in feiner (H)a=
rattcriftif be§ 9Kciftcr§, „eine fräftige, flar
au§gcfprod)cnc Originalität, ©r fal) bie
Statur unb bie SDcenfdjcn, id) will nid)t fagcu,
genau mic fie finb, aber boeb, anberis al§
feine Vorgänger unb -iftadjfotger. ©r jau*
berte 2llltag3menfd)cn unb bie il)n um«
gebenben ©inge, meld)c er auf feine Slrt
fal) unb jur Slnfdjauung gu bringen touftc,
mit ebenfooiel S3al)rl)eit al§ s^l)antafic auf
feine £afct. SBenn aber aud) Scnier§ bic
Originalität fetbft ift, fo ift e3 bod) lcid)t,
in ber 9lntwerpcncr @d)ulc feine beiberfeitigen
Väter unb (Grofjüäter anzugeben. Von ber
9M)tung unferer älteren bijarren Voltemalcr
f)atte er ^zn ©inn für bie (iigcntümltd)»
feiten be§ Volf3leben§ unb für bic mon«
ftröfen (Geftalten ber ©pufbilbcr geerbt, öon
©ammctbrcug()cl unb feinen 3c^gcnoffcn,
Scbaftian Vrancj unb bem jungen Orranä
branden bic farbigen (Gclüänber. Rotten
fie aber bic Ic^tgcnanntcn um bic ©djul*
tern il)rer föniglid)cn unb m^tl)ologiidicn
Figuren gegangen, fo bef feibete er bamit
feine Vaueru, unb niemals licB bic farbige
§ü(le ))m Vch)ol)nern ber $aläftc toie bc8
Fimmels fo gut, mie biefen 5)orf= unb
|)üttcnbcmol)uera. Von SluBcnS l)attc er
fein Sid)t, ba§ manne, biird)bviugenbe, um
flutenbe unb ocrfdjmctäcnbe, btonbc ^idjt,
Dpn il)m t)attc er aud) bic rocid)cn ^önc
feiner Käufer, (Grünbc unb \iiutcrgrünbc,
feiner breiten, faminetartigcn Sanbf^aftcn
unb Väumc. @r al)mtc tnbcä biefen SWciftct
nid)t nad), entlehnte nierjt ängftlid) unb
unbcfjitftid) üon jcbem, toai il)in üon beffeu
s^lrt bientid) fein fonnte, fonbern Ijatte irjrc
oielfeitigen (Gaben ju einer fetbftänbigen
unb frifd)cn Originalität oercinigt, bie it)it,
it)rcr aller <3d)üter, ju einem ber eigen*
artigften SJkiftcr madjtc."
80 begegnet fid) aud) ber (5ntf)ujia3mu3
bc§ Sanbömannä mit bem Urteil ber ©c-
97
fd)icl)te, bct§ in £enier§ ben ^öfjeüunft
einer (£ntmitfeiung§rcib,e ficht, btc 3ufam*
menfaffung unb ^ßotenjierung fünftterifdjer
Gräfte, bie faft gmei $>al)rt)unberte long
iütrff am gcmefen Waren, in einem (Sinjet*
mefcn. $)iefe 3ufammenfaffung l)at Bei
aller SBtetf citig feit in ben Stoffen audj eine
getoiffe ©införmigfeit gur $olge, bie jidj,
lüte mir fd)on oben ermähnt f)aben, jebem
aufbrängt, ber -eine grofje Qafy £enier3fd)er
biefem ©runbfaije fjat and) ein beutftfjer
$unftl)iftoriler, ®arl SBoermann, ber bie
SSerfe ber Sergangcnljeit mit fcfiarfen 5tugen
unb fugten ©innen $u prüfen unb ab^u*
fdjäfcen gelernt l)at, unferem £enier3 eine
Stellung unter ben erften feiner ®unft gu=
crfannt. „Setratfjten mir jebe3 einzelne
feiner Silber für fiel)", — bamit befdjliefjt
er fein ©efamturteil über SenierS in ber
,,©efcf)ic{)te ber Malerei" — , „fo merben
3166. 79. Stffentoujert. 3n ber alten ^inafotfief ju TOüudjen.
(Sßacf) einer s,p£)otoarapf)te oon ^ilott) & 2öf;Ie in TOüntfien.)
Silber Ijintereinanbcr fief)t. SSirb fiefj aber
nidjt biefelbe ©müfinbung einftetten, menn
man Ijunbert Silber üon 9ftuben3 ober üan
$>t)d gufammen fiefjt? Unb mürbe nidjt
felbft ber göttliche «Raffact biefe<§ ©efüljl
ermeefen, menn man feine fämtlidjen Silber
üon äftabonnen unb ^eiligen gamitien an
einem Orte jur @cf)au ftellte?
@§ ift ber ®runbfa| iebes> reinen ®unft*
genuffe3, jeber freien ®unftanfd)auung, bafs
jebeS Silb, jebe§ ®unftmerf für fidj allein
gefel)en unb üerftanben fein miß, un\) nad)
Kojcnberfl, XcnicrS.
mir üon ber natürlichen SieBen^mürbigfeit
it)rer s2tuffaffung, an ber felbft feine berberen
Sftotiüc teilhaben, üon ber ijugleicfj leben*
bigen unb feinfühligen Slnorbnung iljrer
(gingelgruppen unb beren mofylabgemogener
Serteilung in ber gefamten Silbflädje, üor
allen fingen aber üon ber freien, flüffigen,
nidjt3 meniger al§ glatten unb Ijarten, üiel*
me|r bureb, unb burdj malerifcfjen Sectjnif
ib,rer ^infelfüljrung unb üon ber Ijarmo*
nifcb,cn ©infjeitlidjfeit iljrer balb tieferen,
balb Ijelleren, balb golbigeren, balb filbe*
98
rigeren garbcnftimmung bod) immer toieber
^ingeriffcn merben unb ifjm feine ißebcutung
al3 Sfteifter erftcn langes nic^t ftreitig
machen."
2)iefe (Snburteite beä btämifdjcn unb
be3 beutfdjen ®unftf)iftorifers> beftätigen nur,
tva§ unferc SDarftettung ber ©nttoicf etung, ber
fReifegcit unb ber ootten Sfteifterfcfjaft be3
®ünftter3 im einzelnen gezeigt Ijat. 2öa§
aber feine S3ebeutung in ber allgemeinen
©efdjidjte ber ®unft nicfjt minber befcftigt
al§ feine ücrföntid)e fünftterifdje Begabung,
ift fein ©tammcäfinn, feine innige Serbin*
bung mit feinem SSotfc unb feiner |)eimat,
au3 bencn feine ®unft cntfproffen ift, oljne
frembc ©inflüffc erfahren p Ijaben. @r
\)at, tro^bem bafj er ein roarmer Sßereljrcr
ber italienifdjen 9fteifter mar, itmen niemals
irgenb melden ©influft auf feine eige
Shmft gcftattet, unb at3 er fidj an 9tubei
anftfjlojs unb öon itnn lernte, mar ber gro
SDZciftcr miebcr ju feinem SSotfe, gu bi
ibtjllifdjen Sdjimijeiten feiner |>eimat jurii
geteert, bie er nur etma§ mit ben ©rinn
rungen an bie itatienifdje ©onnengtut oe
gotbcte. S)icfer nationale $ug feinet SSefci
unb feiner ®unft mirb £enier3' @d)öpfunge
meldte Söanblungen audj ber attgemei
®unftgcfd)mad im Saufe ber lyatjrrjunbei
erfahren mag, emig jung unb tebenbig e
Jjatten. 2Sie Senierä bie 9ftenfd)en ui
«Sitten feiner Qät gefetjen unb gematt t)<
merben fie in ben 3>at)rbüdjern ber ®ultu
gefd)idjte für alle Reiten fortleben. @o erl)e
ficf) ber befdjeibene Sittenfdjitberer jur 3:
beutung eine§ ®efd)idjt3maler3 feinet SSolfe
Hitferatur.
3lufjer ben älteren biograbbiidjen SSerfen üon
GorneliS be 33ie, §oubrafen, 2)eScampg, 3nt*
merjeel unb ben $alertcfatalogen mürben ju
obiger ^arfteHuiiQ ju State gebogen:
9ft.9loofe3, ©efd)itf)te ber SHalerfdmle Antwerpens.
$eutjd) oon %. Slcber. 9flüncben 1881.
2f. 3- bon ben 33ranben, Geschiedeais der Ant-
werpsche Schilderschool. Antwerpen 1883.
2B. 33cbe, »brioen 33rouwer. SBien 1884.
SB. 33obe, 35ie Sdjtoeriner ©olerie in ber 3«ticfii
„$ie ©rapluidjen fünfte." Sobrgang XI
@. 98-99 (ffiien 1890).
Söoltmonn unb SSoermann, ©cfcf)icf)tc ber T
lerei. 33b. III. 6. 499—506. Seipjig 181
Sbeobor bon trimmet, ©cmatte ©otcrien. Mb
33er lin 1896.
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