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Full text of "Texte und Untersuchungen zur Geschichte der altchristlichen Literatur"

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TEXTE  UND  ÜNTEESÜCHÜNGEN 


ZUR  GESCHICHTE  DER 


ALTCHRISTLICHEN  LITERATUR 


HERAUSGEGEBEN 


VON 


OSCAE  VON  GEBHAEDT  und  ADOLF  HAEMCK 


DREIZEHNTER  BAND 


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LEIPZIG 

J.  C.  HINRICHS'SCHE  BUCHHANDLUNG 
1895 


INHALT  DES  DREIZEHNTEN  BANDES. 


Harnack,  Adolf,  Eine  bisher  niclit  erkannte  Schrift  des  Papstes 
Sixtus  II.  vom  Jahre  257/8.  Zur  Petrusapokalypse,  Patristisches 
zu  Luc.  16,  19.    VI,  78  S.    1895. 

Iselin,  L.  E.,  P]ine  bisher  unbekannte  Version  des  ersten  Teiles 
der  Apostellehre  (Didache).  Übersetzt  von  A.  Heusler. 
30  S.     1895. 

Gebhardt,  Oscar  von,  Die  Psalmen  Salomos,  zum  ersten  Male 
mit  Benutzung  der  Athoshandschriften  und  des  Codex  Ca- 
sanatensis  herausgegeben.     VII,  151  S.     1895. 

Wentzei,  Georg,  Die  griechische  Uebersetzung  der  viri  inlustres 

des  Hieronymus.    63  S.     1895. 
Harnack,  Adolf,  Das  Edict  des  Antoninus  Pius.    64  S.    1895. 
—  —  Eine  bisher  nicht  erkannte  Schrift  Novatian's  vom  Jahre 

249/50  [„Cyprian",  de  laude  martyriij.    58  S.     1895. 


Heft  1 


\  Heft  2. 


Heft  3. 


Heft  4. 


Digitized  by  the  Internet  Archive 

in  2011  with  funding  from 

University  of  Toronto 


http://www.archive.org/details/texteunduntersuc13akad 


^ 


EINE  BISHER  NICHT  ERKANNTE  SCHRIFT 

DES 

PAPSTES  SIXTÜS  IL 

VOM  JAHRE  257/8, 
ZUR  PETRÜSAPOKALYPSE,  PATRISTISCHES  ZU  LUC.  16,  19 

DREI  ABHANDLUNGEN 
VON 

ADOLF  HARNACK 


EINE  BISHER  ÜNBEKAMTE  VERSION 

DES 

ERSTEN  TEILES  DER  „APOSTELLEHRE" 


GEFUNDEN  UND  BESPROCHEN  VON 

L.  E.  ISELIN 

IN  RIEHEN 
ÜBERSETZT  VON  A.  HETJSLER  IN  BASEL. 


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LEIPZIG 

J.  C.  HINRICHS'SCHE  BÜCHHANDLUNG 

1895 


Verlag  der  J.  C.  HlNRICHS'sclien  Buchliandlung  in  Leipzig. 


Texte  und  Untersuchuugen  zur  Gescliiclite  der 

Altchristlichen  Literatur 

herausgegeben  von  Oscar  von  Oebhardt  und  Adolf  Harnack. 

I-III.  IV  1/3,  V— IX.  X  1/2.  XI  XII  XIII  1    M.  283  — 

I,  1/2.  Die  Überlieferung  der  griechischen  Apologeten  des  zweiten  Jahrhunderts  in 
der  alten  Kirche  und  im  Mittelalter,  von  Adolf  Harnack.    YIII,  300  S.  1882. 

M.  9  — 

I.  3.     Die  Altercatio  Simonis  ludaei   et  Theophili  Christiani  nebst  Untersuchungen 

über  die  antijüdische  Polemik  in  der  alten  Kirche,  von  Adolf  Harnack. 

Die  Acta  Archelai  und  das  Diatessaron  Tatians,  von  Adolf  Harnack. 

Zur   handschriftlichen   Überliefei'ung   der   griechischen   Apologeten.    I.    Der 

Arethascodex,  Paris.  Gr.  451,  von  Oscar  v.  Gebhardt.  III,  196  S.    1883.  M.  6 — 

I,  4.     Die  Evangelien  des  Matthäus  und  des  Marcus   aus    dem  Codex  purpureus 

Rossanensis,  herausgegeben  von  Oscar  v.  Gebhardt. 
Der   angebliche  Evangeliencommentar    des  Theophilus  von  Antiochien,   von 
Adolf  Harnack,    LIV,  176  S.    1883.  M.  7.50 

II,  1/2.  Lehre  der  zwölf  Apostel ,  nebst  Untersuchungen  zur  ältesten  Geschichte  der 
Kirchenverfassung  und  des  Kirchenrechts  von  Adolf  Harnack.  Nebst  einem 
Anhang:  Ein  übersehenes  Fragment  der  Jufaxn  in  alter  lateinischer  Über- 
setzung. Mitgetheilt  von  Oscar  v.  Gebhardt.  70  u.  294  S.    1884.  M.  10  — 

II,  3.     Die  Offenbarung  Johannis,    eine  jüdische  Apokalypse  in   christlicher   Be- 

arbeitung, von  EberJi.  Vischer.   Mit  Nachwort  von  Adolf  Harnack.  137  S.  1886. 

M.  5  — 
(II,  1/2  u.  3.  einzeln  nur  in  anastatischen  Drucken  käuflich.) 

II,  4.  Des  heil.  Eustathius,  Erzbischofs  von  Antiochien,  Beurtheilung  des  Origenes 
betr.  die  Auffassung  der  Wahrsagerin  l.  Könige  [Sam.]  28  und  die  dies- 
bezügliche Homilie  des  Origenes,  aus  der  Münchener  Hds.  331  ergänzt 
und  verbessert,  mit  kritischen  und  exegetischen  Anmerkungen  von  Alb. 
Jahn.    XXVII,  75  S.    1886.  (Einzelpreis  M.  4.50) ;  M.  3.50 

II,  5.      Die  Quellen    der    sogenannten    apostolischen  Kirchenordnuug,    nebst    einer 

Untersuchung  über  den  Ursprung  des  Lectorats  und  der  anderen  niederen 
Weihen,  von  Adolf  Harnack.  *  106  S,  1886.  [Nicht  mehr  einzeln.]  M.  4 — 
I,  1/2.  Leontius  v.  Byzanz  und  die  gleichnamigen  Schriftsteller  der  griechischen 
Kirche  von  Friedr.  Loofs.  1.  Buch:  Das  Leben  und  die  polem.  Werke  des 
Leontius  v.  Byzanz.    VIII,  317  S.    1887.  M.  10  — 

III,  3/4.  Aphrahat's  des  persischen  Weisen  Homilien,  aus  dem  Syrischen  übersetzt 

und  erläutert  von  Georg  Bert. 
Die  Akten  des  Karpus,  des  Papylus  und  der  Agathonike.  Eine  Urkunde  aus 
der  Zeit  Marc  Aureis,  von  Adolf  Harnack.   LH,  466  S.    1888.  M.  16  — 

IV,  Die  griechischen  Apologeten. 

1.  Tatiani  oratio  ad  Graecos.    Recens.  Ed.  Schwartz.    X,  105  S.  1888.        M.  2.40 

2.  Athenagorae  libellus  pro  Christianis.     Oratio  de  resurrectione  cadaverum. 

Recens.  Ed.  Schwartz.    XXX,  143  S.    1891.  M.  3.60 

3.  Die  Apologie  des  Aristides.    Recension  und  Reconstruetion  des  Textes  von 

Lic.  Edgar  Hennecke.    XX,  64  S.    1893.  M.  3  — 

Partiopreis  M.  2  — 

4.  Theophili  libri  tres  ad  Autolycum.    Recens.  Ed.  Schwartz.  "I  t    t-    u 

5.  lustini  martyris   apologia  et  dialogus  cum  Tryphone  ludaeo.      ^InNorbe- 

Recens.  0.  de  Gebhardt  et  A.  Harnack.  j  reitung. 

Diese  Ausgaben  dor  Griechischen  Apologeten  sind  nur  mit  kurzem 
sprachlichen  Commentar  und  Registern  versehen  und  sollen  zum  Gebrauch 
bei  Vorlesungen  oder  in  Seminaren  dienen,  weshalb  auch  deren  Preise 
möglichst  niedrig  gestellt  wurden. 

V,  1.  Der  pseudocyprianische  Tractat  de  aleatoribus,  die  älteste  lateinische  clirist- 
liche  Schrift,  ein  Werk  des  römischen  Bischofs  Victor  I.  (saec.  11.) ,  von 
Adolf  Harnack.    V,  135  S.     1888.  M.  4.50 

V,  2.     Die  Abfassungszeit  der  Schriften  Tertullians  von  Ernst  Noeldechen. 

Neue  Fragmente  des  Papias,  Hegesippus  u.  Pierius  in  bisher  unbekannten 

Excerpten  aus  der  Kirchengeschichte  des  Philinpus  Sidetes  von  C.  de  Boor. 

184  S.     1888.  M.  6  — 

V,  8.     Das  Hebräerevangelium,  ein  Beitrag  zur  Geschichte  und  Kritik  des  hebräischen 

Matthäus  von  Rud.  Handmann.    III.  142  S.    1888.  M.  4.50 

Fortsetzung  auf  Seite  III  des  Umschlags. 


EINE  BISHER  NICHT  ERKANNTE  SCHRIFT 

DES 

PAPSTES  SIXTUS  II. 

VOM  JAHRE  257/8, 
ZUR  PETRÜSAPOKALYPSE,  PATßISTISCHES  ZU  LUC.  16.  19 

DREI  ABHANDLUNGEN 
VON 

ADOLF  HARNACK 


EINE  BISHER  UiNBEKANNTE  VERSION 

DES 

ERSTEN  TEILES  DER  „APOSTELLEME'! 

GEFUNDEN  UND  BESPROCHEN  VON 

L.  E.  ISELIN 

IN  RIEHEN 
ÜBERSETZT  VON  A.  HEUSLER  IN  BASEL. 


LEIPZIG 

J.  C.  HINRICHS'SCHE  BUCHHANDLUNG 
1895 


SEP    3  0    1957 


TEXTE  UND  UNTERSUCHUNCtEN 
ZUR  GESCHICHTE  DER  ALTCHRISTLICHEN  LITERATUR 

HERAUSGEGEBEN  VON 
OSCAR  V.  GEBHARDT  UND  ADOLF  HARNACK. 

XIII.  BAND.    HEFT  1. 


EINE  BISHER  NICHT  BEKANNTE  SCHRIFT 

DES 

PAPSTES  SIXTUS  IL 

VOM  JAHRE  257/8, 
ZUR  PETRUSAPOKALYPSE,  PATRISTISCHES  ZU  LUC.  16,  W 

DREI  ABHANDLUNGEN 
VON 

ADOLF    HARNACK 


THEODOR  MOMMSEN 


GEWIDMET 


Seit  Jahren  haben  Sie,  hochverehrter  Herr  und  Kollege,  vom 
Mittelpunkte  des  vt^eiten  Gebiets  aus,  das  Sie  beherrschen,  den 
Limes  ins  Auge  gefasst,  den  massiven  aus  Holz  und  Stein,  aber 
auch  jene  Grenze,  an  der  sich  die  Kirchengeschichte  und  ihre 
Litteratur  mit  der  profanen  berührt.  Das  jüngste  Unternehmen 
unserer  Akademie,  die  Herausgabe  der  vornicänischen  griechischen 
Kirchenschriftsteller,  ist  von  Ihnen  zuerst  geplant  worden,  und 
Sie  vor  Allen  haben  es  ins  Leben  gerufen.  Es  ist  mir  ein  Be- 
dürfnis, Ihnen  dafür  meinen  herzlichen  Dank  auszusprechen  und 
in  diesen  Dank  alles  das  einzuschliessen,  v^as  ich  aus  Ihren  Ar- 


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beiten  und  von  Ihrer  Arbeitsweise  gelernt  und  im  persönlichen 
Verkehr  empfangen  habe:  nehmen  Sie,  bitte  ich,  die  folgende 
Abhandlung,  deren  Abschluss  in  die  Geburtsstunde  unseres  Unter- 
nehmens gefallen  ist,  freundlich  auf  als  ein  Zeichen  der  herzlichen 


Verehruncr 


Ihres 

sehr  ergebenen 

Adolf  Harnack. 


über  eine  bisher  nicht  erkannte  Schrift  des 
Papstes  Sixtns  IL  vom  Jahre  2578. 

1. 

Die  cyprianischen  oder  unter  Cyprian's  Xamen  gestellten 
Schriften  haben  eine  sehr  verschiedene  Bezeugung,  und  während 
manche  von  ihnen  sich  in  vielen  Dutzenden  von  Handschriften 
finden,  sind  andere  nur  in  wenigen  Abschriften  auf  uns  gekommen. 
Zu  den  seltensten  Stücken  gehört  der  Tractat  „Ad  Novatianum". 
Er  ist  zuerst  in  der  Editio  Daventriensis  (c.  1477)  der  Werke 
Cyprian's  veröffentlicht  worden  (nach  der  Schrift  „de  bono  pu- 
dicitiae"  und  vor  dem  „Sermo  Augustini  de  S.  Cipriano  martire"), 
unter  dem  Titel:  „Ad  Novatianum  hereticum  quod  lapsis  spes 
veniae  non  est  deneganda".  Die  Handschrift,  aus  der  er  stammt, 
ist  verschollen.  Als  Erasmus  seine  Ausgabe  der  Werke  Cyprian's 
veranstaltete  (a.  1520),  konnte  er  für  „Ad  Novatianum"  keine  Hand- 
schrift finden  und  sah  sich  daher  genöthigt,  den  Text  der  editio 
princeps  (mit  Verbesserungen)  abzudrucken  ^)  —  nach  „de  bono 
pudicitiae"  und  vor  „Orationes  I.  H  und  dem  „Sermo  Augustini 
de  S.  Cypriano  martyre".  Seine  Ausgabe  ist  die  Grundlage  der 
zahlreichen  späteren  Drucke  geworden.  Bis  zum  J.  1S71  ist 
keine  neue  Handschrift  verwerthet  worden;  Gravius  (Kölner 
Ausgabe  der  Editio  Erasm.  v.  J.  1544)  spricht  zwar  in  seinen 
Annotationes  von  den  Kölner  Codices  Carthusiae  et  S.  Panta- 
leonis  und  bringt  auch  eine  Lesart  (ihm  nachsprechend  Pame- 
lius);  aber  Näheres  hat  er  nicht  mitgetheilt,  und  von  diesen 
Codd.  ist  später  nichts  bekannt  geworden.    Erst  Hartel  hat  die 


1)  S.  Hartel,  Opp.  Cypr.  Prolegg.  p.  LXXIII  sq.  Als  Hartel  den 
Text  der  Schrift  (T.  HI  p.  52  sq.)  druckte ,  war  ihm  noch  nicht  bekannt, 
dass  die  editio  princeps  nicht  die  Ausgabe  des  Erasmus,  sondern  die  Da- 
ventriensis ist;  er  hat  aber  nachträglich  (Prolegg.  p.  LXl)  die  LAA  der 
Daventriensis  mitgetheilt. 

Texte  u.  Untersuchungen  XIII,  l.  1 


2  Harnack,  Cber  eine  Schrift  des  Papstes  Sixtus  IL 

Ausc^abe  der  Schrift  auf  eine  neue  Handschrift  stellen  können^ 
indem  er  den  Vossianus  lat.  40  saec.  X  (=  K)  verwerthete.  Dieser 
Cypriancodex ')  enthält  die  libelli  IV.  VI.  V.  XII.  XIII.  VIII.  X. 
IX.  XI  und  dazu  zwischen  IV  u.  VI  die  Schrift  „De  bono  pudici- 
tiae",  zwischen  IX  u.  XI  die  ep.  11  und  unseren  Tractat  mit  der 
Aufschrift  „Ad  Xovatianum."  '^)  Die  Ordnung  ist  allem  Anschein 
nach  eine  sachliche;  denn  „De  bono  pudicitiae"  ist  nach  „De 
habitu  virginum"  gestellt,  und  „ep.  11"  „Ad  Novatianum"  und 
„De  opere  et  eleemos."  fXI)  behandeln  alle  drei,  wenn  auch  in 
verschiedener  Weise,  das  Bussthema. 

Damit  ist  bereits  erschöpft,  was  wir  über  die  handschrift- 
liche Überlieferung  des  Tractats  zur  Zeit  wissen:  er  findet  sich 
im  10.  Jahrh.  unter  den  Schriften  Cyprian's^),  und  er  hat  in 
seiner  Geschichte  einen  gewissen  Zusammenhang  mit  „De  bono 
pudicitiae";  denn  wir  dürfen  vermuthen,  dass  er  in  der  Hand- 
schrift, welche  in  der  editio  Daventriensis  benutzt  ist,  nach 
dieser  Schrift  gestanden  hat,  und  auch  in  dem  Vossianus  steht 
er  ideell  mit  ihr  zusammen;  denn  diese  beiden  Tractate  sind  die 
einzigen,  die  dort  in  die  Reihe  der  echten  Cypriantractate  hinein- 
gestellt sind.  Die  Schrift  de  bono  pudicitiae  aber  ist  mit  guten 
Gründen  von  Weyman^)  und  Demmler^)  dem  Novatian  vin- 
dicirt  worden,  ist  also  eine  römische  Schrift.    Auch  sonst  aber 


1)  S.  Hartel,  1.  c.  p.  LX  not. 

2)  Also  ohne  den  Zusatz:  „haereticum  quod  lapsis  spes  veniae  non 
est  deneganda".  Dass  dieser  Zusatz  wirklich  in  dem  Codex,  der  der  Edit. 
Daventr.  zu  Grunde  liegt,  gestanden»  hat,  ist  unwahrscheinlich. 

3)  Ob  er  ihm  dadurch  förmlich  beigelegt  werden  sollte,  ist  mindestens 
fraglich.  In  K  ist  Cyprian's  Name  nicht  genannt  und  in  D  wahrscheinlich 
auch  nicht.  Ich  bemerke,  dass  auch  bei  de  spectac.  Cyprian's  Name  weder 
in  dem  „Incipit"'  noch  in  dem  „Explicit"  steht;  dagegen  steht  er  bei  de 
bono  pud.  im  „Exjtlicit"  in  Z,  bei  de  laude  martyrii  im  „Incipit"  in  P  und 
im  „Explicit"  in  dem  sehr  alten  S,  bei  de  rebapt.  im  ..Expl.",  bei  adv. 
aleat.  im  „Inc."  in  QT  u.  im  „Expl."  in  T,  bei  de  duobus  mont.  im  ..Expl." 
in  MT,  bei  ad  Vigilium  in  der  Adresse  und  im  „Expl."  in  Z,  bei  adv.  Jud. 
im  „Expl."  in  QT,  bei  Orat.  I  im  „Inc."  in  T  u.  im  .,Expl."  in  E,  bei  Orat.  II 
im  „Inc."  in  YBNn  und  im  „P]xpl."  in  ]MBNY,  bei  de  pascha  im  „Inc." 
in  V),  U.S.W.  Aber  wenn  auch  die  Codd.  KD  den  Tractat  dem  Cyprian  nicht 
förmlich  beigelegt  haben,  so  haben  sie  doch  den  Namen  des  wahren  Ver- 
fassers nicht  mehr  gewusst. 

4)  Histor.  Jahrbuch  Bd.  XIIT  (1892)  S.  737tf. 

5)  Theolog.  Quartalschr.  Bd.  LXXVl  (18941  S.  223  tf. 


Harnack,  Über  eine  Schrift  des  Papstes  Sixtus  II.  3 

sind  römische  Schriften  in  die  Cyprian-Sammlung  gekommen, 
nämlich  „De  spectaculis'',  „Adversus  aleatores"  und  „Adversus 
Judaeos"  (höchst  wahrscheinlich  auch  de  laude  martyrii,  wenn  es, 
wie  ich  vermuthe,  von  Novatian  herrührt),  und  unter  den  Cy- 
prian-ßriefen  befindet  sich  eine  ganze  Anzahl  römischer  Schreiben.^) 
Was  nun  das  Verhältniss  des  Cod.  K  zu  der  Handschrift 
betrifft,  die  der  Ed.  Daventriensis  zu  Grunde  liegt,  so  sind  sie 
verschieden  und  nur  weitläufig  verwandt.  K  ist  bereits  durch 
viele  Fehler  entstellt,  und  es  scheint,  dass  der  Cod.,  den  die  Ed. 
Daventr.  benutzte,  vorzüglicher  gewesen  ist;  doch  ist  ein  sicheres 
TJrtheil  nicht  möglich,  weil  dessen  Herausgeber  gewiss  zahlreiche 
Fehler  stillschweigend  verbessert  hat.  K  ist  durchcorrigirt,  aber 
schwerlich  nach  einer  zweiten  Handschrift;  leider  bricht  ei:  im 
17.  Cap.  p.  67,  26  ab.  Die  Editio  princeps  bringt  noch  44—45 
Zeilen;  aber  auch  sie  ist  verstümmelt,  wenn  auch  nicht  mehr  viel 
zu  fehlen  scheint.  Somit  besitzen  wir  den  Schluss  des  Tractats 
überhaupt  nicht.  Die  Verwandtschaft  der  beiden  Codd.  ist  nicht 
mehr  leicht  festzustellen.  Die  Zahl  der  gemeinsamen  Fehler,  so- 
weit sie  uns  heute  noch  entgegentritt,  ist  verschwindend  gering 
(c.  2  p.  54,  22,  c.  3  p.  55,  22,  wo  Hartel  darauf  verzichtet  hat,  den 
Text  herzustellen,  ist  nicht  hierher  zu  rechnen,  wohl  aber  scheint 
in  c.  2  p.  55,  4  ein  gemeinsamer  Fehler  zu  stecken,  ebenso  c.  3 
p.  55,  25  u.  c.  10  p.  60,  28).  Somit  haben  wir  in  K  u.  D  zwei 
selbständige  alte  Zeugen  anzuerkennen.  Sie  setzen  uns  in  den 
Stand,  einen  lesbaren  Text  zu  constituiren,  und  die  Hartel'sche 
Ausgabe  bietet  einen  solchen. 


Vergebens  habe  ich  mich  —  eine  Ausnahme  abgerechnet,  s. 
unten  —  nach  Testimonia  Veterum  umgesehen;  die  Schrift  wird, 
soviel  bisher  bekannt  geworden,  von  Niemandem  citirt  oder  be- 
nutzt, so   dass   die   Codd.   K  u.  D   ihre   ältesten  Zeugen  zu   sein 


1)  Auch  sehr  alt  sind  ein  grosser  Theil  der  dem  Cyprian  beigelegten 
Schriften:  de  pascha  computus  ist  aus  dem  J.  242/3;  de  montibus  Sina  et 
Sion,  adv.  aleat.  und  adv.  Judaeos  sind  m.  E.  älter  als  Cyprian,  minde- 
stens nicht  viel  jünger;  de  bono  pud.,  de  spect.  und  de  laude  mart.  sind 
wahrscheinlich  von  Novatian,  dem  Zeitgenossen  Cyprian's;  de  rebaptism. 
ist  auch  z.  Z.  Cyprian's  geschrieben. 

1* 


4  Harnack,  Über  eine  Schrift  des  Papstes  Sixtus  II. 

scheinen  ^).  Um  so  erfreulicher  ist  es ,  dass  die  Abfassungszeit 
aus  inneren  Gründen  sehr  genau  bestimmt  werden  kann.  In  c.  5 
p.  56,  IS  sq.  heisst  es:  .,cataclysmus  ergo  ille  qui  sub  Noe  factus 


1)  Auch  in  der  Zeit,  seitdem  die  Schrift  gedruckt  vorliegt,  ist  sie  sehr 
•wenig  berücksichtigt  worden.  Was  bis  zum  Ende  des  17.  Jahrh.  über  sie 
vermuthet  und  gesagt  worden  ist,  hat  Tillemont  (Memoires  lY  [169öj 
p.  135.  622  zusammengefasst.  In  späterer  Zeit  ist  m.  W.  nichts  von  Belang 
hinzugefügt  worden;  die  Meisten  erwähnen  sie  nicht  einmal  (Bardenhewer 
in  seiner  eben  erschienenen  Patrologie  streift  sie  nur).  Doch  hat  Zahn  in 
letzter  Zeit  auf  ein  interessantes  Citat  aus  dem  Henochbuche  in  der  Schrift 
aufmerksam  gemacht.  Tillemont's  Worte  lauten:  „L'ecrit  contre  Novatien 
(er  stellt  es  z.  J.  255)  qui  est  dans  S.  Cyprien,  peut  avoir  este  fait  dans 
les  premieres  annees  de  Valerien,  peu  de  temps  apres  la  persecution,  qui 
comme  un  deluge  avoit  inonde  toute  la  terre,  c'est  ä  dire,  comme  la  suite 
l'explique,  apres  celle  de  Dece,  et  celle  de  Gallus  qui  la  suivit.  Erasme 
juge  que  cet  ecrit  est  egalement  plein  de  doctrine  et  d'eloquence,  et  tout 
ä  fait  digne  de  S.  Cyprien.  On  le  met  neanmoins  au  rang  des  douteux, 
peutestre  parceque  le  style  en  paroist  un  peu  plus  fort,  moins  diffus  et 
moins  facile  que  celui  de  S.  Cyprien.  Hors  cela  nous  ne  voyons  rien  qui 
empesche  de  croire  qu'il  soit  de  luy,  comme  Bellarmin  l'a  cru;  et  Rivet 
paroist  estre  dans  le  mesme  sentiment.  Erasme  a  pense  qu'il  pouvoit 
estre  de  S.  Corneille.  Mais  ce  Saint  est  mort  avant  la  fin  de  la  persecution 
de  Gallus  [„Exemplo  boni  pastoris"  c.  6  semble  bien  marquer  8.  Corneille; 
ainsi  il  ne  peut  pas  estre  de  luy],  et  il  paroist  plutost  que  c'est  l'ouvrage 
d'un  Africain,  puisqu'en  un  endroit  il  semble  marquer  le  parti  de  Feli- 
cissime  (c.  2).  Ces  autres  paroles  que  l'Eglise  seule  a  receu  le  pouvoir  de 
celebrer  le  battesme  —  quoiqu'elles  soient  peutestre  capables  d'un  sens 
veritable  et  catholique  —  tiennent  neanmoins  beaucoup  du  sentiment  de 
S.  Cyprien  touchant  le  battesme  des  heretiques.  Et  S.  Augustin  condanne 
une  expression  toute  sembable".  Tillemont  schliesst  also  nicht  bestimmt 
die  Autorschaft  Cyprians  aus  —  lediglich  gewisse  Stilverschiedenheiten 
machen  ihn  stutzig  — ,  doch  hält  er  es  für  wahrscheinlich,  dass  die  Schrift 
in  Afrika  von  einem  Gesinnungsgenossen  Cyprian's  verfasst  ist.  Harte  1 
(Cypr.  Opp.  III  Prolegg.  p.  LXsq.)  hat  sich  Tillemont  angeschlossen: 
,,Hunc  tractatum  ab  episcopo  cum  Cypriano  adversus  Stephanum  (v.  c.  2 
p.  55, 4)  et  Felicissimi  schisma  (v.  e.  2  p.  54,  12)  staute  paullo  post  Decianam 
persecutionem  (v.  c.  6  p.  57,  25)  conscriptum  postquam  editio  Daventriensis* 
Cypriani  oi)eribus  adiecit,  editores  cum  ad  res  de  quibus  Cyprianus  maxime 
agit  explicandas  non  nihil  conferre  viderent,  retinuerunt.''  Möhler  (Patrol. 
1840  8.847)  bemerkt:  Erasmus  und  Tillemont,  sowie  auch  Maranus, 
sind  nicht  geneigt,  die  Schrift,  so  wenig  sie  sonst  Widersprechendes  enthält, 
dem  Cyprian  zuzueignen,  weil  nicht  bloss  die  grossartige  und  fliessende 
Sprache  desselben  vermisst  wird,  sondern  namentlich  der  Eingang  mit  Cy- 
prian's Verhältnissen  kaum  vereinbar  ist." 


Harnack,  Über  eine  Schrift  des  Papstes  Sixtus  IL  5 

est  figuram  persecutionis  quae  per  totum  orbem  nunc  nuper 
supereffusa  ostendit";  sodann  genauer  c.  6  p.  57,  24 sq.:  „duplex 
ergo  illa  emissio  (seil,  der  Taube  Noah's)  duplicem  nobis  per- 
secutionis temptationem  ostendit:  prima  in  qua  qui  lapsi  sunt 
victi  ceciderunt,  secunda  in  qua  hi  ipsi  qui  ceciderunt  victores 
extiterunt.  nulli  enim  nostrum  dubiuni  vel  incertum  est,  fratres 
dilectissimi ,  illos  qui  prima  acie  id  est  Deciana  persecutione 
vulnerati  fuerunt  hos  postea  id  est  secundo  proelio  ita  fortiter 
perseverasse,  ut  contemnentes  edicta  saecularium  principum  hoc 
invictum  haberent  quod  et  non  metuerunt  exemplo  boni  pastoris 
animam  suam  tradere,  sanguinem  fundere  nee  ullam  insanientis 
tyranni  saevitiam  recusare".  Mithin  ist  der  Tractat  nach  der 
„Verfolgung"  des  Gallus  undVolusianus  geschrieben  und  empfängt 
aus  den  Briefen  Cyprian's  57  (s.  bes.  c.  1.  5)  58  (1.  9)  59,6.  60  u.  61 
eine  gewisse  Beleuchtung;  denn  diese  Briefe  berichten  uns,  dass 
man  in  Afrika  im  Hinblick  auf  die  bevorstehende  Verfolgung  („proe- 
lium")  die  lapsi  absolvirt  habe,  um  ihnen  Gelegenheit  zu  geben, 
ihre  Scharte  auszuwetzen,  ferner  dass  wirklich  die  Haltung  der 
Christen  in  Rom  in  dieser  zweiten  „Verfolgung"  (des  Gallus  ^)) 
eine  bessere  gewesen  ist  als  in  der  ersten  (Verfolgung  des  Decius). 
Als  unser  Tractat  geschrieben  wurde,  konnten  diese  beiden  Ver- 
folgungen als  „nunc  nuper"  geschehen  bezeichnet  w^erden;  anderer- 
seits hatte  die  Verfolgung  unter  Valerian  augenscheinlich  noch 
nicht  begonnen;  denn  der  Verfasser  schreibt  in  einer  Friedenszeit. 
Hieraus  scheint  mit  Noth wendigkeit  zu  folgen,  dass  der  Tractat 
zwischen  August  253  —  denn  bis  dahin  ungefähr  dauerte  die 
,,Verfolgung"  des  Gallus  2)  —  und  dem  ersten  Edict  Valerian's, 


11  Die  edicta  saecularium  principum  sind  dieselben,  die  Cyprian  ep.  58, 9 
„edicta  feralia"  ins  Auge  gefasst  hat. 

2)  Lucius  wurde  im  Juni  253  zum  Bischof  von  Rom  gewählt  und 
sofort  von  Gallus  verbannt  (s.  die  ep.  61  Cyprian's  an  Lucius,  wo  Cyprian 
c.  1  daran  erinnert,  er  habe  „nuper"  dem  Lucius  in  einem  u.  demselben 
Schreiben  zu  seiner  Wahl  und  zu  seiner  Verbannung  gratulirt;  dieses 
Schreiben  ist  leider  nicht  mehr  erhalten).  Lucius  kann  aber  nur  sehr  kurze 
Zeit  in  der  Verbannung  geblieben  sein;  das  zeigt  der  61.  Brief,  und  das  folgt 
aus  der  Thatsache,  dass  Gallus  sehr  bald  nachher  in  der  Schlacht  gegen 
den  Usurpator  Aemilianus  gefallen  ist.  Bereits  am  22.  Octbr.  253  waren 
Valerianus  und  Gallienus  Kaiser  (s.  die  afrikanische  Inschrift  im  CIL 
VIII  2482;  hiernach  ist  die  ältere  Annahme  wiederherzustellen,  dass  Gallus 
schon  im  Spätsommer  253  fiel;  Bernhardt,  Gesch.  Rom's  I  S.  267  suchte 


6 


Harnack,  Über  eine  Schrift  des  Papstes  Sixtus  IL 


also  dem  August  257  ^)  verfasst  ist.  Allein  wir  müssen  noch  ein 
weiteres  Jahr  offen  lassen.  Sicher  ist  das  erste  Edict  (sein 
Wortlaut  lässt  sich  aus  den  Proconsularacten  Cyprian's  z.  Th. 
reconstruiren:  „qui  Romanam  religionem  non  colunt.  debere  Ro- 
manas caeremonias  recognoscere''  .,ne  in  aliquibus  locis  concilia- 
])ula  fiant  nee  coemeteria  ingrediantur"  ,,non  solum  de  episcopis 
verum  etiam  de  presbiteris".  Strafen:  Verbannung  und  bei  offen- 
barem Ungehorsam  Todesstrafe)  in  einigen  Provinzen,  vor  allem 
in  Rom  selbst,  ohne  Wirkung  geblieben.  Nicht  nur  ist  der  rö- 
mische Bischof  Stephanus  am  2.  August  257  eines  natürlichen 
Todes  gestorben 2)  —  das  kann  noch  unmittelbar  vor  dem  Er- 
lass  des  Edicts  geschehen  sein  — ,  sondern  noch  im  August  (am 
24.  oder  31.)  257  wird  Sixtus  IL  gewählt,  und  nicht  nur  hören 
wir  nicht,  dass  er  (wie  Cyprian)  verbannt  worden  sei,  sondern  wir 
wissen,  dass  er  in  Rom  geblieben  ist,  dass  er  die  Coemeterien  nach 
wie  vor  betreten  hat,  und  dass  er  erst  in  Folge  des  2.  Edicts  (Cypr. 
€p.  SO)  dort  aufgegriffen  und  am  6.  August  25S  zum  abschrecken- 
den Beispiel  im  Coemeterium  hingerichtet  worden  ist.  Dass  Sixtus  IL 
11  Monate  ruhig  in  Rom  regieren  konnte,  erklärt  sich  nur 
durch  die  Annahme,  dass  Gallienus  das  erste  Edict  seines  Vaters, 


die  Ansicht  zu  begründen,  dass  Gallus  im  Frühjahr  254  gestorben  sei), 
und  dazwischen  liegt  noch  die  ganz  kurze  Regierung  des  Aemihanus  in 
Rom.  Die  Ansicht,  dass  die  Verfolgung  nach  der  Zurückberufung  des  Lu- 
cius noch  fortgedauert  habe  (Lips ins,  Chronol.  d.  röm.  Bischöfe  S.  211), 
hat  an  Cypr.  ep.  61,  2  extr.  4  extr.  keine  Stütze  und  erledigt  sich  durch  die 
Einsicht,  dass  Gallus  bereits  so  bald  gestorben  ist. 

1)  Das  erste  Edict  Valerian's  fällt  höchst  wahrscheinlich  in  den  An- 
fang August  257;  denn  am  30.  August  dieses  Jahres  wurde  Cyprian  auf 
Grund  desselben  vor  den  Proconsul  Paternus  geführt.  Diejenigeu.  welche 
das  Edict  um  einige  Monate  früher  setzen,  berufen  sich  auf  Dionysius 
von  Alexandrien,  der  (bei  Euseb.  h.  e.  VII,  10)  Apoc.  13.  5  auf  Valerian's 
Verfolgungszeit  angewendet  hat  (..es  sind  ihm  gegeben  42  Monate'')-  Sie 
setzen  nun  die  persische  Gefangenschaft  Valerian's;  in  den  Herbst  260  und 
rechnen  von  dort  rückwärts  3V2  Jahre,  gelangen  also  zum  Frühjahre  257. 
Allein  gegen  diese  Rechnung  ist  mehr  als  ein  Einwand  zu  erheben:  1)  das 
Jahr  der  Gefangenschaft  Valerian's  ist  ganz  unsicher  i^die  Zeit  von  Ende 
258  an  steht  offen;  vielleicht  ist  er  im  Sommer  259  gefiingen  worden), 
2)  die  42  Monate  des  Dionysius  werden  wohl  nur  ungefähr  zutreffen.  3)  in 
Ägypten  hat  vielleicht  die  Verfolgung  später  geschlossen  als  im  Westen;  jeden- 
falls sind  die  ägyptischen  Verhältnisse  für  das  übrige  Reich  nicht  massgebend. 

2)  Die  späteren  Nachrichten  über  sein  Martyrium  sind  unglaubwürdig. 


Harnack,  Über  eine  Schrift  des  Papstes  Sixtus  11.  7 

welches  dieser  vom  Orient  aus  eriassen  hatte,  nicht  ausgeführt, 
resp.  es  geduldet  hat,  dass  der  römische  Präfect  es  nicht  ausführte  ^). 
Erst  das  zweite  schärfere  Edict,  welches  Ende  Juli  oder  in  den 
ersten  Tagen  des  August  258  erlassen  wurde,  ist  auch  in  Rom 
durchgeführt  worden.  Dass  in  Rom  zwischen  dem  August  257  und 
Juli  258  Friede  herrschte,  wird  aber  schliesslich  durch  die  reiche 
Correspondenz  bestätigt,  die  zwischen  Rom  und  Alexandrien  in 
dieser  Zeit  stattfand.  Eusebius  hat  uns  (h.  e.  VII,  5 — 9)  Regesten 
aus  derselben  mitgetheilt.  Nicht  weniger  als  sieben  Briefe  hat  Dio- 
nysius  in  dieser  Zeit  nach  Rom  gerichtet,  nämlich  drei  an  Sixtus 
und  je  zwei  an  dessen  Presbyter  Dionysius  (den  nachmaligen 
Bischof  von  Rom)  und  Philemon,  und  hat  von  ihnen  Briefe  em- 
pfangen. Das  Hauptthema  dieser  Briefe  war  die  Frage  der  Ketzer- 
taufe; aber  ausserdem  handelten  sie  noch  von  anderen  die  Zeit 
bewegenden  Fragen,  nämlich  von  der  Häresie  des  Sabellius  und 
der  durch  sie  erweckten  Erregung  in  der  Pentapolis  und  von 
Novatian  und  seiner  Lehre.  Irgend  eine  Spur  aber,  dass  damals 
in  Rom  eine  Verfolgung  herrschte,  ist  nicht  zu  finden:  der  Bischof 
und  die  Presbyter  sind  nicht  im  Exil,  sondern  an  Ort  und  Stelle, 
und  sie  haben  augenscheinlich  Zeit  und  Müsse,  sich  mit  der  inner- 
kirchlichen  Streitfrage  der  Ketzertaufe  zu  beschäftigen  2).  Hätte 
Eusebius  in  den  Briefen  etwas  von  Verfolgung  gelesen,  so  hätte 
«r  schwerlich  unterlassen,  uns  davon  Mittheilung  zu  machen  3). 
Hiernach  müssen  wir  annehmen,  dass  unsere  Schrift  (wenn  sie 
in  Rom   oder  in   einer  Provinz  geschrieben  worden  ist,   die  von 


1)  Gallienus  befand  sich  in  jener  Zeit  höchst  wahrscheinlich  in  Gal- 
lien, und  die  Verantwortung  für  die  Nichtausführung  des  Edicts  mag  daher 
dem  Präfecten  resp.  den  Magistraten  zugefallen  sein.  Allein  andererseits 
ist  daran  zu  erinnern,  dass  Gallienus  nach  dem  Tode  seines  Vaters  dessen 
Edicte  gegen  die  Kirche  sofort  zurückgezogen  hat.  Also  bleibt  es  doch 
wahrscheinlich,  dass  er,  der  den  Christen  günstig  war,  selbst  die  Aus- 
führung des  Edicts  suspendirt  hat. 

2)  Der  2.  Brief  an  Sixtus  über  die  Ketzertaufe  ist  nach  VII,  9,  2  höchst 
wahrscheinlich  nach  Ostern  (Ostern  258)  geschrieben;  die  Briefe  führen 
also  bis  nahe  zum  Datum  des  2.  Edicts. 

3)  Auch  Fechtrup,  Cyprian  I  S.  255  bemerkt:  „Das  (erste)  Edict  des 
Kaisers  hatte  wenig  oder  gar  keinen  Erfolg  ....  in  der  Hauptstadt  wurde 
mit  dem  Verbannungsdecrete  nicht  viel  ausgerichtet.  Dieser  Misserfolg 
musste  naturgemäss  den  Kaiser  Valerian  zu  schärferem  Vorgehen  gegen  die 
Christen  reizen  u.  s.  w." 


g  Harnack,  Über  eine  Schrift  des  Papstes  Sixtus  II. 

dem  ersten  Edict  nicht  betroffen  wurde)  auch  noch  in  der  Zeit 
bis  Ende  Juli  258  verfasst  sein  kann;  aber  mehr  als  fünf  Jahre 
stehen  nicht  offen  (c.  Aug.  253  —  Ende  Juli  25S).  Stammt 
sie  dagegen  aus  Afrika,  so  ist  das  letzte  Jahr  ausgeschlossen. 
Diese  Zeitbestimmung  wird  bestätigt,  wenn  man  dem  Sokrates 
(h.  e.  IV,  2S)  Glauben  schenkt,  dass  Xovatian  unter  Valerian  Mär- 
tyrer geworden  sei  {ovtoq  fihv  vOtsqov  am  OvaXaQiavov  rov 
ßaoutcog  öiw/fibv  xara  XgtOrtavdjv  XLv/]OavTOQ  efiaQTVQ7]öev); 
denn  in  unserem  Tractat  wird  Novatian  als  noch  lebend  vor- 
ausgesetzt (s.  u.)  ^).  Man  könnte  endlich  noch  behaupten,  dass 
der  terminus  a  quo  für  die  Abfassung  der  Schrift  um  c.  2  Jahre 
herabgerückt  Averden  müsse:  die  Verfolgungen  unter  Decius  und 
Gallus  werden  zwar  als  „nunc  nuper"  geschehen  bezeichnet;  aber 
andererseits  heisst  es  c.  1  p.  52, 11,  dass  die  Gefallenen  bereits 
„per  longam  temporum  seriem"  die  Strafbusse  geleistet  hätten. 
Zwei  bis  drei  Jahre  konnte  der  Verfasser  schwerlich,  so  dürfte 
vielleicht  Jemand  folgern,  eine  „longa  temporum  series"  nennen. 
Daher  seien  mindestens  fünf  Jahre  seit  der  Verfolsrnnsj  anzu- 
nehmen  und  der  terminus  a  quo  c.  255  anzusetzen  (so  Tille- 
mont);  allein  sicher  ist  diese  Erwägung  keineswegs  2). 

3. 

Dass  unser  Tractat  von  einem  Bischof  herrührt,  beweist 
sofort  der  Eingang:  „Cogitanti  mihi  et  intolerabiliter  aestuanti 
quidnam  agere  deberem  de  miserandis  fratribus  etc."  So  konnte 
sich   in  der  Mitte  des   3.  Jahrh.  nur   ein  Bischof  ausdrücken^). 

1)  Dass  er  jedenfalls  i.  J.  257/8  noch  lebte,  zeigt  der  Brief  des  Dio- 
nysius  an  den  römischen  Presbyter  Dionysius  aus  diesem  Jahre  (bei  Euseb., 
h.  e.  VII,  8):  man  beachte  das  Praesens  in  der  zweiten  Hälfte  des  von  Eu- 
sebius  ausgeschriebenen  Stücks.    Pacian  leugnet  das  ^Martyrium  Novatian's. 

2)  Es  wird  sich  indess  unten  zeigen,  dass  in  unserem  Tractat  Cyprian's 
Schrift  de  opere  benutzt  ist.  Dann  ist  er  nicht  vor  d.  J.  254  geschrieben; 
denn  jene  Schrift  fällt  frühestens  253/4,  wie  auch  Fechtrup,  Cyprian  I 
S.  177  annimmt.  Aber  noch  mehr  —  es  wird  sich  zeigen,  dass  unsere 
Schrift  bereits  den  Ket/>ertaufstreit  voraussetzt,  und  damit  ist  die  Zeit  ihrer 
Abfassung,  da  sie  vor  die  Valerianische  Verfolgung  fällt,  durch  die  engsten 
Grenzen,  nämlich  257/8.  umschrieben. 

3)  Ein  hohes  Selbstgefühl  spricht  auch  in  c.  3  p.  55, 18  sq.,  wo  der  Verf. 
in  Bezug  auf  seine  Ausdeutung  der  Taube  Noah's  bemerkt,  er  deute  nicht  ver- 
wegen und  nach  menschlicher  Weisheit,  „sed  ut  caelesti  domini  dignatione 
necessarie  et  pertinenter  mentibus  nostris  concipere  permittitur". 


Harnack,  Über  eine  Schrift  des  Papstes  Sixtus  II.  9 

Was  aber  den  litterarischen  Charakter  des  ganzen  Schriftstücks 
anlangt,  so  ist  ein  sicheres  Urtheil  ebenso  sichwierig  wie  bei  dem 
Tractat  adv.  aleatores.  Gerichtet  ist  er  an  die  „fratres"  (c.  18 
p.  68,  34)  resp.  an  die  „fratres  dilectissimi"  (c.  1  p.  53,  1;  3  p.  55, 18; 
6  p.  57,  27;  16  p.  66,  19),  nicht  etwa  an  Novatian  selbst,  wie  es 
nach  c.  1  p.  53,  17;  c.  2  p.  53,  19  sq.  55,  2;  c.  9  p.  59,  9;  c.  12 
p.  61,  25.  62,  7;  c.  13  p.  62,  20;  c.  14  p.  64,  1  scheinen  könnte, 
oder  an  die  Novatianer  (c.  2  p.  54,  20;  c.  8  p.  58,  26  sq.;  c.  12 
p.  62,  12);  denn  diese  Anreden  erweisen  sich  sämmtlich  als  rheto- 
rische, wie  zum  Überflnss  aus  c.  1  p.  52,  13.  53,  11;  c.  2  p.  54,  12; 
c.  13  p.  63,  8  deutlich  wird.  Ob  diese  „fratres  dilectissimi"  aber 
die  Gemeindeglieder  des  Bischofs  sind  oder  bischöfliche  CoUegen 
oder  andere  Christen  überhaupt,  ist  nicht  sofort  deutlich.  Auf 
Grund  von  c.  1  p.  52, 19  sq.  möchte  man  vielleicht  an  Bischöfe  denken, 
aber  die  Stelle  c.  18  p.  68,  34  ist  der  Deutung  auf  Christen  über- 
haupt, resp.  auf  die  Gemeinde  günstiger.  Eine  genauere  Unter- 
suchung des  Inhalts  wird  ein  sichereres  Urtheil  über  diese  Frage 
und  die  andere,  ob  unsere  Schrift  eine  Predigt  oder  ein  Tractat 
oder  ein  Brief  ist,  ermöglichen.  Indessen  ist  in  Bezug  auf  die 
letztere  Frage  zu  sagen,  dass  auch  Cyprian  „Briefe"  geschrieben 
hat,  die  eigentlich  Tractate  sind  und  bereits  von  der  ältesten 
Tradition  als  „libri"  bezeichnet  wurden,  ferner  dass  diese  Brief- 
Tractate  z.  Th.  rhetorisch -homiletischen  Charakter  haben.  Die 
Begriffe  „Predigt"  „Tractat"  „Brief  schliessen  sich  also  nicht 
aus.  Doch  da  unser  Schriftstück  keine  Briefadresse  trägt  ^),  so 
muss  man  vom  „Brief"  absehen  und  es  als  einen  homiletischen 
Tractat  bezeichnen,  vielleicht  als  eine  von  vornherein  für  die 
Veröffentlichung  durch  die  Schrift  bestimmte  2)  (und  desshalb  für 
ein  grösseres  Publicum  als  für  die  eigene  Gemeinde  des  Bischofs 
ausgearbeitete)  Predigt. 

4. 

Der  genaueren  Untersuchung  sei  eine  Analyse  vorausgestellt; 
der  Verf.  geht  sofort  mediam  in  rem:  Während  ich  in  schwerer 
Unsicherheit  bedenke,  wie  ich  die  in  der  Verfolgung  nicht  frei- 
willig,   sondern    durch    den   Ansturm    des   Teufels    verwundeten 

1)  Der  Schluss  fehlt  leider,  s.  o. 

2)  S.  das  „sicut  superius  diximus"  c.  5  init.    c.  6  init. 


10  Hamack,  Über  eine  Schrift  des  Papstes  Sixtus  IL 

Brüder,  die  nun  eine  lange  Reihe  von  Zeiten  Strafbiisse  gethan 
haben,  behandeln  soll,  stellt  sich  mir  ein  zweiter  Feind,  der 
Gegner  der  göttlichen  Barmherzigkeit,  der  Häretiker  Xovatian 
entgegen,  der  nicht  nur  wie  der  Priester  und  Levit  im  Evange- 
lium an  dem  Verwundeten  vorübergehen,  sondern  ihn  durch 
Zurückweisung  seiner  Busse  vollends  todtschlagen  will.  Leichter 
freilich  sieht  Einer  den  Splitter  im  fremden  Auge  als  den  Balken 
im  eigenen.  Uns  aber,  geliebteste  Brüder,  darf  der  grimme  Wahn- 
sinn jenes  treubrüchigen  Häretikers  nicht  erschüttern,  der,  wäh- 
rend er  sich  bereits  in  dem  so  entsetzlichen  Verbrecherzustande 
der  Spaltung  und  des  Schismas  befindet  und  von  der  Kirche  ge- 
trennt ist,  sich  in  gotteslästerlicher  Verwegenheit  nicht  scheut, 
uns  der  Verbrechen  zu  zeihen,  deren  er  schuldig  ist.  Er,  der 
jetzt  durch  sich  selber  unrein  geworden  und  von  gottesläster- 
lichem Schmutz  besudelt  ist,  behauptet  jetzt,  wir  seien  die  Un- 
reinen, und  während  geschrieben  steht,  dass  die  Hunde  draussen 
bleiben  werden,  und  der  Apostel  gelehrt  hat,  man  solle  eben 
diese  Hunde  meiden  —  wie  wir  lesen:  „sehet  die  Hunde,  sehet 
die  schlimmen  Arbeiter"  — ,  hört  er  nicht  auf,  seine  Wuth  durch 
Bellen  zu  steigern  imd  wie  die  Wölfe  das  nächtliche  Dunkel  zu 
suchen,  damit  er  die  dem  Hirten  entrissenen  Schafe  in  seiner 
dunklen  Höhle  mit  thierischer  Grausamkeit  ungestört  zerfleischen 
könne.  Wahrlich  „das  Gold"  zu  sein,  rühmt  er  von  sich  und  von 
den  Seinen,  die  er  sammelt  ^) ;  nun  auch  wir  zweifeln  nicht,  dass 
die,  welche  die  Kirche  verlassen  haben  und  Apostaten  geworden 
sind,  sich  jetzt  leicht  in  „Gold"  verwandelt  haben  mögen,  aber 
in  jenes  Gold,  an  welchem  die  ersten  Sünden  des  Volkes  Israel 
getadelt  worden  sind  2),  Dagegen  —  die  goldenen  und  silbernen 
Gcfässe,  welche  den  Ägyptern  genommen  wurden,  bleiben  unver- 
rückt in  der  Gewalt  des  Herrn  d.  h.  in  der  Kirche  Christi,  und 
wenn  du,  Novatian,  in  diesem  Hause  geblieben  wärest,  wärest 
du  ein  Gefäss,  vielleicht  sogar  ein  kostbares,  gewesen,  nun  aber 
bist  du  Spreu  und  Stroh  geworden,  und  weisst  es  nicht  und  be- 
weinst es  nicht.  (C.  2)  Was  pochst  du  also  auf  diesen  jämmer- 
lichen Besitz?  Schaden,  nicht  Gewinn  wirst  du  einbringen.  Wie 
glaubst  du  reich  geworden  zu  sein,  seitdem  du  ärmer  geworden 


1)  Das  „Gold"  nach  1  Cor.  3,  12  (11  Tim.  2,  20). 

2)  Der  Verf.  denkt  an  die  Geschichte  vom  goldenen  Kalb. 


Harnack,  Über  eine  Schrift  des  Papstes  Sixtus  IL  j  1 

Mst?  Höre  des  Herrn  Stimme  in  der  Offenbarung:  „Du  sprichst, 
ich  bin  reich  und  habe  viel  Vermögen  und  bedarf  keines  Dings, 
und  du  vveisst  nicht,  dass  du  der  Elende  und  der  Jämmerliche 
und  der  Blinde  und  der  Arme  und  der  Nackte  bist".  Als  Be- 
sitzer dieser  Schätze,  dieser  Reichthümer  der  Armuth  soll  sich 
ein  Jeder  zweifellos  wissen,  der  die  Kirche  Christi  verlässt  und 
in  blindem  Sinn  nicht  davor  zurückschaudert,  zu  jenen  verwegenen 
Führern  der  Schismen  und  Urhebern  der  Spaltung  überzutreten. 
Johannes  nennt  sie  Antichristen,  der  Evangelist  (der  Täufer?)  ver- 
gleicht sie  mit  Spreu,  der  Herr  Christus  bezeichnet  sie  als  Diebe 
und  Räuber,  wie  er  selbst  im  Evangelium  erklärt  (Joh.  10,  1). 
^  er  sind  diese  Diebe  und  Räuber,  wenn  nicht  die,  welche  den 
Glauben  verlassen  und  aus  der  Kirche  Gottes  heraustreten,  sie, 
die  wider  die  Amtsverleihung  Gottes  anstreben?  Mit  Recht  schilt 
sie  der  h.  Geist  durch  den  Propheten:  „Ihr  habt  einen  Rathschlag 
ausö;eführt  nicht  durch  mich  und  einen  Gedanken  nicht  durch 
meinen  Geist,  Sünden  zu  häufen  auf  Sünden".  Was  vermögen 
jene  völlig  verkehrten  Novatianer  vel  nunc  infelicissimi  pauci  ^) 
hierauf  zu  antworten?  sie  die  zu  einem  solchen  Wahnsinn  der 
Wuth  vorgestossen  sind,  dass  sie  weder  Gott  noch  Mensch  mehr 
respectiren:  dort  wird  unverschämt  und  ohne  jedes  Gesetz  der 
Amts  Verleihung  der  Episkopat  erstrebt,  hier  aber  werden  die 
eigenen  Amtssitze  und  der  Lehrstuhl,  der  ihnen  anvertraut  war, 
preisgegeben.  Dort  erfüllt  sich  der  Spruch:  „Sie  verachten  mich, 
mir  zu  opfern,  und  bringen  nicht  die  h.  Darbringungen  der  Söhne 
Israels  noch  treten  sie  herzu,  um  das  Heilige  darzubringen,  aber 
sie  werden  ihre  Schande  empfangen  in  dem  Irrthum,  in  dem  sie 
gewandelt  sind".  Es  mag  genügen,  mit  wenigen  Worten  bewiesen 
zu  haben,  was  sie  sind.  Höret  also,  ihr  Novatianer,  bei  denen 
die  himmlischen  Schriften  vielmehr  gelesen  als  verstanden  —  doch 
das  genügt  noch  nicht  —  sogar  interpolirt  werden  2);  denn  eure 


1)  Ich  lasse  diese  schwierigen  Worte  (D  liest  übrigens  „infelicissime") 
hier  noch  unübersetzt  (s.  u.). 

2)  Die  Stelle  lautet:  „audite,  Novatiani,  apud  quos  scripturae  caelestes 
leguntur  potius  quam  intelleguntur ,  parum  (so  D,  param  K)  et  si  (so  D, 
etiamsi  K,  si  Editt.)  non  interpolentur  (interpoliantur  KD)".  Hartel  er- 
klärte sie  für  verderbt;  er  setzte  in  den  Text:  „palam  etiam  . . .  si  non  inter- 
polentur", und  bemerkte  in  der  Note:  fortasse  „poliuntur  si  non  inter- 
poliantur".   Allein  so  einschneidender  Conjecturen  bedarf  es  nicht,  sobald 


\2  Harnack,  Über  eine  Schrift  des  Papstes  Sixtus  II. 

Ohren  sind  verschlossen  und  eure  Herzen  verblendet  und  ihr  lasst 
aus  geistlichen  und  heilsamen  Ermahnungen  kein  Licht  zu,  wie 
Jesajas  spricht:  „Verblendet  sind  die  Knechte  Gottes",  und  zwar 
mit  Recht  verblendet;  denn  der  Sinn  der  Schismatiker  ist  nicht 
beim  Gesetze;  denn  dieses  Gesetz  —  hier  geht  der  Verf.  von  der 
Einleitung  zur  Ausführung  über  —  bezeichnet  uns  schlechthin 
eine  einzige  Kirche,  nämlich  in  jener  Arche,  die  unter  Noah  vor 
der  Sintfluth  nach  der  Vorsorge  Gottes  erbaut  wurde,  in  der,  wie 
wir  finden,  nicht  nur  reine  Thiere,  sondern  auch  unreine  —  da- 
mit du,  Novatian,  sofort  deine  Antwort  hast  —  eingeschlossen 
waren.  Nur  diese  Arche  mit  dem  allen,  was  in  ihr  war,  ist  im 
Wasser  gerettet  worden,  aber  das  Übrige,  was  in  ihr  nicht  ge- 
funden wurde,  ging  in  der  Fluth  unter. 

Nun  deutet  der  Verfasser  den  Raben  und  die  Taube  aus: 
der  Rabe,  der  nicht  wieder  zurückkehrte,  bedeute  diejenigen  Apo- 
staten, die,  wenn  sie  auch  wollten,  nicht  mehr  umkehren  können, 
unrein  sind  und  verloren  gehen.  (C.  3)  Die  Taube  aber  —  der 
Verf.  versichert,  dass  seine  Auslegung  keine  verwegene  mensch- 
licher Weisheit  sei,  sondern  „ut  caelesti  domini  cHgnatione  neces- 
sarie  et  pertinenter  mentibus  nostris  concipere  permittitur'  —  be- 
deute etwas  doppeltes.  Erstlich  bedeute  sie  —  und  das  ist  ihre 
eio;entliche  Bedeutuno;  —  durch  ihr  Schweben  über  dem  Wasser 
das  Taufsacrament,  welches  allein  der  Kirche  gegeben  sei  ^).  und 
zwar  genauer  noch  durch  ihren  dreimaligen  Ausflug  die  Geheim- 
nisse der  Trinität,  wie  ja  auch  der  Herr  Christus  dem  Petrus, 
aber  auch  seinen  anderen  Jüngern  befiehlt  und  spricht:  ..Geht  und 
predigt  den  Völkern  das  Evangelium  und  tauft  sie  im  Namen 
des  Vaters  und  des  Sohnes  und  des  h.  Geistes".  (C.  4.  5)  Sodann 
muss  man  beachten,  dass  die  Taube  hinausgelassen  wird,  während 
noch  die  Sturmfluth  die  Erde  befehdet.  Diese  Sturmfluth  bedeutet 
die  Verfolgung,  die  jüngst  die  Kirche  auf  dem  ganzen  Erdkreis 


man  sich  erinnert,  dass  „parum  (est)  si  non"  bei  Tertullian  eine  sehr  häufige 
Redewendung  ist.  Ich  lese  also:  „apud  quos  scripturae  leguntur  potius 
quam  intelleguntur,  parum  (est)  si  non  iutei-polentur",  und  übersetze  nach 
der  Analogie  der  tertullianischen  Stellen,  s.  Apolog.  21 :  „praedixerat  (Jesus) 
et  ipse  ita  (Judaeos)  facturos,  parum  si  non  et  prophetae  retro".  Umgekehrt 
gestellt  de  idolol.  7:  „Parum  sit,  si  ab  aliis  manibus  accipiant  quod  con- 
taminant.  sed  etiam  ipsae  tradunt  aliis  quod  contaminaverunt". 
1)  Über  diese  verdorbene  Stelle  s.  u. 


Harnack,  Über  eine  Schrift  des  Papstes  Sixtus  IL  13 

betroffen  hat;  die  ungeheuren  Wasser  sind  die  Völker,  die  sich 
zur  Verwüstung  der  Kirche  erhoben  haben  (Apoc.  17,  15),  die 
Taube  aber,  die  nicht  fand,  da  sie  ihren  Fuss  hinsetzen  konnte, 
sind  die  Gefallenen,  die  da  uneingedenk  der  göttlichen  Vorher- 
sagungen ^)  „vel  simpliciter  ignorantes  vel  audaciter  dissimulantes" 
gefallen  sind.  Diese  Deutung  (columba  =  lapsorum  persona)  sucht 
der  Verf.  aus  Sophon.  3,  1.  2  zu  erweisen.  (C.  6)  Dass  aber  die 
Taube  nicht  Fuss  zu  fassen  vermochte,  bedeutet  auch  desshalb 
die  Sacrificati,  die,  durch  das  Gift  der  schlüpfrigen  Schlange  ver- 
wundet, gefallen  sind,  weil  ja  der  Herr  nur  den  treuen  Jüngern 
die  Fähigkeit  verliehen  hat,  auf  Schlangen  und  Basilisken  zu 
treten  (Luc.  10,  19).  Aber  wie  jene  Taube  dann  wieder  in  die  Arche 
aufgenommen  wurde,  so  ist  auch  den  Verwundeten  der  V\^eg  er- 
öffnet worden,  sich  gegenüber  dem  Ansturm  der  teuflischen 
Mächte  wieder  in  ihr  Lager  zurückzuziehen,  um  dort  durch  geist- 
liche Mittel  ihre  V^unden  wieder  auszuheilen,  und  wie  die  Taube 
dann,  zum  zweiten  Mal  entlassen,  nicht  nur  festen  Fuss  fassen 
konnte,  sondern  auch  einen  Ölzweig,  das  Zeichen  des  (wieder- 
gefundenen) Friedens  und  Siegs  zurückbrachte,  so  haben  auch 
die  Gefallenen,  nachdem  sie  in  der  ersten,  der  Decianischen,  Ver- 
folgung verwundet  und  besiegt  w^orden  sind,  in  der  zweiten  sich, 
w^ie  ihr,  geliebteste  Brüder,  sicher  wisst,  als  Sieger  bewährt;  sie 
ha])en  so  tapfer  ausgehalten,  dass  sie  die  Edicte  der  weltlichen 
Machthaber  verachtet  und  sich  nicht  gefürchtet  haben,  nach  dem 
Beispiel  des  guten  Hirten  ihr  Leben  darzubringen,  ihr  Blut  zu 
vergiessen  und  jeglicher  Grausamkeit  des  wüthenden  Tyrannen 
zu  begegnen  2). 

(C.  7)  Siehe  da!  diese  mit  Ruhm  Bedeckten,  diese  theuren 
Freunde  Gottes  w^agen  jene  Schismatiker  „Holz,  Heu  und  Stroh" 
zu  nennen,  und  sie  verweigern  denen,  die  ihnen  gleich  sind  d.  h. 
die  in  demselben  Zustande  der  Gefallenen  als  Verbrecher  noch 
immer  verharren*^),  die  Zulassung  zur  Busse,  indem  sie  sich  auf 


1)  „Praedicationura"  bietet  die  Überlieferung;  die  Conjectur  des  P am  e  - 
lius  „praedictionum"  ist  aber  einleuchtend,  da  gleich  darauf  der  Satz  folgt: 
,,quorum  ruinam  dominus  in  evangelio  futuram  bis  verbis  significaverat  etc." 

2)  Überliefert  ist  „meruerunt",  Hartel  schreibt  „non  metuerunt",  und 
allerdings  ist  jenes  bei  „nee  ullam  insanientis  tyranni  saevitiam  recusare" 
kaum  erträglich.    De  laude  mart.  29:  „nee  fundere  sanguinem  metuas". 

3)  Das  ist  ein  verwegener  Übergang,  der  einem  Advocaten  alle  Ehre 


\4:  Harnack,  Über  eine  Schrift  des  Papstes  Sixtus  II. 

das  Wort  des  Herrn  berufen:  „Wer  mich  verleugnet  vor  den 
Menschen,  den  werde  ich  verleugnen  vor  meinem  Vater,  der 
im  Himmel  ist".  0  Schmerz!  wie  können  sie  sich  so  oce^ren 
das,  was  der  Herr  beschlossen  hat,  erheben,  dass  sie,  die  nova- 
tianische  Brut,  das,  was  Christus  zur  Zeit  seines  Gerichts  thun 
wird,  nun,  dem  Beispiel  ihres  Vaters  des  Teufels  folgend,  selbst 
zu  thun  sich  unterfangen,  während  die  Schrift  doch  sagt:  „Mein 
ist  die  Rache  und  ich  werde  vergelten,  spricht  der  Herr". 

(C.  8.  9.  10)  Damit  ist  der  Verf.  zum  zweiten  Theil  seiner 
Ausführung  übergegangen,  zur  Widerlegung  der  novatianischen 
Auslegung  von  Matth.  10,  33.  Er  bemerkt  wider  sie:  1)  der 
Spruch  bezieht  sich  auf  das  jüngste  Gericht,  2)  er  bezieht  sich 
vor  allem  auf  die  Häretiker  und  Schismatiker,  auf  euch  Xova- 
tianer,  die  ihr,  einst  Christen  nun  Xovatianer  und  nicht  mehr 
Christen,  euren  ersten  Glauben  in  nachfolgender  Unt^'eue  durch 
die  Änderung  des  Namens  verändert  habt,  3)  den  verleugnenden 
Petrus  hat  Christus  wieder  angenommen.  Die  Xovatianer  lassen 
aus  der  h.  Schrift  fort,  was  sich  auf  die  Barmherzigkeit  bezieht 
und  lesen  nur,  Avas  sich  auf  den  Verlust  des  Heils  bezieht.  Der 
Verfasser  führt  dagegen  die  Troststellen  Ezech.  18,  30;  Joel  2,  12^ 
13;  Ps.  88,  31—34;  Ezech.  3(5,  18—23:  33,  10.  11;  Jes.  57.  16—18 
und  Jerem.  10,  24  an,  und  entnimmt  (C.  11)  dem  Evangelium  die 
Geschichte  von  der  grossen  Sünderin.  „Erröthe  nun  (C.  12),  wenn 
du  es  kannst,  Xovatian,  lass  ab  mit  deinen  gottlosen  Argumenten 
die  Unerfahrenen  zu  täuschen,  lass  ab,  sie  mit  der  aus  einem 
Satze  geschöpften  Einwendung  zu  schrecken.  AVir  lesen  und  ver- 
ehren und  übersehen  nicht  den  göttlichen  Ausspruch  des  Herrn, 
der  da  sagt,  er  Averde  den  Verleugner  verleugnen,  aber  auch  den 
Bussfertigen?  Doch  was  bedarf  es  langer  Beweisführungen  in 
Bezug  auf  die  Fälle  göttlichen  Erbarmens,  da  sich  Gott  selbst  der 
fremden  Xiniviten  und  des  Pharao  (Exod.  9.  28)  erbarmt  hat.  wäh- 
rend du,  Xovatian,  richtest  und  verkündigst,  dass  die  Gefallenen 
keine  Hoffnung  auf  Frieden  und  Barmherzigkeit  haben,  und  dem 


macht:  (liejenigen,  die  hier  als  ,,pares"  in  Bezns:  auf  die  Confessoren  (in 
der  Verfolgung  des  Gallus)  bezeichnet  werden,  sind  ihnen  doch  nur  insofern 
gleich,  als  jene  Confessoren  auch  einst  (nämlich  in  der  Verfolgung  des 
Decius)  Gefallene  waren;  aber  in  dem  Hauptpunkt  sind  sie  ihnen  nicht 
gleich,  sondern  ganz  von  ihnen  verschieden;  denn  jene  haben  eine  zweite 
Verfolgung  siegreich  überstanden. 


Harnack,  Über  eine  Schrift  des  Papstes  Sixtus  II.  15 

Schelten  des  Apostels  (Rom.  14,  4)  dein  Ohr  nicht  leihst!  Im 
Namen  eben  dieser  Gefallenen  schilt  Euch  der  h.  Geist  und  spricht 
(folgt  Micha  8,  8. 10),  und  (C.  13)  hast  du  nicht  I  Reg.  2, 3.  8;  I  Cor. 
10, 12;  I  Petr.  5,  5;  Mtth.  23, 12;  Ps.  9,  7. 11;  Mtth.  7,  2;  I  Joh.  7,  2 
gelesen?  Daher  ist  es  mir  ganz  unbegreiflich,  wie  der  so  frevel- 
hafte, verderbte,  in  seiner  schismatischen  Wuth  v^ahnsinnige 
Novatian  auftreten  konnte,  er,  der  (früher)  stets  in  dem  einen 
Hause  d.  i.  in  der  Kirche  Christi  die  Sünden  seiner  Nächsten  wie 
seine  eigenen  beweint,  die  Lasten  der  Brüder,  wie  der  Apostel 
ermahnt,  auf  sich  genommen,  die  im  Glauben  Schwankenden 
durch  himmlischen  Zuspruch  gestärkt  hat;  jetzt  aber,  seitdem  er 
jene  Kains-Häresie  \),  welche  nach  nichts  anderem  als  nach  Mord 
trachtet,  zu  üben  begonnen  hat,  schont  er  neuerdings  seiner  selbst 
nicht  mehr;  denn  wenn  er  gelesen  hätte,  dass  „die  Gerechtigkeit 
des  Gerechten  den  nicht  befreien  wird  an  dem  Tage,  da  er  in  die 
Irre  geräth,  und  die  Ungerechtigkeit  des  Gottlosen  dem  nicht 
schaden  wird,  von  dem  Tage  an,  da  er  sich  bekehren  wird", 
hätte  er  schon  längst  in  Asche  Busse  gethan  —  er,  der  immer 
die  Büssenden  bekämpft,  der  lieber  daran  arbeitet  die  feststehen- 
den Gebäude  zu  ruiniren,  als  die  in  Trümmern  liegenden  Ruinen 
aufzurichten,  er,  der  viele  tief  Elende  aus  unseren  Brüdern  durch 
die  falschen  Gegensätze  (die  er  einführt)  in  Schrecken  versetzt 
und  wiederum  zu  Heiden  gemacht  hat,  indem  er  erklärt,  dass  die 
Busse  der  Gefallenen  nichtig  ist  und  ihnen  zum  Heil  nicht  nützen 
kann,  während  doch  die  Schrift,  sagt:  „Gedenke,  von  wo  du  ge- 
fallen bist  und  thue  Busse  usw."  (Apoc.  2,  5).  Werden  doch  jeder 
der  sieben  Gemeinden  ihre  besonderen  Verbrechen  und  Sünden 
vorgehalten  und  allen  zugerufen:  „Thut  Busse".  Wem  gilt's?  nun 
eben  denen,  die  er  um  den  th euren  Preis  seines  Bluts  erkauft 
hat.  (C.  14)  0  du  gottloser  und  verbrecherischer  Mann,  Häretiker 
Novatian  —  in  früherer  Zeit,  als  du  selbst  noch,  bevor  du  Apostat 
wurdest,  im  Hause  Gottes  (der  Kirche)  warst,  da  hast  du  wohl 
gewusst,  dass  in  der  Kirche  zahlreiche  und  sehr  grosse  Verbrechen 
von  Einigen  freiwillig  begangen  worden  sind,  und  hast  gelehrt, 
dass  sie  doch  aus  dem  Gedächtniss  ausgetilgt  werden  können, 
nämlich  durch  ein  darauffolgendes  Gute,  nach  dem  zuverlässigen 
Ausspruch  der  Schrift:  „Wenn  der  Verbrecher  sich  bekehrt  usw." 


1)  S.  darüber  unten. 


j^(j  •        Harnack,  Über  eine  Schrift  des  Papstes  Sixtus  II. 

(folgt  Ezech.  18,  21)  —  denn  „die  Sünden,  die  er  begangen  hat, 
werden  aus  dem  Gredächtniss  ausgetilgt  Averden  durch  darauf 
folgende  gute  Handlungen"  ^).  Und  heute  ziehst  du  es  in  Zweifel, 
ol)  die  Wunden  der  Gefallenen  geheilt  werden  sollen,  die  vom 
Teufel  entblösst  und  zu  Fall  gebracht  worden  sind  „durch  die  Ge- 
walt des  Wassers,  das  der  Drache  aus  seinem  Maule  dem  Weibe 
nachspie"  (Apoc.  12,  15).  Der  Apostel  sagt:  „Lobe  ich  Euch?  darin 
lobe  ich  Euch  nicht,  weil  ihr  nicht  zum  Besseren,  sondern  zum 
Schlechteren  vorgeschritten  seid"  (1  Cor.  11,  22.  17);  denn  „wenn 
Streitigkeiten  und  Spaltungen  unter  Euch  sind,  seid  Ihr  nicht 
fleischlich  und  wandelt  nach  der  Menschen  Weise?"  (I  Cor.  3,  3). 
Doch  es  darf  uns  nicht  wundern,  dass  Novatian  jetzt  wagt,  so 
Schändliches  und  Schweres  gegen  die  Gefallenen  zu  verüben; 
wir  haben  dafür  ja  Beispiele:  Saul  war  vorzüglich  gut,  nachher 
aber  fiel  er  durch  Neid  und  trachtete  darnach,  David  alles  Schlimme 
und  Feindselige  anzuthun;  Judas  war  ein  erwählter  Apostel  und 
lebte  stets  im  Hause  Gottes  einmüthig  und  gläubig,  nachher 
verrieth  er  Gott.  Hat  doch  auch  der  Herr  angekündigt,  dass 
viele  reissende  Wölfe  in  Schafskleidern  kommen  werden.  Wer 
sind  diese  reissenden  Wölfe,  wenn  nicht  die,  die  verschlagenen 
Sinns  darnach  trachten  die  Heerde  Christi  zu  befehden?  wie  wir 
bei  Sacharjah  (9,  16)  und  Ezechiel  (34,  3.  4.  10.  11.  16)  lesen  (diese 
Stellen  folgen).  (C.  15)  Wer  spricht  diese  Worte?  nun  der,  der 
die  Gleichnisse  vom  verlorenen  Schaf  und  vom  verlorenen  Gro- 
schen gesprochen  und  gesagt  hat,  dass  Freude  vor  den  Engeln 
Gottes  ist  über  einen  Sünder,  der  Busse  thut.  Es  ist  derselbe, 
der  Luc.  13,  1 — 5  denen,  die  nicht  Busse  thun,  das  Gericht  an- 
kündigt: „Ich  sage  Euch,  wenn  Ihr  nicht  Busse  thut,  werdet  Ihr 
in  derselben  Weise  umkommen". 

Der  Verfasser  ist  durch  dieses  Citat  bereits  zur  Schluss- 
ermahnung übergegangen  (C.  16 — 18).  Er  leitet  sie  ein  mit  fol- 
genden Worten:  Ermuntern  wir  uns  daher,  geliebteste  Brüder, 
mit  allen  Kräften,  lasst  uns  den  Schlaf  der  Trägheit  und  Sorg- 
losigkeit abwerfen  und  wach  sein  in  Bezug  auf  die  Beobachtung 
der  Gebote  des  Herrn!  Lasst  uns  mit  ganzem  Herzen  suchen, 
was  wir  verloren  haben,   auf  dass  wir  es  finden  können;    denn 


1)  Dies  scheinen  Worte  Novatian's  gewesen  zu  sein  aus  der  Zeit,  da  er 
noch  in  der  Kirche  war. 


Harnack,  Über  eine  Schrift  des  Papstes  Sixtus  II.  17 

„wer  da  bittet",  sagt  die  Schrift,  „dem  wird  gegeben  und  wer  da 
anklopft,  dem  wird  aufgethan".    Lasset  uns  unser  Haus  reinigen 
auf  geistliche  Weise,  auf  dass  unser  geheimstes  Innere,  erleuchtet 
durch   das  wahre  Licht  des  Evangeliums,  sprechen  möge:    „Vor 
Dir  allein  habe  ich  gesündigt  und  Unrecht  vor  Dir  gethan";  denn 
„der  Tod  der  Sünder  ist  schlimm  und  in  der  Unterwelt  giebt  es 
keine  Busse".    Vor  allem  wollen  wir  den  Tag  des  Gerichts  und 
der  Vergeltung  vor  Augen  behalten,  an  dem  Gott  ohne  Ansehen 
der  Person  —  das   müssen  wir  fest  glauben  (Rom.  2,  11;   Deut. 
1,  17  u.  16,  19;  Ezech.  18,  4)  —  richten  wird.    Den  müssen  wir 
verehren,  festhalten  und  durch  unsere  vollkommene  und  würdige 
Beichte  uns  gnädig  stimmen,   der  Macht  hat,  Seele  und  Leib  in 
die  Feuer-Gehenna  zu  schicken.    Um  den  Ernst  des  Gerichts  vor 
Augen  zu  malen,  werden  nun  citirt  1)  die  Henochstelle,  die  auch 
Judas  14.  15   citirt  ist,   2)  Daniel  7,  9.  10,   3)  Apoc.  6,  12—17, 
4)  Apoc.  20,  1 1  —  13,  5)  Ephes.  5,  6.  7.    Geben  wir  also  (C.  18)  mit 
allen  Kräften   unseres   Glaubens  Gott  Lob,   lasset  uns   eine  voll- 
kommene Beichte  leisten,  da  ja  über  unsere  Busse  sich  freuen  die 
Gewalten  der  Himmel,    sich   freuen  alle  Engel,   sich  freut  auch 
Christus,  der  uns,  die  wir  aufs  neue  mit  Sünden  beladen  und  von 
Vergehungen  überschüttet  sind,   mit  vollkommener  und  gütiger 
Sanftmuth  von  der  Unthat  abzulassen  ermahnt,  indem  er  spricht: 
„Bekehret  Euch  usw."  (es  folgt  —  sehr  geschickt  ausgewählt  — 
Ezech.  18,  30—32  und  Jes.  43,  25.  26).    Solange,  o  Brüder,  der 
Zugang  zur  Nachsicht  offen  steht,   wollen  wir  Gott  durch  voll- 
kommene Satisfactionen    anflehen;    wir   wollen    uns    erniedrigen, 
damit  wir  erhöht  werden  können.    Wir  wollen  uns  jene  Ermah- 
nung des  Herrn   zur  sicheren  Beruhigung   gedeihen  lassen,   die 
uns  dem  Tag  des  Herrn  und  seinem  Zorn  zu  entgehen  verstattet 
(folgt  —  wiederum  sehr  wirksam  ausgewählt  —  Sirach  2,  10 — 12). 
Gott   erklärt  somit:    „Beichte   deine  Unthaten  vorher,   damit  du 
gerechtfertigt  werdest".    Stets  möge  jenes  Wort  vor  uns  stehen^), 
das   ein  vollkommenes  Beichtbekenntniss  enthält.  —  Hier  bricht 
der  Text  ab.    Die  Schrift  ist  somit  streng  disponirt;  sie  zerfällt  in 
eine  Einleitung  (c.  1  — c.  2  p.  54,  26),  in  einen  ersten  positiven  Theil 
(Ausführung  über  die  Arche  und  die  Taube  c.  2  p.  54,  26  —  c.  7 
p.  58,  5),  in  einen  zweiten  negativen  Theil  (Widerlegung  der  nova- 


1)  Ich  lese  „nobis''  statt  des  überlieferten  „vobis". 
Texte  u.  Untersuchungen  XIII,  l. 


j^g  Harnack,  Über  eine  Schrift  des  Papstes  Sixtus  IL 

tianischen  Auslegung  von  Matth.  10,33  mit  angehängten  biblisclien 
Beweisstellen,  dass  Gott  den  bussfertigen  Verleugner  annimmt 
c.  7  p.  58,  5  —  c.  15  p.  66, 18)  und  in  einen  admonitorischen  Schluss 
(Ermahnung  zur  Busse  in  Hinblick  auf  das  Gericht  c.  16  p.  66. 
19— 18  p.  69,  9). 


5. 

Als  die  Verfolgung  des  Gallus  in  Sicht  war,  bcschloss  die 
karthaginiensische  Synode  von  42  Bischöfen  unter  Führung 
Cyprian's  allen  in  der  Verfolgung  des  Decius  Gefallenen,  die 
bis  dahin  Busse  gethan  hätten,  den  kirchlichen  Frieden  zu  geben, 
und  sie  zeigte  diesen  Beschluss  in  einem  officiellen  Schreiben 
dem  Cornelius  von  Rom  an  (Cypr.  ep.  57,  1)  ').  Es  w^ar  dies  gegen- 
über dem  bisher  beobachteten  und  mit  Rom  besprochenen  Ver- 
fahren, die  libellatici  zwar  aufzunehmen,  die  bussfertigen  sacri- 
ficati  aber  nur  in  der  Todesstunde  zu  absolviren  -)  (Cypr.  ep.  55,  17), 
ein  unficeheurer  Schritt  und  eine  «"ewaltisfe  NeuerunQ-,  Sie  musste 
natürlich  die  Kluft  zwischen  der  katholischen  und  der  novatiani- 
schen  Kirche  noch  vergrössern.  Cyprian  hat  sie  daher  in  jenem 
Schreiben  ausführlich  und  sorgfältig  zu  begründen  versucht  und 
auch  sein  letztes  Mittel  —  die  Berufuns;  auf  die  Eino-ebuno-  des 
h.  Geistes  und  nächtliche  Gesichte  — ^)  dabei  nicht  missen  zu 
können  geglaubt.  Am  Schluss  des  Briefs  spricht  die  Synode  die 
Hoffnung  aus,  dass  man  in  Rom  das  Verfahren  billigen  werde: 
„quod  credimus  vobis  quoque  paternae  misericordiae  contempla- 
tione  placiturum.  quod  si  de  collegis  aliquis  extiterit  qui  urgente 
certamine  pacem  fratribus  et  sororibus  non  putat  dandam,  reddet 


1)  „Necessitate  cogente  censuimus  eis  qui  de  eeclesia  domini  non  re- 
cesserunt  et  paenitentiam  agere  et  lamentari  ac  dominum  deprecari  a  primo 
lapsus  sui  die  non  destiterunt,  pacem  dandam  e?se  et  eos  ad  proelium  quod 
inminet  (cf.  58,  1)  arniari  et  instrui  oportere". 

2)  Ob  ausnahmsweise  auch  einige  Sacrificati  absolvirt  worden  sind 
vor  dem  casus  mortis,  darüber  s.  Fechtrup.  Cyprian  I  S.  128 f. 

3)  C.  5:  „Placuit  nobis  sancto  spiritu  suggerente  et  domino  per  visione;« 
multas  et  manifestas  admonente,  ut  quia  hostis  nobis  imminere  praenuntiatur 
et  ostenditur,  colligere  intra  castra  milites  Christi  et  examinatis  singulorum 
causis  (jedenfalls  auch,  ob  sie  wirklich  in  der  ganzen  Zwischenzeit  Busse 
gethan  und  sich  zur  Kirche  gehalten  hätten)  pacem  lapsis  dare,  immo 
pugnaturis  arma  suggerere". 


Harnack,  Über  eine  Schrift  des  Papstes  Sixtus  IL  19 

ille  rationem  in  die  iudicii  domino  vel  inportuDae  censurae  vel 
inhiimanae  duritiae  suae".  Die  Synode  schiebt  also  die  Beantwor- 
tung der  Frage  den  einzelnen  (auch  ausserafrikanischen)  Bischöfen 
ins  Gewissen;  aber  sie  will  ihnen  nichts  vorschreiben.  Schwer 
genug  mag  es  Cyprian  geworden  sein,  seine  ursprünglichen,  so 
lange  verfochtenen  Grundsätze,  nach  denen  die  Absolution  in  casu 
mortis  die  äusserste  Concession  war,  preiszugeben;  aber  er  hatte 
in  Karthago  eine  starke  laxe  Partei  neben  sich^);  sollte  die  afri- 
kanische Kirche  möglichst  einheitlich  und  gefestigt  den  neuen 
Stürmen  entgegen  gehen,  so  war  es  nöthig,  sowohl  den  gerade 
in  Afrika  sehr  zahlreichen  Gefallenen  als  der  laxen  Partei 
entgegenzukommen  und  so  dem  Schisma  die  Unterlage  zu  ent- 
ziehen '^). 


1)  Eine  strengere  Partei  war  in  Afrika  nicht  oder  kaum  (s.  Antonian) 
mehr  vorhanden.  Fechtrup,  Cyprian  I  S.  121  ff.,  urtheilt,  dass  der  Synodal- 
beschluss  v.  251  gegen  eine  strengere,  bedeutende  Minorität  durchgesetzt 
worden  ist.  Aber  später  ist  jedenfalls  von  einer  solchen  strengeren  Rich- 
tung in  Afrika  wenig  mehr  zu  spüren. 

2)  Cyprian's  Stimmung  und  Verfahren  gegen  die.  Gefallenen  hat  sich 
zweimal  verändert.  Die  erste  Periode,  die  der  Strenge,  reicht  bis  zum 
52.  Briefe,  und  sie  hat  ihren  kräftigsten  Ausdruck  in  dem  IVactat  de  lapsis 
gefunden  (s.  wie  hier  der  Fall  der  sacrificati  durchaus  als  ein  „freiwilliger" 
gefasst  wird  und  eine  Hoffnung  für  sie  kaum  auftaucht;  c.  17  lautet  ganz 
„novatianisch":  „nemo  se  fallat,  nemo  decipiat.  solus  dominus  misereri 
potest.  veniam  peccatis  quae  in  ipsum  commissa  sunt  solus  potest  ille  lar- 
giri  .  . .  nee  remittere  aut  donare  indulgentia  sua  servus  potest  quod  in  domi- 
num delicto  graviore  commissum  est  . .  .  dominus  orandus  est,  dominus  nostra 
satisfactione  placandus  est,  qui  negantem  negare  se  dixit,  qui  omne 
iudicium  de  patre  solus  accepit.  credimus  quidem  posse  apud  iudicem  plu- 
rimum  martyrum  merita  et  opera  iustorum,  sed  cum  iudicii  diesvene- 
rit").  Yom  54.  an  (der  Antwort  auf  die  Anzeige  der  römischen  Presbyter 
ep.  53,  dass  sie  von  Novatian  zu  Cornelius  übergegangen  seien)  macht  er 
gegen  Novatian  mit  Cornelius  gemeinsame  Sache  und  urtheilt  nun  über  das 
Vergehen  der  lapsi  viel  milder.  Hauptdocument  dieser  Stimmung  ist  der 
55.  Brief  an  Antonian  (die  Gefallenen  sind  vom  Teufel  verführt,  sind  arme 
Verwundete,  denen  man  helfen  muss  usw.,  s.  ep.  54,  3;  55.  3:  er  muss  sich 
vertheidigen,  „ne  me  aliquis  existimet  a  proposito  meo  leviter  recessisse,  et 
cum  evangelicum  vigorem  primo  et  inter  initia  defenderim,  postmodum 
videar  animum  meum  a  disciplina  et  censura  priore  flexisse".  ep.  55,  6.  13. 
17.  22.  28).  Diese  Stufe  ist  durch  die  scharfe  Unterscheidung  der  libellatici 
und  sacrificati,  die  generelle  Absolvirung  der  ersteren,  die  freundliche  Be- 
handlang der  letzteren  bezeichnet:  er  und  Cornelius  von  Rom  sind  dabei 
völlig  einverstanden.    Der  Beginn  der  dritten  Periode  ist  durch  die  zweite 

2* 


20  Havnack,  Über  eine  Schrift  des  Papstes  Sixtus  IL 

Anders  lagen  die  Dinge  in  Rom  und  in  vielen  orientalischen 
Gemeinden.  Die  Grundsätze  der  novatianischen,  strengen  Partei, 
die  in  Rom  bereits  eine  Gegenkirche  gebildet  hatte,  besassen  viele 
Sympathien  auch  in  der  grossen  Kirche.  Nur  schweren 
Herzens  und  halb  widerwillig  waren  in  Rom  mehrere  Confessoren 
und  Presbyter  noch  in  letzter  Stunde  auf  die  Seite  des  Cornelius 
gegen  Novatian  getreten,  um  ein  Schisma  zu  vermeiden.  Von 
einer  Partei  in  Rom,  die  laxer  gewesen  wäre  als  Cornelius  selbst, 
hören  wir  schlechterdings  nichts:  nur  mit  Strengeren  hatte  er  es 
zu  thun.  Die  Massregel,  die  in  Karthago  die  äusserste  Concession 
an  die  Gegenpartei  war  (Absolution  der  Gefallenen  in  casu  mor- 
tis), durch  welche  sich  Cyprian  glücklich  noch  auf  seinem  Sitze 
zu  halten  vermochte,  w^ar  in  Rom  der  Stein  des  Anstosses:  ein 
jeder  weiterer  Schritt  über  diese  Linie  hinaus  zu  Gunsten  der 
Gefallenen  musste  den  Bischof  vollends  in  seiner  Stellung  er- 
schüttern und  dem  Novatian  neue  Anhänger  zuführen.  Wir  hören 
denn  auch  nicht,  dass  ein  solcher  Schritt  in  Rom  beim  Ausbruch 
der  Verfolgung  des  Gallus  gethan  worden  ist.  In  dem  Brief  des 
Cyprian  an  Cornelius  (ep.  60)  und  in  dem  an  den  römischen 
Bischof  Lucius  (ep.  61)  müsste  etwas  davon  stehen,  wenn  die 
römische  Kirche  einen  ähnlichen  Beschluss  gefasst  hätte,  wie  die 
afrikanische.  Allein  nichts  dergleichen  ist  zu  lesen:  augenschein- 
lich ist  die  afrikanische  Generalabsolution  in  Rom  nicht  nach- 
geahmt worden.  Wohl  aber  —  und  das  ist  wichtior  —  kann 
Cyprian  seine  Freude  darüber  ausdrücken,  dass  Viele  von  den 
z.  Z.  des  Decius  Gefallenen  nun  Bekenner  geworden  sind  und  da- 
durch ihre  frühere  Stellung  wieder  errungen  haben  (^ep. 
60,  2:  „quot  illic  lapsi  gloriosa  confessione  sunt  restituti.  stete- 
runt  fortes  et  ipso  dolore  paenitentiae  facti  ad  proelium 
fbrtiores:  ut  appareat  nuper  subitatos  esse  et  novae  adque  insuetae 
rei  pavore  trepidasse,  redisse  ad  se  postmodum  fidem  veram  et 
vires  suas  de  dei  timore  collectas  ad  omnem  patientiam  constanter 
et  firmiter  roborasse  nee  iam  stare  ad  criminis  veniam  sed  ad  pas- 
sionis  coronam").  Mit  hinreichender  Deutlichkeit  geht  aus  diesen 
AVorten  hervor,  dass  jene  Bekenner  in  Rom  nicht  als  Absolvirte. 
sondern  als  Pönitenten  in  den  Kampf  eingetreten  waren,  ihn  be- 
afrikanische Synode  und  den  57.  Brief  eröffnet:  alle  Gefallenen  werden  ab- 
solvirt.  Eine  solche  (leneralabsolution  ist  in  Rom,  wie  sich  zeigen  wird, 
damals  (unmittelbar  vor  der  Verfolgung  des  Gallus)  nicht  ertheilt  worden. 


Harnack,  Über  eine  Schrift  des  Papstes  Sixtus  II.  21 

standen  hatten  und  damit  ipso  facto  in  integrum  restituirt  worden 
sind.  Von  denjenigen  Grefallenen  der  decianischen  Zeit,  die  nicht 
die  Gelegenheit  gehabt  haben,  Confessoren  zu  werden,  ist  nicht  die 
Rede;  wir  müssen  sie  uns  auch  nach  der  Verfolgung  des  Gallus 
in  ihrem  früheren  Zustande  als  kirchliche  Pönitenten  weiter  lebend 
denken. 

Welches  geschichtliche  Bild  zeigt  uns  unser  Tractat?  Die 
Decianische  und  die  Gallische  Verfolgung  sind  vorüber  (c.  6)  — 
nur  die  erste  erscheint  dem  Verfasser  als  Sindfluth  (c.  5),  die 
zweite  mehr  nur  als  ein  heilsames  Nachspiel  — ;  in  der  zweiten 
Verfolgung  sind  zahlreiche  Gefallene  der  ersten  Sieger  geworden 
(c.  6):  „nulli  enim  nostrum  dubium  vel  incertum  est"  (die  That- 
sache  selbst  liegt  also  bereits  etwas  zurück,  sonst  hätte  sich  der 
Verf.  wohl  anders  ausgedrückt),  „illos  qui  prima  acie  id  est  De- 
ciana  persecutione  vulnerati  fuerunt,  hos  postea  id  est  secundo 
proelio  ita  fortiter  perseverasse,  ut  contemnentes  edicta  saecula- 
rium  principum  hoc  invictum  haberent,  quod  et  non  metuerunt 
exemplo  boni  pastoris  ^)  animam  suam  tradere,  sanguinem  fudere 
nee  ullam  insanientis  tyranni  saevitiam  recusare".  Das  stimmt 
vollkommen  mit  Cypr.  ep.  60,  2.  Allein  das  Wichtige  ist,  dass  der 
Verfasser  trotzdem  vor  einer  grossen  Gruppe  von  Gefallenen  steht, 
die  sich  noch  eben  im  Stande  der  Pönitenten  befinden 
(c.  7:  „pares,  h.  e.  in  eodem  crimine  lapsus  sui  adhuc  usque  con- 
stituti"),  dass  er  als  Bischof  sich  bis  zur  Stunde  in  schwerer  Un- 
sicherheit befunden  hat,  wie  er  sie  behandeln  soll  (c.  1 :  „cogitanti 
mihi  et  intolerabiliter  animo  aestuanti  quidnam  agere  deberem 
de  miserandis  fratribus  qui  vulnerati  non  propria  voluntate  sed 
diaboli  saevientis  inruptione  adhuc  usque  h.  e.  per  longam  tem- 
porum  seriem  agentes  poenas  darent"),  nun  aber  sich  zu  der  El'- 
kenntniss  durchgerungen  hat,  dass  er  sie  absolviren  müsse,  und 
diesen  Entschluss  eben  durch  unsere  Predigt  ankündigt.  Ein 
Generalpardon  ist  also  in  der  Kirche,  deren  Bischof  unser  Ver- 
fasser  ist,    bisher  nicht  erfolgt.     Daraus   ergiebt  sich,    dass 


1)  Tillemont,  Memoires  T.  IV  (1696)  p.  135  erwägt  die  Möglichkeit, 
dass  unter  dem  „bonus  pastor"  der  Bischof  Cornelius  gemeint  sei;  allein  diese 
Hypothese  ist  mit  T.  abzuweisen;  denn  1)  ist  die  Beziehung  auf  Joh.  10,  12, 
also  auf  Christus,  die  nächstliegende,  2)  ist  Cornelius  nicht  gemartert  worden, 
sondern  in  der  Verbannung  gestorben.  Übrigens  liegt  in  der  Hypothese 
des  Erasmus,  Cornelius  sei  der  Verfasser  unserer  Schrift,  eine  particula  veri. 


22  Harnack,  Über  eine  Schrift  des  Papstes  Sixtus  II. 

unser  Tractat  nicht  aus  Afrika  stammt;  denn  dort  ist  ein 
solcher  erlassen  worden.  Dagegen  kann  die  Schrift  sehr  wohl 
aus  Rom  sein;  denn,  wie  oben  gezeigt  worden  ist,  ist  in  Rom 
keine  Generalabsolution   vor   der  Gallischen  Yerfoltfunö;  ertheilt 

o  CD 

worden;  ja  wir  wissen  noch  mehr:  Unter  den  Briefen  Cyprian's 
befindet  sich  ein  Schreiben  an  den  römischen  Bischof  Stephanus 
(254  oder  255),  welches  dem  gründlichen  Verständniss  bisher  ein 
nicht  geringes  Räthsel  bot  (ep.  68).  Cyprian  muss  diesen  römi- 
schen Bischof  aufs  ernstlichste  und  nachdrücklichste  ermahnen, 
er  solle  den  Bischof  Marcianus  von  Arles,  der  die  novatianischen 
Grundsätze  befolgte,  ja  sich  offenkundig  zu  dem  Schismatiker 
hielt,  preisgeben  und  auf  seine  Absetzung  hinwirken.  Aus  dem 
Briefe  erkennt  man,  dass  Stephanus,  obgleich  er  bereits  Briefe 
im  Sinne  Cyprian's  von  Faustinus  von  Lyon  und  von  anderen 
gallischen  Bischöfen  erhalten  hatte,  gezögert  hatte,  irgend  welche 
Schritte  zu  thun,  ja  man  erkennt,  dass  dieses  Zögern  ein  absicht- 
liches gewesen  ist,  und  dass  er  —  gewiss  in  der  Hoffnung,  die 
Novatianer  so  leichter  zurückführen  zu  können  —  von  der  Bahn 
seiner  Vorgänger  in  Sachen  der  Gefallenen  etwas  zu  Gunsten 
einer  strengeren  Auffassung  abgewichen  ist.  Muss  ihm  doch  Cy- 
prianus  (ep.  68,  5)  zurufen:  „Servandus  est  antecessorum  nostro- 
rum  beatorum  martyrum  Cornelii  et  Lucii  honor  gloriosus,  quo- 
rum  memoriam  cum  nos  honoremus,  multo  magis  tu,  frater 
carissime,  honorificare  et  servare  gravitate  et  auctoritate  tua  debes, 
qui  vicarius  et  successor  eorum  factus  es.  illi  enim  pleni  spiritu 
domini  et  in  glorioso  martyrio  constituti  dandam  esse  lapsis  pacem 
censuernnt  et  paenitentia  acta  fructum  communicationis  et  pacis 
negandum  non  esse  litteris  suis  signaverunt.  quam  rem  omnes 
omnino  ubique  censuimus  (also  mindestens  in  Afrika  war  dar- 
über kein  Streit  mehr,  s.  o.).  neque  enim  poterat  esse  apud  nos 
sensus  diversus,  in  quibus  unus  esset  spiritus:  et  ideo  manifestum 
est  eum  spiritus  sancti  veritatem  cum  ceteris  non  teuere,  quem 
videmus  diversa  sentire".  Diese  Worte  streifen  schon  hart  an  die 
Drohung  mit  einem  Bruch  heran,  und  wenn  wir  sehen,  das  Cyprian 
dem  Stephanus  Ezech.  34,  4— 6."  10.  16;  Matth.  9,  12;  Habac.  2,  5 
vor  die  Augen  stellt,  so  kann  das  nicht  absichtslos  geschehen 
sein.  Es  ergiebt  sich,  dass  Stephanus  in  seiner  Politik  ein  ge- 
wisses Entgegenkommen  gegen  die  Novatianer  gezeigt  hat  (es 
gab  [s.  o.]  zu   seiner  Zeit  noch   immer  Gefallene   aus   der  Decia- 


Harnack,  Über  eine  Schrift  des  Papstes  Sixtus  II.  23 

nischen  Verfolgung;  hier  konnte  er  seine  strengere  Haltung  that- 
sächlich  bewähren).  Dieses  Verhalten  steht  in  vollem  Einklang 
mit  seiner  Stellung  im  Ketzertaufstreit;  denn  die  Anerkennung 
der  Ketzertaufe  sollte  es  den  Häretikern  unzweifelhaft  auch  er- 
leichtern, zur  katholischen  Kirche  zurückzukehren.  Es  steht  end- 
lich auch  in  Einklang  mit  seinem  calixtinischen  Eintreten  für 
die  Unabsetzbarkeit  der  Bischöfe  (s.  Cypr.  ep.  67);  denn  durch 
dieses  hat  er  seine  Absicht  bekundet,  die  Unverletzlichkeit  der 
Priesterwürde  zu  verstärken  und  damit  die  Kirche  zu  sichern  und 
zu  festigen. 

Wir  müssen  somit  annehmen,  1)  dass  in  Rom  vor  der  Ver- 
folgung des  Gallus  keine  Generalabsolution  wie  in  Afrika  erfolgt 
ist,  dass  also  nach  derselben  noch  eine  beträchtliche  Gruppe  von 
büssenden  Gefallenen  in  der  Kirche  vorhanden  war,  2)  dass 
Stephanus  die  Grundsätze  der  Behandlung  derselben  eher  ver- 
schärft als  gemildert  hat,  um  nicht  noch  mehr  Terrain  an  die 
Novatianer  zu  verlieren,  dass  also  auch  z.  Z.  seines  Todes 
(t  2.  August  257)  noch  immer  büssende  Gefallene  in  Rom  auf 
den  Frieden  warteten.  Was  aber  unseren  Tractat  anlangt,  so 
kann  er  nicht  aus  Afrika  stammen  ^),  wohl  aber  aus  Rom,  jedoch 


1)  Für  den  afrikanischen  Ursprung  wird  regelmässig  die  Stelle  c.  2 
p.  54,  11  sq.  angeführt.  Nach  Anführung  von  Jesaj.  30.  1  heisst  es:  „quid 
ad  ista  respondeant  perversissimi  isti  Novatiani  vel  nunc  infelicissimi  pauci: 
qui  ad  tantam  furoris  dementiam  proruperunt,  ut  nee  deo  nee  homini  reve- 
rentiam  habuerint?  iUic  inpudenter  et  sine  uUa  ordinationis  lege  episco- 
patus  adpetitur,  hie  dum  (D:  autem)  propriis  sedibus  et  cathedrae  sibi 
traditae  a  deo  renuntiatur.  ilHc  veritas:  „aspernantur  me,  ut  sacrificent 
mihi  nee  offerunt  etc."  (Ezech.  44,  10.  13).  satis  sit  paucis  probasse  quidnam 
sint.  audite  igitur,  Novatiani  etc."  Man  meint  hier  unter  den  „infelicissimi 
pauci"  die  Anhänger  des  Felicissimus,  des  Hauptes  des  karthaginiensischen 
Schismas,  verstehen  zu  müssen,  und  damit  sei  der  afrikanische  Ursprung 
unserer  Schrift  indicirt.  Dagegen  ist  zu  bemerken:  1)  die  LA  „infelicissimi" 
ist  nicht  sicher;  K  bietet  sie  zwar,  aber  D  bietet  „infelicissime" ;  jenes 
konnte  leichter  aus  diesem  entstehen  als  umgekehrt,  und  „infelicissime" 
giebt  einen  vortrefflichen  Sinn;  der  Verfasser  redet  ja  auch  sonst  an  vielen 
Stellen  den  Novatian  direct  an:  „jene  Novatianer,  die  nun  bereits,  o  Un- 
glückseligster, ganz  zusammengeschmolzen  sind.  2)  aber  auch  wenn  man 
die  LA  „infelicissimi"  vorzieht,  ist  kein  Grund  vorhanden,  an  die  Spaltung 
des  Felicissimus  zu  denken;  denn  a)  ist  es  sehr  auffallend,  dass  sie  ironisch 
durch  ,, infelicissimi  bezeichnet  sein  sollten  —  wer  kann  denn  das  neben 
den    ohne    ironische    Bezeichnung    eingeführten    Novatianern    verstehen? 


24  Harnack,  Über  eine  Schrift  des  Papstes  Sixtus  IL 

wenn  aus  Rom,  dann  nicht  von  Stephanus;   denn  sein  Verfasser 
bekundet  nicht  nur  kein  Entgegenkommen  gegen  Novatian  und 


b)  unmittelbar  vorher  ist  das  Adjectiv  perversissimi  gebraucht,  also  ist  es 
wahrscheinlich,  dass  auch  „infelicissimi'^  Adjectiv  ist.  c)  in  dem  ganzen 
Tractat  ist  schlechterdings  nur  von  den  Novatianern  die  Rede;  sie  werden 
auch  in  dem  gleich  Folgenden  allein  angeredet;  wie  soll  der  Verf.  darauf 
kommen,  hier  nebenbei  sich  auch  gegen  die  Spaltung  des  Felicissimus  zu 
wenden?  d)  das  folgende  „illic  —  hie",  welches  ohne  Zweifel  dazu  verführt 
hat,  im  Vorangehenden,  zwei  Adressaten  anzunehmen,  ist  bei  näherer  Be- 
trachtung dieser  Hypothese  ganz  ungünstig;  denn  sein  Inhalt  lässt  sich 
nicht  auf  zwei  Parteien  vertheilen,  sondern  bringt  zwei  correspondirende 
Seiten  derselben  Sache  zum  Ausdruck :  einerseits .  —  d.  h.  wenn  man  ihre 
Gemeinschaft  betrachtet  —  haben  sie  willkührlich  und  wider  alle  Ordnung 
das  Bischofsamt  zu  erreichen  gesucht  (,,episcopatus  adpetitur"  sagt  unser 
Verfasser  von  Novatian;  Cornelius  braucht  von  ihm  denselben  Ausdruck 
bei  Euseb.,  h.  e.  VI,  43,  13:  x'lolv  sQyoiq  ij  tlol  noXiztiaiq  x^&aQQi]üwg 
dvTS7ton]S-Tj  xfjg  imaxonijg),  andererseits  —  d.  h.  wenn  man  die  Stellung 
betrachtet,  die  sie  bei  uns  früher  besessen  haben  —  haben  sie  ihre  (Pres- 
byter^sitze  und  den  bischöflichen  Lehrstuhl,  der  ihrer  Obhut  anvertraut 
war,  preisgegeben.  Das  ist  dieselbe  Unthat,  nur  in  doppelter  Beleuchtung, 
und  sie  passt  vorzüglich  auf  die  Novatianer;  denn  Novatian  und  einige 
seines  Anhangs  waren  Presbyter  in  der  katholischen  Kirche  gewesen;  aber 
sie  gaben  ihre  Sitze  preis,  erkannten  den  Episkopat  des  Cornelius  nicht  an, 
und  Novatian  wurde  zum  Gegenbischof  erhoben.  Der  Verfasser  setzt  nun 
noch  einmal  mit  „illic"  ein  und  bringt  eine  Schriftstelle;  aber  das  ,,hic" 
fehlt  dann.  Möglicherweise  ist  in  unserem  Text  etwas  ausgefallen;  viel- 
leicht aber  hat  es  der  Verf.  fallen  lassen,  weil  jenes  „illic  —  hie"  ihm  über- 
haupt nur  als  eine  rhetorische  Wendung  gedient  hat.  Als  solche  finden 
wir  sie  auch  an  einer  Stelle  in  der  Schrift  adv.  aleatores  (c.  6),  wo  eine 
streng  disjunctive  Bedeutung  nicht  angenommen  werden  darf;  es  heisst 
dort  von  den  Spielhöllen:  „hie  eonerepat  aleae  sonus,  illic  silentio  operatur 
ineestus ;  hie  sine  ullo  dignitatis  suae  respeetu"  [man  vgl.  die  formelle  Ähn- 
lichkeit mit  unserer  Stelle:  „illic  sine  ulla  ordinationis  lege"]  sine  ulla  ex- 
cusatione  pestifero  studio  eedere  bonis  suis  eoguntur,  illic  seereto  mortale 
venenum  bibitur".  Ahnlich  ist  auch  hier  das  „illic  —  hie"  zu  verstehen. 
Aus  allen  diesen  Gründen  ist  es  ganz  unwahrscheinlich,  dass  unter  „infeli- 
eissimi"  —  wenn  so  gelesen  werden  müsste  —  die  Anhänger  des  Felicissi- 
mus zu  verstehen  sind.  Dazu  kommt  noch,  dass  das  „vel  nunc  .  .  .  pauci", 
von  den  Novatianern  gesagt,  eine  Parallele  in  dem  Brief  des  Cornelius  bei 
Euseb.,  h.  e.  VI,  43,  20  besitzt;  denn  aus  dieser  Stelle  geht  hervor,  dass  der 
Anhang  des  Novatian  am  Anfang  in  Rom  am  grössten  war  und  allmäh- 
lich geringer  wurde:  ^'Hötj  6h  i'aS^i  yeyvf.tvwa&ai  xal  apyjßov  yeyovivai,  xaicc- 
ÄijunavovTCDv  avrov  xaO^^  i](j.bQav  hxäozrjv  xwv  döE).(pä)v  xal  elq  r/}v  txx?.fj- 
alav  STiaveQ'/Ofievwv.  3)  Aber  selbst  wenn  es  glaublich  wäre,  dass  unter 
,,infelieissimi"   die  Anhänger  des  Felicissimus  zu  verstehen  seien,    so  läge 


Harnack,  Über  eine  Schrift  des  Papstes  Sixtus  IT.  25 

seine  Grundsätze,  sondern  er  zeigt  sich  als  sein  grimmigster,  un- 
erbittlichster Gegner  ^). 

6. 

Unser  Tractat  stammt  wirklich  aus  Rom  —  das  zeigt  vor 
Allem  das  Verhältniss  zu  Novatian.  Die  grosse  persönliche  Er- 
bitterung des  Verfassers  gegen  ihn,  die  wuthschnaubende  Polemik, 
die  gute  Kunde  seines  Thuns,  seiner  Worte,  seiner  Absichten  — 
der  gegenwärtigen  und  der  früheren  —  die  in  Zorn  und  Hass 
umgeschlagene  ursprüngliche  Hochachtung,  das  Gefühl,  ganz  direct 
von  ihm  in  dem  eigenen  Kreise   gestört  und  geschädigt  zu  w^er- 


noch  kein  sicherer  Grund  vor,  den  Verf.  der  Schrift  für  einen  Afrikaner 
halten  zu  müssen;  eine  so  beiläufige  Erwähnung  des  Schismas  des  FeHcissi- 
mus  könnte  sich  wohl  auch  in  einer  römischen  Schrift  der  fünfziger  Jahre 
des  3.  Jahrhunderts  finden.  —  Beiläufig  bemerke  ich,  dass  der  Ausdruck 
„cathedra  sibi  (d.  h.  den  Presbytern)  tradita"  ein  m.  W.  ungewöhnlicher  und 
desshalb  interessanter  ist.  Die  „cathedra''  kann  nur  die  bischöfliche  sein; 
denn  mit  ,,sedes"  sind  bereits  die  Amtssitze  der  Presbyter  bezeichnet.  Das 
Auffallende  ist,  dass  es  von  den  Presbytern  heisst,  ihnen  sei  die  cathedra 
„tradita''  gewesen.  Selbst  wenn  man  das  in  dem  Sinn  =  „zur  Beschützung 
und  Bewachung  anvertraut",  nimmt,  bleibt  die  Sache  auffallend,  weil  1)  tra- 
dere  bei  cathedra  und  den  synonymen  Worten  im  Sinn  von  „zum  Besitz 
übergeben"  ganz  gewöhnlich  (=  conferre),  ja  fast  term.  techn.  ist,  und 
weil  2)  die  Vorstellung,  dass  die  Presbyter  die  Hüter  des  bischöflichen 
Stuhls  sein  sollen,  sonst  nicht  belegt  werden  kann.  Allein  sobald  man 
sich  erinnert,  dass  vor  der  Bischofswahl  des  Cornelius  eine  14 monatliche 
Sedisvacanz  in  Rom  gewesen  ist  (21.  Jan.  250— Anfang  März  251)  und  dass 
während  dieser  Zeit  die  Presbyter  unter  Führung  Novatian's 
das  Bisthum  verwaltet  haben,  so  erklärt  sich  der  Ausdruck  vortreff- 
lich. Die  cathedra  war  in  dieser  Zeit  wirklich  dem  Novatian  und  den  an- 
deren Presbytern  „übergeben"  (tradita).  Ist  diese  Erklärung  richtig,  und 
ich  sehe  nicht  ein,  welche  andere  man  an  ihre  Stelle  setzen  kann,  so  folgt, 
dass  unsere  Schrift  aus  Rom  stammt;  denn  nur  in  Rom  selbst  konnte  sich 
ein  Verfasser  so  kurz  ausdrücken  und  doch  darauf  rechnen,  verstanden  zu 
werden.  Ausserhalb  Roms  musste  der  Ausdruck  von  der  cathedra,  die  den 
Presbytern  übergeben  gewesen,  unklar  sein.  Zur  Sache  aber  s.  die  frap- 
pante Parallele  Cypr.  ep.  73,  2:  „quia  et  honorem  cathedrae  sacerdotalis 
Novatianus  usurpat,  num  idcirco  nos  cathedrae  renuntiare  debemus?" 

1)  Ist  unsere  Schrift  nicht  aus  Afrika,  so  ist  schon  entschieden,  dass 
sie  nicht  dem  Cyprian  angehört,  dessen  Namen  sie  übrigens  auch  (s.  o.) 
nicht  trägt.  Die  Gründe  —  es  sind  vornehmlich  sprachliche  — ,  die  man 
anführen  kann  oder  angeführt  hat,  um  in  Cyprian  den  Verfasser  zu  er- 
kennen, werden  unten  mitgetheilt  werden. 


26  Harnack,  Über  eine  Schrift  des  Papstes  Sixtus  II. 

den  —  alle  diese  Monumente  vereinigen  sich,  um  es  jedem,  der 
zu  lesen  versteht,  klar  zu  machen:  Novatian  selbst  lebt  noch,  er 
lebt  in  der  unmittelbarsten  Nähe  des  Verfassers,  er  ist  sein  per- 
sönlicher Gegner  und  der  Feind  seiner  Kirche.  Doch  es  wird 
nützlich  sein,  das  sorgfältig  zusammenzustellen,  was  wir  über 
Novatian  und  seine  Kirche  aus  der  Schrift  erfahren;  sie  ist  als 
geschichtliche  Quelle  bisher  niemals  benutzt  worden,  und  sie  ent- 
hält doch  nicht  unwichtiges  Material: 

Nicht  jetzt  zum  ersten  Mal,  während  der  Verfasser  über 
seine  bischöflichen  Pflichten  gegenüber  den  Gefallenen  nachdenkt 
und  sich  zu  einer  milden  Behandlung  derselben  entschlossen  hat, 
erhebt  sich  Novatian,  sondern  er  ist  schon  seit  geraumer  Zeit 
aus  der  Kirche  ausgeschieden;  er  ist  erklärter  Schismatiker  und 
Häretiker  1);  er  hat  schon  seine  eigene  Kirche  2)  und  seine  ,.spe- 
lunca  tenebrosa"  ^).  Seine  Anhänger  besitzen  schon  einen  eigenen 
Namen  —  sie  nennen  sich,  so  behauptet  der  Verfasser  wenig- 
stens, ausdrücklich  „Novatianer"  — ^);  er  selbst  aber  nennt  sie 
„die  Reinen",  seine  Gegner  „die  Unreinen"  ^),  und  er  nennt  sie  nach 
I  Cor.  3,  12  „das  Gold"  und  nach  II  Tim.  2,  20  „die  goldenen  Ge- 
fässe",  während  er  seine  Gegner  (nach  denselben  Stellen)  als 
„Holz,  Heu  und  Stroh"  und  als  „die  irdenen  Gefässe",  die  zu  Un- 
ehren dienen,  bezeichnet^).   Er  ist  als  ,.Feind  der  göttlichen  Barm- 


1)  C.  1  u.  sonst:  „haereticus  Novatianus",  auch  „Apostat"  an  mehreren 
Stellen,  „perfidus",  etc. 

2)  C.  1:  ,,se  suosque  quos  colligit". 

3)  L.  c. 

4)  C.  (3:  „qui  enim  aliquando  Christiani  nunc  iam  non  Christiani  pri- 
mam  fidem  vestram  perfidia  posteriore  per  nominis  appellationem 
mutastis".  Das  kann  nicht  ganz  aus  der  Luft  gegriffen  sein.  Der  Verf. 
sagt  stets  „Novatiani";  der  Name  ist  incorrect  gebildet,  als  hiesse  der 
Mann  Novatus;  aber  „Novatian-'  ist  selbst  schon  eine  Ableitung,  und  daher 
machte  eine  neue  Ableitung  Schwierigkeit.  Cyprian  braucht  m.  W.  nie- 
mals den  Ausdruck  „Novatiani";  er  umschreibt  ihn  in  der  Regel;  Ju- 
biijan  (ep  73,  2)  spricht  von  „Novatianenses".  Nannten  sich  die  Anhänger 
des  Novatian  in  Rom  selbst  „Novatiani",  so  versteht  man  es,  dass  bald  — 
namentlich  im  ganzen  Orient  —  der  Stifter  des  Schismas  stets  „Novatus" 
genannt  worden  ist. 

5)  C.  1. 

C)  C.  1.  7.  Ich  vermuthe,  dass  die  Schrift  de  laude  martyrii  von  No- 
vatian geschrieben  ist,  und  zwar  vor  dem  Schisma.  Dort  findet  sich  nun 
c.  IG  der  Satz:  „auro,  ut  ipse  dixit,  similes  esse  debemus". 


Harnack,  Über  eine  Schrift  des  Papstes  Sixtus  II.  27 

herzigkeit'V  als  „Verächter  der  Busse"  längst  erkannt;  aber  nicht 
genug  —  er,  der  doch  von  der  Kirche  geschieden  ist,  erhebt  sich 
jetzt  noch  einmal.  Früher  war  er,  wie  der  Priester  und  Levit, 
an  dem  Verwundeten  vorübergegangen,  jetzt  will  er  ihn  „inge- 
niosa  ac  nova  crudelitate"  gar  vollends  todtschlagen  ^).  Das  ist 
die  Situation.  Es  handelt  sich  also  jetzt  um  einen  mehr  oder 
weniger  unerwarteten  neuen  Angriff  des  Mannes  auf  die  Kirche, 
obgleich  er  ausserhalb  der  Kirche  steht.  Der  Angriff  erfolgte  in 
dem  Momente,  wo  der  Bischof  diejenigen  absolviren  will  „qui  per 
longam  temporum  seriem  agentes  poenas  dederunt"  ^).  Dieser 
Augenblick  scheint  dem  Häretiker  günstig,  um  aufs  neue  als 
Wolf  in  die  Heerde  Christi  einzufallen,  die  Schafe  zu  rauben  und 
zu  zerfleischen.  Dass  der  längst  zum  Schismatiker,  Häretiker, 
Apostaten  gewordene  Novatian  noch  einen  Angriff*  versucht, 
das  entflammt  den  Bischof,  den  es  am  nächsten  angeht,  zum 
grimmigsten  Zorn.  Der  Zorn  entspringt  indess  mindestens  zum 
Theil  der  Sorge,  dass  N.  Eindruck  machen  wird:  ,,nos  autem, 
fratres  dilectissimi,  non  moveat  aut  turbet  haeretici  istius  perfidi 
abrupta  dementia,  qui  cum  in  tam  ingenti  dissensionis  et  schismatis 
sit  crimine  constitutus  et  ab  ecclesia  separatus,  sacrilega  temeri- 
tate  non  dubitet  in  nos  sua  crimina  retorquere".  Novatian's  be- 
stechende Argumentation,  dass  die  Kirche  „rein"  sein  müsse,  also 
keine  Gefallenen  in  sich  dulden  dürfe,  dass  sie  „Gold"  sein  müsse, 
sucht  der  Verfasser  damit  zurückzuweisen,  dass  er  vielmehr  ihn 
als  „a  semet  ipso  factus  immundus"  bezeichnet  und  ironisch  be- 
merkt, er  sei  wohl  Gold,  aber  das  goldene  Kalb^).  Allein  mit 
solcher  Entgegnung  ist  es  nicht  gethan;  der  Angriff  des  Feindes 
muss  nachdrücklicher  zurückgeschlagen  werden.  Wie  das  ge- 
schehen ist,  hat  unsere  oben  gegebene  Analyse  der  Schrift  ge- 
zeigt.   Wir  heben  aber  aus  ihr  noch  das  heraus,  was  zur  näheren 


1)  C.  1. 

2)  C.  1.  Ein  Theil  von  ihnen  hat  in  der  Verfolgung  des  Gallus  sich 
selbst  durch  das  Bekenntniss  wiederhergestellt  (c.  6);  sie  sind  „gloriosi'' 
„victores"  „domino  cari''  geworden;  aber  ein  anderer  schmachtet  noch 
immer  ausserhalb  der  Kirche  (c.  7). 

3)  Diese  Art  Ironie  ist  dem  Cyprian  fremd;  sie  findet  sich  bei  unserem 
Verfasser  noch  einmal  c.  2  p.  53,  24:  „has  opes,  has  divitias  pauper- 
tatis  (ähnlich  später  Augustin  in  der  Confess.)  pro  certo  possidere  se 
credat  etc." 


28 


Harnack,  "über  eine  Schrift  des  Papstes  Sixtus  IT. 


Kenntniss  Novatian's  dient:  Mit  Novatian  hat  es  einst  anders 
gestanden,  bevor  er  die  Kirche  verlassen  und  sich  zum  Bischof 
aufgeworfen  hat;  er  war  Presbyter,  ihm  war  sogar  zeitweilig  (mit 
den  anderen  Presbytern)  die  cathedra  episcopalis  anvertraut^);  er 
hätte  ein  „vas  pretiosum"  werden  können  2);  er  hat  in  früherer 
Zeit,  als  er  noch  in  der  Kirche  war,  stets  die  Sünden  seiner  Näch- 
sten, wie  seine  eigenen  beweint,  er  hat  die  Lasten  seiner  Mit- 
brüder getragen,  er  hat  die  im  Glauben  Schwankenden  durch 
himmlischen  Zuspruch  gestärkt  3).  Ja  noch  mehr:  er  hat  damals 
in  zahlreichen  Fällen  muthwilliger  und  schwerer  Verbrechen 
(w^ahrscheinlich  sind  Fleischessünden  gemeint)  ausdrücklich  ge- 
lehrt, dieselben  könnten  vergeben  werden;  der  Verf.  erinnert  sich 
sogar  noch  der  Worte,  die  Novatian  damals  gebraucht  hat,  und 
zwar  häufig  und  formelhaft:  „delicta  quae  commisit  abolebuntur 
de  memoria  succedentibus  bonis  factis",  so  lauteten  sie^).  Nun 
aber  ist  nicht  nur  durch  den  ersten  Bruch  bereits  Alles  anders 
geworden,  sondern  darüber  hinaus  setzt  er  „iam"  „nunc"  „novis- 
sime"  „hodie"  *^)  seinem  Wahnsinn  die  Krone  auf.  Nun  treibt  er 
sein  Bellen  weiter,  nun  wdll  er  die  Verwundeten  vollends  tödten, 
nun  will  er  dem  einst  am  jüngsten  Tage  richten^den  Christus  das 
Amt  abnehmen  6),  nun  führt  er  kein  anderes  Wort  im  Munde 
als  „Wer  mich  verleugnet  vor  den  Menschen,  den  will  ich  auch 
verleugnen  vor  meinem  himmlischen  Vater"  (in  der  That  finden 
wir   diesen   Spruch  bereits  in  einem   früheren  Brief  Novatian's^ 


1)  C.  2. 

2)  C.  1. 

3)  C.  13;  das  Letzte  wohl  auch  eine  Anspielung  auf  seine  schriftstelle- 
rische Thätigkeit;  ich  vermuthe,  er  meint  besonders  die  Schrift  de  laude 
martyrii.  De  bono  pudicitiae  14  nennt  Novatian  diesen  seinen  Tractat  eine 
„adlocutio"  (s.  c.  1). 

4)  C.  14.  Die  doppelte  Anführung  der  Worte  lässt  kaum  einen  Zweifel 
darüber,  dass  es  Worte  Novatians  sind,  resp.  dass  er  den  calixtinischen 
Grundsatz  von  der  Tergebbarkeit  der  Fleischessünden  vertreten  hat  und 
zwar  speciell  durch  die  Theorie,  die  auch  Cyprian  im  Tractat  de  op.  et 
eleemos.  vorgetragen  hat,  sie  würden  getilgt  ,. succedentibus  bonis  factis''. 
Er  hat  übrigens  auch  nachmals  diesen  Grundsatz  festgehalten;  denn  er 
behauptete  stets  nur  die  Unvergebbarkeit  der  Sünde  des  Abfalls  zum 
Götzendienst. 

5)  Zu  beachten  ist  vor  allem  der  Satz  c.  14:  ,,tu  hodie  retractas  an 
debeant  lapsorum  curari  vulnera". 

G)  C.  7. 


Harnack,  Über  eine  Schrift  des  Papstes  Sixtus  IL  29 

€p.  30,  7,  s.  auch  de  trinit.  14),  als  gäbe  es  in  der  h.  Schrift  nur 
diesen  Spruch  und  enthalte  sie  nichts  von  Barmherzigkeit,  son- 
dern nur  vom  Gericht^);  nun  ist  er  allen  Bussfertigen  feindselig, 
erklärt  die  poenitentia  lapsorum  für  nichtig,  schreckt  die  armen 
Brüder  durch  seine  falschen  Behauptungen  und  macht  sie  wie- 
derum zu  Heiden,  arbeitet  nicht,  um  was  da  gestürzt  ist,  auf- 
zurichten, sondern  um  niederzureissen,  was  steht  2),  und  erklärt, 
dass  die  Wunden  der  gefallenen  Brüder  überhaupt  nicht  geheilt 
werden  dürften:  „tam  nefanda  tam  gravia  in  personam  lapsorum 
excercere  nunc  audet" !  ^)  Statt  dass  er  „iam  olim"  Busse  gethan 
hätte,  „novissime  nee  sibi  parcit"  ^).  So  ist  es  mit  ihm  gegangen 
wie  mit  Saul  und  mit  Judas  ^).  In  der  Ausführung  dieser  Gleich- 
nisse zeigt  sich  noch  der  hohe  Respect,  den  der  Verf.  dem  ehe- 
maligen Novatian  gewidmet  hat:  Saul  war  „prae  ceteris  bonus", 
Judas  „inter  apostolos  electus  semper  in  domo  dei  unanimis 
et  fidelis". 

Dass  diese  Schilderung  oder  vielmehr  Erinnerung  aus  eigener 
Anschauung  geflossen  ist  und  der  Verfasser  mitten  im  Kampfe 
mit  diesem  Gegner  selbst  steht,  scheint  mir  unwidersprechlich  — 
also  redet  hier  ein  römischer  Bischof.  Was  aber  den  eigenen 
Standpunkt  betrifft,  so  sagt  er  zwar  im  Eingang  seiner  Schrift 
^,cogitanti  mihi  et  intolerabiliter  animo   aestuanti  Cjuidnam  agere 


1)  C.  8.  9.  12:  „Desine  unius  capituli  praescriptione  terrere".  Worauf 
■sich  der  c.  2  p.  54,  22  ausgesprochene  Vorwurf  der  Verfälschung  der  h. 
Schriften  bezieht,  wissen  wir  nicht. 

2)  C.  13.  Ob  Novatian  absolut  gesagt  hat  „paenitentia  lapsorum  vana 
€st  nee  potest  eis  proficere  ad  salutem",  kann  man  bezweifeln;  er  meinte 
doch  wohl  nur  ,,in  terris".  Oder  sollte  er  wirklich  gelehrt  haben,  jeder 
Verleugner  gehe  rettungslos  verloren  und  keine  Busse  helfe  ihm  mehr? 

3)  C.  14. 

4)  C.  13.  In  den  Worten  „at  nunc  ex  quo  carinam  (so  K,  caninam  D) 
illam  haeresim.  quae  non  nisi  tantum  occidere  gestit,  exercere  coepit,  nee 
sibi  novisse  parcit",  hat  Erasmus  die  Conjectur  „Cainam"  (Häresie  Kain's) 
gemacht,  und  die  späteren  Herausgeber,  auch  Hartel,  haben  sie  adoptirt; 
denn  das  „quae  non  nisi  tantum  occidere  gestit"  passt  vortrefflich.  Allein 
auch  „canina"  ist  nicht  übel,  da  der  Verfasser  c.  1  p.  53,  G  sq.  „Hunde"  ge- 
nannt hatte.  An  „Gaiana"  —  dann  wäre  eine  Abhängigkeit  von  Tertull.  de 
baptism.  1  gegeben  —  zu  denken,  liegt  kein  Grund  vor,  obschon  es  bemer- 
kenswerth  ist,  dass  Tertullian  von  der  haeresis  Caiana  sagt:  ..optime  novät 
pisciculos  necare  de  aqua  auferens". 

5)  C.  14. 


30  Harnack,  tJber  eine  Schrift  des  Papstes  Sixtus  IL 

deberem  de  miserandis  fratribus";  allein  die  Schrift  selbst  zeigt 
von  diesem  Schwanken  gar  nichts,  vielmehr  kennt  der  Ver- 
fasser schlechterdings  keine  Schranke  der  Vergebung 
mehr.  Sowohl  seine  Ausführung  über  die  i^rche  Noah  und 
die  Taube,  als  seine  Behandlung  des  Spruchs:  „Wer  mich  ver- 
leugnet" usw.,  als  seine  Sammlung  von  Bibelstellen  hat  ledig- 
lich den  Zweck  zu  zeigen,  dass  Gott  jedem  Bussfertigen  gnädig 
ist  ^),  und  dass  es  die  vornehmste  Aufgabe  der  Hirten  (d.  h.  der 
Bischöfe)  ist,  die  verwundeten  Schafe  zu  pflegen  und  die  ver- 
irrten wiederzubringen.  Seine  Schlussermahnung  lautet  daher 
auch  nicht:  „Hütet  euch  vor  Todsünden",  sondern  „leistet  eine 
plena  confessio"  „dum  patet  indulgentiae  aditus,  deum  plenis 
satisfactionibus  deprecemur";  ja  er  schliesst  mit  dem  Tröste: 
„Christus  nos  denuo  peccatis  oneratos,  delictis  obrutos  plena  et 
clementi  moderatione  cessare  a  facinore  hortatur".  Das  Vercjehen 
der  „lapsi"  aber  wird  in  einer  Weise  geschildert,  dass  man  er- 
kennt, wie  sehr  der  alte  strenge  Massstab  bereits  abgedankt 
ist.  Der  häufigste  Ausdruck  ist  „die  Verwundeten"  ^j  (nicht  die 
„Todten"),  und  zwar  verwundet  nicht  „propria  voluntate,  sed  dia- 
boli  saevientis  inruptione"  '■^).  Damit  wird  ihre  Verantwortlich- 
keit bedeutend  abgeschwächt.  Doch  wird  an  einer  Stelle^)  deut- 
lich, dass  es  sich  um  solche  handle,  qui  immemores  divinarum 
praedictionum  vel  simpliciter  ignorantes  vel  audaciter  dissi- 
mulantes  ceciderunt".  Dass  nicht  etwa  libellatici,  sondern  „sacri- 
ficati"  gemeint  sind,  geht  aus  c.  6  hervor^).  Dennoch  sagt  der 
Verfasser  einfach  ^) :  „provisa  est  vulneratis  salutis  via  ut  quibus- 


1)  Was  er  c.  2  p.  55,  10  sq.  sagt,  widerspricht  dem  nicht.  Wenn  er  hier 
eine  Kategorie  von  Menschen  kennt,  die  dem  Raben  d.  h.  dem  unreinen  Geiste 
ähnlich,  nicht  mehr  zurückkehren  können,  auch  wenn  sie  wollten,  so  ist 
dieses  „et  si  voluerint"  hypothetisch  gesetzt,  und  das  Charakteristische  dieser 
Leute  besteht  eben  darin,  dass  sie,  dem  Teufel  verfallen,  nicht  Busse  thun. 

2)  C.  1  p.  52,  10.  15;  c.  6  p.  57,  11.  18.  20.  28;  c.  14  p.  64,  10. 

3)  C.  1  p.  52,  10;  c.  6  p,  57,  11:  „lubrici  veneno  serpentis  sauciati  in 
lapsum  conversi";  c.  0  p.  57,  16:  „istis  tot  et  tantis  malignis  spiritibus  in- 
festantibus  et  in  lapsorum  necem  insurgentibus;  c.  14  p.  04,  10:  „nudati  a 
diabolo  ceciderunt".  Dagegen  c.  14  p.  64,  2:  „Novatian  vergiebt  die  crimina 
voluntarie  commissa  (Fleischessünden). 

4)  C.  5  p.  50,  26. 

5)  C.  0  p.  57,  10:  „Vestigia  negantium  hoc  est  sacrificatorum". 

6)  C.  6  p.  57,  18  sq. 


Harnack,  Über  eine  Schrift  des  Papstes  Sixtus  II.  31 

ciimqne  viribus  possent  toto  se  corpore  protrahere,  castris  suis 
recipere,  quibus  recepti  possent  medellis  spiritalibus  vulnera  sua 
curare"  i),  und  c.  12  p.  62,  11  sq.  lässt  er  sogar  den  heiligen  Geist 
,,ex  persona  lapsorum"  die  Worte  Micha  8,  8.  10  sprechen!'^) 
Diese  ganze  Auffassung  der  Gefallenenfrage  schliesst  sich  an  die- 
jenige an,  die  Cyprian  seit  ep.  55  besonders  seit  ep.  57  gewonnen 
hatte  3). 

Das  ist  nicht  mehr  der  Standpunkt,  wie  man  ihn  in  der 
Zeit  der  brennenden  Krisis  in  den  JJ.  250 — 252  einnahm,  das  ist 
mindestens  nicht  der  Standpunkt,  wie  man  ihn  damals  öffentlich 
vertreten  durfte.  Er  zeigt  vielmehr,  dass  die  Entwicklung  vor- 
gerückt ist  und  dass  wir  uns  in  einem  zweiten  Stadium  befinden  — 
ganz  entsprechend  dem  oben  gefundenen  Datum  für  unsere  Schrift 
(nach  254  bis  257/8).  Das  Neue,  was  wir  bisher  nicht  wussten,  be- 
steht aber  darin,  dass  in  diesem  zweiten  Stadium  Novatian  noch 
einmal  eine  Rolle  gespielt  hat,  dass  man  daher  in  Rom  noch  immer 
mit  ihm  rechnen  musste,  und  dass  der  Fortschritt  von  der  Ab- 
solution in  casu  mortis  zur  Generalabsolution  nicht  ohne  eine 
zweite  heftige  Zurückweisung  Novatian's  erfolgen  konnte,  weil 
er    sich    aufs    neue    regte    und    weil,    wenn    man    ihn    nicht    als 


1)  C.  16  p.  66,  24  spricht  er  vom  „verum  evangelii  lumen"  —  vielleicht 
im  Gegensatz  zu  Novatian,  der-  sich  als  „adsertor  evangelii"stets  gab. 

2)  Vorher  heisst  es:  „tu  iam,  Novatiane,  nullam  spem  pacis  ac  miseri- 
cordiae  habere  lapsos  praedicas". 

3)  S.  z.  B.  ep.  68,  1:  „ad  fovenda  vulnera  admittantur  vulnerati  .  .  . 
sine  spe  pacis  et  communicationis  relicti  ad  luporum  rapinam  et  praedam 
diaboli  proiciuntur".  —  Auch  in  der  Beurtheilung  Novatian's  sind  grosse 
Übereinstimmungen,  s.  besonders  Cypr.  ep.  55,  24;  ep.  69,  vor  allem  aber 
ep.  GO,  3  (während  der  Verfolgung  des  Gallus  geschrieben):  ,;Quid  ad  haec 
(die  glänzenden  Bekenntnisse  katholischer  Christen)  Novatianus,  frater  ca- 
rissime?  utrumne  iam  deponit  errorem?  an  vero,  qui  dementium  mos  est, 
ipsis  bonis  et  prosperis  nostris  plus  adactus  est  ad  furorem  et  quo  magis  ac 
magis  dilectionis  ac  fidei  hie  crescit  gloria,  illic  dissensionis  et  zeli  reciu- 
descit  insania :  nee  vulnus  suum  miser  curat,  sed  adhuc  gravius  et  se  et  suos 
vulnerat  („nee  sibi  novissime  parcit"  sagt  unser  Verfasser  c.  13),  in  perniciem 
fratrum  lingua  sua  perstrepens  et  facundiae  venenatae  iacula  contorquens, 
magis  durus  saecularis  philosophiae  pravitate  quam  sophiae  dominicae  leni- 
tate  pacificus,  desertor  ecclesiae,  misericordiae  hostis,  interfector  paeni- 
t(!ntiae,  doctor  superbiae.  veritatis  corruptor,  perditor  caritatis?  adgnoscitne 
iam  qui  sit  sacerdos  dei,  quae  sit  ecclesia  et  domus  Christi,  qui  sint  dei 
servi  quos'diabolus  infestet,  qui  sint  christiani  quos  antichristus  inpugnet?" 


32  Harnack,  Über  eine  Schrift  des  Papstes  Sixtus  II. 

Apostat  und  Hund,  als  wahnwüthig  und  gotteslästerlicli  brand- 
markte, Gefahr  vorhanden  war,  dass  er  mit  seinen  Mahnungen, 
zur  alten  Praxis  zurückzukehren,  Eindruck  machen  werde. 

Der  römische  Ursprung  unserer  Schrift  ist  aus  dem  ganzen 
Verhältniss    derselben    zu  Novatian    deutlich;    diese    Erkenntniss 
wird  unterstützt  1)  durch  den  Nachweis,  dass  sie  nicht  aus  Afrika 
stammen  kann,  wo  vor  der  Verfolgung  des  Gallus  eine  General- 
absolution  erlassen  worden  ist,   und  2)  durch  die  Beobachtung, 
dass   unsere  Schrift  höchst  wahrscheinlich   zusammen  mit   einer 
römischen  Schrift,    nämlich  Novatian's  Tractat   de  bono   pudi- 
citiae,  in  die  Cyprian-Sammlung  gekommen  ist.    Aber  noch  zwei 
Erkenntnisse   sind   der  Annahme   des   römischen  Ursprungs  sehr 
günstig.    In  c.  14  heisst  es  von  Judas  (p.  64,  20)  rund  und  ohne 
dass    diese  Ausdrucks  weise    durch    den    Context    motivirt   wäre: 
„ludas  postmodum  deum  prodidit".    Das  ist  römische  Christo- 
logie;    hier  zeigt  sich   das  Fortwirken   des   alten  modalistischen 
Geistes;    man    darf  es   bezweifeln,    ob  sich  Cyprian  je  so  ausge- 
drückt hätte  '),  obschon  er  natürlich  (s.  Testim.  II,  6)  Christus  das 
Prädicat    „deus"    gegeben    hat.     Wichtiger   noch   ist  die  zweite 
Stelle.     In   c.  3   (p.  55,  27)   lesen  wir:   „Unde  et  dominus  Chri- 
stus  Petro   sed    et   ceteris    discipulis    suis   mandat    dicens: 
Euntes    evangelizate  gentibus,    baptizantes   eos  in   nomine   patris 
et    filii   et   spiritus   sancti".      Nicht  dass   hier  Mtth.  28,  19  unter 
dem    Einfluss    von   Marc.   16,   15    citirt  ist,    ist    das  Wichtigste, 
sondern  dass  der  Auftrag,  obgleich  im  Evangelium  nichts  davon 
verlautet,    so   angeführt   ist,   als   sei  er   in  erster  Linie   dem 
Petrus,    erst   in    zweiter   den   übrigen  Jüngern   gegeben 
worden.     Diese   schwerlich   unabsichtliche   Behauptung   ist    im 
Munde   keines    anderen   Bischofs    so    wohl    verständlich    wie   in 
dem  eines  römischen.     Befinden    wir  uns  doch  in  der  Zeitnähe 
des  Ketzertaufstreits,    in   welchem   sich  Cyprian   gegen   den  An- 

1)  Man  vgl.  dagegen  die  christologische  Lehre  des  Novatian  de  trinit. 
13  und  des  Dionysius  Romanus,  wie  wir  sie  aus  seinem  Lehrbrief  (bei  Athanas., 
de  decret.  Nie  synodi  c.  26,  Routh,  Reliq.  IIP  p.  373  sq.)  kennen.  Diony- 
sius war  unter  Sixtus  II.  ein  einflussreiches  Mitglied  des  römischen  Pres- 
bytercollegiums  und  dann  der  Nachfolger  des  Sixtus.  Cyprian  schreibt  de 
Unit.  22:  „ludam  inter  apostolos  dominus  elegit  et  tarnen  dominum  ludas 
postmodum  tradidit".  Die  Abweichung  („deum")  ist  um  so  wichtiger,  als 
(s.  u.)  unser  Verfasser  den  Cyprian  hier  ausgeschrieben  hat. 


Harnack,  Über  eine  Schrift  des  Papstes  Sixtus  IL  33 

Spruch  des  Stephanus  „se  primatum  tenere  et  obtemperari  sibi 
ab  (ecclesiis)  novellis  et  posteris  oportere"^),  ernstlich  verthei- 
digen  rausste^).  Jenes  „Petro  sed  et  ceteris  discipulis"  schliesst 
den  Beweis  für  den  römischen  Ursprung  unserer  Schrift  ab  •^), 
und  nun  dürfen  wir  auch  die  Frage,  die  wir  oben  (im  3.  Ab- 
schnitt) unerledigt  gelassen  haben,  wieder  aufnehmen:  die  Leb- 
haftigkeit der  Beziehung  auf  Novatian  und  seine  AngrifiPe  in 
unserem  Tractat,  die  ernste  Sorge  des  Verfassers,  dass  er  wirk- 
lich Erfolg  haben  könnte,  die  Schlussausführungen  endlich  mit 
ihren  Ermahnungen  machen  es  überaus  wahrscheinlich,  dass  die 
„fratres  dilectissimi"  die  römische  Gemeinde  selbst  ist,  und  dass 
wir  in  unserer  Schrift  eine,  wenn  auch  von  vornherein  für  die 
schriftliche  Verbreitung  bestimmte  Ansprache  (adlocutio)  zu  er- 
kennen haben. 


7. 

Nachdem  erwiesen  ist,  dass  unsere  Schrift  eine  Predigt  eines 
römischen  Bischofs  aus  der  Zeit  frühestens  d.  J.  254  bis  Ende 
Juli  258  ist,  fragt  es  sich,  welches  Bischofs?  Lucius  (Juni 
253-5.  März  254),  Stephanus  (12.  Mai?  254—2.  Aug.  257)  und 
Sixtus  IL  (24?  31?  Aug.  257—6.  Aug.  258)  können  allein  in 
Betracht  kommen.  Unter  ihnen  wird  zunächst  Lucius  gestrichen 
werden  müssen;  denn  wenn  sich  auch  Cvprian  ausdrücklich  auf 
seine  freundliche  Gesinnung  gegen  die  Gefallenen  bezieht  (ep.  68,  5), 


1)  Ep.  71,  3. 

2)  S.  auch  ep.  Firmil.  c.  17  (Cypr.  ep.  75):  „. .  .  Stephani  stultitia,  quod 
qui  sie  de  episcopatus  sui  loco  gloriatur  et  se  successionem  Petri  tenere 
contendit  etc." 

3)  Einen  äusseren  Anlass  sich  so  auszudrücken  gab  dem  Verf.  die  Stelle 
Cypr.  de  unit.  4:  „hoc  erant  utique  et  ceteri  apostoli  quod  fuit  Petrus"  — 
ich  würde  das  nicht  annehmen,  wenn  nicht  bewiesen  werden  könnte  (s.  u.), 
dass  unser  Verfasser  von  diesem  Tractat  ausserordentlich  stark  abhängig 
ist  Bei  Cyprian  hat  der  Satz  einen  guten  Sinn;  denn  er  argumentirt  von 
jene  Stelle  aus  (Matth.  16,  18  ff.  neben  Joh.  20,  21  ff.),  die  Petrus  einen  Vor- 
rang giebt  oder  zu  geben  scheint,  weil  zuerst  ihm  allein  die  Binde-  und  Löse- 
gewalt übertragen  wird,  dann  erst  den  übrigen  Aposteln.  Unser  Verfasser 
hat  diese  zeitliche  Rangordnung  auch  auf  den  Missionsbefehl  übertragen. 
Zu  Cyprian's  ürtheil  über  Petrus  im  Verhältniss  zu  den  anderen  Aposteln 
vgl.  noch  ep.  59,  7;  66,  8;  73,  11;  75,  16  (Firmilian). 

Texte  u.  Untersuchungen  XIII,  i.  3 


34  Harnack,  Über  eine  Sclirift  des  Papstes  Sixtus  II. 

SO  spricht  gegen  ihn  1)  dass  die  Pönitenten,  am  die  es  sich  han- 
delt, bereits  „per  longam  temporum  seriem  agentes  ^)  poenas 
dederunt",  2)  dass  Lucius  selbst  in  der  gallischen  Verfolgung, 
deren  Confessoren  er  als  „victores"  „gloriosi"  „domino  cari"  preist, 
Confessor  geworden  ist.  Wer  c.  6  extr.  u.  7  init.  liest,  wird  aber 
nicht  annehmen  können,  dass  der  Verfasser  selbst  zu  ihnen  ge- 
hört; er  hätte  anders  sprechen  müssen,  wenn  das  der  Fall  ge- 
wesen wäre.  Dazu  kommt  3),  dass,  wie  sich  zeigen  wird,  in 
unserer  Schrift  Cyprian's  Tractat  de  opere  benutzt  (dieser  Tractat 
aber  ist  selbst  schwerlich  vor  d.  J.  253/4  geschrieben),  ja  dass 
dessen  Formel,  dass  die  Taufe  allein  der  Kirche  gegeben,  voraus- 
gesetzt ist.  Somit  bleiben  nur  Stephanus  und  Sixtus  IL  zur  Aus- 
wahl. Zeitlich  würde  es  sich  nun  sehr  empfehlen,  an  den  ersteren 
zu  denken;  ja  man  könnte  vielleicht  meinen,  dass  die  Regierung 
Sixtus  IL  bereits  etwas  spät  falle,  sofern  eine  siebenjährige 
Busszeit  der  Pönitenten  angenommen  werden  müsste.  Allein 
gegen  Stephanus  als  Verfasser  erheben  sich  sehr  ernste,  ja 
schlechthin  ausschliessende  Bedenken:  1)  —  wie  bereits  oben  be- 
merkt wurde  —  Stephanus  hat  gezögert,  gegen  den  Bischof  Mar- 
eianus  von  Arles,  der  die  Grundsätze  Novatian's  befolgte  und  für 
ihn  Partei  nahm,  einzuschreiten,  und  Cyprian  musste  ihn  (ep.  68) 
in  einer  Weise  an  die  Grundsätze  seiner  Vorgänger  Cornelius 
und  Lucius  erinnern,  die  da  zeigt,  dass  Stephanus  die  Politik  in 
der  Gefallenen -Frage  leise,  aber  zu  Gunsten  der  strengeren 
Praxis,  geändert  hatte;  unser  Verfasser  aber  ist  in  dieser  Frage 
von  der  grössten  Milde,  2)  in  der  Correspondenz  über  die 
Ketzertaufe  tritt  nirgends  hervor,  dass  Novatian  aufs  neue  in 
den  JJ.  254 — 257  durch  Angriffe  der  Kirche  Rom's  zu  schaffen 
machte  —  doch  will  ich  dieses  Argument  nicht  sehr  betonen, 
da  unsere  Kenntniss  doch  trotz  der  Briefe  Cyprian's  hier  eine 
lückenhafte  ist  — ,  3)  unsere  Predigt  ist  von  dem  Tractat  de 
unitate  ecclesiae  Cyprian's  in  der  stärksten  Weise  abhängig  2); 
man  vergleiche: 


1)  Auffallend  und  vielleicht  nicht  absichtslos  gebraucht  ist  der  allge- 
meine Ausdruck  „agentes"  ( cf.  Cypr.  ep.  55,  5  „clerus  sine  episcopo  agens" ; 
ep.  32,  1  „Romae  agens"). 

2)  Cyprian  selbst  hat  die  Schrift  de  unitate  nach  Rom  geschickt,  s. 
ep.  54,  4. 


Harnack,  Über  eine  Schrift  des  Papstes  Sixtus  IL 


35 


Ad  Novat.  1  p.  52,  19  sq.; 
nos  non   moveat    aut   turbet 
haeretici  istius  perfidi   abrupta 
dementia. 

Ad  Novat.  2  p.  54,  14: 
sine    ulla    ordinationis    lege 
episcopatus  adpetitur. 


Cypr.  de  unit.  17  p.  225,  12  sq.: 

non  tarnen  nos  moveat  aut 
turbet  multorum  nimia  et  ab- 
rupta perfidia. 

Cypr.  de  unit.  10  p.  218,  25  sq.: 
sine  ulla  ordinationis  lege  se 
praepositos  constituunt,  qui  ne- 
mine  episcopatum  dante  episcopi 
sibi  nomen  adsumunt. 


Ad  Novat.  1  p.  53,  6  sq.:  Cypr.  de  unit.  9  p.  217,  27  sq.: 

canes  ...rabiem  suam  non  luporum  feritas  et  canum  ra- 

cessat  latratibus  excitare,  lupo-  bies.    (ep.  45,  2:  latratibus  per- 

rum  more  .  .  ferina  crudeli-  strepere). 
täte  etc. 


Ad  Novat.  12  p.  61,  26: 
desine    unius    capituli    prae- 
scriptione^)  terrere. 


Ad  Novat.  14  p.  64,  21: 

in    domo     dei     unanimis 
fidelis. 


et 


Cypr.  de  unit.  12  p.  220,  8: 

(haeretici)  capituli  unius  sen- 
tentiam  scindunt. 

Cypr.  de  unit.  14  p.  223,  6;  c.  24 
p.  232,  1: 

in  ecclesia  dei  unanimes  .  . . 
j&deliter  sibi  unanimitatis  nexi- 
bus. 


Ad  Novat.  7  p.  58,  6;  18  p.  68, 34.     Cypr.  de  unit.  19  p.  227,  10  sq.: 
in    crimine   lapsus    constituti         qui  tamen  in  paenitentia  cri- 

1)  Das  Wort  „praescriptio"  hat  unser  Verf.  vielleicht  aus  dem  Tractat 
Tertullian's,  den  er  an  zwei  Stellen  fast  wörtlich  wiedergegeben  hat.  C.  14 
schreibt  er:  „.  .  .  sub  pellibus  ovium  rapaces  lupos.  qui  sunt  isti  rapaces 
lupi^  nisi  sensu  subdolo  conspirantes  ad  infestandum  gregem  Christi?"  Ter- 
tullian  aber  sagt  de  praescr.  haer.  4;  „Qui  lupi  rapaces,  nisi  sensus  et  Spi- 
ritus subdoli,  ad  infestandum  gregem  Christi  intrinsecus  delitescentes  ?'^ 
C.  13  schreibt  er:  ,,qui  in  ruina  facilius  aedificatorum  stantium  operatur 
quam  in  structione  iacentium  ruinarum";  TertuUian  aber  sagt  1.  c.  42:  „ita 
fit,  ut  ruinas  facilius  operentur  stantium  aedificiorum  quam  exstructiones 
iacentium  ruinarum".  Kein  Zweifel  —  der  Verfasser  hat  diesen  Tractat 
Tertullian's  gelesen.  Cyprian  hat  denselben  Gedanken  anders  ausgedrückt, 
s.  ep.  60,  3;  61,  3. 

3* 


36 


Harnack,  Über  eine  Schrift  des  Papstes  Sixtus  IL 


...  ad  paenitentiam  admittendi  minis    constituti    deum    plenis 

.  .  .  deum  plenis  satisfactionibus  satisfactionibus  deprecantur. 
deprecemur  (c.  1  p.  53, 2:  in  dis- 
sensionis  crimine  constitutus). 

Ad  Novai  14  p.  64,  17:  Cypr.  de  unit.  20  p.  227,  24  sq.: 

tarn  nefanda  tarn  gravia  exer-  tarn  nefanda  tarn  gravia  pec- 

cere  audet.  care. 


AdNovat.  6  p.57,  11: 
veneno  serpentis. 


Cypr.  de  imit.  21  p.  229,  15; 
serpentis  venena. 


Ad  Novat.  8  p.  59,  1:  Cypr.  de  unit.  21  p.  229,  19: 

primam  fidem  vestram  perfidia         fidem  primam  perfidia  poste- 
posteriore  mutastis.  riore  mutaverit. 


Ad  Novat.  14  p.  64,  20  sq.: 

Judasinter  apostolos  elec- 
tus  ...  postmodum  deum  pro- 
didit. 

Ad  Novat.  16  p.  66,  24: 
vero  evangelii  lumine  radiata. 

Ad  Novat.  16  p.  66,  19  sq.: 
excitemus  itaque  nos  quantum 
possumus,  fratres  dilectissimi, 
et  abrupto  inertiae  et  securitatis 
somno  ad  observanda  domini 
praecepta  vigilemus. 

AdNovat.  5.  2: 

Erst  wird  die  Sintfluth  mit 
ihren  aquae  insurgentes  auf  die 
die  Kirche  anfeindenden  Völker 
gedeutet,  dann  wird  Matth.  7, 26. 
27  citirt.  —  Die  Arche  als  die 
Kirche. 


Cypr.  de  unit.  22  p.  229,  23  sq.: 
Judam  inter  apostolos  do- 
minus e  1  e  g  i  t ,  et  tamen  dominum 
Judas  postmodum  tradidit. 

Cypr.  de  unit.  22  p.  230,  10  sq.: 

vero  inluminati  evangelii  lu- 
mine, pura  .  .  .  luce  radiati. 

Cypr.  de  unit.  27  p.  232,  27  sq.: 
Excitemus  nos  quantum  pos- 
sumus, dilectissimi  fratres,  et 
somno  inertiae  veteris  abrupto 
ad  observanda  et  gerenda  do- 
mini praecepta  vigilemus. 

Cypr.  de  unit.  2  p.  210,  17  sq.: 
6  p.  214,  24 sq.: 

hos  contra  omnes  tempestates 
et  turbines  saeculi  inmobili  et 
inconcussa  firmitate  solidatos, 
folgt  Matth.  7,  24  sq.  —  Die  Arche 
als  die  Kirche. 


Harnack,  Über  eine  Schrift  des  Papstes  Sixtus  IT. 


37 


AdNovat.  3  p.  56,  1: 
Petro  sed  et  ceteris  apostolis. 

Ad  Novat.  16  p.  67,  1: 
firmiter  est  tenendum. 

Ad  Novat.  1  p.  53,  5: 
a   semetipso  inmundus,    sor- 
dibus  sacrilegis  inquinatus. 

Ad  Novat.  2  p.  54,  8: 
qai   contra  ordinationem   dei 
nituntur. 

Ad  Novat.  1  p.  53,  10  sq.: 
oves  a  pastore  direptas. 

Ad  Novat.  7  p.  58,  4: 
domino  cari. 

AdNovat.  13  p.  63,  8: 
in   domo   una   id  est    Christi 
ecclesia. 


Cypr.  de  unit.  4  p.  213,  2: 
hoc   erant  et   ceteri   apostoli 
quod  fuit  Petrus. 

Cypr.  de  unit.  5  p.  213,  14: 
teuere  firmiter. 

Cypr.  de  unit.  11  p.  219,  21;  17 
p.  226,  1: 
non   abluuntur  illic   homines 
sed  potius  sordidantur.  —  a  se- 
metipso damnatus. 

Cypr.  de  unit.  17  p.  226,  10: 
qui   contra  ordinationem  dei 
nititur. 

Cypr.  de  unit.  19  p.  227,  17  sq.: 
ille  oves  a  pastore  sollicitat. 

Cypr.  de  unit.  20  p.  228,  7: 
deo  carior. 

Cypr.  de  unit.: 
variis  locis. 


AdNovat.lp.53,2sq.;2p.53,25sq.:  Cypr.  de  unit.  23  p.  230,  17: 

dissensionis  et  schismatis  .  .  .  schismatum   duces    et  dissen- 

apud  schismatum  duces  et  dis-  sionis  auctores. 
sensionis  auctores. 

Ist  es  wahrscheinlich,  dass  Stephanus,  der  Gregner  Cyprian's, 
so  eingetaucht  in  die  Gedanken  und  in  die  Sprache  Cyprian's, 
so  sklavisch  abhängig  von  ihr  gewesen  ist  (man  vgl.  besonders 
die  capp.  1.  2.  14.  16  unserer  Schrift)?  Angenommen  auch,  die 
Schrift  sei  noch  vor  dem  Ausbruch  des  Ketzertaufstreits  verfasst, 
obschon  derselbe  wahrscheinlich  bald  nach  dem  Amtsantritt  des 
Stephanus  provocirt  worden  ist  —  ist  es  glaublich,  dass  ein 
Bischof,  der  dem  Cyprian  so  viel  verdankte  und  eben  noch  in 
seinen  Worten  geredet  hatte,  so  gegen  ihn  aufgetreten  ist,  wie 
Stephanus?  4)  Es  giebt  aber  noch  eine  Beobachtung,  die  es  aus- 
schliesst^    dass    dieser  Bischof  der  Verfasser  ist.     Zwar  auf  die 


38  Harnack,  Über  eine  Schrift  des  Papstes  Sixtus  II. 

Worte  c  2  p.  55,  1  sq.  („in  arca  non  tantum  munda  animalia  sed 
et  inmunda  invenimus  esse  reclusa.  quae  arca  sola  [om.  D]  cum 
his  quae  secum  fuerant  liberata  est  in  aqua,  at  [qua,  et  KD]  ceteri 
qui  in  ea  inventi  non  sunt  diluvio  perierunt")  darf  man  sich  nicht 
berufen;  denn  Stephanus  konnte  dieses  alte,  von  TertuUian  (de 
idolol.  24),  Calixt  (Philos.  IX,  12)  und  Cyprian  (z.  B.  de  unit.  6; 
ep.  69,  2;  74,  11;  75,15)  gebrauchte  Bild  sehr  wohl  brauchen, 
obgleich  es  Cyprian  im  Sinne  seines  Standpunkts  im  Ketzertauf- 
streit verwerthete.  Allein  die  andere  Stelle  c.  3  p.  55,  21  sq.  wäre 
im  Munde  des  Stephanus  höchst  auffallend.  Leider  ist  sie  ver- 
derbt, so  dass  der  letzte  Herausgeber  auf  eine  Heilung  verzichtet 
hat:  „columbam  duplicem  nobis  per  semet  ipsam  significare 
figuram,  primam  quidem  et  principalem  suam  hoc  est  spiri- 
talem  (späle  K)  olim  id  est  ab  initio  divinae  administrationis 
insistit  et  sacramentum  baptismatis,  quod  in  salutem  geueris 
humani  pro  vis  um  et  soli  ecclesiae  (catholicae  add.  K)  caelesti 
ratione  celebrare  per  os  suum  praeostendit".  Hartel  nimmt 
nach  „spiritalem"  und  nach  „celebrare"  eine  Lücke  an;  die  zweite 
sucht  er  durch  „permissum"  auszufüllen^  auf  die  Aussfüllung  der 
ersten  verzichtet  er.  PERMISS VM  ist  eine  ingeniöse  Conjectur, 
da  es  vor  PEROSSWM  leicht  ausfallen  konnte;  aber  selbst 
wenn  diese  Conjectur  nicht  die  richtige  sein  sollte,  so  ist  es 
doch  höchst  wahrscheinlich,  dass  der  Verfasser  gesagt  hat,  die 
Taufe  sei  allein  der  Kirche  zur  Feier  übergeben.  Dieser 
Satz  ist  ohne  das  soli  nicht  unrichtig  (im  Sinne  derer,  die  die 
Ketzertaufe  anerkennen);  denn  z.  B.  Augustin  hat  de  baptismo 
c.  Donat.  VI,  21  (36)  anerkannt,  dass  der  Satz  „unura  baptismum 
quod  est  in  ecclesia  sancta  credimus",  richtig'  verstanden,  zu- 
treffend ist  ^).  Allein  das  „soli"  ist  mit  dem  Sinn  des  Stephanus 
kaum  oder  nicht  mehr  zu  vereinigen  und  auch  später  von  Augustin 
ausdrücklich  verworfen  worden  2).  Also  kann  Stephanus  nicht 
der  Verfasser  unserer  Schrift  sein^). 

1)  „Potest  et  mea  esse  sententia.  sie  enim  librata  est,  ut  nihil  habeat 
contra  veritatem.  nam  etnos  unum  baptisma  quod  est  in  ecclesia  sancta 
credimus." 

2)  Augustin  flihrt  a.  a.  0.  fort:  „Si  autem  dixisset,  quod  est  m  sola 
ecclesia  sancta  credimus,  respondendum  erat  sicut  ceteris",  d.  h.  so  hätte  er 
falsch  geredet. 

8)  Ich  kann  übrigens  die  Stelle  nicht  für  so  corrumpirt  halten  wie 
Hartel.     Zwischen  „spiritalem"  und  „olim"  scheint  mir  nichts  ausgefallen; 


Harnack,  Über  eine  Schrift  des  Papstes  Sixtus  IT.  39 

Aber  reicht  das  Argument  nicht  weiter,  schliesst  es  nicht 
auch  den  Sixtus,  den  Nachfolger  des  Stephanus,  als  Verfasser 
aus?  So  scheint  es,  und  dennoch  darf  das  nicht  behauptet  werden; 
denn  1)  es  war  schon  dem  Augustin  nicht  mehr  bekannt,  wie 
der  Ketzertaufstreit  geendet  hat  ^),  2)  Cyprian  hat  mit  Sixtus  II. 
wieder  in  freundlicher  Communication  gestanden  2),  3)  Sixtus  IL  hat 
in  Afrika  trotz  seiner  kurzen  Regierung  das  beste  Andenken 
hinterlassen  als  „bonus  et  pacificus  sacerdos  ac  propterea 
beatissimus  martyr"^);  sein  Verhalten  muss  also  im  Gegensatz 
zu  dem  seines  Vorgängers  gestanden  haben,  4)  wir  haben  oben 
gesehen,  dass  Stephanus  den  lapsi  gegenüber  eine  andere  Hal- 
tung eingenommen  hat  als  Cornelius  und  Lucius;  er  hat  sie  streng 
behandelt;  er  hat  novatianisch  gesinnte  Bischöfe  ertragen,  und 
er  hat  die  Taufe  der  Novatianer  anerkannt  —  alles  zu  dem 
Zweck,  die  Novatianer  zu  gewinnen  — ,  während  der  römische 
Bischof,  der  unsere  Schrift  verfasst  hat,  den  lapsi  aufs  freund- 
lichste entgegenkommt  und  die  Novatianer  aufs  grimmigste 
als  Hunde  und  Wölfe  bekämpft.  Somit  hat  unter  allen  Um- 
ständen zwischen  Stephanus  und  dem  Verfasser  der  Schrift  ad 
Novatianum  —  es  bleibt  aber  nur  Sixtus,  sein  Nachfolger,  als 
solcher  übrig  —  in  der  Frage  der  Gefallenen  ein  durchgreifender 
Gegensatz  bestanden:  wie  kann  man  sich  dann  wundern,  dass 
auch  in  der  Frage  der  Ketzertaufe  Sixtus  dem  Cyprian  näher 
gekommen  ist,  da  doch  die  beiden  Fragen  eng  zusammenhingen, 
und  in  Wahrheit  die  Frage  nach  der  Giltigkeit  der  novatiani- 
sch en  Taufe  vor  allem  die  brennende  war?    Unser  Verfasser  hat 


man  muss  nur  nach  „figuram"  schwach  und  nach  „spiritalem"  mit  einem 
Doppelpunkt  interpungiren:  die  Taube  hat  eine  doppelte  Bedeutung,  näm- 
lich erstlich  und  hauptsächlich  ihre  specifische  d.  h.  die  geistliche  (dieser 
Bedeutung  steht  —  c.  4  —  die  secunda  persona  columbae  entgegen,  sofern 
sie  die  bussfertigen  Gefallenen  bedeutet;  aber  diese  Bedeutung  ist  eben 
nicht  „sua",  sondern  ist  eine  bloss  angenommene):  einst  d.  h.  vom  Anfang 
der  göttlichen  Ökonomie  an  fusst  sie  auf  der  göttlichen  Ökonomie  usw. 
(ich  lese  „administrationi"  für  „administrationis"). 

1)  Was  Hieron.  adv.  Lucifer.  23  darüber  sagt  („denique  illi  ipsi  episcopi, 
qui  rebaptizandos  haereticos  cum  Cypriano  statuerant,  ad  antiquam  con- 
suetudinem  revoluti  novum  emisere  decretum"),  hält  auch  Fechtrup  nicht 
für  glaubwürdig. 

2)  S.  Cypr.  ep.  80,  1.   Vita  Pontii  14. 

3)  Vita  Pontii  14. 


40  Harnack,  Über  eine  Schrift  des  Papstes  Sixtus  II. 

den  cyprianischen  Satz,  dass  die  Taufe  allein  der  Kirche  gegeben 
sei,  anerkannt.  Wieweit  er  ihn  praktisch  geltend  gemacht  hat, 
das  wissen  wir  nicht.  Aber  für  Cyprian  war  der  Friede  herge- 
stellt, sobald  dieser  Satz  anerkannt  war;  denn  das  praktische 
Verfahren  anlangend,  so  ist  Cyprian  nicht  müde  geworden  zu 
wiederholen,  dass  er  da  in  keines  Bischofs  Rechte  eingreifen, 
sondern  es  Jedem  überlassen  wolle,  zu  handeln,  wie  er  es  vor 
Gott  verantworten  könne  („habet  omnis  episcopus  pro  licentia 
libertatis  et  potestatis  suae  arbitrium  proprium  tamque  iudicari 
ab  alio  non  potest,  quam  nee  ipse  potest  alterum  iudicare",  Sen- 
tent.  episcop.  praef.  p.  436).  Umgekehrt  ist  in  unserem  Tractat 
von  der  Geltung  der  novatianischen  Taufe  weder  zustimmend 
noch  ablehnend  die  Rede;  aber  denken  wir  uns,  Cyprian  habe 
noch  diese  Predigt  des  römischen  Bischofs  zu  Gesicht  bekommen, 
was  gar  nicht  unwahrscheinlich  ist  —  mit  welcher  Genugthuung 
muss  er  sie  nach  dem  ärgerlichen  Handel  mit  Stephanus  gelesen 
haben,  wie  muss  er  sich  gefreut  haben,  dass  sein  eigenes  Wort 
nicht  leer  zu  ihm  zurückgekommen  ist! 

Dass  Sixtus  IL  der  Verfasser  unserer  Schrift  ist,  ist  eine 
nothwendige  Folgerung  unserer  bisherigen  Ausführungen.  Können 
Lucius  und  Stephanus  sie  nicht  verfasst  haben  und  ist  sie  doch  von 
einem  römischen  Bischof  innerhalb  der  Jahre  254 — 258  verfasst, 
so  bleibt  nur  Sixtus  IL  übrig.  Das  „bonus  et  pacificus"  braucht 
uns  angesichts  der  entschiedenen  Haltung  gegen  die  Novatianer 
nicht  stutzig  zu  machen;  es  bezieht  sich  eben  auf  die  Afrikaner, 
and  ausserdem  —  nachdrückliche  Bekämpfung  der  Häretiker  hat 
noch  keinen  Bischof  bei  seinen  Collegen  um  das  Epitheton  or- 
nans  „pacificus"  gebracht.  Wohl  aber  wird  sich  Mancher  nicht 
so  rasch  davon  überzeugen  wollen,  das  Sixtus  wirklich  die  Hal- 
tung in  der  Ketzertauffrage  geändert  hat,  und  die  neue  Erkennt- 
niss  entgegennehmen,  dass  Rom  zeitweilig  in  dieser  Frage  ein- 
lenkte ^).  Allein  es  giebt  bisher  m.  W.  wenig  beachtete  directe 
äussere  Zeugnisse  dafür,  1)  dass  zur  Zeit  des  Sixtus  IL  die  ex- 
clusive  Stellung  des  Stephanus  in  Rom  in  der  Ketzert  auf  frage 
nicht  mehr   festgehalten  wurde,    2)    dass   genau   zu    dieser   Zeit 


1)  Dagegen  darf  man  aus  der  Art,  wie  Sixtus  Matth.  28,  19  citirt  hat 
(s.  oben),  wohl  annehmen,  dass  er  das  römische  Selbstbew^usstsein  des 
Stephanus,  Nachfolger  Petri  zu  sein,  auch  geltend  gemacht  hat. 


Harnack,  Über  eine  Schrift  des  Papstes  Sixtus  IL  41 

Novatian  sich  aufs  neue  in  der  römischen  Kirche  gerührt  hat  und 
aufs  neue  kräftig  zurückgeschlagen  worden  ist: 

1)  Aus  Euseb.,  h.  e.  VII,  5  wissen  wir,  dass  Dionysius  von 
Alexandrien  gleich  nach  dem  Antritt  Sixtus'  IL  einen  Brief  über 
die  Haltung  der  Ketzertaufe  an  ihn  gerichtet  hat.  Er  beklagt 
sich  in  demselben  über  die  Haltung  des  Stephanus  und  sucht 
den  neuen  Bischof  für  die  orientalische  Ansicht  zu  gewinnen; 
dabei  bemerkt  er  (§  6):  „aber  auch  an  unsere  geliebten  Brüder 
und  Mitpresbyter  Dionysius  und  Philemon,  welche  früher  die 
Ansicht  des  Stephanus  getheilt  {övfiipijcpocg  jtQoxsQOV  2re(pav(p 
yevofiavoig)  und  über  denselben  Gegenstand  an  mich  (eben)  ge- 
schrieben haben  {yQa(pov6i\  habe  ich  geschrieben".  Hieraus  er- 
fahren wir,  dass  die  beiden  römischen  Presbyter  Dionysius  und 
Philemon  ihre  Haltung  in  der  Ketzertauffrage,  nachdem  ihr 
Bischof  gestorben  und  der  neue  Bischof  Sixtus  H.  angetreten 
war,  irgendwie  geändert,  der  cyprianisch-orientalischen  Auffassung 
sich  genähert  und  dies  dem  alexandrinischen  Bischof  mitgetheilt 
haben.  Das  kann  doch  nicht  ohne  Beziehung  auf  den  Bischofs- 
wechsel geschehen  sein;  wir  können  vielmehr  daraus  mit  grosser 
Wahrscheinlichkeit  auf  die  mindestens  vermittelnde  Haltung  des 
Sixtus  selbst  schliessen. 

2)  In  h.  e.  VII,  7,  6  erzählt  Eusebius,  dass  Dionysius  seinen 
vierten  Brief  über  die  Ketzertaufe  z.  Z.  des  römischen  Bischofs 
Sixtus  IL  —  also  257/8  —  an  den  damaligen  römischen  Presbyter 
Dionysius  gerichtet  habe,  der  selbst  bald  darauf  Bischof  in  Rom 
geworden  sei.  Aus  diesem  Brief  theilt  uns  Eusebius  nichts 
anderes  mit  als  eine  fanatische  Digression,  die  der  alexandri- 
nische  Dionysius  macht,  um  die  Verdammung  über  —  Novatian 
auszusprechen:  Noovriavw  ^uhv  yag  svXoycog  ajisx^ccvof/s&ay 
öcaxoipavTC  xrjv  exx/.rjöiav  xai  rivag  xmv  aösXcpcov  slg  aoeßslag 
xal  ßXaög)^f4iag  tlxvoavn  xal  jisqI  rov  ^eov  öiöaöxaXlav  av- 

OÖLCOTCLTTIV  £Jl£COXVxXTjöaVTL   Xol    TOP  XQrjÖTOTaXOV   XVQLOV    ?lfl(j5r 

^Irjöovv  Xqlötov  cog  dvrjlErj  Ovxo(pavTovvti,  hjtl  jtaot  ös  rovrotg 
t6  Xovtqov  a^STOvvTi  t6  ayiov  xal  rrjv  re  Ji^b  avrov  jilötlv 
xal  ofioloylav  dvaxQejiovtL^  zb  re  ütvsv^xa  rb  ayiov  i§  avxmv, 
et  xai  Tig  ijv  aXjtlg  rov  jcaga^ialvat  rj  xal  ajcaveX^slv  jtQog 
avTovg,  üiavxaXmg  (pvyaösvovTi.  Wie  kommt  Dionysius  darauf, 
jetzt  im  J.  257/8  diese  Philippica  gegen  Novatian  zu  halten,  der- 
selbe Dionysius,  der  früher  einen  freundlichen  Brief  an  Novatian 


42  Harnack,  Über  eine  Schrift  des  Papstes  Sixtus  II. 

gerichtet  hat  (bei  Euseb.,  h.  e.  VI,  45),  und  der  doch  auch  wusste,^ 
dass  Novatian  seit  6 — 7  Jahren  aus  der  Kirche  ausgeschlossen 
war?  Die  Antwort  darauf  giebt  unsere  Schrift,  zumal  wenn 
wir  sehen,  dass  der  Brief  des  alexandrinischen  Dionysius  auf  einen 
Brief  des  römischen  Dionysius  gefolgt  ist.  Ich  verweise  auf  die 
Situation  in  Rom  beim  Antritt  des  Episcopats  des  Sixtus,  wie 
ich  sie  geschildert  habe,  als  er  es  unternahm,  die  letzten  Ruinen 
der  Decianischen  Verfolgung  wieder  aufzurichten  und  sich  dabei 
durch  „das  Bellen  des  Hundes",  Novatian,  gestört  sah.  Diese 
Verhältnisse  hat  der  römische  Dionysius  dem  alexandrinischen 
geschildert  —  vielleicht  hat  er  ihm  dazu  eben  unsere  Schrift 
übersendet  — ,  jedenfalls  sind  die  Worte  des  Alexandriners  ihr 
Echo.  Allein  sie  sind  noch  mehr  —  sie  sind  das  Echo  einer  Mit- 
theilung, die  augenscheinlich  beabsichtigte,  die  Taufe  Nova- 
tians  für  ungiltig  zu  erklären,  ohne  den  allgemeinen  Grund- 
satz zu  verlassen,  dass  eine  rite  gespendete  Taufe  giltig  ist.  Längst 
hat  man  die  Worte  des  Dionysius  in  Bezug  auf  Novatian:  ejcl 
jiäöi  ÖS  rovTOLg  ro  Xovtqov  (xO-stovvtl  t6  ayjLov  xdl  rrjv  ra  jiqo 
avTov  jilöTiv  xal  ofioXoylav  dvazQSjtovTL,  x6  rs  jcvstfia  rb 
ayiov  8^  avTcov  JtavrsXcog  cpvyaösvovrc,  auffallend  und  räthsel- 
haft  gefunden.  Allein  sie  sind  es  nicht,  wenn  man  sie  unter 
dem  angegebenen  Zweck  betrachtet.  Wer  bisher  die  Taufe  der 
Novatianer  für  giltig.  erklärte,  that  das  mit  der  Motivirung,  dass 
sie  „mit  demselben  Symbolum  taufen  wie  wir".  Welche  Schwierig- 
keit diese  Position  dem  Cyprian  gemacht  hat,  zeigt  ep.  69,  7  u. 
70,  2.  Er  musste  sich  mit  der  Gegenbemerkung  behelfen:  „sie 
lügen,  wenn  sie  fragen:  credis  in  vitam  aeternam  etc.  per 
sanctam  ecclesiam?"  Das  war  kein  eindrucksvolles  Argument. 
Aber  nun  scheint  in  der  Folgezeit  wirklich  von  Novatian  etwas 
an  der  jtlörtg  xal  ofioXoyla  geändert  worden  zu  sein.  Der  ener- 
gische, von  glühendem  Eifer  für  seine  Kirche  der  Reinen  erfüllte 
Mann  hatte  schon  früher  nach  dem  Zeugniss  des  Cornelius  die 
Abendmahlshandlung  hie  und  da  —  soviel  wollen  wir  dem 
schlimmen  Zeugen  glauben  —  missbraucht,  um  seine  Anhänger  beim 
Leibe  und  Blute  des  Herrn  schwören  zu  lassen,  ihn  nicht  zu 
verlassen  und  nicht  zu  Cornelius  überzugehen  (bei  Euseb.,  h.  e. 
VI,  43,  18);  eine  ähnliche  Verpflichtung  mag  er  später  bei  jeder 
Taufe  aufzunehmen  und  in  die  6fio2.oyla  einzusetzen  für  nöthig 
befunden   haben,    oder    er  mag  eine   Formel  in   die  jtiorig  xal 


Harnack,  Über  eine  Schrift  des  Papstes  Sixtus  IT.  43 

ofioXoyla  recipirt  haben,  durch  die  er  seine  Grundsätze  für  die 
Kirche  der  Reinen  unzweideutig  zum  Ausdruck  brachte.  Eine 
solche  Anordnung  Novatian's  muss  der  Mittheilung  des  alexan- 
drinischen  Dionysius,  die  ihm  natürlich  von  Rom  aus  geworden 
ist,  zu  Grunde  liegen,  und  es  ist  wohl  verständlich,  dass  sie  für 
den  römischen  katholischen  Bischof  der  Anlass  werden  konnte, 
die  novatianische  Taufe  nun  zu  beanstanden:  „fidem  et  symbo- 
lum  mutavit  et  spiritum  sanctum  fugavit",  lautete  jetzt  das  Ur- 
theil,  und  damit  war  mindestens  die  Möglichkeit  gegeben,  die 
Giltigkeit  dieser  Taufe  in  Zweifel  zu  ziehen  und  sich  mit  den 
Afrikanern  zu  versöhnen.  Aber  mag  dem  sein  wie  ihm  wolle  — 
dass  im  J.  257'8  aufs  neue  zwischen  Rom  und  Alexandrien  über 
Novatian  gesprochen  wird  und  zwar  in  den  stärksten  Aus- 
drücken, fügt  sich  trefflich  zu  unserer  Schrift  aus  demselben 
Jahre. 

3)  Der  fünfte  Brief  des  alexandrinischen  Bischofs  Dionysius 
über  die  Ketzertaufe  ist  wiederum  an  Sixtus  IL  von  Rom  ge- 
richtet. Eusebius  hat  ein  grosses  Stück  aus  ihm  (VII,  9)  mit- 
getheilt.  Das  Wichtige  ist  hier,  dass  der  Orientale  Dionysius 
den  Sixtus,  den  römischen  Bischof,  wie  eine  Autorität  in  der 
Ketzertauffrage  anspricht  und  um  seinen  Rath  bittet  (§  2): 
xal  yäg  ovrwg,  aöeXcpi,  xal  ovfißovXrjg  ösofiai  xal  yvcQfirjv  alrco 
jtaQa  öov,  TOiovTOV  rcvög  fioi  jtQoöBld-ovxoc,  üiQayiiaxoq,  6z6io^q, 
(iTj  aga  (jq)aX?.ofiac.  Von  einem  Zwiespalt  ist  also  keine  Rede 
mehr  —  unmöglich  kann  Sixtus  die  Haltung  des  Stephanus  ein- 
genommen haben,  ja  der  Schluss  des  Briefs  lässt,  wenn  ich  mich 
nicht  täusche,  annehmen,  dass  Dionysius  hofft  und  erwartet,  dass 
ihm  Sixtus  rathen  wird,  den  einst  von  Häretikern  getauften  und 
um    seine  Taufe   nun   besorgten  Convertiten  wiederzutaufen! 

Diese  Zeugnisse  zeigen  also,  dass  Sixtus  den  Standpunkt  des 
Stephanus  nicht  streng  festgehalten  hat,  dazu,  dass  zu  seiner  Zeit 
noch  einmal  ein  Kampf  mit  dem  schon  längst  excommunicirten 
Novatian  ausgebrochen  ist.  Somit  ist  das  einzige  Argument 
widerlegt,  das  man  gegen  die  Annahme,  Sixtus  IL  sei  der  Ver- 
fasser unserer  Schrift,  erheben  könnte.  Wir  dürfen  daher  mit 
Bestimmtheit  sagen:  da  unsere  Predigt  von  einem  römischen 
Bischof  aus  den  JJ.  254 — 258  stammt  und  da  sie  nicht  von  Lu- 
cius oder  Stephanus  verfasst  sein  kann,  so  ist  sie  von  Sixtus  IL, 
also  im  J.  257  8  verfasst  worden. 


44  Harnack,  Über  eine  Schrift  des  Papstes  Sixtus  IL 

8. 

Doch  —  wir  sind  in  diesen!  Fall  nicht  nur  auf  innere  Gründe 
angewiesen:  es  giebt  ein  äusseres  Zeugniss  dafür,  dass  Sixtus  IL 
gegen  Novatian  zu  Gunsten  der  Gefallenen  geschrieben  hat.  Im 
liber  Praedestin.  38  lesen  wir:  „XXXVIII.  haeresis  est  Catharo- 
rum,  qui  se  ipsos  isto  nomine  quasi  propter  munditiam  super- 
bissime  appellarunt.  secundas  nuptias  non  admittunt.  paeniten- 
tiam  denegant,  Novatum  sectantes  haereticum,  unde  etiam  Nova- 
tiani  appellantur.  contra  hunc  beatus  Xystus  martyr  et 
episcoj)us  et  venerabilis  Cyprianus  martyr  Christi,  tunc  Cartha- 
giniensis  pontifex,  scripsit^)  contra  Novatum  librum  de 
lapsis,  quod  possint  per  paenitentiam  recuperare  gra- 
tiam  quam  labendo  perdiderant,  quod  Novatus  adserebat 
fieri  onmino  non  posse".  Wie  gewöhnlich  ist  die  erste  Hälfte 
dieses  Stücks  aus  Augustin  de  haeres.  38  abgeschrieben'-^),  die 
zweite  ist  des  Verfassers  Eigenthum^). 

Der  liber  Praedestinatus  taucht  für  uns  erst  im  9.  Jahrh. 
auf  (Hinkmar),  aber  er  ist  im  5.  Jahrb.,  und  zwar  um  die  Mitte 
desselben,  geschrieben'*).  Gegen  die  Augustiner  gerichtet,  ist  er 
doch  nichts  anderes  als  eine  Bearbeitung  der  augustinischen 
Schrift  de  baeresibus,  aber  diese  Bearbeitung  ist  zu  einem  grossen 
Theile  räthselhaft,  sofern  den  Häresieen  bis  zur  58.  (d.  b.  so  weit 
als  das  Panarion  des  Epiphanius  reicht)  je  ein  Bestreiter  ent- 
gegengestellt wird,  und  sofern  sich  der  Verfasser  auf  ketzer- 
bestreitende Werke  des  Hyginus,  Polykrates,  Afrikanus  und  He- 
siodus  beruft  (neben  Epiphanius  und  Philaster),  die  wohl  nie 
existirt  haben,  während  er  seine  Hauptquelle,  den  Augustin,  ver- 
schweigt. Wie  weit  er  selbst  schuldig  an  der  Täuschung  ist, 
wie  weit  bereits  von  Anderen  abhängig,  braucht  hier  nicht  unter- 


1)  Zu  diesem  „scripsit"  s.  „scripsit"  Praedest.  h.  88  p.  266,  2  (0 eh  1er). 

2)  „Cathari,  qui  se  ipsos  isto  nomine,  quasi  propter  munditiam,  super- 
bissime  atque  odiosissime  nominant,  secundas  nuptias  non  admittunt,  pae- 
nitentiam denegant,  Novatum  sectantes  haereticum,  unde  etiam  Novatiani 
appellantur." 

3)  Auf  den  Wechsel  zwischen  „beatus"  und  „venerabilis"  ist  schwer- 
lich Gewicht  zu  legen. 

4)  Die  letzten  Häresieen  sind  Nestorianer  und  Prädestinatianer;  Mono- 
physiten  fehlen. 


Harnack,  Über  eine  Schrift  des  Papstes  Sixtus  II.  45 

sucht  zu  werden.  Es  mag  genügen,  dass  jene  Berichte  über  die 
specifischen  Gegner  jeder  einzelnen  Häresie  erfunden  und  daher 
ohne  jeden  Werth  sind^).  Allein  ich  habe  bereits  an  einem  anderen 
Ort  darauf  hingewiesen  2),  dass  man  von  jenem  trügerischen  Be- 
richt die  wenigen  Fälle  unterscheiden  muss,  wo  der  Verf.  sich 
ausdrücklich  auf  schriftliche  Widerlegungen  beruft  oder  zu 
dem  erstgenannten  Bestreiter  einen  zweiten  hinzusetzt  (oder 
eine  weitere  Bemerkung).  Hier  hat  er  gute  Quellen  resp.  gute 
Erinnerungen  benutzt.     Es  handelt  sich  um  folgende  Fälle: 

1)  Heracleon  (h.  16)  —  „Alexander  urbis   episcopus   .  .  . 

librum  contra  Heracleonem  ordinans  ferventissimum 
ingenio  Sabinianum  presbyterum  destinavit,  qui  et 
scriptis  episcopi  et  adsertione  sua  ita  eum  confuta- 
ret  etc." 

2)  Marcioniten  (h.  21)  —  Ihr  Bekämpfer  ist  Origenes,  „item 

post  aliquantos  annos  iam  devicti  atque  detecti  in 
Africanis  partibus  pullulabant,  quos  TertuUianus 
modis  Omnibus  ita  obtinuit,  ut  ipsos  faceret  contra 
sectam  suam  publice  praedicare". 

3)  Apelliten  (h.  22)  —  Origenes  ihr  Bekämpfer;    dann  eine 

Bemerkung  über  die  Verfälschung  seiner  Schriften 
mit  dem  Zusatz:  „quod  ita  esse  s.  Pamphilus  mar- 
tyr  in  suo  Apologotico  declaravit"  ^). 

4)  Kathaphryger  (h.  26)  —  Nach  einer  Schilderung  der  Mon- 

tanisten nach  Augustin,  wird  dessen  Bericht  über 
sacramentale  Greuel  als  unsicher  abgelehnt  („cetera  quae 
dicuntur  quasi  incerta  praetereo,  de  infantis  sanguine 
eos  accipere;  quod  ideo  dicimus,  ne  videamur  ignorare 
omnia  quae  de  eis  dicuntur.  hi  enim  qui  contra 
eos  scripserunt,  nihil  hinc  penitus  memora- 
runt").  Dann  fährt  er  fort:  „scripsit  contra  eos  librum 
s.  Soter  papa  urbis  et  Apollonius  Ephesiorum  an- 
tistes.     contra  quos  scripsit  TertuUianus  presbyter 

1)  S.  die  Übersicht  über  dieselben  in  meiner  Abschrift.  Litt.  Gesch.  I 
S.  791  f. 

2)  A.  a.  0. 

3)  Pamphilus  und  seine  Vertheidigungschrift  für  Origenes  wird  h.  43 
noch  einmal  erwähnt  in  einem  Zusammenhang,  der  kein  ganz  gutes  Vor- 
urtheil  für  die  Wahrheit  des  Berichteten  erweckt. 


I 


4ß  Hamack,  Über  eine  Schrift  des  Papstes  Sixtus  IL 

Carthaginiensis.  qui  cum  omnia  bene  et  prime  et 
incomparabiliter  scripserit,  in  hoc  solum  se  reprelien- 
sibilem  fecit,  qiiod  Montanum  defendit,  agens  contra 
Soterem  supradictum  urbis  papam,  asserens  falsa 
esse  de  sanguine  infantis,  trinitatem  in  unitate  deitatis, 
paenitentiam  lapsis,  mysteriis  eisdem  unum  pascha 
nobiscum.  „hoc  solum  discrepamus",  inquit,  „quod 
secundas  nuptias  non  recipimus  et  prophetiam  Mon- 
tan! de  futuro  iudicio  non  recusamus".  obiciunt 
quidam  Tertulliano,  quod  animam  ex  traduce,  i.  e. 
animam  dixerit  ita  gigni  ex  anima  sicut  ex  corporibus 
corpus;  quod  catholica  fides  vehementer  execratur. 

5)  Katharer  (h.  38)  —  hier  die  oben  ausgeschriebene  Angabe 

über  Sixtus  und  Cyprian. 

6)  Paul  V.  Samosata  (h.  44)  —  ganz  beiläufig  werden   hier 

die  Donatisten und Parmenianer  erwähnt;  von  letzteren 
heisst  es:  „Parmenianos  a  Parmeniano,  qui  per  totam 
Africam  libros  contra  nos  conficiens  et  novos  psalmos 
faciens  circumibat,  contra  quem  noster  scripsit  Op- 
tatus"!). 

7)  Proclinianisten  (h.  60)  2)  —  his  Tertullianus  vehementer 

occurrit,  ostendens  dei  filium  impassibilem  esse  etc. 
Es  folgt  eine  längere  Ausführung  dogmatischer  Art, 
die  augenscheinlich  aus  TertuUian  genommen  sein 
will;  dabei  ist  von  einer  „lectio  sequens",  also  von 
zwei  „lectiones"  Tertullians  die  Rede. 

8)  Jovinianisten  (h.  82)  —  „contra  hunc  suscepit  s.  Ambro - 

sius  Mediolanensis  episcopus  quique  edidit  librum 
ad  destruenda  omnia  commenta  adinventionum  eins. 
quo  lecto  in  media  Romana,  i.  e.  ecclesia  Lateranensi, 
una  voce  et  populus  Romanus  et  sacerdotes  in  eisdem 
Jovinianistis  et  ipso  Joviniano  anathema  clamaverunt, 
in  ipso  initio  quadragesimae,  s.  Anastasio  episcopo 

antistite scripsit  etiam  contra  hos  Hierony- 

mus  presbyter  certos  libros  etc." 


1)  Cf.  h.  61:  „Donatistas  .  .  .  contra  hos  Optatus  legitur  egisse". 

2)  Man  beachte,  dass  das  künsthche  System  von  Widerlegern  bereits 
bei  h.  58  geendet  hat. 


Harnack,  Über  eine  Schrift  des  Papstes  Sixtus  II.  47 

9)  Helvidianer  (h.  84)  —  „isti  quidem  nuper  i.  e.  sub  Siri- 
cio  Romanorum  antistite  orti  sunt  .  .  .  contra  hos 
scripsitHieronymus  doctor  egregius  duoslibros  etc." 

10)  Paternianer  (h.   85)  —  „hos    dum   Damasus    damnaret 

episcopus  detectos  in  scelere  huiusmodi,  de  his  in 
relatione  sua  ad  Valentinianum  maiorem  scripsit  di- 
cens:  „Scire  volumus  pietatem  vestram  Venustianos 
in  scelere  turpissimo  detectos  ab  apostolica  sede  esse 
damnatos".  quorum  etiam  confessiones  simul  direxit. 
contra  hos  postea  lex  specialis  egressa  est  etc." 

11)  Tertullianisten  (h.  86)   —   Erst:    „TertuUianistas   olim   a 

Sotere  papa  Romano  damnatos  legimus";  dann  folgt 
eine  lange  Geschichte  über  eine  Matrone  Octaviana 
und  einen  tertullianistischen  Presbyter,  dem  es  unter 
dem  Tyrannen  Maximus  in  Rom  gelang,  „collegium 
sibi  extra  muros  urbis  facere"  und  die  Gräber  der 
Märtyrer  Processus  und  Martianus  als  gewesener  Mon- 
tanisten für  seine  Kirche  in  Anspruch  zu  nehmen; 
allein  Theodosius  nahm  ihm  nach  dem  Siege  über  Maxi- 
mus den  Besitz  wieder.  Dann  heisst  es :  „TertuUianus 
autem  fuit  civis  et  presbyter  Carthaginiensis.  opuscula 
eloquentissima  et  ferventia  in  defensione  edidit  veri- 
tatis.  ....  Tertullianum  autem  catholica  hinc  repre- 
hendit  auctoritas,  quod  animam  ex  anima  nasci  dicit, 
et  defendit  Montanum  et  Priscam  et  Maximillam 
contra  fidem  catholicam  et  contra  Apollonium 
episcopum  orientis  et  contra  Soterem  papam  urbis 
Romae,    ut  supra   diximus,    dum  Cataphryges  haere- 

ticos  detegeremus nihil  tamen  in  fide  mutavit. 

....  nos  catholicos  psychicos  titulat.  ubicumque 
autem  legeris  Tertulliani  adversum  psychicos,  scias 
eum  contra  catholicos  agere". 

12)  Pelagianer  (h.  88)  ~  „LXXXVIII.    haeresim  in  Pelagio 

se  invenisse  sedes  apostolica  sub  papa  s.  Innocen- 
tio  docuit  ....  restitit  ei  quidam  Pauli nus  diaconus, 
defensor  et  procurator' ecclesiae  Mediolanensis  .  .  .  . 
tunc  ad  relationem  paene  omnium  Afrorum  episco- 
porum  papa  Innocentius  damnationem  et  Pelagio 
et  Caelestio  conscripsit  ....  contra  hos  suscepit  sine 


4g  Harnack,  Über  eine  Schrift  des  Papstes  Sixtus  IL 

scriptura  quidam  Cons tantin s  tractator.  post  hunc 
autem  scripsit  contra  hos  et  Augustinus  Hippo- 
niensis  episcopus  et  Hieronymus  presbyter  Bethle- 
mites". 

Das  sind  die  Stücke,  die  weder  aus  den  Werken  der  frü- 
heren Häresiologen  abgeschrieben  sind,  noch  zu  dem  künstlichen 
System  von  Bestreitern  gehören.  Soweit  wir  sie  zu  controliren 
vermögen,  sind  sie  sämmtlich  probehaltig  —  bis  auf  das 
erste  Stück  ^)  — ,  und  das  erweckt  ein  günstiges  Vorartheil  für 
die  wenigen  Stücke,  die  wir  nicht  direct  controliren  können.  Zu 
controliren  ist  Mehreres  von  dem,  was  über  Tertullian  gesagt  ist. 
ferner  das  über  Pamphilus,  Apollonius,  Cyprian-),  Optatus,  Ambro- 
sius,  Anastasius,  Hieronymus,  Siricius,  Damasus  ^),  Innocentius,  Pau- 
linus.  Augustin  Gfesagte.  Nicht  direct  zu  controliren  ist  Einiges 
von  dem,  was  über  Tertullian  mitgetheilt  ist,  sodann  das  über 
Soter  und  Sixtus  Bemerkte.  Allein  es  ist  längst  bemerkt  und  von 
Zahn  jüngst  in  trefflicher  Weise  erörtert  worden -*),  dass  die 
Nachrichten  über  Soter  und  über  Tertullian   auf  guter  Kunde 


1)  Allein  auch  dieses  Stück  ist  vielleicht  keine  Fabelei,  sonder  Hera- 
cleon  ist  mit  Heraclius  verwechselt,  dem  römischen  Schismatiker  aus  dem 
Anfang  des  4.  Jahrb.,  s.  Sbaralea,  de  sacris  prav.  hom.  ordinat.  Florenz 
1750  p.  325,  Lipsius,  Chronol.  d.  röm.  Bischöfe  S.  254,  meine  Litt.  Gesch.  I 
S.  661.  Freilich  muss  dann  an  Stelle  des  römischen  Bischofs  Alexander  ein 
anderer  Bischof  gesetzt  werden,  nämlich  Eusebius  oder  Marcellus.  Ich  ver- 
zichte hier  auf  eine  nähere  Untersuchung. 

2)  Der  liber  Cypriani  „contra  Novatianum  de  lapsis  quod  possint  per 
paenitentiam  recuperare  gratiam"  ist  nicht,  wie  man  zunächst  vermuthen 
wird,  der  Tractat  de  lapsis;  denn  dieser  richtet  sich  1)  nicht  gegen  Nova- 
tian  und  ist  2)  keine  Trostschrift,  sondern  (s.  o.  S.  19)  eine  strenge  Ermah- 
nung an  die  lapsi.  Gemeint  ist  vielmehr  der  liber  ad  Antonianum  (so  das 
Mommsen'sche  Verzeichniss)  =  ep.  55,  der  in  den  Codd.  BCLR  die  Auf- 
schrift trägt:  „ad  Antonianum  de  Cornelio  et  Novatiano  (s.  die  gleiche  Unter- 
schrift in  BCLRP)  und  der  in  der  That  das  ältere  Seitenstück  zu  der 
Schrift  des  Sixtus  in  Absicht  und  Haltung  ist  (sowohl  gegenüber  Novatiau 
als  gegenüber  den  lapfsi).  Dieser  liber  ad  Antonianum  steht  im  Momm- 
sen'schen  Verzeichniss  an  13.  Stelle  der  Werke  Cyprian's,  gleich  nach  den 
Testimonien  und  vor  dem  liber  de  calice  dominico  (^=  ep.  63).  In  dieser 
Stellung  fand  ihn  schon  Lucifer  (s.  Altchristi.  Litt.  Gesch.  I  S.  694). 

3)  Hier  ist  ein  sonst  m.  W.  unbekanntes  Fragment  eines  Damasus- 
Briefs  mitgetheilt. 

4)  Forschungen  V  S.  51  ff. 


Harnack,  Über  Qine  Schrift  des  Papstes  Sixtus  IL  49 

beruhen  1):  der  Verf.  des  Prädestinatus  hat  noch  die  verlorene 
Schrift  Tertullian's  de  ecstasi  gelesen:  aus  ihr  hat  er  seine  Nach- 
richten über  Soter  und  Apollonius  geschöpft;  ja  er  hat  höchst 
wahrscheinlich  uns  einen  Satz  aus  der  Schrift  wörtlich  erhalten-). 
Aber  ausserdem  hat  er  (h.  60)  noch  eine  andere,  uns  verlorene 
Schrift  eingesehen;  er  weiss  dazu  über  den  Erfolg  des  Werks 
Tertullian's  gegen  die  Marcioniten  etwas  zu  berichten  und  zeigt 
sich  auch  sonst  über  Tertullian  speciell  orientirt.  Somit  erweisen 
sich  alle  jene  Nachrichten,  die  fast  sämmtlich  römische  und  afri- 
kanische sind,  als  zuverlässig.  Also  ist  auch  die  Mittheilung, 
Sixtus  II.  habe  einen  liber  contra  Novatianum  de  lapsis  verfasst, 
für  zuverlässig  zu  erachten"^).  Die  Überlieferung  bei  Praedesti- 
natus  aus  der  Mitte  des  5.  Jahrhunderts  schliesst  mithin  unseren 
Beweis,  dass  der  unter  den  Werken  des  Cyprian  stehende  an- 
onyme Tractat  „ad  Novatianum"  vom  Papst  Sixtus  IL  stammt,  ab 
und  erhebt  diese  Hypothese  auf  die  Höhe  einer  sicheren  ge- 
schichtlichen Erkenntniss.  Um  die  Mitte  des  5.  Jahrh.  kannte 
man  den  Verfasser  noch;  aber  eben  die  Zusammenstellung  mit 
dem  liber  ad  Antonianum  de  Novatiano  Cyprian  s  zeigt  uns,  wie 
unsere  Schrift  unter  die  Werke  Cyprian's  gekommen  ist  und 
dann  in  den  folgenden  Jahrhunderten  ihren  Verfasser  verloren 
hat,  den  der  Schreiber  des  Cod.  K  saec.  X  nicht  mehr  gekannt 
hat.  Er  las  die  Schrift  auch  nicht  neben  ep.  55,  indessen  doch 
neben  zwei  durch  ihren  Inhalt  ihr  ebenfalls  sehr  verwandten 
Schriften,  nämlich  neben  ep.  11  und  dem  Tractat  de  opere  et 
eleemosynis. 

I.  Excurs :  Sprachliches,  litterarische  Yerwaiidtschaft. 

Da  die  starke  Abhängigkeit  unserer  Schrift  von  Cyprian's 
Tractat  de  unitate  bereits  oben  nachgewiesen  wurde,  so  hat  es 
kein  grosses  Interesse  mehr  zu  zeigen,  dass  unser  Verfasser  auch 


1)  Das  Hysteron-Proteron  h.  86  init.  fällt  nicht  ins  Gewicht,  s.  Zahn, 
a.  a.  0.  S.  52. 

2)  S.  oben  h.  26. 

3)  Fügt  Praedestinatus  hinzu:  „quod  possint  per  paenitentiam  recu- 
perare  gratiam  quam  labendo  perdiderant",  so  ist  das  kein  Buchtitel,  am 
wenigsten  ein  diplomatisch  treuer,  zumal  da  er  auch  für  Cyprian's 
Schrift  gilt. 

Texte  u.  Untersuchungen  XIII,  1.  4 


50  Hamack;,  Über  eine  Sclarift  des  Papstes  Sixtus  II. 

sonst  von  Cyprian's  Sprache  und  Stil  abhängig  ist.  Indessen 
mögen  im  Folgenden  doch  noch  einige  Beobachtungen  hierüber 
stehen.  Von  vornherein  sei  bemerkt,  dass  keine  andere  Schrift 
Cyprian's  so  auf  den  Verfasser  eingewirkt  hat,  wie  de  unitate; 
ja  man  kann  nicht  sicher  nachweisen,  welche  Cyprian- Schriften 
er  sonst  noch  —  abgesehen  von  de  opere,  s.  unten  —  gelesen  hat. 
Die  Abhängigkeit  von  Tertullian's  Tractat  de  praescriptione  haer. 
wurde  ebenfalls  bereits  bewiesen;  doch  tritt  sie  längst  nicht  so 
stark  hervor  wie  die  von  der  Schrift  de  unitate.  Mit  dem  Nach- 
w^eise  von  Übereinstimmungen  mit  Cyprian's  Sprache  verbinde 
ich  im  Folgenden  noch  einige  andere  Observationen: 

C.  1  p.  52, 9  aestuare  =  dubitare  |  Cyprian,  z.  B.  ep.  55,  2  u.  Pseudo- 
cypr.  de  pascha  comp.  1.   de  laude  mart.  1:  Minuc.  Felix. 

p.  52,  11  diaboli  inruptione  |  Cypr.  ep.  2S,  2:  evangelium  inrumpere. 

p.  52,  13  paterna  pietas  |  Cypr.  öfters  (cf  ep.  57,  1.  5:  68,  4),  aber 
auch  adv.  aleat.  1.  de  laude  mart.  18. 

p.  52,  17;  62,  3  denegare  ]  Cypr.  z.  B.  ep.  55,  22. 

p.  53,  1  fratres  dilectissimi  ]  so  redet  Cyprian  häitfig  seine  Ge- 
meinde an;  Novatian  aber  nennt  sie  höchst  bezeichnend 
„fratres  sanctissimi''.  Auch  der  Bischof  redet  seine  Mit- 
bischöfe so  an,  s.  Sentent.  episcopor.  num.  71. 

p.  53,  1  abrupta  dementia  |  Cypr.  ep.  16,  1:  abrupta  praesumptio. 
Novat.  de  trinit.  25:  abrupta  dementia. 

p.  53,  3  u.  62,  4  sacrilega  temeritate  |  ähnliches  öfter  bei  Cyprian, 
z.  B.  ep.  52,  2:  sacrilega  fraude.  adv.  aleat.  7:  sacrilega  medi- 
tatio.    Novat.  de  cib.  iud.  1 :  sacrilegae  calumniae. 

p.  53,  9  latratibus  excitare  =  Cypr.  ep.  45.  2  latratibus  perstre- 
pere. 

p.  53,  12  desertores  ecclesiae  (54,  7  desertor  fidei)  |  Cypr.  ep.  52,  5: 
ecclesiae  desertor:  ep.  60,  3. 

p.  53.  13  apostata  öfters  |  Cyprian  öfters  z.  B.  ep.  55,  12. 

p.  53,  14  denotare  =  reprehendere  |  Cypr.  de  hab.  virg.  19. 

p.  53,  16  domus  =  ecclesia  oft  |  auch  bei  Cyprian  häufig. 

p.  53,  15  dominica  potestas,  p.  53,  21  dominica  vox,  p.  58,  10  do- 
minica  statuta  etc.  |  bei  Cyprian  häufig. 

C.  2  p.  53,  20:  audi  in  Apocalypsi  dominicam  vocem  iustis  te  ob- 
iurgationibus  increpantem,  dicis,  inquit,  dives  sum  etc.  1  Cypr. 
de  op.  et  eleem.  14:    audi   in  Apocalypsi   domini  tui  vocem 


Hamack,  Über  eine  Schrift  des  Papstes  Sixtus  II.  51 

.  .  .  iustis  obiurgationibiis  increpantem,  dicis,  inquit,  dives 
sum  etc.  (s.  auch  de  hab.  virg.  10. 1 1).  Also  hat  Sixtus  den  Tractat 
de  opere  benutzt.  Auch  das  folgende  „ut  esse  aurum  mundum 
possis"  klingt  in  unserer  Schrift  wieder.  Zu  pro  certo  credere 
p.  53,  25  s.  ep.  41,  2;    ep.  49,  3  (Brief  des  Cornelius!);    52,  3. 

p.  54,7  transgressores  ecclesiae  |  Cypr.  de  pat.  11:  transgressor 
legis.    Tertull.  adv.  resurr.  39. 

p.  54,  13  furoris  dementia  |  Cypr.  öfters  (s.  ep.  60,  3;  de  laps.  26; 
ad  Donat.  9),  aber  auch  adv.  aleat.  6. 

p.  54,  13  ad  dementiam  proruperunt  |  Cypr.  de  zelo  4:  in  zelum 
prorupit;  ep.  74,  7. 

p.  54,  14  sq.  illic  —  hie  |  adv.  aleat.  6. 

p.  54,  16  cathedrae  renuntiatur,  s.  Ron  seh  Itala  u.  Vulg.  S.  379  | 
Cypr.  ep.  73,  2:  cathedrae  renuntiare  debemus? 

p.  54,  21  scripturae  caelestes  |  bei  Cyprian  nur  einmal,  bei  Nova- 
tian  häufiger  (s.  Demmler,  Üb.  d.  Verf.  der  Tractate  de  bono 
pudic.  etc.  1894  S.  35  f ).  Sixtus  liebt  das  Beiwort  caelestis, 
s.  p.  55,  19:  caelestis  dignatio;  55,  25:  caelestis  ratio;  62,  4: 
caelestibus  plagis;  61,  27:  caelestis  sententia;  63,  11:  caelestis 
adlocutio,  ebenso  Novatian.  Adv.  aleat.  2:  caelestis  sapientia, 
medicamen  caeleste. 

p.  54,  25  lex  =  Altes  Testament  resp.  =  h.  Schrift  |  Cypr.;  adv. 
aleat.  6. 

p.  55,  9  und  sonst  figuram  (imaginem)  portabat  |  Tertull.  Cypr. 

p.  55,  14;  61,  7;  62,  6  in  continenti  =  continuo  |  bei  Cyprian  ep. 
80,  1 ;  de  rebapt.  4. 

C.  3  p.  55.  19  caelestis  dignatio  |  adv.  aleat.  1.  2.  5;  dignatio  bei 
Cypr.  häufig. 

p.  55,  19:  consjDirans,  s.  Cypr.  35,  1  u.  unsere  Schrift  p.  64,  24. 

p.  55,  20  necessarie  et  pertinenter,  p.  62,  11  pertinenter  et  neces- 
sarie  |  bei  Cypr.  fehlt  es  m.  W. 

p.  55,  23  administratio  divina  =  olxovofila. 

p.  55,  25  praeostendere  |  fehlt  m.  W.  bei  Cypr. 

p.  56,  4  trinitas  operata  est ...  operatur  |  adv.aleat.5:  operatur  deiectio. 

C.  4  p.  56,  6  der  Gebrauch  von  „persona"  ist  hier  bemerkenswerth : 
„sumamus  secundam  personam  columbae"  ==  „lasset  uns  die 
zweite  Erscheinungsform  d.  h.  die  zweite  Bedeutung  der 
Taube  betrachten"  (für  den  trinitarischen  Gebrauch  von  „per- 


sona" wichtig). 


4* 


52  Harnack,  Über  eine  Schrift  des  Papstes  Sixtus  II. 

p.  56,  9.  21.  22  excrescere  |  Cypr.  ep.  74,  8.   ati  Demetr.  10. 

p.  56,  16;  57,  17  infestare  |  Cypr.  z.  B.  ep.  60,  3. 

C.  5  p.  56,  26  audaciter  dissimulare  |  Cypr.  ep.  63,  1  audaciter  ad- 

sumere.     Zu  sirapliciter  ignorantes  s.  ep.  63,  1. 
C.  7  p.  58,  4  gloriosi  von  Märtyrern  |  bei  Cypr.  fast  term.  teclin. 
C.  8  p.  59,  1  iam  non  Christiani  |  Tertull.  de  praescr.  30:  Apelles 

iam  non  Marcionites. 
p.  59,  5  zum  Citat  Job.  6,  68  s.  Cypr.  ep.  59,  7;  66,  8. 
C.  9  p.  59,  11  clamante  scriptura  et   dicente   cf.  p.  63,  21  |  Cypr. 

z.  B.  de  laps.  15. 
C.  11  p.  61,  23  delicta  donare  |  Cypr. 
p.  61,  24  remissa  peccatorum  |  so  fast  stets  bei  Cypr.     Dagegen 

kann  icb  micb  nicht  erinnern,  ..remissor"  und  „receptor"  (s. 

unsere  Schrift  p.  61,  8)  bei  Cyprian  gelesen  zu  baben. 
C.  12  p.  62,  7  suspendebatur  ira  |  Cypr.  de  oper.  6  mors  suspen- 

ditur. 
C.  13  p.  63,  7  discordiae  furore  vesanus  |  Cypr.  ep.  60,  4:  furore 

discordiae. 
p.  63,  19   adversationibus  =  gegensätzlicbe  Behauptungen  \  Ter- 
tull., Scorp.  5:    adversatio  idololatriae  et  martyrii,  mortis  et 

vitae. 
p.  63,  20  iterum  fecit  ethnicos  |  Cypr.  ep.  68,  1;  55,  6.  17:  57,  3  etc. 
p.  63,  25  ingerens  |  Cypr.  öfters  z.  B.  ad  Demetr.  1. 
p.  63,  25  sq.  illis  quos  pretio  magno  sui  sanguinis  redemerat  |  Cypr. 

ep.  68,  4;  de  oper.  1. 
C.  14  p.  64,  10  nudati  a  diabolo  |  Cypr.  ep.  44,  2  baeresim  fecisse 

nudati  sunt, 
p.  64,  18  praevaricatio  =  fraus  \  Cypr.  ep.  49,  3:    scbismatici  et 

haeretici  dolus  et  praevaricatio;  ep.  43,  3:  praevaricatio  veri- 

tatis.    Novat.  ep.  30  praevaricatores  evangelii. 
p.  64,  19  Saul  livore  evertitur  |  Cypr.  de  zelo  5   Saul  furias   de 

livore  concepit. 
p.  64,  21  (63,  8)  in   domo   dei  unanimis  ...  in  domo  una  id  est 

Christi  ecclesia  |  Cypr.  oft,  s.  ep.  60,  4  in  domo  dei  inter  un- 

animes;  de  orat.  23  p.  284,  22. 
C.  15  p.  65,  20  peccatricem  delicatam  |  Cypr.  oft,  s.  de  mortal.  15: 

delicata  matrona  =  schwach.     Novatian  de  pudic.  12:    mu- 

lieres  delicatae. 
C.  16  p.  66,  24  secreta   quaeque  et  abdita  pectoris  nostri  |  Cypr. 


Harnack,  Über  eine  Schrift  des  Papstes  Sixtus  II.  53 

ep.  57,  3  arcana  cordis  adqae  abdita;  de  zelo  7  cordis  secreta; 
de  oper.  17  secreta  et  abdita  mentis;  ep.  31,  7  secreta  cordis. 

C.  16  p.  66,  27  habentes  in  contemplatione  (p.  58,  1  invictum  ha- 
bere) I  dieser  Gebrauch  von  habere  ist  in  jener  Zeit  bereits 
häufig,  s.  Cypr. 

p.  67,  9  propitiandus  deus  1  Cypr.  de  oper.  5. 

C.  18  p.  68,  22  gaudeant  virtutes  caelorum  (gaudeant  angeli  omnes), 
dieser  an  Matth.  24,  19  erinnernde  Ausdruck  ist  hier  unge- 
wöhnlich; man  darf  sich  wohl  daran  erinnern,  dass  die  rö- 
mische Bibel  in  dieser  Zeit,  wie  uns  Novatian  belehrt,  in 
Coloss.  1,  16f.  las:  „throni  sive  dominationes  sive  virtutes 
sive  potestates".  Die  Afrikaner  lasen  (wie  die  Vulg.)  „prin- 
cipatus",  s.  Demmler,  a.  a.  0.  S.  47.  Doch  schreibt  auch  Cy- 
prian  de  oper.  21:  „ubi  ad  spectaculum  conveniunt  caelorum 
virtutes,  conveniunt  angeli  omnes  etc."  Diese  Stelle  hat  Sixtus 
wohl  nachgebildet.     Zu  vgl.  ist  auch  de  laud.  mart.  26. 

p.  68,  24  clementi  moderatione  |  Cypr.  ep.  55,  6  salubri  modera- 
tione. 

p.  68,  34  indulgentiae  aditus  |  Cypr.  ep.  5,  2  introeundi  aditus. 
„Indulgentia"  bei  Novatian  ep.  30,  5.  6  und  bei  Cyprian  öfters. 

p.  68,  34  sactisfactionibus  |  bei  Tertull.  u.  Cypr.  häufig.  Alle  wich- 
tigen termini  der  geordneten  Bussdisciplin  kommen  am 
Schluss  der  Predigt  vor:  „plena  et  digna  confessio"  „exomo- 
logesis'"  „propitiare"  „deprecari"  „plenae  satisfactiones"  „in- 
dulgentia". 

Verbindet  man  mit  dieser  Übersicht  die  oben  über  das  Ver- 
hältniss  unserer  Schrift  zum  Tractat  de  unitate  gegebene  Tabelle 
und  bedenkt  man  dazu,  dass  die  grössere  Hälfte  der  Schrift  (etwa 
'^5)  aus  Bibelstelleu  besteht,  so  bleibt  für  unseren  Schriftsteller 
an  Originalität  gegenüber  Cyprian  nicht  viel  übrig.  In  der  That, 
er  lässt  sich  weder  mit  Cyprian  ^)  noch  mit  Novatian  2)  vergleichen. 
Sein  Stil  und  seine  Sprache  sind  durch  keine  Vorzüge  ausge- 
zeichnet: sie  reichen  weder  an  die  gezügelte  Kraft  Novatian's  noch 


1)  Ausser  der  Benutzung  von  de  unit.  und  de  opere  lässt  sich  die 
Verwerthung  keiner  anderen  cyprianischen  Schrift  und  keines  Briefs  sicher 
nachweisen;  doch  ist  es  wahrscheinlich,  dass  Sixtus  mehrere  Briefe  gelesen 
hat  (besonders  die  von  ep.  54  an). 

2)  Von  Novatian's  eigenthümhcher  schriftstellerischer  Art  ist  Sixtus 
noch  mehr  entfernt  als  von  der  Cyprian's. 


54  Harnack,  Über  eine  Schrift  des  Papstes  Sixtus  IL 

an  den  eleganten  Fluss  der  Cyprianischen  Diction  heran.  Nur 
das  darf  man  dem  Bischof  nachrühmen,  dass  er  sich  klar  und 
leicht  verständlich  auszudrücken  versteht.  Er  hat  das  von  Cyprian 
gelernt,  an  dem  er  seine  Theologie  und  seine  Sprache  gebildet 
hat  und  dessen  Tractat  de  unitate  ecclesiae  er  auswendig  gelernt 
zu  haben  scheint.  Die  beiden  ironischen  Wendungen,  die  Nova- 
tianer  seien  in  der  That  „Gold",  nämlich  „das  goldene  Kalb", 
und  sie  dünkten  sich  mit  Recht  die  Reichen,  sie  besässen  näm- 
lich die  „Reichthümer  der  Armuth'-  (Apoc.  3,  17),  sind  die  be- 
merkenswerthesten  Eigenthümlichkeiten  des  Verfassers;  die  alle- 
gorische Deutung  der  Taube  Noah's  (c.  2 — 6)  ist  jedenfalls  das 
eigentliche  Hauptstück  der  Schrift  und  wohl  das  geistige  Eigen- 
thum  des  Verfassers:  die  Widerleojunsj  der  novatianischen  Deu- 
tung  von  Matth.  10,  33  ist  viel  w^eniger  originell.  Schliesslich 
ist  noch  zu  bemerken,  dass  der  Eingang  unserer  Schrift:  „Cogi- 
tanti  mihi  et  intolerabiliter  animo  aestuanti"  eine  Nachbildung 
ist  von  Minucius,  Octav.  1,  1:  „Cogitanti  mihi  et  cum  animo  meo 
,  .  .  recensenti".  Noch  zweimal  ist  der  Eingang  des  Octavius  co- 
pirt  worden.  Lactantius  beginnt  das  4.  Buch  seiner  Institutiones 
„Cogitanti  mihi  et  cum  animo  meo  saepe  reputanti",  und  Victorin 
schreibt  de  fabrica  mundi  1:  „Cogitanti  mihi  (et)  una  cum  animo 
meo  conferenti".  Eigenthümlich,  dass  man  in  dem  kurzen  Tractat 
des  Sixtus  die  Leetüre  von  Cyprian,  Tertullian  and  Minucius 
nachzuweisen  vermag,  d.  h.  ungefähr  der  ganzen  christlichen 
Litteratur,  welche  die  arme  abendländische  Kirche  damals  neben 
der  h.  Schrift  besass!  Immerhin  erweist  sich  Sixtus  so  als  ein 
homo  litteratus  (vgl.  den  stilistisch  vorzüglichen  ersten  Satz  der 
Schrift). 

II.  Excurs:  Bibelcitate. 

Die  Anzahl  der  Bibelcitate,  der  ausdrücklichen  und  der  An- 
klänge, ist  in  unserer  Schrift  sehr  gross;  ich  stelle  sie  zunächst 
hier  zusammen,  da  in  Hart  eis  Ausojabe  einifife  fehlen:  nur  bei 
letzteren  füge  ich  die  Zeilenzahlen  hinzu,  sonst  gebe  ich  die 
Hartel'schen  Seiten  (die  Kreuze  bezeichnen  die  wörtlich  citirten 
Stellen). 

Genes.  6.  8  (54,  26  f.).    Exod.  11.  2;    12,35    Num.  5,  2  (55)1- 
Genes.  6,  5— 7  (56)t.         (53,  141'.).  Deut.  1,  17:     16,   19 

Exod.  9,  28  (62)t.  Exod.  32  (53,  14).  (67)1- 


I 


Harnack,  Über  eine  Schrift  des  Papstes  Sixtus  II.  55 

Deut.  32,  35  (58,  12).    Sachar.  9,  16  (64)t.  Joh.  10,  8  (54)t. 

I  Sam.2,  3.  8  (62)t.       Henoch  (Jud.  14.  15)  Joh.  10,  12  (58,  2). 

I  Sam.  18  (64,  19).  (67)1-  Joh.  21,  15  f.  (59,  S\ 

Ps.  9,  7.  11  (63)t.  Matth.  3,  12  (54,  2).  Rom.  2,  11  (67)t. 

Ps.  33,  22  (66)t.  Matth.  7,  2  (63)1-  Rom.  2,  16  (58,  18). 

Ps.  50,  6  (66)t.  Matth.  7,  3  (52,  19).  Rom.  12,  19  (58, 12  if. 

Ps.  88,  31— 34  (59)t.    Matth.  7,  13  (55,  7).  Rom.  14,  4  (62)t. 

Ps.  90,  13  (57).  Matth.  7,  15  (64).  I  Cor.  3,  3  (64)t. 

Ps.  118,  176  (65)t.        Matth.7,22.  23  (58)t.  I  Cor.  3,  12  (53,  11. 
Sirach2,10— 12(69)t.    Matth. 7,26.  27  (56)1-        18;  58)1- 

Jesaj.  30,  1  (54)t.  Matth.  10,  28  (67)t.  I  Cor.  10,  12  (62)t. 

Jesaj.  42,  19  (54)t.        Matth.  10,33(58.61)1-  I  Cor.  11,  22. 17  (64)1- 

Jesaj.  43,  25.26(68)1.    Matth.  11,  21  (63,  16).  II  Cor.  5,  10  (58,  19). 

Jesaj.57,16— 19(60)t.    Matth.  13,  14  (54).  Gal.  6,  2  (63,  10). 

Jerem.  10,  24  (60)t.      Matth.  23,12  Lac.  18,  Ephes.  5,  6.  7  (68)1- 

Ezech.  18,  4  (67)t.  14  (62.  68,  35).  Philipp.  3,  2  (53)t. 

Ezech.  18,  21  (64)1-       Matth.  24, 19  (68,  22).  II  Tim.  2,  20  (53, 17). 

Ezech.  18,  30  (59)t.       Matth.26, 14(64,20£)  I  Pet.  1,  19  (63,  25). 

Ezech.18,30— 31;  33,        c.  parall.  I  Pet.  3,  20  (55,  4). 

11  (68)t.  Matth.26,  75  (p.59,8).  I  Pet.  5,  5  (62)t. 

Ezech. 33, 10.11(60)1.    Matth.  28,  19  (56)t.  I  Joh.  2,  11  (63)t. 

Ezech.  33,  12  (63)1-      Marc.  16,  15  (56,  1).  I  Joh.  2,  18  (54,  1). 

Ezech.  34,  3.4. 10.11.    Luc.  7,  36—47  (61)t.  Jud.  14.  15  (67). 

16  (65)t.  Luc.  10,  19  (57)t.  Apoc.  2,  Iff.  (63,  23). 

Ezech.     36,     18—23    Luc.  10,  31  f.  (52,  14).  Apoc.  2,  5  (63  )t. 

(59)t.  Luc.  11,  10  (66)t.  Apoc.  3,  17  (53  if. 

Ezech. 44,10. 13(54)1-    Luc.  13,  1—5  (66)t.  Apoc.6,12— 17  (67)t. 

Daniel  7,  9.  10  (67)t.    Luc.  15,  4f.  (65, 17 f.).  Apoc.  12,  15  (64)t. 

Joel  2,  12.  13  (59)t-      Luc.  15,  6—10  (65)1-  Apoc.  17,  15  (56)t. 

Jona  3  (62,  1).  Joh.  6,  68  (59)t.  Apoc.20,1 1—13(68)1. 

Micha  8,  8.  10  (62)t-    Joh.  8,  44  (58,  11).  Apoc.  22,  15  (53)t. 
Zephan.  3,  1.  2  (57)t.    Joh.  10,  1  (54)t- 

Aus   dem  N.  T.  sind   15  Schriften  citirt  (auch  der  unechte 

Marcusschluss  ist  p.  56,  1    vorausgesetzt);  durch    sie    sind    auch 
sieben  weitere  [Act.  Coloss.  L  IL  Thess.  I.  Tim.  Tit.  Philemon  ^)] 

1)  Immerhin  verdient  es  Erwähnung,    dass  sich   in  keiner  Schrift 

Novatian's  und  in  keiner  der  älteren  pseudocypr.  Schriften  mit  Ausnahme 
von  de  rebapt.  ein  Citat  aus  Act.  findet. 


55  Hamack,  Über  eine  Schrift  des  Papstes  Sixtus  IL 

indirect  bezeugt,  so  dass  sich  ein  Kanon  von  22  Schriften  sicher 
für  die  römische  Kirche  im  J.  257/8  feststellen  lässt.  Da  Jacob. 
II  Petr.  und  Hebr.^)  schwerlich  Bestandtheile  dieser  Sammlung 
waren,  so  bleibt  nur  wegen  (IL  u.)  III.  Job.  ein  Zweifel.  Der 
Hirte  des  Hermas  ist  nicht  citirt,  obgleich  es  p.  64,  25  sq.  sehr 
nahe  lag,  ihn  anzuführen.  Auch  das  stimmt  mit  dem,  was  wir 
für  den  Kanon  der  römischen  Kirche  in  der  Mitte  des  3.  Jahrh. 
vermuthen  dürfen.  Immerhin  ist  die  urkundliche  Bezeugung  des 
ümfangs  des  N.  T.'s  in  Rom  für  das  angegebene  Jahr  von  Wichtig- 
keit. Die  starke  Benutzung  der  Apokalypse  verdient  eine  beson- 
dere Hervorhebung  2). 

Was  die  Geltung  der  h.  Schriften  anlangt  —  c.  12  sagt  der 
Verf.  von  einem  Herrenwort  „adoramus"  — ,  so  ist  die  Stelle  c.  13 
p.  62  f.  am  wichtigsten;  hier  werden  nach  der  Reihe  stets  mit 
der  gleichen  Formel  „non  legisti?"  citirt  I  Sam.,  I  Cor.,  I  Pet., 
Matth.,  Psal.,  Matth.,  I  Joh.  Man  erkennt,  dass  alle  Theile  der 
beiden  Testamente  sich  völlig  gleichstehen  und  die  eine  h.  Schrift 
bilden^).  Der  Papst  schreibt  auch:  „Christus  hortatur  dicens", 
und  dann  folgen  Stellen  aus  Jesajas  und  Ezechiel  p.  68;  doch 
sind  die  gewöhnlichen  Citationsformeln  für  das  A.  T.:  ..Spiritus 
s.  (dominus)  per  prophetam  (Ezechielem,  David  etc.)  dicit"  ,,scri- 
ptura  (clamat  et)  dicit"  „dominus  praecepit  in  Deuteronomio", 
daneben  „propheta  (Ezechiel,  Jesajas  etc.)  dicit"  „legimus  apud 
Sachariam  positum"  etc.  Die  Evangelien  werden  citirt  mit  „in 
evangelio  significatum  est"  „in  evangelio  declarat  (dominus)  di- 
cens"'*) „dominus  dicit  (ait)"^)  „legimus  in  evangelio";  doch  eiu- 


1)  Die  Verweisung  Hartel's  auf  Hebr.  10,  30  p.  58,  12  ist  zu  streichen 
und  dafür  Deuter.  32,  35  resp.  Rom.  12,  19  zu  setzen. 

2)  Sie  wird  als  „Apocalypsis"  ohne  jeden  weitern  Zusatz  p.  52  und 
p.  56  citirt,  wie  bei  Cyprian  und  schon  in  der  Schrift  de  pascha  comp.  14.  — 
Auch  die  Bezeichnung  „Deuteronomium''  findet  sich  p.  CT. 

3)  Wie  der  Verf.  Bibelstellen  mit  einander  verbinden  kann,  dafür 
bietet  p.  60,  18 — 27  ein  schönes  Beispiel. 

4)  Merkwürdig  ist  die  Stelle  p.  54:  „quos  Johannes  (im  Brief)  anti- 
christos  appellat,  quos  evangelista  paleis  similat  (Joh.  der  Täufer  bei  Matth.), 
quos  dominus  Christus  fures  designat  (Joh.  Ev.).     Ist  baptista  zu  lesen? 

5)  BemerkensAverth  ist,  dass  sich  dreimal  p.  54,  20.  55,  27  und  p.  58,  26 
die  Formel  „dominus  Christus"  findet;  sie  ist  nicht  gewöhnlich.  C.  15  wird 
Luc.  15,  4  f.  so  angeführt,  als  habe  sich  der  Herr  dort  selbst  als  den  guten 
Hirten  bezeichnet. 


Harnack,  Über  eine  Schrift  des  Papstes  Sixtus  II.  57 

mal  heissfc  es  „ait  scriptura"  (p.  66,  22).  Die  Apokalypse  wird 
p.  53  mit  „scriptum  est"  und  „dominica  vox  in  Apocalypsi",  p.  56 
mit  „Apocalypsis  docet",  p.  63  mit  „clamante  scriptura  et  docente" 
(also  wie  sonst  das  A.  T.),  p.  67  mit  „Johannes  declarat  dicens", 
p.  68  mit  „Johannes  in  eadem  Apocalypsi  dicit"  citirt.  Bemerkens- 
werth  ist,  dass  sich  Sixtus  p.  63,  24  so  ausdrückte,  als  sei  Chri- 
stus- selbst  auch  der  Schreiber  der  Apokalypse  („ad  Septem 
ecclesias  scribens  singulis  sua  quaeque  facinora  .  .  .  ingerens  „pae- 
nitemini"  dicebat.  quibus  ?  nisi  illis  seil,  quos  ^)  pretio  magno 
sui  sanguinis  redemerat").  Die  Briefe  endlich  werden  citirt  mit 
„apostolus  dicit"  resp.  „Johannes  appellat",  niemals  —  das  ist 
doch  nicht  gleichgiltig  —  mit  „scriptura  dicit"  oder  „scriptum 
est";  denn  mit  den  beiden  Stellen  c.  7  p.  58,  12  und  c.  16  p.  67,  10 
hat  es  eine  besondere  Bewandtniss.  Bei  der  ersten  „dicente 
scriptura:  mihi  vindictam  et  ego  retribuam,  dicit  dominus"  hat 
der  Verf.  an  Deuteron.  32,  35  gedacht  und  ist  nur  in  der  Form 
des  Citats  von  Rom.  12,  19  beeinflusst;  bei  der  zweiten:  „sicut 
scriptum  est:  ecce  venit  cum  multis  etc.",  hat  er  die  Henoch- 
apokalypse  citirt.  Gewiss  ist  er  durch  Judas  14.  15  auf  diese 
Stelle  geführt  worden,  aber  er  hat  sie  im  Original  und  zwar  in 
einer  lateinischen  Übersetzung  nachgeschlagen:  dem  Henochbuch, 
nicht  dem  Judasbrief  gilt  das  „scriptum  est".  Das  hat  uns  Zahn 
jüngst  gezeigt  2).  Die  Benutzung  der  Henoch- Apokalypse  als 
„scriptura"  ist  die  kanonsgeschichtlich  wichtigste  Thatsache  in 
unserer  Schrift.  Sie  zeigt  uns,  dass  die  jüdisch-apokalyptische 
Litteratur  in  der  2.  Hälfte  des  3.  Jahrh.  unter  den  abendländischen 
h.  Schriften  nicht  nur  durch  die  Esra-Apokalypse  vertreten  ge- 
wesen ist.  In  unserer  Schrift  wird  Daniel  unmittelbar  nach 
Henoch  citirt.  Man  wird  daraus  allerdings  nicht  schliessen 
dürfen,  dass  Henoch  und  Daniel  im  Bibelexemplar  des  Verfassers 
zusammengestanden  haben,  sondern  nur  dass  er  die  Henoch- 
apokalypse  als  wahre  und  darum  heilige  Prophetie  —  an  sich 
und  auf  Grund  des  Zeugnisses  des  Judasbriefs  —  geschätzt  und 


1)  Die  Handschriften  bieten  so  und  so  hat  Hartel  gedruckt;   in  der 
That  ist  „quas"  unnöthig. 

2)  Gesch.   d.   NTHchen  Kanons  II    S.  797  fl".     Forschungen  V  S.  158, 
s.  auch  James,  Apocr.  Anecdota  (Cambridge  1893)  p.  146  sq. 


5S  Harnack,  Über  eine  Schrift  des  Papstes  Sixtus  II. 

ihre  innere  Verwandtschaft  mit  der  Danielapokalypse  richtig  er- 
kannt hat  ^). 

"Was  endlich  die  Text g estalt  der  Bibelcitate  des  Verfassers 
anlangt,  so  erhebt  sich  vor  allem  die  Frage,  wie  sich  dieselbe 
zu  der  der  Citate  Cyprian's  verhält  Benutzte  Sixtus  denselben 
Bibeltext  wie  Cyprian?  Würde  man  diese  Frage  zu  bejaheii 
haben,  so  wäre  damit  zwar  nicht  ein  sicheres  Gegenargument 
gegen  den  Ursprung  unserer  Schrift  aus  Rom  gewonnen,  wohl 
aber  ein  Verdachtsmoment;  denn  es  ist  wahrscheinlich,  dass  be- 
reits um  die  Mitte  des  3.  Jahrh.  die  Texte  in  Afrika  und  Rom 
verschieden  w^aren.  Andererseits  darf  man  nicht  vergessen,  dass 
Sixtus  den  Cyprian  benutzt  und  die  Schriften  de  unitate  und 
de  opere  ausgeschrieben,  Avohl  auch  gewisse  Briefe,  z.  B.  den  55., 
60;  61  etc.  gekannt  hat.  Wie  sollte  er  da  an  den  Bibelcitaten 
Cyprian's  vorübergegangen  sein  und  nicht  manche  von  ihnen  in 
der  Textgestalt  aufgenommen  haben,  die  er  dort  vorfand?  Sahen 
wir  doch,  dass  selbst  sein  „Petro  sed  et  ceteris  discipulis"  (p.  56,  1) 
durch  Cyprian  beeinflusst  gewesen  ist.  Mit  dem  55.  Brief  (ad 
Antonianum  de  Novatiano)  hat  er  die  Citate  Gal.  6,  2  (ep.  55  c.  18), 
I  Cor.  10,  12  (55,  18),  Rom.  14,  4  (55,  18),  Apoc.  2,  5  (55,  22).  Luc. 
15,  7  (55,  22),  Joel  2,  12.  13  (55,  22),  Ps.  88,  33.  34  (55,  22),  II  Tim. 
2,  20  (55,  25)  gemeinsam. 

Es  lässt  sich  aber  sofort  an  einem  grossen  Citat  zeigen,  dass 
Cyprian's  und  Sixtus'  Text  mindestens  nicht  in  allen  Büchern 
zusammenstimmte,  nämlich  an  dem  Citat  Ezech.  34,  3  ff.:  Cyprian 
bringt  es  ep.  57,  4  u.  68,  4,  ein  Stück  davon  auch  Testim.  I,  14: 
und  zwar  bringt  er  es  an  diesen  Stellen  identisch.  Ich 
bezeichne  ep.  57,  4  =  A,  68,  4  =  B,  Testim.  I,  14  =  C. 

Cyprian  Sixtus  (p.  65,  2  ff.) 

A  allein:  „ecce  lac  consumitis  0  pastores,  quare  lac  ebibitis 

et   lanis    vos   tegitis ,    et    quod  et  coagulatum  comeditis  et  forte 

crassum  est  interficitis,  et  oves  ad  nihilum  perduxistis  et  inJör- 

meas  non  pascitis".     A  und  B:  mum    non  visitastis   et   claudi- 

1)  Man  darf  vielleicht  annehmen,  dass  Sixtus'  Citat  des  Henochbuchs 
durch  Tert.  de  cultu  fem.  I,  3  heeinflusst  ist;  denn  indem  er  die  Stelle 
citirt,  die  auch  im  Judashrief  citirt  ist,  sie  aber  nach  dem  Original  selbst 
anführt,  hält  er  sich  auf  der  Spur  Tertullian's,  der  geschrieben  hat:  „Eo 
accedit,  quod  Enoch  apud  Judam  apostolum  testimonium  possidet". 


Harnack,  Über  eine  Schrift  des  Papstes  Sixtus  IL  59 

,,quod  infirmatum  est  non  con-  cantem  non  curastis  et  errantem 

fortastis,    et  quod  male  habiüt  uon    revocastis,    et    permisistis 

non  conroborastis,  et  quod  con-  populum  meum  errare  inter  spi- 

tribulatum    est    non     consolati  nas  et  tribulos?   propterea  haec 

estis,   et  quod  errabat  [B  erra-  dicit  dominus:  ecce  ego  veniam 

Yit]  non  revocastis,  et  quod  perit  adversus   pastores   et   exquiram 

non  inquisistis".     A  allein:   „et  oves   meas   de  manibus   eorum, 

quod   forte   fuit   confecistis  la-  et  repellam  eas  ut  non  pascant 

bore".    A  und  B:  „et  dispersae  oves    meas,    et   non    erunt    eis 

sunt    oves  meae,    eo  quod  non  amplius   oves  meae  in   devora- 

sint  pastores,    et  facta   [factae,  tionem,    et  exquiram  eas   sicut 

facti]  sunt  in  comestura  [ä]  om-  pastor  gregem  suum  in  die  qua 

nibus  bestiis   agri,    et  non  fuit  fuerit  caligo  et  nebula:   sie  ex- 

qui  inquireret  neque  qui  revo-  quiram   oves  meas  et  exquiram 

caret".      A4-B-fC:    „propterea  eas   de    omni   loco    quocumque 

haec    dicit   dominus:    ecce    ego  dispersae  sunt:  et  quod  perierat 

super  pastores  et  inquiram  oves  requiram  et  quod  erraverat  re- 

meas  de  manibus  eorum  et  aver-  vocabo    et    quod    claudicaverat 

tam  eas,    ut  non  pascant  oves  curabo    et    quod   infirmum    est 

meas:    et  iam  non  pascent  eas,  custodibo  et  pascam  oves  meas 

et   extrabam  oves  meas  [B  eas]  cum  iudicio. 
de    ore    eorum   et   pascam   eas 
cum  iudicio". 

Dass  hier   ein   ganz  anderer  Text  vorliegt  als  bei  Cyprian, 
ist  offenbar  i). 

Es  empfiehlt  sich  ferner  das  Citat  Matth.  7,  23  zu  betrachten : 

Sixtus  (c.  8):  „discedite  a  me  omnes  qui  operati  estis  iniquitatem, 

non  novi  vos". 
Adv.  aleat.  (c.  10):  „recedite  a  me  omnes  qui  operamini  iniusti- 

tiam,  nescio  vos". 
Cjpr.,  testim.  III,  26:  „non  (nunquam  WLMv)  vos  novi  (novi  vos 

B,    cognovi  WL),    recedite  a  me,    operarii   iniquitatis   (qui 

operamini  iniquitatem  WLMBv)". 


1)  Wieder  einen  anderen  Text  bietet  Tertullian  de  pudic.  7 :  „Pastores, 
ecce  lac  devoratis  et  lanis  vestimini;  quod  forte  est  occidistis,  quod  in- 
firmum est  non  curastis,  quod  comminutum  est  non  ligastis,  quod  expulsum 
est  non  convertistis,  quod  periit  non  requisistis". 


50  Harnack,  Über  eine  Schrift  des  Papstes  Sixtus  IL 

Cypr.,  de  unit.  15:  „nunquam  vos   cognovi  (novi  M),  recedite  a 

me  qui  (omnes   qui   V)    operamini   iniquitatem   (iniustitiam 

RMV)". 

Ich  habe  hier  den  Cyprian  so  gegeben,  wie  ihn  Hartel  re- 
censirt  hat;  allein,  Sanday's  Schätzung  des  Cod.  L  folgend,  ver- 
muthe  ich,  dass  an  beiden  Stellen  geschrieben  werden  muss: 

„numquam  vos  cognovi,  recedite  a  me  qui  operamini  ini- 
quitatem". 

Der  Sixtustext  unterscheidet  sich  von  dieser  Fassung  1)  durch 
die  Umstellung,  2)  durch  das  omnes,  3)  durch  „non"  statt  „nun- 
quam", 4)  durch  „discedite"  für  „recedite",  5)  durch  das  Per- 
fectum  „operati  estis",  6)  durch  „cognovi"  statt  „novi". 

In  den  drei  ersten  Merkmalen  stimmt  er  mit  dem  ebenfalls 
aus  Rom  stammenden  Text  der  Schrift  adv.  aleat.  überein  (es 
ist  zugleich  das  einzige  Citat,  das  er  mit  ihr  gemeinsam  hat). 
Der  Text  in  der  Schrift  de  rebapt.  7  stimmt  dagegen  wesentlich 
mit  Cyprian's  Text  zusammen;  er  lautet: 

„numquam  cognovi  vos,  discedite  a  me  qui  operamini  ini- 
quitatem" ^). 

I  Sam.  2,  3.   Sixtus:  „nolite  gloriari  et  nolite  loqui  excelsa,  et  ne 
exeat  magniloquentia   ex  ore  vestro":    Cypr.  Testim.  III,  4: 
„nolite  gloriari  neque  loquamini  elata,  et  non  procedat  magni- 
loquentia ex  ore  vestro". 
Der  Unterschied  ist  bemerkenswerth. 

Ps.  88,  31—34  kommt  bei  Cyprian  Testim.  III,  57  {=  A);  II,  1 
(=  B);  ep.  11,  2  (=  C):  ep.  55,  22  (=  D)  und  de  laps.  6  (=E) 
vor.  In  AB  ist  der  Text  sehr  schwankend  überliefert  (aber 
Cod.  L  =  Sixtus);  inCDE  stimmt  er  ganz  wesentlich  mit  dem 
des  Sixtus  überein;  nur  bietet  dieser  statt  „iudicia"  vielmehr 
„mandata"  nnd  statt  „observaverint"  vielmehr  .,custodierint". 


1)  Matth.  7,  22  weicht  Sixtus  vom  Cyprian-Text  in  de  unit.  15  kaum 
ab  (doch  Sixtus:  ,,in  tuo  nomine  vivtutes  multas":  Cypr.:  ,,in  nomine  tuo 
virtutes  magnas").  Mit  dem  Text  aber,  wie  in  Hartel  für  Testim.  III,  20 
construirt  hat,  difterirt  er  an  keinem  Punkte;  indessen  ist  es  wahrscheinlich, 
dass  auch  hier  mit  LM  „nomine  tuo"  und  mit  WLMv  „magnas"  zu  lesen 
ist.  In  de  rebapt.  7  lautet  der  Text:  „in  nomine  tuo  daemonia  eiecimus 
et  in  nomine  tuo  virtutes  magnas  fecimus".  Man  darf  hiernach  vielleicht 
urtheilen,  dass  das  „multas"  römisch,  das  „magnas"  afrikanisch  ist. 


Harnack,  Über  eine  Schrift  des  Papstes  Sixtus  IL 


61 


Jesaias  30,  1  bietet  Sixtus:  „fecistis  consilium  non  per  me  et  cogi- 
tationem  non  per  spiritum  meum'';  Cypr.  ep.  59,  5:  „habuistis 
consilium  non  per  me  et  fecistis  conventionem  non  per  spi- 
ritum meum  ^). 

Ezech.  33,  10.  11.  12: 


Sixtus : 

„fili  hominis,  die  populo  Is- 
rael: quare  locuti  estis  dicentes: 
erroribus  nostris  contabescimus, 
et  quomodo  salvi  esse  poteri- 
mus?  die  eis:  vivo  ego,  dicit  do- 
minus, quia  non  desidero  mor- 
tem peccatoris,  sicut  desidero  ut 
avertatur  peccator  a  via  sua  pes- 
sima  et  vivat.  redite  ergo  a  via 
vestra  pessima.  quid  morti  vos 
traditis  domus  Israel?  . . .  iustitia 
iusti  non  liberabit  eum  in  die 
qua  erraverit  et  iniquitas  impii 
non  nocebit  eum  ex  qua  die  con- 
versus  fuerit." 


Cyprian : 

(Testim.  III,  114):  „malo  pec- 
catoris paenitentiam  quam  mor- 
tem". 


(de  laps.  36):  „nolo  mortem 
morientis  (Cypr.  ist  durch  c.  18, 
32  hier  bestimmt),  dicit  dominus, 
quantum  ut  revertatur  et  vivat". 

(ad  Fortun.  8):  „iustitia  iusti 
non  liberabit  eum  in  quacumque 
die  exerraverit"  (ebenso  de  bono 
pat.  13). 


Joel.  2,  12  13: 

Sixtus : 
et  convertimini  ad  me 
in  toto  corde  vestro  in 
ieiunio  et  ploratione  et 
planctu:  et  scindite 
corda  vestra  et  non  ves- 
timenta:  convertimini 
ad  dominum  deum  ve- 
striim.  quoniam  miseri- 
cors  est  et  miserator  et 
multae  miserationis. 


Cyprian: 

(de  lapsis  29):  „Revertimini  ad  me 
ex  toto  corde  vestro  simulque  et  (in) 
ieiunio  et  fletu  et  planctu,  et  discin 
dite  (scindite  v)  corda  vestra  et  non 
vestimenta  (vestra)"  (genau  so  auch 
ep.  55,  22). 

(de  lapsis  36):  „Revertimini  ad  domi- 
num deum  vestrum,  quoniam  misericors 
et  pius  est  et  patiens  et  multae  mise- 
rationis" (genau  so  auch  de  bono  pat.  4). 


1)  Leider  findet  sich  das  Citat  Jesaj.  57,  16—19  (Sixtus  c.  10}  bei  Cy- 
prian nicht.     Bei  Sixtus  ist  p.  60,  27  etwas  ausgefallen. 


g2  Harnack,  Über  eine  Schrift  des  Papstes  Sixtus  IL 

Man  sieht,  Cyprian  bleibt  constant,  dagegen  weicht  der  Text 

des  Sixtus  ab. 

Matth.  7,  26.27  bietet  Cyprian  (Test.  111,96)  folgende  Abweichungen 
von  Sixtus:  ..(omnis  Cyp.)  qui  audit  verba  mea  et  non  facit 
ea  similabo  illum  (eum  Cypr.)  viro  stulto  qui  aedificafivit  do- 
mum  suam  super  harenam:  venerunt  tempestates  (dafür  Cypr.: 
„descendit  pluvia,  venerunt  flumina,  flaverunt  venti",  cf.  de 
Unit.  2  ähnlich)  et  inpegerunt  in  domum  illam,  et  cecidit 
et  facta  est  ruina  eins  (domus  illius  Cypr.,  aber  die  Codd. 
WLMBv  eins)  magna".    Das  ist  derselbe  Text. 

Matth.  10,  28  schreibt  Sixtus:  „qui  habet  potestatem  animam  et 
corpus  mittendi  in  gehennam  ignis";  Cyprian  aber  schreibt 
an  vier  Stellen  (Testim.  111,  16;  ad  Fortun.  5;  ep.  6,  2;  ep.  58,7) 
identisch:  qui  potest  (et)  animam  et  corpus  occidere  in  ge- 
henna(m)". 

Matth.  10,  33  ist  bei  Sixtus  und  Cyprian  fast  identisch;  doch 
schiebt  dieser  „et  ego"  ein;  Novatian  dagegen  schreibt  ep.  30,  7: 
„negabo  et  ego  eum  coram  patre  meo  et  coram  angelis  eius". 

Matth.  28,  19  lässt  sich  nicht  vergleichen,  Aveil  Sixtus  hier  will- 
kührlich  den  Marcustext  eingemischt  hat. 

Luc.  15,  7  schreibt  Sixtus:  „dico,  inquit,  vobis,  quia  tale  gaudium 
erit  in  caelo  super  peccatorem  paenitentiam  agentem";  Cypr. 
ep.  55,  22:  „dico,  inquit,  vobis,  sie  erit  gaudium  in  caelo  super 
peccatore  paenitentiam  agente". 

Joh.  6,  68  „numquid  et  vos  vultis  ire"  schreiben  Sixtus  und  Cypr. 
(ep.  59,  7;  66,  8). 

Rom.  12,  19  fügt  Sixtus  „et"  ein  (gegen  Cypr.  Testim.  111,  106; 
ad  Demetr.  17):  „mihi  vindictam  et  ego  retribuam,  dicit  do- 
minus". 

Rom.  14,  4  bietet  Cypr.  (ep.  55,  18)  folgende  Abweichungen  von 
Sixtus:  „tu  quis  es  qui  iudicas  servum  alienum  (..al.  serv." 
Cypr.)?  domino  suo  stat  aut  cadit.  stabit  autem:  potens  est 
(„enim"  Cypr.)  deus  stabilire  illum  (.,eum"  Cypr.).  Testim. 
111,  21  bietet  sonst  wie  ep.  55,  18,  aber  am  Schluss:  „(^iterum) 
statuere  eum". 

1  Cor.  3,  3   bietet  Cypr.   (Testim.  111,  3)   folgende  Abweichungen 
von  Sixtus:  „ubi  enim  (in  vobis  hier  bei  Cypr.)  aemulationes 
et  disseusiones  („aemulatio  et  contentio  et  dissensiones"  Cypr. 
der  Cod.  M  bietet  „et  contentio"  nicht)  in  vobis,  norme  car- 


Harnack,  Über  eine  Schrift  des  Papstes  Sixtus  II.  63 

nales  estis  et  secundum  hominem  ambulatis?"    In  de  zelo  13 
lautet   der  Anfang:    „ubi   enim  in  vobis  zelus  [hier  absicht- 
lich  gesetzt]    et  contentio   et   dissensiones";    das  Übrige  ist 
identisch. 
I  Cor.  10,  12  Sixtns:  „tu  qui  stas  vide  ne  cadas";  Cypr.  (ep.  55,  18): 
„et   qui    se    putat   stare,   videat  ne   cadat''   (genau    so  auch 
Testim.  III,  21). 
Ephes.  5,  6.  7  ist  bei  Sixtus  und  Cyprian  (ep.  43,  6;   65,  5;    de 
anit.  23)  identisch,   ausser  einem  bei  diesem  eingeschobenen 
„ergo".    Da  sich  dieses  „ergo"  aber  in  allen  drei  Stellen  findet, 
so  ist  es  bedeutsam,  dass  es  bei  Sixtus  fehlt. 
Apoc.  2,  5  schreibt  Sixtus:  „memento  unde  excideris  et  age  paeni- 
tentiam".    Cyprian  schreibt  ep.  19,  1,  de  laps.  16,  ep.  34,  1, 
ep.  55,  22  constant  „cecideris". 
Apoc.  3,  17:  obgleich  Sixtus  (s.  o.)  die  Einleitung  zu  diesem  Citat 
aus   Cypr.   de  oper.  14   abgeschrieben  hat,    stimmt  er  nicht 
völlig  im  Texte  überein.    Er  schreibt:  „miser  et  miserabilis 
et  caecus   et  pauper  et  nudus",  Cypr.:   „miser   et  pauper  et 
caecus  et  nudus". 

Dies  sind,  soviel  ich  sehe,  alle  Bibelstellen,  die  den  beiden 
Bischöfen  gemeinsam  sind.  Die  Vergleichung  ergiebt  das  Re- 
sultat, dass  der  Bibeltext  des  Sixtus  keineswegs  mit  dem  Cyprian's 
zusammenfällt;  an  einigen  Stellen  weicht  er  sogar  erheblich  von 
ihm  ab. 

Zwischen  den  Parallel-Citaten  in  den  verschiedenen  echten 
Werken  Cyprian's  besteht  eine  grössere  Verwandtschaft  —  in 
der  Regel  sogar  Identität  —  als  zwischen  den  Citaten  in  unserer 
Schrift  und  in  irgend  einem  der  Cyprian-Tractate.  Tiefer  in  die 
Frage  nach  dem  Bibeltext  des  Sixtus  mich  einzulassen,  habe  ich 
hier  keine  Veranlassung  ^).  Was  die  Citate  betrifft,  die  keine  Parallele 
bei  Cyprian  haben,  so  ist,  abgesehen  von  dem  Henoch-Judas- 
Citat,  dessen  Text  Zahn  (a.  a.  0.)  genau  besprochen  hat,  das  Citat 
in  c.  11  =  Luc.  7,  36 — 47  desshalb  wichtig,  weil  hier  dreimal  statt 
Simon  (des  Pharisäers)  vielmehr  „Petrus"  (resp.  „Petre")  steht. 
Diese  sonderbare  LA  bietet  der  Cod.  K  (die  edit.  Daventr.  hat 
sie  nicht).    Sie   findet  sich  nach  Tisch  endo  rf  in  v.  40  auch  in 


1)  Nur  das  stelle  ich  fest,  dass  der  Lucastext  des  Sixtus  ein  Zwillings- 
bruder des  Textes  im  Palat.  Vindob.  (e)  ist. 


ß4  Hamack,  Über  eine  Schrift  des  Papstes  Sixtus  IL 

dem  Cod.  f *  =  Brixensis  (Itala)  und  bei  Ulfilas  („dixit  ad  Petrum"), 
ferner  im  Palat.  Viudob.  (Itala);  in  den  vv.  43.  44.  47  ist  sie  aber 
bisher  nirgends  nachgewiesen  (Cod.  K  hat  sie  in  v.  40.  43  und 
schiebt  sie  in  v.  47  ein:  44a  fehlt  überhaupt  im  Citat).  Sie  stammt 
entweder  aus  dem  Interesse,  möglichst  viele  Worte  an  Petrus  in 
dem  Evangelium  zu  finden,  und  weist  dann  ihrem  Ursprung  nach 
auf  Rom,  oder  sie  ist  als  eine  Gedankenlosigkeit  zu  beurtheilen. 

III.  Excurs :  Dem  Sixtus  beigelegte  Scliriften. 

Es  lässt  sich  nicht  nachweisen,  dass  Sixtus  ausser  unserem 
Tractat  ad  Novatianum  etwas  geschrieben  hat,  es  sei  denn  Briefe 
nach  Alexandrien  und  Afrika.  Allein  nicht  erst  von  Pseudo- 
isidor,  sondern  schon  früher  sind  ihm  verschiedene  Schriften  bei- 
gelegt worden.  1)  hat  man  ihm  im  4.  Jahrh.  die  Sixtus-Sprüche 
beigelegt;  Rufin,  der  sie  lateinisch  edirt  hat,  fand  diese  (falsche) 
Überlieferung  schon  vor:  „Sextum  in  Latinum  verti",  sagt  er  in 
der  Einleitung,  „quem  Sextum  ipsum  esse  tradunt,  qui  apud  vos 
id  est  in  urbe  Roma  Xystus  vocatur,  episcopi  et  martyris  gloria 
decoratus".  Der  Gleichklang  des  Namens  verführte  zu  dieser 
Übertragung^).  2)  sind  im  Cod.  Vatic.  3S34  saec.  IX X  ein  pela- 
gianischer  Tractat  und  drei  pelagianische  Briefe  aus  der  ersten 
Hälfte  des  5.  Jahrh.  fälschlich  dem  „S.  Sixtus  episcopus  et  martyr" 
zugeschrieben  (s.  Caspari,  Briefe,  Abhandl.  u.  Predigten  1890 
S.  227  ff.  329  ff.).  Die  Zeit  jener  Schriften  steht  fest;  denn  Jovi- 
nian  ist  in  ihnen  citirt  und  auch  andere  Momente  schliessen  jeden 
Zweifel  darüber,  dass  die  Schriften  erst  nach  Ablauf  des  4.  Jahrh. 
geschrieben  sind,  aus.  Wie  und  wann  sie  aber  zu  der  Aufschrift: 
„Sixtus  episc.  et  mart."  gekommen  sind,  darüber  hat  auch  Cas- 
pari nur  Vermuthungen  aufstellen  können.  Vielleicht  war  ur- 
sprünglich Papst  Sixtus  III.  gemeint.  3)  Im  Cod.  Mus.  Brit.  Syr. 
Add.  12151  fol.  la  u.  12152  fol.  5  b  befindet  sich  ein  Fragment 
eines  Briefs  des  Dionysius  von  Alexandrien  an  Sixtus  mit  der 
Aufschrift:  „Ex  ep.  ad  Sixtum,  Papam  Romae,  cuius  epistolae 
initium  est:  ,Suscepi  epistolam  vestram"*  (das  Stück  beginnt: 
„Deum  absconditum  Jesum").  Hier  ist  also  ein  vorangehender 
Brief  des  Sixtus  an  Dionysius  vorausgesetzt.    Allein  da  das  Frag- 

1)  Auch  Pelagius  hielt  unseren  Bischof  für    den   Verf.;    Hierouymus 
bekämpfte  die  Annahme;  Augustin  zog  sie  zurück. 


Hariuick,  Über  eine  Schrift  des  Papstes  Sixtus  11.  ß5 

ment  augenscheinlich  gefälscht  ist  (denn  die  areopagitischen 
Schriften  werden  in  ihm  beglaubigt),  so  ist  jener  Brief  des  Sixtus 
wohl  nur  eine  Fiction  ^).  4)  Von  den  Syrern  sind  dem  Sixtus 
noch  eine  Reihe  von  Tractaten  beigelegt.  Ebedjesu  (bei  Asse- 
mani,  Biblioth.  Orient.  III,  1  p.  48)  schreibt  ihm  einen  Tractat 
„de  amantibus  deum"  zu,  von  dem  m.  W.  sonst  nichts  bekannt 
ist.  In  verschiedenen  syrischen  Handschr.  des  Brit.  Mus.  ist  der 
Name  des  Sixtus  mit  Schriften  in  Verbindung  gebracht:  Cod. 
Mus.  Brit.  Add.  Syr.  14612  bietet  fol.  82  a  eine  „Instruction"  des 
Mar  Xustos.  Cod.  12155  fol.  88  a  enthält  einen  Theil  von  einem 
Briefe.  Endlich  ist  im  Cod.  14581  fol.  3^  von  einer  späteren  Hand 
der  Name  des  Sixtus  einem  Tractate  „On  the  perfection  of  the 
Path  of  the  Fear  of  God"  vorgesetzt.  Eine  Anaphora  des  Sixtus 
ist  in  dem  maronitischen  Missale  (Rom.  1594)  veröffentlicht  (auch 
lateinisch  bei  Renaudot,  Liturg.  Orient,  coli.  I  p.  134,  vgl.  II 
142.  398),  vgl.  hiezu  Assemani  1.  c.  III,  1  p.  48.  Die  Anaphora 
findet  sich  in  fünf  Handschriften  des  Brit.  Mus.  syrisch  ^j.  Unter- 
sucht ist  diese  Oberlieferung  bisher  noch  nicht.  5)  Nach  Sige- 
bert  Gemblac.  (Catal.  Script,  inl.  47)  soll  Sixtus  einen  „liber  de 
vita  hominis  perfecta"  verfasst  haben.  Man  darf  vielleicht  aus 
allen  diesen  Beilegungen  schliessen,  dass  Sixtus  durch  einen 
Tractat  —  eben  durch  unsere  Schrift  —  in  der  alten  Kirche  als 
Schriftsteller  bekannt  gewesen  ist.  Aber  näher  liegt  es,  an 
seine  Briefe  nach  Alexandrien,  resp.  an  die  Sixtus-Sprüche  zu 
denken. 

Schliiss. 

Das  Ergebniss,  dass  der  bisher  nicht  identificirte  Tractat 
„ad  Novatianum"  dem  römischen  Bischof  Sixtus  gehört  und  aus 
dem  J.  257  8  stammt,  ist  für  die  genauere  Erkenntniss  der  römi- 
schen Kirchengeschichte  im  sechsten  Jahrzehnt  des  3.  Jahrhun- 
derts —  einem  der  wichtigsten  in  der  ganzen  vorkonstantinischen 
Geschichte  —  von  hoher  Bedeutung  ^).    Erstlich  wissen  wir  nun, 


1)  Näheres  s.  i.  meiner  Litt.  Gesch.  I  S.  425  ft'. 

2)  S.  meine  Litt.  Gesch.  I  S.  769. 

3)  über  die  Zustände  in  Rom  am  Anfang  dieses  Jahrzehnts  habe  ich 
gehandelt  in  den  ,. Theologisch.  Abhandl."  für  Weizsäcker  1892  S.  3 — 30: 
„Die  Briefe   des   römischen  Klerus  aus  der  Zeit  der  Sedisvacanz  i.  J.  250". 

Texte  u.  Untersuchungen  XIII,  i.  5 


ßß  Harnack,  Über  eine  Schrift  des  Papstes  Sixtus  II. 

dass  die  Gefallenen -Frage  in  Rom  anders  verlaufen  ist  als  in 
Afrika:  während  hier  unmittelbar  vor  der  Verfolgung  des  Gallus 
allen  Gefallenen  Generalabsolution  ertheilt  worden  ist,  hat  man 
in  Rom  die  Sacrificati,  sofern  sie  nicht  in  der  Verfolgung  des 
Gallus  Bekenner  wurden  und  sich  damit  selbst  restituirten,  sieben 
Jahre  lang  (bis  z.  J.  257)  Büsser  sein  lassen:  erst  Sixtus,  nicht 
Lucius  oder  Stephanus,  hat  sie  wieder  aufgenommen.  2)  Die 
Geschichte  des  Novatianismus  in  Rom  endigte  bisher  für  uns 
eigentlich  mit  ihrem  Anfang;  denn  nach  dem  Ausbruch  des 
Schismas  wussten  wir  von  ihm  so  gut  wie  nichts:  nun  erfahren 
wir.  dass  Novatian  mit  seiner  Kirche  der  katholischen  Kirche 
in  Rom  mehrere  Jahre  lang  höchst  gefährlich  gewesen  ist,  dass 
es  Stephanus  darum  vermieden  hat,  durch  neue  Absolutionen  die 
Kraft  der  Gegenpartei  zu  stärken,  und  dass  im  Zusammenhang 
mit  dem  Generalpardon  des  Sixtus  Novatian  einen  neuen  Vor- 
stoss  gegen  die  grosse  Kirche  in  Rom  unternommen  hat,  resp. 
ein  solcher  Vorstoss  zu  befürchten  war;  die  abgerissene  fana- 
tische Ausführung  des  Dionysius  Alex,  in  seinem  Brief  an  den 
^resbyter  Dionysius  über  Novatian  z.  Z.  des  Sixtus  erhält  nun  eine 
Folie;  3)  in  Bezug  auf  den  Ketzertaufstreit  erhalten  wir  nun  die 
überraschende  Einsicht  —  die  wir  den  Briefen  des  Dionysius 
Alex,  nach  Rom  und  der  Vita  Cypriani  per  Pontium  zu  ent- 
nehmen doch  Bedenken  tragen  mussten  (c.  14  „Xistus  bonus  et 
pacificus  sacerdos  ac  propterea  ^)  beatissimus  martyr")  — ,  dass 
Sixtus  wirklich  eingelenkt  und  die  Formel  Cyprian's  „baptisma 
soli  ecclesiae  caelesti  ratione  celebrare  permissum"  anerkannt  hat. 
Wie  er  sich  dabei  mit  seinem  Vorgänger  auseinandergesetzt  und 
w^elche  praktische  Consequenzen  er  gezogen  hat,  das  wissen  wir 
nicht;  indessen  scheint  aus  dem  Brief  des  Dionysius  Alex,  an 
den  Dionysius  Presb.  Rom.  hervorzugehen,  dass  Sixtus  die  nova- 
tianische  Taufe  nicht  anerkannt  hat,  w^eil  er  eine  Corruption  des 
Taufbekenntnisses    bei    den  Novatianern  annahm  -).     4)  Die  Ge- 


ll Man  kann  sich  dem  Eindruck  nicht  entziehen,  dass  das  „propterea" 
seine  Spitze  gegen  Stephanus  kehrt:  dieser  ist  nicht  jMärtyrer  geworden, 
denn  er  war  kein  „bonus  et  pacificus  sacerdos". 

2(  In  späterer  Zeit  ist  die  Taufe  der  Novatianer  wieder  anerkannt 
worden,  s.  Concil.  Nie.  can.  S,  Laod.  c.  7.  —  Der  S.  Kanon  von  Arles  zeigt , 
dass  die  Taufe  stets  wiederholt  werden  musste,  wenn  die  interrogatio  sym- 
boli  bei  einem  Häretiker  ein  zweifelhaftes  Resultat  gab. 


\ 


Harnack,  Über  eine  Schrift  des  Papstes  Sixtus  II.  67 

stalten  der  römischen  Bischöfe  Stephanus  und  Sixtus  treten  jetzt 
deutlich  hervor:  Stephanus'  Verhalten  gegenüber  Marcian  von 
Arles,  seine  Anerkennung  der  novatianischen  Taufe,  seine  rigo- 
ristische  Zurückhaltung  gegenüber  den  lapsi,  sein  Verhalten  in 
der  Frage  der  spanischen  Bischöfe,  endlich  die  Mahnung,  die  er 
von  Cyprian  entgegennehmen  muss,  sich  auf  der  Spur  seiner 
Vorgänger  Cornelius  und  Lucius  zu  halten  und  nicht  dem  Ge- 
richt Ezech.  34,  4  ff.  über  die  unbarmherzigen  Hirten  zu  verfallen 
(ep.  68)  —  alle  diese  Momente  stimmen  zusammen  und  berech- 
tigen zu  dem  Urtheil,  dass  Stephanus  wirklich  die  Politik  seiner 
Vorgänger  verlassen  und  durch  Entgegenkommen  gegen  die 
Grundsätze  der  Novatianer  diese  zu  gewinnen  versucht 
hat,  selbst  auf  Kosten  eines  Bruchs  mit  Cyprian  und  anderen 
Bischöfen  ^).  Das  Gegengewicht  gegen  dieses  conciliante  Ver- 
halten in  Bezug  auf  die  Novatianer  bildete  die  kräftige  Behaup- 
tung seines  Primats,  der  Successio  Petri.  Sein  Nachfolger  Sixtus 
zeigt  ganz  andere  Züge.  Zunächst  erwähnt  er  in  seinem 
Tractat  seinen  Vorgänger  überhaupt  nicht;  schon  dieser 
Umstand  beweist,  dass  er  dessen  Politik  den  Gefallenen  gegen- 
über geändert  hat.  Damit  wird  eine  bisher  undurchsichtige  An- 
gabe des  Dionysius  Alex.,  die  römischen  Presbyter  Dionysius  und 
Philemon  seien  „früher"  Gesinnungsgenossen  des  Stephanus  ge- 
wesen, plötzlich  klar:  sie  machten  eben  den  Umschwung  einfach 
mit,  den  der  Amtsantritt  des  neuen  Bischofs  bezeichnete.  So- 
dann erscheint  Sixtus  in  jeder  Hinsicht  als  Schüler  des  grossen 
afrikanischen  Bischofs  Cyprian.  Nicht  nur  hat  er  dessen  Schriften 
„de  unitate  ecclesiae"  „de  opere  et  eleem."  und  einige  Briefe  ge- 
lesen und  jenen  Tractat  in  sklavischer  Weise  copirt,  sondern  er 
schliesst  sich  auch  in  Allem  an  Cyprian  an  (und  lenkt  damit 
zugleich  wieder  zur  Politik  des  Cornelius  zurück).  Er  nimmt 
dessen  Theorie  von  der  „domus  una  id  est  Christi  ecclesia"  an; 
er  giebt  zu,  dass  die  Taufe  der  Kirche  allein  gegeben  sei;  er  ver- 
kündigt den  Gefallenen  jene  Generalabsolution,  die  in  Afrika 
schon  vor  fünf  Jahren  ausgesprochen  worden  war;  er  wendet  sich 
gegen  Novatian  und  seine  Anhänger  mit  demselben  Fanatismus 
wie  Cyprian  im  69.  Brief  ad  Magnum;  er  hat  aller  Wahrschein- 

1)  Stephanus  wird  also  ähnUch  gesinnt  gewesen  sein,  wie  Maximus, 
Urbanus,  Sidonius,  Macarius  in  Rom,  die  lediglich  um  des  Friedens  willen 
den  Cornelius  anerkannt  und  den  Novatian  verlassen  hatten;  s.  ep.  53. 

5* 


g<^  Hamack,  Über  eine  Schrift  des  Papstes  Sixtus  II. 

lichkeit  nach  eben  in  jenem  Brief  (c.  7)  das  Mittel  gefunden,  um 
die  novatianische  Taufe  für  ungiltig  zu  erklären  ') ,  ohne  gegen 
die  römischen  Traditionen  zu  sehr  zu  Verstössen,  und  er  hat  die 
Kirchengemeinschaft  mitCyprian  sofort  wieder  hergestellt  "^  i.  Wahr- 
lich mit  Recht  konnte  Pontius,  der  Biograph  des  Cyprian.  den 
Sixtus  „bonus  et  pacificus"  nennen!  War  dieser  römische  Bischof 
doch  nichts  anderes  als  der  ergebenste  Schüler  Cyprian's,  ob- 
gleich er  seinen  Namen  nirgends  genannt  hati  ^) 

Über  diese  hier  kurz  zusammengefassten  geschichtlichen  Er- 
kenntnisse hinaus  leistet  uns  unsere  Schrift  nach  ihrer  Identifici- 
rung  noch  folgende  Dienste:  sie  lehrt  uns,  dass  nicht  nur  Cyprian 
schon  i.  J.  257  8  geistig  den  römischen  Stuhl  durch  seine  Schriften 
beherrscht  hat,  sondern  dass  auch  TertuUian's  Schrift  de  prae- 
scriptione  haereticorum  damals  in  Rom  gelesen  worden  ist;  sie 
zeigt  uns,  dass  Sixtus  —  darin  seinem  Vorgänger  nicht  unähn- 
lich —  den  Missionsbefehl  Matth.  28,  19  so  citirt  hat,  als  gelte 
er  in  erster  Linie  dem  Petrus,  erst  so  zu  sagen  in  zweiter  auch 
den  anderen  Aposteln;  sie  fordert  uns  auf,  indem  sie  uns  einen 
bestimmten  römischen  Bischof  des  3.  Jahrh.  nennt,  der  den 
Cyprian  copirt  hat,  auch  andere  pseudocyprianische  Schriften  (die 
von  Cyprian  abhängig  sind  und  von  einem  römischen  Bischof 
herrühren)  zu  untersuchen,  ob  nicht  auch  sie  von  Sixtus  stam- 
men"*), und  sie  giebt  uns  endlich  einen  Fingerzeig  in  Bezug  auf 
die  Erforschung  der  Uberlieferungsgeschichte  cyprianischer  Schrif- 
ten, sofern  ihre  Geschichte  uns  lehrt,  dass  sie  noch  in  der  Mitte 
des  5.  Jahrh.  (s.  den  liber  Praedest.)  nicht  für  cyprianisch  ge- 
golten hat,  sondern  ihr  wahrer  Verfasser,  Papst  Sixtus.  noch  be- 
kannt gewesen  ist.  • 


1)  Man  vgl.  mit  diesem  Capitel  den  Ausdruck  des  Dionysius  von  Alex, 
in  dem  Brief  an  den  Presbyter  Dionysius  über  die  geftüschte  TtioTiq  aal 
ofzo?.oyici  bei  Novatian. 

2)  So  ist  auch  Sixtus'  Name  in  die  Diptychen  der  afrikanischen  Kirche 
gekommen  und  Cyprian's  Name  in  den  Kanon  der  römischen  Messliturgie. 

3)  Wie  die  Dinge  dann  weitergegangen  sind  (nach  dem  frühen  Tode 
des  Sixtusj,  darüber  ist  uns  leider  nichts  bekannt. 

4)  Diejenigen,  welche  die  Schrift  adv.  aleat.  für  römisch  und  zugleich 
für  nachcyprianisch  halten,  werden  untersuchen  müssen,  ob  sie  nicht  auch 
von  Sixtus  herrührt. 


Harnack,  Über  eine  Schrift  des  Papstes  Sixtus  IT.  ()9 


Epiiiietriim. 

C.  2  p.  53,  26  f.:  „apud  temerarios  schismatum  duces  converti";  dieser 
Ausdruck  ist  wohl  nicht  =  „ad  .  .  .  duces  converti",  sondern  =  „conversari 
apud",  s.  Cyprian,  de  dominica  orat.  11p.  274,  13,  wo  mit  Cod.  S  wahr- 
scheinlich „convertamur"  zu  lesen  und  dieses  im  Sinn  von  „conversemur" 
(so  die  übrigen  Codices)  zu  fassen  ist. 

C.  2  p.  54,  1 :  Die  Novatianer  als'  Antichristen  auch  schon  bei  Cyprian^ 
s.  ep.  69,  1  p.  749,  14;  750,  3  sq.;  c.  10  p.  759,  3;  ep.  70,  3  p.  770,  7. 

C.  2  p.  54,  12:  Zu  „vel  nunc"  s.  den  im  Vulgärdialect  geschriebenen 
Brief  des  Celerinus  an  Lucian  (Cypr.  ep.  21),  wo  „vel"  stets  =  „et"  ist  und 
wo  sich  „vel  nunc"  zweimal  (p.  529,  14  f.,  p.  530,  9)  findet. 

C.  2  p.  54,  15:  Die  Stelle  „hie  dum  propriis  sedibus  et  cathedrae 
sibi  traditae  a  deo  renuntiatur"  ist  vielleicht  doch  anders  zu  verstehen, 
als  ich  sie  oben  S.  25  not.  auszulegen  versucht  habe.  Unter  den  „propriae 
sedes"  sind  allerdings  gewiss  Presbytersitze  zu  verstehen;  aber  der  folgende 
Ausdruck  mag  sich  auf  solche  Bischöfe  beziehen,  die  zu  Novatian  über- 
getreten sind  und  denen  deshalb  Nachfolger  gegeben  werden  mussten; 
s.  den  Brief  des  Cornelius  an  Cyprian  (Cypr.  ep.  50):  „omnibus  innotescat 
....  Euaristum  cum  auctore  schismatis  (seil.  Novatiano)  fuisse  et  succes- 
sorem  plebi  cui  antea  praefuerat  Zetum  in  locum  eius  episcopum  esse  con- 
stitutum". Auffallend  ist  nur,  dass  cathedra  im  Singular  steht.  Hat  Sixtus 
den  Plural  absichtlich  vermieden  oder  hatte  er  einen  bestimmten  Bischof, 
der  zu  Novatian  übergetreten  war  und  ihm  jetzt  in  Rom  zu  schaffen  machte, 
im  Auge? 

C.  7  p.  58,  6 :  „in  crimina  lapsus  sui  constitutos"  (cf.  c.  1  p.  53,  2  f.). 
Dieses  „constitutus"  =  xad^eoxcöq  kommt  bei  mehreren  Schriftstellern  des 
Zeitalters  vor,  s.  Cyprian  (häulig),  Cornelius  (ep.  49,  2),  Celerinus  (ep.  29,  1), 
und  den  Anonymus,  de  rebapt.  1  p.  70,  10.  26. 

C.  14  p.  64,  23:  „rapaces  lupi"  (cf.  c.  1  p.  53,  9).  Auch  Pacian  von 
Barcelona  ep.  III,  19  sagt:  „Novatiani  ipsi  sunt  rapaces  lupi".  Sollte  er 
unseren  Tractat  gelesen  haben?  Derselbe  Pacian  bemerkt  ep.  III,  22,  dass 
sich  Sempronian.  der  Novatianer,  auf  Cyprian's  Tractat  „de  lapsis"  berufe 
(„nam  quod  Cyprianum  beatum  mihi  pro  contrario  teste  proponis,  quia  in 
epistola,  quae  De  lapsis  est,  Moysen  [lege  Noej  et  Danielem  et  Job  orasse 
pro  peccatoribus  dicat  nee  impetrasse  etc."  —  Die  Stelle  steht  de  laps.  19). 
Damit  bestätigt  es  sich,  dass  der  im  Praedestinatus  h.  38  genannte  Tractat 
Cyprian's  „de  lapsis  ad  Novat(ian)um"  nicht  die  Schrift  „de  lapsis"  ist, 
sondern,  wie  S.  48  not.  2  gezeigt  worden  ist,  der  55.  Brief.  Eben  diesen 
Brief  hält  auch  Pacian  dem  Novatianer  Sempronian  entgegen  (ep.  III  c.  24) : 
„Lege  igitur  diligentius  Cyprianum  meum,  lege  totam  De  lapsis  episto- 
lam,  lege  aliam  quam  Ad  Antonianum  (ep.  55)  dedit,  ubi  exemplis  omnibus 
Novatianus  urgetur:  iam  scias  quid  de  paenitentium  curatione  pronuntiet". 

Zu  S.  63:  Der  alt-lateinische  Evv.-Codex  Palatinus-Vindob.  (e),  „textus 
optimae  notae"  saec.  V.  vel  IV.,  wird  häufig  zur  Versio  Africana  gerechnet 


7()  Harnack,  Über  eine  Schrift  des  Papstes  Sixtus  II. 

(s.  z.  B.  Westcott  u.  Hort,  N.  T.  Vol.  11  p.  81  §  113;  Wordsworth,  N.  T. 
Latine  P.  I  Fase.  1  p.  XXXIIl);  doch  hat  Gregory  (Prolegg.  p.  955)  ein 
vorsichtiges  „ut>idetiir''  hinzugefügt,  und  Westcott  und  Hort  sagen,  der 
Codex  habe  ,,an  admixture  of  other  readings"  (s.  auch  die  Untersuchungen 
von  Sanday).  Eben  die  Erkenntniss  der  Verwandtschaft  der  Evv.-Citate 
in  der  Schrift  „ad  Novatianum",  die  man  für  afrikanisch  hielt,  mit  dem 
Cod.  Palat.  mag  jenes  Urtheil  herbeigeführt  haben.  Es  wird  auf  Grund 
der  Einsicht,  dass  der  Tractat  römischen  Ursprungs  ist,  aufs  neue  zu 
prüfen  sein.  Einige  Abweichungen  zwischen  beiden  Zeugen  finden  sich 
allerdings;  aber  die  Übereinstimmung  ist  viel  grösser:  in  der  Mitte  des 
S.Jahrhunderts  hat  der  römische  Bischof  aus  einer  Evangelien- 
handschrift citirt,  die  de,m  Palat.-Vindob.  aufs  nächste  ver- 
wandt gewesen  ist.  Der  Palatinus  selbst  aber  ist  nur  c.  150  Jahre 
jünger  als  die  Zeit  jenes  Bischofs. 

Zu  S.  67:  0.  Ritschi  hat  unter  seinen  Promotionsthesen  (1885)  die 
Behauptung  (nr.  3)  aufgestellt:  „Der  Bischof  Cornelius  v.  Rom  hat  sich  im 
Widersprach  zu  den  echten  Vertretern  der  römischen  Tradition  Kallistus 
und  'Stephanus  befunden".  Diese,  allerdings  zu  scharf  formulirte  Behaup- 
tung wird  durch  unsere  Nachweisungen  bestätigt.  Cornelius  und  Sixtus 
gehören  als  grimmige  Gegner  Novatian's,  als  milde  Richter  der  Gefalleneu, 
als  Freunde  Cyprian's  zusammen  und  stehen  dem  Bischof  Stephanus 
gegenüber. 


Die  Petriisapokalypse  in  der  alten 
abendländischen  Kirche. 

Dass  die  Petrusapokalypse  im  Abendland  bez.  in  Rom  in 
ältester  Zeit  bekannt  gewesen  und  für  eine  heilige  Schrift  ge- 
halten worden  ist,  ist  bestritten  worden.  Die  beiden  directen 
und  das  indirecte  Zeugniss  für  ihre  Geltung  im  Abendland  hat 
man  zu  entkräften  versucht  —  das  eine  directe  Zeugniss  m.  E. 
nicht  ohne  Grund,  nämlich  das  des  claromontanischen  Katalogs, 
obgleich  noch  jüngst  Juli  eher  (Einleitung  in  das  N.  T.  S.  334) 
für  den  abendländischen  Ursprung  dieses  Verzeichnisses  mit 
grosser  Bestimmtheit  eingetreten  ist.  Dagegen  sind  die  Angriffe, 
die  Zahn  gegen  die  einfachste  Auslegung  der  bekannten  Worte 
im  Muratorischen  Fragment  („Apocalapse  etiam  Johannis  et  Petri 
tantum  recipimus  quam  quidam  ex  nostris  legi  in  ecclesia  no- 
lunt")  gerichtet  hat,  nicht  zu  billigen,  und  auch  die  Abhängig- 
keit eines  umfangreichen  Abschnitts  in  Hippolyts  Schrift  ,,/7()oc 
niarcDva  rj  xal  jisqI  tov  jtavxog^''  (Lagarde  p.  68  sq.)  ist  wahr- 
scheinlich ^).  Ist  nun  durch  das  Muratorische  Fragment  die  An- 
erkennung der  Petrusapokalypse  in  Rom  gesichert,  so  zeigt  doch 
eben  jenes  Verzeichniss,  dass  sie  bereits  Widerspruch  bei  katho- 
lischen Christen  zu  erfahren  hatte,  und  die  Art,  wie  Hippolyt 
von  dieser  Apokalypse  stillschweigend  Gebrauch  macht  —  ohne 
sie  je  unter  den  h.  Schriften  zu  citiren  — ,  weist  darauf  hin,  dass 
jene  „quidam  ex  nostris",  welche  das  Ansehen  des  Buchs  beanstan- 
deten, bald  die  Oberhand  in  der  römischen  Kirche  bekommen 
haben  '^). 

1)  Diese  Abhängigkeit  ist  zuerst  von  Bunsen  divinirt  worden,  und 
die  Hypothese  ist  durch  die  Entdeckung  des  akhmimer  Fragments  der 
Petrusapokalypse  wahrscheinlich  geworden, 

2)  Eine  stillschweigende  Abhängigkeit  Hippolyts  von  der  Apokalypse 
des  Petrus  findet  sich  auch  im  Sclilusscapitel  der  Philosophumena  (X,  34): 


72        Harnack,  Die  Petrusapokalypse  i.  d.  alten  abendländ.  Kirche. 

Es  giebt  aber  noch  ein  indirectes  Zeugniss  aus  der  abend- 
ländischen, ja  höchst  wahrscheinlich  aus  der  römischen  Kirche» 
In  der  Schrift  „de  laude  martyrii",  die  schon  Lucifer  und  der 
Verfasser  des  Mommsen'schen  Verzeichnisses  unter  Cyprian's 
Schriften  lasen  und  die  aus  der  Mitte  des  3.  Jahrh.  und  zwar, 
wie  ich  wahrscheinlich  machen  zu  können  hoffe,  von  Novatian 
stammt,  liest  man  c.  19:  .,Datur  sanctis  omnibus  praemium  dum 
infliguntur  iniustis  tormenta  factorum.  igitur  quae  suis  promiserit 
dominus  nemo  qui  nesciat,  dubium  sed  nee  quantis  minetur.  et 
quoniam  ita  se  adtulit  sermo  ut  de  utrisque  habeatur  ratio,  paucis^ 
ut  de  utrisque  dixi,  breviter  exponam".  Nun  folgt  eine  Schilde- 
rung der  Hölle  und  des  Himmels  (c.  20.  21);,  die  sich  frei  an  die 
Petrusapokalypse  anschliesst,  ohne  sie  zu  nennen.  Sie  war  also 
damals  kein  autoritatives  Buch  mehr: 

„Saeviens  locus  gehenna  cui  nomen  est  magno  plagentium 
murmurat  gemitu,  et  eructantibus  flammis  per  horrendam 
spissae  caliginis  noctem  nova  semper  incendia  camini 
fumantes  expirant,  globus  ignium  artatus  obstruitur  et  in 
varios  poenae  exitus  relaxatur.  tunc  saeviendi  plurima 
genera  cum  in  se  ipse  convoluit  quicquid  ardoris  emissi  edax 
flamma  cruciarit.  his  quibus  recusata  vox  domini  et  imperia 
fuere  contempta  disparibus  coercet  exitiis:  proque  merito 
salutis  exactae  vires  suas  suggerit,  dum  par  sceleri 
discrimeninponit.  et  alios  quidem  moles  intolerabilis  curvat, 
alios  per  abruptum  clivosi  tramitis  collem  vis  saeva 
praecipitat  et  catenarum  stridentium  uexum  grave  pondus 
inclinat.  sunt  et  quos  agens  strictim  rota  et  indefessa  vertigo  et 
(pios  tenaci  inter  se  densitate  constrictos  adhaerens  corpori  corpus 
includat,  ut  et  absumat  incendium  et  gravet  ferrum  et  se  cruciet 
turba  multorum.  Quibus  autem  inquisitus  semper  deus  fuit  aut 
notus,  numquam  excidit  Christi  locus,  ubi  iacet  gratia,  ubi 
virentibus  campis  terra  luxurians  alumno  se  induit 
gramine  et  redolenti  pascitur  flore  etc."  (es  folgt  eine 
breite  Schilderung,  die  nicht  mehr  hierher  gehört). 

ix(psv^€oS^8  iTCeQXOixkvriv  nvQoq  XQiaswg  dnsüSjv  y.(u  xaQxÜQOV  'C.otffQOv 
nfx^a  d(f('hiaTOv,  vno  ?.öyov  (pwvfiQ  fxrj  xüxaXaiKfS^hv,  xal  ßgaof^ov  dev- 
vüov  /jf.ivr]g  ysbvvrjg  <f?.oy6c,  xal  raQzaQOVxiov  dyytlojv  xo?motiöv  ojifjua 
uel  utvov  fcV  aneiXy.  xal  Gxw).rixu  awfxaxog  dnovolav  i7iioxQe(f6/j.eyor.  iTil 
t6  bxßgdnav  oiöjua  log  iniaxQecpiov  (der  Text  ist  verdorben). 


Harnack,  Die  Petrusapokalypse  i.  d.  alten  abendländ.  Kirche.         73 

Die  Abhängigkeit  von  der  Petrusapokalypse  ist  sowohl  im 
Allgemeinen  als  im  Besonderen  deutlich.  In  letzterer  Hinsicht 
kommi  vor  Allem  der  v.  32  des  neuentdeckten  Fragments  in  Be- 
tracht: aXloi  avÖQsg  xal  yvi'arxsg  ajto  xgrjf^vov  fieyaXov  xara- 
öTQScpOfisvoL  fiQyovTO  xaxo)  xal  jtaXiv  rjXavvovTO  vjto  tcqv  kjiL- 
xsifisvcov  avaßT/vat  avco  em  xov  xQTjfivov  xal  xaTS6TQt(povTO 
exeld^ev  xarco  xal  rjovyiav  ovx  elyov  ajto  xavTrjg  zijg  xoXaoscog. 
Somit  darf  man  vielleicht  annehmen,  dass  auch  jene  Strafen,  die 
Pseudocyprian  erwähnt,  die  sich  aber  in  dem  Fragment  nicht 
finden,  in  der  vollständigen  Schrift  gestanden  haben. 

Die  Schrift  „de  laude  martyrii"  bringt  nicht  das  einzige 
Zeugniss  für  die  Bekanntschaft  des  Abendlandes  mit  FA.,  auch 
in  Märtyreracten  finden  sich  solche.  In  den  gallischen  Acten 
des  Felix  (von  Valence),  Fortunatus  und  Achillaeus  c.  3  (B  oll  and., 
23.  April)  liest  man  eine  Vision  des  Felix,  die  er  selbst  erzählt: 
„Vidi  locum  siderei  splendoris  coruscatione  micantem,  inefFabilium 
florum  diversitate  vernantem,  fragrantibus  quoque  aromatibus 
redolentem".  Das  ist  eine  verkürzte  Übersetzung  von  PA  v.  15: 
xal  6  xvQiog  söei^e  fiot  f/tyiorov  ymQOV  .  .  .  vjtegXafiJZQOP  T(p 
<f)COTt,  xal  TOP  dsga  top  ixet  üxtIolp  rjXlov  xaraXafiJtofiSPOP, 
xal  rrjp  yt]p  avrrjp  ccpOovöap  dfiagawoig  dp&sot  xal  aQWfidxmp 
jth]Qrj  xal  (pvTcop  evapd-cop  xrX.,  s.  auch  die  Acta  Ferreoli  et 
Ferrutionis  c.  3  (Bolland.,  16.  Juni);  Acta  Dorotheae  et  Theo- 
phili  10.  12.  13  (1.  c,  6.  Febr.). 


Der  Name  des  reichen  Mannes  in  Lnc.  16, 19. 

In  der  Legende,  auch  in  der  urchristlichen ,  herrscht  der 
horror  vacui;  so  erträgt  sie  nicht  leicht  unbenannte  Personen. 
In  der  Zeit  vor  der  Kanonisirung  der  h.  Schriften  des  Neuen 
Testaments,  aber  auch  später  noch,  sind  daher  nicht  wenige 
Personen,  die  in  den  Evangelien  namenlos  auftreten,  auf  Grund 
naiver  oder  gelehrter  Reflexion  mit  Namen  bezeichnet  worden, 
und  diese  sind  z.  Th.  sogar  in  die  Texte  gedrungen.  Die  beiden 
Schacher,  der  Hauptmann  unter  dem  Kreuz,  der  fliehende  Jüngling, 
das  Kind,  das  Jesus  gesegnet  hat,  der  zweite  der  Emmausjünger, 
die  Wächter  und  viele  Andere  sind  mit  Namen  versehen  worden. 
M.  W.  aber  ist  die  Thatsache  bisher  weniger  beachtet  worden, 
dass  auch  der  reiche  Mann  in  der  Parabel  Luc.  16,  19  ff.  seinen 
Namen  erhalten  hat.  Hier  lag  es  besonders  nahe,  nach  einem 
solchen  zu  suchen;  denn  —  auffallender  Weise  —  ist  ja  der 
arme  Mann  (Lazarus)  mit  einem  Namen  bezeichnet.  Was  dem 
Einen  Recht  war,  ist  auch  dem  Anderen  billig.  In  der  exegeti- 
schen Tradition  freilich  sucht  man  vergebens  nach  einem  Namen  ^), 
und  auch  die  griechischen  Majuskelcodd.  des  Lucas  sowie  die 
lateinischen,  syrischen  und  armenischen  Versionen  bieten,  soviel 
bekannt,  keinen.  Dagegen  liest  man  in  der  sahidischen  Über- 
setzung Luc.  16,  19  den  Zusatz:  „cuius  nomen  erat  Nineve",  und 
in  den  Evangeliencodd.  36,  37  '^),  die  mit  einem  Commentare  ver- 


I 


1)  Die  Namenlosigkeit  wird  in  der  Catena  Oxon.  (Gramer  II  j3.  124) 
ausdrücklicli  motivirt:  Elnmv  Ö6  dri  ,.avS-g(ü7i6g  zig  ijv  nkoiGiog'^  (bg  dcfi?.- 
OLXziQ(j.ova  Tovxov  dvcovi/uojg  iorjfxave,  xaS^ojg  did  xoi  7iQ0<fTJT0v  negl 
Tüjv  fXT]  (poßoifxevüjv  avxov  (prjolv  b  d-sog'  .,oti  ov  ^iq  /j-vriaS-öj  xdJv  ovo- 
lJidxü)v  avxwv  öid  /eikicov  fÄOv^'. 

2)  Paris.  Coisl.  20.  21  (saec.  X.  resp.  XI/XII.");  jener  stammt  vom  Athos; 
der  andere  ist  ihm  aufs  nächste  verwandt  (Abschrift?),  s.  Gregory,  Pro- 
legg.  p.  471. 


76  Harnack,  Der  Name 

sehen  sind,  heisst  es:  svgov  ös  xLvsg  xai  rov  JiXovotov  ev  tlölp 
avTLyQa(poLQ  rovvofia  NINEYH^  Xeyoiitvov.  Der  Verfasser 
des  Commentars  berichtet  also,  dass  Andere  in  einigen  Hand- 
schriften den  Namen  des  reichen  Mannes  gefunden  haben.  Es 
ist  derselbe  Name,  den  die  sahidische  Version  nennt,  nämlich 
,,Nineve(s)".  Diese  Übereinstimmung  lüsst  uns  annehmen,  dass 
der  Name  schon  im  3.  Jahrhundert  bekannt  war  und  in  einige 
Handschriften  gedrungen  ist ').  Nun  berichtet  die  Catena  Oxon. 
(1.  c):  ex^^  ^^  ^^^  loyov  cog  r/  tojv  Eßgalcov  JtaQaöoolg  (prjOi, 
Aa^aQOP  sivai  ziva  xar^  txstvo  rov  yMigov  Iv  hgooolv^oig 
toxccTfji^  jioiovvra  jtTor/dav  xal  aggcooriav,  ov  iiVf]fJovevoac 
rov  Tcvgiov,  cyg  dg  jiagaßoh)v  Aaßcjvra  avrov  elg  l[i(pav£<jTtgav 
rov  Xsyofisvov  övvafziv.  Der  Name  des  reichen  Mannes  wird 
wohl  mit  jener  „hebräischen  Überlieferung"  zusammen  hängen. 
Aber  wie  ist  dieser  Name  zu  deuten?  kann  er  überhaupt  Nine- 
ve(s)  gelautet  haben?  Es  ist  doch  kaum  glaublich,  dass  man  dem 
reichen  Mann  den  Namen  der  berüchtigten  Stadt  gegeben  hat. 
Also  muss  das  Wort  verschrieben  sein  —  freilich  ein  altes  Ver- 
schreiben, denn  der  Athoscodex  des  10.  Jahrhunderts  und  die 
thebanische  Version  (wohl  aus  dem  3.  Jahrh.)  stimmen  genau  zu- 
sammen. 

Von  unerwarteter  Seite  kommt  uns  Hülfe.  In  der  pseudo- 
cyprianischen  Schrift  „de  pascha  computus'',  die  im  J.  242  3 
(s.  c.  22)  in  Afrika  oder  in  Rom  geschrieben  und  in  zwei  Hand- 
schriften auf  uns  gekommen  ist  2),  liest  man  (c.  17  p.  265,  1  sq. 
Hartel):  „Omnibus  peccatoribus  a  deo  ignis  est  praeparatus,  in 
cuius  flamma  uri  ille  FINAEVS  dives  ab  ipso  dei  filio  est  de- 
monstratus"  '^). 

Ein  abendländischer  Theologe  vor  der  Mitte  des  3.  Jahr- 
hunderts nennt  den  reichen  Mann  ohne  weiteres  „Finaeus";  so  hat 
er  also  in  seinen  Handschriften  gelesen.  Das  entspricht  einem 
griechischen  <Ptveog  oder,  da  die  Endung  gleichgiltig,  ^iveeg. 
Dieses  ^iveeg  steht  dem  Ntvev?j{g)  des  Griechen  und  Agyptiers 
lautlich  so  nahe,  dass  es  unbedenklich  für  diesen  unverständ- 
lichen Namen   eingesetzt  werden  darf.     Das  ..N"  am  Anfang  ist 


1)  Über   die  sahidische  Version  s.  Gregory.    Prolegg.  p.  859  f.  SOS  f. 

2)  Die  eine,  der  Remensis  saec.  IX.,  deren  LA  uns  interessirt,  ist  leider 
jetzt  verschollen  (wahrscheinlich  verbrannt). 

3)  Nur  der  Remensis  bietet  ,,Finaeus",  der  Cotton.  lässt  das  Wort  aus. 


des  reichen  Mannes  in  Luc.  16,  19.  77 

ein  alter  Fehler  —  er  geht,  s.  o.,  allerdings  schon  auf  das  3.  Jahr- 
hundert zurück,  vielleicht  ist  er  als  Volksetymologie  zu  deuten  (der 
„Ninevit")  — ;  der  Name,  der  dem  reichen  Manne  gegeben  worden 
ist,  lautete  ^iveeg  i<Peiv8sg).  Das  ist  in  der  That  eine  „hebräische 
Überlieferung";  aber  wir  können  noch  einen  Schritt  weiter  gehen.. 
Im  4.  Buch  Mosis  c.  25,  7  ist  von  einem  ^iresg  die  Rede,  und  er 
w^ird  dort  als  Sohn  des  Eleasar,  d.  h.  des  Lazarus,  be- 
zeichnet. Die  Annahme  liegt  daher  sehr  nahe,  dass  die- 
jenigen, welche  den  reichen  Mann  in  der  Lucasperikope 
<Pive6g  genannt  haben, damit  ausdrücken  wollten,  dass  er 
der  Sohn  des  Lazarus  gewesen  sei  ^).  Num.  25,  7  einerseits  und 
der  Wunsch,  den  Namen  des  reichen  Mannes  zu  kennen,  scheinen 
die  Namengebung  bestimmt  zu  haben.  In  dem  Momente  aber, 
wo  man  —  im  naivsten  Verfahren  —  Num.  25,  7  und  Luc.  16,  9 
€ombinirte,  stellte  sich  die  Auslegung  von  selbst  ein,  der  arme 
Lazarus  sei  der  verstossene  alte  Vater  des  reichen  Mannes  ge- 
wesen-). Dadurch  erschien  die  Schuld  desselben  nicht  nur 
grösser,  sondern  es  schienen  auch  manche  Züge  in  der  Erzäh- 
lung nun  einen  strafferen  und  besonderen  Sinn  zu  empfangen 
(dass  der  reiche  Mann  es  nicht  wagt,  den  Lazarus  anzusprechen, 
u.  V.  27). 

Diese  Auslesfung  der  Erzählunor  muss  freilich  bald  unter- 
gegangen  sein;  wir  finden  sie  nirgends;  aber  sie  ist  unzweifel- 
haft uralt  und  weist  auf  die  Anfänge  der  Evangelienlectüre.  Eine 
Spur  des  Gedächtnisses  an  eine  „hebräische  Überlieferung",  die 
in  Lazarus  einen  bekannten  jerusalemischen  Bettler  bezeugt,  hat 
sich  übrigens  in  späterer  Zeit  noch  erhalten  (s.  o.). 

Ein  doppeltes  lernen  wir  aus  der  curiosen  Geschichte,  selbst 
wenn  wir  die  Annahme,  dass  der  reiche  Mann  als  der  Sohn  des 
Brmen  Lazarus  erscheinen  sollte,  auf  sich  beruhen  lassen.  Erst- 
lich liegt  uns  hier  ein  Fall  vor,  wo  wir  den  Ursprung  des  ur- 
■christlichen  Targums  noch  deutlich  zu  erkennen  vermögen:  denn 
dass  der  Name  aus  Num.  25,  7  geflossen  ist,  wird  man  nicht  in 
Zweifel  ziehen  können.  Zweitens  haben  wir  hier  —  ähnliche  Fälle 
sind  in  letzter  Zeit  mehrfach  hervorgetreten  —  eine  Überlieferung, 

1)  In  der  Lucasperikope  bieten  Tertullian  (de  idolol.  13  und  de  anima  7 
Agobard.)  und  Cyprian  (Testim.  III,  61)  wie  die  codd.  c  u.  e  „Eleazar". 

2)  Oder  ist  die  Hypothese,  Lazarus  sei  der  Vater  des  reichen  Mannes 
gewesen,  das  Prius? 


78  Harnack,  Der  Name  des  reichen  Mannes  in  Lue.  10.  19. 

die  durch  drei  gauz  aiiseinanderliegende  Zeugen,  einen  lateinischen^ 
einen  ägyptischen  und  einen  späten  griechischen,  bezeugt  ist  und 
ohne  Zweifel  in  das  2.  Jahrhundert  hinaufreicht.  Nur  der  alte  La- 
teiner aus  dem  J.  242  3  hat  den  Xamen  treu  bewahrt,  dessen  Corrup- 
tion  in  „Nineves"  bereits  dem  3.  Jahrhundert  angehört  und  be- 
weist, dass  schon  damals  der  Ursprung  und  Sinn  des  Namens  sich- 
völlig  verdunkelt  hatte.  Die  parabolische  Fassung  der  Erzählung 
hat  sich  bald  durchgesetzt,  resp.  behauptet  gegenüber  der  ge- 
schichtlichen (obgleich  nach  Robinson  noch  jetzt  auf  der  Via 
dolorosa  die  Häuser  des  Reicheu  und  des  Armen  gezeigt  werden). 
Zwar  tritt  Tertullian  (de  anima  7)  für  die  geschichtliche  Erklä- 
rung ein:  „Imaginem  existimas  exitum  illum  pauperis  laetantis 
et  divitis  maerentis?  et  quid  illic  Eleazari  nomen,  si  non  in  veri- 
tate  res  est?"  (also  nur  den  Namen  „Eleazar",  nicht  den  des 
Phinees  hat  Tertullian  gelesen;  auch  Clemens  Alex.  Paedag.  II, 
10,  105  kennt  den  Namen  des  Reichen  nicht).  Allein  auch  er 
ist  seiner  Sache  nicht  sicher;  denn  er  fährt  fort:  ,,Sed  etsi  imago 
credenda  est,  testimonium  est  veritatis",  und  man  hat  sogar  die 
Bezeichnung  der  Erzählung  als  Parabel  in  den  Text  des  Lucas 
aufgenommen.  Schon  der  Cod.  D  und  bodl.  schicken  dem  19. 
Verse  die  Worte  voraus:  sijtev  de  ^aül  eregav  jiaQaßoXrjv.  In 
M  mg.  und  in  Evangelistarien  liest  man:  eljisv  o  xvqioq  rrji/ 
jtaQaßoXrjv  TavTtjV.  Der  Scholiast  in  den  codd.  36.  37  (nach 
Ti sehen dorf  auch  in  anderen)  bemerkt:  //  xov  jiXovö.  y.ai  xov 
XaCccQ.  jtsQioyj]  jcaQaßoX//  eort  -/ml  jcagaßo/uxcog  eigrjrat,  ec  xac 
o  svayyeXiöTyjg  ,w//  jtQooeO^r/xs  tavT/jV  rt/v  jrQoöfjyogiav  reo  öu]- 
yri^aTL,  und  in  der  Cramer'schen  Catene  (1.  c.  p.  124)  heisst  es: 
Mrjöeig  voftiCtTco  xcov  ravra  a-AovovTcov,  ort  yeyovs  tlolv  arr- 
ajtodooig  r)  jiovijqwv  Igycov  //  ayad-wv  tote  yag  Jcagaßo/S]  ro 
HQrjfiivov  aöTsUog  oiaga  Xqlötov  tov  d-eov  ?]ficov  Loy^7]^aTLO' 
fiev7]  xtX.  —  Auf  die  Frage,  ob  das  ..ovoiiari  AdCagog^'  im  Text 
des  Lucas  ursprünglich  ist,  will  ich  nicht  näher  eingehen;  doch 
scheint  mir,  trotz  des  auffallenden  Umstandes.  dass  in  einer  Pa- 
rabel nur  die  eine  Hauptperson  benannt  ist,  die  Ursprünglich- 
keit des  Namens  sowohl  durch  die  einheitliche  Überlieferung  als 
durch  V.  23 — 25  gewährleistet. 


EINE  BISHER  UNBEKANNTE  VERSION 


DES 


ERSTEN  TEILES  DER  „APOSTELLEHRE 


I 


i 


GEFUNDEN  UND  BESPROCHEN  VON 

L.  E.  ISELIN 

IN  RIEHEN. 
ÜBERSETZT  VON  A.  HEUSLER  IN  BASEL. 


Texte  u.  Untersuchungen  XIII,  ib.  Leipzig  1895. 


Beim  Suchen  nach  Überresten  der  Petrus- Apokalypse  wurde 
der  an  erster  Stelle  genannte  Verfasser  dieser  Abhandlung  durch 
eine  Bemerkung  von  Prof.  Krüger  in  der  Theol.  Lit.-Zeit.  1889 
No.  2  auf  das  Werk  von  Amelineau  aufmerksam  gemacht,  be- 
titelt: Monuments  pour  servir  ä  l'histoire  de  l'Egypte  Chretienne 
auxIV®  et  V®  siecles,  erschienen  im  vierten  Band  der  Memoires  pub- 
lies par  les  Membres  de  la  Mission  Archeologique  Fran^aise  auCaire. 
Paris  1888.  Obwohl  dort  die  einzelnen  Stücke  dieser  Veröffent- 
lichung an  Hand  der  Einleitung  kurz  besprochen  wurden,  so 
scheint  doch  der  Recensent  von  dem  genaueren  Inhalt  wenig 
Notiz  genommen  zu  haben,  es  hätte  ihm  sonst  unmöglich  können 
entgangen  sein,  dass  in  der  arabischen  Version  des  Lebens 
Schnudi's  eine  deutlich  erkennbare  Parallele  zum  ersten  Teil  der 
Lehre  der  J2  Apostel  enthalten  war.  Aber  auch  sonst  scheint 
die  Forschung  an  diesen  Veröffentlichungen  Amelineau's  vorbei- 
gegangen zu  sein,  obwohl  jene  Dokumente,  wie  selbst  Krüger 
zugiebt,  geeignet  sind,  ein  Licht  auf  sonst  fast  unbekannte  Er- 
eignisse zu  werfen.  Amelineau  selbst  hat  nicht  bloss  durch  eine 
französische  Übersetzung  der  koptischen  und  arabischen  Texte 
das  Studium  derselben  erleichtert,  sondern  auch,  w^as  in  Deutsch- 
land ganz  unbekannt  zu  sein  scheint,  in  einer  besonderen  Publi- 
kation das  Leben  des  Mönches  Schnudi  und  der  ägyptischen 
Mönche  beschrieben  (vgl.  Annales  du  Musee  Guimet.  Bibliotheque 
de  vulgarisation.  Les  moines  Egyptiens  par  E.  Amelineau.  Vie 
de  Schnoudi.  Paris  1889).  Dieses  Buch  ist  wert,  gelesen  zu 
werden.  Man  gewinnt  daraus  von  jenen  Mönchsniederlassungen 
in  der  Thebais,  die  sich  z.  T.  bis  auf  diesen  Tag  erhalten  haben, 
ein  lebensvolles  Bild.  Der  Verfasser,  welcher  den  historischen 
Wert  der  koptischen  Heiligen-Biographien  mit  scharfer  Kritik 
aber  auch  mit  grosser  Besonnenheit  festzustellen  sucht,  ganz  im 
Gegensatz  zu  Revillout,  kann  doch  mit  Recht  in  der  Einleitung 

6* 


4        .  L.  E.  Iselin, 

zu  dem  genannten  Werke  (p.  XXII)  schreiben:  ,.que  nous  avons 
une  connaissance  approfondie  de  la  vie  de  ces  monasteres  de  la 
Thebaide  dont  on  a  tant  parle  Sans  les  connaitre.  Je  crois 
meme  que  dans  aucun  cas  la  vie  intime  d"une  communite  ceno- 
bitique,  d'un  ordre  et  aussi  de  toute  une  contree,  n'a  ete  connue 
avec  un  pareil  luxe  de  details".  Auch  dadurch  bildet  dieses 
Buch  eine  wertvolle  Ergänzung  zu  der  anderen  grösseren  Publi- 
kation, dass  darin  Auszüge  aus  einzelnen  Reden  des  Apa  Schnudi 
mitgeteilt  werden,  welche  sonst  bloss  im  Urtext  bei  Zoega  (Cata- 
logus  Codicum  Copticorum  Ms.)  zu  finden  sind. 

Die  Nachforschungen  nach  Spuren  der  alten,  füher  fast 
völlig  verlorenen  Offenbarung  des  Petrus  ergaben  ein  sehr  dürf- 
tiges Resultat  (s.  Zusätze),  obschon,  w^ie  man  jetzt  weiss,  gerade 
in  der  Umgebung  des  Schnudi  diese  Offenbarung  lange  noch 
bekannt  war  und  gelesen  wurde;  denn  die  neu  entdeckten,  1892 
zuerst  veröffentlichten  Fragmente  stammen  aus  einem  Grabe  in 
Akhmim  in  der  Thebais,  welche  Stadt  nur  ein  paar  Meilen  vom 
Schauplatz  des  Lebens  Schnudi's  entfernt  ist.  Dagegen  fand  sich 
ungesucht,  in  ein  arabisches  ..Leben  des  Anba  Schnudi"  eincre- 
fügt,  eine  selbständige  Version  des  ersten  Teiles  der  sog.  Didache. 
oder  genauer  eine  vollständige  Parallele  zu  jener  Schrift  von 
den  beiden  Wegen,  welche  Harnack  als  eine,  ursprünglich 
jüdische,  Grundschrift  der  Apostellehre  aufgefasst  hat,  während 
Hilgenfeld  darin  eine  selbständige  christliche  Schrift  erblickt. 
Obschon  aber  diese  unsere  Entdeckung  schon  vor  vier  Jahren 
gemacht  wurde  und  damals  schon  alle  wesentlichen  Folgerungen 
daraus  gezogen  worden  waren,  so  unterblieb  doch  bisher  eine 
Veröffentlichung  aus  äusseren  Gründen.  Nachdem  diese  Hinder- 
nisse beseitigt  sind  und  A.  Heu  sie  r  die  Übersetzung  der  Ame- 
lineau'schen  Texte  nochmals  einer  genaueren  Revision  unterzogen 
hat,  so  stand  unsererseits  einer  Bekanntgebung  dieser  neuen 
Version  nichts  mehr  im  Wege.  Da  der  arabische  Text  bereits 
veröffentlicht  ist  und  uns  verschiedene  Recensionen  dieses  Textes 
nicht  zur  Verfügung  stehen,  da  es  sich  zudem  um  eine  Super- 
version  handelt,  so  sehen  wir  davon  ab,  denselben  nochmals  im 
Original  wiederzugeben  und  begnügen  uns,  die  nachfolgende 
wortgetreue  Übersetzung  mitzuteilen. 

„Die  beiden  Wege"  bilden  gewissermassen  die  Einleitung 
der  arabischen  Version  des  „Lebens  des   Anba  Schnudi",  Archi- 


Eine  bisher  unbek.  Version  d.  ersten  Teiles  d.  Apostellehre  (Didachej.  5 

mandriten  des  Cönobitenklosters  beim  alten  Athribis  in  der  The- 
bais,  gegenüber  von  Akhmim  (Schnudi  f  451  p.  Chr.  nach  Amel.). 
Diese  Vita  des  ^ivov&iog,  wie  der  Name  griechisch  wiederge- 
geben wird,  ist  nicht  eine  Biographie,  sondern  eine  Art  Ge- 
dächtnisrede und  Panegyrikus  des  Archimandriten  Visa  auf  seinen 
grossen  Lehuer  und  Amtsvorgänger  und  ist  nach  der  Weise  aller 
jener  Leben  der  Heiligen  hauptsächlich  eine  Zusammenstellung 
der  ausserordentlichsten  Wunderthaten  und  Visionen  des  heiligen 
Auba  Schnudi.  Amelineau  teilt  zwei  solche,  von  einander  un- 
abhängige Lobreden  auf  Schnudi  mit,  welche  beide  auf  Visa  zu- 
rückgehen sollen;  die  erste,  koptisch  und  zwar  im  Dialekt  von 
Memphis  geschrieben  (p.  1 — 91),  scheint  ein  Auszug  aus  einer 
grösseren,  ursprünglich  im  Dialekte  von  Theben  geschriebenen 
Lobrede  zu  sein.  Leider  fehlt  ihr  gerade  der  Anfang;  sie  bietet 
darum  zu  unserem  Abschnitt  keine  Parallele.  Im  späteren  Teile 
berührt  sie  sich  fast  wörtlich  mit  der  arabischen  Fassung.  Die 
zweite,  arabische  Version  ist  sicher  eine  Übersetzung  einer  im 
sahidischen  also  oberägyptischen  Dialekte  verfassten  Arbeit 
(p.  289 — 478),  welch'  letztere  nach  Amelineau's  Untersuchungen 
in  die  Zeit  von  685 — 690  fällt,  aber  auch  auf  eine  Originalarbeit 
Visa's  zurückgeht. 

Für^)  den  arabischen  Text  sahen  wir  uns,  wie  bereits  be- 
merkt, auf  Amelineau's  Ausgabe  angewiesen;  textkritische  An- 
merkungen finden  sich  zu  den  von  uns  übersetzten  Stücken  nicht. 
Amelineau  erwähnt  vier  Handschriften: 

1)  Die  der  koptischen  Kirche  .von  Naggadeh, 

2)  die  der  koptischen  Kirche  von  Luksor, 

3)  die  der  Bibliothek  der  koptischen  Patriarchen  zu  Kairo, 

4)  die  des  Klosters  Moharraq. 

Er  hat  No.  1  und  No.  2  im  Namen  der  französischen  Re- 
gierung abschreiben  lassen  und  No.  3  selbst  gesehen  und  be- 
nutzt. No.  1  ist  voll  von  Fehlern.  Der  Schreiber  hat  ungenau 
gelesen  oder  gehört,  die  diakritischen  Punkte  nicht  unterscheiden 
können,  ja  in  vielen  Fällen  einen  geradezu  unverständlichen  Text 
gegeben.     An    einigen    Stellen    sind   aber   doch    seine    Lesarten 


1)  Der  folgende  Abschnitt,  betr.  den  arab.  Text,   stammt  vom  Über- 
setzer A.  H. 


ß  •  L.  E.  Iselin, 

wertvoll.  No.  2  ist  riacli  Amelineau's  Eindruck  fehlerlos  ge- 
schrieben, enthält  aber  einige  schwer  verständliche  Lesarten;  ein 
Teil  derselben  lässt  sich  mit  Hülfe  von  No.  1  richtig  stellen. 
Eine  Charakteristik  von  No.  3  giebt  A.  nicht.  Ferner  erklärt 
er,  nicht  in  der  Lage  zu  sein,  das  Alter  der  Handschriften  zu 
bestimmen.  Die  beiden  für  ihn  kopierten  hält  er  für  ziemlich 
jung.  Für  die  Feststellung  des  arabischen  Textes  hat  er  AliEffendi 
Bahgat  beigezogen;  aber  über  die  Grundsätze,  von  denen  er  sich 
dabei  leiten  Hess,  spricht  er  sich  nicht  aus.  Im  arabischen  Text 
finden  sich  ziemlich  viel  Sprachfehler,  z.  B.  sind  Prädikate  in 
den  Accusativ  statt  in  den  Nominativ  gesetzt.  A.  führt  dies  und 
Ahnliches  hauptsächlich  auf  sklavische  Wiedergabe  des  kop- 
tischen Originals  zurück.  Wo  wir  uns  zu  Konjekturen  genötigt 
sahen,  ist  in  der  Übersetzung  darauf  aufmerksam  gemacht. 


Nach  einer  kurzen  Einleitung  des  Schreibers  (p.  290)  wird 
angeknüpft  an  die  Rede,  welche  Visa  am  7  Abib  vor  den 
Mönchen,  den  Bewohnern  der  umliegenden  Klöster  und  der  Be- 
völkerung der  Städte  Qäu,  Akhmim  und  Absa  gehalten  hatte. 
Visa  will  darin  alle  Wunder  und  Zeichen  erzählen,  welche  Gott 
durch  die  Hand  seines  reinen  Vaters  Anba  Schnudi  ausgerichtet 
hat,  obschon  er  nur  einen  kleinen  Teil  dessen,  was  Schnudi  ge- 
than  und  erlebt  hatte,  erzählen  könne.  Dann  fährt  Visa  wört- 
lich fort  wie  folgt: 

I'  1-  (p.  291  1.  6)   Und    nun  pflegte   er  zu  jeder  Zeit  zu  lehren 

und  zu  sagen,  dass  die  Bahn  leicht  sei  und  der  Weg  aus 
zwei  Wegen  bestehe;  einer  [führe]  zum  Leben  und  der 
andere  zum  Tode,  und  zwischen  diesen  beiden  Wegen 
sei  ein  gewaltiger  Unterschied. 

T,  2  Und  dies  ist  der  Weg  des  Lebens:  Vor  allen  Dingen 

sollst  du  den  Herrn,  deinen  Gott  lieben  von  deinem  gan- 
zen Herzen,  von  deiner  ganzen  Seele,  mit  allen  deinen  Ge- 
danken und  sollst  deinen  Nächsten  lieben  wie  dich 
[selbst]  und  mit  allen  deinen  Gedanken;  und  was  du  für  dich 
selbst  nicht  wünschest,  das  füge  keinem  Andern  zu. 

1,3  (?)         Du  sollst  folgende  Thaten  vollbringen,  eine  um  die  andere. 
Die  erste  derselben  ist: 


I 


Eine  bisher  unbek.  Version  d.  ersten  Teiles  d.  Apostellehre  (Didache).   7 

Du  sollst  nicht  töten,  du  sollst  nicht  huren'),  du  H,  2 
sollst  dich  nicht  verunreinigen  durch  Liebe  zu  Un- 
reinem, du  sollst  nicht  ausschweifend  sein  [p.  292],  du 
sollst  nicht  stehlen,  du  sollst  nicht  Zauberei  treiben, 
du  sollst  nicht  ein  Weib  abortieren  lassen  durch  irgend 
eine  Arznei,  du  sollst  nicht  das  eben  geborene  Kind 
töten,  du  sollst  nichts  vom  Besitze  deines  Genossen  und 
deines  Nächsten  begehren. 

Du    sollst   nicht    als     Eidbrüchiger    schwören,     du  n,  3 
sollst    nicht    als   Lügner   einen    Eid   leisten,    du    sollst 
nichts  Schlechtes  wider  irgend  einen  Menschen  aussprechen, 
auf  dass  nicht  der  Herr  über  dich  zürne. 

Hüte  dich^    dass  du   nicht   ein    geteiltes  Herz  habest  in  II,  4 
allen  deinen  Angelegenheiten. 

Du    sollst   nicht   lügenhaft   sprechen    und  nicht  mit  II,  5 
eitler  Rede;    du   sollst   nicht   den   Lohn  des    Tagelöhners  beschneiden. 
damit  er  nicht  um  Hilfe  rufe  vor  dem  Herrn  und  erhört  werde, 
denn  der  Herr  Jesus  Christus  ist  nicht  ferne  von  uns. 

0  mein  Sohn,  werde  nicht  ein  Räuber,  nicht  ein  II,  6 
Dieb,  nicht  ein  Wucherer  und  nicht  ein  Ableugner  des 
Bösen.  0  mein  Sohn,  werde  nicht  stolz,  denn  der  Stolz  ist 
verwerflich  vor  Gott.  Bringe  nichts  Verderbliches  gegen 
deinen  Genossen,  deinen  Nächsten  und  deinen  Schuldner 
zur  Sprache;  hast  du  es  gethan,  dann  wird  ihn  Gott  mehr 
lieben  als  dich. 

0  mein  Sohn,  hasse  nicht  einen  Einzigen  unter  den  II,  7 
Menschen,  weil  sie  das  Abbild  Gottes  und  ihm  ähnlich  sind. 
Wenn  ein  Mensch  ausgleitet  und  durch  sein  Straucheln  in  eine 
Sünde  fällt,  so  weise  ihn  zurecht  zwischen  dir  und  zwischen 
ihm  allein,  wie  dies  auf  Grund  des  Verhaltens  anderer  zu  Recht 
besteht,  und  liebe  ihn 2)  wie  dich  selbst. 

Fliehe  vor  jedem  Bösen  und  pflege  nicht  Gemeinschaft  III,  1 
mit    einem    Uebelthäter,    damit    nicht   dein   Leben   verkürzt 
werde  [p.  293]  und  du  vor   der  Zeit  sterbest. 

0  mein  Sohn,  werde  nicht  neidisch,  nicht  händelsüchtig,  HI,  2 


1)  Vielleicht:  du  sollst  nicht  ehebrechen. 

2)  Eigentlich:  sie. 


3  L.  E.  Iselin, 

betrügerisch^),  weil  diese  Dinge  den  Menschen  zum 
Morden  leiten. 

III.  3  0    mein    Sohn,    deine   Sorge     soll    sich     nicht     auf 

die  Begierden  richten,  denn  die  Begierde  leitet  zur 
Hurerei.  0  mein  Sohn,  führe  nicht  schändliche  Worte, 
sei  nicht  begehrlichen  Auges,  denn  aus  diesen  Dingen 
entsteht  falsches  Zeugnis. 

ni,  4  0     mein    Sohn,     frage     nicht'.     .,Wei'    ist     er?'^     und    mclit: 

Warum  ist  erf"  denn  diese  Dinge  führen  zum  Götzen- 
dienst; und  sei  nicht  ein  Beobachter  der  Stunden,  weil  Wehe, 
Klage,  Angst  und  Schrecken  bei  solchen  einl^ehren.  Mein  Sohn, 
tritt  nicht  zu  den  Zauberern,  nicht  zu  den  Beschwörern, 
nahe  dich  ihnen  nicht,  nicht  ihreu  Unterredungen,  durch 
solches  kommt  ja  der  Mensch  Gott  nicht  nahe. 

111,5  0  mein  Sohn,    werde    nicht    ein    Lügner,    denn   das 

Lügen  verleitet  zum  Diebstahl.  0  mein  Sohn,  liebe  nicht 
das  Geld,  noch  rühme  dich,  denn  von  diesen  Dingen 
kommt  der  Mord  her. 

ni,  6  0     mein     Sohn,     sei    nicht    ein    Murrer.     denn    das 

Murren  führt  zur  Lästerung.  0  mein  Sohn,  sei  nicht 
kleinmütig  und  hege  keine  böse  Absicht. 

III,  7  ■  Sondern  sei  gelassen,  denn  die  Gelassenen  werden 
das  Erdreich  ererben. 

111,8  0    mein    Sohn,     sei    geduldig^  langmütig,    barmherzig, 

schlichten  Herzens,  rechtschaffen  in  allem  deinem  Thun 
[  .  .  .  Y),  zu  jeder  Zeit  dich  fürchtend,  und  zitternd  vor 
dem  Worte   Gottes  und  vor  seinen  Geboten. 

in,  0  Sei    nicht    stolz    in    deiner    Seele,     sondern    sei    stets    de- 

mütig. 0  mein  Sohn,  klebe  nicht  an  den  Reichen^  um 
ihnen  nahe  zu  sein,  sondern  pflege  Gemeinschaft  mit  den 
Frommen  und  Demütigen,  denn  durch  die  Demut  ist  David, 
der  Prophet,  mehrmals  errettet  worden. 

111,10  Und  so  oft  irgend  ein  Glück  oder  Unglück  bei  dir  ein- 

kehrt, nimm  es  mit  Dank  auf,  denn  du  weisst:  Nichts 
trifft  dich  ohne  Gottes,  deines  Gottes,  Befehl. 

^^^  1  0  mein  Sohn,  gedenke   in  deinem  Herzen   des  Wortes 

1)  Statt  mutahattanan  lesen  wir  mutahajjinaii. 

2)  Ein  zweites  sälih,  rechtschaften,  ist  jedenfalls  als  Dittographie  zw 
streichen. 


\ 


Eine  bisher  unbek.  Version  d.  ersten  Teiles  d.  Apostellehre  (Didache).     9 

Oottes  bei  Nacht  und  bei  Tag,  weil  der  Herr  an  einem 
Orte  wohnet,  wo  man  seines  Namens  gedenJd;  er  ist  würdig  der 
Huldigung  und  sein  Lob  [währet]  in  Ewigkeit. 

0  mein  Sohn,   wandle  stets  auf  dem  Wege  der  Reinheit,  TY,  2 
so  wirst  du  stark  und  mächtig  sein  durch  tugendhafte  Lebens- 
haltung,   du  wirst  dich   erfreuen  an  der   Güte    ihrer  Rede 
■und  an  ihren  wohlthuenden  Berichten  ^). 

0  mein  Sohn,   mische  dich  nicht  in  Streit  und  Gezänk  IV,  3 
von  Brüdern,  sondern  trachte  zwischen  den  Zankenden  Frie- 
den zu  stiften;  dann  richte  gerecht  und  schäme  dich  nicht, 
den  Frevler  wegen  seines  Frevels  zu  tadeln  und  den  Sünder 
wegen  seines  Vergehens. 

0  mein  Sohn,    nicht  öffne   deine  Hand  beim  Nehmen  IV,  5 
und  schliesse  sie  beim  Geben;  hüte  dich  solches  zu  thun. 

So  lange  du  kannst,  gieb  den  Armen,   auf  dass  deine  IV,  6 
vielen  Sünden  mögen  aufgewogen  werden. 

Aber  sei   bei    deinem    Geben   nicht   geteilten  Herzens,  IV,  7 
sodann,  wenn  du  gegeben  hast,  werde  nicht  traurig  und  be- 
reue es  nicht,   wenn  du  Barmherzigkeit  geübt  hast;    du  sollst 
wissen,    dass   es   der  Wahrhaftige,    der  Redliche,    der  Herr 
Jesus,  der  Vergeber  der  Sünden  ist,  welcher  belohnt. 

0  mein  Sohn,  wende  nicht  dein  Gesicht  vom  Armen  IV,  8 
w^eg,  sondern  gieb  ihm  gemäss  deinem  Vermögen,  und  geselle 
dich  zu  jedem  Betrübten  und  jedem ^  der  deiner  bedarf.  Und  wenn 
wir  in  den  vergänglichen  Dingen  Gemeinschaft  haben 
mit  denen,  welche  entbehren  müssen,  so  werden  wir  mit  ihnen 
Anteil  haben  an  den  bleibenden,  ewigen  [Gütern]. 

Wenn   wir  diese   Gebote   halten,    so   wandeln  wir  auf  demR',  I4c(?) 
Wege  des  Lebens   und  auf  dem  gesegneten  Pfade  zur  Ewig- 
keit, welche  dem  einzigen  Könige,   dem  Gebieter  Jesus  Christus 
angehört,  der  gnädig  ist  denen,  die  seiner  begehren. 

Und  was  den  Weg  des  Todes  angeht:  nun,  wer  seine  Spur  V,  1 
verfolgt  und  in  seinen  Bahnen  wandelt,  wahrlich  2)  der  wird  den 
Vernichtungstod  sterben  wegen  aller  seiner  Übeln  Thaten,  welche 
sind:  der  Fluch,  der  Mord,  die  Plünderung,  die  Entfüh- 
rung, die  Heuchelei,  jede  verderbliche  That. 

1)  AmeUneau  denkt  an  Mönchsbiographieen,  welche  im  V.  Jahrh.  stark 
verbreitet  waren.     „Reinheit"  giebt  er  wieder  mit  „die  reinen  Väter". 

2)  Statt  fa'innü  lesen  wir  fa'innahu. 


1^0  L.  E.  Iselin, 

VI,  ]  Und  was  wir  dargelegt  haben,  soll  dazu  dienen,  dass  nicht 

einer  irre  gehe,  auf  den  Weg  des  Todes  gerate  und  seine 
Bahnen  wandle  in  Folge  seiner  verderblichen  Thaten.  und  dass 
nicht  das  Verderbliche  übermässigen  Einfluss  gewinne,  auch,  ohne 
dass  jemand  dazu  verführt.^) 


Bemerkungen  zur  arabischen  Yersion  der  beiden  Wege. 

1.   Inhalt  und  Zweck  des  Stückes. 

Auch  ohne  die  durch  besonderen  Druck  hervorgehobenen 
Stellen,  an  denen  sich  die  neue  arabische  Version  mit  den  bisher 
bekannten  Versionen  des  ersten  Teiles  der  Didache  deckt,  und 
ohne  die  zur  leichteren  Vergleichung  am  Rande  angebrachten 
Vers-  und  Kapitelzahlen  des  entsprechenden  Abschnittes  des 
Bryennios-Textes  der  Apostellehre  (in  der  grossen  Harnack'schen 
Ausgabe)  erkennt  man  sofort,  dass  hier  eine  selbständige  Version 
jener  alten  Anweisung  zu  einem  sittlichen  Leben  vorliegt,  die 
uns  anderweitig  durch  Vermittlung  der  sog.  Kirchen-Ordnung 
{Kav6v£Q  8xxX?]ötaaTixol,  von  Hilgenfeld  Duae  viae  vel  Judicium 
Petri  genannt) 2),  der  Lehre  der  zwölf  Apostel^),  des  Barnabas- 
briefes  und  der  Apostolischen  Constitutionen  ^)  bekannt  ist.  Ob 
diese  Anweisung  gewissermassen  das  Grundgesetz  war,  auf  dem 
die  klösterlichen  Stiftungen  Schnudi's  und  Visa's  standen  —  denn 
eine  eigentliche  Klosterregel  gab  es  in  den  Cönobitenklöstern 
nicht  —  wird  nicht  leicht  auszumachen  sein,  denn  was  uns  bei 
Amelineau  (p.  229 — 287)  von  koptischen  Klosterordnungen  er- 
halten ist,   betrifft  mehr  die  Verwaltung  als   das  innere  Leben. 


1)  Diese  Uebersetzung  ist  allein  'dem  arabischen  Text  entsprechend, 
obschon  auch  so  der  Sinn  nicht  völlig  klar  wird. 

2)  Der  Text  in  der  Harnack'schen  Ausgabe  der  Apostellehre  S.  225—237 
und  in  Hilgenfeld's  Novum  Testamentum  extra  canonem  receptum,  2.  edit. 
1884  S.  111—119. 

3)  Wir  verweisen  immer  auf  die  Harnack'sche  Ausgabe:  Die  Lehre 
der  zwölf  Apostel  nebst  Untersuchungen  zur  ältesten  Geschichte  der  Kir- 
c-henverfassung  und  des  Kirchenrechts.  Lpz.  1884.  Der  griechische  Text 
8.3—64,  die  von  Gebhardt  entdeckte  lateinische  Version  S.  277 — 278. 

4)  Die  entsprechenden  Abschnitte  aus  dem  siebenten  Buche  der  Con- 
stitutionen abgedruckt  bei  Harnack  a.  a.  0.  S.  178 — 192  und  bei  Hilgenfeld 
a.  a.  0.  S.  94-1(13. 


Eine  bisher  unbek.  Version  d.  ersten  Teiles  d.  Apostellehre  (Didache).  \i 

Wahrscheinlich  ist  es  immerhin,  da  ganz  ausdrücklich  dieses 
Stück  vorangestellt  ist  und  Visa  mit  seiner  Gedächtnissrede  auf 
Schnudi  zugleich  gewissermassen  seine  Antrittsrede  gehalten  hat. 
Aber  was  auch  immer  diese  Ordnung  für  eine  Bedeutung  haben 
mochte,  jedenfalls  bezweckte  Visa  damit  nicht  eine  Neuerung, 
sondern  stellte  etwas,  was  bisher  Geltung  gehabt  hatte,  nur  wieder 
in  den  Vordergrund.  Wie  anderswo  die  „zwei  Wege"  die  Grund- 
lage für  verschiedene  Rechts-  und  Kirchenordnungen  wurden,  so 
galten  sie  für  Schnudi  und  Visa  als  eine  Art  von  Sittencodex 
für  das  Gemeinschaftsleben  der  Mönche. 

2.    Selbständigkeit  des  Stückes. 

Das  Stück  fällt  so  deutlich  aus  dem  übrigen  Zusammenhang 
heraus,  dass  sogar,  wenn  kein  direkter  Beweis  möglich  wäre^ 
dessen  ursprüngliche  Selbständigkeit  vermutet  werden  müsste. 
Das  ist  selbst  Amelineau  aufgefallen  (p.  LVIII),  obgleich  er  von 
der  wahren  Herkunft  dieses  Stückes  keine  Ahnung  hatte.  Da 
nun  die  koptische  Grundschrift,  auf  welche  der  arabische  Text 
zurückgeht,  nach  Amelineau's  Zeugniss  aus  dem  Ende  des  siebenten 
Jahrhunderts  stammt  und  der  Biograph  Schnudi's  erst  in  der 
zweiten  Hälfte  des  fünften  Jahrhunderts  lebte,  so  ist  von  vorne 
herein  die  Wahrscheinlichkeit  gross,  dieser  arabische  Text  sei 
nur  eine  durchaus  späte  und  sekundäre  Bearbeitung  der  alten 
Schrift  von  den  beiden  Wegen,  nämlich  ein  Stück  aus  irgend 
einer  jener  Rechtsordnungen  oder  Kirchenordnungen,  welche  im 
Morgenland  wie  auch  in  Abessynien  Geltung  erlangt  hatten  und 
vielfach  unter  dem  Namen  des  Clemens  oder  unter  der  Autorität 
der  zwölf  Apostel  eingeführt  worden  waren  ^).  Da  eine  thebaische 
und  eine  memphitische  Version  der  sog.  Kirchenordnung  existirt, 
möchte  man  denken,  Visa  habe  sich  in  seiner  Gedächtnissrede 
einfach  auf  eine  derselben  berufen.  Allein  die  Wahrheit  ist, 
dass  keine,  weder  eine  bisher  bekannte,  noch  eine  neue 
Form  der  Kirchenordnung,  vorliegt.    Der  Beweis  liegt  darin: 

1.  Es  fehlt  unserem  Texte  die  Verteilung  der  einzelnen 
Sprüche  auf  die  Apostel,  die  sonst  allen  Versionen  der  Kirchen- 
ordnung eigentümlich  ist. 

1)  Ueber  die  verschiedenen  apost.  Kirchenordnungen  s.  Hamack  a.  a.  0. 
S.  193  ff.  Vgl.  Harnack,  Die  Quellen  der  sog.  apostol.  Kirchenordnung,  in 
„Texte  und  Untersuchungen  II,  5"  und  desselben  Geschichte  der  christl. 
Literatur  1893. 


12  I'-  E.  Iselin, 

2.  Es  fehlt  sowohl  am  Anfang  wie  am  Ende  der  Aufzäh- 
lung von  Satzungen  ganz  wie  im  Barnabasbrief  der  Hinweis 
darauf,  dass  Lehren  der  Apostel  vorliegen.  Das  ist  um  so  be- 
merkenswerter, als  eine  solche  Einführung  ganz  im  Sinne 
Schnudi's  gewesen  wäre,  der  sonst  manche  seiner  Verfügungen 
durch  besondere  Offenbarungen  und  Visionen,  die  er  angeblich 
von  Propheten  und  Aposteln  erhalten  hatte,  zu  stützen  suchte. 
Wollte  man  einwenden,  dass  der  Panegyriker  Visa  zum  grösseren 
Lobe  seines  Vorgängers  dies  alles  auf  Schnudi  selbst  zurück- 
zuführen bezwecke  und  also  wissentlich  und  absichtlich  die 
Autorität  der  Apostel  verschweige,  so  ist  dem  entgegenzuhalten, 
dass  eine  solche  Absicht  in  keiner  Weise  bemerkbar  noch  über- 
haupt wahrscheinlich  ist.  Auch  am  Schlüsse  heisst  es  einfach 
(S.  296  f.):  „dies  ist  die  Unterweisung  {ÖLÖayjj)^  mit  welcher  uns 
unser  Vater,  der  heilige  Anba  Schnudi  beständig  zu  jeder  Zeit 
^u  unterweisen  pflegte,  und  wir  haben  sie  euch,  o  ihr  Söhne,  in 
diesem  Augenblicke  dargelegt"  etc. 

3.  Während  in  den  verschiedenen  Versionen  der  apost.  Kir- 
chenordnung der  Weg  des  Todes  gar  nicht  beschrieben  wird,  so 
findet  er  sich  hier  wie  in  der  Didache  und  im  Barnabasbrief,  nur 
etwas  kürzer. 

Bei  einem  solchen  Thatbestande  ist  also  die  Annahme,  es 
handle  sich  im  vorgelegten  Texte  einfach  um  einen  Auszug  aus 
einer  ägyptischen  Kirchenordnung,  nicht  haltbar.  Dafür  ist  nun 
an  zweiter  Stelle  zu  prüfen,  ob  etwa  eine  L^eberarbeitung  der 
entsprechenden  Stücke  der  Didache  (Apostellehre)  vorliegt  wie 
z.  B.  in  dem  sog.  Syutagma  des  Athanasius  und  der  Fides 
Nicaena^).  Eine  solche  Bekanntschaft  mit  der  Apostellehre 
hätte  auch  für  spätere  Zeiten  nichts  Befremdliches,  da  diese  Schrift 
wahrscheinlich  in  Aegypten  verfasst  wurde  und  ihre  Verbreitung 
daselbst  nach  den  neuesten  Nachweisen  von  Funk  gar  keinem 
Zweifel  mehr  unterliegt-).  Allein  hier  ist  doch  das  Verhältniss 
ein  ganz  anderes.  Während  jene  ächten  oder  gefälschten  Schriften 
des  Athanasius  eine  völlige  Anweisung  für  das  Mönchsleben  dar- 


1)  Beide  Stücke  bei  Äligne  t.  28.  Athanasius  IV  col.  835—846.  col. 
1637— 1Ü44.  Vgl.  Haniack  in  Tlieol.  Lit.-Zeitung  1887  Nr.  2.  Batiffol, 
Didascalia  CCCXVIII  Patrum  Pseudepigrapha.  Paris  1887;  Batiftbl-Hyvernat, 
Studia  Patristica.    Paris  1890:  Le  Syntagma  Doctrinae  dit  de  S.  Athanase. 

2)  Theologische  Quartalschrift' 181)2  S.  r)22.    1894  S.  601-604. 


Eine  bisher  unbek.  Version  d.  ersten  Teiles  d.  Apostellehre  (Didache).    ]'^ 

bietcD,  in  welcher  die  Stellen  der  Didache  nur  sozusagen  den 
leitenden  Text  bilden,  so  kehrt  in  unserem  Falle  der  Inhalt  der 
Didache  fast  wortgetreu  wieder.  Auch  kann  man  keinerlei  Aus- 
nahmen beobachten,  wo  die  Tendenz  der  Mitteilung  eine 
Aenderung  im  ursprünglichen  Wortlaut  herbeigeführt  hätte.  Es 
fehlt  auch  jede  Anspielung  auf  das  Mönchstum,  obschon  Visa's 
oder  Schnudi's  Worte  in  erster  Linie  an  Mönche  gerichtet  und 
die  von  ihnen  aufgestellte  Ordnung  gerade  für  Mönche  berech- 
net war. 

Der  Abschnitt  Didache  I,  3 — II,  1  ist  ausgelassen  wie  bei 
Barnabas,  Pseudo-Athanasius,  bei  der  Kirchenordnung  und  der 
lateinischen  Version  der  Didache.  Aber  auch  eine  Bekanntschaft 
mit  dem  ganzen  zweiten  Teil  der  Didache  fehlt  vollständig. 
Mann  kann  höchstens  noch  eine  Anspielung  auf  Did.  VI,  1 
finden.  Darum  muss  man  sich  notgedrungen  zur  Annahme  be- 
quemen, dass  hier  bloss  jener  Teil  der  Didache,  der  unter  dem 
Titel  „die  beiden  Wege"'  bekannt  ist,  vorliegt  in  unserm  kopto- 
arabischen  Text,  oder  besser,  dass  bei  den  Mönchen  und 
Klöstern  Schnudi's  dieses  Stück  der  Lehre  von  den  bei- 
den Wegen  selbständig  existirte. 

Freilich  wird  man  nicht  verlangen  dürfen,  dass  eine  Schrift, 
die  ursprünglich  jedenfalls  in  die  erste  Hälfte  des  zweiten  Jahr- 
hunderts zurückreicht,  uns  aber  nur  in  der  Uebersetzung  einer 
Version  des  siebenten  Jahrhunderts  erhalten  ist,  unverändert, 
ohne  Abstriche  und  Zuthaten  auf  uns  gekommen  sei.  Geradezu 
notwendige  Voraussetzung  ist  vielmehr,  dass  ein  irgendwie 
modifizierter  Text  vorliegt.  Wenn  freilich  nur  der  kleinste  Teil 
solcher  Modifikationen  den  arabischen  Uebersetzer  trefi'en  mag, 
der  nach  Amelineau's  Urteil  seine  koptische  Vorlage  sklavisch 
wiedergegeben  hat,  so  lagen  solche  dagegen  dem  Kopten,  welcher 
die  erwähnte  Vorlage  komponierte  und  dazu  das  Original  einer 
Gredächtnissrede  Visa's  benützte,  überaus  nahe.  Da  nun  aber 
Amel.  einen  arabischen  Text  ohne  Varianten  giebt,  während  ihm 
doch  solche  oftmals  zur  Verfügung  standen,  so  ist  nie  genau 
aaszumachen,  ob  eine  Abweichung  des  arabischen  vom  griechi- 
schen bezw.  lateinischen  Text  durch  alle  vier  arabischen  Hand- 
schriften gestützt  wird  oder  bloss  durch  eine,  oder  ob  vielleicht 
der  Herausgeber  selbst  durch  Kombination  den  Text,  den  er 
giebt,  hergestellt  hat.     Wir  haben   uns  in  der  deutschen  Ueber- 


14 


L.  E.  Iselin. 


Setzung  noch  viel  genauer  als  Amelineau  an  den  arabischen 
Wortlaut  angeschlossen  und  uns  sorgfältig  gehütet,  zu  Gunsten 
eines  Anklanses  an  bekannte  Stellen  der  Didache  irgend  eine 
Konzession  zu  machen,  die  nicht  durchaus  berechtigt  gewesen 
wäre,  geschweige  denn  einen  falschen  Schein  von  Verwandtschaft 
zu  erwecken,  wo  nicht  deutlich  solche  vorliegt.  Dennoch  wird 
eine  genaue  Vergleichung  sofort  das  durchaus  überraschende  Er- 
gebniss,  das  wir  soeben  mitgeteilt  haben,  bestätigen, 

3.  Vergleichung  des  arabischen  Textes  mit  den  bis- 
her bekannten  Versionen. 

A.    Der  Umfang  der  Schrift. 

Bei  einer  Vergleichung  handelt  es  sich  einmal  um  die  voll- 
ständige griechische  Form,  wie  ihn  das  Manuscript  des  Bryen- 
nios  (M)  darbietet  und  um  die  fragmentarische  lateinische  Form 
(Lat.)  der  Didache,  sodann  um  die  verschiedenen  Versionen  der 
Kirchenordnung  (KO),  Avie  sie  griechisch  in  den  Codices  Mos- 
quensis  (Mosq.),  Ottobonianus  (Ott.)  und  Vindobonensis  (Vind.) 
und  in  den  Uebersetzungen:  Versio  Syriaca  (Syr.\  Thebaica 
(Theb.),  Memphitica  (Memph.),  Aethiopica  (Aeth.)  vorliegen.  Die 
arabischen  Versionen  der  Kirchenordnung,  w^elche  Grabe,  Asse- 
man  und  Tattam  in  Handschriften  nachgewiesen  haben  ^j,  haben 
wir,  weil  nicht  veröffentlicht,  nicht  vergleichen  können. 

Wenn  wir  als  Massstab  die  griechische  Form  der  Didache 
im  Manuscript  des  Bryennios  nehmen,  so  ergiebt  sich  folgendes 
Verhältniss: 

Arabischer  Text  der  Vita  Schnudi  =  Did.  I.  1.  2;  II,  2— IV,  8; 

IV,  14C.  (V,  1;  VI,  1). 
Lat.  (Didache  =  Did.1,1.2;  II,  2—11,6  (fragm.) 

KO.  Cod.  Mosq.  =  Did.1, 1.  2;  11,2— IV,  8  mit 

wenigen  Zusätzen  und  ein- 

geschobenemKapitel  14  KO. 

KO.  Ott.  =  Did.  1,  J .  2 ;  II,  2-IV,  8  (IV, 

9.  12.  13.  14)  mit  w^enigen 
Zusätzen,  aber  beigefügtem 
Kap.  14  KO. 
KO.  Syr.  =  Did.  1, 1.  2;  11, 2— IV,  S  mit 

1)  Vgl.  HariKick,  Lehre  der  /wölf  Apostel  S.  194.  195.  19S. 


Eine  bisher  unbek.  Version  d.  ersten  Teiles  cl.  Apostellebre  (Didache).    15 

reichlichen    Zusätzen    und 

beigefügtem  Kap.  3  u.  1 4  KO. 

KO.  Vind.  =  Did.  1, 1. 2;  II,  2— IV,  8  mit 

reichlichen    Zusätzen    und 
vermehrt  durch  KO  Kap. 
1-3  und  14-30. 
KO.  Theb.  Memph.  Aeth.  ähnlich  wie  Vind. 
Barnabas  Cap.  19.  20  =  Did.  I,  1.  2;  II,  2— VI,  2. 

Syntagma  und  Fides  Nicaena  setzen  die  ganze  Didache  ausser 
Did.  Kapitel  I,  3 — II,  1  voraus. 
Der  arabische  Text  der  Vita  ist  also  der  kürzeste  unter  allen 
Versionen,  abgesehen  vom  Lateiner,  welcher  nur  fragmentarisch 
erhalten  ist.  Ob  diese  Kürze  ein  Zeichen  der  Ursprünglichkeit 
oder  der  Ueberarbeitung  ist,  wird  aus  der  Art  der  Textdifferenzen 
hervorgehen.  Die  Weglassung  von  Did.  I,  3 — II,  1  ist  ihm  mit 
dem  Lateiner  und  mit  Barnabas,  den  drei  kürzeren  Versionen  der 
KO  und  mit  Äthan,  gemeinsam  und  kann  daher  nicht  ohne 
weiteres  für  sekundäre  Textüberlieferung  sprechen.  Andrerseits 
fehlt,  wie  schon  bemerkt,  die  Beschreibung  des  Weges  des  Todes 
nicht  völlig  wie  in  allen  Ueb erliefe run gen  der  KO,  sondern  sie 
findet  sich,  wenn  auch  in  kürzerer  Form  als  bei  Barn,  und  in 
der  Did.  Das  spricht  für  eine  relative  Ursprünglichkeit  des 
Arabers.  Auffallende  Besonderheiten  in  grösserem  Massstab  sind 
aber  folgende: 

B.  Motivirte  Abweichungen  von  der  Textform  der  Didache. 

II,  5b  wird  die  Wendung  der  Did.  II,  6 :  ovx  eö?]  jiXsovexzrjg^ 
welche  gleichmässig  bei  Barn.  Ap.  Const.  KO  (ausser  Mosq.)  Lat. 
bezeugt  ist,  durch  eine  längere  Anweisung  ersetzt,  dass  man  dem 
Arbeiter  seinen  Lohn  nicht  verkürzen  solle.  Inhaltlich  ist  diese 
Stelle  abhängig  von  dem  ähnlichen  Gebot  3.  Mose  19,  13  und 
5.  Mose  24,  15,  wo  auch  ähnliche  Gedankenzusammenhänge  vor- 
liegen. Aber  es  ist  fraglich,  ob  auf  Grund  dieser  Bibelstellen 
hier  eine  ursprüngliche  Version  korrigirt  wurde  und  so  die  all- 
gemeine Warnung  vor  Habsucht  durch  ein  specielles  Verbot 
ersetzt  wurde;  denn  im  Verzeichniss  der  Laster  im  soff.  Weg  des 
Todes,  Did.  V,  1 — 2,  wo  ein  kurzes  aber  doch  ziemlich  genaues 
Gegenstück  zum  Wege  des  Lebens  gegeben  wird,  wird  ausdrück- 
lich   als   eine   besondere  Kategorie    der    Sünder   aufgeführt:    ov 


Iß  L.  E.  Iselin, 

yivcoöxovreg  fiiod^bv  6iyML0övvi]Q  und  ganz  ebenso  im  Bar- 
nabasbrief  20,  2.  Es  ist  darum  nicht  unwahrscbeinlicb,  dass 
ursprünglich  in  einer,  vielleicht  sehr  alten  Form  der  beiden  Wege 
eine  solche  Warnung  gestanden  hat,  wie  wir  sie  jetzt  in  der 
Version  des  Schnudi  besitzen. 

Nach  der  Warnung  vor  Habsucht  folgt  in  Did.  II,  6  ovöe 
(XQjia^  ovöh  vjioxQLTiiq  in  Uebereinstimmnng  mit  Lat.  KO.  und 
Const.  Dagegen  hat  unser  Text:  „sei  nicht  ein  Räuber,  nicht  ein 
Dieb,  nicht  ein  Wucherer."  Das  agjta^  scheint  in  zwei  Syno- 
nyma aufgelöst  und  das  vjtoxQir/ig  in  ein  öavtLörrjq  verwandelt 
worden  zu  sein.  Letzteres  könnte  ein  Uebersetzungsfehler  sein 
oder  ein  absichtlicher  Zusatz  im  Hinblick  auf  5.  Mose  24,  14,  wo 
man  das  Bedrücken  leicht  im  Sinne  des  Wuchers  fassen  konnte 
wie  auch  3.  Mose  19.  13^.  Allein  die  Parallele  bei  Athanasius  im 
Syntagma  Doctrinae  p.  840.  3.  BC,  wo  es  zuerst  heisst:  ß))  yivov 
g)iXd()yvQog,  firj  alöyQoxeQÖTJg,  /u?)  g^iXoxrrjficov,  p)  (piXojtlovtog 
und  dann  nach  einem  Zwischensatz  (,m^  jtQayfiarevov)  fortgefahren 
wird:  totcov  fi/)  XafAßavs.  macht  doch  auch  hier  wahrscheinlich, 
dass  irgend  eine  ältere  Version  sich  mit  dem  Araber  deckte 
(cf.  Fides  Nicaena  1641  B  xoxovg  fi?)  ),d^ußav8). 

II,  7  „0  mein  Sohn,  hasse  nicht  einen  Einzigen  unter  den 
Menschen"  deckt  sich  genau  mit  dem  ov  {^no/ioeig  üidvxa  avß^gco- 
jtov  der  Did.  Ap.  Const.  und  KO,  aber  in  den  nächstfolgenden 
Worten  weichen  alle  Versionen  und  Rezensionen  unter  einander 
weit  ab.  Nur  so  viel  ist  allen  gemeinsam,  dass  einerseits  vom 
hliyy^iv,  andrerseits  vom  dyandv  des  Nächsten  die  Rede  ist.  Did. 
unterscheidet  drei  Sorten  von  Sündern  (2,  7):  ,.die  einen  sollst 
du  überführen,  für  die  andern  beten  und  andere  mehr  als  deine 
Seele  lieb  haben".  Damit  stimmt  so  ziemlich  KO  Ott.,  die 
andern  Rezensionen  der  KO  dagegen  unterscheiden  noch  eine 
vierte  Kategorie  ovg  6\  eXerjösig.  Eine  Abhängigkeit  von  Judae  22 f. 
liegt  dabei  kaum  vor;  eher  könnte  die  bekannte  Unsicher- 
heit in  der  Lesart  jener  Verse  durch  unsere  Stelle  verursacht 
sein.  In  den  Const.  Ap.  ist  bloss  eine  Sorte  übriggeblieben, 
denn  man  liest  dort  VlI,  5:  iXsy^io)  sXty^eig  rov  döeXg)6v  öov 
xal  ov  X7/tp7]  öt'  avxbv  dfiagriav,  xal  eXsyys  oo(pov  xal  dyajtij- 
ö€i  öE.  Bei  Barnab  aber  findet  sich  ganz  zerstreut  19,  4:  ov 
Xfiinpi]  Jigöocojror  tXty$,ai  xivd  tJtl  :raQa:TTc6^iaTi.  19,  5:  dya- 
jr/jOtig  TOI'  jtX7]Oiov  oov  vjrtg  Tt]v  xpvyt'iv  oov.    19,  11:  dg  rtXog 


Eine  bisher  unbek.  Version  d.  ersten  Teiles  d.  Apostellehre  (Didache).   17 

f/i07]ösig  T()v  jiov7]Qov.  In  ähnlicher  Weise  unterscheidet  auch 
Athanasius,  Syntagm.  840,  3  C:  ayajia  jiavra  avd^Qcojiov,  xal 
dQf'jVsve  ftsra  jiavrwv,  vmI  fi£i)-'cdv  ovx  svyjj,  sl  öwarov  rb  ax 
60V,  xcoglg  atQiöscog  (cf.  Fides  Nie.  1G41  B:  xcoQig  alQSTLTCcöv). 
Bei  dieser  Verschiedenheit  kann  es  nicht  auffallen,  dass  auch 
die  arabische  Version  ihre  Besonderheit  hat.  Der  schwerfällige 
Satz  des  vielleicht  verdorbenen  arabischen  Grundtextes  lehnt 
sich  formell  an  Matth.  18,  15  an,  vrobei  wohl  3.  Mose  19,  17  f. 
zu  Grunde  liegt.  Dem  Inhalt  nach  stellt  sich  unser  Text  durch- 
aus auf  die  Seite  der  Didache,  besonders  wenn  man  die  unmittel- 
bare Fortsetzung  noch  in 's  Auge  fasst.  Freilich  wird  in  Did. 
III,  1:  (psvyf-  ajio  jtavrog  Jiovr]QOv  xal  djto  Jtavxbg  ofioiov 
avrov  gewöhnlich  neutrisch  verstanden  mit  Berufung  auf  Barn. 
4,  1.  Aber  das  ist  ein  Irrtum.  Vielmehr  schliesst  sich  III,  1 
ganz  enge  an  II,  7  an  und  bezeichnet  die  Grenze,  bis  zu  der  die 
Nächstenliebe  zu  gehen  hat  (Vgl.  Tit.  3,  10-  1.  Tim.  6,  5  und 
Ath.  a.  a.  0.  ;^cö()fg  aigerixcov);  denn  mit  dem  ausgesprochenen 
Übelthäter  und  unverbesserlichen  Sünder  soll  der  Christ  keine 
Gemeinschaft  haben,  wie  auch  Matth.  18,  16 f.  lehrt.  Die 
maskulinische  Fassung  liegt  zweifellos  an  unserer  Stelle  vor  wie 
in  KO  Mosq.  und  Const.  Ap.  VII,  5.  Die  richtige  Parallele 
aber  bei  Barnabas  ist  sicherlich  19,  11:  slg  xiXog  [iLöfiöeLg  top 
jiovriQov. 

Obschon  in  Did.  III,  2 — 10  die  Übereinstimmung  unserer  Ver- 
sion mit  Did.  M.  fast  wörtlich  genau  ist,  so  sind  doch  auch  da 
einige  kleinere  Abweichungen  zu  konstatieren.  Statt  Crjlmxrjg 
Did.  III,  2  und  KO  (Mosq.  Ct]Xeva)v)  im  Sinne  von  „eifernd"  zu 
nehmen,  wie  Harnack  thut,  möchte  ich  lieber  mit  dem  Araber 
„neidisch",  „eifersüchtig"  übersetzen  und  zwar  besonders  auch 
mit  Rücksicht  auf  das  entsprechende  C,t]).0TV7iia  im  Lasterkatalog 
Did.  V,  1.  Diese  Übersetzung  wird  auch  in  Const.  Ap.  VII,  5 
durch  die  angeführten  Beispiele  und  Ausführungen  gefordert. 

Dem  £Qi6TLx6g  III,  2  entpricht  genau  das  „streitsüchtig" 
des  Arabers,  dagegen  deckt  sich  dessen  „betrügerisch''  nicht  mit 
^Vfitxog  (al.  {)^Vfic6örjg,  {)^vfiavTix6g,  fcavixog,  {^-Qaövg)  und  muss, 
weil  im  Zusammenhang  nicht  passend,  als  Übersetzungsfehler 
■des  Arabers  angesehen  werden.  Aber  unsere  Übersetzung  beruht 
überhaupt  auf  Konjektur;  das  Originalwort  ist  unverständlich. 

Ganz  isoliert  steht  die  Fortsetzung  (III,  4):  „Frage  nicht:  wer 

Texte  u.  Untersuchungen  XIII,  1  7 


j[§  L.  E.  Iselin, 

ist  er?  und  warum  ist  er?  denn  diese  Dinge  führen  zum  Götzen- 
dienst." Im  griechischen  Texte  der  Didache  steht  parallel:  fi?] 
ylvov  oicovooxojtog,  bjtSLÖy  odr^ytl  elg  xriv  elöco/.oZaTQlav.  Der 
identische  Nachsatz  und  der  gleiche  Zusammenhang  an  beiden 
Orten  wie  auch  die  biblischen  Parallelstellen  LXX  3.  Mose  19,  26 
und  5.  Mose  18,  10  führen  darauf,  in  den  zwei  Fragen  unseres 
Textes  einfach  eine  Umschreibung  für  das  griechische  ogvid^o- 
oxojiBlöd^aL  zu  erblicken,  was  auch  durch  eine  anderweitige  Be- 
obachtung nahe  gelegt  wird.  Im  Leben  Schnudi's  findet  sich 
nämlich  gelegentlich  (p.  436  cf.  p.  78.  171)  folgende  Mitteilung 
über  die  Mantik  des  Vogelfluges: 

„Einmal  sass  mein  Vater  in  einer  Versammlung  mit  einer 
Menge  von  Gläubigen,  da  schrie  ein  Rabe  über  ihnen.  Nun  erhob 
ein  Mann  seinen  Blick  in  die  Höhe  und  sprach:  Welcher  Art 
ist  die  gute  Nachricht,  die  du  uns  berichtest,  o  Babe?  Da  seufzte 
unser  Vater,  der  Prophet,  und  sprach:  0  diese  Unwissenheit, 
welche  über  die  Menschenkinder  Gewalt  bekommen  hat!  Nicht 
ist  unter  ihnen  der  Gutes  thue  auch  nicht  Einer.  Kennst  du 
denn  den,  der  dir  die  gute  Botschaft  von  deinem  Vater  bringt,  und 
woher  weisst  du  die  Botschaft?  Nein,  mein  Sohn,  du  sollst  nicht 
auf  die  Vögel  des  Himmels  achten  und  nicht  sie  beobachten  etc." 

„Der  Beobachter  der  Stunden"  111,  4  entspricht  einem  griechi- 
schen coQOöxojtog,  welches  Wort  höchst  wahrscheinlich  in  der 
koptischen   Grundschrift  gestanden  hat. 

Eine  wesentliche  Abweichung  vom  griechischen  Text  der 
Didache  findet  sich  erst  wieder  III,  6,  wo  M.  lautet:  fir]Ö£  av&d- 
Ö7]q,  (iT/dh  jtovrjQocpQWV,  ax  jag  tovtcov  auiävxcDv  ßXaog)rj^iat 
ysvpcöi>zai.  Der  Ar.  giebt  dies  so:  „0  mein  Sohn,  sei  nicht  klein- 
mütig, denke  nie  an  Übles."  Nun  ist  kleinmütig  etwa  das  Gegen- 
teil von  avdaörjg,  dennoch  ist  auch  hier  die  Abweichung  nicht 
unmotiviert,  denn  Ap.  Const.  VII,  7  lesen  ebenfalls  nach  avd^aÖ7]g 
und  jiov7]Qo(pQ(Dv:  fi?jöh  öxX7]()oxagöiog,  firjöh  {)^vfic66?]g,  firjöe 
fiixQoipvxog,  ravta  jag  jidvra  odf/ysl  jrgog  ßXaog)f/fJLav.  Auch 
KO  Ott.  hat  im  Vergleich  zu  Did.  M.  den  Zusatz  von  ^vfKDÖfjg 
und  beweist  darum  indirekt,  dass  auch  fiixgotpvyog  nicht  einfach 
eingetragen  ist.    ^ 

III,  8  besteht  in  der  Reihenfolge  der  einzelnen  Ausdrücke 
wie  auch  im  Wortlaut  wenig  Übereinstimmung  zwischen  den 
verschiedenen   Versionen.     Den   Worten  f/axQoOvfwg,    iXs/jficoi^ 


Eine  bisher  unbek.  Version  cl.  ersten  Teiles  d.  Apostellehre  (Didachei.    19 

<Cixaxog,  ^övxiog,  ayad-oq  in  Did.  M.  und  Ap.  Const.  stehen  in 
KO.  11  gegenüber:  fiaxQod^vfioc,  kXsrjfKDi;,  alQTjvoJtoiog,  xad^agoq 
rfj  xaQÖia  ajio  Jiavroc  xaxov,  axaxog.  ^jovxf^og,  ayad-og.  Da- 
gegen hat  Barnab.  19,  2:  eoi]  ajtXovg  r?/  xaQÖla;  19,  4:  e07]  7'jov- 
yiog.  Die  Athanasiustexte  840  D  und  1641  D:  yivov  xaüiuvog 
xal  7)övXLog.  Die  arabischen  Ausdrücke  entsprechen  am  ehesten 
den  griechischen:  7]c)VXiog^  ftaxgo&^vfiog,  eXeriixmv,  ajiXovg  rfj 
xagöia  bezw.  axaxog,  dya{^6g.  Das  darauf  folgende:  „dich  fürch- 
tend und  zitternd  vor  dem  Worte  Gottes  und  vor  seinen  Geboten" 
entspricht  dem  (pvlaoöcov  xal  rgsficov  rovg  Xoyovg  ovg  7jxovöag 
in  KO.  Als  weitere  Parallele  sei  hier  Acta  Pauli  et  Theclae  Cap.  6 
(ed.  Lipsius,  Acta  apostol.  apoc.  I,  239)  erwähnt,  wo  unter  den 
dem  Paulus  in  den  Mund  gelegten  Makarismen  auch  der  Satz 
vorkommt:  (laxagioL  ol  rgifiovreg  ra  Xbyia  rov  d^sov  xal  (pvX- 
Xaööovreg  avzov  zag  evroXäg,  ort  avzol  jtaQaxX7]&7]oovzai  (nach 
Cod.  M.  Vatic.  1190). 

In  III,  9:  Sei  nicht  stolz  in  deiner  Seele,  sondern  sei  stets 
demütig,  wo  Did.  und  Ap.  Const.  lesen:  ovx  vipojösig  oeavzov 
ovöe  öcoösig  rij  ^^^XV  ^^^  ^Qaöog,  geht  der  Araber  mit  dem 
Barnabasbrief  (19,  3):  ovx  '^V^o^osig  ösavzop,  £(J^  6s  zajiuvocpQmv 
xaza  jiavza. 

Die  wichtigste  Änderung  oder  besser  Abweichung  vom  her- 
kömmlichen Text  liegt  unstreitig  in  IV,  1  vor.  Hier  reden  alle 
Versionen  und  Recensionen  von  der  Ehre,  die  man  denen  schuldig 
ist,  die  das  Wort  Gottes  lehren.  Sie  versteigen  sich  dabei  z.  T. 
zu  starken  Forderungen,  z.  B.  zov  XaXovvza  001  zov  loyov  zov 
^sov  —  dyajt7'j66ig  mg  x6q7]v  otp&aXfiov  öov  —  zifi7]ö£ig  mg 
xvQLOv  —  fiv7]öü^7]07]  avzov  vvxza  xal  i^fiagav.  Diese  pleonas- 
tischen  Vorschriften  haben  etwas  Auffallendes  an  sich.  Auch 
scheint  in  einer  Version  durchzuschimmern,  dass  ursprünglich 
nicht  von  den  Lehrern,  sondern  von  der  Lehre  die  Rede  war 
(vgl.  Barn.  19,  10:  fiV7]öO^Tj07j  7)n^Qav  xgiösmg  vvxzog  xal  t]fit- 
^örg).  Unter  keinen  Umständen  darf  man  die  Abweichung  des 
Arabers  für  zufällig  oder  für  eine  absichtliche  Abschwächung 
ansehen.  Die  Einfügung  einer  Stelle,  wie  sie  der  Text  der  Di- 
dache  bietet,  in  das  Grandgesetz  der  Mönche  von  Athribis  lag 
ja  auf's  höchste  im  Interesse  der  mönchischen  Disziplin  und  der 
Autorität  des  Vorsteheramtes.  Vielmehr  bleibt  keine  andere  An- 
nahme übrig,  als  dass  die  Version,  die  A^isa  vorlag,  keinen  be- 


OQ  ^  L.  E.  Iselin, 

sonderen  Paragraphen  über  das  Anselin  der  Lehrer  hatte,  sondern 
einen  solchen  über  die  Verpflichtung  zum  Lesen  des  Gotteswortes. 
AVenn  nun  grössere  Einfachheit  auch  schon  ein  Beweis  für 
höheres  Alter  wäre,  so  würde  hier  jedenfalls  die  ursprünglichere 
Fassung  bei  dem  Araber  vorliegen.  Auch  könnte  eine  Empfeh- 
lung zum  häufigen  Gebrauch  des  Wortes  Gottes  in  einer  jüdi- 
schen Schrift  über  die  beiden  Wege  sehr  wohl  gestanden  haben 
(vgl.  Psalm  1,  2.  Sirach  6,  36).  Dagegen  reichen  die  Parallelen, 
die  man  aus  dem  Sirachbuche  (7,  30  ff.)  anführt  zur  Rechtferti- 
gung der  Forderung  im  Didachetext,  doch  lange  nicht  an  eine 
solche  Verehrung  der  Lehrer,  wie  sie  dort  als  Pflicht  aufgestellt 
wird.  Erscheint  IV,  1  als  einfach  und  ursprünglich,  so  macht 
dagegen  IV,  2  des  Ar.  den  entgegengesetzten  Eindruck.  Aller- 
dings ist  es  mehr  als  fraglich,  ob  man  bei  dem  Ausdruck  ..Rein- 
heit" sofort  an  Orthodoxie  zu  denken  hat,  und  die  Auffassung 
von  Amelineau  ist  sicher  falsch.  Reinheit  wird  vielmehr  einfach 
dem  ayioc  der  Did.  entsprechen;  auch  zeigt  die  Konstruktion 
des  Nachsatzes  im  Arabischen,  dass  im  Vordersatz  ein  Abstrak- 
tum  statt  eines  Konkretum  gebraucht  wurde.  Bei  alledem  bleibt 
doch  der  Eindruck,  dass  hier  ein  einfacherer  Text,  sei  es  durch 
den  Übersetzer,  sei  es  durch  den  Herausgeber,  etwas  verändert 
worden  ist,  und  es  ist  gerade  in  einem  solchen  Falle  sehr  zu  be- 
dauern, dass  Amel.  keine  Varianten  mitgeteilt  hat.  Dagegen  ist, 
um  das  noch  nachzuholen,  der  Passus  in  IV,  1:  ..weil  der  Herr 
an  einem  Orte  wohnet,  wo  man  seines  Namens  gedenkt",  obschon 
er  vom  Text  der  Didache  M.  abweicht,  doch  begründet  durch  die 
Fassung  in  Const.  Ap.  VH,  9:  ojtov  yüQ  ?/  jitgl  d^eov  öiöaoyM/Ja. 
exsl  6  &s6q  jiccgeöTtv. 

Während  kleine  Abweichungen  vom  gewöhnlichen  Wortlaut 
der  Did.  M.  in  IV,  6 — 7  einfach  auf  Rechnung  des  arab.  Über- 
setzers zu  schreiben  sind,  enthält  IV,  8  Arab.  eine  recht  eigen- 
tümliche Wendung.  Das  griechische:  ovx  avaOTQa(pi)ö}}  xoir 
tvötöiisvov.  övyxotrcovf'jOeig  Öh  Jicwxa  xm  döeXfpqy  öov  xal  oitc 
tQ8iQ  16 La  sirai  wird  in  der  neuen  Version  so  ausgedrückt:  Wende 
nicht  dein  Gesicht  vom  Armen  weg,  sondern  gieb  ihm  gemäss 
deinem  Vermögen,  und  geselle  dich  zu  jedem  Betrübten  und  zu 
jedem,  der  deiner  bedarf.  Die  letzte  Wendung  hat  keine  direkte 
Parallele  in  einer  andern  Version,  doch  liest  KO.  Ath.:  ..habe 
Gemeinschaft   mit  den  Armen".     Achtet  man   aber  auf  die  Be- 


Eine  bisher  unbek.  Version  d.  ersten  Teiles  d.  Apostellehre  (Didache).    21 

Schreibung  des  Weges  des  Todes  (Diel.  V,  2),  wo  es  heisst:  di^a- 
öTQ£q)6fievoL  zov  evöeofisvov,  yMxajzovovvxsg  rov  ^ZißofJtvov^ 
und  weiter  vorn:  ovx  i-Xeovvrsg  jiTwyov^  ov  jtovovvreg  tJil  xara- 
jiovovfiavqj  (cf.  Barn.  20,  2),  so  liegt  die  Annahme  doch  nahe, 
dass  in  dem  Wege  des  Lebens  nicht  bloss  das  Verhalten  gegen 
den  Armen,  sondern  auch  das  gegen  den  Unterdrückten  und  Be- 
trübten ausdrücklich  besprochen  worden  sei. 

Da,  wie  bereits  bemerkt,  eine  Parallele  zu  Did.  IV,  9 — 14 
fehlt,  ebenso  wie  in  KO  Mosq.  Syr.  Vind.,  so  schliesst  der  Weg 
des  Lebens  mit  einer  kurzen  Schlussermahnung.  Daran  reiht 
sich  die  Beschreibung  des  Weges  des  Todes,  welche  summarisch 
aber  noch  kürzer  gehalten  ist  als  in  Did.  M.  und  Barn.  Auch 
geht  hier  der  ursprüngliche  Wortlaut  der  Rede  Schnudi's  ziem- 
lich verloren,  wie  eine  Vergleichung  der  vorhandenen  Versionen 
zeigt.  Doch  entsprechen  die  Merkmale  des  Todesweges  beim 
Ar.:  Fluch,  Mord,  Plünderung,  Entführung,  Heuchelei  und  jede 
verderbliche  That,  den  griechischen  Ausdrücken:  Tcardgag  fieörrj, 
(povoL,  xXojtai,  aQjtayai.  vjioxQiosig,  jiav^afiaQTriToi,  die  sich  in 
derselben  Reihenfolge  in  Did.  M.  vorfinden.  Auch  in  den  Schluss- 
worten, die  so  gut  übersetzt  worden  sind,  als  es  der  schlimme 
arabische  Text  erlaubte,  blickt  bei  dem:  „auf  dass  nicht  Jemand 
irre  gehe",  das  ft/j  rig  0£  jtXav//ö7]  des  M.  VI,  1  durch.  Dann  aber 
hört,  mit  den  angeführten  Worten  Schnudi's,  jede  Berührung  mit 
der  Didache  plötzlich  auf. 

C.    Sekundäre  Abweichungen. 

Hier  sind  vorerst  einige  Zusätze  zu  erwähnen,  die  durch 
keine  anderen  Versionen  gestützt  sind  und  nichts  Wesentliches 
zum  Inhalte  hinzufügen,  sondern  mehr  eine  Erweiterung  und 
eine  umständlichere  Ausdrucksweise  genannt  werden  müssen. 
Sie  gehen  wohl  samt  und  sonders  auf  den  koptischen  Schrift- 
steller zurück,  welcher  die  Rede  Visa's  kopierte  und  dabei  er- 
weiterte.    Die  wichtigeren  Stellen  sind  folgende: 

I,  2.  Die  Fassung  des  Gebotes  der  Gottesliebe  in  deutlicher 
Anlehnung  an  Luk.  10,  27. 

II,  3.  „auf  dass  nicht  der  Herr  über  dich  zürne." 
II,  6.  „denn  der  Stolz  ist  verwerflich  vor  Gott." 

II,  6.  „hast  du  es  gethan,  dann  wirdihn  Gott  mehr  lieben  als  dich." 
II,  7.  „weil  sie  das  Abbild  Gottes  und  ihm  ähnlich  sind." 


22  L.  E.  Iselin, 

III,  1.  „damit  nicht  dein  Leben  verkürzt  werde  und  du  vor  der 
Zeit  sterbest",  mit  Anlehnung  an  Sprüche  10,  27  und  Sirach  30,24. 

III,  4.  „weil  Wehe,  Klage,  Angst  und  Schrecken  bei  solchen 
einkehren." 

III,  9.  „denn  durch  die  Demut  ist  David,  der  Prophet,  mehr- 
mals errettet  worden." 

IV,  1.  „er  ist  würdig  der  Huldigung  und  sein  Lob  währet  in 
Ewigkeit." 

IV,  2.  „und  an  ihren  wohlthuenden  Berichten." 
IV,  3.  „und  den  Sünder  wegen  seines  Vergehens." 
IV,  5.  „hüte  dich  solches  zu  thun." 
IV,  7.  „der  Herr  Jesus,  der  Vergeber  der  Sünden." 
Gänzlich   willkürlich   ist   endlich  die   häufige  Anredeformel: 
„0  mein  Sohn." 

Unter  dieselbe  Kategorie  von  sekundären  Abweichungen 
rechne  ich  sodann  folgende  Stellen,  welche  m.  E.  Fehler  des 
arabischen  Übersetzers  oder  Korrekturen  desselben  auf  Grund 
eines  unverstandenen  koptischen  Grundtextes  sind: 

II,  2.  „du  sollst  nicht  ein  Weib  abortieren  lassen  durch  irgend 
eine  Arznei",  wo  der  Araber  aus  den  urspr.  getrennten  Ausdrücken 
ov  (paQiiaxevöeLQ,  ov  cpovevosig  rbxvov  ev  (fd^oga  ein  einziges 
Gebot  gemacht  hat 

III,  3.  „aus  diesen  Dingen  entsteht  falsches  Zeugnis."  Der 
Araber  hatte  fior/sla  schon  vorher  erwähnt. 

III,  4.  „durch  solches  kommt  ja  der  Mensch  Gott  nicht  nahe  " 
Das  ist  eine  Umschreibung  für  das  gleichfalls  bereits  angeführte 
döcoXolaTQia  des  griechischen  Textes. 

III,  5.  „denn  von  diesen  Dingen  kommt  der  Mord  her."  Un- 
streitig ist  xXojiaL  des  Griechen  richtiger. 

III,  9.  „an  den  Reichen"  statt  (lera  vrp7]Xwv  (so  Did.  u.  Barn.); 
aber  im  Lasterverzeichnis  liest  auch  Did.:  jtXovolcoif  jtaQccxhjToi. 

Ungewisser  sind  endlich  einige  andere  Stellen. 

II,  3  fehlt  die  Parallele  zu  ov  fzvrjor/cax/ioetc,  aber  es  ist 
unsicher,  ob  dies  bei  allen  Handschriften  Amel.'s  der  Fall  war. 
Hier  könnte  ebenso  gut  eine  Nachlässigkeit  des  koptischen  Schrei- 
bers als  eine  solche  des  arabischen  Kopisten,  ja  selbst  des  fran- 
zösischen Herausgebers  vorliegen;  denn  das  unmittelbar  darauf 
folgende:  „und  hüte  dich"  in  Arab.  II,  4,  ist  jedenfalls  nicht  irgend 
eine  Entstellung  eines  anderen  Wortes,  weil  auch  die  Athanasius- 


Eine  bisher  unbek.  Version  d.  ersten  Teiles  d.  Apostellehre  (Didache).    23 

Versionen  schreiben  (837  A.  1639  D):  g)vXaTTSO0-al  rs  p]  elvai 
ölZoyov. 

II,  1  ist  die  numerische  Aufzählung  der  Gebote  angefangen, 
aber  sie  wird  nicht  fortgeführt.  Im  Koptischen  und  so  auch  in 
der  arabischen  Übersetzung  wird  immer  bloss  mit  „und"  verbunden. 

IV,  4  ist  das  schwerverständliche  ov  öi^pvx^jöeig  jiotbqov 
förac  rj  ov  weggelassen  wie  in  KO  Mosq. 

IV,  5  ist  der  Arab.  formell  abhängig  von  Sirach  4,  31. 

In  diesen  letzten  Fällen  kann  ebensowohl  der  koptische  Uber- 
arbeiter  der  ursprünglichen  Lobrede  Visa's  wie  der  arabische 
Übersetzer  sich  Freiheiten  gestattet  haben. 

4.   Ergebnis. 

Auch  wenn  man  den  umstand,  dass  bloss  eine  Superversion 
aus  verhältnismässig  später  Zeit  vorliegt,  durchaus  in  den  Vorder- 
grund stellen  will,  so  bleibt  doch  der  grosse  Wert  dieser  neuen 
Version  für  die  Geschichte  und  Kenntniss  der  Apostellehre  und 
der  damit  verwandten  Literatur  bestehen.  Sie  ist  das  erste  Bei- 
spiel für  die  Selbständigkeit  der  Schrift  von  den  beiden  Wegen, 
wobei  auch  der  Weg  des  Todes  mit  eingeschlossen  ist.  Sie  be- 
weist aufs  neue,  dass  die  Version  dieser  Schrift  in  der  Didache 
M.  nicht  eine  primäre  ist.  Sie  spricht  für  die  grössere  Origi- 
nalität der  kürzeren  Versionen  der  Kirchenordnung  besonders  für 
die  Form  des  Cod.  Mosq.  Sie  enthält  einen  selbständigen,  man- 
nigfach ursprünglichen  Text.  Sie  hat  mehr  noch  als  die  anderen 
Versionen  jüdische  Färbung.  Sie  bezeugt  auf's  neue,  dass  das 
Vaterland  dieser  Literatur  Ägypten  ist. 

Zusätze. 

1.    Anklänge  an  die  Petrusapokalypse. 

Vita  Schnudi   arab.  p.  331: 

„Und  unser  Vater,  der  Heilige,  war  ein  Prophet,  der  unter 
seiner  Hand  2200  Mönche  und  1800  Nonnen  hatte,  ohne  die 
Novizen  und  die  Diener  mitzuzählen,  und  unser  Vater  pflegte 
für  sie  alle  zu  beten,  dass  nicht  eine  Seele  verloren  gehe,  denn 
alle  seine  Sorge  ging  darauf  aus,  Fürbitte  zu  thun  für  die 
Seelen  der  Menschen.  Darnach  kam  der  Engel  des  Herrn  zu 
ihm  und  nahm  ihn  bei  seiner  rechten  Hand  mitten  in  der  Nacht 
und  gieng  mit  ihm  hinweg,  um  ihm  alle  Züchtigungen  zu  zeigen 


24  L-  E.  Iselin, 

und  den  Ort,  wo  man  sie  erduldet.  Und  als  der  Engel  ihn  diese 
Orte  durchlaufen  liess,  sah  er  dort  unten  Jungfrauen,  welche 
man  züchtigte  und  er  sprach:  Was  ist  ihr  Vergehen?  Warum 
sind  sie  in  diesem  grossen  und  unauslöschlichen  Feuer?  Und 
man  erzählte  ihm  und  sagte  ihm:  Sie  sind  jungfräulichen  Leibes, 
aber  ihre  Zungen  waren  spitzige  und  zweischneidige  Schwerter. 
Sie  durchstreiften  alle  Orte  und  raubten  den  Menschen  ihren 
guten  Namen  durch  jede  Art  von  Verleumdungen  [p.  332],  da- 
rum, wegen  ihrer  Zungen,  peinigt  man  sie." 

Die  Fortsetzung  kann  man  in  der  hier  ziemlich  genauen  franzö- 
sischen Übersetzung  p.  332 — 333  finden  und  hierzu  die  kleine  Aus- 
gabe p.  147  vergleichen.  Man  sieht  daraus,  dass  der  Verfasser 
die  Petrusapokalypse  kennt,  wenn  er  sie  auch  nicht  wörtlich  zitiert 
und,  wie  es  eben  seine  Gewohnheit  ist,  absichtlich  verschweigt, 
woher  er  seine  Kenntnisse  hat,  da  es  ihm  ja  darauf  ankommt, 
seine  eigene  Person  in  einem  möglichst  wunderbaren  Lichte  zu 
zeigen.  Aehnlicher  Art  ist  eine  andere  Stelle  im  arabischen 
Text  p.  396,  wozu  man  die  koptische  Version  p.  48  vergleichen 
möge : 

„Und  einmal  ersaun  gegen  meinen  Vater  eine  Lüge  ein 
götzendienerischer  und  sehr  heuchlerischer  Mann,  dessen  Name 
Casius  war,  und  er  trat  mehrere  Male  gegen  den  Herrn  Christum 
auf.  Aber  mein  Vater  verbot  es  und  sagte  ihm:  „Deine  Zunge 
wird  an  deiner  grossen  Zehe  angebunden  werden  tief  unten  in 
der  Totenwelt".  Darauf  legte  sich  dieser  Heuchler  hin  [starb] 
und  der  Heilige  bezeugte  uns:  .,Wahrlich,  ich  habe  ihn  in  der 
Totenwelt  gesehen,  wie  seine  Zunge  an  seine  grosse  Zehe  au- 
gebunden  war  und  er  sich  in  gar  schwerer  Pein  befand,  indem 
man  ihn  ohne  Erbarmen  züchtigte." 

Die  Berührung  mit  Ap.  Petri  22  (ed.  A.  Harnack  1893)  ist 
unverkennbar,  obschon  auch  hier  keinerlei  Zitat  vorliegt.  Man 
beachte  auch  die  Parallele  für  die  Strafe  der  Lästerer  in  Pistis 
Sophia,  p.  3S0,  385  (ed.  Scliwartze).  Weitere  Parallelen  zu  dieser 
wie  zu  anderen  Stellen  der  Ap.  Petri  werde  ich  bei  anderer  Ge- 
legenheit nachweisen.  Nocb  allgemeinerer  Art  sind  gelegent- 
liche Schilderungen  vom  Zustand  der  Seligen  und  Verdammten 
in  Vita  Schnudi  arab.  p.  347: 

„Was  das  Kennzeichen  der  Sünder  betrifft,    so  werden  ihre 


Eine  bisher  unbek.  Version  d.  ersten  Teiles  d.  Apostellehre  (Didache).    25 

Leiber  die  Farbe  des  schwarzen  Kotes  ^)  haben  und  der  Gestank 
ihrer  Sünden  wird  sich  weit  verbreiten.  Was  die  Wahrhaftigen 
anlangt,  so  werden  ihre  ^Gesichter  glänzen  wie-  die  Sonne  im 
Königreich  ihres  Vaters  und  der  Duft  ihres  Wohlgeruches  wird 
sich  weit  verbreiten  wegen  ihrer  frommen  Thaten.  Ihrer  werden 
sich  die  Engel  freuen  und  werden  sie  mit  herrlichen  Gewändern 
bekleiden. 

Hier  wmrde  man  überhaupt  von  einer  Beziehung  auf  die 
PetrusofPenbarung  absehen,  würden  nicht  die  vorher  angeführten 
Stellen  dafür  sprechen  und  wäre  nicht  eben  das  Papyrusfragment, 
welches  diese  Apokalypse  enthält,  in  nächster  Nähe  von  Athribis 
nämlich  in  Akhmim  gefunden  worden.  Der  oben  erwähnte 
Casius  p.  396  oder  Gesios,  wie  er  im  koptischen  Texte  heisst 
(p.  48.  p.  66.  Vgl.  kleine  Ausgabe  p.  309  ff-,  p.  327  f.),  war  das 
Haupt  der  heidnischen  Bevölkerung  in  Akhmim.  Eine  Ab- 
hängigkeit dieser  Vorstellungen  über  den  Zustand  des  Jenseits 
von  den  Angaben  in  Ap.  Petri  7 — 17.  21  ist  darum  höchst 
wahrscheinlich.  Immerhin  bleibt  die  Ausbeute  für  die  Kenntniss 
dieser  jüngst  erst  entdeckten  und  immer  noch  in  unvollständiger 
Form  bekannten  Apokalypse  eine  geringe.  Die  eigentliche  um- 
fangreiche in  der  Vita  Schnudi  (gr.  Ausg.  p.  340 — 346,  cf.  introd. 
Lin — LVI)  enthaltene  Apokalypse,  von  der  sich  Krüger  viel  ver- 
sprochen hatte  ^),  hat  mit  der  Petrusoffenbarung  nichts  gemein; 
sie  geht  an  einigen  Stellen  auf  die  koptische  Apokalypse  des 
Sophonias  zurück,  ist  aber  im  ganzen  eine  selbständig  kompo- 
nierte Arbeit  mit  Bezug  auf  die  Verhältnisse  Aegyptens  im 
VII.  Jahrhundert. 

2.  Ein  bisher  unbekannter  Ausspruch  Jesu  über 
Petrus. 

[Am.  p.  312  Text,  arab.]  „Sodann  setzte  er  [Schnudi]  auch 
eine  Rede  auf  voll  von  Worten  des  Tadels,  der  Traurigkeit  und 
der  Zerknirschung  über  die  Zeit  des  Todes  und  des  Abscheidens 
der  Menschen.  Daraus  zogen  viele  Leute  Nutzen,  aber  die  Un- 
o'läubiscen  zweifelten  und  erkannten  Gott  nicht.  Dies  kam  nun 
vor  die  Leute  zu  Alexandria;  da  nahmen  sie   die   Rede,  nämlich 


1)  Amelineau:  gäte,  in  der  kl.  Ausg.  unrichtig :  de  la  couleur  du  Messie 
noir  (p.  236);  arab.  el-masih,  also  „was  abgewischt  wird",  „Schweiss",  aber 
wegen  der  Beifügung  am  ehesten  „Kot". 

2)  Th.  Lit.-Zeit.  1889  p.  33. 


2(^  L.  E.  Iselin, 

das  Wort  unseres  Vaters,  des  Heiligen,  und  zogen  damit  vor  die 
Leiber  der  Apostel  Petrus  und  Paulus  nacli  Rom.  denn  der  Herr 
Christus  hat  [zu  Petrus]  gesagt:  „Wahrlich  dein  Auge  wird 
in  Ewigkeit  nie  geschlossen  werden  für  das  Licht 
dieser  Welt"  [p.  313].  Und  jenes  geschah,  wie  unser  Herr 
Jesus  Christus  verheissen  hatte.  Darum  hatten  sie  seinen  Körper 
ganz  verhüllt,  ausgenommen  sein  Antlitz,  und  so  blieb  es,  wie 
der  Herr  gesagt  hatte.  Als  sie  nun  das  Buch  an  die  Leichname 
der  reinen  Apostel  herangebracht  hatten,  streckte  der  Apostel 
seine  Hand  aus  den  Leichentüchern  heraus,  nahm  es,  küsste  es 
dreimal  und  sprach:  „Sei  gegrüsst  bei  deiner  heutigen  Ankunft 
hieher,  o  unser  Freund,  du  Lehrer  und  reiner  Apostel!  Der 
Lehrer  Paulus  ist  der  dreizehnte  Jünger  geworden  und  du  also 
der  vierzehnte.  Du  wirst  sitzen  und  richten  deine  Söhne,  die 
Mönche,  weil  dich  die  Heiligen  dazu  eingesetzt  und  dich  dessen 
würdig  erachtet  haben".  Als  nun  die  Leute  dies  gehört  und 
Gott  gepriesen  hatten  über  das,  was  der  reine  Apostel  gesprochen, 
über  die  Lehren  des  heiligen  Vaters,  siehe  da  priesen  viele  von 
den  Rechtgläubigen  Gott  und  seinen  Heiligen  um  deswillen,  was 
sie  als  Zeugen  gesehen  hatten  und  was  in  der  grossen  Stadt  Rom 
geschehen  war." 

Dieses  nicht  uninteressante  Agraphon  —  ein  petrinisches 
Seitenstück  zu  Joh.  21,  23  —  lässt  sich  sonst  nirgends  nach- 
weisen. Es  ist  daher  nichts  als  eine  Vermutung,  dass  es  dem 
Evangelium  der  Aegypter  entnommen  sein  könnte.  Da  indessen 
in  diesem  Agraphon  gerade  ein  apokryphes  Wort  an  Petrus  er- 
halten ist  und,  wie  schon  oben  bemerkt,  Akhmim  die  Fund- 
stätte der  Bruchstücke  des  Evangeliums  und  der  Apokalypse  des 
Petrus,  unweit  vom  eigentlichen  Schauplatze  der  Thätigkeit 
Schnudi's  und  Visa's  ist,  so  liegt  die  Annahme  noch  näher,  diese 
Tradition  sei  dem  alten  Petrusevangelium  entnommen. 

3.  Die  Beiträge  zur  Legende  über  das  Leben  des 
Herrn. 

a.  [p.  333].  „Und  es  sprach  der  Erlöser  [in  der  Vision]  zu 
unserm  Vater,  dem  Wahrhaftigen:  ,.Belehre  deine  Kinder,  die 
Nonnen  und  die  Übrigen,  dass  sie  nicht  einen  solchen  Weg  zu 
solchem  verderblichen  Leiden  wandeln".  Da  sprach  der  Wahr- 
haftige: ,Jch  habe  die  Entscheidung  getroffen,  o  Herr,  dass  meine 
Kinder  Jerusalem  besuchen,  dass  sie  vor  deinem  heiligen  Kreuz 


Eine  bisher  unbek.  Version  d.  ersten  Teiles  d.  Apostellehre  (Didache).    27 

niederfallen  und  am  Orte  der  Spuren  deiner  Füsse,  auf  dass 
sie  sich  reinigen*'. 

Hierzu  vergleiche  man,  was  A.  Resch  in  seinen  Agrapha 
(Texte  u.  Unters.  V,  4)  S.  458  aus  einem  Bericht  des  XV.  Jahr- 
hunderts über  die  angeblichen  Spuren  der  Füsse  Jesu  in  einem 
Pflasterstein  im  Chor  der  Kirche  des  heiligen  Grabes  mitteilt. 

b.  [p.  468].  Da  antwortete  ihm  der  Herr,  der  Erlöser:  „Heil 
dir,  o  mein  Auserwählter  Schnudi,  dir  wird  Glück  widerfahren. 
Wie  lange  hat  es  gedauert,  dass  du  von  Schmerz  zerrissen  wärest 
um  meinetwillen  und  meines  Kleides  willen,  so  wie  auch  [zer- 
rissen war]  meine  Tunica,  über  welche  die  Juden  das 
Loos  geworfen  und  einen  Teil  davon  unter  sich  geteilt 
haben,  während  sich  ein  solcher  [anderer  Teil]  samt  anderen 
Kostbarkeiten  in  den  Schätzen  der  Könige  befindet.  Zuletzt  aber 
werden  sie  ^)  sich  zeigen  in  der  Stadt  Akhmim.  Dann,  wenn  du 
dich  zur  [letzten]  Ruhe  gelegt  hast,  wird  in  Wahrheit  ein  Engel 
vor  deinem  Kinde  Visa  hergehen,  wird  sie  ihm  zeigen  und  sie  zu 
deinem  Leichnam  bringen,   um  dir  Ehre  zu   erweisen  auf  ewig". 

Aus  dem  Zusammenhange  ergiebt  sich  das  Verständniss  dieser 
seltsamen  Stelle.  Schnudi  ist  sterbenskrank  und  der  Erlöser  er- 
scheint ihm  und  unterhält  sich  mit  ihm  an  seinem  Lager.  Er 
hatte  den  Wunsch  ausgesprochen,  noch  das  Konzil  in  Chalcedon 
besuchen  zu  dürfen,  aber  der  Herr  erklärt  ihm,  auch  dort 
werde  sein  Name  gelästert  wie  einst  Arius  gethan  habe.  Damals 
sei  er,  der  Erlöser,  dem  Patriarchen  Petrus  von  Alexandria,  dem 
letzten  Märtyrer  erschienen:  „mein  Kleid  war  zerrissen  und  die 
zwei  Teile  desselben  hielt  ich  zusammen  um  meine  Blosse  zu 
bedecken.  Mein  treuer  Diener  Petrus  fragte  mich:  Wer  hat  dein 
Kleid  zerrissen,  o  mein  Herr?  Und  ich  sprach  zu  ihm:  Arius 
hat  es  zerrissen,  indem  er  mich  vom  Vater  und  vom  heiligen 
Geiste  weggerissen  hat."  —  Schnudi  als  strenger  Monophysite 
drückt  darauf  seine  heftige  Entrüstung  aus.  Gewissermassen  als 
Lohn  und  als  Sinnbild  seiner  Rechtgläubigkeit  sollen  nun  an 
seinem  Leichnam  durch  Engelshände  die  zwei  Teile  des  zer- 
rissenen Rockes  Christi  wiedervereinigt  werden.  Dass  der  Leich- 
nam geradezu  darein  eingewickelt  werden  soll,  wie  Amelineau 
übersetzt,   steht  nicht  im  Text.     Hieraus  ergiebt  sich,  was  ge- 


1)  Vermutlich  beide  Teile  der  Tunica. 


28  L.  E.  Iselin, 

meint  ist  unter  dem  Ausdruck  oben:  „dass  du  von  Schmerz  zer- 
rissen wärest  um  meinetwillen  und  meines  Kleides  willen." 
Für  unseren  Zweck  ist  folgendes  zu  beachten: 
Über  den  Rock  des  Herrn  existierte  in  der  Umgebung 
Schnudi's  eine  Lokalsage,  dass  der  Rock  Jesu  nach  Akhmim 
gekommen  sei,  was  sonst  nirgends  berichtet  wird.  Eine  andere 
Legende,  wonach  ein  Teil  des  Kleides  ,,in  den  Schätzen  der 
Könige'"  sich  befinde,  ist  auch  anderweitig  bezeugt,  denn  aus 
dem  syrischen  Buch  der  „Schatzhöhle"  (ed.  Bezold  18S3,  S.  65) 
erfährt  man,  dass  der  Rock  des  Herrn  an  den  „König  Tiberius" 
gekommen  sei.  Wichtiger  als  dies  ist  jedoch  die  hier  zu  Grunde 
liegende  Version  der  Passionsj]feschichte.  Ausdrücklich  werden 
die  Juden,  nicht  die  Kriegsknechte,  genannt,  die  den  Rock  des 
Herrn  verlosen,  und  ebenso  deutlich  w^ird  erwähnt,  dass  er  in 
zwei  Teile  zerrissen  worden  sei.  Das  steht  in  Widerspruch  mit 
dem  kanonischen  Bericht  über  die  Kleider  und  den  ungenähten 
Rock,  stimmt  aber  mit  der  Relation  des  Petrusevangeliums,  wo 
es 'einfach  heisst  v.  12:  xa\  re&tixoTeg  [sc.  oc  lovöalot  cf.  v.  1] 
T«  evöviiara  'ifiJtQOO^^^ev  avrov  öisfjeQioavro  y.al  /.ayjiov  IßaXor 
hjt  avTOlg  (Vgl.  Harnack,  Bruchstücke  des  Evangeliums  und  der 
Apokalypse  des  Petrus  1893  S.  9). 

c.  Schliesslich  sei  noch  auf  eine  Legende  über  den  Auf- 
enthalt der  Maria  und  des  Jesuskindes  in  Aschmunein  *) 
aufmerksam  gemacht,  wo  schon  das  kleine  Christuskind  seine 
Gottheit  durch  vielfältige  Heilangswunder  beweist.  Der  koptische 
Text  findet  sich  auf  Seite  80,  der  arabische  auf  Seite  438  der 
Vita  Schnudi.  Zu  letzterem  geben  wir  hier  die  Übersetzung, 
da  sie  bei  Amelineau  unvollständig  ist  und  die  Stelle  überhaupt 
für  das  Lebensbild  Schnudi's  typisch  ist. 

[p.  437J.  „Einmal  wanderte  mein  Vater  mit  dem  Erlöser  durch 
die  Wüste.  Da  fand  er  das  faulende  Gerippe  eines  Mannes,  das 
in  die  Erde  geworfen  war  bei  einem  Berge-).  Da  warf  sich 
mein  Vater  vor  dem  Herrn  nieder  und  sprach :  „Es  sind  nun 
viele  Jahre  her,  dass  ich  bei  diesem  daliegenden  Toten  vorbei- 
gehe   und    den   wahren    Grund  seiner   Lage   nicht    kenne".     Da 


1)  Aschmunein,  in  der  kopt.  Version  8cbmun.  liegt  nördlich  von  Asiut, 
gegenüber  von  Melawi-el-Ariscli  und  ist  das  alte  Hermopofis  Magna,  jetzt 
Kschmun. 

2)  Der  aral).  Text  ist  nach  dem  koptischen    durch   Amel.  korrigiert. 


Eine  bisher  unbek.  Version  d.  ersten  Teiles  d.  Apostellehre  (Didache).    29 

erweckte  der  Herr  den  Toten  wie  einen,  der  aus  dem  Schlafe 
erwacht.  Der  warf  sich  vor  dem  Erlöser  nieder  und  er  sprach 
zu  ihm:  „Erzähle  alles,  was  dir  geschehen  ist,  meinem  Auser- 
wählten Schnudi".  Es  antwortete  der  Tote  und  sprach:  „Siehe, 
ich  war  ein  Mann  von  den  Bewohnern  Asiut's,  ein  Glasarbeiter; 
mit  meinen  Genossen  betrieb  ich  diesen  Beruf.  Da  machten 
wir  uns  auf  und  wanderten  aufwärts  in  der  Richtung  nach  Süden 
und  kamen  in  die  Landschaft  Akhmim,  um  darin  zu  bleiben  und 
daselbst  unserer  Beschäftigung  nachzugehen.  Und  nach  wenigen 
Tagen  wurde  mein  Leib  angegriffen  und  die  Krankheit  nahm 
an  mir  zu,  während  ich  mit  ihnen  zusammen  war,  und  das  Un- 
vermeidliche wurde  über  ihn  [den  Leib]  verhängt.  Da  warfen 
sie  mich  unter  diese  Scherben  und  gingen  ihres  Wegs,  weil 
ich  unter  ihnen  keinen  leiblichen  Verwandten  hatte".  Da  sprach 
mein  Vater  zu  ihm:  „Glaubst  du,  dass  der  Erlöser  ist  zur  Welt 
gekommen  in  jener  Zeit?"  Es  antwortete  der  Glaser  und  sprach: 
„Ja  es  ist  zu  uns  ein  Bericht  gelangt  von  den  Vorübergehenden, 
dass  ein  Weib  nach  Aschmunein  hereingekommen  ist, 
an  ihrem  Busen  ein  kleines  Kind,  und  so  oft  jenes 
Kind  zu  Jemand  sprach,  ging  es  in  Erfüllung  und  erwies 
sich  als  richtig,  und  man  hat  uns  berichtet,  dass  es  die 
Toten  auferweckte,  die  Gelähmten  aufstehen  machte, 
die  Ohren  der  Tauben  öffnete,  den  Stummen  reden 
Hess  und  die  Augen  der  Blinden  öffnete.  Als  ich  nun 
dies  gehört  hatte,  entschloss  ich  mich  in  meinem  Herzen,  ein 
Schiff  zu  besteigen  und  nach  Norden  zu  reisen  und  ihn  anzu- 
beten, da  hielten  mich  aber  die  Sorgen  dieser  eiteln  Welt  zu- 
rück". Darauf  nun  warf  er  sich  vor  dem  Erlöser  nieder  und 
sprach:  „Dass  mich  dein  Erbarmen  erreichen  möchte,  o  Herr, 
und  dass  du  ihm  nicht  mehr  erlauben  möchtest,  mich  in  die 
Strafe  zu  werfen!"'  Ferner:  „Wehe  mir!  Warum  denn  wurde 
mir  nicht  der  Leib  meiner  Mutter  zum  Grab,  bevor  ich  in  diese 
schmerzliche  Strafe  fiel?"  Da  erbarmte  sich  der  Herr  über  ihn 
und  sprach  zu  ihm:  „Nachdem  du  mich  und  meinen  Knecht 
Schnudi  gesehen  hast,  so  wirst  du  Ruhe  und  Ausruhen  finden 
bis  zum  Tage  des  gerechten  Gerichts".  Da  schlief  der  Tote 
wieder  ein  und  wurde  wie  zuvor.  Und  der  Herr^  der  Erlöser, 
wanderte  mit  meinem  Vater,  bis  er  zu  seiner  Wohnung  gelangte, 
welche  in  der  Wüste  liegt,  indem  sie  sich  über  grosse  Geheim- 


30       L.  E.  Iselin,  Eine  Version  cl.  1,  Teiles  d.  Apostellehre  (Didache). 

nisse  besprachen.    Darauf  stieg  der  Erlöser  zum  Hiromel  empor, 
während  ihn  die  Engel  priesen." 

Zu  diesem  Legendenstoff  vergleiche  man  das  arabische  Evan- 
gelium infantiae  Salvatoris  Cap.  XI — XXV  (bei  Tischendorf, 
Evang.  apocr.  ed.  IL  lS76j  und  das  Evangelium  Pseudo-Matthaei 
Cap.  XXll  in  der  Version  des  Codex  D  (bei  Tischendorf  1.  c), 
ausserdem  die  Bemerkungen  bei  Thilo,  Codex  apocryphus  N. 
Testamenti  1832  p.  XXX VII.  f.  Amelineau  verweist  auch  auf 
eine  koptische  Rede  des  Theophilus  von  Alexandria  über  den 
Besuch  der  h.  Familie  in  Moharraq.  Aber  auch  Salomon  von 
Bassora  weiss  in  seinem  ,.Buch  der  Biene"  (ed.  Budge.  Kap.  40j 
vom  Einzug  der  Maria  und  des  Kindes  in  der  Stadt  Hermopolis 
zu  erzählen. 


Druck  von  August  Pries  in  Leipzig 


VI, 

4. 

VII, 

1. 

VII, 

2. 

VII, 

3/4 

VIII, 

1/2 

VIII, 

3. 

VIII, 

4. 

A^erlag  der  J.  C.  HINRICHS'schen  Buchhandlung  in  Leipzig. 

Band  I— V,  3  auf  Seite  II  des  Umschlages. 
V,  4.     Ägrapha.  Aussercauouische  Evaiigelieufragmente,  gesammelt  u.  untersucht 
von  Alfred  Resch.  ~  Anhang:   Das  Evangelien fragment  von   Fajjum  von 
Adolf  Harnack.    XII,  520  S.    1889.  M.  17  — 

VI,  1.  Die  Textüberlieferuug  der  Bücher  des  Origenes  gegen  Celsus  in  den  Hand- 
schriften dieses  Werkes  und  der  Philokalia.  Prolegomena  zu  einer 
kritischen  Ausgabe  von  Paul  Kötschau.  YII,  157  S.  u.  i  Tafel.  1889.  M.  5.50 
VI,  2.  Der  Paulinismus  des  Irenaeus.  Eine  kirchen- und  dogmengeschichtliche  Unter- 
suchung über  das  Terhältnis  des  Irenaeus  zu  der  Paulinischen  Briefsammlung 
und  Theologie  von  Jobs.  Werner.    V,  218  S.    1889.  M.  7 — 

VI,  3.     Die  gnostischen  Quellen  Hippolyts  in  seiner  Hauptschrift  gegen  die  Häretiker 
von  Hans  Staehelin. 
Sieben  neue  Bruchstücke  der  Syllogismen  des  Apelles.  —  Die  Gwynn'schen 
Caius-  und  Hippolvtus-Fragmente.  Zwei  Abhandlungen  von  Adolf  Harnack. 

III,  133  S.  1890.  -  M.  4.50 
Die  ältesten  Quellen  des  orientalischen  Kirchenrechts.    1.  Buch: 

Die  Canones  Hippolyti  von  Hans  Achelis.    VIII,  295  S.    1891.  M.  9.50 

Die  Johann  es- Apokalypse.  Text  kritische  Untersuchungen  u.  Textherstellung 
von  Bernh.  Weiss.    VI,  225  S.    1891.  M.  7 — 

üeber  das  gnostischeBuch  Pistis-Sophia. — Brod  u.  Wasser:  die  eucharistischen 
Elemente  bei  Justin.  2  üntersuchgn.  von  Adolf  Harnack.  IV,  144  S.  1890.  M.4.50 

Apollinarios  von  Laodicea.  Sein  Leben  u.  seine  Schriften.  Nebst  e.  An- 
hang: Apolliuarii  Laodiceni  quae  supersunt  dogmatica.  Von  Jobs.  Dräseke. 
XIV,  494  S.     1892.  M.  16 — 

Gnostische  Schriften  in  koptischer  Sprache  aus  dem  Codex  Brucianus  heraus- 
gegeben, übersetzt  u.  bearbeitet  von  Carl  Schmidt.  XII,  692  S.  1893.    M.  22  — 

Die  katholischen  Briefe.  Textkritische  Untersuchungen  und  Textherstellung 
von  Bernh.  Weiss,    VI,  230  S.    1892.  M.  7.50 

Die  griechische  Übersetzung  des  Apologeticus  TertuUians.  —  Medicinisches 

aus    der    ältesten  Kirchengeschichte.    —   Zwei  Abhandlungen  von  Adolf 

Harnack.    III,  152  S.    1892.  M.  5  — 

IX,  1.     Untersuchungen  über  die  Edessenische  Chronik.    Mit  dem  syrischen  Text 

und  einer  Übersetzung  herausgegeben  von  Ludwig  Hatlier.    VI,  170  S. 

Die  Apologie  des  Aristides.  Aus  dem  Syrischen  übersetzt  und  mit  Beiträgen 
zur  Textvergleichung  und  Anmerkungen  herausgegeben  von  Richard  Raabe. 

IV,  97  S.  1892.  M.  8.50 
Bruchstücke  des  Evangeliums  und  der  Apokalypse  des  Petrus  von  Adolf 

Harpack.  Zweite  verbesserte  u.  erweiterte  Aufl.  VIII  u.  98  S.  1893.  M.  2  — 
Die  Apostelgescliichte.    Textkritische  Untersuchungen  und  Textherstellung 

von  Bernh.  Weiss.    313  S.     1893.  M.  10  — 

Aussercanouische  Paralleltexte  zu  den  Evangelien  gesammelt  u.  untersucht 

von  Alfred  Resch. 

1.  Textkritische  u.  quellenkritische  Grundlegungen.  VII,  160  S.  1893.  M.  5  — 

2.  Paralleltexte  zu  Matthäus  und  Marcus.    VIII,  456  S.    1894.    X.     M.  14.50 
Das  Kerygma  Petri.  Kritisch  untersucht  von  Ernst  von  Dobschütz.  VII.  162  S. 

1893.  M.  5  — 

Acta  SS.  Nerei  et  Achillei.  Text  u.  Untersuchung  von  Hans  Achelis.   IV,  70  S. 

1893.  M.  3  — 
Das  ludulgenz-Edict  des  römischen  Bischofs  Kaliist  kritisch  untersucht  und 

reconstruiert  von  Ernst  RolfFs.    VIII,  139  S.    1893.  M.  4.50 

Textkritische  Studien  zum  Neuen  Testament  von  Wilhelm  Bousset.     VIÖ, 

144  S.     1894.  M.  4.50 

Der  Chronograph  aus  dem  zehnten  Jahre  Antonius.    Von  Adolf  Schlatter. 

IV,.  94  S. 
ZurÜberlieferungsgeschichte  der  altchristlichen  Litteratur.  VonAdolf  Harnack. 

32  S.     1894.  M.  4  — 

Tertullian's  Gegen  die  Juden  auf  Einheit,  Echtheit,  Entstehung  geprüft  von 

E.  Noeidechen.    IV,  92  S 
Die  Predigt  und  das  Brieffragment  des  Aristides  auf  ihre  Echtheit  unter- 
sucht von  Paui  Pape.    36  S.    1894.  M.  4  — 
Ignatius  von  Antiochien  als  Christ  und  Theologe.    Eine  dogmengesehicht- 

liche  Untersuchung  von  Eduard  Freiherrn  von  der  Goltz.    X,  206  S. 
Griechische  Excerpte  aus  Homilien  des  Origenes  von  Erich  Klostermann.  14  S. 

1894.  M.  7.50 
Urkunden    aus    dem    antimontanistischen  Kampfe    des  Abendlandes.    Eine 

quellenkritische  Untersuchung  von  Ernst  Rolffs.    VII,  167  S.    1895. 
Zur  Abercius-Inschrift  von  Adolf  Harnack.  28  S.    1885.  M.  6.50 

Eine  bisher  nicht  erkannte  Schrift  des  Papstes  Sixtus  II.  vom  Jahre  257 '8. 

Zur  Peti'usapokalypse ,  Patristisches  zu  Luc.  16,  19.    Von  Adolf  Harnack. 

78  S.     1895. 
Eine  bisher  unbekannte  Version  des  ersten  Teiles  der  Apostellehre  (Didache). 

Gefunden  und  besprochen  von  L.  E.  Iselin  in  Riehen.  Übersetzt  von  A.  Heusler 

in  Basel.    80  S.    1895.  M.  3.50 


IX, 

2. 

IX, 

3/4 

X. 

XI, 

1. 

XI, 

2. 

XI, 

3. 

XI, 

4. 

XII, 

1. 

XII, 

2. 

XII, 

3. 

xn. 

4. 

XIII, 

1. 

TEXTE  UND  UNTERSUCHUNGEN 

ZUR  GESCHICHTE  DER 

ALTCHRISTLICHEN  LITERATUR 

HERAUSGEGEBEN  VON  li 

OSCAR  VON  &EBHAIIDT  und  ADOLF  HAMACK 

xni.  ba:n^d,  heft  i 

ÜBER  EINE  BISHER  NICHT  ERKAT^NTE  SCHRIFT 

DES 

PAPSTES  SIXTUS  IL 

VON 

ADOLF  HARNACK. 


EINE  BISHER  UNBEKANNTE  VERSION 
DES 

ERSTEN  TEILES  DER  „APOSTELLEHRE" 

GEFUNDEN  UND  BESPROCHEN  VON 

L.  E.  ISELIN 

IN  RIEHEN. 
ÜBERSETZT  VON  A.  HEUSLER  IN  BASEL. 


LEIPZIG 

J.  C.  HINRICHS'SCHE  BUCHHANDLUNG 

1895 


•^FAAMOI  20A0MSiNT02 


;  { 


DIE 


PSALMEN  SALOMO'S 


ZUM  ERSTEN  MALE 


MIT  BENUTZUNG  DER  ATHOSHANDSCHRIFTEN 


UND  DES  CODEX  CASANATENSIS 


HERAUSGEGEBEN 


VON 


OSCAR  VON  GEBHARDT 


LEIPZIG 

J.  C.  HINRICHS'SCHE  BUCHHANDLUNG 

1895 


Verlag  der  J.  C.  HINRICHS'schen  Buchhandlung  in  Leipzig. 

Texte  und  Untersuchungen  zur  Geschichte  der 

Altchristlichen  Literatur 

herausgegeben  von  Oscar  von  Oebhardt  und  Adolf  Harnack. 

I-III.  IV  1/3.  V— IX.  X  1/2.  XI  XII  XIII  1/3  M.  290  - 

I,  1/2.  Die  Überlieferung  der  griechischen  Apologeten  des  zweiten  Jahrhunderts  in 
der  alten  Kirche  und  im  Mittelalter,  von  Adolf  Harnack.    VIII,  300  S.  1882. 

M.  9  — 

I,  3.     Die  Altercatio  Simonis  ludaei  et  Theophili  Christiani  nebst  Untersuchungen 

über  die  antijüdische  Polemik  in  der  alten  Kirche,  von  Adolf  Harnack. 

Die  Acta  Archelai  und  das  Diatessaron  Tatians,  von  Adolf  Harnack. 

Zur   handschriftlichen   Überlieferung   der   griechischen   Apologeten.    I.    Der 

Arethascodex,  Paris.  Gr.  451,  von  Oscar  v.  Qebhardt.  III,  196  S.    1883.  M.  6 — 

I,  4.     Die  Evangelien  des  Matthäus  und  des  Marcus    aus    dem  Codex  purpureus 

Bossanensis,  herausgegeben  von  Oscar  v.  Gebhardt. 
Der   angebliche  Evangelieiicommentar    des  Theophilus  von  Antiochien,  von 
Adolf  Harnack.    LIV,  176  S.     1883.  M.  7.50 

II,  1/2.  Lehre  der  zwölf  Apostel,  nebst  Untersuchungen  zur  ältesten  Geschichte  der 
Kirchenverfassung  und  des  Kirchenrechts  von  Adolf  Harnack.  Nebst  einem 
Anhang:  Ein  übersehenes  Fragment  der  Jtfiaxn  in  alter  lateinischer  Über- 
setzung. Mitgetheilt  von  Oscar  v,  Gebhardt.  70  u.  294  S.   1884.  M.  lO  — 

II,  3.     Die  Oflenbarung  Johannis,    eine  jüdische  Apokalypse  in   christlicher   Be- 

arbeitung, von  Eberh.  Vischer.  Mit  Nachwort  von  Adolf  Harnack.  137  S.  1886. 
(II,  1/2  u.  3.  einzeln  nur  in  anastatischen  Drucken  käuflich.)        M.   5  — 

II,  4.  Des  heil.  Eustathius,  Erzbischofs  von  Antiochien,  Beurtheilung  des  Origenes 
betr.  die  Auffassung  der  Wahrsagerin  1.  Könige  [Sam.]  28  und  die  dies- 
bezügliche Homille  des  Origenes,  aus  der  Münchener  Hds.  331  ergänzt 
und  verbessert,  mit  kritischen  und  exegetischen  Anmerkungen  von  Alb. 
Jahn.    XXVII,  75  S.    1886.  (Einzelpreis  M.  4.50);   M.  3.50 

II,  5.  Die  Quellen  der  sogenannten  apostolischen  Kirchenordnung,  nebst  einer 
Untersuchung  über  den  Ursprung  des  Lectorats  und  der  anderen  niederen 
Weihen,  von  Adolf  Harnack.  *106  S.    1886.        [Nicht  mehr  einzeln.]    M.  4 — 

I,  1/2.  Leontius  v.  Byzanz  und  die  gleichnamigen  Schriftsteller  der  griechischen 
Kirche  von  Friedr.  Loofs.  l.  Buch:  Das  Leben  und  die  polem.  Werke  des 
Leontius  v.  Byzanz.    VIII,  317  S.    1887.  M.  lo  — 

III,  8/4.  Aphrahat's  des  persischen  Weisen  Homilien,  aus  dem  Sjrischen  übersetzt 

und  erläutert  von  Georg  Bert. 
Die  Akten  des  Kai-pus,  des  Papvlus  und  der  Agathonikc.  Eine  Urkunde  aus 
der  Zeit  Marc  Aureis,  von  Adolf  Harnack.   LH,  466  S.    1888.  M.  16  — 

IV.  Die  griechischen  Apologeten. 

1.  Tatiani  oratio  ad  Graecos.    Recens.  Ed.  Schwartz.    X,  105  S.  1888.         M.  2.40 

2.  Athenagoi'ae  libellus  pro  Christianis.     Oratio  de  resurrectione  cadaverum. 

Recens.  Ed.  Schwartz.    XXX,  143  S.    1891.  M.  3.60 

3.  Die  Apologie  des  Aristides.    Recension  und  Reconstruction  des  Textes  von 

Lic.  Edgar  Hennecke.  XX,  64  S.  1893.    (Partiepreis  für  Seminare  M.  2  — )  M.  3  — 

4.  Theophili  libri  tres  ad  Autolycum.    Recens.  Ed.  Schwartz.  \ 

5.  lustini  martyris   apologia  et  dialogus  cum  Tryphone  ludaeo.       >  InVorbe- 

Recens.  0.  de  Gebhardt  et  A.  Harnack.  j    reitung. 

Diese  Ausgaben  der  Griechischen  Apologeten  sind  nur  mit  kurzem 
sprachlichen  Commentar  und  Registern  versehen  und  sollen  zum  Gebrauch 
bei  Vorlesungen  oder  in  Seminaren  dienen,  weshalb  auch  deren  Preise 
möglichst  niedrig  gestellt  wurden. 

V,  1.  Der  pseudocyprianische  Tractat  de  aleatoribus,  die  älteste  lateinische  chiist- 
liche  Schrift,  ein  Werk  des  römischen  Bischofs  Victor  I.  (saec.  n.),  von 
Adolf  Harnack.    V,  135  S.    1888.  M.  4.50 

V,  2.     Die  Abfassungszeit  der  Schriften  Tertullians  von  Ernst  Noeldechen. 

Neue  Fragmente  des  Papias,  Hegesippus  u.  Pierius  in  bisher  unbekannten 
Excerpteu  aus  der  Kirchengeschichte  des  Philippus  Sidetes  von  0.  de  Boor. 
184  S.     1888.  M.  6  — 

V,  8.  Das  Hebräerevangelium,  ein  Beitrag  zur  Geschichte  und  Kritik  des  hebräischen 
Matthäus  von  Rud.  Handmann.    III.  142  S.    1888.  M.  4.50 

V,  4.  Agrapha.  Aussercanonische  Evangelienfragmente,  gesammelt  u.  untersucht 
von  Alfred  Resoh.  —  Anhang:  Das  Evangelienfragment  von  Fajjum  von 
Adolf  Harnack.    XII,  520  S.    1889.  (Einzelpreis  M.  25  — )  M.  17  — 

Fortsetzung  auf  Seite  III  des  Umschlages. 


TAAMOI  20A0M2NT02 


DIE 

PSALMEN  SALOMO'S 

ZUM  ERSTEN  MALE 

MIT  BENUTZUNG  DER  ATHOSHANDSCHRIFTEN 
UND  DES  CODEX  CASANATENSIS 

HERAUSGEGEBEN 
VON 

OSCAR  VON  GEBHARDT 


LEIPZIG 

J.  C.  HINRICHS'SCHE  BUCHHANDLUNG 
1895 


TEXTE  uro  imTERSUCHrmGEN 
ZUR  GESCHICHTE  DER  ALTCHRISTLICHEN  LITERATUR 

'  HERAUSGEGEBEN  VON 

OSCAR  V.  9EBHARDT  UND  ADOLF  HARNACK. 


XIII.  BAND.    HEFT  2. 


FRANZ  DELITZSCH 


ZUM  GEDÄCHTNISS 


I 


i 


VORWORT. 

Nicht  ohne  schmerzliches  Bedauern  kann  ich  heute  der 
Verbindung  gedenken,  in  welcher  die  Ausgabe  der  Salomopsalmen, 
welche  nun  allein  hinausgeht,  vor  Jahren  geplant  war.  Sie  sollte 
die  Vorarbeit  und  Grundlage  bilden  für  eine  Rückübersetzung 
ins  Hebräische,  welche  Franz  Delitzsch  herauszugeben  beab- 
sichtigte. Dass  es  zur  Ausführung  dieses  Planes  nicht  kam,  lag 
wesentlich  an  der  Beschaffenheit  des  handschriftlichen  Materials. 
So  lange  mir  nur  die  Handschriftengruppe  HVMP  bekannt  war, 
konnte  ich  mich  zur  Veröffentlichung  des  Textes  nicht  ent- 
schliessen,  da  an  den  entscheidenden  Stellen  jeder  dieser  vier 
Zeugen  immer  nur  die  falschen  Aussagen  der  drei  anderen  be- 
stätigte. Durch  den  Hinzutritt  der  Vaticanischen  Handschrift  aber 
wurde  der  Entschluss  eher  erschwert  als  erleichtert.  Denn  wäh- 
rend bis  dahin  die  Überlieferung  wenigstens  in  Bezug  auf  Ein- 
heitlichkeit nichts  zu  wünschen  übrig  Hess,  trat  jetzt  ein  Zeuge 
auf,  welcher  zwar  viel  Neues  und  unter  dem  Neuen  manches 
zweifellos  Richtige  aussagte,  daneben  aber  auch  wieder  so  viel 
Unglaubwürdiges  und  geradezu  Verkehrtes  einfliessen  Hess,  dass 
es  unmöglich  schien,  auf  dieser  schwankenden  Grundlage  Halt- 
bares zu  erbauen. 

So  galt  es  denn,  weiter  zu  forschen,  ob  sich  etwa  Mittel- 
glieder finden  Hessen,  welche  geeignet  waren,  die  beiden  so  weit 
auseinandergehenden  Ströme  der  Überlieferung  auf  eine  gemein- 
same Quelle  zurückzuführen.  Und  wirklich  bot  sich  nach  längerem 
Ausschauen  in  der  Handschrift  von  Iwiron  ein  solches  Mittel- 
glied dar.  Aber  bald  nachdem  ich  diese  kennen  gelernt,  ward 
mir  die  Kunde  von  der  Existenz  einer  zweiten  Handschrift  auf 
dem  Athos,  welche  weitere  Aufschlüsse  zu  geben  versprach.  So 
legte  ich  die  Arbeit  zurück,  bis  es  gelingen  würde,  auch  jene  für 


VI  Vorwort. 

meine  Ausgabe  zu  verwerthen.  Lange  schien  hierzu  keine  Aus- 
sicht, bis  im  vorigen  Sommer,  als  mir  eben  auch  der  Codex 
Casanatensis  bekannt  geworden  war,  aus  dem  Laurakloster  eine 
über  Erwarten  vollständige  Collation  eintraf.  Nun  endlich  schien 
mir  der  Zeitpunkt  gekommen,  die  so  oft  unterbrochene  Arbeit 
wieder  aufzunehmen.  Aber,  im  Verein  mit  dem  theuren  Freunde, 
von  dem  ich,  neben  reicher  Förderung  der  eigenen  Arbeit,  den 
krönenden  Abschluss  des  Ganzen  erhofft  —  mit  Franz  Delitzsch 
zusammen  das  Werk  zu  Ende  zu  führen,  sollte  mir  nicht  ver- 
gönnt sein. 

Was  ich  unter  diesen  Umstanden  auf  den  folgenden  Blättern 
biete,  will  nichts  weiter  sein  als  ein  Versuch,  die  Überlieferung 
des  Textes  der  Salomopsalmen  genauer,  als  bisher  geschehen,  zu 
untersuchen  und  auf  Grund  dieser  Überlieferung,  mit  vorsichtiger 
Anwendung  der  Conjectur,  einen  möglichst  lesbaren  Text  herzu- 
stellen. Wenn  ich  dabei  über  ein  ungleich  grösseres  Material 
verfüge  als  meine  Vorgänger,  so  habe  ich  dies  zu  einem  guten 
Theile  der  Beihülfe  von  Männern  zu  danken,  welche,  obwohl 
mir,  mit  nur  zwei  Ausnahmen,  von  Angesicht  fremd,  mich  dennoch 
in  der  liebenswürdigsten  Weise  unterstützt  haben.  Ihnen  auch 
an  dieser  Stelle  meinen  tief  empfundenen  Dank  auszusprechen, 
ist  mir  eine  angenehme  Pflicht.  Es  sind  die  Herren  Chr.  Bruun, 
Oberbibliothekar  der  Grossen  Königlichen  Bibliothek  in  Copen- 
hagen,  und  Professur  J.  L.  Heiberg  ebendaselbst,  Dr.  Alfred 
Göldlin  von  Tiefe nau,  Custos  der  k.  k.  Hofbibliothek  in 
Wien,  Studiendirector  Philipp  Meyer  in  Erichsburg  bei  Mark- 
oldendorf,  Herr  Alexandros,  Bibliothekar  des  Lauraklosters 
auf  dem  Athos,  und  Dr.  Karl  Holl  in  Berlin.  Auch  des  so  früh 
aus  dem  Leben  geschiedeneu  Charles  Graux,  welcher  mir  im 
Jahre  1879  mit  seltener  Selbstlosigkeit  seine  Collation  der  Copen- 
hagener  Handschrift  zur  Verfügung  stellte,  gedenke  ich  in  auf- 
richtiger Dankbarkeit. 

Leipzig,  den  23.  Februar  1895. 


INHALTSÜBERSICHT. 

Seite 

Vorwort VI 

Einleitung -. 1 

I.  Die  Ausgaben  der  Psalmen 1 

1.  Die  Editio  princeps  und  ihre  Quelle  ....         1 

2.  Die  übrigen  Ausgaben 8 

3.  Die  Übersetzungen 12 

II.  Die  Handschriften  der  Psalmen 14 

1.  Die  Gruppe  HVMP 14 

2.  Die  römischen  und  die  Athos- Handschriften 25 

3.  Die  Genealogie  der  Handschriften 30 

4.  Das  Zeugenverhör 42 

5.  Die  Fehler  des  überlieferten  Textes 70 

Liste  der  Handschriften 90 

Der  Text  der  Psalmen 91 

Erklärung  der  abgekürzten  Citate 139 

Index 140 

Verbesserungen  und  Zusätze 151 


Einleitung. 

I.    Die  Ausgaben. 

I.    Die  Editio  princeps  und  ihre  Quelle. 

Bei  der  Nachlese  auf  dem  Gebiete  litterarischer  Entdeckungen, 
welche  das  Zeitalter  der  Renaissance  dem  17.  Jahrhundert  übrig 
gelassen,  kam  unter  anderen  längst  verschollenen  Schriftdenk- 
mälern des  Alterthums  auch  das  merkwürdige  Büchlein  zum  Vor- 
schein, welches  uns  hier  beschäftigt.  Der  um  die  Erforschung  der 
griechischen  Litteratur  verdiente  Augsburger  Bibliothekar  David 
Hoeschel  war  es,  welcher  die  damals  kaum  noch  dem  Namen  nach 
bekannten  Psalmen  Salomo's  in  einer  aus  Constantinopel  stammen- 
den Handschrift  aufspürte.  Von  Antwerpen  aus,  wo  er  wie  es 
scheint  kurz  zuvor  einen  Brief  Hoeschel's  empfangen,  berichtete 
darüber  am  23.  October  1614  der  gelehrte  Jesuit  Andreas  Schott 
an  Job.  Meursius  Folgendes:  „Hoeschelius  Graece  pollicetur  edi- 
turum  se  Cyrilli  Alexandrini  adversus  Julianum  Ttagaßari^v  libros. 
Nactum  se  quoque  Salomonis  exemplar  vetustiss.  Cp.  adlatum, 
in  quo  Psalmi  XVIII.  Salomonis  hactenus  avixöoTOL,  et  invisi. 
Judicabimus,  an  yvrjCioi^  cum  lucem  adspexerint".  \)  Drei  Jahre 
später  (1617)  starb  Hoeschel,  ohne  weder  die  Schrift  Cyrill's  noch 
die  Psalmen  Salomo's  veröffentlicht  zu  haben.  Letztere  erschienen 
erst  neun  Jahre  nach  seinem  Tode  und  zwar  als  Anhang  zu  den 
Adversaria  sacra  des  Jesuiten  Jo.  Ludov.  de  la  Gerda,  Lugd.  1626. 
Über  die  Herkunft  seines  Textes  äussert  sich  de  la  Gerda  (p.  3) 
wie  folgt:  „Misit  ad  me  Reverentissimus  Pater  Andreas  Schottus 
Societatis  Nostrae  hos  Psalmos  Salomonis  recens  in  membranis 
antiquissimis  Bibliothecae  Augustanae  repertos,  Graece  solum  manu 


1)  Joaniiis  Meursii    operiim    vol.   XI.    ex   recensione  Joannis   Lamii. 
Flor.  1763,  col.  249.  ••    . -.• 

Texte  u.  Untersuchungen  XIII,  2.  \ 


2  V.  Gebhardt,  Die  Psalmen  Salomo's. 

scriptos  etc."  ^)  Danach  kann  es  einem  Zweifel  nicht  unterliegen,  dass 
de  la  Cerda  s  Abdruck  auf  eben  die  Hs.  zurückgeht,  von  welcher 
Andr.  Schott  durch  Hoeschel  Kenntniss  erlangt  hatte.  Es  fragt 
sich  nur,  ob  diese  Hs.  in  der  That  der  Augsburger  Bibliothek 
angehört  und  ob  sie  de  la  Cerda  im  Originale  vorgelegen  hat. 
Ersteres  hat  man  bisher  als  ausgemacht  angesehen.  Man  hat  sich 
bemüht,  den  ehemaligen  Codex  Augustanus  in  München,  wohin 
bekanntlich  zu  Anfang  dieses  Jahrhunderts  die  Augsburger  Hss. 
gekommen  sind,  wieder  aufzufinden;  aber  alle  Nachforschungen 
waren  umsonst.  2)  Wäre  die  von  den  neueren  Herausgebern  ver- 
tretene Annahme  richtig,  dass  die  Hs.  selbst  durch  Sxihott's  Ver- 
mittelung  in  de  la  Cerda  s  Hände  gelangt  war,^)  so  könnte  sie 
auf  diesem  Wege  in  Verlust  gerathen  sein.  Aber  gegen  diese 
Annahme  spricht  zweierlei.  Erstens  muss  es  als  sehr  unwahr- 
scheinlich bezeichnet  werden,  dass  man  um  der  wenigen  Blätter 
willen,  welche  das  Psalterium  Salomonis  umfasst,  den  ganzen 
Codex  von  Augsburg  nach  Toledo  gesandt  haben  sollte,  und  zwei- 
tens spricht  fast  alles,  was  de  la  Cerda  über  die  von  ihm  benutzte 
Hs.  aussagt,  und  vieles  von  dem,  was  er  aus  derselben  mittheilt, 
gegen  eine  unmittelbare  Benutzung  der  alten  Handschrift.  Schon 
die  oben  aus  dem  Vorwort  angeführte  Äusserung  ist  kaum  anders 
zu  verstehen,  als  von  einer  Abschrift  aus  dem  Augsburger 
Codex.  Hätte  er  diesen  selbst  empfangen,  so  würde'  er  nicht  ge- 
schrieben haben:  „Misit  ad  me  Andreas  Schottus  hos  Psalmos 
Salomonis  recens  in  membranis  antiquissimis  Bibliothecae  Au- 
gustanae  repertos";  er  würde  gewiss  nicht  unterlassen  haben,  die 
alte  Handschrift  selbst  als  ihm  vorliegend  zu  bezeichnen.  Und 
auch  in  den  Anmerkungen  zum  Texte  bezieht  sich  de  la  Cerda 


1)  Ähnlich  im  Vorwort  (Ad  lectorem):  „Keperti  hi  Psalmi  in  Biblio- 
theca  Augustana  antiquissimis  membranis  sine  interpretis  nomine  ex  He- 
braeo  etc." 

2)  Dass  in  den  von  Hoeschel  selbst  in  den  Jahren  1575  und  1600 
herausgegebenen  Katalogen  der  Augsburger  Bibliothek  die  Psalmen  Salo- 
monis nicht  vorkommen,  könnte  sich  daraus  erklären,  dass  die  Hs.  erst 
später  nach  Augsburg  gelangte.  Sie  fehlen  aber  auch  in  den  späteren  Ka- 
talogen, von  Ehinger  (1633),  Reiser  (1675)  und  Mezger  (1842),  s.  Franz 
Delitzsch,  Commentar  über  den  Psalter.     Th.  II.     Lpz.  1860,  S.  451. 

3)  So  Ryle  und  James  in  der  weiter  unten  zu  nennenden  Ausgabe, 
Cambridge  1891,  S.  Xlll. 


Einleitung.  3 

nirgends  ausdrücklich  auf  den  Codex  Augustanus.  In  der  Regel 
drückt  er  sich  hinsichtlich  seiner  Quelle  ganz  unbestimmt  aus:^) 
„Graece"  (so  zu  II,  24.  VI,  5.  VIII,  9.  XVI,  1),  „in  Graeco"  (so 
zu  II,  4.  III,  12.  VII,  4.  XIII,  10.  XVII,  9),  oder  auch  nur  „scrip- 
tum erat"  (so  zu  IV,  21.  VIII,  40.  XI,  6.  XVI,  11),  „inveni"  (zu 
X,  8).  Zweimal  bedient  er  sich  allerdings  des  Ausdrucks  „Codex", 
nämlich  zu  IV,  19:  „in  meo  Graeco  Codice",  und  zu  V,  16:  „in 
Codice  quem  vidi";  aber  hieraus  wird  gewiss  niemand  schliessen 
wollen,  dass  er  einen  alten  Pergamentcodex  im  Sinne  gehabt. 
Ebenso  irrelevant  ist  es,  wenn  dreimal  fehlerhafte  Lesarten  auf 
den  „librarius"  zurückgeführt  werden,  nämlich  zu  VI,  7:  „nam 
barbare,  seu  inscite  ä  librario  inveni  exaratum",  zu  VIII,  13: 
„perperam  scriptum  ä  librario",  zu  IX,  7:  „multa  incuria  librarii 
scriptum  videbatur".  Entscheidend  aber  fallt  gegen  die  unmittel- 
bare Benutzung  der  alten  Handschrift  die  Beschaffenheit  des 
de  la  Cerda  vorliegenden  Textes  ins  Gewicht,  wie  sie  aus  einer 
Anzahl  von  Anmerkungen  sich  zu  erkennen  giebt.  Hierfür  einige 
Beispiele.  Zu  II,  4  wird  bemerkt:  „Perperam  scripta  haec  in 
Graeco  ut  legere  nequirem,  suspicor  scriptum  ovx  svojöcoöst 
sv(X)6la".  Zieht  man  die  handschriftliche  Überlieferung,  wie  sie 
jetzt  vorliegt,  in  Betracht,  so  ergiebt  sich,  dass  dies  Conjectur 
und  zwar  eine  wenig  glückliche  Conjectur  ist.  Was  in  de  laCerda's 
Hs.  wirklich  gestanden  hat,  lässt  sich  nicht  mehr  ermitteln;  nur 
soviel  ist  klar,  dass  der  Schreiber  seine  Vorlage  nicht  lesen  konnte 
und  daher  einen  Unsinn  niederschrieb.  Zu  IV,  21  notirt  de  la  Cerda: 
„Quidquam  huius  dictionis  perperam  scriptum  erat,  ut  tantum 
sineret  legi  ajtoXrjQlwv,  sed  vel  caecus  videt  legendum  äyro 
&i]qI(dv^\  Letzteres  ist,  abgesehen  von  dem  Schreib-  oder  Druck- 
fehler djto  für  vjtö  (so  richtig  im  Text),  die  Lesart  aller  Hss.: 
ist  es  wohl  denkbar,  dass  der  antiquissimus  codex  Augustanus 
dafür  ajioXriQLcov  geboten  haben  sollte?  Zu  VII,  9  lautet  die  An- 
merkung: „Vix  permittit  Graecum  legi,  credo  scriptum 
sjtayyslXco^^.  W^arum  konnte  de  la  Cerda  nicht  lesen?  Lag  es 
an  dem  Alter  der  Hs.,  deren  Schriftzüge  etwa  verblichen  oder 
verwischt  waren,  so  hätte  er  das  sicher  nicht  unerwähnt  gelassen. 
So   wie  geschehen  konnte  er  sich  nur  ausdrücken,    wenn  durch 


1)  Ich  citire  hier  nach  de  la  Cerda's  Versz'ählung,  welche  neben  der 
von  mir  eingeführten  angegeben  ist. 

1* 


4  V.  Gebhardt,  Die  Psalmen  Salomo's. 

Corrigiren  oder  Überschreiben  das  Wort  verunstaltet  war.  In  der 
Vorlage  des  Schreibers  stand  natürlich  inqyyüXco^  wie  alle  Hss. 
bieten.  Zu  VIII,  37  findet  sich  angemerkt:  „Prima  vox  huius 
versiculi  deleta;  apparet  exclamationem  aliquam  esse,  forte  ex- 
clamatio  aliqua  obsoleta  Icä^  quam  potiüs  credo  e«,  Ah,  vel 
coniunctionem  xal  rescribendam,  illam  omisi,  tum  quia  non  in- 
tegre percepi  etc.",  und  ähnch  zu  XIV,  4:  „Initio  huius  versiculi 
praecessit  vox  quaedam  partim  deleta,  fortasse  exclamatio  ip- 
sissima  ac  supra  Ps.  8.  vers.  37.  quam  ob  eandem  rationem  prae- 
terii".  In  der  That  hat  de  la  Cerda  an  der  ersten  Stelle  xat 
drucken  lassen,  während  er  es  an  der  zweiten  wegliess.  Die  Hss. 
haben  es  hier  und  dort;  der  Schreiber  wird  auch  hier,  wie  so  oft, 
gepfuscht  und  die  Correctur  nicht  deutlich  ausgeführt  haben.  Zu 
XVII,  6  wird  wiederum  eine  unklare  Correctur  notirt:  „Partim 
male  scriptum,  partim  deletum  fuerat  hoc,  ubi  nil  aliud  quam 
OVY.  BJiayyBiXco  legi  potuit."  Also  auch  hier  stolperte  der  Schreiber 
über  das  sjtrjyyelXcü  seiner  Vorlage  (vgl.  zu  VII,  9).  Zu  XVII,  9 
liest  man:  „Divinandum  erat  quid  in  Graeco  scriptum;  vide- 
batur  legi  tiqlt^v.  ego  credo  legendum  d-r^gircov  etc."  Die  Hss. 
bieten  übereinstimmend  i^ficavl  Doch  hiermit  sei  es  genug.  Für 
den  Kundigen  bedarf  es  keiner  weiteren  Beweise  dafür,  dass  wir 
es  hier  nicht  mit  dem  Werk  eines  geschulten  Librarius  aus  der 
Zeit  der  Pergamenthandschriften  zu  thun  haben,  sondern  mit  der 
mangelhaften  Leistung  eines  flüchtigen,  des  Griechischen  nur 
wenig  kundigen  Schreibers  aus  dem  17.  Jahrhundert. 

Wenn  also  de  la  Cerda  den  Codex  Augustanus  nicht  selbst  in 
Händen  gehabt  hat,  so  finden  wir  uns  aufs  neue  vor  die  Frage  ge- 
stellt, was  denn  aus  dieser  Hs.  geworden  ist.  Wir  haben  gesehen, 
dass^  sich  weder  in  Augsburg  uoch  in  München  eine  Spur  da- 
von gefunden  hat  (S.  2).  Da  lohnt  es  sich  vielleicht,  der  Frage 
näher  zu  treten,  ob  wirklich  die  Augsburger  Bibliothek  einst 
eine  die  Psalmen  Salomo's  enthaltende  Hs.  besessen  hat.  Der 
einzige  Gewährsmann  dafür  ist  de  la  Cerda.  Nur  er  erwähnt 
ausdrücklich,  dass  der  Text  in  membranis  antiquissimis  Biblio- 
thecae  Augustanae  gefunden  worden  sei.  Wie,  wenn  er  sich 
darin  irrte?  Was  er  wusste,  hatte  er  aus  dritter  Hand,  von 
Andreas  Schott,  Dieser  wird  mit  Hoeschel  direct  in  Verbindung 
gestanden  haben,  wie  wir  aus  dem  oben  angeführten  Briefe  an 
Meursius  schliessen  mussteu.   Hier  aber  ist  von  einer  Augs- 


Einleitung.  5 

burger  Hs.  gar  nicht  die  Rede.  Es  wird  nur  erwähnt,  dass 
Hoeschel  einer  alten,  aus  Constantinopel  herübergebrachten  Hs. 
der  Salomonischen  Schriften  habhaft  geworden  sei,  welche  auch 
die  18  Psalmen  Salomo's  enthielt.  So  konnte  sich  Schott  recht  wohl 
ausdrücken,  wenn  Hoeschel  die  Hs.  ausserhalb  Augsburgs  ein- 
gesehen oder  sie  leihweise  empfangen  hatte.  Im  Mittelpunkte 
des  geistigen  Lebens  seiner  Zeit  stehend,  unterhielt  Hoeschel  weit 
ausgebreitete  gelehrte  Verbindungen.  Nehmen  wir  an,  dass  er, 
von  einem  Freunde  auf  den  einer  anderen  Bibliothek  zugefallenen 
seltenen  Schatz,  ein  avsxöotov  Salomonis,  aufmerksam  gemacht, 
die  Hs.  selbst  entliehen  oder  eine  Abschrift  daraus  sich  verschafft 
hatte,  so  entspricht  das  „Nactum  se  quoque  Salomonis  exemplar 
etc."  den  Thatsachen,  ohne  dass  es  jemals  einen  Codex  Augustanus 
der  Psalmen  gegeben  hätte.  War  aber  einmal  die  Entdeckung 
des  Salomo-Psalters  an  Hoeschel's  Namen  geknüpft  und  hatte 
Schott  gar  durch  ihn  eine  Abschrift  desselben  empfangen,  so 
konnte  leicht  die  Meinung  entstehen,  dass  das  Original  der  Augs- 
burger Bibliothek  angehöre,  welche  Hoeschel  durch  glückliche 
Erwerbungen  zu  einer  der  berühmtesten  in  Deutschland  gemacht 
hatte. 

Diese  Erwägungen  veranlassten  mich  schon  vor  Jahren,  als 
ich  die  ersten  Vorbereitungen  zur  Herausgabe  der  Psalmen  Sa- 
lomo's  traf,  den  vermeintlichen  Codex  Augustanus  ausserhalb 
Augsburgs  zu  suchen.  Und  nicht  lange  suchte  ich  vergebens. 
Schon  J.  A.  Fabricius  hatte  auf  eine  Hs.  der  Kaiserlichen  Biblio- 
thek in  Wien  hingewiesen,  „ubi  medii  hi  Psalmi  inter  librum  Sa- 
pientiae  et  Sirachidis  leguntur".  ^)  Da  diese  Hs.,  von  welcher  weiter 
unten  mehr  die  Rede^  sein  wird,  ausserdem  das  Buch  der  Sprüche, 
den  Prediger,  das  Hohelied  und  die  Weisheit  Salomonis  enthält, 
konnte  sie  recht  wohl,  wie  in  dem  Briefe  Schott's  an  Meursius, 
als  „Salomonis  exemplar"  bezeichnet  werden.  Auch  das  „vetustiss." 
stimmt,  da  die  Hs.  wohl  noch  dem  11.  Jahrh.  angehört,  und  nicht 
minder  trifft  das  ,,Cp.  adlatum"  zu,  denn  der  Codex  gehört  zu 
denjenigen,  welche  Aug.  Gislain  v.  Busbecke  (f  1592)  in  Con- 
stantinopel erworben  hatte.  Bibliothekar  der  Kaiserl.  Bibliothek 
in  Wien  war   zu  Hoeschel's  Zeit  Sebastian  Tengnagel,  weicher 


1)  Codex  pseudepigraphus  Veteris  Testamenti.    Hamb.  et  Lips.  1713, 
p.  973. 


6 


V.  Gebhardt,  Die  Psalmen  Salomo's, 


mit  jenem  auch  in  brieflichem  Verkehre  stand.  Es  kam  nun 
darauf  an,  zu  ermitteln,  ob  mit  Hilfe  des  erhaltenen  „Commer- 
cium litterarum"  Tengnagel's  ^)  der  Nachweis  geführt  werden 
konnte,  dass  Hoeschel  die  Wiener  Hs.  in  Händen  gehabt.  Ich 
wandte  mich  zu  diesem  Zweck  an  den  stets  hilfsbereiten  Scriptor 
der  k.  k.  Hofbibliothek  Herrn  Dr.  Alfred  Göldlin  von  Tiefenau, 
und  bald  empfing  ich  von  ihm  die  erwünschte  Bestätigung  des 
von  mir  vermutheten  Herganges  und  in  überraschender  Voll- 
ständigkeit die  urkundlichen  Belege  dafür.  „Der  Codex",  so 
schrieb  mir  Herr  von  Tiefenau  am  2.  April  1885,  „ist  wirklich 
leihweise  an  David  Hoeschel  in  Augsburg  gesandt  und  von  diesem 
benützt  worden,  wie  sich  seiner  in  unsern  Codd.  9737^^  ent- 
haltenen Correspondenz  entnehmen  lässi.  Es  finden  sich  da  elf 
Briefe  Hoeschel's  an  Tengnagel,  deren  Daten  vom  10.  Februar 
1600  bis  zum  18.  Februar  1617  reichen.  In  dem  Schreiben  vom 
13.  Juli  1609  erscheint  die  erste  Bezug  habende  Erwähnung: 
,Animus  est,  ovp  &ecp  ö'slxelv,  ea  forma  edere  libmm  Sapien- 
tiae,  Proverbia  Salomonis,  et  Cantica,  qua  Siracides  a  me  editus 
est,  et  quum  e  Bibliothecae  Caes.  m.  s.  Codicibus  suppetiae  pos- 
sent  ferri:  velim  cogites  de  ratione  libros  mittendi,  vel  de  hac  de- 
liberes  cum  D.  Hafnero,  si  adhuc  istic  commoretur.  fidem  resti- 
tutionis  poUiceor  quin  pro  me  fidejubere  non  gravabitur  Jacobus 
Lenz,  aurifaber  aulicus  affinis  meus.'  Im  nächstfolgenden  (dem 
fünften)  Briefe  dd.  27.  October  1610  und  im  siebenten  dd. 
31.  August  1611  kömmt  Hoeschel  in  ganz  ähnlicher  Weise  auf 
dieses  sein  Anliegen  zurück,  ein  Billet  aber  vom  19.  April  1614 
zeigt,  dass  nun  seinem  Ersuchen  willfahrt  worden  ist:  ,Profectus 
sum,  cl.  dn.  D.  Francofurdum;  ubi  postquam  audii  adesse  Biblio- 
polam  Viennensem,  rogavi  amicos  [neque  enim  morari  licuit  diu- 
tius,  ipse  ut  expedirem]  exemplum  opusculi  recens  a  me  editi  ad 
te  curarent,  quod  öcoqlöiov  boni  velim  consulas,  dum  suavius 
aliquod  syngramma,  teque  dignius  nostri  prelo  subjiciant.  Bene 
vale  et  Laconismo  ignosce.  Salva  sunt,  quae  misisti,  domi 
meae;   et  sarta  reddentur  tectaque.     Raptim,  13.  Cal.  Maii 


1)  Vgl.Tabulae  codicuto  manu  scriptorum  inBibliothecaPalatinaVindo- 
bonensi.  Vol.  VI  (1873)  p.  79:  9737r,  s  et  t  [Caps.  Koll.  II,  III,  XIII,  XIV, 
XVII,  XXI  et  XXIV]  eh.  XVI.  et  XVII.  291  (a.  1594—1614),  334  (a.  1615 
—1624)  et  354  (a.  1625—1635):  Sebastianus  Tengnagel,  Commercium  litte- 
rarum  (unter  den  Con-espondenten  D.  Hoeschel  u.  Andr.  Schott). 


Einleitung.  7 

1614.  E.T. O.David  Hoeschelius'.  Im  neunten  Briefe,  dd. 7. März 
1616,  heisst  es:  ,Codicibus  tuis  maxiraam  sum  usus  partem,  nisi 
quod  in  uno  extant  Psalmi  avexöoroc  Xll[X]  Salomoni  ad- 
scripti.  Quos  nondum  descripsi.  Hos  si  forte  prelo  adomarem: 
velim  scire,  quibus  verborum  JteQiördöeOiv  uti  liceat  ne  ingrati 
animi  vitium  incurranius'.  Am  deutlichsten  aber  ist  der  Hinweis 
auf  unsern  in  Rede  stehenden  Codex  im  zehnten  Briefe,  dd.  30.  Sept. 
1616,  gegeben:  ,Literis  quibusdam  tuis,  Doctor  clarissirae,  pe- 
tieras  exemplar  Eclogarum  Legationum;  id  occasione  hac  oblata 
mitto.  Adjunxi  Alexiados  VH!  libros  quum  dubitem  prius  missos 
acceperis  necne.  Alia,  Deo  adjuvante,  ad  te  curabo  ut  primum 
lucem  aspexerint.  Sunt  qui  velint  primum  locum  Proverbiis  Sa- 
lomonis  cum  tribus  m.  s.  quae  contuli,  ut  dem,  eä  imprimendis 
forma  qua  ante  Siracidem,  iisque  subjungam  Psalmos  XVpH] 
avexöoTOvg  qui  in  codice  membranaceo,  Constantinopoli 
empto,  leguntur  eidemque  Salomoni  adscribuntur.  Quem 
librupi  calamo  exaratum  abs  te  quum  habeam  elg  XQ^^^^t  certiorem 
me  velim  facias,  ut  caveatur  animi  ingrati  nota,  qui  citra  offensam 
mentio  vel  tui  vel  Codicis  [sive  Bibliothecae  in  qua  hie  tanquam 
xsifii^Xcov  servatur]  fieri  possit,  ne  fraudi  sit.  Nisi  usum  per  te 
manu  scriptorum  autorum  concedere  liceat  aliis  quorum  de  fide 
in  reddendo  certus  sis:  quod  a  me  quoque  non  semel,  elg  xoc- 
vcod-eXeiav,  est  factum'.  Wenn  hiernach  noch  ein  Zweifel  be- 
stünde, so  kann  ich  solchen  durch  die  Mittheilung  beheben,  dass 
in  unserer  Handschrift  Theol.  gr.  XL  f.  Ug^erso  col.  2.  lin.  16. 
HO^IA  "iHIJOf'FIOf  i:iPÄX  bis  f.  im^^^^^  die  Capitel 
am  Rande  von  Hoeschel's  Haud,  genau  nach  der  Einth eilung 
in  seiner  Ausgabe  des  Ecclesiasticus  1604,  nummerirt  sind". 

So  weit  Herrn  von  Tiefenau's  werthvolle  Mittheilungen.  Die 
Identität  des  „Codex  Augustanus"  mit  der  Wiener  Handschrift 
war  hiermit  erwiesen.  Nur  ein  Punkt  blieb  noch  unaufgeklärt, 
nämlich  die  Herkunft  der  durch  Schott  an  de  la  Cerda  gelangten 
Abschrift  der  Psalmen.  Dass  Hoeschel  sich  bis  zuletzt  mit  der 
Absicht  getragen,  diese  selbst  zu  veröffentlichen,  ist  nach  dem 
Briefe  vom  30.  Sept.  1616  wahrscheinlich.^)    Aber  angewiss  bleibt, 


1)  Vgl.  dazu  den  letzten  Brief  Hoeschel's  an  Tengnagel,  vom  18.  Febr. 
1617,  dessen  Kenntniss  ich  ebenfalls  der  Güte  des  Herrn  von  Tiefenau  ver- 
danke. Hier  klagt  Hoeschel:  „Hac  hieme  nihil  prelo  adornare  potui,  sed 
avv  ^fdJ  brevi  aliquid  parabo". 


g  V.  Gebhardt,  Die  Psalmen  Salomo's. 

ob  er  überhaupt  noch  dazu  gekommeo  ist,  für  sich  eine  Abschrift 
anzufertigen.  Die  Hoffnung,  dass  ein  in  Tengnagel's  Briefwechsel 
enthaltenes  Schreiben  Schott's  hierüber  Aufschluss  geben  möchte, 
hat  sich  nicht  erfüllt,^)  und  auch  darüber  konnte  mein  freund- 
licher Helfer  in  Wien  nichts  ermitteln,  ob  die  von  Hoeschel  ent- 
liehene Hs.  noch  zu  dessen  Lebzeiten  an  die  Kaiserl.  Bibliothek 
zurückgesandt  wurde.  Jedenfalls  spricht  de  la  Gerdas  Angabe, 
dass  das  Original  der  von  ihm  benutzten  Abschrift  der  Psalmen 
sich  in  der  Augsburger  Bibliothek  befinde,  dafür,  dass  sein  Ge- 
währsmann Schott  letztere  von  da  her  und  nicht  etwa  aus  Wien 
bezogen  hatte.  Vielleicht  war  nach  Hoeschel's  Tode  eine  von 
ihm  hergestellte  Copie  an  Schott  und  in  mangelhafter  Abschrift 
durch  diesen  an  de  la  Gerda  gelangt.  Auf  Hoeschel  scheint  das 
TsXog  övv  d-em  zu  führen,  welches  de  la  Gerda  am  Schluss  seiner 
Abschrift  vorfand;  „das  övv  d-eco  ist  das  immer  wiederkehrende 
Lieblingswort.,  das  Motto  Hoeschel's."  2)  Aber  Hoeschel's  eigene 
Abschrift  war  es  schwerlich,  die  de  la  Gerda  vorlag;  man  müsste 
denn  annehmen,  dass  er  sie  in  seiner  letzten  Krankheit  hergestellt 
und  so  unleserlich  geschrieben,  dass  sie  sich  wie  das  Machwerk 
eines  unwissenden  Anfängers  darstellen  musste.  Wie  dem  nun 
aber  auch  sein  mag:  sicher  ist,  dass  es  einen  Godex  Augustanus 
der  Psalmen  Salomo's  nie  gegeben  hat,  und  nicht  minder  gewiss, 
dass  die  letzte  Quelle  de  la  Gerdas  in  der  Wiener  Handschrift 
gefunden  ist.  Die  Editio  princeps  mit  ihrem  Ballast  von  schlech- 
ten Lesarten  ist  also  aus  der  Reihe  der  Texteszeugen  zu  streichen. 

2.    Die  übrigen  Ausgaben  der  Psalmen. 

Die  Editio  princeps  des  Salomo-Psalters  behauptete  sich  lange 
als  die  einzige.^)  Erst  Joh.  Alb.  Fabricius  lieferte  in  seinem  Godex 
pseudepigraphus  Veteris  Testament!  (1713)    eine   neue  Ausgabe, 


1)  Andr.  Schott's  Brief  dd.  Antwerpen,  28.  Juli  1628,  nicht  an  Teng- 
nagel,  sondern  an  Corderius  gerichtet,  bezieht  sich  in  keiner  Weise  auf 
die  in  Frage  stehende  Sache  (Mittheilung  Göldlin's  v.  Tiefenau  vom  5.  Mai 
1885). 

2)  Aus  einem  Briefe  Göldlin's  von  Tiefenau,  welchem  ich  diese  Wahr- 
nehmung verdanke. 

3)  Nur  den  1.  und  18.  Psalm  mit  lateinischer  Übersetzung  und  kurzer 
Einleitung  gab  Jo.  Eus.  Nieremberg,  De  origine  Sacrae  Scripturae  libri 
duodecim.    Lugduni  1641,  p.  336—339. 


Einleitung.  9 

welcher  bald  ein  zweiter,  nur  wenig  veränderter  Abdruck  *)  folgte 
(1722).  Abgesehen  von  der  Verbesserung  einiger  augenfälliger 
Druckfehler,  an  denen  es  in  de  la  Carde's  Ausgabe  nicht  mangelt, 
ist  für  den  Text  der  Psalmen  hier  wenig  geschehen  (s.  zu  XVIII,  3 
vlovg)  Man  muss  sich  darüber  um  so  mehr  wundern,  als  Fabri- 
cius  durch  Lambeck's  Katalog  von  dem  Vorhandensein  der  Wiener 
Hs.  Kenntniss  hatte  (s.  o.  S.  5). 

Mit  diesen  mangelhaften  Texten  begnügte  man  sich  durch 
andert.halb  Jahrhunderte.  Erst  Hilgenfeld  besorgte  wieder  eine 
neue  Ausgabe,  welche  zuerst  im  11.  Jahrgange  der  Zeitschrift 
für  wissenschaftliche  Theologie  (1868)  und  dann  noch  einmal  im 
Messias  Judaeorum  (1869)  erschien.  Er  bediente  sich  dabei  einer 
von  Joseph  Haupt  (f  1881  als  Custos  an  der  Wiener  Hofbiblio- 
thek)  gelieferten  Collation  der  Wiener  Hs.,  welche  an  Genauig- 
keit viel  zu  wünschen  übrig  liess.^)  Dennoch  kann  diese  Aus- 
gabe, zu  welcher  Paul  de  Lagarde  Beiträge  geliefert  hatte,  als 
eine  wesentlich  verbesserte  gelten. 

In  kurzem  Zwischenräume  wurden  im  Jahre  1871  die  Psalmen 
zweimal  herausgegeben:  von  0.  F.  Fritzsche  im  Anhange  der 
Libri  apocryphi  Veteris  Testamenti,  und  von  Ed.  Ephr.  Geiger 
in  einer  ausführlichen  Monographie  u.  d.T.:  Der  Psalter  Salomo's, 
herausgegeben  und  erklärt  (Augsburg).  Neues  handschriftliches 
Material  stand  weder  dem  einen  noch  dem  andern  Herausgeber  zu 
Gebote.  Während  Fritzsche  bemüht  war,  durch  Conjectur  den 
griechischen  Text  zu  bessern  (s.  z.  B.  zu  V,  18.  X,  1.  XVI,  12. 
XVII,  45),  legte  Geiger  das  Hauptgewicht  auf  Erklärung  der 
Schwierigkeiten  im  handschriftlich  Überlieferten  durch  Zurück- 
gehen auf  das  hebräische  Original.  Doch  fehlt  es  auch  bei 
Letzterem  nicht  an  mehr  oder  weniger  glücklichen  Emendationen 
(s.  z.  B.  zu  II,  26,   XVn,  22). 

Die  im  Jahre  1883  in  The  Presbyterian  Review  (p.  775—812) 
erschienene  Ausgabe  von  Bernhard  Pick  schliesst  sich  bald  an 


1)  Druckfehler  der  ersten  Ausgabe,  wie  IT,  17  (16)  xara  sgya,  33(29) 
iv  laxvi  avxov  fxeydX^,  sind  in  der  zweiten  nicht  verbessert,  sondern  durch 
neue  Incorrectheiten  vermehrt,  z.  B.  III,  11  (9)  ^oj^v  u.  dergl. 

2)  Eine  Anzahl  Lesarten,  welche  Hilgenfeld  und  de  Lagarde  durch 
Conjectur  gefunden,  sind  nachträglich  durch  die  Wiener  Hs  selbst  be- 
stätigt worden,  so  z.  B.  IV,  19  axoQ7iiaS-sii]accv,  VII,  4  «Ji;  ivTsXfj^  VIII,  16 
inevxTTj  (de  Lagarde),  XIII,  1  iaxinaas. 


IQ  V.  Gebhardt,  Die  Psalmen  Salomo'e 

Hilgenfeld,   bald   an  Fritzscbe,   bald   an  Geiger  an,   ohne  einen 
neuen  Beitrag  zur  Herstellung  des  Textes  zu  bringen. 

Unter  dem  Titel  „WaXfiol  ZoXo(ioivxoq.  Psalms  of  the  Pha- 
risees,  commonly  called  the  Psalms  of  Solomon.  The  text  newly 
revised  from  all  the  MSS.  Edited,  with  introduction,  English 
translation,  notes,  appendix,  and  indices  by  Herbert  Edward  Ryle 
and  Montague  Rhodes  James"  erschien  im  Jahre  1891  in  Cam- 
bridge eine  neue  Ausgabe  der  Psalmen,  in  welcher  zwar  nicht, 
wie  der  Titel  besagt,  alle,  wohl  aber  drei  neue  Hss.  benutzt 
worden  sind:  die  Copenhagener,  die  Moskauer  und  die  Pariser 
Hs.  Für  die  Wiener  Hs.  (V),  welche  bei  der  Herstellung  des 
Textes  nach  der  fehlerhaften  Collation  Haupt's  benutzt  wurde, 
haben  die  Herausgeber  sich  nachträglich  eine  neue  Vergleichung 
verschafft,  welche  in  der  Einleitung  (S.  XCII  ff)  mitgetheilt  wird. 
Durch  dieselbe  wird  aber  nur  etwa  die  Hälfte  der  übernommenen 
Fehler  verbessert,  und  in  den  letzten  Capiteln  verliert  sie  ihren 
Gegenstand  insofern  aus  dem  Auge,  als  sie  sich  lediglich  auf 
solche  Fehler  des  vermeintlichen  Codex  Augustanus  (A)  bezieht, 
von  welchen  schon  Haupt  die  Wiener  Hs.  freigesprochen  hatte. 
Die  Identität  von  A  und  V  haben  die  Herausgeber  zwar  ver- 
muthet  (S.  XXXIV),  aber  zuletzt  doch  wieder  in  Zweifel  gezogen 
(S.  XXXVI  f.),  und  so  wird  auch  hier  noch  im  kritischen  Apparate 
bald  A  gegen  V  ausgespielt,  bald  V  gegen  A.  Für  die  Moskauer 
Hs.  (M)  stand  den  Herausgebern  eine  Abschrift  zur  Verfügung, 
welche  nicht  frei  von  Ungenauigkeiten  and  an  einzelnen  Stellen 
vom  Hilgenfeld'schen  Texte  abhängig  isi^)  Besser  als  über  V 
und  M  zeigen  sich  die  Herausgeber  über  die  Copenhagener  (H) 
und  die  Pariser  Hs.  (P)  unterrichtet,  und  diesem  Umstände  ist 
es  zu  danken,  iass  sie  verhältnissmässig  selten  solche  Lesarten 
aufgenommen  haben,  welche  einer  handschriftlichen  Grundlage 
überhaupt  entbehren  (s.  zu  II,  19.  V,  5.  X,  1.  XI,  7.  XVII,  4). 
In  der  Aufnahme  von  Conjec^uren  in  den  Text  sind  die  Heraus- 
geber mit  Recht  zurückhaltend  gewesen.  Wenn  sie  aber  III,  3 
öiaaLovOLv  ev  aivsoei,  IV,  9  XaXcjv,  X,  1  jtXyjd^vvd^fjvaiy  XII,  3 
q)Xoyi^ovörjg  yXcoöörjq,  XV,  7  jtoXefilov,  XVI,  8  Jcäv  rb  ovyxsl- 
fiSifov,  XVI,  9  €P  Xoycp,  XVII,  33  jtXoiotg  aufnahmen,  hätten  sie 


1)  So  stammt  II,  12  xaxa,  IV,  3  in'  ai'ziov,  XVI,  9  iv  (p6ß(o  aus  dem 
Hilgenfeld'scben  Texte,  nicht  aus  M. 


JQinleitung.  l\ 

SO  sichere  Emendationen  wie  IV,  10  ajteOrr]  und  XIV,  2  (sp  vofico). 
(p  nicht  verschmähen  sollen. 

Eine  weitere  Bereicherung  hat  der  kritische  Apparat  in  der 
neuesten  Ausgabe  unserer  Psalmen  erfahren,  mit  welcher  uns 
Swete  im  Anhange  zum  dritten  Bande  seiner  Ausgabe  der  Sep- 
tuaginta  (S.  765 — 787)  beschenkt  hat.  Hier  ist  zum  ersten  Male 
der  Codex  Vaticanus  336  (R)  benutzt,  und  zwar  ist  diese  Hs. 
dem  Abdruck  des  Textes  in  der  Weise  zu  Grunde  gelegt,  dass 
in  der  Regel  nur  offenbare  Schreibfehler  verbessert  wurden.  Zu 
bedauern  ist,  dass  dem  verdienten  Herausgeber  die  beiden  Athos- 
handschriften  und  der  Codex  Casanatensis  unbekannt  geblieben 
sind.  Hätte  er  sie  benutzen  können,  so  würde  ohne  Zweifel  noch 
mancher  Fehler  des  Codex  Vaticanus  als  solcher  erkannt  und  in 
die  Noten  verwiesen  worden  sein.^)  Noch  mehr  aber  ist  zu  be- 
dauern, dass  das  Bild  des  Codex  Vaticanus,  welches  Swete's  Aus- 
gabe gewährt,  an  Treue  zu  wünschen  übrig  lässt.^)  Dass  nicht 
alle  Abweichungen  der  Hs.  unter  dem  Texte  notirt  sind, 3)  fällt 
dabei  weniger  ins  Gewicht  als  die  Thatsache,  dass  in  mehreren 
Fällen  Lesarten  im  Texte  stehen,  die  der  Hs.  fremd  sind.  Gleich 
zu  Anfang  des  ersten  Psalms  bietet  R  nicht,  wie  bei  Swete  zu 
lesen,  v.  la  jtQog  d-eov  und  v.  ib  jtgbg  top  d-eov,  sondern  an  der 


1)  Ein  schlagendes  Beispiel  hierfür  findet  sich  II,  25  (29),  wo  R  iv 
altiafila  statt  iv  dxifiia.  (vgl.  v.  21.  27.  31)  schreibt  und  Swete  iv  alxia 
fjiiä  dnickt.  Ps.  IV,  17  (19)  lässt  Swete  einen  ohne  Zweifel  ursprünglichen 
Textbestandtheil  weg,  nämlich  die  Worte  ev  dti^ia'  xsvog  ;cf()ö2v  avxov 
eiasXd-oi  eiq  xov  oixov  avxov,  welche  R,  durch  Homöoteleuton  irregeleitet, 
übersehen  hat,  und  XVII,  18  bietet  er  mit  R  eine  unverkennbare  Dittographie. 

2)  Ob  die  Schuld  an  der  Collation  liegt,  deren  Swete  sich  bediente, 
oder  an  der  Benutzung  derselben,  vermag  ich  nicht  zu  entscheiden. 

3)  Es  fehlen  nicht  nur  Schreibfehler  wie  II,  19  (ovlöijaav,  25  xQOvij- 
arjQ,  29.  36  LüxvEi,  33  imaxi/xi],  III,  4  oliyogriasi,  6  dXi]&ia,  12  ixXeixpij, 
IV,5o;f',  2l7iaQ(OQyTjaav,  Y^SnivciGü),  I0  7itvdoü>aiv,  13 S^ctvfidaiag,  llnkeia- 
fiovrjv,  VII,  2  Ttaxiodxü},  9  naiöiag,  VIII,  6  öovg,  8  dvaxdkvxpev,  IX,  11  iXe- 
fxoavvi],  X,  3  diaTtQsxpet,  XIII,  6  6iv^,  11  ovx,  XVI,  5  iXoytjocDfjiai,  8  dvo- 
(psXovgj  sondern  auch  Lesaxten  wie  II,  5  i^ovS-evc^&i] ,  III,  8  y^vxh'^  (ohne 
avxov),  IVi  12.  XV,  5  oXs^^evaai,  IV,  17  iXXemlg,  V,  1  aTiiaxafxevcDv 
(ohne  Xüiv),  9  iQTjfjLoig  (ohne  iv\  16  avxagxlag,  VI,  4  TjvXoyrjasv,  VIII,  17 
avxov  (st.  atTwv),  IX,  4  ^€Qyoig  (ohne  iv),  XIII,  5  naQanxiufxaxa  (ohne 
xd),  6  ^  xaxaaxQOiprj,  XV,  8  xaxaX^fiipovxai,  9  xaxaXr]fZ(p&i^aovxai  (R*), 
welche  Swete,  wenn  er  sie  gekannt,  wohl  sämmtlich  in  den  Text  auf- 
genommen hätte. 


12  V.  Gebhardt,  Die  Psalmen  Salomo's. 

ersten  Stelle  ngoq  xvqcov,  an  der  zweiten  jtQog  ^sov.  Im  zweiten 
Psalm  hat  v.  17  (18)  R,  wie  alle  Hs.,  dvexaZvipag,  nicht  djtexa- 
Xvtpag,  und  v.  27  (31)  öiatpsQOfievov,  wie  JL,  nicht  öisq)&^aQf/evov, 
wie  H.     Im  selben  Psalm  lautet  v.  19  (20)  bei  Swete: 

xaTSOJtaoev  ro  xdXXoq  avrrjg  dno  ^qovov  öo^rjg, 
ojveiÖLöav  ydg  Id-vrj  ^hQovöaXi](i  ev  xaTajüaT?]Osi' 
xareöJtaoev  rb  xdXXog  avrrjg  djto  d^Qovov  (56§rjg. 

R  aber  hat,  wie  alle  Hss.,  xartöjcaösv  .  .  .  öo^rjg  nur  an  der 
zweiten  Stelle.  Ps.  IV,  8  (10)  glaubt  Swete  seiner  Hs.  zu  folgen, 
wenn  er  fiovov  fiercc  ö6?.ov  Statt  voftov  (lera  öoXov  schreibt; 
aber  R  bietet  (lovov  fjterd  öovXov.  In  v.  12  (15)  desselben  Psalms 
hat  Swete  im  Texte  dvajiXT]Qc6o6cog,  als  ob  diese  Conjectur  Hilgen- 
feld's  durch  R  Bestätigung  gefunden  hätte;  in  der  That  aber 
bietet  auch  R  dvajiTSQCOöewg.^) 

Von  Conjecturen  hat  Swete,  wenn  ich  nichts  übersehen  habe, 
nur  an  drei  Stellen  Gebrauch  gemacht,  nämlich  XIV,  2  (1),  wo 
er  mit  Ryle  und  James  ev  vofico  cp  statt  ev  voficp  (s.  u.  zu  d.  St.), 
XV,  7  (9),  wo  er  mit  denselben  jtoXefiiov  statt  (djto)  Xif/ov  und 
XVIII,  3  (4),  wo  er  mit  Fabricius  vlovg  statt  vlov  liest. 

3.    Die  Übersetzungen. 

Eine  lateinische  Übersetzung  der  Psalmen  lieferte  schon 
de  la  Gerda;  sie  wurde  von  Fabricius  fast  unverändert  übernommen. 

Die  erste  deutsche  Übersetzung,  welche  nach  Fabricius, 
Bibliotheca  Graeca.  Ed.  IIL  T.  XIV  p.  162  s.  im  Jahre  1716  in 
Leipzig  veröffentlicht  wurde,  habe  ich  nicht  zu  Gesichte  bekommen. 
Eine  zweite  erschien  1742  im  VIII.  Theile  der  Berlenburgischen 
Bibel  (S.  271 — 279)  und  noch  einmal,  von  Hoenius  verbessert,  in 
der  „Auswahl  der  besten  apocryphischen  Schriften,  welche  noch 
ausser  den  biblischen  vorhanden  sind".  1.  Sammlung.  Coburg 
1776  (S.  189 — 236).  Wie  diese,  so  macht  auch  die  im  Jahre 
1850  erschienene  Übersetzung  von  Richard  Akibon  anf  wissen- 


1)  Nur  ungern  und  nach  längerem  Schwanken  habe  ich  mich  dazu 
entschlossen,  die  unrichtigen  Angaben  meiner  Vorgänger  über  den  hand- 
schriftlichen Befund  ausdrücklich  namhaft  zu  machen.  Den  Ausschlag 
gab  die  Erwägung,  dass  mein  Schweigen  leicht  so  gedeutet  werden  könnte, 
als  ob  ich  selbst  nicht  gut  unterrichtet  oder  meiner  Sache  nicht  sicher 
wäre. 


Einleitung.  13 

schaftlichen  Werth  keinen  Anspruch.^)  Anders  die  von  text- 
kritischen Anmerkungen  begleitete  Übersetzung,  welche  Hilgen- 
feld  im  14.  Jahrgange  der  Zeitschrift  für  wissenschaftliche  Theo- 
logie (1871)  S.  3S3— 418  veröffentlichte.  Zwar  der  Versuch,  das 
Griechische  als  die  Ursprache  der  Psalmen  zu  erweisen,  ist  dem 
Verf.  nicht  geglückt;  aber  die  mitgetheilten  Conjecturen,  darunter 
auch  solche  von  M.  Schmidt,  verdienen  Beachtung.  Letzteres  gilt 
in  noch  höherem  Grade  von  der  drei  Jahre  später  erschienenen  Über- 
setzung, weiche  J.  Wellhausen  seiner  meisterhaften  Monographie 
über  die  Pharisäer  und  die  Sadducäer  (Greifs  wald  1874)  einverleibte 
(S.  131  — 164).  Obgleich  für  die  Emendation  des  Textes  hier  ver- 
hältnissmässig  wenig  geschehen  isi  (s.  jedoch  zu  III,  5.  VIII,  25. 
XII,  3.  XIII,  5),  so  hat  doch  das  Verständniss  desselben  durch  stetes 
Zurückgehen  auf  den  durch  das  griechische  Gewand  hindurch- 
scheinenden hebräischen  Urtext  eine  nicht  hoch  genug  zu  schätzende 
Förderung  erfahren.  Die  im  kurzgefassten  Kommentar  zu  den 
h.  Schriften  Alten  und  Neuen  Testamentes.  A.  Abth.  9.  München 
1891  S.  405 — 420  enthaltene  Übersetzung  der  Psalmen  von  0. 
Zöckler  setzt  wieder  den  griechischen  Text  als  Original  voraus, 
ohne  einen  Beitrag  zur  Verbesserung  desselben  zu  bringen.  2) 

In  englischer  Übersetzung  erschienen  die  Psalmen  zuerst  in 
William  Whiston's  Collection  of  Authentick  Records  belonging 
to  the  Old  and  New  Testament.  Part  I.  London  1727,  p.  116 
— 156.  Aus  neuerer  Zeit  kenne  ich  nur  die  Übersetzungen  von 
Pick  und  von  Ryle  und  James,  welche  den  oben  erwähnten  Aus- 
gaben des  griechischen  Textes  beigegeben  sind. 

Schliesslich  ist  noch  eine  französische  Übersetzung  zu  er- 
wähnen, im  Dictionnaire  des  Apocryphes  ou  collection  de  tous 
les  livres  apocryphes  relatifs  ä  l'Ancien  et  au  Nouveau  Testa- 
ment etc.  par  M.  l'abbe  Migne.     Paris  1856.  T.  I.  Col.  939—956. 

Ob  noch  Übersetzungen  in  andere  Sprachen  erschienen  sind, 
habe  ich  nicht  in  Erfahrung  zu  bringen  vermocht. 


1)  Achtzehn  Psalmen  Salomo's,  welche  sich  in  unserer  Bibel  nicht 
finden.  Aus  einer  alten  geheimgehaltenen  Schrift  in's  Deutsche  übertragen 
und  mit  Anmerkungen  begleitet  von  Dr.  Richard  Akibon.  Kassel,  1850.  Nach 
Weller,  Lexicon  Pseudonymorum.  2.  Aufl.  1886,  S.  11  wäre  Richard  Akibon 
=  Ludwig  Noack. 

2)  Eine  Übersetzung  von  Ps.  1.  9  und  17  findet  sich  bei  J.  Winter 
und  Aug.  Wünsche,  Die  jüdische  Litteratur  seit  Abschluss  des  Kanons. 
Bd.  I.     Trier  1894,  S.  688—692. 


14  V.  Gebhardt,  Die  Psalmen  Salomo's. 

II.    Die  Handschriften. 

I.    Die  Gruppe  HVMP. 

Die  Voranstellung  dieser  Gruppe  hat  lediglich  darin  ihren 
Grund,  dass  sie  die  zuerst  bekannt  gewordenen  Hss.  der  Psalmen 
umfasst.  Der  Werth  ihres  Textes  im  Verhältniss  zu  dem  der 
übrigen  Hss.  wird  sich  aus  der  Vergleichung  mit  diesen  ergeben. 

1.  Der  Codex  Hauniensis  6,  in  der  grossen  Königlichen 
Bibliothek  zu  Copenhagen  (H).  Auf  den  Text  der  Psalmen  Sa- 
lomo's in  dieser  Hs.  machte  zuerst  Charles  Graux  aufmerksam, 
bei  der  Anzeige  von  Chr.  Bruun's  Aarsberetninger  og  Meddelelser 
fra  det  Store  Kongelige  Bibliothek,  in  der  Revue  critique.  N.  S. 
T.  IV  (1877)  p.  291—293.  Er  gab  sodann  eine  ausführliche  Be- 
schreibung der  Hs.  in  seinen  Notices  sommaires  des  manuscrits 
Grecs  de  la  Grande  Bibliotheque  Royale  de  Copenhague.  Paris 
1879,  p.  1—4. 

Die  aus  232  Blättern  (darunter  zwei  moderne,  1  und  232) 
in  Folio  bestehende  Pergamenthandschrift  gehört  dem  X. — XL 
Jahrh.  an.  Sie  setzt  sich  aus  28  Quaternionen  zusammen,  welche 
von  lA  bis  AH  beziffert  sind,  und  einem  Temio  mit  der  Ziffer  AS; 
es  fehlen  also  zu  Anfang  10  Quaternionen.^)  Den  Anfang  macht 
fol.  2  Hiob  mit  einer  Catene  (ine.  H  x^Q^  ^  Avoirig  x^Q^  ^^ 
tov  Höav);  dann  folgen,  ebenfalls  mit  Catene,  fol.  84^  die  Sprüche, 
fol.  126^  der  Prediger,  fol.  142^  das  Hohelied,  und  hierauf,  ohne 
Catene,  fol.  15 1^  das  Buch  der  Weisheit,  fol.  170^^  die  Psalmen 
Salomo's,  fol.  183^  das  Buch  Sirach.  Der  nicht  stichisch  an- 
geordnete Text  ist  von  einer  und  derselben  Hand  sehr  correct 
geschrieben.  Von  den  Abschnitten,  in  welche  die  meisten  Psalmen 
getheilt  sind,  wird  weiter  unten  die  Rede  sein,  desgleichen  von 
der  fehlerhaften  Zählung  von  Ps.  IV— VIII.  Erwähnt  sei  hier 
nur  noch,  dass  die  Ziffer  stets  links  am  Rande,  etwas  höher  als 
die  Überschrift,  angebracht  ist.  Das  i  subscr.  kommt  nicht  vor, 
wohl    aber   das   i  adscriptum.     Die  von  mir  benutzte  Collation 


1)  Am  Fasse  von  fol.  231  liest  man:  ^Exst  rj  nagovoa  ßlßXoq  rergdöia 
TQidieovxa  xal  ivvia,  cpvXXa  XQiaxoata  öwöexa.  Die  ebendaselbst  Vv^n  späterer 
Hand  eingetragene  Notiz  [io]Tiv  iXXinig  beruht  auf  einem  Irrthum,  wenn 
sie  dem  Schluss  gelten  soll.  Das  Buch  Sirach  ist  in  der  Hs.  vollständig. 
Den  Inhalt  der  verloren  gegangenen  10  Quaternionen  habe  ich  nicht  zu 
ermitteln  vermocht.     Für  den  Psalter  hätte  der  Raum  nicht  gereicht. 


Einleitung.  ]^5 

rührt  von  Ch.  Graux  her.  WerthvoUe  Mittheilungen  verdanke 
ich  ausserdem  Herrn  Oberbibliothekar  Chr.  Bruun  und  Herrn 
Prof.  J.  L.  Heiberg  in  Copenhagen. 

2.  Der  Codex  Vindobonensis  Theol.  Gr.  11  (Lambeck  7, 
früher  56)  in  der  k.  k.  Hofbibliothek  zv  Wien  (V).  Von  der 
Erwähnung  durch  Fabricius  und  der  Benutzung  durch  die  neueren 
Herausgeber  war  schon  die  Rede  (S.  5  u.  9),  desgleichen  von  der 
Provenienz  der  Hs.,  welche  durch  die  fol.  3^  (oben)  und  noch 
einmal  fol.  166^  eingetragene  Notiz:  „Augerius  de  Busbecke  com- 
parauit  Constantinopoli"  beglaubigt  wird.^) 

Die  Hs.  besteht  aus  167  Pergamentblättern  2)  in  Folio  und 
gehört  wohl  dem  XL  Jahrh.  an.  Sie  setzte  sich  ursprünglich  aus 
28  Quaternionen  und  einem  Ternio  zusammen;  jetzt  sind  nur 
noch  21  Lagen  vorhanden,  da  die  Quaternionen  E  bis  IB  in  Ver- 
lust gerathen  sind.^)  Der  Inhalt  deckt  sich  genau  mit  dem  der 
Copenhagen  er  Hs.,  nur  dass  infolge  des  eben  erwähnten  Defects 
Hiob  von  XIII,  10  bis  zum  Schluss  und  Prov.  I,  1  bis  XII,  22 
{nXTjöd-riöovTai  xaxwv)  hier  fehlen.  Auch  die  Zählung  der  Psalmen 
und  die  Art  der  Bezifferung  ist  die  gleiche  wie  in  H.  Wie  dort, 
so  kommt  auch  hier  nur  das  t  adscr.  vor.  Ich  habe  die  Hs.  selbst 
verglichen,  verdanke  aber  Herrn  Dr.  Göldlin  von  Tiefenau  werth- 
voUe  Mittheilungen  inbetreff  des  Inhalts  und  der  Zusammensetzung. 


1)  Auf  eine  Anfrage  schrieb  mir  Herr  Göldlin  von  Tiefenau  am  2.  April 
1885:  „KoUar  ist  mit  seiner  Behauptung  zu  Lambeck's  Commentare  III 
col.  45,  nach  welcher  der  Cod.  th.  gr.  11  [resp.  7]  im  Besitze  Tengnagel's 
sich  befunden  hätte,  gewiss  im  Irrthum.  Ein  unbegreiflicher  Lapsus,  da 
das  Manuscript  eines  jener  Manuscripte  ist,  welche  Busbecke  in  Constanti- 
nopel  gekauft  hatte,  und  welche  durch  dessen  Schenkung,  in  eine.  Zeit,  in 
der  Tengnagel  noch  nicht  geboren  war,  bereits  Eigenthum  der  Hofbiblio- 
thek geworden  waren.  Demgemäss  findet  er  sich  im  Cataloge  von  Teng- 
nagel's eigener  Bibliothek  [9539]  natürlich  nicht  verzeichnet,  wohl  aber  in 
den  von  ihm  angelegten  Catalogi  codd.  mss.  graec.  theolog.  etc.  biblio' 
thecae  C.  R.  Pal.  Vindobonensis  [12594]  f.  24r  no.  56:  „Job.  Salomonis 
Sapientia  et  Ecclesiasticus.    fol.  membr." 

2)  Lambecius-Kollar  und  Nessel  zählen  166  Blätter,  wobei  sie  das 
erste,  in  der  Grösse  differirende,  einzeln  eingeheftete  Vorsteck-  oder  Schutz- 
blatt mitrechnen,  das  letzte,  allerdings  eingeschnittene,  leere,  aber  zur 
letzten  Lage  gehörige  Blatt  unberücksichtigt  lassen  (Mittheilung  Göldlin's 
von  l'iefenau). 

3)  Die  irrige  Angabe  Lambeck's,  dass  der  Hs.  22  Blätter  fehlen,  be- 
ruht auf  einer  unerklärten  älteren  Foliirung. 


16 


V.  Gebhardt,  Die  Psalmen  Salomo's. 


3.  Der  Codex  Mosquensis  147  (früher  148),  in  der  Synodal- 
bibliothek zu  Moskau  (M),  von  Matthaei,  Accurata  codicum  Grae- 
corum  mss.  bibliothecarum  Mosquensium  Sanctissimae  Synodi 
notitia  et  recensio.  T.  I.  Lips.  1805,  S.  80  beschrieben,  zuerst 
von  Ryle  und  James  nach  einer  Abschrift  des  Archimandriten 
Wladimir  benutzt  (s.  o.  S.  10). 

Die  aus  225  Blättern  bestehende  Pergamenthandschrift  stammt 
aus  dem  XII. — XIII.  Jahrb.;  sie  ist  aus  dem  Kloster  Iwiron  auf 
dem  Athos  durch  Arsenius  Suchanow  i.  J.  1653  nach  Moskau 
gekommen.  Der  Inhalt  deckt  sich  mit  dem  des  Cod.  Hauniensis 
und  des  Cod.  Vindobonensis.  Zu  Anfang  der  Abschnitte,  von 
welchen  weiter  unten  die  Rede  sein  wird,  fehlt  oft  der  rothe  An- 
fangsbuchstabe. Auch  die  Überschriften,  mit  Ausnahme  derjenigen 
des  dritten  Psalms,  hat  der  Miniator  einzutragen  versäumt.  Ich 
habe  die  Hs.  im  Jahre  1874  selbst  verglichen. 

4.  Der  Codex  Parisinus  Gr.  2991  A,  in  der  Nationalbiblio- 
thek zu  Paris  (P),  im  Catalogus  codicum  manuscriptorum  Biblio- 
thecae  Regiae.  T.  IL  Paris  1740  und  von  Omont,  Inventaire 
sommaire  des  manuscrits  Grecs  de  la  Bibliotheque  Nationale, 
P.  III.  Paris  1888  p.  81  s.  beschrieben,  zuerst  von  Ryle  und 
James  nach  einer  CoUation  Pierre  Batiffol's  benutzt. 

Die  vom  Jahre  1419  datirte  Papierhandschrift  enthält  auf 
495  Blättern  kleinen  Formates,  mit  der  Rede  des  Isocrates  ad 
Demonicum  beginnend,  verschiedene  profane  und  kirchliche  Schrif- 
ten. Auf  Reden  und  Excerpte  aus  Josephus  (fol.  173  ss.)  folgen 
von  einer  zweiten  Hand  fol.  195^^  das  Buch  der  Weisheit,  fol. 
224v  die  Psalmen  Salomo's  und  fol.  244^  das  Buch  Sirach.  Daran 
schliessen  sich  wiederum  Excerpte  und  Tractate  verschiedenen 
Inhalts.  Über  die  Eintheilung  der  Psalmen  in  dieser  Hs.  s.  u. 
Hinsichtlich  der  Zählung  gilt  das  zu  H  Bemerkte.  Ich  habe  die 
Hs.  im  Jahre  1877  selbst  verglichen. 


Von  diesen  vier  Hss.  decken  sich  drei,  nämlich  HVM,  dem 
Inhalte  nach  vollständig.  Nur  in  der  Ausstattung  unterscheiden 
sie  sich  dadurch  von  einander,  dass  H  an  künstlerischem  Schmuck 
V  Übertrift,  ^  während  auf  die  Herstellung  von  M  am  wenigsten 


1)  Über  den   künstlerischen  Schmuck  der  Copenhagener  Hs.  vgl.  be- 
sonders Chr.  ßruun,  Aarsberetninger  og  Meddelelser  fra  det  störe  Kongel. 


Einleitung.  17 

Sorgfalt  verwandt  wurde.  In  allen  drei  Hss.  ist  der  Text  des 
Buches  Hiob,  der  Sprüche,  des  Predigers  und  des  Hohenliedes 
von  einer  Catene  umgeben;  bei  den  drei  übrigen  Büchern  sind 
die  entsprechend  breiten  Ränder  unbeschrieben.  Mit  Ausnahme 
des  Buches  Hiob,  wo  der  umfangreichen  Catene  wegen  verhält- 
nissmässig  wenig  Text  auf  eine  Seite  entfällt,  sind  die  Seiten  in 
zwei  Columnen  getheilt.  Der  Text  ist  nicht  stichisch  angeordnet.^) 
Letzteres  gilt  auch  von  der  Pariser  Hs.,  in  welcher,  wie  erwähnt, 
nur  die  drei  catenenlosen  Bücher,  diese  aber  in  derselben  Reihen- 
folge wie  in  HVM,  enthalten  sind. 

Besondere  Aufmerksamkeit  verdient  die  zw^ischen  H  und  V 
bestehende  Ähnlichkeit.  Schon  die  Zahl  der  Pergamentlagen  ist 
in  beiden  Hss.  die  gleiche,  wenn  wir  H  in  seiner  jetzigen  Gestalt 
nehmen  und  in  V  die  ausgefallenen  Quaternionen  ergänzen.  In 
H  sind,  wie  w4r  sahen,  die  Pergamentlagen  von  lA  bis  Aß 
beziifert,  vorhanden  sind  also  29  Lagen.  In  V  haben  wir  A  bis  A 
und  ir  bis  K&,  also  ursprünglich  auch  29  Lagen.  Und  die 
letzte  Lage  besteht  in  beiden  Hss.  nicht  aus  8,  wie  die  übrigen, 
sondern  nur  aus  6  Blättern.  Eine  DifiPerenz  begegnet  uns  nur 
beim  letzten  Blatt  der  letzten  Lage,  welches  in  H  beschrieben, 
in  V  leer  ist.  Man  könnte  daraus  schliessen,  dass  der  Schreiber 
von  V  im  Laufe  der  Arbeit  den  Raum  einer  Seite  gespart  hätte. 
Es  bietet  sich  aber  noch  eine  andere  Erklärung  dafür.  In  H  ist 
fol.  83^'  unbeschrieben,  während  fol.  83^,  also  die  dem  Beginne 
des  Buches  der  Sprüche  zugekehrte  Seite  des  Blatts,  von  einer 
Abbildung  eingenommen  wird,  welche  den  König  Salomo  dar- 
stellt. In  V  ist,  wie  wir  sahen,  nebst  einem  grossen  Theile  des 
Buches  Hiob  auch  der  Anfang  des  Buches  der  Sprüche  ausgefallen. 
Es  könnte  also  auch  hier  an  der  entsprechenden  Stelle  eine  Ab- 
bildung Salomo's  enthalten  gewesen  sein.  Doch  spricht  das  leere 
Blatt  am  Schluss  vor  V  dafür,  dass  es  nicht  der  Fall  war.   Diese 


Bibliothek.  T.  III  (1876)  S.  25  ff.  und  Graux  a.  a.  0.  S.  3.  Die  hier  er- 
wähnte  Abbildung  Salomo's  fällt  zwar  in  den  Theil  der  Hs.,  welcher  in  V 
fehlt;  es  lässt  sich  aber  mindestens  sehr  wahi-scheinlich  machen,  dass  eine 
solche  Abbildung  hier  nie  vorhanden  war.  Ausserdem  sind  in  H  alle  Über- 
schriften und  Initialen  in  Gold  ausgeführt,  während  dieses  in  V  nur  bei 
der  Überschrift  und  den  Initialen  des  zweiten  Capitels  des  Buches  Hiob 
Anwendung  gefunden  hat,  um  später  durch  Minium  ersetzt  zu  werden. 
1)  S.  jedoch  das  unten  über  die  Interpunction  in  H  und  V  Bemerkte. 
Texte  u.  Untersuchungen  XIII,  2.  2 


j^o  V.  Gebhardt,  Die  Psalmen  Salomo's. 

Annahme  wird  fast  zur  Gewissheit,  wenn  wir  die  einzelnen  Buch- 
anfänge in  beiden  Hss.  nebeneinander  stellen: 

H  V 

Hiob  fol.   2r  1)  fol.  2r  1) 

Sprüche  fol.  84^  Lücke 

Prediger  fol.  I26r         fol.  125r 

Hoheslied  fol.  142v        fol.  141v 

Weisheit  fol.  151^         fol.  150^ 

Psalmen  Salomo's  fol.  170^        fol.  169v 
Buch  Sirach  fol.  183^        fol.  182^ 

Dass  alle  controlirbaren  Buchanfänge,  mit  Ausnahme  des 
ersten,  in  V  um  je  ein  Blatt  hinter  H  zurückbleiben,  erklärt  sich 
am  befriedigendsten  bei  der  Annahme,  dass  in  V  die  Abbildung 
Salomo's,  welche  H  fol.  83  darbietet,  fehlte.  Denn,  da  Prediger, 
Hoheslied,  Weisheit,  Psalmen  und  Sirach  in  Y  genau  denselben 
Umfang  haben  wie  in  H,  muss  man  annehmen,  dass  das  Gleiche 
auch  bei  Hiob  und  den  Sprüchen  der  Fall  war,  und  daraus  ist 
weiter  zu  schliessen,  dass  H  und  V,  von  dem  Gemälde  abgesehen, 
sich  Blatt  für  Blatt  decken.  Dass  dieses  Zusammentreffen  nicht 
zufällig  sein  kann,  liegt  auf  der  Hand;  es  fragt  sich  nur,  wie  es 
zu  erklären  ist. 

Das  Verhältniss  von  V  zu  H  wäre  ohne  Weiteres  klar,  wenn 
es  mit  einer  Beobachtung  Graux'  seine  Richtigkeit  hätte,  welche 
sich  an  den  Anfang  des  Buches  Hiob  in  H  knüpft.  Er  schreibt 
nämlich  a.  a.  0.  S.  3:  „Le  manuscrit  commence  aujourd'hui  avec 
le  debut  du  texte  de  Job  et  le  debut  de  la  Chaine.  11  manque  la 
protheorie  du  ler  chapitre,  qui  devait  se  trouver  sur  le  dernier 
des  feuillets  perdus  en  tete  du  manuscrit"  (s.  o.).  Hiernach  müsste 
man,  da  V  genau  ebenso  beginnt  wie  H,  annehmen,  dass  erstere 
Hs.  aus  letzterer  abgeschrieben  wurde,  nachdem  diese  bereits  die 
ersten  10  Lagen  eingebüsst  hatte.  Dass  zu  der  hier  vorliegenden 
Hiob-Catene,  wie  zu  den  sonst  bekannten,  ursprünglich  ein  Prolog 
gehörte,  unterliegt  keinem  Zweifel. 2)   Die  angeführte  Beobachtung 

1)  Man  erinnere  sich,  dass  in  beiden  Hss.  ein  modernes  Schutzblatt 
als  fol.  1  gezählt  ist. 

2)  Vgl.  z.  B.  die  im  Cod.  Vindob.  theol.  Gr.  147  (früher  VI)  enthaltene 
Catene,  welcher  der  Prolog  des  Polychronius  (ine.  ''H  iv  xcüq  d^siaiq  y^atpalq 
dodipeia  noXkrjv  exsi  trjv  ahiav,  vgl.  De  resurrectione  speciatim  Jobi  etc. 
meditationes   quas    cum   paralipomenis    Magni  Crusii   emittit  David  Otto 


Einleitung.  19 

Graux'  aber  ist  nicht  unanfechtbar.  Denn  die  Verzierung  in  Gold 
und  Farben,  womit  jetzt  Hiob  in  H  beginnt,  gleicht  derjenigen 
zu  Anfang  des  Buches  der  Sprüche  fol.  84.^)  Es  bleibt  also  die 
Möglichkeit  offen,  dass  die  der  eigentlichen  Catene  vorausgehen- 
den Stücke  schon  in  der  Vorlage  von  H  fehlten.  Wir  müssen 
uns  daher  nach  anderen  Merkmalen  umsehen,  um  das  Verhältniss 
der  beiden  Hss.  zu  einander  zu  bestimmen. 

Da  H  die  ältere  Handschrift  ist, 2)  so  kann  die  Frage  nur 
sein,  ob  V  Abschrift  von.  H  ist,  oder  ob  beide  aus  einer  dritten 
Hs.,  die  wir  nicht  mehr  besitzen,  abgeschrieben  sind.  Letzteres 
wird  desto  unwahrscheinlicher  je  vollständiger  die  Überein- 
stimmung beider  Hss.  ist.  In  der  That  erstreckt  sich  diese  so 
weit,  dass  man  geradezu  von  einem  Facsimile  reden  kann. 

Dass  H  und  V  sich  Blatt  für  Blatt  decken,  müssten  wir 
schon  aus  dem  gleichen  Umfange  der  Bücher  in  beiden  Hss. 
schliessen.  Sie  decken  sich  aber  nicht  nur  Blatt  für  Blatt,  sondern 
Zeile  für  Zeile.  Ohne  die  beiden  Hss.  neben  einander  oder  Photo- 
graphien identischer  Blätter  vor  Augen  zu  haben,  kann  man  sich 
hiervon  auf  Grund  der  folgenden  Thatsachen  überzeugen. 

1.  Von  den  vier  Seiten  der  Copenhagener  Hs.,  welche  Graux 
in  dem  oben  angeführten  Kataloge  im  Facsimile  veröffentlicht 
hat,  betreffen  drei,  nämlich  Taf.  I.  III  und  IV,  solche  Stücke,  die 
auch  in  der  Wiener  Hs.  erhalten  sind.  Auf  meine  Bitte  verglich 
Herr  Göldlin  von  Tiefenau  diese  drei  Tafeln  mit  den  betreffenden 
Seiten  in  V  und  konnte  das  Resultat  der  Vergleichung  (20.  IX. 
1894)    dahin    zusammenfassen,   „dass   unser  Manuscript  mit  dem 

Wahrendorf.  Gotting.  1738,  p.  124  s.)  und  ein  ^YTioßvij/xa  elq  xov  ßaxa- 
Qiov  xal  dixaiov  'Iwß  vorausgehen,  und  die  Catene  im  Cod.  XXIX  Plut.  X 
der  Laurentiana,  welche  durch  drei  vTtod-iosig  eröffnet  wird  (eine  ttqo- 
&e(x)Qia  zum  ersten  Capitel  scheint  auch  hier  au  fehlen).  Noch  reicheres 
Material  findet  sich  an  dieser  Stelle  in  der  von  Patrick  Young  veröffent- 
lichten (jüngeren)  Catena  Graecorum  Patrum  in  beatum  Job  collectore 
Niceta  Heracleae  Metropolita.    Londini  1637. 

1)  Aus  einer  brieflichen  Mittheilung  Chr.  Bruun's,  welcher  hinzufügt: 
„Es  scheint  mir  zweifelhaft  zu  sein,  ob  eine  TtQO&scDola  zum  Capitel  1  auf 
einem  vorangehenden  Blatt,  welches  jetzt  mangelt,  gestanden  hat." 

2)  Graux  datirte  die  Copenhagener  Hs.  in  der  Revue  critique  (1877) 
aus  dem  X.,  im  Kataloge  (1879)  aus  dem  X.— XL  Jahrhundert.  Die  Wiener 
Hs.,  obgleich  jener  auch  in  der  Schrift  sehr  ähnlich,  wird  eher  dem  XI. 
als  dem  X.  Jahrh.  zuzuweisen  sein.  Namentlich  in  der  für  die  Überschriften, 
Prologe  u.  dergl.  verwandten  Semiunciale  tritt  der  Altersunterschied  zu  Tage. 

2  * 


20  V.  Gebhardt,  Die  Psalmen  Salomo's. 

Copenhagener  in  den  Initialen,  in  der  Zeilenlänge,  Zahl  der  Zeilen 
einer  Seite,  in  der  Interpunction,  ich  möchte  hinzufügen,  auch  im 
Charakter  der  Schrift  zusammentrifft". 

2.  Die  zweite  Columne  der  letzten  Seite  in  V  ist,  um  mit 
der  letzten  Zeile  bis  an  den  Schluss  der  Seite  zu  gelangen,  in 
eine  Figur  gebracht,  so  zwar,  dass  die  Zeilen  5 —  1 1  sich  von  der 
vollen  Zeilenlänge  bis  zu  einem  einzelnen  Buchstaben  verjüngen, 
Zeile  12—16  voll  ausgeschrieben  sind,  Zeile  17 — 22,  mit  drei 
Buchstaben  beginnend,  bis  nahe  an  die  volle  Zeilenlänge  sich 
erweitern  und  Zeile  23 — 27  wiederum  voll  ausgeschrieben  sind. 
Eine  Pause  dieser  Figur,  welche  ich  der  Güte  Göldlin's  von  Tiefenau 
verdanke,  verglich  Herr  Oberbibliothekar  Chr.  Bruun  mit  der  ent- 
sprechenden Columne  der  Copenhagener  Hs.  und  fand  diese  (6.  X. 
1894)  „ganz  identisch  mit  der  übersandten  Durchzeichnung,  so- 
wohl was  die  Abkürzungen,  als  das  Arrangement  und  die  Linien- 
Abtheilungen  belangt". 

3.  Mit  Ausnahme  von  Ps.  I  und  Ps.  VI  ist  der  Text  der 
Psalmen  in  den  Hss.  der  Gruppe  HVMP  in  Abschnitte  getheilt, 
welche  durch  grosse  rothe,  in  H  mit  Gold  überzogene,  vor  die 
Zeile  gestellte  Anfangsbuchstaben  kenntlich  gemacht  sind.  Wo 
der  Anfang  eines  neuen  Abschnitts  nicht  mit  dem  Beginn  einer 
neuen  Zeile  zusammentrifft,  ist  der  erste  Buchstabe  der  folgenden 
Zeile  ausgerückt,  auch  wenn  damit  kein  neues  Wort  beginnt. 
Ich  stelle,  um  den Thatbestand  zu  veranschaulichen,  diebetreffenden 
Stellen  aus  H  und  V  zusammen  und  füge  M  zur  Vergleichung  hinzu. 
Wo  hier  die  Eintragung  des  Anfangsbuchstaben  vom  Miniator 
unterlassen  worden  ist,  habe  ich  ihn  in  Klammern  eingeschlossen. 
Den  Bestand  in  P  notire  ich  unter  dem  Texte,  da  in  dieser  Hs.  die 
Kennzeichnung  der  Abschnitte  wiederholt  vernachlässigt  worden  ist. 

H  und  V  M 

II,  7  xa  II  Tä  rag  ofiaQT.  [K]aTd  rag  cftaQT. 

11  i  II  JSrrjOsv  Tovg  vlovg  ['E]öTr]0£  zovg  vlovg 

15  sycD  öixai  \\  ^oco  oe  ['E\yco  öixaicooco  oe 

18  *0  &sbg  XQirrjg  ['O]  d-sog  XQLTTjg 

22  Kai  kyco  elöov  xal  xal  syco  elöov  ||  Ka\ 
25  ^17}  xQOViOXjg  ||  'O  d^eog  wie  HV 


II.     P  hat  nur  v.  7  xaxa  ||  Taq  afjLtxQZ.,  v.  11  sarrjas  r.  vi.  Uq.  sIq 
ifi  II  naiyfibv,  v.  22  xal  iyw  \\  Elöov,  v.  28  ovx  iXoylaato  l"Oti 


Einleitung.  21 

H  und  V  M 

28  ovK  sXoyl  \\  Saro  6t l  Ovx  ekoyloaro  ort 
32  Kai  vvv  wie  HV 

III,  5  JzQOösxotpsv  II  'O  ölxaiog  IlQoOsxoxpev  6  ölxaiog 

9  JCQOOexoxpsv  a\\MaQT(DX6g  ÜQooixo'ipev  a(iaQT(oXbq 

IV,  4  OL  II  '0(pd^aX(jLOL  avTOv  ol  0(p&aX{i0L  \\  Avxov 
6  e^agat  6  d-eoq  ||  Tovg  s^ccQat  \\  'O  ßsbg  rovg 

10  ov  II  K  dvsöTTj  Ovx  aveorrj 

13  ovx  sfjjtijiXa  II  Tai  Otx  efijiijtXarat 

19  OxoQjttW^&slrjöav  oaQxeg  oxogjno^elrjOav  \\2JaQX6g 
23  MaxaQioc  ol  ^oßovfi.  wie  HV 

V,  5  6V  TW  d-Xl  11  Bsöü^ac  r^iäg  ev  tw  d-Xißeod^at  ||  ^HpLag 

9  Tß  jcE  II  2'et^'o;  Ta  jiSTSivä 
13  ifiT  ;^()?yöror?yc  wie  HV 

16  /M«x«  II  P(tog  Maxagiog 

VII,  6  -ß*!^  T^  xaxaoxTjvovv  [E]v  T(p  xaTaöxtjvovv 

VIII,  6  eijtov  xaTsv^v  \\  Novoiv  etjtov  \\  [K]aTev0^vvovöiv 

10  ^Efiot/copTO  8X.  yvv,  sftoi  \\  [X]65vto  tx,  yvv. 

15  tjyays  top  an   \(iy(a\lLOV  rjyays    top   djt    eö/aTov  \\ 

TTjg  [T]rig 

18  siörjXd^EP  II  *i2g  jtax.  elg  slorjX^sp  de  jtaT.  \\  [E\lg 

22  enolrjoap  ||  KaTO.  ijtolrjoap  \\  [K]aTd 

27    SJtlöTQS  II    WOV  [^E]jllOTQ€lf)OP 

IX,  4   Tä  sQya  ij^mp  to.  Igya  ||  ['H]fi<5p 

6   Tlpi  XQ^OTEvor]  6  ß-eog  tLpl  XQrjöTBvör}  ||  ^0]  d^eog 

8  xal  PVP  II  Uv  6  d-ebg  [K]al  vvv  öv  6  ^sbg 

X,  5  öl  II  Kaiog  xal  [J\lxaiog  xal 

XI,  7  epövöac  hg.  \\  Ta  \''E]vövöaL  Isq.  to. 

XII,  4  fiaxQvvaL  ||  Ö  i9^£og  [i>fJax(>i;ro:^  o  i9^fog 

XIII,  5  STagax^ri  6  \\  'Aösßrjg  \jE]TaQdyßrj  6  dosßrjg 

XIV,  3  '^'OöiOL  xvqIov  ['0]öioc  xvqiov 


III.  P  hat  nur  v.  5:  wie  M.         IV.  P  hat  nur  v.  6:    wie  HV,  v.  13: 
wie  M,  V.  23;    (xaxdgiOL  ||  Ol  (poßov^evoi  V.  P  hat  nur  v.  b'Ev  x(5 

^Xiß.,  V.  13:  wie  HVM.  VII.  P  hat  keinen  Abschnitt.  VEI.  P  hat 

nur  V.  10  ^fxoLX-  ex.  ||  FwaCxa,  v.  18  eiafjX^^ev  atg  nax.  elq\  Olx.,  v.  27: 
wie  HV.  IX.  P  hat  nur  v.  8  xal  vvv. . .  rjfieig  \\  Aaog  X.  P  hat  keinen 
Abschnitt.  XL  P   v.  7   ev6.  Uq.  tcc  tfx.  \\  T^g  XII.  T>  hat  keinen 

Abschnitt.  XIII.  P  v.  5  iraQ.  6  aaeß.  öia  ta  naga  \\  Uxwix.  XIV.  P  hat 
keine  Abschnitte. 


22  V.  Gebhardt,  Die  Psalmen  Salomo's. 

H  und  V  M 

XIV,  6  ical  ovx  ovTCog  \\  Ol  [K]al  ovx  ovrwq  ol 

XV,  8  9)Aog  II  UvQog  (pX6§  \\  [n]vQ6g 

8  xaTaöc(D^srai  öe  \\^AfiaQT.  xaraöiw^stac  \\   [A]s  äfiagr, 
XVI,  5  ^E^o(ioXoy7^öo(ial  ooi  s^ofioZo  \\  [r]i^öoßal  öoc 

9  Tß  II  "Egya  rmv  x^i-Q^^v       ra  egya  rmv  ||  [X]blq^v 
11  eav  afiagz.  \\  ^Ev  rm  öe       sav  ofiagr.  ev  reo  ||  {2]b 

XVII,  A  ov  xe  tJqstIöcq  t.  \\  Aa6      ov  xvgis  \\  (HiJQerloio  xrX. 
7  xal  ov  o  &o\\KaTaßaXeig  wie  HV 

11   'HQrj(i(oöev  6  av.  rrjv  i^QTJfKoösv  6  av.  ||  Triv 

15^  xal  sjtexQ.  avr.  \\  Ol  vlol  wie  HV 

21  i  II  Je  xvQLB  LÖS  II  KvQie 

23  6^(56.  afi.  ajco  xXtjq.  \\  'Ex-  wie  HV 

zgltpai 
30  Kai  8§ec  wie  HV 

34  xvQ.  avr.  ßa\\2iX6vg  avr.    xvq.  avr.  ßaöiX.  \\  Avr. 
39  rj  eXjtlg  ||  Avrov  ^H  sXytlg  avrov 

42  avTTj  ?]  svjtQS  II  Ileia  Avttj  rj  evjüQEJteia 

XVIIl,  6  fiaxd  II  PcoL  MaxagiOL 

10  Meyag  wie  HV 

Während  M  und  P,  wie  man  sieht,  fast  überall  abweichen, 
ist  in  V  an  sämmtlichen  53  Stellen  der  gleiche  Buch- 
stabe als  Initial  ausgeworfen  wie  in  H.^) 

Aber,  so  gut  wie  V  Facsimile  von  H,  könnten  H  und  V 
Nachbildungen  einer  dritten  Handschrift  sein:  die  Möglichkeit, 
so  unwahrscheinlich  sie  ist,  muss  zugestanden  werden.  Es  gilt 
daher  zuzusehen,  ob  etwa  auf  Grund  des  Textes  ein  zwingender 
Beweis  dafür  erbracht  werden  kann,  dass  V  wirklich  aus  H  ab- 
geschrieben ist. 

Der  Text  der  Psalmen  ist  in  beiden  Hss.  a.usserordentlich 
correct  geschrieben.  In  V  habe  ich  nur  drei  Schreibfehler  im 
engeren  Sinne  gefunden,  nämlich  VIII,  23  agvlai  statt  agvla,  IX,  11 
alcQvai  statt  almva   und  XVIII,   11    (pwßmL   statt  (poßcp.     Von 


XV.  P  hat  nur  v.  8  xcctaSioj^.  de  ccfxaQ  ||  TwX.  XVI.  P  hat  nur 

V.  11:  wie  M.  XVII.   P  hat  nur  v.  4    ah.  .  .  6äS  ||  BaoiXia,    v.  11  ^pjy-'' 

(jL<üaiv  .  .  .  yrjv  ||"^f//Mt5v,  v.  21  l'ös  .  .  .  avaar.  ||  AvzoTg,  v.  30:  wie  HVM,  v.  34 
XVQ.  avr.  II  BaaiXeig,  v.  89  ['H]  iXTtlq  avrov,  v.  42  avTrj  .  .  .  ßccat  \\  Aiwg 
XVIII.  P  hat  V.  6:  wie  HV,  v.  10:  wie  HVM. 

1)  Herr  Prof.  J.  L.  Heiberg  hatte  die  Güte,  dies  zu  constatiren. 


Einleitung.  23 

diesen  Fehlem  findet  sich  nur  einer  auch  in  H,  nämlich  VIII,  23 
agvlai,  während  andere  Versehen  dieser  Art  hier  nicht  vorzukommen 
scheinen.  ^)  Aber  der  gemeinsame  Fehler  ist  auffallend,  und  noch 
bemerkenswerther  die  Thatsache,  dass  das  a  am  Schluss  von  alcöva 
IX,  11  in  H  in  einen  senkrechten  Strich  ausläuft,  welcher  einem 
L  nicht  unähnlich  ist.  Dazu  kommt,  dass  II,  23  beide  Hss.  fehler- 
haft fiTjVf'jöemg  statt  firjvtcscoq  und  IX,  1  djtotxrjoiai  statt  ajcoi- 
xsölat  schreiben.  Kann  auch  dies  Zufall  sein,  so  fehlt  es  doch 
nicht  an  einer  Stelle,  welche  zur  Bestimmung  des  Verhältnisses 
beider  Hss.  zu  einander  eine  sichere  Handhabe  bietet.  In  Ps. 
XVI  lautet  V.  13b  nach  den  für  die  Überlieferung  massgebenden 
Zeugen  ttg  vcps^erai  Jtaiöüav  Iv  üievla.  In  H  ist  jtaiöelav 
SV  jtevlat  von  erster  Hand  aus  6V  jtevlai  jcaiöelav  hergestellt 
und  zwar  in  folgender  Weise.  ,Das  sv  ist  mit  der  braunen 
Dinte  des  Textes  von  erster  Hand  übergeschrieben;  daneben  steht, 
ebenfalls  mit  derselben  Hand  und  Dinte,  ein  wegen  Raummangels 
verunglücktes  ß,  das  eher  wie  ein  Strich  oder  Klecks  aussieht, 
aber- sicher  als  Gegenstück  zu  dem  über  jcaiöelav  mit  derselben 
Hand  und  Dinte  stehenden  a  gemeint  ist.  Das  i  in  jtevlai'^)  steht 
auf  Rasur  mit  erster  Hand;  darauf  folgt  eine  Rasur  von  2—3 
Buchstaben.  Ohne  Zweifel  ist  der  Hergang  dieser:  der  Schreiber 
schrieb  (durch  Vermengung  von  jtaiöelav  und  jisvlai^)  jrsvlav 
ev,  wurde  dann  auf  den  Irrthum  aufmerksam  (durch  die 
Endung  von  jtaiöslav)  und  stellte  die  Wortfolge  der  Vorlage 
her:  naiÖElav  kv  jcevlai^^)  Wenn  nun  V  hier  ev  JtsvtaL  Jtat- 
öelav  bietet  und  ebenfalls  durch  a  und  ß  die  Umstellung  be- 
wirkt^ so  ist  klar,  dass  der  Schreiber  zuerst  das  undeutliche  ß 
über  kv  {jtsvlca)  übersah  und  erst  durch  das  über  jtacöelav  stehende 
deutliche  a  auf  die  Correctur  in  der  Vorlage  aufmerksam  wurde. 
Damit  ist  erwiesen,  dass  V  in  der  That  eine  Abschrift  von  H 
ist.  Und  dieselbe  Stelle  lässt  uns  auch  erkennen,  woher  M  und 
P  stammen. 


1)  Ich  verlasse  mich  hierbei  auf  Graux'  Collation.    Auch  Ryle  und 
James  haben  aus  H  keinen  Schreibfehler  notirt. 

2)  H  und  V  haben   auch   das   gemeinsam,   dass  sie  nur  das  i  adscr., 
nie  das  i  subscr.  anwenden,  s.  o. 

3)  Vielleicht  war   in  der  Vorlage,   wie   in  R,   nsöiav  statt  naiöeiav 
geschrieben. 

4)  Aus  einem  Schreiben  Prof.  J.  L.  Heiberg's,  welchem  ich  die  Kennt- 
niss  des  von  Graux  nicht  erwähnten  Thatbesta,ndes  verdanke. 


24 


V.  Gebhardt,  Die  Psalmen  Salomo's. 


Dass  M  und  P  aus  der  gleichen  Vorlage  abgeschrieben  sind, 
ergiebt  sich  theils  aus  der  geringen  Zahl  von  Stellen,  an  welchen 
sie  von  einander  abweichen,  theils  aus  einer  Anzahl  Lesarten,  in 
welchen  beide  gegen  H  und  V,  mit  denen  sie  sonst  eng  verwandt 
sind,  zusammenstimmen.  Es  kommen  dabei  die  folgenden  Stellen 
in  Betracht. 


HV 

MP 

M 

P 

I, 

5 

nioojöLV 

jteomoi 

— 

— 

n, 

5 

avTov 

— 

avT7}g 

wie  HV 

11 

eorrjöev 

löTTjöe 

22 

ajuxymyfi 

ijcaycoyf] 

— 

— 

in, 

1 

ipaXatB 

— 

tpdXXars 

wie  HV 

IV, 

9 

evörad^sla 

svorad-la 

4 

— 

15 

djcoQlaig 

ajioQLa 

— 

— 

16 

ajcojitOOL 

djrojreoei 

— 

XBLQCOV 

X^^Qog 

— 

— 

V, 

1 

TCO  ovofiari 

t6  ovofia 

— 

— 

VI, 

4 

evözad-sla 

evörad^la 

4 

— 

VIII, 

12 

acpeÖQO) 

dfpmÖQO) 

wie  HV 

21 

eyivvTjoav 

— 

hydvvrjoev 

wie  HV 

28 

hXtov 

— 

wie  HV 

hXalov 

XI, 

5 

eaxiaoav 

IdxiQTriOav 

— 

XII, 

2 

aXcp 

wie  HV 

aXXqj 

4 

axaxcov 

xaxSv 

— 

— 

XVI, 

1 

xarafp^OQcc 

— 

wie  HV 

xaTa(poQa 

12 

epiöxvoai 

— 

wie  HV 

löxvöai 

13  JtaLÖeiav    hv 

ev    jtevia 

— 

— 

jtevla  ex  corr. 

jtaiöeiav 

XVII, 

21  olöeg 

olöag 

— 

— 

25 

tv  djtsiXf]  . . . 
avTov 

ausgelassen 

— 

— 

32 

ölxaiog 

— 

wie  HV 

ölxaiog  xal 

41 

— 

wie  HV 

av^SL 

Nicht  aufgeführt  ist  in  der  vorstehenden  Zusammenstellung, 
ausser  den  oben  erwähnten  Schreibfehlern  in  H  und  V,  nur  das 
xal  hinter  xgarawc  II,  29  in  M,  da  es  alsbald  wieder  gestrichen 
wurde.  In  derselben  Hs.  fehlt  II,  18  das  *0  vor  ^sög  durch  Schuld 
des  Miniators,  wie  in  P  XVII,  39  das  ^H  vor  eXjt\g. 


Einleitung.  25 

Von  den  wenigen  Varianten  zwischen  MP  einerseits  und  HV 
andrerseits,  welche  nach  Abstrich  der  rein  graphischen  Verschieden- 
heiten übrig  bleiben,  ist  ejtayatyTJ  11,  22  offenbar  eine  Ver- 
besserung, während  sich  über  den  Werth  von  eöxiQT7]0av  XI,  5 
und  von  olöag  XVII,  21  allenfalls  streiten  Hesse.  Wir  werden  aber 
später  sehen,  dass  nur  sjtayojyf]  durch  die  massgebenden  Zeugen 
Bestätigung  findet,  und  um  dieser  einen  guten  Lesart  willen  wird 
sicher  niemand  den  Archetypus  von  MP  jenseits  HV  verlegen 
wollen.  Die  Sonderlesarten  von  M  und  P  spielen  dabei  ohnehin 
keine  Rolle,  wenn  auch  M  -mit  avTr/g  II,  5  einen  guten  Griff 
gethan  haben  mag,  wie  P  mit  xaracpoQo.  XVI,  1  fraglos  einen 
Fehler  der  gemeinsamen  Vorlage  berichtigt  hat.  So  wie  die  Dinge 
liegen,  bleibt  nur  die  Alternative,  ob  die  MP  gemeinsame  Vorlage, 
welche  an  den  angeführten  Stellen  von  HV  abwich  und  XVII,  25 
die  Worte  av  djtsiXf]  .  .  .  avrov  vermissen  liess,  aus  H  oder  aus 
V  geflossen  ist.^)  Und  hier  ist  wiederum  das  sv  nevia  jtatöeiav 
XVI,  13  entscheidend.  Eine  Abschrift  von  V  hätte  die  deutliche 
Correctur  nicht  unberücksichtigt  gelassen,  während  das  deutliche 
a  über  jiHÖsiav  in  H  unverstanden  blieb,  nachdem  das  undeut- 
liche ß  über  SV  {pteviat)  übersehen  worden  war.  Wir  gewinnen 
somit  für  die  Hss.  dieser  Gruppe  die  folgende  Genealogie: 

H 


M  P 

Für  die  Überlieferung  des  Textes  kommt  also  nur  H  als 
Zeuge  in  Betracht.  Die  Lesarten  der  drei  übigen  Hss.  haben  im 
günstigsten  Falle  .den  Werth  von  Emendationen. 

2.    Die  römischen  und  die  Athos-Handschriften. 

Ausser  HVMP  war  bisher  nur  noch  eine  Hs.  unserer  Psalmen 
bekannt,  nämlich  die  Vaticanische.  Der  Codex  Casanatensis  und 
die  Athos-Handschriften  werden  hier  zum  ersten  Male  verwerthet. 

1.  Der  Codex  Vaticanus  Gr.  336  (R),  von  Erich  Kloster- 
mann, Analecta  zur  Septuaginta,  H^xapla  und  Patristik.   Leipzig 


1)  Dass  P,  die  jüngste  Hs.  der  Gruppe,  nicht  aus  M  abgeschrieben 
sein  kann,  ergiebt  sich  schon  aus  dem  Vorhandensein  der  Überschriften  in 
P,  welche  in  M,  wie  wir  gesehen  haben  (S,  16),  bis  auf  eine  fehlen. 


26  V.  Gebhardt,  Die  Psalmen  Salomo's. 

1895,  S.  17  ff.  beschrieben,  von  Swete  zuerst  benutzt  (s.  o.  S.  11), 
von  mir  im  Frühjahr  1882  verglichen.^) 

Die  aus  194  Pergamentblättern  in  4.  bestehende  Hs.  gehört 
dem  XL — XXL  Jahrhundert  an.  Sie  enthält  dieselben  Bücher  wie 
H  und  in  der  gleichen  Reihenfolge,  aber  (1 — 4)  ohne  Catene: 

1)  Hiob  fol.  ir— 40^ 

2)  Sprüche  fol.  4ör— 79v 

3)  Prediger  fol.  79v— 92^ 

4)  Hoheslied  fol.  93^—99^ 

5)  Weisheit  Sal.  fol.  99v— 122^ 

6)  Psalmen  Sal.  122v-136v 

7)  Jesus  Sirach  fol.  136v— 194v 

Hiob  ist  in  32  Capitel  eingetheilt,  das  Buch  der  Sprüche  in 
15.^)  Am  Rande  stehen  in  Hiob  selten,  im  Buch  der  Sprüche 
öfter  liturgische  Notizen,  wie  ri]  ueyaXr]  ß,  rfj  ö  xTJg  1  eßöo- 
fiaöog  u.  dergl.  Weisheit,  Psalmen  Sal.  und  Sirach  werden  als 
'Adiad^BTa  eingeführt.^)  Am  Schluss  des  Predigers  sind  die  Stichen 
notirt  {tpvy)^  ebenso  am  Schluss  des  Hohenliedes  (rvy)  und  der 
Psalmen  Sal.  (tpv),  örixVQ^Q  ist  aber  nur  ein  kleines  Stück  im 
Buche  Sirach  geschrieben.  Im  letzteren  Buche  findet  sich  eine 
von  8,6  djfo  a^agvlaq  bis  11, 10  rexpop'  fii]  Jisgl  jtoXXa  reichende, 
anscheinend  durch  Blattausfall  in  der  Vorlage  verschuldete  Lücke, 
auf  welche  eine  spätere  Hand  durch  Xeijcei  jtoXXa  (foL  145v)  auf- 
merksam gemacht  hat.  Die  Quaternionen  sind  zu  Anfang,  rechts 
oben,  gezählt,  a  unten  rechts,  am  Schluss.  Die  Hs.  ist  das  Werk 
eines  Schreibers.  Abkürzungen  sind  selten,  Spiritus  und  Accente 
oft  fehlerhaft,  das  c  subscr.  oder  adscr.  fehlt  ganz.  Verstösse 
gegen  die  Orthographie,  meist  durch  den  Itacismus  verschuldet, 
sind  häufig.     Es  werden  verwechselt: 

i  und  ei:  II,  17  k^rjXirpag.  19  coplörjoav,  31  djtcoXiav,  III,  6 
dXrid^La^  IV,  9.  VI,  4  evorad^la,  V,  8  jupdoco,  10  Jti- 
vdöcoöip,  13  d-avfidoiag,  16  avraQxlag,  VII,  9  Jtaiöiag, 


1)  Über  die  Bedeutung  dieser  Hs.  (Holmes  253)  für  die  Kritik  des 
Textes  der  LXX  s.  E.  Nestle,  Marginalien  (I)  S.  32.  48  f.  E.  Klostei-mann, 
De  libri  Coheleth  versione  Alexandrina.    Kiel  1892,  S.  15. 

2)  Die  Überschrift  des  Buches  der  Sprüche  lautet  nagoiixiaio  oo'/.o- 
fXüivToa;  ebenso  1,  1  na  (jo  t/u  lata  aoXofxwvzoa  viov  ^^äö. 

3)  Das  Buch  der  Weisheit  ist  überschrieben  'AöiÜS^ezcc  +  ao<pla  aolo 
fxwvzoo  -|- 


Einleitung.  27 

XIII,  6  öcvrj,  XVI,  13  jcsöiap  (1.  jtaiö.),  XVII,  21  Mag, 
XVIII,  4  jcaiöla,  10  ^0(>/a; 

II,  7  syxareXsiJtsv,  29.  36.  XVII,  36.  38  laxvei,  IV,  5 
oixslav,  17  eXXeijcTjg,  VIII,  13  :;ra()€7€fjroi^,  XII,  6  i:7ray- 
yeXsiag,  XIV,  4  IxTuXrjöovTaL. 

sc  und  jy:  II,  21  djtsQQicpsi,  23  sjtiTifii^asig,  V,  17  jtXsiöfiOVi^Vj 
VII,  8  ajrcüöft; 

III,  12  BxXelxpri,  IX,  2  £>i;?y,  XVII,  37  xarrjQyaaaro. 
7}   und    t:    II,  19  mvlörjöav,   25  XQovrjörjq,  26  ixQovrjOa,  IV,  21 

jtaQooQyrjöav,  VIII,  7  dpeXoyi^ödfirjv,  XVI,  5  kXoy^ötx), 

XVII,  4  riQBrrioc6\, 

II,  33  sjttörlfirj,   VII,  2  JtatiödTa),   XII,  6  xXtjqovo- 

liloaLOav^  XVII,  5  ejtiyyeiXoi. 
ai  und  £*.  VIII,  15  aioxdrov,  XVI,  5  eXoyi^owfiai  (st.  eXoylaco  fie); 

II,  11.  XVU,  12  efijteyiibv,  XVI,  13  jr€(^/ai^. 
.t«  und  ?;:    XVII,  45  raxvvrj,  XVIII,  5  xaO^aglörj. 
Tj  und   6:   IX,  7  dtpeoecy  XVII,  9  s^sqsvvtjOsv. 
0  und  cö:  III,  4   dXtyoQrjOEi,   IX,  2  öixaioötjg  (st.  öixaicod^fjg)^ 

X,  3  dyajtovrag,  XIII,  9  jiqoxotcxov,  XIV,  4  £()(>£- 

^oii6P/j^  XV,  10  «jro-^e/a,  XVI,  8  a3uo9)£2oi;$; 

11,  34  dvafitawv,  VI,  3  JtToi7jd^7]C6Tai^  VIII,  11  (!£?/(>- 

cö  und  ov:  XV,  11  e^egruimcmötv. 

Auf  die  Herkunft  der  Hs.  aus  dem  Orient  oder  aus  Grriechen- 
land  weisen  Eintragungen  eines  früheren  Besitzers,  aus  dem  An- 
fange des  15.  Jahrhunderts,  am  oberen  Rande  zweier  Seiten.^) 

Obgleich  ich  den  Codex  Vaticanus  selbst  genau  collationirt 
hatte,  habe  ich  doch,  um  völlig  sicher  zu  gehen,  in  mehreren 
Fällen,  wo  ich  bei  Swete  abweichende  Angaben  fand,  die  Hand- 
schrift noch  einmal  einsehen  und  die  in  Frage  kommende  Lesart 
verificiren  lassen,  so  namentlich  I,  1  JtQoq  xvgcov  (la)  und  JtQog 
d^sbv  (Ib),  II,  17  dvexdXvipag,  IV,  12  dvajtrsQcoascog,  V,  1  ^v 
/isaca  ejtiörafievcop^  XVII,  23  oxsvr}. 

1)  Man  liest  fol.  39v:  iysvvi]&rj  6  a6e),(f6(i  (jlov  xvQioq  ötjfiijTQiog  o 
aÖQiavoq  iv  azei  ^s'^xa<^  Ivö  (die  Zahl  fehlt)  xaxi  fx^va  fidiov  rjfisQcc  xv- 
QLüxri:  —  Tb  öe  iniöv  szoq  eXaßa  xaycj  xi^v  yvvalxa  iv  r^  W^Q^  '^^^ 
äyiov  nva:  —  ferner  fol.  40r:  exotui^ij  rj  xvgia  ßov  rj  fi^TijQ  (jlov,  iv  ^zei 
/•TTi;?^"  Lvö.  iß  xaxa  fx^va  ipevQovagiov  x^  xgiaxoaxfi  a  xov  avxov  fii]- 
vog.  rifiiga  xqixtj  (oga  ^'  xijg  vvxxög'.  — 


28 


V.  Gebhardt,  Die  Psalmen  Salomo's. 


2.  Der  Codex  Iberiticus  555,  im  Kloster  Iwiron  {rcöv  'iß/jQwv) 
auf  dem  Athos  (J):  eine  Bombycinhandschrift  kleinen  Formates 
(24  X  17  cm.)  aus  dem  XIV.  Jahrhundert,  von  Herrn  Studien- 
director  Philipp  Meyer  in  Erichsburg  bei  Markoldendorf  im  Jahre 
1886  entdeckt  und  abgeschrieben. 

Der  Inhalt  des  ersten  Theils  der  Hs.  (Nr.  1 — 7)  deckt  sich 
mit  dem  des  Codex  Vaticanus,  nur  dass  Jesus  Sirach  die  sechste, 
die  Psalmen  Salomo's  die  siebente  Stelle  einnehmen.  Dann  folgen 
noch:  8)  oxoXia  eiq  rbv  exxk^jOiaoTi^i^,  9)  oxoXta  dg  x6  aopLa 
rdöv  aCfiazcov,  10)  oxoXia  elg  zag  jtaQoifuag,  11)  rQTjyoQiov 
Nvörjg  Xbyoi  rj  elg  xovg  fiaxagiöfiovg,  12)  jisqI  aylcov  xal  Xsi- 
ipavcDv,  13)  jceqI  sixovcov. 

Die  Hs.  unterscheidet  sich  von  allen  bisher  bekannt  ge- 
vv^ordenen  dadurch,  dass  sie  örcx^gcog  geschrieben  ist.  Doch 
vp^ird,  da  das  kleine  Format  nur  selten  einen  ganzen  orlxog  auf 
eine  Zeile  zu  bringen  gestattete,  der  Raumersparniss  wegen  oft 
auf  derselben  Zeile  fortgefahren,  wie  z.  B.  Ps.  X,  1: 
Maxagiog  dvrjQ  ov  6  x~g  efivrjoS-T]  s 

vsXsyfic^  -\- 
Kal  BxvxXmd^rj  djto   o6ov   jtovrjgäg  sv 
fidöTcyL      KaO-aQtöB^TJvai  djto  afiaQ 
rlag  rov  fi9]  jcXrjB-vvat  + 
Die  grossen .  Anfangsbuchstaben  sind  überall  roth;   zuweilen 
hat  der  Miniator  die  Eintragung  unterlassen,  z.B.  IV,  2b.  XHI,  8b. 
lOa.     Bei  der  Abschrift  von  Ps.  I  hat  der  Schreiber  die  Stichen- 
abth eilung   wiederholt   vernachlässigt;    in   den   übrigen   Psalmen 
sind  solche  Fehler  seltener.    Ich  habe  alle  Abweichungen  meiner 
Anordnung  des  Textes  von  der  in  J  vorliegenden  gehörigen  Orts 
angemerkt. 

An  Schreibfehlern  und  Verstössen  gegen  die  Orthographie  ist 
auch  in  dieser  Hs.  kein  Mangel.     Verwechselt  werden: 
i  und  er,  IV,  9:  evoxad-la  (wie  R),  V,  8  jcivdocD  (wie  R); 

II,  36  löxvet   (wie  R),   XII,  6  enayyeXelag   (wie  R), 
XVIII,  4  dfiad^eiag. 
£1  und  7]:  V,  6  ßaQvveig;  XII,  3  tpsvÖTJ. 
Tj    und  r.  II,  21   fir/rgav,  XVI,  5   eXoy?)oofjai  (st.  iXoylöco  fie^ 

vgl.  R);  XVII,  5  ejicyyeiXoo  (wie  R). 
ai  und  e:  UI,  2  yjccXac  (s.  u.),   XVI,  5  fiai    (s.  unter  r]  und  i); 
XVII,  31  £Qxeo&e  (auch  L). 


Einleitung.  29 

Tj  und    £:  III,  12  ejnöxsjtretai,  XI,  1  eXii}öev^  XVII,  11  £()?;- 

tj  und  0^:"  XI,  4  oqol  st.  o()//. 
f  und   v\  IX,  3  xQißrjöerai;  IV,  22  t5jr£X()t;2^oi^TO. 
V  und  o^:  IX,  8  öol  st.  öv. 

o  und  cö:  II,  19  ovelöcoav,  32  xqIpov^  VIII,  17  6f/dXioav,  XV,  9 
äjcoXslaq  und  fierojtoVf  XVI,  1  ro  st.  tc5,  XVI,  5 
eXoyrjOofiac  (s.  unter  ?;  und  t),  8  avo(peXovq  (wie  R); 
XII,  2  aj^a^TTTCöi^,  4  ajrco^otro,  XVI,  9  rcöjrco,  1 1  oXt- 
ycoxpvxiccp. 
w  und  ov:  X,  7  dogßöo9ö^ 

Das  L  subscr.  oder  adscr.  fehlt,  wie  in  R. 
Meine   Kenntniss    dieser    Hs.,   welche   leider   infolge    Blatt- 
ausfalls von  V,  14   xal  jiXovöiov  bis  VIII,  12  djco  Jtdörjg  dxa- 
d-agolag  eine  Lücke  aufweist,  beruht  auf  einer  Abschrift,  welche 
Herr  Director  Meyer  die  Güte  hatte  mir  zur  Verfügung  zu  stellen. 

3.  Der  Codex  des  Laura-Klosters  (xTJg  legag  fiovrjg  (leylorrjg 
Äavgag)  auf  dem  Athos  (L):  310  Blätter  in  gr.-4^.,  aus  dem 
XII.  Jahrhundert.  Die  am  Anfang  und  Schluss  defecte  Hs.  ent- 
hält nach  der  von  'AXs^avÖQog  AavQicorrjg  im  Jahrg.  1892  der 
^ExxXrjOiaörLxi]  dXrjd-eia^  p.  134  gegebenen  Beschreibung: 

1)  ^EQiirjveia  slg  zovg  ipaXfiovg  dQXO(ievr]  djio  xov  11  tpaXfiov, 

2)  AI  (pöal,  CUV  rj  jigwr?]  //f^'  tQfirjvslag  ev  rf]  hcpa. 

3)  WaXfiol  tri    2aX6^ovog. 

4)  EvqlXXov    \4Qxie:itiöx6jtov   'AXe^avögeiag    eig    ro  'Acöfia 

T(DV  ^AiOfidrcov. 

Schreibfehler  sind  in  L  seltener  als  in  R  und  J;  sie  mehren 
sich  auf  den  letzten  Seiten.  Das  c  subscr.  scheint  in  der  Regel 
zu  fehlen. 

Herr  Alexandros  hatte  die  Güte,  mir  durch  Vermittlung  Phil. 
Meyers  eine  vollständige  CoUation  der  Psalmen  Salomo's  in  dieser 
Hs.  nach  dem  Hilgenfeld'schen  Texte  zur  Verfügung  zu  stellen. 

4.  Der  Codex  Casanatensis  1908  (olim  G.  IL  1;  antiquius 
A.R.  I.  10.  I,  et  etiam  0.  1.  10  in  cc.  sa.  Manuscript.m)  in  Rom 
(C),  beschrieben  von  Francesco  Bancalan  im  2.  Bande  der  Studi 
italiani  di  filologia  classica.     Firenze  1894,  p.  201 — 203. 

Der  grösste  Theil  der  aus  310  Blättern  (38,4x24,9  cm.) 
bestehenden  Papierhandschrift  gehört  nach  Bancalari  dem  XII. 
— XIIL,  fol.  4.  8—9.  298v— 301.  306— 10  dem  XIIL-XIV.  Jahrh. 


30  V.  Gebhardt,  Die  Psalmen  Salomo's. 

an.  Viele  Blätter  und  ganze  Lagen  sind  verbunden,  die  Schrift 
oft  durch  Nässe  beschädigt  und  unleserlich.  Schreibfehler  sind 
verhältnissmässig  selten.  Das  l  subscr.  oder  adscr.  fehlt,  wie  in 
R  und  J. 

Die  Hs.  beginnt  mit  dem  Fragment  eines  Commentars  über 
die  Worte  {Xqlötb)  6  d^ebg  eXerjöov  rj^aq,  dfirjv.    Darauf  folgen: 

1)  fol.  2 — 296v,  unterbrochen  durch  die  unter  2)  und  4)  an- 
geführten Stücke:  die  Psalmen  mitCatene.  Voraus  gehen  mehrere 
Prologe,  u.  a.  von  Eusebius,  Hippolyt  und  Theodoret. 

2)  fol.  225— 240V,  247— 248v,  297— 298^:  die  Lieder  aus 
den  historischen  Büchern  des  Alten  und  Neuen  Testaments  nebst 
den  Seligpreisungen  nach  Matthäus. 

3)  fol.  302— 305v:  die  Psalmen  Salomo's  von  II,  27  6  d^djt- 
Toov  bis  XVI,  8  vjtoxstfievov  (der  Rest  der  Seite  ist  unleserlich). 

4)  fol.  4,  8— 9v,  298v— 301v,  306— 310^:  Fragmente  eines 
Evangeliencommentars,  von  späterer  Hand. 

Herr  Dr.  Joh.  Tschiedel  in  Rom  hatte  die  Freundlichkeit, 
die  Psalmen  Salomo's  nach  dem  Fritzsche'schen  Texte  für  mich 
zu  coUationiren.  Weitere  Mittheilungen,  namentlich  inbetreff  der 
Interpunction  (s.  u.),  verdanke  ich  Herrn  Dr.  Karl  HoU. 

3.    Die  Genealogie  der  Handschriften. 

Von  den  fünf  Handschriften,  welche  für  die  Überlieferung 
des  Textes  unserer  Psalmen  in  Betracht  kommen  (CHJLR),  ist 
H  die  älteste.  Dennoch  empfiehlt  es  sich,  bei  der  Untersuchung 
des  Verhältnisses  der  Hss.  zu  einander  von  der  nächstältesten, 
nämlich  von  R  auszugehen.  Denn  der  Text  dieser  Hs.  zeigt  ver- 
schiedene Merkmale,  welche  darauf  hinweisen,  dass  sie  der  allen 
gemeinsamen  Quelle  näher  steht  als  die  übrigen.  Hierher  gehört, 
um  mit  dem  Unwesentlichsten  zu  beginnen,  der  Gebrauch  des  v 
eg)6JixvOTix6p  vor  Consonanten.  Mit  Ausnahme  weniger  Fälle  ^) 
setzt  R  es  überall,  während  von  den  übrigen  Hss.  L  hier  und  da, 
J  zweimal,  H  nur  einmal,  C  niemals  secundirt.  Im  Hinblick  auf 
den  Gebrauch  der  ältesten  Bibelhandschriften  wird  man  annehmen 


1)  R  bietet  II,  1  xarsßaXXe,  9  ißagv^vjJLriae  und  inoirjoe,  IV,  13  näai, 
21  anaai,  VIII,  28  ovvijyaye,  IX,  7  rjficiQzrixoai,  XVII,  10  näoi,  14  TtoXeat. 
An  einer  dieser  Stellen  (II,  9  ißagv^.)  findet  sich  in  J  und  L,  an  einer 
anderen  (IX,  7)  in  L  allein  das  v  ^cpsXxvavixov. 


Einleitung.  3| 

dürfen,  dass  R  hierin  den  gemeinsamen  Archetypus  am  treusten 
wiedergegeben  hat.  Ebenso  wird  über  Lesarten  wie  II,  21  jts- 
QisiXaro,  XVII,  5  atpeiXavro,  VIII,  16  eloeXd-are^  IV,  8  avalim- 
tpcv,  XV,  8  xaraZi] fttpoptac  und  xaTaX7]fi(p^rjoovTai  (hier  wurde 
das  fi  später  ausradirt),  XII,  3  ovvx£(xi,  II,  4  djtOQL^pars  (vgl.  z.  B. 
Act.  27,  43),  IX,  1  ajteQiiprjoav  und  wohl  auch  über  IV,  12.  XV,  5 
oXsd'QSvöac  zu  urtheilen  sein.  Die  Einmüthigkeit,  mit  welcher 
alle  übrigen  Hss.  diese  Formen  ablehnen,  führt  zu  dem  Schluss, 
dass  sie  bereits  in  der  ihnen  gemeinsamen  Quelle  ausgemerzt 
waren.    Bestätigt  wird  dieser  Schluss  durch  folgende  Thatsachen. 

Für  eljtov  1.  Sing,  bietet  R  in  zwei  von  drei  Fällen  eljta 
(VIII,  3.  6),  die  übrigen  Hss.  haben  überall  eljtov  (so  II,  22  auch 
R);  für  eijcov  3.  Plur.  hat  R  an  beiden  Stellen,  wo  es  vorkommt 
(I,  5  und  VIII,  16),  sijtap,  die  übrigen  Hss.,  mit  einer  einzigen 
Ausnahme,^)  an  der  ersten  Stelle  eljcav,  an  der  zweiten  Eljtov. 

Der  nur  mit  dem  Artikel  vorkommende  Nominativ  von  eXeog 
lautet  in  allen  Hss.  (II,  33.  IV,  25.  V,  15.  X,  3.  XI,  9.  XUI,  12 
bis.  XVIII,  1)  ro  eXsog,  nie  6  sXsog;  der  Genetiv  in  R  überall 
(II,  8.  Vm,  28.  XIV,  9.  XVII,  3.  XVIH,  3.  5.  9)  iZeovg,  in  den 
übrigen  Hss.  sXiov;  der  Dativ  in  R  überall  eZeei,  in  den  übrigen 
Hss.  einmal  (V,  12)  sXecp,  zweimal  (X,  4  und  XVI,  3)  sXhi;  der 
Accusativ  in  R  überall  (t6)  eXsog,  in  den  übrigen  Hss.,  mit  einer 
einzigen  Ausnahme, 2)  sechsmal  (II,  36.  VI,  6.  VIII,  27.  XVI,  6. 
XVII,  15.  45;  VI,  6  und  XVII,  J5  ohne  Artikel)  Ueog,  einmal 
(IX,  8,  ohne  Artikel)  eXeop. 

Von  C,rjXog  kommt  nur  der  Dativ  und  zwar  zweimal  (II,  24. 
IV,  3)  vor:  an  beiden  Stellen  bietet  R  ^i]Xei,  die  Gesammtheit 
der  übrigen  Hss.  C,rjXcp.'^) 

Wenn  hierbei  noch  an  ein  Spiel  des  Zufalls  gedacht  werden 
könnte,  so  wird  durch  die  folgende  Wahrnehmung  jeder  Zweifel 
beseitigt. 

Eine  Anzahl  Verbalformen,  deren  Ursprünglichkeit  durch  das 
Vorkommen   ähnlicher  Bildungen  in  der  ältesten  Überlieferung 


1)  Nur  L  hat  I,  5  sItcov  statt  einav. 

2)  Nur  H  hat  VI,  6  das  artikellose  skeog  durch  skeov  ersetzt. 

3)  Im  Briefe  des  römischen  Clemens,  wo  ?^Ao?  bald  als  Neutrum, 
bald  als  Masculinum  gebraucht  wird,  setzt  die  jüngere  Hs.  gern  auch  da 
die  masculinisclie  Form,  wo  sich  in  der  älteren  die  neutrische  findet. 


32  V.  Gebhardt,  Die  Psalmen  Salomo's. 

der  LXX  verbürgt  wird,  findet  sich,  mit  einer  Ausnahme,  in  R 
allein,  nämlich  II,  2  xareTtarovöav  st.  xarBnarow^  II,  3  eßeßrj- 
Xovöav  st.  eßeßi^Xovv,  II,  13  sfiiaicoöav  st.  sfilaivov,  VIII,  11 
ÖLTjQjia^oöav  {-C^cooav  R)  st.  öirjQjüa^ov,  VIII,  12  ijtarovoav  st. 
ejtdxovv,  VIII,  25  uöoöav  st.  eiöov,  IX,  7  rjftagrooav  st.  ^fiag- 
TOP,  XI,  4.  XVII,  16  Ifpvyooav  st.  £g)t;yoi^,  XlII,  3  ejteÖQafxooav 
st.  ejteögafiov  und  f-TuXooav  st.  bxlXXov,  XVII,  15  ejtexga- 
Tovoav  st.  ejisxQarovv,  IV,  8  öixaccooaioap  st.  dixatoooaisvy 
IV,  20  exxoipaioav  st.  sxxoipsiav,  XII,  6  xX?]Qovofiijöaioap  {-ftl- 
oaioav  R)  st.  xXrjQOVOfirjöatep.  ^)  Fände  sich  von  all  di-esen  Formen 
in  den  übrigen  Hss.  keine  Spur,  so  könnte,  man  meinen,  sie  wären 
überhaupt  von  R  erst  eingebracht  worden.  Dagegen  aber  spricht 
die  oben  angedeutete  Ausnahme.  Während  an  14  Stellen  alle 
übrigen  Hss.  die  gewöhnliche  Form  darbieten,  liest  IV,  8  J  wie 
R  öixaicooacöap ,  C  öixaicooaLap,  L  öixaicog  slsp,  und  nur  H 
dixaicooaiep. 

Dieser  Befund  setzt  diesseits  der  Hs.,  aus  welcher  R  ge- 
flossen ist,  eine  Abschrift  voraus,  welche  für  eXsovg  überall  eXeoVy 
für  das  dreimal  vorkommende  eXssL  einmal  eXecp,  für  das  dreimal 
ohne  Artikel  gebrauchte  sXeog  einmal  sXsop,  für  ^rjXei  an  beiden 
Stellen  J^/lo?  bot  and  von  den  15  Formen  auf -öai^  nur  das  eine 
ÖLxaicooaioap  IV,  8  beibehalten  hatte.  Nennen  wir  den  Arche- 
typus z,  die  Hs.,  aus  welcher  R  geflossen  ist,  y,  und  die  Ab- 
schrift, auf  welche  CHJL  zurückgehen,  x,  so  ergiebt  sich  das 
folgende  Schema: 


■1 

/\ 

R  3 


CHJL 


1)  Vgl.  in  LXX  z.  B.  Ps.  97,  3.  Jes.  41,  5  eiöoaav,  Jos.  2,  8  f$»yA- 
^ooav  B,  e^TjX^ov  AF,  3,  14  tjQoaav  B,  ?/()«v  AF,  ü  23  e^rjyayoaav  B, 
e^rjyayov  AF,  8,  19  rjkd^oaav  B,  siarjX^ov  AF,  11,  19  eXaßoaav  B,  sXaßov 
F,  skccßsv  A,  Neh.  9,  25  xateXdßoaav,  Ps.  34,  25  sinoicav,  77,  29  6(payoaav 
B,  etpayov  kRT,  Tob.  3,  11  fvXoyijoaiaav  B,  svXoyTjaazcDaav  k,  vgl.  im 
N.  T.  Jo.  15,  24  fl'xoaav  kBL*  al. 


Einleitung. 


33 


Es  fragt  sich  nur,  ob  CHJL  direct  aus  x  geflossen  sind  oder 
nicht.  Um  dies  zu  ermitteln,  haben  wir  auf  das  Verhältniss  der 
Hss.  zu  einander  näher  einzugehen. 

Da  IV,  8  J  allein  mit  R  öixaicoöaiöav  bietet,  während  die 
übrigen  Hss.  abweichen,  so  liegt  die  Vermuthung  nahe,  dass  diese 
beiden  Hss.  auch  sonst  näher  mit  einander  verwandt  sein  wer- 
den. Ich  stelle  daher  zunächst  diejenigen  Lesarten  zusammen, 
welche  sie  gemeinsam  vertreten,  und  füge  zur  Vergleichung  LCH 
hinzu.  ^) 

L  H 

xdyco  wie  L 

xartßaXe  „ 

xara  „ 

aXZa  iv  „ 

driuia  ,♦ 


RJ 
I,  7  xal  lyco 
n,  1  xarsßaXZe 
16  xal  xara 

24  dXX'  ev 

25  alrlafila    R, 
drifiia  f/iä  J 


36  loxvsi 
ni,  2  dyad-TJg 

12    TOP   XVQIOV 

IV,  2  xaraxQLvaL 

8  öixatcooaioav 

9  evöraO^la 
V,  3  GxvXa 

8  jtLväöco 

10    JtQOOCOTtOV 

IX,  4  eQyoig 


LC 
iöxvi 
oXrjg 

XVQIOV 

xaraxQivec 
dixaimoaiav  C,  ötxai- 

cog  elev  L 
svörad-ela 
Lücke 
üiHvdccD 

JlQOöCOTia 

iv  sgyoig 


wie 


LC 


xaraxQivov 
öixaccoöatev 

wie  LC 

öxvXa  dvO^Qcojtog 

wie  LC 


6  e^ayoQiaig  (J  h^r^yogiatg 
iva^ayoQ.) 

X,  1  xaO^aQioO^^vac  xal  xaf^aQioO^ijvai 

XII,  2  orQO(prjg  tqo^tjc 

6  kjiayytXeiag  hjtayysXiag 

XV,  7  djto  Xufiov  Xifiov 

XVI,  5  sXoyylocofiai  (J  hXoyiöoD  fie 
-Oouat) 


öiaOTQO<pfjg 
wie  LC 


1)  Man  erinnere  sich,  dass  C  I,  1— II,  27  u.  XVI,  8  bis  zum  Schlnss 
und  J  V,  14— VIII,  12  u.  XVIII,  5-12  fehlt. 

Texte  u.  Untersuchungen  XIII,  2.  3 


L 

H 

dvaxpeXovq 

wie  L 

ör7]Qi^0V 

» 

avT?]g 

« 

enrjyydXco 

VJC£OT)0)CtVlCtV 

?» 

TjyLaö^ivovq 

riyLaö[i£V(DV 

em 

wie  L 

34  V.  Gebhardt,  Die  Psalmen  Salomo's. 

RJ 
XVI,  8  avo(feXovQ 

12  OXTjQLÖOV 

14  at;rou 

XVII,  5  EJtiyydXco 

13  hv  vJt£Qrjg)avi 
35  xara^sc 
43  i^yiaOfievov 

XVIII  Überschr.  k^ 

Dass  R  und  J  einander  nahe  stehen,  ist  hiernach  zweifel- 
los. Es  gilt  nur  noch  zuzusehen,  ob  R  etwa  auch  zu  LC  und 
H  nähere  Beziehungen  hat.  Ich  übergehe  bei  der  folgenden  Zu- 
sammenstellung die  Fälle,  wo  R  mit  L  im  Gebrauch  des  p  h(peXx. 
zusammentrifft. 

I,     3  jtoXXrjv  RL  (C  fehlt):  jzoXvp  JH 

III,  1  xal  alvov  RLC:  xaivov  JH 
10  afiagziaig  RLC:  af/agzlag  JH 

IV,  1  oolcp  RLC:  6öi(Dv  J,  om.  H 
8  oöiot  RLC:  oi  ooiot  JH 

21  ajtaoc  RLC:  Jtäoi  JH 
V,     5  ccjioorQs^pi]  RL  (C?):  d:ioötQey)rjg  J,  -öTQijpeLg  H 

13  xal  eav  RLC:  xal  kav  xal  JH 
VI,     1  ejtixaXtOaöd^at  RC:  sjttxaXelöO^ac  LH  (J  fehlt) 

3  oaXop  RLC:  ö«;io?^  H  (J  fehlt) 

4  rc5  opofiari  bis  RLC:  to  ovo^a  H  (J  fehlt) 
6  £;i£o^  RLC:  eXeov  H  (J  fehlt) 

VIII,    4  £^§  RLC:  £i;  H  (J  fehlt) 
IX,  11   eXerj^oövvrj  RC:  ?/  eXsrjfioövprj  JLH 
XII.     3  jcagapofiovg  RLC:  jcagavo^ov  JH 
XIV,     5  xXrjQovofiia  RLC:  ?)  xXrjQovofila  JH 

XVI,  1  xarag)OQ'a  RL:  xatacpd^oQa  JCH 

XVII,  23  afiagrojXov  RL  (C  fehlt):  afiaQrnjXcjv  J,  --^ov^  H 
30  xa&agiel  RL  (C  fehlt):  xa^aglosi  JH 

XVIII,  8  ercöjTfoj;  RL  (C  fehlt):  Jr  96^0?  H  (J  fehlt) 

Zu  streichen  sind  in  dieser  Liste  diejenigen  Stellen,  wo  J 
fehlt.  Denn  hier  handelt  es  sich  aller  Wahrscheinlichkeit  nach 
um  Souderlesarten  von  H.  So  bleiben  nur  14  Lesarten  übrig, 
welche  R  mit  LC  oder  mit  einer  dieser  Hss.  gegen  die  übrigen 
vertritt,   während  die   Zahl  der  Fälle,  wo   R  mit  J  alleinsteht. 


1 


Einleitung.  35 

mehr  als  doppelt  so  gross  ist  (29).     Noch  seltener  geht  R  mit  H 
allein  zusammen,   nämlich  nur  an  den  folgenden  11  (7)  Stellen: 
II,  23  avTolq  RH:  avxovq  JL  (C  fehlt) 
VII,    7  hnaocovöTi  RH:  sjiaxovösig  LC  (J  fehlt) 
VIII,    3  avTOP  RH:  avrrjv  LC  (J  fehlt) 
7  'ayvco  RH:  'eyvcoöav  LC  (J  fehlt) 
9  xQv<f)toig  RH:  xQvtpolg  LC  (J  fehlt) 
IX,     6  ;c()?^ör£t;ö?y  RH:  xQrioxevOBt  LC,  XQV^'^f^^^^^^  "^ 
XV,     3  äjtaQX^jP  RH:  ajtagx^g  J,  ccjiaQX^  LC 
7  ooicQV  RH:  ^f/G)r  JLC 
XVII,     4  sxXsijtscv  RH:  exXijceiv  JL  (C  fehlt). 
23  t^coöa^  RH:  s^coöov  JL  (C  fehlt) 
31  sQxso^at  RH:  £()X«ö^f  JL  (C  fehlt) 
Hieraus  ergiebt  sich,  dass  J  der  Quelle,  aus  welcher  R  ge- 
flossen ist  (y),  näher  steht  als  LC  und  H,  und  nichts  steht  der 
Annahme  entgegen,  dass  x  die  unmittelbare  Vorlage  für  J  war. 
Entscheidend  sind  namentlich  Lesarten  wie  HI,  2  ayaO^rjg,  IV,  8 
öixaicoöaiöaVy  XV,  7  djtb  Xi/iov,  XVII,  13  €V  vjtBQrj(pavLa^  35  xar- 
a^si.    Standen  diese,  wie  in  y  (R),  so  in  x  (J),  so  können  LCH 
nicht  direct  aus  x  geflossen  sein.     Bevor  wir  uns  aber  nach  der 
diesen  drei  Hss.  gemeinsamen  Quelle  umsehen,  haben  wir  das 
zwischen  L  und   C   bestehende  Verhältniss    näher  ins  Auge  zu 
fassen. 

Die  nahe  Verwandtschaft  zwischen  L  und  C  ergiebt  sich  schon 
aus  der  Liste  S.  33  f.  Sie  tritt  in  ein  noch  helleres  Licht,  wenn 
wir  diejenigen  Lesarten  zusammenstellen,  mit  welchen  die  beiden 
Hss.  alleinstehen: 


LC 

n, 

33  avrov,   C  am 

Rande  xv 

III, 

8  ^etov 

IV, 

2  xaraxQLVBi 

20  JtoXXmv 

V, 

3a  Lücke 

13  ^avfiaöidöco 

vn. 

7  sjtaxovösig 

vni, 

3  avrrjv 

7  syvcooav 

9  xQvcpolg 

RJ 

H 

xvqIov 

wie  RJ 

OötOV 

11 

xaxaxQivat 

xaraxQivoDV 

ütoXXovg 

wie  RJ 

ov  ycLQ  . .  ,  övvarov 

11 

d^avfidaiag  R,  -öeiagJ 

wie  J 

öv  hjtaxovörj  R  ( J  fehlt) 

wie  R 

avTov  R  (J  fehlt) 

11 

syvo)  R  (J  fehlt) 

11 

XQvtploig  R   (J  fehlt) 

11 

3* 

36 


V.  Gebhardt,  Die  Psalmen  Salomo's. 


LC 
VIII,  33  svöozia 
IX,    3  öixaioövvai 
6  ;f()?yöTf^ö£^ 
X,    2  XQV^'^og 


RJ 

7)  evöoxia 

al  öixaioövvat 

s.  o.  S.  35 
XQ^]OTdg  yag 


XI,    7  tö()a?)^nach£T^     nach  ayad^ä 


9  iXeoq 
XII,     2  TQO(prjg 

XIII,  6  Toi?  ÖLxalov 
6bf.  Lücke 

XIV,  2  c5 

8  T«  xa^uisla 
XV  Überschr.  tpaXfibq 
oaX 
3  ajtaQyi] 


TO    £/€0^ 

OVÖtV  .  .  .  ÜUaQTOjXcül^ 

6v  J,  om.  R 

ohne  T« 

xpaXfi.  rS  oaX.  (isra 

djcagxijv  R,  -^^^  J 

TCVOLOV 


H 

wie  RJ 
wie  RJ 

XQ7]0T£VÖ7] 

wie  RJ 


ÖiaOTQO^TJg 

wie  RJ 

cog 

wie  RJ 

wie  J 


wie  R 
wie  RJ 
s.  u.  S.  46 
wie  RJ 


8  Tov  d^eov 

13  ot   anaQTG)loi    afiagzcoZol 
XVI,     1  xaTag).ohneev     hv  xararp. 

Bemerkens werth  ist  ausserdem,  dass  beide  Hss.  zu  rb  ohg 
(lov  Vlll,  1  die  Randlesart  /}  'ipvxf'i  [lov  bieten,  welche  sich  sonst 
nirgends  findet.  Nimmt  man  dazu  die  L  und  C  gemeinsamen 
Lücken  V,  3  und  XIII,  6,  so  liegt,  bei  der  Übereinstimmung  in 
z.  Th.  recht  auffallenden  Lesarten  (z.B.  111,8.  V,  13.  XI,  7.  XII,  2), 
die  Vermuthung  nahe,  dass  die  eine  Hs.  aus  der  anderen  ab- 
geschrieben sein  möchte.  Um  hierüber  Gewissheit  zu  erlangen, 
müssen  wir  noch  die  Stellen  betrachten,  wo  L  und  C  von  ein- 
ander abweichen.   Ich  sehe  auch  hier  von  dem  v  hg)£XxvOTix6v  ab. 


L 

C 

RJ 

11, 

29  xgaraiog 

xal  (?x^?)  xQazawg 

wie  L 

31  avTÖjv 

avTov 

?, 

IV, 

1  xadrjöf: 

xad^Tjoai 

wie  C 

8  ötxaicog  siev 

ötxaicooaiav 

ÖLxaicooaioar 

17  kXXeiJtiig 

hXXtjt?)g 

R  wie  L,  .1  wie  C 

20  JioXXcüv     av- 

avd^Qmjtcov  jtoXXöJv 

jioXXovg     av- 

d-Q(X)JtG)V 

d^QCOJTCOV 

V, 

9  TQtcpug 

add.  x£?  ^) 

wie  L 

1)  ,Nach  xQt<p€ig  Raum  für  2  Buchstaben ;  xg  scheint  mir  wahrschein- 
licher als  x£'  Holl.    Vielleicht  hat  der  verwischte  Doppelpunkt  irregeführt. 


Einleitung. 


37 


L 

C 

RJ 

VI,     1  hjcixaZeloO-at 
VIII,    2  cog    dveftov 
jtoXXov 

sjrixaXeöaod^ai 
zweimal  geschr. 

R  wie  C,  J  fehlt 
R  wie  L,  J  fehlt 

9  yMTayah]g 
28  fist    hXtov 

xarayaioig 
fiera  eXeov  (aus 

jtaiö 

R  wie  C,  J  fehlt 
wie  L  (R  hXeovg) 

corr.) 


33 

XVQ16 

XVQLOg 

wie  L 

IX, 

11 

7]   eXsTjfioOvvr] 

ohne  rj 

R  wie  C,  J  wie  L 

XI, 

5 

ÖQVfiOl 

ßovvol 

wie  L 

8 

hv  ieQovoaZr}fi 

ohne  ev 

wie  C 

XII, 

1 

öoXeQa 

öoXia  (aus  JiovrjQo) 

öoXia 

3 

jcagavofiovg 
OLxovg 

olxovg  nagav. 

wie  C 

6 

OOlOl 

ol    OOLOL 

R  wie  L,  J  wie  C 

XIII, 

3 

IxiXXov 

ETElXoV 

R  erlXXoöap,  J 
wie  L 

fivX.  avTCov 

ohne  avrmv 

wie  C 

4 

XVQLOg 

6   XVQLOg 

R  wie  L,  J  wie  C 

XIV, 

7 

hi^pf^oB-Tjöav 

hfiPTjoO^.  avTOV 

efivrjöO-.  Tov  ^sov 

8 

ysveöat 

yeviöd^aL 

wie  C 

XV, 

4 

SQyrj 

fehlt 

wie  L 

9 

xaraXrjcpd^rj- 
öovrat. 

xaTaXrj<f)d^i]öt]TaL 

» 

XVI, 

1 

coXioOrjöav 

(üXlöd^rioa 

R  wie  C,  J  2jr- 
pcoöa 

xaTag)OQa 

xaracpd^oQo, 

R  wie  L,  J  wie  C 

Dazu  kommt  noch  die  Differenz  in  den  Überschriften  von 
Ps.  XI — XVIII,  wo  L  oaXoyfLcov  schreibt,  C  oaXoficov. 

Nach  der  mir  überlieferten  Datirung  stammt  L  aus  dem  XII., 
C  aus  dem  XII. — XIII.  Jahrhundert.  Hat  es  damit  seine  Richtig- 
keit, so  ist  nur  zu  fragen,  ob  C  aus  L  abgeschrieben  sein  kann. 
Um  völlig  sicher  zu  gehen,  haben  wir  aber  auch  das  umgekehrte 
Verhältniss  in  Betracht  zu  ziehen.  Machen  wir  hiermit  den  An- 
fang, so  muss  die  Entscheidung  negativ  ausfallen.  Denn,  wenn 
auch  die  Möglichkeit  zuzugeben  ist,  dass  L  XI,  5  für  das  fehler- 
hafte ßovvol  (C)  durch  Conjectur  ÖQVfiol  herstellte,  so  ist  doch 
das  Gleiche  gegenüber  dem  XV,  4  in  C  fehlenden  ogyfj  aus- 
geschlossen.   Eher  Hesse  sich  denken,  dass  C  aus  L  abgeschrieben 


38 


V.  Gebhardt,  Die  Psalmen  Salomo's. 


ist.  Aber  auch  dies  ist  unmöglich,  da  IV,  8  öixatwöaiav  (C) 
nicht  wohl  aus  dixalcog  eiev  (L)  entstehen  konnte  und  die  Über- 
einstimmung zwischen  C  und  R  VI,  1  für  die  Vorlage  von  C  Iüil- 
xaXeöaod-aL  voraussetzt.  Dazu  kommt  die  C  eigenthümliche,  nicht 
aus  L  stammende  Interpunktion,  von  welcher  später  die  Rede 
sein  wird.  Es  bleibt  also  nur  die  Annahme  übrig,  dass  L  und  C 
aus  einer  dritten  Hs,  abgeschrieben  sind,  die  wir  nicht  mehr 
besitzen.  Dass  hierbei  an  x  nicht  zu  denken  ist,  ergiebt  sich,  von 
Anderem  abgesehen,  schon  daraus,  dass  die  LC  gemeinsame  Quelle 
an  mindestens  zwei  Stellen  (V,  3^  und  XTTT,  6b,  s.  o.  S.  35  f.) 
Lücken  gehabt  haben  muss,  von  welchen  x,  wie  J  erkennen 
lässt,  frei  war.  Aber  auch  die  unmittelbare  Quelle  der  Hs., 
aus  welcher  L  und  C  abgeschrieben  sind,  kann  x  nicht  gewesen 
sein.  Denn  die  oben  (S.  35)  angeführten  charakteristischen  Les- 
arten, durch  welche  L,  C  und  H  sich  von  J  und  R  unterscheiden, 
setzen  diesseits  von  x  eine  Hs.  voraus,  deren  Abweichungen  von 
X  (RJ)  sowohl  in  die  Vorlage  von  LC  als  auch  in  H  übergegangen 
sind.  Nennen  wir  diese  Hs.  w  und  die  daraus  abgeleitete,  L 
und  C  gemeinsame  Quelle  v,  so  ergänzt  sich  das  oben  (S.  32) 
dargestellte  Schema  in  der  folgenden  Weise: 


H 


Da  H  den  Text  vollständig  darbietet,  während  v,  wie  wir 
gesehen  haben,  an  zwei  Stellen  lückenhaft  war,  kann  H  nicht 
aus  V  abgeleitet  werden.  ^)  So  finden  wir  uns  vor  die  Alternative 
gestellt,   ob  H  unmittelbar  aus  w  geflossen  ist  oder  nicht.    Um 


1)  Ob  V  auch  die  Lücken  enthielt,  welche  L  in  den  Partien  aufweist, 
wo  C  fehlt  (XYI,  11.  12,  s.  u.),  muss  dahingestellt  bleiben. 


Einleitung.  39 

diese  Frage  beantworten  zu  können,  müssen  wir  das  Urtheil  über 
H,  welches  sich  uns  im  nächsten  Abschnitt,  bei  Musterung  der 
Sonderlesarten  dieser  Hs.,  ergeben  wird,  anticipiren. 

Der  Schreiber  von  H  war  ein  ausgezeichneter  Kalligraph, 
der  in  dem  Cod.  Haun.  6  ein  wahres  Meisterwerk  der  Schön- 
schreibekunst geliefert  hat.  Dass  er  aber  nicht  nur  auf  schöne 
Schrift,  sondern  auch  auf  Correctheit  Werth  legte,  davon  haben 
wir  uns  schon  überzeugt  (S.  22  f.).  Auffallend  ist  dem  gegenüber 
die  grosse  Zahl  von  Sonderlesarten,  welche  sich  fast  ausnahmslos 
als  Depravationen  zu  erkennen  geben.  Sie  erklären  sich  zum 
Theil  aus  flüchtiger  Lesung  einer  in  Uncialen  geschriebenen  Vor- 
lage; andere  verrathen  eine  Nachlässigkeit,  wie  man  sie  dem 
Schreiber  von  H  nicht  wohl  zutrauen  kann.  Dieses  Urtheil  wäre 
nur  dann  unzutreffend,  wenn  die  Schrift  in  w  im  Laufe  der  Zeit 
etwa  undeutlich  geworden  und  so  zu  Missverständnissen  Anlass 
gegeben  hätte.  Es  kommt  aber  noch  ein  weiterer  Umstand  hinzu, 
welcher  die  unmittelbare  Herkunft  von  H  aus  w  unwahrschein- 
lich macht.  Der  Text  der  letzteren  Hs.  war,  wie  noch  aus  L 
und  C  zu  erkennen,  stichisch  angeordnet  (s.  u.).  Statt  dieser  An- 
ordnung bietet  H  eine  Eintheilung  der  Psalmen  in  Sinnabschnitte, 
von  welcher  sich  weder  in  R  und  J  noch  auch  in  L  und  C  eine 
Spur  findet,  und  die  Art,  wie  diese  Abschnitte  kenntlich  gemacht 
sind(s.  0.  S.  20ff.),  legt  dieVermuthung  nahe,  dass  sie  der  Schreiber 
von  H  nicht  selbst  ersonnen,  sondern  seiner  Vorlage  entnommen 
hat  Nennen  wir  diese  Vorlage  u,  so  ergiebt  sich  für  die  bisher 
bekannt  gewordenen  Hss.  unserer  Psalmen  folgende  Genealogie: 


Wenn  ich  H  die  richtige  Stelle  angewiesen  habe,  so  müssen 
y,  X  und  w  Uncialhandschriften  gewesen  sein.  Die  Richtigkeit 
dieser  Voraussetzung  bestätigt  sich  für  y  durch  eine  Anzahl 
Lesarten  in  R,  von  denen  im  nächsten  Abschnitt  die  Rede  sein 


40  V.  Gebhardt,  Die  Psalmen  Salomo's. 

wird.  An  dieser  Stelle  mag  es  genügen,  zwei  Varianten  anzu- 
führen, von  denen  die  eine  für  w,  die  andere  für  x  und  w  zu- 
gleich beweisend  ist.  In  Ps.  III,  8  lesen  RJH  xal  o  xvQtog 
xad-agl^ei  jtdvxa  avöga  oöiov  xal  rov  otxov  avxov :  statt  öoiov 
bieten  L  und  C  dtiov.  Diese  Variante  erklärt  sich  nur  aus  der 
Uncialschriffc,  da  für  OCION  leicht  ©G/OiVgelesen  werden  konnte, 
während  eine  Verwechselung  von  oöwv  und  d-elov  in  der  Mi- 
nuskel nicht  wohl  denkbar  ist.  Da  nun  H  richtig  oölov  bietet, 
muss  V  den  Fehler  gemacht  und  folglich  einen  uncialen  Text 
(w)  vor  Augen  gehabt  haben.  Der  gleiche  Fall  wiederholt  sich 
XV,  7  in  dem  Satze  (ptv^ovxac  ydQ...ajt6  oolcov,  nur  dass  hier 
—  und  dies  ist  für  x  entscheidend —  ausser  LC  auch  J  d-almv  statt 
oolcov  bietet. 

Dass  V  eine  Minuskelhandschrift  war,  ist  wahrscheinlich,^) 
da  unter  den  Abweichungen  zwischen  L  und  C  keine  auf  eine 
unciale  Vorlage  weist.  Auch  u  kann,  wenn  ich  H  richtig  be- 
urtheilt  habe,  als  Minuskelhandschrift  gedacht  werden. 

Es  gilt  jetzt  noch  die  Frage  zu  beantworten,  ob  der  Text 
in  y  stichisch  angeordnet  war  oder  nicht.  Von  allen  bisher 
bekannt  gewordenen  Hss.  ist,  wie  wir  gesehen  haben,  nur  J 
öTix^()c5g  geschrieben.  Aber  auch  L  und  C  machen  die  Stichen 
kenntlich,  L  bald  durch  einen  einfachen,  bald  durch  einen  Doppel- 
punkt, worauf  ein  wenig  Raum  im  Texte  freigelassen  ist,  C  stets 
durch  einen  Doppelpunkt.  Daraus  ergiebt  sich,  dass  x  und  w 
OTix^Qcog  geschrieben  waren.  Da  nun  R  die  stichische  Anordnung 
nicht  erkennen  lässt,  könnte  man  meinen,  dass  diese  erst  von  x 
eingeführt  worden  sei.  Dagegen  aber  spricht  die  Wahrnehmung, 
dass  die  Interpunktion  in  R  in  vielen  Fällen  die  gleiche  Stichen- 
theilung voraussetzt,  die  wir  in  JLC  finden.  Hierfür  nur  einige 
Beispiele.     Ps.  II,  4  f.  theilt  J  ab: 

Ovx  €v66coxsv  avTOlg  ro  xdXXoq  rrjg  66§7]g  avxov: 

'E^ovO^svooß-tj  lv(DJtLOv  xov  d^eov.  7]xifjc6d^?]  iojg  dg  xeXog: 

Ebenso    theilt   L    (C    fehlt),     und    auch   R    interpungirt    nach 

avxolg  nicht,  sondern  erst  nach  avxov.     Dieser  Fall  ist  besonders 

lehrreich,  wenn,  was  ich  nicht  bezweifle,   evoöcoxsv  aus  evöoxco 


1)  Dafür  spricht  auch  der  Umstand',  dass  L  und  C  zuweilen  in  auf- 
fallender Accentuirung  zusammentreffen,  vgl.  z.  B.  VII,  1.  LX,  8  kniOwv- 
Tai,  Vlll,  5  Alvov. 


Einleitung.  4| 

av  verdorben  ist  (s.u.),  so  dass  also  mit  t6  xaXXoq  ein  neuer  Stichos 
Latte  begonnen  werden  müssen.  Im  selben  Ps.  v.  6  theilt  J  ab: 
Ol  vlol  xal  al  d-vyaxtQsq  Iv  aixfiaXcoola  jtov/jQa  ev  ö(pQäyi6i. 
0  XQCtXijXoq  avrmv,  tv  sjtcoij^ucp  ev  xolq  Id-vsöt: 
Dieselbe,  offenbar  fehlerhafte  Interpunktion  hat  nicht  nur  L, 
sondern  auch  schon  R.  Wiederum  in  demselben  Ps.  v.  35 
theilt  J  ab: 

[0]  aviöTcop  ifis  elg  öo^av  xal  xoifii^wp  vjtSQrjgxxvovg 
Elg  ajtcoXeiav  alcoviop  iv  drifilcc  xrZ. 

Während  L  nach  vjtsQrjcpdvovg  nur  leicht  interpungirt,  zeigt 
C  das  Ende  des  Stichos  durch  den  Doppelpunkt  an,  und  auch  R 
trennt  vjt£Q?]g)dvovg  von  dem  Folgenden  durch  ein  Kolon.  Ps. 
III,  8  theilt  J  ab: 

E^iXdoato  jisqI  dyvoiag  ev  vrjOxela 

Kai  xajteivcüoet  '(pv/fiv  avxov  xal  o  xvQtog  xad^aglC^et: 

ndvxa  dvÖQa  ooiov  xal  xov  olxov  avxov. 

Auch  hier  interpungirt  L  an  den  entscheidenden  Stellen  nur 
leicht,  während  C  nach  v?jOxela  und  xa&aQi^et  den  Doppelpunkt 
setzt:  R  hat  an  beiden  Stellen  ein  Kolon.  Ahnliche  Beispiele 
Hessen  sich  aus  jedem  Psalm  anführen.  Aber  die  angeführten 
werden  genügen,  jeden  Zweifel  daran  zu  beseitigen,  dass  y  oxt- 
yjiQcag  geschrieben  .war. 

In  H  fehlt,  wie  in  R,  ein  bestimmtes  Zeichen  für  den  Stichen- 
schluss;  doch  findet  sich  in  der  Regel  an  dieser  Stelle  ein  Kolon, 
während  für  die  Interpunktion  innerhalb  des  Stichos  der  gewöhn- 
liche Punkt  verwandt  wird,  s.  dit  Tafeln  bei  Graux,  Notices 
sommaires  des  manuscrits  grecs  de  la  grande  bibliotheque  royale 
de  Copenhague.  Paris  1879.^)  Bei  den  auf  die  Interpunktion  der 
Hss.  bezüglichen  Noten  unter  dem  Texte  führe  ich  H  in  der 
Regel  nicht  an,  weil  mir  das  Material  für  diese  Hs.  nicht  voll- 
ständig zu  Gebote  steht.  Man  wird  aber  mit  einiger  Sicherheit 
überall  das  aus  V  Angemerkte  auf  H  zurückführen  können,  da 
nach  den  angestellten  Stichproben  V  auch  hinsichtlich  der  Inter- 


1 )  Durch  den  Punkt  werden  in  H  viele  Stichen  in  zwei  Theile  getheilt, 
z.  B.  IV,  2  nsQLöobq  ev  koyoig.  nsQiaoog  iv  GTjfieiaJoec  vtisq  nuvzaQ'  o 
GxKriQog  €v  /.oyoig.  x'azuxQivüJV  afxaQxwXovq  iv  xqlobi.  Wenn  diese  Halb- 
stichen in  der  Unterschrift  von  H  (und  V)  als  enri  gezählt  sind,  so  mag 
die  Zahl  1000  wohl  stimmen  (s.  u.). 


42  V.  Gebhardt,  Die  Psalmen  Salomo's. 

punktion  ein  treues  Abbild  von  H  darstellt.  Wenn  z.  B.  Ps. 
II,  4  f.  und  6  V  ebenso  interpungirt  wie  R  (v.  6  ocpQayiÖL'  aber 
TQCcx^^og  avTcov.),  so  ist  nicht  zu  bezweifeln,  dass  diese  Inter- 
punktion aus  H  übernommen  ist. 

Übrigens  war  schon  in  y  die  stichische  Anordnung  hier  und 
da  fehlerhaft,  wie  aus  der  Übereinstimmung  der  Hss.  an  Stellen 
wie  11,  31.  III,  8.  10  f.,  IV,  20  f.,  VI,  3.  VII,  9.  VIII,  29  f.  er- 
sichtlich ist. 

4.    Das  Zeugenverhör. 

Wenn  die  bisherigen  Ausführungen  richtig  sind,  ist  der 
älteste  auf  Grund  der  handschriftlichen  Überlieferung  für  uns 
erreichbare  Text  (y)  durch  zwei  Zeugen  vertreten:  R  und  x.  Der 
Text  von  X  ist  aus  JLCH  zu  gewinnen.  Wo  diese  vier  Hss. 
untereinander  übereinstim.men,  können  wir  sicher  sein,  x  vor  uns 
zu  haben.  Wo  J  fehlt  (V,  14— VIII,  12.  XVIII,  5—12),  müssen 
wir  uns  mit  LCH  begnügen,  wenn  auch  das  vereinte  Zeugniss 
dieser  drei  Hss.  nicht  über  w  hinaufführt.  Weniger  hat  der  Aus- 
fall von  C  (I,  1— II,  27.  XVI,  8— XVIII,  12)  zu  bedeuten,  da 
L  allein  nicht  viel  weniger  leistet  als  LC  (s.  o.  S.  35  if.).  Gehen 
JLCH  auseinander,  so  zwar,  dass  der  eine  Theil  mit  R  stimmt, 
so  wird  in  der  Regel  diese  Übereinstimmung  für  x  ausschlag- 
gebend sein,  aber  doch  nicht  ausnahmslos.  Wir  haben  gesehen, 
dass  R  und  J  die  gleichlaut enaen  Vocale  oft  mit  einander  ver- 
tauschen (S.  26  f.  28  f.).  In  solchen  Fällen  können  RJ  gegen  LCH 
stehen,  ohne  dass  daraus  ein  Schluss  auf  x  (oder  y)  gezogen  wer- 
den dürfte,  und  auch  sonst,  wie  z.  B.  bei  einer  Dittographie  oder 
einer  Auslassung,  kann  das  Zusammentreffen  ein  zufälliges  sein. 
Fehlt  es  beim  Auseinandergehen  von  JLCH  an  einer  Überein- 
stimmung mit  R,  so  wird  J  durch  LCH  (w)  nicht  überstimmt, 
wohl  aber  LC  durch  JH,  H  durch  JLC  u.  s.  w.  Wir  werden 
also  zunächst  R  mit  JLCH  (JLH,  LCH)  zu  confrontiren  haben, 
um  sodann  die  Sonderlesarten  von  J,  LC  und  H  darauf  anzusehen, 
ob  sich  aus  ihnen  etwa  noch  Weiteres  für  unsere  Kenntniss  von 
X  ergiebt. 

Eine  Anzahl  Sonderlesarten  von  R  haben  wir  bereits  kennen 
gelernt,  nämlich  die  dialectischen  Verbalformen  auf  -Oav  (S.  32), 
die  orthographischen  Besonderheiten  (S.  31)  und  die  durch  den 
Itacismus  verschuldeten  Fehler  (S.  26  f.).  Zu  den  letzteren  gesellen 
sich  noch  weitere  Versehen,  die  als  solche  sofort  ins  Auge  fallen: 


Einleitung.  43 

1)  III,  8  Jtäv  {avÖQo)  statt  jtavra 

2)  IV,  5  6x   statt  oix 

3)  „     „   IXagoTL  wöaxxog  statt  IXagorrjTC  cog  axaxog 

4)  „     16  s.  ev  arifila  . .  .  oixov  avrov  ausgelassen 

5)  „    21  sfivi^öd^rjodvov  statt  sfivfjO&^rjOav  d^eov  ^) 

6)  V,  12  sjtaxovörjg  statt  ejtaxovö7] 

7)  „    14  ovx  statt  ov 

8)  VIII,  6  öovg  statt  oöovg 

9)  „       8  avaxaXvxpBV  statt  dvexaZvipsv 

10)  „     16  ^JtdpT7]öav  statt  djirjVTtjöav 

11)  „     20  jr«i^  {poipov)  statt  ^a^•ra 

12)  IX,  2  ?J^  öixaioöTjg  statt  iVa  öcxacm&fjg 

13)  „11  sXs^oovvTj  statt  sXsrjfioövvr] 

14)  XIII,  11  ot;;c  statt  ov;^ 

15)  XV,  4  oi;;x:  statt  ot;^ 

16)  XVII,  18  £g)i;yoöai^...öt;ra/.  o<J/cöJ^  aus  v.l6a  wiederholt 

17)  „      21  vl(5  statt  vlov 

Ebenfalls  ohne  besonderen  Commentar  geben  sich  die  folgen- 
den Lesarten  als  fehlerhaft  zu  erkennen: 

1)  n,  22  XBlQag  öov  sjtl  iöga^X  R:  x^^Q^  ^^^  ^^^  hgovoa- 

Xrjfi  x^) 

2)  IV,  3  {Iv  üiolxlXIo)  äiiagxcoXcöv  R:  afiagriSv  x 

3)  „     8  fiovov  fisrd  öovXov  R:  vofiov  (isrd  öoXov  x 

4)  „15  Jtevia  djtogla  R:  jcevia  xal  djtogla  x 

5)  „16  djtojtaöotep  R:  djüOJteooc  x 

6)  „  20  7jg^ficQO£V,.Jöx6g7itö6PeJtc0^viilaU:  rigruKoOav... 

iöxogütiöav  iv  iüiid-vula  x 

7)  „21  Jtagco^vvsv  R:  jtag(6$,vvap  x 

8)  V,   2  svxgrjOroQ  R:  ov  ;^()?^örog  x^) 

9)  „11  öTg£q)sig  R:  rg£(pBig  x 

10)  VII,  10  ev  a^R:  hv  ^  yf  (J  fehlt) 

11)  VIII,  22  eiilavev  R:  e/ilapav  x 

12)  „      26  rrr  ÖLxaioövvrjp  R:  t/Js  öixaioOvvr]g  x 

13)  X,  3  öiajtgtipsi  R:  öiaörgetpei  x 


1)  Dieser  Fehler  erklärt  sich  aus  dem  uncialen  eMNHCeHCANOY, 
wofür  R   eMNHCOHCANOY  las. 


2)  R  las  XeiPACCOY  statt  XeiP^COF  und  Jfl^^  statt  lAUM. 

3)  R  las  eYXPHCTOC  statt  CY^P/fCTOC. 


44  V-  Gebhardt,  Die  Psalmen  Salomo's. 

14)  X,  4  (ivrjOeraL  R:  (ivi^od^rjOeraL  x 

15)  XI,  2  ajto  xvQiov  R:  i;jro  xvQtov  x 

16)  XII,  5  ovvxiccc   olxovq    (aus   v.  3)    xai  (pvXa^ai   xvQtog 

avÖQog  jioLOvvTog  R:   (pvla^ai  xvQtog  .  .  .  avÖQa 
jiOLomna  x 

17)  XV,  1  löcod-riv  R:  rjXjiLöa  x 

18)  XVI,  5  avreXaßero  R:  dvrsXaßov  x 

19)  XVII,  5  i^cooavTo  R:  l'^cööai'  x 

20)  „     34  «VTOv  dfi^arou  R:  xov  öwarov  x 

21)  „     37  öixaLOOvvjjv  R:  6ixatoOvm]g  x 

22)  „     43  (o£  Xoyoc)  avrcov  R:  ai;rou  x 

23)  XVIII,  1  £^l  öoftarog  R:  ^era  öofiarog  x 

24)  „      8  «2^(^()a$  R:  avÖQa  w  i) 

Hier  ergiebt  sich  die  Fehlerhaftigkeit  überall  aus  dem  Con- 
text.  In  den  Fällen,  die  etwa  verschieden  beurtheilt  werden 
könnten,  habe  ich  die  für  mich  entscheidenden  Gründe  gehörigen 
Orts  angegeben.  Abgesehen  von  diesen  leicht  erkennbaren  Fehlern 
bietet  R  noch  die  folgenden  Sonderlesarten: 

1)  II, '11  jtoQEvofievog  R:  jtaQajtoQevo^usvog  JLH^) 

2)  „    13  avrag  R:  mvrag  JLH 

3)  „    25  xal  [iTj  R:  ^li]  JLH 

4)  „    27  e^ov^EVWösv  R:  s^ovötvcooev  JLCH 

5)  „    31  aicQVog  R:  aicovtov  JLCH 

6)  III,  1  y^dXXsTs  R:  ipäXare  JLCH 

7)  „     4  eravTi  R:  evavriov  JLCH 

8)  „     8  'ipvx^jv  R:  ipvx^v  ccvrov  JLCH 

9)  „  n  ov  (ii)  R:  ov  JLCH 

10)  „12  ovx  R:  xal  ovx  JLCH 

11)  IV,  1  ßeß'iße  xm^öai  R:  xd^rjOai  ßißijXe  JLCH 

12)  „    3  ev  dxQaoiaig  R:  xal  tv  dxQaolaig  JLCH 

13)  „     4  yXmOöa  R:  yXcjööa  avxov   JLCH 

14)  „  10  dölxcjv  R:   döixov  JLCH 

15)  „  18  fiovla  R:  fiovcoou  JLCH 

16)  „  20  oipO:  txxotp.xoQ.  ]i:  axxötp.xoQ.  6 g)d^.  dp 0^Qc6:jt(D v  JLC^ 

17)  „  23  xal  6  xvQiog  R:  6  xvQiog  JLCH 

18)  V,  5  sjcixaXeöofiB&a  R:  IjtLxaXeoofteO^d  oe  JLCH 


1)  R  las  ANzIPACeN  statt  ANJPAeN. 

2)  C  fehlt  bis  II,  27  o  {hanziov. 


II 


Einleitung.  45 

19)  V,  5  o  ^eog  7]fid5v  sl  R:  sl  6  ^sog  rifimv  JLCH 

20)  „    9  eQTjfioig  R:  ev  Igruioig  JLCH 

21)  „  14  ?)  IXjtlg  im  ö£  R:  em  öt,  xvgie,  7)  IXjtig  LCH  ^) 

22)  „18  7jvcpQav0^r]aav  R:  ev(p()dvd-7]öav  LCH 

23)  „  „    T?)  ßaotXsla  R:  £i;  tj]  ßccoiXsla  LCH 

24)  VI,  3  o()a(>fcö$  R:  oQaöscDv  LCH 

25)  „     4  7]v?.6y?]öer  R:  svX6yrjöB{v)  LCH 

26)  „     „  Toi;  T^foi;  R:  rov  d-eov  avxov  LCH 

27)  VII,     1  ot  6filö7jöav  R:  o^  ficorjöavrsc  LCH 

28)  VIII,  11  o3?  ^7)  R:  oi^x  LCH 

29)  „  12  sfiiavav  R:  sfilatvov  JLCH 

30)  „  21  a  ty£ppt]öav  R:  ag  ly^vv7]0av  JLCH 

31)  „  30  xaramcootv  R:  xaramr]  JLCH 

32)  „  „  (DQ  (iTj  R:  ^7)  JLCH 

33)  „  31  7;  eXjtlg  rj^icov  R:  T^XjtioafiEV  JLCH 

34)  „  32  elg  7][^ag  R:  Iq)    7)fjiag  JLCH 

35)  IX,  3  aÖLxa  R:  xaxa  JLCH 

36)  „     5  avTco  R:  tavzcß  JLCH 

37)  „     8  Xaog  oov  R:  Xabg  JLCH 

38)  „     „  oIxtsIq7]6ov  R:  oIxtsiqov  JLCH 

39)  X  inscr.  sv  vfivoig  R:  v^vog  JLCH 

40)  „    2  xal  xaO-aQtoO'7/öeTai.  R:  ohne  xal  JLCH 

41)  XII,  4  oxoQjtio^eiTjOav  R:  öxoQjttod^eirj  JLCH 

42)  „      6  sjtayysXeiag  R:  tjtayysX.  xvqIov  JLCH 

43)  XIII,  6  ovdev  ex  jiavrojv  tovxojv  R:  tx  jzavrcor  xov- 

Tcov  ovöev  JH2) 

44)  „      7  rov  afiagzwXov  R:  tSj'  afiagrcoXwv  JH 

45)  „    12  qoßovfxtvovg  R:  g)oßovfitvovg  avxov  JLCH 

46)  XIV,  8  xaixBla  R:  xafics7a  JLCH 

47)  XV,  7  djio  6ix.  (iaxQav  R:  iiaxgdv  djtö  öix.  JLCH 

48)  „      8  xaxaÖL(D^ovxat...xaxaX7'if^xpovxaLR:  Sing.  JLCH 

49)  „    11  dfiaQxlai  R:  dvoftlai  JLCH 

50)  XVI,  6  JtsQL  oov  R:  oov  JLCH 

51)  „      „   xaQÖlag  R:  xagölag  fiov  JLCH 

52)  XVII,  1  ov  R:  öv  avxbg  JLH^) 


1)  J  fehlt  von  V,  14  xal  nXovaiov  bis  VIII,  12  xal  iv  ä(fsÖQO). 

2)  Das   ovdkv  an  dieser  Stelle  und  u(jL(iQr(x)).<I)v  bezeugen  auch  LC. 
da  die  Auslassung  sich  durch  Homöoteleuton  {xovxwv-äfAaQXiülvjv)  erklärt, 

3)  C  fehlt  von  XVI,  8  unb  äfjLagxiag  bis  zum  Schluss. 


46  V.  Gebhardt,  Die  Psalmen  Salomo's. 

53)  XVII,    1  6  ^eog  i]ii6v  R:  o  ^boq  JLH 

54)  „        3  T«  ed-vr}  R:  ra  ed^vrj  ev  xqlosi  JLH 

55)  „        4  OJceQfiarog  R:  OJteQfiarog  avrov  JLH 

56)  „        9  ovx  R:  praem.  xaxä  rä  sgya  avrcov  JLH 

57)  „  11  £Jtl  TTjv  yijv  R:  t?Jz^  y^i^  JLH 

58)  „  14  Tovg  d^eovg  R:  rolg  ^solg  JLH 

59)  „  15  £V  fZEOCD  ivavTolg  evR:  £P  avTolg  ev  fisöo)  JLH. 

60)  „  27  £^ötx^  aurcoz^  R:  avrcöi^  elöi{v)  JLH 

61)  „  33  ovöe  aqyvQLov  R:  xat  aqyvQiov  JLH 

62)  „  36  Zaovg  fisydXovg  R:  ^aov  fxsyaZov  JLH 

63)  ,,  43  TO  jcQmrov  rlfiiov  R:  tI(j,iov  t6  jiqcotov  JLH 

64)  „  „   >laoi;  R:  Xaovg  JLH 

65)  ,,  44  ysvofiBvoi  R:  yivonevoi  JLH 

66)  XVni,  2  BJtaxovsi  R:  sjcaxovoei  JLH 

67)  „        6  ysvofispoc  R:  yivofievot  LH^) 

68)  „      10  ?J^coj^  o  ^£0$  R:  o  ^£og  ?)^coi;  LH 

69)  „      12  ocJcöj^  R:  djto  oöov  LH 

An   allen   diesen  Stellen    stimmen  JLCH   (JLH,  LCH)    ge- 
schlossen gegen  R.     Sie  th eilen  sich  an  den  folgenden  Stellen: 

1)  II,  25  ev  alrlafiia  R:  ev  drifila  fitä  J,  ev  drifila  LH 

2)  V   inscr.    xpaXfiög    rS    öaX.    R:    reo    oaX.    ip.   Jte^nxog  J, 

tpaXfiog  oaX.  LC  (öoX.)  H 

3)  IX,  6  ev  e^ayoQiaig  R:  eva^ayoQiaig  J,  ev  e$,rjyoQlaig  LCH 

4)  „    9  xarajtavöeig^:  xarajtavöei  elg  JLCy  xarajravör]  etgIL 

5)  X,  8  elO(X)g)QOövvTjv  R:    elg  svtfQoovvrjv  JLC,   elg  owcpgo- 

Ovvrjv  H 

6)  XIV,  2  €v   vofico  R:    £j^   v6fi(x>   ov  J,   ev   voficp  (o  LC,  ev 

vofim  cog  H 

7)  XV,  13  xal  dfiüQT.  djtoX.  elg  r.  ai.  XQ-  K,*  ^«^  a:7ro.^.  (add. 

ot  LC)  dfiaQT.  elg  r.  al,  xQ-  JlfC.    H  lässt  die  Worte 
aus,  hat  aber  dafür  am  Schluss  von  v.  12  den  Zu- 
satz: djcoöovvac  aftaQxojXotg  elg  r.  al.  XQ- 
An  der  ersten  Stelle  ist  es  schwer  zu  entscheiden,  ob  x  die 
Dittographie  aus  y  übernommen  {alxia  in  R  ist  offenbar  Schreib- 
fehler)  oder  J  zufällig  mit  R  den  gleichen  Fehler  gemacht  hat. 
Im  ersteten  Falle  könnte  w  das  ursprüngliche  ev  dxifila  wieder- 


1)  J  fehlt  von  XVIII,  5  xa^agloai  bis  zum  Schluss. 


Einleitung.  47 

hergestellt  habeD,  im  letzteren  wäre  es  unversehrt  auf  L  und  H 
gekommen.  —  Für  die  Ursprünglichkeit  des  Artikels  in  Nr.  2 
spricht  der  constante  Gebrauch  in  den  übrigen  Psalmenüber- 
schriften. Aus  der  von  R  abweichenden  Wortfolge  in  J  ist  aber 
vielleicht  zu  schliessen,  dass  er  schon  in  x  fehlte.  —  In  Nr.  3 
ist  8V  s^ayoQcaig  für  y  gesichert.  Das  seltene  Wort  findet  sich 
bei  Ptolemäus  in  der  gleichen  Form,  während  LXX  an  den  beiden 
Stellen,  wo  es  vorkommt,  l^^rjyoQia  schreiben  (Hiob  22,  22.  33,  26). 
—  Mit  Nr.  4  werden  wir  uns  im  letzten  Abschnitt  zu  beschäftigen 
haben;  ob  y  hier  xarajtavoeiö  oder  xarajtavöei  sio  bot,  mag 
dahingestellt  bleiben.  —  In  Nr.  5  liegt  das  Richtige  so  nahe, 
dass  J  und  v  unabhängig  von  einander  darauf  kommen  konnten. 
Aber  ausgeschlossen  ist  auch  die  Möglichkeit  nicht,  dass  R  und 
u  (H)  zufällig  an  derselben  Stelle  strauchelten.  —  Die  Varianten 
in  Nr.  6  setzen  für  y  und  x  GNNOßm,  für  w  ^NNOM^S>, 
voraus.  Das  coq  in  H  erklärt  sich  aus  dem  auf  52  folgenden 
eNereiAATO,  woraus  u  SiCeNGTeiAATO  machte.  —  An 
der  letzten  Stelle  kommt  nur  die  abweichende  Wortfolge  in  R  und 
X  in  Frage,  wobei  v.  13^  für  R  den  Ausschlag  giebt.  Wenn  u  für 

AnOAOYNTAIAMAPTS2AOieiC 

AnOAOFNAlAMAPTS^AOICeiC 
gelesen  hatte,  lag  die  Versetzung  nahe,  da  die  Worte  in  dieser 
Fassung  nicht  an  den  Schluss  des  Psalms  passten. 

Schwankend  ist  die  Überlieferung  auch  inbetreff  der  Schrei- 
bung des  Namens  Salomo  in  den  Überschriften  der  Psalmen. 
Betrachten  wir  zuvor  die  Gresammtüberschrift,  so  ist  zu  constatiren, 
dass  eine  solche  sich  nur  in  den  äussersten  Zweigen  des  Stamm- 
baumes findet,  nämlich 

in  L:  ipaX^oi  öoXofiwvog^ 
in  H:  ipaX^oi  oo?.ofia)vroq. 

In  R  folgt  auf  die  Unterschrift  des  Buches  der  Weisheit 
(öO(pia  OolofiwPTog)  sofort  der  erste  Psalm  ohne  jede  Überschrift; 
in  J,  wo  die  Gesammtüberschrift  ebenfalls  fehlt,  trägt  der  erste 
Psalm  die  Aufschrift:  ipaXfibg  reo  oaXofKov:  jiQwrog.  Dass 
letztere  von  J  frei  componirt  ist,  unterliegt  keinem  Zweifel;^)  sie 
müsste,  wenn  aus  x  übernommen,  in  der  späteren  Überlieferung 


1)  Auch  sonst  hat  J   sich  in  den  Überschriften  manche  Freiheit  ge- 
nommen, vergl.  zu  Ps.  V.  IX.  X. 


48  V-  Gebhardt,  Die  Psalmen  Salomo's. 

wiederkehren.  Aber  auch  eine  Gesammtüberschrift  kann  in  x 
nicht  gestanden  haben,  da  J  sonst  nicht  zu  einem  solchen  Aus- 
kunftsmittel gedrängt  worden  wäre.  Ergiebt  sich  somit  aus  der 
Übereinstimmung  von  R  und  x,  dass  in  y  eine  Gesammtüberschrift 
fehlte,  so  kann  dieser  Mangel  doch  nur  auf  ein  Versehen  zurück- 
geführt werden.  Dass  man  ein  Buch  ohne  Titel  der  Bibel  ein- 
verleibt haben  sollte,  ist  durchaus  unwahrschemlich,  und  in  der 
That  finden  wir  einen  solchen  in  der  Unterschrift  unserer  Psalmen. 
Leider  ist  diese  in  J  (und  C)  nicht  erhalten;  sie  lautet,  mit  Weg- 
lassung der  Stichenzählung  in  R  und  H, 

in  R:  ooXo^öJvroq  ipaXuol, 

in  L:  ipaXuol  ooZofiotvog  i?], 

in  H:  ipaXfiol  öoZofKDVTog  U]. 
Wenn  aus  der  Unterschrift  mit  Sicherheit  auf  die  Überschrift 
geschlossen  werden  kann,  so  hat  die  von  R  dargebotene  Fassung 
den  ersten  Anspruch  auf  Ursprünglichkeit.  Aber,  abgesehen  von 
der  Ungewöhnlichkeit  dieser  Wortstellung,  spricht  zu  Gunsten 
von  H  (L)  die  Übereinstimmung  mit  der  sonstigen  Überlieferung 
des  Titels,  wie  er  uns  zuerst  im  Codex  Alexandrinus  begegnet 
(s.  u.  Abschn.  5).  Aus  dieser  Übereinstimmung,  die  doch  auf  Ab- 
hängigkeit nicht  zurückgeführt  werden  kann,  folgt  mit  einem 
hohen  Grade  von  Wahrscheinlichkeit,  dass  die  in  y  ausgefallene 
Gesammtüberschrift  ipaZfiol  ooXofjdüj^rog  lautete.  Eine  andere 
Frage  ist,  woher  dieser  Titel  stammt:  ob  von  demjenigen,  der 
unsere  Psalmen  ins  Griechische  übertrug,  oder  von  einer  späteren 
Hand.  Für  Letzteres  spricht  die  verschiedene  Behandlung  des 
Namens  Salomo  in  dem  Titel  (und  der  Unterschrift)  einerseits 
und  den  Überschriften  der  einzelnen  Psalmen  andrerseits.  Dort 
ist  die  gesammte  Überlieferung  darin  einig,  dass  der  Name 
declinirt  und  in  der  ersten  und  zweiten  Silbe  mit  o  geschrieben 
wird,  hier  erscheint  er  überall  in  der  undeclinirten  Form  und  in 
abweichender  Schreibung.  Mit  dieser  Thatsache  müssen  die- 
jenigen sich  auseinandersetzen,  welche  die  Überschriften  sämmt- 
lich  für  spätere  Zuthat  halten.^)  In  der  Schreibung  des  Namens 
finden  sich  folgende  Abweichungen:  2) 


1)  So  z.  B.  Ewald  in  den  Götting.  gel.  Anz.  1S71  S.  845  f. 

2)  Auch  der  Accent  wechselt,    so  zwar,    dass  bei  R  der  Circumflex, 
bei  den  übrigen  Hss.  der  Acut  überwiegt. 


Einleitung.  49 

R  bietet  12  mal  oaXcoficov,  4  mal  ooXofimp,  1  mal  öaXo^cov 

J      „       überall  oaXoiimp 

L      „       8  mal  öaXofia>v^  8  mal  oaXcoficov,  1  mal  ooXofiwv 

C     „       überall  öaXofKOP^  nur  1  mal  (mit  L)  goXo^kov 

H     „       Überali  oaXofiwv 

Gesichert  ist  das  a  in  der  ersten  Silbe;  ooXofimp  ist  als  die 
geläufigste  Form  hier  und  da  einmal  einem  Schreiber  in  die  Feder 
gekommen,^)  Schwieriger  ist  die  Entscheidung  zwischen  o  und  m 
in  der  zweiten  Silbe.  2)  Da  aber  R  mehr  dazu  neigt,  o  för  m  zu 
schreiben  als  umgekehrt  (s.  o.  S.  27),  so  kann  man  annehmen, 
dass  y,  wenn  nicht  überall,  so  doch  in  den  meisten  Überschriften 
JaXcoficov  bot.  Wenn  x  die  gleiche  Neigung  hatte  wie  R  (und 
auch  J,  s.  o.  S.  29),  so  erklärt  sich  das  Überwiegen  des  o  in  der 
weiteren  Überlieferung.  3) 

Wenden  wir  uns  nun  zu  der  langen  Reihe  derjenigen  Va- 
rianten, welche  uns  R  auf  der  einen  und  JLCH  (JLH,  LCH)  auf 
der  anderen  Seite  zeigen,  so  ist  die  Entscheidung  am  schwierigsten 
in  den  Fällen,  wo  die  Abweichung  in  der  Wortfolge  liegt.  Es 
sind  die  folgenden: 
11)  IV,  1  tW  Ti  av,  ßißfjXe,  xä^}^aai  tv  GvpsÖQim  ooim  R 

Ypa  XI  öv  xdd^rjöai,  ßeßrjXs,  xtX.  x 
16)    „  20  6g)d^aXfiovg    exxotpaiöap   xoQaxsg   vjtoxQiPOfisvcop   R 
sxxoipecap  xoQaxeq  6g)&^aXftovg  dpd-QcoJtcop  vjtoxQtvo- 

flBPCDP   X 

19)    V,  5  ort  ÖV  6  ^sbg  f'jfimp  ei  R 

ort  ÖV  bI  o  d-ebg  ijfiSp  x 
21)   „    14  xal  ovx  (1.  ov)  Iöxlp  r)  eXmg  esä  öi,  ov  (peiöBtai  h 

öo^axL  R 

xal  ov  BöTLV  im  ob,  xvqlb,  ?}  iXmg,  ov  xxX.  w 


1)  Für  das  Neue  Testament  ist  ooloixmv  fast  ausschliesslich  bezeugt; 
nur  Act.  7,  47  hat  Tischendorf  mit  AC  (gegen  BDEHP)  aakütfiatv  auf- 
genommen (»  hat  aa).o^iov). 

2)  Bei  LXX  wechseln  in  den  ältesten  Hss.  beide  Formen  mit  einander 
ab.  So  bietet  B  in  der  Überschrift  von  Ps.  71  oaXofjuov,  aber  Prov.  1,  1 
aa?.<oß(ovT0O,  Cant.  1,  1.  5.  3,  7.  9.  li.  8, 11.  12  aakiüfxatv,  s  Ps.  71  aaloj- 
ß(ov  (so  auch  Bab),  Prov.  1,  1  aaXmßütvxoo,  aber  Cant.  1,  1  oaXof^mv 
(Cant.  1,  5.   3,  7.  9.  11.   8,  11.  12  aokofiwv). 

3)  Merkwürdig,  aber  der  vorgetragenen  Vermuthung  eher  günstig  als 
hinderlich,  ist  das  8 malige  aaXojfjuov  in  L;  wenn  man  nämlich  daraus 
schliessen  darf,  dass  auch  x  und  w  nicht  überall  aaXof^wv  boten. 

Texte  u.  üntersuchungeu  XIII,  2.  4 


^Q  V.  Gebhardt,  Die  Psalmen  Salomo's. 

43)      XIII,    6  Tcal  ovx  aipszai  ötxalov  ovÖev  Itc  jtavxwv  tovtcov  R 

xal    ovx    «^e^«^    öixalov    Ix    siavxmv    tovtcov 

ovo  SP  X 
47)       XV,    7  Xcfidg    %al    QO^(paia    xal    &avaToq   ajzo    dixaicov 

fiaxQav  R 

XcpLoq    xal    Q0^(paia    xal    B^dpaTog    fiaxgav   ajto 

öcxaiwv  X 

59)  XVII,  15  ovx   r/v   o   jzouop   iv  ftiöco   ep  avTOlg  ev  hgov- 

oaXtj/i  sXsog  xtX.  R 

ovx    rjp    6  jeotcop    ep    avTOig    Iv  niöcp   IsQOVOa- 

Xrjfi  xtI.  X 

60)  „        27  oTi  jidvTSg  vlol  d^sov  slotv  avxSv  R 

OTi  jrdpTsg  viol  &sov  avrcop  uüiv  x 
63)       „       43  To.  QTjfiaTa  avTov  jcsjiVQWfiipa  vjzeg  xqvölop  t6 

jiQcoTOv  rifitop  R 

T«  Q^fiaxa  . . .  vjcsQ  ;(()^ö/o^'  Ttfiiop  to  jtQojTOP  x 
68)  XVIII,  10  fieyag  7^fic5p  6  d-ebg  xal  evöo^og  R 

fiiyag  6  ^eog  tj^cop  xal  svSo^og  w 
Offenbar  im  Nachtheil  ist  R  nur  an  einer  dieser  zehn  Stellen, 
nämlich  XVII,  15  (Nr.  59).  Aber  auch  x  scheint  nicht  die  richtige 
Reihenfolge  zu  haben;  man  erwartet  ovx  tjp  ep  avTOlg  o  JtoiSvxTX. 
Wie  hier,  so  scheinen  auch  XIII,  6  (Nr.  43)  und  XVII,  43  (Nr.  63) 
R  und  X  durch  eine  Randschrift  der  Vorlage  irregeführt  worden  zu 
sein;  ich  werde  im  letzten  Abschnitt  auf  diese  drei  Stellen  zurück- 
zukommen haben.  Schwieriger  ist  die  Entscheidung  hinsichtlich 
des  von  R  und  x  V,  5  (Nr.  19)  an  verschiedener  Stelle  dar- 
gebotenen sL  Dass  es  zu  missen  ist,  beweist  XV,  1,  wo  nur  J 
es  einschaltet  (vgl.  auch  IX,  8);  aber  VIII,  29  bieten  alle  Hss. 
xal  ov  jtaiöevTTjg  rj^mv  sl.  Wenn  also  das  ei  an  unserer  Stelle 
ursprünglich  ist,  wird  es  mit  R  an  den  Schluss  zu  setzen  sein, 
vgl.  auch  Jer  3,  22  oxt  öv  xvgtog  6  d^eog  7)fiSp  el.  An  den 
übrigen  Stellen  hat  man  nur  die  Wahl  zwischen  R  und  x.  Die 
Mehrzahl  ist  so  beschaffen,  dass  ein  Grund  zur  Änderung  weder 
in  der  einen  noch  in  der  anderen  Richtung  ersichtlich  ist.  Nur 
IV,  20  (Nr.  16),  wo  x  ohnehin  an  exxorpaiöav  Anstoss  nahm 
und  ein  Nomen  vermisste,  liegt  die  Absicht  zu  Tage,  und  V,  14 
(Nr.  21)  wird  mit  dem  eingeschalteten  xvQie  (es  folgt  v.  15)  auch 
die  Wortstellung  in  w  verdächtig.  Indessen  muss  ja  nicht  jede 
Abweichung    in    der  Wortstellung    auf    eine   bewusste   Absicht 


Einleitung.  5  j 

zurückgeführt  werden.  Wenn  R  IV,  1  (Nr.  11)  ßeßrjXe  und  XV,  7 
(Nr.  47)  f/axQCcv  wie  es  scheint  an  richtiger  Stelle  hat,  so  kann 
man  sich  dabei  beruhigen,  dass  x  aus  Versehen  von  der  Vorlage 
abgewichen  ist.  Vielleicht  würde  in  einzelnen  Fällen  die  Rück- 
übersetzung ins  Hebräische  zur  Ermittelung  der  ursprünglichen 
Wortfolge  dienen.  Doch  müsste  von  diesem  Hülfsmittel  ein  sehr 
vorsichtiger  Gebrauch  gemacht  werden.  Sonst  wäre  XVIII,  10 
CNr.  68)  fieyag  rjiimv  6  d^eog  zu  verwerfen,  weil  das  hebräische 
Suffix  das  geläufigere,  aber  gerade  dadurch  weniger  empfohlene 
o  d^eoq  rincov  verlangt,  und  XVII,  27  (Nr.  60)  müsste  man  aus 
demselben  Grunde  vlol  d^sov  döiv  avrmv  preisgeben,  obgleich 
auch  hier  die  gewähltere  Wortstellung  schwerlich  auf  R  zurück- 
zuführen sein  wird. 

Eine  zweite  Gruppe  von  Varianten  stellt  uns  vor  die  Alter- 
native, ob  R  oder  x  ein  einzelnes  Wort  ausgelassen  oder  hinzu- 
gefügt hat.  In  den  folgenden  Fällen  findet  sich  das  Plus  auf 
Seiten  von  x  (w). 

8)       III,    8  l^iXaöaro  JtsQi  dyvolag  Iv  VTjörsla  xal  xajtBivcoou 

\pvy7]v  (1.  tpvx^g)  [avrov] 
10)        „     12  xal    7)    C^corj    avrSv   sv   ^cori   xvgiov    [xal]    otx 
exXsltpsc  ETI 

12)  IV,    3  xal  avTog  evoxog  ev  jtoixiXia  af/agriojv  [xai]  iv 

axgaoiaig 

13)  „      4  OL  ocpd-aXfiol  avrov  sjtl  Jiäoav  yvvalxa  avev  Öia- 

öToXijg,  Tj  yXmööa  [avrov]  ipevörjg  ev  övvaXXdy- 

fiarc  fisd-'  oQxov. 
18)         Y,    b  ev  T(p  ^Xißeod-ai  rifiäg  emxaXeöOfied^d  [öe]  eig  ßof]- 

d-etav 
20)         „9  ev  rw  öMvac  öe  verov  [ev]  eQ/jfioig  sig  dvaroX^v 

xX6?]g 
23)  „18  xal   ?]   xQ7jör6rrig   oov   ejtl   iOQarjX    [ev]    rf]  ßaöi- 

Xeia  öov 
26)       VI,    4  eji    evorad^eia  xagölag  avrov  e^vfivrjöev  rm  ovo- 

[zari  rov  d^eov  [avrov] 
42)      XII,    6  xal    oöioi    xvgiov    xXrjQovofiriöatöav    IjtayyeXlag 

\xvqIov] 
45)    XIII,  12  iütl  de  rovg  ooiovg  ro  eXeog  xvqLov 

xal  ejcl  rovg  (poßovy,evovg  [avrov]  ro  eXeog  avrov. 

4* 


52  V.  Gebhardt,  Die  Psalmen  Salomo's. 

51)  XVI,    6  firi    ajiooTi^mjg   ro    eXsog   Oov  ajt    efiov,   6  ^sog^ 

ß?]d6  trjv  fivi^ftrjv  Cov  djto  xagöiag  [fiov]  Icoc  d-a- 
vd'sov, 

52)  XVII,    1  xvQie,  ov   [avrbg]  ßaoiXevg  ruimv  dg  rop  almva 

xal  sri 

54)  „        3  xal  rj  ßaaiXeta  rov  d-sov  f]ftmp  sig  top  almva  exl 

za  ed-Wi  [Iv  KQiOei] 

55)  „        4  %al  6v  m/iöcag  avT'tß  3zeQl  tov  C3ziQf£ax<Q>g  [avtov\ 

sig  TOP  aiwva 

Wenn  y  onx^gmg  geschrieben  war  (s,  Oc  S.  40  f«),  so  könnte 
sich  der  viermalige  Ausfaii  eines  Wortes  am  Ende  des  Stichos 
(Nr.  8,  26,  42,  54)  aus  eioer  Beschädigung  der  Hs.  an  den 
Rändern  erklären,  von  welcher  sie  in  den  Jahrhunderten,  weiche 
zwischen  x  und  R  liegen,  betroffen  wurde.  Da  x  m  Üncialen 
geschrieben  war  {s,  o.  B.  39  f.),  kann  diese  Hs.  der  Zeit  von  y  noch 
nahe  gestanden  haben,  während  R  frühestens  dem  XI.  Jahrh. 
angehört.  Die  Vermuthung,  dass  in  der  Zwischenzeit  y  an  be- 
sonders gefährdeten  Stellen  hier  und  da  einen  Textveriust  erlitt, 
findet  in  dem  Umstand  eine  Stütze,  dass,  abgesehen  von  Nr.  42, 
die  m  Frage  kommenden  Stichen  zu  den  längeren  gehören,  deren 
Schiuss  vielleicht  über  die  eigentliche  Textcolumne  hinausragte. 
An  der  Mehrzahl  der  übrigen  Stellen  wird  man  R  den  Vorwurf 
der  Flüchtigkeit  nicht  ersparen  können.  Ganz  unentbehrlich  ist 
V,  5  (Nr.  18)  das  öa,  XIII,  12  (Nr.  45)  das  avrov,  XVII,  4  (Nr.  55) 
das  avTOv,  und  auch  das  avrov  IV,  4  (Nr,  13),  das  fiov  XVI,  6 
(Nr„51),  das  avrcgXYH,  1  (Nr,  52)  möchte  man  nicht  missen.  In 
Nr.  23  ist  rf]  ßaOiXeia  ohne  sv  unmöglich;  es  müsste  t?]p  ßaöiXdav 
heissen,  vgl.  II,  33.  'iV,  25.  VIII,  32.  IX,  7.  11.  X,  3.  Unsicher 
ist  die  Entscheidung  inbetreff  des  IV,  3  (Nr,  12)  in  R  fehlenden 
xcä:,  in  Nr.  10  erklärt  sich  der  Ausfall  vielleicht  durch  das  vorher- 
gehende %v.  Nur  das  kv  vor  egi^fioig  V,  9  (Nr.  20)  scheint  x 
hinzugefügt  zu  haben,  vgl.  Deut.  11,  14  xal  ömOBi  top  vstov 
T?]  yfi  öov,  28,  12  dovvai  top  vstop  Tfj  yfi  oov,  Ps.  146,  8  to) 
kTotfid^opTi  Ti]  yxt  ^^"^op. 

Konnten  wir  hier  meist  x  Vertrauen  schenken,  so  entscheidet 
an  der  folgenden  Stelle   der  Zusammenhang  zu  Gunsten  von  R: 

56)  XVII,  8  xaTa    ra    afiaQTrjfiaTa  avToZp    djioÖcooug    avTOlg, 

6  ^sog,  evQEd^rjvai  avzolg  xaTCc  to.  sgya  avzcöp. 
9  [xaTa  zd  egya  avTcop]  ovx  eXetjoet  avTOvg  o  d-sog 


Einleitung.  *  53 

6§i]Q£vmjö6v   t6    OjziQf/a    avxcov   xal    ovx    a^rjxsv 


avxiop  tva. 


Hier  handelt  es  sich  offenbar  um  eine  Dittographie  in  x. 
Fraglich  ist  nur,  ob  das  v.  9a  überlieferte  bXai]6ei  nicht  aus 
/jZir^oep  verdorben  ist  (s.  u„). 

Ein  Plus  auf  Seiten  von  R  bieten  die  folgenden  Stellen: 
3)       11,  25  \xal]  fif]  XQOPio?jg,  6  {^sog,  rot   djtoöovvai  xrX. 
9)      111,11  xalov[fi?]]fiPfjad-'3^6sraioTav6JtcöX€jtT7]TaL6ixawvg 
17)      IV,  23  [xal]    o  xvQiog    Qvösxai   avrovg   ajto  dv^Qcojtov 

37)  IX,  8  xal  PVP  ov  6  dsog  xal  rj^elg  Xaog  [oov]  op  iqydjtrjoag 
40)  X,  2  0tT0iuä^mppSt0VBigiiaöTiYag[xaX\xad-aQt6d-t]6ETat 
50)  XVI,    6  nrj    aMOOr/jö^jg   %o    IXeog   oov   dji*   kfiov,    6    ^60g, 

fi?]S6  T7jp  f£P7]ft7]P  [jteqI]  öov  djio  xuQÖlag  xrX. 
53)  XVII,    1  on  BP  GoL  o  d^ebg  [^^d5i^],  xavxf'jasTac  rj  ipvx"^  rjiimv 
57)      „      11  TjQt}fico6£P  o  apofiog  [im]  t?}p  yijp  rjiicoip  xtX. 

Die  Erwartung,  dass  hier  R,  wie  bei  der  vorigen  Reihe  x, 
im  Vortheil  sein  werde,  bestätigt  sich  nicht.  Doch  lässt  sich 
in  den  meisten  Fällen  die  Herkunft  des  zugesetzten  Wortes  nach- 
weisen» Das  zweimal  zu  Anfang  der  Zeile  auftretende  xal  setzt 
wiederum  die  stichische  Schreibung  von  y  voraus:  der  Schreiber 
von  R  wird  in  Nr»  3  von  v.  24  h  auf  v.  26  a  und  in  Nr.  17  von 
V,  23h  auf  V.  23  c  geblickt  haben.  Das  dritte  xal  (Nr.  40)  erklärt 
sich  aus  dem  auf  ßaortjag  folgenden  xad^aQto&rjosTai^  vgl.  in 
demselben  Ps.  X  v.  1  c,  wo  w  (LCH)  den  gleichen  Fehler  beging. 
In  ähnlicher  Weise  erklärt  sich  III,  11  (Nr.  9}  das  ///}  als  Ditto- 
graphie aus  fipj]ö&^/]6£Tai.  Das  r^fimp  in  Nr.  53  stammt  aus 
V.  la  (ßaoiXevg  ^mSp)  wie  das  em  in  Nr.  57  aus  v.  10h  {loil 
TTJp  yfjp).  Auch  das  öov  IX,  8  (Nr.  37)  ist  ein  unwillkürlicher 
Zusatz,  vielleicht  durch  das  vorhergehende  öv,  vielleicht  durch 
die  in  AAOGON  enthaltenen  Elemente  veranlasst.  Unerklärlich, 
aber  gewiss  nicht  ursprünglich  ist  das  jisgl  in  Nr.  50;  wenige 
Zeilen  weiter  hat  auch  R  ip  -t(]  fi^WV  ^^^  (j-  ^)' 

Von  vier  Fällen,  wo  R  und  x  (w)  im  Numerus  auseinander- 
gehen, sind  zwei  zu  Gunsten  von  R,  zwei  zu  Gunsten  von  x  zu 
entscheiden: 

14)    IV,  10  o^   Xoyoi   avTov  jtaQaXoyiOfiol  elg  jiga^tp  ejti&vfilag 
dölxcop  R:  dSixov  x 


54  V.  Gebhardt,  Die  Psalmen  Salomo's. 

24)    VI,   3  ajtb    ogaöacog    JtovijQoov   bvvjivLcjv   avrov    xrX.   R: 

OQCiöewp  w  (J  fehlt) 
44)  XIII,  7  ort  ovx  oftola  7]  jtaiöeia  tcov  ÖLxaimv  ev  ayvoia  xal 
ri  xaraöTQog)rj  rov  afjtaQxmXov  R:  rmv  afiagrcoXcop  x 
48)    XV,  8  xaraötm^ovrac   öe  afiaQTcoXovg  xal  xazaXrjfitpovrai 
R:  xaraÖKo^srai .  .  .  xazaXrjipsraL  x 
An  der  ersten  Stelle  (Nr.  14)  wird  dölxwv  in  R  als  Nach- 
wirkung des  7taQav6[ia)v  v.  9h  zu  erklären  sein;  für  aölxov  ent- 
scheidet  sjccd-v/ilag   jcaQavofiov  v.  IIa.     An  der  zweiten  Stelle 
(Nr.  24)   ist  w   durch  den  folgenden  Plural  irregeleitet  worden. 
In  Nr.  44  wird  tc5v  af/agrcoZc^p  im  zweiten  Versgliede  durch 
T(DV  öixalwv  im  ersten  empfohlen;  den  Singular  hat  R  wohl  aus 
V.  6^  {rj  xazaöTQog)?}  rov  a^agzwXov)  wiederholt.   An  der  vierten 
Stelle  (Nr.  48)  sind  Xifiog  xal  go^cpala  xal  d^avazoq  Subject;  x 
scheint  Gott  als  den  Verfolgenden  gedacht  und  deshalb  den  Sin- 
gular eingetragen  zu  haben,  vielleicht  in  Erinnerung  an  Stellen 
wie  Ps.  17,  38:  xazaöcco^m  rovg  sx^Qovg  fxov  xal  xazaXf'jfiy)oftai. 
Meist  zu  Ungunsten   von  x  (w)  ist  in  den  folgenden  Fällen 
abweichenden  Ausdrucks  zu  erkennen: 
1)       II,  11  Trag    o   JcoQevo^evog   eloejtoQsvezo  xazivavzi   zov 

rjXlov  R:  jcaQajtoQSvofisvog  x 
5)        „31  xal    xoifil^cop  vjcegrjcpdvovg  dg  djrcoXeiav  aicovog 

SV  azifiia  R:  alcovcov  x 
7)      III,     4  ?/    ecöoxia   avzov    ötä   jtavzbg   tpavzi  xvglov   R: 
tvavziov  X 
15)      IV,  18  av  fiovia  dzsxvLag  z6  yijgag  avzov  elg  dvdX7]fiipiv 
R:  6V  fiovcoöet  x 

27)  VII,     1  Iva  firj  ejtid^atvzai  7)filv  ot  tf/l07]öav  7]fiäg  öcogedv 

R:  ol  (iiörjöavzag  w 

28)  VIII,  11  ra   dyia  zov  d^eov  öujgjrd^woav  cog  fii]  ovzog  xX7]- 

govofiov  Xvzgovfisvov  R:   ovx  ovzog  (ohne  cug)  w 

32)  „      30  fii]  vjtsglörjg  Tjfiäg,  o  d^sog  7)f/cöv, 

iva  iirj  xazamoöiv  '^fidg  ed^vii   atg  fi))   ovzog   Xv- 
zgov^uevov  R:  ohne  cog  x 

33)  „      31  xal  sjtl  ol  i)  kXjtig  tjuSv,  xvgis,  R:  rjXjtioafjitv  x 

34)  „      32  ozL  ygtjözd  zd  xglfiazd  oov  elg  ri(.idg  R:  b(p  fjfddg  x 

35)  IX,     3  ov    ydg    xgvßtjoezai    djto    zTjg    yvo^oscog   oov   Jtäg 

jtoiojv  döixa  R:  xaxd  x 
39)  X  inscr.  ev  vf/voig  zS  oaXcofimv  R:  vf/j^og  x 


Einleitung.  55 

49)        XV,  11  ßi  7«()   äfjaQTiai  6$,€Qi]fic6oovoiy  o'ixovg  aftaQTCo- 

Xcov  R:  al  yag  dvofilai  x 
58)    XVII,  14  xal  Jtdvra  6oa  ejioirjoav  ev  IsQOVoaXi^fi,  xad^coq 

xal  rd  ed^vrj   sv   ralg  jzoXeöl  rovg  d^sovg  avrcov 

R:  Toig  d-6olg  x 

61 )  „        33  ovöh  jtX?j&vpei  avrco  x(>^ö/oi^  ovöh  dgyvQiov  slg 

jtoXe^ov  R:  tcol  ccQyvQiov  x 

62)  „        36  xal   avrdg   xad-aQog   djtb   a/nagrlag,   rov   Sqxsiv 

Xaovg  uejdXovg  R:  Xaov  fisydXov  x 
64)       „       43  SV  övvaymyalg  öiaxgivel  Xaov  g)v2dg  i^yiaofisvov 

R:  Xaovg  x 
69)  XVIII,  12  ajio  yevecov  ag^alwif  ovx  djttörrjoav  oömv  avzcov 

R:  ajto  060V  avTcov  w 
Zu  II,  11  (Nr.  1)  könnte  man  etwa  Ezech.  23,  44  vergleichen: 
slöejtoQBvovro  jtQog  avri^jv  ov  tqojiov  dojtoQevovtai  jtgbg  yv- 
valxa  üi6qvi]v  xtX.  Dann  aber  müsste  man  statt  jcogevofisvog 
vielmehr  elöJzoQSvofisvog  erwarten.  Es  liegt  jedoch  ohnehin 
näher,  an  Stellen  wie  Ps,  79,  13  (xal  rgvymOiv  avrrjv  Jtdvrsg 
ol  jtagajtoQSvofievoi  t7]v  oöov)  oder  Jer.  19,  8  {jtdg  o  jtagajto- 
gsvofisvog  xtX)  zu  denken,  und  die  Auslassung  des  jtaga  vor 
jtog  ist  ganz  im  Charakter  der  Fehler,  wie  wir  sie  auch  sonst 
in  R  antreffen,  vgl.  z.  B.  IV,  b  iXagon  coodxxog,  20  soxog- 
jtioev  statt  soxogjttoav  ev,  X,  4  nvrjOBraL  statt  fip?]od-7}östai.  — 
In  Nr.  15  lag  kein  Grund  vor,  fiovla  durch  fiovcoösc  zu  ersetzen; 
wohl  aber  konnte  das  folgende  dxBXVia  zur  unwillkürlichen 
Änderung  des  ftovcoöei  führen.  —  Dass  in  Nr.  34  slg  rjfidg  (R) 
fehlerhaft  ist,  unterliegt  keinem  Zweifel,  vgl.  z.  B.  XVIII,  3  f. 
rd  xgifiard  6ov  sjtl  jtdöav  rrjv  yfjv . . .  //  jtacösia  oov  s<p*  f]fiäg.  — 
In  Nr.  58  scheint  weder  R  noch  x  das  Richtige  bewahrt  zu  haben. 
Mit  rovg  ^sovg  (B.)  giebt  v.  14h  keinen  Sinn,  und  rolg  d^solg 
(x)  wäre  nur  dann  haltbar,  wenn  sv  ralg  JtoXsotv  avrcov  vorher- 
i?inse.  Ich  komme  auf  diese  Stelle  noch  zurück.  —  Dass  in  Nr.  62 
X  mit  Xaov  fisydXov  das  Richtige  hat,  ist  ohneWeiteres  klar. 

In  Nr,  5  hat  x  den  Hebraismus  der  Vorlage  durch  Änderung 
des  alcopog  in  alcoviov  beseitigt;  dass  jenes  ursprünglich  ist,  be- 
weisen Stellen  wie  Thren.  3,  6  ojg  vsxgovg  almvog  (abi^  '^tl'^ia^), 
Ezech.  26,  20  Jtgog  Xaov  alojvog  (nbl5?  5:?"b^),  Sir.  1,  15  d^sfis- 
Xtov  alojvo^,  2,  9  sig  svxpgoövvrjv  alcovog,  15,  6  ovofia  alcovog 
(al.  alcovwv),  17,  12  öiad^7jX7]v  alcovog  (al.  alcoviov).  —  Zwischen 


5g  V.  Gebhardt,  Die  Psalmen  Salomo's. 

evavTi  und  evavrlov  (Nr.  7)  schwanken  die  Hss.  bei  LXX  oft 
und  auch  im  Neuen  Testamente  Lc.  1,  8.  Act.  8,  21,  so  zwar, 
dass  in  der  Regel  das  seltenere  Ivam  durch  das  geläufigere 
evavriov  verdrängt  wurde.  So  wird,  trotz  VIII,  8  (evavrlov 
Tov  i^Xlov),  auch  hier  ivavrt  (R)  vorzuziehen  sein.  —  Zu  VII,  1 
(Nr.  27)  ist  J  nicht  erhalten;  es  steht  also  nicht  x,  sondern  w 
(LCH)  gegen  R.  Aber  selbst,  wenn  es  gewiss  wäre,  dass  x  die 
Participialconstruction  bot,  müsste  man  R  recht  geben.  Aller- 
dings haben  auch  LXX  an  den  parallelen  Stellen  das  Participium, 
aber  nicht  im  Aorist,  sondern  im  Präsens,  vgl.  Ps.  34,  19.  68,  5 
Ol  fiiOovvTsg  fis  öcogeav,  Ps.  37,  20  ol  fnCovvreg  fis  aöixcoq. 
Dagegen  entspricht  es  ganz  dem  Sprachgebrauche  der  LXX,  in 
ähnlichem  Zusammenhange  das  verb.  fin.  im  Aorist  statt  im 
Präsens  zu  setzen,  also  sfilorjöa  statt  fttow,  vgl.  z.  B.  Ps.  25,  5. 
30,  7.  44,  8.  49,  17.  100,  3.  118,  104.  113.  128.  163.  138,  21. 
Und  je  näher  es  lag,  das  auf  Iva  firj  Inid-cövrai  i^filv  folgende 
Ol  als  Artikel  zu  fassen,  desto  unwahrscheinlicher  ist  es,  dass  R 
hier  geändert  haben  sollte.  —  Was  eben  für  ifilorjOav  angeführt 
wurde  scheint  VIII,  31  (Nr.  33)  für  7}Xjilaafisv  (x)  zu  sprechen, 
vgl.  auch  XV,  1  slg  ßorjd-eiav  rjXjtioa  xov  ß^eov  'laxcoß.  Aber 
der  Gebrauch  des  Hauptworts  ist  in  diesem  Zusammenhange  dem 
Psalmisten  ungleich  geläufiger,  vgl.  V,  11  xal  Jtrwxov  xai  Jtt- 
vrjxog  ri  sXjtiq  riq  söriv  et  firj  öv,  xvgie;  14  xal  ov  eöriv  7]  ^Xmq 
EJtl  öfc',  ov  (pelöerat  ev  öofiari,  XVII,  2  xal  ?]  sXjrlg  avrov  t:t 
avTOV.  —  Der  Änderung  verdächtig  ist  x  (w)  durch  die  begleiten- 
den Umstände  VIII,  11  und  30.  An  der  ersten  Stelle  (Nr.  28) 
schien  das  anstössige  ötrigjcaCcoöav  (s.  o.  S.  32)  durch  öi?jQjtaCov^ 
an  der  zweiten  (Nr,  32)  xarajtioöiv  durch  xarajtii^  (s.  u.) 
ersetzt  werden  zu  müssen;  dabei  ist  dort  ovx  für  a)g  (ii)  ge- 
schrieben, hier  das  coc  gestrichen  worden.  —  Für  die  Beurtheilung 
der  Variante  Nr.  35  ist  die  Überlieferung  von  Hiob  22,  23  lehr- 
reich. Hier  bietet  B  jtOQQW  sjtoirjoao  ajto  6iaiTt]0  oov  aöixov: 
statt  aöixov  hatte  &^*  xaxov,  A*  wie  es  scheint  ro  xaxov  (fc^cc 
Aa  TO  aöixov).  Für  die  Ursprünglichkeit  des  aöixa  spricht 
ausserdem  der  Umstand,  dass  ro  xaxov  (das  Adject.  xaxog  fehlt 
ganz),  wenn  wir  von  dieser  Stelle  absehen,  in  unseren  Psalmen 
nur  in  der  Bedeutung  Ungemach  oder  Verderben  vorkommt,  vgl. 
XV,  4.  XVII,  17.  —  In  der  Überschrift  des  X.  Psalms  (Nr.  39) 
ist   iv  Vftvoig  ohne  Zweifel  ursprünglich,  vgl.  LXX  Ps.   6.   53. 


Einleitung.  57 

54.  60.  75.  —  Den  Anlass  zur  Vertaiischung  von  aftagriai  mit 
dvofiiai  XV,  11  (Nr.  49)  gab  v,  10^  xal  al  dvoftlai;  der  Aus- 
dnick  dfiagrla  kommt  in  diesem  Psalm  sonst  nicht  vor.  —  In 
Nn  61  ist  der  gewähltere  Ausdruck  (R)  durch  das  geläufigere 
XQvalov  xal  ccQyvQiov  (vgl,  z„  B,  1  Es„  4,  18.  8,  16.  Prov,  3,  14.  8, 1 1. 
Sir.  40,  25.  Hab.  2,  19.  Sach,  14,  14)  verdrängt  worden.  —  Dass 
R  XVII,  48  (Nr.  64)  mit  Xaov  tpvXag  ^yiaOfisvov  recht  hat,  be- 
weist im  selben  Ps,  v.  26  ^vXdg  Xaov  rjyiaöiiivov.  —  An  der 
letzten  Stelle  endlich  (Nr,  69),  wo  wiederum  J  fehlt,  liegt  es 
näher  ajto  oöov  für  eine  Emendation  als  6dc5v  für  einen  Fehler 
zu  halten,  obgleich  der  Gebrauch  von  diplöTtifn  mit  ajto  im 
Griechisch  der  LXX  der  herrschende  ist. 

Lediglich  die  Wortform  oder  die  Grammatik  betreffen  die 
folgenden  Varianten: 

2)  II,  13  avral  hfiiaimöav  avrdg  R:  savrdg  x 

4)  „   27  e^ovQ-ivmöBV  R:  i^ovödvwosv  x 

6)         III,    1  'ipaX^ov  xmvov  xpdXXere  rm  d^eco  xrX.  R:  tpdXars  x 
22)  V,  18  TjVfpQdvd-Tjöav  R:  evffQdvd^rjOav  w 

25)         VI,   4  TjvX6yr]aev  R:  evXoyrjCsp  w 

29)  VIII,  12  sftiavap  R:  sfiiairov  x 

30)  „    21  dji^yaysp  rovg  viovg  xal  %dg  d-vyareQag  avxmv 

d  eyivv7}0av  ev  ßeßrjXcoöet  R:  dg  ayevvrjOav  x 

31)  «30  xarammöiv  riiiag  eO^vr]  R:  xarajthj  x 
36)        IX,    5  d-i]aavQlC,6c  C,<x)rjv  avrco  R:  eavrw  x 
38)  „      8  olxTslgrjöov  R:  oXxtsiqov  x 

41)       XII,    4  OxoQjziO^elTjCav  oörä  tpid-vgcov  R:  öxoQjticd-slT]  x 
46)     XIV,    8  rafisla  R:  rafiiela  x 

65)  XVII,  44  f/axagiot  ol  yepofispoi  ev  ralg  tjfiiQaig  exeivaig  R: 

yivofJievGi  X 

66)  XVIII,    2  td    mxd    Cov    sjtaxovßj,    üg   ötvöiv   jcrcoxov   R: 

sjtaxovöei  x 

67)  „        6  fiaxagioi  ol  ysvofievoi  xrX.  R:  yivofisvot  w 

Das  viermal  vorkommende  Reflexivpronomen  erscheint  in  R 
überall  in  der  contrahirten  Form  (mit  spir.  lenis),  in  x  zweimal  in 
der  contrahirten  (VIII,  10  övpsd^svro  avrotg  Ovpd-tjxag,  XVII,  33 
ovöh  ütXrjd^vvBl  avrco  xqvoIov  xrX.),  zweimal  in  der  nicht  contra- 
hirten Gestalt,  nämlich  II,  13  (Nr.  2)  und  IX,  5  (Nr.  36).  Dass 
R  hier  das  Ursprüngliche  erhalten  hat,  ist  mindestens  wahr- 
scheinlich. —  Dasselbe  gilt  von  den  Fällen,  wo  R  beim  Neutrum 


58  V.  Gebhardt,  Die  Psalmen  Salomo's. 

im  Plural  das  Verbum  im  Plural,  x  im  Singular  hat,  Nr.  31 
und  Nr.  41,^)  sowie  von  den  das  Augment  betreffenden  Varianten 
Nr.  22  und  Nr.  25,  in  welchen  R  und  w  einander  gegenüber- 
stehen; nur  dass  V,  18  (Nr.  22)  aller  Wahrscheinlichkeit  nach 
schon  y  fehlerhaft  war  (s,  u.j.  —  Ob  II,  27  (Nr.  4)  j  l^ovd^evcoöev 
(R)  bot  oder  k^ovöivmöev  (x),  ist  nicht  leicht  zu  entscheiden. 
Das  Wort  kommt  nur  im  IL  Psalm  vor  und  zwar  dreimal.  An 
der  ersten  Stelle  (v.  5)  schreiben  es  alle  Hss.  mit  ^,  an  der 
zweiten  (v.  26)  alle  mit  d,  an  der  dritten  R  allein  mit  ^,  JLCH 
mit  ö.  Die  Einmüthigkeit  aller  Zeugen  an  der  ersten  Stelle 
spricht  für  die  Ursprünglichkeit  der  Schreibung  mit  ^,  doch  wird 
II,  26  schon  y  e^ovdsyo^fisvov  geboten  haben.  —  Statt  y)dXXsT6 
haben  LXX  im  Psalter  stets  ipaXarB^  z.  B.  9,  12.  29,  5.  32,  3. 
46,  7.  8.  65,  2.  67,  5.  34.  Es  ist  anzunehmen,  dass  diese  Form 
auch  unserem  Übersetzer  geläufig  war.  —  Zu  Nr.  29  vgl.  II,  3. 
VIII,  22,  wo  im  gleichen  Zusammenhange  alle  Hss.  kfiiavav 
bieten,  —  In  Nr.  30  ist  ag  kyevvrjöav  und  in  Nr.  66  sjcaxovoti 
aus  der  uncialen  Vorlage  zu  erklären,  wie  XIV,  2  (Dg  everMaro 
in  H  (s.  o,  S.  47).  —  Dass  IX,  8  (Nr.  38)  R  mit  oixTtiQijOov 
recht  hat,  beweist  VIII,  27,  wo  alle  Hss.  so  lesen.  —  Die  Form 
raftetov  (Nr.  46)  bieten  im  N.  T,  Mt,  6,  6.  24,  26.  Lc.  12,  3.  24 
sowohl  als  bei  LXX  z.  B.  Prov.  20,  21  .(27).  24  (30)  die  besten 
Hss.2j  und  auch  yevo^svoL  (Nr.  65  und  67)  wird  gegen  yLVOf/svoi 
zu  halten  sein. 

Es  erübrigt  uns  jetzt  noch  die  in  der  Liste  S.  44  ff.  nicht  be- 
rücksichtigten Varianten  zu  betrachten,  nämlich  diejenigen,  welche 
den  Artikel  und  diejenigen,  welche  die  Elision  des  Endvocals  der 
Präpositionen  «jto,  smI  u.  s.  av.  betreffen.  Beginnen  wir  mit  dem 
Artikel,  so  ergiebt  sich,  dass  er  ungeföhr  ebenso  oft  von  R  gegen 


1)  Die  Fälle  dieser  Art  sind  zu  wenig  zahlreich,  um  daraus  sichere 
Schlüsse  für  den  Gebrauch  des  Übersetzers  zu  ziehen.  Der  Plural  in  Nr.  31 
kann  mit  II,  19  (ovsiöiaav  s&^vrj  und  XIII,  3  d^rj^la  i7ie6^(Xfj,oaav  belegt 
werden.  Dagegen  liest  man  VIII,  5  TtapeXv&i]  yövaxä  fiov  .  .  .  irapu/ßi] 
ta  oaxä  (xov  und  XVIII,  2  xa  wxa  aov  inaxovsi.  Immerhin  ist  auch  in 
Nr.  41  die  Annahme  einer  Emendation  durch  x  wahrscheinlicher  als  die 
einer  Änderung  durch  R. 

2)  Trotzdem  mag  xa/nistov  die  richtige  Form  sein,  vgl.  Cobet  in  der 
Einleitung  zum  Nov.  Testam.  ad  fidem  codicis  Vaticani  edd.  Kuenen  et 
Cobet.    Lugd.  Bat.  18G0  p.  LVIII. 


Einleitung.  59 

X  wie  von  x  gegen  R  dargeboten  wird.    An  den  folgenden  Stellen 
fehlt  in  R  der  in  Klammern  eingeschlossene  Artikel: 

1)  I,    i  'Eßorjoa  jtQog  xvqiov  hv  reo  d^Xißeod-ai  fie  elg  rskog, 

JCQog  [rbv]  d^eov  ev  rS  ejci^eod^ac  aftaQrcoXovq. 

2 )  II,    6  [ol]  vloi  xal  [al]  d^vyartQsg  ev  alxf^aXcooia  jiovTjQa 

3)  III,    6  d^jjß-eia  rcov  6ixnla>v  jtaQcc  d^eov  ocQztJQog  avrcop^ 

ovx  avXi^srac  ev  olxm  [tov]  öixaiov  a/uagria  l(p 
dfiagrlap. 

4)  VIII,  28  OTi  [?Jj  JtlöTig  Oov  fisO^*  rjfxcöv 

5)  „      29  xdl  Tjfietg  eOxXrjQvvafisv  [top]  TQdyjjXop  rjfi(5p 
ß)  X,    5  ölxaLog  xal  oöiog  [o]  xvqloq  ?jfi(ßv  xtä. 

1)      XIII,    5  eragdx^i]  o  svOsßrjg  öia  [rd]  jcaQajtro^fiara  avrov 

8)  XV,  10  xal  \al]  dvo^ulai  avrcop  öico^oprai  avrovg  xtX 

9)  XVII,    7  xal  öv,  6  ^sog,  xaraßaXelg  avrovg  xal  dgelg  [rd] 

OJtsQfja  avTcop  djto  r^g  y^g 

10)  „        15  xal    tJtexQarovöap    avrcop   [ol]    vlol   t?}c  ötad^)]- 

x?jg  xtX. 

11)  „        18  sie  jtaöav  ttjp  yijp  tyeprjd^i]  [o]  oxoQJiiO^ubg  avrwp 

12)  XVIII,    3  rd  xQifiard  oov  hm  jtaoav  zrjp  yijp  f/era  tXeovg, 

xal    [?]]    dydjt)]   oov   hm  OJttQfza  l4ßQadfc,    vlovg 
^löQarjX. 

13)  „         6  fiaxdgioi  ol  yevofisvoi  hp  [ralg]  r/fiegaig  hxeipaig. 
Die  Regellosigkeit  im  Gebrauch  des  Artikels,  welche  uns  auf 

Schritt  und  Tritt  in  diesen  Psalmen  begegnet,  erschwert  die  Ent- 
scheidung. Immerhin  darf  man  hier  vielleicht,  nach  dem  vor- 
herrschenden Gebrauch,  in  den  Fällen,  wo  auf  das  Nomen  ein 
Pronomen  possess.  folgt,  den  Artikel  erwarten.  Damit  erledigen 
sich  die  Nummern  4,  5,  6,  7,  8,  9,  11,  12  zuungunsten  von  R, 
abgesehen  davon,  dass  in  den  meisten  Fällen  die  Ursache  der 
Auslassung  erkennbar  ist.^)  Wenn  ferner  XVII,  15  (Nr.  10)  das 
ol  nicht  wohl  zu  entbehren  ist,  so  wird  auch  II,  6  (Nr.  2)  an 
einen  Ausfall  des  Ol  vor  YIOI  (vgl.  II,  3,  wo  J  den  gleichen 
Fehler  beging)  zu  denken  sein,  zumal  hier,  wie  XV,  10,  das  AJ 
nach  Kj4I  leicht  verloren  gehen  konnte.  Nr.  13  erledigt  sich 
durch  XVII,  44,  wo  auch  R  hp  ralg  7}fi£Qatg  bietet,  und  111,  Ob 


1)  So  konnte  VIII,  28  (Nr.  4)  das  H  zwischen  I  und  11  leicht  über- 
sehen werden,  X,  5  (Nr.  üi  das  0  nach  C,  XVlI,  18  [Nv.  11)-  0  vor  C, 
XV,  10  (Nr.  8)  AI  nach  KAI  u.  s.  w. 


(50  V.  Gebhardt,  Die  Psalmen  Salomo's. 

(Nr.  3)  erwartet  man  nach  6^  (vgl,  v.  5  und  7)  ebenfalls  den 
Ai-tikel.  Endlich  wird  auch  I,  1  (Nr.  1)  top  ß-eov  ursprünglich 
sein,  da  ^foc,  im  Gegensatz  zu  xvQtog  (s,  u.),  in  der  Regel  den 
Artikel  bei  sich  hat. 

Günstiger    gestalten    sich   für   E   die    Fälle,    wo   in    x    der 
Artikel  fehlt. 

1)  II,    8  djteöeQsrpsv  yag  [ro]  JtQOüwnov  avrov  ano  kXiovg 

aVTCQP 

2)  „  32  xal   PVP  tdere,  ol  fisyioräpsg  rrjg  yrjg^  ro  xolfia 

[tOv]    TCVQIOV 

3)  III,    3  öixaioi  ftprifiopsvovöip  öih  jtaptbg  rov  xvglov,  bp 

B^o^oXojridBt    7ta\    dixaiw6Bi    xa    xQifiata    [tov] 
xvgiov, 

4)  „      4  ovx  oXiywQi^oei  ölxmog  jzaidevo^evog  V7i6   [rov] 

xvqIov,  7j  evöoxia  avrov  öia  jtaptog  epapri  xvqiov. 

5)  „12  avTT]  [i^]  fisglg  rmv  apiaQxmXmp  elg  top  aimva 

6)  VI,    6  xal   jtäp   alrrj^a   pvx^g   eXjti^ovorjg   jiQog   avrov 

ejtireXsl  [ol  xvQiog 

7)  VIII,  10  BfJiOix^vro   BxaOTog   [rr]p]    yvpalxa    rov    jzXTjOtop 

avrov 

8)  „     19  ori  [6]  d^sog  jjyayBP  avrov  fisrä  aötpaXsiag  xrX. 

9)  XIII,    6  ort  ÖBLvri  [if\  xaraorQotprj  xov  afiaQrcoXov 

10)  XIV,    3  6610C   xvQiov   ^rjöovrac   bp  avrfo  Big  rop  alcvpa' 

6  jtaQaösiOog  [rov]   xvgiov^   ra   §vXa  rrjg  C^coTjg^ 
ooioi  avrov. 

11)  XVII,  30  xal  B^et  Xaovg  hd^vcöv  öovXbvblp  avroj  vjto  [rop] 

^vyot*  avrov 
über  Nr.  5  und  Nr.  9  kann  kein  Streit  sein,  da  die  Ursache 
der  Auslassung  auf  der  Hand  liegt.  Auch  II,  8  (Nr.  Ij,  VIII,  10 
(Nr.  7),  19  (Nr.  8)  und  XVII,  30  (Nr.  11)  wird  x  den  Artikel 
aus  Versehen  übergangen  haben.  Schwieriger  ist  die  Entscheidung 
in  den  Fällen,  wo  es  sich  um  den  Artikel  bei  xvgiog  handelt. 
Wenn  auch  hier  der  vorherrschende  Gebrauch  zur  Richtschnur 
genommen  werden  müsste,  so  würde  überall  x  recht  zu  geben 
sein.  Denn,  abgesehen  von  den  streitigen  Fällen,  findet  sich  in 
unseren  Psalmen,  wenn  ich  nichts  übersehen  habe,  56  mal  xvQiog 
ohne  Artikel  und  nur  16  mal  mit  dem  Artikel.  Andrerseits  liegt 
die  Auslassung  an  sich  näher  als  die  Einschaltung,  und  gerade  bei 
R  lassen   sich  Zusätze   verhältnissmässig  selten  nachweisen.     Es 


Einleitung.  6 1 

scheint  daher  gerathen,  nur  da  gegen  R  zu  entscheiden,  wo  für  die 
Hinzufugung  ein  Anlass  gegeben  ist,  wie  III,  3.  4  (Nr.  3.  4),  wo  rov 
xvQiöv  unmittelbar  vorhergeht,  in  den  übrigen  Fällen  aber,  wo  ein 
solcher  Anlass   fehlt  (Nr.  2,  6,   10),   den  Artikel  beizubehalten. 

In   einem  Falle   handelt  es  sich   um  verschiedene   Stellung 
des  Artikels,  nämlich 
XVII,  3  '^fistg  Sh   eXjziov^BV   hm  rov  d^sov  acDtfjga  i^fiSv  R: 

^sop  top  X  (aber  L  top  ß^eov  zop) 
Vielleicht  ist  hier  der  Artikel  überhaupt  zu  streichen,  vgl.  III,  6 
d^eov  omrTJQoq  avrSv, 

Die  gleiche  Regellosigkeit  wie  beim  Gebrauch  des  Artikels 
lässt  sich  in  unseren  Psalmen  mit  Bezug  auf  die  Elision  des 
Eudvocais  der  Präpositionen  djto,  ejd  u.  s.  w.  beobachten.  Man 
liest  z.  B.  in  allen  Hss.  VIII,  15  äjt  iöx^TOV,  aber  XI,  4  ajto 
slöoöov;  VI,  4  ejc"  svörai^eia,  aber  X,  4  em  Söovg;  IV,  4  //eö-' 
oQxov,  aber  VIII,  10  fiera  oqxov.  Nur  bei  Verbindungen  mit 
dem  Pronomen  ist  die  Elision  regelmässig  durchgeführt;  bei 
Verbindungen  mit  dem  Nomen  überwiegt  die  Unterlassung  im 
Verhältniss  etwa  von  3  zu  2.  Danach  w^erden  die  folgenden 
Sonderiesarten  von  R  zu  beurtheilen  sein: 

1)  IX,  11  ejs"  oixop  R:  sM  oixov  x 

2)  X,     8  sju  oixov  R:  ex   olxov  x 

3)  XV  inscr.)  ^     >j.-    o  >    >i?- 

^  Q        !"  ßsza  (ooriq  K:  /i£r    roöriq  x 

4)  «     ^        I 

5)  ,5     5  a^    dßagtmXovg  R:  sm  dßaQtmXovq  x 

6)  XVII  inscr.  i&eta  mö?jg  R:  fisz    cßöfjg  x 

Besonders  lehrreich  ist  die  Vergleichung  der  Nummern  1 
und  2.  Sie  lässt  kaum  eine  andere  Erklärung  zu,  als  dass  an 
beiden  Steilen  j  ejti  omov  hatte.  So  wird  auch  ^Bta  mdfjg  an 
allen  drei  Steilen  ursprünglich  sein  und  XV,  5  Im  dfiaQrmXovg 
(vgl.  X,  1.  XVI,  7.  8.  XVII,  36  djzo  dfiagriag). 

Blicken  wir  nun  zurück,  so  ist  es  schwer  zu  sagen,  welche  von 
beiden  Hss.  die  bessere  ist,  R  oder  x.  Ein  günstiges  Vorurtheil 
für  R  erweckte  der  Umstand,  dass  eine  Anzahl  Verbal-  und 
Nominalformen,  deren  Ursprüngiichkeit  uns  von  vornherein  fest- 
stand, in  dieser  Hs.  sich  unversehrt  vorfanden,  während  sie  in 
der  anderen  mit  wenigen  Ausnahmen  beseitigt  waren  (s.  S.  30  ff.). 
Daraus  ergab  sich  zugleich  für  x  eine  Neigung  zu  willkürlicher 


62 


V.  Gebhardt,  Die  Psalmen  Salomo^s. 


Änderung,  welche  wir  insbesondere  in  den  Fällen  abweichender 
Wortstellung  constatiren  mussten  (s.  S.  50).  Aber  bei  der  weiteren 
Vergleichung  kam  in  R  eine  nicht  unerhebliche  Zahl  von  Fehlem 
zum  Vorschein,  welche  auf  Flüchtigkeit  des  Schreibers  schliessen 
liessen  (s.  S.  43  f.),  und  auch  unter  den  69  Varianten,  die  einer 
näheren  Erörterung  bedurften,  fanden  sich  mehrere  Versehen 
dieser  Art  (s.  namentlich  S.  51  f.  und  S.  59).  Indessen  wäre  es 
unbillig,  wenn  wir  hier  die  Zahlen  allein  sprechen  lassen  wollten. 
Wie  R  thatsächlich,  so  kann  auch  x  Fehler  gehabt  haben,  deren 
Verbesserung  sehr  nahe  lag.  Dass  diese  insgesammt  in  die  ab- 
geleiteten Quellen,  auf  welche  wir  für  unsere  Kenntniss  von  x  an- 
gewiesen sind,  übergegangen  sein  sollten,  ist  gamicht  anzunehmen. 
Von  den  vier  hierbei  in  Betracht  kommenden  Hss.,  JLCH,  ist 
aber  eine,  wie  wir  gesehen  haben,  unmittelbar  aus  x  abgeschrieben, 
nämlich  J.  Unter  den  Sonderlesarten  dieser  Hs.  konnte  also  am 
ehesten  noch  wenigstens  ein  Theil  der  Fehler  der  Vorlage  zu 
finden  sein.  Allerdings  ist  die  Aussicht,  solche  Fehler  im 
Einzelnen  nachzuweisen,  eine  sehr  geringe.^)  Aber  zur  Vervoll- 
ständigung des  Bildes,  welches  wir  uns  bisher  im  wesentlichen 
auf  Grund  der  einstimmigen  Überlieferung  in  JLCH  von  x  ge- 
macht, ist  es  unumgänglich,  auch  diese  Varianten  zu  mustern. 
Und  noch  aus  einem  anderen  Grunde  ist  es  nothwendig.  Nächst 
R  steht  J  der  allen  Hss.  gemeinsamen  Quelle  (y)  am  nächsten. 
Es  ist  also  nicht  ausgeschlossen,  dass  in  den  Fällen,  wo  R,  J 
und  LCH  auseinandergehen,  J  allein  die  Lesart  der  Quelle  bewahrt 
hat.  Endlich  liegt  auch  die  Möglichkeit  vor,  dass  J  durch  glück- 
liche Conjecturen  uns  einen  Beitrag  zur  Herstellung  des  ursprüng- 
lichen Textes  liefert.  Unter  diesem  Gesichtspunkte  werden  wir 
schliesslich  auch  noch  die  Sonderlesarten  von  LC  und  H  zu 
betrachten  haben. 

Ich  übergehe  in  der  folgenden  Übersicht  das  v  eg)eXxvörix6p, 
sowie  die  schon  erwähnten  Vocalvertauschungen  (s.  o.  S.  28  f.). 
Hiervon  abgesehen  steht  J  mit  folgenden  Lesarten  allein: 

n,  4  djteQQitpare  J:  ajroQirpaxs  R,  ajtoQQitpaTs  LH  2) 


1)  Dass  J  wie  R  IV,  9  svava&la,  V,  8  mväao),  XII,  6  inayysXeiaq, 
XVII,  5  iniyyeikcD,  XVI,  8  avoipekovq  liest  (s.  o.  S.  28  f.),  kann  Zufall  sein; 
auffallender  ist  XVI,  5  iXoyrjaofiaL  J,  iXoy^awfiai  R,  statt  ikoyioa)  fis. 
Hier  müsste  aber  schon  y  den  Fehler  gehabt  haben,  s.  u. 

2)  C  fehlt  bis  U,  27  6  ^äntcDv. 


Einleitung.  ß3 

II,    8  axo  sX.  avrov  J:  djto  sX.  avrmv  RLH 

„    10  Tß  öiTc.  üiavxa  J:  navxa  xa  ölx.  RLH 

„    19  xaxajtax^öai  J:  €v  xaxajcaxi^oei  RLH 

„   22  xvQiov  xov  d-eov  J:  xvqIov  RLH 

„    „    xayco  sijtop  J:  xal  sljtov  RLH 

„    „    x^^Q^  <J*ot>  Tov  ßagvv.  J:  ?e^()ee,  rov  ßaQVP.  x^^Q^  <^ov 
RLH 

„    24  exxtag  J:  exxscci  RL,  exxsat  H 

„    25  dxifila  fuä  J:  alxiafiia  R,  äxi^la  LH 

„   26  £0?^  ov  J:  ?cö§  RLH 

„    35  ajtoöovpai .  .  .  xä  sQya  avxmv  aus  v.  34^  wiederholt 

„    36  jtaQaöxdvai  J:  jtaQeoxdvai  RLCH 
HI,    2  tpa>la^  J:  ipdXXe  xal  RLCH 

„     „  xvQLw  J:  ^ec5  RLCH 

„    10  cjtsQfia  J:  stxwfia  RLCH 
IV,    1  oölcov  J:  oö/o>  RLC,  om,  H 
„       9  ol  6g)0:  avxov  J:  ol  6(pd'.  avxmv  RLCH 
„      15  BytQöiq  J:  k^ijSQöK;  RLCH 

V  inscr.  xm   oaX,  xpaXfibg  Jtefijtxog  J:    'ipaX^og  reo   OaX.  R, 
paXftog  öaX.  LC  (öo^.)  H 

„      1  x6  ovofia  (wie  MP)  J:  xm  ovofiaxi  RLCH 

„      3  djco  J:  jtagd  RLCH 

„    13  (peiöol  J:  g)sid(p  RLC,  ^IXo)  H 
Vni,  15  Jtalovxa  J:  toj^  jtaiovxa  RLCH  i) 
„      18  fisxaog)aXelag  J:  fiexd  dotpaXslag  RLCH 
„     20  olxqvv  J:  oIxovpxop  RLCH 
„     24  XTjp  J:  xrjp  yTJv  sp  RLCH 
„     33  svSoxia  avxmp  J:  evöoxia  RLCH 
„      34  öxofiaoiv  J:  oxo^axi  RLCH 
IX  inscr.  reo  öaX.  elg  vlxog  tpaXfiog  ß  xal  elg  sXsyx^'^  J»  "^^ 

oaX.  elg  sXeyxop  RLCH 
„       1  LEQovoaXrjfi  J:  ioQatjX  RLCH 
„       6  X(>^ö£/££t;öf4  J:  XQV^'^^'^^V  ß'H,  %()?yör€vö£^  LC 
„       „  epa^ayoQiaig  J:  sp  e^ayoQlaig  R,  £j^  ^S^yoglaig  LCH 
,,       „  Jtdvxov  J:  djidpxwp  RLCH 
X,      5  BP  xglfiaötp  J:  xQlftaötp  RLCH 
„       „  XVQIOV  elg  top  alcova  J:  xvqIov  RLCH 


1)  J  fehlt  von  V,  14  xal  uXovoiov  bis  VIII,  12  xal  iv  dq)iÖQ<o. 


ß4  V.  Gebhardt,  Die  Psalmen  Salomo's. 

XI,    i  avtov  J:  avtwv  RLCH 

„      2  aj£a^  J:  eioajta^  RLCH 

„      6  avrmp  J:  d-sov  avtSv  RLCH 
XH,    3  'ipid^vQODV  J:  Tpid-vQoig  RLCH 

„       6  Jtaiömv  J:  jtalöa  RLCH 
XIV,    2  BP  dxaxla  xal  ev  6txaio6vp?]  J:  sp  ömaioovvx}  RLCH 
„       „  ov  J:  m  LC,  mq  H,  om.  R 
„        4  exxiXXrjCovrai  J:  axiX^coptac  LCH,  Iserat^.  R 
XV,    1  ov  d  J:  öv  RLCH 

„      2  e^ofioloyi^öao^ai  J:  s^oftoXoy?]6aaß^al  coi  RLCH 

„       3  aycüQXfjg  J:  djtagxyp  RH,  djtaQX^  ^^ 

„       7  öimxofisvot  J:  StoDxo^dpov  RLCH 

„     10  pcarcöraroi;  J:  searco  RLCH 

„     11  xal  J:  at  RLCH 
XVI,    1  vj£P(oöa  J:  mZloO-rjöa  RCH,  €oXlo&-f]öap  L 
„       5,  fiaxQav  yspiod-ac  J:  (xaxgap  RLCH 
„       3  i^eo^  J:  xvQioq  RLCH 

„       „  dpxekdßETo  ftov  sigömrrjQLapJ:  aptslaßero  /^ouRLCH 
„       4  BPvB,ep  fi6  .  . .  öcotr/glav  5  a  ausgelassen 
„       7  dsto  afiaQTiag  . ,  o  xal  pr.  v.  8  a  ebenso 
XVII,    1  €ig  TOP  almva  o  d-soq  hinzugefügt 
„        „  xal  dq  J:  eiq  RLH^) 
„        3  iXmC,ofiSP  J:  sXjtiovfisp  RLH 
„        5  dßaQrlaiq  rjiitp  J:  aftanviaiq  ?ifi(DP  RLH 
„        „  vjtid-ePTo  J:  ejte^evxo  RLH 
„        „  xat  (jtBTa  J:  //er«  RLH 
„       10  d^Boq  J:  xvQioq  RLH 
„       „    sjtoiTjOBP  J:  ^o££?  RLH 
„      12  avTcoi^  J:  avrov  RLH 

„      15  «jr£2e()aro"t;i^  J:  BJtaxgaTOvöap  R,  i^f3t()«T0vi^  LH 
„      18  BPB6XBP  J:  dpEOxsp  RLH 
7»       »    ^^?  7^?  J:  rrjp  yrjp  RLH 
„      20  avTov  J:  avrcöi^  RLH 

„      20b  und  21a  hinter  üialöd  öou  21h  J:  hinter  20a  RLH 
„      23  afiaQTcoZmp  J:  diiaQxmXov  RL,  -Xovq  H 

„  ,1     BP   ÖXBVTj    J:    (Dq   ÖXBVTj    RLH 

„      24  ovpxQixpop  J:  ovpzQiipai  RLH 
1)  C  fehlt  von  XVI,  8  «tto  hfxuQxluq  bis  zum  Schluss. 


Einleitung.  g5 

XVII,  26  cvpcc^at  J:  övpa^ec  RLH 

„      32  ori  JcdvTtg  .  . .  xvQiog  ausgelassen 
„      33  f^p'  iJtJiop  J:  em  ijtjtov  RLH 
„      37  avzov  J:  avrov  öwarov  RH,  avxov  övvafiip  L 
„      40  ag)fj6ai  J:  dfprjosc  RLH 

„      42  roi;  ßaocX.  isQOvöalr)(i  J:  rov  /^aö^-^.  iOQarjX  RLH 
„      43  /loyot  J:  cog  Xoyoi  RLH 
„      44  hgovöaXi]^  J:  loQarjX  RLH 
XVHI,  5—12  lässt  J  weg  und  bring^c  dafür  Sir.  33  (36),   1—13. 

Dazu  kommen  noch  15  den  Artikel  betreffende  Varianten, 
und  zwar  9  Zusätze^)  und  6  Auslassungen. 2) 

An  Fehlern,  deren  Verbesserung  sich  von  selbst  versteht,  ist 
hier  kein  Mangel  Aber  nur  wenige  sind  so  beschaffen,  dass  man 
geneigt  sein  wird,  sie  auf  x  zurückzuführen,  und  in  den  wenigen 
Fällen,  wo  eine  solche  Vermuthung  nahe  liegt,  wie  z.  B.  bei  drißla 
fiiä  II,  25,  könnte  der  Fehler  schon  in  j  enthalten  gewesen  sein 
(s.  o.  S.  46).  Für  die  Dittographie  H,  35,  die  Umstellung  XVII,  20  f. 
und  die  Auslassungen  XVI,  4.  7.  XVII,  32  (vgl.  auch  VIII,  24. 
XI,  6.  XVII,  37.  43)  kann  selbstverständlich  nur  J  verantwortlich 
gemacht  werden.  Die  Neigung,  willkürlich  zu  ändern,  tritt  hier 
noch  stärker  hervor  als  bei  x;  in  keiner  anderen  Hs.  begegnen 
uns  so  viele  Zusätze  wie  in  J,  vgl.  II,  22.  26.  VIII,  33.  X,  5. 
XIV,  2.  XV,  1.  XVI,  1.  3.  XVn,  1.  Dass  diese  nicht  aus  x 
stammen,  beweist  das  Fehlen  derselben  in  LCH  sowohl  als  in 
R  (y).  Dasselbe  gilt  von  den  wenigen  guten  Lesarten,  welche 
sich  in  J  finden.  Wenn  wir  diesen  vor  der  sonstigen  Über- 
lieferung den  Vorzug  geben,  so  geschieht  es  in  dem  Bewusstsein, 
dass  wir  es  nur  mit  gelungenen  Emendationen  zu  thun  haben. 
Von  den  vier  Stellen,  welche  hierbei  in  Betracht  kommen  (IV,  1. 
V,  13.  X,  5.  XV,  7),  wird  weiter  unten  die  Rede  sein. 

Die  übrigen  Hss.  (LCH)  stehen  x  so  fern,  dass  aus  ihren 
Sonderlesarten  eine  wesentliche  Erweiterung  unserer  Kenntniss 
von  X  von  vornherein  nicht  zu  erwarten  steht.     Indessen  ist  es 


1)  J  fügt  hinzu  III,  5  ^,  9  o  und  t^v,  IV,  8  zov,  13  6,  IX,  1  6, 
XV,  1  ZTiv,  XVII,  11  Tcc,  35  Tov.  . 

2)  J  lässt  aus  II,  3  ol,  VIII,  15  tov  2«,  IX,  2  t^,  XI,  2  t«,  XVII,  13 
TOV,  28  tfjg.  Ausserdem  fehlt  IV,  2  o  und  XVIII,  1  rj  durch  Schuld  des 
Miniators. 

Texte  u.  Untersuchungen  XIII.  2.  5 


QQ  V.  Gebhardt,  Die  Psalmen  Salomo's. 

nicht  ausgeschlossen,  dass  auch  sie  uns  gegebenen  Falls  zur  Er- 
mittelung der  ursprünglichen  Lesart  dienlich  sein  können. 

Die  Sonderlesarten  von  L  und  C  sind  schon  in  anderem  Zu- 
sammenhange zur  Sprache  zu  kommen  (S.  35  f.).  Durchmustern 
wir  nun  die  nicht  umfangreiche  Liste,  ob  sich  vielleicht  für  uns 
Beachtenswerthes  darin  findet,  so  ist  der  Ertrag  ein  sehr  geringer. 
Nur  in  einem  Falle,  auf  den  wir  noch  einmal  zurückzukommen 
haben  werden,  liegt  hier  jedenfalls  das  Richtige  vor,  nämlich 
XIV,  2  ev  vofio)  CO  (s.  o.  S.  47).  Ansprechend  ist  VIII,  3  avT?)v 
statt  avTov  (jtov  aga  xQcvst  avrov  6  ^eogy),  da  gleich  darauf 
Jerusalem  genannt  wird  (v.  4);  es  könnte  aber  auch  an  Israel 
(vgl.  V.  26)  zu  denken  oder  ein  Übersetzungsfehler  anzunehmen 
sein  (s.  zu  d.  St.).  —  Der  Vollständigkeit  wegen  haben  wir  jetzt 
noch  die  Sonderlesarten  von  L  aus  den  Stücken  zu  betrachten, 
welche  in  C  fehlen.    Es  sind  die  folgenden: 

I,      4  ?J  öo^a  avTov  L:  r/  öö^a  avxcöv  RJH 

„       5  jitöcüot  filv  L:  jtBöcoOLv  RH,  jteocoot  J 
XVI,  1 1  yoyyvouop  . .  .  ajt'  efiov  ausgelassen 

„      12  £r  T(p  .  .  .  \pvxf]v  juov  ausgelassen 
XVII,    4  ev  löQa7]X  L:  ejii  logay)).  RJH 

„        „  eütl  öv  L:  xai  ov  RJH 

„        „  djtevavTL  ro  ßaolX.  L:  anivavrl  oov  ßaoU.  RJH 

„        5  oig  L:  otg  ovx  RJH 

„      16  ccjto  TOVTcov  L:  ajc'  avrmv  RJH 

„        „  ovvaycQyaq  L:  ovvaywyaq  oötwv  RJH 

„        „  ebener aoav  L:  8^ajt£rao^9j]Oav  RJH 

„      21  löQaijX  L:  am  loQaijX  RJH 

„      28  ev  avTotg  L:  avroig  RJH 

„      37  övvafiLV  L:  övvarov  RH,  om.  J 

,,      40  avrS  L:  avrdjv  RJH 

„      43  y/ytaojusvovg  L:  riyiao^evov  RJ,  -f/avcov  H 

„      45  QVöccL  L:  QVOeraL  RJH 
XVni,    2  ejttßXejtovötv  L:  ejtißXejtovxeg  RJH 

„  4  JTQcoTOToxov  novoyevovg\i\:tQ(DT6toy.ovnovoyevri^^}i 
Der  sonst  recht  sorgfältige  Schreiber  von  L  hat  sich  in  den 
letzten  Psalmen  arge  Versehen  zu  Schulden  kommen  lassen. 
Beachtenswerth  ist  nur  I,  5  die  Lesart  jteowot  fiev.  In  der  Vor- 
lage (v)  wird  fisv  nicht  hinter  jteöcoöt  gestanden  haben,  sondern 
über  der  letzten  Silbe  als  Emendation:  jtiocDftev.    Diese  Emen- 


Einleitung.  ß7 

dation  liegt  so  nahe,  dass  man  sich  wundern  muss,  ihr  nur  hier 
zu  begegnen,  s.  jedoch  u.  S.  73. 

Weit   zahlreicher   als    in  L  und  C   sind  die  Sonderlesarten 
in  H.    Die  Erklärung  ist,  wie  schon  oben  angedeutet,  entweder 
darin  zu  suchen,  dass  die  Hs.,  aus  welcher  erst  v  und  dann  u  ab- 
geschrieben wurde  (w),   in   der  Zwischenzeit  zum  Theil  unleser- 
lich  geworden  war,  oder  darin,   dass  der  Schreiber  von  u  seine 
Aufgabe  ungenügend  gelöst  hatte  (s.  o.  S.  39).    Im  Hinblick  auf 
die  Sorgfalt,   welche   der  Schreiber  von  H  augenscheinlich  auf 
sein  Werk   verwandte,    können   wir    diesen  wenigstens    für    die 
Mehrzahl    der    vorliegenden    Fehler    nicht    wohl    verantwortlich 
machen.   Ich  übergehe  auch  in  dem  nun  folgendenVerzeichnisse  die 
das  V  e<psXxvOT.  betreffenden  Varianten  und  bemerke  inbezug  auf 
die  Zählung  der  Psalmen,  dass,  abweichend  von  RJLC,  Ps.  III  nicht 
beziffert  ist,  Ps.  IVmit  P,  Ps.  V_mit  J,  Ps.  VI  mit  G,  Ps.  VII 
mit  f ,  Ps.  VIII  mit  Z,  Ps.  IX  mit  Q  und  weiter  ohne  Abweichung. 
I,    4  ÖLiXd^oL  H:  öudod^T}  RJL  ^) 
II,    4  £V(£6a)X£v  H:  bvoöcoxbv  RJL 
„     5  eB^ovd^ev/jd^Tj  H:  l^ovdspcod-rj  RJL 
„     „   slg  H:  tco^  ilg  RJL 
„   11  £0T7]0£v  H:  löTTjoav  RJL 
„   22  ajtayo3yfi  H:  Ijtaywyf]  RJL 
„   23  (xrjvrjOEmq  H:  firjpiöswg  RJL 
„   27  öis^d^aQfievov  H:  ötafpEQo^evov  RJL 
„   36  /M£T    avTOt  H:  oolocg  avrov  RJLC 
III,  10  JtQOöi&Tjxav  H:  jtQoöid^rjxev  RJL  (C  unleserlich) 
IV  inscr.  ipaXfiog  xm  H:  öiaXoyrj  rov  RJLC 
„       1  Iv  ovveÖQLO)  H:  add.  oöimv  J,  oolo)  RLC 
„       2  xaxaxQircov  H:  xaraxQivai  RJ,  xazaxQivsi  LC 
„      8  6ixac(6oatsv  H:  öixaimoatoav  RJ,  LC  s.  o.  S.  33. 
„      9  tp  olxq>  H:  Ijt   olxov  RJLC 
„     10  aviöTi]  H:  ajztor?]  RJLC 
„     11  ijQrj^oDöEv  H:  add.  olxov  RJLC 
„     13  ^  ^v^Tj  avTOv  H:  add.  cog  adrjg  RJLC 
„     15  €2^  Jtevia  H:  jtBvLa  RJLC 
„     „    oövvaig  H:  Xvjtatc  RJLC 
V,    2  ei  H:  ^  RJLC 
„      3  öxvZa  avO^Qotjiog  H:  oxvXa  RJ  (LC  fehlen) 

1)  C  fehlt  bis  II,  27  6  ^anxmv. 

5* 


ßg  V.  Gebhardt,  Die  Jfsaimen  Salomo's. 

V,    4  ool  H:  öov  RJLC 

„      5  ajtoOTQerpsic  H:  asioöxoixpxi  RL(C?),  -^^§  J 

„      7  aXXa  sjtl  H:  dXX'  im  RJLC 

„    11  Tovq  (XQXOVTaq  H:  agxovzag  RJLC 

„    13  g)lXq)  H:  ^Sfdqo  RLC,  (pstöol  J 

„    16  avraQxsölag  H:  avra^jx/a^  R,  -xek^  LC  i) 
VI,    3  öaJlcöj;  H:  adXov  RLC 

„      4  TO  oVo//te  bis  H:  reo  ovofiaTC  RLC 

„      6  £A£Oi>  H:  e/fog  RLC 
VIII,    4  lj^  IsQovC.  jtoXip  H:  a§  ff()oi;ö.  jr6^i2>  RLC 
„      14  sjtOT.  avTOlg  H:  ejtor.  avrovg  RJLC 
„      17  avTc5v  H:  ßi;roi;  RJL(C?) 
„      23  ccQviac  H:  '^()j^/o:  RJLC 
„      25  ai;rcöt'  H:  rjfiSv  RJLC 
„      34  ov  ^vXoyrjfievog  H:  svXoyrjfiivog  RJLC 
IX,    1  djtoixrjöla  H:  djtotxsöia  RJLC 

„      2  £jrl  öiaöjtoQa  H:  ?J  öcaöJtoQd  RJLC 

„      5  a(^£?ca  H:  aötxlav  RJLC 

„      9  ;eara;rtti;ö?^  £tg  fl:  xarajtavoei  dg  JLC,  xarajravöf^^  R 

X,    4  ?J  fiaQTVQia  E:  ?)  /«()  fiaQzvgla  RJLC 

„     5  TO  oi^oficc  H:  reo  ovofiarc  RJLC 

„      8  eig  ö(Dg)QOövprjv  H:   Blocoq)QOövvrjv  R,  «Z^  evtpQoövvqv 

JLC 
XI,    1  £^  iöQa/jX  H:  tOQarjX  RJLC 

Xn,    2  fx'  noiriöBL   6iaöTQog)7Jg  H:    ei^  JcoixcXla  CtQO^fjg  RJ, 
£i^  :7roi5c.  rQO(prjg  LC 
„  «yla?  und  xaXdfiTjV  H:  Aaco  und  xaXXovriv  RJLC 
XIV,   2  0?^'  H:  w  LC,  oj;  J,  om.  R 

„      5  o  iogariX  H:  i(jf()o:?/;i  RJLC 

„      7  £z^  sjttd-vfila  H.  ?5  ejtt&vf/la  RJLC 
XV,   3  xal  a/roi^  H:  xa^i^oj^  RJL(C?) 

„     12  djioöovvai .  .  .  xqovov  H:   RJLC  s.  o.  S.  46- 
XVII,    6  dXaXdyiiaxog  H:  dXXdyfiarog  RJL^) 

„       8  evQed^eir]  H:  evQed^rivai  RJL 

„       9  eXerjOst  H:  oi;>c  eXsrjöec  RJL 
„  at;Tot;^  H:  ai;rQ5r  tva  RJL 


1)  J  fehlt  von  V,  14  bis  VIII,  12. 

2)  C  fehlt  von  XVI,  8  bis  zum  Scbluss. 


Einleitung.  69 

XVII,  11  avBuoq  H:  apofiog  RJL 

„      21  olösg  H:  töeg  Rj  elösg  JL 

„      23  afiaQT<x)Xovg  H:  afiaQzmZov  RL,  -^(»r  J 

„      27  avXLöd-^vai  H:  add.  eVi  RJL 

„      37  ^£r'  tö;c^o$  H:  ii^ra  loxvog  RJL 

„      43  iqyLaöuivcov  H:  ^ytaöfisvov  RJ,  -2>ot;§  L 

„      44  S  jtoii^öst  H:  jtocTJöat  RJL 
XVIII,     3  -M£T    £2.  H:  ^era  eX,  RJL 

„        4  vjiijxoov  H:  evixoov  RJL 

„  8  1«^  9)6i5<»  H:  ivcojtiov  RL  (J  fehlt) 
Bei  Durchmusterung  dieser  Liste  fällt  ein  Doppeltes  auf:  einer- 
seits die  geringe  Zahl  von  Verstössen  gegen  die  Orthographie 
(vgL  II,  23  firjvi^öscog,  IX,  1  ajtoixrjoLa)  und  sonstigen  Schreib- 
fehlern (vgl.  VIII,  23  agvlai),  andrerseits  die  Menge  schlechter 
Lesarten.  Ein  Theil  davon  ist  schon  von  früheren  Herausgebern, 
namentlich  Hilgenfeld,  als  fehlerhaft  erkannt  und  glücklich  ver- 
bessert worden,  so  II,  22  aüiaymy%  IV,  10  dveorr],  V,  16  avtag- 
xsölag,  VIII,  14  avroig,  X,  8  oaxpQOOvvr^v^  XIV,  2  «Sg,  XVII,  11 
o.vsfiog.  Man  sieht  jetzt,  dass  die  Zahl  der  Fehler  noch  weit 
grösser  ist.  An  mehreren  Stellen  fehlen  einzelne  Wörter,  an 
deren  Ursprünglichkeit  nicht  gezweifelt  werden  kann,  so  II,  5 
ecog,  IV,  1  oöimv  (ooicp\  11  oixov,  13  o?g  a^rjg-,  X,  4  yag,  XVII,  9 
ovx^  27  STi.  Andere  Fehler  erklären  sich  aus  flüchtiger  Lesung 
der  in  Uncialen  geschriebenen  Vorlage  oder  aus  schlechter  Er- 
haltung der  letzteren  (s.  o.),  so 

I,  4  AIGA&OI  statt  AIGAO&H 

II,  27  Aie^OAPMGNON  statt  AIA^GPOMGNON 
IV,  15  OAYNAIC  statt  AYHAIC 

V,  13  ^lAQ  statt  ^eiAQ  (1.  ^eiAOI) 

VIII,  34  creYAorEMeNOc  statt  eFAorHMeNoc 

XII    2  eNnOIHCeiAIACTPO^HC    statt    GNnOIKIÄIA- 
CTPO^HC 
„      „  AAS2  . . .  KAAAMHN  statt  AAQ  . .  .  KAAAONHN^) 
XIV,    2  S^CeNereiAATO  statt  QGNGTeiAATO 
XV,    3  KAIAINON  statt  KAINON 
„     12  AnOAOYNAI  statt  AnOAOYNTAP) 


1)  Auf  diese  Variante  komme  ich  im  nächsten  Abschnitt  zurück. 

2)  Hierbei  zugleich  eine  Umstellung,  s.  o.  S.  46  f. 


70  V.  Gebhaxdt,  Die  Psalmen  Salomo's. 

XVII,     6  AAAAArMATOC  statt  AAAAFMATOC 
„       11  ANGMOC  statt  ANOMOC 
„      23  AMAPTS^AOYCS^C  statt  AMAPT^ÄOY^C 

Zu  X,  8  eiCCi^^POCFNHN  statt  eiCeV^POCYNHN 

s.  0.  S.  47.  Bei  unversehrtem  Zustande  der  Vorlage  schwer 
erklärlich  sind  Lesarten  wie  II,  36  fier  avrov  statt  ooloiq  avrov, 
XVII,  9  avTOvg  statt  avrcov  eva.  Absichtlich  geändert  wurde 
in  der  Überschrift  von  Ps.  IV  öiaXoyTJ  rov  in  das  geläufige 
rpaXfiog  to5,  IV,  8  öixaicoaaiöav  in  ötxatcoöaiev  (s.  o.  S.  32), 
vielleicht  auch  IV,  2  xaraxQlvat  in  xaxaxQivcov^  V,  2  ^  in  et, 
5  djtoöTQetprj  in  ajtoorQkipeiq,  VI,  6  e'/lfog  in  eXeov  (s.  o.  S.  31), 
VI,  4  u.  X,  5  To5  ov6,uaTt  in  ro  ovofia.  Auch  das  V,  3  hinzu- 
gefügte avd-QWjtoq  gehört  hierher;  wir  werden  im  nächsten  Ab- 
schnitt sehen,  dass  eine  andere  Ergänzung  des  in  den  übrigen 
Hss.  fehlenden  Subjects  näher  liegt.  Zur  Hälfte  unausgeführt 
gebliebene  Änderungen  begegnen  uns  VIII,  4  und  XVII,  21.  An 
der  ersten  Stelle  ist  das  elq  der  Vorlage  durch  iv  ersetzt,  aber  die 
Änderung  des  davon  abhängigen  jioXlv  in  üioXu  unterblieben. 
An  der  zweiten  sollte  das  überlieferte  Elöeq  (l'df§)  in  olöaq  ge- 
ändert werden;  es  blieb  aber  bei  olSeq^  und  erst  h  (MP)  hat  die 
Emendation  ganz  ausgeführt;  ob  sie  richtig  ist,  werden  wir  im 
nächsten  Abschnitt  zu  untersuchen  haben.  Nach  diesem  Befunde 
wird  man  auch  diejenigen  Sonderlesarten  in  H,  welche  sich  nicht 
geradezu  als  fehlerhaft  zu  erkennen  geben,  als  Abirrungen  von 
der  ursprünglichen  Überlieferung  zu  betrachten  haben,  z.  B.  II,  5 
e^ovd^svrjd^T],  IV,  ]b  ev  Jtevla,  V,  11  rovq  agxovraq^  IX,  5 
CLÖLxa  u.  s.  w.  Nur  in  einem  einzigen  Falle  hat  H,  wenn  ich 
recht  sehe,  allein  das  Richtige,  nämlich  XVII,  44  mit  a  jtot7]ösi 
(statt  noiTjOat):  eine  ausnahmsweise  gelungene  Emendation,  von 
welcher  im  nächsten  Abschnitt  die  Rede  sein  wird. 

Wir  sind  hiermit  am  Ende  des  Zeugenverhörs  angelangt  und 
haben  nun  zuzusehen,  inwieweit  dem  überlieferten  Texte  Ver- 
trauen geschenkt  werden  kann. 

5.    Die  Fehler  des  überlieferten  Textes. 

Die  Vergleichung  der  beiden  Abschriften  (R  und  x)  des 
ältesten  auf  dem  Wege  der  Überlieferung  für  uns  erreichbaren 
Textes  (y)  ergab  das  wenig  erfreuliche  Resultat,  dass  sie  an  mehr 


Einleitung.  71 

als  200  Stellen  von  einander  abweichen.^)  Allerdings  entfällt  ein 
nicht  unerheblicher  Theil  dieser  Abweichungen  auf  Schreibfehler 
in  R.  Aber  auch  nach  Abzug  dieser  Fehler  sahen  wir  uns  vor 
eine  lange  Reihe  von  Variai;ten  und  damit  vor  die  nicht  immer 
leichte  Wahl  zwischen  R  und  x  gestellt.  Schon  hierbei  trat  die 
Frage  nach  der  Lesart  von  j  zuweilen  in  den  Hintergrund.  Denn 
nach  Massgabe  der  ims  zu  Gebote  stehenden  Kriterien  konnten 
wir  in  einzelnen  Fällen  eher  das  Ursprüngliche  zu  ermitteln  hoffen 
als  die  vielleicht  fehlerhafte  Lesart  von  y.  Das  gilt  namentlich 
von  den  Stellen,  wo  wir  uns  weder  bei  R  noch  bei  x  beruhigen 
konnten.  Wenn  beide  fehlerhaft  waren,  kam  es  weniger  darauf 
an,  welchen  Fehler  y  gemacht,  als  darauf,  wie  der  Fehler  zu  ver- 
bessern sein  möchte. 

Die  Thatsache,  dass  y  eine  Anzahl  solcher  Fehler  enthält, 
die  durch  Conjectur  beseitigt  werden  müssen,  überhebt  uns  der 
Nothwendigkeit,  zu  beweisen,  dass  diese  Hs.  mit  dem  Originale 
der  Übersetzung  nicht  identisch  gewesen  sein  kann.  Dafür  spricht 
ausserdem  die  Stelle,  an  welcher  wir  unsere  Psalmen  in  y  an- 
treffen. Wenn  wir  auch  über  die  frühesten  Schicksale  dieser 
Lieder  seit  ihrer  Übertragung  ins  Griechische  sehr  wenig  wissen, 
so  besitzen  wir  doch  im  Codex  Alexandrinus  ein  Zeugniss  dafür, 
dass  sie  im  V.  Jahrhundert  noch  keinen  festen  Platz  in  der 
griechischen  Bibel  gefunden  hatten.  2)    In  y  aber  standen  sie,  wie 


1 )  Den  S.  43  ff.  aufgeführten  (17  +  24  +  69  +  7  +  13  +  11  +  0  =)  147 
Sonderlesarten  von  R  sind  die  c.  60  Vocalvertauschungen  S.  26  f.  und  die 
c.  40  abweichenden  Wortformen  S.  31  f.  zuzuzählen.  Von  den  das  v  eq)sX- 
xvaxLxov  betreffenden  Varianten  ist  dabei  ganz  abgesehen. 

2)  Das  dem  Codex  Alexandrinus  vorgesetzte  Inhaltsverzeichniss  nennt 
nach  der  Apokalypse  des  Johannes  zunächst  die  Clemensbriefe,  zieht  sodann 
die  Summe  der  aufgeführten  neutestam entlichen  Schriften  mit  Ofiov  ßißkia 
[xS'']  und  fügt  endlich  als  vereinzeltes  Anhängsel  xpaXfjLOi  ooXOfxwvToa  i?j 
hinzu.  In  welchem  Zusammenhange  sonst  in  älterer  Zeit  unsere  Psalmen 
abgeschrieben  wurden,  ist  nicht  mit  Sicherheit  zu  ermitteln.  In  der  fälschlich 
den  Schriften  des  Äthan asius  beigesellten  Synopsis  scripturae  sacrae  begegnen 
sie  uns  unter  den  Antilegomenen  des  Alten  Testaments  an  siebenter  Stelle, 
rnit  den  Makkabäerbüchern  und  Susanna  durch  ein  zwischeneingeschobenes 
GW  ixslvoig  6s  (nämlich  mit  Weisheit  Sal.,  Sirach,  Esther,  Judith  und 
Tobit)  xal  xavxa  (sc.  xpaXfxol  xal  (oör/  SoXoßcövTog)  j]Qi&fi7]VTai  zu  einer 
minderwerthigen  Gruppe  zusammengefasst.  Ebenfalls  unter  den  alttesta- 
mentlichen  Antilegomenen,  jedoch  schon  an  vierter  Stelle,  zwischen  Sirach 


72  V.  Gebhardt,  Die  Psalmen  Salomo's. 

aus  der  Übereinstimmung  zwischen  R  und  H  (vgl.  auch  J)  mit 
Sicherheit  zu  entnehmen  ist,  ^)  unter  den  poetischen  Büchern  des 
Alten  Testamentes,  zwischen  Weisheit  Salomo's  und  Jesus  Sirach. 
Wären  sie  von  vornherein  hier  untergekommen,  so  wäre  die 
Stellung,  welche  der  Codex  Alexandrinus  ihnen  zuweist,  vollends 
räthselhaft.  Diese  setzt  voraus,  dass  das  merkwürdige  Büchlein, 
das  schon  durch  die  Verherrlichung  des  Messias,  worin  es  aus- 
klingt (Ps.  XVIII),  früh  die  Aufmerksamkeit  kirchlicher  Kreise 
auf  sich  gezogen  haben  wird,  bald  hier,  bald  dort  den  biblischen 
Schriften  beigesellt  wurde,  bevor  man  ihm  unter  den  alttestament- 
lichen  Hagiographen  eine  Stelle  anwies.  Haben  wir  uns  demnach 
j  durch  eine  Anzahl  Mittelglieder  von  der  Urschrift  (z)  getrennt 
zu  denken,  so  ist  es  nicht  zu  verwundern,  wenn  der  Text  kein 
fehlerfreier  ist.  In  der  That  liegt  an  einer  nicht  unbeträchtlichen 
Zahl  von  Stellen  die  Fehlerhaftigkeit  am  Tage.  Das  Geschäft 
der  Emendation  aber  wird  in  diesem  Falle  dadurch  wesentlich 
erschwert,  dass  wir  es  mit  einer  Übersetzung  zu  thun  haben, 
welche  das  hebräische  Original  oft  missverstanden  und  dadurch 
manche  Verwirrung  angerichtet  hat.  Man  wird  daher  stets  auf 
der  Hut  sein  müssen,  dass  man  nicht  etwa  den  Übersetzer  corrigirt 
statt  des  überlieferten  Textes.  Ich  beabsichtige  in  der  folgenden 
Zusammenstellung  nicht  alle  Stellen  zu  besprechen,  deren  Ande- 


und  Esther,  werden  in  dem  der  Chronographie  des  Nicephorus  (f  828) 
angehängten  Verzeichnisse  der  biblischen  Bücher  ypaXfxol  y.al  w&al '  (al. 
c^örf)  SokofÄ(DvTog  [oxix-  ßg)  aufgeführt.  Anders  das  in  einigen  Hss.  auf 
die  ^EQüJZTjaEig  xal  dnoxQiasiq  des  Anastasius  Sinaita  folgende  anonyme 
Kanonsverzeichniss  {nsQl  x(öv  ^'  ßißXuov  xal  oaa  tovtcdv  ^xTog).  In  der 
bunten  Gesellschaft  von  25  Apokryphen  haben  hier  zwischen  der  ÄvdXrnpig 
MwaecDg  und  der  Apokalypse  des  Elias  die  Psalmen  Salomo's  [xpaXßol 
2oXou(vvTog)  ihren  Platz.  Zu  erwähnen  ist  endlich  das  Scholiou  des 
Zonaras  zum.  59.  Kanon  von  Laodicea,  woraus  jedoch  nicht  zu  erkennen 
ist,  ob  unsere  Psalmen  dem  Verfasser  anders  als  dem  Namen  nach  bekannt 
waren.  Es  lautet:  ^Exxog  zcüv  qv  xpaXfji<5v  rov  Aaßlö  svQiaxovxai  xal 
Tiveg  STBQOL  Xeyousvoi  zov  SokofKÖviog  slvai,  xal  aXkcDV  rivcüv,  ovg  xal 
iÖKüTixovg  (ovöfjiaaav  ol  naxsQsg,  xal  fj.?]  Xiyea&ai  iv  ty  ixxXrjalrc  öisxd- 
^avTO.  fii^TS  (iriv  ßißXia  dvayivwaxeo&ai  dxavovioxa,  ixova  ÖB  xd  xavovixd 
(Guil.  Beveregius,  2vvo6ix6v  s.  Pandectae  Canonum  SS.  Apostol.  T.  I. 
Oxon.  1672  p.  4SI). 

1)  Diese  Übereinstimmung  ist  für  x  und  w  entscheidend.  Es  hat  daher 
nichts  zu  bedeuten,  dass  J  die  Psalmen  dem  Buche  Sirach  nachgestellt 
und  V  (LC)  sie  in  ganz  anderem  Zusammenhange  abgeschrieben  hat. 


Einleitung.  73 

rung  jemals  in  Vorschlag  gebracht  worden  ist,  sondern  nur  die- 
jenigen, deren  Fehlerhaftigkeit  nach  meinem  Dafürhalten  zweifel- 
los oder  doch  nicht  unwahrscheinlich  ist. 

1)  I,  2   a^ajttva   rjxovöß-rj   xpavy?)   JtoXsßov  Ivcojiiov  ßov 

sJcaxovasTal  uov^  oxt  sjc/LtjoO^tjV  ötxatoovvrjq. 
M.  Schmidt  schlug  elna  'Axavoeral  fiov  vor.  Dagegen  spricht 
der  Umstand,  dass  der  Übersetzer  in  diesem  Sinne  nur  das  Com- 
positum gebraucht,  vgl.  V,  12.  VIT,  7.  XVIII,  2.  Aber  vor  GUA 
konnte  GIIIA  leicht  ausfallen,  und  in  dieser  Form  ist  die  Con- 
jectur  nicht  zu  beanstanden.  Ich  lese  daher  sljca'  sjraxov- 
ösral  fiov. 

2)  I,  5  vtf:c6^T]0av  smg  rwv  aozgcov, 

eijtav,  ov  ^7]  jttöwoiv. 
Für  djtav  wollte  Hilg.  eijiov  oder  eljta  lesen.     Näher  liegt 
es,  mit  V  ütiöcootv  in  jteooDßsv  zu  ändern  (s.  o.  S.  66).    Aber  der 
überlieferte   Text  ist   nicht   unerträglich,   vgl.  Ryle   und  James 
zur  Stelle. 

3)  II,  1^  6P  rm  vjtSQTjcpavsvsoO^ac  rbv  a^uagzwlbv  ev  xgiS 

xartßale  Tir/^j]  ox^Q^» 
Wenn   das  Zusammentreffen   von  R    und  J   in   der   Lesart 
xarsßaXXs  nicht  zuföllig  ist,    so  liegt  in  LH  eine  Emendation 
vor,  die  aber  wohl  unbedenklich  acceptiru  werden  kann. 

4)  II,  4    SV6XSV   xovxcov   SiJiEV    djtoQLipars   avrä   fiaxgav 

djt    ajuov, 

ovx  svöoxm  EV  avTolg. 
Obgleich  Hilg.  diese  Conjectur  neuerdings  aufgegeben  hat 
(s.  Zeitschr.  f.  wissensch,  Theol.  Jahrg.  35.  1892,  S.  383),  be- 
zweifle ich  ihre  Richtigkeit  nicht.  Das  überlieferte  ovx  svo- 
öcoxsv  avTOig  giebt  keinen  befriedigenden  Sinn,  mag  man  nun 
nach  avTolg  interpungiren  oder  nicht.  Der  von  Ryle  und  James 
erhobene  Einwand,  dass  die  Änderung  graphisch  nicht  zu  erklären 
sei,  fällt  jetzt  weg,  da  aus  GYAOK^GN  ^ohx  wohl  GYÜASIKGN 
(so  RJL)  entstehen  konnte.  Der  Umstand  aber,  dass  die  Hss. 
nach  avTOtg  nicht  interpungiren,  sondern  erst  nach  avtov  (avTTJg) 
V.  5,  beweist  nur,  dass  der  Fehler  alt  ist.  Zum  Ausdruck  vgl. 
z.  B.  Jer.  14,  12:  ovx  svöoxi^aco  (§5Q  svöoxco)  av  avrotg,  Ps. 
151,  5:  ovx  ev66x7]öap  av  avrolg  xvQiog. 

5)  II,  5  a  To  xaXXog  rrjg  do^rjg  avtrjg  a^oi^O^SPco&rj  avmniov 

xov  d-sov. 


74  V.  Gebhardt,  Die  Psalmen  Salomo's. 

Nachdem  einmal  v.  4  svöoxS  ev  durch  evoöwxev  verdrängt 
war,  wurde  die  66^a  auf  Gott  bezogen,  statt  auf  Jerusalem  (vgL 
zu  JtoXXrjv  I,  3),  und  so  entstand  die  überlieferte  Lesart  r^g- 
ö6§T]g  avTOv.  Dass  der  Schreiber  von  M  mit  avrr/g  das  Richtige 
getroffen  hat,  lehrt  v.  19  ro  xaXXor;  avzTJg,  vgl.  auch  v.  21  und 
V.  31.     Fritzsche  änderte  weniger  glücklich  avrov  in  avrcov. 

6)  n,  19  covslöiöav  yag  Id-vrj  %QovöaX^fi  ev  xarajcarrjöei, 

xareOJtaösv  xb  xaXXog  avrrjg  ajto  d-govov  öo^rjg^ 
Entsprechend  dem  covEtÖLOav  der  ersten  Vershälfte,  erwartet 
nian  in  der  zweiten  xarsojtaoav.  Aber  das  einstimmig  über- 
lieferte xartöjtaöEv  weist  auf  ein  ursprüngliches  xazeojtaod-rj^ 
vgl.  V.  5  e^ovd-6V(Dd-7] . . .'^TifKüd^Tj.  Aus  KATGCnACßH konnte 
leicht  KATecnACGN  entstehen. 

7)  n,  25h  Tov  eijielv  rrjv  vjtSQTjcpaviav  rov  ÖQctxovxog  fV 

aniiia. 
Statt  arifila  hat  R  alzlafila,  J  arcftlcc  fiiä.    An  der  Richtig- 
keit der  Lesart  aTifila  (LH)  ist  nicht  zu  zweifeln;   es  fragt  sich 
nur,  ob  nicht  der  Archetypus  unserer  Hss.  (y)  hier  fehlerhaft  war, 
s.  0.  S.  46  f. 

8)  II,  26  a  xdl   ovx  exQOVLöa  ewg  eöst^ev  (zoi  0  d^ebg  rrjv 

vßQLV  avTOv  xrX. 
Hilgenfeld  u.  a.  corrigiren  exQoviösp  (de  la  Gerda  distulit). 
Ryle  und  James  lehnen  diese  Änderung  mit  Recht  ab,   haben 
aber  für  exQOViOa  eine  vöUig  befriedigende  Erklärung  nicht  zu 
geben  vermocht.     Vielleicht  ist  ecpQovTcöa  zu  lesen. 

9)  II,   26c    vjtsQ    eXaxiOTOV    i^ovöevojfievov    im    yrjg   xal 

^aXaoorjg. 
Das   überlieferte    v:jt£Q    eXaxlOrov    ist   so   unerträglich   wie 
Hilgenfeld's   vjt    eXaxlorov.     Zu   der  naheliegenden  Emendation 
Geigers,   vjteQ  eXdxiOTOV,  vgl.  IV,   2    vjteg  jtdvrag,   XVII,  43 
VJCSQ  xQ^<^^ov. 

10)  III,  3  ölxatoi  fivrjfiovsvovöiv  ötd  jtavrog  rov  xvQiov, 

ev  e^OfioXoyrjöei  xal  öcxatcjoei  xd  xQiftaxa  xvglov. 
Ryle  und  James  ziehen  ev  e^oiioXoyrjoet  zu  v.  3^  und  ändern 
V.  3b 

xal  ötxatovöiv  (ev  alveoei)  xd  xQlfiazu  xvgiov. 
Danach   wäre  öixaLcoöei  Correctur   eines  'by   an    error   of  sight' 
aus    öixacovöivevaiveoet    entstandenen    öixaiovoet.      Wenn  man 
nur  die  Wahl  hätte,    dixaiovoi  unmittelbar  aus  6txai(D0ec  ent- 


Einleitung.  75 

standen  zu  denken  oder  auf  dem  Umwege  über  €V  alveösi,  so 
könnte  die  Entscheidung  um  so  weniger  fraglich  sein,  als  dixacovöi 
xa  xQifiara  xvqIov  (ohne  ev  aivsoei)  an  IV,  8  xal  dixaicoömoav 
öotoc  ro  xQifia  rov  d-eov  avrSv  eine  Parallele  hat.  Es  ist  aber 
die  Frage,  ob  der  überlieferte  Text  mit  dem  Substant.  öixaccoösi 
in  der  That  fehlerhaft  ist.  Im  Hinblick  auf  Stellen  wie  IV,  5 
und  7  vermag  ich  mich  nicht  davon  zu  überzeugen. 

11)  III,  8  a  e^iXaOaro  JtsQl  dyvolaq  ev  vrjörela  xal  rajiBt- 

vcoOH  ipvx^P  avTov. 
Die  in  diesem  Satze  liegende  Schwierigkeit  glauben  Ryle 
und  James  durch  Versetzung  des  xal  beseitigen  zu  können.  In- 
dem sie  V.  7h  nach  aöixlav  interpungiren  und  ev  üiaQaüzxco- 
liaxi  avTOV  zum  Folgenden  ziehen,  gewinnen  sie  die  folgende 
wenig  anmuthende  Strophe: 

ev  jtaQajtT(D(iaTL  avtov  e^iXdöaro  Jtegl  ayvoiaq 
xal  ev  vrjOrela  rajtecvoooei  r^jv  tpvx^v  avtov. 
Nach  e^iXaöaxo  erwartet  man  exajteivcoöev,  nicht  xajteivcoöei, 
Irre  ich  nicht,  so  wird,  wie  in  v.  3  ÖLxaicoöei,  so  auch  hier 
xajtecvcoöec  als  Substant.  (vgl.  II,  35)  gemeint  sein,  und  dann 
liegt  es  nahe,  y)vxT^v  {xrjv  ist  nicht  überliefert)  durch  tpvx^g  zu 
ersetzen.  Der  Fehler  ist  auf  einen  Schreiber  zurückzuführen, 
welcher  xajtetvaxseC  als  Futurum  fasste  und  demgemäss  ipvx^g 
in  rpvx^v  änderte.  Zur  Construction  vgl.  z.  B.  IX,  4  xa  eQya 
fj^mv  ev  exXoyfi  xal  e^ovöia  xrjg  ipvx^jg  ruicov. 

12)  IV,  la   tW  XL  öt;,  ßeßrjXe,  xad-rjöat  ev  owedgLcp  cöimv. 
Den  Gen.  o6la)v  bietet  nur  J;  RLC  haben  oölo)  und  dies 

bezeugt  auch  H,  wo  das  Wort  durch  Homöoteleuton  ausgefallen 
ist.  Daraus  ergiebt  sich,  wenn  auch  nicht  sicher,  so  doch  mit 
einem  hohen  Grade  von  Wahrscheinlichkeit,  dass  y  sowohl  als  x 
ooio  (statt  ooccö)  hatten.  Die  durch  J  allein  vertretene  Lesart 
empfiehlt  sich  aber  im  Hinblick  auf  XVII,  16  övvaycoyag  06ca)v, 

13)  IV,  9  xal  Ol  6(pd^aXiiol  avxmv  e£  olxov  avÖQog  ev  ev- 

oxaO^ela, 

(6g    0(pig   ötaXvöac   öotplav   aXX7]Xmv   ev    Xoyoig 

jtagavöfiojv. 
Das  unerträgliche  aXXTqXcov  hat  Geiger  mit  wenig  Glück  als 
Übersetzungsfehler  zu  erklären  versucht  {^T[^^_  ^^PH  =  Oocplav 
xov  JtXrjOlov).    Aber  auch  die  von  anderen  Herausgebern  vor- 
geschlagenen Emendationen  befriedigen  nicht.     Wenn  ayyeXmv 


76  V.  Gebhardt,  Die  Psalmen  Salomo's. 

(so  Hilgenfeld)  überliefert  wäre,  so  müsste  man  sich  damit  ab- 
finden; aber  dass  daraus  aXXrjXcov  entstanden  sein  sollte,  ist 
mindestens  unwahrscheinlich.  Eher  Hesse  sich  denken,  dass  statt 
COmANÄAÄ^N  (so  Ryle  und  James)  CO^IANAAAHAQN 
gelesen  wurde  (vgl.  Sach.  10,  9,  wo  A  ev  aXXrjXoto  statt  ev  Xaoio 
hat).  Aber,  abgesehen  von  der  syntaktischen  Schwierigkeit,  welche 
XaXcov  an  dieser  Stelle  bereitet,  wird  man  sich  dabei  auch  des- 
halb nicht  beruhigen  können,  weil  öowlav  den  Xoyoig  nagarofimv 
gegenüber  einer  Näherbestimmung  kaum  entrathen  kann.  Am 
nächsten  läge  es,  an  axaxcov  (vgl.  XII,  4)  zu  denken,  wenn  dies 
sich  nicht  zu  weit  vom  Überlieferten  entfernte,  und  das  Gleiche 
gilt  von  öixalaiv.  Passend  wäre  auch  ajtXcop,  und  aus  C-O^IAN 
AnA!2N  könnte  man  sich  C0^IANAAAHA2N  allenfalls  ent- 
standen denken.  Aber  die  Wahl  dieses  in  unseren  Psalmen  sonst 
nicht  vorkommenden  Ausdrucks,  mit  Umgehung  der  dem  Über- 
setzer geläufigen  Synonyma,  ist  schwer  erklärlich.^)  In  Betracht 
kämen  ausserdem  Conjecturen  wie  a6i]Xov  (A  AH  AON,  vgl.  Ps. 
50,  8:  Tß  aÖTjXa  xal  xa  xQvwta  rrjq  oocpiag  oov  körjXcoGaq  fiot) 
oder  avd^Qcojtcov  (AN^N)  oder  jtaXaimv  (vgl.  Sir.  39,  1:  oocpiav 
jtavraw  ag^aicov  6x^rjT7}ö£i);  jedoch  auch  von  diesen  befriedigt 
keine  völlig.  Unter  solchen  Umständen  habe  ich  es  nicht  gewagt, 
den  überlieferten  Text  zu  ändern.  Auch  cog  6mg  habe  ich  un- 
verändert da  belassen,  wo  die  Hss.  es  bieten,  obgleich  dafür 
vielleicht  a)g  o^sig  zu  lesen  und  dieses  an  den  Schluss  von 
V.  9  a  zu  setzen  ist. 

14)  V,  Sa-  ov  yaQ  XrßpBraL  öxvXa  Jtaoa  avÖQog  övvarov. 
Dies  ist  die  überlieferte  Lesart  (JR,  LC  fehlen),  s.  o.  S.  70. 

Wenn  H  av^Qcojtog  einschaltet,  so  hat  diese  Ergänzung  des 
fehlenden  Subjects  nur  den  Werth  einer  Vermuthung.  Ungleich 
näher  liegt  die  Annahme,  dass  zwischen  Xi]\pETat  und  oxvXa  ein 
Tig  ausgefallen  ist,  vgl.  LXX  Jes.  49,  24:  fi?]  Xrjtperai  zig  Jtaga 
yiyavTog  oxvXa;  Mt.  12,  29:  r]  jcwg  ötvaral  rig  eiaeXd^elv  elg 
T^v  olxtav  Tov  loyvQov  xrX. 

15)  V,  10 a  trotuaoai  xoQTCcOfiaza  Iv  tQi^ficp  Jtavrl  ^ojvtl 
Das  überlieferte   hzoifidoai   ist  namentlich  im  Hinblick  auf 

V.  lOh  sehr  störend;  ich  habe  kein  Bedenken  getragen,  es  durch 

1)  LXX  haben  anXotrjg  2.  Kön.  15,  11  für  -tt-  und  1.  Chr.  29,  17 
für  BP;  aber  für  ^»^  sowohl  als  für  dp  standen  dem  Übersetzer  andere 
Ausdrücke  zu  Gebote. 


Einleitung.  77 

Txolfiaöag  zu  ersetzen,  vgl.  Ps.  64,    10  rjzolfiaoag  rtjv  rQog)r]v 
avTwv. 

16)  V,    13  a    Tj    XQrjöroxrjq    avd-QWJiov    sv    (pnöol    xal    rj 

avQtov. 
Aus  ^GIAOI  scheint  früh  <PGI/i2  (RLC)  geworden  zu  sein, 
und  daraus  entstand  "^lA^  (H).  Das  ursprüngliche  (fisiÖol  hat 
J  wiederhergestellt.  Das  befremdliche  ri  avQiov  ist  aller  Wahr- 
scheinlichkeit nach  auf  einen  Irrthuna  des  Übersetzers  zurück- 
zuführen, s.  d.  Anm.  zu  d.  St. 

17)  V,  18  a  rjvcpQavd-Yjöav  ol  g)oßov(/£voc  xvqwv  hv  a-ya^olg. 
Da  J  fehlt,   ist   nicht   mit  Sicherheit  zu  bestimmen,  ob  y 

7jvq)Qav^/joap  (R)  bot  oder  ev(pQav^r}Oav  (LCH).    Jedenfalls  ist 
mit  Fritzsche   avtpQavd^drjOav   zu  lesen,  vgl.  lY,  19  f.,  XII,  4.  6. 

18)  VI,  3  b  £j^  öiaßdöH  jtorafKDV  xal  öaXov  d^aJMOOmv  ov 

jcTor/^/jösrac. 
Statt  des  überlieferten  ödkop  (RLC)  bietet  H  odXwv.  Aber 
mit  dieser  Änderung  ist  nicht  geholfen;  der  Zusammenhang  er- 
fordert öaXo)  (de  Lagarde).  Der  Vermuthung  von  Ryle  und 
James,  dass  d^aXaoöcQV  eine  in  den  Text  eingedrungene  Glosse 
zu  odXmv  sein  möchte,  kann  ich  nicht  beitreten. 

19)  VIII,  3  Tcal  eljta  rfj  xagöla  fiov  x-cX: 

So  kann  der  Übersetzer  sich  unmöglich  ausgedrückt  haben. 
Ich  lese  mit  Hilgenieid  ev  tJ  xagöia  fiov,  vgl.  z.  B.  Ps.  4,  5. 
9,  27.  Eccl.  2,  1. 

20)  IX,  4b  rov  Jtoiijoat  öixacoövprjv  xal  äöixiav  sv  eQyoig 

XeiQcov  rjy,wv. 
So  lesen  LCH,  während  in  J  und  R  das  ev  fehlt.  Da  die 
Eintragung  des  Hebraismus  durch  einen  Abschreiber  (w)  nicht 
sehr  wahrscheinlich  ist,  möchte  man  vermuthen,  dass  das  Zu- 
sammentreffen ^on  J  und  R  in  der  Auslassung  ein  zufälliges  ist. 
Andernfalls  würde  sv  egyoig  auch  als  Emendation  zu  accep- 
tiren  sein. 

2i)  IX,  6  ripc  ;f()/^örti;(>^,   o  d-sog,  sl  fi^  xolg  sjcixaXov^ue- 
voig  rov  xvqiov; 

xad^aglöu  ev  dfiagriatg  xpvx^jv  ev  e^ofioXoyfjöet  xrX. 
„    7  xac  ZIVI  dcprjöec  dfiagrlag,  ei  firi  rolg  rmaQzqxoöLV, 
Ötxalovg  evXoyrjOeig,   xal  ovx   ev^vveig  jcegl  wv 
rjfiaQTOOav. 


78  V.  Gebhardt,  Die  Psalmen  Salomo's. 

Für  den  Wechsel  zwischen  der  2.  und  3.  Person  kann  ich 
den  Übersetzer  nicht  verantwortlich  machen.  Das  Versehen  er- 
klärt sich  daraus,  dass  ;f()ryöT£^ö^  v.  6^  fälschlich  als  3.  Person 
Fut.  verstanden  wurde,  vgl.  LC  x(>^öT£i;ö£i,  J  x(>^öi//£i;ö£t.  So 
wurde  v.  6h  aus  xad^aQtetg  (vgl.  XVII,  30)  xad^agioet  und  v.  7a 
o.<pr}öei.  aus  acprjösic,  bis  v.  7  b  die  2.  Person  wieder  in  ihr  Recht  trat. 

22)  IX j  7  c   xal   ri   xQr^öTOxrjQ   oov  Jtsgl  afiaQtdvovrag  ev 

fisrafielda. 
Das  jtSQL  ist  wie  es  scheint  aus  v.  7b   eingedrungen;  nach 
dem  Sprachgebrauch  des  Übersetzers  muss   es   im  heissen,  vgl. 
z.  B.  V,   18  xal  Tj  xQTjöTOTriq  oov  sjcl  'lOQarjX  xrX.     Die  Ver- 
wechselung von  sm  und  jtsgl  ist  häufig. 

23)  IX,  9  xal  sß-ov  ro  ovofia  oov  ecp'  7]fiäg,  xvqls, 

xal  ov  xarajtavöec  slg  rov  alcova. 
So  lasen  allem  Anscheine  nach  j  und  x;  R  bietet  xaxa- 
jtavoeig  statt  xarajtavösc  elg,  und  H  hat  xarajravö^]  emendirt. 
Aber  damit  ist  der  Fehler  nicht  beseitigt:  ov  xarajtavoec  ist 
offenbar  aus  ovx  ajtwörj  verdorben,  vgl.  VII,  S  xal  ovx  ajKDöi]. 
Ps.  43,  24  firj  ajtwö?^]  elg  reZog.  76,  8  fi^  dg  rovg  alcovag 
ajKBöexai  xvQiog. 

24)  X,  5^    ölxaiog   xal    oöiog    o   xvQiog  rjfjöJv  ev  xQifiaöiv 

avTOv  xrX. 
Der  Fall  ist  dem  unter  Nr.  20  besprochenen  ähnlich,  nur 
dass  hier  J  allein  das  sv  vertritt,  während  es  in  RLCH  fehlt. 
Dass  der  Übersetzer  es  geschrieben,  wie  schon  Hilgenfeld  ver- 
muthete,  lehrt  die  Vergleichung  von  XVII,  10  jziozog  6  xvQcog 
ev  jiaOL  Totg  xQlfiaöcv  avrov. 

25)  X,  8   rov  xvqlov  t)  ocoT7]Qia  ejrl  olxov  logaijX  elg  ev- 

(PQOÖVVTJV  aicovLov. 
Statt    elg   evcpQOövvrjv  (JLC)    hat  R  elöaxpgoövvyjv^   H  £tc 
ooKjpgoovvriv.    Auch  hier  ist  nicht  mit  Sicherheit  zu  entscheiden, 
ob  wir  es  mit  einer  Emendation  zu  thun  haben,  oder  mit  richtiger 
Überlieferung,  s.  o.  S.  47. 

26)  XII,  2b   mojieg  ev  Xam  jtvg  avajirov  xaZXovTJv  avrov. 

Dass  dies  der  überlieferte  Text  (y)  ist,  kann  bei  der  Überein- 
stimmung von  RJLC  nicht  bezweifelt  werden.  Es  fragt  sicli 
nur,  ob  die  von  H  gebotene  Lesart  nicht  etwa  als  Emendation 
unseren  Beifall  verdient.     H  liest  nämlich: 

coöjceg  ev  aXco  jtvg  avdjcrov  xaXdfi?]v  avTov. 


Einleitung.  79 

Ich  gestehe,  dass  ich  mich  hierbei,  ira  Hinblick  auf  Stellen  wie 
Joel  2,  5.  Sach.  12,  6.  Sap.  3,  7,  lange  beruhigt  habe,  obgleich 
das  abundirende  avrov  ^)  stutzig  machen  musste.  Aber  auch  der 
Gedanke,  dass  ein  Schreiber,  welcher  sich  so  oft  irrte  (s.  o.  S.  69  f.) 
und  eben  noch  ev  jtoi?]ö8L  öiaO'CQocpTJg  statt  ev  jtoixcUa  öTQoq)^c 
gelesen  hatte  (y.  2  a),  hier  den  ursprünglichen  Text  durch  Con- 
jectur  hergestellt  haben  sollte,  hat,  reiflich  erwogen,  wenig  Wahr- 
scheinlichkeit. Es  gilt  daher  zuzusehen,  ob  der  überlieferte  Text 
sich  etwa  aus  dem  vorauszusetzenden  hebräischen  ableiten  lässt, 
oder,  wenn  das  nicht  der  Fall  sein  sollte,  ob  für  üas  unmögliche 
XaS  sich  vielleicht  ein  in  den  Zusammenhang  passender  Aus- 
druck darbietet,  neben  dem  auch  das  avrov  in  sein  Recht  tritt. 

Mindestens  ebenso  geläufig  wie  das  Bild  von  den  brennen- 
den Halmen  ist  den  biblischen  Schriftstellern  das  Bild  vom  Wald- 
brande, vgl.  z.  B.  Sach.  12,  6  cog  öaXov  jzvgog  tv  ^vXoig^  Jer. 
21,  14.  27  (50),  32  avaxpm  jcvq  bv  rm  ÖQVfiw  avrijg,  Ez.  20,  47 
(21,  3)  löov  tyco  avanxco  ev  ool  (sc.  ev  reo  ögvfiS  Nayeß)  jcvq, 
xal  xarag)ayerai  ev  öol  Jtäv  §vXov  xXwqov  xai  nav  ^vXov 
$.7]q6v,  TcrX.  Auch  Jac.  3,  5  wird  man  vergleichen  dürfen:  iöov 
j^Xlxov  JtvQ  TjXlxTjv  vXrjv  avdjtrei'  xal  tj  yXwOöa  jcvq  xrX.  Die 
hiervon  ausgehende  Conjectur  scheitert  jedoch  an  dem  über- 
lieferten XaS,  welches  weder  aus  ÖQVfiw  noch  aus  ^vXco  noch 
auch  aus  vX'^  verdorben  sein  kann.  Aber  wenn  ev  Xam  Über- 
setzung von  ''iaä  ist,  so  könnte  man  sich  denken,  dass  im 
Hebräischen  statt  dessen  "jSfi  stand.  Dann  hatten  wir  das  gesuchte 
Bild,  und  auch  die  öevöga  evxpQOövvrjg  in  v.  3h,  welche  Geiger 
durch  jioXeig  {^"M^  statt  ^1'$)  zu  beseitigen  suchte,  fänden  eine 
befriedigende  Erklärung.  Zu  xaXXovfjv  wäre  Joel  1,  19  zu  ver- 
gleichen: orc  JCVQ  avrjX(X)(jBV  (v.  20  xaretpayev)  ra  coQala  rijg 
eQTj^ov. 

Aber  die  vorausgesetzte  Verwechselung  von  ^Ä^  mit  '^15121 
liegt  doch  nicht  so  nahe,  dass  wir  auf  den  Versuch,  ob  der  Fehler 
vielleicht  in  dem  überlieferten  griechischen  Texte  stecken  möchte, 
verzichten  dürften.  Wie  aus  AAQ>,  so  könnte  A  i^  auch  aus 
JAA2  verdorben  sein,  vgl.  Ez.  24,  9,  wo  B  AAOh  für  AAAON 
gelesen  hat.     Neben  öaXm  giebt  freilich  xaXXovrjv  keinen  Sinn. 

1)  Das  Genus  ist  der  Beziehung  auf  aXw  nicht  hinderlich,  da  bei 
LXX  a).(oq  aucb  als  Masc.  vorkommt,  vgl.  z.  B.  Deut.  16,  13  (B  rov  aA.), 
Ruth  3,  2.  3.  6.    1.  Kön.  19,  22.   23,  1. 


$0  V.  Gebhardt,  Die  Psalmen  Salomo's. 

Wenn  ich  trotzdem  daran  festhalte,  so  geschieht  es  unter  der 
Voraussetzung,  dass  xakXovrjp  auf  einem  Übersetzungsfehler 
beruht.  Entspricht  in  dem  Vergleiche  dem  äv^Q  siovrjQoq  die 
Fackel  und  der  Zunge  das  Feuer,  so  erwartet  man  als  Correlat 
der  Worte  {ol  koyoi)  die  Glut,  welche  das  Feuer  entfacht.  Bot 
an  dieser  Stelle  der  hebräische  Text  etwa  in^n,  so  könnte  daraus 
durch  ein  Versehen  ifTlian  geworden  sein,  was  der  Übersetzer 
durch  xaXXovijv  avrov  wiedergab,  wie  LXX  Jes.  2,  16  nilpn 
durch  xdXlog.  Die  Stelle  müsste  also  lauten:  woneg  ev  öaXq 
jtvQ  äpäoiTov  To  xav^ia  avtov.  Die  Lesart  von  H  wäre  dann,  wie 
so  viele  andere,  auf  ein  Versehen  zurückzuführen.  War  einmal 
AAS^  für  das  aus  AAA52  verdorbene  AAS2  gelesen,  so  lag  die 
Änderung  des  neben  aXcp  sinnlosen  KAAAONHN  m  KAAAMHN 
nahe  genug.  Ich  wage  aber  auch  an  dieser  Stelle  den  über- 
lieferten Text  nicht  zu  ändern. 

27)  XII,  Z^  7j  jtagoixia  avtov  efiTcXrjoai  olxovg  ev  yXcoOöi^ 

tpevöel, 
Ryle  und  James  ziehen  rj  jtagoixla  avzov  zum  Vorher- 
gehenden und  übersetzen:  'even  as  fire  in  a  threshing-fioor, 
that  burneth  up  the  straw  thereof,  so  is  his  sojouming  among 
mm.  So  wenig  wahrscheinlich  wie  diese  künstliche  Deutung, 
ist  Hilgenfeld's  Vermuthung,  dass  jtaQOiPta  statt  jtaQOixia  zu 
lesen  sei:  'seine  Trunkenheit  ist,  zu  verbrennen  Häuser  mit 
lügnerischer  Zunge'.  Näher  liegt  die  Annahme,  dass  der  Über- 
setzer n^ü  las,  während  i"liä^  gememt  war:  der  Schrecken, 
der  von  ihm  ausgeht,  besteht  darin,  dass  er  u.  s.  w.  Dagegen 
ist  Hilgenfeld  zuzustimmen,  wenn  er  das  matte  enJtXTjöat  durch 
kfiJtQrjoat  ersetzt. 

28)  XII,  3b  exxo^pai  öivÖQa  ev(pQO<jvvi]g  g)Xo'/i^ovörjg  jta- 

gavo^uovg, 
c   öv^x^at  oLxovg  jcagapofiovg  ev  jtoXe^cp  ;(e/Xfö4J^ 
'ipid^VQOLg. 
Wenn  in  v.  3  b  RLC  mit  jiagavofiovg  recht  haben  (J  und  H 
bieten  jiagavoftov),  so  ist  vielleicht  an  diesem  Satze  nichts  zu  ändern, 
da  für  fpXoyiC^ovöJjg  der  Übersetzer  verantwortlich  gemacht  wer- 
den könnte.    Hilgenfeld  conjicirte  früher  (pXoyl  C^rjXovg  jtagavofiov 
und    neuerdings    nicht   glücklicher   (Berl.  Philol.  Wochenschrift. 
Jhrg.  12.  1892,  Col.  522)  q)Xoyl  Ceovo?]  Jtaga  vofiov.     Ryle  und 
James   schwankten   zwischen    dem  jetzt  durch  RLC  bestätigten 


Einleitung.  gl 

(pXoyc^ovorjg  jtagavofiovg  und  g)Xoyi^ov07jg  (yXcGöOrjc)  naQavo- 
fiov,  entschieden  sich  aber  für  den  stärkeren  Eingriff'.  —  An  dem 
jtaQavofiovg  in  v.  3^  hat  Wellhausen  mit  Recht  Anstoss  ge- 
nommen und  jtaQavofZOog  vermuthet.  Man  konnte  auch  an 
jtagafiopovg  denken.  Wahrscheinlicher  aber  ist,  dass  dieses  Wort 
aus  V.  3  h  fälschlich  hier  wiederholt  ist. 

29)  XIII,  5  eragccx^'i]  6  aoeßi^g  öiä  xa  ütaQaüiTm^axa  avrov, 

fi7]jior6  öviiJiaQaXrjcpd'Xl  f^sra  rwv  afiagratXmv. 
Dass  aosßrjg  in  v.  5^  unmöglich  ist,  lehrt  v.  5b.  Dies  hat 
Wellhausen  richtig  erkannt  und  svösßrjg  vermuthet.  Es  fragt 
sich  nur,  ob  damit  auch  dem  Wortlaute  nach  der  ursprüngliche 
Text  wiederhergestellt  ist.  Wie  oft  auch  in  unseren  Psalmen 
von  den  Frommen  und  Gerechten  die  Rede  ist,  so  braucht  der 
Übersetzer  doch  nie  den  Ausdruck  EVö6ßj]g,  so  wenig  wie  daeßr/g 
für  die  Gottlosen.  Diese  sind  ihm  dfzagrcDXol  oder  aöixoi,  jene 
öixaioi  oder  oölol.  Vielleicht  wurde  durch  einen  ungeschickten 
Emendator  das  ursprüngliche  ölxatog  (oder  ooiog),  welches  im 
Hinblick  auf  die  jtaQajtrcofiaTct  avrov  fehlerhaft  zu  sein  schien, 
kurzer  Hand  durch  döeßijg  ersetzt. 

30)  XIII,  6b    xal   ovx   axperat    öixalov    ovöhv    ex   jidprmv 

TOVTWV. 

So  R,  während  x  (J[LC]H)  das  ovöev  an  den  Schluss  setzt 
(s.  o.  S.  50).  Vielleicht  fehlte  hier,  wie  V,  3  (Nr.  14),  in  y  das 
Subject.  Dann  könnte  das  zur  Ergänzung  an  den  Rand  gesetzte 
ovöev  von  R  und  x  an  verschiedener  Stelle  in  den  Text  gebracht 
worden  sein,  welcher  ursprünglich  lautete:  xal  ovx  dtpezal  (xi) 
öcxalov  ex  jtdvxcov  xovxcov.     Ich  wage  aber  nicht  zu  ändern. 

31)  XIV,  2  b  £2;  vo^m  co  hvexeiXaxo  fi^lv  alg  Ccdtjv  i^fic5v. 
Dass  das  co  (LC)  in  y  und  x  fehlte,  ist  oben  S.  47  gezeigt 

worden.    Das  Richtige  vermutheten  schon  Ryle  und  James. 

32)  XV,   7b    (pev^ovxai    yag    mg   öicaxo^evov    djco   Xcfiov 

djio  oöicov. 
So  R,  und  dies  wird  auch  in  y  gestanden  haben.  Denn  das 
erste  ajto^  welches  LCH  auslassen,  findet  sich  auch  in  J,  und 
öicoxofievov  bezeugen  ausser  R  auch  LCH.  Wir  haben  daher  in 
dem  durch  J  allein  vertretenen  öicoxofispoc  eine  Emendation  zu 
erblicken.  Aber  mit  dieser  Emendation  allein  ist  es  nicht  gethan ; 
wenn  auch  das  ajto  (statt  vjtb)  nicht  undenkbar  ist,  so  kann 
doch  Xcfiov  hier  nicht  ursprünglich  sein,   da  Xifibg  xal  gofifpaia 

Texte  u.  Untersuchungen  XIII,  2.  Q 


82  V.  Gebhardt,  Die  Psalmen  Salomo's. 

xal  d-avaxoq  (v.  7  a)  nicht  wohl  coq  6i(Dx6fi£VOt  vno  Xifiov  fliehend 
dargestellt  sein  können.  Hilgenfeld  vermuthete  Xoifiov;  aber  seine 
Übersetzung,  'wie  wenn  sie  Pest  verfolgt',  setzt  ausserdem  öico- 
xovToq  für  6ca)X0fi£P0V  voraus  und  lässt  das  überlieferte  djto, 
welches  seine  Hs.  (V)  ihm  nicht  darbot,  unerklärt. i)  Ryle  und 
James  lehnen  diese  Conjectur  ab,  führen  aber  mit  cog  öiojxofievov 
jtoXsfilov  ('as  an  enemy  that  is  pursued')  einen  unerträglichen 
Gen.  absol.  ein.  2)  Irre  ich  nicht,  so  ist  hier  ein  Hebraismus  die 
Ursache  der  Varianten:  «5^  6t(Dx6fi£VOt  jtoXsfiov  (wie  Verfolgte 
des  Krieges  =  wie  vom  Kriege  Verfolgte).  Kann  öcoxofievov 
statt  ÖLOxo^ievoL  in  j  Schreibfehler  sein,  so  wäre  weiter  das  un- 
verstandene nOAGMOY  in  ^/ZOJ/^fOF-verwandelt  worden. 

33)  XVI,  1  f.  tv  TW  vvörd^ai  ipvx^v  f^ov  djto  xvqiov  jtagd 
fiLXQCv  (oXlöd-TjOa  EV  xaTag)OQa  vjtvov  rq 
fiaxgdv  djto  ß-sov  jiag  oXiyov  £^£X"^^^  'J  tpvx^ 
fiov  elq  d-dvarov  xxX. 
Abgesehen  von  den  Fehlern  einzelner  Hss.  (s.  zu  d.  St.),  ist 
dies  der  überlieferte  Text,  auch  hinsichtlich  der  Interpunktion. 
Eine  auffallende  Variante  findet  sich  nur  in  J,  nämlich  rb  fia- 
XQOLV  yepsöd^ai  statt  rw  fiaxgdv:  offenbar  ein  Versuch,  und  zwar 
ein  wenig  gelungener,  den  fehlerhaften  Text  zu  berichtigen.  Nicht 
viel  glücklicher  sind  die  neueren  Emendations versuche.  M.  Schmidt 
schlug  £V  TCO  vagxäv  vor,  Fritzsche  kv  reo  y,axQvvai  ^£,  Ryle 
und  James  hv  rS  fiaxQav.  Es  bedarf  aber  nur  einer  sehr  geringen 
Änderung,  um  den  Anstoss  zu  beseitigen,  wenn,  wie  ich  vermuthe, 
YUNOFTSi  aus  YJlNOYTll  entstanden  ist.  Mit  der  über- 
lieferten Interpunktion  und  der  Stich entheilung  in  J  ist  dann 
freilich  zu  brechen.  Hier  liest  man  nämlich:  Ev  reo  ...vjtvov.^ 
Tb  (laxgdv  yEvsod^ai  djtb  d^eov  ||  Ilag  oXiyov  xxX.  Gegenüber 
der  ungewöhnlichen  Länge  des  ersten  Stichos  fällt  die  Kürze 
des  zweiten  auf,  zumal  wenn  man  bedenkt,  dass  yevtod^ac  von 
J  hinzugefügt  ist.  Wenn  meine  Vermuthung  richtig  ist,  wird 
man  wie  folgt  abzutheilen  haben: 


1)  In  der  Berliner  Philol.  Wochenschrift.  Jhrg.  12.  1892,  Col.  522 
hat  Hilgenf.  die  noch  weniger  überzeugende  Änderung  in  Xyarov  vor- 
geschlagen. 

2)  W.  G.  Headlam  (bei  Ryle  und  James)  hatte  wg  öiojxofisvoi  vno 
nokefxiov  vorgeschlagen. 


Einleitung.  g3 

iv  tS  vvöra^ai  '^)vxt)v  [zov  ajto  xvqIov  Jtagä  fiixQOP  coXloB^rjöa, 
ev  xarafpoga  vüivovvxmv  [iaxgav  djto  d^eov' 

jtag'  oXiyov  e^syv^rj  r^  ipvyy]  (iov  slg  d^dvarov, 
Ovvsyyvg  jtvXcov  aöov  fisra  d^aQxcoXov. 

34)  XVI,  5  b  xa\  ovx  eXoylöO)  fie  fierd  rcöv  dfiaQrmXwv  xrX. 
Statt  sXoyioo)  fis  (LCH)  bietet  R  sXoyi^öatfiac,  J  hXoyrjöo^ai. 

Danach  scheint  der  durch  den  Itacismus  verschuldete  Fehler  aus 
y  in  X  übergegangen  und  erst  von  w  verbessert  worden  zu  sein. 

35)  XVI,  8  xal  firj   d^tarrjodTco  fia  xdXXog  yvvaixbq  jtaga- 

vofiovöTjg 

xal  jtavrbg   vjtoxsifiarov   dno   dfiagvlag   dvm- 

g)6Xovg, 
Ryle  und  James  ändern  jcavxog  vjioxeifievov  in  ütav  x6  ovy- 
xelfievov.  Man  könnte  sich  an  jtäv  ro  vjioxslfievov  genügen 
lassen,  wenn  nicht  mit  der  Möglichkeit  zu  rechnen  wäre,  dass 
der  Übersetzer  das  Hebräische  missverstanden  hat.  Hilgenfeld, 
welcher  früher  vjtoxaiofievov  vermuthete,  will  jetzt  nach  vjto- 
xeifievov  interpungiren,  so  dass  an  'ein  männliches  subiacere' 
(Päderastie)  zu  denken  wäre  (Berl.  Philol.  Wochenschrift  1892, 
Col.  522).  Aber  diese  Deutung  verbietet  sich  schon  dadurch, 
dass  djto  dfiagrlag  dv(XKpeXovg  unmöglich  mit  dem  Folgenden 
verbunden  werden  kann. 

36)  XVI,  9  rd  egya  rcov  x^f'Q^^'^  l^ovxarsvd-vvov  hv  xojtcp  Oov 

xal  rd  öiaßrif/ard  fiov  ev  rfj  iiV7]{.nj  oov  öia^v- 

Xa§ov. 
Die  Angabe  der  englischen  Herausgeber,  dass  M  g)6ßcp  statt 
rljcm  biete,  ist  irrig  (s.  o.  S.  10  Anm.  1).  Die  einzige  Variante 
findet  sich  in  J,  nämlich  tcöjto?,  mit  einem  undeutlichen  co 
(statt  o),  welches  fast  wie  ein  a  aussieht.  Hilgenfeld  vermuthete 
zuerst  g)6ßq),  dann  rvjccp,  Ryle  und  James  Xoycp  oder  Xoylo). 
Für  ^oßco  spricht  XVIII,  8  xatsvd-vvac  dvöga  ev  egyoig  öixaio- 
ovvYjg  (poßm  ^eov,  für  Xoylcp  Fs.  118,  133  rd  öiaßii^axd  fiov 
xaxevd^vvov  xaxd  x6  Xoyiov  oov;  aber  beide  Conjecturen  sind 
graphisch  nicht  unbedenklich,  und  mit  xvjicp  vermag  ich  mich 
vollends  nicht  zu  befreunden.  Wenn  xcoütm  (J)  überliefert  wäre, 
läge  es  nahe  an  tot  nvevuaxi  [T^IINI)  zu  denken,  vgl.Ps.  142, 10 
TO  Jtvsvfid  oov  xb  dyiov  66rjy?jöet  fie  ev  x(]  evd^ela.  Aber  rojro? 
ist  zu  gut  bezeugt,  als  dass  man  m  der  Lesart  der  einen  Hs. 
etwas  anderes  als  einen  Schreibfehler  erblicken  dürfte.    Denkbar 

6* 


84  V.  Gebhardt,  Die  Psalmen  Salomo's. 

wäre  kv  tqojico  oov  als  Übersetzung  von  7]^;^I03,  vgl.  1.  Sam. 
25,  33  evXoyrjTog  6  zQOJtog  oov.  Ich  wage  aber  nicht  zu  ändern 
und  bescheide  mich  auch  hier  mit  einem  non  liquet. 

37)  XVI,    12a   svöoxia   de  fieza  iXagoxriroQ  OttjqlOov  ttjv 

^pv/rjv  fiov. 

Fritzsche  änderte  Iv  evöoxla,  vielleicht  richtig,  da  ev  an 
dieser  Stelle  leicht  ausfallen  konnte.^)  Indessen  ist  svöoxla 
ohne  Iv  nicht  unerträglich ,  vgl.  XVIII,  8   xarevd-vvaL  avÖQa . . . 

38)  XVII,  3  a  riy,elg  de  tXjtiov^sv  enl  rov  d-eov  owxrjQa  rj^mv. 
So  R;  J  und  H  haben  d^ebv  top  öcöt.,  L  top  d^eov  rbv  oatr. 

Vielleicht  ist  der  Artikel  hier  überhaupt  zu  streichen,  s.  o.  S.  61. 

39)  XVII,  9  ovx  sXetjosc  avrovg  6  d-eog' 

£^7]Qevvr/0£v  TO  OJteQfia  avrcov  xal  ovx  a^rjxsv 

avTcop  eva. 
Über  das  in  x  zu  Anfang  des  Verses  aus  v.  8b  wiederholte 
xarä  rä  €Qya  avrcov  s.  o.  S.  52  f.  Das  Futurum  iXerjoei  erklärt 
sich  aus  v.  7  und  8:  xaraßaXslg,  agslg,  ajioöcoöELg.  Im  Hinblick 
auf  V.  9h  ist  nicht  zu  bezweifeln,  dass  hier  der  Aorist  i^Xtrjösv 
stehen  muss.  Ob  der  Übersetzer  so  das  Original  richtig  wieder- 
gegeben hat,  soll  damit  nicht  entschieden  werden.  Für  e^rjQSv- 
vTjöev  ist  vielleicht  e^rjQld-firjösv  zu  lesen,  vgl.  am  Schluss  avrcoi' 
eva.     Ich  wage  aber  nicht  zu  ändern. 

40)  XVII,  13  £V  aXXoTQiorrjTc  6  ex^Qog  ejtoirjoev   vjteQrj- 

(pavlav. 
So  LH;  R  und  J  bieten  ev  vjteQTjtpavla  (nach  ständigem 
Gebrauch  ohne  i  subscr.).  Eine  noch  auffallendere  Dittographie 
in  RJ  begegnete  uns  II,  25  (s.  o.  Nr.  7).  Wie  dort,  so  ist  es 
auch  hier  fraglich,  ob  das  Zusammentreffen  der  beiden  Hss.  ein 
zufälliges  ist,  oder  ob  schon  in  y  und  x  der  Fehler  enthalten 
war.  Ahnliche  Verbindungen  mit  jcoielv  s.  IX,  4.  5  (mit  öixaio- 
ovvt]\  XII,  5  (mit  elQTjvrj). 

41)  XVII,  14  xal  jtavra  6oa  ejtolrjoev  ev  *IeQ0v0aXf]fi, 

xaO^cog  xal  ra  e^vf]  ev  xalg  jioXeöi  rotg  d^eotg 
avTcov. 


1)  Vgl.  Sir.  9,  12  f^rj  evöoxTia^q  iv  Evöoxia  dasßöiv,  wo  das  iv  (B)  von 
kAC,  und  Sir.  41,  4  xal  zl  dnavaivy  iv  evöoxia  iiplarov,  wo  es  von  w* 
ausgelassen  wird. 


Einleitung.  §5 

Zu  ooa  werfen  Ryle  und  James  die  Frage  auf,  ob  es  wohl 
aus  ooia  verdorben  sein  möchte.  Man  könnte  eher  an  a^sa 
denken,  da  aus  nANTAAQGA  leicht  UANTAOCA  entstehen 
konnte.  Aber  oöa  wird  gestützt  durch  II,  9  otl  ovx  ejcoirjos 
jtäg  avO^Q(Djtog  sjt  avzTJg  ooa  ejiolrjöav.  Fraglicher  ist,  ob  wir 
in  Tolq  O^solg  den  ursprünglichen  Text  vor  uns  haben.  Die  Ge- 
sammtheit  dessen,  was  der  avofiog  in  seinem  Übermuthe  in  Jeru- 
salem sich  zu  thun  erlaubte,  kann  doch  nicht  wohl  mit  dem 
verglichen  worden  sein,  was  die  Heiden  ihren  Göttern  zu  thun 
pflegen.  Und  was  soll  ev  ralq  Jz6?.eöL?  Da  avrSv  nicht  dabei 
steht,  muss  man  annehmen,  dass  das  Folgende  eine  nähere  Be- 
stimmung zu  jtoXeöL  enthielt.  Jerusalem,  der  Stadt  Gottes  (vgl. 
Ps.  45,  5.  47,  2.  9.  86,  3),  könnten  die  den  Heidengöttern  ge- 
weihten Städte  gegenübergestellt  gewesen  sein.  Dann  wäre  Iv 
ralg  jtoXeöc  xcov  O^scqp  (statt  roig  d^solg)  avzcov  zu  lesen.  Es 
bietet  sich  jedoch  noch  eine  andere  Lösung  dar.  Statt  rolg  d^Bolg 
(JLH)  liest  R  xovg  d-eovg.  Das  giebt  keinen  Sinn,  aber  es  führt 
uns  vielleicht  auf  die  Lesart  der  Vorlage  (y),  aus  welcher  die 
Variante  entstehen  konnte.  Meine  Vermuthung  ist,  dass  in  y 
£V  Talg  jioXeoi  rov  od^ivovg  avxmv  zu  lesen  war.  Der  Sinn 
wäre  dann,  dass  der  avofiog  in  Jerusalem  sich  so  betrug,  wie  die 
Heiden  in  den  von  ihnen  besiegten,  ihrer  Macht  unterworfenen 
Städten.  Als  Übersetzung  von  nillÄ  brauchen  LXX  od-ivog  Job 
26,  14.  Statt  TOYC&eNOYC  konnte  leicht  TOFCßGOYC 
gelesen  werden.  Dies  wird  in  y  gestanden  haben  und  von  R 
unverändert  beibehalten  worden  sein,  während  x  den  sinnlosen 
Accusativ  durch  den  allenfalls  erträglichen  Dativ  ersetzte. 

42)  XVII,  15  b   ovx  Tjv  6  JtotcDV  ev  avtolg  hv  fieöcp  ^Ieqov- 

(jaXrjfi  sXeog  xal  dXrjd^stav. 

So  JLH;  R  liest  6  Jtoicov  ev  fieOco  ev  avtolg  ev  legovoa- 
Xrjfi  xtX.  Man  erwartet  ovx  rjv  ev  avrolg  o  Jtocc5v  ev  legov- 
oaJirjfi.  Die  Fehler  werden  dadurch  entstanden  sein,  dass  in  y 
ev  avrolg  ausgefallen  und  statt  dessen  ev  fieoq)  aus  y.  Ib^  ein- 
gedrungen war.  So  konnte  das  später  an  den  Rand  geschriebene 
ev  avrolg  von  R  sowohl  als  von  x  an  falscher  Stelle  eingesetzt 
werden. 

43)  XVII,  21  löe,  xvQie,  xal  avaOrrjOov  avrolg  rov  ßaOiXea 

avrcov,  vlov  Aavid, 


gg  V.  Gebhardt,  Die  Psalmen  Salomo's. 

sig  Tov  xaiQOv  ov  elöeq  ov^  6  d-eo^^  xov  ßaoiXsvoai 

8jtl  lOQttTJX  Jtalöa  öov. 
Ob  in  V.  21^  y  elösg  (JL)  oder  töeg  (R)  bot,  muss  dahin- 
gestellt bleiben.  H  hat  dafür  olösg  und  h  (MP)  olöag,  wie  Hilgen- 
feld  corrigirte.  Zu  letzterer  Lesart  vergleichen  Ryle  und  James 
Sach.  14,  7  ?)  ^JfisQcc  exeivr]  yvcooxrj  reo  xvqIo).  Aber  mag  man 
diese  Parallele  auch  gelten  lassen  (s.  den  Urtext),  so  könnte  da- 
durch olöag  doch  nur  als  Conjectur  empfohlen  werden.  Es  fragt 
sich,  ob  die  Überlieferung  nicht  auf  etwas  Anderes  führt.  Sehe 
ich  recht,  so  ist  elösg  aus  slXov  verdorben.  War  einmal  das  A 
in  GIAOF  für  A  gelesen,  so  konnte  aus  GIAOYCY  leicht 
G/JGCCF  entstehen.  In  der  That  wird  der  Psalmist  nicht 
sowohl  die  von  Gott  gesehene  oder  ihm  bewusste,  als  vielmehr 
die  von  ihm  erwählte  Zeit  im  Sinne  gehabt  haben,  vgl.  rov 
ßaoiXsvoai  xrX.  Für  nna  brauchen  LXX  öfter  algszlCeiv,  aber 
auch  aiQslöd^ai,  vgl.  z.  B.  2.  Kön.  15,  15.  Jer.  8,  3. 

44)  XVII,  22  xal  vJtoC^möov  avxov  löxvv,  rov  d^gavöai  dg- 

Xovraq  aöixovg, 

xad^dgiCov  %QovöaXr]ii    djio  ed-vwv  xaxana- 

TovvTcov  6V  djKDXeia. 

4 

Dass  für  xad-dgioov  v.  22  h  xad-agloai  zu  lesen  ist,  hat  Geiger 
richtig  gesehen.  Die  Neigung,  nach  dem  vorhergehenden  vjto- 
^(ooov  zu  conformiren,  hat  in  JL  noch  v.  23  nachgewirkt  (egcööor 
statt  e§(DOat\  in  J  auch  noch  v.  24  (ovvrgirpov  statt  övvrgltpai). 
Dass  die  Reinigung  Jerusalems  zu  den  Aufgaben  des  Messias 
gehört,  lehrt  v.  30  c  xal  xad^agieZ  %govoaXrjfi  ev  ayiaOfiS  xrX, 

45)  XVII,   23  a    Iv   öog)ia,  ev  öixaioGvv^  e^woac  dfiagrco- 

Xovg  xtX. 
Für  ev  öixaioövvj]  ist  vielleicht  öixacoövvTjg  zu  lesen,  vgL 
V.  29.   XVIII,  7.     Ich  wage  aber  nicht  zu  ändern. 

4^)  XVll,  31  egxeöd^ai  e&vrj   an    dxgov   rrjg   y?jg    iöslv  ttjv 
öo^av  avTOV, 

(pigovxeg  öcoga  xovg  e^rjod^evrjxoxag  vlovg  avxijg^ 

xal  iöelv  xrjv  öo^av  xvgiov  ?}v  eöo^aöev  avxrjv 

6  d^eog. 

Für  9)e()0i^r£g'vermuthete  Geiger  (pegovxa^  während  Hilgen- 

feld  g)egovxag  änderte.    Vielleicht  ist  v.  31^  egxeod^ac  aus  egxsö&e 

(so  JL)   verdorben  und   v.  31^   iöelv  aus   löexe;   ich  wage  auch 

hier  nicht  zu  ändern. 


Einleitung.  87 

47)  Xyil,  33  c  xal  JcoXXolq  ov  övva^ei  eXjttöag  sig  rifieQav 

jcoXefiov. 
Ich  lese  jtnXXolg  (Xaolg).  Nach  ÜOAAOIC  konnte  AAOIC 
leicht  übersehen  werden.  Man  suchte  den  Fehler  bisher  in 
JtoXXolg,  wofür  Hilgenfeld  ^  viXXoig  oder  jtaXxolg  oder  oJtXoig 
vorschlug,  während  Ryle  und  James  jtXoloig  änderten.  Hilgen- 
feld ^  übersetzt:  'und  zu  Larnzen  (jcaXrolg)  wird  er  nicht  Schilde 
{aojiiöag  für  hXjtlöag)  sammeln. 

48)  XVII,  34h  xal  hXei^öec  Jiavxa  rä  s^vtj  svcojciov  avrov 

ev  g)6ß(p. 
Nach  M.  Schmidt  wäre  eXerjöst  aus  sXsy^si  verdorben;  man 
könnte  auch  an  hXaöet  denken.  Ich  ändere  nicht,  da  vielleicht 
eine  Verwechselung  von  'jn^*  mit  "jh^l  vorliegt,  vgl.  Prov.  21,  26, 
wo  LXX  ir)^  mit  eXsa  xal  oIxtslqei  wiedergeben.  Dann  hätte 
Hilgenf.^  mit  örrjösc  den  Sinn  des  Verfassers  getroffen. 

49)  XVII,  35a   jtara^si  yäg  yrjv  reo  Xoycp  zov  örofiarog 

avTov  dg  alcova. 
Für  jtaza^si  (LH)  bieten  RJ  xavd^ei;  der  Fehler  muss  sich 
also  schon  in  y  (und  x)  gefunden  haben.  Offenbar  schwebte  dem 
Psalmisten  Jes.  11,  4  vor:  xa)  MaraB^ei  y^v  xco  X6ya>  zov  6x6- 
fiaxog  avxov,  und  aus  der  Erinnerung  an  diese  Stelle  stammt 
wohl  auch  die  Emendation  in  w. 

50)  XVII,  43«-  xa  Qr^iaxa  avxov  JtejcvQcofieva  vjieg  XQ'^cif^ov 

xb  jtQmxov  xlfiiov. 
So  R;  JLH  lesen  xlf/iov  x6  jtQcäxov.    Allem  Anschein  nach 
ist  xlfiiop  Glosse  zu  xo  jtQwxov,   von  R  dahinter,  von  x  davor 
in  den  Text  gesetzt.*) 

51)  XVII,  44  fiaxagcoi  ol  ysvofispoi  ev  xalg  ruiegaig  hxelvacg, 

iÖBlv  xa  ayad^ä  hgariX  ev  övvayoyf]  ^vXcov, 

a  noLTjöei  6  d-eog. 
Statt  a  jtoii]Oet  (H)  bieten  RJL  jtot^öai\  es  liegt  also  eine 
Emendation  vor,  die  w  noch  nicht  hatte,  deren  Richtigkeit  aber 
durch  XVIII,  6  (löetv    xa  dyad-a   xvqIov   a  jtoii^csi   ysvsa  xfl 
EQxoy^ivxi)  bestätigt  wird. 


1)  Wenn  ich  Ryle  und  James  recht  verstehe,  so  sehen  sie  xe  7tQ(5rov 
als  Glosse  an;  aber  rifiiov  bedurfte  keiner  Erläuterung,  s.  Ps.  18,  11. 
Prov.  8,  19. 


gg  V.  Gebhardt,  Die  Psalmen  Salomo's. 

52)  XVII,  45  raxvvai   6  d^ebq   B:!t\  ^löQarjX  xb  eXeoq  üvtov, 

Qvosrat  Tjfiäg  djtb  axad-aQolaq  hyßgcjv  ßsßfjXcov. 
Für  Qvöerat  (RJH)  bietet  L  gvoai.     Wenn  man  nicht  mit 
Fritzsche  gvoacro  lesen  will,   muss  man  sich  entschliessen,   ra- 
Xvvai  V.  45  a  in  raxwet  zu  ändern. 

53)  XVIII,  3  h  xal  ?]  ayauiri  oov  hjcl  öJitQfia  ^Aßgaafi  vlov 

^lOQarjX. 
Das  fehlerhafte  vtov  findet  sich  in  allen  Hss.;  es  wurde  schon 
von  Fabricius  durch  vlovg  ersetzt. 


Wenn  der  Text  unserer  Psalmen,  wie  er  jetzt  mit  Hülfe  der 
beiden  römischen  und  der  Athos-Handschriften  hergestellt  werden 
kann,  gegenüber  dem  aus  H  gewonnenen  als  ein  vielfach  ver- 
besserter gelten  darf,  so  lehrt  doch  das  vorstehende  Verzeichniss, 
dass  die  Überlieferung,  mit  welcher  wir  zu  rechnen  haben,  an 
Zuverlässigkeit  viel  zu  wünschen  übrig  lässt.  Überdies  war  der 
Archetypus  unserer  Hss.  (y)  aller  Wahrscheinlichkeit  nach  am 
Schluss  defect,  s.  zu  Ps.  XVllI.  Allerdings  ist  ein  nicht  unerheb- 
licher Theil  der  überlieferten  Fehler  bereits  mit  Glück  verbessert 
worden.  Aber  gar  manches  Räthsel  harrt  noch  der  Lösung,  und 
nur  eine  mit  voller  Beherrschung  des  Gegenstandes  unternommene 
Rückübersetzung  ins  Hebräische  kann  hier  Hülfe  bringen. 


T'AAMOI  20A0MßNT02 


Liste  der  Handschriften. 

C:  Codex  Casanatensis  1908,  s.  o.  S.  29  f. 
H:  Codex  Hauniensis  6,  s.  o.  S.  14. 
J:  Codex  555  des  Klosters  Iwiron,  s.  o.  S.  28  f. 
L:  Codex  des  Laura-Klosters, ')  s.  o.  S.  29. 
M:  Codex  Mosquensis  S.  Synodi  147,  s.  o.  S.  16. 
P:  Codex  Parisinus  Gr.  2991  A,  s.  o.  S.  16. 
R:  Codex  Vaticanus  Gr.  336,  s.  o.  S.  25  ff. 
V:  Codex  Vindobonensis  Theol.  Gr.  11,  s.  o.  S.  15. 

Die  Genealogie  der  Handschriften  veranschaulicht  das  folgende 
Schema: 


Von  den  sieben  mit  kleinen  Buchstaben  bezeichneten  Hss. 
stellt  z  den  Archetypus  dar;  y,  x  und  w  sind  als  Uncial-,  v,  u 
und  h  als  Minuskelhss.  zu  denken,  s.  o.  S.  39  f. 


1)  Die  Nummer,  welche  diese  Hs.  trägt,  habe  ich  nicht  in  Erfahrung 
zu  bringen  vermocht. 


I 


«PAAMOI  20A0MßNT02 


1  'Eßorjöa  JtQOQ  xvQiov  ev  rcß  d-Xlßeod^al  fje  elg  reXog, 

jüQog  Tov  d-eov  ev  z(p  ejciS-iöd-ai  afiaQvcolovg' 

2  e^ccjtcva  rjxovöd^rj  XQavyrj  jtoXsfiov  6P(6jtc6v  fiov 

(sljta'}  ijtaxovösTal  fiov,   ort  ejüXrjod'rjv  dixaioövvijg. 

3  eZoyioccfiijv  ev  xagöla  fiov  ort  ejtXi^öd-rjv  öixaioövvrjg, 

ev  rm  evd-rjvrjöal  fie  xal  jtoXXrjv  yersöO^at  ev  Texvoig. 

4  o  jtXovrog  avzcov  öieöod-rj  elg  Jtaoav  rrjv  yrjv, 

xal  ri  66^a  avrcov  ecog  iöx^TOV  zrjg  yrg. 


Inscr.  xpaXfjLol  aoXoßcSwog  L  (-fi<5vog)  H]  om.  RJ 

*Ä  («')  in  marg.  LH]  om.  R,  inscr.  ipaX/iiog  xm  aaloficov:  TiQWTog  J 

l  TOV  JLH]  om.  R      2  slna  M.  Schmidt]  om.  codd.        3  noXXrjv  RL] 

noXvv  JH  4  öieöo^ri  RJL]  öiiX&oi  H  |  avrwv  sec]  avrov  L  |  zrjv  yfjv] 

add,  xal  rj  So^a   avräiv  a(og   eaxdzov  trjv  yrjv  R,   sed   expunxit  pr.  m. 


Zur   Gesammtüberschrift    s.    das  1.  Nicht  für  xvqlov  v.  la  (Swete), 

oben  S.  47  f.  Bemerkte.  sondern   für  xov  S^sov  v.  Ib  hat  R 

Ps,  I.  Die  Überschrift,  welche  de  &e6v;  s.  o.  S.  60.  —  J  und  L  inter- 

la  Cerda  dem  ersten  Ps.  gab:  ^aX-  pungiren  nicht  nach  xeloq,  sondern 

(jibg  X(5  SaXofiiov  a\  entstammt  nicht  erst  nach  ^eov. 
seiner  Quelle,  denn  V  bietet,  wie  H  2.  ibta'   inaxovasxai  fiov.     M. 

(und  L),  nur  eine  Gesammtüberschrift  Schmidt  vermuthete  elna  Äxovasxal 

und  bezeichnet  den  Ps.  durch  ein  a  [jlov^  s.  o.  S.  73. 
am  Rande  als  ersten.    Zu  der  Über-  3,   xal   noXX^v   yeveaS-ai,      Ob- 

schrift  in  J  s.  o.  S.  47.  gleich  auch  J  noXvv  bietet,  ist  an 

Dass  der  Ps,  in  acht  zweigliedrige  der  Richtigkeit  des  Femin.  nicht  zu 

Strophen   zerfällt,   ist  einleuchtend,  zweifeln,  da  Jerusalem  spricht;   vgl. 

J  beginnt  nur  v.  2a,  3a,  4a  und  b,  5a,  11,  5,  wo  ein  ähnlicher  Fehler  in  alle 

6a,  7a  und  8b   eine  neue  Zeile  mit  Hss.  (bis  auf  M)  eingedrungen  ist. 
grossem  Anfangsbuchstaben.  4.  Zu  ötedo&ij  s.  o.  S.  69. 


92 


V.  Gebhardt,  Die  Psalmen  Salomo's. 


5  vtp(60^7]Oav  fc'cog  T^v  aoxQcov, 

üüiav^  ov  fiij  jteöcoöiv 

6  xal  6§,vßQtOav  sp  rolq  aya&olq  avrcov, 

xal  ovx  rjvsyxav 

7  al  a^uaQTiai  avrmv  ev  ajcoxQv^oiq, 

xal  eym  ovx  7]öeiv' 

8  al  avofiiaL  avrcov  vJtsQ  rä  jiqo  avrcjv  Id^vrj, 

eßeßrjlwöav  ra  ayia  xvqlov  kv  ßsßtjXcoöBt. 


TaXiiog  rw  2aXcofio?p  jtsQL  '^hQOVöaXrjii. 

1  Ev  reo  vjtSQr]^avevsö^ai  rov  afiagrcokov  tv  xqkd  xare-  i 

ßa?.s  Tsix^  oxvQa, 
xal  ovx  excoXvöaq. 

2  dvsßrjoav  tjtl  rb  ^voiaorfjgiov  oov  Id^vi]  aXXoTQia,  2 

xarejiarovoap  kv  vjcoöi^fiaöiv  avrcöv  ev  vjt£Qr](pavla- 

3  dvO-    cov  oi  vlo\  leQOVOaXijf/,  £f/iavav  ra  dyta  xvqlov,       3 

ißsßrjXovöav  ra  öwga  rov  &eov  tv  dvofilaig. 


5  sinov  L  |  neacoatv  RH]  niacüai  J,  nkowai  (jlsv  L        7  xal  iyw  RJj 
xayca  LH 

*B]  Bo<i  J  Inscr.  aaXwfjLujv  R]  aaXofiütv  JLH 

1  xatsßaXs  LH]  xaxeßaXXe  RJ  2  xaTenaxolaav  R]  xaxEndxovv 

rel.  3  Ol]  om.  J  |  ißeßrjXoiaav  R]  ißeßtjkovv  rel. 


5.  L  interpungirt  nicht  nach  a- 
axQiüv,  sondern  erst  nach  einov.  — 
EL710V  statt  einav  bietet  nur  L,  nicht 
auch  V<=o"  und  P  (Cambr.).  —  Zu 
nsamöL  (jlsv  (L)  s.  o.  S.  78. 

6.  Das  schwierige  yjveyxav  er- 
klären Ryle  u.  James  nach  Jer.  20,  9 
xal  ov  övva/uai  (pegsiv,  unter  Ver- 
gleichung  von  Hiob  31,  23.  Jer.  2,  13. 
10,  10.  Joel  2,  11.  Vielleicht  ist  an 
eine  Verwechselung  von  sran  (hatten 
keine  Einsicht)  mit  "»"an  {yjveyxav, 
vgl.  z.  B.  Num.  15,  25)  zu  denken. 


7.  Swete's  Angabe,  dass  H  hier 
avofxicLL  für  aßäQxiai  und  v.  8  a/uag- 
xiai  (so  de  la  Cerda)  für  dvo/uiai 
biete,  ist  irrig. 

Ps.  II,  In  der  Eintheilung  des  Ps. 
bin  ich  H  gefolgt,  nur  dass  hier  nicht 
V.  19  und  V.  26,  sondern  v.  18  und 
V.  25  abgesetzt  wird,  s.  0.  S.  20  f.  R 
hat  V.  15b  oxi  II  'Ev  xoig  und  v.  29c 
xQaxaioq  iv  iayyi  \\  Avxov. 

1  f .  J  setzt  erst  v.  2b  mit  grossem 
Anfangsbuchstaben  ab.  —  Zu  xaxi- 
ßaXe  V.  1  s.  0.  S.  73. 


Psalm  1,  5-8.  II,  1—10.  93 

4  4  8V6X6V  TOVTcov  6LJt6V'  ajtOQLtpaxe  avra  (iaxQav  dji    kfiov, 

ovx  evdoxöj  £v  avrolg. 

5  5  t6   xaXXog   T?jg  öo^rjg  avtr/g  h^ovd^evcod^rj  hvcojtiov  rov 

d-EOV, 

7]rific^d^7]  tcog  elg  teXog. 

6  Q  oc  vlol  xal  al  d-vyarsQsg  hv  alxf^ccXcoöia  JcovrjQa, 

Iv   ög)Qayl6i  o  TQax^rjXog  avxcjv,  iv  ejtioi^fiqy  hv  rolg 

ed^VEÖLV. 

7  7  Kaxa  rag  a^uagrlag  avrcov  ejioirjoev  avrolg^ 

oTi  hyxareXcjtsv  avzovg  aig  x^^Q^?  xariöxvovzcDv. 
H      8  djteOTQeipev  yccQ  xb  jiqoöcdjiov  avxov  djio  hXeovg  avxwv^ 

viov  xal  JtQSößvxTjv  xal  xixva  avxmv  stödjta^, 
9  6x1  jtovrjgd  hjtoiTjöav  slödjia^,  xov  fi?}  dxoveiv. 

10  9  xal  o  ovQavbg  eßagvO-v/iT^osv  xal  rj  yij  eßdeXv^axo  avxovg, 

11  oxc  ovx  hjtolrjos  Jtag  dp&-Qcojtog  hjt*  avxrjg  6oa  enoirjOav. 

12  10  xal  yvcoöBxaL  tj  yrj  xd  xgifiaxd  oov  jidvxa  xd  ölxata,  6  ß-sog. 

4  djtOQixpaxe  R]  änoQQiipaxe  LH,  aTtSQQlxpaze  J  |  eiöoxd)  iv  Hilgen- 
feld]  evoöwxev  RJL,  evwöiüxsvH  5  «vr^g  M]  aiToi;  RJLH  j  i^ovQ^tvüj&tj 
RJL]  i^ov^svi^^rjE  |  ewg]  om.  H  6  Oi  et  al  JLHj  om.  R  \  s&veaiv  R] 

sS-vsai  rel.  7  iyxaTtksmev  R  8  dnaaxQexpev  RL]  -xpe  rel.  |  xo  R] 

om.  JLH  I  ikiovg  R]  iXsov  rel.  |  avxwv  pr.]  avxov  J        9  Ißagvd^vfxriaEv  JLJ 
•oe  RH]  I  oaof]  o  ex  ov  corr.  R  (ras.)  10  xa  ölxaia  udvxa  J 

4:  f.   J   theilt  ab:    Ovx   evoöwxev     0  XQuxrjXogxxL  und  aMchdieührigen 

avxoTg  x6  xdkXog  x^g  öo^rjg  avxov:  \\     Hss.  (nicht  nur  R)  ziehen  iv  o<pQa- 

^E^ovd^sviü^  ivcimov  xov  S^sov.    i^xi-     yl6i  zum  Vorhergehenden. 

^cti^w  f cog  f /g  re'Aoc? :  und  so  interpun-  o    ^i  '        •     j        j       •         .          . 

.      '       '     '    ...            T-.             ,\  ^^  ö.  f/foi;?  m  der  ed.  prmc.  stammt 

giren  auch  die  übrigen  Hss  ,  s.  o.S.40.  •  ,  ,          y.           allen  Hss    liest  so 

4.  Zu  ovpr  evio>,a,ev  avvotg  so  „^^  ^   ^   ^   g   3^   _  g^^^^  ^,^„, 

S^  ^a.   Die  Angabe  (Cambr.)dass  H     ^j^j^^  ^j^  ^^i^j^„  g^^   ^,    «         r 
.va,rfa,«v  (so  auch  M,  nicht  ...rf«,«v)     ^;    ^„„^  _  p;^  ^^     ^e,  dass  M  Su 

w  avTOtc  biete,  ist  irrig.  Vgl.  Ch.Graux  >    >      ,  >    »      ^         i 

.'      ,     '  .,.  ^     °^„„        ^^„  novTiga  enoiriaav  etaana^   auslasse 

in   der  Revue  critique  1877  p.  293.  ,0     V  \    •  4.  •    • 

/M  1.      ,1      .,,  «  /.  (Swete),  ist  irrig. 

Genau  dieselbe  Abkürzung  für  ev  (m 

svcjöcDxev)  findet  sich  auch  in  V,  von  10.  Dass   6  &€6g   an  den  Schluss 

TJ  keine  Spur ,   geschweige  denn  von  von  v.  10  gehört,  kann  nach  Wieder- 

de  la  Cerda's  eiwöcoösi  svcDÖla.  herstellung  des  ursprünglichen  eaxrj- 

5.  Zu    xijg    öo^rjg    avxT,g    s.    0,  oav  in  v.  11  keinem  Zweifel  unter- 
S.  73  f.  liegen.     Übrigens  interpungiren  alle 

6.  Zu    Ol  und  al   s.  0.  S.  59.  —     Hss.,  auch  M  und  V  nicht  ausgenom- 
J  theilt  ab:   novrjQu  iv  OipQaylöi.  ||       men  (s.  Swete),  nach  ^eog. 


94  V.  Gebhardt,  Die  Psalmen  Salomo's. 

11  ^Eörrjoav  rovg  vlovc  %QovoaXijfi  slg  efijtaiyfibv  ccvrl 

JtOQVmV  tv  avTTJ' 
jtäg    6    jtagajtoQSvofievog    siöejtoQsvsro    xarevavrc  13 
TOv  r}Xlo.v. 

12  kvsjcai^ov  ralq  dvo^iaig  avrcov  xad-ä  sjtolovv  avroL  u 

ajiivavTL  rov  rjXlov  jcaQSÖsiyfiarioav  döixiag  avrcov. 

13  xal  d-vyareQsg  IsQovoaXijfi  ßeßrjXoi  xard  t6  xQtfid  oov,  J 

dpd^*  cov  avTal  ef/iala)öav  avzdg  kv  (pvQficö  dva^i^ecog.  15        ■ 

14  rriv   xocXiav    fiov    xal    xd   anXdyx^^^   f^ov   jcovdt   km 

Tovxoig. 

15  ^Eym  öixaiwöo)  os,  6  d-sog,  hv  ev&vtrjrc  xagölag,  iü 

oTi  kv  TOlg  XQifiaolv  oov  rj  öixaioovvrj  oov,  6  d^sog. 

16  ort  ajttömxag  xolg  afiaQTwXolg  xazä  xd  egya  avxcQV     17 

xal  xaxd  xdg  aptagxiag  avxcov  xdg  jtovTjgdg  o^oöga. 

17  apsxdXvxpag  xdg  d^uagxlag  avxcov,  iva  (pavi]  xc  xgl^id  oov,  is 

a^TjXscipag  x6  fivrjfioovvov  avxcov  djto  xrjg  yrjg.  19 

18  0  d-edg  xgtxrjg  ölxaiog,  xal  ov  d-avfidoei  Jtgoocojior. 


11  äovtjoav  RJL]  yazTjasv  H  |  efxneyfibv  R  |  naganoQSVoixevoq  JLH] 
noQSvofisvog  R  13  ^(iialwaav  R]  i/aiaivov  rel.  |  avzag  (sie)  R]  kavtdg 

JLH         14  anXdxva  J         15  XQtfiaaiv  R]  -oi  rel.         IG  xal  RJ]  om.  LH 

17  e^riXixpaq  R 


11.  Für  noQVüiv   [tcoqvcdv  L,   so  13.  avzal  accentuirte  zuerst  Hil- 

Fritzsche)  iv  avxiq  schlug  de  Lagarde  genfeld;    die  Hss.    (auch  M)    bieten 

noQvwvoi    avxri    vor  ;     aber    durch  avxai  (R  avxai,  L  avzai).  —  Zu  avzäg 

eazTjaav  wird  diese  Conjectur  gegen-  s.  o.  S.  57. 

standslos.  -  Zu  naQanoQSvöfi.  s.  0.  ^5^  j  ^^^-^^  ^    y^y,  ^^f  derselben 

S.  55.  -In  V.  IIb    ziehen  auch  die  2^^^  ^^  ^    ^5^  ^n. 

Hss.  xaxhavxL  xov  tjXIov  zum  Vor-  \           v                         t-,  ,    • 

hergehenden.  .    ^^'  ^«  ^«^  ^?>'«  ^^^^^  ^^'  ^^^^^- 


12.  Nach  dem  ersten  avxtöv  inter- 


cius,  nach  dejssenTextRyle  dieCopen- 

,.    ^^                .  ,      T^      -,  hagener   Hs.    collationirt    zu   haben 

pungiren  die  Hss    gar  nicht  (R)  oder  ^^^^^^^  ^.^^^  -^  g  ^g^^^^ 

nur    leicht;    J    beginnt    den    neuen 

Stichos  mit  'ATiivavri.  -  xaU  bietet  1^'   «»'f^ß^^Vas    bietet   auch    R, 

auch  M,  nicht  xaxu  (Swete);  dies  ist  ^^^^^  anexdkvipag  (Swete),  s.  o.  S.  12. 

Hilgenfeld's  Conjectur,  s.  o.  S.  10.  —  18.  Das  '0  zu  Anfang  des  Verses 

Für  naQeöeiyfidxiaav  schlug  de  La-  fehlt   in   M    durch    Schuld    des   Mi- 

garde  na^sösiyjudxiasv  vor.  niators. 


Psalm  II,  11—24.  95 

20  19  SlvelÖLOav  yag  ed^v?]  %QovoaXr]fi  ev  xarajcarrjosi, 

xaxeojtaöd^r]  tb  xaXXog  avT?jg  ajro  d^Qovov  öo^rjg. 

21  20  jcsQis^wöaro  oaxxov  avrl  evövfiarog  evjzQSjtsiag, 

öyoLviov  JiBQi  rrjv  xscpaXrjv  avrrjg  dvvl  orsfpavov. 

22  21  jiBQLdXaro  fiirgav  öo^rjg  rjv  jcEQced^rjxev  avr(]  o  ^eog' 

23  6V  arifila  ro  xaXXog  avrijg^  ajteQQi(prj  km  rrjv  yrjv, 

24  22  Kai  eycb   slöov  xal  eöeyjO-rjv  rov  JtQoocQJtov  xvqiov  xaX 

eijtov 
Ixavooöov,  xvQis,  rov  ßagyrsö^ai  x^^Q^  öov  enl  ^kgov- 
OaXrjfi  ev  knaycDyfi  eO^vcöv 

25  23  OTL   £vsjcai§ap   xal    ovx   £g)£LöavTO,    ev   ogyfj  xal  ß-v/id) 

fierä  firivlöecog' 

26  xal   övvTsXeod-rjöovrat,   eav  fi?)  öv,   xvQie^  ejnTifi?]G7jg 

avrolg  ev  ogyij  oov. 

27  24  ort  ovx  ev  ^rjXei  ejcoirjöav^  aXX^  ev  ejiiO^vfzla  ipvx^g. 

28  ex^eat  xrjv  OQyTJv  avxmv  eig  rj^äg  ev  aQjcdy^axL 

19  (vvelöiaav  LH]  (ovlörjoav  R,  oveiöioav  J  |  iv  xazccnati^aei  RLH] 
xazanax^aat  J  |  xatsojcdad^i]  ego]  xaxeanaaev  R,  xaxbanaae  JLH  21  negi- 
siXaxo  R]  negielkexo  rel.  |  (jltixqUv  J  j  dnEQQLKpet  R  22  xvqLov]  add. 

xov  ^80 V  J  I  xay(o  elnov  J  |  xvgie]  om.  J  |  x^^Q^  JLH]  x^^g^'i  ^  I  X^^g^ 
oov  xov  ßagvv.  J  |  ''hgovoaXriij]  ltjI  {'lagarjX)  R  |  inaycDy^  RJL]  anaywy^  H 
23  fxtjvy'iascag  H  |  inixi/ui^asig  R  |   avxolq  RH]  avxovq  JL  24  ^jjAft  R] 

t;^X(p  JLH  I  aAA'  RJ]  aXXa  LH  |  ^exysai  RL,  exxsccg  J 

19,  Das  Versehen  der  ed.  princ,  aavxo.  —  Zu  x^^g^?  <^ov  und  'agccrjX 

in  welcher  V.  19 1)  vor  v.  19  a  gestellt  in  R   s.   o.    S.  43.  —  iTiaywy^   (so 

ist,  hat  sich  bis  in  die  neuesten  Aus-  auch  MP)    hatte   bereits  Hilgenfeld 

gaben   fortgeerjot.    Die   umgekehrte  conjicii-t. 

Reihenfolge  findet  sich  nicht  nur  in  9^     T  th  *lf     h-    *F      '      W  "  ^ 

MP  (Ryle  u.  James),  sondern,  wie  in  ^'^ n      ^  ,'  ^7 1  \     ) 

OTT  1.  •    TT       j  T7  /     1   r>  ^"'   ^v(x(u   (X.  ixrivloeoio,   xal  ovvxs- 

KJL,  so  auch  in  H  und  V  (vgl.  Beer  i     a '  n    '17*         ^        1  j 

V   •  ü  1  T  v/^TTT^      T-11,  Xso&Tjoovxai.       Eav    fitj   xxX.,    und 

bei  Ryle  u.  James   p.  XCIII).    Über  ,  ..  -it-Tj-,^ 

■3-     J    ■,         ,  ^  .r^^.    ,    .  ebenso    mterpungirt    auch   R    nicht 

die    Verdoppelung   von   v.    19d    bei  1  >  ^  .         1 

o     i.  o  -.n        r7  '   n  ^^<^"   fXTjvtaecog,   sondern   erst  nach 

Swete  8.  o.  S.  12.  —  Zu  xaxsanaoB-n  1     a'  /i,-  .   tn 

o    ^  '  ovvxeMad-TiaovTai  (hier  auch  L).  — 

ovvxeXea^aovxai    wird    mit    Ryle 

20.,(jxofv/ov  hat  richtig  auch  M,  u^a  James  auf  ein  missverstandenes 

nicht  oxiviov  (Swete).  ^'„,t  zurückzuführen  sein;  Fritzsche 

22.  J  theilt  ab:  Kai  iyü)...xvgiov  änderte  avvxeXEad-Tjoö/LteS^a,  Hilgenf. 

xov  ^eov.\\    Kdya>  elnov  Ixdvcoaov  ov  avvxEXead^r/aovxai. —  Für  enai^av 

xxX.    R  interpungirt  nach  IrjX  (s.  0.)  statt    ivenai^av   ist   Fabricius    ver- 

und    dann   erst   wieder   nach    itpsl-  antwortlich,  nicht  H  (Cambr.). 


96 


V.  Gebhardt,  Die  Psalmen  Salomo's. 


25  117]  X(>oWö?/r,  o  ^f oc,  Tov  anoöovvai  avrotg  elq  x£q)aXdg, 

Tov  eljiBlv  rriv  vjtegrjipaviav  tov  ÖQaxovrog  ev  drifila.  29 

2G  Kai  ovx  exQovcöa  ecog  eöet^iv  fioc  6  d-eog  t7]v  vßQiv  avTov,  30 
ExxexsvTTjfievov  ejtl  rcov  ogecov  Alyvjtrov, 
vJtsQ  sXdxiOTOv  e^ovösvcofiBVOv  ejtlyrjg  xal  d-aXdöOrjg' 

27  t6  öwfiaavTOv  6iaq)SQ6fiEV0V ejtlxvfidrwp  svvßQ6CJto/,X(],  31 

xal  ovx  tjv  o  d^djiTCov^ 

ort,  e^ovd^evwoev  avxov  ev  drifila.  32 

28  Ovx  eXoyiöaro  ort  avO-Qcojtog  iöriv, 

xal  To  vöxsQov  ovx  iXoyloaro. 

29  djcev  syco  xvQtog  yrjg  xal  d^aXdoorjg  eöofiai,  ss 

xal  ovx  ijtiyvfo  ort  o  d^ebg  [iiyag, 
xQaracog  Iv  löxvi  avxov  xrj  fieyaZ^;]. 

25  jbiT]  JLH]  xal  /u^  R  |  x^ov^atjg  R  |  dzifxla  LH]  ahiafila  R,  ätifxia 
/uiä  J  26  ixQOvrjija  R  |  ewg  ov  J  |  eösi^ev  RL]  -^e  rel.  |  iXdxtotov  Geiger] 
eXa/lazov  codd.  27  öiacpeQOßevov  RJL]  öiecpd-agfihov  H  |  0  ^dnxwv] 

ine.  C  I  i^ov^hmaev  R]    i^ovöevioaev  JLCH  28  iativ  RJL]   iaxc  CH 

29  fZ^rf V  RJH]  eItislv  L  (C  latet)  |  x^araiog]  praem.  xal  vel.  xg  C  |  laxvsi  R 

u.  James  auf  Dio  Cassius  (XLII,  5), 


25*  Zu  /uj}  (ohne  xal)  s.  o.  S.  53. 
—  SLTisZv  erklärt  sich  aus  einem  Miss- 
verständniss  des  Übersetzers,  sei  es 
dass  er  iziV»  (Geiger)  oder,  was  wahr- 
scheinlicher, -!ös^  (statt  "^"""oT^h,  Wellh. 
S.  133)  vor  Augen  hatte,  vgl.  Ryle  u. 
James  zur  Stelle.  Fabricius  rieth  auf 
LÖSLV,  Hilgenf.i  auf  ei'xeiv,  Hilgenf.2 
auf  TQ67i€tv.  —  Zu  dzifiia  (vgl.  v. 
21.  27.  31)  s.  o.  S.  74.  —  Zu  v.  251) 
hat  L  die  folgende  Randbemerkung: 
ögdxovza  Xsyei  zov  dnoaxdzriv  öid- 
ßoXov.  noXXaxov  yccQ  rj  ^ela  yQa(prj 
ögdxovza  zovzov  inovofxdt^ei,  öid  zo 
anXi](jzov  zfjg  V7t€ QTjcpavlag.  vnsQtjipa- 
vor  yccQ  0  ögdxcov  xal  hafxov  zo  nd- 
&og  r^?  vnfQtjipaviag  cog  TiQoelno/jiFv. 

26.  Statt  ^^('onaa  ist  vielleicht 
iifQÖvzioa  zu  lesen,  s.  o.  S.  74.  — 
b^xfxsvzTjfASVov  mit  Hilgenf.i  und 
Fritzsche  in  ixxexevzrj/iiivijv  und  i^ov- 
devcü/nsvov  mit  Carriere  in  e^ovöevcD- 
fxtVTjv  zu  ändern,  liegt  kein  Grund 
vor.  —    Zu    0Qtü)v    verweisen    Ryle 


welcher  den  Pomp  ejus  ngog  Z(5 
Kaooia)  ogei  seinen  Untergang  finden 
lässt.  Hilgenf.2  wollte  oqIwv  ändern. 
—  Zu  vTiSQ  iXdxiozov  s.  o.  S.  74.  — 
NachdaA«(7a7ycinterpungiren  alleHss. 

27.  J  theilt  ab :  To  aw/xa  . . .  iv 
vßQBi  noXXr]  (sie)  xal  ovx  tjv  b  Q^dn- 
za/v.  II  "Ozi  xzX.  R  interpungirt  nach 
d-dmcDV  nicht.  —  Statt  6ia(peQ6fx6vov 
hat  noch  Swete  das  fehlerhafte  öiecp- 
d-aQfjL€vov,  8.  0,  S.  12.  —  Zu  i^ov- 
&€Vü)aev  s.  0.  S.  58. 

28.  C  hat  den  das  Ende  eines 
Stichos  bezeichnenden  Doppelpunkt 
nicht  nach  iXoyioazo,  sondern  erst 
nach  eineXv  (s.  0.)  v.  29a'. 

29.  J  schliesst  v.  29  c  auf  der- 
selben Zeile  an  v.  29 1>  an,  aber  C  hat 
V.  29  b  nach  /usyag  den  Doppelpunkt 
und  auch  RL  (nicht  V)  interpungiren 
hier.  —  Das  in  C  vor  xguzaiog 
stehende  Wort  (c.  2— 3  Buchstaben)  ist 
unleserlich;  in  M  findet  sich  an  der- 


Psalm  II,  25-37.  97 

34  30  avTog  ßaoiXsvg  km  rcov  ovQavcov 

xal  XQivcov  ßaoiXelg  xal  aQ^ag' 

35  31  o  dviOTCQV  tfis  Big  öo^av 

xal  xoifil^atv  vjtEQ7]cpdvovg  eig  ajtooXetav  alojpog  ev  avi/ila^ 
oxi  ovx  eyvcooav  avrov. 

3ü     32  Kai  vvv  lÖers,  ol  fieyLöräveg  r^c ///<;,  t6  xQtfiarov  xvqlov, 
ort  (leyag  ßaOLlsvg  xal  öixaiog,  xqiv(dv rrjvvjt  ovgavov. 

37  33  evXoyelTS   rov   d-sov,  ol  (poßovfi£Voc  rov  xvqlov  ev  ejii- 

OTi  To  tXeog  xvqlov  km  rovg  (poßovftevovg  avrov  fierd 
x^ifiarog' 

38  34  rov  öcaorslXai  dvd  ^iöov  ÖLxalov  xal  auagroyXov, 

djcoöovvaLdfiaQrmXolgsigrov  aicjvaxardTaeQyaavrwv 

39  35  xal  kXefjöaL  dixaiov  ajto  rajcetvcooecog  afiaQrcoXov, 

xal  djtodovvai  a^aQrcoXcp  avü-    cov  kjtOLrjötv  ÖLxaiq). 

40  36  ort    XQ7]OTog    o    xvQiog    rolg    kjütxaXovf/tvoig    avzov    Iv 

VJlOflOVTJ, 

jtocijoai  xard  ro  sXeog  avrov  rolg  oöioig  avrov, 
jtaQsördvaL  6id  Jiavrog  Ivcojtiov  avrov  ev  Iöxvl. 

41  37  evXoyrjrbg  xvgtog  eig  rov  aimva  evcojtiov  öovXmv  avrov. 

31  6  RLC]   om.  JH  |  ktküäiuv  R  |  alwvoq  R]   alioviov  JLCH  j  avrov 
avziov  L  32  rov  R]  om.  JLCH  |  xqlvov  J  33  87iLazi/j,i]  R  |  xvqlov 

RJCnagH]  avzov  LCtxt  34  üvafzeacov  R  35  af/.aQTa)?.ov]  add.  dno- 

doi'vai  a^aQXioXolq  eig  rov  aicöva  xaxa  xa  iqya  avxwv  (v.  34)  J  |  hcoiri- 
OBv  RL]  -08  rel.  3ii  baioiq  RJLC]  (xsx^  H  |  naQaaxuvai  J  |  laxvei  RJ 

selben  Stelle    ein    durchgestrichenes  «Vfdrtyvin  v.  31a  auf  ;tfO/(a/^ö>i' führen. 

xul.  —  Zu  anwXeiav  aldivoq  s.  0.  S.  55. 

31,  J  theilt  ab:    dviaxoiv  (das  *^0  32.  Zu  xov  xvqlov  s.  0.  S.  60  f. 

fehlt    zu    Anfang    der    Zeile    durch  33.    R  interpungirt   noch    avxov 

Schuld  des  Miniators)  e^ue  flq  öo^av  und    verbindet   fxtxa   xQifxaxoq   mit 

xal  xoLfjLit^wv  v7ieQr](pdvovq-\-  \\    Elq  xov  ÖLUOxeÜML  v.  34. 
aTHoleiav    alwvLOV    ev   dxL/xla,    oxl  36.  Statt  Tro^^traf  bieten  die  Hss., 

ovx  XX?..     Auch  R  interpungirt  nach  mit  Ausnahme    von    C    und  M    (wo 

vneQr](pdvovq(').     C  hat  den  Doppel-  noL/^aaL  aus  7ioi?}oai  corrigirt  zu  sein 

punkt  nach    vneQ7}<fdvovq   und  wie  scheint),  tto^ T/acc^  und  so  lesen Hilgen- 

es  scheint  nach  dxifjLUc,   während  L  feld  und  Fritzsche. 
hier  und  dort  nur  leicht  interpungirt.  37.  evLouLOv  öovXwv  avxov.    Ryle 

—  xoifjiLi^wv.    Wenn  statt  dessen  xo-  u.    James    geben    mit  Berufung    auf 

fjLLt,wv   (so  Fritzsche    und    nach  ihm  (A  und)   P  xäJv  öovXüjv;    aber  auch 

Pick)  überliefert  wäre,  so  müsste  das  P  hat  öovXiov  ohne  Artikel. 

Texte  u.  Untersuchungen  XIII,  2.  7 


98 


V.  Gebhardt,  Die  Psalmen  Salomo's. 


WaXfiog  Tcp  2aXcoy.cov  jtBQi  öixaiwv. 

1  ^7va  tI  vjtvolq^  V^'^XVi  ^^''  ^^^  evXoyslg  rbv  7cvqiov\ 

vfivov  xaivov  ipdXars  reo  d^sw  reo  alverm. 

2  tpaXXs  xal  yQTjyoQrjoov  isn  rrjP  yQTjyoQTjöiv  avrov, 

Ott  ayad^bg  ipaXftog  tc5  ^£o3  gg  dyad^ijg  xagöiag. 

3  dlxaiot  fivTj^ovevovöiv  öcd  ütavrbg  rov  xvqlov, 

SV  e^OfioXoyrjöec  xal  Sixaiwosi  rd  xQliiara  xvglov. 

4  ovx  oXiycoQTjöec  ölxaiog  jcaiöevofisvog  vnb  xvgiov, 

ri  svdoxia  avrov  dtd  jtavxog  svavri  xvgiov. 


5  Ilgöosxoipsp  6  Ölxaiog,  xal  eÖcxaicoöev  rbv  xvgiov 
sjteosv,  xal  dstoßXinei  ri  jtoiriösi  avrS  6  ^eog, 
djtoöxojcsvsi  od-sv  rjB^ei  omrrjgla  avrov. 


T  (/)  in  marg.  RLC,  7^°«  J]  om.  H  |  Inscr.  aaXwfiütv  R]  aalo/zwv  JLCH 
1  ovx  evloyeiQ   ex    ov  XoyeTg  corr.  R  |  xaivov  JH]    xal  aivov  RLC  | 
\pd)iat8  JLCH]  ipakXsTS  R       2  xpdXXs  xal]  ipdXai  J  |  d^ew]  xvqio)  J]  dyad-l^q 
RJ]    oXriq  LGH  3  fxvrjfxovsvovaiv  R]  -ot  rel.  [  xvgiov  sec.  JLCH]  zov 

xvgiov  R      4  oXiyoQ^asL  R  |  xvgiov  pr.  JLCH]  xov  xvgiov  R  |  evavxi  R]  ^v- 
avxiov  JLCH«""'  5  iöixaicaaev  R]  -os  rel.  |  eneaev  RL]  -ae  rel.  |  rj  gcd- 

XTigia  J  I  avzov  JLC'^^^H]  avx(JJ  RC* 


Ps.  III,  Die  auch  von  Beer 
(bei  Ryle  u.  James)  nicht  berichtigte 
Angabe  Hilgenfeld's,  dass  die  Über- 
schrift in  V  fehle,  ist  irrig;  es  fehlt 
nur  das  F,  statt  dessen  von  späterer 
Hand  ^  an  den  Rand  geschrieben 
wurde. 

Die  Eintheilung  des  Ps.  in  drei 
Abschnitte  ist  der  Copenhagener  Hs. 
entnommen,  s.  o.  S.  21.  R  hat  v.  9b 
zu  Anfang  der  Seite  Trjv  ^/nsgav. 

1,  Zu  xaivbv  vgl.  XV,  3,  wo  nur  H 
das  ai  repetirt,  —  Zu  ipakats  s.  o.  S.  58. 

2,  i^  dyaS^TJg  xagöiag.  Die  Les- 
art oXyjq  (w)  erklärt  sich  aus  Deut. 
6,  5  (Mc.  12,  30.   Lc.  10,  27). 

3,  Auch  die  Hss.  interpungiren 
V.  3*   nach    xvgiov   und   verbinden 


V.  3  b  SV  e^ofxoXoyjJGei  xal  6ixai(oo€i. 
Ryle  u.  James  ziehen  iv  i^ofxoXoy^aei 
zum  Vorhergehenden  und  ändern  di- 
xatovaiv  iv  alvsasi,  s.  o.  S.  74.  — 
Zu  rd  xgi(x.  xvgiov  s.  o.  S.  60  f. 

4,  Zu  vnb  xvgiov  s.  o.  S.  60  f.,  zu 
svavTi  S.  56.  Ob  H  zuerst  ivwTCiov 
wollte  (Swete),  muss  dahingestellt 
bleiben.  Zu  erkennen  ist  nur,  dass 
das  a  in  ivä  \\  xiov  in  Rasur  (auch 
darüber)  steht;  am  x  zu  Anfang  der 
folgenden  Zeile  ist  nicht  corrigirt. 

6,  J  schliesst  v.  5 »  auf  derselben 
Zeile,  aber  mit  grossem  Anfangs- 
buchstaben, an  V.  4  b  an.  —  Das 
avx(t>  nach  awxrjgia  beruht  in  C*  auf 
einem  Versehen,  da  die  Vorlage  (vgl. 
L)  gewiss   avxov  hatte;    aber  auch 


Psalm  III,  1—10. 


99 


10 


6  dXrjd-eia  rwv  ötxalwv  ytaQcc  {^sov  öa)rrJQog  avrc5v, 

ovx  avXl^srai  ev  olxco  rov  öixaiov  afiagrla  6(p  äfiagtlap' 

7  sjtiöxsjtTsrai  6iä  Jtavtog  rov  oixov  avrov  o  öixaiog, 

rov  e^ägat  aöixlav  ev  jcaQajttcofiarc  avrov. 

8  e^iXdoaro  Jtegl  dyvolag  ev  vrjöxeia  xal  rajceivcooei  xpvx^jg 

avrov, 
xal   6  xvQiog  xa&agi^ei  xdvra  avöga  oöiov  xal  rov 
oixov  avrov. 


11  9  ÜQOOexoxpev  dftagrcoXog,  xal  xaragärai  Corjv  avrov, 

rrjv  rifiegav  yeveöea)g  avrov  xal  ojölvag  firjrgog. 

12  10  ^QOöe&Tjxsv  d^agrlag  e(p^  df/aoriag  rf]  ^o)f]  avrov' 

13  ejteöev,  ort  jcovtjqov  rb  Jtrcofia  avrov,  xal  ovx  dva- 

orrjoerai. 

6  dXri^La  R  |  xov  JLCH]  om.  R        8  xpvxnQ  ego]  V^v^riv  codd.  |  ctvxov 
pr.  JLCH]  om.  R  |  navza]  näv  R  |   oaiov  RJH]  d^Hov  LC  9  6  afiag- 

xcoXoq  J  I  xriv  ^wr/v  J  10  n^oos^rjxsv  RJL  (C  latet)]  nQoae^rjxav  H  | 

afxaQtiaq  JH]  äfiaQzlcctq  RLC  |  nrdifxa]  ansQ/iia  J 


dem  Zeugniss  von  R  ist  hier  nicht  zu 
trauen,  danach  aattT^gia  (ohne  Artikel) 
eher  ccvtä)  vermuthet  werden  konnte 
als  avTOv,  vgl.  Ps.  120,  1  no&sv  tj^ei 

6.  d^eov  hat  richtig  auch  M,  nicht 
^ebv  (Cambr.).  —  Zu  xov  öixaiov 
s.  0.  S.  59  f. 

7  f.  Ryle  u.  James  interpungiren 
V.  7^  nach  döixiav,  ziehen  iv  na- 
Qanxcifiaxi  avxov  zum  Folgenden 
und  stellen  das  xal  v.  8  a  vor  iv 
VTjaxsia:^  s.  o.  S.  75. 

8,  J  theilt  ab:  ^E^iXuaaxo  nsQl 
dyvolaq  iv  vrjoxsla  \\  Kai  xa  nei- 
Vüiasi  (sie)  xpvxtjy  avxov  xal  6  xvQioq 
xaO-aQi^si :  ||  Ildvxa  avÖQa  xxX. 
Ebenso  theilen  R  (•),  L  (.)  und  C  (:), 
nur  dass  L  und  C  auch  nach  avxov 
V.  8»  (leicht)  interpungiren.  Nach 
vrjaxeia  interpungirt  auch  V,  aber 
nicht  nach  xa9^aQit,€i.  —  Zu  ipv/rjg 
s.  o.   S.  75;    rpvx^v   bietet   auch  V, 


nicht  XT]V  ipvxriv  (Ryle  u.  James).  — 
Zu  avxov  pr.  s.  o.  S.  52. 

9.  R  interpungirt  nach  avxov  9  b. 
—  fxriXQoq  war  in  der  ed.  princ.  aus- 
gefallen; es  fehlt  aber  auch  in  V 
nicht  (Cambr.,  Beer  schweigt). 

10,  TiQoatd^Tjxev.  de  la  Cerda's 
Emendation  wird  jetzt  durch  RJL 
bestätigt;  die  von  H  abhängigen  Hss. 
haben  alle  (auch  M)  nQoaed^rjxav.  — 
Zu  ccfjtagxlaq  s<p*  afiaQxiaq  vgl.  v.  0 
ctfiaQxia  i(p  afJiaQxiav,  Jes.  30,  1 
ngoad-uvai  afiapxiaq  e<p'  ccfiaQxlaq. 
Bei  Jes.  findet  sich,  wie  an  unserer 
Stelle,  zum  zweiten  ccfiagxlaq  (B)  die 
Variante  afxaQxiaiq  (sAQJ^. 

10  f.  J  theilt  ab:  ^'Eneoev  oxt  no- 
vtiQOv  x6  anegfxa  (sie)  avxov  \\  Kai 
ovx  dvaax-^aexai  rj  dnwXeia  xx).. 
Die  gleiche  Abtheilung  setzen  die 
übrigen  Hss.  voraus,  indem  sie  nach 
avxov  interpungiren  (C:)  und  xal  ovx 
dvaoxriasxai  mit  dem  Folgenden  ver- 
binden. 


100 


V.  Gebhardt,  Die  Psalmen  Salomo's. 


11  ?J  ajt€62.€ia  xov  af/aQzcoXov  eiq  zov  alcöva, 

xal  ov  (ivrjöd-i^öSTaL  orav  ejtioxejtTrjxaL  öixalovg.      u 

12  avTTj  ri  fieglg  rcov  a^agrcolcov  uq  rbv  aicova'  15 

oi  ÖS  g)oßovfjsvoi  rbv  xvgiov  dvaOT7]öovTai  slg  C,(X)?)v  16 

aicovLoy, 
xal  'q  ^CQ?)  aixmv  ev  (pcoxl  xvgiov  xal  ovx  exXsLJpeL  sxi. 


JiaXoyri  xov  2aXconcbv  xolq  dpß-gcojtagiOxoig. 

1  'Ipa  XL  öv,  ßeßrjXe,  xd&rjOai  ev  övveöglw  oolcov,  1 

xal  7]  xagöla  öov  fiaxgdv  dtjpeoxr/xev  djto  xov  xvgiov, 
av  jtagavofiiaig  jiagogylC(ov  xov  d-eov  'lögarjX\ 

2  negiooog  Iv  Xbyoig,  jtegtöoog  ev  orjfisiojoei  vjtsg  Jtdvxag,    2 

o    öxXrjgbg    ev   Xoyoig,    xaxaxglvai    af^agxcoXovg   sv 
xgloet' 


11  ov  JLCH]  ov  ßTj  R  \   enLOxi-Tirezai  J  12  ^  pr.  R]  om.  JLCH  \ 

xov  RJ]  om.  LCH  |  xal  sec.  JLCH]  om.  R  |  ixXslxpr]  R 

*J  (d')  in  marg.  RJLC]  P  H  |  Inscr.  diaXoy^  zov  RJLC]  ipaXfj.bg  ra' 
H  1   aaXwfidiv  R]  aaXoßwv  JLCH  \  dvd^QcoTiaQsaxoig]  add.  xsiaQioq  J 

1  ßeßrjXe  xäd^rjo.  R]  xdQ-TjO.  ßißrjXe  JLCH  |  xdd^rjoe  L  |  baicjv  J]  balü) 
RLC,    om.   H  2   0]    om.  J  |   xaxaxQivai  RJ]    xaxaxQivei  LC,   xaxa- 


XQLVIOV  H 


11,  Zu  ov  fxrj  fxvrjoS-Tjoexai  [R] 
s.  0.  S.  53. 

12.  Zu  ccvxrj  ?]  fiSQtg  xxX.  vgl. 
Hiob  20,  29.  27,  13  avxri  rj  fxsQlg 
dvd-QüjTcov  doeßovq  Ttagd  xvgiov. 
Wie  hier  nach  avxri ,  ist  XIIl,  6  nach 
öfivri  in  x  das  ^  ausgefallen,  s.  0. 
S.  60.  —  V.  12 c  theilt  J  ab:  Kai 
Tj  t,wrj  avxüiv,  iv  <pioxL  xvQiov-\-  [K]aL 
ovx  tx).eixpei  an  (das  eingeklammerte 
K  fehlt  durch  Schuld  des  Miniators). 
Nicht  so  die  übri<jren  Kss.  —  Zu  dem 
xal  vor  ovx  ix?.,  s.  0.  S.  52. 

Fs,  IV,  Die  Angabe,  dass  der 
Psalm  in  V  und  P  als  vierter  [6') 
gezählt  werde  iRyle  u.  James),  ist 
ebenso  irrig  wifi-^die 


in  der  Überschrift  xoig  dvd^QcünaQsa- 
xoig  auslasse  (Cambr.).  —  Das  6ia).oyr] 
der  Überschrift  findet  sich  bei  LXX 
nur  Ps.  103,  34  Tjövvdsir]  ahw  7}  6ia- 
Xoytj  (XOV. 

H  theilt  den  Ps.  nicht  eben  glück- 
lich in  sieben  Abschnitte:  v.  1 — 3, 
4.  5,  6— loa  10b— 12, 13—18, 19—22, 
23—25,  s.  0.  S.  21.  In  R  begegnet 
uns  v.  8  in  Kai  eine  vereinzelte  Ini- 
tiale. 

1,  Zu  ooicüv  s.  o.  S.  75. 

2.  Das/0  zu  Anfang  der  Zeile 
fehlt  in  J  durch  Schuld  des  Miniators, 
welcher  vor  Gx).riQog  ein  grosses  'S 
gesetzt    hat.      Nach    ndvxag    inter- 

t  auch  R. 


Psalm  III,  11.  12.   IV,  1-9.  101 

3  3  xal  rj  x^f^Q  cc'^t^ov  ev  JtQCOTOtg  6jt    avrov  cog  tv  C,7]Xei^ 

xal  avTog  Ivo^og  ev  jtoixiXla  afiaQTicov  xal  ev  dxQa- 
ölaig. 

4  4:  Ol   (xpd^aXuol  avTOV  tüil  Jtaoav  yvvalxa  avsv  diaöToZrjg, 

Tj  yXwöOa  avTOv  ipsvö'^g  av  ovvaXXajf/ari.  fieO-^  oqxov, 

5  5  £1^  vvxzl  xal  SV  ajtoxgxxpoig  aiiaQxavu  cog  ovx  OQmfievog, 

ev  o(pd'aXfiolg  avrov  XaXsl  jtaOT;]  yvvaixl  ev  ovvrayfj 
xaxiag ' 

6  raxvg  slooöcp  elg  jcäoav  olx'iav  ev  lXaQ6T7]Ti  mg  axaxog, 

7  6  ^E^aQai  o  d^eog  xovg  ev  vjtQXQlöei  L^mvxag  fjerä  oölcov. 

ev  (pd^OQo.  oagxog  avrov  xal  jtevia  ri]v  C^mrjv  avrov. 

8  7  dvaxaXvipai  6  d-eog  ra  egya  avd^Qcojtcov  dvd^QwjiaQeöxmv^ 

ev  xarayeXorc  xal  (ivxrrjQiO(i<x>  rd  egya  avrov. 

9  8  xal  Sixaimoaioav  oöiol  ro  xQtfia  rov  d^eov  avrmv^ 

SV  reo  s^aigeöB^aL  afiagrcoXovg  ajto  JtgoOconov  öixalov, 

10  dvd-gojjtdgeöxov  XaXovvra  vo^iov  ^lera  öoXov. 

11  9  xal  OL  6q)d^aX^ol  avrcov  ejt'  oixov  dvögog  ev  evora^ela, 

wg  o<pig  öiaXvöat  öog)iav  aXXrjXmv  ev  ).byoig  jtagavoiimv. 


3  ^jjAa  R]  ?»?Aa'  JLCH  |   a/naQziwv  JLCH]  afxaQxtülwv  R  |  xal  tert.] 
om.  R  4  avzov  sec.  JLCH]  om.  R  5  oi;/]  oy^  R  |   oixeXav  iXagoxi 

(haaxxog  R  8  öixaiojaaiaav  RJ]  dixaictjoaiav  C,  öixaiwq  ehv  L,  öixaiw- 
aaisv  H  |  ogiol  RLC]  oc  oaioi  JH  |  rov  ötxalov  J  |  vofiov  fiEzcc  öokov 
JLCH]  (jLovov  juezu  öovlov  R  9  avxüiv]  avrov  J  |   iii'  o'ixov  RJLC]  kv 

oi'xü)  H  I  svoza&sla  LCH]  evaza^ia  RJ 


3.  Zu  in^  avzbv  vergleichen  Ryle  LXX  (16,  4)  otküq  dv  firi  Xalijoy  zo 

u.  James  Deut.   13,  9.    Die  Angabe  azöfxa  ixov.  —  Zu  (xovov  fjisza  öoXov 

(Cambr.),    dass   M  dafür  tV   ai'ziov  bei  Swete  s.  o.  S.  12. 
biete,  ist  irrig;   so  conjicirte  Hilgen-  9,  evGza&la:  (wie  RJ)    hat  nicht 

feld,  s.  0.  S.  10.  —  Zu  dem  xal  vor  nur  P  (Cambr.),  sondern  auch  M.  — 

iv  dxQaa.  s.  o.  S.  52.  Statt  öiaXvoai  (so  LC?)  accentuiren 

8.  XaXovvza.    Man   könnte   6ia-  RJV    (auch  MP)   öiaXvara.  —  Statt 

?.vovza  vermuthen,  vgl.  v.  9  öialvaai  dlXriXmv  liest  Hilgenf.2  dyyÜMV,  Ryle 

aocpiav,  oder  auch  dXXoiovvza,  vgl.  u.  James  XaXdiv,  s.  o.  S.  75  f.    Viel- 

Dan.  7,  25  xal  TiQOüde^ezai  aXloLÖi-  leicht  ist  Xaäiv  zu  lesen,   als  Über- 

aai  xaiQovq  xal  v6(jlov    Wahrschein-  Setzung  eines  aus  ä""«n  verdorbenen 

lieber  aber  ist,    dass  der  Übersetzer  c^s?,  vgl.  die  S.  76   zu  Sach.  10,  9 

-129    {nagaßatvo})   mit    "^rt  verwech-  angeführte  Variente    aX?.rj?.oiG  statt 

selte,  vgl.  Ps.  17,  3  *£— '^v^-Va  •P'st;  Xaoia. 


1Q2  V.  Gebhardt,  Die  Psalmen  Salomo's. 

10  oi    Xoyoi    avTOv    jcaQaXoyiOfiol    elg    jtQa^Lv    ejn^vfilag  12 

döixov, 
ovx  ajiBOTTj  tGjq  svlxrjoev,  öxoQJtlöai  coq  bv  oQq)avla'  13 

11  xai  ^Q7jficoaev  olxov  evexep  ejcid^filag  jtaQavofiov, 

jtaQsZoyiöaro   ev  Xoyoig,  ort  ovx  eötlv  oqcov  xai  u 
xQlva)p' 

12  BJtXrjöd^ri  BV  jtagavofii^  ev  zavri;],  15 

xai  Ol  og)&aXfiol  avrov  BJt    olxov  btbqov, 
oXBd^QBvoai  BV  Xoyoig  ävajtTBQfDöBcog. 

13  ovx  BfimTiXaraL  ri  rpvx^  avzoVf  wg  aörjg,  ev  Jtäöi  rov- 

Toig. 

14  rivoiTO,  xvQiB,  Tj  fiBQig  avrov  bv  drifila  ejtcojtiov  Oov,  le 

?)  B^oöog  avrov  bv  orBvayfiolg  xai  rj  Biöoöog  avrov 
BV  dga' 

15  BV  oövvaig  xai  jiBvla  xai  anogia  tj  C,o}^  avrov,  xvqib'       n 

o   vjtvog   avrov   bv   Xvjtacg  xai  t)  B^ByBQOig  avrov 
BV  ajtOQiaig. 

16  d<paiQB&Blr]  vjtvog  djto  xgorcKpoov  avrov  bv  vvxri,  18 

djtojtBOot  ajib  navrog  Bgyov  x^f^g^ov  avrov  bv  drif/la. 

10  ddixov  JLCH]  döUo)v  R  ]  ansarri  RJLC]  dviozTj  H  |  ivUrjaev  RL] 
-as  rel.  11  olxov  RJLC]  om.  H  12  oXe&QSvaai  R]  oXoO^Qevaai 

JLH  (C  latet)  13  (hq  (add.  6  J)  aörjq  RJLC]  om.  H  15  nevia  {nsvia) 
RJLC]  iv  nevia  H  |  xai  sec.  JLCH]  om.  R  |  Xvnaic  RJLC]  oöivaiq  H  | 
sysQaiq  J  IG  dnonsooi  JLCH]  dnoniooiiv  R  16  s.  iv  dxifila  .  .  . 

olxov  avxov  JLCH]  om.  R 

10.  Zu  döi'xov  s.  0.  S.  54.  —  Die  Fritzsche  auf  evtav&a,  Hilgenf.2  auf 

Angabe  Beer's  (Cambr.),    dass  V   ov  ^vravt],  —  in'  hat  auch  H,  nicht  inl 

statt  ot'^tf  biete,  ist  irrig;  das  Ä"  steht  (Cambr.).  —  Zu  dvanxeQotoeajq  {an. 

(wie  in  H)  zu  Anfang  der  folgenden  Xey.)    vgl.   dvanzsQOü)    Prov.   7,   11. 

Zeile,    s.  0.  S.  21.  —  ansoxt}    hatte  Cant.  6,  4  (5).   Sir  31  (34),  1.    Hilgen- 

schon  Hilgenf.  richtig  vermuthet.  feld  wollte  dvalrjQwaemq  (so  Swete, 

12.  J  theilt  ab:  'EnX^od^i]  iv  na-  s.  0.  S.  12)  oder  dvanavasioq,    Fritz- 

Qavoßia  +  II  'Ev  xavxTj  xai  ol  0(f&ak-  sehe  avankuoEwq, 
fÄol  avrov:  \\  'En    olxov  sxeqov  oXo-  15.  R   interpungirt   v.  15*   nach 

&QSvoat  xxX.    Ebenso  interpungiren  avxol\  nicht  nach  xvQie,  und  v.  15^ 

R  u.  V,  dagegen  nach  iv  xavxfj  (nicht  nach  Xvnaiq. 

auch  nach  avxov)  L  und  C  (:).  —  Für  16  f.   iv  dxLßia  .  .  .  olxov  avzov. 

iv  xavxQ  wird  der  Übersetzer  verant-  Dass  diese  Worte    in  R   durch  Ho- 

wortlich  zu  machen  sein,  vgl.  Ryle  u.  möoteleuton  {aixov  —  avxov)  ausge- 

James  zur  St/Clle.    Hilgenf.*  rieth  auf  fallen  sind,   ist  nicht  zu  bezweifeln, 

iv    avky    [iv    xoixy'i    iv    öialxji'^),  s.  0.  S.  11,  Anm.  1. 


Psalm  IV,  10—23.  103 

19  17  xsvbg  /e()öli^  avtov  eloeXd^oi  slg  rov  oljtov  avzov, 

xal  eXXiJtrjq  o  olxog  avtov  äjcb  jcavzbg  ov  efiJtXrjöst 
'(pvx^^v  aviov' 

20  18  6P  fiovmöBL  ccTexvlag  xo  yrjgag  avrov  slg  dvaXi]fiy)iv. 

21  19  2xoQmöd^slr}0av  ödgxeg  avO-QcojtaQsaxcop  vjtb  d-rjQLCov^ 

xal  oöta  jtagavoficov  xarivavTL  zov  i^Xlov  ev  drifila. 

22  20  6q)0-aXizovg  exxotpatöav  xoQaxeg  vjtoxQivo/ievcov 

23  OTC  7]Qrjft(Döav  olxovg  TtoXXovg  dp&gcojteov  ev  dxiiila 
xal  eöxoQJCiOav  ev  ejtidvfila' 

24  21  xal  ovx  efiv7Jad-i]0av  d-eov, 

xal  ovx  eg)oßrjd'i]Oap  zov  ^eov  ev  ajtaoi  rovxoig^ 

25  xal  jtaQCJQytoav  xbv  d^sbv  xal  Ttagm^vpav. 
22  e^^dgai  avxovg  a;ro  xr^g  yi]g^ 

oxL  tpvxdg  dxdxatv  JtaQaXoycOficp  vjtexglvovxo. 

26  23  Maxdgcot  ol  (poßoviievoL  xov  xvgcov  ev  dxaxla  avxcDV 

27  6  xvgiog   gvöexac  avxovg  ajro  dvO-g(6jtwv  öoXioDV  xal 

dfiagxwXcQVy 
xal  gvöexai  ^fiäg  djto  navxog  oxavödXov  jtagavofzov. 

17  iXXin^g  JCH]  ikXsin^q  RL         18  fiovioasi  JLCH]  (jLOvia  R  |  dvd- 
Xrjfixpiv  R]  ävdkTjipiv  JLCH  20  Oip^aXfjLOvq  ixxoxpaioav  xogaxeq  R] 

ixxoyjsiav  xogaxsq  ocpd-aX^ovq  dvd-Qconwv  JLCH  |  iJQijf/ioasv  R  |  TtoXXovg 
dvS^QWTKDV  RJH]  TtoXXwv  dvB^QOJTcwv  L,  dv^QiOTtwv  noXXdiv  C  |  iaxoQTuaccv 
ev  JLCH]  iaxoQTCiaev  (ex  iaxon.  pr.  m.)  R  21  ifxv^a&rjaav  d^eov  JLCH] 
sfivrjad^ijadvöv  R  |  anaai  RLC]  naai  JH  |  TtaQcoQyrjaav  ((o  ex  o  corr.)  R  | 
nuQw^vvsv  R  22  vnsxQvvovvo  J         23  6  xvQioq  JLCH]  praein.  xal  R 

17.  ifÄ7iXrJG€i  hat  auch  V,    nicht     zovvoiq-}-  \\  Kai  nagiogy.  t.  d^sov  x. 
evTiXTJaei  (Ryle  u.  James).  nagw^vrav  i^ägai  avtovq  dno  tijq 

18.  Zu  fiovcoaei  s.  o.  S.  55.  ^^^  "  H  "^^*  ^^^-  dieselbe  Stichen- 
^  „  ,  ,  ^  theilung  markii-t  C  durch  Doppel- 
20.  Zu  o<p&aXf,ovq  xrX.  s.  o.  S.  50.     ^^^^^  ^^^^  ^^^.^  ^^^^  ^^>^^^^  ^^^ 

-  Die  Singulare  nQnßiooev  und  ic-  ^^^  ^-^^    r  interpungirt  nach  ^m^ 

xogmaev  m  R  sind  mcht  anders  zu  ^^^.^  ^^  gOc  nicht,  sondern  erst  nach 

beurtheilen  als  das  durch  das  vorher-  ^>— '  ^^   ^^  ^   gla  und   nach   ^e6v 

gehende  7r«(>ce>^y.(;«v gerichtete  Tta^-  ^  gib,  und  trennt,  wie  die  übrigen 

a>^vvev  m  V.  21  welches  Swete  allein  ^^^  ^^^^  Ausnahme  von  L?)  ^^dgac 

opfert,,  vgl.  auch  VIII,  22b.  .^^  ^.^  Mehrzahl)  avx.  dn6  T^q  yrjq 

20  f.  J  theilt  ab:  Kai  iaxogn.  iv  v.  22*  nicht  von  Ttagio^vvav  v.  21b. 

eni^vfxia  xal  ovx  ifivtja^.  d-sov  +  \\  23.  Zu. 6  xvgioq  (ohne  xal)  s.  o. 

Kai  ovx   i<poßijS^.  x.  &sdv   iv  nüai  S.  53. 


1^04  V.  Gebhardt,  Die  Psalmen  Salomo's. 

24  e^agai   o  d^eoq   rovg  Jtoiovvxaq  kv  vJttQrjtpavla  jtäoav  28 

6x1  XQLxiiq  ^tyaq  xal  xQaxaiog  xvQiog  6  d^sbg  rjficöv  29 
kv  öixaioövvr]. 

25  yivoLXO^  xvQie,  xo  tXeog  öov  ijtl  nainag  xovg  dyajtcov- 

xag  oe. 

E 

WaXpiog  xqj  2^aX(Df/(Dv. 

1  KvQie  o  &s6g,   aivtöw  xcn  ovofiaxl  oov  tv  ayalliaou^    1 

kv  yiiO(o  kjcLOxa[ievcov  xa  xQLf/axa  öov  xa  öixaia' 

2  oxi  ov  XQV^'^^?  ^^^  aXsTJficov,  ?]  xaxacpvyr}  xov  Jtxcoyov'    2 

ev    x(p    xexQaytvat   (le   JiQog   oe   (irj   JtaQaOta>JtrjOr]g    3 
ajt^  sfjov. 

3  ov  yag  Xj'jxpexal  {xtg)  oxvla  jtaga  dvÖQog  övvaxov'  4 

xal  xig  Xrjtpsxai  djto  ndvxcov  mv  tJtoi?]Oag,  eav  fif]    5 
Ov  6 mg; 

4  6x1  avO^Qoyjtog  xal  ?;  f^SQlg  avxov  Jtagd  oov  Iv  oxad-ficp'    6 

ov  jtQood-?jOet  xov  JtXeovdoat  jraQcc  xo   xglfid  oov, 
6  ^eoQ. 


*E  (f')    in  marg.  RJLC]    z/  H  |      Inscr.  xi^alfioq  T(ü  oakwfiaiv  R]  zw 
ouXofxwv  xpalfxoq  nsixnzoq  J,  xpaX/uog  oo/.o/^ojv  LC.  yj.  occXo/lküv  H 

1  ToJ  ovofjLaxL  RLCH]  xb  ovofxa  J      2  av  pfpT/aro?  JLCH]  svxQriOxoq^ 
tj  RJLC]  6lR  3  ov  yuQ  . . .  övvaxov]  om.  LC  [  xig  axvXa  ego]  oxvXa  RJ, 

axvXa  avS^Qionoq  H  |  naga]  djio  J        4  aov  RJLC]  aol  H 


24.  In  J    sind  ^EqÜQui  (sie)  und  bietet  auch  R,   nicht  ziüv  eniaxafJLt- 

ozL  (klein)  vielleicht  mit  Rücksicht  vo)v  (Swete). 

auf  den  verfügbaren  Raum  nur  durch  g.  C  hat,  abweichend  von  J,  nach 

Interpunktion   vom  Vorhergehenden  .^^,^^^  ^^^  Doppelpunkt,  und  auch 

getrennt.    Nach  xgazaioq  hat  V,  wie  ^  ^^^-^^  ^.^^,  _  ^^  ^ .       ^^^^^  ^^. 

die   ed.  prmc,    einen   Punkt   (nicht  ■,    t/tt     ^    <■'         '    5i    '            ^    n 

Kolon,   s.  o.  ö.  41),    L    interpungirt  ^   •>          ^   ^>i    '           "■    a^A^      ^i' 

^'„    r,     w,   ^    ,'.^           ^       „  ygvGxog  in  R   ist  Lesefehler,   s.   0. 

Ps.V.  Zur  Überschrift  s.o.  S.  46  f.  g  43 

—   In  der  Eintheilung  des   Ps.  bin 

ich  H  gefolgt,  s.  0.  S.  21.  ^-  -^•'l^'fTOf/  rig  oxV.a.    Der  Aus- 

1.  J  schliesst  V.  Ib  auf  derselben  ^^^^  ^e«.  ^^?  '^^^  ^^ie^^^  stelle  ist  leicht 

Zeile,  aber  mit  grossem  Anfangsbuch-  erklärlich,  s.  o.  S.  76. 

staben,  an  v.  la  an.  —  iTtiOxafxivwv  4.  Zu  naga  aov  vgl.  III,  6. 


Psalm  IV,  24.  25.  V,  1—11.  105 

7  5  ^Ev  reo  d-Xlßeodai  ?y,Mac  tjnTcaXeoofjeO-a  oe  dg  ßorjd^eiai' 

xal  ov  ovx  djtoöTQttpi^]  r^v  6t7j6iv  7j^udjv, 
ort  Cv  6  ^eog  rmmv  ei. 

8  6  ^u7]  ßaQvvxig  rtjv  xsTga  oov  kep    ?/wäc, 

tva  117]  öl    dvdyx?]v  afiaQTCofiev. 

9  7  xal  hdv  fi?)  tJtiörQbtprjg  ?}//«?,  ovx  dcpe^of/e&^a, 

a/./.    6JtL  oe  7]§ofiev. 

10  8  eav  yccQ  üteivdöG)^  jiqoq  oe  xexQa^ofiai,  o  O-eoc, 

xal  öv  öcoöeig  fioi. 

11  9  Td  'jterBiva  xal  rovg  lyßvag  Ov  TQetjpeig, 

ev  rm  öiöovai  oe  verbv  egi^f/oig  elg  dvarolijv  yX6r\g' 
10  7}Toip,aoag  yograOfiara  ei>  eQ7]fiq)  üiavxl  ^Svzi, 

12  xal  edv  jteivdocoatv,  jtQog  oe  dgavoiv  jtgoocojtov  avTcov. 

13  11  rovg  ßaoiXelg  xal  agxovrag  xal  Xaovg  Ov  rgecpeig,  o  ^eog. 

xal  jiTcoxov   xal  Jtev7]T0g  rj  IXjug  rig  eoriv  et  fi7]  Ov, 
xvgie; 

5  OS  JLCH]  om.  R  |  anoaxgexp^  RL  (C  latet)]  dnoazQeipi^Q  J,  djio- 
OTQSxpEig  H  I  6  &e6g  tj/lkDv  el  R]  sl  6  &s6g  rjfzwv  JLCH  6  ßaQvveiq  J 
7  cck)J  RJLC]  dV.cc  H  8  mvdo(o  RJ  9  r^eipeig]  add.  ;^  C(?)  | 

ig^iuoig  R]   praem.   iv  JLCH  10  rixoiixaaag  ego]    sTOi/btdoai   codd.  | 

TcivdawGiv  R,  TiecvdoüJGi  JLCH  |  aQOvoiv  R]  -öl  rel.  |  ngooconov  RJ]  tiqo- 
acDTta  LCH  11  d^yorrccg  RJLC]  praem.  zovg  H  j  tQscpeig  JLCH]  gtqs- 

<psig  R 

5.  In  J  bilden  v.  5b  und  c  einen  7.  Zu  [xi]  iuioxQixp^g  ^fxag  vgl. 
Stichos  und  auch  C  scheint  nicht  zu  z.  B.  Ps.  79,  8.  20.  Um  mit  Fritzsche 
theilen.  —  dnoaxgtxp^  xrjv  derjotv  rjfi.  ngog  rjfiäg  lesen  zu  können,  müsste 
Das  ftit.  med.  dnooxQixpOfxai  (mit  man  eniaxQeipi^/g  in  ^TnaxQsxp^  än- 
Accus.  des  Gegenstandes  der  Abwen-  dern.  —  d(fe^6fx£&a  hat  auch  Y, 
düng)  scheint  bei  LXX  nicht  vor-  nicht  dcpf^ojfisS^a  (Swete). 
zukommen,  es  ist  aber  gut  griechisch.  9,  Zu  XQ£(peig  xe  (?)  in  C  s.  o.  S. 
—  f^ bieten  alle  H?s.  Die  auch  von  36  Anm.  1,  zu  i^rj/xotg  (ohne  iv)  S.  52. 
Beer  nicht  berichtigte  Tradition,  dass  10.  Zu  fjxol/uaaccg  s.  o.  S.  76  f.  — 
in  V  eig  zu  lesen  sei  (Cambr.),  be-  Der  Sing,  tiqoowtiov  neben  avxuiv 
mht  auf  einem  Irrthum.  Zur  Wort-  findet  sich  z.  B.  auch  Ps.  20,  13  er 
Stellung  s.  0.  S.  50.  xotg  negilolnoig  oov  exci/jidoeig  x6 

6.  J  theilt  diese  Strophe  und  die  nQooojitov  (xvxwv.  Jedenfalls  lag  es 
beiden  folgenden  nicht;  auch  C  hat  näher,  ngooconov  in  nQÖooiua  zu 
den  Doppelpunkt  nur  am  Schluss  von  ändern  als  umgekehrt. 

V.  6,  7  und  8  (ebenso  wie  es  scheint  11.  R    interpungirt    weder    nach 

L).  —  Statt  cLfidQXüyiJSv  hat  Fabri-     xvQie  v.  IIb  noch  nach    inaxotorig 
cius  (nicht  H)  u[X(XQxdvü)[jLev.  (s.  o.)  v.  12*. 


106 


V.  Gebhardt,  Die  Psalmen  Salomo's. 


12  xal  ov  sjtaxovoyf  oxl  zig  XQV^'^^Q  5Cßi  ejcieixrjg  äXX  tj  ov\  u 

BvxpgavaL  \pvxf]v  rajteipov  ev  zcß  avol^ai  x^^Q^  öou 
6v  6/ esc. 

13  ^H  XQ^<^'^OTr]g  dvO^Qcojzov  ev  cpeiöol  xal  rj  avQiov,  15 

xal  eav  66VTeQ(DOi;j  avev  yoyyvöftov,  xal  tovto  d-av- 
fiaöstag. 

14  TO  de  66fia  öov  JtoXv  fieva  xQ^f^T^orrjvog  xal  jtXovöiop,  le 

xal  ov  EOTLV  7]  iXnlg  Inl  öe,  ov  (peiöBxaL  ev  öofiarc. 

15  sjtl  Jtäoav  rrjv  yi]v  ro  iXeog  Oov,  xvgis,  ev  xC^^^ötotj^t^  17 


16  Maxagtog  ov  uv7]fiovevec  o  O^eog  ev  ovfifierQca  avraQxelag'  is 

eav  vJieQ:tXeovaöri  o  avd-gojtog^  e^anagravei.  19 

17  Ixavbv  TO  fiexQiov  ev  öixaioovvj;},  20 

xal  ev  TOVTCp   ri  evXoyla  xvqiov  eig  jtXrjöftovrjv  ev 

ÖLXatOÖVVT]. 

18  evq>Qav^eh]Oav  ol  (poßovfievot  xvqcov  ev  dyaO-olg,  21 

xal  7]  xQ^^'^oTTjg  oov  ejtl  lögarjX  ev  rf/  ßaoiXela  oov. 

19  evXoyfjfievtj  i)  öo^a  xvqIov^  ort  avrbg  ßaoiXevg  rjßcov.     22 


12  iTiaxovarjg  R  |  iXesi  R]  iXi(p  JLCH  13  (pnöol  J]  (fsiöcS  RLC, 

(fUip  H  I  xal  hciv  RLC]  xal  iäv  xal  JH  |  d^avßdaeiag  JH]  ^avfjLaaiaq 
LR,   &avfzaaiaa(o  LC  14   xal   nXovaiov]   lacuna   in    J,    v.   infra  |  oh 

LCH]  ovx  R  I  ri  iXnlg  inl  ae  R]    inl  es,   xvqis,   ij  iknlg  LCH  16  av- 

zaQxeiag  LC]  avraQxiag  R,  avzaQxsaiag  H  17  n^.eia/uovrjv  R  18  fi;- 
(pgav&Eirioav  Fritzsche]  riV(pQdv&r]Gav  R,  €i(pQdv&Tjoav  LCH  |  iv  xy  LCH] 
om.  tv  R 


13,  Zu  (peiöoZ  s.  0.  S.  77.  —  Statt 
a'vQiov  liest  Hilgenf.  67i'  avgiov^  Ryle 
u.  James  arifiegov  xal  avQiov.  IiTe 
ich  nicht,  so  liegt  hier  wiederum  ein 
quid  pro  quo  vor:  das  hebr.  ipai 
wurde  "»p.ia:  gelesen,  während  "^pzi 
beabsichtigt  war.  Die  Obersetzung 
müsste  also  lauten:  ri  ^Qriaxöxrig  dv- 
S-Qojnov  iv  (fsiöoT  xal  ipvxQoxTjxi  (in 
Kaltsinn,  Gleichgültigkeit). 

14,  xal  nXovGiov.  Von  hier  an 
bis  Vni,  12b  ist  in  J  'eine  Lücke.  — 


Zu  ri  iXnlg  inl  ae  s.  o.  S.  50.  —  Für 
(felosxai  schreibt  Fritzsche  <peiaei', 
man  könnte  eher  an  (psiay  denken. 

16,  avxagxeiag.  Geiger's  Con- 
jectur  avxageaxiag  (als  Übersetzung 
von  ttJ£3  im  Sinne  von  Ps.  IV,  19)  be- 
ruht auf  der  nun  beseitigten  Lesart 
von  H:  avxagxealag. 

18,  Zu  svipgavd^slTjaav  s.  0.  S.  77. 
—  Das  ^v  vor  ry  ßaaiXsla  ist  un- 
entbehrlich, s.  0.  S.  52. 


Psalm  V,  12—19.  VI,  1—5.  107 

F 

^Ev  eXmÖL  rm  UaXoficov. 

1  1  MaxaQLoq  dvrJQ  ov  ri  xagöia  avrov  erolfirj  ejiixaXiöaod-ai, 

t6  ovofia  xvQiov 

2  €V  tS  fiV7]fioveveiv  avrov  ro  opofia  xvglov  öa)0-?]öeraL 

3  2  al  oöol  avrov  xartvd^vvovrac  vjio  xvqIov, 

xal  jt6(pvXay(jieva  sQya  x^f^Q^^  avrov  vjio  xvqiov  d-sov 
avrov. 

4  3  äüio  oQaöewg  JtovrjQoZv  IvvjivlafV  avrov  ov  raga^^riCerai 

ri  y)vx^  avrov, 

5  6V  öiaßdöei  Jtoraficov  xal  ödXq?  d^aXaöömv  ov  jr,rorj- 

d^rjösrai, 

6  4  6§av£<jrrj   ig   vjtvov  ävrov   xal  rjvX6yf]ösv   reo   ovoftari 

xvglov, 

7  sjc'  Bvörad-eia  xagölag  avrov   s^vfivfjasv  T(p  ovofiari 

rov  d-eov  avrov' 

5  xal  eösTjd-T]  rov  jtgoöcojtov  xvglov  jtsgl  jtavrbg  rov  olxov 
avrov, 

8  xal  xvgtog  dörjxovoev  Jtgoöevx^v  navrog  sv  ^oßcp  d-sov. 

^F  W)  i^  marg.  LC]  E  H,  om.  R  |  Inscr.  aaXoj^wv]  aokoßwv  R,  aa- 
Xofiüjv  LCH 

1  inixaXeaaaSai  RC]  iTHxaXEiaS^ai  LH  3  OQaaecDq  R]  oQuastov 

LCH  I  aa?.ü)  de  Lagarde]  adXov  RLC,  oaXcov  H  |  7iT(oij9^j]ü€Tai  R  4  ijv- 
XÖYTjasv  R]  evXoyrjaev  L,  evloytiae  CH  |  tw  ovo/xari  bis  RLC]  z6  ovo/ua 
H  I  svataS^ela  LCH]  svaza&ia  R  |  i^vßvrjaev  R]  -as  rel.  |  avzov  sec.  LCH] 
om.  R        5  elöTixovaev  R]  -as  rel. 


Ps.  VI.    Das     Zahlzeichen     am  xai   und   verbinden   tj   xpv/ji    avxov 

Rande  fehlt  nur  in  R,  nicht  auch  in  mit  dem  Folgenden;  C  hat  nach  ra- 

P  (Cambr.).  Qccx^^OEzai  und  nach  nozaßwv  den 

1.  Zu   imxaXsaaa&ai  vgl.  z.  B.  Doppelpunkt.  —  Zu  adXog  ^aXaaawv 

s^ofjLoXoytiaaad^aL  XV,  2.   Die  Ände-  vgl.  besonders  Jon.  1,  15  xal  eazrj  i) 

i-ung  in  imxaXHa&ai  lag  so  nahe,  ^cxXaaoa  ix  zov  aaXov  avt^c.    Die 

dass  der  Abfall  von  L  zu  H  nicht  Gründe,  welche  Ryle  u.  James  gegen 

überraschen  kann.  oaXo)  und  für  adXcDv  anführen,  sind 

3.  Zu  bQdae<og  s.  o.  S.  54.  -  Die  ^^^^*  überzeugend,  s.  o.  S.  77. 

Hss.  interpungiren  nach  zccQuxB^rjae-  4.  Zum  letzten  avzov  s.  o.  S.  52. 


IQg  V.  Gebhardt,  Die  Psalmen  Salomo's. 

6  xal  Jtäv  alrrjfia  ipvx^g  eXjci^ovörjq  jtQoq  a  \6v  aJiireXsl 
o  xvQiog' 
8v1oy7]t6c;   xvqloc    6    jtoio3v   eksog   toIq   ayauicöoiv    9 
avTov  SV  dXrj&sla. 

Z 

Top  2a}.(D(ic6v'  ejiiOTQOtprjg. 

1  M?]  ajcoOx?]vojöi]g  a<^  7](icov^  0  d^sog,  1 

iva  fi?)  IjtLd^cövrai  rmlv  oi  afiiOTjöav  7jfiäg  öcoQeav. 

2  OTL  djtwöco  avTOvg,  0  ^sog' 

l-iTj  jüaTTjödroj  o  jtovg  avrmp  xXrjQovofiiav  ayiaOfta-    2 
Tog  öov. 

3  ov  Iv  d^eXrifiarl  öov  jtalÖsvoov  7]fjäg,  3 

xal  fiTj  öopg  Id^vaöLV. 

4  lav  yaQ  djioörüXrig  ddvatov^  4 

Ov  evxeXij  avrw  jteQi  7]f/cdv' 

5  oTi  Ov  eX67jfia>v, 

xal  ovx  oQyLöd^yjöYj  rov  owreXeoai  rjiiäg. 

6  ^Ev  rq  xaxaoxrjvovv  t6  ovo^d  oov  Iv  fieocp  rj^iwv  eXsrjO-rj-    •? 

OOfisd^a, 
xal  ovx  ioxvosi  ütQog  t](iäg  sO^vog.  6 

G  o  xvQiog  R]  om.  o  LCH    e?.sog  RLC]  €?-eov  H 

*Z  (^')  in  marg.  RLC]  ?  H  |  Inscr.  caXiü/biiov]  00X0 (xdiv  R,  aa7.0(Xti)v  LCH 

1  61  ifzlaijaav  R]  ol  fiia^accvteg  LCH        2  itaTiadxü)  R 


6,  Zu  0  xvQtog  s.  0.  S.  00  f.  1.  L  u.  C  accentuiren  inlS-tovrai. 

,       -  —  Zu  0^1  i/biionaccv  s.  0.  S.  56. 

PS.  VII.  Die  imge  Angabe   dass  ^    ^.^^^^  j.^^^  ^^^^  ^,^  ^.^^^  ^._ 

V  m  der  Überscbrift  t;.«;,^o?  habe  ^,^  (Swetel  -  R  und  V  interpun- 
wird  auch  bei  Ryle  u.  James  p.  XCHI  ^.^.^^  ^^^^^^  ^^^^  ^.^^^ 

nicht  berichtigt.  ^    ^.  ivreXy  {RCEY  ivTeXy)  bie- 

In  der  Theilung  des  Psalms  bin  ten  alle  Hss. ;    das   avv  ivroXy  der 

ich  H  gefolgt,  s.  0.  S.  21.  —  Der  das  ed.  princ.  beruht  auf  einem  Versehen, 

Ende  des  Stichos  anzeigende  Doppel-  welches    schon  Hilgenf.  berichtigte, 

punkt  ist  in  C  nur  v.  ll>,  2»,  3b,  9l>  ohne  die  Lesart  von  V  zu  kennen,  s.o. 

{(idoriyu:)  und  lOa-  zu  erkennen,  aber  S.  9  Anm.  2.  —  R  interpungirt  nach 

V  hat  z.  B.  auch  ^^  nach  T/.wäc  und  rj^äiv  v.  4b  und  nach  oQyio&TJoy  v.  5b 
5a  nach  l).Eiq(A(üv  ein  Kolon.  nicht,  wohl  aber  nach  i).erjß(i)v  v.  5a. 


Psalm  VI,  6.  VII,  1—10.  VIII,  1—3.  109 

7  6xL  öv  VTcegaOüiLOTTiq  7]ficQP, 

xal  )^]fi6ig  sjtixaXsöofiS&d  oe,  xal  Ov  ejraxovoyj  tniSv.    i 
S  oxL  ov  olxTeiQ/jösig  ro  ytvog  ^löQarjX  dg  rov  aicova,         s 

xal  ovx  ajicjoi]. 
9  xal  f]fi€tg  vjco  ^vyov  oov  rov  aic5va 

xal  fidoTiya  jiatöeiag  oov. 
10  xaTtvd-vvelg  t](iäg  tv  xaiQco  dvriX^ipewg  oov,  9 

rov  iXtfjoai  top  olxov  ^laxcoß  eig  tjuigav  ev  ?}  hüir\y- 
ytiXa>  avTolg. 

H 

TS  2^aXa>fi(6v'  eig  vlxog. 

1  GXltpiv  xal  ^ojvTjV  jtoXtfiov  tjxovosv  x6  ovg  y,ov^  i 

(pojvriv  odXütiyyog  ijiovor^g  0(payrjp  xal  oXsd^gov' 

2  (pcovj)  Xaov  jioXXov  cog  dvefiov  jtoXXov   otpoÖQa,  2 

ojg  xazaiylg  jcvgog  JioXXov  (pego^tvov  Öl    egi^fiov. 

3  xal    eljta  (tv)    rf]   xagöia   fiov   jtov.  aga  xqlvbI  avxbv 

o  d^sog;  3 

7  ov  sec,  RH]  om.  LC  |  inaxova^  RH]  inaxo vasig  LC  8  dnojaei  R 
9  naiöelag  R  {-ölag)  H]  naiöfia  L  (C  latet)        10  ^  LCH]  w  R 

*H  {tj')  in  marg.  R^«"-  (R*  6)  LC)]  Z  H  |  Inscr.  oa?.wß(üv]  aoXofxöiv 
R,  aaXofzcov  LCH 

1  ijxovaev  R]  -as  rel.  |  to  ovg  (jlov\  in  marg.  7/  t/;t///  ^ov  LC  2  (og 
dvefjLOv  nokXov  bis  scr.  C  3  slncc  R]  slnov  LCH  |  iv  Hilgenf.]  om.  codd.  j 
avTov  RH]  avx'tjv  LC 

9.  rov  aliöva  bietet  auch  P,  nicht  gaide)  accentuiren  die  meisten  Hss. 
elg  xov  alwva  (Ryle  u.  James),  wie  xazsv&vvtig:  —  R  interpungirt  nach 
Fritzsche  änderte;    ähnlich  VIII,   33     laxojß. 

xov  alwva  ygovov,    vgl.   auch  (mit  Ps.  VIII.  H  theilt  den  Psalm  in 

Ryle  u.  James)  Ez.  43,  9  xal  xaxa-  sieben    Abschnitte:      v.    1 — 5,    6—9, 

axrjvwGü)  iv  fieato  avxüiv  xov  (A  eig  10-14,  15—17,  18—21,  22—26,  27— 

xov)  alwva.  —  Vor  fxdaxiya  ist  vno  34,   s.  0.  S.  21.     In  R  beginnt  v.  12 

aus  V.  9a  zu  suppliren;  Fritzsche  u;  a.  mit  A^l/uaxog  und  v.  23  mit  'Eöixai- 

setzen  es  (nach  de  Lagardel  in  den  wd^r/  eine  neue  Seite. 
Text.  —  L  bietet  xal  ^ßsTg  vno  t,v-  1,  xo  ovg  fiov.    Das  in  L  und  C 

yov   aov   xov    alwva   xal   /udoxiya'  am  Rande   beigeschriebene    r/  ipv/ij 

naiöeia  oov  xaxevd-vvelg  xz?..     Dass  fiov  stammt  wohl  aus  Jer.  4,  19  ort 

C  ebenso  las,  erkennt  man  aus  dem  cpwvrjv  od?,Tiiyyog  rjxovosv   rj    \pv/jq 

Doppelpunkte  nach  [xdaxiya.    Nach  fxov,  xgavyrjv  noXsfjLOv. 
alwva  interpungirt  auch  V  nicht,  3.  Zu  iv  xf/  xagöla  fiov  s.  o.  S.  77 

10,  Statt    xuitvd^vvelg    (de    La-  zu  uvxov  {avxrjv  LC)  S.  66. 


110  ^'  Gebhardt,  Die  Psalmen  Salomo's. 


4  (pcovi}v  rjxovöa  slg  ^IsQovoaXrjfi  jtoXiv  ayiaofiaroq'  4 

övvETQlßrj  Tj  6oq)vq  fiov  ajto  dxoTJg'  5 

5  jtaQsXv^T]  ybvaxa  fiov,  a(f)oß7]^rj  tj  xagöla  fiov,  e 

sraQCLxi^rj  xd  oora  fiov  cog  Xivov. 

6  eljta'  xarsvO-wovOip  oöovg  avrcov  sv  öixaioovvi;].  ? 

7  'AvsXoyiodfiTjv  xd  xQi^axa  xov  &eov  djtb  xxloscog  ovQa- 

vov  xal  yTJg, 
eöixaloctöa   xbv  d-sov  iv  xolg  xgcfiaoiv  avxov   xolg 
ajt   aicövog. 

8  ap£xdXt)tpsv  o  ^^sog  xdg  dfiaQxiag  avxwv  evavxlov  xov    s 

7jXiov, 
lyvco  jtäoa  7)  yri  xd  xglftaxa  xov  d^sov  xd  dlxaia. 

9  ev  xaxayaloig  xQV(pioig  al  jtagapofiiai  avxcov  iv  jtagoQ-    9 

yiöjiKp ' 
vlo^   fisxd  fiTjxQog  xal  jtaxrjg  ^uexd  d^vyaxQog  övv-  lo 

e(pvQovxo. 
10  e^OLX(^vxo  exaorog  xrjv  yvvalxa  xov  jtXr]ölov  avxov,       11 
ovved^evxo  avxolg  ovv&7]xag  (jexd  oqxov  jtsql  xovxcov. 

4  £ig  RLC]  iv  H      6  elna  R]  slnov  LCH  |  böovg]  dovg  R      7  dveXoyTi- 
acc/jiTjv  R        8  dvaxukvipev  R  |  eyvcD  RH]  ayviooav  LC        9  xurayaiTjg  L 
XQVifloig  RH]  xQv<poLg  LC  10  xriv  R]  om.  LCH  |  avxoTg  L]  avxoXg  rel. 

4.  Zu  eig  ''IsQovaaXrjfi  noXiv  vgl.  Hss.,  welche  nach  slna  [flnov)  nicht 

z.  B.  Num.  35,  33   x^v   y^v  eig   ^v  interpungiren,  bieten  xazevd^vvovoiv. 

vfxsTg  xatoixeTze.    Tob.  14,  W  fitixiu  7,  r  bietet  avsXoyrjadfx^v,  nicht 

avXia&fjze  eig  Nirev^    Jn  H  ist  eig  dveXoyijaafiev  (Swete  App.  p.  874). 

in  ^v  geändert,  aber  ttoAzv  unberührt  ^^  ^^   ;rapo(>y.a^<5  verbinden  R 

geblieben,  s.  0  S  70.  --  Ryle  u.  Ja-  ^^^  g  ^^^^  ^^^  Vorhergehenden,   L 

mes  (im  gnechischen  Texte,  nicht  m  j  n  /    j    -      2        1  \     -i.  j       t?  i 

j     yv,     °  .         ,  „  '.  und  C  («tTcu»':  ev  xrA.)  mit  dem  Fol- 

der  Übersetzung)  fassen  iv  leoovaa-  j         r?  -      i  nr  1 

.  ,        ,,      .      ^      ,  ,.  „  .  Z*'^''""  genden.    Zu  nagogyiafio)  vgl.  IV,  1; 

/??/U  TToAf/  (so,  nach  Vollziehung  der  j      1      />     ,  i-tT  1 

,    ,,    '  ^  ,  _      ^  de    la    Cerda    vermuthete    naoa/.o- 

nur    halb    ausgeführten    Correctur)  -     u-i       *••>  -  d 

c      ,  n      .    ,        .         „     ,.  yiOf^tpi    Hilgeni.2  nagogiauüj.  —  K 

ayiaa/uarog    als    Antwort    auf    die  .   .    ^       .  . ^       ,  ^        j       ia^ 

■r,  „  y  ,   ,     i        ,  interpungux  nach  ixrjxQog  und  v.  10» 

Frage  ^o^  «p«  xp,v«  «vrov  o  »««;  „^.^  fj,,,,  _  ^„;„;pi,  h^t  auch 

5.  Nach  yovaxd  fiov  interpungirt     M,  nicht  &vyazegog  (Swete). 

R  nicht,  wohl  aber  nach  xagdla  fzov.  j^.  neoi  xovxiov  hatte  de  la  Cerda 

7   :'T;T.^i!^       accentuiren  theils  ,^^    Folgenden    gezogen;    die    Hss. 

Xcvov  (RHVMF),  theils  Xcvov  (LC).  g^^en  Hilgenf.  recht,  welcher  es  zu- 

6.  xarevB-vvovciv  (Fnizsche).  Die  erst  mit  demVorhergehenden  verband. 


Psalm  VIII,  4—18.  Hl 

12  11  rä  ayia  rov  d^eov  öirjQjra^oöaVy 

wg  fi?]  oPTOg  xXrjQovofiov  XvTQovfiivov. 

13  12  sjrarovoav  rb  d^voiaöTTjQiov  xvQiovdjtoJtaöTjqdxaO-aQölag 

xal  hv  d(pi6Q(p  a^fiarog  efilavav  rag  d-volag  cog  xQta 
ßißr}Xa. 

14  13  ov  jtagsXiJtov  dfiagrlav  rjv  ovx  sjtolrjOav  vjtSQ  rd  ed-vr], 

15  14  Jcd  TovTO  exigaOEV  avrolg  6  d^sbg  nvevfia  jtXaptjoscog, 

BjtOTiösv  avtovg  noxrigiov  oivov  dxgdrov  slg  f/td^rjv. 

16  15  riyaytv  rov  djt    eoxdrov  T?jg  y?jg,  rov  jialovra  xgaraicog, 

17  exgivsv  rov  jtoXefiOV  sjtl  %govöaXrjfi  xal  rrjp  yijv  avrijg. 

18  16  dnrjvxrjöav  avrcp  ol  dgxoprsg  rrig  yrjg  ftsra  X^Q^^i 

sljtap  avrcp'  knevxrr]  //  oöog  oov,  ösvrs  sioikd-are  ^er' 
eigiiprig. 

19  17  (DfidXiCav  oöovg  rgaxsiag  djto  eiöoöov  avrov, 

ripoi^ap   nvXag    ajtl  %govöaX7]fi,    eoretpdpcoöap   ruxrj 
avrijg. 

20  18  ElötjXd^sp  (Dg  starrig  slg  olxov  vlcop  avrov  fisr   slgi^VTjg, 

löTTjösv  rovg  Jioöag  avrov  fisrd  docpaXslag  JtoXXrjg. 

11  öiTjQTtcc^coaav  (sie)  R]  ön^Qna^ov  LCH  |  (hg  /zrj  R]  ovx  LCH  12  ina- 
tovaav  R]  inarovv  LCH  1  dxaS^aQolag]  ^aga  in  ras.  scr.  R  |  xal  iv  d<p^ÖQ(o 
{acpsÖQü)  R)]  acced.  J,  v.  infra  |  ifjtiavav  R]  ifxlaivov  JLCH  13  nagiksi- 
Ttov  R  14  avTOvg  RJLC]  avzoTg  H  15  rjyaytv  RL]  -ye  rel.  |  drcaiayd- 
rov  R  I  rov  sec]  om.  J  |  sxQivev  R]  -ve  rel.  16  7{7iccvzrjaav  R  i  elnav  R] 
slnov  JLH  (C  latet)  |  eiaeX^ate  R]  elotX^exe  JLCH  17  bfidXiaav  J  | 

avtov  RJL  (C  latet)]   avrwv  H  18  satriaev  RL]     oe  rel.  |  post  noöag 

c.  3  litt.  eras.  R  |  /istaotpaXsiag  J 


11,  Zu  (bg  fiT]  s.  0.  S.  56.  teten   Hss.,    mit  Ausnahme   von  M, 

ta    lin'i.        ^    2      >    '*        i.  -Ai.    T  zum  Folgenden.  —  insvxtrj  (de  La- 

12.  Mit  xal   ev   awedom   tritt  J  ,      ,  ^     j       •^  i..\,    tti 

,    ,  T ..  1      /  \T  earde,  snavxrv  ed.  pnnc.)  hatte  Hil- 

nach  der  «rrossen  Lücke  (s.  o.  zu  V,  ^     „  '        __      ,  ..  „  ^  , 

-.V      •  j        •  r7     j  f  geni.  aus  V  schöpfen  können,  wenn 

14)  wieder  em.  —  Zu  iulavav  s.  o.  °         .  5^  ,,  ..       ,.        tt 

a  -o  ihm  eine  genaue  CoUation  dieser  Hs. 

>  <  ,  .  .  vorgelegen  hätte.  Es  ist  die  Lesart 
14.  inoTLCZv  avxovg  las  richtig  g^mmtlicher  Hss.  -  Mit  ösvxe  be- 
schon Hilgenfeld;  die  aus  H  abge-  ^^^^  -^  j  ^^  ^  ^^^  ^^^^^  g^.^j^^^^ 
leiteten  Hss.  haben  alle,  auch  P  nicht  ^  ,  iedoch  v  17b 
ausgenommen  (so  Cambr.),  a^xolg,  -  \^^  Nach  aiTc5v  (so  auch  V  statt 
Nach  (le^riv  interpungirt  R  nicht.  ^^^^.  ^  ^  ^^  interpungirt  V  nicht.  - 
16.  fJLSta  XfXQäg  ziehen  RJLC  zum  Mit  iaxsipdvcoaav  beginnt  in  C  ein 
Vorhergehenden,  die  aus  H  abgelei-  neuer  Stichos,  nicht  auch  in  J. 


112  V.  Gebhardt,  Die  Psalmen  Salomo's. 

19  xazeXdßeTO  rag  jtVQyoßaQSig  avTr/g  xal  ro  reixog  legov-  21 

oaXrjfi, 
OTL    o    d-sog    7jyayev   avrov   iisrd   dofpaXslag  kv  xrj  22 
jiXai^/jOet  avTOJV. 

20  djtcoXeösv  agxovzag  avrcöv  xal  jtdvra  ootfov  Iv  ßovX(].  23 

t^r/eev  ro  aifta  xöjv  olxovt^Tcov'lsQOVöaXijfi  cogvöcoQ 
uxa&aQöiag. 

21  ajirjyayev  zovg  vlovg  xal  rag  O^vyartQag  avrcov,  d  \yiv-  24 

v)](jav  kv  ßsßr]Xc6o6c. 

22  Ejtotf/öav   xaxd  rag  axad^agoiag  avrcöv  xad^cog  ol  na-  25 

ziQ^g  avTOfv, 
If/lavav    leQovoaXrjii  xal  xl   ^yiao^dva  xro  ovo  [tax  i  26 
xov  d^sov. 

23  höixaicod^T]  o   d^ebg  ev  xolg  zglfiaoiv  avxov  sv  xolg  ed^-  27 

V6ÖIV  xtjg  yijg, 
xal  ol  oöiOL  xov  d^eov  (ag  dgvia  ev  dxaxla  ev  fisoqj  28 


avxcöv. 


24  aivexog  xvQiog  o  xfuvcov  jidoav  xrjv  yJjv  Iv  öixaioovv)]  29 

avxov. 

25  löov  ö?},  o  &s6g,   eöec^ag  r/fAcv  x6  xQifid  oov  tv  xf]  61-  30 

xaioövv?]  oov, 
eldooav  ol  6<p&aX(Jol  7/fi(äv  xd  xQiuaxd  oov,  0  i9-£oc.  31 

26  eötxuicooafzev  xb  ovofid  oov  x6  Ivxl^ov  dg  aldüvag, 

oxt  öv  o  d-tög  xr/g  6ixaioOvv?ig,  xnivojv  xov  ^IöQaf)X  32 
tv  jiaiöeUi. 

19  6  &€og  R]  om.  b  JLCH  20  ndvia  JLCH]  näv  R  |  i^ex^sv  RL] 
Xss  rel.  I  oixovvxüjv]  olxovv  J  21  dni^yayEv  R]  -ys  rel.  ]  «  R]  dq  JLCH 
22  t/ularev  R  23  e&vsoiv  R*  (alt.  v  eras.)]  -ai  rel.  1  (xQvlai  H  24  yfjv 
iv]  om.  J  25  tl'öooav  R\  ehhv  JLCH  1  r,fx(öv  RJLC]  avicDv  H  26  zriv 
öixaioaivrjv  R 


21.  Zu  a  kyhvtjaav  s.  0.  8.  58.  26.  Zu   0   ^eoq    rjy?    öixaioovvrjq 

25.  ol    0(f&a?.uol    7J/XÜJV      Well-  vgl.  Ps.  4,  1  0  (^eög  r?]c  öixaioovvrjq 

hausen's   einleuchtende   Emendation  fzov      Der  Accus,   in   R,    den  Swete 

(T^^üjvstnitavTüJv,  \g\.\OY\ievedei^aq  beibehält,   kann  nur  auf  einem  Ver- 

rj/ulv  ,  von  Ryle  u.  James  verschmäht,  sehen  beruhen. 

wird  durch  die  neuen  Hss.  bestätigt. 


Psalm  VIII,  19—34.  113 

33  27  ejtlöXQeipov,  6  deog,  ro  eXeog  öov  ecp    rj/zäg 

xal  olxteiQrjOov  rjfiäg' 

34  28  owayays  t7]v   öiaojtoQav  'logarjX  (isra  eksovg  xal  XQV' 

öTorrjTog, 
S5  oTi  rj  jtiOTig  öov  fieO-^  rmmv. 

29  xal  ri^Elg  hoxZrjQvvafiev  rov  TQdxf]Xop  rjfiwv, 
xal  öv  jtaiösvrrjg  i](icov  sl. 

36  30  fiTj  vjtsglörjg  i^fiag,  o  O^sog  i^ficQV, 

liva  [17]  xaraji'KDöLV  rjfiäg  ed-prj,  (Dg  fii]  ovxog  Xvrgov- 
fievov, 

37  31  xal  öv  6  d^eog  '^ficQV  ajt    aQx^jg^ 

xal  hjtl  06  7]  hXjtlg  rjficov^  xvQis' 

38  32  xal  Tjfislg  ovx  ag)6^6fisO-a  öov, 

ort  ;(()?yöTa  ra  xQiuara  öov  acp'  7]fiäg. 

39  33  7jfilv  xal  totg  xixvoig  7]ficop  rj  svdoxia  elg  rbv  alcova, 

xvQis  ö(DX7]Q  TjfiSv,  ov  öaXsvO^Tjöofis^a  sxi  xov  aiajva 
XQovov. 

40  34  alvexog  xvQtog  ev  xolg  xQifiaöiv  avxov  Iv  nxofiaxi  oöimv, 

41  xal  svZoy7]fievog  ^löQarjX  vjto  xvqLov  elg  xov  almva. 

28  loQariX]    ü.rifJL  C*  I  fifxa  RC]   fiet'  JLH  |  iXeovQ  R]    ^Xeov  JLCH 
(ex  naiö  corr.  C)  1  ^  JLCHJ  om.  R  29  xov  JLCH]  om.  R         30  xaxa- 

nicjaiv  R]  xazani^  JLCH  |  cog  fii]  R]  om.  co?  JLCH  31  rj  iXnlg  Tjfidiv 

R]  riXniaafzev  JLCH  32  i(p'  JLCHj  etq  R  33  ^]  om.  LC  |  svSoxin] 

add.  avTcäv  J  |  xvQioq  C  34  azofzaaiv  J  |  svXoyrj/utvog  RJLC]  praem. 

ov  H 


27,  J  und  C  theilen  diese  Strophe  hat  aber  C  den  Doppelpunkt  und  R 
nicht.  das  Kolon. 

28.  Zu  Tj  Ttlarig  s.  o.  S.  59.  —  R  30.  Zu  xaxamooiv  s.  o.  S.  57,  zu 
interpungirt  nach  rifAdiv  v.  28b  nicht,  f^g  „^  g  5(3 

wohl  aber  nach  rp«/    >J^«>  v    29a.  3,^  j  ^^^  ^  ^^^^^^  ^^^  ^^ 

o«;  ^VZ  T'^l     u'^  "' '  "'«'"*■  -  Z"  V  ^A«is  iiM<Sv  s.  0.  S.  56. 

290 1.  J  theilt  ab:    Kai  av  nai-  ««    r      t    i      •             •    <> 

x^^^^     *-     -       -      ^    (^     'S       ^    '  32,  In   J    besfinnt    mit    Oxl    ein 

6  ^edg  ^(xdiv.  'Iva  fiij  xaxanirj  ^f,äg  f  f  f  ^^^^^^^^  ^^^^^  ^^^^  ^^  C-  "  ^^^ 

e&vrj  fi^  Svxog  kvzQOVuevov -\- \\  Kai  ^'^    ^^«?  s.  o.  S.  oo. 

av  ö   d-Eog  Tjfxwv  dna^xn?'   ^«^  ^^t  ^^*  ^^*  tov  alöjva  XQovov.    Statt 

(Je  ;^rA.     Wie  J,    so  verbinden  auch  ^'^*  möchte  man  elg  vermuthen,  vgl. 

R  und  C  d  (sie)  v.  29b  mit  ^jJ  vneQ-  Jedoch  VII,  9. 

%e  V.  3üa.     Nach  ^eoq  tj/uüJv  v.  30a  34,  Zu  evXoyrjfievog  s.  o.  S.  69. 

Texte  u.  Untersuchungen  XIII,  2.  ß 


W^  V.  Gebhardt,  Die  Psalmen  Salomo's. 

e 

TS  I^aXcanmv  slg  iXzyyov. 

1  ^Ev  Tcp  ajtax^^vac  ^logar^X  kv  djtotxsöia  elg  yijv  dXXo-    i 

SV  TW  ajtoörrjvai  avrövg  djtb  xvglov  rov  Xvtqco- 

oafievov  avrovg, 
djcsQi^rjOav    djtb    xXrjQovofiiag    7jg    eömxev   avrotg    2 

xvQiog. 

2  ev  Jtavrl  e&vsi,  rj  diaojcogä  rov  ^IOQa?]X  xarä  xb  Qrjf^ct 

rov  d-eov' 
Lva   dixat(Dd^f]g,    o  ^eog,   ev  rfj    öcxaioövvij  oov  kv    3 

zaig  dpofiiacg  rjucöv^ 
6t L  öv  xQixrig  öixaiog  hm  ndvxag  rovg  Xaovg  rrjg  yrig.    4 

3  ov  yccQ  xQvßrjOtTat  djtb  rrjg  yvcoöBcog  oov  nag  Jtoiwv    5 

aötxa, 
xal  al  dixaioövvai  rcov  oöicov  oov  Ivcoüilov  oov,  xvqlb'    e 
xal   Jtov  xQvßrjosrai   avd-gmjtog  d^co  xrjg  yvcoöecog 

oov,  6  d^sog; 


Inscr.  TW  aako/jL(ov  slg  vXxoq  xpaXfjiog  0  xal  elg  ^sXeyxov  J  |  aak(OfZ(üv] 
aaAOfXüfv  [-fiüiv  R)  codd. 

1  ^IcgariX]    Isgovoak^/n   J  |   dnoixsalcc   RJLC]    anoixrjaio:  H  |   dnsQi- 
(prjoav  RJ    dneQQltprioav  JLCH  j   6  xvQiog  J  2  ^id^vri  R  |   ^  ötaanoQa. 

RJLC]  inl  öiaanoQÖ.  H  |   /Va  öixaiwd^^g  JLCH]   tV  öixai6ai]g  R  |   t^]  om.  J 
3  XQvßi^asvcci  pr.]  x^ißt/aszai  J  |  döixa  R]  xaxa  JLCH  1  al]  om.  LC 


Ps.  IX.  Abgesehen  von  J,  wo  die  J  und  C  ein  neuer  Stichos ,  und  RL 

Überschriften  von  Ps.  VIH  und  Ps.  IX  interpungiren    ebenfalls   v.   Ic   nach 

miteinander  verschmolzen  sind,   hat  xvQiog;    dagegen  ziehen  die  aus  H 

keine  Hs.  in  der  Überschrift  xpaXfxog  abgeleiteten  Hss.  diese   Worte   zum 

(so  noch  Ryle  u.  James).  Vorhergehenden   und   beginnen   den 

Die    Eintheilung   des  Psalms    in  neuen  Satz  mit  sv   öiaanoQä  (s.  0.). 

vier   Abschnitte   ist   H   entnommen,  —  Nach  ^eov  v.  2»  interpungirt  R 

8.  0.  S.  21.  nicht. 

1,  dnoixsala.  Die  Lesart  dnoi-  8,  Zu  aöixa  s.  0.  S.  56.  —  In  v.  3c 
XTjala  findet  sich  nicht  nur  in  P  interpungiren  alle  Hss.  (nicht  nur 
(Ryle  u.  James)  oder  in  HMP  (Swete),  HV,  s.  Cambr.)  nach  6  ^eog;  mit  ra 
sondern  in  HVMP.  egya  v.  4»  beginnt  in  H  der  zweite 

2,  Mit  iv  navxi  e&vei  beginnt  in  Abschnitt  und  in  JC  ein  neuer  Stichos. 


Psalm  IX,  1—7.  115 

7  4   Ta  sgya  ^jfxcov  hv  hxXoyf]  xal  l^ovoia  xTjq  xpvxrc  fjfiwv, 

Tov  TtOLTJoat  ÖLxaLOövvrjv  xal  döcxlav  hv  SQyoig  x^^Q^^' 
rjumv 

8  xal  SV  TTj  öixaioovvi]  oov  ejciöxejtrxi  vlovg  avB^Qconmv. 

9  5  0  jtoiSv  öixaLOOvvTjv  d-TjöavQL^SL  ^corjv  avTcp  jtaga  xvqIw, 

xal    o    Jüoccov   aöixlav,    avrog    alriog    rrjg   y)vx^]g   iv 
ajtcoXsia' 

10  rä  yag  xgl^ara  xvgiov  tv  6ixaioovv7j  xar^  avöga  xal 

OLXOV. 

11  6  TlvL  xQV^'^^^^Th   o  d^Eog^   ei  firj  rolg  ejtcxaXov^utvoig  top 

xvgtov; 

12  xad-agcelg    ev   af/agriaig   xpvx^jv  ev    l^ofiojLoyyjösc,    iv 

e^ayoglaig, 

13  ort    aioxvvT}    rj/jlv    xal    rolg    JtgoOcoTcoig   i^ficöv   jcegl 

ajtavTcop. 

14  7  xal  rli^c  acpi^ösig  afiagrlag^  et  firj  rolg  i^ftagrTjxooip; 

15  öixaiovg  BvXoyrjOeig^  xal  ovx  evd^vvEig  Jtegl  cbv  ^]fiag- 

TOöav, 
xal    7]    ;|r()^(jroT?y$    oov    tJtl    aftagrdvovrag    er  fiera- 
fieXeia. 


4  h  sec.  LCH]  om.  liJ  5  avtcü  (sie)  R]  kawäi  JLCH  |   döixlav 

RJLCj   äöixa  H  C  X9^<^'^^^'^V  ^9]   Z(>»7(7tfV(7ff  LC,  xQV^^f^^^^^^  J  ! 

xa^agieXq   ego]    xa^agiasL  codd.  |  h  i^ayoglaig  RJ    iva^ayoglaig  J,    iv 
i^TjyoQlaig  LCH  |   ndvxcav  J  7    dcp^aetg   ego]    dcpeaet   R,    d^i^asi 

JLCH  I  rjfittQTi]x6aiv  L]  -ai  reL  |  rifiaQxoaav  R]  rjfxaQZOv  JLCH  |  inl  ego] 
nsgl  codd. 


4,  i^ovaia  (-aiai)  bieten  HVMP;  6,  Zu  xa&agisTg  s.  o.  S.  77  f.,  zu 
in  RJC  (und  L?)  kommt  das  i  adscr.  i^ayoQiaig  S.  47.  —  J  schliesst  v.  6c 
oder  subscr.  überhaupt  nicht  vor.  —  auf  derselben  Zeile  an  v.  6b  an,  aber 
Zu  iv  egyoig  s.  o.  S.  77.  —  vibg  C  hat  nach  i^rjyogiaig  den  Doppel- 
(Cambr.)  statt  vlovg  habe  ich  in  M  punkt. 

nicht  gefunden. 

5.  Den  Punkt  nach  öixatoavvrjv  ^-  ^^  ^^V^eig  s.  o.  S.  77  f.,  zu  inl 
V.  5a  wird  V  aus  H  haben;  RLC  in-  S;^?'  "  ^^^^^  ^v&vvetg  accentuirt  R 
tei-pungiren  nicht,  J  nur  leicht.  —  Zu  ^»^^^^^^S- 


avzdi  s.  0.  S.  57. 


8 


\\Q  V.  Gebhardt,  Die  Psalmen  Salomo's. 

8  Kai  vvv  Ov  o  d-sog  xal  rjfzelg  Xaoq  ov  rjyajirioaq'  le 

I6e    xal    oixrsiQrjöov,     o     d^sog    ^iGgarjA^     oxl    ool 

€OflSV, 

xal  firj  ajioöxriöxig  iXeog  Oov  a(p    rjficöv,  Iva  fi^  ejti- 
d^covzat  Tj^lv. 

9  ort  ov  t^qstIöo)  t6  öjcsg^a  Aßgaäfi  jtaga  jtavra  rä  ed-vfj,  17 

xal  ed^ov  t6  ovofid  oov  ecp'  ^fto^g,  xvqif,  is 

xal  ovx  ajtwöij  elg  top  alcöpa. 
10  ev  öiad^Tjxi]  ötid-ov  rotg  jcargaoiv  tjuSv  jzsqI  rjficov,        19 
xal   rjtjislg   hXjtiovfiev    ejtl   öe    ev   sjtLOTQO(pxi   fpvx^g 


TJH^V. 


11  xov    xvQiov   7]    £X67]fJOövv7j   ejtl    OLXOV   lOQaTjX  elg  Tov  20 


al(ßpa  xal  in. 


8  av\    Gol  J  I  Xuoq  JLCH]    Xaoq  oov  R  |  olxzsiQrjaov  R]    olxxbiqov 
JLCH  I   eXeoq  R]    eXeov  JLCH  9  ovx  anwarf  ego]  ov  xaranavoeiq  R 

(om.  elq  sq.),   01;  xatanavoei  JLC,    ov  xaxanava^  H  11  ^  JLHJ  om. 

RC  I  iXsfioavvTj  R  |  M  JLCH]  en  (sie)  R 


8,  Zu  Xaoq  ov  s.  0.  S.  53,  zu  olx-  es  fehlt  auch  in  V  nicht  (Ryle  u.  Ja- 
teiQrjaov  S.  58.  —  Der  Artikel,  den  mes).  —  J  und  C  trennen  v.  9c  nicht 
Ryle  u.  James  vor  Xaoq  einschalten,  von  v.  9^.  —  Zu  ovx  aTtciay  s.  0. 
ist  entbehrlich,  v^l.  z.  B.  XVII,  35b.  S.  78. 

—  In  J  folgt  v.  8b  auf  derselben  ^  <  r7  c  ,.  .  1  tt  o 
Zeile,  aber  mit  grossem  Anfangsbuch-  ^^'  ^^  "i  iXetifioavp  vgl.  X,  8 
Stäben.  -  '6tl  ooi  Wsv.  Da^s  M  ]f  f^^^^^  n  aoxnQ^a  ^l  olxov 
oov  statt  coL  biete,  haben  Ryle  u,  f^'^^'f^M^'  ^^l  f  ^^ov/vqlov  zo 
James  mit  Recht  bezweifelt.  -  v.  8c  ^^-  ^C)  eXsoq  inltov  logar})  xtX 
i.i-ii^/-ij  i-j  T^  1  li.  i.  Das  Zusammentrenen  von  K  und  0 
theilt  C  durch  den  Doppelpunkt  nach  .                                  ,      .   , .,    1 

c-        -v,        T         'n-  TTnin  der  Auslassung  des  Artikels  wird 

riuü)v,  nicht  so  J.  —  em^cüvraf.   JLC  „.,       .         .  °.        ,    ,,       .,  „ 

,    .         ,   ,n  man  lur  ein  zufälliges  halten  dürien. 

accentuiren  eTtid-cDvrai.  t^        c  ,  ,         -,•        n        • 

Das    T],    welches    die   ed.   princ.   auf 

9,  ^()5Tt(Ta>  schreiben  nur  L(?)  und  iXsijfj.oavvT]  folgen  lässt,  findet  sich 
P,  jj()fr/(7a>  M,  7/pezr/(7ö>  RJHV(C?).  —  weder  in  V  (Cambr.j  noch  in  R 
a/^()aa^  haben  HV,  a/9()a«;U  RJLCMP.  (Swete).  —  Zu  inl  o'lxov  s.  0.  S.  61; 

—  Das  in  der  ed.  princ.  ausgefallene  hei  zbv  o'lxov  (Ryle  u.  James)  bietet 
TcaQa  hatte  Fabxicius  richtig  ergänzt;  keine  Hs. 


Psalm  IX,  8-11.  X,  1—4. 


117 


^Ev  vfivoig'  rd  ^aXmncov. 

1  Maxagtog  avrg  ov  6  xvQiog  ein^r/öO-T]  ev  f-XeyfKp, 

xai  sxvxXcqO^t]  ajio  oöov  JtovrjQag  ev  ^aoxLyc^ 
xad^agiöd^TJvai  djco  af/agriag,  rov  fzr]  jtXrjd-vvaL. 

2  o  axoifia^cov  vmxov  elg  fiaortyag  xad^agLöd-i^oerai, 

XQ^OTog  yccg  6  xvgiog  rotg  vjiOfievovöLV  jtaiöeiav. 

3  ogd^coöSL  yag  oöovg  ÖLxalcov  x^l  ov  öiaorgetpet  ev  jtaideia, 

xal   TG    eXeog   xvgiov  ejtl  rovg  ayajtwvrag  avxov  ev 
aXrjd^ela. 
4  xal  (jvTjöd-ijoerai  xvgiog  rwv  öovXcov  avrov  ev  eXeei' 
?}  yag  fiagrvgla  ev  vo^Ko  ÖLad^rjxrig  alcovlov, 
7]  fiagrvgia  xvgiov  ejtl  oöovg  av&gwjtatv  ev  ejtiöxojt^. 


Inscr.  ev  ^fivotg  tw  acckwfxcüv  R]  vfivog  zw  aaXofxaiv  (add.  tpa?.- 
fiog  i  J)  JLCH 

1  xaS^aQiod-^vat  RJ]  praem.  xal  LCH  2  xa&ccQiad^ijasTai  JLCH] 

praem.  xal  R  |  yccQ]  om.  LC  \  vnofxsvovaiv  R]    -ai  rel.  3  öiaazQsyfsi 

JLCH]  öia7iQ€\p6i  R  1  dyanovrag  R  4  /xvrja&^astai  JLCH]  finjaevai  R  | 
yag  RJLC]  om.  H 


Ps.  X.  Zur  Überscbrift  s.  o.  S.  56. 
Die  Theilung  des  Psalms  ist  H  ent- 
nommen, s.  0.  S.  21. 

1,  iksy/nü}  bietet  auch  Y,  nicht 
iXayxcji  (Cambr.).  —  sxvxXwd-t]  beruht 
■wohl  auf  einem  missverstandenen  ao'^i 
(zu  lesen  30^5  =  xal  dneoxQatpri). 
Fritzsche  dachte  an  ixwXvd-r],  fürch- 
tete aber  mit  Recht,  damit  den  Über- 
setzer zu  corrigiren.  —  J  schliesst 
V.  Ic  auf  derselben  Zeile ,  aber  mit 
grossem  Anfangsbuchstaben,  an  v.  Ib 
an.  —  xaS^aQiüS^TJvai  (ohne  xal)  hatte 
schon  de  Lagarde  vermuthet;  Hil- 
genf.  schrieb  zuerst  xal  exaS^a^laS-i], 
dann  rov  xaS-aQiaS^^vai.  —  Für  nXr]- 
&.vvai  bieten  alle  Hss.  (auch  P)  n?.r]- 


d-vvai.  Hilgenf.  änderte  nkrjoS-^vai, 
Ryle  u.  James  nXrjd^vv&TJvai.  Es  steht 
aber  m.  E.  nichts  im  Wege,  rov  firj 
7t?.7]&vvai  im  Sinne  von  fZTJTKog  nXrj- 
&vvy  (sc.  T?^v  dfxaQxiav)  aufzufassen. 

2,  C  hat  nach  fidaziyag  einen 
Doppelpunkt,  aber,  wie  es  scheint, 
auch  nach  xaS-agiad-rjasTai.  —  Zu 
xa&aQiad-rja.  (ohne  xal)  s.  o.  S.  53. 

3,  J  schliesst  v.  3a  auf  derselben 
Zeile,  aber  mit  grossem  Anfangsbuch- 
staben, an  V.  2b  an. 

4,  fxvTjo&i^oerai  bietet  III,  11 
auch  R;  ßvi^aszat  ist  hier  offenbar 
Schreibfehler,  wie  IX,  2  öixaiöotjg 
statt  6ixaiü)&yg. 


118 


V.  Gebhardt,  Die  Psalmen  Salomo's. 


5  Jlxaiog   xal    oöiog    6  xvgiog  i^ftcov  hv  xQlfiaöiv  avrov    e 

elg  Tov  aicova^ 
xaViöQarjX  alviöei  reo  ovoiiaxi  xvqIov  sv  evtpQOövvj;]. 

6  xal  oococ  e^ofioXoyrjöovzaL  ev  kxxX7]öia  Xaov^  7 

xal  jtroxovg  kXei]öeL  6  ß-eog  kv  ev<pQOövvr]  'logai^X' 

7  oTc  x(>^ö70$  xal  eXeri(X(ov  6  d^eog  eig  tov  aldova,  s 

xal  ovvaycDyal  ^löQarjX  öo^döovöiv  ro  ovofia  xvqiov. 

8  TOV   XVQIOV   ri   ooüTTiQia   em  olxov  ^löQarjX  sig  svcpQo-    9 

ÖVV7]V  alcovLov. 

lÄ 

TS  2aXwii(6v'  elg  JiQoööoxlav. 

1  SaXjtloaTB  ev  Hlcov  ev  caXjtiyyi  arjfiaoiag  dyioDV,  i 

xrjQv^aTS  ev  ^ hQOvoaXrj (i  cpa)vijv  svayysXi^o/isvov'      2 
ort  ^lerjöev  6  d-eog  ^logarjX  ev  ti]  ejtiöxojc^  avrcov. 

2  OTrj&c,  ^leQOVöaXriii,   eq^  vrprjXov  xal  I6e  rd  Texva  oov    % 

djib  dvaToXcov  xal  övoficov  övv?]yfieva  eiodjia^  vjto 

XVQIOV. 

3  djto  ßoQQa  BQXOVTat  t(]  evg)Qoovvi;]  tov  d-eov  avTcov,       4 

ex  vr/öcov  fiaxQO&ev  övvrjyayev  avTOvg  o  d^eog. 


5  o  JLCH]  om.  R  |  ev  pr.  J]  om.  RLCH  |  tüJ  ovS/Liazi  RJLC]  xo  ovofxa 
H  1  xvQiov]  add.  elq  zov  aicova  J  6  oaioi  ex  ozioi  corr.  R  7  6oB(x- 
oovGLV  R]  öo^äaovOL  LCH,  öo^dacoai  J  8  iTcl  R]  art'  JLCH  |  etg  sv(pQO- 
avvT]v  JLC]  slaoxpQoavvTiv  R,  eiq  acDcpQoavvrjv  H 

Inscr.  aakü)(JL(üv  L  (C  latet)]  aokofxcöv  R.  aa?.oßwv  JH 
1  tXstjGSv  J  1   loQarjk  RJLC]  praem.  iv  H  |   avzaiv]  avzov  J        2  za] 
om.  J  I  SLaaTia^]  ana^  J  [  vno  JLCET]  uno  R 


5.  Zu  6  xvQioq  s.  o.  S.  59.  Der 
Artikel  fehlt  in  R,  nicht  aach  in  H 
(Cambr.).  —  Zu  ev  xQißaoiv  s.  0.  8.78. 
—  Nach  alüiva  interpangirt  R  nicht. 

8.  Zu  tnl  OLXOV  s.  0.  S.  61,  zu  elg 
ev(pQ0OvvT]v  S.  78. 

Ps.  XI.  Die  Eintheilung  des  Psalms 
ist  H  entnommen,  s.  0.  S.  21. 

Die  Stichen  in  J  und  C  bieten 
keine  Abweichung,  nur  dass  in  J 
V.  4a,   7b  (das  'E  fehlt  durch  Schuld 


des  Miniators)  und  7c  auf  derselben 
Zeile,  aber  mit  grossem  Anfangsbuch- 
staben, fortgefahren  wird. 

1,  'loQarjl  ohne  iv  (so  richtig 
Ryle  u.  James)  wird  durch  die  neuen 
Hss.  bestätigt;  Hilgenf.  vermuthete 
zov  'laga^k. 

2,  Nach  v\pT]?.ov  interpungirt  V 
voll,  JLC  leicht,  R  gar  nicht;  nach 
zexva  aov  R  (JC)  voll,  L  leicht,  V 
gar  nicht. 


Psalm  X,  5--8.  XI,  1-9.  XII,  1.  119 

5  4  OQfj  viprjXa  kxajtaivoDöev  eiq  6{ia?.iöfibv  avrolg, 

6  Ol  ßovvol  ecpvyooav  ajto  elöoöov  avrcov 

5  OL  ÖQVfiol  eöxiaöav  avrolg  ev  rij  jtagoöcp  avTCov, 

7  jcäif  ^vXov  svcoölaq  dvezeiZev  avrolg  o  ^eog' 

6  Iva  jtaQsXd-xi  ^logarjX  ev  ejciöxojtfj  öo^fjg  d^eov  avxmv. 


7" 


'Evövoai,  '^IsQOVöaXrjfi,  xa  Ifidxta  xrjg  66^f]g  Oov, 
exolfiaoov  xf)v  oxoXrjv  rov  äyiaöfiaxog  öov 
oxL   6   d^eog   sXaXriöev   dyaO-a  ^lOQarjX   dg   rov  aimva 


xal  exi. 


9      8  jcotrjöai  TCVQLog  a  eXdXrjösv  km  'iCQarjX  xal   IsgovOaX?] (i^ 

dvaox7]öai  xvQiog  xov  ^lögarjX  ev  ovofiaxt  öo^rjg  avxov' 

9  xov  xvglov  x6  eXeog  ejtl  rov  ^lögarjX  eig  xov  aicova  xal  ext. 

IB 

TS  ^aXwjLKDV  ev  yXwOöxi  üiagavbncov, 

1      1  Kvgie^  Qvcai  xrjv  ipvx^v  fiov  djto  dvögog  jragavofiov  xal 
jtovrjgov, 
dno  yXcoöOTjg  jtagavofiov  xal  tpid-vgov 
xal  XaXovör/g  ipevörj  xal  öoXia. 

4  oQTj]  OQOL  J  I  i<pvyooav  R]  scpvyov  JLCH  5  ÖQVßol]  ßovvol  C  | 

iaxiaaav]  iaxl^zrjaav  MP  6  &€0v]  om.  J  7  dyad-cc  sig  rov  cclwva 

xal  szi  lagaijX   {Irj}^  ex  oir]  corr.  C)  LC  8  i€QOVoaX'^/j,  RJC]  praem. 

€v  LH        9  t6]  om.  LC 

Inscr.  aaX(jDßü)v  RL]  aaXo(iü)v  JCH 

1  öokLa  ex  novTiQo.  corr.  C,  öoXsQa  L 


5.  iaxiaaav.  Die  Variante  iax'iQ-  dvaaf^aai  bieten  RJ   noi^aai  und 

TTjaav  (Reminiscenz  aus  Ps.  113,  4  ta  dvaaxrjaai. 

hvMQTncav^iXQw!)  findet  sich  p^  ^II.  Die  Theilung  des  Psalms 

mcht  nur  in  P  (Ry  e  u  James)   son-  j^^  ^  ^„^„„^^       ,.  o.  g.  31. 
dem    auch   m   M  (r   ist   bei   Swete 
Druckfehler  für  p).  ^^    ^^^    stichischen    Schreibung 

7.   Zu  dya&a  vgl.  XVII,  44.    So  bi®*^*   ^    ^^i'^®   Abweichungen   von 

lesen  auch  HV,    nicht  dyad-ov  (ed.  unserem  Texte.  In  C  dagegen  scheint 

princ.  und  Cambr.).    Die  falsche  An-  v.  Ib  der  Doppelpunkt  nach  xpi^vQov 

gäbe   erklärt   sich   aus  Unkenntniss  ^^  ^^^^^n,  und  auch  R  und  L  inter- 

des    tachygraphischen    Zeichens   für  pungiren  hier  nicht,  V  nur  mit  dem 

a,    welches    in    beiden    Hss.    ange-  Punkt  (s.  o.  S.  41). 
wandt  ist.  1,  V  theilt  durch  ein  Kolon  nach 

8«    Statt   Ttoiijaai   (Hilgenf.)  und  ipv/riv  fiov. 


120 


V.  Gebhardt,  Die  Psalmen  Salomo's. 


2  ev  jtoixiXia  orQO^rjg  ol  Xoyoi  TTJg  yXcoöotjq  avÖQoq  jco-    2 

VTjQOV, 

äojtsQ  ev  Xacp  jtvQ  avajixov  xaXXovi^v  avrov. 

3  ?J  jtaQOtxia  avrov  efucgr/oat  olxovg  ev  yXoyöOi;]  ipevösi,     3 

exxo'ipai  öevöga  evtpgoövvfjg  (pXoyt^ovCrjg  jcaQavofiovg, 
ovvxBccc   oixovg    [jcagavof^ovg]    ev   jtoXefiO)   ;f£/^£ö^r    4 
tpi&VQOig. 

4  MaxQvvat   6    d^eog   djzo    axaxow  X^^^V    ^'^Qcc^oficov  Iv 

ajtoQla, 
xal  öxoQjiLöd^elrjöav  oörä  tpid-vgcov  ano  (poßovfievcov 

xvgiov 
ev    Jtvgl    g)Xoy6g    yXcoööa   xpid-vgog   djtoXocto    djro    5 

60l03V. 

5  ^vXd^ai  xvgiog  ipvx^/v  i^Ovxiov  fitöovöav  dölxovg,  6 

xal  xarevd^vvai  xvgiog  dvöga  jtoiovvra  elgrjvrjv  ev 
olxco. 


2  ^v  noixtXia   aTQO(pfjQ  RJ]    iv  noixiXia  tQocpTJg  LC,   ev  Tton^aei  6iu- 
aTQO(pijg  H  I  Xacp  RJLCJ  ccko)  H  ]  dvämtov  J  |  xaV.ov^v  RJLC]  xaXäfATjv  H 

3  ißTi^aai  Hilgenf.2]  iß7i?.fjaai  RJLC,  ifinX^aai  H  ]  tpEvdfj  J  ]  nagavö- 
fxovg  pr.  RLC]  naQavofiov  JH  |  ovvx^cci  R]  ovy/Jai  JLCH  |  oi'xovg  nagavo- 
(jLovq   RJC]    nagavofjLovq   oi'xovg   LH  1  xf/Afa^v   R]    -ai    reL  |    xpiS^vgcDV   J 

4  oxognio^eirioav  R]  axoQnia&eiT]  JLCH  |  dnwXoixo  J  5  (pvkd^ai . . . 
noiovvra  JLCH]   avvxiai  oixovg  xal  (pvlcc^ai  xvgiog  dvögog  noiovvxog  R 


2.  Zu  noixiXia  vgL  IV,  3,  zu 
axgocpri  Prov.  1,  3.  Sap,  8,  8.  —  Für 
AaaJ  ist  vielleicht  öaXw  zu  lesen,  s.  0. 

S.  78ff. 

3.  Alle  Hss.  inteipungiren  nach 
xaXXov^v  avTov  v.  2b  und  verbinden 
rj  Ttagoixla  avrov  mit  dem  Folgen- 
den. —  Zu  nagotxta,  ifingriöai,  (pXo- 
ytt,ovöTjg  nagavöfjiovg  und  zu  naga- 
vofxovg  V.  Sc  s.  0.  S.  80  f. 

4.  xax(öv  statt  dxaxojv  bietet 
nicht  nur  M  (Cambr.),  sondern  auch 

—  Zu  oxogniod^elriaav  s.  0.  S.  57. 

5.  Die  Verwirrung,  welche  R  theils 


durch  Wiederholung  aus  v.  3c,  theils 
durch  Überspringen  von  dem  xvgiog 
V.  5a  auf  das  xvgiog  v.  5b  angerichtet 
hat,  glaubt  Swete  dadurch  lösen  zu 
können,  dass  er  bei  R  ovvxsai  oixovg 
streicht  und  aus  HVMPi/^fX^v  herüber- 
nimmt. So  liest  er  statt  v.  5a  u.  b: 
xal  (fvXd^ai  xvgiog  ipvxv'^  dvögog 
Tcoiovvzog  figt'jvrjv  iv  oi'xip.  Näher 
liegt  die  Ph-gänzung  bdovg  {dvögog 
xtX.),  s.  VIII,  G.  Dass  aber  die  Worte 
T]ov/iov  .  .  .  xvgiog  nicht  etwa  Zu- 
that  von  H  sind,  beweist  jetzt  die 
Übereinstimmung  von  JLC.  —  Zu 
xarev^ivai  xvg.  dvöga  vgl.  XVIII,  8. 


Psalm  XII,  2—6.  XIII,  1-3.  121 

7  ö  rov  xvQiov  Tj  öatTrjQia  ejtl  'lögaijZ  jtalöa  avrov  da  top 

alSva' 

8  xal    ajtoXoLVTO   ol  a^aQTwXol  ano  jtQoöwjtov  xvqIov 

ajta§, 
xal  oöLOL  XVQIOV  xX7]Qovofir)aai6ap  ejtayyeZiag  xvqIov. 

IT 

Ta   2aXcofi(DV  ipaXfiog'  JtaQaxZrjöcg  rwv  öcxaicov. 

1  1  As^id  xvqLov  eOxEjtaöiv  fis^ 

öe^id  XVQLOV  sipsloazo  rjfiSv 

2  2  o  ßgaxicov  xvQiov  eöcoösv  rj^aq  djto  QOfi(paiag  öiajtOQsvo- 

fisvrjg, 
djtb  Zifiov  xal  d-avdxov  afiaQzojXcop. 

3  3  d-TjQia  ejteÖQafioöav  avrolg  jtovrjQct' 

Iv  Tolg  oöovClv  avTCDV  srlXXoöav  occQxag  avzf^v 
xal  ev  ralg  fivXatg  ed-Xmv  ooxä  avzcov' 


6  7iai6(ov  J  I  OL  oaioi  JC  |  xXrjQovoßlaaiaav  (sie)  R]  xlriQOvo^riaaL 
€v  J,  xlrjQOvofi^aaiev  LCH  |   inayyeXeiag  RJ  |   xvqIov  qu.]  om.  R 

*ir\  TQEig  xal  öüxaxoq  J  |  Inscr.  aakcoucjv  RL]  oaXofjLmv  JCH  | 
xpaXfiog  RJHj  om.  LC 

1  iaxtnaaev  R]  -as  rel.  2  ßgayjcov]  (o  in  ras.  scr.  R  3  ineöga- 
(jLoaav  R]  STieÖQafxov  JLH  (C  latet)  |  itllkoaav  R]  stlIXov  JLH,  stsiXov 
C  I  ßvXaig  RJC]  add.  avtaiv  LH  |   zcc  oaxa.  J 


6.  Zu  orTr«!  (Hilgenf.Wermuthete  nicht   überall    erkennbar;    er   findet 

iiadna^)   vergleicht  Hilgenf.2    LXX  sich  aber,  im  Gegensatz  zu  J,  auch 

Jos.  6,  3.   1.  Kön.  26,  8.  —  Zu   dem  am  Schluss  von  v.  6a.     In  R  fehlt  die 

xvqIov   am  Schluss   von    v.  6©  s.  o.  Interpunktion  nach  aßUQzojXüiv  v.  2^ 

S.  52.  und    nach  afA.aQT(o/.ov  (s.   o.)  v.  7b. 

Ps.  XIII,  Keine  Hs.  hat  in  der  ^    t^       -,                ^     >      .           i 

f-Tv        V  Tj.        1    ^               -  ^  1    /  1«  Für  das  corrupte  soTteaaos  der 

Uberschnft  xpaAuog  vor  Ta>  aal.  (so  ,        .           ,.-■>» 

,    D  1          T         N  ed.    princ.    schrieb    eaxenaae   schon 

noch  Ryle  u.  James).  ^^.,   ^    ,. .         ,  ,           ,    _. 

Die  Theilung    des  Psalms   ist  H  ^'I^'"*'.  L  .T^'^r  ^^]^?'^'^  ^^/^  ^ 
,                            o  oi  unbegreiflicher  Weise  ^TrwdTraae  über- 
entnommen, s.  0.  S.  21.  TP 

T          •   •  i.      io       V,   Po       v^    rv.  liefert  war. 
J  vereinigt  v.  la  u.  d,  6a  u.  d,   <^t) 

u.  8a  zu  je  einem  Stichos  und  zeigt  3.  fiv?Mic  (ohne  aiT(öv)  ist  durch 

v.8b,  Qa  u.  10a  den  Beginn  eines  neuen  RJC  für  y  gesichert.  Die  Hinzufügung 

nur  durch  den  grossen  Anfangsbuch-  des    avtcüv  (LH)    lag   nach  oöovaiv 

staben   an,    welcher   v.  Sb  ('I)  und  avxöiv  nahe,  während  für  die  Weg- 

V.  10a  ('0)  vom   Miniator  vergessen  lassung    ein    Grund    nicht    ersicht- 

wurde.     In   C    ist   der  Doppelpunkt  lieh  ist. 


122  ^-  Gebhardt,  Die  Psalmen  Salomo's. 

4  xal  ex  rovrcov  anavTcov  sQQvOaro  7]fiäg  xvQiog. 

5  ^Eragax^J]  6  evöeßrjg  6iä  xa  üiaQaüixc6{iaxa  avxov,  4 

(irjjtoxB  OVfijiaQaXrjq)d^xi  i^^^cf  xcjv  afiagxwXcoV 

6  oxi  öeiv?)  rj  xaxaöxQOcprj  xov  afiagxoyXov,  5 

xal  ovx  ci'ipexat  öixalov  ovöev  ex  jtavxcov  xovxcov, 

7  oxc  ovx  ofioia  rj  jtaiöela  xcqv  ÖLxaicov  Iv  ayvola  g 

xal  7]  xaxaöxQocp^  xcov  afiagxooXwv. 

8  ev  jcEQiOxoXxi  üiaiöevexai  dlxaiog,  i 

Lva  jiTj  ejtcxagf]  6  afiagxcoXog  xco  öixalco' 

9  6x1  vovO-ex^oec  ölxatov  cog  vlop  ayajcrjoecog^  8 

xal  7]  jtaLÖeia  avxov  wg  jtgcoxoxoxov. 

10  oxt  (pelöexat  xvgiog  xmv  oöIcqv  avxov,  9 

xal  xä  vtagajtxwfiaxa  avxöov  e^aXel^si  ev  Jtaiöela. 

11  Tj  yag  ^wi]  xcov  ötxalwv  elg  xov  alwva' 

aftagxo^Xol  6e  agdrjoovxai  elg  djtojXeiav,  lo 

xal  ovx  Evged^Tjöexat  fivTjfioövvov  avx<nv  exr 

12  ejcl  öe  xovg  oölovg  xb  eXeog  xvgiov,  n 

xal  ejtl  xovg  q)oßovfievovg  avxov  xb  eXeog  avxov. 


4  b  xvQLoq  JC  5  evaeßrjq  Wellhausen]  daeßrjg  codd.  |  xä  JLCH] 

om.  R  6  öiVTJ  R  I  ^  R]  om.  JLCH  \  xov  öixalov  LC  ]  ovöhv  ix  ndvxcov 
xovTCDV  R]  ix  ndvxcDV  xovzwv  ovölv  JH  (LC  v.  infra)  6  s.  ovSh . . .  afiaQ- 
Xü)X(öv   V.  7]    om.  LC  7  xiSv  afiaQxwXuiv  JH]    xov  afxagxwXov  R 

9  TCQOxoxoxov  R         11  ovx]  ö^^  ^         12  avxov  JLCH]  om.  R 


6.  Zu  evasßrjg  s.  o.  S.  81,  zu  xu  Lesart  der  Gruppe  HVMP   (Ryle  u. 

naQanxüJfxaxa  S.  59.  James),    sondern  ein  von  Fabricius 

6.  Zu  r/  xaxaoxQOcpri  vgl.  IIT,  12  nicht  verbesserter  Druckfehler  der 
avxri  Tj  lueglg.  An  beiden  Stellen  ist  ed.  princ,  welcher  beim  Collationiren 
der  Ausfall  des  rj  (x)  leicht  erklär-  übersehen  wurde. 

m    rv       -     t  ,  .  „  ^,  12,   Zu  xal  inl  xxX.  vgL  II,  33 

7.  Z<u  xwv  auagxwXwv  s.  o.  S.  54.  a        ,   v,  >      jt  ^       y         n 

TW       T       r>    x.  ^  •    T      TT  ön  xo  slsoq  xvgiov  eni  xovg  woßov- 

Dass  L  u.  C  ebenso  lasen  wie  J  u.  H,        ,  ,  ,       ^  ,       ,  o     ^ 

•  ,  .     .  ,  j      .     ,  usvovq  avxov  uexa  xgiuaxoq.   Swete 

ergiebt  sich  aus  der  Auslassung  pro-  \^    ,      -.-d       s  j   ^       <         n       > 

,     V  ,1,  ,      ,  \\est  xmiK  xal  ^nlxovQ  wo ßovuBvovq 

^texhomoeoieiAxoviiov-auagnolwv).        y  ■,,.  ,     _  -  t    f      <- 

11        >     /D\     i.  i-i.      TT,      ...  xo  e/.eoq  avxov. 

11.   ovx  (R)    statt    ovx  ^^t  nicht 


Psalm  XIII,  4—12.  XIV,  1-7.  123 

M 

'Yfipog  TCO  2aXa)ficQV. 

1  1  UiOtog  xvQiog  rolg  dyajtcoöiv  avTov  ev  äXrjO-sla, 

xolg  vjto(i6Vov(jcv  jtaiöelav  avrov' 
2  rolg  JtoQSvofidvoig  ev  öixaioövv^  jtQOOrayfidrcov  avxov^ 
Bv  vofio)  CO  everelXaro  ^fiTv  sig  C^corjv  rjfidov. 

2  3  ooioi  xvQiov  C^rjoovrai  ev  avxco  elg  rbv  alcova' 

6  jtaQaöscöog  rov  xvqIov,  rä  ^vXa  rrjg  ^corjg,  oölol  avrov» 

3  4  ?5  (pvxeia  avrcov  6QQcC,a)fi6vr]  elg  rov  alcova^ 

ovx  exrtXTJOovrat  jtaoag  rag  rjfieQag  rov  ovQavov' 
5  ori  'q  fieglg  xal  xXr^QOVOftla  rov  d^eov  eörtv    logaijX. 

4  6  Kai  ovx  ovratg  ol  afiagrcoXol  xal  jtagavofcoi, 

ot  ^yajtT^oav  r^iigav  ev  fieroxv  afiagriag  avrcov* 
7  kv  fiixQorrjri  öajtgiag  tj  ejtc&^vfiia  avrcov, 

5  xal  ovx  efivrjöd^fjoav  rov  d-eov. 

*I/1]  yjaXfiog  i^  J  |  Inscr.  aaXw/uciv  R  {-fiwv)  L]  caXofi(üv  JCH 
1  VTtofievovaiv  R]  -ai  rel.        2  TioQevofiivoig]  add.  iv  dxaxla  xal  J  | 
(0  LC]  ov  J,  (üQ  H,  om.  R  3  rov  RJ  om.  JLCH  4  SQQi'Qoixhri  R  | 

exTSiXrjaovTCci  R,  ixziXk^aovzcii  J  5  xXtjQOvofxla  RLC]  praem.  ^  JH  \ 

LOQaijX  RJLC]  praem.  6  H  7  tj  imdvfiia  RJLC]  iv  ini&vfila  H  |  rov 

S^sov]  avtov  C,  om.  L 

Ps.  XIV,  In  der  Überschrift  hat  niss  hat,  wird  hierauf  wenig  Werth 

auch  H  vfivog,  nicht  vfivoi  (Swete).  legen,  auch  wenn  ich  nicht  ausdrück- 

H  theilt  den  Psalm   in  drei  Theile:  lieh    constatire,    dass   ich  in  keiner 

V.  1.  2,  3 — 5,  6 — 10,  s.  0.  S.  21  f.  der  genannten  Hss.  ein  Merkmal  für 

J  trennt  v.  4^  und  v.  6l>  nur  durch  die  Verschmelzung  in  ein  Wort  ge- 

den  grossen  Anfangsbuchstaben  vom  funden   habe.  —  Zu   w  s.  o.  S.  47. 

ersten  Gliede;  v.  2a  fehlt   das  T  zu  Das  Richtige  vermutheten  schon  Ryle 

Anfang  der  Zeile   durch  Schuld  des  u.  James. 
Miniators.  3^  y  ^j^^q^  ^^^^-^  ^^^  j^^^^^  ^^^Yi 

2.^  TCOQSvofiivoig.    Den  Zusatz  iv  ^^^.^^  ^^   ^  g  4^)  _  2,,  ^^.  ^^^>^^ 

axaxla  hat  J  aus  Ps.  83,  12.  —   iv  g   q   S  60  f. 

vofiw    verbinden    MP,     nicht    MV  ,  ,1     tt 

(Swete),    mit    dem  Vorhergehenden.  *•  to^  ov^«voi;  bieten  alle  Hss.; 

Nach  Ryle  u.  James  sollen  V  und  M,  ^'^  ^"g^^^;  ^^f  M  avd(,a>7roi;  {avov 

nach  Swete  auch  R  ivvo^^ip  (so  ver-  ^*^**  ^^^^^)  ^^^^  {^^^^^-\  ist  img. 
muthete    Hilgenf.^)    statt    iv    vofjLco  7,  L  und  C  theilen  diese  Strophe 

bieten.    Wer  da  weiss,  was  es  mit  nicht.  —   Zu   fiixQOTTjzi  vgl.  Well- 

der   Worttrennung   in    den    älteren  hausen  S.  137.     Hilgenfeld   änderte 

griechischen  Hss.  für  eine  Bewandt-  mxQozrjn. 


124  ^'  Gebhardt,  Die  Psalmen  Salomo's. 

8  OTL  oöol  avB-Q(üJt(DV  yvcoöTal  evcojtiov  avrov  öia  jtavrog, 

xal  rafisla  xccQÖiag  ejtlöTarac  jtqo  tov  yeveo^ai. 
,  9  öid    TOVTO    7]   xX7]Qovofiia    avTCov  aÖTjg  xal  oxorog  xal    6 
ajicoXsia, 
xal  ovx  svQsd-ijoovrai  ev  ^f^i^Qcc  eXeovg  öixaicov' 

10    ol  Ö6  OÖLOi  XVQLOV   xXtjQOVOUTjÖOVÖLV    CcoijV  ev   6Vg)QOÖVV7;j.     7 

iE 

WaXfiog  TW  J^aXcoficbv  jusza  cpöfjg. 

1  ^Ev  TCO  d-XißeoO^al  fts  6JcsxaX£ödfi?]v  ro  ovofia  xvqiov,       i 

slg  ßoTjd-eLav  rjXjttOa  tov  d^eov  ^laxcoß,  xal  6öc6d-7]V' 
OTL  sXmg  xal  xaTacpvyii  tcov  jito^xcöv  ov,  o  d^eog.      2 

2  Ttg  ydg  loxvet,  6  {^eog,   et  fi^  e^ofioXoyyjoaod^al  00c  ev    3 

dXr]&eia; 
xal  TL  SvvaTog  dvO-QotJtog,  el  (irj  l^o^oXoyrjöaod-ai    4 
Tm  ovofiaTL  öov; 

3  tpaXfiov  xaivov  fieTCc  wöfjg  ev  evxpQOövvi]  xagöiag,  3 

xaQjcov  x^^^^^^  ^^  OQydvco  riQy.oöiiivcp  yX(6ö07]g, 
djcaQx^v  ;j£fA£coz^  ano  xaQÖiag  oolag  xal  dcxalag' 

4  o  jcoicov    zavza    ov   oaXevd^ijoeTai    eig    tov  aicöva  ajto    0 

xaxov, 
(pXo^  jtvQog  xal  ogy?)   döixcov  ovx  (^V^^t^ccc  avTOV' 

8  xal  T«  Tot/M.  LC  I  xafjLHtx  R]  za(jLitIa  LCH,  ra  ßisla  J  |  ysveaaL  L 
9  iXiovg  R]  sk^ov  JLCH  10  xkrjQOvof^ijaoioiv  RJL]  -ai  CH 

Inscr.  Ta>]  om.  LC  |  oaXojfÄWV  R  {-fzcüv)  L]  aaXofj.(i)v  JCH  |  (xetcc  (R, 
(isx^  JH)  wöfiq]  om.  LC 

1  elq  Ti)v  ßoT^S^siav  J  \  TJkniaa]  saojS-rjv  R  |  ov]  add.  sc  J  2  rlg]  xi  J  | 

ool]  om.  J  3  xaivov  JRL  (C  lateti]  xal  a'ivov  H  |  (leza  R]  (xer  JLCH  I 
dnaQxriv  RH]   aTiaQ^fJQ  J,  anaQX,ri  LC  4  OQyri]  om.  C  [döixüiv)  |  oi'/j 

ovx  R 


8.    R   interpungirt  nach  dv^QOi-  angeschlossen  wird.    C  hat  v.  4a  auch 

niov.  —  Zu  la/nela  s.  0.  S.  58.  nach  alcJva  einen  Doppelpunkt,  aber 

Ps.  XV,  H  theilt  den  Psalm  in  wie  es  scheint  von  späterer  Hand. 
dreiTheile:  v.  1— 4a,  4b— 7b,  8a— 13,  2.    rlg.    Fritzsche's   ri  (so  J)    ist 

s.  o.  S.  22.  keine  Verbessening. 

Die    stichische    Schreibung    in    J  3*  Zu  xpaXfjLOV  xaivbv  s.  HI,  1  u.  0. 

bietet  keine  Abweichungen,  nur  dass  S.    G9.      Das   Richtige    vermutheten 

V,   6  auf  derselben  Zeile,    aber  mit  schon  Ryle  u.  James.  —  Zu  (XExa  hier 

grossem  Anfangsbuchstaben,  an  v.  5b  und  in  der  Überschrift  s.  0.  S.  61. 


Psalm  XIV,  8—10.  XV,  1-13.  125 

7      5  oxav  e^iXdi]  tJti  af/agrcoXovg  aJto  jiqoöcojiov  xvqIov, 

olsd^QBvöai  jiaöav  vjiooraoiv  afiagtcoZcov' 
a      G  ort  TO  ör]iieiov  xov  d^eov  ejtl  öixalovg  slq  owrrjQiav. 

7  Aifiog  xal  QOU(paia  xal  ^avaxoq  ajto  öixaicov  fiaxQccv, 
9  (pev^ovrai  yag  cog  öiwxofitvoi  jtoXefxov  ajtb  oolcov' 

8  xaxaÖLW^ovTai  de  a^uaQxoXovg  xal  xaxaX?] fixpopxai, 

xal   ovx  hx^sv^ovxat  ol  jioiovvxsg  avo^iav  x6  xgl^a 

XVQLOV 

9  (Dg  vjto  jtoXsfilcov  sfiJtsiQwv  xaxaXTjficpt^r/Oovxac, 

10  x6  yag  orjfietov  xrjg  ajcwXsiag  hjtl  xov  fiexcojtov  avxwv, 

11  10  xal  Tj  xXrjQovofcia  xcov  afiaQxatXSv  anwXjtia  xal  oxoxog, 

xal  at  avofilaL  avxwv  öico^ovxai  avxovgtcogaöov  xaxco. 

12  11  7}  xXrjQovoftia  avxcöv  ovx  ^vged^rjöexai  xolg  xixvoig  avxcQV, 

13  al  yag  dfiagxiai  i^SQrjficoöovoiv  olxovg  afiagxwXcör 

12  xal  djcoXovvxat  dfiaQxcoXol  ev  riiitga  xQlöewg  xvglov  sig 
xov  alc5va, 

14  oxav  sjtLOxejixTjxaL  6  d-eog  xrjv  yrjv  ev  xQifiaxi  avxov  ' 

15  13  Ol  öe  ^oßovfisvoi  xov  xvqlov  eXerjf^r/oovxat,  ev  avxfi^ 

xal  ^i^öovxai  ev  xf/  eXerjfioövv?^]  xov  d^eov  avxwv 
xal  dfiagxwXol  djtoXovvxai  elg  xov  alcöva  xqovov. 


5  ^nl  JLCH]  ^(p    R  1   oXe^Qevaai  R]  oXo&Qsvaai  JLCH  7  dno 

öixalwv  fiaxgdv  R]  ^axQctv  dno  ötxaicov  JLCH  |  dicoxofxsvoi  J]  öicDXOfisvov 
RLCH  I  noXsfzov  ego]  dno  Xifxov  RJ,  Xifxov  LCH  |  volwv  RH]  ^eicDV  JLC 
8  xaxaönt>^ovxaL°^]  xaraöiaj^szai  JLCH  |  xarak^fÄXpowai  R]  xaraX^xpeTai 
JLCH  I  xvQiov  RJH]  xov  d^sov  LC  9  xazaXtjfx^&i^oovTai  R*  {fi  eras.)] 

xaxaXriifd-fiaovxaL  JLH,  xaxaXi](p&i^oi]Tai  C  |  dnoXelaq  J  |  (xexonov  J 
10  dnoXsia  R  |   cu  JLCH]  ofii.  R  |  xuxw  RLCH]  xaxwxdxov  J  11  ovx 

evgeO'qoexaL  exe.  litt,  ai  in  ras.  scr.  R  |  ai]  xal  J  |  afiaQxiac  R]  dvofÄiai 
JLCH  I  i^SQTj/bKoowaiv  R  12  ccfjiaQXOjXol  RJC]  praem.  o\  LH  |  h  xQifiaxi 
avxov  RJLC]  add.  dnoöovvai  afiaQxwXoTg  eiq  xov  alwva  Xi^ovov  H 
13  xal  a/ÄaQXü)lol . . .  XQOvov  RJLC]  om.  H  ]  afzaQXwXol  dnoXovvxai  R] 
dnoXovvxai  (add.  ol  LC)  ajuaQXcukol  JLC 


5.  Zu  inl  a.(xaQXO)Xovq  s.  o.  S.  61.  10.  Zu  al  dvo/ulai  s.  o.  S.  59. 

7.  Zn  6ca>x6f.evoc  noXsfxov  s    o.  ^^    gu  ^fiagxlac  s.  o.  S.  57. 
S.  81 1.    Ryle  und  James  schreiben 

wg  6i(oxofi6vov  noXsfxlov.  13.  Zu  afiagxfoXol  dnoXovvxai  s. 

8.  Zu  xaxaÖKo^ovxuL  und  xaxa-  <>•  S.  46  f. 
X^fixpovxai  8.  o.  S.  54. 


126 


V.  Gebhardt,  Die  Psalmen  Salomo's. 


IF 

^'Y(iVoq  TO)  SaXw^coV  sig  avriXrjipLV  oöIoiq. 

1  ^Ev  TCO»   vvöra^ac  ipv/jjv  fiov  djto  xvqiov  jcaQO,  ixlxqov    i 

(üXiöd-rjOa, 
6V  xatatpogä  vjivovvtwv  fiaxgav  ajto  ß-eov' 

2  jtaQ"  oXlyov  s^exvd'r]  ?/  'ipvx^]  fiov  eig  d-ai^arov,  2 

ovvsyyvg  jtvXmv  aöov  fisra  afiagrcoXov' 

3  ev  T(p  öisvsx^fj^ccf^  tpvx^^v  fiov  djto  xvqiov  ^eov  ^IöQai]X'    3 

ei  firj  6  xvQLog  dvreXdßtro  /aov  reo  aXeet  avrov  eig 
rbv  aimva. 

4  Bvv^iv  fis  (Dg  xivTQOV  ijtjcov  Im  rrjv  yQTjyoQTjOiv  avrov,    4 

6    OODTTjQ     Xal     dvTLXrjJtTCDQ     f/ov     tv     jcavTC    xatQw 
SOCOÖtP   fiB. 

5  ^E^oiioXoyrjOOfiai   ool^   6  ^eog,   an   dvreXdßov  fiov  eig    5 

öa>T7]Qlav, 
xal    ovx    eXoyiöo)    fie    fierä    rmv    dfiagra/Xcov    eig 
djtcoXsiav. 


Inscr.  vfivog  zip  aa)..  slg  dvtlXr]ipiv  ooloiq  RJLCJ  ipaXfiog  xw  aa?.. 
€ig  dvzlkt]\piv  H  1   oalcDßiov  R  (-fzwv)  L]  aaXofzü>v  JCH 

1  wUaS^Tjoa  RCHJ  (oXlaS-rjaav  L,  vnvwaa  J  \  iv]  om.  LC  |  xaxacpoQa 
R  {xaxdipÖQo)  L]  xazacfid-ogä  JCH  |  vnvovvzwv  fxaxgav  ego]  vnvov  zw 
(ro  J,  C  latet)  (xaxQav  (add.  yevsa&ai  J)  codd.  3  xvQiog]  &s6g  J  |  /xov 
sec]  add.  eig  owzijQiav  J  4  s.  evv^sv . . .  acazrjQiav  v.  5]  om.  J  4  swcev 
RL]  -^6  rel.  |  eacaaev  RL]  -ae  rel.  5  dvzsXdßezo  (xov  R  |  iXoyiao)  /aa 

LCH]  sXoyTjacD/xcci  (sie)  R,  iXoyi^ao/jtai  J 


Ps.  XVI.  H  theilt  den  Psalm  in 
vier  Theile:  v.  1—4,  5—8,  9— lU, 
IIb— 15,  s.  0.  S.  22. 

Die  stichische  Anordnung  in  J 
bietet  in  v.  1,  v.  7  f.  und  v.  13  Ab- 
weichungen (s.  u.);  V.  3a  und  v.  6t> 
sind  nur  durch  den  grossen  Anfangs- 
buchstaben vom  Vorhergehenden  ge- 
schieden. In  C  ist  der  Doppelpunkt 
nur  V.  2a  u.  b,  3a  u.  b,  4a  u.  b^  5a 
u.  b  erkennbar. 

1,  J  theilt  ab:  *Ev  zui  .  .  .  vnvov. 
II  T6  fxaxQav  yevia&ai  dnb  &sov.  \\ 


Auch  die  übrigen  Hss.  interpungiren 
nach  vnvov,  aber  nicht,  oder  doch 
nur  leicht,  nach  i^eov,  R  auch  nach 
XVQIOV.  —  xaxa(pd-OQä  bietet  mit  H 
nicht  nur  M  (Cambr.),  sondern  auch 
V;  dagegen  hat  P  richtig  xazacpoQä, 
s.  0.  S.  24  f.  —  Zu  vnvovvzüiv  s.  0. 
S.  82. 

B.  {dvxekaßezö)  fiov  bietet  auch 
M,  nicht  fiOL  (Cambr.). 

5.  dvzekdßezo  statt  dvzsXdßov 
hat  R  wohl  aus  v.  3b;  wenn  nicht 
etwa   dvxeldßeoo  beabsichtigt  war. 


Psalm  XVI,  1—15.  127 

6  6  /"^  djtoOTf]07]g  t6  eXsog  Oov  ajt    tfiov,  o  d^sog, 

fi7]6e  rijv  fivijfi7]p  öov  ajto  xagöiag  fiov  tcog  d^avarov. 

7  7  ejtixQarrjOov  fiov,  6  ^sog,  djto  dfiagzlag  jtov7jQäg 

xal  djto  JtdoTjg  yvvaixog  ütovrjQag  oyMVÖali^ovorjg  acpQOva. 

8  8  xal  nij  djtarrjodrco  fie  xdXXog  yvvaixbg  jtaQccvofiovörjg 

xal  jtavTog  vjcoxecfiivov  djto  df/agriag  avccxpeXovg. 

9  9  Ta  sgya  rcov  x^f-Q^^  f^ov  xarsv&vvov  kv  rojtqy  oov, 

xal   rd  ÖLaßrinard  fiov  hv  rf]  f^t^^f^i;]  oov  öiacpvXa^ov. 

10  10  rrjif   yXwöodv  fiov  xal  rd  x^^^V  ."^^  ^^  Xoyoig  dXi]^üag 

JtEQlOzeLXoP, 

6Qy7]v  xal  dvfibv  dXoyov  (laxQav  jioh]öov  du    sfiov. 

11  11  yoyyvOfiov  xal  öXiyoipvxlav  ev  d^Xitpsc  fidxgvvov  an  ej/ov, 

edv  duaQTTjöa)  ev  reo  oe  jraiöeveiv  elg  sjttöTQO(prjp. 

12  12  svöoxia  öe  fierd  iXaQorrjrog  Ottjqlöov  ttjv  rpvxrjv  fiov 

ev  reo  evLOxvoal  ös  xrjv  xpvx^^v  fiov  dgxeoei  fioi  zb  öod^iv. 

13  13  OTL  edv  p)  ov  evLöxvöxig, 

rlg  v(pe^eTac  jcacöeiav  ev  jrevla; 

14  14  ev  To3  eXeyxeod^at  tpvx^P  ^v  x^^Q'-  öajr()/a^  av%ov, 

7]  öoxLf/aoia  oov  ev  oagxl  avrov  xal  ev  d^Xlxpec  neviag' 

15  15  ev  TCO  vjtofielvat  öixaiov  ev  rovrocg,  eXetjO^ijoerai  vjtb 

XVQIOV. 

6  oov  sec.  JLCH]  tisqi  oov  R  |  //ov  JLCH]  om.  R  7  dno  afiag- 

xlaq. .    xal  pr.  v.  8]  om.  J  8  dno  ccfiaQtiag  xzX.]  deficit  C,  v.  infra  ' 

avo^skovg  RJ  9  totko]  tcüttw  J  10  ä?.oyov]  v  ex  corr.  in  ras.  J 

11  yoyyvcfjiov . . .  tfjLov]  om.  L  |   oXiycaxpvxi'ccv  J  |  naiöevsiv  ex  navö.  corr.  J 

12  cxriQLaov   RJ]    oxrigi^ov  LH  |   iv   ta)~'  iviax-   0£   t.  tpvxv^   /"^^j    ^^-  L 

13  ivLOxvariq  ex  iviaxvöaig  corr.  R  |  Tiaiösiav  imölav  R)  iv  nevia  RJLH<^°"^] 
iv  nevia  naiösiav  H*        14  avrov  RJ]  avttiq  LH 

6,  Zu  neQL  (sie)  (ToD  in  R  s.  o.  S.  53.  9.  Zu  iv  ronat  (so  auch  M,  nicht 

7  f .  J  schreibt:  ^Emxgdrrjaov  fiov  (poßui)  öov  s.  o.  S.  83. 
o   -^soQ  (Lücke)   /xtj  dnaxriadxa}  fie  11.  V  hat  v.  IIb  f'marpoyjyV  statt 

xdXXog  yvvaixog  nacQavoßOvaijg'  xal  imaxQ0(priv' 

navxog  .  .  .  dvo<p£Xovg.\\^\e  C  ab-  -.o      v  ^s     >       (jt         >i     > 

theilte,lä^8t  sich  nicht  erkennen,  da  ^  .  ^\  ,^^     '^f^f'^     ^^^     ^^'^^^^^ 

die   Schrift   am    Schluss    der  Zeüen  Fntzsche)  s.  o.  S.  84. 
von  V.  6  an  unleserlich  ist.    V  hat  IB.    J   theilt   die  Strophe  nicht, 

V.  7a  novTjQäg.  statt  novr/gag-  ^^^  auch  V  hat  nach  iviöxva^g'Pmiki, 

8.   Zu  navxog  vnoxsifisvov  s.  o.  nicht  Kolon.  —  Zu  natöslav  iv  nevia 

S.  83.  —  In  C  folgen  auf  vnoxeißi-  s.  o.  S.  23 

vov  noch  2 — 3  unleserliche  Zeilen;  14,  V  hat  am  Schluss  von  v.  148- 

der  Rest  fehlt.  Punkt,  nicht  Kolon. 


128 


V.  Gebhardt,  Die  Psalmen  Salomo's^ 


IZ 

1  KvQLS,  Ov  avTog  ßaoiXevg  i^ficov  eiq  top  alcova  xal  err    i 

ort  6V  öol,  6  d^eog,  xavx^osrat  rj  ipvxf)  ^(icov. 

2  xal  rlg  6  XQOvog  ^corjg  dv&Q(6jtov  am  rrjg  yrjg;  2 

xarä  Tov  xQovov  avxov  xal  rj  sXjtlg  avrov  ejt  avxov, 

3  rjUBlg  ÖB  eXjtioviiev  sjtl  rbv  d-sov  öwxfJQa  rj^mv  3 

OTi  xb  xQaxog  xov  d^eov  rmmv  sig  xbv  alcova  //er' 

iXsovg, 
xal  7]  ßaöiXeia  xov  d^eov  r/ficav  slg  xbv  alcova  am    4 

xä  td-vr]  SV  XQiösi. 

4  2v,  XVQ16,  xiQBxlöG)  XOV  Aavlö  ßaöiXia  im  ^löQarjX^  5 

xal  ov  cofioöag  avxS  jtsgl  xov  öJtSQfiaxog  avxov  slg 

xbv  alSva, 
xov  firj  axXsiJceiv  djtsvavxi  öov  ßaoiXaiov  avxov. 

Inscr.  aaXüifxwv  R  {-(xdiv)  L]  aaXofxutv  JH  |   fzera  R]  fiez*  JLH 
1    avTog   JLH]    om.  R  |  ßaaiksvg]    add.    ei'g   tov   atwva    b    S-sbg  J  [ 
tjfjidiv  pr.]  add.  xal  J  |   y^eog  JLH]  add.  rjfxcSv  R  3  iXniQofiev  J  |  xov 

S^sov  R]  &8dv  TOV  JH,  TOV  d^sov  TOV  L  I  ikaovg  R]  iXiov  JLH  |  iv  xqlou 
JLH]  om.  R  4  r/QSZi^aio  R  |  öavlö  JL,  daö  RH  |  inl]  iv  L  |  xal]  inl  L  j 
avTOv  pr.  JLH]  om.  R  |   ixXsineiv  RH]    ixkinsZv  JL  |   aot]  t6  L 


Ps.  XVII.   Zu  dem  /jista  in  der 

Überschrift  s.  o.  S.  6L 

In  der  Eintheilung  des  Psalms 
bin  ich  H  gefolgt,  nur  dass  ich  nicht, 
wie  hier,  v.  23b  (g.  0.  S.  22),  sondern 
erst  V.  26  einen  neuen  Abschnitt  be- 
ginnen lasse.  R  hat  v.  17  aeawoßeW 
Nri,  V.  30  Kai  k'^ei  und  v.  44  Maxa- 

QlOl 

Die  Abweichungen  der  stichischen 
Schreibung  in  J  sind  gehörigen  Orts 
angemerkt,  abgesehen  von  v.  2b,  42b 
und  45a,  wo  die  Theilang  nur  durch 
den  grossen  Anfangsbuchstaben  kennt- 
lich gemacht  ist. 

1,  xvQie,  ov  avxbg  xzX.  Wie  der 
Ps.  begonnen,  so  schliesst  er  v.  46 
xvQiog  avTog  xtX.,  vgl.  auch  v.  34. 
Man  wird  also  das  Fehlen  des  avTog 


in  R  nur  auf  ein  Versehen  zurück- 
führen können,  vgl.  ausserdem  Ps. 
43,  5  av  sl  avTbg  b  ßaaiXevg  (jlov.  — 
V  hat  V.  la  sti.  statt  sri'  —  Zu  6 
d^iog  (ohne  rj/näiv)  s.  0.  S.  53. 

3.  Zu  TOV  d-ebv  s.  0.  S.  61 ;  &ebv 
xbv  bietet  nicht  nur  H  (Swete),  son- 
dern auch  (ausser  J)  VMP.  —  Die 
Angabe,  dass  M  fzsT^  i?.eovg  v.  3b 
bis  alwva  v.  3c  auslasse  (Cambr.), 
ist  irrig.  —  Zu  iv  XQioei  s.  o.  S.  52. 
—  V  hat  V.  3b    iXiov.  statt  iXsov 

4.  J  theilt  ab:  Kai  av  . .  .  alwva 
TOV  fXT]  ixXiTteZv  -\~  "jiTiEvavTi  aov  ßa- 
alXeiov  avTov.  Aber  RLV  inter- 
pungiren  nach  alwva  (V  alwva.),  nicht 
nach  ixXelnsiv  {ixXm'eiv).  —  ßaal- 
Xeiov  hat  auch  P,  nicht  ßaaiXslav 
(Cambr.). 


Psalm  XVII,  1—9  129 

6  5  xal  tv  raig  af/aQTiaig  7]fimv  Ijcavsörrjöav  i](ilv  a^aQrmXol' 

eJttßsvTO  7jiJtv  xal  t^cooav  7]ft(xg  oig  ovx  sjtfiyysiXco, 

7  fiera  ßlag  d(p8iXavTo,  xal  ovx  töo^aöav  tu  ovofia  oov 

t6  avTifiov. 

6  ev  ^0^1]  £0-£VTO  ßaölXsiov  avzl  vxpovg  avrSv, 

8  iiQi'inoDOav  rov    d^Qovov  Aavlö   tv  vjieQrjfpavia  aXXay- 

[iarog. 

7  Kai  ov^  6  ^sog,  xaraßaXslg  avrovg  xal  dgelg  ro  öJctQßa 

avTcöv  djio  zfjg  yyjg, 

9  iv  TCO   EJtavaOTt^ivaL  avTOlg  avd^Qcojiov   aXXoTQtov  yi- 

vovg  ripic^v. 

10  8  xaTO.  TO.  dfjaQTrjiiaTa  avTCjv  djtoöcioELg  avTolg,  6  d^sog, 

EVQSihfjvat  avTolg  xazd  t«  £()/«  avTcov. 

11  9  ovx  iqXtijOev  avTovg  o  ^sog' 

EsTjQ^vvrjöev    TO    ojtbQfia    avTcov   xal   ovx  acprjxev  av- 
Tcov  tva. 


5  rifxlv  pi*.]  rjfjLÖiv  J  |  'YTTi-^f  vro  J  |  t^cüoav  JLH]  e^ojaavto  R  ]  ovx 
pr.]  om.  L  I  eniyyti?.w  RJ  |  insza]  xal  /ueza  J  |  affeilavzo  R]  dcpeü.ovio 
JLH  6  'EQii/ucDoav  J  |  davlö  JL,  däö  RH  |  cilkäyfjiaxoq  RJL]  aXa).äy' 
fxaxog  H  1  zo  JLH]  om.  R  8  svQsS^^vai  RJL]  svpsS^ei't]  H  9  ovx  pr. 
R]  praem.  xaza  za  t^ya  avzwv  JLH  ]  ovx  pr.]  om.  H  ]  7]Xeriaev  ego] 
elfrioEL  codd.  |  s^EQSvvrjasv  (sie)  RL,  s^rjQevvTjas  JH  j  avzwv  b'vu  RJL] 
avzovg  H 


5.  ''YnsS^svzo  in  J  beruht  auf  s.  Jer.  30  (49),  3  aD.u^ov  B,  a}.a- 
einem  Versehen  des  Miniators.  " —  Acfgov  nAQ.  Übrigens  kommt  aka- 
Nach  r,(jiuq  interpungiren  die  Hss.  Xay^xa  (s.  H)  bei  LXX  nicht  vor,  denn 
garnicht  (RJH)  oder  nur  leicht  (L?).  Ps.  43, 13  iststatt  «AaAa7^acr^vjeden- 
6.  Nicht  nur  P  (Cambr.)  und  R  falls  uü.dyiiaGLV  (cnin-noa)  zu  lesen. 
(Swete),  sondern  alle  Hss.  verbinden  iv  7.  Zu  zo  ontg^a  s.  o.  S.  59.  — 
üo^l]  mit  a&evzo.  —  Vor  eO^evzo  wollte  ysvovq  hat  auch  H,  nicht  ysvoq  (Ryle 
Ewald  (1873)  ovx  einschalten.  —  Dem  u.  James).  —  Statt  rifiüiv  fand  de  la 
überlieferten  «AA«/^«ro?  liegt,  wenn  Gerda  in  seiner  Hs.  T^gizüiv,  wofür 
ich  recht  sehe,  ein  missverstandenes  Hitzig  aiQezcäv  lesen  wollte  (vgl.  auch 
nsEh^  [avazQonri)  zu  Grunde.  Die  Carriere  p.  42)  und  Ewald  (1873) 
Formen  von  a^XaGoeiv  und  von  dXa-  tjqwcdv.  Aber  die  Hss.  haben  alle 
Xdt,eiv  werden  in  den  Hss.  oft  mit  (auch  V)  rjfjLÖJv. 
einander  verwechselt,  vgl.  z.  B.  Jes.  <),  Zu  ovx  ijXtrjaev  und  zu  igtj- 
A\,l  a?J.a^ovaivBAQr,  aka/M^oi  aiv  Qtvvrjaev  s.  o.  S.  84. 
Texte  u.  Untersuchungen  XIII.  2.  9 


X30  ^'  Gebhardt,  Die  Psalmen  Salomo's. 

10  ütLOtbq  o  xvQiog  ev  jcäöi  rolq  xQifiaöiv  avtov  olg  jiolbI  12 

EJtl  rj]v  ytjv. 

11  ^Hgrifioodev  6  avofiog  rijp  yTJv  ri(icöv  a^to  ivotxovvxcov   13 

TjipavLCav  VEov  xal  jrQSößvrrjv  xal  texva  avxSv  afia' 

12  ev    OQyfl   xaXXovg   avtov    e^ajceörsiXev   avrä   tcog   am  u 

ÖVÖfiWV, 

xal  Tovg  (XQXovrag  rrjg  yijg  eig  e/ujcaiyfiov,  xal  ovx 
F.(peiöaxo. 

13  ev  aXXoxQiOTTjtL  o  Ix^Qog  enobjoev  vjtSQtj^avlav,  15 

xal  7]  xagöla  avxov  dXXoxQia  ajto  xov  d^eov  7)fi(5v. 

14  xal  jcavxa  oöa  Ijtolrjöev  ev   legovoaXt'jfi,  u 

xad^cog  xal  xa  e&-V7]  ev  xalg  jtoXeoi  xov  od^evovg  avxcöv. 

15  Kai  ijcexQaxovöav  avxcov  ol  vlol  xTJg  Scad-rixrjg  ev  fieöm  17 

ed^vmv  övfifilxxcov 
ovx  rjv  ev  avxolg  6  Jtoicov  ev  Ifidöco]  'hgovoaXi^f/ 
eXeog  xal  aXrjd^eiav, 


10  xvQioq]  d^eog  J  |   inoirjaev  J  11  ^Egrifjuaatv  J  |   avouoq  RJL] 

avsfjiog  H  j  ttjv  JLH]    inl  zt]V  R  |   xa  tsxvcc  J  12  avtov]  avraiv  J  j 

i/Äneyfiov  R  13  inoirjoe  J  |  vTtSQrjcpavlav  LH]  iv  vTtiQrj^avla  RJ  |  tov] 
om.  J  14  TOV  ad^svovg  ego]  tovq  S^eovg  R,  rotg  Ü-eoig  JLH  15  ^Tif- 
xgatovaav  R]  insxQaxovv  LH,  dnexQaxovv  J  |  oi  JLH]  om.  R  |  iv  avxolg 
6  noiwv  iv  ego]  o  noiwv  iv  /xiaw  iv  avxolg  iv  R,  6  noiwv  iv  avxolg  iv 
fjtsao)  JLH 


11,    ävofzog   hatte   schon   Ewald  13.  Zu  vneQTj<paviav  (V  v7iSQi]<pa- 

(1867)  vermuthet.    Die  Übergehung  viav.)  s.  0.  S.  84. 

von  V  unter  den  Zeugen  für  avsfiog  14,   J    schreibt   Kai   navxa  xzk. 

beruht  bei  Swete  auf  einem  Versehen,  fortlaufend  bis  avzdiv  v.  15»  und  be- 

Dafi  in  R  folgende  inl  ist  Repetition  gjnnt  erst  mit  Ol  vlol  einen  neuen 

^e^inl   V.  10,    s.  0.  S.  53.  —  Für  Stiches.    Auch   V   hat   nach   Uqov- 

rjtpaviaav  (so  auch  MP)  schrieb  Hü-  aaXrifi  (am  Schluss  der  Zeile)  keine 

genf.  T^cpdviaev;   ich  wage  nicht  zu  Interpunktion,   nach    avx<5v   v.    14b 

ändern.  nur  Punkt  und  erst  nach  avx(5v  v. 

13.  Für  xdXXovg  wird  der  Über-  15»  Kolon.  —  Zu  ndvxa  oaa  inolrjaev 

setzer  verantwortlich  zu  machen  sein,  {inoitjaav    Hilgenf.2)    und    zu    xov 

s.  Ryle  u.  James  zu  d.  St.;  Hilgenf.  a&svovg  s.  0.  S.  84 f. 

rieth  auf  ^^kovg.  15.  Zu  o  7ioit5v  iv  avxolg  s.o.S.85. 


1 


Psalm  XVII,  10-22.  131 

18  16  eg)vyoöav  an    avrmv  ol  ayajcSvrtg  ovvaycoyag  oolwv, 

cog  öTQOvd^ia  i^sjctrccod^ijoav  ajio  xolxfjg  avrmv. 

19  17  sjiXavmvTO  Iv  eQ?/(ioig,  öayß^rjvai  ipvxag  avxmv  ajtb  xaxov, 

xal   TLiiLOV   kv  ofpd^aX^olg   Jtagocxiag  ^pv^i]   osowousv?] 
ig  avTwv. 

20  18  elg  näöav  rfjv  yrjv  tysvrid^rj  6  oxoQJtiOfibg  avrcov  vno 

av6iiG)v, 
6x1  aviayßv  6  ovgavog  rov  ora^ai  vsrov  sm  njvyrjv. 

21  19  jtr]yal    owBOx^^^oav    alwvtoi    e§   aßvoocov   djcb   oQimv 

vxpr]?.(ibv, 
ort  ovx  ijv  iv  avzoig  Jtoiwv  ötxaioovvTjv  xal  xglfia. 
20  ajto  agxovTog  avrmv  xal  Xaov  eXax'iorov  ev  Jüccorjafiagria. 

22  o   ßaoiXsvg   tv    nagavonia   xal  6  XQirrjg  ev  djtsiO^tia 

xal  6  Xaog  ev  dfiagrla. 

23  21  lös,  XVQ16,  xal  dvdörrjöov  avrolg  rov  ßaoiXta  avrmv, 

vlov  Aavlöf 
Big  rov  xaiQov  ov  eiXov  öv,  b  d^sog,  rov  ßaoiXsvoai 
kjtl  'JoQarjX  xalöä  öov 

24  22  xal  vjto^wöov  avrbv  loxvv,  rov  d^gavoai  dgxovrag  dölxovg, 

25  xa&aQiaai  ^IsQOvoaXrjfi  äjtb  ed^vmv  xarajtarovvrmv  ev 

djtwXsia. 

1£)  i<pvyoGav  R]  a<pvyov  JLH  |  «tt'  avtojv]  and  tovtcdv  L  |  oalcov] 
oin.  L  I  i^sTievccaav  L  18  slg  jcäaav  xrX.]  praem.  e<pvyoa(xv  dn  avr<ov 
Ol  dyanwvTeg  avvaywyag  baiatv  R  |  6  pr.  JLH]  om.  R  |  ivsaxsv  J  |  rovo 
td^ai  R  I  itjg  yT^g  J  20  avxmv]  avrov  J  20  s.  6  ßaoiXevg . . .  vlov  öavid 
V.  21  post  Big  tov  xaigov . . .  naZöd  aov  (v.  21)  pon.  J  21  viov]  vw  R  I 
öaviö  JL,  darf  RH  I  eUov  egoj  Ueg  R,  slöeg  JL,  o'iÖEg  HV,  olöag  MP  \ 
^ni\  om.  L        22  xa&aQiaai  Geiger]  xad^dgiaov  codd. 


18.  R  wiederholt  i<pvyoaav  ...  v.  20^  durch  Kolon  nach  nagavofzia. 
amü>v  aus  v.  16,  vgl.  zu  XII,  5.  —  —  annHla  bieten  alleHss.;  das  aA??- 
Zu  o  axoQTtiafiog  s.  o.  S.  59.  —  Die  &eia  der  ed.  princ.  haben  erst  Ryle 
Angabe,  dass  das  o  vor  ovgavog  in  u.  James  definitiv  beseitigt. 

HV    (Ryle   u.   James)    oder    in    VP 

(Swete)  fehle,  ist  irrig.  ^1'  ^  ^^^  "^^^  ^^'^'^  ®i^  ^^^on. 

19.  Nach  xQlfia  interpungiren  alle  "  ^"  ^''^^^  ^-  ^'  ^'  ^' 

Hss.  (s.  dagegen  Geiger).  22.    Zu    xa^agiaai   vgl.    v.   30c. 

30,    xal    Xaov   xrX.     Vor    )mov  Nach     ino^waov     conformiren     JL 

schaltete  Hilgenf.2  fa>?  ein;   vgl.  je-  weiter  v.  23  s^waov,  J  sogar  noch 

doch  Wellhausen  S.  133.  —  V  theilt  v.  24  avvtgitpov,  s.  o.  S.  86. 

9* 


132  V.  Gebhardt,  Die  Psalmen  Salomo's. 

23  ev  öo^ia,   ev  ötxaioovm^]  s^woai  afiagrcoXovg  ajto  xXrj-  26 

Qovoiiiaq, 
eTCTQitpac  vjiSQTjcpavlap  afiagrco^.ov  03göxevr]  xegafiecog' 

24  6V  Qaßöq)  öiörjQa  ovvTQiipai  jiaöav  vjtooraoiv  avTcJv, 

oXoO^QSvöaL  ed^vi]  jcagavofia  av  loyoi  OTO^aroq  avzov'  27 

25  ev  ajceiXi]  avrov  <pvystv  td-vr/  djto  jiqoO(X)jcov  avrov, 

xal  eXey^at  afjagrcoXovg  Iv  loycp  xagölag  avrcöp. 

20  Kai  övva^ei  Xaov  ccytov  ov  atpr^yriösrac  ev  öixaioovvyj,  28 
xal  xQLvel  (pvXag  Xaov  r/yiaofi^i^ov  vjcb  xvqlov  d^eov 
avTOv' 

27  xal  ovx  d^rjöei  dÖLxiav  ev  (leoqy  avrwv  avXiod-fjvat  erc,  29 

xal  OV'  xaTOtxfjoet  jtäg  avd-Qwjcog  ^er  avrcov  eiöcog 

xaxlav ' 
yvcoöerac  yag   avrovg   ort  jidvreg  vlol  deov  eiöiv  30 

avTcov. 

28  xal  xarafJSQioeL  avzovg  ev  ralg  (pvXalg  avrcov  ejil  zrjg  yijg, 

xal  jcccQocxog  xal  dXXoyevrjg  ov  jtaQOLxi)öeL  avroig  err  31 

29  xQivel  Xaovg  xal  eß-v?]  ev  6og)la  dixaioovvr/g  avrov. 

öidtpaXfia 


.23  i^cüacu  RH,    s^coaov  JL  |   a/ua^zcoXov  RL]    a/ua^TwXüJv  J,    aixuQ- 
TCüXovg  H  I   wg]  iv  J  24  ovvt^lipai]  avvTQixpov  J  26  avvd^ai  J 

27  Sil   RJL]    om.    H  [   elaiv   aizwv   RJ    avxwv   eloiv   JL.    avzdiv   slai   H 

28  TTJg]  om.  J  |   avToZg]  praem.  ip  L 


23.f.    J  theilt  ab:  ^Ei    ao(fla   iv  tet  M,  wie  HVP,  äfiaQtcoXovg,  nicht 

öixaioavvr]:  W'E^cjoov  afiaQTü}?..  dnb  äfxaQxwXüiv  (Cambr.).  —  oxsvtj  hat 

xX^QOvofzlag:  \\"ExzQirpai  .  .  .  xega-  auch  R;  die  entgegengesetzte  Angabe 

ßiüjg  iv  QÜßdü)  .  .  .  avxüiv  +  i|  'OAo-  Swete's  beruht  auf  einem   Versehen 

d-QSvoai  xx'k    Ebenso  interpungirt  L,  (das  Wort  fehlt  in  keiner  Hs.). 
nur  dass  hier  der  Punkt  nach  xiga-  26.  V  theilt  v.  26a  durch  Kolon 

iiimg  nicht  fehlt.     V  hat  v.  23b  Ko-  nach  uyiov. 

Ion  nach  vnsQrnpavlav ,   nach  xeoa-  27,  Zu  eIoiv  avicüv  s.  o.  S.  51. 

/xiiüc  keine  Interpunktion.  28.  Für  xaza/uezQiaei  ist  die  ed. 

23.  Zu  iv  öixaioavPii  s.  0.  S.  86.  —  pi'-  verantwortlich,  nicht  H  (Cambr.). 
t^aJöfttaccentuirt nicht nurM(Cambr.),  29.    J    schliesst    xqiveZ  xzL    auf 

sondern  die  Gruppe  HVMP,  wie  v.  24  derselben    Zeile,    ohne    grossen   An- 

o?,oO^Qevöat  (auch  R],  In  v.  23b  bie-  fangsbuchstaben,  an  v.  28b  an. 


Psalm  XVII,  23—36.  133 

32  30  Kai  e^EL  Xaovq  ed-vcov  dovXsveiv  avrS  vjib  zov  t.vyov 

avTOv' 
xal  t6i>  xvqlop  öo^aöst  ev  BJtiOrj(icp  Jtaötjq  rrjq  yrjg, 

33  xal  xaOaQisl  ^l6QOVOaX7]fi  ev   ayiaoiiS   coq  xal  ro  ajt 

34  31  Igxeöd^aL  Id^vTj  an    axQOv  rrjg  yrjg  löslv  rrjv  öo^av  avzov, 

^SQOvreg  öcoga  rovg  s^rjöd-svrjxorag  vlovg  avrrjg, 

35  xal  löelv  rrjv  öo^av  xvQiov  tjv  löo^aösv  avrrjv  o  dsog. 
32  xal  avTog  ßaöLlevg  öixaiog  öiöaxrog  vjto  ^sov  en  avrovg' 

36  xal   ovx  eOTiv  döixla  ev  ralg  ruiegaig  avrov  ev  fieöoy 

avrmv^ 
ort  jidvteg  dytoi,  xal  ßaöiXevg  avrwv  xQLörog  xvgiog. 

37  33  ov  yccQ  eXjiiel  ejtl  Xjijiov  xal  dvaßdrijv  xal  ro^ov, 

ovöe  JtXrjd^vvel  avrm  xqvölov  ovöe  agyvQiov  elg  JtoXefiov, 
xal   jtoXXolg   (Xaolg)   ov    övvd^et   eX^niöag   elg   f^uegav 
jtoXefiov. 

38  34  KvQLog  avTog  ßaöiXevg  avzov,    eXjt\g  rov    övvarov  eX- 

jtiöi  d^eoVy 
xal   eXer/öei  jidvra  rd  e&v?]  evmjnov  avrov  ev  g)6ßqi. 

39  35  jtard^eL  ydg  yrjv  rm  Xoyco  rov  oro^atog  avrov  elg  alcova, 

40  evXoyrjOet  Xabv  xvglov  ev  öo(pia  ^ler    evg)Q06vv7]g' 

41  36  xal  avrog  xad-agog  djto  aßagriag,  rov  dg^eiv  Xaov  fteydXov, 

eXey^ac  dg^ovrag  xal  e§ägai  d^uagrmXovg  ev  löxvi  Xoyov. 

30  Tov  t,vy6v  R]  om.  zov  JLH  |  xad^agisl  RL]  ,xa0^aQiaet  JH 
31  SQXio^ai  RH]  e^x^^^^  JL  32  ozi  ndweg . . .  xvqioc]  om.  J  33  i(p^ 
Ynnov  J  I  ovöe  sec.  RJ  xal  JLH  |  ^.aolg  addidi]  qm.  codd.  34  rov  JLH] 
avzov  R  35  ncczä^ei  LH]  xazd^ei  RJ  1   8ig  zov  aldiva  J  36  ).aov 

[xsydXov  JLH]  Xaovq  fxsyäXovg  R  [   loxvel  R 


31.  (psQOvzsg  hat  auch  M,  nicht  statt  Kolon.  —  Zu  ovöh  dgyvQ.  s.  o. 
(fSQOvzag   (s.   Ryle   u.    James),   wie  S.  57,  zu  noXXolg  Xaolg  S.  87. 
Hilgenf.  änderte.   Vielleicht  ist  v.  31»  34.  Zu  iXE^oei  s.  o.  S.  87. 
(:QX,Bod^£  .und  V.  31c  ]!6ezs   zu  lesen,  35.  Zu  nazd^ei  s.  o.  S.  87. 

s.  0.   S.  8ü.    —  V    hat   nach    aviifg  36.  R  interpungirt  nach  a/xagzlag, 

Punkt  statt  Kolon.  nach  fieydXovg  (s.  o.)  und  nach  ccq- 

32.  V  hat  V.  32b  nach  avzäjv  ;coi'rag.  V  hat  Kolon  nach  afxaQziag 
Punkt  statt  Kolon.  —  Zu  yQLOzbg  und  nach  (xeydXoVy  nach  dg'/ovzag 
xvQLog  s.  Wellhausen  S.  132.  Carriere  Komma.  —  Für  Xaovg  fieydXovg  (R) 
wollte  x()<(Troi?  xvqlov  ändern.  wird  man  den  Übersetzer   so   wenig 

33.  V  hat  nach  noXefiov  Punkt  verantwortlich   machen  können,  wie 


J34  V.  Gebhardt,  Die  Psalmen  Salomo's. 

37  xal  ovx  dod^evtjOei  er  ralg  i^fiigaig  avzov  sjtl  B-eco  avrov'  42 

oTi  d  d^ebg  xaTsigyaOaro  avzov  övparov  ev  nvzv- 

(xari  aylcp 
xal  öog)6v  SV  ßovXfi  övveoecog  fiera  loxvog  xal  61- 

xaioovvTjg. 

38  xal  evXoyia  xvqIov  fisr   avzov  ev  Idxvc,  43 

xal  ovx  dö&6vi^oei. 

39  ^H  sXjtlg  avzov  em  xvQiov,  44 

xal  zig  övvazat  jtgbg  avzov; 

40  iöx^Qog  ^v  egyoig  avzov  xal  xgazaiog  ev  (p6ß(p  d^eov, 

jiGifialvojv  z6   jiol^viov  XVQIOV   ev   Jtiozei  xal  öl-  45 

xacoOvvxi^ 
xal   ovx   d<f>i](ieL   äod-evtjöai  ev   avzolg  ev  zfi  vofi^j 

avzcöv. 

41  kv  löozrjzi  jcavzag  avzovg  a^ei,  46 

xal  ovx  eczai  ev  avzolg  vjt6Q7]g>avla  zov  xazaöv- 
vaOzevB-fjvac  hv  avzolg. 


37  xaxriQydaato  R  |  övvaxov]  övvafiiv  L,  om.  J  |  fiexa  RJL]  //fr'  H  [ 
Stxaioavvijq  JLH]  öixatoavvijy  R  38  la'/yeL  R  40  dtp^aai  J  j  avtaiv] 
avtö)  L        41  (aoTTjTi  RJL™*«-«]  baiottrci  L'^^'H  |  u^si]  av^si  P 


für  den  Accus,   dixaioavvtjv  v.  37c,  muthete  Hilg.    övvatsZ;  vgl.  jedoch' 

welchen  auch   Swete  preisgiebt.   —  z.  B.  Jer.  1,  19  xal  noXefx^aovaiv  as 

Statt  i^&gai  accentuiren  die  meisten  xal  ov  /nrj  övvwvrai  ngog  as. 

Hss.  (auch  R)  i^dgai.  ,^    „_.     „        ,  ^r  /  .  ,  .  tn 

^  '        *^  40.  Wie  R  und  V  (nicht  L),  so 

38.  J    theilt   die  Strophe  nicht,  interpungirt  auch  J  nach  avzov,  be- 

und  auch  H  hat  nach  laxi'i  Punkt,  ginnt    aber  den   neuen   Stichos  erst 

nicht  Kolon.  —  xal   ovx  da&evrjasi  mit  üotfiaivcov. 

verbinden    beide    Cambridger    Aus-  .^     ,  .,    ...     ,»,-,» 

,  ..    t    >,    ,       >     .       ,        ^r^  *!•  J  theilt  ab:    Ev  loottiti  .  .  . 

gaben  mit  w  eAmg  avtov  xzX.  v.  39.  >-,.     ,1,   vv    x        ,      >     v  ,       ? 

T\-    TT       /  •  1-i.  -»«^  •  j.  •  «sf*  (R  a^ei.)  xal  ovx  sazai  ev  av- 

Die  Hss.  (nicht  nur  M)  mterpungiren  .    \       ~  ,       „  ^  . 

,      >   o      '  TT  1-     •     i      -i.  trr  TOtc    VTisgrjwavia:      Tov   xazaovva- 

nach  aad-eviiaei;     H  beginnt  mit  H  «-         T       >     1  >     >    / 

j,    ,       .  Av    1    vLi.    /  ozevS-Tivai  ev  avzoLg.  —  ev  ioozrizi 

SATtlc  einen  neuen  Abschnitt    (s.    0.        .    ,  -Ai         ,  ' 

c  „rtx    T    •  CL-  1  Wird  Übersetzung  von  o-^^ü-^tta  sein, 

ö.  22),  J  einen  neuen  Stichos.  i   r>    n  n  r  vv\?      »a  '   "   "'t  u  1 

vgl.  Ps.  9,  9  LXX  ev  sv&vztjzi.    L  hat 

39.  J  theilt  diese  Strophe  nicht  das  Richtige  wenigstens  noch  am 
und  auch  H  hat  nach  xvqiov  Punkt,  Rande  bewahrt,  während  es  in  H 
nicht    Kolon.   —   Für    övvazat   ver-  ganz  verloren  gegangen  ist. 


J 


Psalm  XVII,  37-46.  135 

47  42  AvTTj    rj    evjtgejisia    rov    ßaOiXicog    ^ICgai^X    ?]v    lyvo) 

6  d-sog, 
dvaOTTJöai  avxov  hjt   olxov  'lagai^Z,  jtaiöevcai  avrov. 

48  43  T«  Q7jf4aTa  avrov  jtsjtvgwfieva  vjteg  xQ'^^^ov  ro  jigmrov 

[ri^iov] ' 
kv  ovvaymyaTg  öiaxgcvel  Xaov  q)vXaq  rjyiaöfisvov, 

49  ol  Xoyoi  avToi  cog  Xoyot  aylcov  hv  /ieoq>  Xamv  r^yiaö- 

fiivcov. 

50  44  fiaxagioi  ol  ysvofisvoc  hv  ralg  i^fiigatg  hcelvaiCj 

idelv  rä  dyad'd  ^Icgai^X  ev  ovvaycayxi  g)vX(5v,  a  jioii^oei 
6  d-eog. 

51  45  raxvpai  6  d-sbg  ejtl  ^IcgarjX  xo  eXaog  avrov, 

gvoairo  ^fiäg  djtb  dxad-agoiag  ex^gööv  ßsßrjXmv. 

46  xvgiog  avrog  ßaOiXevg  7]fic5v  slg  rov  almva  xal  In. 


42  ^loQctriX  pr.]  XeQOVcaXrifi  J  43  tb  nQoixov  tifitov  R]  xifxiov  xo 

Ttgdtxov   JLH  |   Xaov  R]   Xaovq  JLH  |    7]yiaafi6vov   RJ]    ^ytaaßsvovg   L, 
^yiaofjiivatv  H  |  avxov  sec.  JLH]  avxwv  R  |  ü>q\  om..  J  44  ysvofXEvoi 

R]   yivofievoi  JLH  |  'lagariX]   IsgovaaX^fjt  J  |  a  nonqaei  H]   noi^aai  RJL 
45  xaxvvri  R  |  Qvaaixo  Fritzsche]  Qvcexai  RJH,  Qvaai  L 


42,  Hilgenf.  setzt  ntich  d^eoq  einen  44.  Zu  «  noi^aei  s.  o.  S.  87. 
Punkt  und  accentuirt  dvaaxi]aai  . . »  45     ^{,aaixo.    Die  von  Fritzsche 
nawevüai.  empfohlene    Änderung    ist    eine    so 

43,  Zu  x6  TtQüixov  xifXLOv  s.  o.  leichte  und  naheliegende,  dass  es  der 
S.  87,  •  zu  Xaov  tpvXaq  rjyiaa/zevov  theilweisen  Bestätigung  durch  L  nicht 
S.  57.  —  Statt  ÖLaxQLVH  accentuirt  bedurft  hätte,  um  sie  zu  empfehlen, 
R  öiaxQivsi.  s.  0.  S.  88. 


136 


V.  Gebhardt,  Die  Psalmen  Salomo's. 


IH 

1  KvQis,    t6  sXboq  oov  8Jil  ra  eQya  tojv  yei^wv  oov  de    i 

Tov  alcova, 
7]  yQTjöxorrjc  oov  fiera  öof/aroc  jtlovolov  tjcl  löQat)),'    2 

2  OL  o(p&al^oi  oov  i-JtißXijtovrsg  h:ji  avra^  xal  ovx  voxe- 

Qrjöet  £5  avTCüV 
ra  (DTO.  oov  ejtaxovec  elg  ötrjoiv  jtrco/ov  Iv  eXjtlöi.    3 

3  ra  xQifiaTa  oov  Im  jiäoav  x?)v  yrjp  f/erä  iXtovg, 

xal  rj  ayajiTj  Oov  sjtl  OjtaQfxa  ^AßQaafj,  vlovg  lOQar/X.    4 

4  rj  jtaiösla  oov  fc^'  7jfiäg  cog  vioi^  jzQcoxoroy.ov  fiovoyevrj, 

anoOTQ^ipai  rpvyijv  eviqxoov  ano  dfia&lag  ev  ayvoia.    5 

5  xa&aQioai  d  Osbg  ^lOQarjX  elg  TjfieQav  IXtovg  tv  evXoyla,    e 

sig  rj(j,tQav  axXoyrjg  hv  apa^ei  ygiozov  avrov. 


Inscr.  aaXw/uwv  RL]  occlofxcov  JH  |   eti  RJ]  enl  LH 
1  7/]  om.  J  l  fjLeza]  i-jil  R  2  ^mßXbnovaiv  L  j   Ina-Aom-    R]  Ina- 

xovosi  JLH  3  fiercc  RJL]  /ust^  H  |  iXaovg  R]  sltov  JLH  |  ^  JLH|  om.  R  ] 
tnl  onsQixa  äß^acc/u  exe.  litt,  t  et  a^  in  ras.  scr.  R  |  viovg  Fabricius] 
viov  cocld.  4  naiölu  R  |   tcqidzozoxov  [jLOvoyevovq  L  |   em'ixoov  RJL] 

vn-rf/coov  H  I   afiaS^Eiaq  J  5  xa&aQiorj  R  |   i?.tovg  Rl  €?Jov  LH 


Ps.  XYIII,  Die  Eintheilung  des 
Psalms  ist  H  entnommen,  s.  0.  S.  22. 
R  hat  V.  loa  Mtyac  und  v.  10c  (/u 
Anfang  der  Seite)  Kul. 

Ryle  u.  James  lassen  den  Psalm 
mit  V.  9  scbliessen  und  betrachten  v. 
10 — 12  als  Fragment  eines  19.  Psalms. 
Aber  abgesehen  davon,  dass  die  Über- 
lieferung nur  18  Psalmen  kennt 
(schon  das  Citat  in  dem  Buche  Pistis 
Sophia:  'per  Solomonem  in  eins  de- 
ciraa  nona  ode'  scheint  unsere  18 
Psalmen  vorauszusetzen),  erscheint 
es  niisslich.  auf  Grund  so  weniger 
Strophen  ein  Urtheil  zu  fällen.  Nur 
darin  wird  Ryle  u.  James  recht  zu 
geben  sein,  dass  M'ir  den  Schluss  der 
Psalmen  Salomo's  nicht  mehr  be- 
sitzen. 

In    der   Stichentheilung    bietet   -i 


bis  V.  4b  (s.  u.)  keine  Abweichungen, 
nur  dass  v.  2b  T«  keine  neue  Zeile 
beginnt. 

1,  Das  '^H  zu  Anfang  der  Zeile 
fehlt  in  J  durch  Schuld  des  Minia- 
tors.  —  Zu  fxezci  ööfxazoq  vgl.  V,  14 
zo  ÖS  öofÄU  oov  no).v  (jlszo.  /jjtjgto- 
ztjzog  xz)..;  R  hat  aus  der  vorigen 
Zeile  Gov  etil  repetirt. 

2.  ic,  avzüiv.  Hilgenf.2  ergänzt 
[V  oder  T/;  aber  die  Schuld  kann 
auch  am  Übersetzer  liegen.  —  Zu 
inaxomi    (R   bnaxovn')  s.  0.  S.  58. 

3.  Zu  ?/  dycmri  s.  0.  S.  59.  — 
ccßQuaf.1  haben  JHV,  aßgad/u  RLMP. 
—  Zu  vioig  s.  0.  S.  88. 

4,  clyroui  hat  auch  M,  nicht 
droia  (Cambr.).  —  Mit  v.  4b  bricht  J 
a)).  s.  o.  S.  65. 


Psalm  XVIII,  1—11.  137 

7  6  Maxagioi  ol  y^vo^tiVOL  ev  ralg  ijiitQaiQ  sxelvatg, 

lÖElv  ra  ayaüa  xvqLov  a  jtoirjOsc  yEvea  zf]  tQxo^dvri. 

8  7  vjto    gaßöov   jtaiöeiag   ;^()föro{5    xvglov   av   cpoßo)    deov 

avrov, 
svOotpia  Jtvevfiarog  xal  öixaioövv7]g  xal  lo^vog' 

9  8  xarevd^vvaL  avöga  tv  Igyoig  ÖLxaioovvijg  (poßcp  ^tov, 

xaraöTTJoai  jtavxag  avrovg  Ivwjilov  xvgiov. 

10  9  yevsä  dyad-rj  ev  (poßcp  d^eov  ev  ruitgaig  eXtovg. 

öidy^aXfia 

11  10  Mayag    ruimv    6    ^sog    xal    evöo^og,     ev    vrpiöroig    xa- 

TOLX(DV' 

12  6    öiard^ag   ev   Jtogeia    q)a>6Trjgac   elg    xaigovg   coqcqv 

d(p    iineg^v  elg  j/fiegag, 
xal  ov  Jtageßrjöav  djib  oöov  rig  evexeiJfX)  avrolc. 

13  11  ev  (poßcp  d^eov  ry  oöog  avrmv  xaO-*  bxdöTrjv  7^jfiegav, 

d^    yg     TJfiegag     exrtöev     avrovg    o    O^eog    xal    ea>g 


ai(jovoc. 


6  yevofxevoi  R]    yivofxevoi  LH  |  tcäg  LH]   om.  R  8  avÖQa  LH] 

avÖQaq  R  ]  hvioniov  RL]  ^v  (poßw  H        9  eliovQ  R]  IXeov  LH         10  tkxüjv 
6  d^eog  R]  o  S^ecg  r^/ucüv  LH  |  noQia  R 


6.  Zu  bv  xalq  i}fieQ.  s.  o.  S.  59.  —  Angabe  ist  iiTeführend,  da  in  M  hier, 

V  hat   nach    extivcuq  Punkt,    nicht  wie  nach  XVH,  29,  nur    der  Raum 

Kolon.  freigelassen  ist,   in  welchen  der  Mi- 

8.  Hilgenf.  accentuirt  xatev&vvai  niator  das  öidipalfia  setzen  sollte. 
. . .  xaiuaxrioai  (so  L,  nicht  auch  M).  Den  grossen  Anfangsbuchstaben  v.  10 
—  Zu  ävdQOLq  (R)  s.  o.  S.  44;  avijQ  aber  hat  M  mit  HV  gemein,  s.  o. 
(tti"s)  kommt  in  unseren  Psalmen  nur  S.  22. 

im  Singular  vor.  -  xvgiov  hat  auch  ^^    ^  interpungirt  nach  xaiQOvc. 

M,  nicht  xvQiio  (Cambr.).  ^^^^.  ^^^^^  ^^^^  .^^,^^^    y  ^^^  ^^^^^ 

9.  'M  om.  ÖLaxpaXfxa  sed  ita  mter-  ^^,^^^  ^^^^^,  ^.^^^  ^^^^^  _  ^^ 
pungit  quasi  Psalmus  his  verbis  fini-  ^-^^^^  ^^  ^^^^  ^^^^  y  ^^^  p^  ^i^^^^ 
retur,  et  sequentem  versum  litera  ma-  <-'    fCambr ) 

uscula  inchoat'  Ryle  u.  James.  Diese 


138 


V.  Gebhardt,  Die  Psalmen  Salomo's. 


12  xäl  ovx  e:tXavrjd^r}6av  a<p    rjg  i^fiegag  bxtcCsv  avTOvg, 
djto  yepecöv  agyalmv  ovx  djtearTjOav  oöwv  avrcov' 
et  [tri  6  d-Bog  svstslXaTO  avzoTg  sp  sjttToyf]  dovXmv 


avTOv. 


14 


12  66mv  R]   ccTto  oSov  LH  |  Subscr.  aoXoumvxoq  \paXf4ol  axi  \pv  R» 
tpaXfjtol  aoXofjKovog  nj  L,  xpccXfiol  aoXofAwvrog  irj'  sxovaiv  stitj   a  H 


12.  Zu  böüiv  s.  0.  S.  57.  —  Nach 
avTwv  hat  V  Punkt,  nicht  Kolon. 

In  der  Unterschrift  bieten,  wie  H, 
so  auch  V  und  P  aoXoudSvzoq,  nicht 
aaXouüivTog  (Cambr.),  s.  o.  S.  48.  — 
P  liest  \paX(Jt,ol  GoXofKvvzoq  SBxaox- 
X(o'  exovaiv  sTttj  XQiaxovxa  (alöo  X' 
statt  a).  Mit  der  Stichenzählung  in 
H  wusste  Graux  nichts  anzufangen. 
'Si  cette  indication  etait  exacte,  le 
stique  serait  reduit  ä  23  ou  24  lettres. 
Notez  que,  dans  la  table  de  Nic^- 
phore  et  d'Anastase,  les  Psaumes  et 
Cantiques  de  Solomon  •  figurent  pour 
2100  stiques.  II  n'y  a  pas  moyen  de 
faire  usage  de  ces  donn^es'  (Revue  de 


Philologie,  de  litt^rature  et  d'histoire 
anciennes.  N.  S.  T.  II.  1878  p.  117.). 
Vielleicht  sind  unter  den  enri  hier 
Halbstichen  zu  verstehen,  s.  o.  S.  41 
Anm.  1.  Da  noch  nicht  die  Hälfte 
der  Stichen  durch  den  Punkt  getheilt 
vdrd,  so  mag  die  Zahl  1000  wohl 
zutreffen.  Denn  die  Gesämmtzahl 
der  vollen  Stichen  beträgt  650  (+  350 
=  1000).  —  Die  750  Stichen,  welche  R 
unseren  Psalmen  giebt,  setzen  einen 
Stichos  von  c.  32  Buchstaben  voraus: 
eine  Zahl,  welche  hinter  dem  Nor- 
malmasse  (34—38  Buchstaben)  nur 
wenig  zurückbleibt. 


II 


Erklärung  der  abgekürzten  Citate. 

Beer:  CoUation  des  Cod.  Vindobon.  bei  Ryle  und  James  p.  XCIl 
-XCIV,  s.  o.  S.  10. 

Cainbr.:  die  beiden  in  Cambridge  erschienenen  Ausgaben  der 
Psalmen,  von  Ryle  u.  James  und  von  Swete. 

Carriere:  De  Psalterio  Salomonis  disquisitionem  historico-criticam 
scripsit  AugustuS  Carriere.     Argentor,  1870. 

Ewald:  Conjecturen  desselben  in  den  Götting.  gel.  Anzeigen  1867 
S.  109  und  1873  S.  239. 

Fabricius:  Ausgabe  der  Psalmen  im  Codex  pseudepigr.  Veteris 
Testamenti,  s.  o.  S.  8. 

Fritzsche:  Ausgabe  der  Psalmen  im  Anhange  der  Libri  apocryphi 
Veteris  Testamenti,  s.  o.  S.  9. 

Geiger:  Der  Psalter  Salomo's.     Augsburg  1871,  s.  o.  S.  9. 

Hilgenfeld:  Ausgabe  der  Psalmen  im  11.  Jahrg.  der  Zeitschrift 
für  wissenschaftliche  Theologie  und  im  Messias  Judaeorum, 
s.  o.  S.  9,  und  Übersetzung  derselben  im  14.  Jahrg.  der 
Zeitschr.  f.  wissensch.  Theol.,  s.  o.  S.  13.  Wo  auf  die 
Ausgabe  oder  die  Übersetzung  besonders  Bezug  genommen 
wird,  bedeutet  Hilgenf.  1  die  erstere,  Hilgenf.^  die  letztere. 

Hitzig:  Geschichte  des  Volkes  Israel.    Th.  1.    Leipz.  1869  S.  494. 

de  la  Cerda:  Adversaria  Sacra.    Lugduni  1626,  s.  o.  S.  1  ff. 

de  Lagarde:  Conjecturen  desselben,  mitgetheilt  von  Hilgenf.^ 

Pick:  Ausgabe  der  Psalmen  in  The  Presbyterian  Review,  1883 
p.  775—812,  s.  o.  S.  9f. 

Ryle  u.  James:  TaXfcol  ^JoXouwvrog.  Cambridge  1891,  s.  o. 
S.  10. 

M.  Schmidt:  Conjecturen  desselben,  mitgetheilt  von  Hilgenf.^ 

Swete:  Ausgabe  der  Psalmen  im  3.  Bande  der  LXX,  s.  o.  S.  11. 

Wellhausen:  Die  Pharisäer  und  die  Sadducäer.  Greifswald  1874 
S.  131  ff.,  s.  0.  S.  13. 

Die  LXX  citire  ich  nach  Swete's  Ausgabe,  deren  Verszählung 
namentlich  in  den  Psalmen  oft  von  der  hergebrachten  ab- 
weicht. 


Index^). 


AßQadfji  IX,  9.  x^^TI,  3. 
aßvaaog  xvii,  19. 
dyaS^ög  in,  2  bis.  x\^II,  9. 

dyad-a  {rcc)  i,  6.  v,  18.  xi,  7.  xvii,  44. 
XVIII,  6. 
uyaD.iaaig  v,  i. 
dyanäü)  iv,  25.  vi,  6.  ix,  8.  x,  3.   xiv, 

I.  6.   XVII,  16. 

dyuTTTj  x\'ni,  3. 

dyänrjaig  xiii.  9. 

ayiätoi  VIII,  22.  nvn,  26.  43 bis. 

hyiuofxa  vii,  2.  viii,  4.  xi,  7. 

ayiaofxog  xvii,  30. 

dyiog  XVII,  26.  32,  37. 

04    «V^Ot   XI,  1.    XVII,  43. 

ta  ayia  xvqlov  s.   tov  d^eov  i,  8. 

II,  3.    VIII,  11. 

ayvoia  in,  8,  xiii,  7.  xviii,  4. 

aycy  viii,  15.  19.  XVII,  41. 

adrjg  iv,  13.  xiv,  9.  xv,  10.  xvi,  2. 

döl'Au  II,  12.  in,  7.  IV,  24.  IX,  4. 5.  XVII,27. 32. 

a.öixogi\\\o.  IX,3.  XII,5.  XV,4.   XVII,22. 

Al'yvnxog  ii,  26. 

aiijLa  vin,  12.  20. 

aivBZog  ni,  1.  viii,  24.  34. 

aivbo)  V,  1.  X,  5. 

aivog  v.  ;(ran'0(?  in,  1.  xv,  3. 

*ai()to/uai  xvii,  21. 

alQtTl'i^Ui   IX,  9.   XVII,  4. 

uiQio  y,  10.  XIII,  11.  XVII,  7. 


(xiayhVTj  ix,  6. 
al'rrjfia  ^^,  6. 
alriog  ix,  5. 
alxf^ci^.coGiu  n,  6. 

atoJv  n,  31.  34.  37.  III,  11.  12.  VII,  8.  9. 
VIII,  7.  26.  33  bis.  34.  IX,  9.  10.  X,  5. 
7.  XI,  7.  9.  XII,  6.  XIII.  11.  XIV,  3. 
4.  XV,  4.  12.  13.  XVI,  3.  XVII.  1.  3  bis. 
4,   35.   46.   XVIII,  1.   11. 

alüjviog  ni,  12.  x,  4.  8.  xvii,  19. 
axa^agala  viii,  12.  20.  22.  xvii,  45. 
dxaxia  iv,  23,  viii,  23. 
axaxog  iv,  5.  22.  xii,  4. 
dxoT}  vni,  4, 

dxOVÜ)  I,  2.   II,  8.   VIII,  1.   4, 

dxQaaia  iv,  3. 

dxQuxog  VIII,  14. 

axQOv  xvn,  3i. 

d).d).ay[JL(x  v.  dV/.ayfjLa 

dX^&Eia  in,  6.  vi,  6.  x,  3.  xiv,  1.  xv,  2. 

XVI,  10.  xvn,  15. 
«AAa  II,  24.  V,  7,  12. 
aXXuyfxa  xvn.  6. 
dkXriXojv  IV,  9. 
dU.oysvTjg  xvn,  28. 
dXXöxQiog  II,  2.  IX,  1.  xvn,  7.  13. 
dXloTQLOxrig  xvn,  13. 
dkoyog  xvi,  10, 
«Acy?  V.  Aao'c:  xii,  2. 
a/Lia  xvn,  11. 


1)  Die  Stellen  sind  nach  der  von  mir  eingeführten  Verszählung  ver- 
zeichnet; die  kleineren  Ziffern  am  inneren  Rande  S.  91 — 13S  geben  die  ältere 
Zählung  an.     Conjecturen  sind  durch  ein  beigesetztes  *  kenntlich  gemacht. 


Index. 


141 


dfia^ia  xvjii,  4. 

afittQxdvti)  IV,  5.  V,  6.  IX,  7  ter.  15  bis. 

XVI,  11. 
C(flUQTT]/ua   XVII,  8. 

ccfxa^zla    i,  7.  n,  7.    16.    17.   iii,  6  bis. 

10  bis.  IV,  3.  VIII,  8.  13.  IX,  6.  7.  X,  1. 

XIV,  6.    XV,  11.    XVI,   7.   8.    XVII,  5. 

20  bis.   36. 
CCfiaQTOjXoQ  I,  1.  II,  1.  16.  34  bis.  35  bis. 

III,  9.  11.  12.  IV,  2.  8.  23.  XII,  6.  XIII, 

2.  5  bis.  6.  7.  8.  11.   XIV,  6.  XV,  5 bis. 

8.   10.    11.   12.    13.    XVI,  2.  5.    XVII,  5. 

23  bis.  25.  36. 
dvußaivü)  II,  2. 
dvaßdxriq  xvii,  33. 
dvdyxTi  V,  6. 

dvaxaXvnrw  ii,  17    iv,  7.  viii,  8. 
dvdXri/xxpiq  iv,  18. 
dvaXoyiC,Ofjtai  viii,  7. 
dvd  (xeaov  ii,  34. 
dvd/Lii^ig  II,  13. 
dva^ig  XVIII,  5. 
dvajiTSQCDGiq  iv,  12. 
dvanro)  xu,  2. 
dvazikküj  XI,  5. 
dvatoXi^  V,  9,  XI,  2. 
av8f4.og  VIII,  2. 

«Vf  V   IV,  4    V,  13. 
dv€X(0   XVII,  18. 

dviJQ   III,  8.    IV,  9.  V,  3.   VI,  1.    IX,  5.  X, 
1.   XII,  1.   2.   5.    XVIII,  8. 

dvS^QwnaQeaxoq  iv  inscr.  7.  8.  19. 

dv&Qonoq  II,  9.   28.    IV,  7.   20.   23.    V,  4. 
13.   16.   IX,  3.   4.   X,  4.   XIV,  8.   XV,  2. 

XVII,  2.   7.   27. 

dviarrjfii  ii,  31.  in,  10.  12.  xi,  8.  xvii, 

21.   42. 

dvolyvvfxi  V,  12.  vin,  i7. 

dvofiia  l,  8.    II,  3.  12.    IX,  2.    XV,  8.  10. 
dvofzoq  XVII,  11.  18. 

dvTl   II,  11.   20  bis.   XVII,  6. 
dvS^  (UV  II,  3.   13.  35. 

dvviXafißdvofiai  xvi,  3.  5. 

dvtlXl^7tZü)Q   XVI,  4. 

dvTiXtjipiq  VII,  10.  XVI  inscr. 
dvüxpeX^q  xvi,  8. 


dndyo}  viii,  2i.  ix,  i. 
dnavTccü)  viii,  16. 
«7ra§  xii,  6. 

eladna^  ii,  8  bis.  xi,  2. 
dnaQXV  ^^j  3. 

«TT«?   IV,  21.   IX,  6.   Xlll,  4. 

dnuxäu)  XVI,  8. 
dnel&eia  xvii,  20. 
dneiXri  xvii,  25. 
dnsvavxL  ii,  12.  xvii,  4. 

dnk'lU)   V,  7.   VIII,  32. 

dnoßkenuj  in,  5. 

dnOÖldüJfAL   II,  16.   25.   34.   35.    XVII,  8. 

dnoixeola  ix,  i. 

dnoxQVffoq  i,  7.  iv,  5. 

dn6XXvp.L  VIII,  20.  XII,  4.  6.  XV,  12.  13 

dnomnxu)  iv,  16. 

dnogla  iv,  15  bis.  xii,  4. 

dnoQQiTcxü)  II,  4.  21.  IX,  1. 

dnoaxrjvoü)  vii,  1. 

dnoaxonevcD  iii,  5. 

dnoaxeXXii)  vii,  4. 

dnOOXQEfpü}  II,  8.  V,  5.  xviii,  4. 

«7rra>  xiii,  6.  xv,  4. 

dncDS^sw  vn,  2.  8.  ix,  9*. 

dn(üXeia  11,  3i.  iii,  11.  ix,  5.  xiii,  11. 

XIV,  9.   XV,  9.   10.   XVI,   5.    XVII,   22. 

dgd,  IV,  14. 

aga  viii,  3. 

dgyvQLOv  xvii,  33. 

dgxeü}  XVI,  12. 

dQfjLotü)  XV,  3. 

agviov  viii,  23. 

agnayfxa  11,  24. 

dg^aloq  xviii,  12. 

«VyC^  II,  30.  VIII,  31.  xvu,  30. 

a(>;(a>  xvii,  36. 

dgxiov  V,  11.  VIII,  16.  20.  xvii,  12.  20. 

22.  36. 

doeßijq  V.  evaeßriq 
daS^eviü)  xvu,  37.  38.  40. 
aaxQov  I,  5. 
dacpdXfia  viii,  I8.  19. 
Kxexvia  IV,  18. 

dxifXia  II,  21.    25.    27.    31.    IV,  14,   16.   19. 
20. 


142 


V.  Gebiiardt,  Die  Psalmen  Salomo's. 


aXlfJLOÜ)   11,  5. 
avUQOfjLUL  III,  6.   XVII,  27. 
avQiov  V,  13. 
avzccQxsia  v,  16. 
d(patQ60fiai  IV,  16.  xvii,  5. 
d(pavit,ü)  XVII,  11. 

atfSÖQOQ  VIII,  12. 

(I(pT]yto/xai  XVII,  26. 

dipirjfil  IX,  7.   XVII,  9.   27.   40. 

d(pLaxri(jii  iv.  i.  lo.    ix.  i.  8.    xvi,  6. 

XVIII,  12. 

€i(p(j<av  XVI,  7. 

ßaQvQ-vfieo)  ii,  9. 

ßagvvQ}  II,  22.  V,  6. 

ßaöi)Ma  V,  18.  XVII,  3. 

ßaallsLOv  XVII,  4.  6. 

ßaaiksvg  ii,  sobis.  32.  v,  ii.  19.  xvii 

inscr.   l.  4.   20.  21.  32  bis.  34.  42.  46. 

ßaaiXsvü)  XVII,  21. 
ßöeXvaoü)  II,  9. 

ßEßrjkOQ  II,  13.   IV,  1.    VIII,  12.   XVII,  45. 

ßsßrjXoü)  I,  18.  II,  3. 

ßeßi]X(ooig  I,  8.  VIII,  21. 

^m  XVII,  5. 

ßodo)  I,  1. 

ßori^eia  V,  5.  XV,  1. 

ßoggäg  xi,  3. 

/9oi;A»J  VIII,  20.  xvii,  37. 

ßovvog  XI,  4. 

ßgaxiüfv  xiii,  2. 

yevf a  vni,  a.  9.  12. 
yheotg  iii,  9. 
yevvuo}  vin,  21. 
yeVo?  VII,  8.  XVII,  7. 

y^  I,  4  bis.  II,  9.  10.  17.  21.  26.  29.  32. 
IV,  22.  V,  15.  VIII,  7,  8.  15  bis.  16. 
23.  24.  IX,  1.  2.  XV,  12.  XVII,  2.  7. 
10.  11.  12.  18  bis.  28.  30.  31.  85. 
XVIII,  3. 

y'^Qag  iv,  i8. 

ylyvofjiai  i,  3.  rv,  14.  25.   xiv,  8.  xvii, 

18.  44.   XVIII.  6. 

yiyviöaxo)  ii,  lo.  3i.  viii,  8.  xvii,  27. 

42. 


y),waaa  iv,  4.  xii  inscr.  i.  2.  8.  4.  xv, 

3.   XVI.  10. 

yvöiöig  IX,  3  bis. 
yvmaxog  xrv,  8. 
yoyyvGiiog  v,  13.  xvi,  ii. 
yovv  VIII,  5. 
yQTjyoQsa)  iii,  2. 
yQTjyoQTjaig  iii,  2.  xvi,  4. 

yVVI]  IV,  4.  5.  VIII,  10.   XVI,  7.  8. 

JaviS  XVII,  4.  6.  21. 
ötrjatg  v,  5.  xviii,  2. 

SelxWfÄl  II,  26,  VIII,  25. 

öetvog  XIII,  6. 

dsvÖQOV  XII,  3. 

Ö€^id  XIII,  Ibis. 
öiofiai  II,  22.  VI,  3. 

SSVTS  VIII,  16. 

SevtfQOü)  V,  13. 

Sidßaaig  vi,  3. 

öidßTjtjia  XVI,  9. 

diaöiöiüfii  I,  4. 

6iad-i]XTj  IX,  10.  X,  4.  XVII,  15. 

ÖLaXQIVO)   XVII,  43. 

SiaXoyj]  IV  inscr. 
6ia?.v(o  IV,  9. 
öianoQSvofAai  xiii,  2. 
d£a(>7rd^w  viii,  ii. 

ÖKXOnOQU   VIII,  28.   IX,  2. 

diaatb?./.(o  ii,  34. 
öifiaxokri  IV,  4. 
diaoxQk(p(j)  x,  3. 
dmTaa(7tt>  xviii,  lo. 
6iaxl^ri,ui  ix,  lo. 
ÖtaifSQÜ)   II,  27.  XVI,  8. 

dia^v?.daa(o  xvi,  9. 
öidxpakfxa  xvii,  29.  xviii,  9. 
Arfa>rro?  xvii,  32. 

rfMty^f    V,  3.   8.   9.   VII,  3.    IX,  1.   XVI,  12. 

ölxaiog  II,  10.  18.  32.  34.  35  bis.  III  inscr. 

3.  4.  5.  6  bis.  7.  11.  IV,  8.  V,  1.  VIII, 

8.  IX,  2.   7.  X,  3.  5.  xiu  inscr.  6.  7. 

8  bis.  9.   11.  XIV,  9.  XV,  3.  6.  7.  XVI, 

15.  XVII,  32. 
SlxaiOGVVT]  I,   2.   3.    II,  15.   IV,  24.    V,   17 

bis.   VIII,  6.   24.  25.  2«.  IX,  2.  3.  4  bis. 


Index. 


143 


5  bis.  XIV,  2.  XVir,  19.  2b.  26.  29.  37. 
40.  XVIII,  7.  8. 
SlxaiOü)  U,  15.    m,  5.    IV,  8.  VIII,  7.  23. 
26.  IX,  2. 

öixaiwaiQ  ui,  3. 

SlWXÜ)  XV,  7.   10. 

öoxifiaaia  xvi,  u. 

ÖÖXlOg  IV,  23.   XU,  1. 

<fdAo^  IV,  8. 

Sofjia  V,  14  bis.  xviii,  i, 

ÖO^a  I,  4.  II,    5.   19.   21.  31.   V,  19.  XI,  6. 

7.  8.  xvn,  6.  31  bis. 
6o^dt,io  X,  7.  xvn,  5.  so.  31. 
öovXevü)  xvn,  30. 
dovlog  n,  37.  x,  4.  xvui,  la. 

ÖQÜXÜiV  U,  25. 
ÖQVflOq  XI,  5. 

&üvafJLai  xvn,  39. 

rfrvaro's  V,  3.  xv,  a.  xvn,  S4.  37. 

&va(i,T)  XI,  2.  xvn,  12. 

6itiQsdv  VII,  1. 

SivQov  II,  3.  xvn,  81. 


iyxata?.ein<o  u,  7. 

«^»»oe  1, 8.  II,  2.  6.  19.  22.  vn,  3.  6.  vni, 

13.   23.  30.  IX,  2.  9.   xvn,  3.    14.    15. 
22.  24.  25.  29.  30.  31.  34. 

EIJi2: 

eldov  n,  aa. 

sUsg'i  xvn,  ai. 

SLÖoaav  vm,  85. 

elöwg  xvn,  27. 

iösiv  I,  7. 

löe  IX,  8.  XI,  2.  xvn,  2L 

iöetv  xvn,  si  bis.  44.  xvm,  6. 

idere  n,  sa. 

löov  vni,  as. 
elnov  (slna)  i,  a*.  5.  n,  4.  22.  as.  89. 

vm,  3.  6    16. 
SLQIJVIJ  vm,  16.   18.  XU,  5. 

flg  XVII,  9. 
8taaxov(o  vi,  5. 
siadna^  v.  a7ta| 
ilasQxo^ai  rsr,  17.  vm,  I6.  18. 
ffaodos  IV,  6.  14.  vm,  17.  xi,  4. 


ELGTtOQSVOfiai    II,  11. 

txaaxog  vm,  lo.  xviii,  ii. 
ixeivog  xvn,  44.  xviii,  6. 

ixX8VT6ü}   n,  26. 

ixxkrjaia  x,  6. 
ixxontct}  IV,  20.  XII,  3. 
ixXsina)  in,  12.  xvn,  4. 
ixkoyri  ix,  4.  xvm,  5. 
ixntxdvvvfiL  xvn,  16. 
ixrlXXw  XIV,  4. 
ixxQlßü)  xvn,  23. 
ixifsvyw  XV,  8. 
^;f;C^o^  ^^)  24.  vm,  20.  xvi,  a. 
sXdxiotog  n,  26.  xvn,  20. 
ikeyfiog  x,  1. 
e?.eyxog  ix  inscr. 
iXeyxo*  xvi,  14.  xvn,  25.  36. 
^Aettt>  II,  35.  VII,  6.  10.  X,  6.  XI,  1.  xv, 
13.   XVI,  15.   XVII,  9.  34. 

ekeijfioovpij  IX,  11.  xv,  13. 
ike^fjicüv  V,  2.  VII,  5.  X,  7. 

Sksog  II,  8.  33.  36.  IV,  25.  V,  18.  15.  VI, 
6.  VIII,  87.  28.  IX,  8.  X,  3.  4.  XI,  9. 
Xill,  12  bis.  XIV,  9.  XVI,  3.  6.  XVII, 
3.   15.  45.  xvm,  1.  3.  5.  9. 

eV.mi^g  iv,  i7. 

iXTiit^ü)  VI,  6.  IX,  10.  XV,  1.  xvn,  3.  33. 

einig  v,  ii.  14.  vi  inser.  vin,  31.  xv,  i. 

XVII,  2.   33.   34  bis.   39.   XVHI,  2. 

ifjtTtaiyfiog  n,  ii.  xvn,  12. 

ifinaCQü)  II,  18.  83. 

B/jLneiQog  xv,  9. 

ifjmifinXrifjLi  iv,  13.  17.  (xii,  s.) 

* ifinifjLTiQri^i  xn,  3. 

svavti  UI,  4. 

ivavTiov  VIII,  8. 

^vSo^og  xvm,  lo. 

Mvövfia  II,  20. 

ivövü)  XI,  7. 

evsxev  11,  4.  iv,  11. 

iviaxvü)  XVI,  18.  13. 

ivoixsü)  XVII,  11. 

^voxog  IV,  3. 

ivTskXofiäi  vn,  4.  xiv,  a.  xvm,  10.  12. 

^vtifiog  vm,  86.  xvn,  5. 

ivvnviov  VI,  8. 


144 


V.  Gebhardt,  Die  Psalmen  Salomo's. 


evoJTllOV  I,  2.   II,  5.   36.   37.   IV,  14.   IX,  3. 
XIV,  8.   XVII,  34.   XVIII,  8. 

s^ayoQla  ix,  6. 

S^aiQü)   III,   7.   IV,  6.   8.   22.   24.   XVII,  36. 

sSa?.ei(p(o  II,  17.  XIII,  lo. 
i^afxaQTCxvü}  v,  16. 
i^avLOZTjßi  VI,  4. 
i^dniva  i,  2. 
e^aTcoüvskXo)  xvii,  12. 
i^ao^evect)  xvii,  si. 
^^eysQOiq  iv,  15. 
e^SQEVvaü)  XVII,  9. 
e^SQTifjtoo)  XV,  11. 
i^e^X^fxai  xv,  5. 
i^TjyoQicc  V.  e^ayoQia 
i^iXdaxofxai  in,  8. 

S^OÖOQ  IV,  14. 

i^ofxo?.oy6oiJ.ai  x,  6.  xv,  2  bis.  xvi,  B. 
i^ofxoXoyrjaig  iii,  3.  ix,  6. 
^^Otvff VOö>   (-ÖfVOö>)  II,  5.  26.  27. 
i^ovaia  ix,  4. 

i^vßQlt,(0   I,  6. 
i^V^VSW   VI,  4. 

i^(o&ia)  XVII,  5.  23. 

inayyeXla  xii,  6. 

inayykXlw  vii,  lO.  xvii,  5. 

inayoiyri  11,  22. 

enaxovQ)  i,  2.  v,  12.  vii,  7.  xviii,  2. 

enaviazTjfxt  xvii,  5.  7. 

STcevxTog  viii,  16. 

imßXtTiü)  xviii,  2. 

67liyiV(6aXü)   II,  29. 

tniEixrjq  v,  12. 

im&vfiia  II,  24.  IV,  10.  11.  tO.  XIV,  7. 

imxakso/nai  11,  36.  v,  5.  vi,  1.  vii,  7. 

IX,  6.   XV,  1. 

imxQazect)  xvi,  7.  xvu,  16. 
inlarjuGV  11,  6.  xvii,  3y. 
inioxtTiTo/Lcai  iii,  7.  11.  ix,  4.  xv,  12. 

tTliaxOTlIj   X,  4.   XI,  1.   6. 

iniGX(X(j.aL  v,  1.  xiv,  8. 
imoirj/iiT]  II,  33. 

i7llOTQ€(pü)   V,  7.   VIII,  27. 

^niOXQO<p^  VII  inscr.  ix,  10.  xvi,  11. 
iniiayT]  xviii,  12. 
hciieksü)  VI,  6. 


STiLXi&rjfxi  I,  1.  VII,  1.  IX,  8.  xvn,  5. 
inirißdü)  11,  23. 

S7llTQ6X(0    XIII,  3. 

anixaiQü)  xiii,  8. 

e()yov  II,  16.  34.  IV,  7  bis.  16.  VI,  2.  IX, 

4  bis.     XVI,    9.    XVII,    8.    40.    XVIII, 

1.  8. 
S^TJfXOg   V,  9.    10.    VIII,  2.   XVII,  17. 
iQrjflOO)   IV,  11.   20.   XVII,  6.    11. 

%Qyoy.aL  xi,  3.  xvii,  3i.  xviii,  6. 

taxccTog  i,  4.  viii,  15. 

ttegog  iv,  12. 

6T1  III,  12.  IX,  10.  XI,  7.  9.  xni,  11.  xvii, 

1.    27.   28.   46.   XVIIIi^scr. 
STOlfl(xt,(0   V,  10.   X,  2.   XI,  7. 

^oif.wg  VI,  1. 

tvayy6?.lt,0fxai  xi,  1. 

*€v6oxeü)  II,  4. 

evöoxLa  iii,  4.  viii,  33.  xvi,  12. 

evrixoog  xviii,  4. 

Ev9-r]vs(o  I,  3. 

ev&vvü)  IX,  7. 

svO^vTTjg  II,  15. 

SvXoyiu)   II,  33.   III,  1.   V,  19.   VI,  4.   VIII» 
34.   IX.  7.   XVII,  35. 

svXoyrjrog  11,  37.  vi,  6. 

evXoyia  v,  17.  xvii,  38.  xviii,  5. 

fvodow  v.  svdoxaio  11,  4. 

EvnQbneia  11,  20.  xvii,  42. 

ev()iox(o  xm,  11.  xiv,  9.  xv,  11.  x^ai,  8. 

*  svoeß^g  XIII,  5. 

evozä&eia  iv,  9.  vi,  4. 

£V(fQuivu)  V,  12.  18. 

ev(pQoaivri  x,  5.  6.  8.  xi,  3.  xii,  3.  xiv^ 

10.   XV,  3.   XVII,  35. 

eiiüöia  XI,  5. 
ex^Qog  XVII,  13.  45. 

iX<»   XVII,  30. 

ewg  I,  4.   5.   II,  5.   26.   IV,  10.   XV,  10.  XVI, 
6.   XVII,  12.   XVIII,  11. 

^«a>    IV,  6.   V,  10.    XIV,  3.    XV,  13. 
^riXog  II,  24.  IV,  3. 
'Qvyog  vii,  9.  xvii,  3o. 

Z,ü)t]  III,    9.    10.    12  bis.    IV,  6.    15.    IX,  5. 
XIII,  11.   XIV,  2.   3.   10.   XVII,  2. 


Index. 


145 


jyxai  UI,  6.  V,  7. 
rjXwQ  II,  11.  12.  IV,  19.  VIII,  8. 
TJfiSQa  UI,  9.   VII,  10.    XIV,  4.  6.  9.    XV, 
12.  XVH,  82.  38.  37.  44.  XVIIl,  5  bis. 

6.  9.  lObia.  11  bis.  12. 
TiavxiOQ  xn,  0. 

ijx^at  vin,  1. 

^dXaaaa  n,  26.  29.  vi,  3. 

^dvatoi  vn,  4.  xiii,  2.  xv,  7.  xvi,  2.  6. 

d^dmaf  n,  27. 

d^avfid}^(o  u,  18.  V,  13. 

d-BXrifia  VII,  3. 

^eoq  saepe.  ol  ^eoi  xvii,  14  codd. 

B^tiQiov  IV,  19.  xui,  3. 

d-Tjoavgi^ta  ix,  5. 

^Xdw  xiu,  3. 

9^Xiß(o  I,  1.  V,  5.  XV,  1. 

^kiiptg  vin.  1.  XVI  11.  14. 

d^pawo  xvn.  22. 

9^Q6vog  n,  19.  xvn,  6. 

^vydxriQ  11.  6.  13.  vm,  9.  21. 

^vixoq  II,  23.  XVI,  10. 

^vaia  vni,  12. 

^vaiaaxriQiov  n,  2.  vni,  12. 

^Iax(oß  vn,  10.  XV,  1. 
I60V  V.  EIJSi 

^legovaak^fi  iiinscr.  3.  11.  13.  19.  22. 
vm,  4.    16.    17.    19.    20.  22.  XI,  1.  8. 

7.  8.  xvn,  14.  15.  22.  80. 

Ixavog  V,  17. 
Ixavoat  n,  88. 

IkttQOTtjQ  TV,  5.  XVI,  18. 

Ifidtioy  XI,  7. 

'iva  II,  17.  in,  1.  IV,  i.  v,  6.  vn,  i.  vm, 

so.  IX,  2.  8.  XI,  6.  XIU,  8. 

Innog  xvi,  4.  xvu,  S8. 

laoxriq  xvn,  4i. 

*IaQatjX  IV,  1.  V,  18.  VII,  8.  vm,  26.  28. 

84.  IX,  1.  2.  8.  10.  X,  5.  6.  7.  8.  XI, 
1.  6.  7.  8  bis.  9.  XU,  6.  XIV,  5.  XVI, 

8.  XVII,  4.  2t.   42  bis.  44.  45.  XVm, 
1.  8.  5. 

laxrjfAi  n,  11.  vm,  i8.  xi,  2.. 
lajiyQoq  xvn,  40. 

T«xle  a.  Uotersuohangen  XIII,  2. 


lüXVq    n,   29.    36.    XVII,    22.    36.    37.    38. 

xvm,  7. 
laxvio  vn,  6.  XV,  2. 
Ix^vg  V,  9. 

xa^d  n,  12. 

xa^a(fiC,io  m,  8.  ix,  6.  x,  1.  2.  xvn.  22. 

so.  xvm,  5. 
xa^aQoq  xvn,  S6. 
xd&^fiai  IV,  1. 
xaMaxrnAL  xvm,  8. 
xa^wq  vm,  22.  xvu,  14. 
xatvoq  m,  1.  xv,  3. 
xaiQoq  VII,  10.  XVI,  4.  xvn,  21.  xvm,  10. 
xaxla  IV,  5.  xvn,  27, 
xaxoq  XV,  4.  xvn,  17. 
xaXdfirj  v.  xaXXovi^  xn,  2. 
xeeXXov^  xn,  2. 

xdXXoq  n,  5.  19.  21.  xvi,  8.  xvUj  12. 
xaQÖla   I,  3.  15.    m,  g.  iv,  1.   vi,  1. 

4.   vm,  3.  5.  XIV,  8.  XV,  3  bis.  XVI, 
6.  XVII,  13.  25. 
XUQTlOq  XV,  8. 

xaxaßdXXiit  n,  1.  xvu,  7. 
xatdyaiog  vm,  9. 
xaxayiXütq  iv,  7. 
xaxadiioxüi  xv,  8.  ' 
xaxaövvixcxiXKo  xvn,  41. 
xaxaiylq  vm,  2. 
xataxQivm  iv,  2. 
xoixaXafjißdvm  vm,  19.  xv,  8.  9. 
xatafjiSQl^w  xvn,  28. 
xaxanaxea»  11,  2.  xvii,  22. 
xaxandxrjaiq  n,  19. 
xaxanavüt  v.  dmoS-io)  ix,  9. 
xatanivio  vm,  so. 
xaxuQdoßai  in,  9. 
;ear<rcr;ri7V0C(;  vn,  6, 
afara<j;rcfcö  n,  i9. 
xaxaaxQO(pri  xiii,  6.  7. 
xaxa^ogd  xvi,  1. 
;faTa^i;yjy  v,  2.  .xv,  1. 
xaxivavxt  n,  11.  iv,  i9. 
xax€Qydt,ofiai  xvn,  S7. 
xaxev&vvQf  vi,  2.  vn,  10.  vm,  e.  xn,  5. 
XVI,  9.  xvm,  8. 

10 


146 


V.  Gebhardt,  Die  Psalmen  Salomo's. 


xaziaxvüf  ii,  7. 

XaZOlXtÜ)   XVII,  27.   XVIII,  10.    . 

xatct)  XV,  10. 
xavxocofxai  xvii,  i. 
xevoq  IV,  i7. 

XeVCQOV  XVI,  4. 

xegafxevq  xvii,  23. 

XSQCCVVVfXl   VIII,  14. 
X€<paXri  II,  20.   25. 

xTjQvaaw  XI,  i. 
xlrjQOvofxiü)  XII,  6.  XI V,  lo. 

xkrjQOVOfjlia  VII,  2.    IX,  l.  XIV,  5.  9.   XV, 
10.   11.   XVII,  23. 

xXriQOVofioq  viii,  ii. 
xoiXia  II,  14. 

X0lfilt,(O   II,  31. 

;fo/r?y  XVII,  16. 

XOQa^  IV,  20. 

Pfpof^O)    V,  2.   8. 

xQaxaioq  II,  29.  IV,  24.  XVII,  40. 

xQazaiQjg  viii,  15. 

xgäxoq  xvii,  3. 

XQKvyri  I,  2. 

xQsaq  VIII,  12. 

XQLfXa    II,   10.    13.    15.    17.    32.    33.    lU,    3. 

IV,  8.   V,  1.  4.  VIU,  7  bis.  8.  23.  25  bis. 

32.   34.    IX,  5.   X,  5.   XV,  8.    12.    XVII, 

10.    19.   XVIII,  3. 
XQivU)   U,  30.    32.    IV,   11.    VIII,  3.   15.   24. 

26.  XVII,  26.  29. 
XQLOq  II,  1. 

XQlOiq  IV,  &.   XV,  12.   XVII,  3. 
XQiXriq  II,  18.   IV,  24.   IX.  2.  XVU,  20. 
XQ6z(X(poq  IV,  16. 

XQvntu)  IX,  3  bis. 
xQVipioq  vin,  9. 

XtlC,ü}   XVIII,  11.   12. 

xiiaiq  VIII,  7. 
xvx?.6u)  X,  1. 
XVfjia   II,  27. 

xvQcoq  de  Deo  saepe,  de  homine  u,  29. 

XCdXvü)    II,  1. 


XakecD  IV,  5.  8.  XI,  7.  8.  xii,  1. 
kafißavcD  V,  3  bis. 


Xctöq  V,  11.  VIII,  2.  IX,  2.  8.  x,  6.  XU,  2. 

XVII,  20  bis.    26  bis.    29.   30.   33*.   35. 

36.   43  bis. 
klfjlOq  XIII,  2.   XV,  7. 
XIVOV   VIII,  5. 

Xoyi^Ofiai  I,  3.  II,  28  bis.  xvi,  5. 
koyoq  IV,  2  bis.  9.  lo.  ii.  12.  xii,  2.  xvi, 

10.   XVII,  24.   25.   35.   36.   43  bis. 
?.V71T]    IV,  15. 
XvZQOCt)    VIII,  11.    30.    IX,  1. 


fiaxaQioq  iv,  23.  v,  16.  vi,  i.  x,  i.  xvii, 

44.  xvin,  6. 
[laxQav  II.  4.  IV,  1.   XV,  7.   xvi,  i.  lo. 
(jLaxQO^ev  XI,  3. 

(XaXQVVQ)    XII,  4.    XVI,  11. 

fjLaQZVQia  X,  4  bis 

fxccazi^  VII,  9.  X,  1.  2. 

fieyaq   n,  29  bis.    32.    iv,  24.    xvii,  36. 

XVIII,  10. 

(jieyLOzüveq  ii,  32. 

flb^Tj   VIII,  14. 

(MSgiq  III,  12.  IV,  14.  V,  4.  XIV,  5. 
^eaoq    II,    34.     V,    l.     VU,    6.    VIII,    23. 
XVII,  15  bis.  27.  32.  43. 

lxexa(JL(:).fioi  IX,  7. 

fXiZOXn   XIV,  6. 

(jLezQioq  V,  17. 

fxixCJTCOV  XV,  9. 

fXTjviaiq  II,  23. 
(ir^xrjQ  III,  9.  VIII,  9. 
fZialvw  II,  3.   13.   VIII,  12.  22. 

(iiXQoq  XVI,  1. 

fXlXQOXtjq   XIV,  7. 

/bllflVI^aXü)   III,  11.   IV,  21.    X,  1.  4.  XIV,  7. 

fiLoew  VII,  1.  XII,  5. 
^/rpa  II,  21. 
^vri(xri  XVI,  6.  9. 
fjLVTifjLoveva)  m,  3.  v,  16.  vi,  i. 
fivTjixoovvov  II,  17.  xni,  ii, 
fjioixccü)  VIII,  10. 
fiovoyevijq  xviii,  4. 
fAOvojoiq  IV,  18. 
fjLVXXTiQiafxoq  iv,  7. 
/^t'Ajy  XIII,  3. 


ii 


Index. 


147 


veoq  II.  8.  XVII,  il. 
vrjüoq  XI,  3. 
vrjateia  m,  8. 
vixdw  IV,  10. 
VLXoq  VIII  inscr. 
vofjti]  xvn,  40. 

VOfiOq   IV,  8.   X,  4.   XIV,  2. 

rov^eziü)  xiii,  9. 

VVV  II,  32.  IX,  8. 
VV^  IV,  5.   16. 

vvoact)  XVI,  4. 
vvaxät,it)  XVI,  1. 
vattog  X,  2. 

^vAov  XI,  5.  XIV,  S. 

böog  VI,  2.   vm,  6.   16.   17.    X,  l.    3.  4. 
XIV,  8.   XVIII,  10.   11.   12. 

oöovg  XIII,  3. 
oSvvT]  IV,  15. 
o&ev  III,  5. 

01X60)   VIII,  20. 

o6f/a  IV,  5. 

oheog  m,  6.  7.  8.  iv,  9.  ii.  12.  17  bis.  20. 

VI,  5.    VU,  10.  Vni,  18.   IX,  5.   10.   X, 
8.   XII,  3  bis.  5.  XV,  11.   XVII,  42. 

oixxeiQO)  vn,  8.  viii,  27.  ix,  8. 

olvoq  VIII,  14. 

oXs^gevü)  {6X0-)  iv,  12.  xv,  5.  xvii,  24. 

olsS^Qog  vm,  1. 

oUyoQ  XVI,  2. 

oXtyoxpvxia  xvi,  11. 

0?.iyWQ€<O   III,  4. 

okia&aivü)  xvi,  1. 
oXo&QSvo)  V.  oXeS-gevo) 
b/xaXl^ü)  VIII,  17. 
ofjtaXiajbidg  xi,  4. 

OfJLVV[JLL  XVII,  4. 

ofiotog  XIII,  7. 

oVftrf/^tt>   II,  19. 

ovofia  V,  1.  VI,  1  bis.  4  bis.  vii,  6.  viii, 

23.    26.    IX,  9.    X,   5.   7.   XI,  8.   XV,  1. 
2.  XVII,  5. 

OQaaig  vi,  3. 

o()aft>  IV,  5.  11.  V.  Eldii 

OQyavov  xv,  3. 

OQyri  II,  23  bis.  24.  xv,  4.  XVI,  10.  XVII,  12. 


ogyü^ofiai  vii,  5. 
oqO^oü)  X,  3. 

OQXOg  IV,  4.   VIII,  10. 
OQOg   II,  26.   XI,  4.    XVII,  19. 

OQipavla  IV,  10. 

OfffO?  II,  36.  III,  8.  IV,  1.  6.  8.  VIII  23. 
34.  IX,  3.  X,  5.  6.  XII,  4.  6.  XIII,  10. 
12.  XIV,  3  bis.  10.  XV,  3.  7.  XVI  inscr. 
XVII,  16. 

ooiotrjg  V.  laorr^g 
öaog  II,  9.  XVII,  14. 

OaZ€OV  IV,  19.    VIII,  5.    XII,  4.   XIII,  3. 

oacpvg  VIII,  4. 

oxav  III,  11.  XV,  5.  12. 

ovöeig  XIII,  6. 

OVQavog  II,  9.  30.  32.  VIII,  7.  XIV,  4. 
XVII,  18. 

ovg  VIII,  1.  XVIII,  2. 

OVXOg  II,  4.  14.  IV,  12.  13.  21.  V,  13.  17. 
VIII,  10.    XIII,  4.    6.    XIV,  9.   XV,  4. 

XVI,  15.   XVII,  42. 

ovxfog  XIV,  6. 

0(p&aXfÄ6g  IV,  4.  5.  9.  12.  20.  vm,  25. 

XVII,  17.   XVIII,  2. 

6(pig  IV,  9. 
oxvQog  II,  1. 

naiöeia  vii,  9.  vm,  26.  x,  2.  3.  xiii.  7. 

9.    10.    XIV,  1.    XVI,   13.    XVIII,  4.    7. 

naiÖEVxrig  vm,  29. 

naiösvo)  III,  4.  VII,  3.  xiii,  8.  xvi,  11. 

XVII,  42. 

Tiaig  xn,  6.  xvii,  21. 
natu)  vm,  i5. 
naQaßaivü)  xviii.  10. 
naQaöeiyiJLaxLt,o)  11, 12. 
TcaQccösioog  xiv,  3. 
TtaQuxXrjaig  xiii  inscr. 
nagaXeLTKx)  vm,  13. 
7iagaXoyit,Ofiai  iv,  11. 
nagaXoyiauog  iv,  10.  22. 
TiagaXvct)  vm,  5. 
nagavofxad)  xvi,  8. 
TtaQavofiia  iv,  1.  12.  vm,  9.  xvii,  20. 
nafiävofiog  iv,  9.  11.  19.   23.  xii  inscr. 
1  bis.  3  bis.  4.  XIV,  6.  xvii,  24. 
10* 


148 


V.  Gebhardt,  Die  Psalmen  Salomo's. 


ntxQanogevofiai  ii,  ii. 
naQantiüfjLa  in,  7.  xni,  5.  lo. 
napcciJiamccü)  y,  2. 
naQSQX^iiai  xi,  6. 
TtttQiatrjfu  n>  86. 
naQoSoq  xi,  5. 
n<xooix€<a  xvii,  28. 

TtCCQOtxia   XII.  S.   XVII,  17. 

ndgoixoq  xvn,  28. 

7ra()o|i;vtt>  iv,  2i. 

7ia(>o^y/^ttf  IV,  1.  21. 

nagoQyiauoq  vm,  9. 

näq  I,  4.  II,  9.  10.  11.  III,  8,  rv',  2.  4   5 

bis.  13.  16.  17.  88.  24.  25.  V,  8.  10.  15. 

VI,  5  bis,    6.    VUI,  8.    12.  20.  24,    IX, 

2  bis,    3.  9.    XI,  5.    xni,  6.    XIV,  4. 

XV,  5.    XVI,  4.  7.  8.   XVII,  10.   14.    18. 

20.    24.    27  bis.    90.  33.  34.  41.    XVUI, 

3.  8. 

6ih  navxoq  u,  86.  m,  3,  4.  7.  xiv,  8. 
naxacsam  xvii,  35. 
natsü)  VII,  2.  vin,  12. 
nat^Q  VIII,  9,  18.  23.  IX.  10. 
neivdo}  v,  8.  10. 
;t^vj?g  V,  11. 
Tcsvia  IV,  6.  15.  XVIj  13.  14. 

negiaiQ^ouai  11,  21. 
Ttegi^wywfzi  11,  20. 
nsQLGCoq  rv,  2  bis. 
nSQiaxhkXü)  xvi,  10. 
nsQiarokiq  xin,  8. 
n£Qt,riB-ri(it  ii,  21. 
nexsivov  v,  9. 
TTjyyiy  xvn,  19. 
TtlfinXrifiL  I,  2.  3.  IV,  12. 
nlnxü)  I,  5.  in,  5.  10. 
niazig  vin,  28.  xvn,  40. 
niaxog  xiv,  1.  xvn,  10. 
nXttvfio}  xvn,  17.  xvin,  12. 
nldvt]aig  viii,  14.  19. 
nXeova^m  v,  4. 
nXTj^vvo)  X,  1.  XVII,  33. 
nXrjalov  viii,  10. 
nXrja/jiovi^  V,  17. 
nXovaioq  v,  14.  xvin,  1. 
nXovxoq  i,  4. 


nvevua  vni,  u.  xvn,  87.  xvm,  7. 
noisw  u,  7.  8. 9  bis.  12.  24.  85.  86.  ni,  5. 

rv,  24.    V,  8.    VI.  6.   VIII,  18.  22.  IX, 

8.    4.    5  bis.    XI,  8.    Xn,  5.  XV,  4,  8. 

XVI,  10.   XVII,  10.    18.   14.   15.   19.  44. 

xvm.  6. 
noixiXla  IV,  3.  xn,  2. 
Ttotfiaivü)  xvn,  40. 
noifiviov  xvn,  40. 
TtoXifuoq  XV,  9. 
noXsfwq  i,  2.  viu,  1. 15.  xn,  s.  xv,  7* 

xvn,  33  bis. 
noXtq  vni,  4.  x\Ti,  14. 
noXvq  I,  8.  n,  27.  rv,  20.   v,  14.  vni,  2 

ter.  18.  XVII,  83. 
nov6(o  H,  14. 
novriQoq  n,  6.  8.  16.  ra,  10.  vi,  8.  x,  1. 

xn,  1,  2.  xiii,  8.  XVI,  7  bis. 
nogda  xvm,  10. 
noQSvofiCLi  xrv,  2. 
noQvri  II,  11. 
noxctfjLoq  vi,  8. 
norriQiov  vni,  14. 
7ioxtc,(o  VIII,  14. 
nov  VIII,  3.  IX,  8. 
novq  viL  2.  vm,  I8. 
ngä^iq  iv,  10. 
ngsoßvxTjq  n,  8.  xvn,  11. 
ngoadoxla  xiinscr. 
TiQoasvx^  VI,  5. 
ngoaxoTixo)  in,  5.  9. 
TCQoaxayua  xrv,  2. 
TiQoaxid^fiL  m,  10.  V,  4. 
TiQoaajTtov  n,  8.  18.  22.  iv,8.  v,  10.  vi, 

5.   IX,  6.   XII,  6.   XV,  5.   xvn,  25. 

nQwxoq  IV,  8.  xvn,  43. 

ngwxoxoxoq  xiii,  9.  xvm,  4. 

nxoBouai  vi,  3. 

nxcSua  in,  10. 

nxioxoq  v,  2.  11.  x,  6.  xv,  1.  xvin,  2. 

TtvXrj  vin,  17.  xvij  2. 

nvg  vm,  2.  XII,  2.  4.  XV,  4. 

nvQyoßaQiq  vm,  19. 

nvQow  XVII,  43. 

gdßöoq  xvn,  24.  xviii,  7. 


Index. 


149 


^rjßix  IX,  a.  xvn,  4S. 

^li^OÜ)   XIV,  4. 

^ofjKpaia  xiu,  a.  xv,  7. 

QvofiaL  IV,  88  bis.  xn,  i.  xin,  4.  xvii,  45. 

aaxxog  n,  ao 
aakevo)  vm,  is.  xv,  4. 
cakoq  VI,  8. 
adXmy^  viii,  i.  xi,  i. 
aaA:i/^w  XI,  1. 
aangia  xiv,  7.  xvi,  14. 

aaV^  IV,  6.  19.   XIII,  8.  XVI,  14. 

atffjiaölcc  XI,  1. 
OIJflSLOV  XV,  6.  9. 

aijfielataig  rv,  a. 
*od^hog  XVII,  14. 
oiörigeog  xvn,  84. 

2i£CUV  XI,  1. 

asiavöakCC^o)  xvi,  7. 
axccvöaXov  iv,  as. 
<TXf;ra^a>  xni,  i. 
axevog  xvn,  as. 
(r;;mt;a)  xi,  5. 
axXriQoq  rv,  a. 

axlriQVVü)   VUI,  89. 

axognü^io  iv,  lo.  19.  ao.  xn,  4. 

axogniofiog  xvn,  18. 

<j;foroc  XIV,  9.  xv,  lo. 

axvXov  V,  3. 

ao(pla  IV,  9.  XVII,  as.  89.  85.  xvin,  7. 

G0(p6g  vin,  ao.  xvn,  87. 

ansgfia  ix,  9.  xvn,  4.  7.  9.  xviii,  3. 

anXayxva  n,  14. 

ard^ü)  xvn,  18. 

axai^fxog  v,  4. 

atevayfidg  rv,  14. 

axiipavog  n,  ao. 

ate^avoü)  vm,  17. 

aTTjQl^Ü)   XVI,  18. 

<TroA^  XI,  7. 

(TroVa  VIII,  84.  XVII,  84.  85. 

axQovd-LOv  xvn,  16. 
oxQo<pri  xn,  8. 
avyxso)  v.  awxi(o 
avfißBXQla  V,  16. 
ovfifiixxog  xvn,  15. 


avfiTtagccXaßßdvot)  xni,  6. 

avfi<pvgofji(xi  vni,  9. 

ffvifayty  vni,  88.  xi,  a.  8.  xvn,  86.  33. 

awaywy?/  x,  7.  xvn,  16.  43.  44. 

avvdXXayfia  iv,  4. 

<7vv6yyv§  XVI,  a, 

avveögiov  iv,  i. 

avveatg  xvn,  87. 

avvQ-iqxri  vin,  lo. 

aviray»^  iv,  5. 

avvxsXso)  u,  88.  vii,  5. 

ovvxl^rißL  vm,  lo. 

avvxglßm  vin,  4.  xvn.  84. 

awxsct)  XII,  8. 

üipay^  vin,  i. 

a<p66ga  ii,  16.  vm,  a. 

aipgayig  n,  6. 

axoivlov  n,  ao. 

(jceJ^cw  VI,  1.  xm,  8.  XV,  1.  XVI,  4.  xvn, 

17  bis. 
(To^^ec  n,  87. 

awxrig  m,  6.  vm,  83.  xvi,  4.  xvn,  8. 
awxT^gicc  m,  5.  x,  8.  xn,  6.  xv,  6.  xvi,  5. 

XafJLHOV  XIV,  8. 

xaneivog  v,  la. 

xansivoü)  xi,  4, 

xanelv(i)Oig  n,  85.  m,  8. 

xagdaam  vi,  3.  vm,  5.  xni,  5. 

xaxvvo)  xvn,  45. 

Ta;ri;c  iv,  5. 

xelxog  u,  i.  vm,  17.  is. 

X6XV0V  I,  3o   II,  8.  VIII,  83.  XI,  8,  XV,  11. 
XVII,  llo 

x^Xog  1, 1.  II,  5. 
xid^rifii  IX.  9.  xvn,  6. 
xiXXd)  xm,  8. 

XlfJLlOg  XVII,  17.  43. 

Xig  m,  5.  V,  3.  11.  18.  IX,  6.  7.  XV,  8  bis. 

XVII.  2.  89. 
XO^OV  XVII,  83. 

xonog  XVI,  9. 
xgdxTjXog  ii,  6.  vm,  89. 
T()axr$  vm,  i7. 
xg8(p(j)  V,  9.  11. 


150 


V.  Gebhardt,  Die  Psalmen  Salomo's. 


vßgiq  II,  26   27. 

v6o)Q   VIII,  20. 

leroq  v,  9.  xvn,  18. 

VtOq    II,  3.    6.    11.    VIII,  9.    18.    21.    IX,  4. 

xni,  9.  XVII,  15.  21.  27.  31.  XVIII,  3.  4. 
v/jLVoq   III,  1.    X  inscr.    xiv  inscr.    xvi 

inscr. 
vneQaanioxriq  vii,  7. 
vnsQTj^avsvofjtai  n,  i. 
v7ieQTj(pavla  ii,  2.  25.  iv,  24  xvii,  6.  13. 

23.   41. 

vTifQTjipavoq  II,  31. 

vnsQOQao)  viii,  3o. 

vTiiQuleovat^o)  v,  16. 

vTceym  xv,  13. 

vnvoq   IV,  15.    16.   vi,  4.    (xvi,  i    v. 

vnvoa)) 
vTivoü)  ni,  1.  XVI,  1*. 
vnoörifxa  n,  2. 
vnot,(6vvviJLL  xvu,  22. 

VTtOXSlfiai  XVI,  8. 

VTioxgivofiai  iv,  20   22. 
v7ro;f()t<yf5  rv,  6. 

VTlOflSVCD   X,  2.   XIV,  1.   XVI,  14. 

vnofiovT^  .n,  36. 
vTioataaiq  xv,  5.  xvii,  24. 
vflrrf()€ft>  xviii,  2. 
vazsQoq  ii,  28. 
vxptjXoq  XI,  2.  4.  xvn,  i9. 
vxpiata  XVIII,  lo. 

vVoe  XVII,  6. 
VlpOü)  1,5. 

palvofxai  n,  17. 

(fslSoiJiai     II,    23.     V,    14.     XIII,     1.     10. 
XVII,  12. 

(feiöoi  V,  13. 

^f  pö>  I,  6.  VIII,  2.  XVII,  31. 
(pevyo)  XI,  4.  XV,  7.  XVII,  16.  25. 
(fiS-OQU   IV,  6. 

(pXoytX<o  XII,  3. 

^Ao^  XII,  4    XV,  4. 


(poßeofxai  II,  33  bis.  m,  12.  iv,  21.  23.  v, 

18.   VIII,  5.    XII,  4.   Xin,  12.    XV,  12. 
(poßoq  VI,  5.  XVII,  34  40.  XVIII,  7.  8.  9.  11. 

(fvXdaöü)  VI,  2.  XII,  5. 

(fvXri   XVII,  26.   28.  43.  44. 

(fVQfxoq  II,  13. 

(pvxeia  xiv,  4. 

(fwvri  VIII,  1  bis.  2.  4.  XI,  l. 

(peäq  III,  12. 

(fioaxriQ  XVIII,  10. 

;ca()a  viii,  16. 

;(6rAo$  XII,  3.  4.  XV,  3  bis.  xvi,  lo. 

X,dQ  II,  7.  22.  IV,  3.  16.  17.  V,  6.  12.  VI,  2. 
IX,  4.   XVI,  9.   14.   XVIII,  1. 

xXori  V,  9. 
XOQxaafia  v,  lo. 

XQI^OXEVü)   IX,  6. 

XQn^'^Oq  II,  36.   V,  2.   12.  VIII,  32.  X,  2.  7. 
XQtjaxoxTjq  v,  13.    14.    15.   I8.    VIII,  28. 
IX,  7.   XVIII,  1. 

XQLGxoq  XVII,  32.  xvm  inscr.  5.  7. 

XQOvlt,0}  II,  25.  26. 

XQÖvoq  VIII,  33.  XV,  13.  XVII,  2  bis. 

XQVOiov  XVII,  33.  43. 

tpdkXo)  III,  1.  2. 

jpakfzoq  III,  2.  XV,  3.  Inscr.  11.  iii.  v. 

XIII.  XV.  XVII.  xvm. 
xpevÖTiq  IV,  4.  xn,  1.  3. 
rplS-VQoq  XII,  1.  3.  4  bis. 
ipvxij  n,  24.   ni,  1.  8.  IV,  13.   17.  22.  V, 

12.  VI,  3.  6.  IX,  4.  5.  6.  10.  XII,  1. 
5.  XVI,  1.  2.  3.  12  bis.  14.  XVII,  1. 
17  bis.   XVIII,  4. 

ipöi^  XV  inscr.  3.  xvn  inscr. 

wÖLveq  in,  9. 

üjga  VIII,  10. 

wq  IV,  3.  5  bis.    9.    10.    13.  VIII,  2  bis.  5. 

12.    20.    23.    XIII,    9.    XV,    9.    XVI,  4. 

XVII,  16.   23.   30.   43.   XVIII,  4. 

woTteg  XII,  2. 


Verbessenmgen  und  Zusätze. 

S.    12  Z.    2  1.  Hss.  statt  Hs. 

„  13  „   12  ist  III,  5  zu  streichen. 

„  22  „     3  1.  XV,  4  statt  XV,  8 

„  26  „     1  ist  nach 'Swete' hinzuzufügen:   nach  Klostermann's  Collation* 

„  52  „     1  V.  u.  1.  d^eog,  statt  d^sog 

„  60  „     7  1.  dneaxQexpev  statt  dn^oeQSxpev 

„  63  ist  nach  II,  10  einzuschalten:  11,14  ankdxva  J:  ankdyxva  RLH 

„  64  ist  zu  XV,  2  hinzuzufügen:  tl  J:  zig  RLCH 

„  65  Z.    9  ist  nach  'dafür*  hinzuzufügen:  *mit  der  Überschrift  svxi^* 

„  66  „     4  1.  *  gekommen'  statt 'zu  kommen* 

„  74  „10  ist  'einstimmig'  zu  streichen  (s.  d.  Note  au  d.  St.). 

„  101  ,.     2  (r.)  V.  u.  1.  'Variante'  statt  'Variente' 

„  141  „   32  (r.)  1.  dgßo^cj  statt  dQ/x6t,(o 

Abgesprungene  Buchstaben,  Accente  und  sonstige  Lesezeichen  sind 
wie  folgt  zu  ergänzen:  S.  11  Z.  2  w,  S.  26  Z.  15  t^,  S.  45  Z.  14  firj,  S.  49 
Z.  27  iknlg,  S.  56  Z.  23  ikTtlg,  S.  62  Z.  1  Änderung,  S.  77  Z.  1  rjToifiaaag, 
Z.  2  V.  u.  <Lv,  S.  92  Z.  19  xdyw,  S.  97  Z.  21  avzöv],  S.  102  Z.  9  (r.)  v.  u. 
dvanXdas(og,  S.  103  Z.  1  xsvog,  Z.  4  dvdX7]/x\piv,  S.  104  Z.  11  ort,  Z.  23  tj, 
S.  107  Z.  5  ovofia,  S.  108  Z.  1  avrov,  S.  111  Z.  6  ^V,  S.  112  Z.  5  ao<p6v, 
Z.  12  ra,  S.  113  Z.  20  '/<j()ai;.]  t'A^,  S.  114  Z.  3  tw,  S.  119  Z.  8  (1)  v.  u. 
dya^d,  S.  120  Z.  12  sv,  S.  121  Z.  5  xXrjQovo/n^Gaiaav,  S.  134  Z.  18  övvcctov, 
S.  140  Z.  2  "Aßgadfi. 


pfK>to>(DfffH^ru(f  von  Hdfd;  Sc  tDintec,  Cetpsig. 


Verlag  der  J.  C.  HINRICHS'schen  Buchhandlung  in  Leipzig. 

Band  I— V,  auf  Seite  II  des  Umschlages. 
VI,  1.  Die  Textüberlieferung  der  Bücher  des  Origenes  gegen  Celsus  in  den  Hand- 
schriften dieses  Werkes  und  der  Philokalia.  Prolegomena  zu  einer 
kritischen  Ausgabe  von  Paul  Kötschau.  VII,  167  S.  u.  l  Tafel.  1889.  M.  5.60 
VI,  2.  Der  Paulinismus  des  Irenaeus.  Eine  kirchen- und  dogmengeschichtliohe  Unter- 
suchung über  das  Verhältnis  des  Irenaeus  zu  der  Paulinischen  Briefsammlung 
und  Theologie  von  Jobs.  Werner.   V,  218  S.    1889.  M.  7 — 

VI,  3.     Die  gnostischen  Qu  eilen  Hippoly  ts  in  seiner  Hauptschrift  gegen  die  Häretiker 
von  Hans  Staehelin. 
Sieben  neue  Bruchstücke  der  Syllogismen  des  Apelles.  —  Die  Gwynn'schen 
Cajus-  und  Hippolytus-Fragmente.  Zwei  Abhandlungen  von  Adolf  Harnaok. 
m,  133  S.     1890.  M.  4.50 

VI,  4.     Die  ältesten  Quellen  des  orientalischen  Kirchenrechts.    1.  Buch: 

Die  Canones  Hippolyti  von  Hans  Aohell«.    VIII,  295  S.    1891.  M.  9.50 

VII,  1.     Die  Johannes-Apokalypse.  Textkritische  Untersuchungen  u.  Textherstellung 
von  Bernh.  Weiss.    VI,  225  S.    1891.  M.  7  — 

VII,  2,     Ueberdas gnostischeBuch Pistis-Sophia.— Brodu. Wasser: die eucharistischen 
Elemente  bei  Justin.  2  Untersuchgn.  von  Adolf  Harnaok.  IV,  144  S.  1890-  M.4.50 
VII,  8/4.  Auollinarios  von  Laodicea.    Sein  Leben  u.  seine  Schriften.     Nebst  e.  An- 
nang:  Apollinarii  Laodiceni  quae  supersunt  dogmatica.   Von  Jobs.  Dräseke. 
XIV,  494  S.     1892.  *M.  16  — 

VIII,  1/2.  Gnostische  Schriften  in  koptischer  Sprache  aus  dem  Codex  Brucianus  heraus- 
gegeben, übersetzt  u.  bearbeitet  von  Carl  Schmidt.  XII,  692  S.  1893.    M.  22  — 
VIII,  8.     Die  katholischen  Briefe.  Textkritische  Untersuchungen  und  Textherstellung 
von  Bernh.  Weiss.    VI,  230  S.    1892.  M.  7.50 

VIII,  4.  Die  griechische  Übersetzung  des  Apologeticus  Tertullians.  —  Medicinisches 
aus  der  ältesten  Kirchengeschiclite.  —  Zwei  Abhandlungen  von  Adolf 
Harnaok.    lU,  152  S.    1892.  M.  5  — 

IX,  1.     Untersuchungen    über  die  Edessenische  Chronik.    Mit  dem  syrischen  Text 
und  einer  Übersetzung  herausgegeben  von  Ludwig  Hallier.    VI,  170  S. 
Die  Apologie  des  Aristides.    Aus  dem  Syrischen  übei'setzt  und  mit  Beiträgen 
zur  Textvergleichung  und  Anmerkungen  herausgegeben  von  Richard  Raabe. 

IV,  97  S.  1892.  M.  8.50 
IX,  2.     Bruchstücke  des  Evangeliums  und  der  Apokalypse  des  Petrus  von  Adolf 

Harnaok.  Zweite  verbesserte  u.  erweiterte  Aufl.  VIII  u.  98  S.  1893.    M.  2  — 

IX,  3/4.  Die  Apostelgeschichte.    Textliritische  Untersuchungen  und  Textherstellung 

von  Bernh.  Weiss.    313  S.    1893.  M.  10  — 

X.  Aussercanonische  Paralleltexte  zu  den  Evangelien  gesammelt  u.  untersucht 

von  Alfred  Resch. 

1.  Textkritische  u.  quellenkritische  Grundlegungen.  VII,  160  S.  1893.  M.  5  — 

2.  Paralleltexte  zu  Matthäus  und  Marcus.  VIH,  466  S.  1894.  X.  M.  14.50 
XI,  1,  Das  Kerygma  Petri.  Kritisch  unters,  v.  E.  v.  DobsohUtz.  VII,  162  S.  1893.  M.  5  — 
XI,.  2.     Acta  SS.  Nerei  et  Achillei.  Text  u.  Untersuchung  von  Hans  Achelia.  IV,  70  S. 

1893.  M.  3  — 
XI,  3.     Das  Indulgenz-Edict  des  römischen  Bischofs  Kallist  kritisch  untersucht  und 

reconstruiert  von  Ern$t  Rolffs.    VIII,  139  S.    1893.  M.  4.50 

XI,  4.     Textkritische  Studien  zum  Neuen  Testament  von  Wilhelm  Bousset.     Vin, 

144  S.     1894.  M.  4.50 

XII,  1.     Der  Qhronograph  aus  dem  10.  Jahre  Antonius.  Von  Adolf  Sohiatter.  IV,  94  S. 
ZurÜberlieterungsgeschichte  der  altchristlichen  Litteratur.  VonAdolf  Harnaok. 
32  S.     1894.  M.  4  — 

XII,  2.     Tertullian's  Gegen  die  Juden  auf  Einheit,  Echtheit,  Entstehung  geprüft  von 
E.  Noeldechen.    IV,  92  S. 
Die  Predigt  und  das  Brieffragment  des  Aristides  auf  ihre  Echtheit  unter- 
sucht von  Paul  Pape.    36  S.    1894.  M.  4  — 
XII,  3.     Ignatius  von  Antiochien  als  Christ  und  Theologe.    Eine  dogmengeschicht- 
liche Untersuchung  von  Eduard  Freiherrn  von  der  Goltz.    X,  206  S. 
Griechische  Excerpte  aus  Homilien  des  Origenes  von  Erich  Klostermann.  14  S. 

1894.  M.  7.50 

XII,  4.      Urkunden   aus    dem   antimontanistischen  Kampfe    des  Abendlandes.    Eine 

quellenkritische  Untersuchung  von  Ernst  RoHfs.   VII,  167  S.    1895. 
Zur  Abercius-Inschrift  von  Adolf  Harnack.  28  S.    1885.  M.  6.50 

XIII,  1.     Eine  bisher  nicht  erkannte  Schrift  des  Papstes  Sixtus  II.  vom  Jahre  257/8. 

Zur  Petrusapokalypse,  Patristisches  zu  Luc.  16,  19.    Von  A.  Harnack.  78  S. 
Eine  bisher  unbekannte  Version  des  ersten  Teiles  der  Apostellehre  (Didache), 
Gefunden  und  besprochen  von  L.  E.  Iseiin  in  Riehen.  Übersetzt  von  A.  Heusler 
in  Basel.    30  S     1895.  M.  3.50 

XIII,  2.  Die  Psalmen  Salomo's,  zum  ersten  Male  mit  Benutzung  der  Athoshaud- 
schriften  und  des  Codex  Casanatensis  herausgegeben  von  Oscar  v.  Qebhardt. 

V,  150  S.    1895,.  M.  5  — 
XIII,  8.     Die  griechische  Übersetzung  der  viri  inlustres  des  Hieronymus  von  Qeorg 

Wentzel.    G3  S.    1895.  M.  2  — 


TEXTE  UND  UNTERSUCHUNGEN 

ZUR  GESCHICHTE  DER 

ALTCHRISTLICHEN  LITERATUR 

HERAUSGEGEBEN  VOI( 

OSCAE  von  GEBHARDT  und  ADOLF  KARNACK 


Xm.  BAND,  HEFT  2 
^AAMOI  20A0M2NT02 

DIE 

PSALMEN  SALOMO'S 

ZUM  ERSTEN  MALE 

MIT  BENUTZUNG  DER  ATHOSHANDSCHRIFTEN 

UND  DES  CODEX  CASANATENSIS 

HERAUSGEGEBEN 
VON 

OSCAR  VON  GEBHARDT 


LEIPZIG 

J.  C.  HINRICHS'SCHE  BÜCHHANDLUNG 

1895 


DIE  GKIECHISCHE  ÜBERSETZUNG 


DER 


YIRI INLUSTRES 


DES  HIERONYMÜS 


VON 


GEORG  WENTZEL 


LEIPZIG 
J.  C.  HINRICHS'SCHE  BUCHHANDLUNG 

1895 


Verlag  der  J.  C.  HINRICHS'sclien  Buchhandlimg  in  Leipzig. 


Texte  niid  Untersuchnugen  zur  Geschichte  der 

Altchristiichen  Literatur 

herausgegeben  von  Oscar  TOii  Grebhardt  und  Adolf  Harnack. 

I— III.  IV  1/3.  V— IX.  X  1/2.  XI  XII  XIII  1/3    M.  290  — 

I,  1/2.  Die  Überlieferung  der  griechisclieii  Apologeten  des   zweiten  Jahrhunderts  in 
der  alten  Kirche  und  im  Mittelalter,  von  Adolf  Harnack.    VIII,  300  S.   1882. 

M.  9  — 

I,  3.     Die  Altercatio  Simonis  ludaei  et  Theophili  Christiani  nebst  Untersuchungen 

über  die  antijüdische  Polemik  in  der  alten  Kirche,  von  Adolf  Harnack. 

Die  Acta  Archelai  und  das  Diatessaron  Tatians,  von  Adolf  Harnack. 

Zur  handschriftlichen  Überlieferung  der  griechischen  Apologeten.  I.  Der 
Arethascodex,  Paris.  Gr.  451,  von  Oscar  v.  Gebhardt.  III,  196  S.  1883.  M.  6  — 
I,  4.  Die  Evangelien  des  Matthäus  und  des  Marcus  aus  dem  Codex  purpureus 
Rossanensis,  herausgegeben  von  Oscar  v.  Gebhardt. 

Der  angebliche  Evangeliencommentar  des  Theophilus  von  Antiochien,  von 
Adolf  Harnack.    LIV,  176  S.     1883.  M.  7.50 

II,  1,2.  Lehre  der  zwölf  Apostel,  nebst  Untersuchungen  zur  ältesten  Geschichte  der 
Kirchenverfassung  und  des  Kirchenrechts  von  Adolf  Harnack.  Nebst  einem 
Anhang:  Ein  übersehenes  Fragment  der  Ji.d'uzn  in  alter  lateinischer  Über- 
setzung. Mitgetheilt  von  Oscar  v.  Gebhardt.  70  u.  294  S.    1884.  M.  10  — 

II,  3.      Die  Offenbarung   Johannis,    eine  jüdische  Apokalypse   in   christlicher   Be- 

arbeitung, von  Eberh.  Vischer,  Mit  Nachwort  von  Adolf  Harnack.  137  S.  1886. 
(II,  1/2  u.  3.  einzeln  nur  in  anastatischen  Drucken  käuflich.)  M.  5  — 
II,  4.  Des  heil.  Eustathius,  Erzbischofs  von  Antiochien,  Beurtheilung  des  Origenes 
betr.  die  Auffassung  der  Wahrsagerin  1.  Könige  [Sam.]  28  und  die  dies- 
bezügliche Homilie  des  Origenes,  aus  der  Müncheuer  Hds.  331  ergänzt 
und  verbessert,  mit  kritischen  und  exegetischen  Anmerkungen  von  Alb. 
Jahn.    XXVII,  75  S.    1886.  (Einzelpreis  M.  4.50) ;  M.  3.50 

II,  5,      Die  Quellen    der    sogenannten    apostolischen  Kirchenordnung,    nebst    einer 

Untersuchung  über  den  ürsurung  des  Lectorats  und  der  anderen  niederen 
Weihen,  von  Adolf  Harnack.  ^106  S.  1886.  [Nicht  mehr  einzeln.]  M.  4  — 
I,  1/2.  Leontius  v.  Byzanz  und  die  gleichnamigen  Schriftsteller  der  griechischen 
Kirche  von  Friedr.  Loofs.  1.  Buch:  Das  Leben  und  die  polem.  Werke  des 
Leontius  v.  Byzanz.    VIII,  317  S.    1887.  M.  10  — 

III,  3/4.  .•^phrahat's  des  persischen  Weisen  Homilien,  aus  dem  Syrischen  übersetzt 

und  erläutert  von  Georg  Bert. 
Die  Akten  des  Karpus,  des  Papylus  und  der  Agathonike.  Eine  Urkunde  aus 
der  Zeit  Marc  Aureis,  von  Adolf  Harnack.   LH,  466  S.    1888.  M.  16  — 

IV,  Die  g^riechischeu  Apologeten. 

1.  Tatiani  oratio  ad  Graecos.    Recens.  Ed.  Schwartz.    X,  105  S.  1888.         M.  2.40 

2.  Athenagorae  libellus  pro  Christianis.     Oratio  de  resuiTectione  cadaverura. 

Recens.  Ed.  Schwartz.    XXX,  143  S.    1891.  M.  3.60 

3.  Die  Apologie  des  Aristides.    Recension  und  Reconstruction  des  Textes  von 

Lic.  Edgar  Hennecke.  XX,  64  S.  1893.    (Partiopreis  für  Seminare  M.  2  — )  M.  3  — 

4       Theophili  libri  tres  ad  Autolycum.    Recens.  Ed.  Schwartz.  "1  t    v    v> 

5.      lustini  martyris    apologia  et   dialogus  cum  Tryphoue  ludaeo.       \  In  Vorbe-         Sk 

Recens.  0.  de  Gebhardt  et  A.  Harnack.  f  reitung.  vg 

Diese  Ausgaben  der  Griechischen  Apologeten  sind  nur  mit   kurzem        -t 

sprachlichen   Commentar  und  Registern  versehen  und   sollen  zum  Gebrauch        r? 

bei   Vorlesungen    oder   in   Seminaren    dienen,    weshalb    auch    deren   Preise        U 

möglichst  niedrig  gestellt  wurden.  *  :j 

V,  1       Der  pseudocyprianische  Tractat  de  aleatoribus,  die  älteste  lateinische  Christ-        > 

liehe  Schrift,    ein  Werk  des  römischen  Bischofs  Victor  I.  (saec.  U.),  von       ^ 

Adolf  Harnack.    V,  135  S.     1888.  M.  4.50        /* 

V,  2.      Die  Abfassnngszeit  der  Schriften  Tertullians  von  Ernst  Noeldechen. 

Neue  Fragmente  des  Papias,  Hegesippus  u.  Pierius  in  bisher  unbekannten 
Kxceii)ten  aus  der  Kirchengeschichte  des  Philippus  Sidetes  von  0.  de  Boor. 
184  S.     1888.  M.  6  — 

V,  3.  -  Das  Hebräerevangelium,  ein  Beitrag  zur  Geschichte  und  Kritik  des  hebräischen 
Matthäus  von  Rud.  Handmann.     III.  142  S.     1888.  M.  4.50 

V,  4.  Agrapha.  Aussercanonische  Evangelienfragmente,  gesammelt  u.  untersucht 
vun  Alfred  Rasch.  —  Anhang:  Das  Evangelienfragment  von  Fajjum  von 
Adolf  Harnack.     XII,  520  S.     1889.  (Einzelpreis  M.  25  — )    M.  17  — 

Fortsetzung  auf  Seite  III  des  Umschlags. 


DIE  GRIECHISCHE  ÜBERSETZUNG 


DER 


VIRI INLUSTRES 


DES  HIERONYMÜS 


VON 


GEORG  WENTZEL 


LEIPZIG 
J.  C.  HINRICHS'SCHE  BUCHHANDLUNG 

1895 


TEXTE  Ü^^D  rXTERSrCHUNGEN 

ZUR  GESCHICHTE  DER  ALTCHRISTLICHEN  LITERATUR 

HERAUSGEGEBEN  VON 
OSCAR  V.  GEBHARDT  UND  ADOLF  HARNACK. 

XIII.  BAND.     HEFT  3. 


Der  älteste  Zeuge  für  den  Text  der  viri  inlustres  des  Hiero- 
nymus  ist  die  griechische  Übersetzung,  die  ein  Zeitgenosse  und 
Freund  des  Verfassers  Sophronios,  verfasst  hat.  An  der  Echt- 
heit dieser  zuerst  von  Erasmus  herausgegebenen  Übertragung, 
von  der  wir  keine  Handschrift  kennen,  ist  nicht  zu  zweifelu,  seit- 
dem sich  herausgestellt  hat,  dass  sowohl  Suidas  (S)  als  auch 
Photios  (P)  Stücke  davon  in  ihre  Schriften  aufgenommen  haben.  \) 
Bei  beiden  Kompilatoren  finden  sich  die  aus  Sophronios  ent- 
lehnten Bestandteile  häufig  nicht  in  reiner  Gestalt,  sondern  durch- 
setzt mit  Erweiterungen  inhaltlicher  Art.  Da  nun  der  Text  des 
Sophronios  in  seinem  Umfange  durch  das  hieronymianische  Ori- 
ginal fest  umgrenzt  ist,  muss  die  Frage  beantwortet  werden,  auf 
welchem  Wege  er  zu  P  und  zu  S  gelangt  ist:  erst  dann  wird 
es  möglich  sein,  das  Zeugnis  dieser  beiden  Leute  für  die  recensio 
des  Sophronios,  mittelbar  also  für  die  des  Hieronymus,  zu  ver- 
werten. 

Das  Lexikon  des  S  enthält  bekanntlich  eine  grosse  Anzahl 
biographischer  Artikel,  die  durch  mehrere  gemeinsame  Merkmale 
von  den  andern  Quellen  des  S,  insbesondere  auch  von  den  aus 
der  konstantinischen  Encyklopädie  entlehnten  Historikerexcerpten, 
sich  absondern  und  ihre  Zuo;ehörisckeit  zu  einer  und  derselben 
besondern  Quelle  deutlich  an  der  Stirn  tragen.  Sie  betreffen  aus- 
schliesslich litterarisch  thätige  Männer  (oder  Frauen),  zum  grösseren 
Teil  aus  dem  griechischen  Altertum,  zum  geringeren  aus  der 
christlichen  Litteratur.  Als  Lemmata  dienen  die  Namen  der  be- 
handelten Persönlichkeiten;  an  der  Spitze  des  Artikels  werden 
aufgeführt  die  Vaterstadt  (meist  durch  das  Ethnikon  bezeichnet) 


1)  Meursius,  Eusebii,  Poly  chronii,  Pselli  in  cant.  expositiones 
(Leyden  1617),  p.  172.  Huet,  Origenis  in  sacras  scripturas  comment. 
(Köln  1685)  I  p.  11.  Vallarsi,  Ausgabe  des  Hieronymus  (Verona  1735)  II 
p.  806.  Tb.  Zahn,  Forschungen  118.  III  35.  Ad.  Harnack,  Gesch.  d. 
altchristl.  Litt.  I  298.  440.  550.  552.  616. 

Texte  u.  Untersuchungen  XIII,  3.  1 


2    Wentzel,  Die  griech.  Übersetzung  der  viri  inlustres  des  Hieronymus. 

und  die  Litteraturgattung,  der  sie  angehören;  dazu  treten  die 
Kamen  der  Eltern,  bisweilen  auch  der  Kinder,  ferner  die  der 
Lehrer  und  der  Schüler,  Angaben  über  Zeit  und  Ort  des  Wirkens, 
über  persönliche  oder  litterarische  Beziehungen  zu  Zeitgenossen. 
Vorgängern  oder  Nachfolgern,  hin  und  wieder  auch  über  be- 
sondere Lebensumstände,  gegebenen  Falls  ein  Bericht  über  Zeit, 
Ort  und  Art  des  Todes.  Am  Schlüsse  steht  regelmässig  ein 
Schriftenverzeichnis,  oft  ausführlich,  oft  stark  zusammengestrichen, 
ja  ersetzt  durch  nichtssagende  Wendungen,  wie  sjQaxps  öiacpoga. 
eyQaxpt  üiolla  u.  Ahnl.  Als  Beispiel  des  feststehenden  Schemas 
möge  die  erste,  beste  Vita  dienen: 

revtd-XiOc,  revs^Aiov,  IJaZaiörlvog  Itc  IIetqcdv,  oocpiöT7jg, 
liad^rjTiiQ  MivovxLavov  xal  AyajcfjTOv, 
dvTLjiaiösvoag    xara    rag    ^A^/jvag    KaVuvlxq^    reo 
öiaoijfiqy, 

Ö£^Log  rrji>  (pvotv  xal  oXr/v  nsltrrjv  djtofivr/fiovevoag 
Iv  axQodosL. 

rsltvra  de  vtog  krmv  i]    xdi  x  .  ^) 
syQaipe    öh    7.alidg  TjroL  ÖLaXe^eig  xal  [/sXtrag,    cov 
loriv     o    ajioXiv   tavrov   djioxrjQvrrcov    fisrd   rr/v 
rcQV  Qrjßojv  xaraoxag)?'/p,  jiQOjtSfijtrixbv  jcQog  rovg 
aavTov   traiQovg  Aadovy^ov  xal  lioxhjjiLdörjv,  Jiavrj- 
yvQLxovg. 
Nicht  alle   Biographien   enthalten  alle   die    genannten   Bestand- 
teile, auch  ist  deren  Reihenfolge  im  Einzelnen  nicht  immer  die 
gleiche,   aber  stets   ist  die  Gesamtstruktur   der  Artikel  dieselbe. 
Seit  langem  pflegt  man  mit  Recht  diese  Biographien   des  S  auf 
den  ^Ovonarohr/og  des  Hesychios  von  Milet  (H)  zurückzuführen. 
Richtet  man  die  Untersuchung  auf  die  unmittelbare  Vorlage 
des  S,  so  ist  auszugehen  von  dem  Artikel 

'^Hövyiog  MiX7]Oiog'  vlog  '^Hovyiov  Öixtjyoqov  xal  ^iloöoefiag, 
yeyovcog  ejil  'Avaoraoiov  ßaoiXecog,  lyQa^^ev  'OvofiazoXoyop  // 
jtivaxa  rcxjv  tv  jiatöela  ovo[iaorcüv.  ov  tjcirofifj  ton  roiro  ro 
ßLßXiov,  xal  yQovLx/)v  loroQiav.  7]v  riva  öislXev  dg  e$,  öiaor?'/- 
fiara  {ovrw  yaQ  xaXel  txaorov  ßcßXlov),  Lv  oig  tiKptQovrac  al 
xara  xaiQovg  jiQCc^eig  rcov  Pco^alcov  ßaöü.tcov  xal  al  övvaorstai 
rcQV  xard  tfH'og  xQarfjödvrcor  rvQavvcov  xal   rd  xard  ro  Bv- 


1)  So  der  Parisinus  2625. 


Wentzel,  Die  griech.  Übersetzung  der  viri  inlustres  des  Hieronymus.     3 

C,dpTiov  JiQax^i^^vxa  t(X)q  rfjg  ßaoiXslag  AvaöTaölov  zov  ajtovof/a- 
^Ofierov  Alxoqov.  elg  dh  tov  jclvaxa  rcov  tv  jcaiöela  Xa^uipav- 
rmv  8xxl?]öiaöTixcov  ötöaöxalmv  ovötvoq  fiV)]ftoveveL,  cog  tx 
TOVTOV  vjtovoLav  jiaQtisiv  f/?]  sivat  avxov  yQioziavop,  aXla 
xrig  'kXh]Vixrig  iiazaionovlag  avanXtmv. 

Die  Schlussbemerkung  des  Artikels,  wer  auch  immer  ihr  Ver- 
fasser gewesen  sein  mag,  bezeugt  ausdrücklich  und  in  nicht 
misszuverstehender  Redeweise,  dass  das  Werk  des  H  keine  Bio- 
graphien von  Kirchenschriftstellern  enthielt.  Nur  scheinbar  steht 
hiermit  die  Thatsache  in  Widerspruch,  dass  S  derartige  Biogra- 
phien enthält  von  unzweifelhaft  derselben  Struktur,  also  auch 
von  derselben  Herkunft  wie  die  Viten  der  heidnischen  Autoren. 
Denn  die  biographische  Quelle  des  S  ist  ja  nicht  das  Original- 
werk des  H  gewesen,  sondern  ein  Auszug  daraus:  ov  tjiixoiirj 
eOTi  TOVTO  To  ßLßXiov,  heisst  es  in  dem  angeführten  Artikel. 
Die  Worte  gehören  der  Quelle  des  S  an  und  sind  von  diesem 
mitsamt  der  ganzen  Hesychvita  gedankenlos  in  sein  Lexikon 
aufgenommen  worden.  Eine  andere  Interpretation  ist  vor  dem 
gesunden  Menschenverstände  unmöglich.  Das  Richtige  hat,  zum 
Teil  nach  dem  Vorgange  Anderer,  Ad.  Daub  ^)  dargelegt.  Der 
Epitomator  muss  also  seine  Vorlage  nicht  nur  gekürzt,  sondern 
gelegentlich  auch  aus  anderen  Quellen  erweitert  haben:  ein  Ver- 
fahren, das  in  der  Excerptorenlitteratur  manche  Parallelen  hat. 
In  der  That  kann  schon  die  angezogene  Biographie  des  H  un- 
möglich von  diesem  selbst  herrühren.  An  sich  wäre  es  ja  denkbar, 
dass  H,  über  dessen  persönliche  Eigenschaften  wir  nur  ungenügend 
unterrichtet  sind,  sich  selbst  unter  die  tv  jiaiösla  ovoftaorol  auf- 
genommen habe.  Auch  der  hl.  Hieronymus  z.  B.  hat  seine  eigene 
Biographie  dem  Corpus  seiner  viri  inlustres  einverleibt  (135). 
Aber  man  braucht  nur  die  Art  des  Hieronymus,  von  sich  selbst 
zu  reden,  mit  der  Biographie  des  H  bei  S  zu  vergleichen,  um 
den  wesentlichen  Unterschied  sofort  zu  erkennen.  Der  Wortlaut 
jenes  Hesychartikels,  vor  Allem  die  Art,  wie  der  Inhalt  der 
Schriften  bezeichnet  wird,  zwingen  zu  der  Annahme,  dass  diese 
Biographie  von  einer  anderen  Person  geschrieben  ist  als  von  H 
selbst.  Die  christlichen  Viten  des  S  gehen  zum  Teil  auch  weit 
über    die   Zeit   des  H   hinab.     Die  späteste  ist  die   des   Ignatios, 


1)  Fleckeisens  Jahrbb.,  SuppL,  XI  405. 


4    Wentzel,  Die  griech.  Übersetzung  der  viri  inlustres  des  Hieronjmus. 

s.  V.  'lyvaTLoq,^  die  unter  den  Schriften  des  Ignatios  auch  die 
Biographie  des  im  Jahre  829  verstorbenen  Patriarchen  Nike- 
phoros  aufzählt. 

Es  ergiebt  sich  ferner,  dass  die  Schlussworte  derHes3^chvita  da. 
de  Tov  jiiva'/M  —  avanXi.03V  weder  von  S  selbst  noch  etwa  von 
einem  Interpolator  des  S  herrühren  können.  In  beider  Munde  wür- 
den sie  eine  Unwahrheit  enthalten.  Denn  die  Struktur  der  christ- 
lichen Viten  zeigt,  dass  diese  in  demselben  Buche  gestanden 
haben  müssen,  wie  die  heidnischen,  dass  S  sie  also  schon  in 
seiner  Quelle  vorgefunden  hat.  Ein  Interpolator  des  S  hätte  sie 
aber  im  S  selbst  erst  recht  vorfinden  müssen.  Jene  Worte  können 
nur  von  demselben  Manne  geschrieben  worden  sein,  der  gesagt 
hatte:  ov  Ihltoili]  Iötl  tovto  to  ßißllov,  d.  i.  von  dem  Epi- 
tomator  des  H.  Der  Epitomator  nahm  also  Anstoss  an  dem 
Fehlen  aller  christlichen  Biographien  in  dem  Uiva^  des  H,  und 
der  Anstoss  ist  so  stark,  dass  er  den  —  gewiss  ungegründeten 
—  Verdacht  ausspricht,  H  sei  wohl  ein  Heide  gewesen.  Sollte 
er  dabei  wirklich  nur  die  Absicht  gehabt  haben,  lediglich  seinem 
christgläubigen  Herzen  Luft  zu  machen?  Oder  weisen  die  Worte 
nicht  vielmehr  mit  aller  Deutlichkeit  darauf  hin,  dass  ihr  Urheber 
auch  des  Willens  gewesen  ist,  den  von  ihm  bemerkten  Mangel 
seiner  Vorlage  auszufüllen?  Ich  glaube,  sofern  man  nur  die 
einzelnen  Thatsachen  und  Indizien  unbefangen  als  das  nimmt, 
als  was  sie  sich  geben,  schliesst  sich  alles  ohne  Schwierigkeit 
an  einander.  Im  sechsten  Jahrhundert  hat  H  seinen  IUva^  rwv 
8V  jtaiöeia  ovo/iaöTcov  verfasst,  eine  Zusammenstellung  der  Bio- 
graphien sämtlicher  berühmten  Schriftsteller  der  hellenischen  Welt. 
Frühestens  im  zweiten  Viertel  des  neunten  Jahrhunderts  ist 
dieses  Buch  von  einem  unbekannten  Manne  in  der  Weise  über- 
arbeitet worden,  dass  er  es  einerseits  auszog  und  kürzte,  anderer- 
seits aber  um  die  von  ihm  vermissten  Biographien  hervorragender 
Kirchenschriftsteller  erweiterte.  Diese  Bearbeitung  des  H  ist 
die  Quelle  der  biographischen  Artikel  des  S  gewesen.  Jede 
andere  Ausdeutung  der  Zeugnisse  führt  dazu,  an  irgend  einem 
Punkte  offenkundigen  Thatsachen,  unverdächtigen  Angaben  Gewalt 
anzuthun. 

Mit  dieser  Erkenntnis  gewinnen  wir  zugleich  den  richtigen 
Standpunkt  zur  Beurteilung  eines  bisher  nicht  herangezogenen 
Zeugnisses.     Ch.  F.  Matthäi  hat  in  einer  Ausgabe  zweier  Heden 


Wentzel,  Die  griech.  Übersetzung  der  viri  inlustres  des  Hieronymus.     5 


des  Gregor  von  Nazianz  (S.  Gregorii  Nazianzeni  binae  orationes 
graece  et  latine  ed.  Ch.  F.  Matthäi.  Mosquae  1780)  p.  106  aus 
einem  Moskauer  Gregorcodex,  den  er  mit  N  bezeichnet  und 
dem  zehnten  oder  neunten  Jahrhundert  zuweist,  eine  Biographie 
des  genannten  Kirchenschriftstellers  herausgegeben,  als  deren 
Autor  Hesychios  lllustrios  ausdrücklich  namhaft  gemacht  wird.  Da 
das  Matthäische  Buch,  dessen  Kenntnis  ich  der  Güte  U.  v.  Wila- 
mowitz'  verdanke,  selten  ist  und  die  Auszüge  bei  Migne  (36, 933  ff.) 
sich  nur  auf  Niketas  und  den  Katalog  der  Moskauer  Handschriften 
erstrecken,  setze  ich  die  Gregorvita  hierher,  daneben  den  ent- 
sprechenden S-Artikel. 


Matthäi  p.  106 
xaös  Ji£()l  Tov  jisyalov  Fgriyo- 
Qiov     (prjolv     Ilövyioq     1X2.0V- 
öTQLoq  0  Tovg  ßiovg  tcop  öo(pmv 
ajtavrojv  (j'/,iayQa<:p7]öaq. 


S 


ovTog   o    iisyag   FQrjyoQiog    ov 
fiovov  ygafifiaTtxog  rjv  xal  ra 


rQrjyoQtog,  NaUavCov  ajtloxo- 
jiog  —  oraüfzog  dh  ovrog  Kaji- 
jtaöozlag  — ,  avf]Q  aXXoytiico- 
rarog,  avayzalog  6h  cpUog 
Baöildov  TOV  zT/g  KaLOageLag 
sjiLöxojiov  xTjg  tv  Kajijiaöoxla. 
ovTog  ov  liovov  ygaiiiiaTixog 
xal  xa   hg  rrjv  jioirjoiv  ös^Log, 


eg  Tt}v  jtOL7]ötv  ös^tog,  alXa  \  alla  jcollm  jilelov  Tcallg  (ptXo- 
nollcp  jtltov  xal  lg  cptXoöocplav  \  oocpiav  t^t]ö'/C?]T0  xal  QrjrmQ  rjv 
£^?'jOx?]TO  xal  Q?]T(DQ  7jv  aficpc-  afKpLÖs^tog.  ovrog  syQatps  xata- 
ös^tog.  ovTog  lygaipe  xaralo-  Xoyaörjv  jzoXXa.  eig  yaQ  zQelg 
yaörjv    JtoXXcc.     eig    yaQ    zgetg     fivgtaöag    oxr/cop    zä    övvzccy- 


fzvQLCcöag  özly^ojv  za  ovvzay- 
fiaza  avzov  ovvtd^rjxev,  a(p  cov 
syvcofisp  fisygt  vvv  ow^OfievoDV. 
(So!) 


fiaza  avzov  ovvtd^rjxav^  a(p  cuv 
eiöL  zdÖ£'  Ttegl  zrjg  zeXevzrjg 
zov  aÖ8X(pov  KatoaQslov,  ejit- 
zd(pLog  eig  zov  tavzov  jcazega. 
tzsQog  dg  zf)v  aöeXcpijv  Fogyo- 
vlav,  jcsqI  (pLXojizmyiag.  tjiai- 
vovg  zcjv  3Iaxxaßaio^p ,  ajiai- 
vovg  KvjtQtavov\  Ijialvovg^Äd-a- 
vaöLOV,  ejialvovg  Hgmvog  (piXo- 
ö6(pov,     xazä    lovXiavov    zov 


6     Wentzel,  Die  griech.  Übersetzung  der  viri  inlustres  des  Hieronymus. 


Matthäi  p.  106. 


?]xo?.ov&f]Os  ÖS  TCO  IloXe- 
[iCovoqyßQaxTijQiTOV  Äaoör/JwQ, 
Tov  öocpiöTSvoavTog  sv  ^fivQvrj, 
og  iysyovst  ÖLÖaoxaloq  /igiöTsl- 
öov  TOV  QTjTOQoq.  efQaxps  öe 
avTCp  (so!)  Tcal  tTtgav  ßlßXov 
öl   t^afitTQcnv 

'Aal  jtavTOLcov  xal  diacpo- 
Qcov  fiiTQODV  axiva  övvdyovTai 
elg  Ijtöjv  (ivQiaöag  TQSlg. 

TOV    6 6    rQl^yOQlOV    TOVTOV 

Tcal  ^PtXoOTOQyiog  o  Ageiavog 
£V  Tfj  xaT  avTov  lOTogla  fie- 
(ivrjTat  xai  g)7jöi' 

rQTjyoQLog  7)xfiaC,£  xar  sxei- 
povg  Tovg  yQovovg  ev  Tfj 
Naöiavöm 

» 

xal  BaölXsLog  hv  Kaiöagsla 
Tfjg  KajtJtaöoxlag  xal  Ajio- 
XivaQiog  bv  Aaoötxsia  Tfjg 
^vQiag.  TQSlg  öi)  ovtol  av- 
6i)£g  TOV  ofjoovolov  JtQovjia- 
yovv  xaTCc  tov  tTSQoovolov 
f/axQ(p  jiavTag  ozaQEVsyxov- 
T£^  {jt£QBVsyx6vT£g  der  Text 
bei  Mattbaei)  TOvg  jzqotsqov 
xal  vöTSQov  axQig  Ifiov  T?jg 
avTTJg  atQtöscog  JCQoöTavTag, 
ojg  Jtalöa  ütaQ*  avTOvg  xqi- 


S 
ßaöiXtcog  Xoyoi  /?',  xaTO.  Evvo- 
filov  Xöyoi  ß' ,  jüsqI  d^eoXoyiag 
a  ,  Ttegl  vlov  Xoyoi  ß\  jteqI  tov 
aylov  jtV8VfiaTog  Xoyog  a  ,jcavri- 
yvQLXol  Xdyoi  l\  xal  tTEQOi 
jüXelöTOi.  xal  jtaoL  yvojQijjiOL. 
r/xo^.ovO-r/oe  öh  tco  IloX^j/mvog 
yagaxTr/Qi,  tov  Aaoöixtcog  tov 
Ooq)iöT6vOavTOg  kv  ^fivQvrj,  og 
lysyovu  öiöaoxaXog  Aqiotfaöov 
TOV  QrjTOQog.  lyQacprj  61  avTco 
xal  8TiQa  ßißXog  öt  s^afitTQWv 
jtaQ&svlag  xal  yafiov  xad  tav- 
TOvg  öiaXsyoiisvmv  xal  elg  £T£-- 
Qag  vjtod^iöEig  Iv  JtavToloig  xal 
ötacpoQOLg  fieTQotg  aTtva  ovv- 
ayovTat     dg     sjtcßv     uvQcaöag 

TQSlg. 

TOV  öe  rgrjyoQiov  tovtov 

xal    fpiXoöTOQywg    o  'Agstavbg 

kv  tT]  xaT  avTov  lOTogla  [ivt]- 

fiTjv  jTSjtolrjTat  xal  (pr]öi' 

rQTjyoQLog  yaQ   /jXfiaCs   xmt 

txs'ivovg  Tovg  ygovovg  ev  ti] 

]\aCiavC,oJ  (öTa^fibg  öh  ovTog 

6    TOJtog   Kajcjiaöoxlag)    xal 

BaolXsLog  ev  Kaioagela  Trjg 

KajtJtaöoxlag   xal  ^AjtoXiva- 

giog    ev    tt]    Äaoöixela    Tfjg 

J^vglag.     Tgelg  öi]  ovtol  av- 

ögegTOTSTOv  ofioovolovjrgov- 

(idyovv  xaTCc  tov  STegoovolov, 

fiaxgm  jiävTagjiageveyxovTsg 

TOvg  jtgoTsgov  xat  vots- 
gov  äygig  ef/ov  T?jg  avTTJg 
aigtöeoDg  jtgoöTavTag,  mg 
Jtalöa  Jtag    avTOlg  xgi&fjvai 


'I 


i| 


Wentzel,  Die  griech.  Tbersetzung  der  viri  inlustres  des  Hieronymus.     7 


Mattbäi  p.  106 
^ijvai  Tov  ji^avaoiov.  rrjg 
re  yag  l^coi^ev  TcaXovjitvrjg 
jtaiöevöscog  Iju  JtlelöTOV 
ovTOc  jiQoelriXvd^eiöai'  xal 
Tcov  IsQcov  yQag)(DV,  ojtooa  slg 
avayvmöiv  ytdi  ttjv  jcqoxsiqov 
fiv7]fi7]v  arsXei,  jtoX)j)v  uxov 
TJiv  EfutsiQiav,  xal  fzaXtöra 
ys  avTcov  o  rgrjyoQtog.  xal 
fir)v  xal  övyygdcpsip  txaörog 
avrcov  eg  tov  savzov  xqojiov 
r}v  Ixavcorarog.  tov  (itv  ye 
'AjtolLvaQiov  To  vjtofivTjiia- 
TLxov  slöog  TTJg  Xe^scog  fiaxQm 
cLQLOTa  dys,  BaoUstog  öh 
jcavrjyvQiöat  laiiJtQoxaTog  fjv^ 
TGp  öi  ys  rQTjyoQin  xal  jzaQ 
a^cpOTSQovg  e^STaC^ofievm 
fisl^cD  ßaoiv  dg  ovyyQa(p?)v 
dx^v  6  Xoyog,  xal  7]v  djtelv 
!AjtoXtvaQLOV  fihv  aögoTsgog, 
BaöiXdov  6s  öTad-sQOfxeQog. 
TOOavTTjg  öh  avTOlg  ev  tcö 
Xeysiv  övvdfxswg  ovörjg  xal 
TO  rjd^og  ovösv  tjttov  Jtagsi- 
yovTO  üiQog  ttjv  tcov  jzoXXwv 
d^tav  Ijiaymyov ^  ojOts  xal 
oig  (DQCQVTO  xal  oig  sXsyov 
jcdvTag  dg  ttjv  avxSv  r/gow 
xoLVCOviav. 


ToOavTa  jiegl  avTwv  o  ^tXo- 
OTogyiog,  xal  TavTa  Ageiavog 
mv.  STt  yovv  jisgicov  dg  tov 
olxelov  TOJiov  o  Fgrjyogiog  Ijii- 


Tov  'AO^avdöiov.    TTJg  ts  ydg 
l^wd-BV  xaXovfitv7]g  jtaiöev- 
oewg     £jtl     jcXelOTov     ovtol 
jigoeXrjXvd^SLOav      xal      tcov 
legSv  yga(pwv^oüio6a  elg  avd- 
yvmCiv    xal    ti)v    Jtgoysigov 
fivrifirjv  ItsXel,  jtoXX/jv  d^ov 
TTJV    s^jisigiav,  xal   ndXiöTa 
ye  avTCQV  o  FgrjyogLog.     xal 
fiTjv  xal  övyygdcpsiv  txaöTog 
avTcöv  lg  TOV  savTov  Tgojiov 
rjv  IxavoDxaTog.    tcü  [liv    ys 
^ÄTtoXivaglm    to    vjro^vyjiia- 
TLXOV  slöog  TTJg  XtQScog  ftaxgco 
dgiöxa    slys.      BaölXsiog    ös 
jiavTjyvgloac  XafijtgoTaTog  y]v, 
TCO  ÖS  ys  FgriyoglcQ  xal  jiag 
d^KpoTsgoig  s^sTa^ofisvco  fisl- 
Coj  ßäöiv  slg  övyyga(prjv  slxsv 
0  Xoyog,  xal  rjv  sljislv  Ajio- 
Xtvagiov  [isv  dögoTsgog,  Ba- 
■    öiXsLOv     ös     OTad^sgooTsgog. 
TOöavTTjg    ös    avTotg  sv  Tcp 
Xsystv  xal  ygdcpsiv  övvanscog 
ovOTjg    xal    TV    i]d^og    ovösv 
7JTT0V  OL  avögsg  jtagslxovTO 
jigog  TTjV  Twv  jtoXXcov  d-sav 
sjiayooydxaTOV,  coözs  xal  oig 
cogSvTO  xal   oig  sXsyov  xal 
ojtoöa  ygdcpovTsg  ötsölöoöav, 
öid   jtdvTCOv   TTjgovv    slg  Tt)v 
savTwv  xotvcoviav  Tovg  xad- 
oTiovv  avTcov  sv^agsöTsgov 
dXlöxsö^ai  övvafisvovg. 
TOOavTa    jtsgl    avTwv    cog    sv 
jtagaögoiifi    ^PiXoOTogyiog    xal 
TavTa  Agsiavog    Sv    sygaxpsv. 
STL  yovv  jtsgicov  slg  tov  olxslov 


g     AVentzel,  Die  griech.  Übersetzung  der  viri  inlustres  des  Hieronymus. 

Matthäi  p.  106  1  S 

oxojtov  yMraOTf'jöaQ  ev  ttj  la-  xojtov  o  rQTjyogcog  ajtlöxojtov 
X0VÖ7]  avTov  iTcxXrjöla  avroq  xazaöTrjöaQ  ev  zrj  Xayovo?] 
ev  ajQm  xlvl  ßlov  fiovaöixbv  avxov  exxh]Oia  avrog  ev  clygco 
ajtrjveyyMTO.  eXaoag  öh  Jtegl  rivc  ßlov  fiovaötxov  djt?jvey- 
ra  evev/jxovra  Irrj  xailnexeiva  xaxo.  eXaoag  6e  jteQL  xa  evevi]- 
&S0600I0V  TQLTov  xal  öexazov  xovra  ezf]  xal  ejtexeiva  ßeo- 
ezog  ayovzog  xazaZvet  zov  öoölov  tqlzov  xal  öexazov  ezog 
ßlov  ava^iov  zovzo  zrjg  avzov  \  ayovzog  xazaZvet  rbv  ßlov  av- 
jtaü^cbv  agezfjg  z6  zfjg  xad-eögag  a^tov  zovzo  zTJg  avzov  jiad^cQv 
ajtoxgovo&rjpat  zr/g  ßaGiliySig  ccQezijg  zb  zrjg  xad^tögag  ajto- 
zcöv  jibXecDV.  xQOvö&fjvat    zrjg    ßaotZevovö7/g 

zdiv  jioZecov  xal  jtQOXQtO^rjvai 
fcäZZov  zovg  tpavZozegovg  7) 
zbv  ejt  dgezfi  ^<^^  )M{ijig6zrjzL 
ßlov  üidvzcov  [laXZov  vjtegave- 
yovza. 

Aus  der  Nennung  des  H  in  dem  Moskauer  Gregor  folgt 
nicht,  dass  H  selbst  die  Viten  der  christlichen  Schriftsteller  auf- 
genommen hat  —  das  wtirde  mit  dem  ausdrücklichen  Zeugnis 
des  Epitomators  bei  S  s.  Hövyiog  unvereinbar  sein  — ,  sondern 
nur,  dass  dem  Schreiber  des  Moskauer  Codex  dieselbe  Epitome 
vorlag,  die  S  ausschrieb,  und  dass  der  Epitomator  seinen  Namen 
nicht  genannt  hatte,  so  dass  das  Buch  unter  dem  Namen  des 
H  gehen  konnte.  Auch  das  wird  begreiflich,  sobald  man  sich 
nur  vergegenvrärtigt,  dass  die  kaum  drei  Dutzend  christlicher 
Biographien,  die  in  der  Epitome  hinzugekommen  sind,  gegen- 
über dem  alten  hesychianischen  Bestände  von  mehr  als  S50  Bio- 
graphien kaum  in  Betracht  kommen. 

Ist  das  richtig,  so  gewährt  die  Moskauer  Gregorbiographie 
einen  Fingerzeig  für  den  Weg,  auf  dem  man  weitere  Reste  des 
H  zu  suchen  hat.  Sie  gehört  nicht  zu  den  Scholien  des  Codex, 
sie  ist  vielmehr  von  einem  späteren  Besitzer  der  Handschrift  ^ ) 
den  in  dieser  gesammelten  Reden  beigegeben  worden,  als  Ein- 
leitung, zur  Orientierung.  In  dem  Corpus  der  Gregorscholien 
also  wird  man  kein  hesychianisches  Gut  finden,  wie  denn  in  der 


1)  „scripta  sunt  a  manu  recentiore,   sec,  ut  videtur,   XV.  aut  XIV." 
Mattbaei  105,  3. 


f 


Wentzel,  Die  griech.  Übersetzung  der  viri  inlustres  des  Hieronymus.     9 

That  die  bisher  veröffentlichten  Scholien  zu  Gregor  nichts  ent- 
halten, was  auf  H  zurückgeführt  werden  könnte.  Dafür  er- 
öffnet sich  aber  eine  andere  Aussicht.  Der  Moskauer  Codex 
stammt,  wie  fast  alle  griechischen  Handschriften  in  Russland, 
vom  Athos,  aus  der  Lawra  des  hl.  Athanasios.  Folglich  muss 
es  irgendwann  einmal  auf  dem  Athos  ein  Exemplar  der  Epitome 
des  H  gegeben  haben.  Es  gilt  zunächst,  den  Gregorcodex  selbst 
zu  durchsuchen,  ob  sich  in  ihm  ausserhalb  des  darin  überlieferten 
Scholiencorpus  noch  biographische  Randnotizen  finden.  Dann 
aber  dürfte  es  notwendig  sein,  alle  vom  Athos  stammenden 
Handschriften,  deren  ausser  dem  'Ayiov  'Oqoc,  selbst  vornehmlich 
die  Bibliotheken  von  Paris  und  Moskau  eine  grosse  Anzahl  be- 
sitzen, kurz  einzusehen,  um  zu  prüfen,  ob  sie  entweder  die  Epi- 
tome selbst,  sei  es  auch  nur  in  kurzen  Bruchstücken,  oder,  wie 
der  Moskauer  Gregor,  aus  ihr  stammende  Biographien  der  in 
ihnen  abgeschriebenen  Autoren  enthalten. 

Das  Citat  des  Moskauer  Gregorcodex  gestattet  auch,  die 
Überlieferung  der  Epitome  bei  S  zu  kontrolieren.  S  hat  seine 
Vorlage  vollständiger  wiedergegeben  als  der  Schreiber  des  Mos- 
kauer Gregor.  Bei  diesem  fehlt  der  Eingang  des  S-Artikels 
(bis  ovTog  845  A  8  Gaisford),  desgleichen  der  Schluss  von  den 
Worten  xal  jtgoxQtO'T'jpac  (846  D  8)  ab,  ebenso  der  Schluss  des 
Philostorgioscitates.  Dazu  kommen  kleinere  Auslassungen  (xal 
YQCccpEtv  846  C  1,  OL  avÖQsg  846  C  2,  (Dg  iv  jtaQaÖQo^uTJ  846  C  7, 
tygaxptv  846  C  8).  Von  diesen  Kürzungen  lässt  sich  nicht  sagen, 
ob  sie  der  Schreiber  des  Gregorcodex  nicht  schon  in  seiner  Vor- 
lage gefunden  hat.  Er  selbst  ist  es  aber  sicher  gewesen,  der 
das  bei  S  noch  erhaltene  Schriftenverzeichnis  gestrichen  hat. 
Bei  S  wird  es  eingeleitet  durch  die  Angabe:  dg  yaQ  TQetg 
fivQiaöag  orlxcov  ra  owrayfiara  avrov  ovvtd^ijxsv^  atp'cov  elöi 
xdös,  worauf  die  Titel  folgen.  Bis  ovvtdrjXE  stimmt  auch  der 
andere  Zeuge,  er  fährt  jedoch  fort:  «gp'  cüv  eyj^wftsv  l^^XQ^  ^^^ 
6coC,ouiv(DV.  Die  Worte  syvwfzev  fi^XQ^  ^^^  öco^ofievcov  sind  in 
der  Verbindung  mit  dg)  cov  grammatisch  nicht  recht  verständ- 
lich. Sie  sollen  offenbar  die  Auslassung  des  Schriftenverzeich- 
nisses mit  der  Berufung  auf  die  Existenz  der  Schriften  Gregors 
motivieren.  Darin  verrät  sich  der  Schreiber  oder  Besitzer  eines 
Gregorcodex:  jene  Moskauer  Handschrift  enthält  nach  Matthäi 
a.  a.  0.  51   Reden  Gregors,   auf  dem  Athos   gab   es   eine  grosse 


IQ    Wentzel.  Die  griech.  Übersetzung  der  viri  inlustres  des  Hieronymus. 

Menge  von  Gregorhandschriften;  da  war  es  allerdings  unnötig, 
die  einzelnen  Titel  in  der  Biographie  nochmals  aufzuzählen.  In 
derselben  Weise  ist  es  zu  beurteilen,  dass  bei  der  Erwähnung 
der  tziQa  ßlßXog  6i  s^afitxQOJV  jiaQd-evlaq  y.ai  yanov  y.a^^  kav- 
rovg  ötaXeyofievcov  im  Moskauer  Gregor  gerade  der  Titel  der 
Schrift  fehlt.  Im  Ganzen  zeigt  sich  — ,  dass  die  Überlieferung 
der  Biographien  genau  so  variabel  ist,  wie  die  der  lexikalischen 
Glossen  und  die  der  historischen  Schriften,  speziell  der  Chrono- 
graphen aus  byzantinischer  Zeit. 

Das  Moskauer  Citat  aus  der  Epitome  verhilft  uns  dazu,  die 
Quellen  des  Epitomators  für  neue  Zuthaten  zu  ermitteln.  Für  das 
grosse  Mittelstück  wird  am  Anfang  und  am  Ende  Philostorgios 
ausdrücklich  genannt.  Es  ist  von  Wichtigkeit,  dass  dieses  Citat 
auch  im  Moskauer  Gregor  erhalten  ist.  Damit  ist  gesichert,  dass 
S  einen  Teil  seiner  Philostorgioscitate  durch  die  H-Epitome 
empfangen  hat.  Er  benutzt  auch  bekanntlich  von  der  Konstan- 
tinischen Encyklopädie  die  Bände  a%  rcov  Ixy.hpiaöTLxmv^  denen 
er  u.  A.  die  grossen  Bruchstücke  aus  der  Chronik  des  Georgios 
Monachos  verdankt.  ^)  In  ihnen  waren  die  Kirchenhistoriker 
excerpiert,  darunter  ausser  Sokrates,  Sozomenos,  Theodoret, 
Theodoros  Anagnostes  auch  Philostorgios.  Es  ergeben  sich  keine 
Schwierigkeiten,  im  einzelnen  Falle  zu  bestimmen,  ob  S  ein 
Philostorgiosbruchstück  aus  H  oder  aus  der  Encyklopädie  hat, 
da  die  Artikel  der  H-Epitome  unverkennbare  Kriterien  des  In- 
haltes und  der  Form  haben. 

Zieht  man  die  Philostorgiosstelle  ab,  so  erweist  sich  als  eine 
Hauptquelle  für  den  Rest  des  Artikels  die  Biographie  des  Gregor 
von  Sophronios.  In  der  nun  folgenden  Gegenüberstellung  des 
H  und  des  Sophronios,  die  selbstverständlich  von  dem  Philostor- 
giosfragmente  absieht,  sind  die  Bestandteile  des  H,  die  bei 
Sophronios  fehlen,  in  kleinerem  Drucke  gesetzt. 


H 
rQTjyoQLoq'  Na^iav^ov  ejtioxo- 
jtog  —  OTa&jnog  öa  eoxiv  ovxoq 


Sophronios   117 
rQ?]y6Qioc,  ^aolficov  jzqotsqoi^, 
eha    NaCtccvCov    sjtiöxojTog, 


Kannaöoxiaq  — ,  av}iQ  eXXo-  avijQ  tXXoytf/coTaTog,  o  sfiog 
yif/coraroQ,  dvayxalog  de  (flloq  \  öiöaozaZog,  ov  i:$.?]yoi\utPOV 
Bcwiltlüv    Tov    zriq   Kaiaageiag  i       zag  &eiag  tyvcov  ygafjpag, 


1)  de  15oor,  Hermes  XXI  1. 


Wentzel,  Die  griech.  Übersetzung  der  viri  inlustres  des  Hieronymus.    \  \ 


H 

imaxonov  xrjg  iv  KannaöoyJa. 
ovTOQ  ov  fxovov  yQafAfjLUTfyioq  xal 
TU  ig  Tj/v  TtoiTjoiv  öe^iöq,  (x)J.(x 
7toXX(p  nXelov  xal  elq  (piXoaocplav 
s^i^axTjTo  xal  Qy'jXojQ  ijv  dfzcpiös^iog. 
OVTOQ  sy^aips  xaTaloydörjv  noXXd. 
slg  yccQ  TQsiq  fiVQiaöag  ötIxcov 
ra  (JvvxajuaTa  avrov  Ovvs- 
d^Tjxev,  a(p  ojv  elöl  raöe' 
j[8qI  rrjg  xsXevrijg  rov  aöeX- 
(fov  KatöaQSLOV,  sniTccfpiog  slg 

TOV  SaVTOV  TtCCTEQCi,   bTSQOg  Eig  T7jV 

d6eX<priv  FoQyovlav,  jtSQL  <ptXo- 
jtTcoyJag,  sjtalvovg  rcöv  Max- 
xaßaicov,  ejialvovg  KvjiQia- 
vov,  ejcalvovg  'A&avaölov^ 
ejialvovg  HQCovog  (pLXo(j6(pov, 


Sophronios 


xara  ^lovXiavov  rov  ßaotZecog 
Xoyoi  övOy  xara  EvvofJiov 
Xoyot  ß' ,  jcsqI  SeoXoylag  a , 
JtsQc  viov  Xoyoi  ß' ,  jisqI  tov 
aylov  nvtvnaxog  Xbyog  slg, 
navriyvQixol  koyot  öixa  xal  aze- 

QOL  TtXSLGTOL  xal    TCCtöi    yvojQiuoi. 

'?]xoXovO-?]6s  ÖS  TCO  noXsfico- 
vog  y^agaxTrjQL  tov  Aaoöixscog 
TOV  aoipiöTEvaavTog  iv  2f/.vQVjj, 
og  iysyövei  öiödaxaXog  ^AgiaTsldov 
TOV  QriTOQog.  syQacfTj  6s  avTcp 
xal  STsga  ßißXog  öc  s^afis- 
TQCOV  jtaQ^svlag  xal  yafiov 
xa^  savTovg  öcaXsyoftsvcov 
xal  slg  kxbQag  vTioS-ioEig  iv  nav~ 
Toloig     xal     öiacpoQoig     /usTQOig 


slg  TQElg  fivQiaöag  orlycov 
jtavra  ra  öwrayfiara  avrov 
ovvid^Tjxsv,  ag)  ojv  slol  raös. 
jcsqI  rrjg  rsXevzTJg  rov 
dösXtpov  KaLöagslov, 

jtsQl  cpiXoJtrmyiag,  sjialvovg 
rojv  Maxxaßaiojv,  sjiaivovg 
KvjtQtavov,  sjtaivovg  Ad^ava- 
ölov,  sjialvovg  Ma^lfiov  (piXo- 
ö6(pov  iisra  rrjv  s^oQiav  ava- 
C^sv^avrog,  ov  riva  ipsvöcog 
rivsg  HQwvog  sjtsyQaipav. 
sorc  yaQ  xal  aXXr}  ßißXog 
xarayvcoöiv  rov  avrox  Ma- 
^If/ov  jisQLsyovöa  cog  fi^  s^ov 
slvai  rov  avrov  xal  snaivsöat 
xal  ips^ac  SV  xaigw,  xal  ßißXog 
Öl  t^afisrQwv  jcagd^svlag  xal 
ya^ov  xa^^  tavrcov  öiaXsyo- 
rsvmv,  xara  Evvoiiiov  Xoyog 
n  ,  jtsgl  Jtvsvfiarog  aylov  Xo- 
yog slg,  xara  lovXtavov  rov 
ßaötXswg  Xoyog  d , 
iqxoXovd^ips  ÖS  rm  noXsiim- 
vog  yaQaxrii]Qi, 


12    Wentzel,  Die  gi-iech.  Übersetzung  der  viri  inlustres  des  Hieronymus. 


H 


Sophronios 


xat    JZ8Q10JV    SiQ    TOP     OIXSIOV 

TOJtov  sjtioxojcov  xaTaöTi'iöaz 

tv  ccfQcZ  ßlov  fzovaöcxov 
ajtrjveyxazo, 

xal  tTe?.svTr]Os  jiqo  TQterovg 
XQovov  ßaOiXsvovTog  Cieoöo- 
olov. 


axLva  ovvayovTat  siq  sjtcov 
fiVQidöag  ZQalg. 
846  D 1  tzt  yovv  jcsqlcov  dg 
TOP  olxslov  TOJtov  0  Fqtiyo- 
QLog  IjtiöxoJiov  xaraOT/jOag 
iv  zy  ?M'/ovay/  avxov  ixyJ.rjoia 
avtbq  Ev  cr/Qrp  tlvl  ßlov  fio- 
vaÖLXOV  ajii]viyxaxo,  f^^.äaaq 
öh  nsQL  xa  ivev/jxovza  ai?]  y.al 
ensy.tiva  &8odoolov  TQixov 
■xal  ötyMxov  tTog  ayovTog  xara- 

XVU     TOV     ßlov     dvu^lOV     TOVTO 

zrJQ  avzov  nad-(i)v  aQezrjq  zo  ZTJg 
xaS-sÖQaQ  dnoyQOVod-rjvat  zfjq  ßa- 
oiXevoiorjQ  Z(vv  n6?.۟)v  xal  tiqo- 
XQi&rjvat  fj.ä?J.ov  zovg  (pav?.ozb- 
Qovg  T]  zov  in  (XQSzf^  xal  Xafi- 
TtQozrjZL  ßlov  nävzwv  fxuX?.ov 
vTtEQavt'/ovza. 

Bei  flüchtigem  Zusehen  könnte  es  scheinen,  als  benutze 
der  Biograph  nicht  den  Sophronios,  sondern  dessen  Quelle. 
Handelte  es  sich  bei  Sophronios  um  ein  griechisches  Original- 
werk, so  würde  dieser  Schluss  gezogen  werden  müssen.  Aber 
des  Sophronios  Buch  ist  eine  Übersetzung  aus  dem  Lateinischen. 
Folglich  steht  sein  Wortlaut  fest,  und  wo  sich  wörtliche  Über- 
einstimmung mit  Sophronios  findet,  ist  er  benutzt.  Denn  es 
kann  weder  auf  die  Quelle  des  Sophronios  zurückgegriffen 
werden  —  diese,  Hieronymus,  ist  lateinisch,  und  eine  von  Sophro- 
nios unabhängige  zweite  Übersetzung  würde  doch  schwerlich  auf 
genau  dieselben  Ausdrücke  verfallen  sein  — ,  noch  auf  die  Quelle 
des  Hieronymus  —  denn  es  ist  undenkbar,  dass  Sophronios  in 
seiner  Übersetzung  mit  ihr  sich  wörtlich  berühren  sollte;  die 
Vergleichung  des  Eusebius  vollends,  wo  dieser  die  Vorlage  des 
Hieronymus  gewesen  ist,  schliesst  in  der  That  diese  Möglichkeit 
aus.  Folglich  hat  der  Epitomator  des  H,  da  er  mehrfach  genau 
mit  dem  Wortlaute  des  Sophronios  stimmt,  den  Sophronios  selbst 
anssjeschrieben.  Dann  müssen  die  Überschüsse,  die  die  Gregor- 
biographie  bei  S  gegenüber  der  des  Sophronios  aufweist,  ent- 
weder eigene  Bemerkungen  des  H-Epitomators  oder  Zusätze  aus 


Wentzel,  Die  griech.  Übersetzung  der  viri  inlustres  des  Hieronymus.    13 

anderen  Quellen  sein.  Der  eigenen  Thätigkeit  des  Epitomators 
verdankt  die  Biographie  den  Satz  ovzog  ov  (lovov  yQafifiazcxog 
xal  za  £g  ztjv  jtohjöLV  Ö£^i6g,  aXXa  JtoXlcp  jtZslov  xal  ag  (piXo- 
oo<pLav  s^?]öyC7]Z0  xül  QijzcoQ  7]v  ccficptöe^tog.  Zur  Abfassung 
dieser  Worte  war  keine  quellenmässige  Unterlage,  sondern  nur 
ein  allgemeiner  Überblick  über  die  Haupttitel  der  Schriften  des 
Gregor  von  Nazianz  nötig.  Der  Zweck  des  Satzes  ist,  den  Gregor 
nach  den  verschiedenen  Gattungen  der  jiaiöda  zu  klassifizieren. 
Ich  darf  daran  erinnern,  dass,  wie  bereits  C.  Wachsmuth^)  ge- 
sehen hat  und  später  kurz  dargelegt  werden  soll,  das  Original- 
werk des  H  nach  litterarischen  Kategorien  geordnet  war:  die 
Poeten  waren  von  den  Prosaikern  geschieden,  die  Unterabteilungen 
innerhalb  der  Poeten  waren  die  ejtcxoi,  XvQr/Col,  zQayixol,  xcofii- 
xol,  sXsysiojtoiol  u.  s.  w.,  innerhalb  der  Prosaiker  die  yQafifia- 
zixol,  die  Q7]zoQ6g,  die  lözoQixol,  die  (piXoöog^oL,  diese  letzten 
wiederum  nach  einzelnen  Sekten  geordnet,  u.  s.  w.  Von  Gregor 
wird  hervorgehoben,  dass  er  nicht  zu  einer  einzigen  dieser  Gat- 
tungen gehörte,  sondern  in  allen  thatig  gewesen  sei,  in  der 
Grammatik,  in  der  Poesie,  in  der  Philosophie,  in  der  Redekunst. 
Das  ist  einerseits  Nachahmung  des  H,  Anschluss  an  dessen 
Gruppierung  des  Stoffes,  an  das  Ziel  seines  Buches,  die  in  der 
jiaiöüa  ovofiaözol  zu  behandeln,  andererseits  aber  ein  nicht  zu 
verkennender  Gegensatz  gegen  H.  Zunächst  formell:  in  den 
Viten  aus  dem  alten  Bestände  des  H  wird  allemal  auf  die  denk- 
bar kürzeste  Weise  die  Gattung  des  betreffenden  Autors  an- 
gegeben {q/jzwq,  (pt?.6oog)og  Ozco'Cxog,  jtot?]zi]g,  tOzoQtxog,  xmiii- 
xog  etc.)  möglichst  unmittelbar  nach  dem  Namen  und  dem 
Ethnikon,  höchstens  nach  den  Namen  der  Eltern;  nicht  ein  ein- 
ziges Mal  findet  sich  bei  ihm  eine  Angabe  dieser  Art  zu  einem 
ausführlichen  Satze  stilisiert.  Der  Verfasser  der  Gregorvita  aber 
redet  wortreich,  unter  sorgfältiger  Beobachtung  des  von  W.  Meyer 
entdeckten  rhythmischen  Gesetzes  {(pcXo(jog)iav  s^rjöxrjzo,  fjv  aii(pL- 
öt^iog).  Diese  Ausführlichkeit  in  der  Bezeichnung  der  litterar- 
ischen Gattung  wiederholt  sich  bei  den  christlichen  Biographien 
nicht  selten.  Auch  dadurch  wird  erhärtet,  dass  der  Verfasser 
der  Gregorvita  nicht  H  selber  ist.  Es  ist  ein  Mann  gewesen, 
der   die  Vielseitigkeit  seines   christlichen  Helden   mit  einem  ge- 


1)  Symb.  Bonn.  139. 


14    Wentzel,  Die  griech.  Übersetzung  der  viri  inlustres  des  Hieronymus. 

wissen  Hochgefühle  hervorhebt:  Gregor,  der  sich  auf  allen  Ge- 
bieten hervorthut,  steht  nach  seiner  Meinung  den  Schriftstellern 
der  heidnischen  Zeit  zum  Mindesten  völlig  gleich.  Das  ist  das- 
selbe Interesse,  derselbe  Standpunkt,  den  wir  oben  aus  der  Hesych- 
vita  für  den  Epitomator  des  ülva^  erschlossen  haben. 

Der  Verfasser  der  Gregorbiographie  hat  ferner  im  Anfange 
des  Artikels  hinter  den  Worten  NaC^tavC^ov  sjilöxojioc  die  bei 
Sophronios  fehlende  Bemerkung:  OTa{^fidg  öh  ovzog  Kajuiaöo-Aaz. 
aus  dem  folgenden  Philostorgioscitate  wiederholt.  Über  Gregors 
Verhältnis  endlich  zu  Polemon  sagt  Sophronios  nur  ?/xoXovd7j08 
ÖS  Tcp  Ilo^tficovog  ;^ß()axT//()i.  Das  hat  die  Epitome  des  H  auch, 
aber  sie  fügt  (und  zwar  sowohl  bei  S  als  auch  in  dem  Moskauer 
Gregor)  hinzu:  zov  Aaodtxeojg  rov  öog)iöT£voaPTog  ev  ^JfivQv?]. 
6g  aysyopsc  öcöaoxaXog  'AQLOTelöov  rov  QrjzoQog,  Das  ist  ein- 
gefügt aus  dem  Anfang  der  Polemonbiographie  des  H  selber,  bei 

S    s.  IloZtficop:    IIoXtf/cQv   Aaoötxsvg ootpcozevoag    kv 

^fivQvrj,  öiödoxaXog  ^Agtoxsldov  toZ  gr/zogog. 

Auch  der  Schriftenkatalog  ist  in  der  Gregorvita  des  S  gegen- 
über der  Fassung  des  Sophronios  abgeändert.  Bei  Sophronios 
steht  mitten  unter  den  prosaischen  Schriften  Gregors  die  ßlßZog 
dl  t§ai/8ZQco2'  jiagd^tVLag  xal  yafiov  xa{)-'  tavzcöv  öia?.£yofievojv. 
Der  Epitomator  des  H  hat  die  prosaischen  und  die  poetischen 
Schriften  Gregors  getrennt.  Die  prosaischen  Titel  erscheinen 
zuerst,  eingeleitet  durch  die  bei  Sophronios  fehlende  Bemerkung 
ovzog  lygaxpe  yMzaXoyaöriv  üiollä,  an  zweiter  Stelle  die  Dich- 
tungen: lyga(p7]  de  avzo^  xal  tztga  ßißXog  6i'  s^afiezgojv 
jiagd^evlag  xal  yd^ov  xad-'  tavzovg  ÖLaXeyoy.ev(ov  xal  sig 
tztgag  vjto&tosig  tv  JtavzoioLg  xal  ÖLa(p6goig  fiezgotg,  aztva 
övvdyovzai  eig  Ijtöjv  fivgtdöag  zgelg.  Die  Angabe  (von  den 
30  000  Versen)  steht  auch  bei  Sophronios,  aber  vor  dem 
Schriftenkatalog,  und  an  derselben  Stelle  hat  die  H-Epitome  sie 
auch,  zum  zw^eiten  Male:  durch  die  Wiederholung  wird  die  redi- 
gierende Thätigkeit  des  Epitomators  besonders  deutlich.  Die  von 
Sophronios  abweichende  Gruppierung  der  Schriften  des  Gregor 
in  der  Biographie  der  Epitome  hängt  zusammen  mit  dem  Be- 
streben, die  litterarische  Thätigkeit  des  Gregor  nach  Gattungen 
zu  klassifizieren.  Sie  kann  also  erst  vorgenommen  sein,  als  die 
Sophroniosbiographie  dem  IUva^  des  H  einverleibt  wurde,  d.  h. 
von  dem  Epitomator  selbst.    Im  übrigen  ist  dies  eine  rein  redak- 


Wentzel,  Die  griech.  Übersetzung  der  viri  inlustres  des  Hieronymus.    15 

tionelle  Änderung,  desgleichen  auch  die  Zusammenziehung  der 
Angaben  über  das  lyxcD^LOv  auf  Maximus  und  die  erläuternde 
Erweiterung,  die  in  den  Worten  Iv  ttj  Xa^ovo?]  avxov  txxXrioia 
nach  tjtiöxojtov  xaTaOT?'iöag  liegt.  Nicht  zu  beurteilen  vermag 
ich  die  rein  textlichen  Varianten  i)  der  H-Epitome,  da  weder  eine 
Handschrift  des  Sophronios  vorliegt  noch  eine  geeignete  Aus- 
gabe des  lateinischen  Originals  existiert. 

Indessen  die  Gregorvita  des  H-Epitomators  geht  auch  materiell 
über  die  des  Sophronios  hinaus.  Schon  in  dem  Schriftenkatalog 
erscheinen  mehrere  Titel,  die  Sophronios  nicht  kennt:  8JtiTd(pL0c 
eiq  TOP  tavTOV  Jcartga,  tzegog  dq  ttjv  a6el(priv  roQjoviav^ 
jiavrjyvQLXOi  Ibyoi  ötxa  und  die  allgemeine  Angabe  über  die  Ge- 
dichte in  vermischten  Versarten.  Ich  darf  schon  hier  darauf  hin- 
weisen, dass  in  der  parallelen  Überlieferung  der  Kirchenhistoriker 
diese  Titel  nicht  wiederkehren,  sondern  dem  Epitomator  ganz 
eigentümlich  sind,  eine  Erscheinung,  die  sich  in  ähnlichen  Fällen 
wiederholen  wird.  Ferner  fehlen  im  Sophronios  die  Angaben 
über  Gregors  Verbindung  mit  Basileios,  über  die  Vertreibung 
aus  Konstantinopel  am  Ende  der  Biographie  des  Epitomators. 
Dem  Epitomator  haben  also  neben  dem  Sophronios  und  dem 
Philostorgios  noch  andere  Quellen  zur  Verfügung  gestanden. 
Um  diese  zu  ermitteln,  ist  es  nötig,  die  anderen  christlichen 
Viten  der  Epitome  heranzuziehen. 

Von  ihnen  ist  keine  einzige  durch  ein  ausdrückliches  Citat 
für  den  H  so  gesichert,  wie  die  des  Gregor.  Aber  diese  führt 
uns  weiter.  Wir  wissen  jetzt,  dass,  wo  bei  S  Sophronios  uns 
begegnet,  die  Epitome  vorliegt.  In  der  Gregorbiographie  wird 
Gregor  von  Nazianz  mit  Basileios  dem  Grossen  und  mit  ApoUi- 
narius  von  Laodikeia  zusammengestellt.  Die  Zusammenstellung 
wiederholt  sich  in  den  Biographien  dieser  beiden  Männer  bei  S, 
719  A  1  und  487  C  7.  Beide  Artikel  enthalten  dasselbe  Philostorgios- 
bruchstück  wie  der  über  Gregor,  mit  geringen  Kürzungen  und 
unbedeutenden  Varianten,  eingeführt  durch  die  fast  gleichlautende 
Wendung:  xov  ös  ys  Baoilelov  ['AjiolivaQiov]  zal  <Pi?.o6T6QyLoq 
livrjfiTjv  jisjiolrjtat  iv  rij  xaz  avxov  löTOQia  yQCcgjcov  [xal  ^r/Ot], 


1)  Zu  ihnen  gehört  u.  a.  wohl  auch  die  Differenz  über  das  Todesjahr 
des  Gregor,  das  bei  Sophronios-Hieronymus  in  das  dritte,  bei  S  in  das 
dreizehnte  Jahr  des  Theodosios  verlegt  wird. 


1 5     Wentzel,  Die  griech.  Übersetzung  der  viri  inlustres  des  Hieronymus. 


und  geschlossen  durch  dieselbe  Formel,  der  wir  schon  s.  v. 
FQjiyoQiog  begegneten:  TOöavxa  jisq!  avrcov  coa  Iv  jraQaögofif] 
fpiXoöTOQyiOQ  6  \4QSLav6q  lygaip^v.  In  dem  Artikel  über  Baol- 
ksioc,  steckt  ausser  dem  Citate  aus  Philostorgios  noch  die  ent- 
sprechende Biographie  des  Sophronios,  vermengt  mit  eigenen 
Bemerkungen  des  Epitomators  und  Zusätzen  aus  anderen  Quellen. 

S  Sophronios  116 

BaoUsiog'  KacOaQELagTfjgKajt-     BaolZstog  Kaioagslag  rijg  Kajz- 

jtaöoxcov,  rjTig  jzqcotov  Mä- 


jtaöoxoJv  ejtloxojiog,  ?iTig 
jtQc6r]v  Ma^axa  exaXecTO^ 
szüLQOQ  rQtjyoQiov  xov  ]SaC,iav- 
"C^ov  bTcioxoTiov.  ybyove  öh  yovicov 
Ti^QKf-avöiv.  BaGi?.elov  xe  xal  Eß- 
(xü.eiaq,  wv  avcoS-ev  t]  avyyheia. 
dvriQ  tU.oyifJLiotaxoq  y.al  ndoriQ 
naidsLug  etg  axQOV  t).ri).a>c<i>q. 
ovrog  ayQaxpe  nksLora,  iv  olq  S^av- 
fzdgsrai  xa  eiq  xtjv  '^EqaT^fxsQOv. 
xal  xar  Evvoulov  6e  h^ai- 
QbTOvg  övvtra^s  Xoyovg,  xal 
jisqI  xov  aylov  Jivevftarog 
revyog,  xal  xuq  slg  rr/v  t^a?]- 
fj£QOV  OfitXiag  evvla'  txsQov 
TEVXOg  aöXfjTlXOV  n^Ql  nag- 
d^evlaq  aX?.o,  tnaivov  elq  xovq  fx 
IxccQxvgaq,  exsQOv  sie  roQÖiov, 
ä?.?.ov  slq  Baglaäfz,  bXEQOV  slq 
^tov?.ixxav,  elq  öiacpoQOvq  xpa?.juovq 

)]d^iy.0l  ).6yOL  ÖldcpOQOl,    i7llOXO?Ml, 

(ov  ovdhv  üfzsivov ,  TtQoq  xs  xov 
ao(piGXT]v  ÄLßäviov  y.al  riQÖq  xov 
(plXov  FQriyÖQiov  yal  siq  d?.kovQ 

7i?.eiovaq 

(Folgt  das  Philostorgioscitat) 
TsZsvrä  öe  BaolXsiog  Fga- 
riavov  T.a  Pcofialcov  OxTjjtxQa 

ÖtSJtOVTOQ. 


Caxa  exaXelTO,  sjtioxojtog 


xara  Evvofiiov  a^aiQsrovg 
ovvtTaB,£  Xoyovg  xal  jrsgl 
jtJ'svfiaTog  aylov  rsvyog  xal 
slg  T))v  t^a/jfi8Qov  oficXiag 
ivvtaxal  aoxr/TLXoV  xal  ßga- 
Xslccq  ycil  noixD.aq  ofxü.Luq. 


xeXsvTä   ßaoiZstovTog  Fga- 
Tcavov. 


Auf  beiden  Seiten  ist  durch  kleineren  Druck  kenntlich  ge- 
macht, was  nur  der  eine  der  beiden  Zeugen  hat.  Es  ergiebt 
sich,  dass  von  dem  Epitomator  fast  die  ganze  Sophroniosvita 
aufgenommen  ist:   nur  die  ßgayelai  xal  jtoixiXaL  cftiXiaL  hat  er 


Wentzel,  Die  griech.  Übersetzung  der  viri  inlustres  des  Hieronymus.    j[7 

weggelassen.  Ausserdem  hat  der  Epitoniator  die  Sclilussworte 
des  Sophronios  ßaoiXsvovrog  Fgaztapov  durch  die  Umschreibung 
Fgartarov  rä  Pcoftaicov  oxfjjtzQa  öisjzovzog  ersetzt:  gewiss,  um 
nicht  nebeneinander  BaöiXHoq  ßaöiXsvovrog  zu  stellen,  wo  doch 
die  Einfügung  des  Subjektes  BaolXstog  nach  dem  langen  Philo- 
storgioszitate  unumgänglich  nötig  war.  Die  Zusätze  des  Epito- 
mators  entsprechen  genau  denen  in  der  Gregorbiographie.  De 
suo  hat  er  den  Satz  avrjg  eXZoyifiojzarog  xdi  naorjg  jtaLÖelag 
elg  axQOP  8X9]laxc6g  eingefügt:  hier  zeigt  sich  wieder  der  Ver- 
fasser eines  Buches  über  die  iv  jtaiöela  ovofiaözol,  und  die  Be- 
zeichnung des  Basileios  als  tXXoytficozazog  (eloquentissimus)  — 
nach  dem  Muster  zahlreicher  Sophroniosartikel  —  dient  dazu, 
den  Basileios  unter  die  Vertreter  der  Beredsamkeit  unterzubringen. 
Auch  das  Schriftenverzeichnis  ist  bei  dem  Epitomator  erweitert: 
die  Verzahnung  des  Sophronios  mit  den  hinzugekommenen  neuen 
Titeln  ist  in  der  V^eise  erfolgt,  dass  an  das  zsvxog  dözTjzixov, 
das  auch  Sophronios  erwähnt,  die  verwandte  Schrift  jzsqI  jtaQd-s- 
vlag  angefügt  und  vor  das  erstere  ein  tzEQOv  gesetzt  ist,  dem 
hinter  jieQi  jtaQd^avlag  ein  alXo  entspricht.  Voraufgeschickt 
ist  dem  Schriftenverzeichnis  die  Notiz,  dass  das  gefeiertste  Werk 
des  Basileios  za  elg  zfjv  t^arjfisQOv  sei:  infolge  dessen  wird  in 
dem  aus  Sophronios  entlehnten  Kataloge  der  Titel  elg  zrjv  e^a- 
r/fiegov  evvea  oficXtag  mit  dem  bei  Sophronios  fehlenden  Artikel 
zag  versehen,  um  anzudeuten,  dass  davon  schon  die  Rede  war.  Im 
übrigen  brauchte  der  Epitomator  auch  zu  dieser  Bemerkung 
keine  quellenmässige  Unterlage.  Wiederum  kann  konstatiert 
werden,  dass  die  von  dem  Epitomator  der  Sophroniosvita  hin- 
zugefügten Titel  in  keiner  Parallelüberlieferung  wiederkehren. 
Ausser  diesen  Elementen  hat  die  Biographie  in  der  H-Epitome 
zwei  Angaben,  die  bei  Sophronios  fehlen:  1)  die  Notiz,  dass 
Basileios  der  Freund  des  Gregor  gewesen  sei;  das  steht  auch  in 
der  Gregorvita;  2)  die  Namen  der  Eltern  des  Basileios. 

W^eit  geringer  und  zweifelhafter  ist  die  Übereinstimmung 
der  H-Epitome  mit  Sophronios  in  der  Biographie  des  Apolli- 
narios : 

S  ;  Sophron.  104 

AjtoXivaQiog'  Aaoöixevg  zijg 
2vQLag,  yeyovmg  Iv  9]{ie- 
gaig  Kcovözavzlov  xal  ^lovXta- 


^AjtoXXcvaQLog'  Aaoöcxelag 
zrjg  SvQODV  ejilöxojtog^  Jia- 
zQog  jtQeoßvzegov  h^  ztj  veo- 


Texte  u.  Untersuchungen  XIII,  3.  2 


18    Wentzel,  Die  griech.  Übersetzung  der  viri  inlustres  des  Hieronymus. 


Sopliron.  104 
xt)v  rjöxrjosp,  votsqov  öh 


elq  xaq  ß^slag  ygacpag 
avagld  [ir]Ta  ovprd^ag 
T6VXV)  ^£OÖoölov  ßaoc- 
XsvovTog  STsZsvrrjöev. 
slölv  avTov  xarä  Ilogg^v- 
QLov  >/  Xoyoty  oLTLVEg  f/sra- 
^v  rcöv  alXojv  avrov  ovy- 
YQafifidzwv  [idlXov  axQL&7]' 
oav. 


S 
vov  Tov  Hagaßdrov  xal  tcng 
T/jg  aQX^iQ  Qeoöoölov  tov 
^sydXov,  övyxQovog  Baoi- 
Xdov  Jtal  rgrjyoQiov  xcav  ex 
Kajtjcaöo'/clag  {)^avfiaCof^tV(Dr. 
eysvsro  öh  yvcoQifiog  dfKportQcov 
xal  ÄißavLOv  rov  öog)töTOv  xal 
aXXcov  TLVcöv.  ovTog  ov  fiovov 
ygaufiartxog  xal  zd  ig  xrjv 
jzolrjötp  ös^iog,)  alXa  üiollo) 
jrXsLOV  sc  cptlooocßiav  a§i]Ox?]zo 
xal  grjzcoQ  rjv  dij(ptöt$,iog.  ovzog 
eyQaipe  xazaXoydörjv  xazd 
noQCpVQiov  TOV  övöösßovg 
TOfiovg  X  xal  6l  iiqcocov  ejtwv 
jidöav  TTjv  tSv  Eßgalojv  yga- 
g)7]v.  tygaips  öh  xal  sjttöToXdg 
xal  dXla  jioXXd  sig  t?)v  yga- 
(p7]v  vjtOfivf]fiaTa.  (Es  folgt 
das  Bruchstück  aus  Philostor- 
gios).  ^ 

Siclier  aus  Sophronios  hat  der  Epitomator  nur  die  jtoXXa 
slg  T?)p  ygacptjv  vjiofzv/jfiaza,  die  er  am  Schlüsse  aufzählt.  Im 
übrigen  ist  die  Übereinstimmung  beider  nirgends  eine  wörtliche. 
Immerhin  glaube  ich,  dass  Sophronios  auch  noch  die  Zeitbe- 
stimmung des  Todes  des  Apollinarius  und  die  Bücher  gegen 
Porphyrios  dem  Epitomator  geliefert  hat:  Sophronios  ist  die 
einzige  in  Betracht  kommende  Quelle,  der  er  sie  entnehmen 
konnte.  Die  formelle  Verschiedenheit  erklärt  sich  dadurch,  dass 
der  Epitomator  im  ganzen  nicht  den  Sophronios,  sondern  andere 
Quellen  zu  Grunde  gelegt  hat:  die  wenigen  Stückchen  Sophro- 
nios hat  er  diesmal  nur  sekundär  eingefügt,  also  mussten  sie 
sich  irgendwie  in  den  Tenor  des  Ganzen  fügen.  Zur  Klassifizie- 
rung des  Apollinarius  wird  genau  derselbe  Satz  verwendet,  wie 
in  der  Biographie  des  Gregor :  ovzog  ov  fiovov  ygajifiazLXog  — 
d(i(ftöt^tog.  Das  ist  nicht  etwa  eine  von  S,  wie  sonst  öfters, 
vorgenommene  Wiederholung  eines  Bruchstückes  einer  andern 
Glosse:    an    beiden   Stellen   hat  der  Epitomator   den  Satz  ge- 


I 


Wentzel,  Die  griech.  Übersetzung  der  viri  inlustres  des  Hieronymus.    XQ 

schrieben.  Denn  bei  Basileios,  der  doch  schon  durch  das  Phi- 
lostorgioszitat  den  Biographien  des  Gregor  und  des  Apollinarius 
verbunden  ist,  fehlt  dieser  Satz,  und  zwar  mit  gutem  Grunde; 
Basileios  war  nicht  Dichter,  wie  die  beiden  andern,  sondern  nur 
Rhetor.  Erwägungen  dieser  Art  aber  pflegt  S  nicht  anzustellen. 
Die  Hand  des  Epitomators  erkennen  wir  auch  in  der  Gruppie- 
rung des  Schriftenverzeichnisses:  wie  bei  Gregor  sind  Prosa- 
schriften {xaraXoydötjv)  von  den  poetischen  {öc  rjQcpcov  ejtmv) 
ausdrücklich  gesondert,  natürlich  von  dem,  der  im  Anschluss  an 
H  den  Iliva^  vervollständigt.  Dann  aber  muss  der  diese  Sonde- 
rung vorbereitende  Satz  (ovzog  ov  [lovov  —  afiq)t68^iog)  dem- 
selben Manne  gehören,  nicht  dem  S.  Mithin  liegt  kein  Grund 
vor,  die  Wiederholung  des  Philostorgioszitates  in  den  Biographieen 
des  Apollinarius  und  Basileios  dem  S  auf  die  Rechnung  zu  setzen : 
der  Epitomator  konnte  es  an  allen  drei  Stellen  sehr  wohl  brauchen. 
Den  Schriftenkatalog  des  Sophronios  hat  auch  beim  Apollinarios 
der  Epitomator  erweitert.  Es  ist  das  einzige  Mal,  dass  die  von 
ihm  hinzugesetzten  Titel  bei  den  Kirchenhistorikern  wiederkehren, 
und  dieser  Umstand  giebt  uns  einen  Fingerzeig  für  die  Quelle, 
die  der  Epitomator  neben  Sophronios  herangezogen  hat.  Ich 
stelle  zusammen,  was  er  in  den  drei  zu  einander  gehörenden 
Artikeln  über  Gregor,  Basileios  und  Apollinarius  über  Sophronios 
hinaus  an  thatsächlichen  Angaben  bietet,  abgesehen  natürlich 
von  den  Titeln  der  Schriften  des  Gregor  und  des  Basileios. 
I.  Über  das  Verhältnis  der  drei  Männer  zu  einander: 

s.  V.  rQrjyoQLog:    avayyMiog   öh    (pllog    BaöcXaiov   tov    trjg 
KaiOageiag  ajtioxojiov  rijg  sv  Kajtjiaöoxla. 

s.  V.  BaolXHog:    sraigog   rQ?]yoQlov    tov    NaC^tavC^wv    sjti- 

OXOJZOV 

s.  V.  jijiohi^aQiog:  ovy/Qovog  BaötXdov  xal  Fgr^yoglov 
zmv  ex  KajiJtaöoxiag  d^avfiaC^ofievcov.  eyevsTO  öh 
yvojQifiog  aiKpoTägcop 
IL  Über  das  Ende  Gregors:  s.  v.  Fgr^yogiog  ....  xaxaXvEL  xov 
ßiov ,  avd^LOP  TovTo  Tijg  avrov  jcad-cov  dQszfjg  x6 
TTJg  xad^eögag  djtoxQovo&rjvac  zTJg  ßaoiX6vovö7]g  xwv 
üzoXacov  .  .  . 
III.  Über  die  Eltern  des  Basileios: 

s.  V.  BaöiXsLog:  yeyovs   öh  yovicov  ji£QL(pav(DV^   BaöiXdov 
TS  xal  ^EiifceXelag,  cov  dvcod^ev  rj  ovyyivua. 

2* 


20    Wentzel,  Die  griech.  Übersetzung  der  viri  inlustres  des  Hieronymus. 

IV.  Über  Apollinarius:  s.  v. 

.  .  .  yeyovcoQ,  Iv  ?ji/bQatg  KowOzapriov  xal  lovliavov 
Tov  jiaQaßäxov  [xal  tojg  T//g  ^Q'/Jl^i  &6odoölov  rov 
HeyaXov,  dies  aus  Sophronios],  ovyyQovoc,  BaotXsiov 
Tcal  rQTjyoQiov  T(DV  tx  KajtJiaöoxlaq  &avy.aCoiitV(X)j'. 
tysvsTO   ÖS    yvc6()tfj.og   aficpozegcDv   tcoI    Atßaviov   tov 

öocpLöTov  xal  äZXcQv  rivcov ovzog  sygaips 

yMzakoyaÖTjv  (folgt  Titel  aus  Sophronios)  yMi  öl' 
riQopojv  ejicov  Jtaoap  z?/v  zcov^Eßgalcov  yQa(p?]V.  eyQaipa 

Ö£  xal  sjiiözoläg , 

Auf  die  unter  I.  gegebenen  Mitteilungen  würde  an  sicli 
nicht  das  Mindeste  zu  geben  sein,  denn  eine  Kenntnis  von  dem 
freundschaftlichen  Verhältnisse  des  Gregor  und  des  ßasileios 
kann  man  für  einen  Byzantiner,  der  Interesse  für  die  Kirchen- 
schriftsteller zeigt  wie  der  Epitomator  des  H,  ohne  weiteres  voraus- 
setzen. Auch  die  Gleichzeitigkeit  der  drei  Männer  war  durch  das 
Philostorgioszitat  gegeben,  und  von  da  war  es  nur  ein  Schritt  zu 
der  Charakteristik  des  Apollinarius  als  eines  yvcoQLfiog  der  beiden 
andern.  Aber  die  übrigen  Angaben  über  Apollinarius  setzen 
doch  positive  Nachrichten  voraus.  Sie  sind  nichts  als  die  Tradition, 
die  in  den  Kirchenhistorikern,  die  diese  Zeit  behandeln,  fortge- 
pflanzt ist.  Nicht  dass  der  Epitomator  einen  dieser  Männer 
w^Örtlich  ausschriebe  wie  den  Sophronios:  aber  seine  Angaben 
bilden  mit  denen  vornehmlich  des  Sokrates  und  des  Sozomenos 
eine  einheitliche  Überlieferung. 

Die  Zeitbestimmung  des  Apollinarius  auf  die  Regierung  des 
Constantius  war  dem  Zusammenhange  zu  entnehmen,  in  dem 
seine  und  seines  Vaters  Schriften  bei  Sokrates  II  46  besprochen 
werden;  dass  er  unter  Julian  gelebt  hatte,  ergab  sich  aus  Sozo- 
menos V  18;  ebenda  findet  sich  die  Angabe  tXvjtsi  yag  avzbv 
(nämlich  den  Julian)  ov  f/szQicog  'AjiolivaQtog  6  ZvQog  JiQog 
jiavToöa:jit)v  elö?]Ocv  y.al  Xoywv  lötav  jraQSöxsvaOfttvog,  Baoi- 
Xuog  zs  xal  FQ^yogiog  oi  KajTjiaöoxaL  jiaQsvöoxi^wvvzsg  zovg 
z6z£  ()7jzoQag,  also  die  Erwähnung  des  gemeinsamen,  gleich- 
zeitigen Wirkens  der  drei  Männer  und  dieselbe  Charakteristik 
ihrer  geistigen  Veranlagung,  die  der  Epitomator  seiner  Klassi- 
fizierung- dieser  Leute  zu  Grunde  gelegt  hat.  Das  oben  ange- 
führte Kapitel  des  Sokrates  (II  46)  behandelt  die  beiden  Apolli- 
narius, Vater  und  Sohn:  dfig^ozeQoc  öh  7)öav  'EXXtjvixojv  Zoycov 


Wentzel.  Die  griech.  Übersetzung  der  viri  inlustres  des  Hieronymus.    2 1 

ötödoxaXoc,  YQafif/aTixojv  fisv  o  jtaxrjQ,  q/]toqixcov  de  o  vlog. 
6  fihv  ovv  jcarriQ  AXe^avögevg  cov  xo  ylvog,  jiqotsqov  öh  av  ttj 
Br/QVTo)  öiöa^ag,  slza  jxeraöTag  slg  Äaoöixeiav  xal  yrjiiag  sxel 
Loxsi  TOP  vlov  'AjiolivaQLov.  a{/g)co  ös  oficog  tots  övvrjxfiaC^ov 
Ejucfavlcp  TCO  öo^Löxrj  xal  yvrjOLOi  ovreg  (pllot  ovvsxqotovv 
avxov.  Bei  S  steht  an  Stelle  des  Epiphanios  der  Libanios: 
zweifellos  ist  der  berühmtere  Mann  an  die  Stelle  des  weniger 
gekannten  getreten,  ob  auf  dem  Wege  textlicher  Korruptel  oder 
eines  schon  vom  Epitomator  begangenen  Irrtums,  ist  nicht  mehr 
zu  erkennen.  Auch  an  dieser  Stelle  wird  Apollinarius  als  qi]xu)q 
charakterisiert.  Am  Schluss  des  Kapitels  verweist  Sokrates  auf 
eine  spätere  Stelle  seines  Werkes,  wo  er  Näheres  über  die  bei- 
den Apollinarius  mitzuteilen  gedenkt,  III  16.  Daselbst  erzählt 
er:  o  iitvxoi  xov  ßaöLlämg  vo^iiog,  og  xovg  XQCoxtavovg  EXlri- 
vixfjg  jiaLÖslag  ft£X8y£Ci>  excoXvs,  xovg  Ajtohvagiovg,  cov  xal 
JTQOXEQOV  eiivrjuovevoaiisv ^  cpavsQcxtxegovg  ajteösi^sv.  eng  yag 
ay.cpco  ?]öxr]i>  sjriöxrjfiovEg  loycov ,  o  yiev  JiaxijQ  yganiiaxLXcöv, 
öocfLöxLxcnv  6s  o  vcog ,  ygetcoösig  tavxovg  jcQog  xov  Jiagovxa 
xaiQov  xolg  XgLOxiavolg  ajisödxvvov  o  fihv  yäg  svd-vg,  ygafi- 
f/axixbg  axe,  xt]v  xtyvriv  ygafifiaxtxrjv  ygiöxuxvixco  xvjico  övve- 
xaxxs  xd  xs  Mcovöacog  ßcßXla  öid  xov  ijgco'ixov  Xsyof/avov  fiexgov 
ftsxeßaXs,  xal  oöa  xaxd  xf)v  jcaXMidv  öiad^?]xr]v  ev  löxoglag 
xvjtcp  övyyeygajtxai,  xal  xovxo  fihv  öaxxvXixco  fisxgcp  övvs- 
xaxxs.  Das  ist  anscheinend  zunächst  ein  starker  Widerspruch 
gegen  die  Epitome;  denn  hier  wird,  was  diese  dem  jüngeren 
Apollinarius  zuschreibt,  die  Bearbeitung  des  alten  Testamentes 
in  epischem  Versmass,  von  dem  älteren  berichtet.  Allein  es  ist 
zu  beachten,  dass  eine  flüchtige  Lektüre  der  Sokratesstelle  leicht 
zu  dem  Irrtum  verführen  kann,  unter  o  fiev  den  berühmten 
jüngeren  Apollinarius  zu  verstehen.  Zu  bemerken  ist  ferner, 
dass  die  Abgrenzung  des  Inhalts  der  epischen  Gedichte  genau 
dem  Epitomator  entspricht,  der  da  berichtet  lygaips  .  .  .  .  6i* 
rjgcpoov  sjtcov  Jtdöav  X7]v  xwv  ^Eßgalcov  ygacpjjv.  Die  Haupt- 
sache ist  aber,  dass  eben  diese  Gedichte  nicht  nur  von  dem 
Epitomator  dem  jüngeren  Apollinarius  zugeschrieben  werden: 
dieselbe  Angabe  steht  auch  bei  Sozomenos  V  18:  fjvixa  6?] 
AjcoXu'dgiog  ovxog  aig  xaigov  XTJ  jtoXvfiaß^la  xal  xfi  cpvCai 
ygy](jd{ievog  avxl  fiev  xrjg  'Of/Tjgov  jtoirjoacog  ev  ejzeöiv  ^gcooig 
X7]v  EßgaCxrjv  dgyaioX.oylav  oweygdipaxo  fteygi  xfjg  xov  ^aovX 


I 


22    Wentzel,  Die  griecli.  Übersetzung  der  viri  inlustres  des  Hieronymus. 

ßaöiXdaq.  Im  Ausdrucke  steht  diese  Stelle  der  Epitome  so  nahe 
wie  möglich,  nur  die  eine  inhaltliche  Abweichung  ist  zu  konsta- 
tieren, dass  Sozomenos  den  Inhalt  des  Gedichtes  durch  n^XQ'- 
TTJg  Tov  2aovX  ßaOiXdaq  begrenzt,  während  die  Epitome,  darin 
dem  Sokrates  näher  stehend,  jtäoav  ttjv  tcqv  '^EßgatcDV  yQa^)i]v 
nennt.  Endlich  die  von  dem  Epitomator  dem  Apollinarius  zu- 
geschriebenen hjiiörolai  finden  in  demselben  Sozomenoskapitel 
einen  Beleg,  indem  dort  ein  Brief  des  Apollinarius  an  Julian 
erwähnt  wird,  allerdings  mit  dem  Bemerken,  dass  die  Autor- 
schaft streitig  sei. 

Nach  allem  diesem  kann  es  mir  selbstverständlich  nicht  ein- 
fallen, zu  behaupten,  dass  der  Epitomator  den  Sokrates  oder  den 
Sozomenos  einfach  aufgeschlagen  und  schlankweg  abgeschrieben 
habe.  Aher  ich  erachte  es  für  festgestellt,  welcher  Art  die  von 
dem  Epitomator  weitergegebene  Tradition  ist.  Wer  sie  ihm 
vermittelt  hat,  darüber  wird  später  eine  Vermutung  gestattet 
sein.  Allein  es  handelt  sich  nicht  nur  um  die  Überlieferung  der 
Thatsachen,  auch  das  Urteil  über  die  litterarische  Befähigung 
des  Apollinarius  ist  bei  den  Kirchenhistorikern  im  ganzen  das- 
selbe, wie  bei  dem  Epitomator.  Auch  der  Bericht  über  Gregors 
Abdikation  von  dem  bischöflichen  Stuhl  zu  Konstantinopel  giebt 
nur  das  wieder,  was  bei  Sokrates  V  7  (hier  aus  Rufin  II  9)  und 
Sozomenos  VII  7  erzählt  wird. 

Nicht  bei  den  Kirchenhistorikern  genannt  sind  die  Eltern 
'des  Basileios:  sie  werden  uns  in  anderem  Zusammenhange  wieder 
begegnen. 

Von  den  übrigen  Biographien  des  S,  die  den  Sophronios 
benutzen,  geben  ihn  drei,  Aafiaöog  (=  Sophr.  103),  'lovörlvog 
(Sophr.  23),  'lovöTog  (Sophr.  14)  ohne  jede  inhaltliche  Erweite- 
rung wieder.  Kleinere  redaktionelle  Änderungen  zeigt  fast  jede 
Sophronios vita  bei  S.  Ausser  blossen  Auslassungen  und  der 
häufigen  Einfügung  des  Pronomens  ovrog  (z.B.  720  C  3.  1782  C  2. 
1787  A  4.  1798  B  2)  finden  sich  bei  S  nicht  selten  einige  Worte 
mehr  als  bei  Sophronios  oder  geringfügige  Änderungen  des 
Wortlautes,  meist  zu  dem  Zwecke  der  Deutlichkeit  oder  der 
Klarlegung  des  Zusammenhanges,  ohne  jeden  sachlichen  .Inhalt. 
So  sagt  S  720  C  2  BaoiXsLog  \4yxvQav6g^  sjrloxojiog  ztjg  avxrjg 
jtoXecog,  während  Sophronios  89  nur  B.  liyxvQavog  ejtiöxojiog 
hat.    In  der  Biographie  des  Gregor  von  Nyssa  ist  in  der  Epitome 


\ 


\ 


Wentzel,  Die  griech.  Übersetzung  der  viri  inlustres  des  Hieronymus.    23 


(bei  S  847  A  5)  die  auf  Hieronymus  beruhende  persönliche 
Fassung  des  Schriftenkatalogs  bei  Sophronios  (128:  JtQo  oUymv 
ivtavTcov  sfiol  xal  rQTjyoQlco  rm  NaC^iavC^rjVqy  xara  Evvofilov 
aviyvcQ  Xoyovq,  oOTig  xal  aXla  jiolXa  y£yQa(ftvat  xal  yQa(psiv 
XtysTai)    in    die    nüchterne    sachliche    Aufzählung    verwandelt: 

ovTog   öwaxa^s  y.ax    Evvoiztov  Xoyov  h^alQbxov aXla 

TS  JtoXXcc  y£yQa(prjX£t.  Dasselbe  Verfahren  hat  der  Epitomator 
in  der  Biographie  des  Euagrios  beobachtet.  Sophr.  125:  dtaq)6- 
Qojv  vjüoO^eösoDv  ofiiXlag  aviyvm  noi\  S  1479  A  5:  ovzog  syQaxpe 
öidcpoQa.     Rein  exegetisch  sind  folgende  Zusätze  bei  S: 


S 


Sophronios 
81  elg  ^HcaCav 


s.  V.  Evöeßiog  1527  C  6:  slg  rov  jigocp?)- 

TTjV  ^Höd'Cav 
s.  V.  'lovoztvog  1782  C  4:  rf]  övyxXrjrqD 

1782  C  6:  tygaips  xal  tzagav  ßlßXov, 
Tjv  xal  6J18ÖC0XS  rolg  Av- 
rcovLvov  öiaöoxoig 
s.  V.  ^codvvrjgllSl  A  2:  jzQSOßvxsQogfihv 

SV  jtQcoxoLg  ^AvTcoxelag 
s.  V.  'l(D07]jtog   1798   B  4:    ovzog    dXovg 
jiaQcc  OvsojcaöLavov  fiszd 
Tlzov  zov  vlov  avzov  im 
zij  zcop  IsQOöoXvfiojv  aXco- 
06L  xaz eX£L(p0^7'i ,    xal   övv  \  kXd^ojv 
avzcp  slg   Pojfi7]V  sXü-cov 
1798  B  7:  zolg  ßaoiXsvoc 

C  1:  sygaips    ös    xal    zrjg  'fov- 
öaCxijg  AgyaLoXoyiag    X6- 
yovg  X 
C  4:  xal  ßf  ßißXovg  ezsgag  'Aq- 
yaiozrjzog 

s.  V.  Msd^oöcog  2436  A  1:  jtsgl  dvaöza-  \  83  nsql  dvaozdöswg 
öscog  Xoyov  üqlözov  xazcc  I  Xoyov  (xqlozov  xazd 
"SlgtysvovgxaltzsQOVxazd  S^Qtyavovg,  xazd  zov 
zov  avzov  jtsqI  Ilvd^co-  '  avzov  :iisqI  UvO^oj- 
vloö?]g  j  vlöö7]g 

2436  A  3:  sygaips    ös    xal     slg    z?]v  '  slg  z)]v  Fersotv 
Fsveotv  i 


23   zrj  övyxX7]zqo 

xal  aXXrjv  ßißXov  zolg 
AvTcovivov  öcaöoxotg 

129    'Avztoxsiag    jiqs- 

oßvzsQog 

13    jiagd    OvsöJtaöia- 

vov  dXovg  (iszd  Tlzov 

zov  vlov  avzov  xazs- 

XsLCpO^f].  og  slg  PoDfirjv 


zcözs  jiazQi  xal  zcp  vlw 
lygaips  ös  xal  zrjg  dg- 
XaioXoyiag    Xoyovg  x 

xal  ß'  dgxacozTjzog 


24    Wentzel,  Die  griech.  Übersetzung  der  viri  inlustres  des  Hieronymus. 


s 


Sophronios 
17   'icodpvov  djtoöTO- 
Xov 


yvcoQtCs  rjfiäg 

xbv    JtQCOTOTOTCOV    TOV 

ötaßokov. 


s.  V.  UoXvxaQjtog    3034  A  7:    ^Icoavvov 

TOV     EvayyeliöTov     Tcal 

Saoloyov 

C  4:  yvcoQiCe  ^]f^äg  UoXvxagjtF. 

C  5:  TOV  jtQcoTOToyMv  TOV  öia- 

ßoXov  viov 

In  dieselbe  Kategorie  gehört  die  Hinzufügung  stellender 
Phrasen  wie  lygaipe  aX?M  jtoXZd  s.  v.  Adftaöog  (861  C  4;  vgl. 
Sophr.  103)  und  jiaoav  cocpiXeiav  ejoPTa  am  Schlüsse  der  Philon- 
vita,  ebenso  die  Einführung  des  Schriftenverzeichnisses  bei  Philon 
durch  den  Satz  xal  tolvvv  yiyQajiTai  avTco  ßißUa  djistga,  65 
cov  xal  TavTa  (3810  B  2).  Ein  Teil  dieser  Verschiedenheiten  wird 
vielleicht,  wenn  erst  einmal  genaueres  über  die  Überlieferung 
des  Hieronymus  bekannt  sein  wird,  sich  auf  rein  textlichem  Wege 
erklären.  Zu  den  rein  redaktionellen  Änderungen  gehört  auch 
die  alsbald  zu  besprechende  Umstellung  in  der  Vita  des  Philon, 
ferner  die  Zusammenziehung  der  Erzählung  von  dem  Martyrium 
des  hl.  Polykarp  (3034  B  2 — 4;  Sophr.  17),  endlich  einige  wenige 
Fälle,  in  denen  der  Epitomator  einen  Ausdruck  des  Sophronios 
durch  einen  verwandten  ersetzt: 

S  Sophr. 

s.  V.  ^lovöTlvog  17S2  D  3  TSTag-     23  xsTagTov  loyov 
xr]  ß'ißXog 


s.  V.  ^Icoörjjiog  1799  A  1  ^lovöalwv 
s.  V.  ^llmv.    S  3810  B  4   ji^qI 

cbv  xaTO.  vovv  Tig 

svxsTat 
3810  C  2  jisqI  ovelqojv 

3810  C  6  Jt£Q\  TOV  iöiov  Xo- 

yiOfiov    tyjiiv     to. 
aXoya. 

3811  A  1  uii-Qi  TOV   jtag  a- 

(pQCOV  ÖovXog  bÖTL 

3911  A  2  üi£Qi  TrjgöiayoDyrjg 

T(DV     XQtöTiaVCüV 

jtSQ)  ßiovd-sayQtjTi- 
xov  [:^sqI]  IxETCüV. 


13  ^aQLöaicov 

11  JI80I    (DV  xaTcc  vovv   evyo' 
[led^a  xal  ajtofiaQTVQOVfisO^a 

jisqI  TOV  Tovg  ovsiQOvg  nagd 

x^^sov  Ji£fiJteö&aL 

Ötl   lÖLOv   Xoycönov   exst  r« 

aXoya. 

oTt  Jtdg  d(pQcov  öovXog  eotl. 

jtegl  6caya>yfjg  Tmv7j(.i£TtQ(xtv^ 
jieqI   ov  tf/jTQOöd^sv  s'i:;tofiev, 

TOVTtÖTL      TCOV      ajtOÖToXoJV, 

Xoyog  a,   ov  aneyQatps  jieqI 


i 


Wentzel,  Die  griech.  Übersetzung  der  viri  inlustres  des  Hieronymus.    25 

S  Sophr. 

ßiov  ^scDQr/rr/COv  Ixsrwv, 
TOvreöTiv  ort  xa  sjtovgdvia 
azeviCovöc  xal  ad  svyovrat 

Sonst  giebt  der  Epitomator  den  Sophronios  wörtlicli  wieder, 
aber  fast  in  allen  Artikeln  durchsetzt  mit  Elementen  anderer 
Herkunft.  Am  deutliclisten  wird  dies  bei  der  Biographie  des 
Origenes. 

S  hat  s.  V.  ^ÜQiyivriq  zwei  Artikel,  den  der  H-Epitome 
(2784  A  4 — 2788  D  1)  und  einen  aus  Georgios  Monachos  346,  1 
(2788  D  2—2792  A  3).  Mitten  in  dem  Artikel  aus  der  Epitome 
steht  ein  grosses  Stück  (2786  B  8—2788  C  5)  aus  der  Kirchen- 
geschicht^  des  Eusebios,  kenntlich  gemacht  durch  die  Über- 
schrift l'/i  Tcop  Evosßlov  rov  UaiKpllov  Iötoqlojv  jisql  ^ilqiyivovq. 
Es  ist  zusammengesetzt  aus  mehreren  Kapiteln  des  sechsten 
Buches  VI  16.  18.  19.  30.  32.  24.  Wie  ist  dieses  Stück  aus 
Eusebios  in  den  S  gekommen?  S  hat  die  Kirchengeschichte 
weder  selbst  gelesen  noch  durch  Vermittelung  der  konstan- 
tinischen Exzerpte  benutzt^),  denn  ausser  unserer  Stelle  finden 
sich  in  dem  ganzen  Lexikon  keine  Spuren  dieses  Buches.  Wo 
eusebianisches  Gut  erscheint,  ist  es  aus  den  Chronographen 
entnommen,  also  als  eusebianisch  für  S  nicht  mehr  kenntlich 
gewesen.  Dagegen  ist  in  dem  Artikel  der  Epitome  auch  ausser- 
halb jenes  durch  eine  besondere  Überschrift  kenntlich  gemach- 
ten Abschnittes  das  Buch  des  Eusebios  ausgiebig  benutzt:  dazu 
kommt,  dass  die  aus  Eusebios  ausgezogenen  Stellen  jenes  Ab- 
schnittes ausschliesslich  die  Schriftstellerei  des  Origenes  angehen, 
also  auch  durch  ihren  Inhalt  die  Zugehörigkeit  zu  dem  Uiva^ 
beweisen.  Dass  gerade  bei  diesem  Abschnitte  die  Herkunft  aus 
Eusebios  besonders  vermerkt  wird,  hat  seine  Ursache  darin,  dass 
er  die  einzige  Partie  ist,  die  ein  Stück  Eusebios  zusammenhängend 
giebt,  ohne  Unterbrechung  durch  andere  Quellen  oder  durch 
eigene  Bemerkungen  des  Epitomators.  Es  zerlegt  sich  danach 
die  Vita  des  Origenes  in  folgende  Bestandteile. 

S 
2784  A  4  ^9.Qiyivriq  b  xal  ^A6a- 

HavTioq  aus  Sophr.  54 

1)  Das  Zitat  s.  v.  ^Ayanr^zoq  ist  falsch. 


26    Wentzel,  Die  griecli.  Übersetzung  der  viri  inlustres  des  Hieronymus. 

s 

A  4  avf'jQ  —  A  5  e§t]6x7]- 

lilvoc  eigene   Bemerkung    des   Epito- 

mators. 

A  6  azQoaTrjQ  —  B  2  exXrj- 

Qcoöaro  aus    Euseb.    h.    eccl.   VI    19  ^) 

(262,  31  Di.) 

B  2  övi^TJv  —  C  1  TQOJiov     aus  Euseb.  h.  eccl.  VI  19  (263, 

10  Di.  aus  Porpbyrios). 

C  1  xa\  —  C  6  (pvöemc,        eigene   Bemerkung    des    Epito- 

mators,  bestimmt,  zu  der  folgen- 
den Sophroniosstelle  überzu- 
leiten ;  zu  vgl.  ist  Euseb.  VI  2,  7. 8. 

C  6  oTi  JTtQ  —  D  3  yivE-  ^ 

o&ai  aas  Sophronios  54 

D3  Tovöeye — Db<pf]Oiv.     überleitende     Bemerkung     des 

Epitomators,  bestimmt,  das  fol- 
gende Porphyrioszitat  mit  dem 
vorangebenden  Sopbronios- 

stücke  zu  verbinden. 

2784  D  5  0  —  2785  A  5  öiaöe- 

öorai  aus  Euseb.  VI  19  (262,  22  Di.) 

2785  A  5  xcd  —  7  lyßQmv  eigene   Bemerkung    des   Epito- 

mators 

A  7  TavTa  —  ^^lxjtEOelv  aus  Euseb.  VI  19  (263,  17  Di.) 
B  6  ravra  —   C  8  hnay- 

yeXloiisva  aus  Euseb.  VI  19  (264,  2  Di.) 

C  8  ;c«l  -  D  1  HQTjTaL  aus  Euseb.  VI  19  (264,  24  Di.) 

D  1  Tcaxa  tovtov  —  D  5  zusammengescbweisst    aus    So- 

Xoyov  pbronios  und  Euseb.  VI  21,  3/4. 

2785  D  6  £g    txävov    —    2786 

A  5  ovvxa^Lv  aus  Euseb.  VI  23. 

2786  2)  A  6  Tooavxriv    —    B  7 

txöoöiv  aus  Sopbronios. 


1)  An  dieser  Stelle  hat  der  Epitomator  einen  etwas  vollständigeren 
Text  des  Euseb  gehabt:  die  Worte  zov  tnlxhjv  Saxxä  (nach  ^AfXfxcjvlov 
xov  (ptXoa6(pov)  fehlen  wenigstens  in  den  bisherigen  Ausgaben  des  Eusebios. 

2)  In  diesem  Stückchen  hat  S  2787  B  2  ein  paar  Worte,  die  bei  So- 
phronios  nicht  stehen:    zwv  ^Eßiitivalayv  —  aiQSOig  öi   ioziv  atzcüv  ipikov 


I 


Wentzel,  Die  griech.  Übersetzung  der  viri  inlustres  des  Hieronymus.    27 

s 

2786  B  8  —  2788  C  5  aus  Eiiseb.  VI  16.  18.  19.  30.  24 

2788  C  6  £^r]6s  —  C  8  Irafpi]       aus  Sophronios 

C  8  o  de  —  D  1  Ixelsimd^y]  aus  Euseb.  VI  2,  12. 
Die  Entlehnungen  aus  Sophronios  und  Eusebios  sind  wört- 
liche, nur  an  der  einen  Stelle,  wo  der  Epitomator  bei  beiden 
Autoren  dieselbe  Begebenheit,  die  Begegnung  des  Origenes  mit 
der  Mammaia,  erzählt  fand,  ist  er  im  Ausdruck  seinen  beson- 
deren Weg  gegangen  (2785  D  1 — 5).  Von  seinen  eigenen  Zu- 
thaten  trägt  die  erste  (2784  A  4,  bald  nach  dem  Lemma:  avr]Q 
eXXoyificQTarog  xal  xara  jtaoav  jtaLÖelav  eiq  axQOV  e^rjözrjfievog) 
den  Stempel  ihrer  Herkunft  an  der  Stirn:  hier  redet  wieder  der 
Ergänzer  des  hesychianischen  jTTfVag  To5z^  sv  jtaiösla  ovoftaormr: 
der  Ausdruck  {£§r]ö/C7]fiei>og)  war  uns  schon  in  den  Biographien 
des  Gregor  von  Nazianz,  des  Basileios  und  des  Apollinarius  be- 
gegnet. Die  andern  Zusätze  des  Epitomators  haben  samt  und 
sonders  den  Zweck,  als  Füllstücke  die  einzelnen  Fragmente  der 
beiden  Quellen  zu  verbinden.  Nachdem  er  erklärt  hatte,  Origenes 
sei  xatä  jtäoav  jtatöelav  e^rjoxrjfiavog,  spezialisiert  der  Epito- 
mator dies,  indem  er  zunächst  nach  Eusebios  die  philosophischen 
Studien  des  Origenes  darstellt.  Dann  betont  er,  dass  Origenes 
es  bei  den  heidnischen  Philosophen  nicht  habe  bewenden  lassen: 
2784  C  1  xal  ajca^ajrZcog  jto?J,rjp  £ö/£  rrjv  £jnOTr]fi7]p  tcüp  Iv 
g)iXo6og)ia  öoyi/arcov,  ov  [iovcdv  twv  EXItjvlxSv,  aXXa  xal 
rcäv  d^dmv  rs  xal  i^fisxsQcov,  tovtsoti  tcov  Xgcöriavcov:  Ori- 
genes ist  eben  in  jeder  Art  von  jtaiösia  zu  Hause  gewesen. 
Nebenbei  bemerkt:  ri^eregcov  erklärt  der  Epitomator  durch 
XQiöTiavcov\  das  liefert  den  Schlüssel  zum  Verständnis  einer 
Änderung  in  der  Philonbiographie,  wo  der  Epitomator  den  Aus- 
druck seiner  Vorlage  JteQl  rfjg  öiaycoytjg  tcov  ruiertQcov  er- 
setzt durch  jieqI  zrjg  dLaycoy7]g  xcov  XQiOriavojv,  dort  aller- 
dings sehr  mit  Unrecht.  —  Doch  die  Philosophie  ist  ja  nicht 
das  einzige  Arbeitsgebiet  des  Origenes,  darum  fährt  der  Epito- 
mator fort:  xal  rl  äv  rtg  Xiyoi  Jtsgl  Tfjg  Ixhvov  fiixQov  öslv 
ad^avcLTOv  ts  xal  fiaxaglag  g)vö£cog;  Die  Antwort  auf  diese 
Frage  giebt  er  mit  den  Worten  des  Sophronios   (2784  C  6  ort 

Tov  Xqiotov  avd^Qoynov  doga'QovTOJV.  Davon  ist  rwv  ^EßicovaLiov  durch 
Hieronymus  für  Sophronios  gesichert,  der  Rest  entweder  aus  vollständigerem 
Sophronios-Hieronymus  oder  aus  Euseb.  III  27  (vgl.  Y  8). 


28    Wentzel,  Die  griech.  Übersetzung  der  viri  inlustres  des  Hieronymus. 

jteQ  —  D  3  ylveoü^at),  in  denen  die  ganze  Mannigfaltigkeit  der 
Studien  des  Origenes  dargelegt  wird.  Damit  ist  die  Klassifizie- 
rung des  Origenes  nach  den  verscliiedenen  Gattungen  der  jtaiösla 
erledigt.  Der  Epitomator  reiht  nun  das  Zeugnis  des  Heiden 
Porphyrios  für  die  Bedeutung  des  Mannes  an.  Er  führt  es  ein 
mit  den  Worten:  rov  Ö£  /£  'S2Qr/ei^ovg  y.al  Trjg  fisyaXocpviag  av- 
Tov  y.al  IIoQcpvQiog  o  zazä  XQLOnavmv  XvTTt'iöccg  fivjjfiopsvst 
Tcai  (priöLV  (2784  D  3 — 5),  und  er  schliesst  es  ab  mit  den  Worten: 
yMl  avrat  ftev  jtaQO.  rcöv  tB^coOsv  f^aQTvgiat  rov  avögog,  xal 
fiaXiöra  rcov  syßgojv.  Genau  in  demselben  Sinne  hat  der  Epi- 
tomator das  Zeugnis  des  Arianers  Philostorgios  für  den  recht- 
gläubigen Gregor  von  Nazianz  angerufen:  zoöavza  jc8qI  avzcov 
mg  ev  Ttagaögo^iij  ^iloozogyiog,  'xal  zavza  Agetavbg  (dv, 
tygaipev.  Wir  erkennen  also  überall  denselben  Standpunkt,  die 
gleiche  Arbeitsweise:  die  Persönlichkeit  des  Epitomators  wird 
uns  immer  einheitlicher  und  greifbarer. 

In  der  Biographie  des  Juden  Philon  ('3S10  A  1)  hat  der 
Epitomator  das  durch  seine  Quelle,  Sophronios  XI,  überlieferte 
Material  zwar  ebenso  wörtlich  benutzt,  wie  sonst,  aber  in  einer 
anderen  Reihenfolge  gegeben  als  seine  Vorlage.  Bei  Sophronios 
stehen  an  der  Spitze  die  Eltern  und  die  Herkunft  des  Philon, 
daran  schliesst  sich  unmittelbar  eine  kurze  Motivierung  der  Auf- 
nahme des  Philon  unter  die  viri  inlustres  der  christlichen  Kirche 
(idcirco  a  nobis  —  fuisse  credentes,  bei  Hieronymus,  6i'  avzov 
[lies  öiä  zovzo]  —  zovg  Jttozovg  y^y^vrjod^ai  bei  Sophronios). 
Dann  folgen  an  dritter  Stelle  die  Gesandschaft  nach  Rom  und 
die  dortige  Begegnung  des  Philon  mit  Petrus  und  Marcus.  An 
vierter  Stelle  steht  der  Schriftenkatalog,  an  fünfter  und  letzter 
wird  die  sprichwörtliche  Redensart  )]  Ulazcov  (piXcoviC^Ei  rj  ^lXojv 
jtZazcoviC^ec  mitgeteilt.  Bei  S  dagegen  stehen  zwar,  wie  bei 
Sophronios,  an  der  Spitze  das  Ethnikon,  die  Vaterstadt  und  das 
Geschlecht  des  Philon  (^IXwv  lovöatog,  zsx^Eig  ^v  AZe^arögsia, 
yevovg  legtcov),  dann  aber  kommt  die  in  der  Epitome  übliche 
Klassifizierung  des  Philon,  der  unter  die  Philosophen  gestellt 
wird,  gegeben  mit  den  eigenen  Worten  des  Epitomators:  (piXo- 
oocffjöag  de  za  EXh'ivoov  eig  fitya  jrgovßtj  jraiöelag,  cog  fiszeZ- 
i)elv  jtaoav  EXh]i'L-/:t)v  Jtaiöevotv,  Z7ji'  zs  zSr  tyxvxXlcov  xaXov- 
[dvojv  xal  zag  Xoiitag  IjtLOzij^ag^  övv  dxgißsl  yMzaX)]^peL.  Das 
ist  die  Manier  des  Epitomators,  die  wir  zur  Genüge  kennen:  er 


Wentzel,  Die  griech.  Übersetzung  der  viri  inlustres  des  Hieronymus.    29 

betont  die  jtacösia,  die  er  hernach  in  die  tyxvxkiog  und  in  die 
XoLJcal  ejiiöT/jfiaL  zerlegt.  Wiederum  wird  —  im  Gegensatze 
zum  H  —  die  Klassifikation  des-Philon  nicht  mit  einem  Worte 
{(piloöocpoQ),  sondern  mit  umständlichem  Redeschwall  dargelegt. 
An  diese  Zuthat  des  Epitomators  schliesst  sich  das  Sprichwort 
7j  nXaxcov  cptZcQvlCsc  ?]  ^lXa>v  jiZarcopiC^ei^  das  bei  Sophronios 
den  Schluss  des  Ganzen  bildet.  Von  der  Charakteristik  der 
jracösla  des  Philosophen  Philon  gewinnt  der  Epitomator  einen 
Übergang  zu  dem  Sprichworte  in  dem  Satze  6JtkovT7]0£  rs  Xoyov 
nag  ofioiov  IlXärcovi,  coq  xal  de,  JtaQOLiilav  xcogrioat.  Auf  das 
Sprichwort  folgt  unmittelbar  der  Schriftenkatalog,  der  bei  Sophro- 
nios voraufgeht:  um  ihn  hier  anzuknüpfen,  schiebt  der  Epito- 
mator ein  paar  Worte  ein  xal  rolvvv  yeygajiTac  avzm  ßißXia 
ajitiQa,  65  cbv  xdi  zavra.  Der  Schriftenkatalog  ist  am  Schluss 
(3811  A  4)  bei  S  gegenüber  Sophronios  um  einige  Titel  erweitert 
jisQi  Tov  Mcovoewg  ßlov,  slg  ra  Xegovßifi,  rovreört  t?]v  (pXo- 
yivr]v  gofi^aiav,  slg  jiBVxaTsvyov  Mmvötcog,  xal  slg  avrov 
Mcovötjv  Xoyovg  s .  Die  Wahrnehmung  wiederholt  sich,  dass  die 
vom  Epitomator  dem  Sophronios  hinzugefügten  Titel  in  keiner 
parallelen  litterarischen  Überlieferung  erscheinen.  Nach  der  Auf- 
zählung der  Schriften  berichtet  der  Epitomator  von  Philons  Ge- 
sandtschaft nach  Rom  und  seinem  Verkehr  mit  Petrus  und 
Marcus:  bei  Sophronios  stehen  diese  Notizen  vor  dem  Katalog. 
Den  Beschluss  bilden  bei  dem  Epitomator  die  Worte,  mit  denen 
Sophronios  den  Schriftenkatalog  einleitet:  siölv  ovv,  cog  jiqobl- 
jioiisv,  JieQKpavTj  xal  avagld-fiTjTa  avrov  owrayf/ara  xal  jtäoav 
co^sXsiav  sxovra;  nur  ist  hier  der  Satz  cog  jiQosiJtOfisv  einge- 
schoben, weil  der  Epitomator  vorher  durch  eine  ähnliche  eigene 
Bemerkung  den  Schriftenkatalog  eingeleitet  hat,  und  am  Schluss 
das  eigene  Urteil  des  Epitomators  über  die  Brauchbarkeit  der  philo- 
nischeu  Werke  angefügt:  auch  diese  Worte  haben  ihre  Parallelen, 
z.  B.  in  der  Biographie  des  Rhetors  Eudem,  wo  die  ähnliche  Wen- 
dung (xal  liav  cog)8hfiov)  in  den  Untersuchungen  über  die  Affilia- 
tion  der  griechischen  Lexikographen  verhängnisvoll  geworden  ist. 

Ich  gehe  nunmehr  der  Reihe  nach  die  thatsächlichen  Zusätze 
des  Epitomators  in  den  aus  Sophronios   entlehnten  Viten   durch. 

s.  V.  Afifimviog  fehlt  bei  Sophronios  55  die  Bezeichnung  6 
ajtlxXrjv  JSaxxäg:  der  Epitomator  hat  sie  aus  seinem  Eusebios- 
texte,  den  er  s.  v.  ^SlQiyevt]g  ausgeschrieben  hat  (oben  S.  26,  1). 


30    Wentzel,  Die  griech.  Übersetzung  der  viri  inlustres  des  Hieronymus. 

Über  die  Biographie  des  Julius  Africanus  werde  ich  in 
anderem  Zusammenhancre  das  Nötige  sagen,  desgleichen  über  die 
des  Hippolytos. 

s.  V.  FQijyoQiog  Nvöö7]q  Ijcloxojioq  (846  E  3)  stammt  nur 
der  Anfang  Nvoorjc,  tJtiözojrog,  aöeXcpoq  Baöildov  rov  Kaioa- 
Qbcog  und  im  Schriftenkatalog  die  Erwähnung  der  Bücher  gegen 
Eunomios  {ovzog  ovvtTa^s  zar  Evi'Ofilov  Xoyov  iB^aigerov)  so- 
wie die  Schlussbemerkung  aXXa  re  jiolXa  yi:yQa(^i]xu  aus  Sophro- 
nios  128^  dessen  Kapitel  aber  inhaltlich  nicht  mehr  enthält  (siehe 
oben  Seite  23).  Der  Rest  besteht  aus  einer  klassifizierenden  Be- 
merkung des  Epitomators  in  der  bekannten  Weise:  avr]Q  xal 
avTvg  sXXoyL^cozaxog  xal  Jtaorig  vJtaQymv  jtacöelag  ava- 
jiXemg,  jtQooxelfispog  6h  fzäXXov  xolg  xfi  QTjTOQixy  yalgovor 
xal  yovv  svöoxifiog  av  ravxr]  ysyevrjxat  xal  XMfiJtQog  sc  rig 
äXXog  xcüv  jtdXat  yeyEvrjf^ivcov  und  aus  der  Aufzählung  von 
sieben  Titeln^  die  dem  Epitomator  eigentümlich  sind  gegenüber 
allen  in  Betracht  kommenden  Parallelquellen. 

Die  bei  S  sich  unmittelbar  anschliessende  Biographie  Gregors 
des  Thaumaturgen  enthält,  abgesehen  von  der  in  späterer  Zeit 
Jedermann  geläufigen  Bezeichnung  dieses  Gregorios  als  Oavfia- 
xovQyog,  die  bei  Sophronios  (65)  fehlt,  nur  zwei  kleine  Zusätze. 
Bei  Sophronios  heisst  Gregor  NeoxaiöaQdag  ejiLoxojiog,  bei  S 
dagegen  Neoxatöagslag  xrjg  tv  reo  Uovxcp  ejtloxojtog.  Aus  Euse- 
bios  stammt  das  kleine  Plus  nicht,  denn  dieser  nennt  den  Gregor 
nie  Bischof  von  Neokaisareia ,  sondern  nur  xd5v  xaxa  Uovxov 
IxxXrjOLmv  (VI  31.  VII  14.  VII  28,  1).  Quelle  ist  vielmehr  die 
bei  Sokrates  IV  27  vorliegende  Überlieferung.  Ferner  die  Datie- 
rung des  Todes  Gregors  {axsXsvxtjösv  ejtl  AvQTjXuavov)  steht 
weder  bei  Sophronios,  noch  bei  Euseb  oder  den  andern  Histo- 
rikern.    Ich  komme  darauf  in  anderem  Zusammenhange  zurück. 

s.  V.  EjtL(paviog  Kwvoxavxsiag  ist  hinter  den  aus  Sophr. 
114  entlehnten  Worten  1412  B  1  xaxa  jiaocov  xcov  algioecov 
Xoyovg  der  Satz  eingefügt  a  jiavcQLa  Xeyovxai:  dieser  Satz  ent- 
hält den  eigentliche?j  Titel  des  Buches. 

s.  V.  Evaygiog  (=  Sophr.  125)  hat  der  Epitomator  nur  einen 
Titel  {vjt6fip?]fja  elg  xag  jtaQoin'iag  ^oXoficovxog)  dem  Sophro- 
nios zugesetzt:  auch  dieser  Titel  ist  aus  keiner  parallelen  Über- 
lieferung aufzutreiben. 

s.  V.    Evotßiog  (=  Sophr.  81)    steht  ein  geringfügiger   Zu- 


Weiitzel,  Die  griecli.  Übersetzung  der  viri  inlustres  des  Hieronymus.    31 

Satz  uübekannter  Herkunft  o  nafiq)iXov  jtgooxeifievog  rfj  ^Aqsi- 
avixTJ. 

In  der  Biographie  des  hl,  Johannes  Chrysostomos  begegnet 
bei  S  am  Anfang  ein  geringer  Überschuss  über  Sophronios  (129): 
bei  diesem  heisst  Johannes  jivr Loy^eictg  JiQsoßvzsQog^  dasselbe 
bietet  S,  aber  vorher  noch  die  Notiz,  dass  Johannes  aus  Antio- 
cheia  stamme  und  den  Beinamen  XQvooOTOfiog  führe  {livztoxsvg, 
o  8JctxX?]0^slg  XgvooöTOfxog).  Für  den  Beinamen  Chrysostomos 
braucht  man  nach  einer  besondern  Quelle  nicht  zu  suchen.  Die 
Herkunft  aus  Antiocheia  aber  steht  bei  Sokrates  VI  3.  Bedeu- 
tender ist  die  Erweiterung  der  Johannesbiographie  am  Schluss. 
Sophronios  endet  so:  jtoXXd  ovy/gdipat  leysTai,  d(p  cdv  jisqI 
legcoövvTjg  ^uovov  dviyvcov.  Bei  S  ist  das  ausgeweitet  wie  folgt: 
ovTog  üzolXd  övyyQatpai  Xsysxai,  dg/  cov  ol  JtSQt  ItQwovprjg  vjisq- 
ßdXXovöi  Xoyoi  rm  re  vipsi  xal  rij  gjQdosi  xal  xfi  XetorrjXL  xal 
TCO  xdXXu  Tcöv  ovofidzcov.  Tovroig  scpdfitXXoi  xal  ol  aig  rovg 
WaX^ovg  Tov  Jaßlö  Xoyot,  xal  r]  rov  xard  Icodvv7]v  evayysXlov 
or/fiaola  xal  rd  dg  xov  Maxdalov  xal  Mdgxov  xal  Äovxdv 
vjionvrj(.iaTa.  rd  6s  XoLjzd  avrov  övyyQaftfiara  xgelzTOva  dgi- 
d^fiov  Tvyxdvet^  djiaoav  ydg  ^lovöa'Cxrjv  yQa(pr]V  xal  Ägiöriavt- 
xTjv  vjt8fiV9]fidTiö£V^  ojg  dXXog  ovöeig.  rag  rcov  fiaQxvQwv  öh 
jtavTjyvQSig  £jt?]vB,7]öei>  ev  toi  öx^^LdC^HV  dvsf/jtoölöTcog  xal  Ti]v 
yXmööav  avTOV  xaTaggelv  vjieg  Tovg  NaiXcpovg  xaTaggdxTag^ 
ovöelg  ovv  tSv  djt  alcövog  T0LavT7]v  Xoyov  r]vjt6g?]0£V  svgotav, 
7]p  fiovog  avTog  (lies  ovTog)  sjüXovttjös  xal  [lovog  dxißÖTJXwg 
t6  xQ^<^ovv  TS  xal  d^slov  £xXrjgoi^6f/7]ösv  ivoiia.  tcov  6s  övy- 
ygafifidxwv  avTOv  xaTaXsyecv  tov  dgid-fiop  ovx  dv^gcojtov, 
^sov  66  fidXXov  TOV  Ta  jidvTa  yivcoöxovTog.  In  diesen  zahl- 
reichen, wohl  stilisierten  und  genau  rhythmisierten  Worten  steht 
nur  wenig  Inhalt  1)  eine  Anzahl  Titel:  wiederum  kennt  diese 
keine  Parallelquelle;  2)  die  Versicherung,  dass  die  Schriften  des 
Johannes  zahlreich  seien  —  das  ist  nur  eine  etwas  hyperbolische 
Ausführung  des  sonst  üblichen  sygatpsv  dXXa  jtoXXd;  3)  eine 
kurze  Lobpreisung  der  Beredsamkeit  des  Heiligen.  Diese  beiden 
letzten  Teile  sind  ohne  Bedenken  dem  Epitomator  zuzuschreiben: 
ästhetische  urteile  dieser  Art  sind  uns  in  anderer  Form  schon 
mehrfach  begegnet. 

In  der  Biographie  des  Flavius  Josephus,  S  s.  v.  Icoorjjtog 
1798  A  7  —   1799  C  3    ist   die  Biographie  des   Sophronios   von 


32    Wentzel,  Die  griech.  Übersetzung  der  viri  inlustres  des  Hieronymus. 

zwei  Zusätzen  eingerahmt.  Im  Anfange  stehen,  gleich  nach  dem 
Lemma,  die  Worte  (pLXaA?]&7]g,  liyoov  ji^.qI  tov  IIqoöqo^ov  xai 
2(DT7]Qog  'ir/oov  Xqiötov,  und  auch  am  Schlüsse  nach  einem 
auch  bei  Sophronios  stehenden  Zitate  aus  Flavius  Josephus 
TOöavra  ^Ic6ö?]Jtog  jtegl  Xqlöxov  tv  rq  ttf  loym  ^7]öiv. 
Hieronymus  -  Sophronios  nennt  die  Buchzahl  nicht.  Beide  Zu- 
sätze stammen  aus  Euseb.  I  11.  In  der  Mitte  ist  eingefügt 
(1798  B  2):  o  ygccxpag  riiv  'lovöatyJ/v  aQyaioXoylav  Iv  ßtß?uoig 
x:  das  braucht  nur  eine  Wiederholung  aus  Sophronios  selber 
zu  sein,  der  von  Josephos  sagt  syQaipe  xal  T?jg  lovöacy.ijg  agyaio- 
Aoylag  Xoyovg  x. 

s.  V.  Ms^oöiog  hat  S  im  Anfange:  ßhd^oötog,  ^OXvfijtov 
Avzlag,  ?]tol  Ilaragcov,  xal  ffsra  ravra  Tvgov  ajtloxojtog. 
Sophronios  83,  von  dem  der  gesamte  Rest  des  S- Artikels 
entnommen  ist,  hat  nur:  Ms&^oötog,  'OXvfiJtov  Avxiag  xal  heto. 
ravra  Tvqov  ejiiöxojtog.  Woher  der  Epitomator  die  Angabe 
Tjrot  nardQa)v,  die  weder  bei  Euseb  noch  bei  den  andern 
Historikern  wiederkehrt,  genommen  haben  mag,  wird  uns  die 
einzige  Biographie,  die  noch  zu  besprechen  ist,  die  des  Polykarp, 
zeigen. 

S  s.  V.  IIoXvxaQjtog  stammt,  von  den  oben  verzeichneten 
redaktionellen  Erweiterungen  abgesehen,  ganz  aus  Sophronios  XVll 
mit  Ausnahme  zweier  Angaben.  Polykarp  heisst  bei  S  öidöoyog 
ds  BovxoÄov,  rov  jiQcörov  IjiiOxojirioavrog  rrjg  2JfiVQvaicov 
exxh]öiag'  og  xal  fier  avrov  ÖEvrsQog  rrjg  ejiiöxojcfjg  exQdr?]08. 
Ausserdem  kommen  bei  S  noch  unter  den  Schriften  des  Poly- 
karp Briefe  hinzu  jtQog  rov  [liyav  Jlovvölov  rov  ^AQ£OJtaylr?]v 
xal  jiQog  dXlag  exxXrjolag,  Die  Titel  begegnen  in  der  sonstigen 
Litteratur  überhaupt  nicht.  Aber  Bukolos,  der  erste  Bischof 
von  Smyrna,  hilft  allerdings  w^eiter.  Bukolos  ist  weder  den 
Kirchenhistorikern  noch  sonstigen  Kirchenschriftstellern  bekannt: 
er  ist  aus  der  theologischen  Litteratur  —  soweit  sie  wirklich 
Litteratur  ist  —  verschwunden.  Wir  erfahren  von  ihm  nur  noch 
aus  den  Menologien  und  Synaxarien^j.  Hierher  gehört  zunächst 
die  grosse  Polykarpvita  des  Pionius  aus  dem  Codex  Parisinus 
gr.  1450  (bei  Ligthfoot  II  2,  1005—1047):  dort  ist  Bukolos  nicht 
nur  der  Vorgänger  Polykarps  (1023,  41  o  jcqo  avrov  sjtloxojtog. 


1)  Bolland,  Febr.  I  707.    Lequien,  Orieiis  Chr.  I  73S.    Tillemont  II  634. 


M 


Wentzel,  Die  griech.  Übersetzung  der  viri  inlustres  des  Hieronymus.    33 

1023,  32  BovxoXog  ars  ör/  jtQoyvcoQLOavrog  avrm  JioXlay.iq 
öl  ogdfiaTog  xov  xvqlov,  ort  oxolr]  tolovtov  ötaöoyov;  bes. 
1033 — 103S),  sondern  geradezu  sein  Berater  und  Führer  auf 
dem  ganzen  Lebenswege  (1023—1025.  1029.  1030).  Diese  Vita 
steht  inmitten  einer  Sammlung  von  Legenden  für  den  Monat 
Februar,  ist  also  menologischen  Ursprungs.  In  demselben  Monat 
hat  Bukolos  seinen  Tag  bei  Basileios.  Ich  setze  her,  was  bei 
diesem  zum  sechsten  Februar  vermerkt  ist: 

BovxoXog,  6  av  ayiotg  JtarrJQ  ?]fiSv^  ex  vaagäg  7jXtxiag 
lojiovöaöe  yaviöd^at  avXaßrjg  (wohl  svösßijg)  xal  (poßov(iEvog 
Tov  d^adv.  xal  dxovoag  jtagl  avTOV  o  dyiog  Imdvvrjg  o  d-ao- 
Xoyog  jtQooaXdßazo  avzov  xal  ajioirjöav  aavxov  fiaü^i^T})v  xal 
ötaxQißa  fiat  avtov,  ora  i]v  av  ^Eipaoo).  xal  löcov  avrov  avaga^ 
TOV  xal  av  jtäoi  xolg  jtvavfiaxixolg  agyotg  ÖLaXdfijtovxa  xal 
xaxsXaicDfiavov  ajcoi7]öav  ajrloxojtov  xfjg  ^nvQvrjg  xal  vjio  xov 
jtvavfiaxog  xov  aylov  oörjyovfiavog  jtoXXovg  xmv  ajtlöxcov  ajio 
xfjg  jtXdvrjg  ajtiöXQaxpag  xal  ßajixlöag  xm  aXjid^LVcp  d-ao)  jzqoö- 
7)yayav.  ovxco  öa  ayavaxo  fiayag,  ojg  xal  xa  (laXXovxa  xal 
jtgoßXajtaiv  xal  jigoXiyaiv.  xal  yag  xS  jtgocprjxtxw  ;^«()/(J,waTi 
jtgoyvovg  xov  ayiov  UoXvxagjtov  öcdöoxov  avxov  aöeöd-ac 
axL  ^mv  avxog  axatgoxovrjüav  avxov  xal  xaxaöxrjoev 
ajtloxojiov  dvd-^  avxov  xal  jtoifiava.  aXXd  xal  ajtod^avwv 
xal  xag)alg  (pvxov  ajioLrjOav  avaßXaöxrjOac  ajidvm  xov  xd(pov 
avxov  Jiagäyov  Idöaig  jioXXdg.  Es  braucht,  trotz  der  Ähnlich- 
keit der  Ausdrücke,  nicht  gerade  die  Fassung  des  Basileios  ge- 
wesen zu  sein,  die  dem  Epitomator  vor  Augen  war:  aber  der 
Umstand,  dass  Bukolos  in  der  gesamten  Litteratur  eben  nur 
in  den  Menaeen  vorkommt,  lehrt,  dass  der  Epitomator  seine 
Kenntnis  von  Bukolos  auf  diesem  Wege  erhalten  hat.  Auch 
Nikephoros  Kallistou,  der  III  34  (Anfang)  in  einem  sonst,  wie 
gewöhnlich,  aus  Eusebios  (IV  15)  abgeschriebenen  Kapitel  den 
Satz  einschiebt:  og  (laxd  xov  ^avfiaxovgybv  BovxoXov  xfjg 
^livgvaimv  axxXrjOlag  7]y7]öaxo^  kann  nicht  als  selbständiger 
Zeuge  gelten;  der  Zusatz  d^avfiaxovgyov  zeigt,  dass  er  die 
Wunder  des  Bukolos  kennt,  und  diese  stehen  gleichfalls  nur  in 
den  Menaeen,  nicht  einmal  bei  S.  Nunmehr  ist  auch  für  einige 
oben  ausgesonderte  Zusätze  des  Epitomators  die  Gegend,  aus 
der  sie  stammen,  klargelegt.  Der  Thaumaturge  Gregorios  soll 
nach     S    unter   Aurelian    gestorben    sein:    die    sonst    ermittelten 

Texte  u.  Untersuchungen  XIII,  3.  3 


34    Wentzel,  Die  griech.  Übersetzung  der  viri  inlustres  des  Hieronymus. 

Quellen  des  Epitomators,  sogar  auch  Eusebios,  Hessen  uns  gegen- 
über dieser  Angabe  im  Stich.  Aurelian  wird  wiederum  nur  in 
den  Menaeen  genannt.  Z.  B.  bei  Basileios  zum  17.  November: 
livrjiir}  Tov  hv  ayiotg  JtazQog  7]{io3v  rgr/yogiov  ijtiöxojtov  Nso- 
xaiöagslag,  tov  ^avfiarovQyov.  ovzog  r/v  £Jt  AvQTjXiavov  rov 
ßaOtXeojg,  und  am  Schluss  der  kurzen  Erzählung  steht,  ohne 
dass  eine  andere  Zeitbestimmung  inzwischen  gegeben  wäre,  yMt 
ovTcog  tTeX8tc6&7],  woraus  jeder  unbefangene  Leser  schliessen 
muss,  dass  auch  der  Tod  des  Wunderthäters  unter  Aurelian  er- 
folgte. —  Ferner:  die  Eltern  des  hl.  Basileios  des  Grossen  werden 
bei  den  Kirchenhistorikern  nicht  genannt.  Wohl  aber  stehen 
sie  in  dem  Menologion  des  Kaisers  Basileios  unter  dem  1.  Januar: 
.  .  .  r]v  öh  o  ii8yag  BaölXscog  vlog  BaotZelov  tov  ajtb  üovzov 
Tcal  ^Ennelelag  r/yg  ajio  TTJg  Kajtjiaöoxlag.  —  Endlich  Patara 
als  Bischofssitz  des  Methodios  findet  sich  wiederum  nicht  bei 
den  Kirchenhistorikern,  sondern  in  den  Menologien.  Basileios 
zum    20.   Juni:    "A&XriöLg    tov    oölov    agofidgTVQog    Medoöiov 

sjtiözojüov  UciTaQcov und   spater:  xal   Trig  ev  UaTaQoig 

hxTiXriöiag  sjiioxojtog  yeyovcogA) 

Es  ergeben  sich  also  als  Quellen  des  Epitomators  Sophronios, 
Philostorgios,  Eusebios  und  irgend  ein  Menologion.  Ausserdem 
ist  beobachtet  worden,  dass  er  mehrfach  die  bei  den  späteren 
Kirchenhistorikern,  insbesondere  bei  Sokrates  und  Sozomenos 
vorliegende  Tradition  weitergiebt.  Was  er  über  die  schriftstelle- 
rische Thätigkeit  des  Apollinarius  weiss,  waren  die  Notizen,  die 
in  den  entsprechenden  Kapiteln  des  Sokrates  und  des  Sozomenos 
standen.  Das  Verhältnis  war  nicht  so  geartet,  dass  er  einen 
beider  Autoren  ausschliesslich  oder  wörtlich  benutzte,  sondern 
er  folgte  in  manchen  Dingen  dem  einen,  in  manchen  dem  andern, 
und  stand  im  Ausdruck  beiden  frei  oreorenüber.  Aber  dieselbe 
Zusammenstellung  von  Thatsachen,  die  Sokrates  und  Sozomenos 
geben,  giebt  auch  er.  Ausserdem  hatte  er  in  verschiedenen 
Biographien  ein  paar  vereinzelte  Notizen,  die  gleichfalls  bei 
jenen  Autoren  zu  finden  waren.  Wer  hat  ihm  dies  Material 
geliefert?  Die  Antwort  giebt  die  Biographie  des  Diodoros  von 
Tarsos: 


1)  Vgl.  W.  Bonwetsch,  Methodios  von  Olympos  I.  p.  47.  Allerdings 
heisst  Methodios  auch  in  den  Überschriften  seiner  einzelnen  Schriften 
Bischof  von  Patara. 


Wentzel,  Die  griech.  Übersetzung  der  viri  inlustres  des  Hieronymus.    35 

AtoöcoQog'     liova^wv,    ev    rolg    XQ^^^^^    'lovZiavov 

xal    OvaXevTOQ,   ejttöxojc/jOag  TagöSv  rr^g  Kilixiag. 

ovTOg  lyQaipBV^  cog  q)rjöL  OsoÖcoQog  ^AvaYvwöxrjg  ev 

rfj  6xxZ?]öiaöTi7cf]  löTOQia,  öiacpoga. 

slöl  ÖS  raÖ£'  folgen  37  Titel. 
Theodoros  Anagnostes  ist  in  der  That  der  Verfasser  einer 
Kirchengeschichte.  Man  nahm  in  der  Regel  an  (vgl.  de  Boor, 
Zeitschr.  f.  Kircliengeschichte  VI  484),  dass  Theodoros  zwei 
kirchengeschichtliche  Werke  verfasst  habe:  eine  sogenannte 
historia  tripartita  für  die  ältere  Zeit  und  eine  Kirchengeschichte 
für  spätere  Epochen,  von  dem  Tode  Theodosios  des  Jüngern  an. 
Nach  den  Angaben  Jeeps  (Fleckeisen,  Suppl.  XIV  158.  159)  aber 
will  es  scheinen,  als  ob  beide  Werke  als  eine  ezz/i7]öiaöTtxrj 
loTogia  in  dem  codex  Marc.  344  überliefert  sind,  w^omit  sich  die 
Zitate  anderer  Schriftsteller  aus  Theodoros  vereinigen  lassen. 
Aber  Jeeps  Ausführungen  sind  so  unklar,  dass  aus  ihnen  kaum 
etwas  Sicheres  zu  entnehmen  ist:  es  wird  nötig  sein  den  Kodex 
nochmals  zu  vergleichen.  Publiziert  sind  nur  die  Exzerpte  aus 
den  zwei  letzten  Büchern  durch  H.  Valesius  hinter  seinem 
Theodoret:  für  die  —  uns  nicht  beschäftigende  —  Zeit  von  dem 
Tode  des  jüngeren  Theodosios  an  ist  Theodoros  Anagnostes 
Originalquelle.  Dagegen  steht  für  die  sogenannte  historia  tri- 
partita, mag  sie  nun  von  ihrem  Verfasser  als  besonderes  Werk 
herausgegeben  sein  oder  nur  als  Teil  der  gesamten  'Exxl?]OtaOTtxrj 
löTOQLa,  aus  der  bei  Valesius  unter  den  testimoniis  veterum 
vor  dem  Theodoret  mitgeteilten  Vorrede  und  den  im  Apparat 
des  Valesius  (dann  bei  Hussey)  zu  Sokrates,  Sozomenos  und  Theo- 
doret ausgezogenen  Varianten  so  viel  fest,  dass  sie  kein  selb- 
ständiges Werk,  sondern  eine  Kompilation  aus  Sokrates,  Sozo- 
menos und  Theodoret  ist:  und  zwar  hat  Theodoros  diese  drei 
Autoren  nicht  ineinander  verarbeitet,  sondern  —  unter  ausdrück- 
licher Nennung  der  jedesmaligen  Vorlage  —  lange  Exzerpte  aus 
ihnen  unvermittelt  neben  einander  gestellt.  Das  Wesentliche  aus 
Sokrates,  Sozomenos  und  Theodoret  war  also  bei  ihm  zu  finden, 
ausser  diesen  drei  Autoren  jedoch  keine  andere  Quelle.  In  der 
Diodorvita,  deren  Herkunft  aus  der  Epitome  des  H  durch  ihre 
ganze  Struktur  verbürgt  wird,  ist  Theodor  so  zitiert,  dass  nach 
dem  Wortlaute  des  S  er  nur  als  Gewährsmann  für  den  Satz 
ovTog  r/gaips  öcdg)OQa  angesehen  werden  kann.    Trotz  des  deut- 


36    Wentzel,  Die  griecli.  Übersetzung  der  viri  inlustres  des  Hieronymus. 

liehen  Wortlautes  der  Anführung  bat  Flach  den  ganzen  folgen- 
den Schriftenkatalog  auch  auf  Theodoros  zurückgeführt  (Rhein. 
Mus.  XXXVI  624  ff.,  vgl.  ebda.  XXXV  199,  und  in  der  praef.  zur 
Ausgabe    des   Onomatologus   p.  LXVl),   und  von   diesem  Irrtum 
aus  war  es  leicht,  den  Theodoros  zur  Hauptquelle  für  die  christ- 
lichen Viten  neben  Sophronios  zu  befördern.     Das  erledigt  sich 
durch  das,  was  wir  über  Theodoros  wissen.    Für  die  Biographie 
des  Diodoros  von  Tarsos  kommt  nur  die  historia  tripartita  (also 
eventuell  die  ersten  Bücher   der  axxXrjOiaoxiy.^  lörogla  in  Be- 
tracht, nicht  die  zwei  späteren  Bücher,  die  aus  den  valesianischen 
Exzerpten  bekannt  sind:    denn  Diodor   lebte  im  4.  Jahrhundert. 
Diese  historia  tripartita  aber  giebt  nur  den  Sokrates,  den  Sozo- 
menos    und    den   Theodoret    wieder,   und  in  keinem   dieser   drei 
Autoren  steht  der  Schriftenkatalog  als  Ganzes  oder  die  einzelnen 
Titel  so,  dass  sie  aus  ihnen  vom  Epitomator  hätten  zusammen- 
gestellt werden  können.     Theodoros   Anagnostes  ist  also   nicht 
die  Quelle   des  Schriftenverzeichnisses   gewesen.    Vielmehr  steht 
dieses   gegenüber    den   kirchenhistorischen   Schriftstellern    genau 
so  unabhängig  da,   wie   wir   das   bei  den  Schriftenkatalogen  der 
andern  Autoren  mehrfach   gefunden   haben.     Gleichwohl  ist  zu 
fragen,  ob  nicht  die  biographischen  Angaben  über  Diodoros,  die 
vor  dem  Schriftenkataloge  stehen,   aus  Theodor  stammen.     Die 
Frage  ist  zu  bejahen.    Zunächst  die  Notiz  ovrog  eygaxps  ÖLCKpoQa^ 
für   die  Theodoros   ausdrücklich   als   Gewährsmann  genannt  ist, 
steht  bei  Sokrates  VI  3,  in  demselben  Kapitel,  in  dem  der  Epito- 
mator die  Notiz  über  Antiocheia  als  Vaterstadt  des  hl.  Johannes 
Chrysostomos   finden   konnte,   und    zwar   in   folgender  Fassung: 
JioöcoQog    de    avrov    voregov    i-jilöxojiog    TaQOov    ysvofisvog 
jioXXa   ßißlia    ovvtyQaipe;    wohlgemerkt,  von  den  37  Titeln  bei 
S  stellt  kein  einziger  da.    Aus  derselben  Stelle  (ebenso  übrigens 
aus  Theodoret  V  4)  war  zu  entnehmen,  dass  Diodor  Bischof  von 
Tarsus  war.    Unmittelbar  vorher  wird  bei  Sokrates  von  Theodoros 
von  Mopsuliestia  und   von   Maximus   gesagt:    fiaB^7jT8vovoiv  elg 
ra    aox?]Ti7ca    JioöcoQO)    xal    KaQzsQicp,    ot    nveg    totb    fitv 
aöx/iT?jQiq?    jiQotöTavTo    [AioöooQog    öl    avrov    vortgov    xrX). 
Daraus    konnte   der   Epitomator  sein  f/ovd^cov  entnehmen.     Die 
Datierung   endlich   auf  Julian  und  Valens  ergab  sich  aus  Theo- 
doret IV  27.    Der  Epitomator  hat  also  den  Theodoros  Anagnostes 
wirklich  benutzt;  dieser  exzerpierte  den  Sokrates,  Sozomenos  und 


Wentzel,  Die  griech.  Übersetzung  der  viri  inlustres  des  Hieronymus.    37 

Theodoret;  Benutzung  des  von  diesen  Autoren  überlieferten  Materi- 
ales  ist  dem  Epitomator  an  mehreren  Stellen  nachgewiesen  worden; 
folglich  ist  seine  Mittelquelle  Theodoros  Anagnostes  gewesen. 
Dabei  macht  es  nichts  aus,  dass  S  sowohl  von  Sokrates  als  von 
Theodoros  Anagnostes  mehrere  Abschnitte  durch  die  Vermittelung 
der  Konstantinischen  Enzyklopädie  erhalten  hat.  Diese  Artikel 
aus  Theodoros  haben  mit  der  historia  tripartita  nichts  zu  schaffen, 
sie  gehen  auf  die  späteren  Bücher  der  sxxXTjöiaöTtx^  löxogia 
zurück  und  sondern  sich,  ebenso  wie  die  aus  Sokrates,  von  denen 
des  H  ohne  Weiteres  durch  Form  und  Inhalt;  das  Verhältnis 
ist  hier  dasselbe  wie  bei  Philostorgios.  Auch  diesmal  kommt 
dazu,  dass  Elemente  dieser  Herkunft  sich  auch  in  der  Gregor- 
vita (und  in  den  damit  zusammenhängenden  Artikeln  über  Apol- 
linarius  und  den  grossen  Basileios)  finden,  also  durch  den  Mos- 
kauer Gregor  für  H  gesichert  sind. 

Es  restieren  nunmehr  nur  noch  die  zahlreichen  Schriften- 
titel, die  der  Epitomator  mehreren  Biographien  des  Sophronios 
hinzugefügt  hat.  Zuverlässig  sind  sie  alle.  Trotzdem  aber  be- 
gegnet keiner  in  irgend  einer  der  genannten  Vorlagen.  Es  ist 
überhaupt  keine  Quelle  aufzutreiben,  der  sie  der  Epitomator 
entnommen  haben  könnte.  Dann  bleibt  nichts  übrig,  als  anzu- 
nehmen, dass  er  sie  selbst  zusammengetragen  hat.  Ist  das 
möglich  und  w^ahrscheinlich  ? 

Es  kommen  in  Frage  Schriften  von  Basileios  dem  Grossen, 
Gregor  von  Nazianz,  Gregor  von  Nyssa,  Diodoros  von  Tarsos, 
Epiphanios  dem  Haereseologen,  Euagrios,  Johannes  Chrysostomos, 
von  Hippolytos  und  von  dem  Juden  Philon.  Ein  Teil  dieser 
Schriftsteller  gehört  in  byzantinischer  Zeit  zu  den  beliebtesten, 
uns  noch  heute  in  zahllosen  Handschriften  erhaltenen  Autoren. 
Kein  einziger  ist  darunter,  von  dem  sich  die  Möglichkeit  leugnen 
Hesse,  dass  er  im  neunten  Jahrhundert  noch  in  Kloster biblio- 
theken  oder  in  Privatsammlungen  vorhanden  gewesen  wäre.  In 
der  That  bestehen  mehrere  Artikel  des  Epitomators  im  wesent- 
lichen aus  nichts  als  aus  Büchertiteln. 

181  A  5  'AZs^avÖQog,  ^hganolsrnq  snioxojcoq  yMi  fiaQxvg. 
syQaips,  rl  xaivov  eiörjveyxe  Xgcöroq  slg  rov  Tcoöfiov,  xs(paXaLa 
t9-',  Xoyog  vorniarcov  yipLcov.  Allerdings  ist  am  Schlüsse  dem 
Titel  hinzugefügt  ein  Urteil  über  den  Wert  des  Buches:  aber 
gerade  dies   haben  wir   schon   mehrfach  beim   Epitomator  ange- 


38     Wentzel,  Die  giiech.  Übersetzung  der  viri  inlustres  des  Hieronvmus. 

troflPen.  Es  beweist  zugleich,  dass  er  das  Buch  wirklich  gelesen 
hat.  Ebenso  steht  am  Anfange  noch  hQajiblzcoc,  ejiloxojcog 
xal  fiüQTVQ.  Wer  nur  einige  Bände  Migne  durchmustert  hat, 
weiss,  dass  in  den  Handschriften  dem  Titel  der  Werke  kirch- 
licher Schriftsteller  ausser  dem  Namen  des  Verfassers  noch  dessen 
kirchliche  Würde,  eventuell  der  Zusatz  f^ccQxvQog  vorgesetzt  wird, 
etwa  in  dieser  Form:  rov  öelva  rrjg  öslva  jioXscog  ejttoxojtov 
xal  fiaQTVQog  Xoyog  jieqI 

1412  B  6  ^EjtKpavLog^  Ijiiöxojiog  2?]/.vßQiag  ?}  ^OXvßgiag, 
syQaxps  Xoyov  avTiQQiixixov  xax  H'AovoyMvxwv,  llav  o)g)tXi^uov: 
das  ist  genau  dasselbe  Verhältnis  wie  bei  ^AXic^avÖQog. 

Die  Biographie  des  Ignatios  ist  oben  S.  3  f.  besprochen: 
auch  sie  enthält  ausser  dem  Schriftenverzeichnis  nur  die  kircl> 
liehen  Würden  des  Ignatios. 

1820  A  8  ^lölöcoQog,  jtQSößvreQog,  o  nsXovöL(DT7]g.  av?)Q  aX- 
XoyL[iog,  (pLX6()0(p6g  re  xal  QtjrcoQ.  ejitöroXag  tQfi7]V6vovöag  rr/v 
^eiav  YQacpijv  y  yiyQa^)B  xal  aXXa  xiva.  Ausser  Name,  Bei- 
name, kirchlicher  Würde  und  Schrifttitel,  also  lauter  Dingen,  die 
in  jeder  Handschrift  auf  dem  Titelblatte  stehen,  enthält  der 
Artikel  nur  die  vom  Epitomator  herrührende  Klassifizierung  des 
Isidoros  in  den  bekannten  Formeln. 

Nur  ein  wenig  über  diese  Elemente  hinaus  geht  der  Artikel 
über  Basileios  von  Eirenupolis  720  C  7:  Baö'iXuog  azsQog,  tJti- 
xojtog  ElQ7]vovjr6Xeojg  xTjg  KiXtxiag,  im  'Apaoraolov  ßaoiXacog, 
T7\v  (pQeva  xal  rtjv  aoxiiOLV  to5  oficoi^viio^  BaoiXHop  Kaioagsiag 
aoLxcog.  aygaxpa  xara  ligyaXaov  jiQaoßvrtQov  KoXojpsiag.  Da- 
raus, dass  der  Epitomator  diesen  Basileios  mit  dem  Grossen 
vergleicht,  schliesse  ich,  dass  er  von  beiden  wenigstens  die  eine 
oder  die  andere  Schrift  kennt.  Dann  konnte  er  gewiss  auch  die 
Zeit  des  Basileios  auf  Anastasios  bestimmen.  Sonst  enthält  die 
Vita  nichts  als  den  Titel  und  den  Biscliofssitz  des  Basileios. 

1790  A  6  Iwavviig  o  zlafiaoxrivog,  o  ljtLxXi]d^alg  Mavoovit, 
avi)Q  xal  avTog  aXXoytiicoTaTog,  ovösvog  öavTegog  rwr  xar 
avTov  Iv  jtaiöaia  Xafiipavtcoi^.  ovyyQaniiara  avrov  Jtdrv  jioXXa 
xal  naXiöra  (piX6oog)a'  alg  ra  t))v  d-aiav  ygacft^v  nagdXXfjXoi 
xar  azXoy7]v,  xal  ol  aofiarixol  xavovag,  lafißixol  ra  xal  xara- 
Xoyd6?jv.  —  övv7)x{iaL^a  da  avTco  xal  Koof.iag  o  a^  laQoooXvamv, 
avtig  avcpvköTarog  xal  jtväcor  novoixfji^  oXcog  t))v  avagfiovcor. 
Ol  yovv  (iöfiarixol  xavovag  'icodvrov   ra  xal    Koofiä    ovyxQtoiv 


Wentzel,  Die  griech.  Übersetzung  der  viri  inlustres  des  Hieronymus.    39 

ovx  sös^avTO  ovdh  öe^atvro  (av)  fityQtg  \av]  6  yMd^  riliac,  ßlog 
jt6Qaico0^rjö£Tai.  Nach  Namen  und  Beinamen  folgt  eine  Be- 
merkung über  die  jiaiöbia,  des  Mannes,  in  der  wir  unsern  Epito- 
mator  sofort  erkennen,  danach  die  TiteL  Angehängt  ist  eine 
Zusamraenstelhmg  des  Johannes  mit  Kosmas  von  Jerusalem,  nebst 
einer  Lobpreisung  beider:  der  Verfasser  dieser  Notiz  —  die  von 
dem  Vorhergehenden  loszureissen  nicht  der  mindeste  Grund  vor- 
liegt —  ist  mit  den  Kavov^g  des  Johannes  und  des  Kosmas 
anscheinend  vertraut;  so  wie  er  von  ihnen,  spricht  man  nur  von 
Dingen,  mit  denen  man  in  unausgesetzter  Berührung  steht. 

Dass  nun  der  Epitomator  wirklich  selbst  die  Schriften  der 
von  ihm  behandelten  Kirchenschriftsteller  gelegentlich  einge- 
sehen, dafür  giebt  es  noch  zwei  Zeugnisse,  den  Artikel  über  Dio- 
nysios  von  Alexandreia  1018  A4 

JiovvOLoq  jile^avÖQELaq,  ov  svqov  vji6fii-7]fia  slq  xov  Ix- 
xh]öiaöTi]v  2oXoncövrog,  Xiav  ^v(pQaöiq, 

und  die  Biographie  des  Areopagiten  Dionysios  1011  C  3  — 
1014  F  2.  Diese  beginnt  mit  der  Bezeichnung  des  Mannes  als 
Bischofs  von  Athen;  daran  reiht  sich  die  gewöhnliche  Bemerkung 
des  Epitomators  aviiQ  lXXoyi[imxazoq  Tcal  r^s  EÄXrjpixijg  jtat- 
öslag  elg  axQov  ll'i]XaxcDg^  worauf  die  aus  Act.  ap.  17,  34  jeder- 
mann geläufige  Bekehrung  des  Dionysios  durch  Paulus  und  in 
Verbindung  damit  seine  gleichfalls  allgemein  bekannte,  übrigens 
aus  Euseb.  111  4  zu  entnehmende  Ernennung  zum  Bischof  er- 
zählt wird,  unterbrochen  durch  eine  die  Hand  des  Epitomators 
gleichfalls  verratende  Bemerkung  jiQog  ö\  Ti]v  jiaxQiov  rwv 
EXXijVLxmv  fiaO-fj^idzcop  aö'/C?jöLV  jiavzcov  JiQOvxtxQLTo'  txaörtjg 
yag  cog  djtelv  algtoecog  xTjg  vjt  avrcDV  jtQsoßevofisvr^g  hv  jtoXXtj 
xa^eLöTtjxEt  rfi  jtslga.  Daran  reihen  sich  biographische  Einzel- 
heiten (1012  A  5  xara  yovv  —  B  8  jcgay^iarcov),  in  deren  Mitte 
die  Erwähnung  des  Sophisten  Polemon  Anlass  wird,  denselben 
Zusatz  aus  der  Polemonbiographie  des  H  (o  Aaoötxevg  Iv  ^fivQv?], 
6  öiöaöxaXog  ^AqlöthÖov)  einzuflechten,  den  wir  in  der  Gregor- 
vita schon  einmal  angetroffen  haben.  Am  Schlüsse  aber  dieser 
Notizen  steht  die  —  sich  bestätigende  —  Bemerkung  C  1:  [xvr]- 
(lovevsi  6e  tovtwp  ajiavxcov  o  avzog  (lies  avrog  6)  JiovvöLog 
6V  rfj  JiQog  LIoXvxaQjtov  rov  [liyav  ejtiöroXTJ  rov  ^{ivQvr^g 
tJtlöxojtov;  und  dann  wird  die  ganze  Stelle  aus  dem  genannten 
Briefe  (VII)  abgeschrieben.    Hierauf  folgt  wieder  eine  vom  Epito- 


40    Wentzel,  Die  griecla.  Übersetzung  der  viri  inlustres  des  Hieronymus. 

mator  in  bekannter  Manier  abgefasste  Bemerkung,  die  zu  dem 
Schriftenverzeichnis  überleitet:  xijg  de  ys  öocpiag  avrov  xal  ri'jg 
evyXcoTzlac  Ivöet^iq  axQtßrjg  ?)  xcov  nag'  avrov  fQacpBLömv 
ßlßXcov  avvjt£QßX7]Tog  (pQaöig.  ri]  rs  ydg  jiaga  tojv  e^wß^ev 
xaXovfitvi]  jiaLÖela  r?/  re  d-ela  xal  7]fteTtQa  jto)Jj]v  sr/^s  TrjV 
£jtiOr?]fi7]V  £V  txartQa.  ei  yag  zig  ajtldoi  jrgbg  rd  xdXh]  rcov 
avTov  Xoy(DV  xal  rd  ßdd-rj  rcov  vor]fidro3V,  ovx  dvd^Qwjtivrjg 
(pvöecog  ravra  vo/xiöot  (lies  av  vofilöat)  yevvrj^ara^  dXXd  rivog 
dxr]()drov  xal  d-dag  övvdfzswg.  Ahnlichen  Lobpreisungen  sind 
wir  beim  hl.  Johannes  Chrysostomos  und  bei  Johannes  von 
Daniaskos  schon  begegnet.  Auf  den  sich  anschliessenden  grossen 
Schriftenkatalog  (1014  A  1— D  5)  lässt  der  Epitomator  eine  Notiz 
folgen  (lörsov  de,  ojg  rivsg  rcop  l^m  oo(pcov  xal  [laXcora  IJgoxXog 
-d-ecoQfjfiaöi  jioXXdxtg  rov  fiaxaglov  Alovvölov  xeyjQrirai^  xal  av- 
ralg  de  ^fjQalg  ratg  Xs^sOt,  xal  löriv  vjtovoiav  Ix  rovrov  Xaßelv^ 
(Dg  OL  kv  Ad^7]raig  jtaXaiorsQOt  rcov  cptXoö6(pcov  öq)£rtQiödfi8Vot 
rag  avrov  Jigayfiarelag,  cuv  avrog  [ivrjuovevec  jtgog  Ttfio^eov 
ygatpcop,  ajiixQvtpav,  'iva  jiariQeg  avrol  6(p0^co(ji  rcov  ^slcdv 
avrov  Xoyatv),  deren  Herkunft  ich  nicht  feststellen  kann:  in 
ausführlicherer  Gestalt  pflegt  sie  als  „scholion  alius  cuiusdam 
viri  docti"  hinter  dem  jtQoXoyog  des  hl.  Maximus  zu  seinen 
Scholien  zum  Dionys  in  den  Ausgaben  seit  Alters  abgedruckt 
zu  werden,  ohne  dass  über  ihre  handschriftliche  Überlieferung 
und  den  Zusammenhang  mit  Maximus  irgend  etwas  bekannt 
wäre.  Den  Beschluss  der  vita  bildet  eine  kurze  Mitteilung  von 
dem  Martyrium  des  Dionysios,  die  ihre  Herkunft  aus  menolo- 
gischer  Quelle  deutlich  an  der  Stirn  trägt  \). 

In  dieser  Biographie  hat  also  der  Epitomator,  um  Einiges 
über  die  Lebensumstände  des  Dionysios  mitteilen  zu  können, 
thatsächlich  —  wie  das  Zitat  beweist  —  wenigstens  eine  von 
dessen  Schriften,  den  Brief  an  Polykarp,  nachgeschlagen.  Dann 
aber  lässt  sich  annehmen,  dass  er  auch  sonst  die  ihm  zur  Ver- 
fügung stehenden  Handschriften  der  von  ihm  behandelten  Autoren, 
zum  wenigsten  auf  ihren  Lihalt  hin,  eingesehen  hat.  Übrigens 
beruht  auf  der  angeführten  Epistel  des  Dionysios  an  Polykarp 
auch    der    s.  v.    UoXvxaQjtog   erwähnte    Brief   des    Polykarp   an 


1)   Die  sonstige   CberHeferung  setzt    das    Martyrium    unter    Hadrian 
oder  Domitian:  Tillemont  II  ]23.  524.     Der  Epitomator  nennt  Traian. 


Wentzel,  Die  griech.  Übersetzung  der  viri  inlustres  des  Hieronymus.    4  { 

Dionysios,  von  dessen  Existenz  sonst  nichts  bekannt  ist  ^):  natür- 
lich, wenn  Dionys  an  Polykarp  schreibt,  hat  auch  Polykarp  an 
Dionys  geschrieben. 

Die  Thätigkeit  des  Epitomators  ist  uns  bis  in  die  kleinsten 
Einzelheiten  klar  geworden,  so  weit  sie  die  christlichen  Biogra- 
phien angeht.  Viele  Mühe  wird  sie  ihm  nicht  verursacht  haben: 
diesen  Teil  seiner  Arbeit  konnte  der  Epitomator  innerhalb 
weniger  Tage  bewältigen.  Sein  Verhältnis  aber  zu  dem  Uiva^ 
des  H,  der  ausschliesslich  heidnische  Schriftsteller  enthielt,  gehört 
in  einen  andern  Zusammenhangt). 

Ausser  bei  S  ist  die  Epitome  aus  H  nur  wenig  benutzt 
worden :  vielleicht  in  der  vita  Menagiana  des  Aristoteles,  die  sich 
mit  der  Fassung  des  S  wörtlich  deckt,  aber  allerdings  den  bei 
S  fehlenden  Schriftenkatalog  enthält,  sicher  in  der  vita  Ambro- 
siana des  Aristophanes  (Hermes  XIV  461),  die  genau  mit  S 
stimmt,  nur  dass  dieser  aus  seinem  Aristophaneskodex  die  Titel 
der  11  aristophanischen  Stücke  anhängt  3),  endlich  in  der  Biblio- 
thek des  Photios. 

Es  ist  bekannt,  dass  P,  der  eifrige  Förderer  klassischer  und 
kirchlicher  Studien,  einen  Kreis  von  Schülern  und  Freunden  um 
sich  zu  versammeln  und  mit  ihnen  Bücher  der  verschiedensten 
Art  gemeinsam  zu  lesen  pflegte.  Zu  diesem  Kreise  gehörte  Tarr- 
hasios,  der  Bruder  des  P.  Als  Tarrhasios  eine  Zeitlang  verhindert 
gewesen  war,  den  Vorlesungen  beizuwohnen,  ersuchte  er  den  P, 
die  Bücher,  die  in  seiner  Abwesenheit  durchgenommen  waren, 
schriftlicb  zu  verzeichnen  und  zu  besprechen.  So  ist  die  Biblio- 
thek entstanden.  P  hat  das  Buch  so  fertig  gestellt,  dass  er  es 
kurz  vor  seiner  Abreise  nach  Assyrien,  wohin  er  als  Gesandter 
geschickt  war,  dem  Bruder  überreichen  konnte  als  ttjc.  öia^sv- 
^scog,  9]p  ßaQtcog  cptQScg,  jtaQaiiv&LOV  (Vorrede  1,  2  Bk).  Bei 
diesem  Anlass  der  Abfassung  des  Werkes  sollte  man  erwarten, 
dass  P  den  Inhalt  aller  von  ihm  aufgezählten  Schriften  einiger- 
massen  vollständig  wiedergäbe.  Dem  ist  aber  nicht  so.  P  er- 
klärt schon  in  dem  Widmungsbriefe,  dass  es  sehr  schwierig  sei, 


1)  Maxiraus  in  seinem  Prolog,  Migne  IV  p.  17  C,  zitiert  HoXvxaQTCoq 
iv  xy  TiQoq  H&rjvaiovc  sniöxol^  avxov.  Was  das  für  ein  Brief  sein  soll, 
weiss  ich  nicht 

2)  Die  Anmerkung  folgt  als  Nachtrag. 

3)  Flach,  Rhein.  Mus.  XXXV  193.  235. 


42    Wentzel,  Die  griecli.  Übersetzung  der  viri  inlustres  des  Hieronymus. 

nacli  dem  Verlaufe  einiger  Zeit  sich  zu  erinnern,  dass  der  Bruder 
Ungenauigkeiten  und  lückenhafte  Partien  finden  werde,  dass  er 
mehrere  Werke  nach  Willkür  flüchtig  behandelt  habe  (1,  13 — 18). 
Das  Geständnis  entspricht  vollkommen  dem  Sachverhalt.  P  ist 
recht  ungleich  verfahren.  Von  vielen  Büchern  giebt  er  genaue 
Exzerpte,  in  denen  sogar  einzelne  Phrasen,  die  ihm  besonders 
gut  gefallen  haben,  zur  späteren  Benutzung  herausnotiert  werden, 
von  anderen  teilt  er  den  Inhalt  summarisch,  bei  recht  zahl- 
reichen überhaupt  nur  Einzelheiten  mit.  Nicht  selten  hat  er  nur 
die  Vorrede  oder  Widmung  des  besprochenen  Buches  eingesehen; 
manchmal  beschränken  sich  seine  Mitteilungen  auf  den  Titel  und 
einige  gleichgültige  Redewendungen:  in  solchen  Fällen  hat  er 
bei  Abfassung  der  Bibliothek  das  betreffende  Buch  überhaupt 
nicht  wieder  in  die  Hand  genommen.  Fast  regelmässig  fügt  P 
sein  Urteil  über  die  Schreibweise  des  Autors  hinzu.  Das  ist 
begreiflich  bei  den  stilistischen  Interessen,  die  er  sein  Lebelang 
gehabt  hat.  Aber  wirklich  gelesen  zu  haben  braucht  er  in 
solchem  Falle  das  Objekt  seines  Urteils  nicht;  es  konnte  ihm 
genügen,  ein  paar  Seiten  durchzublättern. 

Neben  den  Angaben  über  den  Inhalt  der  Bücher  finden  sich 
in  der  Bibliothek  bisweilen  biographische  Notizen  über  die  Ver- 
fasser: nur  ein  Teil  davon  (cod.  62.  68.  70.  79.  175.  180.  181. 
199)  stammt  aus  der  Lektüre  der  behandelten  Autoren,  zumal 
aus  den  Vorreden,  oder  aus  Schriftstellern,  die  P  nachweislich 
gelesen  hat  (cod.  33  Justus  von  Tiberias),  die  meisten  Angaben 
dieser  Art  aber  sind  anderer  Herkunft.  Sie  stimmen  mit  den 
biographischen  Artikeln  des  S,  die  dieser  aus  H  entlehnt  hat,  in 
einem  Grade  überein,  dass  dem  P  dieselbe  Quelle  vorgelegen 
haben  muss,  wie  dem  S.  Die  Übereinstimmung  erstreckt  sich 
auf  die  heidnischen  und  auf  die  christlichen  Schriftsteller.  Folg- 
lich hat  P  nicht  das  Original  des  H  benutzt,  sondern  die  Epitome. 
In  der  Auswahl  der  Biographien  ist  P  natürlich  abhängig  von 
seiner  Bibliothek;  wir  dürfen  nicht  erwarten,  bei  ihm  z.  B.  eine 
Sophokles-  oder  Epikurvita  zu  finden,  und  uns  nicht  wundern, 
dass  das  christliche  Material  auch  in  den  Biographien  überwiegt. 
Aus  dem  Vergleiche  des  Moskauer  H-Citates  mit  dem  ent- 
sprechenden Artikel  des  S  hat  sich  ferner  ergeben,  dass  die 
Überlieferung  der  Epitome  variabel  genug  sein  konnte.  Wir 
werden  also  nicht  erstaunen,  wenn  sich  herausstellt,  dass  P  bald 


Wentzel,  Die  griecli.  Übersetzung  der  viri  inlustres  des  Hieronymus.    43 

weniger,  bald  aber  auch  mehr  als  S  hat:  zumal  wir  gar  nicht 
in  der  Lage  sind,  zu  kontrollieren,  inwiefern  S  seinerseits  seine 
Vorlage  gekürzt  hat.  Dieses  Mehr  braucht  sich,  wie  man 
von  vornherein  sagen  kann,  keineswegs  auf  Zusätze  innerhalb 
einzelner  Artikel  zu  beschränken,  es  kann  auch  in  ganzen 
Biographien  bestehen;  denn  so  gut,  wie  bei  S  einzelne  Sätze 
fehlen,  können  auch  vollständige  Artikel  weggeblieben  sein,  sei 
es  durch  Schuld  des  S,  sei  es  durch  Schuld  der  handschriftlichen 
Überlieferung  der  Epitome  vor  ihm. 

Von  H  von  Milet  selbst  hat  P  zwei  Bücher  gekannt  (cod.  69), 
die  Weltchronik,  die  bis  zum  Tode  des  Anastasios  reichte,  und 
ihre  Fortsetzung,  die  die  Regierung  des  Justinus  und  von^  der 
des  Justinianus  noch  einige  Jahre  umfasste.  Von  jenem  Buche 
giebt  P  summarisch  den  Inhalt  an:  mehr  als  die  Kapitelüber- 
schriften, wie  sie  in  den  historischen  Werken  der  späteren  Zeit 
den  einzelnen  Büchern  vorausgeschickt  wurden,  braucht  er  dazu 
nicht  gelesen  zu  haben.  Von  der  Fortsetzung  giebt  er  an,  sie 
reiche  bis  in  den  Anfang  der  Regierung  des  Justinian  hinein: 
dann  aber  breche  sie  ab,  weil  der  Verfasser,  tief  erschüttert 
durch  den  Tod  seines  Sohnes,  die  Stimmung  zum  Schreiben  ver- 
loren habe.  Derartiges  pflegt  der  Autor  in  der  Vorrede  oder  in 
dem  einleitenden  Kapitel  seines  Werkes  zu  sagen:  die  Quelle 
für  P  ist  also  auch  hier  ohne  weiteres  klar.  Aber  er  beginnt, 
indem  er  den  Titel  des  Buches  mitteilt:  avbyvojöQ^i]  ftoi  ßißUov 
iöroQLXov  coq  hv  övpoipsc  Tcoofiixrjg  lözoglag  —  o  6h  övy/Qacpevc, 
HövxLoq  o  'lX?.ovöTQiog^  Mch']ötog  fihv  ex  jiaTQiöog,  Jialg  de 
'^IIövxlov  xal  ^tXoOo(plag  — ^  za^'  o  xal  ?)  ejiLyQafpi)  rov  ßtßklov 
fisrd  Tov  löToglag  PojfiaCxfig  rs  zal  Jtavxoöajtijg  xvyyavu.  Das 
Relativum  %a^  o  xal  schliesst  an  den  Ausdruck  öwoipec  xoöi/txrjg 
löToglag  unmittelbar  an:  „gelesen  wurde  ein  Buch  gewisser- 
massen  eine  Übersicht  der  Weltgeschichte,  wie  auch  der  Titel 
des  Buches  ausser  dem  Worte  lörogla  noch  die  Zusätze  ^Pcof/aixrj 
und  üiavroöajiri  trägt".  Daraus  erhellt,  dass  die  Zwischen- 
bemerkung über  den  Verfasser  als  Parenthese  zu  fassen  ist,  d.  h. 
als  Einlage.  Den  Namen  H  mit  dem  Zusätze  o  IZZovöxQiog 
hat  P  selbstverständlich  aus  dem  Buche  selbst.  Aber  Vater  und 
gar  Mutter  pflegen  in  Büchertiteln  nicht  angegeben  zu  werden. 
Wenn  nun  die  H-vita  der  Epitome  beginnt:  ^Hovxiog  Mch]Oiog 
^'log  Höv^iov  öixijyoQov  xal  ^iXoöo^lac,  so  ist,  denke  ich,  die 


44    Wentzel,  Die  griech.  Übersetzung  der  viri  inlustres  des  Hieronymus. 

Quelle   des  Zusatzes   des   P   mit    schlagender    Deutlichkeit   dar- 
gelegt, i) 

cod.  13  enthält  des  Eusebios  sXeyxog  xal  djtoZoyia,  eine 
apologetische  Schrift.  Nach  einer  kurzen  oberflächlichen  Be- 
zeichnung des  Inhaltes,  die,  nur  zeigt,  dass  P  ganz  flüchtig  das 
Buch  angesehen  hat,  giebt  er  eine  ebenso  kurze  Charakteristik 
des  Stiles  des  Eusebios,  die  natürlich  von  ihm  (P)  selbst  her- 
rührt. Daran  schliesst  er  die  Bemerkung,  dass  die  dxQcßsia  av 
öoyf/aot  dem  Eusebios  überhaupt  gefehlt  habe:  xal  yag  xdv 
TovTOig'^)  8V  jtoXXolg  sötiv  avrov  löelv  rov  vlov  ß)Mö(prj^ovvxa 
xal  ösvTSQov  alriov  xaXovvra  xal  aQyiöTQaxriyov  xal  dXXa 
Xivd  Z7]g  AQeiavLXTjq  ZvOöijg  ßXaOrijfiaTa.  Er  beschuldigt  also 
mit  Berufung  auf  einen  bestimmten  Ausdruck  {ösvxfQov  alxiov 
xal  dgyLöxQaxT^yov),  den  er  sehr  wohl  der  Schrift  entnommen 
haben  kann,  den  Eusebios  des  Arianismus.  Unmittelbar  daran 
knüpfen  sich  rein  biographische  Notizen:  örjXov  cog  sjtl  Kcov- 
öxavxivov  Tov  ftsydXov  ovxog  rjv&rjöa.  yayovs  ös  xal  xijg  Ilafi- 
fplXov  xov  IsQOfiaQxvQog  dgsxijg  öidjcvQog  agaöxi^g,  öl  t/v  airlav 
(paöi  rtveg  avxbv  xal  xrjg  xov  IJafKpiXov  ajtcQvvfilag  fiaxa- 
öX'7]X8vai.^)  Die  Biographie  des  Eusebios  bei  S  s.  v.  beginnt  mit 
der  Bemerkung:  Evoaßtog  6  IIa  fiep  l  Xov,  jtQOöxaifiavog  x(]  Agaia- 
VLxfi  algaöai,  und  schliesst  folgendermassen: 

rjvü^rjoa  [idXtöxa  am  Kwvöxavxlvov  xov  ßaöiXacog  xal 
Kcovöxavxlov    xal    öid  xi/v  (ptXiav  xrjv  jtQog  Ild^- 
(piXov   xov  fidgxvga   xrjg  ajta>pvf/lag  avxov  )]^cc6&?]. 
Die  Übereinstimmung   mit  P    bedarf   wohl  keiner   Hervor- 
hebung.    Nun    stammt   der   angeführte   Schluss    des   S- Artikels 
aus  Sophronios,  die  Bemerkung  über  den  Arianismus  des  Euseb 
aber  nicht.    Folglich  benutzen  P  und  S  dieselbe  Kontamination 
des  Sophronios  mit  einer  andern  Quelle,  d.  i.  die  Epitome  des  H. 
P    cod.   34    enthält    das    löxogixov    des    Africanus.     Durch 
kleineren  Druck   mache   ich  bemerkhch,   was  von  den  Angaben 
des  P  auf  das  Buch  selber  sich  bezieht:  dvayvcood^rj  'AcpgLxavov 
ioxogixov.    ovxog    aöxtv    o    xal   xovg   Xayoy.arovg   xaoxovg   av 

1)  Geahnt  hat  den  Zusammenhang  Daub,  Studien  z.  d.  Biogr.  d.  S. 
II  3,  ohne  seine  Erkenntnis  auszunutzen. 

2)  d.  i.  iv  öoyfxaai,  nicht  „in  der  vorliegenden  Schrift",  der  Zusam- 
menhang lässt  keinen  Zweifel. 

3)  Gekürzt  wiederholt  P   alle   diese  Angaben  Cod.  196  (p.  160  b  30). 


Wentzel,  Die  griech.  Übersetzung  der  viri  inlustres  des  Hieronymus.    45 

Xoyoiq,  Ovvrd^ag  16' .    eon  dh  avvxofxog  (xtv,  d).la  fxrjösv  xwv  dvayxalcov 
lOZOQTjd-^vat  naQaXL^ndviüv.  aQX^taL  6h  and  xrJQ  Mwvoa'Lxrjg  xoofxoysvelag 
xccl  xazEiaiv   h'cog   xfiq  Xqloxov  nagovolaq.    miZQoydörjv   6h  öiaXafjLßdvfi 
xal  xd   dnb  Xqloxov  iJf-i'iQi  x^g  MaxQivov  xov  '^Pw/naiwv  ßaai?J(og  ßaai- 
keiag,  oxs  avxcö,   wg   (priaiv,  xal  t]6s  tj  ovyyQa<pri  avvexekeZxo  txaiv  ovaa 
,t\pxy'.    xivyri  6h  xb  ßißXlov  e.    ovTog   xal   JCQOq,    Slgiyivrjv   YQdg)£i 
jtSQL    rov    xazä    2coödvvav   öiriyrjuaroq^   coq  ovx  elrj  avrop   hv 
TOlg     EßgaCxotg    avsypcoOfisvov,    xal    coq    ovÖ     axoZovüov    rf] 
'EßQaCxfj   ezv/ioXoyla  ovre   zo  ajio  zov  jiqIvov  jiQlöai  ovzs  zä 
djüo  zov  oxivov  öxiOaL,  a  xal  sjtLlvofievog  ^^iQcytvrjg  avztygatpe. 
ygacpet  ös  \4(pQixav6g  xal  jiQog  'Aqiözslötjv,  hv  oig  Ixavcog  zrjv 
vofic^ofievrjv  dta(pcorlav  Jtagd  Mazß^alcp  xal  Aovxa  jisqI  zf/g  zov 
6cozf]Qog    7]fio3v    ysvsaXoylag   oviKpcovov  sösi^ev.     Die  Notizen 
über  die  Chronik  selbst  beruhen  nicht  auf  nochmaliger  Lektüre 
des  Buches,  sondern  nur  auf  üüchtigem  Ansehen  des  Einganges. 
Die  Angaben   über  die  Schriften  gegen  Origenes  und  Aristeides 
und   ihren  Inhalt  konnte  P  unmöglich  aus  dem  Chronikon  ent- 
nehmen.    Er  hat  sie   aus  Sophronios  63:   £(jzt  ds  xal  hjtiözoh) 
jiQog  ^iQtyevrjv  svsxsv  zrjg  xazd  Ucoodvvav  C^rjz?] öewg.    Ityei  yccQ 
kv  zo5  '^EßQaixm  zovrov  firj  elvac  zov  (ivd^ov  firjöh  övvaöuv  zf] 
^EßQaCxfj    azvfioXoyla    djto    zov    jiqlvov    jiQLöai    xal    ajio    zov 
oxivov  cx^oacj  JcQog  ov  6eöoxifiaöy.evr}v  sitiözolyv  ygdcpu  ilQi- 
yevrig.    löziv  avzov  xal  jiQog  'Aqcozsiötjv  dXXi]  ejnözoX?],  ev  ^/ 
üiegl  zijg  ötag)covLag  z)]g  öoxovörjg  slvac  kv  z^  yeveaXoyla  zov 
2^cozfjQog   Jiagd  Mazdalco    xal    Aovxa    aQxovvzmg    6La)JyBzai. 
Die  Quelle  des  Hieronymus,  die  Kirchengeschichte  des  Eusebios 
(h.  eccl.  VI  31,  1  — 3j,   kommt  für  P  als  Vorlage   nicht  in  Be- 
tracht: überhaupt  nicht,  weil  er  von  ihr  (cod.  .27)  höchstens  die 
in    den  Handschriften   vorausgeschickten   Indices    der    einzelnen 
Bücher   eingesehen  hat,  und  in   unserem   speziellen  Falle  nicht, 
weil  Eusebios   die   Inhaltsangabe   des   Briefes  über  die  Susanna 
(von  Xty£L  bis  öxioat)  nicht  enthält.     Dazu  kommt,  dass  P  sich 
im  Ausdrucke  möglichst  nahe  an  Sophronios  anschliesst.    Nicht 
aus  Sophronios  dagegen  stammt  die  Angabe,  dass  Africanus  der 
Verfasser  der  xeozoi  gewesen   sei.     Sicher   auch  nicht  aus  dem 
Chronikon.    Ebensowenig  aus  Euseb.    Denn  dieser  erwähnt  zwar 
die  xaozol  a.  a.  0.:    aber    ohne    die    bei  P    erhaltene  Zahl   der 
Bücher.   Nun  lautet  der  entsprechende  Artikel  bei  S:  AcpQixavog' 
6  2^£§zog  ;(()?y^ar/ö«c,  cptldöocpog,  Alßvg,  6  zovg  Ksözovg  ysyga- 
fpcog  6v  ßißXlocg  xd'.     eiöl  öe  olovel  cpvöcxd,  lyx>vza  Ix  Xdycov 


46    Wentzel,  Die  griech.  Übersetzung  der  viri  inlustres  des  Hieronymus. 


Ö£  xal  tJtaoLÖcöv  y.al  yQajzTOJV  tlvcov  yaQay.xriQow  laosig  rs 
xal  aXloLCOV  svsQysuov.  yMza  rovrov  tygail^sv  '^Qiytvr/g  svora- 
öLV  jtoirjodfisvog  jcsql  tov  rtjg  Swodvvrjg  ßtß/Jov,  rov  dg  rov 
Aavü'iX.  Hierin  ist  zunächst  der  Schluss  von  yMTO.  rovrov  aus 
Sophronios,  diesmal,  wo  die  ganze  Vita  kontaminiert  ist,  wie 
öfter  schon  in  ähnlichem  Falle,  in  freier  Gestaltung  des  Wort- 
lautes. Ferner  enthält  der  Artikel  Namen,  Beinamen  und  Her- 
kunft des  Afrikanus  und  dieselbe  Angabe  über  die  Ksorol  wie 
P:  denn  die  Variante  in  der  Zahl  der  Bücher  (xö'  —  cö')  ist  nur 
textlich.  Auch  für  S  kann  Eusebios  in  keiner  Weise  die  Primär- 
quelle gewesen  sein.  Die  Inhaltsangabe  der  Esorol  fehlt  bei  P; 
das  wird  uns  nicht  beirren.  Nun  sind  in  dem  S- Artikel  die 
Bestandteile  aus  Sophronios  stark  gekürzt:  P  hat  diesen  Teil 
der  Vita  noch  vollständiger  gelesen.  Zum  ersten  Male  also  tritt 
uns  entgegen,  dass  entweder  S  oder  schon  die  von  ihm  benutzte 
Handschrift  den  Text  der  Epitome  unvollständig  wiedergiebt. 

cod.  58  des  P  enthält  Arrians  Hagd-Lyd.  Der  dürftigen 
Bezeichnung  des  Inhaltes  folgt  eine  Biographie,  der  ich  aus  dem 
S- Artikel  die  entsprechenden  Stellen  zur  Seite  setze: 

P  S 

17  b  11:  ovrog  6  \4QQLav6g  (pLX6öO(pog  '  ÄQQLavog'Nixo^riösvg. 
[ihv  Tjv  rrjp  8jn0rt'ifi?]v,  slg  rcov  ofziXrj-  i  (piXoöofpog  Eüiixri - 
rojv  'Ejtixr/jrov,  xara  ö\  rovg  XQOvovg  rsiog,  6  eütixXrjd^Hg 
'AÖQiavov  xal  Avrmvlvov  rov  ULov  xal  vsog  ^svotjpcov.  tjv  öe 
Mdgxov  rov  ^Avro^vivov  tyvcoQiCero.  ev  Poj^i]  ajtl  Aögcavov 
eTKDVOfta^ov  dh  avrov  ^svo^covra  vaov.  xal  Mdgxov  xal  Av- 
öid  ÖS  ro  rrjg  Jtaiöelag  sjtlorjfiov  aXXag  \  rwvivov  xal  a§,Lcofid- 
T£  jioXirLxdg  agyctg  ejttorsv^?]  xal  slg  I  ro:)v  fcsraXaßcov  xal 
ro  rcöv  vjidrcov  dvsßt]  rsXog.  sygaips  öh  l^^XQ^^  avrov  rov  vjta- 
ßißXla  xal  srsQa  rcov  [isv  öiarQißcav  rsvoai,  xad^d  g)7]0tv 
^EjcLxrrjrov  rov  ÖLÖaoxdXov  öoa  löfcsv  EXtxcoviog,  ötd  rijv 
ßißXla  oxroj,  rojv  öh  ofitXtcov  rov  av- 
rov EjtLxrr)rov  ßißXla  öcoösxa.  loyvog 
de  ryv  (pQdöLV  aorl  xal  fiifirjrijg  cug 
dXrjd-mg  Asvo(pcovrog.  (paöl  6s  avrov  syQaif's  6s  ßißXla  jrafi- 
xal  srsQa  ygaipai,  a  ovjig)  slg  7}fisrsQav  jiXt]d^t]. 
acpixsro  yvwöiv.  6?jXor  6s  mg  ovös  ()i]ro- 
QixTjg  ov6s  öog)lag  rs  xal  övvd^isojg 
ajtsXsijtsro. 


rrjg     nai6siag     ös^lo- 
rijra. 


Wentzel,  Die  griech.  Übersetzung  der  viri  inlustres  des  Hieronymus.    47 


Trotz  des  grossen  Wortreichtnms  hat  P  im  allgemeinen 
weniger  als  S:  nur  die  Titel  der  epiktetischen  Schriften  gewinnen 
wir  aus  ihm  für  H.  Die  Urteile  des  P  über  den  Stil  des  Arrian 
rühren  von  ihm  selbst  her,  zum  Teil  aber  sind  sie  von  H  beein- 
flusst. 

Über  den  Juden  Philon  spricht  P  gelegentlich  des  Buches 
gegen  Flaccus,  cod.  105.  Nachdem  er  den  Titel  (mehr  nicht!) 
angegeben  und  den  Stil  mit  wenigen  Worten  charakterisiert  hat, 
fährt  er  fort:  hv  de  rolg  y^Qovotg  yzfiaös  FaCov  xov  Kaioagog, 
jiQoq  ov  vjtsQ  Tov  lölov  Id^vovc,  yQmfH  jtQeößsvOai  AyQijtjta 
Ttjq  ^lovöaiag  ßaOcXsvovrog.  Schon  dies  klingt  an  das,  was  S 
nach  Sophronios  XI  mitteilt:  Xiyovoi  xovxov  sjüI  rd'Cov  Kalli- 
yoXa  8V  tfi  '^Pcofit]  xcvövvevöai,  oJtrjvlxa  JtgsößsvTfjg  rov  olxslov 
Id^vovg  ajrsoraXT].  Aber  mehr  wie  die  Form  des  Satzes  kann 
P  nicht  der  Epitome  verdanken,  denn  er  beruft  sich  auf  Philon 
selber  und  erwähnt  den  Agrippa,  den  weder  S  noch  Sophronios 
nennen.  Jedoch  in  allem,  was  folgt,  ist  die  Übereinstimmung  des 
P  mit  der  Epitome  nur  noch  grösser.  Ich  setze  neben  die  Worte 
des  P  die  entsprechenden  Stellen  des  S-Artikels  und  des  Sophro- 
nios; was  Qiir  vonP  selbst  herzurühren  scheint,  ist  durch  kleineren 
Druck  hervorgehoben. 


g)6QSTac  öh  av  rov  Jtoh 
Xa  xal  jtoixiXa  ovv- 
xayiiaxa^  r\d^ixovg  X6- 
yovg  JteQiixovra  xal 
Tfjg  jtaXaiäg  vjiofiv/j- 
[laza,  Tcc  TtXstaza  ngdg 
dXXi^yoQiav  zov  y^ä/x/za- 
zog  sxßia'QofjLEva,  iS,  ov 
oifjiciixai  TcäqodXXriyoQL- 
xoq.. .  XöyoQ  uqx^v  sg'/sv 
ecGQvrjvai.  XeysraL  öh 
avTOV  xal  tccXqiötc- 
avmv  iiV7]{hEVTa  vote- 
Qov  rovTcop  öia  Te- 
va XvjtTjv  xal  oQyrjv 
exjteoslv.  aXXa  jzqo- 
regovys  avt6vg)aöiv 


S 
3811  B  5:  siölv 
ovv,  cog  jtQosijto- 
H8V,  Ji8QL(pavri  xal 
dvaQlO^U7]Ta  avrov 
öwrayfiava 


Sophronios  11. 
siöl     Tovrov     JI8Q1- 
(pavri     xal     avagid^- 
fir]Ta  öwrayuaxa. 


} 


48    Wentzel,  Die  griech.  Übersetzung  der  viri  inlustres  des  Hieronymus. 


tJil  KlavÖLOv  rrjv 
'P(6fi7]v  xazaXaßovra 

IltTQCp  TW  XOQVCpalcp 

rmv  ajioöTolmv  ev- 
xvy^Blv  Tcal  ^iXlcog 
öcars&^vaL,  ig  ov 
xal  Tovg  fta&fjTccg 
McLQxov  Tov  svayys- 
XlOtov  —  axQoazr^g 
d'  6  MaQxoQ  nizQOV 
—  fzmjfit]g  yML  ev- 
(pi][iiag  d^uooai. 


Ixslvovg  yag  Xi- 
ysiv  avTOv  (paöi 
jtaQcc  lovöatoig  Jte- 
(piXoöocprjyJvaL.  cov 
xal  rag  öcaxQLßag 
[iOvaöTTiQia  TS  xaXel 
xal  TOV  dox7]Tixbv 
dtavveiv  avTOvg  dva- 
xrjQVTTei  ßlov  vrj- 
OTsla  xal  jiQoösvxxi 
xal  dxTrjöia  jtQOOavE- 
XOVTag. 


S 
3811  B  1  xal  oT£ 

TO    ÖSVTSQOV    i]k&6 

jtQog  EZavöiov,  ev 
r?7  avTfi  JtoXsL 
öiaXe'/ß^rivai  rm 
aylcp  ajtoOToXo) 
UeTQcp  xal  Tov- 
Tov[g]  aOyj]X8Pat, 
(ptliav ,     xal     öia 

TOVTO    TOVg   ÖJtOV- 

öaöTag  MaQxov, 
TOV  fia&r/Tov  üst- 
Qov,  ev  AXs^av- 
ÖQsla  ejtsöi  xexo- 
öfiTjxevac 


Sophronios  11. 

xal    6t8    t6    ÖeVTEQOV 

riXd-e  jtQog  KXavöiov, 
ev  TJ]  avTij  üioXh 
ÖLaXeyd^rivai  tw  djto- 
öToXcp  nezgqy  xal 
TOVTov  eGyr/xavac  g:i- 
Xlav  xal  öid  tovto 
TOvg         öJiovöaOTag 

MCCQXOV  TOV  fiaO^T]- 
TOV  IltTQOV  Iv 

AXeBavöoela  tjteoi 
xexoöiiTjxevai. 


ejteiJteQ  jteQt  Tf]g 
jiQ  CO  T7]g  Mdgxov 

evayyeXiOTov  ev  lAXe- 
^avdgela  exxXrjOiag 
ygdcpwv  slg  ejiaivov 
TOJV  ijfieTeQOJi>  dva- 
XO)Qel,  ov  [iovov  av- 
Tod^i  avTOvg  aXXd  xal 
ev  jioXXalg  ejiaQylaig 
eivai  (pdöxojv^  xal 
Tag  aöxijöeLg  avTwv 
xaXel  fiovaöT7]Qia  acf 
wv  ö?]Xovvrat  TOiav- 

TTjV  TCOV  T(X)  XqLÖTCiJ 

jtLOTevodvzcov  exxX?^- 
ölav  yeveoü^at.  ojtolot 
OL  vvv  novayoi  elvai 
C^?]Xovöt  xal  ejti&v- 
^UOVÖl,     COÖTB      fi?]öev 

löiov  eyeiv  Tivd  ^i]6e 
elvai  elg  avTovg 
jtXovoiov  fj  jtevTjTa^ 
Tag   de    ovo  lag    TOlg 


I 


Wentzel,  Die  griech.  Übersetzung  der  viri  inlustres  des  Hieronymus.    49 


s 


3810  A  1  <PUcov 
lovöalog  TExO^Blq 
SP  ^AXe^avÖQsla, 
yivovq  legem v  .... 
ejtZovxrjös  rs  Xo- 
yqv  üiagofiOLOV 
nxdrcovt,  mg  xa\ 
dg  jtaQOiiilav  jiüq 
EXlrjöL  TOVTO 

XmQTJöar  „?}  UXa- 
Tojp  cptlmvl^ei  7] 
^iXmv        üilarm- 


Sophronios  11. 
Id^VEöL  öiaveiiovreg 
evxcctg  öxoXaC^ovOi  xal 
ipaXfiotg  jtaiöevöei 
18  xal  ayxQaTsia. . . 
^llmv  'lovöalog  rey- 
d^elg  tv  ^Xs^apÖQala, 
ysvovg  UQtmv 


JieQL    TOVTOV    eÖTLV  7] 

jiaQotftia  rmv  EXXrj- 
Vixmv  „7j  nXarmv 
g)iXmvlC^6i  7]  <pLXmv 
jtXaTmviCsc^'  .... 


eöTi  öh  10  yevog 
fg  legimv  xaiayo- 
fisvog,  ^AXs^avÖQSvg 
Ö6  iTjv  jtaiQida.  100- 
0V10V  ö  aviov  lolg 
EXXrjViOialg  jtüQa- 
6X£tv  ^avfia  irjg  ev 
lolg  Xoyotg  övvd- 
^emg,  mg  xal  Xiyuv 
aviovg  J}  nXarmv 
cpiXmvl^si  7]  ^IXmv 
jtXaimviC^ei. 

P  hat  auch  diesmal  eine  Kleinigkeit  aus  Sophronios  und 
eine  Notiz  anderer  Herkunft  mehr  als  S,  und  statt  des  Schriften- 
kataloges  hat  er  nur  die  Gattungen  angegeben,  denen  die  Schriften 
Philons  angehören,  wozu  er  nur  die  bei  S  aufgezeichneten  Titel 
zu  lesen  brauchte.  Aber  gerade  aus  dieser  Vita  ergiebt  sich 
schlagend,  dass  P  die  Hesychepitome  benutzt.  Denn,  wie  oben 
(S.  29)  dargelegt  worden  ist,  steht  das  Sprichwort  7]  ÜXdiojv 
q)iXmpl^6c  7]  ^IXmv  jtXaimvlCei  bei  Sophronios  am  Schluss  der 
ganzen  Biographie,  bei  S  aber  (also  in  der  Epitome  des  H)  ist 
es  an  den  Anfang  gezogen^  und  durch  einige  überleitende  Phrasen 
mit  den  Angaben  über  die  Vaterstadt  und  das  Geschlecht  des 
Philon  verbunden.  In  derselben  Verbindung  mit  dem  Anfang 
der  Vita  hat  P  das  geflügelte  Wort  gelesen,  sogar  von  der 
Überleitung  des  Epitomators  hat  er  wenigstens  die  Schluss- 
wendung augenscheinlich  gekannt. 

Die  von  Pamphilos  dem  Märtyrer  verfasste,  von  Eusebios 
vollendete  Apologie  des  Origenes  (cod.  118)  hat  P  gelesen.  Er 
beginnt  mit  der  Bücherzahl  und  zitiert  dann  die  beiden  Autoren 
92  b  8  mit  cpaol  (das  nicht  auf  die  vorhergehenden  dXXoL  6h 
jtXsiöiOL  gehen  kann)  und  92  b  14  tpaol ...  6  i£  ndf/g)cXog  ficcQivg 
xal  eiBQOL  jtXelöiot:  dies  letzte  Zitat  betrifft  die  Zeit  des  Todes 

Texte  u.  üntersuclaungen  XIII,  3.  4 


50    Wentzel,  Die  griech.  Übersetzung  der  viri  inlustres  des  ffieronymus. 

des  Origenes.  Wenn  also  P  unmittelbar  darauf  eine  abweichende 
Angabe  über  denselben  Gegenstand  mit  ol  ös  einführt,  so  ist 
klar,  dass  er  hierbei  eine  andere  Quelle  im  Auge  hat: 
92  b  19  OL  öt  cpaoiv  avzov  tcog  raXXov  vmI  BoXovöiavov  öiag- 
xtöavra  xal  lc,r/xoöTov  evaxov  ezog  Tt]g  ?]?uxlaq  ayovxa 
Iv  TvQcn  yMi  zeAsvxTJoac  xal  xacpi]  Jtagaöoü-ijvai. 
Das  ist  der  Schluss  der  Sophroniosvita,  bei  S  27S8  C  6  eC,f]a6 
ÖS  tcog  FaXXov  xal  BoXovöiavov ,  xovxeoxip  tcog  ^'  xal  5' 
8XOJV  xrjg  r]Xixiag  avxov,  xal  ixoifi/j&t]  hv  I'vqoo,  Iv  ?}  xal 
lxa(prj. 

Den  Widerstreit  der  Meinungen  entscheidet  P  selbst,  unter 
Berufung  auf  die  nach  der  decianischen  Verfolgung  geschriebenen 
Briefe  des  Oripjenes: 

92  b  22  löXL  ÖE  ^aXXov  ovxog  0  Xbyog  dX7]0-?]g,   et  ys  al  (ptQO- 
(zsvac  avxov  f/exä  xov  Aexlov   ölco'/^ov  i-jtioxoXal  ovx 
eyovöi  xo  üiXaöxov. 
Dann  kehrt  er  zu  der  vorher  benutzten  Quelle  mit  einem  cpaolv 
zurück: 
92  b  24  jiavxog  öe  .uaO^r/fiaxog  löeav  cpaolv  avxov  xal  j^exeXd-etv 

xal  ÖLÖaöxeiv. 
Das  ist,  nur  in  aller  Kürze  zusammengefasst,  dasselbe,  was  der 
Artikel  der  Epitome  im  Anfange,  teils  aus  Eusebios,  teils  aus 
Sophronios,  in  aller  Breite  auseinandersetzt:  S  27S4  A4  —  D  2. 
Auch  der  Anfang  des  folgenden  Satzes  deckt  sich  mit  dem  Be- 
ginn des  Epitomeartikels : 
P  92  b  25         xovxov  xolvvv  x6v'S2Qty£V)]v,  ov  xal\4öa^iavxiov 

£jtovoffaC,£oO-al  (pa<ja\ 
S  (Sophr.  54)  'S2Qiyevf]g  o  xal  'Aöafiavxiog, 

aber  die  von  P  gegebene  Erklärung  des  Beinamens:  oxl  aöa- 
{lavxlvoig  öeoiiolg  acoxsoav,  ovg  av  örjöete  Xoyovg,  steht  weder 
bei  S  noch  sonst  bei  einer  irgend  in  Betracht  kommenden  Quelle, 
sie  ist  ein  Autoschediasma  des  P.  Die  daran  gefügte  Angabe : 
axQoaxijv  xal  öiaöoyov  Xtyovöt  ysvtö&at  KXfjfievxog  xov  oxqco- 
fiaxewg  xal  xov  xaxa  xtjv  'AXs^avögeiav  ExxXrjöiaoxixov  öl- 
öaöxaXeiov,  wiederholt  nur  die  Angaben  der  einen  Quelle  der 
Epitome,  des  Sophronios  38.     Daran  knüpft  P  die  Notiz: 

KX/jfitvxa    ds    Uavxaivov    yevtüO^ai   Xtyovoi  xal   axgoaxtjv 

xal  xov  öiöaOxaXetov  ÖLaöoyoi', 
die  weder  bei  S  noch  bei  Sophronios   steht.     Aber  wir  können 


Wentzel,  Die  griech.  Übersetzung  der  viri  inlustres  des  Hieronymus.    51 

den  Weg  nachweisen,  auf  dem  P  zu  ihr  gekommen  ist.  Cod.  109 
bespricht  P  die  '^Fjcoxvjcojöetg  des  Klemens,  und  aus  ihnen  führt 
er  88  a  38  an:  liad-rjTTjq  ös,  cog  xal  avzog  ^t]Oi,  yeyovs  Ilavrai- 
vov,  und  aus  derselben  Quelle  wird  also  wohl  auch  der  eng- 
verbundene folgende  Satz  entnommen  sein:  UavTatvov  öh  rcov  rs 
Tovg  ajtoöToZovg  swQaxorcov  axQoaoaO\}-at,  ov  p]v  alXa  xal 
Tivcov  avTcöv  axeivcov  öiaxovöat.  Von  dem  Reste  des  P- Artikels 
gehört  die  unmittelbar  folgende  Partie  92  b  34 — 93  a  22  der 
Apologie  des  Pamphilos  an,  der  Schluss  (von  riv  de  IJafitptXov) 
wird  uns  in  anderem  Zusammenhange  beschäftigen.  Um  jedem 
Einwände  zu  begegnen,  bemerke  ich  noch,  dass  die  Kirchenge- 
schichte des  Eusebios  als  unabhängig  neben  Sophronios  von  P  be- 
nutzte Quelle  nicht  an  einem  einzigen  Punkte  in  Betracht  kommen 
kann:  selbst  wo  verwandte  Angaben  bei  Euseb  stehen,  hat  er  in 
der  Regel  weniger  als  P  oder  er  weicht  von  ihm  materiell  ab. 

Ganz  deutlich  wird  das  Verhältnis  von  P  zu  Sophronios  und 
Eusebios  bei  Hippolytos.  Eusebios  giebt  VI  20,  2  ein  Verzeichnis 
der  Schriften  des  Hippolytos  und  VI  22  die  kurze  Bemerkung: 
woavTwg  ÖS  xal  '^IjtüioXvrog  hregag  Jtov  xal  avxog  jtQosöTcog 
IxxXriölag.  Beides  hat  Hieronymus,  und  nach  ihm  Sophronios  61, 
benutzt,  aber  zugleich  auch  erweitert.  P  aber  giebt  cod.  121 
zunächst  einen  Auszug  aus  der  Vorrede  des  antihäretischen 
ovvrayua  des  Hippolytos,  94  a  24 — 32.  Darauf  behauptet  er, 
dass  Hippolytos  die  Echtheit  des  paulinischen  Hebräerbriefes 
bestritten  habe:  das  steht  bei  Sophronios,  fehlt  bei  Eusebios.  P 
fährt  fort:  94  a  34  ItjeraL  Ö£  ovrog  xal  jiqoöoihXslv  reo  Xacp 
xaxa  [iiiiri^LV  ^SlQiyevovg^  ov  xal  övvt]d-7jg  (idltora  xal  tQaOxrjg 
rmv  loycov  vjtrjQiev^  (Dg  xal  jtQozQtipaO^at  avxov  x?]v  d^nav 
vjiofxvTjfiaxlöac  YQag)r]v,  lyxaxaöxrjoag  avxco  xal  vjtoyQa(p£ag, 
bjixa  xayvyQa(povg  xal  extgovg  xoiovxovg  yqa^povxag  dg  xaXlog^ 
mv  r\v  xal  xrjg  öajtav7]g  avxog  yßQr/yog.  xal  xavxa  vjtrjQexov- 
fisvog  avxcp  ajiaLxäv  avxov  ajtaQaLxrjxoog  xö  sgyov,  tg  ov  xal 
egyoÖKDxxrjv  ev  fita  t65v  ajiLöxoXmv  ^SlQiyevovg  xXrjO^TJvai. 
jiXelöxa  08  xal  ovxog  Xtyexai  ovryyayQafpivai.  Die  Angabe,  Hip- 
polytos habe  in  seinen  Predigten  den  Origenes  nachgeahmt, 
stammt  aus  Sophronios,  der  am  Schlüsse  des  Schriftenkatalogs 
bemerkt:  ....  ti^qI  xov  JcciOxa,  xaxa  jcaöSv  xcöv  algtöecov, 
jiQO0OfitXi(DV  (lies  jigoGoiiiXiav)  jisqI  xcov  Ijialvojv  xov  Kvqlov 

Tjfiojv  ^Irjöov  Xqcöxov,  ev  oig  jtagovxog  'S^Qtyevovg  tavxov  atfit- 

4* 


52    Wentzel,  Die  griech.  Übersetzung  der  viri  inlustres  des  Hieronymus. 

XrjTCbvaL  y.axa  {ii[ii]Oiv  avrov  tv  zTJ  txxXTjola  örjXol.  Unmittel- 
bar daran  fügt  Hieronymus- Sophronios:  'Af^ßQoöiog  .  .  .  JtQOETQt- 
ipaxo  ^^iQiyivu  rag,  &eiag  vjioßvrjßarlöai,  y^acpag  Jtageoyrjxcog 
avTcp  ejird  xal  jiluovg  voraQiovg  xal  rag  tovtojv  öajtavag 
xal  xaXXf/Qcccpovg  rov  löov  agiü^fibv  xal,  ojieq  sotI  fietCov, 
avvjioiöTcp  öjtovöij  exaöroTe  eQyov  jtaQ  avrov  ajtatzcov,  6i6 
kv  fiiä  ejiiörolfi  iQjoöicöxTriv  avrov  i^Qiyevfjg  xaXsl. 

Genau  dasselbe  hat  P,  der  zum  Teil  dieselben  Ausdrücke 
braucht,  in  seiner  Quelle  hinter  der  Angabe,  dass  Hippolytos 
den  Origenes  nachgeahmt  habe,  vorgefunden.  Nur,  was  Sophro- 
nios  von  Ambrosios  berichtet,  überträgt  P  auf  Hippolytos  selbst: 
er  hat  ^^giyersi  bei  Sophronios  für  ^ilgiyivri  gefasst  oder  das 
letztere  in  seiner  Handschrift  vorgefunden.  Allein  gerade  dieser 
Irrtum  zeigt,  dass  P  beide  Notizen,  die  über  die  Nachahmung 
des  Origenes  und  die  über  Ambrosios,  in  demselben  Zusammen- 
hange gelesen  hat,  wie  sie  bei  Sophronios  stehen :  nur  dann  wird 
die  Entstehung  des  Versehens  begreiflich.  Eusebios  nun  weiss 
davon,  dass  Hippolytos  den  Origenes  in  seinen  Homilien  nach- 
gebildet habe,  überhaupt  nichts.  Das  Verhältnis  des  Origenes 
zu  Ambrosios  kennt  er  (VI  23),  er  hat  es  auch  hinter  seinem 
Kapitel  (VI  22)  über  Hippolytos,  aber  ohne  jeden  Zusammenhang 
mit  diesem,  ja  ohne  den  Hippolytos  in  Verbindung  mit  dem 
Ambrosios  überhaupt  zu  erwähnen.  Die  Entwickelung  des  Irr- 
tums von  Stufe  zu  Stufe  ist  also  klar  ^),  von  Euseb  zu  Hiero- 
nymus und  Sophronios,  von  Sophronios  zu  P.  Ebenso  klar  ist, 
dass  Eusebios  nicht  die  Vorlage  des  P  gewesen  ist,  sondern 
Sophronios.  Denn  auch  die  Schlussbemerkung  des  P  zeigt  deut- 
lich, dass  dieser  das  reichhaltige  Schriftenverzeichnis  des  Sophro- 
nios gekannt  hat.  S  hat  nur  zwei  Titel  des  Hippolytos  in  seinem 
Artikel,  sonst  keine  Angabe.  Beide  Titel  stehen  bei  Sophronios, 
folglich  ist  dieser  auch  hier  die  Primärquelle  der  Vorlage  des 
S  gewesen.  Nur  liegt  wiederum  das  Verhältnis  so,  dass  P  die 
gemeinsame  Quelle  reiner  und  reicher  bewahrt  hat. 

cod.  125  berichtet  P  den  Inhalt  der  beiden  Apologien  des 
Märtyrers  Justin,  in  aller  Kürze.  Daran  knüpfen  sich  ausführ- 
liche biographische  Notizen'-^),  die  sich  mit  der  aus  Sophronios 
XXIII  entlehnten  Vita  bei  S  genau  decken:  P  94b  38  ricöagag 

1)  Vgl.  Heinieben  zu  Euseb.  b.  eccl.  VI,  23,  not.  1. 

2)  A.  Hcirnack,  Gescb.  d.  altcbr.  Litt.  I  106. 


Wentzel,  Die  griech.  Übersetzung  der  viri  inlustres  des  Hieronymus.    53 


ÖS  jcgayfiarsiag  —  d^avarov  dvsöe^azo  =  S  1782  C  2  ovrog 
vjteQ  T?]g  d-QTjöxelaq  —  tjv  covofiaöa  ipaXxrjv^  1783  A  5  ou  p/i^ 
dXXa  xal  —  £V  reo  ^AjtoXoyrjzixw,  1782  B  7  'lovörivog  —  IIqIö- 
xov  Tov  BaKxeiov,  1783  A  8  ovrog  —  ötazQißdg,  1782  B  7 
(pLÄoöOtpog  —  )(^Qc6{i£vog,  1783  B  1  evd^vvmv  I{ql6x?]v  —  vjiIq 
Xqlöxov  ejtad-£v.  P  lässt  einige  Titel  aus  dem  ScLriftenkatalog 
weg,  lehnt  sich  aber  häufig  wörtlich  an  H  an,  nur  den  Schluss, 
das  Martyrium  des  Justin,  stilisiert  er  freier.  Die  bei  Sophro- 
nios  sich  findende  Erwähnung  des  Eirenaios  [cbv  tivcov  Elgr/- 
valog  av  rm  e  loyop  rcov  xard  xcov  algarixcov  fiafivrjrai)  lassen 
P  S  gemeinsam  weg:  beide  geben  also  dieselbe  Redaktion  des 
Sophronioskapitels  wieder. 

In  der  kurzen  biographischen  Notiz,  mit  der  P  die  MsZerac 
des  Himerios  begleitet: 

S 
'^IfieQiog,  \4neLvlov  Q7]TOQog,  Ffgovöid- 
öog  zrjg  Bid^wiag,  6og)iöTrjg  xcov  sjtl 
lovXiavov  TOV  ßaöcXacog^dvTCJtacösv- 
6ag  IJQoaiQsolq?  ev  ^A^?]vaig,  jifjQog 
rag  oxpeig  ev  y^QCi.  lygaipa  MeXazag 
hat  P  eine  Kleinigkeit  mehr,  die  Nennung  des  Kaisers  Constantius; 
dass  Himerios  die  Rhetorenschule  in  Athen  geleitet  hat,  ergab 
sich  aus  den  Worten  dvztJicuöavöag  av  Ad^i]vaig\  Julian  wird 
bei  P  und  bei  S  erwähnt. 

Den  Theopomp  von  Chios  (cod.  176)  hat  P  selbst  gelesen, 
wie  zahlreiche  Zitate  zeigen  (120  b  30,  121a  7,  a  11,  a  14,  a  22; 
dazu  Xayazai  120  b  20,  121  a  24).  Zwei  Stellen  sondern  sich 
durch  die  Art  der  Anführung  von  dem  aus  Theopomp  Heraus- 
notierten ab,  die  eine  durch  ein  folgendes  <pvyalv  öa  layazat, 
welches  das  theopompische  Gut  einleitet,  die  andere  durch  die 
Wendung  ctXXd  Qaojto^Jtog  f/av  zavza,  cpaol  da,  die  den  Ab- 
schnitt aus  Theopomp  schliesst;  beide  Stellen  sind  aus  H: 


P  109  a  2 
fjX^aöa  6a  am  Kmvözav- 
ziov  xal  zov  övöoaßaozd- 
zov  lovXiavov  xal  zov  av 
Adrjvrjöi  xazd  grjzoQalav 
jtQovOZTj  ötöaoxaXaiov 


P 

120  b  19  aözt  öa  Gaojtofijtog 
Xlog  fiav  zo  yavog,  vlog  Ja^ia- 
oiözgdzov 

121  a  23  g)aol  6a  avzov  za  xal 
'E<poQOv  ^löoxgdzovg  yavaoO^ai 
^ad^rjzdg 


S 
0a6jüO(iJiog  Xlog,  Qi]zcoQ,  vlog 
AaiiaöLözgdzov 


1867  B  7  ^laoxgdzovg  dxovöz?]g 
afia  E^oQcp. 


54    Wentzel,  Die  griecli.  Übersetzung  der  viri  inlustres  des  Hieronymus. 


cod.  189  bespricht  P  einen  Xoyoq  'Hqojö?]  rm  ^lovöaioDv 
ßaöiXel  jiQOöJtegxDVTjfitvog,  Iv  o)  uiagaöo^mv  td^wv  sozc  owaycoy?]. 
Xacli  einigen  wenigen  Angaben  über  den  Inhalt  des  Buches 
folgen  biographische  Notizen,   die  sich  wiederum  mit  S  decken. 

P  I                           S 

146  a  8  6  hx  Jafiaöxov  ö  eöriv  i  Nix6?moc,  Jafiaoxrjpog,  yrojQi- 

ovrog,  olfiat,  Ä'ixoXaog,  o  am  fiog'^HQojöov  rov  rojv^lovöalow 

Tcov    AvyovöTOV    xqovcdv    ax-  ßaoiXsoDg  xal  Avyoiorov  Kai- 

fiaöag  yMt  cplXog   avrq    ygrjfia-  \  öagog,  g)iXooog)og  jtEQLjtaxrjxL- 

TLöag.     6^  ov  xal  jiZaxovvrcov     xbg  rj  jtXazcovLxog ov- 


Ti  slöog,  a  ÖL£jtsfiJC8  Kalöagt, 
elg  Ttfifjv  Tov  öe^tov\uevov  vt- 
xoXaovg  o  Kaloag  exaXeoev. 


Tcog  ÖS  TjöJiaöaxo  avrov  6  Kai- 
öaQ,  ojg  Tovgvji  exdvov  jisfi- 
Jtofisvovg  Jt?MxovvTag  vlxo- 
Xdovg  avxov  xalüv. 

Diesmal  hat  P  weniger  als  S.     Wenn  er  dann  fortfährt: 

ovTog  xal  AööVQLax7)v  loTorjlav  tv  jioXvot'ixg)  ßtßXlo), 

ooa  üiaXaiav  iivi]y.y]v  arayvoDönarojv  txofisv,  xaxa- 

XeXotJiev, 

so  stimmt  das  allerdings  nicht  ganz  zu  S,  der  die  löxogia  xaO-o- 

Xtx)]  in  80  Büchern  erwähnt.    Aber  S  geht  für  diesen  Punkt  auf 

die  konstantinische  Encyklopädie  zurück. 

Bei  Dion  von  Prusa  (cod.  209)  hat  P  die  biographischen 
Notizen  dem  Bericht  über  die  Handschrift  vorangeschickt.  Ich 
gebe  in  kleinerem  Drucke,  was  von  P  selbst  herrührt: 

S 


1027  A  7 

Aicoi^    o    IJaötxQaxovg 

IlQovöasvg 


dveyv(oad^i]    /Jlwvog    ßißklov     iv    ).6yoiQ    n. 

ovTog  töxL  fitv  xi)v  naxQLÖa  IlQovöaavg, 

<pvyag   6    lyayövu    xavxr^g    xvgavvlöog 

IxxXivcov  öovXelav  xal  jioXXijv  tJtijXd-s 

jiXavcoiitvog  yyjv.    ös^iog  öh  tceqI  zovg  Äo- 

yovg  eöo^ev  elvai  xal  fiä/ucza  tovq  ogol  qvQ- 

(jLit,Eiv  ovfjißovXtiovaL    za    7]d-Tj.     jjxfiaöe    de     1027  B  2 

xaxä  rovg  xgovovg  xov  ßaötXtcog  Tga'C-  1  xal  öisxgiipe  x6  jtXet- 

avov  xal  jcXelOxov  ÖLaxgirps  ygovov  nag      oxov JtagaTgaiavcp,cDg 

avxcp    xal  xTjg    oxi   y.aXi6xa   xL[itig  xal     xal  ovyxa&a^töd-ai  Iv 

dt^iojö£a)g  txv/sv,  cog  xal  övyxa^tCso&aL     xco  ßaöiXixm  oyj'jfiaxi. 

avxov  xw  ßaciXelo)  oyjjfiaxi.    jialg   fiev  !  1027  A  7  Aicop  6  Ua- 

ijv    ovxog    üaöixgaxovg,     00(jpi0x))g    öh     oixgaxovg,  Ugovoasvg, 


Wentzel,  Die  griecli.  Übersetzung  der  viri  inlustres  des  Hieronymus.    55 


s 


öO(piöX7)q  xal  (ptXoOo- 
(poq. 

1027  A  8 

dvTSjtoislro  Ö8  ösftvo- 
T9jTog,  cog  y.di  ZeovzTJi' 
g)OQ(ßp  jtQOitvai.  rjv 
öh  IsjiTog  ro  ömiia. 


1027  A  8 

ov  Xqvöoöto^ov  l/ca- 

Zeöav. 


xal  g)iX6oog)og  ro  sjttTfjöevfia.  Ijil  roöov- 
Tov  ö'  avTOV  rrjg  xatä  Tf  Oy/jfia  (paoc 
öe(^v6T7]rog  avriJtotHOOai-,  cog  xal  Xtov- 
rr/P  JioXXaKig  h>rjii^^vov  Jioielödai  t?]p 
jtQooöov.  (pmvi]v  ös  yQsiiaiav  f]g)l£i  xal 
öTad-egäv.  xal  oxolalov  fzsv  aX7^  ovx  ava- 
ßsßXt]fcevoi^  ßddtöfia,  xal  xaXla  tcdv  xiv?]- 
lidrcov  ovx  dövfi^ojva.  iöyvog  de  ?)v  xal 
ovöh  fisyag  ro  ö65fia.  rovrov  jtoXXovg 
(paOL  xal  jioixlXovg  ygatpac  Xoyovg'  ol 
6  elg  rjuETBQccv  (pd^aoavisq  yv(öaiv  zov  n  tzrA?/- 
^ovv  (XQtO^/uov.  Xqvöoöto^ov  ö  avTOV  ol 
XoyoL  xfi  xar  avrov  jEvm  öaöcoxaatv 
ejtovoffdCsii^. 

Thatsächliches  Material  hat  P  nur  wenig  mehr  als  S,  die 
Erweiterungen  sind  bei  ihm  überwiegend  stilistischer  Natur.  Den 
Schriftenindex  des  H  thut  er  mit  einer  allgemeinen  Redewendung 
von  jioXXol  xal  jioixiXot  X.6yoL  ab,  weil  er  selbst  die  80  Reden 
in  seinem  Kodex  besitzt. 

cod.  210  enthält  die  x£(pdXaia  exxXrjöiaörixa  des  Caesarius. 
Auch  da  steht  am  Schlüsse  eine  kurze  biographische  Notiz,  die 
sich  mit  der  nur  wenig  ausführlicheren  Vita  des  S  deckt:  P  168  b  19 
BivaL  —  döeXcpov  =  S  Kaiöagstog. 

Endlich  cod.  74  bezeichnet  P  kurz  den  luhalt  der  jtoXtrtxol 
Xoyoi  des  Themistios,  charakterisiert  noch  kürzer  ihren  Stil  und 
bestimmt  die  Lebenszeit  und  Stellung  des  Themistios  (52  a  8 — 14), 
dies  aus  Themistios  selbst,  den  er  zitiert.  Daran  schliesst  sich 
bei  ihm  (52  a  15  tovtov  tov  &£(iiOTLOi)  —  OJtovöaOTrjg  (pcXo- 
öo^iag)  derselbe  Katalog  der  Schriften  des  Themistios,  zum  teil 
ausführlicher,  zum  teil  gekürzt,  dieselbe  Einreihung  des  The- 
mistios unter  die  Philosophen  wie  bei  S  s.  v. 

Ich  glaube,  nunmehr  den  Beweis  erbracht  zu  haben,  dass 
die  Epitome  aus  H  die  biographische  Vorlage  des  P  gewesen 
ist.  Vielleicht  ist  es  nunmehr  möglich,  über  eine  Stelle  zu 
urteilen,  die  als  Beweismaterial  nicht  verwendet  werden  durfte, 
cod.  40  der  Bibliothek  des  P  enthält  die  Kirchengeschichte  des 
Philostorgios.     P  hat  sie  irgend  einmal  wirklich  ganz  gelesen, 


56    Wentzel,  Die  griech.  Übersetzung  der  viri  inlustres  des  Hieronymus. 

seine  Exzerpte  sind  von  Valesius  herausgegeben.  Wenn  uns 
also  in  der  Bibliothek  ein  Zitat  aus  Philostorgios  begegnet,  werden 
wir  zunächst  geneigt  sein,  es  der  eigenen  Lektüre  des  P  zuzu- 
schreiben. Aber  in  der  Bibliothek  zitiert  er  nur  eine  einzige 
Stelle  aus  Philostorgios,  nach  der  Besprechung  des  Buches.  Er 
hat  von  diesem  nur  eine  dürftige  Inhaltsangabe  gegeben;  ob  er 
es  für  die  Bibliothek  von  neuem  eingesehen  hat,  ist  mindestens 
zweifelhaft.  Und  jene  einzige  Stelle  geht  den  Philostorgios 
selbst  obendrein  gar  nichts  an,  es  ist  dieselbe  Stelle,  die  der 
Epitomator  in  den  Biographien  des  Gregor,  Basileios  und  Apol- 
linarius  ausgezogen  hat,  nach  jener  Inhaltsangabe  von  P  so  ein- 
geführt, wie  vielfach  die  Mitteilungen  aus  der  biographischen 
Quelle,  ovTog  öe  6  ^iloöTOQytoq  etc.  Es  ist  vielleicht  nicht  zu 
viel  vermutet,  wenn  ich  annehme,  dass  er  diesmal  das  Philostor- 
gioszitat  nicht  aus  dem  Buche  selbst,  sondern  aus  der  Epitome 
des  H  genommen  hat. 

Da  P  einzelne  Viten  vollständiger  hat  als  S,  ist  zu  fragen, 
ob  er  nicht  auch  ganze  Biographien  enthält,  die  bei  S  unterge- 
gangen sind.  Es  sind  nur  wenige  Viten,  die  in  Betracht  kommen: 
eine  heidnische,  Appian,  cod.  59  (17  a  13 — 15),  die  bei  S  s.  v.  durch 
ein  Stück  aus  der  konstantinischen  Enzyklopädie  ersetzt  ist,  und 
einige  christliche: 

cod.  14  Apollinarius  von  Hierapolis  =  Sophron.  26. 
cod.  48  Gaius  (IIb  40  —  12  a  9  svörjlov  aus  den  von  P  erwähnten 
jtaQayQa(pcd\    der  Rest  aus  Sophronios  59,   kontami- 
niert  mit   Euseb.  II  25,   und   erweitert  um  ein   paar 
Titel:    die  Hand  des  Epitomators   ist  ganz  deutlich), 
cod.  112/113  (90  b  5— 17)  Clemens  Romanus  =  Sophron.  15  (nicht 

aus  Euseb.  h.  eccl.  III  15.  16.  38) 
cod.  118  (93  a  26—28)  Pamphilos  =  Sophr.  75.  >) 
cod.  119  (93  b  19—30)  Pierios  =  Sophr.  76. 
cod.  120  (94  a  11—22)  Eirenaios  =  Sophr.  35  (nicht  aus  Euseb. 
V  4.  5.  24). 
Die  Verschiedenheit  der  Überlieferung  der  Epitome  bei  P 
und  S  darf  um  so  weniger  auffallen,  als  zwischen  der  Abfassung 
der  Bibliothek  des  P  und  dem  Lexikon  des  S  ein  Jahrhundert  liegt. 


1)  Die   von    Ad.  Harnack   Gesch.   d.   altchr.  Litt.  1  550   angezogenen 
S-Artikel  betreffen  den  Kirchenschriftsteller  Pamphilos  nicht. 


Wentzel,  Die  griech.  Übersetzung  der  viri  inlustres  des  Hieronymus.    57 

Wir  können  nunmehr  die  H-Epitome  ziemlich  genau  datieren. 
Nach  829  muss  sie  verfasst  sein,  da  sie  s.  v.  ^lyvaxLoc,  dessen 
Biographie  des  in  jenem  Jahre  verstorbenen  Patriarchen  Nike- 
phoros  erwähnt  (s.  0.).  Die  Bibliothek  des  P  ist  kurz  vor  dessen 
assyrischer  Gesandtschaft  im  Jahre  857  geschrieben.  Zwischen 
829  und  857  n.  Chr.  ist  also  die  Epitome  aus  dem  Illva^  des 
H  entstanden.  Das  war  jene  Zeit,  in  der,  zum  grossen  Teil  unter 
Einwirkung  des  P,  in  Byzanz  eine  Art  von  Renaissance  klassi- 
scher Studien  heraufstieg.  Sie  konnten  nur  gefördert  werden, 
indem  man  sie  in  den  Dienst  der  christlichen  Kirche  stellte.  So 
ist  P  verfahren,  so  hat  er  gedacht  (quaest.  Amph.  XXI).  Da- 
mals lag  es  nahe,  das  alte  biographische  Handbuch  des  H  neu 
zu  bearbeiten:  es  wird  den  Eindruck  der  Brauchbarkeit  gemacht 
haben.  Natürlich  musste  es  auf  die  Höhe  der  Zeit  gebracht 
werden:  so  ward  es  gekürzt,  in  alphabetische  Ordnung  gebracht 
und  um  die  christlichen  Viten  bereichert. 

Der  Ertrag  unserer  Untersuchungen  erstreckt  sich  nach  zwei 
Richtungen  hin.  Nach  unten  hin  ist  für  die  Quellenanalyse  des 
S  und  des  P,  desgleichen  für  die  Arbeitsweise  des  letzteren,  ein 
kleines,  aber  nicht  unwichtiges  Stück  erledigt.  Nach  oben  hin 
ist  für  die  recensio  des  Sophronios  die  Erkenntnis  gewonnen, 
dass  P  und  S  nicht  zwei,  sondern  nur  eine  Handschrift  der 
Hieronymusübersetzung  repräsentieren,  und  zwar  eine  Handschrift 
des  neunten  Jahrhunderts.  Sache  des  künftigen  Herausgebers 
der  viri  inlustres  wird  es  sein,  von  dieser  Erkenntnis  Gebrauch 
zu  machen. 

Nachtrag. 

Die  eine  Seite  der  Arbeit  des  Epitomators  an  dem  Original- 
werke des  H  ist  selbstverständlich  das  Epitomieren  im  eigentlichen 
Sinne  gewesen.  Er  hat  den  Uiva^  einer  durchgreifenden,  stark 
kürzenden  Redaktion  unterworfen.  Wenigstens  zeigen  die  Reste 
des  vollständigen  H  in  den  (alten)  Platonscholien  i)  eine  von  S 
erheblich  abweichende  Fassung. 

Sodann  aber  hat  der  Epitomator  die  Biographien,  die  er  bei 
H  nach  sachlichen  Gesichtspunkten  geordnet  vorfand,  in  alpha- 
betische Reihenfolge  gebracht. 


1)  Vgl.  einstweilen  Mettauer,  de  Plat.  schol.  fönt.  57. 


58    Wentzel,  Die  griecli.  Übersetzung  der  viri  inlustres  des  Hieronymus. 

Die  Epitome,  die  dem  S  vorlag,  hatte  lexikalische  Form: 
ich  halte  die  von  A.  Daub  i)  für  die  alphabetische  Ordnung  der 
Quelle  des  S  angeführten  Gründe  für  durchschlagend,  besonders 
die  Glosse  "E^iJtJrog.  Von  dem  Originalwerke  des  H  gilt  nicht 
das  Gleiche.  Nach  den  verdienstlichen  Beobachtungen  C.Wachs- 
muths^)  und  A.  Daubs'^)  steht  fest,  dass  es  die  einzelnen  Lebens- 
beschreibungen nach  litterarischen  Kategorien  gruppierte.  Ins- 
besondere hat  Daub^)  darauf  hingewiesen,  dass,  wo  mehrere 
Leute  desselben  Kamens  bei  S  Biographien  erhalten,  regelmässig 
die  Dichter  vor  den  Prosaikern  stehen.  Die  verschwindenden 
Ausnahmen  von  der  Regel  sind  zumeist  noch  von  der  Art,  dass 
Prosaiker  und  Dichter  streng  von  einander  geschieden  sind.  Aber 
es  lässt  sich  wenigstens  für  die  Prosaiker  die  Reihenfolge  der 
einzelnen  Kapitel  bei  H  noch  ermitteln.  Auch  innerhalb  der 
Prosaiker  ist  bei  S  eine  bestimmte  Reihenfolge  der  Homonymen 
beobachtet.  Als  litterarische  Gattungen  erscheinen  in  den  H- 
artikeln  die  Philosophen,  die  Historiker,  die  q/itoqsc  und  ooq:i- 
oral,  die  Grammatiker,  die  Arzte  und  endlich  Schriftsteller- 
spezialitäten, w^ie  Verfasser  von  ovslqoxqltlxcc,  oipaQTvrixa 
u.  dergl.  Dabei  ist  zu  bemerken,  dass  unter  dem  Ausdrucke 
QTjTCOQ  sowohl  die  Redner  als  auch  die  Lehrer  der  Beredsamkeit 
zusammengefasst  werden,  und  dass  nach  spät-antiker  Anschauung 
dann  naturgemäss  die  als  öocfLöral  bezeichneten  Männer  derselben 
Klasse  zuzurechnen  sind^).  Die  Reihenfolge  der  Homonymen  bei 
S  veranschaulicht  folgende  Tabelle: 

Dichter  |  Philosoph  |  s.  v.  'ÄQQiavog,  "EiiJteöoyJSjq^ 

EvcpoQLCDv.  'ijiJiaQyoq.  KQaT7]g, 
MvQco.  Ilavvaööig.  ^Jififtlag, 
2coTaÖ7]g,  ^TQaTCOV. 
Dichter  !  Philosoph     Sophist        s.  v.  'AXe^avÖQog.^) 
Dichter  1  Philosoph     Grammatiker      s.  v.  IlTOÄSiialog. 


1)  Fleckeisens  Jbb.,  Suppl.  XI  408. 

2)  Symb.  Bonn.  139. 

3)  a.  a.  0.  406. 

4)  a.  a.  0.  407,  6. 

5)  Man  vergleiche  die  Bloi  oocfiazüjv  des  Philostratos. 

6)  Vgl.  unten  p.  Gl  f. 


Wentzel,  Die  griech.  Übersetzung  der  viri  inlustres  des  Hieronymus.    59 


Philosoph 
Philosoph 


Grammatiker 
Grammatiker 


Dichter      Philosoph  |  Grammatiker  |    Spezialität   {lozoQtxbg   xal 

(XQxiSQSvg):        s.v.  ^AjioXIowloq. 
Dichter  |  Philosoph  |  Arzt  \  s.  v.  NLZOiiaxoq. 

Philosoph  I  Historiker  [  Sophist-Rhetor  |     s.  v.  Alojv, 

Philosoph  I  Historiker  |   s.  v.  ^Ava^iftavÖQoq.  ^Exaraloc. 

^laöcov.    Kqlxcdv.    Mavat/fiog. 
!Esvo(pö}v.  Tlfiaiog. 
Philosoph  I  Rhetor-Sophist  j   s.  v.  ^Ava^cf/bV7]c,  Aloyl- 

VJ]g,  AgiöTOxlf/g,  Aqjco- 

xQazLcop,  EQfiayoQag,  Zco- 

öLfiog,  'lovXiavog,    Oacor, 

Aecov,    Nr/c6?Mog,    Ävv- 

fi?]vtog,  Iloösidcoviog. 

Spezialität  |    s.  v.   Alövfiog 

s.  V.   ^Axvlag,   ^Afifiojvtog, 

z/?]firjTQcog,   /iixaiaQxog,  '^Ilga- 

xlslörjg,  nafig)iZog,   UgoXicop 

Dichter  j  Historiker  |  s.  v.  ^^rgdtrig. 

Dichter  |  Historiker  |  Grammatiker  |  s.  v.   IJalalcparog. 

Historiker  |  Rhetor-Sophist  |  s.  v.   Ilavöavlag,  ^üujt- 

jtog. 
Dichter  |  Rhetor-Sophist  |  s.  v.  Oeojto^jzog.  MivavÖQog. 

Dichter  |  Rhetor-Sophist  |  Spezialität  |  s.  v.  AvTig)cov. 

Rhetor-Sophist  j   Arzt  j    s.    v.    Js^tjijtog,    ßlccQxs^.Xog, 

2JaZovöTtog. 
Rhetor-Sophist  |   Grammatiker  |  s.  v.  A7]fioo^tvrjg. 

Rhetor-Sophist  |  Spezialität  |  s.  v.  nayxQCCTCog. 

Dichter  |  Grammatiker      |  s.Y/AjioV.6öcDQog,'AQtöTog)dvr]g/EQ- 

ficjijtog,  Aqccxcov,   'Of.i?]Qog,  TcfioO^sog, 

<pLl6B,svog, 

I  Grammatiker  |  Spezialität  |  s.  v.  ^D.evxog. 

Dazu  kommt  s.  v.  AvxovQyog  die  vereinzelte  Bezeichnung 

des   einen  Lykurgos  als  vofiod^szrjg,   dem  der  Redner  folgt:  der 

Gesetzgeber  wird  unter  den  Philosophen  gestanden  haben. 

Es  ergiebt  sich  nun,  dass  die  Dichter  allemal  vor  den  Philo- 
sophen, vor  den  Historikern,  vor  den  Rednern  und  Sophisten, 
vor  den  Grammatikern,  vor  den  Ärzten,  vor  den  Schriftstellern 
über  Spezialitäten  stehen.     Die  Philosophen    stehen   nach   den 


ßQ    Wentzel,  Die  griech.  Übersetzung  der  viri  inlustres  des  Hieronymus. 

Dichtern,  aber  vor  den  Historikern,  vor  den  Rednern  und  Sophi- 
sten, vor  den  Grammatikern,  vor  den  iirzten  und  vor  den  Spezial- 
schriftstellern.  Regelmässig  stehen  die  Historiker  nach  den 
Dichtern  und  nach  den  Philosophen,  aber  vor  den  Rednern  und 
Sophisten  und  vor  den  Grammatikern.  Die  Redner  und  Sophisten 
erscheinen  durchgehends  nach  den  Dichtern,  nach  den  Philo- 
sophen, nach  den  Historikern,  aber  vor  den  Grammatikern,  vor 
den  Ärzten,  vor  den  Spezialschriftstellern.  Die  Grammatiker 
treten  stets  auf  nach  den  Dichtern,  nach  den  Philosophen,  nach 
den  Historikern,  nach  den  Rhetoren  und  Sophisten  und  vor  den 
Schriftstellern  über  Spezialitäten.  Die  Regelmässigkeit  dieser 
Anordnung  der  Homonyme  lehrt,  dass  sie  nicht  auf  Zufall  be- 
ruhen kann,  urasoweniger  als  vielfach  von  einer  der  Gattungen 
mehrere  Vertreter  behandelt  werden,  ohne  dass  die  Reihenfolge 
eine  Störung  erlitte  ^)  und  als  daneben  zahlreiche  Homonymen  bei 
S  existieren,  die  alle  einer  und  derselben  Kategorie  angehören-). 
Der  Epitomator  hat  also,  als  er  den  Illva^  des  H  in  ein  alpha- 
betisches Lexikon  umwandelte,  gethan,  was  das  Natürliche  war, 
nämlich  bei  Leuten  desselben  Namens  denjenigen  zuerst  gesetzt, 
den  er  bei  H  zuerst  fand,  und  so  in  der  Anordnung  der  Homonymen 
die  Reihenfolge  der  Kapitel  des  H  beibehalten.  Das  erste  Kapitel 
des  H  muss  die  Dichter  —  unbekannt,  nach  welcher  Disposition 
im  einzelnen  — ,  das  zweite  die  Philosophen,  das  dritte  die 
Historiker,  das  vierte  die  Redner  und  Sophisten  enthalten  haben; 
darauf  folgten  die  Grammatiker  und  die  Arzte,  nur  dass  sich 
nicht  sagen  lässt,  welche  von  diesen  beiden  Kategorien  vor  der 
andern  stand;  den  Beschluss  bildeten  die  Varia,  also  Schriftsteller 


1)  Z.  B.  s.  V.  l-ilti^avÖQog.  'AnoXXööwQoq.  ^AnoXlcövioq.  HqiotoxX^q. 
AQ7ioxQaxio)v.  /llövfiog.  Alaxivr]?.  Zijvcov.  '^HQaxlelötjQ.  ^lovkiavoQ.  InnaQ- 
'/OQ.  0۟)v.  KgatriQ.  KqItwv.  NixoXaoq.  ISLXOiiayoq.  ^evocpdiv.  '^'OfxtjQog, 
no?Jf/.ü)v.  IloosiöioviOQ.  IlüjXiiov.  IIxoXsixaLoq.  ^BXsvxoq. 

2)  s.  V.  AXxaloq.  \'i?,xifievr]q.  ^AXxfxdv.  i-ivTifza^oq.  \Avxi(pävriq.  'Aqigxo- 
ysvrjq.  'A^/ißioq.  lAoTiccoioq.  lioxvöäfiaq.  \Aipiv7jq.  BwXoq.  JLoyeveiavöq, 
EXXavixoq.  EvQiniörjq.  ZwQodaxQrjq.  ^iTinoxQccxTjq.  ^laoxQccxrjq.  OaXi^xaq. 
Oealxrjxoq.  OeoSfxxTjq.  07]QafxivT]q.  Ka.6j.ioq.  KccQxivoq.  KaQVfdötjq.  KoQivva. 
Mc'c^ifioq.  MaQovaq.  MelavinTilöiiq.  MrjXQ0(pdv7]q.  Movoaloq.  Mvla/OXviiTioq. 
^ÖQfftvq.  OilTiiavoq.  ^Si^iojv.  Tlavaixioq.  IlaQS^brioq.  Ilsioavö^oq.  IllvöaQoq. 
UvQQojv.  ^ccTKpco.  Ssgxoq.  ^iixioviöriq.  I!o(poxX^q.  ^ojTtaxQoq.  2^ü)Qav6q. 
^ü)X7]^l6aq.  Ti'/Lnov.  4»8Q£xv6fjq.  *Pih)fxojv.  <InlöaxQaxoq.  Xd^mv.  Xqlöxo- 
öcDQoq.  XoiQiloq. 


Wentzel,  Die  griech.  Übersetzung  der  viri  inlustres  des  Hieronymus.    Q\ 

über  Fscogyr/cd,  ^OpstQoxQtrixa,  OIcovooxojilxo.,  Astrologen,  aQ- 
XieQELQ  und  dergleiclien ,  Leute,  die  sonst  nicht  zu  rubrizieren 
waren.  Die  Stellen,  die  sich  dieser  Ordnung  nicht  fügen,  sind 
an  Zahl  verschwindend  wenig  und  meist  so  geartet,  dass  ent- 
weder die  Entstehung  der  Abweichung  erkenntlich  ist  oder  die 
ursprüngliche  Ordnung  noch  deutlich  durchschimmert.  Unter 
'ÄQioraQXoq  steht  der  Grammatiker  (559  C  6)  vor  dem  Tragiker 
(560  C  8  von  ovzog  ab):  aber  zwischen  beiden  steht  (560  B  3  — 
C  8)  ein  Fragment  aus  Aelian  Jtsgl  jtQovolag  (Küster  z.  St.),  das 
den  Tragiker  angeht,  und  unmittelbar  an  dieses  Fragment  ist  der 
H-Artikel  über  denselben  Mann  angehängt,  der  sachlichen  Zu- 
sammengehörigkeit wegen.  Die  Abweichung  von  der  ursprüng- 
lichen Reihenfolge  ist  also  durch  denjenigen  verursacht,  der  die 
Aelianstelle  hier  eingesetzt  hat,  d.  i.  durch  S  selber.  — 

S.v.  'AXe^avÖQog  beginnt  die  feststehende  Abfolge  der  Homo- 
nymen erst  bei  Alexander  Atolus  (181  C  3),  der  zwar  als  yga^- 
fiarixog  bezeichnet,  aber  als  Tragiker  behandelt  wird;  ihm  folgen 
zwei  Philosophen  und  vier  Sophisten  des  Namens  (181  C  7 — 182 
B  2).  Vorher  stehen  lauter  sichere  Zusätze  des  Epitomators 
(oder  des  S  selbst):  Alexander,  Bischof  von  Hierapolis,  Alexander 
von  Antiocheia  (dies,  181  A  7,  aus  Theod.  bist.  eccl.  V  35,  also 
vielleicht  erst  von  S  eingesetzt)  und  —  an  der  Spitze  —  Alexander 
Polyhistor:  von  diesem  aber  wird  nur  eine  Schrift  genannt:  jisgl 
'P(Dfir]g  ßißXla  jievxs.  Iv  xovxoig  Xeysi  cog  yvpr/  yeyovsv  'Eßgaia 
Mwöm,  7jg  iöTi  övyygafifia  6  Jtag  '^Eßgalotg  vofiog.  Das  Einzige 
also,  was  von  der  litterarischen  Thätigkeit  des  Alexander  Poly- 
histor näher  angegeben  wird,  ist  eine  Notiz,  die  die  fünf  Bücher 
Mosis  angehen:  das  hebt  entweder  ein  Jude  hervor  oder  jemand, 
der  Interesse  am  alten  Testamente  hat  als  an  der  ältesten  Ur- 
kunde der  in  Christus  vollendeten  Religion.  Nur  die  letzte 
Möglichkeit  kann  in  Frage  kommen;  die  Hand  des  Epitomators 
ist  deutlich  sichtbar,  er  hat  diesen  Alexandros  in  Verbindung 
mit  den  beiden  Bischöfen  an  die  Spitze  der  Namensvettern  ge- 
stellt. —  Bei  den  zahlreichen  Schriftstellern  des  Namens  Jlovv- 
öiog  steht  an  erster  Stelle  die  Biographie  des  Dionysios  ^Agem- 
jcayirrjg  (1011  C  3),  also  ein  Zusatz  des  Epitomators ;  dann  folgt 
eine  Gruppe,  die  der  regelmässigen  Disposition  entspricht:  der 
jüngere  Dionysios  von  Halikarnass,  als  oog^iörrjg  eingeführt, 
Dionysios  Thrax  und  Dionysios,  der  Sohn  des    Glaukos,  beide 


g2    Wentzel,  Die  griech.  Übersetzung  der  viri  inlustres  des  Hieronymus. 

YQafifiaTixol.  Nur  der  folgende  Artikel  stört  die  Reihenfolge, 
Dionys  von  Halikarnass  der  Altere  (1016  C  4).  Aber  dieser 
Dionys  wird  eingeführt  als  Q7]t(dq  tcol  jtavrolcog  Zoyiog:  er 
hat  also  bei  H  unter  verschiedenen  Rubriken  seine  Stelle  gehabt, 
nicht  nur  unter  den  Rhetoren;  so  ist  der  Epitomator  dazu  ge- 
kommen, ihn  ausser  der  Reihe  hierher  zu  setzen.  Den  Beschluss 
bildet  eine  Gruppe,  die  der  vorauszusetzenden  Anordnung  wieder- 
um völlig  Genüge  leistet:  erst  drei  Dichter  {ALovvöioq  o  MvTLhj- 
vaToc  sjtojtoiog  1016  C  8,  Aiovvöioq  BvC^avriog  ejtojioiog  1016 
D  4,  Aiovvötog  Koglv&iog  sjtojtoLog  1017  A  1),  dann  der  ältere 
Dionys  von  Syrakus  (1017  A  6 — 7),  als  Tragiker  und  Historiker 
eingeführt,  also  den  Dichtern  angeschlossen,  der  jüngere  Dionys 
von  Syrakus  (1017  B  3),  als  (pLlooocfog  bezeichnet,  endlich  zwei 
löTOQCxoi,  Dionysios  von  Milet  (1017  B  6)  und  Dionysios,  der 
Sohn  des  Musonios  (1017  C  2).  Nach  einer  kurzen  Bemerkung 
über  den  Periegeten,  die  Suidas  selbst  angefügt  hat  (oder  ein 
Interpolator  1018  A  2),  steht  nur  noch  ein  kurzer  Artikel  über 
Dionys  von  Alexandreia,  den  Verfasser  eines  Kommentars  zum 
Prediger  Salomons,  vom  Epitomator  verfertigt  (1018  A4).  Das 
ursprüngliche  Dispositionsprinzip  leuchtet  klar  hervor. 

s.  V.  8s6öcoQog  nimmt  den  ersten  Platz  der  Byzantier  ein, 
als  oog)iöT7]g  bezeichnet.  Er  ist  aber  einer  der  alten  Sophisten, 
gehört  also  zu  den  Philosophen;  es  folgt  ihm  also  mit  Recht 
Theodoros  o  "Ad-sog  (1863  C  6),  und  diesem  der  Sophist  Theo- 
doros  von  Gadara  (1864  A  1).  Die  Ordnung  innerhalb  der  Pro- 
saiker ist  also  auch  hier  gewahrt.  Ihnen  reiht  sich  aber  ein 
obskurer  Dichter  Theodoros  an,  aus  unbekannter  Zeit:  da  un- 
mittelbar danach  die  vom  Epitomator  hinzugefügte  Vita  des 
Theodoros  Anagnostes  (1864  B  5)  steht,  wird  wohl  auch  der 
Dichter  Theodoros  erst  vom  Epitomator  hinzugefügt  sein.  — 
Ahnlich  folgt  s.  v.  Geoöoöiog  auf  den  Philosophen  (1860  B  8) 
ein  ganz  obskurer  Poet,  von  dem  nur  ein  Titel  öc'  sjtojv  dg  t6 
laQ  angeführt  wird  (1860  C  6):  auch  hier  ist  vielleicht  eine  Zu- 
that  des  Epitomators  anzunehmen.  —  Nur  scheinbar  widerstreiten 
der  angenommenen  Disposition  des  Uiva^  des  H  die  Homonymen 
s.  V.  Ka?JJiiayog,  nXovraijxog,  TQvcpioöcoQog^  TvQavvlcov.  Unter 
KaXUncc/ug  steht  der  grosse  Kyrenäer  an  erster  Stelle,  als 
yrtafjfiazLxog  charakterisiert,  während  ihm  sein  Neffe,  der  ejto- 
jroiog,  folgt.     Aber  Kalli machos  der  Altere  musste  ebenso  unter 


Wentzel,  Die  griecli.  Übersetzung  der  viri  inlustres  des  Hieronymus.    63 

den  Dichtern  stehen,  wie  sein  Neffe,  s.  v.  UXovxaQXoq  steht 
zunächst  ein  arg  zusarnmengestrichener  Artikel  über  den  Chae- 
roneer,  dann  folgt  die  Vita  des  Atheners,  der  als  g)U6GO(poq 
bezeichnet  ist.  Der  Historiker  Plutarch  ist  indessen  nicht  nur 
auch  Philosoph,  sondern  er  ist  es  auch  in  seinen  historichen 
Schriften.  Von  den  beiden  Trjphiodoros  ist  der  erste,  der  Ver- 
fasser der  IX'iov  aXcoöig,  als  yQafifiaTcxog  bezeichnet,  daneben 
aber  auch  als  jroir/Ttjg  sjüojv,  es  ist  also  keine  Störung  der 
Ordnung,  wenn  ihm  ein  zweiter  ijiojioiog  folgt,  s.  v.  TvQavvlcov 
aber  finden  wir  zunächst  die  beiden  Grammatiker  und  nach  ihnen 
einen  (ptXoöocfog,  von  diesem  aber  nur  einen  Titel,  Oloovoöxo- 
jtLTca:  Tyrannion  gehört  also  vielmehr  zu  den  Schriftstellern  über 
Spezialitäten  und  Kuriosa,  die  bei  H  erst  nach  den  Grammatikern 
behandelt  sind.  —  s.  v.  UXaxcov  folgt  der  Dichter  (3001  B  1) 
auf  den  Philosophen  (2999  ß  5):  aber  an  die  Vita  des  Komikers 
sind  Notizen  aus  Athenaios  (3001  C  2 — 5)  angehängt;  S  selbst 
ist  also  der  Urheber  der  Umstellung,  wie  in  dem  ähnlichen  Falle 
s.  V.  'AQiöTaQxog-  —  Unter  Ilavlog  werden  zuerst  ein  Arzt  und 
ein  Rhetor  behandelt:  der  Rest  der  Homonymen  aber  bewahrt 
die  richtige  Ordnung,  er  besteht  aus  einem  (f)cl6oo(pog,  dem  zwei 
Sophisten  folgen.  —  Eine  wirkliche  Durchbrechung  der  Ordnung 
findet  nur  bei  verschwindend  wenigen  Lemmata  statt:  s.  v.  &£avc6 
und  ©soxQLTog  steht  der  Dichter,  bezw.  die  Dichterin  hinter  den 
prosaischen  Namensvettern,  einmal,  s.  v.  ^Qvvtxog,  ist  der  Sophist 
mitten  unter  die  Dichter  geraten,  s.v.  'lafißhxog  steht  der  Roman- 
schriftsteller, also  ein  Sophist,  vor  dem  Philosophen,  s.  v.  Tifia- 
yivi]g  ein  Q?]rojQ  vor  zwei  lötoqixoL  Das  sind  also  nur  fünf 
Abweichungen  von  der  Regel,  und  in  zweien  dieser  Fälle  (s.  v. 
Oeavco  und  Tiiiayevrjg)  stehen  wenigstens  noch  je  zwei  Vertreter 
derselben  Kategorie  dicht  bei  einander. 


Druck  von  August  Pries  in  Leipzig. 


f 


Verlag  der  J.  C.  HlNRICHS'schen  Buchhandlung  in  Leipzig. 

' _.-,.,    /?';, 

Band  I— V,  auf  Seite  II  des  Umschlages. 

VI,  1.  Die  Textüberlieferung  der  Bücher  des  Origenes  gegen  Celsus  in  den  Hand- 
schriften dieses  Werkes  und  der  Philokalia.  Prolegomena  zu  einer 
kritischen  Ausgabe  von  Paul  Kötschau,  VII,  157  S.  u.  1  Tafel.   1889.    M.  5.50 

VI,  2.  Der  Paulinismus  des  Irenaeus.  Eine  kirchen- und  dogmengeschichtliche  Unter- 
suchung über  das  Verhältnis  des  Irenaeus  zu  der  Paulinischen  Briefsammlung 
und  Theologie  von  Johs.  Werner.    V,  218  S.    1889.  M.  7  — 

VI,  3.     Die  gnostischen  Quellen  Hippolyts  in  seiner  Hauptschrift  gegen  die  Häretiker 
von  Hans  Staehelin. 
Sieben  neue  Bruchstücke  der  Syllogismen  des  Apelles.  —  Die  Gwynn'schen 
Cajus-  und  Hippolytus-Fragmente,  Zwei  Abhandlungen  von  Adolf  Harnack. 

III,  133  S.  1890.  M.  4.50 
VI,  4.     Die  ältesten  Quellen  des  orientalischen  Kirchenrechts.    1.  Buch: 

Die  Canones  Hippolyti  von  Hans  Achelis.    VIII,  295  S.    1891.  M.  9.50 

VII,  1.     Die  Johannes-Apokalypse.  Textkritische  Untersuchungen  u.  Textherstellung 
von  Bernh.  Weiss.    VI,  225  S.    1891.  M.  7  — 

VII,  2.     UeberdasgnostischeBuchPistis-Sophia. — Brodu. Wasser: die eucharistischen 
Elemente  bei  Justin.  2  Untersuchgn.  von  Adolf  Harnack.  IV,  144  S.  1890.  M.  4.50 
VII,  3/4.  Apollinarios  von  Laodicea.    Sein  Leben  u.  seine  Schriften.     Nebst  e.   An- 
hang: Apollinarii  Laodiceni  quae  supersunt  dogmatica.    Von  Johs.  Dräseke. 
XIV,  494  S.     1892.  M.   16  — 

VIII,  1/2.  Gnostische  Schriften  in  koptischer  Sprache  aus  dem  Codex  Brucianus  heraus- 
gegeben, übersetzt  u.  bearbeitet  von  Carl  Schmidt.  XII,  692  S.  1893.    M.  22  — 
VIII,  3.     Die  katholischen  Briefe.  Textkritische  Untersuchungen  und  Textherstellung 
von  Bernh.  Weiss.    VI,  230  S.    1892.  M.  7.50 

VIII,  4.  Die  griechische  "Übersetzung  des  Äpologeticus  Tertullians.  —  Medicinisches 
aus  der  ältesten  Kirchengeschichte.  —  Zwei  Abhandlungen  von  Adolf 
Harnack.    III,  152  S,     1892.  M.  5  — 

IX,  1.     Untersuchungen   über  die  Edessenische  Chronik.    Mit  dem  syrischen  Text 
und  einer  Übersetzung  herausgegeben  von  Ludwig  Hallier.    VI,  170  S. 
Die  Apologie  des  Aristides.    Aus  dem  Syrischen  übersetzt  und  mit  Beiträgen 
zur  Textvergleichung  und  Anmerkungen  herausgegeben  von  Richard  Raabe. 

IV,  97  S.  1892.  M.  8.50 
IX,  2.     Bruchstücke  des  Evangeliums  und  der  Apokalypse  des  Petrus  von  Adolf 

Harnack.  Zweite  verbesserte  u.  erweiterte  Aufl.  VIII  u.  98  S.  1893.  M.  2  — 
IX,  3/4.  Die  Apostelgeschichte.    Textkritische  Untersuchungen  und  Textherstellung 

von  Bernh.  Weiss.    3i3  S.    1893.  M.  10  — 

X.         Aussercanonische  Paralleltexte  zu  den  Evangelien  gesammelt  u.  untersucht 

von  Alfred  Rasch. 

1.  Textkritische  u.  quellenkritische  Grundlegungen.  VII,  160  S.  1893.  M.  5  — 

2.  Paralleltexte  zu  Matthäus  und  Marcus.  VIII,  456  S.  1894.  X.  M.  14.50 
XI,  1.  Das  Kerygma  Petri.  Kritisch  unters,  v.  E.  v.  Dobschütz.  VII,  162  S.  1893.  M.  5  — 
XI,  2.     Acta  SS.  Nerei  et  Achillei.  Text  u.  Untersuchung  von  Hans  Achelis.   IV,  70  S. 

1893.  M.  3  — 
XI,  3.     Das  Indulgenz-Edict  des  römischen  Bischofs  Kaliist  kritisch  untersucht  und 

reconstruiert  von  Ernst  RolfFs.    VIII,  139  S     1893.  M.  4.50 

XI,  4.  Textkritische  Studien  zum  Neuen  Te^^tament  von  Wilhelm  Bousset.  VIII, 
144  S      1894.  M.  4.50 

Xll,  1.     Der  Chronograph  aus  dem  10.  Jahre  Antonius.  Von  Adolf  Schlatter.  IV,  94  S. 
ZurÜberliei'erungsgeschichte  der  altchristlichen  Litteratur.  Von  Adolf  Harnack. 
32  S.     1894.  M.  4  — 

XII,  2.     Tertullian's  Gegen  die  Juden  auf  Einheit,  Echtheit,  Entstehung  geprüft  von 
E.  Noeldechen.    IV,  92  S 
Die  Predigt  und  das  Brieffragment  des  Aristides  auf  ihre  Echtheit  unter- 
sucht von  Paul  Pape.    36  S.    1894.  M.  4  — 

XII,  3.     Ignatius  von  Antiochien  als  Christ  und  Theologe.    Eine   dogmengeschicht- 

liche Untersuchung  von  Eduard  Freiherrn  von  der  Goltz.    X,  206  S. 
Griechische  Excerpte  aus  Homilien  des  Origenes  von  Erich  Klostermann.  14  S. 

1894.  M.  7.50 
XII,  4.      Urkunden   aus    dem   antimontanistischen  Kampfe    des  Abendlandes.    Eine 

quellenkritische  Ufatersucbung  von  Ernst  RolfFs.    VII,  167  S.    1895. 

Zur  Abercius-Inschrift  von  Adolf  Harnack.  28  S.    1885.  M.  6.50 

XIII,  1.     Eine  bisher  nicht  erkannte  Schrift  des  Papstes  Sixtus  II.  vom  Jahre  257, '8. 

Zur  Petrusapokalypse,  Patristisches  zu  Luc.  16,  19.    Von  A.  Harnack.  78  S. 

Eine  bisher  unbekannte  Version  des  ersten  Teiles  der  Apostellehre  (Didache). 

Gefunden  und  besprochen  von  L.  E.  Iselin  in  Riehen.  Übersetzt  von  A.  Hausier 

in  Basel.     30  S.     1895.  M.  3.50 

XIII,  2.     Die  Psalmen   Salomos,    zum    ersten  Male  mit  Benutzung   der  Athoshand- 

schriften  und  des  Codex  Gasanatensis  herausgegeben  von  Oscar  v.  Gabhardt. 

V,  150  S.     1895,.  M.  5  — 
XIII,  3.     Die  griechische  Übersetzung     er  viri  inlustres  des  Hieronymus  von  Georg 

Wantzal.     63  S.     1895.  M.  2  — 


TEXTE  UND  UNTERSUCHUNGEN 

ZUE  GESCHICHTE  DER 

ALTCHRISTLICHEN  LITERATUR 

HERAUSGEGEBEN  VON 

OSCAE  VON  ÖEBHAELT  und  ADOLF  HARIfACK 

Xin.  BAND,  HEFT  3     - 
DIE  GRIECHISCHE  ÜBERSETZUNG 

DER 

A^RI  INLUSTRES 

DES  HIERONYMUS 

VON 

GEORG   WENTZEL 


LEIPZIG 

J.  C.  HINBICHS'SCHE  BUCHHANDLUNG 

1895 


DAS  EDICT  DES 


ANT0NINU8  PIU8 


VON 

ADOLF  HARNACK 


EINE  BISHER  xNICHT  ERKAMTE  SCHRIFT 

NOVATIAN'8 

VOM  JAHRE  249/50 
[„OyPRIAN",  DE  LAUDE  MAETYRII] 

VON 

ADOLF  HARNACK 


LEIPZIG 
J.  C.HINRICHS'SCHE  BÜCHHANDLUNG 

1895 

Dieses  Heft  enthält  Titel  und  Inhalt  zu  Band  XIII  der  T.  &  U. 


Verlag  der  J.  C.  HINRICHS'schen  Buchhandlung  in  Leipzig. 

Texte  und  Untersuchiingen  zur  Gescliiclite  der 

Altchristlichen  Literatur 

herausgegeben  von  Oscar  Ton  Gebhardt  und  Adolf  Harnack. 

I— IX.  X  1/3.  XI— XIII  M.  321  — . 

Achelis,  Hans,  Die  ältesten  Quellen  des  orientalischen  Kircheni'echts.  1.  Bucli:  Die 
Canones  Hippolyti.    (VIII,  295  S.)    1891.    [VI,  4.]  M.  9.50 

Acta  SS.  Nerei  et  Achillei.    Text  und  Untersuchung.    (IV,  70  S.)    1893.    [XI.  2.] 

M.  3- 

Bert,  Georg,  Aphrahat's  des  persischen  Weisen  Homiljen,  aus  dem  Syrischen  über- 
setzt und  erläutert.    (LH,  431  S.)    1888.    [III  3f4.]  M.  16  — 

Boor,  C.  de,  Neue  Fragmente  des  Papias,  Hegesippus  und  Pierius  in  bisher  unbe- 
kannten Excerpten  aus  der  Kirchengeschichte  des  Philippus  Sidetes.  (18  S.) 
1888.     [in  V,  2.    M.  6  — ] 

Bousset,  Wilhelm,  Textkritische  Studien  zum  Neuen  Testament.  (VIII,  144  S.)  1894. 
[XI,  4.]  M.  4.50 

Dobschütz,  Ernst  von,  Das  Kerygma  Petri.  Kritisch  untersucht.  (VIT,  162  S.)  1893. 
[XI,  1.]  M.  5  — 

Dräseke,  Johs.,  Apollinarios  von  Laodicea.  Sein  Leben  und  seine  Schriften.  Nebst 
einem  Anhang:  Apollinai-ii  Laodiceni  quae  supersunt  dogmatica.  (XIV,  494  S.) 
1892.     [VII,  3/4.]  ..  M.  16  — 

Gebhardt,  Oscar  von,  Zur  handschriftlichen  Überlieferung  der  griechischen  Apolo- 
geten.   I.  Der  Arethascodex,  Paris.    Gr.  451.    (42  S.)    1883.    [in  I,  3.    M.  6  — ] 

Die  Evangelien  des  Matthäus   und    des  Marcus    aus    dem  Codex   purpureus 

Rossanensis.    (LTV,  96  S.)    1883.    [I,  4.)  ..  M.  7.50 

Ein  übersehenes  Fragment  der  Jidu^rj  in  alter  lateinischer  Übersetzung.    (12  S.) 

1884.    [in  II 1/2.    M.  10  — ] 

Die  Psalmen  Salorao's,  zum  ersten  Male  mit  Benutzung  der  Athoshandschriften 

und  des  Codex  Casanatensis  herausgegeben.    (VII,   151  S.)     1895.     [XIII,   2.] 

M.  5  — 

Goltz,  Eduard  Frh.  von  der,  Ignatius  von  Antiochien  als  Christ  und  Theologe.  Eine 
dogmengeschichtliche  Untersuchung.    (X,  206  S.)    1894.    [XII,  3.]  M.  7.50 

Hallier,  Ludwig,  Untersuchungen  über  die  Edessenische  Chronik.  Mit  dem , syrischen 
Text  und  einer  Übersetzung.    (VI,  170  S.)    1892.    [IX,  i.]  M.  8.50 

Handmann,  Rud.,  Das  Hebräerevangelium,  ein  Beitrag  zur  Geschichte  und  Kritik 
des  hebräischen  Matthäus.    (III,  142  S.)  1888.    [V,  3.]  M.  4.50 

Harnack,  Adolf,  Die  Überlieferung  der  griechischen  Apologeten  des  zweiten  Jahr- 
hunderts in  der  alten  Kirche  und  im  Mittelalter.    (VIII,  300  S.)    1882.    [I,  1/2.] 

31.  9  — 

Die  Altercatio  Simonis  ludaei  et  Theophili  Christian!  nebst  Untersuchungen 

über  die  antijüdische  Polemik  in  der  alten  Kirche.  (136  S.)  —  Die  Acta 
Archelai  und  das  Diatessaron  Tatians.    (16  S.)    [I,  3.]  M.  6  — 

Der  angebliche  Evangeliencommentar  des  Theophilus  von  Antiochien.    (80  S.) 

1883.     [in  I,  4.     M.  7.50] 

Lehre  der  zwölf  Apostel,  nebst  Untersuchungen  zur  ältesten  Geschichte  der 

Kirchenverfassung  und  des  Kirchenrechts.   (70  u.  294  S.)  1884.  [II,  1/2.]    M.  10  — 
(Einzeln  nur  in  anastatischem  Druck  käuflich.) 

Die   Quellen   der   sogenannten   apostolischen   Kirchenordnung,    nebst   einer 

Untersuchung  über  den  Ursprung  des  Lectorats  und  der  andern  niederen 
Weihen.    (106  S.)    1886.    [II,  5.J  M.  4  — 

(Nicht  mehr  einzeln.) 

Die  Akten  des  Karpus,  des  Papylus  und  der  Agathonike.    Eine  Urkunde  aus 

der  Zeit  Marc  Aureis.    (32  S.)    1888.    [in  III,  3/4.    M.  16  — ] 

Der  pseudocj'prianische  Tractat  de  aleatoribus,  die  älteste  lateinische  christ- 
liche Schrift,  ein  Werk  des  römischen  Bischofs  S'ictor  I.  (saec.  II.).  (V,  135  S.) 
1888.    [V,  1.]  M.  4.50 

Das  Evangelienfragment  von  Fajjum.    (38  S.)    1889.    [in  V,  4.    M.  17—] 

Sieben   neue    Bruchstücke    der   Syllogismen    des    Apelles.      (10    S.)    —    Die 

Gwyuu'schen  Cajus-  und  Hippolytus-Fragmente.   (13  S.)  1890.   [in  VI,  3.  M.  4.50] 

Über  das  gnostische  Buch  Pistis-Sophia.     (IV,  144  S.)   —   Brod  und  Wasser: 

die  eucharistischen  Elemente  bei  Justin.    (28  S.)    1890.    [VIT,  2.]  M.  4.50 

Die  griechische  Übersetzung    des  Apologeticus  TertuUians.     (III,  36  S)    — 

Medicinisches  aus  der  ältesten  Kirchengeschichte.  (116  S.)  1892.  [VIII,  4.]  M.  5  — 

Binichstücke  des  Evangeliums  und  der  Apokalypse  des  Petrus.  Zweite  ver- 
besserte u.  erweiterte  Aufl.    (VIlI,  98  S.)    1893.    [IX,  2.]  M.  2  — 

Fortsetzung  auf  Seite  lU  des  Umschlags. 


DAS  EDICT  DES 

iNTONINÜS  PIÜS 


VON 

ADOLF  HARNACK 


EINE  BISHER  NICHT  ERKANNTE  SCHRIFT 

NOVATIAN'S 

VOM  JAHRE  249  50 
[„CYPRIAN",  DE  LAUDE   MARTYEII] 

VON 

ADOLF  HARNACK 


LEIPZIG 
J.   C.  HINEICHS'SCHE  BÜCHHANDLUNG 

1S95 


TEXTE  UND  UNTERSUCHUNGEN 
ZUR  GESCHICHTE  DER  ALTCHRISTLICHEN  LITERATUR 

HERAUSGEGEBEN  VON 
OSCAR  V.  GEBHARDT  UND  ADOLF  HARNACK. 


XIII.  BAND.    HEFT  4. 


DAS  EDICT 

DES 


VNTONINUS  PIU8 


VON 


ADOLF  HARNACK 


Texte  u.  Untersuchungeu  XIII,  4  a.  Leipzig  1895. 


Es  mag  vermessen  erscheinen,  die  Frage  nach  dem  Ursprung 
bez.  der  Echtheit  des  Edicts,  welches  Eusebius  seiner  Kirchen- 
geschichte IV,  13  einverleibt  hat  und  welches  sich  in  einer  anderen 
Recension  im  Cod.  Paris.  Gr.  450  (Justin)  findet,  noch  einmal  auf- 
zuwerfen, da  die  ünechtheit  seit  100  Jahren  als  eine  ausgemachte 
Sache  behandelt  wird  ^).  Allein  da  sich  doch  einige,  wenn  auch 
wenig  zahlreiche,  Forscher  durch  die  gegen  die  Echtheit  vor- 
gebrachten Gründe  nicht  für  überzeugt  erklärt  haben  und  an 
der  Authentie  des  ganzen  Edicts  oder  doch  grosser  Theile  des- 
selben festhalten  2) ,  da  ferner  eine  genaue^  auf  alles  Einzelne 
eingehende  Untersuchung  seit  mehr  als  siebzig  Jahren  m.  W. 
nicht  erschienen  ist,  und  da  sich  endlich  unsere  Kenntnisse  des 
Verhältnisses  von  Staat  und  Kirche  in  den  letzten  Jahren  vertieft 
und  verändert  haben -^j,  so  ist  es  nicht  nur  erlaubt,  sondern  ge- 
boten, die  Probleme  aufs  neue  aufzunehmen,  welche  das  Edict 
stellt  4). 


1)  Auch  ich  habe  sie  früher  so  angesehen. 

2)  Die  zweite  Hälfte  des  Edicts  hat  jüngst  Victor  Schnitze  in  einer 
lehrreichen  Abhandlung  vertheidigt  (Neue  Jahrbb.  f.  deutsche  Theol.  II.  Bd. 
S.  131  ff.),  die  erste  aber  preisgegeben. 

3)  Hauptsächlich  verdanken  wir  diese  Vertiefung  der  Abhandlung  von 
Mommsen  ,,Der  Religionsfrevel  nach  römischem  Recht"  (Histor.  Ztschr. 
C4.  [28.]  Bd.  3.  Heft  S.  389  ff.). 

4)  Schnitze  hat  bereits  die  Mo m ms en'sche  Abhandlung  zur  Kritik 
des  Edicts  verwerthet  und  nicht  wenige  richtige  Folgerungen  gezogen ;  aber 
er  hat  die  Untersuchung  nicht  zum  Abschluss  gebracht  und  ist  auch  nicht, 
was  die  Urkunde  selbst  betrifft,  von  der  richtigen  Voraussetzung  ausge- 
gangen. 

Texte  u.  Untersuchungen  XIII,  4.  1 


Harnack,  Das  Edict  des  Antoninus  Pius. 
Eusebius,  h.  e.  IV,  13. 


AvroxQarcoQ  KaiöaQ  MaQxog  Av()7puog  Avrmvlvoq  2e- 
ßaöTog  l^jQf/evtOQ,  ^Aq^i^Q^vq  M^ytörog,  örjuaQyixi'iq  l^ovoiag 
t6  jrifiJiTOV  xal  ro  ötxaroi^,  vjtaroc  ro  t()/to2']  reo  KoiV(o 
Tijg  ^Aölag  yjuQsiv. 


5  'Eyw  fihv  otöa  ort  xcä  rotg  d^eoig  sjn/JüXeg  lört  fi?)  Xavd^avsLv 
Tovg  roLOVTOvg'  jtolv  yciQ  fiälXov  exeli^OL  xoZaöaisv  av  rovg 
{o)  ßovXof/h'ovg  avzolg  jtQoöxvvsiv  ?}  vfjslg,  ovg  slg  TaQayj}v 
tUßaHere  ßsßaiovpreg  t)}v  yvconriv  avrmv^  rjvneQ  tyovöu\ 
(Dg  rlO-tcoi^  xarrjyoQovvxhg.  elrj  d'  av  exslvotg  acQsrov  ro 
10  öoxaiv  xaT7]yoQOVfierocg  red^i^avca  [iaX)MV  i}  Cß]v  vjtsg  rov 
olxsiov  d^eov,  od^ev  xal  vixcoöi  jiQoa^uEvoi  rag  tccvrcov  ipvyag, 
/jjcsQ  jt£L\9^6ft£VOi  oig  a^LovTS  JcQaxTUV  avTOvg. 


IJsQi    ÖS    Tcov   öeiöficüv    Tcöv  ysyovoTwv  xal   yivoiievcor 

ovx  (CTOJiov  vptag  vjtofjvijöat  adv^ovvTag  fih^,  oravjteQ  wCi. 

\ö  jcaQaßdXXovrag  de  xa  vfitxsga  jtQog  xa  exeivmi'.    ol  fthv  ovv 

{:VjiaQQrjöiaöx6x£Q0i  yiyvovxai  jtQog  xov  d^sov^  vfielg  öh  jiaQcc 

Tiavxa  xov  X()o^'Oi^,   xad-    ov  ayvoElv  öoxslxs,    xcov  xe  decjv 

2  ^AgfÄSVLog  usque  tqitov  Codd.  Gr.  omnes,  Rufin.;  om.  Syr.  (Ms.  Mus. 
Brit.;  Ms.  Petropol.  lacunam  hoc  in  loco  habet;  ex  errore  Lightfootius 
dixit.  Syrum  verba  illa  continere)  et  Armen.;  Chron.  pasch,  om.  'ÄQ/neviog  A()/- 
iSQtvQ  Mlyioxoq  —  3  ro  sec.  om.  A  —  7  amolq  EaF^GHO,  cdxovq  ACFaRa  — 
8  sx^v^i  nsQL  Tjßwv  Niceph.  Ruf.  —  9  ro]  zcu  CDFabRa  —  10  xaxrjyoQOi- 
/uivovg  A —  14  ovx  om.  Chron.  pasch,  —  15  7jf.iiTf()a  Codd.  —  17  xrd  zwr 
(xXliov  &ewv  Codd.  exceptis  (iHORa  Ruf. ;  xal  xöjv  akkwv  Uqlöv  Chron.  pasch. 


Die  Zeugen. 


3 


In  Justini  Opp.  (Appendix). 
t6  Kolvov  rfjg  ^Aoiaq. 

AVTOXQCCTCQQ    KcUÖdQ    TiTOq 

AlXiOQ  ^AÖQiavog  Avrwvlvog 
IJsßaöTog  Evosßrjg,  ^AgxiSQ^vg 
MeyiöTog,  öriiiaQXLxrjg  t^ovolag 
To  xa\  vjiarog  to  ö' ,  IlaTrJQ 
UarQiöog^  reo  KocvS  TTJg'Aoiag 
XcdQBiv. 

^Eyco  (X)iit]v,  6x1  xccl  rovg 
{)^60vg  sjitftsXstg  sosodac  fit] 
Xavd^aveiv  rovg  Toiovrovg' 
jtoXv  yccQ  fiäXZov  txdvovg 
xoXaöoiev,  stJtSQ  övvaipzo^  rovg 
fii]  ßovXofiavovg  avrolg  jtQOO- 
xvvslv^  oig  raQax^Jv  vfielg  ky. 
ßdlZexs  xal  Trjv  yvc6(ii]v  avzcov, 
TjpjtSQ  sxovöip,  cog  ad^smv  xax- 
rjyoQstTe,  xm)  aregd  riva  sfißdX- 
XsTS,  axtva  ov  övvdfisda 
ajtoöü^aL.      siTj    ö  av    Ixdvoig 

XQt'lÖLliOV      TO      ÖOXelV      iiJtl      TCp 

xaTt]yoQOVfi8Vcp  Ted-vdvca^  xal 
VLxmöLV    vfiäg   jtQOUfievot  tag 

taVTOJV  XpVXCCg,  7]JC£Q  JCUd^OflEVOi 

oig  a^Lovre  Jigdöoeiv  avxovg. 
IIsqI  de  rmv  östOfimv  tcov 
ysyopoTCQP  xal  rcov  yivofiEvcov 
ovx  alxog  vjto/ivrjoai  vftäg  at)v- 
[iovvrag,  oxavüi^Q  wötv^  jtaga- 
ßdXXovxag  xd  vfiexega  jcQog  xd 


6  örifÄCiQX'  ^^ov.  vTicaog  Tid\  na- 
rrjQ  naxQ.  xb  xa  Ms.,  corr.  Momm- 
sen  (Theol.  Jahrbb.  XIV  p.  431).  — 
25  ELTteQM^s,.  —  30  naQaßdXXovTeq  Ms, 


Rufinus,  hist.  eccl.  IV,  13  ed. 
Cacciari. 

Imp.  Caesar.  Marcus  Aure- 
lius  Anton iuiis  Aug.  Armeniens 
Pont.  Max.Trib.  Pot.  XV.  Cos.III. 
universis  simul  plebibus  Asiae  S. 


Ego     quidem    non    ambigo  10 
etiam   diis  ipsis  curae  esse,   ne 
quis  noxius  lateat;  multo  enim 
magis  illis  convenit  punire  eos, 
qui  ipsis  immolare  nolunt,  quam 
vobis;  sed  vos  confirmatis  eorum.  15 
quos  persequimini,    sententiam, 
quam  de  vobis  babent,  dicentes 
vos    impios    et    sine    deo    esse, 
unde   et  optabilius  babent  ani- 
mam    ponere    pro    deo    suo    et  20 
mortem  libenter  amplecti,  quam 
vobis  talibus   acquiescere  et  in 
vestrae    religionis    iura    conce- 
dere. 

25 

De   motibus  autem  terrae, 
qui    vel    facti    sunt   vel    etiam 
nunc  fiunt,    absurdum  non  erit 
maerorem    vestrum   iusta    com-  30 
monitione  solari,  quoniam  qui- 

6  universae    plebi:     Duo    Codcl. 
Vatic. 


1* 


Harnack,  Das  Edict  des  Antoninus  Pius. 

rcoi^  aXXoDv  ccfjsXstrs  xal  r/jg  ^Q}jOX8Lag  rr/c  jisqI  top  dü^a- 
vaxov,  ov  öij  rovg  XQioriavovg  d^QrjOxsvovrag  hXavvers  xal 
ÖLcoxazt  tcog  d^aväxov. 


Yjieg  de  rwv  toiovtcop  ?i6r]  ocal  JtoZXol  rmv  jisqI  rag 
osjtaQXiccg  r]y£fi6po)v  xc/l  rm  ^sioraroo  rj^icov  tygatpai'  jrargi, 
otg  xcä  dvrsyQcixps  fjrjöh'  Ivox^-^iv  Tolg  roioiroig,  si  j^irj  (^ai- 
voLVTo  xi  jTtQl  TTjv  '^Pojficucov  ?]yefiovLa7^  syx^iQovvTsg.  xal 
Ifwl  61  jteQi  rwv  toiovtcop  jtoXXol  loy'i^avap^  oig  Ö7j  xal  dpz- 
eygaTpa,  xaTctxoXovd^Sp  t^  tov  JtaTQog  ypco^i]. 


10  Ei  da  Tig  ajiiftspoi  tipu  tSp  toiovtcop  elg  jrQayfjaza 
cft()cop  cog  ö?i  TOiovTOP,  Ixaipog  o  xaTacpagouapog  ajroXaXtod^co 
tov  lyxh'inaTog^  xal  aap  cpaipr/Tac  toiovtoq  cüp,  o  6h  xccTa- 
(ftijojp  tpoxog  töTai  6ixrjg. 


IlQooaTaf}?]  ap  'E(fjaöcp  ap  tw  Kolpco  Trjg  'Aoiag. 


2  Ol'  (Vj  rovg  {zovq  om.  CFaRa]  XpiUTKcroig  Codd.  (ir.,  Ruf.,  8yr.,  oin. 
C'lnon.  pascli.  —  (1  firjölv  {(falvoivto)  CFaKRa,  foitasse  recte  —  tfitfulvoivro 
AKaFb,  fortassse  recte  —  n  addidi  cum  Rufino  (sed  si  /ntjötv  legitur,  delen- 
dum  est)  —  7  T/}r  tmi>  CnilKRa. 


Die  Zeugen. 


exuvcov^  ort  tvjiaQ()?jOiaOT()T£- 
QOL  vfiSv  yivovxai  jiqoc,  xov 
d^Bov.  Tcal  vfislg  fihv  dyvoelv 
öoxslTs  JcaQ^  ETcelvov  xov  XQ(^- 
vov  xovg  &£ovg  xal  xcov  Isqqjv 
dfisXeixe,  d^QrjOxeiav  öh  xtjv  jieqI 
xov  d-sov  ovx  ijilöxaoßs,  öd^ev 
xal  xovg  dQTjöxtvovxag  hCjjXm- 
xaxe  xal  öicoxsxs  ea)g  d^aväxov. 


YjcIq  xcov  xoiovxcov  xal 
dXXoi  xiveg  xcov  jieqI  xdg  sjiag- 
Xlccg  rjysfiovwv  xw  d^eioxaxcp 
(lov  jiaxQi  sjQaipav,  oig  xal 
avxeyQaipe  firjösv  svox^slv  xolg 
xoLOvxoig,  ei  ^t]  (paivoivxo  xi 
am    xt)v   rjysfiovlav   ^Pwfialcov 

T(X>V    XOIOVXCOV    JlolXol    £07]fia- 

vav,  oig  ötj  xal  dvxeygaipa,  x(] 
xov  JtaxQog  fiov  xaxccxoXov- 
d^wv  yvcofii;!. 

El  öe  xig  syst  jiQog  xiva 
xcov  XOIOVXCOV  jiQccyfia  xaxa- 
(pBQELV  mg  xotovxov,  ixElvog  o 
xaxa(psQ6fisvog  djiolsXvöd^oo 
xov  kyxlriiiaxog^  xav  (pa'ivrixai 
xoiovxog  cov,  exelvog  6s  6  xaxcc- 
(peQcov  Ivoxog  eöxai  xrj  öixrj. 


dem  comperi,  quod  in  huiusce- 
modi  rebus  ad  illorum  invidiam 
communes  casus  transfertis.  in 
quo  illi  quidem  maiorem  fidu- 
ciam  accipiunt  apud  deum,  vos  5 
autem  in  omni  tempore,  quo  de 
talibus  ignoratis,  caeteros  qui- 
dem deos  negligitis,  cultum  vero 
immortalis  dei,  quem  Christiani 
colunt,  expellitis  et  deturbatis  10 
usque  ad  mortem  cultores  illius 
observantiae  persequentes. 

Super  quibus  plurimi  ex  pro- 
vinciis  iudices  etiam  venerabili 
patri  uostro  scripserant.  quibus  15 
rescriptum  est  ab  eo,  ut  nihil 
omnino  molestiae  huiuscemodi 
bominibus  generarent,  nisi  forte 
arguerentur  aliquid  adversum 
Romani  regni  statum  moliri.  20 
sed  et  mihi  ipsi  de  bis  quam 
plurimi  retulerunt,  quibus  ego 
paternam  secutus  sententiam 
pari  moderatione  rescripsi. 

Quod  si  quis  persistit  huiusce-  25 
modi  bominibus  absque  ullo 
crimine  movere  negotia,  ille  qui- 
dem, qui  delatus  pro  hoc  no- 
mine fuerit,  absolvatur,  etiamsi 
probetur  id  esse,  quod  ei  obici-  30 
tur,  Christianus.  Is  autem,  qui 
crimen  obtendit,  reus  poenae 
ipsius,  quam  obiecit,  existat.  — 
Proposita  Ephesi  publice  in 
conventu  Asiae.  35 


17  fii]dev  ox^stv  Ms. 


5  Harnack^  Das  Edict  des  Antoninus  Pius. 

1.  Die  Übeiiiefernug. 

Über  die  Zahl  der  selbständigen  Zeugen  für  das  Edict  kann 
man  schnell  ins  Klare  kommen.  Zonaras  (Annal.  XII,  1),  Nice- 
phorus  etc.  scheiden  aus;  denn  sie  sind  von  Eusebius'  Kirchen- 
geschichte  abhängig.  Auch  vom  Chronicon  paschale  gilt  das, 
obgleich  es  das  Edict,  aus  dem  es  eine  Regeste  giebt,  zum  10.  Jahr 
M.  Aurel's  stellt  und  sich  damit  von  Eusebius  unterscheidet,  der 
es  bei  Antoninus  Pius  bringt.  Allein  die  Übertragung  war  durch 
Eusebius  selbst  (s.  u.)  nahegelegt,  und  wenn  auch  der  Text  der 
Regeste  einige  beachtenswerthe  Abweichungen  von  dem  euse- 
bianischen  zeigt,  so  ist  doch  kein  Grund  zu  der  Annahme  vor- 
handen, dass  der  Verfasser  des  Chronicon  das  Edict  anderswo 
kennen  gelernt  habe,  als  bei  Eusebius^).  Der  lateinische  Text, 
den  Rulin  bietet,  kann  einen  Augenblick  zu  der  Frage  veran- 
lassen, ob  er  nicht  der  Originaltext  des  Edicts  ist^),  allein  der 
nächste  Augenblick  genügt,  um  die  Frage  bestimmt  zu  verneinen: 
Rufin  bietet  dieselbe  fehlerhafte  Titulatur  für  M.  Aurel  wie  Eu- 
sebius (s.  u.);  er  lässt  ihn  von  „vestrae  religionis  iura"  sprechen, 
und  das  soll  die  griechisch-römische  Religion  sein;  er  bringt 
eine  augenscheinlich  falsche  Übersetzung  in  dem  Satze:  „sen- 
tentiam,  quam  de  vobis  habent,  dicentes  vos  impios  et  sine  deo 
esse";  denn  Subject  zu  dicentes  können  nur  die  Adressaten  sein, 
die  die  Christen  als  Atheisten  verklagen.  Diese  Gründe  genügen 
wohl;  aber  es  ist  ausserdem  noch  zu  bemerken,  dass  Rufin  in 
diesem  Stück  des  Übersetzungs Werkes  seiner  paraphrasirenden 
Willkür  die  Zügel  in  bedenklichster  Weise  hat  schiessen  lassen*^), 
so  dass  man  ihn  zur  Feststellung  des  Textes  des  Eusebius  hier 


1)  Für  die  Feststellung  des  eusebianischen  Textes  kommt  es  mitbin 
in  Betracbt 

2)  Rufin  bat  in  seiner  Übersetzung  der  cuseb.  KGescbiebte  an  einigen 
Stellen  die  dort  griecbiscb  gegebenen  Citate  aus  Tertullian  nicht  zurück- 
übersetzt, sondern  den  Originaltext  des  Apologeticum  substituirt  (s.  Texte 
u.  Unters.  VIIT,  4);  er  hat  ferner  —  das  ist  wenigstens  höchst  wahrschein- 
lich —  auch  dem  Briefe  des  Hadrian  an  Minucius  Fundanus,  den  er  bei 
Eusebius  griechisch  las,  den  Originaltext  substituirt  und  ihn  nicht  selbstän- 
dig ins  Lateinische  zurückübersetzt.  Doch  sind  nicht  alle  Bedenken  gegen 
diese  Annahme  bereits  gehoben. 

3)  S.  besonders  die  paraphrasirende  Willkür  in  der  Übersetzung  des 
letzten  Viertels  des  Edicts. 


1.  Die  Überlieferung.  7 

nur  mit  grosser  Vorsicht  benutzen  darf.  Somit  besitzen  wir 
höchstens  zwei  selbständige  Zeugen,  nämlich  Eusebius  und  den 
Justin -Codex  Paris.  Gr.  450,  der  unser  Edict  nach  der  sog. 
Apologia  maior  zusammen  mit  dem  ihm  nachfolgenden  Brief 
des  Marcus  über  das  Regenwunder  (fbl.  239 y-  sq.)  und  vor  der 
Schrift  De  mouarchia  enthält.  Der  Codex  —  bekanntlich  die 
einzige  Handschrift  für  Justin's  Apologie  und  Dialog  —  ist  jung, 
nämlich  vom  J.  1364  (=  6872  mundi,  wie  die  Unterschrift  lautet). 
Mit  Justin's  Schriften  haben  die  beiden  Actenstücke  keine  Ver- 
bindung; sie  sind  aus  nicht  bestimmter  Überlieferung  der  Apo- 
logie nachgestellt,  weil  diese  mit  einem  Schreiben  Hadrian's, 
welches  den  Christen  relativ  günstig  ist,  schliesst.  Diesem  hat 
der  gelehrte  Schreiber  die  beiden  sachlich  verwandten  Stücke 
zugesellt. 

Die  beiden  Recensionen  zeigen  ausserordentlich  viele  und 
schwer  w^iegende  DiflPerenzen.  Die  Differenzen  beginnen  schon 
bei  der  Aufschrift:  nach  Eusebius'  Recension  hat  M.  Aurel  das 
Edict  erlassen,  und  seine  volle,  auf  ein  bestimmtes  Jahr  gestellte 
Titulatur  (doch  s.  den  Syrer  und  Armenier)  eröffnet  es;  nach 
dem  Cod.  Paris,  steht  der  volle  Name  des  Antoninus  Pius  am 
Anfang,  und  es  ist  ebenfalls  ein  bestimmtes  Jahr  seiner  Regierung 
angegeben.  Die  Kritik  hat  sich  demgemass  gewöhnt  —  ich 
weiss  keine  Ausnahme  — ,  von  zwei  selbständigen,  wesentlich 
gleichwerthigen  Recensionen  des  Edicts  zu  sprechen  i),  wenn  sie 
auch  dabei  einige  offenkundige  Vorzüge  der  eusebianischen  Re- 
cension anerkennt.') 

Allein  dieses  Verhalten  der  Kritiker  ist  höchst  verwunder- 
lich; denn  man  hätte  sich  die  Frage  vorlegen  sollen,  ob  es 
glaublich  ist,  dass  ein  gelehrter  Schreiber  des  14.  Jahrhunderts 
das  Edict  mitgetheilt  hat,  ohne  die  Recension  in  Eusebius'  Kirchen- 
geschichte zu  kennen.  Die  nächstliegende  Annahme  ist  doch 
die,  dass  ein  Actenstück,  welches  in  einem  griechischen  Codex 
des  14.  Jahrh.  auftaucht  und  ausserdem  nur  noch  in  Eusebius' 
Kirchengeschichte  vorhanden  ist  —  und  zwar  dort  ebenfalls 
unmittelbar   nach  Justin's  Apologie  — ,  eben  dieser  KGe- 


1)  So  auch  noch  V.  Schultze. 

2)  Am  nächsten  ist  Light foot  (Ignat.  and  Polyc.  I  p.  469)  der  rich- 
tigen Schätzung  der  beiden  Recensionen  gekommen,  aber  den  wahren  Sach- 
verhalt hat  auch  er  nicht  durchschaut. 


3  Harnack,  Das  Edict  des  Antoninus  Pius. 

schichte  entstammt.  Der  hat  den  Gegenbeweis  zu  erbringen, 
der  das  leugnet.  Aber,  wird  man  erwidern,  die  Differenzen 
zwischen  beiden  Actenstücken  sind  so  gross,  dass  die  Annahme, 
Eusebius'  Recension  sei  die  Vorlage  für  das  Stück  im  Paris., 
einfach  ausgeschlossen  ist;  dazu  komme,  dass  die  Zusammen- 
stellung der  justinischen  Werke  und  die  Einfügung  des  Edicts 
in  sie  keinesw^egs  auf  das  J.  1364  zu  datiren  sei;  zeige  doch 
der  offenkundige,  sinnlose  Schreibfehler  in  der  Titulatur  des 
Antoninus  Pius  {ötjiiaQXt^fjg  s^ovolag  vjtaxoq  ji^  jiaTrjQ  jta- 
rgiöog  rb  xa  für  ör]fi.  i^ovo.  ro  xa  ,  vjtarog  xo  d\  jtaxrjQ 
jiazQiöog,  wie  Mommsen,  Theol.  Jahrbb.  1854  S.  431  sicher 
corrigiren  konnte),  dass  jedenfalls  nicht  erst  der  Schreiber  des 
Codex  die  Einfügung  besorgt  hat.  Letzteres  ist  gew^iss  richtig; 
bei  dem  Schreiber  des  J.  1364  darf  man  nicht  stehen  bleiben, 
sondern  muss  über  ihn  hinaufgehen  —  aber  wie  viele  Jahrzehnte 
oder  Jahrhunderte,  ist  zweifelhaft.  Die  grosse  Anzahl  junger 
Schriften,  die  hier  dem  Justin  beigelegt  ist,  macht  es  nicht  rath- 
sam,  über  das  9.  Jahrhundert  weit  hinaufzusteigen.  Dazu  kommt, 
dass  unser  Edict  zusammengestellt  ist  mit  der  famosen  ^EjclötoXi] 
MaQxov  ßaöiXeojg  JiQog  rrjv  ^vyxXrjxov,  ev  7]  fiagxvQsl  Xgioxia- 
voig  alxlovg  yeyevrjöd^at  xrjg  vlxrjg  avxSv.  Über  diesen  Brief 
habe  ich  jüngst  (Sitzungsber.  d.  K.  Preuss.  Akad.  d.  Wissensch. 
1894  S.  857.  862  ff.  878  ff.)  gehandelt;  ich  habe  gezeigt,  dass 
er  nicht  gefälscht,  sondern  verfälscht  ist,  und  dass  diese  Ver- 
fälschung nicht  in  eine  sehr  frühe  Zeit  fällt,  sondern  höchst  wahr- 
scheinlich jüngeren  Datums  ist. 

Indessen  lässt  sich  andererseits  von  diesem  Actenstück  aus  zu 
Gunsten  der  Unabhängigkeit  der  Recension  unseres  Edicts  von 
Eusebius  argumentireu.  Den  Brief  über  das  Regenwunder  hat 
der  Redactor  der  Sammlung  justinischer  Schriften,  von  der  Paris. 
450  eine  Abschrift  ist,  jedenfalls  nicht  bei  Eusebius  gefunden; 
also  besass  er  noch  andere  Quellen,  also  kann  auch  unser  Edict 
von  anderswoher  genommen  sein.  Gewiss  —  die  Möglichkeit 
ist  zuzugestehen;  allein  diese  Möglichkeit  wird  sehr  unwahr- 
scheinlich, wenn  man  dagegen  erwägt,  1)  dass  unser  Edict 
eben  bei  Eusebius  steht,  2)  dass  der  Redactor  der  Samm- 
lung Paris.  450  in  Justin's  Apologie  —  unmittelbar  be- 
vor er  unser  Edict  bringt  —  den  dort,  wie  wir  aus 
Eusebius    wissen,    lateinisch    mitgetheilten    Brief    des 


i 


1.  Die  Überlieferung.  9 

Hadriaii  au  Minucius  Fundanns  gestrichen  und  durch 
die  aus  Eusebius'  KGeschichte  stammende  griechische 
Übersetzung  ersetzt  hat.  Unmittelbar  also,  bevor  er  unser 
Edict  mittheilt,  beweist  er  sich  als  von  Eusebius'  KGeschichte 
abhängig.  Der  Hadrianbrief  steht  dort  Buch  IV,  9,  unser  Edict 
IV,  13;  somit  kann  kaum  bezweifelt  werden,  dass  er  das 
Edict  in  der  Fassung  des  Eusebius  gekannt  hat.^) 

Allein  es  könnte  ihm  ausserdem  noch  aus  einer  zweiten 
Quelle  zugekommen  sein  und  er  sich  nach  einer  Vergleichung 
der  beiden  Recensionen  für  die  zweite  Fassung  entschieden  haben. 
An  und  für  sich  ist  diese  Annahme  nicht  eben  sehr  wahrschein- 
lich; sie  wird  aber  hinfällig,  wenn  sich  erweisen  lässt,  dass  alle 
Abweichungen  zwischen  der  Recension  des  Paris.  450  und  der 
des  Eusebius  entweder  tendenziöse  Entstellungen  oder 
absichtliche,  aus  mangelndem  Verstandniss  des  Textes 
geflossene  Correcturen  oder  solche  Varianten  sind,  wie 
sie  sich  in  einem  verwahrlosten  Text  im  Laufe  von  c. 
1000  Jahren  einzustellen  pflegen.  Dass  das  Verhältniss 
zwischen  A  (Euseb.)  und  B  (Paris.  450)  wirklich  ein  derartiges 
ist,  scheint  mir  aber  offenkundig  zu  sein.  Dass  das  bisher  noch 
nicht  bemerkt  worden  ist,  hat  wohl  hauptsächlich  darin  seinen 
Grund,  dass  man  die  Adresse,  welche  die  Rec.  B  bietet,  für  die 
richtige  Überlieferung  hielt  und  sich  deshalb  die  Frage  gar  nicht 
stellte,  ob  B  nicht  letztlich  aus  A  geflossen  ist.  Ich  werde  die 
Frage  nach  der  Adresse,  die  allerdings  grosse  Schwierigkeiten 
macht,  zunächst  auf  sich  beruhen  lassen  und  die  beiden  Recen- 
sionen des  Briefes  selbst  mit  einander  vergleichen. 

1)  An  sechs  durchschlagend  wichtigen  Stellen  zeigt  B  ein- 
schneidende und  tendenziöse  christliche  Interpolationen. 

a)  A  bietet:  tyco  fiev  olöa  otl  rolq  &6olg  sjtifisXsg  iözi  iiij 
Xav&avsiv  roig  roiovrovg,  B  setzt  dafür:  syw  q^/i9]v\ 

b)  A  schreibt:  jtoZv  yccQ  ^allov  Ixelvoi  (die  Götter)  xo?MöaiBV 
av  Tovg  [irj  ßovlofitvovg  avrolg  JtQoöxvvsiv  t]  vfietg,  B  setzt 
dafür:  jtoXv  yag  ^aXlov  STceivovg  (die  Christen)  xoXdöoiev 


1)  Noch  Eusebius  fand  in  seinem  Justin-Exemplar  das  Hadrian-Edict 
in  lateinischer  Sprache.  —  Dass  der,  welcher  es  durch'  die  griechische  Über- 
setzung Euseb's  ersetzte,  derselbe  ist,  der  das  Antoninus-Edict  hinzufügte, 
ist  freilich  nicht  ganz  sicher,  aber  wahrscheinlich. 


j^Q  Harnack,  Das  Edict  des  Antoninus  Pius. 

(die  Götter),  sIjisq  dvvaivro,  rovg  fiij  ßovXoiiivovq  avrolg 
jtQoöxvvbiv  {rj  vfJeig  fehlt  natürlich  nun). 

c)  A  schreibt:  wg  ai^lcov  xaTTjyoQOvvreg,  B  fügt  hinzu:  'xal 
tre(>a  riva  IfjßaZXers,  axiva  ov  övvafieß^a  ajtoöel^atl 
(also  der  Kaiser  schliesst  sich  mit  ein!  gemeint  sind  die 
thyestischen  Mahlzeiten  etc.\ 

d)  A  schreibt:  vlxcqOl  (die  Christen)  jrQoufievoi  rag  bavxcöv 
ipvxc^g,  B  setzt  nach  vixcooc  ein  „vfiäg"'  ein  und  vergröbert 
damit  tendenziös  den  Sinn. 

e)  A  schreibt,  dass  die  Christen  bei  den  Erdbeben  svjraQQrjOiao- 
TOTSQOt  jTQog  Tov  d Eop  Werden;  auch  hier  schiebt  B  ,,v(.iwv^^ 
ein  und  vergröbert  wiederum  tendenziös  den  Siun. 

f)  A  schreibt:    tojv    ts   deojv    rSv    aXXcov  dfteZslze  xmI   T?jg 
d^Qfjöxtiag  Tfjg  jisqI  top  aO^avarov,  B:  tcop  lsqcqv  afisXelre, 
&QrjOxeiav  öh  rr/v  jcsql  tov  deov  ovx  ljciöTaöO^£\ 
Durch   diese  Zusätze   charakterisirt  sich    B   als   eine   freche 

Fälschung  des  Edicts;  irgendwie  Ahnliches  in  A  (dass  umgekehrt 
B  vor  jenem  im  Vorteil  wäre,  weil  minder  christlich)  lässt  sich 
nicht  nachweisen. 

2)  Ausserdem  finden  sich  eine  grosse  Reihe  von  Varianten 
zwischen  dem  Text  von  A  und  B,  die  aber  nicht  anders  zu  be- 
urtheilen  sind,  wie  die  ebenso  zahlreichen  Varianten,  die 
sich  in  derselben  Handschrift  finden  zwischen  dem 
Text  von  Justin's  echten  Schriften  und  deren  Citaten 
in  Eusebius'  KGeschichte,  nur  dass  in  unserem  Fall  ab- 
sichtliche Änderungen,  um  den  vermeintlich  unverständlichen  Text 
lesbar  zu  machen,  noch  hinzukommen.  Ich  habe  bereits  in  meiner 
Abhandlung  über  die  Überlieferung  der  griechischen  Apologeten 
(Texte  u.  Unters.  I,  1  [1883J  S.  79.  135 f.)  nachgewiesen,  wie 
schlecht  der  Text  der  justinischen  Apologie  in  dieser  einzigen  uns 
erhaltenen  Handschrift  bewahrt  ist,  und  wie  zahlreich  deshalb  die 
Variauten  zwischen  ihm  und  den  Eusebius-Citaten  aus  der  Apo- 
logie sind.  Dasselbe  gilt  hier.  Ich  stelle  die  Varianten  zwischen 
A  und  B  zusammen  und  lasse  dann  eine  Versjleichunsc  der  Va- 
rianten  in  solchen  Stücken  der  justinischen  echten  Werke  folgen, 
welche  uns  auch  Eusebius  in  seiner  KGeschichte  aufbewahrt  hat. 

g)  A  bietet  (s.  Satz)  als  2.  Wort  ein  (lev^   welches  in  B  fehlt, 
h)  A:  OTL  xai  TOlg  x^eoig  hjn^eXtg  tOTi,  B:  otl  xal  Tovg  O^eovg 

sjti/^tXiig  eöeodai. 


1.  Die  Überlieferung.  {] 

i)  A:  txtlvoL  xoXaöaiEV  av,  B:  txtirovg  xoXdooiev  (hängt  mit 
der  tendenziösen  Fälschung  der  Stelle,  s.  sub  b,  zusammen). 

k)  A:  ovg  slg  raQairjV  IfißalXeTS  ßeßaiovvTtq  ttjv  yvcoiir/v 
avTcov,  7jvjceQ  h^ovöiv^  wg  aOtmv  xarrjyoQOvvrsg,  B:  oig 
TüQaxtJv  xj^elg  h^ißaXXeT8  xal  rrjv  jVG)[it]v  avrojv,  rivjtsQ 
ly^ovöLV,  mg  ddtmv  xaTT/yoQSlTS  (das  vfielg  steht  hier;  kurz 
vorher  war  es  ausgelassen,  s.  sub  b.  Das  ßtßai.ovvT£g,  welches 
A  bietet,  ist  unentbehrlich;  B  hat  es  nicht  verstanden  '). 
oig  raQailjv  l^ißaHere  ist  eine  stilistische  Diorthose). 

1)  A:  algerov,  B:  XQt)^L^iov. 

m)  A:  xaTTjyoQov^ivoLg,  B:  hjti  reo  xartjyoQovfitvq?. 

n)  In  B  fehlt  nach  redvcwai:  .^(iaXXov  ?j  C^i]p  vjisq  tov  oIxhov 
{^eov,  oü^£v'\  Die  fehlenden  Worte  (31  resp.  32  Buchstaben) 
bilden  eine  Zeile,  die  durch  Homöoteleuton  in  B  ausgefallen 
ist 2).  Diese  Annahme  scheint  mir  die  einfachste  zu  sein; 
es  kann  aber  auch  darauf  hingewiesen  werden,  dass  die  be- 
treffenden Worte  einem  Verfälscher  nicht  gefallen  konnten, 
der  den  Kaiser  kurz  vorher  die  Machtlosigkeit  der  Staats- 
götter und  damit  indirect  das  Bekenntniss  zum  Christengott 
hat  aussprechen  lassen;  denn  hier  ist  der  Christengott  ab- 
schätzig als  o  oixelog  O^eog  bezeichnet. 

o)  A:  xal  yivoiievcov,  B:  xal  xcov  yivoiitvojv. 


1)  Schultze  a.  a.  0.  S.  144  schreibt:  „Bei  A  ruht  also  der  Schwer- 
punkt auf  ßißaiovvxeq,  bei  B  auf  xazTjyo^elxe.  Die  Entscheidung  kann 
nur  zu  Gunsten  von  B  ausfallen,  wo  Inhalt  und  Construetion  durchaus  klar 
sind,  was  bei  A  nicht  der  Fall  ist.  Das  ßEßaiovvzeq  glebt  keinen  Sinn". 
Allein  er  muss  die  Sätze  nicht  hinreichend  überlegt  haben.  Ungelenk  ist 
der  Ausdruck  in  A  wohl,  aber  durchaus  sachgemäss:  8ußaX?,eTE  ßeßaiovv- 
xsq  ist  nach  bekannter  griechischer  Ausdrucksweise  hier  =  sfxßccllovzEg 
ßeßaiovxe  (so  hat  auch  Rufin  übersetzt);  das  Partizip  xaxriyoQOvvzEq  ist 
dem  Partizip  ßeßaiovvztQ  untergeordnet.  Dagegen  ist  das  von  B  gebotene: 
xal  X7]V  yvo)(xriv  .  .  .  xazrjyoQSiXE  „ihr  verklagt  die  Gesinnung"  unerträglich. 

2)  Schultze,  a.  a.  0.  S.  144:  „Die  Worte  in  A  sind  ein  schleppender 
Nachtrag,  der  den  Gegensatz  gegen  xe&vavaL  nicht  richtig  versteht,  da 
derselbe  doch  nicht  „leben",  sondern  „verleugnen"  ist.  Dagegen  macht  B 
den  Eindruck  der  Ursprünglichkeit".  Allein  Schultze  hat  nicht  überlegt, 
dass  auch  „o^fj^"  in  B  fehlt,  und  dass  dieser  Verlust  hier  ein  Homöo- 
teleuton anzeigt.  Dass  die  Worte  „schleppend"  sind,  ist  ein  Geschmacks- 
urtheil.  Der  Gegensatz,  den  Schultze  zu  xe&vdvai  wünscht,  ist  durch 
,,doxHv''  ausgeschlossen  und  wäre  an  sich  im  Munde  des  Kaisers  viel 
weniger  passend  als  ,,^^v". 


j2  Harnack,  Das  Eclict  des  Antoninus  Pius. 

p)  Der  ungelenke  Satz  in  A,  über  den  später  noch  zu  reden 
sein  wird:  ovz  aroutov  vf/äg  vjiofivrjOaL  ad^viiovvraq  ^tv, 
OTavjctQ  wöL,  naga^aXlovrac,  de  xa  ruitTSQa  (lies  {\uhsQa) 
jiQoq  To.  Ixelrcov,  besagt  jedenfalls,  dass  der  Kaiser  den 
Asiaten,  die  bei  den  Erdbeben  in  verzagte  Stimmung  ge- 
rathen,  eine  Ermahnung  geben  will,  vfiäq  ist  also  Object  zu 
vjtouvt'iöai.  Allein  der  Stümper  B  hat  das  nicht  verstanden, 
was  doch  selbst  Rufin  verstanden  hat;  er  hat  v^aq  als  Sub- 
iect  zu  vjio^vTjOaL  genommen.  Nun  konnte  er  das  ovx 
axojtov  nicht  mehr  stehen  lassen;  denn  der  Kaiser  kann  sich 
doch  nicht  eine  Erinnerung  seitens  seiner  Unterthanen  ge- 
fallen lassen.  Frischweg  schreibt  darum  B:  ovx  sixbg 
vjtOfivTJoai  vfiac.     Das  filv  ...  ös  lässt  er  weg. 

q)  A:  OL  fiev  ovv  -/lyvoinai  .  .  .  vfisig  öe,  B:  ort  yiyvovxai  .  .  . 
xal  V 116 lg  fier. 

r)  Der  Satz  in  A:  vfieig  öh  uiaga  jiavxa  xov  xqovov^  y.ad-'  ov 
ayvoHV  öoxelxe,  xcov  xs  d^emv  xcov  alXow  aiieXelxs  xal  xrjg 
&QrjOX8iag  xrjg  Jitgl  xov  dO^avaxov ,  ist  unverständlich  und 
fordert  daher  zu  einer  Correctur  auf,  wenn  man  nicht  ver- 
steht, dass  ayvotlv  hier  intransitiv  gebraucht  ist  =  „insanire".  ^) 
ß  hat  es  nicht  verstanden^  demgemäss  einen  Fehler  vermuthet 
und  deshalb  xSv  d-ecov  in  ,,xovg  d^eovg"  verwandelt,  um  zu 
ayvoeip  ein  Object  zu  haben.  Das  folgende  afieXslxs  hat 
nun  aber  kein  Object  mehr;  B  schiebt  daher  uqcov  ein; 
nun  aber  schien  dem  „xFg  &Qf]6xeiag^^  das  Verbum  finit. 
zu  fehlen;  unbesorgt  schrieb  B:  dQTjOxdav  öe  xt)v  jibqI  xov 
dsov  ovx  ejtlöxaö&e  (s.  sub  f).  So  entstand  der  Satz:  xal 
v(/eig  [ilv  ayvoblv  öoxelxe  JiaQ^  exelvov  xov  yjQovov  xovg 
&eovg  xal  xmv  leQwv  afieXelxe,  d^Qrjöxeiav  6e  rijv  jtegl  xov 
deov  ovx  ejTiOxaoO^el  Das  xcqv  aXXwv  musste  nun  natürlich 
wegfallen  und  damit  auch  das  xs  —  xal  in  A.  Als  kleinere 
Varianten  sind  noch  anzumerken  jiavxa  xov  XQ^^^'O^  und 
exelvov  xov  xqövov,,  ferner  neql  xov  a&avaxov  und  jteQi 
xov  &e6v. 

s)  A:  ov  d-Q)]öxevovxag  eXavvexe^  B:  od^ev  xal  xovg  d-Q7]öxev- 
ovxag  6^7]Xojxax6. 

1)  Dass  dyvosiv  so  gebraucht  werden  kann,  belegen  die  Lexica  ledig- 
lich aus  Lucian.  Der  Beweis  reicht  vielleicht  nicht  aus.  Jedenfalls  lag 
der  Rec.  B  schon  uyvotiv  vor. 


1.  Die  Überlieferung.  13 

t)  A:  vjtsQ  (^e,  B:  vjt^Q. 
u)  A:  7jöfj  xal  jiolXol,  B:  xal  aXZoi  rivtc. 
v)  A:  xal  rS  O^siorazcp  //fimv  r/Qaipav  jiarQi,  B:  to)  O^siozccrq) 

fiov  jtaTQt  s-ygaipav. 
w)  A:    JtSQi  T7\v    P(x>fialcop  Tjyefiopiav,  B:    im  xr/v  riysfiovlap 

Pcofialcov. 
x)  A:  xaraxolovd^cöv  ri]  rov  JiaxQoq  yvcofi?],   B:  rrj  z.  jtazQ. 

fzov  xarax.  yvcofir], 
y)  A:    si  de   rig  £jtifi£vot   nva  tcöv  roiovrcov   slg   jtQdyfiara 
^SQcov  (X)q  öi)  TOiovTOV,    B:    si  6t  riq  sx£t  JtQog  XLva  tcop 
roiovrcov  JiQay^a  xaracptQuv  cog  roiovrov. 
z)  A:  exslvog  o  xaraipegonevog  .  .  .  6  öe  xaratpsQcov,  B:  hxelvog 

o  xaracpeQoiiEvog  .  .  .  exslvog  de  o  xaracpsQOJV. 
TL)  A:  Ivoyog  sörai  6lx7]g,  B:  svo^og  lorai  rfi  ölx?]. 

Das  Verfahren  des  Verfassers  der  Rec.  B  ist  nach  dieser 
Tabelle  wohl  offenbar.  Ausser  den  (1.)  sechs  tendenziösen  Ein- 
schiebungen,  um  das  Edict  zu  „verchristlichen",  hat  man  (2.)  die 
Fälle  zu  unterscheiden,  in  denen  er  die  Partikeln  weglässt  oder 
verschiebt  und  so  das  Gefüge  des  Textes  vergröbert  (so  g  p  q  r 
t  u  V  y);  hierzu  gehören  auch  die  Fälle  s  (wo  in  B  d^QTjOxsvovrag 
nun  kein  Object  hat),  z  (mit  dem  plumpen  doppelten  sxslvog  in 
B)  und  i  (wo  der  reine  Gegensatz  in  A:  sxslvol  .  .  .  vfisig  in  B 
gestört  ist).  Nirgendwo  sieht  man  sich  hier  in  der  Lage,  die 
Lesart  in  B  der  in  A  vorzuziehen.  Eine  (3.)  Gruppe  bilden  die 
gewöhnlichen  Varianten  der  Wortstellung,  Construction  und  der 
Synonyma-Vertauschung,  wie  sie  sich  überall  in  den  Handschriften 
finden.  Hierher  gehören  die  Fälle  h  k  (ovg  sig  und  olg)  1  m 
o  r  (jcavra  rov  iqovov  =  sxslvov  rov  XQ^^vov  und  a&^avarov 
=  \}^s6v)  s  {sXavvsrs  =  s^rjZwxars)  u  v  w  x  y  zz.  In  solchen 
Fällen  pflegt  in  der  Regel  eine  Entscheidung  aus  inneren  Grün- 
den kaum  möglich  zu  sein;  allein  bei  6  von  diesen  14  Stellen 
liegt  es  auf  der  Hand,  dass  A  das  Richtige  hat.  Das  ort  xal 
rovg  &sovg  sjtifisZslg  sösöd^ai  (h)  ist  überhaupt  kaum  erträglich 
(doch  s.  Otto  zu  Justin  Dial.  45)  und  ist  sicherlich  aus  ori 
xal  rolg  dsolg  sjtifislsg  lori  entstanden;  XQjjöiiiov  (1)  ist  eine 
tendenziöse  Vergröberung  und  Verfälschung  von  algsrov,  die 
gute  Construction  xarrjyoQOVfisvoig  (m)  ist  durch  sjcl  rm  xar- 
rjyoQOVfisvo)  unerfreulich  aufgelöst;  das  dunkle  „rov  aß^avarov^^ 
[y),  das  auch  Rufin  durch  „immortalis  deus"   glaubte  präcisiren 


14  Hamack,  Das  Edict  des  Antoninus  Pins. 

ZU  müssen,  ist  durch  ^^rov  ^f02^"  ersetzt;  das  feinere  jieq'l  (w) 
ist  durch  das  gröbere  tjil  ersetzt;  der  ungewöhnliche  Ausdruck 
d  öe  riq  hjnfitvoi  riva  sie  jTQdyftara  <ptQcov  war  dem  Verfasser 
von  B  nicht  verständlich;  ausserdem  Hess  er  das  örj  weg.  Die 
acht  Stellen,  die  nachbleiben,  sind  ohne  jeden  Belangt)  Eine 
(4.)  Gruppe  endlich  bilden  die  grossen,  das  ganze  Satzgefüge 
und  Sinn  ändernden  Lesarten  in  B,  wie  sie  sich  —  abgesehen 
von  den  tendenziös  christlichen  Interpolationen  —  in  k  p  r 
finden.  Es  ist  oben  bereits  nachgewiesen,  dass  sie  willkürliche 
Eingriffe  sind,  die  den  von  Eusebius  gebotenen  Text  voraussetzen, 
ihn  aber,  weil  er  unverständlich  erschien,  umgestalten. 

Aus  diesen  Nachweisungen  folgt,  dass  kein  Grund 
vorliegt,  die  an  sich  (s.  o.)  wahrscheinliche  Annahme  ab- 
zulehnen, dass  der  in  B  vorliegende  Text  letztlich  aus  A 
(Eusebius)  geflossen  ist  und  lediglich  eine  theils  dreist 
und  tendenziös,  theils  aus  Unverstand  verfälschte  Re- 
cension  desselben  darstellt,  der,  da  wir  den  Eusebius- 
text  besitzen,  schlechterdings  gar  kein  Werth  zu- 
kommt. 2) 

Dieses  Ergebniss  würde  erhärtet  werden,  wenn  sich  gemein- 
same Fehler  in  A  und  B  fänden;  es  würde  in  Frage  gestellt 
sein,  wenn  B  auch  nur  an  einer  einzigen  Stelle  gegen  A  nach- 
weisbar den  ursprünglicheren  Text  bewahrt  hätte.  Es  würde  aber 
ferner  bedroht,  wenn  auch  nicht  in  Frage  gestellt  sein,  wenn 
die  Zahl  der  „harmlosen"  Varianten  als  eine  übermässig  grosse 
bezeichnet  werden  müsste.  Diese  drei  Punkte  müssen  zur  Ver- 
vollständigung des  Beweises  somit  noch  untersucht  werden. 

Was  den  ersten  betrifft,  so  bin  ich  zwar  weit  von  der 
Meinung  Eichstädt's  entfernt,  der  über  das  Edict  geäussert  hat: 
„oratio  non  modo  horrida,  verum  etiam  inepta  est";  aber  eine 
gewisse  Ungelenkigkeit  des  Ausdrucks  (in  der  ersten  Hälfte)  ist 
anzuerkennen.  Wir  werden  auf  die  Sprache  unten  einzugehen 
haben.  Eben  diese  Ungelenkigkeit  aber  fordert  zur  Vorsicht  in 
der  Annahme  von  Fehlern  auf.     Indessen  scheint  es  doch  —  von 


1)  Über  u  {nolXoi  —  aXloi)  s.  u.  Übrigens  ist  aXXoL  im  Coiitext  gar 
nicht  am  Tlatze  und  nur  scheinbar  vorzüglicher  als  nolXol. 

2)  Man  beachte  übrigens  noch,  dass  die  wesentlichen  Varianten  sich 
lediglich  in  der  ersten  Hälfte  des  Kdicts  linden.  Auf  Grund  der  zweiten 
lliilfto  hätte  wohl  Niemand  daran  gedacht,  dass  13  von  A  unabhängig  sei. 


1.  Die  Überlieferung,  15 

dem  ayvouv  abgesehen,  das  vielleicht  erträglich  ist  — ,  dass  an 
einer  Stelle  ein  gemeinsamer  Fehler  in  A  und  B  anzunehmen 
ist.  Beide  haben  ^.JtaQaßaXXovxaq'*  in  dem  Satze  gelesen,  den 
A  so  bietet:  TleQi  de  tcqv  ostOfiSv  toqv  yeyovoTwv  xal  yivo- 
Hev(DV  ovx,  CiTOjtov  vfiäg  vjtofivTJoai  dO^vfiovvtag  fzsv,  oravüieQ 
moi,  jiaQaßalXovraq  de  xa  viiixeQa  nQog  xa  hxsivcov.  Dieses 
^^jiaQaßdXXovxag*"  ist  aber  unmöglich.  Man  kann  zwar  zur  Noth 
den  Satz  übersetzen:  „es  ist  nicht  unangemessen,  euch  eine  Er- 
mahnung zu  geben,  die  ihr,  wenn  sich  die  Erdbeben  ereignen, 
muthlos  werdet,  aber  euer  Verhalten  mit  dem  jener  vergleicht 
(zu  vergleichen  pflegt)"  ^);  allein  diese  Übersetzung  streift  doch 
an  das  Sinnlose  nahe  heran,  und  —  was  noch  schwerer  wiegt  — 
sie  verwirrt  das  Folgende;  denn  im  Folgenden  giebt  der  Kaiser 
selbst  ihnen  eine  Ermahnung  in  Form  einer  Vergleichung 
ihres  Verhaltens  mit  dem  der  „Atheisten".  Hieraus  folgt, 
dass  „jraQaßdZXoi>xag^^  aus  seiner  unerträglichen  Verbindung 
mit  „ddvfjovpxag^^  zu  befreien  und  als  das  Ziel,  auf  welches  hin 
sich  die  Ermahnung  richtet,  anzuerkennen  ist.  Es  muss  also 
„jtaQaßdXksiv"'  heissen.^)  B  aber  hat  nicht  anders  gelesen  als 
A,  ist  also  von  dem  fehlerhaften  Text  A  hier  abhängig. 

Den  zweiten  Punkt  anlangend,  so  haben  wir  oben  nicht 
eine  einzige  Stelle  gefunden,  an  welcher  B  vor  A  zu  bevorzugen 
ist^);  doch  haben  wir  drei  Stellen  bei  Seite  gelassen,  die  jetzt 
zu  erörtern  sind.  Erstlich  bieten  alle  unsere  Eusebius-Handschr. 
jiaQaßdXXovxag  de  xd  7]fiaxsQa  jigog  xd  sxelvcov,  B  dagegen 
bietet  vfiexega.  Man  kann  nicht  daran  zweifeln,  dass  dieses  das 
Richtige  ist;  allein  die  Verwechselungen  der  beiden  Worte  sind 
bekanntlich  so  zahlreich,  dass  sich  aus  ihnen  weder  auf  Unab- 


1)  S.  Heinichen,  ad  bist.  eccl.  Euseb.  Melet.  VI.  Overbeck,  Stu- 
dien z.  Gesch.  d.  alten  Kirche  S.  128. 

2)  Oder  es  ist  ein  Verb,  nach  zu  exsivojv  ausgefallen  oder  sonst  eine 
Störung  anzunehmen.  Sollte  sich  freilich  herausstellen,  dass  das  nccQcc- 
ßdXXovxaq  eine  ungeschickte  christliche  Interpolation  ist,  die  vor  Eusebius 
gemacht  worden  ist,  so  würde  die  gemeinsame  falsche  Lesart  in  A  u.  B 
nichts  beweisen  (s.  u.). 

3)  Beachtenswerth  ist  auch,  dass  nur  Eusebius  das  „TlQoaETS&T]  iv 
^E(psöo)  iv  T(ö  Koivcö  xrjq  'Aolag"  bietet,  während  es  in  B  fehlt.  Das  spricht 
auch  nicht  dafür,  dass  in  B  eine  eigen thümliche  Überlieferung  anzuneh- 
men ist.  —  Ephesus  war  die  eigentliche  Metropole  Asiens,  wenn  auch  die 
Landtage  abwechselnd  in  den  Hauptstädten  tagten. 


'[  ß  Harnack,  Das  Edict  des  Antoninus  Pius. 

häiigigkeit  zweier  Handschriften  von  einander  noch  auf  die  Vor- 
züghchkeit  der  Handschrift,  welche  das  Richtige  bietet,  schliessen 
lässt.    Dasselbe  gilt  von  dem  „t^"  in  dem  Satze:  el  fif)  cpalvocvro 
TL  Ji£()l  TTjv  'Pcof/aUov  T/ys^ioviav  hyx^cQovvTsg.   Jenes  „Tf"  bietet 
heute  keine  Eusebins-Handschrift,  wohl  aber  Paris.  450.     Allein 
Rufin  hat  es  noch  in  seiner  Eusebius-Handschrift  gefunden  („nisi 
forte  arguerentur  aliquid"),  und  einige  Eusebias-Handschriften 
lesen  (iTjötv  statt  //?y,  was  vielleicht  sogar  das  Ursprüngliche  ist. 
Für  die  Unabhängigkeit  des  Textes  in  B  von  A  lässt  sich  hieraus 
nichts  folgern.     Mehr  Gewicht  scheint  die  dritte  Stelle  zu  haben. 
Die  Christen  werden  in  der  Recension  B  nie  als  solche  genannt, 
sondern    stets   durch    ,^tolovtoi^    oder    „txHPoi'^   bezeichnet   (so 
zehnmal).     Auch    in  der  Rec.  A   finden   wir  dasselbe  (neunmal); 
allein  an   einer  Stelle  bieten  alle  unsere  Eusebiushandschriften 
und  Rufin:    ov    ö?)    rovg  XQLötiavovq  &Qt/öxsvovTaq  t^Mvrsre. 
Nach    der   ganzen  Haltung   des  Edicts   ist  es   nicht  eben  wahr- 
scheinlich,   wenn    auch   keineswegs   unmöglich    (s.  das  Hadrian- 
Edict),  dass   die  Christen,    die   sonst   nirgends  genannt  sind,    an 
dieser  einen  Stelle  mit  diesem  ihrem  Namen  bezeichnet  gewesen 
sein  sollen;  also  ist  B  hier  gegen  A  vielleicht  im  Rechte.   Allein 
das  „ö?)  XiiLöTiavovq^^  in  dem  Eusebius-Text  ist  schleppend  und 
sieht  ganz  wie  eine  alte,  früh  (s.  Rufin)  in  den  Text  des  Eusebius 
gekommene  Glosse   aus,    die  aber  in   dem  Exemplare  nicht  ge- 
standen  hat,    welches   zur    Anfertigung    von  B   benutzt   wurde. 
Dies   wird   auch   durch   das  Chronicon  paschale  nahe  gelegt;    in 
der  Regeste,  welche   dieses  bietet,  fehlt  das    j,6ri  rovg  X(^hoti- 
avovg^'   auch.     Der  Text   dieser  Regeste  im  Chronicon  ist  über- 
haupt   interessant;   denn  während   er  im  Allgemeinen  die  Text- 
fassuug  von  A  bezeugt,  nähert  er  sich,  abgesehen  von  dem  eben 
besprochenen  Falle,  noch  an  zwei  anderen  Stellen  dem  Text  in 
B').     Erstlich   nämlich   bietet   er  statt   ovx    axojrov   i\uäg   vjio- 
firfjOai  vielmehr  arojtov  xtL  und  bereitet  somit  bereits  die  Les- 
art und   das  falsche  Verständniss  von  B:    ovx  elxog  vjio/Ji'fjoai 
vfiag   vor.     Zweitens   bietet   er   das    Jsqojp"',    welches  sich  in  B 
findet,  ninnnt  aber  insofern  eine  Mittelstellung  zwischen  A  und  B 
ein,   als  er  das  „aXXwr'  (A),    das  B  nicht  bietet,  noch  wieder- 
giebt,    indem    er   die  J^'assung:    xal   tmv  aXXcov  hQcov  dfJt).eiTe 


1)  iiber  eino  dritte  Stelle  in  der  Adresse  s.  u. 


1.  Die  Überlieferung.  17 

vorlegt.  Wir  dürfen  hiernach  vielleicht  vermuthen ,  dass  es 
zwischen  dem  Text  von  A  und  B  Zwischenstufen  gegeben  hat, 
und  dass  nicht  eine  Hand  alle  die  Entstellungen  vorgenommen 
hat,  die  wir  jetzt  in  B  lesen.  Aber  dass  ein  anderer  Text  als 
der  eusebianische  zu  Grunde  liegt,  der  in  B  irgendwo  besser 
bewahrt  sei  als  in  A  —  diese  Hypothese  ist  völlig  grundlos. 
Es  erübrigt  noch  in  Bezug  auf  die  grosse  Anzahl  der  „harm- 
losen" Varianten  zwischen  A  und  B  zu  zeigen,  dass  ein  ganz 
ähnliches  Verhältniss  zwischen  dem  Text  der  Apologie  des  Justin 
in  unserer  einzigen  leider  so  schlechten  Handschrift  und  den 
Citaten  aus  ihr  in  Eusebius'  K Gesch.  obwaltet. 

Zuerst  sei  bemerkt,  dass  der  Redactor  des  Paris.  450  das 
Hadrian-Edict,  indem  er  es  dem  Eusebius  entnahm,  nicht  ver- 
fälscht hat;  allein  1)  hat  er  ihm  die  falsche  Überschrift  gegeben 
„^AÖQiavov  vjiIq  XQLöxiavmv  ajitOroX/],  2)  finden  sich  folgende 
Varianten  zwischen  Eusebius  und  Paris.  450.  A:  liot  ovv,  B: 
ovv  [iOL.  A:  ei  övvapzat,  B:  av  övrcovrat.  A:  kjtaQXi^Tai^ 
B:  EjiaQxecÖTca.  A:  ajtoxQivao&cu,  B:  ajtoxQLVSöO^ai.  A:  OQcC^e, 
B:  ÖloqlC^s.  Nun  mögen  einige  Proben  der  Varianten  im  Text 
der  Apologie  folgen: 

Justin  Ms.  Paris.  450.  Justin  bei  Eusebius,  h.  e. 

Apol.  I,  26   rrjv  dveXsvöiv  rov     H,  13,  2  sq.  rijv  dvdXrjipcv  rov 
XqlOtov  xvqlov 

övvdfisig  JtOLf]öag  fiayixdg  övv.  fiay.  jrot^Oag. 

jtag    vfiojv  üiaQ    vfztv 

og  dvÖQLag  dveyriyeQTai  Glosse,  die  bei  Eusebius  fehlt. 

ütdvxeg  (liv  [isv  Jtdvrsg 

exslvov  xal  Glosse,  die  bei  Eusebius  fehlt. 

orad^Eiöav  araO^slöav    ev     Tvqco    rrjg 

^OlVLX7]g 

vjt^  avxov  ajt    avrov 

tvvoiav  jTQcoTijV  YSP0fiev7jv  jtgwxrjv  Ivvoiav 

ev£Qy?jü^tvxa  xal  vjto  xcov  HI,  26,  3  oloxQfjd^svxa  xal  av- 

daifiovlcQi^  xov  vjio  xwv  öaifiovcov. 

eioi  xtveg  xivsg  suu. 

vofii^etv  IV,  11,  9  sivai  vofii^siv 

Texte  u.  Untersuchungen  XIII,  4.  '  2 


18 


Harnack,  Das  Edict  des  Antoninus  Pius. 


og  xaza  Jiav  ysvog 

JC8Jl0i7/X£ 

ßXaOcpr/filag 

cog  ovra  fiel^ova  ra  fiel^ova 

üisjtotrjxtvaL 
jcavreg 
OQUcoiievoi 

£<prjfl£V 

OL  xoivcQPOvvTeg  xwv  av- 

Tcöv  öoyfiarcDV 
sjiixaxTjyoQOVfisvov 
xotvov  e^ovöLV 


og  xat  X.  ji.  ytvog. 

JltJCSLXE 

ßXaö(p7]ixa 

jiarsQa  elvai  rov  Xqlötov 

fehlt   T«   iiEiC,ova  (Fehler). 

xal  Jtavreg 

(DQlirjlltVOi 

ovxoivwv  ovTwvöoyfiarojv 
sjnxaZovfievov 

XOiVOV    £6TC 


Diese  Varianten  finden  sich  auf  c.  30  Zeilen,  Nehmen  wir 
noch  eine  zweite  und  dritte  Stelle  —  Eusebius  hat  c.  Vi  4-  des 
Textes  der  Apologieen  citiert  —  hinzu: 


Justin  Ms. 

Apol.  I,  68  djtoörolrig 

ovx  ex  rov  xEXQloiyai  rovro 

vjto  ^AÖQiavov 
ölxaia    a^iovv   i:t]v    jiqoö- 

(p(X)V7]öLV    xal    t^r}y7](jiv 

jiejtoL7jfi£{)a. 
xarä  TOVTO 
xal     Ion    t6    avrlyQacfjOV 

TOVTO 

Diese  Varianten  stehen  auf  7  Zeilen 


Justin  bei  Eusebius,  h.  e. 
IV,  8.  7  sq.  sjctOTOArjg 

TOVTO  ovx  ^S  ''^^o  AÖQta- 

vov  xeXsvo&h^ 
öixaiav    a^iovv  ti^v  üiqoö- 
(pmvriöLv. 

TOVTO 

xal  iOTL  Toöe 


Justin  Ms. 

Apol.  11,  12  ÖE 
aXla 

av{)^Q(Dmvow 
aya\)ov  i]yov(ievog 
Tcöv   avTov   ayadcQV  öT/y- 

ye 
xaT)]yyBiXf: 


Justin  bei  Eusebius,  h.  e. 

IV,  8,  5  08  xal 
om. 

avf^QOJJidmv 
1  y.  aya^ov 
TGJV  tavTOv  öTSQrjd^eh]  sjti- 

d^VfllSv 

om. 
om. 
xaTfiyysXXe 


1.  Die  Überlieferung.  j[g 

Diese  Varianten  stehen  auf  8  Zeilen.  Durchschnittlich  kommt 
überhaupt  in  den  c.  HO  Zeilen  füllenden  Citaten  aus  Justin  bei 
Eusebius  eine  Variante  auf  die  Zeile,  und  zwar  so,  dass  fast  in 
allen  Fällen  sämmtliche  Eusebius-Handschriften  zusammenstehen 
gegen  den  Justintext  in  Paris.  450  (B). 

Hiernach  dürfen  wir  den  Beweis  für  abgeschlossen  erklären: 
wir  besitzen  das  christenfreundliche  Edict  höchst  wahrscheinlich 
nur  aus  einer  selbständigen  Quelle,  der  KGeschichte  des  Eusebius; 
die  Fassung  im  Justin-Codex  kann  für  die  Untersuchung  nicht 
weiter  in  Betracht  kommen.  Nur  bei  der  Feststellung  der  richtigen 
Adresse   werden  wir   auf  jene  Fassung  zurückkommen  müssen.  ^) 

Aber  wir  dürfen  das  Kapitel  über  die  Überlieferung  unseres 
Edicts  noch  nicht  schliessen.  Es  bleibt  noch  zu  untersuchen, 
wie  und  in  welchem  Zusammenhang  es  bei  Eusebius  überliefert 
ist.  Auch  diese  Frage  ist  bisher  nicht  scharf  gestellt  und  daher 
auch  nicht  ausreichend  beantwortet  worden. 

Erstlich  ist  es  bemerkenswerth,  dass  Eusebius  in  seiner 
Chronik  das  Edict  überhaupt  nicht  erwähnt,  während  er  sonst 
auch  dort  die  Actenstücke  über  das  Verhältniss  von  Kaiser  und 
Staat,  welche  er  in  der  KGesch.  mittheilt,  verzeichnet.  Sollte  er 
das  Edict  noch  nicht  gekannt  haben,  als  er  die  Chronik  ver- 
fasste  —  aber  zwischen  beiden  liegt  ein  kurzer  Zwischenraum, 
und  sie  sind  auf  Grund  derselben  Excerpte  gearbeitet?  Hat  er 
das  Edict  in  der  Chronik  absichtlich  ausgelassen,  weil  er  es 
chronologisch  nicht  unterbringen  konnte,  da  es  ihm  als  ein  Edict 
des  Marcus  überliefert  war,  er  es  aber  für  ein  solches  des  Pius 
hielt  (s.  u.)?  Oder  war  ihm  das  Edict  verdächtig?  Das  wird  man 
nicht  annehmen  dürfen;  denn  dann  hätte  er  es  auch  in  der  KGe- 
schichte nicht  gebracht.  So  ist  die  Annahme  die  wahrschein- 
lichste —  Sicheres  lässt  sich  nicht  sagen  — ,   dass  er  es  in  der 


1)  Die  Einsicht,  dass  das  antoninische  Edict  im  Paris.  450  tendenziös 
überarbeitet  ist,  kommt  auch  der  Kritik  des  dritten  Actenstücks  in  jenem 
Codex,  welches  unserem  Brief  folgt,  zu  gut,  dem  Brief  des  Marc  Aurel. 
Die  von  mir  schon  früher  geäusserte  Annahme,  dass  ihm  ein  Actenstück 
zu  Grunde  liegt,  welches  aber  stark  verfälscht  ist,  erhält  nun  eine  Stütze. 
Übrigens  ist  der  Satz,  der  sich  hier  findet:  xov  ös  z o lovrov  avfißovXsvo), 
6ia  t6  t 0 lOvTOv  eivai  Xqlgtkxvov,  (xrj  syxaXsLod^ai ,  dem  Antonin-Edict 
nachgebildet.  Die  drei  im  Paris.  450  dargebotenen  Christen  freund  liehen 
Actenstücke  der  Kaiser  Hadriau,  Pius  und  Marcus  stellen  eine  Klimax  dar. 

2* 


2Q  Harnack,  Das  Edict  des  Antoninus  Pius. 

Chronik  fortliess,  weil  er  über  den  Kaiser  nicht  ins  Reine  kom- 
men konnte. 

Zweitens  ist  zu  beachten,  dass  Eusebius  kein  lateinisches 
Original  des  Edicts  zur  Verfügung  hatte,  sondern  es  ihm  grie- 
chisch zugekommen  war.  Das  Edict  des  Hadrian  (IV,  9),  das 
des  Gallienus  (VII,  13)  und  das  des  Galerius  (VIII,  17)  hat  er 
lateinisch  in  Händen  gehabt  und  sie,  wie  er  bemerkt,  selbst  ins 
Griechische  übersetzt.  Bei  den  anderen  Erlassen  hebt  er  aus- 
drücklich hervor,  dass  er  eine  ihm  vorliegende  Übersetzung  gebe 
(s.  IX,  1;  IX,  9,  14  sq.;  IX,  10,  7  sq.;  X,  5,  2  sq.  15  sq.  18  sq.  21  sq.; 
X,  6.  7).  In  Bezug  auf  das  Apologeticum  Tertullian's  sagt  er, 
dass  er  eine  griechische  Version  benutze.  Dagegen  hier  bemerkt 
er  nichts  über  die  ursprüngliche  Sprache  des  Edicts.  Er  scheint 
das  Griechische  also  für  das  Original  gehalten  zu  haben  —  eine 
Annahme,  die  schwerhch  richtig  ist;  denn  das  Edict  ist  höchst 
wahrscheinlich  aus  dem  Lateinischen  übersetzt  (s.  u.).  Unser  Edict, 
sofern  es  Eusebius  nicht  als  aprlygacpov  ßaOiXcxojv  öiata^eojv  8X 
'PojficäxTJg  yXc6ao?]q  fisraXrjcpd^stödjv  bezeichnet,  steht,  soviel  ich 
sehe, in  der KGeschichte  ganz isolirt.  Hieraus  ist  zu  schliessen, 
dass  er  es  nicht  aus  der  Originalquelle  kannte,  sondern 
dass  es  ihm  lediglich  aus  christlicher  Überlieferung 
zugekommen  war. 

Drittens  lässt  sich  über  diese  Überlieferung  noch  etwas  er- 
mitteln, wenn  man  beachtet,  in  welchem  Contexte  das  Edict  in 
der  KGeschichte  steht.  Zwar  aus  dem,  w^as  Eusebius  nach  Mit- 
theilung desselben  geschrieben  hat,  lässt  sich  nichts  Sicheres  er- 
kennen. Er  fährt  fort:  „Dass  dieses  also  geschehen  '),  bezeugt 
Melito,  Bischof  der  Gemeinde  von  Sardes,  der  zur  damaligen 
Zeit  lebte;  man  kann  dies  deutlich  aus  dem  ersehen,  was  er  in 
seiner  an  den  Kaiser  Verus  zu  Gunsten  unseres  Glaubens  ge- 
richteten Schutzschrift  sagt''.  Hier  zieht  Eusebius  selbst  eine 
Verbindungslinie,  die  augenscheinlich  nicht  durch  die  Überliefe- 
rung geboten  war.  Hätte  er  das  Edict  in  extenso  bei  Melito 
gefunden,  so  hätte  er  es  gesagt  (s.  seine  Mittheilung  über  das 
Hadrian-Edict)  und  sich  nicht  mit  dem  allgemeinen  Ausdruck 
„Torro/c  ovTCQ  x^q)  öaöi^''  begnügt.  JVIelito  bezeugt  ihm  nur, 
entweder  dass   unter  Pius   die  im  Edict  vorgeschriebene   Praxis 


1)  H.  e.  \\\  13,  8:  Tovxoiq  ovro)  /<j)Q7jaaan'  tmnaQXVQwr. 


1.  Die  ÜL  erlief  er  ung.  21 

geherrscht  habe  oder  dass  von  ihm  Schutzedicte  ausgegangen 
sind,  und  beides  versichert  ja  Melito  wirklich  mit  klaren  Worten. 
Aber  interessant  ist  die  Einleitung,  die  er  dem  Edict  vorgesetzt 
hat.  Nachdem  er  von  Justin's  Apologie  an  den  Kaiser  Pius  ge- 
sprochen und  ihre  Adresse  wörtlich  wiedergegeben  hat,  fährt 
er  (h.  e.  IV,  12)  fort:  Eprsv^^elg  öa  xal  v(p^  IxtQcov  o  avtog 
ßaötXevg  sjcl  TT/g  Aöiag  aÖBlcpmVj  jtavTolcag  vßQeoc  ji:()6g  zwv 
IjilxcoqIojv  örjficov  xatajiovovfievcov,  TOtavrr]  rj^lwös  xo  Koivov 
xiig  ^Aoiag  öiard^eatg.  Eusebius  will  also  sagen,  dass  Justin's 
Apologie  und  andere  christliche  Petitionen  das  Edict  veranlasst 
haben.  Woher  hatte  er  aber  das  ^^evTtvx^dg  v(p'  Ixegcov  hjtl 
xijg  'Aöiag  döa?.cpG)V^^?  Aus  dem  Edict  selbst  war  es  nicht  nur 
nicht  zu  entnehmen,  sondern  dieses  widerspricht  vielmehr  diesem 
Pragmatismus;  denn  es  zeigt,  dass  es  eine  Antwort  ist  auf  die 
Petition  des  Koivov  xijg  Aöiag,  es  möge  gegen  die  Christen  mit 
Sacralprocessen  vorgegangen  werden  (Anklage  auf  „Atheismus"). 
Also  sind  jene  Worte  entweder  eine  werthlose^  weil  unrichtige 
Combination  des  Eusebius  selbst,  oder  aber  sie  deuten  die  Quelle 
an,  aus  der  er  das  Edict  empfangen  hat.  In  christlichen  Kreisen 
als  eine  Art  von  Toleranzedict  wurde  es  aufbewahrt  und  ist  so 
an  Eusebius,  resp.  in  die  Bibliothek  von  Caesarea  gelangt.  Diese 
Tradition  ist  der  Echtheit  resp.  Integrität  des  Edicts  zwar  keines- 
wegs tödtlich,  aber  doch  nicht  eben  günstig  ^). 


1)  Auch  die  Frage  muss  aufgeworfen  werden,  ob  Eusebius  nicht  etwa 
das  Edict  bereits  hinter  der  justinischen  Apologie  in  seinem  Exemplar  der- 
selben gelesen  hat.  Die  Stellung,  die  er  ihm  in  der  KGeschichte  gegeben, 
unmittelbar  hinter  der  Apologie,  ist  dieser  Hypothese  günstig,  und  unter 
dieser  Voraussetzung  würde  es  sich  auch  erklären,  wie  er  es  in  der  Chronik 
übergangen  hat  —  er  hatte  es  eben  noch  nicht  bemerkt.  Allein  hätte  es 
Eusebius  am  Schluss  der  justinischen  Apologie  gefunden,  so  hätte  er  das, 
seiner  sonstigen  Gewohnheit  gemäss,  gesagt.  Ferner  —  im  Paris.  450  steht 
nicht  nur  unser  Edict  hinter  Justin's  Apologie  (nach  dem  Hadrian-Edict), 
sondern  auch  der  Brief  des  Marcus  über  das  Regenwunder.  Es  ist  in  sich 
wahrscheinlich,  dass  beide  Schriftstücke  zusammen  dorthin  gestellt  worden 
sind.  Jenen  Brief  kannte  aber  Eusebius  noch  nicht  Endlich  —  der  Re- 
dactor  der  Sammlung  Paris.  450  hat  jedenfalls  die  eusebianische  KGeschichte 
gekannt;  denn  er  hat  das  Hadrian-Edict  in  der  Übersetzung  Euseb's 
der  Apologie  des  Justin  einverleibt.  Kann  man  also  der  Annahme  doch 
nicht  ausweichen,  dass  Paris.  450  von  Eusebius  abhängig  ist,  so  ist  die 
Hypothese,  Eusebius  sei  seinerseits  von  der  Vorlage  des  Paris.  450  abhängig 
gewesen,  höchst  unwahrscheinlich.   Es  bleibt  also  dabei,  was  oben  S.SflF.  con- 


22  Harnack,  Das  Eclict  des  Antoninus  Pius. 

Schliesslich  ist  noch  des  Kaisernamens  zu  gedenken.  Hier- 
bei stossen  wir  auf  eine  capitale  Schwierigkeit,  die  übrigens  be- 
reits aus  der  Überlieferungsgeschichte  zur  Exegese  des  Edicts 
überleitet.  Ich  will  gleich  bemerken,  dass  ich  eine  befriedigende 
Lösung  der  Schwierigkeit  so  wenig  zu  geben  weiss,  wie  meine 
Vorgänger.  Thatsache  ist,  dass  Eusebius  mit  klaren  Worten 
den  Pius  (o  avxog  ßaoiXevg,  nämlich  derselbe,  dem  Justin  seine 
Apologie  eingereiht  hat)  als  den  bezeichnet,  der  das  Edict  er- 
lassen hat,  und  dass  er  ihn  IV,  13,  8  von  dem  Kaiser,  dem  Melito 
seine  Schutzschrift  übergeben,  unterschieden  hat,  endlich  dass 
er  erst  IV,  14,  10  zur  Regierungszeit  des  Marcus  übergeht  und 
sich  also  mit  seiner  Geschichte  von  IV,  10  an  in  der  Zeit  des  Pius 
befindet  ^).  Dennoch  giebt  er  das  Document  als  ein  Edict  des 
Marcus  und  schweigt  über  den  Widerspruch,  in  den  er  sich 
damit  verwickelt,  vollkommen.  Die  Annahme,  dass  er  ihn  selbst 
gar  nicht  gemerkt  hat,  weil  er  auch  sonst  in  seiner  KGeschichte 
die  Antonine  verwechselt  hat,  ist  höchst  unwahrscheinlich;  denn 
im  Context  werden  hier  Pius  und  Marcus  bestimmt  unterschieden. 
i\.lso  steht  man  vor  einem  vollkommenen  RäthseP).     Die  wahr- 


t 


statirt  worden  ist,   dass  die  Verwandtschaft  zwischen  Euseb.  u.  Paris.  450 
auf  der  Benutzung  jenes  durch  diesen  beruht. 

1)  Dagegen  darf  man  sich  nicht  auf  IV,  14,  1  [enl  xwv  6r}Xov(xh(t)v) 
berufen  und  behaupten,  Eusebius  zeige  durch  diesen  Ausdruck,  dass  er  die 
Zeit  der  Antonine  überhaupt  im  Auge  hat;  denn,  wie  ich  an  einem  anderen 
Orte  zeigen  werde,  ist  stiI  T(3v  dr]?.ovfAtv(ov  nicht  zu  ergänzen  KaioccQwv, 
sondern  x^ovcav  =  in  der  angegebenen  Zeit,  seil,  in  dem  durch  den  Kaiser- 
Tiamen  bezeichneten  Zeitraum. 

2)  Wahrscheinlich  liegt  den  widersprechenden  Angaben  des  Eusebius 
über  die  „zwei"  Apologien  des  Justin  auch  eine  Confusion  über  die  Anto- 
nine zu  Grunde;  doch  ist  das  nicht  sicher.  Jedenfalls  aber  bezeichnet 
V,  4,  3  neben  V,  5,  1  eine  starke  Confusion :  Buch  IV,  14,  10  hatte  Eusebius 
den  Amtsantritt  des  „Marcus  Aurelius  Verus  6  xal  ^AvzcDvlvoq^^  angegeben 
avv  xal  Aovxiu>'\  Im  Folgenden  —  abgesehen  davon,  dass  er  Justin's 
zweite  Apologie  an  einer  Stelle  an  zwei  Herrscher  gerichtet  sein  lässt 
(IV,  16,  1)  —  spricht  er  nur  von  M.  Aurel,  „in  dessen  Regierungszeit  wir 
uns  befinden".  Er  nennt  ihn  Antoninus  Verus  und  betont  die  Gleich- 
namigkeit mit  seinem  Vater  Antoninus  Pius  (IV,  18,  2;  2G,  1;  2(3,  2;  27;  30). 
Dass  dieser  Antoninus  Verus  M.  Aurel  ist,  geht  aus  Buch  V  Prooem.  hervor, 
wo  vom  17.  Jahr  des  Antoninus  Verus  gesprochen  wird  als  dem  Jahre  der 
gallischen  Verfolgung.  Der  Abschnitt  schliesst  V,  4,  3  mit  den  Worten: 
„Unter  Antoninus  geschah  das".    Nun  folgt  der  grobe  Fehler;  denn  Eusebius 


1.  Die  Überlieferung.  23 

scheinlichste  Lösung  ist,  dass  Eusebius  die  Aufschrift  des  Edicts 
für  unrichtig  gehalten  und  —  wohl  in  Hinblick  auf  die  Mitthei- 
lungen des  Melito,  s.  u.  —  in  Pius  den  Verfasser  gesehen  hat. 
Er  hielt  sich  aber  nicht  für  berechtigt,  die  Aufschrift  zu  corri- 
giren,  sondern  theilte  das  Actenstück  mit,  wie  es  ihm  zugekommen 
war.  Hieraus  folgt,  dass  er  nicht  etwa  —  wie  auch  angenommen 
worden  ist  —  das  Edict  in  doppelter  Form  (als  das  des  Marcus 
und  das  des  Pius)  vor  sich  gehabt  hat;  denn  hätte  er  auch  eine 
Pius-Recension  gekannt,  so  hätte  er  diese  unzweifelhaft  bevor- 
zugen müssen.  Lediglich  also  historische  Reflexion  kann  ihn 
dazu  bewogen  haben,  es  trotz  der  Aufschrift  dem  Pius  zuzu- 
weisen. 

Diese  Reflexion  kann  richtig  sein.  Ist  sie  es,  so  ist  das  für 
das  Actenstück  nicht  günstig;  denn  es  wäre  damit  bewiesen,  dass 
das  Edict  in  der  christlichen  Überlieferung^  aus  der  es  Eusebius 
zugekommen  war,  nicht  intact  geblieben  ist.  Nun  aber  zeigt  die 
Aufschrift  wirklich  einen  groben  Fehler,  der  ihre  Echtheit  schwer 
gefährdet  ^).  Alle  griechischen  Handschriften  des  Eusebius  und 
Rufin  geben  dem  Marcus  den  Beinamen  ,,^AQfi£viog^^^),  trotzdem 
sie  einstimmig  ^^örjuaQXixrjq  e§ovöiag  ro  is',  vjtarog  rb  y  schreiben 
und  damit  das  Jahr  161  als  das  Ursprungsjahr  des  Edicts  be- 
zeichnen. Allein  1)  'AQfjeviog  ist  überhaupt  nichts;  es  muss 
\4Qii£VLax6g  heissen,  2)  im  J.  161  führte  Marcus  den  Namen 
„Armeniacus"  noch  nicht,  3)  im  J.  161  hätte  in  einem  kaiser- 
lichen Edicte,  namentlich  in  einem  nach  Asien  gerichteten,  Lu- 
cius Verus  mit  genannt  sein  müssen.  Somit  ist  die  Aufschrift 
auch  in  sich  verdächtig  und  kann  nicht  für  ursprünglich  erachtet 
werden.    Dieses  Urtheil  besteht  freilich  nur  dann  zu  Recht,  wenn 


fährt  fort :  „dem  Bruder  dieses  Kaisers,  dem  Marcus  Aurelius"  (passirte  das 
Regenwunder).  Augenscheinlich  hatte  Eusebius  von  Lucius  Verus  die 
Glocken  läuten  hören,  und  so  entstand  die  Confusion.  Es  ist  aber  doch 
sehr  fraglich,  ob  man  deshalb  auch  in  der  Vertauschung  von  Pius  und 
Marcus  an  unserer  Stelle  nur  eine  Confusion  sehen  darf. 

1)  Dieser  Fehler  war  es  natürlich  nicht,  der  den  Eusebius  veranlasst 
hat,  das  Edict  dem  Marcus  zu  nehmen  und  dem  Pius  zuzuschreiben;  Euse- 
bius hat  ihn  gewiss  gar  nicht  bemerkt. 

2)  Das  Chronicon  paschale  bietet  „'AQ/A,eviog^'  nicht,  aber  es  lässt  auch 
,^AQXieQtvq  Meyioxoq"^  aus  und  zeigt  damit,  dass  die  Worte  durch  Homöo- 
teleuton  fehlen  (voransteht  Seßaazog).  Übrigens  hat  das  Chronicon  Euse- 
bius gegenüber  überhaupt  keine  Selbständigkeit. 


24  Harnack,  Das  Edict  des  Antöninus  Pius. 

vom  Syrer,  der  die  Worte  ^Aqu^vloq  xtL  iiiclit  enthält,  abgesehen 
wird;  s.  darüber  unten. 

Fassen  wir  zusammen:  Das  Edict  an  das  Eoivov  xrjg  Aöiag 
besitzen  wir  nur  in  einer  einzigen  selbständigen  Überlieferung, 
nämlich  bei  Eusebius,  h.  e.  IV,  13;  die  Fassung  im  Paris.  450  ist 
eine  tendenziös  verfälschte  Tochterrecension  der  eusebianischen. 
Eusebius  hat  das  Stück  nur  in  griechischer  Übersetzung  gekannt 
und  es  aus  christlicher  Überlieferung  als  ein  Schutzedict  für  die 
Christen  erhalten,  entweder  ohne  jede  begleitende  Tradition  oder 
mit  der  falschen,  es  sei  eine  Antwort  auf  die  Bitten  christlicher 
Brüder.  Es  ist  in  seiner  Kirchengeschichte  das  einzige  kaiser- 
liche Actenstück,  bei  dem  er  nicht  vermerkt,  dass  es  eine  Über- 
setzung ist.  Das  Edict  trug  die  Aufschrift  „Marc  Aurel  etc." 
Diese  Aufschrift  hat  Eusebius  nicht  für  richtig  erachtet,  vielmehr 
das  Schriftstück  dem  Pius  zugewiesen,  wahrscheinlich  weil  er  es 
zu  den  bei  Melito  verzeichneten  Edicten  dieses  Kaisers  gerechnet 
hat.  Nach  der  negativen  Seite  bestätigt  sich  seine  Kritik  durch 
eine  nähere  Untersuchung  der  Aufschrift,  wie  sie  in  den  grie- 
chischen Codd.  und  bei  Rufin  erhalten  ist;  denn  diese  kann  ur- 
sprünglich nicht  so  gelautet  haben,  wie  sie  Eusebius  überliefert 
erhalten  hat  und  mittheilt.  Damit  ist  aber  Marcus  als  der  Ver- 
fasser selbst  gefährdet. 

2.  Conimeutar. 

'EycQ  fthp  oLöa  xrL]  Der  Charakter  des  Schreibens  als  eines 
Rescripts  tritt  hier  sofort  klar  hervor.  Das  ist  der  Echtheit 
günstig.  Ein  Fälscher  hätte  wohl  auch  die  Petition  mitgefälscht, 
auf  welche  das  Schreiben  eine  Antwort  sein  sollte;  er  hätte  es 
auch  deutlicher  gemacht,  dass  es  sich  um  Christen  handelt.  Über 
die  Form  der  Eingaben  der  Landtage  in  Sachen  der  Christen 
und  der  kaiserlichen  Antworten,  s.  Euseb.  h.  e.  IX,  7  und  die 
Inschrift  von  Arykanda  (M o mm s  e n  in  den  ArchäoL-epigraphischen 
Mitth.  aus  Österreich  1893  S.  93—102.  lOS). 

oTi  xal  Tolg  d^toh;  tjcifisX^g  tOrt  fi?]  Xav&dvaiv  rovg  roiov- 
TOf>g]  „diis  curae  esse".  Der  griechische  Ausdruck  befremdet  etwas; 
unwillkürlich  denkt  man  an  eine  Übersetzung  aus  dem  Lateinischen. 
—  Man  beachte  das  „jcra'"  und  das  später  folgende  „jtoXv  yctQ 
liaXXov.  sie  sind  nicht  rhetorisch  zu  verstehen.  Mag  auch  den 
Kaiser  der  Hintergedanke  bestimmt  haben,  dass  die  Götter  allein 


f 


2.  Commentar.  25 

den  Religionsfrevel  zu  rächen  haben,  so  hat  er  sich  doch  so  nicht 
ausgedrückt.  Zur  Sache  s.  Tacitus,  Annal.  I,  73:  „deorum  iniurias 
dis  curae"  (Ausspruch  des  Tiberius);  Tertull.  ad  Scapul.  2:  „Hu- 
mani  iuris  et  naturalis  potestatis  est  unicuique  quod  putaverit 
colere,  nee  alii  obest  aut  prodest  alterius  religio".  Apolog.  28: 
„Nolo  mihi  Jovem  propitium;  tu  quis  es?  meconveniat  Janusiratus 
ox  qua  velit  fronte;  quid  tibi  mecum  est?"  Zu  jtolv  jag  fiäXXov 
xtX.  Apol.  13:  „Vos  e  contrario  impii  et  sacrilegi  et  inreligiosi 
ergo  deos  vestros  deprehendimini,  qui,  quos  praesumitis  esse,  neg- 
ligitis".  Mommsen  (der  Religionsfrevel  nach  römischem  Recht 
i.  d.  Histor.  Ztschr.  64.  Bd.  (28.)  3.  Heft  S.  392  f.).  —  Zu  roi- 
ovTOvg  ^),  welches  öfters  im  Edict  vorkommt  und  den  Charakter 
des  Rescripts  vor  Allem  deutlich  macht,  s.  die  Parallele  in  Melito's 
Apologie  bei  Euseb.,  h.  e.  IV,  26,  9 :  ...  NIqwv  zal  ziof^tericcvog, 
afp  cov  xcd  ro  rrjg  OvxotpavTiag  dXoycp  övvrjO^sla  jtsqI  rovg 
Toiovrovg  Qvrjimt  övfzßißrjXE  ^8vöog.  Übrigens  nimmt  der  Kaiser 
die  „Atheisten"  d.  h.  die  Christen  hier  keineswegs  in  Schutz; 
er  übergiebt  vielmehr  ihre  Ermittelung  und,  wie  das  folgende 
zeigt,  ihre  Bestrafung  den  Göttern.  Der  Fälscher  der  Recension 
B  hat  das  wohl  gemerkt  und  deshalb  den  Text  durch  cpfi?]v 
verfälscht. 

IIoXv  yccQ  [laXXov  xrZ.]  deutlich  ist,  dass  der  Kaiser 
keine  Processe  wegen  Religionsfrevel  wünscht,  deutlich  aber 
auch,  dass  er  Religionsfrevel  für  Frevel  hält.  —  Das  xolaöcusv 
av  hat  Rufin  richtig  durch  „convenit  punire"  wiedergegeben. 
Im  Lateinischen  lautet  der  Satz  weniger  ungelenk  als  im  Grie- 
chischen, wenn  man  übersetzt:  „multo  enim  magis  illis  convenit 
punire  eos,  qui  ipsos  colere  nolunt,  quam  vobis."  Der  Fälscher 
der  Rec.  B  hat  durch  „ajrf()  Svvcuvto^^  den  Text  in  sein  Gegen- 
theil  verkehrt. 

ovg  dg  ragccx^/v^)  h^fßaXXezs  ßeßcuovvxeg  rrjv  yvco[i7]v 
avrmv,  rjvjtsQ  s^ovou^,  cog  d^ecov  xarrjyoQovvTsg]  Dieser 
Satz  ist  ganz  besonders  ungeschickt  stilisirt:  1)  weil  das  Re- 
lativum  ovg  unklar  ist,  da  rj  vftsig  vorhergeht,  2)  weil  ßeßat- 
ovpreg  nicht  im  Particip  stehen  durfte,  sondern  im  Verb,  finit., 


1)  Auch  in  dem  langen  Rescript  des  Maximinus  Daza  an  die  Tyrier 
in  Sachen  der  Christen  (Euseb.,  h.  e.  IX,  7)  kommt  der  Name  „Christen" 
nicht  vor. 

2)  Cf.  Mart.  Polyc.  5:  IIolvxaQTtoq  ovx  sraQcc/ßrj. 


2(j  Harnack,  Das  Edict  des  Antoninus  Pias. 

3)  weil  das  Participium  7cart]yoQOvvrec,  asyndetiscli  neben  dem 
Participium  ßeßawvvrsg  steht,  während  es  ihm  untergeordnet 
ist,  4)  weil  man  sich  erst  besinnen  muss,  ob  das  xarrjyoQovvTtq 
sein  Subject  in  sxovöiv  oder  —  was  das  Richtige  ist  —  in  sfi- 
ßaXlsTS  hat.  Der  Satz  scheint  ein  missglückter  Versuch  zu  sein, 
einen  vorliegenden  lateinischen  Text  möglichst  gedrungen  wieder- 
zugeben, und  muss  also  aufgelöst  werden:  „Diese  Leute  beun- 
ruhigt ihr  schwer  und  bestärkt  sie,  indem  ihr  sie  als  Atheisten 
verklagt,  in  der  Meinung,  welche  sie  haben  —  nämlich  dass  die 
Götter,  die  sie  nicht  anerkennen,  keine  sind  und  deshalb  auch 
ihre  Verachtung  nicht  zu  rächen  vermögen".  So  ist  das  yvojfir/v, 
i'jvjtSQ  r/ßvöLV,  zu  verstehen.  Der  Zusatz  des  Rufin  „de  vobis" 
ist  augenscheinlich  unpassend  und  falsch.  Den  Inhalt  der  Pe- 
tition des  Koivov  T7]q  'Aöiag  an  den  Kaiser  lernen  wir  hier 
kennen.  Sie  hatten  die  Christen  als  .„Atheisten"  verklagt  und 
beantragt,  dass  sie  aufgesucht  und  der  Sacralprocess  gegen  sie 
angestrengt  werde.  Der  Kaiser  lehnt  diesen  Antrapf  ab.  Denn 
„deorum  iniurias  dis  curae";  ausserdem  würden  diese  Processe 
die  Beschuldigten  nur  in  ihrer  Gesinnung  bestärken.  Eine 
günstige  Beurtheilung  der  Christen  seitens  des  Kaisers  hat 
erst  der  Fälscher  ß  hinein  getragen,  indem  er  hinzufügt:  xccl 
ttSQü  TLva  £f^ßaX?.STS,  axiva  ov  öwaftsO^a  ajroösi^ai.  Alle 
Anklagen  gegen  die  Christen  werden  damit  als  unbeweisbar  be- 
zeichnet. V^on  dieser  Auffassung  ist  der  Text  A  weit  entfernt. 
£U]  d'  av  sxslvoig  alQexov  rb  öoxetp  xaT?]yoQOVfi£Voig  raOrd- 
vai  iiäXXov  7]  C^ijv  vjtsQ  rov  oixslov  ^€ov]  Sprachlich  ist  zunächst 
das  aiQerov  ungelenk  und  anstössig.  Der  Fälscher  B  hat  das 
wohl  l)emerkt  und  es  durch  xQ^^^!^ov  ersetzt,  wodurch  der  Ge- 
danke eine  „pastorale",  ausgesprochen  christliche  Färbung  erhält. 
Auch  dieser  Satz  sieht  nicht  wie  ein  ursprünglich  griechisch 
concipirter  aus,  sondern  wie  eine  Übersetzung.  Was  die  Sache 
betrifft,  so  sagt  der  Kaiser  nur  das,  was  bereits  Plinius  cou- 
statirt  hat,  was  Epiktet,  Galen,  Marc  Aurel  und  Lucian  bezeugt 
haben,  und  was  als  Urtheil  der  Heiden  über  die  Christen  aus 
Justin's  Apologie,  Tertullian's  Schriften  (Apolog.  und  ad  Sca- 
pulam)    und    dem    Octavius    des    Minucius    Felix    hervorgeht.  •) 

1)  Die  Stellen  sind  /u  bekannt,  als  dass  sie  ausgeschrieben  7A\  werden 
braucliten;  doch  sei  besonders  hingewiesen  auf  Justin,  Apol.  11, -4,  wo  der 
Apologet   den  Heiden   sprechen   lässt;    ndvTfg    ovv   lavzoig  (povevaavreg 


2.  Commentar.  27 

Dazu  bemerke  man  wohl,  dass  der  Kaiser  nicht  schreibt  ro 
red^vavai,  sondern  ro  öoxelv  x^d-vccvca^  also:  „es  ist  ihnen 
erwünscht,  sich  den  Anschein  zu  geben,  als  zogen  sie  den 
Tod  dem  Leben  für  ihren  Gott  vor.  Man  darf  hier  wohl 
M.  Aurel,  Confess.  XI,  3  vergleichen,  wo  er  von  der  Todesbereit- 
schaft der  Christen  nicht  nur  sagt,  sie  geschehe ';caT«  ipLlrjv 
jtaQara^iv,  sondern  ihr  auch  das  XeloyLöntvcoq  xcä  osfivwg,  vor 
allem  aber  das  drQccyqjöcog  entgegenhält.  Galen  dagegen  sagt 
rund:  „quod  Christiani  mortem  contemnunt,  id  quidem  ante 
oculos  habemus",  während  Epiktet  die  Furchtlosigkeit  der  „Gali- 
läer"  vor  dem  Tode  auf  ein  eigenthümliches  sdog  zurückführt, 
was  dem  vjisq  tov  oixelov  O^eov  unserer  Stelle  nahekommt. 
Dieser  Ausdruck  ist  letztlich  noch  zu  beachten.  In  B  fehlt  er,  sei 
es,  weil  er  dem  Fälscher  anstössig  war,  sei  es,  was  mir  wahr- 
scheinlicher ist  (s.  o.),  durch  Homöoteleuton.  Der  Kaiser,  weit 
entfernt  sich  für  den  Christengott  günstig  zu  erklären,  beurtheilt 
ihn  in  diesem  Ausdruck,  wie  zu  erwarten,  abschätzig  (jeder  „deus 
proprius"  ist  als  solcher  anstössig:  „privatim  nemo  habessit  deos"). 
Ein  Widerspruch  aber  besteht  hier  nicht.  „Atheisten"  sind  die 
Christen  in  Bezug  auf  die  Staatsgötter  und  den  Staatscultus;  aber 
das  schliesst  nicht  aus,  dass  sie  „ihren  eigenen  Gott"  haben,  der  eben 
durch  diesen  Ausdruck  als  ein  verächtlicher  gekennzeichnet  wird. 
Soweit  ist  Alles  in  Ordnung.  Die  Echtheit  der  bisher  unter- 
suchten Sätze,  die  in  ihrer  ungelenken  Fassung  einen  schlechten 
Übersetzer  verratlien,  erscheint  nirgends  gefährdet:  so  spricht 
kein  Christ,  auch  kein  christlicher  Fälscher  —  wie  ein  solcher 
sich  ausdrückt,  zeigt  die  Rec.  B  — ,  so  spricht  über  die  Christen 
ein  Heide  und  zwar  ein  heidnischer  Staatsmann,  warum  nicht 
ein  Kaiser  wie  Hadrian  oder  Antoninus  Pius? 

Anders  dagegen  steht  es  mit  dem  folgenden  Satze: 
o{)^8V  Tcal  vixcoöi  jiQod[i£VOL  rag  tavtcov  ipv^^g,  fjjtsQ  Jist- 
ß^6fi£roi,    oig    a^iovxs   JiQarxHV    avTOvg\    Der    Gedanke  ist  — 
auch  aus  heidnischer  Feder  —  als  Ausdruck  zahlreicher  Beobach- 
tungen an  sich  nicht  anstössig,  vgl.  Plin.  ad  Trai.:  „quoruni  nihil 

noQ8vt6^8  TJÖTj  naga.  xbv  S^eov  xccl  rifXLv  TtQccyfxaza  fAtj  TiccQe/eTe,  sowie 
Tertull.  ad  Scap.  5:  „Arrius  Antoninus  in  Asia(!j  cum  persequeietur  in- 
stanter, omnes  ilHus  civitatis  Christiani  ante  tribunalia  eius  se  manu  facta 
obtulerunt.    tum  ille,  paucis  duci  iussis,  reUquis  ait:    'i2  6ti?.oi,    et  d-iXetf: 


28  Harnack,  Das  Eclict  des  Antoniiius  Pius. 

posse  cogi  dicuutur,  cjui  sunt  re  vera  Christiani".  Allein  an- 
stössig  ist  1)  das  vikwol  in  heidnischem  Munde  (dem  Fälscher 
B  war  es  freilich  noch  nicht  deutlich  genug,  und  er  setzte  ifiaq 
hinzu),  2)  der  Ausdruck  jigoiejusvoc  rag  'ipvyac^  3)  das  Verhält- 
niss,  in  welchem  der  ganze  Satz  zu  dem  vorhergehenden  Satze 
steht.  Es  ist  ganz  undenkbar,  dass  ein  römischer  Kaiser  des 
2.  Jahrh.  den  Christen  ein  vLxav  zugesprochen,  noch  undenk- 
barer, dass  er  dieses  vixäv  in  der  Hingabe  des  Lebens  anerkannt 
hat.  Mit  vollem  Recht  hat  Victor  Schnitze  (a.  a.  0.  S.  137) 
Atheuagoras  Supplic.  3  verglichen:  vix/joofisv  avrovg  vjteg  aX?]- 
deiaq  aoxvcoq  rag  tpvyäg  sjiiöiöovTsg.^)  Es  ist  möglich,  dass 
eben  diese  Stelle  der  unsrigen  geradezu  zu  Grunde  liegt.  Nun 
beachte  man  aber  noch  das  Verhältniss  unseres  Satzes  zu  dem 
vorhergehenden.  Der  Hauptgedanke  dort  und  hier  ist  einfach 
identisch:  die  Christen  geben  ihr  Leben  preis.  Aber  dort  heisst 
es:  „bei  gegebener  Gelegenheit  wünschen  sie  sich  den  An- 
schein zu  geben,  lieber  für  ihren  Privattgott  zu  sterben  als 
zu  leben";  hier  dagegen:  „sie  gehen  als  Sieger  hervor, 
indem  sie  ihr  Leben  opfern  statt  dem  Ausinnen  zu  entsprechen, 
das  ihr  an  sie  stellt".  Dort  spricht  der  Heide,  hier  spricht  der 
Christ  (man  beachte  auch  den  halbironischen  Optativ  mit  av 
[elrj  av  (uq^tov]  in  dem  einen,  den  bestimmten  Indicativ  [vlxwoiv] 
in  dem  anderen  Fall).  Der  Christ  konnte  aber  den  ersten  Satz 
doch  stehen  lassen;  denn  durch  die  Hinzufügung  des  zweiten 
erhielt  er  uoth wendig  einen  anderen  Sinn.  Jetzt  kann  das  ..to 
öoxilv^^  nicht  mehr  als  „sich  den  Anschein  geben"  verstanden 
werden,  sondern  muss  pleonastisch,  resp.  im  Sinn  von  „erscheinen" 
genommen  werden,  und  auch  der  Ausdruck  olxslog  d^eog  verliert 
alles  Verächtliche,  wenn  man  dadurch  zum  Sieger  Avird,  dass 
man  an  ihm  festhält.  Bemerkt  man  letztlich  noch,  dass  der  be- 
treffende Satz  griechisch  vortrefflich  stilisirt  ist  und  nichts  von 
den  Anstössen  zeigt,  die  die  früheren  Sätze  so  zahlreich  auf- 
weisen, so  darf  man  nicht  anders  urtheilen:  dieser  Satz  ist  die 
christliche  Interpolation  eines  Griechen  in  einem  ungelenk  über- 
setzten   fremden   Text.-^)      Man    kann    ihn    auch   aus    dem   Zu- 

1)  Athenagoras  fährt  fort:  öri  filr  ovv  ovx  ia/xh'  aS^eot  xrX.l   Ähn- 
liche Stellen  sind  bei  den  Apologeten  nicht  selten. 

2)  Man  mag  die  M()glichkeit  offen  lassen,  dass  im  Lateinischen  etwas 
Ertriiglichereü  gestanden  hat,  aber  wie  sollte  das  gelautet  haben? 


2.  Commentar.  29 

sammenhang   herausnehmen,    ohne    den  Fortgang    der  Rede   zu 
verletzen. ') 

Die  nun  folgende  Satzgruppe  ist  die  schwierigste  des  ganzen 
Schriftstücks  2).  Nachdenkende  Exegeten  hat  sie  zur  Verzweiflung 
gebracht;  einen  erträglichen  Sinn  hat  ihr  weder  der  Fälscher  B, 
der  an  ihr  herumcorrigirt  hat,  noch  sonst  irgend  Jemand  ab- 
zugewinnen vermocht  (s.  Heinichen,  Melet.  z.  d.  St.).  Die  Ge- 
schichte der  Auslegung  lässt  bereits  nur  das  Facit  zu,  dass  die 
Satzgruppe  deshalb  unverständlich  ist,  weil  zwei  Hände  an  ihr 
gearbeitet  haben  und  die  zweite  noch  zu  viel  Rücksicht  auf  die 
erste  genommen  hat.  Die  Worte  lauten:  ^FjtsQ  6h  rcov  osiOftojv 
rSv  ysyovoTcov  xal  yivofievcov  ^)  ovx  arojtov  ^)  vfiäg  vjrofirijoat 

1)  Bemerkenswert!!  ist  es,  das  Rufin  beide  Sätze,  den  echten  und  un- 
echten, in  einen  zusammengezogen  hat;  er  fühlte  also  richtig,  dass  sie 
identisch  sind  und  daher  einer  von  ihnen  überflüssig  ist. 

2)  Über  Erdbeben  in  Asien  z.  Z.  des  Pius  s.  Dio  Cassius  70,  4,  Capi- 
tolin.,  Vita  9.  Leider  lässt  sich  das  Jahr  nicht  bestimmen.  Noch  Maxi- 
minus Daza  hat  in  seinem  Erlass  an  die  Tyrier  (Euseb.,  h.  e.  IX,  7)  die 
Christen  für  die  Erdbeben  verantwortlich  gemacht. 

3)  Dass  der  Kaiser  die  Erdbeben  erwähnt,  kann  nur  dadurch  ver- 
anlasst gewesen  sein,  dass  die  Provincialen  in  ihrer  Petition  von  ihnen  ge- 
sprochen hatten.  Die  Art,  wie  der  Kaiser  auf  sie  eingeht,  zeigt,  dass  der 
Landtag  die  Christen  für  diese  Calamitäten  verantwortlich  gemacht  hatte. 
Wir  vermögen  demnach  den  Inhalt  der  Eingabe  des  Koivov  aus  der  kaiser- 
lichen Antwort  zu  reconstruiren.  Er  lautete  etwa:  „Wir  ersuchen  Dich,  die 
Christen  aufsuchen  und  ihnen  als  Atheisten  den  Process  machen  zulassen; 
denn  sie  haben  den  Zorn  der  Götter  erregt,  weil  sie  ihnen  die  schuldige 
x\nbetung  verweigern;  deshalb  sind  die  Calamitäten  der  Erdbeben  über 
uns  gekommen".  Vergleicht  man  die  Petition  des  Landtags  von  Lycien 
und  Pamphylien  (Mommsen,  a,  a  0.)  an  Maximinus  Daza  in  Sachen  der 
Christen  mit  der  unsrigen,  wie  man  sie  aus  der  Antwort  des  Pius  zu  divi- 
niren  vermag,  so  springt  die  formelle  Ähnlichkeit  in  die  Augen.  In  jener 
bildet  die  Betonung  der  Vortheile  und  Segnungen,  welche  der  pünktliche 
und  ungestörte  Götterdienst  gewährt,  den  Anfang  und  Schluss,  das  Mittel- 
stück aber  das  Gesuch,  gegen  die  „Atheisten"  d.  h.  die  Christen  vorzugehen. 
In  der  Petition  an  Pius  muss  umgekehrt,  aber  entsprechend,  dieselbe  Peti- 
tion in  Bezug  auf  die  Atheisten  umschlossen  gewesen  sein  von  der  Dar- 
legung, wie  sich  der  Zorn  der  beleidigten  Götter  in  den  schrecklichen 
Calamitäten  der  Erdbeben  zeige.  Die  Petition  der  Pauiphylier  war  vom 
Kaiser  bestellt,  und  er  antwortete  daher  in  der  liebenswürdigsten  Weise; 
die  Petition  der  Asiaten  traf  auf  den  gerechten  Sinn  des  Kaisers  Pius,  und 
er  antwortete  mit  einem  Strahl  kalten  Wassers. 

4)  Vgl.  Justin.,  Apol.  I,  29:  ovx  azonov  87nfiv7io&r/vai. 


30 


Harnack,  Das  Edict  des  Antoninus  Pius. 


ad^vfiovpxag  fiep,  oravjteg  coöi,  jiaQaßaXXovraq  6e  xa  vfiereQa 
jTQoq  ra  IxslvojV  ol  fisv  ovv  8VJiaQQ7]öLaOT6TSQOL  yiyrovTcu  jtQog 
TOP  d^tov,  vfiHc  ÖS  jcaga  jravra  xdi^  ygovov,  xad^*  ov  ayvoeiv 
öox8iT£,  Tcov  T£  ^twv  Twv  cdlcov  afieXsiTS  xcd  rrjg  ^QrjOxsiag 
TTjg  jihQl  rov  a{>avaTOV,  ov  [d//  xovg  XQionavovg]  ^qtjöxsvov- 
rag  llavvete  xal  ölcoxsts  tojg  ^avarov.  Allem  zuvor  ist  fest- 
zustellen, dass  der  Ausgang  des  Satzes,  der  doch  als  das  Ziel 
der  ganzen  Ausführung  erscheint,  nur  von  einem  Christen  ge- 
schrieben sein  kann;  denn  dass  die  Asiaten  „den  Cultus  des 
unsterblichen  (Gottes)  vernachlässigen,  aber  die  Anhänger  des- 
selben bedrängen  und  bis  zum  Tode  verfolgen"^  kann  nur  ein 
Christ  sagen.  Allein  andererseits  kann  kein  Christ  in  einem 
Athem  „die  anderen  Götter  und  den  Cultus  des  Unsterblichen" 
geschrieben  haben,  auch  nicht,  wenn  er  die  Maske  des  Heiden 
vornahm.  Endlich  ist  es  mehr  als  störend,  dass  der  augen- 
scheinlich wichtigste  Gedanke  —  siehe  das  Folgende  — :  ov 
dQTiöxsvovrag  xrX.  in  einem  Relativsatz  angeknüpft  ist.  Es  er- 
giebt  sich  hieraus,  dass  zwei  Hände,  eine  heidnische  und  eine  christ- 
liche, an  dem  Satz  gearbeitet  haben.  Eine  ähnliche  Beobachtung 
kann  man  machen,  wenn  man  mit  dem  Anfang  des  Satzes  be- 
ginnt. In  Anlass  der  Erdbeben  hält  es  der  Schreibende  für  an- 
gemessen, den  Adressaten,  welche  in  Angst  gerathen,  sobald  sich 
Erdbeben  ereignen,  eine  Erinnerung  zu  geben.  Soweit  ist  Alles 
klar  und  gut;  auch  ist  die  erinnernde  Ermahnung,  die  man  er- 
wartet, zwei  Zeilen  weiter  deutlich  ausgeführt:  „ihr  vernachlässigt 
in  der  ganzen  Zeit,  in  der  ihr  wie  wahnsinnig  seid,  die  übrigen 
Götter  usw."  Allein  was  dazwischen  steht  und  seinen  Einfluss 
syntactisch  auf  den  eben  genannten  Satz  ausübt,  spottet  aller 
Erklärung.  Die  Adressaten  werden  nämlich,  wenn  sich  Erd- 
beben ereignen,  nicht  nur  als  muthlose  (ängstliche,  verzweifelnde), 
sondern  auch  als  solche  bezeichnet,  „die  das  Ihrige  mit  dem  Jener 
(der  Christen)  vergleichen"  (beachte  das  ,w£i-'  —  6t),  und  nun  wird 
in  einer  Antithese  fortgefahren:  „Jene  steigern  ihr  A^ertrauen 
auf  Gott;  ihr  dagegen  vernachlässigt  usw." 

Wie  kann  Jemand  mit  hellen  Sinnen  aO^xmovvzag  [itv  .  .  . 
JiaQaßalXovTag  öi  geschrieben  und  damit  zwei  schlechterdings 
nicht  zusammengoliörige  Begriffe  verbunden  haben?  Wie  kann 
er  die,  welche  er  ermahnen  will,  als  solche  bezeichnen,  die  sich 
mit  Anderen    vergleichen,    und   wie   kann   er  dann  das  bringen, 


2.  Commentar.  31 

was  er  ihnen  zu  sagen  hat,  wie  wenn  es  Resultat  ihrer  eigenen 
Vergleichung  wäre?  Oder  wenn  er  sagen  wollte:  „ihr  vergleicht 
euch  wohl,  aber  ihr  vergleicht  euch  mit  falschem  Ergebnisse", 
wie  kann  er  diesen  an  sich  höchst  unpassenden  Gedanken  so 
ungeschickt,  ja  unverständlich  ausdrücken?  Endlich,  wie  kann 
der  heidnische  Kaiser  von  den  Christen  sagen,  dass  sie  EVTiaQQT}- 
öiaöTOTSQOL  yiyvovTai  jigog  xbv  d-eov  und  damit  1)  den 
Christen  ein  hohes  Lob  spenden,  2)  ihren  Gott,  den  er  eben 
verächtlich  als  olxslog  deoq  bezeichnet  hat,  mit  der  Gottheit, 
mit  dem  Gott  identificiren ?  So  ergiebt  sich  auch  von  hier  aus, 
dass  zwei  Hände  hier  thätig  gewesen  sind,  eine  heidnische  und 
eine  monotheistische,  christliche.  Es  ist  aber  auch  nicht  schwer, 
die  beiden  Hände  reinlich  zu  sondern.  Vorgefunden  hatte  der 
Christ  folgenden  Satz:  IIsqI  öl  rwv  ö£i6ftcov  tcqv  yeyovoTOJV 
xcä  yLvofitvcov  ovx  azojiov  vfcäg  vjiofivTJöcu  a&vfiovpzag,  otav- 
jiBQ  coöcv,  (oTi)  jiaga  utavxa  xov  jqovov^  xad-  ov  ayvoüv  öo- 
x£ir£,  TCQV  T£  d^swv  TCöi^  üXlcov  afieXslxe  xdl  xrjg  d^Qrjöxeiag  xxX. 
Da  er  in  diesem  Satz  richtig  einen  Tadel  der  Heiden  fand,  so 
fühlte  er  sich  veranlasst,  ihn  durch  ein  Lob  der  Christen  zu 
ergänzen.  Die  Einfügung  war  nicht  leicht,  und  sie  missglückte 
ihm  syntactisch  vollkommen;  aber  ganz  deutlich  tritt  der  Ge- 
danke hervor,  dass  die  Christen  bei  der  Calamität  muthiger  und 
gottvertrauender  werden  und  sich  auch  hierin  das  „vlxcJqOl^''  bewährt. 
Mit  einem  fisv  nach  d&v^ovvxag  heftete  er  demgemäss  folgende 
Worte  dem  Satze  an:  ^,jraQaßaXZovxag  öh^)  xcc  vfaxega  jtQog 
xa  Ixdvmv  ol  [ilv  ovv  svjiaQQfjaiaöxoxsQoc  ylyvovxai  JiQog 
xov  üsop,  vfjiBlg  (5f".  Löst  man  diese  Worte  wieder  aus,  so 
kommt  alles  in  Ordnung.  Der  lateinische  Ursprung  des  übrig 
bleibenden  Satzes  hat  an  dem  auffallenden  ^^xad^  ov  dyvoelv  6o- 
x£LX£^\  über  welches  schon  oben  gesprochen  wurde,  eine  starke 
Stütze.    Es  liegt  ihm,  wenn  nicht  Alles  trügt,  „insanire"  zu  Grunde.  2) 


1)  Diese  Anknüpfung  war  die  bequemste,  wenn  auch  unsinnigste;  der 
Infinitiv  naQaßaXk^LV  wäre  viel  passender  gewesen;  allein  vßäg  vTioiivijaai 
d&v/LiovvTag  nuQaßäXleiv  lautet  auch  nicht  schön. 

2)  Die  syrische  Handschrift  des  Brit.  Museums  der  K Gesch.  des  Elise- 
bius  bietet:  „but  ye  in  all  the  time  wherein  ye  err,  also  other  gods  ye  are 
despising  and  against  the  service  of  Hirn  who  dieth  not  ye  are  sinning  — 
in  that  [ov]  the  Christians  who  serve  him  ye  drive  and  pursue  unto  death". 
Der  Syrer  hat  also  genau  wie  unsere  griechischen  Euseb-Mss.  gelesen  und 


'^2  Harnack,  Das  Edict  des  Antoninus  Pius. 

Aber  wir  sind  mit  dem  Satze  nocli  nicht  fertigt):  „rcov  rs 
&imv  Tcov  aXlmv  afieXelre  xal  rrjg  dQ?jöxeiaq  Tijg  ji8qI  tov 
ad^uvaxov,  ov  \}QrjOxtvoPTag  iXavpazs  xal  öicoxezs  twg  &ara- 
rov^\  Wir  sahen  oben,  dass  auch  dieser  Satz  von  zwei  Händen 
stammt.  Ist  aber,  wie  evident,  bis  zum  Wort  dOavarov  der 
Satz  nicht  aus  christlicher,  sondern  aus  heidnischer  Feder  — 
TCQV  d^ecöv  T(x>v  aXXcov  konnte  nur  ein  Heide  schreiben  — ,  so 
folgt,  dass  in  dem  „ddavarop  xtI."  die  Interpolation  stecken 
muss.  Was  ursprünglich  neben  dem  „addvarop^''  gestanden  hat, 
ist  mit  hoher  Wahrscheinlichkeit  zu  vermuthen  —  der  Juppiter 
aeternus.  Ein  Satz,  der  da  lautet:  „Ihr  vernachlässigt  die 
anderen  Götter  und  den  Cult  des  ewigen  .  .  .",  darf  nur  ergänzt 
werden  „den  Cult  des  ewigen  Juppiter".  Neben  ol  Osol  ol  aXXoc, 
die  alle  d&dpaxoi  sind,  ist  ein  6  aß^dvarog  nur  als  Juppiter  er- 
träglich. Umgekehrt,  nimmt  man  an,  dass  6  d^dvarog  von 
einem  Christen  herrührt,  der  den  Kaiser  so  sprechen  lässt,  so  ist  das 
„Tcwi^  d^Eojv  TCOV  dXXwv  dfieXslre  —  als  Vorwurf  eines  Christen 
—  unmöglich.  So  bleibt  schlechthin  nur  die  Annahme,  dass  hier 
zwei  Hände  zu  unterscheiden  sind  und  ursprünglich  vom  Juppiter 
die  Hede  gewesen  ist.^)  Diesen  hat  der  Christ  ausgemerzt  und 
nun  den  farblosen  Ausdruck  „o  dü^dvaxog''  übrig  behalten,  den 
er  für  seinen  Gott  in  Anspruch  nehmen  konnte.  Der  ursprüng- 
liche Text  warf  dem  Landtag  Asiens  vor,  dass  die  Provincialen 


auch   dyvoHv  als  „insanire"    verstanden.     Gütige  Mittheilung  von  G.  Mc 
Leane  in  Cambridge  durch  Herrn  Ropes. 

1)  Da  wir  wahrscheinlich  gemacht  haben,  dass  nagaßdXXovzaq  xzX. 
eine  Interpolation  ist,  die  Eusebius  vorfand,  und  kein  Schreibfehler,  so 
darf  man  sich  für  die  Abhängigkeit  des  Paris.  450  vom  Text  des  Eusebius 
nicht  auf  diese  Stelle  berufen.  Die  oben  S.  15  hypothetisch  vorgetragene 
Erwägung  trittt  daher  nicht  zu.    Aber  jene  Abhängigkeit  steht  auch  sonst  fest. 

2)  An  den  Kaisercult  wird,  obgleich  der  Landtag  diesen  besonders  zu 
pflegen  hatte,  nicht  /u  denken  sein;  denn  neben  den  „cfeteri  dii"  erwartet 
man  .luppiter  und  nicht  den  Kaiser.  Nur  wenn  man  annehmen  will,  dass 
au  unserer  Stelle  mehr  ausgefallen  ist,  mag  der  divus  Augustus  oder  mögen 
die  divi  neben  Juppiter  gestanden  haben;  s.  den  Treuschwur  der  Aritienser 
vom  J.  37,  Corp.  Inscr.  Lat.  11,  172  (bei  Hirschfeld.  Sitzungsber.  d.  K. 
l'reuss.  Akad.  d.  Wissensch.  1888  S.  833  ff.  847  ff.):  „Juppiter  0.  M.  ac  divus 
Augustus  ceterique  omnes  dii  immortales".  In  diesem  Fall  könnte  man 
sich  an  Tacit.,  Annal.  IV,  30  erinnern:  „Obiecta  publice  Cyzicenis  incuria 
caeremoniarum  divi  Augusti  ....  amisere  libertatem". 


2.  Commentar,  33 

in  den  Zeiten  der  Erdbeben  die  Götter  überhaupt  und  den  Cultus 
des  Juppiter  aeternus  vernachlässigen;  der  Christ  Hess  die  Götter 
stehen,  verwandelte  aber  den  ewigen  Juppiter  in  den  „Ewigen" 
und  Hess  den  Kaiser  sagen,  dass  die  Christen  diesen  verehren 
und  d  esshalb  von  den  Provincialen  verfolgt  würden.  Statt  tcov 
TS  d^ecöv  rmv  aXXmv  a^eXslre  xal  rijg  ■d^grjaxelag  rrjg  jisql  rov 
ad^avarov  Aia,  ixehovg  öe^)  eXavvere  xal  Öi(dx8ts,  schrieb  er: 
Tcop  re  O^smv  tcov  aXXcov  aneXelre  xal  T?jg  ^Qrjöxeiag  rijg  Jtsgl 
rbv  ad^avaxov,  ov  d^Qi]OxevovTag  eXavvsrs  xal  öicoxere.'^)  Inhalt- 
lich ist  so  Alles  in  Ordnung,  und  das  Folgende  schliesst  sich  gut  an. 

^Yjcsq  öe  Toiovra>v  7'jöt]  xal  jroXXol  xrX.]  Ist  das  Edict 
von  Pius,  so  haben  wir  eine  Bestätigung  dieser  Mittheilung  in 
dem  Brief  des  Hadrian  an  Minucius  Fundanus  („Accepi  litteras 
ad  me  scriptas  a  decessore  tuo  Sereno  Graniano  etc.'*j.  Das 
jioXXoL  kann  in  Hinsicht  auf  die  lange  Regierungszeit  Hadrian's 
nicht  befremden;  das  aXXoL  xivig  der  Rec.  B  ist  kaum  erträg- 
lich, da  vorher  keine  Statthalter  genannt  sind.  In  Bezug  auf  das 
d^siordro)  hat  V.  Schnitze  (a.  a.  0.  S.  136)  daran  erinnert,  dass 
Pius  dieses  Epitheton  in  Bezug  auf  seinen  Vater  auch  in  einem 
Edict  bei  Hänel  (Cod.  Legum  p.  106:  0  ^eiorarog  jtavjjg  fnov) 
gebraucht  hat. 

oig  xal  dveyQa^)s  f/rjdev  IvoxXilv  rolg  roiovrocg,  h  fi?]  (oder 
fi?]68v)  (pahoiVTO  [tl]  jisql  Tt]v  'Pco^aicov  rjyeiioviav lyx^LQOvvreg] 
Zu  /irjöhv  Irox^^tv  s.  das  Gallienus-Edict  bei  Euseb.^  h.  e.  VII,  13, 
wo  Eusebius  übersetzt  hat:  xal  vfietg  rijg  dvxijQacpyg  rrjg  ifirjg 
TCO  TVJtcp  XQ^P^f^f^  övvaoü^s,  coore  ^iriötra  vulv  (vfioDv)  tvoxXstr. 
Die  Bedingung:  el  firj  xrX.,  ist  die  echt  römische  und  gut  kaiser- 
liche. Der  Ausdruck  ?]  ^Pcofiaicov  r^ye^uovla  ist,  wie  Schnitze 
mit  Recht  bemerkt,  nicht  von  der  Strasse  zu  nehmen.^)    Zu  dem 

1)  Der  Name  „Christen"  mag  an  dieser  Stelle  genannt  gewesen  sein; 
sicher  ist  es  nicht  (s.  0.  S.  16).  Das  iojq  d^avaxov  scheint  ein  christlicher 
Zusatz  zu  sein.  Es  ist  vielleicht  auch  mehr  ausgefallen,  als  oben  an- 
genommen worden  ist. 

2)  Zu  elaivexs  yMc  btivxixi  s.  Melito  bei  Euseb.,  h.  e.  IV,  20,  5:  vvv 
öiwxExa.L  x6  X(öv  &eooeßwv  yevog  xcuvoTg  eXavvo/Ltsvov  öoyfxaoi  xaxa 
x?jv  'Aalav. 

3)  „Ich  finde  ihn",  schreibt  er  a.  a.  0.  S.  136,  z.  B.  im  Monumentum 
Ancyranum  in  der  Form'Pw,M«/ojv  rjye/Lcovia  und  riyefxovia  ö^f^ov'^Paj/jialojv; 
dafür  der  lateinische  Text:  ,, Imperium  populi  Romani'^  Eusebius  selbst 
schreibt  (h.  e.  VI,  34):  rj '^Pojualüjv  rjyefiovia. 

Texte  u.   Untersuchungen  XIII,  4.  3 


^^  Harnack,  Das  Edict  des  Antoninus  Pius. 

folgenden  Satz:  y.al  Sfiol  de  jisqI  tcqv  tolovtcov  jioXlol  iorniarav 
vgl.  das  Fragment  aus  Melito's  Apologie,  und  zu  dem  ange- 
schlossenen Relativsatz:  olq  Örj  xal  avrr/Qaxpa,  xavaxoXovd^cov 
rfi  Tov  jtatQoq  yvojfir],  erinnere  man  sich  der  besonderen  Pietät, 
die  Antoninus  seinem  Vater  bewahrt  hat.  Dieser  ganze  Ab- 
schnitt erregt  im  Einzelnen  nirgendwo  Bedenken.  Eine  andere 
Frage  ist,  ob  er  es  im  Ganzen  thut;  darüber  s.  das  folgende 
Capitel.  Dort  wird  auch  der  Schlusssatz  des  Edicts  genau  er- 
örtert werden  müssen.  Der  Kaiser  verbietet,  den  Christen  als 
Atheisten  den  Criminalprocess  zu  machen.  Das  eyxXrjfia  be- 
zieht sich  ganz  deutlich  auf  die  im  Anfang  des  Rescripts  ge- 
nannte Anklage:  cog  a&£cor,  und  auf  nichts  anderes;  vorbehalten 
bleibt:  d  ////  (paLvoLvro  xi  jzsqI  t)]v  Pcofiaicov  riyenoviav  ijyßt- 
QOvvTsg.  Sprachlich  bietet  der  Satz  recht  viel  Ungewöhnliches. 
Das  zweimal  (in  Rec.  B  sogar  dreimal)  gesetzte  xarafp^geiv  ist 
m.  W.  in  dieser  Bedeutung  im  Griechischen  nicht  gebräuchlich, 
während  das  genau  entsprechende  „deferre"  der  hier  noth- 
wendige  terminus  technicus  ist.  Auch  das  ,^£jtifXtvoi  (pegcov" 
und  der  Ausdruck  „elg  jtQayfiarci  (peQStv''  ist  fremdartig.  Beide 
sind  in  der  Rec.  B  ersetzt,  aber  nicht  verbessert;  denn  dort  wird 
xaracpEQeiv  dicht  hinter  einander  in  einem  doppelten  Sinn  ge- 
braucht. In  der  Phrase:  jiQog  riva  jtQäyj/a  xarafpegsiv  ist  es 
=  „gegen  einen  einen  Process  bringen",  im  Folgenden  ist  es 
technisch  =  deferre  (aliquem). 

Ich  stelle  nun  die  Ergebnisse  zusammen.  In  der  ersten 
Spalte  erscheint  das  Edict  in  der  Gestalt,  die  es  in  unserer  Unter- 
suchung gewonnen  hat.  In  die  zweite  Spalte  sind  die  Sätze 
gestellt,  die  wir  für  christliche  Interpolationen  halten  mussten, 
die  aber  schon  dem  Eusebius  vorlagen.  In  die  dritte  Spalte  habe 
ich,  um  eine  Übersicht  über  die  ganze  Geschichte  des  Edicts  zu 
ermöglichen,  die  weiteren  Fälschungen  und  Änderungen  gestellt, 
die  der  Fälscher  B  an  dem  bereits  interpolirten  Exemplar,  das 
er  der  KGeschichte  des  Eusebius  entnahm,  vorgenommen  hat. 


2.  Commentar.  35 


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36  Harnack,  Das  Edict  des  Antoninus  Pius. 

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T—      '-vU       C;^       0<  F?         'O  'O        T—        T-  h» 


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3.   Die  Echtheit,  geschichtliche  Stellung  und  Aufschrift  des  Edicts.    37 

Übersetzung. 

„Ich  weiss,  dass  auch  die  Götter  (selbst)  dafür  sorgen,  dass 
solche  Leute  nicht  verborgen  bleiben;  denn  sie  dürften  wohl 
viel  mehr  als  ihr  die  bestrafen,  welche  ihnen  die  Verehrung  ver- 
weigern. Diese  beunruhigt  ihr  schwer  und  bestärkt  sie  in  der 
(götterfeindlichen)  Gesinnung,  welche  sie  haben,  indem  ihr  sie 
als  Atheisten  anklagt.  Es  wäre  ihnen  aber  (nur)  erwünscht,  sich, 
wenn  sie  angeklagt  werden,  den  Anschein  zu  geben,  lieber  für 
ihren  Privatgott  zu  sterben  als  zu  leben. 

Betreffs  der  Erdbeben  aber,  die  sich  ereignet  haben  und 
noch  ereignen,  ist  es  angemessen,  euch,  die  ihr  verzagt  werdet, 
so  oft  sie  eintreten,  erinnernd  vorzuhalten,  dass  ihr  während  der 
ganzen  Zeit,  in  der  ihr  wie  wahnsinnig  seid,  die  anderen  Götter 
und  auch  den  Dienst  des  ewigen  Juppiter  vernachlässigt,  jene 
(die  Christen)  aber  hetzt  und  verfolgt. 

Betreffs  dieser  Leute  haben  bereits  auch  viele  Provincial- 
statthalter  an  unseren  göttlichen  Vater  geschrieben,  und  er  ant- 
wortete ihnen,  sie  sollten  sie  in  keiner  Weise  belästigen,  sobald 
offenbar  sei,  dass  sie  nichts  gegen  die  römische  Herrschaft  unter- 
nehmen. Auch  mir  haben  Viele  über  sie  Bericht  erstattet,  denen 
ich  ganz  im  Sinne  meines  Vaters  geantwortet  habe. 

Sollten  aber  Etwelche  fortfahren,  einen  jener  Leute  als 
solchen  (nämlich  als  Atheisten)  vor  Gericht  zu  bringen,  so  soll  der 
Angeklagte  von  der  Anklage  frei  gesprochen  werden,  auch  wenn  er 
offenbar  ein  solcher  ist,  der  Ankläger  aber  soll  bestraft  werden." 

3.  Die  Echtheit,  geschichtliche  Stellung  und  Aufschrift 

des  Edicts. 

Das  vorstehende  Ergebniss  der  Kritik  empfiehlt  sich  zunächst 
deshalb,  weil  es  fast  das  gesammte  Edict  conservirt,  nur  an 
zwei  Stellen  die  Annahme  einer  Interpolation  nöthig  macht  und 
ausserdem  nur  eine  Stelle  retouchirt  sein  lässt.  Dazu  kommt, 
dass  die  beiden  Interpolationen  unter  sich  aufs  nächste  verwandt 
sind.  Beide  ziehen  eine  offenbar  aus  christlicher  Feder 
stammende  Vergleichung  zwischen  den  Christen  und 
Heiden  zu  Gunsten  der  Christen.  Die  erste  sagt,  dass  die 
Christen  die  Oberhand  gewinnen,  indem  sie  ihr  Leben  dahingehen; 
die  zweite  behauptet,  dass  sie  z.  Z.  öffentlicher  Calamitäten  durch 


38 


Harnack.  Das  Edict  des  Antoninus  Pius. 


Gottvertrauen  gegen  die  feigen  Heiden  abstechen.  So  plump 
tritt  hier  die  Christlichkeit  hervor.  Was  aber  die  retouchirte 
Stelle  betrifft,  so  vrar  die  Annahme  einer  Überarbeitung  zwingend; 
denn  so  wie  das  Edict  bei  Eusebius  lautet,  kann  es  weder  ein 
Heide  noch  ein  Christ  geschrieben  haben. 

Aber  ist  das  von  diesen  Zuthaten  gereinigte  Schriftstück 
wirklich  ein  echtes,  kaiserliches  Edict?  Dass  das  Einzelne  kein 
Bedenken  erregt,  suchten  wir  bereits  —  eine  genauere  Unter- 
suchung der  Aufschrift  und  des  Schlusssatzes  vorbehaltend  —  im 
Commentar  zu  zeigen.  Auch  haben  wir  auf  ziemlich  deutliche 
Spuren  hingewiesen,  die  ein  lateinisches  Original  wahrscheinlich 
machen.  Allein  damit  ist  der  Aufgabe  noch  nicht  genügt.  Es 
ist  nothwendig,  das  Edict  als  Ganzes  zu  betrachten  und  sowohl 
die  gegen  die  Echtheit  gerichteten  Argumente  zu  entkräften,  als 
den  Nachweis  zu  führen,  dass  es  innerhalb  der  concreten  Ver- 
hältnisse aus  denen  es  herrührt,  wohl  verständlich  und  unan- 
stössig  ist. 

Was  zunächst  die  Form  betrifft,  so  wissen  wir,  dass  der 
Provinciallandtag  das  Recht  hatte,  direct  —  ohne  Yermittelung 
des  Proconsuls  —  dem  Kaiser  Petitionen  zu  übersenden,  und  dass 
der  Kaiser  in  solchen  Fällen  auch  direct  geantwortet  hat.  Dem 
entspricht  unser  Schriftstück,  welches  den  Proconsul  nicht  er- 
wähnt. Die  Petition  enthielt  eine  Klage  gegen  die  Christen  als 
Atheisten  mit  dem  Ersuchen,  sie  aufspüren  und  den  Sacralj^rocess 
gegen  alle  einleiten  zu  lassen.  In  dem  Falle,  der  dem  Schreiben 
des  Hadrian  an  Minucius  Fundanus  zu  Grunde  liegt,  scheint  sich 
der  Landtag  mit  derselben  Petition  an  Serenus  (Licinius?)  Grania- 
nus,  den  Proconsul,  gewandt  und  dieser  den  Kaiser  um  Instruc- 
tion ersucht  zu  haben.  Die  Antwort  erginof  daher  an  den  Pro- 
consul.  In  unserem  Fall  aber  wird  eine  directe  Petition  direct 
beantwortet.  Bei  der  Beurtheilung  des  Schriftstücks  hat  man 
sich  daher  gegenwärtig  zu  halten,  dass  sie  keine  richterliche 
Instruction  giebt  wie  das  Schreiben  an  den  Proconsul  Minu- 
cius, sondern  den  Bescheid  auf  die  Petition  einer  Körper- 
schaft, die  von  der  Staatsverwaltung  hauptsächlich  zu  dem  Zwecke 
conservirt  wurde,  den  Staatscultus  und  mit  ihm  die  Loyalität  zu 
pflegen,   jedenfalls   richterliche  Befugnisse   nicht    besass.^)     Die 

1)  Eine  gewisse  Controle  über  die  römischen  Beamten  sollten  die 
Landtage  allerdings  ausüben,  s.  Mommsen,  Rom.  Gesch.  V  S.  243. 


Die  Echtheit,  geschichtliche  Stellung  und  Aufschrift  des  Edicts.     39 

Erregung  dieses  Landtags  gegen  die  Christen  und  ihren  von 
keiner  staatspolitischen  Erwägung  gezügelten  Fanatismus  gegen 
die  „Atheisten  ^)"  hatte  schon  Hadrian  zurückweisen  müssen:  Er- 
pressungsversuche durch  „preces  et  adclamationes",  Unter- 
nehmungen, die  Richter  imd  die  Polizei  hierdurch  zu  heein- 
flussen,  durften  nicht  geduldet  werden. 2)  Nun  hatten  sie  sogar 
eine  directe  Eingabe  an  den  Kaiser  gemacht,  hatten  offenbar 
auf  die  durch  die  häufigen  Erdbeben  herbeigeführten  Calamitäten 
hingewiesen  als  auf  eine  Strafe  der  von  den  Christen  beleidigten 
Götter  und  stürmisch  nach  dem  Staatsanwalt  und  Atheismus- 
Processen  geschrieen.  Unser  Edict  ist  die  Antwort  des  Kaisers. 
Es  ist  streng  disponirt  und  zerfällt  in  drei  Theile,  die  sich  in 
trefflicher  Folge  an  einander  reihen.  In  dem  ersten  Theile  bereits 
wird  das  Gesuch,  alle  Christen  aufsuchen  zu  lassen  und  den 
Sacralprocess  gegen  sie  einzuleiten^),  indirect  abgewiesen,  resp. 
der  Kaiser  bereitet  die  ausdrückliche  Ablehnung  der  Petition  mit 
drei  Argumenten  vor:  1)  die  Götter  sorgen  selbst  dafür,  dass  ihre 
Verächter  ans  Tageslicht  gezogen  und  bestraft  werden,  2)  die 
Beunruhigung  und  Anklage  der  Atheisten  hat  nur  die  Folge, 
dass  sie  in  ihrer  Gesinnung  bestärkt  werden  (pertinacia  et  obsti- 
natio),  3)  die  Verfolgung  würde  der  Ostentation  der  Christen, 
ihrem  Coquettiren  mit  dem  Todesmuth  nur  Vorschub  leisten. 
Nach  dieser  Vorbereitung  wendet   sich   der  Kaiser  im  zweiten 


1)  Mit  dem  Rufe  „aiQS  xovg  dd^sovg"'  bricht  in  Smyrna  die  Christen- 
hetze aus,  der  Polycarp  zum  Opfer  gefallen  ist  (Mart.  Polyc.  3),  und  ,,(xlqs 
Tovg  dd-iovg''  auszurufen,  wurde  dem  Polycarp  zugemuthet  (1.  c.  c.  9).  Nach 
seiner  Verurtheilung  ruft  der  Pöbel  aus:  b  twv  rjfzatagwv  &8ü)V  xaS-aige- 
Tr]g,  6  noXXovg  öiödaxwv  fxrj  Q-vsiv  fiyjds  ttqogxvvhv.  Die  Datirung  des 
Todes  dieses  Bischofs  auf  155/6,  die  bereits  gesichert  schien,  ist  übrigens 
in  letzter  Zeit  wieder  stark  erschüttert  worden. 

2)  S.  Paulus  Sentent.  V,  SOa-:  „petiturus  magistratus  vel  provinciae 
sacerdotium  si  turbam  suffragiorum  causa  conduxerit,  servos  advocaverit 
aliamve  quam  multitudinem  conduxerit,  convictus  ut  vis  publicae  reus  in 
insulam  deportatur'^  An  diese  Stelle  soll  nur  einer  gewissen  Analogie 
wegen  erinnert  werden. 

3)  Die  Petition  hat  das  „conquirere"  von  den  Magistraten  verlangt, 
wie  aus  dem  ersten  Satz  der  kaiserlichen  Antwort  hervorgeht,  resp.  sie  hat 
verlangt,  dass  eine  generelle  Anklage  der  Christen  seitens  der  Provinz  vom 
Statthalter  entgegengenommen  und  nach  ihr  verfahren  werde.  Über  eine 
Anklage  „quasi  ex  consensu  provinciae"  s.  d.  Inschrift  von  Thorigny 
(Hir Sehfeld,  Sitzungsber.  d.  K.  Pr.  Akad.  d.  Wissensch.  1888  S.  853  n.  90). 


40  HaiTiack,  Das  Edict  des  Antoninus  Pius. 

Theil  zur  Ermahnung:  sie  selbst  haben  sich  in  jenen  Tagen  der 
Erdbeben  (für  die  sie  die  Christen  verantwortlich  gemacht  ^ )), 
keineswegs  musterhaft  benommen;  feige  sind  sie  gewesen,  haben 
den  Kopf  verloren  und  in  diesem  Zustand  sogar  ihre  höchste 
Pflicht,  für  den  Cult  der  Götter  zu  sorgen,  vernachlässigt,  da- 
gegen Christenhetzen  in  Scene  gesetzt.  Nun  folgt  im  dritten 
Theil  die  positive,  ausdrückliche  Ablehnung  der  Petition.  Sie 
ist  verhältnissmässig  ausführlich  eingeleitet  durch  den  Hinweis 
darauf,  dass  bereits  der  kaiserliche  Vorgänger  in  vielen  Fällen  bei 
gegebener  Gelegenheit  das  ,.fi7jÖ8P  Ivoy^Xtiv''  angeordnet  habe  in 
Bezug  auf  die  Christen,  natürlich  mit  der  bekannten  (elastischen) 
Restriction:  et  ,w/}  (^aivoivro  rc  jteQl  r^v  'Pwfialojv  f/yefxoviav 
syXiLQOvvTSc.  Eben  denselben  Bescheid  habe  er  selbst  bereits 
oftmals  in  ähnlichen  Fällen  ertheilt  ganz  im  Sinne  seines  Vaters. 
Hierin  ist  die  positive  Antwort  gegeben  —  also  in  der  Form 
eines  längst  feststehenden,  erprobten  Grundsatzes. 
Noch  aber  erübrigte  eine  Bestimmung  in  Bezug  auf  die  Contra- 
vention;  sie  scheint  etw^as  Neues  zu  sein;  denn  der  Kaiser  beruft 
sich  hier  nicht  auf  seine  Vorgänger.  Sie  ist  nachdrücklich  als 
richterliche  Instruction  gefasst,  hat  aber  hier  die  Bedeutung  einer 
Androhung:  wenn  trotz  der  erlassenen  Verfügung  die  Versuche 
nicht  eingestellt  werden,  den  Christen  Sacralprocesse  wegen 
Atheismus  an  den  Hals  zu  werfen,  so  soll  der  delatus  frei  aus- 
gehen, auch  wenn  er  Atheist  ist,  der  delator  aber  soll  bestraft 
werden. 

Was  kann  gegen  diese  Anordnung  eingewendet  werden? 
Warum  soll  sie  von  einem  Christen  gefälscht  sein? 

Man  erwidert:  die  beiden  Bestimmungen,  welche  den  eigent- 
lichen Inhalt  des  Edicts  bilden  —  das  fir/öev  eroylelv  und  das 
Verbot  der  Anklage  der  Christen  mit  hinzugefügter  Bedrohung 
des  Delators  —  sind  unglaubwürdig,  weil  sie  gegen  feststehende 
Thatsachen,  d.  h.  gegen  den  bekannten  Verlauf  der  Christen- 
processe  und  gegen  das  Edict  des  Trajan  an  Plinius,  Verstössen. 


1)  Es  ist  ein  Zeichen  der  Echtheit  der  Urkunde,  dass  der  Kaiser  die 
Christen  gegenüber  dem  Vorwurf,  sie  seien  schuld  an  den  Erdbeben  (an 
der  Strafe  der  Götter),  nicht  in  Schutz  nimmt.  Dieser  Vorwurf  ist  un- 
zweifelhaft in  der  Petition  erhoben  worden;  man  begreift  sonst  nicht, 
warum  der  Kaiser  auf  die  Erdbeben  eingeht.  Seine  Behandlung  dieses 
Punktes  ist  höchst  bezeichnend. 


3.  Die  Echtheit,  geschichtliche  Stellung  und  Aufschrift  des  Edicts.     41 

Dem  gegenüber  könnte  man  sich  einfach  auf  die  Echtheit  des 
Schreibens  Hadrian's  an  Minucius  Fundanus  berufen;  aber  da  die 
Echtheit  dieses  Schriftstückes  noch  keineswegs  —  trotz  Momm- 
sen's  Nachweisungen  —  allgemein  anerkannt  ist,  so  ist  es 
nöthig,  etwas  weiter  auszuholen.  Die  Abhandlung  Mommsen's 
wird  dabei  den  Ausgangspunkt  bilden. 

1)  Ein  generelles  Verbot  des  Christenthums  oder  ein  Ge- 
setz, welches  das  Christsein  als  todes würdiges  Verbrechen  be- 
zeichnete, ist  in  der  ganzen  Zeit  von  Nero  bis  M.  Aurel  weder 
vom  Senat,  noch  viel  weniger  vom  Kaiser  jemals  erlassen  wor- 
den —  aus  dem  einfachen  Grunde,  weil  die  notorische  Ableug- 
nung der  Staatsgötter  ipso  facto  ein  crimen  maiestatis  war  und 
deshalb  selbstverständlich  der  entsprechenden  Strafe  unterlag. 
Hatte  sich  also  auf  Grund  einer  Reihe  wiederholter  Fälle  heraus- 
gestellt, dass  die  Christen  bei  gegebener  Gelegenheit  die  Staats- 
götter regelmässig  ableugnen  und  dabei  mit  pertinacia  et  in- 
flexibilis  obstinatio  verharren  —  und  das  war  beim  Übergang 
des  1.  zum  2.  Jahrhundert  notorisch  — ,  so  war  damit  das  nomen 
Christianum  als  ein  todeswürdiges  Verbrechen  offenbar  geworden. 

2)  Das  Schreiben  des  Trajan  an  Plinius  hat  weder  seiner 
Form  noch  seinem  Inhalt  nach  die  Bedeutung  eines  Gesetzes 
und  kann  sie  gar  nicht  haben.  Es  setzt,  ebenso  wie  die  An- 
frage des  Plinius,  die  Geltung  dessen  voraus,  was  sub  1)  fest- 
gestellt worden  ist,  und  beantwortet  auf  diesem  Boden  folgende 
Fragen  des  Plinius:  a)  ob  dem  reuigen  Christen  Verzeihung  ge- 
währt werden  soll,  oder  ob  auch  der  der  Capitalstrafe  unterliegt, 
der  je  einmal  Christ  gewesen  ist;  b)  ob  das  „nomen  ipsum"  be- 
straft werden  soll,  auch  wenn  im  Process  dem  Verklagten  keine 
flagitia  nachgewiesen  werden  können,  oder  ob  nur  die  „flagitia 
cohaerentia  nominr'  der  Bestrafung  unterliegen.^)  In  gewissem 
Sinne  bilden  beide  Fragen  nur  eine  einzige,  nämlich  die:  soll  in 
allen  Fällen  der  Majestätsprocess,  also  das  Criminalverfahren, 
gegen  die  Christen  in  Anwendung  kommen,  oder  soll  man  sich 
mit  der  polizeilichen  Coercition  begnügen  und  nur  in  Fällen 
nachgewiesener    „flagitia"'    —     das    war     selbstverständlich    — 


1)  Die  3.  (1.)  Frage  des  Plinius;  „sitne  aliquod  discrimen  aetatum  an 
quamlibet  teneri  nihil  a  robustioribus  diti'erant"  hat  der  Kaiser  zu  beant- 
worten unterlassen. 


42 


Harnack,  Das  Edict  des  Antoninus  Pius. 


criminell  vorgehen.  Im  ersteren  Falle  war  das  ^conquirere*' 
ebenso  geboten  wie  der  Nachweis  besonderer  „flagitia'-  über- 
flüssig und  die,  sei  es  auch  glaubwürdige,  Behauptung  des  An- 
geklagten, er  sei  nicht  mehr  Christ,  unerheblich;  denn  das  crimen 
maiestatis  war  ja  an  sich  das  höchste  Vergehen  und,  einmal 
begangen,  war  es  nicht  wieder  gut  zu  machen.  Im  letzteren 
Fall  war  von  dem  „conquirere"  abzusehen;  das  Verfahren  hatte 
sich  auf  Repressivmassregeln  in  allen  Abstufungen  zu  be- 
schränken —  unter  Umständen  hatte  natürlich  auch  die  Todes- 
strafe einzutreten  — ,  ein  Criminalprocess  war  erst  anzustrengen, 
wenn  die  polizeiliche  Untersuchung  auf  „flagitia"  stiess,  und 
die  venia  ex  paenitentia  war,  wo  jene  fehlten,  selbstverständlich; 
denn  der  Betreffende  war  kein  gefährliches  Subject  mehr.  Plinius, 
der  im  Laufe  der  Untersuchungen  sich  davon  überzeugt  hatte, 
dass  der  Criminalprocess  nicht  in  allen  Fällen  am  Platze  sei, 
fürchtete,  wie  sein  Brief  zeigt,  der  Kaiser  werde  sich  doch  für 
ihn  generell  entscheiden  und  demgemäss  anordnen,  dass  er  in 
allen  Fällen  rücksichtslos  anzuwenden  sei. 

Die  Entscheidung  des  Kaisers  bezeichnet  einen 
Mittelweg.  Auf  einen  solchen  deuten  auch  die  Worte :  „neque 
enim  in  Universum  aliquid,  quod  quasi  certam  formam  habeat, 
constitui  potest".  Generelle  Anstrengung  von  Criminalprocessen 
wird  abgelehnt  in  den  Worten:  „conquirendi  non  sunt,"  sowie 
in  der  Bestimmung,  dass  „venia  ex  paenitentia"  gewährt  wer- 
den solle  —  und  zwar  in  allen  Fällen,  selbst  in  dem,  dass  der 
Verklagte  „quam vis  suspectus"  gewesen  ist.  Somit  hat  die 
polizeiliche  Coercition  einzutreten;  aber  dieser  giebt  der 
Kaiser  eine  Richtlinie,  die  sie  von  dem  Majestätspro- 
cess  f actisch  wenig  unterscheidet;  denn  der  Richter  wird 
instruirt,  Klagen  (die  Denuntiation)  anzunehmen,  ferner  im  Falle 
einer  ordentlichen  (nicht  anonymen)  Denuntiation  nicht  den  Nach- 
weis besonderer  flagitia  zu  verlangen,  sondern  die  beharrliche 
Verweigerung  der  Verehrung  der  Staatsgötter  (als  Majestätsver- 
brechen) zu  bestrafen. 

Ein  complexer  Zustand  war  damit  geschaffen:  im  Obersatz 
waren  Bestimmungen  getroffen ,  welche  die  Criminalität  des 
Christenthums  aufzuheben  schienen;  im  Untersatz  war  sie  bei- 
behalten! Recht  eigentlich  eineKautsclmkverordnungl  Mit  Recht 
haben    die    Christen   in   dem   „conquirendi    non    sunt"    und    der 


3.  Die  Echtheit,  geschichtliche  Stellung  und  Aufschrift  des  Edicts.     43 

„venia  ex  paenitentia"  eine  Art  von  Toleranz  erblickt;  aber  eben- 
falls mit  Recht  haben  sie  die  Klage  erhoben,  dass  über  ihnen 
eine  lex  sibi  ipsi  contraria  schwebe;  denn  sobald  ein  Verfahren 
gegen  sie  in  Scene  gesetzt  werde,  würde  ihr  „nomen",  als  in- 
volvire  es  in  sich  schon  das  crimen  laesae  maiestatis,  bestraft, 
ohne  dass  ihnen  die  Möglichkeit  gelassen  sei,  ihre  Schuldlosig- 
keit in  concreto  zu  erweisen. 

Der  Widerspruch  war  nur  in  den  Augen  der  passiv  Be- 
theiligten ein  Widerspruch;  die  Magistrate  empfanden  ihn  so 
nicht.  Für  sie  bezeichnete  die  Verfügung  lediglich  die  An- 
weisung zu  relativer  Milde.  Waren  die  Christen  als  solche  Ab- 
leugner  der  Staatsgötter  (Verächter  des  Kaisercultus!),  so  stand 
ihre  Criminalität  fest;  verfügte  der  Kaiser  trotzdem  das  ,,con- 
quirendi  non  sunt",  so  war  offenbar,  dass  er  Christenprocesse 
nicht  wünschte,  und  dass  sich  die  Magistrate  darnach  zu  richten 
hatten.  1)  Ausserdem  gab  ihnen  der  Hinweis  auf  die  „venia  ex 
paenitentia"  die  Richtung,  in  der  sie  im  Process  selbst  auf  den 
Angeklagten  einzuwirken  hatten:  er  war  mit  allen  Mitteln  in 
seinem  und  in  des  Staates  Interesse  zum  W^iderruf  zu  bewegen. 

Der  unsichere,  ich  möchte  sagen  der  ungeklärte  Punkt  in 
dieser  Anordnung  war  die  Klageerhebung.  In  ruhigen  Zeiten, 
wenn  die  Christen  in  den  Provinzen  nicht  die  Aufmerksamkeit 
ihrer  heidnischen  Landsleute  erregten  und  ihren  Fanatismus  nicht 
wachriefen,  waren  keine  Anklagen  zu  gewärtigen.  Aber  wie, 
wenn  der  religiöse  Fanatismus  sich  erhob  oder  der  Provinciale 
seinen  christlichen  Nachbar,  dem  er  vielleicht  auch  aus  privaten 
Gründen  übel  wollte,  als  Christen  verklagte?  Offenbar  konnte 
von  hier  aus  die  kaiserliche  Absicht,  die  Christenprocesse  in  die 
Hände  der  Polizei  zu  beschliessen  und  zugleich  zu  erschweren, 
durchkreuzt  werden.  Hier  war  eine  Lücke,  die  um  so  empfind- 
licher erscheinen  musste,  je  energischer  die  trefflichen  Kaiser 
des  2.  Jahrh.  den  Kampf  gegen  die  calumnia  und  Denuntiation 
aufnahmen;  hier  ist  daher  auch  die  Stelle,  wo  die  Verfügungen, 
die   unter  dem  Namen   des  Hadrian  und  Antoninus  auf  uns  ge- 


1)  Anders  lag  natürlich  die  Sache  im  Militär  —  obschon  auch  hier 
häufig  ein  Auge  zugedrückt  worden  sein  muss  —  und  in  der  Stadt  Rom, 
zumal  wenn  es  sich  um  Personen  handelte,  die  durch  Amt  und  Stand  zum 
Patriotismus  verpflichtet  waren. 


44 


Harnack,  Das  Edict  des  Antoninus  Pius. 


kommen  sind,  einsetzen,  von  wo  sie  daher  auch  verstanden  wer- 
den müssen.     Bevor  wir  aber  auf  sie  eingehen,  ist  festzustellen, 

3)  dass  die  christlichen,  völlig  unverdächtigen  Quellen,  die 
wir  in  den  Apologien  besitzen,  darüber  keinen  Zweifel  lassen, 
dass  in  der  ganzen  Zeit  von  Trajan  bis  M.  Aurel  die  Christen- 
processe,  so  oft  sie  [selten  genug]  in  Scene  gesetzt  wurden,  regel- 
mässig so  verliefen,  dass  der  Beklagte  sich  nur  darüber  zu  äussern 
hatte,  ob  er  Christ  sei  und  dabei  verharre,  oder  ob  er  die  Staats- 
götter  verehren  wolle.  Edicte,  in  denen  ein  anderes  Verfahren 
angeordnet  wird,  d.h.  welche  den  Magistraten  förmlich  das  Recht 
nehmen,  gegen  die  Christen  als  Christen  einzuschreiten,  könn- 
ten daher  schwerlich  echt  sein;  Edicte,  die  es  unverständlich 
machen,  wie  die  Christen  noch  immer  behaupten,  ihr  „nomen" 
sei  das  Verbrechen,  unterlägen  begründeten  Bedenken. 

In  Bezug  auf  das  Hadrian-Edict  sagt  Mommsen:  „Aus- 
gesprochen hat  die  Rechtsgleichheit  der  Christen  einzig 
derjenige  Kaiser,  der  wie  kein  anderer  modern  und  kühl  gedacht 
und  von  der  Verehrung  wie  von  dem  Banne  der  Vergangenheit 
sich  gelöst  hat,  der  Kaiser  Hadrianus:  indem  er  in  seinem  be- 
rühmten Erlasse  an  den  Statthalter  von  Asien  anordnete,  dass 
der  Christ  nur  wegen  des  ihm  zur  Last  gelegten  nicht 
religiösen  Verbrechens  zur  Rechenschaft  gezogen  werden 
dürfe  und  den  falschen  Ankläger  auch  in  diesem  Falle  unnach- 
sichtlich  die  gesetzliche  Strafe  treffe^),  gab  er  den  Christen- 
glauben geradezu  frei." 

Wäre  dies  wirklich  der  Inhalt  des  Hadrian-Edicts,  resp.  wäre 
diese  Fassung  Mommsen's  zu  pressen,  so  dürfte  man  nicht  an- 
stehen, das  Edict  für  unecht  zu  erklären;  denn  es  würde  gegen 
das  Verstössen,  was  sub  3)  festgestellt  ist.  Allein  weder  ist  von 
einem  Frei-Geben  des  Christenthums  im  Edict  die  Rede  2),  noch 
von  der  Rechtsgleichheit  der  Christen  im  Allgemeinen  3),  noch 
endlich    ist   der  Satz,    dass   der  Christ  nur   wegen  des  ihm  zur 


1)  Hierzu  die  Anmerkung  a.  a.  0.  S.  420:  „Anders  kann  das  Rescript 
an  Minucius  Fundanus  nicht  gefasst  werden,  dessen  grundlose  Verdächtigung 
der  beste  Beweis  ist,  wie  wenig  sich  die  Neuern  in  den  Standpunkt  der 
römischen  Regierung  dem  Christenthum  gegenüber  zu  finden  vermögen''. 

2)  Das  einschränkende  Wörtchen  „geradezu"  in  Mommsen's  Erklä- 
rung ist  wohl  zu  beachten. 

3)  Die  polizeiliche  Stellung  der  Christen  wird  durch  sie  nicht  betroffen. 


3.  Die  Echtheit,  geschichtliche  Stellung  und  Aufschrift  des  Edicts.     45 

Last  gelegten  nicht  religiösen  Verbrechens  zu  bestrafen  sei, 
ganz  genau.  Die  concrete  Situation  ist  bestimmter  ins  Auge  zu 
fassen:  die  asiatischen  Provincialen  haben  durch  stürmische  und 
wiederholte  Petitionen  den  Statthalter  aufgefordert,  gegen  die 
Christen  einzuschreiten  —  wir  dürfen  bestimmt  annehmen  als 
gegen  Atheisten.  Der  Statthalter,  unsicher  gemacht  durch 
die  Aufregung  in  der  Provinz,  berichtet  an  den  Kaiser.  Dieser 
rescribirt,  den  Provincialen  solle  der  Weg  der  Accusation  so 
wenig  wie  bisher  verschränkt  werden;  aber  —  hier  ist  nun  der 
Unterschied  —  dass  das  nomen  Christianum  ipsum  ein 
Verbrechen  bedeute,  soll  nicht  als  crimineller,  sondern 
als  polizeilicher  Grundsatz  gehandhabt  werden,  d.  h. 
(die  Magistrate  können  von  sich  aus  und  sollen,  wo  es  ihnen 
im  Interesse  des  Staates  nöthig  erscheint,  selbstverständlich  wie 
bisher  die  Christen  als  Christen  bestrafen,  aber)  gegenüber  den 
Provincialen,  falls  dieselben  den  Accusationsprocess  gegen 
die  Christen  anstrengen,  soll  die  Regel  gelten,  dass  sie  beweisen 
müssen  „adversum  leges  quidquam  [man  beachte  den  allgemeinen 
Ausdruck,  der  das  Religionsverbrechen  keineswegs  bestimmt  aus- 
schliesst]  agere  memoratos  homines"  und  dass  sie  bei  falscher  An- 
klage Strafe  zu  gewärtigen  haben. 

Durch  diese  Anordnung  —  und  nur  durch  sie  —  behält  der 
Staat  die  Leitung  der  Christenprocesse  wirklich  in  der  Hand;  im 
anderen  Fall  nützt  das  „conquirendi  non  sunt"  Trajan's  nichts; 
denn  es  kann  jeden  Augenblick  durch  gehäufte  Anklagen  der 
Christen  lediglich  als  Christen  seitens  einer  fanatischen  Menge 
factisch  umgangen  werden,  und  der  Richter  wäre  verpflichtet  ge- 
wesen, diesen  Anklagen  einfach  Folge  zu  geben.  Der  wirkliche 
Zustand  muss  dieser  Anordnung  entsprochen  haben.  Man  be- 
greift die  Spärlich keit  der  Christenprocesse  nicht,  wenn  man 
nicht  annimmt,  dass  die  Anklage  den  Privatpersonen  sehr  häufig 

—  nicht  regelmässig  und  überall  —  ausserordentlich  erschwert 
war.  Andererseits  war  dabei  die  Stimmung  der  Christen,  sie  seien 
vogelfrei,  doch  durchaus  gerechtfertigt:  beliebigen  Privatpersonen 

—  ihren  Nachbarn  und  den  Leuten  der  Strasse  —  gegenüber 
waren  sie  es  gewiss  nicht  immer;  aber  den  Magistraten  gegen- 
über waren  sie  es;  diese  konnten  erstlich,  so  oft  sie  es  vom  po- 
lizeilichen Standpunkt  aus  im  Interesse  der  Provinz  oder  Stadt 
für  nöthig  hielten,   gegen  sie  als  Christen  einschreiten,  und  sie 


46 


Harnack,  Das  Eclict  des  Antoninus  Pius. 


konnten  zweitens  den  Accusationsprocess  erleichtern  oder  er- 
schweren, sowohl  indem  sie  die  Anklagen  selbst  beförderten  oder 
zurückdrängten,  als  auch  durch  ihre  Forderungen  in  Bezug  auf 
den  Beweis.  Das  „adversum  leges  quidquam  agere''  sollte  vom 
Kläger  in  Bezug  auf  den  Beklagten  bewiesen  werden.  Nun,  der 
Kläger  wird  sich  dreimal  besonnen  haben,  einen  Christenprocess 
in  Scene  zu  setzen,  w^enn  er  selbst  die  Anklage  auf  calumnia  zu 
gewärtigen  hatte.  Und  wie  drohend  schwebte  diese  über  ihm, 
sobald  z.  B.  der  Richter  das  religiöse  Verbrechen  als  solches 
nicht  gelten  liess!  Man  wird  gegen  diese  Darstellung  einwenden, 
erstens  dass  im  Hadrian-Edict  das  fortbestehende,  unumschränkte 
Recht  und  die  Pflicht  der  Richter  zur  Coercition  der  Christen 
nicht  zum  Ausdruck  gekommen  sei,  zweitens  dass  wir  Christen- 
processe  nicht  kennen,  in  denen  der  Beweis,  dass  die  Christen 
„adversum  leges  quidquam  egerunt",  vom  Kläger  verlangt  worden 
sei.  Der  erste  Einwurf  erledigt  sich  durch  die  Erwägung, 
dass  jenes  Recht  —  kein  Gesetz  eines  einzelnen  Kaisers  hatte 
dieses  Recht,  d.  h.  diese  Pflicht,  geschaö'en,  kein  Gesetz  konnte 
sie  aufheben  —  so  selbstverständlich  war,  dass  es  nicht  aus- 
gesprochen zu  werden  brauchte,  und  dass  in  dem  Edict  nichts 
steht,  was  ihm  zuwider  läuft.  Die  Anordnung  des  Kaisers,  welche 
den  Accusationsprocess  einschränkt,  entspricht  nur  dem  all- 
gemeinen Zuge  der  Rechtspflege  und  Verwaltung,  diesen  Process 
immer  mehr  durch  das  richterliche  Inquisitions verfahren  und  die 
magistratische  Coercition  zu  verdrängen.  Der  zweite  Einwurf 
verliert  sein  Gewicht,  wenn  man  bedenkt,  1)  dass  Hadrian's  Er- 
lass  eine  Verordnung  für  eine  bestimmte  Situation  enthält,  2)  dass 
Niemand  ein  Interesse  hatte,  über  eingestellte  Christenprocesse 
zu  berichten  —  doch  besitzen  wir  Beispiele  in  Lucian's  .,Pere- 
grinus  Proteus"    und    in   Tertullian's  Schrift  ad  Scapulam  ^)  — . 

1)  Tertull.  ad  Scap.  4:  ...  Asper  (praeses),  qui  modice  vexatum  ho- 
minern  et  statim  deiectum  nee  sacrificium  compulit  facere,  ante  professus 
inter  advocatos  et  assessores  dolere  se  incidisse  in  hanc  causam.  Pudens 
(praeses)  etiam  missum  ad  se  Christianum  in  elogio  concussione  eins 
intellecta  dimisit,  scisso  eodem  elogio,  sine  accusatore  negans  se  audi- 
turum  hominem  secundum  naandatum.  In  dem  Klagefall,  den  Justin, 
Apol.  II,  2  erzählt,  hat  die  Matrone  von  Antoninus  Pius  einen  Aufschub 
ihres  Processes  erlangt  und  zugleich  das  Recht,  sich  ordentlich  zu  ver- 
theidigen.  Der  Kläger,  ihr  eigener  Mann,  sah  darin  seine  Absichten 
bereits  durchkreuzt. 


3.  Die  Echtheit,  geschichtliche  Stellung  und  Aufschrift  des  Edicts.     47 

3)  dass  die  Processe,  wenn  der  Richter  ihre  Hintertreibung 
wünschte,  gewöhnlich  schon  in  der  Vorverhandlung  ge- 
scheitert sein  werden.  Auch  darf  man  nie  vergessen,  dass  es 
ganz  dem  Ermessen  des  Richters  anheimgegeben  war,  ob  er  im 
Accusationsprocess  die  Opferprobe  vornehmen  Hess,  und  ob  er 
nicht  schon  in  der  Verweigerung  der  Anbetung  der  Staatsgötter 
an  sich  jenes  „adversum  leges  agere"  gegeben  fand,  dessen  Nach- 
weis Hadrian  verlangt  hatte.  ^)  Einem  armen  Schlucker  in  der 
Provinz  gegenüber  mochte  das  noch  nicht  ausreichen  und  der 
Richter  liess  ihn  trotz  seines  „Atheismus"  laufen;  eine  Standes- 
person in  Rom  aber  war  gewiss  damit  bereits  des  stärksten  Ver- 
stosses gegen  die  Gesetze  (maiestas)  schuldig,  und  es  musste  der 
Majestätsprocess  eröffnet  werden. 

Dass  die  Anklage  gegen  die  Christen  erschwert  war,  dafür 
sind  aber  das  Hadrian-Edict  und  unser  antoninisches  Edict  nicht 
die  einzigen  Zeugen.  Melito  (bei  Euseb.,  h.  e.  IV,  26,  5)  setzt 
voraus,  dass  die  Gesetze  gegen  die  Calumniatoren ,  wie  sie  seit 
Nerva  (speciell  in  Bezug  auf  die  Gottesleugner)  ergangen  waren 
(Dio  Cassius  68,  1;  M.  Aurel,  Vita  11,  1.  2),  sich  auch  auf  die 
frivolen  Ankläger  der  Christen  bezogen  haben,  und  beklagt  es, 
dass  diese  Anwendung  jetzt  nicht  mehr  gelten  solle.  Tertullian 
legt  (Apol.  5)  dem  Tiberius  und  M.  Aurel  solche  Verfügungen 
bei  (der  falsche  Name  des  Tiberius  thut  nichts  zur  Sache);  in 
dem  Apolloniusprocess  wird  der  Ankläger  bestraft  (Euseb.,  h.  e. 
V,  21,  3).  Diesen  Berichten  muss  doch  etwas  Thatsächliches 
entsprochen  haben. 2) 


1)  Der  Spielraum  der  Magistrate  blieb  nach  wie  vor  ausserordentlich 
gross;  s.  Tertull.  an  den  Statthalter  Scapula  4:  „Potes  et  officio  iurisdictionis 
tuae  fungi  et  humanitatis  meminisse".  Dabei  sind  solche  Fälle  noch  nicht 
berücksichtigt,  wie  (1.  c):  ,,Cincius  Severus  (praeses)  Thysdri  ipse  dedit  re- 
medium,  quomodo  responderent  Christiani,  ut  dimitti  possent;  Vespronius 
Candidus  (praeses)  Christianum  quasi  tumultuosis  civibus  suis  satis  facere 
dimisit''. 

2)  Prof.  Mommsen,  dem  ich  dies;  Stellen  vorlegte,  schrieb  mir  am 
2.  Dec.  1894  Folgendes:  ,,Die  Delation,  d.  h.  die  Ahndung  des  gegen  den 
Staat  begangenen  Verbrechens  oder  Vergehens  in  Form  der  von  einem 
Privaten  angestrengten  Klage  (vgl.  meinen  Abriss  des  Rom.  Staatsrechts 
S.  244)  ist  das  rechtliche  Fundament  des  Strafrechts  der  späteren  Republik 
und  der  Kaiserzeit  und  der  Anlage  nach  nicht  bloss  Bürgerrecht,  sondern 
bis  zu  einem  gewissen  Grade  Bürgerpflicht.    Als  dann  im  Lauf  der  Kaiser- 


48  Harnack,  Das  Edict  des  Antoninus  Pius. 

Nach    dem   Ausgeführten    können    die    Bestimmungen    im 
Hadrian-Edict  („ne    et  innoxii    perturbentur    et   calumniatoribus 


zeit  allmähUch  das  Inquisitionsverfahren  den  republikanischen  Accusations- 
process  zurück-  und  schliesslich  verdrängte,  verwandelte  sich  die  Klage- 
erhebung in  die  Denuntiat  ion,  wobei  indess  die  für  jene  geltenden 
Normen  wesentlicb  auch  auf  diese  Anwendung  finden. 

Der  Accusationsprocess  gehört  zu  den  Heilmitteln,  die  ungefähr  ebenso 
schlimm  sind  wie  die  Krankheit.  Es  wurde  also  noth wendig,  dem  Miss- 
brauch der  Accusation  und  später  der  Denuntiation  nach  iSIöglichkeit  zu 
steuern.     Diese  Einschränkungen  sind  dreierlei: 

1.  Bestrafung  der  wissentlich  falschen  Anklage,  resp.  Anzeige,  der 
calumnia.    Diese  ist  so  alt,  wie  der  Accusationsprocess  selbst. 

2.  Ausschliessung  gewisser  Personen  von  der  Accusation,  resp.  der 
Denuntiation.  Die  wichtigste  Kategorie  bilden  die  Sklaven.  Diese  waren 
von  dem  Accusationsprocess  von  Rechtswegen  ausgeschlossen,  da  der  Sklave 
kein  Klagerecht  hat.  Bei  dem  Inquisitionsverfahren  stellte  sich  früh  die 
Beschränkung  ein,  dass  Anzeige  der  Sklaven  gegen  den  Herrn  nicht  oder 
doch  nur  in  Ausnahmefällen  statthaft  ist.  Regelmässig  wird  dies  verschärft 
durch  Bestrafung  des  eine  solche  Anzeige  machenden  Sklaven. 

3.  Ausschliessung  gewisser  Vergehen  und  Verbrechen  von  der  Dela- 
tion, so  dass  deren  Verfolgung  nur  dann  stattfindet,  wenn  sie  dem  Ma- 
gistrat im  Lauf  seiner  Amtsführung  zur  Kenntniss  kommen.  Dahin  gehören 
vornehmlich  die  fiscalischen  Contraventionen,  z.  B.  die  Zolldefraudatiou; 
auf  diese  zunächst  bezieht  sich  der  juristische  Begriff  der  unzulässigen  de- 
latio;  der  Administrativbeamte  kann  in  diesem  Fall  entweder  im  Wege 
der  Administrationsjurisdiction  oder  auch  bei  dem  Prätor  klagen,  aber 
Anzeigen  nimmt  die  Behörde  nicht  an. 

Demnach  lässt  sich  das  Verfahren  gegen  die  Christen  wohl  verstehen. 
Ableugnung  der  Staatsgötter  ist  nach  meiner  und  ich  denke  auch  nach 
Ihrer  Auffassung  crimen  maiestatis  und  unterlag  im  Allgemeinen  der  ent- 
sprechenden Denuntiation.  Eine  Ausnahme  hiervon  machte,  wenn  unsere 
Überlieferung  correct  ist,  Nerva,  insofern  er  den  Gottesleugner  (denn  dies 
ist  die  doißtia  und  der  Judenglaube  des  Nicht-Judeni  zu  denunciren  unter- 
sagte. Straffrei  war  er  darum  nicht;  der  Christ,  dem  von  Amtswegen 
der  p]id  auf  die  Staatsgötter  abgefordert  wurde  und  der  ihn  verweigerte, 
verfiel  damit  dem  Gesetz. 

Die  allgemeine  Praxis  der  Herrscher,  die  die  Christen  nicht  verfolgten, 
ging  nicht  so  weit,  die  Anzeigen  zu  verbieten  [doch  s.  über  Pius  unten  — 
Anmerk.  d.  Verf.],  aber  sie  begünstigten  sie  nicht  und  verfuhren  also  prak- 
tisch ungefähr  ebenso;  dies  wird  der  Zustand  unter  Hadrian  und  Pius  ge- 
wesen sein,  wie  Melito  ihn  schildert.  Die  Verschärfung,  über  die  derselbe 
klagt,  dürfte  wesentlich  in  Einschärfung  der  Anzeige- Annahmen  bestanden 
haben.  Charakteristisch  ist  es.  dass  diese  in  der  senatorischen  Provinz 
Asien  durch  Senatsbeschlüsse    veranlasst    waren;    die   öiaTäyunra  werden 


3.  Die  Echtheit,  geschichtliche  Stellung  und  Aufschrift  des  Edicts.     49 

iatrqcinandi  tribuatur  occasio"  .  .  .  „si  evidenter  provinciales  huic 
petitioni  suae  adesse  valent  adversum  Christianos,  ut  pro  tribu- 
nali  eos  in  aliquo  arguant,  hoc  eis  exsequi  non  prohibeo"  .  .  . 
,,si  quis  accusat  et  probat  adversum  leges  quidquam  agere  me- 
ruoratos  homines,  pro  merito  peccatorum  etiam  snpplicia  statues. 
illud  mehercule  magnopere  curabis,  ut  si  quis  calumniae  gratia 
quemquam  horum  postulaverit  reum,  in  liunc  pro  sui  nequitia 
suppliciis  severioribus  vindices")  und  die  Verordnung  in  unserem 
Edict  (firjöhv  spoyj.slv  Tolg  roiovTOtg,  ei  ^rj  (paivoivro  tl  jzsqI 
rijv  P(D{.ialmv  ?]ysfi0JHav  lyyeiQOvvTsg)  niclit  befremden.  Dagegen 
geht  allerdings  die  letzte  Bestimmung  in  unserem  Edict  noch 
um  einen  Schritt  über  das  Hadrian-Edict  hinaus.  Dieses  lässt 
die  begründete  Klage  frei  (ob  der  Religionsfrevel  ausgeschlossen 
ist  von  der  Klage,  wird  nicht  ganz  deutlich;  jedenfalls  ging 
Hadrian's- Tendenz  in  dieser  Richtung)  und  bestraft  nur  die 
calumnia;  jenes  scheint  zwischen  begründeter  und  calumniöser 
Klage  in  Bezug  auf  die  Christen  keinen  Unterschied  zu  machen 


nicht  kaiserliche  sein,  sondern  proconsularische,  die  jene  Beschlüsse  publi- 
<:;irten  und  specialisirten ;  dagegen  wird  die  Hülfe  des  Kaisers  angerufen 
{el  fisv  oov  xsXsvaavToq  zavxa  Ti^dzTEzai,  eaxco  xa?.wg  yivo/usvov).  Hiervon 
abgesehen  ist  durch  positive  Gesetzgebung  den  Christen  wohl  nur  insofern 
Hülfe  zu  Theil  geworden,  dass  (nach  1)  die  Strafe  der  calumnia  verschärft, 
<^ie  Gefahr  für  den  Ankläger,  resp.  den  Denuntianten  gesteigert  und  dadurch 
■die  Menge  der  Anzeigen  gemindert  wurde.  Man  wende  nicht  ein,  dass 
dadurch  der  begründeten  Anklage  nicht  gewehrt  war;  auch  eine  solche 
vorzubringen  scheute  man  sich  um  so  mehr,  je  schwerer  das  erkennende 
Gericht  gegen  den  abgewiesenen  Ankläger  verfuhr.  In  diese  Kategorie  kann 
man  den  Bericht  über  Tiberius  bringen,  der  freilich  anderweitig  unglaub- 
würdig erscheint,  und  gehört  sicher  der  Erlass  Hadrian's,  der  die  supplicia 
severiora  dem  Calumnianten  in  Aussicht  stellt,  sowie  was  wir  über  Marcus 
erfahren.  Der  Biograph  sagt  es  geradezu,  dass  er  die  falsi  delatores  be- 
straft wissen  wollte,  und  nichts  Anderes  sagt  Tertullian.  Dass  die  Christen 
bestraft  werden  sollen,  spricht  er  ebenso  bestimmt  aus,  als  dass  die  Strafe 
auch  die  accusatores  trifft,  ja  dass  diese  schwerer  bestraft  werden  als  die 
Christen.  Wenn  unter  den  accusatores  diejenigen  verstanden  werden,  die 
ihre  Klage  nicht  durchführen,  so  tragen  wir  sicher  in  die  Stelle  nur  hinein, 
was  sich  von  selbst  versteht,  obwohl  zuzugeben  ist,  dass  Tertullian  in  seiner 
Advocatenmanier  das  abschwächende  „falsi"  absichtlich  unterdrückt  hat, 
kräftigerer  Antithese  wegen.  Soweit  wäre  Alles  in  Ordnung.  Aber  ich 
muss  dabei  bleiben,  dass  Eusebius'  Darstellung  (in  Bezug  auf  Apollonius) 
nicht  correct  ist  usw." 

Texte  u.  Untersuchungen  XIII,  4.  4 


5Q  Harnack,  Das  Edict  des  Antoninus  Pius. 

und  beide  zu  verbieten.  Allein  zunächst  ist  das  „et  ^t]  (paivoivro 
TL  JtSQL  Trjv  'PcoiiaicDV  riysfioviav  kyxsiQOvvTeg''  zu  beachten; 
die  Klage  bleibt  natürlich  unbeschränkt,  wenn  das  Imperium 
bedroht  ist.  Ausserdem  aber  darf  nicht  übersehen  werden,  dass 
nicht  schlechthin  jede  Delation  der  Christen  verboten  wird, 
sondern  wie  das  emphatisch  wiederholte  „cog  rotovrog^^  (roLovrog 
cQv)  deutlich  macht,  die  Delation  in  Bezug  auf  Atheismus. 
Nur  das  ,,a&£og^'  kann  gemeint  sein.  Dieses  allein  entspricht 
dem  „cog  d&ecov  yMrr/yoQOvvTeg^''  im  Anfang  des  Schreibens  und 
ist  unter  dem  .,8yxX7]fia^^  zu  verstehen:  Der  Kaiser  verbietet  den 
erregten  Provincialen  Asiens  (nicht  allen  Unterthanen  im 
Reiche)  generell,  den  Atheismus-Process  gegen  die 
Christen  anzustrengen.^)  Nicht  weniger,  aber  auch  nicht 
mehr  besagt  das  Edict. 2)  Augenscheinlich  beurtheilte  der  Kaiser 
die  augenblickliche  Situation  in  Asien  so,  dass  er  in  den  stür- 
mischen Anklagen  gegen  die  Christen  auf  Atheismus  eine  Gefahr 
für  die  Ruhe  der  Provinzen  erkannte.  Eben  deshalb  unter- 
drückte er  sie  gänzlich,  indem  er  den  Delatoren  die  Strafe  der 
Calumniatoren  —  nur  diese  kann  gemeint  sein  —  androhte.  Er 
hat  damit  nur  wesentlich  dasselbe  angeordnet,  was  nach  Dio 
Cassius  68,  1  schon  Nerva  befohlen  hatte:  y.al  o  Nsgovag  rovg 
T£    XQLVOftsvovg    Iji    cüsßeicc    c((pfjxe  xal   rovg  g^svyovrag   xar- 

1)  Antoninus  Pius  war  selbst  einmal  Proconsul  in  Asien  gewesen, 
kannte  also  den  Charakter  der  Provincialen  aus  eigener  Anschauung;  Ca- 
pitol.  Vita  3. 

2)  Es  ist  vielleicht  nicht  gleichgiltig,  dass  in  dem  Process  gegen  Po- 
lykarp  von  Smyrna  —  einem  der  Christenprocesse  des  2  Jahrh.,  die  wir 
am  genauesten  kennen  —  die  Zumuthung,  die  Götterbilder  zu  verehren, 
nicht  gestellt  wird,  sondern  nur  der  Kaisercult  in  Betracht  kommt.  [Das 
„aiQS  zovq  dd-eovg'^  das  er  sprechen  soll,  ist  eine  Concession,  die  der  Pro- 
consul  der  Volkswuth  macht).  C.  8:  „t/  yaQ  xaxov  iözi  elnelv'  Kvqioq 
KaTauQ,  xul  tnid^voai.     C.  9  (der  Proconsul  spricht):  öi^iodov  ztjv  Kaloagog 

TV'/jjv,  ßezavörjGov,  elnov  aiQS  zovg  dd-eovg ofiooov,  xal  dnoXiaü) 

oe.  C.  10  (ders.):  "Ojuogov  zi]V  Kalaagog  zvy^riv''.  Da  Polykarp  dies  ver- 
weigert, erklärt  der  Proconsul  —  die  Form  ist  charakteristisch  '^s.  das 
Trajan-Edict):  UokvxaQitog  a>jno?.6y)]a£v  havxov  XQioziavov  slvai.  L'bri- 
gens  ist  Polykarp  nicht  das  Opfer  einer  Accusation  (Denuntiation)  gewor- 
den, sondern  der  Proconsul,  allerdings  gedrängt  vom  Fanatismus  der  Menge, 
hat  ihn  aufsuchen  lassen  und  zur  Rechenschaft  gezogen.  Polykarp  ist  also 
der  Sicherheitspolizei  zum  Opfer  gefallen.  Diese  Erkenntniss  ist  von 
Wichtic'keit. 


I 


3.  Die  Echtheit,  geschichtliche  Stellung  und  Aufschrift  des  Edicts.     51 

rjyays,  rovg  xs  öovXovg  xal  rovg  £^8X8x^{)8()ovg  roic  rolg  ösojto- 
raig  0(pa)V  ejiißovXevöavrag  jidvrag  ajttxzstve'  Tcal  rolg  fihv 
TOtovTOig  ovo  aXXo  n  eyxXr/f/a  sjiupeQSLv  em  rovg  ösöjtozag 
£g)7jxe,  TOlg  öh  ö?)  aXXoig  ovx  dasßelag  ovre  'lovöa'Cxov 
ßlov  xaratTLaö^al  xivag  övvsxco  Q^os. 

Die  bekannte  gefährliche  Neigung  der  Griechen  —  ein 
Zeichen  ihrer  Schwäche  — ,  Atheismusprocesse  anzustrengen, 
entsprach  dem  Zuge  der  römischen  Criminalpolitik  längst  nicht 
mehr.  Wenn  der  Kaiser  ihnen  dies  Handwerk  legte  und  auch 
die  Christenfrage  nicht  ausnahm,  hielt  er  die  Richtlinie  inne, 
die  seine  Vorgänger  vorgezeichnet  hatten.  Auf  die  polizeilichen 
Massregeln,  die  die  Magistrate  gegen  die  Christen  in  Anwendung 
zu  bringen  haben,  bezieht  sich  das  Schreiben  schlechterdings 
nicht;  sie  bleiben  gänzlich  unberührt,  und  deshalb  ist  auch  nichts 
an  der  allgemeinen  Lage  der  Christen  gegenüber  der  Staats- 
polizei geändert.  Somit  ist  von  hier  aus  die  Echtheit  des  Edicts 
m.  E.  nicht  zu  beanstanden.^)  Dieselbe  empfängt  aber  noch 
eine  starke  Stütze  aus  den  Fragmenten  der  Melito-Apologie,  die  in 
der  zweiten  Hälfte  der  Regierungszeit  M.  Aurel's  verfasst  worden 
ist.  Erstlich  geht  aus  ihnen  hervor,  dass  bis  vor  Kurzem  die 
Lage  der  Christen  in  der  Provinz  Asien  längere  Zeit  hindurch 
eine  besonders  befriedigende  gewesen  sein  muss;  Melito  kann 
sogar  schreiben:  xo  yccQ  ovös  Jicojtoxs  ysvofisvov^  vvv  ölco- 
xsxat  xo  xcov  ß^eoosßcov  yivog  xaivolg  eXavv6y.Bvov  öoynaöt 
xaxd  xrjv  jiolav.  Der  bisherige  Zustand  war  also  der  gewesen, 
dass  keine  oder  so  gut  wie  keine  Accusationsprocesse  vor- 
gekommen waren,  d.  h.  dass  die  Behörde  Anzeigen  nicht  annahm, 
die  deshalb  wohl  auch  unterblieben  waren.  Aber  die  „neuen 
Verordnungen"  —  wie  Mommsen  (s.  o.)  annimmt,  proconsula- 
rische,  auf  senatorischen  Verfügungen  beruhende  —  hatten  die 
Accusation  entfesselt.  Das  besagen  die  Worte:  ol  ydg  dvaiöüg 
övxocpdvxat  xaLs:mv  dXXoxQicov  kgacxaV^)  xf)v  ex  xcöv  diaxay- 


1)  Man  beachte,  dass  der  Absatz  von  '^YnhQ  6h  zolovzwv  bis  yviä^i^ 
das  enthält,  was  der  Kaiser  den  Statthaltern  (Richtern)  zu  sagen 
hatte  und  gesagt  hat,  der  letzte  Abschnitt  sich  dagegen  an  die  klage- 
lustigen  Provincialen  richtet. 

2)  Für    die   richtige  Erklärung  des    dlXozQiBniGxonoq   1  Pet.    4,    15 

(s.  Crem  er,   Wörterbuch  8.  Aufl.   S.  890,    Zell  er,   Sitzungsber.   d.  K.  Pr. 

4* 


52 


Harnack,  Das  Edict  des  Antoniniis  Pius. 


lUiTOJV  lyovTEQ  dg^oQfif/v  (pavsQOjg  hprtvovOL,  vvy,T(DQ  y.di  ,w£^- 
ijpttQav  ÖiaQjtd^ovTsg  rovg  fiyöev  ddixovvzag.     Der  Zustand  vor 
den    „neuen  Verordnungen"    hat  also  der  Situation  entsprochen, 
wie  wir    sie    uns    als  Folge    unseres  Edictes    zu    denken  haben. 
Wodurch  der  Wechsel  in  der  inneren  Politik  herbeigeführt  worden 
ist,  wissen  wir  nicht;  a.ber  wir  wissen  aus  anderen  Quellen,  dass 
Marcus    auch    in    anderen   Provinzen   gegen   die  Christen   vorge- 
schritten   ist,    d.  h.   die   Anzeige-Annahme   eingeschärft   und   die 
Magistrate  an  ihre  Pflicht  erinnert  hat.   Zweitens  behauptet  Melito 
in  seiner  Eingabe,  dass  frühere  Kaiser,  und  zwar  die  ..jtQoyovot'' 
des  Marcus,    „unsere  Philosophie"   jiqoq  ralg  a/,Zaic  ^QrjOXHaLq 
geehrt  hätten  [£Tifi?]öav)',  gemeint  können  nur  Hadrian  und  Pius 
sein,    und  mag  man   auch  festhalten,    dass  Melito   sich  in  dem 
ganzen  Abschnitt    gewisser  Übertreibungen    schuldig   macht,    so 
muss  doch  jene  Behauptung  irgendwie  begründet  sein.    Welche 
Begründung    aber   liegt  näher  als   die,    die  aus  unserem  Edicte 
zu  ersehen  ist,  welches  den  Provincialen  die  Anklage  der  Christen 
auf  Atheismus  untersagte?   Das  konnte  wirklich  als  eine  ,.Ehrung"' 
von  den  Christen  gedeutet  werden,  indem  sie  es  positiv  wandten: 
unsere  ,,d^QrjO'/,da^^  ist  damit  als  eine  ,,{)^QrjOxsia^^  anerkannt  wor- 
den I    Drittens  beruft  sich  Melito  ausdrücklich  nicht  nur  im  All- 
gemeinen auf  viele  Edicte  Hadrian's  und  Pius'  {jio/./M7cig  jtoV/.olg. 
s.  die  frappante  Parallele  in  unserem  Edict)  in  dieser  Angelegen- 
heit und   speciell  auf  das  Hadrian-Edict,   sondern  er  zählt  auch 
einzeln  einige  Pius-Edicte  auf:    o  de  jcariiQ  oov  xal  oov  ra  ovfi- 
jtavxa   ÖLOixovvTog   avxoj.   zalg    jioIböl   jteQi    rov    fi?]68V  J'tro- 
TtQL^eiv   jregl  rj^cor  r/Qaii'tv,  ev  oig  xcu  jzqoq  AaQLOOaiovg  y.di 
jTQog  O^ooalovixeTg  xal  'u4&7/valovg  xal  JzQog  Jiävrag  EXhp'ag. 
W  enn  er  als  Inhalt  dieser  Edicte  des  Pius   ,.to  fi?/Ö8v  i'ScoTSQiCeiv 
jt8Ql  ii^cov'^  angiebt,  so  darf  man  das  nicht  durch  ..Neuerungen 
machen",  sondern  muss  es  durch  „tumultuiren"  übersetzen;  es  ist 
dasselbe,  was  Hadrian  im  Rescript  „perturbare",  Pius  in  unserem 
Schreiben    durch    T(iQay))v    sfißdXlHv    ausdrückt.     Die    einzeln 
genannten    Edicte    des   Pius    für   christliche  Fälschungen   zu   er- 
klären, wäre  ein  thörichter  Gewaltstreich.     Hat  Pius  aber  trotz 
der  Hadrian-Edicte  noch  solche  Verfücrunoen  erlassen,  so  erklärt 


Akad.  1S03  S.  129  ff.  i  ist  unsere  Stelle  (man  beachte  das  ovxocfävzai)  nicht 


ohne  Bedeutung. 


3.  Die  Echtheit,  geschichtliche  Stellung  und  Aufschrift  des  Edicts.    53 

keine  Annahme  ihr  Motiv  besser  als  die,  welche  sich  aus  einer 
Vero-leichuno'  unseres  Edicts  mit  dem  Hadrian-Schreiben  an  Minu- 
cius  von  selbst  ergiebt,  nämlich  dass  Hadrian  noch  nicht  den 
Provincialen  jede  Klage  auf  Atheismus  ausdrücklich  untersagt 
und  die  Übertretung  dieser  Anordnung  ohne  Weiteres  unter 
Strafe  gestellt  hatte,  obgleich  seine  Tendenz  bereits  darauf  ging, 
den  Religionsfrevel  von  den  Christenprocessen  auszuschliessen. 
Allein  die  Mittheilung  des  Melito  scheint  doch  eine  nicht  geringe 
Schwierigkeit  zu  bieten.  Er  führt  Edicte  von  Pius  an  die  Land- 
tage der  Larissäer,  Thessalonicher,  Athener  (warum  das  jcqoc,  hier 
fehlt,  ist  nicht  ersichtlich)  einzeln  an  und  beschliesst  die  Auf- 
zählung mit  den  Worten:  Tcal  jiQoq  Jiavxaq  Elh]vaQ,.  Das  Edict 
an  das  Koivov  ttjc,  'Aoiag^  unser  Edict,  ist  nicht  genannt!  Ist 
das  nicht  seiner  Echtheit  tödtlich?  Oder  steckt,  unser  Edict  in 
den  Worten  „Jtgdg  jtavrag  'E?.lr]vag^^?  Allein  dieser  Ausdruck 
ist  entweder  gleich  einem  „et  cetera"  —  so  hat  ihn  Rufin  ver- 
standen —  und  geht  dann  w^ohl  auf  andere  Landtage  in  Griechen- 
land, schwerlich  auf  den  Landtag  der  Provinz,  in  der  Melito 
schrieb,  oder  er  bezeichnet  das  Kotvov  der  Achäer  ^).    In  beiden 


1)  An  und  für  sich  kann  der  Ausdruck  „n^ög  7idvTag^'E?.Xr]vag"  vier- 
fach verschieden  verstanden  ;sverden.  Man  kann  1)  an  die  ,, Panhell enen" 
zu  Athen  denken,  die  Hadrian  gestiftet  hat;  aber  diese  waren  keine  poli- 
tische Körperschaft  —  auch  nicht  in  dein  beschränkten  Sinne,  in  dem  es 
die  Landtage  waren  — ,  sondern  bildeten  eine  Art  „Schützenfest";  auch 
wäre  es  sehr  auffallend,  dass  sie  neben  Athen  besonders  genannt  sind. 
2)  könnte  man  versuchen  „zfjg  liolag''  zu  suppliren;  allein  das  wäre  ein 
Gewaltstreich,  da  sich  nicht  nachweisen  lässt,  dass  sich  der  Landtag  Asiens 
selbstbewusst  ,,nävz£g"E).Xriveg"'  je  genannt  hat.  3)  Kann  man  die  Worte 
als  ohne  specielle  Beziehung  deuten.  So  hat  sie  Rufin  verstanden,  wenn 
er  übersetzt:  „Omnibus  quidem  generaliter  civitatibus,  maxime  tamen  ad 
Lariss.  et  Thessal.  et  Athen,  pro  his  mittit  edicta".  Immerhin  ist  auch 
dann  an  den  Landtag  von  Asien  —  ein  Asiate  schreibt  —  nicht  zu 
denken.  4)  Endlich  hat  man  sich  za  erinnern ,  dass  der  Landtag  der 
Achäer  auf  einer  Inschrift  aus  der  Zeit  des  Caligula  (s.  Guiraud,  Les 
Assemblees  Provinciales  dans  l'empire  Romain.  Paris  1887  p.  116)  sich 
Ilav£).Xr]veg,  ndvrsg  ol  EXXrjvsg,  avvoöog  zdiv  E?J.^v(vv  nennt;  s.  Foucart, 
Inscript.  de  Messenie  219:  oVEV.rjvsg.  Da  der  grosse  Landtag  der  Achäer 
(Böotier,  Lokrer,  Eaböer  etc.)  in  der  Aufzählung  fehlt,  so  liegt  es  sehr 
nahe,  an  ihn  zu  denken.  Allein  andererseits  ist  doch  zu  fragen,  ob  ein 
Asiat  diesem  Landtag  die  Ehre  hat  anthun  wollen,  ihn  als  nävzsg  '^'ElXipeg 
zu  bezeichnen. 


54 


Harnack,  Das  Edict  des  Antoninus  Pius. 


Fällen  schweigt  also  Melito  von  dem  Christen-Edict  an  den  asia- 
tischen Landtag!  Wie  lässt  sich  die  Echtheit  unseres  Edicts  unter 
solchen  Umständen  halten  ?  Eine  genaue  Erwägung  aller  Theile 
des  Satzes  bringt  Hülfe.  Melito  schreibt:  „Dein  Vater  —  und  zwar 
in  der  Zeit,  als  du  sämmtliche  Reichsgeschäfte  ihm  verwaltetest  — 
schrieb  den  Städten,  sie  sollten  in  Bezug  auf  uns  schlechterdings 
keine  Unruhen  anfangen,  darunter  an  die  Laiissäer  und  an  die 
Thessalonicher  und  Athener  und  an  alle  Griechen."  Melito  be- 
zieht sich  hier  also  lediglich  auf  solche  Edicte  des 
Pius,  die  zur  Zeit  der  Mitregentschaft  des  Marcus  (seit 
1.  Januar  147),  ja  noch  mehr,  die  zu  jener  Zeit  erlassen 
worden  sind,  da  Marcus  factisch  schon  den  grössten 
Theil  der  Regierungsgeschäfte  zu  besorgen  hatte. ^)  Als 
Pius  ihn  zum  Mitregenten  annahm,  war  Piusbereits  60  Jahre  alt. 
Gestorben  ist  er  als  hochbetagter  Greis  von  75  Jahren.  Da  ist  es 
kein  Wunder  —  w^enn  wir  es  auch  von  Niemandem  anders  als  eben 
von  Melito  hören  — ,  dass  in  den  letzten  Jahren  des  Pius  bereits 
Marcus  die  Hauptlast  der  Regierungsgeschäfte  getragen  hat.  Es 
ist  aber  sehr  Avohl  verständlich,  dass  Melito  eben  an  die  Edicte 
erinnert,  die  in  dieser  letzten  Zeit  ausgegangen  sind,  nämlich 
die  nach  Griechenland;  denn  so  nagelte  er,  indem  er  des  Pius 
gedachte,  gleichzeitig  den  Marcus  auf  die  früheren  Entscheidungen 
fest,  für  die  er  die  Verantwortung  getragen  hatte.  Dazu  war  das 
Edict  an  das  Commune  Asiae,  welches,  wie  unsere  Urkunde  zeigt, 
von  Pius  allein  erlassen  ist^),  durch  die  „neuen  Dogmen" 
factisch  aufgehoben;  eine  Erinnerung  an  dieses  Edict  war  an 
dieser  Stelle  also  nicht  zweckmässig,  vielleicht  geradezu  deplacirt. 


1)  Valesius  hat  zu  .^y.al  oov  xa  avfjLTcavxa  dioixoivzog  avzä)  (Rufin 
sehr  frei:  „Pater  tuus  tecum  pariter  Romani  regni  apicem  gerens")  die 
elegante  und  bestechende  Conjectur  gemacht:  .^xal  oov  xa  nävxa  avvöioi- 
xovvxoq  avxw";  sie  trifft  vielleicht  wirklich  das  Richtige;  allein  sicher- 
bin  ich  dessen  nicht.  Melito  kann  sehr  wohl  den  stärkeren  Ausdruck 
gewählt  haben,  um  dem  Marcus  die  volle  Verantwortung  aufzubürden. 

2)  Wüssten  wir,  wann  sich  die  Erdbeben  in  Asien  ereignet  haben,  die 
den  Anstoss  zum  Edict  des  Pius  gegeben  haben  und  die  auch  Capitolinus 
erwähnt  (c.  9:  „terrae  motus,  quo  Rhodiorum  et  Asiae  oppida  conciderunt, 
quae  omnia  mirifice  instauravit"),  so  w^üssten  wir  auch,  wann  unser  Edict 
erlassen  ist;  aber  es  ist  mir  nicht  bekannt,  dass  man  sie  zu  datiren  ver- 
mag. Nichts  spricht  dagegen,  dass  sie  sich  schon  vor  der  Zeit  der  Mit- 
regentschaft des  Marcus  ereignet  haben. 


3.  Die  Echtheit,  geschichtliche  Stellung  und  Aufschrift  des  Edicts.     55 

Eben  die  factische  Aufhebung  dieses  Edicts  wird  den  Ausgangs- 
punkt der  ganzen  Apologie  des  Melito  gebildet  haben,  ohne  dass 
Melito  auf  dasselbe  einzugehen  brauchte.  Wir  entscheiden  uns 
somit  dafür,  dass  das  Edict  echt  ist  und  dass  es  Pius  erlassen 
hat.  Gekannt  hat  es  Melito  gewiss,  wie  die  frappanten  sprach- 
lichen Übereinstimmungen  in  den  letzten  Absätzen  der  Melito- 
Fragmente  mit  dem  Edict  beweisen.^)  Dass  Pius  noch  am  Ende 
seines  Lebens  Edicte  erlassen  hat,  die  mit  dem  Rescript  des  Ha- 
drian  an  Minucius  zusammengestellt  werden  konnten,  dass  unser 
Edict  ein  Beweis  für  die  auch  sonst  bezeugte  Thatsache  ist,  wie 
sehr  er  sich  die  Rechtspflege  hat  augelegen  sein  lassen  ^j,  dass 
die  Provinz  Asien  erst  recht  abkühlender  Verordnunoren  bedurfte, 
endlich  dass  die  auch  sonst  bezeugten  Erdbeben  hier  erwähnt 
sind,  —  das  Alles  fällt  schwer  ins  Gewicht. 


Mit  einer  jeden  Zweifel  ausschliessenden  Sicherheit  kann  die 
Echtheit  des  Edicts  immerhin  nicht  behauptet  werden;  denn  erst- 
lich mussten  wir  Sätze  ausscheiden,  bevor  wir  an  die  Echtheit 
denken  konnten  —  solche  Manipulationen,  so  evident  ihr  Ergeb- 
niss  auch  scheinen  mag,  beeinträchtigen  immer  die  Überzeugungs- 
kraft — ;  sodann  ist  an  die  singulare  Stellung  zu  erinnern,  die 
das  Edict  unter  den  von  Eusebius  mitgetheilten  Actenstücken 
einnimmt  (s.  oben  S.  19  ff.);  ferner  ist  zu  erwägen,  dass  die  Echt- 
heit nur  gehalten  werden  kann,  wenn  das  „roiovrog'^  streng  auf 
den  Begriff  des  ad^eog  eingeschränkt  wird;  endlich  kommt  die 
Unsicherheit  der  Aufschrift  in  Betracht.^)  Aber  alle  diese  Gegen- 
gründe   treffen    doch    die  Hauptsache    und   den  Kern   der  Frage 


1)  Die  scharfsinnige  Hypothese,  die  Seeberg  jüngst  im  Theol.  Lit.- 
Blatt  aufgestellt  hat,  das  Edict  sei  eine  aus  der  Melito- Apologie  heraus- 
geschnittene Fälschung,  bedarf  complicirter  Hülfsannahmen ,  um  einiger- 
massen  glaublich  zu  werden.  Seeberg  geht  einfach  von  der  notorischen 
Unechtheit  des  Schriftstücks  aus, 

2)  Über  des  Pius  Sorge  für  die  Rechtspflege  s.  Schiller,  Gesch.  der 
röm.  Kaiserzeit  I.  S.  630. 

3)  Einen  erheblichen  Gegengrund  gegen  die  Echtheit  vermag  ich 
allerdings  in  dieser  Unsicherheit  nicht  zu  erkennen.  Ein  echtes  Actenstück 
kann  ebenso  leicht  in  der  Tradition  in  Bezug  auf  die  Aufschrift  Fährlich- 
keiten  erlebt  haben,   wie  ein  unechtes. 


56  Haniack,  Das  Eclict  des  Antoninus  Pius. 

nicht  1),  und  jedenfalls  verwickelt  die  Annahme,  es  sei  von  An- 
fang bis  zu  Ende  gefälscht,  in  viel  grössere  Schwierigkeiten,  als 
die  sind,  die  wir  übrig  behalten  haben.-)  Von  der  Aufschrift 
ist  noch  ein  Wort  zu  sagen.  Wir  gehen  dabei  von  der  Annahme 
der  Echtheit  und  der  Abfassung  durch  Pius  aus  —  die  Möglich- 
keit der  Abfassung  durch  Marcus  widerlegt  Melito  schlagend. 
Hätte  Marcus  ein  solches  Edict  für  Asien  je  erlassen,  so  hätte 
Melito  nicht  nöthig  gehabt,  sich  auf  Edicte  an  Landtage  zu  be- 
rufen, die  Pius  öiotxovvzog  Müqxov  xa  ovfiJiavTa  erlassen  hat. 
Verwechselungen  von  Trajan  und  Hadrian,  Hadrian  und  Pius, 
Pius  und  Marcus  in  Bezug  auf  die  Datirung  von  Schriftstücken 
sind  in  der  altchristlichen  Literatur  nicht  selten.  Dass  Hadrian 
auch  den  Namen  Trajan,  Pius  den  Namen  Hadrian,  Marcus  den 
Namen  Antoninus  führte,  hat  sie  wohl  hauptsächlich  veranlasst. 
Hier  aber  liegt  der  Fall  insofern  singulär,  als  in  dem  Actenstücke 
selbst  die  Vertauschung  vorgenommen  worden  ist.  Indessen  ist 
Folgendes  zu  constatiren:  Gemeinsame  von  allen  Zeugen  gebotene 
Aufschrift  ist:  (AvxoxQaTcoQ  Kalöag)  Avrojvlvoq  [^eßaOTog) 
reo  Koivo)  TTjq  \4oiaq  ;^ß/()£ii^.  In  Bezug  auf  diese  Worte  besteht 
kein  Schwanken  noch  Zweifel.  Man  wird  annehmen  müssen, 
dass  der  Christ,  welcher  das  Edict  in  die  christliche  .,Litteratur" 
gebracht  hat,  von  der  Aufschrift  nur  so  viel  übersetzte  oder  sie 
in  dieser  kurzen  Gestalt  vorfand.  Ein  zweiter  oder  er  selbst 
glaubte  —  irrthümlich  —  den  Namen  jIvtcovciwc  durch  Vor- 
setzung von  Mc.QTCLoq  AvQ7]Xiog  ergänzen  zu  müssen.^)     In  dieser 


1)  Die  eifrige  Fürsorge  des  Pius  für  die  Staatsreligion  kann  gegen 
die  Echtlieit  des  Edicts  nicht  ins  Feld  geführt  werden;  denn  er  wollte 
diese  Fürsorge  selbst  und  vermittelst  der  ]\lagistrate  ausüben,  sie  aber 
nicht  dem  Fanatismus  erregter  und  eigensüchtiger  Provincialen  überlassen. 
Übrigens  muss  man  sich  hüten,  die  Berichte  über  die  persönliche  Stellung 
der  Kaiser  zum  Staatscult,  aber  auch  die  Folgen  dieser  Stellung  in  Bezug 
auf  die  Religionspolitik  zu  überschätzen.  Von  Hadrian  heisst  es  (Yita2'2): 
„Sacra  Romana  diligentissime  curavit,  peregrina  contempsit". 

2)  Diese  Schwierigkeiten  fallen  nur  dann  fort,  wenn  man  die  Er- 
klärung der  Unechtheit  eines  Schriftstücks  für  einen  Freibrief  erachtete 
der  von  jeder  weiteren  kritischen  Rechenschaft  dispensirt. 

3)  Vielleicht  hat  die  Melito -Apologie  ihn  dazu  —  bei  flüchtiger 
Leetüre  —  verführt.  Melito  sagt  dort  von  Marcus:  oh  öh  xal  fxä/J.ov  Tiepl 
Toixojv  TTjv  avTijV  i/iSivoiQ  (seil.  Hadrian  und  Pius)  S'/ovza  yvc6fi7]v,  und  in 
unserem  Edict  sagt  der  Kaiser,  er  entscheide  xcaccxoXovS^wv  xfj  xov  TiazQog 


3.  Die  Echtheit,  geschichtliche  Stellung  und  Aufschrift  des  Edicts.     57 

Gestalt  kam  das  Schriftstück  zu  Eusebius.  Es  ist  namlicli  frag- 
lich, ob  er  die  oben  S.  23  in  sich  als  fehlerhaft  nachgewiesenen 
Worte  „'AQfievtog,  'AgxtSQSvg  Mtycöroc,  ör]f.iaQxtxrjg  k^ovölag  rb 
iE,  vjcaTog  To  y  "  gelesen  und  geboten  hat,  da  sie  in  dem  Syrer 
(s.  0.)  fehlen.  Doch  da  sie  bei  Rufin  stehen  und  in  sich  ebenso 
falsch  sind,  wie  das  MaQxog  AvQ/]Xwg  an  sich,  so  ist  die  An- 
nahme die  einfachere,  dass  nicht  zweimal,  sondern  einmal  ein 
Fehler  gemacht  worden  ist,  dass  also  derselbe,  der  „M.  Aurel*' 
hinzufügte,  auch  für  die  weiteren  Zusätze  verantwortlich  ist,  und 
dass  somit  bereits  Eusebius  auch  die  Zusätze  —  zusammen  mit 
dem  falsch  ergänzten  MaQxog  AvQ7]hog  —  gelesen  und  ge- 
boten, der  Syrer  sie  aber  absichtlich  oder  unabsichtlich  aus- 
gelassen hat. 

Eusebius  schrieb  die  Urkunde  mit  der  falschen  Aufschrift 
ab')  —  er  wagte  nicht  zu  corrigiren;  aber  aus  Melito,  auf  den 
er  ausdrücklich  und  mit  Recht  verweist,  hatte  er  gelernt, 
dass  der  betreffende  Kaiser  vielmehr  Pius  sein  müsse,  und  hat 
das  mit  dürren  Worten  gesagt.  Wenn  er  demgemäss  seinen 
Lesern  einen  vollkommenen  Widerspruch  auftischte,  ohne  etwas 
zu  demselben  zu  bemerken,  so  ist  er  entweder  momentan  ver- 
wirrt gewesen  (wie  bei  h.  e.  V,  4,  3;  V,  5,  1)  und  hat  eine  noth- 
Avendige,  den  Widerspruch  erklärende  Bemerkung,  die  er  machen 
wollte,  zu  machen  unterlassen,  oder  er  hat  darauf  gerechnet, 
dass  seine  Leser  unter  den  Antoninen  noch  weniger  Bescheid 
wissen,  als  er  selber,  und  daher  den  Widerspruch  gar  nicht  be- 
merken werden  2).  Indessen  ein  Leser,  nämlich  der,  auf  den  die 
Fassung  des  Edicts  im  Paris.  450  zurückgeht,  hat  den  Wider- 
spruch bemerkt.     Nach  der  Anw" eisung  des  Eusebius  hat  er  den 


yvcü/xy.  Ferner  erwartet  Melito,  der  Kaiser  werde  seine  Petitionen  er- 
füllen (n£7teiOfj.ed^a  ndvza  tiqccgoslv  ah  00a  oov  öeofxed-a).  Unser  Edict 
konnte  bei  flüchtiger  Leetüre  als  diese  Erfüllung  betrachtet  werden.  Mit 
dieser  falschen  Deutung,  als  ein  von  Christen  erbetenes  Edict,  ist  es  zu 
Eusebius  gekommen. 

1)  Hiernach  hat  dann  der  Verf.  des  Chron.  pasch,  die  Urkunde 
zum  10.  Jahr  des  Marcus  gestellt.  Diese  Datirung  ist  natürlich  werthlos. 
Ebenso  ist  es  unerheblich,  dass  er  lAg^bVLoq  lAg/jeQevg  Meyiozog  aus- 
gelassen hat. 

2)  Bei  Rufin  und  vielen  Anderen  hat  er  sich  auch  wirklich  nicht 
getäuscht. 


5§  Harnack,  Das  Edict  des  Antoninus  Pius. 

„Marcus  Aurelius  Antoninus  Augustus"  in  der  Aufschrift  in 
„Titus  Aelius  Hadrianus  Antoninus  Pius"  verwandelt.  Damit 
war  —  Eusebius  gebührt  in  Wahrheit  das  Verdienst  —  das 
Edict  wieder  zu  seinem  wirklichen  Verfasser  zurückgeführt. 
Eine  Schwierigkeit  bleibt  nur  noch:  woher  nahm  der  Redactor, 
der  zugleich  das  Edict  gründlich  verfälscht  hat,  die  nähere  Be- 
zeichnung ,,ö?]fia()yLxrjg  e^ovolag  xo  za,  vjcaxoc  ro  ö'.  llazijQ 
nccTQiöog?  (So  steht  es  allerdings  nicht  in  unserer  Handschrift;  aber 
den  Unsinn,  der  dort  zu  lesen  ist,  kann  nur  ein  schlechter  Copist 
verbrochen  haben;  die  Correctur  ist  einfach).  Steht  es  fest  — 
und  ich  glaube  das  oben  S.  7  ff.  bewiesen  zu  haben  — ,  dass  der 
Redactor  aus  Eusebius'  KGreschichte  das  Edict  entnommen  hat, 
so  darf  man  sich  vor  der  Consequenz  nicht  scheuen,  zu  erklären, 
dass  jene  nähere  Bezeichnung,  obgleich  sie  in  sich  correct  ist, 
keinen  Werth  hat,  sondern  erfunden  ist.  ^)  Der  nicht  ungelehrte 
Redactor  B  —  man  vgl.  den  Brief  über  das  Regenwunder  — 
fand  in  seiner  Vorlage  bei  Eusebius  im  Actenstück  eine  ge- 
naue Angabe  über  die  tribunicische  Gewalt  und  das  Consulat 
M.  AureVs  vor.  Da  er  entschlossen  war,  diesen  Namen,  nach 
Anweisung  des  Eusebius,  durch  den  des  Pius  zu  ersetzen,  stattete 
er  diesen  analog  mit  einem  vollen  Titel  aus.  Es  ist  ihm  ge- 
lungen, dabei  keinen  historischen  Verstoss  zu  begehen  (dem, 
der  das  Edict  dem  Marcus  beigelegt  hat,  ist  das  nicht  gelungen), 
sondern  das  Actenstück  richtig  auf  ein  bestimmtes  Jahr  (158 
p.  Chr.)  zu  datiren.  Allein  die  Fehlerlosigkeit  besagt  nichts  für 
die  Urkundlichkeit  der  Angabe.  Aus  welchem  Jahre  der  Re- 
gierungszeit des  Pius  unser  Edict  stammt,  wissen  wir  somit  nicht 
—  die  Annahme,  dass  B  von  irgendwoher  eine  richtige  Kunde 
erhalten  hat,  schwebt  wenigstens  völlig  in  der  Luft  — ;  aber  dass 
es  wirklich  ein  Edict  des  Pius  ist,  ist  eine  an  Sicherheit  grenzende 
Wahrscheinlichkeit.  Diese  Erkenntniss  bestätigt  im  W^esentlichen 
nur  die  Auffassung,  die  im  Aufsatze  über  ..den  Religionsfrevel 
nach  römischem  Recht"  von  Mommsen  in  Bezug  auf  das  Ver- 
hältniss  von  Staat  und  Kirche  im  2.  Jahrh.  vorgetragen  worden 
ist,  und  widerspricht  der  Auffassung,  die  Overbeck  vor  zwanzig 

1)  Overbeck,  Studien  z.  Gesch.  d.  alten  Kirche  (1S75)  S.  132:  „Ein 
Abschreiber,  welcher  die  ursprüngliche  Überschrift  des  Edicts  änderte, 
kann  dabei  mit  Sorgfalt  und  guter  Quellen  sich  bedienend  verfahren  sein". 


3.  Die  Echtheit,  geschichtliche  Stellung  und  Aufschrift  des  Edicts.     59 

Jahren  in  seiner  Abhandlung  über  die  Kaisergesetze  (a.  a.  0.) 
so  scharfsinnig  und  eindrucksvoll  entwickelt  hat,  an  einem 
wichtigen  Punkte.  Zwar  dass  die  Rechtsunsicherheit  der  Christen 
—  gegenüber  den  Statthaltern  und  Magistraten  —  im 
ganzen  2.  Jahrhundert  unverändert  dieselbe  gewesen  ist,  ist  ge- 
wiss, und  Overbeck  betont  das  mit  vollem  Rechte;  aber  den 
Provincialen  gegenüber  sind  die  Christen— mindestens  in  Griechen- 
land und  Asien,  wahrscheinlich  aber  auch  sonst  —  von  Hadrian 
und  Pius  geschützt  worden,  indem  der  erstere  jede  calumniöse 
Klage,  der  letztere  überhaupt  jede  Anklage  auf  Atheismus  gegen 
sie  verboten  hat,  beide  aber  Privatleuten  die  Anstrengung  des 
Accusationsprocesses  nur  unter  der  Bedingung  gestatteten,  dass 
sie  den  Beweis  für  Yergehungen  der  Christen  zu  erbringen  ver- 
möchten. Das  geschah  um  den  religiösen  Fanatismus  der  Griechen 
zu  dämpfen  und  die  Christenprocesse  nicht  dem  Pöbel  auszu- 
liefern; es  stand  im  Zusammenhang  mit  der  allgemeinen  Politik 
jener  Zeiten  und  jener  Kaiser,  die  Denuntiation  überall  einzu- 
schränken und  allein  den  Staatsbeamten  die  Wahrung  des  Ge- 
setzes und  der  Rechtspflege  anzuvertrauen.  Die  entsprechenden 
Rescripte  des  Hadrian  und  des  Pius  nach  Griechenland  und  Asien 
sind  aber  bereits  von  Justin  und  Melito  als  Toleranz-Edicte  auf- 
gefasst  worden.  Ihrem  Wortlaut  nach  waren  sie  es  nicht,  aber 
factisch  muss  ihre  Wirkung  derTolerirung  ziemlich  nahe  gekommen 
sein.  Fasste  man  sie  aber  als  Toleranz-Edicte^  so  war  die  Ver- 
suchung gross,  sie  zu  retouchiren,  um  die  Züge  aus  ihnen  zu 
entfernen,  die  der  runden  Anerkennung  der  christlichen  Religion, 
resp.  der  Tolerirung  widersprachen.  Das  ist  mit  dem  Rescript  des 
Pius  an  den  Landtag  von  Asien  geschehen,  und  zwar  ist,  wie 
das  Verhältniss  der  Rec.  B  zu  A  zeigt,  fortgesetzt  an  demselben 
corrigirt  worden.  Bereits  Eusebius  hat  ein  interpolirtes  Exemplar 
in  Händen  gehabt  und  für  seine  KGeschichte  abgeschrieben. 
Später^  in  einer  Zeit,  in  der  die  Sache  keine  actuelle  Bedeutung 
mehr  hatte,  ist  noch  viel  energischer  an  dem  Edict  corrigirt 
worden,  wie  die  Recension  B  beweist.  Auch  in  nachkonstanti- 
nischer  Zeit  bestand  noch  das  Interesse,  die  ,, guten  Kaiser"  als 
Christenfreunde  darzustellen. 

Das,  was  die  Apologeten  des  2.  Jahrhunderts  über  die  voll- 
kommene Rechtsunsicherheit  der  Christen  klagend  erzählen,  macht 
die  Annahme  noth wendig,  dass  die  Magistrate  während  dieser 


QO  Harnack,  Das  Edict  des  Antoninus  Pius. 

ganzen  Zeit  das  Richtbeil  in  jedem  Augenblick  auf  die  Christen 
niederfallen  lassen  konnten;  aber  die  notorische  Spärlichkeit  der 
Christenprocesse  macht  die  andere  Annahme  ebenso  nothwendig, 
dass  —  ausser  der  factischen  Zurückhaltung  der  Magistrate  in  Bezug 
auf  Einleitung  der  Processe  —  den  Provincialen  das  Klagerecht 
erschwert,  ja  unter  Umständen  ganz  verschränkt  gewesen  ist. 
Andernfalls  müssten  die  Christenprocesse  bei  dem  Fanatismus 
der  Massen,  namentlich  -im  Orient,  viel  zahlreicher  gewesen 
sein.  Dass  das  Klagerecht  aber  wirklich  erschwert,  resp.  sogar 
in  Bezug  auf  den  „Atheismus"  zeitweilig  verschränkt  gewesen 
ist  (trotz  des  Fortbestehens  der  Gleichung:  nomen  Christianum 
=  crimen  maiestatis),  das  lehren  uns  die  Rescripte  des  Hadrian 
und  des  Pius,  und  darin  besteht  ihr  hoher  Werth  für  die  Kirchen- 
geschichte. 

Epimetrum. 

Ich  bin  bei  der  Untersuchung  des  Rescripts  des  Pius  an  das 
Commune  Asiae  auf  die  Landtage  im  Allgemeinen  und  den  Land- 
tag von  Asien  im  Besonderen  nicht  eingegangen,  weil  das  Re- 
script  uns  nichts  lehrt,  was  nicht  auch  andere  Quellen  über  die 
Verfassung  und  Corapetenzen  jener  Landtage  bezeugen,  und  was 
uns  nach  dem  Vorgang  von  Marquardt  besonders  Mommsen 
im  5.  Bande  der  Römischen  Geschichte  S.  317  ff.  und  in  um- 
fassender Darstellung  Guiraud  (Les  Assemblees  Provinciales 
dans  l'Empire  Romain.  Paris  18S7)  gelehrt  haben  (vgL  auch 
Monceaux,  De  Communi  Asiae  Provinciae.  Paris  1885).  Dass 
die  Landtage  überhaupt,  vor  allem  der  in  mancher  Beziehung 
eine  Sonderstellung  einnehmende  Landtag  von  Asien,  die  „fontes 
persecutionum"  für  die  Christen  gewesen  sind,  lag  in  der  Natur 
der  Sache;  denn  diese  Landtage  —  sie  waren  nicht  eigentlich 
politische  Körperschaften,  sondern  lassen  sich  richtiger  als  pro- 
vinciale  collegia  im  grossen  Stil  bezeichnen  —  hatten  ihren  Mittel- 
punkt am  Cultus  der  Koma  und  des  xlugustus,  und  ihre  Aufmerk- 
samkeit lenkte  sich  demgemäss  auf  das  Religionswesen  überhaupt. 
Mit  Mommsen  wird  man  es  für  wahrscheinlich  halten  dürfen, 
dass  der  provinciale  Hohepriester  Asiens  sogar  die  Oberaufsicht 
über  die  Religionsangelegenheiten  überhaupt  besessen  hat.  „Als 
dann  der  alte  und  der  neue  Glaube  im  Reiche  um  die  Herrschaft 


Epimetrum.  Ql 

zu  ringen  begannen,  ist  deren  Gegensatz  wohl  zunächst  durch 
das  provinciale  Oberpriesterthum  zum  Conflict  geworden.  Diese 
aus  den  vornehmen  Provincialen  von  dem  Landtag  der  Provinz 
bestellten  Priester  waren  durch  ihre  Traditionen  wie  durch  ihre 
Amtspflichten  weit  mehr  als  die  Reichsbeamten  berufen  und  ge- 
neigt auf  Vernachlässigung  des  anerkannten  Gottesdienstes  zu 
achten  und,  wo  Abmahnung  nicht  half,  da  sie  selber  eine  Straf- 
gewalt nicht  hatten,  die  nach  bürgerlichem  Recht  strafbare  Hand- 
lung bei  den  Orts-  oder  den  Reichsbehörden  zur  Anzeige  zu 
bringen  und  den  weltlichen  Arm  zu  Hülfe  zu  rufen,  vor  allem 
den  Christen  gegenüber  die  Forderungen  des  Kaisercultus  geltend 
zu  machen.  In  der  späteren  Zeit  schreiben  die  altgläubigen 
Regenten  (Mommsen  denkt  an  Maximinus  Daza  und  Julian) 
diesen  Oberpriestern  sogar  ausdrücklich  vor,  selbst  und  durch  die 
ihnen  unterstellten  städtischen  Priester  die  Contraventionen  durch 
die  bestehende  Glaubensordnung  zu  ahnden,  und  weisen  denselben 
genau  dieselbe  Rolle  zu,  welche  unter  den  Kaisern  des  neuen 
Glaubens  der  Metropolit  und  seine  städtischen  Bischöfe  einnehmen. 
Wahrscheinlich  hat  hier  nicht  die  heidnische  Ordnung  die  christ- 
lichen Institutionen  copirt,  sondern  umgekehrt  die  siegende  christ- 
liche Kirche  ihr  hierarchisches  Rüstzeug  dem  feindlichen  Arsenal 
entnommen  (das  Fundament,  die  allgemeine  Oberaufsicht  des 
Oberpriesters  der  Provinz  über  das  Cultwesen  ist  keineswegs  eine 
neue  Einrichtung)." 

Diese  Ausführung  ist  kirchen geschichtlich  sehr  wichtig,  ja  man 
wird  noch  einen  Schritt  weiter  gehen  dürfen:  In  Asien  war  die 
Organisation  des  Landtags  die  ausgebildetste,  die  Stellung  des  Pro- 
vincial-Oberpriesters  die  entwickeltste;  aber  in  Bezug  auf  die  Kirche 
ist  Asien  ebenfalls  dieProvinz,  wo  zuerst  die  Verfassung  mit  monar- 
chischen Bischöfen  und  dem  Metropoliten  (inEphesus!)  ausgebildet 
worden  ist,  wo  zuerst  Synoden  gehalten  worden  sind,  wo  der  Con- 
flict mit  dem  Kaisercult  (s.  die  Apokalypse)  zuerst  hervorgebrochen 
ist.  Blickt  man  auf  die  Stellung  des  Polykarp  von  Sm5a'na  in 
der  Mitte  des  2.  Jahrhunderts,  dem  der  heidnische  Pöbel  zuruft 
(Euseb.  h.  e.  IV,  15,  26):  „das  ist  der  Lehrer  Asiens,  der  Zer- 
störer unserer  Götter",  oder  auf  die  des  Polykrates,  Bischofs  von 
Ephesus  am  Ende  des  2.  Jahrh.,  wie  sie  uns  aus  seinem  Briefe 
entgegentritt  (bei  Euseb.  h.  e.  V,  24)  —  wer  erkennt  hier  nicht 
die  Parallele  zum  Oberpriester  Asiens!     Aber  überhaupt  —  die 


62  Harnack,  Das  Edict  des  Antoninus  Pius. 

KoLva  To3v  XQiöTcavcov  nicht  nur  in  Asien,  sondern  auch  überall 
im  Orient,  wie  die  Geschichte  der  Passahstreitigkeiten  beweist, 
entwickelten  sich  immer  mehr  als  Parallelen  resp.  als  Antithesen 
zu  den  Koiva  von  Asien,  Macedonien,  Thessalien  etc.  Beide  sind 
provinciell  organisirt;  beide  sind  keine  politischen  Körper- 
schaften und  doch  innerhalb  des  Lebens  in  den  Provinzen  von 
Bedeutung;  beide  sind  religiöse  Gemeinschaften  u.  s.  w.  Über- 
griffen der  Landtage  konnte  die  kaiserliche  Gewalt  leicht  wehren, 
indem  sie  sie  in  dem  Kreise  der  Competenzen  festbannte,  die 
durch  die  Pflege  der  Loyalität  im  Zusammenhang  mit  dem  Kaiser- 
cultus  bezeichnet  waren  —  das  Recht,  durch  direct  an  den 
Kaiser  gebrachte  Beschwerden  eine  gewisse  Controle  über  die 
römischen  Beamten  auszuüben  und  so  die  Centralstelle  zu  orien- 
tiren,  hat,  wie  es  scheint,  selten  oder  nie  Schwierigkeiten  her- 
vorgerufen. Aber  von  den  Koiva  der  Christen  prallte  die  Staats- 
gewalt ab. 

Seit  dem  Ausgang  des  2.  Jahrhunderts  stehen  sich  die  Koiva 
der  Christen,  d.  h.  die  provincialen  Synoden  —  alle  wichtigen 
Angelegenheiten  werden  nicht  mehr  in  der  Einzelgemeinde  ver- 
handelt, sondern  auf  den  Provincialsynoden  —  und  die  Landtage 
gegenüber.  Siebzig  Jahre  später  haben  bereits  Gallienus  und 
wahrscheinlich  auch  Aurelian  an  die  Synoden  resp.  an  die  vor- 
stehenden Priester  geschrieben  (Euseb.  h.  e.  VII,  13;  VII,  30,  19), 
wie  sie  an  die  Landtage  schrieben!  Die  Organisation  der  Kirche 
im  Osten  hat  sich  —  zuerst  und  vorbildlich  in  Asien  —  an  die 
Organisation  der  Koiva  angeschlossen;  in  Italien  und  in  Aegypten 
hat  die  Entwicklung  einen  anderen  Lauf  genommen,  und  das 
ist  nach  der  politischen  Verfassung  dieser  Länder  wohl  ver- 
ständlich. — 

Den  ersten  Zusammenstoss  des  Kolvov  von  Asien  mit  den 
Christen  lernen  wir  aus  dem  Schreiben  Hadrian's  an  Minucius 
Fundaaus  kennen,  kurz  nachdem  uns  die  Ignatiusbriefe  über  die 
ausgebildete  Organisation  der  asiatischen  Kirchen  belehrt  haben^ 
und  nachdem  uns  die  Apokalypse  z.  Z.  Domitian's  gezeigt  hat, 
dass  bereits  damals  in  Asien  der  Kaisercult,  also  das  Heiligthum 
des  Kolvov,  den  Conflict  heraufführte.  Der  asiatische  Landtag 
hatte  an  Serenus  Granianus  das  Ansinnen  gestellt,  eine  allgemeine 
Christenverfolgung  auf  Grund  genereller  Anklagen  in  Scene  zu 
setzen.     Auf   seinen   Bericht   an    den  Kaiser  in  solch  wichtiger 


l 


Epimetrum.  ß3 

Sache  erhielt  sein  Nachfolger  den  ablehnenden  Bescheid,  der  in 
gleicher  Weise  von  der  Gerechtigkeit  und  der  staatsmännischen 
Weisheit  Hadrian's  Zeugniss  ablegt:  „precibus  in  hoc  solis  et 
acclamationibns  —  andere  Mittel  standen  ihnen  aber  als  Landtag 
überhaupt  nicht  zur  Verfügung  —  uti  provincialibus  non  per- 
mitto."  Einige,  vielleicht  wenige  Jahre  später,  nachdem  Erdbeben 
die  Volksstimmung  erregt  hatten,  wählt  der  Landtag  einen  anderen 
Weg:  er  wendet  sich  direct  an  den  Kaiser,  Das  war  sein  Recht, 
aber  es  enthielt  ohne  Zweifel  eine  versteckte  Anklage  gegen  den 
Statthalter  und  die  Maximen  seiner  Rechtspflege.  Die  Eingabe 
der  Provincialen  ist  uns  nicht  erhalten,  wohl  aber  die  Antwort 
des  Kaisers.  In  formeller  Hinsicht  bestätigt  eine  genaue  Ver- 
gleichung  dessen,  was  Guiraud  und  Monceaux  über  die  Land- 
tage und  ihre  Competenzen  zusammengestellt  haben,  die  Echtheit 
unseres  Edicts:  1)  das  Recht  des  Landtags,  direct  an  den  Kaiser 
zu  gehen,  2)  die  Religionsfrage  als  besonders  zur  Competenz  der 
Landtage  gehörig,  die  Pflicht  des  Landtags,  über  die  Staatsreligion 
zu  wachen,  und  sein  Recht,  den  Kaiser  über  die  Stimmung  in  der 
Provinz  zu  orientiren,  3)  den  Aufschwung,  den  der  asiatische 
Landtag  unter  Hadrian  und  Pius  genommen  hat  (ein  Edict  des 
Pius  an  den  Landtag  Asiens  in  den  Digesten  XXVII,  1,  6),  4)  die 
Praxis,  dass  die  Kaiser  direct  den  Landtagen  geantwortet  haben, 

5)  —  was  die  Sprache  betrifft,  in  der  sie  antworteten  — ,  so  wird 
man  anzunehmen  haben,  dass  sowohl  lateinisch  als  griechisch 
geantwortet  worden  ist.  Die  Inschrift  von  Arykanda  beweist, 
dass  selbst  noch  Maximinus  Daza  dem  Landtag  von  Lycien  und 
Pamphylien  lateinisch  geantwortet  hat;  denn  auf  dem  Stein  von 
Arykanda  ist  die  provinciale  Eingabe  griechisch,  die  Antwort 
des   Kaisers   lateinisch    eingemeisselt    (s.  auch  Euseb.,   h.  e.  IX). 

6)  Aber  die  Geschichte  lehrt  auch,  dass  m  Asien  das  Religions- 
wesen und  -Unwesen  im  2.  Jahrhundert  neben  dem  Kaisercult  in 
höchster  Blüthe  stand  (s.  Mommsen,  a.  a.  0.  V  S.  322  f.),  und 
dass  eine  verständige  Politik  noth wendig  die  Regel  befolgen 
musste,  jeden  Ausbruch  religiösen  Fanatismus  kräftig  zu  dämpfen, 
selbst  wenn  er  sich  mit  dem  Deckmantel  des  Staatscultus  zu 
drapiren  suchte.  Das  hat  Pius  in  unserem  Edicte  gethan,  und 
zwar  in  wahrhaft  erleuchteter  Weise,  indem  er  den  Landtag  — 
gewiss  auf  Grund  von  Berichten  des  Statthalters  —  darauf  auf- 
merksam  machte,   dass   er  in  der  letzten  Zeit,   in  der  Zeit  der 


(34  Harnack,  Das  Edict  des  Antoninus  Pius. 

Erdbeben,  seine  nächste  Pflicht,  den  religiösen  Dienst,  selbst 
vernachlässigt  habe.  Indem  er  die  Provincialen  von  der 
Christenfrage  ablenkt,  weist  er  sie  —  so  wenig  nimmt  er  der 
Sache  nach  das  Christenthum  in  Schutz  —  auf  die  gewissen- 
hafte und  ruhige  Pflege  des  Staatscults.  Diese  Lösun  g  der  die 
Ruhe  der  Provinz  bedrohenden  Krisis  ist  das  Ei  des  Columbus. 
Und  doch  soll  hier  eine  Fälschung  vorliegen! 

Der  Nachweis,  dass  die  Einschränkung,  resp,  das  Verbot  der  Anklage 
der  Christen  nicht  Straflosigkeit  der  Christen  bedeutete,  dass  vielmehr  die 
Competenzen  und  Pflichten  der  Magistrate,  gegen  die  Christen  einzu- 
schreiten, durch  jenes  nur  den  Privatpersonen  geltende  ^'erbot  gar  nicht 
betroffen  wurden  —  dieser  Nachweis  wird  besonders  überzeugend  illustrirt 
durch  die  Acta  proconsularia  Cyprian's  (Hartel,  Opp.  Cypr.  III  p.  CX  sq.i. 
Nachdem  der  Proconsul  den  Cyprian  verhört  und  die  Verbannung  über 
ihn  verhängt  hat,  fährt  er  fort:  ,,Non  solum  de  episcopis,  verum  etiam  de 
presbyteris  mihi  scribere  limperatores)  dignati  sunt,  volo  ergo  scire  ex  te, 
qui  sint  presbj^teri  qui  in  hac  civitate  consistunt.''  Cj^prian  erwidert: 
„Legibus  vestris  bene  atque  utiliter  censuistis  delatores  non 
esse,  itaque  detegi  et  deferri  a  me  non  possunt.  in  civitatibus 
autem  suis  invenientur."  Darauf  der  Proconsul:  ,.Ego  hodie  in  hoc 
loco  exquiro'".  Der  Proconsul  bestreitet  also  nicht,  dass  sich  die  Ge- 
setze gegen  die  Delatoren  auch  auf  die  Christenprocesse  beziehen;  allein 
er  wendet  —  und  zwar  mit  Recht  —  ein,  dess  es  sich  hier  nicht  um  De- 
lation handele,  sondern  um  eine  richterliche  Inquisition  (man  beachte 
die  präcisen  Bestimmungen:  „ego"  ,. hodie"  ..in  hoc  loco").  Diese  Scene 
bestätigt  es,  dass  Delationen  gegen  die  Christen  in  der  Regel  nicht  statt- 
haft waren  und  nicht  angenommen  wurden.  Annehmen  konnte  sie  natür- 
lich der  oberste  Richter,  wenn  es  die  Ruhe  der  Provinz  zu  verlangen 
schien.  Aber  die  Zahl  der  Christenprocesse,  die  auf  Delationen  von  Privat- 
personen hin  angestrengt  worden  sind,  ist  gewiss  niemals  gross  gewesen, 
wie  das  empörte  Geschrei  der  Christen  zeigt,  wenn  sie  doch  hie  und  da 
einmal  erfolgten,  und  wie  die  echten  Märtyreracten  ausweisen.  Doch  ver- 
dienen eben  diese  Acten  in  Bezug  auf  die  Frage,  wie  es  in  jedem  einzelnen 
Fall  zum  Process  gekommen  ist,  noch  ein  eingehendes  Studium. 


EINE  BISHER  NICHT  ERKANNTE  SCHRIFT 


NOYATIAN'8 


VOM  JAHRE  249/50 


[„CYPRIAN'-,  DE  LAUDE  MARTYRII] 


VON 


ADOLF  HARNACK. 


Texte  u.  Untersuchungen  XIII,  4  b. 


Leipzig  1895. 


1.    Die  Überlieferung  der  Schrift. 

Das  Mommsen'sclie  Verzeichniss  der  Schriften  Cyprian's 
V.  J.  359  ^)  bietet  nach  den  Traetaten  (zuletzt  die  drei  Bücher 
ad  Quirin.)  folgende  Briefe  (Schriften): 

(ep.  55)  ad  Antonianum  (650  vers.) 

(ep.  63)  de  calice  dominico  (450  vers.) 
de  laude  martyrii  (S30  vers.) 
.    (ep.   10)  ad  confessores  martyrum  (140  vers.) 

(ep.  28)  Moysi  et  Maximo  (70  vers.) 

(ep.  37)  ad  eosdem  alia  (120  vers.) 

(ep.  11)  de  precando  deum  (190  vers.) 

(ep.  38)  ad  clerum  (54  vers.) 

(ep.  39)  Aurelio  lectori  pro  ordinato  (140  [Sangall.  111]  vers.) 

xA.ugenscheinlich  schliessen  sich  epp.  55.  63  als  grössere, 
tractatartige  Briefe  an  die  Tractate  an,  so  dass  —  wenn  wir  von 
de  laude  martyrii  absehen  —  die  Briefe  10.  28.  37.  11.  38.  39 
an  der  Spitze  der  Episteln  stehen.  Diese  Gruppe  nun  steht  auch 
in  den  Handschriften  zusammen.  Bereits  der  verlorene  Codex 
Veronensis  saec.  VIL  bot  sie,  ferner  der  Archetypus  der  Familien 
MQT  etc.  und  LNP,  von  denen  der  erstere  dem  8.  Jahrhundert 
angehört,  der  letztere  wohl  noch  älter  ist.  Beide  bieten  ausser- 
dem noch  vor  jener  Gruppe  von  Briefen  die  drei  BB.  ad  Qui- 
rinum  und  die  epp.  63,  6.  55,  stimmen  also  mit  Ausnahme  der 
Vertauschung  von  ep.  6  für  de  laude  mart.  ganz  mit  dem 
Mommsenianus  überein  (der  Archetypus  MQT  etc.  stellt  die 
ep.  55,  wie  der  Mommsenianus  vor  63.  6,  schiebt  aber  dann  noch 
ep.  58  ein).  Die  Schrift  de  laude  mart.  lässt  der  Archetypus 
von  LNP  erst  nach  einigen  anderen  Briefen  folgen,  während  der 
Archetypus  von  MQT  etc.  sie  gleich  nach  ep.  39  aber  als  dritte 
unter  drei  nicht  cyprianischen  Schriften    (adv.  Jud. ,   adv.  aleat., 

])  In  der  Zeitschrift  „Hermes'^  Bd.  XXI  S.  142  tf.  XXV  S.  G36  ff. 


4  Harnack,  Eine  bisher  nicht  erkannte  Schrift  Novatian's. 

de  laude)  anheftet.  Wieder  anders  ist  die  Stellung  der  Schrift 
im  uralten  Cod.  Seguierianus  (saec.  VIVIL),  wo  sie  nach  ep. 
63.  69.  Sentent.  episcoporum  und  ep.  13  steht.  Dagegen  stimmt 
Lucifer  von  Cagliari  in  seiner  Schrift  „Moriendum  esse"  mit 
dem  Mommsenianus  überein.  Stillschweigend  und  fortlaufend 
schreibt  er  nämlich  (s.  die  Hartel'sche  Ausgabe)  aus: 

p.  287,  24—26  de  laude  mart.  p.  28,  6 

p.  288,  1—20  Cjpr.  ep.  6  p.  481,  4—482,  7 

p.  288,  21-22  de  laude  p.  28,  8 

p.  290,  23-291,  2  de  laude  p.  29,  9-21 

p.  293,  24  —  25  de  laude  p.  31,  9  sq. 

p.  293,  26—31  de  laude  p.  32,  15  sq. 

p.  293,  31—294,  9  Cypr.  ep.  10  p.  490,  9  sq. 

p.  295,  21—25  Cypr.  ep.  10  p.  492,  5  sq. 

p.  295,  26—296,  4  Cypr.  ep.  10  p.  491,  10  sq. 

p.  298,   18—22  de  laude  p.  34,  13  sq. 

p.  298,  28—31  Cypr.  ep.  37  p.  578,  14  sq. 

p.  299,  26—30  de  laude  p.  37,  8  sq. 

p.  301,  3—7  de  laude  p.  37,  17 

p.  302,  21-25  Cypr.  ep.  55  p.  630,  16 

p.  307,  1—2  de  laude  p.  46,  1  sq. 

p.  307,  4  sq.  vielleicht  Cypr.  ep.  58  p.  664,  16  sq. 

p.  308,  7—9  de  laude  p.  46,  16. 
Lucifer  hat  also  ein  Exemplar  der  Werke  Cyprian's  benutzt, 
in  welchem  die  Schrift  de  laude  mart.  mitten  unter  den  Briefen 
6.  10.  37.  55  (vielleicht  auch  58)  gestanden  hat,  d.  h.  er  hat 
ein  Exemplar  zu  Händen  gehabt,  das  mit  dem  dem 
Mommsenianus  zu  Grunde  liegenden  wesentlich  iden- 
tisch war. 

Hiermit  ist  erwiesen,  dass  die  Gruppirung  ep.  55.  63.  de  laude 
mart.  ep.  10.  28,  37.  11.  38.  39  im  Mommsenianus  nicht  eine 
Singularität  ist,  sondern  eine  alte  verbreitete  Ordnung,  die  min- 
destens der  Zeit  um  350  angehört. 

Aber  wir  können  noch  einen  Schritt  weiter  gehen.  Die 
Archetyp!  von  MQT  etc.  und  LNP  stimmen  sonst  mit  Lucifer 
und  dem  Mommsenianus  überein;  aber  die  Schrift  de  laude 
martyrii  haben  sie  noch  nicht  in  der  Gruppe  jener  auf 
das  Martyrium  sich  beziehenden  Briefe.  Sie  bieten  sie 
überhaupt    nicht    in  jener  Abtheilung,    sondern   bringen   sie  an 


1.    Die  Überlieferung  der  Schrift.  5 

ganz  verschiedenen  Stellen  nach,  MQT  sogar  neben  offenbar 
nicht  -  cyprianischen  Schriften.  Also  ist  die  Einschiebung  von 
de  laude  martyrii  in  den  Exemplaren  des  Lucifer  (Luc.)  und 
Mommsenianus  (Momms.)  eine  spätere  Manipulation;  die  Arche- 
typi  von  MQT  und  LNP  führen  uns  somit  noch  über  den  Arche- 
typus von  Luc.  und  Momms.  hinauf  zu  einer  Sammlung  von 
Cyprian-Briefen  —  höchst  wahrscheinlich  der  ITrsammlung  — ,  in 
welcher  die  Schrift  de  laude  mart.  noch  keine  Stelle  gehabt  hat.^) 
Aber  noch  sind  wir  nicht  am  Ende.  Bei  Lucifer  und  in 
den  Archetypi  von  MQT  und  LNP  gehört  ep.  6  zur  alten  Samm- 
lung, im  Momms.  scheint  ep.  6  zu  fehlen.  Dass  de  laude  mart. 
an  ihre  Stelle  getreten  ist,  ist  nicht  wahrscheinlich;  denn  bei 
Lucifer  steht  sowohl  de  laude  mart.  als  ep.  6.  Die  richtige 
Lösung  hat  Goetz  (Gesch.  d.  cypr.  Litt.  1891  S.  55)  gesehen. 
Die  Schrift  de  laude  mart.  soll  nach  dem  Mommsenianus  830 
Stichen  umfassen.  Das  wären  =  c.  620  Hartel'sche  Zeilen. 
Allein  bei  Hartel  umfasst  die  Schrift  nur  c.  530  Zeilen.  Es 
fehlen  also  c.  90 — 100  Zeilen.  Der  6.  Brief  Cyprian's  um- 
fasst aber  c.  95  Zeilen!  Somit  steckt  in  der  Nummer  des 
Momms.  „de  laude  martyrii  830  vers."  die  Schrift  de  laude  mart. 
und  der  6.  Brief.  Anders  ausgedrückt:  nach  der  Zeit  des 
gemeinsamen  Archetypus  von  MQT  und  LNP  und  vor  d.  J.  350 
ist  die  Schrift  de  laude  martyrii  in  die  Sammlung  der  Cyprian- 
Schriften  dadurch  gebracht  worden,  dass  sie  der  ihr  sach- 
lich sehr  verwandten  ep.  6  angeheftet  wurde.  Dort  lasen 
sie  Lucifer  und  der  Mommsenianus.  Aber  diese  Einschiebung 
der  Schrift  de  laude  ist  natürlich  nicht  in  alle  Handschriften 
gelangt;  indessen  einmal  in  die  Cyprian-Sammlung  aufgenommen, 
konnte  es  nicht  ausbleiben,  dass  sie  in  der  Folgezeit  auch  mit 
abgeschrieben  wurde,  als  man  möglichst  vollständige  Cyprian- 
Handschriften  herzustellen  suchte  und  nichts  von  der  Über- 
lieferung verloren  gehen  lassen  wollte.  So  taucht  sie  in  den 
Handschriften  ohne  feste  Stelle  bald  hier  bald  dort  auf.  Aber 
ein  uns  noch  erhaltener  junger  Codex  giebt  sie  noch 
eben    an    der   Stelle,   wo    wir    sie    für    den   Momms.   ver- 


1)  Die  ün Wahrscheinlichkeit  der  umgekehrten  Annahme,  dass  in  dem 
Archetypus  MQT,  LNP  die  Schrift  de  laude  mart.  aus  kritischen  Gründen 
gestrichen  und  an  eine  andere  Stelle  gesetzt  worden  ist,  braucht  nicht  erst 
nachgewiesen  zu  werden. 


ß  Harnack,  Eine  bisher  nicht  erkannte  Schrift  Novatian's. 

muthet  haben,  nämlich  nach  ep.  6,  und  bestätgt  so  unsere 
Hypothese.  Es  ist  das  der  Monac.  18203  (,w)  saec.  XV.,  der  allein 
die  Reihenfolge  bewahrt  hat:  ad  Quirin.,  ep.  63.  55.  6.  de  laude 
mart.  10.  28.  37.  11.  38.  39.  Wie  der  Schreiber  dieses  Codex, 
der  für  einen  Sprössling  von  T  gilt  (s.  Hartel,  Prolegg.  XL  VI) 
—  T  selbst  aber  hat  die  Schrift  de  laude  an  viel  späterer  Stelle  — , 
im  Stande  gewesen  ist,  die  uralte  Ordnung  des  Lucifer  und 
Momms.  herzustellen,  entzieht  sich  leider  z.  Z.  noch  unserer 
Kenntniss.^)  V\^ahrscheinlich  ist  [i  doch  nicht  direct  aus  T  ge- 
flossen, sondern  aus  dem  Archet3^pus  von  T. 

Diese  Übersicht  über  die  Geschichte  der  Schrift  de  laude  mart. 
in  den  Handschriften  ist  ihrer  Echtheit  in  hohem  Masse  un- 
günstig. Sie  zeigt  zwar,  dass  die  Schrift  spätestens  bereits  in 
der  ersten  Hälfte  des  4.  Jahrhunderts  dem  Corpus  Cypriani  ein- 
gefügt worden  ist  —  und  zwar  an  die  Stelle,  wohin  sie  sachlich 
gehört  — ,  aber  sie  zeigt  auch,  dass  sie  nicht  ursprünglich  an 
dieser  Stelle  gestanden,  ja  ursprünglich  überhaupt  gefehlt  hat. 
Bereits  diese  Thatsache,  dass  eine  Schrift  von  dem  Umfang  und 
der  Bedeutung  der  unsrigen,  keine  feste  Stelle  unter  den  Cyprian- 
Briefen  besessen  hat  und  in  die  Zahl  der  Tractate,  wohin  sie 
doch  eigentlich  gehört,  nicht  aufgenommeii  worden  ist,  genügt, 
um  die  stärksten  Bedenken  gegen  ihre  Echtheit  hervorzurufen,  ^j 


1)  S.  über  die  Ordnung  im  Cod.  ^i  und  sein  Verhältniss  zu  T  und 
Momms.  Turner  in  den  Stud.  Bibl.  et  Eccles.  Oxon.  III  (1891)  p.  310  ff. 
Auch  Turner  (p.  319)  zeigt,  dass  in  den  880  Stichen,  die  im  Momms.  für 
de  laude  mart.  angesetzt  sind,  ep.  6  steckt. 

2)  Unter  den  Tractaten  hätte  allerdings  anfangs  unsere  Schrift  eine 
feste  Stelle  besessen,  wenn  die  Worte,  in  denen  Pontius  in  der  Tita  Cy- 
priani die  Schriften  Cyprian's  charakterisirt ,  am  Schluss  auf  sie  zielten, 
(xoetz  (a.  a.  0.  S.  35  ff".)  hat  gemeint,  die  Worte:  „quis  denique  tot  con- 
fessores  frontium  notatarum  secunda  inscriptione  signatos  et  ad  exemplum 
martyrii  superstites  reservatos  incentivo  tubae  caelestis  animaret"  bezeich- 
neten die  Schrift  de  laude  mart.  Es  lässt  sich  nicht  leugnen,  dass  diese 
Beziehung  etwas  verlockendes  hat,  da  sich  eine  andere  passende  Einzel- 
schrift nicht  findet.  Aber  1)  braucht  hier  keine  Einzelschrift  gemeint  zu 
sein,  ja  kann  schwerlich  gemeint  sein,  da  Cyprian  die  Confessoren  öfters 
angefeuert  hat,  2)  müsste  doch  in  irgend  einer  Handschrift  die  Schrift 
de  laude  an  die  Tractate  angeschlossen  sein,  wenn  Pontius  sie  dort  gelesen 
hätte;  es  giebt  aber  keine  einzige  solche  Handschrift,  3)  müsste  die  Schrift 
de  laude  wirklich  von  Cyprian  herrühren,  wenn  sie  hier  genannt  war  — 
denn  Pontius  müsste  um  die  Schriftstellerei  Cyprian's  Bescheid  wissen,  und 


1.    Die  Überlieferung  der  Schrift.  7 

Ob  die  Schrift,  iudem  sie  der  Cypriaii-Sammlung  eingefügt  wurde, 
geradezu  als  von  Cyprian  herrührend  bezeichnet  worden  ist,  ist 
nicht  ganz  sicher  auszuroachen.  Jedenfalls  verlor  sie  den 
Namen  ihres  wahren  Verfassers;  in  der  ältesten  Handschrift 
(S)  ist  sie  im  Explicit  ausdrücklich  als  von  Cyprian  stammend 
bezeichnet.  ^)  Dagegen  hat  sie  der  Archetypus  von  MQT  etc. 
schwerlich  als  Cyprian-Schrift  betrachtet,  sondern  nur  als  eine 
Schrift,  die  neben  den  Cyprian-Schriften  „gut  und  nützlich  zu 
lesen  sei".     Das  beweist  die  Stellung,  die  er  ihr  gegeben  hat. 

Sichere  Spuren  der  Leetüre  unserer  Schrift  finden  sich  im 
Alterthum  nur  bei  Lucifer,  der  sie,  wie  bemerkt,  iu  seinem  Tractat 
„Moriendum  esse"  stillschweigend  geradezu  geplündert  hat.  Eine 
Anspielung  bei  Augustin  ist  nicht  sicher  (c.  Gaudent.  I,  30  [34]); 
ist  sie  anzuerkennen,  so  hat  Augustin  die  Schrift  unbedenklich 
als  cyprianisch  citirt.  Dass  ein  fränkischer  Theologe  des  9.  Jahr- 
hunderts sie  für  cyprianisch  gehalten  hat,  fällt  natürlich  nicht 
ins  Gewicht. 

Obgleich  der  Tractat  uns  in  zahlreichen  und  alten  Hand- 
schriften vorliegt,  im  Seguierianus  (S)  saec.  VI/ VII.  (aber  die 
erste  Hälfte  fehlt),  Lauresham.  (L)  saec.  IX.,  im  Paris.  1647  (P) 
saec.  IX.,  im  Cassinas  204  (N)  saec.X,  im  Monac.  208  (M)  saec.  IX., 
im  Trecensis  581  (Q)  saec.  VIII/IX.,  im  Reginensis  118  (T)  saec.  X., 
dazu  in  mehreren  englischen  Handschriften,  die  Hartel  nicht 
benutzt  hat  (s.  die  Editio  Oxoniensis),  und  in  sehr  vielen  jüngeren 
Handschriften,  so  ist  doch  der  Text  in  höchst  verwahrlostem  Zu- 
stande auf  uns  gekommen.  Der  Grund  liegt  in  der  Schwierigkeit 
des  Textes,  den  die  Abschreiber  nicht  verstanden  haben  und  des- 
halb theils  unabsichtlich  entstellten,  theils  falsch  emendirteu. 
Die  Schrift  ist  nämlich  eine  der  schwierigsten  lateinischen 
Kirchenschriften,  die  wir  kennen,  weil  sie  z.  Th.  ein  poetischer 
Erguss  in  Prosa  ist:  dem  waren  die  mittelalterlichen  Ab- 
schreiber nicht  gewachsen.  Hartel  hat  sich  ein  ausgezeichnetes 
Verdienst  um  die  Reinigung  der  Überlieferung  und  die  Klärung 


an  eine  Interpolation  ist  nicht  zu  denken  — ;  aber  die  Schrift  ist  nicht 
von  Cyprian.  Turner  hat  daher  Recht  (Classical  Rev.  VI  1892  S.  205), 
dass  Pontius  nicht  die  Schrift  de  laude  meint,  und  ihm  hat  sich  Weyman 
(Histor.  Jahrb.  1892  S.  738  n.  3)  angeschlossen. 

1)  Auch  in  der  Aufschrift  von  P,  sonst  aber  fehlt  der  Name  Cyprian's, 
wenig-stens  in  den  alten  Handschriften. 


3  Harnack,  Eine  bisher  nicht  erkannte  Schvift  Novatian's. 

des  Textes  erworben,  um  den  vor  ihm  kaum  Einer  sicli  bemüht 
hat;  aber  er  selbst  bemerkt  (Praefat.  p.  LX),  nachdem  er  von 
seinem  Apparat  Rechenschaft  gegeben:  ..his  praesidiis  in  hac 
demum  recensione  permulta  quae  antea  intelligi  non  poterant 
rectius  constituta  sunt,  pkira  restant  adhuc  obscura  et  restabunt. 
nam  utrum  ea  contorto  genere  dicendi  quo  scriptor  utitur  ex- 
plicanda  sint  an  librariorum  erroribus  debeantur  vix  potest  decerni.'' 
So  ungenügend  der  Text  vor  Hartel  bearbeitet  worden  ist, 
so  wenig  ist  der  Inhalt  der  Schrift  bisher  untersucht  und  sind 
die  Abfassunc^sverhältnisse  klarojestellt  worden.  Da  man  frühe 
eingesehen  hat,  dass  die  Schrift  ihres  Stils  wegen  nicht  von 
Cyprian  herrühren  könne  ^  und  die  Zeugnisse  (Lucifer,  Momms.) 
nicht  kannte,  die  ihr  ein  hohes  Alter  sichern,  so  schob  man  sie 
als  „apokryph"  einfach  bei  Seite.  Selbst  dort  ist  das  geschehen, 
wo  man  richtig  erkannte,  dass  die  Schrift  von  einem  Zeitgenossen 
Cyprian's  herrühren  müsse!  Wie  viel  mehr  dort,  wo  man  be- 
hauptete (Du  Pin),  die  Schrift  sei  eine  blosse  declamatorische 
Stilübung  (so  auch  die  Edit.  Oxon.).  Dieses  Urtheil  wird  freilich 
durch  nicht  wenige  breite  poetische  Ausführungen  in  der  Schrift 
nahe  gelegt,  die  in  einer  Ermahnungsschrift  für  solche,  die  in 
den  Tod  gehen,  sehr  befremden  müssen.  Allein  wenn  die  Schrift 
trotzdem  actuell  ist,  so  ist  sie  doppelt  interessant,  da  sie  dann 
ein  litterarisches  Genre  repräsentirt,  welches  sich  sonst  nirgends 
findet.  Alles,  was  bisher  in  der  Litteratur  über  die  Schrift  ge- 
äussert worden  ist,  lässt  sich  bequem  auf  ein  Quartblatt  schreiben 
und  findet  sich  bereits  bei  Tillemont,  Mem.  IV  p.  84.  607. 
Kur  ein  Punkt  sei  noch  kurz  besprochen.  In  den  Drucken  vor 
Hartel  und  demgemass  auch  bei  allen  älteren  Gelehrten,  die  sich 
mit  ihm  beschäftigt  haben,  trägt  der  Tractat  die  Überschrift:  „De 
laude  martyrii  ad  Moysen  et  Maximum".  Hartel  hat  die  letzten 
Worte  weggelassen,  ja  nicht  einmal  im  Apparat  erwähnt.  Also 
hat  er  sie  in  seinen  Handschriften  nicht  gefunden.  Sind  sie 
überhaupt  handschriftlich  bezeugt?  Die  Edit.  Oxon.  setzt  zu 
den  Worten  „ad  iMoysen  et  Maximum"  vorsichtig  ,,vulgo  adscripta" 
hinzu  und  bemerkt:  „Exercendi  styli  gratia  haec  videntur  scripta 
.  .  .  Inepte  ergo  librarius  ut  pretium  operi  adderet,  Moysi  et 
Maximi  et  Confessorum  in  Deciana  persecutione  nomina  apposuit, 
quae  quidem  in  codicibus  vetustis  Lambethano,  Eboracensi  et 
Novi   Collegii   omittuntur."     Der   Editor   Oxoniensis   sagt   nicht. 


2.    Form,  Adresse  und  Inhalt  der  Schrift.  9 

dass  er  die  Worte  in  anderen  Handschriften  Avirklicli  gefunden 
habe.  In  der  That  —  nur  im  Cod.  B  (saec.  XL)  sind  sie  bisher 
nachgewiesen,  sofern  dort  De  laude  nach  ep.  37  (ad  Moysen  et 
Maximum)  folgt  mit  der  Aufschrift:  „item  ad  eosdem".  Dennoch 
wird  sich  zeigen,  dass  diese  Adresse  sachlich  richtig  ist.  Die 
Schrift  ist  wirklich  an  die  ersten  Opfer  der  decianischen  Ver- 
folgung in  Rom,  also  unter  Anderen  auch  an  Moses  und  Maxi- 
mus, die  bekannten  römischen  Confessoren,  gerichtet.  — 

Wer  hat  die  Schrift  verfasst?  Die  Überlieferung  schweigt. 
Nur  indirect  giebt  sie  einen  Fingerzeig.  Dem  Cyprian  sind  der 
Tractat  Adv.  aleatores,  der  Tractat  des  Sixtus  IL  Ad  Novatianum,  ^) 
die  novatianischen  Schriften  De  spectaculis,  De  bono  pudicitiae^) 
und  Quod  idola  dii  non  sint,  ^)  ferner  die  Schrift  Novatian's  De 
trinitate  [das  berichten  Rufin,  ^)  der  sie  selbst  irrthümlich  für  ein 
Werk  Tertullian's  hält,  und  Hieronymus  ^)]  beigelegt  worden.  Das 
Alles  sind  römische  Schriften.  Ist  nicht  auch  unser  Tractat 
eine  römische  Schrift?     Stammt  nicht  auch  sie  von  Novatian? 

2.    Form,  Adresse  und  Inhalt  der  Schrift. 

Unsere  Schrift  ist  eine  Predigt  über  das  Martyrium,  resp. 
eine  kunstmässige  Rede.  So  bezeichnet  sie  der  Verfasser  selber 
(c.  24:  „Quid  igitur,  fratres  carissimi,  potissimum  referam  quidve 
dicam?  sie  in  unum  convenientibus  titulis  dignitatis  turbatur 
animus,  deducitur  sensus  et  in  ipso  conatu  nitentis  eloquii 
impar  sermo  vanescit"^  cf.  c.  30  init.);  er  gesteht,  die  schimmernde 
Kunst   der  Beredsamkeit  angewendet  zu  haben,    wenn   er  auch 


1)  S.  meine  Abhandlung  über  diese  Schrift  in  den  „Texten  u.  Unter- 
such." Bd.  XIII,  1. 

2)  S.  Weyman,  Histor.  Jahrbuch  Bd.  XIII  S.  737  ff.,  und  Demmler, 
Theol.  Quartalschr.  Bd.  LXXVI  S.  223  ff.,  haben  den  Ursprung  dieser  beiden 
Schriften  von  Novatian  bewiesen. 

3)  Haussleiter,  Theol.  Lit.  Bl.  1894  Nr.  -11  hat  den  novatianischen 
Ursprung  dieser  Schrift  höchst  wahrscheinlich  gemacht.  Derselbe  hat  auch 
a.  a.  0.  Col.  483  einige  gate  Bemerkungen  über  die  Schrift  de  laude  mart. 
mitgetheilt  und  beschliesst  sie  mit  den  Worten:  „Da  cyprianischer  Ursprung 
ausgeschlossen  erscheint,  sind  die  etwaigen  Beziehungen  zu  Novatian  zu 
prüfen"'. 

4)  S.  Origen.  Opp.  ed.  Lommatzsch  Bd.  XXV  p.  3ü5. 

5)  Hieron.  de  vir.  inl.  70:  „de  trinitate  .  .  .  quod  plurimi  nescientes 
Cypriani  aestimant"'. 


10  Harnack,  Eine  bisher  nicht  erkannte  Schrift  Noratian's. 

immer  wieder  liinzufügt,  dass  alle  Beredsamkeit  der  Grösse  der 
Sache  nicht  gewachsen  sei.  Nach  einer  Einleitmig  (c.  1  —  3) 
kündigt  er  formgerecht  drei  Theile  an  (c.  4):  „Igitur  quoniam 
res  summa  martyrium,  tria  sunt  quae  ex  eo  nobis  proposuimus 
esse  dicenda,  quid  sit,  quantum  sit,  cui  rei  prosit?",  und 
führt  diese  Theile  c.  4-12,  13— IS,  19—29  wirklich  durch;') 
c,  30  bildet  den  Schluss.  Es  lag  aber  in  der  Natur  der  Ein- 
theilung,  dass  er  die  Theile  nicht  scharf  von  einander  zu  scheiden 
vermochte.  Wiederholungen  fehlen  in  den  Ausführungen  nicht. 
Diese  zeichnen  sich  nicht  durch  Reichthum  der  Gedanken  aus, 
vielmehr  sind  sie  fast  dürftig  zu  nennen.  Die  Dürftigkeit  in  der 
Sache  steht  in  einem  gewissen  Contrast  zu  dem  Reichthum  im 
Ausdruck.  Nicht  wenige  Sätze  sind  so  überladen,  dass  man  sich 
nur  schwer  durch  sie  hindurch  findet.  Auch  verräth  der  Ver- 
fasser an  mehreren  Stellen  keinen  ganz  sicheren  Geschmack:  er 
wendet  dort  profane  und  breit  gezeichnete  Bilder  an,  wo  der 
Ernst  der  Sache  überhaupt  keine  Bilder  verträgt  oder  wo  nur 
ein  Prophet  Bilder  verwerthen  durfte;  er  wird  dort  weitschweifig, 
wo  Kürze  im  Ausdruck  geboten  ist,  und  verletzt  sogar  einige 
Male  durch  frostige  Ausführungen  an  Stellen,  wo  nur  Schlicht- 
heit, Einfalt  und  Wärme  erträglich  sind.  Kein  Wunder,  dass  man 
an  eine  blosse  Stilübung  gedacht  hat:  in  der  That  giebt  es  in 
der  ganzen  vornicaenischen  lateinischen  Litteratur  kein  Schrift- 
stück, das  diesem  ähnlich  ist,  das  so  sehr  Kunstleistung  ist  wie 
unsere  Predigt.  Selbst  der  Octavius  des  Minucius  Felix  kann 
hier  nicht  verglichen  werden;  denn  Niemand  wird  bei  der  Leetüre 
dieses  Büchleins  an  eine  blosse  Stilübung  denken. 

Indessen  wäre  es  doch  sehr  ungerecht  zu  sagen,  dass  die 
Predigt  in  allen  Ausführungen  den  Charakter  einer  blüthenreichen 
Stilübung  trägt.  Man  kann  vielmehr  nicht  verkennen,  dass  der 
Verfasser  auch  mit  wirklichem  Ernst  und  mit  Wärme  seinen 
Gegenstand,  das  Martyrium,  umfasst,  und  dass  ihm  die  schweren 
Forderungen  des  Evangeliums  wirklich  am  Herzen  liegen;  ja  er 
lebt  in  ihnen.  Das  ist  das  Paradoxe  in  dieser  Prediget,  dass  sie 
das  Widersprechende   verbindet,   die  Eloquenz   des  Kunst-   und 


1)  Die  Anfänge  der  einzelnen  Theile  sind  markirt;  c.  4:  „quid  est 
ergo  martyrium";  c.  13:  „nunc  iam  ad  eam  rem,  f.  c,  veniam  ex  qua 
ostendere  satis  possim  quanta  martyrii  virtus  habeatur";  c.  10:  ,,iam 
superest,  c.  f.,  ut  debeamus  ostendere  cui  rei  martyrium  prosit". 


2.    Form,  Adresse  und  Inhalt  der  Schrift,  l\ 

Schönredners  mit  dem  Ausdruck  einer  Stimmung,  die  wirklich 
in  ihrem  Gegenstande  lebt.  Diese  Paradoxie  verlangt  eine  Er- 
klärung. Vielleicht  genügt  schon  die  Erwägung,  dass  der  Ver- 
fasser das  Beste,  was  er  besitzt,  in  den  Dienst  der  heiligen  Sache 
—  Anfeuerung  zum  Martyrium,  Lob  des  Martyriums  —  stellen 
wollte,  und  die  Beredsamkeit,  die  er  schulmässig  gelernt  hatte, 
für  sein  bestes  Theil  hielt.  Er  wollte  „Gold,  Weihrauch  und 
Myrrhen"  dem  Martyrium  darbringen;  daher  der  „conatus  nitentis 
eloquii".  Er  ist  nicht  der  Einzige,  der  das  gethan  hat.  Wer 
kann  verkennen,  dass  auch  Gregor  v.  Nazianz  und  Augustin  nicht 
selten  heilige  und  wahrhaftige  Stimmungen  in  einem  Strom  kunst- 
mässiger  Beredsamkeit  zum  Ausdruck  bringen,  der  uns  heute 
keineswegs  entzückt,  sondern  vielmehr  abstösst!  Aber  vielleicht 
werden  wir  den  Verfasser  noch  mehr  entschuldigen  können,  wenn 
wir  ermittelt  haben,  woher  seine  kunstmässige  Beredsamkeit 
stammt.  Davon  wird  im  nächsten  Capitel  zu  handeln  sein. 
Übrigens  ist  seine  Beredsamkeit  nicht  überall  eine  schwülstige; 
es  gelingt  ihm  vielmehr  an  einigen  Stellen  wirklich  einen  er- 
habenen Ton  zu  treffen  und  seine  innere  Wärme  in  der  Kraft 
seiner  Sprache  zu  zeigen.  Diese  ist  —  einige  wenige  Vulgarismen 
abgerechnet  —  grammatisch  rein  und  sehr  gut.  Gerichtet  ist 
die  Predigt  an  die  „fratres  carissimi" ;  allein  der  Inhalt  der  Predigt 
in  jedem  Capitel  und  speciell  c.  22  lehrt,  dass  unter  ihnen  nicht 
alle  Gemeindeglieder  zu  verstehen  sind,  sondern  die  Christen,  die 
in  dem  Gefängnisse  schmachten  und  in  nächster  Zeit  den  Richter- 
spruch erwarten.  ^)  „0  boni  martyres"  werden  sie  c.  22  angeredet. 
Ihnen  allein  gilt  die  Predigt,  sei  es,  dass  sie  geradezu  im  Ge- 
fängniss  gehalten,  sei  es  —  was  wahrscheinlicher  — ,  dass  sie 
ihnen  schriftlich  in  das  Gefängniss  geschickt  worden  ist.  2)  Sehr 
beachtenswerth  ist,  dass  die  Predigt  aus  dem  Anfang  einer 
Verfolgungszeit  stammt.  Noch  scheinen  erst  wenige  Christen 
aus  der  Gemeinde  hingerichtet  worden  zu  sein.  Wo  der  Ver- 
fasser von  bereits  vollendeten  Märtyrern  vspricht,  spricht  er  (c.  26) 
von    ,.iam  pridem  acciti   e  saeculo   martyres",    ohne    es  hervor- 


1)  Ganz    deuthch    sind    die   Gefangenen    einer  bestimmten  Gemeinde 
vorausgesetzt.    Die  Predigt   richtet   sich  nicht  an  ein  gedachtes  Publicum. 

2)  Man  hat  nicht  den  Eindruck,   dass  der  Verfasser  seinen  Zuhörern 
Angesicht  gegen  Angesicht  gegenüber  steht. 


\2  Harnack,  Eine  bisher  nicht  erkannte  Schrift  Novatian's. 

zuheben,  dass  ihnen  jüngst  eine  Schaar  beigesellt  worden  istJ) 
Er  selbst  befindet  sieb  nicbt  im  Gefangniss.  Das  zeigt  die  ganze 
Haltung  der  Predigt,  vor  allem  aber  der  Schluss  (c.  30):  „et 
iitinam  perabiecto  aliquando  istud  (der  himmlische  Triumph 
der  Märtyrer)  mihi  videre  contingat".  Der  Ausdruck  ist  so  stark, 
dass  man  noch  etwas  anderes  hinter  ihm  vermuthet,  als  nur  die 
Aussage,  dass  er  selbst  nicht  das  Glück  habe,  den  Confessoren 
zugesellt  zu  sein  (s.  darüber  unten  cap.  4). 

Den  Inhalt  der  Schrift  Capitel  für  Capitel  anzugeben  lohnt 
nicht,  dazu  ist  er  zu  einförmig.  Doch  seien  folgende  Punkte 
hervorgehoben:  Ganz  besonders  weitschweifig  und  abschreckend 
ist  die  erste  Hälfte  der  Einleitung  (c.  1)-);  der  Verfasser  hüllt 
den  einfachen  Gedanken,  dass  man  das  Martyrium  preisen  soll, 
dass  aber  keine  Beredsamkeit  im  Stande  ist,  seiner  Grösse  ge- 
recht zu  werden,  in  einen  Schwall  von  Worten.  Aus  der  zweiten 
Hälfte  der  Einleitung  (c.  2.  3),  in  der  vorläufig  die  Glorie  des 
Martyriums  geschildert  wird,  hebe  ich  den  Ausdruck  „conscientiae 
robur"  hervor.  Beide  Worte  liebt  der  Verfasser.  C.  4  p.  29,  5 
spricht  er  von  „fidei  robur",  c.  8  p.  31,  11  von  „devotio  robusta", 
c.  15  p.  37,  6  von  „fides  firma,  devotio  robusta  [auch  „devotio*' 
ist  ein  Lieblingsausdruck  von  ihm],  c.  17  p.  40,  12  von  „durati 
roboris  pectus".  ^)     C.   18    p.   41,   7    braucht    er    den   Ausdruck 


1)  C.  2(5:  „Ecce  in  passione  cuiushbet  vocati  gaudent  iam  pridem 
acciti  e  saeculo  martyres,  gaudent  bonorum  omnium  nuntii  (die  Engel), 
gaudent  pariter  electi".  In  c.  23  heisst  es  freihch:  „sed  et  ahos  frequenter 
aspeximus  interritos  stetisse,  ut  admissi  peccati  redimentes  cruore  suo  loti 
haberentur  in  sanguine  et  reviviscerent  interempti,  qui  viventes  computa- 
bantur  occisi".  Aber  unter  der  Voraussetzung,  dass  unsere  Schrift  aus  Rom 
stammt,  kann  diese  Mittheilung  nicht  gegen  das  im  Texte  Angeführte  ver- 
werthet  werden.  In  Rom  gab  es  zu  allen  Zeiten  christliche  Martyrien; 
auch  lag  die  Verfolgung  unter  Maximinus  Thrax,  an  die  der  Verfasser  viel- 
leicht besonders  denkt,  kaum  15  Jahre  zurücK, 

2)  Bemerkt  sei,  dass  in  der  ersten  Zeile  „in  hoc  favore  dicendi-'  fest- 
zuhalten und  nicht  etwa  durch  „fervore''  zu  ersetzen  ist  (so  schlägt 
Hartel  in  der  Note  vor).  Der  Verfasser  bezeichnet  die  Gelegenheit,  die 
ihm  geworden  ist,  sich  durch  eine  „adlocutio"  an  die  Märtyrer  zu  richten, 
als  einen  „favor  dicendi".  —  Aöectirt  ist  das  ,,nisi  fallor",  welches  der 
Verfasser  öfters  einstreut,  s.  c.  2  p.  27,  11;  c.  1  p.  20,  15;  c.  10  p.  33,  9; 
c.  17  p.  39,  19. 

3)  Ebenso  oft,  wie  in  unserer  Schrift  der  Ausdruck  „robur",  kommt 
in  dem  Brief  Novatians  (=  Cypr.  ep.  30)  der  synonyme  Ausdruck   „vigor'' 


2.    Form,  Adresse  und  Inhalt  der  Schrift.  1^3 

„conscientiae  ratio";')  c.  29  p.  50,  12  schreibt  er:  „vincitur  con- 
scientia  humilitatis  exemplo".  „Couscientia"  ist  bekanntlich  ein 
stoischer  terminus,  den  der  stoisch  beeinflusste  Novatian  gern 
gebraucht  hat,  s.  de  bono  pudic.  3  p.  16,  5  „incendium  conscientiae 
bonae";  Novat.  epist.  inter  epp.  Cypr.  30,  1  p.  549,  8:  „conscientiam 
deo  soli  debere";  ibid.  c.  7  p.  555,  5:  „conscientiae  letalis  plaga"; 
c.  1  p.  549,  4:  „bene  sibi  conscins  animus".  Novat.  de  pudic.  3: 
„bene  sibi  conscia  de  pulchritudine".  Am  Schluss  der  Einleitung 
wird  bereits  ein  Gedanke  angeschlagen,  der  sich  durch  die  ganze 
Predigt  zieht,  dass  Christus  in  dem  Märtyrer  leidet,  dass  darum 
der  Confessor,  indem  nur  er  Christum  wahrhaft  nachahmt^  der 
Christ  ist,  und  dass  in  dem  Bekennen  Christi  der  ganze  Christen- 
stand beschlossen  ist;  vgl.  c.  3:  „hoc  sokim  secum  ipse  con- 
volvens,  quod  in  illa  crudelitate  carnificum  plus  pro  quo  patitur 
Christus  ipse  patiatur";  c.  4:  „quicquid  sub  persona  tua  in  in- 
iuriam  Christi  profanus  sermo  iactaverit";  c.  6:  „totum  hoc  in 
laudem  martjrii  spectat,  totum  gloria  passionis  inluminat,  in  qua 
spes  futuri  temporis  cernitur,  in  qua  Christus  ipse  operatur  .  .  . 
quid  enim  nobis  amplius  potuisset  larga  pietate  largiri  quam  ut 
in  se  primus  ostenderet  quid  in  aliis  coronaret?  mortalis  factus 
est  ut  inmortales  esse  possemus  et  humanae  sortis  exitum  per- 
tulit  per  quem  reguntur  humana:  ut  nobis  videatur  prae- 
stitisse  quod  passus  est,  confessionem  tribuit,  martyria 
subiecit.  Mit  diesem  Satze  vgl.  man  Novat.  ep.  inter  epp. 
Cypr.  30,  3  p.  551,  8:  „cum  totum  fidei  sacramentum  in 
confessione  Christi  nominis  intellegatur  esse  digestum". 
In  c.  9  unserer  Schrift  heisst  es:  „licet  non  sim  nescius  etiam  vos 
plenissime  nosse  statum  omnium  nostrum  iudiciis  contineri  neque 
ignorare  hanc  esse  nobis  traditam  disciplinam,  ut  sine  ullo  terrore 
militiae  vim  tanti  nominis  tueamur".  C.  11:  „hoc  nos  utique 
magis  debet  hortari  quod  confessio  vocis  unius  , Christi'  perpetua 
confessione  servetur",  cf.  c.  24:  „confessione  vocis  unius  adversa 
succumbunt,  laeta  proveniunt  etc."    C.  14;  „consortem  2)  passionis 


vor;  aber  auch  „robustus"  fehlt  nicht,  s.  c.  5  p.  552,  18:   „animi  robusti"; 
ferner  „nervi  severitatis"  c.  3  p.  551,  17. 

1)  Vgl.  den   Ausdruck   Novatian's   in    epp.  Cypr.  nr.  .30,  2    p.  550,  4: 
„disciplinae  ratio". 

2)  C f.  Novat.  de  bono  pudic.  2  p.  14,  15:    „consortes  spiritus  sancti". 


14  Harnack,  Eine  bisher  nicht  erkannte  Schrift  Novatian's. 

(Christi)  existere".  C.  18:  „quid  enim  carius  eo  (seil.  Christo), 
)quam<  qui  ne  quid  invitus  hodie  sustineres,  prius  passus  est 
quod  doceret?  quid  eo  dulcius,  qui  cum  ipse  sit  deus  noster  ac 
dominus  tarnen  patientem  pro  se  hominera  regni  caelestis  efficit 
coheredem?"  .  .  .  si  iniuriis  ageris,  prior  actus  est  ille.  si  con- 
tumeliis  premeris,  dei  niunus  imitaris.  unde  et  parum  est,  quid- 
quid  pertuleris  pro  eo,  qui  nihil  amplius  potes  facere,  nisi  quod 
in  hoc  Salus  universa  consistit,  quia  martyrio  totum 
ille  promisit."  C.  26:  „praeferatur  licet  bono  fidei  custodita 
iustitia  melioremque  se  inter  omnium  laudes  virginitas  immacu- 
lata  cognoscat,  cedant  tamen  necesse  est  martyrio  universa  ac 
sanguini  submittanturque  cruori.  illi  elegerunt  bonum,  hi 
imitati  sunt  Christum."  C.  29:  „nunc  vero,  ne  quis  nie  arbi- 
tretur  omnem  salutem  non  alio  statu  quam  martyrio  coUocasse, 
hoc  primo  profecto  respicite  neque  me  tantum  esse  qui  loqui 
videor  neque  ita  se  habere  ordinem  rerum,  ut  inmortalitatis  spes 
repromissa  unius  partis  latere  nitatur".  Ebendort  heisst  es  am 
Schluss:  „(martyr)  velut  socio  Christi  cruore  decoratur".  Die 
ganze  Schrift  legt  Zeugniss  dafür  ab,  dass  sie  von  einem  Manne 
geschrieben  ist,  der  in  besonders  ausgeprägter  Weise  jenes  Christen- 
thum  vertritt,  welches  der  Valentin-Schüler  Herakleon  als  unrich- 
tio-es  bezeichnet  hat  —  nämlich  dass  die  Imitatio  Christi  in  dem 
Martyrium  beschlossen  liegt  und  dass  deshalb  das  Bekennen  des 
Namens  Christi  vor  der  Obrigkeit  die  wichtigste  Function  des 
Christenstandes  sei.  „Per  martyrium  et  testimonium  nomini  reddi- 
tur  et  maiestas  nominis  ampliatur"  (c.  4),  „martyrium  dominicae 
promissionis  et  muneris  totum  est"  (c.  30),  und  noch  stärker  c.  2: 
„omnis  consummatio  et  status  vitae  in  martyrio  est  collo- 
catus.  hoc  fundamentum  vitae  et  fidei,  hoc  praesidium 
salutis,  hoc  vinculum  libertatis  et  honoris".') 

Am  Schluss  der  Einleitung  fällt  noch  die  Dialektik  des 
Satzes  auf:  „Nam  quando,  si  negaverit  dominum,  pro  eo  crimen 
subeat  pro  quo  vicisse  debebat,  necesse  est  eum  cuncta  tolerare  cui 
victoria  debetur  ex  [?]  -)  poena.''    Solche  dialektisch  gebildete  Sätze 


Im  Brief  der  römischen  Confessoren  an  Cyprian  (ep.  31,  3  p.  559,  10)  wird 
der  Ausdruck  „coUega  passionis  cum  Christo"  gebraucht. 

1)  So  hat  sich  weder  Tertullian  noch  Cyprian  ausgedrückt.     „Martyrio 
totum  necesse  est  cedat",  ruft  unser  Verfasser  aus. 

2)  Vielleicht  ist  doch  mit  LNQTv  „et"  zu  lesen;  es  ist  acuminös  gesagt, 


2.    Form,  Adresse  und  Inhalt  der  Schrift.  15 

sind  nicht  selten,  ebenso  Antithesen  wie  c.  7:  „qui  morte  vitam 
contemnat  ut  vitam  morte  custodiat". ') 

Der  erste  Theil  der  Predigt  (c.  4—12)  beantwortet  die  Frage 
„quid  est  martyrium?'*  zunächst  mit  einem  Erguss:  „delictorum 
finis,  periculi  terminum,  ^)  dux  salutis,  patientiae  magister,  domus 
vitae".  Es  zeigt  den  geschulten  Rhetor,  dass  er  seine  ausführ- 
liche Analyse  mit  solchen  asyndetisch  aneinander  gereihten  Aus- 
sagen schmückt.  Dergleichen  findet  sich  bei  ihm  noch  öfters 
s.  c.  2  (den  oben  ausgeschriebenen  Satz);  c.  24:  „confessione  vocis 
unius  adversa  succumbunt,  laetaproveniunt,  patent  regna,  parantur 
imperia,  deviciuntur  poenae,  mors  subigitur,  vita  profertur  et  in- 
festantis  inimici  repugnantia  arma  solvuntur",  oder  c.  29:  ,,mar- 
tyrii  inaestimabilis  gloria,  infinita  mensura,  immaculata  victoria, 
nobilis  virtus,  inaestimabilis  titulus,  triumphus  inmensus",  oder 
c.  23:  „sanctis  hoc  dei  aptum,  miseris  necessarium,  omnibus 
gratum,  quo  laetantur  boni,  relevantur  abiecti,  curantur  electi". 
Ganz  ebenso  aber  schreibt  auch  Novatian,  de  bono  pudic.  3: 
„pudicitia  est  honor  corporum,  ornamentum  morum,  sanctitas 
sexuum,  vinculum  matrimoniorum,  fides  generis,  propugnaculum 
pudoris,  fons  castitatis,  pax  domus,  concordiae  caput".  Die  asyn- 
detische Verbindung  braucht  er  häufig,  s.  z.  B.  ep.  30,  6  p.  554,  5: 
„nos  invicem  foveamus,  custodiamus,  armemus,  oremus  etc."  In 
c.  4  findet  sich  der  Ausdruck  „gloriae  cumulus"  (zum  zweiten 
Mal  c.  11  p.  34,  9),  den  ich  sonst  noch  in  dem  Briefe  der  ge- 
fangenen römischen  Confessoren  an  Cyprian  ep.  31,  1  p.  558,  5 
finde;  Novatian  braucht  den  Ausdruck  „criminum  cumulus" 
ep.  30, 6.  ^)  Zum  Erguss  im  8.  Cap.  "*):  „Quid  enim  tam  eximium  etc." 
ist  die  frappante  Parallele  in  dem  eben  genannten  Schreiben  der 
römischen  Confessoren  (ep.  31,  3):  „Quid  enim  gloriosius  etc."  zu 
vergleichen.  Der  Ausdruck  „inter  ruinas  orbis  iam  iamque  per- 
ituri"  (c.  8)  findet  sich  ähnlich  in  Novatian's  Schreiben  (ep.  30,  5 


„poena''    steht   für   „martyrium"  =  „er,    dem    der  Sieg   gebührt  und   das 
Leiden"  (s.  den  Gebrauch  von  „poena"  c.  2  Schluss). 

1)  Man  vgl.  dazu  den  Stil  Novatian's. 

2)  So    schreibt    der  Verfasser,    wie  er  auch    „paradisum"  im  Nomin. 
c.  11  p.  34,  4  schreibt;  s.  Rönsch,  Itala  und  Vulg.  p.  269. 

3)  Derselbe  Ausdruck  bei  Cyprian    de   lapsis  9   p.  243,  9:    „criminis 
cumulus". 

4)  In  c.  6  findet  sich  die  Construction  „caruerunt  labern". 


1(3  Hainack,  Eine  bisher  niclit  erkannte  Schrift  Novatian's. 

p.  553,  18  sq.):  „aspice  totum  orbem  paeiie  yastatum  et  ubique 
iacere  deiectorum  reliquias  et  ruinas'",  und  in  dem  der  römischen 
Confessoren  (ep.  31,  1  p.  557,  6):  ..per  totum  paene  orbem  ruinas". 
Der  Verfasser  deutet  in  demselben  Capitel  darauf  hin,  dass  zu 
der  Zeit,  in  der  er  schreibt  und  die  Verfolgung  im  Gange  ist, 
auch  eine  schwere  Seuche  wüthet:  „tibi  iam  et  mundus  ipse 
succumbit  et  terra  cedit  qui  morientibus  cunctis  ad  hoc  reservatus 
es  ut  martyr  esse  potuisses.  aut  non  cotidiana  cernimus  funera, 
cernimus  novos  exitus  diuturnos  factos,  sed  et  saevientibus  morbis 
inexperta  cuiusdam  cladis  exitia  et  stragem  populatarum  urbium 
intuemur,  unde  possimus  agnoscere  quanta  martyrii  habenda  sit 
dignitas,  ad  cuius  gloriam  nos  cogere  etiam  lues  coepit."  ^) 
Die  Bedeutung,  die  der  Verfasser  dem  Tode  Christi  zollt, 
tritt  in  c.  11  und  noch  einmal  in  c.  J8  hervor:  ,.porro  autem 
contemnenda  tibi  mors  est,  cui  Christus  occisus  est",  heisst  es  an 
der  ersten  Stelle.  An  der  zweiten  aber  wird  in  Bezug  auf  die 
Bereitschaft  Abraham's,  seinen  Sohn  zu  opfern,  ausgerufen:  ,.et 
adhuc  pro  eo  Christus  non  fuerat  occisus!"  Christus  selbst  heisst 
für  gewöhnlich  „dominus",  jedoch  c.  18  p.  41,  5  ,.deus  noster  ac 
dominus",  c.  18  p.  41,  14  rund  „deus'  und  ebenso  c.  29  p.  50,  7 sq. 
(„Paulus  apost.  passus  est  ut  imitaretur  deum;  utique  et  nos  ad 
hoc  voluit  pati,  ut  per  ipsum  imitaremur  Christum,  si  iustus  es 
et  deo  credis,  quid  pro  eo  fundere  sanguinem  metuis,  quem  pro 
te  totiens  passum  esse  cognoscis?")  Merkwürdig  und  fast  be- 
denklich, weil  an  die  pseudoclementinische  Christologie  heran- 
streifend, erscheint  der  weitere  Satz  (c.  29):  „(Christum)  pro  te 
totiens  passum  esse  cognoscis:  in  Esaia  sectus,  in  Abel  occisus, 
in  Isaac  immolatus,  in  Joseph  venundatus,  in  homine  crucifixus 


1)  Auch  noch  an  anderen  Stellen  seiner  Predigt  kommt  clor  Verf.  auf 
das  grosse  Sterben  zu  sprechen;  s.  c.  13:  ,,igitur  cum  sit  sublime  excel- 
sumque  martyrium,  nonne  magis  est  necessarium;  cum  mundus  ipse  sub- 
vertitur  partimque  orbe  concusso  natura  deficiens  ultimi  ex- 
itus monumenta  testatur?"  c.  14:  „quanta  sit  gloria  .  .  .  carere  exitiis 
imminentis  saeculi  nee  inter  cruentas  morborum  populantium 
strages  communi  cum  ceteris  sorte  misceri*';  c.  27:  ..non  enim  movere 
nos  debent  caduca  quae  semper  et  quae  iam  eversione  sua  non  modo  lege 
proposita  sed  etiam  ipso  fine  temporis  urguentur  . . .  ultimam  esse  rerum 
omnium  senectutem".  Ähnliche  Ausführungen  Cyprian's  in  ver- 
schiedenen Schriften  sind  bekannt. 


2.    Form,  Adresse  und  Inhalt  der  Schrift.  17 

est".  Allein  es  lässt  sich  dieser  Aussage  doch  ein  orthodoxer 
Sinn  abgewinnen. 

Bereits  in  dem  1.  Theil,  in  welchem  sich  schon  alle  Ge- 
danken der  folgenden  finden,  werden  die  Verleugner  hart  bedräut; 
c.  1 1 :  „non  poteris  confiteri  nisi  scias  C[uantum  noceas,  si  negaris. 
caelo  martyres  gaudent,  veritatis  inimicos  ignis  adsumet.  para- 
disum  dei  testibus  floret,  negatores  gehenna  complexa  [?]  aeternus 
ignis  inardescit.  et  ut  de  ceteris  taceam,  hoc  nos  utique  magis 
debet  hortari  c^uod  confessio  vocis  unius  Christi  perpetua  con- 
fessione  servetur,  sicut  scriptum  est:  ..ctui  me  confessus  fuerit  etc." 
Dieses  Wort,  das  der  Verfasser  bereits  c.  3  p.  28,  12  im  Sinne 
gehabt  hat,  ist  ihm  das  durchschlagende  Wort  Jesu,  welches 
weitere  Zeugnisse  überflüssig  macht.  Bekanntlich  (s.  ep.  30,  7 
u.  sonst)  ist  das  auch  die  Meinung  Xovatian's.  Der  mehr 
stoische  als  christliche  Gedanke,  was  es  für  eine  grosse  Sache 
sei,  Gott  ein  Schauspiel  zu  geben  durch  das  Martyrium  (vgl. 
Minucius,  Cyprian),  fehlt  auch  nicht:  ..Magna  est  claritas, 
vitam  salutis  aeternae  honestate  passionis  ornare,  magna  sub- 
limitas  ante  ora  domini  aspectumque  Christi  potestate  summa 
tormenta  contemnere  nee  horrere". 

Der  2.  Theil  (c.  13 — 15)  bedeutet  keinen  Fortschritt  in  der 
Ausführung.  In  c.  14  befremdet  der  nüchterne,  ja  schlimme 
Satz:  „consider(a)  quanta  sit  poena  negare  eo  tempore  quo  frui 
saeculo  nequeas  (weil  es  bereits  durch  die  Seuche  zusammen- 
bricht), cuius  causa  negaras".  Werthvoll  aber  ist  es,  dass  uns 
der  Verfasser  ic.  15)  eine  Episode  aus  der  Verfolgung  erzählt. 
Er  selbst  hat  Stimmen  von  Heiden  jüngst  gehört,  die  sich,  als 
sie  die  Standhaftigkeit  sahen,  mit  der  Christen  die  schwersten 
Foltern  ertrugen,  auf  dem  Richtplatz  also  äusserten:  „Magnum 
istud  est  profecto  nescio  quid,  non  doloribus  subigi,  non  poenis 
augentibus  frangi",  so  sagten  die  Einen;  Andere  aber  sprachen: 
..Et  puto  liberos  habet;  nam  est  illi  societas  in  peuatibus  coniux, 
et  tamen  nee  vinculo  pignerum  cedit  nee  obsequio  pietatis  ab- 
ductus  a  proposito  suo  deficit. ')  noscenda  res  est,  virtus  penitus 
scrutanda  visceribus;  nee  enim  levis  est  ista  quaecumque  confessio, 


1  Bis  hierher  lässt  Hartel  in  seiner  Ausgabe  das  Citat  reichen; 
aber  ort'enbar  gehört  auch  noch  der  folgende  Satz  hinzu,  wie  zum  Uber- 
fluss  der  Anfang  des  16.  Cap.  beweist. 

Texte  u.  Untersuchungen  XIII,  4.  6 


1§  Harnack,  Eine  bisher  nicht  erkannte  Schrift  Novatian's. 

propter  quam  homo  patitur,  et  mori  posse".  \)  ..Fürwahr'",  fährt 
der  Verfasser  (c.  16)  fort,  „so  gross  ist  die  Kraft  des  Martyriums, 
dass  durch  dasselbe  auch  der  zum  Glauben  gezwungen  wird,  der 
dicli  tödten  wollte."  Nun  ermahnt  er  auf  Grund  von  Sirach  2,  4.  5 
(„per  ignem  probatur  aurum  et  argentum"),  dass  die  Christen  sich 
wie  das  Gold  durch  die  Prüfungen  läutern  lassen  sollen.  Der 
Satz,  den  er  dabei  ausspricht  (p.  38,  11):  „auro,  ut  ipse  dixit, 
similes  esse  debemus",  wird  uns  für  die  Bestimmung  des  Ver- 
fassers wichtig  werden.  In  c.  17  werden  die  Fälle  ins  Auge 
gefasst,  dass  sich  Christen  durch  die  „dignitas  ambitiosa"  oder 
die  „congregata  in  thesauris  pecuniae  magnitudo",  ^j  also  durch 
Ehre  oder  Besitz,  vom  Bekenntniss  könnten  abhalten  lassen. 3) 
In  c.  18  macht  der  Verfasser  eine  dogmatisch  wichtige  Unter- 
scheidung zwischen  „salus  aeterna"  (sie  sei  an  sich  schon  ein 
hohes  Gut;  er  identificirt  sie  mit  der  „perpetuitas  vivendi")  und 
dem  „caelum  [regnum  caelestej  ac  iudicii  de  ceteris  facultas 
perenni  saeculo".  Diese  Unterscheidung*)  wird  sonst  in  der 
Dogmengeschichte  nur  bei  Pelagius  verzeichnet.  Jenes  ..regnum 
caeleste"  bezeichnet  der  Verfasser  als  ein  so  hohes  Gut,  dass  es 
ein  „nefas"  gewesen  wäre,  es  auch  nur  zu  wünschen.  ^) 

Der  3.  Theil  (c.  19 — 29)  beginnt  mit  einer  ausgeführten 
Schilderung  der  Gehenna  und  des  Paradieses.  Ich  habe  anderswo  ^) 
nachgewiesen,  dass  hier  die  Petrus-Apokalypse  benutzt  ist;  aber  die 
Hauptquelle  wird  sich  uns  im  nächsten  Capitel  eröffnen.  Zur 
ganzen  Ausführung  s.  die  kurze,  gedrungene  Aussage  im  Brief 
Novatian's  (ep.  30,  7):   „paravit  caelum,  sed  paravit  et  tartarum. 


1)  Das  „et  mori  posse"  ist  nicht  leicht  erträglich;  doch  bieten  es  alle 
Handschriften  (das  „possit"  in  Q  ist  aus  dem  folgenden  ,,et"  entstanden). 
Ist  der  Text  in  Ordnung,  so  ist  zu  übersetzen:  ,,denn  nicht  verächtlich  ist 
jenes  Bekenntniss,  wie  es  auch  immer  lauten  mag,  um  dessen  willen 
Einer  Leiden  auf  sich  nimmt;  (nicht  leicht  ist)  die  Todesbereitschaft." 

2)  „Quae  semper",  setzt  der  Verf.  hinzu,  „propositum  bonae  mentis 
avertit  et  devotam  pro  domino  suo  animam  furiali  egit  honore". 

3)  Zu  dem  Satz  „licet  pretiosarum  vestium  more  purpura  in  imagines 
currat",  vgl.  die  Sachparallele  in  Tertull.  de  pudic.  8  init.,  die  zugleich 
als  Erklärung  dienen  kann. 

4)  Er  drückt  sie  auch  so  aus:  „ut  ei  cui  sufficeret  morte  carere  non 
tantum  salutis  daret  praemium,  sed  et  conscendere  caelum''. 

5)  In  c.  17  p.  40,  G  findet  sich  die  metaplastische  Form  ,,intirmis". 

6)  Texte  u.  Unters.  XIII,  1  S.  72  f. 


» 


2.    Form,  Adresse  und  Inhalt  der  Schrift.  19 

paravit  refrigeria,  sed  paravit  etiam  aeterna  supplicia.  paravit 
inaccessibilem  lucem,  sed  paravit  etiam  perpetuae  noctis  vastam 
aeternamque  caliginem."  —  Bemerkenswerth  ist,  dass  in  c.  23 
jedes  Martyrium  zwar  als  eine  göttliche  Grabe  bezeichnet,  aber 
also  unterschieden  wird:  „aliis  illud  pro  merito  eorum  tribuit, 
aliis  pro  misericordia  sua  tradidit".  Es  kommen  einerseits  die 
„fide  nobiles"  zu  demselben  („ut  devotionis  obsequium  mors 
honestaret"),  andererseits  „alios  frequenter  aspeximus  interritos 
stetisse,  ut  admissi  peccati  redimentes  cmore  suo  loti  haberentur 
in  sanguine  ^)  et  reviviscerent  interempti  qui  viventes  conputa- 
bantur  occisi".  Bereits  in  c.  24  kehrt  der  Verfasser  zum  Ge- 
danken der  Einleitung  c.  1  zurück,  ^j  fahrt  aber  doch  noch  fort 
zu  reden  in  sechs  weiteren  Capiteln.  In  c.  25  sq.  führt  er  den 
Gefangenen  die  Herrlichkeit  des  Tages  vor  Augen,  der  ihnen  den 
Sieg  im  Martyrium  bringen  wird,  „cum  spectante  populo  atque 
intuentibus  cunctis  contra  terrenas  cruces  et  minas  saeculi  incon- 
€ussa  devotio  reluctetur";  die  Richter  werden  dabei  „illa  pestilens 
ac  furibunda  consessio"  genannt.  „Ibi  laetatur  milite  suo  dominus, 
laetatur  teste  nominis  (f/aQTvg)  sui  Christus!"  Doch  halt  es  der 
Verf.  für  nöthig  (c.  27)  eine  Einschränkung  anzubringen,  um  nicht 
den  Schein  zu  erregen  „omnem  salutem  non  (in)  alio  statu  quam 
in  martyrio  collocasse".  Die  Unsterblichkeit  wird  auch  Anderen 
zu  Theil  werden;  aber  die  Plätze  sind  verschieden;  denn  „bei  dem 
Vater  sind  viele  Wohnungen".  ^)  Noch  einen  anderen  Spruch 
aus  dem  Johannesevangelium  reiht  er  daran:  „Ambulate,  dum 
lumen  habetis,  ne  vos  tenebrae  conprehendant".  Er  deutet  das 
„ambulate"  als  „excedere  e  saeculo".  Nun  folgen  noch  Sprüche 
aus  Paulus"^)  (c.  28)  zum  Lob  des  Martyriums  •')   mit  den  harten 


1)  Der  Text  ist  allerdings  kaum  erträglich,  der  Sinn  deutlich. 

2)  Auch  c.  26  kommt  er  wieder  auf  ihn:  dass  die  Beredsamkeit  zu 
schwach  sei,  die  Herrlichkeit  des  Martyriums  auszusagen  (s.  auch  c  29—30). 

3)  Der  eigenthümliche  Ausdruck  „incentivo  quodam  mercis  [=  mer- 
cedis,  s,  Ron  seh,  Itala  u.  Vulg.  S.  265]  agitati"  hat  eine  Parallele  an 
Pontius,  Cypr.  Vita  7:   „incentivo  tubae  caelestis  animare''. 

4)  Auf  sein  Martyrium  wird  c.  29  angespielt. 

5)  Der  Verf.  hat  in  Bezug  auf  Paulus  c.  29  init.  die  Formel  gebildet, 
€r  habe  gelitten,  um  Gott  (nämlich  Christus)  nachzuahmen  ,,et  nos  ad  hoc 
voluit  [seil.  Paulus]  pati,  ut  per  ipsum  [seil.  Paulum]  imitaremur  Christum". 
Er  denkt  an  I  Cor.  7,  7! 

6* 


20  Harnack,  Eine  bisher  nicht  erkannte  Schrift  Novatian's. 

Antithesen:  ,,nec  poteris  optare  martyrium.  nisi  ante  oderis  sae- 
culum  nee  pervenire  ad  dei  praeminm,  nisi  amaveris  Christum, 
qui  autem  amat  Christum,  non  amat  saeculum;  Christus  enim 
ahiectus  est  saeculo,  sicut  et  saeculum  Christo."  In  c.  29  wird 
Christus  als  .,exemplum  humilitatis*'  vorgeführt  und  Averden  rhe- 
torisch die  Vorgänge  bei  seinem  Tode  geschildert.  Dabei  findet 
sich  die  antike  Ausdrucks  weise  „turbati  manes"  für  die,  welche 
aus  den  Grräbern  hervorgingen.  ^)  Erhaben  ist  die  Schlussfolge- 
rung: ..unde  magnum  est  imitari  eum  qui  moriendo  arguit  sae- 
culum". In  dem  Schlusscapitel  (30)  bittet  der  Verfasser  die  Con- 
fessoren  um  ihre  Fürbitte:  ,,Erit  hoc  benivolentiae  vestrae,  erit 
caritatis  et  amoris,  si  volueritis  nostri  memores  esse,  cum  in  vobis 
dominus  martyrium  coeperit  honorare.  vos  intra  se  sanctum  illud 
altare,  vos  intra  se  magna  illa  venerandi  nominis  sedes  veluti 
sinu  quodam  gremii  amplectentis  includit.  vos  imperia  perennis 
temporis  sustinent  et  illud  quod  regnaturi  semper  estis  et  victuri. 
o  beati  et  quibus  vere  sunt  dimissa  peccata,  si  tarnen  qui 
Christi  conpares  estis  aliquando  peccastisl-)  o  beati  quos 
a  primordio  mundi  domini  sanguis  infecit  ^)  et  quos  merito  splen- 
dor  iste  nivei  amictus  induerit  et  candor  stolae  ambientis  ornarit." 
Mit  einer  Art  Vision  schliesst  der  Verfasser:  er  sieht  im  Geiste, 
wie  .,ille  verus  nobilis  numerus  Christi  sui  gloriam  iterque  co- 
mitetur;  ibit  ante  ora  eins  felix  caterva  victorum  et  se  densantibus 
turmis  velut  solis  exortu  totum  inluminatum  agmen  inferet 
potestatem".  „0  möge  mir",  fügt  er  hinzu,  „dem  einmal  (bei 
gegebener  Gelegenheit)  gänzlich  verworfenen,  jener  AnbUck  ge- 
währt werden  —  doch  der  Herr  wird  das  bewirken  können,  was 
er,  so  glauben  wir,  nicht  versagt,  wenn  ihr  bittend  eintretet." 

3.    Die  Quellen  der  Schrift. 

Als  erste  Quelle  kommt  die  h.  Schrift  in  Betracht;  doch 
sind  die  directen  Citate  und  die  Anspielungen  nicht  sehr  zahl- 
reich; folgende  sind  zu  verzeichnen: 


1)  Für  „resurgere''  braucht  der  Verf.  den  vulgären  Ausdruck  „resistere*'. 

2)  Das    ist   der  stärkste  Ausdruck,   den  der  Verfasser  braucht;    man 
sieht  noch  einmal,  wie  er  das  Martyrium  beurtheilt. 

3)  Diese    Ausdrucksweise    stammt   augenscheinlich    aus  Apoc.   13,    8 

TO    CCQVIOV   t6    iocfCCyfXBVOV    CCTIO    XarußolriQ   XOGflOV. 


I 


3.   Die  Quellen  der  Schrift. 


21 


Anspielungen  finden  sich  auf  Isaak's  Opferung  (c.  18  p. 
40,  17  f.),  auf  Daniel  in  der  Löwengrube  und  die  drei  Männer 
im  Ofen  (c.  12  p.  34,  16  f),  auf  Ps.  32,  1  (c.  30  p.  51,  17),  auf 
Matth.  27,  51  ff.  (c.  29  p.  50,  13  f.),  auf  Luc.  12,  9  (c.  3  p.  28,  12), 
auf  Luc.  18,  29.  30  (c.  17  p.  40,  14  f.)  und  auf  vier  Stellen  der 
Apoc.  Job.  (20,  4  =  c.  28  p.  49,  14  und  sonst;  6,  9.  13,  8.  7, 
13.  14  ==  c.  30  p.  51,  14—19). 

Citate  finden  sich  aus  dem  A.  T.  nur  5  (6)  und  aus  dem 
N.  T.  16,  nämlich: 

1)  Ps.  115,  5b  6a  corabinirt  mit  Jesaj.  6,  10  =  c.  5  p.  29,  15  f. 

2)  Sap.  Sah  3,  4.  5  =  c.  16  p.  39,  4. 

3)  Sap.  Sal.  3,  7.  8  =  c.  11  p.  34,  10. 

4)  Sirach  2,  1.  2  =  c.  14  p.  37,  2. 

5)  Sirach  2,  4.  5  =  c.  16  p.  38,  6. 

6)  Matth.  3,  10a  =  c.  27  p.  48,  18. 

7)  „        5,  26  =  c.  13  p.  36,  2. 

8)  „      10,  39  =  c.  28  p.  49,  22. 

9)  „      16,  26  =  c.  17  p.  40,  3. 

10)  „      19,  29  =  c.  17  p.  39,  13. 

11)  Luc.  12,  8  (Mtth.  10,  32)  =  c.  11  p.  34,  7. 

12)  Job.  12,  35  =  c.  27  p.  49,  2. 

13)  Job.  14,  2  =  c.  27  p.  48,  11. 

14)  Rom.  8,  17  =  c.  28  p.  49,  10. 

15)  Rom.  8,  18  =  c.  18  p.  41,  18. 

16)  I  Cor.  7,  7  =  c.  28  p.  50,  4. 

17)  „       9,  24  =  c.  28  p.  49,  7. 

18)  „       11,  1  =  c.  28  p.  50,  3. 

19)  GaL  6,  14  =  c.  28  p.  49,  19. 

20)  Philipp.  1,  21  =  c.  14  p.  37,  5. 

21)  Coloss.  2,  20  =  c.  28  p.  49,  11. 

Mit  „Scriptum  est"  wird  citirt  Nr.  1.  5.  7.  11.  19.  „Sanctus 
Spiritus  ait":  Nr.  9.  „Dens  dixit  (ait)  (inquit)  (per  prophetam)" 
Nr.  2.  3.  4.  „Christus  (dominus)  dicit":  Nr.  8.  10.  12.  „Ex- 
clamat  Johannes  (baptista)  et  dicit":  Nr.  6.  „(Beatissimus  aposto- 
lus)  Paulus  dicit":  Nr.  14.  15.  16.  17.  18.  20.  21.  Wichtig  ist, 
dass  somit  ein  Spruch  Jesu  mit  „Sanctus  Spiritus  ait"  eingeführt 
ist,  und  ein  Spruch  des  Paulus  einfach  mit  „scriptum  est*'  (zwei- 
mal sind  Sprüche  Jesu  so  citirt).  Das  A.  T.,  die  Evangelien,  die 
Paulusbriefe  stehen  also  durchaus  auf  einer  Fläche.    Bemerkens- 


22  Harnack,  Eine  "bisher  nicht  erkannte  Schrift  Novatian's. 

werth  ist,  dass  der  Verfasser  der  Sap.  Sal.  „propheta"  genannt 
wird,  und  dass  einmal  ein  Spruch  (Mt.  19,  29)  durch  „verba 
caelestia"  eingeführt  wird.  Diesen  Ausdruck  liebt  Novatian  (resp. 
scripturae  caelestes),  s.  Weyman,  im  histor.  Jahrbuch  1892 
S.  740  und  743. 

Was  den  Text  der  Citate  anlangt,  so  interessirt  natürlich 
vor  Allem  das  Verhältniss  zu  Cyprian's  Bibel.  Es  ist  sehr  zu 
bedauern,  dass  das  Material  nicht  reichhaltiger  ist. 

Nr.  1:  Jesaj.  6,10  (nachCypr.,  Jesaj.  6,  10   (nach   de  laude) 

Testim.  I,  3) 

ingrassavit  enim  cor  populi  eins  gravatum  est  cor  (insipiens)  eo- 

.  .  .  .  ne  forte  .  .  .  revertantur  et  rum,  ne  quando  convertantur  et 

eurem  illos.  salvem  illos. 
Hier  liegt  ein  anderer  Text  vor. 

Nr.  2.  3:  Sapient.  Sal.  3,  4— 8  Sapient.    Sal.  3,   4—8    (nach 

(nach  Cypr.,  Testim.  III,  15;  de  laude) 

ad  Fortun.  12:  ep.  6,  2)  i) 

et  si  coram  hominibus  tormenta  et  si  coram  hominibus  tormenta 

passi  sunt,  spes  eorum  immorta-  passi  sunt,  tamen  spes  illorum 

litate    plena    est:    et   in    paucis  immortalitate  plena  est,  et  vexati 

vexati  in  multis  bene  disponen-  in  paucis  in  multis  bene  dispo- 

tur,    quoniam    deus    [dominus]  nentur,  quoniam  deus  [dominus]; 

temptavit    illos   et  invenit  illos  temptavit  eos  [illos],  et  invenit 

dignos    se  ....  et    quasi   holo-  illos  dignos  sui  [se]  et  quasi  ho- 

caustam    hostiam   accepit   illos  locaustam  hostiam  accepit  illos. 

iudicabunt   nationes   et  fulgebunt   etiam  tamquam  scin- 

dominabuntur  populis tillae  in  arundinetum  discurren- 

tes,   iudicabunt  nationes  et  do- 
miuabuntur  populis. 

Hier  liegt  augenscheinlich  dieselbe  Übersetzung  vor;  aber 
weder  hat  unser  Verfasser  das  Citat  von  Cyprian,  noch  um- 
gekehrt;  denn  Jeder  bringt  etwas,   was  der  Andere  nicht  hat-> 


1)  Die  Stelle  steht  an  den  drei  Orten  absolut  gleichlautend. 

2)  Cod.  W  hat  in  Fortun.  12  den  Zusatz:    „fulgebunt  tanquam  scin- 
tillae  in  arundineto  discurrunt". 


3.    Die  Quellen  der  Schrift. 


23 


Nr.  4.  5.  6.  8.  9.  10.  12.  13.  20  fehlen  bei  Cyprian. 
Nr.  7:  Matth.  5,  26  (Testim.     Matth.  5,  26  (nach  de  laude) 

III,  57) 
donec  solvas  ^)  novissimum  qua-     quadrantem  ultimum  reddere. 
drantem. 

Hier  liegt  eine  andere  Über- 
setzung vor. 

Nr.  ll:Luc.  12,8.  Matth.10,32.  Luc.12,8.  Matth.  10,32  (nach 

(de  laps.  20)  de  laude) 

qui  confessus   me  fuerit   coram  qui  me  confessus  fuerit  in  terris 

hominibus ,    et    ego    confitebor  coram  hominibus,  et  ego  confi- 

eum   coram   patre   meo   qui  est  tebor  eum  coram  patre  meo  et 
in  caelis. 

Der  Text  ist  verschieden. 

Nr.    14.    15:    Rom.    8,    17.    18 

(Cypr.  vv.  11.  darunter  ep.  6) 
coheredes  Christi  —  non  sunt  coheredes  Christi  —  aestimo  non 
condignae  passiones  huius  tem-  esse  condignas  passiones  huius 
poris  ad  superventuram  clari-  temporis  ad  superventuram  cla- 
tatem  quae  revelabitur  in  nobis.  ritatem  quae  revelabitur  in  nobis. 
Der  Text  ist  identisch. 

Nr.  16:   I  Cor.  7,  7   (Testim. 

III,  32) 
volo    omnes    homines   sie   esse 
ut  me. 


coram  angelis  eins. 

Rom. 8, 17. 18  (nach  de  laude) 


I  Cor.  7,  7  (nach  de  laude) 

volo  vos   omnes  si  fieri  potest, 
imitatores  meos  esse. 


Diese  Stelle  darf  nicht  in  Betracht  gezogen  werden.  Unser 
Verfasser  hat  augenscheinlich  (s.  das  „si  fieri  potest")  absichtlich 
frei  citirt,  obgleich  er  so  thut,  als  citire  er  genau. 

Nr.  17:  ICor.9,24  (Test.111,26;  I  Cor.  9,  24  (nach   de  laude) 

Fortun.  8;  ep.  10,  3) 

nescitis  quia  qui  in  stadio  cur-  nescitis   quoniam   qui  in  agone 

runt     omnes    quidem    currunt,  currunt  multi  certantur  et  unus 

unus  tamen  accipit  palmam?  sie  accipit  palmam?  vos  autem  sie 

currite  ut  oceupetis.  currite  ut  omnes  coronemini. 

Der  Text  ist  verschieden.  ,,Agon"  kommt  auch  im  römischen 
Schreiben   (Cypr.  ep.  8,  1)   vor.     Wichtiger   aber  noch  ist,    dass 


1)  So  LMB,  reddas  AW. 


24  Harnack,  Eine  bisher  nicht  erkannte  Schrift  Novatian's. 

Novatian  in  der  Schrift  de  bono  pudic.  c.  2  unsere  Stelle  frei 
umschreibt  durch:  „coronae  collocat  praemia".  Da  haben  wir 
das  „coronemini",  welches  wir  in  de  laude  mart.  lesen. 

Nr.  18:  I  Cor.  11,  1  (ep.  55,  15)  I  Cor.  11,  1  (nach  de  laude) 

imitatores  mei   estote,   sicut   et  imitatore  mei  estote,  sicut  et  ego 

ego  Christi.  Christi. 
Der  Text  ist  identisch. 

Nr.  19:    Gal.  6,   14    (Testim.       Gal.  6,  14   (nach  de  laude) 

III,  11.  de  hab.  virg.  6) 
mundus  mihi   crucifixus  est   et     mihi   mundus   crucifixus   est  et 
ego  mundo.  ego  mundo. 

Der  Text  ist  identisch. 

Nr.21:  Coloss.  2,20  (Testim.     Coloss.2,20  (nach  de  laude) 

III,  11) 
si  mortui  estis  cum  Christo  ab     si  cum  Christo  commortui  [mor- 
elementis    [huius]    mundi,    quid     tui  S'    estis,   quid  tamquam  vi- 
tamquam     viventes    in    mundo     ventes    in    hoc    saeculo    (so  S, 
vana   sectamini?  mundo  cett.)  decernitis  [cernitis 

Der  Text  ist  verschieden.  S^]? 

Cyprian  und  unser  Verfasser  haben  also  12  —  oder  wenn 
man,  wie  oben  geschehen  ist,  zweimal  zwei  Citate  zusammenfasst, 
10  —  Citate  gemeinsam.  Dass  der  Eine  von  den  Citaten  des 
Anderen  abhängig  ist,  tritt  nirgends  hervor.  Nur  viermal  er- 
scheinen die  Texte  identisch,  fünfmal  dagegen  sind  sie  verschie- 
den, i)  nämlich  bei  Nr.  1  (Jesaj.  6,  10),  Nr.  7  (Matth.  5,  26), 
Nr.  11  (Luc.  12,  8),  Nr.  17  (I  Cor.  9,  24)  und  Nr.  20  (Coloss.  2,  20). 
Hier  fällt  am  meisten  ins  Gewicht,  dass  die  so  viel  gebrauchten 
evangelischen  Stellen  Matth.  5,  26  und  Luc.  12,  8  nach  einem 
anderen  Text  citirt  sind.  Es  wird  dadurch  wahrscheinlich,  dass 
Cjprian  und  der  Verfasser  unserer  Schrift  nicht  in  derselben 
Kirchenprovinz  geschrieben  haben  oder,  anders  ausgedrückt,  dass 
unsere  Schrift  nicht  afrikanisch,  sondern  römisch  ist.  Diese 
Wahrscheinlichkeit  wird  aber  zur  Gewissheit  durch  folgende 
frappante  Beobachtung.  Unser  Verfasser  citirt  (Luc.  12,  8); 
„.  .  .  et  ego  confitebor  eum  coram  patre  meo  et  coram  angelis 
eius".    Dieser  Text  ist  in  keiner  Bibelhandschrift  bisher 


1)  Von  Nr.  16  sehe  ich  ab. 


3.    Die  Quellen  der  Schrift.  25 

naclige wiesen;  er  ist  eine  Combination  aus  Matth.  10,  32  und 
Luc.  12,  8  {liiJiQOOd^ev  rov  jtaxQoq  fiov  xov  Iv  zolg  ovQavoig 
und  £fiJtQOö&sv  Tcov  ayyilcov  rov  ^eov).  Cyprian  hat  sie  nicht, 
und  auch  im  folgenden  Verse  Matth.  10,  33  =  Luc.  12,  9,  den  er 
öfters  citirt,  bietet  er  sie  nicht;  ebensowenig  bietet  sie  Sixtus  in 
seiner  Schrift  adv.  Novat.  c.  7  (s.  Texte  u.  Unters.  XIII,  1  S.  62), 
ebensowenig  der  Verfasser  der  pseudocyprianischen  Schrift  de 
rebaptism.  12.  Dagegen  bietet  Novatian,  dessen  Haupt- 
spruch bekanntlich  jener  Spruch  gewesen  ist,  ep.  30,  7: 
„Qui  me  negaverit  coram  hominibus,  negabo  et  ego  eum 
coram  patre  meo  et  coram  angelis  eins."  Also  stimmt 
unser  Verfasser  in  einer  merkwürdigen  Singularität 
des  Bibeltextes  mit  Novatian  überein!  ^)  Leider  sind  wei- 
tere Vergleichungen  nicht  möglich;  denn  weder  in  den  uns  er- 
haltenen Tractaten  Novatian's  (de  trinit.,  de  cibis  lud.,  de  spect. 
de  bono  pudic,  quod  idola  dii)  noch  in  den  Briefen  kommen 
Citate  vor,  die  sich  auch  in  unserer  Schrift  finden  (auch  mit 
Sixtus  sind  keine  Citate  gemeinsam). 

Zweitens  hat  der  Verf.  unserer  Schrift  den  Tertullian  (ad 
mart.)  und  den  Irenäus  gelesen.  Jenes  folgt  aus  c  22  („cui  [dem 
gefangenen  Christen]  semper  hie  mundus  loco  carceris"),  cf.  Tertull. 
ad  mart.  2:  „recogitemus  ipsum  mundum  carcerem  esse".  2)  Dieses 
ergiebt  sich  aus  dem  Satze  c.  6:  „mortalis  factus  est  ut  immor- 
tales  esse  possemus";  denn  das  ist  der  Hauptsatz  der  Theologie 
des  Irenäus.  Wiederum  frappirt  es,  dass  wir  auch  bei  Novatian 
Kenntniss  des  Iren,  finden,  und  zwar  nicht  nur  in  der  Schrift  de 


1)  Ausser  jener  Singularität  findet  sich  in  dem  Citat  des  Spruchs  noch 
die  andere:  „qui  me  confessus  fuerit  in  terris  coram  hominibus^'.  Das 
blosse  ,, coram  hominibus"  war  unserem  Verf.  augenscheinlich  noch  nicht 
bestimmt  genug;  er  setzte  „in  terris"  hinzu  —  ganz  die  Tendenz  Novatians! 
Ebenso  präcisirte  er  den  Spruch  Matth.  10,  39  also  (wider  alle  Über- 
lieferung): „Qui  in  hoc  saeculo  amaverit  animam  suam,  in  futuro 
perdet  illam:  qui  autem  in  saeculo  oderit  illam,  in  futuro  inveniet 
eam".  Man  sieht  leicht,  dass  unser  Verf.  die  Tendenz  gehabt  hat,  jeden 
Zweifel,  dass  das  Bekenntniss  auf  Erden  gemeint  ist,  auszuschliessen. 
Das  ist  aber  die  Tendenz  Novatian's,  und  Sixtus  hat  adv.  Novat.  2  p.  54,  22 
den  Novatianer  Interpolationen  in  der  h.  Schrift  vorgeworfen! 

2)  Aber  abgesehen  von  dieser  Spur  einer  Leetüre  Tertullian's  finde 
ich  in  der  ganzen  Schrift  nichts,  was  auf  Abhängigkeit  von  Tertullian 
deutet. 


26  Harnack,  Eine  bisher  nicht  erkannte  Schrift  Novatian's. 

trinit.,  sondern  auch  in  der  Schrift  „quod  idola",  s.  c.  11:  ,.hic 
deus  noster,  hie  Christus  est,  qui  mediator  duorum  hominem  in- 
duit,  quem  perducat  ad  patrem.  quod  homo  est,  esse  Christus  vo- 
luit,  ut  et  homo  possit  esse  quod  Christus  est",  und  c.  15:  „quod  est 
Christus,  erimus,  si Christum  fuerimus  secuti".  Werke  Cyprian's 
sind  in  unserer  Predigt  nirgends  benutzt;  nur  sachliche 
Übereinstimmungen  finden  sich,  die  nicht  auffallen  können,  da 
Cyprian  über  ähnliche  Themata  öfters  geschrieben  hat. 

Drittens  hat  unser  Verfasser,  wie  ich  Texte  u.  Unters, 
XIII,  1  S.  72  f.  gezeigt  habe,  die  Apokalypse  des  Petrus  in  c.  20.  21 
benutzt  (s.  auch  c.  30  ..splendor  iste  nivei  amictus"  mit  A.poc. 
Petr.  V.  8);  er  hat  sie  aber  nicht  als  kanonische  Schrift  citirt  oder 
gebraucht. 

Mit  dem  allen  ist  aber  die  Hauptquelle  des  Verfassers  noch 
immer  nicht  bezeichnet  —  woher  hat  er  seine  Eloquenz,  den 
Schwung  und  die  Poesie  der  Rede,  sowie  die  zahlreichen  über- 
ladenen Bilder  und  die  schwülstige  Sprache?  Merkwürdig,  dass 
das  noch  nicht  nachgewiesen  ist:  sie  stammen,  soviel  ich  sehe, 
fast  alle  aus  der  Aeneis  und  dem  Georgicon  Vergips. 
In  wenigen  von  den  30  Capiteln  finden  sich  keine  Spuren  des 
Einflusses  Vergil's;  in  sehr  vielen  zeigt  sich  nicht  nur  ein 
Einfluss,  sondern  Plagiat  folgt  auf  Plagiat.  Hier  sind 
zum  ersten  Mal  in  der  Geschichte  der  christlich-latei- 
nischen Litteratur  die  Werke  VergiPs,  die  ja  das  poe- 
tische Hauptbuch  der  Römer  waren,  umfassend  ver- 
werthet.  ^)  Die  „Laienbibel"  ist  in  den  Gebrauch  der  Kirche 
genommen. 

Es  ist  nicht  meine  Aufgabe,  sämmtliche  Parallelen,  die  sich 
zu  Vergil  in  unserer  Predigt  finden ,  nachzuweisen  -) ;  aber  ich 
werde  im  Folgenden  soviel  Material  beibringen,  als  zum  Beweise 
der  oben  aufgestellten  Behauptung  nöthig  ist.  Im  Allgemeinen 
gilt    als  sichere   Regel:    wo   unser  Autor  poetisch   wird,    wo   er 


1)  Cyprian  ist  als  Schriftsteller  kaum  älter  als  Novatian,  und  er  macht 
von  Vergil  nur  einen  spärlichen  Gebrauch. 

2)  Abhängigkeit  auch  von  Ovid  ist  a  priori  wahrscheinlich;  aber  sie 
kann  nur  ganz  secunclär  sein.  Dass  Vergil  aufs  stärkste  benutzt  ist,  ist 
einem  Sachkenner  wie  Weyman  nicht  entgangen  (s.  Histor.  Jahrbuch 
1892  S.  741). 


3.    Die  Quellen  der  Schrift.  27 

schwülstig  wird,  wo  er  Bilder  anwendet,  da  sucht  man  fast  nie- 
mals umsonst  nach  der  Quelle  =  Vergil.^) 

C.  1:  gloriam  infringere  (c.  4  magnitadinem  infringere),  s. 
Aen.  VII,  332:  infracta  faraa. 

C.  1:  laudem  exsequi,  s.  Georg.  IV,  1:  caelestia  dona  exsequar 
(durch  Worte). 

C.  1 :  exsequendae  laudis  cupiditate  succenditur,  s!  Aen.  VII,  496 : 
eximiae  laudis  succensus  amore. 

C.  l:  facultas  ingenii  .  .  .  debilitata  ac  fracta,  s.  Aen.  IX,  611: 
debilitat  vires;  VII,  594:  frangimur  fatis. 

C.  1:  Der  poetische  Gebrauch  von  fundere  im  Satze:  „fides 
ipsius  operis  ratione  (oratione?)  munita  vage  fundit  (=  weithin 
ausströmen  lassen,  aussprechen),  quod  a  dicendo  inpar  ingenii 
conscientia  summovet",  ist  vergilisch,  s.  Aen.  IV,  621;  VI,  55; 
V,  842;  III,  344;  VIII,  584:  dicta  fundebat. 

C.  1:  inpar:  das  Wort  wird  von  unserem  Verfasser  und  von 
Vergil  gern  gebraucht. 

C.  1:  summoveat,  s.  Aen.  VI,  316;  VII,  226. 

C.  1:  non  vereor  ne  quo  ignaviae  metu  territus  vel  revocer 
vel  extinguar,  s.  diesen  Gebrauch  von  extingui  bei  Vergil,  Aen. 
IV,  606;  VI,  457;  VII,  662;  XII,  599;  Georg. I,  466;  Eclog.  V,  20. 

C.  1:  expendere  im  Sinne  von  ponderare,  considerare  (so  auch 
c.   14.  16),  s.  Aen.  XII,  21:  expendere  casus. 

C.  2:  concreta  contagia,  s.  zu  contagia  Eclog.  I,  50;  Georg. 
III,  469  und  zu  dem  Gebrauch  von  concretus  Aen.  VI,  746:  con- 
cretam  exemit  labem.  Letzteres  Wort  hat  auch  unser  Verf.  c.  6: 
„caruerunt  omnem  hanc  mundi  deterrimam  labem". 

C.  2:  unius  ictus  remediis;  ictus  ist  ein  bei  Vergil  besonders 
beliebtes  Wort. 

C.  3:  praedurantibus  costis,  s.  Georg.  II,  531:  corpora  praedura. 

C.  4:  minis  frendentis  invidiae,  s.  Georg.  IV,  452:  graviter 
frendens. 

C.  4:  mens  crescit  in  pugna,  s.  Aen.  XII,  799:  vis  crescit. 

C.  4:  ut  cum  adverso  mari  moles  opposita  reluctatur,  feriant 
licet  fluctus  et  revolutum  aequor  identidem  pulset,  tamen  haeret 


1)  Ich  benutze  Vergil  nach  der  Ribb  eck 'sehen  Ausgabe  (Leipzig 
1889)  und  zugleich  das  Koch- George s' sehe  Wörterbuch  zu  Vergil 
(Hannover  1885). 


28  Harnack,  Eine  bisher  nicht  erkannte  Schrift  Novatian's. 

inmobilis  virtus  nee  undis  circumspumantibus  adoperta  succumbit, 
donec  per  scopulos  vis  digesta  se  supprimat  et  superiacens  in 
aperto  litoris  spatia  ictum[?]  aequor  evadat;  hier  ist  das  Meiste 
vergilisch,  s.  Georg.  IV,  301:  reluctanti  obstruitur.  Aen.  X,  660: 
revoluta  per  aequora,  Aen.  III,  55:  pulsata  saxa,  Aen.  II,  654: 
sedibus  baeret  in  isdem,  Aen.  III,  405:  adopertus  amictu,  Aen. 
IV,  19:  succumbere  culpae,  Georg.  II,  267:  seges  digesta,  Aen. 
XII,  333:  aequore  aperto;  evadere  (s.  auch  c.  12  unserer  Schrift) 
ist  bei  Vergil  häufig. 

C.  5:  pectoris  feritas;  unser  Verfasser  braucht  pectus  häufig 
für  Charakter,  Sinn,  Gemüth,  wie  Vergil.  Feritas  von  Menschen 
Aen.  XI,  568. 

C.  5:  instigantur  pariter  ac  feruntur,  s.  Aen.  XI,  730:  (fertur 
equo)  variisque  instigat  vocibus  alas. 

C.  7:  ...  lactentibus  stipulis  distenta  imbribus  frumenta 
turgescunt,  fecundae  messes  coguntur  aestate,  sie  quotiens  ferro 
vitis  abscinditur,  erumpentibus  pampinis  melius  uva  vestitur;  s. 
Georg.  I,  313  fi*.:  vel  cum  ruit  imbriferum  ver,  spicea  iam  campis 
cum  messis  inhorruit  et  cum  frumenta  in  viridi  stipula  lactentia 
turgent;  zu  distenta  =  strotzend  Eclog.  IV,  21:  ubera  lacte 
distenta;  Georg.  IV,  164:  distendunt  neetare  cellas;  Eclog.  VII,  3; 
IX,  31;  messes  Georg.  I,  49.  103.  161;  cogere  =  einheimsen  öfters 
bei  Vergil,  z.  B.  Georg.  IV,  231:  bis  gravidos  eogunt  fetus; 
Georg.  I,  448:  tum  mitis  defendet  pampinus  uvas;  Aen.  VI,  640: 
campos  lumine  vestit  purpureo.  Das  „erumpentibus  pampinis" 
ist  eine  Übertreibung,  die  sich  Vergil  schwerlich  hätte  zu  Schulden 
kommen  lassen;  er  braucht  erumpere  öfters,  aber  von  Bienen, 
Soldaten,  Flüssen  u.  s.  w. 

C.  7:  flammas  quippe  plerumque  agris  iuvit  inmittere  quo 
calor  evagantis  incendii  caeea  terrae  spiramenta  laxaret:  iuvit  leves 
stipulas  crepitanti  igne  torrere,  ut  sie  se  altius  gravida  seges 
toUeret,  parturientibus  culmis  densior  arista  floreret.  Das  ist  eine 
leichte  Umbildung  von  Georg.  I,  S4  fi". 

saepe  etiam  steriles  ineendere  profuit  agros, 
atque  levem  stipulam  crepitantibus  urere  flammis: 
sive  inde  occultas  vires  et  pabula  terrae 

pinguia  coneipiunt 

89  seu  plures  calor  ille  vias  et  caeea  relaxat 
spiramenta 


3.   Die  Quellen  der  Schrift.  29 

gravida  seges,  s.  Georg.  I,  319:  gravidam  late  segetem;  zu  partur. 
culmis  dens.  arista  floreret  s.  Georg.  I,  111:  ne  gravidis  procumbat 
ciilmus  aristis,  Georg.  II,  330 :  parturit  almus  ager,  Eclog.  III,  56 : 
ager  parturit,  arbor  parturit;  Aen.  VII,  720:  densae  aristae. 

C.  10:  spoliis  onustus  miles  ingreditur,  s.  Aen.  I,  289:  spoliis 
orientis  onustus,  Aen.  VI,  156:  Aeneas  ingreditur,  Aen.  VIII, 85 5 f.: 
insignis  spoliis  Marcellus  opimis  ingreditur. 

C.  10:  litora  tuta,  s.  Aen.  I,  164:  aequora  tuta. 

C.  10:  tempestatibus  fatigatus,  s.  Aen.  X,  304:  fiuctus  fatigat. 

C.  11:  negatores  gehenna  complexa,  s.  Aen.  II,  514:  urabra 
complexa  penates. 

C.  11:  ignis  inardescit,  s.  Aen.  VIII,  623:  caerula  nubes  solis 
inardescit. 

C.  13:  nam  et  cum  caelo  imber  incumbit  (s.  Georg.  III,  196: 
aquilo  incubuit,  Aen.  XII,  367:  venti  incubuere,  Aen.  I,  84:  venti 
incubuere  mari),  pluvias  aer  triste  praetendit  (das  Wort  ist  auch 
vergilisch),  et  quotiens  atra  tempestas  (Aen.  II,  516:  atra  tem- 
pestate)  horrenti  imminet  pelago  (Aen.  I,  246:  pelago  sonanti; 
Georg.  III,  161:  campus  horrens),  per  interaperta  nubium  ante 
coruscantium  fulmina  relucescunt  (Georg.  IV,  98:  fulgore  corus- 
cant;  Georg.  IV,  385,  Aen.  II,  312,  XII,  300:  relucere,  s.  in 
unserer  Scbrift  auch  c.  16:  relucentibus  terris):  sed  et  cum  magnis 
mare  fluctibus  volvitur  (Aen.  I,  86:  volvont  fluctus,  III,  196:  con- 
tinuo  venti  volvont  mare  magnaque  surgunt  aequora),  paulatim 
unda  se  tollit  paulatimque  aequor  albescit  (Aen.  VII,  528 f.:  fluctus 
uti  primo  coepit  cum  albescere  vento,  paulatim  sese  tollit  mare 
et  altius  undas  erigit;  Georg.  III,  237:  medio  coepit  cum  albescere 
ponto),  donec  cernas  ita  postmodum  ruere,  ut  in  illis  quibus  re- 
tunditur  saxis  spuma  altius  iaceat  Cjuam  unda  tumidura  pelagus 
exspuebat  (Aen.  I,  142;  V,  820:  tumida  aequora;  V,  125:  tumidis 
fluctibus;  VIII,  671:  tumidum  mare). 

C.  14:  sublimis  ac  fortis,  s.  Aen.  XII,  788. 

C.  15:  insequentium  fremitus,  s.  Aen.  V,  152,  wo  es  ebenso 
wie  hier  von  Menschen  und  verbunden  mit  turba  steht. 

C.  16:  iacentibus  campis,  s.  Georg.  III,  343:  tantum  campi  iacet. 

C.  16:  obliqui  colles,  s.  Georg.  IV,  298:  obliqua  lux. 

C.  16:  in  colles  se  erigunt,  s.  Aen.  IIL  575:  scopulos  avolsa- 
que  viscera  montis  erigit. 


^0  Harnack,  Eine  bisher  nicht  erkannte  Schrift  Novatian's. 

C.  16:  tremulo  videris  splendore  sub  lumine,  s.  Aen.  VII,  9: 
splendet  tremulo  sub  lumine  pontus. 

C.  16:  ros  in  liquidum  flammis  torrentibus  resolvi,  s.  Aen. 
VI,  550:  flammis  ambit  torrentibus;  Georg.  1,44:  zephyro  putris 
se  glaeba  resolvit. 

C.  16:  caminis  quotiens  anbelantibus  aestuans  ignis  evomitur, 
s.  Aen.  VIII,  418 f.:  caminis  ...  et  fornacibus  ignis  anhelat; 
Georg.  IV,  263:  aestuat  ut  clausis  rapidus  fornacibus  ignis;  Aen. 
VIII,  253:  fumum  evomit. 

C.  16:  flammis  elicitur  et  refluentibus  glaebis  arena  retinetur, 
s.  Georg.  IV,  262:  refluentibus  undis,  s.  ausserdem  den  Gebrauch 
von  glaeba  bei  Vergil. 

C.  18:  devotio  armavit  manus,  s.  Aen.  IX,  115:  armata 
manus. 

C.  18:  caelum  quod  nee  fugata  lux  cogit  in  noctem  nee 
alternis  vicibus  dies  aperit  in  lucem,  sed  aeris  liquidi  serena 
temperies  per  sudum  igneo  fulgore  rutilantem  puram  explicat 
claritatem,  s.  Aen.  III,  521:  rubescebat  stellis  Aurora  fugatis; 
V,  42:  Stellas  fugarat  clara  dies;  X,  257:  dies  noctemque  fugarat; 
V,  20:  in  nubem  cogitur  aer;  Aen.  VIII,  528:  arma  inter  nubem 
caeli  regione  serena  per  suidum  rutilare  vident;  Georg.  I,  404: 
liquido  in  aere;  igneus  sehr  oft  bei  Vergil  (sol  igneus  Georg. 
IV,  426);  Aen.  VI,  707:  aestate  serena. 

C.  19:  agricola  non  ante  felici  terram  suscitat  vomere  quam 
in  pulverem  imbre  concepto  putris  glaeba  solvatur,  s.  Georg.  I,  97: 
proscisso  quae  suscitat  aequore  terga,  rursus  in  obliquom  verso 
perrumpit  aratro;  Aen.  VII,  635:  bonos  vomeris;  Georg.  I,  44: 
zepliyro  putris  se  glaeba  resolvit  (s.  o.  c.  16). 

Die  nun  (c.  20)  folgende  Schilderung  der  Gehenna 
und  des  Paradieses  ist  ganz  wesentlich  nach  Vergil, 
besonders  nach  seiner  Schilderung  des  Ausbruchs  des 
Aetna,  Aen.  III,  570  ff".,  und  seiner  Beschreibung  der 
Strafen  in  der  Unterwelt  gegeben  —  eine  auch  dogmen- 
geschichtlich wichtige  Thatsache;  ich  setze  die  Vergil'schen 
Parallelen  hier  in  die  Noten:  Saeviens  ^)  locus,  gehenna  cui  nomen 


1)  Aen.  V,  257:  saevit  canurn  latratus  in  auras. 


3.    Die  Quellen  der  Schrift.  31 

^st,  magno  plangentium  i)  murmurat-)  gemitu,  ^)  et  eructantibus 
flammis  per  horrendam  ^)  spissae  caliginis  noctem  ^)  nova  semper 
incendia  camini  fumantes  expirant,  ^)  globus  ignium  artatus  ob- 
struitur  ^)  et  in  varios  poenae  exitus  relaxatur.  ^)  tiinc  saeviendi 
plurima  genera,  cum  in  se  ipse  convolvit  ^)  quicquid  ardoris  ^^) 
emissi  ^  i)  edax  flamma  ^  -)  cruciarit. 

C.  20:  coercet  exitiis,  s.  Aen.  VI,  439:  Styx  coercet. 

C.  20:  clivosi  tramitis,  s.  Georg.  I,  108:  clivosi  tramitis  unda. 

C.  20:  praecipitat,  s.  Aen.  II,  37. 

C.  20:  catenae  stridentes,  s.  Aen.  VIII,  420;  VI,  558:  Stridor 
ferri  tractaeque  catenae. 

C.  20:  nexus,  s.  Georg.  III,  423. 

C.  20:  inclinat,  s.  Aen.  XII,  59:  domus  inclinata.  S.  über- 
haupt die  Schilderung  der  Unterwelt  Aen.  VI,  557  ff.,  z.  B.  v.  616: 
„saxum  ingens  volvont  alii,  radiisque  rotarum  districti  pendent." 
Dazu  in  unserem  Cap.:  „alios  moles  intolerabilis  curvat  .  .  .  sunt 
et  quos  agens  strictim  rota  etc."  Zu  indefessus  vertigo  s.  Aen. 
XI,  651.    Ferrum  ist  auch  in  cap.  20  =  catena,  wie  Aen.  VI,  558. 

C.  21:    virentibus  campis,  s.  Aen.  VI,  679:  convalle  virenti, 

C.  21:  se  induit  gramine,  s.  Georg.  IV,  143. 

C.  21:  terra  luxurians,  s.  Georg.  III,  81:  luxuriat. 

C.  21:  redolenti,  s.  Georg.  IV,  169. 

C.  21:  altum  tolluntur  in  verticem,  s.  Aen.  VII^  674:  vertice 
montis  ab  alto;  XII,  702  f.:  nivali  vertice  se  attollens. 


1)  Aen.  XI,  145:  plangentium  agmina. 

2)  A^om  Aetna  III,  581:  intremere  omnem  murmure  Trinacriam. 

3)  X,  674:  gemitus  cadentum,  XI,  633:  gemitus  morientum,  VI,  557: 
hinc  exaudivi  gemitus  (Unterwelt). 

4)  Ist  vergilisch. 

5)  Aen.  II,  621:  et  spissis  noctis  se  condidit  umbris. 

6)  Aen.  II,  259:  incendia  vomere. 

7)  Aus  III,  570  ff.  sei  hervorgehoben:  attolit  globos  flammarum  .  .  .  . 
avolsaque  viscera  montis  erigit  eructans  .  .  .  cum  gemitu  glomerat  .... 
Aetnam  impositam  ruptis  flammam  expirare  caminis . . .  caelum  subtexere  fumo. 

8)  Georg.  I,  89.  419. 

9)  Aen.  II,  474;  Georg.  III,  426. 

10)  ardor  ist  poetisch,  resp.  vergilisch. 

11)  Aen.  I,  125:  hiems  emissa. 

12)  Aen.  II,  758:  ignis  edax. 


32 


Harnack,  Eine  bisher  nicht  erkannte  Schrift  Novatian's. 


C.  21:  arborum  conia,  s.  Aen.  II,  629:  comam  concusso  ver- 
tice  nutat. 

C.  2 1 :  quicquid  curvantibus  ramis  scena  (Landschaft)  deiacens 
inumbrarit,  s.  Aen.  I,  164:  tum  silvis  scena  coruscis  desuper 
horrentique  atrum  nemus  imminet  umbra.  Zu  inumbrare  s.  Georg. 
IV,  20,  Aen.  XI,  66  (oleaster  inumbret  —  toros  inumbrant). 

C.  21:  autumno  arva  requiescant,  s.  Georg.  I,  S2:  mutatis 
requiescunt  fetibus  arva. 

C.  21:  tellus  vere  novo  fecunda  parturiat,  s.  Georg.  I,  43: 
vere  novo,  Georg.  II,  330:  parturit  almus  ager. 

C.  21:  in  noctem  lux  fugata  concedat  (cf.  c.  29  in  tenebris 
lux  cuncta  concessit),  s.  Aen.  X,  215:  iamque  dies  caelo  con- 
cesserat,  X,  257:  rubebat  dies  noctemque  fugarat. 

C.  21:  sinu  alvei  prorumpentis  emergit,  s.  Georg.  I,  203;  Aen. 
VII,  33;  IX,  32;  VII,  32:   .  .  .  prorumpit  .  .  .  fluminis  alveo  .  .  . 

C.  21:  rauco  per  intervalla  circuitu,  s.  Aen.  V,  320;  raucus 
vom  Wasser  Georg.  I,  109  und  Aen.  VI,  327. 

C.  21:  sinuosis  flexibus,  s.  Aen.  XI,  753:  sinuosa  volumina^ 
Georg.  I,  244:  flexu  sinuoso. 

C.  21:  ora  nascentium  fluminum^  s.  ora  von  Flüssen  Aen. 
III,  696;  I,  245.  Im  Hinblick  auf  die  cc.  20.  21  hat  Weyman 
(a.  a  0.  S.  738  n.  3)  von  der  „derb  heidnischen  Eschatologie" 
unserer  Schrift  gesprochen  —  sehr  begreiflich;  denn  hier  redet 
im  Grunde  Vergil! 

C.  23:  cum  arantibus  sementa  defecerint  et  herbis  terra 
morientibus  aestuarit,  s.  Georg.  I,  107:  exustus  ager  morientibus 
aestuat  herbis. 

C.  23:  supinis  e  collibus  fluvium  iuvit  elicere,  s.  Georg. 
II,  276:  collesque  supinos,  III,  555:  collesque  supini;  Georg. 
I^  106:  deinde  satis  fluvium  inducit;  Georg.  I,  109:  uudam  elicit. 

C.  23:  scaturientibus  rivis  arva  sitientia  temperare,  s.  rivus 
=  Canal  Georg.  I,  106.  269,  Eclog.  III,  111;  Georg.  I,  110:  scate- 
brisque  arentia  temperat  arva, 

C.  23:  quo  se  in  uberes  culmos  victa  agri  ieiunitas  funderet, 
s.  Georg.  I,  111:  ne  gravidis  procumbat  culraus  aristis;  II,  212: 
ieiuna  clivosi  glarea  ruris. 

C.  23:  et  pluviali  imbre  mentito  seges  densior  inhorreret,  s. 
zu  pluvialis  Georg.  III,  429,  Aen.  IX,  668;  aber  ..pluvialis  imber" 
ist   das   unerfreuliche   Eigenthum  unseres  Verfassers.     Zu  imbre 


4.    Zeit,  Ort  und  Verfasser  der  Schrift.  33 

mentito  s.  Eclog.  IV,  42:  nee  varios  discet  mentiri  lana  colores. 
Seges  densior  ist  ein  vergilscber  Ausdruck.  Auch  inhorrere, 
von  Ähren  gebraucht,  ist  ein  solcher,  s.  Georg.  I,  314:  spicea 
iam  campis  cum  messis  inhorruit. 

C.  24:  nitentis  (eloquii)  ist  ein  vergilscher  Ausdruck. 

C.  26:  ita  magna  mihi  ratio  in  hoc  genere  dicendi  ac  moles 
admiranda  suscepta  est.     „Moles"  ist  vergilisch 

C.  29  die  Schilderung  der  Vorgänge  bei  dem  Tode  Christi 
ist  in  der  Sprache  Vergil's  gegeben:  tellus  dissiluit,  s.  Aen.  III,  414: 
haec  loca  .  .  .  dissiluisse  ferunt,  cum  protinus  utraque  tellus 
una  foret. 

C.  29:  turbati  manes:  „turbare"  ist  vergilisch,  ebenso  ,,mo- 
numenta  nudata  sunt". 

C.  29:  sepulchris  in  hiatum  dehiscentibus  terrae:  hiatus  ist 
vergilisch;  vgl.  auch  Greorg.  I,  479:   terrae  dehiscunt,  u.  sonst. 

C.  29:  mundus  intremuit,  s.  Aen.  III,  581. 

C.  29:  templum  omne  mugiit,  s.  Aen.  III,  92:  mugire  adytis 
cortina  reclusis,  Aen.  IV,  490:  mugire  terram,  VI,  256:  solum 
mug-ire. 

C.  30:  densantibus  turmis  .  .  .  agmen,  s.  Aen.  VII,  794:  ag- 
mina  densentur. 

4:.    Zeit,  Ort  und  Verfasser  der  Schrift. 

Unsere  „Ansprache"  ist  im  ersten  Anfang  einer  Verfolgungs- 
zeit ^)  —  nach  einem  längeren  relativen  Friedenszustand  -)  —  im 
Abendland,  aber  ausserhalb  Afrikas, -^j  von  einem  Manne  ge- 
schrieben, der  zwar  ein  kirchliches  Amt  bekleidet  haben  kann, 
aber  nicht  Bischof  gewesen  ist. 4)  Als  er  schrieb,  wüthete  in 
der  Stadt  und  auch  im  Reiche  eine  schwere  Seuche.^)  Er  be- 
trachtete das  Öffentliche  Bekenntniss  Christi  als  den  eigentlichen 
Christenstand  ^    die  Märtyrer   als   compares   et  consortes  Christi, 


1)  Es  ist  oben  S.  11  f.  bemerkt  worden ,  dass  die  Schrift  noch  nicht 
das  volle  Wüthen  der  Verfolgung  voraussetzt. 

21  Das  geht  aus  der  ganzen  Predigt  hervor;  im  Einzelnen  kann  es 
nicht  leicht  belegt  werden. 

3)  Das  zeigt  der  vom  afrikanischen  abweichende  Bibeltext. 

4)  Wäre  der  Verfasser  der  „Hirte"  der  Gemeinde,  so  müsste  das 
hervortreten. 

,  5)  S.  oben  S.  15  f. 

Texte  u.  Untersuchungen  XIII,  4.  •  7 


34 


Harnack,  Eine  bisher  nicht  erkannte  Schrift  Novatian's. 


das  Blutzeugniss  als  die  reclite,  ja  einzige  imitatio  Christi,  i)  Er 
bevorzugte  Luc.  12, 8  f.  (Mtth.  10,32  f.) — in  einer  ganz  eigenthüm- 
lichen  Textfassung  —  resp.  ähnlich  lautende  evangelische  Stellen"^); 
ausserdem  erklärte  er  es  als  göttlichen  Befehl,  dass  die  Christen 
dem  (geläuterten)  Golde  ähnlich  seien.  '^)  Christum  selbst  nannte 
er  einfach  „deus"."^)  Mit  einer  entschieden  evangelischen  Haltung 
verband  er  eine  nicht  geringe  Bildung  —  namentlich  in  Vergil 
war  er  sehr  belesen^) —  und  machte  in  seiner  „Ansprache"  den 
Versuch,  das  Martyrium  mit  allen  Mitteln  classischer  Beredsamkeit 
zu  feiern  und  so  die  Confessoren  zu  stärken.^)  Der  Stil  seiner 
schulmässig  disponirten  Schrift  ist  correcter  und  „classischer" 
als  der  irgend  einer  anderen  lateinischen  Schrift  des  3.  Jahrh. 
mit  Ausnahme  des  „Octavius"  des  Minucius  und  der  Schriften 
Novatian's.'')  Den  Tertullian  und  Irenäus  hat  er  gelesen;  dagegen 
lassen  sich  sichere  Spuren  einer  Leetüre  des  Cvprian  nicht  nach- 
weisen.^) Er  selbst  befand  sich  nicht  unter  den  Gefangenen^ 
sondern   war    frei,   als   er  seine  „Ansprache'*  niederschrieb;   mit 


1)  S.  oben  S.  13  f. 

2)  S.  oben  S.  21  f.  Was  die  Auswahl  der  Stellen  aus  den  synoptischen 
Ew.  betrifft,  so  beachte  man,  dass  der  Verf.  nur  folgende  Verse  citirt: 

„Es  ist  schon  die  Axt  dem  Baum  an  die  Wurzel  gelegt." 

„Wir  müssen  den  letzten  Heller  bezahlen." 

„Wer  in  dieser  Welt  seine  Seele  liebt,  wird  sie  in  jener  verlieren;    wer 

sie   aber  in  der  Welt  hasst,   wird  sie  in  der  zukünftigen  finden." 
„Wenn    du    den   ganzen  Weltkreis  gewinnst  und  deine  Seele  verlierst, 

was  wird's   dir   nützen,    oder  was  kann  der  Mensch  als  Ersatz  für 

seine  Seele  geben?" 
„Wer  seine  Seele  verliert  für  meinen  Namen,   wird  in  dieser  Welt  das 

Hundertfache  empfangen  und  in  der  zukünftigen  wird  er  das  ewige 

Leben  haben." 
„Wer  mich  bekennt  auf  Erden  vor  den  Menschen,  den  werde  auch  ich 

bekennen  vor  meinem  Vater  und  vor  seinen  Engeln  usw." 

3)  S.  c.  16:  ,,auro,  ut  ipse  dixit,  similes  esse  debemus. 

4)  S.  oben  S.  19  n.  5. 

5)  S.  oben  S.  26  ff". 

6)  Er  selbst  sagt  es  ausdrücklich,  und  mehr  als  einmal,  dass  seine 
Arbeit  ein  „conatus  nitentis  eloquii"  ist. 

7)  So  hat  auch  Miodoiiski  (Anonymus,  adv.  aleatores.  Erlangen 
1889  S.  24)  geurtheilt:  ,. Weitaus  am  besten  lateinisch  sind  die  Schriften: 
„De  laude  martyrii"  „De  duplici  martyrio"  (die  letztere  ist  von  ErasmusI). 

8)  S.  oben  S.  26. 


4.    Zeit,  Ort  und  Verfasser  der  Schrift.  35 

Schmerz  gedenkt  er  selber  dessen  am  Schluss  seiner  Rede.^) 
Auf  Grund  dieses  Thatbestandes  darf  das  Urtheil  mit  Sicherheit 
gefällt  werden:  Diese  Ansprache  stammt  von  Novatian, 
und  ist  beim  Beginn  der  decianischen  Verfolgung, 
wahrscheinlich  bevor  noch  der  Bischof  Fabian  den 
Märtyrertod  erlitten  hatte,  also  kurz  vor  dem  20.  Ja- 
nuar 250,2)  in  Rom  für  die  dort  gefangenen  Christen 
niedergeschriebenen  worden.  Die  Überlieferung,  wie  alt 
oder  jung  sie  auch  immer  sein  mag,  die  Schrift  sei  an  Moses, 
Maximus  und  ihre  Genossen  in  der  decianischen  Verfolgung 
gerichtet,  ist  demnach  zutreffend . 

Die  Beweise    für    die  Behauptung   sind  bereits  in  den  vor- 
stehenden Anmerkungen   angedeutet;    die  wichtigsten   seien  hier 


1)  S.  c.  30:  ,,utinam  perabiecto  aUquando  istud  mihi  videre  contingat!" 

2)  Wäre  der  Bischof  bereits  hingerichtet  gewesen,  so  müsste  das  un- 
mittelbar vorher  geschehen  sein.  Davon  müsste  doch  etwas  gesagt  sein. 
Aber  es  scheint  (s.  o.),  als  seien  überhaupt  noch  keine  Executionen  erfolgt. 
Auch  das  entscheidende  Decret  des  Decius,  welches  generell  die  Christen 
betraf,  scheint  noch  nicht  erlassen  worden  zu  sein;  denn  von  ihm  hören 
wir  noch  nichts.  Aber  bevor  dieses  Edict  erschien,  müssen  bereits  Sisti- 
rungen,  Foltern,  Quälereien  aller  Art  vorangegangen  sein.  Dass  jenes  Decret 
die  Verfolgung,  die  bereits  im  Gange  war,  nur  gekrönt  hat,  ersehen  wir 
für  Aegypten  aus  Dionysius  Alex,  bei  Euseb.,  h.  e.  VI,  41,  1  tf.,  für  Afrika 
aus  den  ersten  Briefen  Cyprian's.  Der  stärkste  Beweis  dafür  aber,  dass 
wir  uns  mit  unserer  Predigt  im  ersten  Anfang  der  Verfolgung  und  noch 
vor  der  Zeit  des  Erlasses  des  verhängnissvollen  Edicts  befinden,  liegt 
darin,  dass  unser  Prediger  noch  keine  Verleugner  ins  Auge 
fasst.  Da  wir  wissen,  dass  das  Edict  überall  sofort  Schaaren  von  Ver- 
leugnern  zur  Folge  hatte  und  eine  furchtbare  Katastrophe  über  die  Kirche 
brachte,  so  kann  es  damals  noch  nicht  erlassen  gewesen  sein.  Nur  vor- 
beugend, aber  doch  noch  völlig  ahnungslos  in  Bezug  auf  das,  was 
kommen  sollte,  schreibt  der  Verfasser  (c.  17):  „Quod  si  te  dignitas  am- 
bitiosa  deterret  et  congregata  in  thensauris  pecuniae  admonet  magni- 
tudo,  quae  semper  propositum  bonae  mentis  avertit  et  devotam 
pro  domino  tuo  animam  furiali  egit  honore,  quaeso  repetas  verba  cae- 
lestia  etc."  Zum  Beginn  der  decianischen  Verfolgungszeit  fügt  es  sich  end- 
lich auch,  dass  Novatian  noch  nicht  mit  dem  amtlichen  Selbstbewusstsein 
(ep.  30.  36)  spricht,  welches  er  zum  Ausdruck  bringt,  nachdem  der  römische 
Klerus  an  Stelle  des  hingerichteten  Bischofs  die  Zügel  der  Regierung  der 
römischen  Gemeinde  ergriffen  und  er  selbst  in  dem  Klerus  die  führende 
Rolle  übernommen  hatte.  In  unserer  Predigt  spricht  Novatian  so  zu  sagen 
als  Privatmann  und  als  freier  Seelsorger,    um  die  Gefangenen  zu  stärken. 

7* 


36  Harnack,  Eine  bisher  nicht  erkannte  Schrift  Novatian's, 

ausgeführt.  Die  Zahl  der  Beobachtungen^  die  für  die  These 
sprechen^  ja  sie  fordern^  ist  gross;  dagegen  habe  ich  nicht  eine 
einzige  Gegeninstanz  gefunden.  Ich  ordne  die  Beweise,  indem 
ich  vom  Allgemeinen  zum  Bestimmteren  fortschreite: 

I)  Die  Überlieferungsgeschichte  der  Schrift  ist  der  Annahme^ 
sie  gehöre  dem  Novatian,  lediglich  günstig;  denn  sie  macht  es 
sehr  unwahrscheinlich,  dass  sie  von  Cyprian  stammt,  sie  zeigt 
aber,  dass  die  Schrift  bereits  vor  der  Mitte  des  4.  Jahrhunderts 
den  Cyprian-Schriften  beigesellt  worden  ist  und  somit  bei  ihrer 
Einstellung  (2.  Hälfte  des  3.  oder  1.  Hälfte  des  4.  Jahrh.)  hohes 
Ansehen  genossen  haben  muss.  Ferner  lehrt  die  Überliefe rungs- 
geschichte  der  pseudocyprianischen  Schriften  überhaupt,  dass  die 
grosse  Mehrzahl  der  älteren  aus  Rom  stammt  (De  spectac,  De 
bono  pud.,  Quod  idola,  Ad  Novatianum^,  Adv.  aleat.)  und  zwar 
De  Spectac,  De  bono  pud.,  Quod  idola  von  Novatian.  Endlich 
sagen  uns  Rufin  und  Hieronymus,  dass  Novatian's  Schrift 
De  trinitate  —  Rufin  hielt  sie  für  tertullianisch  —  in  das  Corpus 
Opp.  Cypr.  gekommen  sei,  resp.  für  ein  Werk  Cyprian's  ge- 
halten werde. 

H)  Aus  der  Schrift  selbst  ergiebt  sich,  dass  sie  am  Anfang 
einer  Verfolgungszeit,  während  zugleich  eine  Pest  wüthete,  ent- 
standen ist.  Jene  Pest  wüthete  im  Decennium  250  —  260  (s. 
Cyprian,  de  mortalit.,  Dionys.  Alex,  bei  Eusebius).  Somit  könnte 
sowohl  die  decianische,  wie  die  valerianische  Verfolgung  gemeint 
sein  (auch  die  des  Gallus  kommt  in  Betracht).  Allein  weder 
z.  Z.  der  Verfolgung  des  Gallus  noch  zu  der  des  Valerian  konnte 
irgend  Jemand  im  Reiche  30  Capitel  über  das  Martyrium  schreiben, 
ohne  der  „Lapsi"  zu  gedenken.  Diese  kommen  aber  in  unserer 
Predigt  schlechterdings  nicht  vor.  Also  ist  es  sicher,  dass  sie 
in  die  decianische  Verfolgung  gehört,  und  zwar  in  die  Vor- 
geschichte derselben,  als  die  grosse  Katastrophe  der  „Lapsi*' 
noch  nicht  eingetreten  w^ar.  Diese  Datirung  wird  durch  die 
Beobachtung  verstärkt,  dass  Cyprianschriften  nicht  benutzt  sind. 
Dass  Cyprian  (in  Afrika)  die  Pest  erst  c.  2  Jahre  später  er- 
wähnt, ist  keine  Instanz  gegen  die  Datirung;  denn 

III)  Unsere  Schrift  stammt  nicht  aus  Afrika:  a)  der  Bibel- 
text weist  aus  Afrika  hinaus,  b)  hätte  die  afrikanische  —  also 
doch  wohl  karthaginiensische  —  Kirche  am  Anfang  des  J.  250 
einen  Mann  besessen,  der  fähig  war,  eine  solche  Schrift  wie  die 


4.    Zeit,  Ort  und  Verfasser  der  Schrift.  37 

iinsrige  zu  schreiben,  so  wäre  dieser  Mann  in  den  Schriften  und 
Briefen  Cyprian's  nicht  verschwiegen  worden,  und  seine  d  h. 
unsere  Schrift  hätte  in  den  zahlreichen  ähnhchen  Ansprachen 
Cyprian's  gewiss  einen  Widerhall  gefunden. 

IV)  Dass  unsere  Schrift  aus  Rom  stammt,  lässt  sich  nicht 
erweisen,  wenn  man  von  der  Verfasserfrage  absieht  (nur 
die  römische  Christologie,  das  runde  Christus-deus  fällt  ins  Ge- 
wicht) ;  aber  dass  sie  von  Novatian  herrührt,  lässt  sich  erweisen, 
und  damit  ist  auch  die  Frage  des  Orts  erledigt.  Hieronymus 
(de  vir.  inl.  70)  zählt  allerdings  unter  den  neun  Titeln  von  Werken 
Novatian's  unsere  Predigt  nicht  mit  auf;  allein  er  nennt  auch 
nicht  De  bono  pudic,  De  spectac,  Quod  idola  und  andererseits 
bemerkt  er,  dass  „plurimi"  de  trinitate  für  ein  Werk  Cyprian's 
halten.  Von  der  Schrift  „Quod  idola"  wissen  wir,  dass  Hiero- 
nymus sie  bereits  als  eine  Cyprian-Schrift  gelesen  hat  (ep.  70,  5 
der  Hieron.-epp.,  s.  meine  Lit.-Gesch.  I  S.  705);  es  ist  daher  und 
nach  dem  Catal.  Mommsen.  und  Lucifer  sehr  wahrscheinlich,  dass 
Hieron.  auch  andere  Novatian-Schriften  —  speciell  die  Schrift 
de  laude,  den  Ursprung  von  Novatian  einmal  vorausgesetzt  — 
bereits  nicht  mehr  als  solche  Novatian's,  sondern  unter  den 
Cyprian-Schriften  gelesen  hat.  Ausserdem  sagt  aber  Hieron., 
Novatian  habe  auch  noch  „multa  alia"  geschrieben,  was  er  nicht 
aufzählt.  Jedenfalls  kann  also  des  Hieronymus  negatives  Zeug- 
niss  nicht  ins  Gewicht  fallen.     Für  Novatian  spricht: 

l)Dass  sowohl  seine  ungewöhnliche  Bildung,  als  speciell  seine 
Beredsamkeit  ausdrücklich  bezeugt  ist.  Hierher  gehören  a)  die 
höhnischen  Ausdrücke  des  Cornelius  in  seinen  Briefe  an  Fabius 
(Euseb.,  h.  e.  VI,  43,  5:  o  &ca\uaötog,  7  6  ^MfUtgoTcixog,  17  o 
lafijiQog  ovTog)  und  an  Cyprian  (ep.  49,  2:  loquacitas  captiosa)^), 
b)  Cyprian's  Zeugniss  (ep.  51,  2:  verba  loquacia;  55,  24:  iactet 
se  Novatianus  licet  et  philosophiam  vel  eloquentiam  suam  su- 
perbis  vocibus  praedicet;  60,  3:  in  perniciem  fratrum  lingua  sua 
perstrepens  et  facundiae  venenatae  iacula  contorquens,  magis 
durus  saecularis  philosophiae  pravitate  quam  sophiae  dorainicae 
lenitate  pacificus),  c)  Hieronymus  ep.  36,  1:  eloquentissimus  vir 
Novatianus,  d)  Ambrosiaster  zu  I  Cor.  13,  2:  Novatianus  non 
parvae  scientiae.     Am  wichtigsten  aber  ist,  dass  Sixtus  IL  in  der 


1)  Eine  nicht  ganz  unzutreffende  Charakteristik  unserer  Schrift  1 


38  Harnack,  Eine  bisher  nicht  erkannte  Schrift  Novatian's. 

Schrift  ad  Novatiannm  nicht  nur  zugesteht,  Xovatian  wäre  ein 
„vas  pretiosum"  gewesen,  wenn  er  in  der  Kirche  geblieben  wäre 
(c.  1),  sondern  c.  13  auch  von  der  früheren  Zeit  Novatian's 
schreibt:  „qui  semper  in  domo  una  id  est  Christi  ecclesia  proxi- 
morum  delicta  ut  propria  flevit,  ouera  fratrum,  sicut  apostolus 
hortatur,  sustinuit,  lubricos  in  fide  caelesti  adlocutione 
corroboravit''.  Sixtus  sagt  nicht:  ..caelestibus  adlocutionibus", 
sondern  er  braucht  den  Singular;  zugleich  setzt  er  zu  „adlocutio" 
das  höchste  Prädicat  „caelestis"  hinzu  und  hat  damit  eine  Predigt 
im  Auge  von  ungewöhnlichem  geistlichem  Schwung  und  evan- 
gelischem Ernst.  Damit  ist  doch  wohl  eben  unsere  Schrift 
bezeichnet,  die  somit  noch  bei  Lebzeiten  Novatian's 
als  sein  Eigenthum  bezeugt  ist.^)  Sehr  gut  passt  die  kurze 
Inhaltsangabe  zu  unserer  Schrift;  denn  „robur''  (s.  o.  S.  12)  ist 
geradezu  ein  Hauptbegriff  in  ihr,  und  das  hohe  Lied  des  Mar- 
tyriums, welches  sie  enthält,  ist  noch  nicht  ein  Lobpreis  vollendeter 
Märtyrer,  sondern  soll  den  Glaubensmuth  der  Gefangenen  stärken 
und  sie  vor  Abfall  bewahren.  Die  ganze  Anlage  der  Predigt 
Hess  es  nicht  zu,  in  Details  zu  gehen,  auch  hatte  die  Ent- 
scheidungsstunde noch  nicht  geschlagen,  sondern  stand  noch 
bevor;  aber  es  fehlen  doch  nicht  Ausführungen  gegen  die  latenten 
„lubrici  in  fide",  s.  c.  17:  „quod  si  te  dignitas  ambitiosa  deterret 
et  congregata  in  thensauris  pecuniae  admonet  magnitudo  etc." 

2)  Unsere  Schrift  ist  von  einem  Manne  geschrieben,  der  in 
Vergil's  Schriften  lebte  und  sie  in  den  Dienst  der  christlichen 
Schriftstellerei  stellte.  Nun  —  alle  unzweifelhaft  von  No- 
vatian  herrührenden  Briefe  und  Tractate  zeigen  reich- 
liche Spuren  der  Leetüre  Vergil's,  und  zwar  in  einem 
Masse,  das  weit  über  die  Verwerthung  VergiFs  bei  Tertullian 
und  Cyprian  hinausführt.  Selbst  das  Werk  de  triuitate,  das 
durch  seinen  Gegenstand  von  Vergil  so  weit  abliegt,  beginnt 
mit  einem  Hymnus,  der  grösstentheils  aus  Phrasen  dieses  Dichters 
zusammengesetzt  ist,  ja  selbst  der  ernste,  kurze  Brief,  den  No- 
vatian  nach  Carthago  gerichtet  hat  (ep.  30),  zeigt  den  Vergil- 
scliüler.  Dazu  kommt  eine  ITbereinstimmung  in  der  Ausdrucks- 
weise,   im  Stil,    im  Wortschatz   zwischen  De   spectac,   De  bono 

1)  Das  „semper"  hindert  diese  Annahme  nicht;  denn  die  „adlocutio" 
(Novatian  selbst  nennt  seine  Schrift  De  pudic.  so)  ist  fort  und  fort  gelesen 
worden. 


I 


4.    Zeit,  Ort  und  Verfasser  der  Schrift.  39 

pudic,  De  trinitate,  De  cibis  Jud.,  den  epp.  30.  36  einerseits 
lind  unserer  Schrift  andererseits,  die  an  und  für  sich  schon  die 
Abfassung  aller  dieser  Werke  durch  einen  Autor  sicher  stellt. 
Wenn  einmal  alle  Schriften,  die  dem  Novatian  gehören,  zusammen- 
gedruckt und  mit  einem  Index  versehen  sein  werden,  wird  man 
von  jener  Übereinstimmung  ebenso  frappirt  sein,  wie  ich  es  war, 
als  ich  erst  Demmler's  Nachweise  des  sprachlichen  Verhält- 
nisses von  De  bouo  pud.  und  De  spect.  einerseits  und  De  trinit. 
und  De  cibis  andererseits  studirte  und  dann  als  fünftes  Stück 
die  Schrift  de  laude  hin  zunahm.  Novatian  hat  einen  ganz  charak- 
teristischen Stil,  der  sich  bestimmt  von  dem  Cyprian's  unter- 
scheidet. Dass  dies  in  Bezug  auf  De  laude  noch  nicht  erkannt 
worden  ist,  liegt  wohl  daran,  dass  hier  der  Stil  in  den  Blüthen 
vergilscher  Poesie  gleichsam  versteckt  ist  und  die  Schrift  desshalb 
einen  einzigartigen  Eindruck  macht.  Es  wäre  nicht  angebracht, 
hier  das  gesammte  Material  vorzuführen  —  Einiges  ist  oben 
S.  12  fP.  schon  hervorgehoben  worden  — ;  aber  einige  Nachweise  in 
Bezug  auf  die  Vergilismen  in  Novatian's  Schriften  seien  gegeben: 

De  spect.  5:  dum  cruor  etiam  de  iugulo  calidus  exceptus 
spumanti  patera;  s.  Aen.  III,  66:  inferimus  tepido  spumantia  cym- 
bia  lacte  sanguinis  et  sacri  pateras,  Aen.  I,  738:  ille  inpiger 
hausit  spumantem  pateram. 

De  spect.  7:  clangores  tubae  bellicos  alter  imitatur  raucos. 
Dazu  vgl.  man  1)  desselben  Novatian  ep.  30,  6:  „resumant  precum 
suarum  tubam,  sed  qua  non  bellicum  clangant,  2)  Virg.  Georg. 
IV,  71:  aeris  rauci  canor  increpat;  Aen.  II,  545:  rauco  aere;  Aen. 
II,  313:  clangor  tubarum;  VIII,  526:  tubae  clangor;  XI,  192: 
clangor  tubarum. 

De  spect.  9:  Die  folgende  Schilderung  ist  z.  Th.  ein  Cento 
Vergilianus;  ich  verzichte  darauf,  die  einzelnen  Parallelen  zu 
markiren:  „solis  ortum  aspiciat,  rursum  occasum  mutuis  viclbus 
dies  noctemque  revocantem,  globum  lunae  temporum  cursus  in- 
crementis  suis  detrimentisque  sonantem,  astrorum  micantes  choros 
et  assidue  de  summa  mobilitate  fulgentes,  anni  totius  per  vices 
membra  divisa  et  dies  ipsos  cum  noctibus  per  horarum  spatia 
digestos  et  terrae  molem  libratam  cum  montibus  et  profusa  flu- 
mina  cum  suis  fontibus,  extensa  maria  cum  suis  fluctibus  atque 
litoribus,  interim  constantem  pariter  summa  conspiratione  nexibus- 
que    concordiae    extensum    aerem   medium    tenuitate    sua  cuncta 


40  Harnack,  Eine  bisher  nicht  erkannte  Schrift  Novatian's. 

vegetantem,  nunc  imbres  contractis  nubibus  profundentem,  nunc 
serenitatem  refecta  raritate  revocantem  et  in  omnibus  istis  incolas 
proprios,  in  aere  avem,  in  aquis  piscem  etc."  Es  mag  hier  gleich 
der  Eingang  der  Schrift  de  trinitat-e  angeschlossen  stehen,  sowohl 
um  die  Einheit  der  Verfasser  als  um  die  Abhängigkeit  von 
Vergil  zu  beweisen  (p.  2):  „(deus)  coelum  alta  sublimitate  suspen- 
derit,  terram  deiecta  (Aen.  VI,  862)  mole  solidaverit  (Georg.  1,  179), 
maria  soluto  (Georg.  IV,  302)  liquore  (Georg.  III,  484)  diffuderit 
(Verg.)  .  .  .  nam  et  in  solidamento  coeli  luciferos  (Verg.)  solis 
ortus  (Verg.)  excitavit,  lunae  candentem  globum  (Aen.  VI,  725) 
ad  solafcium  (Verg.)  noctis  mensurnis  incrementis  (Eclog.  IV,  49) 
orbis  implevit,  astrorum  etiam  radios  variis  falgoribus  micantis 
(Aen.  IX,  189.  I,  90)  lucis  accendit,  et  haec  omnia  legitimis  meati- 
bus  (Aen.  VI,  849  f.)  circumire  totum  mundi  ambitum  voluit  .  .  . 
In  terris  quoque  altissimos  montes  in  verticem  sustulit  (Verg.), 
valles  in  ima  deiecit,  campos  aequaliter  stravit,  animalium  greges 
ad  varias  hominum  Servitutes  utiliter  instituit  (Verg.).  silvarum 
quoque  robora  (Verg.)  humanis  usibus  profutura  solidavit,  fruges 
in  cibum  elicuit  (Georg.  I,  109),  fontium  ora  (Verg.)  reseravit 
(Verg.)  et  lapsuris  fluminibus  (Georg.  IV,  366)  infudit  (Verg.). 
post  quae  ne  non  etiam  ipsis  quoque  deliciis  procurasset  oculorum, 
variis  florum  coloribus  (Ovid)  ad  voluptatem  spectantium  cuncta 
vestivit  (Verg.)  ....  Quibus  non  contentus  ne  forte  fremitus  et 
cursus  aquarum  (Georg.  IV,  136)  cum  dispendio  (Verg.)  posses- 
soris  humani  alienum  occuparet  elementum,  fines  litoribus  inclusit 
(Verg.),  quo  cum  fremens  fluctus  (Aen.  XI,  299)  et  ex  alto  sinu 
spumans  unda  (Aen.  III,  268;  XI,  625)  venisset,  rursum  in  se 
rediret  nee  terminos  concessos  excederet." 

De  spectac.  10:  Novatian  giebt  Regesten  der  Geschichte  des 
Manna-Regens,  des  Durchgangs  durch  das  rotlie  Meer,  der  drei 
Männer  im  Feuerofen,  Daniels  in  der  Löwengrube  und  zwar  in 
der  Sprache  Vergils:  „spectabit  de  caelo  descendentes  messes  (zum 
Plur.  s.  Georg.  I,  49.  103.  161;  IV,  330;  Eclog.  VIII,  99),  non 
ex  areis  aratro  impressas  (Aen.  V,  536:  crater  impressns  signis); 
inspiciet  flumina  transitus  siccos  refrenatis  aquarum  (Ovid.  her. 
VI,  87:  aquas  refrenat)  agminibus  (Georg.  I,  322:  agmen  aquarum) 
exhibentia;  videbit  in  quibusdam  fidem  cum  igne  luctantem  (Aen. 
\ll,  28:  luctantur  tonsae,  I,  53:  luctantes  venti),  religione  superatas 
feras    („fera"  ist   vergilisch)  et  in  mansuetudiuem  conversas  etc." 


k 


4.    Zeit,  Ort  und  Verfasser  der  Schrift.  41 

De  Dono  pud.  10:  flos  aetatis  (Aen.  VII,  162:  flos  iuventutis). 

De  bono  pud.  10:  naturae  flammas  accendat  et  in  raedullis 
versata  caeca  incendia  (Aen.  IV,  209:  caeci  ignes;  IV,  66:  est 
mollis  flamma  medullas  iuterea). 

De  bono   pud.  10:    concordia  mariti  dotata  (Aen.  VII,  318). 

De  bono  pud.  12:  mens  attonita  (Aen.  VII,  580 :  attonita  nemora). 

De  bono  pud.  12:  ruinae  conlapsi  generis  resarcinuntur  (Georg. 
IV,  249:  generis  lapsi  sarcire  ruinas). 

De  bono  pud.  12:  deformis  atque  deiectus  peccati  pudor 
(Georg.  IV,  478;  Aen.  III.  320;  VI,  862;  XI,  480). 

Ausser  dem  oben  ausgeschriebenen  Eingang  der  Schrift  de 
trinitate  s.  noch  p.  7:  soluta  (ausgelassene)  libertas  =  Georg. 
II,  386:  risus  solutus;  p.  18:  tantae  molis  =  Aen.  I,  33:  tantae 
molis  erat;  p.  23:  oculorum  acies  hebescit  =  Aen.  II,  605:  mor- 
talis  hebetat  visus,  Aen.  VI,  200:  acie  oculi;  p.  25:  causas  nexas 
=  Aen.  IX,  219:  causas  nectis;  etc.  etc. 

De  cibis  ludaicis  p.  257:  evaugelium  excretum  ab  omni  labe, 
cf.  Aen.  VI,  746:  concretam  labem;  p.  260:  mollior  cibus,  cf. 
Eclog.  I,  81:  castaneae  molles;  p.  263:  iustitia,  ignium  more,  .  .  . 
sopita,  cf.  Aen.  V,  743:  ignis  sopitus,  VIII,  542:  sopitae  ignibus 
arae;  p.  270:  lucifugas  veritatis,  cf.  Georg.  IV,  243:  lucifugis 
blattis;  p.  272:  effusis  habenis,  cf.  Aen.  V,  818:  manibusque 
omnis  effundit  habenas;  p.  272:  luxuria  exedens  Patrimonium,  cf. 
Aen.  V,  725:  urbem  exedisse. 

Aus  der  Schrift  Quod  idola  hebe  ich  die  vergilsche  Stelle 
c.  8  hervor:  „vex  unus  est  apibus,  et  dux  unus  in  gregibus  et  in 
armentis  rector  unus". 

Ep.  30,  1:  geminata  laus,  cf.  Georg.  II,  509:  plausus  geminatus. 

Ep.  30,  2:  tempestates  negotiorum,  cf.  Aen.  VII,  223  (tem- 
pestas  vom  Kriegssturm). 

Ep.  30,  2:  navem  inlidat  in  scopulos,  cf.  Georg.  III,  261: 
scopulis  inlisa. 

Ep.  30, 2:  laudum  et  gloriae  degenerem,  cf.  Aen.  II,  549;  IV,  13. 

Ep.  30,  3  (5)  (6):  fratrum  ruinae,  auch  Vergil  braucht  „ruina" 
von  Kämpfenden  (Aen.  XI,  613.  888). 

Ep.  30,  5:  caeca  temeritate  .  .  .  incauti,  cf.  Aen.  XI,  781: 
caeca  sequebatiir  totumque  incauta  per  agmen. 

Ep.  30,  6:  resumant  precum  suarum  tubam,  sed  qua  non 
bellicum  clangant,  cf.  was  oben  zu  de  spect.  7  bemerkt  ist. 


42  Harnack,  Eine  bisher  nicht  erkannte  Schrift  Novatian's. 

Ep.  30,  7:  pectoris  .  .  .  letalem  plagam  et  sinuosi  vulneris 
altos  recessus:  das  ist  ganz  vergilisch,  sowohl  „pectus"'  als  „letalis'^ 
als  „plaga"  als  der  letzte  xlusdruck,  s.  Georg.  I,  244:  flexu  sinuoso^ 
Aen.  XI^  753:   sinuosa  volumina,  YIII,  193:  vasto  recessu. 

Ep.  30,  7:  paravit  caelum,  sed  paravit  et  tartarum,  cf.  Vergil 
siib  „tartarus". 

Ep.  30,  7:  noctis  vasta  caligo,  cf.  Aen.  II,  7S0;  VI,  237; 
VIII,  193;  V,  S21:  vasto  aethere. 

Ep.  30,  8:  ardor  persecutionis,  cf.  Aen.  IV,  581. 

Ep.  36,  1:  gemino  dolore  et  duplici  maerore,  cf.  Aen.  IV,  470: 
videt  solem  geminum  et  duplices  se  ostendere  Thebas. 

Ep.  36,  1:  inmatnro  atque  acerbo  tempore  (unzeitig),  cf.  Aen. 
VI,  429:  XI,  28:  acerbum  funus  (unzeitiges  Grab),  Aen.  XI,  166: 
inmatura  mors. 

Ep.  36,  2:  fracta  iam  et  iacens  maiestas,  cf.  Georg.  IV,  240: 
res  (Macht)  fractae,  Aen.  VII,  297:  numina  fessa  iacent. 

3)  Dem  Novatian  wird  auch  eine  philosophische  Schulung 
theils  nachgerühmt,  theils  vorgeworfen  (Cornelius,  Cyprian);  von 
dieser  legen  die  strenge  Disposition  und  die  dialektischen  Aus- 
führungen in  seinen  Schriften  Zeugniss  ab.  Auch  die  Schrift 
de  laude  martyrii  ist  streng  disponirt,  wenn  auch  mehr  formell 
als  stofflich. 

4)  Der  hervorstechendste  Zug  an  Novatian's  Christenthum  ist 
der  „vigor  evangelicus"',  die  ..fides  robusta",  der  Ernst,  mit  dem 
er  auf  die  evangelische  Vollkommenheit  und  die  imitatio  Christi 
hält,  und  die  unerschütterliche  Überzeugung,  dass  sich  in  dem 
„Bekennen  Christi  auf  Erden  vor  den  Menschen"  das  Gesetz 
Christi  zusammenfasst  und  dass  an  dieses  Bekennen  die  „salus 
legitima"  gebunden  ist.  Höhnend  hat  ihn  deshalb  Cornelius  im 
Brief  an  Fabius  (Euseb.  h.  e.  VI,  43,  8)  öoyfiaTLOT9]c,  rija  kxy.h}- 
OiaOTcySjg  £jtiöT7j/^?]g  vjtEQaöJiLOrj'iq,  £xöi7C7]Trig  vov  evayysXtov 
genannt,  ähnlich  hat  Cyprian  geschrieben  („durus  saecularis 
philosophiae  pravitate";  ep.  44,  3:  „se  adsertores  evangelii  et 
Christi  esse  confitentur",  cf.  ep.  46,  2),  und  Sixtus  (ad  Novat. 
9 — 12)  hat  ihm  Härte  u.  s.  w.  vorgeworfen.  Das  Alles"  ist  in 
der  Schrift  de  laude  mart.  vorbereitet.  Hier  spricht  ein 
Mann,  der  Alles  im  Christenthum  auf  die  Karte  des  oifenen  Be- 
kenntnisses vor  der  Welt  setzt,  so  dass  man  es  vollkommen  ver- 


4.    Zeit,  Ort  und  Verfasser  der  Schrift.  43 

steht,    wie   er  die  Entwicklung  nehmen  musste,    wie  wir  sie  bei 
Novatian  finden.     Aber  noch  mehr: 

5)  Sixtus  sagt  uns  ausdrücklich^  dass  Matth.  10,  32  f.  (Luc. 
12,  8  f.)  der  Hauptspruch  Novatian's  gewesen  sei,  als  gebe  es  in 
der  ganzen  h.  Schrift  keinen  anderen  —  c.  12:  „desine  unius 
capituli  praescriptione  terrere"  — ,  Novatian  selbst  hat  im  30.  Brief 
c.  7  diesen  Spruch  angeführt.  In  der  Schrift  de  laude  aber 
ist  er  c.  11  auch  citirt  und  zwar  genau  in  derselben 
singulären  Form,  wie  sie  nur  Novatian  bietet  („corani 
patre  meo  et  coram  angelis  eins").  Dies  ist  ein  schlagender  Be- 
weis der  Identität  der  Verfasser.  Aber  auch  die  anderen  evan- 
gelischen Citate  in  unserer  Schrift  sind  der  Stelle  Matth.  10,  32  f. 
innerlich  verwandt.  Dem  Novatian  ist  von  Sixtus  (ad  Novat.  2) 
vorgeworfen  worden,  dass  sein  Schriftgebrauch  an  Interpolation 
streife.  Bereits  in  unserer  Schrift  finden  wir  merkwürdige  Zu- 
sätze zu  einzelnen  SchriftsteUen,  um  sie  eindringlicher  zu  machen. 
So  das  „in  terris"  Matth.  10,  32  (Luc.  12,  8),  so  die  eigenthüm- 
liche  Ausprägung  von  I.  Cor.  9,  24  (s.  o.  S.  23). 

6)  Novatian  ist,  weil  er  selbst  etwas  zu  sagen  hatte,  kein 
Schriftsteller  gewesen,  der  mit  Bibelstellen  um  sich  geworfen  hat. 
Das  zeigen  seine  Briete  und  die  Tractate  de  spectac,  de  bonopud. 
Auch  in  de  trinit.  und  de  cibis  ludaicis  führt  er  nur  solche  an, 
die  er  wirklich  nöthig  hat  (wie  anders  Sixtus!).  Der  Verf.  der 
Predigt  de  laude  macht  ebenfalls  von  der  h.  Schrift  einen  sehr 
knappen  Gebrauch.  In  Bezug  auf  den  Umfang  der  Bibel  dort 
und  hier  lassen  sich  Unterschiede  nicht  bemerken. 

7)  Nach  Sixtus  (ad  Novat.  1)  hat  Novatian  „von  sich  und 
den  Seinen,  die  er  sammelt,  gesagt,  sie  seien  (geläutertes)  Gold";  der 
Verf  von  de  laude  schreibt:  „auro,  ut  deus  dixit,  similes  esse 
debemus". 

8)  Kenntniss  des  Irenaus  ist  ebenso  bei  Novatian  (in  den 
Schriften  De  trinitate  und  Quod  idola)  nachzuweisen  wie  in  der 
Schrift  De  laude. 

9)  In  dem  berüchtigten  Brief  des  Cornelius  über  Novatian 
an  Fabius  (Euseb.,  h.  e.  VI,  43)  steht  Folgendes:  „Aus  Feigheit 
und  Liebe  zum  Leben  hat  Novatian  zur  Zeit  der  Verfolgung  ge- 
leugnet, dass  er  ein  Priester  sei.  Er  wurde  nämlich  damals  von 
den  Diaconen  dringend  gebeten  und  aufgefordert,  er  möge  doch 
das  Gemach,    worin   er  sich  eingeschlossen  hatte,    verlassen  und 


44  Harnack,  Eine  bisher  nicht  erkannte  Schrift  Novatian's. 

den  Brüdern  beistehen,  soweit  es  für  einen  Priester  Pfliclit  und 
möglich  sei,  den  in  Gefahr  befindlichen  Brüdern  zu  Hilfe  zu 
kommen.  Allein  statt  der  Aufforderung  der  Diaconen  zu  folgen, 
ging  er  vielmehr  unwillig  fort  und  machte  sich  davon  mit  den 
Worten,  er  wolle  nicht  weiter  Priester  sein;  denn  er  sei  Anhänger 
■einer  anderen  Philosophie.''  Eusebius  lässt  einige  Sätze  aus  und 
fährt  dann  in  den  Worten  des  Cornelius  also  fort:  „Dieser  herr- 
liche Mann  verliess  {ycaTahjccov)  die  Kirche  Gottes,  in  welcher 
er,  gläubig  geworden,  durch  die  Güte  des  Bischofs  des  Presbyter- 
amts gewürdigt  worden  war,  da  ihm  dieser  zur  Ertheilung  der 
Priesterweihe  die  Hand  auflegte.  Zwar  suchten  der  ganze  Klerus 
und  auch  viele  Laien  den  Bischof  davon  abzuhalten;  denn  es  war 
nicht  gestattet,  dass  einer,  'der,  wie  eben  dieser,  im  Bette  wegen 
Krankheit  durch  Besprengung  getauft  worden  war,  in  den  Klerus 
eintrete.  Allein  der  Bischof  bat,  nur  diesem  allein  die  Priester- 
weihe ertheilen  zu  dürfen." 

Unbedenklich  dürfen  wir  aus  diesen  Mittheilungen  als  sicher 
annehmen:  1)  Novatian  stand  sich  gut  mit  dem  römischen 
Bischof  Fabian  —  dieser  ist  doch  wohl  gemeint  —  und  ist  von 
ihm  zum  Presbyter  geweiht  worden.^)  2)  Mit  dieser  Weihe  war 
bereits  ein  grosser  Theil  des  römischen  Klerus  unzufrieden  (warum, 
wissen  wir  nicht;  der  Grund,  den  Cornelius  angiebt,  ist  schwer- 
lich der  einzige  und  der  durchschlagende  gewesen);  Fabius  setzte 
sie  aber  um  der  hervorragenden  Eigenschaften  Novatian's  willen 
durch.  3)  Beim  Beginn  der  decianischen  Verfolgung  ist  in  Bezug 
auf  Kovatian  etwas  vorgefallen,  was  von  der  Verleumdung  so 
ausgebeutet  werden  konnte,  als  habe  sich  Novatian  feige  zurück- 
gezogen.  Dass  es  sich  um  eine  Verleumdung  handelt,  folgt 
a)  aus  der  Unklarheit  des  Berichts  des  Cornelius  (was  heisst: 
er  sei  iVnhänger  einer  anderen  Philosophie?  was  hat  es  mit  dem 
„Gemach"  für  eine  Bewandtniss?  wie  kann  in  einem  Athem  er- 
zählt werden,  er  habe  sich  eingeschlossen  und  er  sei  fort- 
gegangen?), b)  aus  der  Stellung,  die  Novatian  wenige  Monate 
später  als  Leitender  im  Presbytercolleginm  in  Rom  erhalten  hat, 
c)  aus  seinem  Brief  (ep.  30),  dessen  Haltung  schlechthin  uner- 
klärbar   wäre,   wenn   nur   ein  Schatten    von   Feigheit  und  Mar- 


1)  Dass  er  sich  gut  mit  ihm  gestanden  hat.    folgt  auch  aus  seinem 
eigenen  Brief,  ep.  30,  5:  ,,post  excessum  nobilissimae  uiemoriae  viri  Fabiani"'. 


4.    Zeit,  Ort  und  Verfasser  der  Schrift.  45 

tyriumsscheu  Novatian's  Haltung  je  getrübt  hätte,  d)  aus  der  That- 
sache,  dass  ausser  Cornelius  keiner  seiner  erbitterten  Gegner, 
weder  Cyprian^  noch  Sixtus,  noch  spätere  Bestreiter  ihm  je  Feig- 
heit vorgeworfen  haben.  Ja  Cornelius  selbst  kann  Cyprian  gegen- 
über niemals  diesen  Vorwurf  gegen  Novatian  erhoben  haben; 
nur  in  das  ferne  Antiochien  hat  er  ihn  getragen,  wo  Niemand 
ihn  so  leicht  zu  controliren  vermochte.  Ist  es  demnach  gewiss, 
dass  Novatian  von  jeder  Feigheit  und  Martyriumsscheu  freizu- 
sprechen ist,  so  niuss  doch  wohl  etwas  Peinliches  vorgefallen 
sein.  Andere  Mitglieder  des  römischen  Presbytercollegiums,  wie 
Moses  und  Maximus,  sind  gefänglich  eingezogen  worden,  der 
Bischof  ist  hingerichtet  worden  —  wie  ist  es  gekommen,  dass  No- 
vatian frei  blieb?  Hatte  er,  wie  unzweifelhaft,  wirklich  ein  gutes 
Gewissen,  so  bleibt  nichts  übrig  als  anzunehmen,  dass  er  gegen 
seinen  Willen  übergangen  worden  ist,  und  ist  eine  Ver- 
muthung  auf  Grund  des  verleumderischen  Berichts  des  Cornelius 
gestattet,  so  ist  er  als  „Philosoph"  übergangen  worden. 
Nicht  er  hat  „die  andere  Philosophie"  vorgeschützt,  sondern  die 
Obrigkeit  hat  den  Philosophen  geschützt.  Diese  Auslegung  em- 
pfängt eine  überraschende  Stütze  durch  den  Schluss  der  Predigt 
de  laude  martyrii.  In  einem  schmerzlichen  Satze  klingt  sie  aus: 
„utinam  perabiecto  aliquando  istud  [der  Zug  der  trium- 
phirenden  Märtyrer  im  Himmel]  mihi  videre  contingat;  sed  hoc 
dominus  poterit  efficere  quod  vobis  petentibus  creditur  non  ne- 
gare".  Schmerzlich  lautet  der  Satz,  aber  er  ist  gewiss  kein  Aus- 
fluss  eines  befleckten  Gewissens;  wie  hätte  er  auch  sonst  so  über 
das  Martyrium  schreiben  können,  wie  er  geschrieben  hat!  Ein- 
mal, als  die  Gelegenheit  da  war^)  (nämlich  jüngst),  da  ist  er 
verworfen  worden:  man  hat  ihn  nicht  genommen.  Wie  ein 
ganz  und  gar  Verworfener  empfindet  er  sich;  aber  er  hofft,  dass 
ihm  das  noch  zu  Theil  werden  werde,  was  er  ohne  seine  Schuld 
jetzt  entbehren  muss.  Das  ist  der  Commentar  zu  der  Verleum- 
dung des  Cornelius,  die  sich  freilich  im  Einzelnen  schlechter- 
dings nicht  mehr  aufhellen  lässt.  Dass  die  Obrigkeit  den  No- 
vatian nicht  ergriffen  hat,  folgt  auch  aus  seinem  Bericht.  Mit 
einem  Theil    des  Klerus  war  Novatian    schon    von    seiner  Wahl 


1)  Der  Gebrauch  von  aliquando    in   diesem  Sinn  ist  klassisch.     Viel- 
leicht aber  bezieht  man  es  doch  richtiger  auf  „videre  contingat". 


46  Harnack,  Eine  bisher  nicht  erkannte  Schrift  Novatian's. 

her  zerfallen.  Dass  dieses  Zerwürfniss  ihn  vorübers^eliend  den 
veranlasst  hat,  sein  Presbyteramt  niederzulegen  oder  auf  die  Aus- 
übung desselben  zu  verzichten,  ist  wohl  möglich.  Jedenfalls  hat 
er  es  bald  wieder  aufgenommen  und,  gestützt  auf  einige  hervor- 
ragende Confessoren,  die  er  angeblich  vernachlässigt  haben  soll, 
sofort  die  führende  Stellung  im  römischen  Klerus  in  der  Zeit 
der  Sedisvacanz  erlangt.  In  der  Zwischenzeit  ist  er  den  Ge- 
fangenen nahe  gekommen  so  wie  er  es  vermochte,  nämlich  occulta 
via  tacitarum  litterarum  —  durch  die  Predigt  de  laude  martyrii. 
Von  hier  aus  begreift  man  es  leicht,  wie  der  sonst  so  strenge 
Mann  die  Situation,  in  der  sich  Cyprian  während  der  Verfolgung 
seiner  Gemeinde  gegenüber  befand,  freundlich  beurtheilt  hat. 
„Maximas  tibi",  schreibt  er  ihm,  „adque  uberes  gratias  referre 
debemus  et  reddimus  quod  illorum  carceris  tenebras  litteris  tuis 
inluminasti,  quod  ad  illos  venisti  quomodo  introire  po- 
tuisti,  quod  illorum  animos  sua  fide  et  confessione  robustos 
tuis  adlocutionibus  litterisque  recreasti,  quod  felicitates  eorum 
condignis  laudibus  prosecutus  accendisti  ad  multo  ardentiorem 
caelestis  gloriae  cupiditatem,  quod  pronos  inpulisti,  quod  ut  cre- 
dimus  et  optamus  victores  futuros  viribus  tui  sermonis  ani- 
masti:  ut  quanquam  hoc  totum  de  fide  confidentium  et  de  divina 
indulgentia  venire  videatur,  tamen  in  martyrio  suo  tibi  ex  aliquo 
debitores  facti  esse  videantur"  (ep.  30,  5).  Es  war  sein  eigener 
Fall;  sie  beide  hatten  nur  durch  Schriften  wirken  können  —  nur 
lag  die  Sache  für  ihn  günstiger  wie  für  Cyprian:  Cyprian  hatte 
sich  absichtlich  vor  der  Verfolgung  zurückgezogen  und  damit 
die  Grenze  des  kirchlich  Zulässigen  gestreift,  Novatian  war  wahr- 
scheinlich vom  Richter  übergangen  worden. 

5.    Ergebnisse. 

Sind  unsere  Nachweise,  dass  Novatian  der  Verfasser  der 
Predigt  de  laude  martyrii  ist,  überzeugend  —  und  ich  sehe  nicht, 
dass  es  ihnen  an  Stringenz  gebricht  — ,  so  ergeben  sich  aus  ihnen 
wichtige  geschichtliche  Erkenntnisse.  Bisher  kannten  wir  No- 
vatian nur  aus  seinen  Briefen  in  der  Zeit  der  Sedisvacanz  und 
aus  den  beiden  Tractaten  de  trinitate  und  de  eibis  ludaicis,  von 
denen  der  letztere  bestimmt  der  Zeit  nach  dem  Ausbruch  des 
Schismas  angehört.  Nun  ist  nicht  nur  die  Gegenschrift  des 
Papstes   Sixtus  II.    gegen    ihn    hinzugekommen    und  die  beiden 


5.    Ergebnisse.  47 

Tractate  de  bono  pudic.  und  de  spectac.  (die  auch  nach  dem 
Schisma  geschrieben  sind),  sondern  auch  ausser  der  kleinen 
Schrift  „Quod  idola''  die  umfangreiche  Predigt  de  laude  martyrii, 
aus  der  wir  nicht  nur  seine  Haltung  am  Anfang  der  decia- 
nischen  Verfolgung  (noch  vor  den  epp.  30  u,  36)  kennen  lernen, 
sondern  die  uns  überhaupt  in  den  Stand  setzt,  seine  religiöse 
und  schriftstellerische  Eigenart  zu  beurtheilen.  Ausserdem  haben 
wir  die  überraschende  und  für  die  lateinisch-christliche  Litteratur- 
geschichte  wichtige  Thatsache  zu  verzeichnen,  dass  einer  der 
ältesten  christlichen  Schriftsteller  in  Rom  in  Yergil's  Werken 
lebte  und  die  Beredsamkeit  und  Poesie  Vergil's  in  den  Dienst 
der  Kirche  gestellt  hat.  Mit  Novatian  beginnt,  wie  wir  nun 
wissen,  der  Einfluss  Vergil's  auf  die  kirchliche  Litteratur,  nicht 
erst  mit  den  Versen,  die  Constantin  in  seiner  Rede  ad  s.  coetum 
aus  Eclog.  IV  angeführt  hat  (s.  meine  Lit.-Gesch.  1  S.  879  £). ^) 
Weiter  aber  erklärt  die  Schrift  Novatian's  de  laude  martyrii  auch, 
wie  ein  Theil  der  Presbyter- Confessoren  so  lange  fest  an  ihm 
hielt,  ja  vielleicht  hat  er  es  eben  dieser  „Ansprache"  zu  ver- 
danken gehabt,  dass  er  wenige  Wochen  darauf  der  Führer  im 
Presbytercollegium  in  der  Zeit  der  Sedisvacanz  geworden  ist. 
Die  neidischen  und  höhnischen  Bemerkungen  seiner  Gegner  über 
seine  anmassliche  Eloquenz,  seine  „harte  Philosophie",  seine 
„evangelische  Ritterschaft"  finden  an  der  Schrift  de  laude  ihre 
volle  Erklärung.  Evangelischer  Ernst  und  Vergil's  Aeneis  und 
Georgica  —  wie  verträgt  sich  das?  Nun  Vergil's  Bücher  gal- 
ten nicht  als  ünterhaltungsbücher  im  gewöhnlichen  Sinn;  er 
war  der  lateinische  Homer;  erhabene  Gedanken,  lebendige  An- 
schauung und  stolze  Sprache  lernte  man  von  ihm,  aber  auch 
Himmel  und  Hölle  lernte  man  durch  ihn  kennen.  Wie  ernst- 
haft muss  schon  Novatian  den  Vergil  beurtheilt  haben,  wenn  er, 
der  Christ,  seine  Schilderung  der  Gehenna  und  des  Himmels  zum 
grössten  Theil  ihm,  dem  Heiden,  entnahm!  Novatian  steht  am 
Anfang  der  kirchlichen  lateinischen  Litteratur  in  Italien,  Dante 
beschliesst   sie:    beide   sind   Schüler   Vergil's,    und   beide   lassen 


1)  Auf  die  Abhängigkeit  der  Schriften  Novatian's  von  Ovid  habe  ich 
meine  Untersuchung  nicht  gerichtet;  einige  Stellen  haben  mir  aber  gezeigt 
(s.  auch  Demmler's  Nachweise),  dass  auch  Ovid  benutzt  ist  —  mir  scheint 
aber  nur  secundär.  Dass  Seneca  in  De  cibis  benutzt  ist,  hat  Weyman 
(Philologus  1893  S.  728  f.)  gezeigt. 


4S  Harnack,  Eine  bisher  nicht  erkannte  Schrift  Novatian's. 

sich  von  ihm  über  Himmel  und  Hülle  belehren,  beide  verbinden 
die  heilige  Schrift  und  die  Schilderungen  des  Poeten  I  Wahrlich, 
wenig  zahlreich  sind  die  Hände  gewesen,  aus  denen  die  Mensch- 
heit dauernde  Güter  empfangen  hat!  Mehr  als  ein  Jahrtausend 
liegt  zwischen  Novatian  und  Dante,  und  noch  immer  ist  es  die 
h.  Schrift  und  Vergil!  Doch  dazwischen  ist  der  christliche  Kaiser, 
ist  Augustin,  ist  Franciskus  eingetreten;  ohne  sie  w^äre  Dante 
nicht  Dante. 

Jetzt  ist  es  angezeigt,  Novatian  in  einer  Monographie  dar- 
zustellen, seine  Schriften  neu  herauszugeben,  ihre  Eigenthümlich- 
keiten  zusammenzustellen  und  aus  ihnen  und  den  ältesten  Gegen- 
schriften des  Cyprian,  Cornelius,  Sixtus,  Dionysius  Alex.  usw. 
den  persönlichen  und  schriftstellerischen  Charakter  des  bedeuten- 
den Mannes,  sowie  seine  Kirchenpolitik  zu  entwickeln.  Bisher 
kannten  wir  ihn  nur  zur  Hälfte  und  unsicher;  jetzt  kann  wirk- 
lich ein  Charakterbild  und  eine  Geschichte  entworfen  werden. 
Allein  bevor  das  geschieht,  ist  noch  eine  versteckte  Schrift  zu 
untersuchen,  die,  wenn  nicht  Alles  trügt,  ebenfalls  der  Mitte  des 
3.  Jahrhunderts  angehört  und  noch  einige  neue  Aufschlüsse  über 
Novatian  verspricht. 

Excurs  I. 

Citate  aus  der  römischen  Bibel  in  der  Zeit  250  bis  c.  260 
p.  Chr.    nach   Novatian,    Römischen  Briefen,   Cornelius, 
Stephanus  Sixtus   H.  und  Dionysius  Rom.\) 
Anspielungen    auf  verschiedene  Erzählungen  in  I  — V   Mos. 
Spect.  10. 

Gen.  1,  3  etc.  Trin.  127.  Gen.  1,  26.  28  Trin.  6.  128.  197. 

„     1,  6  Trin.  55.  „     1,  27  Trin.  5.  128.  175.  197. 

„     1,  14  Trin.  2.  „     1,  29  Cib.  259.  260. 


1)  Für  diese  Sammlung  sind  benutzt:  1)  Novatian  de  trinitate,  2)  der- 
selbe, de  cibis  ludaicis  (beides  nach  den  Seiten  der  Ausgabe  von  Jack- 
son, London  1728),  3)  ders.,  de  laude  mart.,  4)  ders.,  de  bono  pudic, 
5)  ders.,  de  spectaculis,  G)  ders.,  quod  idola,  7)  ders.,  ep.  30  in  Cypr.  epp., 
8)  ders.,  ep.  86  in  Cypr.,  epp.,  9—14)  die  römischen  Briefe  in  Cypr.,  epp.  8. 
21.  81.  49.  50.  53  (die  Stücke  3—14  sind  nach  HartePs  Ausgabe  citirt  und 
nach  Capiteln),  15)  der  Brief  des  Cornelius  an  Fabius  bei  Euseb.,  h.  e. 
VI;  48,  16)  ein  Stück  aus  einem  verlornen  Brief  des  Stephanus  bei  Cyprian 


Excurs  1. 


49 


Gen.  1,  31  Trin.  32  Gib.  262. 
„     2,  7  Trin.  6. 
„     2,  9  Trin.  52. 
„     2,  16.  17  Trin.  7. 
„     3,  4.  5  Trin.  11. 
„     3,  17  Trin.  12. 
„     5,  24  Trin.  52. 
„     6.  8  Sixt.  54. 
„     6,  5—7  Sixt.  56. 
„     7,  2  Gib.  262. 
„     8,  21  Trin.  43. 
„     9,  3  Gib.  260. 
11.  7  Trin.  132  f. 
7  Trin.  135. 

7  etc.  Trin.  139  etc. 

8  Trin.  59. 

I  Trin.  143. 
24  Trin.  145.  197. 
17  Trin.  147. 
18.  19  Trin.  147. 
Land.  18. 
12  Trin.  52. 
11.12.13  Trin.  149. 150. 

24  Trin.  59.  152. 
26—31  Trin.  152. 

156. 

25  Trin.  152. 
7  Pud.  8. 
14—16  Trin.  157. 
10  Trin.  59. 

II  Trin.  171. 
9.  10  Trin.  52. 


12 
16 
17 
18 
19 
21 
21 
22 
22 
31 
32 
32 

32 

39 
48 
49 
49 


Exod.  3 


153. 


Exod.  3,  14  Trin.  35. 

„      4,  13  Trin.  61. 

„      7,  1  Trin.  163. 

„      9,  28  Sixt.  62. 

„      11,  2  Sixt.  53. 

„      12,  35  Sixt.  53. 

„      31,  18  Trin.  43. 

„      32  Sixt.  53. 

„      33,  20  Trin.  135. 
Levit.  11,3.  4.9.10.13  Gib.  261. 

„      11,  4.  7  Gib.  268. 

„      11,6.  15.16.18.19.29.30. 
Gib.  269  f. 

„      20,  10  Pud.  6. 
Num.  5,  2  Sixt.  55. 

„      11,  5.  6  Gib.  272. 
Deut.  1,  17  Sixt.  67. 

„     4,  24  Trin.  49. 

„     4,  39  Trin.  26. 

„     5,  15  Trin.  43. 

„     6,  4  Trin.  233. 

„     8,  3  Gib.  275. 

„     16,  19  Sixt.  67. 

„     18,  5  Trin.  61. 

„     28,  66  Trin.  62. 

„     29,  5  Trin.  54. 

„     32,  6  Dion.  p.  376. 

„     32,  8  Trin.  133. 

„     32,  35  Sixt.  58. 
I  Sam.  2,  3.  8  Sixt.  62. 

„       18  Sixt.  64. 
I  Reg.  8,  39  Trin.  97. 


(ep.  75  Firmiliani  c.  25),  17)  die  Schrift  Sixtus  IL  ad  Novatianum  (eben- 
falls nach  Hartel's  Ausgabe  und  zwar  nach  den  Seiten,  18)  Reliquiae 
Dionysii  Romani  bei  Routh,  Rel.  Sacr.  2.  Aufl.*  III  p.  373  sq.  Trin.  =  de 
trinitate;  Gib.  =  de  cibis  lud.;  Land.  =  de  laude  mart.;  Pud.  =  de  bono 
pudic;  Spect.  -=  de  spectaculis;  Idol.  =  Quod  idola  dii  non  sint;  die  8 
Briefe  nach  den  Nrr.  ^  ep.  8.  21  etc.;  Steph.  =  Stephanus;  Sixt.  =  Sixtus 
ad  Novat. ;  Corn.  =  Cornelius;  Dion.  =^  Dionysius  Romanus. 
Texte  u.  üntersucliungen  XIII,  4.  8 


50  Harnack,  Eine  bisher  nicht  erkannte  Schrift  Novatian's. 

II  Reg.  2  Spect.  2.  Jesaj.  3,  27  Irin.  46. 

„       19,  16  Trin.  43.  „  6,  10  Land.  5. 

I  Paral.  15,  28.  29  Spect.  2.  ,,  7,  14  Trin.  63.  86.  87. 

Ps.  2,  7  TriD.  197.  198.  „  8,  3  Trin.  211. 

„   2,  8  Trin.  66.  198.  „  9,  6  Trin.  142.  148  etc. 

„   9,  7.  11  Sixt.  63.  „  11,  1  Trin.  63. 

„    19,  5.  6  Trin.  96.  „  11,  2.  3  Trin.  221. 

„   20,  5  ep.  21,  3.  „  11,  10  Trin.  65.  66. 

„   22,  17.  18  Trin.  212.  „  30,  1  Sixt.  54. 

„   32,  1  Land.  30.  „  35,  3.  4  Trin.  87.  88. 

„   34,  16  Trin.  43.  „  35,  5.  6  Trin;  63.  88. 

„    34,  22  Sixt.  66.  „  37,  20  Trin.  229. 

„   45,  1  Trin.  93.  94.  111.  126.  „  40.  12  Trin.  27.  229. 

128.  „  40,  22  Trin.  27 

„   45,  8  Trin.  222.  „  42,  2.  3  Trin.  64. 

„   51,  6  Sixt.  66.  „  42,  8  Trin.  28. 

„   68,  18  Trin.  57.  „  42,  19  Sixt.  54. 

„   69,  22  Trin.  212.  „  43,  25.  26  Sixt.  68. 

„    72,  1  Trin.  66.  „  44,  6.  7  Trin.  229. 

„    82,  1.  2  Trin.  162.  „  45.  1  Trin.  198. 

„   82,  7  Trin.  163.  „  45,  7  Trin.  30. 

„   89,  31—34  Sixt  59.  „  45,  21  Trin.  28.  229. 

„   91,  13  Sixt.  57.  „  48,  11  Trin.  28. 

„    99,  1  Trin.  55.  „  53.  2.  3.  5.  Trin.  65. 

„    104,  24  Trin.  26.  „  53,  7  Trin.  64.  212. 

„    104,  32  Trin.  27.  „  55,  3—5  Trin.  64. 

„    110,  1  Trin.  66.  198.  201.  „  57,  16—19  Sixt.  60. 

„    110,  3  Dion.  p.  376.  „  61,  1  Trin.  222. 

„    115,  5.  6  Land.  5.  „  65,  2  Trin.  65.  212. 

„    119,  176  Sixt.  65.  ..  66.  1.  2  Trin.  29.  43. 

„    139,  8—10  Trin.  43.  44.  Jerem.  Kl.  24  Sixt.  60. 

Prov.  8,  22  Dion.  p.  376.  „       17,  5  Trin.  104.  118. 

„      8,  26  Dion.  p.  376.  Ezech.  1,  18.  22  Trin.  56.  55. 

Sap.  Sal.  3,  4.  5  Land.  16.  „       10,  12  Trin.  56. 

„       ,.     3,  7.  8  Land.  11.  „       18,  4  Sixt.  67. 

Sirach  2,  1.  2  Land.  14.  „       18,  21  Sixt.  64. 

„      2,  4.  5  Land.  16.  „       18,  30  Sixt.  59. 

„      2,  10—12  Sixt  69.  .,       18,  30—31  Sixt.  68. 

Jesaj.  1,  20  Trin.  43.  „       33,  10.  11  Sixt.  60. 


Excurs  I. 


51 


Ezech.  33,  11  Sixt.  68. 

„       33,  12  Sixt.  63. 

„       34,3.4.10.11.16  Sixt.  65. 

„       34,  3.  4  ep.  8,  1. 

„       36,  18—23  Sixt.  59. 

„       44,  10.  13  Sixt.  54 
Daniel  3,  27  Trin.  54. 

„       6  Spect.  10  Laud.  12. 

„       7,  9.  10  Sixt.  67. 
Zusätze  Z.Daniel  Spect.  10  Pud. 

9  Laud.  12. 
Hosea  1,  7  Trin.  85. 

„      6,  3  Trin.  66. 
Joel  2,  12.  13  Sixt.  59. 

„    2,  28  Trin.  218. 
Arnos  4,  11  Trin.  145. 
Jona  3  Sixt.  62. 
Micha  8,  8.  10  Sixt.  62. 
Habac.  3,  3  Trin.  89.  90. 
Zephan.  3,  1.  2  Sixt.  57. 
Sachar.  7,  6  Gib.  275. 

„  9,  16  Sixt.  64. 
Malach.  3,  6  Trin.  34. 
(Henoch         Sixt.  67,    s.    unter 

Judasbrief). 
Matth.  1,  23  Trin.   186. 

„      3,  10  Laud.  27. 

„      3,  12  Sixt.  54. 

„      3,  16  Trin.  221. 

„      5,  3.  6  Gib.  277. 

„      5,  8  Trin.  215  Cornel.  ep. 
49,  2. 

„      5,  10—12  ep.  31,  4. 

„      5,  26  Laud.  13. 

„      5,  32  Pud.  6. 

„      7,  2  Sixt.  63. 
„      7,  3  Sixt.  52. 

„      7,  13  Sixt.  55. 

„      7,  15  Sixt.  64. 


Matth.  7,  22.  23  Sixt.  58. 

„      7,  26.  27  Sixt.  56. 

„      9,  4  Trin.  97. 

„      10,  18.  21.  22  ep.  31,  4. 

„      10,28  Sixt.67  Trin.  194. 

„      10,  29.  30  Trin.  53.  54. 

„      10,  32  Laud.  11. 

„      10,  33   Trin.  104  f.   Sixt. 
58.  61  ep.  30,  7. 

„      10,  37.  38  ep.  31,4. 

„      10,  39  Laud.  28. 

„      11,  21  Sixt.  63. 

„      12,  32  Trin.  225 

„      13,  14  Sixt.  54. 

„      16,  16.  17  Trin.  200  f. 

„      16,  26  Laud.  17. 

„      18,  32  ep.  30,  7. 

„      19,  5  Pud.  5. 

„      19,  16  Trin.  234. 

„      19,  17  Trin.  230.  233. 

„      19,  29  Laud.  17. 

„      22,  43.  44  Trin.  83. 

„      23,  8.  10  Trin.  233. 

„      23,  12   [Lc.  18,  14]   Sixt. 
62.  68. 

„      24,  19  Sixt.  68. 

„      24,  24  Steph. 

„      26,  14  c.  parall.  Sixt.  64. 

„      26,  75  Sixt.  59. 

„      27,51f.  Laud.29  Spect.lO 

„      28,  19  Sixt.  56. 

„      28,  20  Trin.  87. 
Marc.  2,  5  Trin.  98. 

„     7,  19  Gib.  275. 

„      16,  15  Sixt.  56  Trin.  53 
Luc.  1,  35  Trin.  186  f. 
„     2,  7  Trin.  92. 
„     6,  5  Trin.  83. 
„     6,  24  Gib.  277. 
8* 


52 
Luc. 

V 


Harnack,  Eine  bisher  nicht  erkannte  Schrift  Novatian's. 


Joh. 


7,  36—47  Sixt.  61. 
10,  19  Sixt.  57. 
10,  22  Trin.  201. 

10,  31  f.  Sixt.  52. 

11,  10  Sixt.  66. 

12,  8  Laud.  11. 

12,  9  Laud.  3  ep.  30,  7. 

13,  1—5  Sixt.  66. 
15,  4  f.  Sixt.  65. 

15,  6—10  Sixt.  65. 

16,  19  etc.  Gib.  278. 
18,  19  Trin.  32. 

18,  29.  30  Laud.  17. 

19,  7  ep.  8,  3. 

20,  38  Trin.  195. 

1,  1  Trin.  94  f.  231. 

1,  3  Trin.  94.  107.  112  et 

passim. 
1,  10  Trin.  84.  94. 
1,  11  Trin.  94. 
1,  14  Trin.  74  et  passim. 
1,  15  Trin.  105. 

1,  18  Trin.  148.  136. 

2,  19  Trin.  166. 

3,  13  Trin.  96. 
3,  32  Trin.  166. 

3,  34.  35  Trin.  165. 

4,  21  Trin.  44. 

4,  24  Trin.  42.  48. 

4,  34  Gib.  275. 

5,  19.  26  Trin.  105. 

5,  21.  22  Trin.  83. 

6,  26.  27  Gib.  275. 
6,  38  Trin.  166.  198. 

6,  46.  51.  62  Trin.  106. 
6,  68  Sixt.  59. 

8,  14.  15  Trin.  107  f. 
8,  17.  18  Trin.  200. 
8,  23  Trin.  109. 


Joh.  8,  42  Trin.  110. 
8,  44  Sixt.  58. 
8,  51  Trin.  112. 
8,  58  Trin.  83.  114. 
10,  1  Sixt.  54. 
10,  8  Sixt.  54. 
10,  11  Trin.  234. 
10,  12  Sixt.  58.  ep.  8,  1. 
10,  18  Trin.  166. 
10,27.  28  Trin.  115. 
10,  30  Trin.  98.  116.  202, 
Dion.  p.  377. 
10,  32  Trin.  117. 
10,  33.  36  Trin.  206.  208. 

10,  35.  36  Trin.  117. 

11,  26  Trin.  118. 

11,  42  Trin.  201. 

12,  28  Trin.  200. 

12,  35  Laud.  27. 

13,  5  Trin.  145. 

14,  2  Laud.  27. 
14,  6—8  Trin.  210. 
14,  9  Trin.  209. 
14,  10  Dion.  p.  377. 
14,  11  Dion.  p.  375. 
14,   12.   15.  16.  23.  26.  28 
Trin.  213  f. 
14,  16.  17  Trin.  218f. 

14,  28  Trin.  199. 

15,  1.  2.  9.  10.  15.  21  Trin. 
214. 

15,  26  Trin.  220. 

16,  7.  13  Trin.  220. 

16,  14  Trin.  119. 

17,  3  Trin.  120f.  201. 
17,  4  Trin.  201. 
17,  5  Trin.  83.  96.  122.201. 
20,  17  Trin.  199  f. 
20,  22.  23  Trin.  218. 


II 


Excurs  I. 


53 


Job.  20,  28  Trin.  99.  231. 

„  21,  15f.  Sixt.  59.  ep.  8,  1. 
Rom.  1,  3  Trin.  83. 

„  1,  8  ep.  30,  2. 

„  1,  20  Trin.  31. 

„  2,  11  Sixt.  67. 

„  2,  16  Sixt.  58. 

„  7,  14  Trin.  43  Gib.  258. 

„  8,  9.  26  Trin.  222. 

„  8,  9  Pud.  2. 

„  8,  17  Land.  28. 

„  8,  18  Land.  18. 

„  8,  21  Trin.  31. 

„  8,  35—37  ep.  31,  4. 

„  9,  5  Trin.  99.  231. 

„  11,  33  Trin.  57. 

,,  11,  36  Trin.  31. 

„  12,  19  Sixt.  58. 

„  14,  4  Sixt.  62. 

„  14,  17  Gib.  274. 
I  Gor.  2,  9  Trin.  49. 

„  2,  12  Trin.  224. 

„  3,  3  Sixt.  64. 

„  3,  6—8  Trin.  204. 

„  3,  12  Sixt.  53.  58. 

„  3,  16  Trin.  222. 

„  6,  9.  10  Pud.  6. 

„  6,  13  Gib.  274. 

„  6,  15  Pud.  6. 

„  6,  18  Pud.  6. 

„  6,  19.  15  Pud.  2. 

„  7,  7  Land.  28. 

„  7,  40  Trin.  224. 

„  9,  24  Land.  28.  Spect.  2. 

„  10,  12  Sixt.  62. 

„  10,  20.  21  Gib.  280. 

„  10,  25  Gib.  274. 

„  11,  1  Laud.  28. 

„  11,3  Pud.  5. 


I  Gor.  11,  17.  22  Sixt.  64. 
„    12,  3  Trin.  225. 

„    14,  32  Trin.  224. 
„    15,  50  Trin.  75. 

II  Gor.  3,  17  Trin.  222. 
„    4,  13  Trin.  219. 

„    5,  10  Sixt.  58. 
„    11,  13  Stepb. 
Gal,  1,  1.  12  Trin.  100. 
„     3,  20  Trin.  230. 
„     4,  4  Trin.  83. 
„     5,  17  Trin.  223. 
„     6,  2  Sixt.  63. 
,,     6,  14  Laud.  28. 
Epb.  4,  10  Trin.  134.  135. 
„     5,  6.  7  Sixt.  68. 
„     5,  23.  28.  29  Pud.  5. 
„     5,  24  Pud.  2. 
„     6,  12  Gib.  257  Spect.  2  ep. 

30,6. 
„     6,  14  ep.  31,  5. 
Pbilipp.  1,  21  Laud.  14. 
„  2,  9  Trin.  178. 
„   2,  6—12  Trin.  174.  175. 
„   3,  2  Sixt.  53  Stepb. 
„  3,  14  Gib.  257. 
Goloss.  1, 15  Trin.  137. 166.  Dion. 
p.  376. 
„    1,  16  Trin.  94.  103. 
„    1,24  ep.  31,  3. 
„   2,  15  Trin.  168, 
„   2,  20  Laud.  28. 
„   2,  18.  19.  21.  23  Gib.  276. 
I  Thess.  4,  3  Pud.  6. 
I  Tim.  1,  17  Trin.  31. 

„   2,5  Trin.  168f.  Idol.  11. 
„  4,  1.2  Trin.  224  f. 
„  4,  1—5  Gib.  274. 
„  6,  8.  10  Gib.  278. 


54  Harnack,  Eine  bisher  nicht  erkannte  Schrift  Novatian's. 

I  Tim.  6,  12.  13  Corn.  ad  Fab.       Apoc.  2,  Iff.  Sixt.  63. 

„  6,   16    Trin.    136.  230    ep.        „  2,  5  Sixt.  63. 

30,  7.  „  3,  17  Sixt.  53. 

II  Tim.  1,  11  Trin.  233.  „  3,  21  ep,  31,  4. 
„   2,  20  Sixt.  53.    .  „  6,  9  Laud.  51. 

Tit.  1,  15  Gib.  273.  „    6,  12—17  Sixt.  67. 

„   2,  11.  3,  4  Corn.  ad  Fab.  „    7,  13.  14  Laud.  51. 

I  Pet.  1,  19  Sixt.  63.  „    12,  15  Sixt.  64. 

„    3,  20  Sixt.  55.  „    13,  8  Laud.  51. 

„    5,  5  Sixt.  62.  „    17,  15  Sixt.  56. 

I  Job.  1,  5  Trin.  48.  „    20,  4  Laud.  28. 

„    2,  11  Sixt.  63.  „    20,  11  —  13  Sixt.  68. 

„    2,  18  Sixt.  54.  „    22,  15  Sixt.  53. 

„    4,  8  Trin.  48.  „    22,  18.  19  Trin.  123. 

Jud.  14,  15  Sixt.  67. 

Es  ist  docb  ein  ziemlicb  bedeutender,  c.  390 — 400  Stellen 
umfassender  Bestand  von  Citaten  aus  der  römiscben  Bibel,  der 
sich  für  das  6.  Jahrzehnt  des  3.  Jahrhunderts  ermitteln  lasst,  und 
für  die  Itala-Forschung  ist  es  wichtig,  diesen  Bestand  zusammen- 
hängend übersehen  zu  können.  Aber  auch  für  die  Geschichte  des 
Kanons  ist  die  Übersicht  von  Belang.  Erstlich  ist  es  be- 
merkenswerth,  dass  schlechterdings  keine  „apokryphen"  Citate 
vorhanden  sind.  Weder  jüdische  Apokalypsen  (über  die  Stelle 
aus  Henoch  s.  Texte  u.  Unters.  XIII,  1  S.  57)  noch  NTliche 
Apokrypha  kommen  hier  vor  (auch  nicht  der  Hirte  des  Hermas, 
auch  nicht  die  Apokalypse  des  Petrus,  obgleich  sie  Novatian  ge- 
kannt hat);  die  ATliche  Sammlung  umschliesst  zwar  auch  Sap. 
Sal.  und  Sirach,  aber  sie  sind  Bestandtheile  der  Septuaginta. 
Diese  Reinheit  des  Kanons  macht  z.  B.  die  Hypothese,  die 
Schrift  adv.  aleatores  sei  römisch  und  zugleich  nach  d.  J.  250 
geschrieben,  unmöglich;  denn  sie  wimmelt  von  apokr3^phen  Citaten. 
Zweitens  bestätigt  die  Übersicht  die  Erkenntniss.  dass  der 
Hebräer-,  Jakobus-  und  2.  Petrusbrief  damals  in  dem  römischen 
Kanon  gefehlt  haben;  über  2.  und  3.  Johannesbrief  lässt  sich 
nicht  urtheilen.  II  Thess.,  Philemon  und  Acta  fehlen  nur  zu- 
fällig unter  den  Citaten;  immerhin  aber  ist  es  auffallend,  dass 
sich  unter  c.  227  Citaten  aus  dem  N.  T.  kein  solches  aus  den 
Acten  findet.  Allein  wie  vorsichtig  man  in  Schlüssen  aus  diesem 
negativen  Thatbestand  sein  muss,  geht  daraus  hervor,  dass  nach 


1 


Excurs  IL  55 

Hieron.  ep.  36,  1  (ad  Damasum)  mit  einer  gewissen  Wahrschein- 
lichkeit gefolgert  werden  kann,  dass  sich  Novatian  in  einem  seiner 
Briefe  über  Act.  10,  15 f.  geäussert  hat.  Drittens  geht  aus  den 
Citationsformeln  hervor,  dass  das  A.  T.,  die  Evangelien  und  die 
Briefe  sich  im  Ansehen  wesentlich  gleich  gestanden  haben,  und 
aus  der  Zahl  der  Citate  folgt,  dass  das  N.  T.  bereits  häufiger  citirt 
wird  als  das  A.  T.;  die  Citate  verhalten  sich  wie  9  :  kaum  7. 
Doch  soll  darauf  kein  besonderes  Gewicht  gelegt  werden,  da  hier 
Zufälligkeiten  mitspielen. 

Excurs  IL 

Zur  Überlieferungsgeschichte  pseudocyprianischer 

Schriften. 

Wie  das  „Indiculum  Cecili  Cipriani"  beweist,  waren  im  J.  359 
(in  Afrika)  in  das  Corpus  Opp.  Cypriani  bereits  aufgenommen 
(s.  Mommsen,  a.  a.  0.  S.  347f.) 

1)  Novatian's  Schrift  de  laude  martyrii, 

2)  Novatian's  Brief  (Cypr.  ep.  30  ed.  Hartel)  unter  dem  Titel 
„Romani  resc." 

3)  Die  Schrift  ,,adversus  ludaeos"  (s.  Hartel,  Cypr.  Opp.  T. 
HI  p.  133  ff.), 

4)  die  Vita  Cypriani  per  Pontium. 

Die  übrigen  Schriften  gehören  sämmtlich  wirklich  Cyprian 
an.  Dass  in  der  Mitte  des  4.  Jahrh.'s  Novatian's  Schrift  de  laude 
martyrii  unter  den  Cyprianschriften  gestanden  hat,  bezeugt  auch 
Lucifer  (s.  o.  S.  4).  Da  die  „Vita"  als  Appendix  angehängt  ist 
und  Niemand  bei  ihr  an  cyprianischen  Ursprung  denken  konnte, 
und  da  der  30.  Brief  ausdrücklich  als  ein  römisches  Antwort- 
schreiben, nicht  aber  als  Cyprian-Brief  bezeichnet  und  dem  20.  Brief 
Cyprian's  angehängt  ist,  so  ergiebt  sich,  dass  nur  die  beiden  Stücke 
„de  laude  martyrii"  und  „adv.  ludaeos"  Contrebande  sind.  Die 
letztere  Schrift  stammt  aber,  wie  ich  wahrscheinlich  zu  machen 
mir  getraue,  von  Hippolyt  (sie  ist  eine  Übersetzung),  ist  also 
auch  römisch. 

In  den  nächsten  Decennien  hat  sich  der  Process,  der  mit  der 
Ein  Schiebung  von  Novatian's  Schrift  de  laude  mart.  begonnen  hat, 
fortgesetzt.  1)  Hieronymus  citirt  die  novatianische  Schrift  „Quod 
idola  dii  non  sint"  bereits  als  cyprianisch,  2)  er  zählt  deshalb  sie 


56  Harnack,  Eine  bisher  nicht  erkannte  Schrift  Novatian's. 

(und  de  laude)  nicht  in  seinem  Verzeichniss  der  Novatian-Schrifteu 
auf  (de  vir.  inl.  70),  aber  er  übergeht  dort  auch  die  novatianischen 
Tractate  de  bono  pudic.  und  de  spectaculis.    Nun  hat  er  freilich 
1.  c.  nicht  alle  ihm  bekannten  Novatian- Schriften  aufzählen  wollen 
(von   einer  Briefsammlung   Novatian's,    die   er   einsehen   möchte, 
spricht  er  ep.  10,  3);    aber   es  besteht  doch  eine  gevt^isse  Wahr- 
scheinlichkeit, dass  schon  damals  de  bono  pudic.  und  de  spectac. 
nicht  mehr  unter  Novatian's  Namen  standen,  sondern  unter  dem 
Cyprian's,  vreil  man  sie  gerne  lesen  wollte,  aber  unter  Novatian's 
Namen    nicht   lesen    durfte^);    bei   Quod   idola   ist    das    gewiss. 
3)  Hieron.  sagt  1.  c.  ausdrücklich,  Viele  hielten  das  Buch  de  trinitate 
für  ein  Werk  Cyprian's,   Rufin  hat  es  in  Cyprian-Handschriften 
gefunden   und  hat  es  selbst  für  ein  Werk  TertuUian's  gehalten. 
So    war   auch    diese  Schrift  um  400   nahe  daran,    ihren  wahren 
Autor  zu  verlieren.    Hätten  Hieronymus  und  Rufin  nicht  so  be- 
stimmt protestirt,  so  würden  wir  sie  heute  vielleicht  als  Cyprian- 
oder  Tertullian-Schrift   lesen.     4)    Hieronymus    kennt  einen 
Schriftsteller    Sixtus  II.  Bischof  von  Rom  nicht  mehr: 
er    hätte   ihn   sich  für  seinen  „Katalog"   gewiss  nicht  entgehen 
lassen,    wenn   er  von  ihm  gewusst  hätte.     Also  war  die  Schrift 
ad  Novatianum    des  Sixtus    um   400    schon  unter  den  Cyprian- 
Schriften  untergebracht,   und  es  ist  nur  ein  dankenswerther  Zu- 
fall, dass  Prädestinatus  noch  ihren  wahren  Verfasser  gekannt  hat 
(s.  Texte  u.  Unters.  XIII,  H.  1  S.  44  K).     Da  daran  nicht  gedacht 
werden  kann,  dass  man  absichtlich  den  Verfasser  dieser  Schrift 
umgestempelt  hat  —  wer  hätte  einen  Tractat  des  hochverehrten 
Märtyrerbischofs  missen  wollen!   — ,    so  erkennt  man,    dass  die 
Unterbringung  von  kleinen  gern  gelesenen  Schriften  in  das  viel 
gekaufte  Corpus  Opp.  Cypriani  auch  aus  harmlosen  buchhänd- 
lerischen Absichten   erfolgt  ist  (sie  waren  zu  klein,   um  einzeln 


1)  De  spectac.  ist  bis  jetzt  nur  in  jungen  Handschriften  nachgewiesen 
und  hat  kein  altes  Testimonium  (die  älteste  Handschrift  ist  Z  =  saec. 
XIV.,  freilich  trotz  ihrer  Jugend  eine  vortreffliche  Handschrift).  De  bono 
pudic.  ist  im  Vossianus  lat.  40  saec.  X.  überliefert,  der  auch  den  Sixtus. 
also  eine  gleich  alte,  ebenfalls  römische  Schrift  enthält  (s.  Texte  u.  Unters. 
Xni,  1  S.  1  ff").  Ausserdem  hat  de  bono  pudic.  ein  altes  Zeugniss  im  2. 
der  von  Caspari  edirten  pelagianischen  Briefe  (Briefe,  Abhandl.  u,  Pre- 
digten usw.  1890  S.  21),  aber  leider  ist  unsere  Schrift  ohne  Citationsformel 
stillschweigend  benutzt. 


Excurs  II.  57 

weiter  zu  leben),  dass  diese  Schriften  aber  bald  ihren  Verfasser- 
namen an  den  des  Cjprian  abtreten  mussten  —  Gedankenlosig- 
keit der  Abschreiber  ist  hier  wohl  die  Hauptursache  gewesen. 

Das  Ausgeführte  hat  sich  bereits  in  der  Zeit  bis  zum  An- 
fang des  5.  Jahrhunderts  abgespielt,  und  zwar  in  Rom;  denn 
Quod  idola,  De  spectac,  De  bono  pudic,  De  laude  mart..  Ad  No- 
vatianum.  De  trinitate  sind  sämmtlich  römische  Schriften.  Aber 
unter  Cyprian's  Namen  stehen  noch  folgende  vier  alte  d.  h. 
mindestens  vorkonstantinische  Schriften:  Adv.  aleatores,  De  re- 
baptismate,  De  montibus  Sina  et  Sion,  De  pascha  computus.^) 
Wie  steht  es  mit  ihnen?  In  Bezug  auf  Ad\^.  aleatores  habe  ich 
(Texte  u.  Unters.  V  H.  1)  wahrscheinlich  gemacht,  dass  der 
Tractat  römischen  Ursprungs  ist  (die  Gegenbemerkungen  haben 
mich  nicht  überzeugt),  und  nachgewiesen,  dass  er  um  d.  J.  700 
in  einer  übervollständigen,  wahrscheinlich  römischen  Recension 
der  Werke  Cyprian's  als  Cyprian- Schrift  eine  Stelle  hatte  (a.  a.  0. 
S.  5).  Damit  ist  nicht  gesagt,  dass  er  erst  damals  in  das  Corpus 
Cypr.  eingestellt  worden  ist;  aber  Näheres  ist  z.  Z.  nicht  zu  er- 
mitteln. Über  die  Überlieferung  des  Tractats  de  rebajDtismate 
—  er  soll  handschriftlich  nicht  mehr  existiren  [?] ;  im  verbrannten 
Cod.  Remensis  stand  er  sachgemäss  bei  Cypr.  ep.  74  —  enthalte 
ich  mich  z.  Z.  jeden  ürtheils;  aber  wichtig  ist,  dass  die  Schrift 
den  römischen  Standpunkt  in  der  Tauffrage  vertritt  und  bei 
Lebzeiten  Cj^prian's  geschrieben  zu  sein  scheint.  Der  Tractat 
de  duobus  montibus  ist  ebenso  im  Vulgärdialect  geschrieben  wie 
adv.  aleat.  und  hat  genau  dieselbe  Überlieferungsgeschichte  wie 
dieser,-)  d.  h.  er  taucht  für  uns  im  Archetypus  MQT,  der  eher 
älter  als  jünger  wie  das  Jahr  700  ist,  als  Cyprian- Schrift  auf 
und  seine  Geschichte  verzweigt  sich  nun  ebenso  wie  die  der 
Schrift  adv.  aleat.  Er  scheint  bereits  in  der  Schrift  de  pascha  com- 
putus  benutzt  zu  sein;  diese  ist  selbst  schon  i.J. 242/3  geschrieben, 


1)  Mit  den  jüngeren  Schriften  unter  Cyprian^s  Namen,  Ad  Vigilium 
episcopum,  De  singularitate  clericorum,  De  XII  abusivis  saeculi,  hat  es  eine 
besondere  Bewandtniss.  Ich  gehe  auf  sie  daher  nicht  ein.  Die  Schrift 
de  duplici  martyrio  ist,  wie  jüngst  Lezius  abschliessend  bewiesen  hat, 
unter  Cyprian's  Namen  von  Erasmus  gefälscht  worden. 

2)  Er  hat  auch  sonst  noch  Manches  mit  ihm  gemein,  z.  B.  die  Frei- 
heit in  den  Schriftcitaten. 


58  Harnack,  Eine  bisher  nicht  erkannte  Schrift  Novatian's. 

ruht  auf  den  chronologisclien  Arbeiten  Hippolyt's  und  weist  schon 
deshalb  nicht  nach  Afrika,  sondern  nach  Rom.  Die  schmale 
Überlieferungsgeschichte  dieser  Schrift  muss  noch  geprüft,  resp. 
ermittelt  werden.  Aber  nach  dem  bisher  Festgestellten  ist  bereits 
sehr  wahrscheinlich,  dass  alle  fremden  Schriften,  die  im  Alter- 
thum  zum  Corpus  Cypriani  hinzugetreten  sind,  römische  Schrif- 
ten waren,  und  dass  sich  der  Process  der  Einstellung  dieser 
Schriften  in  die  Cyprian-Sammlung  in  Rom  und  nirgendwo 
anders  abgespielt  hat. 

Achtzehn  Handschriften  von  De  Laude  sind  bisher  bekannt  geworden, 
nämlich,  chronologisch  geordnet  (s.Hartel'sProlegg.:  SQLPMNTO2BO3O4O5- 
ßgfjLv  (über  O2— 5,  die  englischen  Codd.  s.  Sanday,  Old  biblical  Texts 
Vol.  2),  dazu  der  Augustanus  (Kreisbibliothek  05)  und  der  Cod.  Gembla- 
censis,  nach  welchem  Erasmus  die  editio  princeps  herstellte  (er  hat  den 
Tractat  mit  der  Überschrift  „Ad  Moysen  et  Maximum  et  ceteros  confessores" 
bereits  den  unechten  [vor  De  bono  pudic]  zugesellt).  Wahrscheinlich  steht 
die  Schrift  auch  im  Matrit.  Nat.  Bibl.  Q.  138  und  in  einem  Bologneser 
Codex  (ob  auch  im  Vatic.  199?);  dagegen  fehlt  sie  in  WGCOjRHZi  usw. 
sowie  in  den  drei  Admonter  Codd.,  die  ich  eingesehen  habe.  Was  ihren 
Ort  in  der  Überlieferung  betriÖt,  so  stand  sie  [\)  in  der  Sammlung,  die 
Lucifer  und  der  Mommsenianus  benutzten,  bei  ep.  6,  resp.  in  der  uralten, 
ihr  sachlich  verwandten  Briefgruppe  6.  10.  28.  37.  11.  38.  39;  hier  findet 
sie  sich  auch  noch  in  (.iv  und  in  B  (aber  in  letzterem  zwischen  ep.  37  u.  10, 
also  angeschlossen  an  den  Brief  an  Moses  und  Maximus  und  ausdrücklich 
als  ebenfalls  an  sie  gerichtet  bezeichnet).  (11)  In  dem  ältesten  Cod.  S  und 
in  dem  ausgezeichneten  Archetypus  LNP  steht  sie  nicht  in  dieser  Gruppe, 
wohl  aber  auch  bei  einem  an  die  Confessoren  gerichteten,  sachlich  ver- 
wandten Brief,  dem  13.  (III)  In  dem  Archetypus  QM  steht  sie  tief  unten 
neben  unechten  Schriften  Adv.  Jud.  u.  Adv.  aleat.,  aber  es  folgen  dann 
noch  echte  Briefe;  in  O3  steht  sie  eben  dort,  aber  ep.  C.  58  gehen  vorher. 
(IV)  In  TO2  steht  sie  mitten  unter  den  Briefen  ohne  jede  Beziehung  zwischen 
ep.  12  u.  40.  (V)In  den  jungen  Codd.  ßg  ist  sie  an  den  Schluss  der 
Tractate  gerathen.     (VI)  In  O4.  5  folgt  sie  auf  Adv.  aleatores. 


Druck  von  August  Pries  iu  Leipzig. 


Verlag  der  J.  C.  HINRICHS'sclaen  Buchhandlung  in  Leipzig. 

Harnack,  Adolf,  Zur  Überlieferungsgesehichte  der  altchristlichen  Literatur.  (32  S.) 
1894.    [in  XII,  1.    M.  4— ] 

Zur  Abercius-Inschrift.    (28  S.)    1895.    [in  XII,  4.    M.  6.50] 

Eine  bisher  nicht  erkannte  Schrift  des  Papstes  Sixtus  II.   vom  Jahre  2.57/8. 

Zur  Petrusapokalypse,  Patristisches  zu  Luc.  16.  19.    (VI,  78  S.)    1895.    [XIII  l.] 

M.  3.50 

Das  Edict   des  Antoninus"  Pius.    (64  S.)   —   Eine  bisher  unbekannte  Schrift 

Novatians.    (58  S.)    1895.    [XIII,  4.]  M.  4  — 

Hennecke,  Edgar,  Die  Apologie  des  Aristides.  ßecension  und  Reconstruction  des 
Textes.     (XX,  64  S.)     1893.     [IV,  3.]  M.  3  — 

Partiepreis  M.  2  — . 

Jahn,  Alb.,  Des  heil.  Eustathius,  Erzbischofs  von  Antiochien,  Beurtheilung  des 
Origines  betr.  die  Auffassung  der  Wahrsagerin  l.  Könige  [Sam.]  28  und  die 
diesbezügliche  Homilie  des  Origenes,  aus  der  Münchener  Hds.  331  ergänzt 
und  verbessert,  mit  kritischen  und  exegetischen  Anmerkungen.  (XXVII,  75  S.) 
1886.     [II,  4.]  M.  3.50 

(Einzelpreis  M.  4.50.) 

Jselin,  L.  E.,  Eine  bisher  unbekannte  Version  des  ersten  Teiles  der  „Apostellehre". 
Getunden  und  besprochen  von  J.  Übersetzt  von  A.  Heusler.  (30  S.)  1895. 
[in  XIII,  1.    M.  3.50] 

Klostermann,  Erich,  Griechische  Excerpte  aus  Homilien  des  Origenes.  (14  S.)  1894. 
[in  XII,  3.    M.  7.50] 

Kötschau,  Paul,  Die  Textüberlieferung  der  Bücher  des  Origenes  gegen  Oelsus  in  de^ 
Haudschriften  dieses  Werkes  und  der  Philokalia.  Prolegomena  zu  einer 
kritischen  Ausgabe.    (VII,  157  S.  u.  l  Tafel.)    1889.    [VI,i.]  M.  5.50 

Loofs,  Friedr.,  Leontius  v.  Byzanz  und  die  gleichnamigen  Schriftsteller  der 
griechischen  Kirche,  l.  Buch:  Das  Leben  und  die  polem.  Werke  des  Leontius 
V.  Byzanz.    (VIII,  317  S.)    1887.    [III,  1/2.]  M.  10  — 

Noeldechen,  Ernst,  Die  Abfassungszeit  der  Schriften  TertuUians.  (164  S.)  1888. 
[V,  2.]  M.  6  — 

Tertullian's    Gegen    die  Juden    auf   Einheit,    Echtheit,    Entstehung   geprüft. 

(IV,  92  S.)     1894.     [XII,  2.]  M.  4  — 

Pape,  Paul,   Die  Predigt  und  das  Brieffragment  des  Aristides  auf  ihre  Echtheit 

untersucht.    (36  S.)    1894.     [in  XII,  2.     M.  4  — ] 
Raabe,  Richard,  Die  Apologie  des  Aristides.    Aus  dem  Syrischen  übersetzt  und  mit 

Beiträgen  zur  Textvergleichung  und  Anmerkungen.    (IV,  97  S.)  1892.   [in  IX,  l. 

M.  8.50] 
Resch,  Alfred,  Agrapha.     Aussercanonische  Evangelienfragmente,   gesammelt  und 

untersucht.    (XII,  480  S.)    1889.    [V,  4.]  M.  17  — 

(Einzelpreis  M.  25—) 
Aussercanonische  Paralleltexte  zu  den  Evangelien  gesammelt  u.  untersucht.  [X.] 

1.  Textkritische  u.  quellenkritische  Grundlegungen.  (VII,  160S.)  1893.  M.5  — 

2.  Paralleltexte  zu  Matthäus  und  Marcus.    (VIII,  456  S.)    1894.        M.  14.50 

3.  Paralleltexte  zu  Lucas.    (XII,  847  S.)    1895.  M,  27  — 
RolfPs,  Ernst,  Das  Indulgenz-Edict  des  römischen  Bischofs  Kallist  kritisch  unter- 
sucht und  reconstruiert.    (VIII,  139  S.)    1893.    [XI,  3.]  M.  4.50 

Urkunden  aus  dem  antimontanistischen  Kampfe  des  Abendlandes,  Eine  quellen- 
kritische Untersuchung.    (VII.  167  S.)    1895.    [XII,  4.]  M.  6.50 

Schlatter,  Adolf,  Der  Chronograph  aus  dem  zehnten  Jahre  Antonins.  (IV,  94  S.) 
1894.    [XII,  1.]  M.  4  — 

Schmidt,  Carl,  Gnostische  Schriften  in  koptischer  Sprache  aus  dem  Codex  Brucianus 
herausgegeben,  übersetzt  u.  bearbeitet.    (XII,  692  S.)    1893.    [VIII 1/2.]    M.  22  — 

Schwartz,  Ed.,  Tatiani  oratio  ad  Graecos.    (X,  105  S.)    1888.    [IV,  1.]  M.  2.40 

Athenagorae  libellus  pro  Christianis.     Oratio  de  resurrectione  cadaverum. 

(XXX,  143  S.)     1891.     [IV,  2.]  M.  3.60 

Staehelin,  Hans,  Die  gnostischen  Quellen  Hippolyts  in  seiner  Hauptsehrift  gegen 
die  Häretiker.    (III,  108  S.)    1890.    [VI,  3.]  M.  4.50 

Vischer,  Eberh.,  Die  Offenbarung  Johannis.  eine  jüdische  Apokalypse  in  christlicher 
Bearbeituug.  Mit  Nachwort  von  Adolf  Harnack.  (137  S.)  1886.  [II,  3.]  M.  5  — 
(Einzeln  nur  in  anastatischem  Druck  käuflich.) 

Weiss,  Bernh,,  Die  Johannes-Apokalypse.  Textkritische  Untersuchungen  u.  Text- 
herstellung.   (VI,  225  S.)     1891.     [VII,  1.]  M.  7  — 

Die  katholischen  Briefe.     Textkritische  Untersuchungen  u.  Textherstellung. 

(VI,  230  S.)     1892.     [VIII,  3.]  M.  7.50 

Die   Apostelgeschichte.     Textkritische   Untersuchungen   u.    Textherstellung. 

(313  S.)     1893.     [IX,  3/4.]  M.  10 — 

(Die  3  Arbeiten  von  Bernh.  Weiss  zus .  auch  u.  d.  T. :  Das  Neue  Testament.  Bd.  I.  M.  20  — .) 

Wentzel,  Georg,  Die  griechische  Übersetzung  der  viri  inlustres  des  Hieronymus. 
(63  S.)     1865.     [XIII,  3.]  M.  2  — 

Werner,  Johs.,  Der  Paulinismus  des  Irenaeus.  Eine  kirchen-  und  dogmengeschicht- 
liche Untersuchung  über  das  Verhältnis  des  Irenaeus  zu  der  Paulinischen  Brief- 
sammlung und  Theologie.    (V,  218  S.)    1889.    [VI,  2.]  M.  7  — 


TEXTE  UND  üNTEßSUCHüNGEN 

ZUR  GESCHICHTE  DER 

ÄLTCHRISTLICHEN  LITERATUR 

HERAUSGEGEBEN  VON 

OSCAR  VON  &EBHARDT  und  ADOIP  HARMCK 


Xm.  BXm,  HEFT  4 
DAS  EDICT  DES 

ANTOXIjSTUS  pius 

VON 

ADOLF  HARNACK 


EINE  BISHER  NICHT  ERKANNTE  SCHRIFT 

?s^OYATIAN'S 

VOM  JAHRE  249/50 
[„CYPRIAN",  DE  LAUDE  MARTYRII] 

VON 

ADOLF  HARNACK 


LEIPZIG 

J.  C.  HINRICHS'SCHE  BÜCHHANDLUNG 
1895 


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