Skip to main content

Full text of "Theorie und Praxis des Volksschulunterrichts nach herbartischen Grundsätzen"

See other formats


Google 



This is a digital copy of a book that was prcscrvod for gcncrations on library shclvcs bcforc it was carcfully scannod by Google as pari of a projcct 

to make the world's books discoverablc online. 

It has survived long enough for the Copyright to expire and the book to enter the public domain. A public domain book is one that was never subject 

to Copyright or whose legal Copyright term has expired. Whether a book is in the public domain may vary country to country. Public domain books 

are our gateways to the past, representing a wealth of history, cultuie and knowledge that's often difficult to discover. 

Marks, notations and other maiginalia present in the original volume will appear in this flle - a reminder of this book's long journcy from the 

publisher to a library and finally to you. 

Usage guidelines 

Google is proud to partner with libraries to digitize public domain materials and make them widely accessible. Public domain books belong to the 
public and we are merely their custodians. Nevertheless, this work is expensive, so in order to keep providing this resource, we have taken Steps to 
prcvcnt abuse by commcrcial parties, including placing technical restrictions on automatcd qucrying. 
We also ask that you: 

+ Make non-commercial use ofthefiles We designed Google Book Search for use by individuals, and we request that you use these files for 
personal, non-commercial purposes. 

+ Refrain from automated querying Do not send aulomated queries of any sort to Google's System: If you are conducting research on machinc 
translation, optical character recognition or other areas where access to a laige amount of text is helpful, please contact us. We encouragc the 
use of public domain materials for these purposes and may be able to help. 

+ Maintain attributionTht GoogX'S "watermark" you see on each flle is essential for informingpcoplcabout this projcct andhclping them lind 
additional materials through Google Book Search. Please do not remove it. 

+ Keep it legal Whatever your use, remember that you are lesponsible for ensuring that what you are doing is legal. Do not assume that just 
because we believe a book is in the public domain for users in the United States, that the work is also in the public domain for users in other 
countries. Whether a book is still in Copyright varies from country to country, and we can'l offer guidance on whether any speciflc use of 
any speciflc book is allowed. Please do not assume that a book's appearance in Google Book Search mcans it can bc used in any manner 
anywhere in the world. Copyright infringement liabili^ can be quite severe. 

Äbout Google Book Search 

Google's mission is to organizc the world's Information and to make it univcrsally accessible and uscful. Google Book Search hclps rcadcrs 
discover the world's books while hclping authors and publishers reach new audiences. You can search through the füll icxi of ihis book on the web 

at |http : //books . google . com/| 



Google 



IJber dieses Buch 

Dies ist ein digitales Exemplar eines Buches, das seit Generationen in den Realen der Bibliotheken aufbewahrt wurde, bevor es von Google im 
Rahmen eines Projekts, mit dem die Bücher dieser Welt online verfugbar gemacht werden sollen, sorgfältig gescannt wurde. 
Das Buch hat das Urheberrecht überdauert und kann nun öffentlich zugänglich gemacht werden. Ein öffentlich zugängliches Buch ist ein Buch, 
das niemals Urheberrechten unterlag oder bei dem die Schutzfrist des Urheberrechts abgelaufen ist. Ob ein Buch öffentlich zugänglich ist, kann 
von Land zu Land unterschiedlich sein. Öffentlich zugängliche Bücher sind unser Tor zur Vergangenheit und stellen ein geschichtliches, kulturelles 
und wissenschaftliches Vermögen dar, das häufig nur schwierig zu entdecken ist. 

Gebrauchsspuren, Anmerkungen und andere Randbemerkungen, die im Originalband enthalten sind, finden sich auch in dieser Datei - eine Erin- 
nerung an die lange Reise, die das Buch vom Verleger zu einer Bibliothek und weiter zu Ihnen hinter sich gebracht hat. 

Nu tzungsrichtlinien 

Google ist stolz, mit Bibliotheken in partnerschaftlicher Zusammenarbeit öffentlich zugängliches Material zu digitalisieren und einer breiten Masse 
zugänglich zu machen. Öffentlich zugängliche Bücher gehören der Öffentlichkeit, und wir sind nur ihre Hüter. Nie htsdesto trotz ist diese 
Arbeit kostspielig. Um diese Ressource weiterhin zur Verfügung stellen zu können, haben wir Schritte unternommen, um den Missbrauch durch 
kommerzielle Parteien zu veihindem. Dazu gehören technische Einschränkungen für automatisierte Abfragen. 
Wir bitten Sie um Einhaltung folgender Richtlinien: 

+ Nutzung der Dateien zu nichtkommerziellen Zwecken Wir haben Google Buchsuche für Endanwender konzipiert und möchten, dass Sie diese 
Dateien nur für persönliche, nichtkommerzielle Zwecke verwenden. 

+ Keine automatisierten Abfragen Senden Sie keine automatisierten Abfragen irgendwelcher Art an das Google-System. Wenn Sie Recherchen 
über maschinelle Übersetzung, optische Zeichenerkennung oder andere Bereiche durchführen, in denen der Zugang zu Text in großen Mengen 
nützlich ist, wenden Sie sich bitte an uns. Wir fördern die Nutzung des öffentlich zugänglichen Materials für diese Zwecke und können Ihnen 
unter Umständen helfen. 

+ Beibehaltung von Google-MarkenelementenDas "Wasserzeichen" von Google, das Sie in jeder Datei finden, ist wichtig zur Information über 
dieses Projekt und hilft den Anwendern weiteres Material über Google Buchsuche zu finden. Bitte entfernen Sie das Wasserzeichen nicht. 

+ Bewegen Sie sich innerhalb der Legalität Unabhängig von Ihrem Verwendungszweck müssen Sie sich Ihrer Verantwortung bewusst sein, 
sicherzustellen, dass Ihre Nutzung legal ist. Gehen Sie nicht davon aus, dass ein Buch, das nach unserem Dafürhalten für Nutzer in den USA 
öffentlich zugänglich ist, auch fiir Nutzer in anderen Ländern öffentlich zugänglich ist. Ob ein Buch noch dem Urheberrecht unterliegt, ist 
von Land zu Land verschieden. Wir können keine Beratung leisten, ob eine bestimmte Nutzung eines bestimmten Buches gesetzlich zulässig 
ist. Gehen Sie nicht davon aus, dass das Erscheinen eines Buchs in Google Buchsuche bedeutet, dass es in jeder Form und überall auf der 
Welt verwendet werden kann. Eine Urheberrechtsverletzung kann schwerwiegende Folgen haben. 

Über Google Buchsuche 

Das Ziel von Google besteht darin, die weltweiten Informationen zu organisieren und allgemein nutzbar und zugänglich zu machen. Google 
Buchsuche hilft Lesern dabei, die Bücher dieser We lt zu entdecken, und unterstützt Au toren und Verleger dabei, neue Zielgruppcn zu erreichen. 
Den gesamten Buchtext können Sie im Internet unter |http: //books . google .corül durchsuchen. 



\^(.\- 



liMiiMiii .fiini 

"SCiHOOL OF EDUCATION 
LIBRARY 



EDUCATION 

BOOK PURCHASE 

FUND 




i 



Das zweite Schuljahr 



Theorie und Praxis 



des 



Yolkssciluluiiterricilts 



nach Herbartischen Grundsätzen 



Bearbeitet 
von 

Dr W Rein 

Professor an der UniversitKt Jena 

A Pickel «nd E S c h e 1 1 e r 

Seminar-Oberlehrer Seminarschallehrer 

ZQ Eisenaeh 



II 



Das zweite Schuljahr 



Leipzig 

Verlag von Heinrich Bredt 

1895 



rtri Kl (te.\ 



Das zweite Schuljahr 



Ein theoretisch-praktischer Lehrgang 



für Lehrer und Lehrerinnen 



sowie zum Oebraiieh in Seminaren 



Bearbeitet 



von 



l)r W Rein 

Prnfemor an der ITniversitit Jena 

A P i c k e 1 und E S c li o 1 1 e r 

Semlnnr-Oberlebrcr S^nii-jarachallehr-r 

ZU Eisen:»eh 



Vierte Auflage 



Leipzig 

Verlajr von Heinrich Bredt 

1895 



LIBRARY OF THE 
täMD STANFORD JR. UmER8ITL 



Inhalt 



Seite 

A Historisch-humanistische Fächer (S. 1 — 66). 

I Gesinnungsunterricht 1 — 34 

II Kanstunterricht 35—66 

1 Zeichnen und Modellieren 35 

2 Singen 35—48 

III Sprachunterricht (S. 49—66 und S. 129-164). 

1 Deutsch (Lesen und Schreiben) 49—66 

2 Das Schönschreiben 129—164 

B Naturkundliche Fächer (S. 67—164) 

I Naturkunde 67-86 

II Rechnen 87—129 



Aus dem Vorwort zur 3. Auflage 



Die ^acht Schuljahre^ bieten eine spezielle Methodik des Volksschal- 
unterrichts dar. Entstanden in den Jahren 1878 — 85 am Seminar zu 
Eisenach und geprüft an der Praxis der Übungsschale daselbst, fussen 
sie auf den pädagogischen Grundsätzen Herbarts und Zillers, ziehen 
aber auch das in ihr Bereich, was seit Oomenius und Pestalozzi 
wertvolles für die Theorie des Unterrichts erarbeitet worden ist. 

Ihr Hauptziel ist, den Unterricht zu einem wahrhaft erziehenden 
zu gestalten. Dieses Ziel suchen sie dadurch zu erreichen, dass sie 

1. den Unterricht nach der Idee des kulturgeschichtlichen 
Fortschritts in unserer nationalen Entwickelung aufbauen; 

2. dass sie die einzelnen Lehrfächer nach der Idee der Konzen- 
tration zu einem einheitlichen Organismus verbinden; und 

3. dass sie die Unterrichtsstoife nach der Idee der formalen 
Stufen durcharbeiten. 

Alle drei Ideen hängen aufs engste miteinander zusammen; sie 
bilden ein geschlossenes Ganzes. Die Gesamt Wirkung eines solchen Ganzen 
streben auch die Schuljahre an. Sie sind der erste umfassende Versuch, 
den Lehrplan unserer gegliederten Volksschulen nach den genannten drei 
Ideen zu gestalten. An vielen Punkten berühren sie sich hierbei mit 
tler bisher geübten Praxis, an anderen wieder weichen sie von derselben 
nicht unerheblich ab. Sie erscheinen demnach als eine Fortb il düng 
der bisherigen Methodik des Volksschulunterrichts unter steter Rücksicht- 
nahme auf die bestehenden Verhältnisse, aber ohne sich von diesen allein 
bestimmen zu lassen. 

Denn sie wollen zugleich ein Ideal des Volksschulnnterrichts zeichnen, 
von dessen Verwirklichung die Verfasser eine Hebung des Unterrichts, 
und damit auch der Erziehung erhoffen. Dass die in den Schuljahren 
enthaltenen Vorschläge nicht jenseits der Möglichkeit ihrer Verwirklichung 
liegen, dass sie keine unausführbaren Forderungen enthalten, dafür bürgt 
der Hinweis auf die Ausführung derselben in der Praxis der Eisenacher 
Ubungsschule und auf die daselbst gemachten Erfahrungen. 

Die Verfasser legen ihre Arbeit ihren Berufsgenossen, den deutscheu 
Lehrern, vor. Sie wünschen, dass man ihre Vorschläge rücksichtlich 
ihres Wertes, wie rücksichtlich ihrer Ausführbarkeit einer strengen Prü- 
fung unterziehen, aber nicht ohne eine solche verwerfen möge. Der 



P,^G^ 



SCHOOL OF EDUCATION 
LIBRARY 



EDUCATION 

BOOK PURCHASE 

FUND 



STANFORD \^/ UNiVERSITY 
LIBRARIES 



Das zweite Schuljahr 



Theorie und Praxis 



des 



Yolksschulunterriclits 



nach Herbartischen Grundsätzen 



Bearbeitet 
von 

Dr W Bein 

ProfeMor an der UniversitKt Jena 

A Pickel und E Scheller 

Seminar-Oberlehrer Seminarschallehrer 

za Eisenaeh 



II 



Das zweite Schuljahr 




Leipzig 

Verlag von Heinrich Bredt 

1895 



iiri WL c^\ 



Das zweite Schuljahr 



Ein theoretisch-praktischer Lehrgang 



für Lehrer und Lehrerinnen 



sowie zum Gebrauch in Seminaren 



Bearbeitet 



von 



l)r W R e i u 

Proteanor an der ITnivergität Jena 

A P i <; k e 1 und K 8 c li e 1 1 e r 

Seminar-Oberlehrer 9<»njinar8challehr--r 

ZU Eisenaeh 



Vierte Auflage 



Leipzig 

Verlag von Heinrich Bredt 



UBRm OF THE 
LEIMÜ STANFORD JR. UNimSITL 

Mr snsoo 



ik 



Inhalt 



Seite 

A Historisch-humanistisclie Fächer (S. 1 — 66). 

I Gesinnungsunterricht 1 — 34 

II Kanstunterricht 35 — 66 

1 Zeichnen und Modellieren 35 

2 Singen 35—48 

III Sprachunterricht (S. 49—66 und S. 129-164). 

1 Deutsch (Lesen und Schreiben) 49—66 

2 Das Schönschreiben 129—164 

B Naturkundliche Fächer (S. 67—164) 

I Naturkunde 67- 86 

II Rechnen 87—129 



Aus dem Vorwort zur 3. Auflage 



Die ^acht Schuljahre^ bieten eine spezielle Methodik des Volksschol- 
nnterrichts dar. Entstanden in den Jahren 1878 — 85 am Seminar zu 
Eisenach nnd geprüft an der Praxis der Übongsschale daselbst, fassen 
sie auf den pädagogischen Grundsätzen Herbarts und Z liier s, ziehen 
aber auch das in ihr Bereich, was seit Gomenius und Pestalozzi 
wertvolles für die Theorie des Unterrichts erarbeitet worden ist. 

Ihr Hauptziel ist, den Unterricht zu einem wahrhaft erziehenden 
zu gestalten. Dieses Ziel suchen sie dadurch zu erreichen, dass sie 

1. den Unterricht nach der Idee des kulturgeschichtlichen 
Fortschritts in unserer nationalen Entwickelung aufbauen; 

2. dass sie die einzelnen Lehrfächer nach der Idee der Konzen- 
tration zu einem einheitlichen Organismus verbinden; und 

3. dass sie die Unterrichtsstoffe nach der Idee der formalen 
Stufen durcharbeiten. 

Alle drei Ideen hängen aufs engste miteinander zusammen; sie 
bilden ein geschlossenes Ganzes. Die Gesamtwirkung eines solchen Ganzen 
streben auch die Schuljahre an. Sie sind der erste umfassende Versuch, 
den Lehrplan unserer gegliederten Volksschulen nach den genannten drei 
Ideen zu gestalten. An vielen Punkten berühren sie sich hierbei mit 
^er bisher geübten Praxis, an anderen wieder weichen sie von derselben 
nicht unerheblich ab. Sie erscheinen demnach als eine Fortb il düng 
der bisherigen Methodik des Volksschulunterrichts unter steter Rücksicht- 
nahme auf die bestehenden Verhältnisse, aber ohne sich von diesen allein 
bestimmen zu lassen. 

Denn sie wollen zngleich ein Ideal des Volksschulunterrichts zeichnen, 
von dessen Verwirklichung die Verfasser eine Hebung des Unterrichts, 
und damit auch der Erziehung erhoffen. Dass die in den Schuljahren 
enthaltenen Vorschläge nicht jenseits der Möglichkeit ihrer Verwirklichung 
liegen, dass sie keine miausführbaren Forderungen enthalten, dafür bürgt 
der Hinweis auf die Ausführung derselben in der Praxis der Eisenacher 
Ubungsschule und auf die daselbst gemachten Erfahrungen. 

Die Verfasser legen ihre Arbeit ihren Berufsgenossen, den deutscheu 
Lehrern, vor. Sie wünschen, dass man ihre Vorschläge rücksichtlich 
ihres Wertes, wie rücksichtlich ihrer Ausführbarkeit einer strengen Prü- 
fung unterziehen, aber nicht ohne eine solche verwerfen möge. Der 



VIII Vorwort 

einzelne Lehrer aber, dem seine Schularbeit am Herzen liegt, dem neue 
Vorschläge für die Unterrichtsarbeit auf dem sicheren Grunde eines ein- 
heitlichen Gedankengebäudes nicht unwillkommen sind, wolle selbst an 
der Hand der Praxis untersuchen, wie weit die ^Schuljahre" seine Arbeit 
zu fördern imstande sind. 

Immer aber wollen diese, wie sie aus dem Ganzen gearbeitet sind, 
auch als Ganzes beurteilt sein. Einzelne Vorschläge, einzelne Verknüpfungen 
innerhalb der Lehrstoffe, einzelne Präparationen mögen dabei immerhin 
noch mangelhaft und der Verbesserung bedürftig erscheinen, aber all 
diese Mängel im einzelnen genügen noch lange nicht, die grundlegenden 
Ideen umzustürzen, welche aus den beiden Grund- Wissenschaften der 
Pädagogik, aus Ethik und Psychologie, herausgeflossen sind. Möge man 
also die Vorschläge der Verfasser nicht ohne weiteres verwerfen, sondern 
dieselben, weil sie auf ernster Arbeit beruhen, auch ernst und eingehend 
prüfen ! 

Allerdings verhehlen sich die Verfasser dabei nicht, dass eine voll- 
ständige Durchführung des Lehi*plansystems, wie es in den Schuljahren 
aufgebaut worden ist, erst dann eintreten kann, wenn die dazu nötigen 
Lehrmittel beschaffe sein werden. Zu denselben gehört in erster Linie 
das Lesebuch, das, entgegen der encyklopädischen Anordnung, dem Un- 
terricht der einzelnen Schuljahre in konzentrierender Weise dienen soll. 
Es ist dasselbe ein ganz wesentliches Hülfsmittel für die Verbindung 
der Lehrfächer und damit auch für die Herstellung eines einheitlichen, 
geschlossenen Gedankenkreises. Ja, man kann geradezu sagen, dass ohne 
ein Lesebuch, wie es die Schuljahre im Sinne haben, diese selbst in der 
Praxis nur zum Teil durchführbar sind. 

Deshalb haben sich die Verfasser auch bemüht, diesem Mangel ab- 
zuhelfen, und diese Lücke auszufüllen. Bisher sind im engen Anschluss 
an die „Schuljahre^ erschienen: 

1. Lesebuch für das 2. Schuljahr. Preis 60 Pf. 

2. Lesebuch für das 3. Schuljahr. Preis 30 Pf. 

Ferner als Vorarbeiten für die Lesebücher der weiteren Schuljahre . 

3. Thüringische Sagen und Nibelungen. Historisches Lesebuch für 
das 3. und 4. Schuljahr. Preis 30 Pf. 

4. Ausgewählte Gedichte für den Geschichtsunterricht. Preis 1 M 
35 Pf. 

Möge das ganze Unternehmen für die Volksschulerziehung sich 
segensreich erweisen! 



Die Verfasser 



Vorwort IX 



Vorwort zur 4. Auflage 



So erfreulich es für die Verfasser der Schuljahre auch ist, dass Ton 
Zeit zu Zeit neue Auflagen sich nötig machen, so muss andrerseits doch 
die Thatsache sie bedrücken, dass mit der Förderung der Lehrplanfrage 
keineswegs der Fortschritt in der Praxis unserer Schulen Schritt hält. 
Wenigstens nicht in unserem Vaterland. Auswärts, z. B. an Schweizer 
und^ Amerikanischen Schulen, sind die Lehrplan-Forderungen der Schul- 
jahre im wesentlichen angenommen und eingeführt worden. Wie schwere 
Hindernisse dem in unserem Vaterland entgegenstehen, hat erst neuer- 
dings wieder der Streit um die Lehrplanfrage in Würzburg gezeigt. 
So sind wir zu dem eigentümlichen Widerspiel gekommen, dass in Deutsch- 
land eine Lehrplantheorie in langer und eindringender Arbeit theoretisch 
ausgebildet wird, die den Schulen im Ausland praktisch zu Gute kommt. 
Wir freuen uns dessen. Sind doch die Erziehungs-Ideen nicht auf ein 
Volk und nicht auf ein Land beschränkt. Als etwas rein Menschliches 
g:ehen sie über die Grenzen der Nationen hinaus und bilden ein ideales 
Band, das alle umschlingt, die eine sittliche Hebung des Volkes durch 
den Einfluss einer planvoll gestalteten Erziehung erhoffen. Aber ein 
niederdrückendes Gefühl bleibt es dabei - doch, dass die Entwicklung 
unseres Schul- und Bildungswesens in so feste Bahnen eingeschlossen ist, 
dass nicht einmal da, wo das Lehrerkollegium in einheitlichem Geiste 
den Lehrplan der Erziehungsschule gestalten und danach die Unterrichts- 
arbeit einrichten will, die Gelegenheit gegeben ist, eine gute Theorie an 
der Hand der Praxis zu prüfen und zu zeigen, dass, nach dem Worte 
Dörpfelds, eine gute Theorie das praktischste ist, was es geben kann. 
Das soll uns freilich nicht abhalten, an der Fortbildung der Lehrplan- 
theorie zu arbeiten, sie immer überzeugender zu begründen, und sie für 
die Einführung in unsere Schularbeit immer praktischer zu gestalten. 

Auch die neue Auflage dieses Bandes wird aufmerksamen Lesern 
zeigen, dass eine Reihe von Verbesserungen vorgenommen worden sind. 
Möge sie darum eine freundliche Aufnahme finden! 

Jena und Eisenach im April 1895 

Die Verfasser 



10 Das zweite Schuljahr 

stammend den hösen Fritz nnd die gute Anna, oder die Babenstreiche 
von Max nnd Moritz schildern? Sollen wir die wässerigen, dnrch und 
durch ungesunden sogen, moralischen Erzählungen ,,fnr die fleissige Jugend^ 
vorziehen, mit welchen die Basedowsche Sichtung wie eine wahre Sünd- 
flut uns noch heutigen Tages zu überschwemmen droht? Derartige 
Fabrikate können uns nicht bestechen. Uns ist die Warnung Jean Pauls 
zu gut im Gedächtnis: „Sargt nicht jedes Wesen, das ihr auftreten lasst, 
in eine Kanzel ein, aus welcher dasselbe die Kinder anpredigt, eine ab- 
mattende Sucht nach Moralien, mit welchen die meisten gedruckten 
Kindergeschichten anstecken und plagen, und wodurch sie gerade auf 
dem 'Wege nach dem Höchsten dieses verfehlen, wie etwa Karl XII. von 
Schweden gewöhnlich sein Schachspiel verlor, weil er immer mit dem 
König ausrückte. Jede gute Erzählung, sowie gute Dichtung, umgiebt 
sich von selber mit Lehren." 

Auch Herbart*) wendet sich mit vernichtender Kritik gegen 
die sogenannten kindlichen Erzählungen, welche schon durch die aus- 
gesprochene Absicht zu bilden verderblich wirken. „Stellt Kindern," sagt 
er, „das Schlechte dar, deutlich, nur nicht als Gegenstand der Begierde ; 
sie weiden finden, dass es schlecht ist. Unterbrecht eine Erzählung 
durch moralisches Eaisonnement ; sie werden finden, dass ihr langweilig 
erzählt. Stellt lauter Gutes dar; sie werden finden, dass es einförmig 
ist, und der blosse Reiz der Abwechslung wird ihnen das Schlechte will- 
kommen machen. Aber gebt ihnen eine interessante Erzählung, reich an 
Begebenheiten, Verhältnissen, Charakteren; es sei darin strenge, psycho- 
logische Wahrheit und nicht jenseits der Gefühle und Einsichten der 
Kinder; es sei darin kein Streben, das Schlimmste oder das Beste zu 
zeichnen; nur habe ein leiser, selbst noch schlummernder Takt dafür ge- 
sorgt, dass das Interesse der Handlung sich von dem Seh' echteren ab 
und zum Guten, zum Billigen, zum Rechten hinüberneige; ihr werdet 
tehen, wie die kindliche Aufmerksamkeit darin wurzelt, wie sie noch 
tiefer hinter die Wahrheit kommen, und alle Seiten der Sache hervor- 
zuwenden sucht, wie der mannigfaltige Stoff ein mannigfaltiges Urteil 
anregt, wie der Reiz der Abwechslung in das Vorziehen des Bessern 
endigt, ja, wie der Knabe, der sieh im sittlichen Urteil vielleicht ein 
paar kleine Stufen höher fühlt als der Held oder der Schreiber, mit 
innerem Wohlgefühl sich hinstemmen wird auf seinen Punkt, um sich zu 
behaupten gegen eine Roheit, die er schon unter sich fühlt. Noch eine 
Eigenschaft muss diese Erzählung haben, wenn sie dauernd und nach- 
drücklich wirken soll, sie muss das stärkste und reinste Gepräge männ- 
licher Grösse an sich tragen. Denn der Knabe unterscheidet, so gut 
wie wir, das Gemeine und Flache von dem Würdevollen ; ja dieser Unter- 
schied liegt ihm mehr als uns am Herzen; denn er fühlt sich ungern 
klein, er möchte ein Mann sein! Solche Männer nun, deren der Knabe 
einer sein möchte, stellt ihm dar. Die findet ihr gewiss nicht in der 
Nähe, denn dem Männerideal des Knaben entspricht nichts, was unter 
dem Einfluss unserer heutigen Kultur erwachsen ist. Ihr findet es auch 



*) Vorrede zur allgemeinen Pädagogik. 



Eobinson 11 

nicht in eui*er Einbildungskraft, denn sie ist voll pädagogischer 
Wünsche und voll eurer Erfahrungen, Kenntnisse und eigenen Angelegen- 
heiten " 

Unser Blick wird also auf eine Erzählung gelenkt, die sich ethisch 
so verwerten lässt, dass entgegengesetzt dem moralisierenden Salbadern 
das sittliche Urteil aus der Wärme und Teilnahme für den Helden der 
Erzählung mit Klarheit und voller Bestimmtheit sich einstellt. Wir suchen 
nach einer Erzählung, die gleichmässig Erkenntnis und Teilnahme in einer 
dem Alter des Zögx ^^s angemessenen Sphäre zu pflegen und zu fördern 
geeignet ist, die den Gedankenkreis so erfüllt, dass das Interesse auf 
das Höchste gespannt wird und die tiefgreifendsten Anregungen im 
Gemüte des Kindes zurückbleiben. Kaum eine Erzählung wird nun diesen 
Forderungen in so reichem Masse genügen können, wie die von Robin- 
son Denn welche Erzählung wäre im stände, die Teilnahme an 
dem Schicksal des Helden mit gleicher Stärke in der Seele des Kindes 
zu erregen? Von Anbeginn gewinnen wir ihn lieb, wenn wir auch das 
Verhalten seinen Eltern gegenüber nicht billigen Wir durchleben mit 
ihm die Angst und Not des Schiffbruchs, wir landen mit ihm auf dem 
fremden unwirtlichen Eiland, wir begleiten ihn dort auf seinen Wande- 
rungen und Unternehmungen, wir sinnen mit ihm über die Mittel und 
Wege, wie für Wohnung, Lebensunterhalt und persönliche Sicherheit zu 
sorgen sei, wir teilen den Schreck über die mannigfachen Vorfälle, die 
ihn bedrohen, und die Freude über all das Gute, das ihm unverhofft 
bis zu seiner endlichen Erlösung widerfährt.*) Hierbei findet das sitt- 
liche Urteil zahlreiche Gelegenheiten zu klaren und bestimmten Ent- 
scheidungen sowohl über das faktisch Geschehene als auch über das, 
was an seiner Stelle hätte geschehen können**) Auch verfolgen wir 
die Spuren des keimenden religiösen Bedürfnisses, des Abhängigkeits- 
gefühls von einem höheren Wesen, unter dessen Schutz der einsame Be- 
wohner sich sicher glaubt, all den Schrecknissen gegenüber, die Natur 
und Menschen ihm bereiten können. In der Robinsonerzählung haben 
wir die konkreteste Verkörperung einer Seelengeschichte, die von Leicht- 
sinn und Eigenwillen zur Sünde, von der Sünde zur Strafe, von der 
Strafe zur Reue und von hier zur sittlichen Besserung, zur religiösen 
Demütigung, zum Vertrauen auf die Gnade und Hilfe Gottes und so 
zum inneren Frieden fortschreitet. Die Erzählung ist ein Abbild des 
Gleichnisses vom verlorenen Sohn und eine Vorbereitung auf dasselbe, 
zwar nicht in biblischer Form, doch durchdrungen von christlichem 
Geist. 

Welche Fülle von Belehrungen aber für die Seite der Erkennt- 
nis aus unserer Erzählung dem Kinde zufliessen kann, dies bedarf wohl 
kaum der Erwähnung. Auch hat Rousseau gerade diese Gedankenreihe 
von mannigfachen Gesichtspunkten aus beleuchtet. Nach allen Seiten hin 
wird der Kreis der Kenntnisse erweitert in geographischer, naturkund- 



*) Heinecke, Die Bildung des Mitgefühls Pädag. Studien. 1883. 
3. Heft. 

*♦) S. Ackermann, Päd. Fragen. 2. Heft. Nr. 2. Dresden 1886. 



12 Das zweite Schuljahr 

licher, technologischer und knltnrhistorischer Hinsicht. Indem die Eohinson- 
erzählnng in hervorragender Weise den Interessen der Teilnahme: dem 
sympathetischen, dem socialen und religiösen Interesse, wie den Inter- 
essen der Erkenntnis: dem empirischen und speculativen dient, wird sie 
zugleich zu einer vortrefflichen Propädeutik tur Religion, Naturkunde 
und Geschichte. 

Doch ist immer noch ein Einwand zu beseitigen. Man könnte sagen ^ 
dass der Robinson als Stoff für das zweite Schuljahr verfrüht sei. 
Ursprünglich ein Roman, der für Erwachsene bestimmt ist, hat er iu 
seinen Bearbeitungen in das Knabenalter herabsteigen müssen. Wir nun 
woUen ihn noch weiter herunterrücken im Dienste des Unterrichts, 
ohne ihn dadurch aus der Privatlektüre unserer Jugend zu verdrängen. 
Denn es ist von hoher Bedeutung, dass jeder klassische Stoff, der als 
Erzählungsstoff dem Unterrichte gedient hat, auf einer höheren Stufe als 
Privatlektüre wiederkehrt. Wenn wir also den Robinson für das zweite 
Schuljahr bestimmen, so kommt es nur darauf an, ihn für diese Stufe 
in angemessener zweckentsprechender Weise zu bearbeiten. Ohne Zweifel 
muss uns hierbei das Original des Daniel Defoe massgebend sein, wie- 
wohl wir im Hinblick auf die Stellung des Robinsonstoffes in unserem 
Lehrplan vor weitgehenden Änderungen nicht zurückschrecken. Wir 
waren allerdings früher der Meinung, dass wii* der Bearbeitung Rousseans, 
Campes und Gräbners nicht folgen dürften, die Robinson von allem ent- 
blösst auf die Insel kommen und ihn erst später W^erkzeuge und Gerät- 
schaften in einem gestrandeten Schiffe finden lässt. Zu einer so weit- 
gehenden Umarbeitung des Originals konnten wir uns früher nicht ent- 
schliessen, weil wir annahmen, es sei der Apperzeptionskraft der von der 
modernen Kultur umgebenen Kinder zu viel zugemutet, aufzufassen, wie 
ein Mensch ohne alle Hilfsmittel, ganz von vorn beginnend, sich nach 
und nach die Natur zu unterjochen vermag. Aber erneute Beobachtungen 
und mehrfache Prüfung in der Praxis der Übungsschule zu Jena habeu 
ans davon überzeugt, dass der Lehrplan die Bearbeitung des Stoffes in 
Rousseauschem Sinn fordert und dass die Kinder sehr wohl imstande 
sind, in diese Auffassung sich zu versetzen und sie zu verstehen. 

Wenn wir uns also im ganzen auch dem Original anschliessen, so 
tritt doch die Notwendigkeit an uns heran, dasselbe einer durchgreifenden 
Bearbeitung zu unterwerfen, um den Erzählungsstoff für das zweite 
Schuljahr daraus gewinnen zu können. Vor allem gilt es, den Stoff 
zusammenzudrängen; denn in solcher Ausführlichkeit, wie Defoe erzählt, 
können wir nicht darstellen; auch geht vieles über den Horizont unserer 
Kinder hinaus. Da heisst es also, sich zu beschränken und gut auszu- 
wählen. Wir haben sogleich am Anfang die Fahrten Robinsons nach 
Guinea, seine Pflanzerzeit in Brasilien weggelassen. Denn ebenso wie 
seine späteren Schicksale nach dem Aufenthalt auf der Insel uns nicht 
interessieren können, ebensowenig die Ereignisse vor seinem Schiffbruch. 
Robinson auf der Insel, auf sich allein angewiesen, für sich allein thätig — 
das ist das Thema unseres zweiten Schuljahres, wie weiter unten nach- 
gewiesen werden soll. Auch hier wird man manche Abweichung vom 



Robinson . 18 

Original, manche Zusammenziehnngen und andere Anordnung gewahren, 
die wir im einzelnen nicht aufführen woUeii .*) 

Eine weitere Frage wäre nun die nach dem Zusammenhang 
zwischen der Kobinsonerzählung, dem Stoff des zweiten, und 
den Märchen, dem Stoff des ersten Schuljahres. Auf den ersten 
Blick hin ist kein Zusammenhang zu bemerken; von der Welt der 
Märchen mit ihren erdichteten Gestalten scheint ein grosser Sprung zu 
sein zu der realen Welt des Eobinson, in der alles auf gesetzmässige, 
naturnotwendige Weise vor sich geht. Das Gemeinsame zwischen beiden 
Stoffen möge jedoch darin gefunden, werden, dass auch im Kobinson noch 
die Phantasiethätigkeit der Kinder eine Hauptrolle spielt, wie die Er- 
zählung ja auch ein Phantasiegebilde ist, wenn auch nicht eines^ das, 
wie die Märchen, aus der Kindheit des Volkes selbst stammt. Auf der 
anderen Seite liegt der Fortschritt über die Märchen hinaus darin, dass 
im Robinson die objektive W^elt mit grösserer Deutlichkeit und Schärfe 
heraustritt, als dies in den Märchen der Fall ist. „Wenn nämlich das 
Kind auf der Stufe, wo ihm die Märchen kongenial sind, alle Aussen- 
dinge als seinesgleichen betrachtet und behandelt und daher die Wirk- 
lichkeit lediglich nach seinen Phantasieen und Wünschen gestaltet, so 
kommt doch bald die Zeit, wo die zunehmende Erkenntnis des Wirk- 
lichen diese willkürliche Behandlung nicht mehr gestattet, wo alle 
Aussenwelt als ein Nicht-Iph, als eine von dem Ich und seinen Wünschen 
unabhängige Objektivität dem Kinde gegenübertritt. Trotzdem aber 
giebt das Ich seine alles gestaltende Kraft nicht auf, es modifiziert 
dieselbe nur, indem es allmählich einsieht, dass es sich zur Behen*schung 
und Bewältigung der Aussendinge nach deren Natur richten müsse. 
Daraus entspringt dann das lebhafte Bedürfnis nach Erkenntnis der 
Natur und der Trieb, sie vermittelst dieser Erkenntnis den eigenen 
Zwecken dienstbar zu machen. Diese Wandlung tritt in jeder Kindes- 
entwicklung ein und im grossen und gauzen greift der Robinsonstoff richtig 
in diese Phase der Einzelentwicklung ein und fördert auch umgekehrt 
das faktische und praktische Eintreten dieser Stufe. ** (Staude, kultur- 
historische Stufen. Päd. Studien, 1880, 2. Heft.) 

Indem also der Robinsonunterricht ein Bild der Entwicklung von 
den Anfängen unserer Kultur darstellt, weckt er zugleich den Sinn für 
objektive, d. h. thatsächliche Betrachtung und Auffassung der umgebenden 
Welt. Er wird dadurch, wie schon oben angedeutet, zur Propädeutik 
für die Geschichte. 

„Und diese Propädeutik ist eben deswegen so geeignet, weil jener 
Fortschritt nicht dargestellt und verfolgt wird an dem höchsten Kultur- 
produkt, an der religiös-sittlichen Weltanschauung, deren Verständnis und 
Aneignung nur durch Vertiefung in ihre einzelnen Stufen gewonnen 
wird, sondern in der dem Kinde greifbarsten und fasslichsten Gestalt, 
an der Überwältigung und Dienstbarmachung der Natur, an der Riesen- 



*) Der Text, welcher dem Leseunterricht zugewiesen ist, ist in 
unserem Lesebuch für das zweite Schuljahr gegeben. Die Verfasser 
haben sich dabei bemüht, dem Standpunkt der Kinder gerecht zu werden. 



i 



14 Das zweite Schuljahr. 

arbeit, welche vorgeschichtliche und geschichtliche Menschengeschlechter 
zum Zwecke ihrer menschenwürdigen Existenz geleistet und den Kindern 
der Gegenwart zum behaglichen Genuss überliefert haben. Dieser ge- 
waltige Fortschritt, diese unzähligen Kulturleistungen werden in der 
Robinsonerzählung konzentriert und gleichsam in einen Brennpunkt ver- 
einigt, und wenn nur diese Seite derselben vom Unterricht gebührend 
gewürdigt wird, dann wird die gedankenlose Stumpfheit und geföhllose 
Boheit, mit der so viele Zeitgenossen die alltäglich gewordenen Emingren- 
schaften, Erfindungen und Wohlthaten der kulturgeschichtlichen Arbeit 
gebrauchen und missachten, von den Kindern fernbleiben, und dafdr wird 
geschaffen werden freudiges Staunen, dankbare Hinnahme und Teilnahme 
und bewusste Versenkung in das Warum? und Woher? aller in die 
Gegenwart hineinragenden geistigen und materiellen Denkmale der Ver- 
gangenheit." (Staude a. a. 0.) 

In ähnlicher Weise setzt Zillig auseinander: 

„Wie der Mensch der Urperiode zu seinen wenigen mechanischen 
Verrichtungen Muscheln, Knochen, Pflanzenteile ohne vorherige Bear- 
beitung, so wie die Natur sie ihm bot, benutzte; wie er weiterhin Pfeü 
und Lanzenspitzen, Messer und Gerätschaften zur Bearbeitung: des 
Bodens, zur Herstellung der W^ohnung oder Grabstätte, ja schon einzelnen 
Zierrat in freilich oft mühevoller Weise aus Stein fertigte, bis er endlich 
in den Metallen ein Mittel zur Befriedigung mannigfaltigster Bedürfnisse 
und in dieser Verwendbarkeit wiederum einen Anreiz zu immer neuen 
Erfindungen empfing ; mit welcher Überlegung und Umsicht bei Schafifong 
einer bergenden und schützenden Wohnung zu verfahren war, wenn das 
Bedürfnis nach sicherer Kühe, die Notwendigkeit, sich gegen Feinde in 
tierischer und menschlicher Gestalt zu verteidigen, dazu nötigte; vde 
viel Anstrengung und Schweiss es kostete, der Natur die Nahrung ab- 
zugewinnen, und mit welchem Aufwand von Kraft, Mut und schlauer 
Berechnung sich der Mensch die Herrschaft über die Tiere sichern 
musste, indem er die einen zu bekämpfen, die andern seinem Unterhalt 
dienstbar zu machen hatte; wie der Mensch sich hauptsächlich dadurch 
über den tierischen Standpunkt erhob, dass er nicht alles, was ihm der 
Augenblick bot, auch verbrauchte, sich den Überfluss vielmehr für die 
Zukunft aufbewahrte, dass er sich Zwecke setzte, über das, was er 
später nötig haben werde, im voraus sorglich nachdenkend, dass er für 
jene Zwecke sich die Mittel berechnete und mit Anstrengung aller 
Kräfte bereitete; wie dabei namentlich das Feuer zum mächtigen Hebel 
seiner Entwicklung sich gestaltete, etc. — Dies alles finden wir in der 
Geschichte Robinsons in konkreter, für die Kinder fasslicher Weise dar- 
gestellt.« *) 

Bekanntlich forderte auch Biedermann in seinem Schriftchen 
„Der Geschichtsunterricht in der Schule" zunächst einen kultur- 



'*) Zillig, XIV. Jahrb., S. 108f. Erläuterungen zum XIV, Jahr- 
buch. Leipzig 1882, Veit und Comp. Vergl. Wohlrabe, Über Gewissen 
und Gewissensbildung, Programm des Weimar. Seminars 1883, S. 53 f. 
Evangel. Schulblatt von Dörpfeld: Erinnerung an das Zillersche 



Robinson 15 

geschichtlichenAnschaunn^sunterricht. Derselbe solle an die 
Dinge der Umgebnng anknüpfen und diese zu Ausgangspunkten für eine 
rückblickende Betrachtung machen Man würde also z. B. dwi Schüler 
von der Anschauung der gegenwärtigen Kleidung, Nahrung, Wohnung, 
häuslichen Einrichtungen und anderen Erscheinungen des ihn umgebenden 
Kulturlebens hinüberleiten zu der Anschauung eben dieser Vorkommnisse 
in einem früheren Zeiträume u. s. w. Die wichtigsten Ergebnisse eines 
solchen kulturgeschichtlichen Anschauungsunterrichts seien folgende : 
1. Die Übung und Schärfunj? des Beobachtungs- und Vergleichungssiunes 
bei den Schülern. 2. Die Anleitung und Gewöhnung derselben, auch an 
den alltäglichen Vorkommnissen nicht stumpf uud gleichgültig vorüber- 
zugehen. 3. Die erste Weckung des Bewusstsein von einem Fortschreiten, 
einer Vervollkommnung der Menschheit durch eigene Thätigkeit, durch 
Arbeit, durch gegenseitige Hilfleistungen u. s. w. 

Gewiss sehr richtig. Aber unstreitig wird das Interesse für kultur- 
geschichtliche Thatsachen und Aufgaben nachhaltiger und wärmer werden, 
wenn es mit der Teilnahme für die Schicksale einer bestimmten Persön- 
lichkeit verknüpft ist. Der Biedermannsche Anschauungsunterricht muss 
notwendigerweise etwas Nüchternes und Langweiliges in seiner Abstrakt- 
heit bekommen — eine Befürchtung, die man für die Robinsonerzählung 
nicht zu hegen braucht. Hier wird das Interesse an der Person des 
Einsiedlers in den Kindern ein unmittelbares Leben gewinnen und so 
stark werden, dass es auch auf die übrigen Unterrichtsgegenstände, auf 
die kulturhistorischen Betrachtungen wie auf die naturkandlichen iu der 
erfolgreichsten .Weise einwirkt. Der durchschlagende Grund, der für Ein- 
führung der Robinson-Erzählung in das zweite Schuljahr spricht, ist 
also dieser: Er repräsentiert die vorhistorische Zeit, die allen Kultur- 
völkern gemeinsam ist. Er versetzt die Schüler in die Kuituranßlnge, 
in denen der Mensch sich über die Natur erhebt und sie zu beherrschen 
beginnt. Er erweckt im Schüler die Vorahnung von historisch Geworde- 
nem, leitet also die erste Pflege und WeckuDg des historischen Sinnes 
ein und bereitet in zweckmässiger Weise das Verständnis vor für die 
folgende Patriarchenzeit. So reiht sich die Robinson-Erzählung in den 
historischen Rahmen vortrefflich ein, indem sie zugleich die Kluft über- 
brückt, die in der Kinderseele zwischen der reinen Phantasiewelt und 
der objektiven Welt besteht. Durch ihn geht dem Schüler die Erkenntnis 
der Beziehungen zwischen Natur- und Menschenleben auf, die Bewälti- 
gung von Naturdingen und Naturverhältnissen durch den Willen des 
Menschen, indem zagleich eine Klärung und Erweiterung der Raum- und 
Zeitvorstellungen eintritt. 

Ein gleicher Fortschritt über die Märchen hinaus geschieht in 
religiös-sittlicher Beziehung. Wenn der Vorkursus, der die zwei ersten 
Schuljahre umfasst, auch durchaus den Standpunkt der Naturreligion ein- 



Seminar in Leipzig, 4. Heft 1883. Th. Wiget, Weim. Kirchen- und 
Schulblatt, 1880 Nr. 1. Ders., Praxis der Schweiz. Volks- und Mittel- 
schule, 1881 Nr. 1. Beyer, Die Naturkunde im erz. Unterricht. Reins 
pädagog. Studien, 2. Heft 1883 und Leipzig 188ö. Beyer, Die Natur- 
wissenschaften in der Erziehungsschule. Leipzig 1885. 



16 Das zweite Schuljahr 

nimmt, so findet doch im zweiten Schuljahr eine Ervsreiterong and Ver- 
tiefung der religiös-ästhetischen Bildungselemente statt, so dass von hier 
aus der Übergang zur Patriarchenstufe ein unmerklicher wird. So stellt 
die Robinsonerzählung nicht nur als Kultur- sondern auch als Gresinnungs- 
stoff durch Weiterbildung der im Märchen-Unterricht erarbeiteten sittlich- 
religiösen Gebilde eine sichere Forttlihrung der Fundamente für die 
Charakterbildung her. *) 

Endlich könnte noch ein Bedenken erhoben werden, ob nämlich bei 
der Wahl der Robinsonerzählung für das' zweite Schuljahr die Natur 
oder das Gemüt des Mädchens in eben dem Maasse berücksichtigt sei, 
als die des Knauen, und ob nicht für Mädchen biblische Geschichten 
doch vorzuziehen seien. Dieses Bedenken erscheint uns nicht gerecht- 
fertigt. Denn es scheiden sich auf dieser Altersstufe die Geschlechter 
keineswegs so scharf, dass schon hier der Lebrplan darauf Bezug nehmen 
müsste. Auch zeigen die Mädchen für die Robinsonerzählung ein gleich 
lebhaftes Interesse. Überdies werden in den biblischen Geschichten auch 
vorwiegend männliche Charaktere betrachtet, so dass sie in dieser Be- 
ziehung keine besonderen Vorzüge für die Mädchenerziehung besitzen. 

Zum Schluss weisen wir noch darauf hin, dass die Robinsoner- 
zäblung zugleich als Konzentrationsstoff dient. Folgende Fächer 
sind — ebenso wie im ersten Schuljahre — zu berücksichtigen : Zeich- 
nen und Singen, Deutsch (Lesen und Schreiben), Naturkunde, 
Rechnen. Unter der Bezeichnung „Naturkunde" fassen wir zugleich 
das Geographische, Technologische und Kulturhistorische zusammen. Sämt- 
liche Fächer stehen im Dienst des Gesinuungsunterrichts - und schliessen 
sich diesem teils direkt, teils indirekt an, so dass hierdurch ein orga- 
nisches Ineinandergreifen der Lehrfächer entsteht. Die Konzentrations- 
idee, wie wir sie im ersten Schuljahr durchgeführt haben, kommt in 
gleicher Weise auch hier zur Anwendung. Die Natm*kunde erhält vom 
Gesinnungsunterricht direkte Weisungen, ebenso das Singen, das zugleich 
dem Schulleben zu dienen hat. Das Zeichnen schliesst sich teils dem 
Gesinnungsunterricht unmittelbar, teils mittelbar durch die Naturkunde 
an. Ebenso auch das Rechnen, das die nötigen Ausgangspunkte eben- 
falls in den behandelten Sachgebieten findet. 

So hängt alles von dem Mittelpunkt der Gesinnungsbildung, dem 
Gesinnungsstoff, ab. Und insofern ist die Frage, welcher Stoff 
dieses sei, für jedes Schuljahr die wichtigste. Denn sie ist zugleich 
Kern- und Angelpunkt der Konzentrationsfrage, wie wir in den ein- 
leitenden Kapiteln des „ersten Schuljahres^ auseinander gesetzt haben. 
Die Theorie des Lehrplans, dessen erstes und hauptsächlichstes Stück die 
Auswahl und Aufeinanderfolge des Gesinnungsstoffes bildet, setzt für das 
zweite Schuljahr die Robinsonerzählung ein. An Robinson ist das 
herrschende Interesse gefesselt; aus Ihm müssen sich alle die religiös- 
sittlichen Antriebe ergeben, welche bestimmend auf die Geistesbildung 



% 



•) Eine ausführliche Darlegung dieser Gedanken wolle man im 
V. Heft «Aus dem päd. Universitäts-Seminar zu Jena" in der Arbeit des 
Herrn H. Landmann nachlesen. 



Eobinson 17 

nnserer Zöglinge einwirken. Er bildet aber aach den Ausgangspunkt für 
alle übrigen Besprechungen, die es nicht auf die Pflege der Teilnahme, 
sondern vielmehr auf das Wachsen der Erkenntnis abgesehen haben."') 
Auf solche Weise suchen wir die Idee des erziehenden Unterrichts 
in unseren Schulen zu verwirklichen. Mit ihr hängt auf das engste die 
Wahl unseres Gesinnungsstoffes zusammen, von ihr ist unsere gesamte 
pädagogische Überlegung durchdrungen. Sie kann falsch sein; niemand 
aber wird den Verfassern den Vorwurf machen können, von der her- 
gebrachten Volksschulpraxis ohne tiefer gehende Beweggründe sich ent- 
fernt zu haben. 



2 Die Erzählung 

Vergl. „Lesebuch für das zweite Schuljahr", 3. Aufl. Leipzig, 
H. Bredt, Seite 31—58. Preis 60 Pf. 



3 Die Behandlung des StolTes 

Vorbemerkungen 

1. Die allgemeinen Grundzüge für die Behandlung des Stoffes 
sind im „ersten Schuljahr" 5. Aufl. 88 — 131 dargelegt. Der Stoff, der 



*) Was Dr. Fröhlich gegen die Bobinsonerzählung vorgebracht hat, 
(die wissensch. Pädagogik, 1. Aufl. Wien 1883, S. 153, 3. Aufl. S. 184 f.) ist 
durch P. Zilli^ widerlegt worden. (Pädag. Stud. 1884, 2. Heft S. 33—37.) 
Ferner wurde Im Bhein. Schulmann (Neuwied 1885, Seite 361 ff) 
eine kritische Besprechung des Konzentrationsstoffes für das 2. Schul- 
jahr veröffentlicht. Diese war jedoch keineswegs geeignet, unsere Über- 
zeugung auch nur im mindesten zu erschüttern. Vergl. den Aufsatz von 
Grabs, Erziehungsschule 1885, Nr. 12, Seite 148, ferner den Streit 
Wiget-Kuoni in der Schweizer. Lehrerzeitung 1883, Nr. 30 u. 31, und 
Beilage zu Nr. 35. Femer Bhein-Schulmann 1885, Nr. 11 und 1886. 
2 : E m m e , Ist die Robinsonerzählung der geeignete Lehrstoff für das 
2. Schuljahr? — Die Einwände aber, welche aus der Mitte der herbar- 
tischen Richtung gegen die Verwendung der Bobinsonerzählung als Ge- 
sinnungsstoff des zweiten Schuljahres erhoben wurden, sind in der Arbeit 
von H. Landmann (V. Seminarheft, Jena") eingehend besprochen worden. 
Hartmann, Die Auswahl des Volksschullehrstoffes. Sachs. Schulztg. 
Jahrg. 1887 Nr. 14 — 18. Lange, Ober Apperzeption. 4. Aufl. S. 160. 
Willmann, Päd. Vorträge» 2. Aufl. Anhang: Anmerkung 17. Die 
Kritik, die bisher an den Bobinsonstoff gelegt wurde, ist durchaus theore- 
tischer Natur. Bis jetzt hat noch niemand, der Gelegenheit hatte, den 
Wert der Erzählung für das 2. Schuljahr praktisch zu erproben, 
gegen sie sich ausgesprochen. Alle, die praktisch diesen Stoff durch- 
geführt haben, wurden von seiner Brauchbarkeit und Güte überzeugt. 
Mit Recht schreiben daher die „Oberrheinischen Blätter für erziehen- 
den Unterricht" (Fr. Krönlein, Freiburg i. Br.) Nr. 11, 1894: „Mir 
ist es unbegreiflich, dass Schulmänner, die niemals solche Stoffe unter- 
richtlich behandelt haben, theoretisch an dem Stoffe Kritik üben." Vergl. 
Ackermann (Päd. Fragen, -2. R., 2.): „Mit Robinson lässt sich wohl 
etwas anfangen, vorausgesetzt, dass der Lehrer etwas damit anzufangen 



weiss." 



18 Das zweite Schaljalir 

dnrcli den Lehrplan den einzelnen Unterrichtsfächern gegeben ist, wird 
in Stücke zerlegt, in sogenannte „methodische Einheiten.^ Jede „metho- 
dische Einheit^ aber wird natnrgemäss nach den formalen Stufen durch- 
gearbeitet 

2. Das Neue wird vielfach auf der zweiten formalen Stnfe durch 
die Erzählung des Lehrers den Kindern dargeboten. Für die Kinder 
weit bildender ist es aber, wenn die Erzählung mit Hilfe des Lehrers 
von den Kindern selbst aufgebaut wird. Über die Synthese im 
Geschichtsunterricht, sowie über den „entwickelnd-darstellenden 
Unter rieht** siehe das 5. Schuljahr, 2. Aufl., Seite 47; XVIIL 
Jahrbuch, S. 178 f., den betr. Abschnitt im ersten Schuljahr, 5. Aufl. 
und 0. Foltz in Beins Encyklopädie, 8. Lieferung, Langensalza, Beyer 
u. S. Es. findet entschieden ein lebhafterer Gedankenfluss und auch eine 
lebhaftere Gefühlserregung statt, wenn die Kinder selbständig an der 
Erarbeitung der Erzählung sich beteiligen. 

3. Dass mit dem Wiedererzählen von Seiten der Kinder der Unter- 
richtsprozess nicht abgeschlossen und vollendet ist, soll hier noch be- 
sonders hervorgehoben werden. Es handelt sich noch darum, die Kinder 
in den erarbeiteten Stoff zu vertiefen und die ethisch-religiösen Sätze ans 
dem konkreten Material abzuleiten. Die Vertiefung geschieht ebenfalls am 
besten in der Form der Unterhaltung, wobei man sich nur hüten 
muss, in das so beliebte „Abfragen^ zu geraten. Für diese Unter« 
haltungen kann die Ausgabe von Campe dem Lehrer mancherlei Winke 
geben. 

4. Die religiös- sittlichen Sätze werden, wo es geht, in einem 
Bibelspruch, in einem Sprichwort oder in einem sonst leicht fassbaren 
klassischen Dictum zusammengefasst. An geeigneten Stellen müssen sie 
wiederholt und geordnet werden. Dabei wird natürlich auf das religiös- 
sittliche Material aus dem ersten Schuljahr Rücksicht genommen. Die 
Übersicht über das ganze, in den beiden ersten Schuljahren erarbeitete 
Material findet am Ende des zweiten Schuljahres statt. 

5 Im Folgenden geben wir in kurzen Umrissen das religiös-sitt- 
liche Material an, welches im Anschluss an die einzelnen Abschnitte der 
Eobinsonerzählung zur unterrichtlichen Durcharbeitung sich darbietet. 
Die Bearbeitung im einzelnen ist dem betreffenden Lehrer überlassen, 
da wir in den Schuljahren nur Anhaltepunkte für seine Präparationen 
zu geben beabsichtigen, um eigenem Nachdenken und freier Selbstthätig- 
keit nicht vorzugreifen. Überdies bieten sich dem Lehrer zur Vor- 
bereitung die Präparationen von A. Fuchs an. 

Übersicht des Stoffes.*) 

1. Robinson bei seinen Eltern. Es wird die Faulheit des 
Knaben gerügt, der, anstatt zu arbeiten, am Hafen spazieren geht. 
Scharfen Tadel erfährt ferner, dass Eobinsou, ohne die Eltern gefragt 



•) Unser Lesebuch bietet 80 Hauptab-chnltte dar. Dieselben sind 
aber keineswegs zugleich methodische Einlit^iten; vielmehr zerfallen 
einzelne Hauptabschnitte des Textes, je nach ihr&m religiös-sittlichen Im- 



Robinson 19 

zu haben, dem lockenden Schulkamerad folgt rnid mit anf das Schiff 
geht. Sprach: Wenn dich die bösen Buben locken, etc. Müssiggang ist 
aller Laster Anfang. Ehre deinen Vater und deine Mutter und verlasse 
sie nicht. Ihr Kinder, seid gehorsam euern Eltern. 4. Gebot. Gedicht; 
Warnung. Lesebuch II, S. 63. 

2. Eobiusons Seereise. Wir freuen uns, dass Robinson den 
Entschluss fasst, zu seinen Eltern zurückzukehren, um so schärfer wird 
hernach getadelt, dass er die Ausführung bald vergessen hat. Seine 
Reue war nur von kurzer Dauer. »Wir wollen bei unseren guten Vor- 
sätzen bleiben und sie nicht vergessen.^ 

3. Der Schiffbruch. Zu tadeln ist, dass Robinson bei Beginn 
des zweiten Sturmes nicht an den denkt, der „Wolken, Luft und Winden 
giebt Wege, I^auf und Bahn" und der ihn im ersten Sturm errettete. 
Robinson kommt in grosse Lebensgefahr; aber glücklich wird er daraus 
gerettet. Da dankt er dem lieben Gott auf den Knieen für seine Rettung. 
Das war gut von ihm. Spruch: Not lehrt beten. 

4. Dielnsel. Robinson war ganz allein auf der Insel. Er fürchtete 
sich. Dachte er an den lieben Gott? Abendgebet: „Nie bist du Höchster" 
u. s. w. Er hatte nichts zu essen und nichts zu trinken. Da half ihm 
der liebe Gott. Sprach: Wo die Not am grössten, da ist Gottes Hilfe 
am nächsten. 

5. Robinson richtet sich ein. Robinson arbeitet fleissig und 
scheut keine Mühe, um sich eine Wohnung zu bauen; alle seine Sachen 
hält er in guter Ordnung, er teilt seine Zeit ein. W^echsel von Arbeit 
und Erholung. Es wird getadelt, dass er nicht an Gott denkt und nicht 
an seine Eltern, da es ihm jetzt gut ergeht, a) Robinsons Wohnung; 
b) Ein neues Nahrungsmittel. Die Anfertigung von Hut, Schirm, Tasche 
und Schuhen, c) Sonntagsfeier und Anfertigung eines Kalenders. Wir 
wollen nie vergessen, wie viele Wohlthaten uns Gott erweist. 

6. Robinson sieht sich um. 1. Die Folgen der ersten 
Reise: a) Robinson fertigt sich Waffen an, b) Er übt sich im Gebrauch 
der Waffen. 2. Die Reise in das Innere der Insel: a) Der 
Wald; b) Robinson als Jäger; c) Robioson baut einen Keller. »Herr, 
wie sind deine Werke so gross und viel. Du hast sie alle weislich ge- 
ordnet und die Erde ist voll deiner Güter." 

7. Robinson wird krank. Jetzt, wo ein heftiges Fieber Robinson 
plagte, gedachte er seiner Eltern. Eine bittere Reue überfiel ihn. Er 
betete inbrünstig zu Gott und gestand, wie schweres unrecht er seinen 
Eltern zugefügt habe. Er bat sie um Verzeihung und bereitete sich 
zum Tode vor. Aber der liebe Gott half ihm auch diesmal. Er wurde 
wieder gesund. Sein erstes war nun, dass er Gott dankte. Sprach: 
Rufe mich au in der Not, so will ich dich erretten, und du sollst mich 
preisen. — Befiehl dem Herrn deine Wege u. s. w. 



halt, in mehrere methodische Einheiten, andere wieder können in e i n*e 
methodische Einheit zusammengezogen werden. Hierin, m der Aufstellung 
und Aufeinanderfolge der methodischen Einheiten, liegt die Freiheit 
des Lehrers gegenüber der Gebundenheit an den psychologischen 
Fortgang innerhalb der einzelnen Einheiten. 



2* 




2r> Dki zT*ii* ^iiil;kir 

«Ai /fax ij^^t s«ä7. W»nai x:*i-r 

. ! . D ; ^ E r '. t *. • j'*;: i*:T Gitb^j- aH** ntra »xi 
I» .S^.tvi^iMM; ^LtK Ajkg*^^Vi £»jJiSt dB ieüi Br->r cä«». LeKbscb 11, 
», '^. Alk i^u ODd alle ToÜAomabeat « j^frc e&f A^r Ämtern «. s. ic 

12, Das FfsOi^r. a» Getntter ni Erdbebca. b Sor^e «m Br- 
luütanir 4^ Feoerf . 

13, Verb^ss^rnnir der Einrieb tvoren. at BolMBHm ak 
Tupfer h) K/ihriDVin als Banker, e» Die Anfertiniie eiacr fiaaipe, 
d; Verbeiweranfir von Tisch und StahL ei BobiLSon als Sckneidier. 
f) Rr>bjns^jn als Fischer. 

14, Der Sonntag. Kobinson hafte so eifrie gearbeitet» daaa er 
den .Sonntasr durvht-r vereeasen hätte. Das war sehr Unrecht. Denn es 
st^-ht K^^'hriebfrn : Sfrcbs Ta^e sollst da arbeiten, aber am siebenten ist 
der Tag* des Herrn, deines Gottes, da sollst da kein Werk thon. Wochen- 
tage^.. .S^>nnta(^e. Arbeitstag'e. Festtac'e. Rnheta^e. Sonntagafeier. 
Gottesdienst Weihnachten. Ostern. Pfini?3ten. Gedicht: Sonntn^T. 
Lesebnch H, Nr, 12 a. 13. Lied: Wach aaf mein Herz and singe. 
Jjesebach II, Nr. •>. (2 Strophen,^ 

15 Kobinson baut sich einen Kahn. S. Nr. 13. Lese- 
bnch II, Nr. ö4 n, 05. Wer sich mat willig in Gefahr begiebt, kommt 
leicht darin am, 

lÜ. Das Schiff im Starm. 

17, Kine neue Entdeckang. Es war sehr Unrecht, dass 
Kobinson wjin V<^rtraaen auf Gott so schnell verlor. Freilich war seine 
An^Mt Über die Fussspur, die er im Sande gesehen, sehr gross. Welchen 
Spruch hatte er also ganz vergessen? Durfte er seine häusliche Ord- 
nung vernachlässigen V — Später sieht er die Überreste, welche die 
Menschenfresser am Strand zurückgelassen. Sein Entsetzen ist gerecht- 
fertigt. Es sind wilde, rohe Menschen, die so Grässliches thun können. 
„Du sollst nicht töten. "" 

18. Kobinson erhält Freitag. Kobinson wird gelobt, dass 
«r dem armen Wilden so thatkräftig beispringt und ihn rettet. Durfte 

♦) Ileyrlnor, Beiträge zur Kenntnis des kindlichen Seelenlebens, 
«pricht H. H2 den Wunsch aus, die realistischen Abschnitte möchten 
iMtNNiir verteilt werden, sich nicht wie es der Fall wäre, zu sehr häufen. 
Die hier Kegehene Einteilung kommt diesem Wunsche entgegen. Übrigens 
ist die Jlllufung in der Natur der Erzählung gegeben, da das Thema des 
sweit.en Hohuljahres darin besteht, die vorgeschichtliche Zeit za versinn- 
lioh«»n mit ihrer gewaltigen Arbeit, die Natur beherrschen zu lernen. 



Robinson ^ 21 

Eobinson die Wilden töten? Notwehr? Der gerettete Wilde beweist 
sich sehr dankbar und gehorcht Robinson. „Seid barmherzig, wie euer 
himmlischer Vater auch barmherzig ist." 

19. Robinsons Leben mit Freitag. Robinson hatte sich 
doch oft einsam gefühlt; trotzdem er die treuen Tiere bei sich hatte. 
Diese konnten ihm den Umgang mit einem Menschen nicht ersetzen. 
Warum nicht? Nun hatte ihm Gott auch einen Gefährten geschickt. 
Es war recht, dass er diesen so gut behandelt, dass er ihn belehrt, dass 
er ihn kleidet. Wie zeigt sich Freitag gegen Robinson? 

20. Robinson als Lehrer. Robinsons Belehrung: Gott liebt die 
Menschen, wie ein Vater seine Kinder. Er weiss alles und erhält die 
ganze Welt in Ordnung. Einen bösen Gott giebt es nicht. Es giebt 
nur einen Gott und das ist ein lieber, guter Gott. Er sorgt für uns und 
beschützt uns. 

21. Vorbereitungen zur Fahrt nach Freitags Vaterland. 
W'ie gut war es von Robinson, dass er die Fahrt in Freitags Vaterland 
unternehmen wollte trotz aller Mühseligkeiten, trotz aller Gefahren! 

22. Der Kampf mit den Wilden. Robinson und Freitag waren 
gute Genossen. Freitag gehorcht pünktlich. Mutig gehen sie in Gefahr 
und retten die Gefangenen. Lesebuch II, Nr. 69. „Seid barmherzig 
gegen eure Feinde." 

2S, Ein glückliches Zusammentreffen. Die Liebe Freitags 
zu seinem Vater findet lebhafte Zustimmung, sowie die Sorge Robinsons 
für die Geretteten. 

24. Der Spanier und Freitags Vater fahren in Freitags 
Vaterland. Robinsons Sorge erstreckt sich immer weiter. Nun will 
er auch den anderen weissen Männern helfen. Dies war gut von ihm. 
„Du sollst deinen Nächsten lieben, wie dich selbst." 

25. Ein ganz unerwartetes Ereignis. Nach langer Prüfung 
sendet Gott dem Robinson Errettung. „Wer nur den lieben Gott lässt 
walten etc." 

26. Die Abreise. Robinsons Trennung von der Insel, von allem, 
was er dort bereitet und geschaffen. Sein Abschied von Freitag. Die 
grosse Treue desselben findet entschiedenen Beifall. Lesebuch II, Nr. 
54 u. 55. „Sei getreu bis in den Tod, so will ich dir die Krone des 
Lebens geben." 

27. Die Heimat. Das Wiedersehen. Gottes Fügung. Gedicht: 
Gottes Hand. Lesebuch II, Nr. 9 u. 61. 

Anmerkung. 

In der Zeit vor Weihnachten findet eine Wiederholung und Er- 
weiterung der Erzählungen von der Geburt Jesu statt, nicht in streng 
unterrichtlicher, sondern mehr in erbaulicher Weise. Es werden die 
Gedichte des Lesebuchs: Das Christkind, Weihnachtslied, Vom Himmel 
hoch da komm ich her (Lesebuch II, Nr. 5 — 8) herangezogen, besprochen 
und gelernt. Die Kinder nehmen an den sonntäglichen Erbauungs- 
stunden teil. 



12 Das zweite Schuljahr 

licher, technologischer und kulturhistorischer Hinsicht. Indem die Rohinson- 
erzählung in hervorragender Weise den Interessen der Teilnahme: dem 
sympathetiscben, dem socialen und religiösen Interesse, wie den Inter- 
essen der Erkenntnis: dem empirischen und speculativen dient, wird sie 
zugleich zu einer vortrefflichen Propädeutik tiir Religion, Naturkunde 
und Geschichte. 

Doch ist immer noch ein Einwand zu heseitigen. Man könnte sagen ^ 
dass der Robinson als Stoff für das zweite Schuljahr verfrüht sei. 
Ursprünglich ein Roman, der für Erwachsene bestimmt ist, liat er iu 
seinen Bearbeitungen in das Knabenalter herabsteigen müssen. Wir nun 
wollen ihn noch weiter herunterrücken im Dienste des Unterrichts, 
ohne ihn dadurch aus" der Privatlektüre unserer Jugend zu verdrängen. 
Denn es ist von hoher Bedeutung, dass jeder klassische Stoff, der als 
Erzählungsstoff dem Unterrichte gedient hat, auf einer höheren Stufe als 
Privatlektüre wiederkehrt. Wenn wir also den Robinson für das zweite 
Schuljahr bestimmen, so kommt es nur darauf an, ihn für diese Stufe 
in angemessener zweckentsprechender Weise zu bearbeiten. Ohne Zweifel 
muss uns hierbei das Original des Daniel Defoe massgebend sein, wie- 
wohl wir im Hinblick auf die Stellung des Robinsonstoffes in unserem 
Lehrplan vor weitgehenden Änderungen nicht zurückschrecken. Wir 
waren allerdings früher der Meinung, dass wii* der Bearbeitung Rousseaus, 
Campes und Gräbners nicht folgen dürften, die Robinson von allem ent- 
blösst auf die Insel kommen und ihn erst später Werkzeuge und Gerät- 
schaften in einem gestrandeten Schiffe finden lässt. Zu einer so weit- 
gehenden Umarbeitung des Originals konnten wir uns früher nicht ent- 
schliessen, weil wir annahmen, es sei der Apperzeptionskraft der von der 
modernen Kultur umgebenen Kinder zu viel zugemutet, aufzufassen, wie 
ein Mensch ohne alle Hilfsmittel, ganz von vorn beginnend, sich nach 
und nach die Natur zu unterjochen vermag. Aber erneute Beobachtungen 
und mehrfache Prüfung in der Praxis der Übungsschule zu Jena habeu 
uns davon überzeugt, dass der Lehrplan die Bearbeitung des Stoffes in 
Rousseauschem Sinn fordert und dass die Kinder sehr wohl imstande 
sind, in diese Auffassung sich zu versetzen und sie zu verstehen. 

Wenn wir uns also im ganzen auch dem Original anschliessen, so 
tritt doch die Notwendigkeit an uns heran, dasselbe einer durchgreifenden 
Bearbeitung zu unterwerfen , um den Erzählungsstoff für das zweite 
Schuljahr daraus gewinnen zu können. Vor allem gilt es, den Stoff 
zusammenzudrängen; denn in solcher Ausführlichkeit, wie Defoe erzählt, 
können wir nicht darstellen; auch geht vieles über den Horizont unserer 
Kinder hinaus. Da heisst es also, sich zu beschränken und gut auszu- 
wählen. Wir haben sogleich am Anfang die Fahrten Robinsons nach 
Guinea, seine Pflanzerzeit in Brasilien weggelassen. Denn ebenso wie 
seine späteren Schicksale nach dem Aufenthalt auf der Insel uns nicht 
interessieren können, ebensowenig die Ereignisse vor seinem Schiffbruch. 
Robinson auf der Insel, auf sich allein angewiesen, für sich allein thätig — 
das ist das Thema unseres zweiten Schuljahres, wie weiter unten nach- 
gewiesen werden soll. Auch hier wird man manche Abweichung vom 



Eobinson 23 

Hörsei in die Werra fliesst^ als Massstab für die Entfemongen ange- 
nommen wird, zeichnen die Kinder das Eartenbild auf die Schiefertafel. 
Die „Naturkunde^ geht dann näher auf die Gewässer der Heimat ein.) 

Dort in der Stadt Bremen wohnte also der Enabe, von dem ich 
ench erzählen will. Seine Eltern lebten noch. Sagt mir, was die Eltern 
von euch verlangen, wie ihr in der Schule sein sollt? Was thut der 
Vater, wenn ihr nichts lernen wollt, wenn ihr lieber draussen herum- 
laufet? So war es auch bei dem Bremer Knaben, von dem ich euch 
erzählen will. 

2. Stufe. Erzählung des Lehrers: „Vor vielen, vielen Jahren 
etc." bis „Doch lief er lieber draussen herum". (Siehe Text im Lesebuch.) 

Einprägung. Wenn der Lehrer das Stückchen ein oder mehrere 
Male erzählt hat, richtet er an die ganze Klasse die Frage: Wer kann 
es wieder erzählen? Einer der sich meldenden Schüler wird dazu auf- 
gefordert. Der Lehrer lässt ihn ruhig aussprechen, ohne ihn zu unter- 
brechen. Dann folgt u. A. die Frage an die ganze Klasse, was hat er 
vergessen? oder was hat er falsch erzählt? Die Erzählung wird nun 
ergänzt oder berichtigt Nun erzählt derselbe Schüler, welcher die 
erste unvollkommene Darstellung gegeben hatte, das Stück noch einmal. 
Dann folgen andere. Bei dem Erzählen ist der individuelle Ausdruck 
höchst willkommen, Ausdrücke aus der Volkssprache gestattet, nur grobe 
grammatische Verstösse werden zurückgewiesen, oder von den Schülern 
verbessert. 

Zeigt sich bei dem Wiedererzählen der Kinder irgend eine Unklar- 
heit, irgend ein Missverständnis, so muss dasselbe sofort beseitigt und 
aufgeklärt werden und zwar durch eine Unterredung mit den Kindern. 
Dieselbe wird immer da den besten Erfolg erzielen, wo ein Bedürfnis 
dazu von selten der Schüler hervortritt. 

Das leidige Abfragen der Erzählung und Zerpflücken des Stoffes 
muss ganz unterbleiben. 

2 Stück 

1. Stufe. Am liebsten lief Eobinson an den Fluss. Warum wohl? 
Die Kinder geben verschiedene Gründe an. Wir waren zusammen am 
Frinzenteich. Warum hat es euch dort so gut gefallen? Auf dem Teich 
ein grosser Kahn. Wir sind zusammen auf dem Kahn gefahren. Er- 
zählt mir etwas von dem Kahn. Wie gross ist derselbe? (Schätzung 
nach der Schulstube.) Nun giebt es aber noch viel grössere Kähne. 
Man nennt dieselben Schiffe. Schiffe so lang wie unsere Schule und 
noch grössere. Viele hundert Menschen können darin wohnen. (Es wird 
ein Modell gezeigt, die unterrichtliche Behandlung desselben aber an die 
Naturkunde abgegeben. Der Unterricht wird bis dahin vollendet, wo 
Robinson auf das Schiff geht und die Erzählung mannigfach auf die Ein- 
richtung des Schiffes bezug nimmt.) 

Der Kahn ist auf dem Fluss, dem Teich, dem See. (Diese Begriffe 
sind aus der Anschauung der Umgebung bekannt.) Die Schiffe fahren 
auf dem Meere in weite, weite Länder und zu fremden Menschen. Lese- 
buch II, Nr. 61 u. 64. Hafen! Wer das so mit ansehen kann, wie die 



:l 



24 Das zweite Schaljahr 

Schiffe kommen und gehen, der bekommt gewiss Lnst, mit fortzufahren.; 
Ob wohl auch Eobinson gern mit fortgefahren wäre? (Die Kinder 
müssen sich znsammenhängend hierüber aussprechen, ehe der Lehrer die 
Erzählung fortsetzt.) 

2. Stufe. Erzählung: „Am liebsten spielte Eobinson etc.^ bis „und 
er war sicher wieder am Hafen. ** 

Einprägung. Dieselbe erfolgt in derselben Weise, wie bei dem 
1. Stück. Es wird sodann das 1. und 2. Stück verbunden. 

3 Stack 

1. Stufe. Wenn die Kinder acht Jahre lang in der Schule waren, 
dann werden sie entlassen. Was wird dann mit ihnen? Sie treten in 
die Lehre. Sie ergreifen ein Geschäft (Kaufmann). Lesebuch II, Nr. 56 
und 60. Warum thun sie das? Wie muss aber der Lehrling sein, wenn 
er etwas tüchtiges lernen will? Wird einer etwas lernen können, wenn 
er lieber an den Hafen läuft und den Schiffen zusieht? Nun hört. 

2. Stufe. Erzählung: ,,Als Kobinson sechzehn Jahre alt geworden 
etc^ bis ^setzte seinen Hut auf und lief zum Hafen." 

Einprägung in der angegebenen Weise. Es werden die drei be- 
handelten Stücke im Zusammenhang erzählt. Sobald dies von der Mehr- 
zahl der Kinder geläufig und sicher geschieht — bei den Schwächeren 
begnüge sich der Lehrer mit einer kürzeren Erzählung oder mit längeren 
Antworten auf vorgelegte zusammenfassende Fragen — folgt die Ver- 
tiefung in den ethisch -religiösen Gedankeninhalt des ganzen Stückes. 
Dann kann die erste methodische Einheit weiter geführt werden: 
dritte, vierte und fünfte formale Stufe. (Abstraktionsprozess.) 

3 Stufe 

Eobinsons Eltern wollten, dass er etwas Ordentliches lernen sollte. 
Das wollen eure Eltern auch. EobiDSon aber war faul und wollte nichts 
arbeiten. Er war so faul, wie die böse Tochter, die nicht spinnen, und 
wie sie zur Frau Holle kam, nicht arbeiten wollte. (8. Märchen.) Das 
war schlecht von ihm. Auch das war nicht recht, dass er fortlief, so- 
bald sein Vater ausgegangen war. Die Lust an den Schiffen, das Ver- 
gnügen am Wasser und am Hafen standen ihm höher als die Arbeit. 
Sein Vater aber meinte es doch so gut mit ihm. Worin zeigte sich das ? 
Er wollte, dass er ein ordentlicher Kaufmann würde, der sich redlich er- 
nähren könnte. Euere Eltern wollen das auch. Aber deshalb müsst ihr 
arbeiten. Auch Eobinson hätte arbeiten müssen, denn nur durch tüchtige 
Arbeit kann man sein Brot redlich verdienen. Eine Zeit lang fasste 
Eobinson auch den guten Vorsatz, recht fleissig zu werden und zu arbeiten 
— aber der Vorsatz blieb nicht lange bei ihm. Das war nicht recht. 
Was hätte er thun sollen? Und wie bei euch, Kinder? 

4 Stufe 

1. „Wir sollen fleissig sein und arbeiten" (Wiederholung). 

2. n^ir sollen bei unserem guten Vorsatz bleiben und ihn nicht 
wieder vergessen.« 



Eobinson 25 

3. „Wer faul ist, der kann sich nicht ernähren. Es kann ihn Niemand 

brauchen." 
Diese Sätze sind das Resultat des auf der dritten Stufe durch Zu- 
sammenstellung mehrerer Beispiele erarbeiteten religiös-sittlichen Materials. 

5 Stufe 

Wenn ihr aus der Schule entlassen seid, was sollt ihr da thun? 
Wenn du eine Arbeit verrichten " sollst, hast aber keine Lust dazu, willst 
lieber in den Wald laufen, was willst du da thun? (Ähnliche Beispiele.) 

Beispiele aus dem Lesebuch, Nr. 46, „Versuchung" : 

Gar emsig bei den Büchern 
ein Knabe sitzt im Kämmerlein, 
da lacht herein zum Fenster 
der lust'ge blanke Sonnenschein. 

Ebenso Nr. 37, „Der Faule": 

Heute nach der Schule gehen, 
da 80 schönes Wetter ist? etc. 

Auch Nr. 38, „Vom dummen Häuschen", kann hier herangezogen 
werden. 

Anmerkung 

Es ist hier noch besonders darauf hinzuweisen, wie der poetische 
Teil des Lesebuchs ganz eng mit dem Gesinnungsstoff zusammenhängt, 
wenn dies auch nicht auf den ersten Blick ersichtlich ist. So spricht 
Eobinson nach seiner Genesung: „Noch lässt der Herr mich leben" 
(Nr. 2). Das Schiff wird hierhin und dorthin getrieben (Nr. 9: „Gottes 
Hand", Nr. 61: „Das Meer", Nr. 65: „Eätsel"). Die Sorge seiner 
Mutter findet Ausdruck in Nr. 66: „Zum Geburtstag der Mutter" u. s. w. 
Der denkende Lehrer wird die Zusammenhänge zwischen Gesinnungsstoff 
und Lesebuch ball gewahr werden und sie bei seinem Unterricht wohl 
beherzigen. Es wird kaum ein poetisches Stück sein, welches nicht 
herangezogen werden könnte. Über den prosaischen Teil des Lesebuchs 
nur so viel, dass derselbe im Wintersemester des zweiten Schuljahres 
gelesen werden soll, nachdem der Unterricht im Robinson bereits weit 
vorgeschritten ist. 

2 Unterricbts-Beispiel*) 

(Entwickeln d-darst eilender Unterricht) 

Vorbemerkung: Die folgende Präparation will teilweise den durch 
die Auffindung des Schiffes herbeigeführten Wendepunkt in Eobinsons und 
Freitags Leben auf der Insel behandeln. Es bildet diese Episode aus 
dem Leben Eobinsons eine „methodische Einheit", Der Gründe, die hier 
zur Ausführung dieser Einheit fähren, sind drei. Erstens ist die Einheit 
reich an gesinnungbildenden Momenten, und es kann aus der Behandlung 
erkannt werden, wie die religiös-ethische Gefühls- und Denkweise der 



*) Diese Unterrichtsskizze ist von H. Landmann in Jena ausge- 
arbeitet worden auf Grund einer mehrjährigen Eobinsonpraxis. 



16 Das zweite Schuljahr 

nimmt, so findet doch im zweiten Schuljahr eine Erweiterung und Ver- 
tiefung der religiös-ästhetischen Bilduugselemente statt, so dass von hier 
aus der Übergang zur Patriarchenstufe ein unmerklicher wird. So stellt 
die Robinsonerzählung nicht nur als Kultur- sondern audh als Gesinnungs- 
stoff durch Weiterbildung der im Märchen-Unterricht erarbeiteten sittlich- 
religiösen Gebilde eine sichere Fortführung der Fundamente für die 
Charakterbildung her.*) 

Endlich könnte noch ein Bedenken erhoben werden, ob nämlich bei 
der Wahl der Robinsonerzählung für das' zweite Schuljahr - die Natur 
oder das Gemüt des Mädchens in eben dem Maasse berücksichtigt sei, 
als die des Knaben, und ob nicht für Mädchen biblische Geschichten 
doch vorzuziehen seien. Dieses Bedenken erscheint uns nicht gerecht- 
fertigt. Denn es scheiden sich auf dieser Altersstufe die Geschlechter 
keineswegs so scharf, dass schon hier der Lehrplan darauf Bezug nehmen 
müsste. Auch zeigen die Mädchen für die Robinsonerzählung ein gleich 
lebhaftes Interesse. Überdies werden in den biblischen Geschichten auch 
vorwiegend männliche Charaktere betrachtet, ,so dass sie in dieser Be- 
ziehung keine besonderen Vorzüge für die Mädchenerziehung besitzen. 

Zum Schluss weisen wir noch darauf hin, dass die Robinsoner- 
zählung zugleich als Konzentrationsstoff dient. Folgende Fächer 
sind — ebenso wie im ersten Schuljahre — zu berücksichtigen: Zeich- 
nen und Singen, Deutsch (Lesen und Schreiben), Naturkunde, 
Rechnen. Unter der Bezeichnung „Naturkunde" fassen wir zugleich 
das Geographische, Technologische und Kulturhistorische zusammen. Sämt- 
liche Fächer stehen im Dienst des Gesinnungsunterrichts - und schliessen 
sich diesem teils direkt, teils indirekt an, so dass hierdurch ein orga- 
nisches Ineinandergreifen der Lehrfächer entsteht. Die Konzentrations- 
idee, wie wir sie im ersten Schuljahr durchgeführt haben, kommt in 
gleicher Weise auch hier zur Anwendung. Die Naturkunde erhält vom 
Gesinnungsunterricht direkte Weisungen, ebenso das Singen, das zugleich 
dem Schulleben zu dienen hat. Das Zeichnen schliesst sich teils dem 
Gesinnungsunterricht unmittelbar, teils mittelbar durch die Naturkunde 
an. Ebenso auch das Rechnen, das die nötigen Ausgangspunkte eben- 
falls in den behandelten Sachgebieten findet. 

So hängt alles von dem Mittelpunkt der Gesinnungsbildung, dem 
Gesinnungsstoff, ab. Und insofern ist die Frage, welcher Stoff 
dieses sei, für jedes Schuljahr die wichtigste. Denn sie ist zugleich 
Kern- und Angelpunkt der Konzentrationsfrage, wie wir in den ein- 
leitenden Kapiteln des „ersten Schuljahres^ auseinander gesetzt haben. 
Die Theorie des Lehrplans, dessen erstes und hauptsächlichstes Stück die 
Auswahl und Aufeinanderfolge des Gesinnungsstoffes bildet, setzt für das 
zweite Schuljahr die Robinsonerzählung ein. An Robinson ist das 
herrschende Interesse gefesselt; aus Ihm müssen sich alle die religiös- 
sittlichen Antriebe ergeben, welche bestimmend auf die Geistesbildung 



•) Eine ausführliche Darlegung dieser Gedanken wolle man im 
V. Heft „Aus dem päd. Universitäts-Seminar zu Jena" in der Arbeit des 
Herrn H. Landmann nachlesen. 



Eobinson 27 

1. Ein Schiff in Stnrmesnot nnd dessen yeranchte Rettung. 

2. Fund nnd Besuch des Schiffes. 

3. Die Dinge, die Eobinson findet. 

4. Was er mit Freitag auf die Insel schafft und wie sie Gott 
danken. 



II Teil 

(Im Vordergrunde steht die Schärfung des Bewusstseins für das Geworden- 
sein und Werden der Dinge durch Gegenüberstellung des Einst und 

Jetzt) 

Ziel: Wir wollen sehen, wie jetzt für Robinson nnd Freitag das 
Leben angenehmer wird. *) (Wert und Segen der Kulturgüter.) 

1. Wert der Schusswaffen u. Streich- 
hölzer. 

2. Wert der Bücher und des Schreib- 
materials. 



Auswahl und Reihenfolge der zu 

besprechenden Dinge hat sich nach 

^ dem vorhandenen Interesse zu rieh- 

3. Wert verschiedener GerÄtschaf- ^^^-^'^ weit und zu tief gehende 
ten und Werkzeuge. J Behandlung ist zu vermeiden. 

Ausführung**) 

Ziel: Wie Robinson noch trauriger wird***) 

I. und II. Stufe. (Das gesperrt Gedruckte enthält die Antworten 
und Ausfuhrungen der Kinder.) 

1. Robinson war seit einiger Zeit recht unglücklich. Warum? 
Er hatte Heimweh und wünschte, er wäre zu Hanse bei Mutter 
und Vater. Auf der Insel gefiel es ihm gar nicht mehr. Er- 
zähle, weshalb nicht! Er hatte in der Höhle, auf dem Hofe und 
im Garten alles so schön gemacht, dass es nicht besser mehr 
ging. Nun musste er jeden Tag dasselbe thun, und das wurde 
ihm langweilig. f) Seht, so war es am Tage. Abends nun? Abends 

Ziel kann der Gegensatz wegen seines abstrakten Charakters nicht auf- 
genommen werden. 

*) Dem Standpunkte der Klasse entsprechend, müssen die Ziele 
eventuell einfacher lauten. 

**) Die Präparation will ein Bild aus der Praxis geben, soweit es 
aus der Erinnerung möglich ist. 

***) Das Hauptziel umfasst die ganze Einheit, darum tritt es als 
Doppelziel auf. Ein Stundenziel muss einfach sein. 

t) Diese zutreffende Antwort brachten mehrere Schüler zugleich, 
und sie fand den Beifall der übrigen Zöglinge. Bei dieser Gelegenheit 
sei auch bemerkt, dass da, wo dem- Leser Antworten unerwartet kommen 
und als ein Unding erscheinen, die Erklärung dafür in erster Linie mit 
in der Lehrplanfrage gesucht werden muss. Die Anwendung des ent- 
wickelnd-darstellenden Unterrichts setzt zusammenhängende Stoffe voraus. 
Wer noch nicht zusammenhängende einheitliche Stoffe mit den Kindern 
behandeln konnte, sondern durch den Lehrplan dazu verdammt war, für 
sich selbst und mit den Kindern nach Schmetterlingsart an tausenderlei 
Dingen herum zunippen^ der wird manches Dargebotene unbegreiflich Enden. 
Zur Beruhigung vielleicht persönlicher Gereiztheit, mehr aber noch zur 
Beunruhigung seines pädagogischen Gewissens, soll einem solchen Leser 



18 Das zweite Schaljalir 

dnrcli den Lehrplan den einzelnen Unterrichtsfächern gegeben ist, wird 
in Stücke zerlegt, in sogenannte „methodische Einheiten.^ Jede „metho- 
dische Einheit^ aber wird naturgemäss nach den formalen Stufen durch- 
gearbeitet 

2. Das Nene wird vielfach anf der zweiten formalen Stufe durch 
die Erzählung des Lehrers den Kindern dargeboten. Für die Kinder 
weit bildender ist es aber, wenn die Erzählung mit Hilfe des Lehrers 
von den Kindern selbst aufgebaut wird. Über die Synthese im 
Geschichtsunterricht, sowie über den „entwickelnd-darstellenden 
Unterricht" siehe das 5. Schuljahr, 2. Aufl., Seite 47; XVni. 
Jahrbuch, S. 178 f., den betr. Abschnitt im ersten Schuljahr, 5. Aufl. 
und 0. Foltz in Beins Encyklopädie, 8. Lieferung, Langensalza, Beyer 
u. S. Es. findet entschieden ein lebhafterer Gedankenfluss und auch eine 
lebhaftere Gefühlserregung statt, wenn die Kinder selbständig an der 
Erarbeitung der Erzählung sich beteiligen. 

3. Dass mit dem Wiedererzählen von Seiten der Kinder der Unter- 
richtsprozess nicht abgeschlossen und vollendet ist, soll hier noch be- 
sonders hervorgehoben werden. Es handelt sich noch darum, die Kinder 
in den erarbeiteten Stoff zu vertiefen und die ethisch-religiösen Sätze aus 
dem konkreten Material abzuleiten. Die Vertiefung geschieht ebenfalls am 
besten in der Form der Unterhaltung, wobei man sich nur hüten 
muss, in das so beliebte „Abfragen" zu geraten. Für diese Unter- 
haltungen kann die Ausgabe von Campe dem Lehrer mancherlei Winke 
geben. 

4. Die religiös-sittlichen Sätze werden, wo es geht, in einem 
Bibelspruch, in einem Sprichwort oder in einem sonst leicht fassbaren 
klassischen Dictum zusammengefasst. An geeigneten Stellen müssen sie 
wiederholt und geordnet werden. Dabei wird natürlich auf das religiös- 
sittliche Material aus dem ersten Schuljahr Rücksicht genommen. Die 
Übersicht über das ganze, in den beiden ersten Schuljahren erarbeitete 
Material findet am Ende des zweiten Schuljahres statt. 

5 Im Folgenden geben wir in kurzen Umrissen das religiös-sitt- 
liche Material an, welches im Anschluss an die einzelnen Abschnitte der 
Eobinsonerzählung zur unterrichtlichen Durcharbeitung sich darbietet. 
Die Bearbeitung im einzelnen ist dem betreffenden Lehrer überlassen, 
da wir in den Schuljahren nur Anhaltepunkte für seine Präparationen 
zu geben beabsichtigen, um eigenem Nachdenken und freier Selbstthätig- 
keit nicht vorzugreifen. Überdies bieten sich dem Lehrer zur Vor- 
bereitung die Präparationen von A. Fuchs an. 

Übersicht des Stoffes.*) 

1. Eobinson bei seinen Eltern. Es wird die Faulheit des 
Knaben gerügt, der, anstatt zu arbeiten, am Hafen spazieren geht. 
Scharfen Tadel erfährt ferner, dass Eobinsou, ohne die Eltern gefragt 



•) Unser Lesebuch bietet 80 Hauptab-chnitte dar. Dieselben sind 
aber keineswegs zugleich methodische Einlieiten; vielmehr zerfallen 
einzelne Hauptabschnitte des Textes, je nach ihr&m religiös-sittlichen Im- 



Robinson 19, 

zu haben, dem lockenden Schnlkamerad folgt nnd mit anf das Schiff 
geht. Spruch: Wenn dich die bösen Buben locken, etc. Müssiggang ist 
aller Laster Anfang. Ehre deinen Vater und deine Mutter und verlasse 
sie nicht. Ihr Kinder, seid gehorsam euern Eltern. 4. Gebot. Gedicht; 
Warnung. Lesebuch II, S. 63. 

2. Robinsons Seereise. Wir freuen uns, dass Robinson den 
Entschluss fasst, zu seinen Eltern zurückzukehren. Um so schärfer wird 
hernach getadelt, dass er die Ausführung bald vergessen hat. Seine 
Reue war nur von kurzer Dauer. „Wir wollen bei unseren guten Vor- 
sätzen bleiben und sie nicht vergessen.^ 

3. Der Schiffbruch. Zu tadeln ist, dass Robinson bei Beginn 
des zweiten Sturmes nicht an den denkt, der „Wolken, Luft und Winden 
giebt Wege, I^auf und Bahn" und der ihn im ersten Sturm errettete. 
Robinson kommt in grosse Lebensgefahr; aber glücklich wird er daraus 
gerettet. Da dankt er dem lieben Gott auf den Knieen für seine Rettung. 
Das war gut von ihm. Spruch: Not lehrt beten. 

4. Dielnsel. Robinson war ganz allein auf der Insel. Er fürchtete 
sich. Dachte er an den lieben Gott? Abendgebet: „Nie bist du Höchster" 
u. s. w. Er hatte nichts zu essen und nichts zu trinken. Da half ihm 
der liebe Gott. Spruch: Wo die Not am grössten, da ist Gottes Hilfe 
am nächsten. 

5. Robinson richtet sich ein. Robinson arbeitet fleissig und 
scheut keine Mühe, um sich eine Wohnung zu bauen; alle seine Sachen 
hält er in guter Ordnung, er teilt seine Zeit ein. Wechsel von Arbeit 
und Erholung. Es wird getadelt, dass er nicht an Gott denkt und nicht 
an seine Eltern, da es ihm jetzt gut ergeht, a) Robinsons Wohnung; 
b) Ein neues Nahrungsmittel. Die Anfertigung von Hut, Schirm, Tasche 
und Schuhen, c) Sonntagsfeier und Anfertigung eines Kalenders. Wir 
wollen nie vergessen, wie viele Wohlthaten uns Gott erweist. 

6. Robinson sieht sich um. 1. Die Folgen der ersten 
Reise: a) Robinson fertigt sich Waffen an, b) Er übt sich im Gebrauch 
der Waffen. 2. Die Reise in das Innere der Insel: a) Der 
Wald; b) Robinson als Jäger; c) Robinson baut einen Keller. „Herr, 
wie sind deine Werke so gross und viel. Du hast sie alle weislich ge- 
ordnet und die Erde ist voll deiner Güter." 

7. Robinson wird krank. Jetzt, wo ein heftiges Fieber Robinson 
plagte, gedachte er seiner Eltern. Eine bittere Reue überfiel ihn. Er 
betete inbrünstig zu Gott und gestand, wie schweres unrecht er seinen 
Eltern zugefügt habe. Er bat sie um Verzeihung und bereitete sich 
zum Tode vor. Aber der liebe Gott half ihm auch diesmal. Er wurde 
wieder gesund. Sein erstes war nun, dass er Gott dankte. Spruch: 
Rufe mich an in der Not, so will ich dich erretten, und du sollst mich 
preisen. — Befiehl dem Herrn deine Wege u. s. w. 



halt, in mehrere methodische Einheiten, andere wieder können in ein*e 
methodische Einheit zusammengezogen werden. Hierin, m der Aufstellung 
und Aufeinanderfolge der methodischen Einheiten^ liegt die Freiheit 
des Lehrers gegenüber der Gebundenheit an den psychologischen 
Fortgang innerhalb der einzelnen Einheiten. 



2* 



20 Das zweite Schuljahr 

■ 

8. Die Sorfi^e für den Winter. 

9. Der erste Jahrestag auf der Insel. Bohinson fürchtete 
sich jetzt nicht mehr. Warum nicht? Der liehe Gott war immer bei 
^hm und beschützte ilm. Er war gut und fromm geworden. Wie der 
Jahrestag herangekommen war, dachte er mit bitterer Beue an seine 
Eltern, die wohl um ihn weinen würden. Dies war ein Feiertag für 
ihn. Lieder: Noch lässt der Herr mich leben (zwei Strophen). Mein 
erst Gefühl sei Preis und Dank (*') Strophen). Lesebuch II, Nr. 1 u. 2. 

10. Robinson und seine Tiere. 

11. Die Ernte. Gott der Geber aller guten Gaben. Spruch: 
Im Schweisse deines Angesichts sollst du dein Brot es^^n. Lesebach II, 
Nr. 38. Alle gute und alle vollkommene Gabe etc. Aller Augen u. s. w. 

12. Das Feuer, a) Gewitter und Erdbeben, b) Sorge am Er- 
haltung des Feuers. 

13. Verbesserung der Einrichtungen, a) Robinson als 
Töpfer, b) Robinson als Bäcker, c) Die Anfertigung einer Lampe. 
d) Verbesserung von Tisch und Stuhl, e) Robinson als Schneider. 
f) Robinson als Fischer. 

14. Der Sonntag. Robinson hatte so eifrig gearbeitet, dass er 
den Sonntag darüber vergessen hatte. Das war sehr Unrecht. Denn es 
steht geschrieben: Sechs Tage sollst du arbeiten, aber am siebenten ist 
der Tag des Herrn, deines Gottes, da sollst du kein Werk thun. Wochen- 
tage. Sonntage. Arbeitstage. Festtage. Ruhetage. Sonntagsfeier. 
Gottesdienst Weihnachten. Ostern. Pfingsten. Gedicht: Sonntag. 
Lesebuch II, Nr. 12 u. 13. Lied: W^ach auf mein Herz und singe. 
Lesebuch II, Nr. 3. (2 Strophen.) 

15 Robinson baut sich einen Kahn. S. Nr. 13. Lese- 
buch II, Nr. 64 u. 65. W^er sich mutwillig in Gefahr begiebt, kommt 
leicht darin um. 

16. Das Schiff im Sturm. 

17. Eine neue Entdeckung. Es war sehr Unrecht, dass 
Robinson sein Vertrauen auf Gott so schnell verlor. Freilich war seine 
Angst über die Fussspur, die er im Sande gesehen, sehr gross. Welchen 
Spruch hatte er also ganz vergessen? Durfte er seine häusliche Ord- 
nung vernachlässigen ? — Später sieht er die Überreste, welche die 
Menschenfresser am Strand zurückgelassen. Sein Entsetzen ist gerecht- 
fertigt. Es sind wilde, rohe Menschen, die so Grässliches thun können. 
„Du sollst nicht töten." 

18. Robinson erhält Freitag. Robinson wird gelobt, dass 
er dem armen Wilden so thatkräftig beispringt und ihn rettet. Durfte 



♦) Heydner, Beiträge zur Kenntnis des kindlichen Seelenlebens, 
spricht S. 32 den Wunsch aus, die realistischen Abschnitte möchten 
besser verteilt werden, sich nicht wie es der Fall wäre, zu sehr häufen. 
Die hier gegebene Einteilung kommt diesem Wunsche entgegen. Übrigens 
ist die Häufung in der Natur der Erzählung gegeben, da das Thema des 
zweiten Schuljahres darin besteht, die vorgeschichtliche Zeit za versinn- 
lichen mit ihrer gewaltigen Arbeit, die Natur beherrschen zu lernen. 



Robinson ^ 21 

Robinson die Wilden töten? Notwehr? Der gerettete Wilde beweist 
sich sehr dankbar und gehorcht Robinson. „Seid barmherzig, wie euer 
himmlischer Vater auch barmherzig ist." 

19. Robinsons Leben mit Freitag. Robinson hatte sich 
doch oft einsam gefühlt, trotzdem er die trenen Tiere bei sich hatte. 
Diese konnten ihm den Umgang mit einem Menschen nicht ersetzen. 
Warum nicht? Nun hatte ihm Gott auch einen Gefährten geschickt. 
Es war recht, dass er diesen so gut behandelt, dass er ihn belehrt, dass 
er ihn kleidet. Wie zeigt sich Freitag gegen Robinson? 

20. Robinson als Lehrer. Robinsons Belehrung: Gott liebt die 
Menschen, wie ein Vater seine Kinder. Er weiss alles und erhält die 
ganze Welt in Ordnung. Einen bösen Gott giebt es nicht. Es giebt 
nur einen Gott und das ist ein lieber, guter Gott. Er sorgt für uns und 
beschützt uns. 

21. Vorbereitungen zur Fahrt nach Freitags Vaterland. 
Wie gut war es von Robinson, dass er die Fahrt in Freitags Vaterland 
unternehmen wollte trotz aller Mühseligkeiten, trotz aller Gefahren! 

22. Der Kampf mit den Wilden. Robinson und Freitag waren 
gute Genossen. Freitag gehorcht pünktlich. Mutig gehen sie in Gefahr 
und retten die Gefangenen. Lesebuch II, Nr. 69. „Seid barmherzig 
gegen eure Feinde." 

23. Ein glückliches Zusammentreffen. Die Liebe Freitags 
zu seinem Vater findet lebhafte Zustimmung, sowie die Sorge Robinsons 
für die Geretteten. 

24. Der Spanier und Freitags Vater fahren in Freitags 
Vaterland. Robinsons Sorge erstreckt sich immer weiter. Nun will 
er auch den anderen weissen Männern helfen. Dies war gut von ihm. 
„Du sollst deinen Nächsten lieben, wie dich selbst." 

25. Ein ganz unerwartetes Ereignis. Nach langer Prüfung 
sendet Gott dem Robinson Errettung. „Wer nur den lieben Gott lässt 
walten etc." 

26. Die Abreise. Robinsons Trennung von der Insel, von allem, 
was er dort bereitet und geschaffen. Sein Abschied von Freitag. Die 
grosse Treue desselben findet entschiedenen Beifall. Lesebuch II, Nr. 
54 u. 55. „Sei getreu bis in den Tod, so will ich dir die Krone des 
Lebens geben." 

27. Die Heimat. Das Wiedersehen. Gottes Fügung. Gedicht: 
Gottes Hand. Lesebuch II, Nr. 9 u. 61. 

Anmerkung. 

In der Zeit vor Weihnachten findet eine Wiederholung und Er- 
weiterung der Erzählungen von der Geburt Jesu statt, nicht in streng 
unterrichtlicher, sondern mehr in erbaulicher Weise. Es werden die 
Gedichte des Lesebuchs: Das Christkind, Weihnachtslied, Vom Himmel 
hoch da komm ich her (Lesebuch 11, Nr. 5 — 8) herangezogen, besprochen 
und gelernt. Die Kinder nehmen an den sonntäglichen Erbauungs- 
stunden teil. 



22 Das zweite Schaljahr| 

ZntuimmeiistellaBir 

Am Ende des Schuljahres soll eine ZasammensteUnng des gewonnenes 
ethisch-religiösen Materials erfolgen, etwa nach folgenden Geeichtspiinkten: 

1. Gott and der Mensch. 

2. Der Mensch und die Schöpfung. 

3. Die Menschen unter einander. 

4. Der Mensch und die Tiere. 

5. Von dem Segen der Arbeit. 

Die im ersten Schuljahr gelernten Sätze werden bei passender Ge- 
legenheit herangezogen und mit den neu gewonnenen verknüpft Eine 
schriftliche Feststellung der ethisch-religiösen Sätze kann dann im 3. Schul- 
jahr in Angriff genommen werden. Das ist der erste Anfang ffir den 
allmählich zu gewinnenden Schal-Katechismus. (S. VIII. Schuljahr, L) 

Zwei Lehrbeispiele 
i Beispiel 

Der erste Abschnitt, welcher überschrieben ist „Bobinson bei seines 
Eltern^, zerfällt in drei methodische Einheiten. Die erste Einheit be- 
handelt die Knabenzeit Robinsons, die zweite die Warnung des Vaters 
und der Mutter, die dritte die Verführung Robinsons durch seinen Schul- 
kameraden. Betrachten wir uns die erste Einheit etwas näher. Sie 
muss zunächst in drei Unterabteilungen zerlegt werden, da der Stoff fOr 
die Erzählung sonst zu gross wurde. Jede dieser Unterabteilungen wird 
nach den beiden ersten formalen Stufen darchgearbeitet. Ist dies ge- 
schehen, dann beendet die dritte, vierte und fünfte Stufe den Lemprozess 
für die erste Einheit. Es würde sich demnach die Präparation für diese 
erste Einheit etwa so gestalten: 

1 Einheit*) 

Ziel. Ich will euch heute von einem Knaben erzählen, mit dem 
seine Eltern gar nicht zufrieden waren. 

I Stüclc 

1. Stufe. Der Knabe wohnte nicht in Eisenach. Er wohnte in 
einer Stadt, die weit von uns liegt, deren Namen aber ihr kennt. Er- 
innerung an das Märchen „Die Bremer Stadtmusikanten ^. Die Stadt 
Bremen liegt an einem grossen Fluss. An welchem Flüsschen liegt Eise- 
nach? Wo fliesst die Hörsei hin? Werra. (Vorher Spaziergang dahin.) 
Wenn man nun an der Werra immer weiter geht, so kommt man endlich 
nach der Stadt Bremen. Der Fluss heisst dort aber nicht Werra, sondern 
Weser. Auch ist er viel grösser, als da, wo die Kinder ihn gesehen 
haben, bei dem Einfluss der Hörsei in die Werra. (Der Lehrer zeichnet 
eine Karte an die Tafel, auf welcher die Hörsei mit Eisenach, die Werra, 
Weser mit Bremen angegeben ist. Nachdem die Kinder die Karte er- 
klärt haben, wobei die Strecke von Eisenach bis zu dem Punkt, wo die 



*} Es kann diese Einheit auch auf entwickelnd-darstellende Weise 
gewonnen werden, wie sie im 2. Beispiel, Seite 25, gezeigt ist. 



Robinson 23 

Hörsei in die Werra fliesst, als Massstab für die Entfernungen ange- 
nommen wird^ zeichnen die Kinder das Eartenbild auf die Schiefertafel. 
Die „Naturkunde^ geht dann näher auf die Gewässer der Heimat ein.) 

Dort in der Stadt Bremen wohnte also der Knabe, von dem ich 
euch erzählen will. Seine Eltern lebten noch. Sagt mir, was die Eltern 
von euch verlangen, wie ihr in der Schule sein sollt? Was thut der 
Vater, wenn ihr nichts lernen wollt, wenn ihr lieber draussen herum- 
laufet? So war es auch bei dem Bremer Knaben, von dem ich euch 
erzählen will. 

2. Stufe. Erzählung des Lehrers: „Vor vielen, vielen Jahren 
etc." bis „Doch lief er lieber draussen herum". (Siehe Text im Lesebuch.) 

Einprägung. Wenn der Lehrer das Stückchen ein oder mehrere 
Male erzählt hat, richtet er an die ganze Klasse die Frage: Wer kann 
es wieder erzählen? Einer der sich meldenden Schüler wird dazu auf- 
gefordert. Der Lehrer lässt ihn ruhig aussprechen, ohne ihn zu unter- 
brechen. Dann folgt u. A. die Frage an die ganze Klasse, was hat er 
vergessen? oder was hat er falsch erzählt? Die Erzählung wird nun 
ergänzt oder berichtigt Nun erzählt derselbe Schüler, welcher die 
erste unvollkommene Darstellung gegeben hatte, das Stück noch einmal. 
Dann folgen andere. Bei dem Erzählen ist der individuelle Ausdruck 
höchst willkommen, Ausdrücke aus der Volkssprache gestattet, nur grobe 
grammatische Verstösse werden zurückgewiesen, oder von den Schülern 
verbessert. 

Zeigt sich bei dem Wiedererzählen der Kinder irgend eine Unklar- 
heit, irgend ein Missverständnis, so muss dasselbe sofort beseitigt und 
aufgeklärt werden und zwar durch eine Unterredung mit den Kindern. 
Dieselbe wird immer da den besten Erfolg erzielen, wo ein Bedürfnis 
dazu von selten der Schüler hervortritt. 

Das leidige Abfragen der Erzählung und Zerpflücken des Stoffes 
muss ganz unterbleiben. 

2 Stück 

1. Stufe. Am liebsten lief Robinson an den Fluss. Warum wohl? 
Die Kinder geben verschiedene Gründe an. Wir waren zusammen am 
Frinzenteich. Warum hat es euch dort so gut gefallen? Auf dem Teich 
ein grosser Kahn. Wir sind zusammen auf dem Kahn gefahren. Er- 
zählt mir etwas von dem Kahn. Wie gross ist derselbe? (Schätzung 
nach der Schulstnbe.) Nun giebt es aber noch viel grössere Kähne. 
Man nennt dieselben Schiffe. Schiffe so lang wie unsere Schule und 
noch grössere. Viele hundert Menschen können darin wohnen. (Es wird 
ein Modell gezeigt, die unterrichtliche Behandlung desselben aber an die 
Naturkunde abgegeben. Der Unterricht wird bis dahin vollendet, wo 
Eobinson auf das Schiff geht und die Erzählung mannigfach auf die Ein- 
richtung des Schiffes bezug nimmt.) 

Der Kahn ist auf dem Fluss, dem Teich, dem See. (Diese Begriffe 
sind aus der Anschauung der Umgebung bekannt.) Die Schiffe fahren 
auf dem Meere in weite, weite Länder und zu fremden Menschen. Lese- 
buch II, Nr. 61 u. 64. Hafen! Wer das so mit ansehen kann, wie die 



24 Das zweite Schuljahr 

Schiffe kommen und gehen, der bekommt gewiss Lust, mit fortzufahren/ 
Oh wohl auch Eobinson gern mit fortgefahren wäre? (Die Kinder 
müssen sich zusammenhängend hierüber aussprechen, ehe der Lehrer die 
Erzählung fortsetzt.) 

2. Stufe. Erzählung: „Am liebsten spielte Eobinson etc.^ bis „und 
er war sicher wieder am Hafen. ** 

Einprägung. Dieselbe eifolgt in derselben Weise, wie bei dem 
L Stück. Es wird sodann das 1. und 2. Stück verbunden. 

3 Stück 

1. Stufe. Wenn die Kinder acht Jahre lang in der Schule waren, 
dann werden sie entlassen. Was wird dann mit ihnen? Sie treten in 
die Lehre. Sie ergreifen ein Geschäft (Kaufmann). Lesebuch II, Nr. 56 
und 60. Warum thun sie das? Wie muss aber der Lehrling sein, wenn 
er etwas tüchtiges lernen will? Wird einer etwas lernen können, wenn 
er lieber an den Hafen läuft und den Schiffen zusieht? Nun hört. 

2. Stufe. Erzählung: „Als Kobinson sechzehn Jahre alt geworden 
etc.'' bis „setzte seinen Hut auf und lief zum Hafen." 

Einprägung in der angegebenen Weise. Es werden die drei be- 
handelten Stücke im Zusammenhang erzählt. Sobald dies von der Mehr- 
zahl der Kinder geläufig und sicher geschieht — bei den Schwächeren 
begnüge sich der Lehrer mit einer kürzeren Erzählung oder mit längeren 
Antworten auf vorgelegte zusammenfassende Fragen — folgt die Ver- 
tiefung in den ethisch -religiösen Gedankeninhalt des ganzen Stückes. 
Dann kann die erste methodische Einheit weiter geführt werden: 
dritte, vierte und fünfte formale Stufe. (Abstraktionsprozess.) 

3 Stufe 

Robinsons Eltern wollten, dass er etwas Ordentliches lernen sollte. 
Das wollen eure Eltern auch. Robinson aber war faul und wollte nichts 
arbeiten. Er war so faul, wie die böse Tochter, die nicht spinnen, und 
wie sie zur Frau Holle kam, nicht arbeiten wollte. (8. Märchen.) Das 
war schlecht von ihm. Auch das war nicht recht, dass er fortlief, so- 
bald sein Vater ausgegangen war. Die Lust an den Schiffen, das Ver- 
gnügen am Wasser und am Hafen standen ihm höher als die Arbeit. 
Sein Vater aber meinte es doch so gut mit ihm. Worin zeigte sich das ? 
Er wollte, dass er ein ordentlicher Kaufmann würde, der sich redlich er- 
nähren könnte. Euere Eltern wollen das auch. Aber deshalb müsst ihr 
arbeiten. Auch Robinson hätte arbeiten müssen, denn nur durch tüchtige 
Arbeit kann man sein Brot redlich verdienen. Eine Zeit lang fasste 
Robinson auch den guten Vorsatz, recht fleissig zu werden und zu arbeiten 
— aber der Vorsatz blieb nicht lange bei ihm. Das war nicht recht. 
Was hätte er thun sollen? Und wie bei euch, Kinder? 

4 Stufe 

1. „Wir sollen fleissig sein und arbeiten" (Wiederholung). 

2. „Wir sollen bei unserem guten Vorsatz bleiben und ihn nicht 
wieder vergessen." 



Kobinson 25 

3. „Wer faul ist, der kann sich nicht ernähren. Es kann ihn Niemand 

brauchen." 
Diese Sätze sind das Eesnltat des auf der dritten Stufe durch Zu- 
sammenstellung mehrerer Beispiele erarbeiteten religiös- sittlichen Materials. 

5 Stufe 

AVenn ihr aus der Schule entlassen seid, was sollt ihr da thun? 
Wenn du eine Arbeit verrichten sollst, hast aber keine Lust dazu, willst 
lieber in den Wald laufen^ was willst du da thun? (Ähnliche Beispiele.) 

Beispiele aus dem Lesebuch, Nr. 46, „Versuchung" : 

Gar emsig bei deo Büchern 
ein Knabe sitzt im Kämmerlein, 
da lacht herein zam Fenster 
der lustige blanke Sonnenschein. 

Ebenso Nr. 37, „Der Faule": 

Heate nach der Schule gehen, 
da so schönes Wetter ist? etc. 

Auch Nr. 38, „Vom dummen Häuschen", kann hier herangezogen 
werden. 

Anmerkung 

Es ist hier noch besonders darauf hinzuweisen, wie der poetische 
Teil des Lesebuchs ganz eng mit dem Gesinnungsstoff zusammenhängt, 
wenn dies auch nicht auf den ersten Blick ersichtlich ist. So spricht 
B^binson nach seiner Genesung: „Noch lässt der Herr mich leben" 
(Nr. 2). Das Schiff wird hierhin und dorthin getrieben (Nr. 9: „Gottes 
Hand", Nr. 61: „Das Meer", Nr. 65: „Rätsel"). Die Sorge seiner 
Mutter findet Ausdruck in Nr. 66: „Zum Geburtstag der Mutter" u. s. w. 
Der denkende Lehrer wird die Zusammenhänge zwischen Gesinnungsstoff 
und Lesebuch ball gewahr werden und sie bei seinem Unterricht wohl 
beherzigen. Es wird kaum ein poetisches Stück sein, welches nicht 
herangezogen werden könnte. Über den prosaischen Teil des Lesebuchs 
nur so viel, dass derselbe im Wintersemester des zweiten Schuljahres 
gelesen werden soll, nachdem der Unterricht im Robinson bereits weit 
vorgeschritten ist. 

2 Unterrichts-Beispiel '^) 

(Entwickeln d-darst eilender Unterricht) 

Vorbemerkung: Die folgende Präparation will teilweise den durch 
die Auffindung des Schiffes herbeigeführten Wendepunkt in Robinsons und 
Freitags Leben auf der Insel behandeln. Es bildet diese Episode aus 
dem Leben Robinsons eine ^methodische Einheit", Der Gründe^ die hier 
zur Ausführung dieser Einheit führen, sind drei. Erstens ist die Einheit 
reich an gesinnungbildenden Momenten, und es kann aus der Behandlung 
erkannt werden, wie die reb'giös-ethische Gefühls- und Denkweise der 



*) Diese Unterrichtsskizze ist von H. Landmann in Jena ausge- 
arbeitet worden auf Grund einer mehrjährigen Robinsonpraxis. 



26 Das zweite Schuljahr 

Schüler durch den Robinsonstoff geweckt, beeinflnsst und gefördert wird. 
Zum andern rücken die Ereignisse nnd Handlangen dieser Einheit den 
kulturellen Faktor deutlich vor Augen und zeigen, wie durch den Robinson- 
stoif in dem Schüler das Interesse für historisch Gewordenes angebahnt 
und erweckt werden kann. Hier ist sehr klar der auf die Historie vor- 
bereitende Charakter des Robinsonstoffes ausgeprägt.*) Drittens endlich 
lässt sich an diesem Stoffe das Wesen des entwickelnd-darstellei.den 
Unterrichts — soweit es überhaupt durch eine Unterrichtsskizze dar- 
gelegt werden kann — gut erkennen. Der Leser der Präparation ver- 
mag sich aus dem von den Schülern dargebotenen Vorstellungschatze 
durch Rückschlüsse und Vorblicke ein Bild von dem Gedankengewebe der 
Kinder und somit von der Gesamtwirkung der Robinsonerzählung auf 
die Schüler zu machen. Er wird auf diese Weise vor einem absprechenden 
Urteile über die Möglichkeit der Schülerleistungen bewahrt, er wird be- 
greifen, dass der Zögling nur leitender Anregungen durch den Lehrer 
bedarf, um die Geschichte in gewünschter Weise zu konstruieren. 

Die Anlage der Präparation geht von folgenden speziellen Voraus- 
setzungen aus. 

In der Geschichte ist ein Höhepunkt erreicht. Für die Kinder 
haben Robinson und Freitag in den äussern Einrichtungen eine Kultur- 
stufe erklommen, die ohne moderne Kulturmittel nicht überstiegen werden 
kann. In dem Leben auf der Insel macht sich infolge der Ruhe eine 
grosse Eintönigkeit geltend, die namentlich schwer auf Robinson lastet. 
Er vermisst den Segen seines Lebens in der Heimat wieder sehr bitter**), 
seine Gedanken weilen ohne Unterlass im Vaterlande, und bei jeder 
Gelegenheit erzählt er Freitag wehmütig von dem verlornen Gute. Da- 
bei tritt in gleicher Stärke mit dem Heimweh das feste Gottvertrauen 
auf eine endliche Erlösung an den Tag. — Freitag hat auch starke 
Sehnsucht nach dem Vaterlande. 

Diese Gemütsstimmung benutzen wir zum Ausgangspunkte und zur 
Durchdringung der nun folgenden Einheit von der Auffindung des Schiffes^ 
und es gestaltet sich der Verlauf der unterrichtlichen Behandlung etwa so. 

Übersicht 
I Teil 

(Im Vordergrund steht die Beeinflussung des Gemüts) 

Ziel: Wir erzählen, wie Robinson zuerst noch trauriger, dann aber 
mit Freitag***) glücklich und reich wird. (Reich im Herzen, reich an 
äussern Gütern, f) 



•) Vergl. Biedermann, Der Geschichtsunterricht nach kultur- 
geschichtlicher Methode. 

**) Vergessen hat er das Vaterhaus nie, aber die Gedanken daran 
waren durch Freitags Eintreten in den Hintergrund gedrängt worden. 

***) Robinson ist und bleibt die Hauptperson. Freitag wird deshalb 
eine so bevorzugte Stellung eingeräumt, weil er in seinem Denken, Fühlen 
und Handeln vielfach in Gegensatz zu Robinson tritt und so in religiös- 
ethischer und kultureller Hinsicht aufklärend und vertiefend wirkt. 

t) Die Herausarbeitung dieses Gegensatzes liegt im Plane. In das 



Kobinson 27 

1. Ein Schiff in Stormesnot und dessen versachte Rettung. 

2. Fund und Besuch des Schiffes. 

3. Die Dinge, die Robinson findet. 

4. Was er mit Freitag auf die Insel schafft und wie sie Gott 
danken. 



II Teil 

(Im Vordergrunde steht die Schärfung des Bewusstseins für das Geworden- 
sein und Werden der Dinge durch Gegenüberstellung des Einst und 

Jetzt) 

Ziel: Wir wollen sehen, wie jetzt für Robinson und Freitag das 
Leben angenehmer wird. *) (Wert und Segen der Kulturgüter.) 

1. Wert der Schusswaffen u. Streich- 
hölzer. 

2. Wert der Bücher und des Schreib- 
materials. 

3. Wert verschiedener Gerätschaf- 
ten und Werkzeuge. 



Auswahl und Reihenfolge der zu 
besprechenden Dinge hat sich nach 
dem vorhandenen Interesse zu rich- 
ten. — Zu weit und zu tief gehende 
Behandlung ist zu vermeiden. 



Ausführung**) 

Ziel: Wie Robinson noch trauriger wird.***) 

I. und II. Stufe. (Das gesperrt Gedruckte enthält die Antworten 
und Ausführungen der Kinder.) 

1. Robinson war seit einiger Zeit recht unglücklich. Warum? 
Er hatte Heimweh und wünschte, er wäre zu Hause bei Mutter 
und Vater. Auf der Insel gefiel es ihm gar nicht mehr. Er- 
zähle, weshalb nicht! Er hatte in der Höhle, auf dem Hofe und 
im Garten alles so schön gemacht, dass es nicht besser mehr 
ging. Nun musste er jeden Tag dasselbe thun, und das wurde 
ihm langweilig. f) Seht, so war es am Tage. Abends nun? Abends 

Ziel kann der Gegensatz wegen seines abstrakten Charakters nicht auf- 
genommen werden. 

*) Dem Standpunkte der Klasse entsprechend, müssen die Ziele 
eventuell einfacher lauten. 

•*) Die Präparation will ein Bild aus der Praxis geben, soweit es 
aus der Erinnerung möglich ist. 

***) Das Hauptziel umfasst die ganze Einheit, darum tritt es als 
Doppelziel auf. Ein Stundenziel muss einfach sein. 

t) Diese zutreffende Antwort brachten mehrere Schüler zugleich, 
and sie fand den Beifall der übrigen Zöglinge. Bei dieser Gelegenheit 
sei auch bemerkt, dass da, wo dem- Leser Antworten unerwartet kommen 
und als ein Unding erscheinen, die Erklärung dafür in erster Linie mit 
in der Lehrplanfrage gesucht werden muss. Die Anwendung des ent- 
wickelnd-darstellenden Unterrichts setzt zusammenhängende Stoffe voraus. 
Wer noch nicht zusammenhängende einheitliche Stoffe mit den Kindern 
behandeln konnte, sondern durch den Lehrplan dazu verdammt war, für 
sich selbst und mit den Kindern nach Schmetterlingsart an tausenderlei 
Dingen herumzunippen^ der wird manches Dargebotene unbegreiflich finden. 
Zur Beruhigung vielleicht persönlicher Gereiztheit, mehr aber noch zur 
Beunruhigung seines pädagogischen Gewissens, soll einem solchen Leser 



28 Das zweite Schaljahr 

gefiel es ihm erst recht nicht. Er konnte nichts Ordentliches 
arbeiten, denn sein Licht brannte nicht sehr hell. RobiDson 
ref oft ans: Könnte ich doch in einem Bache lesen! 

Oft erzählten sich dann die Freunde von der Heimat Dabei waren 
sie gewiss traarig? Robinson and Freitag wnrden dann so 
tranrig, dass sie zu weinen anfingen. Bobinson dachte aber alle- 
mal an Gott nnd wnrde dann matig. Ja, er sagte, der liebe Gott 
wird mir schon helfen. Dann sang er aach ein Lied! . . . Wer 
nur den lieben Gott lässt walten . . . Befiehl da deine Wege 
. . . Hoff, da arme Seele, hoff . . .*) Freitag hatte aach 
Heimweh. Seht, so tranrig waren sie schon. 

Bobinson soll noch traariger werden. Was nar geschehen mag! 
Denkt euch jetzt die beiden Freonde abends so traurig in der Höhle 
sitzen! 

Draussen ist es stockfinstere Nacht. Ein furchtbarer Sturm hat 
sich erhoben und wühlt das Meer so sehr auf, dass hohe Wellen fast 
bis zur Höhle gelangen. Bobinson und Freitag können nicht schlafen. 
Bobinson erzählt etwas! Er erzählt Freitag vom Schiffbruch. 
Siehst du, sagt er zu Freitag, so schreckliches Wetter war auch 
damals, als ich auf die Jusel geworfen wurde. Alle Menschen, 
die mit mir auf dem Schiff waren, sind im Meer ertrunken, 
mich allein hat der liebe Gott errettet Bobinson denkt vielleicht 
auch an Leute, die jetzt in Not sind? Ach, rief Bobinson, wenn 
nur jetzt kein Schiff auf dem Meere ist, sonst geht es auch 
unter, und alle Leute darauf ertrinken. Dann sagte**) er noch: 
Freitag, wir wollen den lieben Gott bitten, dass er die Menschen, die 
auf dem Meere in Gefahr sind, behütet. Danach waren beide ganz still. 
Bobinson liefen die Thränen über die Wangen. 

Plötzlich ertönten einige Kanonenschüsse vom Meere herüber! Er- 
zähle, was Bobinson sofort denkt und — thut! Als Bobinson die 
Kanonenschüsse hörte, rief er: Da ist ein Schiff in Not! 
Die Matrosen schiessen, damit andere Schiffe kommen und 
helfen. Ob Bobinson nicht selbst helfen will so gut er kann? Ro- 
binson wollte nun gleich selbst helfen. Er dachte, wenn 
die Matrosen wüssten, dass hier eine Insel wäre, so 



gesagt sein, dass er an seiner Schule infolge des Lehrplans mit dem ent- 
wickelnd-darstellenden Unterricht wenig oder gar nichts anfangen kann, 
weil bei allem Vielwissen die Schüler nicht diejenige Art und dasjenige 
Mass von Interesse und geistiger Schulung besitzen, wodurch eine so 
selbstthätige solide Arbeit möglich wird. In einer Schule, wo ein Lehr- 
plan ohne geistigen Mittelpunkt besteht, haftet dem Schülergeiste der- 
selbe Mangel an. „Tausend Kräfte^^ werden rege gemacht, aber sie können 
sich nicht in „munterm Bunde" zu gemeinsamer höherer Arbeit ver- 
einigen. Eng gefasste katechetische Fragen können daher sicher und 
treffend beantwortet werden. Höhere Leistungen giebt es nicht. Dieses 
sage ich mitten aus der Erfahrung heraus. 

*) Es kommt darauf au, w^elches Lied gelernt ist. 
**) Der Wechsel in den gebrauchten Zeitformen entspricht der 
Wirklichkeit, darum wird er auch hier beibehalten. 



Robinson 29 

könnten sie vielleicht herüberkommen, (steuern.) Darum 
sprang er gleich mit Freitag vor die Höhle, und beide 
schrieen so laut sie nur konnten. Hörte es wohl niemand? 
Der Sturm brauste so arg und das Schiff war so weit, 
dass niemand auf dem Schiffe etwas hören konnte. Da 
gedachte Robinson, ein Zeichen zu geben, das die Matrosen sehen 
konnten in der dunkeln Nacht: Da wollte Robinson ein Feuer 
auf dem Felsen anzünden, das sie auf dem Schiffe sehen 
konnten. Freitag sollte dabei helfen! Freitag musste trockenes 
Gras aus dem Stalle holen. Robinson selbst nahm Kohlen 
aus dem Ofen und trug sie auf den Felsen. Bald brannte 
das Feuer und leuchtete weit ins Meer hinaus. Das Schiff 
bemerkte auch das Feuer und antwortete durch einen Kanonensclmss. 
Ob sich da Robinson freute und warum? Da freute sich Robinson 
sehr, denn er dachte, nun werden die Leute gerettet, 
ich bekomme Gresellschaft und kann mit dem Schiff 
♦ fortfahren. Das Schiff kam auch wirklich der Insel näher. Robin- 
son hörte es ... Er konnte auf einmal das Jammergeschrei 
der Reisenden hören, das auch immer stärker wurde. Das Schreien 
ging Robinson sehr zu Herzen, aber er war doch mehr freudig als traurig 
und dankte Gott schon für die nahende Rettung. Freitag verstand alles 
nicht recht. — Plötzlich sollte alle Freude umsonst gewesen sein. Ro- 
binson vernahm ein furchtbares Krachen vom Schiffe herüber. Er hörte 
laute Hilferufe, die immer schwächer wurden, zuletzt war alles still. 
Jetzt ahnte Robinson etwas Schreckliches . . . Da rief Robinson: 
Das Schiff ist vor einen Felsen gefahren und zerbrochen 
(geborsten — zerschellt). Es ist leck geworden. Das Wasser 
dringt ein, es sinkt unter, und alle Menschen ertrinken! 
Rettungsboot!*) ... Er wollte mit Freitag in das Bot steigen 
und sehen, ob sie jemand retten könnten. Die Wellen gingen 
aber so hoch und es war so dunkel, dass das nicht ging. 
Robinson rief noch lange laut. Warum? Er dachte, vielleicht ist 
jemand so wie ich auf die Insel geworfen worden, der 
kann es hören. Es war aber alles vergeblich. Die Nacht war 
schauerlich, und Robinson und Freitag gingen endlich wieder in die Höhle. 
Konnten sie schlafen?**) Sie konnten aber die ganze Nacht 
nicht schlafen. Robinson dachte immer an die unglück- 
lichen Menschen und weinte über sie. Er weinte nicht bloss 
über die Leute, sondern? ... Er weinte auch darüber, dass 
er nicht gerettet worden war. Vielleicht lief er öfters noch 
hinaus. Das that er auch und rief nach Menschen, aber 
niemand hörte. So verlief die ganze Nacht. 



*) Es ist selbstverständlich, dass sich im Unterrichte vielleicht 
andere und bestimmtere Hilfen möglich machen können, als sie die 
Skizze zeigt. 

**) Wo der entwickelnd-darstellende Unterricht rechter Art ist, fällt 
es keinem Kinde ein, auf diese Art von Fragen einfach mit einem Ja 
oder Nein zu antworten. 



30 Das zweite Schuljahr 

Überschrift: Wie Bobinson ein Schiff vor seinem Untergrange 
retten will. 

Zusammenfassung*): Robinson und Freitag waren nicht mehr 
fröhlich auf der Insel Sie hatten beide Heimweh und wünschten sich 
nach Hause. In der Höhle, auf dem Hofe und im Garten hatte Bobinson 
alles so schön in Ordnung gebracht, dass es gar nicht besser mehr ging^. 
Nun musste er jeden Tag dasselbe thun, und das wurde ihm langweilig. 
Abends sass er traurig in der Höhle Bobinson rief dann sehr oft: 
Ach, hätte ich doch ein Buch zum Lesen! Bobinson und Freitag er- 
zählten sich auch oft von der Heimat und wurden dabei traurig bis zum 
Weinen. Bobinson wurde aber wieder mutig, wenn er an Gott dachte. 
Er sagte dann : Der liebe Gott wird mich doch noch erretten . . . 
Auch sang er: Wer nur den lieben Gott lässt walten etc. . . . 

Eines Abends sassen Bobinson und Freitag wieder traurig zusammen 
in der Höhle. Ein furchtbarer Sturm wühlte das Meer auf, so dass die 
W^ellen fast bis an die Höhle kamen. Bobinson erzählte jetzt Freitag 
alles von dem Sturme, den er auf dem Schiffe erlebt hatte. Zuletzt» 
sprach er zu Freitag: Wir wollen Gott bitten, dass er die Menschen 
behüten mag, die auf dem Meere in Gefahr sind. 

Plötzlich ertönten einige Kanonenschüsse vom Meere herüber. Ro- 
binson wusste sofort, dass diese von einem Schiffe kamen. Er sagte zu 
Freitag: da ist ein Schiff in Not. Die Matrosen schiessen, damit andere 
Schiffe kommen und ihnen helfen. Bobinson wollte auch selbst helfen, 
so gut er konnte. Er dachte, wenn die Matrosen wüssten, dass hier 
eine Insel wäre, so könnten sie vielleicht herübersteuem. Darum sprang 
er gleich mit Freitag vor die Höhle, und beide riefen so laut sie konnten. 
Der Sturm brauste aber so arg und das Schiff war noch so weit, dass 
niemand auf dem Schiffe etwas hören konnte. Da wollte Bobinson dem 
Schiffe durch ein Feuer ein Zeichen geben. Freitag musste rasch 
trockenes Gras auf den Felsen tragen, Bobinson brachte Kohlen herbei, 
und bald leuchtete das Feuer weit ins Meer hinaus. Das Schiff verstand 
auch das Zeichen und kam der Insel näher. Bobinson freute sich schon 
darüber, dass die Menschen gerettet würden und dass er mit dem Schiff 
bald fortfahren könnte Er dankte Gott schon für die Bettung. Aaf 
einmal hörte er ein furchtbares Krachen vom Schiff herüber. Die Bei- 
senden schrieen um Hilfe, bald aber war alles still. Jetzt wusste Bo- 
binson, dass das Schiff an einem Felsen zerschellt war. Er wollte mit 
Freitag noch ertrinkende Menschen retten, aber das ging nicht. Er rief 
lange laut, um vielleicht jemand am Ufer zu finden, aber alles war ver- 
geblich. Da ging Bobinson mit Freitag traurig in die Höhle. Er 
weinte über die unglücklichen Menschen und konnte die ganze Nacht 
nicht schlafen. Oftmals lief er noch vor die Höhle und rief, aber nie- 
mand hörte. 

2. Nach und nach kam der Morgen heran. Der Sturm hörte auf, 



*) Fällt die Zusammenfassung durch die Schüler nicht gut aus, dann 
hat das Vorbild des Lehrers aufzutreten; die Erfahrung lehrt aber, dasa 
selbst so lange Zusammenfassungen zur Befriedigung ausfallen. 



Kobinson 3t 

nnd es wurde etwas hell. Erzähle, was Kobinson sofort that! Eobinson 
ging mit Freitag an das Meer und schante nach dem 
Schiff. Es war aber noch nicht hell genug und . . . sie konntea 
nichts sehen. Da suchten siel Da gingen sie am Meere hin. 
und suchten nach Menschen. Eobinson schrie wieder, 
aber niemand hörte. Sie fanden niemand. Es wurde nun heller 
und sie kehrten wieder um. Als sie ein Stfick gegangen waren, sab 
Eobinson nicht weit von der Insel einen dunklen Gegenstand aus dem Meere 
schauen. Zuerst konnte er nicht genau erkennen, was es war. Endlich 
aber wurde es ihm klar. . . . Es war das Schiff. Das hatte der 
Sturm zuletzt auf eine Sandbank'*') geworfen. Aber wie sah es aus! 
Es lag auf der Seite, die Mastbäume waren abgebrochen 
und die Taue hingen an der Seite herab. Kein Mensch 
Hess sich aber darauf sehen. Erzähle, was Eobinson dachte 
und that! Eobinson dachte, vielleicht ist doch noch 
jemand lebendig im Schiff; ich will rasch hinüber- 
fahren. Freitag musste nun schnell das Bot herbei- 
schaffen und beide fuhren auf das Schiff los. Auf dem 
Wege schaute Eobinson ganz starr nach dem Schiffe und ihm schlug 
das Herz hoch, wenn er daran dachte, dass er im Schiffe noch Menscheiv 
finden könnte. Endlich langten sie an der Sandbank an. — Nichts 
regte sich im Schiffe. Eobinson wollte nun hinein. ... Die Thür 
war aber oben auf dem Schiffe, und Eobinson musste 
deshalb hinaufsteigen. Das ging nicht so leicht! Das Schiff 
war hoch, und Eobinson konnte ohne Leiter nicht hinauf 
kommen. Da kam ihm zum Glück ein Tau zu Hilfe. . . . Zum 
Glück hing nach der einen Seite ein Tau vom Schiffe 
herab; an diesem kletterte Eobinson auf das Schiff, und 
Freitag band das Bot fest und folgte ihm nach. Gieb an, was Eobin- 
son nun weiter beginnt! Eobinson öffnete nun die Thür und 
ging in das Schiff. Er suchte zuerst nach Menschen in 
allen Kajüten, er klopfte an alle Thüren, er rief auch laut, aber 
alles blieb still. Nun wusste er etwas. . . Da merkte er, dass 
alle Menschen ertrunken waren und weinte bitterlich dar- 
über. Er klagte laut über den Tod der vielen Menschen. Freitag stand 
dabei und wusste nicht, was er über das grosse Schiff und über seinen 
Herrn sagen sollte.**) 

Überschrift: Wie Eobinson das verunglückte Schiff besucht, und 
über den Tod der ertrunkenen Menschen ^klagt. 

Zusammenfassung: Als der Morgen kam, hörte der Sturm auf. 
Eobinson ging mit Freitag sehr früh an das Meer nnd schaute sich 



*) Die Kinder wissen, dass in der Saale die Flösse oft auf Sand- 
bänke geraten. 

**) In diesem Abschnitte drängen die Kinder oft dazu, gleich von 
den Dingen auf dem Schiffe zu erzählen. Dieses Drängen lässt sich 
durch den Hinweis auf das Ziel beseitigen. Es wird gesagt, dass davon 
erst die Eede sein kann, wenn es sich um Eobinsons und Freitags Glück 
handelt. 



32 Das zweite Schuljahr 

nach dem Schiffe am. Es war aber noch sehr dfister und nichts zu 
sehen. Da gingen sie am Meere hin und suchten nach verunglückten 
Menschen. Robinson rief überall laut, aber es hörte niemand. Als es 
heller wurde, kehrten sie wieder um. Als sie ein Stückchen gegangen 
waren, sah Robinson etwas Dunkles aus dem Meere schauen. Es war 
das Schiff. Das hatte der Sturm auf eine Sandbank geworfen. Da lag 
es auf der Seite, die Mastbäume waren abgebrochen und die Taue 
hingen an den Seiten herab. 

Robinson dachte, vielleicht lebt noch jemand im Schiffe. Freitag 
musste das Bot schnell herbeiholen und nun fuhren sie nach dem Schiffe. 
Als sie dort ankamen, wollte Robinson in das Schiff gehen. Zum Glück 
hing ein Tau ganz herab, an dem Robinson auf das Schiff klettern 
konnte. Als er oben war, kam Freitag auch. Robinson suchte nun 
zuerst nach Menschen in allen Kajüten. Er fand aber auf dem ganzen 
Schiffe keine Seele. Darüber weinte er bitterlich. — Freitag stand 
dabei und wusste nicht, was er über das grosse Schiff und über seinen 
Herrn sagen sollte.*) 

Ziel: Wie Robinson nun mit Freitag glücklich und reich wird. 

3. Robinson beruhigte sich bald wieder und dachte wie damals, 
als er nicht nach dem fernen Lande kam. . . . Was Gott thut, 
das ist wohlgethan. . . . Und nun wurde er sehr glücklich. Er 
jauchzte auf vor Freude. Worüber denn? Er freute sich über die 
Sachen, die ganz so aussahen wie zu* Hause. Er dachte, 
du kannst dir die Sachen mitnehmen, die du auf der Insel 
notwendig gebrauchen kannst. Zu Freitag sprach er jetzt wie 
ein Kind zu Bruder und Schwester am Weihnachtsfeste! Freitag, 
sagte Robinson, sieh dir doch die herrlichen Sachen an***")! 
Und Freitag stand dabei . . . und machte grosse Augen und ein 
verblüfftes***) Gesicht, denn er kannte die ganzen Sachen 
nicht. Was Robinson nur alles fand? Zuerst kam er in die Kajüte -}-), 
wo die Reisenden gewesen waren. Da standen Reisekoffer unter 
den Bänken; es hingen Kleider (Ueberzieher) an den Haken 
in der Wand. Auch Fernrohre, womit die Reisenden viel 
sehen wollten, waren dabeLff) Auch Bücher, worin die Reisenden 
gelesen hatten, waren da. ... Darüber freute sich Robinson sehr. 
Am meisten freute er sich über ein dickes Buch. Das war die Bibel, 
aus welcher ihm die Mutter früher Geschichten erzählt hatte. 

Einige Reisende hatten auch geschrieben, und es lag noch Papier 



*) Haben wir erzählt, was wir zuerst wollten? Ja, Robinson ist 
noch trauriger geworden. Diese Frage ist hier nötig. Sie erinnert den 
Schüler, dass ein Teil des Zieles erreicht ist. Nun das zweite Stundenziel. 
**) Ein Kind fuhr einmal fort: die uns der liebe Gott beschert 
hat. Es war ein gemütvoll angelegter Knabe. 
***) Aus der Praxis. 
t) Der Ausdruck ist bekannt; es kann auch ein anderer gebraucht 
werden. 

tt) Dass die Dinge hier zu finden sind, ist nur eine kindliche Yor- 
stellung. 



Eobinson 33 

da. Daneben lagen Federhalter mit Federn und auch Tinte fand Bobinson. 
An der Decke hingen auch Lampen. 

Jetzt kam Robinson in die Kajüte, wo die Matrosen gewohnt hatten. 
Da sah es ganz anders ans. Da hingen Gewehre und Säbel. . . . 
In den Patronentaschen steckten Patronen.*) Die Matrosen 
hatten auch eine Werkstatt wie wir in der Schule. . . . Darin fand 
Bobinson Sägen, Hobel, Meissel, Bohrer, Hämmer, Zangen, Nägel, Schrauben, 
Beile (Äxte) und Spaten. 

Endlich kam Bobinson in die Küche. Hier waren Teller, 
Schüsseln, Flaschen, Eimer, Messer, Gabeln, Beibeisen — 
und etwas, worüber sich Bobinson am meisten freute: Streichhölzer. Ja, 
nun brauchte Bobinson keine Angst mehr zu haben, dass 
ihm das Feuer ausging. 

Neben der Küche war auch noch eine Vorratskammer. Da lagen 
Säcke voll Mehl, Beis, Graupen . . . und vieles andere. 

Überschrift: Was Bobinson im Schiffe fand. 

Zusammenfassung. 

4. (Der Stoff ist nach dem vorigen Abschnitte vorhanden. Die 
Kinder haben zu wählen. Dabei ist dafür zu sorgen, dass die Dinge 
nicht fehlen, die zur Befriedigung geistiger und leiblicher Be- 
dürfnisse von Bobinson am meisten vermisst wurden. — Deshalb nur 
Andeutungen.**) 

Was mögen Bobinson und Freitag auf die Insel gebracht haben? 
Bobinson wählte klug aus. Freitag nicht, denn er kannte die Dinge 
nicht. Wählt auch so aus wie Bobinson! Dabei Angabe des Grundes 
und der Gemütsstimmung. — Freitag steigt auf einer Strickleiter ins 
Bot und schafft die Dinge nach der Insel. Bald thut Eile not, denn 
der Sturm erhebt sich wieder. — Bobinson findet zuletzt den Hund 
noch.***) Grosse Freude. In der Aufregung und Angst wird der Hund 
vergessen. Anhänglichkeit desselben. 

Alles ist glücklich am Lande, als der Sturm losbricht. Bobinson 
nun voll Freude, Freitag mit ihm. Dankgebet in der Kapelle. 

Überschrift: Was Bobinson und Freitag auf die Insel schaffen, 
und wie sie Gott für alles danken. 

Zusammenfassung: — Danach Frage: Haben wir nun auch 
erzählt, wie Bobinson und Freitag glücklich werden? 

Vertiefung, t) 

Ziel: Wir wollen jetzt sehen, ob Bobinson und Freitag ein gutes 
Herz haben. 

Das sehen wir aus der Geschichte, als sie in der Nacht das Schiff 
bemerkten. 



*) Die Vorstellung von Vorderladern ist nur selten noch anzutreffen. 
In den Patronen sind teils Kugeln, teils enthalten sie Schrot. 
*•) Vergl. Lesebuch für das zweite Schuljahr. 

***) Derselbe spielt nicht eine so grosse Bolle wi^ früher, wo er 
Bobin sons einziger Gefährte war. 

t) Von hier an auch nur Andeutungen. 



34 Das zweite Schuljahr 

A. Robinsons Verhalten gegenüber der Not der Menschen. 
Robinson thon die Leute leid. — Er will helfen. iTeDnahme. \ 



Erruft. 

Er zündet Feuer an. 



Gottergebenheit. 



™ 1.x 1- li? iHilfsbereit-lNächBten- 
Er versucht zu helfen. ^^^ ^^^ 

Er bittet Gott um Errettung der Menschen. ' Fürbitte. ' 

B. Robinsons Verhalten gegenüber dem Tode der Menschen. 
Er weint über die Verunglückten. — Mitleid. 
Er murrt nicht gegen Gott. 
Wie tröstet er sich? 

0. Freitags Verhalten. 

Er hilft mit. Er klagt mit. An Gott denkt er nicht, weil er Ihn 
noch nicht gut kennt. Er freut sich mit Robinson. — Mitleid, Mit- 
freude. 

III. Stufe: Das Sternthalermädchen lernt Leute in Not kennen Es 
ist mitleidig und hilfbereit. Es hilft wirklich. Es vertraut auf Gt)tt. 
Es klagt nicht, weil ihm die Eltern gestorben sind. 

Das fleissige Mädchen klagt nicht über seine Not. Verlässt sich 
auf Gott. Frau Holle nimmt sich des Kindes in der Not an. 

IV. Stufe: Menschen in Not muss man bedauern, ihnen helfen, für 
sie beten. — Was Gott thut, das ist wohlgethan. 

V. Stufe: Was thust du, wenn du Kinder in Not siehst, wenn die 
Eltern krank sind, wenn die Eltern sterben? Wie denkst du über das 
Verhalten der Bohne? Lesebuch f. d. 2. Schulj. Gedicht No. 20, 
Str. 3—4. 

II. Teil. 

Es kommt nur darauf an. Bekanntes von einst und jetzt ver- 
gleichsweise gegenüberzustellen und dabei auf den Segen der erhaltenen 
Güter hinzuweisen. Dieser Segen gehört vom Zeitpunkte des Schiffs- 
fündes an mit zum Hauptthema der Geschichte. Hier kann daher nur 
etwa der vom erwähnten Dinge gedacht werden, die im Leben auf der 
Insel eine vollständige Umwälzung hervorrufen. 



Zeichnen und Modelliren Singen 



35 



il Kunst-Unterricht 

1 Zeichnen und Modellleren 

Das Zeichnen im 2. Schaljahr ist noch dnrchans „malendes Zeichnen^. 
(S. das 1. Schuljahr, 5. Aafl., Seite 167 f. und die dort angegebene 
Litterator.) Es schliesst sich an die von Eobinson and Heimat reichlich 
gebotenen Gegenstände an, denen das Eind darch nähere Beschäftigang 
besonderes Interesse entgegen bringt. Manche von ihnen können aach 
in Thon and Sand modelliert werden, wie überhaapt die Hand- and 
Gartenarbeit der Kinder darch die Robinson-Erzählang vortreffliche An- 
regnngen erhalten. Dadarch fände aach eine wertvolle Weiterfohrong 
der im „ Kindergarten *' begonnenen Arbeiten statt, die nar zu häafig 
von der Schale gänzlich ignoriert werden, weil man die rechte Wert- 
schätzang des Zeichnens and der Handarbeit noch nicht gefanden hat.*) 
(S. Rein, Encyklopäd. Handbach der Pädagogik: Erziehang zar Arbeit. 
Langensalza, Beyer & S.) Vergl. S. 71. 



i 



2 Singen**) 

I Die theoretische Gruodlage siehe im I. Schaljahr 

U Vnterrichtsskizzen 

I Früblingsiied 

(Aach za Robinson, Lesebach Nr. 14.J 
Munter. Yolksweiae. 



I 



^ 



t 



^& 




X 



^^ 



m 



* 



AI - le Yö - gel sind schon da, al - le Yö-gei, ai - le! 
P 



m -'i J j Jij ^j ^ i J j j Jij ^ 



Welch ein Sin-gen, Mu - si-ciem, Pfeifen, Zwitschern, Ti - re-liern! 



m 



J f i f Cf J I J. ^ 






s 



m 



Früb-ling will nun ein-marBchiern, kommt mit Sang nnd Schalle. 

Hofimann v. Fallersleben. 

*) S. K. E. Palmgren, Palmgrenska Sanskolan. Praktische Ar- 
beitsschule Stockholm, Koersner. 1892. 

**) S. die Arbeit von Löwe im XXYL Jahrbuch des Yereins f. w 
Päd. Dresden 1894. 



36 



Das zweite Schaljahr 



I b*) 



m 



^ r I f Cf J I j ^ 



Ein jun-ges Lämmchen weiss wie Schnee mi- 
la — — jo- 



3 






m 




j'U' J- : j 




lauf Ga - lopp, ü - ber Stock und jo 
la 



n. Zeilenweises Darbieten und Einüben der Melodie, doch so, dass 
immer dem Vorsingen und Nachsingen das Vor- nnd Nachsprechen der 
Texteszeilen im Ehythmus der Melodie vorausgeht. 

III. Vergleichung der melodischen Figuren der ersten Zeile mit 
denen der letzten Zeile, dann der beiden Hälften der zweiten Zeile. 

IV. Die erste und die letzte Zeile lauten gleich; die erste und 
zweite Hälfte der mittleren Zeile lauten ebenfalls überein 

V. Zusammenstellung der Textesworte aus verschiedenen Strophen, 
auf welche die gleichen Töne und Tonfolgen zu singen sind. 

Zu Eobinsons Abschied. Lesebuch Nr 1 und 2 



2 Lieb Heimatland, Ade 



Massig bewegt 
P 



Volkslied 





I 



I 



I 



t 



f A - de, du mein lieb Hei-mat-land, lieb Hei-matiand, a - de! 1 
\ Es geht jetzt fort zum fremden Strand, lieb Hei-matland, a • de! J 



cresc. 



i 



s 



^ 



^m 



¥' 



Und so sing ich denn mit fro • hem Mut, wie man 

' ' J: J^ / j: 



s^t 



m 



öin-get, wenn man wandern thut, lieb Hei-mat-land, a - de! 



*) Anmerkang. Durch die auf I b vorzunehmenden Übungen 
sollen die Schüler an aus früheren Liedern bekannte melodische und rhyth- 
mische Figuren erinnert werden. Alle diese analytischen Übungen werden 
vom Lehrer immer erst vorgesungen und vorgespielt und dann erst von 
den SQhületn zu Gehör gebracht. Sie haben lediglich den Zweck, ftür äi% 
Erfassung und für die Wiedergabe des neuen Liedes vorzubereiten. 



Singen 



37 



I b 



i 



k 



AI -le Vö-gel jo- 
la mi- 



S 



-&- 



Tfe- 




mit auB-ge-lass-ner Freu-de 
la 




j, ji i j' ." j I I i' it^ 






mi 



II. Darbietnng durch Vorsingen nnd Vorspielen in zwei Abschnitten. 
Die Einübung beginnt mit dem Nachsprechen des vorgesungenen Text- 
abschnittes in dem Ehythmus des Liedes; besonderer Nachdruck ist auf 
jene Silben zu legen, die mit */g Noten versehen sind. 

III. Der Ijehrer singt mit starker Accentuierung des guten Takt- 
teiles die erste Zeile. Die Schüler haben während des Singens darauf zu 

achten, ob man leichter 1, 2, oder 1, 2, 3 zum Singen zählen kann. 
Nachdem sie ihrer Beobachtung Ausdruck gegeben haben, wird die Zeile 
vom Lehrer noch einmal gesungen, die Kinder zählen laut und schlagen 
immer auf 1 leicht mit der Hand auf die Bank. So wird jede Zeile 
behandelt. Der Auftakt bleibt ausser Betracht. 

IV. Zu dem Lied: „Lieb Heimatland, ade!^ kann man immer eins, 
zwei zählen. Die Töne auf 1 sind stärker wie die Töne auf S. 

V. Wie ist es bei anderen Liedern? — bei „Aus dem Himmel ferne" 
— „Fuchs, du hast die Gans gestohlen" — „Ein junges Lämmchen weiss 
wie Schnee" u. s w. Eine Abteilung, oder ein einzelner Schüler singt, 
andere zählen. Auf eins wird die Hand abwärts, auf zwei aufwärts 
bewegt. Wie ist es bei „Winter ade?** 

Zu Robinson, Lesebuch Nr. 3,^5 und auch 14. 



3 Noch lässt der Herr mich leben 



i 



^ 



-s^ 



3 



rJ J p I J^J-^ hg H J ^ ' I 



Noch läset der Herr mich le-ben ; mit iröh-li-chem Ge - müt eil 




ich, ihn zu er - he - ben; er hört mein irü - hes Lied.* 



Die Melodie ist den Schülern schon vom 1. Schuljahr her bekannt; 
es ist die Melodie, die zu dem Liede „Ach bleib mit Deiner Gnade" 
gesungen wurde. Eb kann also von ihr ohne besondere Vorübungen 
Gebrauch gemacht werden. Später, wenn die Melodie von Teschner zu 



38 



Das zweite Schuljahr 



„Valet will ich Dir geben^ eingeübt ist, kann der vorstehende Ideder- 
text anch dieser Melodie untergelegt werden. 

4 Abendgebet 

(Auch zu Robinson, Lesebuch Nr. 4 und 5.) 

Volksweise. 



yfci3 




Mü-de bin ich, geh zur Buh, schliesRe meine Äug-lein sn; 




Ya-ter, lau die An -gen dein 



ü-ber meinem Bet-te teini 

Luise HenseL 



I b 



^m 



t- 



5 



Ü 



^^ 



^ 



sollt mir wahr - haf - tig nicht hin - der - lieh sein. 

la — _ 



^^^ 




£ 



^ 




v=^ 



la. 
mi. 



^ j ji J J ^' J1 f tttm^^7\r(iit^^:tmfn 



an der ganzen grossen Zahl la 

la jo 



IL Darbietung des ganzen Liedes durch Vorsingen desselben. 
Ehythmisiertes Vor- und Nachsprechen des Textes und zwar der ganzen 
Strophe. Zeilenweises Einüben der Melodie. 

III. Auf welche Silben sind zwei Töne zu singen? Welche 
Stellung haben Mund und Zunge beim Singen der Silben „Ruh"' und 
„zu^? Bei welchem Selbstlauter hat der Mund eine ähnliche Form? 
Wie ist die Mundstellung beim Singen der Silben „geh'*', „recht'', „sende** 
etc.? Bei welchem anderen Selbstlauter ist die Stellung des Mundes 
eine ganz ähnliche? Wie ist sie bei a, o, ai, ei? Beim Sprechen 
welcher Mitlauter werden die Lippen ganz geschlossen? Bei iii(üde) 
und B(ette). 

IV. Die Lippen werden nur geschlossen bei den Mitlautern m, b, 
p. Bei allen Selbst- und DoppeUautern bleibt der Mund geöffnet. 

. V. Zusammenhängende Wiedergabe der bis jetzt gewonnenen Qo» 
setze über die Tonbildung und über die Aussprache. 



fiiniren 



80 



Zu Kobinson, Lesebuch Nr. 6, 7, 10 und 14. 

5 Wäoh auf, mein Herz und singe 



1 



I 



J JlrJ^U JIJ ^ 



3 



S 



-ö» 



32 



n«f 



:s 



1. Wach' auf, mein Herz und sin - ge dem Schöpfer al - 1er Din-ge, dem 

2. Sprich Ja zu mei - nen Thaten, hilf selbst das be - ste ra - ten, den 



* 



* 



rnryi f- ^ i j j i j. u ii 



3 



-Ä> 



32: 



t 



1. Ge- ber al - 1er Ga 

2, An-fang, Mitt* und En 



ter, dem from-men Men- sehen -hü - ter. 
de, ach Herr, zum be - sten wen - de! 

Paul Gerhardt. 



I b 



^Tt \ ^\f \ iii\A ^m 



Ä^ 






49- 



5 



^ 



■^^- 



Klipp klapp 
la la- 



mi 




jLJ^ J j lU '^ 



^ 



gga 



■jsz. 



'» 



SL 



"Ä^ 



al-le Vö-gel ro 

la 



re 
mi 



n. Zeilenweises Darbieten, rhythmisiertes Sprechen des Textes und 
Einüben. 

IIL Vergleichung einzelner Silben in bezug auf die Dauer ihrer Töne. 

IV. In dem Lied: „Wach auf, mein Herz" kommen Töne vor, 
die einen Schlag, die zwei Schläge und die drei Schläge lang währen. 

V. Wie vielerlei Töne (der Dauer nach) kommen in dem Liöde 
vor: „Noch lässt der Herr mich leben*? 

Zu: Eobinson wird krank. Lesebuch Nr. 9. 



6 Konmt ein Vogel geflogen 



Volksweise. 





I 



Kommt ein Vo - gel ge - flo-gen, setzt sich nie- der auf mein'n 




j' r l f J J I J I H 



r g er 



Fuss, hat ein Brief-eben im Schnabel, brin-get freand-li-chen Gruis. 



40 



Das zweite Schuljahr 



I b 




I 



i^ ^\ r r 



i I r^> 





I 



:^ 



-Ä^ 



rrj j ." f, I r-r J i j i i 



II. Vorsing^en, Vorspielen, Einüben in zwei Abschnitten, 
in. and IV. Die Einordnang des neuen Liedes in die verschiedenen 
Liedergmppen erfolgt später. 



7 Mein erst Gefühl sei Preis und Dank*) 

(Robinson wird wieder gesand. Lesebuch Nr. 9.) 



1540. 




^^g 3^^}^f^i=Fld :Lj-J.3Ljj 



Mein erst Gefühl sei Preis und Dank; er-he-be Gott, o See - le! Der 




rf7r:, \ r r : 



t=t 



^^ 



Herr hört dei-nen Lob -ge- sang; lob -sing ihm, mei-ne See - le! 

Geliert. 

I b 



la. 



^^ 



t ' t i 



' „ V ff u 



(fa - ri fa - ra fa - rum) 



la. 



i 



i 



T 



■»■ 



s 



5 



75^ 



I 



10 



(her auf je -des Kind) 
la 10 

la 



mi. 



II. Vorsingen des ganzen Liedes durch den Lehrer. Zeilenweises 
Sprechen des Textes mit dem Ehythmus der Melodie. Es ist hierbei 
besonders darauf zu achten, dass die Silben ^mein", „er'', »der", „lob" 
leicht und kurz gesprochen werden, die erste Silbe des Wortes „Seele*^ 



*) Dieses Lied ist in den Ghoralbüchern meist einer andern Melodie 
untergelegt. In ihrer ursprünglichen rhythmischen Gestalt aber, an der 
hier aus den im I. Schuljahr angeführten Gründen festgehalten werden 
soll, ist diese Melodie für das 2. Schuljahr nicht geeignet, weshalb Tor- 
stenen de Melodie gewählt wurde. 



Singen 



41 



aber die doppelte Zeit der anderen Silben zugeteilt erhält. Das ryth- 
misierte Sprechen des Textes kann anch dem Einüben der einzelnen Zeilen 
in d e r Weise vorausgehen, dass immer bloss die Zeile vorher gesprochen 
wird, die zur Einübung kommt. Bei Melodieen, deren einzelne Zeilen, 
wie in dem vorstehenden Liede, die gleiche taktische Gliederung 
haben, kann das rhythmisierte Sprechen des ganzen Textes dem Ein- 
üben vorausgeschickt werden. Zeilenweises Einüben der Melodie. 

III. Vergleichen der einzelnen Töne der letzten Zeile in bezug 
auf ihre Tonhöhe. Der erste Ton ist der höchste, der letzte der tiefste 
Ton. Der 2. Ton ist etwas tiefer als der 1., der 3. etwas tiefer als 
der 2., der 4. etwas tiefer als der 8. n. s. f. Der erste und der letzte 
Ton lauten sehr ähnlich; wenn sie zusammen erklingen, könnte man 
meinen, es wäre ein Ton. — Zur Bestätigung dessen Singen der Ton- 
leiter in abwärtsgehender Eichtung, gleichzeitiges Singen des ersten und 
letzten Tones durch verschiedene Abteilungen und durch einzelne Schüler ; 
Spielen des ersten und letzten Tones unmittelbarer nacheinander, dann 
gleichzeitig. 

IV. Diese Tonreihe nennt man Tonleiter. Der 1. und der 8. 
Ton derselben klingen sehr ähnlich, jeder der Tonleiter-Töne ist um etwas 
tiefer, als der ihm vorhergehende Ton. 

V. Singen der Tonleiter in abwärtsgehender Richtung von d^, es 
und ^ ausgehend. Aufsuchen solcher Stellen Mher gelernter Lieder, 
die aus Teilen der abwärtsgehenden Tonleiter bestehen, so: „her auf 
jedes Kind" — „bei uns Herr Jesu" — „sonst wird dich der Jäger 
holen mit dem Schiessgewehr ^ — „hinderlich sein" — „Pferdchen lauf 
Galopp" — »hopp, hopp, hopp, hopp, hopp." — 



8 Wunsch 

Zu Robinson, Lesebuch Nr. 10. 



Volkslied. 



^ 




^Ir r r i r r r l f r fl-M 



1. Wenn ich ein Vöglein war und auch zwei Flüglein hätt', flog ich zu dir; 

2. Bin ich gleich weit von dir, träum ich doch stetsvon dir, bin nicht al-lein; 

3. Ein-sam dann wei-ne ich, nen - ue im Seufzen dich, doch du bleibst fern 




1. weile a-ber nicht kann sein, weils a-ber nicht kann sein, bleib ich all -hiev. 

2. wach ich vom Schla-fe auf, wach ich vom Schla-fe auf, bin nicht al - lein. 

3. Mut-ter, o Mut-ter mein, Mut-ter, o Mut-ter mein, bleib nichtmebrfern. 



42 



Dfts zweite Sclialjabr 



I b 




i^^ fej^gl ^ ^^ 



2Z 



und haben wir solclies, ho h&ts kei-ne Not la. 
la 




la 



Kh klappert die Müh-le am rau-scben-den Bach 



m 

la 



;^; -j J i 



m 



tz± 



IL Darbietung des Tiedes in zwei Abschnitten. RhythmigiertM 
Spreeben des Textes nnd Einüben der Melodie nach Zellen. 

in. Während der Lehrer oder einzelne Schüler die erste Zieile vor 
singen, haben die beim Singen nicht beteiligten Schüler daranf zu achten, 
ob man 1, 2 oder 1, 2, 8 zählen kann, in welcher Weise starke nnd 
schwache Töne mit einander abwechseln. In gleicher Weise verfiUirt 
man mit den folgenden Zeilen. Nach jeder Zeile wird konstatiert, dasB 
anf einen starken Ton zwei schwache Töne folgen und dass man 
1, 2, 3 zählen kann. 

IV. In dem Liede ,,Wenn ich ein Vöglein war'** folgen inimer auf 

einen starken Ton zwei schwache Töne. Man kann 1, 2, 3 zählen. 

V. Wie ist die Zeiteinteilung bei den Liedern: ^Es klappert die 
Mühle^, „Wach auf, mein Herz^, ^Kommt ein Vogel geflogen^, ^^Ww/X 
Du wie viel Stemlein stehen^? Bei welchen Liedern kann man nicht 

l7 2^ 3^ sondern T, ^ zählen? 



Zu Lesebuch Nr. 11 und 16 
9 Schützenlied 



Frisch. 



B. Ans. Weber. 



i 



fa 



Ä 



ir 



£ 



^3 



^m 



Mit dem Pfeil, dem Bo - gen, durch Ge - birg und Thal 



1 



I 



r^^/j ;' I j ^ 



g 



I 



kommt der Schütz ge - zo - gen, früh am Mor - gen - strahL 

Bei der Wicderholang pp. 



yrurji-jfFJT ^ J jui I J. j j'lTy?'??^^^ 



la la la etc. 



Singen 



43 



1 b 



pfrnT=7 



s§ 



■fi i J i' J' 



klipp, klapp, klipp, klapp, klipp, klapp er mah-let uns Korn 



la la 



^^1 



-w: 



la 



II. Vorsingen des Liedes in zwei Abschnitten. Rhythmisiertes 
Sprechen des Textes mit besonderer Beachtung der durch die Cäsuren 
der Melodie gebotenen Verlängerungen der Silben „Bogen", „zogen^, 
„Thal** und „Strahl**. Zeilenweises Einüben. 

III. Es wechseln lange und kurze Töne wie bei „Wach auf, mein 
Herz'* und bei „in Polen brummt**. Wie bei diesen Liedern kann man 
auch bei dem neugelemten Lied 1, 2, 3 zählen, eventuell Vorspielen der 
ersten Zeile in folgender Weise: 




Wechselweises Singen und Zählen. 

Bei welchen Liedern haben wir auch l, 2, 3 gezählt? Hand- 
bewegungen: ab, links, auf — statt des Zählens und in Verbindung 
mit demselben, während der Lehrer singt oder spielt. 

IV. Man kann solche Lieder Dreischlaglieder oder Dreier- 
lieder nennen. 

V. Welche Lieder gehören zu den Dreischlagliedem, welche nicht? 
Von den ersteren werden einige gesungen und zwar so, dass eine 

Abteilung singt, während die andere leise zählt und die dritte die 
taktischen Handbewegungen macht. 

Zu Kobinson, Lesebuch Nr. 12, 14, 20, und 25. 



10 Gott, ich danke dir'*') 



Albert. 



^ 



j_l\j Jr\^^ 4j^ 



r r \ j 



-Ä- 



{ 



Gott, ich dan • ke dir von Her-zen, dass du mich in die-ser Nacht \ 
vor Qefahr, Angst, Not und Schmerzen hast be - hü -tetund be- wacht,] 



4 r ^1*^ 'i ^ 



T-itrrf^^ ^ 



+ 



32Ü 



dass dos bö-sen Fein- des List mein nicht mäch-tig wor - den ist. 

Albert. 



*) Zweite Strophe des Liedes: „Gott des Himmels and der £rde^. 



44 



Das zweite Schaljahr 



I b 



la 



^ 



S 



t 



2Z: 



ZE 



■Ä^ 



la 



(dem from-men etc.) 






SS 




iSh 



i 



<9- 



^ 



Ä^ 



^ 



10 



II. Zeilen weises Vorsingen und Vorspielen ; rhythmisiertes Sprechen 
nnd Einüben der Melodie ebenfalls Zeile um Zeile. 

in. Die Tondaner der gnten Silben ist zu vergleichen mit der 
Tondaner der accentlosen Silben. Bei welchem früher gelernten liede 
findet das Gleiche statt? Durch Vergleichang ist weiter festzustellen, 
auf welche der accentuierten Silben nur ein Ton, auf welche derselben 
zwei Töne zu singen sind. Endlich ist auch noch zu bestimmen, ob 

man 1, 2, 8, oder 1, 2 zählen kann. Um dies den Schülern zu er- 
leichtem, sind die einzelnen Zeilen so zu spielen: 




IV. Die guten Silben haben entweder einen langen Ton, oder 
zwei kurze Töne; die schlechten (oder leichten) Silben haben immer einen 

kurzen Ton. Man kann bei diesem Liede 1 , 2, B zählen. Es gehört zu 
den Dreischlagliedern. 

V. Singen des Liedes durch eine Abteilung, während die andere 
die Taktteile durch Handbewegungen: ab, links, auf andeutet. 

Bei welchen anderen Liedern konnten wir 1, 2, 3 zählen? 



II Das Bübleln auf dem Eis *) 



Gh. H. Hohmann. 




m 



^ 



Ge - fro-ren hat es heu - er noch gar kein fe-stes Eis; Büb- 




lein geht auf den Wei - her und spriciit so zu sich leis: Ich 

riL 




will es ein*mal wa-gen; das Eis, es muss doch tra-}Ten! Wer weiss? 

Fr. Gull. 



*) Ich würde dieses Lied fortgelassen haben, wenn ich die Kritik 
Böttchers im 4. Heft der Stadien, Jahrgang 1885, S. 46, soweit sie den 
Güllschen Text betrifft, für richtig erachten könnte. H. 



Singen 



45 



I b 



l;*if i r«HJ<Jijl ^^ 



4- 6^ 



^ 



Im-mer im Ga-lopp hopp etc. 



5 



^ 



•^- 



la 




guckt mit etc. 
la 



n. Darbietung, rhythmisiertes Sprechen und Einüben in drei Ab- 
schnitten. 

III. Der Lehrer spielt mit starker Betonung des 1. und 3. Achtels 
die 1. Zeile vor. Die Schüler geben an, ob auf einen stärkeren Ton 
immer ein schwächerer Ton folgt, oder ob einem stärkeren Tone immer 
zwei accentlose Töne sich anschliessen. Nachdem dies festgestellt ist, 
wird die Zeile wieder gesungen, wobei die Schüler durch Auf- und Nieder- 
schlag die Taktglieder markieren. Die übrigen Zeilen werden unter dem- 
selben Gesichtspunkt vergleichend mit der ersten Zeile zusammen gestellt. 

Bei jeder Zeile wird konstatiert, dass man 1 2 zählen kann. 

Wie ist der Wechsel zwischen starken und schwachen Tönen in 
anderen Liedern, in: ^Ade, du mein lieb Heimatland^, ^AUe Vögel sind 
schon da", „Mein erst Gefühl sei Preis und Dank" etc.? Wie zählt, 
wie taktiert man in allen diesen Liedern? 

IV. Man heisst solche Lieder Zweischlaglieder oder Zweier- 
lieder. 

V. Woran erkennt man die Zweischlag-, woran die Dreischlaglieder? 
Nennen einzelner Lieder; Einordnung derselben in eine dieser Gruppen 
durch die Schüler. Zusammenstellung der gelernten Lieder nach diesen 
zwei Gruppen. 

Für den Weihnachtskreis auch zu Eobinson, Lesebuch Nr. 23: 

12 „Vom Himmel hoch da komm loh her" 

Die Melodie hierzu ist bereits zu dem Liede „Mein erst Gefühl sei 
Preis und Dank" eingeübt worden. 



13 „Alle Jahre wieder^' 

nach der Melodie zu „Aus dem Himmel ferne". (Nr. 1 im ersten Schul- 
jahre.) 

III. Stufe zu Nr. 12 und Nr. 13. 

Der Lehrer singt und spielt folgende Stelle: 




kommt das Chri - stos - kind 



Zahl der Töne. Der erste ist der tiefste, der letzte der höchste 



46 



Das zweite Schuljahr 



Ton. Der zweite ist etwas höher, als der erste, der dritte etwas hoher, 
als der zweite a. s. f. 

Ehenso wird folgende Stelle aus dem Liede: „Vom Himmel hoch 
da komm ich her'' behandelt. 



^ 



4: 



^ 



■^ 



X 



I 



da komm ich her 

Bestimmung des Gemeinsamen und des Unterscheidenden beider Stellen. 
Die zweite Stelle hat höhere Töne als die erste; oder sie ist höher als 
die erste. Beide bestehen aus 4 Tönen. Der erste ist bei beiden der 
niedrigste Ton u. s. f. w. 0. 

Nun werden beide Figuren unmittelbar nach einander auf la gesungen 
und dann gespielt, doch so, dass die Schüler den Beginn der 2. Figur 
deutlich merken. Hierauf wird festgestellt, dass auch der 1. Ton der 
2. Stelle nur um etwas höher ist als der letzte Ton der 1. Stelle. Ebenso 
werden der 1. und der letzte Ton der ganzen Eeihe gleichzeitig ange- 
sungen und gespielt. 

IV. Der 1. und der 8. Ton lauten sehr ähnlich. Jeder Ton ist 
um etwas höher als der vorhergehende; der vorhergehende ist immer 
etwas tiefer als der folgende Ton. Diese acht Töne bilden die aufwärts 
gehende (oder steigende) Tonleiter. 

V. Singen der Tonleiter in auf- und abwärts gehender Bichtung, 
zunächst in D-dur, dann aber auch in G-dur, Es-dur und E-dur. 

In welchen der gelernten Lieder kommen Teile der Tonleiter vor? 

Zu Eobinson Lesebuch Nr. 10, 27 und 29. 

14 Lang, lang ist's her 

Volkslied. 




t; — t 



^^ 



0, wie 80 schön und herz-in-nig einst klang, lang ist es her, 



^ 




b — t 



^^ 



^ 



lang ist es her. Mut-ter, Mutter, deiu lieb - 11 - eher Sang, 



m 



Ir^U'INJIj jM^LJjj 




-»■ 



t 



t 



lang, ach gar lang ist es her! Nimmer ver-gess ich die se-li-ge Zeit, 



t 



t 



^ 



2Z: 



T 



:sz£. 



S 



-€h 



t 



X 



da du voll Treu-e dein Herz mir ge- weiht; ach, die-ses Glückes ge- 
Jjir-^ . ^ ■ ' ^ 



y f c : f -t 



T 



'' ^ d • 



^m 



denk ich noch heut, lang, ach gar lang ist es her. 



Singen 



47 



I b 



fr 



m 




i\r t f II' r f I f f t \ M 




oh will ea 



* 



|s:rrrirtfrji:£ ^ 



^ 



? 



^S 



IL Zeilenweises Darbieten, rhythmisches Sprechen des Textes 
und Einüben. Wie kann man zählen ? Wie viel Töne sind gewöhnlich 
anf den 1. Schlag — anf den 2. Schlag zu singen? 

III. Bei welchem Liede sind auch öfter auf einen Schlag zwei Töne 
zu singen? (Kommt ein Vogel geflogen.) Anf den wievielsten Schlag 
bei diesem, bei jenem Lied? 

Bei welchen Liedern kommt nnr ein Ton auf zwei Schläge? (Gott 
ich danke Dir — Wach auf mein Herz — Mit dem Pfeil, dem Bogen.) 

IV. Es können kommen zwei Töne auf einen Schlag und zwei 
Schläge auf einen Ton. 

V. Nenne andere Lieder, in denen 2 Töne auf einen Schlag zu 
singen sind — dann solche, in denen Töne vorkommen, die 2 Schläge 
lang währen! 



15 Winters Abschied 
(Auch zu Robinson Nr. 12.) 



Volksweise. 



y 8 ■' ^ =^ 



g 



w ^^. 



?=p: 




Win-ter, a - de ! Scheiden thut weh. A-ber dein Scheiden macht, 



w 



Q * g- 



A 



^=i^^m 




daes mir das Her - ze lacht. Win-ter, a - de! Scheiden thut weh. 

Hofimann v. Fallersleben. 

I b 

A . A A . A 



^m 



r ff «i^ I r J^ ^^ 



2 



5=P: 



l^-^Ji^ 



^ 



¥^=f^ 



■"■ N 



^c=g: 



£ 



^^=fi-J^ 




fr 



m 




i\.f t rW r. f \ t f t \ M 



48 Das zweite Schuljahr 

II. Vorsingen nnd Vorspie en der ganzen Melodie Ebythmisiertes 
Sprechen der ganzen Strophe. Zeilenweises Einüben der Melodie. 

III. Vergleichnng des neu gelernten Liedes inbezug auf die Takt- 
ördnong mit: „Gott ich danke Dir" — „Wach auf mein Herz" — 
„Wenn ich ein Vöglein war** — „Es klappert die Mühle" etc. Ver- 
gleichnng der im 2. Schuljahre geübten Lieder inbezug auf ihren Text- 
Inhalt. 

IV. Das Lied: „Winter, ade" gehört zu den Dreischlagliedem. Wir 
haben gelernt : zwei Winterlieder, zwei Weihnachtslieder, ein Morgenlied, 
ein Abendlied, ein Schützenlied, ein Abschiedslied, ein Frühlingslied und 
ein Wunschlied. 

V. Einordnen der neuen Lieder in die Liedergruppen des Vorjahres 
nnd der im 1. Schuljahre angeeigneten Lieder in die Liedergruppen des 
2. Schuljahres. Gursorische Eepetition der verschiedenen Lieder. 



Zusammenstellung der für das zweite Schuljahr behandelten Lieder 

1. Alle Vögel sind schon da. 

2. Ade, du mein lieb Heimatland. 

3. Noch lässt der HeiT mich leben. 

4. Müde bin ich, geh zur Euh\ 

5. Wach auf, mein Herz, und singe. 

6. Kommt ein Vogel geflogen. 

7. Mein erst Gefühl sei Preis und Dank. 

8. Wenn ich ein Vöglein w&r. 

9. Mit dem Pfeil, dem Bogen. 

10. Gott, ich danke Dir von Herzen. 

11. Das Büblein auf dem Eis. 

12. Vom Himmel hoch da komm ich her. 

13. Alle Jahre wieder. 

14. Lang, lang ist's her. 

15. Winter, ade. 



Mit dem 2. Schuljahre schliesst das Singen nach dem Gehöre. 
Im 3. Schuljahre beginnt das Singen nach Noten und damit die 
eigentliche Einführung in die Elemente der musikalischen Theorie. 

Schwabach. 

J. Helm. 



Lesen und Schreiben 49 



III Deutsch (Lesen und Schreiben) 

I Die Auswahl des StofTs 

Die an ein Lesebuch zu stellenden Forderungen sind im „Dritten 
Schuljahr", 8. Aufl., Seite 107—110 ange/?eben. Hier erwähnen wir 
nur, dass der Inhalt des Lesebuchs zu dem Konzentra- 
tionsstoff oder einem vorherrschenden und berech tig-ten 
Gedankenkreis der betreffenden Stufe in Beziehung 
stehen soll, dass wegen der blossen Form kein Lesestück Aufnahme 
beanspruchen kann. 

Der Gebrauch eines solchen Lesebuchs kann verschieden gedacht 
werden: entweder schüesst sich das Lesebuch ergänzend und wieder- 
holend an den übrigen Unterricht an, oder umgekehrt, dieser verarbeitet 
weiter, was das Lesebuch geboten hat. 

In den beiden ersten Schuljahren kann das letztere nicht stattfindeu, 
weil die Schüler noch nicht lesen können ; und auch später ist das Lesen 
noch längere Zeit ein so mangelhaftes, dass der andere Unterricht nicht 
auf den Lehrstoff warten kann. Wollte man auch nur eine enge Ver- 
bindung durchsetzen, so könnten ebenso leicht die technischen als die 
andern Unterrichtsfächer geschädigt werden, man könnte z. B. den Lese- 
und Schreibunterricht überstürzen, oder ihm unverhältnismässig viel Zeit 
zuwenden. Es Hesse sich allerdings auch eine Zusammenstimmung des 
Lesestoffs mit dem jeweiligen heimatskundlichen oder Gesinnungsstoff da- 
durch herstellen, dass man erstem aufs äusserste beschränkt, z. B. aus 
jeder methodischen Einheit nur einige Sätze als Lesestoff auswählt. Mag 
das beim ersten Leseunterricht, so lange noch gar nicht oder nicht viel 
im Buche gelesen wird, Regel sein, später hat es seine Bedenken. Ein 
Lesestück z. B , das ein in vier bis fünf nackte Sätze zusammengezogenes 
Märchen als Inhalt hat, wird von dem Schüler überhaupt nicht als Er- 
zählung eines Märchens anerkannt werden. Mit der Forderung: „An- 
schluss an den Konzentrationsstoff ist aber gar nicht ausgesprochen die 
Forderung „gleichzeitiger Behandlung". Die betreffenden Lesestücke 
können in vielen Fällen dem Sachunterricht später nachfolgen. Für den 
Leseunterricht sind damit mehrere Vorteile geboten: die Sache ist nach 
einiger Zeit dem Schüler zwar noch genügend bekannt, so dass wir nicht 
für neue „Vermittlung des Verständnisses" oder „Erregung des Interesses" 
zu sorgen haben ; höchstens ist eine kurze Wiederholung nötig ; aber die 
frühere Form ist bereits gelockert oder gelöst, wenn es sich nicht um 
memorierte Stücke handelt. Wir können deshalb den Lesestoff in eine 
neue, wenn auch kurze, doch ansprechende, gute Form bringen. Und 
das ist auch nötig ; denn die Form soll vorbildlich sein. Weiter können 
wir zahlreiche Poesien einflechten, die beim mündlichen Unterricht hätten 
gemerkt werden müssen, wodurch das Gedächtnis überlastet worden wäre. 
Femer können wir die Anordnung des Stoffs zweckmässig ändern und 

4 



50 Das zweite Schaljahr 

haben Zeit, jedes Lesestück gründlich einzuüben, da es sich nicht un- 
mittelbar an den übrigen Unterricht anschliesst. Aus diesen Gründen 
entscheiden wir uns für eine freiere Auffassung des „Anschlusses an den 
Konzentrationsstoff." 

Anmerkung 

Die Verfasser der „Schuljahre" haben zwei Lesebücher herausgegeben, 
in welchen das oben Dargelegte praktisch verwertet ist.*) Ihr Inhalt 
steht in mehr oder weniger enger Beziehung zu dem Gesinnungs- und 
heimatskundlichen Unterricht der beiden ersten Schuljahre, setzt also die 
Durcharbeitung dieses Stoffs voraus. Die Stoffe sind den Schülern 
bekannt und durch unterrichtliche Behandlung lieb geworden. Auf Er- 
klärungen braucht der Lehrer deshalb nur wenig oder keine Zeit zu 
verwenden. Die ganze Kraft des Lehrers wie des Schülers kann sich 
für diese ersten Übungen im Lesen (bez. Schreiben) konzentrieren. Wir 
halten das für nicht unwichtig. Lesen und Schreiben sind Fertigkeiten, 
die jetzt schon tüchtige Übung verlangen ; denn auf den nächsten Stufen 
sollen die mechanischen Schwierigkeiten, wenigstens zum grössten Teil, 
überwunden sein, damit die Beziehungen des deutschen Unterrichts zu 
den andern Fächern viel innigere werden können. 



2 Die Bearbeitung des StofTs 

1. Das Lesen.**) Das zweite Schuljahr hat die Aufgabe, zunächst 
das Wortlesen (ohne Beschränkung) zu üben und zu fliesseudem, ton- 
richtigen Satzlesen überzuleiten. Beim Wortlesen wird verlangt, 
dass der Blick gleich das ganze Wort übersieht, während beim Satz- 
lesen immer schon einige nachfolgende Worte erfasst sein müssen, wenn 
das vorhergehende noch ausgesprochen wird. Das Wortlesen betont zwar 
die Silben richtig, setzt aber alle Wörter eines Satzes gleichwertig ; das 
Satzlesen hebt Einiges als besonders wichtig hervor, setzt also ein Urteil 
voraus. Es kann nicht eher erfolgen, bis die erlangte Fertigkeit im 
W^ortlesen den Blick zum schnellen Durchlaufen der Zeilen freigemacht 
hat; deshalb darf man es nicht zu früh verlangen. Auch erzeugt man 
sonst leicht „Stockerer", welche die bekanntem Wörter zwar rasch 
hinter einander lesen, bei jedem schwierigem Wort aber halten und 
dann einen neuen Anlauf nehmen. Selbst das Wortlesen darf man 
nicht voreilig erzwingen wollen^ wenn das lautierende Lesen nocli 
Schwierigkeiten macht; sonst legen sich die Schüler aufs Erraten der 
Wörter. Also behutsamer Fortschritt ! Zum lautierenden Lesen muss so 
oft zurückgegriffen werden, als ein schweres Wort es nötig macht. Jeder 




*) Das ersteLesebuch. Bearbeitet von Dr. W. Bein, Dr. A. Bliedner, 
A. Pickel und E. Scheller. Leipzig, Bredt. 0,30 M. Lesebuch für das 
zweite Schuljahr 2. A. 1884. Leipzig, Bredt. 

**) Vergl. hierzu: A. Pickel, Anweisung zum elementaren Lese- und 
Schreibunterricht (von Seite 53 an). Dresden, Bleyl & Kaemmerer. 



Lesen nnd Schreiben 51 

Satz ist zunächst tüchtig^ wortweise einzuüben. (Es sei noch bemerkt, 
dass die Abstufung des Lesens nicht so aufzufassen ist, als sei auf der 
untersten Lesestufe kein Wort- oder Satzlesen zulässig. Bis zu letzterm 
wird vielmehr auch auf der untersten Stufe fortgeschritten.) Für den 
Anfang ist das Lautieren noch das alleinige Lehrverfahren, später tritt 
das Buchstabieren ein. Zur Erleichterung werden dabei die schwerern 
Wörter zerlegt. Silben weises Lesen eines Wortes kann man nicht ohne 
Weiteres verlangen; denn der Schüler weiss ja noch nicht, wie weit eine 
Silbe reicht Man giebt ihm deshalb an, bis zu welchem Buchstaben 
er lesen soll, z. B. bei „Bohnensuppe": Lies bis zum h; — Boh- — , von 

da bis zum n! — nen- — , beide Silben! — Bohnen , vom s bis zum 

ersten p! — sup- — , vom zweiten p bis zum Schluss! — pe! — , die 
beiden letzten Silben zusammen ! — suppe — , das ganze Wort ! — 
Bohnensuppe — . Viele Lesebücher für die Unterstufe bringen die Wörter 
gleich in Silben getrennt (Bohnensuppe z. B. ist gesetzt Boh nen sup pe.) 
Das Lesen wird dadurch allerdings zunächst erleichtert, aber es artet 
leicht in Silbenlesen aus; auch werden die W^ortbilder verunstaltet. Wird 
ein Lesestück richtig vorbereitet, so ist die erwähnte Hilfe nicht nötig. 

Von der grossen Schrift der Lesemaschine zu der kleinen des Lese- 
buchs ist ein ziemlicher Sprung. Dazu kommen die vielen Zeilen unter 
einander und die geringe Übung im Zeigen und Fortrücken auf solchen 
Linien. Das alles macht die Schüler leicht verwirrt. Deshalb schiebt 
man zwischen Lesemaschine und Lesebuch als zweckmässigen Übergang 
Lesetafeln ein,*) deren Schrift die Mitte zwischen derjenigen der 
Lesemaschine und der des Lesebuchs hält. Sie gestatten ohne Mühe einen 
tüchtigen Gesamtunterricht und Übung im Mitzeigen und Nachlesen. Im 
Lesebuch wird die zu lesende Zeile durch das Lesebrettchen oder 
«in Blatt Papier, das zu lesende Wort durch den Zeigestift isoliert. 

Die unterrichtliche Behandlung eines Lesestücks erfolgt nach den 
bekannten fünf formalen Stufen. Es soll aber nicht jedes Lesestück 
als methodische Einheit angesehen und nach sämtlichen Stufen durch- 
gearbeitet werden, weil sonst die Leseübung zu gering sein würde.**) 
Viele Lesestücke werden deshalb auf der zweiten Stufe mit dem Lesen 
abgeschlossen oder erst bei einem spätem weiter verwendet. 

Die Vorbereitung eines Lesestücks erstreckt sich zunächst auf 
den Inhalt. Interesse für denselben soll schon durch die Zielangabe er- 
weckt werden. Man wird häufig noch etwas mehr zu thun haben ; doch 
•darf die Vorbesprechung nicht den ganzen Inhalt des Lesestücks verraten. 
In dem Lesestück ist vielleicht auch manches dem Schüler voraussichtlich 
unverständlich oder unklar und erklärt sich aus dem Zusammenhange 
beim Lesen nicht von selbst. Entweder sind es einzelne Ausdrücke oder 
Satzkonstruktionen; diese sollen womöglich vor dem Lesen zu 
voller Klarheit gebracht sein. Vielfach wird die Erklärung da e i n g e • 



*) Solche sind bei Klinkhardt in Leipzig erschienen. 

**) Auf den Stundenplänen der meisten Elementarklassen ist das Lesen 
scheinbar zu reichlich bedacht. Die Erfahrung hat aber gelehrt, dass viele 
Übung nötig ist, wenn wirklich etwas Ordentliches erreicht werden soll. 
Beim Schreiben ist es ebenso. 

4* 



52 Das zweite Schuljahr 

schoben, wo sie sich eben nötii^ macht, oder sie wird am Schluss 
eines Abschnitts gegeben. Das Letztere hat eigentlich keinen rechten 
Sinn, da die Schüler erst genötigt sind, Unverständliches zu lesen. Aber 
auch das Einschieben der Erklärung kann nicht gut geheissen werdeo, 
weil die Gedankenreihe dadurch immerwährend unterbrochen wird. Für 
den Lehrer ist das Einschieben allerdings leichter, als eine gute Vor- 
bereitung, die nicht aus einzelnen zusammenhangslosen Stücken bestehen 
darf, sondern ein abgerundetes Ganze bilden soll. Das lässt sicli oft 
nur schwer bewerkstelligen und erfordert vie e Überlegung, wenn man 
nicht künsteln will. Eine gelungene Vorbereitung lohnt aber immer den 
darauf verwandten Fleiss. Die nötigen Erklärungen müssen möglichst 
kurz gefasst werden und dürfen sich nur auf das zum Verständnis Not' 
wendige erstrecken, damit die Lesestunde nicht etwa in eine Geographie- 
oder Naturgeschiehtsstunde ausartet. *) Lesestücke, die etwa viele Erklär- 
ungen erfordern, sind als missratene oder falsch eingereihte anzi^ sehen. 
Weiter erstreckt sich auf der Elementarstufe des Lesens die Vor- 
bereitung auf das 1'echnische des Lesens und des daran zu schliessenden 
Schreibens. (Auch diese Vorbereitung erfordert grosse Sorgfalt und muss 
unbedingt schriftlich geschehen. Nur unerfahiene oder oberflächliche 
Lehrer können sich auf augenblickliche Eingebungen oder ihren y prak- 
tischen Blick" verlassen.) Hier wird folgendes zu beachten sein. Eine 
Anzahl von Wörtern des zu behandelnden Lesestücks ist dem Schüler aus 
dem Frühern bekannt. Diese Wörter werden zunächst ausgesondert und 
treten, soweit es nötig erscheint, in Form der Wiederholung auf. Nur 
wo sich Mängel ergeben, werden sie wieder in ihre Elemente zerlegt.**) 
Von neuen Wörtern sind meist Lautgruppen (Elementarsilben) bekannt; 
mit diesen verfahren wir ähnlich. Die Normalwörter gewähren uns dabei 
wesentliche Hilfe, weshalb wir auf sie immer zurückgreifen. Sollten 
ganz neue Verbindungen vorkommen, so werden diese wie früher ein- 
geübt.***) Das Lesen der Wörter selbst gehört auf die zweite Stufe. 
Bei schwierigem Wörtern, besonders bei mehrsilbigen, empfiehlt es sich, 



*) Fr. Otto: ,Die Förderung, welche ein Lesestück dem Schüler 
bringen soll, darf nicht darin gefunden werden, dass dasselbe eine sach- 
liche Erläuterung erheischt, die eine Partie des Realunterrichts ersetzt 
oder vertritt. Dem Bekannten fehlt das Förderliche nicht, wenn es nur 
in einer verklärten Auffassung zur Anschauung vorgehalten wird." 

••) Ziller (Jahrb. 1871, S 148): „Die Analyse lenkt ihrer Natur ge- 
mäss in die Bahn zurück, die der Zögling bei Aneignung des Stoffs ge- 
gangen ist. Nur darf sie nicht zu den einfachsten Elementen zurück- 
kehren, wofern daraus schon Zusammensetzungen gebildet und diese in 
eine systematische Form gebracht worden sind. Denn ein Wissen, das 
zu Stande gekommen ist, darf nicht eher wieder in seine Elemente aut- 
gelöst werden, als bis sich Mängel der Aneignung ergeben haben." 

*"*) In der Normalwörterreihe, die wir im „ersten Schuljahr" mitteilten, 
sind nicht alle Lautbezeichnungen und Elementarsilben enthalten. Es 
fehlen z. B. die Buchstaben P, Q, V, eh. Diese kann man in den Vorbe- 
reitungen nach und nach auftreten lassen, oder man fügt vor Eintritt des 
Lesebuchs noch eine neue B.eihe von Normalwörtern ein. Das Letztere 
ist empfehlenswert, doch darf diese Reihe nicht zu gross werden, sonst 
geht die leichte Übersicht verloren. 



Lesen und Schreiben 53 

dieselben an der Lesemaschine anzustellen. (Ein Lesebuch für die £le- 
mentarstufe wird darauf Rücksicht nehmen, dass die schweren Wörter 
in einem Stück sich nicht häufen.) 

Als zweite Stufe fol^ nun das Lesen des vorbereiteten Abschnitts. 
Er wird so lange eingeübt, bis auch die schwachem Schüler ihn geläufig 
lesen können. Das technische Geschick des Lehrers muss sich hier ebenso 
entfalten, wie bei den ersten Leseübungen, damit die Aufmerksamkeit 
erhalten bleibt und eine intensive Leseübung stattfindet. Es ist dabei 
folgendes zu beobachten: Die Schüler sitzen in guter Haltung vor dem 
aufgeschlagenen Buche und zeigen auf das zu lesende Wort; fortgerückt 
wird nur auf ein bestimmtes Zeichen, wie auch nur auf ein solches das 
Wort ausgesprochen wird. Die Pausen zwischen den einzelnen Wörtern 
sind anfangs länger, dann kürzer und fallen beim Satzlesen natürlich 
weg Gelesen wird in der Regel erst von Einzelnen, dann im Chor, bei 
Ermüdung in mannigfachem Wechsel; die schwächern Schüler lesen am 
häufigsten. Der Lehrer liest auch musterhaft vor. Sätze sitzen bald 
im Gedächtnis, dann wird häufig nicht mehr auf die Wörter gesehen; 
deshalb werden die Wörter noch ausser der Reihe gelesen (z. B. das 
erste, das vierte, das vorletzte u. s. w.) Rückwärtslesen ist nur als 
Ausnahme zulässig. Stockt ein Schüler bei einem Wort, so darf es ihm 
nicht vorgesagt werden; er muss lautieren, leise oder laut. Auf 
das genaue Mitzeigen und Nachlesen ist streng zu halten. Zum Einzel- 
lesen werden zuerst die befähigten Schüler aufgefordert, dann die 
schwächern. Man wird sich bei letztern noch einige Zeit mit dem 
Wortlesen begnügen dürfen. Jeder Abschnitt wird erst Satz für Satz 
eingeübt; der vorhergegangene Satz wird dann immer zum nachfolgenden 
zugezogen, bis schliesslich der ganze Abschnitt fliessend gelesen werden 
kann. Später können kleine Abschnitte gleich bis zu Ende gelesen 
werden. An das Satzlesen schliessen sich Belehrungen über die Satz- 
zeichen an. Die richtige Betonung ergiebt sich aus dem Verständnis; 
als Hilfe dient eine kurze Frage nach dem hervorzuhebenden Wort. 
Vor der „erklärenden Besprechung" „Lesen mit richtiger Betonung" zu 
verlangen, ist unbillig. Werden Sätze oder ganze Abschnitte im Chor 
gelesen, so hat der Lehrer zu leiten wie beim Chorsprechen ; sonst wird 
durch Chorlesen leicht die Betonung geschädigt. — Auf das Lesen er- 
folgen einige Fragen nach dem Inhalt oder ganze Inhaltsangaben und 
Erkläningen, soweit solche noch nötig sind. (Geeignete Stücke werden 
auch „auswendig gelernt" und gut hergesagt.) Fragen und Inhaltsan- 
gaben sind auch am Platz, wenn Ermüdung im Lesen eintritt; sie 
müssen aber kurz sein. Von Zeit zu Zeit werden die eingelesenen Lese- 
stttcke wiederholt. 

Das Leseziel des zweiten Jahrkurses kann als erreicht angesehen 
werden, wenn die Schüler die kleinen Lesestücke ihres Lesebuchs und 
andere für dieselbe Stufe berechnete Stücke auch ohne vorherige Ein- 
übung nach einem ein- oder mehrmaligen stillen Durchlesen langsam, 
aber geläufig und mit Ausdruck lesen können. 

2. Das Schreiben, unter „Schreiben'^ sind hier die sämtlichen 
schriftlichen Übungen mit ihren Vorbereitungen zum Zweck des Sprach« 



54 Das zweite Schuljahr 

Unterrichts zu verstehen.*) Als Anfgabe des zweiten Schuljahrs sehen 
wir an : Erwerbung eines sprachlich (mündlich und schriftlich) richtigen 
Ausdrucks im Umfang des behandelten Stoffs, mit Beschränkung 
auf die Grundformen des einfachen Satzes. 

Die hierzu nötigen Übungen schliessen sich zum Teil an das Lesen, 
zum Teil auch an den Sachunterricht an. Was aus der (theoretischen) 
Sprachlehre vorkommt, wird nicht um seiner selbst willen herbeigezogen, 
sondern ist Hil&mittel für die schriftliche Darstellung. Dahin gehören: 
Silbenabteilung, Ableitung und Umlautung, Dingwort, Dehnung und 
Schärfung, einige Satzzeichen. Die schriftlichen Übungen erstrecken sich 
auf das genaue Abschreiben, Schreiben nach Diktat, Aufschreiben von 
Memoriertem, Aufschreiben von selbst gebildeten Sätzen aus dem Bereich 
des Lesestofßs und des Sachunterrichts. Im ersten Halbjahr bestehen 
die Übungen vorzugsweise in einem Arbeiten nach Mustern (Ab- und 
Aufschreiben kleiner Lesestücke), im zweiten Halbjahr gesellen sich 
ihnen die Niederschriften von selbst gebildeten Sätzen aus dem Sach- 
unterricht zu. 

Den schriftlichen Übungen hat stets eine auf die Eechtschreibung 
gerichtete Vorbereitung vorauszugehen. Alle noch nicht geschriebenen 
Wörter, sowie die schwierigem Wörter überhaupt, von denen anzunehmen 
ist, dass ihre Schreibweise wenigstens bei einigen Schülern nicht sicher 
ist, werden herausgehoben und an die Wandtafel geschrieben. Hier 
sind sie genau anzuschauen, zu lautieren (später zu buchstabieren), dann 
abzuschreiben. Zur weitern Befestigung folgt Lautieren aus dem Kopf 
und Anschreiben an die Wandtafel, Aufschreiben ohne Hilfe (aus dem 
Gedächtnis oder nach Diktat) und Verbesserung. Geübt wird bis zur 
vollständigen Sicherheit. Ein grosses Gewicht ist hierbei auf das Sehen 
zu legen. Denn beim Kinde ist die Eechtschreibung hauptsächlich nicht 
Ergebnis der Überlegung, sondern Sache der Übung and der dadurch 
bedingten Gewohnheit. Es soll kein falsches Wortbild sehen. Hat es 
für ein W^ort zwei verschiedene Weltbilder angeschaut, so können später 
auch wieder zwei ins Bewusstsein treten: ein richtiges und ein falsches, 
und es hängt vom Zufall ab, welches eintritt oder gewählt wird. Des- 
halb dürfen Wörter auch nur ausnahmsweise zum Zweck der Verbesse- 
rung falsch an die Tafel geschrieben werden, und nach geschehener 
Verbesserung sind sie sofort wieder wegzuwischen. Die Anschauung 
allein thut's jedoch auch nicht; wo einfache Begeln die Eechtschreibung 
wesentlich unterstützen können, da sollen sie auch herangezogen und 
angewandt werden. 

Da unsere Sprache für denselben Laut verschiedene Bezeichnungen 
hat (z. B.: V, v, F, f; i, ie, ieh), so reicht das Lautieren zur genauen 
Bezeichnung der Schreibweise bald nicht mehr aus. Eine Zeit lang kann 



*) Im Laufe des zweiten Schuljahres beginnt auch das Schreiben 
mit Feder und Tinte und ein besonderer Schönschreibunterricht, der 
e& mit den richtigen Formen der Buchstaben zu thun hat. Derselbe 
muss mit den elementaren Übungen beginnen, da der Gebrauch der neueli 
Schreibmaterialien den Kindern nicht leicht wird. Der Schönschreib- 
Unterricht ist ausführlicher dargestellt in einem besonderen Abschnitt. 



Lesen und Schreiben: 55 

man sich noch mit den Normalwörtern behelfen (es wird gesagt : F wie 
bei Falke, V wie bei Vogel, ie wie in Ziege u. s. w., was aber schliesslich 
doch zu umständlich ist. Deshalb mnss nun das Buchstabieren ein- 
treten und bei Besprechung der Eechtschreibung bald alleiniges Mittel zur 
Verständigung werden. Das Buchstabieren wird am leichtesten und 
raschesten an ganz bekanntem Wortmaterial, an den Normalwörtern ge- 
lernt, die deshalb nochmals, jetzt buchstabierend durchlaufen werden. 
Der neue Gesichtspunkt verleiht der Sache neuen Reiz. So lange das 
Lautieren noch zum Lesen schwieriger Wörter nötig ist, muss scharf eine 
Vermengung von Lautieren und Buchstabieren vermieden werden. (Wei- 
teres über das Buchstabieren in Pickel, Anweisung, S. 65 bis 67; 
Lehrproben ebendaselbst S. 68 — 71.) 

Der Stoff für Rechtschreibung und Sprachlehre strömt jetzt so 
reichlich zu, dass er nicht mehr bewältigt werden kann, wenn er nicht 
geordnet und in systematischer Form Eigentum des Schülers wird. Da- 
her ist die vollständige stufengemässe Durcharbeitung einzelner Sprach- 
stücke geboten. 

Auf der dritten Stufe werden die Wörter zusammengestellt und 
verglichen, sowohl die aus dem vorliegenden Stück, als auch die dazu in 
Beziehung stehenden aus frühern Abschnitten. Aus dem sich dabei fin- 
denden Gleichartigen und Entgegengesetzten ergeben sich nach und nach 
Klassen mit bestimmten Merkmalen, z. B. Wörter mit besondern Buch- 
staben: V (Vogel, Vater, Vetter); ss (Fluss, muss); ng (Gesang, fing). 
Gedehnte Wörter: und zwar solche, in denen die Dehnung bezeichnet 
ist durch ein h (Kahn, Sohn, Jahr) ; durch Verdoppelung des Grundlauts, 
(Beet, Boot); durch ie (Ziege, viel, lieb); gar nicht bezeichnet (Fuss, 
Herd, mal, war). G es chärfte Wörter (ähnlich wie vorher). 

Die Aufstellung solcher Wortklassen, die zweckmässig nach einem 
Normalwort benannt werden, ist sehr wichtig. Ohne dieselben erhält das 
Gedächtnis nicht die nötige Stütze und versagt schliesslich den Dienst. 

Auf der vierten Stufe werden die Wörter nach ihren charakte- 
ristischen Merkmalen zusammengestellt, bezüglich in die Klassen eingeordnet. 

Zweckmässig «schreiben die Schüler diese Reihen in ein Heft, das 
„Wörterbuch für Rechtschreibung". Ist eine Regel für die Recht- 
schreibung oder ein Satz aus der Sprachlehre zu entwickeln, so ge- 
schieht das ebenfalls nach der bekannten Weise. Auf der vierten Stufe 
wird die Regel oder der Satz in knappen, klaren Worten ausgesprochen 
und eingeprägt. 

Nun soll der Schüler noch beweisen, dass er die Sachen nicht nur 
richtig aufgenommen hat, sondern auch anwenden kann. Es folgen daher 
auf der fünften Stufe kleine Diktate, in denen das durchgearbeitete 
Wortmaterial in neuen Verbindungen wieder auftritt, welche Übungen so 
lange fortgesetzt werden, bis völlige Sicherheit in der Rechtschreibung 
erreicht ist. Als häusliche Aufgaben können öfter die bekannten Wort- 
reihen (z. B. die Wörter mit Id, nn, tt u. s. w. aufgeschrieben werden. 
Freiere Arbeiten, zumal ganze Aufsätze sind noch nicht zu verlangen. 
.' — Alles Geschriebene wird natürlich gelesen und durchgesehen; die 
Verbesserungen erfolgen gemeinschaftlich. (Schon während des Schreibens 



56 Das zweite Schuljahr 

kann der Lehrer etwaige Fehler sich notieren. Die sog. Klassen- 
fehler ergeben sich sofort and sind gründlich zu beseitigen. 

Alle Lesestücke vollständig schriftlich durchzuarbeiten, würde un- 
möglich sein bei der knappen Zahl der Schulstunden, zumal ja auch 
kleine Niederschriften aus dem Sachunterricbt und der eigenen Erfahrung 
der Kinder mit vorkommen sollen. Der Lehrer hat daher gleich zu 
Anfang des Schuljahres eine Auswahl von Lesestoffen zu treffen, die sieh 
für die schriftlichen Übungen vorzugsweise eignen. Am besten dürften 
sich die kleinen Prosastücke aus der ersten Hälfte unsers ersten Lese- 
buchs eignen. Die aus dem Sachunterricht und der eigenen Erfahrung 
zu entnehmenden Stoffe kann man kaum mit einiger Sicherheit im voraus 
bestimmen. 



Lehrprobeu 

I Kind und Eltern 

(No. 1 des „ersten Lesebuchs".) 

Ich bin ein Kind. 

Ich habe einen Vater und eine Mutter. 

Vater und Mutter sind meine Eltern. 

Meine Eltern geben mir zu essen und zu trinken. 

Meine Eltern geben mir auch Kleider und Schuhe. 

Sie lassen mich in einem Bett schlafen. 

Meine Eltern haben mich lieb. 

Ich habe meine Eltern auch lieb. 

a) Das Lesen 

Ziel: Von jetzt an lest ihr in eurem neuen Lesebuch. Darin steht 
zuerst etwas von euch und euren Eltern. 

1. Stufe. Was wird wohl von euch und euren Eltern im Lese- 
buch stehen ? (Meine Eltern haben mich lieb. Meine Eltern geben mir 
zu essen und zu trinken. Meine Eltern geben mir Kleidung u. s.* w. 
Ich habe meine Eltern lieb. Ich gehorche ihnen u. s. w.) Ob ihr richtig: 
geraten habt, werden wir sehen. Welche Wörter müssten dann in dem 
Lesestück vorkommen? Könnt ihr diese schon lesen? Wir wollen sehen. 
Lest, was hier steht (an der Lesemaschine)! 

Bekannte Wörter: 

a) ein, eine, einen, einem. 

b) Mein, mein, meine, meinen, meinem. (W^ann wird Mein mit 
grossem M geschrieben?) 

c) in, Ich, ich, mich mir, bin, auch. 

d) und, zu, Mutter, eine Mutter, meine Mutter. 

(Später, wenn kein Zweifel mehr besteht, dass solche Wörter im 
Lesebuch sofort gelesen werden können, bleiben sie in der Vorbereitnii^ 
weg. Braucht man sie zu sprachlichen Zwecken, so bringt man sie auck 
dann noch in die Vorbereitung.) 



Lesen und Schreiben 57 

über vollständige Sicherheit im Lesen könnten Zweifel bestehen bei 

e) Kind, sind, ein Kind, mein Kind. 

f) Kinder, Kleider, Vater. Die Kinder, die Kleider, der Vater. 

g) Schuhe. Die Schuhe, meine Schuhe. 
h) trinken, schlafen, lassen. 

i) Die Kinder schlafen, die Kinder essen. 
k) lieb. 

Von diesen Wörtern wird man noch einige an der Lesemaschine 
lesen lassen, dann kann das Lesen des Lesestücks beginnen. 

2. Stufe. Der Lehrer liest vor (vielleicht die drei ersten Zeilen). 
Nun erfolgt wortweises Lesen der ersten Zeile u. s. w. wie oben bereits 
angegeben. 

Nehmen wir aber an, die Wörter Vater, Kleider und schlafen kämen 
einigen Schülern fremdartig vor, weil das V nicht häufig ist, Kl und 
Suhl nicht genügend geübt worden sind, so hätten wir noch folgende 
Übungen anzustellen: 

Wo haben wir diesen Buchstaben (V) kennen gelernt? Bei „Vogel" 
(Normal wort). Wie lautet er also? V. 

Lest! Vo, Vö, Va, Vi, Vog, Vög. 

V darf man nicht verwechseln mit ß. 

Lest! Vo, Bo: Vogel, Bogen; Va, Ba: Vater, Bad (Bader?); Vi, 
Bi: Violine, Bier; Vögel, Bögen. 

Auch das kleine v kennt ilu* (bei „Larve"). 

Lest! ve, va, ver, ev, av, stav: Larve, Eva, Gustav, brav. 

Aehnlich wüi*den Kl und schl einzuüben sein. 

Neu erscheint vielleicht auch die Aussprache des grossen E = Ä 
(in Eltern) und das b == w. Die Buchstabenformen sind bekannt und 
auch ihr sonstiger Laut. Das kleine e ist, wie ä lautend, schon längst 
angewandt worden in den Silben er, em, en, el, es. An diese können 
wir anknüpfen : m-e = me (in Blume), e-m = em (meinem), n-e = ne 
(in Biene), e-n = en (Ofen), r-e = re (in Schere), e-r = er (Bauer), 
1-e = le (in Eule), e-1 = el (Esel), s-e = se (in Böse), e-s = es 
(schönes), t-e = te (in Flöte), e-t = et (betet). ^ klingt also bald wie 
eh, bald wie ä (aber nicht so breit und offen). 

Lautiert nun leise folgende Wörter: Eva, Emma, Eltern; Erde, 
Ernte; Esel, Ente. 

Lest diese Wörter! Wie sprecht ihr das E in denselben aus? (Wie 
Ä und wie Eh.) 

In welchen lautet es Eh, in welchen A? 

Nun lautiert und lest noch folgende Wörter: Beet, Bett, Gebet, 
gebet, essen, Vetter. 

Habt ihr jedesmal gleich gewusst, ob ihr e oder ä lautieren solltet? 
Wenn wusstet ihr aber, wie ihr e aussprechen solltet? (Wenn wir das 
W'ort durchlautiert hatten.) 

Das b erfährt eine ähnliche Behandlung. 

Sollten überhaupt noch Übungen im Lautieren wünschenswert sein^ 
so können diese mit dem Wortlesen verbunden werden. (Z. B. Zeigt 
auf das erste Wort! Lautiert es leise! Lest es! Das zweite Wort! 



( 



58 Das zweite Schaljahr 

Lest! Das dritte Wort! Lautiert! Lest! u. s. f. Man wird femer 
zum Lantieren greifen, sobald die Schüler sich anfs Erraten verlegnen 
oder die Sätze aaswendig können nnd nicht mehr auf die Wörter sehen. 
Auch die gnte, scharfe Aussprache von „vorgesagten'* Wörtern vnrd 
geübt; die Aussprache soll im zweiten und den folgenden Schuljahren 
nicht nachlässiger werden als im ersten.) 

b) Das Schreiben 

Ziel Wir wollen nun schreiben lernen, was wir gelesen haben. 

Bemerkung. Nicht der ganze Lesestoff soll systematisiert werden, 
sondern nur die Wörter, in denen e wie ä, b wie w lautet. Hauptziel 
der vorliegenden Schreibübung ist: Fehlerfreie Niederschrift nach Diktat. 
Deshalb hat die Vorbereitung nur noch folgendes zu bringen: 

1 Stufe. Gebt Wörter aus dem Lesestück an, die mit einem 
grossen Anfangsbuchstaben geschrieben werden! (Kind, Eltern, Bett, 
Ich, Meine etc.) 

Warum werden diese mit grossen Anfangsbuchstaben geschrieben ? 
(Hauptwörter und Wörter, die am Anfang eines Satzes stehen, erhalten 
grosse Anfangsbuchstaben. — Selbstverständlich ist diese Frage nur ge- 
stattet, wenn die Eegel bei dem Normalwörterstoff bereits aufgetreten ist.) 

Sagt, wie folgende Wörter geschrieben werden: Ich, auch, bin*), 
ein, und, mir, mich, in, zu, sie, sind. (Für die Konsonanten kann nur 
der Laut, nicht der Name angegeben werden, denn es wird noch nicht 
buchstabiert. Bei ch wird gesagt: ch wie in Sichel, bei ie — i wie 
in Ziege.) 

2. Stufe. Von folgenden Wörtern wollen wir die Schreibweise ge- 
nau merken. Lest diese Wörter! (An der Wandtafel stehen:) Kind^ 
Eltern, Vater, Mutter, Kleider, Schuhe, Bett, haben, geben, essen, trinken, 
lassen, schlafen, lieb. Gebt von jedem Wort an, wie es geschrieben 
wird! Nun will ich die Wörter wegwischen. Wie wird „Kind" ge- 
schrieben? „Eltern"? u. s. w. 

a) Schreibt jetzt, das Lesestück aus dem Lesebache ab ! (Schiefer- 
tafeln! Stift! Lesebuch! Alles taktmässig.( Schaut das erste Wort au! 
(Kind.) Lautiert es. (K-i-n-d = Kind.) Schreibt es! Das zweite Wort 
lautet „und". Schreibt es! Das dritte Wort! Schaut es an! Lautiert! 
Schreibt ! (Statt dieser Befehle gebraucht man später bestimmte hörbare 
Zeichen, z. B. für Anschauen einmaliges schwaches Klopfen, für Lautieren 
zweimaliges, für Schreiben dreimaliges. — Nach dem Lautieren wird das 
Wort natürlich allemal richtig ausgesprochen. Die leichten Wörter 
werden nicht erst lautiert, sondern gleich geschrieben.) Die Satzzeichen 
sind ebenfals anzugeben. 

Nachdem der Stundenstoff abgeschrieben ist, wird er von den 



*) In Niederdeutschland, wo das Hochdeutsche mehr als freiQde 
Sprache erscheint, wird b und p, d und t durch den Laut allein genügend 
bezeichnet; in Mitteldeutschland bringt es der Lehrer nur mit vieler 
Mühe dahin, und es erscheint hier gekünstelt* Mag man deshalb immer- 
hin bei diesen Lauten noch eine besondere Bezeichnung gestatten. 



Lesen und Schreiben 59 

Sehiefertafeln vorgelesen und vom Lehrer durchgesehen. Später können 
die Schüler die Tafeln umtauschen und die Fehler anstreichen. Im An- 
fang wird der Lehrer gut thun, jeden Fehler selbst anzustreichen, wenn 
er das bewältigen kann. Die Verbesserung muss der Schüler immer 
selbst ausführen. Man lässt die falsch geschriebenen Wörter nochmals 
lautieren, wobei sämtliche Schüler das betreffende Wort ansehen; wer es 
falsch hat, verbessert es. 

Sollte einmaliges Abschi*eiben nicht genügen, so kann es noch ein- 
mal erfolgen und zwar ohne Zuziehung des Lautierens. Dann wird dem 
Schüler ^e Aufgabe als eine von der ersten verschiedene erscheinen. 

b) Schreibt nun das Lesestück auf, ohne dass ihr dabei ins Buch 
seht! Wie lautete die Überschrift? Schreibt sie! Der erste Satz! 
u. s. f. 

3. Stufe. Lautiert und lest! bin, habe, lieb, geben. Wie klingt 
das b in bin, in habe, in lieb u. s. w. Eva, Emma, Emil, Eltern, Erde, 
schlafen, lassen. Vater, Eltern, Mutter, Kleider, Kinder, Bett. 

4. Stufe. Stellt zusammen die Wörter, in denen b wie w klingt! 
(haben, geben). E wie Ä! (Emma, Eltern, Erde, Bett, haben, geben 
u. s. w.). Die Hauptwörter! (Kind, Eltern, Vater, Mutter u. s. w.). 

5. Stufe. Diktat. (Die Sätze können von den Schülern auf Fragen 
auch selbst gefunden werden.) Ich habe Eltern. Ich habe meinen Vater 
lieb. Ich habe auch meine Mutter lieb. Mein Vater hat mich lieb. Meine 
Mutter hat mich auch lieb. Ich esse. Ich trinke. Ich schlafe. Meine 
Eltern essen und trinken auch. Meine Eltern geben mir Kleider und 
Schuhe. Sie geben mir auch ein Bett. 



2 Bruder und Schwester (Sprachliche Behandlung.) 
(Nr. 2 des „ersten Lesebuchs") 

A. Ziel: Wir wollen das Stück von Bruder und Schwester noch 
einmal lesen und dann schreiben lernen. 

1. Stufe. 

a) Le3en des Stücks, einzeln, im Chor. 

b) Die Kinder erzählen, was sie gelesen haben. Nach dem Lesen 
fragt der Lehrer: Wer hat das gesagt? Ein kleiner Knabe 
(ein kleines Mädchen). Was hat der kleine Knabe (das kleine 
Mädchen) gesagt? Erzählen des Inhalts. 

c) Nun sagt, ob ihr aach einen Bruder, eine Schwester (oder 
mehrere) habt, und wie sie heissen. 

2. Stufe. 

a) Lest den 1. Satz Lest ihn noch einmal, aber haltet bei 
jedem Wort etwas ein (der Lehrer klatscht zu jedem Worte. 
Sagt den Satz auswendig und klatscht selbst zu jedem Worte ! 
Wie viel Wörter hat der Satz? (7), Wie lautet das 1., 2. 
u. s. w. Wort? 

b) Welche Wörter könnt ihr schon schreiben ? Buchstabiert die- 
selben ! Welche habt ihr aber noch nicht geschrieben ? 



ÖO 



Das zweite Schaljahr 



Lautieren und Buchstabieren der neuen Wörter aus dem Buche. 
Nach jedem Worte heisst es: Womit wird das Wort ge- 
schrieben? Bruder mit d wie Kleider, Kind, sind ; heisst mit 
SS wie Nuss; Anna mit nn wie Mutter mit tt, lassen mit ss, 
Bettchen mit tt, spielen mit sp, ie (wie sie, lies) u. s. w. 

In gleicher Weise wird auch der 2. und 3. Satz des 
1. Abschnitts besprochen. Darauf folgt. 

c) Anschreiben der Sätze von Seiten des Lehrera, unter dem 
Mitbuchstabieren seitens der Kinder, an die Wandtafel und 
Unterstreichen der orthographischen Eigentümlichkeiten der 
Wörter. Lesen des Angeschriebenen und Abschreiben des- 
selben. 

d) Abschreiben der drei Sätze aus dem Lesebuche (als Haas- 
aufgäbe). 

Ebenso werden auch die andern Abschnitte des Lese^ 
Stucks bearbeitet. 
8. Stufe. 

a) Welche neuen einsilbigen, zweisilbigen Wörter haben wir 
schreiben gelernt? Und welches dreisilbige? Hausaufgabe: 
Diese drei Gruppen von Wörtern sind zu schreiben. 

b) Welche Wörter kennen wir nun mit 

d: Bruder, Kleider, Kind, sind; 

t: gut, mit, Vater, Eltern, trinken, 

nn, tt, 88: Anoa, Mutter, Bette, lassen; 

ie, 88, 8p. 

c) Sagt das erste Wort von jedem Satze! Was bemerkt ihr? 
In allen 7 Sätzen ist das erste Wort mit einem grossen An- 
fangsbuchstaben geschrieben. Wie ist's aber bei den Sätzen 
des vorhergehenden Lesestücks, das wir auch schon geschrieben 
haben? Was lernt ihr daraus? (Vergl. auch die vorher- 
gehende Lehrprobe.) 

d) Was steht nach jedem Satze in unserm Lesestück? Wie 
war's im vorhergehenden? Was sehen wir daraus? 

4. Stufe. 

1. Es giebt einsilbige, zweisilbige, dreisilbige Wörter. 

2. Wenn ein Satz anfängt, wird ein grosser Anfangsbuchstabe 
geschrieben. 

3. Wenn ein Satz zu Ende ist, so wii*d ein Punkt gesetzt. 

4. Die Wortreihen mit d, t, nn, ss, tt, ie, sz. 

5. Stufe. 

a) Buchstabieren der Wörter der ersten beiden Sätze aus dem 
Kopf und dann Schreiben der Sätze nach Diktat. Dasselbe 
mit den folgenden Sätzen in Gruppen von je 2 oder 3 Sätzen. 

b) Diktat von kleinen Sätzen aus dem Gedanken- und Wort- 
material dieser und der vorhergehenden Einheit, z. B.: Ich 
bin ein Kind. Ich habe einen Bruder. Ich habe eine Schwester. 

. Mein Bruder heisst Karl/ Meine Schwester heisst Anna. 

Bruder und Schwester haben mich lieb. Meine Eltern haben 



Lesen und Schreiben 61 

mich auch lieb. Ich esse. Ich trinke. Meine Geschwister 
essen und trinken auch. 
B. Ziel: Ihr sollt schreiben lernen, wie ihr heisst (eure Namen 
schreiben lernen). 

1. Stufe. Die Schüler geben an, wie die Kinder geheissen haben, 
die im vorbehandelten Abschnitt (Lesebuch Nr. 2) vorgekommen sind. 
Hierauf sagen sie der Reihe nach ihre eigenen Vor- und Zunamen. 
Dabei wird auf deutliche, reine Aussprache gehalten. 

2. Stufe. 

a) In Gruppen von je drei, höchstens vier Namen (immer Vor- 
und Zunamen zusammen) werden dieselben lautiert, buchstabiert, 
vom Lehrer (senkrecht untereinander) an die Tafel geschrieben ; 
nach je einem Vor- und Zunamen wird ein Komma, zuletzt 
ein Punkt gesetzt. 

b) Lesen der angeschriebenen Namen von der Wandtafel, Buch- 
stabieren und Schreiben der Namen auf die Schiefertafel ; Lesen 
des Aufgeschriebenen. 

c) Schreiben der besprochenen Namen als Hausaufgabe. 

3. Stufe. 

a) Wer hat einen einsilbigen, einen zweisilbigen, einen dreisilbigen 
Namen 'i 

b) Wer hat einen Namen der mit k, mit g, ch, nn u. s. w. ge- 
schrieben wird? 

c) Diktieren aller Vornamen (nebst den Zeichen), welche die 
Kinder nun schon schreiben können, mit Hinzunahme derer, 
die im vorher behandelten Lesestück vorgekommen sind. Mit 
was für einem Anfangsbuchstaben werden alle diese Vornamen 
geschrieben? (Mit einem grossen.) 

d) Diktieren der Zunamen (samt der Zeichen). Lesen des Ge- 
schriebenen; Hinweisung darauf, dass auch jeder Zunamen mit 
einem grossen Anfangsbuchstaben geschrieben wird. 

e) Diktat der Vor- und Zunamen der Kinder, der Sitzreihe der 
Kinder nach. Die Kinder werden darauf aufmerksam gemacht, 
dass allemal, wenn Vor- und Zuname fertig geschrieben sind, 
ein Komma, zuletzt ein Punkt gesetzt wird. 

4. Stufe. 

1. Die Vornamen werden mit einem grossen Anfangsbuchstaben 
geschrieben. 

2. Die Zunamen werden mit einem grossen Anfangsbuchstaben 
geschrieben. 

3. Wenn wir bloss die Vornamen schreiben, so wird nach jedem 
ein Komma gesetzt, zuletzt ein Punkt. Ebenso bei den Zu- 
namen. 

4. Wenn wir Vor- und Zunamen schreiben, so setzen wir erst 
nach dem Zunamen ein Komma, zuletzt einen Punkt. 

5. Stufe. 

a) Aufschreiben der Vornamen der Kinder der Sitzreihe nach, 
aus dem Kopfe, mit den Zeichen. 



\i 



^•^L^ ZV4£S«i r*l 



1 

»- % 



1 Ji 



US *"wtfa»y laäi 1 IT- mic 






igas la ituim ch; 



5'. -21 iaa 



ilUfcU:*". 



*4T 



.»i« 






Sfgvfr.ii>flTfr «< 



SiSUtti.- 







^au all. 






die Knder 



^Cm^:uuiD»jr<s a Imm^^ idba wii 

If»» roF-nse^i^nde kiamt Gedickt 
MMTkrüftt >L^ Auidjaek kcnagca vad 
Min'f^t«» k^^«>es. Za Zveekfii der Beckofhrabu^ 
a; di^ W^Msr. ia wekfcca da« h asigd^vocli^i wird, and b> die mit 
Hr nd dk Aai^ea, aoehj aad kt gesdmc^^cA. 

Zi<;l. Wir woUea tob dea Aa^eii Ics^ 

L Hluit. Wlewitk Aagen hasi da? Was kaaBst da daaut sdira? 
Wer bat dir die Aai^«n gegeben? Wer bat aüe« gemacbt. was da skbst? 
Wem gebJM alles? Wer kann das niebt seben? Wie massen die Aagen 
iM^, weaa wir seLen wollen. Deine Aagen sind klar and belL Wem 
masü da dsJfar reebt dankbar seia? 

Zasammenbängende Wiedergabe. leb babe zwei Aagen. Damit kann 
kb irieles «eben. Der liebe Gott bat mir die Ang^i graben, ibm gebort 
anefa alles, was ieb iebe. Der Blinde kann das nicbt seben. Mdne Aagen 
siod bell ond klar; icb will dem lieben Gott dafür dankbar sein. 

^In den meisten Fällen, nämlicb da, wo sofortige riebtige Anffassong 
des kleinen Gediebts vorausgesetzt werden kann, wird diese sacblicbe 
V/irbereitnng fiberflfissig sein. Man kann dann zu Zwecken mfmdlicher 
and sebrifUieber ütrang eine knrze Besprecbnng dem Lesen nacbfolgen 
lasten.; 

2. Stofe. 1, Lesen. 

a; Lesen des Gediebts im Bncbe. 

h) Belebrang fiber das ; (Ponkt-Stricb). 
c) Das Lesestfick ist ein Gedicht 

Die Zeilen reimen sieb (hell — schnell, Strauch — auch, ein — sein). 
dj Fragen nach dem Inhalt. Zusammenhängende Wiedergabe 



Lesen and Schreiben Ö3 

des Inhalts. (Nach der orthographischen Behandlung aufzu- 
schreiben.) 
e) Memorieren des Gedichts. 

2. Schreiben. 

a) Schreibweise der Wörter Zwei, klar, hell, schnell, alle, kann, 
liebe, Gott, Himmel, Seiten, Baum. (Die Wörter mit Doppel- 
Eonsonanten sind schon systematisiert.) Augen, Blümchen, 
Strauch, drehen, sehen, hohen, setzte. 

b) Abschreiben des Gedichts. 

c) Aufschreiben aus dem Gedächtnis. (Bei wenig Zeit kann hier 
abgeschlossen werden.) 

d) Aufschreiben der Inhaltsangabe. 

3. Stufe. Rechtschreibung von 

a) auch, Auge, Strauch, saugen, brauchen, Rauch, Blümchen, 
Bäumchen. 

b) sehen, gehen, drehen, blühen, Schuhe, hohen, hoch, ziehen, 
stehen, Reihe; aber wohnen, befehlen u. s w. 

c) seht, sieht, geht, dreht, blüht, Blüte, zieht, steht (Ableitung). 

4. Stufe. 

a) Mit g werden geschrieben: Auge, saugen. (Anschluss an das 
Normal wort „Säge".) 

b) Mit ch: auch, Strauch, Blümchen. 

c) In manchen Wörtern wird das h ausgesprochen, z. B. in 
sehen, gehen, in andern nicht, z. B. in wohnen, befehlen. 

d) Mit ht: seht, sieht, geht, dreht, zieht, blüht. 

5. Stufe. 

a) Aufschreiben einiger Sätze (aus dem Gedicht), welche vor- 
stehende Wörter enthalten. (Von den Schülern selbst zu finden.) 

b) Anwendung der systematisierten Wörter in einem Diktat. 

3 Strohhalm, Kohle und Bohne 

(Nr. 4 der Märchen im Lesebuch für das zweite Schuljahr.) 

(1. Hälfte.) In einem Dorfe wohnte eine arme alte Frau, die wollte 
Bohnensuppe kochen. Sie nahm eine Hand voll Stroh, zündete es an und 
legte Reisig und Holz darauf. Als sie nun die Bohnen in den Topf thun 
wollte, fiel eine auf den Boden und legte sich neben einen Strohhalm. 
Bald darnach fiel auch eine glühende Kohle zu den beiden herab. Da 
sprach der Strohhalm: Liebe Freunde, wo kommt ihr her? Die Eohle 
antwortete: Ich bin dem Feuer entsprungen; denn hätte ich dies nicht 
gethan, so wäre ich zu Asche verbrannt. Die Bohne sagte: Ich bin 
noch so davon gekommen ; hätte mich die alte Frau in den Topf gebracht, 
ich wäre zu Brei gekocht worden, wie meine Kameraden. Und ich, fing 
der Strohhalm an, würde auch verbrannt sein, wenn ich nicht auf den 
Boden gefallen wäre ; alle meine Brüder hat die Alte ins Feuer geworfen, 
sechzig hat sie auf einmal ums Leben gebracht. Was fangen wir aber 
nun an? sprach die Kohle. Wir wollen gute Kameraden bleiben, sprach 
die Bohne, und zusammen in ein fremdes Land ziehen. 



64 Das zweite Schaljahr 

Ziel. Wir wollen das Märchen von Strohhalm, Kohle und Bohne 
lesen. 

1. Stnfe. Wer weiss noch etwas aus dem Märchen? Manches 
habt ihr vergessen, das hört ihr hernach beim Lesen wieder. Nennt 
einige schwere (grosse) Wörter aus dem Märchen! Auch solche ans 
andern Märchen! Sprechübungen! Ich habe solche hier (an der Lese- 
maschine) angestellt. Wer kann sie lesen? (Wir geben eine grössere 
Anzahl, um zu zeigen, dass es nicht an Stoff zu Sprech- und Lese- 
übungen mangelt. Dass so viele in der Vorbereitung zu einem Lese- 
stück auftreten sollen, ist nicht geraeint.) 

a) Strohhalm, Bohnensuppe (Goldregen, Apfelbaum, Backofen, 
Schneeflocken, Reisbrei als Wiederholung aus dem zweiten und 
dritten Märchen); 

b) zünden, zündete, antworten, antwortete, legen, legte, kochen, 
kochte, trippeln, trippelte, arbeiten, arbeitete; 

c) glühen, glühend, glühende, brennen, brennend, brennende, 
kochen, kochend, kochende; 

d) entsprungen, entfallen, entzündet, entlaufen; verbrannt, ver- 
laufen, verglüht; 

e) gefallen, geworfen, gekocht, gebrannt, gesprungen, gelaufen, 
gefangen; 

f) Keisig, sechzig, zwanzig, achtzig, neunzig, siebenzig, fünfzig, 
dreissig, vierzig; 

g) zusammen, Kameraden. 

(Diese Wörter werden an der Lesemaschine, wo sie in Silben zer- 
legt stehen, nach Bedürfnis lautierend oder buchstabierend eingeübt. — 
Man könnte hierbei auch bereits die orthographischen Eigentümlichkeiten 
der Wörter hervorheben, damit sie beim Lesen beachtet würden. Das 
ist nicht zweckmässig; denn beim Lesen soll zunächst auf den Sinn der 
Wörter (bezüglich Sätze) geachtet werden; orthographische Interessen 
dürfen sich nicht störend dazwischen drängen. Die orthographische Be- 
handlung folgt deshalb dem Lesen nach.) 

2. Stufe. I. Lesen. 

a) Leseübung im Lesebuch. Bei dieser zerlegen wir die mit- 
geteilte erste Hälfte des Märchens in mehrere Abschnitte, die 
einzeln eingelesen werden. 

b) Mündliche Wiedergabe der gelesenen Abschnitte. 
2. Schreiben. 

Der orthographischen Besprechung werden unterworfen — und zwar 
wird buchstabiert — Strohhalm, Kohle, Bohne, Dorfe, wohnte, wollte, 
Bohnensuppe, zündete, legte, Reisig, Holz, kochte, Topf, fiel, wollte, 
glühende, beide, neben, Boden, darnach, herab. Freunde, kommt, ihr, her, 
antwortete, entsprungen, verbrannt, Kameraden, würde, gefallen, Brüder, 
Feuer, sechzig, fangen, zusammen, fremdes, Land, ziehen, alte Fran und 
die Alte. (Diese grosse Zahl ist auf zwei Lektionen zu verteilen, ebenso 
das Abschreiben des vorliegenden Abschnitts.) 

Beim Buchstabieren der Wörter, deren Schreibweise bereits be- 
kannten Regeln folgt, werden diese Regeln immer zu Hilfe genommen. 



Lesen und Schreiben 65 

Die Wörter werden erst im Lesebuch angeschaut, dann buchstabiert, 
dann an die Tafel geschrieben, wobei besonders zu merkende Buchstaben 
unterstrichen werden. Die Schüler können die Worte erst abschreiben, 
dann werden sie ausgewischt, aus dem Kopf buchstabiert und aufge- 
schrieben, bis keine Fehler mehr vorkommen. 

Beispiele: Strohhalm. Seht das erste Wort in der Überschrift an! 
Lest es! Was für ein Wort ist es? Buchstabiert die erste Hälfte! 
Warum wird Stroh mit oh geschrieben ? Buchstabiert die zweite Hälfte I 
Wieviel h kommen in das Wort Strohhalm? Warum? Buchstabiert mir 
das ganze Wort vor, ich will es anschreiben! Auf die zwei h mtisst 
ihr besonders merken, ich unterstreiche sie. 

Brüder: Wie viel Silben hat das Wort? Wie heisst die erste! 
Die zweite? Buchstabiert die erste Silbe! Warum gross B? Warum 
ü und nicht i? Die zweite Silbe! Gehört Brüder in die Reihe, wo 
Vater und Mutter stehen? Warum nicht? 

fremdes: Wie viel Silben? Buchstabiert silbenweise! Das ganze 
Wort! Merkt besonders auf das d (Land, Freund, zünden). 

Nach der orthographischen Behandlung folgt 

a) Abschreiben eines Abschnitts. (Berücksichtigung der Satz- 
zeichen!) Vorlesen des Geschriebenen, Verbesserung. 

b) Silbentrennung. Sagt folgende Wörter Silben weise und 
schreibt sie auch silbenweise (mit Trennungszeichen)! Kohle, 
Bohne, Dorfe u. s w. (Oder gleich die Aufgabe: Schreibt 
die fünf ersten Sätze silben weise !) 

c) Schreibt fünf Sätze aus dem Kopfe auf! 

d) Diktieren eines Abschnitts. 

3. Stufe. Vergleichungen : (Zur Auswahl!) 

a) Stroh, Kohle, Bohne werden gedehnt gesprochen, die Dehnung 
wird beim Schreiben durch h bezeichnet. (Hierbei wird auch 
an die oben erwähnten Wortklassen erinnert Z B. Stroh ge- 
hört zu Hahn, Kohle ebenfalls, desgleichen Bohne u. s. w.) 
Suppe, alle, wollen werden geschärft gesprochen, die Schärfung 
wird durch doppelten Mitlaut bezeichnet. Sie, fiel, liebe sind 
ebenfalls gedehnt, aber die Dehnung des i ist durch ie be- 
zeichnet. Weitere gedehnte und geschärfte Wörter sind auf- 
zusuchen (wohnte, ihr, nahm, dies, wie, ziehen, voll, gefallen, 
wenn, verbrannt u. s. w.). Dehnung und Schärfnng sind nicht 
bezeichnet bei von, in, an, nun, her, herab u. s. w., hat, 
aber hätte. 

b) Feuer, Freunde, Reisig, Brei, beide. 

c) wollte, alte, beide, würde, zündete, legte, sagte, antwortete, 
Freunde, werden, Boden, fremde. 

d) alt, gekocht, verbrannt, gebracht, bald, fremd, Land, Kamerad, 
Hand, Freund, glühend. 

e) würde, wird, Brüder. 

f) fing, fangen, springen. 

g) Dorf, Torf, 
h) Holz, Hals. 



66 D&f zweite Schal 

i) gebracht, kochen, darnach« ä^^nch. leete, püe^te. 
k; Reisig, lechzig. ich. 
1* ent^ntingcB. ruhend. 

JB. eine Fiaa, eine Bohne, ein To^ ein Scrohhala. ein Land- 
n; in einem Doife. ins Fcner, in den Top^ in ein freadea Land» 

ant den Boden, neben einen Strohhaln. 
Ol die alte Fraa, die Alte. (Kann noch nicht TeraBgtineiiiert 

werde», weil es noch an SuAl U^it, wird deshalb fär diesen 

Fall gemerkt.; 

4. Stnf e. Stelk zusammen 

a; die gedehnten Wörter! 

Mit k: Stroh, Kohle n. s. w. 
Mit ie: fiel, liebe o. s. w. 

b) die geschärften! 

11: wollte, alle, volL 
pp: Sappe. 
DU: wenn, verbrannt. 
mm: zusammen, kommt. 

c) tc: wollte, alte, legte. 

d; de: beide, wurde, Freonde. 

e) d: Kamerad, Land, Dorf. 

f ) ng: fing, fangen. 
g; eh: kochen, sprach, 
hj g: legte. 

i) ig: Beisig, sechzig, zwanzig, 
kl ent: entsprangen. 
\) end: glähend. 

Sehreibt die Wörter in das „Wörterbach'' (soweit sie nicht schon 
darin stehen)! 

m) die Frao, eine Fran, die Bohne, eine Botme; der Topf, ein 
Topf, der Strohhalm, ein Strohhalm; das Land, ein Land, das 
Stroh. 
n) wo? in einem Dorfe. 

wohin? in den Topf, auf den Boden, neben einen Stroh- 
halm, in ein fremdes Land, ins (in das) Feuer. 

5. Stufe. Diktat: Strohhalm, Kohle und Bohne wollten in ein 
fremdes Land ziehen. Die alte fVau hatte Bohnen in den Topf ge- 
schüttet. Viele Bohnen waren in einem Topfe. Auf dem Feuer lagen 
viele Kohlen. Der Strohhalm fiel auf den Boden. Auf dem Bodea 
lag«i auch die Kohle und Bohne. (Die gesperrten Worte sollen die 
Schüler auf die Frage wo? und wohin? selbst angeben) Das Diktat 
kann sich auch auf andere Ergebnisse — vierte Stufe a bis m — be- 
ziehen. 



B Naturkundliche Fächer 



i Naturkunde '^) 



Litttoatnr: Siehe „das erste Schuljahr**, 5. Aufl., S. 230 f. Ferner: 
Beyer, Die Naturkunde im erziehenden Unterricht, in Reins pädagog. 
Studien, 2. Heft. 1883. Derselbe, Die Naturwissenschaften in der Er- 
ziehungsschule. Leipzig 1885. Winzer, Ist die Heimatkunde ein selb- 
ständiger ünterrichtsgegen stand? in Reins pädagog. Studien, 2. Heft 
1888, Dresden. — Junge, der Dorfteich, Kiel 1885. — Fuchs, Robin- 
son als Stoff eines erziehenden Unterrichts. Jena 1893. — Mann ei, 
Versuch eines Lehrplans für den naturkundlichen Unterricht in Rein, 
aus dem pädagogischen Universitäts-Seminar zu Jena; zweites Heft. 
Langensalza 1890. 

I Die Auswahl des Stoffes 

Wir haben den bestimmenden Grundsatz für die Auswahl des Stoffes 
in dem voranstehenden Kapitel Gesinnangsnnterricht am Schlnss des 
Abschnitts L daselbst bereits angegeben (S. 16): Die Naturkunde 
ordnet sich durchgängig dem konzentrierenden Ge- 
sinnungsstoff unter. Dabei erinnern wir uns der Gedanken, 
welche auch für den betreffenden Abschnitt des ersten Schuljahres mass- 



*) Die Naturkunde ist uns im zweiten Schuljahre die Natur- 
kunde der Heimat, eine Bezeichnung, welche noch einer zweifachen, 
näheren Bestimmung bedarf. Erstens ist hier „Naturkunde" im weitesten 
Sinne genommen, in welchem sie nicht nur das Naturgeschichtliche und 
Physikalische, sondern auch das Geographische, Astronomische und 
Technologische der zweiten Unterrichtsstufe mit in sich begreift; fürs 
zweite werden in ihr nur diejenigen Stoffe herangezogen, welche ihrer 
Natur und ihrer Bedeutung nach sich zur vollen Durcharbeitung nach 
den 5 formalen Stufen eignen, während die Heranziehung derjenigen 
Stoffe aus ihrem Bereiche, die nur als Apperzeptionshilien auf den 
ersten Stufen der übrigen Unterrichtsfächer, namentlich der histo- 
rischen, sich nötig machen, diesen andern Lehrfächern überlassen bleibt. 
Die Naturkunde des zweiten Schuljahres kann also bezeichnet werden 
als Inbegriff der sämtlichen methodischen Einheiten, welche Vermitte- 
lung der Kenntnis der das Kind umgebenden äusseren Natur zum Zweck 
haben. 

5^* 



0^ I>» zwei'^ M-üiL;.jki.r 

fiM;ii: «iu^ M*ui«ö«s%t. iL iü'^ aiggyni immniOL wsaaMysaikTätt mit ctrenem 
Mtti4$j|fimk: biiö«^ äverh/t, mm^en. öa» die dtafit. weisiM- dnrdum^oteB 
¥atiE«. iiifet AfttgBaoi^spniikt in G *miHiieirii i niifiTirte qtnfihggi. inid imas 
v(»i. ktt;r Mit Ott hMf*sm0t nf die I*xnffe der rmramiir ^«Aenkt wnrde. 
i^k £Jiiiitrit d^( <^ec^i:k%i:kiei^f:E. w«icbe dnrcb eine soläi« 

zy^*äX0stk i^dbnijauo' «mst^ vcrdcsL iKam «s st klv. dss bei emer 
lielUiitafkdi^efi l>Brdxf&kniiijr d«s ]Mnrkimdlicbe& ruiemcins ii der Weise, 
wk er >^jU5t ixi uittia'eii Seimlen erficifenxt. öü sener Mittelpunkt 
für dtt; Kieib^b i^iSaüeikaiEeD «irL der iMynrfikdiireT Weise* dem tob Ge- 
«uijttuiigwttteriicfat aafi^etaiiUs GedaakenkräB itenBiend cntRge&tiitt, 
da ^ Jttit i^ksidUer StSrke skii gehend Baciii «»d seiiieB Islult vmA 
4fm trsteren vw}fs^ em^e^en^eBetst isL ^^Klr n-nndeB der Gediaken- 
arttiit d«;r K'm^jfsr rkl zu riel jsmrsiien. irens wir ^:lasbteB, daas ibre 
J'luiotiit^letb&tii^it von sedbct die Fäden fipmuen wnrde, welche beide 
A«beft«iiiaiLd^ herlanfendea GedaakenkreiBe Terbiiidem md zac Einb^ 
zmummt;uftwtArtt k^mntesk. Dunit Bchemesi wir alkrdiiigs in Widerspruch 
ZJn tr^Jten za dem oben aAgeührten Salze Herbarts, welcher in Unter- 
richte zwei Glieder nachweist, das eine der Erkenntnis gewidnMt, das 
andere der Teilnahme. Jedoch nnr scheinbar. Die beiden Glieder treten 
aaeli hier aof : in dem £räUilangsuiterTicht die T^dlnahme, in der Natur- 
kiinde die Erkenntnis, nnr dass sie im Geiste des Sehnkrs nicht Tereinxelt 
neben^nander erscheiu^i, sondern ein geschlossenes Ganzes ausmachen. 
Und zwei voneinander anabhängige Gedankenkreise hat anch Her hart 
dureh seinen Aussprach nicht im Ange gehabt. Auf höhten Altersstufen 
kann man der gereifteren Kraft des Schalers es eher äberlassen, die 
verbindenden Fäden selbst zu suchen und zu zieh^, im Volksschulunter- 
riebt, and namentlich auf den Elementarstufen desselben, ist den Zög- 
lingen eine Uilfeleistong hierza unentbehrlich. Wir müssen es vermeiden, 
den Kind^m einen zweiten Mittelpunkt zu geb^n, welcher der Wirksam- 
i^it des andern hemmend entgegentreten und das Resultat des erziehenden 
Unterrichts in Frage stellen könnte. Denn es ist zweifellos, dass durch 
eine selbständige Naturkunde ein zweiter Mittelpunkt für die Kinder 
gesebaifen wird, ein Mittelpunkt, der mit solcher Wucht und Nachhaltig- 
keit auftritt, dass die Einheit des Unterrichts auf dieser elementaren 
Htufe ernstlich gefährdet erscheint. Zudem spricht nichts in dieser Sphäre 
für einen solchen zweiten Konzentrationspunkt. Die Erfolge im Unter- 
richt würden dadurch nicht gefördert, sondern entschieden gehemmt 
werden. Es ist zugleich aber die Frage, ob unsere Kinder, welche mit 
ganzer Beele und aus allen Kräften in die Vorstellungen des Bobinson- 
stotftts sich vertiefen, Interesse genug für die Dinge der Heimat übrig 
kabiin, welcbe an einem willkürlich geknüpften, nicht aus innerer Not- 
wendigkeit hervorgehenden Faden ihnen vorgeführt werden. Unserer 
Meinung nach beanspruchen auf dieser Stufe die naturkundlichen Gegen- 
stände der Heimat nur insoweit Beachtung, als sie in Verbindung mit 
'm\\ Konxentrationsstoff gebracht werden können, damit die Einheitlich- 
it des kindlichen Gedankenkreises, welche wir im Dienste des erziehenden 



Naturkunde • = 09 

Unterrichts anstreben^ nicht jetzt schon in eine Zweiheit auseinander 
gelegt werde. 

Dabei ist wohl zu beachten, dasf» der naturkundliche Unterricht des 
zweiten Schuljahres so, wie wir ihn wollen, trotzdem er für den Ge- 
sinnnngsunterricht arbeitet, doch auch mancherlei Elemente herbeibringt, 
welche für den späteren Unterricht in der Naturkunde auf das beste zu 
verwerten sind. Der Unterschied ist nur der, dass wir bei unseren Be- 
obachtungen, Spaziergängen und Besprechungen uns von Gesichtspunkten 
leiten lassen, die der Gesinnungsunterricht vorschreibt, während eine selb- 
ständige Naturkunde ihren Zweck in sich findet, demgemäss die Reiben- 
folge, sowie die Auswahl der Stoffe trifft und vieles Zufällige, durch den 
Augenblick Gebotene weiter verfolgt, während wir uns von Gesichts- 
punkten leiten lassen, die uns im Gesinnungsstoff gegeben sind, infolge 
dessen wir alles das bei Seite lassen, was nicht in unsem Gedankenkreis 
passt. In beiden Fällen ist ein gewisser Zwang leicht bemerkbar. Die 
angelehnte Naturkunde fo]gt aber einer inneren, die selbständige einer 
äusseren Notwendigkeit. In dem einen Fall geht der Zwang aus von 
dem alles bestimmenden, konzentrierenden Gesinnungsunterricht, in dem 
anderen von der mit mehr oder weniger Willkür befolgten Eeihe, die 
sich um den aufgestellten Mittelpunkt der Heimat herumlegt. Ein Unter- 
schied ist ferner der, dass auf der einen Seite der Zwang durchaus nicht 
empfunden wird, insofern das Interesse von selbst denjenigen Dingen ent- 
gegen kommt, welche der Gesinnungsunterricht darbietet, während auf 
der andern Seite das Kind genötigt wird, sich innerhalb eines fest vor- 
geschriebenen Kreises der Heimat zu bewegen und nur dasjenige zu be- 
obachten, was gerade in denselben hineinfällt. Übrigens kann Jeder die 
Erfahrung machen, dass das Kind — falls nur der Gesinnungsunterricht 
in tiefgehender Weise vorschreitet — von selbst getrieben wird, die- 
jenigen Geg^istände der Umgebung näher ins Auge zu fassen, mit welchen 
auch ihr Robinson in mannigfacher Weise zu thun hat. Der erziehende 
Unterricht folgt solchen Winken. 

Wir begnügen uns somit für das zweite Schuljahr mit einer Natur- 
kunde, welche im Anschluss an den Gesinnungsunterricht demselben teils 
vorarbeitet, teils ihn begleitet, die alles das in der Umgebung aufsucht, 
beobachtet und bespricht, was zur Erfassung, zur Klärung, und Befestigung 
derjenigen Begiiffe dienen kann, welche vom konzentrierenden Mittelpunkt 
aus dargeboten werden. 

Es sind dies zunächst astronomische, geographische und techno- 
logische Gegenstände. Die genaue Durchsicht des Robinsonstoffes ergiebt 
dasjenige, worauf wir in den naturkundlichen Stunden vornehmlich unser 
Hauptaugenmerk richten sollen. Ein grosser Reichtum an Stoffen wird 
uns zur unterrichtlichen Behandlung dargeboten. Es gilt hier, sich zu be- 
schränken auf das Nächstliegende und Wichtigste, auf dasjenige, was der 
Heimatkreis am besten und deutlichsten zeigen kann. Der nachfolgende 
methodische Teil wird über die Stoffe im einzelnen, über ihre Aufein- 
anderfolge und ihre Behandlung im Unterricht näheren Aufschluss erteilen. 
Hier nur so viel, dass wir zunächst den Gewässern der Heimat 
unsere Aufmerksamkeit zuwenden, dem Laufe der Hörsei und Werra. 



dO Das zweite Schaljahr 

Lautieren uud Buchstabieren der neuen Wörter aus dem Buche. 
Nach jedem Worte heisst es: Womit wird das Wort ge- 
schlichen? Bruder mit d wie Kleider, Kind, sind; heisst mit 
SS wie Nuss; Anna mit nn wie Mutter mit tt, lassen mit ss, 
Bettchen mit tt, spielen mit sp, ie (wie sie, lies) u. s. w. 

In gleicher Weise wird auch der 2. und 3. Satz des 
1. Abschnitts besprochen. Darauf folgt. 

c) Anschreiben der Sätze von Seiten des Lelirers, unter dem 
Mitbuchstabieren seitens der Kinder, an die Wandtafel und 
Unterstreichen der orthographischen Eigentümlichkeiten der 
Wörter. Lesen des Angeschriebenen und Abschreiben des- 
selben. 

d) Abschreiben der drei Sätze aus dem Lesebuche (als Haus- 
aufgabe). 

Ebenso werden auch die andern Abschnitte des Lese- 
stncks bearbeitet. 

3. Stufe. 

a) Welche neuen einsilbigen, zweisilbigen Wörter haben wir 
schreiben gelernt? Und welches dreisilbige? Hausaufgabe: 
Diese drei Gruppen von Wörtern sind zu schreiben. 

b) Welche Wörter kennen wir nun mit 

d: Bruder, Kleider, Kind, sind; 

t: gut, mit, Vater, Eltern, trinken, 

nn, tt, 88: Anna, Mutter, Bette, lassen; 

ie, 88, 8p. 

c) Sagt das erste Wort von jedem Satze! Was bemerkt ihr? 
In allen 7 Sätzen ist das erste Wort mit einem grossen An- 
fangsbuchstaben geschrieben. Wie ist's aber bei den Sätzen 
des vorhergehenden Lesestticks, das wir auch schon geschrieben 
haben? Was lernt ihr daraus? (Vergl. auch die vorher- 
gehende Lehrprobe.) 

d) Was steht nach jedem Satze in unserm Lesestück? Wie 
war's im vorhergehenden? Was sehen wir daraus? 

4. Stufe. 

1. Es giebt einsilbige, zweisilbige, dreisilbige Wörter. 

2. Wenn ein Satz anfängt, wird ein grosser Anfangsbuchstabe 
geschrieben. 

3. Wenn ein Satz zu Ende ist, so wird ein Punkt gesetzt. 

4. Die Wortreihen mit d, t, nn, ss, tt, ie, sz. 

5. Stufe. 

a) Buchstabieren der Wörter der ersten beiden Sätze aus dem 
Kopf und dann Schreiben der Sätze nach Diktat. Dasselbe 
mit den folgenden Sätzen in Gruppen von je 2 oder 3 Sätzen. 

b) Diktat von kleinen Sätzen aus dem Gedanken- und Wort- 
material dieser und der vorhergehenden Einheit, z. B.: Ich 
bin ein Kind. Ich habe einen Bruder. Ich habe eine Schwester, 
Mein Bruder heisst Karl/ Meine Schwester heisst Anna. 
Bruder und Schwester haben mich lieb. Meine Eltern haben 



• ^ «.-■• -j 



Lesen und Schreiben 61 

mich auch lieb. Ich esse. Ich trinke. Meine Geschwister 
essen und trinken auch. 
B. Ziel: Ihr sollt schreiben lernen, wie ihr heisst (eure Namen 
schreiben lernen). 

1. Stufe. Die Schüler geben an, wie die Kinder geheissen haben, 
die im vorbehandelten Abschnitt (Lesebuch Nr. 2) vorgekommen sind. 
Hierauf sagen sie der Reihe nach ihre eigenen Vor- und Zunamen. 
Dabei wird auf deutliche, reine Aussprache gehalten. 

2. Stufe. 

a) In Gruppen von je drei, höchstens vier Namen (immer Vor- 
und Zunamen zusammen) werden dieselben lautiert, buchstabiert, 
vom Lehrer (senkrecht untereinander) an die Tafel geschrieben ; 
nach je einem Vor- und Zunamen wird ein Komma, zuletzt 
ein Punkt gesetzt. 

b) Lesen der angeschriebenen Namen von der Wandtafel, Buch- 
stabieren und Schreiben der Namen auf die Schiefertafel; Lesen 
des Aufgeschriebenen. 

c) Schreiben der besprochenen Namen als Hausaufgabe. 

3. Stufe. 

a) Wer hat einen einsilbigen, einen zweisilbigen, einen dreisilbigen 
Namen ? 

b) Wer hat einen Namen der mit k, mit g, ch, nn u. s. w. ge- 
schrieben wird? 

c) Diktieren aller Vornamen (nebst den Zeichen), welche die 
Kinder nun schon schreiben können, mit Hinzunahme derer, 
die im vorher behandelten Lesestück vorgekommen sind. Mit 
was für einem Anfangsbuchstaben werden alle diese Vornamen 
geschrieben? (Mit einem grossen.) 

d) Diktieren der Zunamen (samt der Zeichen). Lesen des Ge- 
schriebenen; Hinweisung darauf, dass auch jeder Zunamen mit 
einem grossen Anfangsbuchstaben geschrieben wird. 

e) Diktat der Vor- und Zunamen der Kinder, der Sitzreihe der 
Kinder nach. Die Kinder werden darauf aufmerksam gemacht, 
dass allemal, wenn Vor- und Zuname fertig geschrieben sind, 
ein Komma, zuletzt ein Punkt gesetzt wird. 

4. Stufe. 

1. Die Vornamen werden mit einem grossen Anfangsbuchstaben 
geschrieben. 

2. Die Zunamen werden mit einem grossen Anfangsbuchstaben 
geschrieben. 

3. Wenn wir bloss die Vornamen schreiben, so wird nach jedem 
ein Komma gesetzt, zuletzt ein Punkt. Ebenso bei den Zu- 
namen. 

4. Wenn wir Vor- und Zunamen schreiben, so setzen wir erst 
nach dem Zunamen ein Komma, zuletzt einen Punkt. 

5. Stufe. 

a) Aufschreiben der Vornamen der Kinder der Sitzreihe nach, 
aus dem Kopfe, mit den Zeichen. 



62 Das zweite Schaljahr 

b) Aufschreiben der Zunamen in gleicher Weise. 

c) Aufschreiben der Kinder nach Vor- und Zunamen der Sitz- 
reihe nach, aus dem Kopfe, mit den Zeichen. 

d) Aufschreiben wie mit ihrem Yomamen die Knaben, wie die 
Mädchen heissen. 

Anmerkung. Von jetzt ab haben die Kinder unter jede schrift- 
liche Arbeit ihren vollen Namen zu schreiben. 



3 Die Augen 

(No. 22 des „ersten Lesebuchs".) 

Zwei Augen hab' ich, klar und hell, 

Die drehen sich nach allen Seiten schnell; 

Die sehen alle Blümchen, Baum und Strauch 

IJnd den hohen Himmel auch 

Die setzte der liebe Gott mir ein, 

Und was ich sehe, ist alles sein. 

Für die theoretische Sprachlehre wollen wir aus Gedichten nur wenig: 
ableiten, damit wir dieselben nicht zu sehr zerpflücken und die Poesie 
zerstören. Auch die Besprechungen und mündlichen Übungen (z. B. In- 
haltsangaben) beschränken wir auf das Allernötigste. Von vollständigen 
„Umwandlungen in Prosa" sehen wir aber auf den untern Stufen ganz ab. 

Das vorstehende kleine Gedicht sollen die Kinder lesen, dann me- 
morieren, mit Ausdruck hersagen und aus dem Gedächtnis richtig auf- 
schreiben können. Zu Zwecken der Eechtschreibung heben wir heraus 
a) die Wörter, in welchen das h ausgesprochen wird, und b) die mit 
g und ch (Augen, auch) und ht geschriebenen. 

Ziel. Wir wollen von den Augen lesen. 

1. Stufe. Wieviel Augen hast du? Was kannst du damit sehen? 
Wer hat dir die Augen gegeben? Wer hat alles gemacht, was du siehst? 
Wem gehört alles? Wer kann das nicht sehen? Wie müssen die Augen 
sein, wenn wir sehen wollen. Deine Augen sind klar und helL Wem 
musst du dafür recht dankbar sein? 

Zusammenhängende Wiedergabe. Ich habe zwei Augen. Damit kann 
ich vieles sehen. Der liebe Gott hat mir die Augen gegeben, ihm gehört 
auch alles, was ich sehe. Der Blinde kann das nicht sehen. Meine Augen 
sind hell und klar; ich will dem lieben Gott dafür dankbar sein. 

(In den meisten Fällen, nämlich da, wo sofortige richtige Auffassung 
des kleinen Gedichts vorausgesetzt werden kann, wird diese sachliche 
Vorbereitung überflüssig sein. Man kann dann zu Zwecken mündlicher 
und schriftlicher Übung eine kurze Besprechung dem Lesen nachfolgen 
lassen.) 

2. Stufe. 1. Lesen. 

a) Lesen des Gedichts im Buche, 
b) Belehrung über das ; (Punkt-Strich). 

c) Das Lesestück ist ein Gedicht. 

Die Zeilen reimen sich (hell — schnell, Strauch — auch, ein — sein). 

d) Fragen nach dem Inhalt. Zusammenhängende Wiedergabe 



Lesen nnd Schreiben 63 

des Inhalts. (Nach der orthographischen Behandlang anfzn- 
schreiben.) 
e) Memorieren des Gedichts. 

2. Schreiben. 

a) Schreibweise der Wörter Zwei, klar, hell, schnell, alle, kann, 
liebe, Gott, Himmel, Seiten, Baum. (Die Wörter mit Doppel- 
Konsonanten sind schon systematisiert.) Augen, Blümchen, 
Strauch, drehen, sehen, hohen, setzte. 

b) Abschreiben des Gedichts. 

c) Aufschreiben aus dem Gedächtnis. (Bei wenig Zeit kann hier 
abgeschlossen werden.) 

d) Aufschreiben der Inhaltsangabe. 

3. Stufe. Eechtschreibung von 

a) auch, Auge, Strauch, saugen, brauchen, Eauch, Blümchen, 
Bäumchen. 

b) sehen, gehen, drehen, blühen, Schuhe, hohen, hoch, ziehen, 
stehen, Reihe; aber wohnen, befehlen u. s w. 

c) seht, sieht, geht, dreht, blüht, Blüte, zieht, steht (Ableitung). 

4. Stafe. 

a) Mit g werden geschrieben: Auge, saugen. (Anschluss an das 
Normalwort „Säge".) 

b) Mit ch: auch, Strauch, Blümchen. 

c) In manchen Wörtern wird das h ausgesprochen, z. B. in 
sehen, gehen, in andern nicht, z. B. in wohnen, befehlen. 

d) Mit ht: seht, sieht, geht, dreht, zieht, blüht. 

5. Stufe. 

a) Aufschreiben einiger Sätze (aus dem Gedicht), welche vor- 
stehende Wörter enthalten. (Von den Schülern selbst zu finden.) 

b) Anwendung der systematisierten Wörter in einem Diktat. 

3 Strohhalm, Kohle und Bohne 

(Nr. 4 der Märchen im Lesebuch für das zweite Schuljahr.) 

(1. Hälfte.) In einem Dorfe wohnte eine arme alte Frau, die wollte 
Bohnensuppe kochen. Sie nahm eine Hand voll Stroh, zündete es an und 
legte Reisig und Holz darauf Als sie nun die Bohnen in den Topf thun 
wollte, fiel eine auf den Boden und legte sich neben einen Strohhalm. 
Bald darnach fiel auch eine glühende Kohle zu den beiden herab. Da 
sprach der Strohhalm: Liebe Freunde, wo kommt ihr her? Die Kohle 
antwortete: Ich bin dem Feuer entsprungen; denn hätte ich dies nicht 
gethan, so wäre ich zu Asche verbrannt. Die Bohne sagte: Ich bin 
noch so davon gekommen ; hätte mich die alte Frau in den Topf gebracht, 
ich wäre zu Brei gekocht worden, wie meine Kameraden, und ich, fing 
der Strohhalm an, würde auch verbrannt sein, wenn ich nicht auf den 
Boden gefallen wäre ; alle meine Brüder hat die Alte ins Feuer geworfen, 
sechzig hat sie auf einmal ums Leben gebracht. Was fangen wir aber 
nun an ? sprach die Kohle. W^ir wollen gute Kameraden bleiben, sprach 
die Bohne, und zusammen in ein fremdes Land ziehen. 



64 Das zweite Schuljahr 

Ziel. Wir wollen das Märchen von Strohhalm, Kohle and Bohne 
lesen. 

1. Stnfe. Wer weiss noch etwas aus dem Märchen? Manches 
habt ihr vergessen, das hört ihr hernach beim Lesen wieder. Nennt 
einia^e schwere (^osse) Wörter ans dem Märchen! Aach solche ans 
andern Märchen! Sprechnbnngen ! Ich habe solche hier (an der Liese- 
maschine) angestellt. Wer kann sie lesen? (^Wir geben eine grössere 
Anzahl, um zu zeigen, dass es nicht an Stoff zu Sprech- und Lese- 
übungen mangelt. Dass so viele in der Vorbereitung zu einem Lese- 
stuck auftreten sollen, ist nicht gemeint.) 

a) Strohhalm, Bohnensuppe (Goldregen, Apfelbaum, Backofen, 
Schneeflocken, Reisbrei als Wiederholung aus dem zweiten und 
dritten Märchen); 

b) zünden, zündete, antworten, antwortete, legen, legte, kochen, 
kochte, trippeln, trippelte, arbeiten, arbeitete; 

c) glühen, glühend, glühende, brennen, brennend, brennende, 
kochen, kochend, kochende; 

d) entsprungen, entfallen, entzündet, entlaufen; verbrannt, ver- 
laufen, verglüht; 

e) gefallen, geworfen, gekocht, gebrannt, gesprungen, gelaufen, 
gefangen; 

f) Eeisig, sechzig, zwanzig, achtzig, neunzig, siebenzig, fünfzig, 
dreissig, vierzig; 

g) zusammen, Kameraden. 

(Diese Wörter werden an der Lesemaschine, wo sie in Silben zer- 
legt stehen, nach Bedürfnis lautierend oder buchstabierend eingeübt. — 
Man könnte hierbei auch bereits die orthographischen Eigentümlichkeiten 
der Wörter hervorheben, damit sie beim Lesen beachtet würden. Das 
ist nicht zweckmässig; denn beim Lesen soll zunächst auf den Sinn der 
Wörter (bezüglich Sätze) geachtet werden; orthographische Interessen 
dürfen sich nicht störend dazwischen drängen. Die orthographische Be- 
handlung folgt deshalb dem Lesen nach.) 

2. Stufe. I. Lesen. 

a) Leseübung im Lesebuch. Bei dieser zerlegen wir die mit- 
geteilte erste Hälfte des Märchens in mehrere Abschnitte, die 
einzeln eingelesen werden. 

b) Mündliche Wiedergabe der gelesenen Abschnitte. 

2. Schreiben. 

Der orthographischen Besprechung werden unterworfen — und zwar 
wird buchstabiert — Strohhalm, Kohle, Bohne, Dorfe, wohnte, wollte, 
Bohnensuppe, zündete, legte, Eeisig, Holz, kochte, Topf, fiel, wollte, 
glühende, beide, neben, Boden, darnach, herab. Freunde, kommt, ihr, her, 
antwortete, entsprungen, verbrannt, Kameraden, würde, gefallen, Brüder, 
Feuer, sechzig, fangen, zusammen, fremdes, Land, ziehen, alte Frau und 
die Alte. (Diese grosse Zahl ist auf zwei Lektionen zu verteilen, ebenso 
das Abschreiben des vorliegenden Abschnitts.) 

Beim Buchstabieren der Wörter, deren Schreibweise bereits be- 
kannten Regeln folgt, werden diese Regeln immer zu Hilfe genommen. 



Lesen und Schreiben 65 

Die Wörter werden erst im Lesebuch angescliaut, dann buchstabiert, 
dann an die Tafel geschrieben, wobei besonders zu merkende Buchstaben 
unterstrichen werden. Die Schüler können die Worte erst abschreiben, 
dann werden sie ausgewischt, aus dem Kopf buchstabiert und aufge- 
schrieben, bis keine Fehler mehr vorkommen. 

Beispiele; Strohhalm. Seht das erste Wort in der Überschrift an! 
Lest es! Was für ein Wort ist es? Buchstabiert die erste Hälfte! 
Warum wird Stroh mit oh geschrieben ? Buchstabiert die zweite Hälfte ! 
Wieviel h kommen in das Wort Strohhalm? Warum? Buchstabiert mir 
das ganze Wort vor, ich will es anschreiben! Auf die zwei h mtisst 
ihr besonders merken, ich unterstreiche sie. 

Brüder: Wie viel Silben hat das Wort? Wie heisst die erste! 
Die zweite? Buchstabiert die erste Silbe! Warum gross B? Warum 
ti und nicht i? Die zweite Silbe! Gehört Brüder in die Reihe, wo 
Vater und Mutter stehen? Warum nicht? 

fremdes: Wie viel Silben? Buchstabiert silben weise! Das ganze 
Wort! Merkt besonders auf das d (Land, Ereund, zünden). 

Nach der orthographischen Behandlung folgt 

a) Abschreiben eines Abschnitts. (Berücksichtigung der Satz- 
zeichen!) Vorlesen des Geschriebenen, Verbesserung. 

b) Silbentrennung. Sagt folgende Wörter silben weise und 
schreibt sie auch silbenweise (mit Trennungszeichen)! Kohle, 
Bohne, Dorfe u. s w. (Oder gleich die Aufgabe: Schreibt 
die fünf ersten Sätze silben weise !) 

c) Schreibt fünf Sätze aus dem Kopfe auf! 

d) Diktieren eines Abschnitts. 

3. Stufe. Vergleichungen : (Zur Auswahl!) 

a) Stroh, Kohle, Bohne werden gedehnt gesprochen, die Dehnung 
wird beim Schreiben durch h bezeichnet. (Hierbei wird auch 
an die oben erwähnten Wortklassen erinnert Z B. Stroh ge- 
hört zu Hahn, Kohle ebenfalls, desgleichen Bohne u. s. w.) 
Suppe, alle, wollen werden geschärft gesprochen, die Schärfung 
wird durch doppelten Mitlaut bezeichnet. Sie, fiel, liebe sind 
ebenfalls gedehnt, aber die Dehnung des i ist durch ie be- 
zeichnet. Weitere gedehnte und geschärfte Wörter sind auf- 
zusuchen (wohnte, ihr, nahm, dies, wie, ziehen, voll, gefallen, 
wenn, verbrannt u. s. w.). Dehnung und Schärfnng sind nicht 
bezeichnet bei von, in, an, nun, her, herab u. s. w., hat, 
aber hätte. 

b) Feuer, Freunde, Eeisig, Brei, beide. 

c) wollte, alte, beide, würde, zündete, legte, sagte, antwortete, 
Freunde, werden, Boden, fremde. 

d) alt, gekocht, verbrannt, gebracht, bald, fremd, Land, Kamerad, 
Hand, Freund, glühend. 

e) würde, wird, Brüder. 

f) fing, fangen, springen. 

g) Dorf, Torf, 
h) Holz, Hals. 

5 



66 Dag zweite Schuljahr 

i) gebracht, kochen, darnach, sprach, legte, pflegte, 
k) Eeisig, sechzig, ich. 
1) entsprangen, glühend. 

m) eine Frau, eine Bohne, ein Topf, ein Strohhalm, ein Land, 
n) in einem Dorfe, ins Feuer, in den Topf, in ein fremdes Landi 
auf den Boden, neben einen Strohhalm. 

0) die alte Frau, die Alte. (Kann noch nicht verallgemeinert 
werden, weil es noch an Stoff fehlt, wird deshalb für diesen 
Fall gemerkt.) 

4. Stufe. Stellt zusammen 

a) die gedehnten Wörter! 

Mit h: Stroh, Kohle u. s. w. 
Mit ie: fiel, liebe u. s. w. 

b) die geschärften! 

11: wollte, alle, voll. 
pp: Suppe. 
nil: wenn, verbrannt. 
mm : zasammen, kommt. 

c) te: wollte, alte, legte. 

d) de; beide, würde. Freunde. 

e) d: Kamerad, Land, Dorf. 

f) Bg: fing, fangen. 

g) ch: kochen, sprach, 
h) g; legte. 

i) ig: Reisig, sechzig, zwanzig. 
k) ent: entsprungen. 

1) end: glühend. 

Schreibt die Wörter in das „Wörterbuch** (soweit sie nicht schon 
darin stehen)! 

m) die Frau, eine Frau, die Bohne, eine Bohne; der Topf, ein 
Topf, der Strohhalm, ein Strohhalm; das Land, ein Land, das 
Stroh, 
n) wo? in einem Dorfe. 

wohin? in den Topf, auf den Boden, neben einen Stroh- 
halm, in ein fremdes Land, ins (in das) Feuer. 

5. Stufe. Diktat: Strohhalm, Kohle und Bohne wollten in ein 
fremdes Land ziehen. Die alte Frau hatte Bohnen in den Topf ge- 
schüttet. Viele Bohnen waren in einem Topfe. Auf dem Feuer lagen 
viele Kohlen. Der Strohhalm fiel auf den Boden. Auf dem Boden 
lagen auch die Kohle und Bohne. (Die gesperrten Worte sollen die 
Schüler auf die Frage wo? und wohin? selbst angeben) Das Diktat 
kann sich auch auf andere Ergebnisse — vierte Stufe a bis m — be- 
ziehen. 



B Naturkundliche Fächer 



i Naturkunde '^) 



Litttoatnr: Siehe „das erste Schuljahr'*, 5. Aufl., S. 230 f. Ferner: 
Beyer, Die Naturkunde im erziehenden Unterricht, in Beins pädagog. 
Studien, 2. Heft, 1883. Derselbe, Die Naturwissenschaften in der Er- 
ziehungsschule. Leipzig 1885. Winzer, Ist die Heimatkunde ein selb- 
ständiger ünterrichtsgegen stand? in Reins pädagog. Studien, 2. Heft 
1888, Dresden. ~ Junge, der Dorfteich, Kiel 1885. — Fuchs, Robin- 
son als Stoff eines erziehenden Unterrichts. Jena 1893. — Manuel, 
Versuch eines Lehrplans für den naturkundlichen Unterricht in Rein, 
aus dem pädagogischen Universitäts-Seminar zu Jena; zweites Heft. 
Langensalza 1890. 

I Die Auswahl des Stoffes 

Wir haben den bestimmenden Grundsatz für die Auswahl des Stoffes 
in dem voranstehenden Kapitel Gesinnongsnnterrieht am Schlnss des 
Abschnitts L daselbst bereits angegeben (S. 16): Die Naturkunde 
ordnet sich durchgängig dem konzentrierenden Ge- 
sinnnngssto ff unter. Dabei erinnern wir uns der Gedanken, 
welche anch für den betreffenden Abschnitt des ersten Schuljahres mass- 



*) Die Naturkunde ist uns im zweiten Schuljahre die Natur- 
kunde der Heimat, eine Bezeichnung, welche noch einer zweifachen, 
näheren Bestimmung bedarf. Erstens ist hier „Naturkunde" im weitesten 
Sinne genommen, in welchem sie nicht nur das Naturgeschichtliche und 
Physikalische, sondern auch das Geographische, Astronomische und 
Technologische der zweiten Unterrichtsstufe mit in sich begreift; fürs 
zweite werden in ihr nur diejenigen Stoffe herangezogen, welche ihrer 
Natur und ihrer Bedeutung nach sich zur vollen Durcharbeitung nach 
den 5 formalen Stufen eignen, während die Heranziehung derjenigen 
Stoffe aus ihrem Bereiche, die nur als Apperzeptionshilien auf den 
ersten Stufen der übrigen Unterrichtsfächer, namentlich der histo- 
rischen, sich nötig machen, diesen andern Lehrfächern überlassen bleibt. 
Die Naturkunde des zweiten Schuljahres kann also bezeichnet werden 
als Inbegriff der sämtlichen methodischen Einheiten, welche Vermitte- 
lung der Kenntnis der das Kind umgebenden äusseren Natur zum Zweck 
haben. 



68 Das zweite Schuljahr 

gebend waren. Dort war es leicht nachzuweisen, dass die Naturkunde 
nicht einen besonderen, in sich abgeschlossenen Gedankenkreis mit eigenem 
Mittelpunkt bilden durfte, sondern dass die Stoffe, welche durchzuarbeiten 
waren, ihren Ausgangspunkt im Gesinnungsunterricht erhielten, und dass 
von hier aus das Interesse auf die Dinge der Umgebung gelenkt wurde. 
Die Einheit des Gedankenkreises, welche durch eine solche 
Behandlung herbeigeführt wird, muss auf demselben Wege auch im 
zweiten Schuljahr erreicht werden. Denn es ist klar, dass bei einer 
selbständigen Durchführung des naturkundlichen Unterrichts in der Weise, 
wie er jetzt in unseren Schulen erscheint, ein neuer Mittelpunkt 
für die Kleinen geschaffen wird, der notwendiger Weise' dem vom Ge- 
sinnungsunterricht aufgebauten Gedankenkreis hemmend entgegentritt, 
da er mit gleicher Stärke sich geltend macht und seinem Inhalt nach 
dem ersteren vielfach entgegengesetzt ist. Wir würden der Gedanken- 
arbeit der Kinder viel zu viel zutrauen, wenn wir glaubten, dass ihre 
Phantasiethätigkeit von selbst die Fäden spinnen würde, welche beide 
nebeneinander herlaufenden Gedankenkreise verbinden und zuc Einheit 
zusammenfassen könnten. Damit scheinen wir allerdings in Widersprach 
zu treten zu dem oben angeführten Satze Herbarts, welcher im Unter- 
richte zwei Glieder nachweist, das eine der Erkenntnis gewidmet, das 
andere der Teilnahme. Jedoch nur scheinbar. Die beiden Glieder treten 
auch hier auf: in dem Erzählungsunterricht die Teilnahme, in der Natur- 
kunde die Erkenntnis, nur dass sie im Geiste des Schülers nicht vereinzelt 
nebeneinander erscheinen, sondern ein geschlossenes Ganzes ausmachen. 
Und zwei voneinander unabhängige Gedankenkreise hat auch Her hart 
durch seinen Ausspruch nicht im Auge gehabt. Auf höheren Altersstufen 
kann man der gereifteren Kraft des Schülers es eher überlassen, die 
verbindenden Fäden selbst zu suchen und zu ziehen, im Yolksschulunter- 
richt, und namentlich auf den Elementarstufen desselben, ist den Zög- 
lingen eine Hilfeleistung hierzu unentbehrlich. Wir müssen es vermeiden, 
den Kindern einen zweiten Mittelpunkt zu geben, welcher der Wirksam- 
keit des andern hemmend entgegentreten und das Eesultat des erziehenden 
Unterrichts in Frage stellen könnte. Denn es ist zweifellos, dass durch 
eine selbständige Naturkunde ein zweiter Mittelpunkt für die Kinder 
geschaffen wird, ein Mittelpunkt, der mit solcher Wucht und Nachhaltig- 
keit auftritt, dass die Einheit des Unterrichts auf dieser elementaren 
Stufe ernstlich gefährdet erscheint. Zudem spricht nichts in dieser Sphäre 
für einen solchen zweiten Konzentrationspunkt. Die Erfolge im Unter- 
richt würden dadurch nicht gefördert, sondern entschieden gehemmt 
werden. Es ist zugleich aber die Frage, ob unsere Kinder, welche mit 
ganzer Seele und aus allen Kräften in die Vorstellungen des Eobinson- 
stoffes sich vertiefen, Interesse genug für die Dinge der Heimat übrig 
haben, welche an einem willkürlich geknüpften, nicht aus innerer Not- 
wendigkeit hervorgehenden Faden ihnen vorgeführt werden. Unserer 
Meinung nach beanspruchen auf dieser Stufe die naturkundlichen Gegen- 
stände der Heimat nur insoweit Beachtung, als sie in Verbindung mit 
dem Konzentrationsstoff gebracht werden können, damit die Einheitlich- 
keit des kindlichen Gedankenkreises, welche wir im Dienste des erziehenden 



Naturkunde « = 69 

Unterrichts anstreben, nicht jetzt schon in eine Zweiheit auseinander 
gelegt werde. 

Dabei ist wohl zu beachten, dasf» der naturkundliche Unterricht des 
zweiten Schuljahres so, wie wir ihn wollen, trotzdem er für den Ge- 
sinnnngsunterricht arbeitet, doch auch mancherlei Elemente herbeibringt, 
welche für den späteren Unterricht in der Naturkunde auf das beste zu 
verwerten sind. Der Unterschied ist nur der, dass wir bei unseren Be- 
obachtungen, Spaziergängen und Besprechungen uns von Gesichtspunkten 
leiten lassen, die der Gesinnungsunterricht vorschreibt, während eine selb- 
ständige Naturkunde ihren Zweck in sich findet, demgemäss die Reihen- 
folge, sowie die Auswahl der Stoffe trifft und vieles Zufällige, durch den 
Augenblick Gebotene weiter verfolgt, während wir uns von Gesichts- 
punkten leiten lassen, die uns im Gesinnungsstoff gegeben sind, infolge 
dessen wir alles das bei Seite lassen, was nicht in unsern Gedankenkreis 
passt. In beiden Fällen ist ein gewisser Zwang leicht bemerkbar. Die 
angelehnte Naturkunde foigt aber einer inneren, die selbständige einer 
äusseren Notwendigkeit. In dem einen Fall geht der Zwang aus von 
dem alles bestimmenden, konzentrierenden Gesinnungsunterricht, in dem 
anderen von der mit mehr oder weniger Willkür befolgten Eeihe, die 
sich um den aufgestellten Mittelpunkt der Heimat herumlegt. Ein Unter- 
schied ist ferner der, dass auf der einen Seite der Zwang durchaus nicht 
empfunden wird, insofern das Interesse von selbst denjenigen Dingen ent- 
gegen kommt, welche der Gesinnungsunterricht darbietet, während auf 
der andern Seite das Kind genötigt wird, sich innerhalb eines fest vor- 
geschriebenen Kreises der Heimat zu bewegen und nur dasjenige zu be- 
obachten, was gerade in denselben hineinfällt. Übrigens kann Jeder die 
Erfahrung machen, dass das Kind — falls nur der Gesinnungsunterricht 
in tiefgehender Weise vorschreitet — von selbst getrieben wird, die- 
jenigen Gegenstände der Umgebung näher ins Auge zu fassen, mit welchen 
auch ihr Robinson in mannigfacher Weise zu thun hat. Der erziehende 
Unterricht folgt solchen Winken. 

Wir begnügen uns somit für das zweite Schuljahr mit einer Natur- 
kunde, welche im Anschluss an den Gesinnungsunterricht demselben teils 
vorarbeitet, teils ihn begleitet, die alles das in der Umgebung aufsucht, 
beobachtet und bespricht, was zar Erfassung, zur Klärung, und Befestigung 
derjenigen Begriffe dienen kann, welche vom konzentrierenden Mittelpunkt 
aus dargeboten werden. 

Es sind dies zunächst astronomische, geographische und techno- 
logische Gegenstände. Die genaue Durchsicht des Robinsonstoffes ergiebt 
dasjenige, worauf wir in den naturkundlichen Stunden vornehmlich unser 
Hauptaugenmerk richten sollen. Ein grosser Reichtum an Stoffen wird 
uns zur unterrichtlichen Behandlung dargeboten. Es gilt hier, sich zu be- 
schränken auf das Nächstliegende und Wichtigste, auf dasjenige, was der 
Heimatkreis am besten und deutlichsten zeigen kann. Der nachfolgende 
methodische Teil wird über die Stoffe im einzelnen, über ihre Aufein- 
anderfolge und ihre Behandlung im Unterricht näheren Aufschluss erteilen. 
Hier nur so viel, dass wir zunächst den Gewässern der Heimat 
unsere Aufmerksamkeit zuwenden, dem Laufe der Hörsei und Werra. 



70 Das zweite Schaljahr 

Denn wenn wir im Gesinnnngsunterricht von der Weser, von dem Meere 
etc. reden, fassen wir aaf den in der Heimat gewonnenen Anschanangen. 
Ein grösserer Teich in der ümgebang mass die Begriffe Ufer, Hafen, 
Halbinsel, Vorgebirge, Insel vorbereiten, der daraaf befindliche 
Kahn Apperzeptionsvorstellangen zar Besprechung des Schiffes, welches 
uns nur in einem Modell vorliegt, liefern. Diese Stoffe würden die erste 
Gruppe des naturkundlichen Stoffes bilden. Sie würden der Robinson- 
erzählung voraufgehen, damit diese bei dem Bericht über den Hafen, das 
Schiff Eobinsons etc. den nötigen anschaulichen Untergrund in der Seele 
des Kindes vorfindet. Bei unseren Spaziergängen nehmen wir zugleich 
Eücksicht auf E b e n e , Thal, Berg, Fels und Ab hang — denn diese 
Dinge kehren auf der Robinson-Insel wieder.*) Im Wald sehen wir das 
Fällen und Behauen der Bäume. Diese Betrachtung führt uns auf den 
Zimmerplatz.**) Er ist nicht weit von der Schule und muss öfters 
besucht werden. Robinsons erste und hauptsächlichste Thätigkeit ist die 
eines Zimmermanns, da es gilt, sich eine Wohnung zu bereiten und 
gegen etwaige Anfälle zu schützen. Ein weiterer wichtiger Punkt ist 
die Beschaffung der Nahrung. Wir müssen daher die Bebauung 
des Feldes beobachten, das Säen und Ernten des Getreides, die Zube- 
reitung desselben in der Mühle und bei dem Bäcker. Was wir aber 
draussen nicht finden können, muss uns der Schulgarten liefern. Mitten 
hinein in ein anderes, für unsere naturkundlichen Elementarstudien 
reiches Gebiet leiten uns die Bemühungen Robinsons, sich Körbe zu 
flechten, Netze zu knüpfen, Thongeschirre zu bereiten, Kleider 
und Schuhe zu fertigen; denn von hier führt der Weg unmittelbar in 
die Werkstätten des Korbflechters, Töpfers, Schneiders, Webers, Schuh- 
machers, Gerbers und anderer Handwerker. Von Wichtigkeit dabei ist, 
dass sich das Kind im Robinson an die Anfänge unseres Kulturlebens 
zurück versetzt sieht, wo ihm das menschliche Bedürfnis vor Augen tritt, 
und wo es die ersten unvollkommenen Versuche, das Bedürfnis zu be- 
friedigen, gewahrt, sich selbst in dem einen und anderen Falle thätig: 
daran beteiligend. Von da wendet sich der Blick, die ganze Reihe einer 



*) Wir haben oben schon (Seite 12, Anmerkaug) ausgesprochen, dass 
wir es nicht billigen, wenn man sich so streng ans Original des Defoe 
hält, dass auch die Abenteuer Robinsons vor seinem Schiffbruch zu ein- 
gehender Bearbeitung e:elangen, weil dies — abgesehen von anderen 
Gründen — für die Geographie verhängnisvoll werden kann. Es ist ent- 
schieden kein inneres Bedürfnis dafür vorhanden, dass die Kinder des 
zweiten Schuljahres bereits mit der Westküste Afrikas, sowie mit Brasi- 
lien bekannt gemacht werden. Ja diese Vorwegnähme ist sogar höchst 
bedenklich, wenn man dem Grundsatze huldigt, dass die Geographie den 
Entdeckungen, wie sie die Geschichte vorführt, zu folgen habe! Wir 
schliessen demnach die Behandlung der Westküste Afrikas und Amerikas 
an den Gang der historischen Entdeckung dieser Länder an — nicht aber 
der Robinsonerzählung, die ja ebensogut nach Australien oder sonst- 
wohin verlegt werden könnte. Aus diesem Grunde sprechen wir uns 
fegen die Behandlung der Geographie im 2. Schuljahr aus, wie sie das 
ahrbuch für wissenschaftliche Pädagogik 1884. Seite 261 ff., uns vor- 
führt. 

**) S. von Nostitz, Baukasten. (Päd. Studien 1885, 4. Reft, S. 40.) 



Naturkunde 71 

vielliundertjäbrigen Entwickelang überspringend nnd das £nde mit dem 
Anfang zusammenhaltend, der Betrachtung unserer Handwerke zu, die in 
diesem Eobinsonlichte mit ganz andern Augen angeschaut werden, als 
wenn nach gewöhnlicher, rein willkürlicher Anordnung unter vielem andern 
auch an diese Stoffe einmal die Reihe kommt. 

Eine fruchtbare Gedankenbewegung wird ferner durch den Geld- 
fund auf dem Schiffe angeregt. Allein auf seiner Insel und in den ein- 
fachsten Naturzustand zurück gedrängt, haben die blanken Thaler für Robin- 
son nicht einmal den Wert einiger alter Nägel, eines Hammers, eines 
Messers. Er kann nichts mit ihnen anfangen, sie sind ihm völlig nutz- 
los. Wie anders, wo der Mensch im Verkehr mit Menschen steht, eine 
Teilung der Arbeit erfolgt, ein allgemeines Tauschmittel zum unabweis- 
lichen Bedürfnis geworden ist. Hier entkeimen die ersten elementaren 
Volkswirtschaft liehen Grundbegriffe. 

Robinsons Jagdgänge und Kämpfe führen zur Betrachtung der 
Waffen (der seinigen, der unsrigen), seine Bemühungen, sich warme 
Speisen zu bereiten, die langen Nächte durch Lampenlicht abzukürzen, 
auf Feuer und Licht; sein Bedürfnis, die Tage und Wochen zu merken, 
aut die Einteilung der Zeit (des Jahres in Monate, Wochen, Tage — 
Kalender; des Tages in Stunden — Uhr). Die Waldtiere, die Baum- 
frttchte, die Witterungsverhältnisse auf Robinsons Insel leiten unwillkür- 
lich den Blick zarück auf die entsprechenden Verhältnisse und Objekte 
der Heimat immer von wertvollen Vergleichungen begleitet und gehoben. 
Jagd und Fischfang führen auf die gleichen Beschäftigungen der Jäger 
und Fischer bei uns; aus der Pflege seiner Ziegen sehen wir unsere 
Viehzucht erwachsen. 

Aus diesen kurzen Bemerkungen schon ist ersichtlich, welch' reiche 
Anregung von der Robinsonerzählung für die Dinge der Umgebung aus- 
geht, und wir werden Not haben, die Überfülle des herandrängenden 
Stoffes auf ein Mass zurück zu führen, das in einem Jahre zu bearbeiten 
ist. „Wie hat es Robinson angefangen? Wie machen wir es jetzt?" 
Diese Fragen führen uns fortwährend mitten in die heimatliche Sphäre 
hinein. Dass aber die mannigfaltigen Stoffe, welche wir mit der Bezeich- 
nung ^Naturkunde" zusammenfassen, nicht auseinanderfallen, dafür sorgt 
der konzentrierende Mittelpunkt, welcher die einzelnen Teile verknüpft, 
fest zusammenhält und die Zersplitterung verhütet. Der Konzentrations- 
unterricht sichert uns mehr, als jedes andere Verfahren es thun kann, 
den Erfolg des erziehenden Unterrichts. 

An die Naturkunde der Heimat schliessen wir vor allem, wie wir 
es bereits im ersten Schuljahr gethan, das Zeichnen an. 

Das Zeichneu« 

Litteratur: Siehe das erste Schuljahr, 5. Aufl., S. 167. Ferner: 
Menard, Der Zeichenunterricht in der Volksschule. I.Teil: Das Elementar- 
zeichnen oder das Zeichnen im Linien- nnd Punktnetz. Neuwied 1888. 
Im Selbstverlag des Verfassers. 

Auch hier bleiben die Prinzipien, welche für das erste Schuljahr 
Geltung besassen, in Kraft. Von einem planmässigen Zeichenunterricht 



72 I^as zweite Schaljahr 

kann auch im zweiten Schuljahr noch keine Rede sein, wie wir schon 
oben Seite 35 gesagt haben. £& wird zwar gezeichnet und viel ge- 
zeichnet, oder besser ^gemalt", wie die Kinder sagen. Es geschieht 
dies aber nicht in streng systematischer Aufeinanderfolge, welche ein 
planmässig angelegter Zeichenunterricht aus naheliegenden Gründen 
inne halten muss, sondern einesteils um dem Drange der Kinder ent- 
gegenzukommen, welche die besprochenen Dinge auch gern zur Dar- 
stellung und Anschauung bringen wollen, andernteils um die Besprechung 
der gegebenen Objekte für die Kinder zu grösserer Klarheit und Fass- 
barkeit zu erheben. Wir zeichnen auf die Schiefertafel, wo sich nur 
Gelegenheit zum „ malen ** bietet. Die Gegenstände, die Eobinson sich 
so mühsam erringen muss: sein Zelt, sein Kalender, sein Kahn, sein 
Spaten, sein Tisch etc. ferner in steigender Ergänzung ein Grundriss seiner 
Insel, sein Haus, seine Höhle, der Berg, der Landungsplatz, die Bucht, 
seine Wege, der Schauplatz der Wilden. Wir zeichnen in dem Gesinnungs- 
unterricht, in der Naturkunde, im Rechnen. Kunstwerke sind es nicht, 
welche die Kinder zu stände bringen. Es genügt, dass die dargestellten 
Gegenstände mit gewissem Verständnis gearbeitet sind. Mit Lust werden 
sie immer gefertigt. Das ist für den Erzieher ein bedeutsamer Wink, 
der — wie oft — von dem fachwissenschaftlich gerichteten Zeichen- 
lehrer mit verächtlicher Miene betrachtet wird. Denn dieser will nicht 
gezeichnet haben, bevor nicht das Kind so alt und so erstarkt ist in 
Hand und Auge, dass es dem systematischen Zeichengange ohne Mühe 
folgen kann. Wir lassen uns nicht irre machen. Wir zeichnen schon 
im ersten und zweiten Schuljahre und freuen uns unserer Zeichnungen, 
ebenso wie wir uns des Gesanges erfreuen, wenn auch kein systematischer 
Gesangunterricht betrieben wird. Uns sind pädagogische Gründe mass- 
gebend, nicht fachwissenschaftliche. (S. Hirt, Ideen zum Zeichenunter- 
richt. München.) 



2 Die Behandlung des Stoffes 

1 Torbemerkungen 

1. Die Naturkunde der Heimat umfasst das wichtige Gebiet, welches 
unserer unmittelbaren Wahrnehmung zugänglich ist, und aus dem wir 
daher den gesamten Reichtum an lebensvollen Sinnesvorstellungen ent- 
nehmen, auf welche unser ganzes Vorstellung8gebäude gegründet ist. Der 
Unterricht hat dieses Gebiet nach Möglichkeit für seine Zwecke aus- 
zubeuten. Oberste Forderung für den heimatkundlichen Unterricht ist 
die unmittelbare Wahrnehmung diu'ch den Augenschein. Wie Robinson 
seine Insel, so müssen die Schüler unter Führung des Lehrers Feld und 
Wald, Berg und Thal, die ganze Gegend durchstreifen. Angeregt 
durch den Erzählungsstoif müssen sie mit eigenen Augen sehen, wie auf 
dem Acker gepflügt, geeggt, gesäet, geerntet wird; welche Werkzeuge zu 
den Arbeiten verwandt werden, und welche Einrichtung diese haben; 
wie auf dem Zimmerplatze der Zimmermann, auf dem Bauhofe der Stein- 
metz, in der Werkstätte der Schneider arbeitet; welche Stoffe verarbeitet, 



Naturkunde 73 

womit, wie, wozu sie verarbeitet werden. Blosse Worte sind hier völlig 
unnütz, Abbildungen und Modelle für sich allein unzureichend. Im Schul- 
unterricht ist sodann das Geschaute in regelrechter Weise weiter zu 
verarbeiten. Unter unsern örtlichen Verhältnissen sind für das zweite 
Schuljahr folgende Schulspaziergänge aufgestellt worden: 

1. Gänge an der Hörsei und Nesse hin von der Spicke bis zum 
Kotenhof. 

2. Gang an den Prinzenteich (Predigerplatz, Schiessgraben, 
Barfüsserteich, Steinrutsche). 

3. Maigang: Nach Hörschel am Einfluss der Hörsei in die 
Werra. 

4. Gänge auf den Metilstein und auf den Goldberg. 

5. Gang nach Stregda und auf den Wuotansberg. 

6. Gang auf den Petersberg. 

7. Gang auf die Geisköpfe. 

8. Gang nach dem Sengeisbach. 

9. Verschiedene Gänge in die Stadt zu den verschiedenen 
Handwerkern: Zimmermann, Bäcker, Schlosser, Gerber etc. 

Die Spaziergänge dienen übrigens nicht ausschliesslich ihrem nächsten 
Zwecke. Alles, was die Gunst des Augenblicks bietet, wird beobachtet, 
am Himmel, auf der Erde ; nichts Wichtiges darf dem Kinde entgehen, 
wenns auch nicht gerade zum nächstfolgenden Unterrichte gehört. Die 
Spaziergänge werden so dem gesamten Unterriebt, dem gegenwärtigen 
wie dem künftigen, dienstbar gemacht. 

2. Aber das Kind soll nicht nur vieles schauen; es soll sich, ange- 
regt durch den Erzählungsstoff, vor dem Schauen und Beobachten ebenso 
fleissig auch in allerlei selbst versuchen. Es baue sich in einer abge- 
legenen Ecke des Spielplatzes eine Hütte und statte sie aus ; es versuche 
mit seinem Freunde Eobinson sich aus Weiden einen Korb zu flechten, 
aus Bindfaden ein Netz zu knüpfen, aus weichem Thon einen Napf, einen 
Topf zu formen, aus einem Stücke Zeug ein Kleidchen für die Puppe zu 
fertigen, und denke dabei immer nach, wie es am besten zu machen, wie 
den entgegenstehenden Schwierigkeiten zu begegnen sei. Nach solchen 
eigenen Versuchen treten die Kinder mit erhöhtem Verständnis auf den 
Bauplatz, in die Werkstatt und widmen sich mit verdoppeltem Interesse 
4er Beobachtung und der darauf folgenden Besprechung der betreffenden 
iieimatlichen Stoffe. 

3. Auch im Unterrichte selbst darf es an Anschauungsmaterial nicht 
fehlen. Dasselbe trete indes im Unterrichte nur dann nochmals auf, wenn 
bei der Besprechung an der einen oder andern Stelle eine Unklarheit zu 
Tage kommt. Modelle und Abbildungen treten unterstützend hinzu. 
Wünschenswert ist das Modell eines einfachen hölzernen Hauses, zum 
Auseinandernehmen und eigenen Aufbauen eingerichtet, sowie das Modell 
eines Schiffes. In Ermangelung des letztern fehle wenigstens eine grosse, 
gute Abbildung nicht. Als Bildermaterial für unsere Stufe empfehlen 
sich die bei Schreiber in Esslingen erschienenen Anschauungsbilder: 
^Werkstätten und Werkzeuge, 12 Tafeln. Preis mit erklärendem Texte 
9 M." 



74 Das zweite Sclialjahr 

4. Für die geographische Anffassang der Heimat leistet nach der er- 
folgten eigeoen Anschaaang in der aaf diese folgenden Besprechung eine 
Darstellung der geographischen Objekte in der Form des Reliefs die vor- 
züglichsten Dienste, wenn es der Lehrer verstanden hat, ein solches 
Relief für seine Schule anzufertigen. Wir verweisen in diesem Betrachte 
auf das oben in dem Litteraturanzeiger genannte Werkchen von ,,W le- 
dern ann, Wert, Notwendigkeit und Herstellung von Reliefkarten **, in 
welchem der Lehrer sachgemässe Anleitung zur Anfertigung solcher 
Darstellung findet. 

5. Mit der Naturkunde verbindet sich wie das Zeichnen, so auch 
das Singen und Sagen, oder die Poesie der Kinderwelt. 

Wenn der geistige Standpunkt sechsjähriger Inzipienten uns in unserm 
ersten Schuljahre vorzugsweise auf die Stoffe der volkstümlichen Kinder- 
poesieen hinwies, so gestattet das weiter zurückgelegte Lebensjahr, sowie 
der Bildungserfolg eines einjährigen Unterrichts, nunmehr auch an die 
einfachsten Gebilde der Kunstpoesie heranzutreten. Und mit Freuden 
offnen wir den Kleinen jetzt den reichen Garten voll duftigster Blüten, 
wie sie ein Hey, Gull, Hoffmann von Fallersleben u. A. für dieses und 
die nächstfolgenden Kinderjahre geschaffen. 

Natürlich stellen sich auch im zweiten Schuljahre diese poetischen 
Stoffe in den Dienst des Gesinnungsunterrichts und der Naturkunde, 
dergestalt, dass von diesen her die Ausgangspunkte zu den poetischen 
Lieblingen der Kinderwelt genommen werden, und dass durch dieselben 
die Konzentrationsstoffe selbst wieder in neuer Beleuchtung erscheinen. 
Nur auf diese Weise wii'd ein Gedankenkreis geschaffen, so innig ver- 
bunden, £0 von allseitigem Interesse durchzogen, so kräftig, dass er die 
ungünstigen Gegenwirkungen aus Erfahrung und Umgang zu überwinden 
vermag. 

Was von der Poesie auf dieser Stufe überhaupt, gilt insbesondere 
auch von den sanglichen Liederstoffen. Auch sie gehen nicht ihren eigenen 
Weg : Das Lied hat hier wie im ersten Schuljahre einzig noch die Auf- 
gabe, die Gesamtwirkung des Unterrichts nach Stärke und Dauer zu 
erhöhen. Dazu ist dasselbe in vorzüglichem Masse geeignet. Es ver- 
dichtet die Empfindung, verwebt sie vielfältig mit den verschiedensten 
Teilen des Gedankenkreises, giebt ihnen Haltbarkeit und Dauer. Frei- 
willig ordnet sich daher das .Lied den beiden Hauptfächern des Unter- 
richts unter, ohne in sklavische Abhängigkeit von dem einen oder andern 
zu geraten. (Siehe „Singen", Seite 35.) 

6. Selbstverständlich gelten die allgemeinen methodischen Grundsätze, 
wie sie in unserem „ersten Schuljahre^ entwickelt sind, namentlich auch 
in betreff der Gliederung der einzelnen Einheiten nach den fünf formalen 
Stufen, uneingeschränkt auch hier. Wenn wir in dem folgenden Lehrgang 
den Stoff nur kurz skizziert haben, ohne die Gliederung desselben in den 
einzelnen methodischen Einheiten anzudeuten, sohlst das geschehen, weil 
wir glauben, die Art der methodischen Gliederung und Verarbeitung in 
unserm „ersten Schuljahre" hinlänglich deutlich dargelegt und veran- 
schaulicht zu haben. Nur beispielsweise folgen nach der Stoflubenricht 



Natnrkande 76 

auch einige aasfährlichere Proben der Stoffgliederang nach den formalen 
Stufen, nach welchen mit Leichtigkeit die übrigen Einheiten bearbeitet 
werden können. Der denkende Leser liebt es ohnehin nicht, dass ihm 
alles und jedes bis ins einzelste hinein zugeschnitten werde. Im „ersten 
Schuljahre" mussten wir darin etwas weiter gehen, um unsere Gedanken 
zum klaren Ausdruck zu bringen, im ^zweiten Schuljahre" können wir 
uns kürzer fassen. 



2 Übersicht des Stoffes 

I Heimatliche Orientierung 

(Zu Kapitel 1 der Robinsonerzählung: BobinsoDS Heimatsort) 

Im Anschluss an Hobinsons Heimatsort Bremen unser Heimatsort 
Eisenach. Strassen, Plätze, öffentliche Gebäude, Orientierungsplan, an 
der Wandtafel entworfen. 

Zeichnen: Stadtplan mit den wichtigsten Plätzen und Gebäuden. 

2 Hörsel, Werra, Weser, Meer 
(Die Weser; der Hafen) 

Gang der Hörsel entlang: Bett, Ufer, Grund, Oberfläche, Gefälle; 
Brücken, Stege, Mühlen, Wehre; Fische. Blick auf den Hörseilauf vom 
Petersberge, der Michelskuppe aus: die Hörsel fliesst bei uns von Morgen 
nach Abend; Orte an derselben. Der ganze Hörsellauf von der Quelle 
bis zur Mündung in die Werra, mit seinen Nebengewässem ; Orte an der 
Hörsel und ihren Zuläufen. In der Form des darstellenden Unterrichtes 
sodann: Lauf der Werra und Weser von Mittag nach Mitternacht; 
Mündung; Bremen, Hafen, Meer. 

Zeichnen: Flussbild: die Hörsel; dann Hörsel, Werra, Weser mit 
Hafen, Bremen, Mündung. 

3 Prinzentelcii, Kalin, Sciiiff 

(Robinsons Seefahrt) 

Wasser, Ufer, Halbinsel, Insel; Tiere auf und in dem Teich. Kahn: 
äussere Gestalt, innerer Raum, Bänke, Ruder, Kahnfahrt. — Schiff (unter 
Vorzeigung eines Modells oder einer guten Zeichnung), Gestalt; Grösse; 
im Innern: der untere Raum, das Zwischendeck, die Kajütenräume ; Ver- 
deck, Masten, Taue, Segelstangen, Steuer; an Bord, Anker, Kähne; 
Kapitän, Matrosen, Passagiere; Meerfahrt. — Der Wind, der Sturm, das 
Gewitter. 

Sagen: Das Meer ist tief, das Meer ist weit. Ade, du mein lieb 
Heimatland. 

Zeichnen: Kahn, Schiff, Anker. 



.76 Das zweite Schuljahr 

4 Hausbau 

(Robinson richtet sich ein) 

a) Steinbruch, Steinhauer und Maurer. Besuch der Stätten. Stein- 
brecher; Arbeiten: Sprengen, Abfahren, Behauen zu Quadern; Werkzeuge; 
Vorsicht. 

Zeichnen: Spitzhammer, Winkelmass, Setzwage. 

b) Zimmerplatz. Zimmerleute, Arbeiten, Balken, Pfosten, Eiegel 
mit Zapfen, vierkantig zugehauen. Werkzeuge, Beschreibung und Ge- 
brauch derselben. 

Zeichnen: Beil, Säge, zugehauener Balken mit Zapfen. 

c) Aufbau. Grundmauern, Aufrichten des Gebälkes, gerade und 
schräge Pfeiler mit Zapfen, Querbalken, die vier Seiten des Hauses, die 
Stockwerke, der Dachstuhl. Modell eines Hauses und Aufbau desselben. 
(Baumaterialien; Löhne: Abgabe an den B^chenunterricht.) 

Zeichnen: Einfacher Grundriss des Hauses (z. B. unseres Schul- 
hauses). — Vorderseite eines Hauses mit Thüre, Fenster, Dach. 
Sagen: Das neue Haus ist aufgericht (Uhland). 

d) Wände und Dach: Lehm, Kalkstein, Kalkbrennen, Mörtel, Back- 
steine, Maurer, Arbeiten, Werkzeuge; Handlanger. 

Dach, wozu? womit gedeckt? Ziegeln, verschiedene Form der- 
selben; warum so gestaltet? Wie gelegt? Eigener Versuch, einen Ziegel 
aus Thon zu formen. Ziegelbrennerei, Besuch derselben. Versuch im 
Decken mit Ziegeln. — Schiefer, Schieferbruch, Schieferdach (Anschau- 
ung). — Strohdach, Vorzüge, Nachteile. 

Zeichnen: Haus und Zelt nebeneinander. Bauen eines Hauses aus 
den Steinen des Baukastens und Zeichnen des Gebildes. 

e) Innere Eäume des Hauses. Stube, Kammer, Küche, Keller, 
Boden; Zweck und Ausstattung derselben. Was Bobinson vom Schiffe 
in seine Hütte trug? Welche Werkzeuge und Geräte wir im Hause 
haben ? 

Zeichnen: Ofen, Schrank, Sopha. 

5 Das Geld 

(Geldfand Robinsons) 

Zeigen und Besprechen der Markmünzen; Kupfer-, Nickel-, Silber- 
und Goldmünzen. Vergleichende Beschreibung derselben. Werttabelle. 
Sachgebiete fürs Eechnen im Zahlraum von l — 100. Unser früheres 
Geld. Vergleich mit dem jetzigen. Papiergeld. Wie man auf ehrliche 
Weise zu Gelde kommt? Was man dafür kaufen kann? Was einzelne 
Dinge kosten? Eeiche und Arme. (Abgabe an das Eechnen.) 

6 Zeiteinteilung 

(Erster Jahrestag auf der Insel) 

a) Das Jahr und seine Einteilung: Zwölf Monate, Namen und 
Eeihenfolge derselben; Wochen, Tage, die sieben Wochentage. Kalender; 



Naturkunde 77 

Einrichtung desselben; ein Schulkalender an der Wandtafel oder über 
der Stubenthtire. (Abgabe an den Rechenunterricht.) 

b) Der Tag und seine Einteilung: Vormittag, Mittag, Nach- 
mittagy Abend, Nacht; 24 Stunden. Uhr, Eäderuhr, Sonnenuhr, An- 
fertigung einer Sonnenuhr auf dem Schulplatze. (Abgabe an den Rechen- 
unterricht.) 

Sagen: Gott im Himmel hat gesprochen. 

Zeichnen: Wanduhr (Bauer, Taf. 5). 



7 Feuer und Licht 

(Robinson sorgt für Beleuchtung seiner Wohnung) 

a) Feuer, Feuerzeuge, Brennstoffe, Flamme, Licht und Wärme'; 
Kochen der Speisen, Erwärmen der Stuben. Russ, Kohle, Asche, Herd, 
Ofen, Schornstein, Schornsteinfeger. Blasebalg. 

b) Licht. Lampen. Beschreibung unserer Lampen. Leuchtstoffe, 
Öl, Petroleum, Gas; Docht. Leuchtkraft der Leuchtstoffe. Es ist gut, 
dass wir Licht anmachen können. Warum? — Gefahr. Vorsicht. 
Laterne. 

Zeichnen: Herd, Ofen (Bauer, Taf. 2), Blasebalg (Bauer, Taf. 5), 
Leuchter mit Talglicht (Bauer Taf. 2), Öllampe (Bauer, Taf. 4), Schirm- 
lampe (Bauer, Taf. 4). Zusammenstellung von Tisch und Licht. 



8 Rundschau auf die heimatliche Landschaft 

(Robinson hält Umschau von einem Berge aus) 

Im Anschluss an das Umherstreifen Robinsons auf seiner Insel finden 
öftere Ausflüge in die Umgegend, durch Feld und Wald, statt. 

Was die Kinder draussen gesehen, wird in dieser und den folgenden 
vier Einheiten verarbeitet. 

Rundschau vom Mädelstein, vom Goldberg, vom Petersberge: Berge 
(W^artburg), Thäler, Felder, Wälder, Strassen und Wege, Eisenbahnen, 
Orte. Kartenbild an der Wandtafel. Orientierung auf der Relief- 
karte. 

Sagen: Im Walde möcht ich leben. Alle Vögel sind schon da. 

Zeichnen: Einfachstes Kartenbild der Gegend: Standort, Strassen, 
Flüsse, Orte. 

9 Unsere Waldbäume 

(Robin snns Gang in den Wald) 

Buche, Eiche, Birke, Kiefer, Tanne (Fichte), Lärche. Nutzen. Be- 
schreibung derselben. Laub- und Nadelbäume. 
Sagen: Im Walde möcht ich leben. 
Zeichnen: Baum. 



78 Das zweite Schaljahr 

10 Gang naob den Sengelsbach 

(Robinsons dreitägige Beise) 

Quelle, Wasser, Lauf, Umgebung, Mündang in den Löbenibach und 
mit diesem in die Hörsei. Zeichnen an der Wandtafel. Reliefkarte. 

Sagen: Du Bächlein silberhell und klar. 

Zeichnen: Nachbildnng des Wasserlaufs mit Umgebung und Mün- 
dung. Einordnung desselben in das bereits erarbeitete Flnssnetz. 

II Wiese und Wlesenblonen 

(Lm Anschluss an die vorige Einheit) 

Wiese, Gras, grün. Gänseblümchen, Schlüsselblume, Butterblume, 
Hahnenfuss, Wiesenschaumkraut, Löwenzahn (Herbstzeitlose). Heu- und 
Grummetemte. Weide. Hirten, Hirtenfeuer. 

Sagen: Vöglein im hohen Baum. 

Zeichnen: Rechen, Sense. 

12 Unsere Soholrelse 
(Robinsons grosse Reise) 

Angabe des Weges. Was wir auf der Reise gesehen, gehört, erlebt 
haben. Länge des Weges in Stunden oder Meilen. (Abgabe an den 
Rechenunterricht.) Erweiterung unserer Karte der Heimat. Unser Weg 
auf der Reliefkarte. 

Sagen: Wenn Jemand eine Reise thut etc. 

Zeichnen: Unsern Reiseweg nebst den Orten, Flüssen, Brücken, 
Wäldern, die wir passiert haben. Wegekarte der Heimat mit den 
wichtigsten Orten. 

13 Witterung und Jahreszelten 

(Jahreszeiten auf Robinsons Insel) 

Witterung und Jahreszeiten auf Robinsons Insel und bei 
uns. Zusammenfassung der Jahresbeobachtungen: täglicher und jähr- 
licher Sonnenlauf; Tag- und Nachtlängen; Kälte, Wärme, Schnee, £is, 
Regen, Hagel, Gewitter. Unsere vier Jahreszeiten, und wie sie sich von 
einander unterscheiden. Thermometer, Wärme- und Kältegrade. (Ab- 
gabe ans Rechnen.) 

Sagen: Frühling, Sommer, Herbst und Winter seid des guten 
Gottes Kinder.) 

14 Saat und Ernte *) (Feldbau) 

(Wie Robinson säet und erntet) 

Vorbereitung des Bodens durch Düngen, Pflügen, Eggen. Acker- 
geräte. Aussaat; Wachstum; Reife. Getreidearten (s. Lehrbeispiel Nr. 



*) Kann auch in zwei Einheiten (Saat und Vorbereitung des Bodens 
im Frühling, Ernte im Spätsommer) zerlegt werden. 

Von hier an giebt die Robinsonerzählung der Naturkunde im engem 



Naturkunde 79 

4). Vergleicliende Beschreibung derselben. Ernte; Erntearbeiten; Ernte- 
arbeiter; Werkzeuge. (Stoffe fürs Rechnen.) 

Sagen: Wer merkts am Samenkorn, so klein. 

Zeichnen: Wagen, Sense, Dreschflegel, Egge, Pflug. 



15 Tischler (Schreiner) 

(Robinson als Tischler) 

Besuch einer Tischlerwerkstätte. Stoffe, die der Tischler verarbeitet. 
Werkzeuge. Thätigkeiten. Gegenstände, die er verfertigt. Preise der- 
selben. (Abgabe ans Rechnen.) 

Zeichnen: Pult, Kommode. 



16 Der Korbflechter 

(Robinson flicht sich Körbe) 

Besuch einer Korbflechterwerkstätte. Wie ein Korb geflochten 
wird? Weiden, woher? Wie behandelt? Korbgestell. Das Flechten 
selbst. Was sonst noch geflochten wird? Was man ausser den Weiden 
noch zum Flechten benutzt? Rohr, Stroh, Bast. 

Zeichnen: Korb. 



17 Der Töpfer 

(Robinson als Töpfer) 

Eigene Versuche, einen Topf aus Thon zu formen und im Feuer zu 
härten. Besuch einer Töpferei. Werkstätte; Zubereitung des Thones; 
Formen der Geschirre; Brennen derselben; Glasur; Verzierungen. Was 



Sinne nur noch sehr wenige Weisungen. Um so zahlreicher sind die 
Hinweise auf die Bearbeitung der Naturprodukte durch Menschenhand, 
auf die technologische Seite der Naturkunde, und diese sind uns um 
so willkommener, als sie die Bedeutung der Natur für die menschliche 
Kultur in hellstes Licht treten lassen; und als andererseits die winter- 
liche Jahreszeit, in welche die Behandlung der zweiten Hälfte der Er- 
zählung fällt, den Ausgängen in die freie Natur vielfach Schranken setzt, 
während uns die Arbeitsstätten der Gewerbetreibenden des Wohnortes 
auch im Winter zugänglich sind und uns ein reiches Beobachtungsfeld 
eröffnen. Angeregt durch die mannigfachen Versuche Robinsons, die 
Natur sich dienstbar zu machen, besuchen wir, soweit die örtlichen Ver- 
hältnisse die Möglichkeit hierzu gewähren, eine Tischlerei, Gerberei, 
Mühle, Bäckerei, Töpferwerkstatt, Ziegelbrennerei und was sonst der Ort 
an gewerblichen Arbeitsstätten der Besichtigung darbietet. In den natur- 
kundlichen Unterrichtsstunden bearbeiten wir das reiche Beobachtungs- 
material, während die Robinsonerzählung sich bis zu ihrem Ende weiter 
abspinnt. (Vergl. Männel, Lehrplan für d. naturk. Unterricht in Rains 
Universitäts-Seminar zu Jena, 2. Heft, S. 16.) 



80 Das zweite Sehmljahr 

fvr Geschirre ans Thon gefertigt werd«i: Töpfe, Teller, Tassen, Sdiüsseln. 
Preise derselben ; zerbrechlich. Geschirre' ans Porzellan, Steingut, Glas. 
Vergleichnngen Preise (Abgabe an« Bechnen). 

Zeichnen: Tasse, Topf Kombination ron SchtaseL Messer, GabeL 



18 Rsehsr and Htebfanf 

(Robioson als Fischer 

ForeUe, Karpfen, Aal, AVeissfisch. Vergleichende Beschreibung. Die 
Fische der heimatlichen Gewässer: Lebensweise. Wie die Fische ge- 
fangen werden? (Mit der Hand, der Gabel, der Angel, dem Netz.) 
Beschreibung und Anwendung der Fangwerkzenge. Wie andere Tiere 
gefangen werden? Wozu die Fische gefangen werden? Wie sie schmecken? 
Seefische, Hering. 

Zeichnen: Fischgabel, Angel, einen Fisch selbst in möglichst ein- 
facher Form. 

19 Jafer and Jagd 

(Robinson als Jäger 

Ansrostnng des Jägers. Jagdhund. Jagdtiere (Hase, Hirsch, Reh, 
Fachs, Rebhohner). Nutzen der erlegten Tiere. Anstand; Jagd. 

Singen und Sagen: Mit dem Pfeil, dem Bogen. — Im Wald 
und auf der Heide. 

Zeichnen: Jagdtasche Bogen. Flinte (Bauer, Taf. 3). Jagd- 
tasche. 

20 Winter, Weihaacfatea 

(Im Anschlags an die Jahreszeit) 

Schnee, Eis, Kälte, kurze Tage, lange Nächte. Winterfireuden auf 
dem Schnee und Eis. Winterleiden bei Menschen und Tieren. Das 
Wintervierteljahr, Anzahl der Tage, Wochen desselben (Abgabe ans 
Rechnen.) 

Sagen: Winterzeit, kalte Zeit. Gefroren hat es heuer. 

Zeichnen: Schlitten. 

Geburt Jesu. Die Hirten auf dem Felde. 

Singen: Alle Jahre wieder. Vom Himmel hoch. 

Sagen: Du lieber, frommer, heiiger Christ 

Zeichnen: Christbaum. 

21 Miller md Mihle 

(Robinson als Müller) 

Wie Robinson sich aus Gerstenkörnern Mehl bereitet? Wie es bei 
uns geschieht ? Gang nach der Mühle und Betrachtung der Einrichtung^. 
Besprechung des Gesehenen in der Schule unter Verdeutlichung durch 
Zeichnungen. Wasser-, Wind-, Handmühlen. Mehlfrnchte. Was sonst 



Natnrkande 81 

noch gemahlen wird? Kaffee, Saud, Gyps. Getreide- und Brotpreise. 
(Abgabe ans Rechnen.) 

Sagen: Es klappert die Mühle. 

Zeichnen: Windmühle, Kaffeemühle (Bauer, Taf. 2). 

22 Bäcker und Brotbereitung 

(Robinson als Bäcker) 

Gang zum Bäcker. Mehl, Teig, Backtrog, Sauerteig (Hefe). Ein- 
säuern. Auswirken. Backofen. Ofenschüssel. Backen. Farbe, Geschmack 
des Brotes. Aussehen. Was sonst noch gebacken wird? Wie? Ver- 
gleichungen. Werkzeuge im Backhaus. Wer bei euch im Hause auch 
bäckt? Was? Wie? Was das Backwerk kostet? (Abgabe an den 
Rechenunterricht.) 

Sagen: Lieber Gott, du giebst zu essen. 

Zeichnen: Backofen. Brotschieber. Semmel. Bretzel. 

23 Schneider 

(Robinson als Schneider) 

a) Schneider: Werkstätte; Stoffe, die er verarbeitet; Thätigkeiten 
desselben; Werkzeuge; Kleidungsstücke, welche er anfertigt. Was die- 
selben kosten (Rechenstoffe). 

b) Weber: Rohstoffe, welche er verarbeitet; Webstuhl; das Weben 
selbst; Stoffe, welche er webt. Wie dieselben noch weiter bearbeitet 
werden. 

24 Schuiimaolier und Gerber 

(Benutzung der Ziegenfelle) 

Ihre Werkstätten und Besuch derselben. Die Stoffe, die sie ver- 
arbeiten. Ihre Thätigkeiten. Ihre Werkzeuge. Die Erzeugnisse ihrer 
Arbeit. (Preise derselben: Rechenstoffe.) 

Zeichnen: Schuh, Stiefel. 

25 Unsere Stuben vögel 

(Robinsons Papagei) 

Kanarienvogel, Distelfink, Fink, Rotkehlchen, Goldammer, Star, 
Wachtel. Beschreibung derselben Entweder im Vogelbauer oder frei 
in der Stube. Vogelbauer; Futtertröglein, Saufnäpfchen, Sitzhölzchen, 
Vogelfutter, Gesang. Ihre Kameraden im Freien 

Zeichnen: Vogelbauer. Kombination von Tisch und Stuhl. 

26 Winters Absciiied 

(Im Anschluss an die Jahreszeit) 

Osterfest. 

Singen und Sagen: Winter ade, Scheiden thut weh. 

6 



32 Das zweite Schuljahr 

(Waim fällt das Osterfest in dem betreffenden Jahre? Zeitrecii 
nongen.) 



3. Zasammeiistelliing der Stoffe naeh ikreai sachliehen Znsaaunenhangre 

A. Ans der Geographie 

1. Heimatsort (Eiseuach), Stadtplan. 5. Sengeisbach (Flnsskarte). 

2. Hörsei, Werra, Weser, Meer. 6. Zeiteinteilung. Witterung un 

3. Prinzenteich und Kahnfahrt. Jahreszeiten. 

4. Die heimatliche Landschaft Die 
weitere Umgebung. (Wegekarte ) 

B. Aus der Naturkunde. 

1. Feuer und Licht. 6. Unsere Wiesenblumen. 

2. Die Tiere unserer Wälder. 7. Unsere Flechtstoffe (Weide, Strol 

3. Die Fische unserer Gewässer. Bast, Bohr). 

4. Unsere Waldbäume. 8. Gips, Sand, Thon, Porzellan, Gla^ 

5. Unsere Getreidepflanzen. 9. Kupfer, Nickel, Silber, Gold, Eisei 

G. Die Natur im Dienste des Menschen. 

a) Wie der Mensch für seine Wohnung sorgt. 

1. Hausbau« Steinbruch und Maurer. Zimmerplatz und Zimmermani 

b) W^ie der Mensch für seine Nahrung sorgt. 

2. Feldbau. 5. Fischer und Fischfang. 

3. Müller und Mühle. G. Jäger und Jagd 

4. Bäcker und Brotbereitung. 7. Viehzucht (Haustiere). 

c) Wie der Mensch für seine Kleidung sorgt. 

8. Schneider und Weber. 

9. Schuhmacher und Gerber. 

d) Wie der Mensch für seine Bequemlichkeit sorgt. 

10. Der Schreiner (Tischler). 12. Der Töpfer. 

11. Der Korbflechter. 

e) Der Verkehr der Menschen miteinander. 

13. Unsere Schulreise. 15. Das Geld. Kauf und B 

14. Strassen und Wege, Eisen- 16. Schiffahrt, Seereisen. 
bahnen, Eisenbahnfahrten. 

Unierrichtsbeispiele 

I Das Dach 

(Siehe oben Nr. 3) 

Ziel. Das neue Haus ist aufgerichtet. Jetzt muss es au 
und durch ein Dach gedeckt werden. Von den Dächern unserer V 
wollen wir heute sprechen. 



Naturkunde 83 

1. Stufe. Warum bedeckte Eobinson seine Hütte durch ein Dach? 
Das Dach sollte die Kälte, den Eegen, die heissen Sonnenstrahlen ab- 
halten. Warum versehen wir unsere Häuser mit einem Dache? Aus 
denselben Gründen. Warum lässt man die Dachseiten schräg abwärts 
gehen? Womit deckte Robinson seine Hütte? Warum aber nicht mit 
Steinen? Die Zwischenräume lassen den Eegen durch; sie drücken zu 
schwer und fallen dem Bewohner auf den Kopf. Womit bedecken wir 
unsere Häuser? Mit Ziegeln, mit Schiefem. Wo habt ihr Ziegel-, wo 
Schieferdächer gesehen? W^as hat das Schulhaus, was haben die Häuser 
der Kinder für Dächer? Wie sehen dieselben aus? 

2. Stufe, a) Ziegel. Die verschiedenen Arten von Ziegeln werden 
den Kindern in der Schule in je einem Exemplar vorgeführt: Hohlziegel, 
Plattziegel, Ochsenzunge; Glasziegel. Beschreibung derselben. Woraus 
sie gemacht sind? (In der Ziegelhütte aus Thon gebrannt.) Eigener 
Versuch, aus weichem Thon eine kleine Hohlziegel zu formen und zu 
trocknen. Besuch der Ziegelhütte und Besprechung und Zusammenfassung 
des Beobachteten. Warum die Ziegeln gerade so gestaltet sind, den 
Haken haben, die Hohlziegel mit der Doppelhöblung versehen ist? Wie 
gedeckt wird? Eigener Versuch im Decken mit Hohlziegeln an einem 
Gestell. — Der Dachstuhl: Dachsparren, Latten Eindeckung mit Ziegeln. 
Der First und die Firstziegel. Wozu? Verstreichen der Zwischenräume 
mit Mörtel, oder Verwahren mit Strohfiedern. Letzteres bedenklieb. 
Warum ? Das Dach mit Hohlziegeln viele kleine Riunen zum Abfliessen 
des Eegenwassers, 

b) Schiefer. Wo die Schieferplatten zum Dachdecken herkommen? 
Schieferbruch. Beschreibung desselben durch darstellenden Unterricht, 
wenn nicht ein Schieferbruch in der Nähe ist. Herrichten der Schiefer- 
steine zu hübschen, gleichgrossen, viereckigen Platten. Wie der Schiefer- 
decker seine Arbeit ausführt ; wie der Dachstuhl vorgerichtet sein muss ? 
Wie er die Schieferplatten befestigt? Wie er die Löcher hineinbringt? 
Wie er die Platten übereinanderlegt? Warum so? Welche Werkzeuge 
er bei seiner Arbeit gebraucht? Wie ein Schieferdach aussieht? 

3. Stufe. Vergleich zwischen Schieferdach und Ziegeldach. Beide 
halten den Regen gleich gut ab. Das Schieferdach sieht schöner aus 
als das rote Ziegeldach. Das Schieferdach drückt auch auf das Haus 
nicht so schwer als das Ziegeldach. Aber das Schieferdach kömmt viel 
teurer als jenes und ist auch schwerer wieder auszubessern, wenn es 
schadhaft geworden ist, als das Ziegeldach. 

b) Was noch gedeckt wird, um Wind und Wetter abzuhalten? 
Zelt, Bude, Schäferkasten, Hundehütte. Womit diese gedeckt werden? 
Warum nicht mit Ziegeln oder Schieferplatten? Auch der Frachtwagen, 
der Postwagen haben eine Decke. Die Kornhaufen auf dem Felde er- 
halten ein Strohdach. 

4. Stufe. Beantwortet jetzt noch einmal folgende Fragen: a) Warum 
werden unsere Häuser gedeckt? b) Womit werden sie gedeckt? c) Wie 
werden die Ziegeln, wie die Schieferplatten gewonnen? d) Wenn man 
Ziegeldach und Schieferdach vergleicht, was haben sie für Vorzüge, für 
Nachteile? Das neue Haus ist aufgerichtet. 

6* 



84 Das zweite Schuljahr 

1. Unsere Häuser müssen ein Dach bekommen, um Wind nnd Wetter 
abzuhalten. 2. Es giebt Ziegel- und Schieferdächer. 3. Die Ziegeln 
werden in der Ziegelei aus Thon geformt und im Ofen hart gebrannt; 
die Schieferplatten kommen aus den Schieferbrächen. 4. Das Schiefer- 
dach sieht schöner aus als das Ziegeldach, aber es ist auch teurer und, 
wenn es schadhaft geworden ist nicht so leicht auszubessern als das 
Ziegeldach. 

5. Stufe, a) Wenn arme Leute sich ein Häuschen bauen, womit 
werden sie es decken lassen? Warum? Das Ziegeldach hält Wind nnd 
Wetter gut ab und ist doch billiger als das Schieferdach. 

b) Warum decken »ie's aber nicht lieber, wie Eobinson seine Hütte, 
mit Laub und Schilf? Es sieht schlecht aus, hält nicht lange und hält 
den Bogen auch nicht ordentlich ab ; in kurzer Zeit würde das Häuschen 
feucht nnd faulig werden. 

Was für ein Dach hat das Schloss, die Georgenkirche, die Jakobs- 
schule, die Seminarschule, euer Wohnhaus? Aber das Theater? (Schiefer- 
farbige Ziegeln.) 

c) Warum hat aber Eobinson seine Hütte nicht mit Ziegeln oder 
Schiefer gedeckt? Er hätte es gern gethan, wenn er nur welche ge- 
habt hätte. 

d) Wie viel Ziegeln hat man wohl auf das Dach da drüben ge^ 
braucht? In jeder Reihe 100 und noch 80, in den 15 Reihen über 
einander 15 mal 100 und 15 mal 80. Auf der andern Seite gerade 
so viel. Das giebt eine grosse Zahl; so weit können wir noch nicht 
rechnen (zählen). 

2 Das Geld 

(Siehe Nr. 5) 

Ziel. Wir wollen das Geld kennen lernen, für welches wir die 
Sachen kaufen, die wir brauchen. 

1. Stufe. Auf dem gescheiterten Schiffe fand Robinson auch ein 
ganzes Säckchen voll blanker Thaler, viele hundert Stück. Darüber hat er 
sich wohl recht gefreut? Es fehlte ihm ja so Vielerlei, nun konnte er 
sich anschaffen, was sein Herz begehrte? Er konnte sich ein neues 
schönes Haus bauen lassen? Ach, es waren ja keine Zimmerleute auf 
der Insel. Er konnte sich schöne Kleider kaufen? Ja, wo war ein 
Schneider, der sie ihm hätte machen können? Er konnte sich Brot, 
Braten, Bier und Wein dafür holen? Aber wo war ein Bäcker, ein 
Metzger, ein Wirt auf seiner Insel? Was hat er nun von dem vielen 
Geld? was kann er damit anfangen ? Gar nichts ; es war ja Niemand 
da, bei dem er etwas dafür hätte kaufen können. Er nahm das Geld 
mit, aber gefreut hat er sich nicht darüber. Die Messer und Gabeln, 
der Hammer und das Beil waren ihm viel lieber, als der Haufen G^ld. 

Wenn er's uns hätte schenken können, uns hätte es genützt. Was 
hätten wir uns dafür kaufen können? Giebt's bei uns nicht auch Geld? 
Wiederholung des Ziels. 



Naturkunde 85^ 

2. Stufe, a) Anschauen und Besprechen unserer Münzen: der 
Pfennig, das Zweipfennigstück, das Fünf- und Zehnpfennigstück, das 
Zwanzig- und Fünfzigpfennigstück, die Mark, die Doppeimark, das Fünf- 
markstück, das Zehn- das Zwanzigmarkstück; Form, Grösse, Gepräge 
auf beiden Seiten ; Stoff, aus dem es geprägt (Kupfer, Nickel, Silber, 
Gold) ; Wert der einzelnen Stücke. 

b) Papiergeld: der Fünf-, Zwanzig-, Fünfzig-, Hundertmarkschein. 
Beschreibung derselben. 

3. Stufe, a) Unser früheres Geld (Thaler, Groschen, Pfennig). 
Vorzeigen der Stücke. Vergleich mit unserm jetzigen Gelde der Gestalt, 
der Grösse, .dem Münzmetalle, dem Werte nach (1 Thaler = 3 M., 1 Sgr. 
= 10 Pf. etc.). 

b) Wie kömmt man auf ehiiiche Weise zu Gelde? 

c) Was kann man sich alles dafür kaufen? 

4. Stufe, a) Sagt jetzt alle unsere Geldstückein ordentlicher Reihe 
von dem, was am wenigsten, bis zu dem, was am meisten gilt! (Der 
Pfennig, das Zwei-, Fünf-, Zehn-, Zwanzig-, Fünfzigpfennigstück, die 
Mark, das Zwei-, Fünf-, Zehn- und Zwanzigmarkstück). 

b) Die Kupfer-, Nickel-, Silber- und Goldmünzen. 

5. Stufe. * a) Nennt die Münzen der Reihe nach rückwärts vom 
Zwanzigmarkstück an. 

b) Wie viele einzelne Pfennige, Fünfpfennigstücke, Zehnpfennigstücke 
bekömmt man für eine Mark? Wie viel Zwei-, Fünfmarkstücke für ein 
Zehn-, Zwanzigmarkstück? etc. 

Was man für einen Pfennig, für zwei, fünf, zehn, fünfzig Pfennige, 
für eine Mark bekömmt? (Einen Stift, einen Bogen Papier etc.). Was 
einzelne Dinge (ein Paar Handschuhe, ein Paar Schuhe, ein Bleistift, 
ein Pfund Zucker etc.) kosten? 

Abgabe dieses Steifes an den Rechenunterricht. 

3 Die Getreidearten 

(Im Anschluss an Robinsons Getreidebau, nach vorausgegangener An- 
schauung im Freien.) 

Ziel. Wir wollen die Gewächse besprechen, die wir gestern auf 
dem Felde gesehen haben; welche also? Korn, Weizen, Gerste und 
Hafer. 

1. Stufe. Auf welchen Feldern sind wir gewesen? Amricher 
Feld, Köpping. Wege dahin, Himmelsgegenden. Auf jenem haben wir 
Korn und Weizen, auf diesem Hafer und Gerste gesehen. Als wir zum 
erstenmal aufs Feld kamen, sah das Korn und der Weizen aus wie Gras. 
Im Sommer ist es gross gewachsen und gelb geworden. 

2, Stufe, a) Vergleichende Besprechung der vier Ge- 
treidearten : Das Korn so hoch wie ein Mann, grösser als Weizen und 
Gerste. Wie folgen sie der Grösse nach aufeinander? — Bei dem Korn, 
dem Weizen, der Gerste sass oben auf dem Stengel (Halm) eine Ähre, 
beim Hafer nicht, dieser hat eine Rispe. Die Ähren haben noch Haare 
(Grannen) ; dieselben sind beim Weizen kürzer, bei der Gerste länger als 
bei dem Korn. 



86 Das zweite Schuljahr 

b) Besprechung der einzelnen Arten. Das Korn: Stengel lang, 
hohl, Knoten, mit Blättchen wie Gras. Ähre, Kömer in Blättchen 
(Dütchen) steckend, an den Dütchen die Haare ; dieselben kratzen, wenn 
man rückwärts mit dem Finger über sie hinstreicht. Wurzel in der 
Erde, hält den Halm fest, dass ihn der Wind nicht umblasen kann. — 
Znsammenfassung. 

Nach denselben Gesichtspunkten werden auch die drei andern Ge- 
treidearten im einzelnen betrachtet und besprochen. 

c) Wie ist das Getreide auf den Acker gekommen ? Der Acker ge- 
düngt, geackert, geeggt ; Saat, Herbstsaat, Frühjahrssaat ; Wintergetreide, 
Sommergetreide; Zeit der Reife. Ernte. 

3. Stufe, a) Welche Getreidepflanzen haben eine Ähre? welche 
eine Eispe? Was haben sie alle für einen Stengel (Halm)? (Hohl, mit 
Knoten.) Welche Gewächse kennt ihr von unsern Spaziergängen her, 
die auch einen solchen Stengel (Halm) haben, wie Korn und Weizen?) 
(Grashalme an den Zäunen.) Haben dieselben auch Ähren mit Körnern ? 
Ja. Die Grashalme aber nicht so dick, die Kömer nicht so gross und 
schwer, wie bei Korn und Weizen. Was hat aber der Flachs für einen 
Stengel ? Nicht hohl, keine Knoten, oben keine Ähre» sondern kleine Äst- 
chen und Knoten daran.) b) wie bringt man die Körner aus der Ähra? 
Wie heissen die Getreidehalme, wenn die Körner ausgedroschen sind? 
Was giebt es für Stroh? (Korn-, Weizen-, Gersten- und Haferstroh.) 
Vorzeigen. Was wird mit den Körnern gemacht ? Wozu gebraucht man 
das Stroh? 

4. Stufe. 1. Korn, Weizen, Gerste und Hafer sind grasartige Ge- 
wächse. 2. Sie haben eine Wurzel, einen hohlen, knotigen Stengel und 
oben am Stengel eine Ähre oder eine Rispe. 3. In den Ähren und Rispen 
stecken die Körner. 4. Die Körner geben uns das Mehl zu unserer 
Nahrung. 5. Es ist gut, dass der liebe Gott das Getreide wachsen lässt. 
^Der Herr lasset Gras wachsen für das Vieh und Saat zn 
Nutz des Menschen." 

5. Stufe. Welche Getreidearten säete Robinson? Welche werden 
bei uns angebaut? Welche Getreidepflanzen kennt ihr? Woran sieht 
man, dass sie grasartige Gewächse sind? (Anfangs wie Gras, Stengel, 
Ähre, Körner.) Wie werden sie der Reihe nach reif? Waram ist es sehr 
gut, dass d(3r liebe Gott Korn, Weizen, Gerste und Hafer wachsen lässt ? 
Getreideernte, Erntearbeiten. 



Bechnen 87 



II Rechnen 

Litterator: Leipziger Seminarbuch (im Jahrbuch für wissenschaft- 
liche Pädagogik, sechster Jahrgang, 1874.). — Ziller-Bergner, Mate- 
rialien zur speziellen Pädagogik. Dresden, Bleyl & Kaemmerer, 1886. — 
Just, Das Rechnen im ersten Schuljahr (im Jahrb. f. d. wissenschaftliche 
Pädagog. 1877.) — Dörpfeld, Theorie des Lehrplans. — Goltzsch, 
Rechenunterricht, 11. Teil. — Bräutigam, Methodik des Rechenunter- 
richts auf den ersten Stufen, Wien, 1878. — Göpfert, der Rechenunter- 
richt in den drei ersten Schuljahren, Dresden 1877. — Franke, Merse- 
burg, Zenker, Heiland und Muthesius, Rechenbuch für Volks- 
schulen. In amtlichem Auftrage bearbeitet. Weimar, H. Böhlau 1892. — 
Hausmann, Enthaltensein oder 'Messen? (Jahrbuch f. w. P 1893.) — 
Teupser, Das Rechnen im zweiten Schuljahre (im Jahrbuch d. V. f. w. 
P. 1889 und 1891). Vergl. Erläuterungen dazu Dresden, Kämmerer. 
Hartmann, Der Rechenunterricht in der Volksschule. Hildburghausen 1888. 

I Auswahl und Anordnung des Stoffes 

Im Lehrplan der Volksschale nimmt zar Zeit der Reehenonterricht 
noch fast allerwärts eine völlig selbständige, unabhängige Stellung ein, 
ein Umstand, infolge dessen dieses Unterrichtsfach in fast gänzliche 
Isolierung geraten und in eine rein formalistische Richtung hineingetrieben 
worden ist. Ohne Rücksicht auf das, was sonst die Seele des Kindes 
bewegt, was der gleichzeitige übrige Unterricht erstrebt und erarbeitet, ist 
der Rechenunterricht auf den untern und mittlem Stufen fast ausschliesslich 
bemüht, in seiner Weise die Zahlvorstellungen, losgelöst von den Sachen, 
ohne welche sie doch gar nicht existieren, auszubilden, uneingedenk dessen, 
dass leere Zahlübungen ohne einen durch den gesamten Bildungsfortschritt 
der Schüler bestimmten, wertvollen sachlichen Inhalt weder in der Er- 
ziehung überhaupt, noch in der Volksschulerziehung im besondern von 
irgend welcher Bedeutung sind. „Wir haben," wird behauptet, „gar nicht 
nötig, die Operationen mit sogenannten praktischen Beispielen in benannten 
Zahlen einzuleiten und dadurch an Erfahrungen anzuknüpfen, die wir 
nicht gleichmässig bei allen Schülern voraussetzen können, sondern wir 
bauen zunächst ausschliesslich auf diejenigen Anschauungen und Erfah- 
rungen, die wir durch gemeinschaftliche Manipulationen mit dem Rechen- 
kasten machen." (Bräutigam.) Man giebt sich hiernach der Meinung hin, 
wenn nui* die Zahlvorstellungen durch formale Übungen rein und sicher 
ausgebildet seien, so ergebe sich unter einiger Nachhilfe mittelst prak- 
tischer Aufgaben auf den nachfolgenden Rechenstufen die Anwendung 
von selbst. 

Diese von den Sachgebieten losgelösten, rein formalistischen Zahl- 
übungen stehen im schroffsten Gegensatz zu den Forderungen einer an- 
gemessenen Konzentration, nach der aller Unterricht von dem auszugehen 
hat, „worin das Individuum lebt, worin es sich durch Erfahrung und 
Umgang völlig eingewöhnt hat'^^ was in der Seele des Zöglings bereits 



88 Das zweite Schuljahr 

zu Wirksamkeit gekommen.*) An dieses Vorhandene ist jedes in die 
Seele eintretende Nene eng anzulehnen; an diesem muss es seine An- 
knüpfungs- und Stützpunkte finden, um mittels derselben selbst in den 
Gedankenkreis mit einzugehen und festen Halt in demselben zu gewinnen. 
Im erziehenden Unterrichte gilt es, einen von lebendigem Interesse ge- 
tragenen, innig verknüpften, einheitlichen Gedankenkreis zu erzeugen, da 
nur von einem solchen die kräftige und dauernde Gesamt Wirkung auf 
die wollenden Kräfte der Seele erwartet werden kann, deren es bedarf. 
Ein solcher Gedankenkreis aber ist in seinem vollen Umfange nur durch 
das Mittel einer vernünftigen Konzentration des Unterrichts zu ge- 
winnen, gegen welche alle Isolierung der einzelnen Lehrfächer in Wider- 
spruch steht. 

Auch das Eeiiihnen muss in den Eabmen der Konzentration mit 
einbezogen werden, dergestalt, dass die Zahlvorstellungen von allem An- 
fange an in die engste Beziehung zu den sachlichen Verhältnissen gesetzt 
werden, welche der gleichzeitige Gesinnungs- und naturkundliche Unter- 
richt behandelt. 

Wenn Bräutigam meint, ein solcher Anschluss der Zahlverhältnisse 
an die entsprechenden Sachverhältnisse sei im Eechnen (des zweiten 
Schuljahres) nicht nötig, denn für die gewöhnlich vorgeschützte An- 
regung des Interesses der Schüler am Unterrichte bedürfe der methodisch 
und technisch gebildete Lehier dieses Anschlusses nicht, und für die Be- 
dürfnisse des Hauses und des Lebens seien in diesem Alter äusserst 
wenige Kinder in der Lage, davon Gebrauch zu machen" **), so muss 
zugegeben werden, dass es allerdings einem methodisch und technisch 
gebildeten Lehrer, zumal wenn derselbe mit einer natürlichen Lebendig- 
keit auch ein kinderfreundliches Wesen verbindet, nicht sonderlich schwer 
fällt, die Schüler auch für diese formalistischen Zahlübungen zu ge- 
winnen. Das leichte Spiel der Kräfte, welches durch den Unterricht 
angeregt werden kann, die Lust des Könnens und der Reiz des wett- 
eifernden Thuns zieht die Kleinen unwillkürlich an ; sie geben sich gern 
diesen Beschäftigungen hin und eignen sich durch dieselben wohl auch 
eine recht tüchtige Fertigkeit im Bilden und Behandeln der Zahlen an. 
Ob aber dieses Interesse am Eechnen auch ein tiefgehendes, dauerndes 
ist ? Ob dieses Interesse, worauf doch alles ankömmt, als bleibendes und 
treibendes Element in den Gedankenkreis mit überführt wird? Das 
ist die Frage, die verneint werden muss, und die hier nicht zum ersten- 
male vereint wird. Zum Beweise dafür darf nur an die Namen Eisenlohr, 
das, Erzinger, Goltzsch erinnert werden. Schon vor länger als 40 
Jahren schrieb der erstgenannte: „Das Eechnen, ja die grösste an unsern 
Schulaufgaben erlangte Eechenfertigkeit geht nicht so, wie es sein sollte, 
ins Leben über. Bei allem Kraftaufwande für die Gewinnung eines Re- 
sultates bleiben wir unmittelbar vor dem Ziele stehen und werden der 
Früchte unserer Arbeit verlustig. Das Kind lernt wohl rechnen, aber 
unser Volk rechnet nicht. Es ist eben etwas, was es mit dem Verlassen 



•) Vergl. Ziller, Grundlegung 2. Aufl. S. 480 f. 
**) Bräutigam, Methodik des Rechenunterrichts S. 34. 



Rechnen 89 

der Schulbänke gern hinter sich lässt and abstreift. Gewiss trägt daran 
die Schale ihre Schald daich die einseitige Riehtang and schiefe Be- 
treibnng des Rechenunterrichts. Die Mängel desselben bestehen darin, 
dass wir unsere Kinder wohl rechnen, aber zu wenig berechnen lehren. 
Es ist unnatürlich und verkehrt, in unsern Schulen die Kinder an ab- 
strakten formalistischen Übungen festzuhalten und ihnen das Material zur 
Anwendung vorzuenthalten." Dass unser Rechenunterricht in der Volks- 
Bchule die nachhaltigen Früchte nicht trägt, die man von ihm zu erwarten 
berechtigt ist, ist eine Tbatsache, welche nicht angezweifelt werden kann. 
Das beweisen ja täglich aufs neue die Erfahrungen in unsern Fortbildungs- 
schulen, sowie die Resultate der Rekrutenprüfungen. Und auch die Ur- 
sache dieser Erscheinung ist oben richtig angedeutet. Denn wenn es 
psychologisch unanfechtbar ist, wie wir bereits dargelegt, dass eine iso- 
lierte Vorstellungsreihe niemals zu einer bleibenden, kräftigen Wirkung 
auf das gesamte geistige Leben eines Individuums gelangen kann, so ist 
es nur zu erklärlich, dass auch der elementare Rechenunterricht in seiner 
gegenwärtigen Loslösung von den Sachen fürs Leben nicht das Erforder- 
liche zu leisten imstande ist.'*') 

Aufgabe der pädagogischen DidakUk ist es, das Rechnen aus seiner 
Isolierung und einseitig formalistischen Richtung zu befreien und das- 
selbe im Sinne einer vernünftigen Konzentration in sein natürliches Ver- 
hältnis bezüglich Abhängigkeitsverhältnis zu dem Sachunterrichte zu 
setzen. Der Rechenunterricht muss aufhören, blosser Formenunterricht 
zu sein, er muss sich in den Dienst des Sachunterrichts stellen ; er muss 
selbst zum Sachunterrichte werden, indem er die betreffenden Sachgebiete 
von einem neuen Gesichtspunkte, von dem Gesichtspunkte der Zahl aus, 
beleuchtet. Mit einem Worte, das Rechnen muss in den Konzentrations- 
unterricht mit aufgenommen werden.**) 

Diese Einordnung ist freilich nicht gerade leicht. Der Konzentration 
gegenüber ist das Rechnen das sprödeste Unterrichtsfach. Der Grund 
liegt darin, dass das Reebnen bezüglich seiner Erfolge an einen streng 
lückenlosen, systematischen Fortschritt gebunden ist***), der sich mit 
dem Fortschritt des Sachunterrichts nicht immer ohne Schwierigkeit in 
Übereinstimmung bringen lässt. Aber gleichwohl darf auf die Aufnahme 
des Rechnens in den Konzentrationsverband nicht verzichtet werden. 
Der Konzentrationsidee gehört — das ist unsere feste Überzeugung — 
die Zukunft. 

Volle Klarheit besteht über den Auschluss des Rechnens an den 
übrigen Unterricht, insbesondere an den Gesinnungsunterricht und die 
Naturkunde, noch keineswegs. Es wird noch viel gedacht, geplant, ver- 
sucht, kritisiert werden müssen. Doch ist unseres Erachtens die Frage 
nicht mehr ob, sondern einzig und allein wie dieser Auschluss an die 
Sachgebiete des Umgangs und der Erfahrung am besten zu erfolgen 
habe. 

♦) Vergl. Teupser, der Rechenunterricht im 2. Schuljahr (Jahrb. 
£ w P 1889 S 27 ff) 

♦•) Zillerj Grundlegung 2. Aufl. S. 451. — Daselbst 276, 281 f. 
***) Böhlmann, Praxis. Jahrgang 1883 S. 112. 



90 Das zweite Schaljahr 

Wenn wir in der 1. Auflage unseres „Zweiten Schuljahres" dem 
Rechneu noch seine Stelle näher der Peripherie als dem Zentrum im 
Konzentrationsverhande angewiesen, so ist das damals geschehen, weil wir 
einstweilen keinen bessern Rat wussten; nicht aber, weil wir an diesem 
Punkte eine schwache Stelle des Eonzentrationsgedankens hätten kon- 
statieren wollen. Im Nachfolgenden machen wir den Versuch eines 
engeren Anschlusses des Rechnens an den Gesinnungsunterricht und die 
Naturkunde des 2. Schuljahres. Bei der Schwierigkeit der Sache kann 
der Versuch misslingen; dann mag man ihn zurückweisen. Nur wolle 
man daraus nicht auf die Unausführbarkeit der Idee überhaupt schliessen.^) 
Der misslungene Versuch möge vielmehr zu einem kräftigen Antriebe für 
andere werden, die Sache besser zu machen. 

Gehen wir nun näher auf die Gestaltung des Rechenunterriehts 
selbst, speziell des Rechenunterrichts im 2. Schuljahre ein, so sind fol- 
gende Gesichtspunkte dabei im Auge zu behalten : 

1. Als Fundamentalforderung gilt, dass jede methodische Einheit 
im Rechnen von einem bestimmten Sachgebiete aus zu bearbeiten ist, dem 
sie genauere Bestimmungen inbezug auf die formale Seite der Natur bei- 
zufügen hat. Dadurch gewinnen die Sachgebiete an Bestimmtheit und 
Deutlichkeit, das Rechnen selbst aber an Interesse.**) Selbstverständlich 
darf nur Anknüpfung an Sachverhältnisse gesucht werden, die bei allen 



*) Dies geschieht aber immer aufs neue, so unter andern auch wieder 
in dem „Rheinischen Schulmann", Jahrgang 1885 S. 387. Daselbst wird 
der ^nschluss des Rechnens an die Sachgebiete des Unterrichts als ge- 
sucht und gezwungen hingestellt. Vielleicht hat man dabei mit an unsere 
4. methodische Einheit gedacht, in welcher wir die Zahlreihe von 1 — 30, 
bezüglich von 20 — 30 durch die Berechnung der Dauer von Robinsons 
Seesturm zu gewinnen suchen. Obenhin betrachtet, mag dieser Anschluss 
gezwungen, wohl gar „ärmlich", erscheinen; beim nähern Hinschauen ge- 
winnt diese Verbindung ein anderes Aussehen. Wenn die Schüler im 
Erzählungsunterrichte der Seereise Robinsons und dem wilden Sturme 
auf dem Meere mit voller Hingabe gefolgt sind, und wir greifen dann 
bei der in ihnen vorhandenen Stimmung in der Rechenstunde auf diesen 
Gegenstand zurück, indem wir als Ziel hinstellen: „Wir wollen be- 
rechnen, wie viel Stunden Robinsons Seesturm ajedauert hat?" so wird 
schon der Eindruck, den die Aufgabe auf die Schüler macht, den Beweis 
liefern, dass hier von mechanischer, äusserlicher Verknüpfung nicht die 
Rede sein kann. Damit soll nicht gesagt sein, dass die Anschlüsse an 
den Gesinnungsunterricht und die Naturkunde nicht noch besser und 
zweckmässiger sein konnten Bei Lösung einer schwierigen Aufgabe ge- 
lingt selten der erste Versuch. Nur sind unsere Anknüpfungen jeden-* 
falls doch besser, als der Ruf, in den man sie zu bringen sucht. Zudem 
glauben wir, bereits in den neuern Auflagen unseres „zweiten Schul- 
jahres" in dem fraglichen Betrachte da und dort einiges verbessert zu 
haben. Wie dem aber auch sei, wer schon einmal die Wirkung eines 
gelungenen Anschlusses einer Rechenaufgabe an die lebendigsten Teile 
des kindlichen Gedankenkreises wahrgenommen, d. h. wer gesehen hat^ 
wie ein solcher Anschluss die Kinder belebt, erfreut und anregt, wird 
sicher dem Konzentrationsgedanken auch auf diesem Gebiete sein Recht 
nicht streitig machen wollen. 

♦♦) Vergl. Ziller, Seminar buch S. 202. — Goltzsch, Rechenunterr. 
n. S. XI. 



Rechnen 91 

Schülern als bekannt angesehen werden können, und das sind diejenigen, 
welche in dem gleichzeitigen Sachunterrichte bearbeitet worden sind.*) 

2. Bei dem Entwürfe des Planes für den Jahresknrsns im Rechnen 
sind daher die Stellen im Gesinnnngsnnterricbte und in der Naturkunde 
auszuheben, welche eine zahlmässige Behandlung nicht nur zulassen, 
sondern zu ihrem tiefern Verständnis geradezu fordern. Die Robinson- 
erzählung nebst der an dieselbe sich anlehnenden Naturkunde sind reich 
an Momenten, die zum Rechnen förmlich drängen. Die Länge des Weges 
von Eisenach bis Bremen, Robinsons Lebensalter bei seiner Entfernung 
aus dem Elternhause, die Dauer von Robinsons Seesturm, Seereise, von 
seinen Jagdausflügen, Robinsons Geldfund auf dem Schiffe, seine Ein- 
teilung der Zeit, die Anfertigung eines Kalenders und einer Sonnenuhr, 
die Feier seiner Jahrestage auf der Insel, der Bau seiner Wohnung, die 
Zunahme seiner Viehzucht, seine Aussaaten und Ernten, die Werte und 
Preise der Dinge, die sich Robinson selbst schaffen musste und die wir 
uns für Geld erwerben (Kleider, Töpfe, Körbe, Brot), sind ebenso viel 
Aufforderungen, nach der sachlichen auch eine zahlmässige Behandlung 
dieser Stoffe eintreten zu lassen, so dass es an Anknüpfungspunkten des 
Rechnens keineswegs fehlt. 

3. Da jedoch im Rechnen auf den systematischen Stufengang nicht, 
wie in Naturkunde, Geographie, Deutsch**), Gesang, * verzichtet werden 
kann, indem hier jeder einzelne Schritt durch einen vorhergehenden be- 
dingt ist und vorbereitet sein muss, so lässt sich in diesem Lehrfache 
der Gang des Unterrichts nicht lediglich nach den W^eisungen vom 
Konzentrationsstoffe her bestimmen. Vielmehr macht sich für jeden 
Kursus im voraus die Aufstellung des fachwissenschaftlichen Zieles und 
die Normierung des durch dieses Ziel bestimmten fachwissenschaftlichen 
Stufenganges nötig, ehe an die Verknüpfung der Zahlverhältnisse mit 
den Sachgebieten des Gesinnungsunterrichts und der Naturkunde und in 
weiterer Folge an die Aufstellung der methodischen Einheiten heran- 
getreten werden kann. 

Das Rechnen im zweiten Schuljahr bewegt sich naturgemäss in dem 
Zahlraume von 1 — 100. Aber was soll aus dem immerhin schon reichen 
Gebiete für diesen zweiten Jahreskursus entnommen werden ? Fast durch- 
weg wird in den Lehrbüchern und Lehrplänen für diese Stufe die Durch- 
arbeitung der vier Grundrechnungsarten, mündlich und schriftlich, inner- 
halb des gedachten Zahlraumes verlangt. Ausnahmen machen: G opfert 
(Der Rechenunterricht in den drei ersten Schuljahren, Dresden, Bleyl & 
Kaemmerer), der sich auf Addition und Subtraktion beschränkt, und Lorey- 
Dorschel (Praktisches Rechenwerk), welche auf die Zahlreihe von 
1 — 50 zurückgehen. Nach unseren Erfahrungen ist das erstgedachte 
oben angegebene Pensum für das zweite Schuljahr zu umfangreich und 
wird auch meist gar nicht oder nur scheinbar bewältigt. Ist doch schon 
die Subtraktion mit gemischten Zehnem für sieben- bis achtjährige 
Kinder keineswegs so leicht, als es nach den glatten Darstellungen der 



•) Bräutigam, Methodik S. 33. 
*♦) Vergl. Jahrb. 1873 S. 39. 



92 Das zweite Schaljahr 

BechenlehrauweisuDgen den Anschein gewinnt. Wie viel Zeit und Mühe 
beansprucht dann weiter die Entwickelung und Einprägang des Einmal- 
eins, ohne welches die Maltiplikationen and Divisionen in der Luft 
schweben. Und welche Schwierigkeiten bietet nicht das Dividieren mit 
Restea in der Zahlreihe bis 100, wenn mehr als ein blosses mechanisches 
Thon erzeugt werden soll! Wir stehen daher nicht an, gegen die all- 
gemein übliche Praxis ein Veto einzaiegen und wie für das erste*), so 
auch für das zweite Schaljahr im Interesse einer frischen, gesoBden 
Geist esentwickelang, wie eines gründlichen Eechenanterrichts eine Ee- 
daktion des Rechenlehrstoffes für diese Stafe za fordern. Wir 
meinen nun gleichwohl, dass innerhalb der Reihe von 1 — 100 alle vier 
Grandoperationen heranzuziehen seien, aber so, dass die beiden ersten, 
die Addition und Subtraktion, ihre vollständige Erledigung finden, mit 
der Multiplikation und Division aber nur erst ein tüchtiger Anfang ge- 
macht werde, die Fortführung und den Abschluss dieser Übungen dem 
dritten Schuljahre vorbehaltend. Ohne Schwierigkeit lässt sich die Mul- 
tiplikation und Division im Gebiete der reinen Zehnerzahlen ausfahren, 
da sie hier im Grunde genommen nur Wiederholungen aus dem vorher- 
gehenden Jahreskursus sind. Für die Zwischenzahlen aber macht sich 
das ganze Einmaleins nötig, und der zweite Jahreskursus kann sich wohl 
auf die Einer- bis ' Sechser-, höchstens Siebener-Reihe und auf die mit * 
Hilfe dieser Reihen lösbaren Multiplikations- und Divisionsaufgaben be- 
schränken. Ein gänzliches Weglassen der beiden letzten Rechnungsarten 
auf dieser Stufe, wie Göpfert will, ist aus dem Grunde nicht rätlich, 
weil alsdann die im ersten Schuljahre begonnene Entwickelung der Be- 
griffe des Vervielfachens, Messens und Teilens eine Unterbrechung er- 
fahren würde, welche die stetige Fortbildung des Gedankenkreises be- 
einträchtigen müsste. Wenn wir gleichwohl hier die Multiplikation und 
Division im ganzen Umfange des Einmaleins auftreten lassen, so ist das 
nur geschehen, um inhaltlich Zusammengehöriges nicht auseinander za 
reissen, nicht aber, um damit zu sagen, dass das ganze Pensum im zweiten 
Schuljahre durchgearbeitet werden solle. 

Im zweiten Schuljahre sollen die Kinder in die beiden ersten Stufen 
des Zehnersystems eingeführt werden, nachdem sie im ersten Schuljahre 
die Elemente hierzu, die Grundzahlen von 1 — 10, sich erworben haben. 
Nicht tritt von nun an mehr die einzelne Zahl als Ganzes für sich, als 
Zahlindividuum, auf; vielmehr will jede derselben von da ab in erster 
Linie als Glied des Systems und im Sinne des Systems erkannt und be- 
griffen sein. Schon hieraus ergiebt sich, dass auf der zweiten Stufe, im 
Zahlraume von 1- 100, die Grubesche allseitige Zahlbetrachtung, der 
wir, wenn auch unter gewissen Modifikationen, auf der ersten Stufe, im 
ersten Schuljahr, die Berechtigung nicht abzusprechen vermögen, auf- 
gegeben werden muss. Ihre Anwendung auch auf die Zahlen der zweiten 
Rangordnung erschwert die Zahleinsicht und lässt insbesondere das 
Zehnersystem, die Basis alles folgenden Rechnens, nicht zu voller Geltung 
gelangen. Wir entscheiden uns darum auf der zweiten Stufe für die 



•) Das erste Schuljahr, 5. Aufl. S. 269. 



Rechnen 93 

absatzweise Entwickelung der Reihe im Zusammenhange, für die Auf- 
fassung der Zahlen nach Zehnern und Einern und für die Durcharbeitung 
der Reihe nach den vier Grundrechnungsarten, so jedoch, dass Addition 
und Subtraktion einerseits und Multiplikation und Division andererseits 
verbunden auftreten, ünsern methodischen Einheiten liegen daher nicht 
die einzelnen aufeinander folgenden Zahlen, bezügl. die wichtigeren 
Zahlen der systematischen Reihe, sondern die systematischen Reihen be- 
züglich Teilreihen selbst und die Kategorien von Aufgaben, welche die- 
selben an die Hand geben, zu Grunde. 

Nach dem Gesagten gestaltet sich die Gliederung des Rechenlehr- 
stoffs im zweiten Schuljahre wie folgt: 

I. Entwickelung der Zahlreihe von 20—100 in den reinen Zehner- 
zahlen und Ausführung der vier Grundrechnungsarten innerhalb dieser 
Reihe.*) 

II. Entwickelung der Gesamtreihe von 1 — 100 mit allen Zwischen- 
zahlen als Summen von Zehnern und Einern, in Absätzen von 1 — 20, 
1_30, 1—40, 1—50, 1—60, 1—80, l— 100, und Addition und Sub- 
traktion im Umkreise dieser Teilreihen und der Gesamtreihe. 

III. Entwickelung der Gesamtreihe von 1—100 durch Bildung der 
einzelnen Glieder aus den Produkten der Grundzahlen (kleines Einmaleins) 
und Multiplikation und Division mit Hilfe des Einmaleins innerhalb der 
Einzelreihen und der Gesamtreihe. 

Hierzu noch folgende Bemerkungen: 

a) Die einzelnen Teile dieser Gliederung bilden zugleich den rechne- 
rischen Grundstock für die methodischen Einheiten, dergestalt, dass der 
erste Abschnitt (die Zehnerreihe von 10 — 100) in zwei Einheiten mit 
Einbeziehung der vier Grundrechnungsarten in dieselben, der zweite Ab- 
schnitt nach den Teilreihen 1—20, 1—30, 1—40, 1—50, 1-60, 
1 — 80, 1 — 100 in sieben Einheiten; der dritte Abschnitt nach den 
Produktreihen des kleinen Einmaleins in acht Einheiten (die Einer- und 
Zehnerreihe sind schon bekannt) behandelt wird. 

b) Der Aufbau der Gesamtreihe aus Zehnern und Einern und die 
Durcharbeitung derselben in Absätzen gewährt den Vorteil, dass bei 
diesem Gange in den Schülern das Gefühl des stetigen Fortschritts, welches 
im Unterrichte so wichtig ist, viel lebendiger bleibt, als wenn gleich die 
ganze Reihe von 1 — 100 im Zusammenhange zur Entwickelung kommt 
und die Kinder dann so lange Zeit zur Übung der Grundoperationen 
ohne das Auftreten neuer Elemente in dem bereits durchmessenen Zahl- 
kreise festgehalten werden. 

c) Bei der Entwickelung des Einmaleins ist daran festzuhalten, dass 
jede methodische Einheit von einer einzigen Hauptreihe beherrscht wird**), 
dergestalt jedoch, dass immer Multiplikation und Division gemeinsam in 
derselben Einheit nebeneinander auftreten, und dass auf der dritten und 



*) Ziller, Seminarbuch S. 124. — Goltzsch I S. 91 flF. — Bräutigam, 
Methodik S. 35. 

*) Ziller, Seminarbuch S. 207. 



••> 




94 Das zweite Schuljahr 

fünften formalen Stafe auch auf früher durchgearbeitete Reihen zurüek- 
geg^riffen werden darf. 

Meist lässt man gegenwärtig die Einmaleinssätze nicht in ihrer 
systematischen Eeihenfolge, sondern in einem Gange vom Leichtem zum 
Schwerern, nach ihrem verwandtschaftlichen Zusammenhange, auftreten. 
Wir schliessen uns dem an und behandeln die Einmaleinsreihen in fol- 
genden Gruppen: a) Zehnerreihe, Fünferreihe; b) Zweierreihe, Viererreihe; 
c) Dreierreihe, Sechserreihe; d) Siebener-, Achter-, Neunerreihe. Will 
man aber, mit Rücksicht auf ihre Verwandtschaft, die Achter- nach der 
Viererreihe, die Neuner- nach der Sechserreihe behandeln und mit der 
Siebenerreihe schliessen (Bräutigam S. 59, Franke, Merseburg und Zenker, 
Rechenbuch für Volksschulen 2. Heft S. 63 £f.), so hat diese Anordnung 
entschieden die grössere Konsequenz für sich; nur dass dabei die Achter- 
reihe doch ohne Zweifel für die kleinen Schüler schwieriger als die dann 
auf sie folgende Dreierreihe sein dürfte. 

d) Auf die einzelnen Zahlgebiete der Gesamtreihe von 1 — 100 
werden zugleich die einzelnen RechenföUe und Rechenregeln, die hier in 
Betracht kommen, in angemessener Folge verteilt. Es tritt also bei der 
Behandlung des Abschnitts II der obigen Übersicht auf: 

Bei der Reihe 1 — 20 das Addieren der Einer zu reinen Zehnern, 
der Zehnern zu Einem ; das Subtrahieren der vorhandenen Einer von ge- 
mischten Zehnern, der reinen Zehner von gemischten Zehnern, z. B. 

a) 10 -f 5, 5 + 10; b) 16 — 6, 16 — 10. 
Bei der Reihe 1 — 30 das Zuzählen reiner Zehner zu gemischten 
Zehnern und das Abzählen gemischter Zehner von gemischten Zehnem 
mit gleichen Einern, z. B. 

a) 14 -f 10, b) 25 — 15. 
Bei der Reihe 1—40 Zuzählen und Abzählen reiner Einer, ge- 
mischter Zehner zu und von gemischten Zehnern ohne Übergang von den 
Einem zu einem neuen Zehner, z. B. 

a) 16 + 3, 24 + 15; b) 38 — 4, 36 — 13. 
Bei der Reihe von 1 — 50 Einer zu gemischten Zehnern bis zum 
nächsten vollen Zehner, Einer von reinen Zehnem, z. B. 

a) 43 + 7; b) 30 — 6. 
Bei der Reihe von 1 — 60 Einer zu und von gemischten Zehnem 
mit Übergang von dem einen Zehner in den andern, z. B. 

a) 46 + 8, b) 52 — 6. 
Bei der Reihe 1 — 80 gemischte Zehner zu und von gemischten 
Zehnern mit Übergang von einem Zehner in den andern, z. B. 

a) 56 + 28, b) 74 — 57. 

Bei der Reihe 1 — 100 Wiederholung aller Rechenfälle im Bereiche 
der vollständigen Reihe, bis völlige Sicherheit erreicht ist. 

In jeder folgenden Reihe treten immer auch die vorhergehenden 
Übungen bis zum Eintritt voller Sicherheit wieder mit auf. Da dieselben 
hier in einem neuen Zahlgebiete wiederkehren, so erscheinen sie selber 
als neu und werden den Schülem weniger leicht lästig, als das ausser- 
dem zu sein pflegt. 



Rechnen 95 

4. Nach der Abgrenzung und inhaltlichen Gliederung des Zahlge- 
bietes für das betreffende Schuljahr einerseits und der Aussonderung der 
Sachgebiete aus den Gesinnungs- und naturkundlichen Stoffen anderer- 
seits hat unter gleichmässiger Berücksichtigung beider Momente die Aut- 
stellung der methodischen Einheiten für den Jahreskursus zu erfolgen. 
X)ie Einheiten werden selbstverständlich nach den methodischen Grund- 
sätzen unterrichtlich durchgearbeitet , welche wir in unserm „Ersten 
Schuljahre** ausführlich dargelegt haben.*) 

5. An die Spitze einer jeden methodischen Einheit ist als Ziel eine 
konkrete, dem Sachunterrichte entlehnte grundlegende Aufgabe zu stellen, 
durch welche Umfang und Charakter der ganzen Einheit bestimmt wird 
(Siehe die Lehrbeispiele weiter unten ).**) Im Umkreise dieser Aufgabe 
l^at sich die ganze methodische Einheit zu halten; auch die zu der grund- 
legenden Aufgabe in Beziehung zu setzenden übrigen Aufgaben müssen 
sich in der Sphäre der erstem bewegen, mit der Beschränkung, dass auf 
den dritten und fünften Stufen der Einheiten auch Aufgaben auftreten 
dürfen, welche dem Inhalte fi'üher behandelter Sachgebiete entnommen 
Bind. Nicht aber dürfen statt dessen, wie dies in den meisten Aufgaben- 
sammlungen für das Eechnen geschieht, Aufgaben in buntem Wechsel des 
Inhalts in einer und derselben Einheit auftreten, da durch ein solches 
Allerlei die Vertiefung in den Gegenstand erschwert, das Interesse ab- 
geschwächt, der Zerstreuung aber Vorschub geleistet wird.***) 

6. Auf der ersten Stufe jeder methodischen Einheit ist nicht nur 
das Formale (das Zahlmässlge), sondern eben so auch das Sachliche der 
£inheit vorzubereiten. Auf der zweiten Stufe findet die Lösung der 
grundlegenden Aufgabe statt; auf der dritten Stufe werden andere konkrete 
tmd abstrakte Aufgaben zu der grundlegenden Aufgabe in Beziehung ge- 
setzt, um durch diese Verknüpfung die Zahlbegriffe und Eechnungsregeln 
gewinnen zu lassen; auf der vierten Stufe sind diese Begriffe und Regeln 
Qius dem konkreten Material sauber auszuheben und in der Form von 
Stichworten und Regelbeispielen, die in ein Heft eingetragen werden, zu 
:fixieren, wobei nicht zu übersehen ist, dass neben den formalen Regeln 
auch die entsprechenden sachlichen Begriffe und Regeln auszubilden und 
einzuschreiben sindf); auf der fünften Stufe müssen diese begrifflichen 
Ergebnisse durch neue Reihen geeigneter konkreter und abstrakter Auf- 
gaben befestigt und in den Gebrauch übergeführt werden. 

7. Wenn behauptet wird, dass bei einem derartigen Anschluss des 
Rechnens an den gleichzeitigen Sachunterricht die Schüler die gehörige 
Fertigkeit und Sicherheit im Rechnen nicht erlangten, weil die eigent- 
liche Rechenübung, insbesondere die Übung im Rechnen mit abstrakten 
Zahlen zu kurz komme, so muss entgegnet werden, dass diese Ansicht 
auf Unkenntnis der Sache beruht. Die dritte und fünfte Stufe aller 
methodischen Einheiten bieten auch für die abstrakten Zahlübungen den 



♦) Vergl. I. Schuljahr 5. Aufl. S. 100 ä. 
**) Ziller, Seminarbuch S. 206. 
**•) Vergl. Seminarbuch S. 207. 
t) Ziller, Grundlegung, 2. Aufl., S. 281. 



96 Das zweite Scliuljahr 

allerweitesten Spielraum, nur dass dieselben zu ihrem Vorteile hier in 
ein wohlgeordnetes Ganzes eingefügt sind und zu diesem Ganzen in 
enger Beziehung stehen, so dass jede Aufgabe an ihrer Stelle einem be- 
stimmten, auch für die Kinder erkennbaren Zwecke dient, wodurch diesen 
Übungen ein gut Teil der denselben von Natur anhaftenden Trockenheit 
genommen wird. 

8. Seit der 3. Auflage dieses zweiten Bandes unserer Schuljahre ist 
eine anderweite methodische Bearbeitung des Eechnens im zweiten Schul- 
jahre auf Zillerscher Grundlage erschienen, nämlich die eben so inter- 
essante als bedeutsame Arbeit von J. K. Teupser: ^Das Kechnen im 
zweiten Schuljahre" im Jahrbuch des Vereins für wissenschaftliche Päda- 
gogik, Jahrgang 21 und 23 (1889 und 1891). Wir durchlaufen den 
Zahlraum von 1 - 100 zweimal: einmal nach der Seite der Addition und 
der Subtraktion, das andere mal nach der der Multiplikation und Division; 
Teupser lässt, im engern Anschlüsse an Ziller, in einem Gange alle vier 
Grundrechnungsarten auftreten. Wenn wir beim Entwürfe des ünter- 
richtsganges dem System eine etwas grössere Einwirkung gestattet haben, 
so ist das geschehen in dem Glauben, dass es bei der oben angedeuteten 
Sprödigkeit des elementaren Rechnens dem Konzentrationsgedanken gegen- 
über wohl als zulässig erscheinen dürfte, den vom System her erhobenen 
Forderungen betreffs des ünterrichtsganges soweit entgegen zu kommen, 
als das unbeschadet der Konzentrationsidee geschehen kann. Den Kon- 
zentrationsgedanken glauben wir durchweg und in seinem ganzen Um- 
fange respektiert zu haben. Die Teupsersche Arbeit aber sei der Be- 
achtung warm empfohlen. 

9. Wie im ersten, so ist auch im zweiten Schuljahre für die aus- 
giebigste Veranschaulichung der Zahlbegriffe zu sorgen. Bei Gewinnung 
der Grundzahlen im ersten Schuljahre ist der Tillichsche Eechenkasten 
entschieden das vorzüglichste Veranschaulichungsmittel.'*') Im zweiten 
Schuljahre geben wir dagegen der russischen Rechenmaschine den Vor- 
zug. Im wesentlichen leisten zwar beide Apparate das Gleiche; bei den 
nun auftretenden grösseren Zahlen ist aber die Kugelmaschine handlicher, 
manöverierfähiger als der Würfelapparat. Zur Aufstellung der 64 z. B. 
am Rechenkasten ist immer eine geraume Zeit erforderlich, abgesehen 
davon, dass Ungeschick und Zufall noch manchen Strich durch die [Rech- 
nung ziehen; an der Rechenmaschine steht die Zahl im Nu da. So bei 
allen Manipulationen, welche Lehrer und Schüler an den Apparaten vor- 
zunehmen haben. Zudem dürfte schon der blosse Wechsel im Haupt- 
veranschaulichungsmittel nach dem ersten Schuljahre fürMie Rechenmaschine 
mit ins Gewicht fallen. Der Rechenkasten soll darum aber keineswegs 
ganz ausser Dienst gestellt werden. 

10. Von Anfang des Rechenunterrichts an ist für eine gleichmässige 
Berücksichtigung des mündlichen und schriftlichen Rechnens Sorge zu 
tragen. Es kann aber die Frage aufgeworfen werden, in welcher Form 
das schriftliche Rechnen auf dieser Stufe aufzutreten habe, als einfache 



*^ Vergleiche „Erstes Schuljahr'* 5. Aufl. S. 274. 



Eechnen 97 

Darstellung der Operationen des Kopfrechnens oder in Gestalt des schrift- 
lichen Regelrechnens: ob also beispielsweise die Aufgabe 34 -|- ^7 so: 

34 
34 + 50 -f 7 =- 84 + 6 + 1 = 90 + 1 = 91, oder so: 57 aufza- 

91 
treten habe? Wir halten auf dieser Stufe noch das erstere für das 
bessere, da eine Verfrtihung des schriftlichen Regelrechnens meist mit 
den übelsten Folgen für den Fortgang des Rechenunterrichts verbunden 
zu sein pflegt, und das Regelrechnen mit dem dritten Schuljahre noch 
hinlänglich zeitig auftritt. Jedenfalls muss bei einem frühem Übergange 
zu demselben mit aller Vorsicht verfahren werden, damit nicht an Stelle 
der denkenden Zahlbearbeitung ein mechanisches Thun Platz greift. 

In welcher Form sollen die Divisionen auftreten? Das Dividieren 
tritt bekanntlich auf als „Teilen" und als „Enthaltensein" oder „Messen". 
IVährend früher die Bezeichnung ^ Enthaltensein " allgemein gebräuchlich 
war, geben neuerdings angesehene Rechenmethodiker der Auffassung der 
betreffenden Rechenthätigkeit als ^Messen" und der Bezeichnung dieser 
Thätigkeit durch eben denselben Ausdruck den Vorzug. Die Gründe 
hierfür hat Hausmann in seiner Abhandlung „Enthaltensein oder Messen?" 
im Jahrbuch f. w. P. 1893 S. 266 ff. kurz und bündig auseinander ge- 
setzt. In dem in amtlichem Auftrage bearbeiteten „Rechenbuche für 
Volksschulen (die Schülerhefte von I und II von Franke, Merseburg und 
Zenker, die folgenden Hefte, sowie die Ausgaben für die Hand der Lehrer 
von Heiland und Muthesius), Weimar, H. Böhlau" ist das Dividieren als 
„Teilen" und als „Messen", im Gegensatze zu „Teilen" und „Enthalten- 
sein" konsequent durchgeführt. Wir schliessen uns dieser Auffassung an, 
wie wir auch in Übereinstimmung mit den Verfassern der gedachten Ar- 
beiten zur scharfen Auseinanderbaltung der beiden unterschiedenen Thätig- 
keiten des „Messens" und „Teilens" im zweiten Schuljahre das für beide 
Thätigkeiten gebräuchliche Divisionszeichen (:) noch gänzlich vermeiden 
und mit ihnen das „Messen" durch gm (gesprochen: „gemessen mit"), 
das „Teilen" durch gt (gesprochen: „geteilt unter") ausdrücken. Wir 
schreiben: 35 cm gm 5 cm = 7; 35 cm gt 7 = 5 cm; und sprechen 
im ersten Falle: 35 cm gemessen mit 5 cm = 7; im zweiten 35 cm 
geteilt unter 7 = 5 cm. 

Übrigens sucht auch das vorstehend gedachte gründliche und mit 
meisterhaftem methodischem Geschick gearbeitete Rechenwerk in seiner 
Weise den Forderungen der Konzentration gerecht zu werden; indem es 
zwar in seinen methodischen Lehreinheiten nicht von praktischen Lebens- 
verhältnissen ausgeht, aber doch auf der Stufe der Anwendung durch 
zahlreiche, gut gewählte, zweckmässig gruppierte angewandte Aufgaben 
die Zahlvorstellungen mit den Sachvorstellungen aus Erfahrung und 
Unterricht innig zu verknüpfen sucht. 



110 



Das zweite Schuljahr 



Ebenso rückwärts: 





29 St. — 9 St 


= 20 St. 


19 St 9 St — 10 St 


28 „ -8 „ =20 „ 


18 „ -8 „ =10 „ 


27 „ — 7 „ - 20 „ 


17 „ -7 „ -10 „ 


26 „ -6 „ =20 , 


16 „ — 6 „ = 10 „ 


25 , — 5 , - 20 „ 


15 „ — 5 „ =10 „ 


24„ -4 „ =20 , 


14 „ -4 „ =10 „ 


U. B. W. 


u. s. w. 


21 = 2 Z. + 1 E. 


30 = 3 Z. + E. 


22 — 2Z. -1-2E. 


29 = 2 Z. 4- 9 E. 


bis 


bis 


29 — 2 Z. + 9 E. 


22 = 2 Z. + 2 E. 


30 = 3 Z. -j- E. 


21 = 2 Z. -f 1 E. 


Dann anch so: 




10 Jahre + 1 Jahr = 11 Jahre 


11 Jahre — 1 Jahr, — 10 Jahre 


20 „ H 


hl , =21 „ 


21 „ -1 „ =20 „ 


10 „ - 


h2 „ -12 „ 


12 „ —2 Jahre— 10 „ 


20 „ - 


-2 „ =22 „ 


22 „ -2 „ =20 „ 


10 „ H 


h3 „ =13 „ 


13 „ -3 „ -10 „ 


20 „ +3 „ =23 „ 


23 „ -3 „ =20 „ 


10 „ +4 „ 14 „ 


bis 


20 , +4 „ =24 „ 


19 „ -9 „ =10 „ 


U. 8. W. 


29 „ -9 , =20 „ 


Ferner : 




1- 


-10 = 11 11- 


1-10-21 


11 10=1 21 10 — 11 


2- 


-10 = 12 12- 


h 10 — 22 


12 10 = 2 22 10 = 12 


3- 


-10 = 18 13- 


- 10 = 23 


13 10-3 23 10—13 


n. 8. w. 


1 St. + 10 St. - 11 St. 


11 Tage — 10 Tage — 1 Tag 


11 V H 


hlO , -21 „ 


21 „ — 10 „ —11 Tage 


2 „ - 


- 10 „ - 12 „ 


12 , — 10 „ - 2 Tage 


12 „ H 


hlO „ -22 „ 


22 „ — 10 „ —12 Tage 


n. s. 


w. 


2. Die nenanftretenden Übungen im Zuzählen und Abzählen. 


a) lOH 


h 10 = 20 


29 - 19 — 10 


10- 


-11=21 


28 18 = 10 


10 + 12 = 22 


27 17 = 10 


bis 


bis 








10 J 


< 


20 = 30 


20 10 = 10 



Rechnen 111 

b) Konkrete und abstrakte Beispiele ausser der Eeihe. 

Die Übungen in und ausser den Eeihen werden so lange fortgesetzt, 
l>is sich die beiden neuen Rechenregeln ergeben haben. 

4. Stufe a) Sagen und Eintragen der neuen Reihe von 20 — 30. 
b) Eintragen der neuen Regeln in der Form von Rechenbeispielen: 



10 
10 



14 = 24; 25 — 15=10 
16 = 26; 28 — 18 = 10 



5. Stufe, a) Zählen (Aufschreiben) der Reihe in mannigfacher 
form von den Endpunkten aus vorwärts, rückwärts, von mittlem Punkten 
^ns vor- und rückwärts, stetig aber mit Überspringen einer oder zweier 
Zahlen ebenso z. B. 

Zählt (schreibt) von 1—30; von 30—1. 

Zählt (schreibt) von 3—13 ; von 18—26; von 30—26 ; von 24—17. 

Sagt die Reihe von 1 bis 29 mit Überspringen einer Zahl; des- 
gleichen die Reihe von 2 — 30; von 30 — 2 und von 29 — 1. 

b) Zerlegt (mündlich, schriftlich) die Zahlen von 15 — 22, von 
25 — 30 in ihre Zehner und Einer. 

c) Sagt (und schreibt) die Zahlen, welche bestehen aus: 1 Z. -|- 7 £., 
1 Z. -f 4 E., 2 Z. -f 1 E., 2 Z. + 6 E , 2 Z. + 9 E. — Schreibt 12 Tage 
rmd 21 Tage und erklärt diese Zahlen. (12 = 1 Z. und2 E., 21 = 2 Z. 
xmd 1 £.). 

d) Rechnet aus: 

10-f 1, 10+3, 10+5, 20 + 4, 20 + 6, 20 + 8, 20 + 9 
1 + 10, 1 + 20, 2 + 10, 2 + 20 ; 3 + 10, 3 + 30, . . . 9 + 10, 9 + 20 

11 + 10, 12 + 10, 13 + 10 u. s. w. 

10 + 11, 10 + 12, 10 + 13, ... 10 + 19, 10 + 20 

29 — 9, 29 — 10, 29 — 20; 28 — 8, 28 — 10, 28 — 20; 27 — 7, 

27 — 10, 27 — 20 etc. 

29 — 19, 28 — 18, 27 — 17, 26 — 16 u. s. w. (Gerechnet wird: 

29 — 10 — 9 = 19 — 9 = 10). 

e) Gemischte Aufgaben: 

6 + 20—16+10=? 

30 — 20 + 18 — 10 — 8 = ? 
u. s. w. 

f) Angewandte Aufgaben. Von einem Tage (= 24 St.) sind schon 
verflossen 4 St. (10 St., 14 St.); wie viel Stunden sind übrig? — Der 
Monat Juni hat 30 Tage; verflossen waren erst 6 T., dann noch 10 Tage; 
wieviel Tage waren zusammen verflossen? — Vom Juni waren vorüber 
20 Tage; wieviel Tage waren noch übrig? — Von zwei Brüdern war 
der ältere 26, der jüngere 16 Jahre alt; wieviel Jahre war der erstere 



102 Das zweite Schaljahr 

2 Einheit 

Zahlgebiet: 10 — 100 in reinen Zehnem. 

Zahloperationen: Vervielfachen, Messen und Teilen innerhalb der 
Zehnerreihe. 

Sachgebiet: Dasselbe wie in der 1. Einheit, nämlich Weg- 
stunden (Meilen). 

Grundlegende Aufgabe: Wir wollen ausrechnen, wie viel Weg- 
stunden ein Wanderer in 4, 5, 8, 10 Tagen zurücklegt, wenn er jeden 
Tag 10 Stunden weit geht. 

i. Stufe, a) Unser längster Weg, den wir gemacht haben, war 
von hier nach Wilhelmsthal und wieder zurück : 2 Stunden hin, 2 Stunden 
her, zusammen 4 Stunden. Dazu haben wir fast einen Tag gebraucht, 
nämlich von früh 8 Uhr bis nachmittags 4 Uhr. Wir haben aber auch 
unterwegs vielmals ausgeruht, haben gefrühstückt, und wo es etwas zu 
sehen gab, Halt gemacht und uns umgeschaut. In Wilhelmsthal haben 
wir zu Mittag gegessen, haben uns den Teich mit den Schwänen, den 
Park und die Schlösser angesehen und dann noch lange gespielt. — 
Grosse Leute gehen in einem Tage viel weiter, als wir gegangen sind, 
zumal wenn sie sich unterwegs nicht aufhalten. Sie gehen in einem 
Tage 6 Stunden, 8 Stunden, und wenn sie recht tüchtige Fussgäuger 
sind, auch 10 Stunden weit. — Robinsons erste Reise dauerte 4 Tage. 
Wie viel Wegstunden wird er in einem Tage gegangen sein? Vier? 
Nein mehr, er hat besser gehen können als wir, er war ja schon 20 Jahr 
alt. Also it) Stunden? Doch nicht; denn er wollte die Gegend genauer 
kennen lernen, und musste daher oft stehen bleiben. Also vielleicUt 
6 Stunden oder 8. — Der Wanderer in unserer Aufgabe aber ging 
täglich 10 Wegstunden weit; wir wollen ausrechnen, wie viel Stunden 
seines Weges er in 4 Tagen, in 5, in 8 Tagen, in 10 Tagen zurücklegt. 

b) Wenn er jeden Tag nur 1 Wegstunde zurück legte, wie weit 
würde er da kommen in 1, 2, 3 ... 10 Tagen? 1, 2, 3 . . . 
10 Stunden. Wenn er aber täglich 2 Stunden gegangen wäre, wie viel 
Stunden würde er zurücklegen in 1, 2, 3, 4, 5 Tagen? Und wenn er 
täglich 5 Stunden ginge, wie weit käme er in 1 Tage? in 2 Tagen? 
Denn: 

a) 1 X 1 = 1; 2 X 1 = 2; bis 10 X 1 = 10. 

b) 1x2 = 2; 2X2 = 4; bis 5 x 2 = 10. 

c) 1 X 5 = 5; 2 X 5 = 10. 

Wie viel Tage würde ein Anderer, der täglich 2 Stunden weit 
geht, zu einem Wege brauchen von 2 Wegstunden? von 4, 6, 8, 10 
Stunden? (2, 3, 4, 5 Tagen?) Aber wie viel Tage zu einem Wege 
von 5 Stunden, 10 Stunden, wenn er täglich 5 Stunden zurück legrt? 
(1 Tag, 2 Tage.) 

Denn: 2 St. gm.*) 2 St. = 1; 4 St. gm. 2 St. = 2; 6 St. gm. 2 St. = 3; 

8 St. gm. 2 St. = 4; 10 St. gm. 2 St. = 5; 
und: 5 St. gm. 5 St. = 1; 10 St. gm. 5 St. == 2. 

*) gm. "= gemessen mit. 



Eeclinen 108 

Da haben wir nach den frühern Sätzen mit ^mal'^ und „gemessen 
mit" gerechnet. Nun werden wir auch unsere neue Aufgabe leicht lösen 
lernen. 

2. Stufe. Wiederholt dieselbe. 

1. a) Zählt an der Eechenmaschine die 10 Stunden ab, welche der 
Mann am ersten Tage zurückgelegt hat. Ebenso die vom zweiten, dritten. 
Hier stehen die Stunden, die der Wanderer in 10 Tagen zurückgelegt hat. 

b) Durchlaufen der aufgestellten Reihen in folgender Weise: 

Das sind die ersten 10 Stunden. 
Das sind die zweiten 10 Stunden. 

bis 
Das sind die zehnten 10 Stunden. 

Das sind 1 X 10 Stunden 1 X 10 St. = 10 St. 

;, , 2 X 10 „ 2 X 10 „ = 20 „ 

, n 3 X 10 „ 3 X 10 , = 30 „ 

« „ 4 X 10 „ 4 X 10 „ = 40 „ 



bis bis 

„ „ 10 X 10 „ 10 X 10 „= 100 

Ebenso die Eeihen auch rückwärts. 



w 



Seht an die Rechenmaschine und sagt: Wie viel Wegstunden hat 
also unser Wanderer zurückgelegt: 

in 4 Tagen? 4 X 10 = 40 St. 
,8 „ 8 X 10 = 80 „ 

„10 „ 10 X 10 = 100 „ 

Und wie viel Stunden würde er zurücklegen in 2, 3, 5, 6, 7, 9 
Tagen? 

c) Aber wie viel Tage würde ein Wanderer brauchen zu einem 
Wege von 30, 50, 100 Stunden, wenn er täglich 10 Wegstunden zurück- 
legte? Zehn Stunden ist das Mass für einen Tag. In 30 Stunden liegt 
das Mass dreimal; zu einem Wege von 30 Stunden braucht er also 

3 Tage. In 50 Stunden liegt das Mass fünfmal; also braucht er zu 
50 Stunden 5 Tage: 50 gm. 10 = 5. In 100 Stunden liegt das Mass 
10 mal; also braucht er zu 100 Stunden Wegs 10 Tage: 100 gm. 10 = 10. 
Wie schreiben wir das? 

30 St. gm. 10 St. = 3; 50 St. gm. 10 St. = 5; 100 St. gm. 10 St. = 10. 

Welche Resultate würden wir aber erhalten, wenn der Weg 10, 

20, 40, 90 Stunden lang wäre? Wieso? Nachweis an der Maschine. 

d) Wie aber, wenn wir die Wegstunden auf Tage verteilen? Ver- 
teüt 20 Stunden auf 2 Tage, 30 Stunden auf 3 Tage, 40 Stunden auf 

4 Tage, bis 100 Stunden auf 10 Tage; was erhalten wir in jedem 
FaUe? 

Da sind wir wieder auf neue Sätze mit „mal", „gemessen mit** 
und „geteilt unter*' gekommen. Sagen und Schreiben der Sätze. 



104 Das zweite Schuljahr 

3. Stufe, a) Ausbildung und Übung der Eeihen in der dreifachen 
Form: in konkreten und abstrakten Zahlen, mit und ohne Anschauung, 
mündlich und schriftlich. Z. B. 

1 X 10 St. = 10 St. 10 St. gemessen mit 10 St. = 1 

2 X 10 „ = 20 „ 20 „ „ „ 10 „ = 2 

bis bis 

10 X 10 „ = 100 „ 100 „ „ « 10 „ = 10 

20 St. geteilt unter 2 = 10 St. 
30 „ „ „ 3 = 10 „ 

bis 
100 „ „ „ 10 = 10 , 

Ebenso rückwärts. 

Hierauf kurz erst an der Maschine, dann ohne dieselbe: 



1 X 10 = 10; 2 X 10 = 20; 3 X 10 = 30 

Rückwärts. 

10 gm. 10 = 1; 20 gm. 10 = 2; 30 gm. 10 = 3 

Rückwärts. 

20 gt. 2 = 10; 30 gt. 3 = 10; 40 gt. 4 = 10 

Rückwärts. 



... 10 X 10 = 100. 
... 100 gm. 10 = 10. 
... 100 gt 10 = 10. 



Wie schreiben wir diese Sätze? Schreibt dieselben. 

b) Übungen ausser der Reihe (mit und ohne Anschauung). 

Setze fort: 

1 X 10 = 10; 3 X 10 = 30; 7 X 10 = 70; 9 X 10 = 90; 

2 X 10 = 20; 4 X 10 = 40; 8 X 10 = 80; 10 X 10 = 100; 

Ebenso mit „gemessen^ und mit ^ geteilt^. 

4. Stufe. Sagen und Eintragen der gewonnenen Sätze der Zehner- 
reihe mit „mal^, „gemessen mit", „geteilt unter": 



a) 1 X 10 — 10 


b) 10 gm. 10 = 1 


c) 20 gt. 2 = 10 


2 X 10 — 20 


20 „ 10 = 2 


30 „ 3 = 10 


3 X 10 = 30 


30 „ 10 = 3 


40 „ 4—10 


bis 


bis 


bis 


10 X 10 — 100 


100 „ 10 = 10 


100 „ 10 = 10 



5. Stufe. 1. Mannigfaches Durchlaufen der Reihen mit benannten 
und unbenannten Zahlen, mündlich und schriftlich, 
a) Übungen ausser der Reihe: 



3 X 10 — ? 
8 X 10 = ? 
7 X 10 = ? 


20 gm. 10 = ? 

100 „ 10 - ? 

60 „ 10 = ? 


30 gt. 8 — ? 
60 „ 6 = ? 
90 „ 9 — ? 


4X 10 — ? 
50 gt. 5 = ? 
70 gm, 10 = ? 


U. 6. W. 


u. s. w. 


u. s. w. 


U. 8. w. 



Rechnen 105 

b) Die Sätze mit „mal^ vom Vielfachen ans, die mit „gemessen^ 
von der Massanzahl, die mit „geteilt^ vom Teile ans: 

10 = 1 X 10 2 = 20 gm. 10 10 = 20 gt. 2 

20 = 2 X 10 3 = 30 „ 10 10 = 30 ^ 3 

bis bis bis 

100 = 10 X 10 10 = 100 „10 10 = 100 „ 10 

Ebenso Aufgaben ausser der Eeihe. 

2. Angewandte Aufgaben: 

Wie viel Stunden weit war unser Wanderer (in der grundl. Aufg.) 
gegangen in 2 Tagen? in 3, 5, 8, 4, 9, 6 Tagen? 4 X 10 Stunden 
sind wie viel Stunden mehr als 2 X 10 Stunden? aber wie viel weniger 
als 7 X 10 Stunden? 

Welche Zahl ist um 3x 10 grösser als 50? 

Jemand hat einen Weg von 70 Stunden zu machen; wie viel Tage 
braucht er zu dieser Eeise, wenn er täglich 10 Stunden weit geht? 

Wie viel Stunden weit hat er noch zu gehen, als er schon 4 Tage 
gegangen war? 

Wie viel Tage würde er aber zu einem Wege von 60 Wegstunden 
brauchen, wenn er täglich 10 Stunden weit fährt? 

3. Zusammengesetzte Aufgaben : 5 X 10 + 40 gt 9 -}- 50 = ? etc. 



3 Einheit 

Zahlgebiet: Die Zahlreihe von 1 — 20. 

Zahloperationen: a) Reine Zehner mehr Einer (10 + 5); Einer 
mehr reine Zehner (5 +10); b) Gemischte Zehner weniger ihre 
Einer (16 — 6); weniger ihre reinen Zehner (11 — 10).*) 

Sachgebiet: Jahre. 

Grundlegende Aufgabe. Wir wollen mit dem Alter Robinsons 
und mit eurem eigenen Alter rechnen. 

1. Stufe. Wie alt war Robinson, als sein Vater mit ihm über seine 
Zukunft sprach? 18 Jahre. Wie alt war er, als er heimlich fortging? 
19 Jahre. Wann ist beides geschehen? Vor länger als zweihundert 
Jahren. Zählt hundert Jahre an der Rechenmaschine ab. Wie lange 
dauert^ aber ein Jahr? Vom Neujahrstag bis wieder zum Neujahrstag. 
Zu einem Jahre gehört der Frühling, der Sommer, der Herbst und der 
Winter. Ein Jahi* ist also schon eine lange Zeit. Wie alt seid ihr 
jetzt? 7 Jahre, 8 Jahre. Zählt auch euer Alter an der Rechen- 
maschine, an den Fingern ab. Schreibt euer Alter an die Tafel (wie 
in der früheren Einheit die Stunden). 

2. Stufe, la. Jetzt wollen wir auch die Lebensjahre Robinsons 
an der Maschine aufstellen, zählen und schreiben lernen. Bis zu zehn 



*) Vergl. Rechenbuch für Volksschulen. Weimar. SchtÜerheft I, 
8. 26 ff. 



96 Das zweite Scliuljahr 

allerweitesten Spielraum, nur dass dieselben zu ihrem Vorteile hier in 
ein wohlgeordnetes Ganzes eingefügt sind und zu diesem Ganzen in 
enger Beziehung stehen, so dass jede Aufgabe an ihrer Stelle einem be- 
stimmten, auch für die Kinder erkennbaren Zwecke dient, wodurch diesen 
Übungen ein gut Teil der denselben von Natur anhaftenden Trockenheit 
genommen wird. 

8. Seit der 3. Auflage dieses zweiten Bandes unserer Schuljahre ist 
eine anderweite methodische Bearbeitung des Eechnens im zweiten Schul- 
jahre auf Zillerscher Grundlage erschienen, nämlich die eben so inter- 
essante als bedeutsame Arbeit von J. K. Teupser: ^Das Rechnen im 
zweiten Schuljahre" im Jahrbuch des Vereins für wissenschaftliche Päda- 
gogik, Jahrgang 21 und 23 (1889 und 1891). Wir durchlaufen den 
Zahlraum von 1 - 100 zweimal: einmal nach der Seite der Addition und 
der Subtraktion, das andere mal nach der der Multiplikation und Division; 
Teupser lässt, im engern Anschlüsse an Ziller, in einem Gange alle vier 
Grundrechnungsarten auftreten. Wenn wir beim Entwürfe des ünter- 
richtsganges dem System eine etwas grössere Einwirkung gestattet haben, 
so ist das geschehen in dem Glauben, dass es bei der oben angedeuteten 
Sprödigkeit des elementaren Eechnens dem Konzentrationsgedanken gegen- 
über wohl als zulässig erscheinen dürfte, den vom System her erhobenen 
Forderungen betreffs des ünterrichtsganges soweit entgegen zu kommen, 
als das unbeschadet der Konzentrationsidee geschehen kann. Den Kon- 
zentrationsgedanken glauben wir durchweg und in seinem ganzen Um- 
fange respektiert zu haben. Die Teupsersche Arbeit aber sei der Be- 
achtung warm empfohlen. 

9. Wie im ersten, so ist auch im zweiten Schuljahre für die aus- 
giebigste Veranschaulichung der Zahlbegriffe zu sorgen. Bei Gewinnung 
der Grundzahlen im ersten Schuljahre ist der Tillichsche Eechenkasten 
entschieden das vorzüglichste Veranschaulichungsmittel.*) Im zweiten 
Schuljahre geben wir dagegen der russischen Eechenmaschine den Vor- 
zug. Im wesentlichen leisten zwar beide Apparate das Gleiche; bei den 
nun auftretenden grösseren Zahlen ist aber die Kugelmaschine handlicher, 
manöverierfähiger als der Würfelapparat. Zur Aufstellung der 64 z. B. 
am Eechenkasten ist immer eine geraume Zeit erforderlich, abgesehen 
davon, dass Ungeschick und Zufall noch manchen Strich durch die Eech- 
nung ziehen; an der Eechenmaschine steht die Zahl im Nu da. So bei 
allen Manipulationen, welche Lehrer und Schüler an den Apparaten vor- 
zunehmen haben. Zudem dürfte schon der blosse Wechsel im Haupt- 
veranschaulichungsmittel nach dem ersten Schuljahre fur^die Eechenmaschine 
mit ins Gewicht fallen. Der Eechenkasten soll darum aber keineswegs 
ganz ausser Dienst gestellt werden. 

10. Von Anfang des Eechenunterrichts an ist für eine gleichmässige 
Berücksichtigung des mündlichen und schriftlichen Eechnens Sorge zu 
tragen. Es kann aber die Frage aufgeworfen werden, in welcher Form 
das schriftliche Eechnen auf dieser Stufe aufzutreten habe, als einfache 



*^ Vergleiche „Erstes Schuljahr** 5. Aufl. S. 274. 



Rechnen 117 

Grundlegende Aufgabe: Rechnen mit den Pfennigen, die zu 
einer Mark gehören. 

Der Geldfund Robinsons auf dem Schiffe hat uns Veranlassung ge- 
geben, die Kinder mit unseren Geldsorten (Markstücke, 50-, 20-, 10-, 5-, 
2-, 1 -Pfennigstücke, 2-Mark-, 3-Mark-, 5-Mark-, lO-Markstücke) bekannt 
zu machen. Hieran anknüpfend, kommen wir zu der Pfennigzahl der 
Mark und damit zum Zahlraume von 1 — 100. 

Oder: Grundlegende Aufgabe: „Wir wollen mit dem Meter messen 
und rechnen lernen.** (Teupser, Jahrbuch 1891, S. 59). 

10 Einheit 

Zahlgebiet: Fünferreihe des Einmaleins. 

Zahloperationen: Vervielfachen, Messen und Teilen im Bereiche 

der Fünferreihe. 
Sachgebiet: Gliedmasseu des menschlichen Körpers. 

Grundlegende Aufgabe: Wir wollen ausrechnen, wieviel 
Finger die fünf Kinder auf der ersten Bank zusammen haben. 

Die Kinder stellen sich vor und halten ihre Finger in die Höhe. 
Ist das nicht eine ganze Schar von Fingern? Wieviel mögen's ihrer sein? 

1. Stufe. Können wir das nicht schon rechnen? Wie denn? Jedes 
Kind hat 2 Hände, an jeder Hand 5 Finger, an beiden Händen zusammen 
10 Finger. Fünf Kinder sind^s, also zusammen 5 X 10 = 50 Finger. Denn 
1 X 10 = 10, 2 X 10 = 20, 3 X 10 = 30, 4 X 10 « 40, 5 X 10 = 50. 
Ja, wir könnten auch schon gleich ausrechnen, wieviel Finger 6, 7, 8, 
9, 10 Kinder zusammen hätten; denn wir wissen ja 6x10=^60, 
7x10 = 70, 8x10 = 80, 9x10 = 90, 10x10=100. Wir 
konnten das leicht ausrechnen mit den Mal-Sätzchen mit Zehn. Ob wir 
es nicht aber auch auf eine andere Weise ausrechnen könnten? 

2. Stufe. 1. Die 5 Kinder sollen wieder ihre Hände in die Höhe halten. 
Zählt, wie viel Hände haben sie zusammen? 10 Hände. M. komme 
her and zähle die Hände noch einmal. Wieviel Hände sind es? Aber 
wieviel Finger an jeder Hand? Wieviel mal 5 Finger das sein mögen? 
Zähle sie. Unter Hinzeigen auf die betreffenden Finger der Hände zählt 
HL.: 1X5, 2x5, 3 X 5, ... 10 X 5 ; es sind 10 X 5 Finger. Wieder- 
holt es. Durchzählen mit dem Zahladverb. 

2. Übertragen der 10 X 5 Finger auf die Rechenmaschine in 
senkrechter Eeihe untereinander und verschiedentliches Durchlaufen der 
Heihe. 

a) Stelle diese 5 ersten Finger an, = 5 Finger; darunter diese 
zweiten 5 Finger: 5 F. -(- 5 F. *= 10 F. und so fort, bis alle angestellt 
sind. Hierauf: 

b) 5 F. -f 5 F. - 10 F., 10 F. + 5 = 15 F. . . . bis 45 F. + 5F. = 
50 F. 

Nun kürzer: 5, 10, 15, . . . , 50; 50, 45, 40, . . . 5. 



108 Das zweite Schuljahr 

2. Wie viel sind 10J.+ 3J.? 10 J. + 5J.? 10J.+ 9J.? 

IJ. + IOJ.? 4 J. + IO J.? 7 J.-l- 10 X? 
12 J.— 2J.? 14 J.— 4J.? 16 J.— 6J.? 
HJ.— lOJ.? 13J. — lOJ.? 15J.— lOX? 

3. Angewandte Aufgahen. 

Als Robinson von seinen Eltern wegging, war er 19 Jahre. Wie 
alt war er ein Jahr früher? 1 Jahr später? 9 Jahre früher. Zehn 
Jahre Mher? 

Ein Kind war damals 10 Jahre ; wie viel Jahre war Eohinson älter 
als dieses Kind? 

Ein Kind ist jetzt 8 Jahre alt; wie alt ist es aber nach 1 Jahr? 
nach zwei Jahren? Manche Kinder in der zweiten Klasse sind jetzt 
10 Jahre; wie viel Jahre müssen sie noch in die Schule gehen? (4) 
Wie viel Jahre die Kinder in der 1. Klasse, die jetzt 13 Jahre alt 
sind? — Ein Kind ist 10 Jahre, ein anderes 15 Jahre alt. Wie viel 
Jahre ist das zweite älter als das erstere? — Jemand hat einen Weg 
von 16 Wegstunden zurück zu legen. Er ist schon 6 Stunden (10 St.) 
gegangen; wie viel Stunden hat er nun noch zu gehen? 



4 Einheit 

Zahlgebiet: Die Zahlreihe von 1 — 30. 

Zahloperationen: Zuzählen gemischter Zehner zu reinen 

Zehnern und Abzählen gemischter Zehner von gemischten Zehnern 

mit denselben Einem (10 + 15; 25— 15). 
Sachgebiet: Tage und Stunden. 

Grundlegende Aufgabe: „Wir wollen Robinsons Seesturm be- 
rechnen. 

1. Stufe, a) Da können wir nicht mehr mit Jahren rechnen, sondern 
es muss mit Tagen und Stunden gerechnet werden. 

b) Feststellung des Thatsächlichen aus der Erzählung: Beginn des 
Sturmes am ersten Tage zu Mittag. Aufhören des Sturmes am andern 
Tage des Abends. Von Mittag bis wieder Mittag ist ein voller Tag. 
Zwischen Mittag und wieder Mittag lag der Abend, die Mittemacht und 
der Morgen. Von Mittag des andern Tages bis zum Abend (um 6 Uhr) 
sind noch 6 Stunden. Der Sturm hat gedauert 1 Tag und 6 Standen. 

2. Stufe, la) Wieviel Stunden dies zusammen sein mögen ? Wie 
rechnen wir das? Wir zählen zuerst die Stunden, die ein Tag hat, an 
der TJhr (dem Zifferblatte) ab und dann noch 6 Stunden weiter. Da 
muss man aber weiter zählen können als bis 20. Von Mittag bis zum 
Abend (6 Uhr) sind 6 St., bis Mittemacht 12 St., bis zum Morgen 18 St. 
Nun zuerst bis zum Mittage; 18 St., 19 St., 20 St. Wie aber zählen 
wir weiter? Die Kinder hören und lernen: 21, 22, 23, 24. Von Mittag 



*) Vergl. Ziller, Seminarbuch (im Jahrbuch 1874) 125 ff. 



Eechnen 



109 



bis wieder Mittag sind 24 St. Nun noch 6 St. (von 12 — 6 Uhr) weiter: 
25, 26, 27, 28, 29, 30 St. Von mittags 12 Uhr bis den andern Tag 
abends 6 Uhr sind 30 St.; Eobinsons Seestnrm hat 30 St. gedauert. 
Wer will auch noch einmal die Stunden so abzählen? Wer noch? Ab- 
zählen im Chor. Wer aber will die 30 Stunden an der Maschine an- 
stellen? Wer zählt die Kugeln von der 20. bis 30.? Wer aber zählt 
von der 30. an rückwärts? Wer will die ganze Beihe von 1 — 30 
vorwärts und rückwärts zählen? Ghorübungen. 

b) Schreiben der Zahlen. Welche neuen Zahlen und welche neue 
Beihe haben wir da gelernt? Wie aber die neuen Zahlen geschrieben 
werden? Hier steht an der Maschine die 21 ; sie besteht aus 20 und 1 
oder aus 2 Z. und 1 £. Wer weis nun schon wie 22 geschrieben 
wird (sie ist an der Maschine angestellt)? wie die 23? 24? u. s. w. 
bis 30. 

Schreibt alle Zahlen von 21—30. Was bedeutet allemal die 2 
links? die andere Zahl rechts? 

Schreibt und lest die Reihe von 21 — 30, dann von 1 — 30 vorwärts, 
rückwärts. 

c) Zerlegen der neuen Zahlen, sowie aller bekannten Zahlen, in 
ihre Zehner und Einer, mündlich und schriftlich. 

Bilden der neuen Zahlen aus Zehnern und Einern, mündlich, schrift- 
lich in Beihenform. 

2. Rechnen mit diesen Zahlen. Stelle an der Maschine an und 
rechne: 

a) 1 St+ 10 St. = 11 St. 11 St. + 10 St. = 21 
2 St. + 10 St. = 12 St. 12 St. + 10 St. = 22 



b) 11 St 


,. — 10 St. — 1 St 


;. 21 St. 


10 St. — 


11 


12 St. — 10 St.— 2 St. 22 St. 10 St.— 


12 


bis bis 




10St. + 10St. — 20St. 20St. + 10St.— 


30 


20 St. — 10 St. — 10 St. 30 St. — 10 St. — 


20 


c) 10 H 


^12 — 10 + 10 + 2 — 20H 


1-2 — 22 




10- 


-14 = 10 + 10H 


h 4 = 20 - 


1-4 — 24 




10 + 16 — 10 + lOH 


-6 = 20- 


-6 = 26 




n. s. w. 




d) 29 19 — 29 10 9 — 19 9 — 10 




27 17 — 27 10 7 — 17 7 - 10 




25- 


15 = 25 10 - 


-5 — 15- 


-5-10 





u. s. w. 



3. S t u f e. 1. Die frühem Übungen in der jetzt erweiterten Beihe 
in konkreten und abstrakten Beispielen mündlich, schriftlich (mit und 
ohne Anschauung). 



10 St. + 1 St. = 11 St. 
10 



10 



rj 



2 „ =12 „ 

3 n =13 „ 

n. 8. w. 



20 St. + 1 St. = 21 St. 
20 „ + 2 „ =22 
20 „ + 3 „ = 23 
n. s. w. 



n 



100 



Das zweite Sclmljahr 



3. Stufe. Mit den Zehnerzahlen wollen wir noch weiter rechnen. 
a) Mündliches Durchlanfen der Beihe in Intervallen von 20, 30, 40 vor- 
wärts, rückwärts, hald mit benannten, bald mit unbenannten Zahlen. 



20 + 20 — 40 


100 — 20 — 80 


40- 


I- 20 = 60 


80 20 = 60 


60- 


- 20 = 80 


60 — 20 — 40 


80- 


- 20 = 100 


40 — 20 = 20 


knrz: 2( 


1, 40, 60, 80, 100 


kurz: 100,80,60,40,20 



10 + 20 = 30 
30 4- 20 = 50 
50 -|- 20 = 70 
70 4- 20 = 90 
kurz: 10, 30, 50, 70, 90 



90 — 20 = 70 
70 — 20 = 50 
50 — 20 = 30 
30 — 20 = 10 
kurz: 90, 70, 50, 30, 10. 



In gleicher Weise werden anch die übrigen Reihen gebildet. 

b) Dieselben Übungen nach jeder Gmppe anch schrifUidi. 

c) Übungen ausser der Beihe mit Bückbeziehnng auf Früheres, in 
abstrakten und konkreten Zahlen: 



1-1-2=3 
10 + 20 = 30 



5 



2 I g 

20 4- 30 = 50 



4 
40 



3 
30 



7 
70 



10 
100 

7 
70 

80 



2 
20 

4 
40 

5 
50 



8 
80 

3 
30 

3 
30 



4. Stufe. Ans dem Vorhergehenden haben die Schüler gelernt, 
dass die Zehner in der Zehnerreihe gerade so fortschreiten wie die Einer ; 
dass man die Zehner gerade so zusammenzählen und voneinander ab- 
ziehen kann wie die Einer, und femer haben sie die Zehnerzahlen anch 
schreiben gelernt. 

Sie sprechen sich nun a) darüber aus und tragen b) die Reihe der 
reinen Zehner in ihr Heft ein. 



5. Stufe. 

a) Wiederholen der Zozähl- und Abzählreiheu ohne Anschauung mit 
benannten und unbenannten Zahlen. 

b) Übungen ausser der Beihe, z. B. 



50 + 30 

100 — 10 

80 —30 



?; 30 + 20 
?; 50 — 20 
?; 50 + 40 



?; 70 + 10 = ?; 60 + 40 = ? u. s. w. 
?; 70 — 40 = ?; 90 — 50 = ? n. b. w. 
?; 20 + 60 = ?; 70 — 40 = ? n. s. w. 



Bechnen 



101 



10 St. + 20 + 30 St. = ? 

30 St, + 40 + 20 St. = ? 

50 St + 30 + 20 St = ? 

n. s. w. 



90 St — 30 St — 20 St = ? 
100 St — 40 St. — 30 St = ? 
80 St. — 10 St — 50 St. = ? 
u. s. w. 



30 + 40 
70 — 30 
60 + 40 



50 + 10 — 20 = ? 
20 + 60 + 10 = ? 
50 _ 30 + 40 = ? 



U. 8. W. 



e) Zahl als Samme und Zahl als Rest: 



40 
40 
50 
50 
60 
60 
60 



= 10 + 30 
== 20 + 20 
= 10 + 40 
= 20 + 30 

= 10 + 50 
= 20 + 40 

= 30 + 30 



40 = 
40 = 
50 = 
50 = 
30 = 
30 = 
60 = 



60 
50 
80 
90 
70 
90 
100 



20 
10 
30 
40 
40 
60 
40 



u. s. w. 



U. 8. W. 



60 = 20 + 20 
70 = 10 + 30 
50 = 30 + 10 
80 = 40 + 10 
u. s, w. 



? 

? 

? 



Jede Gmppe dieser Übungen auch schriftlich. 

d) Angewandte Aufgaben: 

Ein Mann reist erst 30 Stunden weit, hernach noch 20 Stunden; 
wie viel Stunden weit ist er gereist? 

Jemand hat 70 Stunden weit zu reisen; er hat schon 40 Stunden 
zurückgelegt; wie viel Stunden Wegs muss er nun noch zurücklegen? 

Wer erst 20, dann 30 und zuletzt noch 40 Stunden weit gereist 
ist, wie weit ist der von seiner Heimat weg? 

Nach Kassel, wo Ns Bruder Soldat ist, sind's von uns aus 30 Stunden, 
nach Frankfurt a. M., wo Ns Onkel wohnt, sind's 50 Stunden, und nach 
Bremen, wo Robinsons Eltern wohnten, 100 Stunden. Wie viel Stunden 
sind's nach Frankfurt weiter als nach Kassel? Wie viel Stunden sind's 
von hier nach Bremen mehr als von hier nach Frankfurt? als nach 
Kassel ? 

Ein Mann will von Eisenach nach Kassel reisen. Er ist schon 
20 Stunden weit gereist ; wie viel Stunden Wegs hat er nun noch zurück- 
zulegen? 



102 D&s zweite Schaljahr 

2 Einheit 

Zahl gebiet: 10 — 100 in reinen Zehnem. 

Zahloperationen: Vervielfachen, Messen nnd Teilen innerhalb der 
Zehnerreihe. 

Sachgebiet: Dasselbe wie in der 1. Einheit, nämlich Weg- 
stunden (Meilen). 

Grundlegende Aufgabe: Wir wollen ausrechnen, wie viel Weg- 
stunden ein Wanderer in 4, 5, 8, 10 Tagen zurücklegt, wenn er jeden 
Tag 10 Stunden weit geht. 

J. Stufe, a) Unser längster Weg, den wir gemacht haben, war 
von hier nach Wilhelmsthal und wieder zurück : 2 Stunden hin, 2 Stunden 
her, zusammen 4 Stunden. Dazu haben wir fast einen Tag gebraucht, 
nämlich von früh 8 Uhr bis nachmittags 4 Uhr. Wir haben aber auch 
unterwegs vielmals ausgeruht, haben gefrühstückt, und wo es etwas zu 
sehen gab, Halt gemacht und uns umgeschaut. In Wilhelmsthal haben 
wir zu Mittag gegessen, haben uns den Teich mit den Schwänen, den 
Park und die Schlösser angesehen und dann noch lange gespielt. — 
Grosse Leute gehen in einem Tage viel weiter, als wir gegangen sind, 
zumal wenn sie sich unterwegs nicht aufhalten. Sie gehen in einem 
Tage 6 Stunden, 8 Stunden, und wenn sie recht tüchtige Fussgänger 
sind, auch 10 Stunden weit. — Eobinsons erste Eeise dauerte 4 Tage. 
Wie viel Wegstunden wird er in einem Tage gegangen sein? Vier? 
Nein mehr, er hat besser gehen können als wir, er war ja schon 20 Jahr 
alt. Also 10 Stunden? Doch nicht; denn er wollte die Gegend genauer 
kennen lernen, und musste daher oft stehen bleiben. Also vielleicl\t 
6 Stunden oder 8. — Der Wanderer in unserer Aufgabe aber ging 
täglich 10 Wegstunden weit; wir wollen ausrechnen, wie viel Stunden 
seines Weges er in 4 Tagen, in 5, in 8 Tagen, in 10 Tagen zurücklegt. 

b) Wenn er jeden Tag nur 1 Wegstunde zurück legte, wie weit 
würde er da kommen in 1, 2, 3 ... 10 Tagen? 1, 2, 3 . . . 
10 Stunden. Wenn er aber täglich 2 Stunden gegangen wäre, wie viel 
Stunden würde er zurücklegen in 1, 2, 3, 4, 5 Tagen? Und wenn er 
täglich 5 Stunden ginge, wie weit käme er in 1 Tage? in 2 Tagen? 
Denn: 

a) 1 X 1 = 1; 2 X 1 = 2; bis 10 X 1 = 10. 

b) 1 X 2 = 2 ; 2 X 2 = 4 ; bis 5 X 2 = 10. 

c) 1 X 5 = 5; 2 X 5 = 10. 

Wie viel Tage würde ein Anderer, der täglich 2 Stunden weit 
geht, zu einem Wege brauchen von 2 Wegstunden? von 4, 6, 8, 10 
Stunden? (2, 3, 4, 5 Tagen?) Aber wie viel Tage zu einem Wege 
von 5 Stunden, 10 Stunden, wenn er täglich 5 Stunden zurück legt? 
(1 Tag, 2 Tage.) 

Denn: 2'St. gm.*) 2 St. = 1; 4 St. gm. 2 St. = 2; 6 St. gm. 2 St. = 3; 

8 St. gm. 2 St. = 4; 10 St. gm. 2 St. = 5 ; 
und: 5 St. gm. 5 St. = 1; 10 St. gm. 5 St. = 2. 

*) gm. ^ gemessen mit. 



Eechnen 108 

Da haben wir nach den frühern Sätzen mit ^mal'^ and „gemessen 
mit" gerechnet. Nun werden wir auch unsere neue Aufgabe leicht lösen 
lernen. 

2. Stufe. Wiederholt dieselbe. 

1. a) Zählt an der Rechenmaschine die 10 Stunden ab, welche der 
Mann am ersten Tage zurückgelegt hat. Ebenso die vom zweiten, dritten. . 
Hier stehen die Stunden, die der Wanderer in 10 Tagen zurückgelegt hat. 

b) Durchlaufen der aufgestellten Reihen in folgender Weise: 

Das sind die ersten 10 Stunden. 
Das sind die zweiten 10 Stunden. 

bis 
Das sind die zehnten 10 Stunden. 



Das sind 



1 X 10 Stunden 1 X 10 St. = 10 St. 

n . 2 X 10 „ 2 X 10 „ = 20 , 

n « 3 X 10 „ 3 X 10 , = 30 „ 

4 X 10 „ 4 X 10 „ = 40 „ 

bis bis 

10 X 10 „ 10 X 10 „ = 100 „ 



» w 



Ebenso die Reihen auch rückwärts. 



Seht an die Rechenmaschine und sagt; Wie viel Wegstunden hat 
also unser Wanderer zurückgelegt: 



in 4 Tagen? 4 X 10 = 40 St. 
,8 „ 8 X 10 = 80 „ 

„10 „ 10 X 10 = 100 „ 



Und wie viel Stunden würde er zurücklegen in 2, 3, 5, 6, 7, 9 
Tagen? 

c) Aber wie viel Tage würde ein Wanderer brauchen zu einem 
Wege von 30, 50, 100 Stunden, wenn er täglich 10 Wegstunden zurück- 
legte? Zehn Stunden ist das Mass für einen Tag. In 30 Stunden liegt 
das Mass dreimal; zu einem Wege von 30 Stunden braucht er also 

3 Tage. In 50 Stunden liegt das Mass fünfmal; also braucht er zu 
50 Stunden 5 Tage: 50 gm. 10 = 5. In 100 Stunden liegt das Mass 
10 mal; also braucht er zu 100 Stunden Wegs 10 Tage: 100 gm. 10 = 10. 
Wie schreiben wir das? 

30 St. gm. 10 St. = 3; 50 St. gm. 10 St. = 5; 100 St. gm. 10 St. = 10. 

Welche Resultate würden wir aber erhalten, wenn der Weg 10, 

20, 40, 90 Stunden lang wäre? Wieso? Nachweis an der Maschine. 

d) Wie aber, wenn wir die Wegstunden auf Tage verteilen? Ver- 
teilt 20 Stunden auf 2 Tage, 30 Stunden auf 3 Tage, 40 Stunden auf 

4 Tage, bis 100 Stunden auf 10 Tage; was erhalten wir in jedem 
Falle? 

Da sind wir wieder auf neue Sätze mit „mal", „gemessen mit" 
und „geteilt unter" gekommen. Sagen und Schreiben der Sätze. 



104 Das zweite Schuljahr 

3. Stufe, a) Ausbildung und Übung der Eeihen in der dreifachen 
Form: in konkreten und abstrakten Zahlen, mit und ohne Anschauung, 
mündlich und schriftlich. Z. ß. 

1 X 10 St. = 10 St. 10 St. gemessen mit 10 St. = 1 

2 X 10 „ = 20 „ 20 „ „ „ 10 „ = 2 

bis bis 

10 X 10 „ = 100 „ 100 „ „ „ 10 „ = 10 

20 St. geteilt unter 2 = 10 St. 
30 „ „ „ 3 = 10 „ 

bis 
100 „ „ „ 10 = 10 , 

Ebenso rückwärts. 

Hierauf kurz erst an der Maschine, dann ohne dieselbe: 



. . . 10 X 10 = 100. 
. . . 100 gm. 10 = 10. 
. . . 100 gt. 10 = 10. 



1 X 10 = 10; 2 X 10 = 20; 3 X 10 = 30 

Rückwärts. 
10 gm. 10 = 1; 20 gm. 10 = 2; 30 gm. 10 = 3 

Rückwärts. 
20 gt. 2 = 10; 30 gt. 3 = 10; 40 gt. 4 = 10 

Rückwärts. 

Wie schreiben wir diese Sätze? Schreibt dieselben. 

b) Übungen ausser der Reihe (mit und ohne Anschauung). 

Setze fort: 

1 X 10 = 10; 3 X 10 = 30; 7 X 10 == 70; 9 X 10 = 90; 

2 X 10 = 20; 4 X 10 = 40} 8 x 10 = 80; 10 X 10 = 100; 

Ebenso mit „gemessen^ und mit „geteilt". 

4. Stufe. Sagen und Eintragen der gewonnenen Sätze der Zehner- 
reihe mit „mal", „gemessen mit", „geteilt unter": 

a) 1 X 10 = 10 b) 10 gm. 10 = 1 c) 20 gt. 2 = 10 

2 X 10 = 20 20 „ 10 = 2 30 „ 3 = 10 

3 X 10 = 30 30 „ 10 = 3 40 „ 4 = 10 

bis bis bis 

10 X 10 = 100 100 „ 10 == 10 100 „ 10 == 10 

5. Stufe. 1. Mannigfaches Durchlaufen der Reihen mit benannten 
und unbenannten Zahlen, mündlich und schriftlich. 

a) Übungen ausser der Reihe: 



3 X 10 — ? 
8 X 10 = ? 
7 X 10 = ? 


20 gm. 10 = ? 

100 „ 10 = ? 

60 „ 10 = ? 


30 gt. 3 — ? 
60 „ 6 = ? 
90 „ 9 = ? 


4x 10 — ? 
50 gt. 5 = ? 
70gm.l0 = ? 


U. 8. W. 


u. s. w. 


n. 8. w. 


tt. 8. W. 



Rechnen 105 

b) Die Sätze mit „mal^ vom Vielfachen aus, die mit „gemessen^ 
von der Massanzahl, die mit „geteilt^ vom Teile aas: 

10 = 1 X 10 2 = 20 gm. 10 10 = 20 gt. 2 

20 = 2 X 10 3 = 30 „ 10 10 = 30 ^ 3 

bis bis bis 

100 = 10 X 10 10 = 100 „10 10 = 100 „ 10 

Ebenso Aufgaben ausser der Eeihe. 

2. Angewandte Aufgaben: 

Wie viel Stunden weit war unser Wanderer (in der grundl. Aufg.) 
gegangen in 2 Tagen? in 3, 5, 8, 4, 9, 6 Tagen? 4 X 10 Stunden 
sind wie viel Stunden mehr als 2 X 10 Stunden? aber wie viel weniger 
als 7 X 10 Stunden? 

Welche Zahl ist um 3x 10 grösser als 50? 

Jemand hat einen Weg von 70 Stunden zu machen; wie viel Tage 
braucht er zu dieser Eeise, wenn er täglich 10 Stunden weit geht? 

Wie viel Stunden weit hat er noch zu gehen, als er schon 4 Tage 
gegangen war? 

Wie viel Tage würde er aber zu einem Wege von 60 Wegstunden 
brauchen, wenn er täglich 10 Stunden weit fährt? 

3. Zusammengesetzte Aufgaben : 5 X 10 + 40 gt 9 -}- 50 = ? etc. 



3 Einheit 

Zahlgebiet: Die Zahlreihe von 1 — 20. 

Zahloperationen: a) Keine Zehner mehr Einer (10 + ^); Einer 
mehr reine Zehner (5 -|- 10); b) Gemischte Zehner weniger ihre 
Einer (16 — 6); weniger ihre reinen Zehner (11 — 10).*) 

Sachgebiet: Jahre. 

Grundlegende Aufgabe. Wir wollen mit dem Alter Eobinsons 
und mit eurem eigenen Alter rechnen. 

1. Stufe. Wie alt war Robinson, als sein Vater mit ihm über seine 
Zukunft sprach? 18 Jahre. Wie alt war er, als er heimlich fortging? 
19 Jahre. Wann ist beides geschehen? Vor länger als zweihundert 
Jahren. Zählt hundert Jahre an der Eechenmaschine ab. Wie lange 
dauerfaber ein Jahr? Vom Neujahrstag bis wieder zum Neigahrstag. 
Zu einem Jahre gehört der Frühling, der Sommer, der Herbst und der 
Winter. Ein Jahr ist also schon eine lange Zeit. Wie alt seid ihr 
jetzt? 7 Jahre, 8 Jahre. Zählt auch euer Alter an der Rechen- 
maschine, an den Fingern ab. Schreibt euer Alter an die Tafel (wie 
in der früheren Einheit die Stunden). 

2. Stufe, la. Jetzt wollen wir auch die Lebensjahre Eobinsons 
an der Maschine aufstellen, zählen und schreiben lernen. Bis zu zehn 



*) Vergl. Rechenbuch für Volksschulen. Weimar. SohtÜerheffc I. 
a 26 ff. 



106 Das zweite Schuljahr 

Jahren könnt ihr das schon. Stellt 10 Jahre an. Aber wie stecken 
wir 10 Jahre und noch ein Jahr an? Es ist keine Kugel mehr an dem 
Draht? Wir nehmen noch 1 Kugel vom zweiten Draht hinzu und haben 
nun 10 J+ ^ Ji das sind 11 J. Nun fahren wir fort: 11 J+ 1 J 
= 12 J; 12 J + 1 J = 13 J, und so fort bis 18 J+ 1 J = 19 Jahre. 
So viele Jahre war Robinson damals alt. 

b) Wer will Robinsons Lebensjahre noch einmal aufstellen? 

Zählt die Jahre durch bis 19, so : 10 J + 1 J = 11 J, 11 J + 1 J 
= 12 J , . . 18 J + 1 J = 19 J. Legen wir zu 19 J noch ein Jahr, 
so erhalten wir 20 J, welche Zahl wir schon kennen. Jetzt zählt kürzer 
so: 10 J, 11 J, 12 J . . ., 19 J. Ebenso rückwärts bis 10 J. Nun 
noch kürzer so: 1, 2, 3, ... 19 j rückwärts 19, 18, . . . 1. 

c) Stellt wieder 11 J an. Ihr seht: 11 = Zehn mehr Eins = 1 
Zehner und 1 Einer; 12 = Zehn mehr Zwei = 1 Z. und 2 E.; 13 = 
Zehn mehr Drei = 1 Z. -4~ 3 E. und so fort bis: 19 = Zehn mehr 
Neun =1 Z. -}- 9 E. Diese Übungen reihenweise vorwärts, rückwärts. 

d) Ihr erkennt daraus, warum wir drei -zehn, vier— zehn, fünf- 
zehn sagen. 

Wie schreiben wir aber die Zahlen Elf bis Neuzehn? Wir sehrei- 
ben die Fünfzehn so: 15 (1 Z. 5 E.), die Sechzehn: 16. Was bedeutet 
in 15 die 1, was die 5? u. s. w. Wie werden wir hiernach die 17, 18, 
19, die 14, 13, die 12, 11 schreiben? Was bedeutet immer die voran- 
stehende 1 ? 

Schreiben der Zahlreihe von 10 — 19, von 19 bis 10;. von 1 bis 19, 
von 19 bis 1. 

Zerlegen der Reihe in Zehner und Einer: 11 = 1 Z. + IE., 12 = 
1 Z. + 2 E. etc. ; ebenso rückwärts. 

2a. Welche neuen Zahlen und welche neuen Reihen haben wir 
kennen gelernt? Mit denselben müssen wir nun auch wieder rechnen 
lernen. Rechnet : 

lOJ.-f 1J.=?,10J.+ 2J.= ?,10J.+ 3J.==?bislOJ.+ 9=-? 
1J.+ 10J.=? 2J. + 10J. = ? 3J. + 10 J.=?bis 9J.+10.-=? 
19 J.— 9J. = ?18J.— 8 J.= ? .. . bis 11 J. — 1 J. = ? 

19 J. — 10 J. = ? 18 J. — 10 J.= ? ... bis 11 J, — 10 J. = ? 

Dieselben Übungen in unbenannten Zahlen, aber mit Anschauung. 

3. Stufe, a) Wiederholung der Zahlreihe von 10—20 (1—20) 
vorwärts und rückwärts, in benannten und unbenannten Zahlen, mündlich 
und schriftlich. 

b) Durchlaufen der Reihe in dieser Form: 

10 ist 10 ; 11 ist 10 + 1; 12 ist 10 + 2; . . . 19 ist 10 4- 9; 

20 ist 10 + 10. Rückwärts. 10 == 1 Z. -f E. ; 11 = 1 Z. + 1 E.; 
12 = 1 Z. + 2 E. ; . . . 19 = 1 Z. + 1 E. ; 20 = 2 Z. + E. Rück- 
wärts. 



Be ebnen 1U7 



c) 1 + 1 = 2 10 



11 



1 = 12 20 — 



8 



9 

19 

8 

18 

1 
11 



2+1=3 9— 

12 4- 1 = 13 19 — 

bis b 

9 + 1 = 10 2 — 

19 + 1 = 20 12 — 

d) Wie viel ist: 

10+ 4? 10+ 7? 10+ 9? 10+ 2? 10 + 10? 

18—8? 15—5? 12—2? 16—6? 13—3? 

12 — 10? 14—10? 15 — 10? 18 — 10? 19 — 10? 

10+ 3? 10+ 4? 10+ 2? 10+ 5? 10+ 4? 

12— 2? 13— 3? 14 — 10? 15—10? 18 — 10? 

Auch die vorstehenden Übungen unter b — d mit benannten und mit 
unbenannten Zahlen, mündlich und schriftlich. 

4. Stufe, a) Sagen der Eeihe von 11 — 20 und Eintragen der- 
selben in symmetrisch-senkrechter Reihe ins Heft. 

b) Stellenwert der Ziffern und Eintragen der Merk werte: Zehner, 
Einer; Einerzahlen, reine Zehnerzahlen, gemischte Zehnerzahlen. 

c) Die Einer in den gemischten Zehnerzahlen schreiten gerade so 
fort, wie die reinen Einer in der ersten Reihe von 1 — 10 fortschreiten: 
1, 2, 3, 4 . . . 11, 12, 13, 14 . . . 

d) Eintragen je eines Rechenbeispiels 1) für das Zuzählen reiner 
Einer zu einem reinen Zehner, eines reinen Zehners zu reinen Einern: 

10 + 7 = 17 4+10 = 14 

und 2) für das Abzählen der vorhandenen Einer von gemischten Zehner- 
zahlen, sowie der reinen Zehner von der gemischten Zehnerzahl: 

18 — 8 = 10 16 — 10 = 6. 

5. Stufe. 1) Weitere Übungen in der Reihe 11 — 20, im Zählen, 
Zerlegen und Bilden der Zahlen (ohne Anschauung) mündlich, schriftlich: 

a) Zählt die Reihe von 1—19 vor- und rückwärts. 
Dieselben Übungen mit Überspringen einer Zahl. 

Zählt von euerem Alter bis zu Robinsons Alter; von diesem rück- 
wärts bis zum 13., 11., 10., 7. Jahre. 

b) Zerlegt die Zahlen 11 — 15, von 19 --16 in ihre Zehner und 
Einer. 

Schreibt 12, 14, 9, 17, 5, 18, 16; 8, 18, 2, 12, 3, 13; 6, 16. 
Schreibt die Zahlen, welche bestehen aus: 1 Z und 5 E. ; aus 1 Z. 
und 8 E ; aus 6 E. und 1 Z.; aus 8 E. und 1 Z. 

Reihenübungen mit Überspringen einer Zahl, z. B. 

10 + 1 = 11 ; 10 + 3 = 13 ; 10 + 5 = 15 ... 10 + 9 = 19 

11 — 1 = 10; 13—8, 15 — 5, 17 — 7, 19 — 9 
19 — 10, 17 — 10, 15 — 10, 13 — 10, 11 — 10 



108 Das zweite Schuljahr 

2. Wie viel sind 10J.+ 3 J.? lOJ.-f 5J.? 10J.+ 9J.? 

IJ. + 10 J.? 4 J. + 10 J. ? 7 J. + 10 J.? 
12 J.— 2J.? 14 J.— 4J.? 16 J.— 6J.? 
HJ. — lOJ.? 13J. — lOJ.? 15J.— lOJ.? 

3. Angewandte Anfgahen. 

Als Rohinson von seinen Eltern wegging, war er 19 Jahre. Wie ^ 
alt war er ein Jahr früher? 1 Jahr später? 9 Jahre früher. Zehn .m 
Jahre früher? 

Ein Kind war damals 10 Jahre ; wie viel Jahre war Eohinson älter-^ 
als dieses Kind? 

Ein Kind ist jetzt 8 Jahre alt; wie alt ist es aber nach 1 Jahr?^2 
nach zwei Jahren? Manche Kinder in der zweiten Klasse sind jet z l ^ 
10 Jahre; wie viel Jahre müssen sie noch in die Schale gehen? (4] 
Wie viel Jahre die Kinder in der 1. Klasse, die jetzt 13 Jahre all 
sind? — Ein Kind ist 10 Jahre, ein anderes 15 Jahre alt. Wie viel- 
Jahre ist das zweite älter als das erstere? — Jemand hat einen Weg^ 
von 16 Wegstunden zurück zu legen. Er ist schon 6 Stunden (10 St.) 
gegangen; wie viel Stunden hat er nun noch zu gehen? 



4 Einheit 

Zahlgebiet: Die Zahlreihe von 1 — 30. 

Zahloperationen: Zuzählen gemischter Zehner zu reinen 

Zehnem und Abzählen gemischter Zehner von gemischten Zehnern 

mit denselben Einem (lO-j-lS; 25 — 15). 
Sachgebiet: Tage und Stunden. 

Grundlegende Aufgabe: „Wir wollen Eobinsons Seesturm be- 
rechnen. 

1. Stufe, a) Da können wir nicht mehr mit Jahren rechnen, sondern 
es muss mit Tagen und Stunden gerechnet werden. 

b) Feststellung des ThatsächÜchen aus der Erzählung: Beginn des 
Sturmes am ersten Tage zu Mittag. Aufhören des Sturmes am andern 
Tage des Abends. Von Mittag bis wieder Mittag ist ein voller Tag. 
Zwischen Mittag und wieder Mittag lag der Abend, die Mittemacht und 
der Morgen. Von Mittag des andern Tages bis zum Abend (um 6 Uhr) 
sind noch 6 Stunden. Der Sturm hat gedauert 1 Tag und 6 Stunden. 

2. Stufe, la) Wieviel Stunden dies zusammen sein mögen? Wie 
rechnen wir das? Wir zählen zuerst die Stunden, die ein Tag hat, an 
der Uhr (dem Zifferblatte) ab und dann noch 6 Stunden weiter. Da 
muss man aber weiter zählen können als bis 20. Von Mittag bis zum 
Abend (6 Uhr) sind 6 St., bis Mittemacht 12 St., bis zum Morgen 18 St. 
Nun zuerst bis zum Mittage; 18 St., 19 St., 20 St. Wie aber zählen 
wir weiter? Die Kinder hören und lernen: 21, 22, 23, 24. Von Mittag 



*) Vergl. Ziller, Seminarbuoh (im Jahrbuch 1874) 125 ff. 



Eechnen 



109 



bis wieder Mittag sind 24 St. Nun noch 6 St. (von 12 — 6 Uhr) weiter: 
25, 26, 27, 28, 29, 30 St. Von mittags 12 Uhr bis den andern Tag 
abends 6 Uhr sind 30 St.; Bobinsons Seestnrm hat 30 St. gedauert. 
Wer will auch noch einmal die Stunden so abzählen? Wer noch? Ab- 
zählen im Chor. Wer aber will die 30 Stunden an der Maschine an- 
stellen? Wer zählt die Kugeln von der 20. bis 30.? Wer aber zählt 
von der 30. an rückwärts? Wer will die ganze Reihe von 1 — 30 
vorwärts und rückwärts zählen? Chorübungen. 

b) Schreiben der Zahlen. Welche neuen Zahlen und welche neue 
Reihe haben wir da gelernt? Wie aber die neuen Zahlen geschrieben 
werden? Hier steht an der Maschine die 21 ; sie besteht aus 20 und 1 
oder aus 2 Z. und 1 E. Wer weis nun schon wie 22 geschrieben 
wird (sie ist an der Maschine angestellt)? wie die 23? 24? u. s. w. 
bis 30. 

Schreibt alle Zahlen von 21 — 30. Was bedeutet allemal die 2 
links? die andere Zahl rechts? 

Schreibt und lest die Reihe von 21 — 30, dann von 1 — 30 vorwärts, 
rückwärts. 

c) Zerlegen der neuen Zahlen, sowie aller bekannten Zahlen, in 
ihre Zehner und Einer, mündlich und schriftlich. 

Bilden der neuen Zahlen aus Zehnem und Einern, mündlich, schrift- 
lich in Reihenform. 

2. Rechnen mit diesen Zahlen. Stelle an der Maschine an und 
rechne: 

a) 1 St-f- 10 St. = 11 St. 11 St. -+- 10 St. = 21 
2 St. + 10 St. = 12 St. 12 St. -+- 10 St. = 22 



21 St. — 10 St. 

22 St. — 10 St. 

bis 
20St. -+- 10 St. 
30 St. = 10 St. 



11 
12 

30 

20 



10 + 10 + 2 = 20 H 


1-2 — 22 


10 + iOH 


h 4 = 20 H 


1-4 — 24 


10 + 10 - 


h 6 — 20 H 


-6 = 26 



b) 11 St.— lOSt. = ist. 
12St. — 10St.= 2 St. 

bis 

10 St. + 10 St. = 20 St. 
20 St. — 10 St. = 10 St. 

c) 10+12 = 
10 + 14 = 
10 + 16 = 

u. s. w. 

d) 29—19=29 — 10 — 9 = 19 — 9=10 
27 — 17 = 27 — 10 — 7 = 17 — 7 = 10 
25 — 15 = 25 — 10 — 5 = 15 — 5 = 10 

u. s. w. 

3. S t u f e. 1. Die frühem Übungen in der jetzt erweiterten Reihe 
in konkreten und abstrakten Beispielen mündlich, schriftlich (mit und 
ohne Anschauung). 

10 St. + 1 St. = 11 St. 20 St. + 1 St. = 21 St. 

10 „ +2 ^ =12 , 20 , +2 „ «22 „ 

10 „ +3 „ =13 , 20 „ +8 „ =23 „ 
u. s. w. u. s. w. 



110 



Das zweite Schuljahr 



Ebenso rückwärts: 





29 St. — 9 St. 


= 20 St. 


19 St. 9 St. = 10 St. 


28 „ 8 „ 20 „ 


18 „ -8 „ =10 „ 


27 , -7 , =20 „ 


17 „ -7 , -10 „ 


26 „ -6 „ =20 „ 


16 „ -6 „ =10 „ 


25 „ -5 „ =20 „ 


15 „ -5 . =10 „ 


24„ -4„ =20 , 


14„ -4 „ =10 „ 


n. 8. w. 


U. 8. W. 


21 = 2 Z. + 1 E. 


30 = 3 Z. -h E. 


22 — 2Z. -I-2E. 


29 = 2 Z. 4- 9 E. 


bis 


bis 


29 — 2 Z. + 9 E. 


22 = 2 Z, -H 2 E. 


30 = 3 Z. 4- E. 


21 = 2 Z. 4- 1 K 


Dann auch so: 




10 Jahre + 1 Jahr — 11 Jahre 


11 Jahre — 1 Jahr — 10 Jahi-e 


20 „ H 


hl n -21 „ 


21 „ -1 „ =20 „ 


10 „ - 


-2 „ =12 „ 


12 „ —2 Jahre— 10 „ 


20 „ - 


-2 „ =22 „ 


22 „ -2 „ =20 „ 


10 „ H 


wr W w 

h3 „ -13 „ 


13 „ -3 „ =10 „ 


20 , +3 „ =23 „ 


23 „ -3 „ -20 „ 


10 „ +4 „ 14 „ 


bis 


20 „ +4 „ -24 „ 


19 „ -9 „ =10 „ 


u. s. w. 


29 „ -9 „ =20 „ 


Ferner : 




1- 


^10 = 11 iH 


1-10-21 


11 10 — 1 21 — 10 — 11 


2- 


-10 = 12 12- 


^10 — 22 


12 — 10 = 2 22 10 — 12 


3 - 


h 10 — 13 13 H 


- 10 = 23 


13 10-3 23 10 — 13 


n. s. w. 


1 St- 


-10 St. -11 St. 


11 Tage — 10 Tage — 1 Tag 


il , H 


-10 „ -21 „ 


21 „ — 10 „ =11 Tage 


2 „ -\ 


h 10 , - 12 „ 


12 , -10 , = 2 Tage 


12 „ +10 „ -22 „ 


22 „ — 10 „ —12 Tage 


n. s. 


w. 


2. Die nenanftretenden Übnngen im Zoz&hlen nnd Abzählen. 


a) 10- 


1- 10 = 20 


29 - 19 — 10 


10 H 


hll— 21 


28 18 = 10 


10 + 12 — 22 


27 17 = 10 


bis 


bis 








10 J 


( 


20 = 30 


20 10 = 10 



Erechnen 111 

b) Konkrete and abstrakte Beispiele ausser der Reibe. 

Die Übungen in und ausser den Reiben werden so lange fortgesetzt, 
bis sich die beiden neuen Recbenregeln ergeben haben. 

4. Stufe a) Sagen und Eintragen der neuen Reihe von 20 — 30. 
b) Eintragen der neuen Regeln in der Form von Rechenbeispielen: 



10 
10 



14 = 24; 25 — 15=10 
16 = 26; 28—18 = 10 



5. Stufe, a) Zfihlen (Aufschreiben) der Reihe in mannigfacher 
Form von den Endpunkten aus vorwärts, rückwärts, von mittlem Punkten 
aus vor- und rückwärts, stetig aber mit Überspringen einer oder zweier 
Zahlen ebenso z. B. 

Zählt (schreibt) von 1—30; von 80—1. 

Zählt (schreibt) von 3—13 ; von 18—26; von 30—26 ; von 24—17. 

Sagt die Reihe von 1 bis 29 mit Überspringen einer Zahl; des- 
gleichen die Reihe von 2 — 30; von 30 — 2 und von 29 — 1. 

b) Zerlegt (mündlich, schriftlich) die Zahlen von 15 — 22, von 
25 — 30 in ihre Zehner und Einer. 

c) Sagt (und schreibt) die Zahlen, welche bestehen aus: 1 Z. + 7 ^-j 
lZ.-f4E., 2Z. + 1E., 2Z. + 6E, 2 Z. + 9 E. — Schreibt 12 Tage 
und 21 Tage und erklärt diese Zahlen. (12 = 1 Z. und2 E., 21 = 2 Z. 
und 1 E.). 

d) Rechnet aus: 

10 -fl, 10+3, 10+5, 20 + 4, 20 + 6, 20 + 8, 20 + 9 
1 + 10, 1 + 20, 2 + 10, 2 + 20 ; 3 + 10, 3 + 30, ... 9 + 10, 9 + 20 

11 + 10, 12 + 10, 13 + 10 u. s. w. 

10 + 11, 10 + 12, 10 + 13, ... 10 + 19, 10 + 20 

29 — 9, 29 — 10, 29 — 20 ; 28 — 8, 28 — 10, 28 — 20; 27 — 7, 

27 — 10, 27 — 20 etc. 

29 — 19, 28 — 18, 27 — 17, 26—16 u. s. w. (Gerechnet wird : 

29 — 10 — 9 = 19 — 9 = 10). 

e) Gemischte Aufgaben: 

6 + 20 — 16+10=? 

30 — 20 + 18 — 10 — 8 = ? 
u. s. w. 

f) Angewandte Aufgaben. Von einem Tage (= 24 St.) sind schon 
verflossen 4 St. (10 St., 14 St.); wie viel Stunden sind übrig? — Der 
Monat Juni hat 30 Tage ; verflossen waren erst 6 T., dann noch 10 Tage; 
wieviel Tage waren zusammen verflossen? — Vom Juni waren vorüber 
20 Tage; wieviel Tage waren noch übrig? — Von zwei Brüdern war 
der ältere 26, der jüngere 16 Jahre alt; wieviel Jahre war der erstere 



112 Das zweite Schuljahr 

älter als der jüngere? Wenn aher der eine 28 J., der andere 18 J. alt 
ist, wieviel ist da der eine jünger als der andere? — Ein Knabe ist 
8 J. alt; wieviel J. dauert es noch, bis er 18 J. alt ist? — Ein anderer 
ist 10 J. alt; wieviel Jahre dauert es noch, bis er so alt ist, wie jetzt 
sein ältester Bruder der 26 J. alt ist? — Jemand hat einen Weg 
von 27 Meilen zurück zu legen; zurückgelegt hat er schon 10 M. und 
hernach noch 7 M. Wieviel Meilen sind noch übrig? 



5 Einheit 

Zahlgebiet: 1—40. 

Zahloperationen: Zazählen und Abzählen reiner Einer und 
gemischter Zehner zu und von gemischten Zehnem ohne Über- 
gang von den Einem zu einem neuen Zehner (16 -|- 3; 24 -|- 15 ; 
38 — 4; 36 — 13). 

Sachgebiet: Schritte (Fuss, Meter). 

Grundlegende Aufgabe: Wir wollen abschreiten und zählen, 
wieviel Schritte lang und breit unser Schulhaus ist, und sodann mit den 
Schrittzahlen rechnen. (Im Anschluss an Bobinsons Hausbau). 

1. Stufe. Wieviel Schritte lang und breit unser Schulzimmer ist, 
wissen wir schon ; das haben wir ja unlängst gemessen. Gebt die Zahlen 
an. (Länge: 15 Schritte, Breite: 12 Sehr.) Auch die Länge und Breite 
unseres Korridors ist uns schon bekannt. 28 Sehr. Länge, 4 Schritt 
Breite. Aber wie lang und breit ist nun unser Schulhaus ? Wir gehen 
hinaus und messen. 

2. Stufe, la) Gewinnung der neuen Zahlen und der erweiterten 
Reihe durch Anschauung. 

Unser A soll zuerst die Länge, dann auch die Breite abschreiten ; 
wir andern sehen zu, ob er es ordentlich ausführt, und zählen im 
Chor mit. Bis 30 können wir schon gut zählen; dann fangen wir wieder 
von 1 an. Beim Abschreiten zählen wir die Schritte von 1 — 30 und 
dann noch 8 Schritte: unser Schulhaus ist 30 Sehr, und noch 8 Sehr, 
lang. Das Abschreiten der Breite ergiebt 16 Schritte. 

b) Wie lang ist das Schulhaus? 30 Sehr, und noch 8 Sehr. Weiss 
schon eins, wieviel Schritte das zusammen sind? Wir wollen jetzt diese 
Schritte an der Eechenmaschine aufstellen und zählen. Stellt die 30 an, 
und dann auch die 8. Dann heisst es: 30 und 1 ist 31, 30 und 2 ist 
32, . . . 30 und 8 = 38. Unser Schulhaus ist 38 Sehr. lang. Wäre es 
aber noch 1 Sehr, länger, so wären es 39, und noch einen Schritt länger, 
so wäre es 40 Sehr. lang. Wie lang ist es aber nur? 38 Sehr. Wer 
will noch einmal die Sehr, aufstellen und zählen? Nun noch bis 40. 

Zählen an der Maschine von 31 — 40, von 1 — 40, vorwärts, rück- 
wärts. 

c) Schreiben der neuen Zahlen von 31 bis 40, von 40 bis 31. Wie 
wollen wir 31 schreiben? Was bedeutet die 3? die 1? — Schreibt 
vor- und rückwärts die ganze Reihe von 1—40. 



Rechnen 



113 



Zerlegt mündlich and schriftlich die Zahlen in ihre Zehner und 
Einer von 31 — 40. — Zerlegen von Zahlen ausser der Eeihe (nach 
Diktat). 

Schreibt die Zahlen, welche bestehen: ans 3 Z. und 7 E., aus 3 Z. 
und 2 E., aus 2 Z. und 9 E. ; lest die geschriebenen Zahlen. Stellt sie 
an der Maschine (mit den Stäbchen) auf. 

2. Rechnen in der erweiterten Reihe an der Rechenmaschine (den 
Stäbchen). 

a) Ein Schüler schreitet erst 32 Sehr, ab, dann noch 5 Sehr. 
Stellt's an und rechnet, wie viel Sehr, es zusammen sind. 32 -|- 5 = 37. 
Aber 34 Sehr, und noch 4 Sehr.? Stellt an und zählt zusammen: 
34 + 4 = 38 Seh. SteUt an und rechnet aus : 31 Sehr. + 8 Sehr., 
2G Sehr. + 3 Sehr., 15 Sehr. + 4 Sehr. 

b) Wie viel sind aber 23 Sehr. -|- 12 Sehr.? Anstellen und Rech- 
nen. Gesprochen wird : 23 + 12 = 23 + 1 + 2 = 33 + 2 = 35. 
Noch einige Beispiele. — Ebenso werden anschaulich (an der Rechen- 
maschine) gerechnet: 

c) 38 Sehr, weniger 5 Sehr. = 33 Sehr. ; 29 Sehr. — 3 Sehr. == 26 
Sehr. etc. 

d) 36 Sehr. — 12 Sehr. = 36 — 10 — 2 = 26 — 2 = 24 Sehr. etc. 

3. Stufe. 1) Die früheren Übungen in der erweiterten Reihe in 
benannten und unbenannten Zahlen, mündlich und schriftlich, (mit und 
ohne Anschauung). * 



a) 10 
10 



1 20 

2 20 



1 
2 



30 
30 



1 11 — 1 21 — 1 31 — 1 41 — 1 

2 12 — 2 22 — 2 32 — 2 42 — 2 



b) 10 + 1 10 + 2 10 + 3 11 — 1 12 — 2 13 — 3 
20+1 20+2 20 + 3 21 — 1 22 — 2 23 — 3 
30+1 30 + 2 30 + 3 31 — 1 32 — 2 33 — 3 

c) 11 + 10 21 + 10 11 + 20 

12 + 10 22+10 12 + 20 

bis bis bis 

19 +10 29 + 10 19 + 20 

d) 11 — 10 21 — 10 39 — 10 39 — 20 39 — 80 

12 — 10 22 — 10 38 — 10 38 — 20 38 — 30 

bis bis bis bis bis 

19 — 10 29 — 10 31 — 10 31 — 20 31 — 30 



2. Die auf Stufe II. neuaufgetretenen Rechenfälle (mit und ohne 
Anschauung). 



a) 21 Schritte + 1 Schritt = 22 Schritte 32 Sehr. + 2 Sehr. 
21 „ +3 „ =24 „ 32 „ +4 

21 « + 5 . = 26 „ 32 „ + 6 



I» 






9 

? 
? 



Ebenso 33, 23 + 1, 2, 3, 4, 5, 6 u. s. w. 



8 



114 



Das zweite Sehalj&hr 



26 Sehr. + 11 Sehr. 
24 „ 4-12 
22 „ +17 
16 „ +23 
12 „ + 25 



r> 



n 



w 



= 20 + 10 + 1 = 
= 24 + 10 + 2 = 
= 22 + 10 + 7 = 
== 16 + 20 + 3 = 
= 12 + 20 + 5 = 



36+1 
34 + 2 
32 + 7 
36 + 3 
32 + 5 



37 Sehr. 
36 
39 
39 

37 



b) 39 Sehr. 
36 



n 



5 Sehr. 
3 



n 



34 Sehr. 
33 . 



n 



n 



U. 8. W. 



36 Sehr. 

38 „ 

39 . 



14 Sehr. 

15 

28 



n 



n 



36 — 10 — 4 = 2(3 — 4 = 22 Sehr. 

38 _ 10 — 5 = 28 — 5 = 23 ^ 

39 — 20 — 8 = 19 — 3 = 16 . 



e) Summen und Differenzen von Schritten, Stunden^ Tagen, Jahren 
nicht in Eeihenform z. B. Jemand ist 23 Jahre alt ; wie alt ist er nach 
5, nach 12, nach 15 Jahren? — Ein Mann ist 36 Jahre alt, ein anderer 
ist 5 Jahre jünger; wie alt ist dieser? 

Fortsetzung der vorstehenden Übungen mündlich und schriftlich, bis 
die neue Eegel sich ergiebt. 

4. Stufe, a) Sagen und Eintragen der neuen Beihe von 30 — 40. 

b) Eintragen der neuen Eechnungsregeln in der Form von Rechen* 
beispielen : 32 + 7; 25 + 14; 38 ~ 5 ; 36 — 12. ' 

5. Stufe, a) Mannigfaches Duichzählen der Eeihe bis 40 auf- 
wärts, abwärts: in Absätzen von 15 — 22, von 28 — 33, von 35 — 40, 
von 40 — 28 u s. w., im Durchlaufen der ungeraden, der geraden Zahlen; 
mit Überspringen zweier Zahlen, ausgehennd von der Eins, von der 
Zwei. Mündliches und' schriftliches Zerlegen der neu aufgetretenen Zahlen 
in ihre Zehner und Einer; desgleichen Bilden der Zahlen aus Zehnern 
und Einern. 

b) Schreibt 12, 21; 13, 31; 23,32. Vergleichendes Zerlegen 
dieser Zahlen in ihre Zehner und Einer. 

c)Eechnefc; 11 + 1, H + 2, . . . 11 + 8; 20 + 2, 21 + 2, 22+2, 
... 22 + 7; 33 + 1, 33 + 2, ... 33 + 6. 

39 — 1, 89 — 2, 39 — 3, ... 39 — 8 ; 38 — 1, 38 — 2, 38— 3, 38 — 7 

u. s. w. 



10 + 12, 11 + 13, 12 + 14, 13+15, 24 + 10, 25 + 11,26 
29 — 19, 39 — 19, 38 — 17, 37 — 15, 36 — 13, 25 — 14 
38 — 21, 37 — 23, 36 — 24, 35 — 25 



12 



d) 24 Schritte +14 Schritte — ? 


36 Stunden — 1 4 Stunden — ? 


16 „ +12 „ -? 


39 „ -22 „ — ? 


11 „ +24 „ =? 


28 „ -16 „ — ? 


25 „ +13 „ =? 


35 „ -24 „ -? 



Eechneu 115 



e) 14 Jahre + 12 Jahre + 10 Jahre — 32 Jahre = ? 
4 Meüen + 20 Meüen +15 Meüen — 11 Meüen — 24 Meilen = ? 



u. s. w. 



f) Schreite (im Schulgarten) ab: 31 Schritte vorwärts, dann noch 
7 Schritte vorwärts; hierauf wieder 15 Schritte rückwärts; wieviel 
Schritte bist du vom Ausgangsorte entfernt? — Jemand hat einen Weg 
von 37 Meilen zurück zu legen; 25 Meilen ist er nun schon vor- 
wärts gekommen, wieviel Meilen muss er noch zurücklegen? — Von 
2 Längen beträgt die eine 36 Schritte, die andere 23 Schritte ; wieviel 
ist die erste länger als die zweite? — Jemand ist 21 Jahre alt; wie 
alt ist er nach 18 Jahren? 



6 Einheit 

Zahlgebiet: Die Zahlreihe von 1 — 50. 

Zahloperationen: Einer zu gemischten Zehnern bis zum 
nächsten vollen Zehner, und Einer von reinen Zehnern, z. B. 
a) 43 + 7 b) 40 — 6. 

Sachgebiet: Monate, Wochen, Tage. 

Grundlegende Aufgabe: „Wir wollen berechnen, wie lange 
Eobinsons Seereise bis zum Untergang des Schiffes gedauert hat.^ 

Abfahrt des Schiffes am 13. August; Ankunft Eobinsons auf der 
Insel am 30. September. 

Wir haben schon die Monate des Jahres besprochen, (siehe Natur- 
kunde) und wissen auch, wie viel Tage jeder Monat hat Wieder- 
holung des Gelernten. Der August hat 31 Tage. Zählt an der Eechen- 
maschine die Tage ab, welche der August vom 13. an (diesen mitgezählt) 
noch hat. Es sind noch 19 Tage. Vom 1. September aber bis zum 
30. September sinds 30 Tage. Zählt auch die 30 Tage des September 
an der Maschine ab. Hierauf von den 19 Tagen 10 zu den 30, giebt 
40 Tage, und nun noch zur Fortführung der Eeihe die 9 Tage hinzu: 
40 + 1 = 41, 41 + 1 = 42 . . ., 48 + 1 = 49. Eesultat : die Eeise 
bat 49 Tage gedauert. Wir haben die Zahlreihe dabei weiter bis 49 
gelernt. Nehmen wir noch einen Tag hinzu, so erhalten wir die Zahl 
50, die uns schon bekannt ist. Das übrige nunmehr bekannt. 



7 Einheit 

Zahlgebiet: Die Zahlreihe von 1—60. 

Zahloperationen: Einer zu und von gemischten Zehnem, mit 

Übergang von einem Zehner in den andern (8 -+ 7 ; 48 + 6 ; 

53 -~ 7). 
Sachgebiet: Jahre, Wochen. 

Grundlegende Aufgabe: Wir wollen (im Anschluss an den 
Jahrestag Eobinsons auf der Insel, an die Geburtstage der Kinder, an 

8» 



llö Das zweite Schuljahr 

den Anfang des neuen Schuljahes zu Ostern) die Wochen zählen^ die zu 
einem Jahre gehören, und mit den Wochenzahlen wieder weiter rechnen. 
Rechenformen. Gerechnet wird (mündlich, schriftlich) so : 

48+6 = 48 + 2 + 4 = 50 + 4 = 54 
53_7-53-_3__4= 50 — 4-46 

8 Einheit 

Zahlgebiet: 1—80. 

Zahloperationen: Gemischte Zehner zu und von gemischten 

Zehnem mit Übergang von einem Zehner in den andern (45 + 27 

73 - 25). 
Sachgebiet: Jahre, Wochen (wie in der vorhergehenden Einheit). 

Grundlegende Aufgabe: Vor kurzem haben wir ausgerechnet, 
wieviel Wochen Eobinson auf der Insel gewohnt hatte, als er seinen ersten 
Jahrestag auf derselben feierte; jetzt wollen wir ausrechnen, wieviel 
Wochen ihr nun schon in die Schule gegangen seid 

(Die Behandlung dieser Einheit wird in die Zeit fallen, in welcher 
die Schulwochenzahl zwischen 70 und 80 fällt. Wo nicht, so ist ein 
anderer Anknüpfungspunkt zu suchen). 

Auf der zweiten Stufe tritt auf: a) die Fortführung dfer natürlichen 
Zahlreihe von 60 — 80, b) die Auffassung der neu auftretenden Zahlen 
als Summen von Zehnern und Einern, sowie das Schreiben und Üben 
derselben und c) das Behandeln der neuen Rechenfälle: alles anschaulich 
an der Eechenmaschine oder mit Hülfe des Eechenkastens. Die hierher 
gehörigen Aufgaben werden gerechnet, wie folgt: 

a) 45 + 27 = 45 + 20 + 7 = 65 + 7 = 65 + 5 + 2 = 70 + 2 — 72. 

b) 73 — 38 = 73 — 30 — 8 = 43 — 8 = 43 — 8 — 5 = 40 — 5 = 35. 

Die 3. Stufe hat wieder teils mit, teils ohne Anschauung, in be- 
nannten und unbenannten Zahlen, mündlich und schriftlich a) die voran- 
gegangenen Rechenfälle nun auch in der erweiterten Zahlreihe auftreten 
zu lassen und b) die neuen EechenfäUe in mannigfacher Weise so lang9 
(teils in Reihenform, teils ausser der Reihe) zu üben, bis sich die be- 
griffliche Einsicht in das Verfahren ergeben hat. Auf der 4. Stufe wird 
diese Einsicht durch Eintragung der fortgesetzten Reihe und zweier 
Rechenbeispiele in das Regelheft fixiert, und schliesslich auf der 5. Stufe 
durch vielfache Aufgaben in praktisches Können übergeführt. Auf diesen 
beiden letzten Stufen tritt die Zahl nur in der abstrakten, nicht mehr 
in der anschaulichen Form auf. 

9 Einheit 

Zahlgebiet: 1—100. 

Zahloperationen: Wiederholung aller Rechenfälle im Bereiche 

der Gesamtreihe. 
Sachgebiet: Mark, Pfennige. 



Rechnen 117 

Grundlegende Aufgabe: Rechnen mit den Pfennigen, die zu 
einer Mark gehören. 

Der Geldfund Robinsons auf dem Schiffe hat uns Veranlassung ge- 
geben, die Kinder mit unseren Geldsorten (Markstücke, 50-, 20-, 10-, 5-, 
2-, l -Pfennigstücke, 2-Mark-, 3-Mark-, 5-Mark-, 10-Markstücke) bekannt 
zu machen. Hieran anknüpfend, kommen wir zu der Pfennigzahl der 
Mark und damit zum Zahlraume von 1 — 100. 

Oder: Grundlegende Aufgabe: „Wir wollen mit dem Meter messen 
und rechnen lernen.** (Teupser, Jahrbuch 1891, S. 59). 

10 Einheit 

Zahlgebiet: Fünferreihe des Einmaleins. 

Zahloperationen: Vervielfachen, Messen und Teilen im Bereiche 

der Fünferreihe. 
Sachgebiet: Gliedmasseu des menschlichen Körpers. 

Grundlegende Aufgabe: Wir wollen ausrechnen, wieviel 
Finger die fünf Kinder auf der ersten Bank zusammen haben. 

Die Kinder stellen sich vor und halten ihre Finger in die Höhe. 
Ist das nicht eine ganze Schar von Fingern? Wieviel mögen's ihrer sein? 

1. Stufe. Können wir das nicht schon rechnen? Wie denn? Jedes 
Kind hat 2 Hände, an jeder Hand 5 Finger, an beiden Händen zusammen 
10 Finger. Fünf Kinder sind's, also zusammen 5 X 10 = 50 Finger. Denn 
1 X 10 = 10, 2 X 10 = 20, 3 X 10 = 30, 4 X 10 - 40, 5 X 10 = 50. 
Ja, wir könnten auch schon gleich ausrechnen, wieviel Finger 6, 7, 8, 
9, 10 Kinder zusammen hätten; denn wir wissen ja 6x10 ==60, 
7x10 = 70, 8x10 = 80, 9x10-90, 10x10 = 100. Wir 
konnten das leicht ausrechnen mit den Mal-Sätzchen mit Zehn. Ob wir 
es nicht aber auch auf eine andere Weise ausrechnen könnten? 

2. Stufe. 1. Die 5 Kinder sollen wieder ihre Hände in die Höhe halten. 
Zählt, wie viel Hände haben sie zusammen? 10 Hände. M. komme 
her und zähle die Hände noch einmal. Wieviel Hände sind es? Aber 
wieviel Finger an jeder Hand ? Wieviel mal 5 Finger das sein mögen ? 
Zähle sie. Unter Hinzeigen auf die betreffenden Finger der Hände zählt 
M.: 1X5, 2x5, 3 X 5, ... 10 X 5 ; es sind 10 X 5 Finger. Wieder- 
holt es. Durchzählen mit dem Zahladverb. 

2. Übertragen der 10 X 5 Finger auf die Rechenmaschine in 
senkrechter Reihe untereinander und verschiedentliches Durchlaufen der 
Reihe. 

a) Stelle diese 5 ersten Finger an, = 5 Finger; darunter diese 
zweiten 5 Finger; 5 F. -j- 5 F. « 10 F. und so fort, bis alle angestellt 
sind. Hierauf: 

b) 5 F. 4- 5 F. - 10 F., 10 F. + 5 = 15 F. . . . bis 45 F. + 5F. = 
50 F. 

Nun kürzer: 5, 10, 15, . . . , 50; 50, 45, 40, . . . 5. 



118 



Das zweite Schaljahr 



c) Alsdann : 1 X 5 F. - 5 F., 2 X 5 F. — 10 F., 3 X 5 F. = 15 F., 
.. . 10x5F. = 50F. 

Wiederholtes Durchlaufen an der Maschine (oder den Stäbchen). 

Kürzer: 1 X 5 = 5, 2 X 5 = 10, ... 10x5 = 50; lOx 5 = 
50, 9 X 5 = 45 etc. 

8. Mit diesen neuen Mal-Sätzen können wir nun leicht die Finger 
der Kinder auf die andere Weise ausrechnen: Ein Kmd. hat 2 Hände 
und an jeder 5 Finger, macht 2 X 5 — 10 F. ; 2 Kinder haben 4 Hände 
und an jeder 5 Finger, macht 4x5 Finger, . . ., 5 Kinder haben 10 
Hände und an jeder Hand 5 Finger, macht 10 X 5 = 50 Finger. 

Kürzer : 1 Kind hat 2 X 5 = 10 F ; 2 Kinder haben 4 X 5 =-- 20 
F. u. s. w. Die 5 Kinder haben 10 X 5 =» 50 Finger. 

3. Stufe, a) Wiederholtes Durchlaufen der Fünferreihe mit „mal^ 
an der Eechenmaschine und ohne dieselbe, vor- und rückwärts. 

b) Eechnen mit andern benannten Zahlen z. B. mit Pfennigen 
(Fünfpfennigstücken), Mark (Fünfmarkstücken), anschaulich an der Ma- 
schine, ohne dieselbe: 

1 X 5 Pf. = 5 Pf., 2 X 5 Pf. -- 10 Pf., ... 10 X 5 Pf. = 50 Pf. ; ebenso 

rückwärts. 

1 X 5 M. = 5 M., 2 X 5 = 10 M 10 X 5 « 50 M. ; rückwärts. 

Weitere Anwendungen auf Nüsse, Getreidegarben, Spielkngeln mit 
und ohne Veranschaulichung am Eechenapparate. 

4. Stufe. 1. Sprechen der Mal-Sätze mit 5. 

2. Schreiben derselben senkrecht untereinander. 
2. Stufe B. (Messen und Teilen). Nochmalige Übertragung der 
Fingerzahlen an die Rechenmaschine und Durchlaufen der Malsätze mit 
der Fünf. Dann: 

a) die Reihe von den Produkten aus; mit Anschauung, mit und 
ohne Benennung der Zahl: 

5 = 1x5, 10 = 2 X 5, ... 50 « 10 X 5 ; rückwärts. 

b) Miss das Einfache und die Vielfachen von 5 mit 5. 



5 
10 
15 

50 



gm 



n 



5« 1 
5= 2 

n 5= 3 

bis 

5 = 10 



n 



50 


gm, 


. 5 


== 


10 


45 


n 


5 


— — 


9 


40 


n 


5 
biB 


-:— 


8 


5 


M 


5 


^ 


1 



c) Teilen der Vielfachen von 5 unter 2, 3, 4 — 10 Personen, an- 
schaulich, mit und ohne Benennung der Zahlen: 

lOPf.gt. 2-5Pf. 50 Pf. gt. 10 « 5 Pf. 

^5»w8""5n 45„„9 = 5„ 

bis bis 

50 , „ 10 = 5 , 10 „ „ 2-5 , 

3. Stufe B. Vielfaches Durchlaufen der Sätze aus der FOnfer- 
reihe mit „gemessen mit*^ und mit „geteilt unter^ an der Ha* 
schine (den Stäbchen), ohne dieselbe, mit und ohne Benennung der Zahlen. 



Rochnen 



119 



4. Stufe A und B. 1. Wiederholung der Sätze mit „mal" ; zu 
denselben die neugewonnenen Fünfersätze mit „gemessen" und mit „ge- 
teilt" ; 



1. 1X5= 5 
2X5 = 10 
3x5=15 

bis 
10X5 = 50 



5 gm. 5 = 1 
10 „ 5= 2 
15 ^ 5- 3 

bis 
50 gm. 5 «10 



3. 10 gt. 2 ==5 
15 . 3=5 



n 



20 „ 4 = 5 

bis 
50 gt. 10 - 5 



5. Stufe. 1. (Ohne Anschaanng). Vielfaches Üben der Ffinfer- 
sätze in allen 3 Formen a) in der Reihe, b) ausser der Beihe. 



2. a) 1 Fttnfer 

2 
3 



n 



10 



_ 5 pf^ 

- 2X5 = 10 Pf. 
= 8X5 = 15 „ 
bis 

= 10 X 5 = 50 



10 Fttnfer = 10 X 5 Pf. = 50 Pf. 



9 

8 



n 
n 



n 



b) 5Pf. = 1 Fttnfer 
10 „ - 2 „ 

bis 
50 „ = 10 „ 



= 9x5 „ =45 

= 8x5 „ =40 

bis 

= 1X5 „ - 5 



50 Pf. = 10 Fttnfer 



n 



7) 



45» 



7) 



n 



9 



bis 



n 



c) Wieviel Finger sind an 3, 5, 7, 9, 8, 6, 4, 2 Händen? 

Ein Zeichenstift kostet 5 Pf.; wieviel Pf. kosten 4, 7, 9, 10 solcher 
Stifte ? 

Auf jeder Bank sitzen 5 Kinder; wieviel auf 3, 4, 6 Bänken? 

15 Pf. (25, 40, 45 Pf.) sollen unter 3 (5, 8, 9) Kinder verteilt 
werden; wieviel erhält jedes? 



3. 



Wieviel ist 1 X 10 ? 2x5? 
1X10-10; 2X5 = 10 
2X10 = 20; 4x5 = 20 
3X10 = 30; 6x5 = 30 

bis 
5x10 = 50; 10X5 = 50 



ümkehrung : 
10= 1X10; 10= 2X5 
20 = 2 X 10 ; 20 = 4 X 
30 = 3 X 10; 30= 6x 

bis 
50 = 5X10; 50 = 10x5 



1X10 = 2X5 
2X10 = 4X5 
3x10 = 6x5 

bis 
5X10 = 10X5 



4. Zusammengesetzte Aufgaben: 

6x5 + 16 = ? 

8 X 5 4- 34 « ? 

9 X 5 — 27 = ? 
7x5 — 27 = ? 50 „5+3 = ? 

5. Angewandte Aufgaben im Bereiche aller Übungen von 1 — 4. 



40 gm. 5 -f 12 = ? 
35 „ 5+20 = ? 
45 « 5— 3 = ? 



n 



120 Das zweite Schuljahr 

II Einheit 

Zahlgebiet: Zweierreihe des Einmaleins. 
Zahloperationen: Vervielfachen, Messen und Teilen mit 2. 
Sachgebiet: Produkte des Landbaues; Preise derselben (im An- 
schluss an Eobinsons Feldbau). 

Grundlegende Aufgabe: Wir wollen berechnen, wieviel der 
Landmann, mit dem wir jüngst bei unserm Gang über den Wochenmarkt 
sprachen, für seine Kartoffeln gelöst haben wird. 

Ein Gang über den Wochenmarkt hat uns mit dem Produkteureichtum 
unseres Landbaus bekannt gemacht, der um so grösser erscheint, wenn 
wir ihn mit der geringen Zahl von Robinsons Feldbauerzeugnissen zu- 
sammenhalten. Bei Robinson finden wir, abgesehen von einigen wild- 
wachsenden, essbaren Früchten, nur die Gerste, den Mais, den Reis. Wie 
gross ist dagegen die Menge der Feldgewächse bei uns! Auch mit den 
Preisen von verschiedenen Produkten haben wir uns bekannt gemacht. 
Ganz besonders auffällig war uns die grosse Anfuhr von Kartoffeln, auch 
von weither (Mühlhausen); es war eben die Zeit der Kartoffelernte. In 
der naturkundlichen Stunde wird das Wahrgenommene besprochen ; von 
dieser aus gehen dann auch Fragen und Aufgaben, wie die obige, an 
das Rechnen über. 

1. Stufe. Der Mann, mit dem wir sprachen, hatte auf seinem 
kleinen Wagen 10 Sack Kartoffeln. Er war aus Tiefenort. Er klagte, 
dass die Kartoffeln dieses Jahr (1894) so niedrig im Preise ständen; in früheren. 
Jahren habe er für den Sack 3 Ji gelöst, dieses Jahr müsse er sie für 

2 Ji den Sack verkaufen. Wieviel wird der Mann dieses Jahr für 
seine 10 Sack Kartoffeln lösen? Und wieviel hätte er bei dem frühern 
Preis von 3 J(f gelöst? 

2. Stufe, a) Zählt die Mark, welche der Mann für seine 10 Sack 
Kartoffeln löst, an der Rechenmaschine ab. Die Kinder stellen an der 
Rechenmaschine in den Kugeln 10 mal 2 J(f senkrecht unter einander, 
indem sie dazu sprechen: 

Das sind die 2 «^ für den erten Sack, 
Das sind die 2 Ji für den zweiten Sack, 

bis 
Das sind die 2 ^ für den 10. Sack. 

b) Hierauf Durchlaufen der Reihe in folgender Weise: 

2 ^, 4 Jg, 6 Jg, 8 ^, 10 ^ bis 20 Jg. 

Der Mann hat also für seine Kartoffeln 20 ^ gelöst. Hätte er aber 

3 Ji bekommen, so hätte das für jeden Sack 1 J6 mehr gemacht; für 
die 10 Sack also 10 ^. Diese 10 ^ zu den 20 jK -= 30 JK. Dem- 
nach hätte der Verkäufer das' Jahr vorher für seine zehn Sack Kartoffeln 
30 J6 gelöst. 



Eechnen 121 

c) Wii* fassen aber die aufgestellte Eeibe noch etwas genauer ins 
Auge, um noch eine andere Berechnungsweise daran zu lernen. Es folgt 
nun das Durchlaufen der Eeihe in folgender Weise: 



Das sind 1 X 2 
Das sind 2x2^ 
Das sind 3 X 2 jg 

bis 
Das sind 10 X 2 Ji, 

d) Alsdann : 1x2^ = 2^6; 2x2^ — 4^, ...10x2^ 
= 20 ^. Ebenso rückwärts. 

Nun können wir leicht berechnen, was die Landleute für ihre Kar- 
toffeln lösen. Der Mann, mit dem wir sprachen, hatte zehn Säcke voll 
und löste für jeden Sack 2 Jb^ das macht 10 X 2 = 20 .>^. Wieviel 
löste er für 1 Sack? 1x2 = 2 Jb. Aber für 2, 3, 4 ... 9, 10 
Säcke ? 

Wieviel Säcke Kartoffeln würde aber eine Frau kaufen können für 
6 Ji (für 8 1^, 10 Ji^ 16 .^)? Wir müssen 6 Jt messen mit 2 Jb 
^=^3 {8 Jb gm. 2 Jb--4] 10 Jb gm. 2-5; 16 M gm. 2 = 8.) Für 
6 Jb erhält die Frau 2 Säcke, für 8^4, für 10 .* 5 und für 16 Jb 
8 Säcke. 

Zwei Frauen kaufen zusammen für 10 c>^ (14, 16, 18 M.); v^eviel 
muss jede Frau bezahlen? Bei 10 muss jede bezahlen: 10 .^ gt. 2 == 
5 Jb,j bei 12 Jb: l2Jbgt,2 = 6 Jb u. s. w. 

Daraas lernen wir wieder neue Sätze mit „mal", mit „gemessen" 
und mit „geteilt". 

3. Stufe, a) Durchlaufen der Reihe ohne Benennung der Zahlen, 
aber im Anschluss an die Eechenmaschine : 

1X2 = 2; 2x2 = 4; 3 X 2 =- 6; ... 10 X 2 = 20. Rückwärts. 
2 gm. 2 = 1 ; 4 gm. 2 = 2 ; 6 gm. 2 = 3 ; ... 20 gm. 2 = 10. Rückwärts. 
4gt.2 = 2; 6gt.3 = 2; 8 gt. 4 = 2: . . . 20 gt. 10 « 2. Rückwärts. 

b) Schreiben der Sätze an die Wandtafel immer von der Anschau- 
ung (der Rechenmaschine) aus; Lesen und Einüben derselben vor- und 
rückwärts; Schreiben der Sätze seitens der Schüler auf die Schief ei'- 
tafeln (mit benannten und unbenannnten Zahlen). 

4. Stufe Gebt alle Sätze mit „mal", „gemessen mit** und „ge- 
teilt unter** an und tragt sie in das Regelheft ein: 

1X2= 2 

2X2^ 4 

3x2= 6 

bis 

10 X 2 = 20 



2 gm. 2 1 


2 gt. 2 = 1 


4 „ a 2 


4 „ 2= 2 


6 „ 2- 3 


6,2=3 


bis 


bis 


20 „ 2 - 10 


20 „2-10 



122 Das zweite Schuljahr 

5. Stufe, a) Wiederholt die Mal-Sätze der Zweierreihe vorwärts, 
rückwärts. Ehenso die Sätze der Zweierreihe mit „gemessen mit'' „ge- 
teilt unter". 

h) Sagt die Malsätze so: 2 « 1 X 2; 4 — 2 X 2; 6 = 3 X 2 u. s. w. 

Die Sätze mit „gemessen" so: 1 -■ 2 gm. 2; 2 = 4 gm. 2 u. s. w. 
Die Sätze mit „geteilt" so: 2 = 4 gt. 2; 2 = 6 gt. 3; 2 =« 8 gt. 4 u. s. w. 

c) Verwandlung der Zweier in Pfennige und umgekehrt: 

1 Zweier — 1 X 2 4 ^ani^- 1 Zweier = 2 a^ dann : 2 ^ = 1 Zweier 

2 „ - 2x2 „ „ 2 „ « 4 „ 4 ^ -2 „ 
8 „ = 3X2 „ „ 3 „ = 6 „ 6 „ =-3 „ 

his his his 

10 „ =10x2 „ 10 „ «20 „ 20„-10„ 

d) Wenn der Sack Kartoffeln 2 Ji kostet, wieviel muss man dann 
bezahlen für 6 Sack? für 2, 8, 7, 5 Sack? 

Wieviel Sack kann man kaufen für 12 Ji*^ für 8, 16, 6, 18 ^? 

Auf der ersten Bank sitzen 6 Kinder; wer rechnet schnell aus, wie- 
viel Hände (Augen, Fasse) sie zusammen haben? Wieviel haben aber 
10 Kinder? 8 Kinder? 5 Kinder? 

Ihr habt 4 mal die Woche (Montag, Dienstag, Donnerstag, Frei- 
tag) des Nachmittags 2 Stunden Schule. Wieviel Nachmittagsstunden 
sind das in einer Woche? in 2 Wochen? 

e) Leichte zusammengesetzte Aufgaben: 

6x2 Jahre -f 2 X 2 Jahre 10 X 2 Jahre — 3 X 2 Jahre 
5x2 „ 4-4x2 „ 7x2 „ —5x2 



4x2 „ +3X2 „ 8X2 „ —2x2 



u. s. w. u. s. w. 

4 X 2 St. + 15 St. - 8 X 2 St. — 10 St. ^ 

9 X 2 „ i- 12 „ -- 10 X 2 „ - 16 „ ■-■--- 

f) Vergleichung der Zehner-, Fünfer- und Zweierreihe: 

1 X 10 - 10 2 X 5 - 10 2 X 10 = 20 

10 X 1 = 10 5 X 2 = 10 10 X 2 = 20 

g) 10 ist wieviel mal 2? aber wieviel mal 5? 20 ist wieviel 
mal 2? wieviel mal 5? wieviel mal 10? 

h) Anwenden des Zweiersatzes auf reine Zehnerzahlen: 

1 X 2 Zehner = 2 Zehner =20 1 X 20 = 20 

2X2 „ =4 „ =40 2X20=40 

3X2 „ =6 „ =60 kurz: 3 X 20 - 60 
4x2 „ =8 „ =80 4 X 20 = 80 

5x2 „ =10 „ =100 5 X 20 « 100 



Eechnen 123 

i) Angewandte Aufgaben auch zu den Übungen unter f — h. Z. B. 
10 Schüler sollen auf 2 Bänke, auf 5 Bänke verteilt werden; wieviel 
kommen auf eine Bank? — 20 Meilen sollen auf 2 Tage (auf 4, auf 
10 Tage verteilt werden; wieviel kommen auf jeden Tag? u. s. w. 

12 Einheit 

Zahlgebiet: Viererreihe des Einmaleins. 

Zahloperationen: Vervielfachen, Messen und Teilen im Bereiche 

der Reihe. 
Sachgebiet: Backwerk, Bäckerwaren, Preise. 

Grundlegende Aufgabe. Wie viel Geld müssen wir dem Bäcker- 
jungen geben, wenn jedes von euch zum Frühstück ein Brötchen für 
4 Pfennige erhalten soll? (Wieviel Schüler sind es? 12 Schüler.) 

Bobinson war froh, als er sich endlich aus Gerste Brot bereiten 
konnte. Bei uns giebt es vielerlei Backwerk, welches teils die Mutter, 
teils der Bäcker backt. Aufzählen desselben. Es wird wohl auch besser 
schmecken, als Robinsons Gerstenbrot geschmeckt hat. Gründe. Was 
für Backwerk bringt uns der Bäckerjunge in der Freiviertelstunde in 
unsere Schule? Was kostet ein Brötchen, eine kleine Semmel? Nach- 
dem in der Naturkunde dieser Gegenstand besprochen worden ist, wird 
aus diesem Gebiete die vorstehende grundlegende Aufgabe für das Rechnen 
herübergenommen . 

Der Gang der Übungen ist aus den voranstehenden Beispielen er- 
sichtlich. 

13 Einheit 

Zahlgebiet: Dreierreihe des Einmaleins. 

Zahloperationen: Vervielfachen, Messen und Teilen im Be- 
reiche der Dreierreihe. 
Sachgebiet: Thaler (—Dreimarkstücke), Mark. 

Grundlegende Aufgabe: Berechnen, wie viel 10 Thaler Mark 
sind. Jeder Thaler gilt 3 Mark. 

1. Stufe. Sachliche Besprechung der Aufgabe unter Vorzeigung 
der Münzen, und Überführung des Sachverhältnisses auf das Rechenver- 
hältnis. (Wieviel Markstücke bekomme ich beim Wechseln für die 10 
Thalerstücke ?) 

2. Stufe, a) Aufstellen der Mark, die ich erhalte, in einer senk- 
rechten Reihe untereinander an der Rechenmaschine und dadurch zu- 
gleich Bilden der Dreierreihe. Dann Durchlaufen der Reihe in folgender 
Weise: 

b) Das sind die ersten 3 Mark Das sind 1X3 Mark 

Das sind die zweiten 3 Mark Das sind 2x3 Mark 

bis bis 

Das sind die zehnten 3 Mark Das sind 10 X 3 Mark 



24 Das zweite Schuljahr 

1 X 3 «^ = S ^ 
2x3^= 6 Ji 
bis 
10 X 3 ^ = 30 J6 

m 

Für die 10 Thaler erhalte ich 30 Ji, Und wie viel für 1, 2, 3, . . . 

9 Thaler? 

Lest das noch einmal von der Maschine ab. Ebenso aach rück- 
wärts. 

c) Daraus erkennen wir aber auch noch mehr. Seht an die Rechen- 
maschine und sagt : 3 J^ sind wieviele Thaler ? Aber 6 Ji? 9 ^6? 
12 •^? ... 30 •^? Sagt's noch einmal im Zusammenhange? 

d) Wenn wir diese 3 Ji Einem geben, so hat derselbe 3 •^. Wenn 
wir aber 6 Jlf unter 2 Personen teilen, wieviel erhält da ein jeder? 
Wie ist's aber, wenn wir 9 «^ unter 3, 12 .^ unter 4 ... 30 ^ unter 

10 teilen? Fasst auch das zusammen. 

3. Stufe. Daraus lernen wir eine neue Eeihe kennen, die Dreier- 
reihe, mit der wir uns nun noch genauer beschäftigen. 

a) Sagen und Schreiben der Sätze zur Dreiherreihe mit „mal'', 
„gemessen mit'', „geteilt unter", mit Anschauung, ohne Anschauung, mit 
benannten und unbenannten Zahlen, vorwärts und rückwärts. 

1X3=3 3 gm. 3-1 6gt. 2 = 3 

2x3-6 6„3-2 9„3-3 

bis bis bis 

10x3 = 30 30 „ 3 = 10 30 „10 = 3 

b) Die Sätze mit „mal" von den Vielfachen, mit „geteilt" von den 
Teilen aus: 

3=1X3 3=6gt. 2 

6- 2x3 3= 9 „ 3 
bis bis 

30 = 10X3 3-30 „ 10 

4. Stufe. 1. Sagt die Sätze der Dreierreihe mit „mal". 

2. Desgleichen die Sätze mit „gemessen mit". 

3. Desgleichen die Sätze mit „geteilt unter". 

4. Tragt die Sätze ins Eegelheft ein. 

5. Stufe. (Ohne Anschauung). Mannigfaches Durchlaufen der 
Reihen, sowie angewandte Aufgaben aus dem Bereiche dieser und der 
vorhergehenden Reihen und aus dem vorliegenden und den frühem Sach- 
gebieten : 

a) Sagt die Sätze der Dreierreihe mit „mal^, „gemessen mit", 
„geteilt unter", vorwärts, rückwärts; mit Überspringen (1x3, 3x3, 
5x3 etc.). 

b) Die Mal-Sätze von den Vielfachen aus z. B. 3 =r:^ 1 x 3, 6 — J 
X3 etc. 



Eechnen 125 

Welche Zahl muss ich messen mit 3, wenn's 1 (2, 3, ... 10) 
geben soll? 

Die Sätze mit „geteilt^ von den Teilen aus : 1 = 3 gt. 3 ; 2 = 6 
gt. 3, 3 = 9gt. 3etc. 

c) Vergleichung der Fünfer-, Zweier- und Dreierreihe mit der 
Zweier-, Vierer-, Fünfer- und Zehnerreihe. 

1X3= 3 3x 1= 3 Ixl0=10xl = 2x5==5x2 

2x3= 6 3x 2= 6 2x10 = 10x2 = 4x5=5x4 

4X3=12 3x4 = 12 3x10=10x3 = 6x5 

5x3 = 15 3x 5 = 15 4x10 = 10x4 = 8x5 . 

10 X 3 = 30 3 X 10 = 30 5 X 10 = 10 X 5 = 

d) Jemand hat bei sich 8 Thalerstücke und 2 Markstücke; wieviel 
Mark machte das aus? — Ein anderer war 16 «^ schuldig und legte 
5 Thaler hin; wieviel hatte er noch darauf zu legen? Wie ist's aber, 
wenn er 6 Thaler hinlegt ? was bekömmt er da zurück ? — Wir wollen 
10 Mark mit Thalern bezahlen, soweit es geht, und das Übrige in Mark- 
stücken darauf legen;* wieviel Thaler- und Markstücke geben wir hin? 

Wenn wir aber 22 Jk bezahlen wollen und nur ganze Thaler haben; 
wieviel Thaler geben wir hin, und was müssen wir zurück erhalten ? — 
18 Ji sollen geteilt werden unter 2 Leute, unter 3; wieviel erhält 
jedes? Wie ist's aber, wenn 20 J6 zu verteilen sind unter 2, unter 4, 
unter 5, unter 10 Personen? — Teile 10 Ji unter 2, unter 3, unter 4, 
unter 5, dann ebenso die 11 J^^ 12 J^ u. s. w. so: 10 ^ gt., 2 = 5^; 
denn 2x5»^ sind 10 Ji] 10 Ji gt. unter 3 = 3.^ und 1 Ji Kest ; 
denn 3 X 3 ujf = 9 •^, 9 + 1 ^ = 10 ^. Wie kann man 24 J6 
mit Markstücken, mit Zweimarkstücken, mit Fünfmarkstücken, mit Zehn- 
markstücken bezahlen? Wie ist's in den beiden letzten Fällen zu 
machen ? 

e) Rechne ferner : 8x3 gm. 6 -f 38 — 22 gt. 5 = ? u. s. w. 



14 Einheit 

Zahlgebiet: Sechserreihe des Einmaleins. 

Zahloperationen: Vervielfachen, Messen und Teilen im Bereiche 
der Reihe. 

Sachgebiete: Wöchentliche Arbeitstage. Oder : Verbrauchs- 
gegenstände (Brot, Kaffee, Salz, Eier etc.). Gewicht derselben, 
Preise derselben 

Grundlegende Aufgabe: Wieviel Pfund Brot werden in einer 
Familie in 8 Tagen, in 10, in 14 Tagen gebraucht, wenn täglich ein 
Brot (von 6 Pfund) verzehrt wird? (Oder: „Wir wollen lernen, wie 
sich ein Schock Eier am besten abzählen lässt.'^ Teupser). 

Das Brot ist unser tägliches Nahrungsmittel Darum bitten wir im 
Vaterunser um unser täglich Brot. Wir können daher wohl die Freude 
Robinsons begreifen, als es ihm gelungen war, sich Brot zu bereiten. 



126 



Das zweite Schuljahr 



Habt ihr auch schon einmal acht gegeben, wie viel Brot ihr täglich 
braucht? Warum ist das aber nicht überall gleich? Wie schwer wiegen 
aber die grossen Brote, wie wir sie allermeist beim Bäcker kaufen? 
6 Pfund. Aber die kleinen Laibchen? ein Kümmelbrötchen? In der 
naturkundlichen Stunde sind bei der Besprechung dieser Gegenstände 
auch Abwägungen mittelst der Wage erfolgt. Wieviel Pfimd Brot 
die Familie in 8 Tagen, in 14 Tagen brauchen würde, wenn sie täglich 
nur ein kleüies Brot von 8 Pfund, von 4 Pfund nötig hat, könnten 
wir leicht nach der Dreier-, der Vierrerreihe ausrechnen. Geschieht, unter 
Wiederholung und Anwendung der Dreier- und Viererreihe des Eiumal- 
eins. . Was wollen wir nun aber jetzt berechnen? Wieviel Pfund sie 
in 8 Tagen, in 10, in 14 Tagen braucht, wenn sie täglich ein Brot von 
6 Pfund verzehrt. Folgt Lösung der Aufgabe auf der IL Stufe. Beaul- 
tat : In dieser Familie werden in 8 Tagen 8 X 6 = 48 Pfund, in 10 
Tagen 10x6=60 Pfund, in 14 Tagen 10 X 6Pf.-|- 4X6 = 60 
+ 24 = 80 + 4 = 84 Pfund Brot gebraucht. Die Reihenfolge der 
Übungen auf Stufe 2 und 3 siehe in der vorhergehenden 13. Einheit 
unter Stufe 2 und 3. 

Die 4. Stufe enthält die Sätze der Sechserreihe a) mit „mal^, 
b) mit „gemessen", c) mit „geteilt" (Vgl. 13. Einheit, Stufe 4). 

Auf der 5. Stufe treten unter den Systemübungen auch die Ver- 
gleichsreihen für die 6 mit auf: 



lx6-i 6 
2x 6-12 
8 X 6 - 18 

bis 
6 X 6 = 36 
10 X 6 - 60 



6x 1- 6 
6x 2 = 12 
6X 3=18 

bis 
6x 6 = 36 
6 X 10 = 60 



Als neu tritt hinzu und wird hiemach auch auf die schon behan- 
delten Eeihen angewendet, die Auffassung der Zahl (6) als Bruchteil 
ihrer Vielfachen. Es heisst: Teilt die 12 in 2 gleiche Teile. Wie 
gross ist jeder Teü ? (6). 6 ist die Hälfte von 12 = ^ von 12. Teilt 
18 in 3 gleiche Teile. Jeder Teil hat 6. 6 ist ein Drittel von 18, kurz: 
6 = -^ von 18; u. s. f. bis 6 = 3^ von 60. 

Als Ergebnis erscheinen folgende Sätze, die mit den vorstehenden 
zum System der 4. Stufe hinzutreten und dasselbe erweitem: 



6 - ^ von 12 


4 von 12 = 6 


6 = i „ 18 


r r> 18-6 


6-i „ 24 


V r, 24-6 


bis 


bis 


6-tV r, 60 


iV » 60-6 



Mannigfache angewandte Aufgaben im Bereiche dieser und der vor- 
ausgegangenen Beihen aus dem vorliegenden (s. gmndl. Aufg.) und den 
Sachgebieten der frühern Einheiten. Z. B. Wie lange reicht die oben- 



Kechnen 127 

gedachte FamiUe mit 36, mit 48, mit 30, mit 54 Pfund Brot? Aber 
wie lange mit 20 Pfand ? 3 ganze Tage ; für den vierten Tag hat sie 
nur noch 2 Pfand; wenn's reichen soll, müssen noch 4 Pfand hinzu ge- 
kauft werden. 



15 Einheit 

Zahlgebiet: Siebenerreihe. 

Zahloperationen: Vervielfachen, Messen und Teilen im Be- 
reiche der Siebeuerreihe und ihrer Erweiterung. 

Sachgebiet: Wochen und Wochentage bezüglich Jahreszeiten. 

Grundlegende Aufgabe: Wir wollen berechnen, wieviel Tage 
Schulferien wir in einem Jahre haben. 

Auf der ersten Stufe Erörterung des Thatsächlichen : 4 Wochen 
Sommerferien, 2 W^ochen Herbstferien, 2 Wochen Weihnachtsferien 
2 Wochen Osterferien, 1 Woche Pfingstferien ; zusammen 4 -|- 2 -|- 2 + 2 
-f 1 -- 11 Wochen. Jede W^oche hat 7 Tage; also giebt's 11 X 7 =- 
10 X 7 + 1 X 7 Tage Ferien. 

Oder: Grundlegende Aufgabe: Berechnen, wie viel Tage ein 
Vierteljahr (das Wintervierteljahr) hat. 

Unter Heranziehung des Kalenders haben wir schon früher die 
Wochenzahl (52) des Jahres ermittelt, und wir können daraus schon 
berechnen, wie viel Wochen (13) aaf ein Vierteljahr kommen. Wir 
zählen hierauf zur Probe auch die Wochen des Winter Vierteljahr es im 
Kalender, wobei wir dasselbe von Mitte November bis Mitte Februar 
nehmen. Es ist nun auszurechnen, wie viel 13 Wochen Tage sind, 
wobei die Tage von 10 Wochen und von 3 W^ochen einzeln berechnet 
und alsdann addiert werden. 



16 Einheil 

Zahlgebiet: Achterreihe. 

Zahloperationen: Vervielfachen, Messen und Teilen im Bereiche 

der Keihe, und Fortführung der Vergleichsreihen. 
Sachgebiet: Schreib- und Druckpapier, Format; 1 Bogen hat 

4 Quartblätter, 8 Seiten. 

Grundlegende Aufgabe: Anschliessend an Robinsons Tagebuch, 
unser Schultagebuch, die Schreibebücher der Kinder: Wir wollen aus- 
rechnen, wieviel Blätter und wieviel Seiten ein Schreibebuch von 3, 4, 
5 ... 10 Bogen hat. 

1. Stufe. Die Bogen des Schreibpapiers sind in zwei Hälften 
(Halbbogen) gefaltet. Faltet man den Bogen in der Eichtung der Breite 
nochmals, so erhält man Viertelbogen (Viertelbogengrösse); beim noch- 
maligen Falten Achtelbogen (Achtelbogengrösse). Man kann Hefte (und 
Bücher) machen von Halbbogengrösse (unsere Versäumnisliste, die Zeugnis- 
tabelle), von Viertelbogengrösse (Schreibhefte der Kinder), von Achtel- 
bogengrösse (Tagebüchlein, Eegelheftchen, Lesebuch). Wie viel Blätter 



130 Das zweite Schuljahr 

Betouong des Eechtschreibens in der Volksschule von gewichtiger Seite 
(Eaumer, Gesch. der Pädagog. III. S. 117) Bedenken entgegengestellt 
worden sind, so ist es nicht zu verwundern, dass der Unterricht im 
Schönschreiben noch viel mehr Angriffe erfahren hat, da derselbe ja 
eigentlich bloss die Schrift formen übt. Wiederholt ist ausgesprochen 
worden, die Volksschule habe nicht die Aufgabe, Kalligraphen zu bilden ; 
bei ihrer sehr beschränkten Zeit habe sie wichtigere Dinge zu thun, als 
schöne Buchstaben malen zu lassen, auch habe die Mehrzahl der Schüler 
später gar keine Gelegenheit, von der mühsam erworbenen Fertigkeit 
Gebrauch zu machen. (Vergl. hierzu Kellner, Aphorismen 62.) 

Nun mnss allerdings zugegeben werden, dass die Form der Buch- 
staben mit dem Inhalt des Geschriebenen zunächst nichts zu thun hat, 
wie es ja auch allbekannt ist, dass sehr bedeutende Menschen und Schrift- 
steller eine recht schlechte Handschrift hatten, und dass noch heute sehr 
häufig eine „gelehrte'^ und „unleserliche" Schrift als zusammengehörig 
gedacht werden. Man wird auch nicht behaupten, die Erzeugnisse der 
Kalligraphen von Profession, der Lithographen, Firmenschreiber u. s. w. 
seien einem guten schriftstellerischen Erzeugnis gleich zu schätzen. 

Gleichwohl lässt sich unschwer nachweisen, dass der Schönschreib- 
unterricht in der Volksschule eine Stelle erhalten muss. 

Zunächst fordert denselben das praktische Leben. Es genügt 
doch nicht, dass man überhaupt nur schreiben kann. Alles Geschriebene 
soll ja gelesen werden, folglich muss es mindestens deutlich d. h. mit 
richtigen, zweifellosen Schriftformen dargestellt sein. Ferner fordert das 
praktische Leben „flies sendes^ Schreiben; denn ohne dieses kann 
niemand irgend welchen nennenswerten Gebrauch von der Schrift machen. 
Das erfordert aber viele Übungen, die jedenfalls am zweckmässigsten in 
besonderen Stunden vorgenommen werden. 

Das Schönschreiben ist in der Volksschule aber auch berechtigt, 
weil es erziehlichen Wert hat. Es stellt an den Schüler die For- 
derung, seine Arbeit möglichst vollkommen, mit der An- 
strengung aller Kraft zu thun; es weckt und pflegt den 
Sinn für Reinlichkeit, Ordnung und Schönheit. 

Das sind aber sehr wichtige Dinge für die ErzlehuDg. „Das Schöne 
wirkt sittlich, indem es die Omnipotenz des Nützlichen hindert und 
grobsinnige Genüsse verachten lehrt .*) Der Geschmack am Schönen be- 
dingt aber gewissermassen die Eeinlichkeit, und umgekehrt bricht der Sinn 
füi^ Eeinlichkeit die Bahn für die sittb'che Wirkung des Schönen. Je 
grössere Sorgfalt die Schüler auf ihre Schrift verwandt haben, desto 
grösser wird die Achtsamkeit sein, sie durch Unreinlichkeit nicht zu ver- 
unstalten. — Wenn man bedenkt, wie oft diese einzige Untugend im 
Stande ist, das Glück des ganzen Lebens zu zerstören, wie sie sich selbst 
auf künftige Generationen fortpflanzt und gleichverderbliche Wirkungen 
äussert, so wird der Lehrer das, was er dafür thun kann, gewiss nicht 
für unwichtig halten." (Hesse.) 



*) Den weitern Nachweis hierfür S. Hesse, der Schreibunterricht. 
§ 40. Der sittliche Wert des Schreibunterrichts. 



Das Schönschreiben 131 

Femer ist zu bedenken, dass beim Schönschreiben der Schäler sich 
nieht blos beobachtend und empfindend dem Schönen gegenüber verhält, 
sondern handelnd; und zwar ist es eine der ersten Handlungen, die dem 
Kinde in der Schule zugemutet wird. Hierbei wird der Grund gelegt 
zu Sorgfalt und Genauigkeit, zu andauerndem Fleiss, aber auch zu den 
entgegengesetzten Fehlem, die den Menschen für jedes Geschäft unzuläuglich 
und unbrauchbar machen. — Es ist eine bekannte Erfahrung, dass eine 
schöne Handschrift ebenso empfehlend wirkt, wie ein ansprechendes 
Änssere, und dass schon „mancher junge Mensch durch dieselbe sein 
Grlück gemacht hat.^ 

Wenn dem Schreibunterricht sittliche Wirkung beigelegt wurde, 
weil er den Sinn für das Schöne befördere, so musste vorausgesetzt 
werden, dass man den Schriftformen überhaupt Schönheit zuschreiben 
kann. Worin besteht aber diese Schönheit? In dem Sinne, in welchem 
wir von der Schönheit einer Statue oder eines Gemäldes sprechen, werden 
wir allerdings die Buchstaben nicht schön nennen können. Denn es 
liegt ihnen keine Idee zu Grunde, die durch die Gestalt eines Buchstabens 
ihren Ausdruck fände. Da die Buchstaben aber nicht einzelne Elemente 
(z. B. Punkte) sind, sondern Zusammensetzungen aus geraden und krummen 
Linien, so sind die Bedingungen des ästhetischen Wohlgefallens und 
Missfallens hinreichend gegeben. (Je mehr die gebogene Linie vorherrscht, 
desto schöner werden wir einen Buchstaben nennen können. Deshalb 
gelten die Grossbuchstaben, welchen der Schwung und die Wellenlinie 
in grösserem Masse eigen ist, allgemein als die schönsten, und unter den 
verschiedenen Schriftgattungen erkennt man ebenso allgemein der sog. 
englischen Schrift den Preis zu.) Die Schönheit der Schrift liegt be- 
sonders in der Eegelmässigkeit, Symmetrie, Gesetzmässigkeit, und in der 
Vollkommenheit der Ausführung ihrer Teile. 

Zur Eegelmässigkeit und Symmetrie gehört schon viel. Stock- 
mayer (Schmids Encyklopädie VII, S. 748) rechnet dazu folgendes; a) 
Jeder Buchstabe muss vollständig und rein ausgeführt werden; es 
darf kein Teil fehlen, aber es ist auch keine Zuthat, z. B. Bogen und 
Schnörkel, zu gestatten, b) Grundstriche und Haarstriche müssen 
sich in der Stärke wohl unterscheiden, c) Die Höhen oder Längen der Buch- 
staben müssen gleichmässig sein oder in richtigem Verhältnis zu einander 
stehen. Ein kurzer Buchstabe muss durchweg so hoch als der andere, ein 
langer ebenso lang als der andere sein. Es sind also alle die Vorschriften, 
zu verwerfen, in denen einzelne Grossbuchstaben höher sind als die andem; 
auch die geringere Länge des t in der englischen Eurrent kann nicht 
als berechtigt angesehen werden. Über das richtige Verhältnis der Höhen 
ist man etwas verschiedener Ansicht. Als feststehend kann gelten, dass 
die Länge der Hochbuchstaben der Länge der Tiefbuchstaben gleich sein 
muss. In vielen neueren Alphabeten ist das Verhältnis der Gmndhöhe 
zur Gesamthöhe, z. B. das n zum f wie 1: 7 in der deutschen, wie 
1 : 5 in der englischen Eurrent angenommen. Die sogenannten Steilschrift- 
Alphabete haben l : 4 bis 1 : 5. Es treten auch Bestrebungen auf, die 
1 : 2 oder 1: 1^2 vorschlagen, um mehr Übereinstimmung mit der Dmck- 
schrift herbeizuführen, d) Die Eichtung der Grundstriche muss durchaus 



132 Das zweite Schuljahr 

die gleiche sein, e) Die Grandstriche der einzelnen Bachstaben müssen 
immer dieselbe Entfernang haben. (Damit ist nicht gemeint, dass 
die Grandstriche aller Bachstaben in der Entfernang übereinstimmen 
müssen, z. B. n and e, e and a.) f) Die Schleifen müssen rein aasge- 
führt sein, so dass die Striche nicht zasammenfliessen, die Weite und 
Länge der Oberschleifen ebenso gross ist, als die der Unterschleifen 
u. s. w. g) Sämmtliche Buchstaben eines Wortes sollen zusammen* 
hängen. (Bei einigen Buchstaben geht das nicht, zum Beispiel beim 
deutchen x und I.) — Es ist zu beachten, dass Anfang und Ende eines 
jeden Buchstabens merklich begrenzt sein müsen, sonst fehlt die Deut- 
lichkeit, h) Die Bäume zwischen den einzelnen Wörtern müssen gleich 
gross sein (etwa so gross als ein n). i) Die Buchstaben der verschie- 
denen Linien sollen die rechte Entfernung von einander haben. 
(Die Unterlängen der obern und die Oberlängen der untern Linie dürfen 
nicht in einander übergreifen, noch zu weit von einander abstehen. Zwischen 
zwei Zeilen soll man noch eine Linie ziehen können, ohne damit die- 
langen Buchstaben zu berühren.) 

Die Eegelmässigkeit der Schrift allein macht aber noch keinen an^ 
genehmen Eindruck, es darf ihr dabei nicht die Anmut fehlen Dies^ 
fordert, dass jeder Zug in möglichster Vollkommenheit ausgeführt wird^ 
dass z. B. Licht und Schatten richtig verteilt sind, die Übergänge au9 
dem Starken ins Feine ganz allmählich geschehen, die Schleifen nichts 
bauchig oder hager, die Bogenlinien mehr dem Oval als dem Kreise 
entnommen sind und jeder Zug mit Freiheit und Sicherheit ge- 
schrieben ist.*) 

Wie hoch soll nun die Volksschule in Beziehung auf die genanntem. 
Eigenschaften ihr Ziel stecken? Eine bestimmte Antwort hierauf ver— 
mögen wir nicht zu geben, es muss vielmehr bei jeder einzelnen Schuld 
die Erwägung angestellt werden, ob durch ein höheres Ziel die Schüleir 
noch wesentlich gefördert werden, oder ob dies durch andern Unterricht, 
dem der Schönschreibunterricht die Zeit wegnimmt, nicht noch mehr 
geschehe.**) Auf den Oberstufen wird der Schreibunterricht sich jeden- 



*) Von einer guten Schrift fordert man auch Konseq^uenz und. 
einen bestimmten Charakter, was man gewöhnlich eine „ausge^ 
schriebene Hand" nennt. Sie wird nicht gelehrt, sondern erworben. B» 
ist eine recht sonderbare Forderung, wenn verlangt wird, alle Schüler 
einer Schule oder eines Landes sollten dieselbe Handschriit haben. Ob 
man bei Aufstellung dieser Forderung wohl daran gedacht hat, dass es 
einen „Charakter der Handschrift" giebt, der stets individuell ist? Wolleix 
doch manche aus der Handschrift den Charakter eines Menschen über^ 
haupt beurteilen können! Wir haben Grund, zu vermuten, dass beregto 
Forderung auf einem Miss Verständnis beruht: Man hat geredet von^ 
,,Gleichmässigkeit der Handschrift", das ist „Konsequenz** und hat ge- 
meint, darunter sei „Gleichmässigkeit (üniformität) der Handschriften^ 
zu verstehen. Dass man in einer Schule einen einheitlichen Dnkta» 
verlangen muss, ist selbstverständlich; dass man einen solchen wohl auch, 
für ein ganzes Land fordert, ist erklärlich, da die Lehrer und auch vielo 
Schüler öfter die Schulen wechseln. 

••) Im allgemeinen kann man Dietleins (Wegweiser S. 20) For- 
derungen zustimmen: „Der Schreib Unterricht befähige die Schüler in einer 



Das Schönsclireiben 133 

faUs mit weniger Stunden begnügen müssen (in besonders günstigen Ver- 
hältnissen ganz wegfallen können), als auf den Unterstufen. (Die Lehr- 
pläne weisen ihm hier gewöhnlich 2 bis 4, oben 2 Stunden an.) Dieselbe 
Erwägung entscheidet auch über die Zahl der zu lehrenden Schrift- 
arten. Für mehr als zwei — deutsche Kurrent- und lateinische Kursiv- 
schrift nebst den Zifiern ~ wird die Volksschule nur bei Ausnahme- 
Verhältnissen Zeit haben. Es würde für dieselbe schon ein Alphabet 
genügen, wenn in Deutschland nicht zwei allgemein gebräuchlich wären. 
Welchem von beiden die Volksschule vorläufig noch den Vorzug zu geben 
hat, ist zweifellos, da die grosse Mehrzahl des Volkes sich noch der 
deutschen Kurrent bedient. (Welcher „Duktus" derselben der schönste 
sei. wird wohl so lange unentschieden bleiben, als der Geschmack noch 
verschieden ist. „Die „Gosky-Henzesche deutsche Preis-National - 
Handschrift^ ist ebenso wenig als solche anerkannt worden, als andere 
„National-Handschriften". Für die Volksschule muss der zu wählende 
„Duktus*' vor allen Dingen einer elementaren Behandlung föhig sein.) 
Wenn man aber berücksichtigt, dass durch den Schreibunterricht der 
Schönheitssinn der Schüler gebildet werden soll, so verdient ganz besondere 
Berücksichtigung die lateinische (englische) Kursivschrift, „bei welcher be- 
kanntlich das Oval vorherrscht, und die deshalb in Bezug auf ihre wirklich 
schönen Formen, auf ihre Abrnndung und Geschmeidigkeit der Schrift- 
züge und ihrer besonderen Eignung zu Verzierungen, Titeln u. s. w. 
wegen, unsere Schrift und die aller Nationen übertrifft."*) 



den Anforderungen der Pädagogik und Didaktik streng entsprechenden, 
also in einer wahrhaft erziehenden und bildenden Weise dahin, dass sie 
die herkömmlichen und gebräuchlichen, in ihren Elementen geistig klar 
aufgefassten Schriftzeichen für den Gedankenausdruck, einzeln und ver- 
bunden kennen und verstehen, und in deutlichen, gefälligen und ange- 
nehmen Formen geläufig, sicher und schnell versichtlichen lernen, und 
zwar mit stets gec;enwärtiger Vorstellung und klarem Bewusstsein des 
die Schriftzeichen erfüllenden Inhalts.** 

*) Die Frage, welcher Schriftart der Vorzug zu geben sei, ist sehr 
lebhaft erörtert worden. Sowohl die deutsche als die lateinische haben 
beredte Verteidiger aufzuweisen. Die Verteidiger der deutschen Schrift 
behaupten: „Die deutsche Kurrentschrift ist Nationalschrift, in der sich 
der Typus unserer Nation abspiegelt. Ihr Charakter ist Festigkeit, Be- 
stimmtheit, Schärfe und Deutlichkeit; nicht ein grossartiger Handel und 
Wandel hat sie bedingt, gebildet und geformt, sondern vielmehr das tiefe 
Studium der Wissenschaften und Künste." — Dagegen sagt Jakob Grimm 
(Deutsche Grammatik, Einleitung S. 26) : „Es geschieht ohne vernünftigen 
Grund, dass man diese verdorbene Schrift, wie sie zur Zeit der erfundenen 
Druckerei sich gerade gebildet hatte, eine gotische oder deutsche nennt. Die 
Goten waren längst ausgestorben, und ausser in deutschen Handschriften 
und Drucken herrschte die scharfe ckige Buchstabenform ebenso in allen 
lateinischen, französischen, italienischen, slavischen. Nachdem die meisten 
tlbrigen Nationen in Europa zu der edlern und gefälligem Gestalt der 
Schrift zurückgekehrt sind, hat sich unter uns, zum Teil auch noch den 
Dänen, Schweden, Finnen, Lithauern, Wenden und Böhmen jenes verzerrte 
Alphabet für die Schrift und den Druck einheimischer Sprache im Gegen- 
satz zur lateinischen behauptet: es könnte mit gleichem Fug z. B. das 
böhmische wie das deutsche heissen und darf durchaus nicht für eine or« 
ganische Modifikation der lateinischen Schrift zum Behuf der deutschen 



124 Das zweite Schuljahr 



1 x8Ji= 3 
2x3^= 6 ^ 
bis 
10 X 3 ^ = 30 J6 

m 

Für die 10 Thaler erhalte ich 30 ^. Und wie viel für 1, 2, 8, . . . 

9 Thaler? 

Lest das noch einmal von der Maschine ab. Ebenso aach rück- 
wärts. 

c) Daraus erkennen wir aber auch noch mehr. Seht an die Rechen- 
maschine und sagt: 3 ^ sind wieviele Thaler? Aber 6 J6? 9 J6? 
12 .>^? ... 30 •^? Sagt's noch einmal im Zusammenhange? 

d) Wenn wir diese 3 J6 Einem geben, so hat derselbe 3 Ji/. Wenn 
wir aber 6 Ji unter 2 Personen teilen, wieviel erhält da ein jeder? 
Wie ist's aber, wenn wir 9 Ji unter 3, 12 J(> unter 4 ... 30 .^ unter 

10 teilen? Fasst auch das zusammen. 

3. Stufe. Daraus lernen wir eine neue Eeihe kennen, die Dreier- 
reihe, mit der wir uns nun noch genauer beschäftigen. 

a) Sagen und Schreiben der Sätze zur Dreiherreihe mit „mal^, 
„gemessen mit^, „geteilt unter **, mit Anschauung, ohne Anschauung, mit 
benannten und unbenannten Zahlen, vorwärts und rückwärts. 

1X3=3 3gm. 3=1 6gt. 2 = 3 

2x3=6 6„3=2 9^,3 = 3 

bis bis bis 

10x3 = 30 30 „ 3:^10 30 „ 10 = 3 

b) Die Sätze mit „mal" von den Vielfachen, mit „geteilt" von den 
Teilen aus: 

3=1X3 3=6gt. 2 

6= 2x3 3= 9 „ 3 
bis bis 

30 = 10x3 3 = 30 „ 10 

4. Stufe. 1. Sagt die Sätze der Dreierreihe mit „mal". 

2. Desgleichen die Sätze mit ,,gemessen mit". 

3. Desgleichen die Sätze mit „geteilt unter*'. 

4. Tragt die Sätze ins Eegelheft ein. 

5. Stufe. (Ohne Anschauung). Mannigfaches Durchlaufen der 
Keihen, sowie angewandte Aufgaben aus dem Bereiche dieser und der 
vorhergehenden Beihen und aus dem vorliegenden und den frühem Sach- 
gebieten : 

a) Sagt die Sätze der Dreierreihe mit „mal^, ,,gemessen mit"^, 
„geteilt unter", vorwärts, rückwärts; mit Überspringen (1x3, 3 X 3, 
5x3 etc.). 

b) Die Mal-Sätze von den Vielfachen aus z. B. 3 = 1 x 3, 6-^2 
X 3 etc. 



Das Schönschreiben 135 

verlangen; sonst ist er zum grossen Teil zwecklos.*) Wo 

onehrere Lehrer in einer Klasse beschäftigt sind, wird das leider nicht 

immer berücksichtigt! Alle schriftlichen Arbeiten (selbst das 

schriftliche Eechnen) sind auch der Beurteilung nach der 

^kalligraphischen Seite hin unterworfen. „In Schulen wo 

ein besonderer Schreiblehrer für alle Klassen angestellt ist, müsste daher 

demselben das vollste Eecht der EiAsichtnahme, Beurteilung und Korrektur 

alier Hefte zustehen, wenn anders das in den untern Klassen mühsam 

Erworbene nicht in den obern wieder gänzlich verloren gehen soll." 

Verteilung des Unterrichtsstoffs auf acht ScTiul- 
Jahre: 

L Schuljahr. Die Schreibübungen schliessen sich an die Lese- 
übungen an. Besondere Stunden für das Schönschreiben giebt es noch 
nicht. 

IL Schuljahr. Beginn der Schreibübungen mit Feder und Tinte. 
Das kleine und grosse deutsche Alphabet. (Wöchentlich zwei Stunden.) 
Wörter möglichst der 4. Stufe des deutschen Unterrichts entnommen. 

III. Schuljahr. Das kleine und grosse deutsche Alphabet. Ziffern. 
(Wöchentlich zwei Stunden.) Wörtergruppen aus dem deutschen Unter- 
richt. 

IV. Schuljahr. Das kleine und grosse deutsche Alphabet. (Wöchent- 
lich eine bis zwei Stunden.) Wörtergruppen und kleine Sätze. Fehlerhaft 
oder schlecht geschriebene Buchstaben werden nochmals gelehrt und geübt 



**) Vergleiche hierzu den sehr beherzigenswerten Artikel im Evang. 
Schulblatt (1882 Seite 371]. Dort heisst es: „Acht Jahre lang besuchen 
die Kinder die Schale und fast vom ersten Tage an wird im Durchschnitt 
täglich wenigstens eine Stunde geschrieben, macht in acht Jahren rund 
2000 Stunden! Und welches ist das Resultat? Man besehe einmal die 
Leistungen genau, aber nicht bloss die trügerischen Seh ein 1 eis tun gen, 
nicht bloss das, was in die Schönschreib- und Aufsatzhefte gezeichnet 
zu werden pflegt, sondern auch das, was der Schüler für sich schreibt, 
das, was ausserhalb des Lobes und Tadels, ausserhalb der Kontrolle des 
Lehrers steht, das, was keine Parade mitzumachen braucht; ja, man sehe 
darauf hin nur einmal seine eigene Handschrift an. — Welches ist nun 
aber die Ursache solcher geringen Resultate der ungeheuren Übungen? 
Ist vielleicht das Schreiben eine so überaus schwere Kunst? Oder kommt 
vielleicht das Ästhetisch-Geometrische der Formen und Züge nicht ge- 
nügend zur Anschauung und Übung? — Die Ursachen des Übels liegen 
zunächst darin, dass man Wissen und Handeln, Kenntnis der richtigen 
und guten FormeT* und beständiges Schreiben diesen erkannten idealen 
Formen gemäss nicht stets und überall in Einklang zu bringen bestrebt 
ist, darin, dass man zweierlei Schreibunterricht betreibt, oder doch 
wenigstens zweierlei Schreiben duldet: ein Schönschreiben nach idealen, 
mustergiltigen Formen und ein Schlecht schreiben, Kladdeschreiben oder 
doch wenigstens ein nachlässig-gleichgiltiges Schreiben, das bald 
mehr bald weniger jedem ästhetischen Ideal Hohn spricht; darin, dass 
wir in der Schönschreibstunde oft kaum wissen, wie wir die Buchstaben 
beschnörkeln und ausputzen lassen wollen und bei dem Schreiben in das 
Aofsatzheft, in das Diarium und auf die Schiefertafel wenig oder gar 
kein achtgeben auf die Formrichtigkeit der Buchstaben." 



126 Das zweite Schuljahr 

Habt ihr auch schon einmal acht gegeben, wie viel Brot ihr täglich 
braucht ? Warum ist das aber nicht überall gleich ? Wie schwer wiegen 
aber die grossen Brote, wie wir sie allermeist beim Bäcker kaufen? 
6 Pfund. Aber die kleinen Laibchen? ein Kümmelbrötchen? In der 
naturkundlichen Stunde sind bei der Besprechung dieser Gegenstände 
auch Abwägungen mittelst der Wage erfolgt. Wieviel Pfund Brot 
die Familie in 8 Tagen, in 14 Tagen brauchen wurde, wenn sie täglich 
nur ein kleines Brot von 3 Pfund, von 4 Pfund nötig hat, könnten 
wir leicht nach der Dreier-, der Vierrerreihe ausrechnen. Geschieht, unter 
Wiederholung und Anwendung der Dreier- und Viererreihe des Einmal- 
eins. . Was wollen wir nun aber jetzt berechnen? Wieviel Pfund sie 
in 8 Tagen, in 10, in 14 Tagen braucht, wenn sie täglich ein Brot von 
6 Pfund verzehrt. Folgt Lösung der Aufgabe auf der IL Stufe. Kesul- 
tat : In dieser Familie werden in 8 Tagen 8 X 6 = 48 Pfund, in 10 
Tagen 10x6=60 Pfund, in 14 Tagen 10 X 6Pf. + 4X 6 = 60 
+ 24 = 80 + 4 = 84 Pfund Brot gebraucht. Die Reihenfolge der 
Übungen auf Stufe 2 und 3 siehe in der vorhergehenden 13. Einheit 
unter Stufe 2 und 3. 

Die 4. Stufe enthält die Sätze der Sechserreihe a) mit ,.mal^, 
b) mit „gemessen", c) mit „geteilt" (Vgl. 13. Einheit, Stufe 4). 

Auf der 5. Stufe treten unter den Systemübungen auch die Ver- 
gleichsreihen für die 6 mit auf: 

1X6^ 6 6x 1== 6 

2x6 «12 6 X 2 = 12 

3x6 = 18 6X 3=18 

bis bis 

6x6 = 36 6x6 = 36 

10 X 6 = 60 6 X 10 = 60 

Als neu tritt hinzu und wird hiemach auch auf die schon behan- 
delten Eeihen angewendet, die Auffassung der Zahl (6) als Bruchteil 
ihrer Vielfachen. Es heisst: Teilt die 12 in 2 gleiche Teile. Wie 
gross ist jeder Teü? (6). 6 ist die Hälfte von 12 = ^ von 12. Teüt 
18 in 3 gleiche Teile. Jeder Teil hat 6. 6 ist ein Drittel von 18, kurz: 
6 = -^ von 18; u. s. f. bis 6 = -ji^ von 60. 

Als Ergebnis erscheinen folgende Sätze, die mit den vorstehenden 
zum System der 4. Stufe hinzutreten und dasselbe erweitem: 



6 - ^ von 12 


i von 12 = 6 


6-i „ 18 


i r, 18-6 


6 = i „ 24 


i n 24-6 


bis 


bis 


6-tV « 60 


tV »60-6 



Mannigfache angewandte Aufgaben im Bereiche dieser und der vor- 
ausgegangenen Beihen aus dem vorliegenden (s. gmndl. Aufg.) und den 
Sachgebieten der frühern Einheiten. Z. B. Wie lange reicht die oben- 



Das Schönschreiben 137 

^sam ! Hatte ein Schüler eine Seite voll geschrieben, so zeigte er sie 

Lehrer, der sein Urteil darüber abgab, vielleicht auch einige falsch 

^chriebene Bachstaben verbesserte. Den SchreibanfUngern musste wohl 

^^^^h „die Hand" geführt werden. Es soll aber auch Lehrer gegeben 

)en, denen selbst diese Arbeiten noch zu gross waren, die wie angenagelt 

ihrem Tisch sassen und zufrieden waren, wenn in der Klasse halbwegs 

[he herrschte. Die Schreibstunde wurde fast allgemein (wie auch heute 

eh Laien meinen) als willkommene Erholungsstunde angesehen. Kellner 

^xirfte deshalb sagen (Aphorismen 62): „Es giebt keinen trostlosem 

"VJuterricht in unsem Volksschulen, als den nach dem gewöhnlichen Me- 

<^]:iaiiismus erteilten Unterricht im Schönschreiben.^ 

Dieser Zustand des Schreibunterrichts kann für überwunden erklärt 
^^ erden; die Schreiblehrer huldigen jetzt wohl alle der „genetischen Methode". 
Sie ist durchaus nicht eine Entdeckung der Neuzeit ; denn als Vater der- 
selben gilt Albrecht Dürer (Vnderweysung der messung mit dem zirkel 
Xknd dem richtscheyt. Nürnberg. 1538). Das Wesen derselben besteht in 
f^olgendem : Alle Schriftzeichen werden in ihre Elemente (Grundzüge) zer- 
legt, diese gelangen einzeln, sowie auch in ihren Zusammensetzungen zur 
£^inübung und zwar in der Reihenfolge, wie die zusammengesetzten Schrift- 
:formen von einander abstammen. Die klare Erkenntnis der Schrift- 
Elemente bietet dem Schreibunterricht die uaturgemässe Grundlage. 
^Bevor der Schüler einen Buchstaben schreibt, soll er eine 
x^ollkommen klare Vorstellung von demselben haben, die 
gewonnen wird durch gründliche Anschauung und scharfe 
Auffassung der Elemente." 

Dass man ausserdem auch andern Forderungen, wie z. B. dass der 
Schulunterricht nicht Einzelunterricht, sondern Klassenunterricht sein 
muss, beim Schreibunterricht jetzt nachkommt, versteht sich von selbst. 
Der Grundgedanke der „genetischen Methode" ist sicher richtig. 
Ein Eingehen auf die Elemente — hier also auf die Schriftelemente — 
kann bei keinem methodischen Unterricht entbehrt werden. Der Schreib- 
lehrer muss mit denselben natürlich vollkommen vertraut sein, weshalb 
vmr hier zunächst eine Übersicht derselben geben. Bei ihrer Benennung 
schliessen wir uns meist Dietlein an. 

A Die Grundzüge und Buchstabenformeu 

Sowohl beim kleinen als beim grossen Alphabet treten vier Ele- 
mente — Grundzüge — auf, die für die Schrift wesentlich sind, 
nämlich : Grundstrich, Keilstrich, Oval rechts und Oval links (beim kleinen 
Alphabet); Oval rechts und Oval links, F-Zug und U-Zug (beim grossen 
Alphabet). Die Grundzüge sind aber nicht geometrisch konstruiert und 
nicht in allen Buchstaben von gleicher Form ; auch stehen sie in der Schrift 
nicht unvermittelt neben einander, sondern sind durch weitere Züge 
(Anstriche, Aufstriche) mit einander verbunden. Femer tritt in der 
Schrift noch der Punkt auf, welcher das i auszeichnet (auch kann man 
den Schleifenpunkt noch besonders nennen). 

Vom geometrischen Gesichtspunkt könnte man alle Schriftelemente, 



128 Das zweite Schuljahr 

Tind wie viel Seiten hat ein Bogen bei Halbbogengrösse ? (2, 4); bei 
Viertelbogengrösse (4, 8); bei Achtelbogengrösse? (8, 16). 

2. Stufe. Untersucht, wie viel Bogen unsere Versäumnisliste, euer 
Zeichenbuch (je 2 Bl. = 1 Bg.), dieses (Quart-) Heft (je 4 Bl. ^ 1 Bg.) 
enthält. Die Schönschreibe- und Zeichenhefte liefert uns der Buchbinder. 
In der Arbeitsstunde haben wir aber auch schon selbst Bücher (z. B. 
Tagebücher) geheftet, z. B. hier dieses Heft von 5 Bogen, dieses von 
6 Bogen, dieses dickere von 10 Bogen. Es soll ausgerechnet werden, 
wie viel Blätter und wie viel Seiten euer Zeichenbuch von 5 Bogen hat? 
wie viel Blätter euer Schönschreibeheft von 6 Bogen, dieses dickere 
(Quart-) Heft von 10 Bogen enthält. Wie wir die Anzahl der Blätter 
berechnen, wissen wir schon; wir rechnen das mit den Mal-Sätzen der 
Viererreihe: 1 Bg. giebt 4 Blätter, 5 Bg. =5 X 4 = 20 Bl., 6 Bg. 
r^^^ 6 X 4 = 24 Bl., 10 Bg. = 10 X 4 = 40 Blätter. 

Aber wie viel Seiten geben diese Bogen? Ein Bogen giebt 8 Seiten, 
5 Bg. --- 5 X 8, 6 Bg. = 6 X 8, 10 Bg. = 10 X 8 Seiten. 

Stellt an der Eechenmaschine die 5x8 Seiten dieses Heftes, 
t) X 8 dieses, 10 X 8 dieses dicken Heftes an. 

Zählt die Seiten: 8-4-8=10, 16 + 8 -- 24, 24 + 8 = 32, . . . 
72 + 8 = 80. Unser Buch von 10 Bogen hat 80 Seiten. Nun durch- 
lauft die Eeihe an der Maschine auch wieder in 'den Sätzen mit „mal": 

1 X 8 S. = 8 S., 2 X 8 S. = 16 S., 3 X 8 S. = 24 S., . . . 
1 X 8 S. = 80 S. Unser Heft von 5 Bogen hat 5x8 = 40 S., 
das von 6 Bogen hat 6 X 8 = 48 S., das von 10 Bogen hat 10 X 8 
= 80 S. 

Aber wie viel Bogen müssen wir einheften, wenn das Heft 8 Seiten ; 
wie viel, wenn es 16, 24 . . , 80 Seiten enthalten soll? (Da müssen 
wir die Zahlen mit 8 messen.) 

Wir verteilen 16 Seiten auf 2 Bogen, 24 Seiten auf 3 Bogen, 
32 Seiten auf 4 Bogen; wie viel Seiten kommen in jedem Falle auf 
den Bogen? 

3. Stufe. Welche neue Eeihe lernen wir dabei kennen? Die 
Achterreihe, mit der wir nun wieder noch weiter rechnen müssen. Art 
und Eeihenfolge der Übungen siehe 11. und 13. Einheit. Stufe 3 und 
folgende. 

17 Einheit 

Zahlgebiet: Neunerreihe. 

Zahloperationen: Vervielfachen, Messen, Teilen im Bereiche der 

Eeihe. 
Sachgebiet: Saat, Ernte; Scheffel, Liter (Hektoliter). 

Grundlegende Aufgabe: Ausrechnen, wie viel Scheffel Getreide 
«in Landwirt ernten werde, wenn er 10 Scheffel ausgesäet hatte. 

Eobinson säete zum drittenmale ^ Scheffel Gerste aus und erntete 
5 Scheffel; zum viertenmale säete er 2 Scheffel aus und bekam wieder 
20 Scheffel. Er hatte das Zehnfache der Aussaat geerntet. So ist es 



Das Schönschreiben 139 

Bevor wir nun weitere Angaben über die einzelnen ^Grundztige" machen 
sei bemerkt: Die Form der Grnndzäge ergiebt sich ans den 
Buchstaben in Musteralphabeten; nicht aber werden die 
Buchstaben nach den angenommenen, geometrisch be- 
stimmten Elementen umgeformt. Ein mit geometrischer Genauigkeit 
konstruiertes Alphabet macht den Eindruck eines gekünstelten und kann 
nicht einmal als historisch berechtigt nachgewiesen werden. Wir verwerfen 
deshalb auch aus diesem Grunde das Einzwängen aller Buchstaben in ein 
Quadratnetz, wie es z. B. Zschille durchführt und auch in neueren 
Schreibheften noch zu finden ist. 

Zu den einzelnen Grundzügen bemerken wir noch folgendes: 

1. Der Punkt. Er wird stets mit einem Druck der richtig ge- 
haltenen Feder ausgeführt; es darf dabei nicht „geringelt^ werden. 
Beim i steht er genau über dem Abstrich und wird immer erst nach 
Vollendung des Buchstabens bez. Worts gemacht. 

2. Der kurze Aufstrich. Er wird von manchen Schreiblehrern 
dem Handgelenk zugewiesen. Die Hand ermüdet aber weniger, wenn 
er ebenso wie der lange mit Fingerbewegung ausgeführt wird. Es ist 
darauf zu achten, dass er im deutschen Kurrent immer eine gerade 
Linie ist; im englischen wird er steiler und erhält eine leise Einbiegung 
nach rechts. 

3. Der lange Aufstrich. Er steht viel steiler als der kurze 
und erhält eine leise Einbiegung nach innen oder nach aussen. 

4. Der kurze Abstrich oder Grundstrich. Er ist in der 
deutschen Kurrent durchweg gerade und von gleicher Stärke, muss deshalb 
mit ganz gleichmässigem Druck ausgeführt werden; mit dem Aufstrich muss 
er oben und unten einen spitzen Winkel bilden und darf nie in demselben 
herabgehen. Anders erscheint er in der englischen Kurrent. Hier geht er 
bis über die Hälfte wieder im Abstrich herab ; ausserdem erhält er einen 
gebogenen Fuss (beim i und u) oder einen gebogenen Ansatz (beim n, m, 
ru. s. w.), oder auch einen solchen Fuss und Ansatz zugleich (beim p, vu.s. w.). 
Dadurch wird er einem halben Seitenbogen oder der Schlangenlinie so 
ähnlich, dass er von Einigen (z. B. von Dietlein) von der Ellipse ab- 
geleitet wird. Die ümbiegungen besitzen aber nicht die Breite und Rundung 
derselben. Der kurze Abstrich in seiner verschiedenen Gestalt charakterisiert 
die beiden genannten Schriftarten und ist deshalb sehr tüchtig zu üben. 
In der englischen Schrift ist besonders noch darauf zu sehen, dass er oben 
nicht umgebogen oder spitz wird, dass er nicht auch in der Mitte eine 
Biegung und im Ansatz eine zu grosse Rundung erhält, wodurch er einem 
Seitenbogen oder untern Halbbogen ähnlich wird. (Um diese Fehler zu 
Vermeiden, lässt man bei der Einübung nach dem Aufstrich absetzen — 
\vas in der deutschen Kurrent nicht erlaubt ist — oben mit geöffnetem 
i&ederspalt und gehörigem Fingerdruck gleich wieder einsetzen und die 
Orundstriche auch in Verbindung, eng an einander gestellt und genau im 
Abstrich herabgehend, schreiben) 

5. Der lange Abstrich. Er kommt nur in der englischen 
kurrent und zwar ohne und mit gebogenem untern Ansatz vor (in den 
Buchstaben t, 1, b, q, d u. s. w.). Da dieser Zug der Flüchtigkeit der 



140 Das zweite Schuljahr 

Schrift wenig günstig ist and der Schrift auch keine Eleganz verleiht, 
so hahen ihn viele Kalligraphen (bis auf die Bnchstaben d und t) be- 
seitigt and darch die linke Schleife oder einen verstärkten Abstrich er- 
setzt (1, b, h, q, p). 

6. Der zugespitzte Abstrich. Für Anfänger ist er gewöhnlich 
etwas schwer; sie brauchen aber beim Schreiben desselben nur die Feder 
schnell vom Blatte abzuziehen, so wird er stets spitz. 

7. Der verstärkte Abstrich (Keilstrich). Derselbe ist kurz, 
halblang und ganz lang. Oben fängt er ganz fein an und endet in 
Crrundstrichbreite — nicht breiter. 

8. Von diesem Strich leiten einige Schreiblehrer direkt den rechten 
Schleifenstrich ab (und, um konsequent zu sein, wohl auch den linken). 
Der dadurch geschaffene Duktus, an manchen Orten unter dem Namen 
„Keilschrift" bekannt, hat etwas recht Steifes und Eckiges. Die Schlei- 
fenstriche leiten wir ab von einem doppelt zugespitzten Abstrich, 
der eine leise Biegung nach links oder rechts erhält. 

Die Schleifen dürfen weder zu schlank noch zu voll sein; bei 
der linken (obem) ist besonders darauf zu achten, dass der Schleifen- 
strich nicht zu viel Eundung erhält. (Schreibregel: Schleifenstrich nahe 
Aufstrich herab! Wo der Aufstrich den Schleifenstrich zu durchschnei- 
den hat, wird durch die untere und obere Grundlinie augegeben.) Die 
Schleifenpunkte lässt man bei der Einübung zunächst als wirkliche kleine 
Schleifen erscheinen; die Füllung erfolgt bei der richtigen Grösse schon 
von selbst, 

9. Der feine Abstrich, Da er streng genommen kein Grundzug, 
sondern nur eine Verbindungslinie (beim z und Z) ist, flüchtig und fein 
geschrieben wird, darf er beim Taktschreiben nicht betont werden. 

Alle Abstriche sind durch Finger-, nicht durch Armbewegung her- 
zustellen. (Dass dabei nicht zwei- oder mehrmal gestrichen werden darf, 
braucht wohl kaum bemerkt zu werden. Beim Schreiben in ein Linien- 
netz sind die Abstriche, so oft es möglich ist, an die Eichtungslinien 
zu stellen. 

10. Der rechte und linke Seitenbogen. Der linke tritt in 
zweifacher Gestalt auf: als langer (D) und kurzer (o); der rechte in 
dreifacher Gestalt: als langer (@), kurzer (ü) und halblanger (f). Diese 
Bogen erfordern sehr viel Übung, nicht allein damit die Form überhaupt 
eine gute wird, sondern weil es den Schülern gewöhnlich schwer fällt, 
den Druck richtig zu verteilen und die Biegungen rein und schwach 
auszuziehen. (Der linke Seitenbogen wird anfangs gewöhnlich oben oder 
unten stark mit einer kreisrunden, statt ovalen Biegung geschrieben. 
Beim kurzen Seitenbogen muss man am Aufstriche bis zur Hälfte zurück- 
gehen, darf aber nicht erst da mit dem Druck beginnen. Der kleine 
rechte Seitenbogen endigt vielfach zu breit, wie ein oberer Halbbogen; 
beim { und ^ tritt er gern zu weit nach rechts heraus.) 

Hierher gehören auch die Vorschwünge oder Anschwünge, 
von welchen in der Volksschule ein sehr massiger Gebrauch zu machen 
ist. Viele Kalligraphen geben ihnen eine andere Lage als den Haupt- 
zügen ; leichter auszuführen sind sie aber in gleicher Lage mit den Haupt- 



Das Schönschreiben 141 

Zügen, nur dürfen sie nie so stark sein als diese. Im deutschen Alpha- 
bet ist nur bei den Bachstaben ®, &, fd nnd ^ ein Anschwong nötig. 

11. Der untere Halbbogen. Er kommt in manchen Alpha- 
beten vor beim u, t, t, r, %, @, @, $, ®, ft r (und s). Wenn er nicht 
in den langen Aufstrich übergeht, sollen seine beiden Schenkel gleiche 
Höhe haben; beim u hat der linke Teil gleiche Lage mit dem ersten^ 
Grrundstrich, der rechte darf nicht weiter als der zweite Grundstrich 
reichen. In andern Alphabeten ist statt des untern Halbbogens ein 
kleiner linker Seitenbogen (z. B. beim u) oder der linke Schleifenpunkt 
(z. B. beim t) angewandt. (Manche Sclureiblehrer gebrauchen auch einen 
kurzen Abstrich mit aufgehängtem Aufstrich; u-Haken nennen sie dies 
hässliche Ding.) 

12. Die Schlangenlinie Sie wird gewöhnlich zu sehr gebogen 
und erhält den Druck zu weit unten, während derselbe gleichmässig ver- 
teilt werden muss. 

13. Die Flammenlinie (Schönheitslinie). Sie setzt Formensinn und 
Gewandtheit in Hand- und Fingerbewegungen voraus. Stellt man sie an 
eine Richtungslinie, so muss sie dieselbe so durchschneiden, dass rechts und 
links gleiche Teile liegen. Von Anfängern im Schreiben wird sie zu wenig 
oder zu stark gebogen, zu steil gestellt und an der unrechten Stelle 
verstärkt. 

14. Die tiefe Wellenlinie (2), I u. s. w) Sie wird auch als 
kurze Schlangenlinie angesehen, darf aber dann nicht zu lang 
werden. Hauptächlich wird gegen die richtige Lage derselben gefehlt. 
(Wir stellen sie in der Volksschule zur Schlangenlinie, damit sie nicht 
mit der flachen Wellenlinie verwechselt wird.) 

15. Die flache Wellenlinie. (®, S, 83). Sie wird ganz ohne 
Druck mit der rechten Seite der Feder geschrieben. Man hat darauf zu 
achten, dass dabei die Feder nicht gedreht wird und die Welle sich nur 
wenig über die Grundlinie erhebt 

Es braucht wohl kaum bemerkt zu werden, dass diese Grundzüge 
nicht auf einmal und systematisch dem Schüler zu bieten sind, sondern 
nach und nach (aber wenn nötig alljährlich), wie es der eben zu be- 
handelnde Buchstabe fordert. 

Ordnen wir die Buchstaben nach den wesentlichen Grundzügen, 
&o erhalten wir für das deutsche Alphabet folgende Gruppen und 
Familien : 

I. Gruppe des Grundstrichs: i, n, m, c, ü, u. 
U. Gruppe des Keilstrichs: t, f, f. 

III. Gruppe des linken Schleifenstrichs: l, b, @. 

IV. Gruppe des rechten Schleifenstrichs: \, \), d^, ^, r. 

V. Gruppe des linken Seitenbogens: D, £), 81, St, c, o, ö, a, ä, c\, ®, 

9; ^ h (P). 
VI. Gruppe des rechten Seitenbogens: S, ^, SS, SB, ö, lu, S, j, t), % 

VII Gruppe der Schlangenlinie (mit Einschluss der Tiefwellenlinie) : U, 
% 81, (D), S), J, @t, 3, (i). 



142 Das zweite Schaljahr 

VIII Gruppe der Flammenlinie (mit Einschluss der flachen Wellenlinie) : 

' 3. 3 (j). e, s. ö' «' (P) i 

Für das englische (lateinische) Alphabet: 

I. Gmppe des Grondstrichs: 

a) mit gebogenem Fuss: i, n, ü, t, f, j, (1, b); 

b) mit gebogenem Ansatz: n, m, v, w, r, (h, p, z, y). 

II. Gmppe des linken Seitenbogens : C, 0, c, e, o, a, d, q, g, E, G, A, 

(N, M). 

III. Gmppe des rechten Seitenbogens: X, x. 

IV. Gmppe der Schlangenlinie : U, Y, Z, (z, y, h, p, k), Q, V, W, (v, w;. 
V Gmppe der Flammenlinie: S, s, I, T, F, P, L, B, E, A, D, H, K, 

(V, W, N, M). 

Wählt man andere Formen, so ergiebt sich eine etwas andere Zu- 

ert^iluncr 

£s ist von Wichtigkeit, bei der Besprechung und Einübung eines 

Buchstabens besonders die Teile desselben zu berücksichtigen, welche am 
häufigsten falsch ausgeführt werden. Deshalb folgen noch einige Be- 
merkungen über einzehie Buchstaben. 

I Das kleine deutshe Alphabet 

a) h ti, W' ^/ "' "• 

p0r pnnkt über dem i steht oft nicht genau in der Richtung des 
Grundstrichs, hat auch nicht die richtige Entfernung (Grandstrichhöhe) 

^iDselben. Letzteres ist auch von den Strichen beim ü und dem 
T|^^^ beim u zu bemerken, ausserdem steht beim fi der erste zuge- 
^^^ Abstrich häufig nicht über dem ersten Grundstrich. Das n 
J^ oft zu breit gezogen (Regel, so breit als hoch) und beim m haben 
ßu drei Grundstriche nicht gleiche Entfernung von einander. Das e fällt 
i|g|d tu schmal, bald zu breit aus,'*') den zweiten Gmndstrich desselben 
vieiser ^^^ ^^^ ersten zu machen, liegt kein Grund vor. 

b) t, l f, I, h, l ^, *, r. 

Der linke Schleifenpunkt beim t und f darf nicht auf der Linie auf- 
gtehen (wenn in Doppellinien geschrieben wird, hat er genau zwischen 
4en beiden Grundlinien seinen Platz) und darf auf keinen Fall links über 
4en Aufstrich hinausreichen. Der Schleifenstrich erhält leicht den Druck 
ga weit unten und zu starke Biegung. : Die obere Schleife wird ge- 
wöhnlich zu flach geschrieben, bei der untern zieht man unten leicht zu 
weit nach links. Die Durchschnittspunkte aller Schleifen geben die 
Poppellinien an. Das c erhält beim d^ die Form eines i ohne Punkt. 
(Man schreibe z. B. beim fd^ das c mit einem linken Seitenbogen, um 



pMjl^c] 



*) Die Strich-Entfernungen werden immer mit der Höhe des Grund - 
.chs gemessen Z. B. n : Der Abstand der beiden Grandstriche ~~ 
dstricbshöhe. 



Das Schönschreiben 148 

den Grund dieser Abänderong des c einzusehen. Beim d kann es in 
beiden Formen auftreten, ohne dass es den Parallelismus stört. Natür- 
lich wählt man für seine Schule nur eine Form.) Recht häufig wird das 
c zu nahe an das ^ gerückt. Der erste Abstrich des r ist ein halber 
Schleifenstrich; man halte auf gleichlaufende Striche und kräftigen 
Schleifenpunkt und Bogen. 

c) b, c, 0, 0, ö, q, g, i, (p). 

Am b wird der Eopf vielmals zu lang und flach, wohl auch eckig. 
Die Verlängerung des Kopfes zum Zweck der Verbindung mit dem nach- 
folgenden Buchstaben ist in Volksschulen nicht zu empfehlen ; es entsteht 
gewöhnlich eine Missgestalt, die Ähnlichkeit mit einem et hat (nur bt 
geht an.) 

Bei den Buchstaben o, a u. s. w. halte man fest darauf, dass der 
linke Schleifenpunkt recht kräftig geschrieben wird (sonst verschwindet 
er in der Schnellschrift gewöhnlich ganz und gar) und dass beim a, q 
and 9 die letzte Hälfte des Buchstabens genau die Höhe der ersten 
Hälfte erreicht. Das p findet man vielfach in diese Gruppe eingereiht. 
Es gehört zu den schwerern Formen und hat sich deshalb viele Um- 
änderungen gefallen lassen müssen. Die von Herzsprung eingeführte 
and auch in dieHenze-Goskysche ^Nationaischrift^ übergegangene 
Form (nach welcher das p mit rechtem Seitenbogen beginnt) will vielen 
Schreiblehrern durchaus nicht gefallen. Wir haben auch nicht gefunden, 
dass sie leichter sei^ als die mit linkem Seiten bogen. Bei letzterer muss 
die rechte Schleife aus dem rechten Seitenbogen (oder noch besser von 
der Flammenlinie) abgeleitet werden, sonst wird sie leicht zu steif. 
Wir stellen das p deshalb in die nächste Gruppe ein.) Die Verbindungs- 
linie zum Abstrich der Schleife muss den linken Seitenbogen unten durch- 
schneiden noch vor der Stelle, wo er aufwärts umgebogen 
ist. Das gilt auch beim i, bei welchem noch zu beachten ist, dass alle 
drei Bogen parallel laufen müssen. 

d) l g, ü, tu, 5, a, {p\ %. 

Beim f wird fast immer der rechte Seitenbogen zu hoch und der 
untere Halbbogen zu tief gesetzt; ersterer hat ausserdem oft noch den 
Druck zu weit oben und geht zu weit nach rechts. Er muss in der 
Mitte ansetzen und sich bis dreiviertel in der Höhe erheben; seine Ent- 
fernung vom verstärkten Abstrich beträgt nur Grundstrichshöhe. Beim 
ö dürfen unterer und oberer Bogen in einer Linie liegen. Bei ö und tt) 
findet man häufig den halben Schleifenstrich oder zugespitzten Abstrich 
mit dem Grundstrich verwechselt, auch trifft der rechte Seitenbogen 
vielfach nicht genau in den Schleifenpunkt. Das 5 wird oft durch die 
schlechte Ausführung des ersten Bogens verunstaltet, auch einen Buckel 
im untern findet man nicht selten. Letzerer wird vermieden, wenn 
oberer und unterer Bogen in eine Richtungslinie gelegt werden. Schiebt 
man zwischen ersten und zweiten Bogen einen feinen Schleifenpunkt ein, so 
erfolgt die richtigere Darstellung leichter. Das % gehört zu den schwierigsten 
I'ormen, deshalb ist auch viel an ihm herumgestaltet worden. Die Einen 



134 Das zweite Schaljahr 

Insofern die Bachstabenformen der eigentliche Gegenstand des Schön- 
schreibunterrichts sind, ist der Stoff für mehrere Schnljahre teilweise 
derselbe, nar wird man in jedem Schaljahr vollkommenere Formen verlangen. 
Man kann aber auch noch von einem andern Schreibstoff reden ; denn die 
Buchstaben werden ja nicht nur einzeln geübt, sondern auch mit andern 
zusammengestellt. Dass wir sinnlosen Buchstabenverbindungen nicht das 
Wort reden, haben wir bereits im „ersten Schuljahr" ausgesprochen. Je 
weiter der Unterricht fortschreitet, desto mehr Freiheit gewinnt er. 
Welchen Gebieten soll er dann den Schreibstoff entlehnen? Manchem 
Schreiblehrer macht diese Yr&ge wenig Kummer: Er meint, die „genetische" 
oder alphabetische Folge der Buchstaben sei allein zu berücksichtigen; 
heute wird geschrieben: „Morgenstunde hat Gold im Munde", morgen: 
„Nürnberg ist eine Stadt in Bayern". Wir meinen, dass der Konzentra- 
tionsidee auch hier ihr Eecht werden kann und soll und entlehnen 
deshalb den Schreibstoff, und zwar immer für eine längere Zeit, einem 
andern, gleichzeitig behandelten Unterrichtsgegenstand. Das nächste An- 
recht auf Berücksichtigung hat der Sprachunterricht. Der Schönschreib- 
unterricht wird deshalb Rücksicht nehmen auf das Lautieren, Buchstabieren 
und Lesen, auf die Rechtschreib-, Interpunktions-, Wort-, Satz- und Auf-. 
Satzlehre.*) Alle diese verwandten Lehrgegenstände kann er unter- 
stützen, fördern und ergänzen. Ganz besonders eignen sich als Schreib- 
stoff in hohem Klassen die sogenannten Geschäftsaufsätze, welche eine 
bestimmte Form verlangen (Briefe, Quittungen, Rechnungen). In den 
letzten Schuljahren können die Reinschriften der deutschen Arbeiten zu- 
gleich die Übungen im Schönschreiben sein. 

Wenn auf diese Weise der Schreibunterricht den andern Unterricht 
unterstützt, so kann und muss er von diesem denselben Dienst 



Sprache gelten. — Nicht genug, dass diese Schrift das Auge beleidigt. 
Schreiben und Druck mühsamer macht, sie hindert auch die Verbreitung 
unserer Litteratur im Auslande." — Es ist sehr möglich, dass die lateinische 
Schrift schliesslich die deutsche wieder verdrängt. Die meisten wissen- 
schaftlichen Werke werden bereits mit lateinischen Lettern gedruckt, und 
fast jedes Schriftstück des vielschreibenden Kaufmannstandes zeigt 
zwischen der deutschen Kurrent auch lateinische Charaktere, die sich bei 
dem regen Verkehr mit Engländern und Franzosen allmählich einge- 
schlichen haben. „Drei Genien sind vereinigt uns das Bessere zu bringen: 
der Genius der pädagogischen Wissenschaft, der Genius der kalligraphi- 
schen Kunst und der endlich der klugäugige Genius des praktischen 
Lebens." Hirsche, Rhein-Blätter 1872, S. 147.) 

"') Es ist durchaus nicht nötig, dass der einzuübende Buctistabe der 
Anfangsbuchstabe der zu schreibenden Wörter oder Sätze ist; er soll 
nur eine hervorragende Stelle in denselben einnehmen. Nicht nach 
den Anfangsbuchstaben sollen die Wörtergruppen gebildet werden, sondern 
nach ihren orthographischen Eigentümlichkeiten (Vergleiche „Deutscher 
Unterricht", dritte bis fünfte formale Unterrichtsstufe) oder ihrem Inhalt. 
Es ist ferner auch nicht nötig, das Wort „genetisch" so streng zu nehmen, 
besonders nicht in spätem Schuljahren, wenn das Alphabet in den vor- 
hergehenden schon ein- oder mehrere male durchgenommen worden ist; 
man hat sonst für die ersten Buchstabenfamilien äusserst wenig, für die 
letzten überflüssig viel Schreibstoff zur Verfügung. 



Das Schönschreiben 135 

verlangen; sonst ist er zum grossen Teil zwecklos.*) Wo 
mehrere Lehrer in einer Klasse beschäftigt sind, wird das leider nicht 
'immer berücksichtigt! Alle schriftlichen Arbeiten (selbst das 
schriftliche Rechnen) sind auch der Beurteilung nach der 
kalligraphischen Seite hin unterworfen. „In Schulen wo 
ein besonderer Schreiblehrer für alle Klassen angestellt ist, mnsste daher 
demselben das vollste Recht der Einsichtnahme, Beurteilung und Korrektur 
aller Hefte zustehen, wenn anders das in den untern Klassen mühsam 
Erworbene nicht in den obem wieder gänzlich verloren gehen soll." 

Verteilung des Unterrichtsstoffs auf acht ScTiul- 
jähre: 

I« Schuljahr. Die Schreibübungen schliessen sich an die Lese- 
übungen an. Besondere Stunden für das Schönschreiben giebt es noch 
nicht. 

n. Schuljahr. Beginn der Schreibübungen mit Feder und Tinte. 
Das kleine und grosse deutsche Alphabet. (Wöchentlich zwei Stunden.) 
Wörter möglichst der 4. Stufe des deutschen Unterrichts entnommen. 

in. Schuljahr. Das kleine und grosse deutsche Alphabet. Ziffern. 
(Wöchentlich zwei Stunden.) Wörtergruppen aus dem deutschen Unter- 
richt. 

IV. Schul j ah r. Das kleine und grosse deutsche Alphabet. (Wöchent- 
lich eine bis zwei Stunden.) Wörtergruppen und kleine Sätze. Fehlerhaft 
oder schlecht geschriebene Buchstaben werden nochmals gelehrt und geübt 



**) Vergleiche hierzu den sehr beherzigenswerten Artikel im Evang. 
Schulblatt (1882 Seite 871). Dort heisst es: „Acht Jahre lang besuchen 
die Kinder die Schule und fast vom ersten Tage an wird im Durchschnitt 
täglich wenigstens eine Stunde geschrieben, macht in acht Jahren rund 
2000 Stunden! und welches ist das Resultat? Man besehe einmal die 
Leistungen genau, aber nicht bloss die trügerischen Scheinleistungen, 
nicht bloss das, was in die Schönschreib- und Aufsatzhefte gezeichnet 
zu werden pflegt, sondern auch das, was der Schüler für sich schreibt, 
das, was ausserhalb des Lobes und Tadels, ausserhalb der Kontrolle des 
Lehrers steht, das, was keine Parade mitzumachen braucht; ja, man sehe 
darauf hin nur einmal seine eigene Handschrift an. — Welches ist nun 
aber die Ursache solcher geringen Resultate der ungeheuren Übungen? 
Ist vielleicht das Schreiben eine so überaus schwere Kunst? Oder kommt 
vielleicht das Ästhetisch-Geometrische der Formen und Züge nicht ge- 
nügend zur Anschauung und Übung? — Die Ursachen des Übels liegen 
zunächst darin, dass man Wissen und Handeln, Kenntnis der richtigen 
und guten Former« und beständiges Schreiben diesen erkannten idealen 
Formen gemäss nicht stets und überall in Einklang zu bringen bestrebt 
ist, darin, dass man zweierlei Schreibunterricht betreibt, oder doch 
wenigstens zweierlei Schreiben duldet: ein Schönschreiben nach idealen, 
mustergiltigen Formen und ein Schlecht schreiben, Kladdeschreiben oder 
doch wenigstens ein nachlässig-gleichgiltiges Schreiben, das bald 
mehr bald weniger jedem ästhetischen Ideal Hohn spricht: darin, dass 
wir in der Schönschreibstunde oft kaum wissen, wie wir die Buchstaben 
beschnörkeln und ausputzen lassen wollen und bei dem Schreiben in das 
Aufsatzheft, in das Diarium und auf die Schiefertafel wenig oder gar 
kein achtgeben auf die Formrichtigkeit der Buchstaben.^ 



14G Das zweite Schnljahr 

einem Aufstrich begonnen, was nicht gut aussieht; der Abschluss des 
Ovals (auch ein linker Seitenbogen) muss genau die Richtung des ersten 
haben. Beim E wird die obere Hälfte vielfach zu gross gemacht und 
die untere zu weit nach links gestellt. Beim A (und allen Buchstaben 
mit dem linken Vorschwung) wird der Vorschwung gern zu steil gestellt; 
man lasse deshalb vorher fast horizontal liegende Ovale üben. Auch der 
Aufstrich fällt bald zu gerade, bald zu gebogen aus. (In vielen Alpha- 
beten sind N und M mit verstärktem Abstrich statt mit der Flammenlinie 
geschrieben ; deshalb fügen wir sie hier an. Die Form ist nicht unschön 
und etwas leichter als die andere. Der Abstrich hat beim N dann dieselbe 
Lage wie beim M, während man bei Anwendung der Flammenlinie etwas 
von der Richtung abweichen muss, wenn das N nicht auffallend schmale 
Form erhalten soll.) 

b) X. 

Hier bietet die Verbindungslinie der beiden Hauptteile die grössten 
Schwierigkeiten; sie kehi*t auch beim H und E wieder. Man lasse sie 
(als steife Wellenlinie) fleissig allein üben. Sie muss den ersten Haupt- 
zug der betreffenden Buchstaben in der Mitte durchschneiden, der zweite 
kann ein wenig höher getroffen werden. Beim K kann es aber auch 
anders sein. 

c)' ü, Y, Z (V, W). 

(Schreibt man V und W in der hierher gehörigen Form, so ist 
besonders die Eichtnng und Biegung des letzten Aufstrichs [Nachstrichs] 
zu beachten, damit im Ganzen ein Oval erkannt werden kann). 

d) S, I, T. F, B, R, L, D, H, K (V, W, N, M). 

Bei Ausführung der Wellenlinie über T und F wird die Feder von 
manchen Schülern gedreht, wodurch falscher Weise Druck in die Linie 
kommt, P, B und R werden oft verunstaltet durch eine nicht symmet- 
rische Haube (zwei verbundene rechte Seitenbogen), deren beide Teile 
nicht gleiche Höhe über der Grundlinie haben, zu kurz oder zu lang 
geraten. 

Das D gilt als Prüfstein für die Schreibgewandtheit des Schülers. 
Gewöhnlich geht die Verbindungslinie zu bald in die Höhe, oder sie ent- 
fernt sich zu weit von der Flammenlinie. Beide Fehler haben in einer 
falschen Beurteilung der Wellenlinie ihren ersten Grund. Der linke 
Seitenbogen muss mit der Schleife an der Wellenlinie gleiche ovale Lage 
bekommen, so dass sich das D fast ganz in ein Oval einschliessen lässt. 

Das K ist in mehreren Formen gebräuchlich. Wird es in einem 
Zug geschrieben, so kann die steife Wellenlinie die erste Flammenlinie 
in der Mitte durchschneiden, dann muss der Übergang der zweiten Flammen- 
linie in die Schlangenlinie über derselben geschehen. Soll dieser Über- 
gang in der Mitte des Buchstabens stattfinden, so muss der Durchschnitt 
etwas über die Mitte gelegt werden, damit die Wellenlinie nicht mit 
der hintern Flammenlinie zusammenfällt. 

Die Ziffern und Interpunktionszeichen bestehen aus denselben 



Das Schöuschreiben 147 

Gmudzügen als die BuchstabeD, und werden in den Schreibstanden den 
betreffenden Grappen eingeordnet und geübt. 

B« Die methodischen Einheiten. 

Den Schreibstoff gliedern wir ebenso wie den andern Unterrichts- 
stoff in methodische Einheiten. Diese sind uns hier in den 
einzelnen Bachstaben gegeben. Es wird sich zeigen, dass bei gründ- 
licher Behandlung eines Buchstabens sämmtliche fünf (formale) Stufen 
auftreten. Eigentlich sind auch alle Grundzüge als methodische Einheiten 
anzosehen; da wir aber aus denselben die Buchstaben nicht willkürlich 
zusammenstellen können, die Grundzüge vielmehr aus den Buclistaben 
herausnehmen, so reihen wir die Behandlung der Grundzüge der zweiten 
Stufe ein.*) Der mehr als hundert Formen umfassende Unterrichtsstoff 
verlangt zur leichtem und sichern Beherrschung eine Gruppierung. Von 
Zeit zu Zeit müssen deshalb grössere methodische Einheiten 
auftreten: die oben genannten Buchstabenfamilien. (In den 
oberen Klassen, wo der Schreibkarsus zweckmässig alljährlich einmal 
wiederholt wird, aber nur eine geringe Stundenzahl beansprucht, wird 
man die Wiederholung gleich nach den grössern Einheiten anlegen. Der 
übrige für diese Klassen genannte Schreibstoff, z. B. die Reinschrift eines 
Aufsatzes, wird natürlich nicht in Form von methodischen Einheiten 
behandelt.) 

Die unterrichtliche Behandlung eines Buchstabens geschieht nun 
Avie folgt: 

Als Ziel wird entweder der einzuübende Buchstabe oder eine Wörter- 
gruppe genannt. (Buchstabenkenntnis wird vorausgesetzt.) 

Die erste Stufe erinnert an verwandte Buchstaben, welche be- 
reits eingeübt sind, an Zeichnungen, in welchen der neue Grundzug ent- 
halten ist (vergl. ^Erstes Schuljahr" S. 188) oder an die Form des 
Buchstabens im allgemeinen, soweit sie dem Schüler ans dem ersten 
Schreibunterricht gegenwärtig ist. 

Auf der zweitenStufe wird der Buchstabe angeschrieben und in 
seine Teile zerlegt. Diese werden beschrieben und eingeübt und wieder 
zum Buchstaben zusammengestellt. Dann folgt Beschreibung des Buch- 
stabens. 

Auf der dritten Stufe wird der Buchstabe mit andern (derselben 
oder auch einer andern Gruppe angehörigen) Buchstaben verglichen. 
Daraus ergiebt sich für 

die vierte Stufe das Charakteristische des Buchstabens (die 
wesentlichen Grundzüge und die eigentümliche Verbin- 
dung derselben). 



•) Wir stellen also z. B. als Ziel nicht auf: richtige Darstellung des 
linken Seitenbogens, sondern richtige Darstellung des 0. Um aber den 
Hauptteil dieses Buchstabens klar zu erfassen, ist nötig die Betrachtung 
und Beschreibung desselben (2. Stufe), die Vergleichung mit dem Grund- 
strich (3. Stufe) und die Hervorhebung des Charakteristischen (4. Stufe). 
Die 5. Stufe (Anwendung) fehlt schliesslich auch nicht. 



148 Das zweite Schuljahr 

Auf der fünften Stufe wird der Buchstabe eingeübt und verbessert, 
schliesslich aus dem Kopfe geschrieben und in Wörtern und Sätzen an- 
gew^andt. 

Zu den einzelnen Stufen bemerken wir noch folgendes: 
Zu Stufe I. Aus dem ersten Schreib- und Leseunterricht ist den 
Schülern die Form der Buchstaben im allgemeinen bekannt, auch die 
Hauptteile derselben haben sie unter entsprechenden Bezeichnungen kennen 
gelernt, über die Beschaffenheit derselben im einzelnen werden sie aber 
nur mehr oder minder mangelhafte Vorstellungen haben. Das wird man 
den Schülern zum Bewusstsein bringen, damit in ihnen das Verlangen 
nach einer nochmaligen Darbietung entsteht. Auf der ersten Stufe dürfen 
die Schüler für die Bestandteile der Buchstaben noch die Bezeichnungen 
gebrauchen, welche im ersten Unterricht angewandt wurden, auch Ver- 
gleichungen, besonders mit Dingen, die gezeichnet wurden, sind gestattet. 
Da innerhalb der einzelnen Buchstabengruppen die Buchstaben „gene- 
tisch" geordnet sind, jeder neue Buchstabe also schon bekannte und ge- 
übte Züge enthält, so wiid man auf die vorangegangenen verwandten 
Buchstaben Bezug nehmen. An nicht verwandte kann man erinnern 
beim Übergang zu einer neuen Gruppe. Durch beides wird die Auf- 
merksamkeit für das Neue an dem im Ziel genannten Buchstaben en-egt. 
Zu Stufe II — V. Der Buchstabe wird hier in solcher Grösse an 
die Wandtafel geschrieben, dass auch die entfernt sitzenden Schüler 
alle Einzelheiten erkennen können. Das Anschreiben muss sicher und 
vorbildlich (d. h. musterhaft) geschehen, wie alles, was der Lehrer thut. 
Mehrmaliges Streichen mit der Kreide, Wegwischen und Verbessern ein- 
zelner Teile soll dabei ebenso wenig vorkommen, als später beim Schüler. 
Deshalb hat der weniger gewandte Lehrer den Buchstaben vor der Schreib- 
stunde gehörig zu üben. Ein Hinweis auf eine lithographierte Wandtafel 
statt des Anschreibens ist nicht statthaft, es kommt darauf an, dass der 
Schüler den Buchstaben entstehen sieht, weshalb beim Anschreiben auch 
die entschiedenste Klassen aufmerksamkeit zu verlangen ist Blosses An- 
schauen des Buchstabens ver hilft aber noch nicht zu einer klaren Vor- 
stellung von demselben (man versuche z. B. die Druckbuchstaben g oder 
{ aus dem Kopfe zu schreiben), er muss deshalb verdeutlicht werden 
Das geschieht, indem wir ihn in seine Elemente zerlegen.*) Dieselben 
werden einzeln unter den Buchstaben geschrieben. Tritt hierbei ein neuer 
Grundzug auf, so wird derselbe wieder allein und wenn nötig, in ver- 
grössertem Massstab angeschrieben, dann wird er genau beschrieben^ 
benannt und eingeübt bis zur Fertigkeit. (Diese ist so lange 
noch nicht vorhanden, als das Vorgestellte nur mangelhaft in Wirklich- 
keit übersetzt werden kann, bald gelingend, bald misslingend, oder wenn 
die Thätigkeit nur langsam vor sich geht. — Übung macht den Meister.) 
Die Einübung geschieht zunächst in grossen Formen: Luft schreiben, 
wobei die Schüler die Federspitze auf den Zug an der Wandtafel richten 



*) Herbart v^sychologie II, § 139): „Verdeutlichen heisst aus- 
ei 31 andersetzen, welcher Ausdruck so wörtlich als möglich zu 
nehmen ist," 



Das Schönschreiben 149 

und denselben in Gedanken überfahren, dann im Heft. Um die Form in 
gi'össerm Massstab ausführen za können, empfiehit sich ein sogenanntes 
Probebuch. Wo es geht, geschehen die Übungen ohne Absetzen nach 
dem einzelnen Zuge; denn es mnss gleich in den ersten Schuljahren 
darauf Bedacht genommen werden, dass die Handschrift „geläufig*' wird. 
Schliesslich werden die Züge in gewöhnlicher Grösse geschrieben.*) 
Durch diese Übungen „kommen sie in die Muskeln", d. h. es wird ein 
Zusammenhang zwischen Vorstellung und Muskelempfindung begründet. 
Als Hilfsmittel hierbei sind von verschiedenen Schreiblehrern dieselben 
Veranstaltungen empfohlen worden, die wir bei der Einübung der Buch- 
staben erwähnen werden. Wir beanspruchen bei Übung der Grundzüge 
gar kein Hilfsmittel, sondern lassen dieselben (wie Dietlein) auf einem 
Blatt (sog. Probeblatt) ohne alle Linien ausführen. Ein Mass für 
die Grundzüge brauchen wir nicht, da sie in ein Verhältnis zu einander 
noch nicht treten, (höchstens könnte die Eichtungslinie einige Dienste 
leisten). Das leere Blatt gestattet Übungen in verschiedener Grösse, 
wagrechte und senkrechte Verbindungen. Diese sind aber wesentlich, 
damit „Arm und Hand frei gemacht werden". Dass ein neuer Zug 
nicht immer gleich gelingt, ist eine bekannte Erfahrung. Der Lehrer 
hat deshalb öfter nachzusehen, wo noch Mängel vorhanden sind, und die 
Ursachen derselben zu erforschen. Sie haben meist ihren Grund in der 
mangelhaften Auffassung des Vorbilds, in der unklaren Innern Vorstell- 
ung desselben, oder in der Ungeschicklichkeit der Hand. Je nach der 
Ursache werden die Mittel zur Abhilfe verschiedene sein. Hauptsache 
ist: Fehler nicht zur Gewohnheit werden lassen, sondern sofort 
auf Abstellung derselben mit aller Strenge halten. Die Verbesserung ist 
natürlich eine gemeinsame. 

Nun wird der neue Grundzug mit einem bekannten verbunden da- 
mit Gewandtheit in den Verbindungen erzeugt werde. 

Wenn die Grundzüge richtig geschrieben werden, so ist sehr viel 
für die richtige Darstellung des Buchstabens gewonnen. Dieser wird 
jetzt aus seinen Elementen zusammengesetzt, dann folgt eine (mündliche) 
Beschreibung desselben , wobei die Schüler anzugeben haben, aus 
welchen Teilen der Buchstabe besteht, wie gross jeder dieser 
Teile im Verhältnis zum andern ist, welche Entfernung, Höhe, 
Richtung u s. w. er hat, und auf welche Weise die einzelnen 
Teile zum Ganzen verbunden sind. Die Beschreibung erfolgt zuerst 
bei unmittelbarer Anschauung des Buchstabens, dann ohne dieselbe. Hierbei 
führt der Lehrer auf der Tafel gleich aus, was die Schüler angeben, 
„sie sehen auf die Weise ihre fehlerhafte Angabe gleich verkörpert und 
werden immer bald das Rechte finden." Bei der Beschreibung wird der 
Lehrer sein Augenmerk darauf zu richten haben, dass von den Teilen 



*) Bei Kaufleuten, deren Schrift sehr häufig durch einen gewissen 
Schwung besticht, kann man oft beobachten, wie sie Buchstaben oder 
Züge mit dem Arm in der Luft ausführen, ehe sie auf dem Papier an- 
setzen. — Manche Schreiblehrer lassen umgekehrt alle Züge anfangs sehr 
klein üben. Die Schrift erhält dadurch allerdings eine gewisse Zierlich- 
keit, wird aber ziemlich charakterlos. 



138 Das zweite Schuljahr 

die wir in der Volksschule sämtlich „Grundzüge" nennen, in drei Grup- 
pen bringen: 

1. Punkte. 

2. Gerade und fast gerade Linien. 

a) Die wagerechte Linie. 

b) Schräge Linien. 

aa) Aufstriche: 1. Der kurze Aufstrich (schräg in der 
deutschen, steil in der englischen Eurrent. Bei letzterer 
kommt noch dazu der Aufstrich mit angehängtem Punkt : 
c-An strich, und mit angehängtem Häkchen*): ö- An- 
strich). 2. Der lange Aufstrich (Anstrich), der 
beim Schreiben nach links oder rechts gebogen wird. 

bb) Ab strich er 1. Der kurze Abstrich (Grundstrich); 

2. Der lange Abstrich (nur in der englischen Kurrent) ; 

3. Der zugespitzte Abstrich (verkehrte Keilstrich); 

4. Der verstärkte Abstrich (Keilstrich). 

5. Der linke und rechte Schleifenstrich. 

6. Der feine Abstrich (nur Verbindungslinie im z des 
englischen Alphabets). 

3. Gebogene Linien (Teile der Ellipse). 

a) Teile der einfachen (schrägstehenden) Ellipse. 

aa) Dieselbe ist von oben nach unten in zwei gleiche Teile ge- 
schieden: linker und rechter Seitenbogen oder Oval 
links und rechts. Manche lassen durch Verbindung mit 
einem Anstrich die linke und rechte Schleife und durch 
Zusammenziehung derselben den linken und rechten 
Schleifenpunkt entstehen.) 

bb) Dieselbe ist wagrecht in zwei gleiche Teile geschieden: 
oberer und unterer Halbbogen. (Durch Ansetzen eines 
Aufstriches mit einer Verbindungslinie entsteht der obere 
und untere Schleifenpunkt, der aber, wie bereits 
erwähnt, auch von den Seitenbogen abgeleitet werden kann. 
Den Schülern ist nur die eine oder andere Ableitung vor- 
zuführen.) 

b) Teile der zusammengesetzten Ellipse. 

aa) Die beiden m. einander stossenden Ellipsen beginnen und 
endigen in gleicher Höhe. Geht man aus der ersten in 
die zweite über, so entsteht die Schlangenlinie (U-Zug); 
geht man aus der zweiten in die erste über, so erhält man 
die Flammenlinie (F-Zug). 

bb) Die zweite Ellipse steht höher als die erste. Geht man 
aus der untern in die obere über (rechts herum), so ent- 
steht die tiefe Wellenlinie (oder kurze Schlangenlinie). 
Legt man zwei flache Ellipsen auf einander, so erhält man 
die flache Wellenlinie. 



*) Vergl. hierzu aber Seite 145 c. 



Das Schönschreiben 139 

Bevor wir nun weitere Angaben über die einzelnen „Grundzüge" machen 
sei bemerkt: Die Form der Grundzüge ergiebt sich aus den 
Buchstaben in Musteralphabeten; nicht aber werden die 
Buchstaben nach den angenommenen, geometrisch be- 
stimmten Elementen umgeformt. Ein mit geometrischer Genauigkeit 
konstruiertes Alphabet macht den Eindruck eines gekünstelten und kann 
nicht einmal als historisch berechtigt nachgewiesen werden. Wir verwerfen 
deshalb auch aus diesem Grunde das Einzwängen aller Buchstaben in ein 
Quadratnetz, wie es z. B. Zschille durchführt und auch in neueren 
Schreibheften noch zu finden ist. 

Zu den einzelnen Grundzügen bemerken wir noch folgendes: 

1. Der Punkt. Er wird stets mit einem Druck der richtig ge- 
haltenen Feder ausgeführt; es darf dabei nicht ^ geringelt^ werden. 
Beim i steht er genau über dem Abstrich und wird immer erst nach 
Vollendung des Buchstabens bez. Worts gemacht. 

2. Der kurze Aufstrich. Er wird von manchen Schreiblehrern 
dem Handgelenk zugewiesen. Die Hand ermüdet aber weniger, wenn 
er ebenso wie der lange mit Fingerbewegung ausgeführt wird. Es ist 
darauf zu achten, dass er im deutschen Kurrent immer eine gerade 
Linie ist ; im englischen wird er steiler und erhält eine leise Einbiegung 
nach rechts. 

3. Der lange Aufstrich. Er steht viel steiler als der kurze 
und erhält eine leise Einbiegung nach innen oder nach aussen. 

4. Der kurze Abstrich oder Grundstrich. Er ist in der 
deutschen Kurrent durchweg gerade und von gleicher Stärke, muss deshalb 
mit ganz gleichmässigem Druck ausgeführt werden; mit dem Aufstrich muss 
er oben und unten einen spitzen Winkel bilden und darf nie in demselben 
herabgehen. Anders erscheint er in der englischen Kurrent. Hier geht er 
bis über die Hälfte wieder im Abstrich herab ; ausserdem erhält er einen 
gebogenen Fuss (beim i und u) oder einen gebogenen Ansatz (beim n, m, 
r u. s. w.), oder auch einen solchen Fuss und Ansatz zugleich (beim p, vu.s. w.). 
Dadurch wird er einem halben Seitenbogen oder der Schlangenlinie so 
ähnlich, dass er von Einigen (z. B. von Dietlein) von der Ellipse ab- 
geleitet wird. Die ümbiegungen besitzen aber nicht die Breite und Rundung 
derselben. Der kurze Abstrich in seiner verschiedenen Gestalt charakterisiert 
die beiden genannten Schriftarten und ist deshalb sehr tüchtig zu üben. 
In der englischen Schrift ist besonders noch darauf zu sehen, dass er oben 
nicht umgebogen oder spitz wird, dass er nicht auch in der Mitte eine 
Biegung und im Ansatz eine zu grosse Rundung erhält, wodurch er einem 
Seitenbogen oder untern Halbbogen ähnlich wird. (Um diese Fehler zu 
vermeiden, lässt man bei der Einübung nach dem Aufstrich absetzen — 
was in der deutschen Kurrent nicht erlaubt ist — oben mit geöffnetem 
Federspalt und gehörigem Fingerdruck gleich wieder einsetzen und die 
Grundstriche auch in Verbindung, eng an einander gestellt und genau im 
Abstrich herabgehend, schreiben) 

5. Der lange Abstrich. Er kommt nur in der englischen 
Kurrent und zwar ohne und mit gebogenem untern Ansatz vor (in den 
Buchstaben t, 1, b, q, d u. s. w.). Da dieser Zug der Flüchtigkeit der 



140 Das zweite Schaljahr 

Schrift wenig günstig ist and der Schrift auch keine Eleganz verleiht, 
so hahen ihn viele Kalligraphen (bis auf die Bachstahen d and t) be- 
seitigt and darch die linke Schleife oder einen verstärkten Abstrich er- 
setzt (l, b, h, q, p). 

6. Der zugespitzte Abstrich. Für An^nger ist er gewöhnlich 
etwas schwer; sie braachen aber beim Schreiben desselben nar die Feder 
schnell vom Blatte abzuziehen, so wird er stets spitz. 

7. Der verstärkte Abstrich (Keilstrich). Derselbe ist kurz, 
halblang and ganz lang. Oben fängt er ganz fein an und endet in 
Grandstrichbreite — nicht breiter. 

8. Von diesem Strich leiten einige Schreiblehrer direkt den rechten 
Schleifenstrich ab (and, am konsequent zu sein, wohl auch den linken). 
Der dadurch geschaffene Duktus, an manchen Orten unter dem Namen 
„Keilschrift" bekannt, hat etwas recht Steifes und Eckiges. Die Schlei- 
fenstriche leiten wir ab von einem doppelt zugespitzten Abstrich, 
der eine leise Biegung nach links oder rechts erhält. 

Die Schleifen dürfen weder zu schlank noch zu voll sein; bei 
der linken (obem) ist besonders darauf zu achten, dass der Schleifeu- 
strich nicht zu viel Rundung erhält. (Schreibregel: Schleifenstrich nahe 
Aufstrich herab! Wo der Aufstrich den Schleifenstrich zu durchschnei- 
den hat, wird durch die untere und obere Grundlinie angegeben.) Die 
Schleifenpunkte lässt man bei der Einübung zunächst als wirkliche kleine 
Schleifen erscheinen; die Füllung erfolgt bei der richtigen Grösse schon 
von selbst. 

9. Der feine Abstrich, Da er streng genommen kein Grundzug, 
sondern nur eine Verbindungslinie (beim z und Z) ist, flüchtig und fein 
geschrieben wird, darf er beim Taktschreiben nicht betont werden. 

Alle Abstriche sind durch Finger-, nicht durch Armbewegung her- 
zustellen. (Dass dabei nicht zwei- oder mehrmal gestrichen werden darf, 
braucht wohl kaum bemerkt zu werden. Beim Schreiben in ein Linien- 
netz sind die Abstriche, so oft es möglich ist, an die Richtungslinien 
zu stellen. 

10. Der rechte und linke Seitenbogen. Der linke tritt in 
zweifacher Gestalt auf: als langer (D) und kurzer (o); der rechte in 
dreifacher Gestalt: als langer (@), kurzer (d) und halblanger (f). Diese 
Bogen erfordern sehr viel Übung, nicht allein damit die Form überhaupt 
eine gute wird, sondern weil es den Schülern gewöhnlich schwer fällt, 
den Druck richtig zu verteilen und die Biegungen rein und schwach 
auszuziehen. (Der linke Seitenbogen wird anfangs gewöhnlich oben oder 
unten stark mit einer kreisrunden, statt ovalen Biegung geschrieben. 
Beim kurzen Seitenbogen muss man am Aufstriche bis zur Hälfte zurück- 
gehen, darf aber nicht erst da mit dem Druck beginnen. Der kleine 
rechte Seitenbogen endigt vielfach zu breit, wie ein oberer Halbbogen; 
beim f und Ä tritt er gern zu weit nach rechts heraus.) 

Hierher gehören auch die Vorschwünge oder Anschwünge, 
von welchen in der Volksschule ein sehr massiger Gebrauch zu machen 
ist. Viele Kalligraphen geben ihnen eine andere Lage als den Haupt« 
Zügen ; leichter auszuführen sind sie aber in gleicher Lage mit den Haupt- 



Das Schönschreiben 141 

Zügen, nur dürfen sie nie so stark sein als diese. Im deutschen Alpha- 
bet ist nur bei den Buchstaben (B, S, S3 und ^ ein Anschwung nötig. 

11. Der untere Halbbogen. Er kommt in manchen Alpha- 
beten vor beim u, t, t t, %, @, @, $, ®, ft r (und s). Wenn er nicht 
in den langen Aufstrich übergeht, sollen seine beiden Schenkel gleiche 
Höhe haben; beim u hat der linke Teil gleiche Lage mit dem ersten^" 
Grundstrich, der rechte darf nicht weiter als der zweite Grundstrich 
reichen. In andern Alphabeten ist statt des untern Halbbogens ein 
kleiner linker Seitenbogen (z. B. beim u) oder der linke Schleifenpunkt 
(z. B. beim t) angewandt. (Manche Schreiblehrer gebrauchen auch einen 
kurzen Abstrich mit aufgehängtem Aufstrich; u-Haken nennen sie dies 
hässliche Ding.) 

12. Die Schlangenlinie Sie wird gewöhnlich zu sehr gebogen 
und erhält den Druck zu weit unten, während derselbe gleichmässig ver- 
teilt werden muss. 

13. Die Flammenlinie (Schönheitslinie). Sie setzt Formensinn und 
Gewandtheit in Hand- und Fingerbewegungen voraus. Stellt man sie an 
eine Richtungslinie, so muss sie dieselbe so durchschneiden, dass rechts und 
links gleiche Teile liegen. Von Anfängern im Schreiben wird sie zu wenig 
oder zu stark gebogen, zu steil gestellt und an der unrechten Stelle 
verstärkt. 

14. Die tiefe Wellenlinie (2), I u. s. w) Sie wird auch als 
kurze Schlangenlinie angesehen, darf aber dann nicht zu lang 
werden. Hauptächlich wird gegen die richtige Lage derselben gefehlt. 
(Wir stellen sie in der Volksschule zur Schlangenlinie, damit sie nicht 
mit der flachen Wellenlinie verwechselt wird.) 

15. Die flache Wellenlinie. (®, S, 83). Sie wird ganz ohne 
Druck mit der rechten Seite der Feder geschrieben. Man hat darauf zu 
achten, dass dabei die Feder nicht gedreht wird und die Welle sich nur 
wenig über die Grundlinie erhebt 

Es braucht wohl kaum bemerkt zu werden, dass diese Grundzüge 
nicht auf einmal und systematisch dem Schüler zu bieten sind, sondern 
nach und nach (aber wenn nötig alljährlich), wie es der eben zu be- 
handelnde Buchstabe fordert. 

Ordnen wir die Buchstaben nach den wesentlichen Grundzügen, 
so erhalten wir für das deutsche Alphabet folgende Gruppen und 
Familien : 

I. Gruppe des Grundstrichs: i, n, m, t, ü, u. 

II. Gruppe des Eeilstrichs: t, f, f. 
IIL Gruppe des linken Schleifenstrichs: l, h, @. 
IV. Gruppe des rechten Schleifenstrichs: \, Ü), ^, ^, r. 

V. Gruppe des linken Seitenbogens : D, &), 81, St, c, o, ö, a, ä, c\, ®, 

6, ^f h (P). 
VI. Gruppe des rechten Seitenbogens: @, §, SS, SB, ö, lu, S; it ^f % 

f, % m, S. 

VII Gruppe der Schlangenlinie (mit Einschluss der Tiefwellenlinie) : U, 
% 81, (D), S), X, @t, 3, (i). 



142 Das zweite Sclialjahr 

VIII. Gruppe der Flammenlinie (mit Einschluss der flachen Wellenlinie) : 

3. 3 (i). e, 8, ö, «, (P) 6. 

Für das englische (lateinische) Alphabet: 

I. Gruppe des Grundstrichs: 

a) mit gebogenem Fuss: i, u, ü, t, f, j, (1, b); 

b) mit gebogenem Ansatz: n, m, v, w, r, (h, p, z, y). 

II. Gruppe des linken Seitenbogens : C, 0, c, e, o, a, d, q, g, E, G, A^ 
(N, M). 

III. Gruppe des rechten Seitenbogens: X, x. 

IV. Gruppe der Schlangenlinie : XJ, Y, Z, (z, y, h, p, k), Q, V, W, (v, w). 
V. Gruppe der Flammenlinie: S, s, I, T, F, P, L, B, R, A, D, H, K^ 

(V, W, N, M). 

V^ählt man andere Formen, so ergiebt sich eine etwas andere Zu— 
erteilung. 

Es ist von Wichtigkeit, bei der Besprechung und Einübung eines 
Buchstabens besonders die Teile desselben zu berücksichtigen, welche am. 
häufigsten falsch ausgeführt werden. Deshalb folgen noch einige Be- 
merkungen über einzelne Buchstaben. 

I Das kleine deutshe Alphabet 

a) i, n, m, t, ü, u. 

Der Punkt über dem i steht oft nicht genau in der Richtung des 
Grundstrichs, hat auch nicht die richtige Entfernung (Grundstrichhöhe) 
von demselben. Letzteres ist auch von den Strichen beim ü und dem 
Bogen beim u zu bemerken, ausserdem steht beim fi der erste zuge- 
spitzte Abstrich häufig nicht über dem ersten Grundstrich. Das n 
wird oft zu breit gezogen (Regel, so breit als hoch) und beim m haben 
die drei Grundstriche nicht gleiche Entfernung von einander. Das e fällt 
l)ald zu schmal, bald zu breit aus,*) den zweiten Grundstrich desselben 
kleiner als den ersten zu machen, liegt kein Grund vor. 

It)) t, f, f, I, b, \, ^, *, r. 

Der linke Schleifenpunkt beim t und f darf nicht auf der Linie auf- 
stehen (wenn in Doppellinien geschrieben wird, hat er genau zwischen 
den beiden Grundlinien seinen Platz) und darf auf keinen Fall links über 
den Aufstrich hinausreichen. Der Schleifenstrich erhält leicht den Druck 
zu weit unten und zu starke Biegung. Die obere Schleife wird ge- 
wöhnlich zu flach geschrieben, bei der untern zieht man unten leicht zu 
weit nach links. Die Durchschnittspunkte aller Schleifen geben die 
Doppellinien an. Das c erhält beim d^ die Form eines i ohne Punkt. 
(Man schreibe z. B. beim fd^ das c mit einem linken Seitenbogen, um 



*) Die Strich-Entfernungen werden immer mit der Höhe des Grund- 
strichs gemessen Z. B. n : Der Abstand der beiden Grandstriche ^- 
Grondstrichshöhe. 



Das Schönschreiben 148 

den Grand dieser Abänderang des c einzusehen. Beim d kann es in 
beiden Formen auftreten, ohne dass es den Parallelismns stört. Natür- 
lich wählt man für seine Schule nur eine Form.) Recht häufig wird das 
c zu nahe an das ^ gerückt. Der erste Abstrich des r ist ein halber 
Schleifenstrich; man halte auf gleichlaufende Striche und kräftigen 
Schleifenpunkt und Bogen. 

c) b, c, 0, 0, ä, q, g, j, (p). 

Am b wird der Kopf vielmals zu lang und flach, wohl auch eckig. 
Die Verlängerung des Kopfes zum Zweck der Verbindung mit dem nach- 
folgenden Buchstaben ist in Volksschulen nicht zu empfehlen ; es entsteht 
gewöhnlich eine Missgestalt, die Ähnlichkeit mit einem et hat (nur bt 
geht an.) 

Bei den Buchstaben o, a u. s. w. halte man fest darauf, dass der 
linke Schleifenpunkt recht kräftig geschrieben wird (sonst verschwindet 
er in der Schnellschrift gewöhnlich ganz und gar) und dass beim a, q 
und 9 die letzte Hälfte des Buchstabens genau die Höhe der ersten 
Hälfte erreicht. Das p findet man vielfach in diese Gruppe eingereiht. 
Es gehört zu den schwerern Formen und hat sich deshalb viele Um- 
änderungen gefallen lassen müssen. Die von Herzsprung eingeführte 
und auch in dieHenze-Goskysche ^Nationaischrift^ übergegangene 
Form (nach welcher das p mit rechtem Seitenbogen beginnt) will vielen 
Schreiblehrern durchaus nicht gefallen. Wir haben auch nicht gefunden, 
dass sie leichter sei, als die mit linkem Seitenbogen. Bei letzterer muss 
die rechte Schleife aus dem rechten Seitenbogen (oder noch besser von 
der Flammenlinie) abgeleitet werden, sonst wird sie leicht zu steif. 
V^ir stellen das p deshalb in die nächste Gruppe ein.) Die Verbindungs- 
linie zum Abstrich der Schleife muss den linken Seitenbogen unten durch- 
schneiden noch vor der Stelle, wo er aufwärts umgebogen 
X st. Das gilt auch beim £, bei welchem noch zu beachten ist, dass alle 
^rei Bogen parallel laufen müssen. 

d) l g, t), xo, \), a, (p), % 

Beim f wird fast immer der rechte Seitenbogen zu hoch und der 

untere Halbbogen zu tief gesetzt; ersterer hat ausserdem oft noch den 

X)rack zu weit oben und geht zu weit nach rechts. Er muss in der 

^itte ansetzen und sich bis dreiviertel in der Höhe erheben; seine £nt- 

:t"emung vom verstärkten Abstrich beträgt nur Grundstrichshöhe. Beim 

^ dürfen unterer und oberer Bogen in einer Linie liegen. Bei ö und tt) 

:Cndet man häufig den halben Schleifenstrich oder zugespitzten Abstrich 

iiiit dem Grundstrich verwechselt, auch trifft der rechte Seitenbogen 

>^ielfach nicht genau in den Schleifenpunkt. Das 5 wird oft durch die 

Schlechte Ausführung des ersten Bogens verunstaltet, auch einen Buckel 

im untern findet man nicht selten. Letzerer wii-d vermieden, wenn 

t:iberer und unterer Bogen in eine Richtungslinie gelegt werden. Schiebt 

Xnan zwischen ersten und zweiten Bogen einen feinen Schleifenpunkt ein, so 

^^rfolgt die richtigere Darstellung leichter. Das § gehört zu den schwierigsten 

formen, deshalb ist auch viel an ihm hemmgestaltet worden. Die Einen 



144 Das zweite Schuljahr 

sehen es als eine Zasammenziehung von f und d, die Andern von f und ) 
an. Die erste Ansicht verhilft zu ehenso falschen Meinungen üher seine 
Bedeutung als die zweite; denn g steht ja nicht immer für ff. Wir 
halten als Form für das § die Zusammensetzung aus f und einem richtigen 
j empfehlenswert. Die andere gehräuchliche Form hahen wir wenigstens 
bei Jüngern Schülern noch nie gut ausgeführt gefunden. 



2 Das grosse deutsche Alphabet 

a) D, Ö, «, % D, ®, $>, ®. 

Auf richtige Einübung des linken Seitenbogens kommt sehr viel an. 
Die Form des hierher gehörigen Q (mit verstärktem Abstrich statt den 
Tiefwellenlinie) kann sich gerade keiner besondern Schönheit rühmen, wir 
ziehen die andere vor. In vielen Alphabeten wird das S mit linkem^ 
Seitenbogen geschrieben; der Druck im Hauptzug wird dann leiclit zu. 
hoch gelegt; wodurch der Buchstabe zu starke Krümmung erhält. 

b) ®, % m, SS, SB, % % 3, 3E. 

Bei dieser Gruppe giebt es reichlich Gelegenheit, das Auge für den 
Parallelismus zu schärfen. Vielen Schülern will das 3BI nicht gelingen, 
weil sie die richtige Entfernung des letzten Hauptzags vom vorhergehenden 
nicht finden. Die hier vielfach angegebene Regel: alle drei Striche haben 
gleiche Entfernung, veranlasst bei strenger Befolgung eine Entstellung 
des 9Jt. Beim $ gelangt manchmal der rechte Seitenbogen nicht in die 
gleiche Höhe mit der Verbindungslinie zum verstärkten Abstrich, auch 
kommen die beim t angemerkten Fehler vor. Vom Q gilt das vom j 
Gesagte, doch darf hier der Schleifenpunkt nicht auf die Linie fallen, sondern 
eine halbe Grundstrichslänge höher. 

c) u, % a s). % 3 0). 

Hierzu ist das Nötige bei den Grundzügen bereits angegeben worden. 
Besondere Aufmerksamkeit erfordert das 3%, bei welchem der kleine rechte 
Seitenbogen leicht so gross wird als die Schlangenlinie; letztere wird 
auch öfter nicht parallel dem ersten Hauptzug und nicht in eine Linie 
mit dem zweiten gelegt. Es gelingt eher, wenn man (wie beim j) eben- 
falls einen kleinen Schleifenpunkt einschiebt. 

d) 3, a ®. a 33, ft. 

Die Flammenlinie muss sehr viel geübt werden. % und 3 werden 
unten zu wenig ausgeschweift (erhalten zu wenig Fuss), der Strich durch 
das S ist oft nicht wagrecht. Bei S, S und S3 wird anfangs gewöhnlich 
die flache Wellenlinie in eine tiefe Wellenlinie verwandelt. Das £ gelingt 
nur nach und nach, es ist meist links und rechts von der Flammenlinie 
fehlerhaft; gewöhnlich liegt das daran, dass die Eundung von der Flammen- 
linie aufwärts gleich unten zu gross oder zu klein genommen wird und 
der Aufstrich dann gerade bleibt bis zum Durchschnitt der Flammenlinie. 
Der rechte Seitenbogen darf kein oberer Halbbogen werden. 



Das Schönschreiben 145 

3 Das kleine lateinische Alpliabet 

a) i, u, ti, t, f, j, 1, b. 

Das t wird von vielen eine halbe Grundlinienlänge kürzer als die 
andern Hochbuchstaben geschrieben ; notwendig ist diese Ausnahme durchaus 
nicht. Das f leitet man jetzt meist vom deutschen f ab. Lässt man 
die Buchstaben 1 und b mit langem Abstrich schreiben, so ist ganz be- 
sonders darauf zu achten, dass der Aufstrich recht steil und der Abstrich 
oben nicht spitz wird. Die andere Form ist der deutschen völlig gleich 
oder etwas schlanker. 

b) n, m, V, w, r, h, p (z, y). 

Die Schüler setzen hier beim zweiten Aufstrich gern mit der Feder 
ab, was nur beim p stattfinden darf; auch entfernt sich derselbe leicht 
zu weit oben oder bereits zu weit unten vom Abstrich (Eegel : Beginn der 
Entfernung in der Mitte des kurzen Abstrichs). Beim z wird der feine 
Abstrich fast immer zu stark oder als verstärkter Abstrich geschrieben. 
(Man zeige dem Schüler wie es früher geschrieben wurde: oberer Zug, 
unterer Zug, dann erst seine Verbindungslinie. — Zu bemerken ist noch, 
dass bei z und y eigentlich nicht der Abstrich mit gebogenem Ansatz 
und Fuss, sondern die kurze Schlangenlinie auftritt. Die Schüler sehen 
das aber erst ein, wenn das grosse Z und Y geschrieben werden.) 

c) c, e, 0, a, d, q, g. 

Das hier auftretende kurze Oval kann auf mehrfache Weise darge- 
stellt werden. Am gebräuchlichsten sind wohl folgende zwei: a) Auf- 
strich, oben umgebogen zum rechten Seitenbogen (beim c dann Punkt, 
beim e Häkchen), abgesetzt, in der Mitte des Aufstrichs zum linken 
Seitenbogen wieder eingesetzt; b) Aufstrich nur von halber Höhe (der 
Grundbuchstaben), abgesetzt, in der Mitte der rechten Seite, oder da, wo 
das Häkchen oder der Punkt anfängt, eingesetzt, linker Seitenbogen, der 
genau an den Aufstrich sich anschliessen muss. 

Das unter a) angegebene Verfahren ist der Schnellschrift nicht günstig. 
Wer es einhält, halte darauf, dass der Punkt beim c mit einem Druck 
gemacht wird und nicht oben in die Biegung, sondern in die rechte Seite 
des Ovals kommt. Bei der andern Verfahrungsweise wird gewöhnlich 
der kleine Aufstrich nicht steil genug gestellt. 

d) k, X, s. 

Beim k ist an das deutsche 91 zu erinnern. Das s ist ein ziemlich 
schwerer Buchstabe, der meist zu steif oder zum krumm ausfällt; deshalb 
lasse man anfangs bei der Einübung nach dem Aufstrich absetzen. 

4 Das grosse lateinische Alphabet 

a) C, 0, Q, E, G, A (N, M). 

Wählt man für das C die aus zwei sich schneidenden Ovalen be- 
stehende Form, so erhält es oft die Gestalt eines deutschen S; das 
Durchschneiden muss in der Mitte stattfinden. und Q werden oft mit 

10 



14G Das zweite Schuljahr 

einem Aufstrich begonuen, was nicht ^t aussieht; der Abschluss des 
Ovals (auch ein linker Seitenhogen) muss genau die Richtung des ersten 
haben. Beim E wird die obere Hälfte vielfach zu gross gemacht und 
die untere zu weit nach links gestellt. Beim A (und allen Buchstaben 
mit dem linken Vorschwung) wird der Vorschwung gern zu steil gestellt; 
man lasse deshalb vorher fast horizontal liegende Ovale üben. Auch der 
Aufstrich fällt bald zu gerade, bald zu gebogen aus. (In vielen Alpha- 
beten sind N und M mit verstärktem Abstrich statt mit der Flammenlinie 
geschrieben ; deshalb fügen wir sie hier an. Die Form ist nicht unschön 
und etwas leichter als die andere. Der Abstrich hat beim N dann dieselbe 
Lage wie beim M, während man bei Anwendung der Flammenlinie etwas 
von der Eichtung abweichen muss, wenn das N nicht auffallend schmale 
Form erhalten soll.) 

b) X. 

Hier bietet die Verbindungslinie der beiden Hauptteile die grössten 
Schwierigkeiten; sie kehii; auch beim H und K wieder. Man lasse sie 
(als steife Wellenlinie) fleissig allein üben. Sie muss den ersten Haupt- 
zug der betreffenden Buchstaben in der Mitte durchschneiden, der zweite 
kann ein wenig höher getroffen werden. Beim K kann es aber auch 
anders sein. 

c)' ü, Y, Z (V, W). 

(Schreibt man V und W in der hierher gehörigen Form, so ist 
besonders die Eichtung und Biegung des letzten Aufstrichs [Nachstrichs] 
zu beachten, damit im Ganzen ein Oval erkannt werden kann). 

d) S, I, T, F, B, E, L, D, H, K (V, W, N, M). 

Bei Ausführung der Wellenlinie über T und F wird die Feder von 
manchen Schülern gedreht, wodurch falscher Weise Druck in die Linie 
kommt, P, B und E werden oft verunstaltet durch eine nicht symmet- 
rische Haube (zwei verbundene rechte Seitenbogen), deren beide Teile 
nicht gleiche Höhe über der Grundlinie haben, zu kurz oder zu lang 
geraten. 

Das D gilt als Prüfstein für die Schreibgewandtheit des Schülers. 
Gewöhnlich geht die Verbindungslinie zu bald in die Höhe, oder sie ent- 
fernt sich zu weit von der Flammenlinie. Beide Fehler haben in einer 
falschen Beurteilung der Wellenlinie ihren ersten Grund. Der linke 
Seitenbogen muss mit der Schleife an der Wellenlinie gleiche ovale Lage 
bekommen, so dass sich das D fast ganz in ein Oval einschliessen lässt 

Das K ist in mehreren Formen gebräuchlich. Wird es in einem 
Zug geschrieben, so kann die steife Wellenlinie die erste Flammenlinie 
in der Mitte durchschneiden, dann muss der Übergang der zweiten Flammen- 
linie in die Schlangenlinie über derselben geschehen. Soll dieser Über- 
gang in der Mitte des Buchstabens stattfinden, so muss der Durchschnitt 
etwas über die Mitte gelegt werden, damit die Wellenlinie nicht mit 
der hintern Flammenlinie zusammenfällt. 

Die Ziffern und Interpunktionszeichen bestehen aus denselben 



Das Schönschreiben 147 

Gruudzügen als die Buchstaben, nnd werden in den Schreibstunden den 
betreffenden Gruppen eingeordnet und geübt. 

B« Die methodischen Einheiten. 

Den Schreibstoff gliedern wir ebenso wie den andern Unterrichts- 
stoff in methodische Einheiten. Diese sind uns hier in den 
einzelnen Buchstab en gegeben. Es wird sich zeigen, dass bei gründ- 
licher Behandlung eines Buchstabens sämmtliche fünf (formale) Stufen 
aufti'eten. Eigentlich sind auch alle Grundzüge als methodische Einheiten 
anzusehen; da wir aber aus denselben die Buchstaben nicht willkürlich 
zusammenstellen können, die Grundzüge vielmehr aus den Buchstaben 
herausnehmen, so reihen wir die Behandlung der Grundzüge der zweiten 
Stufe ein.*) Der mehr als hundert Formen umfassende Unterrichtsstoff 
verlangt zur leichtem und sichern Beherrschung eine Gruppierung. Von 
Zeit zu Zeit müssen deshalb grössere methodische Einheiten 
auftreten: die oben genannten Buchstaben familien. (In den 
oberen Klassen, wo der Schreibkursus zweckmässig alljährlich einmal 
wiederholt wird, aber nur eine geringe Stundenzahl beansprucht, wird 
man die Wiederholung gleich nach den grössern Einheiten anlegen. Der 
übrige für diese Klassen genannte Schreibstoff, z. B. die Reinschrift eines 
Aufsatzes, wird natürlich nicht in Form von methodischen Einheiten 
behandelt.) 

Die unterrichtliche Behandlung eines Buchstabens geschieht nun 
wie folgt: 

Als Ziel wird entweder der einzuübende Buchstabe oder eine Wörter- 
gruppe genannt. (Buchstabenkenntnis wird vorausgesetzt.) 

Die erste Stufe erinnert an verwandte Buchstaben, welche be- 
reits eingeübt sind, an Zeichnungen, in welchen der neue Grundzug ent- 
halten ist (vergl. „Erstes Schuljahr" S. 188) oder an die Form des 
Buchstabens im allgemeinen, soweit sie dem Schüler aus dem ersten 
Schreibunterricht gegenwärtig ist. 

Auf der zweitenStufe wird der Buchstabe angeschrieben und in 
seine Teile zerlegt. Diese werden beschrieben und eingeübt und wieder 
zum Buchstaben zusammengestellt. Dann folgt Beschreibung des Buch- 
stabens. 

Auf der dritten Stufe wird der Buchstabe mit andern (derselben 
oder auch einer andern Gruppe angehörigen) Buchstaben verglichen. 
Daraus ergiebt sich für 

die vierte Stufe das Charakteristische des Buchstabens (die 
wesentlichen Grundzüge und die eigentümliche Verbin- 
dung derselben). 



•) Wir stellen also z. B. als Ziel nicht auf: richtige Darstellung des 
linken Seitenbogens, sondern richtige Darstellung des 0. Um aber den 
Hauptteil dieses Buchstabens klar zu erfassen, ist nötig die Betrachtung 
und Beschreibung desselben (2. Stufe), die Vergleichung mit dem Grund- 
strich (3. Stufe) und die Hervorhebung des Charakteristischen (4. Stufe). 
Die 5. Stufe (Anwendung) fehlt schliesslich auch nicht. 



148 Das zweite Schuljahr 

Auf der fünften Stufe wird der Buchstabe eingeübt und verbessert, 
schliesslich aus dem Kopfe geschrieben und in Wörtern und Sätzen an- 
gewandt. 

Zu den einzelnen Stufen bemerken wir noch folgendes: 
Zu Stufe I. Aus dem ersten Schreib- und Leseunterricht ist den 
Schülern die Form der Buchstaben im allgemeinen bekannt, auch die 
Hauptteile derselben haben sie unter entsprechenden Bezeichnungen kennen 
gelernt, über die Beschaffenheit derselben im einzelnen werden sie aber 
nur mehr oder minder mangelhafte Vorstellungen haben. Das wird man 
den Schülern zum Bewusstsein bringen, damit in ihnen das Verlangen 
nach einer nochmaligen Darbietung entsteht. Auf der ersten Stufe dürfen 
die Schüler für die Bestandteile der Buchstaben noch die Bezeichnungen 
gebrauchen, welche im ersten Unterricht angewandt wurden, auch Ver- 
gleichungen, besonders mit Dingen, die gezeichnet wurden, sind gestattet. 
Da innerhalb der einzelnen Buchstabengruppen die Buchstaben „gene- 
tisch" geordnet sind, jeder neue Buchstabe also schon bekannte und ge- 
übte Züge enthält, so wiid man auf die vorangegangenen verwandten 
Buchstaben Bezug nehmen. An nicht verwandte kann man erinnern 
beim Übergang zu einer neuen Gruppe. Durch beides wird die Auf- 
merksamkeit für das Neue an dem im Ziel genannten Buchstaben en*egt. 
Zu Stufe II — V. Der Buchstabe wird hier in solcher Grösse an 
die Wandtafel geschrieben, dass auch die entfernt sitzenden Schüler 
alle Einzelheiten erkennen können. Das Anschreiben muss sicher und 
vorbildlich (d. h. musterhaft) geschehen, wie alles, was der Lehrer thut. 
Mehrmaliges Streichen mit der Kreide, Wegwischen und Verbessern ein- 
zelner Teile soll dabei ebenso wenig vorkommen, als später beim Schüler. 
Deshalb hat der weniger gewandte Lehrer den Buchstaben vor der Schreib- 
stunde gehörig zu üben. Ein Hinweis auf eine lithographierte Wandtafel 
statt des Anschreibens ist nicht statthaft, es kommt darauf an, dass der 
Schüler den Buchstaben entstehen sieht, weshalb beim Anschreiben auch 
die entschiedenste Klassenaufmerksamkeit zu verlangen ist Blosses An- 
scliauen des Buchstabens ver hilft aber noch nicht zu einer klaren Vor- 
stellung von demselben (man versuche z. B. die Druckbuchstaben g oder 
l aus dem Kopfe zu schreiben), er muss deshalb verdeutlicht werden 
Das geschieht, indem wir ihn in seine Elemente zerlegen.*) Dieselben 
werden einzeln unter den Buchstaben geschrieben. Tritt hierbei ein neuer 
Grnndzug auf, so wird derselbe wieder allein und wenn nötig, in ver- 
grössertem Massstab angeschrieben, dann wird er genau beschrieben^ 
benannt und eingeübt bis zur Fertigkeit. (Diese ist so lange 
noch nicht vorhanden, als das Vorgestellte nur mangelhaft in Wirklich- 
keit übersetzt werden kann, bald gelingend, bald misslingend, oder wenn 
die Thätigkeit nur langsam vor sich geht, — Übung macht den Meister.) 
Die Einübung geschieht zunächst in grossen Formen: Luftschreiben, 
Avobei die Schüler die Federspitze auf den Zug an der Wandtafel richten 



♦) Herbart ^Psychologie II, § 139): „Verdeutlichen heisst aus- 
einandersetzen, welcher Ausdruck so wörtlich als möglich zu 
nehmen ist." 



Das Schönschreiben 149 

und denselben in Gedanken überfahren, dann im Heft. Um die Form in 
grösserm Massstab ausführen zu können, empfiehlt sich ein sogenanntes 
Probebuch. Wo es geht, geschehen die Übungen ohne Absetzen nach 
dem einzelnen Zuge; denn es muss gleich in den ersten Schuljahren 
darauf Bedacht genommen werden, dass die Handschrift „geläufig*' wird. 
Schliesslich werden die Züge in gewöhnlicher Grösse geschrieben*) 
Durch diese Übungen „kommen sie in die Muskeln", d. h. es wird ein 
Zusammenhang zwischen Vorstellung und Muskelempfindung begründet. 
Als Hilfsmittel hierbei sind von verschiedenen Schreiblehrem dieselben 
Veranstaltungen empfohlen worden, die wir bei der Einübung der Buch- 
staben erwähnen werden. Wir beanspruchen bei Übung der Grundzüge 
gar kein Hilfsmittel, sondern lassen dieselben (wie Dietlein) auf einem 
Blatt (sog. Probeblatt) ohne alle Linien ausführen. Ein Mass für 
die Grundzüge brauchen wir nicht, da sie in ein Verhältnis zu einander 
noch nicht treten, (höchstens könnte die Richtungslinie einige Dienste 
leisten). Das leere Blatt gestattet Übungen in verschiedener Grösse, 
wagrechte und senkrechte Verbindungen. Diese sind aber wesentlich, 
damit „Arm und Hand frei gemacht werden". Dass ein neuer Zug 
nicht immer gleich gelingt, ist eine bekannte Erfahrung. Der Lehrer 
hat deshalb öfter nachzusehen, wo noch Mängel vorhanden sind, und die 
Ursachen derselben zu erforschen. Sie haben meist ihren Grund in der 
mangelhaften Auffassung des Vorbilds, in der unklaren Innern Vorstell- 
ung desselben, oder in der Ungeschicklichkeit der Hand. Je nach der 
Ursache werden die Mittel zur Abhilfe verschiedene sein. Hauptsache 
ist: Fehler nicht zur Gewohnheit werden lassen, sondern sofort 
auf Abstellung derselben mit aller Strenge halten. Die Verbesserung ist 
natürlich eine gemeinsame. 

Nun wird der neue Grundzug mit einem bekannten verbunden da- 
mit Gewandtheit in den Verbindungen erzeugt werde. 

Wenn die Grundzüge richtig geschrieben werden, so ist sehr viel 
für die richtige Darstellung des Buchstabens gewonnen. Dieser wird 
jetzt aus seinen Elementen zusammengesetzt, dann folgt eine (mündliche) 
Beschreibung desselben, wobei die Schüler anzugeben haben, aus 
welchen Teilen der Buchstabe besteht, wie gross jeder dieser 
Teile im Verhältnis zum andern ist, welche Entfernung, Höhe, 
Richtung u s. w. er hat, und auf welche Weise die einzelnen 
Teile zum Ganzen verbunden sind. Die Beschreibung erfolgt zuerst 
bei unmittelbarer Anschauung des Buchstabens, dann ohne dieselbe. Hierbei 
fülirt der Lehrer auf der Tafel gleich aus, was die Schüler angeben, 
„sie sehen auf die Weise ihre fehlerhafte Angabe gleich verkörpert und 
werden immer bald das Rechte finden." Bei der Beschreibung wird der 
Lehrer sein Augenmerk darauf zu richten haben, dass von den Teilen 



♦) Bei Kaufleuten, deren Schrift sehr häufig durch einen gewissen 
Schwung besticht, kann man oft beobachten, wie sie Buchstaben oder 
Züge mit dem Arm in der Luft ausführen, ehe sie auf dem Papier an- 
setzen. — Manche Schreiblehrer lassen umgekehrt alle Züge anfangs sehr 
klein üben. Die Schrift erhält dadurch allerdings eine gewisse Zierlich- 
keit, wird aber ziemlich charakterlos. 



150 Das zweite Schuljähr 

des Buchstabens, welche erfahrungsgemäss gewöhnlich falsch geschrieben 
werden, besonders klare Vorstellungen entstehen. Nur hüte er sich dabei, 
die falschen Formen, welche er zur Yeranschaulichung nötig hat, zu eben 
solcher Klarheit zu bringen wie die richtigen ; sonst könnte der Schüler 
leicht das Falsche mit dem nichtigen verwechseln. Falsche Formen 
werden deshalb gleich wieder weggewischt, nachdem die Fehler gezeigt 
worden sind. Zur Erzeugung der Klarheit ist es sehr häufig empfehlens- 
wert, den Buchstaben mit andern zusammenzuslellen. Aus der Yergleichung 
ersieht der Schüler, wodurch sich der Buchtabe von andeni (oder Buch- 
stabenverbindungen) unterscheidet, welche Züge er unter allen Umständen 
haben muss, und welche Verbindungen ihm eigentümlich sind. Dies 
Eigentümliche wird selbstverständlich klar herausgehoben. (IV. Stufe) 

Zur Veranschaulichung der Verhältnisse im Buchstaben bedient man 
sich zweckmässig eines Liniensystems. Namhafte Schreiblehrer haben 
zwar dies vollständig verworfen; bei kleinen Schülern ist aber das Augen- 
mass noch nicht so weit ausgebildet, dass sie ohne Hilfe die Verhältnisse 
richtig schätzen. Einer verwirrenden Überfülle von Hilfslinien reden 
wir aber nicht das Wort. (Zschille z. B. empfiehlt ein Netz, das nicht 
bloss aus acht horinzontalen, punktierten oder gezogenen Linien, sondern 
auch aus so viel schrägen Linien bestehen soll, als Grundstriche auf das 
Blatt geschrieben werden können.) In ein quadratisches Netz passen 
nicht alle Buchstaben ; auch wird bei Benutzung eines solchen dem kleinen 
Schreibsehüler nicht weniger zugemutet als ohne diese „Hilfe"; denn er 
soll sich die Quadrate wieder teilen (während des Schreibens), damit 
er den Strich an die richtige Stelle bringt. Dass auch der freie Zug 
der Hand, ohne welchen schliesslich doch kein wirkliches Schönschreiben 
gedacht werden kann, zu sehr durch enge Netze gehemmt wird, muss 
wohl zugestanden werden. Ausserdem ist vom gesundlichen Standpunkte 
aus alles Papier, dass den Eindruck des Gegitterten macht, zu verwerfen. 
Besonders anstrengend für das Auge ist es, wenn die Gitterung durch 
das Blatt nur hindurch scheint (wie beim Heckmann'schen Linien- 
blatt). Ein Netz von vier wagrechten Linien (obere und untere Grund- 
linie, Hoch- und Tieflinie) und einigen Richtnngslinien genügt voll- 
ständig. 

In dieses Liniennetz werden die Buchstaben auch bei der Ein- 
übung (wo es irgend angeht in Verbindung) geschrieben. Der Lehrer 
bestimmt zugleich, bei welcher Eichtungslinie der erste Abstrich eines 
jeden Buchstabens beginnt. Dadurch wird das zu enge und zu weit- 
läufige Schreiben verhindert und die Schülerhefte werden gleichmässig 
beschrieben, was beim Taktschreiben unbedingtes Erfordernis ist. Not- 
wendig ist, dass der Lehrer seine Wandtafel ebenso liniert, wie es die 
Schreibhefte sind.*) Grundstriche wird man möglichst oft mit den Rich- 
tungslinien zusammenfallen lassen, Bogen neben dieselben stellen. 

•) Die Herstellung der Liniennetze auf den Wandtafeln oder dem 
Schreibpapier darf man nicht einem beliebigen Anstreicher oder Litho- 
graphen zumuten. Es ist unbedingt nötig, dabei die genauesten Angaben 
zu machen und die Sache zu kontrollieren. Wir haben eine Menge Wand- 
tafeln gesehen, die falsch liniiert waren, ebenso Schreibpapier. 



Das Schönschreiben 151 

Von grossem Schälern kann man auch Bachstaben und £uchstabenver- 
bindnngen im Probebuch üben lassen; die Sicherheit der Hand wird 
dadurch nicht unwesentlich befördert. 

Von andern Hilfen, die man dem Schüler bei Einübung der Buch- 
staben zukommen lässt, erwähnen wir das Hand führen und über- 
ziehen oder Nachziehen. Ersteres kann als veraltet angesehen 
werden und wird nur noch angewandt, wenn alles nichts helfen will. 
Es kann nicht dazu dienen, ,, einen Zusammenhang zwischen Vorstellung 
und Muskelempfindung zu begründen" ; denn die Muskeln werden dabei 
von der Hand des Führenden festgehalten. Eher scheint das Über- 
ziehen oder Nachziehen seinem Zweck zu entsprechen, weshalb auch eine 
Menge Vorschläge hierzu gemacht worden sind. Locke und Rat t ich 
Hessen rote Buchstaben mit schwarzer Tinte überziehen, andere wählten 
blau oder grün statt rot, zeichneten die Buchstaben nur durch rote Punkte 
vor u. 8. w. Die jungen Römer zogen die in Wachstafeln eingegrabenen 
Buchstaben mit dem Griffel nach, in neuerer Zeit wurden Metallplatten, 
empfohlen. Her bar t (A B C der Anschauung S. 79) will Hornplatten, 
die zugleich zur Schriftkorrektur dienen sollen. Unseres Wissens werden 
alle diese Mittel nur wenig angewandt (doch rühmt man die damit in 
Frankreich erzielten Erfolge). Jedenfalls hat man keine Bürgschaft dafür, 
dass bei diesem rein mechanischen Thun die Schüler eine Vorstellung 
vom Buchstaben haben ; die Muskelempfindungen werden also auch nicht 
mit einer solchen in Verbindung treten. Fordert man auf jeder Stufe 
vom Schüler nur das, was er leisten kann, so wird das Gelingen das 
Misslingen überwiegen und nur selten ein weiteres Hilfsmittel als das 
Liniennetz nötig sein. 

Ob und welche Verbesserungen nötig sind, wii'd der Lehrer sehr 
bald nachsehen müssen, damit nicht erst falsche Formen sich festsetzen. 
Kleinere Fehler, die vielleicht nur bei dem einen und andern Schüler 
vorkommen, werden kurzer Hand abgemacht. Das sind aber die seltnem 
Fälle, die meisten Fehler finden sich bei mehrern Schülern; die Ver- 
besserung ist deshalb eine gemeinschaftliche. Das Wesen 
der Verbesserung ist aber dies: Der Schüler muss durch die 
Verbesserung zu klarer Erkenntnis seines Fehlers ge- 
langen und mit derselben Klarheit das Richtige an 
Stelle des Falschen setzen können. Ein allgemeines Urteil 
über die Schrift (gut, nicht gut u. s. w.) hilft gar nichts, wie auch all- 
gemeine Mahnungen (seht die Vorschrift besser an, schreibt schöner!) 
vergeblich sind. Den bemerkten Fehler schreibt vielmehr der Lehrer 
an die Wandtafel, die Schüler finden ihn auf und geben die richtige 
Schreibung an. Der Lehrer verbessert den falschen Zug an der Tafel, 
indem er den richtigen darauf legt (was den Fehler besser erkennen, 
lässt, als wenn Richtiges und Falsches bloss neben einander stehen) 
und löscht dann das Falsche wieder weg. Nun wird der verbesserte 
Buchstabe nochmals geschrieben und, wenn nötig, wieder verbessert, bis 
er billigen Anforderungen entspricht. Anfangs darf man die Forderungen 
nicht zu hoch spannen, sie gehen erst nach und nach immer mehr ins Ein- 
zelne, „die Beschreibungen werden genauer, der Lehrer, um ein Gleichnis 



152 Das zweite Schuljahr 

zu gebrauchen, muss die Vorstellungen seiner Schüler bearbeiten wie der 
Bildhauer den Marmorblock, an dem er auch erst die hervorragendsten 
Punkte der Statue nach allen Seiten hin markiert und so die in die Augen 
fallendsten Verhältnisse derselben an ihm richtig darstellt, ehe er das 
Einzelne herausarbeitet." - Hauptgrundsatz muss sein: „DieForde- 
rung, die auf jeder Stufe an den Schüler gemacht wird, 
muss genau seiner Leistungsfähigkeit entsprechen, 
damit das Geleistete immer relativ vollkommen sei." (Hesse.) 

Trotz aller Verbesserung werden in jeder Klasse einige Schüler 
vorkommen, welche im Schreiben nicht genügen. Für den Fortschritt im 
allgemeinen sind diese nicht massgebend: denn man soll die schlechtesten 
Schüler zwar stets besonders berücksichtigen, aber nicht eine ganze 
Klasse durch sie aufhalten. Kann ihnen nicht einzeln nachgeholfen 
werden, so kommen sie in eine besondere Abteilung, welche den Schreib- 
kursus noch einmal durchmacht, während die andern Schüler mit an- 
gewandtem Schreiben beschäftigt sind 

An die Übung des einzelnen Buchstabens wird gewöhnlich als 
weitere Übung uudeben falls nach Vorschrift die Verwendung 
desselben in Wörtern und Sätzen angeschlossen. Das ist nicht genügend. 
Das Ziel kann erst dann als erreicht angesehen werden, wenn der Schü- 
ler den Buchstaben vollständig unabhängig darstellen und anwenden 
kann. Es muss deshalb verlangt werden, dass der Buchstabe auch aus 
dem Kopfe ebensogut geschrieben wird als nach Vorschrift. Auch bei 
seiner Verwendung in Wörtern oder Sätzen ist nicht durchaus eine Vor- 
schrift nötig; denn er wird (wenigstens in den ersten Kursen) nur mit 
solchen Buchstaben zusammengestellt, die bereits geübt sind. Will man 
der Rechtschreibung wegen, oder um zu zeigen, wie die Buchstaben und 
Wörter auf der Zeile verteilt werden sollen, die Anwendung vorschreiben, 
so geschehe das an der Wandtafel oder (in obern Klassen) auf Papier- 
streifen, die mit dem Schülerbuch übereinstimmen. Bedenklich sind 
die Hefte, in welchen auf jeder Seite die erste Zeile als 
Vorschrift vorgedruckt ist, nach der nun die ganze Seite 
beschrieben werden soll. Es fällt dem Schüler gewöhnlich gar 
nicht ein, diese Vorschrift mehr als einmal anzusehen; er richtet 
sich bequemer nach der unmittelbar vorhergehenden Zeile. Deshalb 
werden die nachfolgenden auch gewöhnlich immer schlechter, und ein in 
der dritten oder vierten Zeile gemachter Rechtschreibfehler geht durch 
die ganze Seite. Sollen Vorschriften überhaupt einen Zweck haben, so 
muss der SchiUer gezwungen sein, dieselben anzuschauen. Sie dürfen 
deshalb nicht so kurz sein, dass sie ohne weiteres gemerkt werden ; auch 
muss man die häufige Wiederholung vermeiden. (Beim ersten Anblick 
sieht eine Seite im Schreibheft zwar hübscher aus, wenn eine einzeilige 
Vorschrift fein symmetrisch darauf verteilt ist; man prüfe aber nur die 
Schrift der letzten Hälfte! Eine Vorschrift darf mehrere Zeilen, viel- 
leicht eine halbe Seite einnehmen.) Dass alle Vorschriften in bezug auf 
die Schriftzüge genau übereinstimmen müssen, braucht kaum erwähnt zu 
werden. Der Lehrer schreibt sie deshalb am besten selbst. 

Zum Schluss erinnern wir noch an eins: Das Schreiben ist haupt- 



Das Schönschreiben 153 

sächlich nicht ein Wissen, sondern ein Können. Die Belehrung über 
einen Bachstaben ist zwar notwendig, die Übung desselben aber 
die Hauptsache; deshalb hat letztere in jeder Schreib- 
stunde den grössten Zeitteil zu erhalten. 



Anhang. 

a) Schnellschönschreiben und Taktschreiben. 

Vielfach begegnet man der Ansicht, dass die Schnellschrift eines 
Schülers (d. i. die Schrift, welche er im gewöhnlichen Leben anwendet) 
um so besser ausfalle, je weiter es derselbe in der Kalligrapliie gebracht 
habe. Das ist aber durchaus nicht immer der Fall, besonders wenn die 
Schüler nur angehalten wurden, ja recht langsam zu schreiben, wobei 
sich leicht ein Buchstabenmalen oder Buchstabenzeichnen einstellt: (Die 
Handschriften von Lithographen und Malern sind manchmal gar nicht 
musterhaft.) Nun schreibt zwar auch ein Schreiblehrer in einem Briefe 
anders, als wenn er Vorschriften schreibt, aber eine sogenannte doppelte 
Hand darf auf keinen Fall zur Kegel werden. Denn dann wäre der 
SchönschreibunteiTicht zum guten Teil Zeitverschwendung. Es muss ver- 
langt werden, dass derselbe den Schüler befähigt, auch schnell richtig 
und schön schreiben zu können, wie man auch im Lesen ein fliessendes 
und gutes als Ergebniss der Leseübungen verlangt. Wir meinen nun 
nicht, dass man für Schnellschönschreiben besondere Stunden ansetzen soll, 
sondern es muss sich aus dem Schreibunterricht nach und nach ergeben. 
Man halte streng darauf, dass alle Schreibübungen derselben Klasse in 
demselben Tempo ausgeführt werden, das man im Schönschreibunterricht 
anwendet. Also nicht in dem einen Heft schnell, in dem andern langsam 
schreiben lassen ! Wann ein schnelleres Tempo eintreten oder wie schnell 
dieses sein soll, lässt sich ohne weiteres nicht bestimmen; im allgemeinen 
kann man nur sagen, nicht zu früh, damit die Handschrift nicht ver- 
dorben werde. Denn leicht stellen sich zwei Fehler ein; einzelne Züge 
werden vernachlässigt, andere erhalten ungebührliche Ausdehnung. 

um beide Fehler nicht aufkommen zu lassen, giebt es ein sicheres 
Mittel : das Taktschreiben. Vielfach sieht man in demselben nur ein 
Mittel, um gute Disziplin und gleichmässigen Fortschritt der ganzen 
Klasse zu erzielen; wir halten den vorher angedeuteten Zweck für den 
viel wichtigern. Die Möglichkeit seiner Erreichung gründet sich auf 
den Satz, ,,dass eine Reihe widerstandsfähiger ist, wenn sie mit einer 
andern Reihe verflochten wird." Im Schreiben müssen also die Vor- 
stellungen von den Buchstaben kompliziert werden mit andern, Dispa- 

•) Die Tendenz der abgesonderten Schönschreibübungen ist auf das 
rein praktische Bedürfnis zu beschränken, d. h. man lehre statt Kalli- 
graphie ein möglichst schnelles Schreiben von Formen, die, wenn 
auch keinen schönen, so doch wenigstens einen angenehmen Eindruck 
auf ein gebildetes Aue;e machen; man lehre ein Schreiben, wie es ge- 
braucht werden kann und auch gebraucht werden wird." Evangel. 
Schulblatt S. 872. 



4 



154 Das zweite Schuljahr 

raten. Dazu eignen sich sehr gut die Zahlen. Deshalb wird beider 
Einübung eines Buchstabens gezählt, und zwar kann man dabei jeden 
Strich mit einer Zahl verbinden oder nur jeden Abstrich (wesentlichen 
Teil des Buchstabens). Das Letztere halten wir für das Eichtigere. 
(Aufstriche werden also nicht gezählt!) Assoziiert man nämlich 
jeden Auf- und jeden Abstrich mit einem Gliede der Zahlreihe, so ist 
zu bemerken, dass bei langsamem Schreiben die Assoziation ganz über- 
flüssig ist und beim Schnellschreiben der Zahlreihe eine Schnelligkeit 
zugemutet wird, der sie nicht fähig ist. Wird dagegen nur der 
Abstrich mit einem Gliede der Zahlreihe assoziiert, so bleibt sie deut- 
lich, auch wenn ziemlich schnell geschrieben wird. Die Aufstriche 
kommen unter allen Umständen zur Darstellung, auch wenn sie nicht 
gezählt werden, da sie die notwendige Verbindung der Abstriche bilden. 
— Manche Schreiblehrer lassen nur 1, 2, 1, 2 u. s. f. zählen, ohne 
nach Anfang und Ende des Buchstabens zu fragen. Möglichst einfach 
ist diese Zählweise, aber nach dem Gesagten auch möglichst unvoll- 
kommen. Auch andere Taktweisen, wie auf, ab, oder (beim m) eins m, 
eins m, eins m, können wir für unsern Zweck nicht gebrauchen. Be- 
ginnen wir jeden Buchstaben mit der Eins, so erreichen wir dasselbe, 
was die letzterwähnte Zählweise will: die einzelnen Buchstaben werden 
von einander getrennt, während sie sonst oft zusammenfliessen. Das 
Wort „mein" wird z. B. „taktiert": auf (damit der erste Aufstrich von 
allen Schülern gleichzeitig ausgeführt wird), eins, zwei, drei (m), eins, 
zwei (e), eins (i), eins, zwei (n), Punkt. 

Soll die Zahlreihe aber eine Kontrolle über die Buchstabenteile 
ausüben, so muss die Zahl mit ihrem entsprechenden Buchstaben voll- 
kommen fest assoziiert sein. Deshalb wird ein Buchstabe so lange 
geübt, bis sieh erwarten lässt, dass mit seiner Gestalt auch seine Zahl 
reproduziert wird. So lange die Assoziation noch nicht eine vollkommene 
ist, treibe man durchaus nicht zu grösserer Schnelligkeit; der Übergang 
sei sehr allmälich, sonst leidet die Sicherheit. Bei der Ausführung lässt 
man von jedem Worte angeben, wie dabei gezählt wird, und fährt 
damit so lange fort, bis der Schüler die Art und Weise des Zählens 
mit grösster Schnelligkeit angeben kann. Schliesslich wird das Zählen 
überflüssig. Wie der angehende Musikschüler anfangs den Takt sich 
laut angiebt, während er später alles taktmässig spielt, ohne auch nur 
an Takt zu denken, so ergeht es auch dem geschulten Schreibschüler. 
In der Volksschule wird man mit einem massigen Tempo zufrieden sein. 
Kann man nicht Gruppen von gleichstehenden Schülern bilden, so sind 
für das Tempo die schwächeren Schüler massgebend. (Strahlender ff 
in Berlin brachte seine Schüler bis zu 220 Taktteilen in der Minute. 
Das Zählen Hess er von dem für die Musik erfundenen Metronom be- 
sorgen.) 

Die andern Vorteile, welche das Taktschreiben bietet, wollen wir 
nicht unterschätzen. Sein Einfluss auf die Disziplin im Schreibunterricht, 
auf die Belebung desselben, auf den gleichmässigen Fortschritt der 
Schüler u. s. w. ist ein mächtiger — aber nur, wenn es mit grösster Kon- 
sequenz gehandhabt, wenn der Lehrer unerbittlich darauf sieht, dass 



Das Schönsclireiben 155 

jeder Befehl aufs genaueste befolgt: wird. (Wer sich das nicht zntraat, 
mag das Taktschreiben unterlassen ; denn es wird bei lockerer Hand- 
habung nur Verwirrung in den Unterricht bringen.) Ira Takt geschieht 
während der Schreibstunde alles: Austeilen, Aufschlagen der Hefte, An- 
fassen der Feder, Eintauchen, Ansetzen, Schreiben, Absetzen, Haltung des 
Körpers. ;, Gesetz und Ordnung durchdringen alle, auch die unschein- 
barsten Verrichtungen beim Taktschreiben.'* Das Tempo bestimmt stets 
der Lehrer; anfangs zählt er selbst, dann zählen bessere Schüler, ganze 
Bänke und Abteilungen u. s. w. Auch durch leises Klopfen kann der Takt 
angegeben werden, während die Schüler leise oder in Gedanken zählen. 
In Schreien, Leiern oder Singen darf das Zählen nie ausarten. Dass 
man über die Taktteile erst klar geworden ist (Luftschreiben, mehrmaliges 
Vorzählen von verschiedenen Schülern), bevor in das Heft geschrieben 
wird, versteht sich wohl von selbst. Dann darf aber kein Schüler 
während des Schreibens eines Wortes absetzen, etwa um die Feder ein- 
zutunken; er schreibt ruhig ohne Tinte weiter. Das unvollendete Wort 
wird nach Beendigung der ganzen Zeile geschrieben. 

b) Zur Technik des Schreibunterrichts. 

Die Technik des Schreibnnterrichts hat es zu thun mit den Schreib- 
materialien, der Haltung, den Bewegungen beim Schreiben u. dergl. 

Gutes Schreibmaterial ist dem Schüler ebenso notwendig, als dem 
Handwerker gutes Handwerkszeug. 

Das Papier ist jetzt überall in genügender Güte sehr billig zu 
haben. Der Lehrer hat darauf zu halten, dass es nicht zu schlecht ist, 
besonders nicht durchschlägt, und dass die Hefte gleiches Format und 
sonstige gleiche Einrichtungen haben. Am zweckmässigsten würde er sie 
selbst besorgen, wenn das nicht, besonders in Städten, zu allerlei Un* 
zuträglichkeiten und Anfeindungen von Geschäftsleuten führte. Aber mit 
Buchbindern oder Händlern, welche das Gewünschte liefern wollen und 
den Schülern namhaft gemacht werden, darf sich der Lehrer in Ver- 
bindung setzen. Sollte es die Konkurrenz nicht thun, so darf er auch 
bei Feststellung des Preises ein Wörtchen mit reden. (Unter allen Um- 
ständen halte er sich aber von jedem „Geschäftchen** rein.) 

Was vom Papier, gilt auch von den Stahlfedern, die den Gänse- 
kiel vollständig aus dem Felde geschlagen haben. Die AVahl derselben 
darf den Schülern nicht anheim gegeben werden: denn diese bringen 
meist zu harte und zu spitze. Besonders leiden die sogenannten „Schul- 
federn" häufig an diesen Fehlern. Eine einzige Sorte passt aber nicht 
für alle Schüler und ist auch nicht nötig; die Auswahl unter guten 
Federn ist ja eine sehr grosse. 

Die Tinte muss leicht fliessen, schnell trocknen und gleich aus der 
Feder heraus schwarz erscheinen. Die Tintengefässe sind im Pult be- 
festigt und werden nur von je zwei Schülern benutzt. Jedes Gefäss soll 
seinen eignen Verschluss haben, damit die Tinte nicht verdirbt und die 
Schulbücher vor Beschmutzung gesichert sind. Wird Unfug mit der Tinte 
getrieben, so ist streng einzuschreiten. Die kleinem Tintenflecke in den 



^ 



156 Das zweite Schaljahr 

Heften (ohne die es besonders in den untern Klassen nicht abgeht) sind 
wegzuradieren ; kann das nicht mehr geschehen, so wird das beschmutzte 
Blatt sorgfältig herausgeschnitten. (Bei manchem Schüler darf das Blatt 
auch zerrissen werden, wenn man die Ueberzeugung hat, dass dadurch 
auf ihn bessernd gewirkt wird.) Sauber innen und aussen sollen die 
Schreibhefte immer sein, sie sind ,,das Gesicht der Schule*^ 

Für zweckmässige Schulschreibtische geschieht in neuerer Zeit viel. 
Sie dürfen nicht zu eng an einander gerückt sein, damit das Schreibheft 
genügend hinauf gerückt werden kann, und damit es dem Lehrer möglich 
ist, zu jedem Schüler zu gelangen, ohne die andern zu stossen und zu 
drängen. 

Von nicht geringer Wichtigkeit ist die Haltung beim Schreiben. 
Manche Lehrer scheinen zwar zu meinen, darauf komme gar nichts oder 
wenigstens nicht viel an ; denn während ihres Unterrichts sitzt ein Schüler 
gerade, der andere krumm, der eine liegt auf der Seite, der andere scheint 
auch mit der Nase zu schreiben, dieser hält die Feder mit gestreckten 
Fingern, jener mit gekrümmten u. s. w. Aus solchen Wahrnehmungen 
kann man sofoit auf die Energie des Lehrers und die ganze Schulzacht 
schliessen. Die Haltung des ganzen Körpers muss beim Sitzen eine 
natürliche sein, eine Krümmung des Rückgrats darf weder nach aussen 
noch nach einer Seite hin stattfinden; der Oberkörper darf sich etwas 
vorwärts neigen, doch nie die Tischkante berühren. Der linke Arm 
bildet die Stütze des Körpers und liegt so auf dem Tisch, dass seine 
Hand das Heft festhalten kann. Der rechte Arm liegt zwischen Hand- 
gelenk und Ellbogen leise auf, dass er beim Fortrücken nicht genötigt 
ist, sich zu erheben. Letzteres geschieht nur beim Schreiben grosser 
Schriftzüge, zu deren Ausführung die Handbewegung nicht ausreicht. 
Der Oberarm hängt frei und natürlich am Körper herab und muss am 
Ellbogengelenk leise Fühlung mit dem Körper haben. Die Lage des 
Hefts muss sich immer nach dem rechten Arm richten, nie umgekehrt. 
(Die Schüler sind geneigt, nach jeder Zeile den Arm etwas zurückzuziehen, 
statt das Papier aufwärts zu schieben.) Die Beine werden nicht über 
einander geschlagen; die Füsse sind fest neben einander aufgestellt. Be- 
merkt der Lehrer eine Beugung des Kückgi*ats, so hat er zu beurteilen, 
ob das aus Nachlässigkeit oder Ermüdung der Rückenmuskeln geschieht. 
In letzterm Falle (welcher besonders bei kleinem Schülern öfter eintritt), 
ist den Schülern genügende Erholung (Anlehnung) zu gewähren. 

Das Handgelenk, der Ballen und die Handwurzel müssen 
unter allen Umständen stets frei sein, d. h. sie dürfen nie fest aufs Papier 
gelegt werden; die Hand stützt sich nur auf die Spitze der Feder und 
den vierten und fünften Finger. Diese Finger werden etwas gegen die 
innere Fläche der Hand gebogen, dass die Nägel beider oder auch nur 
der des kleinen das Papier berühren. Sie dürfen beim Schreiben nie ruhen 
und festliegen, sondern müssen bei der Fingerbewegnng eine gerade Linie 
ziehen, bei der Hand- und Armbewegung den zu schreibenden Buchstaben 
aber mitschreiben. 

Die Hand darf nie auf ihrer hohen Kante stehen, sondern muss 
immer, nach links gewendet, ihre ganze Breite zeigen; die hohle Hand 



Das Schönschreiben 157 

mnss dem Papier zugewandt sein ; der Schüler darf nicht in die Höhlung 
derselben von oben hineinsehen können. 

Die Spitze des Federhalters ist stets nach der rechten Schulter 
gerichtet und darf nie aus dieser Richtung gehen. Er wird gehalten 
von den drei ersten Fingern der rechten Hand; Zeigefinger und Mittel- 
finger liegen dabei sanft an einander; sie bewegen sich stets gemeinsam, 
wie ein Körper. Der Daumen berührt mit der rechten Seiten wand seiner 
Spitze, ganz nahe dem Nagel, die Feder und drückt sie zwischen die 
Spalte der beiden an einander liegenden Finger; er erhält eine etwas 
grössere Krümmung als jene Finger, welche nur unbedeutend gewölbt 
sind. (Durch gänzliches Ausstrecken werden Aufstriche, durch Zusammen- 
ziehen Abstriche gebildet.) Am Zeigefinger reicht der Federhalter bis 
zur Mitte des ersten Gliedes hinauf; er darf also nicht im Handwinkel 
(hinter dem Knöchel) liegen. 

An diese Haltung muss der Schüler gleich von dem Tage an gewöhnt 
werden, an welchem er zum ersten male den Griffel in die Hand bekommt. 
Eine richtige Haltung ist sicher leichter (weil natürlicher) als eine falsche. 
Erschwert wird sie durch unzweckmässige Subsellien, zu kurze Griffel und 
Überanstrengung. Der Elementarlehrer hat darauf besonders zu achten; 
denn er ist für eine richtige Haltung in erster Linie verantwortlich. So 
lange sie nicht „zur zweiten Natur" geworden ist, hat der Lehrer die 
Haltung immer wieder zu zeigen und förmlich einzuexerzieren. Findet er 
bei Schülern, die bereits schreiben, falsche Körper- und Federhaltuug vor, 
so hat er diese erst gründlich auszurotten und deshalb die ersten Schreib- 
stunden lediglich darauf zu verwenden.*) Ein Lehrer aber, welcher er- 
klärt, er könne eine richtige Haltung nicht durchsetzen, hat sich damit 
sein Urteil gesprochen. 

Zur Erlangung und Beförderung dcx* notwendigen Beweglichkeit, Frei- 
heit und Kraft der Schreibglieder sind, besonders von Carstairs und 
seinen Nachfolgern, besondere Übungen veranstaltet worden. Sie eignen 
sich allerdings mehr für Erwachsene, welche ihre schlechte Handschrift 
verbessern wollen, als für Kinder, die erst das Schreiben zu erlernen haben; 
doch ist auch bei ihnen eine massige Anwendung geeigneter Übungen 
ganz förderlich. Dietlein empfiehlt a) Reine Fingerbewegungen mit 
feststehender Hand. (Beugt! streckt! oder auf! ab!) b) Reine Finger- 
bewegungen mit steter Fortbewegung des Arms und der Hand. (Bei den 
Aufstrichen geht Arm und Hand fort, doch darf im Handgelenk keine 
Bewegung stattfinden; bei den Abstrichen ruht die Hand. Taktiert wird: 
fort! ab!) c) Das stete V^erbinden der Buchstaben zur Bildung der Arm- 
fortbewegung. (Wagrechte und senkrecht absteigende Verbindungsweise 
der Buchstaben.) d) Das Grossschreiben der einzuübenden Buchstaben. 



*) Der berühmte englische Schreiblehrer Garstairs gebrauchte ein 
äusserliches Zwangsmittel, die Ligatur, d. i. eine Fesselung der schreiben- 
den Handf resp. der drei ersten Schreibfinger, mittelst eines Bandes. Der 
vierte und fünfte Finger werden durch ein anderes Band gefesselt und 
unter die Hand gezogen. Zu Anfang des Unterrichts Hess er auch noch 
den Oberkörper an die Stuhllehne festbinden, um eine gerade Haltung des 
Körpers zu erzielen. 



158 Das zweite Schuljahr 

e) Das Üben der Grundzüge. (Das Weitere muss in Dietleins „Weg- 
weiser", dem wir in unserm Schreibunterricht vielfach gefolgt sind, nach- 
gesehen werden.) Um eine gute Haltung der Schreibschüler, d. i. 
eine solche, bei welcher die Querachse des aufrechten Eumpfs und der 
beiden Augen parallel mit dem Tischrand steht, leicht zu erzielen, isrt 
man in neuerer Zeit wieder vielfach zu der altern Schriftrichtung, zur 
sog. Steilschrift zurückgekehrt. Beim Schreiben liegt dann das Heft 
nicht rechts vom Eumpf, sondern mitten vor demselben und parallel 
mit dem Tischrand (gerade Mittenlage). Man rühmt der senkrechten 
Steilschrift „gesundheitliche und pädagogische" Vorzüge nach.*) 

A. Gesundheitliche: 1. Steilschrift verhindert und bessert die Kurz- 
sichtigkeit. Zwangloses Sehen ist nur möglich bei gerader Mittenlage 
des Hefts und bei senkrechten Grundstrichen. 

2. Bei gerader Mittenlage des Hefts stehen beide Augen in gleich- 
weiter Entfernung von der Schrift; die Grundlinie der Augen (die 
Verbindungslinie der beiden Augenmittelpunkte) steht parallel zu den 
Zeilen. 

3. Steilschrift ist die Voraussetzung für die normale Einstellung der 
Wirbelsäule ; sie verhindert die Verengerung des Eumpfraumes und somit 
schädliche Druckwirkungen auf die Eingeweide; sie sichert die Freiheit 
der Atembewegungen und die Möglichkeit einer ausgiebigen Entfaltung 
der Lungen. 

4. Die Schreibhand befindet sich in naturgemässer Lage. Abnorme 
Ermüdung der Hand oder des Arms tritt nicht ein. Steilschrift ist ein 
Mittel gegen Schreibkrampf. 

B. Pädagogische; 1. Dauernd gute Haltung wird bei schräg- 
schreibenden Kindern auch durch die beste Disziplin nicht erreicht. Bei 
steilschreibenden sind Mahnungen zur Geradehaltung sehr selten geboten. 
Man hat nur nötig, die Ursache ungenügender Sitzweise zu monieren. 

2. An Steilschrift gewöhnte Kinder bewahren auch daheim den 
geraden Sitz. 

3. Beim Rechenunterricht werden die Ziffern der Steilschreiber all- 
zeit ihrem Werte nach an die richtige Stelle geschrieben. 

4. Die Steilschriftformen sind für den ersten Unterricht leichter als 
die schrägen. 

5. Die nach den Kegeln der Steilschrift Schreibenden können 
mühelos das Abweichen der Feder von der vorgezeichneten Linie über- 
wachen. 

6 Die korrekte Haltung steilschreibender Kinder macht auf jeden 
Besucher der Klasse den besten Eindruck. 

7. Senkrechte Schriftzüge sind durchsichtiger, deutlicher und leser- 
licher als schräge. 

8. Die Steilschrift spart an Raum, da sie eine Kürzung der Buch- 
staben gestattet. 



•) S. Rückert, Über Wesen und Ziele der senkrechten Steilschrift. 
Seite 5 u. f. 



Das Schönschreibeu 159 

9. Infolge der natürlichen Heft-, wie Körper-, Arm- und Feder- 
haltnng sind die Schreibhefte besser rein zu halten. 

10. Das andauernde Geradesitzen der Schüler, wie die Einfachheit 
der Formen erleichtert die Beaufsichtigung und Verbesserung seitens des 
Lehrers. Aus der Schriftlage kann der Lehrer erkennen ob das Rind 
zu Hause eine schlechte Haltung einnahm. 

Gegen die Einführung der sog. Steilschrift werden hauptsächlich 
folgende Gründe geltend gemacht: 1. Zur Kurzsichtigkeit und Ver- 
krümmung der AVirbelsäule hat der Schreibunterricht höchstens zum 
kleinen Teil beigetragen. Dorfkinder, die in der Schule viel mehr 
schreiben als Stadtkinder (Stille Beschäftigung!) zeigen beide Fehler nicht 
oder nur in sehr geringem Grade. Die Hauptschuld trägt das stunden- 
und tagelange Bücken bei Handarbeiten, schlechte Sitze und schlechte 
Beleuchtung. 

2. Die Steilschrift kann nur langsam ausgeführt werden (S. Eond- 
schrift!) und entspricht nicht der natürlichen Bewegung der 
Hand und des Arms. „Die einfachste Bewegung, um auf einer 
Zeile fort zu schreiben, besteht in der Rückwärtsbeugung (Streckung) 
der Hand; da dies nur wenig ausgiebt, folgt ihr alsbald eine Rotation 
des Arms im Schnltergelenke ; der auf der Tischkante aufliegende Teil 
des Vorderarms bildet dabei einen festen Punkt, den Mittelpunkt einer 
kreisförmigen Bewegung der Hand mit der Federspitze. Wenn man 
versucht, auf diese Art mit aufrechter Schrift die Zeilen parallel zur 
Querachse des Körpers, zu schreiben, findet man, dass man bergan schreibt. 
Um auf der Zeile zu bleiben, muss man den Ellbogen in demselben Masse 
nach hinten und rechts ziehen, als man auf der Zeile vorschreitet. Es 
geschieht dies durch eine Reihe kleiner, ruckweiser Bewegungen des Ell- 
bogens nach rechts.*) 

Anders bei der schrägen Schrift, wenn sie unter den oben genannten 
Bedingungen geschrieben wird. Da fällt die Richtung der schräg auf- 
steigenden Zeilen ungefähr mit der Tangente des Kreisbogens zusammen, 
welchen die Federspitze beschreibt, wenn der Arm im Schultergelenk 
nach aussen gerollt wird. Es fällt daher die zurückziehende Bewegung 
des Arms weg, und es bleibt nur noch die Rotation im Schultergelenk. 
Von dieser genügt ein sehr geringes Mass, da durch den langen Hebel- 
arm, welchen der Vorderarm darstellt, die Exkursionen sehr ausgiebig 
ausfallen. Damit diese Bewegungen gut ausgeführt werden können, ist 
eine leichte Neigung der Tischplatte erforderlich." (Dr. Fuchs, Ursachen 
und Verhütung der Blindheit. S. 58 und 59.) 

Für uns steht vorläufig folgendes fest: „Mit Rücksicht auf die Gesund- 



*) Man überzeugt sich leicht von der Richtigkeit des Gesagten, 
wenn man (mit Bleistift] eine Reihe Zeilen abwechselnd mit aufrechter 
und mit schräger Schritt beschreibt am besten mit denselben Worten. 
So oft man gezwungen ist, den Vorderarm durch einen Ruck zu ver- 
schieben, notiere man die Unterbrechung durch einen senkrechten Strich 
an der betreffenden Stelle der Zeile: man wird sehen, wie viel mehr 
solcher Striche die aufrecht geschriebenen Zeilen tragen, besonders wenn 
man etwas längere Zeilen wählt. 



162 Das zweite Schuljahr 

Warum habe ich wohl nach den Wörtern mit o gefragt? 

Sagt, aus welchen Teilen das o besteht! 

Könnt ihr auch die Teile (Grundzäge) des a schon nennen? 

Könnt ihr auch schon sagen, wi« ein richtiges a aussehen muss? 

(Es wird manchem Schüler zweifelhaft sein, ob der letzte Grundzug 
ein linker Seitenbogen oder ein Abstrich ist. Ebenso wird nicht genau 
angegeben werden, wie sich derselbe zur ersten Hälfte des Buchstabens 
verhält.) 

Das müssen wir also noch genauer kennen lernen. 

2. Stufe. Der Lehrer schreibt das a an die Wandtafel. 

Gebt die Teile (Grundzüge) vom a an ! (Der Lehrer schreibt sie, so 
wie sie genannt werden, unter den Buchstaben.) 

Ist ein Teil dabei, den ihr noch nicht geübt habt? 

Wir haben also nur die Verbindung der Teile näher zu 
betrachten Etwas davon kennt ihr auch schon! (Die Verbindung 
vom ersten Seitenbogen und linken Schleifenpunkt ist dieselbe wie 
beim o.) 

Der Buchstabe wird jetzt, wenn der Lehrer zwei Wandtafeln zur 
Verfügung hat, ins Liniennetz geschrieben (oder der Lehrer zieht die 
beiden Grundlinien an denselben). 

Wie hoch ist der zweite Seitenbogen? 

Welche Lage hat er? 

Wie hoch reicht der Nachstrich vom Schleifenpunkt? 

Wie ist der zweite Seitenbogen mit dem Schleifenpunkt verbunden ? 

(Er darf den Nachstrich des Schleifenpunkts nicht gleich an der 
obern Grundlinie, sondern erst in gleicher Höhe mit dem Schleifenpunkt 
verlassen, sonst wird das a zu breit. (Wird angeschrieben, aber sofort 
wieder weggewischt.) Merkt noch: Der zweite Seitenbogen darf auch 
nicht zu nahe an den Aufstrich zum Schleifenpunkt herankommen oder 
gar mit ihm zusammenfliessen. 

Nun schreibt das a mit dem Zeigefinger in der Luft, wie ich es 
mit dem Stab überfahre! 

Jetzt gebt an, wie beim Schreiben des a zu verfahren ist! (Wenn 
ich das a schreiben will, so verfahre ich zunächst wie beim o; den Nach- 
strich des linken Schleifenpunkts ziehe ich bis zur obern Grundlinie und 
füge noch einen linken Seitenbogen an. Dabei gehe ich im Nachstrich 
des Schleifenpunkts zurück bis in gleiche Höhe mit dem Schleifenpunkt, 
gebe dem zweiten Seitenbogen dieselbe Lage wie dem ersten und sehe 
darauf, dass ich nicht zu nahe an den Aufstrich des Schleifenpunkts 
heran komme. — Diese Beschreibung erfolgt erst von den bessern 
Schülern, dann von den schwachem; erst bei unmittelbarer Anschauung, 
dann ohne dieselbe.) 

3. Stufe. Welche (von dem bereits geübten) Buchstaben haben auch 
einen linken Seitenbogen? (£), % c, o.) 

Wodurch unterscheiden sie sich vom a? 

Wie viel Taktteile hat das c? das o? das i(? das a? 

Mit welchen Buchstabenverbindungen (die ebenfalls geschrieben 



Das Schönschreiben 163 

worden sind) könnte das a verwechselt werden? (oc, oi.) Vergleicht 
auch om und an; o^, oc^, af)\ 

4. Stufe. Nun gebt die Hauptteile vom a an und beschreibt 
es kurz. 

(Die Hauptteile des a [Taktteile, Grandzüge] sind: linker Seiten- 
bogen, linker Schleifenpunkt und linker Seitenbogen. Deshalb zählen wir 
beim Schreiben des a 1, 2, 3. Die beiden Seitenbogen und der Schleifen- 
punkt mtissen gleiche Höhe haben ; der nach rechts gebogene Aufstrich 
und der zweite Seitenbogen dürfen sich nicht berühren. 

Man darf nicht schreiben a wie OC, an nicht wie um, ülf nicht 
wie odf.) 

5. Stufe. Nun wollen wir das a schreiben. (An die Wandtafel 
wird eine ganze Zeile a [verbunden] geschrieben.) 

Schreibsitz! Nehmt die Federn! 

Arm vor! 

Ich zähle. Schreibt mit mir a! (Luftschreiben! Der Lehrer über- 
fährt dabei mit dem Zeigestabe die Buchstaben, die Schüler haben die 
Federspitze auf dieselben gerichtet. — Gezählt wird beim a: auf, 1, 2, 3, 
1, 2, 3 u. s. w.) Das Wörtchen „auf** oder „fort** wird nui* beim 
ersten Buchstaben [auch in Wörtern] gesagt.) 

Arm ab! 

Federn weg! 

Wohin ist das a im Heft zu schreiben? Zwischen die beiden Grund- 
linien.) 

Wie viele o kommen auf die Linie? (Zwischen je zwei Eichtungs- 
linien ein Buchstabe. Das a steht nicht an der Richtungslinie.) 

Schlagt die Hefte auf! 

Nehmt die Federn! 

Taucht ein! 

Schreibt die erste Zeile a! (Ohne Zählen.) (Wer fertig ist, legt die 
Feder hin, Hände zusammen. Der Lehrer geht rasch durch die Bänke 
und mustert die Schrift. Sind Fehler vorhanden, so wird zunächst der 
schwerste korrigiert. £in Schüler hat z. B. einen Abstrich statt des 
linken Seitenbogens geschrieben): Achtung! £in Schüler hat das a so 
geschrieben. (Falsche Form wird angeschrieben.) 

Was ist falsch? 

Wie muss es sein? (Falsche F(»rm wird verbessert.) 

N (der SchüJer, welcher den Fehler gemacht hatte) giebt noch ein- 
mal an, aus welchen Teilen das a besteht. 

Welcher Strich kommt dabei gar nicht vor? (Der verbesserte Buch- 
stabe wird weggewischt.) 

Schreibt die zweite Zeile! 

Es wird nachgesehen, ob die Schüler, welche den ersten Fehler ge- 
macht hatten, denselben in der zweiten Zeile vermieden haben. Dann 
wird ein zweiter Fehler verbessert. 

Sobald die Form der Buchstaben die richtige ist, folgt 

Taktschreiben. Sitzt richtig! 

Nehmt die Federn! 

11* 



164 Das zweite Schuljahr 

Taucht ein! 

Setzt an ! 

Ich zähle: auf 1, 2, 3; 1, 2, 3 und so fort his Halt! (Statt der 
Befehle mit Worten gehraucht man auch hestimmte Zeichen.) 

Einzelne Schüler zählen. 

Die Schüler einer Bank (Abteilung) zählen. 

(Während des Taktschreibens behält der Lehrer seinen Stand am 
Tische, damit er alle Schüler sehen kann. Sobald Schüler ausser Takt 
schreiben, wird Halt! gerufen.) — Nachdem einige Zeilen geschrieben 
sind, wird eine Pause gemacht, während welcher der Lehrer die Hefte 
rasch durchsieht. Ist einige Fertigkeit im Schreiben des a erzielt worden, 
so folgen Verbindungen des a mit bereits geübten Buchstaben, z. B. an, 
am, man, samt, satt, dann u. s. w. (Bei spätem Wiederholungskursen 
ist mehr Freiheit in der Auswahl der Wörter gestattet.) 

Diese Wörtchen können auch aus dem Kopfe geschrieben werden; 
dann sind sie vorher zu buchstabieren, auch wenn sie schon im deutschen 
Unterricht behandelt, bezüglich systematisiert worden sind. Für das 
Taktschreiben ist die Zählweise anzugeben. Welchen Kaum ein Wort 
einnehmen soll, wird ebenfalls bestimmt. Bei kleinern Schülern schreibt 
man sie erst an die Wandtafel, damit besonders die Entfernungen der 
Buchstaben von einander gesehen werden. 



-^1^^ 



und Praxis des Volksschulunterrichts. 

Theoretisch-praktische Lehrgänge 
für Lehrer und Lehrerinnen, sowie zum Gebrauche in Seminaren 

nach Herbartschen Grunsätzen bearbeitet 

von 
Dr. W. Rein, A. Pickel, E. Scheller, 

Prof. a. d. Unlr. Jena. Seminaroberlehrer. Seminarsohallehrer. 

1. Das erste Schuljahr. 5. Aufl. Preis: Mk. 3.—. 

2. Das zweite Schuljahr 4. Aufl. Preis: Mk. 3.—. 

3. Das dritte Schuljahr. 3. Aufl. Preis: Mk. 3.—. 

4. Das vierte Schuljahr. 3. Aufl. Preis : Mk. 3.'—. 

5. Das fünfte Schuljahr. 2. Aufl. Preis: Mk. 3.—. 

6. Das sechste Schuljahr. 2. Aufl. Preis: Mk. 3.—. 

7. Das siebente Schuljahr. 2. Aufl. Preis: Mk. 3.—. 

8. Das achte Schuljahr. 2. Aufl. Preis: Mk. 3.—. 



Die ^acht Schuljahre^ bieten eine spezielle Methodik des Volks- 
schulunterrichts dar. Entstanden in den Jahren 1878 — 86 am Seminar zu 
Eisenach und geprüft an der Praxis der Übungsschule daselbst, fussen 
sie auf den pädadogischen Grundsätzen H erbarts und Zillers, ziehen 
aber auch das in ihr Bereich, was seit Oomenius und Pestalozzi 
Wertvolles für die Theorie des unterrichte erarbeitet worden ist. 

Ihr Hauptziel ist, den Unterricht zu einem wahrhaft erziehenden 
zu gestalten. Dieses Ziel suchen sie dadurch zu erreichen, dass sie 

1. den Unterricht nach der Idee des kulturgeschichtlichen 
Fortschritts in der nationalen Entwicklung aufbauen: 

2. dass sie die einzelnen Lehrfächer nach derldee derKonzen> 
tration zu einem einheitlichen Organismus verbinden, und 

3. dass sie die Unterrichtsstoffe nach der Idee der formalen 
Stufen durcharbeiten. 

Alle drei Ideen hängen aufs engste miteinander zusammen; sie bilden 
ein geschlossenes Ganzes. Die Gesamtwirkung eines solchen Ganzen 
streben auch die Schuljahre an. Sie sind der erste, umfassende Versuch, 
die Praxis unserer gegliederten Volksschulen nach den genannten drei 
Ideen zu gestalten. An vielen Punkten berühren sie sich hierbei mit der 
bisher geübten Praxis, an anderen wieder weichen sie von derselben 
nicht unerheblich ab. Sie erscheinen demnach als eine Fortbildung der 
bisherigen Methodik des Volksschulunterrichts unter steter Rücksicht- 
nahme auf die bestehenden Verhältnisse, aber ohne sich von diesen allein 
bestimmen zu lassen. 

Denn sie wollen zugleich ein Ideal des Volksschulunterrichts zeichnen, 
von dessen Verwirklichung die Verfasser eine Hebung des Unterrichts und 
damit auch der Erziehung erhoffen. Dass die in den „Schuljahren" ent- 
haltenen Vorschläge nicht jenseits der Möglichkeit ihrer Verwirklichung 
liegen, dass sie keine unausführbaren Forderungen enthalten, dafür bürgt 
der Hinweis auf die Ausführung derselben in der Praxis der Eisenacher 
Übungsschule und auf die daselbst gemachten Erfahrungen. 

Die Verfasser legen ihre Arbeit ihren Berufsgenossen, den deutschen 
Lehrern, vor. Sie wünschen, das man ihre Vorschläge rücksichtlich ihres 
Wertes, wie rücksichtlich ihrer Ausführbarkeit einer strengen Prüfung 
unterziehen, aber nicht ohne eine solche verwerfen möge. Der einzelne 
Lehrer aber, dem seine Schularbeit am Herzen liegt, dem neue Vorschläge 
für die Unterrichtearbeit auf dem sicheren Grund eines unheitlichen Ge- 
dankengebäudes nicht unwillkommen sind, wolle selbst an der Hand der 
Praxis untersuchen, wie weit die „Schuljahre" seine Arbeit zu fordern 
imstande sind. 



Immer aber wollen diese, wie sie aas dem Ganzen gearbeitet sind, 
auch als G-anzes beurteilt sein. Einzelne Vorschläge, einzelne Ver- 
knüpfungen innerhalb der Lehrstoffe, einzelne Präparationen mögen dabei 
immerhin noch mangelhaft und der Verbesserung wert erscheinen, aber 
all diese Mängel im einzelnen genügen noch lange nicht, die grundlegenden 
Ideen umzustürzen, welche aus den beiden Grund- Wissenschaften der 
Pädagogik, aus Ethik und Psychologie, heraugeiiossen sind. Möge man 
also die Vorschläge der Verfasser nicht ohne weiteres wegwerfen, sondern 
dieselben, weil sie auf ernster Arbeit beruhen, auch ernst und eingehend 
prüfen ! 

Allerdings verhehlen sich die Verfasser dabei nicht, dass eine volU 
ständige Durchführung des Lehrplansystems, wie es in den Schuljahren 
aufgebaut worden ist, erst dann eintreten kann, wenn die dazu nötigen 
Lehrmittel beschafft sein werden. Zu denselben gehört in erster Linie 

Das licseliucb, 

das entgegen der encyklopädischen Anordnung dem Unterricht der ein- 
zelnen Schuljahre in konzentrierender Weise dienen soll. Es ist dasselbe 
ein ganz wesentliches Hilfsmittel für die Verbindung der Lehrfächer und 
damit auch für die Herstellung eines einheitlichen, geschlossenen Ge- 
dankenkreises. Ja, man kann geradezu sagen, dass ohne Lesebuch, wie 
es die „Schuljahre" im Sinne haben, diese selbst in der Praxis nur zum 
Teil durchführbar sind. 

Deshalb haben sich die Verfasser bisher auch bemüht, diesem Mangel 
abzuhelfen, diese Luke auszufüllen. Bisher sind im engen Anschluss an 
die ,, Schuljahre** erschienen: 

I. Lesebuch für das 2. Schuljahr. 8. Aufl. Preis: 60 Pf. 

2. Lesebuch für das 3. Schuljahr. Preis: 30 Pf. 

Ferner als Vorarbeiten für die Lesebücher der weiteren 
Schuljahre: 

3. Thüringische Sagen und Nibelungen. 2. Aufl. Historisches Lesebuch 

für das 3. und 4. Schuljahr. Preis: 50 Pf. 

4. Ausgewählte Gedichte fiir den Geschichtsunterricht. Preis: Mark 1,35. 
Möge das ganze Unternehmen für die Volksschulerziehung 
sich segensreich erweisen! Denn zum Besten derselben ist es be- 
gonnen worden. Im Dienste der Erziehung und des Unterrichts unserer 
Jugend soll es, so Gott will, auch zu Ende geführt werden. 

Urteil der Deutschen Schulzeltung über das Werk: „Für Freunde, wie 
für Gegner der Herbart-Zillerschen Grundsätze ist von hohem Interesse, 
mit der Anwendung derselben im praktischen Schulleben sich bekannt 
zu machen, denn die Praxis ist doch am Ende der Massstab, an welchem 
der Wert dieser Grundsätze sich muss messen lassen. Es ist nun eine 
Lust zu sehen, wie des grossen Meisters Lehrgebäude in dem vorliegenden 
Werke praktisches Leben und detaillirteste Ausgestaltung erhält. Wir 
empfehlen das Werk angelegentlichst allen Lehrern, w eiche Unterricht 
an niederen und höheren Schulen erteilen, nicht bloss zurKeuntni snahme, 
sondern auch zur Verwertung im Schulunterricht." 

Es sind sämtlich die wirklichen Bedürfnisse der Schule berück- 
sichtigende und durch zahlreiche Rezenzionen als vorzüglich anerkannte 
Bücher, die eine stets wachsende Verbreitung gefunden haben. 

Dieselben sind durch alle Buchhandlungen sowie durch den Unter- 
zeichneten zu beziehen. 

Leipzig. Heinrich Bredt, 

Verlagsbuchhandlong. 



Druck von Gottftr. PSt« In Naumbtfrs'a. S. 



To avoid fine, this book should be retumed on 
or before the date last stamped below 



80M — 1-40 




371.3 .R364 
Thaortound Praxis 

Stanford 



3 6105 042 960 034 



K^C^ 



^'^ 



^^ 



_^,.8CHOOI.O.^ 



OASflM 



Immer aber wollen diese, wie sie aas dem Ganzen gearbeitet sind, 
auch als G-anzes beurteilt sein. Einzelne Vorschläge, einzelne Ver- 
knüpfungen innerhalb der Lehrstoffe, einzelne Präparationen mögen dabei 
immerhin noch mangelhaft und der Verbesserung wert erscheinen, aber 
all diese Mängel im einzelnen genügen noch lange nicht, die grundlegenden 
Ideen umzustürzen, welche aus den beiden Grund- Wissenschaften der 
Pädagogik, aus Ethik und Psychologie, heraugeiiossen sind. Möge man 
also die Vorschläge der Verfasser nicht ohne weiteres wegwerfen, sondern 
dieselben, weil sie auf ernster Arbeit beruhen, auch ernst und eingehend 
prüfen ! 

Allerdings verhehlen sich die Verfasser dabei nicht, dass eine voll= 
ständige Durchführung des Lehrplansystems, wie es in den Schuljahren 
aufgebaut worden ist, erst dann eintreten kann, wenn die dazu nötigen 
Lehrmittel beschafft sein werden. Zu denselben gehört in erster Linie 

Das licseliucb, 

das entgegen der encyklopädischen Anordnung dem Unterricht der ein- 
zelnen Schuljahre in konzentrierender Weise dienen soll. Es ist dasselbe 
ein ganz wesentliches Hilfsmittel für die Verbindung der Lehrfächer und 
damit auch für die Herstellung eines einheitlichen, geschlossenen Ge- 
dankenkreises. Ja, man kann geradezu sagen, dass ohne Lesebuch, wie 
es die „Schuljahre" im Sinne haben, diese selbst in der Praxis nur zum 
Teil durchführbar sind. 

Deshalb haben sich die Verfasser bisher auch bemüht, diesem Mangel 
abzuhelfen, diese Luke auszufüllen. Bisher sind im engen Anschluss an 
die ,, Schuljahre'* erschienen: 

I. Lesebuch für das 2. Schuljahr. 8. Aufl. Preis: 60 Pf. 

2. Lesebuch für das 3. Schuljahr. Preis: 30 Pf. 

Ferner als Vorarbeiten für die Lesebücher der weiteren 
Schuljahre: 

3. Thüringische Sagen und Nibelungen. 2. Aufl. Historisches Lesebuch 

für das 3. und 4. Schuljahr. Preis: 50 Pf. 

4. Ausgewählte Gedichte für den Geschichtsunterricht. Preis: Mark 1,35. 
Möge das ganze Unternehmen für die Volksschulerziehung 
sich segensreich erweisenl Denn zum Besten derselben ist es be- 
gonnen worden. Im Dienste der Erziehung und des Unterrichts unserer 
Jugend soll es, so Gott will, auch zu Ende geführt werden. 

Urteil der Deutschen Schulzeltung über das Werk: „Für Freunde, wie 
für Gegner der Herbart-Zillerschen Grundsätze ist von hohem Interesse, 
mit der Anwendung derselben im praktischen Schulleben sich bekannt 
zu machen, denn die Praxis ist doch am Ende der Massstab, an welchem 
der Wert dieser Grundsätze sich muss messen lassen. Es ist nun eine 
Lust zu sehen, wie des grossen Meisters Lehrgebäude in dem vorliegenden 
Werke praktisches Leben und detaillirteste Ausgestaltung erhält. Wir 
empfehlen das Werk angelegentlichst allen Lehrern, w eiche Unterricht 
an niederen und höheren Schulen erteilen, nicht bloss zurKeuntni snahme, 
sondern auch zur Verwertung im Schulunterricht." 

Es sind sämtlich die wirklichen Bedürfnisse der Schule berück- 
sichtigende und durch zahlreiche Rezenzionen als vorzüglich anerkannte 
Bücher, die eine stets wachsende Verbreitung gefunden haben. 

Dieselben sind durch alle Buchhandlungen sowie durch den Unter- 
zeichneten zu beziehen. 

Leipzig. Heinrich Bredt, 

Verlagsbuchhandlung. 



Uruck. von Gottfr. Pät« in Naambar; ». S. 



To avoid fine, this book should be returned on 
or before the date last stamped below 



371.3 .R364 
Thaortound Praxis 

Stanford 



C.1 

VOHCMC 

UbrariM 




Bon — 1.40 




3 6105 042 960 034 



K^'^ 







«r.Al 



Y, SCHOOL OB 



^XjOASflW 



Immer aber wollen diese, wie sie aas dem Ganzen gearbeitet sind, 
auch, als G-anzes beurteilt sein. Einzelne Vorschläge, einzelne Ver- 
knüpfungen innerhalb der Lehrstoffe, einzelne Präparationen mögen dabei 
immerhin noch mangelhaft und der Verbesserung wert erscheinen, aber 
all diese Mängel im emzelnen genügen noch lange nicht, die grundlegenden 
Ideen umzustürzen, welche aus den beiden G-rund- Wissenschaften der 
Pädagogik, aus Ethik und Psychologie, heraugeÜossen sind. Möge man 
also die Vorschläge der Verfasser nicht ohne weiteres wegwerfen, sondern 
dieselben, weil sie auf ernster Arbeit beruhen, auch ernst und eingehend 
prüfen ! 

Allerdings verhehlen sich die Verfasser dabei nicht, dass eine voll= 
ständige Durchführung des Lehrplansystems, wie es in den Schuljahren 
aufgebaut worden ist, erst dann eintreten kann, wenn die dazu nötigen 
Lehrmittel beschafft sein werden. Zu denselben gehört in erster Linie 



Das lieseliueh^ 



das entgegen der encyklopädischen Anordnung dem Unterricht der ein- 
zelnen Schuljahre in konzentrierender Weise dienen soll. Es ist dasselbe 
ein ganz wesentliches Hilfsmittel für die Verbindung der Lehrfacher und 
damit auch für die Herstellung eines einheitlichen, geschlossenen Ge- 
dankenkreises. Ja, man kann geradezu sagen, dass ohne Lesebuch, wie 
es die „Schuljahre" im Sinne haben, diese selbst in der Praxis nur zum 
Teil durchführbar sind. 

Deshalb haben sich die Verfasser bisher auch bemüht, diesem Mangel 
abzuhelfen, diese Luke auszufüllen. Bisher sind im engen Anschluss an 
die „Schuljahre" erschienen: 

I. Lesebuch für das 2. Schuljahr. 8. Aufl. Preis: 60 Pf. 

2. Lesebuch für das 3. Schuljahr. Preis: 30 Pf. 

Ferner als Vorarbeiten für die Lesebücher der weiteren 
Schuljahre: 

3. Thüringische Sagen und Nibelungen. 2. Aufl. Historisches Lesebuch 

für das 3. und 4. Schuljahr. Preis: 50 Pf, 

4. Ausgewählte Gedichte für den Geschichtsunterricht. Preis: Mark 1,35. 
Möge das ganze Unternehmen für die Volksschulerziehung 
sich segensreich erweisen! Denn zum Besten derselben ist es be- 
gonnen worden. Im Dienste der Erziehung und des Unterrichts unserer 
Jugend soll es, so Gott will, auch zu Fnde geführt werden. 

Urteil der Deutschen Schulzeltung über das Werk: „Für Freunde, wie 
für Gegner der Herbart-Zill ersehen Grundsätze ist von hohem Interesse, 
mit der Anwendung derselben im praktischen Schulleben sich bekannt 
zu machen, denn die Praxis ist doch am Ende der Massstab, an welchem 
der Wert dieser Grundsätze sich muss messen lassen. Es ist nun eine 
Lust zu sehen, wie des grossen Meisters Lehrgebäude in dem vorliegenden 
Werke praktisches Leben und detaillirteste Ausgestaltung erhält. Wir 
empfehlen das Werk angelegentlichst allen Lehrern, w eiche Unterricht 
an niederen und höheren Schulen erteilen, nicht bloss zurKeuntni snahme, 
sondern auch zur Verwertung im Schulunterricht." 

Es sind sämtlich die wirklichen Bedürfnisse der Schule berück- 
sichtigende und durch zahlreiche Rezenzionen als vorzüglich anerkannte 
Bücher, die eine stets wachsende Verbreitung gefunden haben. 

Dieselben sind durch alle Buchhandlungen sowie durch den Unter- 
zeichneten zu beziehen. 

Leipzig. Heinrich Bredt, 

Verlagsbuchhandlung. 



Druck von Gottfir. Pät« in Naumbarf a. S.